zw anzig Stunden
Siegfried Dietrich
In vierundzwanzig Stunden
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zw anzig Stunden
Siegfried Dietrich
In vierundzwanzig Stunden
Verlag Neues Leben Berlin
Alle Rechte beim Vei-lag Neues Leben, Berlin 1967 Lizenz Nr. 303 (305/101/67) ES 9 A Umschlag und Illustrationen: Heinz Vülkel Typografie: Walter Leipold Schrift: 8 p Primus GesamtherstelHmg: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin •
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I P ie H ände auf dem Rücken v er schränkt, geht H au p tstu rm fü h rer H ofei in d er kleinen Zelle au f und ab. „Die letzte F ris t“, sagt er, bleibt stehen und w ippt au f Sohlen und A bsätzen seiner b la n k gew ichsten Stiefel. „V ergessen Sie es nicht, D oktorin! Noch vierundzw anzig S tunden, dann . . er m acht eine H andbew egung zum Hals. „Es s tirb t sich schw er am G algen.“ Ho fei setzt sich au f die Pritsche, dicht zu d er Ä rztin. Diese steh t stum m am v erg itterten F en ste r u nd w endet dem SS-Offlzier den Rücken zu. Doch Hofei gibt nicht auf. „Beden ken Sie doch, Jelen a P etrow na, Ih r Tod ist sinnlos! W ir kriegen die a n deren auch ohne Ih re H ilfe. V iel leicht ein oder zw ei W ochen später, doch w as ä n d e rt das?“ Da ihm die Ä rztin im m er noch keine A ntw ort gibt, erh e b t e r sich, n im m t ein B latt P ap ie r vom Tisch und h ält es d e r F ra u vors Gesicht. „Drei N a men, w eiter nichts. Das ist doch ein großzügiges A ngebot! W ir verges sen, w as Sie dem Reich angetan haben, u nd schicken Sie nach D eutschland. D ort w erd en Sie in einem L ager fü r O starb eiter Ihre L an d sleute betreuen, w erd en als fre ier Mensch ein u nd aus gehen; Kino, Theater, alles ste h t Ihnen offen. U nd das fü r ein p a a r Blei stiftstriche auf diesem Bogen.“ Ho fei lacht gezw ungen. „W enn ich die W ahl h ä tte zw ischen dem G algen
u nd d er F reiheit, ich w ü rd e keine S ekunde zögern.“ „G ehen Sie b itte!“ sagt Je len a P etrow na. Noch vo r v ier T agen w a r ich fü r dich eine Bolschew istensau, den k t sie. D eine L eute h ab en mich h alb to t geprügelt, u nd du sta n d st lächelnd dabei. Je tz t h ast du die Peitsche m it dem Z uckerbrot vertauscht, so sagt m an doch in deiner Sprache, red est mich m it Sie an u n d m it D oktor, m achst V ersprechungen. A ber du w irst mich nicht zum V e rra t an m einen G enossen verleiten. „B itte, gehen Sie!“ w ied erh o lt die Ä rztin. „W ie Sie w ollen.“ Hofei g eh t zur T ür. „Schade“, sagt er, „w irklich schade. Sie sind jung, klug und hübsch. Ich h ä tte Ih n en ein anderes Schicksal gew ünscht. Na, noch ist es ja nicht zu sp ä t!“ Die T ü r fä llt ins Schloß, d raußen schiebt d er P osten den Riegel vor. M it einem harten , häßlichen K lang schnappt er ein. Jelen a P etro w n a schaut durch die G itte rstäb e des w inzigen Fensters. Ü ber den W ip feln d er B äum e schw ebt als g lu t ro te r B all die sinkende Sonne. — In vierundzw anzig S tu n d en w ird sie d ie Sonne zum letzten m al sehen, in vierundzw anzig Stunden. Je le n a P etrow n a w a r Ä rztin in einem sow jetischen F eld la za re tt ge w esen. N ur w enige K ilom eter w est3
w ärts davon tobten heftige K äm pfe. Die R äum e d er Schule, in d er das L azarett u n tergebracht w ar, faß ten kaum die V erw undeten. U nd es gab m ir zw ei Ä rzte: Jelen a P etrow na un d den L eiter des L aza retts. Tagelang kam en beide nicht aus den K leidern, standen ü b er m üdet, m it entzündeten A ugen am O perationstisch. D a tra f d er B efehl ein: „Das L a za rett ist sofort zu räu m en !“ — Die Faschisten w aren durchgebrochen. Es gelang, die P atien ten un d das S anitätspersonal in Sicherheit zu bringen. Doch da w a r eine G ruppe S chw erverw undeter, die einen T ran sp o rt nicht ü b erle b t hätten. „Ich bleibe bei ih n en “, e rk lä rte der L azarettleiter. Je len a w idersprach: „Nein, ich bleibe, G enosse R egim entsarzt! Ich b in jung u nd sam m le gerade m eine 4
ersten E rfahrungen. Sie dagegen sind ein a n e rk a n n te r Facharzt, ein Chirurg. Sie w issen ebensogut wie. ich, daß die A rm ee u n te r dem M an gel an C hirurgen leidet. E ntschei den Sie selbst, w e r w ichtiger ist. Sie oder ich.“ Jelen a h a tte recht, e r d u rfte jetzt nicht d ara n denken, daß sie eine F ra u w ar. Sie w a r S oldat u n d Of fizier w ie er, u n d entscheidend w a r einzig u n d allein, w e r dem sow jeti schen Volk, d er H eim at, m eh r n u t zen konnte. Schw eren H erzens ließ d er R egim entsarzt seine G enossin zurück. Vierzig M inuten sp ä ter .übergab Jelen a P etro w n a das L azarett an ein en deutschen S tabsarzt. D er b e sah sich flüchtig die V erw undeten, äu ß e rte E rstau n en , daß die sow je tische Ä rztin so gut Deutsch sprach, und verschwand mit den W orten:
.'„Ich m uß mich u m m eine L eute küm m ern, auch w ir h a tte n hohe V erluste. Sie h ören von m ir.“ Je len a sah diesen M ann nie w ie der. S ta tt seiner erschien ein O ber sch arfü h rer der SS, begleitet von zw ei seiner Leute. — Das liegt nu n m e h r als ein J a h r zurück. In dieser Z eit haben die Faschisten schw ere Schläge h in n e h m en müssen. V on M onat zu M onat rü c k t die R ote A rm ee näher, seit W ochen spricht je d er im L ager n u r noch Vom nah en Tag d er B efrei ung. Ich w erde diesen T ag nicht m ehr erleben, den k t Jelen a P etro w n a und: schaut auf die vergoldete A rm band u hr. Hofei h a t sie ih r vorgestern .w iedergegeben, als e r sie vom B un ker, dem Z ellenbau des KZs, in ein Z im m er der L agerkom m andantur brin g en ließ. E ifrig d re h t sich der Sekundenzeiger, u n d jede U m dre h u n g b rin g t die Ä rztin dem Tod u m eine M inute näher. — W ieviel Tage sind es noch, bis die R ote A r m ee h ie r ist: zehn, zw anzig! F ü r m ich w ird es zu sp ä t sein. In v ier undzw anzig S tunden! E ine ganz kleine, w inzige Hoff nung besteht noch, doch Jelen a Petro w n a schiebt diese G edanken bei seite. V ielleicht ist die V erbindung zw ischen dem illegalen Lagerkom i tee u n d d er P artisa n en e in h eit schon abgerissen. U nd auch w enn sie w ei terb esteht, w enn R udolf noch frei ist u n d sein S endegerät in Gang setzen kan n — w ie soll die kleine P artisan en g ru p p e einen G efange n en aus dem G ebäude d e r K om m a n d a n tu r herausholen, m itten aus d em Z entrum des schw er bew ach te n L agers? Ja, w en n es den T un nel noch gäbe! D er T unnel! Auch w enn sie je tzt
sterb en m uß, es gibt etw as in ih rem Leben, au f das sie stolz sein kann. S elbst w enn sie vielleicht einen F ehler begangen h a t . . , Em sig tickt die A rm b an d u h r. Die Ä rztin schließt die A ugen, u nd die Ereignisse d er vergangenen M onate sind w ied er G egenw art. D rei Tage lan g h a t sich n iem and um Jelen a P etro w n a u n d ih re V er w u n d eten geküm m ert, d a h ö rt die Ä rztin, w ie ein F ahrzeug v o r dem L az arett hält. Ih m entsteigen drei SS-Leute. Die F ra u erschrickt, doch sie lä ß t sich nichts anm erken. R uhig geht sie den M än n ern in d er g rau g rü n en U niform m it den schw ar zen K ragenspiegeln entgegen. „Du b ist Ä rztin ?“ fra g t d er O ber scharführer, u n d als es die F rau bestätigt, zeigt e r au f den K übel w agen. „Los, m itkom m en!“ „U nd die V erw u n d eten ?“ Jelen a schaut ih n entsetzt an. „M an k an n sie doch nicht allein lassen !“ Die A ntw ort ist eine O hrfeige. Im L ager w ird sie als Ä rztin ein gesetzt u n d genießt eine gewisse V orzugsstellung. Sie d a rf ih re p e r sönlichen D inge b eh alten u n d b e kom m t im K ran k en b au ein Einzel zim m er zugewiesen. Die Pfleger, ebenfalls H äftlinge, sprechen J e le n a m it F ra u D oktor an, sogar O berscharführer Zuntz, d e r O ber pfleger, und O b erstu rm fü h rer K leinlein, d er SS-A rzt, sagen Sie zu ihr. Je len a le rn t die E igenheiten der beiden bald kennen. Z untz ist ein ungehobelter Bursche, seine „Pflegetätigkeit“ b esteh t d arin , die K ra n k en w ä rte r an zu b rü llen u n d die k ran k e n H äftlinge zu peinigen. Nach dem M ittagessen verschw in det e r u nd lä ß t sich gew öhnlich bis zum nächsten M orgen nicht m eh r blicken. Die Pfleger erzählen, am
N achm ittag schlafe Zuntz, die N ächte verbringe e r bei seiner F reundin, der R ap p o rtfü h rerin des benachbarten Frauenlagers. Der S S-A rzt hingegen ist ein gebildeter M ann. W ohl besucht e r n u r selten den K rankenbau, ein- oder zw eim al in d er Woche, doch jedesm al v e r w ickelt e r die -Ärztin in ein länge res Gespräch. E r re d e t m it ih r üb er R obert Koch und die L ehren P aw low s, ü b er deutsche u nd russische M usik, ü b er G oethe u nd Schiller, ü b e r P uschkin u n d Tolstoi; ja, K leinlein k en n t sogar einige R epro duktionen des russischen M alers Repin. „E rstaunlich“, sagt e r eines T a ges, „wie v e rtra u t Sie m it den K u l tu rg ü te rn unseres Volkes sind. Sie liebten die deutsche K u ltu r? “ „Ich liebe sie im m er noch“, e r w id ert Je len a P etrow na, u nd K lein lein fra g t etw as spöttisch: „O bwohl w ir Sie ins KZ gesteckt h a b e n ? “ „Die deutsche K u ltu r un d d er F a schism us sind zw eierlei, O bersturm fü h re r.“ K leinlein lacht. „G ut gekontert, doch ich w ette, Sie w erden eines Tages anders sprechen. H eute sehen Sie n u r die Schattenseiten, die ü b len Begleiterscheinungen, sp ä ter ab e r. . “ Es klopft an die Tür, ein Pfleger kom m t herein, re iß t die M ütze vom K opf u nd e rs ta rrt in stram m er H al tung. „Ich bitte, die Ä rztin sprechen zu dürfen, O bersturm führer.“ K leinlein g ew äh rt es gnädig. „Der Pole aus Z im m er v ier“, sagt d e r Pfleger. „Ich brauche ein schm erzstillendes M ittel.“ Jelen a gibt ihm eine A spirin tablette. D er Pfleger m eint: „Das w ird nicht viel helfen, F ra u Dok tor. D er K ran k e k rü m m t sich vor Schmerzen.'-1
