Florian Meister Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft
GABLER EDITION WISSENSCHAFT UnternehmerischesPersonalmanagement Herausgegeben von Professor Dr. Karl-Friedrich Ackermann Universitat Stuttgart und Professor Dr. Dieter Wagner Universitat Potsdam
Unternehmerisches Personalmanagement ist Kernstuck eines ganzheitlich angelegten Change Management, das durch diese Schriftenreihe neue Impulse erfahren soil. Die Reihe bietet ein Forum fur theoriegeleitete, praxisorientierte Arbeiten, die der Weiterentwicklung des Personalmanagements im globalen Wettbewerb dienen und zur Losung von Implementierungsproblemen in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen beitragen. Entscheidend ist, dass das Potenzial des Personalmanagements zur Sicherung dauerhafter Wettbewerbsvorteile und damit zum Erhalt von Arbeitsplatzen erkannt und in Abstimmung mit anderen Teilbereichen der Unternehmensfuhrung optimal genutzt wird. Dabei fallt der Personalabteilung eine entscheidende Rolle als Change Agent und internes Kompetenzzentrum zu.
Florian Meister
Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft Change Management vor dem Hintergrund der Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes
Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Karl-Friedrich Ackermann und Prof. Dr. Dieter Wagner
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber
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Dissertation Universitat Potsdam, 2006
1. AuflageFebruar2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Brigitte Siegel / Britta Gohrisch-Radmacher Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine ZImmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrel gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0720-8
Geleitwort In der Reihe „Unternehmerisches Personalmanagement" erscheinen Arbeiten, die im Wesentlichen aus hochschulbezogenen Forschungszusammenhangen entstanden sind. Charakteristisch fur die Schriftenreihe ist, dass die einzelnen Bande praxisnah und wissenschaftiicii fundiert einen Themenbereich aus dem unternehmerischen Personalmanagement und angrenzenden Gebieten wie der Organisationslehre behandeln. Sie wendet sich damit an Wissenschaftler und Studierende des Personalmanagements sowie den interessierten Praktiker in Wirtschaft und Verwaltung. Die vorliegende Dissertation behandelt ein sehr aktuelles Thema im Zusammenhang mit der Liberalisierung und Entflechtung in der Energiewirtschaft. Dabei handelt es sich um die Bildung von Unternehmensnetzwerken im Rahmen des Legal Unbundling und das damit im Zusammenhang stehende Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken. Auch wenn Netzwerke in der wissenschaftlichen Diskussion vertiefend betrachtet werden, bleibt oftmals unbeantwortet, wie ein solches Netzwerk gegrundet und etabliert werden kann. Insofern bildet die Entstehung von Netzwerken im Allgemelnen und die von Netzwerken in der Energiewirtschaft im Speziellen den Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Dabei handelt es sich um die Bildung von Unternehmensnetzwerken im Rahmen der Entflechtung der integrierten Versorgungsunternehmen. Netzbetrieb und Vertrieb sollen getrennt werden, wobei als Alternative zur Netzwerkbildung die Ausgrundung von Tochtergesellschaften zu sehen ist. Empirische Beispiele hierzu gibt es z.B. in Schweden. In Deutschland sind ahnliche Veranderungen zu erwarten. Insofern handelt es sich um ein theoretisch interessantes Thema mit hoher empirischer Evidenz und entsprechender praktischer Relevanz. Insbesondere soil dabei untersucht werden, welche optimalen Konfigurationen von Netzwerken bei Energieversorgungsunternehmen existieren, welche Anforderungen und Gestaltungsempfehlungen an die Netzwerkpartner sich hieraus ableiten lassen und wie der entsprechende organisatorische Wandel zu gestalten ist. Florian Meister hat insgesamt ein interessantes Werk vorgelegt. Die Arbeit ist theoretisch und methodisch grundlich aufgebaut und zeigt vor allem eine profunde Branchenkenntnis des Verfassers. In theoretischer Hinsicht erscheint sie stellenweise als etwas zu sehr „aufgeladen": PARSONS, GIDDENS und die Elektrizitatswirtschaft „spielen" nun mal auf unterschiedlichen Ebenen. Spannend Ist die Frage der Netzwerkbildung und des Legal Unbundling allemal. Andererseits Ist es verdienstvoll, dass Florian Meister sich nicht nur auf das fast schon tradltlonelle Netzwerkstrickmuster der Institutionenokonomik verlasst, sondern versucht, andere, institutionentheoretische Ansatze fur seine Untersuchung heranzuziehen. Prof. Dr. Karl-Friedrich Ackermann Prof. Dr. Dieter Wagner
Danksagung An dieser Stelle mochte ich mich fur die Unterstutzung wahrend meiner Promotionszeit bedanken, die wesentlich dazu beigetragen inat, dass ich das Vorhaben erfoigreicii absciiiiefien l
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 2
Einleitung Die Liberalisierung und Entflechtung der Energiewirtschaft Der Weg zum Unternehmensnetzwerk Wissenschaftstheoretische Grundposition und theoretische Voruberlegungen Forschungsdefizit, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
1 2 4 5 9
Change Management 13 2.1 Einfuhrung in das Change Management 13 2.1.1 Problemstellung des Change Managements in der betrieblichen Praxis 14 2.1.2 Change Management aus theoretischer Sicht 20 2.1.3 Change Management zwischen Evolution und Revolution 22 2.1.3.1 Die lernende Organisation 24 2.1.3.2 Organizational Transformation 33 2.1.3.3 Einsatz der Methoden bei Wandelvorhaben 38 2.2 Strukturierungsrahmen fur das Change Management 41 2.2.1 Ein ganzheitlicher Bezugsrahmen des Change Managements 41 2.2.2 Die Komponenten des Change Managements: das AGIL-Schema als struktureller Rahmen 42 43 2.2.2.1 Das AGIL-Schema nach PARSONS 45 2.2.2.2 Die Uberarbeitung des AGIL-Schemas nach MUNCH 2.2.2.3 Ableitung und Operationalisierung eines AGIL-Schemas fur Unternehmen 47 2.2.2.3.1 Die Adaption-Funktion 48 2.2.2.3.2 Die Goal Attainment-Funktion 50 2.2.2.3.3 Die Integration-Funktion 59 2.2.2.3.4 Die Latent Pattern Maintenance-Funktion 71 2.2.2.4 SynthesederAGIL-Funktionen 78 2.2.3 Der Change Management-Prozess 80 2.2.3.1 Zum Prozessbegriff 80 2.2.3.2 Uberblick uber den Change Management-Prozess 83 2.2.3.2.1 Die Initiierung des Change Management-Prozesses 87 2.2.3.2.2 Die Positionsbestimmung und Zielsetzung 89 2.2.3.2.3 Die Planung des Wandels 93 2.2.3.2.4 Die Umsetzungsphase 100 2.2.3.2.5 Die Phase der Kontrolle und Institutionalisierung 101 2.2.3.3 Vorgehensstrategien zur Implementierung 102 2.2.4 Die Trager des Change Managements 105 2.2.5 Synthese der einzelnen Dimensionen des Change Managements 112 2.3 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements 114 2.3.1 Zum Begriff des Erfoigs- bzw. des Misserfolgsfaktors 114 2.3.2 Analysierte Literatur und Vorgehensweise 117 2.3.3 Uberblick uber die identifizierten Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren 119 2.3.4 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Komponenten des Change Managements 121 2.3.4.1 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Adaption-Funktion 121 2.3.4.2 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Goal Attainment-Funktion... 125 2.3.4.3 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Integration-Funktion 129 2.3.4.4 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Latent Pattern Maintenance-Funktion 136 2.3.5 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Management-Prozesses.... 138 2.3.6 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Trager des Change Managements.. 140
Inhaltsverzeichnis Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken 145 3.1 Einfuhrung in die Theorie der Untemehmensnetzwerke 145 3.2 Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk 146 3.2.1 Soziale Beziehungen und Netzwerke in den Sozialwissenschaften 147 3.2.1.1 Der formai-analytische Ansatz 147 3.2.1.2 Die Strukturationstheorie 149 3.2.2 Netzwerke in den Wirtschaftswissenschaften 154 3.2.2.1 Die Transaktionskostentheorie 157 3.2.2.2 Spieltheoretische Ansatze 163 3.2.2.3 Principal Agent Theorie 166 3.2.2.4 Industrieokonomie 168 3.2.2.5 Resource Dependence-Ansatz 170 3.2.2.6 Interaktionsorientierter Netzwerkansatz 173 3.2.3 Ekiektische Synthese der vorgestellten Theorien 178 3.2.3.1 Die FIT-Funktion zur Identifikation der optlmalen Koordinationsform ..180 3.2.3.1.1 Die Bewertung des normativen FIT 188 3.2.3.1.2 Die Bewertung des strategischen FIT 189 3.2.3.1.3 Die Bewertung des operativen FIT 196 3.2.3.2 Das ganzheitliche, evolutionare Netzwerkmodell 196 3.2.3.3 Kritische Wurdigung des ganzheitlichen Netzwerkmodelis 202 3.3 Untemehmensnetzwerke in der Managementpraxis 203 3.4 Merkmalauspragungen von Unternehmensnetzwerken 207 3.5 Change Management von Unternehmensnetzwerken 209 3.5.1 Zur Relevanz eines Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken aus Sicht der betrieblichen Praxis 209 3.5.2 Theoretische Einleitung in das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken 211 3.5.3 Change Management der Netzwerkebene 214 3.5.3.1 Die Komponenten des Change Managements auf Netzwerkebene....215 3.5.3.1.1 Change Management auf Netzwerkebene der Adaption-Funktion....215 3.5.3.1.2 Change Management auf Netzwerkebene der Goal AttainmentFunktion 217 3.5.3.1.3 Change Management auf Netzwerkebene der lntegration-Funktion.220 3.5.3.1.4 Change Management auf Netzwerkebene der Latent Pattern Maintenance-Funktion 222 3.5.3.2 Der Change Management-Prozess zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken 224 3.5.3.2.1 Der Change Management-Prozess auf Netzwerkebene 224 3.5.3.2.2 Die Synthese des Change Management-Prozesses auf Netzwerk- und Unternehmensebene 228 3.5.3.3 Die Trager des Change Managements auf Netzwerkebene 233 3.6 Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes 236 3.6.1 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Komponenten des Change Managements auf Netzwerkebene 238 3.6.1.1 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Adaption-Funktion 238 3.6.1.2 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Goal Attainment-Funktion ...242 3.6.1.3 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Integration-Funktion 245 3.6.1.4 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Latent Pattern Maintenance-Funktion 251 3.6.2 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change ManagementProzesses auf Netzwerkebene 254 3.6.3 Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Trager des Change Managements auf Netzwerkebene 255
Inhaltsverzeichnis 4
5
6
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft 4.1 Branchenuberblick uber die Energiewirtschaft 4.1.1 Die Wertschopfungsstufen der Energiewirtschaft 4.1.2 Die Struktur eines Energieversorgungsunternehmens 4.1.3 Branchenspezifika der Energiewirtschaft 4.2 Die deutsche Energiewirtschaft im Uberblick 4.3 Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland 4.3.1 Das Unbundling der Energieversorgungsunternehmen 4.3.2 Die Anreizregulierung zur Steigerung der Effizienz 4.3.3 Das Regulierungsmanagennent 4.4 Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke 4.4.1 Besonderheiten von Regionalverteilern und Stadtwerken 4.4.2 Die Herausforderungen fur Regionalverteiler und Stadtwerke durch die Neufassung des EnWG 4.4.3 Die Bildung von Unternehmensnetzwerken als Losungsansatz fur aktuelle Herausforderungen Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken 5.1 Die Empirie im Uberblick 5.1.1 Methodisches Vorgehen und Auswahl der Fallstudien 5.1.2 Die analysierten Netzwerke im Uberblick 5.2 Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU 5.2.1 Handlungsempfehlungen auf Netzwerkebene 5.2.1.1 Die Ergebnisse der Erfolgs- und Misserfolgsfaktorenerhebung auf Netzwerkebene 5.2.1.2 Erganzende Erkenntnisse der Fallstudienauswertung auf Netzwerkebene 5.2.2 Konsequenzen der Handlungsempfehlungen auf Netzwerkebene fur die Unternehmensebene 5.2.2.1 Die Ergebnisse der Erfolgs- und Misserfolgsfaktorenerhebung auf Unternehmensebene 5.2.2.2 Erganzende Erkenntnisse des Change Managements auf Unternehmensebene vor dem Hintergrund der Neufassung des EnWG 5.3 Einordnung der empirischen Ergebnisse in die theoretischen Ausfuhrungen 5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Schlussbetrachtung
X[ 257 257 257 261 263 264 269 270 275 277 279 279 283 286 291 291 291 297 302 303 304 317 325 325 330 335 339 341
Literaturverzeichnis
347
Anhang A. Prozessmodelle des Change Managements A.I. Prozessuale Vorgehensmodelle des First-order Change A.2. Prozessuale Vorgehensmodelle des Second-order Change A.3. Unspezifische prozessuale Vorgehensmodelle B. Fallstudien B.I. Der Aufbau der Fallstudien B.2. Leitfaden der Interviews C. Publikationen zu Erfolgsfaktoren und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
375 375 375 378 380 381 381 383 388
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6:
Zeitstrahl zur Liberalisierung der Energiewirtschaft Handlungsaltemativen fur Unbundling Generierung des Erkenntnisgewinns im Rahmen der vorliegenden Arbeit Forschungsdesign Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren nach Kienbaum Grunde fur das Scheitern von Change Prozessen nach Cap Gemini Ernst & Young Abb. 7: Beispiel furgoldene Regein des Change Managements Abb. 8: Leitsatze zur Reorganisation von Unternehmen Abb. 9: Phasen der Organizational Transformation Abb. 10: Performance bei revolutionaren Verfahren sowie bei der Kombination revolutionarer und evolutionarere Verfahren Abb. 11: Ganzheitlicher Bezugsrahmen des Change Managements Abb. 12: AGIL-Schema Abb. 13: Theoretische Einflusse auf das AGIL-Schema Abb. 14: Dimensionen des AGIL-Schemas Abb. 15: AGIL-Schema nach MUNCH Abb. 16: Gestaltungsvariablen der Adaption Abb. 17: Abhangigkeiten der Zielkategorien Abb. 18: Machtmodeil Abb. 19: Aktoren des Wandels und ihr Verhalten Abb. 20: Normstrategien zur Uberwindung von negativen Einstellungen bzw. negativen Verhaltens Abb. 21: Zusammenhang zwischen Widerstands- und Einigungskosten am Beispiel von Koordinations- und Abstimmungsprozessen Abb. 22: Allgemeines Motivationsmodell Abb. 23: Auswirkung von Vertrauensaufbau auf die Einstellungen und Verhaltensweisen von Akteuren Abb. 24: Ebenen von Unternehmenskulturen und deren Zusammenhang Abb. 25: Auspragungen von Unternehmenskulturen auf Netzwerkebene Abb. 26: Dimensionierung der Unternehmenskultur auf Unternehmensebene Abb. 27: Wesentliche Interdependenzen der AGIL-Funktionen Abb. 28: Auswirkung hdherer Widerstandskosten auf den Einigungsgrad Abb. 29: Prozessuales Vorgehensmodell des Change Managements Abb. 30: Change Management-Prozess zur Etablierung und Institutionalisierung einer lernenden Organisation Abb. 31: Gegenuberstellung von Misfit- und Transformationskosten Abb. 32: Ausloser des Change Management-Prozesses Abb. 33: Zuordnung des AGIL-Schemas innerhalb der Positionsbestimmung und Zielsetzung zum Planungsprozess und Change Management Abb. 34: Beispielhafte Darstellung des Einflusses der Goal Attainment-, Integrationsowie Latent Pattern Maintenance-Funktionen auf den Zielerreichungsgrad verschiedener AGIL-Schemata Abb. 35: Planung der Adaption-Funktion Abb. 36: Beispielhafte Reaktionsmuster bei fundamentalen Veranderungen Abb. 37: Generelle Handlungsempfehlungen fur Vorgehensstrategien Abb. 38: Trager des Change Managements Abb. 39: Interdependenzen der Dimensionen des Change Managements Abb. 40: Individuelle Anforderung / Zielsetzung im Verhaltnis zur individuellen Mitarbeiterqualifikation Abb. 41: Das einfache Sender-Empfanger-Modell
2 3 8 11 16 17 18 19 35 37 41 43 44 45 46 48 52 56 61 62 63 64 70 72 73 75 78 79 84 86 87 88 90 91 94 99 105 107 113 126 132
XIV Abb. 42:
Abbildungsverzeichnis
Auswirkung einer Misstrauenskultur auf die Verhaltensweisen und Einstellungen von Akteuren 138 Abb. 43: Informationsbedarf und Informationsversorgung 141 Abb. 44: Ausgewahlte Netzwerktheorien 147 Abb. 45: Netzwerk im engeren Sinne vs. multiple, dyadische Verhaltnisse 148 Abb. 46: Einordnung des formal-analytischen Netzwerkansatzes in das AGIL-Schema..149 Abb. 47: Dimensionen der Dualltat von Struktur und Interaktion nach GIDDENS 150 Abb. 48: Einordnung der Strukturationstheorle in das AGIL-Schema 152 Abb. 49: Einflussgroften auf die Transaktionskosten 159 Abb. 50: Optimale Organisationsform in Abhangigkeit vom Spezlfitatsgrad einer Transaktion 161 Abb. 51: Tendenzaussagen: Vorteile marktiicher Koordinatlon versus hierarchischer Koordinatlon 162 Abb. 52: Einordnung der Transaktionskostentheorie in das AGIL-Schema 163 Abb. 53: Kooperatives Spiel am Beispiel des Gefangenendilemmas 164 Abb. 54: Einordnung der Spieltheorie in das AGIL-Schema 166 Abb. 55: Einordnung der Principle Agent-Theorie in das AGIL-Schema 167 Abb. 56: Einordnung der Industriedkonomie in das AGIL-Schema 169 Abb. 57: Determinanten der Ressourcenabhangigkeit 171 Abb. 58: Einordnung des Resource Dependence-Ansatzes in das AGIL-Schema 172 Abb. 59: Die Entwicklung von Unternehmensnetzwerken im interaktionsorientierten Netzwerkmodell 174 Abb. 60: Interdependenzarten 175 Abb. 61: Der Interaktionsansatz der IMP-Gruppe 176 Abb. 62: Einordnung des interaktionsorientierten Netzwerkansatzes in das AGIL-Schema 178 Abb. 63: FIT-Quellen als Faktoren der Partnerwahl nach BRONDER/PRITZL 181 Abb. 64: FIT-Funktion zur Bestimmung deroptimalen Koordinationsform 182 Abb. 65: FIT bei differierenden Transaktionen 183 Abb. 66: Koordinationsformen identifizierende und llmitierende AGIL-Funktionen 186 Abb. 67: Modell des strategischen FIT der Adaption-Funktion 190 Abb. 68: Eignung nach der Integration-Funktion fur die empfohlene Koordinationsform bewertet nach Widerstand und Motivation 192 Abb. 69: Ganzheitliches, evolutionares Netzwerkmodell 198 Abb. 70: Verbindung des Interaktionsprozesses mit den unternehmensspezifischen AGIL-Schemata 199 Abb. 71: Auspragungen von Netzwerkstrukturen 204 Abb. 72: Morphologischer Kasten von Merkmalsauspragungen bei Netzwerken nach CORSTEN 208 Abb. 73: Das Netzwerk als Schnittmenge zwischen Unternehmen 212 Abb. 74: Ganzheitliches Change Management fur Unternehmensnetzwerke 213 Abb. 75: Beispiel fur eine problematische Prozessausgiiederung bei einer horizontalen Kooperatlon 216 Abb. 76: Machtgrundlagen und Handlungsbereitschaften in Netzwerken bei dyadischer Betrachtung 219 Abb. 11\ Netzwerkansatze der betrieblichen Praxis und Vertrauen / Relevanz des Faktors Mensch 221 Abb. 78: Auspragungen von Netzwerkkuituren 223 Abb. 79: Phasen von Kooperationen nach HIRSCHMANN 224 Abb. 80: Einordnung des Phasenmodells nach HIRSCHMANN In das prozessuale Vorgehensmodell des Change Managements 227 Abb. 81: Prozessuales Vorgehen des evolutionaren Netzwerkmodells 229 Abb. 82: Optimale Koordinationsform in Abhangigkeit der Zeit bei unterschiedlichen FIT-Funktionen 231
Abbildungsverzeichnis Abb. 83:
Begrifflich-theoretischer Bezugsrahmen des Prozessmanagements nach KUTSCHKER
Abb. 84: Abb. 85: Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
86: 87: 88: 89: 90: 91: 92: 93: 94: 95: 96: 97:
Abb. 98: Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
99: 100: 101: 102: 103: 104: 105:
Abb. 106: Abb. 107: Abb. 108: Abb. 109: Abb. Abb. Abb. Abb.
110: Ill: 112: 113:
Abb. 114: Abb. 115: Abb. 116: Abb. 117: Abb. 118: Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
119: 120: 121: 122: 123: 124:
XV 233
Untersuchungskategorien von BUSSING / MORANZ innerhalb des Modells der 248 initialen Bildung von Vertrauen nach MCKNIGHT Unternehmenskultur zur Fdrderung eines entwicklungsorientierten Netzwerkes 253 Zur gemeinsamen Durchfuhrung empfohlene Prozessschritte 254 Die Wertschopfungskette der Energiewirtschaft 259 Klassische Organisation eines Energieversorgungsunternehmens 262 Struktur des Energieverbrauchs 263 Beschaftigte in der Energiewirtschaft 265 Die zehn groflten Elektrizitatsversorger in Deutschland 266 Entwicklung der Verbraucherpreise 267 Verbraucherpreise 2004 im internationalen Vergleich 269 Auspragungen des Unbundlings 270 Mogiichkeiten der Erfullung der Anforderungen des Legal Unbundlings 273 Unbundling-Grunde nach Booz Allen & Hamilton 274 Auswirkung der Anreizregulierung auf die Entwicklung der Netznutzungsentgelte 276 Kulturelle Auspragung traditioneller Stadtwerke und Regionalverteiler in ihrer Extremform 281 Herausforderungen durch die Neufassung des EnWG 284 Ausgrundung einer gemeinsamen Netz- und Servicegesellschaft 289 Praferenzen von Stadtwerken bei der Wahl von Kooperationspartnern 290 Formen der Befragung 293 Fallstudienauswahl 297 Auspragungen der analysierten Netzwerke 300 Verteilung der Aufgabenschwerpunkte der analysierten Netzwerke zum Zeitpunkt der Grundung und zum Betrachtungszeitpunkt 302 Vertrauenskonforme und -inkonforme Netzwerkgegenstande 305 Modifizierung des prozessualen Vorgehens des evolutionaren Netzwerkmodells 309 DISG-Schema zur Klassifizierung von Netzwerkpartnern 310 Einfluss angebotsmonopolistisch gepragter Kulturelemente auf das Ausmafl an operativer Arbeit in einem Netzwerk 316 Prozessbeispiel Jahresplanung Technik versus Jahresplanung DSO 319 Auspragungen der operativen Netzwerkleitung 320 Bedeutung der Projektzusammensetzung 330 Umfang des Change Managements auf Unternehmens- und Netzwerkebene in Abhangigkeit von der Unternehmensstrategie 331 Auswirkungen der EInfuhrung einer Anreizregulierung auf die Jahresplanungsprozesse des DSO 332 Auswirkungen des informationellen und organisatorischen Unbundlings 333 Potenzieller kultureller Anpassungsbedarf in einem wettbewerbsintensiven Energiemarkt 334 Die Entwicklung von Unternehmensnetzwerken 337 Tendenzaussagen zur Ausgestaltung von Netzwerken zwischen den Polen des DSO-Netzwerkes und der strategischen Holding als Netzwerk 342 The integrative model of change nach BULLOCK / BATTEN 375 Ablauf-Schema fur einen OE-Prozess nach ENGELHARDT / GRAF / SCHWARZ ....376 General Model of Planned Change nach CUMMINGS/WORLEY 377 Phasenmodell des Second-order Change nach LEVY/MERRY 378 Impliziertes Phasenmodell des Reengineering nach HAMMER / CHAMPY 378 Change Management-Prozess nach HAYES/HYDE 379
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 125: Die Phasen des Implementierungsprozesses nach SCHREYOGG/STEINMANN/ZAUNER
Abb. 126: Schritte im Veranderungsprozess nach DOPPLER / LAUTERBURG Abb. 127: Struktur der Fallstudien
380
380 381
Tabellenverzeichnis Tab. 1: Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5: Tab. 6:
Charakterisierung ausgewahlter Implementierungsstrategien Literaturumfang der Sekundardatenanalyse des Change Managements Die Erfolgsfaktoren auf Untemehmensebene Die JVIisserfoigsfaktoren auf Untemehmensebene Die Erfolgsfaktoren zum Setzen und Durchsetzen von Zielen Die Erfolgsfaktoren zum Vertrauens- und Motivationsaufbau sowie dem Widerstandsabbau Tab. 7: Die Misserfolgsfaktoren zum Vertrauens- und Motivationsverringerung sowie dem Widerstandsaufbau Tab. 8: Gegenuberstellung Markt, Netzwerk, Hierarchie Tab. 9: Operationalisierung des FIT Tab. 10: Bewertung des kuitureilen FIT bei potenziellen Partnern Tab. 11: Literaturumfang der Sekundardatenanalyse des Change Managements von Unternehmensnetzwerken Tab. 12: Die Erfolgsfaktoren auf Netzwerkebene Tab. 13: Die Misserfolgsfaktoren auf Netzwerkebene Tab. 14: Unternehmensauspragungen und die Zuordnung zu den Wertschopfungsstufen der Energiewirtschaft Tab. 15: Methodologischer Vergleich verschiedener Formen qualitativer Interviews Tab. 16: Charakteristik der analysierten Netzwerke (1 12) Tab. 17: Charaktehstik der analysierten Netzwerke (2 / 2) Tab. 18: Das Ergebnis der Erfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Netzwerkebene Tab. 19: Das Ergebnis der Misserfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Netzwerkebene Tab. 20: Das Ergebnis der Erfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Untemehmensebene Tab. 21: Das Ergebnis der Misserfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Untemehmensebene Tab. 22: Publikationen zu den Erfolgsfaktoren des Change Managements auf Untemehmensebene Tab. 23: Publikationen zu den Misserfolgsfaktoren des Change Managements auf Untemehmensebene Tab. 24: Publikationen zu den Erfolgsfaktoren des Change Managements auf Netzwerkebene Tab. 25: Publikationen zu den Misserfolgsfaktoren des Change Managements auf Netzwerkebene
104 118 120 121 125 130 134 156 185 195 236 237 238 261 294 298 299 304 314 326 328 390 391 393 393
Abkurzungsverzeichnis Abb. AG AGIL AKW AktG ARIS BNE BPR bspw. bzw. ct. d.h. DSO d.V. EDM EEG EnWG etc. EU EVU f. ff. Fkt. GF ggf. GmbH GmbHG GWh IBM IDS Scheer AG i.e.S. ILOI IMP-Gruppe inkl. insb. IT i.w.S. k.A. KG km Koord. KVK kWh KWK KWKG LNG-Anlage M&A Mio. Mrd. NASA NL Nr.
Abbildung Aktiengesellschaft Adaption, Goal Attainment, Integration, Latent Pattern Maintenance Allgauer Kraftwerke GmbH Aktiengesetz Architektur integrierter Informationssysteme Bundesverband Neuer Energieanbieter Business Process Reengineering beispielsweise beziehungsweise Eu recent das heidt Distribution Service Operator derVerfasser Energiedatenmanagement Erneuerbare-Energie-Gesetz Energiewirtschaftsgesetz etcetera Europaische Union Energieversorgungsunternehmen folgende fortfolgende Funktion Geschaftsfuhrung gegebenenfalls Gesellschaft mit beschrankter Haftung GmbH-Gesetz Giga Watt Stunde International Business Machines (Corporation) integrierte Datenverarbeitungssysteme Scheer AG Im engeren Sinne Institut fur Lernende Organisation und Innovation International Marketing and Purchasing Gruppe inklusive insbesondere Informationstechnologie im weiteren Sinne keine Angaben Kommanditgesellschaft Kilometer Koordi nation Karlsruher Virtueller Katalog Kilo Watt Stunde Kraft-Warme-Koppelung Kraft-Warme-Koppelung-Gesetz Liquid Natural Gas-Anlage Merger and Acquisitions Million Milliarde National Aeronautic Space Administration Netzwerkleitung Nummer
XX
OE o.Jg. O.J. 0.0.
OT o.V. PC RV RWE S. SAP IS-U SGK StromNZV SW Tab. TQM u.a. USA VDEW VDN VEW VKU vgl. vs. WV
Abkurzungsverzeichnis
Organisationsentwicklung ohne Jahrgang ohne Jahresangabe ohne Ortsangabe Organizational Transformation ohne Verfasser Personal Computer Regionalverteiler Rheinisch-Westfaiisches Elektrizitatswerk AG Seite(n) Systems, Applications, Products in Data Processing - Industry Solution Utilities Stadte, Gemeinden und Kommunen Stromnetzzugangsverordnung Stadtwerk Tabelle Total Quality Management unter anderem United States of America Verband der Energiewirtschaft Verband der Netzbetreiber Vereinigte Elektrizitatswerke AG Verband kommunaler Unternehmen e.V. vergleiche versus Weiterverteiler
1
Einleitung
Wandel ist eines der zentralen Kennzeichen der Moderne. So wird in den unterschiedlichsten Publikationen der Wandel als eine der groden Herausforderungen fur Unternehmen beschrieben, was unter anderem mit Schlagwortern wie der Globalisierung, der progressiven Beschleunigung des technologischen Fortschritts und der damit verbundenen zunehmenden Vernetzung oder auch mit dem demographischen Wandel in der Bevolkerung begrundet wird. Die einzelnen Aspekte zeigen die Vielfalt der Ausloser fur einen fortschreitenden und sich dabei soger noch beschleunigenden Wandel auf. Doch nicht nur die aufgefuhrten Punkte bedingen einen grundlegenden Wandel. Ein weiterer Aniass fur grundlegende Veranderungen ist die Liberalisierung ehemals monopolistischer Branchen, wie beispielsweise der Telekommunikation und der Energiewirtschaft als infrastrukturintensive, leitungsgebundene Branchen. Wahrend erstere bereits seit iangerem liberalisiert ist^ und zudem ein zunehmender Wettbewerbsdruck durch die zunehmende Verbreitung von Substituten, wie beispielsweise Mobiltelefonen, zu beobachten ist, zeigen Studien, dass in der Energiewirtschaft weiterhin wenig Wettbewerb herrscht.^ Ein Grund hierfur ist das weiterhin bestehende naturliche MonopoP der Energieversorger sowie die Existenz von integrierten Energieversorgungsunternehmen, die sowohl den Bereich des Energievertriebs als auch des Netzbetriebs in einem Unternehmen vereinen, was zur Folge hat, dass Quersubventionierungen zwischen Netz und Vertrieb, Diskhminierungen von Stromhandlern oder auch Intransparenz in der Kostenschlusselung auftreten konnen."^ Urn diese Missstande zu beheben, wurde von dem Europaischen Parlament und dem Europaischen Rat eine Richtlinie erlassen,^ die zum Ziel hat, die Energiewirtschaft zu entflechten und in den nicht-monopolistischen Bereichen einen funktionierenden Wettbewerb zu etablieren.^ Diese Richtlinie bedingt damit einen fundamentalen Wandel in der Energiewirtschaft.
Vgl. hierzu bspw. DOWLING (1996), S. 326 ff. Vgl. bspw. o.V. (2003), S. 31 Das naturliche Monopol eines Energieversorgers ist das Strom- bzw. Gasnetz, dessen Bau so teuer ist, dass ein „flachendeckender paralleler Leitungsbau fiir die Verbraucher nicht zu gunstigeren Versorgungsbedingungen fuhren kann." (o.V. (2001a), S. 9). Insbesondere fur die Existenz der Quersubventionierungen existieren laut eines Berichts des Bundesministeriums fur Wirtschaft und Arbeit an den Deutschen Bundestag eine Vielzahl von Indizien (vgl. BUNDESMINISTERIUM FOR WIRTSCHAFT UND ARBEIT (2003), S. 21).
Eine weitere Studie des Bundesverbands Neuer Energieanbieter (BNE) zeigt diesbezuglich auf, dass 55,7 % von 931 untersuchten Netzbetreibern Quersubventionen durchfuhren. Dabei wurde eine Quersubvention in Aniehnung an entsprechende Kartellverfahren angenommen, wenn die Differenz zwischen dem Strompreis und den erhobenen Netznutzungsentgelten kleiner als 3,7 ct. / kWh betrSgt (vgl. BORCHERS (2003), S. 3). Vgl. Richtlinie 96/92/EG des europaischen Parlaments und des Europaischen Rats vom 19. Dezember 1996, sowie die EU-Richtline 2003/54/EG vom 26. Juni 2003, welche die ursprungliche Richtlinie abgelost hat. In dem in Fuftnote 4 zitierten Bericht wird explizit festgestellt, dass die derzeitigen hohen Netznutzungsentgelte den Wettbewerb stark behindern und damit die Wettbewerbsmoglichkeit beeintrachtigen. Hierzu sei angemerkt, dass sich die Quersubventionierungen in der Hohe der Netznutzungsentgelte wiederspiegein, da diese Entgelte fur die Netznutzung, also dem naturlichen Monopol, erhoben werden und damit sowohl von Handlern als auch von dem Vertrieb des integrierten Energieversorgungsunternehmens entrichtet werden mussen.
Einleitung 1.1
Die Liberalisierung und Entflechtung der Energiewirtschaft
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Energiewirtschaft. Vor dem Hintergrund der sl
1997J
2000
Marktoffnung fiirKunden ab 40 Mio. KWhJahresverbrauch
•
Marktoffnung furKundenab 20 Mio. KWh Jahresverbrauch
•
•
Abb. 1:
2004
2002
Diskriminierungs- • freier Zugang fur Kunden/Erzeuger auf Basis transparenter, verSffent• liciiter Tarife Beschluss eines Regulierungsmechanismus
•
Freie Wahl des Versorgungsunternehmens furalle gewerblichen Kunden
2007
•
Gesellscliaftsrechtliche Entflechtung der Verteilung
Rechtliche Entflechtung fijr Ubertragung Start Regulierungsbehorde
Zeitstrahl zur Liberalisierung der Energiewirtschaft
Die Energieversorgungsunternehmen haben auf die gesetzlichen Anforderungen mit umfassenden Fusionen und darauf aufbauenden Kostensenkungsprojekten reagiert.^ Diese Fusionswelle fuhrte jedoch nicht zur erwarteten Senkung der Endkundenpreise; die bisherige Liberalisierung des Strommarktes hat sich demnach als nicht umfassend genug herausgestellt. Da die Regionalverteiler und Stadtwerke weiterhin das naturliche Monopol „Verteilnetz" besitzen, und sie dadurch die Hohe der Netznutzungsentgelte innerhalb eines Toleranzban-
Vgl. „Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts" vom 24.04.1998 (Bundesgesetzblatt, Jg. 98, Tell I, Nr. 23, S. 730). Es muss jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass eine grundlegende Verstarkung des Wettbewerbs erst durch die im Herbst 1999 beschlossene Verbandevereinbarung II erreicht wurde. Vgl. HOFERMANN-KIEFER (2003), S. 14
Vgl. fur einen Uberblick ijber wesentliche Fusionen bis 1999 bspw. SCHUPPE / NOLDEN (1999), S. 11. Nach 1999 wurden 30 grodere Fusionen mit mehr als 80 beteiligten Unternehmen gemeldet. Vgl. o.V. (2003), S. 20. Zusatzlich wurden in den Jahren 1999/2000 die beiden mit Abstand grdfiten Fusionen durchgefuhrt; zum einen die Fusion RWE und VEW zur RWE und zum anderen die Fusion der Veba AG und Viag AG zu E.ON AG. Die beiden hieraus hervorgegangenen Unternehmen sind die groflten Energieversorger in Deutschland.
Die Liberalisierung und Entflechtung der Energiewirtschaft des frei festlegen k6nnen,^° steht ihnen hiermit derzeit noch ein Instrument zur Verfugung, urn den eigenen Stromhandel durch eine Quersubventionierung zu unterstutzen und Wettbewerbern damit den Zugang zu den Kunden zu erschweren.^'' Urn diese Problematik zu losen und damit die Liberalisierung des Strommarktes weiter durchzusetzen, ist als zweite Phase eine Entflechtung der integrierten Versorgungsunternehmen vorgesehen. Hierzu wurde vom europaischen Parlament und Rat eine Richtlinie eriassen, die bis zum Jahr 2007 ein Legal Unbundling der Regionalversorger und Stadtwerke mit mehr als 100.000 Kunden vorschreibtJ^ Unter einem Legal (oder auch gesellschaftsrechtlichen) Unbundling wird dabel die rechtliche Trennung zwischen dem Netzbetrieb und dem Vertrieb verstanden. Das bedeutet, dass aus dem Stadtwerk / dem Regionalverteiler eine Netzgesellschaft ausgegrundet werden muss, die rechtlich selbstandig ist. Im Gegensatz zu dem eigentumsrechtlichen Unbundling durfen die gesellschaftsrechtlich getrennten Unternehmen jedoch einem Mutterunternehmen gehoren. Die Energieversorgungsunternehmen werden nun unterschiedliche Reaktion auf diese Richtlinien haben (siehe Abb. 2).
Moglichkeiten als
Handlungsalternativen Unbundling 1
1 Ausgrundung von Tochtergesel Ischaften
1 Bildung von Unternehmensnetzwerken
1
1
Ausgrundung nach Fusion
Direkte Ausgrundung [H^ Gegenstand der vorliegenden Arbeit
Abb. 2:
Handlungsalternativen fur Unbundling
Zum einen konnen insbesondere die groderen Energieversorgungsunternehmen eigene Netzgesellschaften ausgrunden und den Energievertrieb aufgrund ihrer Grofie wirtschaftlich tragbar in der Muttergesellschaft oder in einer weiteren Tochtergesellschaft durchfiihren. Energieversorgungsunternehmen, bei denen dies nicht mehr wirtschaftlich ist, haben zwei Handlungsoptionen. Entweder sie fusionieren mit anderen Versorgungsunternehmen um eine kritlsche Grode zu erreichen, wobei dann eine Ausgrundung einer eigenen Tochtergesellschaft eine aus okonomischer Sicht sinnvolle Alternative darstellt, oder sie biiden Netzwerke mit anderen Versorgungsunternehmen, um durch kooperativ betriebene Tochterunternehmen oder eine Aufgabenteilung zwischen den Unternehmen die OberlebensfahigUnter Netznutzungsentgelten werden die Entgelte verstanden, die ein Handler fur die Nutzung der Stromleitungen an den Netzbetreiber abfuhren muss. In Deutschland existiert derzeit keine Regulierungsbehorde, die die Hohe der Entgelte festlegt. Vgl. hierzu bspw. BORCHERS (2003), S. 3. Aufgrund einer intransparenten Kostenverteilung innerhalb integrierter Versorgungsunternehmen kann der Nachweis der Quersubvention zumeist nicht direkt gefuhrt werden. Deswegen wird die Differenz zwischen den Strompreisen der integrierten Versorgungsunternehmen (allgemeiner Tarif) und der erhobenen Netznutzungsentgelte gebildet und abgeschatzt, ob diese Differenz zumindest die Kosten des Stromvertriebs und der angeschlossenen Servicebereiche deckt. Vgl. Richtlinie 2003/54/EG des europaischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2003. An dieser Stelle sei erwahnt, dass es auch fur die Liberalisierung des Gas-Marktes ahnliche Richtlinien gibt (2003/55/EG des europaischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2003). Aufgrund der identischen Problematik wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Unterscheidung zwischen dem Strom- und dem Gasmarkt vorgenommen.
4
Einleitung
keit zu sichern. Diese zweite Handlungsoption Bildung von Unternehmensnetzwerken ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Die dargestellten Handlungsoptionen sind nicht nur theoretische Alternativen ohne Praxisbezug. Die Auswirkungen des Unbundlings auf die Marktstruktur der Verteilnetzbetreiber wird durch unterschiedliche Studien und Erfahrungen aus bereits starker deregulierten Markten bestatigt. So zeigte sich beispielsweise in Schweden, dass aufgrund der fehlenden Grofle der ausgegliederten Vertriebsgeselischaften zum einen eine Fusionswelle der Vertriebsgesellschaften ausgelost und zum anderen unterschiedliche Netzwerke gegrundet wurden.^^ Eine Studie der Unternehmensberatung A T . Kearney prognostiziert fur Deutschland eine ahnliche Entwicklung.^"* Es ist jedoch anzunehmen, dass die Auswirkungen nicht unabhangig von der Grofte des Regionalvertellers / des Stadtwerkes sein werden. So ergab eine Umfrage der LBD-Beratungsgesellschaft mbH bei deutschen Stadtwerken, dass insbesondere fur kleine Stadtwerke die Grundung von Einkaufs- und Handelsgesellschaften oder Unternehmenskooperationen und -fusionen eine grofie Bedeutung haben werden.^^
1.2
Der Weg zum Unternehmensnetzwerk
Unternehmensnetzwerke sind in der Praxis und in der wissenschaftlichen Diskussion aufierst popular. Obwohl der Terminus „Unternehmensnetzwerk" nicht einheitlich verwendet wird und die unterschiedlichsten Deflnitionen existieren, wird hierunter zumindest eine Kooperation zwischen unterschiedlichen Unternehmen verstanden. Trotz der Deflnitionsvielfalt und dem daraus folgenden unterschiedlichen Verstandnis von Unternehmensnetzwerken scheinen sie die Losung aktueller Probleme von Unternehmen zu sein, da sie die Vorteile einer marktlichen Koordination mit den Vorteilen hierarchischer Koordination zu verbinden vermogen.^^ Attribute wie Flexibilitat, Effizienz oder Anpassungsfahigkeit werden ihnen oftmals zugeschrieben. Unternehmensnetzwerke scheinen so popular zu sein, dass sie auch in wissenschaftlich anerkannten Arbeiten, wie beispielsweise den Ausfuhrungen von SYDOW zu strategischen Netzwerken,^^ derart umfassend definiert werden, dass sich die Grenze zwischen Markt und Netzwerk bzw. zwischen Kooperation und Netzwerk zu Gunsten der Netzwerke verschiebt. So werden beispielsweise auch Kooperationen zwischen zwei Unternehmen als Netzwerk aufgefasst.^^ Wie im Rahmen der vorliegenden Arbeit im Kapitel 1 noch ausfuhrlich dargelegt wird, wird ein so umfassendes Verstandnis von Netzwerken den Ausfuhrungen nicht zugrunde gelegt; jedoch wird das Netzwerk auch als eine Organisationsform angesehen, die eine Koordinationsform darstellen kann, welche der hierarchischen oder der marktiichen Koordination kontextspezifisch uberlegen sein kann. Dies kann beispielsweise bei Netzwer-
Vgl. D R I L L I S C H / H A L L A S C H K A / LiNDENBERGER / NOLDEN / SCHULZ (2001), S. 15 Vgl. SEIFERTH / WENZEL / CORD / NEUMANN / HARTMANN (2003), S. 225
Vgl. LBD (2000), 8. 25 Dieser positlven Grundeinstellung zu Netzwerken als eine Auspragung eines kollektiven und organisierten Handelns sei FRIEDBERG entgegengestellt, der konstatiert, dass aus einer derartigen Zusammenarbeit eine Vielzahl von „Problemen" resultieren, die kooperativ zu losen sind (vgl. FRIEDBERG (1995), S. 255). Vgl. SYDOW (1992)
SYDOW definiert Netzwerke als eine „auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform okonomischer Aktivitaten [...], die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehung zwischen rechtlich selbstandigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhangigen Unternehmungen auszeichnet." (SYDOW (1992), S. 79). Nach dieser Definition sind auch Kooperationen zwischen zwei Unternehmen beispielsweise in Form einer Kunden-Lieferanten-Beziehung als Netzwerk aufzufassen.
Wissenschaftstheoretische Grundposition und theoretische Voruberlegungen
5^
ken im Kontext der beschriebenen Problematik der Energiewirtschaft vor dem Hintergrund des Legal Unbundlings der Fall sein. Auch wenn Netzwerke in der wissenschaftlichen Diskussion vertiefend betrachtet werden, bleibt oftmais unbeantwortet, wie ein solches Netzwerk gegrundet und etabliert werden kann. Diese Fragestellung des zielgerichteten und effizienten Wandels wird zumeist lediglich auf Unternehmensebene unter der Terminologie „Change Management" diskutiert, obwohl offensichtlich sein sollte, dass die Umsetzung eines solch komplexen Konstrukts „Netzwerk" eine grofie Herausforderung darstellt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Wandel von Unternehmen fur sich schon ein hochst komplexes und oftmais nicht erfolgreiches Vorhaben ist, stellt sich das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken ungleich komplexer dar, da hierbei zum einen verschiedene Unternehmen intern gewandelt werden mussen, um die Einbindung in ein Netzwerk zu ermoglichen, und aufierdem noch ein Netzwerk aufgebaut werden muss, mit den ihm inharenten Funktionen und Strukturen. Die vorliegende Arbeit stellt sich dieser Problematik. Somit ist der Weg zu einem Unternehmensnetzwerk, oder, mit anderen Worten, der Weg zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken im Allgemeinen und in der Energiewirtschaft im Speziellen Gegenstand der folgenden AusfiJhrungen. Bevor die Forschungsfragen und darauf aufbauend das Forschungsdesign diskutiert werden, wird zunachst auf die wissenschaftstheoretische Grundposition eingegangen. 1.3
Wissenschaftstheoretische Grundposition und theoretische Voruberlegungen
Um eine Arbeit uber das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft in theoretischer und praxisorientierter Sicht erstellen zu konnen, muss zunachst die zugrunde gelegte wissenschaftstheoretische Grundposition dargelegt werdenJ^ Hierzu werden unterschiedliche Ansatze erortert, um hierauf aufbauend die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegende Position abzuleiten. Im Rahmen der Diskussion uber wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn werden oftmais drei unterschiedliche Grundpositionen unterschieden:^° der Konstruktivismus, der kritische Rationalismus als eine Auspragung des Realismus sowie der Relativismus. Der Konstruktivismus nimmt an, dass alle Wahrnehmungen eines Individuums grundsatzlich ein Konstrukt des Gehirns sind,^^ Wissen also eine kognitive Konstruktion darstellt. Die Grundposition des Konstruktivismus ist, dass Ergebnisse empirischer Forschung nicht als objektive Erkenntnis zu bewerten sind, sondern als subjektive Konstrukte, die sich durch selbstreferentielle Prozesse im Gehirn der Forscher bzw. im System der Wissenschaft einstellen.^^ Aus dieser Position folgert zwangslaufig, dass Wissen im Allgemeinen kein Abbild der Wirklichkeit darstellt, sondern das Ergebnis eines subjektgebundenen Konstruktionsprozesses ist.
Die wissenschaftstheoretische Grundposition bestimmt, unter welchen Bedienungen Aussagen als „wahr" eingeordnet werden sollen, wobei unter der Wahrheit die Ubereinstimmung von Aussagen mit der Realitat verstanden wird (vgl. SCHNELL/ HILL/ ESSER (1992), S. 38). Vgl. SEIFFERT/RADNITZKY(1994), S. 164, sowie OSTERLOH/GRAND (1998), S. 5f. Vgl. ROTH (1995), S. 306 Vgl. HAUG (2004), S. 97
6
Einleitung
Aus dem Verstandnis des Konstruktivismus ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen.^^ Der Konstruktivismus zeichnet sich durcli die Ablehnung der Wertfreiheitsthese aus, da eine subjektive Interpretation der Wirklichkeit grundsatziich eine wertende Komponente beinhaltet. Das hat zur Folge, dass Verfahren zur Begrundung theoretischer und zur Rechtfertigung praktischer Satze zusammenfallen. Damit ist jedoch die Dualitat zwischen Tatsachenaussagen und Wertbehauptungen aufgehoben; die Konsequenz hieraus ist, dass die Forderung nach Wertfreiheit damit ebenfalls aufgehoben ist. Des Weiteren zeichnet der Konstruktivismus sich durch eine Ablehnung des Methodenpluralismus aus. Die Vorgehensweise des Konstruktivismus ist durch eine schrittwelse Ableitung von Aussagen gekennzeichnet, die sich auf subjektive Konstrukte der Realitat beziehen. Wenn nun jedoch In einem Diskurs als Wahrheit diese Konstrukte und ihre Ableitung angesehen werden, Ist eine Toleranz gegenuber anderen Theorien nicht moglich, was die beschriebene Ablehnung des Pluralismus wiederum zur Folge hat. Der Gegenpol zum Konstruktivismus, der kritische Rationalismus, fuflt auf der Anerkennung der ratio als des herrschenden Erkenntnisprinzlps.^'* Der kritische Rationalismus stellt damit nach wie vor das favorlsierte Forschungsideal der Betriebswirtschaftslehre dar.^^ Er zeichnet sich dadurch aus, dass er nach Erkenntnis und inhaltlicher Wahrheit strebt, wenngleich er auch den Anspruch auf eine absolute Begrundung und damit auch einer Gewissheit nicht aufrecht erhalten kann. Er baut auf Hypothesen auf, die ein Forscher zwar einer strengen Prufung unterziehen sollte, deren Wahrheit er sich jedoch niemals sicher sein kann, weswegen auch eine Falsifizierbarkeit der Hypothesen vorliegt. Aufgrund dessen ist ein zusatzlicher Bestandteil des kritischen Rationalismus die Prufung gegenuber der Realitat.^^ Mit dieser Position ist der kritische Rationalismus eine Auspragung des Realismus, der die Position einnimmt, dass die Realitat unabhangig vom Bewusstsein vollstandig oder zumindest in wesentlichen Aspekten wahrgenommen werden kann.^^ In diesem Zusammenhang ist es jedoch wesentlich anzumerken, dass nicht der Standpunkt des naiven Realismus eingenommen wird, der die Wahrnehmung unkritisch ubernimmt und generalisiert, sondern vielmehr der des hypothetischen Realismus, der, wie dargelegt, auf dem Aufbau von Hypothesen baslert. Der kritische Rationalismus weist bei wissenschaftstheoretischer Betrachtung zwei grundsatziich unterschiedliche Auspragungen auf, den Intellektualismus sowie den Empirismus:^^
-
Der Intellektualismus^^ zeichnet sich dadurch aus, dass er die intellektuelle Intuition als die Quelle aller unmittelbaren Erkenntnis annimmt. Durch sle werden die obersten theoretischen Aussagen, die Axiome, begrundet; die weiteren Aussagen werden durch die Methode der Deduktion abgeleitet. Der Empirismus sieht dagegen die Erfahrung als Quelle aller unmittelbaren Erkenntnis an. Theoretische Aussagen werden mit Hilfe der Induktion abgeleitet.
Vgl. zu den im Folgenden aufgefuhrten Punkten SEIFFERT / RADNITZKY (1994), S. 166 f. Die Autoren fuhren weitere Punkte auf, die jedoch fur die vorliegende Arbeit nicht von Relevanz sind und aufgrund dessen auch nicht dargelegt werden.
28 29
Vgl. SEIFFERT (1997). S. 144 Vgl. KAMMEL (2000), S. 31 Vgl. KAMMEL (2000), S. 31 Vgl. HAUG (2004), S. 95
Vgl. zu den folgenden Punkten SEIFFERT / RADNITZKY (1994), S. 178 Es sei angemerkt, dass der Intellektualismus oftmals auch als Rationalismus oder als klassischer Rationalismus bezeich net wird (vgl. bspw. RAFFLE/ABEL (1979), S. 12 f.).
Wissenschaftstheoretische Grundposition und theoretische Voruberlegungen
!_
Die dritte Position, der Relativismus, lehnt die Pramisse des Realismus und damit auch die des kritischen Rationalismus ab, dass Aussagen in der Wissenschaft entweder wahr oder falsch sind.^° Er vertritt die Position, dass Wahrheit und Logik stets im Rahmen bestimmter Denkwelten mit jeweils einer eigenen Sprache formuliert sind.^^ Er beschreibt damit das Bewusstsein, dass es oftmals keine absolute Wahrheit gibt, sondern verschiedene Auffassungen gleichberechtigt nebeneinander stehen.^^ Von den vorgestellten Positionen wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Position des Konstruktivismus als nicht zielfuhrend erachtet. Insbesondere die Ablehnung des Methodenpluralismus lasst sie nicht sinnvoll fur die hier behandelten Fragestellungen erscheinen. Auch ware die Generierung eines wissenschaftlichen Mehrwerts aus der Perspektive, dass absolute Wahrheiten generiert wurden, diese jedoch subjektgebunden sind und deswegen entweder angenommen oder abgelehnt werden konnen, kaum zu messen. Vielmehr wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Dualitat von kritischem Rationalismus und Relativismus akzeptiert. Zunachst erscheinen die beiden Positionen nicht vereinbar, da Erstere von der Existenz absoluter Wahrheiten, d.h. kontextunabhangiger Wahrheiten, ausgeht und Letztere von Wahrheiten, die nur im Bezug auf Wahrnehmungskontext ihre Gultigkeit besitzen. Diese Dualitat wird jedoch in der Forschungspraxis oftmals mit einem zweistufigem Denken in Verbindung gebracht, in dem zunachst ein kontextunabhangiger Bezugsrahmen gebildet, und hierauf aufbauend die Realitatswahrnehmung innerhalb des Rahmens kontextspezifisch geordnet wird. Diese Dualitat wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als der einzig gehbare Weg der Erkenntnisgenerierung angesehen, da es durch die Komplexitat der Thematik der Arbeit nicht praktikabel erscheint, ein kontextunabhangiges Axiomsystem aufzubauen, das den Anforderungen an eine axiomatisch-deduktive Theorie genugt. POPPER stellt fur Hypothesen, die im Rahmen dieser axiomatisch-deduktiven Theorie generiert wurden, drei Forderungen auf:^^ Die generierten Hypothesen sind das Ergebnis einer Deduktion aus Axiomen. Sie nehmen keinen Bezug auf ein bestimmtes Raum-Zeit-Gebiet. Die Hypothesen sind deterministisch zu formulieren, d.h. dass sie keine Ausnahmen zulassen. Diese Anforderungen sind, wie im Verlauf der Arbeit gezeigt wird, sowohl fur die Analyse des Change Managements als auch fur die von Unternehmensnetzwerken aufgrund der Kompie-
Auch im hypothesenbildenden Rationalismus konnen die Hypothesen falsifiziert werden; sie stellen demnach Aussagen dar, die (zumindest vorlaufig) als wahr erachtet werden. Vgl. OsTERLOH / GRAND (1998), S. 6 Vgl. SEIFFERT(1997), S. 154
Vgl. hierzu PRIM/TILMANN (1997), S. 77 f., sowie ausfuhriicher POPPER (1982), S. 31-46 Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Begriff der Theorie, insbesondere in den Sozialwissenschaften, teilweise welter gefasst wird. So definieren beispielsweise SCHNELL / HILL / ESSER eine Theorie im strengen Sinn als ein System von Aussagen, das mehrere Hypothesen oder Gesetze umfasst (vgl. SCHNELL / HILL / ESSER (1992), S. 43), wobei hierbei unter Hypothesen und Gesetzen allgemeine Aussagen uber Zusammenhange zwischen empirischen und logischen Sachverhalten verstanden werden; der Unterschied zwischen Gesetzen und Hypothesen wird darin gesehen, dass sich letztere bereits haufig in der Realitat „bewahrt" haben (vgl. SCHNELL / HILL / ESSER (1992), S. 42 f.). Hiermit ist ein wesentlicher Unterschied zu POPPER of-
fensichtlich. SCHNELL / HILL / ESSER en/vahnen bei ihren Ausfuhrungen nicht, dass keine Ausnahme zugelassen wird. Aus Sicht des Verfassers liegt jedoch gerade hierin eine wesentliche Anforderung an eine Theorie, da ansonsten die Gefahr der Beliebigkeit einer deduktive abgeleiteten Aussage besteht.
8
Einleitung
xitat der Betrachtungsgegenstande nicht zu erfijllen.^'^ Somit wird eine Position eingenommen, die in der wissenschaftlichen Terminologie oftmals unter dem Begriff Framework diskutiert wird.^^ Frameworks entstehen im Zusammenwirken von verschiedenen dekontextualisierten IVIodeilen mit kontextspezifischen Konzepten im Hinblick auf Problemstellungen der betrieblichen Praxis, welche zumeist auf Einzelfallstudien basieren (siehe Abb. 3). In einer pragmatischen Anwendung derartiger Frameworks werden diese als Redeinstrumente und als ein Strukturierungsrahmen fur eine reflexive Problembeschreibung verwendet. Bei einer undifferenzierten Anwendung kann hierbei jedoch der Vorwurf des Ekiektizismus oftmals berechtigt erhoben werden, weshalb bei einer wissenschaftlich fundierten Anwendung von Frameworks auf eine konsistente Kombination unterschiedlicher Modelle geachtet werden sollte. Generierung des Erkenntnisgewinns Dekontextualisiertes Model!
Kontextspezifische Konzepte
Framework Abb. 3:
Generierung des Erkenntnisgewinns im Rahmen der vorliegenden Arbeit
Das dekontextualisierte ModelP^ wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit weder streng induktiv noch streng deduktiv erarbeitet werden konnen, da die Arbeit auf Publikationen aufbaut, bei denen retrospektiv nicht vollstandig nachvollzogen werden kann, welchen Weg der Erkenntnisgewinnung die Forscher gewahit haben. Es ist jedoch aus Sicht des Verfassers auch durchaus legitim, im Rahmen des kritischen Rationalismus auf Erkenntnisse zuruckzugreifen, die sowohl induktiv als auch deduktiv abgeleitet wurden.
Die Komplexitat und die damit verbundene Problematik, dass wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn oftmals nur partiell erfolgen kann, ist ein typisches Problem der Organisationsforschung. Sie muss als problemorientierte betriebswirtschaftliche Forschung zweierlei Probleme losen das Analyse- und das Designproblem. Das Analyseproblem besteht darin, durch die Wahl Oder die Konstruktion eines geeigneten Bezugsrahmens zur Explikation der Entstehung und Veranderung von Organisationsstrukturen und -ablaufen beizutragen. Hierzu werden entweder Modelle Oder Frameworks venA/endet. Das Designproblem als zweite Problemstellung dient dazu, geeignete Werkzeuge fur das Losen praktischer Probleme zu entwerfen. Des Weiteren wird hierbei der Problemlosungsprozess kritisch reflektiert. Die Losungen stellen dabei keine „one best way"-L6sungen dar, sondern sind Orientierungsmuster, die sich aus dem theoretischen Bezugsrahmen ableiten lassen. Da sie Orientierungsmuster, Oder auch „Redeinstrumente" sind, lassen sie sich lediglich aus Frameworks, nicht jedoch aus Modellen ableiten (vgl. OSTERLOH / GRAND (2000), S. 355 ff.). Vgl. BEYER (2000), S. 19-23 Vgl. OSTERLOH / GRAND (1998), S. 7.
Das Konzept der Frameworks wurde ursprunglich von PORTER entwickelt (vgl. PORTER (1991), sowie OSTERLOH / GRAND (1995), S. 6).
Modelle bauen auf logisch-analytischen Operationen und Aussagen bzgl. ihrer empirischer Anwendungsbedingungen auf. Sie beinhalten wenige Schlusselvariablen (Strong Links), auf die in den weiteren Analyse- und Syntheseschritten eingegangen wird, sowie weitere Weak Links, die zumeist in Form von ad-hoc-Uberlegungen einbezogen werden, ohne sie explizit in das Modell zu integrieren (vgl. OSTERLOH / GRAND (2000), S. 356).
Forschungsdefizit, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit 1.4
Forschungsdefizit, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorherigen Ausfuhrungen haben bereits die grundlegende Problematik, die Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, in Ansatzen aufgezeigt. Die bisherige Diskussion zusammenfassend soil ein Framework fur das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft erarbeitet werden. Obwohl sowohl Unternehmensnetzwerke als auch das Change Management in der jungeren Literatur haufig thematisiert werden, lassen sich insbesondere im Bereich des Change Managements noch erhebliche theoretische Defizite ausmachen. Wie im Verlauf der Arbeit noch vertiefend dargelegt wird, sind bestehende Konzepte des Change Managements zumeist generalisierte Erfahrungen aus der Managementpraxis, deren theoretische Fundierung oftmals entweder nicht direkt nachvollziehbar ist Oder sogar ganzlich fehlt. Es werden Vorgehensmodelle Oder „goldene Regein" proklamiert, die in vielen Fallen eine ganzheitliche Sicht auf den Wandel in einem Unternehmen vermissen lassen. Diese theoretischen Defizite beziehen sich auf das Change Management von Unternehmen. Wird die Ebene des einzelnen Unternehmens verlassen und auf das Change Management innerhalb von Unternehmensnetzwerken fokussiert, lassen sich nur noch wenige Arbeiten in der wissenschaftlichen Literatur finden.^® Auch im Bereich der eher praxisorientierten Literatur, die auf der Ebene des Change Managements von Unternehmen relativ umfangreich ist, wird diese Problematik zumeist noch nicht thematisiert. Die Grunde hierfur sind einfach zu erkennen; sowohl das Change Management als auch Unternehmensnetzwerke sind jeweils bei genauer Betrachtung hoch komplexe Themengebiete. Eine Kombination dieser beiden Thematiken konnte durchaus den Anschein der nicht mehr beherrschbaren Komplexitat erwecken. Daruber hinaus sind Unternehmensnetzwerke trotz ihrer Popularitat noch nicht soweit in der Praxis etabliert,^^ dass die Problematik des Change Managements eines Netzwerkes noch nicht derartig pressant ist, wie dies auf Unternehmensebene der Fall
Zusammenfassend kann demnach konstatiert werden, dass das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken noch erhebliche Forschungsdefizite aufweist. Dieses Defizit wird durchaus zeitnah relevant werden, da in der Energiewirtschaft mit grower Wahrscheiniichkeit spatestens im Jahr 2007 die Bildung dieser Netzwerke notwendig wird, um die Uberlebensfahigkeit kleinerer Energieversorgungsunternehmen (EVU) sicherzustelVgl. bspw. ViER(1995) Es sei jedoch angemerkt, dass VIER'S Ausfuhrungen sich auf die Unternehmenstransformation und Netzwerkorganisation fokussieren; eine ausdruckliche Thematisierung des Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken ist nicht Gegenstand seiner Ausfuhrungen. Ohne dabei explizit auf das Change Management einzugehen, konnten sich zudem noch einige Arbeiten der Netzwerkforschung hier hinzurechnen lassen; hierbei handelt es sich um Arbeiten, in denen Netzwerke als das Resultat einer evolutionaren Entwicklung gesehen werden, wie beispielsweise der interaktionsorientierte Netzwerkansatz, der im Rahmen der vorliegenden Arbeit noch thematisiert wird (siehe Kapitel 3.2.2.6). Des Weiteren sei auf einen Aufsatz von GEMUNDEN / RITTER ven/viesen, welche in Ansatzen die beschriebene Problematik thematisieren; jedoch stellt auch dieser Ansatz aus Sicht des Verfassers keine umfassende Analyse der Problematik dar, da eine vollstandige Betrachtung der Unternehmens- und Netzwerkebene nicht gewahrleistet ist (vgl. GEMUNDEN / RITTER (1996)). Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass diese Aussage lediglich fur komplexe Netzwerke gilt, deren innere Struktur uber einfache dyadische Verbindungen herausgehen. Zu diesen Netzwerken zahlen beispielsweise zumeist Zulieferernetzwerke sowie Franchaise-Netzwerke. Wie im Rahmen der vorliegenden Arbeit in Kapitel 1 dargelegt, sind deutlich mehr als die Halfte aller Veranderungsprojekte als Misserfolg zu werten, was die Relevanz des Change Managements verdeutlicht.
10
Einleitung
len. Hieraus lassen sich drei Fragestellungen ableiten, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit beantwortet werden sollen. 1) Welch e optima len Konfigurationen von Netzwerken bei Energieversorgungsunternehmen existieren? Netzwerke l
Vgl. BECKER / HOLTEN / KNACKSTEDT / NIEHAVES (2004), S.
Vgl. K0HLER(1978), S. 188
337
11
Forschungsdefizit, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Change
Netzvi^rkthaoilen
B^oj^srahmen Strukturierung von ^
mm
tar das Change
Anaiyse von Untemeiwiens-
Bezugsrahmen 3 K ^ Change Manag^m^t mr Eta^tbrung von Untamehm^srtetzweficen
Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft
Erhebung von Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements basierend auf Sekundardatenanalysen (
I Framework / Arbeitsergebnis
[
I Kontext-frei
^ [
Abb. 4:
Kontext-gebunden
Befragungsform Le^d@f)ge&pr3ch (teBstandardlsierte Befragung)
Methodologische Grundlage: Grounded Theory
Forschungsdesign
Die Zielsetzung und die wissenschaftstheoretische Grundposition wurden bereits dargeiegt, weswegen im Folgenden nur noch auf den Ordnungsrahmen fur die Forschungsstrategie eingegangen werden soil. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist eine Analyse des Change Managements sowie von Unternehmensnetzwerken, um hierauf aufbauend eine Synthese dieser beiden durchfuhren zu konnen. Wahrend bei der Erarbeitung des Bezugsrahmens fur die Analyse von Unternehmensnetzwerken auf eine Vielzahl geschlossener Theorien zuruckgegriffen werden kann, ist dies bei der Erarbeitung des Change Managements nicht der Fall. Basierend auf einer struktur-funktionalen Theorie der Soziologie werden einzelne Komponenten identifiziert und strukturiert, um sie anschliellend in einem gemeinsamen Bezugsrahmen mit den Unternehmensnetzwerken zu kombinieren. Dabei wird durch einen einheitlichen Aufbau der Bezugsrahmen fiir die Unternehmensnetzwerke sowie fur das Change Management gewahrleistet, dass eine konsistente Synthese durchgefuhrt werden kann. Der erarbeitete Bezugsrahmen fur die Etablierung von Unternehmensnetzwerken ist zunachst kontextfrei. Aufgrund der Komplexitat der Thematiken sind die Aussagen des Bezugsrahmens noch eher generisch. Eine weitere Detaillierung erfolgt durch das Anwenden der Ergebnisse auf die Energiewirtschaft, denn dieser Branchenbezug ermoglicht eine deutliche Fokussierung auf einzelne Auspragungen Innerhalb des Bezugsrahmens.
12
Einleitung
Das Resultat ist ein kontextgebundener Framework ijber das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft. Da die Herleitung des Frameworks im Wesentiiciien theoriegeleitet ist, werden die aus dem Framework abgeleiteten Hypothesen anhand einer Empirie uberpruft, sowie durch weitere aus der Empirie gewonnenen Erkenntnisse erganzt. Um eine umfassende Analyse zu gewahrleisten, basiert die Empirie zum einen auf Fallstudien bestehender Netzwerke der Energiewirtschaft und zum anderen auf einer Sekundardatenanalyse bestehender Studien zu Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren auf Unternehmens- und auf Netzwerkebene des Change Managements. Der Aufbau der vorliegenden Arbeit entspricht der skizzierten Forschungsstrategie. Dabei wird der Bezugsrahmen zunachst kontextunspezifisch aufgebaut und erst im zweiten Schritt auf die Energiewirtschaft bezogen. Dadurch wird ein Rahmen geschaffen, der sich gemafl dem gewahlten Abstraktionsniveau auch auf andere Branchen ubertragen lasst. Diese Vorgehensweise hat jedoch den Nachteil, dass durch den Aufbau eines allgemeinen Bezugsrahmens der Umfang deutlich gesteigert wird, da Aspekte, die bei einer Branchenbetrachtung fruhzeitig ausgeblendet werden konnten, in das Modell mit einbezogen werden mussen. Die Allgemeingultigkeit des Modells wirkt sich damit negativ auf die Einfachheit aus. Diesem Ansatz folgend wird in Kapitel 2 das Change Management fur einzelne Unternehmen, also auf der Unternehmensebene, diskutiert. Zunachst unabhangig davon wird in Kapitel 3 dargestellt, was Unternehmensnetzwerke sind und wie sich diese entwickeln. Mit der Diskussion wird demnach die Netzwerkebene thematisiert. Ein derartiges Change Management kann jedoch nicht unabhangig von den beteiligten Unternehmen erfolgen, so dass wiederholt bei den Ausfuhrungen die Interdependenzen zwischen den beiden Ebenen dargestellt werden. Damit ist ein allgemeiner Bezugsrahmen fur das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in Kapitel 3 geschaffen. Dem skizzierten Vorgehen folgend schlieflt sich hier in Kapitel 4 die Diskussion der Energiewirtschaft an, um die Grundlage fur eine Detaillierung des skizzierten Bezugsrahmens zu schaffen. Die kontextspezifische Diskussion des Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft ist dann Gegenstand von Kapitel 5. Hier fliefien der allgemeine Bezugsrahmen, die Branchenspezifika sowie die Erkenntnisse der Empirie ein, um ein kontextspezifisches Change Modell fur Netzwerke in der Energiewirtschaft aufzubauen.
2
Change Management
Gegenstand dieses Kapitels ist das Change Management im Allgemeinen, sowie das Change Management von Unternehmen im Speziellen. Zur Einleitung werden hierzu zunachst die Problemstellungen der Praxis dargestellt und diese dem aktuellen Stand der theoretischen Diskussion gegenubergestellt. Hierauf aufbauend wird ein Bezugsrahmen erarbeitet, der die Komponenten des Change Managements theoretisch ableitet, den Prozess des Change Managements diskutiert, sowie abschliefiend die Trager des Change Managements identifiziert. Um eine Basis fur die weiteren Ausfuhrungen zu schaffen, werden abschliefiend die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements diskutiert, um hierdurch wesentliche Erkenntnisse der betrieblichen Praxis in die Diskussion des Change Managements einflieflen zu lassen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die institutionelle Ausgestaitung des Change Managements nicht oder nur punktuell Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Somit werden die organisatorische Ausgestaitung und Verankerung, Mitarbeiterbesetzung, Budgetausstattung etc. ledigiich dann betrachtet, wenn es fur die Beantwortung der Eingangs dargestellten Forschungsfragen unumganglich ist. Des Weiteren werden einzelne Methoden zur operativen Durchfuhrung des Change Managements nicht Gegenstand der Diskussion sein. Vielmehr sei hierbei auf die entsprechenden Publikationen verwiesen. Diese Einschrankung erfolgt vor dem Hintergrund, dass eine Diskussion der Methoden, die nicht nur oberflachig einzelne Aspekte darstellt, zu umfangreich ware."^^ 2.1
EinfiJhrung in das Change Management
Change Management ist in der letzten Zeit immer mehr in den Fokus der Managementpraxis geriickt. Die Erkenntnis, das Anderungsvorhaben nicht trivial und top-down per Anweisung umgesetzt werden konnen, wurde aus der Erfahrung mit einer Vielzahl gescheiterter Projekte gewonnen. Dieser steigenden praktischen Relevanz wird jedoch die theoretische Durchdringung des Change Management nicht gerecht. Es muss konstatiert werden, dass eine theoretische Fundierung des Change Managements noch nicht weit fortschritten ist und erhebliche theoretische Defizite existieren. So scheint es, dass die Organisationstheorie der Praxis noch wenig uberzeugende Konzepte zu bieten hat."^"^ Diese Defizite sind teilweise noch dem entscheidungslogischen Denkansatz der traditionellen Organisationslehre zuzuschreiben, in der Veranderungen im Wesentlichen nur als planerisches Problem begriffen wurden und die Umsetzung auf das Problem der korrekten Anweisung reduziert wurde."^^ Plakativ wird diese Auffassung durch HAMMER / CHAMPY erkennbar, wenn sie im Rahmen der Umsetzung von durchaus komplexen Business Reengineering-Projekten
Vgl. hierzu insbesondere die Publikationen auf die in Kapitel 2.1.3.1 im Zusammenhang mit der Diskussion der Organisationsentwickiung ven/viesen werden. Vgl.W0LFF(1998), 3.284 Vgl. SCHREYOGG (2003), S. 497 Die Erkenntnis, dass ein Wandel nicht ausschlieRlich ein planerisches Problem ist, sondern „weiche Faktoren" einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg eines Wandelvorhabens haben, hat sich auch in der Praxis durchgesetzt (vgl. bspw. GLASER-GALLION (2002), 8. 47).
14
Change Management
feststellen,'^^ dass sie „nicht naher darauf eingegangen [sind; d.V.], wie Unternehmen Business Reengineering praktisch umsetzen «47 Eng mit dieser Problematik verbunden ist die oftmals anzutreffende Meinung, dass sich ein strategisches Management in eine Strategieentwicklungs- und eine Impiennentierungsphase aufteilt, die streng getrennt sind. Erst aktuellere Veroffentlichungen uberwinden diese Aufteilung und sehen in iiir iedigiicii eine gedankliche Trennung, die dazu dient, das System des strategischen Managements zu vereinfachen. In der betrieblichen Praxis besteiien Prozesse des strategisciien Managements aus einer simultanen und kontinuierlichen Entwicklung und Uberarbeitung von Konzepten, die bereits bei der Konzeption Implementierungsaspekte beriicksichtigen. Dies wird auch als Simultanprinzip bezeichnet."^® Im Folgenden wird zunaciist die Problemstellung des Ciiange Managements in der Praxis umrissen, um die praktische Relevanz des Themas darzustellen. Hierauf aufbauend wird ein theoretisches Model! des Change Managements erarbeitet und mit bestehenden, organisationstheoretischen Ansatzen in Verbindung gebracht.
2.1.1
Problemstellung des Change Managements in der betrieblichen Praxis
Veranderungen sind alltaglicher Bestandteil in der betrieblichen Praxis. So befanden sich belspielsweise laut einer 1996 durchgefuhrten Umfrage der Unternehmensberatung Kienbaum und Partner von 120 Top Managern 98 % der befragten Unternehmen in einem umfassenden Veranderungsprozess, der von der Strategie uber die Organisation bis hin zu Personalkonsequenzen reichte."^^ Mit ein Grund fur die Vielzahl der initiierten Veranderungsvorhaben sind die vielen neuen Managementkonzepte, die seit den 80er Jahren eingefuhrt wurden, die sich jedoch oftmals auch schnell wieder uberholten.^° Dies hatte zur Folge, dass aufgrund der Geschwindigkeit, wie neue Methoden eingefuhrt wurden und wieder uberholt wurden, Mitarbeiter Veranderungen als reinen Aktionismus empfanden und notwendige Verhaltensanderungen nicht stattfanden.^^ Im Jahr 2004 haben sich die Verhaltnisse nicht grundlegend geandert. Auch wenn die von Kienbaum und Partner zitierte Studie nicht auf aktuellem Zahlenmaterial basiert, kann doch angenommen werden, dass aufgrund des Fortschreitens der Globalisierung mit der Folge eines verstarkten Wettbewerbsdrucks und einem starker werdenden Anpassungsbedarf der Unternehmen an das Marktgeschehen der Veranderungsdruck nicht, oder nicht wesentlich, abgenommen hat - ganz im Gegentell, gegebenenfalls sogar welter zunimmt. Diese Annahme teilt auch HIRSCHHORN, wenn er feststellt, dass vieie Untemehmensleiter derzeit versuchen, Ihr Unternehmen erfolgreich zu wandeln.^^
Das Business Reengneering ist auch nach zehn Jahren in der betrieblichen Praxis von erheblicher Relevanz, auch wenn es in der Theorie praktisch nicht mehr thematisiert wird (vgl. HESS / SCHULLER (2005), 8. 370 f.).
49 50
HAMMER/CHAMPY (1996), Epilog Es sei angemerkt, dass konsequentenA^eise in spateren Studien festgestellt wurde, dass die Umsetzungsproblematik im Konzept des Business Reegineering nicht angemessen berucksichtigt wird (vgl. HOMBURG / HOCKE (1998), S. 297). Vgl. BLEICHER (2004), 8. 449 f., sowie beispielhaft WQTHERICH (1991), 8. 110 Vgl. KIENBAUM (1996) zitiert aus DEURINGER (2000), 8. 26 f. Beispiele hierfur sind fur die 80er Jahre Just-in-Time-Konzepte, das Kaizen sowie Qualitatszirkel, fur die 90er Jahre das Business Process Reengineering, die Konzentration auf Kernkompetenzen. Shareholder Value Konzepte oder virtuelle Unternehmen (vgl. PERLITZ (1998), 8. 8). Vgl. PERLITZ(1998), 8. 8
Vgl. HIRSCHHORN (2002), 8. 98
Einfuhrung in das Change Management
15^
Diesem Veranderungsdruck steht jedoch ein massives Defizit bei der Unnsetzung von Veranderungen entgegen. LIES beschreibt in diesenn Zusammenhang treffend das „ChangeManagement als Fuhrungsaufgabe mit niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit".^^ Die Tatsache, dass 70 Prozent aller gestarteten Change-Vorhaben von der Fachwelt als Misserfolge eingestuft werden, macht dies eindrucksvoll deutlich.^"^ Eine andere Untersuchung kam sogar zum Ergebnis, dass 90 Prozent aller Vorhaben nicht an dem Konzept, sondern an der Umsetzung scheiterten.^^ Vor diesem Hintergrund weist ROHE darauf hin, dass Change Management als eigenstandige Disziplin zu betrachten ist, wenn es in Zukunft erfolgreicher eingesetzt werden soil. Erfolgreiches Veranderungsmanagement braucht ein entsprechend hoch entwickeltes Instrumentarium, das von den verantwortlichen Fuhrungskraften situationsgerecht eingesetzt werden kann.^^ Auch aktuellere Studien als die beiden Aufgefuhrten beiegen, dass in der aktuellen Situation noch kein Durchbruch hin zu einem erfolgreicheren Change Management erzielt werden konnte. In einer Ende 2003 verdffentlichten Studie werden immer noch 66 % der Veranderungsvorhaben als gescheitert angesehen oder haben lediglich marginale Veranderungen bewirkt.^^ Konsequenterweise wird deswegen auch von 90 % der Unternehmen, die im Rahmen einer 2003 von Cap Gemini Ernst & Young durchgefuhrte Studie zu diesem Thema befragt wurden, Change Management als sehr wichtig oder wichtig angesehen.^^ Fur das Scheitern der Veranderungsprojekte werden die unterschiedlichsten Faktoren verantwortlich gemacht. So stellt beispielsweise BERNER fest, dass bei grofieren Veranderungsprojekten Projektmudigkeit, Widerstande sowie Defizite in der Projektdurchfuhrung die groflten Hindernisse einer erfolgreichen Projektdurchfuhrung sind.^^ Widerstande und Defizite sind hierbei Phanomene, die unmittelbar nachvollziehbar sind. Um den Grund „Projektmudigkeit" nachvollziehen zu kdnnen, sei darauf hingewiesen, dass empirische Schatzungen fur eine Reorganisation ubereinstimmend einen Zeitraum von zwei bis funf Jahren bzw. drei bis funf Jahren angeben;^° die ILOI-Studie gibt ein Mittel von 135 Kalenderwochen an.^"" Ohne die Genauigkeit dieser Schatzungen und ihren Aussagegehalt vertiefen zu wollen, ist es zumindest offensichtlich, dass derart iange Projekte zum einen Ressourcen umfangreich binden, deren Einsatz es zu planen und zu koordinieren gilt, und zum anderen Projekthdhen und -tiefen unvermeidbar sind. Es sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass eine Verbindung der Projektiaufzeit und der eingesetzten Ressourcen mit der Misserfolgsquote und der Anzahl der Change Management-Projekte deutlich aufzeigt, welche hohen Verschwendungen an Unternehmensressourcen durch die Misserfolge im Wandel entstehen. Neben diesen Punkten nennen andere Autoren noch mangelnde Motivation oder ein Interesse an Besitzstandswahrung als Erklarung fur die mangelhafte Umsetzung von Projekten.®^ Insgesamt lasst sich jedoch feststellen, dass die Grunde des Schelterns von Veranderungsprojekten insbesondere in der Managementpraxis oftmals nur auf wenige Punkte reduziert werden, die dann als die alleinigen Ursachen fur das Scheitern ausgemacht werden. 53 54 55 56 57 58
LIES (2003), S. 14
Vgl. REl(i(1999), S. 32 Vgl. ROHE (1998), S. 16 Vgl. ROHE (1998), S. 20 Vgl. STURDY/GREY (2003), S. 651 Vgl. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003), S. 13
Vgl. BERNER (2000a), S. 7 Vgl. BAUMGART (2001), S. 4 bzw. MOLLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 610
Vgl. ILOI (1997), S. 15 Vgl.W0LFF(1998), S. 284
Change Management
16
Differenzierter werden die Grunde fur das Scheitern in zwei Studien von der Unternehmensberatung Kienbaum und Partner beziehungsweise Cap Gemini Ernst & Young untersucht. So identifiziert die Studie von Kienbaum drei Erfolgsfaktoren und Misserfoigsfaktoren fur Change Management-Projekte (siehe Abb. 5). Erfolgsfaktoren . ^ _ „ .
Umfangreiche f"^'"" Kommunikation L l ^ Tragende Rolie des Top-Managements Professionelles Projektmanagement
40
20
-rrr^^y
60
80
100
Antworten in %
Misserfoigsfaktoren Umgang mit der Angst der Befroffenen Kata lysator-Fun ktion der Fijhrungskrafte
-x:
(Fehlende) Identifikation des Middle-Managements
20
80
100
Antworten in %
Abb. 5:
Erfoigs- und Misserfoigsfaktoren nach Kienbaum
Aus der Studie von Kienbaum geht deutlich hervor, dass weniger Misserfoigsfaktoren bestehen, deretwegen Projekte scheitern, sondern vielmehr Erfolgsfaktoren bestehen, die fur ein erfolgreiche Projektdurchfuhrung wesentlich sind. im Wesentiichen ist es Ergebnis dieser Studie, dass fur ein erfolgreiches Durchfuhren von Veranderungen Kommunikation, Commitment und eine professionelle Projektdurchfuhrung notwendig sind. Doch auch bei dieser Studie sind weitere, relevante Aspekte nicht erfasst worden. So sind oftmals kulturelle Aspekte fur ein Scheitern von Veranderungsprojekten verantwortlich, was aus dieser Studie jedoch nicht deutlich wird.^ Noch differenzierter hat eine Studie von Cap Gemini Ernst & Young die Grunde erhoben, weswegen Change Prozesse scheitern (siehe Abb. 6).
Vgl. DEURINGER (2000), S. 28 f.
Vgl.hierzuKapitel 2.2.1
Einfuhrung in das Change Management
17
GriJnde fur das Scheitern von Change Prozessen Zu viele Aktivitaten, die nicht priorisiert wurden i^^'^} Langfristige MaBnahmen werden fur kurzfristige ^ , Ergebnisverbesserungen geopfert r ^ Kein echtes und nachhaltiges Monitoring / u^ Erfolgskontrolle der Aktivitaten ^'^'^^
Interessen-/ Zielkonflikte der Beteiligten
p > ? j ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ' x ^ l S W ^ ^
Fehlende Verknupfung „top down" und ..bottom up" rK''y'"'i%^pi;'^-^'l^~ Andauernde Reorganisationen ..lahmen" die Organisation [
I 'C
f^:i''^iW^^'^^A
'fj'Zf:huf'-^^
Kein Commitment desVorstands Keine Verknupfung desVeranderungsthemas mit der Unternehmensstrategie Schwaches Projektmanagement Verzicht auf Change Management Fehlende/mangelnde Unterstutzung aus dem Linienmanagement Mangelnde Fahigkeiten/ Qualifikation / Know-How Zu geringe Verantwortungsbereitschaft
20 Abb. 6:
40
60 Antworten in %
Grunde fiir das Scheitern von Change Prozessen nach Cap Gemini Ernst & Young®^
Ohne auf die einzelnen Punkte der Studie naher eingehen zu wollen, fallt auf, dass die Top4-Punkte durchgangig in das Umfeld von sach-rationalen Fragestellungen fallen, die prinzipiell mit Hilfe klassischer betriebswirtschaftlicher Ansatze gelost werden konnen. Erst in den folgenden Punkten werden Aspekte wie Unternehmenspolitik oder Widerstande genannt. Auch bei dieser Studie sind unternehmenskulturelle Aspekte nur indirekt in Punkten wie „Zu geringe Veranderungsbereitschaft" oder „Andauernde Reorganisation ,lahmen' die Organisation" angesprochen. Eine weitere Studie, die auf dem populationsokologischen Ansatz aufbaut, hat dagegen analysiert, warum Unternehmen „trage" sind. Diese Tragheit ist ein wesentlicher Faktor fur gescheiterte Change Management-Projekte, weswegen die Erkenntnisse dieser Studie sich auch Grunde fur das Scheitern von Veranderungsvorhaben interpretieren lassen. Es sei angemerkt, dass lediglich eine fur das Change Management relevante Auswahl an Ergebnissen aufgefuhrtwird:^^
Vgl. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003), S. 39
Vgl. zu den aufgefuhrten Punkten KNYPHAUSEN-AUFSESS (1995), 8. 145, f.
18
Change Management -
Die Entscheidungstrager erhalten nur die Informationen, die in einem Zusammenhang mit den bestehenden Aktivitaten stehen; „neue" Informationen sind niclit ohne weiteres verfugbar. Eine bestehende Organisation verkorpert liaufig eine Art von politlschem Gieiciigewichtszustand. Jede Veranderung der Organisation beruhrt demgegenuber die Interessen der Aktoren und fuiirt zu Konflikten; dies wird versuclit zu vermeiden. Es existiert oftmals ein System von Regein, welches den normativen Zusammenhalt der Organisation sichert und zudem ais Argumentationsbasis fur den Beibehalt der bestehenden Organisation dient.
Wesentlicher Erkenntnisgewinn dieser Studie ist, dass insbesondere auch mikro-politische sowie unternehmenskulturelle Aspekte eine bedeutende Rolle zur Erklarung der Tragheit von Unternehmen und damit auch der Problematik bei der Umsetzung von Wandelvorhaben spielen konnen. Als Reaktion auf die gescheiterten Veranderungsprojekte wurden insbesondere von Unternehmensberatungen unterschiedliche Losungskonzepte entwickelt. Die einzelnen Konzepte zeichnen sich zumeist dadurch aus, dass sie „goldene Regein" proklamieren, die einen Wandel von Unternehmen erfolgreich werden lassen sollen. Diese Regein sind zumeist die zusammengetragenen Erkenntnisse einzelner Projekte, die dann derart verallgemeinert werden, dass sie auf beliebige Situationen anwendbar werden sollen. So fuhrt A b b . 7 beispielhaft derartige Regein auf.^^ • Weniger ist oft mehr Nicht das optimale, lehrbuchmafiige »Glanzkonzept« gilt, sondern das von den Rahmenbedingungen (Markt, Umfeld, Innenwelt des Kunden etc.) her gangbare und umsetzbare Modell ist hilfreich und zielfiihrend (Realitatsbezug des Machbaren).
• Der Berater weiss nicht alles Nurdurch das moglichst offene Zusammenspiel zwischen externem Beraterblicl< und internem Organisations- und IVIarktwissen ist ein fur den Kunden gangbarer Transfomnationsweg uberhaupt realisierbar (Bezieliungsmodell und dessen Psycliodynamil<).
> HilfezurSelbsthilfe Klarlieit in Verantwortliclil<eiten und Rollen: Die Primarverantwortung des gesamten Cliange-Programmes liegt beim Kunden, Consultants nehmen eine unterstutzende, beratende Rolle ein.
• Betroffene zu Beteiligten machen Die Betroffene sind in jedem Schritt des Vorgehens mitten im Denkprozess und nicht nur Ausfuhrende ; jeder konkreten Madnahmenplanung geht eine eingehende, gemeinsame Problemdefinition, -analyse und -interpretation voraus; die Betroffenen sind immer Teil der Umsetzung.
• Rollende Planung - informationsruckkoppelung Es gibt keinen fix vorgegebenen Weg, lediglich ein grobes Vorgehensmodell bildet eine Art Leitplanke zur grundsatzlichen Orientierung aller am Prozess beteiligten Key-Player (Lem- und Entwicklungsprozess der gesamten Organisation).
• Kontinuitat der Weiterentwicklung (fortlaufender Prozess) Dergesamte Changeprozess folgt bestimmten Change-Rhythmen (Chronos, Kairos); hierfinden sich auch die wichtigen Begriffe wie Quick hits. Quick wins etc.
• Konsequente Konfliktbearbeitung Auftretende Konflikte mussen moglichst friih erkannt und sofort und konstruktivangegangen werden.
• Spiel mit offenen Karten - keine Scheinpartizipation Die professionelle Gestaltung des Kommunlkationsprozesses in die Organisation ist ein zentraler Erfolgsfaktorzur Akzeptanz derVeranderungsvorhaben bei den Mitarbeitem.
Abb. 7:
Beispiel fijr goldene Regein des Change Managements
Vgl. G R A F / J O R D A N (2002), S. 234 Vgl. G R A F / J O R D A N (2002), S. 234
Einfuhrung in das Change Management
1^
Es soil inn Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht negiert werden, dass die Befoigung solcher Regein durchaus den Veranderungsprozess positiv beeinflussen kann. Jedoch existieren aus Sicht des Verfassers drei wesentliche Kritikpunkte, die gegen eine Einbindung solcher Regein in die weitere Arbeit sprechen: -
Da die Regein ein zusammengestelites Erfahrungswissen unterschiedlicher Projekte darstellen, die nicht systematisch erhoben wurden, ist eine ganzheitliche Betrachtung des Change Managements auf Basis solcher Regein nicht sichergestellt. Es ist nicht transparent, inwieweit die im Rahmen solcher Regein abgeleiteten Aussagen eine allgemeingultige Optimalitatsaussage darstellen und somit einen normativen Charakter aufweisen, oder ob sie lediglich suboptimale, aber praktikable Erfahrungswerte sind. Die Regein sind zum Teil sehr generisch, was sich unter anderem negativ auf die Operationaiisierbarkeit auswirkt. So ist beispielsweise die Regel „Konsequente Konfliktbearbeitung" sicherlich sinnvoll, jedoch wird weder erlautert, wie Konflikte identifiziert und gelost werden, noch anhand welcher Entscheidungsregein Konflikte ausgetragen oder im beiderseitigen Einverstandnis gelost werden sollen. Dies ist beispielsweise bei Veranderungsprozessen relevant, die einen Personalabbau nach sich Ziehen, da hierbei sicherlich oftmals das Austragen von Konflikten die sinnvollere L6sung als das Nachgeben ist.
Ahniiches gilt fur Leitsatze, die in der praxisorientierten Literatur immer wieder zu finden sind und die Grundsatze fur eine erfolgreiche Unternehmensveranderung darstellen sollen (siehe Abb. 8). 1.
Die besten und intelligentesten Menschen werden sich zu den Unternelimen hingezogen fijhlen, in denen sie ihre personlichen Ziele verwirklichen konnen
2.
Die neue Rolle des IVIanagers ist die eines Trainers, Leiirers und IVientors.
3.
Die besten IVIitarbeiter wollen IVIiteigentum - physisches und reales - an ihrem Unternelimen; die besten Unternehmen tragen dem Rechnung.
4.
Die Unternehmen werden in steigendem IVIafte festangestellte IVIitarbeiter durch von Drittfirmen gemietete Arbeitskrafte ersetzen.
5.
Autoritares IVIanagement macht einem menschenorientierten Netzwerk-Management Platz.
6.
Innerbetriebliches Unternehmertum schafft neue Produkte und neue Markte und revitalisiert Unternehmen.
7.
Qualitat hat hochste Prioritat.
8.
Intuition und Kreativitat setzen sich gegen 2^hlenglaubigkeit der Wirtschaftsschuldoktrin durch.
9.
Gro&unternehmen machen sich die positiven und produktiven Qualitaten der Kleinunternehmen zunutze.
10.
Der Aufschwung der Informationswirtschaft hat eine massive Verlagerung von Infrastruktur zu Lebensqualitat in Gang gesetzt.
Abb. 8:
Leitsatze zur Reorganisation von Unternehmen
Vgl. CziCHOS(1993), S. 72ff.
20
Change Management
Sicherlich werden auch in diesen Leitsatzen Aussagen enthalten sein, die einen positiven Effekt auf die Veranderung von Unternehmen haben. Jedoch ist auch hier nicht sichergestellt, dass sie eine umfassende, optimale und fundierte Grundlage fur die Veranderung von Unternehmen bilden. Deswegen soli im Folgenden das Change Management aus theoretischer Sicht diskutiert werden, urn eine Basis fur eine ganzheitliche Sicht zu legen. 2.1.2
Change Management aus theoretischer Sicht
Es wurde versucht, die beschriebenen Probleme der betrieblichen Praxis theoretisch zu erklaren, da sich auch in der theoretischen Betrachtung des Change Managements die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass das Schiiefien der Lucke zwischen Ist- und Soll-Zustand durchaus komplex ist. So stellt beispielsweise EDOSOMWAN fest .Nothing is more challenging and rewarding to execute, nor more delicate to handle, nor more beneficial to implement than to transform and reengineer an organization. The organizational transformation process creates enemies, pains, change, risk, uncertainty and, most importantly, rewards that are beneficial to individuals, organizations and society at large.'''^ Begrundet werden die Umsetzungsprobleme mit dem Faktor Mensch, der bei dem Wandel in den Vordergrund rijckt mit alien ihm eigenen Handlungssituationen, die FRIEDBERG treffend mit „radikaler Kontingenz" beschreibt.^^ Das Verhalten und die Entscheidungen jedes einzelnen Akteurs, der In die Veranderung involvlert ist, ist nicht ausschliefilich durch ein einfaches Abhangigkeitsverhaltnis zu okonomischen und technologischen Faktoren gekennzeichnet, sondern vielmehr grundsatzllch auch ein Stuck wlllkurlich und unbestimmt. Dieses nicht-triviale Setting erklart auch, warum der Wandel In Organisationen oftmals geringer ausfallt, als ursprunglich vorgesehen.^^ Der Begriff des Change Managements ist in der betriebswirtschaftlichen DIskussion nicht eindeutig definiert. Haufig werden Konzepte fur betriebliche Wandelprozesse, die sich in der betrieblichen Praxis bewahrt haben, als Change Management bezeichnet. Sie bauen demnach auf einem Erfahrungswissen auf, das meist nicht durch eine Theorie fundiert wird. Im Folgenden sollen dennoch Definitionen aufgezeigt werden, die Change Management aus der theoretischen Sicht heraus definieren. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die aufgezeigten Definitionen lediglich eine kleine Auswahl darstellen. Die Vielzahl der Definitionen des Begriffs Change Management zeigen Zusammenstellungen von PERICH sowie LEVY, die unabhangig voneinander Jewells 17 unterschiedliche Definitionen zusammengetragen haben, die teilweise deutlich unterschiedliche Paradigmen aufweisen. Da zudem die Zusammenstellungen von PERICH und LEVY abweichen, existiert noch eine hdhere Varietat der Begriffe.^^ In einer ersten Definition wird Change Management definiert als Subsummierung aller Maflnahmen, die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen Neben diesen Leitsatzen sind teilweise auch erganzend noch „Steuerungsprinzipien" in der Literatur anzutreffen. Derartlge Prinzipien lauten beispielsweise kontextspezifisch auf den offentlichen Dienst bezogen „Das Prinzip Kontrolle muss bei Fuhrungskraften Vorrang vor dem Prinzip Kollegialitat erhalten.", „Nur Ubung macht den Meister." und „Der Veranderungsresistenz des Systems wird die Penetranz konsequenter Storungsarbeit entgegengesetzt." (vgl. SCHAFER (2005), S. 102 ff.). Es ist offensichtlich, dass der wissenschaftliche Aussagegehalt derartiger Prinzipien hochst fraglich ist, so dass im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit auf derartlge Publikationen nicht zuruckgegriffen wird. ^° ^^
ADOSOMWAN (1996), S. 1 Vgl. AL-ANI / GATTERMEYER (2001), S. 13 f., sowie FRIEDBERG (1988), S. 39 ff.
^^
Vgl. AL-ANI / GATTERMEYER (2001), S. 14
^^
Vgl. PERICH (1992), S. 493 ff., sowie LEVY (1986), S. 5 ff.
Einfuhrung in das Change Management
2/\_
und Verhaltensweisen notwendig sind/"* Diese Definition ist sehr generisch und zudem auch nicht umfassend genug, da wesentliche Elemente wie beispielsweise die Zielorientierung des Wandels nicht berucksichtigt werden. VOGEL nahrt sich der Definition, indem er den Wandel hervorhebt und Veranderungsphanomene als „Differenzen in Strategien, Strukturen, Ressourcen Oder Kultur einer Unternehmung, die sich im Zeitablauf aus der Orientierung an der Urn- und Inwelt ergeben [, definiert; d.V.]. Anpassungszwange aus der Unternehmungsumwelt aber auch interner Problemdruck erfordern die Neubestimmung wesentlicher Unternehmungscharakterlstika und aufiern sich in einer nachhaltigen Veranderung im Verhalten der Mehrheit der Mitarbeiter."''^ Zu kritisieren ist auch an dieser Auffassung von Change Management, dass in der Definition primar auf die ausldsenden Faktoren von Veranderungsprozessen fokussiert wird und nicht auf die Veranderung an sich. T H O M dagegen definiert Change Management als einen Prozess, der alle geplanten, gesteuerten, organisierten und kontrollierten Veranderungen in den Strategien, Prozessen, Strukturen und in den Kulturen sozio-okonomischer Systeme umfasst/^ Erganzend hierzu sei angemerkt, dass dieser Wandel bewusst gesteuert wird und langerfristig orientiert \st7^ Damit hebt er sich von ungeplanten Veranderungen ab, die sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht intendiert, zufallig und weitgehend unbemerkt s i n d / ^ Das Veranderungsmanagement umfasst alle internen und externen Faktoren, die die Veranderungen beeinflussen/^ Der prozessualen Definition von T H O M soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit mit den dargestellten Erganzungen gefolgt werden, wobei der Wandel nicht nur als bewusst gesteuerter und langerfristig orientierter Prozess aufgefasst wird, sondern erganzend hierzu noch als zielorientierter Prozess. DIese Zielorientierung ist wesentlich, um den Wandel eine Richtung zu geben. Ohne diese Erganzung wurden auch bewusst gesteuerte, aber ziellose Wandelvorhaben inkludiert werden, was nicht dem Verstandnis des Verfassers hinsichtlich eines unternehmerischen Wandels entspricht.^° Unter einer Veranderung wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht das alleinige Wechsein von einer fixen Struktur zu einer neuen fixen Struktur verstanden,^^ sondern vielmehr wird hierunter der Anpassungsprozess auf dem W e g zu den gesetzten Zielen verstanden, der nicht linear und durchgangig ex ante planbar ist. Korrekturen auf dem Weg und gegebenenfalls auch eine Korrektur von Zielen sind bei diesem Wandel oftmals unvermeidbar. Dies ruhrt zum einen aus der Komplexitat des Wandelvorhabens und zum anderen aus dem Problem, dass niemals alle Ausgangsparameter ex ante erfasst werden kdnnen. Insbesondere die rational nicht durchgangig eruierbaren Faktoren wie beispielsweise die unternehmensinternen Machtverhaltnisse Oder die Unternehmenskultur lassen eine durchgangige Planung im voraus zumeist undurchfuhrbar werden. Vgl. A L - A N I / GATTERMEYER (2001), S. 14
VoGEL (2003), 8. 17 Vgl. THOM (1995), 8. 870 Vgl. NlPPA(1997), 8. 27 Vgl. STAEHLE (1999), 8. 899, der in diesem Zusammenhang anstatt von einer ungeplanten Veranderung von einem ungeplantem Wandel spricht. Vgl. VOROPAJEV (1998), 8. 17. Die Faktoren werden detailliert in Kapitel 2.2 detailliert beschrieben. Es sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Begriffe Change Management, Management des Wandels sowie Veranderungsmanagement synonym verwendet werden. Vgl. VOLLRATH (1999), 8. 30, der darauf hinweist, dass bei einem Groflteil der Change Management-Konzepte genau dieser Wechsel von einem fixen Aggregatzustand zu einem neuen fixen Aggregatzustand beschrieben wird.
22
Change Management
Aus diesem Grund wird in der Literatur Change Management oftmals auch eher als kontinuierliche Verbesserung denn als Methode zur Transformation von Unternehmen angesehen. Auch wenn eine solche kontinuierliche Verbesserung in keinem Widerspruch zu der fur das Change Management geforderten geplanten und bewusst gesteuerten Veranderung steht, da sich die evolutionare Entwicklung an einer ubergeordneten Strategie orientiert, welche die Auswahl, den Zeitpunkt und die Reihenfoige der zu ergreifenden Maftnahmen bestimmt,^^ wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit diese Auffassung von Change Management als ausschlieHlich kontinuierliche Verbesserung als zu restriktiv angesehen, da hierdurch wesentliche Inhalte wie beispielsweise das Veranderungsmanagement im Rahmen des Business Process Reengineering keine Berucksichtigung finden vvurden.^^ Demzufolge lassen sich im Change Management unterschiedliche Auspragungen des Wandels identifizieren. Evolutionare Verfahren, die eher eine kontinuierliche Verbesserung beschreiben und revolutionare Verfahren, deren Ziel eine umfassende Transformation eines Unternehmens ist. Im folgenden Kapitel werden diese beiden Auspragungen vertiefend diskutiert.
2.1.3
Change Managennent zwischen Evolution und Revolution
Der Wandel ist fur das Change Management, als Management des Wandels, von zentraler Bedeutung. In Aniehnung an TURK konnen prinzipiell drei unterschiedliche Grundmodelle des Wandels unterschieden werden, Entwicklungsmodelle, Selektionsmodelle sowie Lernmodel-
Unter Entwicklungsmodellen sind Modelle zu verstehen, die in Analogie zu der Natur unterschiedliche Entwicklungsstadien im Leben einer Organisation identifizieren und diese hierauf aufbauend in typische Phasen anordnen. Insbesondere Lebenszyklusmodelle zahlen zu dieser Art. Aufbauend auf einer solchen Klassifizierung werden oftmals Normstrategien entworfen, die in den einzelnen Phasen des Lebens einer Organisation anzuwenden sind. Diese Modelle werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht weiter betrachtet, da sie aufgrund ihres generischen Charakters und den hierauf aufbauenden Empfehlungen sich nicht fur die komplexe und differenzierte Betrachtung von Organisationen im Rahmen des Change Managements eignen. Der zweite von TURK unterschiedene Typ ist der der Selektionsmodelle. Bei dieser Art der Modelle wird die Umwelt als derart komplex und unslcher aufgefasst, dass Planer und Manager die Organisation nicht antizipativ hieran anpassen konnen. Somit obliegt es der Umwelt, bestimmte Populationen von Organisationen und damit auch die Strategien, Strukturen und Systeme zu selektieren. Ein Wandel basierend auf einer solchen Selektion wurde in letzter Zeit in Konzepten wie beispielsweise dem Population Ecology-Ansatz^^ Oder der Evolution organisatorischer Regein im Konzept von MARCH diskutiert.^^ Diese Ansatze, die eine Weiterentwicklung einer Organisation mit Hilfe der evolutionaren Prozesse „Prozess der Variation" und „Prozess der Selektion" erklaren, die sich an den Erkenntnissen von DARWIN orientieren, beschreiben eher einen Prozess des Trial and Errors oder, wie es Vgl. FRENCH / BELL (1990), S. 66 f., die die Organisationsentwicklung beschreiben. Dies ist ein Konzept, urn evolutionare Veranderungen in einer Unternehmung umzusetzen. Insbesondere die Umsetzungsproblematik im Rahmen der durch HAMMER/CHAMPY induzierten Reengineering-Welle in den 80er und 90er Jahren haben die Relevanz von Change Management deutlich aufgezeigt (vgl. MEISTER (1999), S. 2 sowie S. 19 ff.). Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen TURK (1989), S 58 ff. Vgl. fur diesen Ansatz beispielsweise HANNAN / FREEMAN (1989) Vgl. hierzu beispielsweise MARCH (1994)
Einfuhrung in das Change Management
23^
KiESER formuliert, ein Prozess des Durchwurstelns^^ als eine zielfuhrende und gesteuerte Weiterentwicklung eines Unternehmens. Da jedoch sowohl die Zielfuhrung als auch die Steuerung ein konstituierendes Merkmal des Wandels im Sinne des Change Managements ist, werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch die Selektionsmodelle nicht weiter betrachtet.^^ Lernmodelle dagegen sprechen Organisationen prinzipiell die Fahigkeit der Anpassung, der Entwicklung sowie des Lernens zu. Dies wird damit begrundet, dass Menschen im Gegensatz zu biologischen Organismen die Fahigkeit zur Reflexion sowie zur kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Tun und Handein haben und darauf aufbauend ihr Verhaltensrepertoire variieren und erweitern konnen.®^ Unabhangig davon, welche Art des Wandels In den weiteren Ausfuhrungen diskutiert wird, ist diese Annahme grundsatzlich im Rahmen der vorliegenden Arbeit gultig und somit Basis der weiteren Betrachtungen. Der Wandel kann unterschiedliche Anpassungsintensitaten in Bezug auf den Umfang und die Radikalitat annehmen. So unterscheiden LEVY / M E R R Y zwischen zwei unterschiediichen Arten des Wandels, dem First-order Change und dem Second-order Change.^° Trotz unterschiedlicher Begrifflichkeiten hat sich diese Unterscheidung in der Literatur durchgesetzt, so dass eine Vielzahl von Autoren sich dieser Klassifizierung angeschlossen haben.^^
Vgl. KiESER (2002), S. 72 Vgl. hierzu auch B E A / G O B E L (2002), S. 432. Die Autoren klassifizieren derartige Modelle als Modelle des ungeplanten Wandels, weswegen diese Modelle per Definition des Change Managements nicht dem Change Management zugeordnet werden konnen. Vgl. STAEHLE (1999), 8.913 Vgl. LEVY / MERRY (1986), S. 4 f.
Vgl. WiEGAND (1996), S. 155. WiEGAND fuhrt an dieser Stelle eine Vielzahl von Arbeiten auf, die sich dem Verstandnis von LEVY / MERRY angeschlossen haben. Es sei jedoch enA/ahnt, dass sich in der Literatur naturlich noch andere Klassifizierungen des Wandels finden lassen. So unterscheidet beispielsweise KRUGER nicht nach der Radikalitat des Wandels sondern danach, ob sich ein Wandel eher auf ,harte' Erfolgsfaktoren (bspw. Strukturen oder Systeme) oder auf ,weiche' Faktoren (z.B. Fahigkeiten und Einstellungen) konzentriert. Hieraus leitet er vier unterschiedliche Formen des Wandels ab, die Restrukturierung, die Reorientierung, die Revitalisierung sowie die Remodellierung (vgl. KRUGER (2002), S. 40 ff.). Nach Auffassung des Verfassers ist eine solche Unterscheidung jedoch nicht zielfuhrend, da ein Wandel in einem Unternehmen grundsatzlich ,harte' und ,weiche' Faktoren umfasst. Weitere Modelle umfassen eine Typisierung in bis zu zehn unterschiedliche Arten des Wandels (vgl. hierzu beispielsweise HARIGOPAL (2001), S. 36 ff.). Doch auch eine solche weitergehende Detaillierung wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als nicht zielfuhrend erachtet. Erganzend zu den bisherigen Ausfuhrungen sei jedoch noch darauf hingewiesen, dass vereinzelt Autoren wie beispielsweise MINTZBERG / WESTLEY noch einen dritten Typus des Wandels unterscheiden, der durch ein Enklavenmodell charakterisiert ist (vgl. MINTZBERG / WESTLEY (1992), S. 51 ff.). Dieser Typus charakterisiert sich dadurch, dass Veranderungsbemuhungen einzelner Akteure zunachst toleriert, jedoch nicht im gesamten System adaptiert werden. Erst wenn aufgrund einer Krise eine grundlegende Veranderung fur notwendig erachtet wird, werden die Anderungen auf das System ubertragen. Als Beispiele fur einen derartigen Wandel werden die Entwicklung der protestantischen Kirche aber auch die Entwicklung der PC-Aktivitaten der IBM in den 80er Jahren genannt (vgl. auch KNYPHAUSEN-AUFSESS (1995), S. 167). Dieser Typ des organisatorischen Wandels wird jedoch im weiteren Verlauf nicht weiter betrachtet, da er aus Sicht des Autors vom Wesen her keinen neuen Typus des Wandels darstellt, sondern eher als eine AusprSgung einer Vorgehensweise angesehen wird, der prinzipiell einem Prototyping entspricht und damit eine Form der Umsetzung ist.
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Change Management
Unter einem First-order Change^^ wird zumeist ein evolutionarer Wandel verstanden, also ein schrittweiser Wandel auf dem Weg zu einem Ziel, wohingegen unter einem Second-order Change zumeist eine weitreichende, revoiutionare Veranderung verstanden wird. Der Klassifizierung folgend werden im Folgenden die beiden Arten von Wandel diskutiert und mit gangigen organisationstheoretischen Konzepten in Verbindung gebracht. Diese Einordnung wird die Basis fur die weiteren Ausfuhrungen des Change Managements sein. 2.1.3.1
Die lernende Organisation
Der erste Ansatz fur einen Wandel ist nach LEVY / MERRY der Wandel 1. Ordnung, einem evolutionaren Verfahren. Evolutionare Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass ein kontinuierlicher Wandel in zahlreichen kleinen Schritten erfolgt.^^ Damit erfolgt er jedoch nicht unintendiert oder ziellos, vielmehr ist charakteristisch fur den Wandel, dass keine Unternehmenstransformation im Rahmen eines groflen Projekts durchgefuhrt wird.^"* STAEHLE beschreibt ihn somit als „eine inkrementale Modifikation der Arbeitsweise einer Organisation ohne Veranderung des vorherrschenden Bezugsrahmens".^^ Der First-order Change beschrankt sich dabei nach dieser Interpretation auf einzelne Organisationsdimensionen und Organisationsebenen.^^ Unter einer Organisationsdimension wird ein Merkmal einer Organisationsstruktur verstanden. Es ist ijblich geworden, „die Organisationsstruktur als Konstellation von Regelungen darzustellen, die sich auf einige wenige Dimensionen zuruckfuhren lassen".^^ In der Literatur haben sich dabei zumeist sechs unterschiedliche Dimensionen durchgesetzt:^^
-
Spezialisierung: Grad, in dem Tatigkeiten auf unterschiediich spezialisierte Stellen verteilt sind. Standardisierung: das Ausmafl, in dem organisatorische Aktivitaten als Routineverfahren schriftlich festgelegt sind.^^ Formalisierung: das Ausmaft, in dem Regein, Verfahrensweisen, Weisungen schriftlich fixiert sind. Konfiguration: auflere Form des Stellengefuges, in erster Linie bestimmt durch die Zahl der Hierarchieebenen. Zentralisierung: Ausmafi, in dem Entscheidungsprozesse an der Organisationsspitze angeordnet sind. Partizipation: Grad der Beteiligung von Mitarbeitern an Leitungsaufgaben.
Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Begriffe First-order Change und Wandel 1. Ordnung synonym verwendet werden. Gleiches gilt fur die Begriffe Second-order Change und Wandel 2. Ordnung. Vgl. KLEINE(1999), S. 175.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass unter einem evolutionaren Wandel in der Literatur nicht einheitlich ein geplanter, zielfuhrender Wandel verstanden wird. Teilweise wird dieser als ungeplant aufgefasst; der geplante First-order Change wird als „Developmental" bezeichnet (vgl. BURKE (2002), S. 131). STAEHLE(1999), S. 900
Vgl. LEVY/MERRY (1986), S. 9
SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 28 Vgl. ScHULTE-ZuRHAUSEN (2005), S. 28. Dabei ist anzumerken, dass unterschiedliche Autoren auch zwischen weniger bzw. mehr Dimensionen unterschieden (vgl. hierzu beispielsweise KiESER (1976), S. 49, die zwischen funf Dimensionen unterscheiden oder SCHERTLER (1988), S. 64, der zwischen acht Dimensionen unterscheidet). Vgl. SCHREYOGG (2003), S. 57
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Neben den Organisationsdimensionen werden nach der dargestellten Interpretation nur einzelne Organisationsebenen inkrementell modifiziert, wobei nicht Ebenen als Ganzes davon tangiert werden, sondern nur einzelne Personen oder Gruppen.^°° In der Literatur werden in diesem Zusammenhang oftmals vier verschiedene Organisationsebenen (Hierarchieebenen) unterschieden,''°^ die obere Leitungsebene, die mittlere Leitungsebene, die untere Leitungsebene, sowie die Durchfuhrungsebene. Die verschiedenen Ebenen unterscheiden sich dabei auf der einen Seite durch die Bedeutung der getroffenen Entscheidungen fur den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens und auf der anderen Seite durch den Anteil an Entscheidungsaufgaben im Verhaltnis zu AusfuhrungsaufgabenJ°^ Der Auffassung, dass sich der Wandel lediglich auf einzelne Dimensionen und Organisationsebenen bezieht, wird inn Rahmen der vorliegenden Arbeit nur teilweise gefolgt. Dies soil anhand eines Konzepts, welches zu dem Wandel 1. Ordnung gezahit werden kann und sowohl in der theoretischen Diskussion als auch in der praktischen Anwendung eine hohe Verbreitung gefunden hat, eriautert werden, dem Total Quality Management (TQM). In einer ersten Naherung kann dabei unter T Q M ein Konzept verstanden werden, das Qualitat als ein Handlungsziel fur alle Mitglieder einer Organisation proklamiert, die Qualitat somit in den Mittelpunkt stellt und durch die hieraus induzierte Zufriedenstellung der Kunden auf einen langfristigen Erfolg zieltJ°^ Qualitat wird nach diesem Konzept zur Fuhrungsaufgabe und ist alien anderen Funktionen ubergeordnetJ""^ Wesentlicher Gedanke des T Q M ist die Sicherstellung einer hohen Qualitat sowohl in internen als auch in externen Lieferanten-Kunden-Beziehungen. Die Mitarbeiter werden angehalten, durch standige Verbesserung bzw. durch Verbesserungsvorschlage laufend einen hohen, den Kundenanspruchen gerechten Qualitatsstandard zu halten. Eine revolutionare Anpassung des Unternehmens findet dabei nicht statt, da weder die Geschaftsstrategien noch die Organisation fundamental geandert oder verschlankt wird, wie das beispielsweise bei klassischen Restrukturierungen der Fall ware. Trotz allem mussen organisatorische Anpassungen vorgenommen werden, die sich auf verschiedene Ebenen und Dimensionen beziehen wie beispielsweise die Etablierung von Geschaftsprozessen als Basis fur den Aufbau interner Lieferanten-Kunden-Beziehungen.^°^ Die Erhohung der Qualitat findet in einem evolutionaren Anpassungsprozess statt. Die Zielsetzung ist durch die Einbindung des Qualitatsgedankens in die Unternehmensstrategie festgelegt; die Umsetzung erfolgt jedoch nach den anfanglichen, organisatorischen Anpassungen in kleinen Schritten der Qualitatsverbesserung. Damit Ist das T Q M nicht auf einzelne Personen oder Organisationsebenen beschrankt, sondern tangiert bei seiner Einfuhrung das gesamte Unternehmen. Ein zweites Beispiel aktueller evolutionarer Ansatze ist das Kaizen. Auch an diesem Beispiel lasst sich darlegen, dass ein Wandel 1. Ordnung sich nicht auf einzelne Organisationsebenen Oder -dimensionen beschranken muss. Unter Kaizen wird eine kontinuierliche Verbesserung basierend auf einem betrieblichen Vorschlagswesen verstanden, das alle Mitarbeiter, insbesondere auch die auf den unteren Ebenen, einbezieht.^°^ Das Konzept des Kaizens zielt dementsprechend auf die Beteiligung jedes Mitarbeiters ab, Verbesserungsvorschlage innerhalb seines Arbeitsumfelds zu generieren. Es ist offensichtlich, dass Kaizen ein Konzept
101 102
105 106
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
LEVY/MERRY (1986), S. 5 SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 245 BUHNER (1996), S. 68, sowie VOBBEIN (1987), S. 42 ZiNK(1993), S. 3 ROTHLAUF (2001), S. 48 ZiNK(1993), S.4f.
Vgl. JAPAN HUMAN RELATIONS ASSOCIATION (1994), S. 37
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Change Management
der schrittweisen Verbesserung in Form einer Evolution ist. Da es jedoch drei Segmente umfasst mit jeweils unterschiediichen Verantwortungstragern, wird deutlich, dass nicht nur einzelne Ebenen Oder Organisationsmitglieder in diesen Wandel involviert sind:^°^ -
-
Managementorientiertes Kaizen: Verbesserungsbemuhungen fur Arbeitssysteme und -verfahren Gruppenorientierte Kaizen: Verbesserungen innerhalb eines Arbeitsbereichs, bspw. mit Hilfe von Qualitatszirkelarbeit Personenorientiertes Kaizen: Verbesserungsvorschlage im direkten Arbeitsumfeld im Form eines Vorschlagswesens
Am Beispiel Kaizen lasst sich zudem aus der Praxis zeigen, dass evolutionare Verfahren durchaus auch eine umfangreiche Effizienzsteigerung bewirken konnen. Dies zeigt stellvertretend ein Beispiel der IBM. Hier wurden innerhalb eines Jahres uber 2.700 Verbesserungsvorschlage eingereicht, die eine Einsparung von 46 % der beeinflussbaren Kosten zum Resultat hatten sowie eine Produktivitatssteigerung von 75 %.^°^ Relativierend sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass die Realisierung von Potenzialen in dieser Groftenordnung sicherlich kein Standardfall sein wird. Zusammenfassend lasst sich der Wandel 1. Ordnung als einen evolutionaren Wandel definieren, der eine schrittweise Verbesserung eines Unternehmens zum Ziel hat. Die Grundlage fur die Etablierung eines solchen Systems der schrittweisen Verbesserung kann jedoch eine mehrdimensionale und mehrere Ebenen umfassende Anpassung der Organisation erfordern. Wesentliches Merkmal eines Wandels 1. Ordnung ist zudem die Orientierung an einem iibergeordneten Ziel; der Wandel und die Evolution erfolgt demnach nicht planund ziellos. Diese Definition des First-order Change steht durchaus im Widerspruch zu gangigen Definitionen, da zumeist hierunter lediglich ein Wandel an der Oberflache von Unternehmen verstanden wird.^°^ Die beschriebene Abfoige eines zunachst grundlegenden Wandels als Voraussetzung fur eine sich hieran anschliefiende kontinuierliche Verbesserung wird nach dieser Auffassung als eine Kombination des Wandels 2. Ordnung mit dem Wandel 1. Ordnung gesehen.^^° Diese Auffassung kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit zwar argumentativ nachvollzogen werden, sie wird jedoch als nicht zielfuhrend fur die zu diskutierenden Fragestellungen erachtet. Denn der Verfasser sieht den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Arten des Wandels nicht darin, welche Dimensionen in welcher Intensitat verandert werden, sondern vielmehr, ob ex-ante eine grundlegende Neudefinition eIner Unternehmung durchgefuhrt wird, die im Rahmen eines einmaligen, umfangreichen Projektes durchgesetzt werden soil (Second-order Change), Oder ob Gegenstand des Wandels der Aufbau einer prinzipiellen Wandlungs- und damit auch einer evolutionaren Anpassungsfahigkeit ist (First-order Change).^^^
Vgl. LINGSCHEID (1998), S. 14 Vgl. JAPAN HUMAN RELATIONS ASSOCIATION (1994), S. 23
Vgl. beispielsweise VIER (1995), S. 62 Genau hierin liegt auch oftmals die Begrundung, dass der Wandel 1. Ordnung integrativer Bestandteil des Wandels 2. Ordnung ist, da auch bei einem revolutionaren Wandel eine kontinuierliche Verbesserung durchgefuhrt wird. Diese Auffassung des Wandels 1. Ordnung wird auch von einigen Autoren geteilt. So sieht beispielsweise NUSSEL in der Organisationsentwicklung und der lernenden Organisation (dies sind beides Konzepte, die dem Wandel 1. Ordnung zugeordnet werden) einen organisationsumfassenden Wandel, bei dem der Wandel ganzheitlich erfolgt (vgl. NUSSEL (2000), S. 23).
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In der Theorie wird oftmals die Organisationsentwicklung (OE) als das Konzept, das auf den First-order Change ausgerichtet ist, genannt.^^^ Fur die Organisationsentwicklung gibt es dabei, obwohl sie ein etabliertes Verfahren darstellt, noch keine allgemein gultige BegriffsfassungJ^^ So wurden bereits 1982 50 verschiedenen Definitionen fur den Begriff der Organisationsentwicklung von T R E B E S C H zusammengetragen, ohne auch nur alle Quellen erschopfend betrachtetzu haben.^^"^ Ganz allgemein kann die Organisationsentwicklung jedoch als ein interdisziplinarer Zweig der angewandten Verhaltenwissenschaften verstanden werden, der zum Ziel hat, die Arbeitsbedingungen zu humanisieren und Flexibilitat und Veranderungsbereitschaft einer Organisation zu verbessernJ^^ Diese Definition von G E B E R T wird inn Rahnnen der vorliegenden Arbeit jedoch als zu allgemein angesehen und aufgrund dessen im Folgenden spezifiziert. Haufig wird die Organisationsentwicklung Berater-orientiert definiert. Hierbei wird unter der Organisationsentwicklung eine langfristige Bemuhung verstanden, die Problemlosungs- und Erneuerungsprozesse in einer Organisation zu verbessern. Dies soil vor allem durch eine wirksamere und auf die Zusammenarbeit gegrundete Steuerung der Unternehmenskultur mit Hilfe eines OE-Beraters Oder Katalysators sowie durch die Anwendung von Theorie und Technologie der angewandten Sozialwissenschaften unter EInbeziehung von Aktionsforschung erreicht werdenJ''^ Dabei sei darauf hingewiesen, dass lediglich mit Hilfe verhaltenswissenschaftlicher Maflnahmen die Effizienz der Organisation sowohl nach innen, wie auch nach aufien erhoht werden soll.^^'^ Diese Definition der Organisationsentwicklung als Berater-orientierte Intervention ist nicht unumstritten. Neben der normativen Kritik an der Organisationsentwicklung, dass Mitarbeiterziele und Effizienzziele der Organisation grundsatzlich harmonisiert werden konnen^^® und damit der Konfliktfall ignoriert wird - dieser Kritikpunkt besitzt nicht nur Gultigkeit fur die Berater-orientierte Definition -,^^^ werden die folgenden drei Kritikpunkte an einer derartigen Auffassung einer Organisationsentwicklung geauliert: -
-
ns 119
Aus der starken psychologischen Orientierung der Organisationsentwicklung folgt, dass der organisatorische Wandel in den Bereich von gesondert ausgebildeten Spezialisten fallt. Diese Delegation der Wandelaufgabe hat zur Folge, dass der Wandel in eine zu grolie Distanz zum Handlungsgeschehen ruckt^^° und damit der fur den Firstorder Change geforderte kontinuierliche Wandel nicht gewahrleistet werden kann. Der Wandel wird im Rahmen der Organisationsentwicklung als Projekt thematisiert. Dabei wird er als eine Ausnahme aufgefasst, die mit Hilfe von Speziallsten innerhalb eines Projektes gelost werden muss. Dies wirft zum einen das Problem auf, dass nach Abschluss des Organisationsentwicklungsprojektes, die Losung implementiert werden muss, was zu einem klassischen Implementierungsproblem fuhrt.^^^ Zum anderen soil bei einem First-order Change ein kontinuierlicher Wandel stattfinden. DioVgl. beispielsweise STAEHLE (1999), S. 930, ENGELMANN (1995), S. 10, sowie KLEINE (1999), S. 175 Vgl. ZORRIJASSATEINI (2000), S. 9 Vgl. TREBESCH (1982), S. 37 ff. Vgl. GEBERT (1974), S. 9 Vgl. FRENCH/BELL (1990), S. 31 Vgl. VoiiBEiN (1987), S. 192 Hierbei handelt es sich urn die Harmoniepramisse (vgl. SCHREYOGG (2003), S. 536). Vgl. SCHREYOGG (2003), S. 536 Vgl. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 460
Im Gegensatz zum Second-order Change soil ein Vorteil des First-order Changes gerade darin liegen, dass kein klassisches Implementierungsproblem auftritt.
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Change Management ser kann aber nicht stattfinden, solange fur jeden Wandel ein neues Projekt aulierhalb des Leistungserstellungsprozesses initiiert werden muss.^^^ Der Wandel im Bereich der Organisationsentwicklung wird als ein grofier Planungsprozess von mindestens drei Jahren aufgefasst. Innerhalb dieser Zeit soil sich das Unternehmen den zum Beginn des Wandels gegebenen Bedingungen anpassen. Interne Oder externe Veranderungen konnen aber eine schnellere Reaktion notig machen. Dementsprechend erfordern Wandelprozesse spontane Anpassungsformen, die aus der Situation heraus und nicht im Rahmen geplanter Organisationsentwlcklungsprojekte entwickelt werden mussen. Gerade dieses Potenzial einer schnellen Reaktion durch eine kontinuierliche Anpassung ist ein Merkmal des First-order Change.
Dieser Kritik folgend wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit eher einer weiteren Definition gefolgt, die ihren Schwerpunkt auf die Flexibllisierung und den Wandel von Unternehmen legt. Hierbei wird unter der Organisationsentwicklung ein umfassendes Lernkonzept verstanden, welches der Fdrderung von Kommunikationskonzepten in der Organisation dient mit dem Ziel, gemeinsam getragene Problemlosungen zu entwickein und dadurch das Problemlosungspotenzial einer Organisation zu erhohenJ^^ Das Problemlosungspotenzial weist in dieser Auffassung explizit auf eine geplante Anpassung hin, da die Fortentwicklung nicht per se unintendiert, sondern basierend auf einem Problem erfolgt. Dabei verweist ZORRIJASSATEINI auf die folgenden Aspekte zum Verstandnis der Organisationsentwicklung:''^'^ -
-
-
Veranderungsprozesse werden als Lernprozesse aufgefasst. Dieses Lernen ist jedoch nicht das Resultat punktuell vorgenommener Interventionen, sondern vollzieht sich im Rahmen organisationsweiter Veranderungen, die auch den organisationalen und technologischen Rahmen mit einbeziehen. Im MIttelpunkt dieses Organisationsentwicklungskonzepts steht die offene Kommunikation der Lernbeteiligten. Unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen werden verdeutlicht, diskutiert und problembezogen aufeinander abgestimmt und erweitert. Die zunehmende Technisierung birgt jedoch auch die Gefahr, dass typische Verstandigungsprobleme verstarkt werden oder neue Verstandigungsbarrieren entstehen. Deswegen hat die Organisationsentwicklung auch zur Aufgabe, die soziale und organisatorische Seite von technischen Anwendungen zu thematisieren. Der Aufbau von Problemlosungsfahigkeit stellt eine wesentliche Voraussetzung zur Flexibllisierung von Organisationen dar, wobei unter der Problemlosungsfahigkeit die Fahigkeit einer Organisation verstanden wird, auf interne und externe Anderungen im Sinne der organisationalen Zielsetzung zu reagieren bzw. in Hinblick auf Veranderungen vorausschauend zu agieren. Eine solche Fahigkeit ist jedoch nicht per se vorhanden, sondern bedingt das Durchlaufen von Lernprozessen.
Zu kritisieren an der Auffassung von ZORRIJASSATEINI ist die schwierige Abgrenzung der Organisationsentwicklung zu dem Konzept der lernenden Organisation, wie im Folgenden noch dargelegt werden wird. Trotz der Unterschiede der dargestellten Definitionen lassen sich doch gemeinsame, konstituierende Merkmale der Organisationsentwicklung feststellen:^^^
^^^
Vgl. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 460 f.
^^^
Vgl. ZORRIJASSATEINI (2000), S. 10
^^"^
Vgl. fur die folgenden Punkte ZORRIJASSATEINI (2000), S. 10 f.
^^^
Vgl. SEYFARTH (2002), S. 65
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-
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Die Mitglieder der Organisation verandern ihre individuellen Verhaltensmuster sowie die Art und Weise ihrer Kooperation innerhalb von OE-Prozessen. Die Organisationsentwicklung beinhaitet unter der Mitwirkung aller Betroffenen die systematische und geplante Veranderung des Verhaltens, der Prozesse, der Strukturen und dadurch auch der Kultur einer Organisation. Es werden Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Forschung verwendet. Im Vordergrund der Organisationsentwicklung steht der Prozess der Veranderung und Innovation. Eine Unterstutzung im Prozess der Organisationsentwicklung erfahren die Mitglieder durch eine ,Hilfe zur Selbsthilfe'.
Vor dem Hintergrund des Change Managements sind fur die Organisationsentwicklung insbesondere zwei Aspekte relevant, die Organisationsentwicklung als Prozess der Veranderung sowie die Plan- bzw. Steuerbarkeit der Organisationsentwicklungsprozesse. Die Organisationsentwicklung ist ein Prozess der Veranderung. Die Organisation wird dabei als ein offenes System angesehen, dass sich in einer standigen Wechselwirkung und Anpassung an seine Umwelt befindet.^^^ Dabei macht es die umweltbedingte Determiniertheit notwendig, dass sich die Organisationen permanent auf die sich andernden Umweltbedingungen einstellen, ihre Organisationsspezifika reflektieren und sich in letzter Konsequenz gegebenenfalls anpassen.^^^ Diese Anpassungen an die Umwelt erfolgt in einem dreistufigen Modell, dass S C H E I N basierend auf Erkenntnissen von L E W I N entwickelt hat:^^® 1. Phase des „Auftauens" 2. Die „kognitive Umstrukturierung" 3. Phase des „Wieder-Einfrierens" Die erste Phase des „Auftauens" ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Organisation durch externe oder interne Faktoren in ihrem Gleichgewicht so stark erschuttert worden ist, dass eine Bewaltigung ohne eine Bearbeitung der Kernwerte der Organisation nicht bewaltigt werden kann. Externe Faktoren konnen dabei belspielsweise technologische Weiterentwicklungen oder Anderungen des Marktverhaltens sein, interne Faktoren Disharmonien und Spannungen innerhalb der Organisation. Gegenstand der ersten Phase ist die Erkennung der Notwendigkeit des Wandels^^^ sowie des Aufbaus zur Bereitschaft zum Wandel.^^° In der Phase der kognitiven Umstrukturierung werden die fundamentalen Grundwerte, Strukturen oder Arbeitsablaufe in einer Organisation neu definiert, die zumeist mit einer gleichzeitigen Verhaltensanderung der Organisationsmitglieder verbunden ist. Die letzte Phase des „Wieder-Einfrierens" hat die Manifestation der Neudefinition zum Gegenstand, die so lange durchgefuhrt wird, bis aufgrund neuer externer oder interner Faktoren eine erneute Anpassung notwendig wird. Dieses Wieder-Einfrieren ist insbesonde-
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In einigen Arbeiten wird zusatzlich die Organisation noch als ein autopoietisches System aufgefasst, wobei unter Autopoiese die Eigenschaft lebender Systeme verstanden wird, sich standig selbst zu erneuern und den Erneuerungsprozess derart zu organisieren, dass die Integritat der Struktur gewahrt bleibt. Gegenstand der Theorie autopoietischer Systeme ist die Existenz und das Verhalten lebender Systeme. Diese Theorie wurde auf Organisationen ubertragen (vgi. GiEdLER (1999), S. 25). WIe jedoch eingangs schon erwahnt, entspricht es nicht dem Verstandnis des Verfassers, Organisation als sich ziellos ledigllch basierend auf Trial and ErrorErfahrungen weiterentwickelnde Organismen zu verstehen. Vgl. SEYFARTH (2002), S. 66 f. Vgl. SCHEiN (1995), S. 230 ff. Vgl. M A L O R N Y ( 1 9 9 7 ) , S. 75
Vgl.VAHS(1997), S.22
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re deswegen notwendig, da ansonsten kleinere Ruckschlage einen Ruckfall in alte Strukturen wieder hervorrufen kdnnen.^^^ Der beschriebene Ablauf erweckt zunachst den Eindruck des starren, in den einzelnen Stufen deutlich voneinander abgrenzbaren und umfangreichen Wandelprozesses, der, wenn diese Charakteristika zutreffen wurden, sicherlich nicht den Wandelprozessen der beschriebenen Organisationsentwicklung entsprechen wurden. Hierzu stellt SEYFARTH fest, dass sich die einzelnen Phasen in der betrieblichen Realitat der Organisationsentwicklung uberschneiden und dass sie zudem teilweise parallel verlaufen.^^^ Die Prozesshaftigkeit der Organisationsentwicklung zeichnet sich dadurch aus, dass der letzte Schritt des Wandeis gieichzeitig wieder den Ausgangspunkt fur eine Weiterentwicklung darstellen kann. Demnach ist das Modell als eine spiralformige prozessuale Evolution zu verstehen. Urn die beschriebenen Veranderungen nicht unintendiert und ziellos werden zu lassen, ist die Frage der Plan- bzw. Steuerbarkeit der Organisationsentwicklungsprozesse zu beantworten. Da unter der Organisationsentwicklung wie beschrieben eine prozessuale Evolution einer Organisation zu verstehen ist, muss zunachst konstatiert werden, dass die Entwicklung nicht vollkommen plan- und steuerbar ist. Dies widerspricht jedoch nicht der Erkenntnis, dass auch eine Organisationsentwicklung plan- und steuerbar ist. Insbesondere durch eine geeignete Kommunikation von Zielen verbunden mit einem Motivationssystem, das auf diesen Zielen aufbaut, kann die Entwicklung geplant und vor allem auch gesteuert werden. Wesentlich hierbei ist jedoch, dass die Motivatoren in einem direkten Zusammenhang mit den Zielen stehen mussen, da hierdurch dann die Anreize gesetzt werden, die Fortentwicklung der Organisation im Sinne der Zielvorgaben durchzufuhren. Wenn beispielsweise eine Effizienzsteigerung als Ziel formuliert wurde, sollten Motivatoren genau dann eingesetzt werden, wenn aufgrund einer Fortentwicklung der Organisation eine solche Effizienzsteigerung realisiert wurde. Ein weiteres Konzept, das sich dem der Organisationsentwicklung in vielen Aspekten ahnelt und deswegen auch nicht trennscharf von ihr abgegrenzt werden kann, ist das Konzept der lernenden Organisation.^^^ In einer ersten Naherung hat die lernende Organisation zum Ziel, mit Hilfe einer hohen Lerngeschwindigkeit Verhaltens-, Struktur- und Prozessanderungen schneller als die Konkurrenz durchfuhren zu konnen und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.^^"^ Dabei ist die lernende Organisation die institutionelle Ebene des organisationalen Lernens.^^^ Die Relevanz dieses im Folgenden beschriebenen Prinzips verdeutllcht auch die von KORNDORFER aufgestellten These, dass ein Unternehmen als zentrales Verhaltensprinzip das organisationale Lernen ausbauen muss, um zukunftig wettbewerbsfahig zu sein."*^^ Ahnlich wie das Konzept der Organisationsentwicklung ist auch das organisationale Lernen bzw. die lernende Organisation ein Konzept, das in der theoretischen Durchdringung noch Defizite aufweist. So ist es irrefuhrend davon auszugehen, dass es sich bei der lernenden Organisation um ein einheitliches, geschlossenes Konzept handelt; vielmehr wird hierunter die Auseinandersetzung mit der Idee des kontinuierlichen Lernens und Wandeis verstanden.^^^
Vgl. M E I S T E R ( 1 9 9 9 ) , S. 52 133 134 135 136
Vgl. Fur Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
SEYFARTH (2002), S. 68 einen Uberblick vgl. bspw. JOHNSON / SCHOLES / WHITTINGTON (2005), S. 589 ff. WiLDEMANN (1995), S. 2 SCHANZ (1994), S. 431 KORNDORFER (1995), S. 177 UNGER (1998), S. 18
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So wird in einer Definition unter denn Begriff des organisationalen Lernens ein Prozess verstanden, in dem die Wissensbasis einer Organisation erhoht oder verandert, sowie die Problemlosungs- und Handlungskompetenz verbessert wirdJ^^ Ausloser fur solch einen Lernprozess ist eine Leistungslucke, die zu einer Generierung von neuem Wissen motiviert.^^^ Urn diesen Prozess zu ermoglichen, muss nicht nur der Erwerb des Wissens berucksichtigt werden, sondern auch der Prozess des Ver- bzw. Entlemens,^^^ der dafur Sorge tragt, dass auf der einen Seite Kapazltaten fur neues Wissen geschaffen werden und, auf der anderen Seite, verhindert, dass veraltete, nicht mehr an die Umweltsituation angepasste Verhaltensweisen und Prozesse weiter praktiziert werden. Der Erwerb von diesem Wissen ist dabei nicht zwangslaufig an die Mitglieder der Organisation gebunden. So weist SCHANZ darauf hin, dass Organisationen zwar gehirnlos sind, sie aber trotzdem unabhangig von ihren IVIitgliedern Speichersysteme^"^^ besitzen.^"^^ Im Folgenden soil darauf aufbauend inn Rahmen der vorliegenden Arbeit unter einer organisationalen Lernfahigkeit das Potenzial einer Organisation verstanden werden,^"^^
-
Veranderungen in der Organisationsumwelt zu antizipieren und diesen proaktiv begegnen zu kdnnen, diese hohe Flexibilitat durch Eigenleistung selbstandig zu generieren und aktiv aufrechtzuerhalten, was voraussetzt, dass die zugehorigen Mechanismen selbst identifiziert und gezielt verandert bzw. weiterentwickelt werden und schliefllich als kontinuierliche Selbsttransformation des Gesamtunternehmens beschrieben werden kdnnen.
Die lernende Organisation zeichnet sich, aufbauend auf dem organisationalen Lernen, durch die in der Organisation verankerte Dauerbereitschaft aus, „Neuem und Kontlgentem durch Anderung bereits eriernter Erwartungs- und Kognitionsmustern zu begegnen."^'^'^ Es soil eIne Unternehmenskultur geschaffen werden, in der Wissen und Lernen geschatzt wird, in der jeder einzelne ermutigt wird, kontinuierlich zu lernen und das eriernte Wissen mit der ubrigen Organisation zu teilen.""^^ Die Abgrenzung der Organisationsentwicklung und der lernenden Organisation ist schon allein aufgrund des fehlenden, einheitlichen Begriffsverstandnisses fur beide Konzepte schwierig. So ist der Unterschied zwischen den beiden Konzepten zwar offensichtlich, wenn das Berater-orientierte Verstandnis der Organisationsentwicklung zugrunde gelegt wird. Hierbei liegt der wesentliche Unterschied darin, dass im Rahmen der Organisationsentwicklung der Wandel als Ausnahme, als separates Problem angesehen wird, das mit Hilfe externer Experten gelost wird, wohingegen die lernende Organisation den Wandel als
Vgl. ISMAN-BRUMMER (1996), 8. 55.
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Andere Autoren verstehen unter dem Begriff des Organizational Learning das Lernen einer Elite, die mit ihrem erweiterten Wissen in Entscheidungssituationen eine grddere Macht ausuben kann. Hierbei wird also nicht das Wissen der Organisation erweitert, sondern das Wissen einer Elite innerhaib eines Unternehmens. Dieser Auffassung des Begriffs organisationales Lernen wird in dieser Arbeit nicht gefolgt (vgl. KANDAOUROFF (1998), S. 21 f.). Vgl. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 463 Vgl. ScHANZ (1994), 3.432 Dies kdnnen beispielsweise Fuhrungsgrundsatze, Arbeitsanweisungen oder kulturspezifische Merkmale sein. Vgl. SCHANZ (1994), S. 432 Vgl. zu den folgenden Punkten UNGER (1998), S. 19 f. SCHREYOGG (2003), 8. 563 Vgl. BELARDO(1998), 8. 47
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Change Management
Normalfall, als Teil der Systemprozesse und generelle Konnpetenz des Unternehmens auffasstJ^^ Werden andere Definitionen der Organisationsentwicklung und der lernenden Organisation angelegt, konnen lediglich noch inkrementelle Differenzen zwischen den beiden Konzepten ausgemacht werden. Dies wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit bereits dann offensichtiicii, wenn die konstituierenden Merkmale der Organisationsentwicklung denen der lernenden Organisation gegeniibergesteiit werden. Urn dennocii eine zielfuhrende Abgrenzung zwischen den beiden Konzepten zu ermoglichen, wird in Aniehnung an WIEGAND im Rahmen der vorliegenden Arbeit die lernende Organisation in Abgrenzung zu dem Konzept der Organisationsentwicklung als konzeptioneller Bezugsrahmen der Lernprozesse in und von Organisationen verstanden, der organisationstheoretisch angeleitet entwickelt wird. Damit ist unter dem organlsationalen Lernen ein konzeptionelles Gerust zu verstehen, dass etablierte Organisationsentwicklungsmaflnahmen reinterpretiert und prazisiert.^"^^ Durch eine solche Interpretation wird es im Rahmen der vorliegenden Arbeit moglich, das organisationale Lernen zur Analyse von Veranderungsprozessen zu verwenden und Lernepisoden als Bausteine von umfassenden Veranderungsprozessen zu konzipieren. Abschliefiend sei auf den Begriff des Lernens eingegangen. Im Rahmen des interorganisationalen Lernens werden zumeist drei verschiedene Stufen unterschieden - das Single-loop Learning, das Double-loop Learning sowie das Deutero Learning.^"^^ Die niedrigste Stufe des Lernens ist das Single-loop Learning, welches auch als adaptives Lernen bezeichnet wird. HIerbei findet eine unmittelbare Reaktion auf die Umwelt statt, bei der Abweichungen von einem vorgesehenen Soll-Wert korrigiert werden.^"^^ Diese Art des Lernens entspricht demnach einem Regelkreis, in dem Soll-lst-Abwelchungen identifiziert werden und entsprechende Anpassungen vorgenommen werden.""^^ Dagegen hat das Double-loop Learning (oder auch umweltorientiertes Lernen) eine Ruckkopplung in das System zum Gegenstand, so dass zugrunde gelegte Ziele gegebenenfalls korrigiert werden konnen. Mit der Infragestellung von Fuhrungsgroden und Pramissen der kollektiven Handlungstheorien konnen Kernbestandteile der Wissensbasis modifiziert oder substituiert werden;^^^ es sei angemerkt, dass sich als Ergebnis einer derartigen Anpassung auch der Kontext fur das single-loop learning andern kann. Zuletzt beschreibt das Deutero Learning die Lernfahigkeit des Systems, in dem es diese zum Gegenstand des Lernprozesses macht. Demnach werden Lernkontexte reflektiert, sowie das Lernverhalten, Lernerfolge und -misserfolge thematisiert, um die Organisation bestandig lernbereit zu halten.^^^ Wenn im Rahmen des First-order Change eine lernende Organisation implementlert werden soil, sind alle drei Stufen umzusetzen, um einen dauerhaften Lernerfolg sicherzustellen. Dies hat fur das Change Management zur Folge, dass geeignete Mechanismen wie beispielsweiVgl. beispieisweise SCHREYOGG (2003), S. 527, und 552 ff., sowie STEINMANN / SCHREYOGG 147 148
149 150
(2000), 8. 460 f. Vgl. WIEGAND (1996), 8.154 Vgl. bspw. ARGYRIS / SCHON (1972), S. 18 ff., AMELINGMEYER (2004), S. 119, sowie PRANGE
(2003), S. 163. Bei letzterer Quelle sei angemerkt, dass die Autorin den Begriff des Double-loop Learnings doppelt belegt; zum einen als "Strategic Change" und zum anderen als „Lernen, zu lernen". Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen AMELINGMEYER (2004), S. 119 Vgl.. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 457 Vgl. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 457 Vgl. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 458
Einfuhrung in das Change Management
33^
se Prozesse, Arbeitsgruppen und Kompetenzen umgesetzt werden mussen, damit die drei Lernstufen durchlaufen werden konnen.
2,1.3.2
Organizational Transformation
Im Gegensatz zu dem zuvor beschrlebenen Wandel 1. Ordnung, der eine evolutionare Veranderung beschreibt, handelt es sich bei dem Second-order Change^^^ um ein revolutionares Verfahren. Es erfolgt somit eine einschneidende, paradigmatische Anderung der Organisation als Ganzes.^^"^ LEVY / M E R R Y definieren Ihn als „a multidimensional, multi-level, qualitative, discontinuous, radical organizational Change involving a paradigmatic shift."^^^ Laut dieser Definition werden mehrere Organisationsdimensionen und Organisationsebenen qualitativ, diskontinulerllch und radikal geandert, verbunden mit einem Paradigmenwechsel. Im vorherigen Kapitel wurden sechs oftmals in der Literatur unterschiedene Organisationsdimensionen beschrieben. Hierbei handelt es sich um die Spezialisierung, die Standardisierung, die Formalisierung, die Konfiguration, die Zentralisierung sowie die Partizipation. Unter dem multidimensionalen Wechsel im Rahmen des Wandels 2. Ordnung wird verstanden, dass mehrere dieser Dimensionen geandert werden. Daraus folgt, dass hierdurch die Organisationsstruktur wesentlich modifiziert wird. Denn aus einem mehrdimensionalen Wandel resultiert eine grundlegende Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation zumeist verbunden mit einer Umdefinition von Aufgaben und deren Verteilung. Werden in diesem Zusammenhang die zuvor diskutierten Erkenntnisse des Change Managements berucksichtigt, dass eine derartige Modifikation nicht trivial in einem Unternehmen umgesetzt werden kann, wird der Umfang einer Organizational Transformation und die hiermit verbundenen Umsetzungsprobleme deutlich. Folgerichtig wird des Weiteren fur einen Wandel 2. Ordnung eine Veranderung auf mehreren, Oder, wie S T A E H L E postuliert, auf alien Organisationsebenen^^^ gefordert.^^^ Ein Wandel 2. Ordnung umfasst demnach nicht nur eine Veranderung auf den unteren, ausfuhrenden Ebenen, sondern auch auf den oberen, entscheidenden Ebenen. Die Notwendigkeit eines Wandels auf mehreren Ebenen lasst sich bereits aus dem mehrdimensionalen Wandel der Organisationsdimensionen ableiten, da Anderungen der Aufbau- und Ablauforganisation verbunden mit einer Umverteilung von Aufgaben zumeist auch die Fuhrungsebenen tangiert. Daneben existieren zwei zusatzlicher Aspekte fur die Relevanz einer Veranderung auch auf den Fuhrungsebenen. Zum einen wird die Veranderungsbereitschaft des gesamten Unternehmens hierdurch verdeutlicht, was eine positive Auswirkung auf die Bereitschaft zum Wandel fur das einzelne Organisationsmitglied hat, und, zum anderen, sind oftmals die Grunde, weswegen ein Veranderungsdruck im Unternehmen entstanden ist, auch in Entscheidungen der Fuhrungsebenen begrundet und aufgrund dessen werden auch auf dieser Ebene Anpassungen notwendig. Nach der obigen Definition soiien die beschrlebenen Anderungen qualitativ, diskontinulerllch und radikal sein. Hinter einer qualitativen Veranderung steht die Forderung, dass die „Beschaffenheit"''^^ der Organisation geandert werden soil. Dies soil radikai, also „bls auf die
Teilweise wird dieser Wandel auch als Gamma Change bezeichnet (vgl. GOLEMBIEVSKY / BiLLiNGSLEY / YAEGER (1976) in LEVY/MERRY (1986), S. 7). Vgl. STAEHLE (1999), S. 900 L E V Y / M E R R Y ( 1 9 8 6 ) , S. 5 156 157 158
Der Begriff der Organisationsebene wurde im vorherigen Kapitel eriautert. Vgl. STAEHLE (1999), S. 901 O.V. (1982a), S. 642
34
Change Management
Wurzel gehend, vollstandig, grundlich und ohne Rucksichtnahme",^^^ vorgenommen werden. In der Literatur wird dieser radikale Wandel oftnnals mit einem Quantensprung verglichen.^^° Tradierte Vorstellungen und Ansichten werden durchgangig in Frage gestellt und angepasst. Dies wird in der Forderung nach einem Paradigmenwechsel verdeutlicht. Unter diesem Wechsel wird ein Abschied von alten, vertrauten Sichtweisen, Interpretationsschemata sowie Weltbildern verstanden.^®^ Dieser ist notwendig, unn einen radikalen Wandel uberhaupt durchfuhren zu kdnnen. Solange alte und vertraute Sichtweisen nicht aus der Betrachtung ausgenommen werden, kann kein grundlegender, revolutionarer Wandel durchgefuhrt werden. Denn die Organisatlonsmitglieder wurden sich in diesem Fall an Bekanntes klammern und Neuerungen nicht oder nur schwer zuganglich sein. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass der Second-order Change eine radikale Veranderung eines Unternehmens beschreibt, der das bisherige Unternehmen als ganzes in Frage stellt und modifiziert. Assoziiert wird ein solcher Wandel demzufolge auch oftmals mit einem Grune-Wiese-Ansatz, der ein Unternehmen komplett von Grund auf neu gestaltet, beziehungsweise mit einem „big bang", der das gesamte Unternehmen grundlegend in Frage stellt. Ein Konzept, das auf den Second-order Change ausgerichtet ist, ist die Organizational Transformation (OT). Darunter wird ein radikaler, strategischer Veranderungsprozess verstanden.^^^ Die gesamte Unternehmung wird grundlegend transformiert. In diesem Zusammenhang finden haufig eine systemweite Umstrukturierung, Um- bzw. Neudefinition der Unternehmensmission oder auch eine Neubesetzung entscheidender Schlusselpositionen statt. Drei verschiedene Typen der Organizational Transformation werden in der Literatur oftmals unterschieden, die Improving Operations, die Strategic Transformation sowie die Corporate Self-renewal:''^^ -
162 163
Bel Improving Operations ist die Zielsetzung der OT, die Erhohung der Effizienz des Unternehmens mit Hilfe von Kostenreduzierungen, Qualitatserhohungen sowie Verringerung von Prozessdurchlaufzeiten (hierbei insbesondere in der Entwicklung) zu erreichen. Diese Steigerung soil dabei zumeist durch die Initiierung und Durchfuhrung von Business Process Reengineering - Projekten erreicht werden. Gegenstand sind hierbei insbesondere die wertschopfenden Tatigkeiten. Im Rahmen der Strategic Transformation wird die strategische Ausrichtung des Unternehmens geandert. Typischerweise sind Maflnahmen wie der Eintritt in neue Markte sowie die Uberarbeitung, Konsolidierung oder EnA/eiterung des Produktspektrums und die hieraus resultierenden grundlegenden Anpassungen des Unternehmens diesem Typus zuzurechnen. Der letzte Typ, die Corporate Self-renewal, beschreibt eine grundlegende Transformation eines Unternehmens in der Organisation und Strategie, die eine Entstehung von Dysfunktionalitaten proaktiv verhindern soil. So soil beispielsweise insbesondere die Effizienz in administrativen Bereichen und die Flexibilitat des Unternehmens erhoht werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird der Einordnung des letzten Typus zu der OT nicht durchgangig gefolgt, da die Abgrenzung insbesondere zu evolutionaren Verfahren, deren Gegenstand ebenfalls die Erhohung der Flexibilitat ist. O.V. (1982), 8.646 Vgl.KLEiNE (1999)8. 175 f. Vgl.STAEHLE (1999), 8.907 Vgl. ENGELMANN (1995), S. 10
Vgl. hierzu und den folgenden Punkten BLUMENTHAL / HASPESLAGH (1998), 8. 44 ff.
Einfuhrung in das Change Management
35
urn eine laufende Verbesserung der internen Ablaufe zu gewahrleisten, nicht trennscharf gezogen werden kann. Ausldser fur den Wandlungsdruck sind zumeist Anderungen in dem Systemumfeld, denen die Organisation nicht mehr angemessen begegnen kann und daher das Unternehmen in eine Krise gerat.^^"^ Die Vorstellung, dass eine Organizational Transformation erst in einer solchen Krisensituation durchgefuhrt wird, wird mit dem ..Leidensdruck" und der damit verbundenen Erkenntnis begrundet, dass eine Anderungsnotwendigkeit bestehtJ®^ Als potenzielie Anderungen in dem die Krise erzeugenden Systemumfeld nennt BINNER die Gesellschaft, den Markt (Kunde) sowie die Technologie.^^^
Stabilisierende Strategien
Performance
Tra nsformationsphasen Formierung Implementierung Mobilisierung Integration
Epoche 1 TZ^' Zeit
Abb. 9:
Phasen der Organizational Transformation
Wie in Abb. 9 bei Betrachtung der Epoche 1 und 2 deutllch wird, wird die Performance eines Unternehmens bei der Durchfuhrung der Organizational Transformation nicht unmittelbar erhoht, wie es aufgrund des bestehenden Lerdensdrucks wunschenswert ware, sondern, ganz im Gegenteil, verringert sie sich sogar zunachst noch welter. Dies liegt in dem Umfang sowie der fur den Wandel einzusetzenden Ressourcen begrundet.
Vgl. STAEHLE (1999), S. 907, S. 930 Vgl. KLEINE(1999), S. 179
Vgl. BINNER (1997), S. 3-16 Vgl. GOMEZ / MOLLER-STEWENS (1994), S. 141 f.
36
Change Management
Urn den Prozess des Wandels im Rahmen der Organizational Transformation zu beschreiben, werden in der Literatur zumeist unterschiedliche Phasen unterschieden. Diese Phasen sind vergleichbar mit dem Modell von SCHEIN, welches im Zusammenhang mit dem Wandel 1. Ordnung diskutlert wurde. Beispielhaft sei eine Unterscheldung einzelner Phasen von GOMEZ / MULLER-STEWENS dargestellt, um hieran das Wesen der Organizational Transformation sowie die Unterschiede zur lernenden Organisation aufzuzeigen. Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass die einzelnen Transformationsphasen dabei nicht derart strong sequentiell angeordnet sind, wie es Abb. 9 suggerieren mag, sondern sie sich durchaus uberlappen konnen. Die einzelnen, Im Folgenden beschriebenen Phasen binden dabei nicht gleichermafien umfangreich Ressourcen. Insbesondere die Phasen 2 und 3 sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine hohe Ressourcenbeanspruchung verbunden mit einem hohen Aktivitatsniveau aufweisen. In der ersten Phase, der Formierung, werden neue Unternehmenskonzepte als Losung fur existierende oder antizipierte Probleme entworfen.^^^ Aufgrund der zumeist hohen Komplexitat und Unstrukturiertheit der Problemstellungen existiert dabei bei der Identifikation geeigneter Losungen regelmafiig nicht eine einzige optimale Losung, sondern mehrere konkurrierende Losungen. Die Auswahl der durchzufuhrenden Losung wird damit auch zu einem Resultat von zwischenmenschlichen Verhandlungen und Machtbeziehungen, da eine intersubjektiv nachvollziehbare, optimale Losung zumeist nicht vorliegt. In der Implementierungsphase werden die zur Umsetzung des entwickelten Unternehmenskonzepts als passend erachteten Plane entwickelt und implementiert. Des Weiteren ist die Kommunikation des Wandelvorhabens ein wesentlicher Bestandteil dieser Phase. In der eingangs beschriebenen, traditionellen Sichtweise der Organisationstheorie obliegt genau diese Phase dem Change Management verbunden mit den oftmals auftretenden Implementierungsproblem. Zeltlich oftmals parallel zu dieser Phase werden im Rahmen der Mobilisierung die Fahigkeiten aufgebaut, das neue Konzept in alien involvierten Bereichen auch praktisch umsetzen und in den Routinebetrieb umsetzen zu konnen. Mit Bestandteil dieser Phase ist dabei nicht nur der Aufbau der Fahigkeiten, sondern auch der Abbau von Barrieren, welche die Verstetigung behindern. Bestandteil der letzten Phase, der Integration, werden die in einzelnen Unternehmensteilen durchgefuhrten Veranderungen aufeinander abgestimmt, um ein unternehmensweit abgestimmtes und effizlentes Zielkonzept zu realisieren. Diese Phase erfahrt ihre Berechtigung darin, dass bei dem beschriebenen Vorgehen die Umsetzung meist zunachst bereichsspezifisch erfolgt und erst hieran anschlieflend eine ubergreifende Abstimmung und Optimierung erfolgt. Das vorgestellte Modell ist beispielhaft ein Vorgehensmodell im Rahmen der Organizational Transformation. Die strikte Trennung einer vorgelagerten, zumeist umfangreichen Planungsphase (Formierung) und die sich hieran anschlieftende Implementierung ist dabei ein konstitutives Merkmal der Organizational Transformation. Wie im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit beim Aufbau eines Prozessmodells fur das Change Management gezeigt wird, ist diese Vorgehensweise auch nicht abzulehnen, soweit gewahrlelstet wird, dass die Planung und Implementierung flexibel und abgestimmt aufeinander durchgefuhrt werden. Die beschriebene Organizational Transformation unterscheidet sich deutllch von der lernenden Organisation. Neben der Radikalitat des Wandels liegt in dem einmaligen ^®®
Vgl. hierzu und den folgenden Punkten GOMEZ / MOLLER-STEWENS (1994), S. 142 ff.
Einfijhrung in das Change Management
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Durchlaufen eines Veranderungsprozesses der wesentliche Unterschied zwischen evolutionaren und revolutionaren Verfahren. Es wird keine sukzessive, inkrementelle Anpassung in kleinen Sciiritten im Rahmen eines immer wieder durchlaufenden Planungs- und Unnsetzungsprozesses durchgefuhrt, sondern vielmehr eine umfassende Untemehmenstransformation durcii ein einmaliges, umfangreiches Veranderungsprojekt. In der Literatur werden neben diesen Unterschieden noch weitere zwischen der Organisational Transformation und der Organisationsentwicklung beziehungsweise der lernenden Organisation gesehen. So werden beispielsweise als konstituierende Merkmale der OT in Abgrenzung zu der Organisationsentwicklung Aspekte wie die Top-Management-lnitiierung, ein Wandel der gesamten Organisation oder als Ausloser des Wandels eine Reaktion auf die Systemunnwelt genannt.^^^ Diesen Punkten wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht durchgangig gefolgt. Wie bereits beschrieben impliziert eine einfolgreiche Einfuhrung von Konzepten wie Kaizen oder T Q M ebenfalls Anderungen in einem Unternehmen, die TopManagement-initiiert sind und zumeist auch eine Reaktion auf die Systemumwelt darstellen. Performance bei Anwendung ausschliedlich revolutionarerer Verfahren
Performance bei Kombination revolutionarerer und evolutionarer Verfahren
Performance
Performance
Zeit Revolutionare Verfahren Abb. 10:
I I
Zeit
Evolutionare Verfahren
Performance bei revolutionaren Verfahren sowie bei der Kombination revolutionarer und evolutionarere Verfahren^^^
Es sei an dieser Stelle erganzend darauf hingewiesen, dass sich evolutionare und revolutionare Verfahren nicht gegenseitig ausschliefien, sondern dass sie vielmehr sinnvoll miteinander komblniert werden konnen (siehe Abb. 10). So hat iMAi im Rahmen von Studien festgestellt, dass die theoretisch vorhergesagte stufenweise Performanceverbesserung bei Unternehmen bei Einsatz von revolutionaren Verfahren sich nicht durch empirische Untersuchungen verifizieren lassen. Vielmehr sinkt seinen Studien zufolge die Performance nach einem solchen Wandel wieder sukzessiv, da vermehrt wieder Dysfunktionalitaten aufgebaut werden. Diese sind zum einen mit dem Zustand eines Systems begrundet, der sich nach der Installation standig verschlechtert und zum anderen bewirkt die Realitat, da sie keine statische Konstante ist, dass ein System „ab dem Zeitpunkt
Vgl. bspw. CUMMINGS / HuSE (1989), S. 418 ff. Vgl.lMAi(1998), S. 50f.
