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Dieses Buch beruht auf Auszügen aus einigen von den Hunderten von Büchern, die Osho verfaßt hat. Es repräsentiert nicht das gesamte Spektrum seiner Erkenntnis, sondern bietet eine Kostprobe seiner Weisheit — die sich keineswegs nur auf diesen Themenkreis erstreckt, sondern auf viele andere Dimensionen der Evolution menschlichen Bewußtseins.
Titel der Originalausgabe Beyond die Frontiers of the Mind 2. Auflage 1997 Copyright, auch der Übersetzung: Osho International Foundation, Zürich, 1997 Übersetzung: Ma Anand Gayatri, Sw. Prem Nirvano Umschlaggestaltung: Ma Deva Bunda Druck: Wiener Verlagshaus, Wien Printed in Austria Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Osho Verlags Köln.
Jenseits der Grenzen des Verstandes Das Märchen von der Psychologie
TEIL I • WER BIN ICH
Ego — das eingebildete Zentrum Erkenne dein authentisches Selbst Die Natur des Verstandes Zusammenbruch oder Durchbruch Persönlichkeit — deine Maske in der Gesellschaft
8 30 40 54 72
TEIL II • DIE GRENZEN DER WESTLICHEN PSYCHOLOGIE UND PSYCHOTHERAPIE
Das Märchen von der Psychologie: Tomaten studieren Tomaten Therapie: Das Unnatürliche verlernen Wenn du deine Probleme auf einmal lösen kannst, warum dann stückweise vorgehen? Die Psychologen — die neue Priesterschaft Positives Denken — die Philosophie der Heuchelei Primärtherapie oder: Morgen bist du wieder der Alte Wilhelm Reich, ein Tantra-Meister unserer Zeit Nichts ist therapeutischer als Liebe
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TEIL III • DIE PSYCHOLOGIE DER BUDDHAS
Das Gehirn ist natürlich — nur der Verstand ist vergiftet 150 Zur Quelle zurückkehren 170 Nicht-Denken: Das Studium der leeren Leinwand 182 Der Meister-Schlüssel 186
TEIL I WER BIN ICH
Ich grüße den Buddha in dir. Vielleicht weißt du gar nichts von ihm, vielleicht hast du nicht einmal davon geträumt, daß du ein Buddha bist, daß niemand etwas anderes sein kann, daß ein Buddha zu sein, der einzige wirkliche Kern deines Wesens ist; daß es nicht etwas ist, das sich in der Zukunft verwirklichen muß, sondern daß es sich bereits ereignet hat. Aber ihr seid in tiefem Schlaf, ihr wißt nicht, wer ihr seid .... Ihr müßt nur zu eurer Quelle zurückkehren, ihr müßt in euch selbst hineinschauen. Wenn du dir selbst gegenübertrittst, enthüllt sich der Buddha in dir.
EGO — DAS EINGEBILDETE ZENTRUM
Als erstes muß man verstehen, was das Ego ist. Ein Kind kommt auf die Welt. Ein Kind kommt ohne Wissen auf die Welt, ohne das Bewußtsein seines eigenen Selbst. Und das neugeborene Kind nimmt nicht als erstes sich selbt wahr; es nimmt zuerst die anderen wahr. Das ist natürlich, denn seine Augen öffnen sich zur Welt draußen, seine Hände berühren die anderen, seine Ohren hören die anderen, seine Zunge schmeckt das Essen und seine Nase nimmt die Gerüche da draußen wahr. Alle diese Sinne öffnen sich zur Außenwelt. Das versteht man unter Geburt. Geburt bedeutet, auf die Welt kommen, in die Außenwelt eintreten. Ein Kind tritt also bei seiner Geburt in diese Welt ein. Es öffnet seine Augen und erblickt andere Menschen. „Der andere" ist das Du. Zuerst nimmt das Kind die Mutter wahr. Und erst dann, nach und nach, kommt ihm sein eigener Körper zu Bewußtsein. Auch der Körper gehört zum Bereich des „anderen", auch er ist Teil der Außenwelt. Das Kind ist hungrig — da fühlt es seinen Körper; es stillt sein Bedürfnis — und sein Körper ist vergessen. So wächst ein Kind. Zuerst kommt ihm das „Du" zu Bewußtsein, die anderen, und dann nimmt es nach und nach — im Kontrast zu euch, zum anderen — sich selbst wahr. Dieses Bewußtsein ist ein gespiegeltes Bewußtsein. Das Kind ist sich nicht bewußt, wer es ist. Es ist sich nur seiner Mutter bewußt und was sie von ihm denkt. Wenn sie lächelt, wenn sie das Kind anerkennt, wenn sie ihm sagt: „Du bist lieb", wenn sie es umarmt und küßt, dann fühlt sich das Kind gut mit sich selbst. Und so wird das Ego geboren. Wenn es Anerkennung, Liebe, Fürsorge bekommt, fühlt sich
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das Kind wohl, fühlt es sich wertvoll, fühlt es, daß es Bedeutung hat. Ein Zentrum entsteht. Aber dieses Zentrum ist ein gespiegeltes Zentrum. Es ist nicht das wirkliche Sein des Kindes. Das Kind weiß nicht, wer es ist; es weiß nur, was andere von ihm halten. Und das ist das Ego: das Spiegelbild, das, was andere denken. Ein Kind, das von allen als Taugenichts betrachtet wird, das von niemandem anerkannt wird, das keiner anlächelt, wird auch ein Ego haben — ein krankes Ego; ein trauriges, verstoßenes Ego, eine Wunde; ein Ego, das sich minderwertig und wertlos fühlt. Auch das ist Ego. Auch das ist ein Spiegelbild. Anfangs also die Mutter — und am Anfang ist die Mutter die ganze Welt. Danach kommen außer der Mutter noch andere, und die Welt wird größer. Und je größer die Welt wird, umso komplizierter wird das Ego, weil umso mehr Meinungen gespiegelt werden. Das Ego ist ein akkumulatives Phänomen, es ist ein Nebenprodukt des Zusammenlebens mit anderen. Würde ein Kind völlig allein aufwachsen, würde es nie dazu kommen, ein Ego aufzubauen. Aber damit wäre ihm nicht geholfen. Es würde auf dem Stand eines Tieres bleiben. Das hieße nicht, daß es sein wirkliches Selbst kennenlernen würde, keineswegs. Das Echte kann man nur mit Hilfe des Unechten erkennen, deshalb ist das Ego unumgänglich. Man muß durch das Ego hindurchgehen. Es ist eine Wachstumsdisziplin. Das Wirkliche kann man nur durch das Illusorische erkennen. Die Wahrheit kann man nicht auf direktem Wege erkennen. Zuerst mußt du wissen, was nicht wahr ist. Zuerst mußt du auf das Unwahre stoßen. Durch diese Begegnung wirst du fähig, die Wahrheit zu erkennen. Wenn du das Unechte als unecht erkennst, dann wird dir allmählich die Wahrheit aufgehen.
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Das Ego ist eine Notwendigkeit; es ist eine soziale Notwendigkeit, es ist ein Nebenprodukt der Gesellschaft. Gesellschaft bedeutet: deine Umwelt — nicht du, sondern alles, was dich umgibt. Alles ist Gesellschaft — außer dir. Und jeder Mensch spiegelt dich. Du gehst zur Schule, und der Lehrer spiegelt zurück, wer du bist. Du befreundest dich mit andern Kindern, und sie spiegeln zurück, wer du bist. Nach und nach fügt jeder etwas zu deinem Ego hinzu, und jeder versucht, es so zu modifizieren, daß du nicht zu einem Problem für die Gesellschaft wirst. Es geht ihnen dabei nicht um dich. Es geht ihnen um die Gesellschaft. Die Gesellschaft kümmert sich nur um sich, und daran darf keiner rütteln. Es geht ihnen nicht darum, daß du dich selbst findest. Es geht ihnen darum, daß du ein leistungsfähiger Teil im Mechanismus der Gesellschaft wirst. Du sollst in das Schema passen. Deshalb versuchen sie, dir ein Ego zu geben, das sich der Gesellschaft anpaßt. Sie bringen dir Moralvorstellungen bei. Moralisch sein heißt, daß man dir ein Ego gibt, das in die Gesellschaft hineinpaßt. Wenn du den Moralvorstellungen nicht entsprichst, wirst du immer irgendwie ein Außenseiter sein. Deshalb stecken wir Kriminelle ins Gefängnis — nicht dafür, daß sie etwas Verkehrtes gemacht haben, nicht um im Gefängnis bessere Menschen aus ihnen zu machen, nein. Sie passen einfach nicht ins Bild. Sie sind Störenfriede. Sie haben eine gewisse Art von Ego, das von der Gesellschaft nicht gebilligt wird. Wenn die Gesellschaft es billigt, ist alles gut. Ein Mann tötet jemanden — er ist ein Mörder. Und derselbe Mann tötet im Krieg Tausende von Menschen —
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und wird ein großer Held. Die Gesellschaft stört sich nicht an einem Mord, vorausgesetzt man mordet für die Gesellschaft — dann ist es in Ordnung. Die Gesellschaft zerbricht sich nicht den Kopf um Moral. Moral bedeutet für sie schlicht und einfach, sich der Gesellschaft anzupassen. Wenn die Gesellschaft im Krieg ist, ändert sich der Begriff von dem, was Moral ist. Und im Frieden gibt es wieder andere Begriffe von Moral. Moral ist eine Gesellschaftspolitik. Sie ist Diplomatie. Und jedes Kind muß so erzogen werden, daß es sich der Gesellschaft anpaßt, das ist alles. Denn die Gesellschaft will leistungsfähige Mitglieder. Die Gesellschaft hat kein Interesse daran, daß du zur Selbsterkenntnis kommst. Die Gesellschaft kreiert ein Ego, weil das Ego kontrolliert und manipuliert werden kann. Das authentische Selbst kann von niemandem kontrolliert oder manipuliert werden. Man hat noch nie gehört, daß es der Gesellschaft gelungen wäre, ein authentisches Selbst unter Kontrolle zu bringen — unmöglich. Und das Kind braucht ein Zentrum; das Kind ist sich überhaupt nicht bewußt, daß es sein eigenes Zentrum hat. Die Gesellschaft gibt ihm ein Zentrum, und mit der Zeit überzeugt sich das Kind davon, daß dies sein Zentrum ist — das Ego, das ihm die Gesellschaft anerzieht. Ein Kind kommt nach Hause — wenn es in der Schule Klassenbester geworden ist, dann ist die ganze Familie glücklich. Es wird umarmt und geküßt, es wird auf die Schultern gesetzt, und man vollführt einen Freudentanz, und man sagt ihm: „Was für ein tolles Kind du bist! Du bist unser Stolz." Ihr gebt ihm ein Ego, ein subtiles Ego. Und wenn das Kind niedergeschlagen nach Hause kommt, erfolglos, wenn es versagt hat, wenn es sitzengeblieben
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ist oder der Klassenletzte ist, dann wird sich ihm keiner zuwenden, und das Kind fühlt sich abgelehnt. Das nächste Mal wird es sich viel mehr Mühe geben, denn sein Zentrum fühlt sich bedrohlich erschüttert. Das Ego fühlt sich immer bedroht, es ist immer auf der Suche nach Nahrung — nach der Anerkennung der andern. Deshalb sucht ihr ständig nach Aufmerksamkeit. Da fällt mir eine Anekdote ein: Mulla Nasruddin und seine Frau kamen von einer Cocktail Party, und Mulla sagte: „Liebling, hat man dir jemals gesagt wie faszinierend, wie schön, wie wundervoll du bist?" Da fühlte sich seine Frau sehr, sehr gut; sie war sehr glücklich. Sie sagte: „Ich frage mich, warum mir das noch nie jemand gesagt hat." Nasruddin sagte: „Wenn das so ist — wie kommst du dann überhaupt darauf?' Die Vorstellung, wer ihr seid, bekommt ihr von den anderen. Es ist keine direkte Erfahrung. Du brauchst die anderen, um eine Vorstellung darüber zu haben, wer du bist. Sie bilden dein Zentrum. Dieses Zentrum ist falsch, denn dein wahres Zentrum ist in dir. Niemand anders hat damit etwas zu tun. Niemand bildet es. Du kommst damit zur Welt. Du wirst damit geboren. Du hast also zwei Zentren. Mit dem einen Zentrum wirst du geboren; es kommt von der Existenz selbst. Das ist das Selbst. Und das andere Zentrum, das von der Gesellschaft aufgebaute Zentrum, ist das Ego. Es ist etwas Künstliches — und es ist eine riesige Falle. Mit dem Ego hat dich die Gesellschaft unter Kontrolle. Du mußt dich auf eine bestimmte Art verhalten, denn nur dann wirst du von der Gesellschaft anerkannt.
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Du mußt auf eine bestimmte Art gehen; du mußt auf eine
bestimmte Art lachen; du mußt bestimmte Verhaltensweisen annehmen, du mußt einen bestimmten Moralbegriff, einen Kodex, befolgen. Nur dann erkennt dich die Gesellschaft an, und wenn sie dich nicht anerkennt, ist dein Ego erschüttert. Und wenn dein Ego erschüttert ist, dann weißt du nicht, wo du bist, wer du bist. Es sind die anderen, die deine Vorstellung darüber aufrecht erhalten, wer du bist. Diese Vorstellung ist das Ego. Versuche, das so tief wie möglich zu verstehen, denn dies alles mußt du abwerfen. Und solange du es nicht abwirfst, wirst du nie in der Lage sein, dein Selbst zu finden. Denn du bist jetzt süchtig nach diesem Zentrum, du kommst nicht davon los, und du kannst dein Augenmerk nicht auf dein Selbst richten. Und denk daran — es wird eine Übergangsphase geben, ein Intervall, in dem dein Ego erschüttert ist, und du nicht weißt, wer du bist, in dem du nicht weißt, wohin du gehst, in dem sich alle Eingrenzungen auflösen. Du wirst einfach nur verwirrt sein, ein Chaos. Wegen diesem Chaos hast du Angst, dein Ego loszulassen. Aber es muß so sein. Man muß durch das Chaos hindurchgehen, bevor man zum wirklichen Zentrum gelangt. Und wenn du mutig bist, dann wird diese Phase nicht lange dauern. Wenn du Angst hast, und wieder auf das Ego zurückfällst, und erneut anfängst, es aufzubauen, dann kann es sehr, sehr lange dauern; dann kannst du viele Leben verschwenden. Ich habe gehört ... Ein kleiner junge war bei seinen Großeltern zu Besuch. Er war
gerade vier Jahre ah. Als ihn die Großmutter am Abend ins Bett brachte, fing er plötzlich zu jammern und zu weinen an und sagte: „Ich will nach Hause. Ich habe Angst im Dunkeln." Aber die Großmutter sagte: „Ich weiß doch genau, daß du zu Hause auch im Dunkeln schläfst; ich habe dich noch nie mit Licht schlafen sehen. Warum hast du dann hier Angst?" Der Junge sagte: ja, das stimmt — aber dort ist es meine Dunkelheit. Diese Dunkelheit hier kenne ich überhaupt nicht." Sogar bei der Dunkelheit fühlst du: „Das ist meine." Draußen — eine unbekannte Dunkelheit. Mit dem Ego fühlst du: „Das ist meine Dunkelheit." Und wenn sie noch so lästig ist, und wenn sie dir noch so viel Kummer bringt, aber wenigstens kannst du sagen — „es ist meine." Etwas, das dir einen Halt gibt, etwas, an dem du dich festklammern kannst, etwas, das dir Boden unter den Füßen verschafft; wenigstens bist du nicht in einem Vakuum, nicht in der Leere. Und wenn du auch unglücklich bist, wenigstens bist du. Und wenn du auch nur ein Häufchen Elend bist, wenigstens gibt es dir das Gefühl: „Ich bin." Sobald du dich hiervon entfernst, bekommst du es mit der Angst zu tun; du bekommst Angst vor der unbekannten Dunkelheit, und dem Chaos der Gesellschaft ist es gelungen, einen kleinen Teil deines Seins zu roden .... Es ist wie mit einem Wald. Du schlägst dir eine kleine Lichtung, rodest ein Stückchen Land; du ziehst einen Zaun, baust dir eine kleine Hütte; du legst dir einen kleinen Garten an und einen Rasen, und es geht dir gut. Außerhalb deines Zaunes — der Wald, die Wildnis. Innerhalb des Zaunes ist alles klar; es geht alles nach deinem Plan. Und genau das ist passiert. Die Gesellschaft hat eine kleine Lichtung in dein Bewußtsein
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geschlagen. Sie hat einen winzigen Teil gerodet und eingezäunt. Dort ist alles in Ordnung. Und das ist die Funktion eurer Universitäten. Die ganze Kultur und Konditionierung dient nur dem Zweck, einen Teil von euch zu roden, so daß ihr euch dort zu Hause fühlen könnt. Und dann bekommt ihr Angst. Außerhalb des Zaunes droht Gefahr. Außerhalb des Zaunes bist du, innerhalb des Zaunes bist du auch — und dein bewußter Verstand ist nur ein Bruchteil, ein Zehntel deines Seins. Neun Zehntel warten in der Dunkelheit. Und in diesen neun Zehnteln ist irgendwo dein wahres Zentrum verborgen. Man muß kühn sein, Mut haben. Man muß einen Schritt ins Unbekannte machen. Eine Zeitlang werden alle Begrenzungen verloren gehen. Eine Zeitlang wirst du dich schwindlig fühlen. Eine Zeitlang wirst du sehr viel Angst haben und erschüttert sein, wie bei einem Erdbeben. Aber wenn du mutig bist und nicht zurückgehst, wenn du nicht auf das Ego zurückfällst und immer weiter und weiter gehst, dann kommst du zu einem verborgenen Zentrum in dir, das du seit vielen Leben in dir trägst. Das ist deine Seele, dein Selbst. Sobald du dich ihm näherst, verändert sich alles; alles ordnet sich wieder. Aber jetzt wird diese Ordnung nicht mehr von der Gesellschaft hergestellt. Jetzt wird alles zum Kosmos, nicht Chaos; eine neue Ordnung entsteht. Aber das ist nicht mehr die Ordnung der Gesellschaft. Es ist die Ordnung, die in der Existenz selbst liegt. Sie ist das, was Buddha „Dhamma" nennt, was Lao Tzu „Tao" und Heraklit „Logos" nennt. Sie ist nicht vom Menschen
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gemacht. Es ist die Ordnung, die der Existenz innewohnt. Damit wird auf einmal alles wieder schön, und zum ersten Mal wirklich schön, denn die vom Menschen geschaffenen Dinge können nicht schön sein. Im besten Fall kann man ihre Häßlichkeit vertuschen, mehr nicht. Man kann sie ausschmücken, aber schön können sie nicht sein. Der Unterschied ist genau wie der zwischen einer echten Blume und einer Blume aus Plastik oder Papier. Das Ego ist eine Plastikblume — tot. Es sieht nur aus wie eine Blume, ist aber keine Blume. Man kann es nicht wirklich eine Blume nennen. Sogar linguistisch ist es falsch, es eine Blume zu nennen, denn eine Blume ist etwas, das blüht. Und dieses Plastikding ist nur ein Ding, es blüht nicht. Es ist tot. Es hat kein Leben in sich. Du hast ein blühendes Zentrum in dir. Deshalb nennen es die Hindus den Lotus — es ist ein Aufblühen. Sie nennen es den tausend-blättrigen Lotus. Damit drücken sie aus, daß er unendlich viele Blütenblätter hat. Und er blüht immer mehr auf, er blüht immer weiter, er stirbt nie. Aber ihr gebt euch mit einem Plastik-Ego zufrieden. Es gibt Gründe, warum ihr euch damit zufrieden gebt. Ein lebloses Ding hat viele Annehmlichkeiten. Zum Beispiel die, daß ein totes Ding nicht stirbt. Das ist gar nicht möglich — es hat nie gelebt. Besser also Plastikblumen haben, irgendwie sind sie gut. Sie sind dauerhaft; sie sind nicht ewig, aber sie sind dauerhaft. Die echte Blume draußen im Garten ist ewig, aber nicht dauerhaft. Und das Ewige hat seine eigene Art, ewig zu sein. Der Weg des Ewigen ist es, immer wieder aufs Neue geboren zu werden und zu sterben. Durch den Tod erfrischt es sich, verjüngt es sich. Uns kommt es so vor, als ob die echte Blume sterben würde — sie stirbt nie. Sie wechselt lediglich ihren Körper, und deshalb ist
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sie immer frisch. Sie verläßt den alten Körper, sie tritt in einen neuen Körper ein. Sie erblüht an einem andern Ort; sie blüht immer weiter. Aber wir können die Kontinuität nicht sehen, denn die Kontinuität ist unsichtbar Wir sehen nur eine Blume, und eine andere Blume; die Kontinuität sehen wir nicht. Es ist die gleiche Blume, die gestern geblüht hat. Es ist die gleiche Sonne, nur in einem anderen Gewand. Das Ego hat einen gewissen Vorzug — es ist tot. Es ist aus Plastik. Und es ist ganz leicht zu haben, weil andere es dir geben. Du brauchst es nicht erst zu suchen, es ist nicht mit einer Suche verbunden. Deshalb bist du erst dann ein Individuum, wenn du ein Sucher nach dem Unbekannten wirst. Vorher bist du nichts weiter als ein Teil der Masse, bist du nur ein Herdentier.
Kummer, über das Ego in dich Eingang findet? Das Ego kann dich nicht glücklich machen; es kann dich nur unglücklich machen. Das Ego ist die Hölle. Versuche jedesmal, wenn du dich unglücklich fühlst, einfach nur zu beobachten und zu analysieren, und du wirst feststellen, daß auf irgendeine Art das Ego der Grund dafür ist. Und das Ego findet immer wieder neue Gründe zum Leiden. Ich war einmal bei Mulla Nasruddin zu Gast. Seine Frau sagte ganz scheußliche Dinge über ihn, sie war ganz wütend, grob, aggressiv, sie explodierte fast und war sehr brutal. Und Mulla Nasruddin saß nur ruhig da und hörte zu. Dann wandte sie sich plötzlich zu ihm und sagte: „So, streitest du also schon wieder mit
Wenn du kein wirkliches Zentrum hast, wie kannst du da ein Individuum sein?
mir!" Mulla sagte: „Aber ich hab' doch kein Wort gesagt!" Seine Frau sagte: „Das weiß ich — aber du hörst so aggressiv zu."
Das Ego ist nicht individuell. Ego ist ein soziales Phänomen — es ist die Gesellschaft, nicht du. Aber es verschafft dir eine Funktion in der Gesellschaft, einen Platz in der Hierarchie der Gesellschaft. Und wenn du dich damit zufrieden gibst, verpaßt du völlig die Gelegenheit, dein Selbst zu finden. Und deshalb geht es dir so schlecht. Wie kannst du mit einem Plastik-Leben wirklich glücklich sein? Wenn du ein künstliches Leben führst — wie kannst du dich dabei ekstatisch und glücklich fühlen? Und außerdem ist dieses Ego eine unerschöpfliche Quelle von Kummer, von tausend verschiedenen Qualen.
Du bist ein Egoist, wie jeder Mensch. Es gibt die ganz krassen 1:goisten, aber sie sind es nur an der Oberfläche, und deshalb sind ic nicht so schwierige Fälle. Und es gibt die subtilen, schwer (•1-kennbaren Egoisten, die aber in Wirklichkeit bis ins Tiefste I g oisten sind, und die sind wirklich problematisch. I )as Ego gerät ständig in Konflikt mit anderen, weil jedes Ego %() wenig an sich selbst glaubt. Und das kann gar nicht anders sein — das Ego ist etwas Eingebildetes. Wenn deine Hand leer ist, du aber meinst, du hättest etwas in der Hand, dann wird's
Du kannst das nicht sehen, denn es ist deine eigene Dunkelheit. Du hast dich darauf eingespielt. Hast du je beobachtet, daß Kummer, und zwar jede Art von
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iroblematisch. Wenn dir jemand sagt: „Da ist nichts", beginnt auch schon der IC ainpf, denn du fühlst selber, daß da nichts ist. Der andere macht dir diese Tatsache bewußt.
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Das Ego ist eingebildet, es ist nichts. Und du weißt es auch. Wie könntest du es nicht wissen? Das ist unmöglich! Der Mensch besitzt nun einmal ein Bewußtsein — wie kann es ihm entgehen, daß das Ego einfach etwas Eingebildetes ist? Und dann sagen die anderen, daß da nichts ist. Und jedesmal wenn die anderen sagen, da ist nichts, treffen sie eine Wunde, sie sagen eine Wahrheit — und nichts trifft so sehr wie die Wahrheit. Du mußt dich verteidigen, denn wenn du dich nicht verteidigst, wenn du nicht in die Defensive gehst, wo wärst du dann? Du wärst verloren. Deine Identität wurde in Stücke zerbrechen. Deshalb mußt du dich verteidigen und kämpfen — das ist der Konflikt. Ein Mensch, der sein Selbst gefunden hat, ist nie in einem Konflikt. Vielleicht kommen andere in Konflikt mit ihm, aber er selbst kommt nie in Konflikt mit anderen. Ein Zen-Meister ging einmal auf einer Straße entlang. Da kam ein Mann daher und schlug heftig auf ihn ein. Der Meister fiel zu Boden. Dann stand er wieder auf und ging in der gleichen Richtung weiter, er schaute nicht einmal zurück! Ein Schüler begleitete den Meister. Er war ganz einfach schockiert. Er sagte: „Wer ist dieser Mann? Was soll das bedeuten? Wenn du auf diese Art lebst, dann kann jeder daherkommen und dich töten. Und du hast nicht einmal geschaut, wer dieser Mann war und warum er das getan hat!" Der Meister sagte: „Das ist sein Problem, nicht meins." Du kannst mit einem erleuchteten Mann in Konflikt geraten, aber das ist dein Problem, nicht seins. Und wenn du dir bei diesem Konflikt wehtust, ist das auch dein Problem. Er kann dir nicht wehtun. Es ist, als ob du gegen eine Wand haust —
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du tust dir selbst weh, aber die Wand hat dir nichts getan. Das Ego ist ständig auf Schwierigkeiten aus. Warum? Weil das Ego Hunger bekommt, wenn dir niemand Aufmerksamkeit schenkt. Es lebt von Aufmerksamkeit. Und deshalb ist es sogar in Ordnung, wenn jemand mit dir Streit anfängt oder wütend auf dich ist, denn wenigstens ist dir die Aufmerksamkeit sicher. Wenn dich jemand liebt, dann ist es gut. Wenn dich jemand nicht liebt, dann gibst du dich auch mit dessen Wut zufrieden. Hauptsache, du bekommst Aufmerksamkeit. Wenn dir niemand Aufmerksamkeit schenkt, wenn keiner da ist, der denkt, daß du wichtig, bedeutend bist, wie ernährst du dann dein Ego? Du brauchst die Aufmerksamkeit der anderen. Du hast tausend verschiedene Arten, wie du die Aufmerksamkeit der anderen auf dich lenkst; du kleidest dich entsprechend, du tust alles, um gut auszusehen, du benimmst dich wie es sich gehört, du bist ausgesprochen höflich, du bist wie ein Chamäleon. Sobald du eine Situation erfaßt hast, veränderst du dich so, daß dir die anderen ihre Aufmerksamkeit geben .... Dies ist eine tiefe Form von Bettelei. Ein wirklicher Bettler ist einer, der nach Aufmerksamkeit verlangt. Und ein wirklicher König ist einer, der in sich selbst lebt; er hat sein eigenes Zentrum, er ist auf niemand anderen angewiesen. Buddha sitzt unter seinem Bodhi-Baum ... wenn nun die ganze Welt plötzlich verschwinden würde, würde das für Buddha etwa einen Unterschied machen? Nein. Es würde nicht den geringsten Unterschied machen. Selbst wenn die ganze Welt verschwindet, bleibt für ihn alles gleich, denn er hat sein eigenes Zentrum gefunden. Aber du — wenn deine Frau dir wegläuft, sich scheiden läßt, zu
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einem anderen Mann geht, — dann bist du völlig erschüttert, denn sie hatte dir Aufmerksamkeit gegeben, sie hatte dich umsorgt, geliebt, sie war immer um dich und hatte dir das Gefühl gegeben, daß du jemand bist. Dein ganzes Imperium hast du verloren, du bist einfach erschüttert. Du denkst an Selbstmord. Warum? Warum solltest du Selbstmord begehen, wenn dich deine Frau verläßt? Warum solltest du Selbstmord begehen, wenn dich dein Mann verläßt? Weil du kein eigenes Zentrum hast. Es war deine Frau, die dir das Zentrum gegeben hat, oder dein Mann. So leben die Menschen. So kommt es, daß sie von einander abhängig werden. Tief im Innern sind sie Sklaven. Das Ego muß ein Sklave sein. Es ist auf andere angewiesen. Und nur ein Mensch, der kein Ego mehr hat, kann zum ersten Mal Meister sein; er ist kein Sklave mehr. Versuche, dies zu verstehen. Und fang an, das Ego aufzuspüren — nicht bei den anderen, das ist nicht deine Sache — sondern in dir selbst. Mach jedes Mal, wenn du dich unglücklich fühlst, die Augen zu und versuche herauszufinden, woher dieses Gefühl kommt, und du wirst jedes Mal feststellen, daß dein eingebildetes Zentrum mit jemand anderem in Konflikt geraten ist. Du hattest etwas erwartet, und es ist nicht eingetreten. Du wolltest etwas Bestimmtes, aber genau das Gegenteil ist passiert — dein Ego ist ins Wanken geraten, du fühlst dich schlecht. Schau es dir an, immer wenn es dir schlecht geht und versuche herauszufinden, warum. Die Ursache liegt nie außerhalb von dir. Die eigentliche Ursache liegt in dir — aber du suchst sie immer draußen, du fragst dich jedes Mal: An wem liegt es, daß ich mich schlecht fühle? Wer hat mich wütend gemacht?
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Wer ist Schuld an meiner Angst? Und wenn du draußen suchst, gehst du am Kern vorbei. Mach jedesmal die Augen zu und schau nur nach innen. Die Ursache für all deinen Kummer, deine Wut und Angst liegt in dir selbst verborgen, in deinem Ego. Und wenn du die Ursache findest, dann wird es dir leicht fallen, darüber hinaus zu gehen. Wenn du sehen kannst, daß es dein eigenes Ego ist, das dir Schwierigkeiten macht, dann wirst du es lieber ablegen, denn niemand trägt die Ursache seiner Probleme mit sich herum, wenn er sie erst einmal erkannt hat. Aber vergiß nicht, es ist nicht nötig, das Ego abzulegen. Du kannst es nicht ablegen. Wenn du versuchst, es abzulegen, baust du dir damit nur ein neues Ego auf, ein subtiles Ego, das sich einbildet: Jetzt bin ich bescheiden." Gib dir keine Mühe, bescheiden zu sein. Das ist erneut dein Ego, es hat sich zwar versteckt — aber es ist immer noch da. Gib dir keine Mühe, bescheiden zu sein. Niemand kann sich um Bescheidenheit bemühen, und niemand kann sie durch eigene Anstrengung erzeugen — nein. Wenn das Ego nicht mehr da ist, dann stellt sich von selbst ein Gefühl der Bescheidenheit ein. Bescheidenheit ist kein Erzeugnis. Sie ist ein Schatten deines wahren Zentrums. Und ein wirklich einfacher Mensch ist weder bescheiden noch egoistisch. Er ist einfach schlicht. Er ist sich nicht einmal bewußt, daß er bescheiden ist. In dem Moment, wo du dir in Erinnerung bringst, daß du bescheiden bist, ist das Ego da. Schau dir die bescheidenen Menschen an ... Millionen von Menschen halten sich für sehr bescheiden. Sie verbeugen sich ganz tief, aber beobachte sie einmal — das sind die subtilsten Egoisten. Ihr Nährstoff ist jetzt die Bescheidenheit. Sie sagen: „Ich hin
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bescheiden", und dann schauen sie dich an und warten nur darauf, daß du ihnen deine Anerkennung gibst. Sie möchten, daß du ihnen sagst: „Wie bescheiden du doch bist. Du bist wirklich der bescheidenste Mensch der Welt; keiner ist so bescheiden wie du." Und dann solltest du einmal das Lächeln sehen, das auf ihr Gesicht kommt! Was ist das Ego? Ego ist eine Rangordnung, die besagt: „Niemand ist so wie ich." Man kann es zum Beispiel mit Bescheidenheit füttern, und dann heißt es: „Niemand ist so wie ich, ich bin der bescheidenste Mensch." Die folgende Geschichte hat sich einmal ereignet: Ein Fakir, ein Bettelmönch, verrichtete sein Gebet in der Moschee, es war ganz früh am Morgen, und es war noch dunkel. Es war ein religiöser Feiertag der Mohammedaner, und so betete er und sagte: „Ich bin ein Niemand. Ich bin der Ärmste der Armen, der größte Sünder aller Sünder." Und da war noch ein anderer Mann, der auch betete. Es war der König des Landes, und er hatte noch nicht gemerkt, daß noch jemand zum Gebet gekommen war, es war noch dunkel, und der König hatte in seinem Gebet das gleiche gesagt: „Ich bin ein Niemand. Ich bin ein Nichts. Ich bin ohne Inhalt, nichts weiter als ein Bettler vor deiner Tür." Und wie er hörte, daß ein anderer genau das gleiche sagte, da rief er aus: „Halt! Wer versucht da, mich zu übertreffen? Wer bist du? Wie wagst du es, in der Gegenwart des Königs zu sagen, du seist ein Niemand, wenn der König selbst sagt, daß er ein Niemand ist?" So verhält sich das Ego. Es ist so raffiniert. Seine Schleichwege sind so schlau und listig; nur wenn du ganz, ganz aufmerksam bist, kommst du dahinter. Gib dir keine Mühe, bescheiden zu
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sein. Versuche einfach nur zu sehen, daß all dein Kummer, all deine Ängste aus deinem Ego kommen. Beobachte es! Mach dir keine Gedanken, wie du das Ego loswerden sollst. Du kannst es nicht ablegen. Wer wäre denn derjenige, der es ablegt? Genau derjenige, der es ablegt, würde dann dein neues Ego werden. Irgendwie kommt es immer wieder zurück. Ganz egal was du tust, behalte Abstand davon, schau hin und beobachte. Ganz egal was du tust — ob du den Bescheidenen, Ergebenen, Schlichten spielst — das hilft alles nichts. Nur eins ist möglich, und zwar einfach beobachten und sehen, daß hier die Quelle aller Probleme liegt. Kleide es nicht in Worte. Spreche mir nicht nach — beobachte. Denn wenn ich dir sage, daß das Ego die Quelle allen Unglücks ist, und du redest mir einfach nur nach, hilft dir das gar nichts. Du mußt zu dieser Erkenntnis gelangen. Jedesmal, wenn du Kummer hast, mache deine Augen zu und versuche nicht, irgendeinen Grund draußen zu finden. Versuche zu sehen, wo der Kummer herkommt. Es ist dein eigenes Ego. Wenn du unaufhörlich nachspürst und verstehst, und wenn dein Verständnis, daß das Ego die Ursache ist, so tief in dir Wurzeln gefaßt hat, dann wirst du eines Tages plötzlich feststellen, daß es verschwunden ist. Niemand legt es ab — es gibt niemanden, der es ablegen kann. Du siehst einfach, es ist nicht mehr da. Denn indem du verstehst, daß das Ego der Grund allen Kummers ist, fällt es ab. Dieses Verstehen an sich ist das Verschwinden des Egos. Und du bist so geschickt darin, das Ego der anderen zu sehen. 1>as kann jeder — das Ego eines anderen sehen. Wenn es an dein eigenes Ego geht, dann kommst du in Schwierigkeiten — weil du dieses Gelände nicht kennst, du hast es noch nie betreten.
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Der ganze Pfad zum Göttlichen, zum Höchsten, muß unweigerlich durch dieses Gelände des Ego hindurchführen. Das Falsche muß als falsch erkannt werden. Die Ursache des Unglücks muß als Ursache des Unglücks erkannt werden — dann fällt sie einfach von selbst weg. Wenn du weißt, daß es Gift ist, verschwindet es. Wenn du weißt, daß es Feuer ist, verschwindet es. Wenn du weißt, daß es die Hölle ist, verschwindet es. Und dann würdest du nie sagen: „Ich habe das Ego abgelegt." Du lachst einfach über das ganze, über den Witz, daß du dir dein ganzes Unglück selbst eingebrockt hast. Ich habe mir gerade ein paar Comics über Charlie Brown angeschaut. In einem dieser Comics spielt er mit Bauklötzen, er baut ein Haus aus Kinder-Bauklötzen. Er sitzt in der Mitte, und um sich herum baut er das Haus aus Bauklötzen. Und an einem bestimmten Punkt ist er eingeschlossen; er hat sich selbst eingebaut. Da schreit er: „Hilfe, Hilfe!" Er hat sich das alles selber eingebrockt! Jetzt ist er eingeschlossen, im Gefängnis. Das ist kindisch, aber es ist genau das, was du auch gemacht hast. Du hast ein Haus um dich herum gebaut, und jetzt rufst du: „Hilfe, Hilfe!" Und das Unglück vergrößert sich tausendfach, denn alle, die dir zu Hilfe eilen, sitzen im gleichen Boot wie du. Eine schöne junge Frau ging zur ersten Sitzung mit ihrem Psychiater. Der Psychiater sagte zu ihr: „Kommen Sie bitte näher." Als die Frau sich ihm näherte, sprang er sie einfach an, umarmte und küßte sie. Sie war schockiert. Und dann sagte er: „Jetzt nehmen Sie bitte Platz. Für mein Problem ist jetzt gesorgt, nun erzählen Sie mir Ihres."
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Das Problem vervielfacht sich, denn alle, die dir zu Hilfe kommen, sitzen im gleichen Boot wie du. Und sie möchten gerne helfen, denn wenn du jemandem hilfst, fühlst du dich als großer Helfer, als Guru, als Meister; du hilfst so vielen anderen. Je größer die Menge deiner Anhänger ist, umso besser fühlst du dich. Aber du sitzt im gleichen Boot — du kannst gar nicht helfen. Im Gegenteil — du richtest Schaden an. Menschen, die noch ihre eigenen Probleme haben, können keine große Hilfe sein. Nur jemand, der keine Probleme mit sich selbst hat, kann dir helfen. Nur dann ist genügend Klarheit da, um zu sehen, um dich zu durchschauen. Ein Auge, das keine eigenen Probleme hat, kann dich sehen, du wirst durchsichtig. Ein Auge, das keine eigenen Probleme hat, kann sich selbst durchschauen; deshalb ist es auch fähig, andere zu durchschauen. I m Westen gibt es viele, sehr viele Schulen für Psychoanalyse, doch sie sind keine Hilfe für die Menschen, sondern richten eher Schaden an. Denn die Leute, die den anderen helfen, oder versuchen, ihnen zu helfen, oder sich als ihre Helfer ausgeben, sitzen im gleichen Boot. Es ist schwierig, das eigene Ego zu sehen. Es ist sehr leicht, das Ego bei den anderen zu sehen. Aber darum geht es gar nicht, denn du kannst ihnen nicht helfen. Versuche, dein eigenes Ego zu sehen. Beobachte es. Hab keine Eile, es abzulegen, beobachte es nur. Je mehr du es beobachtest, desto fähiger wirst du, es zu beobachten. Eines Tages wirst du dann plötzlich merken, daß es von selbst abgefallen ist. Und es verschwindet nur dann wirklich, wenn es von selbst abfällt. Daran geht kein Weg vorbei. Voreilig kannst du es nicht abwerfen.