„W as ich an stä rk e ren M itteln habe, brauche ich fü r chirurgische Eingriffe.“ S chm erztabletten als E r satz fü r N arkose, d en k t sie b e drückt. D abei m uß ich froh sein, daß ich diesen w inzigen V o rrat an T abletten noch besitze. N achdem d e r Pfleger gegangen ist, w endet sie sich an den Arzt, „K ann m an nicht helfen, O ber stu rm fü h re r? “ K leinlein setzt eine hochm ütige M iene auf. „H elfen? W em ? Diesem Kroppzeug, das in Ih re n K ra n k en zim m ern liegt? W as w ir an M edi k am enten besitzen, ist fü r u n sere S oldaten bestim m t. Das Reich h a t an d ere Sorgen. Sie k önnen es m ir glauben.“ E r geht ohne G ruß. ‘ Die Ä rztin blickt ih m nach. Ja, das Reich h a t Sorgen, d en k t sie. Ü b erall schlägt die R ote A rm ee zu rück, endlich, u n d tre ib t die E in dringlinge v o r sich her. W er m ag die N achrichten d a rü b e r in U m lauf setzen. Diese sind so genau, daß es keine G erüchte sein können. U nd h a t nicht d er O b erstu rm fü h re r so eben bestätigt, daß das „Reich“ Sor gen hat. Jed er H äftlin g im L ager w eiß, daß sich die F aschisten von ih re r N iederlage bei S talin g rad nicht w ieder erh o len können. Schon h a ben sow jetische T ruppen einen Teil d er U kraine zurückerobert. Eines Tages w erd en sie auch dieses L ager befreien. D er Sieg d er deutschen Division, d er Jelen a vor drei W a chen ins K Z brachte, w a r n u r ein Scheinsieg, dem d er Rückschlag schnell folgte. H eute ist jenes D orf bereits w ied er von der R oten A r m ee besetzt. Ob es h ie r im L ager einen R u n d fun k em p fän g er gab, von dem die SS nichts ah n te? W ahrscheinlich, so ein G erät ließ sich leicht v erb er-
gen. A ber w ie w a r es hereingekom m en? Je len a P etro w n a le rn te im L auf d e r nächsten W ochen den inneren M echanism us des L agers im m er besser kennen. Nach den ersten T a gen im K ran k en b au w a r sie e n t setzt u nd niedergeschlagen gewesen. Sie sah keine M öglichkeit, etw as fü r ih re kran k en M ithäftlinge zu tun. Als sie Z untz au f die m enschen u n w ü rd ig en Z ustände aufm erksam m achte, zuckte d er gleichgültig m it den Schultern. „Je m e h r von den u n n ü tz en F ressern krepieren, desto besser ist es. W as zerbrechen Sie sich d arü b e r den Kopf, kein Mensch v erla n g t das von Ih n en .“ — Es lag System darin, den K ra n k en die H ilfe zu verw eigern. Das w u rd e J e le n a P etro w n a jedoch e rst nach eini ger Zeit klar. Auch K leinlein in te r essierten w eder die K ra n k en noch die B ehandlungsm ethoden d er Ä rz tin, allein w ichtig fü r den SS-A rzt w a r d er E inlieferungsterm in der P atienten. W er län g er als zwei W o chen im K ra n k en h au s lag, dessen K arte ik arte sonderte K leinlein aus u n d v ersah sie m it einem roten H aken. „Diese K ra n k en w erden in ein K ran k en h au s ü b e rg e fü h rt“, e r k lä rte er der Ä rztin. Von einem Pfleger e rfu h r Jelena P etro w n a die W ah rh eit: D er u n scheinbare rote H aken bedeutete den Tod: die G askam m er im nahen F rauenlager. K leinlein w a r H err ü b e r Tod u nd Leben. Ein Mensch, d er gute M usik liebte u n d G edichte las! So e rfu h r die Ä rztin, w elche Rolle K leinlein in W irklichkeit spielte, u n d seit diesem Tag zerbrach sie sich den K opf d arü b er, w ie sie dem O b erstu rm fü h rer w enigstens einen T eil seiner O pfer en treiß en konnte. F ü r die K ran k en ta t sie, w as in
ih ren K rä ften stand, u n d das w a r w eit m ehr, als sie in ih re r ersten V erzw eiflung angenom m en h atte. T rotzdem w a r es zuw enig, viel zu w enig. Je le n a P etro w n a h a tte eine Idee, sie g lau b te zu w issen, w ie sie K leinlein ü b erlisten konnte, doch diese Id ee w a r noch nicht genügend durchdacht. H ätte sie bloß V erbin dung zu den G enossen vom ILK , dem Illegalen L agerkom itee, k n ü p fen können, u m w ieviel einfacher w ä re alles! Doch die G enossen h ie l te n sich zurück, w as w u ß ten sie schon von der neuen Ä rztin ? V ier W odien e rst w a r Je len a im L ager, un d v ier W ochen sind eine ku rze Zeit. Ich d a rf nicht lä n g er w arten , sagt sich Je len a P etrow na, ich m uß w e nigstens versuchen, etw as zu tun. Noch an diesem A bend legt sie von drei K ranken, die in spätestens ein er Woche w ieder gesund sein w erden, eine zw eite K ran k en g e schichte an : eine K a rte ik a rte m it falschem E inlieferungsdatum . Die echte versteckt Je len a in ih rem Z im m er. Z untz fü rch tet sie nicht, d er k e n n t nicht einen einzigen K ra n k en m it N am en. U nd ih r Zim m er h a t d er O berscharführer in den v ier W ochen noch nie betreten , obw ohl e r ebenfalls im K ra n k en b au w ohnt. Die drei P atie n te n lä ß t Jelen a P etro w n a in einen gesonderten R aum d er Isolierbaracke legen, d a m it das Pflegepersonal nichts m erkt. In die Isolierbaracke w ag t sich kein SS-M ann, d er v eran tw o rtlich e Pfle ger d o rt erscheint d er Ä rztin v er trauensw ü rd ig . E r ist d er einzige, den sie ein w eih t — sie m uß es, sonst k a n n sie ih r V orhaben nicht durch führen. D er Trick gelingt, u n d J e le n a w ird m utiger. Sie fälscht in d e r nächsten Woche fü n f K a rte ik a r
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te n u nd h a t aberm als Erfolg d a m it. Woche fü r Woche setzt sie die F älschungen fort. A lle jedoch kan n die Ä rztin nicht retten . Die B elastung w ird im m er schlim m er. Je len a findet kaum noch Schlaf, N ächte hindurch g rü b elt sie. Sie allein entscheidet ü b e r Leben u n d Tod vieler ih re r P atienten. T rifft sie jedesm al die richtige E n t scheidung? Von Tag zu Tag be d rückt es sie stärker, daß sie nie m anden um R at fragen kann. Eines Tages w ird ein Tscheche eingeliefert: K arel K rupka. In drei oder vier W ochen w ird e r w ieder a u f den B einen sein, u nd Je len a ist zunächst fest entschlossen, ihn zu retten. — Doch in der N acht k lopft ein Pfleger an die Tür. „K rupka ph an tasiert, F ra u D oktor, e r schlägt im F ieber um sich u nd 8
stößt u nverständliche W orte Die Ä rztin g ib t dem jungen Tsche chen m it dem rundlichen K in d er gesicht eine d e r Spritzen, die sie fü r besondere F älle au fb e w a h rt hat, u n d w acht bis zum frü h e n M orgen an seinem Bett. U nverständliche W orte, h a t der Pfleger gesagt.—D er Ä rztin sind sie nicht unverständlich, K ru p k a sp rich t im F ieb erw ah n Deutsch! Z u erst erschrickt sie: Ein Spitzel d er G estapo? H at K leinlein den Trick m it den gefälschten K a rte i k arte n durchschaut u n d w ill ein B ew eism ittel in die H ände bekom m en? D ann ärg e rt sie sich ü b er ih re Ä ngstlichkeit. K ru p k a ist w irklich krank, u n d ein Spitzel v e rrä t sich nicht so leicht. W eshalb ab er spricht e r im F ieb er nicht Tschechisch? —>■
E s g ib t eine E rklärun g, K arel ist ein D eutscher, d er u n te r tschechi schem N am en lebt. U nd w enn das so ist, dan n h a t e r schw erw iegende G rü n d e dafür. Sie denkt. Vielleicht is t e r ein D eserteur oder einer, der a u f u n se re r Seite gekäm pft h at? D ann b edeutet E ntdeckung fü r ih n den Tod. A ber w enn e r einfach ein K rim in eller ist, ein Dieb, ein Lei chenfledderer? Noch etw as b elastet die Ä rztin: So sehr sie frü h e r das deutsche V olk liebte, seine K u ltu r, seine w is senschaftlichen L eistungen, auch a u f m edizinischem G ebiet, bew un d erte, so sehr ist sie es h eu te ge w o h n t, in jedem D eutschen einen Faschisten, einen F eind zu sehen. I h re W orte zu K leinlein w aren vom V erstand bestim m t. Ih r G e fü h l spricht anders. B ittere E rfa h ru n g en h aben sie sow eit gebracht. N un liegt da ein ju n g e r Mensch vor ih r, d er vielleicht ein A ntifaschist, verm utlich sogar ein G enosse i s t Die V ernunft, ih r politisches B ew ußt sein sagen Jelena, daß sie diesen H äftling re tte n m uß, koste es, w as es wolle, das G efühl jedoch strä u b t s ic h . dagegen. K rupka, od er w ie er heiß en mag, ist D eutscher. R ettet sie ihn, so m uß d a fü r ein an d erer s te rb e n : denn m e h r als fü n f K arte i k arte n in einer Woche d arf sie nicht fälschen, w enn sie n icht alles ge fä h rd en w ill. Auch am nächsten Tag grü b elt sie d a rü b e r nach. L ange h alten m eine N erven die B elastung nicht m ehr aus, d en k t Jelena. Zwei Tage noch, d an n m uß sie sich entschieden h a ben, u n d es gibt niem and, d e r ih r sagen kann, w ie sie sich entschei d en soll. — Je len a hockt verzw eifelt in ih rem Z im m er u n d lä ß t den K opf au f die T ischplatte sinken. Sie ist m üde, u n sa g b ar m üde.