38
Change Management
seiner Etablierung dem Verfall [unterliegt; d.V.]".^^^ Urn diesen Effekt zu verhindern und die Performace eines Unternehnnens weiter zu steigem, propagiert IMAI die beschriebene Kombination aus revolutionaren und evoiutionaren Verfahren, bei dem sich eine schrittweise Verbesserung einem radikalem Wandel anschliefit. Eine derartige Kombination setzt jedoch zwingend voraus, dass bei der Planung und Durchfuiirung des Second-order Change zusatzlich die Anforderungen des First-order Change berucksichtigt werden. So ist es zwingend erforderlich, dass neben der Anpassung an das Systemumfeld im Rahmen der OT die beschriebenen Anforderungen an eine Organisationsentwicklung oder der lernenden Organisation mit aufgebaut werden. Hierzu zahien Aspekte wie die Erhohung von Flexibilitat und des Lernpotenzials eines Unternehmens. Die beiden vorgestellten Vorgehensweisen zum Wandel von Unternehmen konnen durch unterschiedliche Change IVianagement-Strategien umgesetzt werden. Gegenstand des nachsten Kapitels ist die Diskussion solcher Strategien. 2.1.3.3
Einsatz der Methoden bei Wandelvorhaben
Die in den vorherigen Kapitein vorgestellten Ansatze des Wandels, der evolutionare sowie der revolutionare Ansatz, haben beide ihre Berechtigung, so dass es nicht mdglich ist, eine allgemeingultige Empfehlung fur einen der beiden Ansatze auszusprechen. Vielmehr ist situativ zu entscheiden, welcher Ansatz in welcher Form geeignet ist. Trotz allem konnen Kriterien und damit auch Empfehlungen abgeleitet werden; es lassen sich demnach Normstrategien entwerfen. Ohne die durchaus berechtigte Kritik an derartigen Normstrategien diskutieren zu wollen,^^^ werden im Folgenden derartige Kriterien vorgestellt, urn sie im weiteren Verlauf der Arbeit bei der Diskussion der Branchenspezifika der analysierten Branche, der Energiewirtschaft, kritisch zu hinterfragen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass bei der Diskussion zunachst lediglich eine Unterscheidung zwischen dem Wandel 1. und 2. Ordnung diskutiert wird. Die In Kapitel 2.1.3.2 dargestellte Kombination aus den beiden Auspragungen, bei der aufbauend auf dem Wandel 2. Ordnung ein Wandel 1. etabliert wird, wird erst hierauf aufbauend thematisiert. CONNER / LAKE / STACKMANN identifizieren vier Kriterien, anhand derer Empfehlungen fur den Einsatz von evoiutionaren beziehungsweise revolutionaren Verfahren gegeben werden: „Tempo and Time Available", „Extent of the Change", „Favorableness of the Change
lMAi(1998), S. 50 IMAI weist in diesem Zusammenhang auf das Parkinsonsche Gesetz hin, das besagt, dass der Niedergang einer Organisation mit der Fertigstellung des Gebaudes, in dem sie untergebracht ist, beginnt. Trotz des eher popularwissenschaftlichen Charakters dieses Gesetzes kann der prinzipiellen Aussage im Rahmen der vorliegenden Arbeit gefolgt werden. So wird an Normstrategien beispielsweise kritisiert, dass sie aufgrund ihres oftmals generischen Charakters die unternehmensinternen und die Bedingungen des Marktumfeldes nicht hinreichend berucksichtigen. Des Weiteren ist die Bestimmung der Ist-Situation in das bei Normstrategien oftmals vorgegebene Raster zumeist nur in Extrempunkten moglich; differenziertere Zuordnungen bei „mittleren" Einordnungen sind oftmals nicht moglich, so dass in diesen Fallen situations- bzw. unternehmensspezifische Losungsansatze erarbeitet werden mussen. Stellvertretend fur diese Kritik siehe CORSTEN (vgl. CORSTEN (1999), S. 670), der sich bei der Kritik an Normstrategien insbesondere auf Strategien der Beschaffung bezieht. So stellt folgerichtig BLEICHER auch fest, dass Normstrategien ein strukturiertes Denkschema darstellen (vgl. BLEICHER (2004), S. 291 f.) und sie damit keine Strategie im engeren Sinne darstellen.
Einfuhrung in das Change Management
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Recipient" sowie „Favorableness of the Change Agent".^'^^ Im Folgenden werden die Kriterien vorgestellt und kritisch hinterfragt. Das erste Kriterium Tempo and Time Available beschreibt den Zeitdruck fur den durchzufuhrenden Wandel. Sollte ein hoher Zeitdruck bei der Umsetzung des Wandelvorhabens bestehen, wird ein radikaler Wandel empfohlen, da evolutionare Ansatze tendenziell langwieriger seien. Auf den ersten Blick lasst sich diese Einschatzung nachvollziehen, insbesondere vor dem HIntergrund, dass, wie zuvor dargelegt, ein revolutionarer Wandel zumeist genau dann durchgefuhrt wird, wenn ein erheblicher Anpassungsdruck, induziert durch das Systemumfeld, besteht. Werden dieser Einschatzung dagegen Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis gegenubergestellt, dass die Umsetzung von Reorganisationen zumeist zwei bis funf Jahre in Anspruch nimmt,""^"^ relativiert sich jedoch die Schlussfolgerung von CONNER / LAKE / STACKMANN.
Das zweite Kriterium, Extent of the Change, beschreibt den angestrebten Umfang der Veranderung. Bei der Notwendigkeit eines fundamentalen Wandels werden revolutionare Strategien empfohlen. Dieser Einschatzung kann durchgangig gefolgt werden, da hiermit, wie bereits dargelegt, ein konstitutives Merkmal des Second-order Change dargestellt ist und aufgrund dessen sich die Empfehlung definitionsinharent ergibt. Die beiden bisher diskutierten Kriterien zielen auf den Kontext ab, innerhalb dessen ein Wandel durchzufuhren ist. Dagegen fokussiert die Favorableness of the Change Recipient auf die in den Wandel involvierten Akteure. Revolutionare Strategien sind demzufolge dann empfehlenswert, wenn die beteiligten Akteure von der Notwendigkeit des Wandels uberzeugt sind und sie mit dem Konzept des Wandels ubereinstimmen. Diesem Kriterium kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt werden. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass die Einstellungen der beteiligten Akteure gegenuber einen Wandel Einfluss auf den zu wahlenden Ansatz haben sollte. Die Einstellungen werden vielmehr dann relevant, wenn entschieden wird, ob im Rahmen der Planung und Umsetzung des Vorhabens eher Machtund Zwangsstrategien oder kooperatlve Strategien angewendet werden. Ahnliches lasst sich auch fur das letzte Kriterium konstatieren, die Favorableness of the Change Agent. Hier werden von den Autoren Aspekte wie die Autoritat des Projektieiters, Kenntnisse etc. genannt, die als Kriterium fur den zu wahlenden Ansatz herangezogen werden. Es ist offensichtlich, dass der Erfolg von Wandelvorhaben gefahrdet ist, wenn Fahigkeitsbarrieren bei den ausfuhrenden Akteuren bestehen. Jedoch sollte auch dieses Kriterium nicht die Wahl der Art des Wandels bestimmen. Zusammenfassend ist neben der individuellen Kritik an den einzelnen Kriterien kritisch anzumerken, dass zwar Kriterien von den Autoren aufgestellt wurden, jedoch keinerlei Aussagen getroffen wurden, wie die Gewichtung der einzelnen Kriterien vorzunehmen ist, wenn die Empfehlungen einzelner Kriterien diametral entgegengesetzt sind. Dies kann beispielhaft dargestellt werden, wenn sich die Anforderung an einer inkrementellen Anderung beispielsweise in einem einzelnen Unternehmensbereich ergibt, die jedoch zeitnah umgesetzt werden sollte. Des Weiteren ist an der Unterteilung kritisch anzumerken, dass neben zwei Kriterien, die auf den Kontext des Wandels fokussieren, weitere angefiihrt werden, die auf Einstellungen und Vgl. zu den folgenden Punkten CONNER/ LAKE/STACKMANN (2003), S. 119 ff. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Autoren die Begriffe Top-down- und Bottom-up-Vorgehen verwenden. Diese Begriffe sind jedoch bezogen auf die vorliegende Arbeit Synonyme fur einen revolutionaren bzw. einen evolutionaren Wandel. Vgl. hierzuKapitel 2.2.1
40
Change Management
Fahigkeiten abzielen. Es ist offensichtlich, dass sowohl die Einstellungen als auch die Fahigkeiten der Akteure den Erfolg von Wandelvorhaben mafigeblich tangieren, jedoch sollten diese Kriterien nicht die Art des Wandels beeinflussen, sondern diese eher durch andere Mafinahmen gelost werden, wenn entsprechende Defizite bestehenJ''^ Eine weitere Kriterienbildung empfiehit einen Wandel 2. Ordnung genau dann, wenn sich ein Wandel 1. Ordnung, ausgelost durch eine Krise, als nicht ausreichende Reaktion herauskristallisiert hat und deswegen ein Wandel 2. Ordnung durchgefuhrt werden mussJ''^ Kritisch an dieser Kriterienbildung ist anzumerken, dass anstatt einer Kriterienbildung ein Vorgehensmodell dargestellt wird, welches in der Form nicht nachvollzogen werden kann. Denn wenn ein Unternehmen sich in einer Krise befindet, ist es nicht plausibel, dass zunachst ein Wandel 1. Ordnung initiiert wird, bevor ein grundlegender Second-order Change durchgefuhrt wird.^'''' Des Weiteren impliziert diese Art der Unterteilung, dass eine Veranderung grundsatzlich als Reaktion auf eine Krise durchgefuhrt wird, was einen pro-aktiven Wandel ausschliefit.^^^ Einen ganzlich anderen Ansatz wahit dagegen No, der die Wahl zwischen einem evolutionaren und revolutionaren Wandel an den drei Faktoren Strength, Power und Diversity orientiert und je nach Auspragung der einzelnen Faktoren einen entsprechenden Wandel empfiehit. Der Ansatz zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er die Komplexitat sozialer Interaktionen zu fassen versucht und dadurch den Fokus auf die Struktur eines soziookonomischen Systems legt und nicht mehr auf die Problemstellung des Wandels.^''^ Genau hierin ist jedoch auch ein Kritikpunkt zu sehen, da es zwar nachvollziehbar ist, dass die Struktur eines Systems wesentlichen Einfluss darauf hat, welche Auspragung des Wandels zu praferieren ist, jedoch kann dies nicht losgelost von der Problemstellung des Wandels erfolgen. Es hat sich gezeigt, dass sich klassische Kriterien schwerlich ableiten lassen, wann ein Wandel in welcher Form durchzufuhren ist. Deswegen wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit von den Charakteristika der Zielsetzung des Wandelvorhabens ausgegangen. Ein Wandel 1. Ordnung sollte eingesetzt werden, wenn entweder eine evolutionare Verbesserung expliziter Bestandteil der Unternehmensziele ist, wie dies beispielsweise bei TQMProgrammen der Fall ist, oder wenn aufgrund Erfordernissen, die nicht unmittelbar beeinflusst werden konnen, ein Wandel 1. Ordnung der einzig gangbare Weg ist. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Etablierung von Netzwerken, da, wie im weiteren Verlauf noch gezeigt werden wird, sich ein Unternehmensnetzwerk nicht per Anweisung in einem Schritt wird aufbauen lassen. Dagegen ist ein Wandel 2. Ordnung dann empfehlenswert, wenn einmalige, grundlegende Anpassungen in einem Unternehmen notwendig sind. Es sei an dieser Stelle jedoch ausdrucklich darauf hingewiesen, dass diese Anpassungen nicht nur aufgrund marktiicher Anforderungen notwendig sein mussen, sondern durchaus auch durch andere Aspekte ausgelost werden konnen wie beispielsweise Anforderungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen.
So konnen beispielsweise durch Personalentwicklungsstrategien, zielfuhrende Projektorganisation und -besetzung oder Motivations- und Teambuilding-Maftnahmen oder auch Macht- und Zwangsstrategien bestehende Defizite ubenA/unden werden. Vgl. LEVY/ MERRY (1986) zitiert aus STAEHLE (1999), S. 907 f.
Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass LEVY / MERRY von einem differierenden Verstandnis des First- und Second-order Change ausgehen, da Konzepte wie TQM oder Kaizen nach ihrem Verstandnis sicherlich nicht dem First-order Change zugeordnet werden wurden. Insbesondere in der Marketing-Literatur wird ein solcher pro-aktiver Wandel thematisiert, um Vorteile, die aus dem First-mover-Effekt resultieren konnen, zu realisieren. Vgl. NG (2002), insbesondere S. 7 ff.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
41
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
2.2
Nachdem inn vorherigen Kapitel das Change Management begrifflich erfasst wurde und sowohl Wandelintensitaten also auch -strategien diskutiert wurden, soil hierauf aufbauend ein Bezugsrahmen entworfen werden, der das Change Management ganzheitlich erfasst, um eine Grundlage fur die weiteren Analysen zu bilden. 2.2.1
Ein ganzheitlicher Bezugsrahnnen des Change Managements
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird ein theoretisch-konzeptioneller Bezugsrahmen des Change Managements entwickelt, mit dessen Hilfe das Change Management derart analysiert werden kann, dass es einer theoretischen Analyse auf einem detaillierteren Niveau zuganglich ist. An den Bezugsrahmen wird dabei der Anspruch gestellt, dass durch ihn die Untersuchungsdimensionen des Change Managements ganzheitlich abgedeckt werden und er ermoglicht, durch eine anschliefiende Synthese der Ergebnisse der einzelnen Dimensionen ein umfassendes Verstandnis des Wesens des Change Managements zu ermdglichen.^^° Abb. 11 stellt den fur die vorliegende Arbeit verwendeten Bezugsrahmen dar. Er gliedert sich in drei Dimensionen, die abschlieflend durch eine Synthese zusammengefuhrt werden.
• Kapitel 2.2.2.: Komponenten des Change Managements
I
^
Kapitel 2.2.3. Change Management Pro2ess
Kapitel 2.2.4.: Trager des Change Managements
V
y
Kapitel 2.2.5.: Synthese der einzelnen Dimensionen des Change Managements
Abb. 11:
Ganzheitlicher Bezugsrahmen des Change Managements
Im Rahmen der Komponenten des Change Managements wird diskutiert, welche Funktionen bei sozio-okonomischen Systemen analysiert werden sollten, um eine ganzheitliche Betrachtung dieser Systeme zu gewahrleisten. Diese Dimension ist jedoch eine statische Sicht auf das Change Management, da sie die Konfiguration und Impiementierung der identifizierten Funktionen nicht betrachtet. Genau diese Fragestellung ist Gegenstand der nachsten Dimension, dem Change Management-Prozess. Die zeitliche Abfolge des Change Managements wird im Rahmen dieser Dimension diskutiert. Da das Change Management nicht in einem akteursfreien System umgesetzt wird, sondern die Durchfuhrung der Veranderung durch Akteure erfolgt, beschreibt die letzte Dimension die Trager des Change Managements. Korrespondierend zu dem Bezugsrahmen sind die folgenden Kapitel aufgebaut. Zur Diskussion des Zwecks und Inhalts von wissenschaftlichen Bezugsrahmen vgl. bspw. JACOB (1997), S. 23ff. Es sei angemerkt, dass derartigen Bezugsrahmen oftmals vorgehalten wird, dass sie zu einfach Oder zu theoretisch und damit nicht praxisnah sind (vgl. bspw. VICTOR / FRANCKEISS (2002), S. 35 und PASCALE / MILLEMANN / GIOJA (1997), S. 128). Da dem Bezugsrahmen im weiteren Ver-
lauf der Arbeit Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zugeordnet werden, soil dadurch auf der einen Seite ein theoretisch fundierter Rahmen skizziert werden, dessen Praxisnahe jedoch auf der anderen Seite durch Studien sichergestellt wird.
42
Change Management
2.2.2
Die Komponenten des Change Managements: das AGIL-Schema als struktureller Rahmen
Urn das Change Management ganzheitlich erfassen zu kdnnen, wird ein struktureller Rahmen bendtigt, der ein sozio-okonomisches System ganzheitlich abbildet. Denn sollte dies nicht der Fall sein und wurden in dem Schema lediglich einzelne Aspekte oder Sichten auf ein solches System abgebildet, besteht die Gefahr, dass Ziele des Change Managements nicht realisiert werden konnen, da in der Planung und Durchfuhrung des Wandels relevante Aspekte keine Berucksichtigung finden. Dieses kann am Beispiel von Veranderungsprozessen dargestellt werden, bei denen die Unternehmenskuitur des zu wandelnden Unternehmens nicht berucksichtigt wurde. Es hat sich hierbei gezeigt, dass das Verhalten und die Einstellungen von Organisationsmitgliedern ohne eine Einbeziehung der Unternehmenskuitur in die Analyse nicht hinreichend erklart werden kann.""^^ Des Weiteren kann nicht festgestellt werden, ob die kulturellen Voraussetzungen fur einen tiefergreifenden Wandel gegeben sind. Sind sie es nicht, ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns fur einen solchen Wandel sehr hoch,^^^ da Einstellungsbarrieren den Wandel hemmen.''^^ Die Relevanz wird besonders durch die Forderung Strategy follows Culture deutlich, die als ein entscheidender Faktor fur einen erfolgreichen Wandlungsprozess postuliert wird. Dieses kann am Beispiel der Daimler-Benz AG gezeigt werden, wo die fehlende Berucksichtigung der Unternehmenskuitur fur wenig erfolgreiche Veranderungen verantwortlich gemacht wurde.^^"^ Der Stellenwert der Unternehmenskuitur in der unternehmerischen Praxis wird insbesondere auch bei der Betrachtung von Veranderungsprojekten internationaler Unternehmen deutlich, da sich die Unternehmenskulturen von Unternehmen, die in unterschiedlichen Landern agieren, oftmals erheblich unterscheiden.^^^ So stellt SCHOLZ anhand der Untersuchung von internationalen Change Management Projekten fest, dass der Grund des Scheiterns der Projekte haufig in dem fehlenden Verstandnis der Unternehmenskuitur liegt.^^^ Um das Problem der fehlenden ganzheitlichen Sicht zu losen, wird im Folgenden ein Schema, das AGIL-Schema, verwendet, welches eine ganzheitliche Sichtweise auf soziookonomische Systeme sicherstellt. Das ursprunglich von PARSON entwickelte Schema wird
Vgl. FRESE (2005), S. 585 ff.
184 185
Dies ist jedoch kein Widerspruch zu den anfangs erwahnten Studien (siehe Kapitel 2.1). In Abhangigkeit davon, ob unternehmensinterne Beteiligte eines Veranderungsprojektes nach den Grunden fur ein Scheitern befragt werden, oder ob eine externe Analyse der gescheiterten Projekte vorgenommen wird, werden die Ergebnisse zumeist unterschiedlich sein. Dies ist damit zu erklaren, dass insbesondere unternehmenskulturelle Aspekte durch Mitarbeiter eines Unternehmens nur schwer wahrgenommen werden, wenn sie nicht explizit hierauf hingewiesen werden. Denn die Unternehmenskuitur, wie in folgenden Kapitein noch diskutiert wird, verschlieflt sich oftmals zumindest teilweise einer Betrachtung. Vgl. DOPPLER / LAUTERBURG (1995), S. 397 Vgl. KROGER (1994), S. 207, sowie SCHREYOGG (1995) Letzterer verwendet den Begriff der strategischen bzw. unsichtbaren Barrieren, um darauf hinzuweisen, dass der Abbau dieser Barrieren zum einen eine strategische Herausforderung darstellt, da eine Umstellungsfahigkeit fur das Unternehmen zu einer kritischen Ressource wird. Zum anderen verdeutlicht der Begriff der unsichtbaren Barrieren, dass unternehmenskulturbedingte Barrieren schwer zu explizieren sind. Vgl. MULLER-STEWENS (1995), S. 163
Als ein sehr extremes Beispiel sei auf die Erfahrung von IMAI verwiesen, der erhebliche Unterschiede zwischen den Unternehmenskulturen westlicher und japanischer Unternehmen feststellt (vgl. IMAI (1998), S. 261 ff.). Vgl. SCHOLZ (1995), S. 13
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
43
im Rahmen der vorliegenden Arbeit in einer umdefinierten Variante von IVIUNCH verwendet und auf die Spezifika von Unternehmen angepasst. Das AGIL-Schema nach PARSONS
2.2.2.1
Wenn ein strukturelier Rahmen fur das Change IVIanagement nicht alle Aspekte soziodkonomischer Systeme einbezieht, konnen, wie die obigen Beispiele gezeigt haben, Planungsdefekte entstehen, die die Zielerreichung negativ beeinflussen. Urn nun eine ganzheitliche Sicht auf ein sozio-okonomisches System zu gewahrleisten, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als strukturelier Ansatz das AGIL-Schema verwendet. Dieser Ansatz wurde ursprunglich von PARSONS entwickelt (siehe Abb. 12).
Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
integration
Abb. 12:
AGIL-Schema
Das AGIL-Schema fasst die grundlegenden funktionalen Probleme von sozio-okonomischen Systemen zusammen und ist zur allgemeinsten Grundlage der struktur-funktionalen Soziologie geworden.^^^ Die vier Buchstaben beschreiben ganz aiigemeine Funktionen, die sich nach Auffassung von PARSONS in alien Systemen wiederfinden. Zunachst beschreibt die A(daption) die Anpassung an die Knappheit der Umwelt.^^^ Das G(oal Attainment) spiegelt die Auswahl von geeigneten Zielen wieder, die aus einer Menge von unendlich vielen Zielen getroffen wurde, um ein koordiniertes und effizientes Agieren im System sicherzustellen. Durch die l(ntegration) werden die verschiedenen Telle eines Systems integriert. Als letzte Funktion dient das L(atent Pattern Maintenance) dazu, sicherzustellen, dass die grundlegenden Strukturen uber die Zeit erhalten bleiben und eventuell auftretende Abweichungen kontrolliert werden. Bei der Entwicklung des AGIL-Schemas unterlag PARSONS unterschiedlichen theoretischen Einflussen, die substantielle Bedeutung fur die Entwicklung seiner Theorien hatten.^^^ Wie in Abb. 13 deutlich wird, baut das AGIL-Schema auf einer Vielzahl unterschiedlicher wissenschaftlichen Disziplinen und Theorien auf. Diese Erkenntnis ist durchaus relevant, da die unterschiedlichen Einflusse die aiigemeine Anwendbarkeit und umfassende Strukturierung mit sicherstellen.
187 188
Vgl. ESSER (1993), S. 384, sowie FuCHS (2002), S. 4 f. Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen ESSER (1993), S. 384 Vgl.MUNCH(1982), S. 48ff.
44
Change Management
DURKHEIM
Anthropologie
WEBER
Soziale Ordnung Gesellschaft als Ganzes Funktionsbegriff
Handlungsbegriff Sozialer Wandel
A 1
Okonomie
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
integration
Biologie Psychoanalyse Kybernetik Allgemeine Systemtheorie
Abb. 13:
Theoretische EInflusse auf das AGIL-Schema^^°
Die Struktur des AGIL-Schemas ist nicht Resultat einer willkurlichen Festlegung, sondern wurde von PARSONS bewusst deduktiv erarbeitet. Hierzu stellte er die Annahme auf, dass Systeme zu ihrer Existenz fortwahrend seiektieren mijssen. Diese Selektionen werden unterteilt zum einen in die unnnittelbare Befriedigung von Bedurfnissen und die Erreiciiung von Zielen - dieser Aspekt wird als konsummatorisch bezeichnet - sowie zum anderen die Selektion auf die Bereitstellung der notigen, aber „an sich" nicht unmittelbar geschatzten Mittel, die fur eine Zielerreichung erforderlich sind. Dieser Aspekt wird von PARSONS als instrumentell bezeichnet.""^^ Somit ist die erste Dimension des AGIL-Schemas konsumatorisch - instrumentell. Die zweite Dimension des AGIL-Schemas beschreibt, ob die Selektion sich auf die auflere Umwelt Oder auf die inneren Verhaltnisse bezieht. Somit ist hierbei die Unterscheidung der Dimension externe Prozesse - interne Prozesse. Abb. 14 zeigt nun, wie sich die Vier-Felder-Matrix ergibt, wenn die beiden beschriebenen Achsen dichotom gekreuzt werden. Da die beiden Achsen binar schematisiert sind, lasst sich eine wesentliche Aussage fur das AGIL-Schema herleiten. Die genannten Funktionen uberschneiden sich nicht und es lassen sich auch keine graduellen Variationen zwischen den Dimensionen ableiten. Das bedeutet, dass ein mit Hilfe des AGIL-Schemas zu analysierendes System in die jeweiligen Funktionen aufgeteilt werden muss, in dem dann die jeweils typischen, funktionalen Probleme gelost werden.
Vgl. RiCHTER (2002), 8. 6 Vgl. ESSER (1993), S. 385
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
45
externe Prozesse
Adaption
Goal Attainment
interne Prozesse
Latent Pattern {Maintenance
Integration
instrumentell Abb. 14:
-f-
konsumatorisch
Dlmensionen des AGIL-Schemas
Das AGIL-Schema ist nicht unstrittig. So wind beispielsweise von GIDDENS scharfe Kritik an dem verwendeten Handlungsbegriff geubtJ^^ Aufgrund der starken normativen Orientierung wurde kein Raum fur kreatives und innovatives Handein sowie unintendierte Handlungsfolgen gelassen. Des Weiteren wurde das aktive Schaffen sozialer Formen nicht berucksichtigt und das Phanomen ,Macht' nur sekundar behandeltJ^^ Dieser Kritik wird in der vorliegenden Arbeit weitgehend gefolgt. Besonders kritisch wird hierbei gesehen, dass sich die Klassifizierung von PARSONS ZU einer akteursfreien Systemtheorie entwickelt hat, in der Prozesse zur Konstitution von sozio-dkonomischen Systemen nicht beachtet werden. PARSONS hat es folgerichtig auch ganzlich abgelehnt, dass es alleine die Akteure eines Systenns sind, die sich ihr sozio-okonomisches System - wenn gegebenenfalls auch ungeplant- konstruieren.^®'^ 2.2.2.2
Die Oberarbeitung des AGIL-Schemas nach MONCH
Aufgrund der Kritik an dem von PARSONS entwickelten AGIL-Schema wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit das AGIL-Schema nicht in der von PARSONS erarbeiteten Interpretation verwendet, sondern in einer Oberarbeitung von MUNCH.^^^ Er interpretiert die belden Dlmensionen anders, jedoch behalt er die vier Funktionen bei. Im Gegensatz zu PARSONS, der, wie dargelegt wurde, die Baslsthese aufgestellt hat, dass Systeme bestandig selektieren mussen, argumentiert MUNCH mit den Basismerkmalen von Handlungen. Handlungen sind ihm zufolge grundsatzlich symbolorientiert und implementieren den Kontext der Symbole durch eine Interpretation im Handein.^^^ Die symbolische Welt kann hierbei zum einen in ihrer Komplexitat variieren,^^^ zum anderen in der Anzahl der Widersprijche zwischen den Symbolen.^^^
193 194
Wie dargelegt worden ist, versteht PARSONS unter Handein eine Selektion von Zielen, Mittein und situationalen Bedingungen. Dies wurde von ihm auch als voluntaristisches Handein bezeichnet (vgl. PARSONS (1937), 8. 43 ff. und S. 344 ff.). Vgl. KLEIN (1996), 8. 97 Vgl. ESSER (1993), 8.400 Vgl. MUNCH (1982) Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen MUNCH (2004), 8. 75 f. Der Begriff der Komplexitat ist unterschiedlich auszulegen. Ohne die verschiedenen Begriffsauffassungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit diskutieren zu wollen, sei angemerkt, dass
Change Management
46
Hoch
Symbolkomplexitat
Adaption
Goai Attainment
Okonomisches System Medium: Geld
Politisches System Medium: Politische Macht
Latent Pattern Maintenance
integration
| I
Niedrig Sozialkultu relies System Medium: Wertcommltments
Hoch
Abb. 15:
Gemelnschaftssystem Medium: Einfluss
HandlungsIcontingenz
Niedrig
AGIL-Schema nach MUNCH^^®
So ergeben sich die zwei folgenden Dimensionen: zum einen die Dimension der Symbolkomplexitat, zum anderen die der Handlungskontingenz, wobei eine hohe Kontingenz eine niedrige Vorhersagbarkeit von Handlungen impliziert. Wie in Abb. 15 dargestellt, kann das AGIL-Schema in diese zwei Dimensionen eingeordnet werden. Die vier Funktionen sind nach dem Schema am Beispiel eines sozialen Systems wie folgt zu interpretieren:^°° -
-
-
A(daption) Die Funktion des okonomischen Systems liegt darin, die Anpassung des gesamten sozialen Systems an wechselnde Umweltbedingungen durch eine Mobilisierung von Ressourcen sicherzustellen. Dabei basiert das okonomische System auf den Interaktionen, die den Akteuren eine optimale Zielerreichung ermoglichen. G(oal Attainment) Die Voraussetzungen zur Zielerreichung fur das gesamte soziale System bereitzustellen, ist die Funktion des politischen Systems. Da die Funktion Goal Attainment am Beispiel eines sozialen Systems eriautert wird, werden in M U N C H S Beispiel Konflikte durch kollektive Entscheidungen beigelegt und ggf. auch durch Einsatz von Macht durchgesetzt. I(ntegration) Die Funktion des Gemeinschaftssystems dient der Integration des gesamten sozialen Systems durch Vergemeinschaftung. Diese Vergemeinschaftung fuhrt dazu, dass sich Solidaritaten bilden, so dass Motivation durch ein Gemelnschaftssystem entsteht. Hintergrund hierfur sind gemeinsam geteilte Normen, welche die Basis fiir die durchzufuhrenden Interaktionen bilden. L(atent Pattern Maintenance) Gegenstand der sozio-kulturellen Funktion ist die Sicherstellung der Erhaltung der latenten Strukturen des sozialen Systems durch eine Kommunikation und Orientierung an allgemeinen Ideen.
MGNCH in diesem Zusammenhang unter Komplexitat die Anzahl der Symbole versteht, die den Handlungshorizont definieren. Laut MGNCH kann diese Anzahl zwischen Null und unendlich liegen. Eigene Darstellung in Aniehnung an MUNCH (2004), S. 78 Vgl. hierzu und den folgenden Punkten MUNCH (2004), S. 79 ff.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
47^
Der Ansatz von MUNCH wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendet, da seine Interpretation das Handein in den Mittelpunkt der Uberiegungen stellt. Diese Betonung und damit auch die Relevanz des Handelns wird in der Soziologie von anderen Autoren geteilt. So stellt beispielsweise LUCKMANN test, dass Gesellschaften das zusammengesetzte Ergebnis vieler Handlungen vieler Handelnder sind.^°^ Handein beschreibt grundsatzlich Aktivitaten und nicht Strukturen. Das bedeutet, dass Handein eine Dynamik, eine Veranderung ausmacht, denn unter Handein ist ein schrittweiser Vollzug von Handlungen zu verstehen, der sich einem bestimmten, vorweggenommenen Ende nahert.^°^ Wesentlich ist hierbei, dass unter Handein demnach nicht die Erfullung eines definierten Zieles zu verstehen ist, sondern die sukzessive Annaherung an ein Ende, was einer evolutionaren Entwicklung entspricht. Hierin ist auch einer der wesentlichen Vorteile der Interpretation von MUNCH zu sehen. Der Ubertrag des AGIL-Schemas auf das Change Management und spater auf ein Netzwerkmodell, das im Rahmen der vorliegenden Arbeit erarbeitet wird, lasst sich erst mit der Erweiterung von MONCH argumentativ rechtfertigen. Dieses liegt darin begrundet, dass das Change Management zwar einen zielfuhrenden Wandel beschreibt, dieser Wandel aber mit und durch Akteure durchgefuhrt wird. Genau dieses erfolgt erst im Ansatz von MUNCH, da PARSONS, wie beschrieben, von einem akteursfreien System ausgeht. Abschliefiend sei explizit darauf hingewiesen, dass die Trennung der Funktionen des AGILSchemas analytischen Zwecken dient. Zudem sind die Funktionen des AGIL-Schemas sehr abstrakt. Deswegen lassen sich eine Vielzahl von beobachteten Phanomenen wie beispielsweise Widerstande, Motivation Oder Macht nicht eindeutig einer Funktion zuordnen. Damit konnen modellbedingt Kontroversen daruber bestehen, welcher Funktion welches Phanomen zugeordnet wird. Der Verfasser ist sich dieser Problematik bewusst, vertritt jedoch die Ansicht, dass der Fokus auf die Identifikation der wesentlichen Phanomene gelegt werden sollte, hingegen eine umfassende Diskussion der Zuordnung dieser Phanomene nicht zielfuhrend fur die Beantwortung der Forschungsfragen ist. 2.2.2.3
Ableitung und Operationalisierung eines AGIL-Schemas fur Unternehmen
Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit sind Unternehmen und deren Akteure, nicht soziale Systeme im Allgemeinen. Hierfur werden die im AGIL-Schema nach MUNCH dargestellten Funktionen fur die Analyse eines Unternehmens Im Folgenden beschrieben. Neben der reinen Ableitung der Funktionen wird zusatzlich eine Operationalisierung der einzelnen Funktionen aus der Sicht des Change Managements vorgenommen, um fur den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit eine Analysegrundlage zu schaffen. Hierbei sei angemerkt, dass sich die im Rahmen der Operationalisierung zugeordneten betriebswirtschaftlichen Modelle nicht grundsatzlich trennscharf genau einer Funktion zuordnen lassen. So lassen sich insbesondere die betriebswirtschaftlichen Termini Unternehmensvision, Unternehmensverfassung sowie Unternehmensethik, also Konzepte, die das generelle unternehmerische Selbstverstandnis thematlsieren, nicht genau einer AGILFunktion zuordnen. Da diese jedoch die Wahl einer optimalen Koordinationsform fur eine Transaktion tangieren konnen und damit im weiteren Verlauf auch fur das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken zumindest peripher relevant werden, werden sie einer AGIL-Funktion zugeordnet mit dem Hinweis auf die weiteren durch sie tangierten Funktionen. Vgl. LUCKMANN (1992), S. 4 Vgl. LUCKMANN (1992), S. 48
Change Management
48
Erganzend sei darauf hingewiesen, dass in den folgenden Ausfuhrungen die Planung einer konkreten Veranderung einer Funktion nicht thematisiert wird. Dies wird im Rahmen der Diskussion des Change Management-Prozesses, insbesondere innerhalb der Planungsphase fur die einzelnen Funktion skizziert (siehe hierzu Kapitei 2.2.3.2.3). So wird beispielsweise im Rahmen der Diskussion der Latent Pattern Maintenance-Funktion dargestelit, was eine Unternehmenskultur auszeichnet; Ansatze, wie eine derartige Kultur verandert wird, werden im Kapitei 2.2.3.2.3 abgehandelt. Diese Vorgehensweise ist konsistent zu dem ganzheitiichen Bezugsrahmen des Change Managements, da eine derartige Planung und Umsetzung einer Veranderung einen dynamischen Prozess darstellt, der damit nicht in die statischen Komponenten des Change Managements einzuordnen ist.
2.2.2.3.1
Die Adaption-Funktion
Die Adaption-Funktion dient der moglichst optimalen Erreichung der im Rahmen der Goal Attainment-Funktion gesetzten Zielen mit Hilfe der Ressourcen, die den Unternehmen zur Verfugung stehen. Struktur 4i
Aufgaben
<
•T
Prozesse
j<
• Technologie
^r Personal Primare Gestaltungsvariable (^ y
Sekundare Gestaltungsvariable
Abb. 16:
Gestaltungsvariablen der Adaption^°^
Um die gesetzten Zlele zu erreichen, fuhren die Akteure Interaktionen durch, die in dem Unternehmen durch Prozesse oder Funktionen abgebildet werden. Eine Operationalisierung der Ressourcensicht wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit dabei anhand eines von ENGELMANN uberarbeiteten Modells des LEAVITT-Schemas durchgefuhrt (siehe Abb. 16). Neben den dargestellten Variablen sollen hierbel die Pfeile den „Knock-on Effect" darstellen, der aussagt, dass die Veranderung einer Variable zwangslaufig Auswirkungen auf die anderen Variablen hat.^^"^ Das Modell von ENGELMANN wurde um eine Unterscheidung nach primaren und sekundaren Gestaltungsvariablen erganzt. Unter primaren Gestaltungsvariablen werden dabei Variablen verstanden, die zunachst unabhangig von den ubrigen Gestaltungsvariablen modifiziert werden konnen, wobei bei einer derartigen Modifizierung von der Betrachtung der SInnhaftlgkeit abstrahiert wird. Diese unabhangige Modifizierbarkeit ist bei Vgl. ENGELMANN (1995), S. 43
Es sei darauf hingewiesen, dass ENGELMANN keine Unterscheidung zwischen primaren und sekundaren Gestaltungsvariablen macht. Vgl. PATON / MCCALMAN (2000), S. 30
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
49^
der sekundaren Gestaltungsvariable „Prozesse" nicht gegeben, da sie eine Abfolge von Tupein aus den primaren Gestaltungsvariablen darstellt. Im Vorgriff auf die weiteren Ausfuhrungen sei angemerkt, dass eine derartige Unterscheidung vorgenommen wird, da eine Anpassung der primaren Gestaltungsvariablen tendenziell ein langwieriger Prozess ist mit einem eher strategischen Fokus. Durch diese Anpassung werden dann die potenziellen Gestaltungsmdglichkeiten der Prozesse festgelegt. Die Gestaltungsvariable Aufgaben leitet sich aus Unternehmenszwecken und -zielen ab und ist damit die Kernvariable der Organisation.^°^ Aufgaben beschreiben die Tatigkeiten, die zu der Erfullung der Unternehmenszwecke und -ziele ausgefiJhrt werden mussen. Sie sind also im Gegensatz zu den ergebnisorientierten Zielen und Zwecken tatigkeitsorientiert.^°® Die Gestaltungsvariable Struktur \N'\rdi zumeist in die formelle und in die informelle Organisationsstruktur untergliedert. Unter der formellen Organisationsstruktur wird dabei eine Menge von Regelungen fur das Zusammenwirken der Organisationsmitglieder und den Einsatz von Sachmittein in Organisationen verstanden.^°^ Diese Ordnung ist dabei bewusst geschaffen und auf die Ziele und Aufgaben der Organisation ausgerichtet. Die informelle Organisationsstruktur hingegen umfasst die durch die personlichen Ziele, Wunsche, Sympathien und Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder bestimmten sozialen Strukturen.^°® Da sie jedoch nicht geplant ist, sondern durch spontane Beziehungen zwischen Mitarbeltern entstehen, werden die informellen Organisationsstrukturen im Weiteren nicht im Rahmen der Adaption-Funktion betrachtet. Die informellen Organisationsstrukturen sind vielmehr innerhalb der Goal Attainment- und der Integration-Funktion relevant. Die Gestaltungsvariable Technologie umfasst die Gesamtheit der Sachmittel und Verfahren, die bei der Transformation von Input in Output benotigt werden.^°^ Diese Gestaltungsvariable ist von hoher Relevanz, da Organisationen heutzutage ihre Aufgaben in der Regel nur noch erfullen konnen, wenn sie sich moderner Technologie bedienen.^^° Die Gestaltungsvariable Personal unterscheidet sich grundlegend von den anderen vorgestellten Gestaltungsvariablen, da die Beziehung der Organisation zu der Gestaltungsvariable Personal wechselseitig ist. Z u m einen ist das Personal eine instrumentale Funktion zur Erreichung der Unternehmensziele, zum anderen Ist die Organisation aber ein Mittel zur Erfullung der Bedurfnisse der Organisationsmitglieder. Somit wird das Personal nicht nur als Aufgabentrager betrachtet.^^^ Vielmehr mussen die menschlichen Bedurfnisse bei der Definition der Organisationsziele und -aufgaben, der formellen und informellen Strukturgestaltung, sowie bei dem Einsatz von Technologie berucksichtigt werden, da sich jedes Organisationsmitglied nicht nur durch die Leistungsfahigkeit, sondern auch durch seine Leistungsbereitschaft auszeichnet. Diese sinkt, sobald seine menschlichen Bedurfnisse nicht hinreichend berucksichtigt werden.^^^ Dabei wird diese Leistungsbereitschaft durch eine Motivation eines Organisationsmitglieds gestelgert bzw. durch Widerstande gesenkt. Die Motivation bzw. der Widerstand wird jedoch im Rahmen der Integration-Funktion (siehe hierzu Kapitel 2.2.2.3.3) thematisiert, so dass an dieser Stelle nicht welter hierauf eingegan-
Vgl. SCHMIDT (1991), S. 18 sowie S. 168 SCHMIDT weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass ohne Aufgaben keine Organisation notwendig ist. 207 208 209 210 211 212
Vgl. JAKOB (1980), S. 28 f. Vgl. JAKOB (1980), S. 51
Vgl. SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 3
Vgl. JAKOB (1980), S. 46 Vgl. JAKOB (1980), S. 47 Vgl. JAKOB (1980), S. 30 Vgl. SCHMIDT (1991), S. 18
50
Change Management
gen werden soil. Es zeigt sich hieran jedoch beispielhaft, welche Interdependenzen die Funktionen des AGIL-Schemas aufweisen. Die Interaktionen zwischen den einzelnen Funktionen des dargestellten Schemas zur koordinierten Zielerreichung werden dabei durch die sekundare Gestaltungsvariable Prozesse abgebildet, wobei in einer ersten Naherung unter Prozessen inhaltlich abgeschlossene, zeitlich und sachlogische Abfolgen von Funktionen verstanden werden.^^^ Die Prozesse verbinden demnach die vier anderen Gestaltungsvariablen zwecks eIner zielgerichteten Input-Output-Transformation. Eine Untermenge von Prozessen bilden die Kernprozesse, unter denen im Rahmen der vorliegenden Arbeit diejenigen Prozesse verstanden werden sollen, mit deren Hilfe die Input-Output-Transformationen abgebildet werden, auf denen die Kernkompetenzen des Unternehmens basieren. Kernprozesse sind demnach in einer ersten Naherung^^"^ solche Prozesse, die mitbestimmend fur den Zweck und die Daseinsberechtigung eines Unternehmens sind. Diese Unterscheidung ist fur den weiteren Verlauf der Untersuchung sehr bedeutsam, da unter anderem auch die Fragestellung untersucht wird, inwiefern eine Verlagerung von Kernprozessen in ein Netzwerk empfehlenswert und durchfuhrbar ist. Ubertragen auf das Change Management ist es nun Zielsetzung innerhalb der AdaptionFunktion, die aufgezeigten Gestaltungsvariablen in der Form zu verandern, dass sie der vorgegebenen Zielsetzung moglichst entsprechen. Dabei wird die Zielsetzung in der Regel zwel unterschiedliche Teilziele umfassen. Das erste Teilziel beschreibt Ziele bezuglich der Ergebnisse des Change Managements. Typische Ziele sind hierbei die Vorgaben in Form einer umzusetzenden Soll-Struktur. Im Folgenden wird dieses Teilziel als primares Ziel des Change Managements bezeichnet. Das zweite Teilziel dagegen beschreibt Anforderungen direkt an das Umsetzungsvorhaben. Typische Ziele sind hierbei Ziele bzgl. der Laufzeit des Wandelvorhabens oder des Ressourceneinsatzes. Dieses Teilziel wird im Folgenden als sekundares Ziel des Change Managements bezeichnet. Das primare und sekundare Ziel des Change Managements stehen in der Regel im Widerspruch zueinander. So trifft beispielsweise oftmals der Zusammenhang zu, dass hdhere Anforderungen an die Soll-Struktur einen hoheren Ressourceneinsatz wahrend der Umsetzung bedingen. 2.2.2.3.2
Die Goal Attainment-Funktion
Die Goal Attainment-Funktion dient dem Setzen von Zielen sowie deren Durchsetzung mIt Hilfe von Macht. Somit unterteilt sich die Goal Attainment-Funktion in zwei unterschiedliche Telle, der Zieldefinition sowie der Zieldurchsetzung. a) Die Zieldefinition Ausgangspunkt fur die Zieldefinition ist die Unternehmensvision. Fur den Begrlff der Unternehmensvision existieren die unterschiedllchsten Definitionen, die sich jedoch alle darin ahnein, dass durch eine Vision ein Szenario entworfen wird, welches die zukunftige Posltionierung eines Unternehmens skizziert. So definiert beispielsweise BLEICHER eine Unterneh-
^^^
Vgl. BECKER / SCHUTTE (1996), 8. 52 f.
Vertiefend wird der Begrlff des Prozesses in Kapitel 2.2.3.1 diskutiert. Mit der Diskussion des Prozessbegriffs werden in Kapitel 2.2.3.1 Geschafts- und Kernprozesse als Teilmenge von Prozessen thematisiert.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
51^
nnensvision als Leitstem fur das normative, strategische und operative Management, als eine generelle Leitidee.^^^ Eine Definition, die der betriebiichen Praxis entstammt, definiert die Vision als „ein konkretes Zukunftsbild, nahe genug, dass wir die Reallslerbarkelt noch sehen konnen, aber schon fern genug, um die Begeisterung der Organisation fur eine neue Wirklichkeit zu erwecken."^^^ Ein weiterer, fur die Klassifizierung der Unternehmensvision in die Goal Attainment-Funktion wesentlicher Punkt ist die Definition einer Unternehmensvision als „anschaulich geschilderte Zukunftsentwurfe des Unternehmens, an denen sich die Unternehmensstrategie ausrichtet [...;d.V.]".^^^ Aus dieser Definition wird deutlich, dass eine Unternehmensvision die grundsatzliche Basis der Unternehmensstrategie und damit auch der Unternehmensziele ist. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird unter einer Unternehmensvision eine Leitidee verstanden, die einen zukunftigen Soll-Zustand beschreibt, der in der Gegenwart noch nicht erreicht ist, jedoch derart realistisch und konkret formuliert ist, dass sich aus ihm lang- und mittelfristige Zielsetzungen ableiten lassen. Damit beinhaltet die Vision die Verpfllchtung zur Realisierung.^^^ Eine Unternehmensvision ist von ihrem Charakter jedoch noch zu generisch, so dass sich keine konkreten Handlungen aus ihr ableiten lassen. Deswegen Unternehmensziele basierend auf der Unternehmensvision aufgestellt,^^® wobei in diesem Zusammenhang anzumerken ist, dass neben der Unternehmensvision unter anderem auch die Unternehmensethik^^° Einfluss auf die Zieldefinition hat. Diese Zieldefinition als eine Auswahl aus moglichen Zielalternativen dient dazu, Transparenz zu schaffen; die Zielerreichung soil mit einem wirtschaftlichen Handein erreicht werden.^^^ Mit einer derartigen Zieldefinition ist zudem die Verbindung zur Adaption-Funktion hergestellt, da diese den moglichst optimalen Ressourceneinsatz zur Realisierung der Ziele zum Gegenstand hat.^^^
Vgl. BLEICHER (2004), S. 105
Es sei angemerkt, dass die Unternehmensvision als Ausgangspunkt fur die Definition von strategischen Zielen nicht unumstritten ist. So sehen beispieisweise STEINLE / BRUCH die Unternehmensphilosophie, -ethik und -kultur, die sie in einem Leitbild zusammenfassen, als Ausgangspunkt fur strategische Ziele (vgl. STEINLE / BRUCH (1998), S. 285). BOSTON CONSULTING GROUP (1988), S. 7
o.V. (2001b), Stichwort ..Vision" Von der Unternehmensvision abzugrenzen ist die Unternehmensmission, unter der eine schriftliche Umsetzung der Vision verstanden wird. Synonym hierzu werden oftmals die Begriffe Unternehmensgrundsatze oder -leitlinie venA/endet (vgl. HUNGENBERG (2004), S. 26). Es sei angemerkt, dass einem derartigen Herunterbrechen in der LIteratur teilweise nicht gefolgt wird. So wird beispieisweise bei GROHE-OETRINGHAUS die Unternehmensvision in das Leitbild konkretisiert, welches weiterhin in das Fuhrungssystem operationalisiert wird, aus dem sich Messgrolien ableiten. Derartigen oder ahnlichen Strukturierungen soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht gefolgt werden, da es unklar bleibt, auf welcher Ebene Ziele definiert werden. So besteht beispieisweise in der vom ihm propagierten Struktur das Fuhrungssystem aus 28 Leitlinien, die direkt in Messgroden quantifiziert werden. Da der Terminus Leitlinie jedoch nicht identisch mit einem Ziel ist, bleibt die Definition von Zielen unklar (vgl. GROBEOETRINGHAUS (1994), S. 84).
221 222
Vgl. hierzu Kapitei 2.2.2.3.3 Als Beispiel fur einen derartigen Einfluss sei auf GOODPASTER / MATTHEWS verwiesen, wenn sie als Themenbeitrag zur Diskussion der Frage „Unternehmenspolitik nach Kriterien der Moral?" hinterfragen, ob Unternehmen ein Gewissen haben konnen (vgl. GOODPASTER / MATTHEWS (1989), insbesodere S. 12 f.). Vgl. HUNGENBERG (2004), S. 27
Prinzipiell versteht ein optimalen Ressourceneinsatz, dass ein definierter Output mit minimalen Ressourceneinsatz oder ein maximaler Output bei vorgegebenen Ressourcen realisiert wird.
52
Change Management
Bevor auf die Unternehmensziele eingegangen wird, sollen zunachst drei, oftmals unterschiedene, inhaltliche Kategorien von Zielen dargestellt werden, um ein prinzipielles Verstandnis fur das Wesen von Zielen zu schaffen. Abb. 17 visualisiert hierbei die Abhangigkeiten der Ziele:^^^ Wertziele: Die Wertziele definieren das angestrebte, zukunftige Ergebnis und damit auch die angestrebten Ergebniskomponenten sowie die geforderte Liquiditat bzw. die Liquiditatskomponenten. Sachziele: Die Sachziele sind die Basis fur die Wertziele. Sie beschreiben das zukunftige Tatigkeitsfeld der Unternehmung. Wert- und Sachziele sind unter Beachtung von Sozialzielen zu formulieren. Sozialziele: Die Sozialziele legen die von dem Unternehmen angestrebten Verhaltensweisen gegenuber den Mitarbeitern, der Gesellschaft und der naturlichen Umwelt fur die Zukunft fest. Es sei angemerkt, dass sich diese Ziele im Gegensatz zu den Vorherigen primar aus der Unternehmensethik ableiten und nicht aus der Unternehmensvision. Bm^Mm
•
•, SoidlalEl^e. Restriktion
<>, ^
^ Wertziele V...
Abb. 17:
. -
- J
Abhangigkeiten der Zielkategorien
Diese Zielkategorien sind nicht auf die Unternehmensziele beschrankt. Sie finden sich sowohl in den strategischen Unternehnnenszielen als in den operativen Zielen wieder. Ohne an dieser Stelle vertiefend auf die einzelnen Klassifizierungen von Zielen in beispielsweise strategische und operative Ziele naher eingehen zu wollen,^^"^ sei auf ein fur das Change Management wesentliches Charakteristikum von Zielen eingegangen. Unternehmen besitzen zunachst per se keine Ziele; Ziele werden vielmehr von Akteuren definiert, die mit dem Unternehmen in Beziehung stehen. Diese Individualziele werden erst dann zu einem Unternehmensziel, wenn sie an das Unternehmen herangetragen werden und von der Entscheidungsinstanz als verbindlich Ziele festgelegt werden.^^^ Da unterschiedliche Akteure mit unterschiedlichen individuellen Interessen derartige Ziele an ein Unternehmen herantragen konnen, konnen Inkonsistenten bel der Zieldefinition, Widerstande gegen die Zieldefinition Oder Ziele ohne Optimalitatskriterium resultieren. Diese Punkte werden fur das Change Management relevant, wenn es zum Ziel hat, die gesetzten Ziele (primares Ziel des Change Managements) effizient und effektiv zu realisieren (sekundares Ziel des Change Managements). Des Weiteren konnen Aussagen bezuglich der Machtposition einzelner Akteure oder Koalitionen getroffen werden be! Betrachtung des Umfangs der Ubernahme der individuellen Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass in der betriebswirtschaftlichen Forschung durchaus auch divergierende Meinungen uber die Kategorisierung von Zielen existieren. So wurde in der jungeren Diskussion oftmals die Balanced Scorecard in der praktischen Anwendung und der theoretischen Diskussion als Zielsystem propagiert. Dieses Zielsystem umfasst in seiner ursprunglichen Auspragung vier unterschiedliche Zielkategorien (vgl. KAPLAN / NORTON (1997), S. 24 ff.). Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit der Fokus jedoch nicht auf die Zieldefinition sondern auf die Umsetzung von Zielen im Rahmen des Change Managements gelegt wird, werden die dargestellten drei Kategorien als ausreichend erachtet. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen HAHN (1994), S. 61 ff. Vgl. hierzu beispielsweise HUNGENBERG/WULF (2003) Vgl. HUNGENBERG (2004), S. 27, sowie MACHARZINA (2003), S. 192
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
53^
Ziele in die Zieldefinition.^^^ Derartige Machtpositionen werden explizit im Folgenden bei der Diskussion der Zieldurchsetzung tJiematisiert. b) Die
Zieldurchsetzung
Ais zweiter Teil wurde die Zieldurctisetzung mit Hilfe von IVIacht im Rahmen der Goal Attainment-Funktion identifiziert. Fur die Durchsetzung eines Wandelvorhabens konnen nach C H I N / B E N N E prinzipiell drei unterschiedliche Gruppen von Strategien ihre Anwendung finden, die empirisch-rationalen, die normativ-reedukativen sowie die IVIacht- und Zwangsstrategien.^^'' Empiriscti-rationale Strategien basieren auf der Annahme, dass menschliches Handein von der Vernunft geleitet ist und durch die Durchsetzung von Eigeninteresse bestimmt wird.^^^ Wird dieser Ansicht gefolgt, stellen die wesentlichen Hemmnisse des Wandels Ignoranz und Aberglaube dar, die durch Aufklarung und Bildung zu uberwinden sind. Dagegen basieren normativ-reedukative Veranderungsstrategien auf der Annahme, dass der Mensch von Natur aus aktiv ist und nach Trieb- und Bedurfnisbefriedigung strebt.^^^ Dabei werden die Menschen in ihrem Handel von gesellschaftlich fundierten und vermittelten Bedeutungen, Normen und Institutionen geleitet. Dm nun eine Veranderung herbeifuhren zu konnen, bedarf es dieser Theorie zufolge einer intervention in das System der zu verandernden Person, Gruppe, Organisation oder Gemeinschaft, wobei hierzu Strategien erarbeitet wurden, denen alien gemeinsam ist, dass primar nicht (nur) der Veranderungsgegenstand gewandelt werden soil, sondern insbesondere auch dessen Umfeld. Dabei sei jedoch darauf hingewiesen, dass normativ-reedukative Strategien die Bedeutung von Macht nicht leugnen, sie jedoch eher Wissen als eine Quelle von Macht sehen.^^° Demgegenuber betonen Mactit- und Zwangsstrategien politische und okonomische Sanktionen sowie moralische Macht in Form von Schuld- und Schamgefuhlen als Strategie zur Durchsetzung von Veranderungen.^^^ Macht- und Zwangsstrategien verandern damit Menschen dadurch, dass sie entweder direkt selber rational von der Veranderung uberzeugt bzw. durch ein geandertes Umfeld den Wandel adaptieren oder sie sich lediglich der Macht beugen. Die einzelnen Strategien sind situativ einzusetzen. Es ist nicht davon auszugehen, dass eine Strategie die ubrigen dominiert, da in Abhangigkeit von dem Wandelvorhaben, den involvierten Akteuren und dem Unternehmensumfeld unterschiedliche Strategien ihre Berechtigung haben werden. Wie aus den Ausfuhrungen ersichtlich wird, ist einer der zentralen Begriffe der Zieldurchsetzung der Begriff der Macht. Die Macht wird in der Literatur unterschiedlich definiert. Eine gangige Definition von A R G Y L E definiert Macht als das Vermogen, auf das Verhalten anderer Einfluss zu nehmen.^^^ G I D D E N S dagegen konzipiert Macht, wie spater im Rahmen der
226 227 228
Vgl. HUNGENBERG (2004), 8. 288 Vgl. C H I N / B E N N E (1975), 8.125 f. Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen CHIN / BENNE (1975), 8. 126 ff. und SCHANZ (1994), 8. 391 Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen CHIN / BENNE (1975), 8. 135 ff. sowie SCHANZ (1994), 8. 392 Vgl. C H I N / B E N N E (1975), 8.145 Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen CHIN / BENNE (1975), 8. 145 ff. und SCHANZ (1994), 8.392 Vgl. ARGYLE (1990), 8. 248
54
Change Management
Strukturationstheorie noch naher dargelegt wird,^^^ als einen Handlungsaspekt, der Bestand234 teil jeder Interaktion ist. Demnach istjedes Handein mit Machtausijbung verbunden ""' Eine weitere, viel zitierte Definition von Macht beschreibt sie als die „Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf die Chance beruht [...;d.V.] Alle denkbaren Qualitaten eines Menschen und alle denkbaren Konsteliationen konnen jemanden in die Lage versetzen, seinen Willen in einer gegebenen Situation durchzusetzen."^^^ Auch wenn diese Formulierung eine der einflussreichsten der Soziologie geworden ist,^^^ soil der Begriff welter detailliert werden. So wird im Rahmen der yorliegenden Arbeit unter Macht in Aniehnung an KUPPER/FELSCH ein theoretisches und soziales Konstrukt verstanden, dass interessensorientierte und gegenseitig aufeinander bezogene Verhaltensbereitschaften derart konstituiert, dass ein Akteur gewunschte, spezifische Verhaltensbereitschaften bei einenn anderen Akteur auszulosen vermag. Diese Moglichkeit setzt jedoch zwingend voraus, dass der Akteur auch uber Handlungsmdglichkeiten verfugt, die fur den anderen Akteur von Interesse sind.^^^ Diese Definition ist eine Erweiterung gegenuber den vorherigen, da sie von einer sozialen Beziehung zwischen zwei Akteuren ausgeht, bei der eine Verstandigung uber eine wechselseitige Handlungsbereitschaft getroffen wurde. Dadurch wird der Fokus von einer statischen Betrachtung der Macht hin zu einer dynamischen Betrachtung der Macht verlagert. Damit korrespondiert die Definition auch in weiten Teilen mit der gangigen Definition von WEBER, der unter Macht „die Chance [versteht; d. V.], innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht".^^^ Die Macht eines Akteurs beschreibt nun das Vermogen, in Bezug auf eine konkrete Machtbeziehung^^^ die von ihm gewunschte Verhaltensbereitschaft bei anderen Akteuren zu erzeugen, so dass er mit einer akteurs- und situationsabhangigen Wahrscheinlichkeit auch das erwunschte Verhalten von einem Akteur erwarten kann.^'^^ Diese Definition hat gegenuber bisherigen den Vorteil, dass von dem erwunschten Verhalten des Akteurs nicht definitiv, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann. Das Ausmafi dieses Vermogens wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als Machtressource bezeichWie bereits dargelegt wurde, ist es zwingend notwendig fur die Ausubung von Macht, dass zwischen den beteiligten Akteuren eine soziale Beziehung besteht, Diese soziale Beziehung kann sich in zwei unterschiedlichen Typen auflern: in einer Kooperationsbeziehung und in einer Konkurrenzbeziehung. Unter einer Kooperationsbeziehung wird der Fall verstanden, bei dem sich Akteure mit ahnlichen Interessen zusammenfinden und ein Konsens derart gefunden wird, dass die 233 234
Vgl.Kapitel 3.2.1.2 Vgl. GiDDENS(1995),S. 67 GRETZINGER / MATIASKE / WEBER (2002), S. 28 f., ursprungliche Definition ist von WEBER (1972),
8.28 237 238
240 241
Vgl. GIDDENS (1998), S. 136 Vgl. KUPPER/FELSCH (2000), S. 21
Zitiert aus LUCKMANN (1992), S. 174 Unter einer Machtbeziehung wird hierbei der Bedingungs- und Bedeutungsrahmen verstanden, der die Umsetzung der dargestellten Verhaltenbereitschaft in konkretes Handein verstandlich bzw. verstehbar macht (vgl. KUPPER/FELSCH (2000), S. 21 f.). Vgl. KUPPER/FELSCH (2000), S. 21
Dieser Begriff zeigt damit auf, dass Macht auf Ressourcen unterschiedlichster Art beruht, die knapp und ungleich verteilt sind (vgl. ENDRUWEIT/TROMMSDORFF (1989), S. 410).
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
55^
Kopplung der Handlungspotenziale und die hierauf aufsetzenden Interaktionen einen zusatzlichen Nutzen verspricht. Die unterschiediiclie IVIacht konnmt in einer solchen Beziehung darin zum Ausdruck, dass sich ihre Handlungspotenziale unterschiedlich zielfuhrend erweisen und dennentsprechend der zusatzliche Nutzen entsprechend der Handlungspotenziale verteilt wird. Solchen Beziehungen widerspricht nicht, dass die Interessenhomogenitat stets nur begrenzt sein wird und deswegen der Konsens nur graduell oder partiell moglich sein wird.^"^^ Demgegenuber wird unter eine Konkurrenzbeziehung ein Konsens zwischen Akteuren verstanden, die heterogene oder konfliktare Interessen haben. Der Konsens besteht darin, dass trotz der unterschiedlichen Interessen ein partieller Austausch oder eine gegenseitige Ubertragung der Handlungspotenziale fur alle Beteiligten forderlich ist. Ein typisches Beisplel fur eine solche Art der Beziehung sind Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen.^"^^ Die beschriebenen Machtbeziehungen konnen durchaus einem Wechsel unterliegen. So konnen sich im Zeitablauf Kooperationsbeziehungen in Konkurrenzbeziehungen wandein, wenn sich die Interessen der Akteure derart verandern, dass sie heterogen oder konfliktar werden. Dieser Fall tritt typischerweise dann ein, wenn in Kooperationen zwischen Unternehmen, d.h. die Akteure sind Unternehmen, zunachst eine stabile, kooperative Machtbeziehung aufgebaut wird, bei der sich die Zielsetzungen der Kooperation ahnein, im Zeitablauf sich aber die Ziele eines Unternehmens grundlegend verandern. So ist dies insbesondere ann Beispiei der Zuiieferbeziehungen in der Autoindustrie auszumachen, bei denen sich der Automobilbauer zu dem fokalen Unternehmen^'^'^ in denri Netzwerk herausgebildet hat und dadurch seine Kooperationsziele auch gegen die Interessen der Zulieferer durchsetzen
In der Literatur wird teilweise zwischen den Begriffen Macht und Einfluss unterschieden. Unter Einfluss wird eine Einflussnahme auf einen Akteur verstanden, bei denen keine Interessenskonflikte oder -gegensatze bestehen, wohingegen unter Macht ein Interessensgegensatz oder Konflikt konstituierend ist, bei dem die Handlung durch die Androhung oder Durchfuhrung von Sanktionen oder extrinsischen Motivatoren durchgesetzt wird.^"^^ Dieser Differenzierung soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt werden, da die aufgezeigte Typologisierung des Begriffs Macht in eine Kooperations- und eine Konkurrenzbeziehung genau diese Unterscheidung abbildet. Des Weiteren wird zwar nicht negiert, dass die
243 244
Vgl. KOPPER/FELSCH (2000), S. 30 Vgl. KUPPER/ FELSCH (2000), S. 30 Ein fokales Unternehmen in einem Netzwerk ist ein Unternehmen, dass eine derartige Machtfulle besitzt, dass es das Netzwerk autonom lenken kann ggf. auch gegen die Interessen der Kooperationspartner. Ein Netzwerk, in dem ein derartiges Unternehmen existiert, wird im Folgenden als fokales Netzwerk bezeichnet. Teilweise werden in der Literatur derartige Netzwerke als hierarchische Netzwerke bezeichnet. Dieses ist dadurch definiert, dass ein erkennbarer und identifizierter Netzwerkkoordinator im Netzwerk existiert, so dass eine hierarchische Koordinationsform faktisch Geltung eriangt, aber keine einheitliche Leitung in wirtschaftlichen Angelegenheiten eriangt (vgl. WINDELER (2001), S. 43). Als typische Beispiele derartiger Netzwerke nennt WINDELER Franchaisingnetzwerke, Netzwerke zwischen Endproduktherstellern und Zulieferern in der Automobilindustrie, Produktions- und Distributionsnetzwerke von Handelshausern sowie japanische Keiretsu (vgl. WINDELER (2001), S. 45). Als Beispiei sei die Volkswagen AG genannt, die einen massiven Preisdruck auf ihre Zulieferer ausubt mit dem Ziel, die eigene Kostenstruktur nachhaltig zu verbessern (vgl. FREITAG (2005), S. 36). Ein weiteres Beispiei hierfur sind die unterschiedlichen Umsatzrenditen bei KfzHerstellern und Zulieferern zu nennen. So ist zu konstatieren, dass ab Mitte der 80er Jahre die Umsatzrendite bei den Kfz-Herstellern deutlich hoher lag (1989: Kfz-Hersteller 5,7 %, KfzZulieferer 4,6 %, volkswirtschaftlicher Durchschnitt 5,2 %) (vgl. SEMLINGER (2003), S. 41). Vgl. SCHOLL (1991), S. 20, sowie KRAUSE (2003), S. 98 f. und S. 121
Change Management
56
Motive eines machtunterworfenen Akteurs durchaus wesentlich sind und deshalb die obige Typologisierung auch vorgenommen wird, jedoch ist das Resultat der Machtausubung identisch, weswegen ein Oberbegriff „Macht" anstelle zweier Begriffe „Macht" und „Einfluss" in der vorliegenden Arbeit verwendet wird. Die Handlungsberejjschaft des machtunterworfenen Akteurs bei dem Einsatz von Macht kann nach KELMAN unterschiedliche Wirkungen erzielen. Er unterscheidet in der Tradition der Konformitatsforschung die drei Falle Compliance (aufiere Folgsamkeit), Identification (innere Einwiliigung) und Internalization (innere Verinnerlichung).^"^^ Im Falle der Compliance akzeptiert der machtunterworfene Akteur zwar das ihm auferlegte Verhalten und fuhrt dieses auch durch, tut dies aber nicht aufgrund einer inneren Uberzeugung, sondern da er entweder hieraus einen positiven extrinsischen Nutzen Ziehen will oder negative Sanktionen vermeiden will. Aufgrund der fehlenden inneren Uberzeugung ist es jedoch fur den machtausubenden Akteur notwendig, das Verhalten des machtunterworfenen Akteurs zu kontrollieren. Des Weiteren wird in diesem Falle angenommen, dass die erwunschten Verhaltensweisen eingestellt werden, sobald das Machtpotenzial abgenommen hat Oder eine Kontrolle nicht mehr gewahrleistet werden kann.^"^^ Dieses ist im Fall der Identification nicht der Fall. Hierbei stimmen die Wertvorstellungen des Machtunterworfenen derart mit denen des Machtausubenden uberein, dass seine Verhaltensweisen ein Teil seines Selbstbildes sind. Er akzeptiert deswegen nicht nur die Machtausubung, sondern kann sich auch mit den Verhaltenanforderungen identifizieren. Dadurch wird in einem solchen Fall eine Kontrolle der Verhaltensweisen nicht mehr notwendig. Da die Wertevorstellungen der beiden Akteure jedoch nicht vollkommen ubereinstimmen, ist eine auf Identification beruhende Machtbeziehung trotz allem von dem Machtimpuls des machtausubenden Akteurs abhangig.^"^^
MaeM _
_ . _
_ ._
Kooperationsbeziehung Machtgrundlage — Legitimation durch die Gerechtigkeits- und Reziprozitatsnorm — Legalitat (Positionsmacht) — Legitimation durch soziale Verantwortung — Expertenwissen/lnformation — Identifikation
— immaterielle Belohnung — immaterielle Bestrafung — materiede Belohnung — materielle Bestrafung
Einstellungs- und s^eranderungs;^ sverhalten
Einstellungs- und ^yeranderungs-y sverhalten
Identification Internalization Abb. 18:
247 248
1
Konkurrenzbeziehung
Machtmodell
Vgl. KELMAN (1961), S. 62-71 Vgl. KRAUSE (2003), S. 117 Vgl. KRAUSE (2003), S. 117
Compliance
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
57_
Der hochste Akzeptanzgrad wird bei der Internalization eriangt. Hierbei stimmen die Wertvorstellungen des Machtunterworfenen vollstandig mit den generellen Werten des Machtausubenden uberein; er ist intrinsisch motiviert. Das hat zur Folge, dass keinerlei Kontrollen mehr bezuglich der Verhaltensweisen notwendig sind und die Einstellungs- und Verhaltensweisen auch bei der Machtabwesenheit stabil sind.^^° Werden diese drei Falle mit der Typologisierung von Macht in Verbindung gebracht, bildet sich das folgende Model! heraus (siehe Abb. 18). Nach diesem IVIodell stimmen bei Kooperationsbeziehungen die Interessen der einzelnen Akteure weitestgehend uberein. Deswegen werden Einstellungs- und Verhaltensanderungen auch durch Identification und Internalization erreicht. Demgegenuber stehen die Konkurrenzbeziehungen, bei denen solche Anderungen lediglich durch Compliance erreicht werden. In der Abbildung werden zusatzlich die Machtgrundlagen aufgefuhrt, mit deren Hilfe ein Einstellungs- Oder Veranderungsverhalten erwirkt werden kann. Diese einzelnen Grundlagen basieren auf den Surface Factors von RAVEN.^^^ Seiner Auffassung nach sind lediglich (im-) materielle Belohnungen Oder Bestrafungen kontrollbedurftig. Bei alien anderen Machtgrundlagen wird dies nicht erforderlich. Dieser Ansicht wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit gefolgt, obwohl kritisch anzumerken ist, dass auf dem ersten Blick die Legalitat sicherlich auch einer Konkurrenzbeziehung zugeordnet werden konnte. Da im Rahmen einer solchen Machtbeziehung Interessenskonflikte jedoch zumeist nicht aufgrund der Posltionsmacht entstehen, sondern aufgrund der (im-)materielle Belohnungen oder Bestrafungen, die der Konkurrenzbeziehung zugeordnet sind, wird die Zuordnung zur Kooperationsbeziehung ubernommen. Die bisherige Betrachtung von Macht bezog sich lediglich allgemein auf Akteure. Dm die hieraus gewonnenen Erkenntnisse nun auf Unternehmen ubertragen zu konnen, miissen die Machtbeziehungen innerhalb von Unternehmen identifiziert werden. Diese Identifikation ist vor allem deswegen schwierig, da die Machtbeziehungen nicht ausschliefilich offiziell und beispielsweise durch die Unternehmenshierarchie definiert sind, sondern auch inoffizielle existieren. Ausgangspunkt fur die offiziellen Mactitbeziehungen ist die Unternehmensverfassung. Die Unternehmensverfassung definiert, in welchem Umfang den verschiedenen Interessensgruppen innerhalb und ggf. auch im Umfeld eines Unternehmens Einflussmoglichkeiten auf die Entscheidungsprozesse eingeraumt (bzw. vorenthalten) werden. Somit ist sie die Gesamtheit der konstitutiven, langfristig angelegten Regelungen, die dazu dient, die Einflussmoglichkeit verschiedener Interessensgruppen zu determinieren. Kern ist hierbei die explizite Regelung uber die Organe der Unternehmensfuhrung sowie ihre Beziehung zueinander.^^^ Hintergrund der Notwendigkeit einer Unternehmensverfassung Ist das Phanomen der Interessensdivergenz in Unternehmen; da nicht samtliche Interessen in einem Unternehmen befriedigt werden konnen, dient die Unternehmensverfassung als Regulativ dazu, das konkurrenzorientierte Streben nach individuellen Vorteil zu normieren und zum Ausgleich zu bringen.^^^ Aus dieser Unternehmensverfassung leiten sich im Rahmen der offiziellen Machtgrundlagen Organisationsstrukturen und Managementsysteme ab.^^"* Es sei an dieser Stelle darauf hingewlesen, dass derartige Organisationsstrukturen nicht mehr in Ganze der Goal Attain-
252 253
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
KRAUSE (2003), S. 117 f. RAVEN (1992), 8.219 HUNGENBERG (2004), S. 32 f. MACHARZINA (2003), S. 133 BLEICHER (2004), S. 88 f.
58
Change Management
ment-Funktion zugeordnet werden konnen, da diese auch ein Bestandteil der AdaptionFunktion darstellen. Die Zuordnung zur Goal Attainment-Funktion erfolgt vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit in einer aufgabenadaquaten Organisationsstruktur eine wesentliche Ressource eines Unternehnriens gesehen wird; die Ausstattung dieser Organisationsstrukturen mit den notwendigen Machtgrundlagen ist Gegenstand der Goal Attainment-Funktion. Dasselbe gilt fur die Managementsysteme; die Systeme fur sich sind Bestandteil der Adaption-Funktion, die Kompetenz zum Zugriff auf relevante Daten etc. ist dem Goal Attainment zugeordnet. Neben den offlziellen existieren in Unternehmen die inoffiziellen Machtbeziehungen. Diese grenzen sich zu den offiziellen dadurch ab, dass die nicht explizit durch die Unternehmensverfassung, der Unternehmenshierarchie oder ahnlichem definiert sind. Urn diese zu identifizieren, schlagen KUPPER / FELSCH vor, sich bei der Suche an Unsicherheitszonen zu orlentieren.^^^ Unter einer Unsicherheitszone wird der Berelch eines Akteurs verstanden, der von ihm kontrolliert wird. Solange ein Akteur demnach noch Macht besitzt, werden sich diese Zonen auch nie auflosen.^^^ Diese Zonen hangen mit der personellen Verfugbarkeit sowie einer ungleichen Verteilung von handlungsleitenden und handlungsbegrundenden Informationen zusammen, CROZIER und FRIEDBERG haben insbesondere vier Unsicherheitszonen identifiziert, die sie als potenzielle organisationale Machtquellen ansehen:^^'^
-
In der Umgebung von Experten, die mit ihrem Sachverstand fur das zufrieden stellende Funktionieren einer Organisation entscheidend sind. In der Umgebung von Kenntnissen, die die erfolgreiche Bewaltigung der Beziehung der Organisation mit der Umwelt gewahrleisten, also an den Kontaktstellen der Organisation mit der Umwelt. In der Umgebung von Akteuren, die die Interaktion und Kommunikation zwischen organisatorischen Einheiten gewahrleisten. Vorschriften und Verfahren, die ursprunglich geschaffen wurden, um das Verhalten von Organisationsmitgliedern vorhersehbarer zu machen (hierbei wird die Formalstruktur eines Unternehmens angesprochen).
Im Rahmen der Mikropolitik, die als alltaglicher Gebrauch von Macht definiert wird, um organisationale Ordnung im eigenen Interesse zu gestalten,^^^ versuchen nun die Akteure mit Hilfe von Koalitionen ihre Macht zu erhohen.^^^ Hierzu bedienen sie sich der Koalitionen mit Akteuren an den potenziellen organisationalen Machtquellen, sowie der Besetzung von Schlusselpositionen mit Angehorigen der eigenen Koalition.^^° Die Mikropolitik, als weiterer wesentlicher Begriff innerhalb der Machtdiskussion, ist demnach der Zusammenschluss von Individuen im Rahmen von Kooperationsbeziehungen zum Zwecke der Erhohung der individuellen Macht in einem Unternehmen.^^^
Vgl. KUPPER/FELSCH (2000), S. 36 256 257 258 259
Vgl. KOPPER/FELSCH (2000), S. 33 Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
CROZIER/ FRIEDBERG (1979), S. 51 ff, sowie KUPPER/ FELSCH (2000), S. 36 NEUBERGER (1996), S. 66 FREUDENBERG (1999), S. 14 FREUDENBERG (1999), S. 14
Es sei angemerkt, dass eine derartige Mikropolitik von wesentlicher Bedeutung in Unternehmen ist. So werden Organisationen zunehmend als politisch bestimmte Gebilde angesehen, die aus unterschiedlichen Interessensgruppen bestehen und mit Hilfe temporarer Koalitionen die weitere Entwicklungsrichtung des Unternehmens bestimmen (vgl. DEEG (2004), S. 189 f. sowie die dort zitierte Literatur). Zur Vertiefung der Unternehmenspolitik im Allgemeinen und der Mikropolitik im Speziellen sei auch auf SANDNER (1992), S. 45-72, insbesondere auf S. 56 ff. verwiesen.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
59^
Bisher wurde der Begriff der Macht lediglich auf individuelle Macht bezogen. Auf einem hoheren Aggregatzustand, wenn die Macht auf die Strukturebene bezogen wird, fokussiert sich die Machtdiskussion auf die institutionelle Macht.^^^ Dabei wird von einer institutionellen Macht gesprochen, wenn der Akteur, der Macht in sich vereinigt, eine Institution, also beispielsweise ein Unternehmen, ein Wirtschaftsverband Oder auch ein nach aufien monolithisches Netzwerk ist. Aufgabe des Change Managements im Rahmen der Goal Attainment-Funktion ist es nun, die zur Verfugung stehenden Macht-Ressourcen auf Akteurs-, mikropolitischer, Unternehmensund Intraunternehmensebene zu identifizieren und derart einzusetzen, dass sie zum einen eine Zielerreichung gewahrleisten und zum anderen ressourcensparend mit dem Faktor Macht sind. Dies kann dadurch gewahrleistet werden, dass tendenziell eher Kooperationsbeziehungen denn Konfliktbeziehungen einzugehen sind unter Einsatz der skizzierten Machtgrundlagen. Auch hierbei konnen jedoch Zielkonflikte auftreten. So kann beispielsweise in einer Projektarbeit ein Projektieiter seine Ziele mit Hilfe von Macht konsequent umsetzen, womit die Zielerreichung gewahrleistet ist, er jedoch aufgrund der konsequenten Umsetzung an Macht elnbuflt; im negativsten Falle seine Macht sogar in Ganze verliert.
2.2.2.3.3
Die Integration-Funktion
Auch bei der Ubertragung der Integration-Funktion auf Unternehmen dient diese der Integration des gesamten Unternehmens durch eine Vergemeinschaftung. Dabei ist unter einer Vergemeinschaftung zunachst ein soziales Verhaltnis zu verstehen, innerhalb dessen die Akteure durch ein gemeinsames Gefuhl gegenseitiger Zugehorigkeit miteinander verbunden sind.^^^ Das Konstrukt der Vergemeinschaftung lasst sich jedoch nicht ohne Anpassung auf Unternehmen ubertragen. Dies sei an der Auffassung von W E B E R dargestellt. Er geht von einem rational motiviertem Interessensausgleich aus, bei dem sich die Gemeinschaft an den individuellen Interessen der Akteure orientiert.^^"^ Diese Auffassung kann bei einer Ubertragung auf Unternehmen nur in dem Fall aufrecht erhalten werden, wenn der Kreis der betrachteten Akteure auf alle Interessensgruppen eines Unternehmens erweitert wird, da beispielsweise ein Interessensausgleich zwischen Arbeitnehmern und der Unternehmensfuhrung ohne eine Berucksichtigung der Interessen der Shareholder nicht zielfuhrend sein wird. Eine Vergemeinschaftung mit Hilfe der Integration-Funktion stellt fur Unternehmen erst sicher, dass sie effizient arbeiten konnen. Denn auch wenn im Rahmen der AdaptionFunktion das Zusammenspiel der einzelnen Subsysteme prinzipiell durchgeplant ist, konnen Widerstande Oder fehlende Motivation zwischen den Subsystemen die Leistungserstellung hemmen oder sogar unterbinden. Grundlage der Integration-Funktion ist die Unternehmensethik. Unter der Unternehmensethik wird dabei die Entwicklung konsensfahiger Strategien eines Unternehmens verstanden.^^^ Demnach wird durch sie das wirtschaftliche Handein eines Unternehmens mit einer dialogischen Ethik verknupft mit dem Ziel, Normen aufzustellen, „[...] die in der Marktwirtschaft zu einem friedensstiftenden Gebrauch der unternehmerischen Handlungsfreiheiten anieiten
262 263 264
Vgl. BACHMANN (2000), S. 120 Vgl. MUNCH (2002), 8. 150, sowie WEBER (1972), 8. 21 Vgl. WEBER (1972), sowie ESSER (1993), S. 337 Vgl. STEINMANN / LOHR (1994), S.
106
60
Change Management
sollen."^^® Damit ist die Unternehmensethik jedoch gleichzeitig ein Bestandteil der Unternehmenskultur, da durch sie auch grundsatzliche Wertvorstellungen festgelegt werden.^^'' Urn die Unternehmensethik weiter zu operationalisieren und auf das Change IVIanagement der Integration-Funktion zu ubertragen, werden drei wesentliche Teilfunktionen analysiert: Widerstandsabbau, IVIotivationssteigerung sowie Vertrauensaufbau. Diese ergeben sich, weil das Change Management im Rahmen der Integration die Ergrundung und Beeinflussung der Verhaltensweisen der an dem Wandel beteiligten Personen mit dem Ziel verfolgt, die Bereitschaft zum Wandel zu mobilisieren und Widerstande zu uberwinden. Hintergrund hierfur ist die Erkenntnis, dass mikropolitische Aushandlungs- und Koalitionsbildungsprozesse Teil jedes grundlegenden Wandelprozesses sind.^^^ Unter dem Begriff Widerstand ist in diesem Zusammenhang die Ablehnung von vorgesehenen Entscheidungen oder getroffene Maflnahmen zu verstehen, die von einzelnen Personen, Gruppen oder dem gesamten Unternehmen aktiv blockiert oder durch passives Verhalten unterlaufen werden.^^® Dabei werden drei unterschledliche Arten des Widerstands ausgemacht, der rationale, der politische sowie der emotionale Widerstand.^'^^ Der rationale Widerstand lasst sich mit Hilfe von logischen Argumenten erklaren. Als Beispiel hierfur sei der Widerstand gegen eine Gehaltskurzung oder Entlassung genannt. Der politische Widerstand entsteht aufgrund der Befurchtung, dass durch die Veranderung der Betroffene oder die betroffene Gruppe Einfluss oder Positionsmacht innerhalb des Unternehmens einbudt.^^^ Dabei sei darauf hingewiesen, dass dieser Verlust an Einfluss oder Macht nicht zwingend objektiv gegeben sein muss, sondern teilweise von dem Betroffen nur subjektiv empfunden wird. Daher lasst sich diese Art des Widerstands auch nicht vollkommen rational erklaren. Der emotionale Widerstand resultiert aus der Angst vor Neuem. Da ihm keine sachlichen Uberlegungen zugrunde liegen, lasst er sich ebenfalls nicht rational erklaren. Diese Art des Widerstandes beruht haufig auf der Angst, die durch den Wandel neu entstandene Situation oder Aufgabe nicht bewaltigen zu konnen. SCHMIDT erklart diese Art des Widerstands mit der „allgemeinen Neuerungsfeindlichkeit des Menschen".^^^ In der Regel sind bei Veranderungsprozessen die drei Widerstandsarten gleichzeitig anzutreffen. Sie sind mitunter auch in einer Person vereint. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn rationale Argumente durch unbestimmte Angste uberlagert werden.^^^ Die Einstellung von Personen oder Gruppen gegenuber Veranderungen und ihr Verhalten muss nicht zwangslaufig identisch sein. Personen oder Gruppen, die Veranderungen gegenuber mit Widerstand reagieren, sind nicht zwangslaufig negativ gegenuber dem Wandel eingestellt und, auf der anderen Seite, bedeutet eine Unterstijtzung des Wandels nicht zwangslaufig eine positive Einstellung gegenuber der Veranderung. Somit konnen vier verschiedene Gruppen von Personen gebildet werden (siehe Abb. 19). 266 267
STEINMANN / LOHR (1994), S. 106 Vgl. STEINMANN / LOHR (1994), S. 159 Vgl. KROGER (1999), S. 867 Vgl. DOPPLER / LAUTERBURG (1995), S. 293
271 272 273
Es sei angemerkt, dass die Autoren an dieser Stelle lediglich den verdeckten, passiven Widerstand definieren. In diesem Zusammenhang stellt KLOTER fest, dass derartige Widerstande nicht nur auf ein Unternehmen beschrankt sein mussen, sondern auch das Unternehmensumfeld betreffen konnen, wie Kunden, Lieferanten etc. (vgl. KLOTER (1995), S. 27 f). Vgl.VAHS(1997), 8. 20 Vgl.TiCHY(1995), S. 63 SCHMIDT (1991), S. 25 Vgl. VAHS(1997), S. 20
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
negativ
61
positiv Verhalten
^ ^ ^ Abb. 19:
Unentschiedene
Aktoren des Wandels und ihr Verhalten^
Personen, die gegenuber Veranderungen negativ eingestellt sind und sich auch negativ dem Wandel gegenuber verhalten, werden als Opponenten bezeichnet. Ihnen stehen die Promotoren gegenuber, also Akteure, die dem Wandel gegenuber positiv eingestellt sind und dies durch ihr Verhalten auch zeigen. Potenzielle Promotoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Wandel zwar generell positiv gegenuber stehen, aber aufgrund fehlender Motivation {Willensbarriere) oder unzureichendem Wissen oder Konnen (Fahigkeitsbarriere) sich nicht wandlungsfordernd verhalten.^''^ Verdeckte Opponenten zeichnen sich durch eine negative Einstellung gegenuber dem Wandel aus; sie verhalten sich aus taktischen Grunden aber positiv.^^® Die Integrationsfunktion des Change Managements hat zur Aufgabe, insbesondere Opponenten und potenzielle Promotoren zu beeinflussen, da sich diese beiden Gruppen dadurch auszeichnen, dass sie passiven oder aktiven Widerstand gegenuber der Veranderung leisten. Verdeckte Opponenten sind, wie die folgenden Ausfuhrungen zeigen werden, zwar auch zu berucksichtigen, es sei jedoch angemerkt, dass sie aufgrund ihres positlven Verhaltens nur sehr schwer zu identifizieren sind. Es sei zusatzlich darauf hingewiesen, dass es zudem fur das Wandelvorhaben forderlich ist, die positive Einstellung und das positive Verhalten von Promotoren durch die im weiteren Verlauf der Arbeit beschriebenen Motivationsmafinahmen aufrecht zu erhalten. Um diese Aufgaben des Change Managements zu konkretisieren, empfiehit KRUGER Normstrategien, wie ein negatives Verhalten oder negative Einstellungen uberwunden werden konnen (siehe Abb. 20): durch ein Einflussmanagement bzw. durch ein Management von Bewusstseinslagen.^'^^ Im Rahmen des Einflussmanagements wird Einfluss von Einzelpersonen oder Gruppen ausgeubt. Dies kann vertikal durch Personen mit Vorgesetztenfunktion oder horizontal durch Kollegen oder andere Meinungsfuhrer durchgefuhrt werden. Demgegenuber ist es Aufgabe des Managements von Bewusstseinslagen, die Einstellungsakzeptanz zum Wandel zu andern. Hierbei ist es Ziel, ein Bewusstsein fur die Notwendigkeit und Art der beabsichtigten Veranderung zu schaffen. 274 275 276
KRUGER(1999), S. 875
Vgl. KROGER (1999), S. 874
Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Gefahr des Verlustes vom Arbeitsplatz besteht, sobald ein verdeckter Opponent aktiven Widerstand gegenuber dem Wandel leistet (und damit gleichzeitig zum Opponenten wird). Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen KROGER (1999), S. 877 ff.
62
Change Management Normstrateqie Einflussmanagement
positiv Einstellung Normstrateqie Management von Bewusstseinslagen
negativ
negativ Abb. 20:
Verhalten
positiv
Normstrategien zur Uberwindung von negativen Einstellungen bzw. negativen Verhaltens
Abschliellend sei noch darauf hingewiesen, dass das Change Management zwar die Aufgabe hat, Widerstande zu uberwinden. Jedoch darf hierbei der Kostenaspekt nicht aus der Betrachtung fallen, da ein Widerstandsabbau zumeist nnit Kosten verbunden ist und somit eine Abwagung zwischen den durch den Widerstand induzierten Kosten und den Kosten zum Widerstandsabbau besteht. Abb. 21 verdeutlicht hierbei den Zusannmenhang hierzwischen. Widerstandskosten subsummieren alle Kosten, die durch opportunistisches oder das Unternehmen auf andere Art und Weise schadigende Verhaltensweisen entstehen. Einigungskosten sind dagegen diejenigen Kosten, die durch die mittei- oder unmittelbar durch eine Einigung nnit dem dadurch verbundenen Widerstandsabbau entstehen. Zur Verdeutlichung sei dies beispielhaft auf Koordinations- und Abstimnnungsprozesse ubertragen. Hierbei werden unter Einigungskosten diejenigen Kosten verstanden, die sich ergeben, wenn arbeitsteilige Aktivitaten koordiniert und durch Einbindung der Beteiligten abgestimmt werden. Sle steigen mit dem relativen Anteil der an den Entscheidungen beteiligten Personen an. Dagegen entstehen Widerstandskosten, wenn nicht alle beteiligten Personen ihre Zustimmung zu der Entscheidung gegeben haben.^''^ Change Management hat demnach in diesem Zusammenhang die Aufgabe, die aus dem Widerstand und der Einigung entstehenden Kosten gegeneinander abzuwagen. Diese Abwagung hat wiederum direkten Einfluss auf die Adaption-Funktion, da hierdurch die beschriebenen Tellzlele tangiert werden.
Vgl. OsTERLOH / FROST (2000), S. 180
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
63
Kosten A
100% Koordinationsintensitat Abb. 21:
Zusammenhang zwischen Widerstands- und Einigungskosten am Beispiel von Koordinations- und Abstimmungsprozessen^^^
Wie anfangs bereits erwahnt, ist neben dem Abbau des Widerstandes der an den Wandel beteiligten Personen eine weitere Aufgabe des Change Managements die Bereitschaft zum Wandel zu mobilisieren. Hierzu miJssen die beteiligten Personen motiviertwer^en. Der Begriff der Motivation ist sehr abstrakt und wird in der Literatur unterschiedlich definiert.^^° Es lassen sich jedoch Gemeinsamkeiten feststellen. So wird festgestellt, dass fur das grundlegende Verstandnis des Begriffs Motivation der Zusannmenhang zwischen Mensch und Situation zu betrachten ist. Motivation entsteht, sobald eine Person mit einer individuellen Motivstruktur eine Situation wahrnimmt, so dass spezifische situative Gegebenheiten zu Anreizen werden und eine Motivaktivierung ausgelost wird. Diese aktivierten Motive bedingen sodann wiederum ein motiviertes^^'' Verhalten.^^^ In Abb. 22 (siehe nachste Seite) ist der beschriebene Zusammenhang in einem allgemeinen Modell abgebildet. Ein wesentlicher Aspekt der Motivation kann anhand des Modells auch skizziert werden. Erkenntnisse der psychologischen Motivationsforschung haben ergeben, dass situative Oder personale Faktoren langfristig nicht grundsatzlich motivationsfordernd sein mussen, sondern zu Selbstverstandlichkeiten und Gewohnheitsrecht werden konnen, was zur Folge hat, dass
279 280
Vgl. OsTERLOH / FROST (2000), S. 181 Vgl. BOGASCHEWSKY/ROLLBERG (1998), S. 38 Ein arbeitsmotiviertes Verhalten eines Akteurs liegt nach CAMPBELL / CONVERSE / RODGERS dann vor, wenn er sich gerade mit dieser und nicht mit einer anderen Aufgabe bzw. Losungsmethode auseinandersetzt {inhaltiiclie Ausrictitung des Vertialtens), er einen bestimmten Grad an Anstrengungsbereitschaft bzw. Einsatz zeigt {Intensitat des Verhaltens) und er dies iJber eine bestimmte Zeit hinweg tut {Zeitdauer des Verhaltens) (vgl. CAMPBELL / CONVERSE / RODGERS (1976), S. 65 zitiert aus GEBERT / ROSENSTIEL (2002), S.
43). Vgl. BOGASCHEWSKY / ROLLBERG (1998), S. 38
Change Management
64
eine Rucknahme derartiger Faktoren zu Widerstand fuhren kdnnen. Aufgrund dessen sind solche Faktoren nicht unreflektiert einzusetzen.^®^ personale Faktoren
><
situative Faktoren
><
>< Motivation
>/ Verhalten
Abb. 22:
Allgemeines Motivationsmodell
Die Motivation kann in zwei unterschiedliche Komponenten unterteilt werden. So wird zwischen der extrinsischen und intrinsischen Motivation unterschieden.^^^ Im Rahmen der extrinsischen Motivation losen aufiere Anreize eine Motivaktivierung aus.^®^ Diese Motivation beruht demnach auf einem Antrieb durch Belohnung und Bestrafung fur die erbrachten Leistungen.^^^ Hierzu mussen jedoch die Leistungsanforderungen klar definiert werden und die erbrachten Leistungen eindeutig zurechenbar und kontrollierbar sein.^^^ Eine Motivaktivierung bei der intrinsischen Motivation erfolgt durch die Tatigkeit, Aufgabe Oder Person an sich.^^^ Hierbei entsteht die Motivation demnach aus Interesse an der Tatigkeit selbst.^^° Intrinsisch motiviert ist somit, wer eine Tatigkeit urn ihrer selbst willen ausubt.^^^ Urn Organisationsmitglieder nun motivieren zu konnen, sind die beschriebenen Motivatoren geeignet einzusetzen. Urn sich dem zielfuhrenden Einsatz theoretisch nahern zu konnen, wurden unterschiedliche Motivationstheorlen aufgestellt. Besondere Beachtung fanden hierbei die Bedijrfnishierarchie von MASLOW,^^^ die Theorien X und Y von MCGREGOR^^^
sowie die Zwei-Faktoren-Theorie von HERZEERG.^^"^ Inn Rahmen der vorliegenden Arbeit soil jedoch lediglich die letzte Theorie skizziert werden, da sich aus ihr Ruckschlusse fur das Change Management direkt ableiten lassen. HERZBERG hat diese Theorie aus empirischen Untersuchungen abgeleitet. Ergebnis seiner Analyse war.
Vgl. bspw. HOLZKAMP-OSTERKAMP, die am Beispiel der nachlassenden Erfolge der HumanRelations-Konzepte aufzeigt, wie eine anfangliche Euphorie und die dadurch induzierte motivierenden Auswirkungen sukzessive zu Gewohnheitsrecht geworden sind, wodurch eine motivierende Wirkung letztendlich langfristig ausblieb (vgl. HOLZKAMP-OSTERKAMP (1977), S. 31). Vgl. KEHR / BLES / ROSENSTIEL (1999), S. 4 Vgl. OSTERLOH / FROST (1997), S. 166 287 288 289 290 291 292 293 294
Vgl. VOBBEIN (1987), S. 141 Vgl. OSTERLOH / FROST (2000), S. 193 f. Vgl. OSTERLOH / FROST (1997), S. 166
Vgl. VOflBElN (1987), S. 141 Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
OSTERLOH / FROST (1997), S. 166 OSTERLOH / FROST (2000), S. 193 f. MASLOW (1977), sowie BUHNER (1999), S. 98 MCGREGOR (1960) beispielweise BOGASCHEWSKY/ ROLLBERG (1998), S. 39 ff., ENGELMANN (1995), S. 59, sowie
SCHREYOGG (2003), S. 221 - 230
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
65^
dass zwei Faktoren bei Mitarbeitern existieren, die Arbeitszufriedenheit (Motivation) bzw. Arbeitsunzufriedenheithervorrufen.^^^ Satisfaktoren oder auch Motivatoren erzeugen bei Arbeitnehmern Arbeitszufriedenheit. Hieraus lasst sich aber nicht der Ruckschluss Ziehen, dass ihre Nichtexistenz zu einer Arbeitsunzufriedenheit fuhrt. IVIotivatoren stehen inn direkten Zusammenhang mit der zu erfullenden Aufgabe. Beispiele hierfur sind sichtbare Leistungserfolge, Anerkennung oder Verantwortung. Dissatisfaktoren oder auch Hygiene-Faktoren haben bei ihrer Existenz keine positiven Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit; sie verhalten sich diesbezuglich neutral. Sollten sie jedoch nicht existieren, haben sie unmitteibar eine Arbeitsunzufriedenheit zur Folge. Beispiele hierfur sind die Unternehmenspolitik, Kollegen, Vorgesetzte sowie das Entgelt oder die Arbeitsbedingungen a m Arbeitsplatz. Zumeist beschreiben die Hygiene-Faktoren damit nicht Faktoren, die im direkten Zusammenhang mit den Arbeitsinhalten stehen, sondern die vielmehr die Einbindung des Arbeitnehmers in sein Arbeitsumfeld betreffen. Aus dieser Theorie lasst sich der Schluss Ziehen, dass Motivatoren wie beispielsweise eine Leistungsanerkennung einen Arbeitnehmer deutlich mehr motivieren als eine Stelgerung der Hygiene-Faktoren, wie beispielsweise eine Gehaltserhohung. Andererseits lasst die Theorie den Schluss z u , dass eine Nicht-Existenz eines DIssatisfaktors einen deutlich starkere demotivierende Wirkung hat als die Nicht-ExIstenz eInes Satisfaktors.^^^ So wird beispielsweise eine Unterbezahlung von Mitarbeitern dieser Theorie zufolge zumeist nicht durch eine Leistungsanerkennung auszugleichen sein. Verstarkt werden bei den einzelnen Theorien nicht mehr die Begleitumstande der Arbeit betrachtet, sondern vielmehr der Arbeitsinhalt an sich. Die positive Auspragung der extrinsischen Faktoren werden heutzutage eher als Selbstverstandlichkeit vorausgesetzt und konnen demnach nur noch bedingt zur Motivationssteigerung eingesetzt werden.^^^ Somit rijcken die intrinsischen Motivationsfaktoren verstarkt in den Mittelpunkt.^^^ Die Erkenntnis, dass intrinsische Motivatoren verstarkt Anwendung finden sollten, wird durch neuere Erkenntnisse der Fuhrungsforschung untermauert. So stellt beispielsweise S P R E N G E R fest, dass eine erfolgreiche Fuhrung eher vorhandene Motivationsbarrieren beseitigen sollte und Mitarbeiter aus sich selbst heraus motivieren sollte, anstatt die Motivation mit Hilfe von kostspieligen Incentives zu suchen.^^^
Vgl.
HERZBERG / MAUSNER / SNYDERMANN (1959), sowie HERZBERG (1966) zitiert aus BUHNER
(1999), 8.89 f. Vgl. BGHNER (1999), 8.99 Vgl. BOGASCHEWSKY/ ROLLBERG (1998), S. 43 f. In diesem Zusammenhang weisen OSTERLOH / FROST jedoch darauf hin, dass die extrinsischen Motivationsfaktoren trotz allem nicht unterschatzt werden durfen (vgl. OSTERLOH / FROST (2000), S. 194). Vgl. OSTERLOH / FROST (2000), 8.193 f.
Zu dieser Erkenntnis gelangen auch Studien zu Human-Relations-Konzepten (vgl. FufJnote 283, Seite 64). Ergebnis derartiger Studien war, dass eine langfristige Motivation lediglich durch „interessante" Arbeit erreicht werden kann (vgl. HOLZKAMP-OSTERKAMP (1977), 8. 32). Vgl. SPRENGER (2002) zitiert in SCHIERENBECK (2003), 8.148 Das Beispiel der Incentives weist auf einen weiteren, problematischen Aspekt extrinsischer Motivation hin. In Abhangigkeit davon, auf welcher Leistungsmessung ein extrinsischer Motivator wie beispielsweise ein Leistungslohn basiert, kann dieser auch einen Motivationsverlust zur Folge haben (vgl. FREY (2002), 8. 97 ff.).
66
Change Management
Es sei darauf hingewiesen, dass in jungeren Publikationen zur Organisationspsychologie verstarkt wieder auf Ursprunge der deutschen Willenspsychologie zuruckgegriffen wird und damit zwischen motivationalen Phanomenen, also solchen, welche die Zielwahl betreffen, und volitionalen unterschieden wird.^°° Dabei werden unter volitionalen Phanomenen diejenigen verstanden, welche die Zielrealisierung betreffen. Dieser Unterscheidung soil in den folgenden Ausfuhrungen nicht gefolgt werden, da sich insbesondere in der betriebswirtschaftlichen Literatur eine derartige Unterscheidung noch nicht durchgesetzt hat und aufgrund dessen Abgrenzungsprobleme resultieren wurden.^°^ Deswegen werden im Folgenden motivationale und volitionale Aspekte zusammengefasst unter dem Begriff von motivationalen Aspekten bzw. Motivation. Change Management hat demnach neben dem Management von Widerstanden auch zur Aufgabe, die beteiligten Personen mit Hilfe von extrinsischen und intrinsischen Motivationsstrategien zu motivieren, wobei der Fokus auf eine intrinsische Motivation der Mitarbeiter gelegt werden sollte. Doch auch hierbei sind die Motivationskosten und der aus der Motivation entstehende Nutzen fur das Unternehmen gegeneinander abzuwagen. Ein wesentiicher Aspekt fur den Abbau von Widerstanden und den Aufbau von Motivation wurde in der bisherigen Betrachtung noch nicht diskutiert, der Aufbau von Vertrauen. Vertrauen ist, wie die folgende Diskussion zeigen wird, ein abstrakter Begriff, der aber elementar fur die Integration-Funktion ist. Ohne Vertrauen wird die Integration der Akteure schwierig, wenn nicht sogar ganz und gar scheitern. Wie die folgenden Ausfuhrungen noch zeigen werden, stellt der Aufbau von Vertrauen eine wesentliche Maftnahme dar, um Motivation zu steigern bzw. Widerstande abzubauen. Der Begriff des Vertrauens ist sehr abstrakt. Dies zeigt sich auch daran, dass in verschledenen wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, was unter Vertrauen zu verstehen ist. In Abhangigkeit davon, ob eher psychologische, sozialpsychologische, soziologische oder okonomische Fragestellungen den Ausgangspunkt fur die Begriffsdefinition darstellen, werden unterschiedliche Akzente gesetzt. Um die einzelnen Facetten des Begriffs zu erfassen mit dem Ziel, hierauf aufbauend ein einheitliches Verstandnis fur die vorliegende Arbeit zu schaffen, sollen im Folgenden zunachst beispielhaft Definitionen des Begriffs Vertrauen unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen aufgezeigt werden. Dabei kann kedoch nicht die gesamte theoretische Breite der Vertrauensforschung dargestellt werden. Deswegen sei explizit darauf hingewiesen, dass die dargestellten Definitionen nicht die durchgangige Meinung einer Diszlplin wiederspiegein, sondern ledlglich eine gangige Definition unter vielen dargestellt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Vertrauen die Einstellung eines Akteurs verstanden, einem anderen zu trauen, dass helRt von ihm nichts Boses zu erwarten und seinen Versprechungen glauben zu schenken. Neben dem ursprunglichen Vertrauen (Mutter-KlndVerhaltnis) unterliegt Vertrauen einem evolutionarem Aufbau einer sozialen Beziehung, die sich aus guten und schlechten Erfahrungen des Akteurs zusammensetzen.^°^
Vgl. bspw. BRANDSTATTER / FREY (2004), S. 321 und GEBERT / ROSENSTIEL (2002), S. 66 ff.
Dies kann beispielsweise an der Erhebung und Analyse von Erfolgsfaktoren verdeutlicht werden. Wie die folgenden Ausfuhrungen (siehe Kapitel 2.3) zeigen werden, liegt ein Erfolgsfaktor in motivationssteigernden MaBnahmen. Die aufgefuhrten Studien unterscheiden bei dieser Analyse jedoch nicht zwischen motivationalen und volitionalen Aspekten, so dass diese Differenzierung eine nachtragliche Zuordnung durch den Verfasser erfordern wurde, was eine subjektive Interpretation der Studien zur Folge haben wurde. In der Annahme, dass eine derartige Interpretation keinen signifikanten Erkenntnisgewinn generieren wurde, wird eine derartige Unterscheidung nicht vorgenommen. Vgl. o.V. (1974), S. 574
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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Auch in der Psychologie wird der Aspekt der Zuverlassigkeit in den Mittelpunkt gestellt, wenn Vertrauen als Resultat der bisherigen Erfahrungen sowie der Hoffnung auf das Gute im Menschen charakterisiert wird. Vertrauen wird bei dieser Betrachtungsweise dann als gering erachtet, wenn der Akteur es fur moglich halt, dass er getauscht wird. Je geringer die Wahrscheinlichkeit hierfur angenonnmen wird, desto hoher ist das Vertrauen.^°^ Kontrar hierzu wird in der Sozialpsychologie der Risikoaspekt in den Mittelpunkt gestellt, da Vertrauen nicht mit Attributen wie Zuverlassigkeit, Zuneigung oder Gerechtigkeit belegt wird, sondern ganz im Gegenteil als riskantes Verhalten definiert wird.^""^ So wird hierbei unter Vertrauen eine Verhaltensweise verstanden, die die eigene Verwundbarkeit steigert, einer Person gegenuber erfolgt, die nicht der eigenen Kontrolle unterliegt und bei der der entstehende Schaden bei einem Vertrauensbruch hoher ist als der Nutzen eines vertrauensvollen Verhaltens.^°^ Aus soziologischer Sicht kann Vertrauen als Mittel zur Reduktion von Komplexitat angesehen werden. Indem ein Akteur Vertrauen aufbaut, hilft ihm dieses, aus einer Vielzahl von Handlungsalternativen, denen er sich in Entscheidungssituationen ausgesetzt sieht, schneller die fur ihn gunstigste herauszufiltern. Hierzu geht er in eine riskante Vorleistung in der Annahme, dass sein Vertrauen in die Entscheidung nicht enttauscht wird.^°^ Zuletzt wird aus der okonomischen Perspektive Vertrauen als eine Wette aufgefasst, bei der der gewichtete Erwartungswert positiv ist.^^'^ Hierzu ubertragt der Akteur Ressourcen an einen anderen Akteur in der Uberzeugung, dass dieser die Ressourcen erwartungsgemafl nutzt.^°^ In der okonomischen Perspektive steht demnach die Rationalitat des Handelns im Mittelpunkt. Es lasst sich anhand von Modellen der Spieltheorie auch durchaus nachweisen, dass Vertrauen eine wirtschaftlich sinnvolle Handlung darstellen kann und nicht ausschliefllich auf zwischenmenschlichen Affinitaten beruht.^°^ Im Rahmen der vorliegenden Arbeit lassen sich demnach fur Vertrauen die folgenden konstituierenden Merkmale ausmachen: Vertrauen stellt eine Erwartung an zukunftige Handlungen eines anderen Akteurs dar. Es besteht das Risiko eines Vertrauensbruchs. Es wird jedoch trotz allem Vertrauen geschenkt, wenn ein positiver Erwartungswert fur die bewertete Nutzenfunktion eines Akteurs vorliegt. Mit anderen Worten, wenn der gewichtete Nutzen^''° bei nichtverletztem Vertrauen hoher ist als der gewichtete Nutzen bei verletztem Vertrauen.^^^
303 304 305 306
Vgl. SCHOTTLAENDER (1957), S. 21 Vgl. WILLEITNER (2002), S. 273 Vgl. ZAND (1977), S. 230 Vgl. LUHMANN(1973), S. 23f. Vgl. MATIASKE (1999), S. 187 f. Vgl. APELT (1999), S. 12f. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.2.2 Der gewichtete Nutzen gewichtet die individuelle Nutzenfunktion mit der Eintrittswahrscheinlichkeit. An dem EnA/artungswert lasst sich jedoch nicht direkt das AusmaR an Vertrauen messen. Denn das Vertrauen spiegelt sich nicht im Erwartungswert, sondern In der Nutzenfunktion derart wieder, dass durch das Vertrauen das Risiko des Eintreten eines Vertrauensbruchs niedriger bewertet wird als in dem Fall eines Nicht-Vertrauens. In diesem Fall ist die Nutzenfunktion eine herkommliche Funktion aus der Entscheidungslehre, In der Nutzen und Risiko gewichtet nach deren Eintrittwahrscheinlichkeiten und der personlichen Risikoneigung bewertet wird. Es sei explizit darauf hingewiesen, dass ein Nicht-Vorhanden-Sein von Vertrauen nicht gleichbedeutend mit Misstrauen ist.
68
Change Management -
Vertrauen dient der Reduktion der Komplexitat zur Verfugung stehender Handlungsalternativen. Deswegen sind Akteure auch bestrebt, bei steigender Komplexitat mehr Vertrauen aufzubauen.^^^ Der Aufbau von Vertrauen ist ein evolutionarer Prozess, der auf den Erfahrungen des Akteurs beruht. Im Rahmen dieses Prozesses gilt aber, dass sich enttauschtes Vertrauen tendenziell schwerer wiederherstellen lasst. Dabei sind unterschiedliche Dimension fur den Aufbau von Vertrauen relevant: Integritat, Konripetenz, Konsistenz, Loyalitat und Offenheit.^^^ Hierbei sind die einzeinen Dimensionen nicht gleichwertig; KRAMER / TYLOR kamen zu dem Ergebnis, dass die Integritat den bedeutsamsten Faktor darstellt.^^"* Diese Faktoren zeigen zudem deutllch auf, dass Vertrauen sich im Zeitablauf aufbaut. Denn insbesondere die Integritat verstanden als Makellosigkeit, Unbescholtenhelt und Unbestechlichkeit^^^ sowie die Loyalitat verstanden als Vertragstreue, Achtung vor den Interessen anderer, Anstandigkelt und Redlichkeit^^^ sind Eigenschaften, die nicht statisch bewertet werden konnen, sondern ausschliefllich basierend auf Erfahrungen im Zeitablauf.
In der vorherigen Diskussion wurde Vertrauen aus der Perspektive zweier Akteure betrachtet. Jedoch auch im Rahmen der Organisationsforschung ist Vertrauen ein wesentlicher Begriff. Hierbei vertrauen Akteure nicht einzeinen anderen Akteuren, sondern sie vertrauen in die Funktionsfahigkeit eines Systems. Diese generelle Erwartungsversicherung wird auch als Systemvertrauen bezeichnet.^''^ Basis ist das Vertrauen, dass die In einem System formalisierten Regein und hierarchlsch verteilten Kompetenzen durchgesetzt werden.^^^ Mit anderen Worten bezeichnet ein Systemvertrauen das Vertrauen in die Funktionsfahigkeit des Gesamtsystems. Es sei im Vorgriff angemerkt, dass dieses Systemvertrauen als konstituierendes Merkmal von (Unternehmens-) Netzwerken gilt, da es spontane, vertrauensvolle Interaktionen zwischen Akteuren fordert, auch wenn aus realistlscher Sicht keinerlei Griinde fur die Emergenz solcher Vertrauensvorschusse gibt.^"*^ Im Vergleich zum personlichen Vertrauen ist ein Systemvertrauen zumeist widerstandsfahiger. Es muss nicht bestandig neu eriernt werden, sondern ist zumeist fest verankert.^^° Es sei jedoch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Aufbau eines Systemvertrauens nur dann erfolgen kann, wenn sich die Formalismen nicht widersprechen und sie den grundlegenden, individueiien Anspruchen des vertrauenden Akteurs nicht grundsatzlich zuwiderlaufen.^^"* Bisher stellte im Rahmen der Vertrauensdiskussion der vertrauensgebende Akteur grundsatzlich ein Individuum dar. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird jedoch auch ein
313 314 315 316 317 318 319 320
Es sei darauf hingewiesen, dass sich in diesem Punkt Vertrauen und Macht ahneln. Beide dienen dazu, die Komplexitat zukunftiger Handlungsalternativen zu reduzieren, wobei der Begriff des Vertrauens aufgrund des positiven EnA/artungswertes stets positiv besetzt ist (vgl. hierzu auch BACHMANN / LANE (2003), S. 86). Diese Ahnlichkeit lasst sich auch direkt aus dem AGILSchema ableiten; die niedrige Handlungskontingenz bedeutet eine hohe Vorhersagbarkeit der Zukunft, was eine Reduktion der Komplexitat zur Folge hat. Vgl. SPiEft(2004), 8. 215 Vgl. KRAMER/TYLER (1998), 8.186 ff.
Vgl. O.V. (2005), S. 465 Vgl. o.V. (2005a), 8. 613 Vgl. zu dem Begriff des Systemvertrauens auch LUHMANN (1973), 8. 51 ff. Vgl.APELT(1999), 8. 16f. Vgl. PAYER (2002), 8. 32 Vgl. RICHTER (2004), 8. 47
Als Beispiel fur die Absenz von Systemvertrauen liegt beispielsweise dann vor, wenn Akteure verfolgter Minderheiten in einem totalitaren System den Formalismen und dem System nicht vertrauen, obgleich die Formalismen widerspruchsfrei sind.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
69^
OrganisationsverVertrauen zwischen Organisationen relevant sein. In diesem Fall wird von trauen gesprochen. In Aniehnung an Z U N D O R F wird unter Organisationsvertrauen eine antizipierte, retardierte und risikoreiche Tauschbeziehung zwischen betrieblichen Organisationseinheiten verstanden. Haufig manifestieren sie sich in Forschungs- und Entwicklungskooperationen sowie in Rahmenvertragen. Diese Tauschbeziehungen sind zwar reziprok, erfolgen aber ohne feste Vereinbarung zeitlich verzogert. Hierdurch entstehen enge Abhangigkeiten.^^^ Nachdenn nun ein grundlegendes Verstandnis fur den Begriff des Vertrauens geschaffen wurde, kann jetzt auch abgeleitet werden, warum Vertrauen das Fundament fur den Abbau von Widerstanden und den Aufbau von Motivation darstellt. Im Rahmen des Abbaus von Widerstanden hilft Vertrauen insbesondere, politischen und emotionalen Widerstand abzubauen. Die Befurchtung, dass durch eine Veranderung der betroffene Akteur oder die betroffene Gruppe an Einfluss verliert, wird durch die Annahme eines positiven Erwartungswertes verringert. Dieser Abbau von Widerstand kann natiJrlich nur dann erfolgen, wenn nicht tatsachlich ein Abbau an Einfluss oder Positionsmacht erfolgt. Ahnliches gilt fur den ennotionalen Widerstand - auch geht der Akteur davon aus, dass nach dem Wandel die ihm ubertragenen Aufgaben bewaltigt werden kdnnen und deswegen die unbestimmte Angst vor Neuem abgebaut wird. Im Rahmen der Motivation kann die steigernde Wirkung am Beispiel des allgemeinen Motivationsmodells (Abb. 22, Seite 64) eriautert werden. In der Erwartung, dass sich nach dem Wandel die personalen und situativen Faktoren positiv verandern, handelt der vertrauende Akteur moti^iert. Dieses bedeutet, dass im Gegensatz zu einer klassischen Motivation, bei der die Motivation ein Resultat aus den personalen und situativen Faktoren ist, bei einer vertrauensbasierten Motivation zunachst die Motivation als ,Vorschuss' fur die weitere Entwicklung gegeben wird. Der Grad des Vertrauens zwischen zwei Akteuren kann als abstraktes Konstrukt nicht direkt gemessen werden. Vielmehr ist es nur moglich, indirekt aus einzelnen Vertrauensdimensionen einen Ruckschluss auf die Hohe des Vertrauens zu gewinnen. Hierzu werden in der Literatur die unterschiedlichsten Dimensionen angeboten. Eine relativ simple und in der Praxis einfach erhebbare Operationalisierung nimmt beispielsweise A P E L T vor, indem sie die Dimensionen „Dauer der Geschaftsbeziehung", „Rahmenabkommen" und „gemeinsame Entwicklung" als die wesentlichen Faktoren fur die Messung von Vertrauen ansieht.^^^ Da diese Faktoren aus Sicht des Verfassers jedoch deutlich zu generisch sind und nicht unmittelbar die Basis von Vertrauen darstellen mussen,^^"^ wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit darauf verzichtet, eine Operationalisierung von Vertrauen anhand von einzelnen Faktoren vorzunehmen. Vielmehr werden bei der Diskussion um das Aufbauen von Vertrauen vertrauensfordernde und -mindernde Faktoren dargestellt. Change Management hat die Aufgabe, im Rahmen des Wandels Vertrauen aufzubauen, bzw. entgegengebrachtes Vertrauen zielfuhrend zu nutzen. Problematisch hierbei ist jedoch, dass Vertrauen, wie beschrieben, nicht zeitnah durch Einzelaktionen aufgebaut werden kann, sondern es Resultat eines evolutionaren Prozesses ist. Deswegen ist der Aufbau ein entsprechend langwieriges Unterfangen.
323 324
Vgl. ZUNDORF (1986), S. 40 f. Vgl.APELT(1999), S. 70 Beispielsweise wurden in einem fokalen Netzwerk, das auf Abhangigkeiten und nicht auf Vertrauen basiert, diese oder ahnliche Faktoren genauso Anwendung finden konnen.
70
Change Management
Abschlieflend sollen die diskutierten Bestandteile der Integration-Funktion in einem Modell zusamnnengefuhrt werden, urn deren Interdependenzen aufzeigen zu konnen (siehe Abb. 23). Ergebnissituation nach dem Aufbau von Vertrauen
Ausgangssituation vor dem Aufbau von Vertrauen Einstellung Positiv (Motivation)
Vertrauensaufbau
^
A
A
Potenzielle Promotoren
Potenzielle Promotoren
Promotoren
• ^ Widerstand)
*^a'*®" stand)
•
©i:
f
•
• Opponenten
Verdeckte Opponenten
Negativ (Keine Motivation)
Abb. 23:
t
•
Positiv
Akteur
•
Verdeckte Opponenten
Opponenten
•
•
•
t
®
Verschiebung durch Vertrauensaufbau
Auswirkung von Vertrauensaufbau auf die Einsteilungen und Verhaltensweisen von Akteuren
Ausgangspunkt des dargestellten Modells ist die in Abb. 19 (Seite 61) dargestellte Unterteilung der Aktoren des Wandels. In dieser Unterteilung wird zwischen Verhalten und Einsteilungen unterschieden. Wird dies auf den Widerstand und die Motivation ubertragen, spiegelt sich der Widerstand im Verhalten der Akteure wieder, da er, wie zuvor bereits beschrieben, durch eine aktive Handlung oder ein passives Verhalten eine nach auden gerichtete Verhaltensweise darstellt. Die Motivation von Akteuren dagegen ist nach innen gerichtet, da sie die individuelle Motivstruktur eines Individuums abbildet. Deswegen spiegelt sich die Motivation in der Einstellung wieder.^^^ Diese Unterteilung ist in der Abb. 23 dargestellt, sowie eine beispielhafte Verteilung der Verhaltensweisen und Einsteilungen von Akteuren. Wird nun der Faktor Vertrauen einbezogen, zeigt sich, dass sich durch den Aufbau von Vertrauen die Menge der Promotoren erhdht und insbesondere die der Opponenten abgenonnnnen hat.^^^ Der Effekt lasst sich durch die bereits beschriebene Auswirkung von Vertrauen auf das Verhalten und die Motivation erklaren. Abschliefiend sei noch auf einen weiteren Gesichtspunkt bezuglich des Vertrauensaufbaus hingewiesen. Korrespondierend zu den Ausfuhrungen uber die Widerstands- und Einigungskosten bzw. uber die Motivationskosten und dem -nutzen gilt auch fur den Aufbau von Vertrauen, dass dies nicht bei jedem Akteur gleichermaflen relevant ist, sondern insbesondere unter dem Aspekt der Machtfulle und der Kosten zum Vertrauensaufbau individuell fur jeden Akteur der Umfang des notwendigen Vertrauens festgelegt werden sollte.
Vgl. hierzu auch NERDINGER (1991), S. 131 Es sei angemerkt, dass das Modell unterstellt, dass sich der Vertrauensaufbau bei jedem Akteur identisch auswirkt, was sich in der betrieblichen Praxis nicht bestatigen wird. Vieimehr werden sich hier die Akteure tendenziell weiter nach rechts oben bewegen; zur transparenten Darstellung der Auswirkung von Vertrauen wurde das Modell jedoch wie dargestellt aufgebaut.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management 2.2.2.3.4
T\_
Die Latent Pattern Maintenance-Funktion
Wie bereits beschrieben, dient die Latent Pattern Maintenance-Funktion dazu, die latenten Strukturen eines Unternehmens zu erhalten. Das Konzept, welches die theoretische Basis fur diese Funktion liefert, ist die Unternehnnenskultur.^^'' Die Unternehmenskultur ist ein auf die Mikro-Ebene einer Organisation angewandtes Konzept einer Kultur.^^^ Kultur ist dabei ein theoretisches Konstrukt, das zunachst in der Anthropologie und Ethnologie behandelt wurde, in jungerer Zeit aber auch in der Soziologie, der Psychologie und der Betriebswirtschaftslehre eine bedeutsame Rolle gewonnen hat. Es existieren fur das theoretische Konstrukt Unternehmenskultur die unterschiedlichsten Definitionen. Jedoch haben alle Definitionen gemeinsam, dass sle als die Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, welche die Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder pragen, definiert wird.^^^ Dabei sind Werte ein fur ein Individuum oder eine Gruppe charakteristische Konzeption des Wunschenswerten, welche die Auswahl der zur Verfugung stehenden Verhaltensweisen, Mittel und Handlungsziele beeinflusst.^^° Einstellungen sind dagegen innere Bereitschaften eines Individuums Oder einer Gruppe, „auf bestimnnte Stimuli der Umwelt konsistent positiv oder negativ zu reagieren. "^ Bezuglich des Grundverstandnisses von Kulturen im Allgemeinen und Unternehmenskulturen im Speziellen existieren zwei unterschiedliche Kulturansatze. Der erste Ansatz sieht eine Kultur als integrativen Bestandteil jeglicher sozialer Systeme^^^. Diese Auffassung von Kultur, die in einer systemtheoretisch-funktionalistischen Tradition steht, ermoglicht die Analyse der Kultur als ein objektivistisches, deskriptives Konstrukt neben anderen wie beispielsweise Strukturen oder Technologien. Folgerung aus dieser Sichtweise ist, dass Kulturen mit Hilfe von herkommlichen Methoden der quantitativen empirischen Sozialforschung anaiysiert werden konnen. Dieser Standpunkt lasst sich mit dem Paradigma „Organisationen haben eine Kultur" zusammenfassen.^^^ Die zweite Sichtweise sieht eine Kultur als ein Ideensystem^^"^, also als ein System von Bedeutungen in den Kopfen der Kulturtrager. Wird eine Kultur nun als ein solches individualistisches, ideelles Konstrukt aufgefasst, ist sie nicht konkret fassbar und nicht beobachtbar und kann nur mit Hilfe verstehender, interpretativer Verfahren der Ethnomethodologie anaiysiert werden. Diese strukturalistische Sichtweise lasst sich zusammenfassen mit „Organisationen sind eine Kultur".^^^
328 329 330 331
333 334
Vgl. ARETZ/HANSEN (2002), S. 41 Vgl. STAEHLE (1999), S. 497 f.
Vgl. SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 240 Vgl. POTTHAST(1981), 8. 16 MEFFERT(1998), S. 113 Dieser Ansatz ist ein Oberbegriff fur vier weitere Ansatze, dem funktionalistischen Ansatz, dem strukturalistisch-funktionalistischen Ansatz, dem historisch-diffusionistischen Ansatz sowie dem okologisch-adaptionistischen Ansatz. Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine weitere Unterteilung jedoch nicht zielfuhrend ist, da keinem der beschriebenen Ansatze in Ganze gefolgt wird, werden diese Ansatze nicht welter diskutiert (vgl. hierzu DORMAYER / KETTERN (1997), S. 58 ff.). Vgl. STAEHLE (1999), S. 498
Korrespondierend zum ersten Ansatz kann auch dieser Ansatz in weitere Ansatze detailliert werden; diese sind der kognitive Ansatz, der strukturalistische Ansatz, der Aquivalenz-Ansatz sowie der symbolische Ansatz. Da jedoch auch diese Detaillierung im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zielfuhrend ist, wird sie nicht welter vorgenommen (vgl. vertiefend hierzu DORMAYER /KETTERN(1997), S. 58ff.). Vgl. STAEHLE (1999), S. 498, sowie HOLLING / MOLLER (1993), S. 63
Change Management
72
Artefakte und Schopfungen Architektur, Bekleidungsvorschriften Burogestaltung Rituale, Zeremonien Geschichten, Anekdoten, Mythen
1
sichtbar, aber interpretationsbedurftig
I
iMilii Praferenzen fur Ziele und Zustande Handlungsmaximen Verhaltensvorschriften
teils sichtbar, teils unbewusst
GrundsStzliche Annahmen Beziehung zur Umwelt Verhaltnis zur Realitat, Zeit, Raum Beziehung zur Natur Wesendes Menschen Wesen menschlicher Handlungen Wesen menschlicher Beziehungen
Abb. 24:
unsichtbar, meist unbewusst aber a Is selbstverstandlich vorausgesetzt
Ebenen von Unternehmenskulturen und deren Zusammenhang '
Im Rahnnen der vorliegenden Arbeit soil keiner der beiden Sichtweisen in Ganze gefolgt werden. Vielmehr wird ein Model! von SCHEIN zugrundegelegt, welches Unternehmenskulturen in einem dreistufigen Stufennnodell systematisiert (siehe Abb. 24). Dieses Modell nimnnt eine differenzierte Position ein, welche sich auch dadurch zeigt, dass sich nach denn Modell eine Unternehmenskultur aus sichtbaren und unsichtbaren Ebenen zusammensetzt. Basis der Unternehmenskultur sind die grundsatzlichen Annahmen. Sie bestehen aus grundlegenden Orientierungs- und Vorstellungsmustern. In der Regel werden sie von den Akteuren auch nicht mehr bewusst hinterfragt, sondern als selbstverstandlich vorausgesetzt. Die einzelnen aufgefuhrten Punkte bilden zusammen das Leitbiid des Unternehmens und leiten damit die Wahrnehmung und das Handein der Organisationsmitglieder.^^^ Das Leitbiid konkretisiert sich in den von den Organisationsmitgliedern geteilten Werten, wobei unter Werten Normen und Verhaltensstandards verstanden werden. Normen beschreiben dabei erwartete Verhaltensweisen von einzelnen Gruppenmitgliedern, die zumeist nicht expliziert sind, bzw. nicht konkret beschrieben werden konnen. Dagegen sind Verhaltensstandards konkret formulierte Verhaltensvorschriften.^^^ 336 337
Vgl. ScHEiN (1985), S. 14 zitiert aus SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 240 Vgl. SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 241 Vgl. SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 241
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
73
Die Normen und Verhaltensstandards schlagen sich in Artefakten und Schopfungen nieder. Zwar stellen sie den sichtbaren Teil einer Unternehmenskultur dar, problematisch be! ihrer Interpretation ist jedoch, dass sie nur in Zusammenhang mit den dahinter stehenden Wertevorstellungen und damit auch den dahinter stehenden grundsatzlichen Annahmen richtig interpretiert werden konnen.^^^ Unternehmenskulturen dienen der Reduktion der Komplexitat fur die Mitarbeiter, da durch sie festgelegt wird, welche Verhaltensweisen als „gut", bzw. „nicht gut" gelten, was „erlaubt" und was „nicht eriaubt" ist und was „belohnt" und was „bestraft" wird.^'^^ Damit stellt sie eine Handlungsorientierung fur alle Beschaftigten dar, die Abstimnnprozesse, Kommunikation und Entscheidungsfindung erieichtert, sowie den Kontrollaufwand verringert.^"^^ Urn Unternehmenskulturen im Rahmen des Change Managements erfassen zu konnen, sind sie anhand von deskriptiven Merkmalen zu beschreiben. Jedoch wurden aufgrund der Unmoglichkeit einer vollstandigen Erfassung in der Literatur unterschiedliche Versuche unternommen, das Wesen einer Unternehmenskultur moglichst vollstandig, operationalisierbar und mit Hilfe moglichst weniger Dimensionen zu beschreiben. Unternehmenskulturen konnen nach den unterschiedlichsten Kriterien unterteilt werden. Urn sich den unterschiedllchen Auspragungen von Unternehmenskulturen insbesondere aus der Change Management-Perspektive naheren zu konnen, werden sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit zunachst in zwei Dimensionen unterteilt, um ein Grundverstandnis fur Unternehmenskulturen zu schaffen. flieHend These: Zustand instabit
Integ rations perspektive
Differenzierungsperspektive
Starr Abb. 25:
Auspragungen von Unternehmenskulturen auf Netzwerkebene
Nach dieser Klassifizierung wird die Kultur zum einen danach unterschieden, ob sie eher eine Integrationsperspektive oder eine Differenzierungsperspektive darstellt,^"^^ zum anderen.
341 342
Vgl. SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 241 Vgl. DOPPLER (1994), S. 300 Vgl. DEGENER (2003), S. 52 Die Unterscheidung nach Integrations- und Differenzierungsperspektive ist ursprunglich eine Unterscheidung bezuglich unterschiedlicher Sichtweisen auf Unternehmenskulturen gewesen. Da jedoch genau eine solche Unterscheidung fur den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit als zielfuhrend erachtet wird, werden die beiden Perspektiven als diametrale Auspragungen zur Beschreibung von Unternehmenskulturen venA/endet.
74
Change Management
ob die Unternehmenskultur eher starr oder eher flie(iend ist. Hieraus ergibt sich eine VierFelder-Matrix, wenn die beiden beschriebenen Achsen dichotonn gekreuzt werden (siehe Abb. 25). Von einer Integrationsperspektive wird bei einer Unternehmenskultur genau dann gesprochen, wenn sie die Aspekte beschreibt, die alie Organisationsmitglieder „gemeinsam denken Oder tun".^"^^ Innerhalb eines Unternehmens wird angenommen, dass eine Kultur vorherrscht, die in der Regel durch die Grunder oder aus der Idee des Unternehmens heraus vorgegeben wurde.^"^"^ Praktische und plastische Beispiele fur eine solche Unternehmenskultur lassen sich in Verwaltungskulturen finden, bei der die einzelnen Abteilungen durch gemeinsame Werte und Normen wie beispielsweise das Prinzip der Aktenmaliigkeit anstatt einer Kundenorientierung oder die Amtsdisziplin und Kontrolle anstatt eines Kundenbezugs. Die Integrationsperspektive negiert kultureller Konflikte genauso wie die Bildung von Subkulturen. Genau diese Bildung von Subkulturen wird im Rahmen der Differenzierungsperspektive angenommen. Ein Unternehmen besitzt nicht mehr eine alleinige Unternehmenskultur, sondern setzt sich aus den unterschiedlichsten Subkulturen zusammen.^"^^ Einzelne Abteilungen Oder sogar Teams bilden ihre eigenen Subkulturen heraus, die naturlich auch im Widerspruch zu anderen Subkulturen des Unternehmens stehen konnen. Hieraus kdnnen wiederum Kommunikationsprobleme und -konflikte entstehen. Diese Subkulturbildung kann beispielsweise in Unternehmen beobachtet werden, die eine Vielzahl von dezentralen Einheiten haben, die autonom fur sich arbeiten. Innerhalb der einzelnen Standorte werden sich im Zeitablauf zwangslaufig Subkulturen herausbilden. Die zweite Perspektive unterscheidet, ob eine Unternehmenskultur eher starr oder eher fliefiend ist. Unter einer starren Kultur wird dabei verstanden, dass einmal festgelegte Kulturelemente wie Werte und Normen als gegeben angesehen werden und sich an sich andernde Rahmenbedingungen eher schwerfallig oder gar nicht anpassen. Insbesondere bei etablierten, oftmals grofieren Unternehmen lassen derartige starre Unternehmenskulturen beobachten. Dagegen zeichnet sich eine flieHende Unternehmenskultur durch ihre standige Anpassung an sich andernde Rahmenbedingungen aus. Diese laufende Anpassung bedeutet jedoch nicht zwangslaufig, dass die Anpassungen Resultat eines bewussten Anderungsprozesses sind. So kann beispielsweise in Start-up-Unternehmen beobachtet werden, dass sich wahrend der Grunderzeit auch die Unternehmenskultur standig den neuen Anforderungen anpasst, ohne dass durch die Mitarbeiter eine Anpassung der Unternehmenskultur bewusst vorgenommen wurde. Das zweidimensionale Modell eignet sich, um die prinzipielle Eignung eines Unternehmens zur Etablierung eines Netzwerkes zu uberprufen. Denn Unternehmen, die eine starre Unternehmenskultur besitzen, werden sich tendenziell weniger fur ein Unternehmensnetzwerk eignen als flexible Subkulturen. Denn mit dem Aufbau enger Beziehungen in einem Netzwerk ist zumeist auch ein kultureller Wandel zumindest der Bereiche verbunden, die in
^^^ ^^^ ^^
Es sei an dieser Stelle erganzend darauf hingewiesen, dass ein Unternehmen gleichzeitig Integrations- als auch eine Differenzierungsperspektive aufweisen kann (vgl. ADKINS / CALDWELL (2004), S. 970); in diesem Fall wird die Einordnung als Zwischenstufe entsprechend der Starke der Auspragung der beiden Auspragungspole vorgenommen. Vgl. MOTHER (2003), S. 30 Vgl. MOTHER (2003), S. 30 Vgl. MOTHER (2003), S. 34
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
75
das Netzwerk eingebunden sind.^"^^ Fur eine tiefergehende Analyse ist dieses Modell jedoch nicht umfassend genug, da weder eine Fuhrungs- noch eine IVIitarbeitersicht in dem IVIodell verankert ist. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird deswegen ein achtdimensionales deskriptives Modell von BLEICHER zur Beschreibung der Unternehnnensebene verwendet (siehe Abb. 26), da bei diesem Modell aus Sicht des Verfassers eine sinnvoller Kompronniss zwischen Vollstandigkeit der Erfassung einerseits und Handhabbarkeit andererseits gefunden wurde. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine Unterteilung nach acht DImensionen schon sehr detailliert ist; in vielen Modellen werden lediglich zwei- oder vlerdimensionale Klasslfizierungen vorgenommen.^'^'' Auch BLEICHER fasst die acht DImensionen, wie aus der Abbildung ersichtlich wird, wieder zu vier ubergeordneten Dimensionen zusammen. (IV) Kulturpragende Rolle der M iter be iter
(III) Kulturpra> gende Rolle der Fijhrung
Abb. 26:
(I) Offenheit von Unternehmenskulturen
II) Differenziertheit von Unternehmenskulturen
Dimensionlerung der Unternehmenskultur auf Unternehnnensebene '
Diese Aussage ist jedoch dahingehend zu relativieren, dass auch hier Ausnahmen vorliegen konnen. So ist es beispielsweise fraglich, ob fokale Unternehmen in einem Netzwerk ihre Kuitur anpassen mussen. Vertiefend werden diese Aspekte in Kapitel 3.2.3.1.2 diskutiert. Vgl. bspw. MEFFERT / BRUHN (2003), S. 640, fur einen umfangreichen Oberblick uber unterschiedliche Kulturdimensionen vgl. SIMON (2000), S. 228 - 272 Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass insbesondere in der praxisorientierten Literatur Unternehmenskulturen auch mit deutlich mehr Dimensionen beschrieben werden, wobei es bei einer derartig hohen Dimensionenanzahl dann schwierig wird, Wirkungszusammenhange oder normative Gestaltungsempfehlungen fur anzustrebende Untemehmenskultur zu geben (vgl. bspw. fur eine derartig umfangreiche Kulturbeschreibung HINTERHUBER (2004), S. 233). Vgl. BLEICHER (1991), S. 748
76
Change Management
Der wesentliche Unterschied zu dem zuvor dargestellten Modell ist, dass sich dieses Modell nicht auf die Change IVIanagement-relevanten Aspekte einer Unternehmenskultur beschrankt, sondern es sich aufgrund des breiten Fokus und des Detaillierungsgrades dazu eignet, einen Ist-Zustand einer Unternehmenskultur zu beschreiben sowie einen SoliZustand zu definieren, der sie in einem adaquaten Detaillierungsgrad beschreibt. Die acht Dimensionen von BLEICHER lassen sich wie folgt beschreibeni^"^^
-
-
-
1: Geschlossene, binnenorientierte vs. offene und auHenorientierte Unternehmenskulturen Eine binnenorientierte Unternehmenskultur zeichnet sich dadurch aus, dass Mltarbelter in ihrer taglichen Arbeit Aulienbeziehungen nur wenig wahrnehmen. Es besteht eine klare Grenzziehung in der Wahrnehmung zwischen dem Unternehmen und der Umwelt und nur wenige Mitarbeiter (bspw. Aufiendienst) sind fiir die Pflege der Au(ienbeziehungen zustandig. Demgegenuber nehmen eine Vielzahl von Mitarbeitern bei aufienorientierten Unternehmenskulturen Anregungen von der Umwelt sensibel auf und passen sich diesen entsprechend an. Die Mitarbeiter sehen sich in einer fortwahrenden Leistungssituation gegenuber Dritten. 2: Anderungsfeindliche vs. anderungsfreundliche Unternehmenskulturen Anderungsfeindliche Unternehmenskulturen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Veranderungen und Wandel ablehnend gegenuber stehen. Veranderungsvorschlage werden als Storung des betrieblichen Ablaufs und nicht als Chance zur Weiterentwicklung angesehen. Diametral hierzu ist die anderungsfreundliche Unternehmenskultur in der das einzig Bestandige der Wandel ist, da durch eine standige Reflexion und Anpassung das Leistungspotenzial gesteigert werden soil. 3: Spitzen- vs. Basisorientierung Eine Spitzenorientierung zeichnet sich dadurch aus, dass eine weitgehende Orientierung an der Fuhrungsspitze erfolgt. Die Organisationsmitglieder warten auf Aufgaben und befolgen diese dann vorgabegemafl. Eine Basisorientierung dagegen fasst die Entwicklung einer Organisation von der Basis her auf; die Fuhrungsspitze dient eher der Konsolidierung und Bundelung dieser Krafte. 4: Einheits- vs. subkulturelle Pragung Eine einheitskulturelle Pragung zeichnet sich dadurch aus, dass eine Organisation eine Unternehmenskultur besitzt, die eine Integrationsfunktion ubernimmt. Dagegen identifizieren sich Mitarbeiter bei einer subkulturellen Pragung an der vorherrschenden Kultur des Standortes, der Arbeitsgruppe etc. Diese einzelnen Subkulturen konnen sich deutlich voneinander unterscheiden. In Abb. 25 (Seite 73) wurde bereits diese Unterscheidung vorgenommen und diskutiert. 5: Instrumentelle vs. entwicklungsorientierte Kulturpragung Technokratische Strukturen und Prozesse, die das Verhalten der Mitarbeiter formen mit Hilfe von der Unternehmensfuhrung vorgegebener Instrumente, sind kennzeichnend fur eine instrumentelle Kulturpragung. Dagegen ist kennzeichnend fur eine entwicklungsorientierte Kulturpragung, dass das kreative Einbringen und Verfolgen neuer Entwicklungspfad im Rahmen eines evolutionaren Prozesses das Selbstverstandnis einer Organisation ist. 6: Kosten- vs. nutzenorientierte Kulturpragung Eine kostenorientierte Kulturpragung zeichnet sich dadurch aus, dass Effizienzsteigerungen eher in der Minimierung von Inputfaktoren gesucht werden, nutzenorientierte Kulturpragungen eher durch eine Suche nach neuen Nutzenpotenzialen. 7: Mitarbeiter als MItglleder Oder Akteure Eine Honorierung von einer Loyalltat zur Organisation und ihren Zwecken ist kennzeichnend fur eine Mitgliedschaftsorientierung; die Honorierung von Lelstungsbeitragen ist kennzeichnend fur eine Akteursorientierung. Vgl. zu den folgenden Punkten BLEICHER (19|91), S. 747-757
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
77_
8: Individuelle vs. kollektive Kulturpragung Eine individualistische Kulturpragung zeichnet sich durch eine starke Forderung auf der Rolle jedes einzelnen Organisationsmitglieds aus. Wenn dagegen der Teanngedanke und das „wir"-Gefuhl im Mittelpunkt der Kultur steht, liegt eine kollektive Kulturpragung vor. Es ist offensichtlich, dass die einzelnen Dimensionen nicht unabhangig voneinander sind. So ist es beispielsweise eher unwahrscheinilch, dass eine Unternehmenskultur auf der einen Seite basisorientiert und eine individuelle Kulturpragung aufweist, auf der anderen Seite aber auch instrumentell und anderungsfeindlich gepragt ist. Es soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch nicht der Anspruch an eine vollstandig uberschneidungsfreie, sowie zusatzlich auch noch detailllerte Klassiflzierung von Unternehmenskulturen erhoben werden. Vielmehr verfolgt die Darstellung und Verwendung dieser Dimensionen zwei Zielsetzungen. Zum einen soil eine Naherung, ein Gefuhl fur die Beschaffenheit einer Unternehmenskultur geschaffen werden, um hierauf aufbauend Merkmale zu identifizieren, die fur die betrachtete Branche als typisch angesehen werden konnen. Zum anderen soil - ohne einen strong normativen Anspruch zu erheben - eine Kulturauspragung entwickelt werden, die einer Etablierung von Netzwerken forderlich ist. Hierauf aufbauend lassen sich Anforderungen an ein Change Management ableiten. Das Change Management hat demnach die Aufgabe, die bestehende Unternehmenskultur zu erfassen und derart anzupassen, dass sie zum einen dem Anderungsprozess und zum anderen dem Zielzustand moglichst dienlich ist. In der Literatur gibt es unterschiedliche Standpunkte hinsichtlich der generellen Moglichkeit der Beeinflussung einer Unternehmenskultur. In der vorliegenden Arbeit wird weder der Standpunkt der Kulturalisten vertreten, die der Auffassung sind, dass eine Unternehmenskultur nicht gezielt verandert werden kann, noch der Standpunkt der Kulturingenieure, welche die Ansicht vertreten, dass die Unternehmenskultur vollstandig beeinfluss- und beherrschbar ist.^^° Vielmehr wird der Standpunkt der Kulturentwicklung vertreten, die davon ausgeht, dass die Unternehmenskultur zwar nicht schlagartig geandert werden kann, wohl aber mit Hilfe von Interventionen Veranderungen bewirkt werden konnen. Dieser Standpunkt erklart sich aus der obigen Diskussion bezuglich der unterschiedlichen Kulturansatze. Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit angenommen wird, dass es sichtbare und unsichtbare Ebenen einer Unternehmenskultur gibt, folgt demnach auch, dass eine Unternehmenskultur weder in Ganze erfasst und auf dieser Basis ad hoc geandert werden kann, noch, dass sie sich einer Analyse und Veranderung vollkommen entzieht. Es sei aber darauf hingewiesen, dass eine Anderung der Unternehmenskultur in der Regel ein langwieriger Prozess Ist. Dabei kann aber nicht sichergestellt werden, dass die angestrebten Ziele der Veranderungen exakt erreicht werden.^^^ Der Wandel einer Unternehmenskultur kann deshalb nicht rational geplant werden. Dies kann mit dem Modell von SCHEIN (siehe Abb. 24, Seite 72) erklart werden, da Artefakte und Schopfungen zwar in Ganze, sowie Werte zum Tell erfasst werden konnen, deren Interpretation ohne Kenntnis der grundlegenden Annahmen oftmals nicht moglich ist. Die Entwicklung der Unternehmenskultur erfolgt durch die Organisationsmitglieder im Rahmen eines unternehmensspezifischen sozialen Lern-, Problemlosungs- und Sozialisationsprozesses und stellt damit ein sich im Zeltablauf entwickelndes, dynamlsches, soziales und menschengeschaffenes Phanomen dar.^^^ Dies bedeutet jedoch, dass Unternehmen zum einen als ein kulturproduzlerendes System zu verstehen sind, zum anderen aber auch Trager einer Kultur sind.^^^ Mit anderen Worten reglementiert die Unternehmenskultur
352 353
Vgl. SCHANZ (1994), S. 299 f. Vgl.SCHANZ (1994), 8.300 Vgl. SEYFARTH (2002), S. 17, sowie ROHLOFF (1994), S. 102
Vgl. ROHLOFF (1994), S. 102
78
Change Management
einerseits die Handlungen der Organisationsmitglieder, andererseits wird sie jedoch gerade durch die Organisationsmitglieder geschaffen und dynamisch angepasst. Dem Ciiange Management obliegt es nun, Kuituranpassungen durciizufuhren, wenn davon ausgegangen wird, dass sich die existierende UnternelimenskuJtur iiemmend auf das Wandlungsvorhaben auswirkt. Hierzu bestehen die unterschiedlichsten Veranderungsstrategien,^^"^ die jedocii ganzlich, wie skizziert, eine Kulturveranderung nur vor einem langen Zeithorizont durchfuhren konnen. ^^^
2.2.2.4
Synthese der AGIL-Funktionen
Die dargesteliten Funktionen des AGIL-Schemas konnten suggerieren, dass die einzelnen Funktionen unabhangig voneinander sind. Wie in Abb. 27 jedoch dargestellt, bestehen eine Vielzahl von Interdependenzen zwischen den einzelnen Funktionen.
Zlele, U m s e t z u n g s r e s t r i k t i o n e n
Adaption Restriktionen
,AO<^
Goal Attainment
CO
c E g o "2 ^ ico u_ c
E o •P o QL C
^ o 3 w'
Latent Pattern Maintenance
Grundlegende Verhaltensweisen, Einstellungen
Integration K u l t u r p r a g e n d e Funktion d e s Gemeinschaftssystems
Abb. 27:
Wesentliche Interdependenzen der AGIL-Funktionen
Eine Vielzahl der skizzierten Abhangigkeiten ist direkt aus den vorherigen Ausfuhrungen ableitbar und bedarf deswegen keiner weiteren Eriauterung. Deswegen wird im Folgenden nur auf ausgewahlte Interdependenzen eingegangen: Die kulturpragenden Funktionen des okonomischen, des politischen sowie des Gemeinschaftssystems Eine Kultur kann unterschiedlich definiert werden; die historische Sichtweise fasst eine Kultur als Tradition und soziales Erbe auf.^^^ In diesem Zusammenhang stellen K R O E B E R / K L U C K H O H N in ihrer Definition fest, dass der Kern eine Kultur aus traditionellen, also historisch abgeleiteten und ausgewahlten Ideen sowie insbesondere 354 355
Siehe hierzu insbesondere Kapitel 2.2.3.2.3 Als Beispiel fur die Dauer einer derartigen Kulturveranderung sei auf eine Fallstudie von SCHEIN verwiesen, bei der ein kultureller Wandel in einem dreijahrigen Prozess durchgefuhrt werden konnte (vgl. SCHEIN (1995), S. 265-292). Vgl. NEUBAUER (2003), S. 15
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
79
auch aus den zugeordneten Werten besteht.^^'' Aus dieser Auffassung folgt, dass eine Kultur als ein historisch gewachsenes und bewertetes Abbild des AGIL-Schemas aufgefasst werden kann. Dies hat jedoch auch zur Folge, dass die Adaption-, die Goal Attainment- sowie die Latent Pattern Maintenance-Funktion kulturpragend sind. Urn dies anschauiich zu verdeutlichen, sei beispielhaft auf die Auswirkungen der Verbreitung des Internets Oder der Mobiltelephonie^^^ auf die Kultur im Allgemeinen und die Unternehmenskultur im Speziellen verwiesen. Die Machtanwendung der Goal Attainment-Funktion In Kapitel 2.2.2.3.3 wurde bezuglich des Abbaus von Widerstand festgestellt, dass ein Widerstandsabbau nicht grundsatzlich vollstandig erfolgen muss, sondern vielmehr ein Optimum zwischen Widerstands- und Einigungskosten gesucht werden sollte. Wird nun die Umsetzung eines Veranderungsvorhabens dadurch gehemmt, dass Widerstand geleistet wird, bietet sich die Durchsetzung durch die Anwendung von Macht- und Zwangsstrategien an, was die erste Interdependenz zwischen der Goal Attainment-Funktion und der Integration-Funktion darstellt. Jedoch ist noch auf eine zweite, wesentliche Interdependenz hinzuweisen. In Abhangigkeit davon, welche Machtressourcen zur Verfugung stehen, kann sich auch das Optimum zwischen Einigung und Widerstand andern. Dies sei beispielhaft an Abb. 28 erortert. Kosten
Gesamtkosten' ^^^^ Gesamt^^-^ ^^'^ kosten ^-^''
.-r:;^2rO-'^"^^ ^^^^^^^^''^^
^^^^-=.^5^^^^ ^~-T--——-
—\ Optimum
Abb. 28:
—-i—=^—
'
Optimum'
^ ^ ^ ' ^'^'^^Einigungs^^-"^x kosten
Widerstands-_______kpsten' Widerstands Jcosten
Einigungs-*^ grad
Auswirkung hoherer Widerstandskosten auf den Einigungsgrad
Dieser Zusammenhang ist wie folgt zu erklaren. Wenn die Machtressourcen im Wesentlichen auf einer materiellen Belohnung beruhen, sind die Widerstandskosten hoher als dies der Fall ist, wenn die Machtressourcen auf immaterieller Belohnung / Bestrafung Oder materleller Bestrafung beruhen. Diese hoheren Widerstandskosten werden in der Abbildung mit Widerstandskosten' bezeichnet und einer zweiten Widerstandskostenfunktion gegenubergestellt. Unter der Pramisse, dass sich die Elnigungskostenfunktion in den beiden Fallen nicht andert, zeigt sich, dass sich einerseits 357 358
Vgl. KROEBER / KLUCKHOHN (1952), S. 357
Als Technologie ist beides in die Adaption-Funktion einzuordnen.
80
Change Management das Optimum bei hoheren Widerstandskosten nach rechts verschiebt und andererseits, folgerichtig, auch die optimalen Gesamtkosten' deutlich uber den Gesamtkosten bei niedrigeren Widerstandskosten liegen. Die Machtressourcen der Integration-Funktion Der im voriierigem Punkt dargestellte Zusammenhang hat zudem noch eine zweite Auswirkung, die der IVIachtressourcen der Integration-Funktion. Wie in Kapitel 2.2.2.3.2 beschrieben wurde, versuchen Akteure mit Hilfe von Koalitionen ihre IVIacht zu erhohen. Eine derartige Koalition ist beispielsweise die Bildung von Arbeitnehmervertretern, welche die Interessen der Belegschaft auch in Veranderungsprozessen vertreten. Losgelost von den offiziellen Machtbeziehungen, die eine derartige Koalition besitzen kann, besteht die Moglichkeit, durch ein abgestimmtes Verhalten, wie beispielsweise einen abgestimmten Widerstand, die Widerstandskosten zu erhohen. In Abhangigkeit, in welchem Umfang nun Machtressourcen einer derartigen Koalition entgegengesetzt werden konnen, kann sich hierdurch die Machtverteilung andern.
-
Abschliellend seien noch zwei Punkte zur konsistenten Einordnung des AGIL-Schemas in die theoretische Herleitungen zur Beantwortung der Forschungsfragen angemerkt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird das AGIL-Schema in der vorgestellten Form als Strukturierung fur sozio-okonomische Systeme angewendet. Es werden jedoch keine hieraus abgeleiteten Aussagen, wie sie fur eine Theorie konstituierend sind, verwendet. Das Schema wird lediglich als Strukturierungsrahmen benutzt, um eine vollstandige Betrachtung sicherzustellen. Demnach stellt sich auch nicht die Frage, inwiefern sich das AGIL-Schema konsistent in die ubrigen Theorien einordnen lasst. Zum zweiten sei im Vorgriff darauf hingewiesen, dass im Verlauf der weiteren Analyse immer wieder bestehende Theorien aus Bereichen des Change Managements und Unternehmensnetzwerken auf das AGIL-Schema ubertragen werden. Damit ist das AGIL-Schema der grundlegende Strukturierungsrahmen fur die vorliegende Arbeit. Dadurch wird sichergestellt, dass anhand dieses Schemas eine Kombination und Synthese unterschiedlicher Theorien unter der Voraussetzung moglich wird, dass sie konsistent in das AGIL-Schema eingeordnet wurden. 2.2.3
Der Change Management-Prozess
Nachdem im vorherigen Kapitel die Komponenten des Change Managements diskutiert und operationalisiert wurden, ist Gegenstand dieses Kapitels die DIskussion des Change Management-Prozesses. Der Change Management-Prozess beschreibt den zeitlichen Ablauf der Planung und Umsetzung der einzelnen Komponenten des Change Managements. Bevor jedoch vertiefend auf den Change Management-Prozess eingegangen wird, wird zunachst der Prozessbegriff diskutiert. 2.2.3.1
Zum Prozessbegriff
Prozesse sind in der Betriebswirtschaftslehre fest etabliert. So werden Prozesse beispielsweise in Verbindung mit Thematiken wie der Prozesskostenrechnung, prozessorientierter Organisation, Geschaftsprozessoptimierung oder dem Business Process Management thematlsiert. In diesem Zusammenhang ist es jedoch auffallend, dass der Begriff des Prozesses oftmals gar nicht, lediglich kontextgebunden oder nur generisch diskutiert wird.^^^ Vgl. bspw. DECKERT (1997). Obwohl hierbei die Geschaftsprozessoptimierung explizit Gegenstand der Ausfuhrungen ist, wird der Begriff des Geschaftsprozesses nicht definiert und diskutiert. Ein weiteres Beispiel hier-
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
81_
So stellt beispielsweise LEHNER fest, dass durch die inflationare Verwendung des Begriffs „Prozess" keine Klarung oder Prazisierung erfolgte, sondern ganz im Gegenteil der Begriff einem Bedeutungsverlust unterliegt.^®° Im Folgenden wird deswegen das Prozessverstandnis insbesondere aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik diskutiert, da sich diese Teildisziplin dadurch auszeichnet, den Begriff des Prozesses vertiefend zu diskutieren und aufgrund des engen Bezugs zur Organisationslehre bzw. der Organisationstlieorie auch die Einbettung in den betriebsorganisatorischen Abiauf tiiematisiert.^®^ Hierzu werden zunachst exemplarisch Definitionen aufgezeigt, urn iiierauf aufbauend ein Begriffsverstandnis im Rahmen der vorliegenden Arbeit abzuleiten. Hierbei wird zwisclien Prozessen und zwei Auspragungen von Prozessen - Gescliaftsprozessen und Kernprozessen - unterscliieden. PFITZINGER definiert einen Prozess ais eine Serie von Handlungen, Tatigkeiten oder Verriciitungen mit einer messbaren Eingabe (Input), einer messbaren Verarbeitung und einer messbaren Ausgabe (Output) in einer sich wiederholenden Folge.^^^ Diese Definition ist noch sehr generisch. So kann nach diesem Prozessverstandnis auch eine unstrukturierte Abfolge von Handlungen, Tatigkeiten oder Verrichtungen als ein Prozess aufgefasst werden. Des Weiteren lasst die Definition eine Zielorientierung vermissen. Das Fehlen einer Zieldefinition gilt auch fur die haufig in der Literatur zitierte Definition von DAVENPORT. "A process is [...] a specific ordering of work activities across time and place, with a beginning, an end, and clearly identified inputs and outputs."^^^ Dagegen werden die Zielgerichtetheit und Strukturierung eines (Geschafts-) Prozesses^^"^ in der Definition von HANSEN / NEUMANN betont, wenn sie ihn als eine Menge miteinander verknupfter Aktivitaten definieren, welche in einer bestimmten Reihenfolge ausgefuhrt werden, um ein festgelegtes Ziel zu erreichen. Dabei konnen die Aktivitaten sequentiell und/oder parallel gestartet und ausgefuhrt werden.^^^ Kritlsch an dieser Definition ist das Fehlen eines Prozessauslosers (Input) sowie das Fehlen eines expliziten Outputs. Die Synthese dieser drei Definitionen fuhrt dagegen zu einem Prozessverstandnis, dass der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden soil. Somit wird unter einem Prozess die strukturierte Verknupfung definierter Aktivitaten verstanden, die eine Transformation eines Inputs zu einem Output zielgerichtet vornehmen. Jede Aktivitat fur sich zeichnet dabei wiederum durch eine eindeutige Input-Output-Transformation aus. Prozesse werden grundsatzlich mehrfach durchlaufen.^^^
360 361 362 363
365 366
fur sind die Ausfuhrungen von GRIESE / SIEBER, die zwar die Fragestellung thematisieren, wie ein Prozess methodisch beschrieben werden kann und welche Fragestellungen zu beantworten sind, jedoch ein Prozess im Allgemeinen und ein Geschaftsprozess im Speziellen nicht definiert wird (vgl. GRIESE/SIEBER (2001), S. 42-58). Vgl. LEHNER (1999), S. 8 Vgl. LEHNER (1999), S. 8 f.
Vgl. PFITZINGER (1997), S. 13 DAVENPORT (1993), S. 5
Die Begriffe Prozess und Geschaftsprozess werden in der Literatur haufig nicht unterschieden Oder sogar synonym verwendet (vgl. BECKER / SCHOTTE (1996), S. 52). Obwohl HANSEN / NEUMANN bei ihrer Definition einen Geschaftsprozess definieren, entspricht die Definition doch dem Verstandnis eines Prozesses. Diese Interpretation wird auch dadurch untermauert, dass durch die beiden Autoren ein Prozess nicht gesondert definiert wird. Es sei an dieser Stelle aber darauf hingewiesen, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit der synonymen VenA/endung von Prozess und Geschaftsprozess nicht gefolgt wird, sondern, wie die folgenden Ausfuhrungen darlegen werden, eine Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen herausgearbeitet wird. Vgl. HANSEN / NEUMANN (2001), S. 245
Es sei angemerkt, dass Prozesse von BECKER/SCHUTTE in ahnlicher Form definiert werden. Vgl. BECKER / SCHUTTE (1996), S. 466 f.
82
Change Management
Prozesse beschreiben nach dieser Definition dynanriische Ablaufe, wenn sie den sukzessiven Weg einer Input-Output-Transformation darstellen. Dadurch folgt jedoch auch zwangslaufig, dass Prozesse neben einen Objektbezug, einem Input-Output-Bezug und einem Zielbezug auch einen Zeitbezug haben.^^^ Auf dem Begriff des Prozesses aufbauend wird unter einem Geschaftsprozess oftmals eine spezielle Form von Prozessen verstanden, die direkt an dem Kunden und der Wertschdpfung ausgerichtet sind.^®^ Dabei ist der Durchlauf durch mehrere organisatorische Einheiten typisch fur einen Geschaftsprozess.^^^ Synonym wird von HAMMER / CHAMPY der Begriff „Unternehmensprozess''^^^ verwendet, der als ein Bundel von Aktivitaten definiert wird, die ein Oder mehrere Inputs benotigen und fur den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugen.^''^ Ein detailiiertes Verstandnis von Geschaftsprozessen wird von KNOLL skizziert, wenn er unter Geschaftsprozessen die Erstellung von (Dienst-)Leistungen in einem oder mehreren kooperierenden Unternehmen versteht, die eine steilen-, abteilungs-, funktions- und unternehmensubergreifende Menge miteinander verkniipfter Prozesse darstellen. Die Summe einer bestimmten Anzahl von Geschaftsprozessschritten definiert eine Aufgabe, die entweder durch einen Mitarbeiter oder durch einen Kunden durchgefuhrt werden kann. Die Reihenfolge und Form mdglicher Ubergange zwischen den Geschaftsprozessschritten und die ,Fahigkeiten' der Geschaftsprozessschritte selbst bestimmen gemeinsam die Semantik des Geschaftsprozessmodells.^^^ Diesem Verstandnis soil gefolgt werden, wobei erganzend angemerkt sei, dass Geschaftsprozesse eine Auspragung von Prozessen darstellen und deswegen die Merkmale von Prozessen auf Geschaftsprozesse auch durchgangig zutreffen. Zuletzt ist der Begriff des Kernprozesses im Rahmen der vorliegenden Arbeit wesentlich, da die Fragestellung, inwiefern Kernprozesse eines Unternehmens in ein Netzwerk ausgelagert werden kdnnen, durchaus von Relevanz ist. Unter einem Kernprozess wird ein Prozess verstanden, der eine Kernkompetenz eines Unternehmens derart abbildet, dass durch den Prozess die Kernkompetenz als Output generiert wird. Eine Kernkompetenz stellt dabei ein Bundel von Fahigkeiten dar, welche die Grundlage fur die Kernprodukte und die darauf aufbauenden Endprodukte eines Unternehmens darstellen und welche sich durch schwierige Erzeugbarkeit, Imltierbarkeit und Substituierbarkeit auszeichnen.^^^ Kernkompetenzen steilen damit eine der wesentlichen Ressourcen eines Unternehmens dar, die die langfristige Uberlebensfahigkeit des Unternehmens sicherstellen sollen. Mit anderen Worten, Kernkompetenzen bilden den komparativen Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens ab. Es sei an dieser Steile angemerkt, dass Kernkompetenzen sich nicht zwangslaufig auf die Fahigkeiten beziehen mussen, ein Kernprodukt mit bestimmten Eigenschaften an sich produzieren zu kdnnen, sondern durchaus auch auf Fahigkeiten, ein Kernprodukt besonders effizient produzieren zu kdnnen. Als Beispiel hierfur sei die Kernkompetenz „Fuhrungsstruktur" in einem global vernetzten Unternehmen genannt, welches eine besonders effiziente Unternehmensfuhrung aufweist und damit in letzter Konsequenz auch eine besonders effiziente Produktion von Kernprodukten ermdglicht. Im Vorgriff auf die weiteren Ausfuhrungen sei angemerkt, dass diese Erkenntnis insbesondere auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit
Vgl. HiRSCHMANN (1998), S. 34 f. Vgl. FUHRMANN (1998), S. 22 Vgl. FUHRMANN (1998), S. 47 Weitere synonyme Begriffe sind „Schlusselprozesse"
und „Leistungsprozesse"
(vgl. BINNER
(1997), S. 1-10). 372 373
Vgl. HAMMER / CHAMPY (1996), S. 52 Vgl. KNOLL (2001), S. 23 Vgl. B E A F.X.; H A A S / H A A S (2001), S. 28.