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Es fällt von dir ab wie ein verwelktes Blatt. Der Baum tut nichts dazu — eine kleine Brise kommt, oder irgendeine andere Situation entsteht, und das tote Blatt fällt einfach ab. Der Baum bemerkt nicht einmal, daß das welke Blatt abgefallen ist. Es fällt lautlos ohne viel Aufhebens — ohne alles. Das welke Blatt fällt einfach ab und zerfällt auf der Erde, ohne Aufhebens. Wenn du durch Verständnis, durch Bewußtheit gereift bist, und wenn du bis ins Tiefste gefühlt hast, daß das Ego der Gnmd für deinen Kummer ist, dann wirst du eines Tages das verwelkte Blatt einfach herunterfallen sehen. Es fällt auf die Erde und stirbt dort seinen natürlichen Tod. Du hast nichts dazu beigetragen, deshalb wirst du auch nicht den Anspruch erheben, du hättest es abgelegt. Du siehst, daß es einfach verschwunden ist, und dann taucht das wirkliche Zentrum auf. Und jenes wahre Zentrum ist die Seele, das Selbst, das Göttliche in dir, die Wahrheit — wie immer du es nennen willst. Es hat keinen Namen, deshalb ist jeder Name gleich gut. Du kannst ihm irgendeinen Namen geben, der dir gefällt.
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ERKENNE DEIN AUTHENTISCH ES SELBST
Kannst du bitte etwas sagen über den Unterschied zwischen der spirituellen Frage: „Wer bin ich?" und dem psychologischen Trauma: „Wer bin ich?"
Es ist der Unterschied zwischen dem Ego und dem Selbst. Das Ego ist deine falsche Vorstellung von dir selbst und darüber, wer du bist. Es ist nichts weiter als ein Erzeugnis des Verstandes. Es ist dein selbstgemachtes, vom Verstand produziertes Konzept, aber dieses Konzept basiert auf nichts Wirklichem. Was das Leben in der Welt anbelangt, erfüllt es vollkommen seinen Zweck, denn dort hast du es mit anderen Egos zu tun. Sobald du aber den Verstand hinter dir läßt, gehst du gleichzeitig über dein Ego hinaus, und plötzlich wird dir klar, daß du nicht das bist, was du immer von dir gedacht hast — daß deine Wirklichkeit völlig anders ist, daß sie nicht aus deinem Körper oder aus deinem Verstand besteht, daß du nicht einmal Worte hast, um sie auszudrücken. Doch das ist immer noch nicht die höchste Wirklichkeit, sondern liegt genau dazwischen, zwischen der höchsten Wirklichkeit und der höchsten Illusion. Es ist besser als die Einbildung, aber es ist noch unterhalb der Wirklichkeit. Du trägst dich immer noch irgendwie mit der Vorstellung, daß du von der Existenz getrennt bist. Diese Trennung macht dich unzugänglich für all die Segnungen, die dir von Natur aus zustehen. Wenn du auf diese Mauern verzichten kannst und dich für die Unermeßlichkeit der Wirklichkeit öffnen kannst, wird es dich in Form eines abgetrennten Wesens nicht mehr geben. Doch dies ist nur die eine Seite. Auf der anderen Seite tauchst du auf als die unvergängliche, die unermeßliche, die grenzenlose Wirklichkeit — als die ozeanische Erfahrung, die einzig mögliche Erfahrung von Erleuchtung oder Befreiung. Zuerst mußt du vom Ego loskommen. Das Ego ist dein psychologisches Trauma, oder besser gesagt, dein psychologisches Drama. Es gibt Religionen, die sich damit abgefunden haben, daß das trügerische Ego die Endstation ist, und für die
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nichts darüber hinaus existiert. Das ist die Religion der Atheisten aller Couleur — ob sie nun Kommunisten sind oder etwas anderes. Ganz egal, welcher Strömung sie angehören, jeder Atheist bleibt beim Ego stehen; die höchste Wirklichkeit ist für ihn das Ego. Sie sind die ärmsten Menschen der Welt. Außer dem Atheismus — der für mich auch eine Art von Religion ist, wenn auch weniger entwickelt als die anderen — gehen alle anderen Religionen, wie Christentum, Judentum, Islam, einen Schritt weiter. Sie verlangen von dir, daß du das Ego ablegst und deine authentische Wirklichkeit, dein wirkliches Selbst erkennst. Aber es gibt Religionen, wie zum Beispiel Zen, die ganz bis ans Ende des Weges gehen. Sie geben sich nicht damit zufrieden, vom Ego loszukommen. Ihr Ziel ist erst dann erreicht, wenn es nichts mehr gibt, von dem man loskommen kann — wenn sogar das Selbst sich aufgelöst hat, wenn das Haus absolut leer ist, wenn du sagen kannst: „Ich bin nicht." Dieses Nicht-Sein schafft den Raum, in welchem das Höchste erblühen kann. Es kommt nicht von außen. Es ist immer da gewesen; nur war es zugestellt mit verstaubtem Mobiliar, mit nutzlosem Kram. Sobald du all diese Dinge beseitigst und deine Subjektivität leer wird, genau wie ein Zimmer geräumig wird, wenn du alles ausräumst — in dieser Leere deiner Subjektivität erblüht die Blume der höchsten Erfahrung. Du bist nicht mehr. Natürlich kannst du dann dein altes Unglück, deine alten Traumen und Dramen nicht mehr haben. Jede Verbindung zu deiner Vergangenheit wird abgebrochen sein; du hast dich abrupt von allem abgeschnitten, was du vorher einmal warst. Plötzlich ist eine neue, frische Offenheit da — in gewisser Weise verschwindest du. In gewisser Weise hat deine authentische Essenz zum ersten
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Mal die Gelegenheit, zu ihrem vollen Glanz, zu ihrer vollen Pracht zu kommen. Und das ist Erleuchtung. Es ist ein negativer Prozeß: Schalte das Ego aus, die Psyche; schalte das Selbst aus, das Spirituelle. Schalte alles aus, bis kein Schalter mehr übrigbleibt, und du wirst eine Explosion erleben ... Plötzlich bist du nach Hause gekommen — mit der Entdeckung, daß du nie von deinem Zuhause weg warst; du bist immer da gewesen, nur waren deine Augen auf äußere Objekte konzentriert. Jetzt sind alle diese Objekte verschwunden. Was bleibt, ist, daß du der Zeuge bist, reines Bewußtsein. Dieses Zeuge-Sein setzt deinem ganzen Unglück und deiner Hölle ein Ende. Und gleichzeitig bist du an der Schwelle zum goldenen Tor — zum ersten Mal sind die Türen offen. Zwei weiße Ratten im Versuchslabor plauschen miteinander, von Käfig zu Käfig. „Sag doch mal", fragt die erste weiße Ratte, „wie kommst du eigentlich mit dem Dr. Schmidt aus?" „ Wirklich gut", sagt die zweite Ratte. „Es hat zwar ein bißchen gedauert, aber jetzt hab' ich ihn endlich erzogen. Ich brauche nur zu läuten, und schon bringt er mir mein Essen." Die Welt ist so seltsam. Der Psychologe, Dr. Schmidt, denkt sicher, daß er die Ratten erzieht, und die Ratten denken, daß sie Dr. Schmidt erziehen! So spielt das Ego ... Die Ehefrau denkt, sie erzieht ihren Mann. Alle Ehefrauen erziehen ihr Leben lang den Ehemann; und die Ehemänner erziehen ihre Frau. Es sieht so aus, als ob das Leben nur dazu da sei, um zu erziehen und erzogen zu werden. Wozu? Eine Frau kam zu Pablo Picasso. Sie wollte sich von ihm porträtieren lassen, und so machte er ihr Portrait. Sie war voll und ganz damit zufrieden. Sie sagte: „Nur eines — Sie haben
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vergessen, mir eine große Diamantenhalskette zu malen, einen großen Diamantring und einen Diamantarmreifen." Picasso sagte: „Aber Sie haben das alles gar nicht an." Sie sagte: „Das macht nichts. Ich habe Krebs, und ich habe höchstens noch sechs Wochen zu leben. Und ich weiß, daß sich mein Mann sofort nach meinem Tod wieder verheiraten wird. Er wartet nur auf meinen Tod, auch wenn er mir immer wieder sagt: ‚Mein Liebling, ich werde keine Sekunde ohne dich leben können.' Ich weiß wohl, daß er keine Sekunde ohne mich leben kann — er wird auf der Stelle eine neue Frau finden!" Picasso sagte: „Ich verstehe nicht, was das mit den Diamanten zu tun hat." Sie sagte: „Sie verstehen die Gedankengänge einer Frau nicht. Ich möchte, daß die neue Frau meines Mannes nach meinem Tod mein Portrait sieht. Sie wird ihn mit der Frage quälen: ,Wo sind diese Diamanten?' Ich kann ihn nicht in Ruhe lassen, nicht einmal, wenn ich tot bin. Er muß erzogen werden, ich muß ihn an der Leine behalten." Tolle Idee! Die Menschen haben ganz vergessen zu leben. Wer hat dafür schon Zeit? Jeder erzieht jedenjeder bringt den anderen bei, wie man sein muß. Und es scheint, als ob keiner — jemals — den Ansprüchen genügt. Wenn du leben willst, dann mußt du eines lernen: nämlich, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind, und dich selbst so zu akzeptieren, wie du bist. Fange an zu leben. Fange erst gar nicht an, für ein Leben irgendwann in der Zukunft zu üben. Die Welt ist nur deshalb so voller Unglück, weil ihr total vergessen habt zu leben; ihr habt euch in Dinge verwickelt, die mit dem Leben nichts zu tun haben. Kaum bist du verheiratet, fängst du an, deinen Mann zur Treue
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zu erziehen. Lebe doch, solange er treu ist — es wird nicht länger als zwei Wochen anhalten; zwei Wochen sind die Grenze des Menschlichen! Erlebe es so tief wie möglich. Vielleicht hilft ihm die Tiefe deines Erlebens und deiner Liebe dabei, noch eine dritte Woche treu zu sein. Und mache dir nie zu große Hoffnungen; drei Wochen sind genug. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß, wenn man drei Wochen lang liebevoll gelebt hat, sich ganz von selbst die vierte Woche daraus ergibt. Aber ihr fangt von vornherein an, alles zu stören: bevor ihr anfangen könnt zu leben, müßt ihr euch erst mal erziehen. Ihr verderbt euch die Zeit mit dieser Erzieherei, und ein Mann, der dich mindestens zwei Wochen lang hätte lieben können, ist so schon innerhalb von zwei Tagen gelangweilt. Eine Frau, die nie geheiratet hatte, lag im Sterben und eine Freundin fragte sie: „Warum hast du nie geheiratet? Du bist so eine schöne Frau!" Sie sagte: „Wozu denn? Zum Erziehen habe ich doch meinen Hund, und der lernt nie aus! Ich habe einen Papagei, der mir alles sagt, was einem ein Mann so alles sagen soll. Morgens sagt er: ,Hallo Liebling!' Ich habe einen Dienstboten, der stiehlt und der andauernd lügt. Wozu brauche ich da noch einen Ehemann? Es ist für alles gesorgt." Das sind die Gründe, weshalb man einen Ehemann braucht? Man braucht eine Ehefrau — aber nicht, weil man eine Erfahrung von Intimität und Liebe sucht, sondern damit man sie herumzeigen kann; einfach um sie den Nachbarn vorzuzeigen und alle neidisch zu machen, daß man so eine schöne Frau hat. Putze sie richtig heraus und mache alle Leute auf deinen Reichtum neidisch; wie sollst du sonst deinen Reichtum herzeigen? Eine Frau ist ein Schaufenster; sie zeigt, was du erreicht hast, zeigt deine
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Macht. Natürlich mußt du sie erst dazu erziehen, daß sie gesellschaftsfähig wird und dir für deine Geschäfte dienlich sein kann. Offensichtlich trifft das Sprichwort zu, daß hinter dem Erfolg jedes großen Mannes eine Frau steht — in so mancher Hinsicht. Manche Männer stürzen sich zum Beispiel nur deshalb wie verrückt ins Geldverdienen, um ihrer Ehefrau zu entrinnen. Henry Ford wurde einmal befragt: „Warum haben Sie immer noch mehr und mehr Geld gemacht, als Sie schon so reich waren? Es wäre doch für Sie an der Zeit gewesen, zu genießen und zu entspannen!" Er sagte: „Das war nicht der Grund, warum ich Geld verdienen wollte. Als ich damit angefangen habe, Geld zu machen, war es, um meiner Frau zu entkommen, und dann wollte ich wissen, ob ich mehr verdienen kann, als sie ausgeben kann." Ein Wettkampf, ein lebenslänglicher Wettkampf! Die Menschen verwickeln sich in seltsame Dramen. Sehr wenige Menschen leben authentisch — sie machen alle nur Theater. Ein Mann sitzt im Kino, und seine Frau macht ihn ständig darauf aufmerksam, wie sehr doch der Held des Films seiner Frau seine Liebe zeigt. Nach einer Weile sagt der Mann schließlich: „Hör doch endlich mit diesem Unsinn auf! Du weißt nicht, wieviel Geld er dafür bekommt! Und außerdem ist es ja nur ein Film; das ist alles nicht wirklich. Aber das muß ich ihm lassen — er ist wirklich ein guter Schauspieler." Seine Frau sagte: „Weißt du nicht, daß sie auch im wirklichen Leben miteinander verheiratet sind?" Da sagte er: „Mein Gott! Wenn das wahr ist, dann ist er der großartigste Schauspieler, den ich je gesehen habe; wie könnte er sonst seiner eigenen Frau — und sei es auch nur vor der Kamera — so viel Liebe zeigen! Das geht über alles Menschenmögliche hinaus. Er ist geradezu ein Schauspielgenie."
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Die Leute denken, Liebe existiert nur für Schauspieler. Psychoanalytiker haben festgestellt, daß die Menschen stundenlang vor ihren Fernsehern sitzen. Ein Amerikaner sieht durchschnittlich sechs Stunden am Tag fern — das ist der Durchschnitt. Es gibt vielleicht ein paar Besessene, die neun Stunden, zehn Stunden, zwölf Stunden fernsehen. Mit der Zeit sind die Menschen durch das viele Fernsehen — Filme, Fußballspiele, Wettkämpfe — zu Voyeuren geworden. Sie lieben nicht; ihre Filmstars lieben, und sie selber tun nichts, als zuzuschauen. Sie machen keine Spiele, die Profis auf dem Bildschirm spielen für sie; sie schauen zu. Sie beschäftigen sich mit nichts; sie kleben an ihren Sesseln fest und schauen sich einfach alles an. Aber Zuschauen und Tun sind zwei völlig verschiedene Dinge. Sie sind völlig zufrieden, wenn sie einen schönen Liebesfile gesehen haben. Sie sind völlig zufrieden, wenn sie ein großes Boxturnier gesehen haben. Und sie selber sind bloße Voyeure. Es kommt einer unermeßlichen Katastrophe gleich, daß Millionen von Menschen zu Voyeuren reduziert worden sind. Und die Leute, denen sie zuschauen, sind Schauspieler. Ihre Liebe ist nicht echt, sie werden dafür bezahlt. Sie sind Experten darin, die Zuschauer zu täuschen, denn sie tun so, als wäre das, was sie tun, wirklich echt. Aber ihre Tränen sind nicht echt, ihr Lächeln ist nicht echt, ihre Liebe ist nicht echt, ihre Wut ist nicht echt. Was für eine Welt haben wir geschaffen? Der aktive Teil der Menschheit besteht aus Schauspielern, die für das bezahlt werden, was sie tun, und der Rest der Welt, die Passiven, schauen einfach nur zu. Ihr seid hier, um zu leben. Ihr seid hier, um zu tanzen. Ihr seid hier, um das Leben zu erfahren. Andere tun es für euch. Andere Menschen lieben an eurer Stelle, andere Menschen spielen an eurer Stelle, sie tun alles
Mögliche an eurer Stelle. Und was bleibt für euch? Nur das Zuschauen. Der Tod wird euch nicht viel nehmen können — nur euren Fernseher. Denn das ist alles, was ihr habt. Das ist das unechte Ego, das ein unechtes Lebensmodell, einen unechten Lebensstil geschaffen hat. Laß alles Unechte fallen. Sei authentisch und wahr; das ist der erste Schritt. Und wenn du erst einmal authentisch und wahr bist, wirst du sehen, wie schön das ist. Und das wird die Sehnsucht danach wecken, alle Grenzen hinter dir zu lassen auf der Suche nach der endgültigen Wahrheit, nach der endgültigen Aufklärung und der endgültigen Erfahrung — über die hinaus es einfach nichts mehr gibt. Ein berühmter Chirurg ging nach Afrika auf eine Safari. Bei seiner Rückkehr fragten ihn seine Kollegen, wie es war. „Ach, es war sehr enttäuschend", sagte er, „ich habe absolut nichts erlegt. Ich hätte mehr Erfolg gehabt, wenn ich hier im Krankenhaus geblieben wäre!" Eine Viertelstunde nach dem Untergang der Titanic treffen sich Maury und Louis auf dem gleichen Stück Treibholz. Das Wasser ist eiskalt, Haifische kreisen um sie herum, und das Treibholz geht langsam unter. „Naja", sagt Louis, „es hätte schlimmer kommen können." „Schlimmer? Wie könnte es noch schlimmer sein?" schreit Maury. „Ja, wenn wir die Rückfahrt schon bezahlt hätten!" Die Menschen stehen am Rande des Wahnsinns — eine ungeheure Katharsis ist notwendig. Und ihr ganzer Wahnsinn kommt praktisch daher, daß sie ein künstliches Leben führen; es stellt sie nicht zufrieden. Künstliches Essen kann euch nicht ernähren,
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künstliches Wasser kann euren Durst nicht stillen. Das künstliche Ego kann euch nicht das wirkliche Leben geben. Das ist eine ganz simple Rechnung.
DIE NATUR DES VERSTANDES
Die Wurzel aller Probleme ist der Verstand selbst. Daher muß man als erstes verstehen, was dieser Verstand ist, woraus er gemacht ist; ob er eine feste Einheit ist oder nur ein Vorgang; ob er Substanz hat oder aus dem Stoff gemacht ist, aus dem die Träume sind. Und solange du die Natur des Verstandes nicht keimst, kannst du keines deiner Lebensprobleme lösen. Du kannst dich noch so sehr anstrengen; wenn du immer nur einzelne, individuelle Probleme bekämpfen willst, wird es dir mißlingen — das steht absolut fest. Denn in Wirklichkeit gibt es keine einzelnen Probleme: das Problem ist der Verstand als solches. Wenn du dieses oder jenes Problem zu lösen versuchst, hilft dir das nicht weiter, weil die Wurzel des Problems davon unberührt bleibt. Es ist so, als ob du die Äste eines Baumes beschneidest, alle Blätter trimmst, aber nicht an die Wurzeln gehst. Neue Blätter werden sprießen — und zwar mehr als zuvor. Wenn du einen Baum beschneidest, wird er nur uniso dichter. Wenn du nicht weißt, wie du ihn mit der Wurzel ausreißen kannst, ist dein Kampf sinnlos und töricht! Du zerstörst nur dich selbst, nicht den Baum. Wenn du so kämpfst, vergeudest du deine Energie, deine Zeit, dein Leben — und der Baum wird immer nur stärker, dichter und üppiger. Und du kannst nicht begreifen, wie es dazu kommt: du srrengst dich doch wirklich an, versuchst ein Problem nach dem anderen zu lösen, und es werden immer noch mehr. Du löst ein Problem, und zehn neue setzen sich an seine Stelle. Versuch gar nicht erst einzelne, losgelöste Probleme zu lösen — denn es gibt keine: der Verstand selbst ist das Problem. Aber der Verstand ist im Untergrund verborgen. Darum nenne ich ihn die Wurzel. Er ist nicht sichtbar. Wenn du auf ein Problem stößt, ist das Problem an der Oberfläche, du kannst es sehen — und davon läßt du dich täuschen.
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Denk immer daran, das Sichtbare ist niemals die Wurzel: die Wurzel bleibt immer unsichtbar, die Wurzel ist immer versteckt. Kämpfe nie mit dem Sichtbaren, sonst kämpfst du immer nur mit Schatten. Du kannst deine Kraft dabei vergeuden, aber eine Transformation deines Lebens wird es nicht geben. Die gleichen Probleme werden immer und immer wieder auftauchen. Wirf einen Blick in dein eigenes Leben, und du wirst sehen, was ich meine. Ich rede nicht von irgendeiner Theorie über den Verstand, sondern ganz einfach davon, wie er tatsächlich ist. Und die Tatsache ist: der Verstand selbst muß gelöst werden. Die Leute kommen zu mir und fragen, wie sie ihren Verstand still machen können. Und darauf antworte ich: „So etwas gibt es gar nicht: ein stiller Verstand. Davon hab ich noch nie gehört!" Der Verstand ist niemals still, nur ein Verstand, der nicht ist, hat Stille. Der Verstand selbst kann niemals still und friedlich sein, der Verstand ist von Natur aus verspannt, voller Verwirrung. Der Verstand kann nie klar sein, er kann keine Klarheit besitzen, denn der Verstand ist von Natur aus neblig und verworren. Klarheit ist nur möglich, wenn das Denken aufhört; Ruhe ist nur ohne Denken möglich, Stille ist nur ohne Denken möglich. Versuche also erst gar nicht, Ruhe in deinem Verstand zu schaffen. Wenn du es trotzdem versuchst, dann versuchst du vorm vornherein das Unmögliche. Als allererstes muß man also das Wesen des Verstandes erkennen. Erst dann kann etwas geschehen. Wenn du genau hinschaust, wird dir nie ein Gebilde namens Verstand begegnen. Er ist kein Ding, er ist nur ein Vorgang; er ist nicht wie ein Ding beschaffen, sondern wie eine Menschenmenge. Individuelle Gedanken existieren zwar, aber sie bewegen sich so schnell, daß du die Lücken zwischen ihnen nicht sehen kannst. Die Intervalle sind nicht sichtbar, weil du nicht sehr scharfsichtig und wachsam bist; dafür brauchst du eine genauere
Blickschärfe. Wenn deine Augen tief genug blicken können, kannst du plötzlich erst den einen Gedanken ausmachen, dann den anderen, dann wieder einen — aber niemals den Verstand. Alle Gedanken zusammengenommen, Millionen von Gedanken, geben dir die Illusion, daß es den Verstand gibt. Es ist wie bei einer Menschenmasse: Tausende von Einzelnen, die in einer Menge zusammenstehen. Genügt das aber, um zu behaupten, daß es so etwas wie eine Menge wirklich gibt? Gäbe es die Menge, wenn es nicht die Individuen gäbe, die dort beisammen stehen? Aber sie stehen beisammen, und ihr Zusammenstehen gibt dir das Gefühl, daß es so etwas wie die Menge gibt. Es gibt nur Individuen. Das ist die erste Einsicht in die Natur des Verstandes: schau hin, und was du fmdest, sind Gedanken; einen Verstand wirst du nie ausfindig machen. Und wenn das zu deiner eigenen Erkenntnis geworden ist — nicht, weil ich es sage; nein, das hilft dir nicht viel weiter — nur wenn es deine Erfahrung ist, wenn es eine Tatsache ist, die du selbst erkannt hast, dann plötzlich fangen viele Dinge an, sich zu verändern. Denn wenn du den Verstand tief bis in die Wurzeln verstanden hast, können sich viele Dinge daraus ergeben. Beobachte den Verstand, suche ihn überall, verstehe was er ist. Du wirst Gedanken finden, die wie Wolken treiben, und dazwischen Lücken. Und wenn du lange hinschaust, wirst du sehen, daß es mehr Zwischenräume gibt als Gedanken. Denn jeder Gedanke muß vom nächsten abgesetzt sein, und nicht nur jeder Gedanke, sogar jedes einzelne Wort muß durch Lücken abgetrennt sein. Je tiefer du dringst, desto mehr und mehr Lücken findest du, und sie werden größer und größer. Ein Gedanke treibt vorbei, dann kommt eine Lücke, die gedankenlos ist; dann kommt der nächste Gedanke, und dann wieder eine Lücke.
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Solange du unbewußt bist, kannst du die Lücken nicht wahrnehmen. Du springst von einem Gedanken zum anderen und siehst nie die Lücke. Je bewußter du wirst, desto mehr Lücken erkennst du. Wenn du vollkommen bewußt bist, dann siehst du meilenweit nichts als Lücken. Und in diesen Lücken passieren die Satoris. In diesen Lücken klopft die Wahrheit an deine Tür. In diesen Lücken kommt der Gast. In diesen Lücken erfährst du Gott, oder wie immer du es benennen willst. Und wenn das Bewußtsein absolut ist, dann gibt es nur noch eine endlose Lücke aus Nichts. Es ist wie bei den Wolken: die Wolken treiben dahin, und sie können so dicht sein, daß du den Himmel dahinter nicht sehen kannst. Die unendliche Bläue des Himmels ist verlorengegangen, und du bist von Wolken eingehüllt. Laß dich aber dadurch nicht vom Beobachten abbringen: plötzlich reißt die Wolkenwand auf, die eine Wolke ist schon fort, und die nächste ist noch nicht da, und dein Auge fängt einen Fetzen der unendlichen Bläue des Himmels auf. Genauso ist es auch in dir: du bist die unendliche Bläue des Himmels, und die Gedanken sind nichts anderes als Wolken, die dich einhüllen, die dich ausfüllen. Und trotzdem gibt es die Lücken, gibt es den Himmel. Ein Stück vorn Himmel zu sehen, ist Satori; zum Himmel zu werden, ist Samadhi. Und der Weg vom Satori zum Samadhi ist nichts als eine immer tiefer dringende Einsicht in die Beschaffenheit des Verstandes — sonst nichts. Der Verstand existiert nicht als eine feste, separate Einheit — das ist also das erste. Es gibt nur Gedanken. Und das zweite: die Gedanken existieren getrennt von dir, sie sind nicht mit deiner Natur identisch. Sie kommen und gehen — aber du bleibst, du änderst dich nicht. Du bist wie der Himmel: er kommt nie, und er geht nie, er ist immer da. Wolken kommen und gehen, sie sind
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Erscheinungen des Augenblicks, sie sind nicht ewig. Selbst wenn du versuchst, dich an einen Gedanken zu klammern, kannst du ihn nicht lange halten; er muß weiterziehen, er hat seine eigene Geburt und seinen eigenen Tod. Gedanken gehören nicht dir. Es sind nicht deine Gedanken. Sie kommen als Besucher, als Gäste, aber sie sind nicht der Gastgeber. Beobachte es genau, und darüber wirst du zum Gastgeber, und die Gedanken werden zu Gästen. Und als Gäste sind sie schön. Denn nur wenn du völlig vergißt, daß du der Gastgeber bist, nur wenn sie zum Gastgeber werden, kommst du in Schwierigkeiten — oder man kann auch sagen: in die Hölle. Du bist der Herr des Hauses, das Haus gehört dir, und die Gäste haben sich des Hauses bemächtigt. Empfange sie, kümmere dich um sie, aber identifiziere dich nicht mit ihnen; sonst werden sie die Herren. Der Verstand ist nur deswegen zum Problem geworden, weil du die Gedanken so tief in dich hast eindringen lassen, daß du völlig die Distanz zu ihnen verloren hast, daß du vergessen hast, was sie eigentlich sind: Besucher, die kommen und gehen. Achte immer auf das Bleibende in dir: das ist deine Natur, dein Tao. Richte dein Augenmerk immer auf das, was nie kommt und nie geht — so wie der Himmel. Ändere die Blickrichtung: konzentriere dich nicht auf die Besucher, sondern bleibe bis auf den tiefsten Grund der Gastgeber; die Besucher kommen und gehen. Selbstverständlich, es gibt schlimme und es gibt gute Gäste, aber das braucht dich nicht zu kümmern. Ein guter Gastgeber behandelt alle Gäste gleich und macht keine Unterschiede. Ein guter Gastgeber ist einfach ein guter Gastgeber: ein schlechter Gedanke kommt hereinspaziert, und er behandelt ihn genauso höflich, wie er den guten Gedanken behandelt. Es ist nicht sein Problem, ob der Gedanke gut oder schlecht ist. Was tust du nämlich, wenn du anfängst abzuwägen, ob ein
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Gedanke gut oder schlecht ist? Du holst den guten Gedanken näher an dich heran und stößt den schlechten Gedanken von dir. Früher oder später identifizierst du dich mit dem guten Gedanken, und der gute Gedanke wird zum Gastgeber. Und mit jedem Gedanken, egal was er sagt, wird es dir schlecht ergehen, sobald er zum Gastgeber wird, denn er ist nicht die Wahrheit. Der Gedanke macht dir etwas vor, und du identifizierst dich damit. Identifikation ist die Krankheit. Gurdjieff hat immer wieder gesagt, daß es nur auf eines ankommt: sich nicht mit dem zu identifizieren, was kommt und geht. Erst kommt der Morgen, dann kommt der Mittag, dann kommt der Abend, und einer wie der andere gehen sie wieder; die Nacht kommt und dann wieder der Morgen. Aber du bleibst - nicht als Ich, denn auch das ist ein Gedanke - sondern als reines Bewußtsein; nicht als Name, denn auch das ist nur ein Gedanke; nicht als Form, denn auch das ist nur ein Gedanke; nicht als dein Körper, denn eines Tages wirst du erkennen, daß selbst das ein Gedanke ist. Einfach als reines Bewußtsein, ohne Namen, ohne Form, als absolute Reinheit, reine Formlosigkeit und Namenlosigkeit, als schieres Dasein von Bewußtsein. Das allein bleibt ewig. Wenn du dich identifizierst, bist du der Verstand. Wenn du dich identifizierst, bist du der Körper; wenn du dich identifizierst, wirst du zu Name und Form. Dann ist der Gastgeber verschollen, dann hast du das Ewige vergessen, und nur das Gegenwärtige ist dir wichtig„ Das Momentane gehört zur Welt; das Ewige ist göttlich. Das ist die zweite Einsicht, die du gewinnen mußt: daß du der Gastgeber bist und die Gedanken Gäste sind. Wenn du immer weiter beobachtest, wirst du bald das dritte erkennen. Das dritte ist, daß Gedanken Fremdlinge sind, Eindringlinge, Außenseiter. Kein Gedanke gehört dir. Sie kommen
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alle von außen, du bist für sie nur ein Durchgang. Ein Vogel kommt durch die eine Tür ins Haus geflogen und fliegt zur anderen wieder hinaus. Genauso kommt auch der Gedanke in dich hinein und verläßt dich wieder. Aber du glaubst, daß deine Gedanken dir gehören. Und nicht nur das, du kämpfst sogar für deine Gedanken, du setzt dich für sie ein: „Das ist mein Gedanke, und das ist wahr!" Du diskutierst, du debattierst, du streitest dich, du versuchst zu beweisen, daß das dein Gedanke ist. Kein Gedanke gehört dir, kein Gedanke ist originell, alle Gedanken sind entlehnt. Sie sind nicht einmal aus zweiter Hand, denn Millionen von Menschen haben den gleichen Gedanken schon vor dir für sich beansprucht. Ein Gedanke ist genauso äußerlich wie ein Ding. Irgendwo sagt der große Physiker Eddington: Je tiefer die Wissenschaft in die Materie eindringt, desto deutlicher kommt sie zu der Erkenntnis, daß Dinge Gedanken sind". Das mag so sein, ich bin kein Physiker, und Eddington mag recht haben, daß die Dinge mehr und mehr wie Gedanken aussehen, je tiefer man dringt. Aber vom anderen Ende her möchte ich euch sagen: Je tiefer du in dich selber eindringst, desto deutlicher sehen deine Gedanken wie Dinge aus. Und tatsächlich handelt es sich hier nur um die zwei Seiten ein und desselben Phänomens. Ein Ding ist ein Gedanke, ein Gedanke ist ein Ding. Wenn ich sage, daß ein Gedanke ein Ding ist, was meine ich damit? Ich meine damit, daß du mit deinen Gedanken umgehen kannst wie mit Gegenständen. Du kannst jemandem einen Gedanken an den Kopf werfen wie einen Stein. Du kannst einen anderen töten, nur indem du einen Gedanken auf ihn wirfst, wie einen Dolch. Du kannst deine Gedanken als ein Geschenk weitergeben oder als ansteckende Krankheit. Gedanken sind Dinge,
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sie sind Kräfte, aber sie gehören nicht zu dir. Sie kommen zu dir, sie wohnen eine Zeitlang in dir, und dann verlassen sie dich. Das ganze Universum ist angefüllt von Gedanken und Gegenständen. Die Gegenstände sind nur die physische Seite von Gedanken, und die Gedanken sind die mentale Seite von Gegenständen. Dies ist also die dritte Einsicht über Gedanken, daß sie Gegenstände sind, Kräfte, und du sehr vorsichtig damit umgehen mußt. Normalerweise bist du unbewußt und denkst alles mögliche. Es ist schwierig, einen Menschen zu finden, der in Gedanken nicht schon viele Morde begangen hat; einen Menschen zu finden, der in Gedanken nicht schon alle möglichen Sünden und Verbrechen begangen hat. Und dann geschehen diese Dinge wirklich! Und merke dir: Du magst zwar selbst nicht morden, aber wenn du ständig daran denkst, jemanden umzubringen, kann das sehr wohl die Situation herbeiführen, in der dieser Mensch tatsächlich umgebracht wird. Jemand anders kann diesen Gedanken aufschnappen, denn es gibt überall Schwächere als man selbst, und Gedanken fließen wie Wasser — abwärts. Diejenigen, die die innere Wirklichkeit des Menschen erkannt haben, sagen daher, daß wir alle verantwortlich sind — für alles, was auf der Erde geschieht. Ohne Ausnahme. Für das, was zum Beispiel in Vietnam passiert, sind nicht nur die Nixons verantwortlich, sondern jeder andere denkende Mensch auch. Nur einen Menschen kann man nicht verantwortlich machen, und zwar den Menschen, der nicht im Verstand lebt. Aber im übrigen ist jeder mitverantwortlich für alles, was vor sich geht. Wenn die Erde eine Hölle ist, dann bist du einer von denen, die sie geschaffen haben; du bist mitbeteiligt. Höre auf, die Verantwortung auf andere zu schieben — du bist genauso verantwortlich; es ist ein kollektives Phänomen. Die Krankheit mag sonstwo ausbrechen, die Explosion mag am
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anderen Ende der Welt passieren — das macht nicht den geringsten Unterschied, denn Gedanken sind nicht-räumliche Erscheinungen, sie sind nicht an den Raum gebunden. Gedanken bewegen sich deshalb schneller als alles andere. Selbst das Licht bewegt sich nicht so schnell, denn selbst das Licht benötigt Raum. Gedanken sind das Schnellste, was es gibt. Oder genauer, sie brauchen überhaupt keine Zeit, da es für sie gar keinen Raum gibt. Du magst dich hier befinden und an etwas denken, und in Amerika passiert es. Wie kann man dich also verantwortlich machen? Kein Gericht kann dich bestrafen, aber im Obersten Gerichtshof des Daseins wirst du bestraft — du bist bereits bestraft. Und deshalb bist du so unglücklich. Es kommen Leute zu mir und sagen: „Wir tun nie jemandem etwas zuleide und doch sind wir so unglücklich". Mag sein, daß sie nichts tun, vielleicht denken sie nur und Denken ist subtiler als Tun. Taten kann man sich verkneifen, aber Gedanken nicht. Für Gedanken ist jeder anfällig. Nicht-Denken ist ein Muß, wenn du dich von Sünde, von Verbrechen, von all dem vollkommen freimachen willst, was um dich hemm geschieht. Und genau das heißt es, ein Buddha zu sein. Ein Buddha ist jemand, der ohne Gedanken lebt; und deshalb ist er nicht verantwortlich. Daher sagen wir im Osten, daß er niemals Karma akkumuliert, daß er keinerlei zukünftige Verstrickungen akkumuliert. Er lebt, er geht, er bewegt sich fort, er ißt, er spricht, er tut viele Dinge, und eigentlich müßte er auf diese Weise ein Karina ansammeln, denn Karma heißt Aktivität. Aber es gibt im Osten ein Sprichwort, das besagt, daß ein Buddha, selbst wenn er töten würde, kein Karma ansammelt. Warum? Du dagegen sammelst Karma an, obwohl du nicht tötest? Warum?
Es ist ganz einfach. Ganz gleich, was ein Buddha tut, er tut es, ohne seinen Verstand darin zu verstricken. Er ist spontan, es ist keine Aktivität. Er verschwendet keinen Gedanken daran, es geschieht einfach. Nicht er tut es. Er lebt wie eine Leere. Was er tut, kommt aus keiner Absicht, er hat nichts geplant. Aber wenn die Existenz es geschehen läßt, dann läßt er es geschehen. Er hat kein Ego mehr, das sich sträubt, kein Ego mehr, das etwas tun kann. Das bedeutet es, wenn man sagt, er ist leer und ohne Selbst: er ist einfach ein Nicht-Wesen, anatta, ein „Nicht-Selbst". In diesem Zustand läßt sich nichts akkumulieren, und du bist für nichts verantwortlich, was um dich herum geschieht. Das heißt Transzendenz. Jeder einzelne Gedanke schafft eine Wirklichkeit — für dich und für andere. Sei wachsam! Aber wenn ich sage, sei wachsam, dann meine ich nicht, daß du gute Gedanken denken sollst, nein! Denn du kannst keine guten Gedanken denken, ohne in ihrem Windschatten die schlechten Gedanken mitzudenken. Wie kann das Gute ohne das Böse bestehen? Wenn du dir die Liebe vorstellst, dann verbirgt sich gleich dahinter der Haß. Wie kannst du an Liebe denken, ohne auch an Haß zu denken? Es mag nicht bewußt geschehen, die bewußte Ebene deines Verstandes mag voller Liebe sein, aber der Haß ist im Unbewußten versteckt — Haß und Liebe gehen Hand in Hand. Wenn du an Mitgefühl denkst, denkst du auch an Grausamkeit. Kann man an Mitgefühl denken, ohne an Grausamkeit zu denken? Kann man sich Gewaltlosigkeit vorstellen, ohne dabei an Gewalt zu denken? Schon im Wort Gewaltlosigkeit ist die Gewalt enthalten. Sie steckt schon in der bloßen Vorstellung. Kannst du dir sexuelle Enthaltsamkeit vorstellen, ohne den
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Gedanken an Sex? Es ist nicht möglich. Denn welchen Sinn hat sexuelle Enthaltsamkeit, wenn nicht dabei an Sex gedacht wird? Und wenn sexuelle Enthaltsamkeit aus dem Gedanken an Sex entspringt, was für eine Enthaltsamkeit ist das? Nein, es gibt eine völlig andere Dimension des Daseins, die erst zum Vorschein kommt, wenn das Denken aufhört: weder Gut noch Böse, einfach ein Zustand des Nicht-Denkens. Du beobachtest, du bleibst einfach bewußt, aber du denkst nicht. Und wenn sich ein Gedanke einschmuggelt ... und das ist unvermeidlich, denn Gedanken gehören dir nicht; sie treiben einfach in der Luft. Wir sind von einer Nous-Sphäre umgeben, einer Gedankensphäre. Genauso wie wir von Luft umgeben sind, sind wir auch überall von Gedanken umgeben; und die dringen von sich aus in dich ein. Das hört erst dann auf, wenn du voll bewußt geworden bist. Und das nicht ohne Grund, denn je bewußter du wirst, desto weniger können sich die Gedanken halten, sie schmelzen einfach, weil Bewußtheit eine stärkere Energie ist als Denken. Bewußtheit ist für das Denken wie Feuer. Es ist, wie wenn du in deinem Haus ein Licht anzündest und dann keine Dunkelheit mehr eindringen kann. Kaum löschst du es aus, ist auch schon von überall her die Dunkelheit eingedrungen; sie verliert keinen Augenblick, keinen einzigen Augenblick — schon ist sie da. Aber solange das Licht im Hause brennt, kann die Dunkelheit nicht eindringen. Und Gedanken sind wie die Dunkelheit: sie kommen nur herein, wenn innen kein Licht brennt. Bewußtheit ist wie Feuer: je bewußter du wirst, desto weniger Gedanken können in dich eindringen. Wenn du vollkommen in dein Bewußtsein integriert bist, treten keine Gedanken in dich ein; du bist zu einer unbezwingbaren Burg geworden, in die nichts mehr eindringen kann. Nicht,
daß du dann verschlossen bist, vergiß nicht: du bist absolut offen; aber die schiere Energie deiner Bewußtheit wird zu deiner Burg. Und wenn die Gedanken nicht mehr in dich hinein können, dann werden sie kommen und an dir vorbeiziehen. Du kannst sie kommen sehen, aber sobald sie dir nahegekommen sind, werden sie einfach den Kurs wechseln. Jetzt kannst du gehen, wohin du willst, jetzt kannst du sogar zur Hölle fahren - nichts kann dir etwas anhaben. Das ist es, was wir als Erleuchtung bezeichnen.