A m nächsten M orgen m acht ih r ein H äftling w äh ren d d er B ehand lung unau ffällig Zeichen. Die Ä rz tin b estellt ih n fü r den späten N achm ittag, zu ein er Zeit, in der Z untz regelm äßig schläft. D as Ge sicht dieses H äftlings kom m t Jelen a P etro w n a b ek an n t vor. Wo n u r h a t sie ih n schon gesehen? D ann fällt es ih r ein: W anja M elnikow arb ei te t als S chreiber in der L agerkom m an d an tu r. W an ja erscheint pünktlich. O hne U m schw eife erk u n d ig t e r sich nach dem Befinden K rupkas. Die Ä rztin erschrickt. H at M elnikow den A uf trag, sie auszuhorchen? In der Scb.reibstu.be sitzen doch n u r H äft linge, die der SS als zuverlässig e rsch ein en ! Die F ra u ist zunächst vorsichtig u n d gibt eine nichtssagende A nt w ort. D a d e u te t W anja m it dem K opf z u r T ür. „K ann m an u n s h ie r be la u sd ie n ? “ „W enn w ir leise sprechen, nicht“, sagt die Ä rztin. „W eshalb a b e r fra gen Sie, w as ich zu sagen habe, k a n n jed er hören .“ „Davon bin ich nicht überzeugt!“ W an ja sieht die Ä rztin fest an. Die tu t, als bem erke sie seinen B lidt nicht. Innerlich a b e r ist sie ge sp a n n t bis zum Z erreißen. Vorsichtig, ständig au f d er H ut, ta ste n sich beide eine W eile m it W orten ab, bis W anja sag t: „Schluß je tz t m it d er G eheim nistuerei, G e nossin! W ir w issen genau, w as du in den letzten. W ochen gew agt hast, w ieviel H äftlinge du g erettet hast. Ich b in B e au ftrag ter des Illegalen L agerkom itees.“ 'Endlich! Jelen a 'Petrow na k ann nicht m e h r an sich halten . M it T rä nen u m a rm t sie den G enossen, den ersten, m it dem sie seit ih re r E in
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lieferung ins L ager offen sprechen kann. Sie w u n d e rt sich, daß sie nichts m ehr sp ü rt von dem anfäng lichen M ißtrauen. In ih r ist n u r Freude. Auch M elnikow ist gerührt. „Hör zu!“ sagt e r u nd zw ingt die Stim m e zur Festigkeit. „Es geht um drei Dinge. Da ist zunächst K rupka. E r gehört zu uns, d u m ußt ih n r e t ten .“ „K rupka ist D eutscher“, erw id e rt die Ä rztin. „W oher w eiß t du das?“ Je len a erzählt. W anja nickt. „Stim m t, K rupkas richtiger N am e ist R udolf B rett schneider, e r ist ein ehem aliger deutscher Soldat, d er den Weg zu unseren L euten gefunden hat. Bei einem m ißglückten U nternehm en geriet e r in eine Razzia. Zum Glück ist R udolf B rettschneider S udeten deutscher u n d spricht ausgezeichnet Tschechisch. Es gelang ihm im letz ten A ugenblick, sich seiner Pistole zu entledigen, so konnte e r sich als Tscheche ausgeben, d er einem A r beitskom m ando an d er polnischen G renze entflohen ist. Die Faschisten brachten ih n ins KZ. E r h a t uns schon viel geholfen.“ Jelen a lächelt. „Das w ä re P u n k t eins. Erledigt! U nd w eiter?“ „Wir benötigen den K ran k en b au als T reffpunkt. D u hast m it der Sache nichts zu tun, w ir b rau d ie n dich fü r w ichtigere A ufgaben. A ber du m u ß t B rettschneider, sobald er w ieder gesund ist, so lange w ie ir gend möglich zu r N achbehandlung bestellen. Du bekom m st Bescheid, w enn sich an deinem A uftrag etw as ändert. L aß ihm eine W arnung zukom m en, w enn Z untz etw a neugierig w erden sollte. D er Bursche ist zw ar dum m , ab er gefährlich.“ 10
„A udi das geht in O rdnung“, sag t die Frau. „K om m en w ir zu P u n k t d rei.“ „Ein h a rte r Brocken“, sagt M elni kow u n d berichtet: „Von Z eit zu Z eit w erd en sow je tische O ffiziere ins L ager eingelie fert, m anchm al auch Deutsche, die au f sow jetischer Seite gekäm pft h a ben u n d bei irgendeinem U n tern eh m en den F aschisten in die H ände gefallen sind. Diese M än n er w erd en in n e rh a lb von vierundzw anzig S tu n d en erschossen. L ange h a t das Illegale L agerkom itee d arü b e r nachgedacht, w ie diese M ensdien dem Tod en trissen w erden k ö n n ten. G estern h a t es d an n beschlos sen, die Ä rztin um ih re M itarb eit zu b itten .“ „U nd h a b t ih r schon b estim m te P lä n e ? “ fra g t Jelena. W anja zögert. „Es ist n u r ein Vorschlag. Im K ran k en b au sterb en doch täglich einige H äftlinge. Sie bekom m en die P ap iere d er Todes k an d id aten ; die K arte ik arte n u n d w as sonst dazu gehört, fälsche id i in der Schreibstube.“ Die Ä rztin schüttelt den Kopf. „Unmöglich! Das k an n m an ein oder auch zw eim al m achen. S p äte stens beim d ritte n m al fä llt es d er SS auf, daß ausgerechnet die L eute sterben, die zu r H inrichtung b e stim m t sind.“ „Vielleicht genügen ein - o der zw eim al“, d rin g t M elnikow in sie. „Die R ote A rm ee rü ck t vor, bald ist die gesam te U k rain e b efreit!“ „Es m uß einen besseren Weg ge b en “, erw id e rt Je len a Petrow na. Sie stü tzt den K opf in beide H ände. Nach, ein er W eile ste h t sie auf, löscht das Licht im Z im m er und zieht den V orhang am F en ster b ei seite. M it ausgestrecktem A rm w eist sie a u f den L agerzaun, der
k eine zehn M eter vom K ran k en b au e n tfe rn t ist. „So n ah is t die F rei heit, u n d n u r ein Z aun ist dazw i schen. Einen Z aun k a n n m an um gehen. M an k an n hinüberk lettern . M an k an n auch u n te r ihm h in durch.“ „Du d enkst an einen T u n n el?“ Die Ä rztin nickt. „E r könnte in m einem Z im m er beginnen, h ie r u n te r diesem Schrank. W ir verdekken ih n m it ein er F a lltü r.“ „U nd w enn diese entdeckt w ird ? “ Je len a w in k t ab. „Offizielle H er re n des K rankenhauses sind zw ar K leinlein u nd Z untz, in W irklich k e it a b e r bin ich h ie r d e r H err; n iem and k ü m m ert sich darum , w as ich tue.“ „Z untz w o h n t im selben F lu r“, g ib t W an ja zu bedenken. „Das schon“, rä u m t die Ä rztin ein, „doch Z untz v e rb rin g t die N ächte gew öhnlich au ß e rh alb des L agers.“ „Ich w eiß es“, entgegnet W anja. „T rotzdem .“ „Vor Z untz können w ir uns si ch ern“, verteidigt Je len a ih re n V or schlag. „H at die SS h u n d e rt A ugen u n d O hren, so h ab en w ir tausend. O d er ist es nicht so?“ „Du h ast recht!“ sagt M elnikow. „Ich w erde deinen V orschlag dem IL K un terb reiten . A ber ich w eiß nicht, ob e r sich verw irklichen läßt. G leich h in te r dem L agerzaun be g in n t der Sum pf. Das L ager ist m it V orbedacht so angelegt w orden. W er den Z aun ü berw indet, soll in d en M oorlöchern versinken. A ber w ir haben E inheim ische im Lager. S ie w erd en uns sagen, ob m an sich ein en Weg durch den S um pf b ah n en k a n n u n d ob die E rde es h ier zuläßt, daß m an einen T unnel b au t.“ Is t es schon m ühsam , den T u n
nel zu graben, so ist es noch m ü h sam er u n d schw ieriger, das ausge hobene E rdreich verschw inden zu lassen. N acht fü r N acht schleichen viele G estalten aus dem v erd u n k el te n Z im m er d e r Ä rztin. Sie trag en Säcke a u f dem Rücken, g efü llt m it Erde, S and u n d Steinen. Sorgfältig verstecken die H äftlin g e ih re Last, w eit vom K ran k en b au en tfern t. — F ü r ih re S icherheit sorgen g u t ge ta rn te Späher. Im G elände v erteilt, hocken sie u n te r S träuchern, k au ern im S chatten d er B arackenw ände, blicken durch F ensterscheiben. — Z untz trifft gew öhnlich genau eine h alb e S tunde v o r D ienstbeginn im K ra n k en b a u ein. Sollte e r w irklich einm al frü h e r zurückkom m en, so w ü rd e n ih n die S päher au f jeden F all rechtzeitig bem erken. F ü r be sondere Fälle, zum Beispiel w enn Z untz einm al zu H ause bleiben sollte, hatte- sich die Ä rztin ein e in faches W arnsystem ausgedacht: Sie w ollte d an n den B lum entopf, der norm alerw eise rechts vom F en ste r kreuz stand, auf die lin k e Seite stellen. K ein E ingew eihter w ü rd e sich d a n n dem K ra n k en b a u n ä hern. D ie A rb eit ist m it ständiger Sorge verbunden. W erden die W ände h alten ? Reichen die A bstei fungen? Holz ist schw er zu beschaf fen u n d kostbar. T rifft m an viel leicht doch au f ein M oorloch? D ie Einheim ischen w aren d er A n sicht, daß m an es versuchen könne. A ber auch sie k o n n ten nicht sicher sagen, ob das V orhaben gelingen w ürde. Zw ei W ochen arb e iteten die H äft linge an dem Tunnel, da ist R udolf B rettschneider genesen. D er junge D eutsche d rückt d e r sow jetischen Ä rztin d a n k b a r die H and. „So ist das n u n “, sagt e r b itter, „Sie, die Sie angeblich zu den F einden m ei-
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nes Volkes gehören, m üssen mich vor den eigenen L andsleuten retten. W as ist das n u r fü r eine W elt?“ „Eine W elt, die w ir gem einsam v erän d ern w erd en “, sagt Je len a F etrow na. In diesem Augenblick klopft es an die Z im m ertür! „H erein!“ r u ft J e lena u nd w endet sich w ieder B re tt schneider zu. „Sie w issen also Be scheid, K rupka. Ü berm orgen m el den Sie sich zu r N achuntersuchung!“ R udolf arb e itet in der Effektenkam m er. W ie es dazu gekom m en ist, h a t e r Je len a kürzlich erzählt. Wie alle V orzugsstellungen im L a ger, w a r auch dieses K om m ando lange Zeit von K rim inellen besetzt. Bis die SS eines Tages einen regel 12
rechten S chieberring aushob: Die „K om m andierten“, w ie sie g en an n t w urden, tauschten Brot, Fleisch u n d Suppe gegen T abak, sie tauschten die ausgebrochenen G oldkronen to te r H äftlinge gegen neue Schuhe u n d K leid u n g ; sie tauschten Schnaps gegen alles, w as sie gebrauchen konnten. D er L agerkom m andant tobte, v erp rü g elte eigenhändig die B lockältesten u n d Kapos, ließ je den hängen, der ih m verdächtig e r schien. „Jetzt k am u n sere große S tu n d e“, b erichtete B rettschneider. „W anja u n d d er zw eite L agerälteste —eben falls ein Politischer —, die m it dem K om m andanten öfters zu tu n h a ben, lagen ih m Tag fü r Tag in den O hren u n d m achten ih m k la r: P oli-