Vereinzelt wird anstelle des Begriffs der Kernkompetenz auch der Begriff der spezifischen Kompetenz venvendet (vgl. BENKENSTEIN (2002), S. 126).
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
83^
von Relevanz ist, da nach MiROWS Ausfuhrungen Kernkompetenzen sich auch durch einen effizienten und schwer imitierbaren Aufbau eines Netzwerkes generieren lessen. ^^'^ Das geschaffene Begriffsverstandnis von Prozessen, Geschaftsprozessen sowie Kernprozessen ist in zweierlei Hinsicht relevant fur die folgenden Ausfuhrungen. Zum einen wird im nachsten Kapitel der Change Management-Prozess thematisiert, der auf dem Verstandnis eines Prozesses aufbaut. Zum anderen ist es im Rahmen des Ubertragens von Aufgaben in ein Netzwerk durchaus relevant, wie Aufgaben verlagert werden, d.h. wie einzelne Prozessschritte verlagert werden und welcher Typus von Prozessen verlagert wird. So ist es fur ein Unternehmen durchaus ein Unterschied, ob Telle von Prozessen verlagert werden oder komplette Kernprozesse, die, wie beschrieben, von hoher Relevanz fur das Uberleben eines Unternehmens sind.
2.2.3.2
Uberblick uber den Change Management-Prozess
Da das Change Management dazu dient, von einer Ist-Situation ausgehend einen SollZustand zu errelchen, beschreibt es grundsatzlich eine Dynamik der Veranderung. Wie die vorherigen Ausfuhrungen schon deutlich gemacht haben, konnen solche Dynamiken durch Prozesse abgebildet werden. Bezogen auf das Change Management werden in der Literatur die unterschiedlichsten prozessualen Vorgehensmodelle diskutiert. Es wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit weder zielfuhrend sein, noch einen signifikanten Erkenntnisgewinn generieren, w e n n die in der Literatur diskutierten Vorgehensmodelle umfanglich dargestellt wurden.^''^ Auch wenn sich die Vorgehensmodelle bezuglich des Detaillierungsgrads unterscheiden und zudem teilweise noch unterschiedliche Auffassungen daruber bestehen, ob die Phase der Kontrolle mit Bestandteil des Change Management-Prozesses ist und in welcher Form Rucksprunge im Change Management-Prozess moglich sind, konnen bis auf diese zwei Fragestellungen alle Modelle in das in Abb. 29 dargestellte vierstufige Prozessmodell des Change Managements uberfuhrt werden.^^^ Das Modell ist von seiner Konzeption her so allgemein gehalten, dass es im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit sowohl fur den First-order Change als auch fur den Second-order Change angewendet werden kann. Im Folgenden soil zunachst der Change Management-Prozess uberblickartig vorgestellt werden, bevor in den weiteren Unterkapitein die einzelnen Phasen dezidlert dargestellt werden. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die einzelnen Phasen des Prozesses zwar prinzipiell sequentiell durchlaufen werden, es jedoch durchaus sinnvoll sein kann, dass sich Phasen uberschneiden und dies deswegen explizlt nicht ausgeschlossen wird, wenn
374 375
Vgl. MiROW (2004) Vgl. bspw. OsTERLOH / FROST (2000), 8. 235 sowie 8. 247, HARIGOPAL (2001), 8. 53, HAYES (2002), 8. 54, PHILIPPS (1999), S. 62, JANES / PRAMMER / SCHULTE-DERNE (2001), 8. 16, sowie ENGELHARDT / GRAF / 8CHWARZ (1996), 8.128 Es sei explizit darauf hingewiesen, dass die aufgefiJhrten Arbeiten lediglich einen Ausschnitt uber mogliche Vorgehensmodelle fur das Change Management darstellen. Eine Darstellung wesentlicher prozessualer Vorgehensmodelle findet sich im Anhang A. Zu einem ahnlichen Ergebnis eines generalisierten Prozess kommen CUMMINGS / WORLEY bei der Synthese unterschiedlicher Prozesse organisatorischen Wandels, wobei die beiden Autoren einen wesentlichen Fokus auf Prozesse der Organisationsentwicklung gesetzt haben (vgl. CUMMINGS / WORLEY (2001), 8. 28). Siehe hierzu auch Anhang A. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass aus streng modell-theoretischer Sicht sogar alle Modelle uberfuhrt werden konnen, da der Prozessschritt „Kontrolle und Institutionalisierung" inhaltsleer sein konnen. Ahnliches gilt fur den Rucksprung, da auch er prinzipiell zwar eingeplant, nicht jedoch durchfuhrbar sein kann.
84
Change Management
aufgrund von bspw. Informationsdefiziten^^^ eine Phase noch nicht abgeschlossen werden kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Umsetzbarkeit einer Ldsung noch nicht vollkonnmen abgeschatzt werden kann und aufgrund dessen die weitere Planung parallel zu der Umsetzung erfolgt.
Abb. 29:
Prozessuales Vorgehensmodell des Change Managements
Wie in Abb. 29 dargestelit, wird als Input der Change Management-Prozess durch einen IstZustand ausgelost, der aus unternehmensinternen Grunden oder unternehmensextern induziert als wandlungsbedurftig erkannt wurde.^^® Es sei angemerkt, dass der Prozess, der einen wandlungsbedurftigen Ist-Zustand identifiziert, nicht Gegenstand des Change Managements ist. Dies erfolgt bspw. in Controlling-Prozessen. Unternehmensintern induzierte Ausloser sind hierbei Ist-Zustande des Unternehmens, die eine Erreichung der gesetzten Sozial-, Sach- oder Wertziele^^® als nicht realisierbar erscheinen lassen. Als Beispiel sei eine Abnahme der Effizienz eines Unternehmens aufgrund einer sich verschlechternden Kostensituation genannt. Diese Effizienzabnahme ist ein typisches Phanomen bei starren Unternehmen, die sich einer evolutionaren, standigen Verbesserung verschlie(len.^^° Unternehmensextern induzierte Ausloser sind dagegen Anderungen im Systemumfeld eines Unternehmens. Diese Anderungen im Systemumfeld konnen im Marktumfeld, in rechtlichen Rahmenbedingungen, in (vertraglich fixierten) Absprachen oder technologisch begrundet sein.^^^ Aus diesem geanderten Systemumfeld resultiert jedoch erst dann ein Wandelungsdruck, wenn das Unternehmen mit der bestehenden Ist-Konfiguration des AGIL-Schemas (Ist-Posltion) auf die Anderung nicht angemessen reagieren kann. Dabei bedeutet ein
Informationsdeflzite treten in Wandelprozessen regelmafiig auf, da aufgrund der Komplexitat und der Unsicherheit bezuglich zukunftiger Entwicklungen nie eine vollstandige Information vorliegen wird. In der Literatur lassen sich durchaus auch andere Klassifizierungsarten finden. So unterscheidet beispielsweise TICHY die folgenden vier unterschiedlichen Treiber: Umfeld, Wettbewerbsstruktur, Technologien sowie Mitarbeiter (vgl. TICHY (1983) zitiert aus MULLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 550). KANTER / STEIN / JiCK dagegen unterscheiden die drei initiatoren Umfeld, Unterschiede in der Lebenszyklusposition verschiedener Geschafte eines Unternehmens sowie Machtwechsel in der Organisation (vgl. KANTER/ STEIN /JICK (1992) zitiert aus MOLLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 550). 380 381
Vgl. zu den einzelnen Zielen Kapitel 2.2.2.3.2 Vgl. IMAI(1998), S. 50 Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass andere Autoren eine differenziertere Unterscheidung der externen Faktoren vornehmen. So unterscheiden beispielsweise BRONNER / SCHWAAB die funf externen Ursachen okologische Umwelt, sozio-kulturelle Umwelt, politisch-rechtliche Umwelt, makrookonomische Umwelt sowie technologische Umwelt (vgl. BRONNER / SCHWAAB (1999), S. 24). Da sich diese funf Ebenen jedoch vollstandig in den in der vorliegenden Arbeit verwendeten Ebenen abbilden lassen, wird eine weitere Differenzierung fur nicht zielfuhrend erachtet. Insgesamt sechs Perspektiven unterscheidet dagegen ROBBINS, aber auch diese lassen sich eindeutig in die aufgezeigten Dimensionen einordnen (vgl. ROBBINS (2001), S. 629).
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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angemessenes Reagieren in diesem Zusannmenhang grundsatzlich, dass eine Beibehaltung der Ist-Situation zu einer Verfehlung der Unternehmensziele fuhren wurde. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass der Wandlungsdruck zwar Resultat der IstPosition des Unternehmens ist, zumeist jedoch nicht die Ist-Situation des Unternehmens explizit als Ausloser fur den Wandel erkannt wird, sondern vielmehr Indikatoren, die auf eine nicht anforderungsgerechte Ist-Situation schlieften lassen, wie beispielsweise Umsatz- oder Ergebniseinbuflen. Wird aus der Ist-Position ein Anderungsbedarf erkannt und damit ein Change ManagementProzess induziert, wird als erste Phase die Positionsbestimmung und Zielsetzung durchlaufen. Wesentlicher Bestandteil dieser Phase ist dabei die Analyse der Ist-Positlon verbunden mit einer Identifikation des wesentlichen Wandlungsbedarfs. Es ist offensichtlich, dass diese Identifikation des Wandlungsbedarfs eine Definition des Soll-Zustandes voraussetzt. Dieser Soll-Zustand ist dabei eine Konfiguration des AGIL-Schemas.^^^ Es sel an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der eigentliche Zielplanungsprozess zur Festlegung der SoilPosition nicht Bestandteil der vorliegenden Arbeit ist, da hierzu schon umfangreiche Arbeiten existieren und die Diskussion der Findung und Festlegung der Zielsetzung den Fokus der Arbeit von der Fragestellung der zielgerichteten Umsetzung hin zu Fragestellungen der UnternehmensfiJhrung und (strategischer) Unternehmensplanung verschieben wurde. Eine Planung des Wandelvorhabens auf einem adaquaten Abstraktionsniveau ist Gegenstand der Phase der Planung des Wandels. Hierbei wird das Vorgehen zur Durchfuhrung des Veranderungsprojektes inklusive der einzelnen Umsetzungsschritte geplant. Diese Phase wird beinn Durchlaufen eines Change Management Projektes zumindest in Teilen durchaus ofters durchgefuhrt, da, wie schon in den vorherigen Ausfuhrungen dargestellt, eine durchgangige und detaillierte Planung im Vorfeld der Umsetzung in einem Unternehmen aufgrund der Komplexitat des unternehmerischen Wandels als nur schwer realisierbar angesehen Die Realisierung des geplanten Wandelvorhabens erfolgt in der Umsetzungsphase. Diese Phase hat dabei zum Ziel, dass in der ersten Phase konfigurierte Soll-AGIL-Schema mit Hilfe der Ergebnisse der Planungsphase in dem Unternehmen umzusetzen. Wesentlich ist hierbei die zielgerechte Umsetzung des Wandlungsvorhabens. Diese Phase kann aus der Sichtweise des Change Managements als die anspruchsvollste angesehen werden, da sie die langwierigste ist und Herausforderungen wie Widerstandsabbau, Motivation der Mitarbeiter Oder Aufbau von Vertrauen wesentliche Bestandteile dieser Phase sind.^^"^ Kernproblem dieser Phase ist demnach der Faktor Mensch, der nicht vollkommen rational handelt und sich zudem nicht technokratisch konfigurieren lasst. Als letzte Phase wird in einem Change Management-Prozess die Phase der Kontrolle und Institutionalisierung durchgefuhrt. Diese Phase hat zum einen die Kontrolle zum Gegenstand, ob die Ziele des Change Managements realisiert werden konnten, indem die neue IstSituation mit der angestrebten Soil-Situation abgeglichen wird. Wie berelts dargestellt, gibt es unterschiedliche Ansichten in der Literatur, inwiefern diese Phase noch Bestandteil eines
Aus prozessualer Sicht ist demnach der Output dieses Schrittes die analysierte Ist-Situation, die angestrebte Soil-Situation und damit auch das Delta zwischen diesen beiden. Genau dieser Output stent auch den Input fur den nachsten Schritt dar. Der Output dieses Schrittes ist damit eine Vorgehensweise zur Umsetzung des Wandelvorhabens auf einem adaquaten Abstraktionsniveau. Output aus dieser Phase ist ein umgesetztes Soll-Konzept, wobei nach dieser Phase noch nicht verifiziert ist, inwiefern das umgesetzte Soll-Konzept der ursprunglichen Planung entspricht.
Change Management
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Change Management-Prozesses ist.^^^ Zum anderen hat diese Phase die Verankerung der Veranderung in die Organisation zum Gegenstand und beinhaltet damit die Phase des „Wieder-Einfrierens" nach dem im Kapitel 2.1.3.1 dargestellten Modell von SCHEIN. Der gesamte Prozess ist nicht als streng sequentielie Abfolge der dargestellten Phasen anzusehen. Wenn die Notwendigkeit hierzu erkannt wird, besteht vielmehr grundsatzlich die Moglichkeit des Rucksprungs zu vorgelagerten Phasen. Es muss jedoch konstatiert werden, dass sich Wandelprozesse zumeist durch eine erhebliche Bindung an Ressourcen auszeichnen und deswegen ein Rucksprung einer wirtschaftlichen Abwagung bedarf; zumindest fur den Fall, wenn der Change Management-Prozess bereits fortgeschritten ist. Positionsbestimnuffig und Zielsetzung Positions- ^ bestimmung ^ und Zielsetzung/^
C
Planung , des Wandels
J setzung
Kontrolle und institutionalisierung
Rucksprung in vorgelagerte Phasen
Etablierung einer lernenden Organisation Abb. 30:
II. Evolutionare Verbesserung
Change Management-Prozess zur Etablierung und institutionallsierung einer lernenden Organisation
Es mag zunachst nicht unmittelbar nachvollziehbar sein, wie das vorgestellte prozessuale Vorgehensmodell auf einen Wandel 1. Ordnung angewendet werden soil, der wie bereits beschrieben die Etablierung einer laufenden, evolutionaren Verbesserung durch eine Organisationsentwicklung Oder eine lernenden Organisation zum Gegenstand hat. Dieser Zusammenhang wird in Abb. 30 dargestellt.^^® In einer ersten Phase Etablierung einer lernenden Organisation werden die Voraussetzungen fur eine standige Verbesserung geschaffen.^^^ Diese Phase wird im Rahmen eines herkommlichen Projekts durchlaufen und ahnelt damit prozessual einem Wandel 2. Ordnung.^^^ Ergebnis dieses Prozesses ist eine Organisation, in der eine evolutionare Verbesserung bestandig durchlaufen wird und das Potenzial, alle drei dargestellten Lernstufen umzusetzen, gegeben ist. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Umsetzungsaufwand zur Etablierung der einzelnen Lernstufen unterschiedlich ist. Nach Ihrer Etablierung wird die laufende Verbesserung, das bestandige Lernen innerhalb der Phase Evolutionare Verbesserung wiederholend durchlaufen, wobei die einzelnen Prozessschritte auf dem hier dargestellten Abstraktionsniveau wieder identisch sind.
Vgl. hierzu die unterschiedlichen prozessualen Vorgehensmodelle im Anhang A Aus dieser Phase konnen prinzipiell zwei unterschiedliche Outputs entstehen. Entweder ein implementierter und verifizierter Soll-Zustand, Oder, falls noch Anpassungsbedarf identifiziert wurde, der identifizierte Anpassungsbedarf. Sollte dies der Fall sein, erfolgt grundsatzlich ein Rucksprung in fruhere Phasen. Vgl. MEISTER (1999), S. 15
Die notwendigen Voraussetzungen wurden bereits in Kapitel 2.1.3.1 andiskutiert. Aus formal-prozessualer Sicht ist der Umfang eines Wandelvorhabens nicht relevant, solange die einzelnen Prozessschritte sich gieichen.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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Im Folgenden werden die einzelnen Phasen des Change Managements detailliert dargestellt. Da der beschriebene Prozess im Rahmen der vorliegenden Arbeit sowohl als Vorgehensmodell fur einen First-order Change als auch fur einen Second-order Change verwendet wird, wird fur den Fall, dass einzelne Teilphasen bei den beiden Auspragungen differieren, explizit darauf hingewiesen. 2.2.3.2.1
Die Initiierung des Change Management-Prozesses
Ein Change Management-Prozess wird grundsatzlich durch einen Initiator, bzw. durch ein Ereignis ausgelost, welches die Notwendigkeit fur einen Wandel aufzeigt. Hierbei sind die Initiatoren nicht grundsatzlich vollstandig bekannt und in ihren Auswirkungen auf das Unternehmen bewertbar; vielmehr konnen prinzipiell von ihrer Auswirkung her kleine Ausloser einen umfangreichen Change Management-Prozess auslosen; BRONNER / SCHWAAB fuhren hierzu als Beispiele Wechsel an der Fuhrungsspitze eines Unternehmens und Ausloser auf, die sich in eine Kette von weiteren, potenziellen Auslosern einreihen.^^^ Ein Ausloser fur einen Wandel ist dabei nicht mit der Ursache zur Notwendigkeit zu einem Wandel gleichzusetzen. So kann beispielsweise der Ausloser eines Wandels in einer negativen Absatz- oder Umsatzentwicklung eines Unternehmens iiegen; die Ursachen hierfur konnen dagegen in einer verfehlten Marketingstrategie des Unternehmens begrundet sein. Ein Ausloser ist damit lediglich ein Indiz fur die Notwendigkeit eines Wandels. Daraus folgt auch zwangslaufig, dass die einzelnen Ausloser sowohl einen grundlegenden Wandlungsbedarf induzieren konnen, als auch einen inkrementellen Anpassungsbedarf im Rahmen einer evolutionaren Verbesserung. Dabei kann aus dem Initiator das erforderliche Ausmafl einer Anpassung nicht zwangslaufig abgeleitet werden; vielmehr ist es Aufgabe der aus dem Ausloser initiierten Phase der Positionsbestimmung und Zielsetzung den erforderlichen Handlungsbedarf abzuleiten.
Kosten
Optimaler Wandlungszeitpunkt Abb. 31:
Zeit'
Gegenijberstellung von Misfit- und Transformationskosten '
Fur letzteres Beispiel verwenden die Autoren die Metapher des Tropfens, der ein Fass zum Oberlaufen bringt (vgl. BRONNER / SCHWAAB (1999), 8. 22). Vgl. KRUGER(1999), 8. 868
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Change Management
Bevor auf die einzelnen Ausloser fur einen Wandel eingegangen wird, soil zunachst generisch dargestellt werden, wann der theoretisch optimale Zeitpunkt fur einen Wandel vorliegt. Hierzu sind in Abb. 31 die Misfit-Kosten eines Unternehmens den Transformatlonskosten gegenubergestellt. Die Misfit-Kosten sind die Kosten, die aufgrund einer fehlenden Abgestimmtheit der Ist-AGILKonfiguration eines Unternehmens auftreten.^^^ Sie steigen exponentiell, wenn sich ein Unternehmen nicht denn laufenden Anpassungsbedarf stellt. Demgegenuber sind die Transformationskosten diejenigen Kosten, die durch einen Wandel induziert werden, wobei diese Kosten sowohl aus einem evolutionaren als auch aus einem revolutionaren Wandel resultieren konnen. Der optimale Wandlungszeitpunkt liegt nun genau dann vor, wenn die Misfit-Kosten und die Transformationskosten sich schneiden. Bei der Umsetzung dieses theoretischen Modells zur Bestimmung des optimalen Zeitpunkts fur einen Wandel wurde eine bestandige Abschatzung der Misfit- und der Transformationskosten notwendig werden. Abgesehen von der Schwierigkeit, derartige Kosten zu schatzen, hatte dies einen bedeutenden Monitoring-Aufwand zur Folge. Deswegen ist es praktikabler, explizit Ausloser fur einen Wandlungsprozess als Initiator zu identifizieren. Derartige Ausloser werden oftmals zwischen internen und externen unterschieden (siehe Abb. 32). Obwohl diese Unterscheidung insbesondere vor dem Hintergrund der Ursachenanalyse und hierauf aufbauend der Entwicklung von Losungen durchaus sinnvoll erscheint, sel jedoch darauf hingewiesen, dass diese Unterscheidung nicht trennscharf ist; so konnen beispielsweise verfehlte Kennzahlen Ausloser fur einen Change Management-Prozess sein (interner Ausloser), diese jedoch einem geanderten Marktumfeld geschuldet sein (externer Ausloser).
Ausldser des Change Management Prozesses Exteme Ausldser Marktumfeld Regulatorische / rechtliche Rahmenbedingungen - Vertrage / Vereinbarungen
Abb. 32:
Interne Ausloser Ex-post-induzierte Ausloser •— Ex-ante-induzierte Ausloser
Ausldser des Change Management-Prozesses
Externe Ausloser fur einen Change Management-Prozess konnen das Marktumfeld, regulatorisch / rechtliche Rahmenbedingungen oder Vertrage / Vereinbarungen sein. Interne Ausloser werden dagegen in der vorliegenden Arbeit danach differenziert, ob sie ex-post Oder ex-ante induziert sind. Ausloser aus dem Marktumfeld subsummieren alle Ausloser, die aus einem sich andernden Marktumfeld heraus resultieren. Ein Unternehmen besitzt in diesem Fall einen nicht mehr den Marktanforderungen gerechten Marktauftritt. Die Ursachen hierfur konnen in den unterschiedlichsten Entwicklungen liegen. Als Beispiele seien der technologische Fortschritt, neue Innovationen auf dem Markt oder sich andernde Kundenanforderungen genannt. Vgl. hierzu und den folgenden Ausfiihrungen KRUGER (1999), S. 868 Es sei darauf hingewiesen, dass KRUGER nicht von einer Konfiguration eines AGIL-Schemas sondern von einer Konfiguration von Erfolgsegmenten spricht. Es sei angemerkt, dass sich die Interpretation, was unter einem internen und einem externen Initiator zu verstehen ist, oftmals erheblich unterscheidet (vgl. DEEG (2004), S. 112).
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Regulatorische / rechtliche Rahmenbedingungen stellen genau dann einen Ausldser fur ein Wandlungsbedarf dar, wenn das Unternehmen in der derzeitigen Ist-Konfiguration diesen Rahmenbedingungen nicht mehr gerecht wird. Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass der Wandlungsbedarf dieses zunachst eindeutig erscheinenden Auslosers in der Praxis durchaus unscharf sein kann, da die Rahmenbedingungen oftmals unterschiedliche Interpretationen zuiassen.^^^ Die letzten externen Ausloser sind Vertrage / Vereinbarungen. Entweder durch rechtlich bindende Vertrage oder durch getroffene Vereinbarungen wird eine Anpassung der IstKonfiguration eines Unternehmens erforderlich, da das Unternehmen die Vertrage / Vereinbarungen entweder nicht, nur teilweise oder nicht effizient erfullen kann. Als Beispiel hierfur seien Verpflichtungen eines Unternehmens genannt, welche im Rahmen eines unternehmensubergreifenden Leistungserstellungsprozesses ubernommen wurden. Der intern ex-post induzierte Ausloser resultiert aus Vorgaben, die bei einer ex-post Betrachtung als nicht erfullt erkannt wurden. Typische Beispiele hierfur sind Rendite-, Umsatz- oder Ergebnisvorgaben, die ein Unternehmen nicht realisieren konnte. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass solche Ausloser prinzipiell auf alien Ebenen eines Unternehmens zum Tragen kommen konnen; sie sind demnach nicht an unternehmensweite Vorgaben gebunden. Dies gilt jedoch nicht nur fur intern ex-post induzierte Ausloser sondern grundsatzlich auch fur alle anderen Ausloser. Der ex-ante induzierte Ausloser beschreibt Initiatoren, die die zukunftige Wettbewerbsfahigkeit eines Unternehmens sicherstellen sollen. Zu diesen Auslosern zahlen beispielsweise evolutionare Verbesserungen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass durch die Initiierung des Change Managements auch schon ein Unfreezing, bzw. der Terminologie SCHEIN folgend, die Phase des Auftauens erfolgt.^^"^ Dadurch, dass die aktuelle Ist-Situation des Unternehmens als nicht mehr adaquat erkannt wird und hieraus ein Handlungsbedarf abgeleitet wird, wird die aktuelle Ist-Konfiguration eines Unternehmens in Frage gestellt. Das Ausmali des Unfreezing differiert dabei erheblich von dem induzierten Wandelbedarf. So wird ein Unfreezing fur einen Bedarf an eine unternehmensweite Restrukturierung deutlich umfassender sein als bei kleineren Anderungen im Rahmen einer evolutionaren Verbesserung im Rahmen eines Firstorder Change. 2.2.3.2.2
Die Positionsbestimmung und Zieisetzung
Gegenstand der Phase der Positionsbestimmung und Zieisetzung ist die Analyse der IstSituation, um die Ursachen des Wandlungsdrucks zu identifizieren. Dazu ist neben der IstAnalyse zwangslaufig eine Definition der Soil-Position notwendig, um hieraus den Wandlungsbedarf abzuleiten. Auf den ersten Blick beschreibt diese Phase demnach einen herkommlichen Planungsprozess, der, je nach Gegenstand der Planung eher strategisch, unternehmensweit oder eher operativ, auf eine oder einzelne Abteilungen beschrankt sein kann. Ein solcher Planungsprozess wird in der Literatur in unterschiedliche Phasen unterteilt; Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird dieser Gesichtspunkt insbesondere bei der Diskussion der Folgen des Legal Unbundlings deutlich. Wandlungsbedarf, der aus den Richtlinien der EU resultiert und damit scheinbar einen eindeutigen Anpassungsbedarf aufzeigt, wurde durch eine nicht fristgerechte Umsetzung der Richtlinien ins deutsche Recht nicht mehr innerhalb der gesetzten Fristen bindend fur Unternehmen (vgl. hierzu auch Kapitel 4.3.1). Vgl. FRENCH / BELL / ZAWACKI (2000), S. 111. Vgl. hierzu auch den Ausfiihrungen in Kapitel 2.1.3.1
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Change Management
beispielhaft unterteilt eine generische Version von KLEIN / SCHOLL den Prozess in die drei Phasen Problemfeststellung und -definition, Altemativenermittlung sowie Bewertung und Auswahl.^®^ Vollkommen losgelost davon, wie ein solcher Planungsprozess definiert und zu anderen Prozessen wie beispielsweise Fuhrungsprozessen abgegrenzt wird, ergibt sich ein Abgrenzungsproblem zwischen dem Change IVIanagement und herkommJicher (strategischer) Planung. Denn das Change Management hat, wie beschrieben, zur Aufgabe, einen zielgenchteten Wandel hin zu einer Soil-Position sicherzustelien, was zwangslaufig Interdependenzen zu einer (Unternehmens-) Planung aufweist. Trotz dieser Wechselwirkungen steht der Planungsprozess nicht im Fokus der vorliegenden Arbeit, da dieser schon umfangreich in zahlreichen Publikationen diskutlert wurde.^^® Zlelfuhrend soil daher festgehalten werden, dass der Change Management-Prozess in Abgrenzung zum Planungsprozess tendenziell den Fokus auf die Erhohung der Veranderungsbereitschaft und das Skizzieren von Visionen als Voraussetzung zum Design neuer Losungen sowie deren nachfolgende Umsetzung zum Inhalt hat und nicht den detaillierten Entwurf von Soll-Zustanden.^^'' Positionsbestimmung und Zielsetzung
•
Tendenziell Gegenstand des Change Managements
F^ L^
Tendenziell Gegenstand herkommlicher Planungsprozesse
^1
Interdependenzen
Abb. 33:
Zuordnung des AGIL-Schemas innerhalb der Positionsbestimmung und Zielsetzung zum Planungsprozess und Change Management
Die Abgrenzungsproblematik lasst sich am AGIL-Schema aufzeigen (siehe Abb. 33). Der klassische Planungsprozess fokussiert zumeist auf die Adaption-Funktion, da er Handlungsalternativen fur eine Zlelerreichung auf Basis rein okonomischer Gesichtspunkte bewertet Vgl. KLEIN / SCHOLL (2004), S. 12 ff.
Es sei jedoch angemerkt, dass andere Publikationen eine Unterteilung in weitere Phasen vornehmen. So unterteilen beispielsweise BEA / HAAS den Prozess in funf Stufen (vgl. BEA. F. X.; HAAS / HAAS (2001), S. 61 f.). Da jedoch der Planungsprozess nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, wird auf eine vertiefende Diskussion unterschiedlicher Planungsprozesse verzichtet. Vgl. bspw. ADAM (1996), KREIKEBAUM (1997), ScHNEEWEiii (1991/92) und VOIGT (1993) Vgl. AL-ANI / GATTERMEYER (2001), S. 14 f.
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und selektiert.^^^ Die drei anderen AGIL-Funktionen werden hierbei entweder ganzlich aufler Betracht gelassen oder lediglich als beschrankende Konstante angesehen. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass genau hierin sin Grund fur das Scheitern vieler Veranderungsprojekte gesehen werden kann, wie in Kapitel 2.1.1 schon dargelegt wurde. Da nach dem Verstandnis der vorliegenden Arbeit die politischen, sozialen und kulturellen Aspekte bei der Planung der Zielsetzung nicht aufier aciit gelassen werden konnen, obliegt es dem Change Management im Rahmen dieser Phase, die Positionsbestimmung dieser drei Aspekte durchzufuhren, Interdependenzen zu dem okonomischen System aufzuzeigen und eine abgestimmte Planung zu gewahrleisten. Ohne die Erfolgsfaktoren des Change Managements vorweggreifen zu wollen, kann diese Abstimmung beispielsweise durch eine fruhzeitige Einbindung involvierter Mitarbeiter sichergestellt werden, um bei den Beteiligten Akzeptanz zu schaffen.^^^ Zielerreichungsgrad
% %
m
^ ®
df
Bewertung auf Basis AdaptionFunktion
Bewertunii auf Basil AdapliiOiiFunktioii
Soll-AGILSchema 1 Schwacher positiver / negativer Einfluss Starker positiver / negativer Einfluss
Abb. 34:
Soll-AGILSchema 2
® ® ®
Einfluss Goal Attainment Einfluss Integration Einfluss Latent Pattern Maintenance
Beispielhafte Darstellung des Einflusses der Goal Attainment-, Integrationsowie Latent Pattern Maintenance-Funktionen auf den Zielerreichungsgrad verschiedener AGIL-Schemata"*""
Dies wird beispielsweise bei der Analyse der Untemehmenssituation nach KREIKEBAUM deutlich, wenn in seinem Modell weder politische, noch das Gemeinschaftssystem oder die Unternehnnenskultur betreffende Gesichtpunkte in die Analyse nnit einbezogen werden (vgl. KREIKEBAUM (1997), S. 47). Vgl. auch GALWEILER (1981), S. 84 ff. Bei der hier skizzierten Planung wird ebenfalls ubertragen auf das AGIL-Schema zunachst auch nur auf die Adaption-Funktion eingegangen. Vgl. GATTERMEYER/ NEUBAUER (2000), S. 243
Das Prinzip der Darstellung ist an eine Darstellungsform der Enabler und Barrieren von Accenture angelehnt (vgl. hierzu bspw. AL-ANI / GATTERMEYER (2001), S. 20). Im Gegensatz zur Originaldarstellung wurde das Prinzip der Darstellung auf die Darstellung des Einflusses der AGIL-Funktionen auf die Soll-Zielsetzung ubertragen.
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Change Management
Wie in Kapitel 2.2.2.3.1 schon dargestellt, ist eine Aufgabe innerhalb der Adaption-Funktion, das primare und sekundare Ziel des Change Managements umzusetzen. Diese Zielumsetzung kann jedoch nicht unabhangig von der Ist- und Soll-Konfiguration der ubrigen drei AGIL-Funktionen durchgefuhrt werden, da diese einen elementaren Einfluss auf den Zielerreichungsgrad haben konnen. Dieser Einfluss wird beispielhaft an einer Prinzipdarstellung zweier Soll-Konfigurationen des AGIL-Schemas in Abb. 34 dargestellt. Hierbei wird aufgezeigt, welchen Einfluss die aktuelle Ist-Konfiguration des AGIL-Schemas auf die beiden Soll-Konfigurationen hat. So zeigt die Grafik beispielhaft, dass die derzeitige Unternehmenskultur (Latent Pattern Maintenance) sowie die Machtverhaltnisse (Goal Attainment) einen stark negativen Einfluss auf die Handlungsalternative 2 haben und dadurch auf alle Funktionen bezogen Handlungsalternative 1 die positivere ist. Die Entscheidungen fur eine SollKonfiguration eines AGIL-Schemas konnen sich demnach durchaus andern, wenn neben der Adaption-Funktion auch die anderen Funktionen des AGIL-Schemas berucksichtigt werden. Jedoch ist dies zunachst lediglich eine graphische Darstellung, die sich einer quantitativen Bewertung entzieht. Dm den Einfluss der einzelnen Funktionen nun bewerten zu konnen, mag es zunachst sinnvoll erscheinen, bei der Vorgabe des Zielerreichungsgrades den Einfluss der drei weiteren AGIL-Funktionen ganzheitlich zu erfassen und dann in den klassischen Planungsprozess einfliefien zu lassen. Diese Vorgehensweise wurde einer systemtheoretisch-funktionalistischen Tradition folgen. In der ein sozlo-okonomisches System als vollstandig objektivistisches, deskriptives Konstrukt aufgefasst wird und synoptische Planungsmodelle angelegt werden konnen. Wie im Rahmen der Diskussion der Latent Pattern Maintenance-Funktion in Kapitel 2.2.2.3.4 jedoch schon beispielhaft dargelegt worden ist, widerspricht diese Auffassung der Position des Verfassers, da die Moglichkeit einer vollstandigen Konstruktion eines solchen Systems negiert wird. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass zur ganzheitlichen Planung neuere Konzepte wie beispielsweise die Balanced Scorecard zwar das Ziel haben, die Fokussierung auf die Adaption-Funktion zu uberwinden und damit Interdependenzen zwischen rein finanziellen Zielen und anderen Unternehmenszielen abzubilden, jedoch eine vollkommene Erfassungen der AGIL-Funktionen auch durch diese Konzepte nicht erreicht.'^^^ Zusatzlich muss konstatiert werden, dass auch bei diesen Konzepten die Annahme klar formulierter Ziele, die allgemein im Unternehmen anerkannt werden, sowie die Annahme rational handelnder Entscheidungstrager aufrechterhalten wird. Und diese beiden Annahmen scheinen sich in der betrieblichen Praxis nicht zu bestatigen. Deswegen sei erganzend zu den vorherigen Ausfuhrungen noch auf einen hiervon abweichenden Ansatz hingewiesen, dem der verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie.'^°^ Dieser stellt die kognltiven und motivationalen Beschrankungen menschlichen Verhaltens in den Mittelpunkt, was in den zwei Grundannahmen mundet, dass zum einen ein Unternehmen die unterschiedlichsten Ziele parallel verfolgt, da es ein Instrument unterschiedlicher Interessensgruppen'^^^ ist mit der Folge von Koalitionsbildung. Zum anderen konnen die Entscheidungstrager in einem Unternehmen Entscheidungen prinzipiell nicht rational treffen, da sie grundsatzlich uber eine begrenzte Rationalitat verfugen.'^°'^ Die Problematik der Zielfindung soil jedoch nicht vertiefend diskutiert werden, da sich ansonsten der Fokus der vorliegenden Arbeit auf Fragestellungen der strategischen Unternehmensfuhrung und Fragen der strategischen Unternehmensplanung verlagern wurde. So wird in der Balanced Scorecard zwar beispielweise eine Mitarbeiterperspektive eingefuhrt und mit Zielen und Kennzahlen operationalisiert, jedoch werden Probleme wie Widerstande oder (fehlende) Motivation nicht thematisiert. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen HUNGENBERG (2004), S. 284 ff. Interessensgruppen konnen beispielsweise Arbeitnehmer, Shareholder, Lieferanten, Kunden etc. sein. Vgl. hierzu bspw. auch MACHARZINA (2003), ^. 205 f.
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93^
Zusammenfassend sei jedoch festgestellt, dass unabhangig vom Planungs- und Zielfindungsprozess ein Ergebnis der Phase eine Zieldefinition sein wird. Diese Zieldefinition bezieht sich dabei auf Ziele der Soil-Position als auch auf Ziele der Umsetzung. Fur letztere sind typische Ziele Ressourcen- und zeitliche Vorgaben.
2.2.3.2.3
Die Planung des Wandels
Die Planung der Umsetzung der in der vorgelagerten Stufe festgelegten Ziele ist Gegenstand dieser Phase. Dabei wird die Planung auf einem dem aktuellen Umsetzungsstand entsprechenden Abstraktionsniveau durchgefuhrt. So wird am Anfang einer Umsetzungsplanung der Abstraktionsgrad noch relativ hoch sein und nur fur die unmittelbar durchzufuhrenden Schritte detailliert werden; nach den ersten Umsetzungsschritten werden sukzessive auch die Planungen fur die weiteren Schritte verfeinert werden. Das Impliziert jedoch eine Abstimmung zwischen den beiden Phasen „Pianung des Wandels" und „Umsetzung". Neben der Planung der weiteren Mafinahmen zur Umsetzung des Wandelvorhabens ist es zusatzlich Aufgabe der Planung, eine geeignete Projektorganisatlon fur die Umsetzung des Wandelvorhabens zu erarbeiten und umzusetzen. Ohne vertiefend auf die einzelnen Formen einer Projektorganisatlon eingehen zu wollen,"^"^ wird im Folgenden bei der Diskussion der Planung des Wandels der einzelnen AGIL-Funktionen punktuell auf Anforderungen an eine solche Projektorganisatlon eingegangen. Insbesondere relevant sind dabei neben den fachlichen Kenntnissen der Projektmitglieder, die als Grundvoraussetzung fur eine erfolgreiche Projektarbeit nicht vertiefend diskutlert werden, Fragestellungen wie die Sicherstellung einer ausreichenden Machtfulle fur die Umsetzung bei der Planung der Projektorganisatlon. Um die Phase welter zu operationalisleren, werden die Aufgaben der Phase nach dem AGILSchema unterteilt analysiert. Es sei dabei darauf hingewiesen, dass die einzelnen Planungen nicht unabhangig voneinander durchgefuhrt werden konnen, sondern einer Abstimmung bedurfen. Die kiassische Umsetzungsplanung wird im Rahmen der Planung der Umsetzung der SoilPosition der Adaption-Funktion durchgefuhrt. Aufbauend auf dem Leavitt-Schema werden die Differenzen zwischen den einzelnen Funktionen ermittelt. Diese bilden damit die Basis fur die Festlegung von Umsetzungsmaflnahmen. Da es sich hierbei um eine kiassische Planungsaufgabe handelt, stehen fur eine solche Analyse und Planung die unterschiedlichsten Hilfsmittel zur Verfugung (siehe Abb. 35)."*°^ Die Planung der Goal Attainment-Funktion hat die Durchsetzung des Wandelvorhabens zum Gegenstand. Den Ausfuhrungen in Kapitel 2.2.2.3.2 folgend umfasst diese Planung drei unterschiedliche Aufgaben, die jedoch abgestimmt und nicht sequentiell durchgefuhrt werden: Planung der notwendigen Machtressourcen
-
Analyse der Machtverteilung
-
Planung des Machteinsatzes
Fur einen Uberblick uber die wesentlichen Formen einer Projektorganisation vgl. bspw. SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 327 ff. Ein derartiges Hilfsmittel ist die Architektur integrierter Informationssysteme (ARIS), sowie die hieraus aufbauenden Planungs- und Analysetools (vgl. bspw. SCHEER (1995), insbesondere S. 1-19).
Change Management
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Die Machtressourcen sind ein wesentlicher Bestandteil zur erfolgreichen Umsetzung von Wandelvorhaben. Hierunter ist im Rahnnen der Planung der notwendigen Machtressourcen eine Analyse zu verstehen, welche Machtressourcen notwendig sind, urn ein Wandelvorhaben erfolgreich durchsetzen zu konnen. So ist es beispielsweise offensichtlich, dass ein Second-order Change grundsatzlich die Unterstutzung und damit auch die Machtressourcen der Unternehmensleitung benotigt."*"^ Ist-Situation
Soil-Situation
Beispielhaftes Hilfsmittel
Aufgaben
Aufgaben
Funktionssicht
Struktur
struktur
Organisationssicht
Technologie
Ressourcensicht
Technologie
DHf^renzN^ttanung
Quaiifikationsprofiie
Prozessdiagramm
Abb. 35:
Planung der Adaption-Funktion
Die Bestimmung der notwendigen Machtressourcen kann jedoch nicht unabhangig von der Analyse der Machtverteilung fur den relevanten Unternehnriensbereich durchgefuhrt werden. Wie bereits dargestellt, existieren in einenn Unternehmen offizielle und inoffizielle Machtbeziehungen. Zur Analyse der offiziellen Machtbeziehungen konnen Organigrannme analysiert und damit die wesentlichen Akteure identifiziert werden, die fur die Durchsetzung des Wandelvorhabens relevant sind. Jedoch ist fur die Durchsetzung des Wandelvorhabens eine derartige Analyse nicht ausreichend. Denn neben den offiziellen Machtbeziehungen bestehen weltere, inoffiziellen Beziehungen, die ebenfalls in Kapitel 2.2.2.3.2 dargestellt wurden. Diese zu identifizieren ist wesentlich problematischer, da sie weder dokumentiert, noch offensichtlich slnd.'^^^ Trotz allem ist dies jedoch notwendig, um die Machtverteilung umfassend beurteilen zu konnen. Das Ergebnis der Analyse dieser Verteilung wird den vorhandenen Machtressourcen gegenubergestellt mit dem Ziel festzustellen, ob die eingeplanten Ressourcen ausreichend sind.
408 409
Vgl. OsTERLOH / FROST (2000), S. 232 f., die in diesem Zusammenhang die „Bombenwurfstrategie" fur BPR-Projekte empfehlen und diese Strategic wiederum dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Top-down von der Unternehmensfuhrung initiiert wird. Hilfsmittel sind zum Teil der ARIS-Sichten entnommen (vgl. SCHEER (1995), S. 12). Hierbei wird im Wesentlichen auf die Identifikation und Analyse von Unsicherheitszonen fokussiert.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Machtverteilung in einem Unternehnnen nicht durchgehend quantifizieren lasst. So gab es zwar schon fruhzeitig Versuche, IVIachtbeziehungen mit Hilfe von bspw. Wahrscheinlichkeiten abzubilden, jedoch muss der Aussagegeiialt derartiger Quantifizierungen grundsatzlich kritisch hinterfragt werden, da eine intersubjektiv nachvollziehbare und vollstandige Bewertung der Machtressourcen bei den derzeitigen Methoden noch nicht gegeben ist. Zudem biiden sie zusatzlich zumeist nur dyadische Beziehungen ab,'^^^ was die relevanten Beziehungen in einem Unternehmen nicht umfassend genug erfasst. Somit ist das Change Management bei der Analyse darauf angewiesen, Machtbeziehungen abzuschatzen und ggf. noch graphisch darzustellen, um die Beziehungen zu visuaJisieren."^^^ Zuletzt ist im Rahmen der Planung des Machteinsatzes ein Vorgehen zu bestimmen, wie IVIacht prinzipiell eingesetzt werden sollte. Es ist offensichtlich, dass der konkrete Einsatz erst im Rahmen der Umsetzung erfolgt. Jedoch mussen zumindest im Rahmen der Planung Ressourcen fur eine Machtausubung im Fall einer Konkurrenzbeziehung eingeplant werden. Dies konnen beispielsweise monetare Anreize fur eine erfolgreiche Projektmitarbeit sein. Des Weiteren kann es durchaus zielfuhrend sein, wenn im Rahmen der Planung des Machteinsatzes auch die Moglichkeit von der Bildung von Koalitionen mit eingeschlossen wird. Problematisch hierbei ist, dass sich die Interessen, wie dargelegt, nicht grundlegend unterscheiden durfen, sondern sie sich zumindest innerhalb einer Koalition erganzen mussen, was unter Umstanden Auswirkungen auf die Planung der Soll-Konfiguration des AGIL-Schemas haben kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch eine Koalitionsbildung Kompromisse bei der Planung des Organigramms eingegangen werden. Im Rahmen der Planung der Integration-Funktion sind die skizzierten drei Aufgaben zu planen: Aufbau von Vertrauen, Aufbau von Motivation sowie Abbau bzw. Vermeidung von Widerstand. Bei der Planung dieser drei Aufgaben sei angemerkt, dass die Planung entgegen den sach-rationalen Aufgaben der Adaption-Funktion lediglich richtungsweisend, nicht jedoch strong zielfuhrend sein kann, da sich insbesondere Widerstande und Vertrauen einer vollkommen rationalen Erklarung entziehen. Es sei vorab darauf hingewiesen, dass sich die weiteren Ausfuhrungen im Wesentlichen auf die Zusammensetzung der Projektorganisation sowie der Stellenbesetzung im Rahmen der Soll-Konfiguration beziehen. Dabei werden die aufgefuhrten Punkte insbesondere fur Wandelvorhaben relevant sein, die in Form von Projekten durchgefuhrt werden. Bei einer inkrementellen Verbesserung im Rahmen eines First-order Change werden die dargestellten, umfangreichen Planungsmafinahmen nicht praktikabel sein; hier sind eher Mafinahmen im Rahmen der Umsetzungsphase von Bedeutung.
Vgl. bspw. DAHL (1957), S. 202. Hier werden Machtbeziehungen als Wahrscheinlichkeiten fur Handlungen abgebildet (vgl. auch CARTWRIGHT (1959), 8. 193). Macht wird hier als Funktionen zwischen hemmenden und treibenden Kraften angesehen. Es sei jedoch erganzend noch auf aktuellere Publikationen der interdisziplinaren Sozialforschung verwiesen, bei denen auf Basis einer Netzwerkanalyse Macht in politischen Systemen mit Hilfe empirischer Messungen erhoben wird. Diese Machtbeziehungen biiden jedoch lediglich rationale Machtbeziehungen, wie beispielsweise die Wirtschaftsforderung, ab, so dass eine Ubertragung der Ergebnisse auf die Machtverhaltnisse in einem Unternehmen nur sehr eingeschrankt moglich ist (vgl. MELBECK (2004)). Als Beispiel fur eine derartige Darstellung sei auf ZINGEL (2004), 8. 5 verwiesen, wobei ZINGEL die Darstellung eher auf Widerstande denn auf Machtbeziehungen anwendet. Dasselbe Prinzip kann jedoch genauso fur die Darstellung von Machtbeziehungen angewendet werden.
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Change Management
Die Aufgaben zum Aufbau von Vertrauen lassen sich aus den in Kapitel 2.2.2.3.3 dargesteliten l
-
-
-
Zusammensetzung des Kernteams der Projektorganisation Bei der Zusammensetzung der Projektorganisation ist darauf zu achten, dass nicht nur Reprasentanten aller relevanten Funktionen vertreten sind, sondern zudem darauf, dass Projektmitglieder ausgewahit werden, die bei den Mitarbeitern ein Vertrauen in fachlicher oder menschlicher Hinsicht genieflen. Zusammensetzung und Funktionsweise des Implementierungsteams der Projektorganisation Fur die Zusammensetzung der Implementierungsteams gilt ahnliches wie fur die Zusammensetzung der Kernteams; auch hierbei ist insbesondere der Fokus auf eine hohe fachliche Kompetenz der Mitarbeiter zu legen, sowie, erganzend hierzu, darauf, dass die Projektmitarbeiter das Vertrauen der ubrigen Mitarbeiter besitzen. Kommunikation der Kernintialte Es sollte von der Initiierung bis zum Projektende offen die Projektziele, der Projektstand, Sachinhalte sowie die Projektschwierigkeiten kommunizieren werden. Bildung einer kraftvollen Fulirungskoalition Die fur die Verankerung der Projektinhalte verantwortliche Fuhrungsmannschaft sollte vollkommen und solidarisch hinter dem Konzept und den aus der Umsetzung des Konzepts resultierenden Maflnahmen stehen. Planung und l-lerbeifulirung kurzfristiger Erfolge In der Umsetzung ist auf die Planung und Herbeifuhrung kurzfristiger Erfolge zu achten. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass aus Sicht des Verfassers dieser Punkt zwar Relevanz besitzt, er jedoch eher dem Aufbau der Motivation denn dem Aufbau von Vertrauen zuzurechnen ist.
Bei der Betrachtung der aufgefuhrten Punkte kann zusammenfassend festgehalten werden, dass fur den Aufbau von Vertrauen im Rahmen der Planung der Umsetzung insbesondere auf die Zusammensetzung kompetenter Projektmitarbeiter auf alien Projektebenen zu achten Als konstituierende Merkmale wurden die Punkte ..Erwartung an zukunftige Handlungen", „positiver Erwartungswert", „Reduktion von Komplexitat" sowie „evoiutionarer Prozess" aufgezahlt. Vgl. hierzu WILLEITNER (2002), S. 469 ff. Die aufgefuhrten Punkte sind verkurzt dargestellt. Auch sind einzelne nicht ubernommen worden, da sie inhaltlich nicht der Phase der Planung, sondern der Unnsetzung, zuzuordnen sind. Es handelt sich hierbei urn die Punkte „Gefuhl der Dringlichkeit schaffen" und „Konsolidierung der Verbesserungen und Herbeifuhrung weiterer Veranderungen".
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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ist, die zudem das Vertrauen der ubrigen Organisationsmitglieder besitzen. Des Weiteren ist eine offene Kommunikation und die damit verbundene Schaffung von Transparenz wesentlich, wobei diese Aufgabe nicht nur der Planung, sondern auch der Implennentierung obliegt. Als nachste Aufgabe wurde die Planung des Aufbaus von Motivation identifiziert. Wie dargelegt wurde, rucken bei der Motivation von Mitarbeitern intrinsische Faktoren in den IVIittelpunkt. Somit ist bei der Planung der Projektorganisation darauf zu achten, dass die den Projektmitgliedern ubertragenen Aufgaben, korrespondierend zu den Aufgaben, die den Organisationsmitgli'edern in der Soll-Konfiguration ubertragen werden, derart verteilt sind, dass aus ihnen eine Motivation aus der Tatigkeit heraus erfolgt. Konkrete Erfolgsfaktoren hierfur werden vertiefend im Kapitel 2.3.4.4 diskutiert. Zuletzt ist es Aufgabe im Rahmen der Vermeidung von Widerstand, Opponenten Im Vorfeld der Umsetzung zu identifizieren, urn die Entstehung von Widerstanden fruhzeitig zu unterbinden. Hierbei kann insbesondere wahrend dieser Phase der Umgang mit rationalen und politischem Widerstand eingeplant werden, indem analysiert wird, welche Mitarbeiter potenziell durch die Soil-Konflguration reale Nachteile erieiden Oder an Einfluss verlieren, wobei fur den letzten Punkt auf die Macht-Diskussion der offiziellen und inoffizielien Machtbeziehungen verwiesen sei. Basierend auf dieser Analyse sind Maflnahmen wie die Einbindung der betroffenen Mitarbeiter zur Vermeidung von Widerstand fruhzeitig einzuplanen. Abschliefiend sei noch einmal auf die Abwagung von Einigungs- und Widerstandskosten exemplarisch hingewiesen, da hierbei im Rahmen der Planung des Aufbaus von Motivation genauso wie der Vermeidung von Widerstand eine zielfuhrende Planung erfolgen sollte. Denn es ist grundsatzlich das Wesen einer grundlegenden Veranderung, dass Opponenten und demotivierte Mitarbeiter existieren und eine vollkommende Einbindung nicht effizient moglich ist."^^"^ Im Vorfeld zur Planung der Umsetzung der Soll-Konfiguration der Latent Pattern l\/laintenance-Funl
416 417
Beispielhaft sei auf Entlassungen in Folge von Restrukturierungen verwiesen. Vgl. RoHLOFF(1994), S. 185 Vgl. SATHE (1985), S. 382 f. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen SATHE (1985), S. 381 ff. Es sei darauf hingewiesen, dass die unterschiedlichsten Publikationen mit differierenden Vorgehensmodellen zur Veranderung von Unternehmenskulturen bestehen (vgl. hierzu bspw. BERNER (2000b), S. 49 ff.). Hier wird ein eher praxisorientierter Ansatz zur Veranderung von Unternehmenskulturen dargestellt.
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Change Management
Fur diese operative Beeinflussung der Unternehmenskultur nennt SATHE funf Ansatzpunkte, die in Summe die Unternehmenskultur zielgerichtet beeinflussen konnen: Hiring, Removal, Behavior, Justifications of Behavior und Cultural Communications."^^^ Hiring und Removal sind dabel Malinahmen, die an der Einstellung und Sozlalisation bzw. Freistellung von kulturfdrdernden bzw. kulturabweichenden Mitarbeltern ansetzen."*^^ Diese zunachst relativ einfach erscheinenden Madnahmen haben bei Realisierungen, die unter Zeitdruck stehen, zumeist den Nachteil, dass weder eine Einstellung, Integration und Sozlalisation noch eine Freistellung von Mitarbeltern kurzfristig durchfuhrbar sInd. Die dritte Gestaltungsmadnahme Behavior hat zum Ziel, die MItarbeiter von der kulturellen Veranderung derart zu uberzeugen, dass sie motiviert sind, die neue Soll-Kultur anzunehmen. Dazu schlagt SATHE vor, die MItarbeiter vornehmlich intrinsisch zu motivieren, da erst durch die intrinsische Motivation die neuen Werte- und Normensysteme ubernommen werden und das gewunschte Verhalten nicht auf rein rationalen Uberlegungen beruht. Kritisch an dieser Malinahme ist jedoch anzumerken, dass eine intrinsische Motivation voraussetzt, dass der MItarbeiter die neuen Norm- und Wertesysteme derart akzeptiert, dass aus ihnen eine Motivation aus der Sache an sich erwachst; wenn dies jedoch der Fall sein sollte, ist die Umsetzung der neuen Kultur nicht kritisch und muss deswegen auch nicht umfangreich geplant werden. Demnach dijrfte dieser Fall eher die Ausnahme denn die Kegel sein. Die vierte Gestaltungsmaflnahme Justifications of Beliavior erhebi nicht den Anspruch, eine Unternehmenskultur im Kern zu andern. Vielmehr werden die extern wahrnehmbaren Bestandteile einer Unternehmenskultur wie beispielsweise die Verhaltensweisen geandert, die ggf. mit angepassten Incentives verbunden werden. Fokus dieser Maflnahmen ist dabel die konsequente Umsetzung der angestrebten Kultur. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine solche Strategie durchaus dazu fuhren kann, dass im Kern die alte Kultur welter bestehen bleibt und aufgrund der Auflenwirkung ein kultureller Wandel falschlicher Weise angenommen wird. Die funfte Madnahme sind die Cultural Communications. Hierbei werden im Gegensatz zur Justifications of Behavior kulturelle Veranderungen nicht direkt (verbal) kommuniziert, sondern enA^unschte Anderungen vorgelebt. Dieses zumeist top-down durchgefuhrte Vorleben der neuen Werte und Normen ist wesentlich, um die Glaubwurdigkeit der kulturellen Anderung zu erhalten. Die funf Punkte zusammenfassend muss fur die Planung der kulturellen Veranderung jedoch konstatiert werden, dass eine erfolgreiche Anderung nur dann stattfinden kann, wenn eine glaubwurdige Kommunikation verbunden mit einer intrinsischen Motivation wesentlicher Mltarbeiter'^^^ gegeben ist. Im Rahmen der Diskussion der Planung der Veranderung muss erganzend noch auf einen weiteren, wesentlichen Punkte hingewiesen werden, das Timing der Veranderung."^^^ Das 418 419
Vgl. zu den im Folgenden aufgefiihrten Punkten SATHE (1985), S. 385 ff. Vgl. hierzu auch NEUBAUER (2003), S. 139 Zu den wesentlichen Mitarbeltern gehoren neben der Unternehmensleitung und den Projektmitgliedern das mittlere Management als Bindeglied zwischen der Fuhrungsebene sowie Meinungsfuhrer in einem Unternehmen. Vgl. zu den weiteren Ausfuhrungen MULLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 591 ff. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das dargestellte Timing als zu umfangreich fur den Rahmen der vorliegenden Arbeit ist, da neben dem operativen Timing innerhalb eines Veranderungsprozesses erganzend das Timing fur das Durchlaufen von Veranderungsvorhaben disku-
Strukturierungsrahmen fiir das Change Management
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Timing einer Veranderung ist dabei eng nnit der Art des Wandels verbunden; ein First-order Change ist tendenziell ein langwieriger, ggf. auch zeitlich nicht abgegrenzter Wandel, dessen zeitliche Abfolge einzeiner Schritte nur schwer zu planen ist, da sich Zeitpunkte fiir evolutionare Verbesserungsvorschlage nicht zeitlich voraussagen lassen. Unter dem Begriff des Timing im Rahmen des Change Managements auf Unternehmensebene"^^^ wird die Einplanung der fur einen Wandel notwendigen Malinahmen in eine Zeitachse verstanden. Hierbei ist es nicht zielfuhrend, dass die einzelnen Maflnahmen unreflektiert zeitlich aneinander gereiht werden, sondern sie sind eher einem „Spannungsbogen" gleich anzuordnen/^^
Akzeptanz/
Wut
CO
• =
O -2
Immobilisierung
Depression
Innovation (Veranderung) Veranderung) AbbI. 36:
Differenzierung (Auslese)
^ Absicherung (Neubau)
Zeit
Beispielhafte Reaktionsmuster bei fundamentalen Veranderungen^^^
Die Relevanz des Timing sowie die Notwendigkeit einer dezidierten Planung soil beispielhaft an einer Abfolge von Reaktionen eines Rezipienten Im Zeitablauf eines Veranderungsprozesses aufgezeigt werden (siehe Abb. SB)."*^^ Ohne darauf einzugehen, ob eine derartige
423 424 425
tiert wird; also beispieisweise das Timing, wann Zyklen revolutionarer Veranderungsvorhaben durchgefijhrt werden. Es sei angemerkt, dass es in einem anderen Kontext noch weitere Auffassungen bezuglich des Timings existieren. Diese werden im Zusammenhang mit dem Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in Kapitel 3.5.3.2.2 diskutiert. Des Weiteren wird der Begriff des Timing auch noch im Zusammenhang mit dem Time Based Management in Verbindung gebracht (vgl. bspw. WILDEMANN (1998), S. 96 f.).. Vgl. MULLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 596
In Aniehnung an HAISS (2000), S. 278 Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass ein aktives Verhalten sowohl wandlungsfordernd als auch -hemmend sein kann; es kann hieraus nicht eine unmittelbare Handiungsempfehlung ab-
100
Change Management
Kurve einer tatsachlichen Reaktionsfolge grundsatzlich entspricht und welche prinzipiellen Reaktionsschemata existieren,"^^^ wird an einenn derartigen Verlauf deutlich, dass wahrend einer Veranderung die unterschiediichsten emotionalen Stinnmungslagen durchlaufen werden, welche wesentliche Auswirkungen auf die IVIotivation bzw. den Widerstand eines Akteurs haben. Urn eine derartige Reaktionsfolge positiv beeinflussen zu konnen, ist ein Timing in der Planung der Veranderung notwendig, in dem insbesondere motivationssteigernde und widerstandshemmende Mafinahmen derart eingesetzt werden, dass sie die negativen Auswirkungen derartiger Reaktionsmuster minimieren. Somit ist Gegenstand des Timing im Kontext der voriiegenden Arbeit die zeitliche Planung der einzelnen Phasen der Umsetzung sowie hierauf aufbauend auf die Planung der Taktung der einzelnen Schritte. So schlagen beispielsweise M O L L E R - S T E W E N S / LECHNER vor, den Wandel mit Hilfe von Small Wins zum Ziel zu fuhren, wobei auf eine Einteilung in „verdaubare" Schritte zu achten ist."^^^ Andere Konzepte sehen in der Planung die Realisierung von Quick Wins"^^^ vor, bei denen fruhzeltig erste Erfolge umgesetzt und sichtbar werden, um die Mitarbeiter fur den weiteren Wandel zu motivleren."^^^ Insbesondere im Vorgrlff auf die Ausfuhrungen zum Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken sei auf einen weiteren, wesentlichen Aspekt des Timing hingewiesen. Da bei einer derartigen Etablierung mehrere Unternehmen kooperativ zusammenarbeiten, ist eine enge Abstimmung bei dem Aufbau des Netzwerkes unabdingbar, die zeitllch aufeinander gestimmt werden muss. Auch diese zeitliche Abstimmung ist ein relevanter Bestandteil des Timing. Dieser Aspekt wird in Kapitel 3.5.3.2.2 wieder aufgegriffen. Die Ergebnisse der Planungsphase werden in einem Mafinahmenplan zusammengefasst und bilden damit die Grundlage fur die Umsetzungsphase. Eine standige Uberprufung und eine darauf aufbauende Anpassung der Planung ist dabei wesentlich fur eine erfolgreiche Umsetzung des Wandelvorhabens. Es sei jedoch noch darauf hingewiesen, dass Umfang und Detailtiefe der Planung an dem Umfang, die Komplexitat sowie den Kontext des Wandels individuell angepasst werden muss.
2.2.3.2.4
Die Umsetzungsphase
Die Umsetzungsphase ist die langwierigste und schwierigste Phase des Change Managements. Dies wird schon allein daran deutlich, dass wie in der Einleitung zur Change Management Thematik bereits dargestellt, ein Groflteil der Projekte nicht an der Planung sondern an der Umsetzung scheitern. Diese Einschatzung muss jedoch im Rahmen der voriiegenden Arbeit relativiert werden, da das vorgestellte Vorgehen eine explizite Analyse und Planung
^^^
geleitet werden. So sind Wut und Akzeptanz beides aktive Reaktionsmuster, wobei ersterer wandiungshemmend, dagegen letzterer zumeist wandlungsfordernd ist. Es sei angemerkt, dass die unterschiediichsten Modelle derartiger Reaktionsschemata existieren (vgl. hierzu bspw. MQLLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 606 ff.).
"^^^
Vgl. MULLER-STEWENS / LECHNER (2003), S.
"^^^
Je nach Publikation werden die Begriffe Small Wins oder Quick Wins verwendet; sie sind im Rahmen der voriiegenden Arbeit synonym zu verwenden. Dies gilt auch fur die deutsche Ubersetzung „schnelle Erfolge". Vgl. bspw. STEIN (1998), S. 202. Es sei jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Realisierung von Quick Wins nicht zu lasten der Qualitat der Umsetzung erfolgen darf. Es ist hierunter demnach nicht eine kurzfristige Erfolgsorientierung zu Lasten einer zukunftsgerichteten Entwicklung zu verstehen (vgl. OsTERLOH / FROST (2000), S. 256).
^^^
593
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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der fur einen erfolgreichen Wandel oftmals kritischen Gesichtspunkte wie beispielsweise politische Aspekte oder die Unternehmenskultur vorsieht und deswegen eine klassische Umsetzungsproblematik nicht in dem Ausmafi auftreten sollte. So hilft beispielsweise eine fruhzeitige Identifikation von Opponenten, potenzielle Widerstande zu erkennen und Maflnahmen hiergegen einzuleiten, was dazu fuhrt, dass das oftmals vorliegende Problem des Widerstandes gegen eine Veranderung in abgeschwachter Form auftreten sollte. Im Kern obliegt es der Umsetzungsphase, die erarbeiteten Mafinahmen derart im Unternehmen zu verankern, dass die Soll-Konfiguration des AGIL-Schemas umgesetzt und die gesetzten Ziele realisiert werden. Das erfordert fur die Durchfuhrung im Wesentlichen, die geplanten Schritte aufeinander abzustimmen und umzusetzen, wobei dies nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Motivation und das Vertrauen der Mitarbeiter gefordert und Widerstanden fruhzeitig angemessen begegnet wird. Diese Aufgabe des Management des Wandels zeigt sich auch in der Aussage von MULLER-STEWENS / LECHNER, wenn sie feststellen, dass typisch fur die Phase der Umsetzung das Spannungsfeld zwischen Widerstand und Unterstutzung ist."^^" Neben diesen Punkten ist es wesentliche Aufgabe der Umsetzungsphase, die Umsetzung der in der Planungsphase erarbeiteten Schritte zeitplangemad und abgestimmt sicherzustellen, sowie Signale von Umsetzungsproblemen oder -fehlern aufzunehmen, um bei Bedarf eine Uberarbeitung der Umsetzung im Rahmen der Phase Planung des Wandels oder gar der Phase Positionsbestimmung und Zielsetzung durchzufuhren. Die Umsetzung ist im hohen Mafie kontextspezifisch, weswegen sie nicht allgemeingultig im Rahmen der vorliegenden Arbeit detailliert wird. Um jedoch zielfuhrend Erkenntnisse fur das Change Management abzuleiten, soil auf einige Aktivitaten hingewiesen werden, die wesentliche Bestandteile der Umsetzungsphase sind, jedoch mitunter in der Planungsphase nicht (umfassend genug) berucksichtigt werden: die Information und Schulung, die Dokumentation sowie die Betreuung und Beratung der Betroffenen. "^^^ Anknupfungspunkte fur diese Aktivitaten sind dabei die Veranderungen der Aufgaben, Strukturen und Prozesse sowie die sich hieraus resultierenden Anderungen an die Stelleninhaber. Der Output dieser Phase ist ein umgesetztes Soll-Konzept, wobei nach dieser Phase noch nicht verifiziert ist, inwiefern das umgesetzte Soll-Konzept der ursprunglichen Planung entspricht. Somit obliegt es der nachsten Phase, die Umsetzung zu verifizieren. 2.2.3.2.5
Die Phase der Kontrolle und Institutionalisierung
Gegenstand der Phase der Kontrolle und Institutionalisierung ist die Uberprufung, ob die intendierte Soll-Konfiguration des AGIL-Schemas realisiert wurde sowie das WiederEinfrieren der neuen Konfiguration. In der Literatur werden im Rahmen der (strategischen) Kontrolle zwei unterschiedliche Fragestellung aufgefuhrt; die Willenssicherung, die beantworten soil, ob die geplante SollKonfiguration auch umgesetzt wurde, sowie das Lernen, welches in der Fragestellung mijndet, ob trotz anforderungskonformer Umsetzung die Soil-Position welter angepasst werden sollte."^^^ Auch wenn beide Fragestellung nicht unabhangig voneinander sind, da aus beiden als Ergebnis ein erneuter Anpassungsbedarf resultieren kann, ist die erste Fragestellung vor dem Hintergrund der Fokussierung auf das Change Management im Rahmen der "^^^
Vgl. MULLER-STEWENS / LECHNER (2003), S, 619
^^'
Vgl. KRUGER (1999), S. 880
^^'^
Vgl. MULLER-STEWENS / LECHNER (2003), S. 694
102
Change Management
vorliegenden Arbeit deutlich relevanter, da die Fragestellung des Lernens primar Gegenstand der (strategischen) Unternehmensfuhrung im Allgemeinen und der Unternehmensentwicklung inn Speziellen ist. Auch wenn die Phase der Kontrolie prozessual die letzte Phase darstellt, sei dennoch darauf hingewiesen, dass eine Uberprufung der Umsetzung zumindest in Teiien schon wahrend der Implementierung erfolgen muss."^^^ Ansonsten besteht die Gefahr, dass Planung- oder Umsetzungsfehier zu spat erkannt werden mit der Folge, dass ggf. Wandel-Ressourcen nicht effizient und zielfuhrend eingesetzt wurden und weitere Zielvorgaben wie bspw. Zeitpian Oder Soll-Konfiguration nicht mehr eingehalten werden konnen. Des Weiteren wird im Rahmen dieser Phase die neue Soll-Konfiguration institutionalisiert,'*^'^ wobei hierunter die Verankerung des neuen Zustands in den laufenden Betrieb verstanden wird. Durch dieses Wieder-Einfrieren soli der Soll-Zustand den Projektcharakter verlieren und Bestandteil alltaglicher Ablaufe werden."^^^ 2.2.3.3
Vorgehensstrategien zur Implementierung
Der gesamte Change Management-Prozess kann unterschiedlich durchlaufen werden. Dabei ist es ijblich geworden, die Vorgehensstrategie zur Implementierung anhand der Reihenfolge des Durchlaufens durch einzelne Hierarchiestufen zu unterscheiden."^^^ Prinzipiell drei unterschiedliche Strategien konnen dabei verfolgt werden: die Top-down-Strategie, die Bottom-up-Strategie sowie hybride Verlaufsrichtungen."^^^ Die Top-down-Strategie (oder auch in ihrer extremsten Auspragung als direktiver Wandel bezeichnet)"^^^ zeichnet sich dadurch aus, dass der Wandel von der Unternehmensfuhrung initiiert und geplant wird und die Ergebnisse dann sukzessive von den einzelnen Hierarchiestufen umgesetzt werden. Durch diese Vorgehensweise wird es ermdglicht, dass Wandelvorhaben in einem kurzen Zeitraum geplant werden konnen und damit auch die Umsetzung fruhzeitig initiiert wird. Dabei ist es jedoch aufgrund der fehlenden Partizipation der Mitarbeiter unerlasslich, dass die Unternehmensfuhrung uber ausreichende Machtressourcen fur die Durchsetzung des Wandelvorhabens verfugt, da die Akzeptanz der vom Wandel betroffenen Mitarbeiter tendenziell geringer sein wird. Es sei angemerkt, dass diese Strategie oftmals mit dem Second-order Change in Verbindung gebracht wird, da eine Durchsetzung des Wandelvorhabens von der Unternehmensfuhrung stattfindet."^^^ Dieser Auffassung wird jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht durchgangig gefolgt, da auch die weiter unten dargestellten Strategien mit hybrider Verlaufrichtung geeignet scheinen, einen Wandel 2. Ordnung umzusetzen. Eine detailliertere Darstellungen der Charakteristika der Top-downStrategie am Beispiel des direktiven Wandels sowie eine Gegenuberstellung zu den beiden anderen dargestellten Strategien findet sich in Tab. 1 (siehe Seite 104).
434 435
STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 244
Vgl. CUMMINGS/WORLEY (2001). S. 186 Fijr eine eher an der betrieblichen Praxis orientierten Ausfuhrung zum Wieder-Einfrieren der gewandelten Soil-Situation vgl. bspw. ARGYRIS (1985), S. 331-336 Vgl. STAEHLE (1999), S. 935 f.
437 438 439
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass STAEHLE lediglich eine Auspragung von hybriden Verlaufsrichtungen darstellt, die Keilstrategie, bzw. seiner Terminologie folgend „from middle both ways". Vgl. fur eine ausfuhrliche Diskussion der Strategien bspw. BACH (2000), S. 124-206 Vgl. BACH (2000), S. 125
Vgl. OSTERLOH / FROST (2000), S. 232 f.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
103
Gegenuber der Top-down-Strategie ist die Bottom-up-Strategie dadurch gekennzeichnet, dass sowohl die Initiative zum Wandel als auch die Entwicklung des Wandlungskonzepts uberwiegend den vom Wandel direkt betroffenen Mitarbeitern obliegt. Dies schlieflt jedoch nicht aus, dass die Fuhrungsebene in den Wandel Involviert ist; vielmehr wird den betroffenen Mitarbeitern eine selbstandige Verhaltenssteuerung auf der intellektuellen Regulierungsebene zur Bewaltigung von Wandelungsbedarfen zugestanden.'^'^^ Diese Strategie ist damit eine Strategie, die sich als Implementierungsstrategie fur einen First-order Change eignet. Es sei jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass korrespondierend zu dem Wandel 1. Ordnung auch bei einer Bottom-up-Strategie die Voraussetzungen geschaffen werden mussen, um diese in einem Unternehmen umsetzen zu konnen. Die beiden bisher vorgestellten Strategien legen die Verlaufsrichtung eindeutig fest. Dies ist bei Strategien mit hybrider Verlaufsrichtung nicht der Fall, da hierbei Initiative und Verlaufsrichtung offen gelassen werden. Einzige notwendige Bedingung ist, dass ein Gegenstrom fur die Konzepterstellung zunnindest einmal durchlaufen wird, um das verfugbare Wissen in der Organisation ganzlich nutzen zu konnen. Korrespondierend zur Bottom-up-Strategie ist es auch fur das Gegenstromverfahren elementar, dass ein Enabling-Prozess durchgefuhrt wird, um das Verfahren zu etablieren; dieser Prozess stellt in der Kegel einen tiefgreifenden Wandel dar.'^^^ Neben dem Gegenstromverfahren, dass sich dadurch auszeichnet, dass die Mitarbeiter, die fur die jeweilige Hierarchiestufe verantwortlich sind auch die Planung ubernehmen,'^'^^ existieren im Wesentlichen noch die folgenden drei Strategieni"^"^^
-
Bipolare Strategie Planung von der Spitze und der Basis simultan zur Mitte Keilstrategie Planung von der Mitte simultan zu Spitze und Basis Multiple-Nucleus Strategie Planung Simultan von Teilen der Spitze, Mitte und Basis
Da sich in der Praxis das Gegenstromverfahren als die Strategie herauskristallisiert hat, die innerhalb der hybriden Strategien die tragfahigste und erfolgreichste ist,"^"^"^ wird nur diese Strategie stellvertretend fur die anderen hybriden Strategien im Folgenden betrachtet. Der wesentliche Vorteil des Gegenstromverfahrens liegt darin, dass durch die Initiierung durch die Unternehmensfuhrung die notwendige Vorbildfunktion ausgeubt wird und zudem die Unternehmensfuhrung die Kontrolle uber den Wandel ausuben kann; trotzdem wird jedoch durch die Involvierung der Mitarbeiter fur ihren jeweiligen Verantwortungsbereich Akzeptanz geschaffen und potenzielle Widerstande vermieden.'^'^^
441
Vgl. BACH (2000), S. 151 Vgl. BACH (2000), 8. 178
442
Vgl. o.V. (2001b), Stichwort „Gegenstromverfahren"
443
Vgl. DEURINGER (2000), S. 45 Vgl. DEURINGER (2000), S. 45 Vgl. DEURINGER (2000), S. 46
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Top-down-Strategle (dlr^ktiver Wandel)
Sottom-up-Strategle (deieglerte Wandtungsvoltmacht)
Hybride Verlaufsriehtung (Gegenstrotnverfah ren)
- Kurzer Zeitrahmen - Hohe Wandlungsbereitschaft bei den Entscheidungstragern - Stark ausgepragte Fuhrungsqualitaten in der Wandlungskoalition - MindestmaR) an Wandlungsfahigkeit der betroffenen Mitarbeiter
- Diversiflzierte oder stark dezentralisierte Unternehmung - Hohe Wandlungsbereitschaft bei den betroffenen Mitarbeitern in den Teilbereichen - Niedrige Bereitschaft bei den Entscheidungstragern in der Spitzeninstanz hinsichtlich einer Beteiligung an Wandel in den Teilbereichen
- Genugend Zeit fur Neuaufbau und Training mentaler Modelle beim erstmaligen Einsatz - Dauerhaft hohe Wandelungsbereitschaft bei den Entscheidungstragern - Dauerhaft hohe Wandelungsbereitschaft bei den Mitarbeitern - Wandlungsfahigkeit aller Mitarbeiter
- Schnelle Ergebnisse - Einheitliches, abgestimmtes Vorgehen - Uberraschungseffekt
- Lokale, marktorientierte Losungen - Dezentrale Nutzung vorhandenen Wissens - Akzeptanz bei den Mitarbeitern
- Gegenstrom als dauerhafte organisatorische Regelung - Permanenter unternehmensspezifischer Wandlungsprozess - Nutzung moglichst alien vorhandenen Wissens - Akzeptanz permanenten Wandels bei Mitarbeitern
- Wenige Macht- und Fachpromotoren unterstutzt von externen Beratern
- MittlereZahl
- Im Idealfall alle Mitarbeiter - Tendenziell weitreichender 1 und tiefgreifender Wandel
- Macht - Mikropolitik
- Tendenziell geringe Reichweite und Tiefe - Kulturleitsystem - Sachinformationen - Lobbying
Ansprache der Zielgruppe
- Aufierhalb der Wandlungskoalition keine Differenzierung zwischen Promotoren und Opponenten
- Suche von Promotoren als Sponsoren - Umgehung von Opponenten
- Versuch, alle Beteiligten zu Promotoren zu machen - Trennung von unverbesserlichen Opponenten
Gefahren/ Nachteile
- Kurzfristige Perspektive, ohne Absicherung des Ergebnisses kein langfristlger Wandel - Vernachlassigung der Akzeptanz als tragender Basis des Wandels - Ungeeignet fur tiefgreifenden Wandel - Unterschatzen von Fahigkeitsbarrieren bei der konzeptionellen Gestaltung des Wandels - Eventuell vorhandenes Wissen an der Basis wird nicht benutzt
- Uberschatzung der Wandlungsfahigkeit der Teilbereiche - Insellosungen - Vernachlassigung moglicher Synergien - Ungeeignet fur tiefgreifenden und weitreichenden Wandel
- Sehr aufwendiger EnablingProzess - Scheitern der Kommunikation des Konzepts - Voraussetzung bei den Mitarbeitern nicht gegeben - Externe Kopplungen nicht genugend berijcksichtigt
Merkmai
Rahmenbedingungen
Ziele
Anzahl der Wandlungstrager Artdes Wandels Durchsetzungsmittel
Tab. 1:
- Tendenziell weitreichend, aber wenig tiefgreifend
- Kulturleitsystem - Kulturverstarkungssystem
Charakterisierung ausgewahlter Implementierungsstrategien
Vgl. BACH (2000), S. 125, 155 und 181 Im Vergleich zur Originalabbildung wurden einzelne Merkmale nicht mit aufgefuhrt, da sie fur den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit nicht von Belang sind.
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Die Gegenuberstellung der einzelnen Strategien zeigt deutlich, dass keine Strategie die anderen dominiert, sondern dass sie kontextspezifisch einzusetzen sind. Hierzu lassen sich fur den Einsatz der vorgestellten Strategien genereile Handlungsempfehlungen ableiten, wobei konstatiert werden muss, dass sich fur diese Handlungsempfehlungen zunachst nur die Top-down- und die Bottom-up-Strategie gegenuberstellen lassen. Die hybriden Verfahren stellen prinzipiell eine Strategie dar, die die Vorteile beider Strategien zu verbinden mag; sie stellt ein Unternehmen jedoch aufgrund des erhohten Zeitaufwands und dem anspruchsvollen Enabling-Prozess verbunden mit der schwierigen Kommunikation des Konzepts die Unternehmen vor andersartlge Schwierigkeiten. Aufgrund dessen sollen im Folgenden Norm-Strategien lediglich fur die Top-down- und die Bottom-up-Strategie vorgestellt werden (siehe Abb. 37).
Abb. 37:
Genereile Handlungsempfehlungen fur Vorgehensstrategien
Da ein Top-down-Vorgehen ein geringeres Mali an zeitaufwendiger Abstimmung in Anspruch nimmt als ein partizipatives Bottom-up-Vorgehen ist es bei einem hohen Zeitdruck, Oder, mit anderen Worten, einem hohem Wandlungsbedarf vorzuziehen. Dahingegen sprechen sowohl eine hohe Wandlungsfahigkeit als auch eine hohe Wandlungsbereitschaft der betroffenen Mitarbeiter fur eine Bottom-up-Strategie, da durch ihre Partizipation eine hohere Akzeptanz schafft und trotz allem zeitnah durchgefuhrt werden kann. In Abwagung, welcher der drei Koordinaten kontextspezifisch die hochste Bedeutung beigemessen wird, ist eine entsprechende Strategie zu wahlen. Die wesentlichen Dimensionen des Change Managements wurden in den vorherigen Ausfuhrungen vorgestellt. Im Folgenden sollen die Trager des Change Managements diskutiert werden, um damit alle Dimensionen des Bezugsrahmens diskutiert zu haben. 2.2.4
Die Trager des Change Managements
Die bisherigen Ausfuhrungen haben die Dimensionen des Change Managements diskutiert mit Ausnahme der involvierten Akteure sowie deren Organisation. Hieraus resultieren zwei Fragegestellungen die Trager des Change Managements betreffend. Welches sind die wesentlichen Akteure in einem Veranderungsprozess und wie sind diese Akteure zur Durchfuhrung des Wandels zu organisieren? Die Fragestellung der Akteure ist von Relevanz, da neben einer politischen Unterstutzung eindeutige Verantwortlichkeiten sowie Ressourcen im weiteren Sinne"^"^^ benotigt werden, um Vgl. BACH (2000), S. 120
Gegenuber der Originalgbbildung wurde das Layout angepasst.
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Change Management
das Change Management und damit die Veranderung in einem Unternehmen umsetzen zu konnen. Die Sicherstellung der Verfugbarkeit dieser drei Anforderungen ist die Aufgabe des Sponsorenmodells.'*'^^ Hierbei wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter dem Sponsorenmodeil die Betrachtung aller relevanter Sponsoren verstanden und es nicht, wie es beispielsweise AL-ANI / GATTERMEYER propagieren, lediglich auf die relevanten Fuhrungskrafte bezogen. Unter einenn Sponsor wird oftmais ein ,G6nner, Forderer, Geldgeber' verstanden."^^^ Dieses Verstandnis ist jedoch nicht ausreichend, da die Sponsoren den Wandei zusatzlich durch Macht Oder Fachwissen unterstutzen konnen. Folgerichtig lassen sich im Zusammenhang mit Veranderungsprozessen nach WITTE Machtsponsoren und Fachsponsoren unterscheiden."^^^ Unter Machtsponsoren sind Personen zu verstehen, die mit Hilfe ihrer hierarchischen Stellung (offizielle Machtsponsoren) oder aufgrund inoffizieller Machtbeziehungen (inoffizielle Machtgrundlage) in einem Unternehmen den Veranderungsprozess fordern."^^^ Dagegen unterstutzen Fachsponsoren den Wandei mit ihrer Fachkenntnis."^^^ Fachsponsoren konnen zum einen Mitarbeiter (interne Fachsponsoren), zum anderen aber auch externe Akteure (externe Fachsponsoren) wie beispielsweise Unternehmensberater sein. Sponsoren sind demnach die Trager des Change Managements (siehe Abb. 38). Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Sponsoren nicht zwangslaufig Mitglieder einer Projektorganisation sein mussen. Vielmehr subsummieren sie sich aus Akteuren, die als Trager des Change Managements von Relevanz sind. So Ist beispielsweise die Unternehmensfuhrung eIn wesentllcher Machtsponsor, ohne zwangslaufig Bestandteil der Projektorganisation sein zu mussen. Des Welteren sei angemerkt, dass die Unterscheidung zwischen Macht- und Fachsponsor oftmais lediglich analytischer Art ist; denn wie die Diskussion uber inoffizielle Machtbeziehungen gezeigt hat, besitzen Fachsponsoren oftmais auch aufgrund ihrer Fachkenntnisse Macht und konnen demzufolge auch zum Machtsponsor werden.
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Unter dem Begriff Ressourcen i.w.S. werden alle materiellen und immateriellen Ressourcen verstanden, wie beispielsweise finanzielle und Sachmittel, Mitarbeiterressourcen und informatlonen. Vgl. AL-ANI / GATTERMEYER (2001), 8. 26
o.V. (1982b) Synonym werden in der Literatur teilweise die Begriffe Machtpromotor bzw. Fachpromotor verwendet (vgl. beispielsweise KANDAOUROFF (1998), S. 173). Diese Einteilung geht auf WITTE zurijck, wobei er die Terminologie des Promotors anstatt des Sponsors verwendet hat (vgl. WITTE (1973) zitiert aus STAEHLE (1999), S. 974). Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Unterteilung teilweise noch durch einen dritten Promoter erganzt wird, dem Prozess- bzw. Beziehungspromotor, dem es obliegt, den Austausch mit Marktpartnern, externen Beratem oder auch internen Opponenten sicherzustellen (vgl. STAEHLE (1999), S. 974). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird dieser welteren Differenzierung jedoch nicht gefolgt, da aus Sicht des Autors diese Aufgaben lediglich eine spezielle Auspragung eines Machtpromotors fur den Fall ist, dass Fragen von Machtbeziehungen relevant sind, bzw. eines Fachpromotors, wenn inhaltliche oder emotionale Fragestellungen zur Disposition stehen. Zusatzlich sei noch erwahnt, dass in wiederum anderen Publikationen die Sponsoren nicht differenziert werden, sondern alle Sponsoren unter dem Begriff Change Promotoren zusammengefasst werden (vgl. GRAF / JORDAN (2002), S. 240). Dieser Ansatz ist jedoch aus der Sicht des Verfassers zu unspezifisch. Einen umfassenden Uberblick uber unterschiedliche Rolleneinteilungen hat KLOTER zusammengestellt, wobei diese Zusammenstellung insbesondere vor dem Hintergrund des Innovationsmanagements erfolgte (vgl. KLOTER (1995), S. 7). Vgl. hierzu auch Kapltel 2.2.2.3.2 Vgl. KANDAOUROFF (1998), S. 173
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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TrUgercies Change Managements Machtsponsor#n --
Offlzielte MachtgmncHag# Abb. 38:
1 Inoflfetelte MachtgruncHage
Fachsponsoren ...- 1 — - ^ — 1 - . , Interne Exterr^ Fachsponsor^ . Fachsponsoren j
Trager des Change Managements
Innerhalb der Machtsponsoren mit offizieller Machtgrundlage ist insbesondere die Unternehmensfuhrung'^^'^ bei Veranderungsprojekten bedeutend. Dieser Schluss lasst sich aus Studien ableiten, die zeigen, dass die aus Fehlverhalten der Unternehmensfuhrung wahrend des Wandelprozesses resultierenden Problenne Oder solche, die aus Vorgaben resultierenden, die die Organisation uberfordern, grofie Barrieren im Veranderungsprozess darstellen kdnnen."^^^ Neben der Unternehmensfuhrung sind jedoch noch weitere Akteure relevante IVIachtsponsoren mit offizieller Machtgrundlage. Hierzu gehoren die Fuhrungskrafte der Bereiche, die vom Wandel betroffen sind, Mitarbeiter, die aufgrund von Regelungen Mitbestimmungs- Oder Mitwirkungsrechte inne haben,"^^^ sowie die Mitarbeiter, die Leitungsfunktionen innerhalb der Projektorganisation wahrnehmen. Machtsponsoren mit inoffizieller Mactitgrundlage dagegen sind Machtsponsoren, die Machtressourcen nicht aufgrund ihrer hierarchischen Stellung innerhalb der Aufbau- oder Projektorganisation inne haben, sondern aufgrund ihres Sachverstands'*^'' oder Verbindungen innerhalb des Unternehmens oder zur Umwelt. Die inoffiziellen Machtgrundlagen korrespondieren damit mit den im Rahmen der Goal Attainment-Funktion skizzierten Unsicherheitszonen. Im Vorgriff auf die Diskussion der Erfolgsfaktoren des Change Managements und zur Verdeutlichung der Relevanz von Machtsponsoren fur ein erfolgreiches Change Managements sei darauf hingewiesen, dass es die wichtigste Aufgabe von Machtsponsoren im Rahmen von Veranderungsprozessen ist, den Wandel konsequent zu unterstutzen, verbunden mit der Ausubung einer Vorbildfunktion. Hierzu ist es notwendig, dass die Machtsponsoren und hierbei insbesondere die Unternehmensfuhrung den geforderten Wandel zunachst fur sich selbst adaptieren, damit ein Wandelprozess erfolgversprechend sein kann."^^^ Es sei angemerkt, dass dies betreffend in der betriebswirtschaftlichen Praxis festgestellt werden konnte, dass fur einen erfoigreichen Wandelprozess die positive Einstellung und UnterstutIn den folgenden Ausfuhrungen wird die hierarchische Ebene der Unternehmensfuhrung als Synonym fur die hochste, in den Wandel direkt oder indirekt involvierte Hierarchieebene aufgefasst. So sind durchaus Konstellationen moglich, in denen der wesentliche Machtsponsor einer niedrigeren Hierarchieebene angehort, wenn es sich bei dem Wandelvorhaben beispielsweise um abteilungsinterne Anderungen im Rahmen eines First-order Change handelt. Diametral hierzu konnen beispielsweise bei konzemweiten Wandelvorhaben die notwendigen Machtsponsoren auch in der Konzemleitung und nicht der Leitung der Tochterunternehmen zu finden sein, was bedeutet, dass sich die relevanten Machtsponsoren oberhalb der Unternehmensfuhrung eines Tochterunternehmens befinden. Vgl. NiPPA (1997), S. 42, sowie SCHECHTL (1997), S. 109 Hier ist insbesondere der Betriebsrat zu nennen. Es sei darauf hingewiesen, dass die Machtgrundlage in diesem Fall zwar aus der Sachkenntnis resultiert, der Machtsponsor jedoch in diesem Fall nicht seine Sachkenntnisse einbringt, sondern die Macht, die aus dieser Sachkenntnis resultiert. Vgl. KUNZE / SOMMERLATTE (1997), S. 48
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Change Management
zung des oberen Managements nicht nur erwunschenswert, sondern vielmehr sogar eine elementare Voraussetzung ist."^^^ In Abgrenzung zur evolutionaren Verbesserung im Rahmen eines First-order Change hat sich insbesondere bei der Umsetzung von umfangreichen Wandelvorhaben gezeigt, wie im Folgenden am Beispiel von Business Process Reengineering (BPR)-Projekten dargelegt wird, dass eine aktive Unterstutzung der Unternehmensfuhrung ein weiterer entscheidender Erfoigsfaktor ist,'^^^ da zum einen durch die Radikalitat von BPR-Projekten im hohen Mafie strategische Entscheidungen getroffen werden mussen und zum anderen zur Durchsetzung des Projekts die hierarchische Macht der Unternehmensfuhrung eingesetzt werden muss. So haben in diesem Zusammenhang GERPOTT / WITTKEMPER im Rahmen einer Analyse erfolgreicher Business Process Reengineering Projekte festgestellt, dass bei diesen Projekten die Unternehmensfuhrung die personliche Verantwortung fur die Erreichung der Ziele ubernommen hat und sich zumindest ein Teil des Top-Managements aktiv an der Planung und Umsetzung des BPR beteiligt hat."^^^ Es sei jedoch erganzend angemerkt, dass sich diese aktive Beteiligung in der Praxis noch nicht durchgesetzt hat. So hat eine von OSTERLOH / FROST zitierte Praxisstudie ergeben, dass sich lediglich in sechs Prozent der untersuchten Unternehmen die Unternehmensieitung aktiv an dem BPR-Projekt beteiligt hat.^^2 Eine weitere Aufgabe der Machtsponsoren liegt in der Bereitstellung der fur den Wandel notwendigen Ressourcen."^^^ Insbesondere personelle und finanzielle Ressourcen sind hierbei von hoher Relevanz. Machtsponsoren mussen aufgrund dessen laufend uber den Bedarf an Ressourcen informiert werden, bzw. sich selbst aktiv an der Ressourcenplanung beteiligen, um diese wahrend des gesamten Wandelprozesses zur Verfugung stellen zu kdnnen."*^"^ Die durch fehlende Ressourcen entstehenden Probleme sind offensichtlich und werden deshalb nicht naher eriautert. Eng mit der vorherigen Aufgabe verbunden ist die Anforderung an Machtsponsoren, die Voraussetzungen zum Wandel auch auflerhalb des konkreten Wandelprojekts im Unternehmen zu schaffen."^^^ So mussen die Mitarbeiter Freiraume erhalten und benotigte Ressourcen zur Verfugung gestellt bekommen. Hierbei obliegt es den Machtsponsoren, neben der aktiven Unterstutzung wahrend der Wandels, auch nach dem Wandel die Voraussetzungen fur eine erfolgreiche, langfristige Verankerung des Wandels in dem Unternehmen zu schaffen."^^^ Dies wird insbesondere bei evolutionaren Verfahren deutlich, da hierbei das Management die Voraussetzungen schaffen muss, dass Mitarbeiter die prinzipielle Moglichkeit der evolutionaren Verbesserung haben. Vgl. KANDAOUROFF (1998), S. 198, sowie die Ausfuhrungen in Kapitel 2.3.6 Vgl. CHAMPY(1995), S. 16 Vgl. GERPOTT / WITTKEMPER (1996), 8. 161
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Beispielhaft sei auf ein in der Literatur oft zitiertes Praxisbeispiel fur die Bedeutung der Unterstutzung der Machtsponsoren verwiesen, dem erfolgreichen Business Process Reengineering bei General Electric Corp. So war in diesem Unternehmen ein wesentlicher Erfoigsfaktor die konsequente Unterstutzung des Top-Managements (vgl. SCHULER / JACKSON (1998), S. 409). Des Weiteren haben sich bei diesem Beispiel zuerst die Fuhrungskrafte gewandelt und konnten somit ein Vorbild fur die Mitarbeiter schaffen (vgl. SCHULER / JACKSON (1998), S. 409). An diesem Beispiel ist zu erkennen, dass eine Unterstutzung des Top-Managements insbesondere dann wandlungsfdrdernd ist, wenn sie aus eigenen Uberzeugungen resultiert (vgl. HEINBOKEL / SCHLEIDT(1993), S. 193). Vgl. OsTERLOH / FROST (2000), S. 258 Vgl. SPALINK (1998). S. llOf. Vgl. SPALINK (1998), S. 110f. Vgl. STAHLI (1998), 3.78 Vgl. THEUVSEN (1997), S. I l l
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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Im Gegensatz zu den Machtsponsoren sind Fachsponsoren Fachexperten, die ihr Expertenwissen zur „Losung schwieriger Aufgaben'"^^^ einbringen. Ihnen obliegt es demnach, Fragestellungen, die innerhalb des Veranderungsprozesses auftreten, mit Hilfe Ihres Facliwissens zu losen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit sich das potenzieiie Fachwissen eines Fachsponsors auf alle vier Funktionen des AGIL-Schemas bezieiien kann. Neben offensiclitlichen Aufgaben, die innerlialb der Adaption-Funktion abgearbeitet werden, fallen grundsatzlich auch in den anderen Funktionen Fragestellungen und Aufgaben an, die einer Losung bedurfen."^^® Ein plastisches Beispiel fur Fachsponsoren, die nicht ausschlieftlich Fragestellungen der Adaption-Funktion losen, sind die In Kapitel 2.1.3.1 andiskutierten OE-Berater, die sich darauf speziallsiert haben, eine Organisationsentwicklung in einem Unternehmen zu etablieren. Da eine solche Organisationsentwicklung, wie bereits dargestellt wurde, zumeist einer Anpassung aller vIer Funktionen des AGIL-Schemas bedarf, wird deutlich, dass neben der Adaption-Funktion hierbei die weiteren Funktionen thematisiert sind. So obliegen beispielsweise den OE-Beratern auch Aufgaben, wie die sukzessive Veranderung der Unternehmenskultur, durchzufuhren. Fachsponsoren konnen dahingehend unterschieden werden, ob sie unternehmensintern Oder -extern sind, wobei letztere zumeist Unternehmensberater sind. Es konnen keine allgemeingultigen Aussagen bzgl. der Schwerpunkte dieser beiden Gruppen getroffen werden, jedoch kann in einer ersten Annaherung festgehalten werden, dass interne Fachsponsoren eher unternehmensspezifisches Fachwissen in ein Veranderungsprojekt einbringen konnen, wohingegen externe Fachsponsoren zumeist methodisches WIssen oder Branchenwissen einbringen."^®^ Dies zeigt auch auf, warum zumeist eine Kombination aus unternehmensinternen und -externen Fachsponsoren sinnvoll erscheint. Es sel an dieser Stelle erganzend darauf hingewiesen, dass in Publikationen zum Thema Change Management oftmals auf Rollen wie Change Leader oder Change Agents in Veranderungsprozessen verwiesen wird.'*^^ Abgesehen davon, dass es in der Literatur kein einheitliches Verstandnis bezuglich der Aufgaben dieser Rollen gibt, wird es im Rahmen der vorliegenden Arbeit fur nicht zielfuhrend erachtet, naher die Aufgaben dieser Rollen zu thematisieren, da sie prinzipiell lediglich Aufgaben von Macht- und Fachsponsoren in sich vereinigen und aufgrund dessen eine vertiefende Diskussion keinen Erkenntnisgewinn generieren wurde. Deswegen sei nur angemerkt, dass unter Change Leadern zumeist Machtsponsoren aus der Unternehmensfuhrung verstanden werden, die den Wandel aktiv fordern. Unter Change Agents werden dagegen zumeist (Teil-) Projektieiter verstanden, die die operative Umsetzung des Wandelvorhabens zur Aufgabe haben mit den damit verbundenen Aufgaben wie Abbau von Widerstand, Mitarbeitermotivatlon etc. Damit sind beide Rollen schlussendlich Rollen innerhalb der Projektorganisation, die unterschiedliche Aufgaben wahrend des Change Management-Prozesses durchzufuhren haben und mit unterschiedlichen Machtressourcen ausgestattet sind. Zuletzt seien noch weitere Akteure im Veranderungsprozess erwahnt, die Projektmitarbeiter fur nicht spezialislerte Aufgaben oder Fragestellungen. Diese Mitarbelter bringen kein 467 468
KOREIMANN (1999), 8. 28 So hat beispielweise ein Sozialtechnologe die Aufgabe, einen organisatorischen Wandel durch einen Wandel von Personen zu erreichen, indem Einstellungen geandert, die Motivation gesteigert die Arbeitssituation verbessert und schlussendlich dadurch auch die Zufriedenheit gesteigertwird. Vgl. STAEHLE (1999), S. 974 ff.
Vgl. bspw. hierzu TISCHLER (1999), S. 89-97, o.V. (2001b), Stichwort „Change Agents", GROTE (2001), S. 87 ff., sowie AL-ANI / GATTERMEYER (2001), S. 19
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Change Management
Wissen fur die Losung „schwieriger" Aufgaben in das Projekt ein, sondern ubernehmen dagegen Tatigkeiten, die zur Durchfuhrung von einem Wandelvorhaben von Bedeutung sind, nicht jedoch einer speziellen Fachkompetenz bedurfen.'^^^ Da in Veranderungsprojekten oftmals eine Vielzahl derartiger Aufgaben bearbeitet werden mussen, ist die Verfugbarkeit dieser Mitarbeiter sicherzustellen. Sie sind demnach auch notwendige Ressourcen des Change Managennents. Wie anfangs bereits dargestellt, sind die Trager des Change Managements nicht losgelost von einer Organisationsfornn zu betrachten; vielmehr stellt die Organisation des Wandels ein organisatorisches Problem dar,"*^^ Wahrend ein Wandel 1. Ordnung, nachdem die entsprechenden Voraussetzungen in der Organisation geschaffen wurden, innerhalb der bestehenden Organisation durchgefuhrt wird, ist fur den Wandel 2. Ordnung eine Projektorganisation zu etablieren, die mit dem relativ geschlossenen Aufgabenbundel des Wandels beauftragt wird.^'^ Projekte konnen unterschiedlich organisiert werden. Im Wesentlichen wird unterschieden, ob sie basierend auf einer institutionalisierten Selbstabstimmung auf Zeit koordiniert werden Oder die laufende Projektkoordination durch eine eigene Stelle, dem Projektmanager, durchgefuhrt wird. Letztere Koordinationsform wird insbesondere dann gewahit, wenn aufgrund der Komplexitat eines Projektes die Selbstabstimmung uberfordert ist.'^'''^ Diese beiden Koordinationsformen konnen jedoch auch miteinander kombiniert werden; die Instanzen der vom Projekt betroffenen Organisatlonseinheiten bilden einen Steuerung- oder Lenkungskreis, der sich auf die Vorgabe von Richtlinien und die Entscheidung grundsatzlicher Fragen beschrankt."*^^ Damit obliegt dem Steuerungskreis eine wesentliche Aufgabe: Projektgruppen sind grundsatzlich der Gefahr ausgesetzt, dass sie eine Eigendynamik entwickein und sie sich dadurch von der Organisation entkoppeln."^^^ Um dies zu verhindern und eine den Projektzielen konforme Arbeit zu gewahrleisten, stellt der Steuerungskreis den Anschluss der Projektgruppen an die Organisation sicher. Da Projekte des Second-order Change grundsatzlich derart komplex sind, dass eine Selbstorganisation der Projektgruppe uberfordert ist und zudem die zielkonforme Erarbeitung unabdingbar ist, sind derartige Projekte mit einem Steuerungskreis organisiert, so dass damit drei prinzipielle Hierarchieebenen in einem solchen Projekt anzutreffen sind; der Steuerungskreis, die Projektieitung sowie die operativen Arbeitsgruppen."^^^ Wird diese Projektorganisation in Zusammenhang mit den skizzierten Auspragungen von Sponsoren gebracht, sind die Machtsponsoren, deren Macht auf der offlziellen Hierarchie basiert, auf den oberen Ebenen, die Fachsponsoren zumeist auf der Arbeitsgruppenebene angesledelt.
Beispielhaft selen die Mitarbeiter des Projektburos erwahnt. Vgl. BREHM / JANTZEN-HOMP (2002), S. 206 Vgl. BREHM / JANTZEN-HOMP (2002), S. 206 ff.
475 476
Unter einem Pro/e/cf wird hierbei ein zeitlich befristetes, zielorientiertes und neuartiges Vorhaben verstanden, welches eine besonders hohe Komplexitat aufweist und eine interdisziplinare Zusammenarbeit von Bereichen erfordert. (vgl. VAHS (2005), S. 92 f. sowie DEUTSCHER NORMENAUSSCHUSS (1980)). Vgl. KiESER/ KUBICEK (1992), S. 138 f. Vgl. KIESER/KUBICEK(1992), S. 139 Vgl. BGHNER (1999), 8.231 Vgl. BQHNER(1999), 8. 232 Fur eine vertiefende Darstellung der einzelnen Akteure in Projekten vgl. bspw. BECK (1996), S. 96 ff.
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
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Die Zusammensetzung der einzelnen Arbeitsgruppen ist jedoch nicht ausschliefllich durch die Kompetenzen der einzelnen Arbeitsgruppenmitglieder bestimmt. Denn hieruber hinaus ist ein wesentlicher Aspekt der Gruppenzusammensetzung der der Homogenitat bzw. der Heterogenitat eines Teams. Diese wird neben der fachlichen Qualifikation durch Aspekte wie Geschlecht, Rasse, Alter und Funktion sowie der Nationalitat bestimmt."^^^ Die Fragestellung der Ahnlichkeit innerhalb einer Gruppe soUte auch unter der Zielsetzung bewertet werden, neben der fachlich zielfuhrenden Zusammensetzungen insbesondere auch eine hohe Gruppenkohasion mit leistungsorientierten Gruppennormen zu etablieren. Die Gruppenkohasion beschreibt dabei den Gruppenzusammenhalt bzw. das Wir-Gefuhl einer Gruppe. Gleichzeitig foigt jedoch aus einer hohen Kohasion auch eine hohe Abgrenzung zu anderen Gruppen.'*'^^ Eine Kohasion wird dabei dadurch bestimmt, wie ahnlich sich die Gruppenmitglieder in den von ihnen als wesentlich empfundenen Eigenschaften erieben. Zudem steigern Faktoren wie eine hohe Kontakthaufigkeit, die Dauer des Bestehens der Gruppe sowie eine geringe Fluktuation die Kohasion zusatzlich."^^" Es sei bezuglich der Kohasion auf einen wesentiichen Zusammenhang hingewiesen, der Umstand der Wirkrichtung zwischen Kohasion und Gruppenerfolg. So wird oftmals angenommen, dass aus einer hoheren Kohasion eine hdhere Gruppenleistung resultiert. Dies ist jedoch kritisch zu hinterfragen. Denn wenn ex post der Erfolg einer Gruppenarbeit und die Gruppenkohasion gemessen wird, kann nicht zwingend daraus geschlossen werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgsreichen Gruppenarbeit signifikant durch eine hohere Kohasion gesteigert wird, sondern vielmehr konnte der Zusammenhang bestehen, dass eine erfolgreiche Gruppenarbeit die Kohasion gesteigert hat."^^^ Im Vorgriff sei angemerkt, dass dieser Wirkungszusammenhang fur die folgenden Ausfuhrungen eine wesentliche Erkenntnis darstellt: gemeinsame Erfolge steigern neben der Motivation insbesondere auch das Zusammengehorigkeitsgefuhl der Gruppe. In diesem Effekt liegt auch die Begrundung fur die positive Wirkung von Quick Wins, die in Kapitel 2.2.3.2.3 als erstrebenswert identifiziert wurden. Bezuglich der Auswirkung einer Kohasion soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit den dargestellten Auswirkungen von Kohasion von BRODBECK / FREY gefoigt werden. Eine hohere Kohasion bewirkt, dass sich die Gruppenmitglieder starker an den Gruppennormen orientieren."^^^ Wenn diese Gruppennormen nun leistungsorientiert sind, folgt hieraus, dass die Kohasion leistungssteigernd ist. Dagegen wirkt sie leistungsmindernd, wenn die Leitungsnorm eher niedrig ist. Neben der Fragestellung von Macht- und Fachsponsoren sowie der Projektorganisation und -zusammensetzung ist die Fragestellung der Qualifikation der Mitarbeiter wesentlich fur die Auswahl geeigneter Personen. Die bisherigen Ausfuhrungen betrafen im Wesentiichen die fachliche Qualifikation von Mitarbeitern; andere wurden nicht berucksichtigt. Im Rahmen des Projektmanagements wird die Fragestellung der Qualifikation thematisiert und oftmals unter dem Begriff der Kompetenzen im Sinne von Qualifikationen zusammengefasst. Diese
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Vgl. ANTONI / BUNGARD (2004), S. 160 Vgl. FISCHER / WiswEDE (2002), S. 595 Vgl. KiRCHLER / SCHROTT (2005a), S. 512 f. Fur eine vertiefende Diskussion der Kohasionstheorie vergleiche auch CARTWRIGHT (1968) Vgl. WEGGE (2004). S. 716 Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen BRODBECK / FREY (1999), S. 359
112
Change Management
untergliedern sich wiederum in Managementkompetenzen,'^^^ Fachkompetenzen,'^^'^ Sozialkompetenzen"^^^ und personliche Kompetenzen."^^® Die einzelnen Kompetenzen sollen im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht vertieft werden, sondern es sei vielmehr auf Publikationen zum Projektmanagement verwiesen."^^^ Jedoch ist festzuhalten, dass es dem Change Management obliegt, geeignete Kompetenztrager auszuwahlen und zielfuhrend im Projekt einzusetzen. Wesentlich hierbei ist, dass der Fokus nicht allein auf die fachliche Kompetenz der involvierten Akteure gelegt wird, sondern vielmehr die ubrigen Kompetenzen angemessen berucksichtigt werden.
2.2.5
Synthase der einzelnen Dimensionen des Change Managements
Die vorherigen Ausfuhrungen haben einen ganzheitlichen Bezugsrahmen des Change Managements skizziert. Es wurden neben den Komponenten des Change Managements der Prozess der Veranderung sowie die wesentlichen Trager des Change Managements dargestellt. Ahnlich wie die Funktionen des AGIL-Schemas sind jedoch auch diese Dimensionen des Change Managements nicht unabhangig voneinander; vielmehr ergeben sich eine Vielzahl wesentlicher Interdependenzen zwischen den Dimensionen, die in Abb. 39 dargestellt sind. Die einzelnen Interdependenzen lassen sich in Anforderungen und Restriktionen untergliedern. So sind beispielsweise die Anforderungen der „Komponenten des Change Managements" an den „Change Management-Prozess", die Vorgehensweise und die Vorgehensstrategie derart durchzufuhren, dass das primare Ziel des Change Managements unter Berucksichtigung des sekundaren Ziels realisiert wird. Als Restriktion kann sich nun ergeben, dass entweder eine Soll-Konfiguration generell nicht umsetzbar ist (beispielsweise aufgrund technlscher Restriktionen) und damit eine Restriktion fiir das primare Ziel des Change Managements vorliegt, Oder dies nicht im Rahmen der Umsetzungsvorgaben durchgefuhrt werden kann. Dies Ist beispielsweise der Fall, wenn ein Wandel nicht innerhalb des gesetzten zeitlichen Rahmens oder mit den zur Verfugung stehenden Ressourcen durchgefuhrt werden kann. Diese umfassen Planungs-, Problemiose- und Methodenkonnpetenz sowie ein Wirtschaftllchkeitsdenken. Des Weiteren werden ihr Zeitmanagement, Organisationstalent sowie Improvisations- und Anpassungsgeschick zugeordnet (vgl. VOSS/ECKRICH (2003), 8. 466). Fachkompetenzen wurden bereits im Zusammenhang mit den Fachsponsoren diskutiert. Die Sozialkompetenz umfasst die Fuhrung und Motivation von Mitarbeitern, das Fordern von Teamarbeit, die kommunikative Kompetenz in Einzel- und Gruppengesprachen, Verhandlungen und Prasentationen, die Kooperationsbereitschaft sowie die Konfliktiosekompetenz (vgl. Voss / ECKRICH (2003), S. 466). Die personliche Kompetenz umfasst die Sach- und Zielorientierung, die Entscheidungsfreude, die Offenheit fur Neuerungen, Loyalltat und Integritat, Durchsetzungs- und Uberzeugungsfahigkeit den Vorgesetzten gegenuber genauso wie den Mitarbeitern gegenuber sowie die Dynamik / Eigeninitiative (vgl. Voss/ ECKRICH (2003), S. 466). Es sei angemerkt, dass die weitere Unterteilung nicht einheitlich vorgenommen wird. So ist eine weitere, gangige Unterteilung die nach technical skills, conceptual skills sowie interpersonal skills (vgl. YuKL / FLEET (1992) zitiert aus KASCHUBE / ROSENSTIEL (2004), S. 565). Diese Unterteilung ist jedoch auch nicht unumstrltten, da motivationale und volitionale Aspekte sowie der Aspekt des personlichen Entwicklungs- und Lernpotenzials fehit (vgl. KASCHUBE / ROSENSTIEL (2004), S. 565 f.). Es sei angemerkt, dass hierin die Begrundung liegt, dass das Model! von Voss / ECKRICH anstatt des populareren Modells von YUKL / FLEET gewShIt wurde. Vgl. bspw. aus der eher theoretischen Perspektive KNEIP (2004), S. 447-455, sowie aus der eher praxisorientierten Perspektive KESSELER/WINKELHOFER (2002), S. 69-93
Strukturierungsrahmen fur das Change Management
113
Neben dieser Restriktion werden die wesentlichen Beschrankungen durch die Dimension „Trager des Change IVIanagements" bestimmt. Denn durch diese Dimension werden die relevanten IVlacht- und Fachsponsoren identifiziert, die aufgrund zeitlicher oder, insbesondere beim Einsatz externer Dienstleister, finanzieller Restriktionen nicht verfugbar sind. Wenn nun angenommen wird, dass die fur den Wandel notwendige Arbeitskraft und das Wissen zumindest am Markt in Form von externer Unterstutzung erworben werden kann, folgert hieraus, dass die Dimension „Trager des Change Managements" lediglich eine Restriktion fijr das sekundare Ziel des Change Managements darstellen kann. Denn eine Umsetzung eines Soll-AGIL-Schemas ist unter dieser Annahme grundsatzlich moglich, jedoch kann dies unter Umstanden nicht im Rahmen der zeitlichen oder Ressourcenvorgaben realisiert werden. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn die Kosten fur den Einsatz externer Unterstutzung durch das Budget des Veranderungsvorhabens nicht gedeckt sind. Change Management
Prozess
/f /•^^'P
Anforderungen an Sponsoren und Organisation
Komponertt^n des Change
Restriktionen Insbesondere fur das sekundare Ziel des Change Managements
Anforderungen Restriktionen
Abb. 39:
TrSgerdes Change Managements
Interdependenzen der Dimensionen des Change Managements
Ahnliches gilt auch fur die Restriktionen, bei denen die Dimension „Trager des Change Managements" den Change Management-Prozess limitiert. Denn aus einer prinzipiellen Verfugbarkeit von Sponsoren folgert nicht zwangslaufig, dass auch sichergestellt ist, dass die Sponsoren fur konkrete Aufgaben oder Termine verfugbar sind. Dieser Fall tritt ein, wenn Sponsoren nur anteilig fur das Wandlungsvorhaben zur Verfugung stehen oder Sponsoren mehrere, parallele Tatigkeiten in einem Projekt ubertragen werden. Auch wenn diese Restriktion eine einfache Aufgabe fur ein Projektmanagement zu sein scheint, sei im Vorgriff zu den weiteren Ausfuhrungen angemerkt, dass hierin eine der wesentlichen Begrundungen liegt, dass Netzwerke in der Energiewirtschaft zumeist regional beschrankt sind."^®^ Denn das kurzfristig durchfuhrbare Zusammentreffen von wesentlichen Macht- oder Fachsponsoren an einem Ort wurde als wesentlicher Erfolgsfaktor identifiziert, da hierdurch eine zeitnahe Abstimmung bei ungeplanten Ereignissen oder aktuellen Fragestellungen ermoglicht wird.
Vgl.Kapitel 5.2.1.1
114
Change Management
Abschlieflend sei darauf hingewiesen, dass, wie bereits dargestellt, eine vertiefende Diskussion der einzelnen Methoden fur die dargestellten Dimensionen des Change Managements zwar nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, es jedoch angemerkt werden soil, dass eine umfassende Methode zur Abdeckung aller Dimensionen sowie der Interdependenzen zwischen diesen Dimensionen derzeit nicht existiert. Vielmehr werden die unterschiedlichsten Methoden fur einzelne Dimensionen oder sogar nur fur Teilaspekte einer Dimension publiziert, die Synthese dieser Methoden inklusive der Berucksichtigung der Interdependenzen bleibt jedoch weiterhin Aufgabe der Fuhrungspersonen innerhalb eines Veranderungsvorhabens. Dieser Umstand ist jedoch auch nachvoilziehbar, wenn die Komplexitat des Change Managements berucksichtlgt wird.
2.3
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
In den vorherigen Kapitein wurde das Change Management umfassend diskutiert. Es wurde ein Bezugsrahmen entwickelt, der das Change Management ganzheitlich erfasst und strukturiert, um sicherzustellen, dass durch die Anwendung dieses Bezugsrahmens alle Aspekte eines unternehmerischen Wandels berucksichtigt werden. Um einen Wandel jedoch erfolgreich durchfuhren zu konnen, ist es elementar, dass be! der Durchfuhrung Faktoren Berucksichtigung finden, die den Wandel maflgeblich tangieren. So ist In den vorherigen Kapitein beispielhaft enA/ahnt worden, dass die fruhzeitige EInbindung von betroffenen Mitarbeitern einen Wandel positiv beeinflussen kann, beziehungsweise ein Unterlassen der Einbindung ein Hemmnis fur den Wandel darstellen kann. Gegenstand dieses Kapltels ist aufgrund dessen die Analyse sowohl von erfolgreichen als auch von gescheiterten Wandelvorhaben, sowie die Strukturierung dieser Erkenntnisse auf Basis des Bezugsrahmens mit dem Ziel, Faktoren zu identifizieren, die ubereinstimmend als wandlungsfordernd bzw. wandlungshemmend erkannt wurden. Um eine umfassende Analyse sicherzustellen, wird hierfur auf Sekundardaten zuruckgegriffen. Es wird hierbei bewusst in Kauf genommen, dass durch eine solche Vorgehensweise aus wissenschaftstheoretischer Sicht durchaus methodische Probleme resultieren konnen, wenn kontextspezifische Erkenntnisse generalisiert werden. Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass durch eine breite Analyse solcher Faktoren verbunden mit der Auswahl lediglich derjenlgen Faktoren, die ubereinstimmend in unterschiedlichen Quellen aufgefuhrt werden oder das Ergebnis von einer umfangreichen Studie sind, eine Verallgemeinerung methodisch vertretbar erscheinen lasst. Einleitend wird zunachst der Begriff des Erfoigs sowie des Erfolgsfaktors bzw. des Misserfolgs und des Misserfolgsfaktors diskutiert, um hierauf aufbauend ein Verstandnis des Madstabes zu entwickein, auf dessen Basis erfoigreiche Wandelvorhaben sowie die fur den Wandel maRgeblichen Faktoren identifizieren zu konnen.
2.3.1
Zum Begriff des Erfoigs- bzw. des Misserfolgsfaktors
Der Begriff des Erfolgsfaktors ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur haufig anzutreffen, wobei jedoch dieser Begriff oftmals unscharf verwendet wird. So werden einerseits unter diesem Begriff unterschiedliche Sachverhalte verstanden, andererselts verwandte Begriffe synonym verwendet."^^^
Beispielhaft seien die Begriffe des strategischen Faktors (vgl. STEINER (1969) zitiert aus SCHADLE (2001), 8. 102) und des Exzellenzfaktors (vgl. STAERKLE / PERICH (1987) zitiert aus SCHADLE (2001), 8. 102) aufgefuhrt.
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
115
Eine der fruhen Publikationen zu Erfolgsfaktoren stammt von DANIEL, der Erfolgsfaktoren als „key jobs that nnust be done exceedingly well for a company to be successful"'^^^ definiert. Dieses Verstandnis wurde weiterentwickelt, indem zwischen Faktoren unterschieden wurde, auf die ein Unternehmen Einfluss hat und derartige, auf die ein Unternehmen keinen Einfluss hat"^^^ sowie der wettbewerbsstarkende Faktor der Erfolgsfaktoren hervorgehoben wurde."^^^ Basierend auf diesen Erweiterungen und in Aniehnung an ORTMANN lassen sich demnach drei konstituierende Merkmale fur Erfolgsfaktoren feststellen:"*^^ -
-
Erfolgsfaktoren haben eine strategische Dimension, was bedeutet, dass sie langfristig wirksam sind; hieraus lasst sich jedoch nicht der Ruckschluss Ziehen, dass sie nicht kurzfristig veranderbar sind. Erfolgsfaktoren sind eine zentrale EinfiussgroUe, die den Erfolg einer strategischen Planungseinheit madgeblich bestimnnen und somit zunn Ausbau Oder der Sicherung von Wettbewerbsvorteilen beitragen. Erfolgsfaktoren konnen sowohl aus dem innerbetrieblictien als auch auHerbetriebliclien Umfeld entstammen; sie konnen von der Unternehmensfuhrung sowohl beeinflussbar als auch unbeeinflussbar sein.
Eine deutliche Erweiterung hat der Begriff des Erfolgsfaktors durch LINGENFELDER erfahren, wenn er erfolgsfordernde und erfolgshemmende Faktoren unterscheidet."^^"^ Erstere Faktoren besitzen eine positive Wirkung auf den Erfolg, letztere eine negative. Das beschriebene Verstandnis eines Erfolgsfaktors soil demnach allgemeingultige Aussagen uber die Erfolgswirkung isolierbarer Einflussgroften treffen, die in Form von Wenn-dannAussagen generiert werden."^^^ Um jedoch derartige Aussagen treffen zu konnen, ist der Begriff des Erfoigs bzw. des Misserfoigs naher zu eriautern, da der Begriff des Erfolgsfaktors offensichtlich hierdurch konstituiert wird. Der Begriff wird hierbei nicht auf den Erfolg eines Unternehmens bezogen, sondern auf den Erfolg eines Projektes, da im Rahmen der vorliegenden Arbeit die erfolgreiche Etabllerung von Unternehmensnetzwerken thematisiert wird. Ganz allgemein kann zunachst festgehalten werden, dass eine Veranderung genau dann als erfolgreich zu bewerten ist, wenn die gesetzten Ziele realisiert wurden,"*^® wobei die Fragestellung, wie die Verifikation der Zielerreichung erfolgen soil, nicht welter thematisiert wird. Diese Auffassung des Begriffs Erfolg ist zwar nachvollziehbar, jedoch fur die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit zu unspezifisch. Denn wie in Kapitel 2.2.3.2.2 bereits beschrieben wurde, existieren zwei unterschiedliche Auspragungen von Zielsetzungen im Rahmen von Veranderungsprojekten, das primare und das sekundare Ziel des Change Managements. Zudem konnen sich Ziele wahrend der Durchfuhrung des Change Managements andern, was schon in der teilweise erheblichen Dauer von Veranderungsprojekten begrundet liegt; so andern sich wahrend der Veranderung beispielsweise regelmafiig auch die Umweltparameter, was Anpassungen unter Umstanden notwendig werden lasst. Werden diese Punkte zusammengefasst, soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit der Begriff des Erfoigs als die Realisierung einer definierten Soll-Konfiguration (primares Ziel des Change Managements) unter der Einhaltung der gesetzten Restriktionen fur die Umsetzung (sekundares Ziel des Change Managements) eben dieser Soll-Konfiguration verstanden 490 491 492 493 494 495
DANIEL (1961), S. 116 Vgl. ANTHONY / DEARDEN / VANCIL (1972) zitiert aus SCHADLE (2001), S. 102
Vgl.RocKART(1979), S. 85 Vgl. zu den folgenden Punkten ORTMANN (1999), S. 21 Vgl. LINGENFELDER (1990), S. 25
Vgl. SCHADLE (2001), S. 102 Eine derartige Auffassung zum Begriff des Erfoigs bezogen auf Projekte lasst sich beispielsweise aus der Erfolgsfaktordefinition von SCHADLE ableiten (vgl. SCHADLE (2001), S. 103).
116
Change Management
werden, wobei als Maftstab nicht die ursprunglich gesetzten Ziele angesetzt werden, sondern die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Realisierung gultigen Ziele. Demgegenuber wird unter einem Misserfolg verstanden, wenn niciit alle gesetzten Ziele realisiert oder die gesetzten Restriktionen nicht eingehalten wurden. Aus diesem Verstandnis lassen sich demnach auch die Begriffe der Erfoigs- bzw. der Misserfolgsfaktoren ableiten. Ein Erfolgsfaktor wird demnach als allgemeingultige Handlungsempfehlung oder Verhaltensweise deflniert, deren Befolgung die Chancen fur einen erfolgreichen Abschluss eines Wandlungsvorhabens erhoht."^^^ Demgegenuber sind unter Misserfolgsfaktoren diejenigen Faktoren zu verstehen, die die Chancen fur einen Misserfolg eines Wandlungsvorhabens erhohen. Das Wandlungsvorhaben kann dabei sowohl ein Wandel 1. Ordnung als auch ein Wandel 2. Ordnung sein. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass Misserfolgsfaktoren nicht deckungsgleich mit Grunden sind, warum Projekte scheitern, die in empirischen Untersuchungen oftmals erhoben werden (siehe bspw. Abb. 6, Seite 17). So wurde in der an dieser Stelle zitierten Studie beispielsweise als der vierthaufigste Grund „keine klare Zielsetzung" genannt, was der obigen Definition folgend jedoch keinen Misserfolgsfaktor darstellen kann, da bei einer unklaren Zielsetzung die Erreichung der Ziele nicht verifiziert werden kann. Ahnliches kann fur Faktoren wie „widerspruchliche Zielsetzung" festgehalten werden, da in diesem Fall das Scheitern des Projektes per Definition schon vorliegt und deswegen keine Faktoren zur Erhdhung der Chancen fur den Erfolg bzw. Misserfolg identifiziert wurden. Erfolgsfaktoren werden in der Literatur oft erhoben, jedoch ist teilweise nicht transparent, was unter ihnen zu verstehen ist und welche Handlungsempfehlungen sich aus ihnen ableiten lassen. Dies sei am Beispiel des Erfolgsfaktors „Professionelles Projektmanagement" erlautert."*^^ Der Begriff des professionellen Projektmanagements ist in der zitierten Studie nicht naher eriautert und kann deswegen nicht eindeutig in das Change Management eingeordnet werden. So kann unter einem professionellen Projektmanagement die problemadaquate Anpassung eines Change Management-Prozesses genauso verstanden werden wie die zlelfuhrende Besetzung eines Projektteams oder eine sinnvolle Priorisierung von Zielen. Abgesehen von der Fragestellung, inwiewelt derartige Ergebnisse nicht banal sind, werden sie im Folgenden nicht mit einbezogen, da sie aus Sicht des Verfassers zu viele Freiheiten hinsichtlich eIner subjektiven Interpretation zulassen. Erfolgsfaktoren konnen nach den unterschiedlichsten Kriterien typologislert werden. So listet beispielsweise ORTMANN unterschiedlichste Typologien auf, wenn er nach Einflussmoglichkeit, nach Varlabilitat, nach Merkmalsqualitat, nach Wirkungsrichtung, nach Bedeutung und nach Stellung in der Wirkungsrichtung unterscheidet."^®^ Ohne die einzelnen Typologien naher diskutieren zu wollen, wird bei einigen deutlich, dass eine eindeutige Einordnung von Erfolgsfaktoren nicht grundsatzlich moglich erscheint. So ist es beispielsweise unklar, nach welchen Kriterien er die Erfolgsfaktoren (nach der Bedeutung) in 1. Grad, 2. Grad oder 3. Grad klassifiziert. Im Rahmen der vorllegenden Arbeit soil den dargestellten Typologisierungen nicht gefolgt werden, sondern es soil, korrespondierend zu der verwendeten Strukturierung, eine Einordnung der Erfolgsfaktoren in den ganzheitlichen Bezugsrahmen des Change Managements Der Kern der Definition lehnt sich an SCHADLE an (vgl. SCHADLE (2001), S. 103). Dieser Erfolgsfaktor ist einer von der Unternehmensberatung Gap Gemini Ernst & Young veroffentlichten Studie der funftwichtigste Erfolgsfaktor (vgl. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003), S. 41). Zu einem ahnlichen Ergebnis kommt auch die Unternehmensberatung Kienbaum (vgl. KIENBAUM (1996) zitiert aus DEURINGER (2000), S. 28). Vgl. ORTMANN (1999), S. 24
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
117
und damit in das AGIL-Schenria, in den Change Management-Prozess sowie in die Trager des Change Managements erfolgen. Dadurch wird zum einen die Konsistenz gewahrt und zum anderen die Fragestellung der Abgrenzung zwischen den einzelnen Typen innerhalb einer Typologie vermieden, da der Bezugsrahmen bereits definiert worden ist. 2.3.2
Analysierte Literatur und Vorgehensweise
Veroffentlichungen und Studien uber die Thematik des Change Managements existieren im groflen Umfang, wobei eine Vielzahl derartiger Veroffentlichungen singulare Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis darstellen, die deswegen nicht unreflektiert fur die vorliegende Arbeit verwendet werden kdnnen. Ausgangspunkt fur die Sekundardatenerhebung war eine Recherche von Veroffentlichungen bei WISO-NET,^°° Business Source Elite,^°^ EconLit^°^ sowie im Karlsruhen Virtueller Katalog KVK.^°^ Des Weiteren wurde eine Internet-Recherche durchgefiihrt. Die RechercheErgebnisse wurden gesichtet und basierend auf den folgenden Kriterien bewertet.-^^"^ Das Ziel der Publikation ist unter anderem die Erhebung von Erfoigs- oder Misserfolgsfaktoren. Die Erfoigs- oder Misserfolgsfaktoren sind aus einer mundlichen bzw. schriftlichen Befragung abgeleitet oder aus beschriebenen Beispielen oder Fallstudien. Beispiele oder Fallstudien werden nur dann verwendet, wenn entweder in einer Publikation Aussagen basierend auf mehreren Beispielen oder Fallstudien getroffen werden Oder mehrere Publikationen identische oder weitgehend identische Faktoren identifizieren. Es werden in der Publikation nicht nur Faktoren aufgelistet, sondern zudem auch noch Handlungsempfehlungen verbunden mit einer Beschreibung, wie diese einzuordnen sind. Idealerweise, nicht jedoch zwingend, beziehen sich diese Empfehlungen dabei direkt auf die einzelnen Faktoren. Es werden lediglich Publikationen verwertet, die ab dem Jahr 1995 entstanden sind. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass Erfolgsfaktoren im Zeitablauf einem Wan-
WISO-NET ist die grolite deutschsprachige Zusammenstellung von Literaturnachweisen zu Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Uber 9.000 deutsche und internationale Zeitschriften, Zeitungen, Bucher und weitere Publikationen werden ausgewertet und mit Quellenangabe, Abstracts und Zusammenfassungen erschlossen (siehe auch http://www.wisonet.de/indiv_startseiten/lndex.html?WID=93932-1430215-62323_1). "Business Source Elite" ist eine Online-Volltext-Datenbank fur alle Aspekte der Wirtschaftswissenschaften ("business, management, economics, finance, banking, accounting, and much more"), die ca. 1.050 relevante Zeitschriftentitel auswertet (siehe auch http://www.epnet.com/academic/bussourceelite.asp). EconLit ist eine von der American Economic Association erstellte Fachdatenbank fur alle Fachgebiete der Wirtschaftswissenschaften sowie angrenzender Disziplinen (u.a. Wirtschafts-, Geld- und Steuertheorie, Wirtschaftsgeschichte, Offentliche Finanzen, Bankwesen, Kapitalmarkte, Demographie, Wirtschaftswachstum). Nachgewiesen werden u.a. Artikel, Aufsatze, Bucher, Dissertationen, Working Papers, seit 1987 mit Abstracts (siehe auch http://www.econlit.org). Der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK) ist ein Meta-Katalog fur Bibliotheks- und Buchhandelskataloge. Die eingegebenen Suchanfragen werden an mehrere Bibliothekskataloge gleichzeitig weitergereicht und die jeweiligen Trefferlisten angezeigt. Ingesamt steht ein Datenbestand von mehr als 75 Millionen BuchtiteIn zur Verfugung (siehe auch http://www.ubka.unikarlsruhe.de/hylib/virtueller_katalog.html) Die Kriterien lehnen sich an SCHADLE an (vgl. SCHADLE (2001), S. 104).
Change Management
118
del unterliegen und deswegen keine Publikationen verwendet werden, die alter als 10 Jahre sind.^°^ Wanclel 1. Ordrtung
Wandel 2. Ordnung » BLEICHER (2005) » GATTERMEYER / NEUBAUER (2000) » GLASER-GALLION (2002) » GRAF / JORDAN (2002)
•
BERNER (2000b)
• BERNICK(2001)
HAGEL I I I / S I N G E R (1999)
•
BLEICHER (2005)
» HIRSCHHORN (2002)
•
GATTERMEYER / NEUBAUER (2000)
• HUDSON (2001)
• HACKMAN(1990)
Qualitative Datenerhebung
» HACKMAN (1990) i
•
KEGAN / LASKOW LAHEY (2001)
• LARKIN / LARKIN (1996) • PERLITZ(1998)
• KLOTER(1995)
• ROHLOFF (1994)
• PERLITZ(1998)
» SCHADLE (2001)506
• SCHEURER/ZAHN(1998)
• SCHAFFER / MCCREIGHT (2004)
• STREBEL(1996)
• SCHWEIGER/DENISI(1991)
• WEINREICH(1999) •
WILLEITNER (2002)
• STOCK / M U E S (2003) » STREBEL(1996)
• TlSCHLER(1999) • WILLEITNER (2002) • W O L F F (1998)
• XiN / PuciK (2003) • APPEL/SCHWAAB(1999)
Quantitative Datenerhebung
BERNER(2000a)
CAP GEMINI ERNST & Y O U N G (2003)
•
C A P GEMINI ERNST & YOUNG (2003)
CLAfiEN (2005)
•
CLABEN (2005)
DEURINGER (2000)
•
DEURINGER (2000)
HAUSLADEN (2001)
• HAUSLADEN(2001)
KANDAOUROFF (1998)
•
KANDAOUROFF (1998)
KIENBAUM (1996)
•
KIENBAUM (1996)
LECHLER(1997)
• LECHLER(1997) • NIPPA(1997)
Tab. 2:
APPEL / SCHWAAB (1999)
•
NIPPA(1997)
PlCOT/BOHME(1996)
• R0DER(1999) • RODER/SCHWAAB(1999)
• R0DER(1999)
•
• SCHADLE(2001)^°^
V A N S / TRAUTWEIN (2000)
» R O D E R / S C H W A A B (1999)
Literaturumfang der Sekundardatenanalyse des Change Managements
Auch wenn diese Kriterien an die Publikationen angelegt werden und der Verfasser um eine objektive Beurteilung der einzelnen Faktoren bemuht ist, kann ein derartiges Vorgehen modellinharent nicht vollkommen objektiv sein. Eine weitere Schwierigkelt bei dem Vorgehen liegt in den unterschiedlichen Termini, die in den Publikationen verwendet werden. So hat SCHADLE beispielsweise im Rahnnen einer umfangreichen Sekundardatenanalyse uber Erfolgsfaktoren bei BPR-Projekten unter anderem die Faktoren „Prozesse identifizieren und abgrenzen" und „Kernprozesse festlegen" identifiziert.^°^ Ohne die Fragestellung diskutieren zu wollen, ob diese Erfolgsfaktoren darstellen oder lediglich Bestandteile eines Vorgehensmodells sind, welches als ganzes einen Erfolgsfaktor darstellen kann, wird offensichtlich,
507 508
Dies hat zur Folge, dass beispielsweise die von KNYPHAUSEN-AUFSESS zusammengetragenen Studien zum Thema ..Strategic Change & Renewal" keine Berucksichtigung fanden, obgleich die Ergebnisse dieser Studien teilweise bedeutende Impulse fur weitere Untersuchungen gegeben haben (vgl. KNYPHAUSEN-AUFSESS (1995), S. 149 ff.). Die von SCHADLE identifizierten Erfolgsfaktoren basieren auf einer umfangreichen Literaturanalyse zu Publikationen zum Thema BPR / Reengineering / Core Process Redesign und Prozessmanagement. Siehe Fuflnote 506 Vgl. SCHADLE (2001), S. 110
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
V\9^
dass die Abgrenzung zwischen den einzelnen Faktoren problematisch ist. Denn es ist fraglich, ob diese beiden Erfolgsfaktoren einzein isolierbar sind oder voneinander insofern abhangig sind, dass letzterer ein Bestandteil des ersten ist. Des Weiteren ist zu berucksichtigen, auf welchem Abstraktionsniveau die einzelnen Faktoren identifiziert wurden. Wie an denn Beispiei bereits dargelegt wurde, konnen je nach Publikation die im Kern identischen Erfoigs- oder Misserfolgsfaktoren ganzlich unterschiedlich dargestellt werden. Urn dieser Problematik transparent zu begegnen, werden in den folgenden Ausfuhrungen die Faktoren auf dem hochsten publizierten Abstraktionsniveau dargestellt und dann durch spezifischere Faktoren auf einem niedrigeren Abstraktionsniveau detailllert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden fur die Sekundardatenanalyse die folgenden Publikationen verwendet (siehe Tab. 2). Es sei darauf hingewiesen, dass es sich hierbei urn die schlussendlich nach der Analyse ausgewahlten und verwendeten Publikationen handelt und nicht urn die gesichteten und analysierten Publikationen. Einige Veroffentlichungen lassen sich nicht eindeutig in das gewahlte Raster einordnen, weswegen sich diese wiederholt in der Aufstellung finden. Die Einteilung nach qualitativer und quantitativer Datenerhebung wurde gewahit vor dem Hintergrund, dass Faktoren, die im Rahmen einer qualitativen Datenerhebung identifiziert wurden, lediglich dann Berucksichtigung in der Arbeit fanden, wenn sie durch mehrere Faiistudien bestatigt wurden.^°^ Bei der Identifikation der Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren sei erganzend angemerkt, dass Erfolgsfaktoren, die modellinharent Bestandteil des im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Bezugsrahmens des Change Managements sind, nicht explizit aufgefuhrt werden. So wird beispielsweise von CLAIJEN der Erfolgfaktor „Kulturelle Unterschiede berucksichtigen"^^° genannt, der eine spezifische Kulturanalyse eines Unternehmens propagiert. Da diese Analyse jedoch Bestandteil im Rahmen der Latent Pattern Maintenance-Funktion ist und keine detaillierten Angaben zu diesem Erfolgsfaktor publiziert wurden, kann ein derartiger Erfolgsfaktor im weiteren Veriauf der Arbeit nicht verwendet werden. 2.3.3
Uberblick uber die identifizierten Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren
Die identifizierten Erfolgsfaktoren sind in Tab. 3 zusammengefasst. Wie aus der Tabelle deutlich wird, lassen sich die Erfolgsfaktoren nicht grundsatzlich ein-eindeutig in den Bezugsrahmen einordnen. Vielmehr tangieren die Faktoren oftmals mehrere Dimensionen. Auch wird aus der Abbildung deutlich, dass sich einzelne Erfolgsfaktoren uberschneiden. So sind beispielsweise die Erfolgsfaktoren „Kenntnisse der Zusammenhange eines Change Management-Projektes" und „Methodenkompetenz" ahnlich, jedoch nicht identisch, weswegen sie auch gesondert aufgefuhrt werden. Im Rahmen der detaillierteren Diskussion der Erfolgsfaktoren in den folgenden Kapitein werden diese Oberscheidungen aufgezeigt und in den Bezugsrahmen der vorliegenden Arbeit eingeordnet. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Publikationen, welche die einzelnen Erfolgsfaktoren identifiziert haben, in Tab. 22 (Anhang B, Seite 390) aufgefuhrt sind.
Vgl. zu der Unterscheidung von qualitativer und quantitativer Datenerhebung beispielsweise ORTMANN, der unter dem Stichwort „Prazision" den Aussagegehalt von Datenerhebungsmethoden diskutiert (vgl. ORTMANN (1999), S. 28 ff. und S. 34 ff.). CLAfiEN (2005), S. 75
Change Management
120 Kompanenten des Change Management Erfolgsfaktor Adaption
Goal Attainment
Integration
Commitment und Glaubwurdigkeit des Managements Effektives Stakeholder Manage\menr
Y
Einbeziehung von Betroffenen
^
Individuelle und klare Zieldefinition und -kommunikation Iterativer Losungs- bzw. Veranderungsprozess Kenntnisse der Zusammenhange eines Change ManagementProjektes Kommunikation Konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses Methodenkompetenz Offenes Vorgeherf^"^ 1 offene Kommunikation Problemadaquates und indivlduelles Vorgehen Realistische und klare Vision / Zielsetzung Strukturelle und inhaitliche Voraussetzungen Support durch Top-Management
Y
^ Y
^ Y
^
^
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Y Y
^ >^ ^
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y
^ ^ ^
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Teamgeist und Motivation
Tab. 3:
TrSger des Change Managements
Y
Synergetische Projektzusammensetzung Obergreifende Zusammenarbeit
Latent Pattern Maintenance
Change ManagementPfozess
>/"
Die Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene
Korrespondierend zu den Erfolgsfaktoren sind auch die Misserfolgsfaktoren inn Uberblick dargestellt, die Publikationen zu den Faktoren sind in Tab. 23 (Anhang B, Seite 391) zu finden. In den folgenden Kapitein werden die aus der Sekundaranalyse identifizierten Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren diskutiert. Aus Sicht des Verfassers ware aber eine alleinige Darstellung der Faktoren nicht ausreichend, unn Aussagen uber ein erfolgreiches Change Management
Es sei angemerkt, dass dieser Erfolgsfaktor im Rahmen der vorliegenden Arbeit kritisch hinterfragt wird mit dem Ergebnis, den Faktor „effizientes Stakeholder Management" anstelle eines effektiven Stakeholder Management zu empfehlen (siehe Kapitel 2.3.6). Wie die weiteren Ausfuhrungen zeigen werden, handelt es sich bei diesem Erfolgsfaktor lediglich um einen kontextspezifischen Faktor. Denn abhangig vom Wandelvorhaben kann eine fruhzeitige, gegebenenfalls auch nicht abgestimmte Kommunikation von Projektergebnissen auch zum Misserfolgsfaktor werden.
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
121
treffen zu konnen. Deswegen werden die empirischen Erkenntnisse mit den bisher dargelegten theoretischen Modeller! verbunden. Koni|»oii0tit#ii des Change Managements Misserfolgsfaktor
Adap« tion
Fehlende vertragliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitem Fehlender Handlungsdruck Fehlerhafter Umgang mit der Angst der Betroffenen Mangelhafte Qualifikation der Mitarbeiter Mangelnde Identifikation des Middle-Managements Misstrauenskultur Nicht ausreichende Ressourcen / unterschatzter Zeitbedarf^^ Projektdefizite
y/"
Ressourcenmangel
^
Tab. 4:
Goat A^ln» fiient
Integration
^
^ ^
TrSger Change des ManaLatent Change gementl^attern ManaMainte« Proiess gements nanee
Y
Y
^
y
^ ^ Y y^
Die Misserfolgsfaktoren auf Unternehmensebene
Es sei zuletzt angennerkt, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Priorisierung der Erfoigs- bzw. Misserfolgsfaktoren durchgefuhrt wird. Denn wie die folgenden Ausfuhrungen zeigen werden, besitzen alle identifizierten Faktoren Relevanz und es erscheint problematisch, ohne ein konkreten Einzelfall zu betrachten, abzuschatzen, ob der Erfolgsbeitrag (bzw. Misserfolgsbeltrag) eines Faktors hoher ist als der eines anderen Faktors. 2.3.4
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Komponenten des Change Managements
2.3.4.1
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Adaption-Funktion
Im Rahnnen der Adaption-Funktion wird der Wandel der Variablen des Leavitt-Schemas durchgefuhrt. In diesem Schema ist das Personal expliziter Bestandteil. Hierbei umfasst diese Funktion jedoch nur den Wandel der Sachebene,^^"^ da die ubrigen, das Personal betreffenden Faktoren in den drei weiteren AGIL-Funktionen thematisiert sind. So sind die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren auch auf das methodische Vorgehen und weitere sachrationale Aspekte beschrankt.^^^ Damit umfassen sie die Faktoren, die eher einer traditionelDieser Misserfolgsfaktor bezieht sich explizit auf KulturverSnderungen (vgl. BERNER (2000b), S. 45). Vgl. MEISTER (1999), 3.34
Der Begriff der sach-rationalen Aspekte leitet sich auch dem Change-Management-Schema von KROGER ab, der als oberste Ebene des Change Managements die sach-rationale Dimension definiert (vgl. KRUGER (1999), S. 867). Auch wenn im Rahmen der vorliegenden Arbeit den tieferen Ebenen von KRUGER nicht welter gefolgt wird, da das verwendete Schema differenzierter das Change Management analysiert, entspricht die oberste Ebene der Adaption-Funktion.
122
Change Management
len Organisationslehre zugeordnet werden kdnnen. Auf die Variable Personal bezogen sind dies Fragestellungen der Mitarbeiterqualifikation Oder des Personalubergangs. Der erste Erfolgsfaktor, der in den verschiedensten Studien identifiziert worden ist, sind die Kenntnisse der Zusammenhange eines Change Management-Projektes. Auch wenn dieser Faktor trivial erscheint, zeigt das Leavitt-Schema doch deutlich die Komplexitat eines Wandelvorhabens auf. So wurde in den vorherigen Ausfuhrungen dargestellt, dass Change Management-Vorhaben, insbesondere wenn sie einen Wandel 2. Ordnung zum Gegenstand haben, ein umfangreiches Vorhaben darstellen, im Mittel 135 Kalenderwochen dauern und umfangreiche Ressourcen binden (slehe hierzu Kapitel 2.1.1). Es ist offensichtlich, dass fur derartige Projekte die Kenntnisse der Zusammenhange eines Change ManagementProjektes von besonderer Relevanz sind.^^^ Nicht zuletzt hierin ist auch begrundet, dass Unternehmen oftmals auf eine externe Expertise in Form von Unternehmensberatern zurijckgrelfen, da zumindest angenommen wird, dass die notwendigen Kenntnisse durch eine umfangreichere Projekterfahrung von Unternehmensberatern vorhanden sind. Eng mit diesem Erfolgsfaktor verbunden ist der Faktor der Methodenkompetenz. Denn neben den Kenntnissen der Zusammenhange eines Projektes ist das Wissen um den Einsatz einer geeigneten Methode fur die Jeweiligen Problemstellungen sowie deren Zusammenhange wesentiich fur ein Projekt. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang auf die Architektur integrierter Informationssysteme (ARIS) von SCHEER verwiesen, welches als Schema geeigneter und konsistenter Methoden zur Beschreibung von Unternehmensprozessen eine weite Verbreitung gefunden hat. Dieses Modell zerlegt aufgrund der hohen Komplexitat von Unternehmensprozessen diese in einzelne Sichten, um hierdurch die Komplexitat zu reduzieren. Die einzelnen Sichten werden mit spezifischen Methoden beschrieben und anschliefiend die Verbindungen zwischen den einzelnen Sichten wieder aufgenommen.^^'' Jedoch werden hierdurch lediglich Methoden beschrieben, die zur sachrationalen strukturellen Beschreibung von Unternehmen angewendet werden konnen und somit das Leavitt-Schema weitestgehend abbilden. Daruber hinaus sind jedoch auch Methoden fur die ubrigen Fragestellungen des Change Managements anzuwenden, wie beispielsweise Methoden zur Zieldefinition, -analyse und -synthese, zur Projektplanung, -koordination und -kontrolle sowie fur die Zieldurchsetzung im weitesten Sinne. Es sei in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, dass, wie in Kapitel 2.2.5 bereits thematisiert, eine detaillierte Diskussion dieser Methoden aufgrund der Notwendigkeit der problemadaquaten Auswahl der Methoden im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht durchgefuhrt werden kann. Die Vielzahl der verfugbaren Methoden zeigt jedoch einen welteren Aspekt der Methodenkompetenz auf. In den vorherigen Ausfuhrungen wurde lediglich auf die zielfuhrende Anwendung von Methoden hingewiesen. Daruber hinaus wird Im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter einer Methodenkompetenz jedoch auch das Wissen um eine geeignete Methodenauswahl verstanden. Die Relevanz von diesem Aspekt wurde auch als ein Bestandteil einer Studie von BREHM hervorgehoben. So zeigt diese Studie anhand der Untersuchung von
Beispielhaft fur diese Problematik sei die Fragestellungen und den Umfang einer SAP IS-U Einfuhrung bei Energieversorgungsunternehmen hingewiesen, die aufgrund der organisatorischen Konsequenzen einer derartigen Einfuhrung von erheblicher Komplexitat ist (vgl. RiNSCHEDE (2004), insbesondere S. 3 und S. 20 ff.). HAHN zeigt diesbezuglich prinzipielle Begrenzungsfaktoren auf und verbindet diese mit der betrieblichen Praxis. So unterscheidet er system- und humanbezogene Begrenzungsfaktoren sowie Wirtschaftlichkeitsaspekte, die schon allein die Planung als ein Bestandteil des Change Managements begrenzen (vgl. HAHN (2003), S. 96 ff.). Vgl. SCHEER (1995), S. 10, sowie zur Beschreibung der einzelnen Sichten S. 11-89
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
123
Methoden fur den Wandel 1. Ordnung, dass die Auswahl geeigneter Methoden^^^ neben der Unternehmenssituation insbesondere auch von der Branche und der Unternehmensgrofie abhangig ist.^^^ Werden die beiden dargestellten Faktoren generalisiert und nicht nur auf die AdaptionFunktion bezogen, stellen sie im Wesentlichen als Erfolgsfaktoren die Anforderungen dar, die sich aus der dritten Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit auf Unternehmensebene ergeben. Denn durch die Entwicklung eines ganzheitlichen Bezugsrahmens des Change Managements wird genau die Anforderung erfullt, dass die Kenntnisse der Zusammenhange eines Change Management-Projektes erarbeitet werden. Hieraus folgt dann konsequent, dass zusatziich eine entsprechende Methodenkompetenz fur die einzelnen Dimensionen des Change Managements erforderlich ist. Als weiterer Erfolgsfaktor wurde die ubergreifende Zusammenarbeit identifiziert, wobei dieser Faktor insbesondere bei umfangreicheren Wandelvorhaben unabdingbar ist. Denn ein Wandel hat in diesem Fall oftmals Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche, entweder direkt, da durch Interdependenzen in der Wertschdpfungskette ein anderer Bereich unmittelbar tangiert wird^^° oder indirekt, well ein Wandel andere Bereiche mittelbar beeinflusst.^^^ Dieser Erfolgsfaktor wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht vertiefend diskutiert, da es offensichtlich ist, dass zumlndest eine Abstimmung in den skizzierten Fallen notwendig wird. In den Ausfuhrungen des Change Managements wurde darauf hingewiesen, dass sich Wandelvorhaben nicht durchgangig planen lassen. Der Grund hierfur ist jedoch nicht ausschliefilich in den nicht planbaren Reaktionen der Mitarbeiter zu suchen, sondern auch im Wandel des Unternehmensumfeldes und anderen Unwagbarkeiten wie beispielsweise technische Restriktionen bei IT-lmplementierungen. Deswegen ist ein konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um ein zeitnahes Anpassen des Change Managements zu gewahrleisten. Damit ein Wandelvorhaben erfolgreich durchgefuhrt werden kann, sind im Vorfeld die notwendigen strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen zu schaffen. Dieser Erfolgsfaktor betrifft neben der Adaption-Funktion die Goal Attainment-Funktlon^^^ sowie die Trager des Change Managements.^^^ Im Rahmen der Adaption-Funktion ist hierunter insbesondere die Verfugbarkeit der Ressourcen zu verstehen, die fur die Durchfuhrung des Wandelvorhabens notwendig sind. So wurde in Kapitel 2.2.2.3.1 als sekundares Ziel des Change Managements die Erfullung der Anforderung an den Wandel, insbesondere hinsichtlich des Ressourceneinsatzes und zeitlicher Vorgaben, identifiziert. Auch wenn die Annahme sicherlich nicht zulassig ist, dass durch eine Erhohung der Ressourcenausstattung die Wahrscheinlichkeit des Erfoigs eines WandelvorUnter Methoden werden im Rahmen des First-order Change das Vorschlagswesen, ZirkelKonzepte sowie Workshop-Konzepte verstanden. Vgl. BREHM(2001), S.
522 523
182f.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn durch das Wandelvorhaben Schnittstellen geandert werden oder eine Umverteilung der Zuordnung von Aufgaben zu Organisationseinheiten erfolgt. Die mittelbare Beeinflussung kann beispielhaft an der Restrukturierung eines Forderungsmanagements aufgezeigt werden. Wenn im Rahmen dieser Restrukturierung Mahnparameter wie beispielsweise Mahnfristen, -gebuhren oder Sperrfristen bei Energieversorgungsunternehmen angepasst werden, kann dies Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit einerseits und auf den Auftenauftritt des Untemehmens andererseits haben und damit Auswirkungen auf die Vertriebstatigkeit, ohne, dass das Forderungsmanagement unmittelbar vertriebliche Prozesse tangiert. Siehe hierzu Kapitel 2.3.4.2 Siehe hierzu Kapitel 2.3.6
124
Change Management
habens beliebig gesteigert werden kann, zeigt dieser Faktor jedoch, dass innerhalb eines Korridors durch die Ausstattung mit den notwendigen Ressourcen die Erfolgswahrscheinlichkeit gesteigert werden kann. Die Definition der Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren hat gezeigt, dass ein Misserfolgsfaktor nicht zwangslaufig der Gegenpol zu einem Erfolgsfaktor ist. So kann aus dem Misserfolgsfaktor „Fehlende vertragilche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern" nicht unmittelbar geschlossen werden, dass bestehende vertragliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern zu einem Erfolgsfaktor werden. Deswegen werden im Folgenden die Misserfolgsfaktoren der Adaption-Funktion dargestellt mit der Einschrankung, dass Faktoren, die sich unmittelbar als Gegenpol zu einem Erfolgsfaktor ableiten lassen, lediglich erwahnt werden. Ein ubergeordneter Misserfolgsfaktor, der lediglich Erwahnung findet, da er in unterschiedlichen Studien immer wieder identifiziert wird, sind die Projektdefizite. Es ist offensichtllch, dass Projektdefizite ein Misserfolgsfaktor darstellen, jedoch Ist er aufgrund der fehlenden Operationalisierung zu unspezifisch. Die mangelhafte Qualifikation der Mitarbeiter als ein Misserfolgsfaktor ist der Gegenpol zu den Erfolgsfaktoren „Kenntnlsse der Zusammenhange eInes Change ManagementProjektes" und „Methodenkompetenz". Es sei explizit darauf hingewiesen, dass dieser Misserfolgsfaktor nicht nur die Qualifikation der operativen Projektmitarbeiter betrlfft, sondern auch die Projektleitungs- und Fuhrungsebene. Auch der Misserfolgsfaktor Ressourcenmangel lasst sich den bereits beschrlebenen Erfolgsfaktoren zuordnen. Denn er bildet zusammen mit den Projektdefiziten summarisch die Antithese der in diesem Kapitel aufgefuhrten Erfolgsfaktoren.^^"^ Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist die Erkenntnis, dass diese Faktoren Misserfolgsfaktoren darstellen, jedoch trotz allem wesentlich. Hierdurch wird gezeigt, dass die aufgefuhrten Erfolgsfaktoren nicht nur die Wahrscheinlichkeit des Erfoigs eines Projektes erhdhen, sondern ihre Absenz auch die Wahrscheinlichkeit eines Misserfoigs steigert. Der letzte Misserfolgsfaktor der Adaption-Funktion lasst sich dagegen nicht einem Erfolgsfaktor zuordnen. Dieser in einer umfangreichen Studie von STREBEL identifizierte Misserfolgsfaktor ist der Faktor der fehlenden vertraglichen Vereinbarungen mit den Mitarbeitern. So stent STREBEL fest „Employees often misunderstand or, worse, ignore the implications of change for their individual commitments to the company. [...;d.V.] It Is often the dimension of personal compact that is undermined most In a change initiative when conflicts arise and communication breaks down."^^^ Hintergrund der Relevanz von vertraglichen Vereinbarungen sind zwei unterschiedliche SIchtweisen auf den Wandel. Auf der einen Seite das Top-Management, dass die Moglichkeiten und Potenziale eines Wandels sieht und auf der anderen Seite die Arbeiter und Angestellten bis zum mittleren Management, welche den Wandel oftmals als einen Eingriff in gewohnte Ablaufe ansehen verbunden mit der Gefahr wirtschaftlicher oder sonstiger Nachteile.
Aufgrund des unspezifischen Charakters konnen diese Defizite mangelnde Kenntnisse ebenso wie ein fehlendes Controlling oder eine fehlende Methodenkompetenz beschreiben und stellen damit das Gegenteil fur die meisten in diesem Kapitel aufgefuhrten Erfolgsfaktoren dar. Dagegen ist der Ressourcenmangel die Antithese zu dem Erfolgsfaktor „strukturelle und inhaltliche Voraussetzungen". STREBEL (1996), S. 88
An dieser Studie waren dabei uber 200 Manager aus 32 Landern beteiligt.
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
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Urn den Wandel zu festigen, Angste abzubauen und Transparenz bezuglich der zukunftigen Anforderungen an die Mitarbeiter zu schaffen, werden Personal Compacts als wesentlichen Faktor identifiziert, urn durch diese Vereinbarungen Sicherheit und Transparenz bezuglich zukunftiger Anforderungen zu schaffen. Diese Vereinbarungen werden dabei in die formale, die psychologische und die soziale Dimension unterteilt.^^^ 2.3.4.2
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Goal Attainment-Funktion
Die Goal Attainment-Funktion hat einerseits das Setzen von Zielen und andererseits das Durchsetzen von Zielen zum Gegenstand. Deswegen wird auch zwischen Faktoren unterschieden, die das Setzen von Zielen beeinflussen und solchen, die das Durchsetzen von Zielen betreffen (siehe Tab. 5). Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Faktoren nicht unabhangig voneinander sind. Denn Defizite, die be! dem Setzen von Zielen entstehen, wirken sich auf die Umsetzbarkeit eben dieser Ziele aus.^^'' Erfoigsfiaklor
Setzen von Zielen
Realistische und klare Vision / Zielsetzung
^ ^
Indlviduelle und klare Zieldefinition Strukturelle und inhaltliche Voraussetzungen Support durch Top-Management Tab. 5:
Durchsetzen von Zielen
^ ^
Die Erfolgsfaktoren zum Setzen und Durchsetzen von Zielen
Die realistische und klare Vision / Zielsetzung ist einer der Grundvoraussetzungen fur ein erfolgreiches Wandlungsvorhaben. Die Relevanz dieses Erfolgsfaktors zeigen die folgenden Punkte auf:
-
Bei einer nicht reallstischen Vision oder Zielsetzung ist es berelts zu Beginn des Projektes ersichtlich, dass das Projekt scheitert, da die gesetzten Ziele nicht erreichbar sind. Hieraus ergibt sich der Zusammenhang, dass, je realistischer eine Vision oder Zielsetzung ist, desto hoher auch die Erfolgswahrschelnlichkeit des Wandelvorhabens ist. Eine unklare Vision bzw. Zielsetzung verhindert einerseits einen zielfuhrenden Veranderungsprozess, was Auswirkungen auf die Effizienz eines Wandlungsvorhabens hat, andererseits erschwert eine unklare Zielsetzung die Messung des Projekterfoigs, da das Projektergebnis nicht oder nur unscharf mit den gesetzten Zielen abgeglichen werden kann. Eine klare Zielsetzung erhoht damit die Effizienz von Wandlungsvorhaben, was die Wahrscheinlichkeit eines Projekterfolges erhoht.^^^ Zuletzt hat eine realistische Zielsetzung wesentliche Auswirkungen auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter (siehe Abb. 40). Unrealistische Ziele fuhren zwangslaufig dazu, dass Mitarbeiter durch die Zielsetzung uberfordert sind, was negative Auswirkungen auf die Mitarbeitermotivatlon hat.
Vgl. STREBEL(1996), S. 88ff.
Es sei angemerkt, dass dies fur den gesamten Change Management-Prozess gilt. Defizite, die in vorgelagerten Prozessschritten (vgl. Abb. 29, Seite 84) entstehen, konnen grundsatzlich auch die nachfolgenden Schritte negativ tangieren. Die Begrundung hierfur liegt darin, dass durch ein effizienteres Vorgehen zumindest die Ziele, die an das Change Management hinsichtlich der verfiigbaren Ressourcen gestellt sind, eher eingehalten werden und damit die Wahrscheinlichkeit eines Projekterfoigs steigt.