ZUSAMMENBRUCH ODER DURCHBRUCH
Warum reagiert die westliche Gesellschaft so heftig auf jedes Individuum, das von der Norm abweicht, besonders wenn es um dessen mentalen Zustand geht? Es ist so, als ob an unserem Verstand, an unserer Denkweise, der Grad unserer Anpassung an die Gesellschaft gemessen wird, und daß ängstlich auf jede Abweichung geachtet wird, die den Status quo gefährden könnte. Was ist diese Angst? Warum haben die Menschen vor dem kranken Verstand genauso viel Angst wie vor einem Erleuchteten, der den Verstand transzendiert hat?
Der Verstand ist zwar in dir, aber eigentlich ist er etwas, das die Gesellschaft in dich hinein projiziert hat. Er gehört nicht zu dir. Kein Kind wird mit einem Verstand geboren. Es kommt mit einem Gehirn zur Welt — das Gehirn ist der Mechanismus. Der Verstand ist die Ideologie; das Gehirn wird von der Gesellschaft gefüttert. Jede Gesellschaft kreiert genau den Verstand, genau die Denkweise, die ihren eigenen Prägungen entspricht. Deshalb gibt es so viele verschiedene Mentalitäten auf der Welt. Die Hindu-Mentalität unterscheidet sich sehr wohl von der Mentalität der Christen, und die Denkweise eines Kommunisten unterscheidet sich sehr wohl von der Denkweise eines Buddhisten. Aber das Individuum wird zu dem Trugschluß geführt, daß dieses Denken sein eigenes ist und fängt an, sich so zu verhalten, wie die Gesellschaft es will. Man folgt der Gesellschaft, aber man hat das Gefühl, eigenständig zu funktionieren. Dies ist sehr clever eingerichtet. George Gurdjieff erzählte immer folgende Geschichte: Ein Zauberer, der tief in den Bergen wohnte, hatte sehr viele Schafe, und um sich die Bediensteten zu ersparen, um sich zu ersparen, auf die Schafe aufpassen zu müssen und sie jeden Tag zu suchen, wenn sie sich im Wald verirrten, hypnotisierte er alle seine Schafe und erzählte jedem einzelnen Schaf etwas anderes. Er gab jedem Schaf ein anderes Selbstbild. Zu dem einen sagte er: „Du bist kein Schaf, du bist ein Mensch, du brauchst also keine Angst zu haben, daß du eines Tages getötet oder geopfert wirst, wie andere Schafe. Das sind Schafe — du kannst also beruhigt nach Hause kommen." Zu anderen sagte er: „Du bist ein Löwe, kein Schaf," und wieder zu anderen: „Du bist ein Tiger." Und von dem Tag an hatte der Zauberer seine Ruhe. Die Schafe fingen an, sich entsprechend der Mentalität zu verhalten, die sie bekommen hatten.
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Er konnte ein Schaf töten — und er tötete jeden Tag ein Schaf, um seine Familie zu ernähren — und die Schafe, die glaubten, sie seien Löwen oder Menschen oder Tiger, schauten sich das nur an und kicherten: „Das Schicksal der Schafe!" Aber sie hatten keine Angst mehr, so wie früher. Wenn er damals ein Schaf tötete, zitterten alle Schafe, und sie dachten voller Angst: „Morgen bin ich bestimmt an der Reihe. Ich kann ja wohl nicht ewig verschont bleiben?" Und das war der Grund, warum sie immer in den Wald geflüchtet waren — uni dem Zauberer zu entkommen. Aber nun flüchtete keines mehr vor ihm. Es gab nur noch Tiger, Löwen, usw., und jeder wurde von dem Bild geleitet, das ihm eingeflößt worden war. Dein Verstand ist nicht dein Verstand. Dies ist etwas Grundlegendes, das man nie vergessen darf. Dein Verstand ist etwas, das dir die Gesellschaft eingeprägt hat, in die du zufällig hineingeboren wurdest. Wenn du in einer christlichen Familie geboren, aber sofort nach deiner Geburt in eine mohammedanische Familie verpflanzt und dort erzogen worden wärst, dann hättest du keine christliche Denkweise; dein Verstand wäre dort so völlig anders geprägt worden, daß du es dir nicht einmal vorstellen kannst. Bertrand Russell, ein Genie unserer Epoche, hat alles versucht, um sich seiner christlichen Mentalität zu entledigen — nicht des-. halb, weil sie christlich war, sondern einfach deshalb, weil sie ihm von anderen aufgeprägt worden war. Er wollte seine eigene, unberührte Einstellung den Dingen gegenüber haben. Er wollte die Dinge nicht durch die Augen eines anderen sehen. Er wollte unmittelbaren und direkten Kontakt mit der Realität haben. Er wollte einen Verstand haben, der nur ihm eigen war. Der Punkt war also nicht, daß er gegen die Mentalität des Christentums war; wäre er Hindu gewesen, hätte er genau das gleiche getan;
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wäre er Moslem oder Kommunist gewesen, hätte er genau das gleiche getan. Der Punkt ist, ob du mit deinem eigenen Verstand lebst, oder ob du mit einer Mentalität lebst, die dir andere aufgeprägt haben — denn die anderen prägen dir eine Mentalität ein, die nicht dir, sondern ihren Zwecken dient. Derzeit werden in der Sowjetunion zum Beispiel die Kinder zu einer kommunistischen Mentalität herangezogen. Einer meiner Freunde, Rahul Sanskritayan, besuchte die Sowjetunion und besichtigte dort eine Schule. Und er fragte einen kleinen Jungen: „Glaubst Du an Gott?" Der kleine Junge schaute ihn an, und antwortete ganz schockiert: „In Ihrem Alter, in unserem Jahrhundert, stellen Sie mir so eine Frage? Früher, als die Menschen noch Ignoranten waren, glaubten sie an Gott. Es gibt keinen Gott." Und dieses Kind wird also sein ganzes Leben lang glauben, daß dies seine eigene Stimme ist. Das stimmt nicht. Es ist die Stimme der Gesellschaft, und sie dient den etablierten Interessen derer, die in der jeweiligen Gesellschaft an der Macht sind. Du wirst von deinen Eltern, von deinen Lehrern, von den Pfarrern, von deinem jeweiligen Erziehungsapparat so abgerichtet, daß dein Verstand auf eine bestimmte Art und Weise funktioniert. Und dann richtest du dein ganzes Leben nach dieser bestimmten Mentalität aus. Das ist ein Leben auf Pump — und das ist der Grund, weshalb es so viel Elend in der Welt gibt, denn niemand lebt authentisch, niemand lebt mit seinem eigenen Selbst; jeder lebt einfach nur die Befehle aus, die ihm eingetrichtert worden sind. Bertrand Russell gab sich alle Mühe und schrieb ein Buch, mit dem Titel: „Warum ich kein Christ bin." Aber in einem Brief an einen Freund schreibt er: „Ich habe zwar dieses Buch
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geschrieben, und ich glaube auch, daß ich kein Christ bin — ich habe diese Gesinnung, diese Denkweise abgelegt — aber tief in meinem Inneren ... Ich habe mir eines Tages die Frage gestellt: ;Wer ist der größte Mann in der Geschichte?' Von meiner rationalen Seite her weiß ich, daß es Gautam Buddha ist, aber ich brachte es nicht fertig, Gautam Buddha über Jesus Christus zu stellen. An jenem Tag ist mir klar geworden, daß meine ganze Mühe umsonst gewesen ist. Ich bin immer noch ein Christ. Rational gesehen weiß ich, daß Jesus Christus keinem Vergleich mit Gautam Buddha standhalten kann, aber das ist nur meine rationale Ebene. Emotional, gefühlsmäßig, kann ich Gautam Buddha einfach nicht über Jesus Christus stellen. Jesus Christus ist in meinem Unterbewußtsein verankert, er beeinflußt nach wie vor meine Geisteshaltung, meine Art, die Dinge anzugehen, mein Verhalten. Die Welt meint, ich sei kein Christ mehr, aber ich weiß es besser. Es scheint so schwer, diese Einstellung loszuwerden — man hat sie mir mit so viel List, mit einer derartigen Gerissenheit eingepflanzt!" Und dieses Einpflanzen ist ein langwieriger Prozeß. Ihr führt euch das nie vor Augen. Ein Mensch lebt höchstens fünfundsiebzig Jahre lang. Davon muß er fünfundzwanzig Jahre in Schulen, Gymnasien, Universitäten verbringen; ein Drittel des Lebens ist der Einpflanzung einer bestimmten Mentalität gewidmet. Und Bertrand Russell versagte, weil er keine Ahnung hatte, wie er sie wirklich loswerden konnte. Er hat darum gekämpft, aber er tappte im Dunkeln. Es gibt absolut zuverlässige Meditations-Techniken, die dir dabei helfen können, vom Verstand Abstand zu nehmen, und wenn du erst einmal Abstand genommen hast, ist es sehr leicht, dich davon zu trennen, wenn du es willst. Aber du kannst dich unmöglich davon trennen, ohne vorher davon Abstand
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genommen zu haben — wer trennt sich sonst von wem? Bertrand Russell bekämpft mit der einen Hälfte seines Verstandes die andere Hälfte, und beide Hälften sind Christen! Es ist aussichtslos. Und jetzt hat es auch die 'Wissenschaft nachgewiesen ... Einer der wichtigsten wissenschaftlichen Beiträge stammt von Delgado. Er hat nachgewiesen, daß unser Gehirn 700 Zentren besitzt. Jedes einzelne dieser Zentren hat ein enormes Fassungsvermögen für Wissen; sie sind dem Mechanismus eines Kassettenrecorders vergleichbar. Und seine Experimente sind sehr schockierend, denn er braucht nur ein bestimmtes Gehirnzentrum mit einer Elektrode zu berühren, und schon fängt die Versuchsperson an zu reden. Er nimmt die Elektrode ab, und der Redefluß stoppt. Er legt die Elektrode wieder an das gleiche Gehirnzentrum an, und die Person fängt wieder an zu reden — und zwar das gleiche von vorne. Nicht einmal Delgado selbst konnte herausfinden, wie sich das Band wieder zurückspult; denn die Person fing jedesmal wieder ganz von vorne an, egal, wo sie unterbrochen wurde. Sie sprach nicht etwa da weiter, wo sie aufgehört hatte. Es gibt irgendeinen automatischen Vorgang im Gehirn ... man wird ihn noch entdecken. Und es ist möglich, eine Elektrode fest im Gehirn zu installieren, und diese Elektrode kann mit Hilfe von Fernsteuerung auf große Entfernung gelenkt werden. Der von Delgado entdeckte Mechanismus ist ein wissenschaftlicher Nachweis, aber die Gesellschaft hat genau das gleiche getan, indem sie den Menschen bestimmte Vorstellungen eingepflanzt hat. Es ist eine uralte Methode, noch aus dem Ochsenkarren-Zeitalter. Sie kostet so viel Zeit, fünfundzwanzig Jahre, und ist nicht einmal völlig idiotensicher; denn ein paar Revolutionäre entwischen trotzdem, und ein paar Rebellen kommen immer noch zur Welt. Und es ist gut so, daß es Menschen gibt,
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die der Sklaverei der gesellschaftlichen Struktur entfliehen, denn das sind diejenigen, die ein fortschrittliches Wissen haben, denen wir allen wissenschaftlichen Fortschritt verdanken und die allem Aberglauben ein Ende gemacht haben. Aber die Gesellschaft will, daß du eine Kopie bist, sie will keine Originale. Und die Strategie besteht darin, daß man dir eine Gesinnung eintrichtert: Rede dir immer wieder etwas ein, und du wirst entdecken, daß sich eine Lüge, wenn du sie dir lange genug einredest, langsam in eine Wahrheit verwandelt. Du vergißt, daß es ursprünglich eine Lüge war. Adolf Hitler hatte sich eine Lüge für die Menschen in Deutschland ausgedacht - nämlich, daß die Juden an allem Elend ihres Landes Schuld seien. Nun, das ist etwas derartig Absurdes, gerade so, als würde euch jemand weismachen, daß das ganze Elend des Landes von den Fahrrädern kommt. Und deshalb brauchten wir nur das Fahrrad zu beseitigen, und wir wären unser Elend los! Tatsache war, daß ausgerechnet die Juden das Rückgrat Deutschlands gewesen waren. Sie waren es, die Deutschland zum Wohlstand geführt hatten. Und sie hatten keine eigene Nation; deshalb wurde immer das Land, in dem sie jeweils lebten, zu ihrer Nation. Sie hatten keine hintergründigen Absichten; sie konnten gar keine haben. Und sie trugen zum Wohlergehen des Landes bei, im gleichen Maße wie jeder andere Deutsche auch. Aber Adolf Hitler schreibt in seiner Autobiographie: „Es ist egal, was du sagst; denn so etwas wie Wahrheit gibt es nicht. Die Wahrheit ist eine Lüge, die so oft wiederholt worden ist, daß du vergessen hast, daß es eine Lüge ist. Deshalb besteht der einzige Unterschied zwischen der Wahrheit und einer Lüge darin, daß die Lüge neu ist, die Wahrheit dagegen abgedroschen; sonst gibt es keinen Unterschied."
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Und in gewisser Hinsicht ist da was dran, denn zum Beispiel die Christen, Hindus und Mohammedaner - drei verschiedene Religionen - prägen ihren Kindern von klein auf ein: „Es gibt einen Gott." Der Jainaismus, der Buddhismus und der Taoismus - drei andere Religionen sagen: "Es gibt keinen Gott." Die ersten drei Religionen haben eine bestimmte Gesinnung. Ihr Leben ist erfüllt von der Vorstellung von Gott, Hölle, Himmel, Gebet. Die zweite Gruppe kennt kein Gebet, weil es niemanden gibt, zu dem sie beten können; es gibt keinen Gott, also kommt die Frage des Betens gar nicht erst auf. Die halbe Menschheit lebt unter dem Kommunismus. Dort glaubt man nicht einmal, daß der Mensch eine Seele hat und prägt seinen Kindern ein, daß der Mensch nur aus Materie besteht. Wenn ein Mensch stirbt, dann stirbt er einfach; es bleibt nichts übrig. Es gibt keine Seele; das Bewußtsein ist ein Nebenprodukt. Und die halbe Welt plappert also nach, daß dies die Wahrheit ist. Man kann Adolf Hitler nicht vorwerfen, daß er total unrecht hat. Es scheint so zu sein, wie er sagt: Man braucht den Leuten nur unaufhörlich etwas einzureden, und allmählich beginnen sie, daran zu glauben. Und Dinge, die jahrhundertelang behauptet worden sind, werden als Erbgut betrachtet. Dein Verstand gehört nicht dir. Und dein Verstand ist nicht jung - er ist Jahrhunderte alt, dreitausend, viertausend Jahre alt. Das ist der Grund, weshalb jede Gesellschaft vor all den Leuten Angst hat, die ihre Gesinnung, ihre Denkweise, in Frage stellen. Das ist das Verbrechen, das man mir nachsagt, daß ich bei euch Zweifel an eurer Gesinnung auslöse. Ich möchte, daß ihr versteht, daß es nicht eure Gesinnung ist; und eure Suche sollte es sein, eure eigene Gesinnung zu finden. Solange du unter dem Einfluß
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eines anderen stehst, heißt das, daß du psychologisch ein Sklave bleibst. Und das Leben ist nicht dazu da, Sklave zu sein, es ist dazu da, die Freiheit zu kosten. Es gibt so etwas wie die Wahrheit, aber mit dieser Gesinnung kannst du sie niemals erkennen, denn dein Denken ist voll mit Lügen, die von Jahrhundert zu Jahrhundert weitergereicht werden. Du kannst die Wahrheit finden, wenn du diesen Verstand völlig beiseite legst und die Existenz mit neuen Augen anschaust, wie ein neugeborenes Kind; dann ist alles, was du erfährst, die Wahrheit. Und wenn du ständig darüber wachst, daß die anderen sich nicht in dein inneres Wachstum einmischen, dann wird ein Moment kommen, wo du so auf die Existenz eingestimmt bist, wo du so sehr eins bist mit der Existenz ... Diese Erfahrung ist die einzige religiöse Erfahrung. Sie ist weder jüdisch, noch christlich, noch hinduistisch. Wie kann eine Erfahrung jüdisch, hinduistisch oder mohammedanisch sein? Es ist euch noch nie aufgefallen, wie lächerlich das ist. Du ißt etwas und findest, daß es köstlich schmeckt. Aber kann es christlich sein, oder hinduistisch, oder buddhistisch? Du probierst etwas aus, und es ist süß, aber schmeckt es kommunistisch? Ist es materiell oder spirituell? Diese Fragen sind reiner Unsinn. Etwas Süßes ist einfach nur süß, etwas Köstliches ist einfach nur köstlich. Wenn du die Existenz direkt spürst, ohne jemanden, der sie dir vermittelt, ohne einen Verstand, eine Gesinnung, die dir andere mitgegeben haben, dann bekommst du einen Geschmack von etwas, das dich transformiert, das dir Erleuchtung gibt, das dich aufweckt; das dich zum höchsten Gipfel des Bewußtseins führt. Eine größere Erfüllung gibt es nicht. Eine größere Zufriedenheit gibt es nicht. Eine tiefere Entspannung gibt es nicht.
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Du bist nach Hause gekommen. Das Leben wird für dich zur Freude, zum Tanz, zum Fest — und das ist das Leben, das ich religiös nenne. Niemand kann reicher sein als derjenige, der inmitten der Welt seinem eigenen Verständnis folgt. Aber es gibt keine Gesellschaft, die so etwas zuläßt; jede Gesellschaft sorgt dafür, daß du armselig bleibst. Was dich angeht — so wollen in jeder Gesellschaft vor allem die Machthaber des Geldes oder der Politik, der Religionen oder des Wissens, oder gleichwelcher Prominenz — wollen die Machthaber nicht, daß irgendjemand ein selbständiges Denken entwickelt. Das würde ihre Interessen gefährden. Sie wollen keine Menschen, sondern Schafe; keine Individuen, sondern eine Masse, die immer darauf angewiesen ist, daß man sie anleitet, daß man ihr sagt, was sie tun soll, und was sie nicht tun soll; die kein eigenes Denkvermögen hat, die keine Einsichten hat, die keine eigene Bewußtheit hat, die in allem abhängig ist. Die Angst vor jedem, der anders ist, der fremd ist, der ein Außenseiter ist, ist immer die gleiche; ganz einfach, weil keine Gesellschaft den Mut haben kann, dich so zu akzeptieren wie du bist. Sie weiß nämlich, daß dann deine Denkweise nicht von ihr geprägt ist und sie sich deswegen nicht auf dich verlassen kann — darauf, daß du ihr immer gehorchen wirst, daß du ihr nie widersprechen wirst, keine Zweifel über gewisse Dinge verbreiten wirst, oder dich gewissen Dingen gegenüber skeptisch verhalten wirst. In Indien zum Beispiel wird die Kuh als Symbol für die Mutter angebetet. Jeder, der nicht als Hindu erzogen worden ist, steht dem ganz einfach skeptisch gegenüber: „Welcher Unsinn!" Und damit nicht genug: Die Hindus tun Dinge, die sich niemand sonst auch nur vorstellen könnte ... sie bringen es fertig, den Urin von
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Kühen zu trinken, weil er heilig ist. Den Kuhmist essen sie, weil er heilig ist. Und das tut nicht nur die Landbevölkerung, das ungebildete oder unkultivierte Volk. In Mahatma Gandhis Ashram lebte ein Mann, ein Professor, der sich sechs Monate lang nur von Urin und Kuhmist ernährte, er aß nichts anderes, er trank nichts anderes. Und Mahatma Gandhi pries ihn und machte aus ihm einen Heiligen. Die Hindus sind mir natürlich böse. Ich kann eine solche Dummheit nicht akzeptieren, daß man durch so etwas zum Heiligen arrivieren kann! Es beweist lediglich, daß der Mann ein Idiot war! Aber Mahatma Gandhi ist ein Politiker. Auch er ist kein Heiliger. Wäre er ein Heiliger gewesen, dann hätte er selbst gesagt, daß das Unsinn war; man wird nicht dadurch heilig, daß man Kuhfladen ißt. Aber er ist ein Politiker par excellence, hinter der Maske eines religiösen Heiligen. Indem er jenen Mann zum Heiligen erklärte, stellte er die gesamte Glaubensgemeinschaft der Hindus zufrieden. Und so ist er heute für sie der Führer schlechthin - und der alleinige Führer aller Hindus. Und kein Mensch, der nicht von Hindus erzogen wurde, wird dies akzeptieren können. Und so ist es mit jeder Abweichung von der Norm in jeder Gesellschaft ... Es gibt viele Menschen, die man als verrückt bezeichnet, ohne daß sie verrückt sind. Sie machen einfach nur nicht bei der Verrücktheit der anderen mit; sie haben ihre ganz eigene, persönliche Art von Verrücktheit. Ihr habt eine kollektive Verrücktheit. Und wenn zum Beispiel einer plötzlich Pferdeurin trinkt, dann wird er von allen vierhundert Millionen Hindus für verrückt erklärt - die wiederum ihre eigene Auffassung, nämlich, daß man heilig wird, wenn man den Urin von Kühen trinkt, noch nie in Frage gestellt haben. Und ich sage einfach, daß so
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einer auf seine eigene Art verrückt ist und ihr kollektiv verrückt seid. Beide seid ihr verrückt. Und mir ist jener Mann lieber als diese kollektive Verrücktheit; wenigstens hat er den Mut, etwas Persönliches, etwas Individuelles zu tun. Die Hindus würden es albern finden, aber sie würden sich selber, ihre eigene Denkweise, niemals albern finden. Keine Gesellschaft will Andersartige, will Außenseiter. Warum hat die ganze Welt Angst vor mir? Ich bin kein Terrorist, ich mache keine Bomben und töte damit andere Menschen. Ich bin ein gewaltloser Mensch. Aber die Terroristen kann man dulden ... In Deutschland ist es tatsächlich passiert: Man hat mir nicht erlaubt, Deutschland zu betreten, man hat sogar eine Resolution erlassen, daß ich ein gemeingefährlicher Mann bin und daran gehindert werden muß, Deutschland zu betreten; und im gleichen Augenblick haben sie den gesamten terroristischen Gruppen Europas die Erlaubnis gegeben, in Deutschland eine internationale Konferenz abzuhalten. Ich war einfach verblüfft! Alle Terroristengruppen, die Menschen umgebracht haben, Flugzeuge entführt, Botschaften bombardiert und Menschen gekidnappt haben, dürfen ihre internationale Konferenz abhalten; ich darf nicht einmal als Tourist für vier Wochen das Land betreten. Diese Terroristen gehören zur gleichen Denkungsart ... Es ist ein merkwürdiges Phänomen. Schaut man in die Psychologie dieses Phänomens hinein, dann ist es sehr simpel: Es kann geduldet werden, daß all diese Terroristen ihre Konferenz in Deutschland abhalten; sie denken genau wie die anderen, sie teilen die gleiche Weltanschauung, sie verfolgen die gleiche Politik. Sie sind ein Teil dieser korrupten Gesellschaft. Aber mir kann
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man keinen Zutritt gewähren. Sie sind gegen mich, weil sie sich einbilden, daß ich die Menschen korrumpieren würde. Aus dem gleichen Grunde wurde Sokrates zum Tode verurteilt — man hatte ihn beschuldigt, die anderen korrumpiert zu haben. Und Sokrates hatte nichts weiter getan, als die Menschen zu lehren, ihren eigenen Verstand zu gebrauchen. Und all die großen Meister der Geschichte haben seit Menschengedenken immer nur eines gesagt: „Denke selbständig und lebe deine eigene Individualität. Sei nicht Teil der Masse; sei kein Rädchen im Getriebe einer undurchsichtigen Gesellschaft. Sei Individuum, sei dein eigener Herr. Lebe dein Leben mit deinen eigenen Augen. Höre Musik mit deinen eigenen Ohren." Aber wir wissen nichts mit unseren eigenen Ohren, mit unseren eigenen Augen, mit unserem eigenen Verstand anzufangen. Alles wird uns beigebracht, und wir halten uns dran. Abweichung bedeutet eine Gefahr für die korrupten Gesellschaften. Und besonders im Westen, wo es den Begriff der Erleuchtung nie gegeben hat, ist dies noch stärker. Denn Erleuchtung bedeutet genau dies: den Verstand zurückzulassen. Und wenn du den Verstand zurückläßt, bist du selbst da. Der Westen hat noch nie der Vorstellung von Erleuchtung seine Aufmerksamkeit geschenkt. Sie verstößt gegen die Gesellschaft, gegen die Religionen. Sie haben sich noch nie darum geschert. Über die Wahrheit „nachdenken", das ist erlaubt. Und deshalb hat sich die Philosophie im Westen zu großen Höhen und Tiefen entfaltet, aber es sind eben nur „Betrachtungen" über die Wahrheit. Es ist so, als wenn Verrückte Betrachtungen über geistige Gesundheit anstellen, oder Blinde über das Licht. Der Blinde mag noch so angestrengt über das Licht nachdenken, mag ein noch so großartiges System erarbeiten, um zu erklären, was Licht
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ist, aber sehen kann er das Licht dadurch nicht. Um Licht zu sehen, braucht man Augen. Über die Wahrheit kann man nicht nachdenken, denn denken muß man mit dem Verstand. Der steckt voller Lügen, nichts als Lügen. Wie willst du da über die Wahrheit nachdenken? Die Wahrheit kann man nur finden, wenn man das Denken abgelegt hat. I m Osten sagen wir, daß Wahrheit die Erfahrung ist, die sich in einem Zustand von Nicht-Denken, bzw. in einem Zustand jenseits des Denkens ereignet. Aber der Westen hat noch nicht einmal einen Begriff davon. Das wird euch verdeutlichen, daß die Philosophie eine Sache des Westens ist•, im Osten gibt es so etwas wie Philosophie nicht. Es ist sehr merkwürdig. Der Osten ist viel älter, er ist mindestens zehntausend Jahre alt, aber so etwas wie Philosophie gibt es nicht. Und was man östliche Philosophie nennt, ist eine Fehlbezeichnung. Im Osten spricht man von darshan: darshan heißt „sehen". Es hat nichts mit Denken zu tun. Das eine Wort also ist darshan: sehen. Ich mußte mein eigenes Wort dafür prägen; ich nenne es philousia im Gegensatz zu Philosophie, denn Philosophie bedeutet denken, und philousia bedeutet: Liebe zum Sehen. Philosophie bedeutet: Liebe zum Denken. Aber was könnt ihr schon denken? Jedoch um der Gefahr vorzubeugen, daß die Menschen über das Denken hinausgehen und somit der Gesellschaft gefährlich werden könnten, hat man einen Ersatz, ein Spielzeug erfunden: die Philosophie. Kein Philosoph dringt bis zu irgendeiner Erfahrung vor. Kein Philosoph wird erleuchtet oder erweckt: er bleibt auf demselben Terrain, auf dem auch du dich befindest, er bleibt so unbewußt wie du.
Darshan, philousia, ist ein völlig anderer Ansatz. Hier geht es
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darum, deinen Verstand zu beobachten; du findest keinen Zugang durch Nachdenken, sondern indem du ein Beobachter der Gedanken wirst und eine Distanz zwischen dir und deinen Gedanken schaffst - so als säßest du auf einem Berg und würdest von dort aus zuschauen, wie der Verstand, der ganze Verkehr der Gedanken, sich da unten im Tal abspielt - und dann kommt ein Moment, in dem die Gedanken langsam verschwinden. Denn sie können nur solange leben, wie jemand sich mit ihnen identifiziert. Ihr Leben ist das Leben von Parasiten; sie saugen dein Blut. Wenn du weit weg bist von deinen Gedanken und ihnen keine Energie gibst, fangen sie an zu schrumpfen und zu sterben. Und wenn keine Gedanken mehr um dich sind - nichts als unendliche Stille, ein unermeßliches Nicht-Sein, wenn es nur einen Beobachter gibt, aber nichts zu beobachten, das ist der Augenblick, in dem du von den Schranken des Verstandes befreit wirst. Und das ist der Augenblick, in dem ein neues Leben beginnt. Aber den anderen erscheinst du dann vielleicht verrückt, denn von diesem Moment an wird sich dein Verhalten ändern. Von diesem Moment an wirst du ursprünglich sein, du kannst nicht mehr Teil der Masse sein; die Leute werden denken, daß du nicht ganz richtig im Kopf bist. Es ist sehr komisch: Sie sind diejenigen, die nicht ganz richtig im Kopf sind, aber irgendwie merkt das niemand. Wenn du Augen hast und in eine Gesellschaft gerätst, wo keiner Augen hat, dann wird dir keiner glauben, daß du Augen hast. Du mußt irgendeiner Illusion verfallen sein: Augen gibt es nicht. Niemand hat Augen - wie könntest du also welche haben? Im Westen wird ein erleuchteter Mensch unweigerlich für verrückt erklärt. Und die Menschen im Westen, die wirklich verrückt sind, sind es deshalb, weil ihr so viel Spannung und Beklemmung und Qual geschaffen habt, und weil ihr einen der-
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artig brüchigen Verstand herangezüchtet habt, daß er das alles nicht aushalten kann. Und es kommt der Moment, wo er zusammenbricht. Wenn der Verstand zusammenbricht, fällt er unter das Niveau allen vernünftigen Denkens; daher ist die Psychoanalyse ein typisch westliches Phänomen. I m Osten gibt es nichts Vergleichbares zur Psychoanalyse. Im Osten haben wir auf einen Durchbruch hingearbeitet und nicht auf einen Zusammenbruch. Der Durchbruch bringt dich auf eine Ebene, die über dem Verstand liegt, und der Zusammenbruch zieht dich nur unter die Schwelle des Menschlichen hinunter. Aber auch dafür ist die Gesellschaft verantwortlich. Sie gibt euch zu viel Ehrgeiz mit, den sie dann nicht zufriedenstellen kann. Sie gibt euch zu viel Gier mit - nach Geld, nach Macht - die sie nicht stillen kann. Sie lehrt euch nur, wie ihr auf der Leiter des Erfolgs vorwärts kommen könnt, immer höher hinaus - und mach schnell, denn dein Leben ist kurz, und es gibt so viel zu tun! Es gibt keine Zeit zum Leben, keine Zeit zum Lieben, keine Zeit, um seine Freude zu haben. Die Menschen schieben ständig alles auf, was von Bedeutung ist. Morgen, da werden sie lachen! Heute müssen sie Geld verdienen ... mehr Geld, mehr Macht, mehr Kram, mehr Klimbim. Morgen, da werden sie sich verlieben, heute ist dazu keine Zeit. Und morgen kommt nie. Eines Tages stellen sie fest, daß ihr ganzer Klimbim sie bedrückt, daß ihr Geld sie belastet; sie sind am Ende der Leiter angekommen. Jetzt geht es nirgends mehr weiter, es bleibt höchstens noch der Sprung ins Wasser. Und sie können es nicht einmal den anderen verraten: „Macht euch nicht die Mühe, hier herauf zu kommen - da ist nichts!" Denn sonst stünden sie ganz schön dumm da! Stellt euch vor, wenn z.B. der Kanzler eines Landes sagt: „In dieser Position gibt es nichts zu holen - macht euch die Mühe nicht. Ich stehe
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schlicht und einfach auf einer Leiter, die nirgendwo hinführt." Und deshalb tun sie alle weiter so, als ob sie etwas erreicht hätten, als ob sie etwas gefunden hätten; und im tiefsten Kern sind sie leer, ohne Sinn, und ihr ganzes Leben war umsonst. Wenn sie unter diesem Druck zusammenbrechen, ist die Gesellschaft dafür verantwortlich. Die Gesellschaft treibt die Menschen in den Wahnsinn. I m Osten gibt es nicht so viele geisteskranke Menschen, so viele Selbstmorde — und der Osten ist arm, so arm, daß es Leute gibt, die nicht einmal eine Mahlzeit am Tag haben. Logisch betrachtet sollten sie die ersten sein, die Selbstmord begehen, die verrückt werden. Aber nein, sie werden nicht verrückt, sie werden nicht zu Selbstmördern. Sie scheinen auf eine gewisse Art zufrieden zu sein, weil Ambitionen nicht zu dem geistigen Korsett gehören, in das sie ihre Gesellschaft gezwängt hat. Ihre Gesellschaft erzieht sie zwar auch zu Ambitionen — aber diese Ambitionen sind auf die Welt des Jenseits gerichtet, nicht auf diese Welt. Diese Welt wird verdammt. Versucht, dies zu verstehen: Auch ihre Gesellschaft erzieht sie zum Ehrgeiz, nämlich dem Ehrgeiz, ins Paradies zu kommen, Gott zu erkennen. Aber dieser Ehrgeiz schließt allen weltlichen Ehrgeiz aus. „Entsagt dieser Welt — hier gibt es nur Schatten; sie ist eine Illusion." Und weil sie seit Jahrtausenden meinen, daß diese Welt eine Illusion ist, es lohnt sich nicht, sich damit herumzuquälen — warum nicht lieber das Original suchen? Nur deshalb werden sie nicht verrückt. Sie leben in absoluter Armut, sind krank, vom Tod umgeben ... aber ihr werdet keinen finden, der niedergeschlagen ist, oder gequält; und sie brauchen keine Psychotherapie. Psychotherapie ist etwas absolut Westliches. Die westliche Denkungsart hat sie nötig, denn die westliche Denkungsart
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kreiert zuerst alle möglichen Ambitionen und Begierden, die dann früher oder später zum Zusammenbruch führen. Und das ist der Moment für die Psychotherapie ... heutzutage der höchstbezahlte Beruf. Das Merkwürdigste ist, daß die Selbstmordrate bei Psychotherapeuten höher ist als in allen anderen Berufssparten. Und auch die Anzahl der Psychotherapeuten, die geisteskrank werden, ist doppelt so groß wie in jeder anderen Berufssparte. Und das sind die Leute, die anderen helfen, geistig zu gesunden! Wirklich ein heilloses Durcheinander! Es kann in Ordnung gebracht werden. Man muß nur verstehen, daß der Verstand, den wir uns zugelegt haben, nicht fähig ist, der Realität gerecht zu werden. Denn die Realität ist zeitgemäß — unsere Denkweise aber ist zweitausend Jahre ah. Die Kluft ist groß, und unser Verstand versagt, wenn es darum geht, der Realität zu begegnen. Unser Verstand muß mit der Realität gehen, Schritt für Schritt. Er darf nicht hinterherhinken. Und das ist nur dann möglich, wenn jedes Individuum seine eigene Denkweise hat und seine eigene Individualität. Ich bin von Grund auf Individualist, denn nur das Individuum hat eine Seele. Keine Gruppe kann Anspruch darauf erheben, eine Seele zu haben. Alle Gruppen sind leblose Einrichtungen. Das Individuum ist das einzige lebendige Phänomen. Wir müssen das Lebendige unterstützen, wenn wir zeitgemäß sein wollen — und wenn wir zeitgemäß bleiben wollen, denn was heute zeitgemäß ist, wird morgen nicht mehr zeitgemäß sein. Und deshalb müßt ihr lernen, wie ihr mit der Existenz fließen könnt, wie mit einem Fluß, in jedem Augenblick. Stirb jeden Augenblick deiner Vergangenheit, und werde jeden Augenblick für das Neue wieder geboren. Solange nicht das deine Religion wird, wird es weder dir noch deiner Gesellschaft gutgehen.
PERSÖNLICHKEIT— DEINE MASKE IN DER GESELLSCHAFT
ist es wirklich der Mühe wert, an der Verbesserung meiner Persönlichkeit zu arbeiten?