tische klauen nicht, sie leh n en es ab, sich auf K osten ih re r M ithäft linge zu bereichern. Tatsächlich ließ es d er L agerkom m andant au f einen V ersuch ankom m en, u n d e r kam b ald zu d er M einung, daß e r nicht schlecht fah re dabei. Die Folge w ar, daß es w enige W ochen sp ä ter kein w ichtiges H äftlingskom m ando gab, in dem nicht w enigstens ein P oli tischer v ertreten w ar. D er K om m a n d an t löste auch einigö k rim i n elle Blockälteste u nd K apos ab. A n ih re Stelle kam en ebenfalls politische H äftlinge. So w urde das Illegale L agerkom i tee zu einer gew altigen K raft, ab er d as w eiß d er L agerkom m andant n atü rlich nicht.“ Ja, sie sind eine K raft, eine ge h eim e Macht, die dem T erro r der Faschisten die S tirn bietet. Jelen a P etro w n a ist stolz darauf, daß ihre A rb e it dazu beiträgt, die M acht des IL K zu stärken. Seit fü n f W ochen ist d er T unnel fertig. Im regelm äßigen T urn u s be n u tz t ihn die Ä rztin, um m it einem A bgesandten d er P a rtisa n e n Nach richten auszutauschen. R udolf B rett schneider steckt ih r die Schreiben w äh ren d d er B ehandlung zu oder n im m t sie in Em pfang. W ie m ag das frü h e r vor sich ge gangen sein? fra g t sich Jelen a zu w eilen; früher, als es noch keinen T u n n el gab? R udolf k lä rt sie d a r ü b e r auf. „Es g ibt viele M öglichkei ten, Je len a P etro w n a: ein verlore n e r K nopf a u f dem Weg zum S teinbruch, ein L appen, den ein H äftling des H olzkom m andos im W ald w egw irft, u n d w as w eiß ich nicht alles. Je d er G egenstand h atte eine ganz bestim m te Bedeutung. A uf diese A rt haben w ir den P a rti san en auch N achricht vom T unnel
b au gegeben, u n d sie h ab en den Weg durch den S um pf zum L ag er zaun ausgekundschaftet. So k o n n te n w ir den T unnel gleich in B e trie b nehm en.“ — W ohl g ib t es im L ager eine geheim e F u n k statio n , doch deren S ender schw eigt aus Si cherheitsgründ en ; e r ist fü r N ot fälle bestim m t. B rettschneider ist einer der w enigen, d e r davon w eiß, u n d e r e rz ä h lt es nicht ein m al der Ä rztin. W enige Tage nach diesem G e spräch kom m t R udolf B rettschnei d er unangem eld et zu r B ehandlung. E r k lag t ü b er u n erträg lich e Schm er zen. Je le n a a h n t sofort, daß etw as B esonderes geschehen ist. „Ich w erde Ihnen ein M edikam ent zu rechtm achen“, sagt sie. „Holen Sie es sich nach dem A bendappell ab .“ „So lange h alte ich es nicht au s!“ w im m ert B rettschneider. S cheinbar ärgerlich g ib t die Ä rz tin nach. „Also g u t“, a n tw o rte t sie barsch. „K om m en Sie w äh ren d der M ittagspause. Sie finden mich auf m einem Z im m er.“ R udolf blin zelt ih r zu u n d b e d a n k t sich. Nach dem M ittagessen schleicht er langsam , m it leidvoller M iene zum K rankenbau. Doch kaum h a t e r die T ü r des A rztzim m ers h in te r sich geschlossen, w ird e r frisch u n d m unter. „H eute nacht!“ flü ste rt er aufgeregt. „H eute nacht w irst du drei M ann durch den T u n n el fü h re n : einen sow jetischen Sergeanten u n d zw ei Deutsche. B ereite dich d ara u f v or!“ Die G efangenen sind gegen acht U h r ins L ager gebracht w orden, b e rich tet B rettschneider. D as F a h r zeug h ie lt jedoch nicht w ie üblich vor d er K om m andantur, sondern fu h r u n m ittelb ar zum Block 7. W anja M elnikow w a r klar, w as das 13
zu bedeuten hatte, u nd e r benach richtigte den V orsitzenden des ILK. Der w iederum b eau ftrag te R udolf B rettschneider, die Ä rztin in K en n t nis zu setzen. „W anja h a t ein G espräch d er Deutschen belauscht“, schließt B rett schneider. „Die drei gehörten einem L au tsprechertrupp an. Bei einem Einsatz dicht vo r den deutschen L i nien gerieten sie in das F euer zw eier G ra n atw e rfer u n d verloren ih r F ahrzeug. D er V ersuch, die eigenen S tellungen zu F uß zu erreichen, schlug fehl.“ Jelen a P etro w n a h a t W anja seit jenem Gespräch, in dem e r sich ih r offenbarte, nicht m eh r gesehen. „Sag m al, R udolf“, erk u n d ig t sie sich, „w oher spricht eigentlich W anja so gut D eutsch?“ „W anja w a r D eutschlehrer“, sagt Brettschneider, „lehrte sow jetischen K indern die deutsche Sprache. H eute sitzt e r in einem deutschen KZ! K ann den n die W elt dem deutschen Volk jem als w ieder v er tra u e n ? “ „W arum nicht?“ an tw o rte t J e lena. „W ir v e rtra u e n d ir doch auch. Die KZs h ab en Faschisten gebaut, und so w ie du leben Z ehntausende deiner L andsleute als H äftlinge in diesen Lagern. Ih r w erd et eines T a ges dafür sorgen, daß euer Volk das V ertrauen der W elt zurückgew innt.“ Jelena erz äh lt B rettschneider, w ie schwer es ih r in je n er N acht am K ra n k en b ett gefallen ist, in ihm nicht den Faschisten, sondern den deutschen K am pfgefährten zu se hen. Vielleicht h ilft ihm das zu se hen. D ann sagt sie: „Doch kom m en w ir zu r Sache!“ Block 7 liegt abseits d e r anderen Baracken. Bew acht ist d e r m assive Bau nicht, n u r die F en ste r sind v erg ittert u n d die T üren verstärkt. 14
Ein h o h er S tacheldrahtzaun v erh in dert, daß die T odeskandidaten m it den an d eren H äftlingen in B erü h ru n g kom m en. W ie je d er im Lager, k en n t auch Je len a P etro w n a den „Todesblock“, u n d ih r ist klar, daß es fü r die sta rk e O rganisation des IK L nicht allzu schwierig sein kann, die G efangenen d arau s zu b e freien : in d er Schlosserei arb eiten politische H äftlinge, denen es ein leichtes ist, insgeheim N achschlüs sel anzufertigen, D utzende b en u t zen Tag fü r T ag scharfe B eiß- und K om binationszangen, die Stachel d ra h t in S ekundenschnelle durchschneiden. S elbstverständlich ist das auch dem L agerkom m andan ten b ekannt, doch w as h ä tte es einem G efangenen genutzt, w ä re e r aus dem Todesblock entkom m en? A us dem L ag er selbst fü h rte kein Weg in die F reiheit. So h a tte d er K o m m an d an t b ish er d ara u f v e r zichtet, den Todesblock gesondert bew achen zu lassen. „H alte dich P u n k t zwei U h r b e re it!“ flü stert Brettschneider. „Und w en n Z untz da ist? “ gibt Jelen a zu bedenken. „Ich nehm e es nicht an, doch w ir m üssen m it allem rechnen.“ Auch d ara n h a t das ILK gedacht. In diesem F all w ü rd en die G enos sen durch Jelen as F en ster steigen, e rk lä rt B rettschneider. Jelen a solle das Licht löschen, den B lum entopf au f die an d ere Seite stellen u n d das F en ster nicht verriegeln. A lles a n dere sei Sache des ILK , die Ä rztin hab e die drei G enossen n u r durch den T unnel zu bringen. Je le n a fra g t nicht w eiter, m eh r w ü rd e ih r R udolf B rettschneider ohnehin nicht erzählen. Sie w eiß nicht einm al genau, w elche Rolle dieser ju n g e D eutsche im IL K spielt, sie a h n t n ur, daß es eine b e d eutende ist.
H eute nacht also w ird sie ihre B ew ährungsprobe bestehen müssen. Je le n a P etrow na em pfindet keine F u rch t vor dem K om m enden, doch von ein er gew issen B eklem m ung k a n n sie sich nicht frei m achen. U n ru h ig lä u ft sie in ihrem dunklen Z im m er au f u nd ab, schaut im m er w ieder auf die U hr, lauscht au f je des G eräusch, bangt, daß Z untz vorzeitig zurückkom m en könne u nd ih n die S päher, die sicher w ieder an ih re n B eobachtungsplätzen hocken, nicht bem erken w ürden. Sie weiß, daß ih re B efürchtungen un b eg rü n det sind, sie w eiß auch, daß die SS~ M annschaften, se it die F ro n t n äh e r rückt, im m er häufiger beim Schnaps sitzen un d m anches vernachlässi gen, a b e r sie findet trotzdem keine R uhe. P u n k t zw ei öffnet Je len a P e tro w n a die T ü r des K rankenbaues. Im selben A ugenblick sieh t sie vier Schatten. Drei huschen zu ihr, der v ie rte zieh t sid i zurück. Je len a ist es, als habe sie W anja M elnikow e r k a n n t. . . D ie Ä rztin b ew o h n t das erste Z im m er lin k s neben d er E ingangs tü r. D aneben befindet sich d e r Be h andlungsraum . Die beiden R äum e gegenüber sind unbew ohnt, ein er ist als W arterau m eingerichtet, d er a n d ere d ient als A bstellkam m er. Es folgen lin k s u n d rechts W aschraum u n d T oilette, d an n e rs t kom m en die K rankenzim m er. Z untz w o h n t am anderen Ende des F lurs. E r be t r itt un d v erlä ß t die B aracke durch d en h in te re n Eingang, zu dem n u r e r einen Schlüssel besitzt. S om it be ste h t w enig G efahr, daß jem and hört, w as in d er S tube d er Ä rztin v o r sich geht. Je le n a schiebt die d rei M änner in s Z im m er u nd verschließt die Tür. Im ungew issen L icht des M ondes e rk e n n t sie eine sow jetische U ni
fo rm sowie zwei M änner in langen Joppen. D as m üssen die D eutschen sein. A uf ein Zeichen d e r Ä rztin heben die drei den K leiderspind an und stellen ih n sacht zu r Seite. Die F a ll tü r liegt frei. Je len a P etro w n a glei te t als erste durch die enge Öffnung, die an d e ren folgen ihr. M inuten sp ä te r stehen sie zwei P a rtisa n e n gegenüber. S tum m u m arm e n die G eretteten ih re R etter. D as K Z lieg t dicht am R ande eines riesigen W aldgebietes, das von ausgedeh n ten Süm pfen durchzogen ist. D ie Süm pfe erstrecken sich k ilo m eterw eit in die L änge u n d in die B reite, h ie r u n d d a w ird das Moor von ein er In sel unterbrochen. Alles, das feste L an d w ie. das Moor, ist bedeckt von B äum en, G estrü p p und Riedgras. Die B äum e w achsen heran , bis die W urzeln im m o rasti gen U n terg ru n d keinen H alt m eh r finden u n d nachgeben. K reuz und q u er tü rm e n sich die gestürzten S täm m e im b rau n e n Brackw asser, oder sie liegen halb v ersu n k en in einem trügerischen G rasteppich, der nicht ein m al dem G ew icht eines K indes stan d h ält. D azwischen w u chern Sträucher, m eterhohes Schilf, verk rü p p elte Sum pfkiefern. Der M oorw ald ist w ie eine u n d u rch dringliche M auer. E inm al h ab en es die D eutschen gew agt, ih n zu b e treten. S ie w ollten zu ein er Insel durchbrechen, au f d er sie das L ager d er P artisa n en verm u teten . N eun undfünfzig von d reih u n d e rt kam en zurück. D ie an d eren v ersan k en in den M ooraugen u n d Schlenken, b ra chen a u f scheinbar festem Boden ein, rissen im T odeskam pf ih re K a m eraden m it. Sechs K ilom eter w eit w ollte das B ataillon vorstoßen, nicht einen K ilom eter w eit ist es gekom m en. — D ie SS h ä lt diesen W aldgürtel am 15