126
Change Management
Problematisch ist jedoch, dass ex ante oftmals nicht eingeschatzt werden kann, ob Projektziele realistisch sind. Wie bereits dargestellt, sind insbesondere Second-order-ChangeVorhaben, wie beispielsweise Reorganisationen, umfangreiche und langwierige Projekte, deren Erreichbarkeit deswegen nur abgeschatzt werden kann. Diese Problematik soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht vertieft werden, es sei jedoch darauf hingewiesen, dass eine realistische Einschatzung oftmals eines umfangreichen Erfahrungswissens bedarf. i
orderungen/ Zielsetzung
\ • Uberforderung des Mitarbeiters
•
•
/
^ , ^
f// y /
Unterforderung des Mitarbeiters
• t
• Qualifikation des IVIitarbeiters
Abb. 40:
Individuelle Anforderung / Zielsetzung im Verhaltnis zur individuellen IVIitarbeiterqualifikation^^^
Anhand der Abb. 40 kann zudem eine der Auswirkungen des zweiten Erfolgsfaktors, der individuellen und l
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
127^
ubergeordneten Ziele notwendig ist. Durch diese Schaffung von Transparenz kann ein Mitarbeiter seine eigenen Aufgaben einordnen, w a s schlussendlich auch einer zielgerichteten Erarbeitung dient.^^^ Als weiterer Erfolgsfaktor wurden in Kapitel 2.3.4.1 bereits die strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen aufgezeigt. Im Rahmen der Goal Attainment-Funktion ist hierunter insbesondere die Ausstattung der Projektmitglieder mit den notwendigen Machtressourcen zu verstehen. So identifiziert in diesem Zusammenhang die Studie von L E C H L E R die umfangreichen Befugnisse des Projektieiters als wesentlichen Faktor.^^^ Sollten diese nicht vorhanden sein, kann die Problennatik resultieren, dass ein Projektieiter zwar einerseits die Verantwortung fur die Abwicklung des ihm ubertragenen Projektes tragt, er jedoch andererseits keinen oder nur einen geringen formalen Zugriff auf die Mitarbeiter besitzt. Ein Resultat hieraus sind Ineffizienzen im Projekt, wenn nicht sogar Konflikte, die dadurch resultieren konnen, dass den Projektmitarbeitern neben dem Projekt noch weiterhin Linienaufgaben ubertragen werden.^^^ Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Ausstattung mit Machtressourcen neben dem Projektieiter insbesondere auch innerhaib des Projektes die Teiiprojektleiter betrifft. ist der letzte im Rahmen der Goal AttainmentDer Support durch das Top-Managemenf^"^ Funktion Identifizierter Erfolgsfaktor. Er beeinflusst den Wandel in zweierlei Hinsicht. Z u m einen wirkt er sich positiv auf die Zieldurchsetzung aus zum anderen auf den kulturellen Wandel. Letzteres wird bei der Diskussion der Erfolgsfaktoren der Latent Pattern Maintenance-Funktion thematisiert (siehe Kapitel 2.3.4.4). Fur ersteres seien die folgenden Punkte aufgefuhrt: -
-
-
533 534
Die Fuhrungskrafte sind die wesentlichen Machtsponsoren in einem Veranderungsprojekt. Durch sie kann ein Projekt die notwendige Machtgrundlage erhalten, um Veranderungen auch durch Compliance durchzusetzen. Dies kann notwendig werden, wenn die Veranderung nicht von alien Akteuren unterstutzt wird, sondern fehlende Motivation oder Widerstande auftreten. In diesen Zusammenhang sei auf die Abb. 21 (Seite 63) verwiesen, die Widerstands- und Einigungskosten in einem Projekt gegenuberstellt. Wie aus dieser Abbildung ersichtlich, liegt das Optimum bei auftretenden Widerstanden zumeist nicht in dem vollstandigen Abbau der Widerstande, sondern zwischen einer vollstandigen Einigung und vollstandigem Widerstand. Hieraus folgt jedoch, dass in einem Change Management-Projekt weiterhin Widerstande auftreten werden, was die Bedeutung der Moglichkeit zur Durchsetzung von Maflnahmen durch Compliance deutlich macht. Eine weitere Begrundung, welche die Relevanz des Supports durch das TopManagement aufzeigt, liegt darin, dass die Fuhrungskrafte auch die Ebene darstellen, auf der fur das Projekt (wesentliche) Entscheidungen getroffen werden. Eine fehlende Unterstutzung kann deswegen zur Folge haben, dass derartige Entscheidungen entweder verzdgert werden oder sogar zu ungunsten des Projektes gefallt werden. Zuletzt stelit das Top-Management auch die letzte Eskalationsstufe bei Konflikten dar. Bei einer fehlenden Unterstutzung der Fuhrungskrafte kann nun eher der Fall
Vgl. auch BAUMGART (2001), 8. 158 f. Vgl. LECHLER (1997) zitiert aus ENGLER/SMERS (2001), S. 27 f. Vgl. ENGLER/SMERS (2001), S. 27 f. Es sei darauf hingewiesen, dass in den Studien das Top-Management zwar explizit als Erfolgsfaktor aufgefuhrt wird, im Folgenden jedoch der Terminus Fuhrungskrafte ven^/endet werden soli, da kleinere Wandelvorhaben insbesondere im Rahmen eines First-order Change oftmals in der kompletten Entscheidungskompetenz von Fuhrungskraften unterhalb des TopManagements liegen und deswegen die Unterstutzung durch diese Ebene den Erfolgsfaktor darstellen.
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Change Management eintreten, dass bei einer Abwagung im Falle einer Eskalation zwischen dem Projekt und der Linienorganisation die Fuhrungskrafte eher zu ungunsten des Projektes entscheiden.
Es sei jedoch in diesem Zusannmenhang darauf hingewiesen, dass eine konsequente Unterstutzung nicht gleichbedeutend mit einer bedingungslosen UnterstiJtzung ist. Denn Change Management-Projekte werden grundsatzlich neben dem operativen Geschaft eines Unternehmens durchgefuhrt. Wenn nun ein derartiges Projekt grundsatzlich die bedingungslose Unterstutzung des Top Managements erhalt, besteht die Gefahr, dass signifikante Probleme bei der Durchfuhrung des operativen Geschafts entstehen. Abschlieflend sei die Relevanz dieses Erfolgsfaktors durch die Betrachtung der Probleme, die aus einer fehlenden Unterstutzung resultieren konnen, aufgezeigt werden. Um sich diesen Problemen zu nahern, werden wesentliche Grunde hierfur analysiert: -
Angste der Machtsponsoren Fokussierung auf andere Initiativen fehlendes Durchhaltevermogen
Angste der Machtsponsoren konnen ein Grund fur eIne mangelnde Unterstutzung des Veranderungsprozesses sein.^^^ Die Angste resultieren vornehmlich aus der Veranderung der sozialen Stellung im Unternehmen, aus Kompetenz- und Machtverlust, aus der Abgabe von Herrschaftswissen sowie aus der Transparenz der eigenen Abteilung und Arbeitsweise.^^^ Diese Angste erzeugen, wie bereits im Kapitel 2.2.2.3.3 erortert wurde, Widerstande. Der Abbau von Widerstanden auf hoherer Hierarchieebenen ist jedoch schwer. Zum einen ist es schwieriger, den wahren Grund des Widerstands auf hoheren Hierarchieebenen zu identifizieren.^^^ Zum anderen sind die potenziellen Strategien zum Abbau des Widerstands aufgrund der hierarchischen Stellung begrenzt. Die Machtsponsoren fokussieren sich auf andere Initiativen. Dies hat zur Folge, dass das Interesse der UnternehmensfiJhrung an der Veranderung abnimmt,^^^ und der Wandel nicht mehr hinreichend unterstutzt wird. So kann ein Machtsponsor nur eine begrenzte Zahl von Projekten unterstutzen, da er ansonsten seine ihm obliegenden Aufgaben nicht mehr adaquat wahrnehmen kann.^^^ In der Praxis hat sich herausgestellt, dass der Grund fur das Scheitern von Veranderungsprojekten unter anderem auch in dem fehlenden Durchhaltevermogen der Machtsponsoren begrundet ist. Aufgrund der zeitlichen Lange von Wandelprozessen und den dabei auftretenden Problemen hat es sich gezeigt, dass die Unterstutzung der UnternehmensfiJhrung in einigen Projekten abnimmt.^° Fur das Change Management ergibt sich jedoch die, aufgrund der hierarchischen Stellung der Machtsponsoren, schwierige Aufgabe, den aufgezelgten Grunden fur das Fehlverhalten entgegenzuwirken: Change Management kann ein aktives Projektmarketing bei den Machtsponsoren betreiben, um die dem Projekt beizumessende Relevanz aufzubauen und zu erhal535
Vgl. STUBNER(1997), 8. 85
536
Vgl. STDBNER (1997), S. 85, sowie STAHLI (1998), S. 79 Vgl. MEISTER (1999), Anhang A.a. Vgl. MEISTER (1999), Anhang A.a.
537 538 539 540
Vgl. CONNER / CLEMENTS (1998), S. 51
Vgl. GELINAS / u. A. (1998), 8. 75 f.
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
129
ten. Durch ein aktives Werben fur das Veranderungsprojekt bei der Unternehnnensleitung kann die notige Unterstutzung fur das Veranderungsprojekt erhalten bleiben und unter Umstanden die Fokussierung auf andere Initiativen verhindert werden. Des Weiteren ist eine offene Informations- und Kommunikationspolitik mit den IVIachtsponsoren wichtig. Probleme in Veranderungsprojekten mussen fruhzeitig angesprochen werden, urn den IVIachtsponsoren die Moglichkeit zu geben, ihnen rechtzeitig entgegenwirken. Wenn beispielsweise Ressourcenprobleme auftreten, und die Unternehmensfuhrung hieruber nicht fruhzeitig informiert wird, hat sie keine Moglichkeit, rechtzeitig zu reagieren. Trotz der aufgefuhrten Ansatzpunkte fur das Change Management muss zusammenfassend festgestellt werden, dass die potenziellen Moglichkeiten zum Entgegenwirken von Fehlverhalten der Machtsponsoren sehr eingeschrankt sind. Trotz allem ist die Relevanz dieser Ansatze hoch, da Veranderungsprozesse nicht durchgesetzt werden konnen, wenn insbesondere die Unternehmensfuhrung ais bedeutendster Machtsponsor den Wandel nicht hinreichend unterstutzt Oder sogar kritisch gegenubersteht.^'^'' Als Misserfolgsfaktor des Change Managements ist ein fehlender Handlungsdruck identifiziert worden. Dieser Misserfolgsfaktor ist unmittelbar nachvollziehbar. Veranderungen bedurfen grundsatzlich eines Antriebes und stoflen zumeist aufgrund der allgemeinen Anderungsfeindlichkeit von Menschen auf Widerstande. Zudem ist eine Veranderung mit einem erhohten Aufwand verbunden, da sie neben dem operativen Geschaft durchgefuhrt wird. Es sei jedoch angemerkt, dass dieser Misserfolgsfaktor zwar durchaus Relevanz besitzt, er jedoch durch den skizzierten Change Management-Prozess ausgeschlossen werden kann. Denn bei einem fehlenden Handlungsdruck wurde kein Initiator existieren, der die Notwendigkeit des Wandels aufzeigt (siehe Kapltel 2.2.3.2.1). Aufgrund dessen ist dieser Faktor aufgrund seiner Nennung in mehreren Publikationen aufgefuhrt, soil jedoch nicht vertiefend behandelt werden.
2.3.4.3
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Integration-Funktion
Im Rahmen des Change Managements der Integration-Funktion wurde der Vertrauens- und Motivationsaufbau sowie der Widerstandsabbau identifiziert.^"^^ Die dieser Funktion zugeordneten Erfolgsfaktoren tangieren jedoch nicht alle drei Punkte gleichermaflen; in Tab. 6 sind die einzelnen Faktoren zugeordnet. Der Erfolgsfaktor Commitment und Glaubwurdigkeit des Managements ist konsistent mit den Ausfuhrungen zu den konstituierenden Merkmalen von Vertrauen.^"^^ Dabei beschreibt das Commitment zwei unterschiedliche Aspekte; zum einen die Verbindlichkeit und zum anderen das Commitment im Sinne der Verbundenheit eines Mitarbeiters zum Unternehmen. Die Verbindlichkeit als erster Aspekt des Commitments hat eine vertrauensaufbauende Wirkung, da hierdurch das Risiko eines Vertrauensbruchs reduziert wird, was gleichbedeutend mit der Zunahme an Vertrauen ist. Die Auswirkungen von Vertrauen auf die Motivation und den Widerstand von Mitarbeitern wurde berelts dargestellt, weswegen zusammenfassend festgestellt werden kann, dass sich eine erhohte Verbindlichkeit positiv auf die Mitarbeitermotivation auswirkt und Widerstande reduziert und damit die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Projektes steigert.
^'
Vgl. CHAMPY (1995), S. 108 f.
^^ ^^
Vgl. Kapltel 2.2.2.3.3 Vgl. Kapitel 2.2.2.3.3, S. 67
Change Management
130 Erfoigsfaktor
Vertrauens* aufiiaii
Commitment und Glaubwurdrgkeit des Managements^"^ Einbeziehung von Betroffenen
V-
Kommunikation Offenes Vorgehen / offene Kommunikation Teamgeist und Motivation
Y
Vertrauensaufbau^^ Tab. 6:
Mo^aiionsaufbau
WiderstandsaUiau
(^)
Y
Y
^
Y v^
y
Die Erfoigsfaktoren zum Vertrauens- und Motivationsaufbau sowie dem Widerstandsabbau
Zum zweiten wird unter einem Commitment im Raiimen des Commitment-Konzepts der Grad der Verbundenheit eines Mitarbeiters zum Unternehmen verstanden. Mit dieser Verbundeniieit steigt die Bereitschaft des Mitarbeiters, sich uber das vertragiicii geregelte iiinaus fur das Wohl des Unterneiimens einzusetzen.^"^^ Das Commitment ist insbesondere ein Zeichen von intrinsischer Motivation, wird jedoch aucii wesentlich durch das Fuiirungsveriiaiten der Vorgesetzten bestimmt.^'^'' Es ist offensichtlich, dass Commitment damit einen Erfolgsfaktor darstellt, wobei es eiier einen Maflstab fur das Vertrauen und die Motivation eines Mitarbeiters darstellt und damit nicht dem Vertrauens- bzw. Motivationsai/Zfeaty dient. Der zweite identifizierte Aspekt im Rahmen dieses Erfolgsfaktors ist die Glaubwurdigkeit des Managements. Diesbezuglich haben Studien ergeben, dass mit zunehmender Glaubwurdigkeit die Effizienz in Hinblick auf Einstellungs- und Verhaltensanderungen stelgt.^"^^ Dabei wird dieser Faktor oftmals noch welter detailllert; wesentliche Aspekte sind die Kompetenz und die Vertrauenswurdigkeit.^'^^ Unter der Kompetenz wird in diesem Zusammenhang das einstellungsrelevante Fachwissen verstanden, wobei grundsatzlich von einem positivem Kompetenzgefalle ausgegangen wird, was auf den Erfolgsfaktor im Rahmen des Change Management bezogen bedeutet, dass dem Management das erforderliche Fachwissen bezuglich des Veranderungsprozesses und
Wie die folgenden Ausfuhrungen zeigen werden, ist ein hohes Mafl an Commitment im Rahmen des Commitment-Konzepts ein Indiz fur eine hohe Motivation, welche fur sich einen Erfolgsfaktor darstellt. Da dieses Commitment jedoch nicht dem Motivationsatvfjbat/ dient, kann es nicht eindeutig dieser Kategorie zugeordnet werden. Auch wenn dieser Faktor teilweise als Erfolgsfaktor identifiziert wird (vgl. bspw. VANS / TRAUTWEIN (2000) Oder WILLEITNER (2002)), ist er aufgrund seines unspezifischen Charakters im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gesondert ausgefuhrt. Vielmehr sind detaillierter die Faktoren, die zu einem Vertrauensaufbau fuhren, dargestellt („Commitment und Glaubwurdigkeit des Managements", „Einbeziehung von Betroffenen, „Kommunikation, sowie „Offenes Vorgehen / offene Kommunikation"). Da die Studien jedoch auch zum Ergebnis kamen, dass Vertrauen einen wesentlichen Faktor fur den Motivationsaufbau und den Widerstandsabbau darstellt, wird dieser Faktor an dieser Stelle erwahnt (siehe auch Abb. 23, Seite 70). Vgl. SIX/FELFE (2004), S. 620 547 548
Vgl. MATHIEU/ZAJAC (1990) zitiert aus Six/FELFE (2004), S. 627 Vgl. neben den zitierten Studien auch FISCHER/WISWEDE (2002), S. 319 f. Vgl. FISCHER/WiswEDE (2002), S. 320 Es sei an dieser Stelle auf die konstituierenden Merkmale von Vertrauen ven/viesen. Mit der Identifikation der Erfoigsfaktoren ist damit die Relevanz einzelner aufgefuhrten Dimensionen aufgezeigt (vgl. Kapltel 2.2.2.3.3, Seite 67).
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
131
der zukunftigen Soll-Konfiguration zugesprochen wird.^^° Auch dieser Aspekt stellt, wie in Kapitel 2.2.2.3.3 dargestellt, eine relevante Dimension zum Vertrauensaufbau dar und ist deswegen als Erfolgsfaktor unmittelbar in den Bezugsrahmen des Change Managements einzuordnen. Neben der Kompetenz umfasst der Faktor Glaubwurdigkeit die Vertrauenswurdigkeit. Hierunter wird die unterstellte Bereitschaft verstanden, ein bestimmtes Wissen unverzerrt weiterzugeben vor dem Hintergrund, dass einem Kommunikator zumeist mehr oder weniger interessengebundene Absichten unterstellt werden.^^^ Die Vertrauenswurdigkeit umfasst damit die vertrauensfdrdernden Dimensionen Integritat und Loyalitat. Die beschriebenen Aspekte des Erfolgsfaktors Commitment und Glaubwurdigkeit des Managements beschranken sich dabei nicht auf die oberste Fuhrungsebene, sondern beziehen sich auf das gesamte Management, worunter insbesondere auch die Projektieitung verstanden wird. Des Weiteren wird in den unterschiedlichsten Studien die Einbeziehung von Betroffenen als Erfolgsfaktor identifiziert, wobei hierunter oftmals sowohl die Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter als auch die Einbeziehung von externen Betroffenen wie Kunden oder Lieferanten verstanden wird.^^^ Es sei angemerkt, dass die Einbindung von Kunden und Lieferanten zwar einen wesentlichen Faktor darstellt, der Strukturierung der vorliegenden Arbeit folgend dieser Faktor jedoch im Rahmen der Diskussion der Erfolgsfaktoren auf Netzwerkebene (siehe Kapitel 3.6.1.3) thematisiert wird. Die Auswirkungen der Mitarbeiterpartizipation wurde schon in fruheren Studien untersucht; so konnte beispielsweise JACKSON in seiner Studie^^^ die positive Wirkung der Mitarbeiterpartizipation aufzeigen. Der wahrgenommene Einfluss der Beteiligten stieg, Rollenkonflikte und -ambiguitat nahmen ab. Auch die Arbeitszufriedenheit nahm zu, was sich beispielsweise durch eine Verringerung der Kundigungsabsichten zeigte. Ubertragen auf den Bezugsrahmen des Change Managements hat die Einbeziehung der Betroffenen eine motlvationssteigernde und eine widerstandsvermindernde Wirkung. Beide Auswirkungen lassen sich aus den Ausfuhrungen zur Motivation und zum Widerstand von Akteuren ableiten, denn durch die Einbeziehung von Mitarbeitern ubernehmen diese Verantwortung, welche als Satisfaktor zu einer gesteigerten Motivation fuhrt. Des Weiteren werden Widerstande abgebaut, da durch die Mitarbeit zum einen die Angst vor Neuem und damit der emotionale Widerstand verringert wird und zum anderen durch den wahrgenommenen Einfluss der politische Widerstand abnimmt.^^ Ein wesentlicher Erfolgsfaktor, der in den unterschiedlichsten Publikationen regelmadig identifiziert wird, ist die Kommunikation. Dieser Erfolgsfaktor wird jedoch welter spezifiziert, da unter einer Kommunikation, wie in Abb. 41 dargestellt, zunachst lediglich bei einfacher
552 553
Vgl. auch FISCHER/WISWEDE (2002), S. 320 Vgl. FISCHER/WiswEDE (2002), S. 320, sowie ausfuhrlicher FISCHER/WISWEDE (2002), S. 323 f. FISCHER fuhrt hierbei unterschiedliche Studien auf, die untersuchten, wann ein Reziplent eine starkere oder schwachere Interessengebundenheit vermutet. Vgl. bspw. RODER (1999), S. 126 Vgl. JACKSON (1983) und JACKSON (1984) zitiert aus SEMMER / ZAPF (2004), S. 798
Vgl. Kapitel 2.2.2.3.3 Erganzend sei darauf hingewlesen, dass die positiven Auswirkungen einer Mitarbeiterpartizipation auch in jungeren Studien wiederholt bestatigt wurden (vgl. bspw. BENZ (2002), S. 221 ff.). Es zeigt sich zudem, dass bereits positive Effekte dadurch erzeugt werden, dass Mitarbeiter informiert werden, ohne in die Bearbeitung direkt involviert zu werden. So entstehen beispielsweise Beziehungskonflikte dadurch, dass Akteure sich nicht wertgeschatzt fijhlen, wenn sle uber Neuerung im Betrieb nicht Informiert werden (vgl. SPIER (2004), S. 227).
132
Change Management
Betrachtung der Austausch einer codierten Nachricht uber einen Kanal zwischen einem Sender und einem Empfanger verstanden wird. Damit ist sie eine Voraussetzung, dass Akteure miteinander arbeiten konnen und stellt damit eine Grundvoraussetzung fur einen Wandel dar.^^^ Bei einer derartigen Betrachtung ware dieser Faktor trivial und soli aufgrund dessen in den weiteren Ausfuhrungen spezifiziert werden, urn die wesentlichen Aspekte dieses Erfolgsfaktors zu identifizieren.^^^ Sender
StSrung
Nachricht
Empfanger Decodierung
Codierung Abb. 41:
Kanal
Verstehen
Das einfache Sender-Empfanger-Modell^^^
Dm die Kommunikation welter zu spezifizieren, konnen unterschiedliche Modelle verwendet werden, wobei im Rahmen der vorliegenden Arbeit das Modell von MCGUIRE Anwendung findet.^^^ Nach seinem Modell sind die folgenden Variablengruppen fur die appellative Funktion der Kommunikation sowie fur den Prozess der Einstellungsanderung relevant:^^^ -
Merkmale Merkmale Merkmale Merkmale Merkmale
des Kommunikators (insb. Glaubwurdigkeit, Attraktivitat) der Situation (insb. Ablenkung, geteilte Aktivitaten) der Botschaft (insb. emotionale vs. rationale Argumentation) des Kanals (insb. Kommunikationsstrukturen^^°) des Reziplenten (insb. Beeinflussbarkeit, Intelligenz)
Diese Merkmale sind jedoch nicht ganzlich im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu betrachten. Vorausgesetzt, dass in Wandelprozessen die Situation zumeist vorgegeben ist, sind die folgenden Merkmale fur das Change Management in Anhangigkeit der Rezipienten wesentlich: die des Kommunikators und die der Botschaft. Des Weiteren ist die Wahl des Kommunikationskanals zwar wesentlich, jedoch lassen sich hierzu keine Empfehlungen in Form von Erfolgsfaktoren geben, sondern bedurfen einer detaillierten Analyse der spezifischen Situation, der Anzahl der Rezipienten sowie der Rahmenbedingungen der Kommunikation.^^^ Vgl. SPiEft (2004), S. 221 Es sei angemerkt, dass die Kommunikation damit auch nicht einen Erfolgsfaktor, sondern einen Misserfolgsfaktor darstellen wurde, da eine fehlende Kommunikation ein Projekt nicht durchfijhrbar werden lasst. Es sei angemerkt, dass in Studien die Kommunikation zwar als Erfolgsfaktor identifiziert wird, jedoch oftmals auch nur relativ unspezifisch untersucht wurde. So identifiziert beispielsweise die Studie von RODER die Kommunikation als wesentlichen Erfolgsfaktor, jedoch wird dieser Faktor weder in eine Ursachen-Wirkungsbeziehung eingeordnet, noch detailliert betrachtet, sondern ledlglich festgestellt „Die Verteilung der Information wird hier als Erfolgsfaktor Kommunikation (63 %) bezeichnet. Sie beinhaltet die Auswahl und Planung von Kommunikationsmittel, -medium und -kanal fur die Weiterleitung der Informationen an die am Veranderungsprozeft beteiligten Personen." (RODER (1999), S. 127). RUPPERT(1999), S. 539 Ein abweichendes Verstandnis von Kommunikation hat beispielsweise BENZ, der hierunter die institutionalisierte Kommunikation zwischen Management und Belegschaft versteht und basierend hierauf unterschiedliche Einrichtungen auffuhrt (vgl. BENZ (2002), S. 224 ff.). Vgl. McGuiRE (1969) und McGuiRE (1985) zitiert aus FISCHER/WISWEDE (2002), 8. 319 ff. Es sei darauf hingewiesen, dass die Interpretation des Kommunikationskanals nicht der von McGuiRE entspricht, da er hierunter die Auspragung wie beispielsweise auditiv oder visuell versteht. So konnen beispielsweise Massenansprachen zumeist nicht in Einzelgesprachen durchgefuhrt werden, auch wenn diese gegebenenfalls vorteilhafter waren. Auch kann eine dezentrale Vertei-
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
133
Wesentliche Variablen in der Gruppe der Merkmale des Kommunikators sind die Glaubwurdigkeit und die Attraktivitat. Die Glaubwurdigkeit wurde bereits bei der Diskussion des Erfolgsfaktors ..Commitment und Glaubwurdigkeit des IVIanagements thematisiert", daher wird an dieser Stelle auf diese Ausfuhrungen verwiesen. Die Attraktivitat umfasst zwei unterschiedliche Aspekte.^^^ Zum einen wird die Attraktivitat der Nachricht bewertet. zum zweiten die Attraktivitat / Sympathie des Kommunikators. Der erste Aspekt lasst sich in seinen Wirkungen unmittelbar als Erfolgsfaktor ableiten. weswegen er nicht weiter thematisiert wird. Nicht unmittelbar aus den bisherigen Ausfuhrungen ableitbar ist die Relevanz der Attraktivitat des Kommunikators. Balance-theoretische Uberlegungen weisen jedoch darauf hin. dass Akteure dazu neigen. die Attraktivitat eines Kommunikators mit der Erwunschtheit einer Botschaft zu assoziieren.^^^ Ohne naher darauf eingehen zu wollen. was die Attraktivitat eines Kommunikators steigert. ist mit den Merkmalen des Kommunikators ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgsfaktors Kommunikation weiter detailliert worden. Die Merkmale der Botschaft beschreiben, wie eine Nachricht vermittelt wird. wobei insbesondere im Folgenden auf die Unterschiede zwischen emotionalen Appellen und sachlichen Argumenten eingegangen wird. Studien zu diesen unterschiedlichen Auspragungen von Botschaften haben ergeben. dass emotionale Botschaften oftmals wirkungsvoller als logische Argumente sind. wobei hierbei Furchtappelle explizit ausgeschlossen wurden. da bezuglich deren Wirksamkeit Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen.^^"^ Neben dieser Unterscheidung sind fur eine Botschaft weitere Aspekte konstituierend. wie beispielsweise die Unterscheidung. ob anschauliche Falle Oder statistische Belege. beziehungsweise eine einseitige Oder eine mehrseitige Argumentation zu praferieren sind. Zu diesen Aspekten lassen sich keine eindeutigen, allgemeingultigen Empfehlungen aufstellen. so dass sie keine Erfolgsfaktoren darstellen. Den Erfolgsfaktor Kommunikation betreffend sei jedoch noch darauf hingewiesen, dass eine Kommunikation nicht zwangslaufig zu einer Verbesserung fuhrt. sondern dass er auch lediglich im Vergleich zu einem Change Management-Projekt ohne eine explizite Berucksichtigung der thematisierten Aspekte zu einer geringeren Verschlechterung der Situation fuhren kann. So zeigt beispielsweise eine Studie von SCHWEIGER / DENISI den Effekt bei einer offenen Kommunikation anhand einer Veranderung induziert durch eine Fusion auf. So verschlechterten sich Glaubwurdigkeit und empfundene Wertschatzung. jedoch stabilisierten die sich auf einem niedrigeren Niveau, wahrend sich bei einem Kontrollunternehmen die Verschlechterung fortsetzte.^^^
562 563
lung von Rezipienten einen anderen Kommunikationskanal (schriftiich Oder fernmijndlich) als eine Kommunikation mit Mitarbeitern vor Ort erfordern. Einen Uberblick uber die verschiedenen Formen der Kommunikation gibt ROSENSTIEL. Des Weiteren bewertet er Kommunikationsstrukturen nach den Kriterien ..Zentralisation", „Kommunikationsvorgange", ..Fuhrung", ..Gruppenzufriedenheit" und Jndividuelle Zufriedenheit der Fuhrenden" (vgl. ROSENSTIEL (2003), S. 311 f.). Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen FISCHER / WISWEDE (2002), 8. 324 Die Balancetheorie geht u.a. auf HEIDER zuruck (vgl. HEIDER (1946), sowie HEIDER (1958)), wurde dann jedoch von NEWCOMB korrigiert (vgl. NEWCOMB (1959), sowie NEWCOMB (1968)). Die Balancetheorie geht davon aus. dass ein Akteur seine Umwelt nur dann als stabil und spannungsfrei empfindet, wenn sie verschiedenen Beziehungen als ausgeglichen und gelost empfindet. Ist dies nicht der Fall, wird das System unstabil, da es zu einem Ausgleich und damit einem neuen, stabilen Zustand drangt (vgl. FISCHER / WISWEDE (2002), S. 206 f.). Diese Theorie beschreibt damit auch einen wesentlichen Faktor fur die Motivation von Akteuren, da diese auf Spannungszustanden und Spannungsreduktionen aufbauen (vgl. WEINERT (2004), 8. 211). Vgl. FISCHER/WISWEDE (2002), 8. 325 ff., sowie die dort zitierten Studien Vgl. SCHWEIGER/DENISI (1991)
Change Management
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Ein Erfolgsfaktor, der in einigen Studien identifiziert wurde, der jedoch nicht ubereinstimnnend als Erfolgsfaktor angesehen wird, ist der des offenen Vorgehens.^^^ Denn bei einigen Publikationen wird iiervorgehoben, dass in Abhangigkeit des Kontexts, in dem der Wandel vollzogen wird, der Umfang und die Offenheit der Kommunikation angepasst werden sollte. Abgesehen von diesem Aspekt widersprechen sich hierbei auch die Studien bezugiich der effizienzsteigernden Wirkung einer offenen Kommunikation. So deuten Studien darauf hin, dass eine offene Kommunikation lediglich aufgrund impliziter Theorien der Befragten als positiver Faktor eingeschatzt wurde, der sich objektiv nicht ermittein lasst.^^^ Deswegen wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit die These aufgestellt, dass eine offene Kommunikation einen Erfolgsfaktor darstellen kann, wenn hierdurch der berelts diskutlerte Faktor der Glaubwurdigkelt verstarkt wird, ohne dass hierdurch andere negative Auswirkungen entstehen. Diese konnen beispielsweise daraus resultieren, dass das Vorgehen oder Arbeitsergebnisse fruhzeitig kommuniziert werden.^^^ Der letzte innerhalb der Integration-Funktion identifizierte Erfolgsfaktor ist der des Teamgeistes und der Motivation. Es ist offensichtlich und konsistent zu den bisherigen Ausfuhrungen, dass motivierte Mitarbeiter die Wahrscheinllchkeit einer erfolgsreichen Durchfuhrung eines Wandelvorhabens steigern, weswegen dieser Faktor nicht welter diskutiert wird. Es sei in diesem Zusammenhang jedoch explizit auf die Ausfuhrungen zur Motivation in Kapitel 2.2.2.3.3 verwiesen, da hierbei Fragestellungen, wie Akteure motiviert werden, diskutiert wurden. Auch wurde die motivationsstelgernde Wirkung eines Teamgeistes im Zusammenhang mit der Diskussion der Gruppenkohasion berelts in Kapitel 2.2.4 thematisiert, so dass an dieser Stelle lediglich festgestellt werden soil, dass die theoriegeleiteten Ausfuhrungen sich auch in der betrieblichen Praxis bestatigt haben. Misseifoigsfaktor Fehlender Handlungsdruck Fehlerhafter Umgang mit der Angst der Betroffenen Mangelnde Identifikation des Middle-Managements Tab. 7:
Vertrauens-^ verringerung
Molhrationsverringerung
Wrderstandsaufbau
^ Y
^ ^
^
Die Misserfolgsfaktoren zum Vertrauens- und Motivationsverringerung sowie dem Widerstandsaufbau
Neben den Erfolgsfaktoren wurden erganzend Misserfolgsfaktoren identifiziert, die der Integration-Funktion zugeordnet werden konnen. Korrespondierend zu den Erfolgsfaktoren sind auch diese dem Vertrauen, der Motivation und dem Widerstand zugeordnet (siehe Tab. 7).
566 567 568
Vgl. bspw. RODER (1999), S. 123 Vgl. ANTONI / BUNGARD (2004), 8. 171 sowie die dort zitierte Literatur So ist beispielsweise eine Strategie fur das Management von Veranderungsprozessen die „Bombenwurf- oder Revolutionsstrategie" (vgl. OSTERLOH / FROST (2000), S. 232 ff.). Diese Strategie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass Veranderungen durch die Unternehmensleitung ausgearbeitet werden und bis zur schlagartigen Implementation geheimgehalten werden. Hierdurch sollen radikale Anderungen und ein Wandel „aus einem GuB" moglich werden (vgl. OSTERLOH / FROST (2000), S. 236). Wenn nun das Vorgehen wahrend der Konzeptionsphase berelts offen kommuniziert wird, besteht die Gefahr, dass sich Widerstande fruhzeitig formieren konnen oder Angste von Mitarbeitern aufgrund der ungewissen zukunftigen Situation geschurt werden.
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
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Der erste identifizierte Misserfolgsfaktor ist der fehlende Handlungsdruck. Dieser Misserfolgsfaktor wurde bereits inn Rahmen der Diskussion der Misserfolgsfaktoren der Goal Attainment-Funktion thematislert und wird deswegen lediglich an dieser Stelle aufgrund seiner motivationsverringernden Wirkung erwahnt. In diesem Zusamnnenhang sei darauf hingewiesen, dass aufgrund des fehlenden Handlungsdrucks keine Motivaktivierung stattfindet, welche zwingend fur eine Motivation eines Akteurs ist. Als weiterer Misserfolgsfaktor wurde der fehlerhafte Umgang mit der Angst der Betroffenen identifiziert. Um diesen Misserfolgsfaktor diskutieren zu konnen, soil zunachst der noch unspezifische Begriff der Angst weiter detailliert werden. WEINREICH unterteilt diese Angste in die folgenden drei Kategorien:^^^ -
Konfliktangste, die ein Unbehagen vor Auseinandersetzungen beschreiben, Versagensangste, die ein Unbehagen vor dem eigenen oder fremden Unvermogen beschreiben sowie Verlustangste, die ein Unbehagen vor dem Verlust von Besitzstanden und potenziellen Entwicklungsmoglichkeiten beschreiben.
Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Ausloser derartiger Angste und der Problematik, dass Angste zwar eine normale Reaktion darstellen, diese aber subjektiv unterschiedlich wahrgenommen wird, ist eine Generalisierung problematisch, wie auf Angste reagiert werden sollte. Trotz dieser Problematik empfiehit WEINREICH drei unterschiedliche Strategien, wie derartigen Angsten begegnet werden kann, wobel alle Strategien voraussetzen, dass sich die Mitarbeiter ihren Angsten bewusst sind und Bereitschaft zeigen, diese abzubauen:^^° -
Einflussnahme durch mentale Selbstorganisation Coaching, Training und Therapie Initiierung von Lernkreisen
Die Wirkung der einzelnen Strategien ist in einem hohen Ausmafi situationsabhangig und zudem abhangig von den Person I ichkeitsstrukturen der Mitarbeiter. Deswegen konnen Empfehlungen fur den optimalen Einsatz der Strategien im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gegeben werden. Abschlieflend sei an dieser Stelle jedoch noch darauf hingewiesen, dass sich das Phanomen Angst nicht zwangslaufig leistungsmindernd auswirken muss. So zeigen unterschiedliche Studien auf, dass eine geringfugige Angst leistungssteigernd wirkt.^'^^ Als letzter Misserfolgsfaktor wurde die mangelnde Identifikation des Middle-Managements^^^ identifiziert. Dieser Misserfolgsfaktor ist von besonderer Relevanz, da mittlere Manager
Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen WEINREICH (1999), S. 18 ff. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen WEINREICH (1999), S. 19 ff. Vgl. ROSENSTIEL (2003), S. 236 ff. sowie dort zitierten Studien Die Studien decken sich damit mit den bereits dargestellten Erkenntnissen von CsiKSZENTMiHALYi (vgl. hierzu Fulinote 529). Es sei angemerkt, dass die Problematik der Abgrenzung und der Aufgabenzuordnung zum mittleren Management im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht thematislert werden soil. Diese Problematik ist jedoch nicht unumstritten, wenn beispielsweise STEWART fragt „where does middle management start and end?" (STEWART (1987), S. 385). Ahnliches stellt auch WAGENBACH fest „lnsgesamt lasst sich festhalten, daft weder theoretisch noch empirisch eine fundierte Wissensbasis uber die Aufgaben und Funktionen, die mit einzelnen Managementpositionen verbunden sind, noch uber das Arbeitsverhalten von Managern vorliegt. Vor dem Hintergrund dieser immer noch weitreichenden .Unwissenheit' erstaunt es umso mehr, mit welcher
136
Change Management
Wissenstrager und Wissensvermittler sind. Dabei lasst sich das Wissen der mittleren Manager in drei unterschiedliche Dimensionen einteilen:^^^ das Wissen um die Werte, Vorgaben und Erwartungen, die zum einen in der Organisation im Allgemeinen und zum anderen in der Abteiiung inn Spezieiien bestehen, das Wissen um Zusammenhange in einem Unternehmen sowie das Erfahrungswissen auf Interaktionen, das implizit vorliegt und nicht in schriftlicher Form expliziert ist. Aufgrund dieses Wissens verbunden mit der Fahigkeit, Mitarbeiter zu fuhren, werden, wie Studien zeigen, mittlere Manager oftmals in Projekten als Projektieiter Oder Teilprojektieiter eingesetzt.^^"^ Bine mangelnde Identifikation mit dem Veranderungsprojekt kann nun dazu fuhren, dass sie entweder nicht ausreichend motiviert zur Mitarbeit sind oder sogar passiven bzw. aktiven Widerstand leisten. Zur Uberwindung dieser Problematik sei auf die Ausfuhrungen zur Durchsetzung von Zielen in Kapitel 2.2.2.3.2 sowie zum Motivationsaufbau und Widerstandsabbau in Kapitel 2.2.2.3.3 venA/iesen. 2.3.4.4
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Latent Pattern Maintenance-Funktion
Die Erfolgsfaktoren der Latent Pattern Maintenance-Funktion lassen sich zumeist unmittelbar in die theoretischen Ausfuhrungen einordnen, weswegen auf eine vertiefende Diskussion verzichtet wird, um Doppelungen zu vermeiden. Wie die nachfoigenden Ausfuhrungen zeigen werden, lassen sich bis auf den letzten Misserfolgsfaktor „Nicht ausreichende Ressourcen / unterschatzter Zeitbedarf' alle Faktoren (un-) mittelbar den skizzierten funf Ansatzpunkten zur operativen Beeinflussung von Unternehmenskulturen nach SATHE zuordnen.^''^ Die Zuordnung ermoglicht es nun auch nachtraglich, eine Priorisierung seiner Ansatzpunkte durchzufuhren.^'^® Der erste Erfolgsfaktor, die Kommunikation, entspricht als Gestaltungsmaflnahme zunachst der Justification of Behavior, also der Veranderung der wahrnehmbaren Bestandteile einer Unternehmenskultur verbunden mit der Kommunikation des Verstandnisses der angestrebten Kultur. Dieser Erfolgsfaktor ist jedoch noch relativ unspezifisch, da fur den Begriff Kommunikation von der technisch-funktionalen Kommunikation als „Zeichenubertragung" vom Sender zum Empfanger bis zur beziehungsfunktionalen, geltungsfunktionalen oder systemfunktionalen Kommunikation eine Vielzahl von unterschiedlichen Verstandnissen vorliegen konnen.^^^ In der Studie von HAUSLADEN uber die Instrumente zur Implementierung eines kulturellen Wandels wird die Kommunikation welter spezifiziert, wenn sie die Faktoren „umfassende und veranderungsprozessubergreifende Mitarbeiterinformation" und „offene
Intensitat und welchen Anspruch auf Allgemeingiiltigkeit die Diskussion uber die Zukunft des mittleren Managements gefuhrt wird." (WALGENBACH (1993), S. 192). Vgl. WALGENBACH (1993), S. 202 574 575
Es sei darauf hingewiesen, dass die Dimensionen nicht unabhangig voneinander sind. Vgl. WALGENBACH (1993), S. 207
Vgl. die Ausfuhrungen in Kapitel 2.2.3.2.3 sowie die FufJnote 416 Zur Relativierung der Priorisierung sei angemerkt, dass OGBONNA / WILKINSON in ihren Untersuchungen das Ersetzen von alten Managem als zentral fur einen kulturellen Wandel identifiziert haben (vgl. OGBONNA/WILKINSON (2003), S. 1172). Dieser Erfolgsfaktor wird jedoch nicht aufgefuhrt, da die Publikation von OGBONNA / WILKINSON jedoch nicht den angelegten Kriterien fur die Identifikation von Erfolgsfaktoren entspricht. Wurde dieser Faktor jedoch trotz allem mit einbezogen, wurde das Removal nach SATHE auch als wesentlich priorisiert werden. Vgl. fur die unterschiedlichen Funktionen, Modelle und Figuren von Kommunikation beispielsweise ABRAHAM (2003), S. 22-87
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
1 ^
Kommunikationspolitik" identifiziert.^''^ Die Kommunikation umfasst dabei die unterschiedlichsten Kommunikationsmedien und -kanale. So werden von ihr beispielhaft die Mitarbeiterzeitschrift, Informations- und Visualisierungstafein, Intranet, schriftliche Unterlagen, Mitarbeitergesprache, Informationsveranstaltungen und Prasentationen als geeignete aufgefuhrt. Durch eine derartige Kommunikation wird nun erreicht, dass die angestrebte Kultur den Mitarbeitern dargestellt wird. Dies ist damit zunachst eine Grundvoraussetzung fur den Wandel einer Unternehmenskultur, damit transparent wird, welcher Anderungsbedarf vorliegt und welche Ziele angestrebt werden.^''^ Eine alleinige Kommunikation ist jedoch nicht ausreichend. Von besonderer Relevanz wurde in den unterschiedlichsten Studien^^° die Vorbildfunktion der Fuhrungskrafte hervorgehoben; dies wurde unter dem Erfolgsfaktor Support durch Top-Management zusammengefasst, was der Cultural Communications von SATHE entspricht. Im Rahmen dieser Cultural Communications werden damit die kulturellen Veranderungen nicht kommuniziert, sondern vorgelebt. Unter einem Vorleben wird dabei verstanden, dass die modifizierten Werteprioritaten, Normen und Verhaltensweisen in der sozialen, wertbasierten Interaktion entlang der Hierarchie ausgehend von der Unternehmensfuhrung im operativen betrieblichen Alltag erkennbar werden.^^^ Dies ist jedoch nicht losgelost von der Kommunikation durchzufuhren, da die veranderten Verhaltensweisen auch gezielt kommuniziert und diskutiert werden sollten. Diese Erfolgsfaktoren konnen jedoch durch zwei bedeutende Misserfolgsfaktoren konterkariert werden, dem Vorliegen einer Misstrauenskultur und nicht ausreichende Ressourcen bzw. ein unterschatzter Zeitbedarf. Wie die folgenden Ausfuhrungen in diesem Zusammenhang zeigen werden, kann das Vorliegen eines dieser Misserfolgsfaktoren die positiven Auswirkungen der skizzierten Erfolgsfaktoren ganzlich aufheben. Die Relevanz des Misserfolgsfaktors Misstrauenskultur lasst sich zweierlei erklaren, zum einen durch die Auswirkungen der konstituierenden Merkmale von Vertrauen und zum anderen durch die Auswirkung von einem Misstrauen auf die Motivation der Mitarbeiter. Es sei zunachst eriauternd angemerkt, dass unter einer Misstrauenskultur eine Kultur verstanden wird, in der sich die Mitarbeiter entlang der Hierarchie und/oder horizontal auf einer Hierarchieebene, beispielsweise zwischen einzelnen Abteilungen, misstrauen. Typische Merkmale einer Misstrauenskultur sind beispielsweise, dass Handlungsfreiraume von Mitarbeitern eingeschrankt werden, Mitarbeiterleistungen (umfangreich) kontrolliert werden Oder Probleme bzw. Fehler nicht offen angesprochen werden.^^^ Werden die konstituierenden Merkmale von Vertrauen auf eine Misstrauenskultur bezogen, folgt hieraus fur die Kultur, dass die identifizierten Dimensionen von Vertrauen nicht wahrgenommen werden. Sie ist demnach zumindest in der Wahrnehmung der Mitarbeiter durch eine Absenz von Integritat, Kompetenz, Konsistenz, Loyalitat oder Offenheit gekennzeichnet. Dies hat dann jedoch unmittelbar zur Folge, dass die Glaubwurdigkeit der Kommunikation bzw. der Vorbildfunktion der Fuhrungskrafte vermindert wird. Somit konterkariert die Misstrauenskultur die dargestellten Erfolgsfaktoren. Als zweite Auswirkung wird die intrinsische Motivation wesentlicher Mitarbeiter durch das Vorliegen einer Misstrauenskultur negativ tangiert. Denn wird die Misstrauenskultur auf die in Kapitel 2.2.2.3.3 diskutierten Erkenntnisse ubertragen, resultieren die in Abb. 42 dargestell-
^^^ ^^°
Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen HAUSLADEN (2001), S. 331 f. Vgl. auch TISCHLER (1999), S. 203 f. Vgl. fur die einzelnen Studien Tab. 22 (Seite 390)
^^^
Vgl. HAUSLADEN (2001), S. 328 f.
^^^
Vgl. VAHS / TRAUTWEIN (2000), S. 24
Change Management
138
ten Auswirkungen.^®^ Hieraus folgt wiederum, dass eine Misstrauenskultur dennotivierend fur die Mitarbeiter ist, was wiederum die intrinsische Motivation verringert. Da jedoch eine hohe intrinsische IVlotivation wesentlich fur einen kultureiien Wandel ist,^^"^ folgt unmittelbar, dass eine Misstrauenskultur negative Auswirkungen auf den Erfolg eines kultureiien Wandels hat. Beispielhafte Einordnung von Akteuren bzgl. ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen
Auswirkungen einer Misstrauenskultur
Einstellung
SI
Positiv (Motivation) Potenzielle Promotoren
Ver-
•
• • • •
• ^^93tiv
^o<*^
• •
•
Opponenten
Abb. 42:
Akteur
• •
•
•
Potenzielle Pronnotoren
Promotoren
Negativ (Keine Motivation)
•
Positiv (Kein ^Widerstand)
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•
•
•
4
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• •
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•
Verdeckte Opponenten
Verdeckte Opponenten
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Akteur AKieur
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4
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Verschiebung durch Misstrauenskultur
Auswirkung einer Misstrauenskultur auf die Verhaltensweisen und Einstellungen von Akteuren
Auch der zweite Misserfolgsfaktor, nicht ausreichende Ressourcen bzw. ein unterschatzter Zeitbedarf lasst sich unmittelbar in die theoretischen Ausfuhrungen einordnen. In Kapitel 2.2.2.3.4 wurde bereits dargestellt, dass die Veranderung einer Unternehmenskultur ein langwieriges und umfangreiches Vorhaben darstellt. Deswegen ist es nachvollziehbar, dass ein Misserfolgsfaktor vorliegt, wenn entweder nicht ausreichend Ressourcen zur Verfugung gestellt werden oder der Zeitbedarf unterschatzt wird.
2.3.5
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Management-Prozesses
Die folgenden Ausfuhrungen zu den Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Management-Prozesses werden zeigen, dass die Faktoren ganzlich unmittelbar nachvollziehbar sind und zudem zum Teil schon im Rahmen der Diskussion der Erfolgsfaktoren der AGILFunktionen thematisiert wurden. Deswegen wird zumeist auf eine Diskussion der Faktoren verzichtet, sondern diese lediglich In die bisherigen Ausfuhrungen eingeordnet. Der erste identifizierte Erfolgsfaktor, der den Change Management-Prozess betrifft, ist der iterative Losungs- bzw. Veranderungsprozess. Dabei ist der Begriff eines Iterativen Prozesses noch welter zu spezifizieren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit und zur Diskussion des Erfolgsfaktors wird unter einem iterativen Prozess dabei nicht das schrittwelse, ziellose Vorgehen verstanden, sondern ein schrlttweiser Prozess, der sich an vorgegebenen, ubergeordneten Zielen orientiert. So liegt beispielsweise ein Iterativer Planungsprozess vor, Vgl. hierzu auch Abb. 23 (Seite 70) Vgl. die Ausfuhrungen zur Latent Pattern Maintenance-Funktion in Kapitel 2.2.3.2.3
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
1 ^
wenn im Zusammenspiel der Planung der Veranderung und deren Umsetzung keine detaillierte Planung fur das gesamte Wandlungsvorhaben durchgefuhrt wird, sondern vielmehr eine Grobplanung fur das gesamte Veranderungsvorhaben, die Feinplanung jedoch sukzessive nur fur die nachsten Schritte durchgefuhrt wird. Je nach Art und Dauer der Umsetzung der feingeplanten Schritte kann zudem die Notwendigkeit resultieren, zusatzlich die Grobplanung zu modifizieren.^^^ Dieser Erfolgsfaktor kann lediglich einen Wandel 2. Ordnung beschreiben, da ein Wandel 1. Ordnung mit dem evolutionaren Vorgehen schon vom Ansatz her einen iterativen Prozess darstellt. Deswegen beziehen sich die folgenden Ausfuhrungen auf einen Wandel 2. Ordnung. Um hierbei die erfolgswahrscheinlichkeitssteigernde Wirkung eines iterativen Losungs- bzw. Veranderungsprozesses zu erklaren, seien zunachst drei wesentliche Charaktehstika eines derartigen Wandeis aufgefuhrt: Der Change Management-Prozess ist von erheblicher Dauer. Wie dargestellt, konnen derartige Projekte zwei bis funf Jahre dauern. Damit ist auch die detaillierte Abschatzung der unternehmensinternen und -externen Entwicklung problematisch. Der Change Management-Prozess weist eine sehr hohe Komplexitat auf. Denn der Prozess betrifft alle vier AGIL-Funktionen, die jeweils fur sich bereits ein hohes Mad an Komplexitat aufweisen. Zudem sind die Interdependenzen zwischen den Funktionen einerseits und die zeitlichen Interdependenzen andererseits zu berucksichtigen. Der Prozess ist nicht standardisiert, sondern unternehmensindividuell. Zudem bestehen noch keinerlei Erfahrungen mit dem Ziel des Veranderungsprozesses, der SollKonfiguration des AGIL-Schemas. Alle drei Charakteristika zeigen, dass es hochst problematisch ist, eine detailliertere Planung fur den gesamten Prozess der Veranderung durchzufuhren. Damit erklart sich der Erfolgsfaktor des iterativen Losungs- bzw. Veranderungsprozesses. Um jedoch das weitere Vorgehen planen zu konnen oder Plan-Korrekturen durchfuhren zu konnen, ist ein konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses von besonderer Relevanz. Denn wenn ein Prozess, wie dargestellt, nicht durchgangig planbar ist, ist ein konsequentes Monitoring sicherzustellen, um Korrekturen bei Abweichungen zu erkennen. Der Erfolgsfaktor Kenntnisse der Zusammenhange eines Change Management-Projektes wurde auch bereits in den Ausfuhrungen zu den Faktoren der Adaption-Funktion (siehe Kapitel 2.3.4.1) beschrieben. Diese Erkenntnisse treffen durchgangig auch fur den Change Management-Prozess zu. Von besonderer Relevanz sind hierbei die Kenntnisse um die Interdependenzen bei dem Change Management-Vorhaben. Dies wird beispielhaft deutlich, wenn Anderungen in den Vorgaben oder dem Vorgehen, die, wie in diesem Kapitel bereits dargestellt wurde, in einem derartigen Projekt wahrscheinlich sind, betrachtetwerden.^^^ Als letzter Erfolgsfaktor wurde ein problemadaquates und individuelles Vorgehen identifiziert. Diesbezijglich stellt beispielsweise RODER fest, dass es im Rahmen des Change Management-Prozesses eine wesentliche Erkenntnis ist, dass der Prozess individuell an die Es sei angemerkt, dass diese Modifikation nicht zwangslaufig erst nach der Umsetzung der feingeplanten Schritte erfolgen muss. So weilit der von HUNGENBERG / WULFF dargestellte Prozess, der die Abhangigkeiten zwischen einer strategischen und einer operativen Planung aufzeigt, bereits im Rahmen der Planung Rucksprunge von der operativen zur strategischen Planung auf (vgl. HUNGENBERG /WuLF (2003), S. 254). Es sei angemerkt, dass Methoden der Projektanalyse zur Visualisierung und Analyse derartiger Abhangigkeiten eingesetzt werden. Eine verbreitete Technik ist hierbei beispielsweise die Netzplantechnik (vgl. bspw. KLEIN/SCHOLL (2004), S. 73 ff.).
140
Change Management
jeweilige Problemstellung angepasst werden muss; Standard-Vorgehensweisen seien zumeist nicht erfolgsversprechend.^^^ Diesbezuglich sei angemerkt, dass diese Aussage insbesondere dann zutrifft, wenn im Rahmen des Anderungsvorhabens nicht nur die Adaption-Funktion, also die sach-rationale Ebene, verandert werden soil, sondern zusatzlich auch noch die ubrigen AGIL-Funktionen. Ein Standard-Vorgehen wurde dann aus zwei Grunden nicht zielfuhrend sein. Ein Unternehmen in Ganze ist ein aufierst komplexes System, wie die Darstellung des AGIL-Schemas bereits gezeigt hat. Aus dieser Kompiexitat folgt, dass es ausgeschlossen werden kann, dass sich zwei Unternehmen in ihrer IstKonfiguration des AGIL-Schemas gleichen bzw. auch ahneln. Eine vergleichbare Ausgangssituation verbunden mit vergleichbaren Reaktionen im Wandel sind jedoch die Grundvoraussetzung dafur, dass ein standardisiertes Vorgehen moglich ist. Diese Notwendigkeit fur eine individuelle Anpassung der Vorgehensweisen trifft auch bei Wandlungsprojekten zu, die sich ihrem Charakter nach eher fur eine Standardisierung eignen, wie RINSCHEDE am Beispiel von Einfuhrungen von Abrechnungssystemen zeigt.^^^ Durch die Kompiexitat eines derartigen Systems, der Vielzahl von Unternehmensspezifika^®^ sowie die prozessualen Auswirkungen eines neuen Systems erklart sich die Notwendigkeit einer individuellen Anpassung. Als Misserfolgsfaktor wurden Projektdefizite Identifiziert. Auch hier gelten die Aussagen, die bezuglich dieses Misserfolgsfaktors in Kapitel 2.3 A A getroffen wurden. Es ist offensichtlich, dass Defizite im Projekt die Misserfolgswahrscheinlichkeit steigert; ohne eine weitere Spezifizierung bleibt der Aussagegehalt dieses Faktors jedoch gering. 2.3.6
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Trager des Change Managements
Im Folgenden werden die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Trager des Change Managements diskutiert. Wie bereits in den vorherigen Ausfuhrungen deutlich wurde, sind auch hier die Ausfuhrungen teilweise lediglich eine Bestatigung der in Kapitel 2.2.4 getroffenen Aussagen. So wurde bereits festgestellt, dass insbesondere die Unterstutzung der Unternehmensfuhrung von besonderer Bedeutung bei einem Wandlungsvorhaben ist. Deswegen wird der Erfolgsfaktor Support durch Top-Management in den folgenden Ausfuhrungen nicht mehr diskutiert. Ahnliches gilt fur den Misserfolgsfaktor mangelhafte Qualifikation der Mitarbeiter. Es ist offensichtlich, dass Mangel bezuglich der Kenntnisse der Projektmitarbeiter die Misserfolgswahrscheinlichkeit eines Projektes steigert und damit einen Misserfolgsfaktor darstellt.^^° Bezogen auf die Trager des Change Managements sind die Erfolgsfaktoren Kenntnisse der Zusammentiange eines Change Management-Projektes und synergetische Projektzusammensetzung identisch. Eine Projekt- und damit auch die Zusammensetzung der ArbeitsgrupVgl. bspw. RODER (1999), S. 123 Vgl. RINSCHEDE (2004), S. 18
Derartige Unternehmensspezifika sind auf die Abrechnungssysteme bezogen beispielsweise die Tarifarten, das prozessuale Vorgehen oder die erforderlichen Schnittstellen zum und vom ITSystem. Es sei bezuglich der Qualifikation angemerkt, dass die mangelhafte Qualifikation von Mitarbeitern noch nach einem temporaren Kompetenzdefizit (Mitarbeiter-Fahigkeiten) und einer grundsatzlichen Fehlkompetenz (Mitarbeiter-Missfit) unterschieden werden kann. Diese Unterscheidung ist relevant, da die Losungsansatze fur diese beiden Ursachen unterschiedlich sind. Wahrend im ersten Fall eine fachliche Aus- / Fortblidung eine geeignete Losung darstellt, ist im letzteren Fall der Austausch der betroffenen Mitarbeit empfehlenswert (vgl. WOLFF (1998), S. 297).
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
141
pen wirft unterschiedliche Fragestellungen auf. Zunachst ist die Fragestellung der notwendigen fachlichen Qualifikation zu beantworten. Diese Fragestellung scheint einfach zu beantworten zu sein, insbesondere wenn die Aufgabenstellungen von Arbeitsgruppen zumeist eindeutig abgegrenzt sind. Wird jedoch auf die Erkenntnisse von Modellen des Informationsverhaltens (siehe Abb. 43) zuruckgegriffen, zeigt sich, dass zwischen einem objektiven und einem subjektiven Informationsbedarf ein signifikanter Unterschied bestehen kann.^^^ Werden nun die Projektmitarbeiter als Informationstrager aufgefasst, folgert hieraus, dass die Fragestellung der synergetischen Projektzusammensetzung auch aus fachlicher Sicht durchaus relevant ist. Es sei angemerkt, dass Methoden wie beispielsweise die Methode der kritlschen Erfolgsfaktoren dazu dient, den objektiven und subjektiven Informationsbedarf anzunahern.^^^ Objektiver ^ Z^^^^*""^ -^\ Subjektiver Informations-:^^ y^ ^X ^ ^ Informationsbedarf / / ^^ "^^^ \ bedarf
Informationsnachfrage
Informationsangebot Abb. 43:
Informationsbedarf und Informationsversorgung^^^
Als zweite Fragestellung ist zu beantworten, wie die optimale Zusammensetzung des Projektes bezugiich der Personlichkeitsstruktur der einzelnen Projektmitarbeiter ist. Die Erkenntnisse hierzu sind durchaus unterschiedlich, so dass keine allgemeingultige Aussage daruber getroffen werden kann, ob eher eine homogene oder eine heterogene Gruppenzusammensetzung sinnvoHer ist.^^"^ Diese betrifft auch unmittelbar die Fragestellung, wie eine Gruppensynergie^^^ realisiert werden kann. In diesem Zusammenhang stellen BRODBECK / FREY, dass derartige Synergleeffekte in der sozialpsychologischen Gruppenforschung nur in sehr wenigen Ausnahmefallen nachgewiesen wurden. Vielmehr resultiert der Glaube an einen derartigen Synergleeffekt aus einer illusionaren Einschatzung der eigenen Leistung.^^^ Diese Aussagen zusammenfassend soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit zwar nicht
592 593
Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen auch PICOT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), S. 80 ff.
Vgl. RocKART (1986) zitiert aus PicoT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), S. 81 PicoT/REICHWALD/WIGANDR. (2003), S. 82 Vgl. ANTONI / BUNGARD (2004), S. 160 sowie die dort zitierten Studien Es sei angemerkt, dass andere Publikationen pauschal feststellen, dass heterogene Gruppen effektiver sind, gleichzeitig jedoch auch darauf hinweisen, dass das Konfliktpotenzial bei diesen Gruppen hoher ist. Es ist jedoch nicht transparent, auf Basis welcher empirlscher Erkenntnisse derartige Aussagen getroffen werden (vgl. bspw. WEINERT (2004), S. 406). In diesem Zusammenhang stellt FRESE fest, dass die unterschiedlichsten Publikationen auf dem Gebiet der Gruppenarbeit zu den unterschiedlichsten, sich oftmals auch widersprechenden Ergebnissen gelangen, so dass ein Riickgriff auf ein empirisch gesichertes Wissen nur bedingt moglich ist (vgl. FRESE (2005), S. 385). Unter einer Gruppensynergie wird verstanden, wenn die Gruppe mehr als die Summe ihrer Mitglieder oder besseres als ihr bestes Mitglied leistet (vgl. BRODBECK / FREY (1999), S. 367). Vgl. BRODBECK / FREY (1999), S. 367
142
Change Management
bestritten werden, dass die Fragestellung der optinnalen Zusannnnensetzung des Projekts bezuglich der Personlichkeitsstruktur zwar wesentlich sein kann, aufgrund der widerspruchlichen Ergebnisse empirischer Untersuchungen jedoch keine Aussage daruber getroffen werden kann, wie eine derartige Zusammensetzung ausgestaltet werden sollte. Als weiterer Erfolgsfaktor wurden die strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen identifiziert. Diese Voraussetzungen sind, wie die Punkte zeigen, die in einer Studie von HACKMAN uber erfolgreiche Arbeitsgruppen identifiziert wurden, eine Zusammenfassung der Ausfuhrungen aus Kapitel 2.3.4.1, Kapitel 2.3.4.2 sowie diesem Kapitel:^®^ -
Eine gute konzipierte Gruppenaufgabe, die die Motivation der Gruppennnitglieder stimuliert und aufrechterhalt, eine gut zusammengesetzte Gruppe^^^ und klare und explizit festgelegte Vollmachten verbunden nnit der Begrenzung der entsprechenden Verantwortiiciikeiten.
Da die Auswirkungen dieser Punkte bereits diskutiert wurden bzw. offensichtlich sind, werden sie an dieser Stelle nicht meiir diskutiert. Als letzter Erfolgsfaktor wurde das effektive Stakeholder Management identifiziert. Bezuglich dieses Erfolgsfaktor sei angemerkt, dass er als wesentlicher Faktor einer umfangreichen Studie von der Unternehnnensberatung Cap Gemini Ernst & Young aufgefuhrt wurde.^^^ Unter dem Stakeholder-Managennent wird dabei verstanden, dass bereits zu Beginn des Veranderungsprojektes die Stimmungslage unter den Stakeholdern evaluiert und anschlie(lend permanent analysiert wird.^°° Als wesentliche Stakeholder hat die Studie zum einen die Mitarbeiter und das Middle Management als die Akteure, die zumeist unmittelbar von den Veranderungen betroffen sind, sowie das Senior Management und das Vorstandsgremium als die Akteure, die maftgeblich die Gestaltung des Change Management-Prozesses beeinflussen, identifiziert.®^'' Aus diesen Ergebnissen folgert nun die Studie „Wenn Mitarbeiter die von Veranderungen am starksten betroffene Zielgruppe darstellen, deren prinzipielle Grundeinstellung aber signifikant veranderungsresistent ist, mussen die Sichtweisen der Belegschaft naher betrachtet werden. Hierzu wurden den Befragten funf in Veranderungsprojekten regelmaHig zu beobachtende Einstellungsmuster vorgelegt, deren prozentuale Verteilung im eigenen Unternehmen einzuschatzen gewesen ist. [...; d.V.] Aus diesem Ergebnis wird eine weitere erfolgskritische Aufgabe von Change Management deutlich: Die zogerlichen Mitarbeiter gewinnen, dabei die begeisterten Mitarbeiter aktiv einsetzen und schliefllich die ablehnenden Mitarbeiter nach Moglichkeit in ihrer Bremswirkung reduzieren."®°^ Auch wenn diese Ausfuhrungen eine wesentliche Aufgabe des Change Managements beschreibt, sind zwei Punkte kritisch anzumerken. Zum einen ist es aus Sicht des Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen HACKMAN (1990), S. 499 ff. Diesbezuglich sie auf die vorherigen Ausfuhrungen venA/iesen. Die Fragestellung, wie sich eine „gut zusammengesetzte Gruppe" insbesondere in HInblick auf die Personlichkeitsstruktur der einzelnen Gruppenmitgliedern auszeichnet, konnte nicht beantwortet werden. HACKMAN schreibt hierzu, dass eine gut zusammengesetzte Gruppe sich dadurch auszeichnet, dass sie so klein wie moglich ist, klare Grenzen aufweist und mit Mitarbeitern besetzt ist, die fachlich und sozial angemessen qualifiziert sind. Diese Ausfuhrungen sind jedoch aus Sicht des Verfassers zu unspezifisch. Vgl. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003)
600 601
In dieser Studie wurden knapp 100 Unternehmen umfangreich analysiert; die analysierten Unternehmen decken dabei eine grode Zahl von Branchen ab und generierten zum Groftteil (> 2/3) einen Umsatz von mehr als 1 Mrd. € pro Jahr. Vgl. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003), S. 32 Vgl. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003), S. 27 ff. CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003), S. 29
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
143
Verfassers fraglich, ob ein effektives und nicht eher ein effizientes Stakeholder Managennent angebracht ist. Denn in Unternehmen der analysierten Grofienordnung scheint es wirtschaftlich nicht darstellbar, dass samtiiche, als relevant identifizierte, Stakeholder (als die gesamte vom Wandel betroffene Belegschaft) analysiert, sowie individuelle Vorgehensweisen entworfen und durchgefuhrt werden. Zum zweiten sind die Empfehlungen fur das Management der Stakeholder aus Sicht des Verfassers zu generisch. So sei diesbezuglich beispielhaft auf den bereits dargesteliten Zusammenhang zwischen Widerstands- und Einigungskosten verwiesen (siehe Abb. 21, Seite 63). Die Empfehlung, zogerliche Mitarbeiter zu gewinnen, kann derart generell nur dann gelten, wenn die Uberzeugung dieser Mitarbeiter nicht zusatzliche Einigungskosten generiert. Ansonsten ist weiterhin eine Abwagung zwischen Widerstands- und Einigungskosten zu empfehlen. Diese Kritik zusamnrienfassend wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als Erfolgsfaktor ein effizientes Stakeholder Management empfohlen. Hierunter wird die Empfehlung verstanden, die Trager des Change Managements entsprechend den Ausfuhrungen der Kapitel 2.1, sowie 2.2.2.3.2 bis 2.2.2.3.4 nicht als Problemstellung der korrekten Anweisung im Sinne der traditionellen Organisatlonslehre aufzufassen, sondern den Faktor Mensch explizit zu berucksichtigen.
3
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
3.1
EinfiJhrung in die Theorie der Unternehmensnetzwerke
Unternehmensnetzwerke sind in letzter Zeit immer mehr in den Fokus der betriebswirtschaftlichen Diskussion geruckt.^°^ Obwohl Netzwerke an sich nicht neu sind, ist die tiieoretische Fundierung noch nicht weit vorgeschritten. So stellt beispielsweise EVERS fest, dass die unterneiimensubergreifende Zusammenarbeit zwar ein aktuelles Praxisprobiem darstellt, dieses aber noch nicht zufriedenstellend wissenschaftlich bearbeitet wurde.^""* Eine Folge hieraus ist, dass zum einen fiir den Begriff Unternehmensnetzwerk unterschiedlichste Definitionen in der Literatur zu finden sind, zum anderen auch fur die Evolution und Organisation von Unternehmensnetzwerken die unterschiedlichsten theoretischen Modeile existieren, die jeweils einen spezifischen Betrachtungsfokus auf das Phanomen Netzwerk haben. Bevor eine eigene Begriffsdefinition erarbeitet und ein Bezugsrahmen zur Evolution und Organisation von Netzwerken skizziert wird, welcher die Ansatze verschiedener Theorlen miteinander verknupft und ein umfassendes Modell fur Unternehmensnetzwerke aufstellt, das die Grundlage fur die vorliegende Arbeit sein wird, soil neben einer Einfuhrung zunachst eine Auswahi verbreiteter Theorien vorgestellt und diskutiert werden. Trotz ihrer in der letzten Zeit aufkommenden Popularitat sind Unternehmensnetzwerke Organlsationsformen, die schon seit langem In der Praxis zu beobachten sind. SYDOW stellt hierzu fest, dass sich netzwerkartige Beziehungen zwischen Unternehmungen, die uber spontane Austauschbeziehungen im Sinne von KaufA/erkauf (Arm's-length Transactions) hinausgehen, so lange ausmachen lassen, wie Unternehmungen existieren.^°^ So wurde beispielsweise schon Im 18. Jahrhundert in der Schweiz die Uhrenproduktion durch „Cabinotiers" in Netzwerken organisiert, in denen Uhrmacher, Emailleure, Goldschmiede, Steinfasser, Vergolder und Graveure ihr Handwerk kooperativ ausubten.®°^ Diese Art der Unternehmensnetzwerke, also regionale Unternehmensnetzwerke, sind insbesondere auch zu Beginn der Industrialisierung vermehrt zu finden. So kooperierten von Beginn an Unternehmen in klassischen Industrieregionen wie Lyon, Sheffield und Solingen, Birmingham und St. Etienne auf Basis von Subunternehmerschaften, langfristigen Lieferbeziehungen oder in Form gemeinsamer Aktivitaten in lnstitutionen.^°'' In der theoretischen Netzwerkforschung sind die Ursprunge nicht leicht zu lokalisleren. So stellt ADERHOLD fest, dass erste AnstoRe, die aus der heutigen Sicht in die Netzwerkthematik einzuordnen sind, insbesondere die Beziehungslehre, die in der fruhen deutschen Soziologie entwickelt wurde, in der Soziometrie und der Graphentheorie sowie in der britischen sozialanthropologischen Forschung zu finden sind, die ihren Fokus auf die Untersuchung von sozialen Struktur- und Austauschmustern in archaischen Gesellschaften und dorflichen Gemeinschaften legte.®°^
605 606 607
Es sei angemerkt, dass Unternehmensnetzwerke in der Praxis bereits sehr popular sind. So unterhielt bereits 1999 jedes Groliunternehmen im Durchschnitt ca. 30 Allianzen (vgl. ROTH (1999), 8.30). Vgl. EvERS (1998), S.1 Vgl. hierzu auch PEITZ (2002), s. 31 f., die feststellt, dass im Gegensatz zu den Koordinationsmechanismen Markt und Hierarchie Netzwerke in der wissenschaftlichen Diskussion lange Zeit verhaltnismaRig wenig Beachtung fanden. Vgl. SYDOW (1992), S. 54, Oder auch WINKLER (2002), S. 32 Vgl. CLAUHEN (2002), S. 70 Vgl. SYDOW (1992), 8. 70 Vgl. ADERHOLD (2002), S. 5
146
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Auch PEITZ stellt fest, dass Ursprunge der theoretischen und methodischen Netzwerkperspektive auf soziologische, sozialanthropologische und sozialpsychologische Arbeiten zuruck gehen, was dadurch erklart werden kann, dass soziale Beziehungen und soziale Netzwerke als ubiquitares Grundphanomen der Koordination des Zusammenlebens von Menschen gelten.'°' Trotz unzahliger Versuche, eine angemessene Netzwerktheorie zu konzipieren, ist die moderne Netzwerkforschung bisher nur bedingt in der Lage, einen geschlossenen theoretischen Rahmen zur Beschreibung und Erklarung von Netzwerken inklusive der Erklarung von Einzelphanomenen bereitstellen zu konnen.^^° Ziel der folgenden Diskussion ist es deswegen nicht, eine geschlossene Netzwerktheorie zu entwickein, sondern basierend auf bestehenden Theorien zielfuhrend einen Bezugsrahmen fur die vorliegende Arbeit zu schaffen, der trotz allem den Fokus einzelner Theorien derart kombiniert, dass er auf dem gewahlten Abstraktionsniveau einen Ansatz fur eine allgemeingultige Erklarung fur das Phanomen Netzwerk bildet.
3.2
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
Netzwerke im Allgemeinen und Unternehmensnetzwerke im Speziellen werden durch die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen untersucht. Wesentliche Disziplinen sind hierbei die Sozial- sowie die Wirtschaftswissenschaften, aber auch in weiteren Disziplinen werden Netzwerke thematisiert. Fur die weitere Untersuchung werden die Theorien neben dieser Klassifizierung dahingehend unterschieden, ob die Theorien statisch die Struktur von Netzwerken Oder dynamisch die Entwicklung von Netzwerken (Prozesse) betrachten. Bei der Analyse der Struktur eines Netzwerkes wird das Analyseobjekt als gegeben und nicht wandlungsfahig betrachtet. Diese SIchtweise ist demnach eine statische Sicht. Theorien, die in diese Kategorie eingeordnet werden, negieren zwar nicht, dass Netzwerke durchaus Veranderungen unterworfen sind, diese werden aber als „Black Box" zwischen zwei stabilen Strukturauspragungen angesehen.^^^ Diese Theorien eignen sich zum einen dafur, zu erklaren, warum sich ein Netzwerk (im Gegensatz zu anderen Organisationsformen) herausbildet, zum anderen lassen sich Netzwerk-Phanomene erforschen, wie beispielsweise die Organisation von Netzwerken. Im Rahmen der vorllegenden Arbeit ist diese Sicht jedoch nicht ausreichend, da Gegenstand des Change Managements, wie berelts eriautert, der Wandlungsprozess hin zu einem Zielzustand ist. Genau dieser Wandlungsprozess wird aber in den statischen Modellen nicht abgebildet, weswegen fur die weitere Betrachtung diese Modelle durch eine dynamische, prozessuale Sicht erganzt werden mussen. Diese prozessualen Netzwerktheorien erganzen die statische Betrachtung um Erklarungsansatze, wann und wie sich Netzwerke aus einer gegeben Struktur heraus verandern. Der Abb. 44 folgend werden zunachst die aufgefuhrten Netzwerktheorien geordnet nach den wissenschaftlichen Disziplinen eriautert, um hierauf aufbauend eine Synthese unterschiedlicher Theorien durchzufuhren.
609 610
Vgl. PEITZ (2002), 8. 31 Vgl. ADERHOLD (2002), S. 6 Vgl. PEITZ (2002), S. 35
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
147
Wissenschaftsrichtung
Sozialwissenschaften
Wilts chaftswissenschaften
Sonstige Wissenschaften
Systemtheorie
SpJeitheoreSsche AresStze
Betrachtungs" fokus Abb. 44:
Ausgewahlte Netzwerktheorien
Um eine zielfuhrende Einordnung der einzelnen Ansatze zu gewahrleisten, wird jeder vorgestellte Netzwerkansatz in das in Kapitel 1 vorgestellte AGIL-Schema eingeordnet und damit uberpruft, welche Funktionen des Sciiemas durcii den Netzwerkansatz erklart werden. Dies gescliielit vor dem Hintergrund, dass ein Netzwerkansatz, der mit dem Change IVianagement kombiniert wird, alle vier Funktionen abdecken muss, um eine umfassende Analyse siciierzustellen. 3.2.1
Soziale Beziehungen und Netzwerke in den Sozialwissenschaften
Ausgangspunkt der Netzwerktiieorien in den Sozialwissenschaften ist nicht die Betrachtung des einzelnen Akteurs, des einzelnen Subjekts oder des einzelnen Menschen, sondern die zwischen den einzelnen Akteuren ablaufenden, sozialen Prozesse, die mit einer angemessenen Systematik erfasst werden sollen.^^^ Unter den sozialen Prozessen sind hierbei Interaktionen innerhalb einer gegebenen Struktur zwischen den Akteuren zu verstehen. Wie im Folgenden gezeigt wird, sind jedoch die Prozesse, die zur Modifikation der bestehenden Prozesse initiiert werden, nicht zwingend Bestandtell einer rein soziologischen Betrachtung von Netzwerken. 3.2.1.1
Der formal-analytische Ansatz
Eine gangige, haufig zitierte Definition eines (sozialen) Netzwerks von MITCHELL versteht unter einem Netzwerk „[...] a specific set of linkages among a defined set of persons [...]".®^^ Dabei kann bereits von einem Netzwerk gesprochen werden, wenn drei Akteure miteinander Vgl. ADERHOLD (2002), S. 5 f. MITCHELL (1972), S. 2
148
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
in Beziehung stehen; typischerweise besteht es jedoch aus einer Vieizahl von Akteuren.^^"^ Dabei werden unter den Akteuren Teilnehmer an einem Netzwerk verstanden, die je nach Betrachtungsweise einzelne Individuen, Organisationseinheiten, Unternehmen oder auch Netzwerke sein konnen. Die Verbindungen werden teilweise noch danach unterschieden, ob sie direkt sind, also im Falle von Unternehmen zwischen vor- und nachgeiagerten Unternehmen, Oder ob sie indirekt sind, also zwischen Partnern auf einer Stufe.^^^ Der formal-analytische Netzwerkansatz hat den Vorteil, dass Netzwerke nicht mehr auf die Analyse dyadischer Beziehung reduziert werden, sondern Netzwerke als Ganzes im Rahmen eines ubergrelfenden Blicks „von oben" analyslert werden konnen. Neben direkten Verbindungen werden hierbei auch indirekte Verbindungen abgebildet. Ferner ermoglicht dieser Ansatz, Wechselwirkungen zwischen einzelnen Akteuren ubergreifend darzustellen. Dadurch werden die Handlungen der einzelnen Akteure nicht allein auf ihre Einstellungen, Eigenschaften und Interessen reduziert, sondern in den Gesamtkontext des Netzwerkes eingebunden.^''^ Es existieren jedoch unterschiedliche Auffassung bezuglich der fur ein Netzwerk notwendigen Struktur (siehe Abb. 45). So werden beispielsweise von SYDOW oder auch KLEIN die Strukturformen Stern, Y, Kette etc. als ein Netzwerk aufgefasst,^^'' wo hingegen EVANSCHITZKY Oder auch EASTON/HAKANSSON es als notwendig erachten, dass es neben den direkten Beziehungen zwischen den Partnern und dem „zentralen" Akteur (in diesem Fall Unternehmen) auch zumindest eine indirekte Beziehung zwischen den Partnern besteht.^^^ 1st dies nicht der Fall, wird von multiplen, dyadischen Verhaltnissen gesprochen.^^^ Netzwerk im engeren Sinne
Multiple, dyadische Verhaltnlsse
O Akteur — Konnektor Abb. 45:
Netzwerk im engeren Sinne vs. multiple, dyadische Verhaltnlsse
Hintergrund dieser Diskussion ist unter anderem die Fragestellung, ob Beziehungen in Form von Ketten als Netzwerke betrachtet werden sollten. Bei diesen multiplen, dyadischen Verhaltnissen konnen keine Ruckkopplungen in Form von zirkularen Beziehungen auftreten, da die Struktur zwingend eine eindeutlge Vorganger-Nachfolger-Beziehung vorgibt, was eine Netzwerkanalyse vereinfacht. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen jedoch auch diese
615 616 617 618 619
Vgl.EvERS(1998), 8. 20f. Vgl. EVANSCHITZKY (2003), 8. 39 Vgl. PEITZ (2002), 8. 32 Vgl. SYDOW (1992), S. 75 und KLEIN (1996), 8. 51
Vgl. hierzu auch EVERS (1998), 8. 23 EVANSCHITZKY (2003), 8. 39; EASTON / HAKANSSON (1996), 8. 408
Somit liegt ein Netzwerk immer dann vor, wenn die Anzahl der Konnektoren mindestens genauso hoch ist wie die Anzahl der Akteure.
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
149
Strukturen als Netzwerke aufgefasst werden, da auch hier mehrere Akteure miteinander interagieren und bei der Betrachtung der Kette als Ganzes eine ubergreifende Abstimmung notwendig erscheint. Problematisch bei der formal-analytischen Netzwerkanalyse ist, dass das Netzwerk als eine statische Struktur aufgefasst wird, bei der zwar Interaktionen zwischen den Akteuren abgebildet, die Strukturen jedoch als gegeben aufgefasst werden. Eine dynamische Anderung der Struktur als Folge der Interaktion der Akteure wird nicht betrachtet, da die Struktur als stabiles Phanomen gilt und der Veranderungsprozess zwischen zwei stabilen Strukturen zwar nicht geleugnet, jedoch als „Black Box" aufgefasst wird.
A
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
111 Gegenstanddes Netzwerkansatzes Abb. 46:
Einordnung des formal-analytischen Netzwerkansatzes in das AGIL-Schema
Wie Abb. 46 verdeutlicht, wird bei dem formal-analytischen Netzwerkansatz lediglich die Adaption-Funktion des AGIL-Schemas abgebildet. Aufgrund des Analyserasters werden politische, soziale Oder kulturelle Aspekte in der Ursprungsform bei der Analyse nicht berucksichtigt. Einer derartigen Berucksichtigung sind bei diesem Ansatz auch modellinharent Grenzen gesetzt, da der strong analytische Charakter des Ansatzes eine Operationallsierbarkeit voraussetzen wurde, die in der Form bei den nicht durchgangig operationalisierbaren drei anderen Funktionen schwerlich umsetzbar ist. 3.2.1.2
Die Strukturationstheorie
Die beschriebene Problematik des formal-analytischen Netzwerkansatzes wurde durch den Theorieansatz der Strukturationstheorie von GIDDENS uberwunden, bei der Strukturen und Prozesse in einem rekursiven Verhaltnis zuelnander stehen.^^° So stellt er hierzu Folgendes fest: „[The; d.V.] structural properties of social systems are both medium and outcome of the practices they recursively organize."^^^ Hieraus kann gefolgert werden, dass Akteure in der Lage sind, durch ein eigenes, interessengeleitetes Handein die Strukturmerkmale des Kontextes zu andern und somit Einfluss auf die Struktur nehmen. Zur Konkretisierung hat GIDDENS die folgenden drei Strukturdimensionen aufgestellt, denen mit Hilfe von Modalitaten drei Interaktionsdimensionen zugeordnet werden (siehe Abb. 47):^^^
621 622
Vgl. PEITZ (2002), S. 35 GIDDENS(1984), S. 25 Vgl. fur die im Folgenden angefuhrten Punkte insbesondere DUSCHEK / ORTMANN / SYDOW
(2001), S. 201 f., sowie PEITZ (2002), S. 36 f.
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
150
Signifikation Dieses ist ein interpretatives Schema der Welt als Grundlage sinnvollen Handelns. Es handelt sich demnach um Regein der Bedeutungszuweisung und Sinnkonstitution. Bezogen auf Unternehmen fallen hierunter unter anderem Interpretationsschemata, Symbole, Mythen etc.®^^ Herrschaft Aus theoretischer Sicht wird hierunter die Nutzung politischer Macht oder okonomischer Ressourcen verstanden, also allokative und autoritative Ressourcen der Domination. Unter allokativen Ressourcen wird dabei die Fahlgkeit verstanden, die Herrschaft ijber Objekte, Guter oder materielle Phanomene ermdglicht. Dahingegen wird unter autoritativen Ressourcen das Vermogen verstanden, Herrschaft uber Personen Oder Akteure zu generieren.^^"^ Als institutionelle Ordnung werden unter ersteren okonomische Institutionen, unter letzteren politische Institutionen verstanden.^^^ Legitimation Hierunter sind durch Normen vermittelte Regein der Sanktionierung sozialen Handelns zu verstehen, was mit Blick auf die Organisationsgrenzen insbesondere Regein der Zugehorigkeit, Zustandigkeit und Zurechnung umfasst.
I l l ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^M Signifikation
Herrschaft
Legitimation ,;;:V;:-::;:r>::::v.:;<|>.|;.,:;:..J
N::;;;~;::;:;:i^::'-r:!-:ri-:v
1 Modalitat
Interpretatives Schema
Fazilitat
T InteraktionsKommunikation dimension
Abb. 47:
i
IVIacht
Norm
T
i
Sanktion
Dimensionen der Dualitat von Struktur und Interaktion nach GIDDENS^^^
Diesen werden die folgenden drei Interaktionsdimensionen zugeordnet:
-
Kommunikation Unter Kommunikation wird von GIDDENS ein umfassenderes Konzept als die alleinige kommunikative Absicht verstanden. Vielmehr wird hierunter die Kommunikation von Sinn verstanden.^^'' Mactit Unter Macht versteht GIDDENS nicht nur die Begrifflichkeit der Verteilungsasymmetrie, sondern vielmehr erkennt er sie als integralen Bestandteil sozialer Gemeinschaften an. Somit ist Macht auch kein an sich schadliches Phanomen, das es zu ubenA/lnden Sanktion Sanktionen dienen dazu, die normativen Elemente eines sozialen Systems in den Kontexten wirklicher Begegnung aufrechtzuerhalten. Dabei drijcken normative Sank-
625 626 627
Vgl. ORTMANN/SYDOW/WINDELER (2000), S. 320 Vgl. GIDDENS (1995), S. 86 Vgl. GIDDENS (1995), S. 84 PEITZ (2002), S. 36 Vgl. GIDDENS (1995), S. 82 Vgl. GIDDENS (1995), S. 84 f.
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
151
tionen strukturelle Asymmetrien von Herrschaft aus, wobei die Beziehungen derjenigen, die ihnen nominell unterliegen, vielfaltig sein konnen.^^® Bei jeder Interaktion beziehen sich die Akteure mit Hilfe der Modalitaten®^° auf die Regein der Strukturdimension. Jede (soziale) Handlung eines Akteurs zur Mobilisierung von Ressourcen bezieht sich in unterschiedlichem Made auf die drei Strukturdimensionen und besteht damit aus alien drei Interaktionsdimensionen. Indem die Akteure nun in ilirem Handein Bezug auf die gijltigen Regein und Ressourcen neiimen, spiegein sie die besteliende Struktur wider. Wenn jedocii eine signifikante Anzaiil von Akteuren von diesen Regein und Ressourcen abweicht, werden die bestehenden Strukturen dauerhaft transformiert, was damIt das Resultat des Zusammenspiels von Struktur und Prozess begrundet. Mit Hilfe dieser Betrachtung wird es ermoglicht, den formal-analytischen Netzwerkansatz derart zu erweitern, dass der Betrachtungsfokus nicht nnehr alleinig auf die statisch-strukturelle Organisiertheit der Akteure eines sozialen Systems gelegt wird, sondern auch auf die sich standig andernden Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren.^^^ Eine Folge des vorgestellten Ansatzes ist, dass die Grenzen zwischen einzelnen Organisationseinheiten, zwischen Unternehmen und zwischen Netzwerken nicht Sinngrenzen sind, wie bei anderen im Folgenden noch diskutierten Ansatzen dieses proklamiert wird, sondern diese Grenzen durch das tatige Trennen und durch ein Herstellen von Verbindungen uber diese Grenzen hinweg zur Geltung gebracht werden mussen.^^^ Diese Fragestellung wird im spateren Verlauf der vorliegenden Arbeit relevant, da fur die Etablierung eines Netzwerkes aufgezeigt werden muss, wo die Grenzen des einzelnen Unternehmens und die des Netzwerkes liegen. Insbesondere dann, wenn durch Maflnahmen wie Outsourcing operative Prozesse an ein Dienstleistungsunternehmen fremdvergeben werden, ist es fur eine Analyse bedeutend, wie beispielsweise legitimative Elemente beim Dienstleistungsunternehmen strukturiert werden. Die Steuerung von Interaktionen und sozialen Systemen wird dabei in der Strukturationstheorie durch das Konzept des reflexive monitoring abgebildet, welches sowohl fur Akteure als auch fur Systeme Anwendung finden kann.®^^ Wie schon dargestellt wurde, integrieren die Akteure System und Umwelt im Handein immer wieder im gleichen Augenblick. Jedoch hebt GiDDENS hervor, dass Akteure nicht in der Lage sind, das gesamte Geschehen reflexiv zu erfassen und zu steuern. Vieles entzieht sich sogar vollstandig ihrem Handein als unintendierte Konsequenzen und tritt ihnen als unerkannte Voraussetzung des Handelns wieder entgegen.^^"^ 629 630
Vgl.GiDDENS (1995), 3.83 Unter Modalitat wird allgemein ein „naherer Umstand, Bedingung, Einzelheit der Durch- und AusfiJhrung, des Geschehens [verstanden; d.V.]" (o.V. (1991) , 8. 704). Unter Modalitaten im Kontext der Strukturationstheorie werden hierunter Regein und Ressourcen verstanden, die von einem Akteur mit einer spezifischen Biographie und Kompetenz in Anschlag gebracht werden. (Vgl. ORTMANN / SYDOW / WINDELER (2000), S. 330). Somit stellen sie die „Reprasentation der Strukturelemente auf der Ebene des handelnden Subjekte" dar. (WALGENBACH (2002), S. 363). Sie dienen damit der Vermittlung zwischen Interaktion und Struktur, was ihre Relevanz fur die Strukturationstheorie unterstreicht (vgl. BECKER (1996), S. 135). Vgl. PEITZ (2002), S. 36 f.
Erganzend sei angemerkt, dass die Strukturationstheorie ein Ansatz ist, der die auseinanderdriftenden Theorieperspektiven der Organisationsforschung zumindest teilweise integriert; es handelt sich hierbei um interpretative, kulturalistische, institutionalistische, macht-, herrschafts- und kontrolltheoretische Ansatze sowie okonomische Ansatze (vgl. ORTMANN / SYDOW / WINDELER (2000), S. 322). Vgl. DuscHEK / ORTMANN / SYDOW (2001), S. 202 Vgl. SYDOW / WINDELER (2000), S. 8
Vgl. GiDDENS(1984), S. 5
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
152
Auf Netzwerke ubertragen bedeutet dies, dass die Umwelt, Interdependenzen zwischen System und Umwelt, die externen Anforderungen und die intemen Steuerungsaktivitaten, nicht gegeben sind, sondern Jewells wieder reproduziert werden. Dadurch wird laut SYDOW eine realistische Sicht auf die Steuerung von Netzwerken entwickelt, die sich auch in einer Vieizahl von okonomischen Ansatzen wiederfindet.®^^ Insbesondere der im spateren Verlauf vorgestellte interaktionsorientierte Netzwerkansatz greift auf die Arbeiten von GIDDENS zuruck.
G
A
I
Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
I Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 48:
Einordnung der Strukturationstheorie in das AGIL-Schema^^^
Wird die Strukturationstheorie in das AGIL-Schema eingeordnet, so wird deutlich, dass insbesondere die Funktionen abgedeckt werden, die sich durch eine niedrige Handlungskontingenz auszeichnen (siehe Abb. 48). Dies ist auch konsistent zu den Aussagen des Modells, da die primare Annahme des Modells, wie beschrieben, ist, dass die Umweltbedingungen die Handlungen des einzelnen Akteurs zunachst einschranken und erst bei dem Erreichen einer kritischen Anzahl von Akteuren modifiziert werden konnen. Aber auch in diesem Fall wird auf eine Modifikation des Gemeinschaftssystems und der Machtkonstellationen in dem Modell fokussiert; eine Beeinflussung der Kultur wird durch eine Modifikation der Signifikation erreicht. Ohne auf den Umfang und die Steuerbarkeit der Modifikation bei der Strukturationstheorie vertiefend eingehen zu wollen, ist es bei dem Ansatz offensichtlich, dass insbesondere die Okonomie im Rahmen der Adaption-Funktion nur unzureichend im Rahmen der Theorie behandelt wird. Die Strukturationstheorie ist in der Literatur nicht unumstritten. Zumeist werden zwei wesentliche Kritikpunkte genannt. Zunachst wird oftmals der Vorwurf des Ekiektizismus erhoben. Dieser ruhrt daher, dass in der Strukturationstheorie eine Vieizahl von prominenten Autoren und popularen Theorien zitiert werden und damit sowohl Argumente der Hermeneutik und interpretativen Soziologle verwendet werden als auch Argumente, die sich eher aus strukturalistischen und funktionalistischen Grundpositionen ableiten lassen. Dieser Krltikpunkt kann jedoch dadurch entkraftet werden, dass nicht der Ursprung von Gedanken oder Ideen relevant Ist, sondern wie sich diese in ein konsistentes Modell einbauen lassen.^^^ Eine weiterer Kritikpunkt ist dagegen aus Sicht des Verfassers deutlich relevanter. Den Arbeiten von GIDDENS wird haufig vorgehalten, dass in ihnen keine eindeutige Struktur erkennbar ist und zusatzlich die verwendeten Begriffe nicht eindeutig definiert werden. Vgl. SYDOW / WiNDELER (2000), S. 10 Es sei angemerkt, dass GIDDENS in die Herrschaftsdimension aus allokative Ressourcen wie Produktionsfaktoren etc. zuordnet, was zunachst nahe legen wurde, auch die Adaption-Funktion als durch Dimensionen abgedeckt zu erachten. Da diese Ressourcen jedoch ausschliefllich als Machtressource gesehen werden, wird die Adaption-Funktion als nicht angedeckt erachtet. Vgl. WALGENBACH (2002), S. 369
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
153
Dadurch wird die Interpretation der Theorie schwer und es kann schwer verifiziert werden, ob die Theorie konsistent ist bzw. die Theorie konsistent wiedergegeben wurde.^^^ Dieser Kritikpunkt ist durchaus berechtigt und deswegen auch schwer zu widerlegen. Das Problem wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit derart geldst, dass zum einen Interpretationen der Arbeiten von GIDDENS erganzend zu den Originaltexten verwendet werden und zum anderen im weiteren Verlauf der Arbeit die Strukturationstheorie nicht in ihrer ursprunglichen Form verwendet wird, sondern in einer Weiterentwicklung, dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz.'^' Es sei abschlieflend noch auf einen Zusammenhang zwischen der Strukturationstheorie und dem Change Management hingewiesen. Wie bei der Diskussion des Change Managements bereits beschrieben, handelt es sich bei einem First-order bzw. einem Second-order Change um bewusst intendierte Veranderungen einer Organisation. Bezogen auf das Schema von GIDDENS bedeutet dies, dass eine bewusste, reflexive Re-Strukturation des Handlungsfeldes „Organisation" durchgefuhrt wird, die auf die Anderung von Regein und Ressourcen abzielt und alle dargestellten Dimensionen tangiert; demnach werden etablierte Signifikations-, Legitimations- und Herrschaftsstrukturen zu verandern versucht. Jedoch unterliegt auch diese Veranderung wiederum der Rekursivitat von Struktur, was bedeutet, dass sich die Veranderung der Machtressourcen bedienen muss, die die gegenwartige Organisationsstruktur zur Verfugung stellt. Konflikte bezuglich der zukunftigen Machtverteilung ebenso wie Widerstande sind nach dieser Logik nicht ein Ausdruck von Irrationalitat Oder der generellen Wandlungsresistenz eines Individuums, sondern vielmehr ein organisational induziertes Phanomen, in dem Profiteure der gegenwartigen Struktur ihre Vorteile zu wahren versuchen.^'^^ Dieser Interpretation wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nur teilweise gefolgt, da sie insbesondere im Bereich des Widerstands lediglich den rationalen und politischen Widerstand erklaren im Gegensatz zum irrationalen Widerstand. Mit anderen Worten wird negiert, dass sich jeglicher Widerstand durch die Reflexivitat von Struktur und Interaktion erklaren lasst. Bei den beiden vorgestellten Ansatzen - dem formal-analytischen Netzwerkansatz und der Strukturationstheorie - handelt es sich um sozialwissenschaftliche Ansatze. Sozialwissenschaftliche Ansatze sind indlviduumszentrierte Ansatze, deren Erkenntnisinteresse zwischenmenschliche Beziehungen und Netzwerke sind. Deswegen ist ihr Beitrag fur ein tragfahiges Verstandnis von interorganisationalen Beziehungen und Netzwerken als hoch einzuschatzen.^'*^ Insbesondere fur die im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu leistende Analyse der Prozesse zur Bildung und Etablierung von Netzwerken ist vor allem die Strukturationstheorie geeignet, da sie „Netzwerke als strukturierte und sich strukturierende Prozesse [untersucht; d. V.]. Dabei lenkt sie den Blick eher auf Interessen, Widerspruche, Konflikte und Spannungsverhaltnisse als auf homoostatische Gleichgewichte sozialer Systeme, in denen Akteure nur als Kommunikatoren auftreten."^"^^ Da die Bildung von Unternehmensnetzwerken jedoch zwingend auch okonomisch erklarbar sein muss, werden im Folgenden interorganisationale Beziehungen und Netzwerke in den Wirtschaftswissenschaften vorgestellt, um auf deren Basis einen Netzwerkansatz fur die vorliegende Arbeit zu erarbeiten.
Vgl. WALGENBACH (2002), S. 369 ff. 640 641
Vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.6 Vgl. ORTMANN / SYDOW / WiNDELER (2000), S. 333 Vgl. PEITZ (2002), S. 38 f. SYDOW/WELL(1999), S. 111
154 3.2.2
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken Netzwerke in den Wirtschaftswissenschaften
In den Wirtschaftswissenschaften wird individuelles und soziales Handein unter Transaktionsbedingungen betrachtet.^"^^ So werden auch Netzwerke - hierbei insbesondere Unternehmensnetzwerke, also Netzwerke, bei denen die Akteure Unternehmen sind - unter Transaktionsbedingungen analysiert. Netzwerke stellen hierbei eine Form der Organisation dar, die (vermeintlich) „in der Lage [sind; d. V.], die oft wlderspruchlichen Anforderungen an Effizienz und Flexibilitat miteinander zu versohnen".^'^'^ Dieses wird damit begrundet, dass durch sie die Vorteile marktiicher Koordination mit den Vorteilen von hierarchischer Koordination synergetisch verbunden werden. So bletet der Markt den Vorteil von einer Vielzahi von autonom Handelnden; die Hierarchie den Vorteil, durch koordiniertes Handein gesetzte Ziele zu verfolgen.^"^^ So hebt beispielsweise EVANSCHITZKY insbesondere zwei Vorteile hervor, die durch Unternehmensnetzwerke realisiert werden konnen. Zum einen die Effizienz, was bedeutet, dass durch diese Organisationsform Transaktionen kostengunstig durchgefuhrt werden konnen, zum anderen die Effektivitat, unter der er die moglichst hohe Nutzenstiftung beim Kunden versteht.^^^ Erzielt werden diese Wettbewerbsvorteile aufgrund von unterschiedlichen positiven Effekten. Neben der Eriangung einer virtuellen Grolie, der synergetischen Verbindung unterschledlicher Kernkompetenzen, sei hier beispielhaft die Erhohung der Flexibilitat als ein positiver Nutzen der Unternehmensnetzwerke genannt. Somit kann festgestellt werden, dass Unternehmensnetzwerke „eine organisatorische Antwort auf den starken Wandel und die struktureilen Bedingungen des neuen Wettbewerbs darstellen und einer besseren Beherrschung der Umweltkomplexitat dienen".^"^^ Damit wird ihre aktuelle Relevanz deutlich. Insbesondere die Betrachtung von virtuellen Unternehmen verdeutlicht die hohe Flexibilitat von Unternehmensnetzwerken. Bei virtuellen Unternehmen handelt es sich um temporare Zusammenschlusse von Unternehmen, die sich problembezogen bilden. Nach PICOT/REICHWALDAA/IGAND sind es demnach dynamische Netzwerke, bei denen sich die Netzwerkknoten dynamisch und problembezogen konfigurieren.^"^^ Somit stellen sie ein Konstrukt dar, das hochst flexibel auf Marktanforderungen reagieren kann, da ihre Struktur sich schnell an die Anforderungen optimal anpasst. Auch wenn Netzwerke als eine oftmals aus wirtschaftlicher Sicht erstrebenswerte Organisationsform angesehen werden konnen, besteht auch bei Netzwerken die Gefahr des Netzwerkversagens.^"^^ Von der Errichtung des Netzwerkes, uber eine einseitige Beherrschung von fokalen Teilnehmern®^° bis zum Verfilzen und Erstarren des Netzwerkes sind die unterschiedlichsten Abweichungen vom Idealbild moglich.^^^
643 644
Vgl. ADERHOLD (2002), S. 6 SYDOW(1992), 8. 3
Vgl. MAYNTZ (1993), 3.44 EVANSCHITZKY (2003), S. 39 KLEIN(1996), S. 9 648 649
Vgl. PICOT/REICHWALD/WIGANDR. (2003), S. 422 Vgl. KAPPELHOFF (2000), S. 30
Dies ist beispielsweise in Automobilnetzwerken verstarkt zu beobachten, bei denen Automobiiherstelier ihre Zulieferbetriebe unter einen massiven Kostendruck setzen. Vgl. KAPPELHOFF (2000), S. 30
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
155
Fur Netzwerke lassen sich trotz unterschiedlicher Auspragungen in der wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtungsweise gemeinsame konstituierende Merkmale feststellen:®^^ Netzwerke sind eine Organisationsform zum Zwecke der Optimierung wirtschaftlicher Austauschbeziehungen, Basis der Zusammenarbeit ist eine Kooperation, was eine vertrauensvolle und auf den Gesamtnutzen orientierte Arbeitsweise voraussetzt^^^ und die Zusammenarbeit umfasst nicht eine einmalige Austauschbeziehung, sondern geht darijber hinaus. Neben diesen Merkmalen, die in der Literatur weitestgehend geteilt werden, werden von unterschiedlichen Autoren teilweise noch weitere Forderungen aufgestellt. So stellt beispielsweise EVERS zusatzlich fest, dass die Netzwerkgrenzen grundsatzlich offen sind.^^"^ Die Offenheit eines Unternelimensnetzwerks kann jedoch derart relativiert werden, dass die Beitrittbarrieren sehr liocii sein konnen. Beispieliiaft seien hierfur regionale Unternehmensnetzwerke genannt. Diesen und weiteren Forderungen nach einer Erweiterung der konstituierenden Merkmale von Unternehmensnetzwerken soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht gefolgt werden, da sie aus Sicht des Verfassers den Begriff von Netzwerken zu stark einschranken wurden und dadurch bestimmte Konstellationen von Unternehmenskooperationen nicht berucksichtigt wurden. Neben diesen oben aufgezeigten gemeinsamen konstituierenden Merkmalen sind in der Netzwerkdiskussion jedoch auch wesentliche Meinungsverschiedenheiten zu beobachten. So bestehen unterschiedliche Auffassungen, ob Netzwerke als Hybridform zwischen den beiden Extrempolen „Markt" und „Hierarchie" aufgefasst werden sollten, Oder ob sie eine eigenstandige Form neben „Markt" und „Unternehmen" darstellen.^^^ Bevor diese beiden unterschiedlichen Auffassungen diskutiert werden, sollen zunachst die beiden Begriffe „Markt" und „Hierarchie" naher eriautert werden. In der neoklassischen Markttheorie werden relativ restriktive Grundannahmen fur einen Markt aufgestellt. Neben einer vollkommenen Konkurrenz, einer Homogenltat und vollstandigen Substituierbarkeit aller Arbeitskrafte, einer vollkommenen Information wird noch die vollstandige Mobilitatsfahigkeit und -bereltschaft aller Arbeitskrafte angenommen.^^^ Diese Annahmen sind jedoch fur eine Analyse im Rahmen der vorliegenden Arbeit deutlich zu restriktiv, da sie in der Realitat nicht zu finden sind und deswegen ihr Aussagegehalt als eher gering einzustufen ist. In diesem Zusammenhang stellt beispielsweise ERNST fest, dass die weitreichenden Annahmen uber die Informationsstande von Wirtschaftssubjekten die Sicht auf Tatbestande versperrt, die eine realitatsnahere Analyse von wirtschaftlichen Handlungen ermoglichen.®^^ Eine realitatsnahere Theorie wird im Rahmen des „Austrianismus" aufgestellt. Kernpunkt dieser Theorie Ist die Annahme der ungleichen Verteilung von Wissen in der Gesellschaft, aus der eine veranderte Bedeutung des Prelssystems resultiert. Da Wirtschaftssubjekte nicht eine vollstandige Information uber den Markt erhalten konnen, wird der Preis das zentrale Koordinationsinstrument in einem Markt, dem Ort, bei dem Angebot und Nachfrage aufein652 653
Vgl. ADERHOLD (2002), S. 10
Die auf den Gesamtnutzen orientierte Arbeitsweise bedingt jedoch nicht, dass der hieraus zu erzielende Kooperationsgewinn gerecht unter den Netzwerkunternehmen aufgeteilt wird. Insbesondere bei fokalen Netzwerken, wie sie beispielsweise in der Automobilbranche zu finden sind, wird der Kooperationsgewinn oftmals zugunsten des fokalen Unternehmens verteilt. Vgl. EvERS(1998), S. 26 Vgl. hierzu bspw. EVANSCHITZKY (2003), S. 37 f. Vgl. o.V. (2001b), Stichwort „Arbeitsmarkttheorien" Vgl. ERNST (1990), 3.37
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
156
ander treffen. Wirtschaftssubjekte reagieren auf sich andernde Preise von Rohstoffen mit einer Anderung des Konsumverhaltens bei diesen Rohstoffen, was zu einer laufenden Anpassung an das aktuelle Marktgeschehen fuhrt.^^^ Hieraus resultiert dann auch die Annahme, dass sich die Marktteilnehmer grundsatzlich (begrenzt) rational und opportunistisch verhalten, da ihr Handein ausschllefilich durch das Preissystem bestimmt ist. Dieser Marktteilnehmer wird als homo oeconomicus bezeichnet. Neben diesen Annahmen zeichnet sich eine marktiiche Koordination zunachst dadurch aus, dass die Marktteilnehmer glelchberechtigt und in ihren Handlungen (weitestgehend) unabhangig voneinander sind. Marktiiche Beziehungen sind zudem fluchtig und kompetitiv 659 Eine hierarchische Koordination basiert demgegenuber nicht auf einer preislichen Koordination, sondern auf Weisung der Unternehmensleitung gegenuber einer begrenzten Anzahl von Organisationsmitgliedern. Diese Weisungen substituieren dabei jegliche marktiiche Koordination. Im Gegensatz zum Markt werden hierbei grundsatzlich unspezifische Leistungen ausgetauscht; die Beziehungen sind auf Dauer ausgelegt und kooperatlv. Diese Koordinationsform kann jedoch nicht ausschlieliliche auf die Hierarchie reduziert werden. Erganzend hierzu stehen unterschledliche technokratische und personale Koordinationsinstrumente zur Verfugung.^^° Utit0rsch0i* ciuiigsiiiarkifial Leitdifferenz Regelung der Zusammenarbeit (normative Basis) Steuerungsmedium Konfliktbewaltigung Beziehung der Akteure Flexibilitat Koharenz (Zlelgerichtetheit) Modus der Evolution
Tab. 8:
Markt
Netuverk
Hi«rarohl«
Preise
Beziehungen
Positionen (Stellung in der Hierarchie)
Eigentumsrechte (Vertrage)
Vertrauen, Verlasslichkeit
Weisungsrechte
Geld
Wissen
Macht
Aushandein bzw. Schlichtung durch Externe
Wahrung von Vertrauen und Reputation
Uberwachung und Verfugung
Unabhangig
Wechselseitig abhangig
Einseitig abhangig
Mittel
Gering nach innen, hoch nach auRen
Hoch Niedrig
Mittel
Hoch
Wettbewerb um Praferenzen
Wettbewerb um Geschwindigkeit
Wettbewerb um Programme
GegeniJberstellung Markt, Netzwerk, Hierarchie
Basierend auf diesen Annahmen sieht der erste Ansatz Netzwerke als eine eigenstandige Koordinationsform zwischen den beiden Polen Markt und Hierarchie an. Diese Sicht des Netzwerks als Hybridform steht insbesondere in der Denktradition der Neuen Institutionenokonomik.^®^ Betrachtet werden bei diesem Ansatz die unterschiedlichsten Variationen von Netzwerken, je nachdem ob sie eher lockerer miteinander verbunden sind (eher marktiiche 658 659
Vgl. PicoT / REICHWALD / WiGAND R. (2003), S. 32 f. Vgl. SYDOW(1992), S. 98 Vgl. SYDOW(1992), S. 98 Vgl. PAYER (2002), S. 28 Er bezieht seine Abbildung auf POWELL, SYDOW und WILKE. Vgl. PAYER (2002), S. 27
Die Neue Institutionenokonomik umfasst die Transaktionskostentheorie, die Principal Agent Theorie, die Resource Dependence Theorie, Public Choice Theorie, sowie die Property Rights Theorie.
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
157
Koordination) oder schon mehr hierarchische Elemente beinhalten. Die wesentlichen Merkmale der Abgrenzung von Netzwerken zu Markt und Hierarchie stellt dabei die Tab. 8 dar. Diese Annahme, dass Netzwerke eine Hybridform zwischen Markt und Hierarchie darstellen, wird nicht durchgangig in der Literatur geteilt. Insbesondere POWELL sieht in Netzwerken eine gieichbereclitigte Organisationsform neben iViarkt und Hierarchie. Dies wird von ihm mit dem Hinweis begrundet, dass marktiiche Beziehungen durchaus deutlich dauerhafter sein konnen als Beziehungen von Unternehmen zu ihren Mitarbeitern. Dieses zeigt er an Beispieien der Beziehungen von Unternehmen zu Steuerpriifern, Wirtschaftsprufern und Rechtsanwalten. Hieraus folgert er, dass die Grundannahmen, dass Koordinationsformen als ein Kontinuum aufgefasst werden konnen, zu mechanisch und eindimensional seien. Bin Netzwerk sei demnach auch keine Koordinationsform zwischen IViarkt und Hierarchie, sondern ist als eine eigenstandige Koordinationsform aufzufassen.^^^ Konstituierend fur Netzwerke sind dabei reziproke Kommunikations- und Austauschmuster, sowie die langerfhstige Perspektive einer auf Vertrauen und Kooperation basierenden Zusammenarbeit.^®"^ Dieser Ansicht wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt. Denn eine Einordnung eines Netzwerkes als Hybridform bedeutet nicht, dass ein Netzwerk zwangslaufig eine Synthese aus den Idealformen von Markt und Hierarchie sein muss.^^^ Da bei einem Netzwerk sowohl marktiiche, als auch hierarchische Elemente vereinigt sind, wird vielmehr die These der Hybridform vertreten. Erganzend zu der Diskussion uber die Definition von Netzwerken sowie der Abgrenzung von Netzwerken zu den Koordinationsformen Markt und Hierarchie sei abschlieRend noch angemerkt, dass die Abgrenzungsproblematik zwischen Netzwerken und den anderen Koordinationsformen nicht dazu fijhren sollte, dass Netzwerke zu einer Residualkategorie zur Beschreibung komplizierter Koordinations- und Steuerungsprozesse werden, um sich einer Feinanalyse der Mischungsverhaltnisse von Markt, Macht und Koordination zu entledigen.^^^ Auch wenn nicht bestritten wird, dass eine Abgrenzung insbesondere von marktiicher Koordination und Netzwerk nicht trennscharf durchgefuhrt werden kann, kann nicht jegliche, insbesondere auch kurzfristige, Kooperation zwischen Unternehmen als Netzwerk bezeichnel^werden. Im Folgenden werden nun unterschiedliche okonomische Netzwerktheorien vorgestellt und diskutiert, um aus diesen in Verbindung mit den sozialwissenschaftlichen Ansatzen eine Synthese eines Bezugsrahmens fur die vorliegende Arbeit abzuleiten. 3.2.2.1
Die Transaktionskostentheorie
Die Transaktionskostentheorie kann in der theoretischen Erklarung fur das Auftreten von Netzwerken als einer der popularsten Ansatze bezeichnet werden. Nach ihm sind Netzwerke (sozio-) okonomische Institutionen, die sich bilden, da sie unter bestimmten Voraussetzungen die optimale Konfiguration im Kontinuum zwischen Markt und Hierarchie darstellen. Obwohl schon COASE in den 30er-Jahren den Zusammenhang zwischen Transaktionskosten
Vgl. POWELL (1990), S. 299
Es sei angemerkt, dass diese Auffassung in jungeren Veroffentlichung wieder haufiger vertreten wird (vgl. ADERHOLD / WETZEL (2005), S. 18). Vgl. KLEIN (1996), S. 90
Eine ahnliche Auffassung wird auch von SYDOW vertreten (vgl. SYDOW (1992), S. 102). Vgl. KOHLER (1999), S. 369
158
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
und Organisationsform erkannt hat,^^^ geht der Transaktionskostenansatz insbesondere auf WILLIAMSON zuruck. Basis der Uberlegungen ist die Transaktion, die immer genau dann entsteht, „wenn ein Gut oder eine Leistung uber eine technisch trennbare Sclinittsteiie hinweg ubertragen wird."®^^ Sie umfasst dabei nicht nur den Prozess der Ubertragung, sondern ganzheitiich die Anbahnung, Vereinbarung, Kontrolle und ggf. Anpassung des Leistungsaustauschs.^^^ Transaktionen werden in dem Ansatz mit Kosten bewertet, den Transaktionskosten. Korrespondierend zum Prozess, den die Transaktion umfasst, setzen sich die Transaktionskosten aus Anbaiinungskosten, Vereinbarungskosten, Kontrollkosten und Anpassungskosten zusammen.^^° Die Transaktionspartner sind bestrebt, ihre Transaktionskosten zu minimieren, was dadurch erschwert wird, dass sich die teiineiimenden Akteure ganzlich durch Rationalitat, Opportunismus und der Tendenz zur Eigennutzenoptimierung auszeiciinen. Urn das aus dieser Eigennutzenoptimierung resultierende opportunistische, transaktionskostensteigernde Veriialten zu verhindern, werden die Transaktionen in institutionelle Arrangements Hierarciiie, Markt oder hybriden Arrangements eingebettet. Dadurch soil der effiziente Umgang mit den Ressourcen sichergestellt werden.^^^ Die hybriden Arrangements, die durch POWELL mit dem Begriff des Netzwerkes besetzt wurden,®^^ stellen eine Organisationsform dar, die zwischen IVIarkt und Hierarchie positioniert ist, bei der sich die Parteien zu einem kooperativen Verhalten verpflichten, sowie ggf. notwendige, nachtragliche Vertragsanpassungen unter der Einhaltung eines Fairnessstandards durchfuhren.^^^ Somit bilden sich nach der Transaktionskostentheorie Netzwerke genau dann heraus, wenn sie im Vergleich zum IVIarkt und Hierarchie die Transaktionskosten minimieren. Nach dem Transaktionskostenansatz liegt eine grundlegende Herausforderung wirtschaftlicher Koordination in der ungleichen Verteilung der Ressource Information verbunden mit dem Aufwand der Informationsbeschaffung.^^'* Das bedeutet, dass der Ansatz das theoretische Konstrukt der vollkommenen Information negiert, was mit der begrenzten zeitlichen und kognitiven Fahigkeit des Menschen begrundet wird, Informationen zu sammein, zu speichern und zu verarbeiten.^^^ Die Handlungen des einzelnen Akteurs zeichnen sich demnach durch eine begrenzte Rationalitat aus. Folgerung hieraus ist, dass die Moglichkeit perfekter Kontrakte ausgeschiossen ist.^^^ Als zweite, grundlegende Hypothese uber das Verhalten der Akteure wird von WILLIAMSON angenommen, dass sie zum opportunistischen Verhalten tendieren. Hierunter wird die Verfolgung des Eigeninteresses verstanden, welches unter Zuhilfenahme von List verfolgt wird.®^^ Dieses impliziert auch, dass sie bei Austauschbeziehungen nicht nur ihre Individuelle
Vgl. COASE(1937), 8. 390
671 672
673 674 675 676 677
WILLIAMSON (1990), S.I Vgl SYDOW (1992), S. 130 Vgl. SYDOW (1992), S. 130
Vgl. MoRATH(1996), S. 22 Vgl. POWELL (1990) Es sei an dieser Stelle jedoch erwahnt, dass POWELL, wie bereits erortert, ein Netzwerk nicht als eine Hybridform sondern als eigenstandige Organisationsform ansieht (vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.2). Vgl. PAYER (2002), S. 27 Vgl. PAYER (2002), S. 26 Vgl. PAYER (2002), S. 26
Vgl. EVERS (1998), S. 120 Vgl. WILLIAMSON (1975), S. 26
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
159
Nutzenmaximierung verfolgen, sondern dass sie sich auch bewusst zum Schaden anderer verhalten kdnnen.
Verhaltensannahmen
Transaktionsatmosphare Verfugbarkeit von Kapital und Know-How ^ Transaktionshaufigkeit ^
Beschrankte
Abb. 49:
EinfiussgroBen auf die Transaktionskosten^^^
Neben diesen Hypothesen das Verhalten der Akteure betreffend, bestimmen sechs weitere Faktoren die Hohe der mit der einzelnen Transaktion verbundenen Kosten. Abb. 49 stellt eine Erweiterung des von WILLIAMSON entwickelten Modells des Organizational failure Framework^^^ dar, das eine weite Verbreitung zur Bestimmung der Einflussgrofien auf die Transaktionskosten gefunden hat und damit zur Auswahl einer geeigneten Koordinationsform dient.^^^ Die Spezifitat wird ubereinstlmmend als eine der Haupteinflussgrofien auf die Transaktionskosten bezeichnet.^^^ Hierunter wird die Bewertung von Investitionen verstanden, die vor einer Transaktion notwendig sind. Dieses konnen beispielsweise Investitionen in Humankapltal Oder in spezifische Aniagen sein.^^^ Die Spezifitat steigt mit der mit ihr verbundenen Quasi-Rente, welche den Wertverlust beschreibt, der entsteht, wenn die zur Aufgabenerfullung erforderlichen Ressourcen nicht fur ihre geplante Verwendung eingesetzt werden, sondern fur die Nachstbeste.^^"^ Diese Quasi-Rente wird im Folgenden als Spezifitatsgrad bezeichnet. Je hoher der Spezifitatsgrad einer Investition ist, desto spezifischer wird die Transaktion und fordert die Bindung zwischen den Akteuren, was auch als Lock-in-Effekt bezeichnet wird. Die zweite bedeutsame EinflussgroBe ist die Unsicherheit Sie wird nach Umwelt- und Verhaltensunsicherheit unterteilt. Eine Umweltunsicherheit llegt vor, wenn bestehende Oder zukunftige Umweltzustande nur unvollstandig ermittelt werden konnen Oder deren Elntrittswahrscheinlichkeiten nicht ermittelbar sind. Dagegen wird unter der Verhaltensunsicherheit die Unsicherheit verstanden, dass die beteiligten Akteure ihren Verpflichtungen nicht 678 679
VgI.EVERS (1998), 8.26 PiCOT/ REICHWALD/WiGAND R. (2003), S. 50 Vgl. WILLIAMSON (1975), 8. 40
682 683
Im Gegensatz zu dem Modell von WILLIAMSON wurde das Modell um „Verfugbarkeit von Kapital und Know-how" erganzt. Vgl. PicoT / REICHWALD / WiGAND R. (2003), 8. 50 f. Vgl. PicoT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), 8. 51
Vgl. M0RATH(1996), 8. 22 Vgl. DiETL(1993), 8. 95 Erganzend sei angemerkt, dass die Transaktionskostentheorie die Pramisse hat, dass Investitionen grundsatzlich optimal eingesetzt werden. Diese Pramisse ist in der Praxis nicht uneingeschrankt giJltig.
160
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
nachkommen.^^^ Mit zunehmender Unsicherheit der Transaktion steigen sowohl ex ante als auch ex post die Transaktionskosten. Ex ante steigen die Kosten, da mit zunehmender Unsicherheit mehr Kontingenzen des Austauschs berucksichtigt werden mussen. Ex post steigen sie, da die Wahrscheinlichkeit steigt, dass aufgrund der nicht vorhersehbaren Entwicklung Anpassungen der Vertragsbedingungen notwendig werden.^^^ Diese Unsicherheiten erfordern eine Anpassungsfahigkeit an geanderte Rahmenbedingungen, zum einen an geanderte Umweltbedingungen, zum anderen an geanderte Transaktionsbedingungen. Im Rahmen der Transaktionskostentheorie wird davon ausgegangen, dass eine marktiiche Koordination insbesondere dazu eignet ist, sich an veranderte Umweltbedingungen transaktionskostengunstig anzupassen, wo hingegen sich eine hierarchische Koordinationsform insbesondere an veranderte Transaktionsbedingungen anpassen kann.^®^ Unter der Transaktionsatmosphare werden alle sozio-kulturellen, technologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Austauschbeziehung subsummiert. Sollten sich hierbei Parameter andern, kann dieses eine Neubewertung der Transaktion erforderlich machen.^^^ Insbesondere auch Faktoren wie Werthaltung und gegenseitiges Vertrauen werden als Bestandteil der Transaktionsatmosphare gesehen, da diese die Gefahr opportunistischen Verhaltens reduzieren und dadurch transaktionskostenintensive Schutzklausein vermieden werden konnen.^^^ PicoT / REICHWALD / WIGAND stellen die These auf, dass der Faktor Vertrauen eine marktiiche oder hybride Koordinationsform begunstigt.^^° Die Verfugbarkeit von Kapital und Know-how wurde von WILLIAMSON zunachst nur implizit berucksichtigt. In jungerer Zeit scheint dieser Faktor aber an Bedeutung gewonnen zu haben.®^^ Es wird hierunter der Aufwand an Sach- und Humaninvestitionen verstanden, die eine Transaktion erst durchfiJhrbar werden lassen. Derjenige Transaktionspartner, der frijhzeitig eine entsprechend grofie Investition bereits getatigt hat, erhalt eine monopolartige Verhandlungspositlon durch eine Fundamentaltransformation.^^^ Dieses birgt Risiken fur alle teilnehmenden Transaktionspartner. Zum einen ist der Investor aufgrund der sunk costs an die Investition gebunden, zum anderen sind die ubrigen Partner mit dem Problem der fehlenden Auswahl (Problem der kleinen Zahl) konfrontiert. Die Hierarchie wird als geelgnetes Mittel gesehen, um der hieraus entstehenden Gefahr des opportunistischen Handelns zu begegnen.^^^ Die Informationsverkeilung geht auf das Vorhandensein asymmetrisch verteilter Informatlonen zuruck.^^ Sie birgt das Risiko, dass ein Transaktionspartner seinen bestehenden Informationsvorsprung opportunistlsch ausnutzt und hierdurch die Transaktionskosten erhoht. Dieses Problem wird In einem weiteren theoretischen Modell, der Principal Agent Theorie (siehe Kapitel 3.2.2.3), vertiefend behandelt.
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
EVERS(1998). S. 119 f. M0RATH(1996), S.22f. MORATH(1996), S. 23 EVERS (1998), S. 120
Vgl. PicoT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), S. 52 f. Vgl. PicoT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), S. 52 ff. Vgl. SYDOW (1992), S. 132 Vgl. SYDOW (1992), S. 132
Fijr die vorliegende Arbeit ist dieser Faktor von besonderer Relevanz, da die skizzierte monopolartige Stellung eines der wesentlichen Merkmale der in der Arbeit betrachteten Branche, der Energiebranche, Ist. VgL SYDOW (1992), S. 132f.
Vgl. EVERS (1998), S. 120
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
161
Unter der Transaktionshaufigkeit wird die Anzahl der Wiederholungen der einzelnen Transaktionen verstanden.®^^ Mit steigender Anzahl identischer Transaktionen zwischen den Partnern lassen sich vermehrt Skalen- und Synergieeffekte realisieren, was zu einer Senkung der Transaktionskosten pro Transaktion fuhrt.^^^ Tendenziell lassen haufig wiederkehrende Investitionen die hierarchische Oder hybride Koordinationsform sinnvoller erscheinen.^^^ Transaktionskosten
Marktliche Koordination
Koordinationsform hyb rider Arrangements
Optimaler Spezifitgtsgrad fur hybride Arrangements
Hierarchische Koordination
Spezifitatsgrad
Transaktionskosten vorteile [?/!] gegeniiberderzweitbesten Koordinationsform
Abb. 50:
Optimale Organisationsform in Abhangigkeit vom Spezifitatsgrad einer Transaktion®^®
Aus diesen einzelnen Faktoren lassen sich Ruckschlusse darauf Ziehen, welche Koordinationsform fur eine Transaktion die wirtschaftlich sinnvollste 1st. Als Beispiel hierfur zeigt die Abb. 50, wie In Abhangigkeit zum Spezifitatsgrad unterschiedliche Koordinationsformen aus Sicht der Transaktionskosten optimal sind. Anhand dieses Beispiels lasst sich jedoch auch einer der wesentlichen Kritikpunkte an der Transaktionskostentheorie eriautern. Der Transaktionskostentheorie wird oftmals zur Last gelegt, dass sie in ihren Aussagen zu unspezifisch ist. So lassen sich die in der Theorie betrachteten Kosten nur ungenugend operationalisieren, so dass sie fur einen praxisnahe Umsetzung nicht geeignet scheinen. So ist bei dem aufgezeigten Beispiel von PICOT / REICHWALD / WiGAND unklar, wie der Spezifitatsgrad zu operationalisieren ist und auch die Hohe der Transaktionskosten bei der jewellig gewahlten Koordinationsform kann nicht ermittelt werden. Deswegen lassen auf Basis der Transaktionskostentheorie lediglich Tendenzaussagen treffen.®^^ Abb. 51 zeigt beispielhaft solche Tendenzaussagen auf. Dabei ist die Koordinationsform „Netzwerk" grundsatzlich zwischen Markt und Hierarchie einzuordnen. 695 696
Vgl. EVERS(1998), 8. 120 Vgl. MORATH(1996), S. 23 Vgl. PicoT / REICHWALD / WiGAND R. (2003), 8. 44 In Aniehnung an PICOT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), 8. 54
162
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken Markt
Hierarchie Umweltkomplexitat/ -unsicherheit bei gegebener Informationsverarbeitungskapazitat...
...istgering
...isthoch Das Problem der kleinen Zahl bei gegebenen Ausmaft opportunistischen Verhaltens...
.. .tritt nicht a uf
.. .tritt auf Die vorzunehmenden bzw. vorgenommenen Investitionen...
...sind nicht an eine Transaktion gebunden
Die Infbrmationsniveaus der beteiligten Transaktionspartnersind...
«i«i^k^ i« ^4,.,^ g e ch ...in etwa ^
Die Transaktionshaufigkeit und Transaktionsatmosphare...
...sind einer Markttransaktion forderJicii ...istgegeben
Abb. 51:
Gegenseitiges Vertrauen bei unvollstandigen er ragen...
sind an eine Transaktion gebunden
* u-...sind ji- u unterschiedlich sind einer iiierarchischen Transaktion fonderlich ...isteher nicht gegeben
Tendenzaussagen: Vorteile marktiicher Koordination versus hierarchischer
Urn einen Erkenntnisgewinn im Rahman der vorliegenden Arbeit aus der Transaktionskostentheorie zu generieren, konnen auf Basis dieser Theorie keine absoluten Empfehlungen abgeleitet werden. Die fehlende Operationalitat der Faktoren wird es nicht ermoglichen, grundsatzlich eine eindeutige, singuiare Handlungsempfehlung fur eine zu betrachtende Transaktion zu geben/°^ Der Erkenntnisgewinn wird sich vielmehr darauf beziehen, dass Transaktionen vergleichend betrachtet werden konnen. Das bedeutet, dass sich Aussagen ableiten lassen, dass sich bestimmte Transaktionen im Vergleich zu anderen Transaktionen eher fur eine marktiiche, hierarchische oder netzwerkartige Koordination eignen. Bedingung hierfur ist jedoch, dass sich entweder die zu vergleichenden Transaktionen ceterus paribus, d.h. nur in einem Faktor voneinander unterscheiden (bspw. der Spezifitat), oder dass die Unterschiede bei mehreren Faktoren dieselbe Richtungsaussage treffen. Sollte dieses nicht der Fall sein, d.h. sollte ein Faktor im Vergleich eher fur eine marktiiche, ein anderer Faktor eher fur eine hierarchische Koordination sprechen, werden entweder keine Aussagen ^^^
700 701
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnen solche Tendenzaussagen aber trotzdem zu einem Erkenntnisgewinn fuhren. Bei einer Auswahl unterschiedlicher Transaktionen kann vergleichend festgestellt werden, welche sich eher fur eine marktiiche, welche sich eher fur eine hybride und welche sich eher fur eine hierarchische Koordinationsform eignen. Vgl. S Y D O W ( 1 9 9 2 ) , S.
135
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass einige Autoren den Aussagegehalt der Transaktionskostentheorie als hoch ansehen und sie auch den Kritikpunkt der fehlenden Operationalisierbarkeit nicht folgen. So zeigt beispielsweise KRAKEL zwei Beispiele auf, die den hohen Erklarungsgehalt anhand zweier empirischer Beispiele belegen solien (vgl. KRAKEL (1999), S. 13 ff.). Dieser Ansicht soil aber im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt werden, da in keinem aufgezeigten Beispiel die Herleitung und Quantifizierung der Transaktionskosten dargelegt wurde, sondern lediglich generische Ableitungen aus der Transaktionskostentheorie ven/vendet wurden. So wird beispielsweise nicht aufgezeigt, auf Basis welcher Paten eine marktiiche, hybride Oder hierarchische Koordinationsform praferiert wird und wie die Entscheidungsfunktionen fur die Koordinationsformen lauten.
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
163
getroffen werden konnen, oder Aussagen werden auf Basis von einer Gewichtung der Faktoren getroffen werden nnussen. In diesem Fall wird jedoch der Erkenntnisgewinn eher niedrig einzustufen sein, da die Fragestellung der angemessenen Gewichtung angreifbar ist. Die fehlende Operationallsierbarkeit ist jedoch nicht der einzige Kritikpunkt an der Transaktionskostentheorie. Die Transaktionskostentheorie empfiehit grundsatzlich solche Koordinationsformen, die minimale Kosten verursachen. Diese ausschlieflliche Betrachtung von Kosten ist jedoch fur Unternehmen nicht zwingend zielfuhrend, da ihr strategisches Verhalten oftmals durch die Suche nach hoheren, elgenen Gewinnen geleitet wird. Die sich hieraus ableitenden, strategischen Motive konnen Kooperationen vorsehen, die die Erhohung von Marktmacht oder den Zutritt zu neuen Markten beinhalten. Urn diese Formen der Kooperation erklaren zu konnen, musste der Transaktionskostenansatz urn Uberlegungen zu strategischen Motiven erganzt werden7°^
A
I
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
I Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 52:
Einordnung der Transaktionskostentheorie in das AGIL-Schema
Um eine Bewertung der Transaktionskostentheorie fur die vorliegende Arbeit vornehmen zu konnen, werden die Erklarungsansatze in das AGIL-Schema eingeordnet (siehe Abb. 52) Bei einer derartigen Einordnung wird deutlich, dass der Fokus des Ansatzes auf der AdaptionFunktion liegt. So werden die anderen Funktionen nicht in den Ansatz mit einbezogen, worin auch ein weiterer, wesentlicher Kritikpunkt an dem Ansatz liegt. Denn das Zustandekommen und das Scheitern von Unternehmensnetzwerken kann oftmals nicht ausschliefilich okonomisch erklart werden. So spielen beispielsweise oftmals machtpolitische Fragestellungen bei Netzwerken eine bedeutende Rolle. Erganzend zu den bisherigen Ausfuhrungen sei erganzend angemerkt, dass im Gegensatz zu den vorgestellten, soziologischen Ansatzen der Betrachtungsgegenstand der Transaktionskostentheorie das einzelne Unternehmen ist. Somit werden Austauschbeziehungen nicht ganzheitlich von oben, sondern als dyadische Verbindungen zwischen einzelnen Unternehmen aufgefasst.''°^ 3.2.2.2
Spieltheoretische Ansatze
Die Spieltheorie hat ihren Ursprung in der angewandten Mathematik, jedoch wird sie heutzutage in den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen eingesetzt.^^"^ Der Inhalt der Spieltheorie kann wie folgt beschrieben werden: „Gegenstand der Spieltheorie sind Entscheidungssituationen, in denen das Ergebnis fur einen Entscheider nicht nur von seinen 703 704
Vgl. MOLLER/WILSON (1994), S. 57 Vgl. PEITZ (2002), 8. 41 Vgl. KLAMT / JANCKE (2001), S. 6
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
164
eigenen Entscheidungen abhangt, sondern auch vom Verhalten anderer Entscheider. Spieltheorie ist also eine Theorie sozialer lnteraktionen."^°^ Die Spieltheorie hat sich inzwischen auch endgultig als mathematische Technik der Okonomie durchgesetzt7°^ Die allgemeine Aufgabe der Spieltheorie im Rahmen der Soziologle und Okonomie ist es, eindeutig das individuell rationale Entscheidungsverhalten eines Akteurs fur soziale Konfliktsltuationen zu definieren/°^ Damit ist sie eine normative Teilwissenschaft aller Sozialwissenschaften. Bezogen auf (Unternehmens-) Netzwerke dient die Spieltheorie der Analyse von Bedingungen, unter denen kooperatives Verhalten von Spielern bessere Ergebnisse, gemessen an hoheren Auszahlungen, erzielt als autonomes Handein, wobei in diesem Fall die einzelnen Spieler Unternehmen sind. In der Spieltheorie wird somit die Ertragsseite von Kooperatlonen in den Mittelpunkt der Analyse geruckt/°^ In einer reduzierten Form analysiert die Spieltheorie, unter welchen Bedingungen zwei Akteure als Teilnehmer an einem Spiel durch Kooperation ihren eigenen Nutzwert optimieren konnen. Wesentlich hierbei ist, dass die Teilnehmer autonom uber ihr Verhalten entscheiden kdnnen/°® Hierzu wird fur jeden Teilnehmer analysiert, welchen Nutzwert er eriangt, wenn er und sein Mitspieler kooperieren, bzw. nicht kooperieren. Hierbei werden unterschiediiche Konstellationen unterschieden. Zum einen existieren sich selbst erhaltene Institutionen und zum anderen uberwachungsbedurftige Institutionen7^^ Bei sicti selbst erhaltenen Institutionen wird fur alle Teilnehmer ein hoheres Nutzenniveau dadurch geschaffen, dass sie sich kooperativ verhalten. Hierdurch wird eine stabile Kooperation geschaffen, da alle Beteiligten sich in ihrer Situation verschlechtern wurden, wenn sie nicht kooperieren. Akteur A kooperiert kooperiert
^^^-^.^ 7
7 ^^-^.^
kooperiert nicht
^^^-^.. 1
10 ^^^^^.^
Akteur B kooperiert nicht
^^\ 1 10 ^^^\
\.. 3
3 ^^^\^
Werte stellen den realisierten Nutzen eines Akteurs dar
Abb. 53:
Kooperatives Spiel am Beispiel des Gefangenendilemmas
Oberwachungsbedurftige Institutionen dagegen sind Konstellationen, bei denen es aus statischer Sicht fur einen Teilnehmer rational sein kann, sich nicht kooperativ zu verhalten. Diese kann am Beispiel des Gefangendilemmas dargestellt werden. In der Abb. 53 wird dargestellt, welchen Nutzen der einzelne Akteur hat, wenn er und sein Spielpartner kooperiert bzw. nicht kooperiert. 706 707 709 710
RlECK(1993), S. 16 Vgl. R E L L S T A B ( 1 9 9 2 ) , S. 1
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
GOTH (1992), S. 1 SYDOW (1992), S. 169 GOTH (1992), 8. 1 ULLMANN-MARGALIT (1977) zitiert aus PICOT/ REICHWALD/WIGAND R. (2003), S. 39
In Aniehnung an PICOT / REICHWALD / WIGAND R. (2003), S. 39 und S. 41
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
165
Das Gefangenendilemma geht von der Situation aus, dass es nutzenmaximal fur einen Akteur ist, dass er nicht kooperiert, der Spielteilnehmer jedoch kooperiert. Hierdurch wird der Nutzen des Kooperierenden jedoch minimiert. Wenn beide Teilnehmer kooperieren, ist der Gesamtnutzen maximal und der individuelle Nutzen hoher als der individuelle Nutzen, fur den Fall, dass beide Teilnehmer nicht kooperieren/^^ Es kann nachgewiesen werden, dass bei einem einmaligen Spiel es rational fiir jeden Beteiligten ist, nicht zu kooperieren, unabhangig davon, wie sich der andere Teilnehmer verhalt, obwohl dieses ganzheitlich die schlechteste Losung ist/^^ Da im Gefangenendilemma das Verhalten der Akteure aber nicht aus dem Standpunkt eines einmaligen Spiels heraus analysiert wird, sondern auf Basis mehrmaliger Wiederholungen, verandern sich die Anreize fur ein kooperatives Verhalten, da das Verhalten in der Gegenwart Einfluss auf das Verhalten in der Zukunft hat/""^ Hierbei wird es sinnvoll, im Rahmen einer Tit-for-Tat-Strategie zu kooperieren; diese Strategie besagt, dass ein Spieler zunachst im ersten Spiel kooperiert und dann die Handking im nachsten Spiel derselben entspricht, wie die Handlung des Mitspielers in der Gegenwart. Um den durch die Kooperation erzielbaren Nutzen, was dem maximalen Gesamtnutzen entspricht, realisieren zu konnen, mussen Institutionen gebildet werden, auf deren Basis eine Kooperation fufit. Die Spieltheorie empfiehit hierfur das Herausbilden von Institutionen wie gegenseitiges Vertrauen oder gesellschaftliche Normen/^^ Auf Basis der Spieltheorie kann demnach erklart werden, warum es in Kooperationsbeziehungen zu einem Entstehen von Vertrauen losgelost von personlichen Wertvorstellungen und Freundschaft kommt/^^ Die Ubertragbarkeit der Erkenntnisse der Spieltheorie auf soziologische Oder okonomische Fragestellungen ist differenziert zu betrachten. So stellt beispielsweise VON NEUMANN / MORGENSTERN fest, dass „fast jede Feststellung, die wir oder irgend jemand uber soziale Organisationen getroffen haben, irgendeiner anderen Meinung kontrar [lauft; d. V.]."''^'' Dem widerspricht nicht, dass die Spieltheorie als eine bedeutende Hilfswissenschaft angesehen werden kann, mit deren Hilfe Zusammenhange im sozlalen Bereich erkannt werden kon-
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit lassen sich aus der Spieltheorie nur bedingt Erkenntnisgewinne generieren. Da sie zum einen Macht- und Einflussstrukturen zwischen den Akteuren negiert und zum anderen erst in neueren Theorien zugesteht, dass Akteure sich auch durch eine Kooperationsneigung auszeichnen konnen, kann sie die Evolution von Netzwerken nur sehr pauschal erklaren/''^ Wesentlich ist jedoch die Erkenntnis, dass der Aufbau von Vertrauen in Kooperationen auch theoretisch nachvollzogen werden kann und nicht nur allein auf Basis zwischen menschlicher Affinitat oder gemeinsamer Wertvorstellungen entstehen kann. Als Beispiel fur das Gefangendilemma kann das Aussageverhalten von Straftatern herangezogen werden. Wenn beide Straftater gestehen und sich gegenseitig belasten (=nicht kooperieren), werden Ihnen von der Hochststrafe nur drei Monate eriassen. Wenn beide nicht aussagen (=kooperieren), kann die Tat nicht zweifelsfrei zugeordnet werden und ihnen werden sieben Monate von der Hochststrafe eriassen. Wenn ein Teilnehmer kooperiert und den anderen belastet, kommt er in eine Kronzeugenregelung, ihm werden zehn Monate eriassen, der anderen Straftater wird praktisch mit der Hochststrafe verurteilt. 715 716
Vgl. KLAMT/JANCKE (2001), S. 8 Vgl. KLAMT/JANCKE (2001), S. 8
Vgl. PICOT/ REICHWALD/WiGAND R. (2003), S. 42 Vgl. SYDOW (1992), S. 169
NEUMANN / MORGENSTERN (1961), S. 43 Vgl. KUNSKEN (1976), 18 Vgl. SYDOW (1992), S. 171
166
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
A
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
| | i | Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 54:
EInordnung der Spieltheorie in das AGIL-Schema
Werden diese Erkenntnisse in das AGIL-Schema eingeordnet, so ergibt sich eine Erklarung der Adaption- sowie der Integration-Funktion (siehe Abb. 54). Der Erkiarungsansatz ist hierbei miteinander kombiniert, da Bestandteile der Integration-Funktion (Vertrauen) auf Basis okonomischer Gegebenheiten erklart werden. Jedoch sind diese Erklarungsansatze nicht als umfassend zu beurteilen. Denn eine rein rationale Erklarung, wie im Rahmen der Spieltheorie propagiert, ist aus Sicht des Verfassers nicht ausreichend, da das Phanomen Vertrauen, wie zuvor schon diskutiert, sich durch eine solche Erklarung nicht vollstandig erklaren lasst. So wird beispielsweise das Organisationsvertrauen, welches eine Investition in die Zukunft darstellt und sich nicht unmittelbar innerhalb des aktuellen oder des nachsten Spielzuges auszahit, nicht mit Hilfe der Spieltheorie erklart. Diese Art des Vertrauens stellt eine rational nicht bewertbare Erwartung an zukunftige Spielzuge dar, die sich daher einer rationalen Messung entzieht. 3.2.2.3
Principal Agent Theorie
Wie bereits im Rahmen der Diskussion der Transaktionskostentheorie angedeutet wurde, ist der wesentliche Untersuchungsgegenstand der Principal Agent Theorie die Informationsverkeilung zwischen einer Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung. Hierbei ist Basis der Theorie, dass eine asymmetrische lnformationsverteilung,^^° sowie Unsicherheit bezuglich dem Eintreten von Umweltzustanden und Unsicherheit bezuglich des Verhaltens des Arbeitnehmers vorliegt. Der Arbeitnehmer (=Agent) hat gegenuber dem Arbeitgeber (=Principal) einen Informationsvorteil, welchen er prinzipiell opportunistisch zum Nachteil des Arbeitgebers ausnutzen konnte.^^^ Er trifft demnach Entscheidungen, die nicht nur ihn selber tangieren, sondern auch Auswlrkungen auf den Principal haben. Aufgrund der Unsicherheiten konnen im vertraglichen Verhaltnis von Principal und Agent nicht alle zukunftigen Handlungsmoglichkeiten beruckslchtigt werden. Das hat zur Folge, dass ein Optimierungsproblem derart entsteht, dass zum einen .agency costs', die durch den Verzicht auf vertragliche Regelungen, Anreiz- und Sanktionssysteme entstehen und zum anderen dem diametral entgegenstehende Kosten, die durch Regelungen und Systeme zur Vermeldung der agency costs entstehen, abgewogen werden mussen. Zusammengefasst
Die Informationsasymmetrie liegt entweder schon beim Vertragsabschluss vor, oder tritt erst bei den Handlungen des Agents auf (vgl. TROST (1995), S. 4). Vgl. bspw. PFEIFFER (2003), S. 15. ff. PFEIFFER zeigt am Beispiel eines Bereichsleiters auf, wie neben der Koordinationsproblematik eine Anreizproblematik besteht, dass der Bereichsleiter sich im Sinne des Gesamtuntemehmens und nicht ausschlielilich im Sinne seines Bereichs agiert.
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
167
versucht somit die Theorie, „das sich aus der Risikoubernahme gegen Anreize ergebende Optimierungsproblem zu Idsen."'^^^ Urn dieses Optimierungsproblem losen zu konnen, werden Nutzenfunktionen fur den Principal und den Agent, sowie Entlohnungsfunktionen aufgestellt. Auf Basis dieser Funktionen sowie weiterer Annahmen (bspw. der Pareto-Effizienz) werden dann Aussagen bzgl. des Verhaltens von Principal und Agent getroffen/^^ Die Principal Agent Theorie unterstellt, wie grundsatzlich alle okonomischen Theorien, den eigennutzig handelnden, opportunistischen Akteur, dessen nachteiligen Verhaltensweisen durch vertragliche Regelungen und Sanktionsandrohungen einzuschranken sind/^"^ Dieses einseitige und situationsinvariante Menschenbild berucksichtigt damit nicht die soziale Strukturiertheit von Organisationen/^^ was Ihren Erkenntnisgewinn einschrankt. Die Theorie kann auf Unternehmensnetzwerke ubertragen werden. Hierbei werden Vertragsbeziehungen zwischen Organisationen analysiert. Durch den Beitritt des Principals zu einem Netzwerk hat er mehr Mdglichkeiten von Sanktions- und Anreizmechanismen fur den Agent. Der Grad der Externalisierung (im Extremfall bis zur marktiichen Koordination) wird dabei von zwei gegenlaufigen Faktoren bestimmt. Zwar ermoglicht ein hoher Externalisierungsgrad mit einer hiermit verbundenen Risikoabwalzung eine Marktkontrolle; in diesem Fall resultiert jedoch ein Verlust an den typischen Kontroll-, Anreiz- und Sanktionssystemen hierarchischer Koordination.^^^
A
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
I j l l Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 55:
Einordnung der Principle Agent-Theorie in das AGIL-Schema
Die Principal Agent Theorie kann in der derzeitigen Form Netzwerke nicht in ihrer Ganze erfassen, sondern reduziert sie ahnlich wie die Transaktionskostentheorie auf die Analyse von Beziehungen zwischen einzelnen Akteuren. Zwar ist es durchaus mogllch, dass sich die Principal Agent Beziehungen auf mehrere Agents beziehen und dadurch prinzipiell multidyadlsche Strukturen abgebildet werden, jedoch werden bei der Analyse dieser Strukturen Wechselbezlehungen zwischen den Agents Oder Rollenwechsel zwischen Principal und Agent^^^ nicht mit einbezogen. 722
SYDOW(1992), S. 172
723
Vgl. bspw. TROST (1995), S. 3 ff.
724 725 726 727
Vgl. SYDOW(1992), S. 173 Vgl. SYDOW (1992), S. 173 Vgl. SYDOW (1992), S. 172
Bei Unternehmensnetzwerken konnen Unternehmen durchaus gleichzeitig in der Rolle eines Principals und in der Rolle eines Agents sein. Als Beispiel hierfur konnen Lernnetzwerke angefuhrt werden, bei denen die teilnehmenden Unternehmen spezifisches Know-how in das Netzwerk einbringen und von den anderen Netzwerkteilnehmern Know-how abziehen. Im Rahmen
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken Ein weiterer Kritikpunkt an der Principal Agent Theorie ist, dass sie - ahnlich wie die anderen bereits diskutierten okonomischen Theorien - die Netzwerkakteure nicht in Ganze im Sinne des AGIL-Sciiemas erfasst, sondern nur Teilaspekte (siehe Abb. 55). So werden insbesondere Aspekte wie die Untemehmens- und Netzwerkkultur nicht erfasst; politische und das Gemeinschaftssystem betreffende Aspekte werden nur unzureichend uber Nutzenfunktionen abgebildet, die den Nachteil haben, dass sie diese Aspekte nur sehr generisch und oberflachlich abbiiden kdnnen. Erkenntnisgewinn fiir die vorliegende Arbeit iiegt in der Gestaltung von Arbeitsvertragen, von monetaren Anreizen und von fornnalen Informationssystemen.''^^ Da jedoch in der vorliegenden Arbeit keine detaillierte, theoretische Nutzenfunktion fur die beteiligten Netzwerkakteure aufgesteilt werden soil, da hierdurch eine praktische Ubertragbarkeit der Ergebnisse erschwert werden wurde, Iiegt der Erkenntnisgewinn eher in generischen Aussagen bezuglich der Relevanz der Gestaltung der Arbeitsvertrage, monetarerer Anreize und formaler Informationssysteme. 3.2.2.4
Industriedkonomie
Die Industriedkonomik wurde in den 50er Jahren mit der Veroffentlichung von BAINS Pionierstudie'^^^ als eine Unterdisziplin der Volkswirtschaftslehre anerkannt.''^° Als Reaktion auf seine Studien wurden eine Vielzahl von Beitragen verdffentlicht, die die Struktur einer Branche mit dem Verhalten von Unternehmen und dem Marktergebnis verbanden, was als Marktstruktur-Marktverhalten-Marktergebnis-Paradigma bekannt wurde.''^^ Damit ist der Analysegegenstand der Industriedkonomik weniger das einzelne Unternehmen, sondern vielmehr ein Industriezweig oder eine Gruppe konkurrierender Unternehmen.''^^ In der jungeren Entwicklung hat sich die Industriedkonomik jedoch auch als eine Grundlage fur die Strategieforschung etabliert. Insbesondere hat PORTER das Paradigma der Industriedkonomik aufgegriffen und zu einem Ansatz der strategischen Unternehmensfuhrung weiterentwickelt.^^^ Netzwerke werden in der Industriedkonomik als eine Mdglichkeit angesehen, die Ziele eines Unternehmens zu erreichen/^"^ wobei insbesondere Joint Ventures und vereinzelt strategische Allianzen untersucht werden.^^^ Zu dieser Erkenntnis ist die Forschung jedoch erst in jungerer Zeit gelangt, da in der originaren Industriedkonomik Kooperationen noch als wettbewerbschadigende Kollusion interpretiert wurde, die lediglich darauf abzielen, Monopolmacht und ,Klasseninteressen' zu sichern.^^^ Aus industriedkonomischer Sicht werden Kooperationsstrategien insbesondere dann gewahit, wenn die Wettbewerbsposition von Unternehmungen durch den Eintritt in neue Markte Oder der Beeinflussung der Industriestruktur verbessert werden soil oder um Wettbe-
des Einbringens von Informationen fungiert das Unternehmen dann als Agent, beim Abziehen der Informationen als Principal. Vgl. SYDOW(1992), S. 173 729
Vgl. BAIN (1956)
730
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
731 732 733 734 735 736
AUDRETSCH (1995), S. 5 AUDRETSCH (1995), S. 5 BAIN (1959), S.viif. bspw. PORTER (1979), sowie PORTER (1985)
Vgl. BERG / KAMTSIURIS (1993), S. 12
Vgl. SYDOW (1992), S. 174
Vgl. EVERS (1998), S. 126
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
169
werbern zuvorzukommen/^^ Hierzu wurden strategische Vorteile strategischen Kosten von Kooperationsstrategien gegenubergestellt:^^^ Vorteile Positive Skalenvorteile und Lernkurveneffekte Zugriff auf Technologien und Know-how der Kooperationspartner Verringerung des unternehmerischen Risikos Einflussnahme auf die Wettbewerbsstruktur Nachteile - Koordinationskosten und Absorption von Managementkapazitat - Untergrabung der eigenen Wettbewerbsposition^^^ - Entstehung einer ungunstigen Verhandlungsposition Analysiert werden die Vor- und Nachteile von Kooperationen in der Industrieokonomik insbesondere auch auf Basis von spieltheoretischen Ansatzen. So werden beispielsweise Industhen wie die Telekommunikations- und Computerindustrie analysiert, die durch eine Vernetzung einen deutlichen Mehrwert eriangen, als er bei einem isolierten Angebot von Leistungen erzielt wurde/'^^ Trotz dieser und welterer Beispiele'''^^ muss jedoch festgehalten werden, dass insgesamt die Analyse der Quasi-lnternalisierung und Quasi-Externalisierung im Rahmen der Industrieokonomie nicht sehr weit fortgeschritten ist, sondern der Fokus der Forschung auf die vertikale Integration gelegt wird/"^^ Auf den ersten Blick scheint die Industrieokonomie ein geeigneter Ansatz zu sein, um das Auftreten von Netzwerken zu erklaren. Da jedoch wesentliche Aspekte die zu einer Entscheidung fuhren, ein Netzwerk zu etablieren, nicht betrachtet werden, scheint der Ansatz weniger fur die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit geeignet zu sein. So konnen beispielsweise insbesondere unternehmenspolltische Grunde dafur sprechen, dass einem Netzwerk der Vorzug vor einer marktiichen Koordination gegeben wird.
A
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
I I I Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 56:
Einordnung der Industrieokonomie in das AGIL-Schema
Des Weiteren wird am industrieokonomischen Ansatz haufig kritisiert, dass sich anhand von empirischen Studien zwar ein Einfluss der Industriestruktur auf den Erfolg von Unternehmen Vgl. SYDOW(1992), S. 174 Vgl. SYDOW(1992), S. 174
Dies kann beispielsweise durch einen unbeabsichtigten Informationstransfer an die Kooperationspartner erfolgen. Vgl. AUDRETSCH (1995), S. 20 ff. Als weiteres Beispiel ist die Analyse von Forschungs- und Entwicklungskooperationen zu nennen. Vgl. SYDOW(1992), S. 175
170
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
ableiten lasst, die Operationaiisierung bestimmter Faktoren der Industriestruktur jedoch uneinheitlich vorgenommen wird, was den Aussagegehalt der Studien relativiert/'*^ Zuletzt ist bei diesem Ansatz im Rahmen der vorliegenden Arbeit problematisch, dass nicht einzelne Unternehmen betrachtet werden, sondern Branchen oder Unternehmensgruppen. Handlungsempfehlungen fur einzelne Unternehmen lassen sich deswegen hochstens in Form einer normativen Strategie ableiten, die aber das Wesen des Netzwerkes und die individuellen Grijnde fur die Etablierung eines Netzwerkes nur generisch erfassen. Werden die einzeinen Punkte zusammengefasst und in das AGIL-Schema eingeordnet, wird der beschrankte Erklarungsgehalt der Theorie fur die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit deutlich (siehe Abb. 56). Okonomische Zusammenhange werden generisch auf Branchenebene und nicht unternehmensbezogen erklart. 3.2.2.5
Resource Dependence-Ansatz
Der Resource Dependence-Ansatz wird haufig zur Erklarung der Entstehungsgrunde von interorganisationalen Beziehungen und Netzwerken herangezogen.'''^'^ Ausgangspunkt des Ansatzes ist die Annahme, dass es sich bei einem Unternehmen um ein offenes System handelt, welches mit anderen Unternehmen knappe Ressourcen und Leistungen austauscht. Dabei unterstreicht der Ansatz die Bedeutung unternehmensexterner Ressourcen fur den Unternehmenserfolg. Dieses wird damit begrundet, dass kelne Unternehmung autark ist und uber samtliche, grundsatzlich knappen Ressourcen verfugt, bzw. diese erstellen kann. Deswegen ist der Austausch mit anderen Unternehmen uberlebenswichtig.^"^^ Diese Notwendigkeit der Ressourcenakquisition von anderen Unternehmen reduziert dabei die Autonomie des Unternehmens.'''^^ Demgegenuber sind Unternehmen jedoch auch bestrebt, sich ein mdglichst groftes Mali an Autonomie und Entscheidungsmacht zu erhalten, um flexibel auf eine sich andernde Umwelt reagieren zu konnen. Dadurch entsteht die paradoxe Situation, dass zum einen Unternehmen bestrebt sind, stabile und sichere Austauschbeziehungen einzugehen, indem sie konstante Kooperationsstrukturen aufbauen, diese jedoch einen Verlust an Autonomie nach sich ziehen.'''^^ Ziel des Unternehmens ist es daher, ein Netzwerk aufzubauen, das ihm eine strukturelle Autonomie (reduzierte Ressourcenabhangigkeit) durch diversifizierte Verbindungen ermoglicht. Dadurch wird es ermoglicht, die Ziele freier zu verfolgen.^"^^ Wenn dieses nicht gelingt, entwickein Unternehmen unterschiedliche Strategien, um das Verhalten von den Unternehmen, von denen Sie abhangig sind, zu kontrollieren, indem sie ihrerseits Abhangigkeiten schaffen.'^^ Die Abhangigkeit von einer Ressource wird dabei durch unterschiedliche Determinanten bestimmt. So unterscheiden PFEFFER / SALANCIK drei unterschiedliche Aspekte, die fur die Beurteilung der Wichtigkeit einer Ressource von Bedeutung sind (siehe Abb. 57): die
743 744 745 746 747 748
Vgl. EVANSCHITZKY (2003), 8. 139 Vgl. PEITZ (2002), 8. 44 Vgl. PEITZ (2002), 8. 44 f. Vgl. VAN GILS (1984), S. 1081
Vgl. MoRATH(1996), 8. 27 Vgl. MORATH (1996), 8.27 f. Vgl. VAN GILS (1984), 8. 1081
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
171
Wichtigkeit der Ressource, die Verfugungsgewalt uber die Allokation und den Gebrauch der Ressource sowie die Konzentration der Ressourcenkontrolle/^°
R^sourc^nabhinglgkett 1
1
Wichtigkeit der Ressource
1 Rel. Anteil am Ressource naufkommen
Abb. 57:
1
Verfugungsgewalt uber die Ressource
Konzentration der Ressource nko ntro lie
1
Kritische Ressource ?
Besitz
Zugang
Nutzung
Regulierung
Determinanten der Ressourcenabhangigkeit'
Die Wichtigkeit einer Ressource wird zum einen durch ihren relativen Anteil zur Gesamtheit aller relevanten Ressourcen bestimmt und zum anderen dadurch, ob es sich urn eine kritische Ressource handelt, die demnach nicht substituierbar ist und in Folge dessen die Nicht-Verfugbarkeit zu einer wesentlichen Storung oder denn gesamten Ausfall der Organisation fuhren kann/^^ Die Verfugungsgewalt uber die Allolotion und den Gebrauch der Ressource basiert auf vier unterschiedlichen Faktoren: dem Besitz, dem Zugang, der Nutzung sowie der Regulierung. Die Verfugungsgewalt aufgrund des Besitzes einer Ressource ist offensichtlich und dementsprechend auch nicht weiter thematisiert. Der Zugang zu einer Ressource ist nnit einem Gatekeeper zu vergleichen, der die prinzipielle Nutzung einer Ressource bestimmen kann. Ein plakatives Beispiel hierfur aus der betriebiichen Praxis ist der Zugang zu der Geschaftsleitung eines Unternehmens, bei der die Sekretarin als Gatekeeper die Hoheit uber die Terminverwaltung und damit auch zum Zugang zur Geschaftsleitung hat. Als dritter Faktor beschreibt die Nutzung, wer die Ressource tatsachlich nutzt; so besitzen beispielsweise die Shareholder zumeist die Betriebsmittel, die Nutzung obliegt jedoch den Arbeitern, die beispielsweise durch einen Streik die Nutzung der Ressource zumindest kurzfristig unterbinden konnen. Zuletzt ist die Mdglichkeit der Regulierung des Besitzes, des Zugangs oder der Nutzung der Ressource ein Faktor; so konnen Restriktionen von Arbeiternehmerseite oder dem Gesetzgeber die Verfugbarkeit einer Ressource einschranken. Als letzte Determinante beschreibt die Konzentration der Ressourcenl
Vgl. PFEFFER / SALANCIK (1978), S. 45 ff. zitiert aus KNYPHAUSEN-AUFSESS (2000), S. 465 Vgl. KNYPHAUSEN-AUFSESS (2000), S. 465
Vgl. hierzu und den folgenden Punkten KNYPHAUSEN-AUFSESS (2000), S. 465 ff.