Hast du mir jemals zugehört? Ich habe immer wieder gesagt, daß man seine Persönlichkeit ablegen muß, so daß die Individualität zum Vorschein kommen kann. Ich habe immer wieder darauf bestanden, daß du nicht deine Persönlichkeit bist; sie ist eine Maske, die dir andere aufgesetzt haben. Sie ist nicht deine authentische Realität, sie ist nicht dein ursprüngliches Gesicht. Und du fragst mich: „Ist es wirklich der Mühe wert, an der Verbesserung meiner Persönlichkeit zu arbeiten? Benutze deine Energie zur Zerstörung deiner Persönlichkeit! Benutze deine Energie dazu, deine Individualität zu entdecken. Und mache dir den Unterschied ganz klar: Individualität ist das, was du von Geburt aus mitgebracht hast. Individualität ist dein essenzielles Wesen, und Persönlichkeit ist das, was die Gesellschaft aus dir gemacht hat, was man aus dir hat machen wollen. Keine Gesellschaft hat es bisher vermocht, ihren Kindern die Freiheit zu lassen, sie selbst zu sein. Das ist ihnen zu riskant. Die Kinder könnten sich als Rebellen entpuppen, sie könnten nicht mehr der Religion ihrer Vorväter folgen; sie könnten die großen Politiker nicht mehr für so großartig halten; sie könnten euren moralischen Werten mißtrauen. Sie könnten ihre eigene Moral entdecken, sie könnten ihren eigenen Lebensstil finden. Womöglich wären sie keine Gipsabgüsse mehr und würden nicht mehr die Vergangenheit reproduzieren; sie könnten zu Menschen der Zukunft werden. Daher die Angst, sie könnten vorn rechten Weg abkommen. Bevor sie das tun, versucht jede Gesellschaft, ihnen bestimmte Richtlinien zu geben, wie man lebt, eine bestimmte Ideologie, was gut und was böse ist, eine bestimmte Religion, eine heilige Schrift. Dies sind alles Methoden, die Persönlichkeit herzustellen, und die Persönlichkeit hat die Funktion einer Gefängniszelle. Und du erzählst mir, daß du deine Persönlichkeit verbessern willst? Bist du dein eigener Feind? 73
Aber das ergeht nicht nur dir so. Millionen von Menschen auf der Welt kennen nur ihre Persönlichkeit; sie wissen nicht, daß es mehr gibt als die Persönlichkeit. Sie haben sich selbst total vergessen, und sie haben sogar vergessen, wie sie sich selbst erreichen können. Sie sind alle zu Schauspielern geworden, zu Heuchlern. Sie sind zu Marionetten in den Händen der Priester, der Politiker, der Eltern geworden; sie tun Dinge, die sie nie haben tun wollen, und sie unterlassen Dinge, nach denen sie sich sehnen. Ihr Leben ist so in zwei diametral entgegengesetzte Richtungen gespalten, daß sie nie zur Ruhe kommen können. Ihre Natur wird sich immer wieder geltend machen, wird ihnen keine Ruhe lassen, und ihre sogenannte Persönlichkeit wird ihre Natur i mmer wieder unterdrücken, und sie immer tiefer ins Unbewußte verdrängen. Dieser Konflikt spaltet dich von deiner Energie ab — und ein gespaltenes Haus muß früher oder später einstürzen. Das ist das ganze Elend der Menschen — warum es nicht viel Tanz, nicht viel Gesang, nicht viel Fröhlichkeit gibt. Alle sind so sehr damit beschäftigt, mit sich selbst Krieg zu führen. Sie haben weder Energie noch Zeit für irgendetwas anderes als den Kampf mit sich selbst. Ihre Sensualität müssen sie bekämpfen, ihre Sexualität müssen sie bekämpfen, ihre Individualität müssen sie bekämpfen, ihre Originalität müssen sie bekämpfen. Und sie müssen für etwas kämpfen, das sie nicht sein wollen, das nicht ihrer Natur entspricht, etwas, das nicht ihre Bestimmung ist. Und so können sie sich eine Zeitlang vormachen, das zu sein, was sie nicht sind, aber das Wirkliche wird sich immer wieder geltend machen. Ihr ganzes Leben läuft so ab, und sie kommen nicht dahinter, wer sie wirklich sind: der Verdränger oder das Ver-
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drängte, der Unterdrücker oder das Unterdrückte? Und was sie auch tun, ihre Natur können sie nicht zerstören. Sicher, sie können ihr Dasein vergiften; sie können die Freude ihres Daseins ruinieren, seinen Tanz ruinieren, seine Liebe ruinieren. Sie können ein heilloses Chaos aus ihrem Leben machen, aber ihre Natur können sie nicht vollständig zerstören. Und sie können ihre Persönlichkeit nicht abwerfen, weil in ihrer Persönlichkeit ihre Vorväter, ihre Eltern, ihre Lehrer, ihre Pfarrer, ihre ganze Vergangenheit weiterleben. Die Persönlichkeit ist ihr Erbgut; sie klammern sich daran fest. Das ist der zentrale Punkt meiner Lehre: klammere dich nicht an deiner Persönlichkeit fest. Es ist nicht deine und wird nie deine sein. Erlaube deinem Wesen, sich völlig frei zu entfalten. Und habe Achtung vor dir selbst, sei stolz darauf, du selbst zu sein, ganz egal, was du bist. Habe ein bißchen Würde! Laß dich nicht von denen kaputtmachen, die tot sind. Leute, die schon seit Jahrtausenden tot sind, sitzen dir auf dem Kopf. Sie sind deine Persönlichkeit — und du meinst, an ihnen arbeiten, sie besser machen zu müssen? Dann rufe doch noch ein paar andere Tote dazu! Laß Gräber durchsuchen, hol noch mehr Skelette raus, umgib dich mit allen möglichen Skeletten. Und die Gesellschaft wird dir Hochachtung zollen. Man wird dich ehren, dich belohnen; du wirst großes Prestige haben, man wird dich für einen Heiligen halten. Aber wenn du mit Toten lebst, wenn du dich mit Toten umgibst, wirst du nicht lachen können — es wäre so deplaziert! — du wirst nicht tanzen, nicht singen, nicht lieben können. Persönlichkeit ist etwas Totes. Laß sie los, auf einen Schlag, nicht stückweise! Nicht langsam — erst heute ein bißchen und dann morgen ein bißchen — denn das Leben ist kurz und das Morgen ungewiß.
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Das Unechte ist unecht. Wirf es weg, ein für allemal! Jeder echte Mensch muß ein Rebell sein. Rebell gegen wen? Gegen seine eigene Persönlichkeit. -
Ein nach Amerika ausgewanderter Japaner war seit langem Stammgast in einem griechischen Restaurant, weil man dort weit und breit den besten gebratenen Reis - das japanische Nationalgericht - essen konnte. Jeden Abend kam er in dieses Restaurant und bestellte „geblatenen Leis". Und jedesmal kugelte sich der griechische Restaurantbesitzer fast vor Lachen. Manchmal lud er sogar extra ein paar Freunde ein, sich das Spektakel anzusehen, wenn der Japaner wieder, wie an jedem Abend, seinen „geblatenen Leis" bestellte. Schließlich fühlte sich der Stammgast so sehr in seinem Stolz verletzt, daß er Privatstunden nahm, nur um endlich richtig „gebratenen Reis" sagen zu können. Als er das nächste Mal in sein Restaurant ging, bestellte er klipp und klar: „Gebratenen Reis, bitte." Der griechische Besitzer traute seinen Ohren nicht und sagte: „Könnten Sie das bitte wiederholen, mein Herr?" Der Japaner antwortete: „Sie haben genau gehört, was ich gesagt habe, Sie blödel Glieche!" Wie lange kannst du dich verstellen? Früher oder später kommt die Wirklichkeit an den Tag, und sie kommt besser früher als später. Du brauchst deine Aussprache nicht zu verbessern! Laß einfach dieses ganze Persönlichkeits-Ding weg. Sei einfach du selbst. Wie roh und wild dies am Anfang auch erscheinen mag, bald stellt sich von selbst eine eigene Anmut, eine eigene Schönheit ein. Und die Persönlichkeit ... du kannst sie noch so gut aufpolieren, aber du polierst damit nur ein totes Ding, das nicht nur
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deine Zeit, deine Energie, dein Leben zerstören wird, sondern auch die Leute, die mit dir zu tun haben. Wir alle beeinflussen einander. Was alle machen, das machst du früher oder später auch. Das Leben ist sehr ansteckend; jeder ist dabei, seine Persönlichkeit zu verbessern. Nur deshalb ist dir diese Idee in den Kopf gekommen. Aber meine Leute machen da nicht mit. Meine Leute sind keine Herde, keine Masse. Sie haben Achtung vor sich selbst, und sie haben Achtung vor den anderen. Sie sind stolz auf ihre Freiheit und wollen, daß alle anderen auch frei sind, weil ihnen ihre Freiheit so viel Liebe und so viel Anmut gegeben hat. Sie würden gerne alle anderen auf der Welt auch frei, liebevoll und anmutig sehen. Das ist nur dann möglich, wenn du ursprünglich bist, nicht Flickwerk, nicht etwas Unechtes, sondern etwas, das aus dir erwächst, das Wurzeln in deinem Wesen hat, das zu seiner Zeit Blüten treibt. Und die eigenen Blüten zu haben, ist die einzige Bestimmung, ist der einzig sinnvolle Weg im Leben. Aber die Persönlichkeit hat keine Wurzeln; sie ist Kunststoff, sie ist hohl. Sie abzulegen ist nicht schwierig; es gehört nur ein bißchen Mut dazu. Und meine Erfahrung mit Tausenden von Menschen ist, daß jeder genügend Mut hat. Nur die Leute gebrauchen ihn nicht. Wenn du erst einmal anfängst, deinen Mut zu gebrauchen, werden latente Quellen aktiv, und du wirst zu immer mehr Mut fähig und zu immer mehr Rebellion. Du wirst in dir selbst zu einer Revolution. Einen Menschen zu sehen, der in sich eine Revolution ist, ist eine Freude, denn er hat seine Bestimmung erreicht. Er hat den gewöhnlichen Mob, die schlafende Masse hinter sich gelassen.
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TEIL II DIE GRENZEN DER WESTLICHEN PSYCHOLOGIE UND PSYCHOTHERAPIE
Meditation stellt für Psychologen die größte Bedrohung dar. Sie müssen darauf schwören, daß es jenseits vom Verstand nichts mehr gibt. Denn wenn es etwas jenseits vom Verstand gibt, kann ihr ganzes Geschäft platzen.
DAS MÄRCHEN VON DER PSYCHOLOGIE: TOMATEN STUDIEREN TOMATEN
Der Mensch, der im Verstand lebt, kann nicht objektiv mit ihm umgehen. Das ist, als würde ein Geisteskranker über Geisteskrankheiten forschen. Auf den ersten Blick — es erscheint logisch — ist er der richtige dafür, gerade weil er geisteskrank ist. Aber in Wirklichkeit ist es anders. Nur jemand, der geistig gesund ist, kann alle Dimensionen der Geisteskrankheit objektiv betrachten. Der Geisteskranke ist nicht in der Lage, irgendetwas zu sehen, irgendetwas zu verstehen. Genau das gleiche gilt für den Verstand. Jemand lebt im Verstand und versucht, von dort aus eine Psychologie zu erstellen. Das ist ein unmögliches Unterfangen. Er kann nur eine fiktive Psychologie erstellen. Damm gibt es so viele Strömungen in der Psychologie; denn eigentlich dürfte es nur eine Psychologie geben — genauso wie es nur eine Physik, eine Chemie geben kann. Es dürfte keine verschiedenen Schulen in der Psychologie geben, die einander widersprechen, einander widerlegen, einander mit Argumenten bekämpfen und sich beweisen wollen, daß allein sie im Besitz der wahren Psychologie sind. Sigmund Freud kannte nichts jenseits vom Verstand, was ihn berechtigen würde, den Verstand zu studieren. Er steckt in ihm bis über beide Ohren, er ist Verstand. Wer soll da wen verstehen? Alles Verstehen geschieht von einem höheren Standpunkt aus — man braucht eine gewisse Distanz. Und deshalb ist alles, was er sich ausdenkt, nur ein schönes Märchen. Und seine Schüler erfanden ihrerseits ihre eigenen Märchen. Alfred Adler erfand ein ganz anderes Märchen. Und Carl Gustav Jung erfand wieder ein anderes Märchen. Sie sind alle irrelevant. Niemand kann beweisen, wer Recht hat, weil sie alle Unrecht haben — Unrecht ganz einfach deshalb, weil jemand, der im Verstand lebt, den Verstand nicht von einem distanzierten Standort aus betrachten kann. Das aber ist die Grundvoraussetzung für eine wissenschaftliche Methode.
Wenn du Tomaten studierst, dann ist eines absolute Voraussetzung: du solltest keine Tomate sein. Du kannst alles andere sein. Der Zustand des erwachten Menschen ist ein Zustand jenseits vom Verstand. Er kann von der Spitze des Berges in die dunklen Täler des Verstandes hinunter sehen. Die Spitze des Berges ist voller Sonnenlicht. Seine Sicht ist klar, er hat keine Vorurteile, er hat keine vorgefertigten Ideologien. Das alles hat er hinter sich gelassen, weit unten im Tal, wo alle Menschen blindgläubig sind, wo sie alle konditioniert sind, wo jeder entweder Christ oder Hindu oder Moslem oder Buddhist oder Kommunist ist. Jeder hat sich mit einer bestimmten Ideologie identifiziert, hat seine klare Sicht verloren, ist umwölkt. Und jeder sieht alles durch diese Wolken, und so wird alles pervertiert. Sigmund Freud führt alles auf Sex zurück. Das ist falsch; nicht alles ist Sex. Sex ist eines der wichtigsten Elemente im [,eben, aber Sex ist nicht alles. Doch er sieht alles so, als hätte er eine getönte Brille auf der Nase. Egal was er sieht, sein Verstand übersetzt es sofort in ein Sexsymbol. Wenn er diese Pfeiler hier sehen würde, wären sie sofort phallisch. Ihr habt so oft neben diesen Pfeilern gesessen, aber ihr seid nie darauf gekommen, daß diese Pfeiler Phallussymbole sind, daß sie die Sehnsucht des Mannes nach einem langen Geschlechtsorgan symbolisieren. Aber ein so langes Geschlechtsorgan . der Mann müßte es auf
Das ist nicht Psychologie, das ist Psychopathie. Die allererste Voraussetzung ist, über den Verstand hinatiszti gehen. Nur dann kann man die Funktionen des Verstandes, die subtilen Aktivitäten des Verstandes, die dunkelsten Ecken de s Verstandes erkennen. Von der Bergspitze des Nicht-Verstandes kannst du das ganze Tal überblicken; du bist nur ein unbeteiligte' Zuschauer, ein objektiver Beobachter. Folglich können nur Buddhas eine authentische Psychologie erschaffen. Anderenfalls gibt es lediglich verschiedene Schulen der Psychopathologie. Der Nicht-Verstand steht nicht im Gegensatz zum Verstand. Der Nicht-Verstand ist jenseits des Verstandes. Er ist eine Klarheit, eine Stille, die dir den tiefsten Einblick in den Verstand gewähren kann. Du kannst in alle Schichten des Verstandes hineinschauen, aber das ist nur vom höchsten Punkt aus möglich. Und weil du jetzt nicht mehr im Wirrwarr des Verstandes bist, bist du nicht mehr durch deinen Verstand eingeschränkt. Du hast alle Einschränkungen hinter dir gelassen, du kannst nicht nur deinen eigenen Verstand sehen, du kannst den Verstand als solchen sehen. Und solange der Verstand als solcher nicht erkannt wird, bleibt Psychologie nur ein fiktives Spiel.
einem Lkw transportieren! Und was würde dann aus der Frau? Er könnte nie hinter den Frauen heijagen, er wäre jwd mit seinem Lkw. Alles mögliche — Kugelschreiber, Bleistifte — alles ist phallisch. Er hat eine Wolke vor den Augen. Er selbst ist hypersexuell, nur völlig verdrängt. Seine Verdrängung erzeugt einen gewissen Dunst, und der kommt in seinen Werken zum Vorschein.
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THERAPIE: DAS UNNATÜRLICHE VERLERNEN
Liegt das Ziel der Therapiegruppen darin, die Teilnehmer zu ihrem natürlichen Selbst zu bringen?
Das Ziel der 'Therapiegruppen in meinem Ashram ist nicht, die Teilnehmer zu ihrem natürlichen Selbst zu bringen — absolut nicht. Das Ziel der Therapiegruppen ist, dich an einen Punkt zu bringen, wo du deine Unnatürlichkeit sehen kannst. Niemand kann dich zu deinem natürlichen Selbst bringen; es kann keine Methode, keine Technik, keinen Kunstgriff geben, der dich zu deinem natürlichen Selbst bringt, denn alles, was du tust, macht dich nur noch unnatürlicher. Was ist dann das Ziel einer Therapiegruppe? Sie macht dir ganz einfach die unnatürlichen Verhaltensmuster bewußt, die du in deinem Dasein entwickelt hast. Sie hilft dir nur, die Unnatürlichkeit deines Lebens zu sehen, mehr nicht. Sie zu sehen heißt, daß sie anfängt, sich aufzulösen. Sie zu sehen heißt, sie zunichte machen, denn wenn du erst einmal erkannt hast, daß etwas in deinem Leben unnatürlich ist, kannst du nicht länger daran festhalten. Und wenn du etwas als unnatürlich erkannt hast, hast du auch gespürt, was natürlich ist, aber das ist indirekt, das ist vage, das ist nicht klar. Was klar ist, ist dies: Du hast gesehen, daß etwas in dir nicht natürlich ist. Wenn du das Unnatürliche siehst, kannst du auch das Natürliche spüren. Wenn du das Unnatürliche siehst, kannst du nicht mehr dahinter stehen. Es war dank deiner Unterstützung da. Nichts kann existieren, wenn du nicht dahinter stehst. Deine Mitarbeit ist erforderlich. Nur wenn du kooperierst, existiert etwas in dir. Und besonders etwas Unnatürliches kann ohne deine Mitarbeit nicht existieren. Wo soll es die Energie hernehmen? Das Natürliche kann ohne deine Mitarbeit existieren, aber das Unnatürliche nicht. Das Unnatürliche braucht dauernde Unterstützung, dauernde Fürsorge, du mußt es dauernd kontrollieren. Sobald du gesehen hast, daß etwas nicht natürlich ist, lockert sich dein Griff, der es hält. Deine Faust öffnet sich ganz von selbst.
Die Therapiegruppe ist kein Mittel, deine Faust zu öffnen. Sie hilft dir nur zu sehen, daß das, was du die ganze Zeit tust, unnatürlich ist. Du siehst es — und die Transformation geschieht. Du fragst: „Liegt das Ziel der Therapiegruppen darin, die Teilnehmer zu ihrem natürlichen Selbst zu bringen?" Nein, das ist nicht das Ziel. Das Ziel ist lediglich, daß du dir bewußt wirst, wo du bist, was du mit dir selbst gemacht hast, wieviel Schaden du dir unaufhörlich zugefügt hast, und dir immer noch zufügst, was für Wunden du deiner Natur zufügst. Alle diese Wunden tragen deine Unterschrift. Und der Sinn der Gruppen ist der, dich darauf aufmerksam zu machen, daß es deine Unterschrift ist, daß all dies von dir unterzeichnet ist, daß es niemand anderes getan hat, daß alle Ketten, die dich fesseln, von dir selbst geschaffen worden sind, daß das Gefängnis, in dem du lebst, dein eigenes Werk ist. Es sind nicht die anderen, die dir das antun. Wenn du einsiehst: „Ich haue mir das Gefängnis selbst" — wie lange kannst du dann noch daran weiterbauen? Wenn du natürlich im Gefängnis leben willst, ist das etwas anderes — aber wer will schon im Gefängnis leben? Die Menschen leben darin, weil sie denken: „Es sind die anderen, die das Gefängnis bauen, was können wir schon tun?" Sie schieben die Verantwortung immer auf andere. Seit Menschengedenken finden sie immer wieder neue und andere Tricks, aber die Absicht bleibt immer die gleiche: Sie wollen die Verantwortung auf andere schieben. Und ihr werdet staunen, auf welche Ausreden die Menschen gekommen sind. In früheren Zeiten dachte man: „So hat uns Gott nun mal erschaffen, also ist es seine Verantwortung — was können wir dafür? Wir sind nur Geschöpfe, und wir sind so, wie er uns geschaffen hat. Wir müssen dieses Elend leben. Es ist uns vorbestimmt."
Das war ein Trick. So entledigt ihr euch jeder Verantwortung . Aber es war schon immer so, daß ein Trick, der lange funktioniert hat, zur Schablone wird: er funktioniert nicht mehr; die Leute haben ihn satt. Sie fangen an, sich nach neuen Ideen umzuschauen, aber die Absicht bleibt immer die gleiche. Marx schiebt es auf die Gesellschaft, auf die wirtschaftliche Struktur der Gesellschaft, auf die Ausbeutung, die Ausbeuter, die I mperialisten, die Kapitalisten — sie richten den Schaden an, sie haben Schuld. Und wieder seid ihr die Verantwortung los. Was also könnt ihr daran ändern? Die Sklaverei wird euch aufgezwungen, man hat euch elend gemacht. Daran läßt sich nichts ändern, es sei denn, es kommt eine Revolution. Also könnt ihr es aufschieben. Und die Revolution kommt nie; sie steht noch immer aus; sowohl in Rußland als auch in China — überall. Die Revolution kommt nie; sie ist nur ein Vertrösten auf morgen. Die Menschen sind in Rußland so elend wie überall sonst, es gibt in Rußland genausoviel Neid wie überall sonst, sie stecken so tief im Morast des Verstandes wie überall sonst. Die Wut ist genauso groß, die Gewalt ist genauso groß ... nichts hat sich verändert. Freud schiebt es auf die Erziehung. Ihr seid in eurer Kindhei t falsch erzogen worden, was könnt ihr jetzt schon machen? Es ist bereits passiert; jetzt ist da nichts mehr rückgängig zu machen. Ihr könnt es bestenfalls akzeptieren und damit leben. Oder ihr könnt ständig sinnlos dagegen ankämpfen — aber Hoffnung gibt es keine. Freud ist einer der größten Pessimisten überhaupt. Er sagt, es gibt keine Hoffnung für den Menschen, weil das Verhalten in der Kindheit festgelegt wird, für immer und ewig festgelegt. Von du an wiederholt ihr das Muster. Und wieder ist die Verantwortung abgeschoben. Die Mutter ist Schuld. Und die Mutter fragt sich,
was sie dafür kann. Ihre eigene Mutter ist Schuld ... und so weiter und so fort. Das sind alles nur Tricks, aber der Zweck ist der gleiche — unterschiedliche Tricks zum gleichen Zweck. Zu welchem Zweck? Dir die Verantwortung von den Schultern zu nehmen. Gruppentherapie soll dir bewußt machen, daß weder Gott Schuld ist, noch die Gesellschaft Schuld ist, noch die Eltern Schuld sind. Wenn es irgendjemanden gibt, der Schuld ist, dann bist du es. Ein Gruppenprozeß ist ein Einhämmern dieser simplen Tatsache: daß du es bist, der verantwortlich ist. Und dieses Einhämmern ist von großer Bedeutung, denn wenn du einmal verstehst: „Das bin ja ich — ich selbst tue mir weh", dann öffnet sich die Tür. Dann besteht Hoffnung. Dann ist wirklich etwas möglich. Eine Revolution ist nur möglich durch Verantwortlichkeit, individuelle Verantwortlichkeit. Du kannst dich verwandeln, du kannst diese alten Verhaltensmuster fallen lassen. Sie sind nicht dein Schicksal, aber wenn du sie als dein Schicksal hinnimmst, dann werden sie dir zum Schicksal. Es hängt alles nur davon ab, ob du sie unterstützt oder nicht. Und denk daran: Ich sage damit nicht, daß die Eltern dir etwa nichts angetan hätten. Und ich sage damit auch nicht, daß die Gesellschaft dir nichts angetan hätte, auch das will ich nicht damit sagen. Die Gesellschaft hat viel Schaden angerichtet, die Eltern haben viel Schaden angerichtet, die Erziehung und die Priester, sie alle haben viel angerichtet. Aber trotz allem liegt der Schlüssel letztendlich in deinen Händen. Du kannst es fallen lassen, du kannst diese ganze Konditionierung loslassen. Was immer sie dir auch angetan haben, du kannst es löschen — weil dein Bewußtsein in seinem tiefsten Kern immer frei bleibt. Das ist der Sinn einer Therapiegruppe dir diese Wahrheit endgültig klarzumachen: daß du verantwortlich bist.
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„Verantwortlichkeit" ist das wichtigste Wort in einem Gruppenprozeß. Niemand will verantwortlich sein, weil das weh tut. Einfach nur diesen Punkt zu sehen: „Ich selbst bin die Ursache für mein Elend", tut sehr weh. Wenn jemand anderes die Ursache ist, kann man das akzeptieren, ist man hilflos. Aber daß ich selbst der Grund für mein Elend bin, das tut weh. Das geht gegen das Ego, das geht gegen den Stolz. Deshalb ist Gruppentherapie ein schwieriger, ein harter Prozeß. Du willst flüchten — vor dem Encounter, vor der Primärtherapie willst du flüchten. Warum willst du flüchten? Weil du immer geglaubt hast, daß bei dir alles vollkommen stimmt, daß du völlig in Ordnung bist, daß es die anderen sind, die dir Schaden zugefügt haben. Und jetzt muß sich das alles ändern, mußt du alles auf den Kopf stellen. Niemand fügt dir Schaden zu. Und wenn dir jemand Schaden zufügt, dann geschieht das nur durch deine Kooperation, und deshalb bist letztendlich du verantwortlich dafür, du hast es so gewollt. Du sagst: „Mein Mann tut mir Unrecht." Aber du hast dir gerade deshalb diesen Mann ausgesucht, damit er dir wehtun kann. Du wolltest verletzt werden, und deshalb hast du dir diesen Mann, diese Frau ausgesucht. Schau dir doch die Leute an, die ständig ihre Ehefrauen wechseln. Du wirst staunen. Sie finden jedes Mal wieder den gleichen Typ von Frau. Es ist schwierig, immer wieder den gleichen Typ von Frau zu finden, aber sie schaffen es. Und spätestens nach sechs Monaten fangen sie wieder an, sich zu beschweren, und die Beschwerden sind haargenau dieselben. Du wechselst die Frau, aber du wechselst nicht deine Einstellung! Und deshalb bleibt deine Wahl die alte, weil der Wählende der Alte ist. Es wird dir nichts nützen; du gehst wieder in die gleiche Falle. Auch wenn die Falle eine andere Farbe, eine andere Textur hat, sie bleibt trotzdem eine Falle, und du wirst immer
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wieder in die Falle gehen. Und der gleiche Kummer wird aufkommen. Gruppentherapie ist hervorragend geeignet, dir langsam klar zu machen, was du dir selbst angetan hast. Und wenn du noch tiefer gehst — wohin bisher noch keine Gruppentherapie gedrungen ist, nicht einmal die Primärtherapie ... Aber Buddha ist tiefer gedrungen. Er sagt: Du hast dir ganz bestimmte Eltern ausgesucht, auch das ist deine Wahl. Seht diesen Punkt! Millionen Narren liebten sich gerade in dem Augenblick, als ihr auf dein Sprung wart, geboren zu werden. Und trotzdem habt ihr euch ein ganz bestimmtes Paar ausgesucht — warum? Ihr müßt eine bestimmte Vorstellung haben; ihr trefft die Wahl. Und dann sagt ihr: „Meine Eltern haben mir Schaden zugefügt." Aber warum habt ihr sie euch überhaupt erst ausgesucht? Und später eure Frau, euren Mann ... und dir meint, sie hätten euch Schaden zugefügt? Und die Gesellschaft — wer hat diese Gesellschaft gemacht? Ihr habt diese Gesellschaft gemacht! Sie fällt nicht vom Himmel. Der Bettler auf der Straße ist nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Wir haben ihn gemacht. Wenn du reich werden willst, dann muß irgendein anderer dafür zum Bettler werden. Und wenn du dann den Bettler siehst, tut er dir sehr leid. Wem möchtest du eigentlich etwas vormachen? Und trotzdem hegst du den Wunsch, reich zu werden. Wenn du reich werden willst, wird irgendeiner zum Bettler. Wenn du dir einen Namen machen willst, dann wird irgendwer diesen Ruhm, diesen Namen nicht erlangen können. Es ist eine Welt voller Konkurrenzkampf. Ihr wollt keine Kriege, aber ihr seid gewaltsam; in allem seid ihr gewalttätig, und den Krieg verdammt ihr. Und habt ihr euch nie die Pazifisten und ihre Friedensmärsche angesehen? Wie aggressiv sie wirken — ihre Slogans gegen den
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Krieg, ihr Gebrüll gegen den Krieg. Und über kurz oder lang wird aus dem Friedensmarsch eine Straßenschlacht. Und sie brennen Autos nieder und zerstören Bürogebäude, stecken Busse und Züge in Brand und greifen die Polizei an — und sie waren ausgezogen, um gegen den Krieg zu protestieren ... Was passiert also wirklich? Diese Leute sind gewaltsam; der Krieg ist nur ein Vorwand. Ihr Protest ist nichts weiter als der Ausdruck ihrer Gewalt. Es geht ihnen nicht um Krieg, sie nehmen ihn nur zum Vorwand. Diese Gesellschaft habt ihr geschaffen. Und dann kommt ihr und sagt: „Die Gesellschaft ist für alles verantwortlich." Du allein bist verantwortlich. Von allen Wahrheiten ist diese wohl am schwersten einzusehen. Aber wenn du sie erst einmal einsiehst, dann bringt sie dir eine große Freiheit, verschafft sie dir immens viel Raum. Denn von hier aus eröffnet sich auf einmal eine andere Möglichkeit: „Wenn ich die Verantwortung habe, dann kann ich mich ändern. Denn wenn ich nicht die Verantwortung habe, wie soll ich mich da ändern? Wenn ich mir das alles selbst antue, dann tut das zwar weh, aber es gibt mir auch eine neue Möglichkeit — daß ich aufhören kann, mir selbst weh zu tun, daß ich aufhören kann, unglücklich zu sein." Ein Gruppenprozeß ist nicht dazu da, dich natürlich zu machen; er ist dazu da, dir deine Unnatürlichkeit und dein unechtes Gehabe bewußt zu machen. „Liegt das Ziel der Therapiegruppen darin, die Teilnehmer zu ihrem natürlichen Selbst zu bringen?" Nein, überhaupt nicht. Das Ziel liegt lediglich darin, ihnen ihr unnatürliches Selbst bewußt zu machen Und dann kommt das natürliche Selbst ganz von allein; niemand kann es herholen. Wenn das Unnatürliche verschwindet, stößt man auf das Natürliche. Das Natürliche ist immer schon da gewesen, vergraben
unter dem Müll. Sobald das Unnatürliche weg ist, bist du natürlich. Du wirst nicht natürlich, sondern bist schon immer natürlich gewesen. Wie sollte man natürlich werden können? Alles Werden führt dich zur Unnatürlichkeit. Meine Botschaft ist: Erlaube der Natur, von dir Besitz zu ergreifen; versuche nicht, dir einen Charakter zuzulegen. Jeder Charakter ist verkehrt. Sei charakterlos. Lege dir keinerlei Persönlichkeit zu; alle Persönlichkeiten sind unecht. Sei keine Persönlichkeit. Dann wirst du nach und nach etwas aus dem tiefsten Kern deines Seins auftauchen sehen. Das ist die Natur. Ihr Duft ist groß. Sie ist gut; sie ist nie schlecht. Und sie wurde nicht gezüchtet, absolut nicht. Folglich birgt sie keine Spannungen, keine Ängste; du brauchst sie nicht aufrecht zu erhalten. Die Wahrheit braucht man nicht aufrecht zu erhalten. Nur Unwahrheiten muß man manipulieren, stützen, sie brauchen viel Pflege und Wartung, und sie bleiben trotz allem unwahr, sie werden nie Wahrheit. Und nur die Wahrheit macht dich frei. Die Therapie, die euch hier offensteht, dient nicht dazu, euch natürlich zu machen. Niemand kann euch natürlich machen — das hat Gott schon erledigt. Das Problem ist nicht, das Natürlichsein zu erlernen: das Problem ist, das Unnatürliche zu verlernen.
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WENN DU DEINE PROBLEME AUF EINMAL LÖSEN KANNST, WARUM DANN STÜCKWEISE VORGEHEN?
Kann Therapie einem Menschen, der bereits meditiert, helfen, sich selbst und die eigenen Spiele klarer zu sehen?
Therapie hat einem Menschen, der schon meditiert, nichts zu geben. Keine Psychotherapie hat die Qualität von Meditation; denn keine Psychotherapie hat je einen einzigen Erleuchteten hervorgebracht. Keiner von den Begründern der Psychotherapie war erleuchtet. Und die erleuchteten Menschen des Ostens haben sich nie mit Dingen wie Psychotherapie abgegeben. Sie haben sich noch nicht einmal mit Psychologie oder mit dem Verstand an sich abgegeben, denn es ging ihnen nicht darum, die Probleme des Verstandes zu lösen. Ihnen ging es darum, wie man aus dem Verstand herauskommt — was leichter ist und womit alle Probleme auf einen Schlag beseitigt sind. Denn wenn du erst einmal aus dem Verstand heraus bist, hat der Verstand nicht mehr genügend Nahrung, um weiterhin Probleme schaffen zu können. Alles andere ist ein Prozeß ohne Ende. Du machst eine Psychoanalyse — ob mit alten oder mit neuen Methoden ist völlig belanglos; das alles sind nur Variationen des gleichen Themas — und dann fühlt sich dein Verstand nach einer psychologischen Sitzung ein bißchen erfrischt, ein bißchen besser, weil du dich erleichtert hast. Und du begreifst auch etwas besser, wie dein Verstand funktioniert. Das erhält dich normal. Tatsächlich stehen alle Psychotherapien im Dienst des Establishments. Sie haben die Aufgabe zu verhindern, daß jemand abnorm wird. Jemand, der die Herde und die Nonnen der Herde verläßt und Dinge tut, die man nicht tut — so harmlos sie auch sein mögen — solche Leute kann die Gesellschaft nicht tolerieren. Er muß zur Normalität, zum allgemeinen Standard zurückgeführt werden. Und die Arbeit des Psychotherapeuten besteht darin, euch den Verstand zu säubern. Man könnte sagen, er ölt euren Mechanismus: Hinterher funktioniert er etwas besser, und
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ihr fangt an, etwas besser zu begreifen, wie der Verstand funktioniert, obwohl das zu keiner revolutionären Veränderung führt. Und obwohl ihr vielleicht eins von euren Problemen gelöst habt, habt ihr die Ursache nicht entfernt. Der Verstand an sich ist das Problem. Ihr könnt zwar das eine Problem lösen, aber der Verstand wird ein neues an seine Stelle setzen. Es ist wie beim Beschneiden von Bäumen. Du beschneidest einen Ast, und aus reiner Selbstachtung und Würde treibt der Ast genau dort, wo vorher nur ein Blatt war, drei Blätter. Deshalb beschneiden Gärtner regelmäßig ihre Bäume. Dadurch bekommen die Bäume ein dichteres Laubwerk, mehr Blätter. Der Verstand ist genau in der gleichen Situation. Du kannst ein einzelnes Problem entfernen, indem du es verstehst — und das ist eine kostspielige Angelegenheit. Aber der gleiche Verstand, der dieses Problem hervorgebracht hat, ist immer noch da, und die Psychoanalyse geht nicht über die Schranken des Verstandes hinaus. Der Verstand erfindet jedesmal ein neues Problem, noch viel komplizierter als das vorherige, das du gelöst hast. Natürlich, denn jetzt weiß der Verstand, daß du diese Art von Problem lösen kannst, und so erfindet er etwas Neues, etwas, das noch komplizierter ist, ein dichteres Laubwerk. Meditation ist etwas völlig anderes als Psychoanalyse und alle möglichen Therapien, die sich alle innerhalb der Grenzen des Verstandes bewegen. Meditation ist einfach ein Sprung hinaus aus dem Verstand, und man erklärt ihm: „Du kannst deine Probleme behalten, ich jedenfalls geh nach Hause." Und weil der Verstand ein Parasit ist, hat er kein eigenes Dasein. Du mußt in ihm drin sein, damit er dich, deinen Kopf, aufessen kann. Sobald du aus ihm herausspringst, ist der Verstand nichts weiter als ein Friedhof. All diese Probleme, diese großen Probleme, fallen. Sie fallen einfach tot um.
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Meditation ist eine völlig andere Dimension: Du beobachtest lediglich den Verstand, und indem du ihn beobachtest, gehst du aus ihm heraus. Und ganz allmählich verschwindet der Verstand mit all seinen Problemen. Der Verstand ist euer einziges Problem. Alle anderen Probleme sind nur Auswüchse des Verstandes. Meditation schneidet den Verstand genau an der Wurzel ab. Und all diese Therapien können denen helfen, die noch nicht meditieren, einfach damit sie den Verstand ein wenig besser verstehen, und damit sie dann die Tür finden, die ins Freie führt. Und hier setzen wir alle möglichen Therapien ein, die Abhilfe schaffen können — aber nicht für Meditierende; diese Therapien sind nur anfangs brauchbar, solange man noch nicht mit Meditation vertraut ist. Bist du einmal meditativ, brauchst du keine Therapie mehr. Dann kann dir keine Therapie mehr helfen, aber am Anfang kann sie nützlich sein. Und besonders für Menschen aus dem Westen ... Menschen aus dem Osten rate ich nicht oft, an Therapiegruppen teilzunehmen. Ein Beispiel: In Japan bleibt ein Drittel der Mädchen unverheiratet; sie leben mit ihren Müttern zusammen. In jedem Land der Welt ist die Situation anders. Und was die Psychoanalyse herausgefunden hat, gilt nicht für Japaner, sondern nur für das westliche Denken und dessen Erziehung. Sigmund Freud hat Recht, aber nur in Bezug auf die westliche Einstellung und deren Traditionen. Wenn er behauptet, daß jedes Mädchen seine Mutter haßt — und zwar, weil es in den Vater verliebt ist — dann basiert die ganze Sache auf seinem eigenen Sex-Verständnis, wonach man das andere Geschlecht liebt. Folglich liebt ein Mädchen seinen Vater, liebt ein Junge seine Mutter. Doch das Mädchen kann seine Liebe nicht ausdrücken,
insbesondere kann es, im Gegensatz zur Mutter, kein sexuelles Verhältnis mit dem Vater haben, und so wird es auf die Mutter eifersüchtig. Die Mutter ist ihr Feind. Und der Junge wird der Feind seines Vaters, weil er nicht mit seiner Mutter geschlechtlich verkehren kann. Für einen Japaner ist dies schlichtweg undenkbar. Ebenso für einen Inder. Sie werden einfach völlig anders aufgezogen. Ein Inder kann so etwas nicht glauben: „Was ist denn das für ein Unsinn?" Und einem Japaner will das nicht in den Kopf. Wenn du darauf bestehst und ihm einredest, daß er die eigene Mutter haßt oder den eigenen Vater ... Und die ganze Psychoanalyse beruht auf derlei Dingen: wen du haßt und warum, und da bohrt sie dann immer tiefer und beweist dir, daß du von Kindesbeinen an Eifersucht hegst, und daß dies der Ursprung all deiner Probleme ist. Warum kannst du deine Frau nicht lieben? Der Psychoanalytiker kommt unweigerlich zu dem Schluß, daß du eigentlich deine Mutter lieben wolltest, und alles daran scheitert, daß deine Frau nicht deine Mutter ist. Und deine Frau liebt dich deshalb nicht, weil sie ihren Vater lieben wollte, und du nicht ihr Vater bist. Kein Wunder also, daß ihr ständig miteinander kämpft. Du hast dich in dieses Mädchen verliebt, weil irgendetwas an ihr deiner Mutter ähnlich ist. Und das Mädchen hat sich aus demselben Grund verliebt: Etwas an dir erinnert sie an ihren Vater. Du hast also deine Mutter geheiratet, sie hat ihren Vater geheiratet — das ist Psychoanalyse. Und die Probleme tauchen auf, weil weder sie sich wie deine Mutter verhält, noch du dich wie ihr Vater verhältst. Aber zu einem Japaner zu sagen: „Du hast deine Mutter geheiratet" — das kommt schlicht und einfach nicht in Frage. Einem Inder zu sagen: „Du bist insgeheim in deine Mutter verliebt, und
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du hast dir schon immer ein sexuelles Verhältnis mit ihr gewünscht" — er würde meinen, du bist nicht richtig im Kopf. In Indien ist es Tradition, daß der Sohn seine Mutter fast wie eine Göttin liebt. Die Liebe zu seinem Vater und die Achtung vor seinem Vater stehen fast auf der gleichen Stufe wie die zu Gott. Und das Schwierige ist, daß sogar die Leute, die im Osten Psychoanalyse lehren oder es als Beruf ausüben, sei es als Professoren oder als praktizierende Therapeuten, ihr ganzes Wissen vom Westen gelernt haben. Und sie begreifen nicht, daß der Osten eine völlig andere Ausrichtung hat. Sigmund Freud oder jung oder Adler oder Assagioli oder Fritz Perls — sie haben keine Ahnung. Sie sind nicht einmal im Traum darauf gekommen, daß es Menschen gibt, die anders sind als die, die im Westen leben. I m Osten ist die Psychoanalyse keine große Hilfe. Was die Westler betrifft, möchte ich gerne, daß sie durch die Gruppen gehen, einfach um den Verstand zu reinigen. Mit einem aufgeräumten Verstand wird es leichter, in Meditation zu gehen. Aber wenn du nicht in Meditation gehst und dich nur damit begnügst, immerzu den Verstand zu reinigen, dann wirst du dein ganzes Leben damit verbringen, deinen Verstand zu reinigen und nie vom Fleck kommen. Wegen dieser unterschiedlichen Ausrichtung sollten an den Universitäten im Osten Lehrstühle für Meditation geschaffen werden, und nicht für Psychoanalyse. Der Osten hat sich dem Problem gewidmet, wie man über den Verstand hinausgehen kann — seit Jahrhunderten ist dies das einzige Problem, das Problem schlechthin. Aber der westliche Verstand, der sich auf andere Weise fortentwickelt hat, hat sich nie mit dem Gedanken beschäftigt, etwa den Verstand zu transzendieren. Ich habe in den jüdischen und in den christlichen Schriften nachgeforscht; es gibt
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in der ganzen Geschichte des Westens kein einziges Zitat, aus dem man schließen kann, daß sich irgendjemand darum bemüht hätte, über den Verstand hinauszugehen. Sie haben sich des Verstandes bedient, um zu beten, sie haben sich des Verstandes bedient, um an Gott zu glauben, sie haben sich des Verstandes bedient, um religiös und tugendhaft zu werden, aber sie haben noch nicht einmal an die Möglichkeit gedacht, daß man den Verstand hinter sich lassen kann. I m Osten ist dies seit jeher die eine, die einzige Suche. Der gesamte Genius des Ostens hat nur an diesem einen Problem gearbeitet, an keinem anderen: Wie gelangt man über den Verstand hinaus? Denn wenn man seine Probleme auf einen Schlag lösen kann — einfach dadurch, daß man sie hinter sich läßt — warum dann schrittweise vorgehen? Und der Verstand produziert immer weiter; er ist eine sehr kreative Kraft. Du löst das eine Problem, und schon taucht ein neues Problem auf. Du löst auch dieses — das nächste Problem taucht auf. Es ist ein gutes Geschäft für den Psychoanalytiker, denn er weiß, daß du nie geheilt sein wirst. Du wirst nie vom Verstand geheilt sein, er heilt nur spezifische Probleme. Dein Verstand, die Quelle, bleibt. Die Wurzeln zieht er nie heraus, er schneidet nur Blätter ab, oder allenfalls Äste, aber die wachsen immer wieder nach. Die Wurzeln sind immer noch da. Und Meditation schneidet die eigentlichen Wurzeln der Probleme ab. Ich wiederhole: Der Verstand ist das einzige Problem, und solange du nicht über den Verstand hinausgehst, kannst du auch niemals über die Probleme hinausgehen. Es ist merkwürdig, daß die westlichen Psychologen sich nicht einmal heute Gedanken darüber machen, warum der Osten so viele erleuchtete Menschen hervorgebracht hat, und warum sich kein einziger davon auch nur im geringsten mit einer Analyse des
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Verstandes aufgehalten hat. So wenig in der westlichen Literatur über Religion, Philosophie und Theologie der Gedanke zu finden ist, daß man den Verstand transzendieren kann, so wenig wird in der östlichen philosophischen Literatur der Psychoanalyse oder Psychologie irgendeine Bedeutung beigemessen. Der Westen hat immer im Verstand gelebt, und der Osten hat immer jenseits vom Verstand gelebt. Folglich sind die Probleme nicht die gleichen. Der Osten hat sich nie um den Verstand gekümmert, hat ihn nicht einmal zur Kenntnis genommen, hat ihn ignoriert. Von Patanjali bis hin zu Gautam Buddha, zu Shankara, zu Ramakrishna, zu J. Krishnamurti — niemand in dieser ganzen Tradition gibt sich mit dem Verstand ab. Der Verstand wird nur in einer einzigen Hinsicht erwähnt: wie man ihn transzendieren kann. Und man hat Hunderte von Methoden entdeckt, die einem helfen können, den Verstand zu transzendieren. Und wenn du erst einmal über den Verstand hinausgegangen bist, kommen dir seine ganzen Probleme so vor, als seien sie die Probleme eines anderen. Du betrittst ein Reich, wo du ein Beobachter auf dem Berg bist. Alle Probleme sind unten im Tal, und sie haben nicht den geringsten Einfluß mehr auf dich. Du hast sie hinter dir gelassen. Der Westen hat seine ganze Aufmerksamkeit immer nur auf den Verstand gerichtet. Im Westen haben sich alle Überlegungen nur um Materie und Verstand gedreht, wobei die Materie das Reale ist, und der Verstand nur eine Begleiterscheinung. Jenseits der Verstandesgrenzen kennt der Westen nichts. Für den Osten ist die Materie eine Illusion; der Verstand ist eine Begleiterscheinung all eurer Illusionen, Projektionen, Träume. Eure Wirklichkeit liegt jenseits von Materie und Verstand.