N ordrand des L agers fü r undurchdringbar. D aher ist der nördliche L agerzaun, d er u n m ittelb ar an den Sum pfw ald grenzt, w eniger streng bew acht. — W as nutzte es einem H äftling, w enn es ihm w irklich ge lingen sollte, den m it H ochspan nung geladenen S tacheldraht zu überw inden? Schon nach w enigen M etern w ü rd e e r u n re ttb a r im Moor versinken. S elbst die F ä h r tenhunde schrecken vor dem heim tückischen Moor zurück. N ur Jelena P etro w n a und einige w enige M itglieder des Illegalen L agerkom i tees w issen, daß es doch einen P fad vom L ager d er P artisa n en zum KZ gibt. In w ochenlanger A rbeit haben ih n A u fk lärer der P artisa n en e r kundet. A m Ende des P fades m ün d et d er T unnel ein. 18
In k urzen A bständen leuchten auf hölzernen W achtürm en Scheinw er fer auf. Ih re lan g en Lichtfinger gei stern h in u n d her, tauchen den S tach eld rah t in gleißendes Licht u n d verlöschen w ieder. K einem d er P osten fä llt es ein, den Scheinw er fe r au f den W ald zu richten. S elbst w enn e r es täte, könnte e r nichts A uffälliges entdecken, das A st g ew irr v erb irg t, w as u n m ittelb ar au f d er E rd e geschieht. Je len a P etro w n a verabschiedet sich u n d g eh t zurück. Sie tu t es freiw illig; d enn sie h a t d o rt eine A ufgabe zu erfüllen, die ih r n ie m an d abneh m en kann. Die F ra u h an d e lt als K o m m unistin; so, w ie es je d er von ih r erw artet. W as die SS tut, als ih r d er g e lungene A usbruch b ek an n t w ird, er-
fä h rt Jelen a P etro w n a e rst nach u n d nach. Z unächst ste llt die Ä rz tin fest, daß zur gew ohnten Be h an d lungsstunde keine K ran k en e r scheinen. Das h a t es noch nie ge geben. Zuntz, den sie aus G ründen d er T arnung fragt, w as das bedeu te n soll —sie d arf ja nichts w issen —, k n u rrt n u r: „S tehappell!“ u nd v e r k riecht sich in seinem Zim m er. K urze Z eit sp ä ter tau ch t K lein lein im K ran k en b au auf, b rü llt Z untz an, ob e r nichts zu tu n habe, u n d ja g t den O berscharführer hin u n d her. Die Ä rztin, die ihm vor schriftsm äßig m elden w ill, beachtet e r ü b erh a u p t nicht. Je len a P etro w n a ste h t im leeren B ehandlungsraum . A n den F enster scheiben rin n t das R egenw asser h eru n ter, die K ronen der Bäum e biegen sich im W ind. S tehappell! B rettschneider h at Oer Ä rztin einm al erzählt, w ie solch ein A ppell aussieht. Bis zu zehn S tu n d en stehen die H äftlinge in s ta rre r H altung a u f dem w eiten, W ind u nd W etter ausgesetzten P latz v o r d e r K om m andantur, die H ände an der H osennaht, unbew eglich w ie Schaufensterpuppen. F ä llt einer vor Schwäche um, so prügeln ih n die W achm annschaften w ieder hoch. — M ancher bleibt auch fü r im m er lie gen. A uf dem F lu r e n tste h t L ärm , pol te rn d e Schritte n äh e rn sich. Sie kom m en! D er Ä rztin ist, als b leibe ih r vor Schreck das H erz ste hen. Gleich w erd en die SS-B andite n in ih r Z im m er eindringen, und alles ist verloren. Je len a P etrow na h a t noch keine „D urchsuchung“ kennengelernt, doch aus B erichten von H äftlingen w eiß sie, w ie das vor sich geht: au f geschlitzte S tro h säcke, um gestürzte Schränke, h e r ausgerissene D ecken- und F uß bo d en bretter. K ein W inkel bleibt
verschont, kein Ritz. D ie F ra u sin k t a u f einem S tu h l zusam m en u n d e r w a rte t die H enker. G anz ru h ig ist sie a u f einm al, n u r die G ew ißheit, daß sie in Z u k u n ft k einem m eh r helfen kann, stim m t sie trau rig . D a schreit d rau ß e n jem and, der Stim m e nach m uß es K leinlein sein: „Was ist denn h ier los? W ol len Sie Ih re m V orgesetzten nicht m elden, M ann!“ H acken knallen, u n d eine an d ere Stim m e an tw o rte t: „Durchsuchung, O bersturm führer! Ich w u ß te nicht, daß Sie h ie r sind.“ „H auen Sie ab !“ K leinleins Stim m e überschlägt sich fast vor W ut. „Im K ran k en b au sorge ich selbst fü r O rdnung! K la r? “ „Jaw ohl, O b erstu rm fü h rer!“ Die S chritte en tfe rn e n sich, krachend fä llt die F lu rtü r ins Schloß. Je len a P etro w n a h a t das G efühl, sie träum e. W as in aller W elt m ag den S S-A rzt dazu bew ogen haben, die D urchsuchung des K ra n k en baues zu v erh in d ern ? D ie nächste S tunde öffnet ih r die Augen. K leinlein reiß t die T ü r zum B ehandlungsrau m au f u n d fo rd e rt barsch: „Die K ra n k en b lätte r!“ E r re iß t d er F ra u die K a rte ik a rte n aus der H and u nd sieh t sie böse an. „Solltest du die Burschen versteckt haben, dan n hol dich der T eufel!“ K leinlein u n d Z untz gehen sorg fältig vor. Sie nehm en jed en P a tien ten genau u n te r die Lupe, b e fragen ihn, w obei Zuntz, der ein p a a r Brocken Russisch u n d Polnisch spricht, dem S S-A rzt dolmetscht. Die beiden w agen sich sogar in die Isolierstation. Sollen sie suchen, die G enossen sind in Sicherheit. Auch w egen der P atie n te n in der Isolierstation m acht sich die Ä rztin keine Sorgen. Bis au f den geänderten E inlieferungsterm in un d eine falsche Diagnose 17
a u f d er K arte ik arte geht bei ihnen alles ordnungsgem äß zu. U nd u n tersuchen w ird K leinlein zudem nicht. Doch Je len a P etrow na e r k e n n t je tzt K leinleins Bew eg g ründe: H at sie tatsächlich die V er u rteilten u n te r ih re P atien ten ge schmuggelt, so w ill der S S-A rzt sie selbst finden. N ur so k an n e r U n annehm lichkeiten fü r sich v erh in dern. Z um Schluß k o n tro lliert K lein lein das Z im m er d er Ä rztin. E r öff n et die S chranktür, doch a u f den G edanken, u n te r den S chrank zu sehen, kom m t e r nicht. D ort k an n sich ja n iem and verstecken. „In O rdnung“, sagt er. „Ich glaube, Sie sind zu klug, um solch billige Tricks zu versuchen. Sie sehen es: W ir w ären schnell dahintergekom m en.“ Nun, da e r weiß, daß e r nichts zu befürchten hat, ist K leinlein w ie d er freundlich. E rst je tzt fä llt Jelen a ein, w ie leicht K leinlein die echten K arte i k arte n h ä tte finden können, die sie u n te r d er M atratze versteckt hat. Schreck durchzuckt sie. Sie n im m t sich vor, in Z ukunft die K a rte ik a r ten im T unnel aufzubew ahren. Ein p aa r S tunden sp äter bringen K ra n k en trä g er die O pfer des S tehappells. Je len a ist erschüttert. Schon ein flüchtiger Blick sagt ihr, daß ein Teil dieser M änner die N acht nicht ü b erstehen w ird. Die F rau u n d die Pfleger tu n alles Menschenmögliche. M edikam ente gibt es nicht, die m üssen durch be sonders liebevolle F ürsorge ersetzt w erden. D er „O berpfleger“ v erlä ß t zur ge w ohnten Z eit sein Z im m er u nd geht zu seiner Freundin. Die K ranken, die auf den nackten D ielenbrettern des F lures liegen, scheint e r nicht zu sehen. In der M ittagspause des nächsten 18
Tages h o lt B rettschneider seine „A rznei“ ab. V iel Z eit h a t e r nicht, e r berich tet in S tichw orten: W anja M elnikow h a t in d er S chreibstube ein p a a r N euigkeiten erfahren. D er L agerkom m andant sowie H au p t stu rm fü h re r Hofei, d er die G estapo v ertritt, steh en vor einem Rätsel. Sie können sich nicht erk lären , w ie die zum Tode V eru rteilten aus dem L ager gekom m en sind; d enn der hochspannungsgeladene Stachel d ra h t ist völlig unbeschädigt. Die SS verm utet, daß sich die drei To desk an d id aten noch im m er im L a ger befinden; verm utlich u n te r fa l scher N um m er, m itten u n te r den d reitau sen d H äftlingen. Das ILK h alte es fü r nötig, daß Je len a an d er nächsten B esprechung teilnehm e, schließt B rettschneider. D as Illegale L agerkom itee trifft sich diesm al im F utterschuppen der Schw einem ästerei. D raußen stehen zw ei G enossen Wache. K ein L icht schein erh e llt den Raum , Jelen a P e tro w n a a h n t m e h r die A nw esen den, als sie sie sieht. M it leiser Stim m e e rlä u te rt P aw el R utkin, der V orsitzende des ILK, die m ilitä ri sche Lage. Die Rote A rm ee ist im V orm arsch. In den nächsten Wo chen w ird sie das L ager befreien. D as h eiß t a b e r auch, daß die Lage fü r die H äftlinge gefährlich ist. Muß die SS das L ag er räum en, so w ird sie versuchen, v o rh er die G efange n en zu erm orden. Am m eisten ge fä h rd e t sind die Politischen. „Auf u n s w arte n zwei A ufgaben“, sägt Paw el. „W ir m üssen den orga n isierten W iderstand v o rb ereiten u n d gleichzeitig die w ichtigsten K a der, sow eit sie nicht im L ager ge b rau ch t w erden, durch den T unnel brin g en .“ „W iderstand“, fra g t eine Stim m e aus dem D unkel heraus. „Wie
den n ? Sollen w ir m it K nüppeln gegen M aschinengew ehre a n re n n en ?“ Obw ohl e r die G esichter seiner G enossen nicht erk en n en kann, sp ü rt Paw el, w elchen E indruck die W orte des Z urufers gem acht haben. „Sprich, R udolf!“ fo rd e rt e r B rett schneider auf. R udolf B rettschneider berichtet, d er K om m andeur d er P artisa n en ein h eit habe W affen f ü r das L ager angekündigt. Flugzeuge h ä tte n sie abgew orfen, u n d noch in dieser N acht solle die erste L ieferung durch den T unnel gebracht w erden. K äm e es zum K am pf m it d er SS, so w ü rd e die P artisa n en e in h eit eingreifen, doch d er K om m andeur w a rn e davor, zu frü h loszuschlagen. Noch sei die R ote A rm ee nicht nahe genug. So e rfä h rt Je le n a von dem F unkgerät, das b ish e r im m er n u r
zum E m pfang von N achrichten b e n u tz t w urde. Das ILK b e rä t bis gegen M itter nacht. E inzeln verlassen die H äft linge den Schuppen u n d streben a u f Schleichwegen ih re n U n ter k ü n ften zu. Als sich Je len a P etro w n a dem K ra n k en b a u n äh ert, stu tzt sie. Im Z im m er des O berscharführers b re n n t Licht! L au te Radiom usik u nd grölende M ännerstim m en d rin gen in die Nacht. — D ie W affen! Einige G enossen sollen sie w äh ren d d er N acht abholen u n d vergraben. H astig verrü ck t die Ä rztin den B lum entopf am F enster, verschließt die Z im m ertü r u n d schlüpft durch den Tunnel. Die P artisa n en erw ar te n sie schon. K aum steckt Jelen a den K opf durch die geschickt ge ta rn te T unnelm ündung, tre te n sie aus dem schützenden G estrü p p h er 19