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
172
Unternehmen/^^ Somit ist er schlussendlich ein machttheoretischer Ansatz, der die Grenzziehung, welche Ressourcen von wem im Netzwerk genutzt werden konnen, in den Mittelpunkt stellt. Dabei bezieht er sich jedoch praktisch nur auf reale Grenzen, nicht auf formale Grenzen/^"^ Der Resource Dependence-Ansatz stellt mehrere Bedingungen auf, unter denen eine Kooperation mit Unternehmen im Gegensatz zu einer vertikaien Integration oder marktiichen Koordination anzustreben ist/^^ Dazu gehort beispielsweise „die potenziell miteinander kooperierenden Unternehmen haben ein gemeinsames Interesse", „die Interaktionshaufigkeit bewegt sich auf mittierem Niveau" oder auch „einer Integration stehen gesetzliche, politische Oder dkonomische Barrieren" entgegen. Trotz dieser und anderer Bedingungen ist er aber letztlich skeptisch bezuglich der Stabilitat kooperativer Organlsationsformen/^^ Ein wesentlicher Kritikpunkt an dem Ansatz ist, dass er ein rational handelndes Management unterstellt, das um die Kontrolle uber externe Ressourcen sowie der Reduktion von Umweltunsicherheit bemuht ist. Subjektive Bevorzugungen von Kooperations- zu Wettbewerbsstrategien werden ebenso wenig betrachtet, wie die Entstehung netzwerkartlger Arrangements infolge ungeplanter Handlungen/^'' Ebenso wird in dem Ansatz nur ungenugend beleuchtet, wie die Ressourcen von den Akteuren dann tatsachlich in Anschlag gebracht werden, um die Netzwerkbeziehungen im Nachgang einer Entscheidung fur beispielsweise einem Outsourcing zu gestalten und die Grenzen des Systems zu ziehen/^^ So stellt SYDOW in diesem Zusammenhang fest, dass eine hinreichende Bedingung fur eine Quasi-Externalisierung noch nicht benannt ist/^^ Im Rahmen der vorliegenden Arbeit lassen sich aus dem Ansatz jedoch zwei wesentliche Erkenntnisse gewinnen. Die Sichtweise, dass wesentliche Ressourcen durch andere Unternehmen generiert werden, was die Etablierung eines Netzwerkes als sinnvoll erscheinen lasst, ist elementar fur den weiteren Untersuchungsgang. Insbesondere dann ist das Management dieser Ressourcen wesentlich, wenn die Ressourcen fur das Unternehmen von elementarer Bedeutung sind, da es sich beispielsweise um Kernkompetenzen handelt, die in gemeinsame Unternehmen ausgelagert werden.
A
G Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
Integration
1
I j l j l Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 58:
754 755 756 757 758
Einordnung des Resource Dependence-Ansatzes in das AGIL-Schema
Vgl. SYDOW (1992), S. 197 Vgl. DuscHEK / ORTMANN / SYDOW (2001), S. 200 Vgl. bspw. PFEFFER / SALANCIK (1978) Vgl. SYDOW (1992), S. 198 Vgl. SYDOW (1992), S. 198 f. Vgl. DuscHEK / ORTMANN / SYDOW (2001), S. 200 f. Vgl. SYDOW (1992), S. 199
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
173
Fur dieses Management werden Machtstrukturen und Machtprozesse auch eine wesentliche Rolle spielen. Insbesondere die Fragestellung, wie die Macht legitimiert wird und wie in dem Netzwerk die Macht zielfuhrend zwischen den einzelnen Akteuren verteilt wird, wird bedeutende Fragestellung eines intakten Netzwerkes sein. Wie schon im nachsten Ansatz jedoch gezeigt wird, ist die Fragestellung der Macht nicht nur auf ein Unternehmen zu beziehen, sondern muss zwischen Unternehmen und Individuen unterscheiden. Damit ist, wie in Abb. 58 ersichtlich, insbesondere die Goal Attainment-Funktion Fokus der Resource DependenceAnsatzes. 3.2.2.6
Interaktionsorientierter Netzwerkansatz
Der interaktionsorientierte Netzwerkansatz baut auf dem Resource Dependence-Ansatz auf^^ und stellt somit die Entstehung und Gestaltung interorganisationaler Beziehungen explizit in den Fokus seiner Analyse.^^^ Er basiert auf Erkenntnissen des Investitionsgutermarketings und wird der skandinavischen Denktradition^^^ zugeordnet. Obschon die Gestaltung von Austauschbeziehungen eine wesentliche Fragestellung des Marketings ist, wurde die Analyse lange auf den auf Einzeltransaktionen basierenden Marktmechanismus reduziert. Erst die Einsicht, dass die Systemvermarktung komplexer Zuliefererprodukte durch langfristige, stabile und intensive Beziehungen charakterisiert ist, fuhrte zu neuen Forschungsschwerpunkten und -methoden.^^^ Der interaktionsorientierte Netzwerkansatz stellt die These auf, dass es fur den Erfolg eines Unternehmens entscheidend ist, den richtigen Partner zu finden. Hierbei trifft das Unternehmen die Partnerauswahl auf Basis bisheriger Erfahrungen mit dem (potenziellen) Partner, der antizipierten Qualitat der zukunftigen Beziehung (kooperativ, komplementar oder konkurrierend) sowie auf Grundlage eines Vergleichs der Unternehmensprofile. Dieser Vergleich umfasst die Organisationsform, die Ressourcen sowie die Unternehmenskultur.^^"^ Aufbauend hierauf entwickelt sich evolutionar eine Partnerschaft auf verschiedenen Ebenen. Dabei sind diese Beziehungen durch (eher) nicht opportunistisches Verhalten und durch Zusammenarbeit anstelle von Konkurrenz gepragt. Wesentlich hierfur ist personliches Vertrauen.^^^ Im interaktionsorientierten Ansatz werden die Beziehungen, die langfristig aufgebaut werden, zur wertvollsten Ressource, die ein Unternehmen besitzt.^®^ Der interaktionsorientierte Netzwerkansatz ist eine Theorie, deren wesentliche Pramisse ist, dass Interaktionen uberwiegend im gegenseitigem Interesse erfolgen. Korrespondierend zu sozialen Austauschbeziehungen werden in Netzwerken zunachst Interaktionen durchgefuhrt, die wenig Bedeutung haben, nicht risikobehaftet sind und deswegen auch nicht viel Vertrauen erfordern. Diese Interaktionen werden im Zeitablauf intensiviert, wobei wesentliche Basis
761 762
763 764
Vgl. MORATH(1996), S. 29 Vgl. PEITZ (2002), S. 44
Die skandinavische Denktradition ist ein Resultat aus der Uberschaubarkeit der inlandischen Markte einerseits verbunden mit der intemationaien Ausrichtung der Wirtschaft. Dadurch hat sich eine eigenstandige Forschungstradition herausgebildet, die als qualitativ, „Theories-inUse"-orientiert, deskriptiv, induktiv und holistisch charakterisiert wird (vgl. HINTERHUBER / STAHL (1996), S. 92). Vgl. PEITZ (2002), S. 46 Vgl. MORATH(1996), S. 29 Vgl. MORATH (1996), S. 29. Die Bedeutung des Faktors Vertrauen bei langerfristigen Geschaftsbeziehungen sowie das Bestreben der Partner, sowohl langfristige Beziehungen einzugehen als auch Vertrauen aufzubauen, wurde in diesem Zusammenhang auch von VALLA festgestellt (vgl. VALLLA (1997), S. 107 f., sowie 177 f.). Vgl. HAKANSSON (1987), S. 10
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
174
hierbei der ,Fit' zwischen den Akteuren ist. Etwaige .Misfits' werden durch Adaption uberwunden, die technischer, struktureller, administrativer, wissensmafiiger oder auch finanzieller Natur sein konnen/®^ Der Ansatz folgt damit Arbeiten von GIDDENS und BLAU, da auch sie davon ausgehen, dass Netzwerke einerseits das Ergebnis von Interaktionen sind und andererseits durch Interaktionen begrenzt werden/^^ Diese Interaktionen sind damit Koordinationsmechanismen, die vergleichbar sind mit Preisen in IVIarkten und Anweisungen in Hierarchien. Technische, okonomische, administrative und soziale Elemente sind in ihnen verwoben, wobei insbesondere ein Fokus auf die sozialen Elemente gelegt wird/^® Netzwerke bilden sich Im interaktionsorientierten Ansatz durch einen evolutionaren Prozess. Dieser wird in Abb. 59 beispielhaft aufgezeigt. Er beschreibt dabei in einem vierstufigen Modell, wie ein Unternehmen U1 ein Netzwerk mit den Partnern P1 und P2 aufbaut, was schlussendlich in einem monolithischen Netzwerkgebilde endet. Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4 Innovation
Effizienz Geld und Zeit Effizienz und Innovation Abb. 59:
Zeit
Die Entwickiung von Untemehmensnetzwerken im interaktionsorientierten Netzwerkmodelf'^"
In der ersten Stufe flieden hierbei grodere Mengen an Zeit und Geld von U1 an den Partner P1, jedoch erhalt das Unternehmen nur relativ geringe Innovations- und Entwicklungsleistungen zuruck. In der nachsten Stufe ist der Fluss der monetaren Mittel und der zeitlichen Ressourcen schon zuruckgegangen. Dafiir nehmen die Innovations- und Entwicklungsleistungen zu; die Unternehmen nahern sich an. Dieser Prozess der Annaherung wird in der dritte Stufe welter ausgebaut, bis schlieHlich in der letzten Stufe ein Unternehmen^netzwerk entstanden ist, dass eine eigene Kultur entwickelt hat, bei dem sich Interdependenzen zeigen und Synergieeffekte deutlich werden. Nach auflen prasentiert sich das Netzwerk als ein monolithisches Gebilde.^^^ In diesem Gebilde werden Konfllkte durch Voice anstatt durch Exit gelost, es wird die Chance auf Veranderung in den Beziehungen ergriffen und nicht zuletzt auch eine eigene
Vgl. SYDOW (1992), 8.217 f.
Vgl. SYDOW (1992), S. 217, sowie GIDDENS (1995) und BLAU (1964) Vgl. SYDOW (1992), S. 217
In Aniehnung an MORATH (1996), S. 32 Vgl. MORATH (1996), 8.32
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
175
Netzwerkkultur etabliert, die sich zum Beispiel in der Entwicklung einer gemeinsamen Sprache manifestiert/^^ Im Rahmen dieser Netzwerkevolution entstehen zwischen den beteiligten Unternehmen Interdependenzen. Interdependenzen liegen dabei dann vor, wenn eine Entscheidung einer Partei durch eine andere Partei zielrelevant beeinflusst werden kann/^^ Mit anderen Worten - eine Partei ist in ihren Handiungen abhangig von einer anderen. Folge dieser Abhangigkeit ist eine weitere Vertiefung und Festigung der Partnersciiaft/'^'^ NatiJrJich hat dies nicht nur positive Foigen fur ein Unterneiimen. Je starker diese Interdependenzen sind, desto weniger Alternativen bestehen fur ein Unternehmen, so dass immer weniger Moglichkeiten fur einen iVIarkttest bestehen. Interdependenzen lassen sich unterschiedlichst kategorisieren. So nimnnt beispielsweise CORSTEN eine Unterscheidung nach Sach- und Verhalteninterdependenzen vor (siehe Abb. 60).^''^
Interdependenzen Sachinterdependenzen Restriktionsverbund i— Ressourcenverbund I— (Innerbetrieblicher) Leistungsverbund
Abb. 60:
Verhaltensinterdependenzen ZielverburKi
l— Erfolgsverbund h - Bewertungsverbund I— Risikoverbund
Interdependenzarten
Sachinterdependenzen resultieren aus Uberschneidungen von Entscheidungsfeldern, die sich aus Restriktions- und Zielverbunden ergeben.^^® Dahingegen wird unter Verhaltensinterdependenzen verstanden, dass das Entscheidungsverhalten einer Partei von den Erwartungen bzgl. des Entscheidungsverhaltens einer anderen Partei abhangt. Ursache fur diese Art der interdependenzen konnen beispielsweise Informationsasymmetrien sein. Restriktionsverbunde als eine Auspragung von Sachinterdependenzen konnen entweder aus der begrenzten Verfugbarkeit von Ressourcen oder aus innerbetrieblicher Leistungsverflechtung resultieren. Ersterer Fall entsteht genau dann, wenn die Handlungsalternativen einer Partei dadurch eingeschrankt werden, dass eine andere Partei begrenzt verfugbare Ressourcen beansprucht. Der (innerbetriebliche) Leistungsverbund beschreibt Abhangigkeiten in der Wertschopfungskette zwischen einzelnen Parteien.^''^ Auch wenn CORSTEN diesen Fall lediglich auf die innerbetriebliche Wertschopfungskette bezieht, zeigen jungere Entwlcklungen, dass diese Interdependenzen auch zwischen Unternehmen bestehen konnen. So skizziert HAMMER beispielsweise firmenubergreifende „supereffiziente" Geschaftsprozesse als fur die Zukunft erfolgsentscheidend. Zwar werden auf der einen Seite Interdependenzen
773 774 775 776
Vgl.SYDOW (1992), 8.218 Vgl. LABMANN(1992), 20ff.
Vgl. MOLLER/WILSON (1994), S. 63 Vgl. CORSTEN (2001), 8 13 ff.
Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen CORSTEN (2001), 8. 13 ff. Beispielsweise kann die Produktion eines Unternehmens von der Beschaffung abhangig sein.
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
176
geschaffen, auf der anderen Seite zeigen die von ihm dargestellten Industrien, dass signifikante Kosteneinsparungspotenziale realisiert werden konnen/''® Zielverbunde hingegen ergeben sich, wenn Abhangigkeiten von Teilentscheidungen bestehen, die sich aus der Struktur der Ziel- und Praferenzfunktion ergeben. Als erster hierzu zuzuordnender Verbund sei der Erfolgsverbund genannt. Dieser tritt in Erscheinung, wenn der monetare Erfolg einer Partei durch eine andere Partei tangiert wird, was genau dann der Fall ist, wenn die Zielfunktionen nicht additiv miteinander verknupft sind. Demgegenuber liegt ein Bewertungsverbund vor, wenn Handlungsalternativen verschiedener Bereiche voneinander abhangig sind. Korrespondierend hierzu liegt ein Risikoverbund vor, wenn der Risikozuwachs fur das Gesamtergebnis von den Risiken der gewahlten Handlungsalternativen der Partner abhangt. Die beschriebenen Interdependenzen treten nicht nur im interaktionsorientierten Ansatz auf, sondern sind generelles Merkmal von Netzwerken. Sie sind jedoch eine wesentliche Entscheidungsgrundlage im interaktionsorientierten Netzwerkansatz. Durch die evolutionar immer starker werdende Verbindung der einzelnen Unternehmen sollten die Unternehmen fruhzeitig Art und Auspragung der zu erwarteten Interdependenzen ergrunden. Beziehungsumwelt • Marktstruktur • Umweltdynamik • Grad der Internationalisierung • Soziale Systeme Beztehungsatmosph^re • Macht- und AbhSngfgkellsvserhSitnls • MaB an Konfltkt und Kooperation • Erwartungen, soziale NShe, u.v.nr Unternehmen A ^ \ i ^ . ^ Individuum Organisation \ X | X ^ •Zieie -Struktur >^ Interaktions• Einstellungen prozess • Erfahrungen • Technologie • Ressourcen
Abb. 61:
Der Interaktionsansatz der IMP-Gruppe
Die Beziehungen zwischen den Unternehmen werden in einem interaktionsorientierten Analyserahmen erfasst (siehe Abb. 61), der sich aus den vier Variablen „lnteraktionsprozess", „beteiligte Parteien", „Beziehungsumwelt", sowie „Beziehungsatmosphare" zusammensetzt. Diese Variablen sollen dabei zum einen die Struktur und zum anderen die Dynamik der Interorganisationsbeziehung einfangen.^^° Der Interaktionsprozess beinhaltet zwei zeitliche Dimensionen. Zum einen die Episode, die einen abgrenzbaren Tell einer Transaktionsbeziehung umfasst und zum anderen die Beziehung, die die langfrlstige Komponente darstellt, die den Interaktionsprozess insgesamt konstituiert.^^^ Damit spiegelt die Episode den Prozess des Produkt-, Informations-, 778 779 780
Vgl. HAMMER (2002), S 40 ff. In Aniehnung an PEITZ (2002), S. 47 Vgl. PEITZ (2002), S. 46 Vgl. CALAMINUS (1994), S. 101 f.
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
177
Leistungs- oder finanziellen Austauschs wider, wohingegen die Beziehung einen sozialen Austausch darstellt, der dazu dient, die Unsicherheit zwischen den Partnern zu reduzieren, Beziehungen aufzubauen und mit Leben zu fullen, sowie Vertrauen zu scliaffen/^^ Unter den beteiligten Parteien werden sowohl Organisationen als auch deren Reprasentanten, also Individuen, verstanden. Die Grolie und Macht einer Organisation sind dabei nacii dem Ansatz die Determinanten, die die Position innerhalb des Netzwerkes bestimmen und somit Wirkung auf die Art und Gewiclitung einer Interaktion haben/®^ Dabei ist es notwendig, dass sich die einzelnen Parteien immer wieder an den Interaktionsprozess anpassen mussen, wobei unterschiedliche Strategien und Strukturen der Unternehmen diese Anpassung erschweren konnen. Die Beziehungsumwelt bettet die Interaktionen in ein ganziieitiiciies Schema. Es werden hierbei Aspekte beschrieben, die sowohl einzelne Episoden als auch die Beziehung insgesamt beeinflussen konnen. Hierzu zahlen beispielsweise die Marktstruktur, in der die Partner eingebunden sind oder auch die generelle Umweltdynamik.''®'^ Die Beziehungsatmosphare wird durch den Interaktionsprozess zwischen den beteiligten Parteien gepragt. Sie stellt eine Sammelgrofie dar, die sich aus den spezifischen Auspragungen und jeweiligen Kombinationen der drei beschriebenen Variablen ergibt.''^^ Sie ist damit ein historisches Konstrukt der drei ubrigen Variablen, welches auf die Gegenwart dieser Variablen zuruckwirkt. Auch wenn der vorgestellte Ansatz zunachst den Anschein erweckt, dass er lediglich dyadische Beziehungen abbilden kann, besitzt er auch fur multiorganisationale Konstellationen eine Erklarungsrelevanz.''^^ Denn wie schon in Abb. 59 (Seite 174) anhand der evolutionaren Entwicklung hin zu einem Netzwerk dargelegt wurde, werden im Rahmen des Ansatzes auch multiorganisationale Konstellationen abgebildet. Unbestritten ist jedoch, dass insbesondere Interdependenzen deutlich komplexer werden und Wechselwirkungen aufgrund dieser steigenden Komplexitat nicht mehr in Ganze abbildbar werden, wenn die Anzahl der Unternehmen deutlich steigt. Der beschriebene Interaktionsansatz (siehe Abb. 61, Seite 176) verbunden mit dem Modell zur Entwicklung von Unternehmensnetzwerken (siehe Abb. 59, Seite 174) zeigt, dass ein Netzwerk nach dieser Theorie eine Kombination aus geplanten Handlungen und spontanen Prozessen ist, in der Faktoren jedoch auch in nicht vorgesehener Weise zusammenwirken konnen.^^^ Es sei jedoch in dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch der interaktionsorientierte Netzwerkansatz nicht unumstritten ist. Neuere Untersuchung deuten darauf hin, dass es durchaus Konstellationen gibt, in denen der Aufbau langfristiger Lieferantenbeziehungen unvorteilhafter als ein Aufbau kurzfristiger ist.^^® DAWID / KOPEL konnten dieses in dem von ihnen konstruiertem Modell nachweisen. Dieser Kritik wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nur teilweise gefolgt. Denn es ist offensichtlich, dass es Konstellationen gibt, bei denen eine marktiiche Koordination oder ein nicht enger Netzwerkverbund vorteilhafter als ein enges Netzwerk ist, welches sich als monolithisches Gebilde extern darstellt. Ware 782 783 784 785
Vgl. PEITZ (2002), S. 47 Vgl. CALAMINUS (1994), S. 102 Vgl. PEITZ (2002), S. 47 Vgl. PEITZ (2002), S. 47 f. Vgl. CALAMINUS (1994), S. 101 Vgl. SYDOW (1992), 8.218 Vgl. DAWID/KOPEL (2001), S. 51-65
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
178
dies nicht der Fall, wurde der interaktionsorientierte Netzwerkansatz einer marktiichen Koordination seine Berechtigung absprechen. Der wesentliche Erkenntnisgewinn, der im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch besondere Beachtung findet und in den Bezugsrahmen fur ein Netzwerkmodell einflieflen wird, sind zwei wesentliche Erkenntnisse. Zum einen die Erkenntnis, dass der Aufbau langfristiger Beziehungen in einer sich andernden und komplexen Umwelt eine wesentliche Ressource sein kann und zum anderen die Erkenntnis, dass Faktoren wie Vertrauen eine weitere, wesentliche Ressource in der Interaktion mit anderen Unternehmen darstellt. In der angesprochenen Untersuchung von DAWID / KOPEL finden diese beiden Faktoren keine Berucksichtigung in ihrem Modell, so dass diese wesentlichen Erkenntnisse modellinharent nicht abgeleitet werden kdnnen.
G
Illllllll
Goal Attainment
11JIlBnt Pattern |||||||intenance
11
integration
1
IIJI Gegenstand des Netzwerkansatzes Abb. 62:
Einordnung des interaittionsorientierten Netzwerlonsatzes in das AGILSchema
Eine Einordnung des interaktionsorientierten Netzwerkansatzes in das AGIL-Schema zeigt deutlich auf, dass dieser Ansatz sehr umfassend ist (siehe Abb. 62). Da ein wesentlicher Fokus auf die Interaktion zwischen den Akteuren und damit auf die Goal Attainment sowie der Integration-Funktion gelegt wird, sind diese Funktionen auch entsprechend umfassend abgedeckt. Als nicht vollkommen abgedeckt sind dagegen die Adaption- und die Latent Pattern Maintenance-Funktion anzusehen. Bei Ersterer fehit insbesondere die okonomische Bewertung von Netzwerken. Es wird zwar nicht negiert, dass Beziehungen auch okonomisch eine durchaus vorteilhafte Alternative sein konnen, jedoch werden Abgrenzungen zu marktiichen oder hierarchischen Hierarchieformen nicht andiskutiert und bieten deswegen auch keine Entscheidungsgrundlage, wann und in welchem Ausmad Netzwerke sinnvoll sind. Bei der zweiten Funktionen dagegen wird lediglich die Beziehungsatmosphare im Modell abgebildet. Dies ist unbestritten ein wesentlicher Faktor fur den Aufbau von Netzwerken, jedoch kann diese Atmosphare nicht losgelost von den kulturellen Rahmenbedingungen innerhalb von Unternehmen betrachtet werden, die im interaktionsorientierten Netzwerkansatz nicht explizit analysiert werden. 3.2.3
Ekiektische Synthese der vorgestellten Theorien
Wie dargelegt wurde, existieren die unterschledlichsten Theorien zur Erklarung des Aufkommens sowie der Organisation und Evolution von Netzwerken. Jedoch erfassen alle Theorien das Phanomen „Netzwerk" nur in Teilaspekten, wie die Einordnung der einzeinen Theorien in das AGIL-Schema gezeigt hat.''^^ Das bedeutet, dass jede Theorie zumindest an
In der Betriebswirtschaftslehre ist oftmals eine Beschrankung auf Schlusselvariablen zu beobachten. Diese Beschrankung, von MAYER als ..principle of the strongest link" bezeichnet
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
179
den Stellen angreifbar ist, an denen den Axiomen der Theorie nicht gefolgt wird, mit anderen Worten an den Stellen, an denen andere Erkiarungsansatze fur das Auftreten und die Entwicklung von Netzwerken angenommen werden. So wird beispielsweise unterschiedlichen Theorien immer wieder zur Last gelegt, dass sie vom homo oeconomicus ausgehen und damit Aspekte wie personliche Affinitaten oder kulturelle Norm- und Wertvorstellungen, die durchaus fur die Entscheidung fur oder gegen den Aufbau eines Netzwerkes relevant sein kdnnen, ausgeblendet werden. So kann es beispielsweise durchaus sein, dass sich Unternehn^ien fur den Aufbau langfristiger Beziehungen aufgrund einer Risiko-Aversitat entscheiden, obwohl aus okonomischen Gesichtspunkten heraus eine marktiiche Koordination die sinnvollere ware. Als Beispiel hierfur konnen unterschiedliche Bewertungen sinnvoller Koordinationsmechanismen zwischen dem interaktionsorientierten Ansatz und der Transaktionskostentheorie angefuhrt werden. Erstere sieht den Aufbau von Beziehungen in einem Netzwerk als eine der wesentlichen Ressourcen eines Unternehmens an und zeichnet sich deswegen auch eher durch Zusammenarbeit denn durch Konkurrenz aus, letztere beurtellt die optimale Koordinationsform ausschliefllich auf Basis der entstehenden Transaktionskosten und blendet damit Affinitaten und subjektive Risikoneigungen voUkommen aus. Es sei angemerkt, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Hypothese aufgestellt wird, dass ein wesentlicher Faktor neben einem fehlenden oder fehlerhaften Change Managements fur das Scheitern von Netzwerken^^° darin besteht, dass als Bewertungsgrundlage fur ein Netzwerk unterschiedliche Theorien herangezogen werden, die jeweils nur Teilaspekte erfassen und die sich zudem noch, wie beispielhaft dargestellt, widersprechen. Um solche unterschiedlichen Bewertungen zu vermeiden, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein Netzwerkmodell umrissen, welches das Phanomen Netzwerk ganzheitlich zu fassen sucht. Hierbei ist das Kriterium fur eine ganzheitliche Erfassung die Abdeckung aller Funktionen des struktur-funktionalistischen AGIL-Schemas.'^^^ Denn durch die Anwendung dieses Schemas wird gewahrleistet, dass nicht nur einzelne Aspekte oder Erkiarungsansatze herangezogen werden, sondern ein hierauf aufbauender Erklarungsansatz die unterschiedlichen Facetten aufgreift und einordnet. Durch den Strukturierungsrahmen werden dem okonomischen System (Adaption), dem politischen System (Goal Attainment), dem Gemeinschaftssystem (Integration) sowie dem sozio-kulturellen System (Latent Pattern Maintenance) gleichermaften Rechnung getragen. Die Verwendung des Schemas fur die Erarbeitung eines Erklarungsansatzes erfordert jedoch, dass unterschiedliche Theorien miteinander kombiniert werden, um hierauf ein Model! aufzubauen. Denn kein Netzwerkansatz deckt fur sich die Funktionen voilkommen ab. Zusatzlich ist die Abdeckung der einzelnen Funktionen in einem solchen Modell lediglich
^®° ^^^
(vgl. MAYER (1993) zitiert aus OSTERLOH / GRAND (1995), S. 5), hat grundsatzlich zur Folge, dass eine umfassende Modellbildung ohne falsifizierende Ausnahmen nicht realistisch erscheint. Eine andere Vorgehensweise zum Umgang mit falsifizierenden Beispielen der betriebiichen Praxis ist, diese zu Anomalien zu erklaren (vgl. OSTERLOH / GRAND (1995), S. 5 f.). Wie die folgenden Ausfuhrungen zeigen werden, sollen im Rahmen der vorliegenden Arbeit beide Alternativen nicht weiter verfolgt werden, sondern durch eine Synthese unterschiedlicher Theorien ein umfassenderes Bild von Netzwerken geschaffen werden. Dies entspricht neben POPPER (vgl. bspw. POPPER (2000), S. 337) auch der Auffassung von CHALMERS, wenn er feststeilt „Theorien, die falsifiziert werden, mussen grundsatzlich zuruckgewiesen werden" (CHALMERS (2001), S. 57). Es ist dem Verfasser durchaus bewusst, dass ein derartiger Anspruch durchaus der Gefahr der nicht beherrschbaren Komplexitat ausgesetzt ist (vgl. bspw. hierzu DETERS (1990), S. 71 ff.), weswegen die Ausfuhrungen auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau gehaiten werden. So werden beispielsweise in unterschiedlichen Quellen die Erfolgsquoten von Allianzen auf unter 50 % bzw. die Misserfolgsquoten auf uber 75 % geschatzt (vgl. HOFFMANN (1999), S. 56). Vgl. hierzu Kapitel 2.2.1
180
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
eine notwendige, nicht jedoch eine hinreichende Bedingung. Denn neben einer ganzheitlichen Betrachtung ist eine weitere Anforderung an das Netzwerkmodell im Rahmen der vorliegenden Arbeit, die Entwicklung hin zu einem Netzwerk zu erklaren. Fur eine im spateren Verlauf der vorliegenden Arbeit durchzufuhrende Analyse des Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken ist es nicht ausreichend, festzustellen, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Netzwerk eine empfehlenswerte Koordinationsform ist, sondern vielmehr muss ein derartiges Modell auch abbilden konnen, wie ein Entwicklungspfad hin zu einem solchen Netzwerk zu gestalten ist. Das im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelte Modell soil diesen Anforderungen gerecht werden. Im Wesentlichen stutzt es sich dabei auf die Transaktionskostentheorie,''^^ die Strukturationstheorie,^^^ den Resource Dependence-Ansatz''^'^ sowie auf den interaktionsorientierten Netzwerkansatz/^^ Erganzend hierzu werden flankierend noch Aussagen weiterer Theorien integriert. Das Modell untergliedert sich dabei in zwei Telle. Zum einen wird anhand einer FIT-Funktion erklart, unter welchen Bedingungen eine netzwerkartige Koordinatlon einer marktiichen oder hierarchischen vorzuziehen ist und zum anderen wird ein Modell entworfen, dass prozessual den Aufbau eines Unternehmensnetzwerks beschrelbt. 3.2.3.1
Die FIT-Funktion zur Identifikation der optimalen Koordinatlonsform
Um geeignete Konstellatlonen, Partner oder Konfigurationen zu identifizieren, wird oftmals auf das Konzept der FIT-Funktion zuruckgegriffen. Diese liefert basierend auf definierten Eingangsgrofien ein optimales Ergebnis fur die jeweilige Problemstellung. So haben beispielsweise BRONDER / PRITZL ein prozessuales Vorgehen entworfen, um eine Wahl eines optimale Kooperationspartners, mit anderen Worten einen optimalen FIT, zu ermittein (siehe Abb. 63). Der dargestellte Auswahlprozess entstammt dem Industriegutermarketing und ware aufgrund dessen konsistent zu dem im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Netzwerkansatz. Das Vorgehen umfasst vier Phasen, in denen der FIT zwischen den Partnern sukzessive von eher allgemeinen Gesichtspunkten hin zu operativen Fragestellungen durchgepruft wird.''^^ Es sel jedoch angemerkt, dass dieses Vorgehen nicht durchgangig eingehalten wird. Werden als Mafistab die Ausfuhrungen von BLEICHER angelegt, welche im Rahmen eines integrierten Managementansatzes von einem normativen uber ein strategisches hin zu einem operativen Management verlaufen, ist nicht nachvollziehbar, weshalb in dem dargestellten Vorgehen der kulturelle FIT erst nach der Uberprufung des strategischen FIT uberpruftwird.^^^
792 793 794 795 796
Vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.1 Vgl. hierzu Kapitel 3.2.1.2 Vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.5 Vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.6 Es sei angemerkt, dass dieses Modell auch ohne einen direkten Bezug auf die Beschaffung Anwendung findet (vgl. bspw. ZENTES / SWOBODA / MORSCHETT (2003), S. 829). Die Anmerkungen zu diesem Modell treffen jedoch auch in diesem Fall zu. Vgl. BLEICHER (2004), S. 80 ff. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das dargestellte Vorgehen als Vorgehensmodell fur Beschaffungskooperationen den kulturellen FIT geringer gewichten mag, da der Fokus aufgrund der geringeren Spezifitat der Transaktionen eher auf der Adaption-Funktion denn auf den anderen Funktionen des AGIL-Schemas gelegt wird.
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
181
Partnerwahl
Fundamentaler FIT
Gemeinsamer Wille
Strategischer FIT
Konvergierende Vision
Ubereinstimmung der strategischen Zielsetzungen
Balancierte Machtposition
Harmonie der Business Plane
Besdiaffyrigs-FIT"'
KuiturellerFIT
Pluralismus
•
Assimilation
Kompatibilitat der Beschaffungsobjektmerkmale
Ubema hme Widerstand
Beiderseitige Vorteile Uberschaubare Risiken Uberdurchsclinittiiche Wertsteigerungspotentiale
Gemeinsanne Festlegung der geeigneten Konfiguration Gleicher Planungshorizont
1) BRONDER/ PRITZL stellen die Wahl des geeigneten Kooperationspartners am Beispiel von Einkaufskooperationen dar. Deswegen wird spezifisch der Beschaffungs-FIT als vierter FIT aufgefuhrt.
Abb. 63:
FIT-Quellen als Faktoren der Partnerwahl nach BRONDER / PRITZL^^^
Das Modell ist fur die Strukturierung der vorliegenden Arbeit nicht ausreichend, da nicht alle relevanten Aspekte von sozio-okonomischen Systemen erfasst werden/^^ Deswegen wird im Folgenden eine FIT-Funktion skizziert, die fur jede Koordinationsform bei einer gegebenen Transaktion einen FIT ermittelt. Je hdher dieser ist, desto empfehlenswerter ist die Koordinationsform. Dabei setzt der Ansatz in Aniehnung an die Transaktionskostentheorie die Pramisse, dass Netzwerke eine hybride Koordinationsform zwischen Markt und Hierarchie darstellen. Ausgangspunkt der FIT-Funktion ist die Annahme, dass die optimale Koordinationsform sowohl abhangig von der durchzufuhrenden Transaktion als auch von der AGILKonfiguration des Transaktionspartners ist.^°° 798 799
Vgl. BRONDER / PRITZL (1992), S. 37 zitiert aus ARNOLD (2004), S. 311
Als Beispiel sei die Unternehmensethik genannt. Erstere Annahme ist unmittelbar nachvollziehbar, da sie im Rahmen der Transaktionskostentheorie diskutiert worden ist. Letztere Annahme soil zunachst beispielhaft an einem FIT der Adaption-Funktion eriautert werden. Wie in Kapitel 2.2.2.3.1 dargestellt worden ist, kann die Adaption-Funktion unter anderem anhand des Leavitt-Schemas operationalisiert werden. Wird nun vorausgesetzt, dass die Bindung zwischen zwei Unternehmen von einer marktiichen uber eine netzwerkartige bis hin zu einer hierarchischen Koordination bestandig zunimmt, folgert hieraus, dass die einzelnen Elemente des Leavitt-Schemas immer starker aufeinander abgestimmt werden mussen, um einen effizienten Leistungsaustausch zu gewahrleisten. Dies wird beispielhaft deutlich, wenn Prozesse der beiden Unternehmen betrachtet werden. Bei einer marktiichen Koordination bestehen relativ wenige Schnittstellen zwischen den Prozessen; der Abstimmungsbedarf zwischen den Prozessen der einzelnen Unternehmen ist eher gering. Diese Notwendigkeit der Abstimmung steigt bei einer netzwerkartigen Koordination, da einzelne Aufgaben entweder kooperativ durchgefiihrt werden oder sogar unter den Netzwerkteilnehmern aufgeteilt werden, was unmittelbare Auswirkungen auf die untemehmensinternen Prozesse hat. Bei hierarchischer Koordination ergibt es sich zwangslaufig, dass alle Aufgaben abgestimmt und verteilt werden. Wenn jedoch die Koordinationsform die untemehmensinternen Prozesse tangiert, folgert hieraus, dass auch die Konfiguration der Adaption-Funktion des jeweils anderen Untemehmens relevant fur die Wahl der Koordinationsform ist. Denn durch die beschriebenen Interdependenzen, die sich bei hierarchischer und netzwerkartiger Koordination zwischen den Unternehmen ergeben, ist es offensichtlich, dass die Prozesse zwischen den Unternehmen
182
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
fAGiLy '• Nutzenfunktion des Unternehmens T:
Durchzufuhrende Transaktion
Ap :
Adaption-Funktion des Transaktionspartners
Gp '•
Goal Attainment-Funktion des Transaktionspartners
^P '•
Integration-Funktion des Transaktionspartners
Lp '•
Latent Pattern Maintenance-Funktion des Transaktionspartners
Abb. 64:
FIT-Funktion zur Bestimmung der optimalen Koordinationsform
Somit ergibt sich eine FIT-Funktion, in der neben der Transaktion T die Parameter des AGILSchemas des Transaktionspartners einfliefien. Diese Parameter sind Variablen der Nutzenfunktion fAGiL des Unternehmens, die wiederum im Wesentlichen durch das eigene AGILSchema, die Nutzenpraferenzen sowie die Risiko-Aversitat beschrieben ist. Zusammenfassend beschreibt (siehe Abb. 64) die Funktion. Abb. 65 stent die FIT-Funktion in einer Prinzipdarsteilung beispielhaft an drei unterschiedlichen Transaktionen dar, die sich bei einer gegebenen Nutzenfunktion und einem konstanten AGIL-Schema des Transaktionspartners ergeben konnen. Aus der Charakteristik der FIT-Funktion folgt, dass sich ein ahnlicher Verlauf der drei Kurven auch dadurch ergeben kann, dass bei einer gegebenen Transaktion T drei unterschiedliche AGIL-Schemata von drei potenzielien Transaktionspartnern einflieflen. Bei einer rein auf die Adaption-Funktion beschrankten Sichtweise ware der Erkenntnisgewinn der beschrlebenen FIT-Funktion als sehr gering einzustufen. Denn die Aussagen, die in harmonisierbar sein mussen, urn eine Abstimmung Oder sogar Vernetzung der Prozesse durchfijhren zu konnen. Sollte dies nicht effizient realisierbar sein, kann es aus okonomischer Sicht sinnvoller sein, eine Koordinationsfornn mit einer loseren Beziehung zwischen den Unternehmen zu wahlen. Der FIT zwischen den Adaption-Funktionen der Transaktionspartner bestimmt somit auch die optimale Koordinationsform. Dies wird beispielhaft auch von BECKER / ROSEMANN dargestellt, wenn sie die zunehmende Vernetzung von Unternehmen bei Just-in-TimeProzessketten darstellen (vgl. BECKER / ROSEMANN (1993), S. 68 ff.). Die gleiche Argumentation, die fur die Adaption-Funktion angewendet worden ist, gilt in ahnlicher Form fur die anderen Funktionen des AGIL-Schemas. Ohne an dieser Stelle naher darauf eingehen zu wollen, sei angemerkt, dass eine harmonisierbare Zielsetzung sowie eine gegenseitig akzeptierte Machtverteilung im Rahmen der Goal Attainment-Funktion, gegenseitiges individuelles bzw. Organisationsvertrauen in der Integration-Funktion sowie im Rahmen der Latent Pattern Maintenance-Funktion kompatible Untemehmenskulturen wesentliche Ansatzpunkte fur die Erklarung der Relevanz der Konfiguration der Funktionen des Transaktionspartners sind; die Problematik des letzteren Punktes wird insbesondere bei der Betrachtung gescheiterter Kooperationen zwischen europaischen und asiatischen Unternehmen deutlich. So stellt beispielsweise BRONDER fest, dass fruhzeitig das ergebnisorientierte Kooperationsverhalten europaischer und amerikanischer Pragung mit dem in der asiatischen Kultur verbreiteten prozessorientierten Kooperationsverhalten harmonisiert werden muss, wenn ein fruhzeitiges Scheitern der Kooperation nicht riskiert werden soil (vgl. BRONDER (1993), S. 22). Erganzend hierzu fuhrt KOHLER eine Reihe internationaler Kooperationen auf, die aufgrund der unterschiedlichsten Grunde gescheitert sind, obwohl sie eine Analyse als vorteilhaft erkannt hat (vgl. KOHLER (1999), S. 375). Zuletzt sei noch auf zwei Publikationen verwiesen, die explizit kulturelle Differenzen als Grund fur das Scheitern von Kooperationen ausgemacht haben (vgl. GRAHAM / LAM (2004), S. 46 und 51, sowie XiN / PuciK (2003), S. 65-73).
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
183
diesem Fall durch die Funktion getroffen werden, entsprechen weitestgehend denen der Transaktionskostentheorie mit der einzigen Erweiterung, dass die Einflusse auf die Transaktionskosten durch die Anwendung des Leavitt-Schemas weiter expliziert wurden. Bei einer singularen Betrachtung einzelner anderer Funktionen und deren Vergleich mit bestehenden Netzwerktheorien wurde ahniiches fur den generierten Erkenntnisgewinn gelten. Der Erkenntnisgewinn der FIT-Funktion liegt deswegen in der kombinierten Betrachtung aller Funktionen des AGIL-Schemas und den hierauf abgeleiteten Aussagen. Es ist offensichtlich, dass eine allgemeingultige Operationalisierung dieser Funktion sehr komplex und umfangreich ist. FIT
Marktiiche Koordination Abb. 65:
Netzwerkartige Koordination
l-iierarchische Koordination
FIT bei differierenden Transaktionen
Eine Quantifizierung des FIT in eine Kennzahl, wie Abb. 65 suggeriert, wird, wie die folgenden Ausfuhrungen zeigen werden, aufgrund der hohen Komplexitat der Funktion nur sehr schwer ermittelbar, wenn nicht sogar unmoglich, sein. So werden zwar fiir eine derartige Bewertung mitunter Punktbewertungsverfahren vorgeschlagen,^°^ aber derartige Verfahren haben den Nachteil, dass sie eine Quantifizierbarkeit der einzelnen Kriterien suggerieren, was aus Sicht des Verfassers nicht mdglich ist. Zudem ist bei einem derartigen Verfahren problematisch, dass aufgrund der oftmals angewendeten Additionsregel vorausgesetzt wird, dass die einzelnen Kriterien einheitlich kardinal messbar und die Zielkriterien voneinander unabhangig sind. Deswegen wird fur den weiteren Verlauf der Arbeit angenommen, dass eine qualitative Bewertung der einzelnen Bestandteile in einer Empfehlung bezuglich einer optimalen Koordinationsform mundet; wobei diesbezuglich angemerkt sei, dass dieses Vorgehen die Gefahr der fehlenden intersubjektiven Nachvollzlehbarkeit der Empfehlung birgt. Diese Problematik wird dadurch verstarkt, dass eine derartige Empfehlung nicht durch einen Akteur gegeben wird, sondern einen Kompromiss von mehreren Beteiligten darstellt.^°^
Vgl. bspw. HOLTBRUGGE (2003), S. 882. Es sei darauf hingewiesen, dass das von HOLTBRUGGE dargestellte Schema nicht fur die Wahl einer Koordinationsform sondern fur die Auswahl eines Partners Anwendung findet. Inhaltlich liefi sich dieses Verfahren jedoch auf die Wahl einer Koordinationsform ubertragen. Derartige Problemstellungen sind Gegenstand von Entscheidungstheorien. Es existieren die unterschiedlichsten Modelle, die jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht thematisiert werden, da die Entscheidung, warum eine Koordinationsform ausgewahit worden ist, nicht abgehandelt wird. Fur eine weitere Vertiefung seien trotz allem Ansatzpunkte zur Losung des qualitativen Entscheidungsproblems skizziert.
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Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Urn die FIT-Funktion trotz ihrer Komplexitat weiter beschreiben zu konnen, wurden die wesentlichen Ergebnisse der Diskussion der AGIL-Funktionen^°^ von Untemehmen in Tab. 9 zusammengefasst und zur weiteren Operationalisierbarkeit in drei Ebenen unterteilt: den^i normativen, dem strategischen sowie dem operativen FIT. Jedoch sei vorab darauf hingewiesen, dass der Stand des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns bei einem Teil der aufgezeigten Bestandteile des FIT noch nicht weit fortgeschritten ist; dies korreliert mit der eingangs dargestellten Feststellung, dass die theoretische Fundierung von Netzwerken insgesamt noch nicht weit fortgeschritten ist. Da es nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, ein allgemeingultiges und detailliertes Netzwerkmodell aufzustellen, werden bei den Bestandteilen, bei denen derzeit noch keine vertiefende theoretische Fundierung vorliegt, erst im weiteren Verlauf der Arbeit im Rahmen der Diskussion der Energiewirtschaft Ableitungen getroffen. Die Unterteilung nach dem normativen, strategischen und operativen FIT orientiert sich dabei an den Dimensionen des Konzepts des integrierten Managements von BLEICHER;^""^ es sei jedoch angemerkt, dass bei der dargestellten Operationalisierung des FIT den Dimensionen von BLEICHER nicht vollstandig gefolgt wird. So sieht BLEICHER die Vision eines Unternehmens, die sich seiner Auffassung nach aus der Managementphilosophie ableitet, als vorgelagert zur normativen Ebene an.^°^ Aus einer derartigen Sicht wurde zwangslaufig Um eine Entscheidung herbeifuhren zu konnen, sind die einzelnen Alternativen zu identifizieren und zu bewerten. Im Wesentlichen sind diese Alternativen Markt, Netzwerk und Hierarchie. Aus diesen Alternativen lasst sich ein Grundmodell konstruieren, das Basis fur die weiteren Analyseschritte ist (vgl. bspw. KAHLE (2001), S. 39-82). Ein derartiges Modell setzt jedoch eine objektive, formale Rationalitat voraus, dass also eine abgestufte Ordnungsrelation vorliegt. Dies ist jedoch oftmals bei derartig komplexen Problemen nicht gegeben. Des Weiteren liegt ein wesentliches Problem in der Unvollkommenheit der vorliegenden Informationen sowie der eingeschrankten Informationsverarbeitungskapazitat der Entscheidungstrager, was die Verwendung eines entscheidungstheoretischen Grundmodells fur die vorliegende Problemstellung fur nicht sinnvoll erscheinen lasst (vgl. beispielhaft zu den aufgefuhrten Kritikpunkten KAHLE (2001), S. 98 f.). Um derartige Problemstellungen zu losen, wird beispielsweise das Konzept der strategischen Lucke propagiert. Hierbei wird die Entscheidungssituation in abgrenzbare Teilprobleme heruntergebrochen, welche (praktisch) unabhangig voneinander gelost werden konnen (vgl. bspw. KAHLE (2001), S. 111 ff.). Es sei jedoch angemerkt, dass derartige heuristische Verfahren nicht mehr den Anspruch der garantierten Optimalitat erfullen konnen (vgl. GRONIG / KUHN (2002), S. 53 f.). Das Entscheidungsproblem wird zudem durch Unsicherheiten und die vorliegende Dynamik komplexer. Wie bereits beschrieben wurde, ist die Entscheidung bzgl. der Integration in eine Hierarchie oder die der Etablierung eines Netzwerkes keine operativ unmittelbar umsetzbare und zeitnah revidierbare Entscheidung, insbesondere wenn Netzwerke mit enger Bindung wie strategische Allianzen oder Joint Ventures etabliert werden sollen. Dieser langere Zeithorizont hat jedoch zwangslaufig zur Folge, dass die Entscheidung noch wahrend ihrer Realisierung einer Dynamik unterworfen ist. Die hieraus resultierenden Unsicherheiten werden durch die nicht deterministische Entwicklung im Rahmen des Change Managements verstarkt. Modelle, die derartige Problemstellungen thematisieren, werden beispielsweise von JUNGERMANN / PFISTER / FISCHER vorgestellt (vgl. JUNGERMANN / PFISTER / FISCHER (2005), S. 201-259).
®°^ ^^
Ein umfassendes Gesamtkonzept zur Losung derartiger Problemstellung hat GOTZ entwickelt, indem er strategische Planung und Modellanalysen auf der Grundlage von Szenarien thematisiert (vgl. GOTZ (1993) im Allgemeinen und S. 257-357 im Speziellen). Zuletzt sei noch auf einen Punkt hingewiesen. Bei der beschriebenen Entscheidung handelt es sich um multipersonale Entscheidungen, die jeweils eine individuelle Bewertung der Alternativen vornehmen, wobei diese Bewertung neben einer ggf. unterschiedlichen Bewertung der Ausgangssituation, Zielsetzung und Umweltentwicklung auch aus unterschiedlichen Motiven und Risikofreudigkeit resultiert (als Uberblick fur derartige multipersonalen Entscheidungen siehe bspw. KAHLE (2001), 8. 159-206). Siehe Kapitel 2.2.2.3 Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen BLEICHER (2004), S. 80 ff.
®°^
Vgl. BLEICHER (2004), S. 83
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
185
folgen, dass eine Ebene existiert, die oberhalb der normativen angesiedelt ist; dem soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt werden. Des Weiteren wird in dem Modell von BLEICHER die Unternehmenskultur in Ganze dem normativen Management zugeordnet, was aus zweierlei Sicht kritisch zu hinterfragen ist. Wenn die Unternehmensvision oberhalb des normativen Managements angeordnet ist, die Unternehmenskultur jedoch als ein Bestandteil des normativen Managements angesehen wird, folgert aus dieser Sichtweise, dass die Vision Vorgaben fur die Unternehmenskultur macht, was je nach zeitlichen Horizont der Unternehmensvision durchaus kritisch zu sehen ist.^°^ Des Weiteren ist anzumerken, dass, wenn dem Modell von Unternehmenskulturen von SCHEIN gefolgt werden soil, eine derartige Klassifizierung zur Folge haben wurde, dass Artefakte und Schopfungen als Bestandteil der Unternehmenskultur der normativen Ebene zugeordnet werden, was aufgrund des operativen Charakters sicherlich fraglich ist.^°^
\ . Ebene Ides FIT
Goal Attainment
Fkt.
Adaption
X,^^ \
Zielsetzung
Zietdurchsetzung
Integration
Latent Pattern Maintenance
Normativer FIT
-
Unternehmensvision
Unternehmensverfassung
Unternehmensethik
Grundsatzliche kulturelle Annahmen
Strategischer FIT
Primare Gestaltungsvariablen des LeavittSchemas
Strategische Unternehmensziele
Maclitverteilung
Integrationsumfang
Werte
Operativer FIT
Sekundare Gestaltungsvariable des LeavittSchemas
Operative Unternehmensziele
Abbildung der Maclitverteilung
Madnahmen zur Konfliktiosung, Motivationssowie Vertrauensaufbau
Artefakte und Schopfungen
Tab. 9:
Operationalislerung des FIT
Losgeldst hiervon wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit prinzipiell der Unterteilung in eine normative, eine strategische sowie eine operative Ebene gefolgt und deswegen korrespondierende Ebenen des FIT definiert.®°^ Um Aussagen bezugiich des FIT treffen zu konnen, werden die dem aufgestellten Netzwerkansatz zugrundeiiegenden Theorien eingeordnet. Dies geschieht vor dem Hintergrund, um hierauf aufbauend fur den weiteren Verlauf der Arbeit Aussagen fur das Change Management treffen zu konnen, wie die kooperierenden Unternehmen auf den einzelnen Ebenen zueinander aufgestelit sind. Der Strukturierung der vorliegenden Arbeit folgend wird demnach der Grad der Differenz zwischen den AGILSchemata der beiden Unternehmen hierdurch bestimmbar. Diese Folgerung ist unter der Pramisse gultig, dass eine Koordinationsform als Optimum gewahit worden ist; der FIT fur die Koordinationsform demnach am hdchsten ist. Folgert aus der FIT-Funktion beispielsweise, dass eine Koordinationsform Netzwerk auf strategischer Ebene bei der Goal AttainmentFunktion den hdchsten FIT erzeugt, wenn als Machtgrundlage eine Legitimation durch die So kann durchaus auch die Auffassung vertreten werden, dass die Unternehmenskultur einen limitierenden Faktor fur die Unternehmensvision darstellt. Als Beispiele hierfur seien Kleidungsvorschriften etc. aufgefuhrt. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen bezugiich der normativen, der strategischen und operativen Ebene BLEICHER (2004), S. 80 ff.
186
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
Gerechtigkeits- und Reziprozitatsnorm, eine Legitimation durch soziale Verantwortung oder durch Expertenwissen/lnformation vorliegt, kann gefolgert werden, dass Einstellungs- und Veranderungsverhalten durch Identification oder Internalization erzieit wird, was wiederum den Schluss zulasst, dass immaterielle Belohnungen und Bestrafungen als Veranderungsstrategie im Netzwerk nicht zielfuhrend sein werden. Im Folgenden werden deswegen die einzelnen Ebenen und AGIL-FunktIonen dahingehend untersucht, ob sich basierend auf den verwendeten Theorien sowie dargesteilten Merkmalen von Markt, Netzwerk und Hierarchie Aussagen fur die FIT-Funktion treffen lassen. Bei der weiteren Detaillierung der FIT-Funktion werden zwei unterschiedliche Funktionstypen unterschieden; zum einen koordinationsformidentifizierende Funktionen und zum anderen koordinationsformlimitierende Funktionen (siehe Abb. 66).
Hoch
Adaption
Goal Attainment
Okonomisches System Medium: Geld
Polltisches System Medium: Politische Macht
Latent Pattern Maintenance
Integration
Symbolkomplexitat
Nledrlg Sozialkulturelles System Medium: Wertcommitments
Hoch
^^^ I Abb. 66:
Gemei nsc haftss ys tem Medium: Einfluss
Handlungskontingenz
Niedrig
Funktionen, die eine optimale Koordinationsform identifizieren I Funktionen, die eine identifizierte Koordinationsform limitieren
Koordinationsformen identifizierende und limitierende AGIL-Funktionen
Unter koordinationsformidentifizierenden Funktionen werden dabei Funktionen verstanden, denen Theorien zugeordnet werden kdnnen, die explizit eine Koordinationsform als optinnal empfehlen. So wurde beispielsweise bei der Diskussion der Transaktionskostentheorie, die der Adaption-Funktion zugeordnet 1st, gezeigt, dass sie, abhangig von einer Transaktion T, eine hierarchische, netzwerkartige oder marktiiche Koordinationsform empfiehlt. Dies ist bei koordinationsformlimitierenden Funktionen nicht der Fall. Diesen Funktionen sind keine Theorien zugeordnet, die eine strukturelle Empfehlung fur eine Koordinationsform abgeben. Deswegen dienen diese Funktionen dazu, weitere Bewertungsaspekte fur eine empfohlene Koordinationsform einfliefien zu lassen mit der Folge, dass eine identifizierte Koordinationsform gegebenenfalls nicht mehr optimal ist. Als Beispiele hierfur kdnnen die zuvor bereits erwahnten internatlonalen Kooperationen angefuhrt werden, bei denen eine kooperatlve Koordinationsform die scheinbar optimale Ldsung darstellte, jedoch kulturelle
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
187
Unterschiede derart massiv waren, dass die Kooperation nicht zum anvisierten Erfolg fuhrte.«°^ Somit kann ein weiterer, wesentlicher Unterschied zwischen identifizierenden und limitierenden Funktionen festgestellt werden. Identifizierende Funktionen sind unabhangig von einem potenziellen Partner, da sie eine generelle Empfehlung bezuglich einer optimalen Koordinationsform abgeben, unabhangig davon, ob diese Koordinationsform bei einem konkreten Partner weiterhin optimal ist. Demgegenuber iiaben limitierende Funktion grundsatzlich potenzielle Markt-, Netzwerk- oder Insourcing- bzw. Fusionspartner im Fokus, da sie uberprufen, in wieweit der potenzielle Partner im Rahmen der empfohlenen Koordinationsform in das Unternehmen eingebunden werden kann. Da ein potenzieller Partner grundsatzlich im Rahmen aller vier AGIL-Funktionen daraufhin uberpruft werden muss, ob die anvisierte Koordinationsform geeignet und zielfuhrend ist, folgert, dass jede AGIL-Funktion eine limitierende Funktion aufweisen muss. Demgegenuber lassen sich lediglich bei der Adaption- und der Goal Attainment-Funktion Netzwerktheorien hinterlegen, die koordinationsformidentifizierend sind. Dieser Charakter der beiden Funktionen lasst sich sowohl durch die interpretation des AGILSchemas nach PARSONS als auch durch MUNCH erklaren. PARSONS hat die beiden Funktionen Adaption und Goal Attainment als nach auHen gerichtet, als externe Prozesse beschrieben. Hieraus folgert, dass bei der Optimierung der Prozesse die Art der Ausgestaltung der externen Prozesse beschrieben wird, was auf Unternehmen bezogen die Wahl der optimalen Koordinationsform sowie dessen Ausgestaltung bedeutet; es handelt sich hierbei also im koordinationsformidentifizierende Funktionen. Diese identifizierte Koordinationsform kann jedoch durch die Integration- bzw. die Latent Pattern Maintenance-Funktion, die seiner Interpretation nach die internen Prozesse abbildet, limitiert werden, wenn sie der Umsetzung der Koordinationsform entgegensprechen. Wenn, wie Im Rahmen der vorliegenden Arbeit zutreffend, der Interpretation von MUNCH gefolgt wird, erklart sich die Abgrenzung zwischen koordinationsform-identifizierenden und limitierenden Funktionen durch das Ausmafl der Symbolkomplexitat. Die erweiterte Symbolkomplexitat wird von KLEIN bei der Interpretation nach MUNCH als „Offnung" fur die AdaptionFunktion sowie „Herrschaft" fur die Goal Attainment-Funktion verstanden.^''° Dem stehen die „Schlieftung" fur Integration-, sowie die „Generalisierung" fur die Latent Pattern MaintenanceFunktion gegenuber. Aus dieser Interpretation wird deutlich, dass eine hohe Symbolkomplexitat als ein Erschliefien und Spezifizieren von Handlungsalternativen aufgefasst wird, welche somit eine Auswahl potenzieller Koordinationsformen umfassen. Dm nun einen FIT ermlttein zu kdnnen, sind die normative, die strategische und die operative Ebene zu analysieren, wobei die einzelnen Ebenen bei Bedarf wiederum in die vier AGILFunktionen zu unterteilen sind. Die drei Ebenen werden nun in den folgenden KapiteIn diskutiert. Vgl. die bereits zitierten Quellen BRONDER (1993), S. 22, KOHLER (1999), 8. 375, GRAHAM / LAM (2004), S. 46 und 51, sowie XiN / PuciK (2003), S. 65-73 Zu der Erkenntnis, dass neben den koordinationsformidentifizierenden Funktionen die limitierenden Funktionen elementar sind, gelangen auch GULATI / GARGIULO, wenn sie feststellen „The interdependence-in-the-face-of-transaction-Gosts perspective provides useful explanations of factors influencing the propensity of firms to form ties in the first place, but it does not provide insight into the particular organizations with which they will build relations." (GULATI / GARGIULO (1999) zitiert aus BAUM / INGRAM (2002), 8. 197). Vgl. KLEIN (1996), 8. 95
188
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
3.2.3.1.1
Die Bewertung des normativen FIT
Die erste Ebene ist die normative Ebene. Hierunter werden die genereilen Ziele mit seinen Prinzipien, Normen und Spielregein eines Unternehmens verstanden, die darauf fokussiert sind, die Lebens- und Entwicklungsfahigkeit eines Unternehmens zu ermdglichen. Hieraus folgt fur einen FIT zwischen zwei Unternehmen zunachst in einer ersten Naherung, dass eine starkere Bindung bis hin zu einer Hierarchie nur dann sinnvoll erscheint, wenn deren genereilen Ziele sich nicht gegenseitig widersprechen. Jedoch lasst sich nicht der Ruckschluss Ziehen, dass eine marktiiche Koordination nur dann sinnvoll erscheint, wenn sich eben diese Ziele bei beiden Unternehmen widersprechen. Auf die AGIL-Funktionen bezogen lassen sich diese genereilen Ziele in die Unternehmensvision und Unternehmensverfassung (Goal Attainment-Funktion), die Unternehmensethik (Integration-Funktion) sowie, mit Einschrankung, die grundsatzlichen kulturellen Annahmen (Latent Pattern Maintenance-Funktion)^^^ herunterbrechen. Die normative Ebene kann im Rahmen der FIT-Funktion grundsatzlich nur einen limitierenden Faktor darstellen. Denn aus den genereilen Zielen eines Unternehmens werden sich keine Empfehlungen fur die Koordinationsform einer Transaktion ableiten lassen, da sie transaktionsunspezifisch sind, die Empfehlung fur eine Koordinationsform jedoch grundsatzlich an eine Transaktion gebunden ist.^^^ Der derzeitige Stand des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns lasst noch keine umfassenden Aussagen bezuglich der Auswirkungen unterschiedlicher normativer Ebenen auf den Erfolg von Koordinationsformen zu. Die Begrundung hierfur liegt unter anderem in der Charakteristik der normativen Ebene: Die normative Ebene Ist oftmals unspezifisch und zudem im hohen Made unternehmensindividuell. Dies gilt insbesondere fur die Unternehmensvision, die genereilen kulturellen Annahmen sowie die Unternehmensethik. Erganzend hierzu ist die normative Ebene schwer messbar, beziehungsweise zum Tell noch nicht einmal explizierbar, was insbesondere fur die genereilen kulturellen Annahmen gilt. Aus der normativen Ebene lassen sich aufgrund ihres grundsatzlichen Charakters zumeist nicht unmittelbare Aussagen fur konkrete Problemstellungen ableiten.^^^ Dies mag eine Begrundung liefern, warum die Auswirkungen von Konfiguration der normativen Ebenen auf die Optimalitat von Koordinationsformen wissenschaftlich noch nicht vertiefend analysiert wurde. Aufgrund dessen konnen im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine allgemelngultigen Aussagen bezuglich des FIT zwischen zwel Unternehmen auf der normativen Ebene getroffen werden; vielmehr werden kontextspezifische Einzelfallanalysen fur konkrete Problemstellungen notwendig sein. Es sei angemerkt, dass dieses Vorgehen Wie im Rahmen der Diskussion von Unternehmenskulturen bereits gezeigt worden ist, lassen sich Unternehmenskulturen nicht technokratisch derart anpassen, dass sie ein enA/unschtes Soil erreichen. Aufgrund dessen bildet eine Unternehmenskultur nicht zwangslaufig die kulturellen Ziele eines Unternehmens ab. Ausnahmen hiervon sind Verbande, die explizit auf normativer Ebene eine Kooperation anstreben. Wenn eine Vision beispielweise „Ende dieses Jahrzehnts wollen wir der weltweit groflte Arbeitgeberverband sein" lautet, wird hierbei per Definition eine Koordinationsform, wie im Beispiel die Kooperation, vorgegeben. Zur Untermauerung sei als Beispiel eine der bekanntesten Vision der Geschichte genannt, die Vision der NASA aus dem Jahr 1961, vor dem Ende des Jahrzehnts mit einem Menschen auf dem Mond zu landen und ihn sicher zur Erde zuruckzubringen (vgl. UJEYL (2005)). Aus dieser Vision lassen sich nicht unmittelbare Ableitungen fur die optimale Koordinationsform fur Telle des Mondprogramms der NASA ableiten.
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
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jedoch nicht der zugrundegelegten wissenschaftstheoretischen Grundeinstellung entspricht, da eine derartige Analyse dem situativen Ansatz zuzuordnen ware. Aufgrund dessen werden im Rahmen der kontextspezifischen Analyse der Energiewirtschaft Aussagen bezuglich der normativen Ebene getroffen werden und hiermit auch eine Ableitung eines kontextspezifischen FIT durchgefuhrt werden.^^"^ 3.2.3.1.2
Die Bewertung des strategischen FIT
Die zweite Ebene ist die strategische Ebene. Sie hat den Aufbau, die Pflege und die Ausbeutung von Erfolgspotenzialen unter Einsatz von Ressourcen zum Gegenstand. Im Folgenden werden hieraus Aussagen bezuglich der vier AGIL-Funktionen abgeieitet, wobei die ersten zwei koordinationsformidentifizierenden, letztere koordinationsformlimitierende Funktionen sind. Fur einen FIT zwischen zwei Unternehmen fur die Adaption-Funktion als identifizierende Funktion folgt, dass aus dem FIT eine Empfehiung fur eine optimale Koordinationsform im Rahmen dieser Funktion abgeieitet werden kann. Um diesen FIT beschreiben zu konnen, sollen zunachst die Ergebnisse der Diskussion der Adaption-Funktion diskutiert werden, um hieraus aufbauend Ableitungen fur den FIT zu generieren. Die Ergebnisse der AdaptionFunktion aus Kapitel 2.2.2.3.1 sind zunachst noch einmal in Abb, 67 dargestellt. Wie im Rahmen der Diskussion des AGIL-Schemas festgestellt wurde, werden durch die Goal Attainment-Funktion Ziele definiert, deren optimale Reallsierung Gegenstand der Adaption-Funktion ist. Um diese Ziele zu erreichen, konfiguriert die Adaption-Funktion das Leavitt-Schema zielfuhrend. Hierzu wird die Koordinationsform identifiziert, die aus dem Fokus der Transaktionskostentheorie die Optimale ist. Sie bildet als gangige Theorie die okonomische Perspektive umfassend ab und erfasst somit die Kategorle der Wertziele. Jedoch existieren noch zwei weitere Zielkategorien; die der Sach- und die der Sozialziele. Diese Ziele lassen sich nicht im Rahmen der Transaktionskostentheorie abbilden, sondern
Dieses Vorgehen entspricht damit dem in Kapitel 1.4 dargesteliten Forschungsdesign. Es sei jedoch angemerkt, dass in aktuellen Publikationen die Verabschiedung einer gemeinsam geteilten normativen Basis zwischen den Netzwerkteiinehmem explizit gefordert wird. So propagiert beispielsweise WOHLGEMUTH die Verabschiedung einer gemeinsamen Netzwerkverfassung (vgl. WOHLGEMUTH (2002), S. 132 ff.). Korrespondierend zu dieser Netzwerkverfassung ist auf normativer Ebene die Entwickiung einer gemeinsamen Netzwerkvision oder gemeinsamer ethischer Grundsatze in der betrieblichen Praxis zu beobachten. Als Beispiele fur gemeinsame ethische Grundsatze sei auf FairTrade e.V. (www.fairtrade.de) sowie Transfair e.V. (www.transfair.org) verwiesen; beide Vereine haben sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk fairen Handels mit Entwicklungs-, bzw. Schwellenlandern aufzubauen. Das Antizipieren dieser ethischen Grundsatze ist Bedingung fur die Teilnahme an diesem Netzwerk und damit ein Beisplei fijr den limitierenden Charakter der normativen Ebene der Integration-Funktion. Zur Bedeutung von ethischen Haltungen sowie den Folgen auf Unternehmenskooperationen sei erganzend auch auf BIRKMANN venA/iesen (vgl. BIRKMANN (2001), S. 16 f.) Korrespondierend hierzu lassen sich auch Beispiele fiir Netzwerkvisionen darstellen. So kann beispielsweise bei Franchaising-Netzwerken, die eine Vision formuliert haben, von einer gemeinsamen Netzwerkvision gesprochen werden. Beispiele hierfur sind The Coca Cola Company mit der Vision „Wenn jemand Durst hat, soil er uberall die Mdglichkeit haben, Coca Cola zu trinken." oder die Vision der McDonalds Corp. „Die Marktdominanz verdankt das Unternehmen seiner Fahigkeit, Bedurfnisse der Gaste besonders fruh zu erkennen und besonders gut zu befriedigen. Unsere wichtigsten Vorteile: allerbeste Standorte, ein optimal auf den Gast abgestimmtes Produktangebot - und die Formel QSS&P: beste Qualitat, schneller Service, absolute Sauberkeit und gunstige Preise." (vgl. GIESEN (2005)).
190
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
lediglich im Rahmen der dargestellten Charakteristika der einzelnen Koordinationsformen. Ohne die Erkenntnisse der vorherigen Kapitel wiederholen zu wollen, bieibt zu konstatieren, dass aus einer Verbindung der Transaktionskostentheorie mit den dargestellten Netzwerkcharakteristika eine koordinationsformidentifizierende Funktion resultiert, die durch die bestehenden Konfigurationen der Leavitt-Schemata der interaglerenden Unternehmen limitiert wird.
Sachziele
Sozialziele i ^ Basis'
Restriktioi
V
Ziele des Goal Attainment als Vorgabe
Wertziele
Vtert^ili kdordlhatioiisformicietttiflti^i^iid
lllplljljll :;-iili¥Jtt*i
Interdependenzen
Abb. 67:
Vorgaben
Modell des strategischen FIT der Adaption-Funktion
Der strategische FIT im Rahmen der Goal Attainment-Funktion fokussiert sich insbesondere auf die Zieldurchsetzung und damit auf den Aspekt der Macht. Die Zielsetzung tangiert den FIT nur peripher, da aus ihr, wie dargestellt, primar erst bei der Planung des optimalen Ressourceneinsatzen im Rahmen der Adaption-Funktion eine Empfehlung bezuglich einer optimalen Koordinationsform erfolgt. Einschrankend hierzu muss jedoch auf den Resource Dependence-Ansatz verwiesen werden, der als machttheoretischer Ansatz mitunter auch die Fragestellung thematisiert, wie viel Autonomie sich ein Unternehmen als Ziel setzen sollte. Neben dieser Fragestellung hat dieser Ansatz jedoch auch die Durchsetzung der Ziele zum Gegenstand, da er propaglert, dass Unternehmen ihrerseits Abhangigkeiten schaffen, um Bindungen an andere Unternehmen zu relativieren.
Vgl. hierzu Kapitel 3.2.2, insbesondere Tab. 8 (Seite 156)
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
191
Aus diesem Ansatz lassen sich demnach Empfehlungen fur das Spannungsfeld zwischen Autonomie und der Abhangigkeit nach Ressourcen als koordinationsformidentifizierend ableiten. So schlagen PFEFFER/SALANCIK Kooperationen vor, wenn
-
die potenziell miteinander kooperierenden Untemehmen ein klares gemeinsames Interesse haben, eine einseitige Abhangigkeit zwischen den Unternehmungen besteht, sich die Interaktionshaufigkeit auf mittlerem Niveau bewegt, der Integration gesetzliche, poiitische Oder okonomische Barrieren entgegenstehen und die Anzahi der kooperierenden Unternehmen eine bestimmte Grofle nicht uberschreitet.«^^
Einschrankend hierzu sei jedoch darauf hingewiesen, dass bei diesem Ansatz noch keine hinreichende Bedingung fur eine Quasi-Externalisierung bekannt ist.^^^ Hieraus iasst sich jedoch nicht folgern, dass es keinerlei Begrundung fur eine Desintegration aus dem Ansatz abgeleitet werden kann; denn auch hierdurch konnen Machtmotive (bspw. Verringerung des Einflusses von Arbeitnehmervertreter) verfolgt werden. Wesentlich fur diesen Ansatz sind, wie beschrleben, Machtgrundiagen. Diese wurden in Kapitel 2.2.2.3.2 weiter operationalisiert. Wird diese Operationalisierung nun mit den Erkenntnissen der prinzipiellen Eigenschaften von Markt, Netzwerk und Hierarchie^^^ kombiniert, ergibt sich zunachst aus den Ergebnissen, dass Netzwerke als Machtgrundlage eher eine Kooperationsbeziehung denn eine Konkurrenzbeziehung aufweisen sollten. Bisher wurde fur den FIT allgemein die Macht thematisiert. Hierbei wurde jedoch noch keine Aussage daruber getroffen, ob eine individuelle oder eine institutionelle Macht Gegenstand der Machtbetrachtung ist. Auf der betrachteten Ebene, der strategischen Ebene, ist festzustellen, dass die thematisierten Machtbeziehungen institutioneller Art sein mussen, da hierbei Macht als eine Ressource eines Unternehmens aufgefasst wird, dass dem Aufbau, der Pflege und der Ausbeutung von Erfoigspotenzialen dient. Auch wenn die individuelle Macht eines einzelnen Individuums diese Position zu starken (oder auch zu schwachen) vermag, sind fur die Kooperation mit anderen Unternehmen die kumulierten Machtressourcen eines Unternehmens relevant. Somit ist ein weiterer wesentlicher Aspekt die Machtvertellung zwischen den Kooperationspartnern. Auch wenn ein Unternehmen prinzipiell alle benotigten Machtgrundiagen in sich vereint, kann von einer Machtressource, die im Sinne des Resource Dependence-Ansatz eine asymmetrische Abhangigkeit zu verhindern hllft, nicht gesprochen werden, wenn die einzelnen Grundlagen zu schwach ausgepragt sind. So wird die These im Rahmen der vorliegenden Arbeit vertreten, dass die Macht zwischen den kooperierenden Unternehmen korrespondieren zu ihrem Nutzen fur das Netzwerk verteilt sein sollte.^^^ 816 817 818 819
Vgl. PFEFFER / SALANCIK (1978), 8. 198 Vgi. SYDOW(1992), 8. 199
Vgl. Tab. 8(8eite156) Kurzfristig ist diese These nicht zwangslaufig nachvollziehbar; langfristig sei jedoch auf die Bedeutung von Macht hingewiesen. 8o stellt beispielsweise BECKER fest, dass Macht und Machtstrukturen zu den entscheidenden Einflussfaktoren bei der Wahl von Strategien werden (vgl. BECKER (1996), 8. 102, sowie die dort zitierte Literatur). Wenn dem so ist, wird jeder Kooperationspartner versucht sein, seine Machtressource bestandig auszubauen. Wird dies fur alle Kooperationspartner unterstellt, ergibt sich die beschrlebene, optimale Machtvertellung. In der betrieblichen Praxis lassen sich derartige Machtverteilungen nicht immer feststellen. So wurde bereits am Beispiel fokaler Netzwerke gezeigt, dass das fokale Unternehmen den Koope-
192
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Der strategische FIT der beiden letzten Funktionen, der Integration- sowie der Latent Pattern Maintenance-Funktion, lasst sich nicht unmittelbar einer Theorie zuordnen, sondern vielmehr stellen sie als llmitierende Funktionen einen begrenzenden Faktor dar. Des Weiteren sind diese beiden Funktionen, wie die Diskussion des AGIL-Schemas gezeigt hatte, schwerer zu operationalisieren, da sie mit ihren Faktoren nicht unmittelbar quantlfizierbar sind. Zusatzlich sind diese beiden Funktionen eher nach innen-, denn nach aufien gerichtet, was zur Folge hat, dass der FIT eine subjektive Interpretation der identifizierten Koordinationsform darstellt. So kann beispielsweise kein Vertrauen aufgebaut werden, well zwei Kooperationspartner gut harmonieren, sondern dadurch, dass die einzelnen Akteure Vertrauen in die Kooperation haben. Dies soil im Rahmen der Diskussion der Integration-Funktion vertieft werden. Wie gezeigt worden ist, hat die Integration-Funktion die drei Teilfunktionen Vertrauen, Motivation und Widerstand zum Gegenstand. Insbesondere die erste Teilfunktion, das Vertrauen, wurde dabei als ein Charakteristikum eines Netzwerks beschrieben. Dieses Vertrauen wird jedoch nicht ad hoc aufgebaut, sondern bedarf eines evolutionaren Prozesses; somit kann auch nicht ex ante als FIT der Integration-Funktion ein gegebenes Vertrauen festgestellt werden, sondern vielmehr lediglich, dass die Voraussetzungen geschaffen sind, dass sich Vertrauen prinzipiell bilden kann. Diese Voraussetzungen sind insbesondere die Erwartung an einen positiven Erwartungswert zukunftiger Handlungen sowie ein gewisses Mafi an Komplexitat zukunftiger Handlungsalternativen, die den Aufbau von Vertrauen notwendig erscheinen lassen. Insbesondere der erste Punkt ist elementar fur den Aufbau eines Vertrauens; ohne diesen wird sich kein Vertrauen aufbauen lassen und damit der FIT der Integration-Funktion auch keine Bestatigung einer kooperativen Koordinationsform abgeben konnen.
1^,"^? Promotoren Leqende Wenn sich die iVIelirzahl der Akteure in die folgende farbliclie Zone einordnet, dann ist die Konstellation
Ver- ^^93tiv ^^^^^"^ stand) \
I H
Abb. 68:
I fur empfohlene Kord.form bestens geeignet fur empfohlene Kord.form nicht geeignet
Eignung nach der Integration-Funktion fur die empfohlene Koordinationsform bewertet nach Widerstand und Motivation
Neben dem Vertrauen lassen sich fur die Motivation und den Widerstand der Mitarbeiter ahnliche Tendenzaussagen treffen. HIerzu werden die wesentlichen Akteure des Netzwerkes rationsgewinn uberproportional fur sich beansprucht. Es sei jedoch angezweifelt, dass eine derartige Konstellation langfristig zu stabllen Netzwerken fuhrt. Beispiele aus der betrieblichen Praxis scheinen dies zu bestatigen. So werden von KADRITZKE Netzwerke aufgezeigt, die lediglich der Minimierung eines wirtschaftlichen Risikos eines fokalen Unternehmens dienten und in Abhangigkeit vom Ergebnis reintegriert oder aufgelost wurden (vgl. KADRITZKE (1999), S. 81 ff.).
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
193
in die bereits vorgestellte Einstellung / Verhalten-Matrix eingeordnet (siehe Abb. 68). Wenn der ijberwiegende Teil der Akteure in der weiflen bzw. hellgrauen Zone angesiedelt werden kann, kann gefolgert werden, dass die empfohlene Koordinationsform nicht aufgrund zu erwartender Widerstande Oder fehlender Motivation limitiert wird. Es ist offensichtlich, dass dieses Vorgehen keine quantitative Einordnung der einzelnen Akteure zulasst und aufgrund dessen die Bewertung lediglich qualitativer Natur ist; zumindest werden hierdurch jedoch potenzieile Hemmnisse fur eine anvisierte Koordinationsform aufgezeigt. Zunachst scheinen sowohl der Aufbau von Motivation als auch der Abbau von Widerstanden als periphere Herausforderungen fur eine empfohlene Koordinationsform zu sein, die nicht ausschlaggebend limitierend sein konnen. Wenn jedoch diese beiden Teilfunktionen bei Koordinationsformen auflerhalb einer Hierarchie zu modifizieren sind, entfallen wesentliche Regein der Zusammenarbeit, die Weisungsrechte, so dass insbesondere Widerstande nicht per Anweisung uberwunden werden k6nnen;^^° hierdurch konnen sowohl fehiende Motivation als auch vorhandener Widerstand limitierend werden. Zuletzt ist der strategische FIT bei der Latent Pattern Maintenance-Funktion zu bestimmen. Die Bestimmung dieses FIT birgt eine Vielzahl von Problemen in sich, da unterschiedliche Meinungen bezuglich der Auswirkung von Diversifikation von unterschiedlichen Unternehmenskulturen vertreten werden. Zum einen zeigt sowohl die betriebliche Praxis als auch theoretische Uberlegungen, dass differierende Unternehmenskulturen Kooperationen scheitern lassen konnen,^^^ zum anderen existieren in der neueren betriebswirtschaftlichen Forschung Ansatze, die gerade eine derartige Diversifikation als sinnvoll propagieren.^^^ So stellen beispielsweise KASPER / HOLZMULLER / WILKE fest, dass eine zu grofie Ahnlichkeit von den einzelnen Unternehmenskulturen der Kooperationspartner dazu fuhren kann, dass Synergieeffekte reduziert werden.^^^ Ansatze, die positive Effekte kultureller Ansatze thematisieren, werden insbesondere im Personalmanagement in letzter Zeit vertiefend diskutiert und konnen auf die Problematik von Unternehmensnetzwerken ubertragen werden. Oberbegriff der einzelnen Ansatze ist dabei das „Managing Diversity". Hierunter ist ein aus den USA stammendes Konzept zu verstehen, dass die Vielfalt, die Heterogenitat und die Unterschiede innerhalb einer Organisation betrachtet mit dem Ziel, gerade diese Unterschiede als strategische Ressource zur Losung komplexer organisatorischer Probleme zu nutzen.^^"^ Hierfur existieren im Kern drei unterschiedliche Ansatze, die jeweils ein unterschiedliches Verstandnis des Managing Diversity ausweisen:®^^
823 824
Die hieraus resultierenden Probleme sowie als Losungsansatz das Konzept der „lateralen Fuhrung" werden beispielsweise durch KUHL / T. SCHNELLE / W. SCHNELLE diskutiert (vgl. KUHL / SCHNELLE / SCHNELLE (2004), S. 71-79). Vgl. die bereits zitierten Quellen BRONDER (1993), S. 22; KOHLER (1999), S. 375; GRAHAM / LAM (2004), S. 46 und 51, sowie XiN / PuciK (2003), S. 65-73 Des Weiteren sei erganzend auf BIRKMANN und die dort zitierten Publikationen venA/iesen (BiRKMANN (2001), S. 4 ff.). Vgl. bspw. THOMAS / ELY (1996), 8. 79 ff. In diesem Zusammenhang zeigen JACKSON / JOSHI / ERHARDT Studien auf, die bezuglich der Korrelation von Diversity auf den Unternehmenserfolg zu unterschiedlichsten Ergebnissen kommen (vgl. JACKSON / JOSHI / ERHARDT (2003), S. 810). Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen auch dadurch erklaren, dass der Begriff Diversity sehr allgemein ist und deswegen je nach Auslegung und Untersuchungsgegenstand sich Kulturen gegenseitig hemmen oder sich gegenseitig synergetisch erganzen konnen. Vgl. KASPER/HOLZMULLER/WILKE (2003), S. 860 Vgl. ARETZ / HANSEN (2002), S. 8
Vgl. hierzu und den folgenden Punkten WAGNER (2000), S. 4 f.
194
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken -
-
Fairness and Discrimination Approach Hierunter ist ein Ansatz zu verstehen, bei dem Mitarbeiter unabhangig von Geschlecht und Rasse als gleichwertig betrachtet werden und es deswegen als Folge Einstellungsquoten aufgestellt und staatliche Regulierungsmaflnahmen fur benachteiligte Mitarbeitergruppen durchgefuhrt werden. Access and Legitimacy Approacli Dieser Ansatz fasst Diversity als strategisches Instrument auf, um wirkungsvoll unterschiedliche Markte bearbeiten zu konnen. So werden beispielsweise Geschlecht und Rasse auf die Kundenstruktur abgestimmt in der Annahme, dass dadurch der Marktauftritt verbessert werden kann. Learning and Effectiveness Approacti Dies ist ein integrativer Ansatz, der sowohl ein okonomisches Verstandnis des Diversity umfasst, als auch das Respektieren, Motivieren und Integrieren der verschiedenen Gruppen zum Zlel hat. Die Unterschiede der einzelnen Mitarbeiter sollen verinnerlicht und hieraus gelernt werden, um im Rahmen eines interkulturellen Lerneffektes langfristig zu profitieren.
Bei der Betrachtung von Untemehmensnetzwerken scheinen insbesondere die beiden letzten Ansatze tiefergehende Erkenntnisse liefern zu konnen. Der Access and Legitimacy Approacli kann Erkenntnisse daruber liefern, wie sich unterschiedliche Markte durch eine explizite Berucksichtigung von Untemehmenskulturen effizienter bearbeiten lassen. Als Beispiel hierfur seien nationale Vertriebspartner von Unternehmen genannt, die eine Partnerschaft eingehen, well sie die nationalen oder ggf. auch die regionalen Bedurfnisse der Kunden besser einschatzen konnen. Der Learning and Effectiveness Approacti ist dagegen umfassender. Gerade well bei diesem Ansatz die okonomische und die innerbetriebliche Welt berucksichtigt wird, ist er dazu pradestiniert, auf Unternehmensnetzwerke ubertragen zu werden. Hierzu werden, korrespondierend zu den einzelnen Mitarbeitern, Unternehmen als „lndividuen" angesehen werden, die sich durch eigene Werte (bspw. der Unternehmenskultur) und Fahigkeiten (bspw. Kernkompetenzen) auszeichnen. Durch den Aufbau eines Netzwerkes werden dann die unterschiedlichen Auspragungen derart synergetisch kombiniert, dass sie sich erganzen. Diese Ubertragung des Managing Diversity auf Unternehmensnetzwerk ist in der Literatur schon angedacht worden und bereits Realitat in Unternehmen, jedoch wird es in der Regel nicht mit den Diversity-Konzepten in Zusammenhang gebracht.^^^ Werden nun die vorherigen Erkenntnisse zusammengefasst, kann keine eindeutige Empfehlung bezuglich der fur eine erfolgreiche Kooperation notwendigen Ahnlichkeit von Untemehmenskulturen gegeben werden. Deswegen empfehlen beispielsweise KASPER / HOLZMULLER / WiLKE, die potenziellen Kooperationspartner einer Kulturanalyse zu unterziehen und im Vorfeld zu definieren, ob eine differierende oder eine ahnliche Kultur angestrebt wird (siehe Tab. 10).^^^ Dies kann jedoch nicht allgemeingultig festgelegt werden, sondern bedarf einer individuellen Bewertung. So sind hierzu neben der Analyse, bei welchen Kriterien eine Differenz der Kulturen besteht auch ein Zlel vorzugeben, inwieweit sich die Kriterien entweder ahnein sollen oder sich kompatibel oder komplementar zu unterscheiden haben.
Vgl. ARETZ/ HANSEN (2002), S. 45 f. Vgl. KASPER / HoLZMOLLER / WiLKE (2003), S. 860 f.
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk Erwunschle kutturelle Oberelnsttmmung
Ex ante notwendig?
Ja
195 Ermitleltes FIT-Erg^lmls
Misfit
i^lchk»{t
Kontpattbitit^
Komplemterntaiiltit
X
V
^
X
1^
^
^/^
X
X
Y
^
X
V^
y/"
X
X
Keine spezifische Nein Ja
X
Ahnlichkeit
^
Nein Ja
X
KompatibilJtat Nein Ja
X
Kompiementaritat Nein
v" 1 V
1
Kultureller Fit
•
Kultureller Misfit Indifferent
Tab. 10:
Bewertung des kultureilen FIT bei potenziellen Partnern
Auch wenn dieser Ansatz eine mogliche Entscheidungstabelle darstellt, sei angemerkt, dass er hinsichtlich zweier Punkte kritisch zu bewerten ist: Der Ansatz setzt voraus, dass eine Kultur empirisch-analytisch sezierbar ist.^^^ Wie die Ausfuhrungen in Kapitel 2.2.2.3.4 jedoch gezeigt haben, ist eine Kultur niciit vollstandig erfassbar und damit auch niciit analysierbar. So tangieren die grundsatzliciien Annahmen eine Kultur wesentlich; diese sind jedoch nur unvollstandig erfassbar. Damit kann sich die Analyse nur auf Ausschnitte einer Kultur beziehen, was den Aussagegehalt des Ergebnisses relativiert. Der Ansatz impliziert, dass die Auswirkungen von Unternehmenskulturen und daruber hinaus sogar noch die Auswirkungen der Kombination von Kulturen bekannt sind. Derartig eindeutig separierbare Zusammenhange existieren jedoch nicht, so dass eine Festlegung, ob eine Ubereinstimmung, eine Kompatibilitat oder eine Kompiementaritat von Kulturen angestrebt wird, nur unscharf beantwortet werden kann. Somit blelbt festzuhalten, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Frage nach einer optimalen DIversifikation von Unternehmenskulturen fur einzelne Koordinationsformen nicht allgemeingultig beantwortet werden kann. Es kann jedoch konstatiert werden, dass ahnliche Unternehmenskulturen von Kooperationspartner einer Kooperation nicht hinderlich sind, solange diese Ahnlichkeit keine signifikanten Synergieverluste nach sich Ziehen. Derartige Synergieverluste wurden Tab. 10 zufolge dann entstehen, wenn eine Kompiementaritat der Kulturen angestrebt wird. Im Rahmen der kontextspezifischen Analyse von Netzwerken in
Vgl. STUDLEIN(1997), S. 165
Vgl. KASPER / HOLZMULLER / WiLKE (2003), S. 862
196
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
der Energiewirtschaft sind deswegen in den folgenden Kapitel hinsichtlich des kulturellen FIT zwei Fragen zu beantworten: -
Wie ahnlich sind die Untemehmenskulturen der potenziellen Kooperationspartner? 1st eine Komplementaritat der Unternehmenskultur zur Vermeidung von Synergieverlusten erstrebenswert?
Ergeben diese Fragen, dass die Kulturen ahnlich sind und eine Komplementaritat nicht angestrebt wird, wurde in diesem Fall die Latent Pattern Maintenance-Funktion keinen limitierenden Faktordarstellen. Zuletzt sei noch auf einen Aspekt hingewiesen, der Misfit von Untemehmenskulturen. Auch wenn, wie beschrieben, unterschiedliche Anslchten vertreten werden, inwieweit Diversitat von Untemehmenskulturen die Etablierung eines Netzwerkes hemmen kann, kann zumindest ubereinstimmend festgestellt werden, dass spatestens in dem Fall, wenn die Kulturen sich derart unterscheiden, dass nicht eine „ubergreifende verbindliche Sinnhaftigkeit fur das Handein der Mitglieder"®^° gegeben ist, wie ARETZ / HANSEN es formulieren, die Untemehmenskulturen die Etablierung eines Netzwerkes hemmen und die Latent Pattern Maintenance-Funktion in diesem Fall einen limitierenden Faktor darstellt. 3.2.3.1.3
Die Bewertung des operativen FIT
Zuletzt ist der operative FIT fur die anvisierte Koordinationsform zu bestimmen, wobei Gegenstand der operativen Ebene ist, die normative und strategische Ebene im operativen Vollzug umzusetzen. Somit hat diese operative Ebene die Fragestellung zum Gegenstand, ob die Abbildung der strategischen Ebene zielkonform moglich ist, womit diese Ebene einen durchgangigen limitierenden Charakter aufweist. Im Folgenden soil auf die einzelnen AGIL-Funktionen auf operativer Ebene nicht eingegangen werden, da die Beantwortung dieser Fragestellungen zumeist unternehmensspezifisch und zudem oftmais sehr komplex ist. So ist beispielsweise die Fragestellung, ob eine Kooperation mit dem hieraus resultlerenden Harmonisierungsbedarf von Prozessen im Rahmen der Adaptlon-Funktion einem Erwerb der Leistung am Markt vorzuziehen ist, nicht trivial zu losen, da schon alleine die kostenmaflige Bewertung der Leistungserstellung im Netzwerk auRerst komplex ist. So wird auch bei dieser Ebene erst eine kontextspezifische Bewertung vorgenommen werden konnen.^^^ 3.2.3.2
Das ganzheitliche, evolutionare Netzwerkmodell
Fur die Beantwortung der Forschungsfragen ist es nicht ausreichend, ausschlieflllch eine strukturelle Sichtweise auf eine optimale Koordinationsform einzunehmen, da diese nicht die Frage beantworten wijrde, wie die identifizierte Koordinationsform etabliert wird. Eine dynamische Sichtweise ist damit wesentlich, da sich insbesondere netzwerkartige Koordinationsformen nicht Top-down per Anweisung umsetzen lassen, sondern in einem evolutionaren Prozess der Etablierung bedurfen. Dies wird beispielhaft deutlich bei Betrachtung der ARETZ/ HANSEN (2002), S. 53
Es sei jedoch explizit darauf hingewiesen, dass die operative Ebene eine hohe Relevanz bei der Etablierung von Unternehmensnetzwerken hat. So stellen beispielsweise ENDRES / WEHNER fest, dass der Zusammenhang zwischen betrieblichen und zwischenbetrieblichen bzw. zwischen organisationalen und interorganisationalen Abstimmungsproblemen eine ebenso wichtige Rolle wie Preis-, Macht- und Beherrschungspraktiken spielen (vgl. ENDRES/WEHNER (1999), 8. 218).
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
197
Vertrauensbildung. So wird in den unterschiedlichsten Aufsatzen zu dem Thema Netzwerken regelmaflig Vertrauen als notwendiges Kriterium fur den Aufbau von Netzwerken angesehen.®^^ Wie nun aber im Verlauf der Diskussion der Integration-Funktion des AGIL-Schemas gezeigt wurde, ist ein konstituierendes Merkmal von Vertrauen, dass es nicht ad hoc aufgebaut werden kann, sondern einem evolutionaren Prozess unterliegt. Aus diesen beiden Erkenntnissen lasst sich ableiten, dass unter der Voraussetzung, dass den dargestellten Annahmen gefolgt wird, auch der Aufbau von Unterneiimensnetzwerken einer evolutionaren Entwicklung bedarf. Basis fur den im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Ansatz fur eine evolutionare Entwicklung eines Netzwerks ist der interaktionsorientierte Netzwerkansatz. Der Ansatz wurde aus den folgenden Grunden ausgewahit: Der interaktionsorientierte Netzwerkansatz ist ein Ansatz, dessen Erklarungsgehalt umfassend ist, da er neben rein okonomischen Aspekten zusatzlich weitere einbezieht, die Macht-, soziale und eingeschrankt auch kulturelle Gesichtspunkte inkludieren. Der interaktionsorientierte Ansatz hat die Entwicklung und Etablierung von Netzwerken zum Gegenstand und bildet somit einen evolutionaren Prozess zur Etablierung von Netzwerken ab. Er fokussiert expliziert auf den Aufbau langfristiger Kooperationsbeziehungen und unterstreicht damit die Bedeutung solcher Beziehungen. Im Vorgriff auf die branchenspezifischen Ausfuhrungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit sei hierzu angemerkt, dass genau solche langfristigen Beziehungen unabdingbar fur Netzwerke in der Energiewirtschaft sein werden. Einschrankend hierzu muss jedoch auch konstatiert werden, dass der Ansatz fur eine umfassende Analyse von Unternehmensnetzwerken aus Sicht des Verfassers nicht ohne Modifikationen anwendbar ist. Im Wesentllchen bedurfen zwei Punkte der Erganzung. Zum einen ist die Strukturierung der internen Sicht auf die Unternehmen nicht durchgangig nachvollziehbar. So kann eine Unterscheidung zwischen Individuum und Organisation zwar nachvollzogen werden; bei der Einordnung der hierbei abgedeckten Aspekte in das AGILSchema fallt jedoch auf, dass wesentliche Gesichtspunkte keine Berucksichtigung finden. So werden weder Macht- noch kulturelle Gesichtspunkte abgedeckt.^^^ Des Weiteren ist die Unterscheidung zwischen Individuum und Organisation nicht zwangslaufig notwendig. Denn eine umfassende Analyse der Ziele, Einstellungen und Erfahrungen aller in das Netzwerk eingebundenen Akteure wird bei umfangreicheren Netzwerken oder grofteren Unternehmen aufgrund des hierdurch induzierten Aufwandes schwerlich durchfuhrbar sein, so dass auch bei dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz Individuen entweder anhand von Idealmerkmalen, anhand von Clustern oder anhand von Beispielen analysiert werden. Zwangslaufig resultiert hieraus jedoch die Problematik der geeigneten Fallauswahl, weswegen es im Rahmen der vorliegenden Arbeit als zielfuhrend erachtet wird, von der Unternehmensebene und der Ebene der Individuen zu abstrahieren und das Unternehmen als eine Konfiguration des AGIL-Schemas anzusehen, welches durch die Im Netzwerk handelnden Akteure sowohl Vgl. bspw. SiEBERT (2003), S. 12 f., WINKLER (2002), S. 36 f., KADRITZKE (1999), S. 73 oder umfassender auch APELT (1999) Auch empirische Untersuchungen bestatigen die Relevanz des Faktors Vertrauen. Beispielhaft sei auf eine Empirie von RAUTENSTRAUCH venA/iesen (vgl. RAUTENSTRAUCH (2002), S. 6 f.). Machtaspekte werden zwar im Rahmen der Beziehungsatmosphare thematisiert. Da per Definition die Beziehungsatmosphare jedoch lediglich das historische Abbild der Ausgestaltung der Kooperationsbeziehung darstellt, wird zum einen nicht deutlich, wie sich diese Machtverhaltnisse ausgestalten und zum anderen, welche Auswirkungen die unternehmensintemen Machtverhaltnisse auf die Ausgestaltung der aktuellen und zukunftigen Kooperation haben.
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
198
reprasentiert als auch konstituiert wird. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass bei einem solchen Ansatz modellinharent Abweichungen zwischen personlichen Praferenzen und Einstellungen beteiligter Akteure und des konfigurierten AGIL-Schemas des Untemehmens in der Analyse zunachst nicht berucksichtigt werden konnen. Sollte dies jedoch fur einzeine Fragesteiiungen von Relevanz sein, kann das Model! um eine weitere Ebene en/veitert werden, in dem auch der einzeine Akteur durch ein AGIL-Schema beschrieben wird. Insbesondere bei den Tragern des Change Managements kann dies notwendig werden. Ein weiterer Aspekt, der als Erganzung des interaktionsorientierten Netzwerkansatzes im Rahmen der voriiegenden Arbeit notwendig ist, um insbesondere vor dem Hintergrund der Analyse des Change Managements die Fragesteiiungen der Etablierung von Unternehmensnetzwerken diskutieren zu konnen, ist die Operationalisierung des Interaktionsprozesses. Der Interaktionsprozess ist in dem Ansatz der IMP-Gruppe noch relativ unspezifisch. Um ihn einer detaillierteren Analyse zuganglich zu machen, wird im Rahmen der voriiegenden Arbeit die Interaktion in Aniehnung an GIDDENS durch die drei Dimensionen Kommunikation, Macht und Sanktion beschrieben. Diese drei Dimensionen dienen dabei insbesondere als Strukturierungsrahmen, um sie einer theoretischen Analyse zuganglich zu machen; es wird explizit darauf hingewiesen, dass jede Interaktion grundsatzlich eine Kombination aus den drei Dimensionen darstellt. Werden diese Aspekte in einem Modell zusammengefasst, ergibt sich das in Abb. 69 dargestellte Netzwerkmodell. Dem Strukturierungsrahmen der voriiegenden Arbeit folgend wird auch die Beziehungsatmosphare als eine Konfiguration des AGIL-Schemas abgebildet. Dies ist zwingend notwendig, da ansonsten eine konsistente Abbildung der Beziehungsatmosphare als Spiegelbild der Historie der Kooperationsbeziehung nicht sichergestellt ist.
i
A
G
Beziehungsatmosphare
Unternehmen A
A
G
L
1
1
Unternehmen B ^CT ^ <^ ^
,
Kommurtlkaton
|««=M Sanktion
J ^
^ ^ / ^ ^ \^
L
A
G
L
1 1
Episode <J=C> Beziehung Netzwerkgrenzen Abb. 69:
Ganzheitliches, evolutionares Netzwerkmodell
Bei Betrachtung der Abb. 69 scheint es zunachst inkonsistent, dass die marktiiche bzw. hierarchische Koordination in dem dargestellten Modell nicht berucksichtigt wird, obwohl diese Koordinationsform explizit ein Ergebnis der FIT-Funktion sein kann. Da jedoch Gegenstand der voriiegenden Arbeit die Diskussion von Unternehmensnetzwerken und nicht von hierarchischer oder marktiicher Koordination ist, sind diese Formen aus der prozessua-
Begriffsbestimmung Unternehmensnetzwerk
199
len Modellbetrachtung ausgeblendet worden. Es sei an dieser Stelle erganzend darauf hingewiesen, dass im Rahmen der weiteren Ausfuhrungen der Fokus der Arbeit auch nicht die Entwicklung von einer marktiichen Koordination iiin zu einem Netzwerk sein wird, sondern aufgrund der Struktur der betrachteten Branche vielmehr eine Etablierung von Unterneiimensnetzwerken ausgehend von einer hierarchischen Koordinationsform analysiert wird.''" Der Strukturationstheorie von GIDDENS folgend werden, basierend auf der Duaiitat von Struktur und Interaktion, die Interaktionsdimensionen einzelnen Strukturdimensionen zugeordnet. Es ist offensichtlich, dass der Interaktionsprozess hierbei die Interaktionsdimension wiederspiegelt, wohingegen die Strukturdimension durch das AGIL-Schema der einzelnen Unternehmen reprasentiert wird. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Dimensionen wird dabei in Abb. 70 dargestellt. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass der aufgezeigte Interaktionsprozess deutlich von dem primaren Verstandnis von GIDDENS abweicht. In seiner Interpretation des Dualismus wird eine Selbstreflexivitat innerhalb eines sozio-okonomischen Systems beschrieben; die Akteure sind in diesem Modell zum einen durch die Strukturdimension reglementiert, zum anderen konstituieren sie jedoch auch die Strukturdimension. Wird das Netzwerkmodell auf demselben Abstraktionsgrad betrachtet, bedeutet dies, dass die Interaktionen nicht nur das eigene soziookonomische System tangieren, sondern vielmehr auch das kooperierende System. In der Analyse genau dieser Verbindung ist ein Fokus der Netzwerkperspektive zu sehen. Im Folgenden werden die einzelnen Verbindungen vor dem Hintergrund dieses Fokus umrissen. Unternehmen B
Unternehmen A
A G
^^
__h^
,
Macht
^^
1
L
Sanktion
>
- T ^ ^
- ^
_ h ^ Kommunlkatlon
^
Episode •iii|> Beziehung Abb. 70:
Verbindung des Interaktionsprozesses mit den unternehmensspezifischen AGIL-Schemata
Die Diskussion der Verbindungen zwischen den einzelnen Funktionen des AGIL-Schemas ist wesentlich, da hierauf das Change Management auf der Netzwerkebene aufbauen wird. Denn die Beeinflussung der Unternehmensstrukturen kann dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz folgend nur durch die Interaktionsprozesse erfolgen, weswegen sie elementar fur die weitere Betrachtung sind. Die einzelnen Strategien zur Umsetzung sind hierzu
Erganzend sei zum besseren Verstandnis des Bezugsrahmens darauf hingewiesen, dass bei einer marktiichen Koordination zwischen zwei Unternehmen lediglich Episoden, nicht jedoch Beziehungen, existieren.
200
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
entweder im Rahmen der Betrachtung des Change Managements bereits erortert worden^^^ Oder werden, falls sie sich von den bisherigen Ausfuhrungen unterscheiden, da es sich um Netzwerke und nicht um eine hierarchische Koordination handelt, im Rahmen der Diskussion des Change Managements von Untemehmensnetzwerken wieder aufgegriffen werden. Bei der Verbindung zwischen den Unternehmen durch den Interaktionsprozess wird dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz folgend zwischen Episode und Beziehung unterschieden. Eine Episode steiit den originaren Leistungsaustausch zwischen zwei Unternehmen dar, der in dieser Form vollkommen identisch auch bei marktiicher oder hierarchischer Koordination durchgefuhrt werden wurde. Da dieser Leistungsaustausch rein okonomischer Natur ist, bildet die Episode die Verbindung zwischen den okonomischen Funktionen, den Adaption-Funktionen, ab. Die drei ubrigen Dimensionen bilden eine Beziehung ab, da sie das Resultat einer lang- oder langerfristigen Interaktion zwischen den Unternehmen sind. Die Machtprozesse sind dabei der Goal Attainment-Funktion zuzuordnen. Diese Zuordnung ist offensichtlich, da sie sich konsistent ohne weitere Erorterungen in die Ausfuhrungen zum AGIL-Schema einordnen lasst. Hierbei ist im Rahmen des Interaktionsprozesses der Einsatz von Macht zu verstehen, um eine gewunschte Handlung des Partners zu erreichen. Mit anderen Worten stellt die Goal Attainment-Funktion das Potenzial zur Machtausubung bereit, wohingegen der Machtprozess im Rahmen des Interaktionsprozesses den Einsatz von Macht beschreibt. Die Verbindung der Integration-Funktionen uber Sanktionen mag zunachst nicht plausibel erscheinen, da im herkommlichen Sprachgebrauch Sanktionen mit der Ausubung von Macht assoziiert werden und deswegen bei einer derartigen Deutung zur Goal Attainment-Funktion zuzuordnen waren. Dieses Verstandnis entspricht jedoch nicht der Sanktion im soziologischen Sinne, wo unter Sanktionen Elemente einer sozialen Kontrolle verstanden, die auf gesellschaftlichen Handlungsorientierungen (Normen, Werte, Ziele) beruhen und Handlungszusammenhange regeln.^^^ Damit wird die Zuordnung plausibel, da die IntegrationFunktion, wie dargelegt wurde, der Vergemeinschaftung eines sozialen Systems auf Basis gemeinsam geteilter Normen dient. Das Nicht-Befolgen dieser Normen wird in einem sozialen System negativ sanktioniert;®^'^ das Befolgen der Normen kann eine positive Sanktion induzieren.^^^ Sanktionen konnen die unterschiedllchsten Formen annehmen; als Beispiel fur negative Sanktionen sei die soziale Ausgrenzung genannt. Es ist offensichtlich, dass die Abgrenzung von Sanktion und Macht nicht eindeutig ist, was auch die an der Strukturationstheorle geauflerte Kritik verdeutlicht, dass Definitionen und Axiome im Rahmen der Theorie nicht oder nicht trennscharf dargelegt wurden.^^^ Aufgrund dieses Defizits werden die positiven und negativen Sanktionen in diesem Rahmen als Handlungen verstanden, die der Sicherstellung der Vergemeinschaftung des sozialen Systems dienen, wobei die Sanktionen hierbei dem Aufbau von Vertrauen, der Steigerung von Motivation sowie der Verringerung von Widerstanden dienen.^"^^ Am Beispiel der Sanktionen lasst sich auch die strukturtransformierende Wirkung aufzeigen. In Kapitel 2.2.2.3.3 wurde am Beispiel der nachlassenden Erfolge der Human-RelationsKonzepte gezeigt, dass aus der anfanglichen Euphorie aufgrund der Humanisierung der Arbeit und der dadurch induzierten, motivierenden Auswirkungen sukzessive Gewohnheits-
836 837 838 839
Vgl. hierzu Kapitel 1 im Allgemeinen sowie die Kapitel 2.2 sowie 2.3 im Speziellen Vgl. ENDRUWEIT/TROMMSDORFF (1989), S. 555
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
FISCHER/WiswEDE (2002), S. 545 o.V. (1997), S. 725 hierzu auch Kapitel 3.2.1.2 hierzu auch Kapitel 2.2.2.3.3
Begriffsbestimmung Untemehmensnetzwerk
201
rechte entstanden sind, die als Standard eingefordert wurden.^"^^ Der Einsatz positiver Sanktionen hat damit zur Anpassung der Struktur gefuhrt. Zuletzt werden die Latent Pattern IVIaintenance-Funktionen durch die Kommunikation verbunden, wobei GIDDENS hierunter die Kommunikation von Sinn versteht. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird, wie beschrieben, der Standpunkt der Kulturentwicklung eingenommen, der eine durchgangige Planbarkeit und Umsetzbarkeit der Entwicklung von Unternehmenskulturen negiert und stattdessen die Auffassung vertritt, dass Kulturen zwar entwickelt werden konnen, sich das Ergebnis dieser Entwicklung aber nicht durchgangig beeinflussen lasst. Die Kulturentwicklung baut unter anderem auf dem symboiischen Ansatz nach GEERTZ auf,^"^^ bei dem im Mittelpunkt des Interesses Symbole und deren Bedeutung stehen, auf die sich die beteiligten Akteure verstandigt haben, um zu einer gleichen oder ahnlichen Interpretation der sozialen Wirklichkeit zu gelangen.^"^^ Operationalisiert wurden die Symbole nach dem Kulturmodell von SCHEIN.^'^'^ Die Kommunikation^"^^ dient im Rahmen des Interaktionsprozesses nun zum einen dazu, diese Symbole auszutauschen und zum anderen, auf einer Meta-Ebene, die Semantik von Symbolen zu definieren. Ein weiterer Bestandteil des dargestellten Modells ist die Beziehungsatmosphare. Korrespondierend zum interaktionsorientierten Netzwerkansatz bildet die Beziehungsatmosphare das historische Abbild der Netzwerkbeziehung ab; sie ist demnach das Resultat der evolutionaren Netzwerkentwicklung. Die Beziehungsatmosphare wird ebenfalls durch das AGILSchema abbildet, um einerseits eine vollstandige Abbildung zu gewahrleisten und andererseits eine konsistente Uberfuhrung der aktuellen Konfiguration in das historische Abbild zu gewahrleisten. Die Beziehungsatmosphare ist hierbei ein wesentliches Konstrukt, welches Auswirkungen sowohl auf die Struktur als auch auf die Interaktion in der Gegenwart hat. So ist es unmittelbar nachvollziehbar, dass beisplelsweise historisch bedingte Aufgaben- und Technologieverteilungen im Rahmen der Adaption-Funktion, sowie historisch gewachsene Machtverteilungen im Rahmen der Goal Attainment-Funktion unmittelbaren Einfluss auf den Interaktionsprozess der Gegenwart haben. Jedoch auch die historischen Erfahrungen mit der Motivation und den Widerstanden der Transaktionspartner sowie insbesondere auch das Vertrauen zwischen den Transaktionspartnern (Integration-Funktion) bestlmmen maflgeblich das Verhalten der Partner in der Gegenwart. Dies ist bei der letzten Funktion, der Latent Pattern Maintenance nicht unmittelbar nachvollziehbar. Denn eine Kultur ist grundsatzlich ein historisches Abbild sozialer Interaktionen,^"^^ was eine Abgrenzung zwischen der aktuellen
842 843
844 845
Vgl. Fuflnote 283 (Seite 64) Vgl. GEERTZ (1973), S. 17
Es sei an dieser Stella jedoch noch einmal explizit darauf hingewiesen, dass der symbolische Ansatz nicht impliziert, dass eine vollstandige, intersubjektiv nachvollziehbare Explikation der Symbole und deren Bedeutung moglich ist. Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.2.3.4 Unter einer Kommunikation ist der Austausch von Zeichen aller Art (beziehungsweise von Symbolen) zu verstehen (vgl. bspw. o.V. (1990), S. 211). Mit dieser Interpretation von Kommunikation wird diese bedeutend welter gefasst, als das in unterschiedlichen Disziplinen oftmals gangig ist. So fasst beisplelsweise die Sozialpsychologie zumeist die Kommunikation lediglich als Austausch von Informationen auf (vgl. bspw. FISCHER / WISWEDE (2002), S. 309). Ahnliches gilt als zweites Beispiel fur die Wirtschaftsinformatik, in der Kommunikation beispielhaft als bidirektionaler Austausch von Informationen zwischen Menschen und / oder Maschinen verstanden wird. Es wird demnach ein Fokus auf den informationstechnischen Austausch gelegt (vgl. HANSEN / NEUMANN (2001), S. 411). Dagegen wird in der Betriebswirtschaftslehre zwischen dem nachrichtentechnischen und verhaltenswissenschaftlichen Aspekt unterschieden. Ersterer bildet die Ubermittlung von Nachrichten oder Informationen von einem Sender zu einem Empfanger ab, letztere beschreibt die soziale Kommunikation, also den zwischenmenschlichen Austausch von Mitteilungen, Gedanken und Gefuhlen (vgl. STAEHLE (1999), S. 300 f.). Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.2.4
202
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
und der historischen Kultur unscharf werden lasst. Dennoch ist die Betrachtung der Latent Pattern Maintenance-Funktion im Rahmen der Beziehungsatmosphare durchaus relevant. Denn wahrend der Konstitution und Etablierung von Netzwerken wird sich eine spezifische Netzwerkkultur^'^'' herausbilden, die zum einen die dargelegten Einflusse auf das Handein der Akteure hat und sich zum anderen auch durchaus von den spezlflschen Unternehmenskulturen der Transaktionspartner unterscheiden kann. 3.2.3.3
Kritische Wurdigung des ganzheitlichen Netzwerkmodells
Dem dargelegten Netzwerkmodell konnten durchaus unterschiedliche Punkte kritisch zur Last gelegt werden. So konnte aus der Kombination des ursprunglich von PARSONS entworfenen AGIL-Schemas mit der vorgestellten Erweiterung des Interaktionsorientierten Netzwerkansatzes durchaus der Vorwurf der inkonsistenten Kombination widerspruchlicher Theorien entstehen, da ein Schema, dass in seiner ursprunglichen Form der strukturfunktionalen Soziologie zugeordnet werden kann, mit dem interaktionsorientierten Ansatz verbunden wird, welcher einen kontingenztheoretischen Ansatz darstellt.®"^^ Dieser Kritik kann jedoch nicht gefolgt werden, da das AGIL-Schema lediglich als Strukturierungsrahmen, nicht jedoch als theoretisches Modell in die Betrachtung einflielit. Denn konstitutives Merkmal einer Theorie ist, dass neben einer Menge von Axiomen zumindest eine nichttriviale Ableitung aus diesen hergeleltet wird, Oder Hypothesen auf Basis der Axiome gebildet werden.^"^^ Da das AGIL-Schema jedoch lediglich als Strukturierungsrahmen verwendet wird und keinerlei Hypothesen Oder Ableitungen verwendet werden, kann der Vorwurf der inkonsistenten Kombination unterschiedlicher Theorien nicht aufrecht erhalten werden. Es sei an dieser Stelle erganzend darauf hingewiesen, dass derartlge Bedenken bei der Kombination des interaktionsorientierten Netzwerkansatzes mit der Strukturationstheorie nicht auftreten konnen, da der interaktionsorientierte Netzwerkansatz explizit auf der Strukturationstheorie aufbaut.^^° Des Weiteren konnte dem Modell Ekiektizismus vorgehalten werden, dass Ideen unterschiedlicher Theorien miteinander kombiniert werden. Diese Anmerkung ist zwar berechtigt, korrespondierend zu den Aussagen, die im Rahmen der Diskusslon der Kritikpunkte an der Strukturationstheorie getroffen wurden, wird dies jedoch auch in diesem Zusammenhang nicht als kritisch angesehen. Denn fur die Beantwortung der Fragestellungen der vorliegenUnter einer Netzwerkkultur soil in Aniehnung an die Ausfuhrungen zur Unternehmenskultur die im Zeitablauf der Zusammenarbeit herausgebildeten, kooperationstypischen Werthaltungen und daraus abgeleiteten Verhaltensweisen verstanden werden. Diese pragen einerseits die Interaktionen zwischen den Partnern, werden andererseits aber auch von neuen Partnern in gleicher Form en^/artet (vgl. WOHLGEMUTH (2002), S. 291). In den weiteren Ausfuhrungen geht WOHLGEMUTH auf die Wirkungen einer Netzwerkkultur ein (vgl. WOHLGEMUTH (2002), S. 295 f.):
Eine Netzwerkkultur wirkt koordinierend, wenn durch gemeinsame Wertvorstellungen und Grunduberzeugungen strukturelle Regelungen und Kontrollen (zum Teil) absolet werden. Eine Netzwerkkultur wirkt integrativ, da ein Fundament grundsatzlicher Gemeinsamkeiten besteht. Eine Netzwerkkultur wirkt identifikationsstiftend, da sich die Partner in der Kooperation wiedererkennen. Eine Netzwerkkultur wirkt motivierend, wenn innerhalb des Netzwerkes ein ausgepragtes „Wir-Gefuhi" entsteht. Vgl. SYDOW(1992), 8. 219
Vgl. zu dem Begriff der Theorie in den Wirtschaftswissenschaften beispielsweise RAFFEE / ABEL (1979), S. 84 f. Vgl. SYDOW (1992), S. 217, sowie GIDDENS (1995) und BLAU (1964)
Unternehmensnetzwerke in der Managementpraxis
203
den Arbeit wird es nicht ais relevant angesehen, woher einzelne Ideen und Ansatze stammen, sondern vielmehr, ob diese in ein konsistentes Model! uberfuhrt werden konnen. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die ursprunglich negative Behaftung des Begriffs Eklektizismus inzwischen durchaus auch positiv angesehen wird, da - vorausgesetzt der konsistenten Verwendung - durchaus ein Erkenntnisgewinn aus einer Kombination unterschiedlicher Ansatze resultieren kann.^^^ Die dargestellte Synthese der unterschiedlichen Netzwerktheorien zu einem umfassenden Analyserahmen fur Unternehmensnetzwerke bildet die Basis fur die weitere Analyse. Es wurde zum einen gezeigt, dass fur die erfolgreiche Etablierung von Unternehmensnetzwerken alle im AGIL-Schema aufgefuhrten Funktionen des betrachteten Unternehmen als auch des Transaktionspartners von Relevanz sind. Des Weiteren wurde ein prozessuales Modell umrissen, dass als eine umfassende Basis fur die Diskussion des Change Managements von Unternehmensnetzwerken angesehen werden kann, da alle relevanten Dimensionen des Change Managements inkludiert wurden. Basierend auf den Ausfuhrungen wird es Gegenstand der Diskussion des Change Managements von Unternehmensnetzwerken sein, die Interaktionsprozesse derart zu gestalten, dass sle die angestrebte Soll-Struktur der Unternehmen und des Netzwerkes konstituieren. Bevor nun im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit ein Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken umrissen wird, sind in den folgenden Kapitein noch weitere Grundlagen zu schaffen, da das Wesen von Netzwerken in den bisherigen Ausfuhrungen noch nicht umfassend genug dargestellt wurde. So ist es beispielsweise durchaus relevant, ob fur die Etablierung horizontale Netzwerke aufgebaut werden sollen, also Netzwerke, bei denen die beteiligten Unternehmen auf einer Wertschdpfungsstufe stehen, oder vertikale, bei denen das Netzwerk wertschopfungsstufenubergreifend aufgebaut wird. 3.3
Unternehmensnetzwerke in der Managementpraxis
In den bisherigen Ausfuhrungen wurde das Phanomen Netzwerk aus theoretischer Sicht dargestellt. Hierzu wurden unterschiedliche Theorien vorgestellt und diskutiert, um auf diesen Erkenntnissen aufbauend einen ganzheitlichen Netzwerkansatz als Synthese abzuleiten. Gegenstand dieses und des nachsten Kapitels wird an den Erkenntnissen anknupfend eine Darstellung von Unternehmensnetzwerken in der Managementpraxis sein, sowie eine Diskussion der wesentlichen Merkmalsauspragungen von Netzwerken. Dies ist notwendig, da fur die Diskussion eines erfolgreichen Change Managements zur Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft nicht alle Auspragungen relevant sein werden, die ein Netzwerk prinzlpiell annehmen kann und deswegen eine Beschrankung auf einzelne Merkmalsauspragungen vorgenommen wird. Dieses Vorgehen entspricht damit dem Forschungsdesign, dem zufolge die weiteren Untersuchungen kontextspezifisch durchgefuhrt werden. Abb. 71 zeigt beispielhaft eine Auswahl von Netzwerkstrukturen der betrieblichen Praxis. Es sei jedoch angemerkt, dass die Abbiidung keinen Anspruch auf Vollstandigkeit erhebt, da in der Praxis die unterschiedlichsten Auspragungen von Netzwerken existieren, eine vollstandige Auflistung aller Formen jedoch keinen Erkenntnisgewinn fur die Beantwortung der Forschungsfragen generieren wurde.^^^ Fur den weiteren Verlauf der Arbeit sei vorweggegrif-
Vgl. MiTTELSTRAii (1980), 8. 533 Auch ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Auspragungen nicht eindeutig. So rechnet SYDOW beispielsweise Franchisingnetzwerke zu einer Auspragung von Vertragskooperationen
204
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
fen, dass insbesondere das Wissensnetzwerk, strategische Allianzen und Joint Venture von Bedeutung sein werden, so dass nur diese drei Auspragungen diskutiert werden und auf die Energiewirtschaft bezogen im weiteren Verlauf dem Fremdbezug und der Eigenfertigung gegenubergestellt werden.
Markt
Netzwerk
Hie rare hie
Hervorgehoben: Im Rahmen der voriiegenden Arbeit besonders relevante Netzwerkauspragungen
Abb. 71:
Auspragungen von Netzwerkstrukturen®"
Wissensnetzwerke sind Netzwerke, die einen Austausch und eine Generierung von Wissen beispielsweise durch ein gemeinsames Lernen zum Gegenstand haben. Derartige Netzwerke werden oftmals auch als Forschungsnetzwerke, ais Forschungs- und Entwickiungsnetzwerke oder als Lern-Netzwerke bezeichnet.^^"^ Andere Autoren unterscheiden zusatzlich noch zwischen Wissens- und Informationsnetzwerken, wobei auch dieser Unterscheidung im Rahmen der voriiegenden Arbeit nicht gefolgt werden soll.®^^ Oftmals tangieren derartige Netzwerke einen fur die zukunftige Wettbewerbsfahigkeit von Unternehmen hochst sensiblen Bereich, da dem generierten Wissen oftmals die Eigenschaft zugeschrieben wird, die Wettbewerbsposition zu verandern. Zudem werden durch derartige Netzwerke den Netzwerkpartnern oftmals Einblicke in Unternehmensinterna oder sogar zukunftige Erfolgspotenziale eingeraumt, w a s das beschriebene Risiko noch welter verstarkt.^^^ (vgl. SYDOW (1992), S. 62), wohingegen beispielsweise AHLERT diese Form der Netzwerke als eine eigenstandige Auspragung ansieht (vgl. AHLERT / EVANSCHITZKY (2003), S. 42). Vgl. SiEBERT (2003), S. 9 Gegenuber der Originalabbildung wurde die Forschungsgemeinschaft durch ein Wissensnetzwerk ersetzt und entsprechend der Systematik eingeordnet. Vgl. hierzu bspw. KLEIN (1996), S. 132 f. sowie die dort zitierte Literatur und OESTERLE (2003), S. 633 ff. So stellen beispielsweise KOGUT / SHAN / WALKER fest „Knowledge consists not only of information [...; d.V] but also of the know-how regarding co-operation [...;d.V.] Information of the network consists of Identifying who will cooperate and who has what capabilities" (KOGUT / SHAN / WALKER (1993), S. 77). Es sei angemerkt, dass dieses Wissen uber das unternehmensubergreifende Handein in der Literatur auch als transgressives Wissen bezeichnet wird (vgl. bspw. WlNDELER(2001), S. 186). Eine noch detaillierte Unterscheidung nehmen FRITSCH / KOSCHATZKY / SCHATZL / STERNBERG
vor, wenn sie Informations-, Wissens- und Innovationsnetzwerke unterscheiden (vgl. FRITSCH / KOSCHATZKY / SCHATZL / STERNBERG (1998), S. 246). Vgl. OESTERLE (2003), S. 633
Eine Begrundung fur diese Risiko liegt in dem Wesen von Informationen begrundet, die als immaterielles Gut verbreitet werden konnen, ohne sich dabei zu verbrauchen (vgl. PICOT / REICHWALD / WiGAND R. (2003), S. 60 ff.).
Unternehmensnetzwerke in der Managementpraxis
205
Eine Auspragung derartiger Netzwerke sind Projektverbunde,^^^ bei denen ein Informationsaustausch und eine Wissensgenerierung im Rahmen von Projekten durchgefuhrt wird. Projekte zeichnen sich dabei dadurch aus, dass sie eine Organisationsform auflerhalb der Primarorganisation darstellen, die zeitlich begrenzt fur eine definierte Aufgabe eingesetzt werden.^^^ Dem stehen andere Auspragungen wie beispielsweise Qualitatszirkel gegenuber, deren Zielsetzung nicht die Losung einer konkreten Problemstellung ist, sondern in einem regelmafligen Austausch, urn aktuelle Problemstellungen gemeinsam zu losen.^^^ Sowohl die strategische Allianz als auch das Joint Venture zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass sie eine Kooperationsform darstellen, die auf einem gemeinsamen Interesse der Beteiligten fulit, einen gegenseitigen Interessensausgleich ermoglicht (mit anderen Worten sich durch eine Kompromissbereitschaft auszeichnet), langfristig angelegt ist und die wirtschaftliche Selbstandlgkeit der Beteiligten beibehalt.^^° Beide Auspragungen von Netzwerken erfolgen vor der Erwartungshaltung der Unternehmen, eigene Ziele effizienter Oder effektiver erreichen zu konnen als im Falle eines Alleingangs.^®^ Unter einer strategischen Allianz, die seit Mitte der 80er Jahre in der betriebswirtschaftlichen Literatur thematisiert ist,^®^ wird eine formalisierte und langerfristige Beziehung zu anderen Unternehmen verstanden, die zum Ziel hat, eigene Schwachen durch die Starkepotenziale der anderen Unternehmen zu kompensieren, um dadurch die eigene Wettbewerbsposition Oder die der Gruppe zu sichern und langfristig zu verbessern.^^^ Dies erfolgt insbesondere als Reaktion auf sich andernde Rahmenbedingungen oder um neue Wettbewerbspositionen zu besetzen und gestalterisch auf die Rahmenbedingungen einzuwlrken.^®"^ In Abgrenzung zu der strategischen Allianz ist dagegen unter einem Joint Venture ein Unternehmen zu verstehen, dass von zwei oder mehr kooperierenden Unternehmen gegrundet und strategisch gefuhrt wird.®^^ Die Kooperationspartner sind dabei zumeist zu etwa gleichen Teilen an dem Unternehmen beteillgt. Oftmals wird ein Joint Venture als die anspruchsvollste Organisationsform strategischer Unternehmenskooperationen angese-
Vgl. ENDRES(2001), S.
108f.
So wird ein Projekt beispielsweise wie folgt definiert: „zeitlich befristete, relativ innovative und risikobehaftete Aufgabe von erheblicher Komplexitat, die aufgrund ihrer Schwierigkeit und Bedeutung meist ein gesondertes Projektmanagement [...; d.V.] erfordert." (o.V. (2001b), Stichwort ..Projekt"). Vgl. bspw. SCHREYOGG (2003), S. 254 f. oder SCHULTE-ZURHAUSEN (2005), S. 192 ff. SCHULTE-ZURHAUSEN verallgemeinert diese Auspragung und bezeichnet sie als „Probleml6segruppen". Vgl. EFFENBERGER/GOECKE (1994), S. 6
862 863
Die beiden Autoren beschreiben hierbei die konstituierenden Merkmale einer Allianz. Im Vorgriff auf die weiteren Ausfuhrungen wurden hierbei jedoch lediglich die Merkmale aufgefuhrt, die sowohl fur eine strategische Allianz als auch fur ein Joint Venture zutreffen vor dem Hintergrund, dass Gemeinsamkeiten dargestellt und nicht Unterschiede herausgearbeitet werden sollen. Vgl. NETZER (1998), S. 2, wobei der Autor an dieser Stelle lediglich auf strategische Allianzen bezug nimmt. Vgl. JAMES (1985) zitiert aus JAMES (1985) HUNGENBERG (1999), S. 5 Vgl. SYDOW (1992), S. 63 sowie die dort zitierten Publikationen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich in der Literatur keine trennscharfe Abgrenzung zwischen strategischen Allianzen und strategischen Netzwerken finden lasst (vgl. MORSCHETT (2003), S. 403 f.). Vgl. NETZER (1998), S. 2
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die dargestellte Abgrenzung zwischen strategischen Allianzen und Joint Venture in der Literatur nicht durchgangig derart eingehalten wird. So lassen sich insbesondere im angloamerlkanischen Sprachraum durchaus Publikationen finden, in denen die beiden Begriffe synonym venA/endet werden (vgl. bspw. BEAMISH (1998), Introduction ix).
206
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
hen.^^^ Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass ein Joint Venture zwar zumeist in Verbindung mit Internationalisierungsstrategien von Bedeutung ist; wie die folgenden Ausfuhrungen im Rahmen der Diskussion der Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft jedoch noch zeigen werden, ist diese Form auch fur die Beantwortung der Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit von hoher Relevanz. Es sei darauf hingewiesen, dass in einigen Publikationen Joint Venture nicht als eine mdgliche Auspragung von Netzwerken angesehen werden, sondern als eine Grundform zwischenbetrieblicher Kooperation, die gleichberechtigt neben Netzwerken angesiedelt ist. Begrundet wird diese Abgrenzung damit, dass sich bei derartigen Publikationen Netzwerke zum einen dadurch auszelchnen, dass die Funktionsabstimmung zumeist auf Vertragsbasis erfolgt im Gegensatz zur Funktionszusammenlegung mit rechtlicher Struktur und zum anderen die Anzahl der Partner tendenziell hoher ist als bei Joint Venture.®^^ Dieser Auffassung soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht gefoigt werden. Denn eine Tendenzaussage, ab wann von einem Netzwerk und nicht mehr von einem Joint Venture gesprochen werden kann, ist fur eine Analyse zu unscharf. Des Weiteren wurde es dem dargestellten Verstandnis von Netzwerken widersprechen, wenn die Grundung eines rechtlich unabhangigen Unternehmens, in dem Netzwerkfunktionen ausgefiJhrt werden, dazu fuhrt, dass in einem solchen Fall nicht von einem Netzwerk gesprochen werden kann. Denn aus Sicht des Autors ist diese Grundung lediglich eine Form, die Zusammenarbeit effizient zu organisieren.^^^ Beide dargestellten Auspragungen von Netzwerken bieten allgemein das Potenzial, aus strategischer Sicht auch bedeutende Aufgaben in ein Netzwerk auszugliedern, da sich das Netzwerk durch eine langfristige, vertrauensvolle und vor allem durch eine kompromissbereite Zusammenarbeit auszeichnet. Hierin liegt auch begrundet, warum der Fokus im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf diesen beiden Auspragungen von Netzwerken liegt. Dabei muss konstatiert werden, dass ein Joint Venture die kooperierenden Unternehmen tendenziell noch starker aneinander bindet als die strategische Allianz. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird basierend auf diesen Erkenntnissen analysiert, welche der beiden Auspragungen sich im Kontext der Veranderungen in der Energiewirtschaft als sinnvoll erweisen und welche Aufgaben in ein solches Netzwerk ausgegliedert werden konnen. Diese Fragestellung korrespondiert damit direkt mit der in Kapitel 2.2.3.1 skizzierten Frage, inwiefern neben unternehmensunspezifischen Aufgaben auch Geschafts- oder sogar Kernprozesse ausgelagert werden konnen. Unabhangig davon, welche Prozesse ausgelagert werden und ob eine Kooperation in Form einer strategischen Allianz oder eines Joint Venture umgesetzt wird, Ist die Bindung der Kooperationspartner aneinander im Vergleich zu anderen Netzwerkauspragungen, die mehr Charakteristika einer marktiichen Koordination aufweisen, wie beispielsweise Abnahmegarantien oder Just-in-Tlme-Zulleferungen, hoher. Zum einen liegt dies an der expliziten, langfristigen Bindung der Kooperationspartner aneinander begrundet, die wie dargestellt eine konstituierendes Charakteristikum der beiden Netzwerkauspragungen ist. Die hohere Bindung lasst sich jedoch auch theoretisch basierend auf der Transaktionskostentheorie begrunden, deren Erkenntnisse, wie dargestellt, auf das der Arbeit zugrunde liegende Vgl. SYDOW(1992), S. 64
Vgl. bspw. WOHLGEMUTH (2002), S. 16 f. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Effizienz nicht nur auf kurzfristigen wirtschaftlichen Uberlegungen beruht, sondern dass zudem dieses Kriterium auch langerfristige Oberlegungen wie beispielsweise die Verhinderung von Opportunismus umfasst. So kann beispielsweise tendenziell angenommen werden, dass Netzwerke, die auf der Grundung gemeinsamer Joint Venture beruhen, langerfristig Bestand haben werden, da sich die Unternehmen durch die Beteiligungen in einem lock-in befinden.
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
208
Merkti^l Netzwerkzusammenstellung Koordinationsrichtung Kooperationsrichtung StSrke und Dauer der Wirkung
Abb. 72:
Ayspriguiig stabil dynamisch vollstandig
partiell hierarchisch
heterarchisch
horizDntal
strategisch
vertikal
lateral
operativ
Morphologischer Kasten von Merkmalsauspragungen bei Netzwerken nach CORSTEN®^®
In dem morphologischen Kasten sind vier unterschiedliche Merkmalsauspragungen aufgefuhrt, die Netzwerkzusammenstellung, die Koordinationsrichtung, die Kooperationsrichtung sowie die Starke und Dauer der Wirkung.^''^ Die Netzwerkzusammenstellung beschreibt, ob ein Netzwerk auf Dauer ausgelegt ist, Oder ob es sich aufgaben- oder projektbezogen jeweiis neu konstituiert.^^^ Im letzteren Fall handelt es sich urn ein dynamisches Netzwerk, im ersten Fall um ein stabiles Netzwerk. Hierbei wird noch unterschieden, ob es vollkommen stabil ist, was bedeutet, dass die Netzwerkstrukturen nicht aufgabenabhangig jeweiis angepasst werden, oder ob es partiell stabil ist, worunter zu verstehen ist, dass die Netzwerkstrukturen vom Grundsatz her stabil sind, aus den Strukturen heraus sich jedoch noch weitere aufgaben- oder projektbezogen herausbilden konnen. Die Koordinationsrichtung beschreibt, ob ein polyzentrisches (heterarchisches) oder ein fokales (hierarchisches) Netzwerk vorliegt. Im ersten Fall wird die Koordination des Netzwerkes durch alle oder zumindest eine Mehrzahl der Netzwerkmitglieder durchgefuhrt; dies kann durch eine temporare Ubertragung von Machtressourcen erfolgen, wenn bspw. durch eine Wahl ein Netzwerkpartner Befugnisse ubertragen bekommt oder durch eine Koordination ohne Machtubertragung, indem beispielsweise aufgabenbezogen eine Abstimmung erfolgt. Bei einem hierarchischen Netzwerk hingegen verelnigt ein Netzwerkpartner eine derartige FiJlle an Machtressourcen in sich, dass er imstande Ist, dass Netzwerk autonom, ohne auf Machtressourcen von Partner zuruckgreifen zu mussen, steuern kann.
In Aniehnung an CORSTEN (2001), S. 7 Im Vergleich zur Originalabbildung wurde beim Merkmal Netzwerkzusammenstellung die Auspragung Instabil durch dynamisch ersetzt; damit wird bei diesem Merkmal der Klassifizierung von SYDOwgefolgt (vgl. bspw. SYDOW (2001), S. 282). Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen CORSTEN (2001), S. 7-10 Es sei jedoch angemerkt, dass das erste Merkmal vom Autor abwelchend zu CORSTEN interpretiertwird. Ein typisches Beispiel hierfur sind Netzwerke, die sich in der Bauwirtschaft projektbezogen bilden und nach der Ausfuhrung des Bauvorhabens sich komplett oder zum groflen Tell wieder auflosen.
Merkmalauspragungen von Untemehmensnetzwerken
207
Netzwerkmodell ubertragen wurden. Investitionen in derartige Netzwerke sind sehr spezifisch, da sie langfristig auf das Netzwerk abgestimmt durchgefuhrt werden. Der Transaktionskostentheorie folgend erhohen iedoch spezifischere Investitionen die Abiiangigkeiten der Kooperationspartner voneinander, ®^ woraus unmittelbar auch eine erhohte Bindung der Kooperationspartner aneinander resultiert. Es sei vorweggenommen, dass diese erhohte Bindung im Rahmen der Diskussion des Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken relevant sein wird, da aus ihr neben der Bedeutung der AdaptionFunktion auch die Relevanz der weiteren Funktionen des AGIL-Schemas fur das Change Management von Netzwerken abgeleitet werden kann. 3.4
Merkmalauspragungen von Untemehmensnetzwerken
Es existieren die unterschiedlichsten Vorschlage, wie die einzelnen Auspragungen von Netzwerken zu beschreiben sind.^^° Dabei wird eine derartige Beschreibung zumeist anhand der von ZWICKY propagierten morphologischen Kasten^^"" vorgenommen, in denen Merkmale zusammengestellt und die einzelnen Merkmalsauspragungen beschrieben sind. Ein morphologischer Kasten ist hierbei in seiner ursprunglichen Form eine analytisch-systematische Kreativitatstechnik, bei der das zu Idsende Problem in seine wesentlichen, voneinander unabhangigen Merkmale zerlegt wird. Diese unabhangigen Merkmale werden in einer Matrix angeordnet und zu jedem Merkmal denkbare Merkmalsauspragungen derart gesucht, dass sie ein Merkmal moglichst umfassend beschreiben; die einzelnen Merkmalsauspragungen sind dabei uberschneidungsfrei.^^^ Bezogen auf Netzwerke ist die Zielsetzung einer solchen Beschreibung dabei nicht, die auBerst heterogenen Erscheinungsformen von Netzwerken zu systematisieren, sondern vielmehr allgemeine Merkmale zugrunde zulegen und anhand derer einzelne Netzwerktypen zu bilden. Dabei sind einzelne Netzwerktypen kombinative Verknupfungen der einzelnen Merkmalsauspragungen, wobei darauf hingewiesen sei, dass innerhalb einer Dimension durchaus mehrere Merkmale einem Typus zugeordnet werden konnen.^^^ Oftmals werden derartige Typen gebildet, um einzelne Netzwerkauspragungen genauer beschreiben zu konnen.^'''^ So ist beispielsweise ein fokales Netzwerk dadurch gepragt, dass es in der Netzwerkzusammenstellung zumeist stabil ist, Starke und Dauer der Wirkung strategisch sowie die Koordinationsrichtung hierarchisch und nicht heterarchisch ist. Um nun eine Grundlage fur die weiteren Ausfuhrungen zu legen, soil im Folgenden ein morphologischer Kasten von CORSTEN diskutiert werden, anhand dessen in den weiteren Ausfuhrungen die im Rahmen der vorliegenden Arbeit relevanten Netzwerkauspragungen eingegrenzt werden konnen (siehe Abb. 72).^^^
870 871 873 874
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
bspw. WORATSCHEK / ROTH (2003), S. 157 bspw. RAUPP (2002), S. 23, CORSTEN (2001), S. 7, KLEIN (1996), S. 133 ZwiCKY (1966) o.V. (2001b), Stichwort „morphologischer Kasten"
Vgl. CORSTEN (2001), 8.6 f.
In der Literatur sind die unterschiedlichsten Formen der Typologisierung von Netzwerken zu finden. Als Beispiel sei auf SYDOW / DUSCHEK / MOLLERING / ROMETSCH venA/iesen, die beispiel-
haft eine Vielzahl von Typologisierungen zusammengetragen haben, die in unterschiedlichen Publikationen vorgenommen wurden. Dabei wird eine Unterscheidung nach prozessbezogenen, inhaltsbezogenen sowie funktionsbezogenen Netzwerktypen vorgenommen (vgl. SYDOW / DuscHEK/MOLLERING/ROMETSCH (2003), S. 48-71). Die Vielfalt der unterschiedlichen Sichtweisen auf Netzwerkauspragungen ist von SYDOW / DuscHEK / MOLLERING / RoMETSCH zusammengestellt worden (vgl. SYDOW / DUSCHEK / MOLLERING / ROMETSCH (2003), S. 54 ff.).
Change Management von Unternehmensnetzwerken
209
Die Kooperationsrichtung gibt an, ob die Netzwerkpartner auf einer Wertschopfungsstufe (horizontal) Oder auf unterschiedlichen Wertschopfungsstufen (vertikal) kooperieren. Zusatzlich gibt es noch die Moglichkeit, dass sie eine laterale Kooperation eingehen, was bedeutet, dass die Unternehmen losgelost von bestehenden Wertschopfungsketten kooperieren.^^^ Das letzte Kriterium gibt an, ob die Starke und Dauer der Wirkung des Netzwerkes eher operativer oder strategischer Natur ist. Auf dem ersten Blick mag der Unterschied zwischen diesem IVIerkmal und dem ersten, der Netzwerkzusammenstellung, nicht offensichtlich zu sein und damit die Forderung nach der Unabhangigkeit der einzelnen IVIerkmale nicht zu halten zu sein, da angenommen werden konnte, dass strategische Netzwerke eher stabil und operative Netzwerke eher dynamisch sind. Auch wenn diese Einschatzung fur eine Vielzahl von Netzwerktypen gelten mag, sei auf Netzwerke hingewiesen, die sich aufgrund von Grofiprojekten bilden und damit zwar projektbezogen, aufgrund der Dauer und Starke der Wirkung des Netzwerkes strategischer Natur sind. Es sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass morphologische Kasten im AUgemeinen und der dargestellte Kasten im Speziellen auch kritisch hinterfragt werden. So konnen beispielsweise die Auswahl von Merkmalen und Merkmalsauspragungen grundsatzlich in Frage gestellt werden; dies ist jedoch aufgrund der Komplexitat des zu beschreibenden Konstrukts eine zwangslaufige Folge der IVIethode.^^^ Die Auswahl der Merkmale und der Merkmalsauspragungen kann demzufolge grundsatzlich nicht kontextunspezifisch erfolgen, sondern hat sich an dem Analyseobjekt und der Forschungsfragestellung zu orientieren. Hierin liegt auch die Auswahl des dargestellten morphologischen Kastens im Rahmen der vorliegenden Arbeit begrundet, da sich basierend auf dieser Klassifizierung eine Einschrankung der betrachteten Netzwerke in der Energiewirtschaft zielfuhrend durchfuhren lasst, wie im weiteren Verlauf dargestellt werden wird. 3.5 3.5.1
Change Management von Unternehmensnetzwerken Zur Relevanz sines Change Managements zur Etablierung von Unternehnnensnetzwerken aus Sicht der betrieblichen Praxis
Im Rahmen der Diskussion des Change Managements wurden bereits deutliche Defizite in der betrieblichen Praxis herausgearbeitet. So ist die Erkenntnis nicht uberraschend, dass im Rahmen der Etablierung der deutlich komplexeren Unternehmensnetzwerke derartige Defizite in einem noch weit hoheren Ausmade zu beobachten sind. Im Folgenden sollen wesentliche Erkenntnisse dies betreffend zusammengetragen werden, um damit die praktische Relevanz der Thematik der vorliegenden Arbeit zu unterstrelchen. Im Vorfeld der folgenden Punkte sei explizit darauf hingewiesen, dass die dargestellten Defizite als Erganzung zu den in Kapitel 2.1.1 dargestellten Punkten anzusehen sind; dass durch die Etablierung von Unternehmensnetzwerken - insbesondere bei Joint Ventures oder Strategischen Allianzen als Auspragungen von Netzwerken mit einer hohen Bindung der Partner anelnanTeilweise wird anstatt der lateralen Kooperation auch der Begriff der konglomeraten Kooperation verwendet, wenn beispielsweise das Ziel der Kooperation das Ausnutzen bzw. Befriedigen komplementarer Kundenbedurfnisse ist (vgl. HUNGENBERG (1999), 8. 6). Als Beispiel hierfur sei auf Netzwerke hingewiesen, die sich zur Planung und Realisierung grolier Bauvorhaben bilden. So stellt beispielsweise CORSTEN diese Problematik an seinem eigenen morphologischen Kasten dar, indem er bei einer beispielhaften Einordnung von virtuellen Unternehmen in den Kasten feststellt, dass diese prinzipiell alle dargestellten Merkmalsauspragungen annehmen konnen (vgl. CORSTEN (2001), S. 6 ff.).
210
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
der - auch unternehmensinterne Anpassungen resultieren, die zu den bereits skizzierten Herausforderungen fuhren, ist offensichtlich und wird deswegen nicht welter thematisiert. Unterschiedlichste Studien haben ergeben, dass Netzwerke oftmals mit ihrer Etablierung scheitern. So hat BIRKMANN bel der Untersuchung von Strategischen Alllanzen unterschledllche Publikatlonen zusammengestellt, die alle zu dem Ergebnis kamen, dass nur ein Teil der Strategischen Allianzen als erfolgreich angesehen werden kann. Je nach Studie wird eine Erfolgsquote von 30-50 % angegeben, mit anderen Worten die Halfte bis uber zwei Drittel der Strategischen Allianzen mussen als gescheitert angesehen werden.^^^ Dies wurde jedoch noch nicht direkt einen Hinweis auf ein fehlerhaftes oder fehlendes Change Management geben; werden die Studienergebnisse jedoch in den Kontext von weiteren Studien gestellt, ergeben sich als Hauptprobleme Fragen des operativen Managements in der Implementierungsphase;^^^ sie sind „the result of poor management."^^"^ Als Begrundung, warum Netzwerke scheitern, werden die unterschiedlichsten Ursachen angefuhrt. Je nach Publikation werden insbesondere als Ursachen „opportunistisches Verhalten",^^^ „Hintergehen des Partners",^^^ „Uberdruss",^^^ „Dominanzstreben",^^^ „Ressortegoismus",^^^ sowie „ubersteigerte Erwartungen"^^° angegeben.^^^ Es mag zunachst nicht unmittelbar nachvollziehbar sein, warum die genannten Ursachen bei Netzwerken zu beobachten sInd, bei denen die normative Basis, wie dargelegt, gegenseitiges Vertrauen und Verlasslichkeit ist. Diesbezuglich stellt SUEN fest „We also need to keep in mind that not all forms of non-cooperation are unexpected - large firms often cooperate in one market and compete in another, and partners compete within their alliances by presenting alternative approaches to projects. So, the dark side of alliances only encompasses unexpected non-cooperation which takes places within the scope of activities the firms have agreed to cooperate on."^^^ Dies betrlfft im Wesentlichen horizontale Kooperationen. Ahnliche Probleme lassen sich jedoch auch bei vertikalen Kooperationen beobachten, da die Vertellung des Kooperationsgewinns unmittelbar die Interessen jedes einzelnen Unternehmens tangiert. Ohne potenziellen Erfolgsfaktoren vorweggreifen zu wollen, sei erwahnt, dass Insbesondere aufgrund der oben angefuhrten Misserfolgsursachen eine Notwendigkeit fur eine Balance zwischen den Partnern sowie Vertrauen besteht.^^^ Als Uberleitung zur theoretischen Einleitung in das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken sei auf SYDOW verwiesen, wenn er feststellt „Trotz dieser Vielfalt an wissenschaftlicher Forschung und einem sich in dieser Richtung langsam abzeichnenden Forschungsfortschritt Ist die Netzwerkorganisation immer noch ein weitgehend unbekanntes Wesen. Dies gilt zwar weniger im Blick auf Begriffsbildung und die Herausarbeitung der okonomischen, technologischen und politischen Bedingungen der Evolution und Verbreitung dieser Organisationsform, wohl aber fur das praktische Management der Netzwerkstrukturen und -prozesse. [...; d.V.] Managementrelevante Fragen waren dann etwa: Welche QualifikaVgl. BIRKMANN (2001), S. 2
Vgl. LORANGE/Roos (1992), S. 348, sowie NIEDERKOFLER (1991), S. 237-257 ERNST (1996)
Vgl. JOSKOW (1991), PARKHE (1993a), sowie GULATI (1995) Vgl. AXELROD (1984), HEIDE/MINER (1992), sowie PARKHE (1993a) Vgl. PFEFFER / SALANCIK (1978), PFEFFER / NOWAK (1976), sowie PROVAN / SKINNER (1989)
Vgl. BACHARACH / LAWLER (1981), sowie BLODGETT (1991) Vgl. JENSEN / MECKLING (1976), sowie GERINGER / WOODCOCK (1995) Vgl. PORTER (1980), PORTER (1985), GLAISTER / BUCKLEY (1996), sowie HATFIELD / PEARCE
(1994) Vgl. auch BIRKMANN (2001), S. 7 f. SUEN (2005), S. 18 Vgl. BIRKMANN (2001), S. 8 f.
Change Management von Untemehmensnetzwerken
211
tionsanforderungen stellt die Netzwerkorganisation an das Managennent? Welche Motive spricht sie an, und welche Bedeutung hat eine womoglich die Organisationsidentitat erganzende, wenn nicht gar ersetzende Netzwerkidentitat fur das Commitment einzelner Organisationsmitglieder? Die Beantwortung dieser und ahnlicher Fragen setzt voraus, dafi die Netzwerkforschung Unternehmen nicht mehr ausschlieftlich als Black Box behandelt, sondern verstarkt intraorganisationale Strukturen und Prozesse zum Thema macht."^^"^
3.5.2
Theoretische Einleitung in das Change Management zur Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Wie in den vorherigen Kapitein bereits dargestellt, existieren die unterschiedlichsten Auspragungen von Untemehmensnetzwerken in der betrieblichen Praxis. Sie decken in einem Spektrum von relativ losen Bundnissen bis zu einem nach auflen monolithischen Gebllde die unterschiedlichsten Formen ab. Aufgrund dieser Diversivitat ist es offensichtlich, dass das Change Management zur Etablierung dieser Netzwerke differenziert auf die angestrebte Auspragung des Netzwerkes angepasst werden muss; es scheint nicht realistisch, dass ein standardisiertes Vorgehen eine derartige Vielfalt moglicher Konstellationen abzudecken vermag. Beispielhaft konnen diese unterschiedlichen Anforderungen an ein Change Management an den unterschiedlichen Auspragungen von Netzwerkstrukturen aufgezelgt werden. Die Etablierung einer Abnahmegarantie kann im Wesentlichen noch im Rahmen der AdaptionFunktion konfiguriert werden, da hierbei zumeist eindeutig definierte Vertrage und ihre effiziente Erfullung die Netzwerkgrundlagen sind. Dagegen obliegt es dem Change Management zur Etablierung von strategischen Allianzen und Joint Venture aufgrund der engen Bindung der Partner, neben der Sicherstellung der Rahmenbedingungen Innerhalb der Adaption-Funktion insbesondere auch, zwischen den beteiligten Unternehmen im Netzwerk ein Umfeld zu schaffen, dass auf der Ebene der Goal Attainment-Funktion, also dem politischen System, der Ebene der Integration-Funktion, also dem Gemeinschaftssystem, sowie auf der Ebene der Latent Pattern Maintenance-Funktion, also dem sozialkulturellen System, eine erfolgreiche Zusammenarbeit ermoglicht. In den folgenden Kapitein werden deswegen alle Funktionen des AGIL-Schemas auf die Netzwerkebene ubertragen, um somit einen ganzheitlichen Bezugsrahmen fur das Change Management zur Etablierung von Untemehmensnetzwerken erarbeiten zu konnen. In Kapitel 3.2.3 wurde bereits die Beziehungsatmosphare als historisches Abbild der Netzwerkbeziehung beschrieben. Des Weiteren wurde das AGIL-Schema auch als Strukturierungsrahmen fur die Beziehungsatmosphare eingefuhrt. Wenn diese Beziehungsebene nun auf das Change Management zur Etablierung von Untemehmensnetzwerken bezogen wird, wird der Unterschied zwischen einem Change Management von Untemehmensnetzwerken und einem Change Management zur Etablierung von Untemehmensnetzwerken deutlich. Im ersten Fail existiert das Unternehmensnetzwerk bereits und damit auch die Beziehungsatmosphare, womit sie zu einem Faktor wird, der von Beginn an vom Change Management berucksichtigt werden muss; im letzteren Fall wird die Beziehungsatmosphare erst sukzessive mit der Etablierung des Netzwerkes aufgebaut und ist damit erst das Resultat des Change Managements. Da Gegenstand der vorliegenden Arbeit explizit die Fragestellung der Etablierung von Untemehmensnetzwerken ist, wird in den folgenden Ausfuhrungen die Beziehungsatmosphare als von Beginn an zu berucksichtigender Faktor nicht mit einbezogen. Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass sich bei einer bereits bestehenden Beziehungsatmosphare die Vorgehensweise und die Inhalte des SYDOW(1999), S. 304
212
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Change Managements nicht grundlegend andern, sondern vielmehr lediglich bereits zu Beginn in der Planungs- und Umsetzungsphase weitere Faktoren fur eine erfolgreiche Veranderung einbezogen werden mussen. Im Rahmen der sukzessiven, evolutionaren Etablierung des Netzwerkes wird dieses Einbeziehen der Beziehungsatmosphare jedoch auch dann wesentlich werden, wenn das Netzwerk nach seiner Grundung die operative Arbeit aufgenommen hat, weswegen sich die Unterschiede lediglich, wie beschrieben, auf die Startphase beschranken. Unternehmen A
Unternehmen B
Unternehmen C I
Netzwerkbereich
Abb. 73:
Das Netzwerk als Schnittmenge zwischen Unternehmen
Auch wenn die Beziehungsatmosphare, wie dargestellt, zunachst keinen beeinflussenden Faktor darstellt, gestaltet sich das Change Management auf der Netzwerkebene doch deutlich komplexer. Denn vollkommen unabhangig davon, ob fur die Etablierung des Netzwerkes eine eigene Gesellschaft gegrundet wird Oder nicht, agieren unterschiedliche Unternehmen mit unterschiedlichen Konfigurationen von AGIL-Schemata miteinander. Die Akteure innerhalb des Netzwerkes sind dabei grundsatzlich auch Mitglieder einer Organisation und damit neben einer hierarchischen Bindung innerhalb der Organisation auch Bestandteil der jeweiligen AGIL-Konfiguratlon. EIn Netzwerk ist demnach nicht eine Organisation neben den bestehenden Unternehmensorganisationen, sondern eher fur das Verstandnis der vorliegenden Arbeit als eine Schnittmenge von Teilen der kooperierenden Unternehmen zu verstehen (siehe Abb. 73).®^^ Hieraus folgert unmittelbar, dass eine erfolgreiche Etablierung eines Netzwerks die AGIL-Schemata aller Kooperationspartner, ggf. unterschiedlich gewichtet, zu berucksichtigen hat. Hieraus lasst sich jedoch nicht folgern, dass es nicht notwendig ist, die bestehenden AGIL-Konfigurationen der Kooperationspartner anzupassen. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass neben der strategischen Allianz im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch die Grundung eInes Joint Venture als eine mogliche Auspragungsform von Untemehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft diskutiert wird. Wie bereits in Kapitel 3.3 dargestellt, ist ein konstituierendes Merkmal einer solchen Auspragung die Grundung einer Gesellschaft, an der die Kooperationspartner beteiligt sind. Diese Gesellschaft wird wiederum als ein weiteres Unternehmen aufgefasst, dessen AGIL-Schema sich mit den ubrigen Partnern schneidet. Durch diese Sichtweise wird gewahrleistet, dass Diese Problematik wurde bereits in Kapitel 3.2.3 prinzipiell dargestellt. Jedoch wurde an dieser Steile lediglich die Verknupfung zweier Unternehmen dargestellt (siehe Abb. 70, Seite 199). Da sich ein Netzwerk jedoch aus mindestens drei Unternehmen zusammensetzt, wird die Komplexitat deutlich erhoht im Gegensatz zur Betrachtung dyadischer Beziehungen.
Change Management von Unternehmensnetzwerken
213
weitestgehend identische Modelle fur die unterschiedlichen Auspragungen von Netzwerken angewendet werden konnen. Es sei an dieser Stelle vor dem Hintergrund der nachsten Kapitel angemerkt, dass der Grundungsprozess inn Ailgemeinen und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen und Maflnahmen im Spezieilen nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind; vielmehr wird fur die weiteren Ausfuhrungen vorausgesetzt, dass in diesem Fall das Gemeinschaftsunternehmen bereits gegrundet ist.
A
Beziehungsatmosphare
Unternehmen A
Change Management auf Unternehmensebene
Change Management auf Nefzwerkebene
Unternehmen B
Change Management auf Unternehmensebene
<—^ Episode <=> Beziehung Netzwerkgrenzen Abb. 74:
Ganzheitliches Change Management fur Unternehmensnetzwerke
Werden die Erkenntnisse des Change Managennents mit dem ganzheitlichen Netzwerkansatz verbunden, ergibt sich der in Abb. 74 dargestellte, ganzheitliche Bezugsrahmen fur ein Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken. Dieser Bezugsrahmen untergliedert das Change Management in zwei Ebenen, der Netzwerkebene und der Unternehmensebene. Gegenstand des Change Managements auf Netzwerkebene ist die Grundung und Etablierung des Netzwerkes. Des Weiteren obliegt ihm die sukzessive Entwicklung des Netzwerkes, da sich das Netzwerk dem interaktionsorientierten Ansatz folgend nicht ad hoc konstituieren
214
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
und Kooperationsgewinne^^^ erwirtschaften kann, sondern einer schrittweisen Etablierung bedarf.^^^ Demgegenuber ist es Aufgabe des Change Managements auf Unternehmensebene, die Voraussetzungen fur ein Netzwerk innerhalb eines Unternehmens zu schaffen. Damit ist das Change IVIanagement auf Unternehmensebene ein herkommliches Change Management, wie es bereits in Kapitel 1 ausfuhrlich dargestellt wurde; in den folgenden Ausfuhrungen werden aufgrund dessen lediglich die Besonderheiten dieses Wandels in Bezug auf die Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes dargestellt. Dieser Strukturierung folgend werden die einzelnen Ebenen in den folgenden Kapitel diskutiert. Aufgrund der Vielzahl der Interdependenzen zwischen den beiden Ebenen wird im Anschluss hierauf aufbauend eine Synthese zu einem Change Management Modell zur Etablierung von Untemehmensnetzwerken durchgefuhrt. Abschlieftend werden noch die wesentlichen Erfolgsfaktoren auf Netzwerkebene skizziert. 3.5.3
Change Management der Netzwerkebene
Dem ganzheitlichen Bezugsrahmen fur das Change Management folgend werden in den folgenden Kapitein die Komponenten des Change Managements auf Netzwerkebene sowie der Change Managements Prozess und dessen Trager diskutiert. Um eine Wiederholung der Ausfuhrungen des Kapitels 1 zu vermeiden, wird insbesondere auf Unterschiede Oder notwendige Erganzungen im Vergleich zum Change Management auf Unternehmensebene eingegangen; somit sind die Ergebnisse dieses Kapitels Im Kontext der Erkenntnisse des Kapitels 1 zu sehen. Wesentliche Herausforderung des Change Managements auf Netzwerkebene ist das Zusammenfuhren unterschiedlicher Unternehmen, die sich zumelst durch eine grofiere Heterogenitat als die unternehmensinternen Bereiche auszeichnen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass es sich aus dieser Heterogenitat zunachst nicht ableiten lasst, dass die diskutierten Konzepte des Change Managements nicht mehr anwendbar sind; vielmehr kann lediglich daraus geschlossen werden, dass Planungs- und Umsetzungsprozesse aufwendiger Oder zeitintensiver sind. Im Gegensatz zum Change Management auf Unternehmensebene ist jedoch fur die anzuwendenden Konzepte ein wesentlicher Unterschied auszumachen. Unter der Voraussetzung, dass kein fokales Unternehmen in dem zu etablierenden Netzwerk existiert, sind die Machtressourcen und moglichen Machtgrundlagen deutlich geringer als bei hierarchischer Koordination; dies korrespondiert mit der in Kapitel 3.2.2 getroffenen Aussage, dass anstatt
Der Begriff des Kooperationsgewinns wird insbesondere in der Neuen Institutionenokonomik im Allgemeinen sowie der Property Rights Theorie im Speziellen thematisiert. Unter einem Kooperationsgewinn ist der Mehrwert zu verstehen, der durch die Kooperation im Vergleich zu einer marktiichen oder hierarchischen Koordination generiert wurde. Fur eine erfolgreiche Kooperation muss er ausreichen, alle Anreize aiimentieren zu konnen, die zu einer freiwilligen Umverteilung der Verfugungsrechte innerhalb der Kooperation notwendig sind (vgl. WORATSCHEK / ROTH (2003), S. 151). Die Notwendigkeit der schrittweisen Etablierung in Verbindung mit einer laufenden Partnerbeziehung wird durch unterschiedliche Publikationen bestatigt (vgl. bspw. FAULKNER (1999), BAUM/ INGRAM (2002), S. 197 und die dort zitierte Literatur sowie KANTER (1994))
Change Management von Untemehmensnetzwerken
215
Macht das Steuerungsmedium in einem Netzwerk Wissen ist, dass die Regelung der Zusammenarbeit anstatt auf Weisungsrechten auf Vertrauen basiert.^^^ 3.5.3.1
Die Komponenten des Change Managements auf Netzwerkebene
Abgesehen von der deutlich gestiegenen Relevanz politischer Prozesse gelten die Ausfuhrungen uber die Komponenten des Change Managements auf Netzwerkebene gleicherma(ien wie auf Unternehmensebene. Aufgrund dessen werden in den folgenden Ausfuhrungen die erhohten Anforderungen identifiziert, die aus der Etablierung eines Netzwerkes resultieren, um hiermit die Basis fur die Diskussion der Erfolgsfaktoren auf der Netzwerkebene zur erfolgreichen Etablierung von Untemehmensnetzwerken zu schaffen. Den Ausfuhrungen der Komponenten des Change Managements von Unternehmen folgend, erfolgt die Giiederung der folgenden Kapitel auf dem AGIL-Schema und baut dementsprechend auf den Ergebnissen des Kapitels 1 auf. 3.5.3.1.1
Change Management auf Netzwerkebene der Adaption-Funktion
Im Rahmen des Change Managements auf Netzwerkebene der Adaption-Funktion werden Telle des Leavitt-Schemas der einzelnen Unternehmen in das Netzwerk ausgelagert. Ohne zunachst auf die Folgen dieser Auslagerung auf das einzelne Unternehmen einzugehen,^^^ ist es offensichtlich, dass jeder Netzwerkakteur bestrebt sein wird, die Auslagerung derart zu gestalten, dass er aus der Auslagerung einen moglichst hohen Nutzen generiert.^°° Die Auslagerung eines Tells eines Leavitt-Schemas soli zunachst am Beispiel einer horizontalen Kooperation im Allgemeinen und der Auslagerung von Prozessen im Speziellen aufgezeigt werden, um hierauf aufbauend Anforderungen an ein Change Management auf Netzwerkebene der Adaption-Funktion herleiten zu konnen.^°^ Bel einer Ausgliederung von Prozessen bei einer horizontalen Kooperation in ein Netzwerk ist als wesentliche Pramisse zu beachten, dass sich Prozesse, auch wenn sie zunachst identisch erscheinen, in den einzelnen Unternehmen grundsatzlich unterscheiden. Dies liegt darin begrundet, dass Prozesse als Kombination aller im Leavitt-Schema aufgefijhrten Variablen im hohen Made unternehmensindividuell sind. So unterscheiden sich oftmals bereits die Ablaufe fur identische Aufgaben zwischen den einzelnen Unternehmen, werden diese Ablaufe hierauf aufbauend noch einer Aufbauorganisation zugeordnet, die auch Jewells wieder aufierst unternehmensindividuell ist, wird offensichtlich, dass eine Auslagerung von Prozessen in ein Netzwerk grundsatzlich von unterschledlichen Ausgangspositionen bei den Dieser Auffassung wird auch von einer Vielzahl von Autoren vertreten. Jedoch zeigt LAUPPER in einer Aufstellung, dass es daruber hinaus weitere Ansatzpunkte zur Netzwerksteuerung existieren (vgl. LAUPPER (2004), S. 74 ff.).