Im Osten unterteilen wir also die Wirklichkeit in drei Teile: die Materie, das Äußerlichste; die Seele, das Innerlichste; und der Verstand, der zwischen diesen beiden liegt. Die Materie hat eine relative Wirklichkeit, sie ist nicht absolut wirklich, sie ist nur relativ wirklich, und der Verstand ist absolut unwirklich. Die Seele ist absolut wirklich. Dies ist eine völlig andere Kategorisierung des Menschseins. Im Westen sind die Kategorien einfach: die Materie ist wirklich, der Verstand ist lediglich eine Begleiterscheinung, und darüber hinaus gibt es nichts. Das also darf man nicht vergessen — wer meditiert, der braucht nichts anderes. Wer nicht ineditiert, dem können diese psychotherapeutischen Methoden als Sprungbrett zur Meditation dienen.
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DIE PSYCHOLOGEN — DIE NEUE PRIESTERSCHAFT
Vor vielen Jahren hatte ich Kontakt mit verschiedenen Psychologen, und ihre Ideen schienen mich frei zu machen. Ich fand neue Wege, mich selbst zu verstehen, und lernte Menschen von einer Integrität kennen, die mich beeindruckte. Auch heute noch liebe ich die Poesie der Psychologie. Aber wenn ich jetzt lese, was einige Psychologen über sogenannte Kulte schreiben, dann klingen sie für mich wie Fanatiker, Priester und Politiker. Sie wollen die Menschen gängeln, nicht etwa sie befreien. Kannst du bitte etwas dazu sagen?
Dieser erste Eindruck, den du von den Psychologen gehabt hast, war kindisch. Es gibt nichts Poetisches in der Psychologie. Die Psychologie ist das modernste Instrument, um Menschen unterdrückt zu halten. Weil die alten Priester versagt haben, werden jetzt neue Priester gebraucht. Die Psychologen sind die neuen Priester, und natürlich kommen sie mit einem neuen Jargon daher; aber die Basis ist dieselbe. Der Politiker steckt seit altersher mit dem Priester unter einer Decke — gegen euch. Aber jetzt hat der Priester offenbar die Leute aus der Kontrolle verloren. Die Kirchen sind leer — so leer, daß meine Leute in Holland eine Kirche gekauft haben und eine Diskothek daraus machen. Das ist wirklich ein guter Anfang. Ich sähe es liebend gern, wenn alle schönen Kathedralen und Kirchen zu Diskos gemacht würden. Es geht heute kein Mensch mehr hinein. Sie sind kalt und düster und tot. Der Politiker ist sehr gerissen. Er kann sehen, daß die Priester ihre Macht verloren haben — zumindest über die jüngere Generation. Er muß einen Ersatz finden. Der Psychologe kommt wie gerufen, denn er spricht eine andere Sprache als der Priester. Er tut so, als wäre seine Psychologie eine Wissenschaft. Sie ist absolut keine! Es ist keine Wissenschaft. Wie kann es Wissenschaft sein, wenn sich Freud,Jung, Adler, Assagioli in keinem einzigen Punkt einig sind? Die vier großen Psychologen und sind sich in keinem einzigen Punkt einig! In der Wissenschaft kommt man immer zu einhelligen Ergebnissen. Wenn etwas als wahr erkannt wird, dann ist der Wissenschaftler bescheiden genug, sich von seinen vorläufigen Urteilen zu trennen und die Wahrheit zu akzeptieren. Wer die Wahrheit entdeckt hat, spielt keine Rolle; wichtig ist, daß sie entdeckt worden ist. Aber die Psychologen haben sich in lauter verschiedene
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Schulen zersplittert, genau wie die Religion sich in verschiedene Religionen zersplittert hat, in lauter religiöse Sekten und Kulte und Glaubensbekennmisse. Die gleiche Situation herrscht jetzt auf dem Gebiet der Psychologie. Aber der Psychologe spricht weder von Gott, noch spricht er von Himmel und Hölle. Für all dies hat er andere Namen erfunden. Er spricht nicht in den alten Begriffen über den Menschen, wie man es von den Priestern gewohnt war. Und so habt ihr euch von seinem Jargon einwickeln lassen. Die Psychologen verlangen nicht, daß man Asket werden muß, daß man jahrelang, ja ganze Leben lang, einer bestimmten Disziplin folgen muß, ehe man frei wird. Nein. Sie sagen, es genügt, eine Psychoanalyse zu machen, ihr braucht euch nur immerzu psychoanalysieren zu lassen. Mir ist noch kein einziger Mensch begegnet, dessen Psychoanalyse wirklich abgeschlossen gewesen wäre. Ja, selbst Sigmund Freud, der Erfinder der Psychoanalyse, ist ein „unpsychoanalysiener" Mensch geblieben. Ich bin schon lange dabei, seine Psyche zu analysieren, und finde ständig neue Schätze. Wenn man mir erzählt hätte, daß Sigmund Freud eine so große Angst vor Geistern hatte, daß er schon ausflippte, wenn nur jemand das Wort „Geist" erwähnte, dann hätte ich das früher nie und nimmer geglaubt. Einmal war er ins Gespräch mit Jung vertieft, der damals sein engster Schüler war, und Jung interessierte sich sehr für Geister. Jung fing also an, über Geister zu reden, und Sigmund Freud fiel in Ohnmacht. Und das sind die Gründer eurer Psychoanalyse! Das war der Punkt, an dem sich für Sigmund Freud und Jung die Wege trennten. Jung erkannte: „Dieser Mann, der nicht einmal mit anhören kann, was ich über Geister zu sagen habe und in Ohnmacht fällt, ist nicht mein Meister." Und ebenso erkannte
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Sigmund Freud: „Dieser Mann ist nicht mein Nachfolger." Sigmund Freud und Jung trennten sich. Wenn ich euch das erzähle, meint ihr vielleicht, Jung sei mutiger gewesen als Sigmund Freud, weil er sich für Geister interessierte. Aber das stimmt nicht. Er war nur deshalb so an Geistern interessiert, weil er eine so große Angst vor dem Tod hatte — davor, selbst ein Geist zu werden! Jung wollte nach Ägypten gehen, um sich die antiken Mumien der Könige und Königinnen anzusehen, die dort präserviert sind. Fast zehnmal hatte er seine Reise gebucht, aber im letzten Moment hatte er jedesmal eine Ausrede gefunden und die Reise wieder abgeblasen. Beim zehnten Mal war er sogar schon am Flughafen; doch in dem Augenblick, als sein Flug aufgerufen wurde, riß er aus. Danach hat er keinen Anlauf mehr unternommen, nach Ägypten zu gehen. Er hatte riesige Angst vor Leichen. Diese Leute haben allerdings sehr viel psychologischen Beistand nötig. Du sagst, du warst sehr beeindruckt. Das lag nicht etwa daran, daß dir etwas Eindrucksvolles begegnet wäre, sondern daran, daß du unwissend und leicht zu beeindrucken warst — alles hätte Eindruck auf dich machen können, du warst einfach weicher Ton. Ansonsten ist es reiner Wahnsinn, in der Psychologie etwas Poetisches sehen zu wollen. Es mag Psychologie in der Poesie stecken — aber Poesie in der Psychologie? ... In der Psychologie findet ihr nur eure Psychologen, wie sie von Masturbation reden und von Schizophrenie, von Alpträumen und von allen möglichen Verrücktheiten. Ich glaube nicht, daß in alledem Poesie zu fmden ist. In einem medizinischen Buch hat noch niemand Poesie gefunden, und der Psychologe beschäftigt sich mit weit schlimmeren Krankheiten als irgendein medizinisches Buch.
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Aber die Politiker merkten, daß dringend Ersatz nötig war, und so ist die Psychoanalyse zu einer weltweiten Bewegung geworden. Das war unvermeidlich. Sigmund Freud war ein Jude, und immer wenn ein Jude ein Geschäft anfängt, kann man sicher sein, daß daraus eine weltweite Kette wird. Was hat Jesus gemacht? Er war Jude. Und bis heute können ihm die Juden nicht verzeihen — nur weil sie wütend auf sich selber sind, daß sie sich das Bombengeschäft entgehen ließen, das er möglich gemacht hatte. Heute ist das Christentum der größte Geschäftskonzern der Welt. Sigmund Freud machte auch aus der Psychoanalyse ein Bombengeschäft. Die Juden wissen, wie man Geschäfte macht. Als die Politiker sahen, wie schnell die Psychoanalyse um sich griff, und wie sehr die Menschen nach einem Sinn im Leben suchten, nach ein wenig Hoffnung und einem Ausweg aus dem Gefühl der Verzweiflung, da war es für sie ein Leichtes, die Psychologie, die Psychoanalyse, die Psychiatrie in den Dienst der herrschenden Machtinteressen zu stellen. Und genau das tun sie seitdem. Inzwischen bist du etwas reifer geworden. Wenn du dir anschaust, was die Psychologen über Kulte schreiben und über neue Bewegungen — und sie sind allesamt gegen neue Bewegungen, gegen jeden religiösen Neubeginn, dann ist es ganz offensichtlich, daß sie im Dienst der Vergangenheit stehen, nicht im Dienst der Zukunft der Menschheit. Man hat sie gekauft. Sie sind die neue Priesterschaft. Nehmt euch vor diesen Leuten in acht. Eben weil sie so neu sind, sind sie umso gefährlicher. Heute bieten sich Psychoanalytiker und Psychiater als Deprogrammierer an. Sagt sich jemand vom Christentum los, weil ihn der ganze Unsinn langweilt und schließt sich einer neuen
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Bewegung an, schon stehen die Psychologen bereit und bieten den Eltern, der Gesellschaft, ihre Dienste an: „Bringen Sie uns Ihren Sohn oder Ihre Tochter, wir werden sie deprogrammieren." Und dann tun sie's. Natürlich verlangen sie reichlich Geld dafür. Sie können jeden Kult deprogrammieren: Zeugen Jehovas, Jesusfreaks ... was mich sehr wundert: denn Jesus war selber ein Freak. Eigentlich machen die Jesusfreaks das einzig Richtige; wenn du Jesus folgen willst, mußt du ein Jesusfreak sein. Jesus war kein Gentleman, er trug nicht den Nadelstreifen-Anzug des Geschäftsmanns. Man kann ihn sich vielleicht als Freak oder Hippie oder dergleichen vorstellen, aber eins steht fest: mit den alten, konditionierten Denkweisen hatte er nichts zu tun. Man lohnte es ihm mit der Kreuzigung. Zu jener Zeit waren die Deprogrammier-Psychologen noch nicht auf dem Plan; sonst hätte man Jesus die Kreuzigung erspart und sich mit Deprogrammierung begnügt. Man hätte ihm nur ständig einzuhämmern brauchen: „Du bist nicht Gottes eingeborener Sohn. Laß diesen Blödsinn. Wenn du der Messias bist, auf den das ganze Judentum wartet, dann sollten sie dich doch erkennen. Warum hörst du nicht auf, in die Welt hinauszuposaunen, du wärst der ersehnte Messias?" Es wäre sehr leicht gewesen, diesen armen Zimmermann zu deprogrammieren, aber damals waren die Psychologen noch nicht auf dem Plan. In Amerika blüht ihr Geschäft, ganz besonders in Kalifornien. Sie breiten sich auch schon in anderen Ländern aus. Du hast jetzt die richtige Einstellung zu diesen Leuten gefunden. Sie wollen keine Revolution auf der Welt. Sie wollen keinerlei Religiosität auf der Welt. Sie wollen nicht den neuen Menschen auf der Welt. Folglich sind sie gegen die Menschheit, denn nur der neue Mensch kann die Menschheit retten. Nur der neue Mensch kann diese Politiker samt ihren Atomwaffen in den
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Pazifik werfen, pazifistischerweise, damit sie auf immer in Frieden ruhen. Diese Deprogrammierer wettern gegen Kulte und gegen Dogmen, ohne die geringste Ahnung zu haben. Sie kommen nie hierher. Bisher hat sich noch keiner dieser DeprogrammierPsychologen hier blicken lassen; denn sie wissen genau, daß sie deprogrammiert würden. Wir haben unsere eigenen Deprogrammierer, und die verstehen ihre Arbeit ganz bestimmt besser, aus dem einfachen Grund, weil sie dir kein neues Programm eingeben. Ihre Arbeit ist also simpel: sie deprogrammieren dich nur, und dann bist du dir selbst überlassen. Sie programmieren dich nicht um. Sie geben dir Freiheit. Wenn du einmal deprogrammiert bist, dann bist du kein Christ, kein Hindu oder Mohammedaner mehr, bist du kein Amerikaner oder Russe oder Deutscher mehr. Wenn du völlig deprogrammiert bist, dann bist du einfach ein unschuldiges, neugeborenes Kind. Meine Sannyasins gewinnen sich das Lebensgefühl ihrer Kindheit, ihre kindliche Unschuld zurück, die von den Priestern und Pfarrern, von den Politikern und Pädagogen sabotiert worden ist. Ihr seid in allem auf ein bestimmtes Maß zurechtgestutzt worden, dem Kleid entsprechend, das sie für euch parat hielten. Das ist das Seltsame! Ein Kleid sollte nach euren Maßen zugeschnitten werden, aber jahrhundertelang haben sie euch nach den Kleidern zugeschnitten. Das Kleid ist schon da — das Kleid namens Christentum, das Kleid namens Hinduismus, das Kleid namens Buddhismus — und ihr müßt euch hineinzwängen. So etwas ist Gefangenschaft. Es ist gut, daß du verstanden hast, daß diese Psychologen die neuen Gefängniswärter sind. Hüte dich vor ihnen. Wenn überhaupt jemand deprogrammiert werden muß, dann
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haben es diese Leute nötig. Wenn ihr also einen Deprogrammierer zu fassen bekommt, bringt ihn her. Wir müssen anfangen, die neue Priesterschaft zu deprogrammieren, denn wir wollen, daß die ganze Menschheit eins ist. Wir wollen keine Priester, wir wollen keine Religionen, und wir wollen keine Nationen. Wir wollen, daß die Welt eins ist. Denn nur wenn die Welt eins ist, erübrigen sich die Atomwaffen, sind Kriege überflüssig. Jetzt im Augenblick werden fünfundsiebzig Prozent der Energie, der Mittel und materiellen Quellen der Menschen darauf verwendet, immer mehr Waffen zu erfinden. Und diese Politiker, die unaufhörlich Atomwaffen stapeln, vergießen gleichzeitig Krokodilstränen wegen Äthiopien. Äthiopien kann samt all seiner Wunden auf der Stelle geheilt werden. Es ist nicht nötig, daß die Hälfte der indischen Bevölkerung unter dem Existenzminimum lebt. Selbst in Amerika sind dreißig Millionen Menschen so arm, daß es ganz einfach abscheulich mitanzusehen ist, wie der amerikanische Präsident immer mehr Geld in die Herstellung von Atomwaffen pumpt. Und das Erstaunliche ist: Ihr habt schon genug Atomwaffen, um die ganze Menschheit siebenhundert Mal zu vernichten! Komisch, ich sehe die Logik nicht. Haben diese Politiker sogar das kleine Einmaleins vergessen? Rußland und Amerika zusammengenommen können diesen Planeten siebenhundert Mal zerstören. Das ist überflüssig, einmal genügt! Ihr habt schon jetzt siebenhundert Mal mehr Waffen, als ihr braucht. Man braucht keine überdurchschnittliche Begabung, um zu erkennen, wie wahnsinnig das alles ist. Hört auf mit Atomwaffen, hört auf mit dem bloßen Gedanken an Krieg. Aber der Politiker weiß, daß er in Schwierigkeiten kommt, wenn es keinen Priester mehr gibt. An die Stelle des
Priesters will er den Psychologen setzen — eine zeitgemäßere Spielart der gleichen Priesterschaft, im Grunde dasselbe. Das muß aufhören. Und darum müßt ihr jedesmal, wenn ihr einen Deprogrammierer herumlaufen seht, ihn einfangen und ihn hierher bringen. Genauso wie sie die Leute einfangen ... Es ist schon eine seltsame Welt: Eltern, die ihre eigenen Kinder entführen und sie dem Psychologen ausliefern, der sie dann bearbeitet. Die Methode ist ganz simpel. Er bearbeitet sie zwei oder drei Tage lang. Vorher war der Betroffene zum Beispiel Christ, und jetzt ist er ein Hare-Krishna geworden. Aber die Hare-KrishnaIdeologie ist nur an der Oberfläche, sehr leicht zerstörbar, frisch; das Christentum mit seinem Unbewußten ist dagegen Jahrhunderte alt. So jemanden kann man leicht deprogrammieren, sein Unbewußtes wird dabei Hilfestellung leisten. Man braucht nur ein bißchen an der Oberfläche zu kratzen, und schon fängt sein Unbewußtes an, nach oben zu kommen. Man braucht ihm nur Schuldgefühle zu machen: „Du hast Jesus Christus verraten, Gottes eingeborenen Sohn; du hast dein Land verraten, du hast deine Gemeinde verraten." Man muß ihn ganz einfach soweit bringen, daß er sich schuldig fühlt — das meine ich mit „kratzen", und es wird nicht lange dauern, bis sein Unbewußtes hochkommt. Aber niemand kann meine Sannyasins deprogrammieren, weil wir das schon selber tun und wir niemandem ein neues Programm geben. Wir überlassen sie sich selbst, völlig frei, als individuelle Menschen. Wir geben ihnen die Würde, ein Individuum zu sein, nicht nur Mitglied irgendeiner Religion. Wir geben jedem von ihnen den Stolz, er selbst zu sein, nicht Amerikaner, nicht Russe.
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Meine Sannyasins kann niemand deprogrammieren. Und falls ihr wirklich einmal in die Situation geraten solltet, wo jemand euch mit Gewalt deprogrammieren will, dann habt keine Angst. Deprogrammiert den Deprogrammierer! Laßt euch diese Gelegenheit nicht entgehen. Und ich weiß, ihr könnt es!
POSITIVES DENKEN — DIE PHILOSOPHIE DER HEUCHELEI
Kann die Technik des „positiven Denkens" zum Erwachen führen? Oder stumpft sie nur das Gefühl des Eingesperrtseins und die Sehnsucht nach Freiheit ab?
Die Technik des positiven Denkens ist keine Technik, die transformiert. Mit ihr verdrängt man nur die negativen Aspekte seiner Persönlichkeit. Sie ist eine Methode des Wählens. Sie kann nicht zur Bewußtheit verhelfen; sie ist gegen Bewußtheit. Bewußtheit wählt nie. Positives Denken heißt einfach, daß alles Negative ins Unbewußte verdrängt und das Bewußte mit positiven Gedanken konditioniert wird. Aber der Haken ist: Das Unbewußte ist weitaus stärker, neun Mal stärker, als das Bewußte. Und deshalb wird alles, was unbewußt wird, neun Mal stärker als es vorher war. Es mag sich nicht auf die alte Weise zeigen, aber es wird neue Wege finden, sich auszudrücken. Es ist also eine sehr armselige Methode, ohne jedes tiefere Verständnis, und sie speist dich unentwegt mit falschen Vorstellungen über dich selbst. Positives Denken wurde von einer gewissen christlichen Sekte in Amerika erfunden, die sich „Christliche Wissenschaft" nannte. Um das Wort christlich zu vermeiden — damit auch andere Leute geködert werden, ließen sie nach und nach die alte Bezeichnung weg und fingen einfach an, von der „Philosophie des positiven Denkens" zu reden. Die Christliche Wissenschaft also, die eigentliche Quelle dieser Philosophie, lehrte, daß alles, was in deinem Leben geschieht, lediglich eine Gedankenprojektion ist. Wenn du reich sein willst, dann stell dir's vor, und du wirst reich. Nur durch dieses positive Denken, daß du reich bist, daß du immer reicher wirst, fangen die Dollars an, dir in den Schoß zu fallen. Das erinnert mich an eine Anekdote. Ein junger Mann traf eine alte Dame auf der Straße. Die alte Dame fragte ihn: „Was ist denn mit deinem Vater los? Er kommt gar nicht mehr zu unserem Wochentreffen der Christlichen
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Wissenschaft — wo er doch unser ältestes Mitglied ist, fast der Gründer unserer Gesellschaft." Der junge Mann sagte: „Er ist krank und fühlt sich sehr schwach." Die Frau lachte. Sie sagte: „Das bildet er sich nur ein, weiter nichts. Er denkt, er sei krank. Er ist nicht krank. Und er denkt nur, er sei schwach. Er ist nicht schwach. Das Leben ist aus Gedanken gemacht; man wird genau das, was man denkt. Sag ihm doch, er soll sich an seine eigene Ideologie erinnern, die er uns die ganze Zeit gepredigt hat. Sag ihm, er soll gesund denken, sag ihm, er soll vital denken." Der junge Mann sagte: „Ich werde es ihm ausrichten." Nach acht oder zehn Tagen traf der junge Mann die alte Dame wieder, und sie fragte ihn: „Was ist passiert? Hast du meine Nachricht nicht ausgerichtet? Denn er kommt immer noch nicht zu unseren wöchentlichen Treffen." Der Junge sagte: „Ich habe ihm alles ausgerichtet, gnädige Frau, aber jetzt denkt er, er sei tot. Und nicht nur er denkt, er sei tot, sondern auch meine ganze Nachbarschaft, meine Familie, ja selbst ich denke, er sei tot. Und er lebt auch nicht mehr bei uns; er ist auf den Friedhof gezogen!" Die Christliche Wissenschaft war ein oberflächlicher Weg ..., in ein paar Dingen mag sie helfen. Besonders können Dinge, die wirklich durch Gedanken kreiert werden, verändert werden. Aber dein ganzes Leben wird nicht durch dein Denken kreiert. Positives Denken ist aus der Christlichen Wissenschaft hervorgegangen. Jetzt drücken sie sich zwar philosophischer aus, aber die Grundlage bleibt dieselbe: daß, wenn du etwas Negatives denkst, es dir dann auch passiert, und wenn du etwas Positives denkst, es dir dann auch passiert. Und in Amerika hat diese Art von Literatur ein breites Publikum. Nirgendwo sonst auf der Welt hat
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Positives Denken eingeschlagen — weil es kindisch ist. „Denk dies, und du wirst reich." Jeder weiß daß das einfach albern ist. Und schädlich obendrein, und außerdem gefährlich. Deine negativen Vorstellungen müssen freigelassen, nicht mit positiven Vorstellungen verdrängt werden. Du mußt ein Bewußtsein schaffen, das weder positiv noch negativ ist. Und das wird das reine Bewußtsein sein. In diesem reinen Bewußtsein wirst du das natürlichste und glücklichste Leben führen. Wenn du eine negative Vorstellung verdrängst, weil sie dir wehtut — du bist zum Beispiel wütend, und du bemühst dich, die Energie in etwas Positives zu verwandeln und für die Person, auf die du eben noch wütend warst, Liebe und Mitgefühl zu empfinden — dann weißt du, daß du dir selber etwas vormachst. Tief drinnen sitzt immer noch die Wut; du übertünchst sie nur. An der Oberfläche magst du zwar lächeln, aber dein Lächeln beschränkt sich auf deine Lippen. Es wird nur Lippengymnastik sein; es wird nichts mit dir zu tun haben, mit deinem Herzen, mit deinem ganzen Sein. Zwischen dein Lächeln und dein Herz hast du mit eigener Hand einen großen Block gewälzt: das negative Gefühl, das du unterdrückt hast. Und es handelt sich nicht nur um ein Gefühl; du hast Tausende von negativen Gefühlen im Leben. Du magst eine bestimmte Person nicht. Es gibt viele Dinge, die du nicht magst. Du magst dich selbst nicht. Du magst die Situation nicht, in der du lebst. Dieser ganze Müll sammelt sich unaufhörlich im Unbewußten an, und an der Oberfläche wird ein Heuchler geboren, der sagt: „Ich liebe alle Menschen. Liebe ist der Schlüssel zur Glückseligkeit." Aber man wird im Leben eines solchen Menschen keine Spur von Glückseligkeit entdecken. In seinem Inneren krampft sich die ganze Hölle zusammen.
Er kann andere täuschen und wenn er es lange genug macht, dann kann er sogar sich selbst täuschen. Aber verändern wird sich dadurch nichts. Man vergeudet damit nur sein Leben, das unendlich wertvoll ist, denn du kannst es nicht zurückbekommen. Positives Denken ist nichts als die Philosophie der Heuchelei — uni es beim rechten Namen zu nennen. Wenn dir nach Weinen zumute ist, dann lehrt sie dich zu singen. Das kannst du zwar, wenn du es darauf anlegst, aber diese verdrängten Tränen werden früher oder später in irgendeiner Situation doch zum Vorschein kommen. Auch Verdrängung hat ihre Grenzen. Und das Lied, das du gesungen hast, war völlig sinnlos; du hast es nicht empfunden, es kam dir nicht aus dem Herzen. Es kam dir nur, weil dir deine Philosophie sagt, daß du immer das Positive wählen sollst. Ich bin absolut gegen Positives Denken. Du wirst überrascht sein, daß, wenn du nicht wählst, wenn du in einer nichtwählenden Bewußtheit bleibst, dein Leben bald etwas ausdrücken wird, das jenseits von Positiv und Negativ ist, das über beidem steht. Du wirst also nichts dabei verlieren. Es wird nicht negativ sein, es wird nicht positiv sein, es wird existentiell sein. Wenn also Tränen da sind, werden sie ihre eigene Schönheit haben, werden sie selbst ein Lied haben. Du brauchst ihnen kein Lied überzustülpen, sie selbst werden aus der Freude, aus der Erfüllung kommen — nicht aus der Traurigkeit, aus dem Versagen. Und wenn das Lied hervorbricht, dann ist es nicht gegen die Tränen, gegen die Verzweiflung gerichtet, sondern ist ganz einfach der Ausdruck deiner Freude ... nicht gegen, nicht für irgendetwas. Es ist einfach das Aufblühen deines eigenen Seins; deshalb nenne ich es existentiell. Das Positive Denken hat Amerika auf einen ausgesprochenen Holzweg geführt; es hat Menschen zu Heuchlern gemacht. Es ist
die einflußreichste Philosophie in Amerika, obwohl es in Wirklichkeit nicht einmal eine Philosophie ist, sondern nur Schund. Es hat gar keine Ahnung von der Psychologie des Menschen, es hat keinen Boden in den Befunden der Psychologie, und es hat keinen Boden in den tieferen Entdeckungen der Meditation. Damit wird den Menschen nur Hoffnung gemacht — Menschen, die schon alle Hoffnung verlieren.
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PRIMÄRTHERAPIE — ODER: MORGEN BIST DU WIEDER DER ALTE
Janov behauptet, daß Negalivität auf elektrochemischem Weg zustande kommt, nämlich durch Endomorphine, dem chemischen Niederschlag von Schmerz. Wie ist dann ein Ja ohne eine vollständige Primärtherapie möglich?
Die Primärtherapie hat etwas sehr Wesentliches und 13e(leiti sames zum Wachstum des Menschen beigetragen. Aber sie hillt in die gleiche Kategorie wie alle anderen Therapien aus den) Westen: Sie ist genauso dilettantisch. Sigmund Freud pflegte zu sagen, daß eine vollständige Psychoanalyse den Menschen von all seinen Spannungen, von allen Sorgen befreien würde, ihm erstmalig Freiheit von der Vergangenheit und eine enorme Energie für die Gestaltung der Zukunft schenken würde — keine Fortsetzung der Vergangenheit, sondern eine völlig neue, frische Zukunft, ohne Verbindung zur Vergangenheit. Aber das ganze Problem ist, daß eine vollständige Psychoanalyse nicht möglich ist. Es gibt auf der ganzen Welt keinen einzigen Menschen, der eine vollständige Psychoanalyse hinter sich hätte, was hieße, daß er nie wieder Psychoanalyse braucht. Es gibt Leute, die fünfzehn oder zwanzig Jahre lang in Psychoanalyse waren und trotzdem noch genauso sind, wie sie anfangs waren. Nur eines hat sich geändert: jetzt sind sie vollgestopft mit psychologischem Jargon. Sie können fachsimpeln. Sie können einen spielend leicht verrückt machen, nur indem sie den ganzen I3lödsinn daherreden, den sie für Psychoanalyse halten. Primärtherapie ist eine einfache Technik. Sie hilft, die am tiefsten verdrängten Emotionen freizusetzen. Und der Betreffet muß an einen Punkt kommen, wo er nichts mehr zurückhlf dann wird sein Schrei zum Urschrei. Im Augenblick der Geburt geht jedes Kind durch ein großes Trauma. Der Wechsel vom Mutterleib in die kalte, seltsame Welt ist ein großer Schock, und dieser Schock bleibt dein ganzes Leben lang tief in deinem Unbewußten. Primärtherapie ist ein Prozeß, dich von dem Trauma der Geburt freizumachen. Du mußt tagelang schreien. Schließlich
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kommt der letzte Schrei, als ob dein. ganzes Sein geschrien hätte, jede Zelle darin, mit Totalität, Ganzheit, Intensität. Nach diesem Schrei bist du so entlastet, ganz leicht, ganz schwerelos, denn mit dem Urschrei entladen sich zugleich all die vielen kleineren Schreie, die in dir sind. Aber Janov hat genauso versagt, wie Sigmund Freud versagt hat. Die Psychoanalyse war nicht in der Lage, dem Menschen seine Spiritualität, sein Wesen, seine Freiheit zu gehen. Von alledem, was sie versprochen hatte, hat sie in Wirklichkeit nichts gehalten. und Millionen von Menschen haben ihre Zeit und ihr Geld umsonst vertan. Und Janov hat ganz einfach die gleiche Nummer jetzt noch einmal abgezogen. Ein Urschrei erleichtert dich, aber nur für kurze Zeit. Morgen bist du schon wieder der Alte. Es war gut, es hat dir zu einem guten Schlaf verholfen, weil du so entspannt warst. Aber dein Verstand ist daran gewöhnt, Spannungen, Ängste und Sorgen anzusammeln. Er macht seine Arbeit ungestört weiter. Morgen früh wirst du feststellen, daß du die gleiche Person geblieben bist. Jene paar Stunden, die du nach dem Urschrei erlebt hast, werden nach und nach verblassen, wie ein Traum, weit weg. Und dann kam Janov mit dem Konzept der „vollständigen Primärtherapie". „Vollständig" heißt, daß du zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre lang damit weitermachst. Es gibt keinen einzigen Menschen — viele haben es probiert der durch Primärtherapie von allen Spannungen befreit wurde. Selbst Janov hat keine Erfahrung seines eigenen Wesens, Er hat keine Erfahrung darin, sich in die universellen Lebenskräfte hinein zu entspannen, darin aufzugehen, mit ihnen zu verschmelzen und das Ewige, das Endlose, das Tonlose, zu erleben. Primärtherapie ist nur ein Spielzeug. Du kannst so viel schreien, wie du willst. Es wird nie erschöpfend sein, einfach
deshalb, weil du nicht nur ein Leben hast. Es hat hunderte von Leben vor diesem gegeben, und vollständige Primärtherapie hieße, daß all die Spannungen und all die Ängste, die du über tausende von Jahren angestaut hast und die Teil deines tiefsten Unbewußten sind, freigesetzt werden ... Du brauchtest vielleicht ein paar Leben, nur zum Schreien und immer weiter Schreien. Viel wahrscheinlicher ist, daß du selbst vollständig geschafft sein wirst, als daß die Primärtherapie vollständig sein wird! Janov hat die Situation erfaßt und redet jetzt nicht mehr von vollständiger Primärtherapie — weil sie nicht möglich ist. Und Janov hat keine Ahnung von vergangenen Leben. Wenn es nur dieses eine Leben gäbe, dann wäre vollständige Therapie möglich. Es wäre lediglich eine Frage von zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig Jahren. Du könntest den ganzen Müll rauswerfen, der sich in dir angesammelt hat. Aber es handelt sich um Tausende von Jahren — es würde Tausende von Jahren dauern, ihn rauszuwerfen. Und die ganze Zeit, während du ihn rauswirfst, sammelt dein Verstand neuen Müll ein. Du bist also in einem Teufelskreis: Wenn du zelmtausend Jahre Schreien hinter dir hast und schaust den Verstand an, hält er frische Probleme bereit ... Fang eine neue Primärtherapie an! Diese Ansätze sind kindisch. Und es ist kein Zufall, daß all diese Therapien in Kalifornien entstanden sind. Sobald du weißt, daß etwas in Kalifornien entstanden ist, kannst du absolut sicher sein, daß es kindisch ist und nur eine Mode von ein paar Tagen sein wird. Und es kommen immer neue Leute, weil sie von anderen hören: Primärtherapie ist das Größte! Wenn du keine Primärtherapie gemacht hast, bist du vergeblich zur Welt gekommen; du bist zum Schreien hier. Die Frage geht darum, daß Janov sagt, der Mensch sammelt
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Negativität an, und Negativität ist ein chemisches Phänomen. Es kommt von seinem Schmerz, seinem Leiden, daß sich im Menschen gewisse chemische Substanzen ansammeln, die eine negative Psyche schaffen, die zerstören will. Ein unglücklicher Mensch will immer, daß die anderen unglücklich sind. Der unglückliche Mensch ist nur dann glücklich, wenn er jemanden sieht, dem es noch schlechter geht als ihm. Ein unglücklicher Mensch verliert die Fähigkeit, ja zu sagen zum Leben, zur Liebe, zur Schönheit, zur Poesie, zur Existenz. Er kann nur nein sagen, er kann nicht ja sagen. Ja ist unmöglich, __denn er hat in seinem Leben noch nie etwas gefühlt, wofür er dankbar sein müßte. Janov sagt, weil das Nein eine chemische Reaktion ist ... Der Fragesteller möchte wissen: Wenn das wirklich so ist, daß das Nein in uns, der Zerstörungswille, etwas Chemisches ist, wie kann man dann von Sannyasins erwarten, daß sie zur Existenz, zur Liebe, zur Freude ja sagen? Es ist wichtig, dies zu verstehen. Ich akzeptiere die Auffassung, daß Leid, Schmerz, Kummer und Qual gewisse chemische Veränderungen im Körper hervorrufen. Genauso wie Liebe, Freude, Glück, Ekstase, Stille, Friede — auch sie lösen ungeheuer große chemische und physiologische Veränderungen in deinem Körper und im Verstand aus. Es wird für Janov sehr schwer sein, für diese Frage eine Lösung zu finden, denn diese Therapeuten glauben nicht, daß es etwas jenseits des Verstandes gibt, daß es mehr als den Körper gibt. Du bist in ein Gefängnis aus physiologischen, chemischen und biologischen Vorgängen eingesperrt, und du kannst dich nicht von ihnen befreien, indem du einfach meditierst. Aber weder Janov noch der Fragesteller begreifen, daß es bei
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Meditation nicht darum geht, deine innere Chemie, die auf das Nein eingestellt ist, zum Ja zu zwingen. Meditation ignoriert den Verstand einfach. Sie umgeht den Verstand; sie reicht über den Verstand hinaus, und wenn sie einmal über den Verstand hinaus gelangt ist, ist sie ihm an Stärke weit überlegen. In diesen Raum jenseits der Grenzen des Verstandes hat Schmerz noch nie Eingang gefunden. Jenseits des Verstandes ist die ganze Atmosphäre einfach Seligkeit. Sobald ein Mensch an jenem Raum gerührt hat, hat er eine neue Macht. Er kann ja sagen, auch wenn seine Körperchemie nein sagt. Der Körper ist ein Diener. Du brauchst nur deinen Hausherrn zu wecken, und der Körper ist ein Diener, der Verstand ist ein Diener. Und wenn der Hausherr einmal da ist ... Und der Hausherr ist niemals negativ, das liegt nicht in seiner Natur. Es liegt in der Natur deines Wesens, kreativ zu sein. Du kommst aus der universellen Kreativität, du bist aus ihr geboren. Du bist Teil von ihr, du bist immer noch mit ihr verbunden. Du kannst keine einzige Sekunde ohne die Verbindung leben. Das Ja ist möglich, und dann bleibt der Verstand samt all seiner Chemie still. Wenn der Hausherr da ist, hat der Verstand und seine Chemie keine Macht. All diese Macht stammte vom Herrn, aber der Herr harte geschlafen. Nun ist der Herr wach und weigert sich, der Zerstörungswut, dem Tod irgendetwas zu geben. Nein steht für Sterben. Ja ist der Herzschlag des Lebens. Ich sage also nicht, daß dein Verstand ja sagen muß. Nein, ich sage, daß du über den nein-sagenden Verstand hinaus mußt. Und wenn du über ihn hinaus bist, dann ist das Ja gar keine Frage
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mehr - du bist Ja. Jede Faser deines Seins besteht nur noch aus Akzeptieren, voller Dankbarkeit. Und daraus entspringt wirkliches Beten. Alle anderen Gebete in den Synagogen, in den Kirchen, in den Tempeln, in den Moscheen - sind nur Kopien. Das Original ist in dir, und das Original hat keine Worte. Es ist vollkommene Stille, aber ganz und gar positiv. Stille, aber so erfüllt von Musik ... Stille, aber so voller Ausstrahlung ... Stille, aber so voller Licht. Bist du einmal in dein wirkliches Sein eingetreten, dann ist der Verstand etwas so Kleines; er beginnt einfach mit dem Schwanz zu wedeln. Nicht nötig, seinen Schwanz in die Hand zu nehmen und ihn zu wedeln, dann wird er vielleicht wütend. Der Hund beginnt vielleicht zu bellen! Selbst ein Hund hat seine Würde. Es ist seine ureigene Freiheit, mit dem Schwanz zu wedeln, seine Meinungsfreiheit! Und jetzt kommst du und wedelst ihm seinen Schwanz - da muß er ja bellen: „Das geht zu weit! Du überschreitest deine Kompetenzen, du dringst in das Territorium eines anderen ein. Das ist Einmischung." Ich möchte nicht, daß ihr euch in den Verstand einmischt. Das ist es, was ich seit dreißig Jahren ununterbrochen lehre: Misch dich nicht ein ... Sei einfach Zeuge - weit erhaben. Uni dich einzumischen, mußt du dabei sein, nicht weit weg; du mußt im Verstand drin sein, um dich einzumischen, um kämpfen zu können. Weder ist Kämpfen nötig, noch ist Einmischung nötig. Alles, was nötig ist, ist Abstand. Du bist auf dem sonnenbestrahlten Gipfel. Der Verstand ist im dunklen Tal. Und aufgrund deiner überlegenen Kräfte folgt dir der Verstand automatisch. Du brauchst nicht einmal einen Befehl
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zu geben. Er begreift, daß du in einem neuen Zustand bist, im Zustand des Erwachens. Du kannst ja sagen - aber du wirst in Meditation gehen müssen. Über den Verstand kannst du das Ja erzwingen, aber es wird nur oberflächlich sein, geheuchelt, gezwungen. Darunter wird ein Nein sitzen - voller Leben, viel stärker, und früher oder später wird es dein Ja abschütteln. Laß das Ja von oben kommen, aus einer viel gewaltigeren, größeren Energiequelle. Der Verstand folgt von selbst nach, und wenn der Verstand von sich aus folgt, hat das eine Schönheit und hat es Anmut. Wenn der Verstand aus eigener Einsicht ... Denn jetzt ist der Herr wach, und der Verstand kann sich nicht mehr so wie früher benehmen. Wenn der Verstand aus Einsicht heraus ja sagt, hat es Schönheit.