vor u nd helfen ih r beim H eraus steigen. In kurzen W orten te ilt ihn en die F ra u m it, w as geschehen ist. Die P artisa n en überlegen nicht lange. „Die W affen bleiben einst w eilen im T unnel“, m einen sie. „Die G enossen können sie sp äter ab holen. Du a b e r gehst sofort zurück! M an kan n nie wissen, w as Zun.tz un d seinen K um panen in der T ru n k enheit einfällt. V ielleicht w ollen sie in dein Z im m er u nd schlagen die T ü r ein, w enn du nicht au f m achst. D ann finden sie die L uken öffnung.“ Ein le tzter H ändedruck in d er F re ih e it. . . E iner d er P artisa n en begleitet die F rau. M it einem Ruck stößt e r die K lappe au f u nd schiebt den L auf sein er M aschinenpistole vor. E rst nachdem e r sich vergew issert hat, daß d er R aum le e r u nd die T ü r noch von innen verschlossen ist, w in k t e r Jelena. Im Z im m er des O berscharführers toben noch im m er die betru n k en en SS-Leute. Die W affen sind vergraben, so daß sie jederzeit griffbereit sind,. Je len a P etro w n a atm et auf. Sie sp ü rt es: Ih re N erven sind d e r Be anspruchung kaum noch gewachsen. Sie schäm t sich fü r ih re Schwäche u n d zw ingt sich- m it eiserner E ner gie zum D urchhalten. Einige Tage R uhe w ürden ih r gut tun. Doch die K ranken lassen ih r keine Ruhe. — A udi die G enossen können es nicht, die U m stände verlangen jetzt, wo es dem E nde entgegengeht, von je dem das Letzte. K einer d a rf au f sich oder auf andere Rüdssicht n eh men, es ste h t zuviel au f dem Spiel. Rudolf B rettschneider h a t schon w ieder ein A nliegen an die Ä rztin. „Der L agerkom m andant h a t befoh 20
len, den Z aun zum B lodt 7 an die H ochspannung anzuschließen!“ sp ru d elt e r aufgeregt hervor. „W ir w erd en ih m a b e r ein Schnippchen schlagen. P aw el w ird es so einrich ten, daß e r m it dieser A rb eit einen u n serer Leute, den E lek trik er Boris, b etraut. Boris w ird heim lich eine Strom brücke, einbauen, eine V or richtung, die es uns erm öglicht, den S trom kreis u m Block 7 zu u n te rb re chen, ohne daß die A larm anlage ausgelöst w ird .“ „Und w as h ab e ich dabei zu tu n ? “ fra g t die Ä rztin. B rettschneider e rk lä rt es ih r: So bald Boris g efäh rd et ist, m uß e r in S icherheit g ebracht w erden. Dabei soll Je len a helfen. V orerst geschieht jedoch nichts, d er „Todesblock“ b leib t leer. D ann ab er b rin g t die SS einen neuen G e fangenen n a d i Block 7. Es is t ein sow jetischer Politoffizier. A m nächsten M orgen ist dieser v ersch w u n d en ; ebenso spurlos w ie alle an d eren v o r ihm. Jelen a P etro w n a tu t nach d e r geglückten F lucht ih re Arbeit, schein b a r ruhig u n d ausgeglichen. N ie m an d m e rk t ih r die in n ere S p an nung d er letzten S tunden an, n ie m an d ah n t, w elche S elb stb eh err schung die Ä rztin aufb rin g en m uß, um d e ra rt gelassen zu erscheinen. N icht ein m al ih re G enossen w issen es. W as w ird die SS tun, w ie w ird sie auf den neuen A usbruch reagie ren ? — W ird K leinlein aberm als eine D urchsuchung des K ra n k en baues v erh in d e rn ? — W enn nicht, w as dan n ? Es ko stet viel K ra ft durchzuhalten. Die SS tu t dem A nschein nach g ar nichts. Die H äftlinge kom m en u n d gehen zu r B ehandlung w ie im m er, nichts d eu tet d a ra u f hin, daß etw as A ußergew öhnliches ge
schehen ist. Doch gerade diese R uhe scheint d er Ä rztin gefährlich. W elche Teufelei m ögen sich d er L a g erkom m andant u n d H ofei ausge dacht haben? E rst als R udolf B rettschneider auftaucht, um „A rznei abzuholen“, schw indet die E rregung Jelenas. „Die SS ta p p t völlig im dunkeln!“ erz äh lt Rudolf. „W anja lä ß t d ir das ausrichten.“ Rudolfs A ugen blicken listig. „Boris h a t näm lich den Hoch spannungsschalter w äh ren d der N acht w ieder ausgebaut. N u r das U m gehungskabel liegt noch, das ist jedoch vergraben u n d gut g etarn t.“ „Und Boris? B leibt alles so, w ie w ir es abgesprochen h a b e n ? “ „W as die Flucht betrifft, ja. Nur, das ILK h a t beschlossen, daß Bo ris e rst fliehen soll, w en n ihm G e fa h r droht. V ielleicht können w ir den Trick w iederholen.“ „Und w enn Boris vo rh er v erh a f te t w ird ? “ B rettschneider lächelt verschm itzt. „W ir haben tau sen d A ugen u n d O h ren. W ir erfah ren es rechtzeitig, v erlaß dich d ara u f.“ K eine S tunde ist vergangen, da h u m p elt ein H äftling in den K ra n kenbau. Jelen a h a t den M ann noch nie gesehen. „Ein U nfall“, stöhnt er, „ich habe schreckliche Schm er zen.“ Die Ä rztin besieht sich den Fuß, findet a b e r nicht die geringste S pur ein er V erletzung. „Iw an Petrow itsch m eint, Sie sollen m ir den F uß gut b an d ag ieren “, sagt d er H äftling und sieh t die F ra u eindringlich an. „Iw an Petrow itsch aus Bobruisk. Er h a t eine N arbe ü b e r dem rechten Auge, ich glaube, Sie k ennen ih n .“ Das ist das v ere in b arte Stichw ort, Boris ist in G efahr! Sie m uß schnell h a n d e ln ! Jelen a sp rin g t auf, schraubt den Deckel ein er Steckdose ab u n d v e r
u rsacht einen K urzschluß. D ann w endet sie sich w ied er dem „K ran k en “ zu u n d um w ickelt seinen Fuß. W ie erw artet, flitzt Z untz w ü ten d au f den K orridor. „Welches R in d vieh w a r das? V ielleicht tra b t bald e in er an u nd h o lt einen E lek tri k e r!“ — W enn Z untz nicht Radio h ören kann, u n d das tu t e r fast den ganzen Tag über, falls e r nicht schläft, ist e r ungenießbar. Je len a re iß t augenblicklich die T ü r auf. „Ich w erd e es sofort v er anlassen, O bersch arfü h rer!“ D er „K rank e“ v erlä ß t die B a racke. Die Ä rztin stü tz t ihn. „Boris ist ganz in d er N ähe“, flü ste rt der H äftling, „er k an n u n s beobachten. In fü n f M inuten v e rlä ß t e r sein V ersteck.“ G enau fü n f M inuten sp ä ter b e tr itt d e r E le k trik er m it um gehäng te r W erkzeugtasche den K ra n k en bau, geht zum S icherungskasten u n d w echselt die defekte Sicherung aus. E r v e rlä ß t die Baracke durch den T unnel. V orher spricht Je le n a m it ihm . „Du w arte st im G ebüsch u n d rü h rs t dich nicht!“ in stru ie rt sie den M ann. „Sobald es dun k el ist, ho len dich die G enossen.“ Boris nickt stum m . „W ie s in d ' sie d ir eigentlich auf die S p u r gekom m en?“ „K eine A hnung“, b ru m m t Boris. „Hofei m uß etw as g ew ittert haben. V or einer S tunde erschien e r m it ein p a a r SS-L euten u n d befahl, das S trom zuführungskabel nach Block 7 freizulegen. D abei m uß e r n atürlich das U m gehungskabel finden. W ahr scheinlich h a t e r es inzwischen schon gefunden. D en R est k an n e r sich dan n leicht zusam m enreim en. H ofei ist ja nicht dum m . D eshalb e rh ie lt ich den Befehl, sofort zu verschw inden.“ Boris m acht eine kleine P ause u n d schaut die Ä rztin m ürrisch an. „Ich gehe nicht gern, 21
du k an n st es m ir glauben. G erade jetzt, w o im L ag er je d e r gebraucht w ird .“ „W ir w erden es auch ohne dich schaffen“, Je le n a lächelt. „A ußer dem w irst du uns von drau ß en u n terstützen. B ald sehen w ir uns w ie der. In F reiheit, B oris!“ Die F ra u h a t es e rw a rte t: Noch am selben Tag befiehlt Hofel die F ra u zu sich. D er H au p tstu rm fü h r e r flegelt behäbig in einem L eder sessel, neben ihm , auf lederbezoge nen S tühlen, sitzen K leinlein und Zuntz. Je len a P etro w n a ist ganz ruhig. Je tz t h än g t alles einzig u n d allein von ih r ab! Diese G ew ißheit gibt ih r K raft. G elassen b le ib t sie an der T ü r stehen u n d m eldet sich vorschriftsm äßig. „Setzen Sie sich!“ Hofel zeigt m it d e r Stiefelspitze auf einen Stuhl. „Wie w a r das m it dem E lektriker? Ich w ill jede E inzelheit wissen, jede E inzelheit!“ Die stechenden A ugen H ofeis sind s ta rr auf die F ra u ge richtet. Jelen a P etro w n a behauptet, sie w isse nur, daß Z untz nach einem E lek trik er gerufen habe, den K u rz schluß habe sie gar nicht bem erkt. „Und dann schickten Sie nach einem E lek trik er?“ „Jaw ohl, H au p tstu rm fü h rer!“ „W ohin?“ „Nach Block 3.“ Je tz t glau b t d e r M ann gew onnen zu haben. E r stößt zu w ie ein R aub vogel. „W oher w ußten Sie denn, daß im Block 3 ein E lek trik er ist? “ „Von ihm selbst“, sagt die F rau. „Der E lek trik er h a tte eine kleine V erletzung an d er H and und kam , bevor e r nach B lodt 3 ging, zu m ir.“ „Das m üßte eingetragen sein.“ „Es ist ein g etrag e n !“ Die A ntw ort kom m t ohne Zögern. — W ie gut, daß Boris’ F lucht von la n g er H and 22
v o rb ereitet w ar! In diesem A ugen blick klin g elt das Telefon. Hofel h eb t ab u n d lauscht. Sein G esicht v erzieh t sich zu einem G rinsen. G e m ächlich leg t e r den H örer auf, b re n n t sich eine Z igarette an und b ellt plötzlich: „Der K urzschluß w u rd e im B ehandlungsraum v e ru r sacht! Soll ich d ir die Schm orstelle an d er S tedidose zeigen?“ Jelen a w ird blaß, sie fän g t sich jedoch sofort w ieder. Sie d arf keine Schwäche zeigen. „H auptsturm führ e r “, sagt sie, „ich weiß, daß es fü r Sie leicht ist, mich d arau fh in an den G algen zu bringen. Ich b in kein Fachm ann, doch ich b itte Sie eines zu b edenken: D ie Steckdose ist u r alt, w ir h a tte n schon m eh rere K u rz schlüsse. B esonders in den letzten Tagen.“ — Auch das w a r v o rb erei tet. Z untz b estätig t: „Das stim m t, H au p tstu rm fü h rer, ich w ollte das Ding schon län g st ausw echseln las sen, ab er Steckdosen sind k n ap p .“ Hofel w in k t ab. „Also gut. W ei ter! D er E lek trik er h a t den Scha den behoben, u n d w as d an n ?“ „D ann ging e r w ieder. Durch den H aupteingang.“ Hofel ste llt noch einige Fragen, d an n e n tlä ß t e r die Frau. E ine Woche sp ä ter sind elf H äft linge, die au f d er „R äum ungsliste“ stehen — d er Erschießungsliste, falls das L ager g eräu m t w erd en m uß —, verschw unden. U nd ab erm als tu t die SS, als sei nichts geschehen. A ber die H äftlinge, die in d e r S chreibstube arb eiten , erzählen, Ho fel e n tfa lte eine fieberhafte T ätig keit. S tu n d en lan g sitze e r m it dem L ag erkom m andanten zusam m en, o der e r treib e sich, w as e r v o rh er n ie getan hat, in d er N ähe des L a gerzaunes herum . A u d i die S chalt zen trale h a t e r m eh rm als besichtigt. W arum kom m t e r d an n nicht