Vgl. zu der Diskussion der Folgen Kapitel 3.5.3 Diese Annahme ist eine Folge der unterstellten FIT-Funktion zur Wahl der optimalen Koordinationsform fur eine gegebene TransaktIon. Generell lasst sich jedoch in diesem Zusammenhang als eine Bedingung fur ein stabiles Netzwerk feststellen, dass die Effizienzbedingung fur jedes Mitglied des Netzwerkes erfullt ist, was bedeutet, dass der Nutzen eines Unternehmens aus dem Netzwerk generell hoher sein muss als der Beitrag, den das Unternehmen leistet (vgl. JARILLO (1988), 8. 31 ff., sowie WELL (2001), 8. 160). Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass bei einer horizontalen Kooperation unter einer Auslagerung nicht zwangslaufig eine Auslagerung in ein drittes Unternehmen wie bspw. einem ausgegrundeten Unternehmen zu verstehen ist, vielmehr zahlen hierunter auch Auslagerungen hin zu einem Kooperationspartner hierzu.
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
216
einzelnen Unternehmen auszugehen ist. Erganzend hierzu sei angemerkt, dass sich oftmals auch die technologischen Variablen unterscheiden, da beispielsweise Art, Umfang und unternehmensindividuelle Anpassungen von Software (Customizing) sehr unterschiedlich und meist historiscii gewachsen sind. Aus dieser Erkenntnis lassen sich zwei Schlussfolgerungen Ziehen, die fur ein Change Management der Adaption-Funktion auf Netzwerkebene wesentlich sind. Zum einen differiert der optimale Umfang fur eine Auslagerung und damit auch der optimaie Schnittpunkt zwischen Unternehmen und Netzwerk, zum anderen ist der Anpassungsbedarf nach einer Ausgliederung innerhalb der einzelnen Unternehmen unterschiedlich. Bevor diese Punkte vertiefend diskutiert werden, sollen sie an einem Beispiel diskutiert werden (siehe Abb. 75). Hierfur sind in zwei Prinzipdarstellungen die Prozesse von zwei Unternehmen dargestellt worden, wobei bei dieser Darstellung Prozesse als Abfolgen In einer Aktivitaten / Aufbauorganisations- (bzw. Organisationselnheiten-) Matrix dargestellt werden. Unternehmen B
Unternehmen A 1
"^^^
Aufbauorganlsation
OSD
EED
pHD
n-jTH
EnO
] = \ A A Aj |A A|
D
Prozesstelle, die zur Ausgliederung in ein Netzwerk vorgesehen sind
Abb. 75:
Beispiel fur eine problematische Prozessausgliederung bei einer horizontalen Kooperation
Aus der Darstellung wird unmittelbar deutlich, dass sich die Prozesse in den Unternehmen A und B deutlich unterscheiden und damit auch der optimale Umfang einer Ausgliederung (grau hinterlegt) unterscheldet. Ohne auf das Kriterium der Optimalitat bei einer Ausgliederung naher eingehen zu wollen, da sich dies aus der Positionsbestimmung und Zielsetzung der Kooperationsabsicht ergibt und es sich damit um eine Fragestellung handelt, die im Rahmen der strategischen Unternehmensfuhrung thematisiert wird,^°^ zeigen Kriterien wie beispielsweise eine „schnittstellenoptimale Ausgliederung" Oder „durchlaufzeitenoptlmale Ausgliederung", dass der Umfang einer Verlagerung von Aufgaben In ein Netzwerk auch unmittelbar mit der Individuellen Konfiguration eines Unternehmens korreliert. Als Reaktion hierauf bestehen nun prinzipiell zwei Losungspole, wobei zwischen diesen Polen Zwischenlosungen auch moglich sind. Auf der einen Seite besteht der Losungspol darin, komplett standardisierte Prozesse in ein Netzwerk auszugliedern und diametral als zweiter Pol hierzu die Abbildung aller unternehmensindivlduellen Anforderungen im Netzwerk. Beide Pole haben Vor- und Nachteile, so dass keiner der beiden Losungen die jeweilig andere dominiert. So stehen insbesondere die Vorteile einer Economic of Scale bei einer Standardisierung den Verlust unternehmensindividueller Losungskonzepte entgegen, aus denen Verluste von komparativen Marktvorteilen resultieren konnen. Die Losung dieser Vgl. hierzu auch den Ausfuhrungen in Kapitel 2.2.3.2.1
Change Management von Untemehmensnetzwerken
217
Fragestellungen ist jedoch nicht Gegenstand des Change Managements, vielmehr sind die getroffenen Vorgaben im Vorfeld zu definieren und dann im Rahmen des Change Managements umzusetzen. Wird dies zugrundegelegt und der Fol<us auf das Change Management gelegt, wird offensichtiich, dass sich zwar der Umfang bei dem Change Management der Adaption-Funktion deutlich andern kann, da entweder in den einzelnen Unternehmen die Prozesse an die standardisierten Netzwerkprozesse angepasst werden mussen, oder mehrere, inhaltlich ahnliche Prozesse in dem Netzwerk umgesetzt werden mussen. Wesentliche neue Aufgaben obliegen jedoch nicht dem Change Management. Als Vorgriff auf die weiteren branchenspezifischen Ausfuhrungen sei erganzend angemerkt, dass diese Fragestellung von erheblicher Relevanz ist, da sich bereits Serviceprozesse, die keine Kernprozesse darstellen, zwischen den Unternehmen deutlich unterscheiden. Verstarkt wird diese Problematik, dass die Unternehmen zwar oftmals eine Standardsoftware wie SAP IS-U verwenden, diese jedoch in einem hohen Mafie unternehmensindividuell angepasst wurde, so dass sie nicht unmittelbar in ein Netzwerk ausgelagert und Basis fur unternehmensubergreifende Prozesse sein kann. Dem Change Management der Adaption-Funktion auf Netzwerkebene obliegt es nun, die Aufgaben im Netzwerk derart zu verteilen und die Netzwerkprozesse derart umzusetzen, dass -
das primare Ziel des Change Managements erfulit wird, also die gesetzten Ziele bezuglich des Soll-Zustandes realisiert werden und diese Realisierung jedoch die Umsetzungsrestriktionen erfulit, also das sekundare Ziel des Change Managements erfulit wird.
Zunachst scheinen diese Ziele der Adaption-Funktion auf Unternehmensebene zu entsprechen. Wie jedoch im Rahmen der Diskussion des Change Managements der Goal Attainment-Funktion auf Netzwerkebene noch gezeigt wird, sind diese Ziele oftmals das Resultat aus Verhandlungen und stellen damit einen Kompromiss dar, der sich nicht ausschliedlich an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren muss. 3.5.3.1.2
Change Management auf Netzwerkebene der Goal Attainment-Funktion
Wie in Kapitel 2.2.2.3.2 dargestellt, gliedert sich die Goal Attainment-Funktion in zwei Telle auf. Als erster Teil wurde das Setzen von Zielen identifiziert. Diese Zielsetzung ist bei einem nicht-fokalen Netzwerk nicht vergleichbar mit der Zielsetzung auf Unternehmensebene, da die Ziele grundsatzlich der Abstimmung der beteiligten Netzwerkpartner bedurfen, ohne dass eine hierarchische Ebene die Ziele im Konfliktfall per Weisung definieren kann. Damit ist die Zielfindung nicht trivial, da jeder einzelne Partner wiederum individuelle Ziele verfolgt, so dass die Zieldefinition einen Kompromiss aus den einzelnen Unternehmenszielen darstellt. Derartige Kompromisse konnen komplex werden, da nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichsten Wirkungszusammenhange und Interdependenzen ein Netzwerk ein deutlich komplexeres Entscheidungs- und Fuhrungssystem darstellt. So stellen In diesem Zusammenhang ZENTES / SWOBODA / MORSCHETT am Beisplel gleichberechtigter Partner, die in einer Allianz miteinander kooperieren, fest „Der simultan konkurrierende und kooperative Charakter von Allianzbeziehungen bringt ein einzigartiges Spannungsgefuge mit sich, sodass die Fuhrungsprozesse besonders aufwandig werden."^°^
ZENTES / SWOBODA / MORSCHETT (2003), S. 823
218
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
Neben der Definition, was der Gegenstand des Netzwerkes ist, sind zudem auch Fragen der Netzwerkkoordination zu beantworten, da die Koordination nicht uber eine Hierarchie erfolgt. Sie wird durch unterschiedliche Ansatzpunkte ersetzt, die sich an den Strukturmerkmalen von Netzwerken orientieren: Spezialisierung, marktiiche Effizienz, Kooperation, Vertrauen, Selbstverpfiichtung, Verlasslichkeit, das neoklassische Vertragsrecht sowie dauerhafte Beziehungszusammenhange.^^"^ Aus der Netzwerkkoordination resultieren wiederum Anforderungen an die Netzwerkziele. Wenn beispielsweise dauerhafte Beziehungszusammenhange ais Zielsetzung angestrebt werden, kann fur die Zieldefinition folgen, dass Aufgaben innerhalb des Netzwerkes nicht ausschliefilich basierend auf wirtschaftlichen Uberlegungen verteilt werden, sondern danach, inwiefern alle Netzwerkpartner in das Netzwerk auf operativ eingebunden werden. Korrespondierend zur Unternehmensebene werden somit im Rahmen der Goal AttainmentFunktion Zieie fur das Change Management definiert, die das Netzwerk erreichen soil (primares Ziel des Change Managements), sowie Ziele, welche Anforderungen an die Umsetzung stellen. Da ein Netzwerk, wie in Kapitel 3.5.2 dargestellt, als eine Schnittmenge zwischen Unternehmen aufgefasst werden kann, folgt wiederum, dass die definierten Netzwerkziele auch mit den Zielen auf Unternehmensebene abgeglichen werden mussen; es ist offensichtlich, dass Interdependenzen zwischen diesen Zielen bestehen. Somit kann ein Wandel erst dann geplant und umgesetzt werden, wenn sowohl die Ziele auf Netzwerk- als auch auf Unternehmensebene definiert wurden. Als zweiter Tell der Goal Attainment-Funktion wurde in Kapitel 2.2.2.3.2 die Durchsetzung der gesetzten Ziele mit Hilfe von Macht Identifiziert. Im Rahmen der DIskussion der Komponenten des Change Managements wurde hierauf aufbauend der Begriff der Macht umfassend diskutiert inklusive der Machtgrundlagen zur Durchsetzung der gesetzten Ziele. Unter der Voraussetzung, dass an dem Netzwerk kein fokales Unternehmen beteiligt Ist, woven in den weitergehenden Ausfuhrungen grundsatzlich ausgegangen wird, bestehen einige der dargestellten Machtgrundlagen nicht mehr, was Auswirkungen auf das Machtpotenzial der einzelnen Akteure in einem Netzwerk hat (siehe Abb. 76). Um diese Veranderung der Machtgrundlagen begrunden zu konnen, sei zunachst von einem hierarchielosen Netzwerk ausgegangen. In einem solchen Netzwerk fallen all diejenigen Machtgrundlagen weg, die sich unmittelbar oder mittelbar aus einer hierarchischen Beziehung Oder der Existenz einer Organisation ergeben. Ohne auf die einzelnen Punkte einzugehen, wird offensichtlich, dass in einem solchen Netzwerk die Handlungsbereitschaften zumeist auf Identification oder Internalization beruhen, wenn ein Unternehmen nicht auf
Zur Vertiefung sei auf LAUPPER und die dort zitierte Literatur ven^/iesen, der die einzelnen Strukturmerkmale mit den entsprechenden Ansatzpunkten zur Netzwerksteuerung hinterlegt (vgl. LAUPPER (2004), S. 73 ff.).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird unter einem hierarchielosen Netzwerken ein Netzwerk verstanden, in dem die Koordination auf Abstimmungsprozessen und nicht auf hierarchischen Beziehungen innerhalb des Netzwerks basiert. Das bedeutet, dass die beteiligten Akteure keine Macht ijbertragen haben, wie sie beispielsweise an einen Netzwerkkoordinator erfolgen konnte. Solche Netzwerkkoordinatoren sind in der betrieblichen Praxis durchaus zu beobachten und werden in der Literatur teilweise unter dem Begriff „Netzwerk-Manager" thematisiert. Hierbei ist aus Sicht der betrieblichen Praxis nicht festgelegt, welche Rolle der Netzwerk-Manager originar in dem Netzwerk einnimmt. So lassen sich sowohl Informations-Broker als auch in den Produktionsprozess involvierte Unternehmen in unterschiedlichen Netzwerken als Netzwerk-Manager identifizieren (vgl. SIEBERT (2003), S. 23). Es sei erganzend hierzu darauf hingewiesen, dass derartige hierarchielose Netzwerke auch als Heterarchien bezeichnet werden (vgl. bspw. WINDELER (2001), S. 49).
Change Management von Untemehmensnetzwerken
219
materielle Belohnungen zuruckgreifen will;^°^ bei Abhangigkeiten und oftmals auch bei sozialen Interaktionen besteht die Machtgrundlage auf Basis von materieiier Belohnung respektive Bestrafung grundsatzlich. Die iiir zugrunde liegende Ressource ist jedoch unterschiedlich stark ausgepragt.
L
1 Kooperationsbeziehung Machtgrundlage — Legitimation durch die Gerechtigkeits- und Reziprozitatsnorm — Legalitdt (Positionsmacht) — Legitimation durch soziale Verantwortung — Expertenwissen/lnformation — Identlfikation
Einstellungs- und sVeranderungs^ sverhalten Identification Internalization
Konkurrenzbeziehung
— immaterielle Belohnung — Immaterielle Bestrafung — materielle Belohnung ^) — materielle Bestrafung ^^
Einstellungs- und s^eranderungs-^ sverhalten Compliance
Fett dargestellt: Wesentliche Machtgrundlagen in nicht-fokalen Netzwerken 1) Die materielle Belohnung ist eine Machtgrundlage, die koordinationsformubergreifend grundsatzlich moglich ist; nach dem Resource Dependence-Ansatz ist die materielle Bestrafung durch das Verweigern von Ressourcen bei einer entsprechenden Stellung des Unternehmens moglich
Abb. 76:
Machtgrundlagen und Handlungsbereitschaften in Netzwerken bei dyadischer Betrachtung
Diese Erkenntnis vorausgesetzt, wird deutlich, dass in den Fokus der Betraciitung deswegen verstarkt politische Prozesse fallen, urn mit deren Hilfe Ziele durchsetzen zu konnen. Vorausgesetzt, dass die beteiligten Akteure einen individueilen Nutzen durch die Partizipation am Netzwerk erzielen und damit beispielsweise ein Ausschluss aus dem Netzwerk fur jeden Beteiligten eine materielle Bestrafung darstellt, stellen derartige politische Prozesse mit der Folge von Kompromiss- und Koalitionsbildung einen wesentlichen Machtfaktor dar, weswegen sie im Folgenden im Rahmen der Betrachtung der Goal Attainment-Funktion auf Netzwerkebene betrachtet werden.^°^ Allgemein wird dabei unter Politik laut KIESER / OECHSLER ein Prozess verstanden, in dem eine Gesellschaft die fur ihre Fortexistenz und innere Organisation notwendigen Entscheidungen trifft. Da innerhalb der Gesellschaft unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Es sei angemerkt, dass, falls ein Unternehmen ausschliefllich auf eine materielle Belohnung / Bestrafung seiner Kooperationspartner zuruckgreift, ein Netzwerk mit einer eher losen Bindung vorliegt; auch die Fragestellung, ob es sich hierbei uberhaupt noch um ein Netzwerk handelt, ist durchaus berechtigt und lasst sich nicht allgemeingultig beantworten; da diese Fragestellung jedoch fur den weiteren Verlauf der Arbeit nicht relevant ist, soil sie nicht weiter thematisiert werden. Ohne auf eine Koalitionsbildung explizit einzugehen, stellt VAN WELL genau diesen Auftragsentzug bzw. den Ausschluss als die Moglichkeit negativer Sanktionierung dar (vgl. WELL (2001), S. 164).
220
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
Interessen existieren, bestehen fur politische Entscheidungen zumeist viele Alternativen mit jeweils vielfaltigen Konsequenzen, ist Politik nicht komplett durchkalkulierbar und verschlie(it sich zudem eindeutigen wissenschaftlichen Methoden.^°^ Die Legitimation von Entscheidungen und Handlungen erfolgt hierbei durch die Zustimmung der Mehrheit der Betroffenen.^°^ Bezogen auf Netzwerke bedeutet dies, dass Macht durch eine Bildung von Koalitionen ausgeubt werden kann, indem die koalierenden Unternehmen eine derartige Machtfulle auf sich vereinen, dass ihnen hierdurch die IVIoglichkeit zu einer iVIachtausubung in einem Netzwerk gegeben wird. Hierbei werden dieselben Mechanismen angewendet, wie sie in Kapitel 2.2.2.3.2 im Rahmen der Diskussion der Mikropolitik aufgezeigt wurden.^^° Auf Netzwerkebene folgt fiir das Change Management fur die Goal Attainment-Funktion, dass es dem Change Management obliegt, derartige Koalitionen zu bilden, damit die angestrebten Ziele realisiert werden konnen. Hierbei sei ausdrucklich darauf hingewiesen, dass eine derartige Koalitionsbildung einen zweistufigen Prozess darstellt. Zum einen der Prozess der Koalitionsbildung an sich und zum anderen hierauf aufbauend, wenn die Bildung nicht erfolgreich gewesen ist, die Modlfikation von Zielen der Veranderung, um hierdurch Koalitionen zielfuhrend bilden zu konnen. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass derartige Prozesse der Koalitionsbildung durchaus langwierig sein konnen. Dies kann durchaus zur Folge haben, dass ein Vorteil von Netzwerken, die Flexibilitat, aufgrund zeitintensiver Abstimmungsprozesse konterkariert wird. Deswegen besteht eine Herausforderung bei der Etablierung von Unternehmensnetzwerken darin, Koordinationsmechanismen zu schaffen, die eine zeitnahe Entscheidungsfindung auch bei Netzwerken zu schaffen, die in ihrer Ursprungsform zunachst hierarchlelos sind. Neben diesen langwierigen Koalitionsbildungsprozessen besteht aber naturlich auch die Moglichkeit, dass sich Koalitionen ad-hoc bilden; diese sind dann zumeist eher lose und situationsspezifisch, so dass sie sich auch zeitnah wieder losen konnen. Derartige Koalitionen sind jedoch im Rahmen des Change Managements auf Netzwerkebene als nicht unproblematisch einzustufen, da aufgrund der losen Bindung ein tragfahiges Bundnis fur ein erfolgreiches Change Management unter Umstanden nicht gegeben ist. 3.5.3.1.3
Change Management auf Netzwerkebene der Integration-Funktion
Ein wesentliches Koordinationsinstrument in Netzwerken ist Vertrauen, wie bereits eriautert wurde. Dieses Vertrauen ist jedoch nicht in alien Netzwerkauspragungen gleichermaflen relevant, sondern es besteht vielmehr ein Zusammenhang zwischen Bindungsgrad und dem erforderlichen Vertrauen der Netzwerkunternehmen. Wie Im Kapitel 3.2.2 schon dargestellt, basiert die Regelung der Zusammenarbeit in einem Netzwerk auf Vertrauen, die Konfliktbewaltigung erfolgt unter Wahrung von Vertrauen und Reputation. Des Weiteren wurde in Kapitel 3.3 festgestellt, dass sich die einzelnen Auspragungen der Netzwerkansatze der betrieblichen Praxis hinsichtlich der Bindungsstarke der Kooperationspartner voneinander unterscheiden. Abb. 77 stellt nun den Zusammenhang der Bindungsstarke der Kooperationspartner und dem notwendigen Vertrauen dar und ordnet in diese Grafik die NetzwerkanVgl. KIESER/OECHSLER (2004), S. 2 909 910
Vgl. KiESER / OECHSLER (2004), S. 2 Erganzend sei angemerkt, dass KUHL / T. SCHNELLE / W. SCHNELLE diesbezOglich das Konzept des lateralen Fuhrens entworfen haben. Dieses Konzept hat die Beherrschung des Zusammenspiels aus Verstandigung, Macht und Vertrauen zum Gegenstand, um hierdurch einem Akteur zu ermoglichen, seine Ziele in einem Netzwerk durchzusetzen (vgl. KUHL / SCHNELLE / SCHNELLE (2004), S. 70 ff.).
221
Change Management von Unternehmensnetzwerken
satze der betrieblichen Praxis. Bevor die Grafik begrundet und die Folgerungen fur das Change Management dargestellt werden, sei angemerkt, dass der Verlauf der Kurve lediglich eine Prinzipdarstellung ist; der genaue Verlauf ist fur die weiteren Ausfuhrungen nicht von Relevanz. Vielmehr ist die Erkenntnis ausreichend, dass die Kurve stetig ansteigend ist, Vertrauen bei steigender Bindungsstarke also stetig relevanter wird. Vertrauen
Markt
Netzwerk
Hervorgehoben: Im Rahmen der vorliegenden Arbeit besonders relevante Netzwerkauspragungen
Abb. 77:
Hlerarchle Bindungsstarke
Netzwerkansatze der betrieblichen Praxis und Vertrauen / Relevanz des Faktors Mensch
Die These der vorliegenden Arbeit, dass Vertrauen und Bindungsstarke positiv miteinander korreliert sind, lasst sich wie folgt begrunden. Aus einer erhohten Bindung der Kooperationspartner aneinander folgert grundsatzlich eine Langerfristigkeit einer Beziehung.^^^ Solche langerfristigen Beziehungen lassen sich jedoch zumeist nicht in Ganze erfassen und damit auch nicht planen aufgrund der Unsicherheiten bei planungsrelevanten Informationen.^^^ Zudem steigt aufgrund des langeren Zeithorizonts die Anzahl moglicher Handlungsalternativen, was verbunden mit der erhohten Unsicherheit eine steigende Komplexitat zur Folge hat. Somit kann festgehalten werden, dass aus einer hoheren Bindungsstarke und damit einer langeren Beziehungsdauer die Komplexitat fur ein Unternehmen ansteigt. Wie in Kapitel 2.2.2.3.3 festgestellt wurde, ist ein konstituierendes Merkmal von Vertrauen die Reduction von Komplexitat; als Reaktion auf steigende Komplexitat sind die Akteure bestrebt, Vertrauen aufzubauen. Diese Erkenntnisse zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass Bindungsstarke und Vertrauen positiv miteinander korreliert sind.^^^ Es sei angemerkt, dass auch aus der hoheren Relevanz des Faktors Vertrauen und damit auch des Faktors Mensch bei einer starkeren Bindung der Kooperationspartner eine hohere Es sei angemerkt, dass diese erhohte Beziehungsdauer, die in der Literatur teilweise auch unter dem Begriff des Lock-in-Effekts thematisiert wird, prinzipiell zwar auch kurzfristig aufgelost werden kann, dies jedoch zumeist aufgrund wirtschaftlicher Uberlegungen nicht empfehlenswert ist (vgl. bspw. PICOT/REICHWALD/WIGAND R. (2003), S. 371). Diese Unsicherheit bezijglich zukunftiger Entwicklungen, die mit einer Verlangerung des Planungshorizontes zunimmt, wird in der Literatur auch unter dem Begriff der Informationsdynamik diskutiert (vgl. bspw. KLEIN / SCHOLL (2004), S. 190). Formal nimmt somit der Bestimmtheitsgrad mit zunehmenden Planungshorizont ab (vgl. SCHNEEWEift (1991/92), S. 34-40). Zu dem selben Ergebnis kommt KLAUS, wobei er unterschiedliche Auspragungen von Bindungsstarken nicht differenziert, sondern grundsatzlich von einer hohen Abhangigkeit und damit von einem hohen Bindungsgrad ausgeht. Die Herleitung des Zusammenhangs zwischen Vertrauen und Bindungsstarke ist jedoch identisch (vgl. KLAUS (2002), S. 238 ff.).
222
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
Gewichtung der nicht-okonomischen Funktionen des AGIL-Schemas, also der Goal Attainment-, der Integration- sowie der Latent Pattern Maintenance-Funktion resultiert.^^"^ Neben dem Aufbau von Vertrauen obliegt es dem Change Management im Rahmen der Integration-Funktion, Widerstande abzubauen sowie Akteure zu motivieren. Es sel angemerkt, dass die Ausfuhrungen zum Widerstandsabbau und Motivationsaufbau im Kern identisch mit den Ausfuhrungen im Kapitel 2.2.2.3.3 sind und deswegen auch nicht welter erortert werden. Voraussetzung hierfur ist jedoch, dass insbesondere fur den Abbau von Widerstanden die erforderlichen Machtressourcen zur Verfugung stehen. Dies ist vor dem Hintergrund des Wesens von Netzwerken, dass hierbei keine Weisungsrechte bestehen, nicht grundsatzlich gegeben. Zuletzt seien noch auf Erfahrungswerte hingewiesen, welche die Relevanz des Widerstandsabbaus im Rahmen der Integration-Funktion aufzeigen. Untersuchungen zum WIderstand von Akteuren in Netzwerken haben ergeben, dass bei Wandelvorhaben die Zahl der Promotoren auderst gering ist. So ergab eine Studie von MOHR / WOEHE, dass lediglich 5 Prozent als Promotoren des Wandels einzustufen sind, 95 Prozent dagegen als Skeptiker (40 Prozent), Bremser (40 Prozent) oder aktive Widerstandler (15 Prozent) eingeordnet werden kdnnen.^^^ Ohne die Studie vertiefend zu erortern zeigt dies eine Problematik des Change Managements auf Netzwerkebene auf. Die Widerstande sind hoch, die Machtressourcen zum Abbau dieser sind dagegen eher gering.
3.5.3.1.4
Change Management auf Netzwerkebene der Latent Pattern MaintenanceFunktion
Wie die Diskussion von Unternehmenskulturen bereits gezeigt hat, iassen sich Kulturen nicht per Anweisung in einem Schritt entwickein, sondern bedurfen einer evolutionaren Entwicklung. Ubertragen auf das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken bedeutet dies, dass sich eine Netzwerkkultur gleichzeitig mit dem Change Management entwickelt. Korrespondierend zu der Entwicklung von Unternehmenskulturen gilt jedoch auch fur die Entwicklung von Netzwerkkulturen, dass sie beeinflusst, nicht jedoch vollstandig entwickelt werden konnen. Es ist offensichtlich, dass jedes einzelne Unternehmen eine individuelle Unternehmenskultur besitzt. Somit konnen die Unternehmenskulturen und die sich entwickelnde Netzwerkkultur niemals deckungsgleich sein; vielmehr werden grundsatzlich die Netzwerkkultur und die verschiedenen Unternehmenskulturen parallel existieren. WIrd dies mit der Erkenntnis verbunden, dass ein Netzwerk eine Schnittmenge der beteiligten Netzwerkunternehmen ist, folgt, dass eine Netzwerkkultur grundsatzlich eine Differenzierungsperspektive aufweisen muss, wie in Abb. 78 basierend auf der im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Schematik dargestellt.
Zunachst mag es nicht ersichtlich sein, warum der Faktor Vertrauen, der im Rahmen der Diskussion des AGIL-Schemas der Integration-Funktion zugeordnet wurde, zusatzlich die Goal Attainment-Funktion sowie die Latent Pattern Maintenance-Funktion tangiert. Dies liegt in dem konstituierenden Merkmai von Vertrauen, dass Akteure hiermit einen positiven Erwartungswert verbinden, begrundet (vgl. Kapitel 2.2.2.3.3). Wenn aufgrund der Verteilung von Machtressourcen Oder dem Einsatz von Macht einerseits sowie andererseits Handlungen, die den Norm- und Wertvorstellungen der Akteure nicht entsprechen, der positive Erwartungswert der Akteure nicht mehr gegeben ist Oder sogar ein Vertrauensbruch vorliegt, resultiert hieraus eine Minderung des Vertrauens aufgrund enttauschten Vertrauens. Dies gilt sowohl fur individuelles als auch fur Organisationsvertrauen. Vgl. MOHR/WOEHE (1998) zitiert aus LIES (2003), S. 266 f.
Change Management von Unternehmensnetzwerken
223
flie&eri^
Integrationsperspektive
C
Starre Subkulturen
sla^ Fur Netzwerke geeignete Kulturauspragungen
Abb. 78:
Auspragungen von Netzwerkkulturen
Prinzipiell bestehen vor diesem Hintergrund fur das Change Management der Latent Pattern Maintenance-Funktion zwei unterschiedliche Moglichkeiten. Zunn einen kann das Change Management bewusst darauf verzichten, Einfluss auf die sich entwickelnde Netzwerkkultur zu nehmen. Dies wurde auf der Annahme basieren, dass sich eine Netzwerkkultur evolutionar optimal an die bestehenden Unternehmenskulturen anpasst. Zum anderen besteht fur das Change Management die Moglichkeit, die Evolution der Netzwerkkultur bewusst zu beeinflussen, was auf der Annahme basiert, dass bestimmte Charakterlstika einer Netzwerkkultur fur eine erfolgreiche Etabllerung fdrderlich sind; diese sich jedoch nicht oder nicht zwangslaufig in einem evolutionaren Prozess ohne Beeinflussung herausbilden. In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Wechselwirkungen zwischen Netzwerkkultur und Unternehmenskultur sowie hierauf aufbauend die Anforderung an eine personale Fuhrung in der Praxis der Netzwerkorganisation unerforscht slnd,^^^ weswegen im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf keinerlei Vorarbelten zuruckgegriffen werden kann. Die Fragesteliung der optimalen Vorgehensweise wird sich nicht allgemeingultig beantworten lassen, da die evolutionare Entwicklung einer Kultur nicht eindeutig vorhersehbar ist.^^^ Einem Change Management der Latent Pattern Maintenance-Funktion auf Netzwerkebene obliegt es daher, eine Soil-Position fur eine Kultur auf Netzwerkebene sowie (ggf. unternehmensindividuell) auf Unternehmensebene festzulegen, die Entwicklung regelmafiig zu analysieren und bei Bedarf korrigierende Mafinahmen einzuleiten. Hierbei sind die Vorgehensweise und die einsetzbaren Instrumente identisch mit den im Rahmen des Change Managements auf Unternehmensebene bereits andiskutierten Punkten; des Weiteren gelten fur die Analyse der Kultur und deren Beeinflussung die gleichen Restriktionen. Komplexitatserhohend ist ledlglich, dass mehrere Unternehmenskulturen sowie eine Netzwerkkultur parallel beeinflusst werden und das Ergebnis der Beeinflussung aufgrund des fehlenden Determinismus' unternehmensspezifisch unterschiedlich sein kann. Vgl. SYDOW (2003), S. 287 f.
Insbesondere sei in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen, dass die Kriterien, wann divergierende Kulturen sich synergetisch erganzen und wann sie sich gegenseitig hemmen, noch nicht abschlieflend identifiziert sind. Sollte dies der Fall sein, wurde der These der vollkommenen Beeinflussbarkeit von Unternehmenskulturen zugestimmt werden und damit der Standpunkt der Kulturingenieure eingenommen werden, welchem im Rahmen der vorliegenden Arbeit, wie begrundet, nicht gefolgt wird.
224
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
3.5.3.2
Der Change Management-Prozess zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken
3.5.3.2.1
Der Change Management-Prozess auf Netzwerkebene
Korrespondierend zum Change Management-Prozess auf Unternehmensebene lasst sich auch ein solcher auf Netzwerkebene identifizieren.^^® Unterschieden werden hierbei generelle Entwicklungsmodelle fur Unternehmensnetzwerke sowie spezifischere Vorgehensmodelle zum Netzwerkaufbau. Letztere entsprechen korrespondierend zu der in Kapitei 2.1.3 vorgestellten Terminologie von TURK den Lernmodellen. Entwicklungsmodelle stellen den Entwicklungspfad eines Netzwerkes auf einem generischen Niveau dar und unterstellen damit korrespondierend zu Entwicklungsmodellen fur Organisationen unterschiedliche Entwicklungsstadien in einem Netzwerk. So unterscheidet beispielsweise MORATH die drei Phasen „Entstehung der Beziehung", ..Etablierung der Beziehung" sowie ..Flexibilisierung der Beziehung".^^^ Hintergrund dieses Phasenmodells ist die Erkenntnis. dass sich Netzwerke ansonsten zwangslaufig auflosen wurden, da sie im Laufe ihrer Entwicklung ihre Daseinberechtigung verlieren wurden. Dies wird dadurch begrundet. dass sie im Zeitablauf sehr enge formalisierte Abhangigkeitsbeziehungen. moralische Verpflichtungen und gemeinsame Normen aufbauen,^^° wodurch ihr Vortell gegenuber Hierarchie aufgrund ebenfalls starrer, unflexibler Strukturen verringert ist.^^^ Korrespondierend zu dem Change Management auf Unternehmensebene sei jedoch lediglich erwahnt, dass solche Modelle auch auf Netzwerkwerkebene existieren; sie sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit, da sie keinen Erkenntnisgewinn bezuglich der Etablierung von Unternehmensnetzwerken generieren. Langfristlg Kurzfristig
'S")/"•"•""'"")/"""•"'"''•)) ^^' ) f e : s ^ ) ) 5 = r j ) > z s z Abb. 79: Dagegen stellen die spezifischeren Vorgehensmodelle zum Netzwerkaufbau Prozesse dar, die ein konkretes Vorgehen zur Etablierung und Fuhrung eines Netzwerkes aufzeigen. Es existieren in der Literatur die unterschiedlichsten Vorgehensmodelle, wobei eine umfassende Diskussion der unterschiedlichen Modelle jedoch nicht als zielfuhrend angesehen wird, da sich die Modelle zwar bezuglich des Abstraktionsgrades und der Unterteilung in einzelne ^^^
919 920
Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Frage, ob Kooperationen einen eigenstandigen Entwicklungsprozess aufweisen, nicht eindeutig in der Literatur beantwortet wird. So fijhren Kritiker eines derartigen Entwicklungsprozesses an, dass die Kooperation einerseits mit dem Entwicklungsprozess der beteiligten Aktoren verworben ist und zudem ausgesprochen ..fragile, haufig bewusst temporar limitierte Gebilde" darstellen (vgl. KUTSCHKER (2003a). S. 25). Auch wenn diese Argumentation nachvollziehbar ist, wird trifft sie jedoch nicht auf das Prozessmodell der vorliegenden Arbeit zu, da dieses, wie das folgende Kapitei 3.5.3.2.2 zeigt, explizit die Unternehmens- und Netzwerksicht zusammenfuhrt und daruber hinaus die Fragestellung des Timing einer Kooperation thematisiert. Vgl. M0RATH(1996), S.42ff. Vgl. LARSON (1992), S. 96
Vgl. M0RATH(1996), S.40 Vgl. HiRSCHMANN (1998), S. 28
Change Management von Unternehmensnetzwerken
225
Phasen unterscheiden, jedoch nicht wesentlich in ihrem Aussagegehalt differieren.®^^ Deswegen wird stellvertretend im Folgenden ein Vorgehensmodell zum Aufbau von Kooperation vorgestellt, das Modell von HIRSCHMANN (siehe Abb. 79). Dieses IVIodell eignet sich aufgrund des gewahiten Abstraktionsgrades gut, die Spezifika von Kooperationsphasen darzustellen und diese, hierauf aufbauend, in das im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendete prozessuale Change IVIanagement Vorgehensmodell zu ubertragen. Es sei darauf hingewiesen, dass das Modell zwar ein Phasenmodell fur Kooperationen und nicht fur Unternehmensnetzwerke darstellt, dieses sich jedoch nicht grundsatzlich von einem Modell fur Unternehmensnetzwerke unterscheidet. Wie in der Abbildung ersichtlich, werden von HIRSCHMANN sieben Phasen unterschieden. Prinzipiell werden hierbei die einzelnen Phasen sukzessive durchlaufen; Rucksprunge sind nur wahrend der Kooperationsdurchfuhrung vorgesehen, wenn die Kooperationspartner entweder kurzfristig die Kooperation an veranderte Rahmenbedingungen oder Ziele anpassen Oder sie bel einer langfristigen Ruckkopplung ihren grundsatzlichen Kooperationsbedarf ijberprufen.^^'^ Die erste Phase der Kooperationsbedarfsermittlung beinhaltet den Beschluss der Unternehmensfuhrung, Kooperationen zukunftig als Strategie einzusetzen. Die Notwendigkeit hierzu kann entweder reagierend aus einer nicht gewunschten Unternehmenssltuation herruhren Oder proaktiv, um die zukunftige Wettbewerbssituation zu verbessern. Dabel kann die Entscheidung fur oder gegen eine Kooperation lediglich unter Unsicherheit getroffen werden; neben rationalen Aspekten mussen auch irrationale Uberlegungen sowie exogene Einflusse berucksichtigt werden. Hierfur sind Potenziale zu identifizieren, alternative Instrumente zur Verbesserung der Unternehmenssltuation zu identifizieren sowie eine Vor- und Nachteilsanalyse der Kooperation durchzufiJhren. Die Phase wird abgeschlossen mit einer Definition des Kooperationsgrundes sowie des Gegenstandes der Kooperation. Bezogen auf das Netzwerkmodell der vorliegenden Arbeit bedeutet dies, dass ein FIT ermittelt wird mit dem Ergebnis, dass ein kooperative Koordinationsform am empfehlenswertesten ist. Da die Ermlttlung des FIT unabhangig von potenziellen Kooperationspartnern erfolgt, finden lediglich kooperationsformidentifizierende Funktionen Anwendung. Die sich anschlieflende Phase der Zieldefinition hat die Definition der Ziele zum Gegenstand, die das Unternehmen mit der Kooperation verfolgt. Der Erreichungsgrad der Ziele muss hierbei hoher sein als bei einer Durchfuhrung der Aufgaben, die Gegenstand der Kooperation sind, durch das Unternehmen selber; es muss demnach die Moglichkeit der Erwirtschaftung eines Kooperationsgewinns gegeben sein.^^^ Nachdem die Ziele definiert wurden, schlieUt sich die Phase der Partnersuche an. Hierbei sind zunachst die Anforderungen an einen Partner festzulegen, um hierauf aufbauend Partner zu identifizieren und diese zu bewerten. Es sei jedoch angemerkt, dass die Bewertung auf intransparenten Markten nicht trivial ist. Bezogen auf das im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendete Netzwerkmodell entspricht die Auswahl und Bewertung der Partner der Ermlttlung des FIT zwischen den Partnern bezogen auf den Kooperationsgegenstand, Vgl. fur einen Uberblick bspw. PEITZ (2002), S. 149-160 Vgl. HIRSCHMANN (1998), S. 30, bzw. zu den folgenden Ausfuhrungen HIRSCHMANN (1998), S. 28 ff. Es sei darauf hingewiesen, dass HIRSCHMANN lediglich einen mindest genauso hohen Zielerreichungsgrad fordert; dies ist jedoch aus Sicht des Verfassers nicht ausreichend, da aufgrund des hdheren Risikos einer Kooperation das Potenzial der Erwirtschaftung eines Kooperationsgewinns vorliegen muss. Die Kooperation muss demnach einen positiven En/vartungswert aufweisen.
226
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
was der durchzufuhrenden Transaktion bei der FIT-Funktion entspricht.^^® Gegenstand dieser Phase ist jedoch nicht nur die Identifikation und Bewertung der potenziellen Partner sondern zudem die Uberzeugung der potenziellen Partner uber die Vorteilhaftigkeit einer Kooperation. Ergebnis dieser Phase ist ein Pool potenzieller Partner. In Rahmen der sich anschliefienden Phase, der Phase der Partnerauswahl, werden aus dem Pool potenzieller Partner die Kooperationspartner ausgewahlt. HIRSCHMANN zahit hierfur einige Kriterien auf, die fur eine derartige Partnerauswahl angelegt werden konnen. Hierzu zahlen neben den okonomischen Aspekten Punkte wie Teamfahigkeit, Zuverlassigkeit, Offenheit und Vertrauen. Aus SIcht des Autors ist diese Aufzahlung jedoch weder vollstandig noch strukturiert, weswegen zunachst nicht naher auf die Punkte eingegangen wird, sondern dieser Aspekt bei der Diskussion der Erfolgsfaktoren des Change Managennents auf Netzwerkebene wieder aufgegriffen wird (siehe Kapitel 3.6). Wesentlich hierbei ist jedoch die Erkenntnis, dass die moisten Probleme bei Kooperationen weniger im okonomischen, sondern eher im nicht-okonomischen, interpersonellen Bereich zu suchen sind.^^^ Die Phase der Kooperationskonfiguration legt die Modalitaten der Kooperation unter Berucksichtigung der Ist-Situatlon der Partner sowie des Marktumfeldes fest. Die Modalitaten umfassen dabei die Festlegung des Kooperationsziels und der -konditionen,®^^ Gestaltungsentscheidungen uber die Organisation sowie die Ablaufe der Kooperation. Obwohl die Definition einer optimalen Konfiguration aufgrund der Komplexitat einer Kooperation nicht moglich ist, schlagt HIRSCHMANN zur Unterstutzung die Durchfuhrung von Nutzwertanalysen
Mit Abschluss dieser Phase ist auch der FIT der koordinationsformlimitierenden Funktionen ermittelt worden. Im Gegensatz zu dem Vorgehensmodell von HIRSCHMANN ist es aus Sicht des Verfassers hiernach durchaus moglich, dass ein Rucksprung zu vorherigen Phasen notwendig wird; dies ist dann der Fall, wenn eine der Funktionen zum Ergebnis hatte, dass eine kooperative Koordinationsform nach Betrachtung der gesamten FIT-Funktion nicht empfehlenswert ist. Die bisherigen Phasen sind allesamt Planungsphasen; die Phase der Kooperationsdurchfuhrung beschreibt die operative Phase einer Kooperation. Neben der operativen Abwicklung der Kooperation beinhaltet diese Phase die Sicherstellung der effizlenten Durchfuhrung der Kooperation sowie die Identifikation von Fehlentwicklungen und Verbesserungspotenzialen; hieraus konnen sich wieder Planungstatigkeiten ergeben. Die letzte Phase, die der Kooperationsbeendigung, hat zum einen die operative Auflosung der Kooperation zum Gegenstand; hierzu gehoren beispielsweise die Losung von Verteilungsfragen bei gemeinsam getatigten Investitionen. Zum anderen obliegt es dieser Phase, eine Reintegration der ausgelagerten Aufgaben durchzufuhren, wenn nicht durch eine erneute Initiierung des Prozesses eine erneute Kooperation eingegangen wird. Die Phasen entsprechen nicht durchgangig den Phasen des im Rahmen der vorliegenden Arbeit angewendeten Change Management-Prozessmodells. So sind einzelne Phasen deutlich detaillierter als in dem prozessualen Vorgehensmodell der vorliegenden Arbeit, die Phase der Umsetzung fehit und zuletzt ist mit der Kooperationsbeendigung eine zusatzllche 926 927
Vgl. hierzu Abb. 64, Seite 182 Vgl. hierzu auch BLEICHER (1989), 8. 6 Unter den Kooperationskonditionen versteht HIRSCHMANN die Intensitat, Dauer, Finanzierung, eventuelle vertragliche Fixierungen, ErgebnisvenA/endung, Aufteilung von Kosten und Eriosen, Wahl der Kooperationsform sowie die Abgrenzung von Zustandigkeiten (vgl. HIRSCHMANN (1998), 3.30).
Change Management von Unternehmensnetzwerken
227
Phase aufgefuhrt, die im Rahnnen des Change Managennents zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken nicht relevant ist. Somit lasst sich das Modell, wie in Abb. 80 dargestellt, einordnen. ^°Z'
\ \
Zi-I-
\ \
partner- \ \
Partner- \ \ / T "
\
\
H°°''h"
Change Management auf Netzwerkebene Positionsbestimmung unC Zielsetzung
Abb. 80:
Planung des Wandels
^
Kontroife u, ^msetzung) ) institutiona -lisierung
Einordnung des Phasenmodells nach HIRSCHMANN in das prozessuale Vorgehensmodell des Change Managements
Trotz allem lassen sich aus denn Prozessmodell von HIRSCHMANN Erkenntnisse uber das Wesen von Veranderungsprozessen auf der Netzwerkebene ableiten. Im Gegensatz zu dem Change Management auf Unternehmensebene ist eine wesentiiche Erganzung in der Partnersuche und -auswahl zu sehen, bei der neben der unternehmensinternen Sicht der Identifikation geeigneter Partner auch eine externe Sicht der Uberzeugung der Partner fur eine Kooperation Gegenstand ist. Im Change Management-Prozess sind sowohl zwischen der ..Positionsbestimmung und Zielsetzung" und der ..Planung des Wandels" als auch zwischen der ..Planung des Wandels" und der ..Umsetzung" Abstimmungspfeile eingezeichnet. Die letztere Abstimmung zwischen der Planung und der Umsetzung entspricht dem Change Management-Prozess auf Unternehmensebene und bedarf deswegen kelner Eriauterung. Die erste Abstimmung resultiert aus Anforderungen an das Netzwerk. die von den Kooperationspartnern gestellt werden. Denn nach dem Modell von HIRSCHMANN wurde das Unternehmen, welches das Netzwerk initiiert, bestimmen. welche Ziele das Netzwerk sich setzt, ohne dass die Partner hierauf einen Einfluss haben. Wie in Kapitel 3.5.3.1.2 jedoch deutlich wurde, stellt die Zieldefinition bei nicht-fokalen Netzwerken einen Kompromiss zwischen den Partnern dar, so dass der Bedarf entstehen kann, dass nach der PartnenA/ahl die Zieldefinition uberarbeitet wird. Damit stellt der Prozess keinen streng sequentiellen Ablauf dar, sondern kann durchaus Rucksprijnge aufweisen. Damit trifft fur dieses Modell auch nicht die oftmals geauflerte Kritik zu, dass prozessuale Vorgehensmodelle eine sequentielle Entwicklung eines Netzwerkes unterstellen, dass die unterschiedlichsten Rucksprunge und erneuten Verhandlungsprozesse nicht berucksichtigt.^^^ Es sei angemerkt, dass die evolutionare Entwicklung eines Netzwerkes insbesondere auch bei der Synthese der Change Management-Prozesse auf Unternehmens- und Netzwerkebene deutlich wird. Denn um ein Change Management-Prozess ganzheitlich zu fassen, sind die Unternehmens- und die Netzwerkebene miteinander zu verbinden. Dies ist Gegenstand des folgenden Kapitels.
Vgl. bspw. KUTSCHKER (2003b), S. 1068
228
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
3.5.3.2.2
Die Synthese des Change Management-Prozesses auf Netzwerk- und Unternehmensebene
In den bisherigen Ausfuhrungen wurde das Vorgehen fur ein Change Management sowohl auf Unternehmens- als auch Netzwerkebene beschrieben. Dabei beschrieb der Change Management-Prozess auf Unternehmensebene das Vorgehen, wie ein Unternehmen intern vorgeht, urn ein Wandelvorhaben umsetzen zu kdnnen. Dagegen war Gegenstand des Prozesses auf Netzwerkebene die Darstellung eines Vorgehens zur Etablierung eines Netzwerkes ausgehend von der Identifikation der Kooperationsanforderungen bis zur Konfiguration und Umsetzung des Netzwerkes. Diese beiden Prozesse sind nicht unabhangig voneinander, da die Anforderung an das Netzwerk, wie im Rahmen der FIT-Funktion sklzziert, von (mindestens einem) Unternehmen gestellt wird. Mit der Synthese der beiden Prozesse wird offenslchtlich, dass neben der Netzwerk- und Unternehmensebene noch eine weitere Differenzierung innerhalb der Unternehmensebene notwendig wird, da Akteure mit zwei unterschiedlichen Rollen den Etablierungsprozess konstituieren, das initiierende und das bzw. die kooperierende(n) Unternehmen. Das initiierende Unternelimen ist hierbei das Unternehmen, dass aufgrund der Analyse der Ist-Situation den Bedarf fur eine Kooperation identifiziert hat und damit der Ausloser fur den Aufbau eines Netzwerkes ist. Zum anderen werden auf der Netzwerkebene Netzwerkpartner identifiziert, die von der Vorteilhaftigkeit einer Kooperation uberzeugt werden. Diese Unternehmen, im Folgenden als f
Die Relevanz der Etablierung im Allgemeinen und des interorganisationalen Lernens im Speziellen hebt insbesondere Schneider hervor (vgl. SCHNEIDER (2003), S. 1001 ff.). Vgl. Kapitel 3.5.2 im Allgemeinen und Abb. 74, Seite 213 im Speziellen
229
Change Management von Unternehmensnetzwerken
0) :^
euaqe -)|ie/wz)aN Abb. 81:
UQiuqeujeiuf) SBpuQjaiiiiui auaqesueuji|auja}un
uoiuqaujatun SBpuBJQuadooyi auaqasuauiqauja^un
Prozessuales Vorgehen des evolutionaren Netzwerkmodells
230
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
Dieses Modell lasst sich Groftteils direkt aus den bisherigen Ausfuhrungen ableiten. Es soil deswegen nicht in Ganze erklart werden, sondern es sei lediglich auf einige Punkte hingewiesen. Die Initiierung eines Netzwerkes, insbesondere bei Netzwerken nnit einer engeren Bindung der Netzwerkpartner anelnander, hat oftmals auch wesentliche Auswirkungen auf die kooperierenden Unternehmen. Dies wird beispielhaft bei der DIskussion des Branchenbezugs deutlich, wenn die Ausgrundung von Unternehmensteilen und der damit einhergehenden Etablierung von Unternehmensnetzwerken als Losung fur bestehende Herausforderungen in der Energiewirtschaft thematisiert wird.^^^ Hieraus folgt jedoch unmittelbar, dass die Unternehmen mit der Netzwerkinitilerung zumeist einem Wandel 2. Ordnung unterworfen sind. Mit der Initiierung des Netzwerkes ist die Fortentwicklung des Netzwerkes, also dessen Etablierung, das Ergebnis einer kooperativen Zusammenarbeit; dies erfolgt in einem evolutionaren Prozess und stellt aufgrund dessen einen Wandel 1. Ordnung dar. Hierbei kann die im Rahmen der Initiierung vorgenommene Unterscheidung nach initilerenden und kooperierenden Unternehmen nicht mehr aufrecht erhalten werden, da es fur die weitere Entwicklung nicht relevant ist, wer der ausldsende Faktor fur das Netzwerk war. Vielmehr wird ein Entwicklungsbedarf im Netzwerk identifiziert und kooperativ bearbeitet. Diese Entwicklung beschreibt damit die sukzessive Fortentwicklung des Netzwerkes nach dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz. Aus dem Modell wird deutlich, dass der Change Management-Prozess zur Etablierung eines Netzwerkes einer umfangreichen Abstimmung zwischen den Kooperatlonspartnern bedarf; dies wurde bereits in Kapitel 3.5.3.1.2 diskutiert. Dieser Abstimmungsbedarf beschrankt sich dabei nicht nur auf die Netzwerkebene, sondern tangiert grundsatzlich auch die Unternehmensebene. Je nach Umsetzungsstand und -restriktionen auf der Unternehmensebene entstehen dadurch gegenseitige Interdependenzen zwischen der Netzwerk- und Unternehmensebene. Der letzte Prozessschritt auf Netzwerkebene ist die Kontrolle und Institutionalislerung. Wenn ein nicht-fokales Netzwerk vorliegt, unterscheidet sich dieser Prozessschritt grundlegend von vergleichbaren Schritten in einer Hierarchie. Denn in diesem Fall kann ein Unternehmen nicht das Controllingsystem vorgeben, sondern es muss eine Abstimmung des dezentralen Controllings der Partnerunternehmen mit dem Controlling des Gesamtnetzwerkes erfolgen.^^^ Um nun trotz dieser Problematik ein Controlling durchfuhren zu konnen, schlagen BALKE / KUPPER vor, die Erkenntnisse des Konzern- und Projektcontrollings auf das Netzwerkcontrolling zu ubertragen und in Abhangigkeit von Autonomie der Netzwerkunternehmen, Wechsel-
932 933
Vgl. hierzu Kapitel 4.4.3 Vgl. bspw. BALKE/KOPPER (2003), S. 944 Es sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass BALKE / KUPPER sich nicht auf das Controlling des Wandeivorhabens beziehen, sondern auf ein Controlling im Allgemeinen. Dieser Fokus wird zumeist eingenommen (vgl. auch HESS (2002), S. 144 ff. oder STULLENBERG (2003), S. 109 ff.), was jedoch fur die zugrundeliegende Problematik von Relevanz ist. Denn unabhangig davon, was der Controllinggegenstand ist, sind weiterhin dezentrale mit zentralen Controllinginstrumente zu verbinden. Diese Auffassung vertritt beispielsweise STULLENBERG auch implizit, wenn er bei seinen Ausfuhrungen zum Kooperationscontrolling aile Phasen von der Initiierung und Partnerwahl uber die Entstehungs- und Wachstumsphase bis zur Degeneration oder Weiterentwicklung abdeckt (vgl. STULLENBERG (2003), S. 118).
231
Change Management von Unternehmensnetzwerken
seitigkeit der Planungsfolge und Segmentierung der Untemehmensrechnung Budgetierungssystenne, Kennzahlen- oder Zielsysteme oder Verrechnungspreissysteme einzusetzen.^^"^ Neben dieser Problematik weist ein Kooperationscontrolling eine weitere Herausforderung auf; die Komplexitat einer Kooperation. Denn nach HESS muss ein derartiges Controlling auf der einen Seite die auftragsbezogene Ebene mit dem Auftragscontrolling und auf der anderen Seite die auftragsubergreifende Ebene mit dem Aktions-, Erfoigs- und Partnercontrolling abzudecken.^^^ Ein weiterer, relevanter Aspekt bei der prozessualen Betrachtung des Change Managements ist das Timing. Unter dem Timing werden dabei im Rahmen der vorliegenden Arbeit zwei unterschiedliche Fragestellungen verstanden: zum einen die Zeitsensitivitat der Wahl der Koordinationsform, zum anderen die zeitliche Durchfuhrung einzelner Change Management Mafinahmen. Optimale Koord.-form
Markt
U(^J{ty
Netzwerk
Ap(t)^p(t),lp(t),Lp(t))
Hierarchie
Fall 1: Zeitraum, in dem das Netzwerk die optimale Koordinationsform darstellt
Zeit (t)
Fall 2: Zeitraum, in dem das Netzwerk die optimale Koordinationsform darstellt (zeitindifferent)
Abb. 82:
Optimale Koordinationsform in Abhangigkeit der Zeit bei unterschiedlichen FIT-Funktionen
Die Zeitsensitivitat der Wahl der Koordinationsform ist in Abb. 82 dargestellt. In dieser Abbildung wird dargestellt, wie sich die Wahl eine optimalen Koordinationsform fur die Transaktion T im Zeitablauf andern kann. So stellt fi eine Kurve da, bei der eine Kooperation nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums die optimale Kooperationsform darstellt, die Kurve f2 dagegen den Fall, wenn die Wahl der Koordinationsform zeitlich indifferent grundsatzlich Vgl. BALKE / KUPPER (2003), S. 946 ff. Vgl. HESS (2002), S.
146
232
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
die Kooperation empfiehlt. Es sei angemerkt, dass der erste Fall durchaus von Relevanz fur die betriebliche Praxis ist, wie auch die Ergebnisse der Empirie ergaben. Hintergrund der Veranderung der optimalen Koordinationsform konnen dabei drei unterschiedliche Entwicklungen sein:
-
-
Das Marktumfeld des Unternehmens hat sich geandert. Dies tritt beispielsweise dann ein, wenn die Spezlfitat einer Transaktion sukzessive abnimmt (beispielsweise durch den technischen Fortschritt) und sich dadurch die Wahl der optimalen Koordinationsform andert (siehe hierzu auch Abb. 50, Seite 161). Das AGIL-Schema des potenziellen Partners hat sich derart geandert, dass sich hierdurch die optimale Koordinationsform andert. In diesem Zusammenhang sei auf die AusfiJhrungen bezuglich der FIT-Funktion (siehe Kapitel 3.2.3.1) verwiesen. Diese Entwicklung bildet die Tatsache ab, dass Unternehmen permanent einem Wandel unterliegen und deswegen auch Anderungen der optimalen Koordinationsform resultieren konnen. Zuletzt konnen auch unternehmensinterne Entwicklungen dazu fuhren, dass sich die Wahl der optimalen Koordinationsform andert. Diese Anderung kann an zwei unterschiedlichen Stellen ansetzen. Zum einen andert sich das AGIL-Schema des Unternehmens laufend, zum anderen kann sich jedoch auch die FIT-Funktion andern. Dies tritt beispielsweise auf, wenn sich die Risikoneigung von Akteuren andert.
Als zweite Aufgabe des Timing wurde die zeitliche Durchfiihrung einzelner Change Management Madnahmen identifiziert. Die Problematik dieses Aspekts des Timing wird von MOLLER-STEWENS / LECHNER wie folgt beschrieben „Wandel benotigt deshalb einen sehr bewussten Umgang mit dem Faktor Zeit: EInerseits braucht der Wandel auch seine »schnellen Erfolge«, da dadurch Entschlossenheit demonstrlert wird und damit die Zweifelnden sehen konnen, dass es vorwarts geht. Andererselts besteht die Gefahr, dass man durch ein zu hohes Tempo die Mannschaft hinter sich verliert und es nur zu oberflachigen Veranderungen kommt."®^^ Dieses Timing entspricht damit im Wesentlichen dem Timing, das bereits in Kapitel 2.2.3.2.3 (Seite 99) thematisiert wurde mit der Einschrankung, dass der Koordinationsaufwand deutlich hoher ist, da unternehmensubergreifend das Timing durchgefuhrt werden muss. Zuletzt sei noch auf aktuelle Ausfuhrungen zur prozessualen Kooperationsforschung eingegangen, um die bisherigen Ausfuhrungen in diese einordnen zu konnen. So stellt KUTSCHKER in diesem Zusammenhang fest, dass sich die aktuelle Kooperationsforschung auf den langfristigen Entwicklungsprozess von Kooperationen konzentriert.^^^ Durch die Verbindung der beiden Phasen der Initlierung und der Etablierung von Netzwerken Ist dieser Aspekt im Prozessmodell berucksichtigt. Den weiteren Ausfuhrungen von ihm soil jedoch nicht gefolgt werden, wenn er einen begriffllch-theoretischen Bezugsrahmen des Prozessmanagements aufstellt, um damit das klassisch-lineare Denken mit Hilfe einer zirkularen Argumentation zu uberwinden (siehe Abb. 83). Ein derartiger Bezugsrahmen findet im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Anwendung. Dies ist wie folgt zu begrunden: In dem Modell wird der Prozessinhalt vom Kernprozess getrennt. Jedoch wird ein Kernprozess durch den Prozessinhalt konstituiert, so dass die Trennung nicht nachvollzogen werden kann. So stellt KUTSCHKER zwar fest, dass Prozess und Inhalt eine gegenseitige Abhangigkeit aufweisen,^^^ er stellt jedoch nicht dar, was ProzessschritMULLER-STEWENS / LECHNER (2003), 8. 596
Vgl. KUTSCHKER (2003b), S. 1057 Vgl. KUTSCHKER (2003b), S. 1062
Change Management von Unternehmensnetzwerken
233
te von Kemprozessen zunn Gegenstand haben, wenn nicht die Transformation eines Inputs zu einem Output, was einem Prozessinhalt entspriclit. Die Abgrenzung zwischen dem Prozessumfeld, Kernprozess und Prozessinhalt ist nicht nachvollziehbar. So wird denn Kernprozess die Allokation von Zeit, nicht jedoch die Allokation von Ressourcen zugeordnet, dem Prozessumfeld Ressourcen, dem Prozessinhalt dagegen Alternativen. Hieraus folgen weitreichende Interdependenzen, die bei einer Anwendung eines derartigen Modells zur Analyse des Change Managements berucksichtigt werden mussten. Die gewahlten Begriffe entsprechen nicht dem gangigen Verstandnis von Prozessen (vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.3.1). So definiert er einen Kernprozess als den Fokus eines Prozessanalyse oder eines Prozessmanagements,^^^ woraus folgt, dass jeder Prozess zu einem Kernprozess wird, sobald er analysiert wird. Damit hat ein Kernprozess keinerlei Bezug mehr zu der Relevanz des Prozesses fur das Unternehmen.
-
-
Aufgrund dieser Kritik wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit der skizzierte Bezugsrahmen des Change Managements auf Unternehmens- und Netzwerkebene welter verwendet.
Abb. 83:
Begrifflich-theoretischer Bezugsrahmen des Prozessmanagements nach KUTSCHKER®*°
3.5.3.3
Die Trager des Change Managements auf Netzwerkebene
Korrespondierend zum Change Management auf Unternehmensebene existieren auch auf Netzwerkebene Trager des Change Managements. Es ist offensichtlich, dass diese Trager prinzipiell auch in die dargestellte Unterteilung nach Macht- und Fachsponsoren aufgegliedert werden konnen; es soil im Folgenden deswegen lediglich auf die Besonderheiten der Trager des Change Managements auf Netzwerkebene eingegangen werden. Die Besonderheiten betreffen hierbei insbesondere die Machtsponsoren.
Vgl. KUTSCHKER (2003b), S. 1058 KUTSCHKER (2003b), S. 1058
234
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Bei der Betrachtung des Change Management-Prozesses auf Netzwerkebene wurden zwei Phasen unterschieden (siehe Abb. 81, Seite 229). Zum einen die Phase der Netzwerkinitiierung und zum anderen die Phase der Netzwerketablierung. Die erste Phase wird typischerweise im Rahmen eines Projektes durchgefuhrt, weswegen als Trager des Change Managements auf Erkenntnisse von Projektorganisationen zuruckgegriffen werden kann. Die zweite Phase weist dagegen Netzwerkspezifika auf, da sich aufgrund der besonderen Koordinationsform Erkenntnisse von hierarchischer Koordination nicht unmittelbar ubertragen lassen. Auf die Machtsponsoren innerhalb der ersten Phase soil, urn Wiederholungen zu vermeiden, nicht weiter eingegangen werden.^"^^ Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass zum einen die Zusammensetzung des Steuerungskreises und zum anderen die Besetzung der Stelle des Projektieiters durchaus eine hohe Relevanz fur das Projekt hat; denn durch die Zusammensetzung des Steuerungskreises wird die Entscheidungsmacht der einzelnen Unternehmen tangiert, durch die Besetzung der Stelle des Projektieiters die operative Ausrichtung des Projektes.^^^ Die Machtsponsoren innerhalb der zweiten Phase zu identifizieren, ist deutlich komplexer, da Netzwerke, wie bereits dargestellt, nicht auf einer Weisungsbefugnis wie bei einer Hierarchie basieren, sondern vielmehr auf eine kooperative Zusammenarbeit ausgelegt sind. Aufgrund dessen konnen zumeist auf der operativen Arbeitsebenen auch nicht eindeutige Machtsponsoren identifiziert werden, deren Machtfulle ein Herbeifuhren und Durchsetzen von Entscheidungen basierend auf Legalitat ermoglicht.^"^^ Dies gilt jedoch ausschliefllich fur die operative Ebene. Es ist offensichtlich, dass Machtsponsoren durch die Institutionalisierung von intraorganisationalen Entscheidungsgremien eindeutig identifiziert werden konnen. So wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen, dass eine Institution im Rahmen der Netzwerkkoordination existiert, die korrespondierend zum Steuerungskreis bel einer Projektorganisation - wesentliche Entscheidungen trifft, sowie Rahmenbedingungen fur die weitere Evolution des Netzwerkes gibt. Somit sind auf oberster Ebene genau in den Institutionen, die diesen Rahmen vorgeben und diese Entscheidungen treffen, Machtsponsoren zu sehen. Dies ist auf den darunter liegenden Ebenen jedoch nicht mehr gegeben, weswegen Netzwerke tellweise als sich selbstorganisierende Systeme aufgefasst werden; dies erschwert die Identifikation von Machtbeziehungen.^'^'* Eine derartige Selbstorganisation vollzleht sich jedoch nicht vollkommen losgelost von einem strategischen Rahmen, vielmehr wird dieser
Vgl. hierzu Kapitel 2.2.4 Es wurde bereits erwahnt, dass der Steuerungskreis lediglich wesentliche Entscheidungen trifft. Da jedoch auch die Summe mehrerer nicht-wesentlicher Entscheidungen ein Unternehmen bevorzugen konnen, ist die Besetzung des Projektieiters nicht unwesentlich. Eine Sonderstellung nehmen hierbei fokale Netzwerke ein, die explizit aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen werden, da sie in ihrer Struktur einer Hierarchie ahnein und deswegen die Ausfuhrungen uber Machtsponsoren, die im Rahmen des Change Managements auf Unternehmensebene getroffen wurden, ubertragen werden konnen. In der klassischen Organisationslehre werden drel Ursachen aufgefijhrt, welche die Existenz von Selbstorganisationen begrunden (vgl. SYDOW (1992), S. 246): die Uberforderung des Managements, alle einer organisatorischen Regelung zuganglichen Sachverhalte zu erfassen, die Unzweckmaliigkeit einer Organisation aller Sachverhalte angesichts zunehmender Komplexitat und Dynamik der Probleme sowie der nur begrenzte Zugriff auf das fur eine (Fremd-)Organisation notwendige Prozesswissen der Organisationsmitglieder.
Change Management von Unternehmensnetzwerken
235
durch eine Fremdorganisation vorgegeben, was SYDOW mit den Begriffen der ,geplanten Evolution' bzw. des ,evolutionaren Managements' beschreibt.^"^^ Bei der Identifikation von Machtsponsoren fur das evolutionare Change Management zur Etablierung von Netzwerken sind aufgrund dessen zwei Aspekte zu beachten. Studien zufolge liegt bei Kooperationen der Anteil informaier Kooperation zwischen 65 und 80 "/o,^"^^ woraus eine steigende Relevanz von informalen Machtbeziehungen resultiert. Machtsponsoren sind demnach vermehrt auch in den beschriebenen Unsicherheitszonen zu vermuten. Ein zweiter, wesentlicher Aspekt liegt im Netzwerk als sich selbstorganisierendes System begrundet. Dies soil anhand zweier konstitutiver Merkmale von selbstorganisierenden Systemen begrundet werden:^'^'' Konstruktive Redundanz von Potenzialen und funktionalen Beziehungen Selbstorganisierende Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sowohl auf operativer als auch auf der Management-Ebene Redundanzen bestehen, was einen Wettbewerb untereinander ermoglicht. Durch diese Redundanzen werden jedoch Machtgrundlagen abgeschwacht, was eine aktuelle Machtverteilung intransparent werden lasst. Stark differenzierte und dezentralisierte Systeme Hierbei handelt es sich um ein Instrument zur Komplexitatshandhabung. Die Freiheit des Handels wird auf alien Hierarchiestufen aus der Erkenntnis heraus ausgeweitet, dass komplexe Problemstellungen nicht durchgeplant per Anweisung der oberen Hierarchieebenen umgesetzt werden konnen. Diese Verlagerung der Verantwortung auch auf die niedrigeren Hierarchieebenen hat zur Folge, dass die eindeutig definierten, institutionalisierten Machtsponsoren weniger Einfluss auf die operative Arbeit nehmen. Insgesamt haben die erwahnten Punkte zur Folge, dass die Identifikation und Instrumentalisierung der zur Etablierung des Netzwerkes benotigten Machtsponsoren nicht trivial ist. Verstarkt wird die Problematik dadurch, dass die beschriebenen Machtverteilungen nicht statisch sind, sondern einer dynamischen Veranderung unterliegen. Die langfristige Sicherstellung der Unterstutzung durch Machtsponsoren wird damit zur wesentlichen Aufgabe des Change Managements, insbesondere dann, wenn die Projektorganisation zur Umsetzung des Wandels aufgelost worden ist und der Wandel als First-order Change im Rahmen der herkommlichen Unternehmens- bzw. Netzwerkorganisation fortgefuhrt wird. Mit der Auflosung der Projektorganisation obliegt es dem Change Management, die weitergehende Unterstutzung durch Fachsponsoren sicherzustelien. Denn wie die vorherigen Ausfuhrungen bereits gezeigt haben, ist ein offener Informationsaustausch zwischen den kooperierenden Unternehmen nicht zwangslaufig in einem wunschenswerten Ausmaft gegeben mit der Folge, dass sich eine Kooperation zu einer ,Pseudokooperation' entwickelt.^^^
945 946
Vgl. SYDOW (1992), S. 247 Vgl. SYDOW (1992), S. 249
Insgesamt verdichtet WOLF die unterschiedlichen Aussagen zu sich selbstorganisierenden Systemen zu insgesamt sieben Thesen, die sich ubergreifend aus dem sozialwissenschaftlichen Selbstorganisationstheorie ableiten lassen. Diese sieben Thesen bezieht er daraufhin auf Unternehmen (vgl. WOLF (2003), S. 320 ff., sowie S. 322 ff.). Vgl.SPiEfl(1998), S. 59
236 3.6
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Managements wurden bereits in Kapitel 2.3 ausfuhrlich diskutiert. Urn Wiederholungen zu vermeiden, werden im Folgenden lediglich die Faktoren aufgefuhrt, die entweder daraus resultieren, dass sie ausschliefllich fur Netzwerke relevant sind oder sich von den aufgezeigten unterscheiden. Diesbezuglich sei darauf hingewiesen, dass mitunter ahnliche Faktoren auf Unternehmens- und Netzwerkebene bestehen. Um die Herkunft der Sekundardaten jedoch transparent zu gestalten, wurden bei derartigen Synonymen trotz allem die in den aufgefuhrten Studien verwendeten Begriffe ubernommen und erst bei der Diskussion der Faktoren auf die Ubereinstimmung hingewie-
Bevor die Erfolgsfaktoren naher diskutiert werden, sei angemerkt, dass die Faktoren fur die Etablierung eines Netzwerks in der Literatur kontrovers diskutiert werden. Hierbei ist bei der Diskussion auffallend, dass zum einen wenige Faktoren fur die erfolgreiche Etablierung angegeben werden und, in Abhangigkeit von der zugrunde gelegten Netzwerktheorie, die Erfolgsfaktoren auch jeweils der Theorie zu entsprechen scheinen. So untersuchen beispielsweise GOERZEN / BEAMISH die Effekte von unterschiedlichen, internationalen Netzwerkkonstellationen auf die Performance vor dem Hintergrund der Transaktionskostentheorie und gehen folgerichtig bei der Empirie nicht auf Aspekte wie beispielsweise kulturelle Einflusse ein, was jedoch insbesondere bei internationalen Kooperationen durchaus relevant sein kann. Entsprechend zum gewahlten Modell ist nun auch das Ergebnis der Studie, dass Faktoren, die unmittelbar der Transaktionskostentheorie zugeordnet werden konnen, wie beispielsweise die Diversitat zwischen den Unternehmen, als Erfolgsfaktor identifiziert werden.^^^
Wandel 1. Orditung -
Qualitative Datenerhebung
Quantitative Datenerhebung
-
FLEISCH (2000)
-
GRETZINGER / MATIASKE / W E B E R (2002)
-
HELBICH(2001)
-
MACBETH / BODDY / W A G N E R / CHARLES
(1998) - NUISSL / SCHWARZ / THOMAS (2002) -
PAYER (2002J
-
PEITZ (2002)^^°
-
BECK (1998)
-
ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON (2004)
-
FLEISCH (2000)
-
MACBETH / BODDY / W A G N E R / CHARLES
(1998) -
NuissL / SCHWARZ / THOMAS (2002)
- ROYER(2000)
- ROYER(2000) - BiRKMANN (2001) - BOSSING / MORANZ (2004)
- BiRKMANN (2001) - BOSSING / MORANZ (2004)
-
ENDRES(2001)
-
-
LUBRITZ(1998)
- LUBRITZ(1998)
REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN
-
REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN
-
(2001) RiTTER / GEMONDEN (1998) R0DER(1999) TGBKE(2004) VOGEL(2003)
-
(2001) -
R I T T E R / G E M O N D E N (1998)
- RODER(1999) - T0BKE(2004) - VOGEL(2003)
Tab. 11:
Wandei 2. Ordnung
BECK (1998)
ENDRES(2001)
Literaturumfang der Sekundardatenanalyse des Change Managements von Unternehmensnetzwerken
Vgl. GOERZEN / BEAMISH (2005)
Es sei angemerkt, dass PEITZ zwar ein theoretisches Modell fur Unternehmensnetzwerke entwirft, dieses jedoch mit einer „Vernetzungskompetenz" hinterlegt, die unter anderem auf Ergebnissen von empirischen Studien aufbauen (vgl. PEITZ (2002), S. 243 ff.).
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes
237
Zum zweiten ist bei der Darstellung der Erfoigs- bzw. der Misserfolgsfaktoren oftmals nicht transparent, ob sich die Faktoren auf einen Wandel erster oder zweiter Ordnung beziehen. Denn ein Netzwerk kann ausgehend von kooperativen Qualitatszirkein oder Einkaufsgemeinschaften bis hin gemeinsamen Joint Ventures eine Vielzahl von Auspragungen aufweisen, die auch Auswirkungen auf die Art des Wandels haben. Im Rahmen der Sekundardatenanalyse zu den Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren wurden deswegen Publikationen, bei denen nicht ersichtlich ist, ob sie sich auf einen Wandel erster oder zweiter Ordnung beziehen, beiden Arten zugeordnet. Die Auswahl der Publikationen erfolgte entsprechend der Kriterien, die in Kapitel 2.3.2 aufgezeigt wurden. Die Publikationen, die schlussendllch in die Erfoigs- und Misserfolgsdiskussion einflieden, sind in Tab. 11 aufgefuhrt. Aus diesen Publikationen wurden die in Tab. 12 dargestellten Erfolgsfaktoren identifiziert. Korrespondierend zu den Ausfuhrungen zu den Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene wurden auch diese Faktoren den Komponenten, dem Prozess sowie den Tragern des Change Managements zugeordnet. Eine detaillierte Auflistung, welche Publikation welchen Faktor identlfizierte, sowie ggf. notwendige Anmerkungen zu den einzelnen Faktoren finden sich in Tab. 24 (Seite 393, Anhang A).
Erfolgstalctor Integration Beziehungsmanagement
^
Coopetition bei der Netzwerkorganisation
y^
y
Trig«r das Clianga giNmatits
^
^
^
Gemeinsame Ziele und Visionen
^
Kommunikation
^
Machtverteilung im Netzwerk Motivation der Entscheidungstrager und der handelnden Akteure Netzwerkkultur Schnittstellenkompetenz
^ ^ ^
Unterstutzung durch das Management VerfCigbarkeit an Ressourcen
/ ^
V ^
Stakeholder Management
^
Vertrauen
y^
Widerspruchsmanagement
^
Tab. 12:
Ui^nt F^at^m Maint#-
Mana* gaiii#iit"
Die Erfolgsfaktoren auf Netzwerkebene
Korrespondierend zu den Erfolgsfaktoren wurden auch Misserfolgsfaktoren identifiziert. Diese sind in Tab. 12 aufgefuhrt; die Publikationen sind in Tab. 25 (Seite 393, Anhang A) zugeordnet. Es bezuglich der Misserfolgsfaktoren angemerkt, dass die meisten Publikationen die Identifikation von Erfolgsfaktoren zum Gegenstand haben. Deswegen ist der Umfang der identifizierten Misserfolgsfaktoren eher gering.
238
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken Komponenteii des Change Managetnefit MiS8«rfolgsfaktor
Kommunikative Reibungsverluste Koordinationsprobleme Menschliche Probleme (Fehlende Zuverldssigkeit, mangelndes Vertrauen oder Sympathie) Tab. 13:
Adap* tlon
Goal Attainmafit
^ ^
ftita>* gratlon
Latant Patlam Matntananca
Change Triger daa Mana» gamant* Change Prozess Managements
^ ^
Die Misserfolgsfaktoren auf Netzwerkebene
Korrespondierend zu den Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Unternehmensebene werden diese auf Netzwerkebene in den folgenden Ausfuhrungen diskutiert. Auch hierbei sind Faktoren nicht aufgefuhrt, die sich unmittelbar aus den Netzwerkmodellen ableiten. So identifiziert Doz beispielsweise die evolutionare Fortentwicklung eines Netzwerkes im Gegensatz zu einem unbedingten Festhalten an den ursprunglich definierten Kooperationszielen als einen wesentlichen Erfolgsfaktor. Dieser Faktor ist jedoch fur die vorliegende Arbeit nicht von Relevanz, da das aufgezeigte prozessuale Vorgehen explizit diese Fortentwicklung vorsieht (siehe auch Abb. 81, Seite 229).^^^ Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Komponenten des Change
3.6.1
Managements auf Netzwerkebene
3.6.1.1
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Adaption-Funktion
Die analysierten Studien haben die folgenden Erfolgsfaktoren der Adaption-Funktion auf Netzwerkebene identifiziert: -
Beziehungsmanagement Coopetition bei der Netzwerkorganisation Schnittstellenkompetenz Verfugbarkeit an Ressourcen
Der erste Erfolgsfaktor, das Beziehungsmanagement, ist unmittelbar nachvollziehbar. So wurde im Rahmen der Gegenuberstellung von Markt, Netzwerk und Hierarchie (siehe Tab. 8, Seite 156) bereits festgestellt, dass im Netzwerk die Leitdifferenz Beziehungen sind. Hieraus folgt unmittelbar, dass ein Beziehungsmanagement, verstanden als der Aufgabenkomplex zur Steuerung von Beziehungen,^^^ die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Netzwerkes steigert. Aus einem derartig unspezifischen Verstandnis des Begriffs lassen sich jedoch noch keine Erkenntnisse fur die erfolgsreiche Etablierung eines Netzwerkes ableiten. So haben MACBETH / BODDY / WAGNER / CHARLE in Ihrer Studie den Erfolgsfaktor welter spezifiziert. Wenn sie das Beziehungsmanagement durch die folgenden Prinzipien im Wesentlichen charakterisieren: gemeinsame Planungsprozesse, Austausch von Mitarbeitern, Offenlegung von Kosten, Informationsaustausch und gemeinsame Verbesserungsprogramme. ^^^ Vgl. Doz (1996) zitiert aus KUTSCHKER (2003a), S. 30. Dieses Verstandnis folgt aus der Ubertragung des funktionalen Ansatzes des Managements auf das Beziehungsmanagement (vgl. STEINMANN / SCHREYOGG (2000), S. 6). Vgl. MACBETH / BoDDY / WAGNER / CHARLES (1998), S. 59
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Untemehmensnetzwerkes
239
Erganzt werden diese Prinzipien urn die regelmaflige Kontaktpflege, die von ENDRES / WEHNER als wichtiger Erfolgsfaktor identifiziert wurde. Hierunter wird ein kontinuierlicher Kontakt auch aufierhalb der Alltagsfragen verstanden.^^"^ Es wird empfohien, einen derartigen Kontakt in den fruhen Phasen der Kooperation personlich durchzufuhren; in spateren Phasen sei ein regelmafiiger teiefonischer Kontakt jedoch zumeist ausreichend.^^^ Die dargesteilten Prinzipien haben drei unterschiedliche Auswirkungen. So resuitieren iiieraus: -
eine engere Zusammenarbeit durch die gemeinsame Durchfuhrung von Prozessen und einem Mitarbeiteraustauscii, eine hohere Transparenz durch die Offenlegung von Kosten und einen Informationsaustausch sowie eine Effizienzsteigerung des Netzwerkes durch abgestimmte Prozesse, gemeinsame Verbesserungsprogramme, die eine unternehmensubergreifende Optimierung ermoglichen, sowie durch Optimierungsmoglichkeiten, die aus einer effizienteren Aufgabenverteilung durch die Berucksichtigung tatsachlicher anfaliender Kosten entstehen.
Diese Effekte tangieren nicht nur die Adaption-Funktion, sondern insbesondere auch die Integration-Funktion. Deswegen wird dieser Faktor in den weiteren Ausfuhrungen wieder aufgegriffen. Der zweite Erfolgsfaktor, Coopetition bei der Netzwerkorganisation, ist ein Faktor, der zwar bereits bei der Initiierung des Netzwerkes Beachtung finden soilte, jedoch eher der langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfahigkeit und damit einer wesentlichen Rechtfertigung fur den Fortbestand des Netzwerkes dient. Der Erfolgsfaktor erklart sich vor dem Hintergrund der Problematik von Netzwerken, dass sie die Tendenz haben, durch die Kooperation trage zu werden und damit den Markttest nicht weiter bestehen. Aufgrund gewachsener Beziehungen und gegenseitiger Abhangigkeiten werden jedoch die Netzwerke oftmals nicht wieder aufgeldst oder optimiert, sondern die Netzwerkpartner akzeptieren vielmehr diese Ineffizienzen. Dm diesem Effekt zu begegnen, zeigt BECK anhand von erfolgreichen Netzwerken der Luftfahrtbranche auf, wie ein interner Wettbewerb die Performance von Netzwerken erhalt.^^^ Erst dadurch werden sie seiner Auffassung nach zu einer Organisationsform, die synergetisch die Vorteile von Markt und Hierarchie zu verbinden vermag. Hierbei wird unter Coopetition ein netzinterner Wettbewerb verstanden, bei dem innerhalb des Netzwerkes gleichzeitig und bewusst abgestimmt kooperative und wettbewerbliche Koordinationsmechanismen kombiniert werden. Der Wettbewerb kann dabei von Insourcing ijber Last offer und Exit / Entry-Optionen bis hin zum Preiswettbewerb die unterschiedlichsten Formen annehmen.^^^ Dieser Faktor stellt jedoch nicht fur alle Auspragungen von Netzwerken einen Erfolgsfaktor dar, da er grundsatzlich einen Leistungserstellungsprozess beschreibt. In Netzwerken, die dem Erfahrungsaustausch oder der gemeinsamen Losungsentwicklung dienen, ist ein Wettbewerb nur ansatzweise umsetzbar. Im Vorgriff auf die Analyse der Netzwerke der Energiewirtschaft sei jedoch vorweggenommen, dass diese Netzwerke zumindest in den fruheren Phasen zu beobachten sind. Damit ist Coopetition von vorne herein nicht fur jedes Netzwerk geeignet.
Vgl. ENDRES/WEHNER (1999), S. 108
Vgl. ENDRES/WEHNER (1999), S. 108 Vgl. BECK (1998), S. 271 ff. Vgl. BECK (1998), S. 272 ff.
240
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
Des Weiteren vernachlassigt dieser Faktor den Umstand, dass auch bei Leistungserstellungsprozessen in einem Netzwerk Lock-in-Effekte entstehen konnen, die einen internen Wettbewerb verhindern konnen. So wurde bereits in Kapitel 2.3.4.1 beispielhaft die Einfuhrung eines SAP IS-U Abrechnungssystems dargestellt. Die Anpassung eines solchen Systems an ein Untemehmen ist ein umfangreiches Projekt, in dem ein unternehmensindividuelles System konfiguriert wird. Wird nun die Abrechnung Gegenstand eines Netzwerkes, bedarf die Etablierung eines derartigen Systems einen noch umfangreicheren Aufwand, da sich die Netzwerkpartner auf eine gemeinsame Systemkonfiguration verstandigen mussen, was oftmals auch untemehmensinterne Anpassungen bei Ablaufen und Inhalten nach sich Ziehen. Damit besteht jedoch fur ein Unternehmen nicht mehr die IVIoglichkeit, auch bei erkannten Ineffizienzen Entry / Exit-Optionen oder andere Auspragungen eines Wettbewerbs zu nutzen, ohne ein neues, umfassendes IT-Projekt aufzusetzen. Die Coopetition besteht damit de facto nicht. Zuletzt sei noch auf einen weiteren Punkt hingewiesen. Ein wesentliches, konstituierendes IVIerkmal von Netzwerken ist das Vertrauen in die Netzwerkpartner, wobei ein Vertrauen sich unter anderem durch Erwartungen an die zukunftigen Handlungen eines Akteurs auszeichnet.^^® Wenn nun die latente Gefahr des Austritts eines Partners aus dem Netzwerk besteht Oder sich die einzelnen Netzwerkpartner in einem Preiswettbewerb befinden, erscheint es fraglich, inwieweit ein Vertrauen zwischen den Partnern aufgebaut werden kann. Ein Vertrauensmangel ware jedoch wiederum ein wesentliches Hemmnis im Netzwerk. Die Netzwerke, bei denen BECK den Erfolgsfaktor der Coopetition bei Netzwerkorganisationen identifiziert hat, sind dynamisch-vlrtuelie Netzwerke, sowie stabile horizontale bzw. vertikale Allianzen. Bei den dynamlsch-virtuellen Netzwerken wurden lose Netzwerke zur Abwicklung konkreter Projekte oder Kundenauftrage untersucht, bei den horizontalen Allianzen Airline-Netzwerke sowie bei vertikalen Allianzen Automobilzulieferer-Netzwerke.^^^ Alle Netzwerke zeichnen sich damit dadurch aus, dass einerseits die Bindung eher lose ist Oder zumindest ein Teil der Netzwerkpartner im direkten Wettbewerb zueinander steht, bei dem durch die Coopetition dieser Wettbewerb welter gefdrdert wird. Durch die Fokussierung auf derartige Netzwerke kann die Allgemeingultigkelt dieses Erfolgsfaktors hinterfragt werden. Deswegen wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit die These aufgestellt, dass Coopetition die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Etablierung eines Netzwerkes nur unter der Bedingung steigert, dass hierdurch insbesondere das Vertrauen nicht negativ tangiert wird und ein Wettbewerb sinnvoll umsetzbar ist. In Bezug auf die Identifikation von Konstellationen, bei denen ein Wettbewerb sinnvoll umsetzbar ist, liefert die in Kapitel 3.2.2.2 dargestellte Spieltheorie wesentliche Hinweise. So stellen diesbezuglich MAGIN / SCHUNK/ HEIL/ FORST fest, dass eine Coopetition weitere Kombinationsmoglichkeiten von konkurrierenden und kooperierenden Wettbewerbsverhaiten zur Verfugung stellt, die In ausgewahlten Konkurrenzdomanen die Gewinne eines Unternehmens zu steigern vermag.^^° Der Erfolgsfaktor der Schnittsteltenkompetenz beschreibt als eine der wesentlichen Aufgaben der Adaption-Funktion zwei Aspekte. In ein Netzwerk werden von den einzelnen Partnern Ressourcen und Fahigkeiten eingebracht, wobei die Zielsetzung fur eine erfolgreiche Etablierung ist, dass im Sinne einer „'Von jedem das Beste'-Organisationen Jewells nur diejenigen (Kern-) Kompetenzen [eingebracht werden; d.V.], die ein Unternehmen besser beherrscht als alle anderen Netzwerkmitglleder."^^^ Zum Zweiten ist hierunter jedoch auch die optimale Abgrenzung der Unternehmens- und Netzwerkprozesse zu verstehen, wenn
Vgl. Seite 67 Vgl. BECK (1998), 8.272 f. Vgl. MAGIN/ScHUNK/HEIL/FDRST (2003), S. 138 PEITZ (2002), S. 259
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Untemehmensnetzwerkes
241
sich bei einer horizontalen Kooperation die auszulagernden Aufgaben oder Prozesse nicht gleichen^^^ oder bei einer vertikalen Kooperation sich diese uberschneiden. In Kapitel 3.5.3.1.1 wurde diese Problematik sowie die moglichen Ldsungspole diskutiert, so dass zusammenfassend lediglich festgehalten werden soil, dass aus dem Erfolgsfaktor der Schnittstellenkompetenz folgt, dass, in Abhangigkeit von den auszulagernden Aufgaben, dieser einen maftgeblichen Einfluss auf die Netzwerkeffizienz haben kann und damit das primare Ziel des Change Managements wesentlich tangiert. Der letzte identifizierte Faktor ist die Verfugbarkeit an Ressourcen. Diesen Faktor unterteiien RiTTER / GEMUNDEN in finanzielle, physische, personale und informatorische Ressourcen.^^^ Damit entspricht dieser Faktor auf Netzwerkebene dem Erfolgsfaktor der strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen des Change Managements der Adaption-Funktion auf der Unternehmensebene (siehe hierzu Kapitel 2.3.4.1), so dass auf die Ausfuhrungen verwiesen sei. Es ist offensichtlich, dass ein erfolgreicher Wandel zur Etablierung eines Netzwerkes nicht nur Ressourcen zur Anpassung der Unternehmen bedarf, sondern auch zum Auf- oder Ausbau eines Netzwerkes. Es sei jedoch noch in diesem Zusammenhang auf einen wesentlichen Aspekt hingewiesen, die Problematik der Ressourceninterdependenz. Es existieren die unterschiedllchsten Auspragungen derartiger Interdependenzen,^^"^ wobei alle Auspragungen negative Auswirkungen auf die einzelnen Netzwerkpartner haben konnen. Dm diese Problematik zu losen, hat OSTROM unterschiedliche Steuerungsprinzipien untersucht, die eine lange Zeit Bestand Klare Abgrenzung der gemeinsamen Pool ressourcen, Kongruenz zwischen den Regein der Nutzung und dem Unterhalt sowie lokalen Spezifika und partizipative Regelfindung und -anpassung Wahrend der erste und der letzte Punkt unmittelbar nachvollziehbar ist, sei im Vorgriff auf die Empirie darauf hingewiesen, dass das zweite Prinzip nicht grundsatzlich bestatigt werden konnte. Denn beispielsweise bei Netzwerken, die der Vertriebsunterstutzung dienen, kann die Investition eines Unternehmens in ein Netzwerk deutlich hoher als der generierte Nutzen sein, wenn das Unternehmen dadurch aullerhalb des Netzwerkes einen erhohten Nutzen generieren kann. Neben den Erfolgsfaktoren wurden noch zwei Misserfolgsfaktoren identifiziert: Kommunikative Reibungsverluste sowie Koordinationsprobleme Der Misserfolgsfaktor kommunikative Reibungsverluste wurde im Rahmen von Befragungen von Netzwerkunternehmen nach Verbesserungsmoglichkeiten und Problemen in Netzwerken identifiziert. Das Ergebnis der Befragung war, dass die Probleme ganzlich auf die Kommunikation abzielten.^^® Einschrankend muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich dieser Faktor nicht auf alle Netzwerke bezieht, sondern explizit auf Sternnetzwerke, bei dem Vgl. hierzu auch die Ausfuhrungen in Kapitel 3.5.3.1.1 im Allgemeinen sowie die Abb. 75 (Seite 216) im Speziellen Vgl. RiTTER/GEMUNDEN (1998), S. 262 Vgl. OSTERLOH / WEIBEL (2000), S. 89 ff. Vgl. OSTROM (1990) zitiert aus OSTERLOH / WEIBEL (2000), S. 100 ff. GRETZINGER / MATIASKE / WEBER (2002), S. 23
242
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
ein Unternehmen, zumeist das fokale Unternehmen, die Kommunikationsbeziehungen zu alien Netzwerkpartnern unterhalt, die Partner untereinander jedoch nicht miteinander kommunikativ verbunden sind. GRETZINGER / MATIASKE / WEBER bezeichnen das Unternehmen in der Mitte des Sterns als soziometrischen Star.^^'^ Die Relevanz dieses Faktors erklart sich durch zwei Auswirkungen einer derartigen Kommunikationsstruktur. Zum einen steigert sich die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Informationsubertragung zwischen zwei Netzwerkpartnern, wenn ein Dritter, soziometrischen Star, in die Kommunikation eingebunden ist und dadurch die Problematik von Irritationen und Sinnverlusten zwischen Sender und Empfanger durch das Einbeziehen einer weiteren Stelle gesteigert wird.^^^ Zum zweiten konnen unterschiedllche Prioritaten und Interessen die Kommunikation storen, was eine verspatete, fehlerhafte oder gekurzte Informationsweltergabe zur Folge haben kann.®^^ Unabhangig davon, welche Auswirkung nun zutreffend ist, folgt hieraus, dass dieser Faktor die MIsserfolgswahrschelnllchkelt eines Netzwerkes steigert. Zur Losung der Problematik sind Kommunlkationskanale auch zwischen den ubrigen Unternehmen aufzubauen, wobei die Erfahrung aus der betrieblichen Praxis zeigt, dass derartige Kanale nicht ad hoc aufgebaut werden konnen. VIelmehr sind zunachst Workshops und weitere Mafinahmen notwendig, um Kommunikationsbarrleren abzubauen und personliche Kontakte aufzubauen.^^° In Vorgriff auf die folgenden Ausfuhrungen sel darauf hingewiesen, dass eine derartige Problematik von Relevanz fur die Etablierung von Untemehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft ist.^^^ Der zweite Misserfolgsfaktor, die Koordinationsprobleme, ist zwar nachvollziehbar, jedoch fur eine tiefergehende Analyse zu unspezifisch. Ahnlich wie der Misserfolgsfaktor Projektdefizite auf Unternehmensebene konnen unter Koordinationsproblemen eine Vielzahl von Defiziten summiert werden, so dass eine vertiefende Diskussion als nicht zielfuhrend erachtet wird. Denn aufgrund der fehlenden Operationalisierung konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur Hypothesen generiert werden, welches Verstandnis REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN bezuglich dieses Misserfolgsfaktors haben. Somit bleibt festzuhalten, dass der Misserfolgsfaktor der Koordinationsprobleme aufgrund des zu hohen Abstraktionsniveaus im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht welter berucksichtigt wIrd. 3.6.1.2
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Goal Attainment-Funktion
Die analysierten Studien haben die folgenden Erfolgsfaktoren der Goal Attainment-Funktion auf Netzwerkebene identifiziert: -
Gemeinsame Ziele und Visionen Machtverteilung im Netzwerk Stakeholdermanagement Vgl. GRETZINGER/MATIASKE/WEBER (2002), 8. 23
970 971
Zur Erklarung der Sender- / Empfangerproblematik sei beispielhaft auf die Ausfuhrungen von HANSMANN im Zusammenhang mit dem Stimulus-Response-Modell verwiesen (vgl. HANSMANN (2003), S. 29). Umgangssprachlich wird der beschriebene Effekt auch als „Stille Post" bezeichnet. Diesen Aspekt identifizieren BOHLE / BOLTE als Barriere der informellen Kooperation am Beispiel von Produktionsprozessen (vgl. BOHLE/BOLTE (2002), S. 126 ff.). Vgl. GRETZINGER / MATIASKE / WEBER (2002), S. 23
So steht beispielsweise das Netzwerk der Fallstudie Mr. 6 derzeit vor der Herausforderung, genau eine derartige kommunikative Vernetzung umzusetzen (vgl. Tab. 17, Seite 299).
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes
243
Unterstutzung durch das Management Der erste Erfolgsfaktor sind gemeinsame Ziele und Visionen. So identifiziert ENDRES in seiner Studie zu den Erfolgsfaktoren des iVIanagements von Netzwerken diesen Faktor als die zentrale Voraussetzung fur den Aufbau eines Netzwerkes.^^^ Dabei ist mit der Zieldefinition wesentlicii verbunden, dass sicii die Unterneiimen in einer internen Abstimmung zunachst ihrer eigenen Ziele bewusst werden, um darauf aufbauend Gemeinsamkeiten mit potenziellen Partnern zu identifizieren. Zur Vertiefung dieser Abstimmung sei auf das Kapitel 3.5.3.2.2 im Allgemeinen und auf die Abb. 81 (Seite 229) im Speziellen verwiesen. Diese Zieldefinition betrifft die strategische Ebene. Die weitreichendste und -tragendste Form der Zusammenarbeit wird dagegen dadurch erreiciit, dass aucii Gemeinsamkeiten auf der normativen Ebene identifiziert werden, also gemeinsame Visionen formuliert werden.^^^ Es ist offensichtlich, dass gemeinsame Ziele und Visionen die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Netzwerkes erhohen und insbesondere In den fruhen Phasen der Netzwerketablierung elementar sind. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die Ziele von Unternehmen einem Wandel im Zeitablauf unterliegen und deswegen eine dauerhafte Ubereinstimmung der Ziele nicht sichergestellt ist. Um dieser Problematik zu begegnen, wurde im Rahmen der Integration-Funktion das Widerspruchsmanagement als Erfolgsfaktor identifiziert.^^"^ Die Machtverteilung im Netzwerk ist ein elementarer Erfolgsfaktor, dessen Relevanz mit der Bedeutung des Netzwerkes fur das operative Geschaft oder fur den langfristigen Bestand eines Unternehmens steigt. Denn je wichtiger ein Netzwerk fur ein Unternehmen wird, desto wichtiger wird es fur das Unternehmen auch, seine Interessen in dem Netzwerk vertreten zu konnen. Dafur benotigt ein Unternehmen jedoch Machtressourcen. Neben der prinzipiellen Erkenntnis, dass die Machtverteilung in einem Netzwerk einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellt, ist jedoch zusatziich die Frage zu beantworten, wie eine derartige Machtverteilung ausgestaltet sein sollte. Diese Fragestellung wird in der Studie von ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON nicht thematisiert,^^^ so dass hierzu auf die theoretischen Ausfuhrungen verwiesen sei. So wurde bezijglich der Machtverteilung in Kapitel 3.2.3.1.2 bereits festgestellt, dass langfristig die Machtressourcen eines Unternehmens dem Nutzen des Unternehmens fur das Netzwerk entsprechen sollten. In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich aus dem Erfolgsfaktor nicht schlieden lasst, dass ein Unternehmen freiwillig eInen Tell seiner Machtressourcen an das Netzwerk abtreten kann. Wie die empirischen Ausfuhrungen zeigen werden, verzlchten fokale Unternehmen unter bestimmten Umstanden auf einen Tell ihrer Macht, um dadurch die Bindung der ubrigen Partner an das Netzwerk zu erhohen. Der Erfolgsfaktor des Stakeholder Managements ist, ahnlich wie der Erfolgsfaktor des effizienten Stakeholder Managements auf Unternehmensebene,^^^ ein generischer Erfolgsfaktor. ENQUIST / MAGNUSSON / NILSSON verstehen hierunter die beiden Faktoren „ldentify stakeholders in the network" und „Create change program to which stakeholders commit".^^^
973 974
976 977
Vgl. ENDRES (2001), S. 105 Vgl. ENDRES (2001), S. 105
Vgl. Kapitel 3.6.1.3 In ihrer Studie wurde dieser Erfolgsfaktor identifiziert (vgl. ENQUIST / MAGNUSSON / NILSSON (2004), S. 4). Vgl. Kapitel 2.3.6 Vgl. ENQUIST / MAGNUSSON / NILSSON (2004), S. 4
244
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
Auch wenn dieser Faktor sicherlich positive Auswirkungen auf die Erfolgswahrscheinlichkeit zur Etablierung eines Netzwerkes hat, ist dieser Faktor kritisch zu hinterfragen. Unter der Voraussetzung, dass unter den Stakeholdern die Trager des Change Managements auf Unternehmens- und Netzwerkebene verstanden werden,^^^ folgt fur den Erfolgsfaktor, dass der Wandel mit einer Vielzahl von Akteuren und damit mit den unterschiedlichsten Interessen abgestimmt werden soli. Dies erscheint nicht praktikabel. Jedoch auch wenn ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON unter den Stakeholdern lediglich die betroffenen Machtsponsoren verstehen, scheint dieser Erfolgsfaktor nicht zielfuhrend zu sein. Denn bei Netzwerken, deren Ziel es ist, Synergiepotenziale durch die Netzwerkarbeit zu generieren, konnen diese zumeist nicht reaiisiert werden, wenn angestrebt wird, dass samtliche Machtsponsoren zustimmen. Denn eine Erschlleflung von Synergiepotenzialen ist zumeist mit dem Abbau eines organizational slack verbunden. Von einem derartigen sind dann jedoch auch Machtsponsoren, wie beispielsweise Arbeitnehmervertreter, betroffen, so dass deren Zustimmung fraglich ist Oder hoher Einigungskosten bedarf. Deswegen soil als Erfolgsfaktor zusammenfassend festgestellt werden, dass die Unterstutzung der Stakeholder die Erfolgswahrscheinlichkeit des Wandels zwar einerseits zu erhohen vermag, andererseits in dem Fall, bei dem aus der Unterstutzung erhohte Einigungskosten resultieren, das Optimum aus Widerstands- und Einigungskosten zu suchen ist, auch wenn hierdurch die Machtressourcen gegebenenfalls reduzlert werden. Der Erfolgsfaktor Unterstutzung durcti das Management wurde bereits im Rahmen der Diskussion der Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene diskutiert, so dass auf die Ausfuhrungen verwiesen sei.^^^ Zur Unterstreichung der Relevanz sei jedoch noch darauf hingewiesen, dass die Sicherstellung eIner Unterstutzung durch das Management bei der Etablierung eines Netzwerkes mitunter problematisch ist. Denn der Aufbau eines Netzwerkes bedeutet auch, dass das Management risikobereit ist und sich auf etwas Neues einlasst. Denn die Entwicklung eines Netzwerkes kann nicht komplett abgeschatzt werden,^^° so dass eine Unterstutzung auch dann notwendig ist, wenn die Etablierung des Netzwerks problematische Phasen durchlauft. Zuletzt sei noch auf einen wesentlichen Aspekt hingewiesen. TAUCHER stellt im Zusammenhang mit der Etablierung strategischer Allianzen fest „Zudem helfit es einfach von den einzelnen Manager zuviel zu veriangen, wenn sie ihre eigenen Karriereinteressen im Namen der Kooperation und eines langfristigen strategischen Vorteils wegen opfern sollen. Dies ist schon innerhalb eines Unternehmens schwierig genug, in einer Allianz kann es auf lange Sicht noch weniger funktionieren."^^^ Dieser Aspekt tangiert zwei unterschiedliche Funktionen des AGIL-Schemas. Denn durch eine verminderte Unterstutzung des Managements werden die Machtressourcen reduzlert, was die Goal Attainment-Funktion beruhrt; die Begrundung der verminderten Unterstutzung liegt wiederum in fehlenden Incentives, was die individuelle Motivation mindert und damit Betrachtungsgegenstand der Integration-Funktion ist. Genau hierin liegen auch Ansatzpunkte, um die Motivation und damit die Unterstutzung zu erhalten. So ist sicherzustellen, dass sich die Partizipation an ein Netzwerk fur den Einzelnen nicht hemmend fur seinen Entwicklungspfad auswirkt. Im Vorgriff auf die Ergebnisse der Empirie sei angemerkt, dass in der Fallstudie Nr. 4 ein Erfolgsfaktor darin gesehen wurde, dass die Mitarbeiter, die sich aktiv fur die Fortentwicklung des Netzwerkes einsetzen, in ihrem Individuellen Entwicklungspfad explizit gefordert werden.^^^ Vgl. die Kapitel 2.2.4 und 3.5.3.3 Vgl. die Kapitel 2.3.4.2, 2.3.4.4 und 2.3.6 Vgl. ENDRES (2001), S. 106 TAUCHER (1988), S. 90
Vgl. Tab. 17, Seite299
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes 3.6.1.3
245
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Integration-Funktion
Die analysierten Studien haben die folgenden Erfolgsfaktoren der Integration-Funktion auf Netzwerkebene identifiziert: Beziehungsmanagement Kommunikation Widerspruchsmanagement Motivation der Entscheidungstrager und der handelnden Akteure^^^ Vertrauen Der Erfolgsfaktor Bezieliungsmanagement \Nur6e bereits in Kapitel 3.6.1.1 thematisiert. Im Vergleich zur Adaptlon-Funktion sind jedoch im Rahmen der Integration-Funktion insbesondere die engere Zusammenarbeit und die hohere Transparenz von Relevanz. Denn aus beiden Auswirkungen resultiert ein hoheres Vertrauen. Urn Wiederholungen zu vermeiden, wird bei der Begrundung auf den Ausfuhrungen des Kapitels 2.3.4.3 aufgebaut und lediglich die Netzwerkspezifika herausgearbeitet. Aus einer engeren Zusammenarbeit resultiert eine bessere Kenntnis der Partner. Diese Kenntnis bezieht sich dabei nicht nur auf die einzelnen Personen, mit denen die netzwerkhandelnden Akteure eines Unternehmens im direkten Kontakt stehen, sondern auch auf eine bessere Kenntnis der Ist-Konflguration des AGIL-Schemas der Netzwerkpartner. Beide Kenntnisse haben zur Folge, dass zukunftlge Handlungen der Partner besser abgeschatzt werden konnen. Dieses Wissen ermdglicht wiederum ein hoheres Vertrauen. Denn hierdurch konnen zukunftlge Handlungen des Partners besser abgeschatzt werden; der Erwartungswert steigt. Genau dieselbe Argumentation ist auch fur die hohere Transparenz zutreffend; somit ist das Beziehungsmanagement aufgrund der positiven Auswirkung auf das Vertrauen ein Erfolgsfaktor der Integration-Funktion. Der Erfolgsfaktor Kommunikation wurde bereits ausfuhrlich in Kapitel 2.3.4.3 diskutiert. Die in diesem Kapitel getroffenen Aussagen sind auch fur die Netzwerkebene zutreffend, bedurfen jedoch einiger Erganzungen. Es werden hierbei jedoch lediglich die Aspekte des Erfolgsfaktors erganzt, die sich nicht unmittelbar aus den vorherigen Ausfuhrungen erschlieften. So ist es beispielsweise unmittelbar ableitbar, dass ein Beziehungsmanagement einer Kommunikation bedarf und deswegen die Kommunikation auch einen Erfolgsfaktor darstellt. Insbesondere in der friihen Phase einer Kooperation ist der personliche Kontakt und damit auch die personliche Kommunikation von wesentlicher Bedeutung.^^"^ Diese Relevanz des direkten Kontakts wurde beispielsweise in einer Studie von REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN bestatigt, die zum Ergebnis hatte, dass fur die Halfte aller Interviewten die Face-toface-Kommunikation von grolier Bedeutung Ist.^^^ Die Bedeutung der personlichen Kommunikation, insbesondere in fruheren Phasen einer Kooperation, kann unterschiedlich erklart werden:
Es sei angemerkt, dass dieser Erfolgsfaktor aufgefuhrt wird, da er in der umfangreichen Studie von TuBKE als wesentlicher Faktor identifiziert wurde (vgl. TUBKE (2004)). Korrespondierend zu den Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene (siehe Kapitel 2.3.4.3) stellt dieser Faktor jedoch aus Sicht der Verfassers keinen Erfolgsfaktor dar, sondern beschreibt ein Resultat von Erfolgsfaktoren. Vgl. ENDRES (2001), S. 108 Vgl. REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN (2001), S. 235
246
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken -
-
Eine personliche Kommunikation hat geringere Anforderungen an den Grad der Strukturiertheit einer Konversation als dies bei anderen Arten der Fall ist, insbesondere in der fernmundlichen Form wie Telefon- oder Videokonferenzen. Damit wird durch die personliche Kommunikation die Bezlehungsebene starker tangiert. Es bestehen generelle Vorbehalte gegenuber modernen Kommunikationstechnologien. Im Vorgriff auf die weiteren Ausfuhrungen sei darauf hingewiesen, dass hierin in den Fallstudien wiederholt die Begrundung fur die Ablehnung von Telefon- oder Videokonferenzen lag. Die Merkmale des Kommunikators und der Situation sind wesentlich. Wie das Kommunikationsmodell von MCGUIRE aufzeigte, weist eine Kommunikation mehr Merkmale auf als die reine Botschaft.^^^ Diesbezuglich sei insbesondere auf Merkmale des Kommunikators, die sich unter anderem auf die Glaubwurdigkeit eines Kommunikators auswirken, und auf die Merkmale der Situation hingewiesen. Als Begrundung der Relevanz der personlichen Kommunikation wird nun die These aufgestellt, dass derartige Merkmale bei einer personlichen Kommunikation vom Rezipienten besser aufgenommen werden konnen und dadurch die Vertrauenswurdigkeit besser abgeschatzt werden kann.
Unabhangig davon, welche Begrundung in einer spezifischen Situation zutreffend ist, blelbt festzuhalten, dass eine personliche Kommunikation die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Wandelvorhabens zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes steigert. Zum Zweiten sei auf die Haufigkeit des personlichen Kontakts hingewiesen. Auch wenn in spateren Phasen einer Kooperation der Kontakt auch fernmundlich erfolgen kann, zeigt die Studie von ENDRES auf, dass ein regelmafiiger Kontakt notwendig ist, da ansonsten Kommunikationsprobleme resultieren konnen. So stellt er fest „Nach drei bis funf Monaten muss man haufig Kontakte wieder auffrischen, ansonsten entstehen allmahlich Kommunikationsprobleme."^^^ Zuletzt sei bezuglich der Relevanz einer Kommunikation noch auf den interaktionsorientierten Netzwerkansatz als Basis der zugrunde gelegten Netzwerktheorie verwiesen. Hierbei wird explizit gefordert, dass Konflikte durch Voice denn durch Exit gelost werden.^^^ Mit dieser Forderung wird die Kommunikation explizit ein notwendiger Bestandteil zur sukzessiven Weiterentwicklung des Netzwerkes. Diese Konfliktiosung durch Voice denn durch Exit ist zudem ein wesentlicher Bestandteil des Widerspruchsmanagements, einem weiteren Erfolgsfaktor der Integratlon-Funktion. Dieser Faktor ist insbesondere fur einen langerfristigen Bestand eines Netzwerkes von besonderer Relevanz. So wurde in den vorherigen Ausfuhrungen zwar dargestellt, dass die Existenz gemeinsamer Zlele und Visionen einen wesentlichen Erfolgsfaktor fur ein Netzwerk darstellen, hieraus lasst sich jedoch nicht schliefien, dass nachhaltige Netzwerke aufgrund von unterschiedlichen Unternehmens- und Umweltentwicklungen grundsatzlich konsensorientiert sein konnen.^^^ Daraus folgt zwangslaufig, dass im Netzwerk Widerspruche entstehen. Im Vergleich insbesondere zur Hierarchie wird tellweise sogar das Konfliktpotenzial als deutlich groller angesehen; dies wird damit begrundet, dass auf der einen Seite die Unbestimmtheit der Grenzen eines Netzwerkes, die Unbestandigkeit von Mitgliedschaften und die Fluchtigkeit von Verantwortung und Entscheidungslegitlmltat der Ausbruch von Konflikten wahr-
Vgl. die Ausfuhrungen auf Seite 132, sowie die Fuftnote 559 ENDRES (2001), S. 108
Vgl. Kapitel 3.2.2.6 Vgl hierzu und den folgenden Ausfuhrungen insbesondere MULLER-CHRIST (2003), S. 112 f.
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Untemehmensnetzwerkes
247
scheinlicher wird, auf der anderen Seite jedoch keine klaren Regelungen wie bei einer Hierarchie abrufbar sind, um derartige Konflikte zu I6sen.^^° Derartige Konflikte sind Gegenstand des Widerspruchsmanagements. Seine Aufgabe liegt darin, Dissonanzen zu erkennen und in Abstimmung nnit den Netzwerkpartnern zu losen. Wesentlicher Grundsatz einer derartigen Losungssuche ist dabei, dass ein tragfahiger Kompromiss fur alle Partner gefunden werden soilte.^^^ Ein Widerspruchsmanagement durchlauft drei Phasen:®^^
-
Widerspruchsbewusstsein schaffen In dieser Phase werden Widerspruche erkannt und insbesondere auch offen benannt. Hierdurch wird vermieden, dass bestehende Widerspruche latent weiterbestehen und ein bestehendes Vertrauen beschadigt wird. Um jedoch ein derartiges Ansprechen zu ermoglichen, ist die Schaffung eines Widerspruchsbewusstseins elementar, dass insbesondere Widerspruche als Chance zur Bestandssicherung oder sogar Weiterentwicklung eines Netzwerkes begreift. Entscheidungsregein schaffen Bei dem Auftreten von Widerspruchen sind Entscheidungsregein abzustimmen, wie die Konflikte geldst werden. Derartige Regein sollten dabei insbesondere derart geschaffen sein, dass sie sich auf Losungen konzentrieren und keine langwierigen Analysen bedurfen. Zusannmengefasst ist die Erhaltung der Handlungsfahigkeit des Netzwerkes sicherzustellen. Kooperationspartner qualifizieren Zuletzt ist die Anwendungsfahigkeit der Entscheidungsregein in der betrieblichen Praxis sicherzustellen, was MULLER-CHRIST mit „Ambiguitatstoleranz statt Tertiunn non datur"^^^ beschreibt.
Mit einem derartigen Widerspruchsmanagement soil die konstruktive Losung von Konflikten sichergestellt werden. Die Etablierung eines Widerspruchsmanagements entbindet die Netzwerkakteure jedoch nicht, Konflikte moglichst nicht entstehen zu lassen. So propagiert beispielsweise SONNEK ein praventives Konfliktmanagement, dass die folgenden Maflnahmen umfasst:^®"^
-
die Durchfuhrung einer sorgfaltigen Analyse im Rahmen der Partnerwahl, um Konfliktpotenziale fruhzeitig zu erkennen, die Durchfuhrung einer intensiven unternehmensubergreifenden Kommunikation, um Informationsasymmetrien abzubauen, Vertrauen aufzubauen sowie die Partner fur vorhandene Konfliktpotenziaie zu sensibilisieren, die Schaffung einer gemeinsamen kulturellen Basis, um die Kommunikation und Interaktion zwischen den Unternehmen zu erieichtern, die schriftliche Fixierung von Zielen, Verhaltensgrundsatzen und Regein der Zusammenarbeit, Entscheidungsbefugnlsse und Verantwortlichkeiten sowie des Vorgehens im Falle von Konflikten^^^ sowie
Vgl. ADERHOLD/WETZEL (2005), 8. 20
ENDRES pointiert dies mit dem zusammengefassten Erfoigsfaktor „Es darf nur Gewinner geben." (ENDRES(2001), 8.
107).
Vgl insbesondere auch MULLER-CHRIST (2003), 8. 112 f. MULLER-CHRIST (2003), 8. 113
Vgl. 80NNEK (2003), 8. 30 Es sei angemerkt, dass diese das Widerspruchsmanagement beschreibt.
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
248 -
die gemeinsame Festlegung der Verteilung von Ressourcen, Gewinnen und Verlusten zur Vermeidung von Verteilungskonfiikten und zur Schaffung von Anreizen zu einem kooperativen Verhalten.
Zusammenfassend wird ein Widerspruchsmanagement verbunden mit einem praventivem Konfliktmanagement zur Verhinderung eines Motivations- Oder Vertrauensabbaus sowie eines Widerstandsaufbaus als Erfoigsfaktor der Integration-Funktion aufgefasst.
V#rtmii«ti$* disposition
Hx^nmm Prmmm
Vertrauensbezogene Einstellung
Vertrauen
Kategorisierungsprozess
'©dXiXiXi;'
Glaube an das Gute im Menschen ensche
Kontrollillusions-
vi W
Ehrlichkeit
^o~(^^)
bis man vonn © Vertrauen, Gegenteil iiberzeugt wird
I Fachkompetenz
Vertrauensintention
(lj) Gute Qualitat der Kommunikation
Ahnliche Ansichten
(V) Performanz / Leistung
(^2) Berechenbarkeit / Vorhersehbarkeit
(V) Adaquate Arbeitsweise
( s ) Erfullte Erwartungen
(13) Zuverlassigkeit
(V) Referenzen
(9)
QA) Erfolgreiche Projekte
(5) Vereinbarungen / Vertrage
@ Ehrlichkeit
(2)
Abb. 84:
Loyalitat / Fairness
Untersuchungskategorien von BUSSING / MORANZ innerhalb des Modells der initialen Bildung von Vertrauen nach MCKNIGHT^^^
Der letzte Erfoigsfaktor der Integration-Funktion auf Netzwerkebene ist das Vertrauen. Es stellt ein konstituierendes Merkmal eines Netzwerkes dar, deswegen ist es unmittelbar nachvollziehbar, dass eine Vielzahl der analysierten Studien diesen Faktor als wesentlichen Erfoigsfaktor identifiziert haben. Diese Erkenntnis identlfiziert jedoch noch nicht die Faktoren, wie ein Vertrauen zwischen den Kooperationspartnern aufgebaut werden kann. Dies wurde in einer Studie von BOSSING / MORANZ detailliert untersucht, wobei diese die Vertrauensbildung bei tele-kooperativen Geschaftsbeziehungen zum Gegenstand hat.^^^ Aufgrund der Fokussierung auf tele-kooperative Geschaftsbeziehungen werden die Ergebnisse der Studie kritisch hinterfragt und, basierend auf den Ergebnissen der ubrigen Studien, erganzt.
Vgl. BUSSING / MORANZ (2004), S. 185 Vgl. BUSSING / MORANZ (2004)
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Untemehmensnetzwerkes
249
Der Ausgangspunkt der Studie ist das zur Zeit einzige Modell der initialen Vertrauensbildung zwischen Organisationen.^^^ Dieses Modell wurde von M C K N I G H T / C U M M I N G S / C H E R V A N Y entwickelt und stellt drei Konstrukte in den Mittelpunkt, die Vertrauensdisposition, die kognitiven Prozesse sowie das institutionsbasierte Vertrauen®^^ (siehe Abb. 84). Gegenstand der Untersuchung waren zwei unterschiedliche Fragestellungen. Zum einen wurde untersucht, inwiefern die drei Konstrukte mit Vertrauen korreliert sind; zum zweiten wurden einzelne Faktoren hinsichtlich ihrer vertrauenssteigernden Wirkung analysiert (die einzelnen Faktoren sind in Abb. 84 durchnummeriert und umfassen 14 Punkte von 1: „Vertrauen bis man vom Gegenteil uberzeugt wird" bis 14: „Erfolgreiche Projekte"). Die Untersuchung hatte zum Ergebnis, dass die Hypothese „Je starker ausgepragt die vertrauensbezogenen Einstellungen sind, desto starker ist das Vertrauen" bestatigt wurde, die ubrigen Hypothesen^°°° wurden nicht bestatigt. Bezuglich der einzelnen Faktoren kam die Studie zum Ergebnis, dass im Wesentlichen die Folgenden vertrauensfordernd sind:^°°'' -
Zuverlassigkeit Fachkompetenz Loyalitat / Fairness Gute Qualitat der Kommunikation Geheimhaltung / Vertraulichkeit Ehrlichkeit
Die Faktoren spiegein damit im Wesentlichen die Ergebnisse der bisherigen Ausfuhrungen wider,''°°^ so dass sie als Bestatigung dieser gewertet werden. Jedoch ist ein wesentlicher Aspekt der Vertrauensbildung in Netzwerken durch die Studie nicht identlfiziert worden, die Einbeziehung Betroffener.^°°^ Es sei darauf hingewiesen, dass, bedingt durch das Untersu-
Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen BUSSING / MORANZ (2004), S. 184 f. BUSSING / MORANZ beziehen sich hierbei auf MCKNIGHT / CUMMINGS / CHERVANY (1998) zitiert aus BUSSING / MORANZ (2004), S.
185
Es sei angemerkt, dass das institutionsbasierte Vertrauen in diesem Modell im Wesentlichen dem in Kapitel 2.2.2.3.3 beschriebenen Systemvertrauen entspricht. Die ubrigen Hypothesen waren „Je starker der Glaube an das Gute im Menschen ist, desto starker ist das Vertrauen", „Je starker der Glaube an strukturelle Sicherheiten ist, desto starker ist das Vertrauen." und „Der Einfluss von vertrauensbezogenen Einstellungen und dem Glauben an das Gute im Menschen auf Vertrauen wird mediiert durch den Glauben an strukturelle Sicherheiten." Vgl. BOSSING / MORANZ (2004), S. 187 Es sei angemerkt, dass lediglich die Faktoren aufgefuhrt werden, bei denen mindestens 2/3 der Interviewten den Faktor als vertrauensfordernd aus der personlichen Perspektive angesehen haben. Neben der personlichen Perspektive gaben die Interviewten zusatzlich an, welche Faktoren sie als wesentlich fur den Geschaftspartner elnschatzen wurden. Diese zweite Fragestellung ist jedoch aus Sicht des Verfassers problematisch, da eine Einschatzung des Geschaftspartners eine subjektive Bewertung der vertrauensbildenden Faktoren eines Dritten darstellt. Der Aussagegehalt kann damit durchaus kritisch hinterfragt werden. Die aufgefuhrten Faktoren sind geordnet nach der Anzahl der Nennungen. Vgl. hierzu die konstituierenden Merkmale von Vertrauen (Seite 67), die Diskussion der Erfolgsfaktoren der Integration-Funktion auf Unternehmensebene (Kapitel 2.3.4.3) sowie die in diesem Kapitel dargestellten Erfolgsfaktoren, insbesondere die Ausfuhrungen zur Kommunikation Vgl. zu diesem Punkt auch Kapitel 2.3.4.3. In diesem Kapitel wurde explizit auf die vertrauensbildentle Wirkung der Einbeziehung Externer verwiesen. So stellt beispielswelse RODER bei der Identffikation von Erfolgsfaktoren fest, dass die Einbeziehung von Kunden und Lieferanten einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellt (vgl.
250
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
chungsdesign der Studie, dieser Faktor nicht identifiziert werden konnte, da bestehende kooperative Geschaftsbeziehungen untersucht wurden, die Betroffenen also ganzlich in die Kooperation einbezogen wurden. Dieser Umstand ist, wie die folgenden Ausfuhrungen und die Ergebnisse der Empirie zeigen werden, nicht zwangslaufig gegeben. Vielmehr konnen Netzwerke auch derart organisiert sein, dass nur ein Teil der Partner Ergebnisse erarbeitet, die jedoch auch bindend fur die ubrigen Netzwerkteiinehmer sind. Insbesondere an diesem letzten Faktor zum Aufbau von Vertrauen lasst sich zudenn darstellen, warum das Vertrauen einen derart herausragenden Erfolgsfaktor darstellt. So bergen Netzwerke, die sich, dem Netzwerkmodell der vorliegenden Arbeit folgend, in einer hoheren Entwicklungsstufe befinden, grundsatzlich das Risiko, dass schwerwiegende soziale Oder materielle Verluste resultieren, derartige Verluste dabei nicht zwangslaufig aufgrund opportunistischen Verhaltens eines Netzwerkpartners bewusst herbeigefuhrt werden, sondern auch aus Fehlern in der Netzwerkarbeit resultieren konnen. Die Netzwerkpartner vertrauen jedoch darauf, dass derartige Verluste nicht entstehen.^"""^ Dieses Vertrauen in die erfolgreiche Arbeit des Netzwerks wird nun durch eine Partizipation an der Netzwerkarbeit gesteigert, da hierdurch die (zumindest subjektiv empfundene) Wahrscheinlichkeit des Scheiterns gesenkt wird. Die Partizipation an der Netzwerkarbeit erhoht demnach den Erwartungswert (vgl. hierzu die konstituierenden Merkmale des Netzwerks, Seite 67) und damit auch das Vertrauen In die Netzwerkarbeit. Zuletzt sei noch auf einen wesentlichen Aspekt aus theoretischer Sicht hingewiesen, der die Relevanz des Erfolgsfaktors Vertrauen unterstreicht. Die Ausfuhrungen zur Spieltheorie haben gezeigt, dass sich der Faktor Vertrauen auch anhand dieser Theorie erklaren lasst. Insbesondere die Tit-for-Tat-Strategie gibt einen Hinweis auf optimales Verhalten von Kooperationspartnern.^°°^ Somit konnte die herausragende Relevanz des Faktors Vertrauen sowohl aus Erkenntnissen der betrleblichen Praxis als auch aus theoretischer Sicht bestatigt werden. Im interaktionsorientierten Netzwerknnodell, dass, wie dargestellt, die Basis des im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Netzwerkmodells bildet, wurde der evolutionare Aufbau eines Netzwerkes skizziert. Hierbel wurde insbesondere auch dargestellt, dass einzelne Netzwerkpartner zunachst Investitionen in das Netzwerk tatlgen, ohne einen direkten Nutzen hieraus zu erzielen. Es sei angemerkt, dass diese Vorleistung nicht nur vom initiierenden Unternehmen geleistet wird, sondern, wie BACHMANN darstellt, prinzipiell von jedem Netzwerkpartner. ""^^^ Urn nun diese Investition durchzufuhren, vertraut der Investierende Partner darauf, dass sich das Engagement langfristig auszahlen wird. Genau in diesem Punkt liegt jedoch eine bedeutende Problematik in der fruhen Phase eines Netzwerkes. So stellen ADERHOLD / WETZEL fest, dass sich in dieser Phase die Akteure zwar durchaus bewusst sind, dass Vertrauen fur ein Netzwerk elementar ist, sie andererseits mit einer konkreten Investition in das Netzwerk beispielsweise in Form von der Preisgabe senslbler Informationen zuruckhaltend sind. Denn durch eine derartige Preisgabe gefahrden sie sich selbst, auch wenn sie dadurch das Netzwerk starken.^°°'' Das Resultat hieraus ist, dass wichtige Informationen zuruckgehalten werden, um die eigene Position zu schutzen.
1004 1005 1006 1007
RODER (1999), S. 126). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird dieser Faktor enA/eitert und unter dem Erfolgsfaktor die Einbindung der Netzwerkpartner verstanden. Vgl. hierzu auch BACHMANN (2000), S. 112 f. Vgl. Kapitel 3.2.2.2, sowie ZENTES / SWOBODA / MORSCHETT (2003), S. 837 BACHMANN (2000), S. 112 Vgl. ADERHOLD/WETZEL (2005), 8.19
Es sei angemerkt, dass die beiden Autoren diesen Aspekt auch als Vertrauensdilemma bezeichnen.
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes
251
Deswegen vertreten ADERHOLD / WETZEL die Auffassung „Die allseits vernommene Aufforderung, doch »mehr« Vertrauen aufzubauen, mutet dabei eher naiv an."^°°^ Die empirischen Ergebnisse werden in den folgenden Ausfuhrungen zeigen, dass diese kritische Betrachtung des Vertrauensaufbaus in den Fallstudien bestatigt wurde. So stellt ein Vertrauensaufbau ein langwierigen Prozess dar, bei dem sich nur sukzessive in kleinen Stufen ein Vertrauen herstellen lasst.'°°^ Ais Misserfolgsfaktoren der Integration-Funktion auf Netzwerkebene wurden kommunikative Reibungsverluste und menschliche Probleme identifiziert. Die negativen Auswirkungen beider Faktoren insbesondere auf das Vertrauen und damit auf die Steigerung einer Misserfolgswahrscheinlichkeit sind offensichtlich, so dass sie nicht weiter ausgefuhrt werden. So werden beispielsweise unter menschlichen Problemen Punkte wie eine fehlende Zuverlassigkeit, ein mangelndes Vertrauen oder eine mangelnde Sympathie verstanden. Es ist offensichtlich, dass diese Punkte einen Beziehungsund Vertrauensaufbau zwischen den einzelnen Akteuren behindert und deswegen die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Netzwerkes verringert wird. 3.6.1.4
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Latent Pattern Maintenance-Funktion
Der Erfolgsfaktor der Latent Pattern Maintenance-Funktion wird unter dem Begriff Netzwerkkultur zusammengefasst, wobei dieser Erfolgsfaktor einer Spezifizierung bedarf. Denn eine Netzwerkkultur ist fur sich genommen lediglich ein Konstrukt, das die im Zeitablauf der Zusammenarbeit herausgebildeten, kooperationstypischen Werthaltungen und daraus abgeleiteten Verhaltensweisen beschreibt.^°^° Urn nun ein Erfolgsfaktor fur die Etablierung eines Netzwerkes zu sein, sind Charakteristika einer Kultur herauszuarbeiten, die forderlich fur ein Netzwerk ist. Ausgangspunkt fur die Beschreibung einer derartigen Kultur ist dabei die Unternehmenskultur. Denn ein Netzwerk kann als eine Schnittmenge von den einzelnen Partnern aufgefasst werden,^°^^ so dass hieraus folgt, dass insbesondere in den fruhen Phasen eines Netzwerks die Unternehmenskulturen pragend fur die Netzwerkkultur sein werden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht thematisiert wird, inwiefern es generell moglich ist, dass sich parallel ganzlich unterschiedliche Unternehmens- und Netzwerkkulturen entwickeln. Denn hieraus wurde folgen, dass Mitarbeiter als Akteure im Netzwerk und im Unternehmen zwei unterschiedliche Kulturen in sich vereinen mussen.^°''^ Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der Studien zu den Netzwerkkulturen einzuordnen. Denn die einzelnen Studien beschreiben zumeist Charakteristika, die eine Kultur haben sollte, um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Netzwerketablierung zu erhohen. Wie die folgende Darstellung der einzelnen Ergebnisse aufzeigt, werden deswegen auch die unterschiedlichsten Begriffe fiir die Beschreibung einer netzwerkforderlichen Kultur verwandt.
ADERHOLD / WETZEL (2005), S. 19
1011 1012
Vgl. hierzuKapitel 5.2.1.1 Vgl. hierzu auch Fuflnote 847, Seite 202 Vgl. die Ausfuhrungen in Kapitel 3.5.2 sowie Abb. 73, Seite 212 Es sei explizit darauf hingewiesen, dass dies auch fur ein gemeinsam gegrijndetes Joint Venture gilt, da das Joint Venture wiederum als Unternehmen innerhalb des Netzwerkes aufgefasst werden kann und damit eine eigene Unternehmenskultur besitzt.
252
Die Etablierung von Unternehmensnetzwerken
PEITZ wahit den Begriff Interaktionskultur. Bine derartige Kultur zeichnet sich durch „Offenheit", „Angstfreiheit", „Fehlertoleranz", „permanente Lernbereitschaft", JIache Hierarchien", „eine transparente Information und Kommunikation zwischen alien Ebenen und Funktionen" sowie „ein Minimum an Vorgaben und Kontrolle" ausJ°^^ Die Relevanz der Offenheit einer Unternehmenskultur wurde auch von RITTER / GEIVIUNDEN als wesentlicher Erfolgsfaktor identifiziertJ°^'^ Eine offene Unternehmenskultur zeichnet sich dabei zum einen durch organische Prozesse (z.B. Betonung von Flexibilitat, Spontaneitat und Individualitat) aus und zum anderen durch eine externe Positionierung (z.B. Betonung von Wettbewerb und Differenzierung).^°^^ Die Notwendigkeit der Offenheit ist dadurch begrundet, da die Erfullung der Aufgaben des Netzwerkmanagements von den Mitarbeitern Flexibilitat, Engagement und Selbstverantwortung verlangt und sich hierdurch ein hohes Ausmaft an Qualifikation fur das Netzwerkmanagement entwickein kann.''°''^ Demgegenuber hat LUBRITZ insbesondere den kulturellen Fit zwischen den Akteuren untersucht. Als Ergebnis hat sich herausgestellt, dass erfolgsfordernd insbesondere die Aspekte „Wirtschaftsethische und moralische Grundwerte", „Mitarbeiterorientierung", „Gewinnstreben", „Flexibilitat / Marketingorientierung", „Hlerarchie / Kompetenzverteilung" und „Unternehmensstrategie / iangfristige Ziele" sind.^^^'' Zuletzt identifiziert ENDRES die „Bereitschaft und Fahigkeit zum Perspektivenwechsel" als wesentlichen Erfolgsfaktor. Dieser Faktor mag zunachst nicht unmittelbar mit einer Unternehmenskultur in Verbindung gebracht werden, da dieser Perspektivenwechsel jedoch insbesondere auch die Fahigkeit umfasst, „sich der kulturellen Muster bewusst zu werden" und „die systematischen Rahmenbedingungen und soziokulturellen Besonderheiten zu erkennen", ^^ wurde dieser Erfolgsfaktor der Netzwerkkultur zugeordnet. Um die einzelnen Studienergebnisse zu strukturieren, wurden sie in das Schema von BLEICHER eingeordnet.^°^^ Dabei stellt die Abb. 85 eine Unternehmenskultur dar, die forderlich fur die Etablierung eines entwicklungsorientierten Netzwerkes ist. Mit dem Aufbau eines Netzwerkes wird sich langfristig hieraus auch eine Netzwerkkultur herauskristallisieren. Bei der Beschreibung der Kultur wurde explizit darauf hingewiesen, dass ein Attribut die Entwicklungsorientierung des Netzwerkes ist, es sich demnach evoiutionar fortentwickelt.^°^° Diese Einschrankung ist wesentlich, da unter Netzwerken die unterschiedlichsten Auspragungen von eher marktiichen bis eher hierarchischen Koordinationsformen verstanden werden und deswegen keine allgemelngultige Empfehlung moglich ist. So wurden in den Studien keine fokalen Netzwerke mit einem Netzwerkfuhrer untersucht. Es scheint jedoch, dass sich bei derartigen Netzwerken die empfehlenswerten Kulturen an der Unternehmenskultur des fokalen Unternehmens orientieren sollten."*"^^ 1013 1014 1015 1016 1017 1018 1019 1020 1021
Vgl. PEITZ (2002), S. 263 Vgl. RITTER/GEMUNDEN (1998), S. 10 Vgl. RITTER/GEMUNDEN (1998), S. 10 Vgl. RITTER/GEMUNDEN (1998), 8. 10 Vgl. LUBRITZ (1998), 8. 277 ENDRES (2001), 8.106
Vgl. Abb. 26, Seite 75 Vgl. hierzu auch Kapitel 2.1.3.1 Vgl. KASPER/ HOLZMGLLER/ WiLKE (2003), 8. 861 f., sowie die dort zitierte Literatur Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass unter einer Orientierung an der Kultur des Netzwerkfuhrers nicht verstanden wird, dass die Kulturen der Partner der Kultur des
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes
253
1
(IV) Kulturpragende Roile der Mitarbeiter g IndjykiCfeiie
^Qffenheit, ^JrtiwQJtorientierung
(1) Offenheit von Unternehmenskulturen 2
Kulturpragung
A n d ^ cungsfreun(J|ich Geschlossenheit, Binnenorientierung Anderungsfeindlich
Kollektive Kulturpragung Mitdieder als AWeure
7 •^^^
Mitglieder als Mitarbeiter
•CN
\ Instrumentelle \Orienlierung
>
•
Spitzenorientierung
Kosten~~Tjriefltierurig
^
\
3
Basisorientj^ferung
Einheitskulturelle Pragung
NiitzenortentierVig
(III) Kulturpra- 6 gende Rolle der FiJhrung
Subkultyj -Pfagung
EntwickfClns^ orientierung^
(II) Differenziertheit von Unternehmenskulturen
5 1) Abhangig vom Netzwerkgegenstandi
Abb. 85:
Unternehmenskultur zur Fdrderung eines entv/icklijngsorientierten Netzwerkes^°^^
Wie aus der Abb. 85 ersichtlich wird, lassen sich nicht alle sich nicht fur alle Dimensionen von BLEICHER Empfehlungen ableiten. Insbesondere die Dimension 6 „Kosten- vs. nutzenorientierte Kulturpragung" lasst sich niciit einordnen. Denn je nacii Zielsetzung des Netzwerkes konnen beide Auspragungen, die Kosten- und die Nutzenorientierung, forderiicii fur ein Netzwerk sein. Die dargestellte Kultur scheint zunachst den Ausfuhrungen aus Kapitel 3.2.3.1.2 und hierbei insbesondere der Tab. 10 (Seite 195) zu widerspreciien. Denn wenn eine einlieitliclie Kultur als empfehlenswert herausgearbeitet wird, ist es nicht ersichtlich, wie eine kompatible oder sogar eine komplementare Unternehmenskultur als optimaler FIT gefordert werden kann. Diesbezuglich seien die folgenden Punkte angemerkt:
fokalen Unternehmen gleichen sollten. Ganz im Gegenteil kann dies sogar kontraproduktiv sein. Vielmehr wird hierunter eine synergetische Erganzung von den einzelnen Kulturen verstanden. Es sei angemerkt, dass unter einem Netzwerkgegenstand die Aufgaben verstanden werden, die in das Netzwerk ausgelagert wurden. Damit sind alle Transaktionen Netzwerkgegenstande, jedoch nicht alle Netzwerkgegenstande Transaktionen. So kann ein Wissensnetzwerk auch dem reinen Erfahrungsaustausch dienen. Dieser Erfahrungsaustausch ist ein Netzwerkgegenstand, nicht jedoch eine Transaktion.
Die Etablierung von Untemehmensnetzwerken
254
Wie bereits diskutiert worden ist, kann eine Unternehmenskultur nur teilweise erfasst werden. Auch wenn die Ausfuhrungen in diesem Kapitel suggerieren, dass eine Standardkultur empfohlen wird, existieren die unterschiedlichsten Auspragungen von Kulturen, die den dargestellten Forderungen entsprechen und trotz allem durchaus komplementar zueinander sind. Die Auswirkungen von Unternehmenskulturen auf die Performance eines Netzwerkes sind auflerordentlich komplex. Deswegen konnen sich durchaus auch weitere Kombinationen als sinnvoll ergeben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die evolutionare Weiterentwicklung eines Netzwerkes durch einen Netzwerkfuhrer gesteuert wird. Diese Punkte zusammenfassend, ist die skizzierte Kultur als eine erfolgsfordernde Kultur zu verstehen, die jedoch nicht den Absolutheitsanspruch hat. Kontextspezifisch konnen durchaus noch weitere Kulturen forderlich fur einen Wandel sein. Sle ist demnach eher als Orientierung aufzufassen. 3.6.2
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren des Change Management-Prozesses auf Netzwerkebene
Als Erfolgsfaktor des Change Management-Prozesses wurde das Beziehungsmanagement identifiziert. Wie in Kapitel 3.6.1.1 bereits dargestellt wurde, ist das Beziehungsmanagement im Wesentlichen durch die Prinzipien gemeinsamer Planungsprozesse, Austausch von Mitarbeitern, Offenlegung von Kosten, Informationsaustausch, gemeinsamer Verbesserungsprogramme sowie einer regelmadigen Kontaktpflege charakterisiert.
«« « Wandel 2. Ordnung I. Phase der Netzwerkinitiierung I j Gemeinsame Durchfuhrung
Abb. 86:
Zur gemeinsamen Durchfuhrung empfohlene Prozessschritte
Wird das Beziehungsmanagement auf den Change Management-Prozess auf Netzwerk- und Unternehmensebene bezogen, konnen Prozessschritte identifiziert werden, deren gemein-
Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren zur Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes
255
same Durchfuhrung zu empfehlen ist (siehe Abb. 86^°^^). Wie aus der Abbildung ersichtlich wird, werden mehr Schritte zur gemeinsamen Erarbeitung empfohlen, als dies bei einer unreflektierten Auslegung des Erfolgsfaktors Beziehungsmanagement der Fall ware. Dazu sei jedoch angemerkt, dass es nicht plausibel ist, wenn Planungsprozesse auf der Netzwerkebene gemeinsam durchgefuhrt werden, deren Umsetzung auf Netzwerkebene jedoch wiederum getrennt wird. Des Weiteren sei angemerkt, dass einige Prozessschritte nur teilweise gemeinsam durchgefuhrt werden. Die Positionsbestimmung und Zielsetzung auf Netzwerkebene kann nur dann gemeinsam durchgefuhrt werden, wenn im Rahmen der gemeinsamen Planung des Wandels ein Rucksprung zu diesem Prozessschritt notwendig wird; ansonsten obliegt dieser Schritt dem initiierenden Unternehmen, da im ersten Durchlauf des Schrittes potenzielle Kooperationspartner noch nicht identifiziert sind.^^^"^ Auch die Umsetzung auf Unternehmensebene erfolgt nur dann gemeinsam, wenn Mitarbeiter ausgetauscht oder kooperativ unternehmensindividuelle Implementierungsprobleme gelost werden. Die zweite Phase, die Phase der Netzwerketablierung^°^^ wird ganzlich kooperativ durchgefuhrt. Denn dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz foigend, verstarkt sich die Bindung der Unternehmen im Zeitablauf, so dass hieraus eine engere Zusammenarbeit bei der evolutionaren Fortentwicklung des Netzwerkes folgt. 3.6.3
Die Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren der Trager des Change Managements auf Netzwerkebene
Die drei Erfolgsfaktoren der Trager des Change Managements auf Netzwerkebene wurden bereits in den vorherigen Kapitein ausfuhrlich diskutiert, so dass, um Wiederholungen zu vermeiden, lediglich noch auf einen Aspekt hingewiesen wird. Dem Beziehungsmanagement kann ein weiterer, von RITTER / GEMONDEN identifizierter Faktor, zugeordnet werden. Dieser Erfolgsfaktor ist die „Netzwerkorientierung des Personalmanagements". Hierunter verstehen sie, dass als fester Bestandteil das Kriterium der „Pflege und Gestaltung von Geschaftsbeziehungen" bei der Personalauswahl fur die in das Netzwerk involvierten Mitarbeiter angelegt wird. Erganzt wird dies durch die Forderungen, dass die betroffenen Mitarbeiter die Fahigkeit zur Interaktion mit den Geschaftspartnern besitzen und zudem, dass sie die unterschiedlichen Kommunikationstechnoiogien beherrschen.^°^^ Es zeigt sich demnach, dass die Anforderungen an die Trager des Change Managements auf Netzwerkebene im Vergleich zum Change Management auf Unternehmensebene noch einmal deutlich gestiegen sind. Dies wird noch dadurch verstarkt, dass der Interaktion der beteiligten Akteure eine noch herausragendere Stellung zuteil wird, da die Fahigkeiten zur Durchfuhrung mikropolitischer Verhandlungsprozesse, zur Beziehungspflege und zur Uberzeugung notwendig sind, ohne auf Machtressourcen zuruckgreifen zu konnen, die auf der hierarchischen Stellung eines Akteurs beruht.
1024 1025 1026
Die Prozessschritte entsprechen der ersten Phase des in Abb. 81 (Seite 229) dargesteliten Modells. Siehe hierzu Kapitel 3.5.3.2.1 im Allgemeinen sowie Abb. 80 (Seite 227) im Speziellen Siehe Abb. 81 (Seite 229) Vgl. RITTER/GEMUNDEN (1998), S. 263
4
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
4.1
Branchenijberblick uber die Energiewirtscliaft
Dem Energiesektor werden der Steinkohlenbergbau und -brikettherstellung, der Braunkohlenbergbau und -veredelung, die Fernwarmeversorgung, die Mineralolverarbeitung, die Gewinnung von Erdol und Erdgas, die Gasversorgung und die Elektrizitatsversorgung zugeordnet.^°^^ Fur die Fragesteliungen der vorliegenden Arbeit ist jedocii iedigiicii die Gasund Elektrizitatsversorgung von Relevanz, da diese beiden Teile den Regelungen der Neufassung des Energiewirtsciiaftsgesetzes (EnWG) unterliegen. Diese beiden Sparten werden unter dem Begriff der Energiewirtscliaft subsummiert und im Folgenden beschrieben. 4.1.1
Die Wertschopfungsstufen der Energiewirtschaft
Die Energiewirtschaft umfasst mehrere Wertschopfungsstufen von der Erzeugung der Energie bis zu den Endverbrauchern. Die Abgrenzung der einzelnen Wertschopfungsstufen ist dabei nicht eindeutig festgelegt, vielmehr werden die Stufen unterschiedlich abgegrenzt. So unterscheiden BRUNEKREEFT / KELLER beispielsweise die Erzeugung, den Transport, die Verteilung und die VersorgungJ°^^ Die Ebene der Erzeugung umfasst die reine Produktion der Elektrizitat, nicht jedoch deren Abtransport. Somit werden zu dieser Wertschopfungsstufe die Kraftwerke und sonstige Energieerzeugungsanlagen zugerechnet. Auch wenn diese Stufe zunachst eindeutig abgrenzbar erscheint, ergeben sich bei der Auslegung von europaischen Richtlinien und deutschen Gesetzen auch hierbei Probleme, da neben den groden Kraftwerken auch noch eine Vielzahl von kleinen und kleinsten, dezentralen Erzeugungsanlagen existieren, wie beispielsweise Aniagen zur Kraft-Warme-Koppelung. Derartige Aniagen werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit explizit nicht zur Erzeugung zugerechnet, da diese sonst den Anforderungen des Legal Unbundling folgend gesellschaftsrechtlich von den ubrigen Bereichen von Energieversorgungsunternehmen getrennt werden mussten, woraus deutliche Synergieverluste resultieren wurden. Damit sind derartige Aniagen zwar Erzeugungsanlagen, werden aber nicht der Wertschopfungsstufe der Verteilung zugeordnet. Der Transport ist die nachste Stufe, wobei der Transport oftmals durch die Hochdruckstufe in der Sparte Gas bzw. die Hochstspannungsebene in der Sparte Strom definiert wirdJ°^^ Dieser Definition soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt werden, sondern vielmehr wird die Abgrenzung des Transports zur Verteilung basierend auf den Ausfuhrungen des EnWG vorgenommen. Damit sind der Wertschopfungsstufe Transport die Betreiber von Ubertragungsnetzen zugeordnet. Sie sind demnach „naturliche Oder juristische Personen Oder rechtlich unselbstandige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die verantwortlich sind fur den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Ubertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen",^°^° wobei ein Ubertragungsnetz wiederum in eine Vgl. BuNDESMiNiSTERiUM FUR WiRTSCHAFT UND TECHNOLOGIE (2006), Tabells 2, sowie HENSING / PFAFFENBERGER / STROBELE (1998), S. 50-137 Vgl. BRUNEKREEFT / KELLER (2003), 8 . 1 3 5 ff.
1029 1030
RuHLAND dagegen unterteilt sie in die Erzeugung, den Handel, den Transport, den Vertrieb und das Verteilnetz (vgl. RUHLAND (2001), S. 349). SENDNER wiederum unterteilt sie in Erzeugung, Handel, Ubertragung, Verteilung, Vertrieb und Messung / Abrechnung, sowie Querschnittsfunktionen (vgl. SENDNER (2003), S. 4). Vgl. BRUNEKREEFT / KELLER (2003), S. 136
§ 3 A b s . 10 EnWG
258
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
Fernleitung fur die Sparte Gas bzw. eine Ubertragung fur die Sparte Strom untergliedert
istJ°^^ Das Ubertragungsnetz wird in Deutschland in vier verschiedenen Regelzonen von der EnBW Transportnetze AG, der E.ON Netz GmbH, der RWE Net AG sowie der Vattenfall Europe Transmission AG betrieben. Das Fernleitungsnetz auf der Importstufe von den funf Unternehmen BEB Transport und Speicher Service GmbH, E.ON Ruhrgas AG, RWE Energy AG, Verbundnetz Gas AG und Wingas GmbH. Aufgrund der Grolie und Struktur dieser Unternehmen werden sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht betrachtet, da fur diese Unternehmen weder der wirtschaftliche Zwang besteht, untereinander Kooperationen aufzubauen, noch kartellrechtlicii engere Kooperationen durchsetzbar sind.^°^^ Die nachste Wertschopfungsstufe ist die Verteilung, welcher die Versorgung der Endkunden obliegt. Die einzelnen Verteilnetze sind dabei zumeist nicht direkt horizontal miteinander verbunden, sondern lediglich indirekt uber die Transportnetze.^°^^ Die Verteilung ist die Wertschopfungsstufe, die uber das grolite Netz, gemessen an Leitungskilometern, verfugt. Sie wird oftmals noch welter differenziert in Regionalverteiler und Stadtwerke.^"^"^ Regionalverteiler (RV) sInd dabei Versorgungsunternehmen, die Endkunden In der Flache versorgen, Stadtwerke (SW) sind dagegen kommunale Versorgungsunternehmen. Die Unterscheidung ist wesentlich, da Regionalverteiler aufgrund ihrer gerlngen Kundendichte organlsatorlsche Probleme zu losen haben, die fur Stadtwerke nicht existieren, da ihre Kunden geographisch konzentriert sind. Stadtwerke werden oftmals mit Weitervertellern (WV) gleichgesetzt. So definiert KLAUS „Weiterverteiler sind diejenigen Strom- und Gasversorgungsunternehmen, die wie etwa Stadtwerke die Energie von einem oder mehreren Vorlieferanten oder von einer Energieborse zu Grolihandelskonditionen beziehen und sie an die Industriellen, gewerblichen und privaten Endverbraucher zu Einzelhandelskonditionen liefern. In einigen Fallen beliefern Welterverteiler andere Weiterverteiler, die nachgelagerte Verteilnetze betreiben."^°^^ Erganzend zu der Definition sei angemerkt, dass ein weiteres konstituierendes Merkmal von Weiterverteilern ist, dass sie ein eigenes Verteilnetz betreiben. Damit sind Weiterverteiler jedoch nur eine Schnittmenge von Stadtwerken, da sie nur die Stadtwerke bezeichnen, die keine oder nur im gerlngen Umfang elgene Energieerzeugungsanlagen betreiben. Als letzte Stufe wird von BRUNEKREEFT / KELLER die Versorgung aufgefuhrt. Im Gegensatz zum Netzbesitzer, der den physikalischen Strom- oder Gasfluss koordiniert, umfasst die Tatigkeit des Versorgers den Strom- / Gaseinkauf und -verkauf mittels eines Strom- oder Gaslieferungsvertrages an den Endkunden.^°^^ Die Aufgabe des Versorgers ist es demnach.
1033 1034 1035 1036
Zu den Begriffen Fernleitung bzw. Ubertragung siehe § 3 Abs. 19 bzw. Abs. 32 EnWG Aus dieser Aussage lasst sich jedoch nicht schlieden, dass umfangreiche Internationale Kooperationen ausgeschlossen sind. So zeigen einerseits Internationale Konzentrationstendenzen in der Energiewirtschaft (vgl. HASLAUER / KROGER (2002), S. 30 ff.) und andererseits Erkenntnisse der Deregulierung der Telekommunikationsbranche, dass in dem Aufbau internationaler Kooperationen zukunftige Strategien gesehen werden (vgl. DOWLING (1996), S. 331 ff.). Derartige Kooperationen sind jedoch hinsichtlich Komplexitat, Umfang und externer, insbesonderer bundespolitischer Einflijsse grundverschieden von den im Rahmen der vorliegenden Arbeit thematisierten Kooperationen. Sie werden deswegen explizit von der Analyse ausgeschlossen. Vgl. BRUNEKREEFT / KELLER (2003),
8.136
Vgl. bspw. HENSING/PFAFFENBERGER/STROBELE (1998), S. 137 KRAUS (2003), S. 206 Vgl. BRUNEKREEFT/KELLER (2003), S. 137
Branchenuberblick uber die Energiewirtschaft
259
eine „Transaktions- und Suchkosten verringernde Vermittlungsrolle zwischen Produktionsbzw. GroBhandelsebene, Netzebenen und Endkunden [einzunehmen; d.V.]."^°^^ Diese Auffassung der Versorgung ist jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu unspezifisch. Denn es existieren zwei unterschiedliche iViarktteilnehmer, welche die Versorgung von Endkunden durchfuhren, zum einen der Handel und zum anderen der Vertrieb eines Energieversorgungsunternehmens (EVU). Unter dem Handel sind dabei die Marktteilnehmer zu verstehen, die kein eigenes Gas- oder Stromnetz besitzen und damit als reiner Versorger grundsatzlich in fremden Netzen agieren. Der Vertrieb eines EVU dagegen versorgt zum einen die Kunden im eigenen Netzvertrieb, zum anderen kann er jedoch auch zusatziich als Versorger von in einem fremden Netzgebiet agieren. Diese Unterscheidung zwischen Vertrieb und Handel wird aus zwei Grunden vorgenommen: -
-
Wie eingangs schon erwahnt, besteht der Verdacht, dass innerhalb eines EVU der Vertrieb durch die Eriose des Verteilnetzes quersubventioniert wird. Derartige Quersubventionen erscheinen moglich, da sowohl die Aufgaben des Vertriebs als auch die des Verteilnetzes in einem Unternehmen angesiedelt sind. Damit ist es eine der wesentlichen Ziele des Unbundlings, diese Wettbewerbsverzerrungen aufzulosen. Dem Vertrieb obliegen noch weitere Aufgaben, die ein Handler nicht wahrnehmen muss. Wahrend ein Handler die freie Wahl hat, mit welchen Kunden er Geschaftsbeziehungen aufnehmen will, tritt der Vertrieb als Grundversorger in der Sparte Strom auf, so dass er die Grundversorgungspflicht hat. Diese verpflichtet ihn, solange die Versorgung aus wirtschaftlichen Grunden zumutbar Ist, alle Haushalte in einem Netzgebiet zu versorgen.^°^® Somit hat er auch Kundengruppen zu versorgen, bei denen ofters Zahlungsausfalle aufgrund einer schlechten Zahlungsmoral oder llliquiditat auftreten.
Werden diese Punkte zusammengefasst, unterteilt sich die Wertschopfungskette der Energiewirtschaft wie in Abb. 87 dargestellt. Jedoch wurde bei dieser Wertschopfungskette zudem noch eine Unterscheidung zwischen Vertrieb und Service vorgenommen. Diese weitere Unterteilung erfolgt vor dem Hintergrund der Losung zukunftiger Anforderungen des EnWG. Enei^teversorgungsuntemehmen Handel
Vertrieb
\:
Erzeugung
A
Service Transport
L
Verteiinetz
7
fokm der vortfegenchn Arbeit
Abb. 87:
Die Wertschopfungskette der Energiewirtschaft
Eine ahnliche Unterteilung nimmt auch GNAMIVI vor, wobei er explizit zusatziich die Managementprozesse auffuhrt. Dabei die unterteilt er die Managementprozesse in Controlling, BRUNEKREEFT/KELLER (2003), S. 137 Vgl. § 36 Abs. 1 EnWG Vgl. auch RUHLAND (2001), 8. 349. Es sei angemerkt, dass im Gegensatz zur Originalabbildung der Vertrieb und der Service getrennt warden. Des Weiteren wurde der Begriff „Verteilung" durch „Verteilnetz" ersetzt.
260
Untemehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
FiJhrungsaufgaben und Sonstige. Die Serviceprozesse unterteilt er in Materialwirtschaft, Immobilien und Gebaudemanagement, Personalwirtschaft sowie sonstige Serviceprozesgg 1040 Qjeser Einteilung soil im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt werden; vielmehr wird die Wertschopfungskette eines EVU wie folgt unterteilt: Vertrieb Vertriebliche Prozesse sind samtliche Prozesse, die den reinen Energievertrieb zum Gegenstand haben oder inn direkten Zusammenhang mit dem reinen Energievertrieb stehen. Sie sind damit identisch weitestgehend mit den vertrlebiichen Prozessen des Handels. Vertriebliche Prozesse sind oftmals auf Netzprozesse angewiesen, da ansonsten weder Neu- oder Wechselkunden noch Energiedatenerhebungen, noch Anschlusssperrungen durchgefuhrt werden konnen. Service Die Serviceprozesse werden deutlich welter aufgefasst, als dies von GNAMM vorgenommen wurde. Unter Serviceprozessen werden samtliche Prozesse verstanden, die unterstutzend sowohl fur die Prozesse des Vertriebs als auch fur die Prozesse des Verteilnetzes durchgefuhrt werden. Ausgangspunkt der Serviceprozesse sind demnach die Abrechnungsprozesse und Prozesse des Forderungsmanagements. Darijber hinaus sind ihnen Prozesse des Rechnungswesens, der Personalwirtschaft, des Controllings, der Materialwirtschaft, der Informationstechnologie, der Infrastruktur etc. zugeordnet. Verteilnetz Unter den Prozessen des Verteilnetzes sind im Wesentlichen die Prozesse zur Planung, Errichtung, Instandhaltung und Betrieb des Verteilnetzes zu summieren. Des Weiteren werden hierunter auch noch netzvertriebliche Prozesse, sowie Prozesse die aus Anforderungen des EnWG dem Verteilnetz zuzuordnen sind. Die Netzprozesse enden mit dem Energiedatenmanagement, das die Erhebung und Aufbereitung von Energiedaten zum Gegenstand hat. Die Grenze wird vorgenommen, da diese Aufgabe das Verteilnetz auch fur dritte Handler durchfuhren muss und es damit eine originare Netzaufgabe darstellt. Im Gegensatz zu GNAMM werden die Managementprozesse „Fuhrungsaufgaben" und „Sonstlge" auch nicht explizit aufgefuhrt, da diese jeweils einzelne Prozesse des Vertriebs und des Verteilnetzes sind. Die Begrundung hierfur liegt in den Anforderungen des Legal Unbundlings, dass eine abgestimmte Vertriebs- und Netzleltung nicht durchgefuhrt werden darf. Es sei im Zusammenhang mit den dargestellten Prozessen noch auf einen wesentlichen Punkt hingewiesen. Aus der Unterteilung nach Netz-, Vertriebs- und Serviceprozessen folgt nicht, dass diese drei Stufen jeweils durch die Netz-, Vertriebs- und Servicebereiche durchgefuhrt werden. Gerade well Netz- und Serviceprozesse durch den Vertriebsbereich durchgefuhrt wurden, sind Diskriminierungspotenziale entstanden. Die Unternehmen der Energiewirtschaft sind nicht trennscharf den dargestellten Wertschopfungsstufen zuzuordnen. So unterteilen HENSING / PFAFFENBERGER / STROBELE die Elektrizitatswirtschaft in Verbundunternehmen, regionale Unternehmen, Stadtwerke Typ A und Stadtwerke Typ B.^^"^^ Diese Unterteilung ist jedoch nicht ausreichend, da lediglich ein Tell der Wertschopfungsstufen dadurch abgedeckt wird. Zur begrifflichen Bestimmung und als Grundlage fur die folgenden Ausfuhrungen werden deswegen die in Tab. 14 dargestellten Unternehmensauspragungen der weiteren Analyse zugrunde gelegt.
Vgl. GNAMM (2000), S. 29 Vgl. HENSING/PFAFFENBERGER/STROBELE (1998), S. 137
BranchenUberblick uber die Energiewirtschaft
Untemshmcnsaiispiigung
261 Wartschdpftingsstufe
Erzeusung
Transport
Handel
Vert^inetz
VerMeb
Oberregionale Verbundunternehmen
1
•
O
•
•
Stromerzeuger
•
O
O
O
O
Obertragungs- / Transportnetzbetreiber
O
•
O
o
O
Verteilnetzbetreiber
O
o
O
•
o
Grade und mittlere Stadtwerke
•
o
O
•
•
Regionalversorger
»
>
o
•
•
Kleine lokale private Versorger'"^
1
o
o
Handler
o
o
•
O
o
Okostrom
•
o
»
O
o
Weiterverteiler
o
o
o
•
•
01043
•
O: nicht zugeordnet I: teilweise zugeordnet • : zugeordnet Tab. 14:
Untemehmensauspragungen und die Zuordnung zu den Wertschopfungsstufen der Energiewirtschaft
Fur die folgenden Ausfuhrungen sind insbesondere die Verteilnetzbetreiber, Regionalversorger, Stadtwerke und Weiterverteiler relevant. Denn diese Unternehmen sind von den Auswirkungen der Neufassung des EnWG im Besonderen betroffen. 4.1.2
Die Struktur eines Energieversorgungsunternehmens
Energieversorgungsunternehmen haben nicht grundsatzlich nur eine teste Struktur. Denn korrespondierend zu anderen Branchen unterscheiden sich auch die Aufbauorganisation von Energieversorgungsunternehmen je nach strategischer Ausrichtung, Historie und anderen Faktoren wie beispielsweise die Geschaftsfelder der einzelnen Unternehmen. Auch wenn sie sich oftmals auf den oberen Hierarchieebenen ahnein, konnen sich die Aufgaben, die den einzelnen Organisationseinheiten zugeordnet sind, auf niedrlgeren Ebenen deutlich unterscheiden. Deswegen kann in den folgenden Ausfuhrungen lediglich eine klassische OrganiEin Beispiel fur derartige Versorger sind Arealnetzbetreiber wie Flughafen anzufuhren. Das Verteilnetz ist jedoch sehr klein.