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WILHELM REICH, EIN TANTRA-MEISTER UNSERER ZEIT
Der deutsche Psychologe Wilhelm Reich stieß auf ein paar innere Geheimnisse der Bioenergetik, und er wandte sie auch in der Behandlung seiner Patienten an. Aber man warf ihm vor, er sei anti-sozial; er wurde eingesperrt und für verrückt erklärt. Was war es, woran Reich gearbeitet hat und woran ist er gescheitert. Was hat ihm gefehlt?
Wilhelm Reich ist einer der wichtigsten Namen in der Welt der Psychologie. Wahrscheinlich wurde er nur von Sigmund Freud an Bedeutung übertroffen. Aber er war dessen jüngster Schüler, und bevor ich deine Frage beantworte, fällt mir da etwas aus dem Leben Sigmund Freuds ein - der einzige Vorfall in seinem langen Leben, der etwas von Zen an sich hat ... Es ist etwas, das im Umkreis aller großen Meister gegenwärtig war, aber in Sigmund Freuds Leben kann man so etwas eigentlich nicht erwarten. Ich möchte es euch aus dem wichtigen Grund erzählen, weil sogar ein Mann wie Sigmund Freud das Potential hat, ein Mystiker zu sein. Daß er die Chance verpaßt hat, steht auf einem anderen Blatt. Wilhelm Reich schrieb ununterbrochen Briefe an Sigmund Freud. Er war jung - vielleicht fünfunddreißig Jahre alt, halb so alt wie Sigmund Freud. Und Sigmund Freud hatte kein Interesse an einem so jungen Menschen. Er hatte viele Jahre seiner Arbeit hinter sich, und er hatte vertraute Kollegen, mit denen er schon lange zusammenarbeitete. Seine Bewegung war schon fast international geworden. Er fühlte sich nicht mehr in der Lage, neue Schüler und neue Verantwortung zu übernehmen, und deshalb wies er ihn ab. Und er wies seinen besten Schüler ab. Aber Wilhelm Reich war ein Deutscher - hartnäckig; keiner konnte ihn einfach so abweisen und damit hat sich's. Er kam zu einer Verabredung mit Freud, die eigentlich abgesagt worden war. Er klingelte, und Sigmund Freud persönlich öffnete die Tür. Sie schauten sich an. Einen Moment waren beide still. Sigmund Freud sagte: „Ich hatte die Verabredung doch abgesagt." Wilhelm Reich sagte: „Aber ich nicht - und zu einer Verabredung gehören schließlich immer zwei. Bisher haben nur Sie abgesagt. Ich von meiner Seite bin immer noch dazu bereit, und
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ich dachte, es ist besser, wenn ich mich einfinde, weil ich die Verabredung nicht abgesagt habe." Sigmund Freud schaute Wilhelm Reich erneut an, als ob er zögerte, als ob er abwägen müßte: „Was tun mit diesem Mann?" Er sagte zu ihm: „Ich bin alt. Sie sind zu jung; ich könnte Ihre Ausbildung nicht zu Ende führen. Und Sie sind womöglich anderer Meinung als ich, zwischen uns liegt eine Generation. Warum wollen Sie also Ihre Zeit verschwenden? Fangen Sie Ihre eigene Sache an. Sie haben meinen Segen." Mit Tränen in den Augen bedankte sich Wilhelm Reich bei Sigmund Freud und ging wieder nach Hause. Er vertiefte sich in die menschliche Energie, die Funktionsweise des Verstandes, die verschiedenen Ebenen des Bewußtseins ... Es war gut, daß er abgelehnt worden war, denn er schloß eine völlig neue Tür auf, und er blieb Sigmund Freud sein ganzes Leben lang dankbar: „Wenn er mich nicht abgewiesen hätte, dann wäre ich jetzt nur ein Freudianer. Damals war ich sehr verletzt, aber ich bin ihm ungeheuer zu Dank verpflichtet, daß er mich allein gelassen hat. Ich mußte aus dem Nichts anfangen, aber ich bin in eine völlig andere Richtung gegangen, und jetzt kann ich sehen, daß Sigmund Freuds ganze Arbeit nur Traumanalyse ist und mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat." Träume sind nur Schatten. Die Psychoanalyse kann dir bestenfalls dazu verhelfen, daß deine Träume normal werden, daß es keine Alpträume mehr sind. Aber mehr als das ist noch nie passiert. Wilhelm Reich fing an, mit der menschlichen Energie zu arbeiten. Und natürlich, wenn du mit der menschlichen Energie arbeitest, dann stößt du unweigerlich auf die Quelle von allem — und das ist die sexuelle Energie. Und kaum rührte er an die sexuelle Energie, da waren alle Religionen gegen ihn, war die
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Regierung gegen ihn, waren die Psychologen gegen ihn, und plötzlich sah er sich in einer sehr seltsamen Lage. Er hatte die Erfahrung gemacht, daß in dem Augenblick, wenn sich zwei Liebende einander nähern, eine magnetische Kraft da ist — wenn wirklich Liebe da ist. Wenn keine Liebe da ist, dann sind es nur zwei Körper, die sich treffen, aber nicht zwei Energien. Er hatte einen wissenschaftlichen Verstand. Er baute eine Box, in der zwei Versuchspersonen miteinander Liebe machen konnten. Er war auf den Gedanken gekommen, daß die Energie, die durch Liebe erzeugt wird, eingefangen und genutzt werden kann. Doch das war eine verzwickte Angelegenheit, denn er konnte nichts Konkretes vorweisen, die Box war leer. Es gab keine Möglichkeit, die biologische Energie zu materialisieren, aber er sammelte alles erdenkliche Beweismaterial. Es kam zum Beispiel jemand, der an Impotenz litt. Wilhelm Reich setzte ihn in die Box, und die Impotenz verschwand, mindestens für ein paar Tage, so als sei seine Batterie neu aufgeladen worden. Dieser Beweis war nur indirekt, aber etwas war doch geschehen — es war wirklich etwas in der Box vor sich gegangen, die Box war nicht leer. Er erklärte den Liebespaaren: „Selbst wenn ihr euch nicht lieben wollt — es genügt, wenn ihr euch einfach zusammen hinlegt und euch aneinander schmiegt, ineinander verschmelzt." Seine Arbeit war ungewöhnlich, schwierig, und sie wurde ihm von der Gesellschaft nur noch schwerer gemacht, weil sie sich sofort daran machten, ihn zu verdammen und behaupteten, er sei mit dem Teufel unter einer Decke — genau wie ich! Und sie sagten, daß man dem Sex entsagen müßte und daß er den Leuten ungewöhnliche Übungen beibrachte.
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Diese ungewöhnlichen Übungen zeigen sein Genie. Er hatte keine Ahnung von Tantra, er war nie im Osten gewesen. Aber die Übungen, die er entdeckt hatte, sind Jahrtausende alt. Er hat sie entdeckt, und Tausende bezeugen, daß sie von ihm geheilt worden sind, denn bald heilte er auch Patienten mit anderen Problemen, nicht sexueller Art. Denn Sexenergie ist reine Energie, sie kann in viele verschiedene Formen umgewandelt werden. Sie kann zu deiner Intelligenz werden, sie kann zu deiner Stille werden. Er begann, Menschen zu behandeln. Die Behandlung war einfach: er setzte sie nur in die Box. Dort mußten sie fünfzehn oder zwanzig Minuten lang bleiben und das in mehreren Sitzungen — und dann waren sie geheilt. Aber die medizinische Wissenschaft wandte sich gegen ihn, mit der Begründung, daß „dieser Mann nicht berechtigt ist, medizinisch tätig zu sein." Das ist die Blindheit der Gesetze. Dieser Mann hat Tausende von Menschen von ungewöhnlichen Krankheiten geheilt, die für die gewöhnliche, offizielle Medizin nicht heilbar waren. Aber das konnte man nicht gelten lassen. Die Frage war, ob er eine gültige Lizenz hatte oder nicht: „War er als Arzt zugelassen?" Wilhelm Reich sagte: „Ich gebrauche keine Medikamente, ich verschreibe nichts. Meine Medizin ist die Box, sonst nichts. Wenn ihr die Box als Medikament bezeichnen wollt, dann sollen die medizinischen Fakultäten eurer Universitäten doch nachweisen, welche Art von Medikament sie enthält. Aber wenn ich euch auffordere zu untersuchen, was ich entdeckt habe, dann haket ihr mich für verrückt; und wenn ich Menschen heile, dann bin ich ein Verbrecher. Ich habe niemandem geschadet." Aber die Mediziner, die christliche Kirche, die Regierung, alle strengten sie Prozesse gegen ihn an. Man kann jemanden wegen allem möglichen verklagen — die Anklage mag noch so falsch
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oder unbegründet sein, wenigstens kann man die betroffene Person damit jahrelang belästigen. So viele Verfahren ... und der Mann wurde so angespannt, und niemand unterstützte ihn, nicht einmal Leute aus seinem eigenen Beruf. Sie waren gegen ihn, weil es für ihre Psychoanalyse das Ende bedeutet hätte, wenn seine Energie-Box Erfolg haben sollte. Die Medizin ist nicht dazu bereit, jemanden zu akzeptieren, der keine Examen vorweisen kann. Seine Freunde ließen ihn im Stich. Es war eine solche Qual für ihn, denn er wußte, er hatte etwas ungeheuer Wertvolles für die Menschheit gefunden, mußte aber gleichzeitig erkennen, daß er niemanden davon überzeugen konnte. Er überzeugte alle nur davon, daß er verrückt war. Man lachte ihn lediglich aus, machte Karikaturen von ihm, brachte ihn vor Gericht. Schließlich wurde er verhaftet, weil er ohne Zulassung praktizierte. Da könnt ihr sehen, wie durchtrieben die Welt ist. Er praktizierte gar nicht als Arzt, er arbeitete als Heiler — das wäre der richtige Ausdruck, denn man kann nicht sagen, er habe als Arzt praktiziert. Er hatte niemandem geschadet, und er hatte sich angeboten, mit jedem beliebigen Forschungsteam zusammenzuarbeiten. Er war jederzeit bereit, über all das zu reden, was er entdeckt hatte. Aber seine Entdeckungen verstießen gegen das Christentum, seine Entdeckungen verstießen gegen eure sogenannte Moral. Seine Entdeckungen verstießen gegen eure gesamte soziale Struktur, Erziehungsstruktur, politische Struktur. Er war einer der größten Revolutionäre, die es je gegeben hat, und er ist unbekannt, ungeachtet und ohne Andenken geblieben. Und im Gefängnis müssen sie ihn ungeheuer gequält haben. Er war kein Mann, der so leicht zerbricht; er war ein sehr ausgeglichener Mensch, und diejenigen, die ihn kannten, haben bezeugt,
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daß es nur wenige gibt, die so stark, so in sich gefestigt und mit beiden Beinen auf der Erde sind, wie er es war — aber im Gefängnis wurde er verrückt. Ich habe den Verdacht, daß man ihn mit Absicht in den Wahnsinn getrieben hat. Es ist ganz leicht, einen Menschen zum Wahnsinn zu treiben, wenn man alle Hebel in der Hand hat und der betroffene Mensch völlig hilflos gemacht worden ist. Als er verrückt wurde ... So ist die Welt: Als er auf dem Gipfel seines Erfolges stand, gab es Freunde für ihn, da gab es Kollegen, da gab es eine schöne Frau, die ihn liebte. Aber als er aus dem Gefängnis herauskam, ließ sich die Frau von ihm scheiden, die Freunde verschwanden, die Kollegen machten ihm deutlich, daß sie keine Verbindung mehr mit ihm wollten, denn schon allein mit ihm in Verbindung zu stehen, löste Argwohn aus. Es ist traurig, daß er starb, und ich behaupte, daß man ihn gezwungen hat zu sterben. Wenn man einen Menschen derartig boykottiert, daß er zu einer Insel im großen Meer der Menschheit wird — abgesondert, isoliert, ohne jeden Umgang, von allen für verrückt gehalten, dann ist es ganz natürlich, daß sein Lebenswille erlöscht. Er ging ein und starb. Und es ist merkwürdig, daß seine Arbeit nach seinem Tod da stehen blieb, wo er aufgehört hatte. Sie birgt unermeßliche Möglichkeiten. Sie muß weiterentwickelt werden, sie muß in Zusammenarbeit mit Tantra weiterentwickelt werden. Ich nenne Wilhelm Reich einen modernen Tantra-Meister, obwohl er selbst sich dessen nicht bewußt war. Vielleicht hat er in seinen früheren Leben die Geheimnisse des Tantra kennengelernt, denn in seiner Arbeit waren die Geheimnisse des Tantra enthalten. Ihr werdet es nicht glauben, aber in Indien gab es einmal, vor
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zweitausend Jahren, eine ganz besondere Gruppe von Tantrikerii, die zweihunderttausend Mitglieder hatte. Sie lebten nackt. Jedes Paar benutzte ein gemeinsames Gewand. Sie hatten nur ein loses Gewand, in das sie sich hüllten und das aus einer speziellen Seide gemacht war, die keinerlei Energie nach außen ausstrahlte oder von außen eindringen ließ. Wenn sie zum Betteln gingen, oder wohin sie auch gingen, sie blieben immer zusammen, nackt, in ihrem gemeinsamen Gewand. Was sie da machten, war ein großes Experiment, die weibliche und die männliche Bioelektrizität miteinander zu vermischen und zu verschmelzen. Denn eine Vereinigung dieser Bioelektrizität kann euch helfen, in tiefe Meditation zu gehen, ohne erst einen großen Kampf mit den Gedanken ausfechten zu müssen. Einhunderttausend Paare waren es und Raja Bhoj, der damalige König, war darüber außer sich vor Wut: „Das macht unsere ganze Moral zunichte, unsere Kinder werden verdorben. Die Kinder werden es sehen, und sie werden uns fragen, was das für Leute sind — nackt in einem einzigen Gewand. Diese Leute untergraben unsere ganze Religion und Sitte." Bhoj beschloß, sie alle zu töten. Einhunderttausend Paare, das sind zweihunderttausend Menschen, wurden im ganzen Land umgebracht und bei lebendigem Leib verbrannt. Nicht ein einziges Paar hat überlebt; ihre Literatur wurde verbrannt, ihre Tempel wurden niedergebrannt. Niemals vorher oder nachher ist irgendeine Tradition dermaßen brutal ausgemerzt worden, so unmenschlich vernichtet worden. Aber wenn du das Thema Sex zur Sprache bringst, verärgerst du sofort all diejenigen, die an der Macht sind. Denn keiner, der an der Macht ist, will jemals, daß die Menschen ihre Sexualität optimal ausleben. Sie wollen, daß ihr sexuell auf dem Minimum
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bleibt, denn nur dann können sie euch beherrschen. Wenn ihr euer Maximum lebt, dann habt ihr eine solche Stärke, eine solche Intelligenz, dann seid ihr ein Fels, den man nicht zerstören kann. Jeder, der versucht, euch zu zerstören, wird sich nur selbst zerstören. Wilhelm Reich wird eine Renaissance haben, denn was er getan hat, war absolut wissenschaftlich. Kein Christentum kann es aufhalten, keine Regierung kann es aufhalten. Und vielleicht ... Ich habe so viele Sannyasins, die in Psychologie ausgebildet sind und in Psychoanalyse, in analytischer Psychologie und anderen Richtungen. Vielleicht machen sich einige meiner Sannyasins daran, die Arbeit Wilhelm Reichs wieder aufzunehmen Er gehört zu uns. Ich gebe ihm nachträglich Sannyas.
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NICHTS IST THERAPEUTISCHER ALS LIEBE
Ist es für mein eigenes spirituelles Wachstum gefährlich, die Rolle eines Therapeuten zu übernehmen? Ist es möglich, anderen Menschen zu helfen und gleichzeitig zuzulassen, daß sich mein eigenes Ego auflöst? Ich fühle, daß sich in meinem Inneren ein subtiler Kampf abspielt: Der eine Teil ist klar, und der andere Teil will nichts mit Klarheit zu tun haben. Kannst du bitte etwas dazu sagen?
Die Rolle eines Therapeuten ist eine sehr heikle und komplexe Angelegenheit. Grundsätzlich leidet der Therapeut unter den gleichen Problemen, bei denen er anderen Menschen helfen will. Der Therapeut ist nur ein Techniker. Er kann sich leicht aufspielen und sich selber vormachen, ein Meister zu sein. Das ist die größte Gefahr des Therapeutenseins. Aber es genügt schon ein bißchen Einsicht, und alles sieht anders aus. Erstens: denke nicht, du müßtest anderen helfen. Das verleitet dich zu der Vorstellung, ein Retter zu sein, ein Meister zu sein — und das Ego kommt durch die Hintertür wieder herein. Du wirst wichtig, du bist der Mittelpunkt der Gruppe, alle schauen zu dir auf. Gib den Gedanken auf, helfen zu wollen. Statt „helfen" sag lieber „teilen". Du teilst mit den anderen deine Erkenntnisse, was immer du zu geben hast. Der Teilnehmer ist nicht jemand, der weniger wert ist als du. Der Therapeut und der Therapierte sitzen beide im gleichen Boot; nur daß der Therapeut ein bißchen mehr gelernt hat. Sei dir der Tatsache bewußt, daß dein Wissen geborgt ist. Vergiß keinen einzigen Augenblick lang, daß nichts von alledem, was du weißt — egal auf welchem Gebiet — deine eigene Erfahrung ist, und das wird denen helfen, die an deiner Gruppe teilnehmen. Der Mensch ist ein sehr subtiler Mechanismus. Die Sache wirkt sich auf beiden Seiten aus: Der Therapeut fängt an, den Meister zu spielen, und anstatt zu helfen, zerstört er etwas im Teilnehmer, denn der Teilnehmer lernt nun auch nur die Technik. Es kommt keine liebevolle, teilnehmende Freundlichkeit zustande, keine Atmosphäre von Vertrauen, sondern vielmehr die Einstellung: „Du weißt mehr, ich weiß weniger. Wenn ich an ein paar Therapiegruppen teilgenommen habe, dann weiß
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ich genauso viel wie du." Die Teilnehmer werden ganz allmählich selber zu Therapeuten, denn man muß dafür kein Diplom vorweisen, wenigstens ist es in vielen Ländern so. In ein paar Ländern hat man angefangen, alle möglichen nicht anerkannten Therapien für ungesetzlich zu erklären. Nur wenn man sich an einer Universität als Therapeut qualifiziert hat — in Psychoanalyse, in Psychotherapie — kann man dort jetzt anderen Menschen in Therapiegruppen helfen. Das wird bald in fast allen anderen Ländern der Welt der Fall sein, denn Therapie ist zu einem Geschäft geworden, das von Leuten ohne Qualifikation dominiert wird. Sie beherrschen zwar die Technik, denn eine Technik kann jeder erlernen; durch die Teilnahme an ein paar Gruppen lernen sie alle Techniken kennen. Dann brauen sie ihre eigene Mischung, und es gibt keine Möglichkeit, das zu kontrollieren. Aber vergiß nicht: Sobald du die Rolle eines Helfers spielst, wird dir derjenige, dem du helfen willst, niemals verzeihen. Du hast seinen Stolz verletzt, du hast sein Ego verletzt. Das war zwar nicht deine Absicht ... du wolltest lediglich dein eigenes Ego etwas aufblasen, aber das geht nur, indem du das Ego der anderen verletzt. Du kannst dein eigenes Ego nicht aufblasen, ohne damit das Ego der anderen zu verletzen. Dein größeres Ego braucht mehr Raum, und die anderen müssen ihren Raum aufgeben und ihre Persönlichkeit einschränken, um mit dir zu existieren. Von Anfang an wird jemand, der authentisch und liebevoll ist ... und ich bestehe absolut auf diesem Punkt: daß nichts therapeutischer ist als Liebe. Techniken können hilfreich sein, aber das wirkliche Wunder geschieht durch Liebe. Liebe die Menschen, die an einer Therapiegruppe teilnehmen, und sei einer von ihnen, ohne den geringsten Anspruch, höher zu stehen oder heiliger zu sein.
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Mach es von Anfang an klar: „Wir benutzen hier Techniken, die ich gelernt habe, und ein bißchen davon ist auch meine eigene Erfahrung. Ich werde euch die Techniken vorstellen, und ich werde meine Erfahrung mit euch teilen. Aber ihr seid nicht meine Schüler; ihr seid Freunde, und ihr seid in Schwierigkeiten. Ich habe ein bißchen Einsicht, nicht viel, aber ich kann sie mit euch teilen. Vielleicht haben viele unter euch eigene Einsichten aus anderen Gebieten, aus anderen Richtungen, und können ihre Erfahrungen beisteuern und damit die Gruppe bereichern." Mit anderen Worten, ich spreche hier von einem völlig neuen Therapiebegriff. Der Therapeut koordiniert lediglich. Er versucht nur, die Gruppe zu mehr Stille, zu mehr Gelassenheit zu bringen; er hält ein Auge darauf, daß nichts schiefläuft. Er ist eher eine Aufsicht als ein Meister. Und was du außerdem klarmachen mußt: „Auch ich selbst lerne dazu, während ich versuche, euch meine Erfahrung mitzuteilen. Wenn ich zuhöre, dann sind da nicht nur eure Problem; es sind auch meine Probleme. Und wenn ich etwas sage, dann sage ich es nicht nur, sondern ich höre ebenfalls zu." Und tatsächlich bekommen die anderen mehr Zutrauen zu dir, lieben dich mehr und vertrauen dir mehr, wenn du deine Geheimnisse, deine Schwächen, deine eigene Verletzlichkeit offen mit ihnen teilst. Dein Vertrauen ruft ihr Vertrauen in dich hervor, und wenn sie sehen, wie unschuldig und offen und zugänglich du bist, dann öffnen sie sich. Es ist eine Kettenreaktion. Aber wenn du zum Meister wirst ... und ein paar idiotische Therapeuten sind tatsächlich zu Meistern geworden! Sie haben keine Ahnung von ihrem eigenen Sein, sie haben keine Ahnung von den Mysterien der Existenz; alles, was sie können, ist ein gewisses Spiel mit dem Verstand. Dieses Spiel mit dem Verstand
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kann eine Hilfe sein, wenn du dich letztlich an einem Menschen orientierst, der schon angekommen ist. Was bei einer Therapiegruppe ganz sicher herauskommen kann, sind ein bißchen mehr Klarheit und ein bißchen weniger Verwirrung. Aber eine Therapiegruppe ist nicht das Ziel. Sie ist nur der Anfang. Sie ist eine Vorbereitung zur Meditation, genauso wie Meditation eine Vorbereitung zur Erleuchtung ist. Wenn du die Dinge in ihrer simplen Logik verstehst, dann wirst du es nicht schwer finden, und du wirst mehr Spaß an der Gruppe haben, weil die Gruppe in der Lage sein wird, zusammen mit dir tiefer zu gehen. Du wirst nicht nur ein Lehrer in der Gruppe sein; du wirst auch ein Lernender sein. Es gibt einen wunderschönen Satz von Almustafa, Kahlil Gibrans Propheten. Als ihn jemand bittet: „Sprich zu uns über das Lernen ..." sagt er: „Weil du mich gefragt hast, werde ich sprechen. Aber vergiß nicht — ich spreche zwar, aber ich höre auch mit euch zu. Ich bin hier auf dem Podium, aber ich sitze auch unter euch. Ich bin in keiner Weise besonders." Dadurch kommen sich die Menschen näher. Wer sich brüstet, etwas Besonderes zu sein, kreiert eine Distanz; jeder Versuch, das eigene Ego zu befriedigen, zerstört die Atmosphäre von Liebe. Und ich wiederhole noch einmal: Es gibt keine größere Therapie als die Liebe. Liebe die Menschen, die an deiner Gruppe teilnehmen. Liebe sie so, wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. Sie haben ihr ganzes Leben lang unter allen möglichen Religionen, unter politischen, sozialen, theologischen, philosophischen Führern gelitten, die sie nur dann lieben, wenn sie ihnen folgen, die sie nur dann liehen, wenn sie zu bloßen Abziehbildern ihrer eigenen Vorstellungen werden. Sie lieben euch nur dann, wenn sie euch völlig umgebracht
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haben, wenn sie euch demoliert haben und nach ihren eigenen Vorstellungen wieder zusammengesetzt haben. Das erinnert mich an die Behauptung eines bedeutenden Arztes, der mein Freund ist. Ich weiß nicht, ob er noch lebt, ich habe in den letzten sechs Jahren nichts mehr von ihm gehört. Er war der prominenteste Arzt in der Stadt, in der ich wohnte, bevor ich zunächst nach Bombay und dann nach Poona gezogen bin. Er sagte zu mir: „Meine ganze Lebenserfahrung ist die, daß die Funktion des Arztes nicht ist, den Patienten zu heilen. Der Patient heilt sich selbst; der Arzt schafft lediglich eine Atmosphäre der Liebe, die aufmuntert. Der Arzt gibt ihm einfach Zuversicht und belebt seine Sehnsucht weiterzuleben. All seine Arzneien helfen nur in zweiter Linie." Aber wenn der Patient seinen Lebenswillen verloren hat, dann hilft keine Medizin, nichts — das war die Erfahrung seines ganzen Lebens als Arzt. Der Therapeut befindet sich in der gleichen Situation. Es liegt nicht in seinen Händen, die psychologischen Störungen anderer Menschen zu heilen. Er kann lediglich eine liebevolle Atmosphäre schaffen, in der sie ihre unterdrückten, unbewußten Vor-. stellungen, Repressionen, Halluzinationen und Begehren offen ausdrücken können, ohne befürchten zu müssen, daß die anderen sie auslachen, sondern in der absoluten Gewißheit, daß sie von allen Mitgefühl und Liebe bekommen werden. Die ganze Gruppe sollte als therapeutische Situation fungieren. I )er Therapeut koordiniert darin nur. Er bringt psychologisch kranke oder gestörte Menschen zusammen und achtet nur darauf, daß nichts schiefgeht. Und wenn er ihnen mit einer Idee, mit ein bißchen Einsicht, mit einer Beobachtung aushelfen kann, dann sollte er immer }darstellen: „Dies alles ist nur mein angelerntes Wissen, es ist nicht meine eigene Erfahrung." Es sei denn, du hast die Erfahrung gemacht.
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Wenn du offen, aufrichtig, ehrlich und authentisch bist, dann wirst du nie in die Falle gehen, zu einem Meister oder Retter zu werden — und in diese Falle geht man leicht. Sobald du zum Meister oder Retter wirst, ohne einer zu sein, hilfst du diesen Menschen nicht einmal. Du profitierst lediglich von ihnen — von ihren Schwächen, von ihren Schwierigkeiten. Die psychoanalytische Bewegung ist heute dasjenige Experiment, das am meisten Menschen ausbeutet. Keinem Menschen wird wirklich geholfen; sie werden alle nur ungeheuer ausgebeutet. Und niemandem wird geholfen, denn der Psychoanalytiker, der Psychotherapeut ... Die Psychologie hat sich in viele verschiedene Richtungen verzweigt, aber ihre Arbeit bleibt immer die gleiche: Sie reduzieren dich zu einem Patienten und sie selbst sind die Ärzte. Und das Problem ist, daß sie selbst unter genau den gleichen Krankheiten leiden. Jeder Psychoanalytiker geht fast zweimal jährlich zu einem anderen Psychoanalytiker, um sich helfen zu lassen. Es ist eine große Verschwörung. Wenn du dir allen möglichen Wahnsinn anhörst, mußt du zwangsläufig selber wahnsinnig werden, es sei denn, du bist über den Verstand und seine Probleme hinaus. Ganz allmählich beginnst du, unter den gleichen Problemen wie deine Patienten zu leiden. Nicht du machst sie gesund, sondern sie machen dich krank. Aber die Verantwortung dafür liegt bei dir. Der Therapeut sollte im Dienst des Lebens stehen. Er muß lebensbejahende Werte schaffen, indem er selbst sie lebt, indem er in die Stille seines Herzens eintaucht. Je tiefer du in dir selbst ruhst, desto tiefer kannst du in das Herz des anderen dringen. Es ist genau das gleiche, denn dein Herz und das Herz des anderen sind nicht sehr verschieden. Wenn du dein Wesen verstehst, dann verstehst du das Wesen aller anderen Menschen. Und dann begreifst du, daß du selbst auch töricht
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warst, du selbst genauso ignorant warst, selbst auch viele Male gefallen bist, selbst auch Verbrechen gegen dich und andere begangen hast. Und wenn andere Menschen es immer noch tun, ist es völlig unnötig, sie deswegen zu verurteilen. Sie müssen darauf aufmerksam gemacht werden, und dann sich selbst überlassen werden. Du darfst sie nicht in eine bestimmte Schablone pressen. Dann ist es eine Freude, Therapeut zu sein, denn du lernst das Innere der Menschen kennen — einen der geheimsten Schlupfwinkel des Lebens. Und wenn du die anderen kennenlernst, lernst du auch dich selbst besser kennen. Es ist ein Teufelskreis; leider gibt es kein anderes Wort — sonst würde ich das Wort ‚Teufel" nicht gebrauchen ... Erlaubt min einen neuen Ausdruck zu prägen: es ist ein „Himmelskreis". Du öffnest dich deinen Patienten oder Gruppenteilnehmern, und sie öffnen sich dir. Das hilft dir, dich mehr zu öffnen, und das wiederum hilft ihnen, sich mehr zu öffnen. Bald gibt es keinen Therapeuten und keinen Patienten mehr, sondern nur eine liebevolle Gruppe von Menschen, die einander helfen. Aber erinnere dich wieder und wieder daran: Therapie an sich ist unvollständig. Selbst die perfekteste Therapie ist nur ein erster Schritt. Ohne den zweiten Schritt ist sie völlig bedeutungslos. Überlasse also die Patienten an dem Punkt sich selbst, wo sie beginnen, sich auf Meditation hinzubewegen. Deine Therapie ist nur dann vollständig, wenn deine Patienten beginnen, sich über Meditation zu erkundigen. Erwecke in ihren Herzen eine große Sehnsucht nach Meditation, und sage ihnen, daß auch Meditation nur ein Schritt ist — der zweite Schritt. Auch sie ist an sich nicht genug, solange sie nicht zur Erleuchtung führt. Erleuchtung ist der Höhepunkt all dieser Bemühungen.
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Ein Jude aus Odessa sitzt in einem Abteil mit einem zaristischen Offizier, der ein Schwein bei sich hat. Um den Juden zu ärgern, ruft er das Schwein ständig mit dem Namen Moses. „Moses! Sei ruhig! Moses! Komm hierher! Moses! Geh dort hin!" Und so geht es die ganze Reise bis nach Kiew. Schließlich hat es der Jude satt und sagt: „Wissen Sie, Hauptmann, es ist jammerschade, daß Ihr Schwein einen jüdischen Namen hat" „Und weshalb, wenn ich fragen darf, Jude?" fragt der Offizier hämisch. „Nun, sonst hätte aus ihm ein. prächtiger Offizier in der Armee des Zaren werden können!" Alles hat seine Grenzen. Mache ganz deutlich, daß die Grenze der Therapie da liegt, wo Meditation beginnt und daß die Grenze der Meditation da liegt, wo Erleuchtung beginnt. Und Erleuchtung ist kein Schritt, der noch irgendwo anders hinführt: Du verschwindest ganz einfach i m universellen Bewußtsein, du wirst zu einem Tautropfen, der vom Lotusblatt gleitet, hinein in den Ozean. Und das ist die höchste Erfahrung ... Sie gibt dem Leben endlich einen Sinn, eine Bedeutung. Sie läßt dich Teil des Universums werden, von dem dich dein Ego abgetrennt hatte. Und es ist so einfach, so einfach wie diese Stille ... Niemand käme auf die Idee, daß hier Tausende von Menschen
Es gibt einhundertzwölf Meditationstechniken_ Sie machen den Eindruck, als unterschieden sie sich voneinander, und man kann sich fragen: „ Wie können all diese verschiedenen Methoden zur Meditation führen?" Aber es ist wahr. So wie der Faden, der sich durch eine Blurnenvirlande zieht, nicht sichtbar ist und man nur die Blumen sieht, so haben auch jene einhundertundzwölf Blumen alle den gleichen Faden. Dieser Faden heißt Zeuge-Sein, Sehen, Beobachten, Bewußtheit. Hilf also den Patienten, so gut du kannst, ihre Probleme zu verstehen, aber mach ihnen klar: „Auch wenn diese Probleme jetzt gelöst sind, bleibst du trotzdem noch derselbe. Morgen wirst du dir wieder die gleichen Probleme schaffen — vielleicht auf eine andere Art, mit anderer Färbung." Deine Therapie sollte also nichts weiter sein, als eine Öffnung zur Meditation_ Dann hat deine Therapie einen ungeheuren Wert. Anderenfalls ist sie nichts als ein Spiel des Verstandes.
zusammensitzen_ Du mußt einfach nur in die richtige Richtung gehen. Mit ein bißchen Sinn für die richtige Richtung kannst du aus allem ein Sprungbrett zu höheren Bewußtseinsebenen machen. Ich habe von jeher alles benutzt, aber meine Richtung ist immer die gleiche geblieben. Ich habe viele verschiedene Meditationstechniken benutzt. Nach außen hin sehen sie alle verschieden aus.
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TEIL III DIE PSYCHOLOGIE DER BUDDHAS
Aus meiner Sicht ist der Verstand als solcher krank Erst wenn du darüber hinaus gehst, kannst du dem armen Verstand helfen, gesund zu werden. Du bist zu sehr mit ihm identifiziert. Der kürzeste Weg zu deinem Sein ist der, nicht mit dem Verstand identifiziert zu sein. Und dein Sein ist immer gesund, es weiß nicht, was Krankheit ist. Genau wie der Verstand keinen Frieden kennt, weiß dein Wesen nicht, was Spannungen, Sorgen und Qualen sind. Es geht also darum, deine ganze Energie, den Brennpunkt deiner ganzen Aufmerksamkeit, vom Kopf auf das Sein zu verlagern. Dieses große Verlagern deiner Aufmerksamkeit, deiner Bewußtheit - das nenne ich die Psychologie der Buddhas.
DAS GEHIRN IST NATÜRLICH, NUR DER VERSTAND IST VERGIFTET
Was ist die „Psychologie der Buddhas?" Das klingt wie eine Wissenschaft nur für Erleuchtete, die ihre Schüler im richtigen Moment ziehen, stoßen, locken, hauen oder küssen müssen, damit diese nicht ins Wanken oder Stocken oder in sonstige Fallen geraten. Kannst du uns bitte ein paar von den Dingen enthüllen, die du in den letzten dreißig Jahren entdeckt hast?
Die Frage, die du gestellt hast, ist grundsätzlich nicht zu beantworten. Aber ein paar Hinweise, ein paar Winke, können sicherlich gegeben werden — in der absoluten Gewißheit, daß ihr den springenden Punkt nicht begreifen werdet. Aber das ist nicht mein Problem. Ich werde mein Bestes tun. Was euch betrifft, wenn ihr einfach passiv und still sein könnt und so zuhören könnt, als würdet ihr dem Gesang der Vögel lauschen, ohne zu interpretieren, dann tut sich euch vielleicht eine gewisse Tür auf. Es kommt ganz auf euch an. Der Vorgang ist nicht sehr schwierig, es ist nur eine alte Sucht. Wir können nicht einfach zuhören, so wie wir der Musik zuhören. Sofort müssen wir reagieren, interpretieren, dahinter kommen. Wir verlieren uns in eigenen Gedanken, und die Musik zieht vorbei. Als erstes ... So wie ich den Ausdruck „Psychologie der Buddhas" immer benutze, bedeutet er nicht, was er bedeutet. Der erleuchtete Mensch ist über alles Denken hinaus gegangen. Vielmehr ist sein Denken so verblaßt, wie Träume verblassen. Alle Psychologien im Westen wollen unbedingt herausfinden, wie der Verstand funktioniert, wie er arbeitet, warum er manchmal richtig funktioniert und manchmal nicht. Sie haben eine fundamentale Hypothese akzeptiert, die nicht wahr ist: die Hypothese, daß du nichts weiter bist als Verstand, daß du eine psychosomatische Struktur bist. Natürlich schaut sich dann die Physiologie deinen Körper und seine Funktionsweise an und die Psychologie deine Psyche und ihre Funktionsweise. Hierzu ist als erster Punkt anzumerken, daß es Menschen gibt, die einen ganz anderen Raum in ihrem Inneren kennengelernt haben, einen Raum, der sich nicht auf den Verstand beschränken läßt, und der sich nicht als eine seiner Funktionen definieren läßt. Jener stille Raum ohne Gedanken, ohne Wellen ist der Beginn der Psychologie der Buddhas.