auch in den K ran k en b au ? fra g t sich Je len a Petrow na, u n d in d er F rau steigt ein u n k la re r V erdacht auf. Leise u n d u n erbittlich tic k t die U hr in Jelenas Zelle. D ie F rau hockt am Tisch. H ätte ich dam als dieser A hnung m eh r A ufm erksam keit geschenkt, d en k t sie, vielleicht w ä re alles anders gekom m en. Ich habe mich ü b ertö lp eln lassen, w iegte mich zu sehr in Sicherheit. Ich w a r unvorsichtig, w eil b isher alles g u t gegangen w ar, u n d dabei h ä tte ich m ir doch sagen m üssen, daß in H ofeis V erm utungen der K ran k en b au eine R olle spielt. Ich h ä tte w issen m üssen, daß die Sache m it d e r Steckdose m it den p aar W orten nicht abgetan w ar. D ie F rau s ta rrt v o r sich a u f den Tisch. Ob w ohl P aw el, W anja u nd R udolf noch leben? Ist sie schuld am Tod ih re r G enossen? W ar sie w irklich zu leichtsinnig, oder w a r es unm öglich, d e r G efah r zu begeg n en ? W ie m ögen es die G enossen b eu rteilen ? N iem and w ird ih r diese F rage m ehr b ea n tw o rten ; m orgen w ird sie am G algen sterben. Die U h r tickt un d tickt. A nton L ew inski, e r w a r d er V er rä te r, u n d sie h a t es nicht erkannt! K onnte sie es den n erk e n n en ? E r w a r doch w irklich k ran k ! A nton L ew inski ist B erufsver brecher. A ls die F aschisten in P o len einfielen, erk a n n te d er m eh r m als V orbestrafte sehr schnell, daß e r m it den neu en M achthabern, stellte e r es n u r geschickt genug an, sicher schnell ins G eschäft kom m en w ürde. A nton w u rd e Ge stapospitzel. E ine Z eitlang tr a t e r bescheiden auf, doch allm ählich w u rd e e r seinen A uftraggebern lä stig. K urzerh an d schickten sie ihn ins KZ. Auch h ie r schw am m Le
w inski schnell w ied er oben u n d e r h ie lt die A rm b in d e eines K apos. Rücksichtslos n u tzte e r seine V or zugsstellung aus, prügelte, sta h l u n d erpreßte. D aß ih n seine L ands le u te au s tiefstem H erzen v erachte ten, w a r L ew inski völlig gleich. E r w a r genau der M ann, den Ho fei suchte: verschlagen u n d o hne G ew issen. — Und, das w a r von g rö ß ter W ichtigkeit, L ew inski w a r im L ager unbek an n t. H ofei h a tte ih n in einem N ebenlager au fg etrie ben. V or zw ei W ochen etw a w a r A n ton im K ra n k en b a u erschienen, m it dick geschw ollenen u n d s ta rk ge rö teten G liedern. Seine A ugen glänzten fiebrig, e r w a r n ah e am Z usam m enbrechen. „V or zw ei Mo n a te n w u rd e ich v e rh a fte t“, v e r tra u te e r d e r Ä rztin an u n d sah sich dabei ängstlich um , „zwei M onate la n g lag ich im G estapokeller, b e k am kau m etw as zu essen u n d zu trin k en , n u r Prügel. In diesem Zu sta n d h a t m an mich gestern ins L ager gebracht.“ E in schw ieriger F all. W ahrschein lich eine V ergiftung, m u tm aß te J e lena. E ine genaue D iagnose k o n n te sie nicht stellen, dazu h ä tte es eines L abors bedurft. L ew inski blieb also P a tie n t im K ranken b au . N ach ih re r V erh aftu n g erz äh lte H ofei d e r Ä rztin, daß sie ganz recht v e rm u te t habe. L ew inski litt an ein er A rt V ergiftung, doch an ein er h arm losen ; K leinlein h a tte sie ih m beigebracht. „Ü nd d an n k la p p te alles w ie am S chnürchen“, spottete Hofei. „Ich w erd e es d ir erzählen. A uf den D reh m it d er Steckdose b in ich näm lich nicht hereingefallen. Ich h ab e m ir das Ding nochm al selbst angesehen. Die Schm orstellen w a re n künstlich h erb eig efü h rt!1* 23
Die F ra u h ö rte stam m m it u n bew egtem G esicht zu. A uf dem F lu r k n a rre n leise D ie le n b retter. A nton huscht aus dem B e tt u n d legt das O hr an die Tür. — D as ist kein K ranker, der z u r Toi le tte geht, das sind m ehrere P erso nen! L angsam schiebt d er Spitzel den K opf durch den T ürspalt. A uf dem G ang b re n n t trü b e eine Lam pe. L ew inski sieht noch, w ie sich die T ü r zum Z im m er d e r Ä rztin schließt. E r w a rte t eine W eile, schleicht dan n dep K o rridor entlang u nd horcht. A us Jelenas Z im m er d rin g t F lü stern, u nd es klingt, als w erde ir gend etw as verrückt. A ufgeregt u n d bedacht, kein G e räusch zu verursachen, e ilt L ew inski zum anderen Ende des F lu res, wo Z untz w ohnt.
Doch der Oberscharführer ist 24
nicht anw esend. Das w a r im P lan nicht vorgesehen. A nton d en k t a n gestrengt nach. Da is t e r ja in eine schöne Zw ickm ühle geraten! — Die SS alarm ieren ? — Um G ottes w il len, nachts schießen die P osten ohne A nruf! L ew inski bricht d e r A ngst schweiß aus. E r ist erledigt, so oder so! U n tern im m t e r nichts, m acht ih n Hofei fertig, v erlä ß t e r die B a racke, so k n allen ih n die P osten a b ! A nton findet doch noch einen Ausweg. Im Z im m er des O berschar fü h re rs ste h t ein Telefon. Das ein fache Schloß zu öffnen ist fü r L e w inski eine K leinigkeit, da h a t er schon ganz an d ere Sachen voll bracht. N eben dem Telefon findet A nton ein N um m ernverzeichnis. Bedächtig w ä h lt d er Spitzel die R ufnum m er des Offiziers vom Dienst. Der klingelt Hofei aus dem B e tt
„Sie u n tern eh m en nichts!“ ordnet e r an. „Ich kom m e sofort in s L a ger.“ Von diesem Tage an stand der K ran k en b au u n te r Bew achung. Ho fei h a tte es schlau angestellt: W äh ren d säm tliche H ä ftlin g e : au f den A ppellplatz getrieben w u rd e n und Z untz das P ersonal des K ra n k en b aus in A tem hielt, b au ten SSL eute zwei unterirdische Beobach tungsstände u n m ittelb ar an den L agerzaun und d e r K om m andan turbaracke, wo kein H äftling h in kam . N ur die g etarn ten Scheren fern ro h re rag ten ein w enig aus den Löchern heraus. N iem and konnte seitdem die K rankenbaracke unge sehen b etreten oder verlassen. „D arauf seid ih r Schlauköpfe nicht gekom m en, w ie?“ höhnte Ho fei. Ja, d ara u f ist kein er gekom m en, d en k t Jelena, ebensow enig w ie ich d a ra u f gekom m en bin, daß L ew inski ein Spitzel sein könne. U nd dan n h ab en sie zugeschlag en ... U nd n u r noch eine Woche oder zwei, u nd die Rote A rm ee ist hier. H offentlich ist d e r S ender gerettet u n d die W affen! D ann h a t u n se r K am pf einen S inn gehabt. D ann w ird es d er SS nicht gelingen, die H äftlinge zu m orden. Die „R äum ungsliste“ e n th ä lt ge gen h u n d ert N am en, d a ru n te r die ¡einiger deutscher A ntifaschisten, die offiziell als Tschechen, P olen oder R ussen gelten. D reiundzw anzig dieser N am en k o n n te P aw el R utk in bereits streichen. Die G enossen befinden sich in Sicherheit. A ber das ist zuw enig. D ie Rote A rm ee ist aberm als vorgerückt, und viele Anzeichen deuten d a ra u f hin, daß die SS den geplanten M assen m ord durchführen w ill.
„B eruf: T ra k to rist“, ste h t in d er K a rte ik a rte des ILK -V orsitzenden, „K om m unist, verm utlich F u n k tio n ä r gew esen.“ N icht einm al W anja, P aw els V ertrau te r, w eiß, daß R u tkin bis zu sein er V erh aftu n g Offi zier des sow jetischen A u fk läru n g s dienstes w ar. Je tz t ist P aw el v er an tw o rtlich er H äftling des L an d w irtschaftsbetriebes. E r m uß sich um das F eldbaukom m ando k ü m m ern, u m die V o rräte in den F u tte r- u nd D üngerschuppen, e r kom m t in die L ager- und in die SS-Küche, e r h a t in d er K o m m an d an tu r zu tun. D adurch h a t e r viel Bew e gungsfreiheit,. k an n m it den G enos sen in V erbindung treten , h ö rt und sieh t m anches, w ovon an d e re nichts erfahren. A ls Offizier k an n R u tk in die m ili tärische Lage richtig ein sd iätzen : W ohl w äre es m it H ilfe d e r P a rti saneneinh eit schon h eu te möglich, die SS-Bew acher zu v ertreib en o der zu vernichten, a b e r das L a ger längere Z eit gegen die m it schw eren W affen ausgerüsteten faschistischen B ataillone zu halten, die d an n sofort anrücken w ürden, dazu reichen die K rä fte nicht' aus. D aher w ill P aw el e rst losschlagen, w en n die Rote A rm ee so w eit vor gerückt ist, daß sie das L ager si chern kann. Bis d ah in m üssen die besonders g efährdeten Genossen w eiter durch den T unnel gebracht w erden. Es ist schw er zu w arten, w en n m an weiß, daß die W affen bereitliegen, doch ein S oldat m uß auch w arte n können. U nd jetzt sind alle Soldaten, gleich, ob M ann oder F rau, ob L eh rer oder Offizier, und er, P aw el R utkin, ist nicht allein V orsitzender des ILK , e r ist K am pf kom m andeur, u n d er entscheidet alleinverantw ortlich, genau w ie d er K om m an d eu r ein er T ruppeneinheit. P aw el bestim m t, daß in dieser 25
N acht w eitere acht G efährdete zu den P artisa n en gebracht w erden. W ie im m er, w ird sie Je len a Petro w n a durch den T unnel führen. . Die U h r zeigt zw ei S tunden nach M itternacht. Das Lager schläft, n u r die S treifen gehen ih re Runde. A uf den W achtürm en kreisen die Schein w erfe r u n d bohren sich in die Nacht. Z uw eilen streifen sie auf dem N achbarturm den m attglänzen den L auf eines M aschinengew ehres oder das schim m ernde B and des Stacheldrahtzaunes. A cht G estalten in H äftlingsklei dung streben dem K ran k en b au zu. Sorgfältig verm eiden sie die P osten wege, nutzen den Schutz von B a rackenw änden u n d Bäum en, w erfen sich zu B oden u n d v erh a rren re gungslos, sobald sie ein verdächti ges G eräusch hören. K einer von ihn,en w eiß, w as ihm die nächste S tunde bringen w ird. Irgendw o im G edränge, beim A ntreten zu r A r b eit oder in d er M ittagspause, h a t ihnen jem and einen Z ettel zuge schoben : „Komm heute nacht P u n k t zwei U hr in den K rankenbau! V er nichte diesen Z ettel sofort!“ Die acht M änner, alles erfah ren e A ntifaschisten, können n u r v erm u ten, daß das ILK h in te r dieser ge heim nisvollen N achricht steckt. — N iem and ab er ahnt, daß die Posten der SS sie beobachten u nd jede W ahrnehm ung telefonisch an Ho fei w eitergeben. Jelena P etrow na zieht die A n kom m enden durch die Tür. Als alle versam m elt sind, eröffnet sie ihnen, daß sie in w enigen M inuten in d er Freiheit, bei den P artisanen, sein w erden. U ngläubige A ugen sta rre n die F ra u an, doch je tz t ist w eder Z eit noch d e r O rt zu langen E rläuterungen. Sicher gibt die Ä rz tin ih re A nw eisungen. Im Z im m er ist es dunkel. Ob 26