262
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
sation von Energieversorgungsunternehmen aufgezeigt werden. Es sei angemerkt, dass die Diskussion der Struktur eines Energieversorgungsunternehmens jedoch von hoher Relevanz ist, da sich aus ihr im Wesentlichen der Handlungsbedarf fur organisatorische Anpassungen vor dem Hintergrund der Anforderungen des EnWG ableiten lassen. Vorstand / GeschdftsfUhrung
Erzeugung
I ;
Netz
Vertrieb
Service
I Klassische Organisationseinheiten eines EVU I Zusatzliche, unternehmensabhangige Organisationseinheiten
Abb. 88:
Klassische Organisation eines Energieversorgungsunternehmens
Wie in Abb. 88 dargestellt, ist ein EVU zumeist in die Bereiche Netz, Vertrieb und Service unterteilt.^^"^"^ Je nach Grofie und zusatzlichen Geschaftsfeldern konnen jedoch noch weitere Bereiche hinzukonnmen, wie in der Abbildung zusatzlich angedeutet ist. Die Unterteilung zwischen Netz und Vertrieb ist zumeist unstrittig, da Energieversorgungsunternehmen als infrastrukturintensive, technisch-gepragte Unternehmen auf der einen Seite technische Aufgaben durchfijhren, auf der anderen Seite eher vertrieblich gepragte Aufgaben im Endkundengeschaft. Jedoch ergeben sich auch bei dieser Aufteilung bereits Zuordnungsprobleme, da sich Aufgaben beider Bereiche uberschneiden. So kann weder das Energiedatenmanagement, noch die Kundenbetreuung bei Kundenerstkontakten, noch das Vertragsdatenmanagement eindeutig nur dem Vertrieb Oder nur dem Netz zugeordnet werden. Als dritter Bereich neben dem Netz und Vertrieb hat sich zumeist ein Servicebereich durchgesetzt, der Dienstleistungen sowohl fur das Netz als auch fur den Vertrieb durchfuhrt, wie beispielsweise IT-Dienstleistungen. Jedoch ist auch in diesem Fall die Abgrenzung zwischen dem Vertrieb und dem Service nicht eindeutig. So kann beispielsweise die Abrechnung sowohl dem Vertrieb zugeordnet werden, wenn der Fokus auf die Kunden gelegt wird, die von einem Unternehmen vollversorgt werden, also auch die Energie von dem Unternehmen beziehen, als auch dem Service zugeordnet werden, wenn sie als Dienstleistung zur Abrechnung von Netzleistungen (Netznutzung) und Vertrieb (Energievertrieb) aufgefasst wird. Ein weitere, wesentliche Fragestellung ist die Zuordnung des Call-Centers zum Vertrieb Oder zum Servicebereich. Diese Fragestellung ist von Relevanz, da die Privatkunden nur einen ahnlich hohen Absatz generieren, wie Industrie- oder Gewerbekunden (siehe Abb. 89), gleichzeitig jedoch eine deutlich groRere Kundengruppe darstellen, so dass sie von EVU eher passiv betreut denn aktiv akquiriert werden. Zudem zeichnet sich diese Kundengruppe durch eine eher geringe Wechselbereitschaft aus, so dass hierdurch die Notwendigkeit einer aktiven Betreuung gering ist. Es stellt sich demnach die Frage, ob ein Privatkundenvertrieb durchgefiihrt wird, oder nur eine passive Privatkundenbetreuung, die als Ansprechpartner netztechnischer Fragestellungen und Fragestellungen zur Energieversorgung dient. Vgl. HOFERMANN-KIEFER (2003), S. 8 oder APPEL / BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN (2004), S.
243
263
Branchenuberblick uber die Energiewirtschaft Endenergieverbrauch (in Petajoule) 12.000 Industrie
10.000
Verkehr
8.000
Hausliaite
6.000
— ^ — G e w e r b e , Handel, Dienstleistungen
4.000 2.000 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
Abb. 89:
Struktur des Energieverbrauchs
Es sei angemerkt, dass die Diskussion der organisatorischen Zuordnung von Aufgaben zu Bereichen in einem Energieversorgungsunternehmen nicht identisch mit der Einteilung der Aufgaben zu Prozessen innerhalb der Wertschopfungsstufen der Energiewirtschaft ist (siehe Abb. 87). So konnen, wie dargestellt wurde, Serviceprozesse, wie beispielsweise die Abrechnung, dem Vertriebsbereich zugeordnet sein. 4.1.3
Branchenspezifika der Energiewirtschaft
Eines der wesentlichen Merkmale der Energiewirtschaft ist ihre Leitungsgebundenheit. Denn wird von Liquid Natural Gas-Anlagen (LNG-Anlagen) abgesehen, ist der Transport und die Vertellung von Strom und Gas an ein Leitungs- bzw. Rohrnetz gebunden. Der Aufbau und die Pfiege eines derartigen Netzes ist mit hohen Investitionen und Instandhaltungskosten verbunden, so dass zumeist der parailele Betrieb konkurrierender Netze unwirtschaftiicher ist als der eines einzelnen, integrierten Netzes.^^"^^ Damit scheinen zunachst die Bedingungen fur einen angebotsmonopolistischen Markt^^"^^ vorzuliegen. Denn ein derartiger Markt iiegt vor, wenn ein Unternehmen eine netzspezifische Marktmacht hat, welche zumeist dann vorliegt, wenn der Markt durch hohe Fixkosten und niedrige variable Kosten gekennzeichnet ist. Diese Bedingungen sind jedoch nicht hinrelchend fur das vorliegenden eines angebotsmonopolistischen Marktes, denn daruber hinaus dijrfen die folgenden Bedingungen nicht erfullt seln:^°'' -
1045 1046
Freier Markteintritt Hierunter wird verstanden, dass eine grode Anzahl potenzieller Wettbewerber ohne Zeitverlust Zugang zu den gleichen kostengunstigen Technologien haben.
Vgl. BUNDESMINISTERIUM FOR WiRTSCHAFT UND T E C H N O L O G I E (2006), Tabelle 5 Vgl. HENSING/PFAFFENBERGER/STROBELE (1998), S. 112
In der Literatur wird teilweise auch der Begriff des naturlichen Monopols ven/vendet (Vgl. HENSING/PFAFFENBERGER/STROBELE (1998), 8. 112 oder KNIEPS (2003), 8.11). Vgl. zu den aufgefuhrten Punkten KNIEPS (2003), 8. 11
264
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft -
-
Abwesenheit von irreversiblen Kosten Die Investitionen, die fur einen Markteintritt notwendig sind, lassen sich bei einem Marktaustritt wieder verwenden. Ein Marktaustritt ist ohne signifikante Kosten und Zeitverlust moglich. Bertrand-Nash-Verhalten Die potenziellen Wettbewerber berechnen ihre Marktchancen, indem sie den aktuellen Preis des eingesessenen Unternehmens annehmen und diesen unterbieten, wobei hierbei eine vollstandige Information seitens der Marktteilnehmer vorausgesetzt wird.
Die beiden letzten Bedingungen sind nicht erfullt, da einerseits Investitionen in das Leitungsnetz zu irreversiblen Kosten fuhrt^^"^^ und andererseits Marktteilnehmer bei der Berechnung der Marktchancen berucksichtigen mussen, dass ein Markteintritt zumelst an den Besitz von Konzessionen gebunden ist, so dass der Markteintritt und damit auch die Marktchancen limitiert ist. Insbesondere die Sparte der Stromnetze zeichnet sich dariiber hinaus dadurch aus, dass praktisch keine Substitutionsmoglichkeiten bestehen,^°^° da hierzu eine eigene Stromerzeugung notwendig ware, um nicht das Stromnetz nutzen zu mussen. Dies trifft fur die Sparte des Gasnetzes nicht zu, da Substitutionsmoglichkeiten durch Flussiggastransporte bestehen, Oder der Energietrager Gas oftmals sogar durch andere fossile Brennstoffe, wie beispielsweise Ol, ersetzt werden kann. Ein weiteres Merkmal der Energiewirtschaft ist, dass sowohl Strom als auch Gas ein homogenes Gut ist, sobald es in das Netz eingespeist wurde.^°^^ Zwar kdnnen im Gas noch Gasqualitat und im Strom noch Spannungs- und Frequenzschwankungen unterschieden werden, aber im Allgemeinen wird es „Gut des alltaglichen Verbrauchs, das nur wenig aufregend ist" angesehen.^°^^ Um das Gut Strom bzw. Gas nun jedoch trotz allem unterscheidbar zu machen, sind zwei Tendenzen zu beobachten. Zum einen wird die Strombeschaffung optimiert, indem die Energie an zum Tell langfristig, jedoch zunehmend auch an Terminmarkten und Spotmarkten erworben wird. Hierdurch sollen die Beschaffungskosten gesenkt werden. Zum anderen werden insbesondere Geschaftskunden individuelle Tarife angeboten, die in ihren Parametern und ihrer Preisgestaltung auRerst komplex sein konnen.^°^^ Das Resultat hieraus ist der Bedarf an komplexer Informationstechnologle, die zudem oftmals in hohem Mafle unternehmensindividuell angepasst werden muss, um die individuellen Sondervertrage abbilden zu kdnnen. 4.2
Die deutsche Energiewirtschaft im Uberblick
In den folgenden Ausfuhrungen wird die deutsche Energiewirtschaft dargestellt und mit anderen Landern verglichen. Der Energiesektor hat im Jahr 2004 mit 36,6 Mrd. Euro zur Bruttowertschopfung beigetragen, was einem Anteil von 6,42 % am gesamten produzierenden Gewerbe entsprach. Damit wies dieser Sektor eine deutliche Steigerung gegenuber dem
Vgl. auch KNIEPS (2003), S. 13 1051 1052
Vgl. HENSING/PFAFFENBERGER/STROBELE (1998), S. 113
Vgl. TiMPE / FRITSCHE (2001), 8. 2 Vgl. WiEDMANN / TRAUTMANN / PEUSER (2003), S. 780 Oder ahnlich KAFER (2005), S. 754 f. Vgl. zu den aufgefuhrten Punkten auch BOLLHEIMER (2005), S. 718 f. Die individuelle Preisgestaltung zeigt sich auch an der Bezeichnung der Geschaftskunden, die oftmals als Sondervertragskunden bezeichnet werden, um den individuellen Charakter der Tarifgestaltung Ausdruck zu verleihen (vgl. KRAUS (2003), S. 172).
Die deutsche Energiewirtschaft im Uberblick
265
Jahr 1995 auf, bei dem die Bruttowertschopfung des Sektors noch bei 34,5 Mrd. Euro lag.^"^"^ Diese erhohte Bruttowertschopfung hatte jedoch nicht zur Folge, dass im Energiesektor neue Arbeitspiatze entstanden sind. Vielmehr war, wie die Abb. 90 aufzeigt, in der Gas- und Elektrizitatsversorgung in den letzten Jahren ein massiver Stellenabbau zu beobachten.
Beschaftigte in der Energiewirtschaft qnn nnn 250.000 "
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200.000 ^
150.000
1
Elektrizitatsversorgung
100.000 50.000 n -
^ Abb. 90:
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Beschaftigte in der Energiewirtschaft
Der Ruckgang der Beschaftigten 1st ein Indiz fur die umfangreichen Restrukturierungs- und Kostensenkungsmadnahmen, die seit der Liberalisierung des Energiennarktes von den Unternehmen durchgefuhrt wurden. Neben diesen Restrukturierungen wurden auch umfangreiche Fusionen durchgefuhrt, urn hierdurch Synergiepotenziale zu realisieren. So stieg die Zahl der Ubernahmen von Energieversorgern im Berichtszeitraum 1997/1998 von 52 auf jeweils 86 in den Berichtszeitraumen 2001/2002 und 2003/2004.^°^^ Dabei haben insbesondere die Fusionen der RWE A G und V E W A G zur RWE A G , sowie die Fusionen der Veba A G und der Viag A G zur E.ON A G die Marktstruktur in Deutschland verandert (siehe Abb. 91). Allenfalls die EnBW AG und die Vattenfall Europe A G weisen noch eine vergleichbare Grofle auf. Die anderen deutschen Elektrizitatsversorger sind deutlich kleiner.^°^^
1055 1056
Vgl. BuNDESMiNiSTERiUM FUR WiRTSCHAFT UND TECHNOLOGIE (2006), Tabelle 1 und eigene Berechnungen Es sei angemerkt, dass die Angaben zur Bruttowertschopfung allesamt auf die Preise des Jahres 2000 bezogen sind, urn eine Vergleichbarkeit sicherzustelien. Vgl. BUNDESMINISTERIUM FOR WiRTSCHAFT UND TECHNOLOGIE (2006), Tabelle 2 Vgl. BUNDESKARTELLAMT (1999), S. 177, BUNDESKARTELLAMT (2003), S. 265, SOWie BUNDESKARTELLAMT (2005), S. 221 Die Fusionen in der Stromwirtschaft sind dabei nicht auf Deutschland beschrankt. So ergab eine Untersuchung der europaischen Stromindustrien von HASLAUER / KROGER, dass seit 1991 die M&A-Aktivitaten urn 372 % gestiegen sind (vgl. HASLAUER / KROGER (2002), S. 31). Durch diese Aktivitaten ist in Deutschland eine Unternehmenskonzentration entstanden, bei der bereits 2002 die vier groRten Wettbewerber 74,5 % der Endkunden auf sich vereinen konnten. Damit liegt Deutschland deutlich oberhalb des EU-Durchschnitts von 37,8 % (vgl. HASLAUER / KROGER (2002), S. 32). Die vier groflen Energieversorger kontrollierten 2005 direkt oder indirekt uber Beteiligungen fast 90 % der verkauften Stroms (vgl. WILLENBROCK (2005), S. 19).
Untemehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
266
Stadtwerke Hannover AG Stadtwerke Munchen GmbH N-Ergie AG GEW RheinEnergie AG M W Energie AG EWE AG Vattenfall Europe AG EnBW AG
-
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1 ^ ^
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I
E.ON Energie AG RWEAG
40
60
80
100
120
iStromabsatz in Mrd. kWh (2003)
Abb. 91:
Die zehn groHten Elektrizitatsversorger in Deutschland^"^^
Diese groflen Fusionen, Restrukturierungs- und Kostensenkungsmaflnahmen haben jedoch nicht dazu gefuhrt, dass die Verbraucherpreise langfristig gesunken sind. Vielnnehr zeigt sich, dass sich die Energiepreise nach einer vorrubergehenden Absenkungen wieder in einem Aufwartstrend befinden (siehe Abb. 92). Hierbel sind drei Aspekte erwahnenswert. Unmittelbar nach der Liberalisierung^°^^ in den Jahren 1998 bis 2000 ist ein Absinken der Energiepreise zu verzeichnen gewesen, seit dieser Absenkung steigen die Preise jedoch wiederum kontinuierlich, so dass sie zumindest fur Haushalte inzwischen uber den Preisen von 1995 liegen. Relativierend muss jedoch in diesem Zusammenhang auch festgestellt werden, dass steuerlichen Abgaben in dieser Zeit erhoht wurden, die Preise fur die Primarenergietrager stiegen und, durch die Forderung der erneuerbaren Energien, die Menge der abnahmepflichtigen, hochpreisigen Energie zugenommen hat.^°^° Ohne im Rahmen der vorliegenden Arbeit bewerten zu wollen, welchen Anteil diese Punkte auf die Strompreiserhohung haben, muss jedoch festgestellt werden, dass zumindest keine wesentlichen Effizienzsteigerungen realisiert wurden. Denn wenn die Netznutzungsentgelte, also die Entgelte, die sowohl ein Energieversorger als auch ein Stromhandler an den Netzbetreiber entrichten muss, um das Stromnetz nutzen zu durfen, als Vergleich herangezogen werden, sind bei ihnen keine wesentlichen Prelsveranderungen in den letzten drel Jahren festzustellen gewesen. Da die Netznutzungsentgelte wiederum nicht von den skizzierten Punkten, die mitunter zur Erklarung der Strompreiserhohung herangezo-
Vgl. VDEW (2004a) Zum Zeitstrahl der Liberalisierung sei auf die Abb. 1 (Seite 2) verwiesen. Vgl. zu dem letzten Punkt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Die deutsche Energiewirtschaft im Uberblick
267
gen werden, tangiert sind, kann an ihnen gezeigt werden, dass zumindest in der Auflendarstellung keine Effizienzsteigerung erreicht wurde.
Verbraucherpreise (ct./kWh) 20,00 18,00 16,00 14,00 12,00 10,00 8,00 6,00 4,00 2,00 0,00
- Haushalte Industrie (ohne Ausgleichsabgabe, Stromsteuer und Mehrwertsteuer) Netznutzungsentgelte (Niederspannung) — - - — Netznutzungsentgelte (Mittelspannung)
Abb. 92:
Entwicklung der Verbraucherpreise
Jedoch ist nicht nur die Funktionsfahigkeit des Marktes im Bereich des Transportes und der Verteilung fraglich. Auch bei der Erzeugung ist durch die zunehmende Konzentration ein Oligopol entstanden, dessen Marktmacht derart grofi ist, dass es, nach einer Untersuchung von ELLERSDORFER / BLESL / FAHL / KESSLER, die Strompreise urn etwa 16 bis 61 % steigern
kann, wenn nicht in zusatzliche Ubertragungskapazitaten in das europaische Ausiand investiertwird.''°^^ Als zweiten, wesentlichen Aspekt sei auf die Netznutzungsentgelte (Mittelspannung) und die Strompreise fiir die Industrie hingewiesen. WIe in Kapitel 1 berelts hingewiesen wurde, werden den integrierten Energieversorgungsunternehmen oftmals Quersubventionen unterstellt.^°®^ Wird nun die Differenz zwischen den Strompreisen der Industriekunden und den Netznutzungsentgelten (Mittelspannung) errechnet, zeigt sich, dass die Differenz zwischen 2,27 ct./kWh im Jahr 2002 und 3,36 ct./kWh im Jahr 2004 lag, also ganzllch unterhalb der geforderten 3,7 ct./kWh, was ein Indiz fur das Vorliegen von Quersubventionen ist. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit einer Studie des Bundesverbands Neuer Energieanbieter (BNE), die zum Ergebnis hatte, dass 55,7 % von 931 untersuchten Netzbetreibern Quersubventionen durchfuhren-^^^"^ Vgl. BuNDESMiNiSTERiUM FUR WiRTSCHAFT UND TECHNOLOGIE (2006), Tabelle 26 sowie fiir die Angaben der Netznutzungsentgelte VDN (2006) Es sei darauf hingewiesen, dass Vergleichsdaten fiir die Netznutzungsentgelte vor dem Jahr 2002 nicht vom VDN veroffentlich sind. Urn aufgrund unterschiedlicher Moglichkeiten der Gewichtung der einzelnen Strukturklassen von Netznutzungsentgelten die Daten vergieichbar darzustellen, wurde auf die Darstellung von Netznutzungsentgelten aus andere Quellen verzichtet. Vgl. ELLERSDORFER / BLESL / FAHL / KESSLER (2004), S. 16 f.
Vgl. hierzu insbesondere auch Fuflnote 4 (Seite 1) Vgl. BORCHERS (2003), S. 3
268
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
Der letzte Aspekt sind die Erfahrungen mit dem deutschen Modell der Liberalisierung. Im Gegensatz zu den Regulierungsmechanismen der ubrigen EU-Lander hat Deutschland einen „Sonderweg"^°^^ gewahit, bei dem sich die Energiewirtschaft im Rahmen der Liberalisierung eine Selbstkontrolle und Selbstregulierung auferlegt hat. Diese Selbstregulierung hat jedoch nicht dazu gefuhrt, dass sich ein Wettbewerb etabliert hat. So stellte 2002, also im Jahr vor der Verabschledung der Beschleunigungsrichtlinie,^°^^ beisplelsweise LEPRICH fest, dass -
die moisten Unternehmen, die zu Beginn der Liberalisierung den Markteintritt versucht hatten, bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr am Markt agieren, sich eIne VIelzahl von Stadtwerken und Reglonalversorgern nicht als Wettbewerber zu den Marktfuhrern etablierten, sondern vielmehr sogar aufgrund von Beteiligungsstrukturen Partner dieser wurden und weniger als 4 % aller Haushaltskunden, rund 6 % der Gewerbekunden und 15-20 % der Industriekunden den Versorger gewechselt haben, was im Vergleich zu den Landern, die die Liberalisierung stringent umgesetzt haben, niedrlge Werte sind.^°^^
Diese drei Aspekte liefern eine Begrundung fur die weltergehende Liberalisierung im Energiemarkt, die im Kapitel 4.3 vertiefend diskutiert wird. Diese weitergehenden Liberalisierungsbemuhungen sind jedoch nicht auf Deutschland beschrankt. Denn, wie aus der Abb. 93 ersichtlich wird, zeichnet sich Deutschland nicht durch auftergewdhnlich hohe Energiepreise aus. Vielmehr ist Deutschland eher im europaischen MIttelfeld anzusiedeln. Der Landervergleich zelgt, dass in Landern wie die USA und Grodbritannien, die bereits liberalisiert sind, die Verbraucherpreise sehr niedrig sind, andererseits jedoch auch Lander wie Frankreich, die im europaischen Vergleich die Liberalisierung nur in einem sehr geringen Umfang umgesetzt haben,^°^^ im Vergleich geringe Verbraucherpreise aufweisen. Hieraus konnte zunachst gefolgert werden, dass eine Liberalisierung des Energlemarktes keinen Einfluss auf die Verbraucherpreise hat. Jedoch haben unabhangig davon Studien ergeben, dass aus einer zunehmenden Marktoffnung ein Sinken des Preisniveaus resultiert.^°^^ Zur Relativierung der Aussagekraft der Kennzahl der Verbraucherpreise sei jedoch auf die Versorgungssicherheit und -qualitat hingewlesen. Denn der Vergleich der Verbraucherpreise erweist sich nur dann als zielfuhrend, wenn die Versorgungssicherheit und -qualitat in die Betrachtung mit einbezogen wird. Diesbezuglich sei auf die Stromausfalle in den USA, Skandinavien, Italien und Luxemburg hingewlesen, was zweierlei zeigt.^°^° Hohe Verbraucherpreise sind nicht ein Indiz fiir eine hohe Versorgungssicherheit, wie das Beispiel Italien zeigt.^°''^ Andererseits sind die Stromausfalle in den USA auch auf geringe Investitionen in das Leitungsnetz und der damit verbundenen Uberalterung des Netzes zuruckzufuhren. An diesem Beispiel zelgt sich damit auch ein Charakteristlkum der Energiewirtschaft. Die Vgl. bspw. FOCHT (2001), S. 17 Im Juni 2003 wurden mit den RIchtlinien 2003/54/EG und 2003/55/EG die Liberalisierungsanforderungen verscharft, indem in den Richtlinien ein llberalisierter Netzzugang verankert wurde. Vgl. LEPRICH (2002), S. 15 Als Vergleich sei Groflbritannien angefuhrt, wo derzeit 34 % der Haushalte durch einen neuen Gas-Anbieter beliefert werden (vgl. WILLENBROCK (2005), S. 18). Bezijglich der Wechselquote muss jedoch darauf hingewlesen werden, dass die geringe Wechselbereitschaft auch in der hohen Zufriedenheit der Endverbraucher mit ihrem Energieversorgungsunternehmen liegt (vgl. WALSH / KLEE / WIEDMANN / WAHMANN (2005), S. 149). Vgl. KOMMISSION DER EUROPAISCHEN G E M E I N S C H A F T E N (2002), 8 . IV
Vgl. Vgl. HARLE/SQRIG (2994), S. 508 f. Vgl. PETROV/KELLER/SPECKAMP (2005), S. 547
In Deutschland lag die durchschnittllche Unterbrechungszeit in der Stromversorgung bei 15 min / Jahr. In Italien lag diese bei 195 min / Jahr, also 13 mal hoher (vgl. BRUNEKREEFT / TWELEMANN (2004). S. 168).
Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland
269
Auswirkungen einer Verringerung von Reinvestitionen in das Netz treten nicht zeitnah auf, sondern zeigen sich erst langfristig in einer Verschlechterung der Versorgungsqualitat und -sicherheit.
Verbraucherpreise im internationalen Vergleich Elektrizitat (in US-Cent/kWh)
DHaushalte • Industrie Abb. 93:
4.3
Verbraucherpreise 2004 im internationalen Vergleich
Die L i b e r a l i s i e r u n g d e s E n e r g i e m a r k t e s in D e u t s c h l a n d
Wie bereits dargestellt worden ist, wurden von der EU umfangreiche Richtlinien eriassen, urn die Liberalisierung des Energiemarktes umzusetzen und damit einen Wettbewerb zu etablieren. Die Richtlinien der EU haben dazu gefuhrt, dass in Deutschland das Energiewirtschaftsgesetz uberarbeitet und groflteils den Anforderungen der EU-Richtlinle angepasst wurde. Es sei jedoch darauf hingewlesen, dass insbesondere auf der Stufe der Ubertragungsnetzbetreiber Anforderungen der EU-Rlchtlinie nicht berucksichtigt wurdenJ^'^^ Da sich jedoch alle Ubertragungsnetzbetreiber konform zur EU-Richtlinie entflochten haben, sind die geringeren Anforderungen der Neufassung des EnWG nicht von Relevanz. Da fur die Energieversorgungsunternehmen jedoch die deutsche Gesetzgebung und damit die NeufasVgl. BuNDESMiNiSTERiUM FUR WiRTSCHAFT UNDTECHNOLOGIE (2006), Tabellen 29 und 30 Es sei darauf hingewiesen, dass die fehlenden Daten von dem Bundesministerium fur Wirtschaft und Technologie nicht veroffentlicht wurden. So fordert beispielsweise die EU-Richtline 2003/54/EG vom 26. Juni 2003 in Artikel 10, Abs. 1, dass Ubertragungsnetzbetreiber rechtlich von den ubrigen Tatigkeitsbereichen getrennt sein mussen. Dieser Artikel wurde in der Neufassung des EnWG nicht berucksichtigt. Des Weiteren legt die Richtlinie die Umsetzung der rechtlichen Trennung zwischen Ubertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber, sowie das Legal Unbundling innerhalb des Ubertragungsnetzbetreibers zwischen dem Netzbereich und dem Vertriebsbereich bis zum 1. Juli 2004 fest (Artikel 30, Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 10, Abs. 1 und 2). Diese Frist ist auch nicht Bestandteil des EnWG.
Untemehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
270
sung des EnWG bindend ist, wird in den folgenden Ausfuhrungen das EnWG zugrundegelegt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sind im Wesentlichen drei Gesetzesanforderungen von Relevanz: Die Anforderungen zum Unbundling von Energieversorgungsunternehmen (§ 6 bis § 10 EnWG) Die Einfuhrung einer Anreizregulierung fur den Netzbereich (§ 21a EnWG) Das Regulierungsmanagement (§8 Abs. 5, § 12 Abs. 3a, § 14 Abs.1, §23a, Abs. 3, §29 - § 35. § 51 Abs. 1 und § 69 Abs. 1 EnWG)
-
In den folgenden drei Kapitein werden diese Gesetzesanforderungen diskutiert und die Auswirkungen fur die Energieversorgungsunternehmen aufgezeigt. 4.3.1
Das Unbundling der Energieversorgungsunternehmen
Ein wesentlicher Schritt zur Liberallsierung von angebotsmonopolistischen Markten ist die Trennung des monopolistischen Bereichs von den ubrigen Bereichen eines Unternehmens. Mit dieser Entflechtung werden drei Ziele verfolgt: -
Schaffung von Transparenz, Verhinderung von Diskriminierung und Unterbindung von Quersubventionen der nichtmonopolistischen Bereiche durch den angebotsmonopolistischen Bereich.
EIne derartige Trennung kann unterschiedliche Auspragungen annehmen, wie in Abb. 94 dargestellt ist. Dabei nimmt der Umfang der Entflechtung vom buchhalterischen Unbundling bis zum Eigentumerunbundling stetig zu. Da letzteres jedoch nicht Gegenstand des EnWG ist, wird es in folgenden Ausfuhrungen nicht dargestellt. Buchhaiterisches Unbundling
informationelles Unbundling
Organisatorisches Unbundling
Legal Unbundling
Trennung der Rechnungslegung je Wertschopfungstiefe
Trennung der Informationsflusse je Wertschopfungstiefe
Organisatorische Trennung der Teilbereiche wie eigenstandige Unternehmen
Gesellschaftsrechtliche Trennung der Wertschopfungsstufen mit eigener Rechtspersonlichkeit
Trennung der EigentQmerschaft je WertschOpfungsstufe
§ 10 EnWG
§ 9 EnWG
§ 8 EnWG
§ 7 EnWG
Vom Europaischen Parlament und Rat der Europaischen Union abgelehnt
Nur verpflichtend fur Unternehmen, an die 100.000 Oder mehr Kunden unmittelbar Oder mittelbar angeschlossen sind
Zun^hmendf^r U m f a i ^ chE^r Sm^l$^^e^mms
Abb. 94:
Auspragungen des Unbundlings
Vgl. auch SEIFERTH / WENZEL / CORD / NEUMANN / HARTMANN (2003), S. 225
ElgentQmdrunbundling
Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland
271
Das buchhalterische Unbundling beschreibt die Trennung der Rechnungslegung der einzelnen Geschaftsaktivitaten eines (integrierten) UnternehmensJ°^^ So schreibt das EnWG zur Vermeidung von Quersubventionierungen und Diskriminierungen vor, dass vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen in ihrer internen Rechnungslegung jeweils getrennte Konten fur die Elektrizitatsubertragung, Elektrizltatsvertellung, Gasfernleitung, Gasverteiiung, Gasspelcherung und LNG-Anlagen fuhren. Dabei sind die Konten derart zu fuhren, wie dies erforderlich ware, wenn die aufgefuhrten Tatigkeiten von rechtlich selbstandigen Unternehmen durchgefuhrt wurdenJ°^^ Das buchhalterische Unbundling stellt die mlldeste Form der aufgefuhrten Entflechtungsmafinahmen dar. Aus dem Blickwinkel der volkswirtschaftlichen Monopoltheorie sind die folgenden Nachteile auszumachen:^°'^^
-
Es bestehen unternehmensindividuelle Wahlrechte in Bezug auf Ansatz und Bewertung von Aktiva und Passiva sowie in Hinblick auf die Zuordnung zu den Tatigkeitsbereichen, die Betrachtung ist ausschliefllich eine nachtragliche ex post-Betrachtung, so dass nur eine eingeschrankte nachtragliche Kontrolle moglich ist und andere Formen wettbewerbsverhindernden Verhaltens wie belspielsweise informelle Absprachen lassen sich weder ex ante verhindern noch ex post aufdecken.
Das informationelle Unbundling beschreibt die dauerhafte Separierung von innerbetrieblichen Datenbestanden und zudem die Unterbindung unerwunschter Datenflusse zwischen den getrennten Wissensbereichen.''°^^ Fur integrierte Energieversorgungsunternehmen ist dabei sicherzustellen, dass wirtschaftlich sensible lnformationen,^°^^ die der Netzbereich aus seiner Tatigkeit erhalt, nicht diskriminierend an den Vertrieb weitergeleitet werden, sondern deren Vertraulichkeit gewahrt bleibtJ°^° Dies betrlfft insbesondere netzkundenbezogene Daten, die der Vertrieb diskriminierend den Handlern gegenuber verwenden kann. Das informationelle Unbundling umfasst neben den formalen Informationswegen und -zugriffen wie Datenzugriffsrechte und prozessuale Aspekte auch die informalen Wege. So ist belspielsweise sicherzustellen, dass die Mitarbeiter des Netzes und des Vertriebes nicht informal Informationen austauschen. HIerzu sind belspielsweise entsprechende Arbeitsanweisungen zu eriassen. Problematischer wird dies jedoch, wenn die Energieversorgungsunternehmen so klein sind, dass fur kritische Bereiche nur wenige oder sogar nur ein Mitarbeiter eingesetzt wIrd. Wie bei derartlgen Unternehmen ein informationelles Unbundling ohne Personalaufwuchs durchgefuhrt werden kann, ist derzeit noch unklarJ°^^ Es sei angemerkt, dass aus dem informationellen Unbundling zumeist umfangreiche Anpassungen insbesondere im Bereich der betrieblichen Datenverarbeitung resultierenJ°^^ So stellen belspielsweise WICHA-KRAUSE / RIEDEL / SCHOLZ fest „Sowohl das Unbundling an sich als auch die daraus resultierende Rollenvertellung im liberalisierten Markt stellen die IT 1076 1077 1078 1079
1081 1082
Vgl. WiEDMANN / LANGERFELDT (2004a), S. 160 Vgl. §10Abs. 3EnWG Vgl. WiEDMANN / LANGERFELDT (2004a), S. 160 f. Vgl. WiEDMANN / LANGERFELDT (2004a), S. 161 Es sei angemerkt, dass derzeit noch Unklarheit besteht, was unter wirtschaftlich sensiblen Informationen zu verstehen ist (vgl. Vgl. DORPRIGTER (2005), S. 351). Es gibt jedoch die Tendenz, in der Praxis den strengen Grundsatz anzusetzen, dass alle Daten und Informationen als wirtschaftlich sensibel anzusehen sind (vgl. APPEL / BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN (2006), S. 40). Vgl. § 9 Abs. 2 EnWG Vgl. DORPRIGTER (2005), S. 351 und APPEL / BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN (2006), S. 40
Vgl. BEERING/WEHNER (2004), S. 178
272
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
in den Unternehmen vor grolie Herausforderungen."^°^^ Zu einem ahnlichen Ergebnis kommt eine Befragung der IDS Scheer AG, bei der die Befragten einen markanten Handlungsbedarf im informatorischen Unbundling und die grofite Hurde in der Umsetzung sehen J^^"^ Erschwerend wirkt sich zudem aus, dass einige Losungen von Softwareherstellern nur dann funktionieren, wenn alle Module von dem entsprechenden Hersteller bezogen werden J°^^ Das organisatorische Unbundling^^^^ beschreibt die Unabhangigkeit eines Netzbetreibers von dem mit ihm verbundenen, vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen. Damit soli sichergestellt werden, dass der Netzberelch nicht der Weisungsbefugnis eines vertikal integrierten Unternehmens unterliegt, da andernfalls ein diskhmlnierungsfreies Verhalten nicht sichergestellt ist. So fuhrt das EnWG aus, dass Personen, die mit Leitungsaufgaben fur den Netzbetreiber betraut sind oder die Befugnis zur Letztentscheidung besitzen, keine Angehorige von betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten EVU sein durfen, die direkt oder indirekt fur den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung Oder des Vertriebs von Energie an Kunden zustandig sind. Des Weiteren sind die Mitarbeiter, die sonstige Tatigkeiten des Netzbereichs durchfuhren, der fachlichen Welsung der Leitung des Netzbetreibers zu unterstellenJ°^^ Aus diesen Ausfuhrungen wird auch ersichtlich, dass eine Personalunion nicht eriaubt ist.^°^^ Es sei angemerkt, dass sich das organisatorische Unbundling in Deutschland nur eingeschrankt umsetzen lasst, wenn nicht parallel dazu das im Folgenden beschriebene Legal Unbundling umgesetzt wird.''°^^ Denn nach § 76 Abs. 1 AktG ist der Vorstand ein Kollegialorgan zur Leitung eines Unternehmens, was einer Separation der Fuhrung und Verantwortung fur den Netzbereich vom ubrigen Unternehmen widerspricht. Ahnliches gilt fur eine GmbH, da hierbei die Gesellschafter jederzeit gegenuber den Geschaftsfuhrern weisungsbefugt sind,^°^° was der Grundidee des organisatorlschen Unbundlings wlderspricht.^°^^ Die letzte Stufe ist die gesellschaftsrechtliche Trennung des Netzbereichs von den vertrieblichen Bereichen, das Legal Unbundling. Hierdurch werden alle im Zusammenhang mit dem Netzmonopol durchgefuhrten Fuhrungstatigkeiten von den ubrigen Geschaftstatigkeiten derart separiert, dass die Leitung der Monopolaktivitaten unter dem rechtlichen Dach einer eigenen juristischen Person agiertJ°^^ Das Legal Unbundling verpflichtet die betroffenen Unternehmen, eine Netzgesellschaft auszugrunden. Die Variante, dass die Monopolaktivitaten dadurch von der ubrigen Geschaftstatigkeit separiert werden, dass der Vertrieb ausgegliedert wird, erfullt die Anforderungen des EnWG nicht. Denn wenn der Vertrieb ein Tochterunternehmen des Netzes ist, werden Gewinne und insbesondere auch die Verluste der ausgegrundeten Vertriebsgesellschaft mit der Netzgesellschaft verrechnet, so dass damit unterstellt wird, dass die Unabhangigkeit der Netzgesellschaft hierdurch nicht mehr gegeben ist.
1083 1084
1091 1092
WICHA-KRAUSE / RiEDEL / ScHOLZ (2003), S. 366 Vgl. IDS SCHEER (2005), S. 380 Vgl. DORPRIGTER (2005), S. 351 f. Es sei angemerkt, dass Synonym auch der Begriff des operationellen Unbundlings (vgl. bspw. SCHOON (2004), S. 606 Oder § 8 EnWG) oder des personellen Unbundlings (vgl. bspw. WiEDMANN / LANGERFELDT (2004a), S. 161) ven/vendet wird. Vgl. § 8 Abs. 1 EnWG Vgl. SCHLOTJUNKER / RUBNER (2004), S. 13 Vgl. HOHMANN (2004), S. 823 Vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG Vgl. HOHMANN (2004), S. 823 Vgl. WiEDMANN / LANGERFELDT (2004a), S. 162
Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland
273
Diese rechtliche Trennung ist, genauso wie das organisatorische Unbundling, nicht fur alle Energieversorgungsunternehmen verpflichtend, sondern lediglich fur diejenigen, die mittelbar Oder unmittelbar mindestens 100.000 Kunden versorgen.^°^^ Jedoch ist hierbei zusatzlich die Konzernklausel zu berucksichtigen. Denn nach dieser Klausel mussen auch Unternehmen mit weniger als 100.000 angeschlossenen Kunden organisatorisch und rechtlich entflechten, wenn einer seiner Gesellschafter zum Legal Unbundling verpflichtet ist und dieser Gesellschafter einen bestimmenden Einfluss auf das Unternehmen ausuben kann. Dies ist auch bei Beteiligungen unter 50,1 % moglich, wenn Zusatzvereinbarungen wie beispielsweise Vetorechte Oder eine Sperrminoritat vereinbart sind.^"^"^ In diesem Fall wird ein derartiges Unternehmen zu einem vertikal integrierten Unternehmen gezahlt.^°^^ Die Anzahl der Stadtwerke und Regionalversorger, fur die das Legal Unbundling bindend sein wird, ist noch nicht genau zu eruieren, sie wird jedoch auf 260-280 geschatzt.^°^^ Damit sind ca. 39 % der Stadtwerke in Deutschland von der gesellschaftsrechtlichen Entflechtung tangiert.^°'' Bestehendes EVU
Netz
Vertrieb
Service
Netzfuhrungsgesellschaft
Strategische Holding
EVU-Holding
Zwischenmodelle '^"1
Netzser-
Vertrieb
V
Service
Netz
Service
Vertrieb
Netz- 1 1 Vertriebs-1 AR geseilgesellschaft 1 1 schaft 1
NFG AR: Abrechnungsgesellschaft NFS: Netzfuhrungsgesellschaft
ZunehmeiMler Umfimig 4e^ fiojm^imfkmmgi
Abb. 95:
>
Moglichkeiten der ErfiJIIung der Anforderungen des Legal Unbundlings
Die Konzernklausel hat erhebliche Auswirkungen fur kleinere Unternehmen, die vom Legal Unbundling betroffen sind. Denn dadurch, dass parallel zwei selbstandige Unternehmen Vgl. § 7 Abs. 2 EnWG Vgl. bspw. RAUSCH / LIESENHOFF (2003), S. 7
Vgl. hierzu die Konzernklausel, Art. 3 Abs. 3 der Fusionskontrollverordnung, Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 uber die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlijssen und § 3 Abs. 38 EnWG. Die Schatzung wurde vom Ansprechpartner des Verbands kommunaler Unternehmen e.V., Herrn Peter Reitz, telefonisch am 02.02.2006 abgegeben. Derzeit existieren in Deutschland ca. 700 Stadtwerke (vgl. VDEW (2004b), S. 13). Eine ahnliche Einteilung nehmen SCHLOTJUNKER / RUBNER vor (vgl. SCHLOTJUNKER / RUBNER
(2004), S. 15). Die Ausfuhrungen wurden jedoch modifiziert, da sie zum einen den Extrempol der geringsten Ausgrundung, die Netzfuhrungsgesellschaft, nicht berucksichtigt und zum anderen in der dargestellten Form gegen Artikel 10, Abs. 1 der EU-Richtline 2003/54/EG vom 26. Juni 2003 verstoden.
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
274
etabliert werden mijssen, werden Funktionen wie beispielsweise die Durchfuhrung von Leitungsfunktionen, Controlling- und Rechnungswesenfunktion oder auch die Durchfuhrung des Jahresabschlusses gedoppelt, woraus insbesondere bei den kleinen Unternehmen ein im Verhaltnis zur Unternehnnensgrolle wesentlicher Personalaufwuchs resultiert. Die Umsetzung des Legal Unbundling kann unterschiedlich erfolgen. In Abhangigkeit von der strategischen Ausrichtung des Unternehmens sind die unterschiedlichsten Modelle zwischen den beiden Polen „Ausgrundung einer reinen Netzfuhrungsgesellschaft", in die lediglich die betroffenen Fuhrungsfunktionen ausgelagert werden und der „strategischen Holding", die unterschiedliche selbstandige Gesellschaften unter einem gemeinsamen Dach zusammenfasst, moglich (siehe Abb. 95)J°^^ Eine Studie der Unternehmensberatung A T . Kearney hat gezeigt, dass keines der befragten Stadtwerke anstrebt, eine umfassende strategische Holding aufzubauen, vielmehr strebt die Mehrzahl eine Ausgliederung einer kleinen Netzfuhrungsgesellschaft an, bei der das Eigentum des Netzes weiterhin bei dem Energieversorgungsunternehmen verbleibt.^^°°
Erhohung der Transparenz Effizienzsteigerung Hohere Marktorientierung Regulative Erfordernisse Erhohung der Steuerbarkeit Verbesserte Kooperationsmoglichkeiten mit Dritten Erhohung des Shareholder Values Ennpowerment des ausgegrundeten Bereichs 60%
Abb. 96:
Unbundling-Grijnde nach Booz Allen & Hamilton
Der wesentliche Vorteil einer reinen Netzfuhrungsgesellschaft liegt in dem vergleichsweise geringen Umsetzungsaufwand. Jedoch 1st der Aufwand der effizienten Durchfuhrung von Prozessen und zur Sicherstellung der Vertraulichkeit grofi. ^^°^ Des Welteren besteht die Gefahr, dass langfristig haufigere Anpassungen der Strukturen notwendig werden.^^°^ Dahingegen ermoglicht die strategische Holding einen groHen Spielraum fur die Unternehmensentwicklung. So sind hierdurch individuelle Kooperationen, Veraufterungen und Zulaufe auf jeder Wertschopfungsstufe moglich.''''°'^ Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Ausgrundung einer Netzfuhrungsgesellschaft lediglich der Erfullung der gesetzli-
Einen umfassenderen Uberblick ijber die Moglichkeiten der Ausgrundung von Netzgesellschaften geben WOLF / PORBATZKI / HILLER (vgl. WOLF / PORBATZKI / HILLER (2006), S. 46 ff.). 1100 1101 1102 1103 1104
Vgl. WENZEL/CORD (2004), S. 127 f. Vgl. SENDER (2003), S. 4 Vgl. SCHLOTJUNKER / RUBNER (2004), S. 15
Vgl. FORSTER/HEINZE (2005), S. 793 Vgl. SCHLOTJUNKER/RUBNER (2004), S. 15
Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland
275
Chen Mindestanforderungen dient und somit eine Aufwandsminimierung vorliegt, wohingegen die strategische Holding das Unbundling als Chance zu einem Wandel auffasst.^^°^ Hierdurch wird bereits deutlich, dass das Legal Unbundling nicht nur Risiken fur ein Unternehmen birgt. So hat eine Umfrage der Unternehmensberatung Booz Allen & Hamilton ergeben, dass in dem Unbundling auch Chancen gesehen werden (siehe Abb. 96). EnA/ahnenswert sind hierbei insbesondere zwei Aspekte, die sich inn Vergleich zu einer Vergleichsstudie aus dem Jahr 2000 ergeben haben. Zum einen wird die erhohte Transparenz als positives Element erkannt, zum zweiten hat sich die Anzahl der Unternehmen, die das Unbundling als verbesserte Kooperationsmoglichkeit mit Dritten ansehen, verdreifacht.^^°^ Die Kosten des Legal Unbundling wird von der Wirtschaftsprufungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers in den ersten funf Jahren je nach Unternehmenstyp und -grofie auf 3,64 Mio. Euro bis 7,58 Mio. Euro geschatzt, die Einmalkosten liegen je nach betrachteten Unternehmenstyp bei 13 % bis 25 % der Gesamtkosten der ersten funf Jahre.^^°^ Einer anderen Studien zufolge resultieren aus der Umsetzung des Legal Unbundling Mehrkosten von drei bis zehn Millionen Euro fur eIn Stadtwerk mittlerer Gr6fle.^^°^ Ohne die Hohe der ermittelten Kosten im Detail bewerten zu wollen, zeigen die Groftenordnungen, dass trotz der Chancen des Unbundlings die Unternehmen einem erheblichen Kostendruck ausgesetzt sein werden. Dieser wird noch dadurch verscharft, da neben dem Unbundling die Einfuhrung einer Anreizregulierung im EnWG vorgesehen ist, wie das folgende Kapitel darstellt.
4.3.2
Die Anreizregulierung zur Steigerung der Effizienz
Zur Steigerung der Effizienz des Netzbereichs ist in §21 a EnWG die Anreizregulierung verankert. Die Anreizregulierung beruht auf Erfahrungen aus dem Ausland und der Regullerung des Telekommunikationsbereichs. Das Prinzip dieser Regulierung ist, dass die Regullerungsbehorde konkrete Effizienzvorgaben macht, um dadurch bestehende Effizienzreserven zu nutzen.^^°^ So werden auf Basis von Benchmarkingergebnissen Erios- oder Preisobergrenzen definiert, was Anreize fur die Energieversorgungsunternehmen zur Produktionssteigerung schafft.^^^° Wie in Abb. 97 dargestellt, werden dadurch einerseits Anreize fur die Unternehmen geschaffen, die Effizienzvorgaben der Regulierungsbehorde noch zu ubertreffen, da hierdurch zusatzliche Effizienzgewinne realislert werden konnen, andererseits sind Unternehmen, deren Netznutzungsentgelte oberhalb der Grenze liegen, zur Steigerung der Effizienz gezwungen, damit der Netzbereich nicht defizitar wird. Es sei in diesem Zusammenhang erganzt, dass hierbei strukturelle Unterschiede dadurch berucksichtlgt werden, dass einzelne Strukturklassen gebildet werden. Hierdurch wird verhindert, dass Unterneh-
Eine ahnliche Untergliederung nehmen APPEL / BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN vor, wobei sie nicht die Optionen einer strategischen Holding aufzeigen, sondern allgemein die Option als „grundsatzliche strategische Weichenstellungen wie etwa den Aufbau bzw. die Vertiefung von Kooperationen oder die Optimierung der Geschaftsprozesse" beschreiben (APPEL / BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN (2006), S. 36). 1106
Vgl. SENDER (2003), S. 4
1107
Vgl. WiEDMANN / LANGERFELDT (2004b), S. 248 Folgerichtig haben in einer Studie von FORSTER / HEINZE auch 87 % der befragten Energieversorgungsunternehmen Maflnahmen zur Steigerung der Effizienz als bedeutend bewertet (vgl. FORSTER/HEINZE (2005), S. 793). Vgl. O.V. (2005b), S. 377 Vgl. BUDENBENDER (2005), S. 653 Vgl. WOLF / PORBATZKI / HILLER (2005), S. 778
276
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
men, deren Netzgebiet in Regionen liegt, die nur aufwendig zu erschlieften sind, mit anderen Regionen verglichen werden, die einen gunstigen Netzbetrieb ermoglichen.^^^^ k.
Netznutzungentgelte
Max. Entgelte —
1 © Festgelegte Obergrenze
r
J
1
Max. Entgelte —p=;-
Obergrenze
©
^ Max. Entgelte ^
T
Obergrenze
|
Min. Entgelte (best practice)
^ ~
Entwicklung der Netznutzungsentgelte
•
/^T\ / 0 | Kostensenkungsprogramme in der 1. bzw. 2. Periode infolge v_y K-J zu hoher Netznutzungsentgelte
Abb. 97:
Zeit
Auswirkung der Anreizregulierung auf die Entwicklung der Netznutzungsentgelte
Die Anreizregulierung ist derzeit noch nicht bindend, sondern wird erst durch eine Rechtsverordnung eingefuhrt.''^^^ Damit werden derzeit die Netznutzungsentgelte noch nach dem Cost-plus-Vefahren kalkuliert, bei denen die Energieversorger anhand eines definierten Kalkulationsleitfadens ihre Netzkosten ermittein; Bestandteil dieses Kalkulationsleitfadens ist auch eine festgelegte Verzinsung der eingesetzten AssetsJ^^^ Auch wenn die Netznutzungsentgelte Innerhalb einer definierten Spanne liegen mussen und ansonsten einer gesonderten Genehmigung bedurfen, birgt dieses Verfahren jedoch die Gefahr, dass Energieversorgungsunternehmen nur geringe Anreize zur Effizienzsteigerung haben, da ihre Kosten zur nachsten Stufe weltergereicht werden J ^^"^ Denn ein Unternehmen generiert keinen zusatzlichen Nutzen, wenn im Netzbereich Effizienzpotenziale erschlossen werden, da dadurch seine Kosten und damit auch die Eriose aus den Netznutzungsentgelten sinken. Dies verdeutlicht die Brisanz der Anreizregulierung fiir die Netzbetreiber. Denn einem realen Effizienzdruck sind die Energieversorgungsunternehmen im Netzbereich in der Vergangenheit nicht ausgesetzt gewesen. Mit der Einfuhrung der Anreizregulierung wird der Druck zu einem effizienten Netzbetrieb deutlich erhoht. Dies zeigen auch exemplarische Benchmarkingergebnisse. So hat beispielsweise eine Studie von WOLF / PORBATZKI / HILLER ergeben, dass die Mehrheit der Netzbetreiber teilweise signifikante Effizienzdefizite von bis zu 20 bis 30 % aufweisen.^^^^ In Abhangigkeit von der Definition der Prelsobergrenzen kann dadurch bereits zu Beginn der Anreizregulierung ein erheblicher Kostendruck entstehen. Dieser Kostendruck darf jedoch nicht zu Ungunsten der Versorgungssicherheit gelost werden, da die Versorgungssicherheit und -qualitat von wesentlicher Bedeutung fiir den Endkunden
Es exististieren die unterschiedlichsten Modelle, wie die Anreizregulierung ausgestaltet werden kann. Zum Uberblick und Aufzeigen offener Fragen vgl. bspw. FRANZ / SCHAFFNER / TRAGE (2005), S. 89 ff. §21aAbs. 6Satz1 EnWG
1113
Vgl. BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN INDUSTRIE E.V. U.A. (2001), S. 6 ff und § 21 EnWG
1114
Vgl. BQDENBENDER (2005), S. 653
1115
Vgl. WOLF / PORBATZKI / HILLER (2005), S. 779
Die Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland
277
istJ^"*^ Vergleichbare Markte wie das Beispiei der Telekommunikation zeigen jedoch, dass Effizienz und Servicezuverlassigkeit keine Gegensatze sein mussenJ^^^ Nach derzeitigem Stand wird die Anreizregulierung 2007 eingefuhrt.^^^^ Der bereits zitierten Studie von WOLF / PORBATZKI / HILLER zufoige bewirkt die Einfuhrung, dass die Netznutzungsentgelte inflationsbereinigt jahrlich urn mehrere Prozent sinken werden.^^^^ Damit wird deutlich, dass die Energieversorgungsunternehmen im Jahr 2007 vor erheblichen Herausforderungen stehen, da sie einerseits die Anforderungen des Legal Unbundling erfullen mussen und andererseits durch die Anreizregulierung einem erheblichen Effizienzdruck ausgesetzt sind. Es ist ein Sinken der Netznutzungsentgelte zu erwarten. So sanken die Netznutzungsentgelte in den Landern, in denen eine Regulierung bereits etabliert ist, urn 1,3 % in Schweden bis 25 % in Belgien. Eine Ausnahme bildete lediglich Grofibritannien, wo in der ersten Periode die Netznutzungsentgelte zunachst stiegen und erst spater deutlich 11-17 % (1996) bis 1933 % (2000/01) sanken. Derartige Reduzierungen sind jedoch nicht nur fur die erste Periode zu erwarten, da zumeist auch in den Folgeperioden die Netznutzungsentgelte urn 2,1 bis 6 % gesenkt werden konnten.^^^° In welchem Ausmafl die Netznutzungsentgelte in Deutschland sinken werden, ist derzeit noch nicht abschatzbar. Es wird jedoch vermutet, dass aufgrund der Bedeutung von Umweltschutz und Versorgungssicherheit die Entgelte nicht in dem aufgezeigten Ausmafi wie beispielsweise in Grofibritannien sinken werden;^^^^ da jedoch die Kosten des Unbundlings signifikant sind, wird auch bei einem geringen Sinken ein erheblicher Handlungsdruck erzeugt.
4.3.3
Das Regulierungsnnanagement
Vor der Novellierung des EnWG existierte im deutschen Energiemarkt keine Regulierungsbehorde. Die Regein der Zusammenarbeit und der Marktiiberalisierung wurde durch eine Selbstverpflichtung der Unternehmen definiert, die in Verbandevereinbarungen festgehalten wurden.^^^^ Dieses Vorgehen, dass auch als der deutsche Sonderweg bezeichnet wird, da er im europaischen Vergleich einmalig ist,^^^^ ist teilweise deutlich kritisiert worden.^^^"^ Kern der Kritik sind einerseits die hohen Netznutzungsentgelte und andererseits der fehlende Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt. Mit der Novellierung des EnWG werden Regulierungsbehorden, die Bundes- bzw. Landesnetzagenturen, mit der Regulierung der Gas- und Strommarkte betraut. Hierdurch ergeben sich fijr die Energieversorgungsunternehmen zwei neue Herausforderungen, das operative 1116 1117 1118 1119 1120
1121 1122 1123 1124
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
P E T R O V / K E L L E R / S P E C K A M P (2005), S. 547 LAMPRECHT (2005), S. 781 WOLF / PORBATZKI / HILLER (2005), S. 779 WOLF / PORBATZKI / HILLER (2005), S. 779 HARLE / SURIG (2994), S. 508
Es sei angemerkt, dass im Zusammenhang mit der Reduktion der Netznutzungsentgelte lediglich die Entwicklungen in NonA/egen, Osterreich, Grodbritannien und Portugal aufgefuhrt wurden. Vgl. HARLE/SURiG (2994), S. 509 Vgl. BuNDESVERBAND DER DEUTSCHEN INDUSTRIE E.V. u.A. (2001) fur die Sparte Strom bzw. BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN INDUSTRIE E.V. U.A. (2002) f u r d i e Sparte GaS Vgl. KOMMISSION DER EUROPAlSCHEN G E M E I N S C H A F T E N (2002), S. IV
Vgl. bspw. FocHT (2001), o.A. (2002) und LEPRICH (2002)
278
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
Management von Regulierung als Tagesgeschaft und die Regulierung als strategische GrofleJ^^^ Die Regulierung als Tagesgeschaft umfasst die systematische und konsistente Interaktion mit den Regulierungsinstanzen, wozu LAUE insbesondere -
die Bereltstellung der gesetzlich erforderllchen Informationen, die Kanalisierung der eingehenden Anfragen des Regulierers, deren Prufung auf Zulassigkeit, die Steuerung der Bearbeitung der Anfragen im Unternehmen, die Sicherstellung der Konsistenz der erarbeiteten Ergebnisse sowie die Dokumentation der eingehenden Anfragen und gelieferten Antworten
versteht.^^^^ Derartige Aufgaben sind von besonderer Relevanz, da die Berichtspflichten an die Regulierungsbehorden einerseits sehr umfangreich sind und zunn anderen fehlerhafte Oder unabgestimmte Berichte weitreichende Folgen haben konnen. Aufgrund dessen wird zusatzlich die Etablierung eines strategischen Regulierungsmanagements vorgeschlagen, das vor dem Hintergrund der bevorstehenden Anreizregulierung die nachhaltige Sicherung der Ausschiittungsfahigkeit aus dem Netzbetrieb fordern und zur Erhaltung des Werts der Assets des Netzes beitragen soll.^^^^ Dies soil unter anderem durch die Beobachtung des Verhaltens der anderen Netzbetreiber, dem Pflegen von Kontakten zu Stakeholdern und Behorden und die kontinuierliche Uberwachung und Verbesserung der regulierungsrelevanten Prozesse realisiertwerden. Das Regulierungsmanagement ist eine Aufgabe, die von jedem Energieversorgungsunternehmen unabhangig von seiner Grolie durchgefuhrt werden muss. Werden die ersten Anfragen der Bundesnetzagentur zugrunde gelegt, deutet sich an, dass die einzelnen Unternehmen umfangreiche Berichte zu erstellen haben.^^^^ Hieraus folgt wiederum, dass insbesondere fur kleinere Energieversorgungsunternehmen der Wettbewerbsdruck welter steigt. So gehen Schatzungen davon aus, dass Stadtwerke unter 100.000 Kunden ca. 2,5 Mitarbeiterjahre fur das operative und strategische Regulierungsmanagement einsetzen mussen; bei Stadtwerken und Regionalverteilern uber 100.000 Kunden sind hierfur sogar fijnf Mitarbeiterjahre notwendig. Praktisch dieselben Kapazitaten (2,4 bzw. 5 Mitarbeiterjahre) werden zudem fur die Zuarbeiten des Regulierungsmanagements erforderllch, so dass ein Personalaufwuchs von funf bzw. zehn Mitarbeiterjahren notwendig wlrd.^^^^ Wird dies in Verhaltnis zu den Personalstarken kleinerer Weiterverteiler und Stadtwerke gesetzt, wird die Relevanz deutlich. So liegen die typischen Personalstarken kleiner Weiterverteiler zwischen 3 und 200 Mitarbeltern. Aus dem Regulierungsmanagement resultiert demnach ein Personalaufwuchs von 2,5 bis 166 %.
1126 1127
Vgl. LAUE (2005), 8. 330 Vgl. LAUE (2005), S. 330
Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen LAUE (2005), 8. 331 Siehe hierzu die Berichtsanforderungen der Bundesnetzagentur unter http://www.bundesnetzagentur.de/enid/1cdd8872b3e3c735391cae7b99f748f2,0/Elektrizitaet/Ga s/Erhebung_von_Unternehmensdaten_1 rs.html Der Berichtsdruck verbunden mit kurzen Antwortfristen wird auch von LAUE festgestellt (vgl. LAUE (2005), 8. 330).
Vgl. DUDENHAUSEN (2005), 8. 5
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke 4.4
279
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden Regionalverteiler und Stadtwerke fokussiert betrachtet. Denn diese beiden Auspragungen sind von den Auswirkungen der Neufassung aufgrund ihrer Grofte im Besonderen tangiert. Zudem weisen insbesondere Stadtwerke strukturelle Besonderheiten auf, die klassische Strategien wie beispielsweise Fusionen, urn kritische Groflen zu erreichen, oftmals schwer durchsetzbar werden lassen. Wie die folgenden Ausfuhrungen zeigen werden, wird nicht zuletzt deswegen in Netzwerken von Stadtwerken oder von Stadtwerken und Regionaiverteilern eine Losung fur die Anforderungen eines liberalisierten Marktes gesehen. 4.4.1
Besonderheiten von Regionalverteilern und Stadtwerken
Die Ausfuhrungen zu den Besonderheiten von Regionalverteilern und Stadtwerken konnen keinen Anspruch auf Allgemeingultigkeit haben. Denn, wie bereits dargestellt wurde, existieren in Deutschland uber 700 Stadtwerke und Regionalverteiler die von genossenschaftlich organlsierten Weiterverteilern mit drei Mitarbeitern bis zu Regionalverteilern mit ijber tausend Mitarbeitern reichen, die ganze Bundeslander in der Flache versorgen. In den folgenden Ausfuhrungen werden Besonderheiten beschrieben, die oftmals insbesondere auf Stadtwerke zutreffen:
-
Besonderheiten Besonderheiten Besonderheiten Besonderheiten
der Anteilseigner der Stadtwerke in der Gewinnverwendung von Stadtwerken der Unternehmenskulturen von Regionalverteilern und Stadtwerken der Mitarbeiterstruktur bei kleinen Stadtwerken
1) Besonderheiten der Anteilseigner der Stadtwerke Insbesondere bei Stadtwerken sind die Kommunen oftmals noch Anteilseigner, wobei seit Beginn der Liberalisierung die Energieerzeugung in vielen Fallen nicht mehr als Angelegenheit der ortliohen Gemeinschaft betrachtet wird, die vom Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG umfasst ist.^^^° Die Energieversorgung wird dagegen oftmals noch als Gemeindeaufgabe gesehen. Hieraus folgt, dass sich die Kontrollinstanzen dieser Stadtwerke dem Votum der Wahler stellen mussen, was Auswirkungen auf die Leitung der Stadtwerke hat.^^^^ So sind diese Stadtwerke zumeist starker gemeinwohlorientiert und gemeinwohlmotiviert. Damit wird jedoch die Gewinnorientierung und damit auch die Effizienz gemindert. Des Weiteren ist die Energieversorgung zumeist auf die Gemeindegrenzen beschrankt; eine Ausweitung der
Vgl. HAUSER (2004), 8. 98
Art. 28 Abs. 2 GG fuhrt aus „alle Angelegenheiten der ortliohen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regain". Die Auffassung, dass die Energieerzeugung und -versorgung nicht mehr als Gemeindeaufgabe gesehen wird, ist nicht unumstritten (vgl. bspw. BALZER(2000), S. 91).
Hierbei sei beispielhaft auf die Modernisierungstrends auf kommunaler Ebene hingewiesen (vgl. bspw. BOGUMIL / HOLTKAMP (2006), S. 72 ff.). So fuhrt beispielsweise die Direktwahl der Ven/valtungsspitze, des Burgermeisters, dazu, dass sich dieser direkt dem Wahler gegenuber fur Entscheidungen erklaren muss, die das Stadtwerk betreffen. Dieses Votum findet seine Extremform in Burgerentscheiden. So wurden beispielsweise 2003 uber 49 % der geplanten strategischen Partnerschaften durch Burgerentscheide abgelehnt (vgl. BRIESE / SCHUNEMANN (2003), S. 13). Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass BRIESE / SCHUNEMANN unter strategischen Partnerschaften Modelle von Fusionen auf der einen Seite bis zu Sperrminoritatsbeteiligung auf der anderen Seite verstehen.
280
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
Versorgung und damit der Markteintritt in fremde Versorgungsgebiete findet zumeist nicht statt.^^^2 2) Besonderheiten in der Gewinnverwendung von Stadtwerken Die Stadtwerke, bei denen die Kommunen noch die Mehrheitseigner sind, sind einer behordlichen Aufsicht unterstellt. Diese Stadtwerke stellen dabei in ihrer jetzigen Rechtskonstruktion zumeist eine wesentliche Finanzierungsquelle fur die Kommunen dar, mit deren Einnahmen defizitare, offentliche Bereiche quersubventioniert werden.^^^^ Diese Bereiche sind etwa der Personennahverkehr, kulturellen Einrichtungen wie Bibliotheken oder Museen Aufgrund dieser Besonderheit und der Gemeinwohlorientierung resultiert, dass Stadtwerke, die sich noch im Mehrheitsbesitz der Kommunen befinden, zumeist nicht mit anderen Unternehmen fusionieren oder Mehrheitsbeteiiigungen verauflernJ^^^ Denn hierdurch wurden die Kommunen ihren Einfluss auf ihre Stadtwerke und eine wesentliche Elnnahmequelle verlierenJ^^^ Es sel angemerkt, dass sich diesbezuglich eine Trendwende volizogen hat, da zu Beginn der Liberalisierung Anteile von Stadtwerken noch eher veraudert wurden, da zu der Zeit noch nicht absehbar war, wie die Stadtwerke in dem iiberalisierten Markt bestehen wurden.^^^^ Da sich die Stadtwerke jedoch im Iiberalisierten Markt bisher bestehen konnten, werden sie zumeist nicht mehr verauflert. 3) Besonderheiten der Unternetimenskuituren von Regionalverteilern und Stadtwerken Regionalverteiler und Stadtwerke besitzen keine einheitliche Unternehmenskultur. Jedoch werden ihnen oftmals ahnliche Attribute unterstellt, wie beispielsweise das Attribut, dass sie wandelhemmend seien. Dem widerspricht jedoch KADUK, wenn er „Wandelblockaden", die aufgrund einer zu langen Arbeit der Mitarbeiter in einem Monopolmarkt existieren und sie dadurch entwicklungsresistent gemacht haben, im Rahmen seiner Untersuchungen nicht antreffen konnte.^^^^ Diese Aussage scheint der skizzierte Mitarbeiterabbau (siehe Abb. 90, Seite 265) zu stutzen, da ein derartiger Abbau grundsatzlich mit einem Wandel in einem Unternehmen verbunden ist. Jedoch auch diese Aussage ist zu pauschal und ihr soil deswegen im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht ganzlich gefolgt werden. Denn KADUK stent in einer Analyse von Unternehmen der Energiewirtschaft zusatzlich fest, dass in EVU ein traditioneller Denkstil dominiert, der Veranderungen lediglich als Umsetzung von Programmen und Konzepten versteht.^^^^ Diese traditionelle Kultur beschreibt er als „statisch, maschinenahnlich"^^"^", was eine gewisse Anderungsresistenz impliziert. 1132
Vgl. HAUSER (2004), S. 98
1133
Vgl. o.V. (2000), 8. 11 und SCHAEFER (1999), S. 118ff. Es sei angemerkt, dass derartige Quersubventionen nach Schatzungen alleine beim offentlichen Personennahverkehr 20 % des Umsatzes betragen (vgl. ROTHE (2001), S. 48).
1134 1135
1138 1139 1140
Vgl. HAUSER (2004), S. 3
BoGUMiL / HoLTKAMP diskutieren in diesem Zusammenhang Instrumente zur Reduzierung der Steuerungsverluste. Dies kann beispielsweise ein modernes Beteiligungsmanagement sein BOGUMiL / HOLTKAMP (2006), S. 79 ff, sowle S. 76 ff. zu den Steuerungsverlusten). Es sei angemerkt, dass sich aufgrund dieser Problematik neue Modelle am Markt etablieren. So existieren beispielsweise Stadtwerkefonds, die derart gebildet werden, dass die Stadtwerke mit einem unabhangigen, finanzkraftigen Partner kooperieren, sie andererseits ihre Unabhangigkeit jedoch bewahren (vgl. HECKMANNS (2005), S. 13 f.). So wurde beispielsweise 1996 auf der Jahrestagung der Stadte, Gemeinden und Kommunen (SGK) der „Stadtwerkeverkauf aus Angst" (HOFFMANN (1996), S. 154) diskutiert. Vgl. KADUK; S. (2003), S. 11 Vgl. KADUK; S. (2003), S. 11 KADUK; S. (2003), 8. 9
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke
281
Urn nun eine Ausgangsbasis fur die vorliegende Arbeit zu schaffen, wird eine kulturelle Auspragung traditioneller Stadtwerke und Regionalverteiler in ihrer Extremform unterstellt und hierauf aufbauend Handlungsbedarf identifizlert. Die Extremform stellt dabei ein Unternehmen dar, das wandlungsfeindlich und nach innen gerichtet ist (siehe Abb. 98) und damit das Change Management vor die grofiten Herausforderungen stellt. Es wird damit unterstellt, dass Unternehmen, deren Kultur sich eher der Kultur ahnelt, die als besonders wandlungsfordernde Kultur identifiziert wurde (siehe Kapitel 3.5.3.1.4), geringere Anforderungen an das Change Management stellen. 1 Offenheit, Umweltorientierung
(IV) Kulturpragende Rolle der Mitarbeiter g Individuelle
(1) Offenheit von Unternehmenskulturen 2
Kulturpragung
Anderungsfreundlich Geschlos-
Mitglieder als Akteure
Kollektive,.,,---^l ^ ^ e i t , BinrifefK^^^ ^ B j y P pragung orientierung \ AndertingsMitglieder feindlioh als l^itarbeiter
7 NKostenorientierung \ Instru^ mentelle /"'^-v^rientierwnm
Spitzei^ orientier\jng 1 Einheitskulturelle Pragung
3 Basisorientierung
\ \
Nutzenorientierung
(III) Kulturpra- 6 gende Rolle der FiJhrung
Abb. 98:
Subkulturelle Pragung
Entwicklungsorientierung
(II) Dlfferenzierthelt von Unternehmenskulturen
Kulturelle Auspragung traditioneller Stadtwerke und Regionalverteiler in ihrer Extremform
Die beschriebene Kultur ist dabei eine Unternehmenskuitur, wie sie insbesondere zu Beginn der Liberalisierung in einer Vielzahl von Stadtwerken und Regionalversorgen anzutreffen war. Dies lasst sich aus dem Anderungsbedarf herleiten, der zu Beginn der Liberalisierung fur die Stadtwerke und Regionalversorger identifiziert wurde. Den Ausfuhrungen zufolge sind die Erhohung der Reaktionsfahigkeit, die Kundenorientierung, ein verstarktes Kosten- und Ergebnisbewusstsein sowie eine hohe Arbeits- und Kapitelproduktivitat von besonderer Relevanz, um im liberalisierten Markt zu bestehen.^^"^^ Inwieweit sich die einzelnen Unternehmenskulturen im liberalisierten Markt bereits gewandelt haben, ist unternehmensindividuell und kann deswegen nicht pauschal beantwortet werden.^^"^^ 1141
Vgl. BRETSCHNEIDER (2000), S. 14
1142
Es sei jedoch angemerkt, dass Kommunen oftmals fur sich reklamieren, dass ein kultureller Wandel bereits durchgefuhrt wurde. So beschreibt beispielsweise Gottschalk den Wandel zu
282
Untemehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
Fijr den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit sei angemerkt, dass eine Unternehmenskultur als angebotsmonopoiistisch-gepragte Unternehmenskultur bezeichnet wird, wenn sie der Kuitur ahnelt, die in Abb. 98 dargestellt ist. Wie aus der Abbildung deutlich wird, zeichnen sich die Unternehmenskulturen zusatzlich nicht durch eine einheitskulturelle Pragung aus. Dies liegt darin begrundet, dass zumindest zwei grundverschiedene Bereiche in einem Energieversorgungsunternehmen existieren, zum einen der technisch angebotsmonopolistische gepragte Netzbereich und zum anderen der kundenorientierte Wettbewerbsbereich des Energievertriebs. Aufgrund dieser subkultureilen Pragung kann auch nicht von einer einheitlichen Kuitur in einem Unternehmen ausgegangen werden, was eine kulturelie Ist-Analyse noch komplexer gestaitet. 4) Besonderheiten der Mitarbeiterstruktur bei kleinen Stadtwerken Wie bereits beschrieben wurde, bestehen am Markt weiterhin Weiterverteiler, die mit drei Mitarbeitern sehr klein sind.^^"^^ Diese Weiterverteiler zeichnen sich dadurch aus, dass einzelne Mitarbeiter die unterschiedlichsten Aufgaben innerhalb der Wertschopfungskette ubernehmen. Dies trifft jedoch auch noch bei grofieren Weiterverteilern zu, da eine Spezialislerung auf einzelne Aufgaben zu unterkritischen Kapazitaten fuhren wurde. Diese Besonderheit wurde bereits im Zusammenhang mit dem informatorischen Unbundling skizziert, trifft jedoch daruber hinaus auch auf Bereiche zu, die nicht vom informatorischen Unbundling betroffen sind.
einer neuen Kuitur, die wendiger, flexibler und selbstbewusster gegenuber fruher sei (vgl. GOTTSCHALK (2001), S. 41). So hat beispielsweise der klelnste, im Rahmen der Empirie untersuchte Weiterverteiler 240 Kunden; der Weiterverteiler hat drei Beschaftigte.
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke 4.4.2
283
Die Herausforderungen fur Regionalverteiler und Stadtwerke durch die Neufassung des EnWG
Allgemein lassen sich zunachst drei allgemeine Herausforderungen ableiten, die aus der Neufassung des EnWG resultieren: -
-
-
Die Erfullung der Anforderungen des En WG Unter der Pramisse, dass Energieversorgungsunternehmen ihre Tatigkeiten gesetzeskonform durchfuhren, ergeben sich eine Vielzahl von Anforderungen, deren Erfullung fijr die Unternehmen unabdingbar sind. Jedoch konnen sich durchaus in der Art und Weise der Umsetzung der Anforderungen Gestaltungsmoglichkeiten ergeben. Die Oberarbeitung der Effizienzziele Mit der dargestellten Zunahme des Effizienzdrucks auf die Unternehmen ergeben sich neue Anforderungen fur die Effizienzziele eines Unternehmens. Diese werden derart ausgestaltet werden, dass als Ziel eine hohere Effizienz unter Einhaltung der Anforderungen der Versorgungsquaiitat und -sicherheit gesetzt wird. Die Oberarbeitung der strategischen Ziele Die Neufassung des EnWG hat auch zum Ziel, den Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu forcieren. Damit wird jedoch eine Oberarbeitung strategischer Ziele notwendig, da eine ausschliedliche Steigerung der Effizienz in einem Wettbewerbsumfeld nicht ausreichend ist. Als Beispiel fur derartige Ziele sind beispielsweise CrossSelling-Ziele,^^'^'^ Ziele den Unternehmenswert betreffend^""^^ oder auch struktureile Ziele "^^ zu nennen.
Werden diese drei Herausforderungen auf das AGIL-Schema ubertragen, sind zunachst lediglich die Adaption-Funktion und die Goal Attainment-Funktion betroffen. Denn die Erfullung der Anforderungen des EnWG betrifft zunachst nur die Adaption-Funktion, da sich diese durch eine Modifikation des Leavitt-Schemas abbiiden lassen. Korrespondierend dazu betreffen die Zielvorgaben lediglich die Goal Attainment-Funktion. Diese singulare Betrachtung ist jedoch nicht zulassig, da, wie in Kapitel 2.2.2.4 dargestellt, eine Vielzahl von Interdependenzen zwischen den einzelnen Funktionen des AGIL-Schemas existieren. So zelgt Abb. 99 auf, dass durch die drei Anforderungen und die bestehenden Interdependenzen alle Funktionen des AGIL-Schemas betroffen sind.
''"^
Vgl. BOLLHEIMER (2005), S. 718
^^^^ ^^"^^
Vgl. HASLAUER / OSWALD (2003), S. 454 Vgl. BRINKMANN / PFAFFHAUSEN (2003), S. 21
Untemehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
284
Ziele, Umsetzungsrestriktionen Adaption
Goal Attainment
Latent Pattern Maintenance
( l ) bis (zj
Abb. 99:
:
Grundlegende Verhaltensweisen, Einstellungen Integration Kulturpragende Funktion des Gemeinschaftssystems
Herausforderungen des Neufassung des EnWG
Herausforderungen durch die Neufassung des EnWG
1) Die Erfullung der Anforderungen des EnWG Den Anforderungen zur Erfullung des EnWG mussen sich alle Energieversorgungsunternehmen stellen, wobei die wesentlichen Herausforderungen in der Organisation und der Anpassung der IT mit uber 80 % bzw. knapp 80 % gesehen werden.^^"^"^ Im Gegensatz zu groflen Unternehmen stehen jedoch insbesondere die kleinen Stadtwerke und Weiterverteiler, Fragestellungen der Bearbeitung von Vertriebs- und Netzaufgaben durch eine Person zu losen.^^"^^ Denn neben einem notwendigen Personalaufwuchs, der aus einer Doppelbesetzung resultieren wiirde, sind Arbeitsablaufe grundlegend neu zu definieren. Aus dem informationeilen Unbundling resultiert demnach eine Arbeitsteilung und damit auch eine Arbeitsspezialisierung. Eine Spezialislerung ist jedoch aus wirtschaftlichen Uberlegungen nur dann uberlegen, wenn groliere Mengen standardisiert abgearbeitet werden. Dieser Argumentation folgend kann auch aus dem informationeilen Unbundling die Herausforderung fur die Stadtwerke resultieren, neue Formen der uberbetrieblichen Zusammenarbeit zu etablieren. 2) Die Uberarbeitung der Effizienzziele Die Neufassung des EnWG hat zwei Auswirkungen auf die Effizienz eines Energieversorgers. Einerseits entstehen deutliche Mehrkosten, die nicht nur aus den Anforderungen des Legal Unbundlings resultieren, sondern auch aus dem informationeilen Unbundling und dem Regulierungsmanagement. Auf der anderen Seite werden die Unternehmen mit einem Vgl. o.V. (2004a), S. 7 Dieselbe Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine geringere Relevanz dagegen der Dimension Kunde beigemessen wird, was aufzeigt, dass das Unbundling eine innengerichtete Thematik ist. Vgl. APPEL/ BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN (2004), S. 246
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke
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zunehmenden Wettbewerb konfrontiert werden, der sowohl den Energievertrieb als auch die Energieverteilung betrifft. Denn mit der Einfuhrung der Anreizregulierung wird ein „'Als-obWettbewerb'-System"^^'^^ eingefuhrt, dass damit auch einen Effizienzdruck fur den angebotsmonopolistischen Bereich erzeugt. Es mag nun angemerkt werden, dass die Erkenntnis, dass insbesondere Stadtwerke unter einem eriieblichen Wettbewerbsdruck stelien, niclit neu ist und schon seit dem Beginn der Liberalisierung ein „Stadtwerkesterben"^^^° prognostiziert wurde. So wurde bereits zwei Jalire nacli der Liberalisierung festgestellt „Zwei Jahre nach der Liberalisierung des Energiemarktes stehen vier bis funf Energiekonzerne mit gewaltigen liquiden MItteIn Hunderten von kommunalen Unternehmen ohne Rucklagen gegenUber."^^^^ Trotz dieser Problematik hat sich jedoch herausgestellt, dass sich die meisten Stadtwerke bis dato erfolgreich dem Wettbewerb stellen konnten, wie LEUSCHNER feststellt^^^^ und wie die Existenz von ca. 700 kleinen und mittleren Stadtwerken suggeriertJ^^^ Derartige Ruckschlusse aus der ex postBetrachtung auf die zukunftige Entwicklung zu Ziehen, Ist jedoch nicht zulassig. Denn wie bereits dargestellt worden ist, hat sich in den letzten Jahren noch kein umfangreicher Wettbewerb etabliert, so dass der Druck auf die Stadtwerke nicht in dem en^/arteten Ausmafi erzeugt wurde.^^^"^ Daruber hinaus hatten die Stadtwerke die Moglichkeit, ihre Energiebeschaffung zu optimieren, da, wie aufgezeigt wurde, Industriestrom oftmals durch den Netzbereich quersubventioniert wurde und damit auch die Stadtwerke von dem niedrigen Preisniveau profitieren konnten. Derartige Subventionen werden jedoch durch das Unbundling unterbunden. 3) Die Oberarbeitung der strategischen Ziele Der Bedarf zur Oberarbeitung der strategischen Ziele von Regionalversorgern und Stadtwerken ergibt sich nicht direkt aus den Auswirkungen der Neufassung des EnWG. Aufgrund der erwarteten Zunahme des Wettbewerbs in der Energiewirtschaft wird jedoch auch eine strategische Neuausrichtung der Unternehmen diskutlert. So werden die folgenden Punkte andiskutiert: Starkere Ausrichtung der Energieversorgungsunternehmen auf den Unternehmenswert Als Folge der Liberalisierung werden verstarkt Stadtwerkefonds diskutiert, bei denen ein finanzstarker Partner die Energieversorgungsunternehmen unterstutzt.^^^^ Derartige Fonds wiederum setzen den Unternehmen oftmals neue strategische Ziele, wie beispielsweise das Ziel zur Wertsteigerung. Hierzu ist jedoch einerseits ein Wachstum notwendig, der organisch Oder mittels Fusionen oder Akquisitionen reallsiert werden kann und andererseits eine verstarkte Kundenorientlerung sowie ein „stimmiges Ensemble von Vision und Unternehmensstrategie", wie eine breit angelegte Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney ergab.^^^^
1149 1150 1151 1152
WOLF / PORBATZKI / HILLER (2005), S. 778 LEUSCHNER (O.J.)
o.V. (2000), S. 11 Vgl. LEUSCHNER (O.J.)
Vgl. VDEW (2004b), 8. 13 Einschrankend muss jedoch erwahnt werden, dass eine Vielzahl dieser Stadtwerke nicht mehr selbstandig ist, sondern vielmehr uberregionale Versorgungsunternehmen Anteilseigner der Stadtwerke sind. Beispielsweise halt die Thiiga AG Anteile an ca. 120 Stadtwerken. So stellen Studien fest, dass effiziente Netzbetreiber in der Minderhelt sind (vgl. WOLF / PORBATZKI / HILLER (2005), S. 779). 1155 1156
Vgl. HECKMANNS (2005), S. 13 f. Vgl. HASLAUER / OSWALD (2003), S. 457
286
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
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Jedoch hat sich zudem gezeigt, dass auch andere Aspekte zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen konnen. So zeigen beispielsweise HECKER / ZiEGENMEYER am Beispiel eines Shared Service Unternehmen der Energiewirtschaft, die is:energy GmbH, auf, wie sich eine Unternehmenskultur wertsteigernd auswirken kann.^^^^ Aufbau eines Markenmanagements Dm die Wettbewerbsfahigkeit und damit den Unternehmensfortbestand zu sichern, wird ein Zusatznutzenkonzept in Form einer Marke diskutiert. Hierdurch solien die als austauschbar und selbstverstandlich empfundenen Produkte und Dienstleistungen von Energieversorgungsunternehmen sichtbar gemacht werden und ihnen eine Personlichkeit verliehen werden J^^^ Als zusatzliche Wirkung eines Markenmanagements werden positive Auswirkungen fur das Legal Unbundling erwartet. Denn hierdurch kann die Netzmarke als Marke eines natiirlichen Monopols auf den Energievertrieb ubertragen werden.^""^^ Uberarbeitung der netz- und energievertrieblichen Ziele Die vertrieblichen Ziele sind dem geanderten Marktumfeld anzupassen. So werden beispielsweise die verstarkte Beachtung von Kleinkunden, beispielsweise durch eine freie Preisgestaltung, oder die Erganzung der Angebote durch Dienstleistungen genannt.^^'° Flexibilitat und Schnelligkeit Es wird erwartet, dass die Anforderungen an die Flexibilitat und insbesondere auch an die Schnelligkeit der Anpassung an neue Anforderungen wesentlich fur die Stadtwerke und Regionalverteiler sein wird.^''^^ Unternehmen, die weiterhin unflexibel und veranderungsresistent sind, werden zukunftig geringe Wettbewerbschancen zugerechnet.
Die skizzierten Herausforderungen stellen die derzeitige Struktur der Stadtwerke und Regionalverteiler grundsatzlich in Frage. Denn neben den Unternehmen, die zum Legal Unbundling verpflichtet sind und aus dieser Tatsache heraus ihre Struktur grundlegend anzupassen haben, wird auch bei den ubrigen Unternehmen verstarkt ein Anpassungsbedarf diskutiert. Insbesondere Kooperationen werden diesbezuglich oftmals als Losungsansatz fur die dargestellten Herausforderungen angesehen, wie das folgende Kapitel aufzeigen wird.
4.4.3
Die Bildung von Unternehmensnetzwerken als Losungsansatz fur aktuelle Herausforderungen
Die vorhergehenden Ausfuhrungen haben gezeigt, dass die Energieversorgungsunternehmen einem deutlichen Effizienz- und Anpassungsdruck ausgesetzt sind. Hierbei sind Insbesondere die kleineren Unternehmen zusatzlich noch mit der Problematik eines im Verhaltnis massiven Personalaufwuchs konfrontiert. Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, haben die Unternehmen die Moglichkeit, die Herausforderungen eigenstandig zu
1158 1159 1160 1161
In einer weiteren Studie von HASLAUER / KROGER wird sogar die provokative These formuiiert „Wachsen, um zu uberleben" (HASLAUER/ KROGER (2002), S. 30). Vgl. HECKER/ZiEGENMEYER (2003), S. 591 ff. So wurden die Werte „lnnovation" und „Teamgeist" im Unternehmen verankert, welche einen positiven Einfluss auf den Geschaftserfolg hatten. Vgl. WiEDMANN / TRAUTMANN / PEUSER (2003), S. 780 Vgl. KAFER (2005), S. 755
Vgl. BOLLHEIMER (2005), S. 718 ff. Vgl. KiENLE (2005), S. 76, sowie BRETSCHNEIDER (2000), S. 14
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke
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losen, mit anderen Unternehmen zu fusionieren, um die kritische Grofte zu erreichen oder ein Netzwerk aufzubauen, um gemeinschaftlich die Herausforderungen zu losen.^^^^ Fur kleinere Stadtwerke und Regionalverteiler ist es fraglich, ob eine eigenstandige Losung der Herausforderungen des EnWG sinnvoll ist. Denn neben der Realisierung von Synerglepotenzialen bei der operativen kann eine Abstimmung auch gegenuber dem Regulator, also der Landes- oder Bundesnetzagentur sinnvoll sein. Folgerlchtig ergab bereits 2000 eine Umfrage der LBD-Beratungsgesellschaft unter 78 Stadtwerken, dass in Kooperatlonen bzw. Fusionen der zweitgrdfite Erfolgsfaktor nach der Senkung der Absatzpreise gesehen wird.^^^^ Neben diesem Erfolgsfaktor wurde insbesondere von den kleinen Stadtwerken mit einem Umsatz, der kleiner als 10 Mio. Euro ist, Handels- und Einkaufsgesellschaften als wichtigster Erfolgsfaktor identifiziert,^^^"^ was dem Verstandnis der vorliegenden Arbeit nach auch ein Netzwerk darstellt. Werden jungere Publikatlonen analysiert, zeigt sich, dass der Aufbau von Netzwerken verstarkt diskutiert wird; Fusionen sind dagegen nicht mehr im Fokus.^^^^ Dies lasst sich unterschiedlich begrunden. So wurden seit der Liberalisierung bereits umfangreiche Fusionen durchgefuhrt, so dass weitere regelmaRig nur noch mit strengen Auflagen des Bundeskartellamts genehmigt werden,^^^^ im Gegensatz zu einem Netzwerk eine Fusion eines umfangreichen Post-Merger-lntegration-Prozesses bedarf, so dass sie nur vor einem langen Zeithorizont sinnvoll erscheint, die Entwicklung in der Vergangenheit gezeigt hat, dass Stadtwerke auch bestehen konnen, wenn sie nicht fusionieren und insbesondere durch eine Fusion der Einfluss der Kommunen auf die Stadtwerke vermindert wird, was insbesondere aufgrund der beschriebenen kommunalen Besonderheiten^^^^ kritisch ist. Zusammengefasst kann somit festgestellt werden, dass der FIT bei einer netzwerkartigen Koordinationsform hdher ist als der bei einem hierarchischen, wobei der FIT insbesondere durch die Goal Attainment-Funktion bestimmt wird. Die Auspragungen, die eine derartiges Netzwerk annehmen kann, sind unterschiedlich. Wie in Kapitel 3.3 (insbesondere Abb. 71, Seite 204) bereits dargestellt worden ist, sind insbesondere Wissensnetzwerke, strategische Allianzen und Joint Venture relevant fur die Netzwerke in der Energiewirtschaft: Die Wissensnetzwerke stellen die loseste Form der Kooperation zwischen den Partnern dar. In ihnen werden aktuelle Fragestellungen gemeinschaftlich gelost, die Umsetzung der Ergebnisse erfolgt jedoch autonom. Typlsche Fragestellungen sind Interpretation des EnWG und die Ableitung der Folgen fur die einzelnen Unternehmen, Fragestellungen insbesondere der Serviceprozesse wie beispielsweise die Optimierung des Forderungsmanagements oder Fragestellungen bezuglich der Zusammenarbeit mit der vorgelagerten Netzstufe oder Handlern wie beispielsweise die Vorgehensweise bei Lieferantenwechselprozessen.
1164 1165
Diese gemeinschaftliche Losung zielt wiederum auf das Erreichen einer kritischen ab. Somit dienen die Netzwerke dazu, entweder Macht- oder Effizienzziele zu erreichen (vgl. auch KUKER (2003), S. 156 ff.). Vgl. LBD (2000), S. 22 Vgl. LBD (2000), S. 26 Vgl. bspw, IMKELLER/HELBIG/HIMBERT (2005), S. 160 ff., GLIMPEL/ (2003), S. 236 f., WIEDMANN / TRAUTMANN / PEUSER (2003), S. 781 ff., JAMMING (2004), S. 584 ff., BRIESE / SCHUMEMAMM
(2003), S. 12 ff., DORPRIGTER (2005), S. 349 ff., EDELMAMM / NICKEL (2003), S. 460 ff.„ ROELS (2005), S. 155, SCHUMACHER (2002), S. 18, sowie APPEL / BEISHEIM / EDELMAMM / KAUFMAMM
(2004), S. 242 ff. Beispielhaft sei auf die umfangreichen Auflagen bei der Ubernahme der Ruhrgas AG durch die E.ON AG venA/iesen. Vgl. Kapitel 4.4.1
288
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft -
Bei strategischen AHianzen werden operative Aufgaben zwischen den einzelnen Partnern verteilt, ohne dass ein eigenes gemeinsames Unternehmen hierfur gegrundet wird. Derartige Netzwerke bieten sich an, wenn Aufgaben verteilt werden, bei denen Synergiepotenziale realisiert werden sollen, diese jedoch noch nicht von derart strategischer Relevanz sind, dass eine Beteiligung am durchfuhrenden Unternehmen als zwingend angesehen wird. Beispiele hierfur sind die Verteilung von Aufgaben des Regulierungsmanagements auf verschiedene Unternehmen, um dadurch zu erreichen, dass der Aufienauftritt gegenuber der Regulierungsbehorde abgestimmt ist und zudem Synergiepotenziale dadurch realisiert werden, dass sich die einzelnen Unternehmen im Regulierungsmanagement spezialisieren. Ein weiteres Beispiel ist die gemeinsame Durchfuhrung einer Energiebeschaffung, bei der ein Unternehmen gebundelt die Beschaffung fur die Grundlast durchfuhrt. Die Ausgrundung eines gemeinsamen Joint Venture ermoglicht die Auslagerung von einer Vielzahl von Aufgaben. Kritisch ist hierbei jedoch die Fragesteilung, inwiefern auch Kernkompetenzen ausgelagert werden sollten. Wird als Kernkompetenz eines Energieversorgungsunternehmens die Beherrschung der Abrechnung von Sondervertragskunden verstanden,^^^^ zeigt sowohl die betriebliche Praxis als auch Studien, dass auch Kernkompetenzen Gegenstande einer Kooperation werden konnen.^^^^
Die beiden letzten Auspragungen werden verstarkt diskutiert, um im Rahmen regionaler Kooperationen Skaleneffekte zu generieren. Dies bedingt jedoch zwingend zusatzlich eine Optimierung von Strukturen und Arbeitsablaufen.''''''^ Das Netzwerk kann sich auf die unterschiedlichsten Bereiche erstrecken, wobei oftmals zwei unterschiedliche Netzwerkgegenstande andiskutiert werden. Zum einen eine Kooperation zentraler Netzfunktionen wie beispielsweise das Regulierungsmanagement oder das strategische Asset Management, zum anderen Kooperationen von Service Funktionen, wobei hierunter zumeist die Aufgaben des Shared Service verstanden werden.^^^^ Wie Abb. 100 zeigt, sind dabei jeweils nur Telle der Wertschopfungsstufe Netz und Service Gegenstand eines Netzwerkes. Kooperationen im Vertrieb sind dagegen Im geringeren Ausmali zu erwarten. Denn hierbei ist der Wettbewerbsbereich betroffen, bei dem die Unternehmen mit steigendem Wettbewerbsdruck zunehmend in Konkurrenz zueinander stehen werden. Relativierend muss jedoch festgehalten werden, dass auch in diesem Bereich, Insbesondere den Aufbau einer gemeinsamen Marke betreffend, Kooperationen existieren. So wird sogar eine Erfolgschance Die Abrechnungskompetenz von Sondervertragskunden kann durchaus als Kernkompetenz aufgefasst werden. Denn wie bereits beschrieben wurde, wurden die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Energieversorgern und Sondervertragskunden seit der Liberalisierung deutlich komplexer, so dass die Fahigkeit, die ausgehandelten Tarife auch fristgerecht abzurechnen zu konnen, zu einer der wesentlichen Herauusforderungen von EVU geworden ist. Vgl. bspw. APPEL / BEISHEIM / EDELMANN / KAUFMANN (2004), S. 244
Einer Studie des Arbeitskreises Versorgungswirtschaft im Internationalen Controllerverein e.V. zufolge planen 50 % der Unternehmen, die Abrechnung der Vertriebskunden im Shared Service durchzufijhren bzw. fremdzuvergeben, bei der Abrechnung der Netzkunden nannten diese Optionen 44 % der befragten Unternehmen (vgl. DORPRIGTER (2005), S. 350). Vgl. O.V. (2005c), S. 693 Als wesentlicher Hebel bei der Optimierung der Strukturen und Ablaufe wurden dabei die Prozesse des Shared Service identifiziert (vgl. ESCHBACH / GROPP (2005), S. 18). Es sei angemerkt, dass ein wesentlicher, limitierender Faktor bei Kooperationen Im Shared Service in der heterogenen IT-Landschaft, in unternehmensindividuell konfigurierten ITSystemen und In IT-Systemen, die von ihrer Struktur her keine Kooperation unterstutzen. So wirft GuTMANN beispielhaft vier Fragen auf, welche die IT-Systeme betreffen, die im Vorfeld einer Kooperation beantwortet werden sollten (vgl. GUTMANN (2005), S. 16).
Untersuchungsobjekt: Regionalverteiler und Stadtwerke
289
fur EVU im kooperativen Markenmanagement gesehen.^^^^ Ein derartiges Markenmanagement haben beispielsweise Stadtwerke im Allgau mit der gemeinsamen Marke AllgauStrom etabliert.
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1
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L-i
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/.*•'•, Netzgesellschaft (DSO) fiir Stadtwerk 1 bis n Wesentliche Aufgaben der Netzgesellschaft: • Kalkulation Netznutzungsentgelte • Regulierungsmanagement • Strategisches Asset Management • Gleichbehandlungsprogramm • Beschaffung Netztechnik Abb. 100:
Servicegesellschaft fiir Stadtwerk 1 bis n Wesentliche Aufgaben der Servicegesellschaft: • Abrechnung • Forderungsmanagement • Customer Care Center • Energiebeschaffung
AusgriJndung einer gemeinsamen Netz- und Servicegesellschaft
Bel der Wahl der Kooperationspartner zeigen sich eindeutige Praferenzen. So ergab eine Studie von EDELMANN / NICKEL, dass diese im Wesentliciien auf der selben Wertsciiopfungsstufe gesehen werden, sowie, mit deutlich weniger Zustimmung, bei den Vorlieferanten (sieiieAbb. 101). Die Erhebung der Grunde fiir das Bevorzugen von Kooperationen mit anderen Stadtwerken sind nicht Gegenstand der Studie gewesen; im Rahmen der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit wird diese Fragesteliung jedocii thematisiert.
Vgl. WiEDMANN / T R A U T M A N N / P E U S E R (2003), S. 780 ff.
Unternehmensnetzwerke in der Energiewirtschaft
290 Bottom-2-Boxes (Bewertung 4 und 5 = „nicht erfolgsversprechend")
Top-2-Boxes (Bewertung 1 = „sehr erfolgsversprechend" und 2)
Andere Stadtwerke
01,7
Vorlieferanten
SI
Innungen, das ortliche Handwerk
0 2,7
Nicht-Energieunternehmen (z.B. fijr neue Geschaftsfelder)
E
Auslandische Strom-1 und Gaslieferanten I
29 ^
0
04,1 (Angaben in %)
Abb. 101:
Praferenzen von Stadtwerken bei der Wahi von Kooperationspartnern
In den folgenden Ausfuhrungen wird aufgezeigt, wie sich Netzwerke in der Energiewirtschaft vor dem Hintergrund der Neufassung des EnWG etablieren konnen. Dabei wird unterstellt, dass sich die Netzwerke schrittweise entwickeln. Es wird demnach dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz gefolgt und angenommen, dass der Ausgangspunkt eine relativ lose Bindung ist, die sich sukzessive zu einem engeren Netzwerk ausbaut. Prinzipiell sind zwei Auspragungen von Netzwerken von Bedeutung. Zum einen Netzwerke, die im Rahmen eines Wissensnetzwerkes lediglich dem Informationsaustausch dienen und zum anderen Netzwerke, die operative Tatigkeiten durchfuhren; diese konnen Tatigkeiten aus den Wertschopfungsstufen Netz inkl. dem Regulierungsmanagement oder Service sein. Netzwerktatigkelten aus der Stufe Vertrieb werden nur peripher thematisiert, da sich die Notwendigkeit einer Ausgliederung des Vertriebs allenfalls nur mittelbar aus der Neufassung des EnWG ergibt. Abschliedend sei angemerkt, dass Restriktionen, die aus dem Recht des offentlichen Auftragswesens, dem sogenannten Vergaberecht, resultieren, nicht betrachtet werden. Dieses Recht ist fur Kooperationen insofern von Relevanz, da die aktuelle Spruchpraxis des Europaischen Gerichtshofes und der deutschen Oberlandesgerichte das Vergaberecht auch auf kommunale Zusammenarbeit anwendet.^^^"^
1173 1174
EDELMANN / NICKEL (2003), S. 461
Vgl. ScHMiTZ / SCHRODER (2006), S. 81
5
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
5.1 5.1.1
Die Empirie im Uberblick Methodisches Vorgehen und Auswahl der Fallstudien
Bei der Analyse von erfolgreichen Netzwerken mag es zunachst sinnvoll erscheinen, dass dem formal-analytischen Netzwerkansatz^^^^ folgend eine graphentheoretische Analyse eines Netzwerks durchgefuhrt wird, unn hierauf aufbauend die weiteren Analyseschritte durchzufuhren.^^^^ Ein derartiges Vorgehen wurde jedoch eine quantitative Analyse des Netzwerkes voraussetzen, was, wie eriautert, nicht realisierbar ist. Deswegen wird als Methodik ein Vorgehen aus der qualitativen Datenerhebung und -analyse angewendet. Bezuglich des Vorgehens zur Datenerhebung konnen drei Verfahren unterschieden werden; die Beobachtung, die Inhaltsanalyse sowie die Befragung. Es sei darauf hingewiesen, dass diese, im Vergleich zu anderen Publikationen, einfache Unterteilung, gewahit wurde, da sich andere Erhebungstechniken entweder durch das Design oder durch den inhaltlichen Fokus unterscheiden, sie jedoch nicht grundverschiedene Verfahren darstellen.^^^^ Die Beobachtung stellt die ursprunglichste Datenerhebungstechnik dar, wobei sie im Gegensatz zu einer naiven, alltaglichen Beobachtung im Rahmen einer wissenschaftlichen Beobachtung kontrolliert und systematisch durchgefuhrt wird und zudem die Beobachtungsinhalte systematisiert werden.^^^^ HIerzu wurden taxonomische Beschreibungen fur unterschiedliche Beobachtungsverfahren entwickelt; eine allgemeine Theorie der Beobachtung ist jedoch (noch) nicht aufgestellt wordenJ^^^ Die Beobachtung weist mehrere methodische Schwierigkeiten auf. So ist nicht sichergestellt, dass die Bedeutung, die ein Sender mit einer Artikulation verbunden hat, identisch ist mit der Bedeutung, die der Vercoder hieraus interpretiert. Zudem verandert sich die Situation wahrend eines Beobachtungsprozesse bestandig; nicht registrierte Handlungen konnen nicht mehr wiederholt werden. Zuletzt zahit KOMREY die Schwierigkeit der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit als ein wesentliches Problem von Beobachtungen auf.^^®° Bei Abwagung der skizzierten Punkte zeigt jedoch insbesondere der zweite Punkt deutlich auf, warum eine Beobachtung nicht im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendet werden kann; da die untersuchten Netzwerke bereits bestehen, kann eine Beobachtung nicht verwendet werden, da die Phase der Initiierung und Etablierung abschlossen ist. Der Prozess der Initiierung und Etablierung kann demnach nicht mehr beobachtet werden. Gegenstand der Inhaltsanalyse ist die systematische Bearbeitung von Material aus Kommunikationen, wobei unter Material nicht ausschlieHlich Texte verstanden werden, sondern auch musikalisches, bildllches, plastlsches oder ahnliches Material hierunter subsummiert wird.^^^^ Wesentlich bei der Inhaltsanalyse ist, dass die Interpretation des Materials nicht ziel1175 1176
1177 1178 1179 1180 1181
Vgl.hierzuKapitel 3.2.1.1 Vgl. fijr die Analyse von Gesamtnetzwerken bspw. PAPPI (1987), S. 25 ff. sowie die dort zitlerte Literatur, sowie fur die Analyse von Teilgruppen in Netzwerken bspw. KAPPELHOFF (1987), 8. 39 ff., sowie ZiEGLER (1987), 8. 64 ff. Vgl. hierzu SCHNELL / HILL / ESSER (1992), 8. 325 ff., sowie die dort zitierten Quellen Vgl. 8CHNELL/HILL/ESSER (1992), 8. 394 Vgl. 8CHNELL/HILL/ESSER (1992), 8. 395 Vgl. KROMREY (2000), 8. 324 f. Vgl. MAYRING(1991), 8. 209
292
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
und regellos erfolgt, sondern sich an entsprechenden Regein orientiertJ^^^ Die Interpretation kann dabei nach einer formulierenden bzw. reflexiven einerseits und nach einer reflektierenden Interpretation andererseits unterschieden werden.^^^^ Unter Ersterer ist eine begrifflich (-theoretische) Explikation des Untersuchungsgegenstandes zu verstehen, unter Letzterer die Rekonstruktion des impliziten Wissens des Erforschten.^^^"^ Insbesondere durch die reflektierende Interpretation konnen latente Sinngehalte zum Gegenstand der Inhaltsanalyse gemacht werden. Erganzend hierzu zielt die moderne Inhaltsanalyse auch noch auf formale Aspekte des Materials ab.^^^^ Die Inhaltsanalyse ist ein Verfahren, welches einen wichtigen Beitrag fur die qualitative Forschung leistet und deswegen auch vielfach zum Einsatz kommt. Jedoch ist sie in der Regel ein Verfahren der Auswertungstechnik, weswegen sie meist mit Techniken der Datenerhebung und -aufbereitung komblniert wird.''^^^ Die Befragung spielt in der empirischen Sozialforschung in vielfaltigen Varianten eine Rolle^^^'' und ist zugleich immer noch die am haufigsten ven/vendete Methode der Datenerhebung.^^^^ Jedoch, auch wenn diese Methode inzwischen sehr weit entwickelt ist, bestehen bei dieser Methode erhebliche Probleme. Neben der Problematik der korrekten Interpretation einer Frage Ist die beobachtbare Reaktion auf eine Frage im Allgemeinen nicht berelts eine Auspragung eines interessierenden Merkmals, sondern nur ein Indikatorfur ihr Vorliegen.^''®^ Hieraus konnen Abweichungen bzw. fehlerhafte Auswertungen resultieren, wie FRIEDRICHS an einem Beispiel aufzeigt.^''^° Die Merkmale der einzelnen Verfahren abwagend findet Im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Methode der Befragung Anwendung. Hierzu stehen prinzipiell drei unterschiedliche Formen zur Verfugung, die sich nach dem Grad an Standardisierung unterscheiden lassen: die nicht standardlsierte, die tellstandardisierte sowie die vollstandardisierte Befragung. Alle Formen lassen sich zudem danach unterscheiden, ob sie mundlich oder schriftlich durchgefuhrt werden (siehe Abb. 102). Bei einer vollstandardisierten Befragung sind samtliche Fragen explizit vorformuliert, es ist festgelegt, in welcher Reihenfolge die Fragen zu stellen sind sowie, ob die Fragen offen oder geschlossen sind. Damit hat ein Interviewer keinerlei Freiheiten zur Gestaltung der Gesprache. Zumeist sind schriftliche Befragungen derartige vollstandardisierte Befragungen.^^^^ Dahingegen wird bei einer teilstandardisierten Befragung lediglich ein Fragebogengerust vorgegeben. Zumeist wird mit offenen Fragen gearbeitet, Sondierungsfragen sind zugelassen und dem Interviewer wird die Moglichkeit gegeben, die Befragungssltuation selber mitzugestalten. Der Umfang derartiger Befragungen kann dabel sehr unterschiedlich sein;
1183 1184
1185 1186 1187 1188 1189 1190 1191
LAMNEK weiftt in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Ausgestaltung derartiger Regein sehr unterschiedlich sein kann; so stellt er fest „Diese Regein konnen sehr einfach oder komplex, leicht oder schwer zu handhaben, eher theoretisch oder praktisch orientiert sein etc." (LAMNEK(1993a), S. 205). Vgl. BOHNSACK (1999), S. 149 Vgl. BoHNSACK (1999), S. 207, sowie LUHMANN (1990) Es sei angemerkt, dass sich BOHNSACK bei der Unterscheidung der Interpretationsarten von LuHMANNS Unterscheidung nach einer Kybernetik erster und zweiter Ordnung orientiert. Vgl. MAYRING (1991), S. 209 Vgl. MAYRING (1991), S. 213 Vgl. HOPF (1991), S. 177 Vgl. KROMREY (2000), S. 335 Vgl. KROMREY (2000), S. 336 Vgl. FRIEDRICHS (1982), S. 233 Vgl. hierzu und den folgenden Ausfuhrungen KROMREY (2000), S. 364 ff.
293
Die Empirie im Uberblick
wesentliche Abgrenzung zur standardisierten Befragung ist, dass es keine Antwortvorgaben gibt und die Befragten ihre Ansichten und Erfahrungen frei artikulieren konnen.^^^^
I iiiclit"«laiidaitlisieit;
„izzr Experteninterview \- Narratives situationsflexibles Interview ^ Gruppendiskussion
ischrMch^
I
informelle Umfrage bei Experten oder Zielgruppe
: tdH&lamlarcttsiert
mOndlfeh i |— Leitfadengesprach \- Intensivinterview Gruppeninterview
schrinnch^
I
Expertenoder Zielgruppenbefragung
mwrn^^Mm n X .JZ
'rAMiii'
- Einzelinterview -Gruppeninterview
i^Ntfiffiidh
|— postalische Befragung |—Verteilung und Abholung •— Befragung in der Gruppensituation
Kursiv: Im Rahmen der vorliegenden Arbeit angewendete Befragungsform
Abb. 102:
Formen der Befragung
Zuletzt wird bei einer nicht-standardisierten Befragung vollstandig auf einen Fragebogen verzichtet; es sind lediglich Stichworte oder Themen vorgegeben, auf die der Befragte ohne Vorgabe, ohne prazise Einzelfragen, Stellung nehmen kann. Im Rahmen der qualitativen Sozialforschung finden insbesondere teilstandardisierte Befragungen ihre Anwendung/^^"* da aufgrund der Komplexitat des Untersuchungsgegenstandes sowie der schwierigen Operationalisierbarkeit einzelner Aspekte des Untersuchungsgegenstands die vollstandardisierte Befragung nur innerhalb stark abgegrenzter Themenbereiche zielfuhrend ist^^^^ und z u m anderen die Gefahr einer fehlenden Vergleichbarkeit bei der Anwendung einer nicht-standardisierten Befragung besteht. Da das Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken eine sehr umfassende, komplexe und schwer zu operationalislerende Thematik darstellt, wie die bisherigen Ausfuhrungen gezeigt haben und zusatzlich die Ergebnisse nicht aufgrund fehlender Vergleichbarkeit einer absoluten Beliebigkeit unterliegen sollen, wurde die Empirie basierend auf einer teilstandardisierten Befragung durchgefuhrt. Teilstandardisierte Interviews existieren in den unterschiedlichsten AuspragungenJ^^^ Ohne auf die einzelnen Erhebungsmethoden vertiefend einzugehen, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit das problemzentrierte Interview eingesetzt, da es zum einen weitgehend offen ist, was fur die Beantwortung der Forschungsfragen aufgrund der hohen Komplexitat eine wesentliche Anforderung ist und ihm zum anderen in Abgrenzung z u m narrativen Interview bereits ein bestehendes wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt.^^^^ Als Uberblick sind in Tab. 15 die einzelnen Methoden noch einmal gegenubergestellt.
1193 1194
Vgl. HOPF (1991), S. 177 Vgl. KROMREY (2000), S. 365 Vgl. KROMREY (2000), S. 364
Vgl. hierzu BERGER (1980), S. 31-98 Fijr einen Uberblick vgl. bspw. HOPF (1991), S. 177 ff., LAMNEK (1993b), S. 68-92 im Allgemeinen, sowie S. 91 im Speziellen und S C H N E L L / H I L L / E S S E R (1992), S. 389 ff. Vgl. LAMNEK (1993b), S. 74 f.
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
294 1
MethodotoglscHe
Narratives Interview
Problemzentriertes Interview
Fokussiertes Interview
TIefenlnterview
Rezeptlves Interview
vollig
weitgehend
nur bedingt
kaum
vollig
Kommunikatlon
erzahlend
zielorientiert fragend
Leitfaden
fragend/ erzahlend
erzahlend/ beobachtend
Prozesshaftigkeit
gegeben
gegeben
nur bedingt
gegeben
gegeben
FlexibilitSt
hoch
relativ hoch
relativ gering
relativ hoch
hoch
Explikation
ja
ja
ja
ja
bedingt
Theoretische Voraussetzung
relativ ohne
Konzept vorhanden
weitgehendes Konzept
Konzept vorhanden
relativ ohne; nur Vorverstandnis
Hypothesen
Generierung
Generierung; Prijfung
eher Prufung; auch Generierung
eher Prufung; auch Generierung
Generierung; Prufung
gegeben
gegeben
Bedingt
bedingt
absolut
Offenheit
Perspektive der Befragung
Tab. 15:
Methodologischer Vergleich verschiedener Formen qualitativer Interviews^^®^
Das problemzentrierte Interview ist eine von WITZEL beschriebene Variants, die sich durch eine sehr lockere Bindung an einen knappen, der thematlschen Orientierung dienenden Leitfaden auszeichnet.^^^^ Damit soli einerseits dem Befragten sehr weitgehende Artlkulationschancen eingeraumt werden und durch die Verbindung mit einem Leitfaden ein Kompromiss aus einer fokussierten und narrativen Befragung erzeugt werden. Das problemzentrierte Interview durchlauft vier Phasen:''^°° 1. Zunachst wird der Problembereich der sozialen Wirklichkelt, welches Thema der Befragung ist, sowie die erzahlende Gesprachsstruktur festgelegt. 2. Im Rahmen der allgemeinen Sondierung wird durch eIn Erzahlbeispiel die narrative Phase des Befragten stimuliert. 3. Die spezifische Sondierung dient dazu, die Erzahlsequenzen und Darstellungsvarianten des Interviewpartners nachzuvollziehen. 4. Durch Ad-hoc-Fragen werden zuletzt direkte Fragen zu Themenbereichen gestellt, die vom Befragten noch nicht thematisiert wurden.
1199 1200
Vgl. LAMNEK (1993b), S. 91 Vgl. WITZEL (1982), S. 66 ff., sowie HOPF (1991), S. 178
Vgl. ausfiihrlicher LAMNEK (1993b), S. 75 f.
Die Empirie im Uberblick
295
Nach der Phase der Datenerhebung folgt die Phase der Datenanalyse. Hierzu konnen prinzipiell drei unterschiedliche Analyseformen extremtypisch gegenubergestellt werden; die quantitativ-statistische, die interpretativ-reduktive sowie die interpretativ-explikative Auswertung und Analyse.""^^^ Aufgrund des Vorliegens qualitativer Daten kann eine quantitativ-statistische Auswertung nicht zum Einsatz kommen, womit im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Wahl zwischen einer interpretativ-reduktiven und einer interpretativ-explikativen Auswertung und Analyse zu treffen ist.^'^' Die interpretativ-redul
1203
Vgl. LAMNEK (1993b), S. 110-124
1204
Vgl. LAMNEK (1993b), S. 108
Als wesentliche Analyseverfahren fur qualitative Daten sind die qualitative Inhaltsanalyse mit ihren Auspragungen der zusammenfassenden, der explizierenden sowie der strukturierenden Inhaltsanalyse, die Konversationsanalyse, Modelle psychoanalytischer Textinterpretationen, die objektive Hermeneutik, die Fotographie- und Filmanalyse, die Analyse der Korpersprache, die Gomputergestijtzte Auswertung qualitativer Daten sowie erganzend hierzu komplexe Methoden zu nennen (vgl. bspw. FLICK/KARDORFF/KEUPP/ROSENSTIEL/WOLFF (1991), S. 209-281). Vgl. bspw. KROMREY (2000), S. 300 f.
296
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
der Energiewirtschaft gegenubergestellt werden. Der Einsatz von Fallstudien eignet sich vor dem Hintergrund der wissenschaftstheoretischen Grundeinstellung des Verfassers gut, urn mit ihrer Hilfe einerseits zu versuchen, (deduktiv) abgeleitete Aussagen zu falsifizieren, andererseits jedoch auch kontextspezifische Aussagen generieren zu k6nnen.^^°^ Urn aus den einzelnen Fallstudien derartige Aussagen generieren zu konnen, wurde im Kern auf die methodologische Grundlinie der Grounded Theory^^°^ zuruckgegriffen, wobei explizit darauf hingewiesen sei, dass diese nicht als eine spezifische Methode und Technik aufgefasst wird, sondern STRAUSS folgend vielmehr als ein „Stil" Anwendung findet und dannit ein eigenes Vorgehen entwickelt wurdeJ^°^ In diesem Zusammenhang stellt LAMNEK fest Jhre Uberlegungen sollen erste Anregungen sein und konnen keine festen, endgultigen Prozeduren und Definitionen bieten. Der Wissenschaftler, der sich mit ihren Vorschlagen auseinandersetzt, soil dazu animiert werden, sein methodisches Vorgehen bei der Bildung von Theorien zu explizieren, selber einen Beitrag zu einer vertieften Diskussion der Moglichkeiten und Schritte der Theorieentwicklung zu leisten."^^^° Die Grounded Theory basiert nicht auf einem „Tabula rasa"-Ansatz, wie unterschiedliche Publikationen zu dieser Theorie suggerieren, sondern vielmehr konnen Literaturarbeit und eine Analyse mit einschlagigen Theorien und Untersuchungen vorausgehenJ^^^ Dieser Auffassung wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit gefolgt, wenn der entwickelte Bezugsrahmen des Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken als Ausgangspunkt fur die Generierung von kontextspezifischen Aussagen mit Hilfe der Grounded Theory dient. Damit werden die bestehenden Aussagen kontextspezifisch mit Hilfe dieser Theorie erweitert. In ihrer ursprunglichen Form sieht die Grounded Theory vor, die Untersuchungsobjekte zunachst derart auszuwahlen, dass minimale Kontraste zwischen den Objekten bestehen und erst im weiteren Verlauf der Untersuchung maximale Kontraste auszuwahlen.^^^^ Dieser Empfehlung wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gefolgt. Denn zunachst sollten die im Vorfeld vermuteten maximalen Kontraste gegenubergestellt werden (siehe Abb. 103), um zwischen diesen Objekten Gemeinsamkeiten und das erwartete Maximum an Differenzen zu identifizieren, um hierauf aufbauend insbesondere die Differenzen genauer analysieren zu konnen. Als Kriterium fur die Bestimmung der maximalen Kontraste wurde der Eingriff in die unternehmerische Selbstandigkeit ausgewahlt. Dies wird damit begrundet, dass ein hoher Eingriff die Abhangigkeit von einem Netzwerk und damit auch das Risiko fur das Unternehmen an der Teilnahme erhoht und deswegen die These aufgestellt wird, dass in einem hoheren Mafie Mechanismen zum Einsatz kommen, die das Risiko fur das Unternehmen verringern.
1208 1209 1210 1211
Vgl. hierzu auch KROMREY (2000), S. 507 KROMREY stellt hierbei fest, dass sich Fallstudien insbesondere dazu eignen, einen Gegenstand der sozialen Realitat aufzubereiten, um im Anschluss daran empirisch begrundbare Konzepte, Theorien Oder Hypothesen entwickein zu konnen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich der Verfasser der Problematik der fehlenden Objektivitat bei der Beschreibung und Interpretation der Fallstudien („Der Forscher mag Soziologe sein, er bleibt deshalb nicht weniger Mensch." FRIEDBERG (1995), S. 304) durchaus bewusst ist. Als Losungsansatz hierfur werden der Forderung von FRIEDMANN folgend im Rahmen der Fallstudien alle Beweise, Argumente, Beziehungen, Dokumente und andere Quellen gleich behandelt (vgl. FRIEDBERG (1995), S. 304 f.). Vgl. zur Grounded Theory GLASER / STRAUSS (1979) Vgl. STRAUSS (1991), S. 30 zitiert aus BREUER (1998), S. 17 LAMNEK (1993a), S. 111
Vgl. WIEDEMANN (1991), S. 442 sowie FISCHER (2001), S. 115 Vgl. WIEDEMANN (1991), S. 443
Die Empirie im Uberblick
297
So konnen derartige Mechanismen vertragliche Vereinbarungen, die Schaffung gegenseitiger Abiiangigkeiten oder der Aufbau von Vertrauen sein. Unabhangig davon, welcher dieser Mechanismen eingesetzt wird, hat dies deutliche Auswirkungen auf das Change Management zur Etablierung von Untemehmensnetzwerken, weswegen die Annahme der maximalen Kontraste gerechtfertigt scheint.
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hoch
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1) Wahrend der Interviews hat sich herausgestellt, dass parallel zu der Kooperation mit dem Regionalverteiler ein umfangreiches Netzwerk bedeutender Stadtwerke aufgebaut werden sollte, wobei die Stadtwerke sukzessive bereits wahrend der konzeptionellen Phase ausgetreten sind. Zuletzt waren noch zwei grode Stadtwerke Partner, die zwar bereits ein gemeinsames Joint Venture gegriindet hatten, dieses jedoch nicht die operative Arbeit aufgenommen hatte.
Abb. 103:
Fallstudienauswahl
In den Failstudien sollten keine subjektiven Interpretationen der Netzwerkentwicklung erhoben werden. Deswegen wurden in praktisch alien Failstudien mehrere Interviewpartner / mehrere Unternehmen befragt. Die Auswahl der Interviewpartner richtete sich dabei nach ihrer Funktion bei dem Aufbau des Netzwerkes. So wurden einerseits die Unternehmensleitung und Projektieitung, andererseits die Ebene der Teilprojektieiter und der durchfuhrenden Ebene befragt. Damit wurden sowohl Macht- als auch Fachsponsoren interviewt, wobei es sich gezeigt hatte, dass ausschlieflliche Machtsponsoren ebenso wenig anzutreffen waren wie reine Fachsponsoren; die Abgrenzung also eher analytischer Natur ist. Vielmehr waren tendenziell die Fuhrungsebenen mehr Machtsponsoren denn Fachsponsoren; bel den unteren Ebenen verhielt es sich diametral entgegengesetzt.^^^^ 5.1.2
Die analysierten Netzwerke inn Uberblick
Die analysierten Netzwerke unterscheiden sich in ihrer Charakteristik, in ihrer Zielsetzung und in den ubertragenen Netzwerkaufgaben. Auch haben sich die Zielsetzungen und damit auch die Netzwerkaufgaben innerhalb der einzelnen Netzwerke im Zeitablauf geandert. Tab. 16 und Tab. 17 geben einen Uberblick uber die einzelnen, im Rahmen der vorliegenden Arbeit analysierten, Netzwerke.
Diese Aussage mag banal erscheinen. Es hat sich jedoch bei einem Netzwerk gezeigt, dass der Geschaftsfuhrer des gegrundeten Joint Venture sowohl mit der bedeutenste Macht- als auch mit der bedeutenste Fachsponsor war.
298
Erfolgreiches C h a n g e M a n a g e m e n t v o n Regionalverteilern u n d S t a d t w e r k e n z u N e t z w e r k e n
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Die Empirie im Uberblick
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300
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
Wie sich zeigt, sind zwei grundverschiedene Auspragungen von Netzwerken analysiert worden. Zum einen vier Netzwerke, bei denen die einzelnen Partner auf der gleichen Wertschopfungsstufe stehen und zum anderen drei Netzwerke, bei denen ein Regionalverteiler mit Weiterverteilern innerhalb seines Netzgebiets kooperiert. Da die Weiterverteiler oftmals Kunden dieser Regionalverteiler sind, unterscheiden sich diese Netzwerke deutlich von denen auf einer Wertschopfungsstufe: -
Die Zielsetzung der kooperierenden Unternehmen ist grundverschieden. Wahrend die Regionalverteiler das Netzwerk als Kundenbindungsinstrument ansehen, urn die Weiterverteiler langfristig an sich zu binden, verfolgen die Weiterverteiler mit der Tellnahme am Netzwerk klassische Effizienzziele. Diese unterschiedlichen Zielsetzungen haben auch zur Folge, dass die Netzwerkgegenstande limitiert sind. Denn je umfangreicher Informationen von den Weiterverteilern preisgegeben werden und Tatigkeiten in das Netzwerk ausgelagert werden, desto abhangiger werden die Weiterverteiler von dem Netzwerk und verringern damit die Moglichkeit, Energie unabhangig vom Regionalverteiler zu beziehen. Die Bezlehung der Weiterverteiler zu den Regionalverteilern ist historisch bedingt oftmals vorbelastet. Denn zu der Zeit vor der Liberalisierung waren die Weiterverteiler aufgrund der Monopolstellung auf den Energiebezug von den Regionalverteilern angewiesen; ein Vertrieb und eine Kundenpflege wurde oftmals nur marginal durchgefuhrt. Das hatte zur Folge, dass ein Preisdiktat und keine Partnerschaft auf „gleicher Augenhdhe" vorlag. Diese Historie hat Auswirkungen auf den Aufbau eines Netzwerkes, da das Verhaltnis zu den Regionalverteilern oftmals durch ein tiefes Misstrauen gepragt war. Die Rahmenbedingungen der Regionalverteiler auf der einen Seite und der Weiterverteiler auf der anderen Seite sind grundverschieden. Wahrend erstere oftmals uber umfangreiche Ressourcen und Wissen verfugen, sind letztere deutlich limitiert. Dies hat deutliche Auswirkungen auf die Machtressourcen der einzelnen Partner; prinzipiell sind die Regionalverteiler der fokalen Netzwerkpartner, wenn sie nicht freiwillig auf Machtressourcen verzichten. Dieser Verzicht kann aus strategischen Grunden erfolgen, beispielsweise, um dadurch die Weiterverteiler an das Netzwerk zu binden.
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Auspragungen der analysierten Netzwerke^^^*
Aufgrund dieser Unterschiede differieren die Erkenntnisse zwischen den beiden Netzwerkauspragungen. Deswegen wird im Rahmen der Ableitung von Erkenntnissen fur das Change Vgl. hierzu auch Kapitel 3.4
Die Empirie im Uberblick
301
Management zur Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft aufgezeigt, inwieweit die getroffenen Aussagen fur beide Netzwerkauspragungen zutreffen oder nur eine tangieren. Zusammenfassend kann demnach festgestellt werden, dass sich die Analyse nicht auf eine einzelne Netzwerkauspragung fokussiert, sondern eine Vielzahl von Netzwerkkonfigurationen abdeckt (siehe Abb. 104). Wird die Entwickiung der einzelnen Netzwerke betrachtet, zeigt sich, dass sich die meisten Netzwerke evolutionar weiterentwickeln. Hierfur wurden drei Kooperationsstufen definiert, die sich hinsichtlich des Bindungsgrades unterscheiden:
-
-
1. Kooperationsstufe Die erste Kooperationsstufe ist ein Wissensnetzwerk, bei dem keine sensiblen Unternehmensdaten ausgetauscht werden. Die Teilnahme an dem Netzwerk kann deswegen als relativ unverbindlich angesehen werden, da ein Austritt aus dem Netzwerk keine oder nur geringe negative Auswirkungen derart hat, dass Informationen opportunistisch verwendet werden konnen. Beispielsweise sind allgemeine Fragestellungen der Energiewirtschaft Gegenstand derartiger Netzwerke. 2. Kooperationsstufe Die nachste Stufe stellt ein Netzwerk dar, bei dem die Netzwerkpartner sensible Unternehmensdaten untereinander austauschen. Hierdurch wird die Bindung der Partner deutlich erhoht, da die Gefahr eines Missbrauchs dieser Daten vorliegt. Ein typisches Beispiel fur einen derartigen Informationsaustausch ist ein Benchmarking zwischen den einzelnen Unternehmen. Es sei angemerkt, dass auch dieses Netzwerk ein Wissensnetzwerk im Verstandnis der vorliegenden Arbeit darstellt. 3. Kooperationsstufe Die letzte Stufe umfasst die Ubernahme operativer Tatigkelten der Wertschopfungskette durch das Netzwerk. Hierbei besteht entweder die Moglichkeit, dass fur diese Tatigkelten ein Unternehmen gegrundet wird (Joint Venture) oder dass die Tatigkelten durch ein Unternehmen fiir die ubrlgen Partner durchgefuhrt wird (strateglsche Alllanz). Auch wenn die Ausgestaltung der Tatigkelten grundverschleden sein kann und sich dadurch auch der Grad der Bindung der Unternehmen deutlich unterscheldet, binden sich die Unternehmen deutlich starker an das Netzwerk als bei den belden zuvor dargestellten Stufen.
Die einzelnen Stufen suggerleren, dass sle die evolutionare Entwickiung gemaH des interaktionsorlentlerten Netzwerkansatzes abbllden. Dies Ist jedoch nur bei einem Tell der Netzwerke zutreffend, da die hohen Anfangslnvestitlonen einzelner Unternehmen in das Netzwerk, wie es dieser Ansatz voraussetzt, nur zum Tell zu beobachten sind. Unabhangig davon zeigt sich jedoch, dass sich die meisten Netzwerke evolutionare welterentwickelten und damit Im Zeltablauf die Bindung der Unternehmen anelnander erhoht wurde (siehe Abb. 105). Die Analyse der Failstudlen ermogiicht demnach sowohl Aussagen daruber, wie ein Netzwerk initiiert wird als auch daruber, wie es etabllert wird (siehe hierzu auch Abb. 81, Seite 229). Zuletzt lassen sich aus zwel Netzwerken auch Erkenntnisse ablelten, warum diese scheltern konnen. Denn In der Fallstudle 6a wurde der Ausbau eines Netzwerkes anvlsiert, was jedoch nicht umgesetzt werden konnte, In der Fallstudle 6b sollte ein uberregionales Netzwerk aus grofien Stadtwerken aufgebaut werden, was jedoch auch nicht umgesetzt werden konnte.
302
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken Bindungsgrad
® Erarbeitung infiaftljcber Themen ohne Preis^be seni^bter Unternehmensdaten 1. Kooperationsstufe
® 2. Kooperationsstufe
3. Kooperationsstufe
Anzahl der Netzwerke je Kooperationsstufe bei Netzwerkgrundung
Anzahl der Netzwerke je Kooperationsstufe zum Betrachtungszeitpunkt
Abb. 105:
Verteilung der Aufgabenschwerpunkte der analysierten Netzwerke zum Zeitpunkt der Grijndung und zum Betrachtungszeitpunkt
In den folgenden Ausfuhrungen werden Empfehlungen fur die Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft ausgearbeitet. Unn die Herkunft der Aussagen transparent offen zulegen, wird Bezug auf die Fallstudien genommen; dies wird mit (7) bis (6b) gekennzeichnet, wobei die Nummerierung sich auf die Tab. 16 und Tab. 17 (Seiten 298 f.) beziehen. Bei mehreren Fallstudien wird dies durch eine Aufzahlung gekennzeichnet. 5.2
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
In den folgenden Ausfuhrungen werden Empfehlungen fur das Change Management von Energieversorgungsunternehmen zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken in der Energiewirtschaft erarbeitet. Dm diese erarbeiten zu konnen, werden die Fallstudien in einem zweistufigen Verfahren ausgewertet. Zunachst werden die Ergebnisse der Hypothesenuberprufung und -weiterentwicklung im Rahmen der Emplrle diskutiert; eine derartige Diskussion ist notwendig, da die qualitativen Fallstudien aufgrund ihrer Komplexitat einer Interpretation bedurfen. Neben der Diskussion von Erfoigs- und Misserfolgsfaktoren werden im Rahmen der Auswertung der Empirie noch weitere Aspekte diskutiert, die jedoch keine unmittelbaren Erfolgsoder Misserfolgsfaktoren darstellen, trotz allem fur die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit von Relevanz sind. Wenn beispielsweise dargestellt wird, wie die Netzwerke ein
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
303
Regulierungsmanagement aufgestellt haben, wird eine mogliche Soll-Konfiguration eines Netzwerkes aufgezeigt (Forschungsfrage 1), die sich als eine in der betrieblichen Praxis umsetzbare Ldsung herausgestellt hat, ohne dadurch jedoch einen Absolutheitsanspruch zu erfullen. Beide Stufen basieren auf Aussagen, die in den Failstudien getroffen wurden, wobei sie sich dahingehend unterscheiden, ob sie in alien Failstudien oder lediglich vereinzelt getroffen wurden. Hierauf wird bei den folgenden Ausfuhrungen zwar hingewiesen, eine Gewichtung der Aussagen wird jedoch nicht vorgenommen. Denn dies konnte zu fehlerhaften Ruckschlussen fuhren. So kann aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Netzwerke durchaus der Fall auftreten, dass ein Aspekt zwar nur in einer Fallstudie diskutiert wird, dieser jedoch fur zukunftige Netzwerke von hoher Relevanz ist."*^^^ Somit kann aus einer Aussage, die in einer Vielzahl von Failstudien getroffen wurde, eher geschlossen werden, dass diese Aussage strukturinvariant ist. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass teilweise die Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktoren mit den Ausfuhrungen in den Kapitein 2.3 und 3.6 korrespondieren. Urn Wiederholungen zu vermeiden, wird dann von einer erneuten Diskussion abgesehen. 5.2.1
Handlungsempfehlungen auf Netzwerkebene
Wie dargestellt worden ist, sind bei der Erarbeitung von Empfehlungen zwei Auspragungen von Netzwerken zu berucksichtigen, die Ausgliederung eines Wissensnetzwerkes und die Ausgliederung eines Netzwerkes zur Durchfuhrung operativer Tatigkeiten in den Wertschopfungsstufen Netz oder Service. Wahrend der ersten Auspragung vier Failstudien {1, 2, 3, 4) zuordenbar sind, lassen sich fur die zweite Auspragung fiir das Netz die Failstudien (5 und teilweise 3) und fur den Bereich Service die Failstudien {6a, 6b und teilweise 3) heranziehen. Diese Failstudien decken jedoch jeweils nur einen Teil der moglichen Auspragungen derartiger Netzwerke ab; weder die Ausgliederung eines umfangreichen Netz- noch die Ausgliederung eines Servicenetzwerkes werden beschrieben. Hintergrund hierfur ist die Problematik, dass sich derartige Netzwerke bisher ann Markt noch nicht etabliert haben. Die unnfangreichen Publikationen, die derartige Netzwerke empfehlen,^^^® lassen jedoch vermuten, dass der Grund hierfur darin zu suchen ist, dass die Neufassung des EnWG erst im Juli 2005 verabschiedet wurde, wesentliche Anforderungen erst im Juli 2007 verpfllchtend werden und deswegen weder der Handlungsdruck vorliegt noch ausreichend Zeit vorhanden war, derartige umfangreiche Netzwerke fur den Netz- oder Servicebereich zu etablieren. Um nun trotz allem Aussagen zum Change Management derartiger Netzwerke treffen zu konnen, werden im Folgenden die Erkenntnisse aus den Failstudien auf die Ausfuhrungen zur Energiewirtschaft projiziert und so Prognosen fiir die zukunftige Ausgestaltung eines Change Managements abgeleitet.
So wurde beispielsweise nur in einer Fallstudie (1) festgestellt, dass unterschiedliche ITStrukturen mit ein wesentllcher Grund war, dass eine weitere Vertiefung der Kooperation nicht moglich war. Auch wenn dieser Aspekt nur limitierend fur eine Kooperation war, lasst sich nicht folgern, dass die fehlende oder kostenintensive Harmonisierbarkeit einer IT-Struktur kein wesentllcher Grund sein kann, dass Kooperationen scheitern. Siehe Fuflnote 1165 (Seite 287)
304
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
5.2.1.1
Die Ergebnisse der Erfoigs- und Misserfolgsfaktorenerhebung auf Netzwerkebene
Im Rahmen der Empirie konnten die als Ausgangshypothese formulierten Erfolgsfaktoren nur teilweise bestatigt werden (siehe Tab. 18). Zudenn wurden erganzend neue Erfolgsfaktoren identifiziert, die jedoch nur aufgefuhrt werden, wenn sie in mindestens zwei Fallstudien identifiziert wurden.
Cliaiig# Management
EifolgslaMor Actafh tlOil
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3
kursiv: Erfolgsfaktor konnte durch die Empirie nicht bestatigt werden. Tab. 18:
Das Ergebnis der Erfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Netzwerkebene
Bel der Betrachtung der Erfolgsfaktoren ist auffallig, dass funf der sechs Faktoren, die durch die Ennpirie bestatigt werden konnten, die Integration-Funktion tangieren.^^^^ Hieraus wird die Maximal sechs Nennungen moglich, da die Erfolgsfaktoren in den Fallstudien {6a) und {6b) gemeinsam erhoben wurden. Es sei angemerkt, dass die Regionalitat nur in zwei Fallstudien als Erfolgsfaktor explizit genannt wurde; die anderen Fallstudien haben haben diese als Grundvoraussetzung genannt. So wurde in der Fallstudie (6) die besondere Relevanz dieser Funktion explizit hervorgehoben.
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
305
Relevanz der Funktion zwar deutlich, jedoch ist andererseits der Ruckschluss nicht zulassig, dass die ubrigen Dimensionen des Change Managements zu vernachlassigen sind. Denn ein Erfolgsfaktor, der nicht aufgefuhrt wurde, ist nicht zwangslaufig irrelevant. So wurde beispieisweise der Faktor Verfugbarkeit an Ressourcen nicht als Erfolgsfaktor aufgefuhrt. Eine mdgliche Erklarung hierfur kann jedoch sein, dass aile untersuchten Netzwerke aufgrund der hohen Bedeutung entweder direkt auf der Ebene der Geschaftsfuhrer oder Vorstande geleitet wurden, oder inn hohen Ausmafi durch die oberste Fuhrungsebene unterstutzt wurden und aufgrund dessen ein Ressourcenmangel nicht auftrat; die Verfugbarkeit an Ressourcen damit auch nicht als wesentiich fur den Erfolg eines Netzwerkes angesehen wurde. a) Das Vertrauen Auch im Rahmen der Empirie wurde das Vertrauen als der wesentliche Erfolgsfaktor fur den Aufbau eines Netzwerkes identifiziert (1, 2, 3, 4, 5, 6a, 6b). Mit zunehnnender Bedeutung der Aufgaben, die an das Netzwerk ubertragen werden, ist auch ein zunehmendes Ausmafi an Vertrauen in das Netzwerk notwendig. Diese generische Aussage stellt jedoch noch keinen Erkenntnisgewinn dar. Ein wesentliches Spezifikum der Energiewirtschaft ist die Reihenfolge zwischen Vertrauensaufbau und der Ubertragung von Aufgaben an das Netzwerk, sowie ein Mangel an Grundvertrauen. Dies sei anhand der Abb. 106 diskutiert. AusmaR der Bedeutungy der an das Netzwerk ubertragenen Aufgaben
Anvisierter Netzwerkgegenstand G2 zum Zeitpunkt t+1 Netzwerkgegenstand G^ zum Zeitpunkt t
Grundvertrauen in ein Netzwerk
Mindestver- Mindestvertrauen trauen fur G, fur G2
Ausmaft an Vertrauen in das Netzwerk
(Y) Schritt 1: Vertrauensaufbau fur neue Aufgaben (2) Scliritt 2: Ubertragung neuer Aufgaben in das Netzwerk
Abb. 106:
Vertrauenskonforme und -inkonforme Netzwerkgegenstande
Als Voraussetzung fur die Etablierung eines Netzwerkes ist ein Grundvertrauen notwendig. Dieses Grundvertrauen stellt einen Vertrauensvorschuss dar, bei dem der potenzielle Netzwerkteilnehmer darauf vertraut, dass seine Anfangsinvestition in das Netzwerk (Teilnahme an Netzwerksltzungen, ggf. Aufnahmegebuhren etc.) prinzipiell lohnend ist. Denn jede Netzwerkarbeit benotigt ein gewisses Ausmad an Ressourcen, ohne dass unmittelbar ein Netzwerknutzen generiert wird. Dieses Grundvertrauen ist jedoch aufgrund der Historie bei Netzwerken zwischen Regionalverteilern und den Weiterverteilern im Netzgebiet der Regionalverteiler nicht immer gegeben. Dies wurde bei alien Falistudien festgestellt, bei denen Regionalverteiler mit Weiterverteilern kooperieren (2, 3, 4). Denn vor der Liberalisierung des Energiemarktes konnten die Weiterverteiler Ihren Stromhandler nicht frei auswahlen, sondern waren auf die vorgelagerte Netzstufe angewiesen. Dies hatte zur Folge, dass
306
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
die Weiterverteiler oftmals nicht als Kunden oder gleichberechtigte Partner behandelt wurden, sondern Verhandlungen eher einem Preisdiktat glichen. Diese negativen Erfahrungen haben nun zur Folge, dass Weiterverteiler, die nach der Liberalisierung als Netzwerkpartner gewonnen werden soHen, oftmals aufierst zuriickhaltend auf die Offerte reagieren (2, 3, 4). Relativierend ist diese Aussage jedoch auf die Weiterverteiler einzuschranken, bei denen die Regionalverteiler oder deren Konzernmutter noch keine Anteilseigner geworden sind. Im Verstandnis der konstltuierenden Merkmale von Vertrauen kann dieses fehlende Grundvertrauen jedoch nicht mit enttauschtem Vertrauen gleichgesetzt werden, da die Regionalverteiler zu der damaligen Zeit konsistent gehandelt haben. Vielmehr ist das fehlende Grundvertrauen als negative Erwartung an die zukunftigen Handlungen des Regionalverteilers aufgrund fehlender Loyalitat zu bewerten.''^^° Diese Grundeinstellung zu revidieren, hat sich als ein langwieriger Prozess herausgestellt, bei dem sich die Auswahl des Ansprechpartners fur die Weiterverteiler als wesentlich herausgestellt hat (2, 3, 4). Bei der Auswahl dieser Ansprechpartner unterscheiden sich die Netzwerk nicht in Hinsicht auf das zugrunde liegenden Prinzip. Alle drei Regionalverteiler waren bestrebt, mit der Liberalisierung historisch unbelastete Mitarbeiter einzusetzen, wobei sich die Auswahl dieser Mitarbeiter unterschied: -
Einsatz branchenfremder Ansprechpartner (2) Einsatz eines branchenfremden Geschaftsfuhrers, der exklusiv die Betreuung der Weiterverteiler durchfuhrt (3) Unternehmensinterne Auswahl historisch unbelasteter Mitarbeiter und Erganzung durch neue Mitarbeiter (4)
Die Maftnahmen zum Aufbau von Vertrauen haben sich wiederum bei alien drei Netzwerken geahnelt; es soilten insbesondere Integritat, Loyalitat und Offenheit bewiesen werden. So wurden aktiv die betroffenen Weiterverteiler angesprochen, die historischen Beziehungen im Gesprach aufgearbeitet sowie Erwartungen und Anforderungen fur die zukunftige Zusammenarbeit erarbeitet (2, 3, 4). Alle drei Regionalverteiler haben in diesem Zusammenhang einen Fokus darauf gelegt, dass zeitnah erste Erfolge aus dem Dialog resultierten (2, 3, 4). Zudem wurde teilwelse den Weiterverteilern bewusst ein Vertrauensvorschuss gewahrt, indem ihnen sensible Informationen anvertraut wurden (2, 4). Durch diesen Vertrauensvorschuss wurden die Weiterverteiler dadurch animiert, im Gegenzug auch Vertrauen zu schenken. Auch wenn im Rahmen der empirischen Untersuchung nicht eruiert werden konnte,^^^^ ob von den Weiterverteilern bewusst eine Tit-for-Tat-Strategie gewahit wurde, korrespondiert dieser zuvor beschriebene Ansatz mit dem beobachteten Verhalten einer VIelzahl der betroffenen Weiterverteiler; die Gewahrung eines Vertrauensvorschusses hat sich als geeignete Methode zum Aufbau von Vertrauen herausgestellt.
1220
^^^^
Vgl. hierzu die konstltuierenden Merkmale von Vertrauen, Seite 67 Befragte Weiterverteiler konnten ex post nicht beurteilen, ob sie bewusst durch den Vertrauensvorschuss ihrerseits mit einem vertrauensvollen Handein reagiert haben, oder ob dies unbewusst erfolgte.
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
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Die Historie zwischen Regionalverteilern und Weiterverteilern fuhrt zusatzlich dazu, dass in den meisten Fallen erst der Schritt des Vertrauensaufbaus (Schritt 1 in Abb. 106) durchzufuhren ist, bevor zusatzliche Aufgaben in das Netzwerk ausgelagert werden konnen (Schritt 2 in Abb. 106). Urn im ersten Schritt das Vertrauen als wesentlichen Erfolgsfaktor zwischen den Partnern zu verstarken, wurden in den Fallstudien unterschiedliche Mafinahmen aufgezeigt: Vertrauensverstarkung durch Erhohung der personlichen Bindung (1, 2, 3, 4, 5, 6a, 6b) In alien Fallstudien wurde festgestellt, dass der personliche Kontakt wesentlich fur den Auf- und Ausbau von Vertrauen ist. Der regelmaflige Austausch, auch aufterhalb der unmitteibaren Geschaftsbeziehung, wurde als Grundvoraussetzung fur den Aufbau eines Vertrauensverhaltnisses genannt. So wurden beispielsweise genneinsame Freizeit- Oder Abendveranstaltungen als elementar fur den Vertrauensaufbau angesehen (1, 2, 3, 4, 5, 6a, 6b). Die Relevanz derartiger Veranstaltungen wurde in einer Fallstudie sogar so hoch eingeschatzt, dass sie inn Rahmen der regelmafiigen Treffen der Geschaftsfuhrer der kooperierenden Unternehmen fur wichtiger als die Veranstaltungen des Tagesprogramms angesehen wurden (3). Die vertrauensverstarkende Wirkung dieser personlichen Kontakte ist durch die konstituierenden Merkmale von Vertrauen zu erklaren. Die bessere Kenntnis des Partners eriaubt einerseits eine bessere Prognose der zukunftigen Handlungen des Partners, was das Risiko eines Vertrauensbruchs reduziert. Andererseits wird hierdurch die Loyalitat des Netzwerkpartners erhoht; hieraus resultiert eine Verstarkung der Achtung der Interessen anderer. Vertrauensverstarkung durch Integritat und nutzenstiftende Loyalitat (2, 3, 4) Diese Malinahme findet bei den Netzwerken Anwendung, bei der ein Regionalverteiier mit Weiterverteilern in seinem Netzgebiet kooperiert. Auch wenn bei derartigen Netzwerken oftmals eine paritatische Machtverteilung vorliegt, haben die Regionalverteiler aufgrund ihres Wissens, verfugbarer Ressourcen und die Obernahme einer Moderatorrolle die Moglichkeit, Themen zu fordern Oder die inhaltliche Erarbeitung zu beeinflussen. Indem sie sich nun Fragestellungen und Probiemen von Weiterverteilern, die im personlichen Dialog geaudert wurden, derart annehmen, dass sie die Information nicht opportunistisch verwenden, sondern auf Losungen zugunsten der Weiterverteiler hinarbeiten, beweisen sie ihre Integritat und fur den Weiterverteiler nutzenstiftende Loyalitat. Vertrauensverstarkung durch Kompetenz (2, 3, 6a) Mit der Auslagerung von Aufgaben in ein Netzwerk unterliegt die Durchfuhrung dieser Aufgaben nicht mehr der kompletten Kontrolle der einzelnen Unternehmen. Unabhangig von der Gefahr opportunistischen Handelns bedarf es eines Vertrauens in die kompetente Bearbeitung dieser Aufgaben. Werden die Strukturen der Netzwerke, die diesen Aspekt genannt haben, betrachtet,^^^^ wird deutllch, dass er lediglich bei fokalen Netzwerken und bei Netzwerken, bei denen der Weiterverteiler keinen direkten Einfluss mehr auf das Netzwerkhandein hat, genannt wurde. Hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass der Faktor der Kompetenz relevanter wird, wenn die Moglichkeiten der direkten Einflussnahme sinkt. Es zeigt sich anhand dieser Maftnahme, dass nicht nur die In der Principal Agent Theorie (siehe Kapitel 3.2.2.3) beschriebene Problematik der Informationsasymmetrie bei einer derartigen Konstellation besteht, sondern das spezifische Wissen eines Kooperationspartners vielmehr auch vertrauensverstarkend sein kann. Vertrauensverstarkung durch eine legale Komponente (5, 6a) Bei einer zunehmenden Auslagerung von Aufgaben in ein Netzwerk steigen die negativen Auswirkungen eines Vertrauensbruchs. Insbesondere wenn hiervon operative 1222
Vgl. Fufinote 1248 (Seite 320)
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Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken Prozesse betroffen sind, die zeitnah durchgefuhrt werden mussen (bspw. Abrechnungsprozesse, Prozesse des Forderungsmanagements oder Kundenbetreuungsprozesse) oder Prozesse, bei denen Entscheidungen langfristig bedeutende Auswirkungen haben (bspw. strategisches Asset Management), gewinnt die legale Komponente an Relevanz. Durch den Einsatz dieser Komponente wird ein vorhandenes Systemvertrauen zur Vertrauensverstarkung eingesetzt. Die Fallstudie (5) zeigt, dass durch eine legale Komponente auch langfristige Entwicklungen verankert werden konnen. Um zu vermelden, dass ein Regionalverteiler einen Weiterverteiler ubernlmmt und dadurch Zugriff auf das DSO-Netzwerk erhalt, ist explizit verankert worden, dass in diesem Fall der Weiterverteiler aus dem Netzwerk ausgeschlossen wird. Vertrauensverstarkung durch eine offene Kommunikation (5) Die offene Kommunikation verbunden mit der Darlegung der Motivation des Unternehmens fur den Aufbau eines Netzwerkes hat in der Fallstudie (5) erfolgreich dazu gefuhrt, dass Misstrauen gegen die Ausgrundung eines gemeinsamen DSO abgebaut wurde. Durch die offene Kommunikation der langfristigen Ziele wurden die zukunftigen Handlungen des Netzwerkpartners abschatzbarer, Ungewissheit wurde abgebaut. Vertrauensverstarkung durch restriktive Mitgliederauswahl (1) Wenn bei der Mitgliederauswahl neben strategischen und wirtschaftlichen Kriterien als wesentliches Ausschlusskriterlum die Einschatzung der Vertrauenswurdigkeit eines potenziellen Netzwerkpartners sowie der personlichen Affinitaten festgelegt ist, liegen zwar einerseits restriktive Kriterien fur die Mitgliederauswahl vor, andererseits wird hierdurch jedoch auch sichergestellt, dass ein hohes Mad an Grundvertrauen bereits zu Beginn vorliegt. Zudem wird die Abgrenzung der Gruppe nach auflen verstarkt, was eine erhohte Gruppenkohasion zur Folge hat.^^^^ Hierdurch wird insbesondere die Loyalitat als vertrauensverstarkende Dimension positiv tangiert.
Es hat sich demnach gezeigt, dass eine Vielzahl von vertrauensverstarkenden Maflnahmen in den untersuchten Netzwerken Anwendung findet. Alle aufgefuhrten Maftnahmen lassen sich dabei jedoch entweder in die dargestellten Dimensionen zum Aufbau eines Vertrauens einordnen,^^^"^ oder sie bedienen sich einem Systemvertrauen, um hierdurch ein individuelles Vertrauen aufzubauen. Als Empfehlung kann festgehalten werden, dass zumindest der Aufbau von personlichen Bindungen anzustreben ist; die ubrigen Maflnahmen sind situativ anzupassen. Dabei hat sich bei der Empirie bestatigt, dass diese Mafinahmen im Wesentlichen die Integritat, die Loyalitat und die Kompetenz betreffen sollten. Diese Mafinahmen sind jedoch nicht zuletzt auch aus dem Grund relevant, da, wie dargestellt, zumeist kein Vertrauensvorschuss gewahrt wird, woraus die in Abb. 106 (Seite 305) dargestellte Reihenfolge „erst Vertrauensaufbau, dann Auslagerung weiterer Netzwerkaufgaben" resultiert {1, 2, 3, 4, 5, 6a). Diese Abfolge kann beispielhaft anhand der Fallstudie {6a) dargestellt werden. Hierbei war geplant, dass im Rahmen eines gemeinsames Joint Venture zur Abrechnung und Kundenbetreuung sensible Daten von Sondervertragskunden gemeinsam verwaltet und verarbeitet werden. Die Kooperationspartner waren trotz der wirtschaftlichen Vortellhaftigkeit zu einer derartigen Zusammenlegung erst bereit, nachdem durch eine erfolgreiche erste Stufe der Kooperation das notwendige Vertrauensverhaltnis geschaffen wurde. Aus den Ausfuhrungen wird deutlich, dass das Change Management einen wesentlichen Fokus auf den Auf- und Ausbau von Vertrauen legen sollte. Dies ist jedoch nicht kurzfristig durchfuhrbar, sondern bedarf oftmals eines langwierigen Prozesses. So wurde beispielswei^^^^ Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.4 ^^^"^ Vgl. hierzu die konstituierenden Merkmale von Vertrauen (Seite 67)
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Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
se im Netzwerk (3) die Dauer fur den Aufbau in der Retroperspektive auf 1 bis 1 !4 Jahre geschatzt. Auch wenn sich diese Schatzung nur auf ein Netzwerk bezieht und aufgrund der unterschiedlichsten Einflussfaktoren kritisch hinterfragt werden kann, zeigt sich dennoch, dass die Durchfuhrung operativer Arbeit im Netzwerk erst deutlich zeitversetzt zunn Vertrauensaufbau erfolgen kann. Dieser Aspekt ist dannit aucii im Ciiange Management-Prozess abzubilden, so dass der in Abb. 81 (Seite 229) dargestellte Prozess anzupassen ist. Wie aus Abb. 107 ersichtlich wird, ist ein weiterer Schritt „Vertrauensaufbau" eingefugt worden.
Planung des Wandeis
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= c? Wandel 2. Ordnung I. Phase der Netzwerkinitiierung Abb. 107:
Modlflzierung des prozessualen Vorgehens des evolutionaren Netzwerkmodells^^^^
Der Vertrauensaufbau wird ausgelost, wenn das initiierende Unternehmen potenzielle Netzwerkpartner identifiziert hat. Korrespondierend zu den vorherigen Ausfuhrung wird das kooperierende Unternehmen nach der Identifizierung nicht unmittelbar den Prozessschritt der Positionsbestimmung und Zielsetzung durchlaufen, sondern erst, wenn durch den Prozessschritt des Vertrauensaufbaus ein Grundvertrauen in das Netzwerk (siehe Abb. 106, Seite 305) geschaffen wurde. Der Vertrauensaufbau ist jedoch aus zwei Grunden eine laufende Aufgabe des Change iVIanagements und somit nicht abgeschlossen, wenn Unternehmen dem Netzwerk beigetreten sind:
Die Darstellung ist ein Ausschnitt aus dem prozessualen Vorgehen des evolutionaren Netzwerkmodells (siehe Abb. 81, Seite 229).
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
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Wie aus den vorherigen Ausfuhrungen deutlich wurde, ist Vertrauen auch an eine Kommunikation gebunden. Bezuglich dieser Konnnnunikation hat sich jedoch gezeigt, dass im Zeitablauf Probleme auftreten, wenn der Kontakt nicht gepflegt wird; dies hatte auch einen Vertrauensverlust zur Folge.^^^® Eine evolutionare Netzwerkentwicklung bedingt auch, dass sich das Vertrauensverhaltnis zwischen den Partnern sukzessive verbessert. Hierzu sind die Dimensionen, die mit dem Vertrauensaufbau positiv korreiiert sind, weiterhin zu beachten.
Zusammengefasst kann somit festgestellt werden, dass der Vertrauensaufbau und der laufende -ausbau eine der wesentlichen Aufgaben des Change Managements auf Netzwerkebene darstellt. b) Das Beziehungsmanagement Das Beziehungsmanagement wird durch eine engere Zusamnnenarbeit (eine gemeinsame Durchfuhrung von Prozessen und einem Mitarbeiteraustausch), eine hohere Transparenz durch die Offenlegung von Kosten verbunden mit einem Informationsaustausch sowie eine Effizienzsteigerung des Netzwerkes durch eine Prozessharmonisierung beschriebenJ^^^ Diese Bestandteile werden mit Ausnahme des IViitarbeitertausches in unterschiedlichen Auspragungen in den analysierten Netzwerken praktiziert (1, 2, 3, 4, 5). So wurde beispielsweise eine fruhzeitige Prozessharmonisierung als Erfolgsfaktor hervorgehoben, da dadurch Benchmarkingergebnisse transparenter wurden. Hierdurch konnten Ineffizienzen innerhalb der Unternehmen besser identifiziert werden (1). i
Der faktenortentierte Stratege
^ Extrovertiert
Der Vision§r
^Auf«:iaben""bezi3gen
Perso nen-^ bezc>gen
Der genaue Planer
Der mitarbeiterbezogene Lenker
^r Intro vertiert Abb. 108:
DISG-Schema zur Klassifizierung von Netzwerkpartnern
Das Beziehungsmanagement wurde bis auf die Fallstudien {6a und 6b) in alien Fallstudien als wesentlicher Erfolgsfaktor hervorgehoben. Jedoch unterschied sich der Grad der Strukturierung des Beziehungsmanagements deutlich. Wahrend praktisch alle Netzwerke hierunter Malinahmen im Kontakt mit den Netzwerkpartnern verstanden, wird in der FallstuVgl. hierzu auch Kapitel 3.6.1.3 Vgl.Kapitel 3.6.1.1 Das DISG (Dominant, Initiativ, Stetig, Gewissenhaft)-Schema ist ein Modell, dass von GEIER aufbauend auf den Erkenntnissen von MARTSON entwickelt wurde (vgl o.V. (2006)).
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die (4) die Betreuung der Netzwerkpartner basierend auf Erkenntnissen des Beziehungsnnanagements organisiert. Deren Zuordnung orientiert sich demnach nicht nach geographischen Oder hierarchisciien Kriterien, sondern basiert auf psychologisciien Uberlegungen. So ordnet es die Persdnlichkeitsstrukturen der Netzwerkpartner in ein Vier-Quadranten-Schema ein. Dieses biidet sich aus den beiden Achsen „aufgabenbezogen" versus „personenbezogen" und Jntrovertiert" versus „extrovertiert" (siehe Abb. 108). Die Auswahi der eigenen Ansprechpartner erfolgt derart, dass der Ansprechpartner des Netzwerkpartners und der eigene IVIitarbeiter in demselben Quadranten eingeordnet sind. Dieses Modell baut auf der Erfahrung auf, dass Akteure, die einem Quadranten zugeordnet sind, zumeist effizienter und erfolgreicher kommunizieren, da sie sich von ihrer Personiichkeitsstruktur her ahneln. Diese These scheint sich zwar durch die Erfahrungen des Netzwerkes (4) zu bestatigen, da diese jedoch auf eine einzelne Fallstudie aufbaut, ist sie kritisch zu hinterfragen. So konnte beispielsweise bereits kommunikationsfordernd gewesen sein, dass der Personlichkeitsstruktur des Partners Beachtung geschenkt wurde. Das Beziehungsmanagement steht in einem engen Zusammenhang mit dem Vertrauensaufbau. Es stellt damit einen wesentlichen Faktor fur ein erfolgreiches Change IVIanagement insbesondere vor dem Hintergrund der belasteten historischen Beziehungen zwischen Regional- und Weiterverteilern dar. Im Gegensatz zu den allgemeinen Ausfuhrungen in den Kapitein 3.6.1.1 und 3.6.1.3 steht hierbel jedoch nicht die Effizienzsteigerung im Fokus, sondern vielmehr der Vertrauensauf- und -ausbau. c) Die Kommunikation Die Ausfuhrungen zur Kommunikation entsprechen im Wesentlichen den Ausfuhrungen aus Kapitel 3.6.1.3. Erganzend hierzu wurde jedoch noch in der Fallstudie (1) angemerkt, dass insbesondere die zielorientierte Gesprachskultur bei der Kommunikation wesentlich ist. Dies wurde dadurch begrundet, dass aufgrund der zusatzlichen Anforderungen, die aus der Neufassung des EnWG resultieren, die zeitlichen Ressourcen der Mitarbeiter deutlich begrenzt sind und die Bereitschaft zur Netzwerkarbeit deswegen auch davon abhangt, wie zielfiJhrend diese ist. d) Motivation der Entsctieidungstrager und der liandelnden Al
Es wurde bei alien Fallstudien, bei denen Regionalverteiier mit Weiterverteilern in ihrem Netzwerk kooperieren (2, 3, 4), festgestellt, dass die Motivation der Weiterverteiler zur Mitarbeit Oder zum Ausbau des Netzwerkes oftmals sehr gering ist. Dagegen wurde die Motivation der Mitarbeiter und Fuhrungskrafte, die im Rahmen der Projektorganisation direkt in den Netzwerkaufbau eingebunden sind, als hoch eingeschatzt. Dies entspricht damit den vorherigen Ausfuhrungen, bei denen festgestellt wurde, dass eine Einbeziehung von Betroffenen motivationssteigernd ist. Um die Motivation zu steigern, wird einerseits der Netzwerknutzen deutlich hervorgehoben, was beispielsweise durch schnelle Netzwerkerfolge (1) erreicht wurde, andererseits werden die Mitarbeiter auch dadurch motiviert, dass sie durch die Mitarbeit im Netzwerk die Moglichkeit erhalten, sich zu profilieren und dadurch ihre Entwicklungsmoglichkeiten Innerhalb der Unternehmen verbessert werden (4).
Fur das Change Management lasst sich demnach ableiten, dass bei der Auswahi von Projektmitarbeitern wesentliche Macht- und Fachsponsoren direkt einzubinden sind, um sie fur den Aufbau des Netzwerkes zu motivieren.