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Das Wort Psychologie wird überall auf der Welt absolut falsch gebraucht, aber wenn sich erst einmal etwas eingebürgert hat, werden wir vergeßlich. Schon das Wort Psychologie verweist nicht auf etwas, das mit dem Verstand zu tun hat, sondern auf etwas, das mit der Psyche zu tun hat. Psychologie bedeutet ursprünglich „Wissenschaft von der Seele" — nicht Wissenschaft vom Verstand. Und wenn man ehrlich wäre, würde man diese Bezeichnung ändern, denn wie sie jetzt ist, ist sie falsch und führt die Menschen in die Irre. Nirgendwo auf der ganzen Welt wird Psychologie als Wissenschaft von der Seele betrieben. Ihr besteht — das ist jetzt willkürlich gesagt, nur um es verständlicher zu machen — aus drei Teilen. Aber vergeßt nicht: diese Unterteilung ist rein willkürlich; der Mensch ist eine unteilbare Einheit. Der Körper ist eure Außenseite. Er ist ein ungeheuer wertvolles Instrument, das euch die Existenz mitgegeben hat. Ihr habt der Existenz noch nie für euren Körper gedankt. Ihr seid euch nicht einmal bewußt, was er unaufhörlich für euch tut, siebzig Jahre lang, achtzig Jahre lang, an manchen Orten sogar einhundertfünfzig Jahre lang und in ein paar ganz entlegenen Gegenden der Sowjetunion sogar bis einhundertachtzig Jahrelang ... Was mich zu der Feststellung veranlaßt, daß die übliche Auf: fassung, der Körper müsse im Alter von siebzig Jahren sterben, nicht Tatsache, sondern Einbildung ist. Aber diese Denkweise ist heute so weit verbreitet, daß sich der Körper inzwischen darauf eingestellt hat. Von George Bernard Shaw wird erzählt, daß er sich kurz vor seinem neunzigsten Lebensjahr, zum großen Erstaunen seiner Freunde, nach einem Haus außerhalb Londons umsah; sein ganzes Leben lang hatte er in London gelebt! Sie fragten ihn: „ Wozu? Du hast doch ein tolles Haus, mit allem Komfort; warum suchst du dir einen neuen Wohnort? Und noch dazu auf
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eine so seltsame Art und Weise ... es gibt hier und da Leute, die dich schon für senil halten." Er fuhr nämlich in den Dörfern herum, und dann ging er nicht etwa in den Ort, sondern immer nur auf den Friedhof und studierte dort die Grabinschriften. Schließlich entschied er sich für ein Dorf, wo auf einem Grabstein geschrieben stand: „Der hier ruht, starb viel zu früh — er war erst einhundertundzwölf." Shaw erklärte seinen Freunden: „Wenn ihr mich fragt, ich halte die ganze Welt für hypnotisiert ... denn das mit den siebzig Lebensjahren, das wird schon seit so vielen Jahrtausenden behauptet, daß sich unser Körper jetzt darauf eingestellt hat. Wenn es ein Dorf gibt, wo ein Mann mit einhundertundzwölf Jahren stirbt, noch dazu nach Meinung der Dorfbewohner viel zu früh, lange bevor seine Zeit gekommen ist ..." Jedenfalls verbrachte George Bernard Shaw die letzten Jahre seines Lebens in diesem Dorf und machte ein Jahrhundert voll. In Kaschmir, in dem pakistanischen Teil, werden die Menschen his zu einhundertundfünfzig Jahre alt, ohne jedes Problem. Und das einfach deshalb, weil ihre Vorstellung nicht von dem Begriff der siebzig Jahre vergiftet wurde. In Aserbaidschan, in Usbekistan, in ganz abgelegenen Winkeln der Sowjetunion, leben die Menschen mindestens einhundertundachtzig Jahre lang, und zwar nicht nur einige wenige — Tausende von Menschen haben es bis zu solchen Zahlen geschafft, und sie sind immer noch jung dabei. Sie leben noch nicht im Ruhestand, sie arbeiten mit, auf Feldern und in Gärten. Ich erwähnte das einmal gegenüber einem meiner Professoren. Fr glaubte mir nicht. Er sagte: „Ich bin Professor für Philosophie und Psychologie, und ich bin nicht deiner Meinung, daß die ganze Menschheit nur aufgrund einer psychologischen Konditionierung stirbt."
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Ich sagte: „Ich will es dir beweisen." Er sagte: „Wie meinst du das?" Ich sagte: „Du brauchst nur ein paar Tage zu warten, denn mit Argumenten ist so etwas nicht zu beweisen. Du brauchst handfeste Beweise." Ein paar Tage später ... er lebte in einem Teil des Universitätsgeländes, der fast zwei Kilometer von der philosophischen Fakultät entfernt lag. Er erfreute sich bester Gesundheit, er ging i mmer zu Fuß zur Fakultät und nach Hause zurück. Ich ging zu seiner Frau und bat sie: „Bitte tun Sie mir einen Gefallen. Morgen früh, wenn Professor S.S. Roy aufwacht, fragen Sie ihn bitte einfach: , Was ist los? Hast du nicht gut geschlafen? Du siehst so blaß aus, hast du Fieber?'" Und er wies das absolut von sich: „Was redest du da für Unsinn? Ich bin völlig in Ordnung. Ich habe kein Fieber und habe gut geschlafen. Ich fühle mich ausgezeichnet." Ich hatte seine Frau gebeten, genau aufzuschreiben, was er sagen würde, ich wollte diese Notizen später einsammeln. Seinen Gärtner bat ich: „Wenn er aus dem Haus kommt, sagen Sie ihm einfach: ,Was ist denn mit Ihnen los? Sie sehen so krank aus.' Und vergessen Sie nicht aufzuschreiben, was er sagt." Und zu seinem Gärtner hatte er gesagt: „Anscheinend habe ich heute Nacht nicht gut geschlafen." Das nächste Haus, an dem er vorbei mußte, war die Post. Der Postmeister war ein Freund von ihm, und ich hatte dem Postmeister vorher gesagt: „Sie müssen mir einen Gefallen tun." Er hatte geantwortet: „Aber was führen Sie denn im Schilde?" Ich hatte ihm gesagt: ,,Es geht um eine Auseinandersetzung zwischen mir und Professor S.S. Roy, und ich will ihm einen Beweis liefern. Die ganze Geschichte werde ich Ihnen dann später erzählen. Sie brauchen nur eines zu tun: wenn Professor
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S.S. Roy hier an der Post vorbeikommt, dann kommen Sie heraus — halten Sie ihn einen Augenblick bei der Hand, und sagen Sie ihm: „Du siehst aber heute wackelig aus, du gehst besser nicht zur Universität. Ich werde den stellvertretenden Direktor benachrichtigen, daß es dir nicht gut geht." S.S. Roy hatte gesagt: „Ich hatte auch schon daran gedacht, lieber nicht zu gehen. Offenbar ist mit meinem Körper wirklich etwas nicht in Ordnung." Und als letzten mußte ich noch den Dienstboten der philosophischen Fakultät überreden, denn er saß i mmer genau am Eingang der Fakultät. Er ließ sich nur schwer überreden, aber er wußte, wie sehr mich Professor S.S. Roy liebte; es war ausgeschlossen, daß ich böse Absichten gegen ihn hegte. Ich sagte ihm: „Sobald Sie ihn ankommen sehen, springen Sie nur auf, halten Sie ihn fest. Und wenn er sich wehrt, kümmern Sie sich nicht danim; sagen Sie ihm, er soll sich auf diese Bank hinlegen, und sagen Sie ihm: ,Das ist wohl nicht der richtige Moment für Sie, zwei Kilometer zu Fuß zu gehen, Sie sind ja ganz krank." Er wand sich: „Aber ich bin ein Dienstbote, ein armer Mann." Ich sagte: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ich garantiere Ihnen voll und ganz, daß Sie deswegen nicht in Schwierigkeiten kommen werden. Vergessen Sie nur nicht aufzuschreiben, was er sagt, und merken Sie sich auch gut, ob er sich wehrt oder nicht." Er wehrte sich nicht. Er befolgte lediglich den Rat des Dienstboten, legte sich auf die Bank nieder und sagte dem Dienstboten: „ Wenn Sie bitte den Dienstwagen kommen lassen würden, und sagen Sie dem Fahrer, er möchte mich nach Hause bringen ... denn ich glaube nicht, daß ich in der Lage wäre, die zwei Kilometer zurück zu Fuß zu gehen. Ich fühle mich völlig krank." Und hinterher sammelte ich all diese Notizen ein. S.S.Roy lag
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auf einer Couch, eine Couch wie sie Psychoanalytiker für ihre Patienten benutzen, und er sah aus, als wäre er schon seit Monaten krank. Sogar seine Stimme erweckte diesen Eindruck — sie war nur noch ein Flüstern. Ich sagte ihm: „Du bist zweifellos sehr krank, aber wie hast du es bloß geschafft, innerhalb einer einzigen Nacht so krank zu werden, daß du aussiehst, als wärst du schon monatelang krank? Gestern abend, als wir uns verabschiedet haben, warst du noch völlig in Ordnung." Er sagte: „Ich bin genauso ratlos wie du." Ich sagte ihm: „Kein Grund zur Ratlosigkeit, lies diese Notizen!" Während er las — angefangen bei den Notizen seiner Frau, bis hin zu denen des Dienstboten — wurde er plötzlich wieder ganz gesund. Er sagte: „Was bist du bloß für ein Kerl! Man fängt besser erst gar keine Auseinandersetzungen mit dir an! Du hättest mich umbringen können. Ich war schon kurz davor, mein Testament zu schreiben." Ich sagte: „Das ist die Antwort auf das, worüber wir vor ein paar Tagen miteinander geredet haben — der Körper richtet sich nach den Vorstellungen, die ihm der Verstand vorgaukelt." Die siebzig Jahre haben sich praktisch auf der ganzen Welt als feste Richtschnur eingebürgert. Aber die Wahrheit des Körpers sind sie nicht. Sie sind ein Betrug am Körper durch den Verstand. Und so merkwürdig das auch ist, alle Religionen sind gegen den Körper. Und der Körper ist euer Leben, der Körper ist eure Vereinigung mit der Existenz. Es ist der Körper, der atmet. Es ist der Körper, der euch am Leben erhält. Es ist der Körper, der nahezu Wunder vollbringt. Habt ihr auch nur die geringste Ahnung, wie man ein Stück Brot in Blut umwandelt, wie man es in seine einzelnen Bestandteile zerlegt und diese Bestandteile dann dahin schickt, wo sie
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gebraucht werden? Wie viel Sauerstoff an euer Gehirn zu liefern ist — wißt ihr das? Wenn euer Gehirn nur sechs Minuten lang keinen Sauerstoff bekommt, fallt ihr in ein Koma. All die Jahre versorgt der Körper euer Gehirn ununterbrochen ganz exakt mit der erforderlichen Menge an Sauerstoff. Wie erklärt ihr euch den Vorgang des Atmens? Es ist wohl klar, daß nicht ihr es seid, die atmen, sondern daß es der Körper ist, der unentwegt atmet. Wenn euch das Atmen überlassen wäre, dann würdet ihr jetzt nicht hier sitzen. Bei euren vielen Sorgen könnte es durchaus sein, daß ihr vielleicht einmal ganz vergeßt zu atmen; und erst recht nachts — da bliebe euch nur die Alternative zu schlafen oder zu atmen. Und Atmen ist kein simpler Vorgang; denn die Luft, die ihr einatmet, birgt viele Elemente, die für euch gefährlich sind. Der Körper nimmt nur die Elemente auf, die dem Leben förderlich sind und stößt alles wieder aus, was schädlich für euch ist, ganz besonders Kohlendioxyd. Die Weisheit des Körpers ist von keiner Religion der Welt je gewürdigt worden. Eure größten Weisen waren nicht weiser als euer eigener Körper. Seine Arbeit ist so vollkommen — und seine Weisheit entzieht sich völlig eurem Einfluß, weil euer Einfluß für ihn gefährlich werden könnte. Der allererste Bereich eures Lebens und eures Seins ist also der Körper. Der Körper ist real, authentisch, ehrlich. Es ist unmöglich, ihn zu verderben, auch wenn es alle Religionen ständig versuchen. Sie bringen euch bei zu fasten, und das ist gegen die Natur und gegen die Bedürfnisse des Körpers. Und derjenige, der am längsten fasten kann, wird ein großer Heiliger. Für mich ist er der größte Narr, der sich von der Dummheit der Massen beherrschen läßt. Die Religionen bringen euch seit eh und je bei, euch sexuell zu enthalten, ohne Rücksicht auf körperliche Funktionen. Ihr eßt,
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ihr trinkt Wasser, ihr atmet Sauerstoff: genauso, wie im Körper Blut entsteht, so entsteht auch eure sexuelle Energie — ihr habt keinerlei Einfluß darauf. Es hat auf der ganzen Welt noch keinen einzigen Menschen gegeben, der wirklich im Zölibat gelebt hat. Ich fordere alle Religionen, die von ihren Mönchen behaupten, sie lebten im Zölibat, dazu auf, sie von Wissenschaftlern untersuchen zu lassen. Man wird feststellen, daß auch Mönche die gleichen Drüsen haben, und daß sie die gleiche Energie haben wie alle anderen. Das Keuschheitsgebot ist ein Verbrechen, es verursacht Perversionen — genauso wie Fasten ein Verbrechen ist. Zuviel zu essen ist ein Verbrechen; nicht genug zu essen ist auch ein Verbrechen. Wenn ihr auf den Körper hört und einfach dem Körper folgt, dann braucht ihr euch von keinem Gautam Buddha belehren zu lassen, von keinem Mahavira oder Jesus Christus belehren zu lassen, was ihr mit eurem Körper zu tun habt. Der Körper hat ein eingebautes Programm, und dieses eingebaute Programm könnt ihr nicht verändern. Ihr könnt es pervertieren, das wohl ... Ich bin schon sehr vielen Heiligen aus vielen Religionen begegnet, aber ich bin noch keinem Heiligen begegnet, der einen intelligenten Eindruck macht. Woher denn auch? Mit seinen ganzen Züchtigungen zerstört er jegliche Intelligenz. Es gibt Tausende von Leuten in Indien — und jetzt breitet sich diese Seuche auch noch in aller Welt aus — die auf dem Kopf stehen. Und sie wissen nicht, daß, wenn zuviel Blut in den Kopf geht, das äußerst feine Nervensystem zerstört wird, das eure Intelligenz erzeugt. Folglich werdet ihr nirgends einen Yogi antreffen, der intelligent ist — das ist ausgeschlossen. Er hat jede Voraussetzung dafür zerstört. I m Menschen hat sich deshalb Intelligenz entwickelt, weil er
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sich nicht wie die anderen Tiere horizontal fortbewegt. Wenn sich das Tier horizontal fortbewegt, wie es alle Tiere tun, zirkuliert im ganzen Körper, auch im Kopf, die gleiche Menge Blut. Wenn du auf zwei Beinen stehst, dann ist, aufgrund der Anziehungskraft der Erde, der Kopf die letzte Stelle, wohin das Blut gelangt, denn es kämpft gegen die Schwerkraft. Dies ist der Grund, weshalb der Mensch intelligent wurde, poetisch und kreativ wurde ... Maler, Tänzer und Mystiker entstanden. Aber ihr wißt nichts davon. Es blieb eurer Kontrolle entzogen, anderenfalls bestünde große Gefahr, daß ihr euch selbst zerstören würdet. Darum lehre ich euch erstens eine tiefe Achtung, Liebe und Dankbarkeit für euren Körper; Das wird das Grundprinzip bei der Psychologie der Buddhas sein, bei der Psychologie der Erwachten. Das zweite, nach dem Körper, ist der Verstand. Der Verstand ist nichts weiter als eine Fiktion. Man hat sich ihrer bedient, ja allzu sehr bedient, seitens aller möglichen Parasiten. Das sind die Leute, die euch beibringen wollen, gegen den Körper und für den Verstand zu sein. Es gibt einen Mechanismus, den wir Gehirn nennen. Das Gehirn ist ein Teil des Körpers, aber das Gehirn hat kein eingebautes Programm. Wie fürsorglich die Natur ist — indem sie das Gehirn ohne eingebautes Programm läßt, schenkt die Existenz euch die Freiheit. Was immer ihr aus eurem Gehirn machen wollt, könnt ihr machen. Aber was seitens der Natur fürsorglich als Geschenk gedacht war, das haben eure Priester, eure Politiker, eure sogenannten großen Männer ausgenutzt. Sie sahen darin eine großartige Chance, euer Hirn mit allem möglichen Unsinn vollzustopfen. Das Gehirn ist wie eine leere Tafel — was du auf diese Tafel
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schreibst, wird zu deiner Theologie, deiner Religion, deiner politischen Ideologie. Und alle Eltern, alle Gesellschaften achten argwöhnisch darauf, daß dein Gehirn dir nicht selbst überlassen bleibt, daß sie unverzüglich anfangen, den heiligen Koran, die heilige Bibel, die Bhagavadgita hineinzuschreiben. Und wenn sie dich dann erwachsen nennen — fähig, an den Geschäften der Welt teilzunehmen — bist du nicht mehr du selbst. Das ist so durchtrieben, so kriminell, daß ich überrascht bin, warum noch niemand darauf hingewiesen hat. Keine Eltern haben das Recht, ihre Kinder dazu zu zwingen, ein Katholik, ein Hindu oder ein Jaina zu werden. Die Kinder werden durch euch geboren, aber sie gehören euch nicht. Ihr könnt nicht Besitzer lebendiger Wesen sein. Ihr könnt sie lieben, und wenn ihr sie wirklich liebt, dann gebt ihr ihnen die Freiheit, so heranzuwachsen, wie es ihrer eigenen Natur entspricht, ohne jede Überredung, ohne jede Strafe, ohne alles Machen und Tun von anderer Seite. Das Gehirn ist völlig in Ordnung — es ist die Freiheit, die euch die Natur gegeben hat, ein Raum, worin du dich entwickeln kannst. Aber die Gesellschaft stopft diesen Raum mit allem möglichen Unsinn voll, bevor ihr überhaupt dazu kommt, ihn zu entwickeln. Ich kannte einmal einen Mann, Professor Rungar — er lebte in Mahatma Gandhis Ashrani. Es ist nicht weit her mit diesem Ashram, mit seinen paar Witwen und ein paar komischen Kauzen, insgesamt nicht mehr als zwanzig. Aber Essen, Kleidung und Unterkunft haben sie gratis, und sie müssen zum Ausgleich lediglich ein paar dumme Dinge machen, die sie Gottesdienst nennen, die sie Gebet nennen. Professor Rungar war ein gebildeter Mann, aber das hat nichts zu sagen. Schon bevor ihr eure Bildung erhaltet, seid ihr
verseucht, verschmutzt. Er aß sechs Monate lang nur Kuhmist und trank den Urin von Kühen — als einzige Nahrung, und wurde damit ein großer Heiliger. Mahatma Gandhi verkündete sogar, er hätte die Erleuchtung erlangt! Wenn man durch das Essen von Kuhmist zur Erleuchtung kommt, dann dürfte man eine noch bessere Erleuchtung erreichen, wenn man bullshit ißt — logisch! Und wenn ein Mahatma Gandhi von ihm behauptet, er sei erleuchtet, dann glaubt ihm das ganze Land aufs Wort. Ich bin keinem einzigen Menschen begegnet, der an der ganzen Geschichte Kritik geübt hätte. Ich sagte zu Professor Rungar: „Wenn Sie mich fragen: in diesem Land sind Sie der Allerdümmste". Keine leichte Errungenschaft bei so viel Konkurrenz. Aber schaut euch eure Religionen alle an, womit sie euch das Gehirn vollgestopft haben. Und überall werdet ihr die gleiche Art von Vorstellungen finden. Ich möchte dies eindeutig klarstellen: das Gehirn ist natürlich; der Verstand ist das, was man euch ins Gehirn hineinstopft. Das Gehirn ist also niemals ein christliches Gehirn, aber der Verstand kann ein christlicher Verstand sein; das Gehirn ist niemals ein hinduistisches Gehirn, aber der Verstand kann hinduistisch sein. Der Verstand ist eine Kreation der Gesellschaft, nicht ein Geschenk der Natur. Das erste, was die Psychologie der Buddhas tut, ist daher, euch all dieses Gerümpel, das ihr Verstand nennt, wegzunehmen und euer Gehirn so still, rein und unschuldig zurückzulassen, wie ihr geboren wurdet. Die moderne Psychologie tut überall auf der Welt etwas sehr Dummes: sie analysiert den Verstand, sie analysiert alle Gedanken, aus denen euer Verstand besteht. Im Osten haben wir in die innersten Bereiche des Menschseins hineingeschaut, und wir sind zu der Einsicht gelangt, daß es überflüssig ist, den Verstand zu analysieren. Damit analysiert man
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Gerümpel. Er muß ganz einfach gelöscht werden. Und sobald der Verstand gelöscht ist — und die Methode, die dies bewirkt, heißt Meditation — bleibt dir ein Körper zurück, der absolut schön ist, bleibt dir ein stilles Gehirn ohne Lärm. Und in dem Augenblick, wo das Gehirn vom Verstand befreit ist, wird sich das Gehirn in seiner Unverdorbenheit und Unschuld eines neuen Raumes bewußt, den wir die Seele genannt haben. Wenn du deine Seele gefunden hast, hast du dein Zuhause gefunden. Du hast deine Liebe gefunden, du hast deine unerschöpfliche Ekstase gefunden, du hast gefunden, daß dir die ganze Existenz offensteht, um darin zu tanzen, zu singen und fröhlich zu sein, intensiv zu leben und selig zu sterben. Diese Dinge geschehen ganz von selbst. Der Verstand ist die Barriere zwischen deinem Gehirn, deinem Körper und deiner Seele. Ihr könnt den Unterschied sehen: die im Westen entstandene Psychologie befaßt sich mit eurer unwesentlichsten Seite. Sie dreht sich immer nur im Kreise mit ihrer Analyse des Verstandes. Die Psychologie der Buddhas schüttelt mit einem Schlag den Verstand ab und akzeptiert nur das, was euch die Existenz mitgegeben hat, und nicht eine Gesellschaft, in die ihr das Pech hattet, hineingeboren zu werden. Aber jede Gesellschaft ist Pech, jede Religion ist Pech. Und das ist das größte Desaster, mit dem die Menschheit bisher zu leben hatte. Was ist der Unterschied zwischen einem Mohammedaner und einem Christen, außer ihrem Verstand, ihrer Konditionierung? Was ist der Unterschied zwischen einem Kommunisten und einem Spiritualisten? Nur der, daß sie verschieden denken, verschieden konditioniert sind. Sie sind verschiedene Züchtungen. Das erste und grundlegendste ist also, daß die Psychologie der Buddhas Methoden der Meditation entwickelt hat, die in Wirklichkeit nichts weiter sind als chirurgische Mittel, mit deren Hilfe
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der Verstand entfernt werden kann. Er ist das schlimmste Krebsgeschwür, das ihr in euch habt. Bis auf den Verstand ist alles übrige von absoluter Schönheit. Und das ist so, weil nur der Verstand ein menschliches Fabrikat ist. Alles andere kommt aus den ewigen Quellen des Lebens. Du hast gefragt: „Das klingt wie eine Wissenschaft nur für Erleuchtete, die ihre Schüler im richtigen Moment ziehen, stoßen, locken, hauen oder küssen müssen, damit diese nicht ins Wanken oder Stocken oder in sonstige Fallen geraten." Dem erleuchteten Menschen kommt sie nicht wie eine Wissenschaft vor, sondern eher wie Frühjahrsputz. Für den unerleuchteten Menschen ist es das, was du beschreibst:" ...ihre Schüler im richtigen Moment zu ziehen, zu stoßen, zu locken, zu hauen, zu küssen." So sieht es von außen aus. Was den Meister anbelangt, ist jeder Moment der richtige Moment. Es gibt keine falschen Momente auf der Welt. Und ganz gewiß ist es keine Wissenschaft in dem Sinn, wie du es verstehst, denn Wissenschaft bleibt auf den Verstand beschränkt. Es ist mehr wie eine Kunst. Der Meister beobachtet den Schüler und stellt ständig alles mögliche an, um den Schüler zu wecken. Sobald der Schüler erwacht ist, gibt es keinen Unterschied zwischen dein Meister und dem Schüler — und er kann willkürlich auf jede beliebige Methode zurückgreifen. Aber die Methoden sind willkürlich, sie sind nicht wissenschaftlich. Ich werde euch ein Beispiel geben, um euch zu zeigen, daß Wissenschaft ein sehr viel tiefer stehendes Phänomen ist. Eines Morgens blieb Tschuangtse in seinem Bett sitzen, was sehr merkwürdig war, denn gewöhnlich sprang er sofort aus dem Bett, sobald er aufgewacht war. Was sitzt er da und schaut so traurig? Er war kein Mann von Traurigkeit. Tatsächlich habe ich bisher noch keinen zweiten in der ganzen Welt der Literatur
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entdeckt, der so wunderschöne absurde Geschichten geschrieben hätte wie er. Sie machen keinen Sinn, aber sie sind wunderschön. Er schuf gerade mal wieder eine Situation ... Die Schüler waren besorgt, sie kamen und fragten: „Was ist los?" Tschuangtse sagte: „Ich bin in einem schrecklichen Dilemma: Letzte Nacht schlief ich ein, und da wußte ich ganz genau, daß ich Tschuangtse war. Aber dann träumte ich, ich sei ein Schmetterling geworden." Die Schüler lachten. Er sagte: „Hört auf zu lachen! Da gibt es nichts zu lachen. Mein ganzes Leben steht auf dem Spiel!" Sie sagten: „Meister, das war doch nur ein Traum!" Er sagte: „Hört ersteinmal bis zuende. Heute morgen dann wachte ich auf, und der Gedanke stieg in mir auf: wenn Tschuangtse in einem Traum zum Schmetterling werden kann, wer garantiert mir dann, daß ein Schmetterling in einem Traum nicht zu Tschuangtse werden kann? Und jetzt ist die Frage: Wer bin ich? Der Schmetterling, der träumt, oder ..." Gewiß, die Situation, die er da geschaffen hat, war praktisch unlösbar Meint ihr, es könne dafür irgendeine rationale Lösung geben? Seine Frage ist sehr triftig: Wenn Tschuangtse in einem Traum zum Schmetterling werden kann, dann träumt jetzt vielleicht der Schmetterling und ist Tschuangtse geworden. Das Problem ist, daß Tschuangtse im Begriff ist, seine Identität zu verlieren. Er sagte zu seinen Schülern: „Meditiert und findet eine Lösung. Ich bleibe so lange in meinem Bett sitzen, und ich werde nichts essen, bis ihr eine Lösung gefunden habt, denn es geht um Leben oder Tod." Sie gingen hinaus, sie diskutierten darüber: „Das ist doch völlig absurd! Wir haben auch schon geträumt, aber auf so eine Idee ..." Aber diese Idee hat es so sehr in sich, daß es keinen Ausweg aus ihr gibt! Dann kam Liehtse, Tschuangtse's Meisterschüler, und
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alle Schüler fragten ihn, was zu tun sei. Er sagte: „Macht euch keine Sorgen." Und statt zu Tschuangtse ging er zum Brunnen. Sie fragten ihn: „ Wohin gehst du?" Er sagte: „Wartet nur. Ich kenne meinen Meister." Und er zog einen Eimer Wasser herauf. Es war ein kalter Wintermorgen, und er ging mit dem Eimer zu Tschuangtse und goß ihn über ihm aus. Tschuangtse lachte und sagte: „ Wenn du nicht gekommen wärst, wäre es um mein Leben geschehen gewesen. Du hast mich gerettet!" Liehtse sagte: „Komm sofort aus dem Bett, oder ich gehe noch einen Eimer Wasser holen. Alles, was du brauchst ist, daß man dich aus deinem Traum herausholt. Du träumst noch." Er sagte: „Nein, ich stehe lieber auf!" Die Meister können keine Wissenschaft kreieren, denn Wissenschaft kann nur objektiv sein. Man kann es am ehesten eine Kunst nennen, denn in der Kunst gibt es größere Flexibilität, mehr Raum für verschiedene Ansatzpunkte. Nun, als was soll man das bezeichnen, was Liehtse mit dem Wassereimer machte? Als wissenschaftliche Methode? Nur eine klare Einsicht, und aus dieser klaren Einsicht heraus ergibt sich eine willkürliche, kunstvolle, aber intelligente Methode. Tatsächlich wartete Tschuangtse nur darauf, daß irgendeiner der Schüler etwas tat — es war keine Frage, die dadurch zu lösen war, daß man sich hinsetzte und darüber nachsann. Es war eine Frage, die erforderte, daß jemand etwas tat und durch die Tat seine Klarheit bewies ... 1 .s war dies der Moment, in dem Tschuangtse Liehtse zu seinem Nachfolger erklärte. Alle anderen Schüler konnten nicht begreifen, was geschehen war — was für eine Lösung sollte das sein? Die Psychologie der Buddhas ist keine Wissenschaft, ist keine Philosophie. Wir können sie allenfalls eine sehr flexible Kunst nennen. Somit gibt es für nichts festgelegte Antworten. Ich will euch noch ein anderes Beispiel geben. Eines Morgens — 7
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und es muß ein so schöner Morgen gewesen sein wie heute — kommt ein Mann zu Gautam Buddha und fragt ihn: ,Existiert Gott?" Alle sind neugierig zu hören, was Buddha antworten wird. Und Buddha sagt zu dem Mann: „Es gibt keinen Gott — und nicht erst seit heute, sondern es hat noch nie einen gegeben. Er ist nur ein Märchen, um die Dummen auszunutzen." Der Mann war äußerst schockiert. Am Nachmittag kam wieder ein Mann, und er fragte: „Wie denkst du über die Existenz Gottes?" Wieder dieselbe Frage ... Buddha schaute den Mann an und sagte: Ja, es gibt einen Gott, und es hat ihn immer gegeben." Und am Abend kam noch ein Mann und sagte: „Ich weiß nichts über Gott. Ich bin völlig unwissend. Ich habe erfahren, daß du hier bist, und bin nun gekommen, um von dir über dieses Thema aufgeklärt zu werden." Buddha schaute ihn an und schloß dann die Augen. Keine Antwort. Und die Schüler sahen, wie dieser Mann merkwürdigerweise auch seine Augen schloß. Es mußte wohl eine Stunde später sein, als der Mann seine Augen wieder öffnete, Gautam Buddha die Füße küßte und sagte: „Du hast mir die Antwort gegeben, und ich bin dir ungeheuer dankbar." Ananda — er war Tag und Nacht Buddhas dienender Schatten — war sehr verwirrt. Und für jeden Menschen wäre dies ein Grund zur Verwirrung gewesen: am Morgen sagt Buddha das eine, und am selben Nachmittag sagt er genau das Gegenteil davon. Und am Abend sagt er überhaupt nichts, aber der Mann bekommt trotzdem seine Antwort, berührt Buddhas Füße mit Freudentränen in den Augen — und geht wieder! Als alle anderen gegangen waren, sagte Ananda: „Ich kann heute Nacht nicht eher schlafen, bis du mir sagst, welche von deinen Antworten die wahre Antwort ist."
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Gautam Buddha sagte: „Erstens darfst du nicht vergessen, daß keine dieser Fragen deine eigene Frage war. Warum also solltest du dir den Kopf über die Antworten zerbrechen? Du bist seit vierzig Jahren bei mir. Wenn du irgendeine Frage hättest, hättest du sie mir schon längst stellen können. Diese Fragen stammten von drei ganz verschiedenen Menschen." Ananda sagte: ,Es tut mir leid, das ist wahr. Keine dieser Fragen war meine, aber ich habe Ohren, und ich habe alles gehört. Und diese drei Fragen und deine drei Antworten waren so widersprüchlich, daß ich völlig aufgewühlt bin." Buddha sagte: „Da ist noch etwas, was du nicht verstehst. Der erste Mann, der zu mir kam, war jemand, der an Gott glaubt. Er war Theist, und alles, was er wollte, war nicht etwa eine Antwort, sondern eine Bestätigung seines Glaubens an Gott. Ich kann niemandes Glauben unterstützen. Ich bin hier, um jede Art von Glauben zu zerstören, damit jeder selbst erkennen kann, was die Wahrheit ist. Deshalb habe ich absolut abgestritten, daß es einen Gott gibt, und gesagt, daß es auch nie einen gegeben hat. Der Mann, der am Nachmittag kam, war das genaue Gegenteil: er war Atheist. Er glaubt nicht an Gott, und war auch nur gekommen, weil er Rückendeckung suchte, um den Leuten erzählen zu können: ,Nicht nur ich bin Atheist — selbst Gautam Buddha ist Atheist.' Aber auch das war nur ein Glaube und keine Erfahrung, denn die Erfahrung stellt nie die Fragen. Es ist nur der Glaube, der immer neue Fragen aufwirft." Euer ganzes Denken ist voll von irgendwelchen Glaubensinhalten, ohne die geringste Erfahrung. Deshalb sagte Gautam Buddha: „Ich mußte sehr strikt mit diesem Burschen sein, darum. sagte ich zu ihm, daß es Gott gäbe und schon immer gegeben hätte." Das sind willkürliche Methoden, um verschiedene Glaubenshaltungen zu zerstören. Aber der eigentliche Zweck ist der,
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Glauben zu zerstören, damit ihr euer eigenes Herz, euer eigenes Vertrauen finden könnt. „Und der dritte Mann war ein sehr unschuldiger Mann. Er akzeptierte seine Unwissenheit und vertrat keinen Glauben. Er war nicht gekommen, um Rückendeckung zu finden, er war gekommen, um sich wirklich helfen zu lassen. Und es ist ein Unterschied, ob man Rückendeckung oder Hilfe sucht. Weil er keine Frage hatte, war keine Antwort nötig. Ich schloß meine Augen, und er verstand, daß auch er seine Augen schließen sollte: Vielleicht war dies ja die Art, wie ihm Gautam Buddha antworten würde. Und er hatte Recht - Unschuld hat i mmer Recht. In dieser einen Stunde ist meine Stille in sein Wesen eingedrungen. Meine Präsenz hat sein ganzes Wesen umhüllt. Er war unermeßlich erfüllt und zufrieden. Wen kümmert schon Gott! - und diesen Mann kümmerte er ganz gewiß nicht. Alles was er wollte, war eine bestimmte Kommunion mit der Existenz, egal wie man die Existenz nun nennt. Du begreifst nicht, warum der Mann sagte: ,Ich habe die Antwort empfangen', obwohl ich nicht mit Worten geantwortet hatte. Und er berührte voller Dankbarkeit meine Füße, Tränen der Freude in den Augen. Ich gab ihm den Geschmack, ich gab ihm die Erfahrung; ich ließ ilm an meinem Sein teilhaben - und deshalb war er so dankbar. Aber in jedem dieser Fälle mußte ich eine andere, willkürliche Methode anwenden, denn jeder dieser drei Männer hatte einen anders geprägten Verstand." Die Psychologie der Buddhas kann keine Wissenschaft sein. Wissenschaft ist immer objektiv, sie richtet sich auf das andere, das Äußere. Sie richtet sich nie auf dein eigenes Sein. Sie ist extro-
Gedanken zu rütteln - denn euer Denken ist euer Koma, eure Blindheit. Und deshalb haben verschiedene Meister in verschiedenen Ländern verschiedene Methoden angewandt. Keine Methode ist wissenschaftlich. Es kommt ganz auf denjenigen an, der operiert werden soll. Diese Chirurgie kann keine definitive Wissenschaft sein. Was also die Psychologie der Buddhas betrifft - sie wird sehr flexibel sein. Ja, manchmal mag euch der Meister verhauen, und manchmal mag euch der Meister verhätscheln. Aber das hängt ganz davon ab, wie derjenige Kopf beschaffen ist, den er gerade bearbeiten muß, -denn er arbeitet an sehr verschiedenen Köpfen. Ihr habt nicht alle den gleichen Kopf; sonst hätte ein-und-dieselbe Methode genügt. Es sind einhundertacht Methoden der Meditation überliefert. Ich bin alle diese Methoden durchgegangen und zwar nicht lesenderweise; ich habe jede Methode selbst ausprobiert. Ich wollte herausfmden, was der wesentliche Kern all dieser einhundertacht Methoden ist, denn etwas Gemeinsames mußte einfach vorhanden sein. Und meine Erfahrung ist, daß der Kern aller Meditationen die Kunst ist, unbeteiligter Zeuge zu sein. Und dann erfand ich meine eigenen Methoden, denn ich hatte den wesentlichen Kern gefunden. Jene einhundertacht Methoden sind in gewisser Weise veraltet. Sie wurden von anderen Meistern für eine andere Art von Menschen geschaff um andere Denkungsarten zu transformieren Unsere heue'Denkweise gab es damals noch nicht; unsere heutige Denkwi braucht neue Methoden. Die Methoden werden sich nur in unwesentlichen Dingen unterscheiden. Der wesentliche Kern, die eigentliche Seele der Methode, wird gleich sein.
vertiert, niemals introvertiert. Aber der Mensch, der erwacht ist, findet immer Mittel und Wege, euch aus eurem Schlaf zu schütteln, euch aus euren
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Kannst du bitte über Disziplin und Meditation sprechen?
Das ist eine sehr seltsame Frage, denn ich spreche jeden Tag — morgens und abends — über Disziplin und Meditation! Jeder, der deine Frage liest, wird denken, daß ich zum ersten Mal über Disziplin und Meditation sprechen muß! Wo bist du so lange gewesen? Du erinnerst mich an zwei alte Freunde, die sich auf einer Straße in Leningrad treffen. „Wie geht's denn so?" fragt der eine. „Einfach großartig", erwidert der andere. Der erste schaut ihn skeptisch an und fragt: „Hast du in letzter Zeit Zeitung gelesen?" „Natürlich", antwortet der andere, „wie könnte ich es sonst wissen?" Die Leute erfahren etwas über ihr eigenes Leben, indem sie Zeitung lesen, und ich spreche jeden Tag zu euch über Meditation und nichts anderes, und du fragst mich ... Eine ältliche, kleine jüdische Dame sitzt im Flugzeug neben einem riesigen Norweger und starrt ihn immer wieder an. Schließlich wendet sie sich an ihn und sagt: „Entschuldigen Sie bitte, sind Sie Jude?" „Nein", antwortet er. Ein paar Minuten vergehen, dann betrachtet sie ihn erneut und sagt: „Sie können es mir ruhig sagen, Sie sind doch Jude, nicht wahr?" „Ganz bestimmt nicht!" antwortet er. Sie mustert ihn weiter und sagt dann: „Ich kann es Ihnen ansehen, daß Sie Jude sind." Nur um sie loszuwerden, antwortet der norwegische Gentleman: „Sie haben Recht, ich bin Jude."