w ohl das F en ster v erd u n k elt ist, h a t Je le n a v o rsichtshalber das L icht nicht eingeschaltet. T rübe b la k t ein B unkerlicht au f dem Tisch. G erade w ollen die H äftlinge d en S chrank anh eb en u n d beiseite rü k ken, d a stürzen fü n f SS-L eute in die Baracke u n d schlagen die v e r schlossene Z im m ertü r ein. „Pfoten hoch, ih r D reckskerle!“ H in te r den S S-L euten steht, die lin k e H an d in d er H osentasche, Zuntz. „Na, F ra u D oktor“, sagt e r h ä misch grinsend. „Sie hab en w ohl geglaubt, w ir sind ein bißchen däm lich?“ D abei schlägt e r Je len a ins Gesicht. A m folgenden M orgen erle b t die junge F ra u die schlim m ste S tunde ih res Lebens. Hofei zw ingt sie, d er H inrichtung ih re r Genossen zuzu schauen. Je le n a ste h t s ta rr h in te r dem E rschießungskom m ando, ih r Blick ist tot, sie h a t das G efühl, alles in ih r sei ausgebrannt. Hofei beobachtet sie aus den A ugenw inkeln heraus. Als es J e le n a bem erkt, strafft sich ih re G e stalt. A ufrecht schreitet sie nach d er H inrichtung dem B unker zu. Hofei k e n n t die M ethoden des B unkerkapos u n d gibt d ah er stre n gen Befehl, der Ä rztin kein H a a r zu krüm m en. E inen Tag lang lä ß t e r Jelen a P etro w n a allein, am V or m ittag des zw eiten Tages besucht e r sie. „U n terh alten w ir uns m itein an d er w ie zwei V ernünftige M en schen“, sagt Hofei und lächelt v er bindlich. „Pech, D oktorin, die B u r schen, die Sie durch den T unnel b ringen sollten, h ab en alle gesun gen, bevor sie erschossen w urden. A llerdings feh len m ir noch ein p aa r K leinigkeiten. W enn Sie m ir entgegenkom m en, so w erde auch ich nicht kleinlich sein. M ein W ort d a r au f als deutscher Offizier.“
Lüge, alles Lüge! Die G enossen k o n n te n gar nichts v e rra te n ; sie h a tte n e rst k u rz vo r d er V erhaf tu n g von dem T unnel erfahren. U nd selbst w enn sie etw as gew ußt h ä t ten, es w aren b ew ä h rte Genossen, k ein er von ihn en w ä re zum V er r ä te r gew orden. Je le n a P etrow na schweigt, so sehr auch Hofei d rän g t oder schmeichelt. Sie m öchte dem lächelnden M ann in s G esicht spucken. U nd je m eh r e r in sie dringt, je stä rk e r w ird die Hoffnung, daß R udolf u nd W anja noch leben, daß die SS nichts von ih re r illegalen T ätigkeit ahnt. „N a schön, d an n eben anders.“ D er H au p tstu rm fü h rer b rü llt w u t e n tb ra n n t nach dem B unkerkapo. „Mach sie fertig, die Bolschew isten sa u !“ Je len a k rü m m t sich u n te r den Schlägen, doch sie spricht nicht. H ofei m uß einsehen, daß e r so nichts erreichen w ird. E r versucht es au f andere Weise. Noch am sel ben Tag siedelt Je le n a P etro w n a in ein en v erhältnism äßig behaglich eingerichteten R aum d er Lager k o m m an d an tu r über. Sie erh ä lt ih re U h r zurück, auch das ist ein psy chologischer Trick, dazu das B latt P a p ie r un d den Bleistift. D reim al vierundzw anzig S tu n d en gibt ih r Hofei Zeit, u nd in diesen dreim al vierundzw anzig S tu n d en soll sie w äh len zwischen dem V e rra t u nd d e r F reiheit. Die F ra u sieht Hofei au s w achen A ugen verächtlich an. U nd Jelena z e rm a rte rt sich den Kopf. Sie lä u ft u n ru h ig in dem R aum au f und ab. Sie m öchte nicht zugeben, daß sie a u f etw as w artet. A b er sie w artet. U nd nichts ge schieht. Zw eim al vierundzw anzig Stunden. D ann kom m t Hofei, um ih r den A nbruch des letzten Teils des Tages anzukündigen, um noch ein m al alle seine V ersprechungen
u n d Lockungen vorzubringen. U nd w ieder g rü b elt Jelena. W eshalb v ersp rich t ih r H ofei das Leben, falls sie die N am en von drei M it gliedern des ILK preisgibt, dazu noch ganz beliebige? Das zeigt doch, daß e r nichts w eiß. — A n d ererseits: W arum u n te rn e h m en die G enossen nichts? Sie h ab en doch, nach allem , w as geschehen ist, g ar keine an d ere W ahl, sie m üssen zu den W affen greifen, bevor die SS zuschlägt, ist d er K opf des ILK doch v erh aftet, b rau c h t H ofei ih re A ussagen n u r als B estätigung? W arum d rin g t kein L a u t zu ihr, kein Zeichen d er G e nossen? H at sie R udolf gerettet, d am it e r je tz t an den G algen kom m t? F ü r Je len a P etro w n a b rich t die letzte N acht an. Sie tr itt ans F en ste r u n d s ta rr t in d ie D unkelheit. Da fallen plötzlich Schüsse. D er D oppelposten schlendert ge m ächlich die L ag erstraß e entlang. „L angw eilig“, sagt der S treifen fü h re r. „Nachts stehe ich lie b e r . . . “ J ä h v erstu m m t er u n d bricht, w ie vom B litz gefällt, zusam m en. Ä hnlich erg eh t es den übrigen Posten. Gleichzeitig lau fen dreiundsech zig M änner zu den V erstecken und holen die W affen heraus. Je d er k e n n t seinen P latz, seine Aufgabe. W anja huscht m it ein er G ruppe zu r Torw ache. Eine M P i-G arbe tö te t die beiden P osten — konzen trie rte s F eu er auf F en ster u n d T ü re n h in d e rt die SS-M annsehaft d a r an, das m assive T orgebäude zu verlassen. Z u r gleichen Z eit greifen die P artisa n en ein. R udolf h a t sie sofort nach den V erh aftu n g en ü ber F u n k von dem V orgefallenen u n te rric h tet u n d im A u ftrag von P a w el m it dem K o m m an d eu r den A n griffsplan besprochen. 27
r
Eine geballte L adung sp ren g t das L agertor aus den A ngeln. Gedeckt vom F eu er d er H äftlinge, d rin g t ein Zug P artisa n en ins Lager. B isher ging alles glatt, doch der K am pflärm a larm ie rt die SS-Kom panien, die in d er N achbarschaft des L agers untergebracht sind, u nd diese sind den A ufständischen zah lenm äßig überlegen. T rotzdem ge lin g t es der SS nicht, d er Lage H err zu w e rd e n ; denn alle ta k tisch w ichtigen P u n k te des L agers konnten rechtzeitig besetzt w erden. A uf beiden Seiten gibt es Verluste. D er L agerkom m andant versucht aus der nächsten G arnison, die n u r siebenundzw anzig K ilom eter e n tfe rn t ist, V erstärkung herbeizu rufen, dodi die T elefonleitungen w aren bereits zerstört, noch bevor der erste Schuß fiel, und die F u n k station haben die G enossen e r obert. 28
G egen M orgen zieht sich die SS zurück. Ju b eln d holen die G enos sen, an d er Spitze Paw el, W anja u n d Rudolf, Jelen a P etro w n a aus der K om m andantur. Doch noch ist d er Sieg nicht erru n g en ; die Faschi sten w erd en w iederkom m en. W ahrend H äftlinge u n d P a rtisa nen die R undum verteidigung v o r bereiten, v erteilen M itglieder des ILK die W affen, w elche die SS zurü d ila ssen mußte. Je len a P etro w n a k ü m m ert sich um die V erw undeten. Auch einige SS-L eute sind d aru n ter. Sie sollen d er R oten A rm ee ü bergeben w er den. D ann kom m t eine S tunde des A usruhens. E n d lid i h a t die F rau G elegen heit, sich ih re Zw eifel vom H erzen zu reden. P aw el R u tk in sd m tte lt den Kopf. „Dich trifft nicht die geringste
Schuld, G enossin! H a t sich L ew inski auffällig benom m en? K onntest ä u wissen, daß ih m ein S S-A rzt die V ergiftung beigebracht h a t? H attest du denn die Möglichkeit, seine K ra n k h eit richtig zu erk en n en m it den prim itiv en M itteln, die d ir zur V erfügung stan d en ? — Gib d ir selbst die A ntw ort! U nd dam als, als es d ir verdächtig vorkam , daß H ofel den K ran k en b au nicht auch durchschnüffelte, w as konnten w ir d a tu n ? Sollten w ir den T unnel nicht m ehr benutzen? Das h ätte doch keinen Sinn gehabt. Hofel h ä tte and ere M öglichkeiten gefun den, den T unnel auszukundschaf ten.' W ir w ußten doch von A nfang an, daß w ir ein Risiko eingingen. U nd ohne dieses Risiko h ä tte n w ir je tz t nicht das L ager ero b ert.“ Je tz t e rst k an n sich Je len a P e tro w n a ü b er ihre B efreiung freuen. In den frü h e n M orgenstunden des folgenden Tages g reift die SS, v e rstä rk t durch P an zer und G ra n a t w erfer, e rn e u t an. D er K am pf tobt stundenlang. Die V erteidiger des L agers vollbringen u nw ahrschein liche H eldentaten. Z um Glück m u ß te die SS auch panzerbrechende W affen u n d einige G ra n a tw e rfe r zu rücklassen. T rotzdem gelingt es nicht, den A ngriff abzuw ehren. Die Lage w ird kritisch.
Da steigen u n e rw a rte t aus den R eihen d e r F aschisten L euchtkugeln auf. Ü b erstü rzt brechen diese den K am pf ab u n d ziehen sich zurück. W as ist geschehen? W an ja b em erk t es als erster. E r re iß t sein F ernglas an die Augen, w eist m it ausgestreckter H and zum H orizont u n d schreit: „Die U nseren kom m en! D ie U nseren!“ D ann gibt e r das G las Jelena. L ange S tau b fah n e n h in te r sich lassend, ro llt aus d e r F ern e eine P an zerk o m p a nie au f das L ag er zu. D en S tah l kolossen m it dem ro ten S tern fol gen sta rk e In fan terieein h eiten . Die -Faschisten ziehen sich eilig zurück. Die rö ten P an zerkolonnen schieben sich ihn en in den Weg. Diese E rzählung w u rd e nach T at sachen gestaltet. Je len a P etro w n a le b t heute in M oskau als F ra u en ärztin. Die R egierung d er UdSSR zeichnete sie fü r ih r m utiges V er halten, das auch deutschen A n ti faschisten das L eben rettete, m it dem L eninorden au s.'S eit dem J a h r 1965 trä g t Je len a P etro w n a den E h ren titel „V erdiente Ä rztin der S ow jetunion “. W as aus dem V er rä te r w u rd e (sein w a h re r N am e la u te t w ahrscheinlich anders), ist nicht genau b ekannt. Einiges w eist d a ra u f hin, daß die G estapo den M itw isser beseitigte.
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Aufstand in Tyrus H am ilu ist ein angesehener M ann in d er S tad t Tyrus, d enn e r k e n n t das G eheim nis d er P u rp u rfärb erei. A ber H am ilu lie b t das M ädchen Seham -ra, auf das auch Mago ein A uge gew orfen hat, der Sohn des obersten Richters. Mago sp in n t ein Netz von Intrigen, e r b rin g t H am ilu ins G efängnis und m acht ih n schließlich zum T auchsklaven auf einem je n er Boote, die die Puppurschnecken von den M eeresbänken ab ern ten . Doch H am ilu findet sich m it diesem Los nicht ab. M it H ilfe sein er alten Freunde, v o r allem aber m it H ilfe des Diebes Bysra, der M ago haßt, g ew in n t er die Freiheit, u nd e r w ird einer der F ü h re r im A ufstand, d er das k o rru p te Regim e der S tad t hinw egfegt.
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