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Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
e) Die Regionalitat Mit Ausnahme des Netzwerkes (3) wurde von alien Netzwerken die Regionalitat als wesentlicher Erfolgsfaktor hervorgehoben. Es wurde festgestellt, dass die regionale Verbundenheit der Unternehmen einen wesentlichen Faktor fur den erfolgreichen Aufbau eines Netzwerkes darstellt (1, 2, 4, 5, 6a).'^'^'^^ Auch wenn die Regionalitat die allgemeinste Basis aller Netzwerk- und Partnerschaftsaktivitaten darstellt und damit kritisch zu hinterfragen ist, wurde die Relevanz dieses Faktors auch in Publikationen festgestellt. So stellen STAHL / SCHREIBER im Rahmen der Untersuchung regionaler Netzwerke fest, dass sich die handelnden Personen kennen, sie in einer gemeinsamen Umgebung leben, lokale Besonderheiten unmittelbar verstehen und taglich mit den Ergebnissen der Koproduktion konfrontiert werden J^^° Auf den ersten Blick scheint dies ein schwaches Bindeglied angesichts verschiedener Interessen zu sein, aber gerade im gleichsam neutralen Charakter dieser Gemeinschaft wird eine breite Spannweite von Kooperationen und Netzwerken in unterschiedlichen Bezugssystemen gesehenJ^^^ Wesentlich bei derartigen regionalen Netzwerken ist, dass in der Regel offentliche Akteure eine zentrale Rolle spielen. Dies hat den Vorteii, dass die politische Unterstutzung oftmals gegeben ist, andererseits diese jedoch zumeist auch eher gewohnt sind, in Routinen zu arbeiten und sie uber weniger Erfahrung mit Managementaufgaben und weichen Steuerungsformen verfugen.^^^^ Ein weiteres, wesentliches Charakteristikum ist der Legitimationsdruck gegenuber der Offentlichkeit, dem die handelnden Akteure unterliegen. Dies hat zur Folge, dass die Einbeziehung der Offentlichkeit betont wird und eine Tendenz zur Formalisierung beziehungsweise zur Anbindung an bestehende, politisch legitimierte Institutionen besteht.^2^^ Diese Ausfuhrungen treffen insbesondere auf Stadtwerke und damit auch auf Weiterverteiler zu. Somit obliegen dem Change Management zwei Aufgaben. Zum einen die Einbeziehung und Unterstutzung der offentlichen Akteure, zum anderen jedoch auch, die lokalen Besonderheiten in der Planungs- und Umsetzungsphase zu berucksichtigen. f) Der ersictitliche Netzwerknutzen / die factiliche Qualitat Dieser Erfolgsfaktor wurde insbesondere bei Wissensnetzwerken hervorgehoben (7, 3). Der Hintergrund liegt hierbei darin, dass einerseits auch Wissensnetzwerke Ressourcen, insbesondere personelle beanspruchen, andererseits ihr Nutzen jedoch mitunter nicht unmittelbar messbar ist. Um nun die Unterstutzung fiir das Netzwerk sowohl durch die teilnehmenden Akteure als auch durch die Machtsponsoren aufrechtzuerhalten, ist das Vorgehen zur Initiierung und Etablierung des Netzwerkes derart zu gestalten, dass fruhzeitig Kooperationsgewinne erzielt werden. So wurde beispielsweise im Netzwerk (1) der Informationsaustausch und die Abstimmung bei der Energiebeschaffung forciert, so dass fruhzeitig
1230 1231 1232 1233
Zu einem ahnlichen Ergebnis komnnen BRIESE / SCHUNEMANN bei einer Untersuchung von Partnernnodellen in der Energiewirtschaft. So stellen sie fest „Denn durch die Nahe zum Kunden vor Ort sowie zu den ,alten' Anteilseignern (und haufig auch zum Vorlieferanten!) kommen fur ein interessiertes EVU neben den lokalen in der Regel nur regionale Netzwerke oder Kooperationen in Frage." (BRIESE/SCHONEMANN (2003), S. 13). Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
STAHL / SCHREIBER (2003), S. 225 STAHL / SCHREIBER (2003), S. 225 f. MULLER/WIECHMANN/HABISCH/BEIER(2001), S. 147 MULLER/WIECHMANN/HABISCH/BEIER(2001), S. 147
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
3^
nach dem Aufbau des Netzwerkes die Einkaufskonditionen deutlich verbessert werden konnten.^^^"* Erganzend zu den obigen Ausfuhrungen seien noch die Erfoigsfaktoren des Widerspruchsmanagements und der Coopetition bei der Netzwerkorganisation diskutiert. Aufgrund der Faiistudienauswahl einerseits und Spezifika der Energiewirtschaft andererseits besteht bei diesen Faktoren Erganzungsbedarf. Der Erfolgsfaktor des Widerspruchsmanagement wurde nicht als Erfolgsfaktor aufgefuhrt, es wurde lediglich in einer Falistudie erwahnt, dass es bedeutsam ist, Konflikte innerhalb eines Netzwerkes derart zu losen, dass beide Parteien „das Gesicht wahren" (6a). Trotz dieser singularen Nennung ware eine Interpretation fraglich, die ein Widerspruchsmanagement als irrelevant nur deswegen einstuft, well es in den ubrigen Fallstudien nicht aufgefuhrt wurde. Denn wie aus den Ausfuhrungen zum Widerspruchsmanagement deutlich wurde, sind derartige Konflikte eher vor einem langeren Zeithorizont zu erwarten; aufgrund des kurzen Bestandes vieler Netzwerke ist es moglich, dass Widerspruche noch nicht aufgetreten sind, die Zielsetzung des Netzwerkes demnach unstrittig ist. Eine weitere Begrundung kann darin liegen, dass auch aufgrund der identischen tagesaktuellen Fragestellungen und dem derzeitigen Handiungsdruck Konflikte noch nicht aufgetreten sind. So wurden in fast alien Netzwerken ahnliche Fragestellungen aufgeworfen, die vor dem Hintergrund der Neufassung des EnWG zeitnah zu losen sind (1, 2, 3, 4, 5). Die These, dass ein Widerspruchsmanagement einen Erfolgsfaktor darsteilt, der nur aufgrund der derzeitigen Problemstellungen der Netzwerke noch nicht relevant wurde, wird durch Publikationen gestutzt.^^^^ Hieraus wird fur das Change Management abgeleitet, dass der Aufbau eines Widerspruchsmanagements keine unmittelbar umzusetzende Aufgabe darsteilt, es jedoch spatestens in der Phase der evolutionaren Weiterentwicklung eines Netzwerkes einen Erfolgsfaktor darstellen kann. Die Empirie deutet darauf hin, dass die Coopetition bei der Netzwerl
Es sei angemerkt, dass keine Einkaufsgemeinschaft gebildet wurde, sondern jeder Weiterverteiler die Energiebeschaffung autonom durchfuhrt. Die Optinnierung der Beschaffung ruhrt daher ausschliedlich aus Abstinnmung der Weiterverteiler untereinander. So fuhren beispieisweise KOMKE / FALLER am Beispiel von Kommunalversorgern auf, worin die gesteigerte Notwendigkeit eines Konfliktmanagements besteht. Hierzu fuhren sie drei Spannungsfelder (Gesellschafter-Geseilschafter, Versorger-Gesellschafter, Versorger-Marktteilnehmer) auf, bei denen in Zukunft neben innerbetrieblichen Spannungsfeldern ein Konfliktmanagement bedeutsam wird (vgl. KOMKE / FALLER (2004), S. 16 ff). Dies zeigen Aussagen bei den beiden Netzwerken {6a, 5), bei denen am umfangreichsten operative Aufgaben in das Netzwerk ausgelagert wurden. So wurde in Falistudie (5) expiizit darauf hingewiesen, dass aufgrund der hohen Spezialisierung des DSC die Aufnahme neuer IVIitglieder auflerst problematisch ist, woraus folgt, dass die Kooperationspartner ihrerseits nicht unproblematisch die Exit-Option wahlen konnen und einem konkurrierenden Netzwerk beitreten. In Falistudie {6a) wiederum wurde gezeigt, dass der Betrieb eines gemeinsamen Abrechnungssystems SAP IS-U einen derart groden Entwicklungsaufwand induziert, dass lediglich eine gemeinsame Entwicklung bei einer gemeinsamen Ablosung der bestehenden Abrechnungssysteme sinnvoll ist, nicht jedoch eine Harmonisierung oder sogar Verschmelzung unternehmensindividuell angepasster Systeme.
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
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Ein derartiger Wettbewerb wurde sich vornehmlich auf kundenrelevante Prozesse wie Vertriebs- oder Netzkundenprozesse konzentrieren. Ein Wettbewerb urn die sensiblen Kundenbeziehungen wurde jedoch eine restriktive Informationspreisgabe zur Folge haben, urn den Partnern nicht einen Kundenkontakt zu ermoglichen. Dies hatte jedoch wiederunn zur Folge, dass Prozesse wie eine kooperative Energiebeschaffung nicht durchgefuhrt werden kdnnen, da die hierfur reievanten Kundeninformationen nicht preisgegeben werden. Bei Netzwerken zwischen Weiterverteilern und Regionalverteilern ist der Vertrauensaufbau ein langwieriger Prozess gewesen, der auch noch nicht bei alien (potenzlellen) Partnern erfolgreich war (2, 3, 4). Zusatzlich bestehen signifikante Unterschiede in Grofie und Verfugbarkeit von Ressourcen zwischen diesen beiden Unternehmensauspragungen. Die Etablierung eines Wettbewerbes hatte negative Auswirkungen auf dieses Vertrauen und damit auch auf das Netzwerk.
Fur das Change Management lasst sich hieraus ableiten, dass die Einfuhrungen einer Coopetition kritisch zu prufen ist, was insbesondere auch die Analyse der resultierenden Chancen und Risiken einbezieht. Die Misserfolgsfaktoren auf Netzwerkebene konnten nicht bestatigt werden; vielmehr wurden drei neue Faktoren im Rahmen der Empirie identiflziert (siehe Tab. 19). KofKiporienten des Change Mana^^mtnt
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Latent l^atltrn MalntenaiK^
Tit^r £tes Change 06iTi€lstlt' Managefnetits Clmtig# Mana*
^
Af^aMder \ H&nrmn* g^fi
0 0
Menschliche Probleme (Fehlende Zuverlassigkeit, mangelndes Vertrauen Oder Sympathie)
^
0
Neue Misserfolgsfaktoren Fehlende Unterstutzung / Motivation zur Netzwerkarbeit Gefestigte Strukturen / Unflexibilitat Ubergeordnete, entgegengesetzte Interessen
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y
4
^ v^
2 2
kursiv: MIsserfolgsfaktor konnte durch die Empirie nicht bestatigt werden. Tab. 19:
Das Ergebnis der Misserfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Netzwerkebene
a) Fehlende Unterstutzung / Motivation zur Netzwerkarbeit Dies betrifft insbesondere die Sondervertragskunden, bei denen Informationen uber Lastgange etc. von auderster Relevanz fur die Abgabe eines angemessenen, nicht jedoch defizitaren Angebots sind (bspw. 6a und 6b). Maximal sieben Nennungen moglich, da im Gegensatz zu den Erfolgsfaktoren die Fallstudien {6a) und {6b) separat ausgewertet wurden, da zwei geschelterte Netzwerke betrachtet wurden, die fur die Diskussion der Misserfolgsfaktoren neue Erkenntnisse liefern.
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Wie schon im Rahmen der Diskussion der Erfolgsfaktoren festgestellt wurde, wurde insbesondere bei Mitarbeitern von Weiterverteilern eine fehlende Unterstutzung / Motivation zur Netzwerkarbeit festgestellt. Neben Ursachen, die unmittelbar aus den Ausfuhrungen zur Motivation ableitbar sind und zu einer mangelnden Unterstutzung oder Motivation fuhren, wurden die folgenden drei Begrundungen spezifisch fur die Energiewirtschaft aufgefuhrt:
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Vorbehalte gegenuber neuen KommunH
Die Auswirkungen einer fehlenden Unterstutzung beziehungsweise Motivation sind offensichtlich und werden deswegen im Folgenden nicht mehr skizziert. Die Handlungsempfehlung fur das Change Management leiten sich bis auf den Aspekt „Bindung an konkurrierende Netze" unmittelbar aus den Punkten ab. Dieser Aspekt ist durch das Change Management nicht Oder nur problematisch zu losen, da sich das konkurrierende Netz aufierhalb des Einflusses des Change Managements befindet. b) Gefestigte Strukturen / Unflexibilitat Gefestigte Strukturen / Unflexibilitat sind kulturelle Merkmale, die auch im Rahmen der Empirie den Weiterverteilern zugeschrieben wurden (1, 2). Hleraus lasst sich jedoch nicht der Schluss Ziehen, dass diese angebotsmonopolistisch gepragten Kulturelemente unmittelbar einen Misserfolgsfaktor darstellen. Vielmehr kann, wenn die Ergebnisse der Failstudien zusammengefasst werden, ein Zusammenhang bezuglich der Auswirkung von Unternehmenskulturen festgestellt werden, wie er in Abb. 109 dargestellt ist. Hierbei wird eine angebotsmonopolistisch gepragte Unternehmenskultur (siehe Abb. 98, Seite 281) einer entwicklungsorientiert gepragten Unternehmenskultur (siehe Abb. 85, Seite 253) gegenubergestellt und in Abhangigkeit des Ausmafies der operativen Aufgaben, die an das Netzwerk
Zu den einzelnen Merkmalen siehe Fufinote 559 (Seite 132) Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Weiterverteiler neben dem Netzwerk mit dem vorgelagerten Regionalverteiler noch Mitglied in einem Netzwerk zur kooperativen Energiebeschaffung (Einkaufsgemeinschaft) ist. In diesem Fall ist die Zielsetzung beider Netzwerkpartner die Bindung der Unternehmen zu erhohen, um dadurch den Energieabsatz langfristig zu sichern Oder sogar zu erhohen.
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Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
ubertragen wurden, aufgezeigt, wann angebotsmonopolistisch gepragte Elemente einer Unternehmenskultur tendenziell problematisch sind. Umfang entwicklungsorientiert gepragter Elemente in der Netzwerkkultur Kulturell unproblematisch
Ausmaft an iibertragenen, operativen Aufgaben im Netzwerk Kulturell problematisch Umfang angebotsmonopolistisch gepragter Elemente in der Netzwerkkultur
Abb. 109:
Einfluss angebotsmonopolistisch gepragter Kulturelemente auf das AusmaK an operativer Arbeit in einem Netzwerk
Aus den Ergebnissen der Fallstudien lasst sich schlieflen, dass angebotsmonopolistisch gepragte Unternehnnenskulturen insbesondere dann bei der Netzwerkarbeit problematisch werden, wenn operative Aufgaben im Netzwerk durchgefuhrt werden {1, 2, 3).^^"^^ Denn bei derartigen Fragestellungen tangiert das Netzwerk die Akteure direkt in ihrem Arbeitsumfeld, was insbesondere Flexibilitat und Aufgeschlossenheit gegenuber neuen Losungen voraussetzt. Als Beispiel hierfur sind betriebliche Verbesserungsvorschlage zu nennen, die als wesentliches Element fur die sukzessive Fortentwicklung eines Netzwerkes angesehen werden. Mitarbeiter, die weiterhin von einer angebotsmonopolistischen Unternehmenskultur gepragt sind, verhalten sich tendenziell passiv und verschlieften sich der evolutionaren Weiterentwicklung (7), so dass die Fortentwicklung des Netzwerkes dadurch behindert wird. Dagegen zeichnen sich konzeptionelle Fragestellungen eher dadurch aus, dass sie einen Losungsraum vorgeben, der noch Freiheiten in der unternehmensindividuellen Interpretation zulasst. Dadurch sind die Akteure noch nicht direkt betroffen, well die konkreten Auswirkungen auf das Unternehmen noch nicht festgelegt sind. Statische oder wandlungshemmende Elemente einer Unternehmenskultur beeinflussen die Netzwerkarbeit dann nicht oder nur In einem geringeren Ausmaft. Hierin wird die Begrundung gesehen, warum in der Fallstudie (3) die angebotsmonopolistischen Elemente sich nicht negativ auf die Netzwerkarbeit ausgewirkt haben, obwohl sie deutlich zu beobachten sind. Es sei angemerkt, dass diese Interpretationen in der Retroperspektive im Rahmen der Interviews erstellt wurden; dem kulturellen Wandel wurde im Rahmen des Change Managements in den analysierten Fallstudien keine oder nur eine geringe Beachtung zuteil. Lediglich in zwei Netzwerken (4, Qa) wurden Mafinahmen zum kulturellen Wandel eingeleitet. Wahrend im Netzwerk {Qa) als Veranderungsmafinahmen^^"^^ Hiring and Removal in Verbindung mit Cultural Communications zum Einsatz kamen, wurden im Netzwerk (4) lediglich Cultural Communications durchgefuhrt. Das Resultat der Maflnahmen war, dass im Netzwerk {Qa) zwar ein kultureller Wandel durchgefuhrt wurde, dieser jedoch insbesondere zu Lasten der ^"^^^ Es sei angemerkt, dass diese These sukzessive im Rahmen der Empirie entwickelt wurde. Deswegen ist sie ein gemeinsames Ergebnis der drel zitierten Fallstudien. ^^"^^ Siehe zu den Maflnahmen Kapitel 2.2.3.2.3
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alteren Mitarbeiter realisiert wurde, da diese aufgrund ihrer traditionellen kulturellen Pragung nicht in das Joint Venture ubernommen wurden. Die alleinigen Cultural Communications haben dagegen im Netzwerk (4) nicht zu einem erwunschten Kulturwandel gefuhrt; so ist zu beobachten, dass auch acht Jahre nach dem Einleiten der Maflnahmen weiterhin Mitarbeiter von den Werten und Normen einer angebotsmonopolistlschen Unternehmenskultur gepragt sind. Aufgrund der Tatsache, dass lediglich zwei Netzwerke bewusst einen kulturellen Wandel angestrebt haben, konnen aus den Ergebnissen keine Ruckschlusse bezuglich der Wirksamkeit der Veranderungsmaflnahmen getroffen werden. Deswegen wird fur das Change Management der Unternehmenskulturen weiterhin angenommen, dass alle Mafinahmen wirksam sind, die von SATHE sklzziert werden J^"^^ c) Ubergeordnete, entgegengesetzte Interessen Die ubergeordneten, entgegengesetzten Interessen stellen einen Misserfolgsfaktor dar, der von dem Change Management nicht beeinflusst werden kann, jedoch von aufterster Relevanz ist. So war die konzeptionelle Erarbeitung der Netzwerke In den Fallen (6a, 6b) bereits abgeschlossen und ein Zustimmung der wesentlichen Machtsponsoren lag vor. Trotz allem wurde die Umsetzung nicht durchgefuhrt, da im Fall {6a) Vorbehalte des ubergeordneten Konzerns als Anteilseigner des Regionalversorgers die Umsetzung verhinderten,^^"^"^ Im Fall (6b) der offentliche Druck aufgrund einer, aus dem Netzwerk resultierenden, Standortverlegung derart massiv wurde, dass das Netzwerk seine operative Arbeit nicht aufnehmen konnte. Dabei war die Kooperation schon derart fortgeschritten, dass bereits ein gemeinsames Joint Venture gegrundet war. Fur das Change Management ergibt sich hieraus die Aufgabe, fruhzeitig die Interessen der ubergeordneten Machtsponsoren zu eruieren und das weitere Vorgehen abzustimmen. Dabei Ist diese Aufgabe nicht einmalig durchzufuhren, da sich die Interessenslagen insbesondere bei Akteuren, die der Offentlichkeit ausgesetzt sind, andern konnen, sondern stellt eine laufende Aufgabe des Change Managements wahrend des Wandels dar. 5.2.1.2
Erganzende Erkenntnisse der Fallstudienauswertung auf Netzwerkebene
Aus den Fallstudien konnen noch weitere Ruckschlusse fur das Change Management auf Netzwerkebene gezogen werden: -
Die Umkehrfunktion des FIT Die Komplexitat der Adaption-Funktion Die Machtverteilung im Netzwerk Die Vorgehensweise und die Besetzung der Projekte Einsatz von Methoden zwischen Evolution und Revolution
a) Die Umkehrfunktion des FIT In den bisherigen Ausfuhrungen wurde zur Erklarung von Netzwerken die Pramisse gesetzt, dass das Netzwerk als optimale Koordinationsform das Ergebnis einer FIT-Funktion ist.^^"^^ Vgl. SATHE (1985), S. 385 ff.
Per Hintergrund der Vorbehalte war, dass weitere Anteile des Partner-Stadtwerkes veraudert werden sollten, es zu dem Zeitpunkt der geplanten Netzwerkerweiterung jedoch noch nicht entschieden war, welches Unternehmen den Zuschlag fur die Anteile erhalten wurde. Hierdurch entstand die Befurchtung, dass Wettbewerber sich in das Stadtwerk einkaufen und dadurch mittelbar zugriff auf das Netzwerk mitsamt seiner sensiblen Oaten erhalten. Vgl. hierzu die Ausfuhrungen zu der FIT-Funktion in Kapitel 3.2.3.1
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Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
Diese Funktion konnte dabei nicht allgemeingultig ausfornriuliert werden, sondern vielmehr wurden Einflussfaktoren sowie Elemente der Koordinationsform-identifizierende Funktionen aufgezeigt. Diese Grundannahme hat sich im Rahmen der Empirie nur teilweise bestatigt. Zwar hat sich ein Gro(iteil der analysierten Netzwerke basierend auf Transaktionen gebildet, die ein Netzwerk als optinnaie Koordinationsform identifiziert haben und sich daraufhin evolutionar weiterentwickelt haben, bei den Netzwerken (1, 3) war jedoch diese Vorgehensweise entgegengesetzt. Es wurde ein Netzwerk gegrundet und erst hiernach analysiert, welche Transaktionen sich fur das Netzwerk eignen konnten. Aufgrund dessen wird das Vorgehen als Umkehrfunktion des FIT bezeichnet, da die optimale Koordinationsform nicht das Ergebnis der FIT-Funktion darstellt, sondern vielmehr die Transaktionen das Ergebnis der FIT^-Funktion sind. Die Begrundung fur die transaktionsunabhangige Grundung eines Netzwerkes zu Beginn der Liberalisierung lag in der Befurchtung, ohne eine Kooperation oder eine Fusion dem Marktdruck nicht standhalten zu konnen. Somit sollte durch die Kooperation einerseits die Wettbewerbsfahigkeit erhalten werden (1) und andererseits wurde die Liberalisierung auch als Chance fur die Vermarktung bestehender Dienstleistungen in neuen Markten (Marktentwicklungsstrategie) (3) gesehen. Wenn ein Netzwerk aus derartigen Uberlegungen heraus gegrundet wird, ergibt sich fur das Change Management eine andere Ausgangssituation. Denn nicht die Planung der Veranderung ist damit der Ausgangspunkt, sondern vielmehr die Planung der Netzwerkgegenstande. Hierdurch wird das Change Management jedoch nicht grundlegend modifiziert, sondern vielmehr wird lediglich die Planungsphase ausgeweitet. b) Die Komplexitat der Adaption-Funktion Aus den Fallstudlen hat sich ergeben, dass die Fragesteilungen, die innerhalb der AdaptionFunktion zu losen sind, zwar zumeist keine unlosbaren Fragesteilungen fur das Change Management darstellen, sie jedoch durchaus kostenintensiv, zeitintenslv oder komplex sein konnen: -
-
In der Fallstudle (6a) wurde dargestellt, dass eine anvisierte Erweiterung eines bestehenden Joint Venture nicht umgesetzt werden konnte. Neben dem wesentlichen Hindernis der differierenden unternehmenspolitlschen Interessen wurde auch darauf hingewiesen, dass die unterschiedlichen Auspragungen der SAP IS-UAbrechnungssysteme der beteiligten Unternehmen nur aufwendig zu harmonisieren gewesen waren. Deswegen wurde eine Erweiterung des Joint Venture als unwirtschaftlich eingestuft. Dieses Beispiel zeigt, dass zumindest bei der Ausgrundung kooperativer Servicegesellschaften IT-technische Fragesteilungen von besonderer Relevanz fur das Change Management sind. Eine der wesentlichen Fragesteilungen ist hierbei der Grad der Harmonisierung der Systeme, um einerseits Synergiegewinne durch harmonlsierte Systeme generieren zu konnen, andererseits jedoch den Aufwand fur eine derartige Harmonisierung zu begrenzen. Die inhaltliche Erarbeitung der gescheiterten Kooperation von Stadtwerken in {6b) zeigte den umfangreichen Ressourcenbedarf auf, der fur die Erarbeitung eines Konzepts fur ein Netzwerk notwendig ist, wenn ihm umfangreiche Aufgaben in der operativen Wertschopfungskette ubertragen werden sollen. Jedoch auch der Ressourcenbedarf fijr kleinere Netzwerke ist signifikant. So zeigt die DSO-Kooperation (5), dass auch ein kleineres, jedoch strategisch auderst bedeutendes Netzwerk einer einjahrigen Bearbeitungszeit bedarf.
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
319
Die Komplexitat des Netzwerkes sowie der Interaktionen des Netzwerkes nnit den einzelnen Unternehmen im Rahman von Netz- Oder Serviceprozessen kann sehr hoch sein, wie am Beispiel der gemeinsamen DSO-Ausgrundung gezeigt wurde (5). So wurde in der Fallstudie festgestellt, dass aus strategischen Uberlegungen heraus die Erweiterung des Netzwerkes zwar wunschenswert sein kann, die Einbindung eines neuen Partners in das Netzwerk jedoch aufgrund operativer Probleme auflerst problematisch ist.^^"*® So zeigt die Abb. 110 am Beispiel der Jahresplanung DSO auf, wie komplex die Abstimmungsprozesse zwischen dem ausgelagerten Joint Venture und den Unternehmen einerseits und zwischen den kooperierenden Unternehmen andererseits im Vergleich zu einer herkommlichen Jahresplanung sind.^^"^^ UnterUnternehmen 1 nehmen n Prozess: Jahresplanung Technik Prozessuale Auswirkungen eines DSO-Netzwerkes am Beispiel der Jahresplanung
Cost-plus-Kalkuiation Investitionsbedarf ermittein Nicht rTTigtVI . - genehmigt Genehmigt
Investitionsbedarf abstimmen
75
Budgetvorgaben erstellen
ma
75
UnterUnternehmen 1 nehmen n
Unterjahrig zusatzlich Investitionsbedarf ermittein Investitionsbedarf genehmigen Investition durchfuhren
Nicht genehmigt -Genehmigl
\
DSO
L'
Prozess: Jahresplanung DSO Planungsvorgaben erstellen
i©
investitionsbedarf ermittein Investitionsbedarf abstimmen
i
Jahresplanung erstellen Jahresplanung abstimmen Nicht —genehmigt
Jahresplanung genehmigen Budgetvorgaben erstellen
1
Genehmigt
W
UnterjShrig zusatzlich Investitionsbedarf ermittein Investitionsbedarf genehmigen Investition durchfuhren <0> = Entscheidung
Abb. 110:
^
= Aktivitat
^
2
i
i
jGenehmigt^SlNicht I I genehmigt
= Kommunikation
Prozessbeispiel Jahresplanung Technik versus Jahresplanung DSO
Als Beispiel fur ein derartiges Problem wurde die Erhebung der Netznutzungsentgelte aufgefuhrt. Um signifikante Synergiepotenziale zu generieren, wurden einheitliche Netznutzungsentgelte beantragt, was einen umfangreichen Prozess der Kostenzuteilung voraussetzt, um angemessene Ertrage fiir alle Netzwerkpartner sicherzustellen. Wenn nun ein neuer Partner beitreten will, der nicht identische Netznutzungsentgelte erhebt, wurde die Balance dieses Systems gestort werden. Das Beispiel der Jahresplanung wurde gewahit, da dieser Prozess aufgrund der Anforderungen des EnWG dem organisationalen und Legal Unbundling unterliegt und daruber hinaus sowohl die langfristige Ausrichtung als auch die operative Arbeit in der betrieblichen Praxis wesentlich tangiert.
320
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken Im linken Fall, der Jahresplanung Technik, hat der Technikbereich die Moglichkeit, autononn die Jahresplanung durchzufuhren. Die Cost-plus-Kalkulation auf Basis der Verbandevereinbarung 11+ stellt dabei sicher, dass sich das Vorgehen zur Kalkulation gleicht. Wenn diese Aufgaben nun auf den DSO ubertragen werden, ergibt sich zunachst ein deutlich gestiegener Abstimmungsaufwand. Auch wenn weiterhin der Technikbereich den Investitionsbedarf ermittelt, bedarf es nun einer Zustimmung des DSO.
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass der Umfang des Change Managements mit zunehmender Differenz der Leavitt-Schemata einerseits und mit zunehmenden Netzwerktatigkeiten, die die operative Arbeit innerhalb der Wertschopfungskette Oder die langfristige, strategische Ausrichtung eines Energieversorgungsunternehmen tangieren, zunimmt. Werden die Ergebnisse der Empirie und die Ausfuhrungen zum Change Management der Adaption-Funktion auf Netzwerkebene zusammengefasst, ergeben sich die folgenden Aufgaben: -
Sicherstellung des umfassenden Wandels von der Planung, uber die Umsetzung bis zur Kontrolle auf der Netzwerkebene aller Gestaltungsvariablen des Leavitt-Schemas unter besonderer Berucksichtigung der IT-technischen Restriktionen, Abstimmung und Harmonisierung der Schnittstellen zur Unternehmensebene, Optimierung und laufende Verbesserung der Prozesse unter Zuhilfenahme des Beziehungsmanagements sowie Sicherstellung der Verfugbarkeit der notwendigen Ressourcen.
c) Die Machtverteilung im Netzweri< Es hat sich in den Fallstudien bestatigt, dass die unterschiedlichsten Modelle zur Verteilung der Macht existieren. So wurden verschiedene Fuhrungsstrukturen aufgezeigt, die sich zunachst danach unterscheiden lassen, ob ein fokaies Oder ein nicht-fokales Netzwerk vorliegt. Die nicht-fokalen Netzwerke wurden welter differenziert (siehe Abb. 111). Fokale Netzwerke
Nicht-fokale Netzwerke
paritatische ® Erweiterte Netzwerkleituna Operative Netzwerkleitung Weitere Leitungsebenen
Abb. 111:
Auspragungen der operativen Netzwerkleitung
Die iKOoperative Netzwerl
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
321
Verfahren treffen sich die Geschaftsfuhrer beziehungsweise deren Handlungsbevollmachtigten regelmafiig und stimnnen uber das weitere Vorgehen im Netzwerk ab. Insbesondere bei dieser Auspragung der Machtverteilung wurde festgestellt, dass die mikropolitische VerhandJungskonnpetenz wesentlich ist, um die Interessen der Unternehmen durchzusetzen, da im Vorfeld von Abstimmungen zumeist Koalitionen zu bilden sind (1). iVIodellinliarent eignet sich dieses Fuhrungsmodell lediglich fur Wissensnetzwerke Oder strategische Allianzen, da bei einer Ausgrundung eines Joint Venture eine institutionalisierte Netzwerkfuhrung installiert werden muss. Hierfur existieren zwei IVIoglichkeiten (die beide auch auf strategische Allianzen anwendbar sind). Das erste Modell ist die paritatische Netzwerkleitung. Hierbei bestimmen die Netzwerkpartner gemeinsam eine Leitung fur das Netzwerk. Um dabei einen Interessensausgleich zwischen den Parteien sicherzustellen, sieht das Modell bei Netzwerken verschiedener Wertschdpfungsstufen vor, fur jede Wertschopfungsstufe einen Reprasentanten einzusetzen. Die operative Ausgestaltung kann hierbei unterschiedllch sein. Je nach Rechtsform ist die Netzwerkleitung bei einem Joint Venture eine Geschaftsfuhrung oder ein Vorstand. Dieses Modell eignet sich auch fur strategische Allianzen, wobei dann die Netzwerkfuhrung durch Mitarbeiter der Netzwerkpartner gestellt wird. Es uberwindet einen wesentlichen Nachteil des Modells B. Durch den Umstand, dass nur noch eine kleine Netzwerkfuhrung besteht, wird es handlungsfahiger. Denn Entscheidungen konnen zeitnah getroffen werden und werden somit nicht auf die nachste Netzwerkkoordinationssitzung verschoben. Auch sind nicht umfangreiche Abstimmungsprozesse zwischen alien betroffenen Netzwerkpartnern notwendig, die gegebenenfalls durch einen suboptimalen Interessensausgleich zwischen den beteiligten Unternehmen gepragt sind. Jedoch weist die paritatische Netzwerkleitung einen Nachteil auf. Die einzelnen Netzwerkpartner ubertragen einen signifikanten Teil ihrer Machtressourcen auf ihren Reprasentanten in der Netzwerkfuhrung. Je nach Relevanz des Netzwerkes fur ein Unternehmen stellt dies einen bedeutenden Vertrauensvorschuss dar. Denn es besteht die Gefahr von Fehlentscheidungen, die Gefahr, dass die Unternehmensinteressen nicht angemessen berucksichtigt werden oder, bei einer Konkurrenzbeziehung,^^"^^ sogar die Gefahr eines opportunistischen Verhaltens. Insbesondere die beiden letzten Punkte werden mit zunehmender Grofie relevanter. Das umfangreichste und alteste der analysierten Netzwerke (4) stand vor dieser Problematik und hat als Losung hierfur das Modell D als Erweiterung der paritatischen Netzwerkleitung umgesetzt. Die erweiterte paritatische Netzwerl
322
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
dargestellten Bedingungen die evolutionare Weiterentwicklung hemmen, wurde von den Interviewpartnern in den Fallstudien bestatigt. So strebt das einzige Netzwerk, dass neben (6) noch fokal organisiert ist, explizit zeitnah eine paritatische Machtverteilung an, urn dadurcli aucii operative Aufgaben im Netzwerk durchfuhren zu kdnnen. Die paritatisciie Machtverteilung wurde in diesenn Zusammenhang explizit als Bedingung fur die Durchfijhrung eines operativen Regulierungsmanagements aufgefuhrt (3).^^^° Unabhangig davon, ob eine paritatische oder eine erweiterte paritatische Leitungsebene vorliegt, zeichnen sich beide Modelle dadurch aus, dass das Netzwerk von Reprasentanten der Netzwerkpartner geleitet wird. Deswegen ist in diesen Modellen noch eine weitere Ebene institutionalisiert, bei der einerseits die Reprasentanten gewahit oder bestimmt werden und andererseits Entscheidungen getroffen werden, die von ihrer Bedeutung her der Abstimmung aller Netzwerkpartner bedurfen. Ein typlsches Beispiel hierfur sind Abstinnmungen uber Anderungen der Netzwerksatzung durch die Jahreshauptversannmlung. Die Machtverteilung auf dieser hochsten Ebene ist jedoch nicht mehr paritatisch, sondern es liegt bei alien analysierten Netzwerken grundsatzlich eine nutzenkonforme Machtverteilung vor. Dabei wird unter einer nutzenkonformen Machtverteilung verstanden, dass sich die Machtressourcen eines Netzwerkpartners danach richtet, welchen Nutzen er fur die Partnerunternehmen stiftet. Dabei wird der Nutzen nicht ausschlieftlich am Nutzen innerhalb des Netzwerkes gemessen, sondern vielnnehr ist auch eine Berucksichtigung des bilateralen Nutzens aulierhalb des Netzwerkes moglich. Dies trifft fur Netzwerke zu, bei denen ein grofier Regionalverteiler, der den groflten Netzwerknutzen stiftet, Machtressourcen an die Weiterverteiler unter der Bedingung abtritt, dass sie Energie von ihm beziehen und sie damit einen Nutzen aullerhalb des Netzwerkes stiften (3, 4, eingeschrankt auch 5^^^^). Um bei Netzwerken, die durch einen Partner auf dieser hochsten Ebene dominiert werden (5), trotz allem eine angemessene Berucksichtigung der Interessen der kleineren Partner zu gewahrleisten, sind unkonventionelle Abstimmungsmechanisnnen eingefuhrt worden. So konnen beispielsweise Vorlagen nur entschieden werden, wenn die beiden groflten Partner zustimmen (was uber 90 % der Netzwerkanteile entspricht). Zusatzllch besitzt bei Entscheidungen uber das eigene Netzgebiet jeder Partner ein Vetorecht. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie komplex die Machtverteilung innerhalb eines Netzwerkes ausgestaltet werden kann, wenn in das Netzwerk wesentliche Aufgaben eines Unternehmens, insbesondere Kernkonnpetenzen, ausgelagert werden. Somit wird die Fragestellung der adaquaten Machtverteilung bei der Ausgrundung kooperativer Netz- oder Servicegeseilschaften eine wesentliche Aufgabe fiir das Change Management darstellen; unabhangig davon scheint jedoch auf der Ebene der operativen Netzwerkleitung eine paritatische Machtverteilung zwischen den beteiligten Parteien empfehlenswert zu sein.
Die Relevanz einer derartigen Machtverteilung wird auch durch weitere Studien bestatigt. So war der mit Abstand wichtigste Erfolgsfaktor mit 47 % der Nennenungen in einer Studie zu Kooperationen der Faktor „Gleichberechtigung / Fairness" (vgl. BRIESE / SCHUNEMANN (2003), S. 14). Der potenzielle Netzwerkfuhrer ist der mit 77 % groRte Weiterverteiler. Da er jedoch seine Energie nicht an die beteiligten Netzwerkpartner vertreibt, liegt sein Nutzen darin, dass die Partner langfristig zu einem Unternehmen fusionieren wollen und ihm dann die Leitung des fusionierten Unternehmens obliegt.
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
323^
Im Zusannmenhang mit der Machtverteilung inn Netzwerk sei auf wesentliche Stakeholder hingewiesen. So konnten im Rahmen der Fallstudiendiskussion die relevanten Stakeholder identifiziert werden, die neben den Fijhrungskraften in einem besonderen Fokus stehen sollten(7, 5, 6a): -
-
Arbeitnehmervertreter Fur die Energiewirtschaft ist charakteristlsch, dass aufgrund der Stellung als naturlicher Monopolist ihre wirtschaftliche Lage zunneist sehr positiv ist.^^^^ Dieser Aspekt verbunden mit der Historie, dass bis zur Liberalisierung die gesamte Energiewirtschaft inklusive dem Vertrieb ein Angebotsmonopol da^steHte, fuhrt zu einer arbeitnehmerfreundlichen Unternehmenskultur. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass Arbeitnehmervertreter bei Entscheidungen intensiv mit einbezogen werden. Aufgrund dessen stellt die fruhzeitige Einbindung der Arbeitnehmervertreter einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Zur Sicherstellung der Unterstutzung sollten sie dabei vom Konzept und Nutzen des Netzwerkes uberzeugt werden (1, 6a).^^^^ Beispielhaft sei das beschriebene Vorgehen der Fallstudie (1) aufgefuhrt, bei der die Arbeitnehmervertreter in einem sehr fruhen Stadium der Kooperation eine eigene Arbeitsgruppe zum Austausch zur Verfugung gestellt bekommen haben, um ihnen den Dialog zu ermoglichen. Es hat sich gezeigt, dass sie dadurch den Nutzen eines Wissensnetzwerkes in praxi erfahren haben, wodurch sie zu Promotoren des Netzwerkes wurden. Bei kleineren Unternehmen ergibt sich noch aus einem weiteren Grund die Notwendigkeit zur verstarkten Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter. Da bei diesen Unternehmen fur einen Groflteil der Aufgaben nur einzelne Mitarbeiter uber das notwendige Wissen verfugen, sind die Machtressourcen der Mitarbeiter oftmals grofler (1, 3). Anteilseigner (bei Weiterverteilern) Die Funktion der Weiterverteiler als Finanzierungsquelle defizitarer kommunaler Bereiche wurde bereits diskutiert. Insbesondere bei der Ausgrundung von Netzwerken, die operative Aufgaben ubernehmen {6a) und bei Netzwerken, die Aufgaben durchfijhren, welche die langfristige strategische Ausrichtung tangieren (5), ist das Management der Einbindung der Anteilseigner von besonderer Bedeutung.
Zuletzt sei noch auf die Durchsetzung von Handlungen mit Hilfe von Macht eingegangen. Im Rahmen der Fallstudien hat sich ergeben, dass zwischen Netzwerkpartnern auf der gieichen Wertschopfungsstufe zumeist in einer Kooperationsbeziehung, Partner auf unterschiedlichen Wertschopfungsstufen zumeist in einer Konkurrenzbeziehung zueinander stehen. In Kapitel 3.5.3.1.2 wurde begrundet, warum als Machtgrundlage bei letzteren lediglich die materielle Belohnung eingesetzt werden kann. Genau dies wurde auch im Rahmen der Fallstudien bestatigt. So zelgt sich diese materielle Belohnung darin, dass die Regionalverteiler, um Machtressourcen aufzubauen, das Netzwerk uberproportional unterstijtzen (2, 3, 4).
Als Beispiel sei die E.ON AG genannt, die, bezogen auf den Jahresuberschuss, laut dem Beteiligungsbericht des Freistaates Bayern 2004 eine Umsatzrendite von 82,8 % erwirtschaftete und diese damit noch einmal deutlich gegenuber 2003 (63,7%) steigern konnte (vgl. BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN (2005), S. 65)
Die Notwendigkeit der Unterstutzung konnte auch in einem anderen Zusammenhang festgestellt werden. So hatte eine Studie von STAHLKE zum Ergebnis, dass Kooperationen in der Energiewirtschaft langfristig eine hohere Rendite en/virtschaften als Fusionen. Dies wird auch damit erklart, dass diese eine gunstigere Entwicklung fur das Betriebsklima nach sich Ziehen (vgl. STAHLKE (2006), S. 30).
324
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
d) Vorgehensweise und Besetzung der Change Management-Projekte Bei den analysierten Netzwerken konnten zwei unterschiedliche Vorgehensweisen beobachtet werden, eine Muddeling-through-Vorgehen (2) und eine strukturierte Vorgehensweise (7, 3, 4, 5, 6a, 6b). Hierbei hat sich letztere als deutlich vorteilhafter erwiesen, da erstere zeitintensiver und weniger erfolgreich ist. So konnte das Netzwerk (2) als einziges analysiertes Netzwerk die angestrebte Weiterentwicklung nicht erreichen. Die Vorgehensweisen der ubrigen Netzwerke (7, 3, 4, 5, 6a, 6b) gleichen weitestgehend dem im Rahmen der vorliegenden Arbeit sklzzierten Prozess, wobei jedoch einzelne Elemente, wie belspielsweise die Planung und Umsetzung eines kulturellen Wandels, zumeist nicht berucksichtigt wurden. Zusammenfassend kann jedoch festgesteilt werden, dass das Vorgehensmodell der vorliegenden Arbeit bestatlgt wurde. Die Change Management-Projekte waren bis auf (2) auf der Ebene der Projektieitung oder auf der Ebene des Steuerungskreises mit der obersten Fuhrungsebene, also den Geschaftsfuhrern oder Vorstanden besetzt. Hierdurch war einerseits die Unterstutzung des TopManagements sichergestellt, andererseits zeigt dies die Bedeutung, die dem Aufbau des Netzwerkes beigemessen wird. Da die Relevanz der Netzwerke, die sich perspektivisch vor dem Hintergrund der Neufassung des EnWG bilden werden, fur die Unternehmen hoch sein wird, ist eine ahnliche Besetzung empfehlenswert. e) Einsatz von Methoden zwischen Evolution und Revolution In den Kapitel 2.1.3.1 und 2.1.3.2 wurden evolutionare und revolutionare Methoden des Change Managements aufgezeigt. Aufbauend auf diesen Ausfuhrungen wurden in Kapitel 2.1.3.3 Kriterien kritisch diskutiert, die Empfehlungen zum Methodeneinsatz aufzeigen. Werden diese Kriterien nun auf die Fallstudien bezogen, konnte von den aufgefuhrten Kriterien lediglich ein einziges Kriterium auch in den Fallstudien beobachtet werden, der ,Extent of the Change'. Denn auch in den Fallstudien wurden erst, wenn der Umfang der Veranderung eine Schwelle uberschritten hatte, die evolutionare Methoden nicht mehr fur ausreichend erscheinen lasst, revolutionare Methoden eingesetzt (5, 6a, 6b). Derartige revolutionare Methoden wurden jedoch nicht proaktiv eingesetzt; bei alien Fallstudien war zu beobachten, dass die Unternehmen moglichst lange versuchen, die bestehende Struktur aufrechtzuerhalten und erst dann einschneidende Anderungen vorzunehmen, wenn sie der Anpassungsdruck dazu zwingt. Aus den Fallstudien lasst sich die Antipathie zum grundlegenden Wandel, wie folgt, erklaren:
-
Fehlender Handlungsdruck, unflexible, wandlungsresistente Unternehmenskulturen, sowie bedeutender Einfluss von Arbeitnehmervertretern.
Insbesondere, wenn ein revolutionarer Wandel durchgefuhrt werden soil, sind diese Punkte bei der Planung und Umsetzung des Wandels zu berucksichtigen. Ausgangspunkt ist dabei das Erzeugen eines Handlungsdrucks, da erst durch diesen Druck die Wandelbereltschaft hergestellt werden kann. In der Termlnologie der vorliegenden Arbeit wird dies als Unfreezing bezeichnet.^^^"^ Das Ausmafl dieses Unfreezing ist dabei an den Wandelbedarf anzupassen. So wurde belspielsweise in Fallstudle (5) wiederholt der Handlungsdruck aufgezeigt, der aus der erwarteten Entwicklung durch die Neufassung des EnWG resultiert. Erst durch dieses wiederholte Darstellen der Problematik konnte die Bereitschaft sowohl auf der Seite der Fuhrungskrafte als auch der Selte der Arbeitnehmervertreter erzeugt werden, einen grundlegenden Wandel durchzufuhren und eine kooperative Netzgesellschaft aufzubauen. Siehe hierzu auch Kapitel 2.2.3.2.1
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU 5.2.2
325
Konsequenzen der Handlungsempfehlungen auf Netzwerkebene fur die Unternehmensebene
In den folgenden Ausfuhrungen wird dargestellt, welche Auswirkungen der Aufbau eines Netzwerkes auf die einzelnen Unternelimen liat. Jedoch ist im Vorfeld bereits darauf iiinzuweisen, dass der Erkenntnisgewinn nicht unmitteibar auf zukunftige Netzwerke der Energiewirtscliaft ubertragbar ist, da die Eingriffe in die bestehenden Wertsciiopfungsketten bei den analysierten Netzwerken mit Ausnahme der Netzwerke (6a) und (5) eher gering sind. Denn entweder wurden iedigiicii Wissensnetzwerke aufgebaut oder es wurden in das Netzwerk neue Aufgaben wie das Regulierungsmanagement ausgelagert, so dass hierdurch etablierte Prozesse niclit tangiert wurden. Zudem sei einschrankend darauf hingewiesen, dass im Netzwerk (5) keine Erfolgsfaktoren auf Unterneiinnensebene identifiziert werden konnten, da sich dieses Netzwerk erst kurzzeitig gebildet hat. Die Prozesse im Netzwerk waren zwar bereits umgesetzt, die notwendigen Anpassung in den Unternehmen sind jedoch noch nicht vollstandig durchgefuhrt wurden. Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass die Ergebnisse der Erfoigs- und Misserfolgsfaktorenerhebung auf Unternehmensebene kritisch zu hinterfragen sind. 5.2.2.1
Die Ergebnisse der Erfoigs- und Misserfolgsfaktorenerhebung auf Unternehmensebene
Wie die Tab. 20 deutlich aufzeigt, konnten im Rahmen der Empirie die meisten aufgefuhrten Erfolgsfaktoren nicht bestatigt werden. Es ist jedoch relativierend darauf hinzuweisen, dass die ubrigen Faktoren als nicht unbedeutend eingestuft wurden, ihnen jedoch keine herausragende Bedeutung zugesprochen wurde. So wurde beispielsweise in einer Vielzahl von Projekten auf die Unterstutzung von Unternehmensberatungen zuruckgegriffen (1, 4, 5, 6b), was den Ruckschluss zulasst, dass die Methodenkompetenz einen Erfolgsfaktor darstellt. Da jedoch den Unternehmensberatungen genau diese Kompetenz unterstellt wird, wurde in der Methodenkompetenz kein Erfolgsfaktor gesehen, sondern dIese als Mafistab fur ein normales Projekt vorausgesetzt. Als fehlerhaft und damit destruktiv fur den Wandel wurde keiner der aufgefuhrten Faktoren bezeichnet. Korrespondierend zu den Erfolgsfaktoren der Netzwerkebene fokussieren sich auch die Faktoren der Unternehmensebene auf die Integration-Funktion. Dadurch decken sich die Ergebnisse der Empirie mit den einleitenden Ausfuhrungen zum Change Management. Die alleinige Planung und Umsetzung des Wandels als sach-rationale Fragestellung genugen nicht den Anforderungen einer erfolgreichen Veranderung. Die Losung sach-rationaler Fragestellungen ist zwar wichtig fur einen Wandel, diese werden jedoch beherrscht und damit als normaler Madstab angesetzt. Der wesentllche Unterschied zu besonders erfolgreichen Projekten liegt in dem richtigen Umgang mit den Soft Facts, die sich insbesondere in der Integration-, aber auch in der Latent Pattern Maintenance-Funktion wiederspiegeln.
326
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
Komi^oiienteii das
Change Managemat^ Erfolgs^ictar Adap*
Attain-
IntegnrthMi
^ ^
Kommunikation Teamgeist und Motivation
Effizientes Stakeholder ManaQement Einbeziehung von Betroffenen Strukturelle und inhaltliche Voraussetzungen Ubergreifende Zusammenarbeit Commitment und Glaubwurdigkeit des Managements Individuelle und klare Zieldefinition und kommunikation Iterativer Ldsungs- bzw. Veranderungsprozess Kenntnisse derZusammentiSnge eines Change Management-Projektes Konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses Methodenkompetenz
Latent )P<8iMani Malnta> nanca
Change Management* Process
Titger daa Change Mana-
Anzahtctor Nennun* gen
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Offenes Vorgehen/offene Kommunikation Problemadaquates und individuelles Vorgehen Realistische und klare Vision / Zielsetzung Support durch TopManagement Synergetische Projektzusammensetzung
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Neue Erfoigsfaktoren 1
Es wurden keine neuen Erfoigsfaktoren identifiziert
|
kursiv: Erfoigsfaktor konnte durch die Empirie nicht bestatigt werden. Tab. 20:
Das Ergebnis der Erfolgsfaktorendiskussion des Change Managements auf Unternehmensebene
Maximal funf Nennungen moglich, da die Erfoigsfaktoren in den Fallstudien {6a) und {6b) gemeinsam erhoben wurden und in Fallstudie (5) noch keine Aussagen uber Erfoigsfaktoren auf Unternehmensebene getroffen werden konnten.
Erarbeitung von Empfehlungen fiir das Change Management von EVU
327
a) Die Kommunikation Die Kommunikation wurde in den Ausfuhrungen in Kapitel 3.5.3.1.3 zwar als Erfolgsfaktor identifiziert, jedoch wurde kritisiert, dass dieser Faktor zu unspezifisch ist. Im Rahmen der Empirie konnte dieser Faktor nun welter spezifiziert werden, so dass im Wesentlichen zwei Anforderungen an die Kommunikation herausgearbeitet werden konnten:
-
Offene and umfassende Kommunikation (1, 3) Um zu verhindern, dass durch Kommunikationsdefekte aufgrund einer Mund-zuMund-Propaganda die Ziele des Netzwerkes fehleriiaft im Unternehmen waiirgenommen werden und hierdurch Widerstande entstehen, ist eine offene und umfassende Kommunikation anzustreben. Eine derartige Information ist jedocii nicht zwangslaufig zu Beginn der konzeptionellen Piiase durchzufuhren. Unterschiedlichste Begrundungen kdnnen in Abhangigkeit von dem Umfeld eines konkreten Wandlungsvorhabens gegen eine fruiizeitige Information der Mitarbeiter angefuhrt werden. Wenn jedoch die Mitarbeiter informiert werden, dann offen und umfassend. So wurde im Netzwerk (6a) die Netzwerkkonzeption erfolgreich auf der Ebene der Bereichsleiter / Hauptabteilungsleiter erarbeltet, wobei Vertraulichkeit vereinbart wurde. Nach Abschluss der konzeptionellen Phase wurde dann eine umfassende unternehmensweite Information uber das Netzwerk durchgefuhrt, um gezielte Fehlinterpretationen und die Bildung von Geruchten zu vermeiden. Personiictier und vertraulicher Austausch in kritisctien Projektpliasen (1) Um die Individuellen Auswirkungen eines Netzwerkes fur den Mitarbeiter transparent darzustellen, wurden im Netzwerk (1) erfolgreich Individuelle Mitarbeitergesprache durchgefuhrt. Neben der Darstellung der Auswirkungen diente dieses Vorgehen auch dazu, individuelle Bedenken und Fragestellungen zu erortern.^^^^
Damit dient die Kommunikation dazu, Widerstande abzubauen. Dieser Abbau bezieht sich dabei auf alle drei der dargestellten Auspragungen von Widerstanden.^^^^ Mit der Schaffung von Transparenz kann ein rationaler und ein politischer WIderstand abgebaut werden, wobei dies voraussetzt, dass ein WIderstand das Resultat einer Fehllnterpretation der Auswirkungen des Aufbaus des Netzwerkes ist. Wenn dies nicht der Fall ist, kann ein derartiger WIderstand nicht mit Hilfe von Kommunikation abgebaut werden. Der emotlonale WIderstand kann dagegen Insbesondere durch den persdnlichen und vertraullchen Austausch in kritlschen Projektphasen abgebaut werden. Denn hierdurch werden die Individuellen Angste vor dem unbekannten Neuem thematlsiert und kdnnen dadurch eher abgebaut werden. Eine notwendige Basis fur den Erfolgsfaktor Kommunikation ist ein Vertrauensverhaltnis zwischen dem Kommunikator und den Rezlpienten. Denn insbesondere eine vermutete Integrltat ist die Voraussetzung dafur, dass die Nachricht des Kommunikators als glaubwurdlg aufgefasst wird. b) Der Teamgeist und die Motivation Die Ausfuhrungen zum Teamgeist und zur Motivation decken sIch mit den allgemeinen Ausfuhrungen zu den Erfolgsfaktoren und werden deswegen nicht welter erdrtert.
Ein weiterer Aspekt, der jedoch nicht ein Ergebnis der Fallstudien darstellt, ist die Mdglichkelt, durch derartige Gesprache zunachst die Hintergrijnde fur eine Blockade zu eruleren (vgl. HEINRICH (2004), S. 176).
Zu Auspragungen von Widerstanden slehe Kapitel 2.2.2.3.3
328
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
Neben den Erfolgsfaktoren wurden auch die Misserfolgsfaktoren auf Untemehmensebene analysiert. Wie aus Tab. 21 ersichtlich wird, konnten die Misserfolgsfaktoren „Fehlender Handlungsdruck" und „Ressourcenmangel" durch die Empirie bestatigt werden. Relativierend zu den erhobenen Misserfolgsfaktoren ist zu erwahnen, dass die analysierten Netzwerke mit Ausnahme von (6b) und teilwelse {6a) erfolgreich etabllert wurden; diese beiden Netzwerke scheiterten jedoch aufgrund von Faktoren auf der Netzwerkebene. Deswegen ist die Identifikation von Misserfolgsfaktoren problematisch, da nur wenige Faktoren identifiziert werden konnten, welche signifikant die erfolgsreiche Etablierung gehemmt haben. Kotnponenteri des Change Management Misseifolgsfafctor Adaption Fehlender Handlungsdruck
Goal Attainmerit
/
Inte* gration
Change ManagementProzess
Ti^ger des Change Managements
^
2
^
1
^
Misstrauenskultur Fehlende vertragliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern Mangelhafte Qualifikation der l\^itarbeiter Mangelnde ldentifit
Anzahl der Nennungen"^
2
^
Ressourcenmangel Fehlerhafter Umgang mit der Angst der Betroffenen
Projel
Latent Pattern Maintenance
1
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0
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^ Y
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0
Neue Misserfolgsfaktoren Es wurden keine neuen Misserfolgsfaktoren identifiziert
/ctvrs/V; Misserfolgsfaktor konnte durch die Empirie nicht bestatigt werden. Tab. 21:
Das Ergebnis der Misserfoigsfalitorendisitussion des Change Managements auf Untemehmensebene
a) Fehlender Handlungsdruck Der Misserfolgsfaktor des fehlenden Handlungsdrucks (2, 3) zeigt sich in zwei unterschiedlichen Auspragungen. Zum einen in der fehlenden Umsetzung von Netzwerkergebnissen im Unternehmen (3), zum anderen in der fehlenden Fortentwicklung des Netzwerkes (2). Die fehlende Umsetzung von Netzwerkergebnissen ist insbesondere vor dem Hintergrund erwahnenswert, dass in Kapitel 5.2.1.1 der ersichtliche Netzwerknutzen / die fachliche Qualitat als neuer Erfolgsfaktor identifiziert wurde. Die Netzwerke (2, 3) sind beides NetzMaximal ftinf Nennungen moglich, da das Netzwerk der Fallstudie {6b) nicht umgesetzt wurde und deswegen keine Ruckschlusse auf das Change Management der Untemehmensebene moglich waren; zusatzlich konnten in Fallstudie (5) noch keine Aussagen uber Misserfolgsfaktoren auf Untemehmensebene getroffen werden. Dieser Misserfolgsfaktor bezieht sich explizit auf Kulturveranderungen.
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
329
werke, deren Netzwerknutzen primar in der konzeptionellen Arbeit liegt. Wenn nun als Misserfolgsfaktor der Unternehmensebene festgestellt wird, dass die erarbeiteten Ergebnisse nicht umgesetzt werden, ist zu hinterfragen, ob ein ersichtlicher Netzwerknutzen bei diesen Netzwerken wahrgenommen wird. Eine ahnliche Interpretation iasst die fehlende Fortentwicklung des Netzwerkes zu. Abgesehen von diesen Aspekten deutet der IVIisserfolgsfaktor darauf hin, dass die betroffenen Weiterverteiler noch keinem existentiellen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. Denn die fehlende Umsetzung bezog sich im Wesentlichen auf gemelnsam erarbeitete Best-practiceEmpfehlungen fur Netz- und Serviceprozesse. Es ist naheliegend, dass ein Unternehmen, dass einem signifikanten Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist, derartige Optimierungsansatze eher umzusetzen versucht als ein Unternehmen in einem moderaten Wettbewerbsumfeld. Dieser Aspekt wurde bereits bei der Diskussion des Wettbewerbsumfelds von Energieversorgungsunternehmen diskutiert und deckt sich mit den theoretischen Ausfuhrungen. In Kapitel 2.3.4.2 wurde festgestellt, dass ein fehlender Handlungsdruck modellinharent ausgeschlossen werden kann, da in diesem Fall der Change Management-Prozess nicht ausgelost wurde. Diese Argumentation ist zwar prinzipiell auch fur die beschriebene Unternehmensebene gultig, jedoch kann eine derartige Blockade die Entwicklung des Netzwerkes hemmen, wenn Netzwerkaufgaben auf das Unternehmen ubertragen werden, um sie im Rahmen einer Kooperation auch fur Netzwerkpartner durchzufuhren oder unternehmensinterne Ablaufe angepasst werden sollten, um hierdurch Synergieeffek-
Wenn derartige negative Auswirkungen auftreten, obliegt es dem Change Management der Netzwerkebene, auf die Umsetzung auf der Unternehmensebene hinzuwirken. Hierzu bedient sich das Change Management den skizzierten Machtressourcen der Netzwerkebene (siehe Kapitel 3.5.3.1.2). b) Der Ressourcenmangel Der Ressourcenmangel zeigt sich in den Netzwerken (2, 3) als Mangel an der Ressource Zeit. Auch wenn dieser Mangel im ailgemeinen Sprachgebrauch gebrauchlich ist, beschreibt er jedoch nicht einen Mangel im Sinne der vorliegenden Arbeit. Denn er ist vielmehr lediglich ein Symptom dafur, dass einzelnen Mitarbeitern zu viele Aufgaben ubertragen wurden oder die Arbeitseffizienz der Mitarbeiter nicht ausreichend ist, um die ubertragenen Aufgaben durchzufuhren. Unter der Pramisse, dass die Aufgabenzuteilung nicht fehlerhaft ist, also beispielsweise einzelnen Mitarbeitern zu viele Aufgaben zugewiesen werden, obwohl andere adaquate Mitarbeiter freie Kapazitaten zur Verfugung haben, stellt der beschriebene Ressourcenmangel einen Mangel an adaquaten Mitarbeitern dar. Die Zusammensetzung von Arbeitsgruppen ist in diesem Zusammenhang eine wesentliche Fragestellung, was am Belspiel eines umfangreichen IT-Projektes gezeigt werden kann. Wie RiNSCHEDE bei der Untersuchung derartiger Projekte in der Energiewirtschaft feststellte, ist die Leistungsfahigkeit eines IT-Systems und damit auch die Leistungsfahigkeit eines Unternehmens maflgeblich davon abhangig, wie qualiflziert die Projektmitarbeiter sind (siehe Abb. 112).^^®^ Da derartig hoch qualifizierte Mitarbeiter jedoch gleichzeitig im operativen Tagesgeschaft einen hoheren Mehrwert fur das Unternehmen generieren, beziehungsweise Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Prozesse harmonisiert werden, um eine identische und standardisierte Schnittstelle zu gemeinsamen Serviceprozessen zu erhalten. Vgl. RINSCHEDE (2004), S. 26
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
330
gegebenenfalls sogar die einzigen Mitarbeiter sind, die nicht-standardisierte Aufgaben ubemehmen konnen, resultiert aus dem Einsatz dieser Mitarbeiter eine temporare Schwachung des Unternehmens. Dies entspricht dem Effekt, der bereits im Zusanrimenhang mit der Organisational Transformation aufgezeigt wurde (siehe hierzu Abb. 9, Seite 35). i" I
Gesteigert
Hoch qualifizierte Mitarbeiter/erfahrene Mitarbeiter
Zeit
Zeitlicher Verzug
Durcfisctinittiicti qualifizierte Mitarbeiter/ urierfahrene Mitarbeiter
I—J Temporare Schwachung des Unternehmens durch hoch qualifizierte Projektmitarbeiter im '—' Vergleich zur Projektbesetzung mit durchschnittlichen Mitarbeitern Effizienzgewinne bei Projektbesetzung durch mit hoch qualifizierten Mitarbeitern
Abb. 112:
Bedeutung der Projektzusammensetzung '
Die Ressource der adaquaten Mitarbeiter ist demnach im Spannungsfeld zwischen der Projektarbeit und dem weiterhin durchzufuhrenden operativen Tagesgeschaft zu betrachten. Insbesondere fur kieinere Weiterverteiler besteht diesbezugllch die Problematik, dass ihre personellen Ressourcen zumeist nicht ausreichend sind, um gleichzeitig einerseits in alien Arbeitsgruppen zur Konzeption von Netzwerken vertreten zu sein und andererseits auch das operative Tagesgeschaft weiterhin angemessen durchzufuhren. Um dieser Problematik zu begegnen, haben die beteiligten Weiterverteiler des Netzwerkes {1) die Relevanz der einzelnen Arbeitsgruppen aus der unternehmensindividuellen Sicht bewertet und nur in strategisch wichtigen Arbeitsgruppen ihre qualifiziertesten Mitarbeiter entsendet. 5.2.2.2
Erganzende Erkenntnisse des Change Managements auf Unternehmensebene vor dem Hintergrund der Neufassung des EnWG
Wie bereits dargestellt worden ist, ist ein umfassender Anpassungsbedarf bei den Energieversorgungsunternehmen aufgrund der Neufassung des EnWG zu erwarten. Hierbei deutet sich unabhangig von der Etablierung eines Unternehmensnetzwerkes ein Paradigmenwechsel an, der fundamental Auswirkungen fur die Unternehmen hat. Denn ein Unternehmen hat zumindest die Anforderungen des buchhalterischen und informationellen Unbundling zu erfullen; wenn es zum Legal Unbundling verpflichtet ist, ergeben sich Optionen von der Ausgrundung einer Netzfuhrungsgesellschaft bis zu einer strategischen Holding. Werden diese einzelnen Optionen auf der Unternehmensebene mit der Netzwerkebene verbunden, ergeben sich strategische Handlungsmoglichkeiten, wie in Abb. 113 dargestellt. Es wird dabei die These aufgestellt, dass Unternehmen, die nicht zum Legal Unbundling verpflichtet sind und keinem Netzwerk beitreten, langfristig nicht wettbewerbsfahig sind.
RINSCHEDE (2004), S. 2 6
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
331
Umfang der Netzwerkarbeit Umfangreiche Netzwerkarbeit
DSO-Netzwerk
SI •o ^ a,
III
C 4> »
III
EigenstSndige strategische Holding
Keine / minimale Netzwerkarbeit
Buchhalterisches/ informationelles Unbundling^) i —
NetzfiJhrungsgesellschaft
_, . . . StrategiSChe Holding
Umfang der Ausgliedemng
Zunehmender Umfang des Change Managements auf Unternehmensebene
1) Nur zutreffend fiir Unternehmen < 100.000 Kunden, die nicht zum Legal Unbundling verpflichtet sind
Abb. 113:
CD
Beispielhafte EnWG-konforme Unternehmensstrategien
Umfang des Change Managements auf Unternehmens- und Netzwerkebene in Abhangigkeit von der Unternehmensstrategie
Das Unbundling stellt damit auch wesentliche neue Anforderungen an die Unternehnnen auf der Unternehnnensebene, wobei hiervon aus der Perspektive der Adaption-Funktion insbesondere die Informationstechnologie, die Aufgaben und die Prozesse betroffen sind. Zusatziicii wird durch die Einfuiirung einer Anreizreguiierung ein indirekter Wettbewerb zwischen den Netzbetreibern geschaffen. Werden diese beiden Elemente miteinander verbunden, ergibt sich ein grundverschiedener Ablauf strategisch eJementarer Prozesse, wie in Abb. 114 anhand des Prozesses der Jahresplanung DSO gezeigt wird. Es sei angemerkt, dass sich dieser Prozess nicht andert, wenn kein DSO-Netzwerk, sondern iediglich ein eigenstandiger DSO ausgegliedert wird. In diesenn Fall entfallen Iediglich die Aufgaben In „Unternehmen n". Ausgehend von eIner Netzplanung Im integrierten Energieversorgungsunternehmen werden bei der Jahresplanung DSO bereits wesentliche Aufgaben aus dem Netzbereich herausgelost und auf den DSO ubertragen (linker Ablauf in Abb. 114). Jedoch kann hierbei der Netzbereich noch im Wesentlichen seinen Investitionsbedarf bestimmen, da durch das Costplus-Verfahren innerhalb einer bestimmten Bandbreite der Investitionsbedarf grundsatzlich gedeckt ist, Damit lasst sich dieses Modell zusammenfassen in „Die geplanten Investitionen bestimmen das Budget" Mit der Einfuhrung der Anreizreguiierung ist das zur Verfiigung stehende Budget dagegen fest vorgegeben, die geplanten Investitionen mussen sich an diesem Budget orientieren. Damit ist dieses Modell nun diametral entgegengesetzt zu dem ersten, denn nun kann festgestellt werden „Das Budget bestimmt die durchfuhrbaren
332
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
Investitionen." Wird dies nun mit einem Netzwerk kombiniert, ergibt sich ein Ablauf, wie rechts in Abb. 114 dargestellt. Der Netzbereich, der vor dem Unbundling unabhangig und risikoarm planen konnte, erhalt nun von einenn externen Netzwerkpartner strikte Budgetvorgaben und muss sich daruber hinaus auch noch von ihm seine Planungen genehmigen lassen. Neben strukturellen Anpassungsbedarf bei bestehenden Ablaufen, der Einfuhrung neuer Ablaufe verbunden mit steigenden Effizienzanforderungen, ergeben sich dadurch fundamentale kulturelle und machtpolitische Anderungen. Prozess:
UnterUnternehmen 1 nehmen n
Jahrespianung DSO
1
§ x:
JZ 0
Cost-plus-Kalkulation
l
E
E
z
c
1
(D
Investitionsbedarf ermittein
Budgetvorgaben ersteiien
0 o)
Prozessualer Anpassungsbedarf bei DSO-Netzwerken durch die Einfuhrung einer / \ A n r e i z r e g u l ierung V ^ s . .
c 3 IH)
TTJ i " ^
A
li
E
'V •0
V
Jahrespianung erstellen
Jahrespianung genehmigen
E
0 A
$ $
Investitionsbedarf abstimmen
Jahrespianung abstimmen
z
3
Planungsvorgaben erstetlen
0
1
0
(D
E B c 3
DSO C3)
^
L^
Prozess:
\M
i>
Z ^
UnterUnternehmen 1 nehmen n
u
c sz 0 0)
DSO
1
c _2
i
0
Jahrespianung DSO z Anreizregulierung
3
E c 3
z
Finanzpian aufsteiien
_.
1
, ...
A
•^
Investitionsplanung im Rahmendes Budgets durchfiihren investitionspianung genehmigen
V
O
Abb. 114:
= Entscheidung
@ = Airtivitat
rS,
V
E B c 3
,' .Vf n $
Jahresumsatz prognostizieren
Jahresbudget vor ge ben
^1 li
A, V
0 1 <^-J
= Kommunilotion
Auswirkungen der Einfuhrung einer Anreizregulierung auf die Jahresplanungsprozesse des DSO
IVIachtpoiitische und struktureile Anderungen betreffen zusatzlich auch den Vertriebsbereich. Wie in Abb. 115 darstellt, haben die Anforderungen des informationellen und organisatorischen Unbundlings zur Folge, dass eine Vielzahl von Aufgaben, die derzeit in Ganze Oder zumindest teilweise im vertrieblichen Bereich eines EVU durchgefuhrt werden, verlagert werden mussen. Das Energiedatenmanagement, die Abrechnung und das Forderungsmanagement sind aus dem vertrieblichen Bereich zu verlagern, da ansonsten den Anforderungen des informationellen Unbundlings nicht genugt wird, well der Vertrieb sonst Informationen von fremdversorgten Kunden im Zugriff hatte. Gleiches gilt fur die Verlagerung des Netzvertriebs, wobei
Erarbeitung von Empfehlungen fur das Change Management von EVU
333
dieser auch aufgrund der Anforderungen des organisatorischen Unbundlings verpflichtend wird.^'^^
\ , :
EVU ' / - ' 1 1
1
1
Netz
Vertrieb
Service
Netzfuhrung
Tarifkundenvertrieb
IT
Netzbetrieb
Sondervertragskundenvertrieb
Controlling
Abreohnung
^
::::::::::::::::::::::::::::V ^ \ Forderungsmartagement .._.r -SL Tarifkunden- ^^"X;^ ^ betreuungi) I ;
r%
••Sondervertragskundenbetreuung
<;J
'
V
S N
Energiedatenmanagement
Netzvertrieb
'S
< 1) Zum Erhalt von Synergieeffekten kann die Verlagerung der gesamten Kundenbetreuung sinnvoll sein.
Abb. 115:
Umverteilung aufgrund der Anforderungen des informationellen und organisatorischen Unbundlings
Auswirkungen des informationellen und organisatorischen Unbundlings
Durch diese Verlagerung wird die innerbetriebliche Stellung des vertriebllchen Bereichs deutlich geschwacht. Diese Schwachung wird noch verstarkt, wenn die gesamte Tarifkundenbetreuung in den Servicebereich ausgelagert wird, was sinnvoll sein kann, um bestehende Synergien bei der Betreuung nicht zu zerstoren.^^^"^ In diesem Fall wiirde ledigllch der Sondervertragskundenvertrieb und die -betreuung, sowie der Tarifkundenvertrieb im vertriebllchen Bereich verbleiben. Letzterer wird derzeit zumeist lediglich passiv durchgefuhrt, so dass er sich dann auf die Produktentwicklung beschrankt.
Als ein Beispiel fiir die Ubernahme von netzvertrieblichen Aufgaben durch den Energievertrieb ist die Entgegennahme und Bearbeitung von reinen Netzanschlussfragen von Kunden zu nennen. So steilen WENZEL / CORD in ihrer Studie test, dass die Bereiche, in denen die groBten Synergieverluste drohen, die informationsrelevanten Betreuungsprozesse wie das Customer Care, die Kundenabrechnung sowie das Mess- und ZahlenA/esen sind. Deswegen wird vorgeschlagen, eine Servicebereiche aufeubauen, was der Darstellung in Abb. 115 entsprlcht (vgl. WENZEL / CORD (2004), S 129 f.).
334
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilem und Stadtwerken zu Netzwerken
Die kulturellen Implikationen, die sich aus den skizzierten Anderungen ergeben, resultieren zunachst aus dem inter- und intraorganisationaien Anpassungsbedarf, also dem Verhaltnis der einzelnen Bereiche zueinander sowie dem Veriiaitnis der Bereiciie zum Netzwerk. Aufgrund des steigenden Wettbewerbsdrucks ist jedoch zusatzlicli zu erwarten, dass die Unterneiimen flexibel und aufgeschlossen neuen Dienstleistern, Lieferanten und Partnern gegenubertreten mussen. Denn der Einkauf von Dienstleistungen ann Markt, wie beispielsweise die Durciifuhrung von Zahlerablesungen vor Ort oder die Abreciinung von Tarifkunden inklusive dem Forderungsmanagement, ist zum Zwecke der Effizienzsteigerung genauso wie das Insourcing von Dienstleistungen, wie beispielsweise das Facility Management, eine mogliche Option zur Steigerung der Wettbewerbsfahigkeit.
Offenheit, LJmweltorientierung
(IV) Kulturpragende Rolle der Mitarbeiter 8 Indiyidueiie rKuiturpragung
(I) Offenheit von Unternehmenskulturen
lafBeschlos;ollektive^.-'i^^Qheit, pragung O""'®"tierung Mit^fieder als AKfeure
7 H
lyiitglieder als n^itarbeiter \^Kostenoriei\tierung \ Instrumentelle "--JDrientierOni
Andefiingsfeindlio^h
Einheitskulturelle Pragung
^asisorientferung
V
Sub- ^ ' kulturgfle F^ragung
6 (III) Kulturpragende Rolle der Fijhrung
•>4
Spitze* ^ orientierVing
Entwickluhgsr^ orientierung
Konfiguration einer offenen, entwicklungsorientierten Unternehmenskultur
^
(II) Differenziertheit von Unternehmenskulturen
Anpassungsbedarf
Ist-Zustand einer angebotsmonopolistisch gepragten Unternehmenskultur
Abb. 116:
Potenzieller kultureller Anpassungsbedarf in einem wettbewerbsintensiven Energiemarkt
Eine derartige Anderung des Wettbewerbsumfelds verbunden mit neuen Optionen der Leistungserstellung und des -bezugs bedingt jedoch eine Offnung der Organisation. Diese wiederum erfordert ahnliche kulturelle Anderungen, wie sie bereits Zusammenhang mit einer Netzwerkkultur skizziert wurden (siehe Abb. 116). Denn auch wenn die beschrlebene
Einordnung der empirischen Ergebnisse in die theoretischen Ausfuhrungen
335
Marktoffnung nicht den Aufbau eines Netzwerkes beschreibt, sind dennoch kulturelle Merkmale erstrebenswert, die ein flexibles Handein mit den Geschaftspartnern ermoglicht. Je nach Ausgangssituation ist der hierfur notwendige kulturelle Wandel auflerst langwierig. Dies wurde sowohl in den theoretischen Ausfuhrungen als auch in der Empirie ausgefuhrt. Wie bereits erwahnt, konnte ein derartiger kultureller Wandel bei dem Regionalverteiler aus Fallstudie {4) auch acht Jahre nach dem Beginn der Liberalisierung noch nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Die aufgezeigten Aspekte haben die Eingangs formulierte These bekraftigt, dass durch die Neufassung des EnWG ein unternehmenslnterner Wandel zu erwarten ist, der den bisherigen Wandlungsbedarf der Energieversorgungsunternehmen deutlich ubertrifft. Wie skizziert wurde, sind fundamentale Anderungen auf der sach-rationalen Ebene, der Machtverteilung innerhalb des Unternehmens und der Unternehmenskultur zu erwarten.
5.3
Einordnung der empirischen Ergebnisse in die theoretischen Ausfuhrungen
Urn die empirischen Ergebnisse in die theoretischen Ausfuhrungen einordnen zu konnen, soil zunachst diskutiert werden, ob sich die Netzwerke in einem monopolistisch gepragten Umfeld in die Ausfuhrungen einordnen lassen, Oder ob es Anpassungen im Verstandnis von derartigen Netzwerken bedarf. Darauf aufbauend wird die dynamische (prozessuale) und die strukturelle Dimension des Change Managements zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken sowie die Ausfuhrungen zu den Tragern des Change Managements kritisch hinterfragt. Die Einteilung orientlert sich damit an dem Grundmodell von Abb. 11 (Seite 41)^^^^, bezieht es jedoch auf die Unternehmens- und die Netzwerkebene. Damit werden die folgenden vier Fragestellungen reflektiert: Existieren in monopolistischen Markten Netzwerke, deren normative Basis und Leitdifferenz sich von den ubrigen Netzwerken unterscheidet (Netzwerksicht)? Bildet der interaktionsorientierte Netzwerkansatz die Entwicklung eines Netzwerkes hinreichend ab (prozessuale Sicht)? Bedarf die skizzierte FIT-FunktIon einer Erganzung um eine Dimension aufierhalb der AGIL-Konfigurationen der betrachteten Unternehmen (strukturelle Sicht)? Ergibt sich ein Erganzungsbedarf zu den skizzierten Tragern des Change Managements (Trager des Change Managements)? a) Existieren in monopolistisclien Markten Netzwerke, deren normative Basis und Leitdifferenz sich von den ubrigen Netzwerken unterscheidet? Die Empirie hatte unter anderem zum Ergebnis, dass bei alien Netzwerken, bei denen Transaktionen zwischen Weiterverteilern und den vorgelagerten Regionalversorgern bereits zur Zeit vor der Liberalisierung existierten, aufgrund dieser Historie das Verhaltnis belastet sein kann. Hieraus folgt, dass bereits vor der Liberalisierung eine Bezlehung neben den Episoden aufgebaut wurde, die Beziehungsatmosphare also nicht nur aus Episoden bestand. Aus dem Interaktionsorientierten Netzwerkansatz und dem darauf aufbauenden Bezugsrahmen der vorliegenden Arbeit wurde hieraus jedoch folgen, dass dann eine netzwerkartige Koordinationsform bereits vor der Liberalisierung existierte, da sich eine
Es sei angemerkt, dass in der Abbildung die strukturelle Sicht als „die Komponenten des Change Managements" bezeichnet wurde.
336
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
marktiiche Koordinationsform dadurch auszeichnen wurde, dass ausschliefilich Episoden zwischen den Partnern ausgetauscht werden. Hieraus wurde sich jedoch ein Widerspruch zu dem dargestellten Modell ergeben. Einerseits unterhalten die Unternehmen neben Episoden Beziehungen zueinander, was einer marktlichen Koordinationsform widersprechen wurde, andererseits existiert die normative Basis eines Netzwerkes, das Vertrauen, zwischen den Unternehmen nicht. Dieser Antagonismus lasst sich jedoch Idsen, wenn das Verstandnis einer marktiichen Koordinationsform erweitert wird. Wenn diese Koordinationsform nicht ausschiieliiich auf Episoden beschrankt wird, sondern zusatziich angenommen wird, dass auch bei einer marktiichen Koordinationsform Beziehungen aufgebaut werden konnen, besteht dieser Widerspruch nicht mehr. Der wesentliche Unterschied zu einer netzwerkartigen Koordinationsform ist jedoch weiterhin die Leitdifferenz des Preises anstelle des Vertrauens. Durch diese Anpassung wird auch das Verstandnis eines Netzwerkes relativiert. Denn nach dem bisherigen Verstandnis wurden sich zwangslaufig netzwerkartige Koordinationsformen bilden, die alleine der Tatsache geschuldet sind, dass Unternehmen miteinander wiederholt Geschaftsbeziehungen unterhalten und durch die Interaktionen auch Beziehungen aufgebaut haben. Dieser Automatismus ist jedoch nicht allgemeingultig, denn nicht jede langerfristige Geschaftsbeziehung ist einem Netzwerk gleichzusetzen. Durch die beschriebene Erweiterung ist dies nun eingeschrankt worden. Fur das Change Management ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, bereits zu Beginn der Initiierung eines Netzwerkes die bestehenden Beziehungen zwischen den Unternehmen und damit auch die Historie der Interaktion zu berucksichtigen. Dies stellt damit eine Erweiterung des bisherigen Modells dar, da zuvor angenommen wurde, dass eine derartige Analyse nicht notwendig ist. b) Bildet der interaktionsorientierte Netzwerkansatz die Entwicklung eines Netzwerkes hinreichend ab? Es hat sich gezeigt, dass das modifizierte Modell des interaktionsorientierten Netzwerkansatzes die Ergebnisse der Fallstudien weitestgehend erklaren kann. Die Dualitat von Struktur und Interaktion wurde dabei auf Grundlage des interaktionsorientierten Netzwerkwerkansatzes welterentwickelt und konnte in der Emplrie beobachtet werden. Insbesondere die Entwicklung der Machtstrukturen bei Netzwerken zwischen Regional- und Weiterverteiiern von fokalen Netzwerken zu Netzwerken mit paritatischer Machtverteilung lassen sich als pragnantes Beispiel hierfur heranziehen. Der interaktionsorientierte Netzwerkansatz beschreibt dabei die Entwicklung von Netzwerken anhand des in Abb. 59 (Seite 174) dargestellten Modells. Auch wenn dieses Modell die Evolution eines Netzwerkes anschaulich darstellt, hat die Empirie jedoch ergeben, dass die dargestellten Entwicklungsstufen nicht mit den Fallstudien ubereinstimmen. Denn drei Ergebnisse widersprechen dem Model!:
-
Die Entwicklungsstufen von Netzwerken sind nicht mit der Zeit korreliert. Denn wie die Netzwerke {6a, 4, 2) gezeigt haben, resultiert aus der Dauer des Bestehens eines Netzwerkes nicht zwangslaufig eine Weiterentwicklung der Bindung aneinander. Die Netzwerke konnen vielmehr auch auf einer Stufe verharren. Auf der ersten Kooperationsstufe ist der hohe Ressourceneinsatz von lediglich einem Partner nicht zwingend. Vielmehr haben die Fallstudien gezeigt, dass je nach Netzwerkkonfiguration auch auf der ersten Stufe alle Partner Ressourcen entsprechend ihres Leistungsvermogens einbringen konnen {6a, 6b, 1).
Einordnung der empirischen Ergebnisse in die theoretischen Ausfuhrungen
337
Auch wenn die Rahmenbedingungen ein Zusammenwachsen der Kooperationspartner ermoglichen wurden, stellt die Entwicklung keinen Automatismus dar (6a, 4, 2). Somit kann auf jeder Stufe lediglich ein Netzwerkpotenzia! festgestellt werden; die Ausschdpfung dieses Potenzials ist wiederum von der FIT-Funktion abhangig. Werden diese Punkte berucksichtigt, ergibt sich das in Abb. 117 dargestellte Model!. In Ubereinstimmung mit dem prozessualen Vorgehen initiiert dabei zunachst ein Unternehmen, die Bildung eines Netzwerkes. Aufgrund der hierfur notwendigen Vorarbeiten, investiert dieses Unternehmen zunachst in die Erarbeitung der Positionsbestimmung und Zielsetzung auf der Netzwerkebene (siehe hierzu auch Abb. 81, Seite 229), bevor das Netzwerk gemeinsam aufgebaut wird. Die weiteren Phasen bilden damit eine Entwicklung ab, bei der weder die Verteilung des Ressourceneinsatzes noch die des Kooperationsnutzens durch das Modell festgelegt sind. Die Initiierung
1. Kooperationsstufe
2. Kooperationsstufe
3. Kooperationsstufe
Netzwerkpotenzial
Ressourceneinsatz Kooperationsnutzen Abb. 117:
Vertrauen
Die Entwicklung von Unternehmensnetzwerken
Im Wesentlichen modifiziert bzw. erganzt das Modell damit den interaktionsorientierten Netzwerkansatz um die folgenden Punkte:
-
Der notwendige Ressourceneinsatz verbunden mit dem generierten Kooperationsnutzen wird in Summe fur jede Kooperationsstufe dargestellt. Damit wird von einer konkreten Verteilung des Ressourceneinsatzes und des Kooperationsnutzens auf jeder Stufe abstrahiert. Es wird jedoch dem interaktionsorientierten Ansatz gefolgt, dass in fruhen Stufen der Ressourceneinsatz den Nutzen ubersteigt und sich dieses Verhaltnis erst in den spateren Stufen umkehrt. Als unabhanglge Variable fur die einzelnen Stufen wird nicht mehr die Zeit angesehen, sondern das Vertrauen. Damit ist in dem Modell auch abbildbar, dass ein Netzwerk direkt auf einer hoheren Stufe aufgebaut wird, wenn das notwendige Vertrauen vorhanden ist. Somit ist auch der Fall {6a) berucksichtigt.
338
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken Es wird in dem Modell keine zwingende Entwicklung mehr aufgezeigt. Vielmehr wird lediglich ein Potenzial fur eine Entwicklung dargestellt.
Dieses Modell definiert die Grenzen des Change Managements. Netzwerkgegenstande, die oberhalb des Netzwerkpotenziales liegen, lassen sich demzufolge nicht unmittelbar umsetzen, sondern bedurfen vertrauensverstarkender Mafinahmen. Zudem zeigt dieses Modell perspektivisch die zu erwartende Entwicklung von Ressourceneinsatz und Kooperationsnutzen auf und unterstutzt damit die Planung der Zielerfullung des primaren und sekundaren Ziels des Change Managements. Aus dem Vorhandensein eines ausreichenden Netzwerkpotenzials lasst sich jedoch nicht schlieflen, dass fur jede Transaktion ein Netzwerk die empfehlenswerteste Koordinationsform darstellt; die Prufung basierend auf der FIT-Funktion bleibt hiervon demnach unberuhrt. Auf der anderen Seite lasst sich hier ein wesentlicher Erarbeitungsbedarf fur das Change Management ableiten, wenn die FIT-Funktion das Netzwerk als optimale Koordinationsform empfiehit, das notwendige Netzwerkpotenzlal jedoch noch nicht aufgebaut ist. c) Bedarf die skizzierte FIT-Funktion einer Erganzung um eine Dimension auflerhalb der AGIL-Konfigurationen der betractiteten Unternehmen? Die Verwendung des AGIL-Schemas zur Strukturierung hat sich bewahrt, die Interpretation der einzelnen Funktion mit Hilfe der dargestellten Modelle konnten das Change Management operationalisieren. So wurden im Rahmen der Empirie weder Phanomene beobachtet, die sich nicht in das Schema einordnen liefien, noch haben sich einzelne AGIL-Funktionen als irrelevant herausgestellt. Die auflerordentliche Bedeutung der historischen Beziehungen hat die Relevanz der Beziehungsatmosphare aufgezeigt. Somit wurde es moglich, das Change Management zu strukturieren und dadurch die Komplexitat im Wandel deutlich zu reduzieren. Hierdurch kann das Phanomen der Veranderung einerseits erklart und andererseits konnen daruber hinaus Handlungsempfehlungen abgeleltet werden. Durch die Interdependenzen zwischen den einzelnen AGIL-Funktionen ist der Wandel dadurch jedoch nicht trivial geworden. Bel der Anwendung des Bezugsrahmens bedarf es einer umfassenden Analyse des gesamten Wandels. So haben die vorherigen Ausfuhrungen gezeigt, dass Netzwerke auch dadurch scheitern konnen, well Machtsponsoren, die nur einen mittelbaren Einfluss auf ein Unternehmen haben, die Zustimmung zu dem Netzwerk verweigern. Als Beispiele fur derartige Machtsponsoren wurden Burger im Rahmen von Burgerentscheiden und (eingeschrankt) die Interessen eines ubergeordneten Konzerns genannt. Bel einer Beschrankung der Analyse auf ein Unternehmen waren diese Machtsponsoren nicht erfasst worden, was den Schluss nahe legen wurde, dass diese mittelbaren Machtsponsoren mit dem AGIL-Schema nicht erfasst und damit auch nicht in der FIT-Funktion berucksichtigt werden. Jedoch wurde in Tab. 9 (Seite 185) festgestellt, dass der strategische FIT der Goal Attainment-Funktion einerseits durch die strategischen Unternehmensziele, andererseits durch die Machtverteilung bestimmt wird. Hiermit sind demnach auch die mittelbaren Machtsponsoren erfasst. Die Problematik besteht folglich viel eher darin, die relevanten Machtsponsoren zu identifizieren und darauf aufbauend ihre Motive und Ziele abzuschatzen. Oftmals sind diese einerseits nicht offengelegt und andererseits unterliegen sie mitunter auch einem kurzfristigen Wandel. Fur das Change Management ergibt sich damit die Herausforderung, auch die mittelbaren Machtsponsoren zu identifizieren und entweder zu beeinflussen oder zumindest die Zielsetzung zu beruckslchtlgen. Ansatzpunkt fur deren Identifizierung sind dabei die Mitglleder aller Organe, die einem Wandel zustimmen mussen sowie die leitenden Motive dieser Mitglleder.
Zusammenfassung der Ergebnisse
339
d) Ergibtsich ein Erganzungsbedarf zu den skizzierten Tragern des Change Managements? Aus den Fallstudien lassen sich keine Hinweise ableiten, dass die Ausfuhrungen zu den Tragern des Change Managements fehlerhaft sind Oder einer Uberarbeitung bedurfen. So konnten sowohl die Ausfuhrungen zu den Macht- und Fachsponsoren als auch die Ausfuhrungen zu der Organisation des Wandels bestatigt werden. 5.4
Zusammenfassung der Ergebnisse
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die theoretischen Ausfuhrungen im Wesentlichen bestatigt wurden. Die aufgezeigten Dimensionen des Change Managements haben sich ganzlich als relevant erwiesen; daruber hinaus konnten keine weiteren Dimensionen identifiziert werden, die fur das Change Management relevant sind und sich nicht in den aufgezeigten Bezugsrahmen einordnen lassen. Hieraus wird gefolgert, dass der Bezugsrahmen angemessen fur die Forschungsfragen ist. Der Bezugsrahmen konnte sowohl fur ein Change Management der Unternehmens- als auch der Netzwerkebene angewendet werden. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere auf der Netzwerkebene branchenspezifische Betrachtungsschwerpunkte identifiziert, die eine Erganzung beziehungsweise eine Modifikation zu den allgemeinen Ausfuhrungen aus Kapitel 1 darstellen. Neben den Schwerpunkten, die daraus resultieren, dass die Energiewirtschaft eine infrastrukturintensive Branche ist, sind insbesondere die folgenden Charakteristika der Energiewlrtschaft im Allgemeinen und Weiterverteilern im Speziellen ursachlich fur diese Schwerpunkte des Change Managements auf Netzwerkebene: -
Die angebotsmonopolistische Historie der Energiewirtschaft hat zur Folge, dass sich die Unternehmen in der Vergangenheit zumeist keinem Wandel stellen mussten. Dadurch sind neben Fragestellungen, die bei jedem Wandel bearbeitet werden mussen, insbesondere auch kulturelle und das Gemeinschaftssystem betreffende Fragestellungen zu losen. Denn aufgrund des fehlenden Erfahrungswissens mit einem Wandel sind Vorbehalte und Angste gegenuber dem Wandel stark ausgepragt. Die kommunale und regionale Verankerung von Versorgungsunternehmen hat zur Folge, dass sie bei der Planung und Durchsetzung von Veranderungen die kommunalen beziehungsweise regionalen Rahmenbedingungen zu berucksichtigen haben. Eine derartige Berucksichtigung bedeutet fur das Change Management, dass nicht grundsatzlich die aus Unternehmenssicht optimale Losung umgesetzt werden kann, sondern eher ein Kompromiss aus kommunalen beziehungsweise regionalen Interessen auf der einen Seite und Unternehmensinteressen auf der anderen Seite zur Umsetzung kommt.
Hieraus ergibt sich, dass insbesondere zu Beginn eines Vorhabens, in der Phase des Aufbaus eines Netzwerkes, der Schwerpunkt auf der Goal Attainment- und der IntegrationFunktion liegen sollte. Denn auch wenn im Zeitablauf Fragestellungen des kulturellen Wandels genauso wie die des Wandels der sach-rationalen Dimension bedeutend werden, kann ein Netzwerk nur dann erfolgreich aufgebaut werden, wenn ein Vertrauen in das Netzwerk existiert. Neben MaRnahmen, die dem Vertrauensaufbau dienen, sind hierfur solche empfehlenswert, die das Risiko eines Netzwerkbeitritts reduzieren. Hierzu hat sich eine Beteiligung der betroffenen Netzwerkpartner verbunden mit einer paritatlschen Machtverteilung zumindest bei der operativen Netzwerkfuhrung bewahrt. Auf der Unternehmensebene ist der Change Management-Umfang wesentlich von der gewahlten Unternehmensstrategie abhangig. Er steigt dabei deutlich an, wenn nicht nur die Mindestanforderungen des EnWG erfullt werden, sondern vielmehr Modelle, wie die strategi-
340
Erfolgreiches Change Management von Regionalverteilern und Stadtwerken zu Netzwerken
sche Holding umzusetzen sind. Urn derartige Modelle umsetzen zu konnen, hat sich das Vorhandensein eines signifikanten Handlungsdrucks als elementar herausgestellt. Dessen Bedeutung ergibt sich aus den gefestigten Strukturen verbunden mit einer wandlungsresistenten Unternehnnenskuitur, die oftmals bei den Energieversorgungsunternehmen anzutreffen ist. Die Netzwerk- und die Unternehmensebene konnen jedoch nicht unabhangig voneinander betrachtet werden. VIelmehr bestehen wesentliche Interdependenzen zwischen den beiden Ebenen. Dadurch wird die Komplexitat des Change Managements noch einmal deutiich gesteigert; die Bedeutung eines strlngenten, umfassenden und koordinierten Change Managements wird hierdurch noch einmal evident.
6
Schlussbetrachtung
Die Energiewirtschaft steht aufgrund der Neufassung des EnWG vor einem fundamentalen Wandel. Aufgrund der Vorschriften zum Unbundling, die spatestens bis zum Jahr 2007 umgesetzt sein mussen, einer deutlichen Verscharfung des Wettbewerbs sowie einem zu erwartenden Preisdruck aufgrund des Aufkommens eines indirekten Wettbewerbs durch die Einfuhrung einer Anreizregulierung resultieren drei grofie Herausforderungen, die zudem teilweise diametral entgegengesetzt sind: -
Steigerung der Effizienz im Vertriebs-, Service- und Netzbereich, urn vor dem Hintergrund wegfallender Quersubventionierungsmoglichkeiten und einem steigenden Kostendruck wettbewerbsfahig zu bleiben, Erfijllung der neuen, umfangreichen Aufgaben des Regulierungsmanagements, die unabhangig von der Grofle des Energieversorgers zu erfullen sind und Sichersteliung der Wettbewerbsfahigkeit, da eine deutliche Wettbewerbszunahme bei fortschreitender Liberalisierung zu erwarten ist.
Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, sind insbesondere kleinere Weiterverteiler gezwungen, zu fusionieren oder ein gemeinsames Netzwerk aufzubauen. Letztere Alternative wird aufgrund unterschiedlicher Beweggrunde zumeist angestrebt. Hierbel wurden zwei unterschiedliche Auspragungen von Netzwerken aufgezeigt. Zum einen Wissensnetzwerke, bei denen Losungsansatze fur die zukunftigen Herausforderungen konzeptionell im Netzwerk erarbeitet werden, die Umsetzung jedoch individueil in den einzelnen Unternehmen erfolgt und zum anderen strategische Allianzen beziehungsweise Joint Venture, bei denen operative Aufgaben in das Netzwerk verlagert werden. Es konnte gezelgt werden, dass der Aufbau beider Netzwerkauspragungen aufierst langwierig und komplex ist. Erschwerend haben sich daruber hinaus die historischen Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft erwiesen, aus denen zusatzliche Hemmnisse bei dem Aufbau eines Netzwerkes resultieren. Neben unternehmensinternen Hemmnissen wie beispielsweise einer Veranderungsresistenz von Mitarbeitern, unternehmenspolitisch begrundeten Widerstanden oder auch Problemen auf der sach-rationalen Ebene existieren insbesondere bei potenziellen Kooperationspartnern auf unterschiedlichen Wertschopfungsstufen auch historisch bedingte Probleme auf der Beziehungsebene. Werden diese Erkenntnisse auf die skizzierten Herausforderungen ubertragen, die aus der Neufassung des EnWG resultieren, kann konstatiert werden, dass der Aufbau von Wissensnetzwerken zwar aus Sicht des Change Managements als die eher realisierbare Option erscheint, durch die jedoch auch geringere Synergiepotenziale realisiert werden kdnnen. Aufgrund dieser geringeren Synergiepotenziale ist zu erwarten, dass insbesondere Weiterverteiler langfristig auch in den operativen Prozessen zusammenarbeiten mussen. Denn mit der Einfuhrung einer Anreizregulierung verbunden mit den proportional deutlich hoheren Belastungen durch das Regulierungsmanagement sowie deutlicher Synergieverluste aufgrund unterkritischer Mitarbeiterkapazitaten, die aus dem informatorischen Unbundling resultieren, ist die Uberlebensfahigkeit eines Unternehmens fraglich, das weder in ein Netzwerk eingebunden ist, noch sich durch eine Fusion vergroflert. Es ist offensichtlich, dass fur ein derartiges Netzwerk ein erheblich groRerer Anpassungsbedarf notwendig wird. Dieser ist jedoch nicht unabhangig von den moglichen Modellen eines Netzwerkes. Diese Modelle orlentieren sich dabei an den in Kapitel 4.3.1 dargestellten Polen von der Netzfuhrungsgesellschaft bis zur strategischen Holding.
342
Schlussbetrachtung
Wie aus den Ausfuhrungen deutlich wurde, kann ein Netzwerk nicht unabhangig von den bestehenden Ist-Konfigurationen der beteiligten Untemehmen und der Beziehungsatmosphare etabliert werden, da einerseits Restriktionen durch das Netzwerkpotenzial vorliegen konnen und andererseits die FIT-Funktion fur die jeweiligen Transaktionen das Netzwerk als optimale Koordinationsform identifizieren muss. Werden diese Aspekte berucksichtigt, konnen die in Abb. 118 aufgezeigten Tendenzaussagen bezuglich der Wahl des Netzwerkumfangs bei Energieversorgungsunternelimen, die zum Legal Unbundling verpflichtet sind, abgeleitet werden. Relativierend sei jedoch angemerkt, dass Unternehmen, die aufgrund ihrer Grofle einen eigenstandigen DSO wettbewerbsfahig betreiben konnen, nicht dargestellt sind. DSONetzwerk
Strategische Holding als Netzwerk
1 ^^^ 1 ^ 1
EVU
^
AGILFunktionen
!•-
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V 1 1 s 1
1
1 N 1 1 V 11
MDSO
^j . ^
A
Wettbewerbsfahige Produkte existieren fiir die Bereiche Netz, Vertrieb und Service
bestehrnd^MaAte . ., .
G
. . .
1
^
^
Die strategische Ausrichtung der Unternehmen ist...
Abb. 118:
...auf die Bearbeitung neuer Markte ausgerichtet
Das Vertrauensverhaltnis zwischen den Kooperationspartnern...
... uberwiegend angebotsmonopolistisch gepragt
L
Die Unternehmenskulturen der Partner sind...
lii
Netzwerkgegenstand
[V]
Vertriebsbereich
[NI
Netzbereich
[s]
Servicebereich
umfanalich
...ist im vollen Umfang gegeben
... uberwiegend offen, flexibel und wettbewerbsorientiert
Tendenzaussagen zur Ausgestaltung von Netzwerken zwischen den Polen des DSO-Netzwerkes und der strategischen Holding als Netzwerk
Beide Auspragungsformen bedtirfen eines umfangreichen Change Managements. So konnten die im Folgenden aufgefuhrten Punkte als wesentlich fur den erfolgreichen Aufbau von Netzwerken in der Energiewirtschaft identifiziert werden: -
Sicherstellung einer EnWG-konformen und effizienten Organisation des Netzwerkes, wobei im besonderen Fokus prozessuale, IT-technische und strukturelle Fragestellungen stehen, Sicherstellung einer eindeutigen, abgestimmten und transparenten Definition der aktuellen und zukunftigen Ziele des Netzwerkes, Aufbau einer Machtverteilung im Netzwerk, die sich am Nutzen orientiert, die ein Unternehmen fur das Netzwerk generiert unter angemessener Berucksichtung der Interessen der kleineren Partner, Aufbau von Vertrauen im Vorfeld der Auslagerung von Aufgaben in das Netzwerk und
Schlussbetrachtung -
343^
Berucksichtigung der kulturellen Besonderheiten von EVU, die im Wesentlichen in der angebotsmonopolistischen Historie der Unternehmen begrundet sind.
Neben dem Aufbau eines Netzwerkes liat jedes Unternehmen unabiiangig davon die Anforderungen des EnWG intern umzusetzen mit dem iiieraus resultierenden Paradigmenweciisei. Somit wird ein zielfuhrendes Change Management zukunftig relevanter werden. Fiir die Unternehmen wachst damit der Druck zu einem zeitnahen Handein kontinuierlich. Selbst unter gunstigen Bedingungen, wie sie beispielsweise in Fallstudie (5) vorlagen, kann fijr den Aufbau eines Netzwerkes ein Jahr taxiert werden; die ubrigen Falistudien haben gezeigt, dass dies noch deutiich langwieriger sein kann. Die interne Restrukturierung kann auf zwei bis funf Jahre geschatzt werden, wie unter anderem die bereits zitierte ILOI-Studie gezeigt hat. Diesem Zeitbedarf steht auf der anderen Seite die Verpflichtung zum Unbundling im Jahr 2007 gegenuber sowie die Einfuhrung der Anreizregulierung im Jahr 2007 Oder 2008. Hierdurch wird der derzeitige Handlungsdruck offensichtlich. Hieraus wird deutiich, dass ein Change Management zwei Ebenen zu betrachten hat, die Unternehmens- und die Netzwerkebene. Hierzu wurde ein umfangreiches Zwei-EbenenModell des Change Managements erarbeitet, dass sowohl das Unternehmen als eine Ebene als auch die Schnittmenge der Unternehmen, das Netzwerk, als zweite Ebene einbezieht. Neben der Diskussion der Vorgehensweise und der Organisation des Change Managements konnten somit die folgenden Fragen beantwortet werden:
-
Wie wird der Wandel auf der sach-rationalen Ebene durchgefuhrt, um die Ziele des Wandels unter Berucksichtigung der Restriktionen an den Wandel zu realisieren? Welche Ziele werden verfolgt und wie sind diese Ziele durchzusetzen? Wie sind die Unternehmen als soziale Systeme zu berucksichtlgen? Wie sind die (unternehmens-) kulturellen Aspekte zu berucksichtlgen?
Diese Fragen basieren auf einem modifizierten Modell des AGIL-Schemas von PARSONS und stellen damit die ganzheitliche Betrachtung sicher. Deswegen sind sie auch nicht nur partiell zu beantworten. Denn eine wesentliche Erkenntnis ist, dass ein Kernproblem des Wandels darin besteht, dass ein Veranderungsprojekt erst dann erfolgreich wird, wenn alle Dimensionen des sozio-okonomischen Systems auf Unternehmens- und auf der Netzwerkebene entweder bereits wandlungskonform aufgestellt sind oder in die Betrachtung des Change Managements einbezogen werden. Die ausschlieflliche Betrachtung der sach-rationalen Dimension, wie sie oftmals in der traditionellen Organisationslehre anzutreffen Ist, hat sich damit als genauso unzureichend herausgestellt wie die Fokussierung auf einzelne Aspekte einer Veranderung, wie beispielsweise ,Regeln des Change Managements' oder .Leitsatze des Change Managements'. Derartige Ansatze simpliflzieren das Change Management. Wie im Rahmen der vorliegenden Arbeit gezeigt wurde, ist bereits das Change Management der Unternehmensebene aufierst komplex. Jedoch ubertrifft die Etablierung eines Netzwerkes ubertrifft das bereits aufierst vielschichtige Change Management auf Unternehmensebene noch einmal deutiich:
-
Das Change Management betrlfft nicht nur ein Unternehmen, sondern alle elngebundenen Netzwerkpartner. Je nach Netzwerkkonfiguration kann daruber hinaus das gesamte Netzwerk scheitern, wenn der Wandel in lediglich einem Unternehmen scheitert. Neben den Unternehmensebenen existiert zusatzlich eine Netzwerkebene, deren Ausgestaltung auflerst komplex sein kann. Denn abgesehen von Fragestellungen wie der Notwendigkeit der Harmonisierung und Ubertragung von Aufgaben, Strukturen, Prozessen und Technik i.w.S. ergeben sich neue Fragestellungen wie beispielsweise die Machtverteilung zwischen den Kooperationspartnern.
344
Schlussbetrachtung -
Wesentliche Machtgrundlagen zur Durchsetzung eines Veranderungsvorhabens entfallen ganz oder sind nur noch marginal vorhanden. So sind beispielsweise die M6glichl<eiten einer (im-) materiellen Bestrafung sowie einer immateriellen Belohnung deutlich vermindert, was den Wandel insbesondere in kritischen Situationen erschwert. Von besonderer Relevanz sind soziale IVIechanismen wie beispielsweise das Vertrauen. Derartige Mechanismen zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass ihr Aufbau nicht zeitnah moglich ist.
Urn diese Fragestellungen beantworten zu konnen, wurde nun ein Modell erarbeitet, dass sowohl eine strukturelle Begrundung fur ein Netzwerk als auch die dynamischen Entwicklung eines Netzwerkes abbildet, da hierauf aufbauend ein Modell fur ein Change Management zur Etablierung von Unternehmensnetzwerken abgeleitet werden konnte. Es wird damit zum einen erkiart, welche Bedingungen zutreffen mussen, damit der Aufbau eines Netzwerkes angestrebt wird. Denn im Umkehrschluss lasst sich hieraus auch folgern, wann die strukturellen Bedingungen nicht mehr gegeben sind, um Netzwerke aufzubauen, was das Verstandnis zum Change Management derartiger Unternehmensnetzwerke vertieft. Zum zweiten wird die evolutionare Entwicklung eines Netzwerkes diskutiert, da in Ubereinstimmung mit Netzwerktheorien, wie dem zugrunde gelegten interaktionsorientierten Netzwerkansatz, die These vertreten wird, dass sich Netzwerke sukzessive fortentwickeln. Die Entwicklung zu einem Netzwerk wurde ausgehend von einer hierarchischen Koordinationsform analysiert, die Entstehung eines Netzwerkes ausgehend von einer marktiichen Koordinationsform war explizit nicht Gegenstand der Untersuchung, da dies fur die Energiewirtschaft vor dem Hintergrund der Neufassung des EnWG nicht von Relevanz ist. Hier wird jedoch ein zukunftiger Forschungsbedarf gesehen, da es zu uberprufen gilt, ob ein Change Management in diesem Fall ahnlich komplex ist. Gegen diese Vermutung konnte angefuhrt werden, dass in diesem Fall die Transaktionen unspezifischer sind, was eine geringere Bindung der Partner aneinander zur Folge hat und damit der Faktor des Vertrauens an Relevanz verliert. Zudem kann angefuhrt werden, dass ein Netzwerk wie beispielsweise langfristige Lieferbeziehungen grundsatzlich eine geringere Komplexitat aufweist als strategische Allianzen oder Joint Ventures. Somit konnte die Operationalisierung des Modells nicht allgemeingultig durchgefuhrt werden, sondern es wurde, wie im Forschungsdesign (siehe Abb. 4, Seite 11) dargestellt, eine kontextspezifische Analyse der Energiewirtschaft durchgefuhrt. Es kann nun angenommen werden, dass sich neben dem Ausgangspunkt fur den Aufbau eines Netzwerkes auch die Netzwerkauspragungen und die einzelnen Branchen deutlich voneinander unterscheiden, so dass ein zukunftiger Forschungsbedarf zum Change Management zur Etablierung von Netzwerken besteht. In diesem Zusammenhang wird die Fragestellung relevant werden, ob ein generalisiertes Modell grundsatzlich operationalisierbar sein wird, oder sich die detaillierte Beschreibung eines Change Managements grundsatzlich auf Partialmodelle bezlehen muss. Hierfur konnte angefuhrt werden, dass sich einzelne Netzwerkauspragungen von der Abnahmegarantie bis zum Joint Venture so deutlich in ihrer Konfiguration und in den notwendigen Rahmenbedingungen unterscheiden, dass das Einzige, was sie noch verbindet, die Tatsache ist, dass es sich bei beiden Auspragungen um Netzwerke handelt. Eine ahnliche Begrundung konnte auch fur Netzwerke in unterschiedlichen Branchen angefuhrt werden. Denn auch hier kann vermutet werden, dass sich der Aufbau von Grundernetzwerke in der New Economy von der Etablierung von Netzwerken aus angebotsmonopolistischen Unternehmen der Old Economy derart unterscheidet, dass ein allgemeingijltiges, jedoch glelchzeitig nicht generisches Change Management Modell aufgrund der hohen Komplexitat nicht Oder nur partiell beschreibbar sein wird.
Schlussbetrachtung
345^
Urn diese Fragen beantworten zu konnen, sind Forschungsergebnisse fur andere Branchen und Netzwerkauspragungen abzuwarten. Dann kann uberpruft werden, inwieweit sich die Ergebnisse derart gleichen, dass ein allgemeingultiges Modell abgeleitet werden kann. Ein solches Modell wurde sich dann voraussichtlich auch eignen, urn einerseits der von SYDOW geforderten Betrachtung interorganisationaler Strukturen und Prozesse branchenunabhangig nachzukommen und andererseits die von ihm gestellte Frage bezuglich des Zusammenhanges zwischen einer Netzwerk- und den dazugehorlgen Unternehmenskulturen zu beantworten.^^^^ Die vorliegende Arbeit soil einen Schritt auf diesen Weg darstellen.
Vgl. Fudnote 894 (Seite 211) und Fuflnote 916 (Seite 223)
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Anhang A. Prozessmodelle des Change Managements Im Folgenden werden uberblickartig verschiedene Vorgehensmodelle fur das Change Management dargestellt. Wie bereits in Kapitel 2.2.3.2 dargelegt worden ist, lassen sich alle Modelle in den im Rahmen der vorliegenden Arbeit erarbeiteten Prozessrahmen uberfuhren. Die Modelle lassen sich danach unterschelden, ob sie in ihrer ursprunglichen Form eher dem Wandel 1. Ordnung, dem Wandel 2. Ordnung oder unspezifisch beiden Auspragungen des Wandels zuzuordnen sind. Es sei an dieser Steile jedoch darauf hingewiesen, dass sich eine Vielzahl von Vorgehensmodellen auch derart verallgemeinern lassen, dass sie unspezifisch fur alle Auspragungen des Wandels geeignet sind. Die aufgezeigten Vorgehensmodell stellen keine vollstandige Erhebung der in der Literatur diskutierten Modelle dar. Dies ware auch nicht zielfuhrend fur die vorliegende Arbeit. Vielmehr wurde eine Auswahl von Modellen getroffen, die aus der Sicht des Verfassers entweder haufig in der Change Management Literatur anzutreffen sind oder aufgrund ihres Charakters einen Erkenntnisgewinn uber das Wesen von Vorgehensmodellen von Change Management-Prozessen generieren.
A.1.
Prozessuale Vorgehensmodelle des First-order Change
Exploration phase — •
Change process
Need Awareness
Change process
Diagnosis
Search - ^ ^ - Contracting
Abb. 119:
Planning phase
Design - ^ ^
Decision
—•
Action phase
Change process
—•
Integration phase
Change process
Implementation
stabilization
Diffusion -^
- • - Renewal
The integrative model of change nach BULLOCK / BATTEN^^®^
Das erste Modell ist das Vorgehensmodell von BULLOCK / BATTEN (siehe Abb. 119).^^^^ Es ist der Organisationsentwicklung zuzuordnen. Kennzeichnend fur dieses Modell ist, dass in diesem Modell zugleich der Status einer Organisation und der Prozess des Wandels abgebildet wird. Dies ist ein notwendiges Charakterlstikum eines solchen Modells, da die Organisationsentwicklung, wie beschrieben, den Wandel als einen evolutionaren Prozess der sukzessiven Verbesserung auffasst. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es die vier Hauptphasen in Jewells sich gegenseitig interdependierende Unterphasen unterteilt. Das Modell ist dabei explizit auf den EInsatz von Unternehmensberatern ausgelegt, da es schon in der ersten Phase die Aufgabenvertellung 1267 1268
BULLOCK / BATTEN (1985) zitiert aus HARIGOPAL (2001), S. 53 Vgl. zu den folgenden Punkten BULLOCK / BATTEN (1985) zitiert aus HARIGOPAL (2001), S. 52 ff.
Anhang
376
zwischen dem Einsatz interner und extemer Projektmitarbeiter im Rahmen des Contractings thematisiert. Es ist demnach ein Modell, das den beraterorientierten Ansatz der Organisationsentwicklung abbildet. Der beratungsorientierte Hintergrund wird dadurch deutlich, dass in den ersten beiden Phasen eine explizite Exploration und Planung des Wandels durchgefuhrt wird. Die evolutionare Entwicklung wird in der dritten Phase deutlich, der Actionphase. Hierbei wird die sukzessive Verbesserung durch ein Wechselspiel aus der Implementierung und der Evaluation abgebildet. Abgeschlossen wird das Vorgehen mit einer Phase der Integration des Wandels in die Organisation. An dem Modell wird die Kritik an dem beraterorientierten Ansatz der Organisationsentwicklung deutlich, da dieses Vorgehensmodell explizit einen Projektcharakter ausweist, der durch einen eindeutig definierten Start- und Endpunkte gekennzeichnet ist. Eine Etablierung eines Prozesses der laufenden Verbesserung sieht dieses Modell zunachst nicht vor. I. Vorbereitungs- oder Einstiegsphase
n fl. Haupt- und Entwicklungsphase Bestandsaufnahme \ Ist-Analyse )
ij Oberprufung Korrektur
^ III. Abschlussphase Abb. 120:
Ablauf-Schema fur einen OE-Prozess nach ENGELHARDT / GRAF / SCHWARZ
Dieser Projektcharakter wird durch das Ablauf-Schema nach ENGELHARDT / GRAF / SCHWARZ deutlich relativiert (siehe Abb. 120). Zwar scheint das Modell zunachst auch einen eindeutigen Projektstart sowie ein eindeutiges Projektende zu haben, bei detaillierterer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass die evolutionare Entwicklung in der Phase II, der Haupt- und Entwicklungsphase abgebildet wird. Die erste Phase dagegen dient dazu, die Voraussetzung dafur zu schaffen, dass ein evolutionarer Prozess der Verbesserung in dem Unternehmen etabliert werden kann. Gegenstand der Abschlussphase ist die offizielle Etablierung beschlossener Maflnahmen. ENGELHARDT / GRAF / SCHWARZ sind sich hierbei durchaus uber den scheinbaren Widerspruch zwischen laufender Verbesserung und einem ProjektabENGELHARDT/GRAF/SCHWARZ (1996), S. 128
Prozessmodelle des Change Managements
377
schluss bewusst, wenn sie feststellen „Auch wenn das Konzept der Jernenden Organisation' einen dauerhaften Prozefl der Selbstveranderung und Entwicklung intendiert, muss eine offiziell besciilossene OE-Mafinahme als geplante und gezielte Form der Selbstveranderung irgendwann abgeschlossen sein."^^^° P . . %"^ZlZ
^ \ }
T^ Abb. 121:
•""^nosing
t
\ Planning and \ Evaluating and\ ) ) lmplemen«ng ) ) ,.ns«.u«ona // lizlng Change . Change
t
General Model of Planned Change nach CUMMINGS / WORLEY^^^^
Das General Model of Planned Change nach CUMMINGS / WORLEY (siehe Abb. 121) basiert auf dem Modell zum Wandel von Organisationen von LEWIN,^^''^ dem Action Research Modell,^^^^ sowie dem Contemporary Action Research.^^'''^ Die wesentlichen Erkenntnisse dieser drei Modelle wurden dabei zu einem aus theoretischer und praktischer Sicht umfassenden Modell zusammengefasst. Um Vergleich zu den zuvor vorgestellten Modellen legt dieses Vorgehensmodell einen verstarkten Fokus auf die Institutionalisierung der Organisationsentwicklung, bzw. der lernenden Organisation.""^^^ CUMMINGS / WORLEY fuhren in ihren Ausfuhrungen aus, dass genau diese Institutionalisierung des standlgen Wandels und Lernens in der Literatur der Organisationsentwicklung zumeist vernachlassigt wird. Um diesem zu begegnen, erarbeiten sie einen ..Institutionalization Framework", der eine Kultur des Wandels etabliert und einen Prozess des Wandels institutionalisiert.^^^^ Aufgrund dieses Verstandnisses einer lernenden Organisation, die das Lernen nicht als Aufgaben innerhalb eines abgeschlossenen Projektes ansieht, sondern als bestandige Aufgabe einer Organisation entspricht das Modell weitestgehend dem Verstandnis des Autors fur ein prozessuales Vorgehensmodell fur eine lernende Organisation.
1270 1271
ENGELHARDT / GRAF / SCHWARZ (1996), S. 150 Vgl. CUMMINGS/WORLEY (2001), S. 28
Vgl. Kapitel 2.1.3.2. Port wird die von SCHEIN uberarbeitete Modellvariante von LEWIN diskutiert. Das Action Research Modell ist ein in der Praxis haufig angewendetes Modell der Organisationsentwicklung. Es umfasst acht Phasen, die speziell auf die evolutionare Entwicklung von Organisationen angepasst sind (vgl. hierzu bspw. CUMMINGS/WORLEY (2001), S. 23ff.). Auch dieses sechsstufige Modell hat sich in der Praxis durchgesetzt. Es ist wie das Action Research Modell ein haufig eingesetztes Modell der Organisationsentwicklung. Im Gegensatz zu dem vorherigen Modell legt dieses Modell jedoch einen grolieren Fokus auf die Vorarbeiten der Organisationsentwicklung (vgl. bspw. CUMMINGS / WORLEY (2001), S. 26 ff.).
Es $ei an cjieser Stelle angemerkt, dass in der Terminologie der beiden Autoren eine Organisationsentwicklung, bzw. organizational development, diskutiert wird. Im Rahmen der Terminologie der vorliegenden Arbeit wird jedoch die Etablierung einer lernenden Organisation thematisiert (vgl. hierzu Kapitel 2.1.3.1 sowie CUMMINGS/WORLEY (2001)). Vgl. CUMMINGS/WORLEY (2001), S. 186-214
Anhang
378 A.2. Prozessuale Vorgehensmodelle des Second-order Change denial avoidance resistance procrastination ^ \ ^ triggering event
development tune-up stabilizing
^ /
transitioning managing training planning
Abb. 122:
awareness accepting reframing letting-go commitment
Phasenmodell des Second-order Change nach LEVY/ MERRY
Das Phasenmodell nach LE\A^/ MERRY bildet vier Phasen ab (siehe Abb. 122)J^^^ Wesentliches Charakteristikum des Modells ist, dass es in dem Vorgehen explizit die Konnbination aus einem First-order und Second-order Change abbildet, da nach diesem Modell ausgelost durch eine Krise ein grundlegender Wandel durchgefuhrt wird, der nach einer erfolgreichen Umsetzung so lange evolutionar weiterentwickelt wird, bis ein erneuter grundlegender Wandel notwendig wird.
Initiierung
Abb. 123:
Identifikation
Seiektion
Organisation
Analyse
Redesign
Umsetzung
Impliziertes Phasenmodell des Reengineering nach HAIVIIVIER / CHAIVIPY
HAMMER / CHAMPY haben mit ihren Arbeiten zum Business Reengineering insbesondere in der Praxis eine hohe Resonanz erfahren (siehe Abb. 123).^^^° Trotz dieser Popularitat wurde von ihnen kein explizites Vorgehensmodell entworfen; vielmehr entspricht das dargestellte Modell einer Zusammenfassung der textuellen Ausfuhrungen des Standardwerks zum Business Reengineering.^^^^ Das Vorgehen von HAMMER / CHAMPY entspricht noch dem klassischen Verstandnis der Organisationslehre, in der die Umsetzung von Konzepten lediglich ein Problem der korrekten Anweisung ist.^^^^ So stellen die Autoren explizit fest, dass die praktische Umsetzung des Business Reengineering nicht Gegenstand ihrer Ausfuhrungen ist."*^^^
1278 1279
1280 1281 1282 1283
Vgl. LEVY/MERRY (1986), S. 274. Im Original wurden die Pfeilrichtungen vertauscht. Vgl. zu den folgenden Ausfuhrungen LEVY/ MERRY (1986), 273 ff. Vgl. MuFFELMANN (1998), S. 87. Dieses Modell orientiert sich an den impliziten Ausfuhrungen von HAMMER / CHAMPY uber das Vorgehen bei der Realisierung von Reengineering-Projekten (vgl. HAMMER/CHAMPY (1996), S. 142,167,190). Vgl. hierzu die Ausfuhrungen in Kapitel 2.1.1 Vgl. HAMMER/CHAMPY (1996), S. 142, 167, 190
Vgl. hierzu Kapitel 2.1 Vgl. HAMMER / CHAMPY (1996), Epilog
379
Prozessmodelle des Change Managements
External change, problems & opportunities
Recognition of the need for change
Abb. 124:
Start of change process
Diagnosis Review present state ^
^ Identify future state
Plan and prepare for implementation
Implement change
Review
Change Management-Prozess nach HAYES / HYDE
Das Vorgehensmodell von HAYES / HYDE ist aus der Kritik an den klassischen Vorgehensmodellen fur revolutionare Wandelvorhaben heraus entstanden (siehe Abb. 124).^^^^ So wird den klassischen Vorgehensmodellen des ofteren vorgehalten, dass sie keine Rucksprunge zu vorgelagerten Phasen vorsehen. Diese Kritik korreliert mit der im vorherigen Modell dargestellten Auffassung, dass organisatorische Anderungen lediglich ein pianerisches Problem sind, was implizit eine vollstandige Planbarkeit von Wandlungsvorhaben voraussetzt. Dieser Ansicht sind HAYES / HYDE nicht, wenn sie feststellen „At first glance of this model suggests that change is a neat, rational and linear process. This Is not always the way that it unfolds and is experienced in practice."^^^^ Das Modell Ist sehr allgemein gehalten, so dass es fur Change Management Projekte auf Unternehmens-, Bereichs- Oder Teamebene angewendet werden kann. Somit ahnelt es prinzipiell schon sehr dem im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Vorgehensmodell.
1284 1285
HAYES / HYDE (1998) zitiert aus HAYES (2002), S. 54 Vgl. HAYES / HYDE (1998), S. 54 ff. H A Y E S / H Y D E ( 1 9 9 8 ) , 8. 54
Anhang
380 A.3. Unspezifische prozessuale Vorgehensmodelle
Vorlaufphase Abb. 125:
Pianungs- und ^ Vorbereitung )Entscheidungs phase Die Phasen des Implementierungsprozesses nach SCHREYOGG / STEINMANN / ZAUNER^^®^
SCHREYOGG / STEINMANN / ZAUNER beschreiben ein funfphasiges Vorgehensmodell fur den
Wandel eines Unternehmens (siehe Abb. 125).^^^^ Dabei wird das Modell in 14 Unterphasen weiter detailliert. Das Modell stellt dabei einen klassischen Umsetzungsprozess dar, der stringent die Veranderung durchlauft. Dabei sind in dem Modell keine Rucksprunge innerhalb des Ablaufes vorgesehen; lediglich bei Projektabschluss, wenn die DIffusionsphase gezeigt hat, dass eine Ausdehnung des Projekts bzw. der Projektergebnisse auf das Unternehmen nicht sinnvoll sind, ist ein Rucksprung vorgesehen. Ein welterer Kritikpunkt an dem Modell ist, dass das Modell die einzelnen Projektschritte und deren Reihenfolge zwar sehr detailliert darlegt und deswegen einen Uberblick uber durchzufuhrende Tatigkeiten gibt; jedoch wurde eine modellgetreue Umsetzung unflexibel sein, was eine praktische Umsetzbarkeit des Vorgehensnnodells fraglich erscheinen lasst. __ Oieersten Uberlegungen
I '
Gezielte Sondierung
\ Diagnose und' ^ Kraftfeld/ analyse
Abb. 126:
Schaffen der Projektgrund' lagen
Konzeptentwicklung und Mafinahmenpianung
Kommunika- \ \ tionskonzept //
Vorentscheidung
Datenerhebung
Experimente und Praxistest
Datenfeedback
Entscheidung
Praxiseinfiihrung / Umsetzungs begleitung
Schritte Im Veranderungsprozess nach DOPPLER / LAUTERBURG
Das Vorgehensmodell nach DOPPLER / LAUTERBURG (slehe Abb. 126) unterscheidet sich hinsichtlich des Detaillierungsgrades grundlegend von den ubrigen vorgestellten Modellen. Dieses fein gegliederte Modell wurde vor dem HIntergrund entworfen, typische Problemfelder im Rahmen des Change Managements aufzuzeigen. Obwohl dieser Anspruch fur eine detaillierte Analyse des Change Managements durchaus sinnvoll sein kann, bleibt zu kritisieren, dass der Detaillierungsgrad bis zur Praxiseinfuhrung zwar sehr detailliert ist, jedoch die in der Umsetzung kritischen Phase der Implementierung nicht, bzw. nur sehr unspeziflsch abgebildet wird durch den letzten Schritt „Praxiseinfuhrung / Umsetzungsbegleitung", sowie eine Etablierung einer Kontrolle des Wandels in dem Vorgehensmodell ganzlich vernachlassigt wurde.
1287 1288
Vgl. SCHREYOGG/STEINMANN/ZAUNER (1978), S. 127
Vgl. hierzu auch STAEHLE (1999), S. 958 Vgl. DOPPLER / LAUTERBURG (1995), S. 106
Fallstudien
381
B. Fallstudien B. 1. Der Aufbau der Fallstudien Die Struktur der einzelnen Fallstudien orientiert sich an den Forschungsfragen sowie dem gewahlten Bezugsrahmen (siehe Abb. 127).
Struktur der Fallstudien Kapitel B.x.1 Uberblick ijber das Netzwerk Kapitel B.x.3 Forschungsfrage 2: Beschreibung des am Netzwerk betelligten Unternehmens
Kapitel B.x.2
Forschungsfrage 1: Beschreibung und Konfigurationdes Netzwerkes
A - Netzwerkstruktur
Zieldefliiition: Q - Aufgabe des Netzwerkes - Zielsetzung / Entwicklur^ des Netzwerkes Zieldurchsetzung: - Absti mm ungsprozesse / Machtverteilung im Netz
- Beschreibung der Netzwerkkultur
- Motivation zur Netzwerkmitarbeit/ Widerst^nde bei der Netzwerkarfoeit
1
L In das AGIL-Schema eingeordnet: Gliederung und Unterkapitel der Fallstudien
Kapitel B.x.4 Forschungsfrage 3: Vorgehen zur Etablierung des Netzwerkes / wesentliche Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Change \ ^ ^ Management ^ Prozess x
trigerdes Change ^ Managements >
X ist Platzhalter fur die jeweilige Fallstudie
Abb. 127:
Struktur der Fallstudien
Erfolgsfaktoren /htenmnnisselm Wandef
382
Anhang
Wie aus der Abbildung ersichtlich sind die Fallstudien in vier Unterkapitel aufgegliedert: -
-
-
Der Uberblick uber das Netzwerk beschreibt die wesentlichen Parameter des Netzwerkes wie beispielsweise die Grofle des Netzwerkes, die Anzahl der Partner und das Jahr der Grundung. Des Weiteren werden Spezifika des Netzwerkes dargestellt, wenn sie fur die Fallstudie relevant sind. Dies konnen beispielsweise en/vahnenswerte Altersstrukturen sein, die fur das Verstandnis des Netzwerkes von Relevanz sind. Das Netzwerk wird im darauffolgenden Kapitel Beschreibung und Konfiguration des Netzwerkes beschrieben. Wie aus der Abbildung ersichtlich, orientiert sich die Gliederung an dem AGIL-Schema, jedoch wird aufgrund des Umfangs der Goal AttainmentFunktion diese in drei Unterkapitein beschrieben. Gegenstand dieses Kapitels ist damit die erste Forschungsfrage.^^^° Die Beschreibung des am Netzwerk beteiligten Unternehmens orientiert sich an der Struktur der Beschreibung des Netzwerkes. Damit wird in diesem Kapitel die zweite Forschungsfrage thematisiert.''^^'' Abschlieflend wird die dritte Forschungsfrage^^^^ im Rahmen des Kapitels Vorgehen zur Etablierung des Netzwerkes / wesentlictie Erfolgsfaktoren und Hemmnisse thematisiert. Drei wesentliche Fragestellungen werden hierbei diskutiert. Wie wurde zur Etablierung des Netzwerkes vorgegangen, wie war das Projekt strukturiert und welche wesentlichen Erfolgsfaktoren und Hemmnisse existierten auf Netzwerk- und Unternehmensebene?
Die Fallstudie beschreibt damit einerseits das Netzwerk aus der Netzwerkperspektive, andererseits werden die Implikationen des Netzwerkes auf das im Rahmen der Fallstudie untersuchte Unternehmen beschrieben. Um zusatzliche Handlungsempfehlungen fur ein erfolgreichies Change Management zu erarbeiten, schlieRt die Fallstudie mit der Beschreibung der Vorgehensweise zur Etablierung des Netzwerkes, der Projektorganisation sowie der wesentlichen Erfolgsfaktoren und Hemmnisse, die aus der Sicht der Beteiligten bei dem Aufbau des Netzwerkes bestanden. Die einzelnen Fallstudien bauen aufeinander auf. So werden Erkenntnisse, die aus den vorherigen Fallstudien gewonnen wurden und einer naheren Untersuchung bedurfen, in den folgenden Fallstudien vertiefend analysiert. Deswegen schlieflt jede Fallstudie mit einer Zusammenfassung wesentlicher Aspekte und Bedarf an einer Vertiefung in den folgenden Fallstudien.
^^^° ^^^^ ^^®^
sieheSeitelO SieheSeitelO SieheSeitelO
Fallstudien
383^
B.2. Leitfaden der Interviews Fur die Experteninterviews wurde der folgende Interviewleitfaden verwendet: A: THEIVIENKOMPLEX NETZWERK A.1 A.2 A.3 A.4 A.5 A.6
Aufgaben des Netzwerks Zielsetzung / Entwicklung des Netzwerkes Netzwerkstruktur Abstimmungsprozesse / Machtverteilung im Netz IVIotivation zur Netzwerkmitarbeit / Widerstande bei der Netzwerkarbeit Beschreibung der Netzwerkkultur
B: THEMENKOMPLEX UNTERNEHIVIEN B.1 B.2 B.3 B.4 B.5 B.6
Art und Umfang der Aufgaben in das Netzwerk Zielsetzung / Erwartungshaltung an das Netzwerk Unternehmensinterne Organisation der Netzwerkmitarbeit Einflussnahme auf das Netzwerk Motivation zur Netzwerkmitarbeit / Widerstande bei der Netzwerkarbeit / Vertrauen in das Netzwerk Beschreibung der Unternehmenskultur
C: THEMENKOMPLEX NETZWERKETABLIERUNG C.1 C.2 C.3 C.4 0.5 0.6
Beschreibung der Vorgehensweise Beschreibung der Projektorganisation Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene Spezifische Probleme auf Unternehmensebene Erfolgsfaktoren auf Netzwerkebene Spezifische Probleme auf Netzwerkebene
384
Anhang
Dieser Leitfaden wurde zum Abschluss der Gesprache urn Einzelfragen erganzt, falls einzelne Gesichtspunkte in dem Interview offen geblieben sind: A: THEMENKOMPLEX NETZWERK A.1
Aufgabe des Netzwerks Welche Aufgaben wurden an das Netzwerk insgesamt ubertragen? Inwieweit sind diese Aufgaben innerhalb des Netzwerkes standardisiert? Wie werden technologische und prozessuale Differenzen gelost? Wie ist die vertragiiche Bindung zwischen den kooperierenden Unternehnnen?
A.2
Zielsetzung / Entwicklung des Netzwerkes -
A.3
Netzwerkstruktur -
A.4
Wie ist das Netzwerk strukturiert? Ubernimmt eine zentrale Stelle die Netzwerkkoordination oder werden die einzelne Fuhrungsaufgaben an Mitglieder ubertragen?
Abstimmungsprozesse / Machtverteilung im Netz -
A.5
Wie werden operative Abstimmungen innerhalb des Netzwerkes durchgefuhrt? Wie wird die strategische Ausrichtung des Netzwerkes festgelegt? Wie wird uber die Aufnahme / den Ausschluss von Unternehmen abgestimmt? Wie auflert sich Macht in dem Netzwerk? Legitimation durch die Gerechtigkeits- und Reziprozitatsnorm Legalitat (Positionsmacht) Legitimation durch soziale Verantwortung Expertenwissen/lnformation Identifikatlon immaterielle Belohnung materielle Belohnung immaterielle Bestrafung materielle Bestrafung Motivation zur Netzwerkmitarbeit / Widerstande bei der Netzwerkarbeit
-
A.6
Was war die ursprungliche Zielsetzung des Netzwerkes? Wie haben sich die Ziele gewandelt? Wie hat sich das Netzwerk entwickelt? (Strukturell und Mitglieder)
Welche Konzepte auf Seiten der Netzwerkkoordination / -leitung existieren zur Motivation der einzelnen Netzwerkteilnehmer? Wie werden Konflikt innerhalb des Netzwerkes gelost? Welche Mechanismen existieren, wenn Aufgaben innerhalb des Netzwerkes von Kooperationspartnern nicht erfullt werden? Inwieweit spielt Vertrauen in dem Netzwerk eine Rolle? Wie auBert sich das Vertrauen / Misstrauen? Beschreibung der Netzwerkkultur
Fallstudien
-
385^
Haben sich innerhalb des Netzwerks Rituale Oder spezifische Formen der Zusammenarbeit herausgebildet? Wie lasst sich das Wesen der Zusammenarbeit beschreiben?!? Unterscheidet sich diese Zusammenarbeit von denen in den jeweiligen Unternehmen?!? Anbei sind ein paar Charakteristika von Kulturen - was trifft auf das Netzwerk am ehesten zu? • Geschlossene, binnenorientierte vs. offene und audenorientierte Unternehmenskulturen Anderungsfeindliche vs. anderungsfreundliche Unternehmenskulturen Spitzen- vs. Basisorientierung Einheits- vs. subkulturelle Pragung Instrumentelle vs. entwicklungsorientierte Kulturpragung Kosten- vs. nutzenorientierte Kulturpragung Mitarbeiter als IVlitglieder oder Akteure Individuelle vs. kollektive Kulturpragung
B: THEMENKOMPLEX UNTERNEHMEN B.1
Art und Umfang der Aufgaben in das Netzwerk -
B.2
Welche Aufgaben hat das Unternehmen an das Netzwerk ubertragen? Welche Bedeutung haben die Aufgaben fur das Unternehmen? Inwieweit sind Anpassungen durch die Ubertragung der Aufgaben erforderlich geworden? • Aufgaben • Struktur • Technologie • Personal • Prozesse Zielsetzung / Erwartungshaltung an das Netzwerk
B.3
Was war die ursprungliche Zielsetzung, die den Ausschlag fur eine Kooperation gegeben hat? Inwieweit wurden die Erwartungen erfullt? Hat sich die Zielsetzung im Zeitablauf gewandelt? Gab / gibt es Zielkonflikte mit anderen Netzwerkteilnehmern? Wie werden die gelost? Unternehmensinterne Organisation der Netzwerkmitarbeit
B.4
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk intern organisiert? Gibt es feste, institutionalisierte Verantwortungen? Wie ist der Informationsfluss in das Netzwerk / vom Netzwerk organisiert? Einflussnahme auf das Netzwerk
-
Wie werden Abstimmungen innerhalb des Unternehmens fur die operative Arbeit im Netzwerk durchgefuhrt? Wer und wie wird die strategische Ausrichtung des Netzwerkes beeinflusst? Entspricht aus Unternehmenssicht die Einflussmogllchkeit auf das Netzwerk dem Beitrag fur das Netzwerk? Welche Einflussmoglichkeiten werden genutzt? • Legitimation durch die Gerechtigkeits- und Reziprozitatsnorm • Legalitat (Positionsmacht)
386
Anhang Legitimation durch soziale Verantwortung Experten wissen/l nformation Identifikation immaterielle Belohnung materielle Belohnung immaterielle Bestrafung materielle Bestrafung
B.5 Motivation zur Netzwerkmitarbeit / Widerstande bei der Netzwerkarbeit / Vertrauen in das Netzwerk -
B.6
Welche Konzepte auf Unternehmensseite existieren zur Motivation zur Netzwerkmitarbeit? Wie werden Konflikt mit dem Netzwerk gelost? Wie werden Konflikt mit anderen, einzelnen Netzwerkteilnehmern gelost? Inwieweit spielt Vertrauen in das Netzwerk eine Rolle? Wie auliert sich das Vertrauen / Misstrauen?
Beschreibung der Unternehmenskultur -
Wie lasst sich das Wesen der Zusammenarbeit im Unternehmen beschreiben? Unterscheidet es sich diese Zusammenarbeit mit der Arbeit im Netzwerk? Anbei sind ein paar Charakteristika von Kulturen - was trifft auf das Unternehmen am ehesten zu? • Geschlossene, binnenorientierte vs. offene und aufienorientierte Unternehmenskulturen Anderungsfeindliche vs. anderungsfreundliche Unternehmenskulturen Spltzen- vs. Basisorientierung Einheits- vs. subkulturelle Pragung Instrumentelle vs. entwicklungsorientierte Kulturpragung Kosten- vs. nutzenorientierte Kulturpragung Mitarbeiter als Mitglieder oder Akteure Individuelle vs. kollektive Kulturpragung
C: THEMENKOMPLEX NETZWERKETABLIERUNG C.1
Beschreibung der Vorgehensweise -
C.2
Beschreibung der Projektorganisation -
C.3
Welche Schritte wurden fiir die Aufbau des Netzwerkes auf Unternehmensseite / Netzwerkseite durchgefuhrt? Wie wurde die weitere Entwicklung des Netzwerkes sichergestellt? Wie wurde der Fortschritt koordiniert / uberpruft?
Wie war das Projekt organisiert? Wer waren die wesentlichen Machtsponsoren? Wer waren die wesentlichen Fachsponsoren? Wurden bzw. wie wurden verdeckte Machtsponsoren identifiziert? Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene
Fallstudien
C.4
Was waren die wesentlichen Grunde, die innerhalb des Unternehmens den Aufbau des Netzwerkes gefordert haben? Wie wird die erfolgreiche, weitere Entwicklung des Netzwerkes auf Unternehmensebene organisiert? Spezifische Probleme auf Unternehmensebene
-
C.5
Was hat innerhalb des Unternehmens den Aufbau des Netzwerkes gehemmt? Was waren die Auswirkungen? Was hemmt die weitere Entwicklung des Netzwerkes auf Unternehmensebene? Erfolgsfaktoren auf Netzwerkebene
-
C.6
387^
Was waren die wesentlichen Grunde, die innerhalb des Netzwerkes den Aufbau des Netzwerkes gefordert haben? Wie wird die erfolgreiche, weitere Entwicklung des Netzwerkes organisiert?
Spezifische Probleme auf Netzwerkebene Was hat den Aufbau des Netzwerkes gehemmt? Was waren die Auswirkungen? Was hemmt die weitere Entwicklung des Netzwerkes?
Anhang
388
C. Publikationen zu Erfolgsfaktoren und Misserfolgsfaktoren des Change Managements 1 Brfolgsfaktoreti der 1 Ufitem0limenseb«rie Commitment und Glaubwurdigkeit des Managements Effektives Stakeholder Management Einbeziehung von Betroffenen Individueile und klare Zieldefinition und -kommunikation Iterativer Losungs- bzw. Veranderungsprozess Kenntnisse der Zusammenhange eines Change Management-Projektes
Kommunikation
Konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses Methodenkompetenz
Quelle - CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003) - CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003) - GATTERMEYER / NEUBAUER (2000) - NiPPA(1997) -
BAUMGART(2001) GATTERMEYER / NEUBAUER (2000) HAUSLADEN(2001) LECHLER(1997)
- NiPPA(1997) -
STOCK / MUES (2003) GRAF / JORDAN (2002) HAUSLADEN(2001) SCHADLE(2001)
- CLAIiEN (2005) - GATTERMEYER/NEUBAUER (2000)
- RODER(1999) -
CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003) GATTERMEYER / NEUBAUER (2000)^ HAUSLADEN(2001)^^^'* HiRSCHHORN (2002) KlENBAUM(1996) LARKIN/LARKIN (1996) LECHLER(1997) R0DER(1999) SCHADLE(2001) STOCK/MUES (2003) WILLEITNER (2002)^^^^ CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003) CLABEN (2005) GRAF / JORDAN (2002) LECHLER(1997) BREHM(2001)''^^'' GRAF / JORDAN (2002) LECHLER(1997)
Es sei explizit darauf hingewiesen, dass GATTERMEYER / NEUBAUER als Erfolgsfaktor nicht die einseitige Information sondern den zweiseitigen Dialog ansehen, wenn sie als Erfolgsfaktor ..Dialog statt nur Information" identifizieren (vgl. GATTERMEYER / NEUBAUER (2000), S. 257). Damit deckt sich dieser Erfolgsfaktor auch mit dem bereits identifizierten Faktor „Einbeziehung von Betroffenen". Die Faktoren „umfassende und veranderungsprozessubergreifende Mitarbeiterinformation" und ..offene Kommunikationspolitik" wurden unter den Erfolgsfaktor ..Kommunikation" zusammengefasst (vgl. HAUSLADEN (2001), S. 331). WILLEITNER hat wesentliche Punkte fur die Schaffung von Vertrauen in Veranderungsprozessen identifiziert. Unter dem Erfolgsfaktor Kommunikation lassen sich dabei unterschiedliche, von ihr identifizierte Faktoren zusammenfassen: „Erfahrungen gemeinsam reflektieren" (vgl. WILLEITNER (2002), S. 388 ff.) ..Transparenz schaffen" (vgl. WILLEITNER (2002), S. 423 ff.) ..Feedback fordern" (vgl. WILLEITNER (2002). S. 434 ff.) Schwerpunkt im Rahmen der Studie waren Untersuchungen. welche Methoden sich als erfolgreich in Abhangigkeit von Unternehmensgroften erweisen.
Publikationen zu Erfolgsfaktoren und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
1
Erfolgsfak^rett 4»t
Ouelte -
Offenes Vorgehen^^^^/ offene Kommunikation Problemadaquates und individuelles Vorgehen 1 Realistische und klare Vision / ZJelsetzung Strukturelle und inhaltliche Voraussetzungen
Support durch TopManagement
Synergetische Projektzusammensetzung
389
RODER{1999) SCHWEIGER/DENISIM991) WILLEITNER (2002)^^^^ RODER(1999) SCHAFFER / MCCREIGHT (2004)^^®®
-
CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003)
-
CLABEN(2005) GATTERMEYER / NEUBAUER (2000) GRAF / JORDAN (2002) SCHADLE(2001)
-
HACKMAN(1990)''''"''
-
LECHLER(1997)^^°^
-
SCHEURER/ZAHN(1998)
-
GATTERMEYER / NEUBAUER (2000)
-
G R A F / J O R D A N (2002)^^°^
-
HAUSLADEN(2001)^^°^
-
KlENBAUM(1996)
-
LECHLER(1997)
-
NiPPA(1997)
-
PlCOT/BOHME(1996)^^°'*
-
RODER(1999)
-
SCHADLE(2001)
-
VAHS/TRAUTWEIN(2000)^^°^
-
CLAISEN (2005)
-
GATTERMEYER/NEUBAUER (2000)^^°®
Es handelt sich bei diesem Erfolgsfaktor lediglich um einen kontextspezifischen Faktor. Denn abhangig vom Wandelvorhaben kann eine fruhzeitige, gegebenenfalls auch nicht abgestimmte Kommunikation von Projektergebnissen auch zum Misserfolgsfaktor werden. WiLLEiTNER identifiziert den Erfolgsfaktor „Offentlichkeit herstellen" (vgl. WILLEITNER (2002), S. 357 ff.). Es sei angemerkt, dass SCHAFFER / MCCREIGHT mit ihrer Publikation „Build your own change model" den Erfolgsfaktor des individuellen Vorgehens herausarbeiten, sie das Vorgehen jedoch nicht ausschliefllich auf den Prozess beziehen, sondern auch auf die Fahigkeit, einen Prozess individuell ausgestalten zu konnen, wozu bspw. skills und tools gehoren (vgl. SCHAFFER / MCCREIGHT (2004)).
HACKMAN identifiziert die strukturellen Voraussetzungen fiir eine erfolgreiche Arbeitsgruppenarbeit (Vgl. HACKMAN (1990), S. 499 ff.). LECHLER identifiziert die beiden Erfolgsfaktoren „Umfangreiche Befugnisse des Projektleiters" und „hoher Partlzipationsgrad des Projektteams". Diese beiden Faktoren beschreiben die Entscheidungsbefugnisse in einem Projekt und werden deswegen als strukturelle Voraussetzung gewertet. GRAF / JORDAN formulieren diesen Punkt negativ und fuhren in als Barriere auf. Da er jedoch inhaltlich ansonsten identisch ist, wird er wie dargestellt eingeordnet. HAUSLADEN identifiziert die fuhrungsrelevanten Erfolgsfaktoren zur Bewaltigung eines kulturellen Wandels. Da sie in ihren Ausfuhrungen das Vorleben der „neuen" Unternehmenskultur durch die Fuhrungskrafte als den Faktor mit herausragender Stellung explizit identifiziert, wird nur dieser fuhrungsrelevante Erfolgsfaktor aufgenommen (vgl. HAUSLADEN (2001), S. 328). Der Punkt wird von PICOT/ BOHME negativ als Misserfolgsfaktor formuliert. VAHS / TRAUTWEIN formulieren basierend auf einer empirischen Studie Merkmale bzw. Voraussetzungen fijr eine Innovationskultur, die sie wiederum als Erfolgsfaktor fur ein erfolgreiches Innovationsmanagement ansehen, welches wiederum die Basis fur einen Wandel 1. Ordnung darstellt. Der Erfolgsfaktor wird nicht explizit aufgefuhrt, vielmehr wird er bei GATTERMEYER / NEUBAUER in die Unterpunkte „Richtige Einordnung des Change Managements in die Umsetzung" und „Auswahl der besten Mitarbeiter aller Ebenen fur die Durchfuhrung der Veranderungsprojekte" unterteilt.
Anhang
390 Eifol^sf^ktoren der
Qi^iie
Uiiteni0hiii«iis^0ii#
Teamgeist und Motivation
-
Obergreifende Zusammenarbeit
- RODER(1999)
Tab. 22:
CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003) CLAIiEN (2005)^^°^ GATTERMEYER / NEUBAUER (2000)^^°® HUDSON (2001)^^°^ KANDAOUROFF(1998)^^^° SCHADLE (2001) WILLEITNER (2002)^^''^ WOLFF (1998)^^^^
Publikationen zu den Erfolgsfaktoren des Change Managements auf Unternehmensebene
Unternehnieiisetjene Fehlende vertragliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern Fehlender Handlungsdruck Fehlerhafter Umgang mit der Angst der Betroffenen
Oi^ll« -
STREBEL(1996) GRAF / JORDAN (2002) KL0TER(1995y^^^ NiPPA(1997)^^^'^ PERLITZ(1998) KlENBAUM(1996) WEINREICH (1999)
Die IVIotivation wird in der Studie konkretisiert, wenn als „9. Lektion" formuliert wird, „kleine Siege inn voraus [zu; d.V.] planen." (CLAREN (2005), S. 77). Die IVIotivation wird insbesondere nach dieser Studie insbesondere durch die Erzielung von quick hits gesteigert. HUDSON argumentieren, dass ein wesentlicher Erfolgsfaktor fur einen erfolgreichen Wandel Arbeitfreude, die sie in dem Satz „Try having some fun" zusammenfassen (vgl. HUDSON (2001), S. 45). Da jdoch nicht die Arbeitsfreude direkt ein Erfolgsfaktor darstellt, wurde diese dem Punkt Motivation zugeordnet. In dieser Studie wurde festgestellt, dass durch die Faktoren Zusammenarbeit und Handlungsund Dispositionsspielraum eine wesentliche motivationssteigernde Wirkung erzielt werden konnte (vgl. KANDAOUROFF (1998), S.
206).
WiLLEiTNER identifiziert hierbei den Erfolgsfaktor „Koharenzbewusstsein schaffen", was von ihr nur unter dem Gesichtspunkt der Vertrauensforderung, nicht jedoch der Motivationssteigerung untersucht wurde (vgl. WILLEITNER (2002), S. 396 ff.). WOLFF identifiziert die Problemursache „Motivationsproblem". Damit wiirde dieser Faktor einen Misserfolgsfaktor darstellen. Um jedoch Doppelungen zu vermeiden und da den Studienergebnissen zufolge eine fehlende Motivation einen Misserfolgsfaktor, eine bestehende Motivation andererseits einen Erfolgsfaktor darstellt, wurde das Gegenteil des von WOLFF identifizierten Faktors als Erfolgsfaktor aufgenommen (vgl. WOLFF (1998), S. 297). Die Studie von KLOTER hat ergeben, dass Widerstande aus einem fehlenden Problembewusstsein entstehen konnen, was er unter „mangelnde Problemevidenz" zusammenfasst (vgl. KLOTER (1995), S. 22 f.) NiPPA formuliert diesen Faktor sowohl als Erfolgsfaktor „Hoher interner Problemlosungsdruck" als auch als Misserfolgsfaktor „Geringer interner / externer Problemlosungsdruck".
Publikationen zu Erfolgsfaktoren und Misserfolgsfaktoren des Change Managements
Misserfolgsfaktoren der Unternehmeitselmio
Queilo
Mangelhafte Qualifikation der Mitarbeiter
-
Mangelnde Identifikation des Middle-Managements
- GLASER-GALLION (2002)^^^^ - KlENBAUM(1996)
Misstrauenskultur
- DEURINGER (2000)''"'^^ - VAHS / TRAUTWEIN (2000)^^^^
Nicht ausreichende Ressourcen / unterschatzter Zeitbedarf^^'' Projektdefizite Ressourcenmangel Tab. 23:
391
GATTERMEYER / NEUBAUER (2000)'''*''^ G R A F / J O R D A N (2002)^^^^ KEGAN / LASKOW LAHEY (2001 )^^^^ KLOTER(1995y^^^ PlCOT/BOHME(1996)^^^^ STOCK/MuES (2003)^^^°
BERNER (2000b) HAUSLADEN(2001)^^^^
NiPPA(1997) WOLFF (1998)^^^^ - CAP GEMINI ERNST & YOUNG (2003) - GRAF / JORDAN (2002)
Publikationen zu den Misserfolgsfaktoren des Change Managements auf Unternehmensebene
Der Faktor wird bei GATTERMEYER / NEUBAUER positiv als Erfolgsfaktor formuliert, wenn sie die Auswaiil der besten Mitarbeiter auf alien Ebenen als Erfolgsfaktor identifizieren. GRAF / JORDAN formulieren diesen Punkt diametral als Erfolgsfaktor „Die Mitarbeiter werden durch gezielte Skilling-Massnahmen befahigt, mit den veranderten Herausforderungen umzugehen. Dies gilt fur fachliche, methodisch soziale und personliche Kompetenzen." (GRAF / JORDAN (2002), S. 242). KEGAN / LAHEY stellen fest, dass Mitarbeitern die Fahigkeit fehit, sich zu andern, was einen wesentlichen Misserfolgsfaktor darstellt. Sie bezeichnen diesen Mangel als ..immunity to change" (vgl. KEGAN / LASKOW LAHEY (2001). S. 87 ff.).
KLOTER Identifiziert einen weiteren Faktor, weswegen Mitarbeiter wesentlichen Widerstand gegen Innovationen und Veranderungen leisten, den Kompetenzmangel zur Bewaltigung neuer Anforderungen (vgl. KLOTER (1995), S. 30 f.). Damit stellen Defizite in der Qualifikation von Mitarbeitern nicht nur einen Misserfolgsfaktor fur die Adaption-Funktion dar, sondern kann aufgrund des potenziell hieraus resultierenden Widerstands auch fur die Integration-Funktion relevant sein. Die mangelhafte Qualifikation wurde hierbei insbesondere bei Wandelvorhaben 2. Ordnung festgestellt (vgl. PICOT/ BOHME (1996), S. 244).
Es sei angemerkt, dass STOCK / MUES nicht einen Misserfolgsfaktor formuliert haben, sondern mit „Fachkompetenz" einen Erfolgsfaktor. Um Dopplungen zu vermeiden, wurde der Erfolgsfaktor jedoch wie dargestellt zugeordnet (vgl. S T O C K / M U E S (2003), S. 339). GLASER-GALLION formuliert den Misserfolgsfaktor als eine Blockade durch das Mittelmanagement. DEURINGER bezeichnet die Misstrauenskultur als misstrauensbasiertes Systemlayout (vgl. DEURINGER (2000), S. 172).
VAHS / TF?AUTWEIN formulieren basierend auf einer empirischen Studie Merkmale bzw. Voraussetzungen fur eine Innovationskultur. die sie wiederum als Erfolgsfaktor fiir ein erfolgreiches Innovationsmanagement ansehen, welches wiederum die Basis fur einen Wandel 1. Ordnung darstellt. Dieser Misserfolgsfaktor bezieht sich explizit auf Kulturveranderungen (vgl. BERNER (2000b), S. 45). Von HAUSLADEN wird dieser Faktor positiv als Erfolgsfaktor formuliert (vgl. HAUSLADEN (2001), S. 334 und 336). Die Projektdefizite wurden von WOLFF unter dem Punkt „Koordinationsproblem" zusammengefasst (vgl. WOLFF (1998), S. 297).
Anhang
392 1 1
Erfolgsfaktoreti der Netzwerkebena
Beziehungsmanagement Coopetition bei der Netzwerkorganisation Gemeinsame Ziele und Visionen
Kommunikation
Machtverteilung im Netzwerk Motivation der EntscheidungstrSger und der handelnden Akteure
Netzwerkkultur
Schnittstellenkompetenz Stakeholder Management Unterstutzung durch das Management
Quelle - HELBICH(2001) - MACBETH / BODDY / WAGNER / CHARLES (1998) - RiTTER / GEMUNDEN (1998) ^^^^ - BECK (1998) -
ENDRES(2001) ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON (2004)^^^^ ENDRES(2001) PAYER (2002/^^^ PEITZ (2002)^^^° REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN (2001) RiTTER/GEMUNDEN (1998) ROYER (2000)^^^'' VOGEL(2003) ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON (2004)^^^^
-
TUBKE(2004)
-
ENDRES (2001 )•'•'•'•' FLEISCH (2000) LUBRITZ(1998)^^^'^ PEiTZ(2002) RiTTER/GEMUNDEN (1998) VOGEL(2003) PEITZ (2002)^'^'
- ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON (2004)^^^^ -
ENDRES(2001) VOGEL(2003)
RiTTER / GEMUNDEN haben den Faktor „Netzwerkorlentierung des Personalmanagements" identifiziert. Hierunter verstehen sle jedoch, dass als fester Bestandteil das Kriterium der „Pflege und Gestaltung von Geschaftsbeziehungen" bel der Personalauswahl fur die in das Netzwerk involvierten Mitarbelter angelegt wird (vgl. RITTER/GEMONDEN (1998), S. 263). ENQUIST / MAGNUSSON / NiLSSON idontlfizieren nur gemeinsame Ziele, nicht jedoch eine gemeinsame Vision als Erfolgsfaktor (vgl. ENQUIST/ MAGNUSSON / NILSSON (2004), S. 4).
PAYER hat im Rahmen seiner Dissertationsschrift anhand von Fallstudien Kriterien fur erfolgreiche Netzwerke entwickelt. Die aufgefuhrten Erfolgsfaktoren sind aus seiner zusammenfassenden Betrachtung entnommen (vgl. PAYER (2002), S. 180). PEITZ fasst den Faktor mit „Aktionsfeld Kommunikation, Information und Wissen" noch welter (vgl. PEITZ (2002), S. 269 ff.).
Royer bezeichnt die Kommunikation als Entropiebedindung. In ihrer Studie haben ENQUIST / MAGNUSSON / NILSSON den Faktor „Manage power and influence structure between stakeholders through the management of change Projects" als Critical Management Issues identifiziert. (vgl. ENQUIST/MAGNUSSON/NILSSON (2004), S. 4). ENDRES identifiziert als Erfolgsfaktor „Bereitschaft und Fahigkeit zum Perspektivenwechsel". Da dieser Perspektivenwechsel insbesondere jedoch auch die Fahigkeit umfasst, „sich der kulturellen Muster bewusst zu werden" und „die systematischen Rahmenbedingungen und soziokulturellen Besonderheiten zu erkennen" (ENDRES (2001), S. 106), wurde dieser Erfolgsfaktor der Netzwerkkultur zugeordnet. LuBRiTZ hat insbesondere den kulturellen Fit zwischen den Akteuren untersucht. Erfolgsfordernd sind dabei insbesondere die Aspekte „Wirtschaftsehtische und moralische Grundwerte", „Mitarbeiterorientierung", „Gewinnstreben", „Flexibilitat / Marketingorientierung", „Hierarchie / Kompetenzverteilung" und „Unternehmensstrategie / langfristige Ziele" (vgl. LUBRITZ (1998), S. 277). PEITZ fasst den Faktor unter „Aktionsfeld Grenzstellengestaltung" zusammen (vgl. PEITZ (2002), S. 259 ff.). Unter diesem Erfolgsfaktor sind die Faktoren „ldentify stakeholder in the network" und „Create change program to which stakeholders commit" zusammengefasst (vgl. ENQUIST / MAGNUSSON / NILSSON (2004), S. 4).
Publikationen zu Erfolgsfaktoren und Misserfolgsfaktoren des Change Managements Effolgsfaktoren der Netzwerkebene VerfugbarkeJt an Ressourcen
393
Quelle -
R I T T E R / G E M U N D E N (1998)
- BUSSING / MoRANZ (2004)
Vertrauen
-
ENDRES(2001) LUBRITZ(1998)
-
PAYER (2002)^^^^
-
RODER(1999)
- TUBKE (2004)^^^^ - VOGEL(2003)
Widerspruchsmanagement Tab. 24:
-
ENDRES(2001)''-'-'^
-
MULLER-CHRIST (2003)
Publikationen zu den Erfolgsfaktoren des Change Managements auf Netzwerkebene
Misserfolgsfaktoren der Netzwerkebene Kommunikative Reibungsverluste Koordinationsprobleme Menschliche Probleme (Fehlende Zuverlassigkeit, mangelndes Vertrauen Oder Sympathie) Tab. 25:
Ouelie -
GRETZINGER / MATIASKE / W E B E R (2002)
-
REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN (2001)
-
REICHWALD / HAPPEL / CRAMER / HERMANN (2001)
Publikationen zu den Misserfolgsfaktoren des Change Managements auf Netzwerkebene
Vgl. Fufinote1329 TOBKE identifiziert insbesondere die Offenheit und Handlungsfreiheiten als wesentlichen Faktor „a high level of organisational freedom" (TUBKE (2004), S. 185). ENDRES hat bei der Identifikation der Erfolgsfaktoren nicht den Faktor Widerspruchsmanagement identifiziert, sondern vielmehr den Faktor „Es darf nur Gewinner geben". Da aber insbesondere bei der Losung von Konflikten dieser Aspekt wesentlich ist, wurde er diesem Erfolgsfaktor zugeordnet (vgl. ENDRES (2001), S. 107). Es sei angemerkt, dass dieser Faktor derp Erfolgsfaktor „Vermeidung eines .Gesichtsverlusts' beim Abbruch von Kooperationsverhandlungen" der Fallstudie 6a entspricht, jedoch mit dem Unterschied, dass in der Fallstudie die Kooperationsverhan(;llungen abgebrochen wurden.