Sie schaut ihn an, wiegt den Kopf hin und her und sagt: „Tatsächlich — man sieht es Ihnen aber nicht an." Ich frage mich, wo ich anfangen soll. Meditation ist der einzige Beitrag des Ostens an die Menschheit. Der Westen hat viele Beiträge geleistet: Tausende von wissenschaftlichen Erfindungen, immense Fortschritte in der Medizin, unglaubliche Entdeckungen in allen Dimensionen des Lebens. Aber dennoch ist dieser eine Beitrag des Ostens weit wertvoller als alle Beiträge des Westens. Der Westen ist reich geworden; er hat die ganze Technologie, die man braucht, um reich zu werden. Der Osten ist arm geworden, ungeheuer arm, denn er hat nach nichts anderem gesucht, außer nach Einem: nach dem innersten Wesen des Menschen. Der Reichtum des Ostens ist etwas, was man nicht sehen kann, aber er hat die höchsten Gipfel der Seligkeit, die tiefsten Tiefen der Stille kennengelernt. Er hat die Unvergänglichkeit des Lebens kennengelernt. Er hat die allerschönsten Blüten der Liebe, des Mitgefühls, der Freude kennengelernt. Der gesamte Genius des Ostens hat sich nur einer einzigen Suche gewidmet — man kann es die Suche nach Ekstase nennen. Meditation ist bloß eine Technik, den ekstatischen Zustand zu erreichen, den Zustand göttlicher Trunkenheit. Es ist eine einfache 'Technik, aber der Kopf macht etwas sehr Kompliziertes daraus. Der Verstand muß es sehr kompliziert und schwierig machen, denn beide köimen nicht zusammen existieren: Meditation ist der Tod des Verstandes — natürlich sträubt sich der Verstand gegen jedes Streben nach Meditation. Und wenn du weitermachst, ohne auf den Kopf zu hören, ist er clever und gerissen genug, dich auf falsche Wege zu führen — und die dann Meditation zu nennen.
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Heute hat man mich gerade über einen jener Leute informiert, die viele Jahre lang Schüler von Maharishi Mahesh Yogi waren. Er ist jetzt hier und meditiert, macht aber auch Maharishi Mahesh Yogis Meditation weiter. Was Maharishi Mahesh Yogi ,Transzendentale Meditation" nennt, ist weder transzendental, noch ist es Meditation. Es ist ein Trick des Verstandes. Schädlich ist sie nicht, im Gegenteil, sie kann euch ein bißchen Erholung verschaffen, sie kann euch ein gutes Gefühl geben, als ob ihr eine Dusche genommen habt. Aber sie ist keine Meditation, denn sie kann euch nicht über den Verstand hinausführen. Kein Bemühen, das vorn Verstand ausgeht, kann euch über den Verstand hinausbringen. Das ist eine grundlegende Regel, die man behalten muß. Die sogenannte Transzendentale Meditation ist nur ein Beispiel. Es gibt viele der gleichen Art. Sie sind im Osten weit verbreitet. Aber sie bringen keine Erleuchtung, sie führen nicht zum erwachten Bewußtsein. Und das ist das einzige Kriterium dafür, ob sie richtige Meditationen sind oder nicht. Einen Baum erkennt man an seinen Früchten, und eine Technik erkennt man daran, was man durch sie erreicht. Die Transzendentale Meditation ist ein gutes Beispiel für all die Meditationen, die euch der Verstand vorschlägt. Es ist eine schlaue Methode, euch auf Abwege zu führen; der Verstand bleibt dabei in Sicherheit — nicht nur in Sicherheit, er wird sogar stärker. Derartige Meditationen sind Konzentrationsübungen: Du konzentrierst dich auf irgendein Wort, ein heiliges Wort, auf den Namen Gottes oder auf irgendein Mantra, und du wiederholst es einfach im Kopf, so schnell du kannst. Je schneller du es tun kannst, desto besser. Die Geschwindigkeit hilft auf zweierlei Weise:
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Das Mantra oder der Name Gottes ... Dein eigener Name tut's auch, mit Gott hat es nichts zu tun. Jedes sinnlose Wort erfüllt den Zweck, denn die Technik beruht auf etwas anderem. Sie beruht auf schnellem Wiederholen, so schnell, daß keine Lücken dazwischen bleiben. Weil keine Lücken da sind, können auch keine Gedanken aufkommen. Gedanken brauchen ein bißchen Raum. Das ist das eine — du wiederholst das gleiche Wort immer schneller und schneller. Und wenn du das über Jahre hinweg machst, wirst du ein echter Experte darin. Das eine, was es also bewirkt, ist: Es läßt keiner Idee eine Chance, in deinen Kopf einzudringen. Und das zweite, grundlegendere, was geschieht, ist: Es schafft ungeheure Langeweile — natürlich. Alles, was man dauernd wiederholt, wird langweilig. Und Langeweile ist die Grundlage der Selbsthypnose. Wenn du gelangweilt bist, fällst du langsam in einen Schlaf, der nicht direkt Schlaf ist, denn er ist absichtlich herbeigeführt. Deshalb wird er auch anders genannt: I Iypnose. Hypnose bedeutet Schlaf, mit dem Unterschied, daß es beabsichtigter Schlaf ist. Der Schlaf kommt von selbst, spontan. Hypnose ist ein beabsichtigter Schlaf. Man schafft eine Situation, die ihn herbeiführt. Dieser absichtliche Schlaf ist ungeheuer gesund, und schon zehn, fünfzehn Minuten in einem hypnotischen Zustand entspannen dich so sehr, wie es viele Stunden normalen Schlafs nicht tun. Und wenn du aus ihm herauskommst, fühlst du sich sehr frisch. Ich bin absolut damit einverstanden, wenn ihr die Transzendentale Meditation zu diesem Zweck benutzt als Entspannung, als Erfrischung. Aber sie führt euch nie über den Verstand hinaus. Wie kann sie euch über den Verstand hinaus führen? Es ist ja der Verstand selbst, der das Mantra heruntersagt. Beim Wiederholen braucht er nicht zu denken; das Wiederholen an sich ersetzt die
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Gedanken. Und durch dieses Wiederholen fällt der Verstand in einen tiefen Schlaf, in einen traumlosen Schlaf, der dich unheimlich erfrischt und verjüngt. Und natürlich kannst du dich zu der Annahme verleiten lassen, dies sei Meditation. Du kannst sie dein ganzes Leben lang machen. Es ist gesund, es ist gut, es nährt dich — aber Meditation ist es nicht. Meditation beginnt damit, vom Verstand getrennt zu sein, ein Zeuge zu sein. Das ist die einzige Methode, von irgendetwas Abstand zu bekommen. Wenn du ins Licht schaust, dann steht eines fest: Du bist nicht das Licht, du bist derjenige, der es sieht. Wenn du Blumen betrachtest, dann ist eines sicher: Du bist nicht die Blume, du bist der Beobachter. Beobachten ist also der Schlüssel der Meditation. Beobachte deinen Verstand. Tu nichts! Kein Wiederholen eines Mantra, kein Wiederholen des Namens Gottes. Beobachte einfach alles, was der Verstand macht. Störe ihn nicht, hindere ihn nicht, verdränge ihn nicht; tu überhaupt nichts von deiner Seite aus. Sei du einfach ein Beobachter. Und das Wunder des Beobachtens ist Meditation. Beim Beobachten wird der Verstand nach und nach leer von Gedanken. Dennoch schläfst du nicht ein; du wirst wacher, bewußter. Sobald dein Verstand völlig leer ist, wird deine ganze Energie zu einer Flamme des Erwachens. Diese Flamme ist das Ergebnis der Meditation. Man kann also sagen: Meditation ist ein anderer Name für Beobachten, Zeugesein, Wahrnehmen ohne jede Beurteilung, ohne jede Bewertung. Durch einfaches Beobachten kommst du sofort aus dem Verstand heraus. Der Beobachter ist nie Teil des Verstandes. Und wenn der Beobachter immer mehr verwurzelt und stärker wird, vergrößert sich der Abstand zwischen dem Beobachter und dem Verstand mehr und mehr. Bald ist der Verstand so weit weg, daß du kaum spürst, daß er existiert — bloß ein Echo in weit
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entfernten Tälern. Und letztendlich verschwinden sogar diese Echos. Dies ist das Verschwinden des Verstandes — ohne dich anzustrengen, ohne Gewalt gegen den Verstand anzuwenden; du läßt ihn einfach seinen eigenen Tod sterben. Sobald der Verstand absolut still ist — vollkommen verschwunden, du kannst ihn nirgends mehr finden, wirst du dir zum ersten Mal deiner selbst bewußt. Denn die gleiche Energie, die im Verstand engagiert war, wendet sich, da sie keinen Verstand mehr findet, sich selbst zu. Denkt daran, Energie ist eine ständige Bewegung. Wir sagen, Dinge seien „Gegenstände", und vielleicht habt ihr noch nie darüber nachgedacht, warum wir Dinge Gegenstände nennen. Sie sind Gegenstände, weil sie deine Energie, dein Bewußtsein, hindem — sie „stehen gegen", sie sind Hindernisse. Aber wenn kein Gegenstand da ist ... alle Gedanken, Gefühle, Stimmungen, alles ist verschwunden, du befindest dich in vollkommener Stille, im Nichts, oder vielmehr im Nicht-Ding-Sein. Dann wendet sich die ganze Energie sich selbst zu. Diese Energie, die zur Quelle zurückkehrt, bringt unermeßliche Freude. Erst kürzlich habe ich William Blake zitiert: „Energie ist Freude". Dieser Mann muß, obwohl er kein Mystiker ist, einen Hauch von Meditation gefunden haben. Wenn Meditation zu ihrer eigenen Quelle zurückkehrt, explodiert sie in eine unendliche Freude. Dieses Entzücken ist in seinem höchsten Stadium Erleuchtung. Und alles, was dir hilft, durch diesen Prozeß der Meditation zu gehen, ist Disziplin — vielleicht daß du ein schönes Bad nimmst, dich sauber und frisch fühlst, entspannt dasitzt, mit geschlossenen Augen, weder hungrig noch zu satt. Du sitzt in der Stellung, die dich am meisten entspannt und spürst deinen ganzen Körper, jeden Teil und schaust, ob irgendwo Spannungen sind.
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Ist irgendwo etwas verspannt, dann ändere die Stellung und 1)11111; den Körper in einen entspannten Zustand. Im Osten hat man herausgefunden, und das zu Recht, daß der Lotus-Sitz ... Diese Art zu sitzen kennt ihr sicher von den Buddhastatuen her, man nennt sie Lotus-Sitz. In Tausenden von Jahren hat man herausgefunden, daß dies die entspannteste Stellung des Körpers ist. Doch für Menschen im Westen, die es nicht gewohnt sind, auf dem Boden zu sitzen, ist der Lotus-Sitz ein Alptraum! Meidet ihn also, denn man braucht fast sechs Monate, um den Lotus-Sitz zu lernen. Er ist nicht notwendig. Wenn du gewohnt bist, auf einem Stuhl zu sitzen, dann finde eine Stellung, eine bestimmte Art Stuhl, etwas, was deinem Körper hilft, alle Spannungen gehenzulassen. Es spielt keine Rolle, ob du auf einem Stuhl sitzt oder im Lotus-Sitz oder auf dem Bett liegst. Sitzen ist besser, denn es verhindert, daß du einschläfst. Der Lotus-Sitz ist aus vielen Gründen gewählt worden. Wenn er dir gelingt, ohne daß du dich foltern mußt, dann ist er das Beste, aber er ist nicht unbedingt notwendig. Er ist sicher die Ausgangsposition, von der du am besten in den Zustand des Beobachtens eintreten kannst. Die Beine sind übereinander geschlagen, die Hände übereinander gelegt, die Wirbelsäule ist aufrecht. Das ist in vieler Hinsicht eine wichtige Unterstützung, um wach zu bleiben. Erstens ist der Effekt der Schwerkraft in dieser Position am geringsten, denn die Wirbelsäule ist aufrecht, daher kann die Schwerkraft nur auf einen sehr kleinen Teil des Körpers einwirken. Wenn du liegst, wirkt die Schwerkraft auf deinen ganzen Körper. Deshalb ist die liegende Position zum Schlafen am besten: Die Schwerkraft zieht an deinem ganzen Körper, und dadurch lösen sich alle Verspannungen im Körper auf. Außerdem solltest du, wenn du dich zum Schlafen hinlegst, ein Kissen
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benutzen, denn je weniger Blut dein Gehirn erreicht, desto weniger aktiv ist der Verstand. Je weniger Blut den Verstand erreicht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß man einschläft. Die Lotus-Position ist eine geniale Verbindung: In ihr hat die Schwerkraft den geringsten Effekt, und weil die Wirbelsäule aufrecht ist, gelangt am wenigsten Blut ins Gehirn, deshalb kann der Verstand nicht funktionieren. Und in dieser Position ist es nicht leicht einzuschlafen. Wenn du diese Position von Kind auf gelernt hast, wird sie natürlich. Und das Überkreuzen der Beine und der Arme hat einen Sinn. Deine Körperenergie bewegt sich in einem Kreis; in der LotusPosition wird der Kreislauf nirgends unterbrochen. Deine beiden Hände ... Eine Hand gibt die Energie der anderen Hand weiter, ein Fuß gibt die Energie dem anderen Fuß weiter, und die Energie bewegt sich im Kreis. Du wirst zu einem Kreislauf deiner Bioenergie. Sie hat also viele Vorteile: Deine Energie wird nirgends freigesetzt, also wirst du nicht müde. Deinem Gehirn wird die kleinstmögliche Menge Blut zugeführt, also ist der Verstand nicht übermäßig aktiv. Du sitzt in einer Position, in der Schlafen schwierig ist; die Beine sind verschränkt, die Hände sind verschränkt und deine Wirbelsäule ist aufrecht. Dies sind nur Hilfen. Sie sind keine Bedingung. Es ist nicht so, daß jemand, der nicht in der Lotus-Stellung sitzen kann, unfähig ist zu meditieren. Das Meditieren wird ihm etwas schwerfallen, aber die Lotus-Position ist lediglich ein Hilfsmittel, keine unbedingte Notwendigkeit. Und es gibt Leute aus kälteren Ländern, wo es nicht möglich ist, auf dem Boden zu sitzen. Seit Jahrhunderten sind ihre Körper ... ihre Eltern und die Eltern ihrer Eltern, schon seit Adam und Eva ... Habt ihr je ein Bild von Adam und Eva im Lotus-Sitz gesehen? Eigentlich wäre es für sie sehr gut gewesen, wenn sie im
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Lotus-Sitz gesessen hätten, denn sie hätten nackt sitzen k(mucii, und keinem wäre besonders aufgefallen, daß sie nackt sind. So sitzen die Jaina-Mönche, immer im Lotus-Sitz. Man kam) Genitalien nicht sehen. Ihre Beine liegen überkreuz, ihre 1 lande sind übereinandergelegt — dies funktioniert fast als Schutz ihn., Nacktheit. Aber wenn Menschen jahrhundertelang niemals so gesessen haben, dann schafft es unnötige Probleme. Deine Körperstruktur hat eine ganz bestimmte Form angenommen; es ist besser, auf den Körper und seine Weisheit zu hören. Benutze einen Stuhl. Es geht nur darum, daß es dir bequem ist, damit der Körper dich nicht ablenken kann. Deshalb sollen Spannungen vermieden werden, denn wenn du Kopfschmerzen hast, wird es schwer sein zu meditieren. Immer wieder wird deine Aufmerksamkeit zu den Kopfschmerzen wanderen. Wenn dein Bein weh tut oder wenn irgendwo im Körper nur eine kleine Spannung ist, bist du sofort alarmiert. Das ist natürlich, und es gehört zur Weisheit des Körpers; wenn er keinen Alarm schlagen würde, wärst du in Gefahr. Eine Schlange kann dich beißen und du würdest einfach sitzen bleiben. Oder deine Kleider fangen Feuer, dein Körper brennt, und du merkst es vielleicht nicht. Der Körper alarmiert dich also sofort, wenn irgendwo eine Schwierigkeit auftaucht. Deshalb sollst du eine entspannte Position finden, in der dich der Körper nicht zu alarmieren braucht, denn jeder Alarm stört deine Meditation. Die erste Disziplin ist also ein entspannter Körper. Und geschlossene Augen, denn wenn du die Augen offen hast, siehst du vieles um dich herum, was eine Störung sein kann. Für Anfänger ist es ideal, eine Augenbinde zu benutzen, so daß du ganz in dir bist, denn es sind deine Augen, deine Sinne, die dich nach außen führen. Achtzig Prozent deines Kontaktes nach
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außen geschieht durch die Augen. Schließe deshalb die Augen. Für Anfänger ist es gut, Ohrstöpsel zu benutzen. Du schließt die Ohren, so stört dich kein Geräusch von außen mehr. Dies gilt nur für Anfänger. All diese Maßnahmen sind für Anfänger. Und dann beobachte einfach deinen Verstand, als ob der Verstand nichts ist als ein Verkehr von Gedanken, oder ein Film im Kino, ein Film auf dem Fernsehschirm. Du bist einfach ein neutraler Beobachter. Das ist die Disziplin, und wenn diese Disziplin vollkommen ist, kommt das Beobachten ganz mühelos - und Beobachten ist Meditation. Durch Wachsamkeit verschwindet der Verstand, verschwinden die Gedanken. Und jener Augenblick ist der gesegnetste Augenblick, wenn du vollkommen wach bist und kein einziger Gedanke da ist, nur ein stiller Himmel deines inneren Seins. Dies ist der Moment, in dem die Energie sich nach innen wendet. Das Nach-innen-Wenden ist plötzlich, abrupt. Und sobald sich die Energie nach innen wendet, bringt sie unermeßliche Freude, orgastisches Entzücken. Und plötzlich wird deine Bewußtheit so reich, denn Energie ist Nahrung für deine Bewußtheit. Die Energie, die zurückkehrt, macht aus deinem Sein beinahe eine Flamme. Du siehst ringsherum reines Licht ... Stille, vollkommene Stille und eine ungeheure Zentrierung. Du bist jetzt genau in deinem Zentrum. Im richtigen Augenblick, wenn du ganz genau in deinem Zentrum bist - die Explosion! Diese Explosion nennen wir Erleuchtung. Diese Erleuchtung bringt dir alle Schätze der inneren Welt, die ganze Pracht. Das ist das einzige Wunder auf der Welt - uns selbst zu kennen und wir selbst zu sein und zu wissen, daß wir unsterblich sind. Wir sind jenseits vom Körper, jenseits vom Verstand. Wir sind nur reines Bewußtsein.
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Die Disziplin ist also nur eine Stütze, das Wesentliche ist Zeugesein, Beobachten - das ist Meditation. Wenn du genau verstehen willst, was Meditation ist - Gautama Buddha ist der erste Mensch, der zur exakten Definition gelangt ist - sie ist: Zeugesein. Lerne das Zeugesein von Gautama Buddha. Und von Patanjali lerne die Disziplin, die eine Hilfe zur Meditation sein kann. Auf diese Art können Yoga und Meditation zu einer Synthese werden. Yoga ist Disziplin, lediglich äußere Unterstützung, eine unermeßliche Hilfe, aber nicht absolut notwendig. Und Gautama Buddha hat der Welt das Grundlegendste und Wesentlichste gegeben: Zeugesein als Meditation. Deine Frage wird solange ungelöst bleiben, bis du dich ein bißchen auf den Weg machst, anderenfalls wirst du wieder fragen: „Was ist Meditation?" Daß ich es dir erkläre, das reicht nicht. Du mußt dich auf den Weg machen. Hymie und Becky Goldberg sind gerade auf ihrer ersten Flugreise. Hymie genießt eine zeitlang seinen bequemen, verstellbaren Sitz und die hübschen Stewardessen, die den Gang auf und ab gehen. Dann schaut er aus dem Fenster und sagt ganz aufgeregt: „Becky, schau mal, die Leutchen da unten, sie sehen aus wie Ameisen." Becky lehnt sich rüber zum Fenster, wirft einen Blick hinaus und sagt dann: „Das sind Ameisen, du Depp! Das Flugzeug hat noch nicht abgehoben." Hymie Goldberg war an den hübschen Mädchen interessiert, die den Gang auf und ab gingen. Er hat total vergessen, daß das Flugzeug noch steht, daß es sich noch nicht von der Stelle bewegt hat. Als er die Ameisen sieht, denkt er also, das müssen Menschen sein - von dieser schwindligen Höhe aus ... Deshalb schließt beim Meditieren die Augen!
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NICHT-DENKEN: DAS STUDIUM DER LEEREN LEINWAND
Die Psychologie der Buddhas wird die des Nicht-Denkens sein. Sie wird den gewöhnlichen Psychologien in jeder Hinsicht, in jeder Richtung diametral entgegengesetzt sein, denn sie ist eine völlig neue Dimension, nie zuvor berührt, niemals auch nur in Betracht gezogen. Es ist leicht, die Quellen zu studieren, aus denen unsere Gedanken kommen. Es ist sehr schwierig, fast unmöglich, die Quelle des Nicht-Denkens zu studieren. Das Nicht-Denken erinnert mich an moderne Malerei. Ein moderner Maler stellte einmal seine Werke aus. Einer der Besucher stand fast eine halbe Stunde lang vor einem Gemälde. Der Maler ging im Ausstellungsraum herum und gab Erläuterungen, wenn jemand Fragen zu einem der Bilder hatte. Der Besucher war total versunken in das Bild, und der Maler kam viele Male vorbei, hatte aber das Gefühl, daß es nicht recht sei, ihn zu stören. Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, denn das Bild war lediglich eine leere Leinwand. Er fragte den Mann: „Interessiert Sie dieses Gemälde?" Der Mann sagte: „Es interessiert mich sogar sehr, denn ich frage mich: wo ist das Bild? Das hier ist eine leere Leinwand, aber wenn sie hier ausgestellt ist, dann muß da in irgendeiner Weise ein Bild sein. Sind Sie der Maler?" Der Mann sagte: „Ja, ich bin der Maler, und ich bin gern bereit, es Ihnen zu erläutern: Es ist das Bild einer Kuh, die Gras frißt." Der Besucher sagte: „Aber ich sehe keine Kuh, und ich sehe kein Gras." Der Maler sagte: „Die Kuh hat das Gras aufgefressen und ist nach Hause gegangen — und so ist keine Kuh und kein Gras da. Deshalb habe ich die Leinwand leer gelassen." Das Studium des Nicht-Denkens ist genau das: das Studium einer leeren Leinwand.
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Die Gedanken sind weg, die Emotionen sind weg, die Gefühle sind weg, die Stimmungen sind weg. Nichts bleibt übrig, außer einem reinen, leeren Raum. Und diesen leeren Raum müssen wir auf andere Art studieren als den gewöhnlichen Verstand, denn der gewöhnliche Verstand hat Inhalte, aber dieser leere Raum hat keinen Inhalt. Er hat eine gewisse Qualität, aber er hat keinen Inhalt. Er hat einen gewissen Duft, aber er hat keinen Inhalt. Er hat nichts Objektives; er ist reine Subjektivität. Alle wissenschaftlichen Studien sind objektiv; sie brauchen etwas zum Studieren. In diesem leeren Raum gibt es kein Objekt; du hast nichts zum Studieren. Es muß also eine neue Dimension erforscht werden, mit völlig neuen Voraussetzungen. Das ist Nicht-Denken. Und zum Nicht-Denken zu gelangen, heißt alles erlangen. Mehr als das gibt es nicht, denn es ist Frieden, es ist Stille, es ist Seligkeit. Es ist Göttlichkeit, es ist Unsterblichkeit, es ist Ewigkeit. NichtDenken ist alles, was möglich ist. Der Zustand des Nicht-Denkens ist die Psychologie der Buddhas. Und nur ein Mensch, der den Zustand des Nicht-Denkens gekostet hat, ist wirklich geistig gesund, ist wirklich heil und ganz.
DER MEISTER-SCHLÜSSEL
Der Zustand des Nicht-Denkens ist für den Westen unbekannt; und doch kann man sich nur im Zustand des Nicht-Denkens bewußt werden, was jenseits der Grenzen des Verstandes liegt. Denn erst wenn das Geplapper des Verstandes stillsteht und kein Lärm mehr da ist, wird die stille, leise Stimme des Seins hörbar. Zum ersten Mal wird man sich bewußt: „Ich bin hier. Ich war nie dort, in jenem überfüllten Ort. Ich war nie in ihm drin!" Und ein einziger Augenblick des Erkennens, daß du dich oberhalb des Verstandes befindest, hat dir auf immer den Meisterschlüssel gegeben. Jetzt kann der Verstand nie mehr dein Meister werden. Und wenn der Verstand nicht dein Meister sein kann, kann er dich niemals in den Wahnsinn treiben. Jetzt kann der Verstand nicht mehr einfach alles sammeln, was er will. Wenn sich das Sein erst einmal zeigt, wird der Verstand sehr gefügig — sofort. Es ist genau wie in einer Schule — die Kinder plappern durcheinander, machen Krach, gehen über Tische und Bänke, und plötzlich tritt der Lehrer ein. Auf der Stelle sitzt jedes Kind auf seinem Stuhl, das Buch aufgeschlagen, und tut sehr beschäftigt. Und es herrscht absolute Stille. Der Schulmeister hat nichts gemacht. Er hat nicht einmal ein einziges Wort gesagt, aber seine Gegenwart genügt. Genau so etwas passiert. Die Gegenwart des Seins, und der Verstand läßt all seinen Unfug. Die Gedanken verschwinden, und der Verstand wird einfach reiner Raum. Das Sein kann den Verstand durchschauen, mit großer Klarheit und Sichtweite. Ehe das Sein sich eingestellt hatte, war alles ständig eine Frage von Entweder-Oder: Soll ich dies tun oder das, ist dies richtig oder das — und der Verstand war nie in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Und wie immer er sich entschied, es war immer halbherzig. Und folglich blieb die Reue nie aus.
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Du hast überlegt, ob du diese oder jene Frau heiraten sollst, und endlich muß der Verstand sich entscheiden. Schwankend faßt er einen Entschluß. Heiratet man die eine Frau, so lernt man sie bis ins Kleinste kennen, und eine große Reue macht sich breit. Man hat sich für die falsche Frau entschieden. Kein Mann auf der ganzen Welt hat die richtige Frau gewählt. Und keine einzige Frau hat den richtigen Mann gewählt. Es ist sehr merkwürdig. Wie schafft ihr es nur, unter Millionen von Menschen immer den falschen Mann, die falsche Frau zu finden? Der Mann, die Frau, kann nichts dafür. Der Verstand besitzt keine Klarheit; er ist von so vielen Gedanken umwölkt. Er ist nicht fähig zu entscheiden, weil er nicht fähig ist, klar zu sein. Ist der Verstand erst einmal still, ist erst einmal ein Zustand des Nicht-Denkens da, dann ist das Sein sehr scharfsichtig und klar. Dann geht es nicht mehr um Entweder-Oder, nicht mehr um Entscheidungen. Was immer das Sein tut, geschieht ohne Entscheidung. Es tut ganz einfach das, was die Klarheit ihm gebietet. Es hat immer recht! So wie der Verstand immer unrecht hat, hat das Sein immer recht. Aber der Westen hat das Sein nicht anerkannt. Folglich stochern Sigmund Freud, Carl Gustav Jung, Alfred Adler und ihre Nachkommenschaft in den trüben Wassern des Verstandes — und machen das Wasser alle nur noch trüber. Sie haben ja selbst nie erfahren, daß es in ihrem innersten Kern etwas gibt, das nicht wahnsinnig werden kann, das das eigentliche geistig Gesunde ist. Die Existenz spricht durch es! Es ist die Stimme des Lebens selbst. Aber die Psychotherapeuten haben Angst, das Sein auch nur zu entdecken. Gelegenheiten hatten sie genug. Jung ist viel in Indien herumgereist, hat das Taj Mahal,
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Khajuraho, Konarak besucht, alle schönen Orte, die Höhlen von Ajanta und Ellora Und jeder, dem er begegnete, sagte zu ihm: „Statt Ihre Zeit damit zu verschwenden, diese Orte zu besichtigen, sollten Sie nicht versäumen, einen Mann kennenzulernen: Raman Maharshi — er lebt im Süden Indiens auf dem Berg Arunachal, gar nicht weit von hier — denn er kann Ihnen eine Ahnung vermitteln ... Vielleicht bekommen Sie in seiner Gegenwart, allein dadurch, daß sie neben ihm sitzen oder mit ihm reden, eine gewisse Vorstellung." Der Osten hat nie etwas auf den Verstand gegeben, und doch hat der Osten die größten erleuchteten Menschen hervorgebracht, die geistig gesündesten Menschen, mit kristallklarer Sicht. Und Raman Maharshi war einer von diesen Menschen. Aber Jung hat Ramm Maharshi nie aufgesucht. Er hatte Angst. Allein die Vorstellung, daß es außerhalb des Verstandes noch etwas gibt, war ihm unheimlich. Was bedeutet, daß die gesamte Psychoanalyse bedeutungslos ist. Er war nicht bereit, ein solches Risiko einzugehen, einen solchen Mann zu treffen. Er kehrte aus Indien zurück, ohne Ramm Maharshi besucht zu haben. Jungs Angst ist die Angst aller Psychoanalytiker, wenn es etwas jenseits der Grenzen des Verstandes gibt, wird ihr ganzer Beruf absolut sinnlos. Wenn es eine direkte Methode gibt, durch die man das Sein erreichen kann, vorbei am Verstand, ja, wenn der Verstand, sobald du dein Sein erreichst, sich augenblicklich von selber legt, dann ist die Psychoanalyse völlig überflüssig. Dann ist es unnötig, dem geistig Kranken zu beweisen, daß mit ihm etwas nicht stimmt. Dann ist es unnötig, sich bis ins einzelne in seine Träume, seine Tagebücher und lauter solchen Unsinn zu vertiefen. Meditation ist eine direkte Route zum Sein. Sie läßt den
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Verstand einfach links liegen. Und wenn du erst einmal in deinem Sein zentriert bist, wird der Verstand, der sonst so wild herumgesprungen ist und sich als dein Herr aufgespielt hat, plötzlich gefügig. Er wird auf der Stelle still, stellt schlagartig seinen ganzen Lärm ein. Und ein Mensch des Seins kann sich des Verstandes ebenso gut bedienen wie jedes anderen Mechanismus'. Häßlich ist es nur, wenn der Mechanismus sich deiner bedient. Der Mensch sollte nie vergessen, daß er Herr über seinen Körper und seinen Verstand ist. Und fraglos muß der Herr über beiden stehen. Ich sage dies aus eigener Autorität heraus. Es ist so.Ihr könnt mit Psychotherapien und allen möglichen anderen Therapien spielen. Sie sind nichts weiter als Spiele. Wenn euch diese Spiele gefallen, schadet es nichts. Sie sind besser als Fußball, aber mehr als ein Spiel sind sie nicht. Und sie werden euch nie ein neues Leben geben. Sie werden euch nie zu eurer authentischen Intelligenz, eurer Klarheit verhelfen, die Einblick in jedes Problem hat, ohne im geringsten vor ein Entweder-Oder gestellt zu sein. Der erleuchtete Mensch ist nichts weiter als der Mensch, der aus seinem Sein heraus lebt. Die Leute fragen mich: „Aber wir müssen doch entscheiden, was richtig und was falsch ist." ja, ihr werdet entscheiden müssen, solange ihr unter dem Einfluß des Verstandes lebt. Und keine eurer Entscheidungen wird sich als richtig erweisen. Wie immer ihr euch entscheidet, leiden werdet ihr immer. Und ihr werdet ständig zurückschauen: „Vielleicht wäre die andere Alternative besser gewesen." Der erleuchtete Mensch wählt nie. Er lebt in einer wahl-losen Bewußtheit. Im Licht seiner Bewußtheit weiß er, was richtig ist. Entscheidungen stellen sich überhaupt nicht. Und im
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Augenblick, wo du weißt, was richtig ist mit deinem ganzen Sein — bereust du nie. Seit drei Jahrzehnten habe ich kein einziges Mal zurückgeschaut. Ich habe nie auch nur einen einzigen Moment lang gedacht: „Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte mich anders entschieden." Diese Frage stellt sich mir überhaupt nicht. Folglich schleppt der erleuchtete Mensch keine Last der Vergangenheit mit und bleibt klar. Denn die Last der Vergangenheit ist wie Staub, der sich auf deiner Bewußtheit, auf dem Spiegel deines Seins sammelt. Wenn der Spiegel klar ist, reflektiert er einfach das, was da ist. Es geht also nicht darum zu entscheiden, was richtig und was falsch ist. Deshalb spreche ich zu meinen Leuten nie über Moral und Unmoral, über Tugend, Sünde, Gut und Böse. Es ist nutzlos. Ich bestehe immer wieder nur auf einem Punkt, und zwar, daß ihr euch in eurem Sein zentriert. Und dann ist alles, was ihr tut, richtig, ist es Tugend. Ja, euer wirkliches Sein gibt es, jenseits von aller Psychotherapie. Die Tage der Psychotherapie sind gezählt. Im gleichen Maße, wie Meditation sich ausbreitet, wird Psychotherapie schrumpfen. Wenn es uns gelingt, Meditation über die ganze Erde zu verbreiten, wird die Psychotherapie ganz einfach verschwinden. Sie ist zu nichts nütze, und sie hat in keiner Hinsicht geholfen. Und geratet besser gar nicht erst in den Morast der Psychotherapie, denn es ist leicht, da hineinzurutschen, aber sehr schwer, wieder herauszukommen. Du gräbst und gräbst, aber je mehr du gräbst, desto mehr Schlamm findest du. Es nimmt kein Ende. Der Verstand besitzt einen unbegrenzten Vorrat an Träumen, Gedanken, Wünschen, Verdrängungen, Perversionen. Meditation führt dich zum Sein — eine unmittelbare Route
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nach drüben. Und wenn der Meister da ist, ergibt sich der Verstand sofort. Und diese Kapitulation des Verstandes ist Gesundheit, denn jetzt ist der Meister an seinem Platz, ist der Diener an seinem Platz. Die Harmonie ist wiederhergestellt. Und Gesundheit bedeutet nichts anderes als in Harmonie sein.
ÜBER OSHO
Osho wurde am 11. Dezember 1931 im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh geboren. Von frühester Kindheit an bewies er einen rebellischen, unabhängigen Geist und erforschte seine eigene Wahrheit, statt sich von dem Wissen und Glauben anderer Leute beeinflussen zu lassen. Nach seiner Erleuchtung im Alter von einundzwanzig Jahren schloß Osho sein Universitätsstudium ab und lehrte danach mehrere Jahre lang Philosophie an der Universität von Jabalpur. Zwischendurch bereiste er ganz Indien, sprach zu riesigen Menschenmengen, traf sich mit Vertretern der gebildeten Schichten und forderte das gesamte religiöse und politische Establishment seines Landes in öffentlichen Debatten heraus, wobei er die traditionellen Glaubenswerte der indischen Kultur angriff. Er las unersättlich alles, was sein Verständnis der Glaubenssysteme und der Psychologie des modernen Menschen vertiefen konnte. Ende der sechziger Jahre entwickelte Osho seine einzigartigen Meditationstechniken. Der heutige Mensch, sagt er, ist so befrachtet mit längst überholten Weltbildern und Traditionen und so belastet durch die Ängste des modernen Lebens, daß er einen tiefen Reinigungsprozeß durchmachen muß, ehe er in den Zustand der völlig entspannten, von allen Gedanken befreiten Meditation gelangen kann. Mit den Jahren hat Osho praktisch jeden einzelnen Aspekt der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Bewußtseins durchleuchtet. Er hat für den zeitgenössischen Menschen das Wesentliche herausgeschält, worauf es bei der spirituellen Suche ankommt — nicht aus der Warte des intellektuellen Verständnisses, sondern aus seiner ureigenen existentiellen Erfahrung. Er gehört keiner Tradition an. „Ich bin der Anfang eines vollkommen neuen religiösen Bewußtseins", sagt er. „Bitte bringt
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mich nicht mit der Vergangenheit in Verbindung — sie ist es nicht einmal wert, erinnert zu werden." Seine „Talks" zu Schülern und Suchern aus aller Welt füllen über sechshundert Bücher, in über dreißig Sprachen übersetzt. Er sagt über sein Gesamtwerk: „Meine Botschaft ist keine Doktrin, keine Philosophie. Meine Botschaft ist ein bestimmter alchemistischer Vorgang, eine Wissenschaft der Transformation. Nur wer bereit ist, sich als das aufzulösen, was er ist, um in etwas Neues hineingeboren zu werden — so neu, daß es vorerst nicht einmal vorstellbar ist... nur diese wenigen Mutigen werden bereit sein, mir zuzuhören; denn schon das Zuhören wird riskant sein. Indem ihr zuhört, habt ihr schon den ersten Schritt getan, um neugeboren zu werden. Es ist also keine Philosophie, aus der ihr euch einfach ein Mäntelchen machen könnt, mit dem ihr herumstolziert. Es ist keine Doktrin, in der ihr Trost für quälende Fragen finden könnt. Nein, meine Botschaft ist nicht irgendeine verbale Mitteilung. Sie ist weitaus riskanter. Sie ist nichts Geringeres als Tod und 'Wiedergeburt." Osho verließ am 19. Januar 1990 seinen Körper. Seine Kommune in Indien ist nach wie vor das größte spirituelle Wachstumszentrum der Welt, das Tausende Besucher aus fast jedem Land der Erde anzieht. Besucher die an Meditationen, Therapie, Körperarbeit und an Kreativangeboten teilnehmen, oder nur erfahren wollen, was es heißt in einem Buddhafeld zu sein.
DIE OSHO COMMUNE INTERNATIONAL
Die von der Vision des erleuchteten Meisters Osho getragene Osho Commune International in Pune, Indien, läßt sich als eine Art Labor oder Experimentierfeld beschreiben. Hier ist Raum für den „Neuen Menschen", der mit sich und seiner Umgebung in Harmonie lebt, frei von allen Ideologien und Glaubenssystemen, die heute die Menschheit zerreißen. Die Osho Multiversity der Kommune bietet im Rahmen von neun verschiedenen Fakultäten Hunderte von Workshops, Gruppen und Trainings an: Osho School for Centering and Zen Martial Arts Osho School of Creative Am Osho International Acadetny of Healing Am Osho Meditation Academy Osho Institute for Love and Conciousness Osho School of Mysticism Osho Institue of Tibetan Pulsing Healing Osho Center for Transformation Osho Club Meditation: Creative Leisure All diese Programme sind dazu da, jedem auf seine Art die Chance zu bieten, das Aha-Erlebnis der Meditation zu erfahren — jenen Kniff, einfach nur unbeteiligter Zeuge der eigenen Gedanken, Emotionen und Handlungen zu sein, ohne zu urteilen oder sich zu identifizieren. Anders als in alten östlichen Traditionen ist Meditation in Oshos Kommune keine isolierte Disziplin, sondern untrennbar mit dem Alltag verbunden — Teil der Arbeit, des Umgangs mit anderen, der Lebensprozesse schlechthin. Die Folge davon ist, daß die Menschen hier sich nicht von der Welt abkehren, sondern vielmehr ihren Geist der Wachheit und
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des Feierns in sie hinaustragen, in tiefer Achtung vor dem Leben. Der Höhepunkt des Tages ist die Osho White Robe Brotherhood Meditation. Diese zweistündige Feier mit Musik, Tanz, Stille und einem Osho Diskurs ist einzigartig — eine in sich geschlossene Meditation, bei der Tausende von Suchern sich „in einem Meer von Bewußtheit auflösen", wie Osho es ausdrückt.
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Tantra
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