LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLER
Theodor Fontane
Effi Briest Von Theodor Pelster
Philipp Reclam jun. Stuttgart
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LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLER
Theodor Fontane
Effi Briest Von Theodor Pelster
Philipp Reclam jun. Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten © 2003, 2004 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Made in Germany 2004 RECLAM und UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN 3-15-950123-X ISBN der Buchausgabe 3-15-015327-1 www.reclam.de
Inhalt 1. Erstinformation zum Werk 5 2. Inhalt 8 3. Personen 15 4. Die Struktur des Werks 33 5. Wort- und Sacherläuterungen 38 6. Interpretation 47 7. Autor und Zeit 67 8. Rezeption 77 9. Checkliste 80 10. Lektüretipps /Filmempfehlungen 83
Anmerkungen 86
1. Erstinformation zum Werk Effi Briest erschien als Fortsetzungsroman von Oktober 1894 bis März 1895 in der Monatszeitschrift Deutsche Rundschau, als Buchausgabe im Verlag von Ein erfolgreicher Friedrich Fontane, dem Sohn des Autors, im Roman Oktober 1895 und erwies sich bald als das erfolgreichste und bedeutendste Werk des Dichters. In seinem Tagebuch verzeichnet Fontane, dass es sein Roman »in weniger als Jahresfrist zu 5 Auflagen«1 brachte; später schreibt Thomas Mann, der sich in die Tradition von Theodor Fontane stellt: »Eine Romanbibliothek der rigorosesten Auswahl, und beschränkte man sich auf ein Dutzend Bände, auf zehn, auf sechs, – sie dürfte Effi Briest nicht vermissen lassen.«2 Einige Jahre bevor Fontane seinen ersten Roman Vor dem Sturm veröffentlichte, hatte er sich in einer »Was soll ein Rezension mit der Frage beschäftigt: »Was Roman?« soll ein Roman?« Seine Antwort, von der er auch später nicht abrückte, lautete: »[…] er soll uns eine Welt der Fiktion auf Augenblicke als eine Welt der Wirklichkeit erscheinen, soll uns weinen und lachen, hoffen und fürchten, am Schluß aber empfinden lassen, teils unter lieben und angenehmen, teils unter charaktervollen und interessanten Menschen gelebt zu haben.«3 Besonders wichtig ist ihm der Bezug zur Welt der Wirklichkeit. Der Leser soll nicht aus seiner Alltagswelt in andere Sphären entführt werden; »… ein Bild seiner Zeit« sein sondern ihm soll die Welt, in der er lebt, bewusst gemacht werden. Am sichersten erreichen jene Romane dieses Ziel, die ein »Bild der Zeit« bieten;
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1. ERSTINFORMATION ZUM WERK
deshalb Fontanes Forderung: »Der moderne Roman soll ein Zeitbild sein, ein Bild seiner Zeit.«4 Die Geschichte der Effi Briest, die erzählt wird, spielt in der Zeit zwischen 1870 und 1889, in der Zeit des zweiten deutschen Kaiserreichs, in der Wilhelm I. deutscher Kaiser und Otto von Bismarck deutscher Reichskanzler war. Das erste Lesepublikum hatte diese Epoche miterlebt und kannte die Lebensbedingungen dieser Zeit. Vor allem Berlin – einer der Haupthandlungsorte – war vielen Lesern vertraut. Für sie war Effi Briest ein Zeitroman im besten Sinne. Mehr als hundert Jahre später kann der Leser zwar noch einige der genannten Stadtteile und Straßen in Berlin aufspüren, die dargestellte Situation ist jedoch nicht mehr gegenwärtig, sondern historisch. So kann man den Roman heute mit geschichtlichem Interesse und unter der Fragestellung lesen: Wie waren die LebensEin bedingungen der Menschen in diesem AbGeschichtsbild schnitt der Geschichte? Für Leser der Gegenwart wird der Roman zum Geschichtsbild. Dem Werk Fontanes wäre damit jedoch nicht Genüge getan. Nicht der Fall, der geschildert wird und der in ein ganz bestimmtes Umfeld gesetzt wird, macht die Bedeutung des Romans aus, sondern die Fragestellung, die über den Fall hinausgeht und die Grundlagen Die grundsätzder gesellschaftlichen Ordnung betrifft. Der lichen Fragen Roman wirft Fragen auf, die Menschen stellen, seit sie in Gruppen, Staaten und Gemeinschaften leben, und die ihre Aktualität jeden Tag beweisen: Wie gestaltet sich das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft?
1. ERSTINFORMATION ZUM WERK
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Nach welchen Regeln lebt die Gesellschaft? Wer bestimmt diese Regeln? Wer wacht über sie? Inwieweit ist der Einzelne dieser Gesellschaft verpflichtet? Inwieweit darf er selbst über sich bestimmen? Was macht das Glück des Einzelnen aus? Inwiefern kann das Glück des Einzelnen durch Ansprüche der Gesellschaft bedroht sein? Wodurch ist der Bestand der Gesellschaft gesichert? Was bietet die Gesellschaft denen, die sich ihren Regeln und Gesetzen unterordnen? Indem der Roman diese Fragen aufwirft Ein Gesellschaftsund indem er zur Diskussion herausfordert, roman ohne selbst verbindliche Antworten geben zu wollen, wird er zum großen Gesellschaftsroman, einem der größten der deutschen Literatur.
2. Inhalt 1. Der achtunddreißigjährige Baron Geert von Innstetten, seit etwa drei Jahren Landrat im pommerschen Kessin, macht Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts einen Besuch auf dem Herrensitz der Familie von Besuch in Briest im brandenburgischen Hohen-CremHohen-Cremmen men. Dort trifft er auf die jetzt achtunddreißigjährige Frau von Briest, um die er einst geworben hat, auf ihren Gatten, den Ritterschaftsrat – »ein wohlkonservierter Fünfziger« (17) – und auf Effi, deren siebzehnjährige Tochter, die gerade noch übermütig mit ihren Freundinnen gespielt hat. 2. Als Effi hereingerufen wird, ahnt sie noch nicht, dass Innstetten, den sie zwei Tage zuvor bei ihren Innstetten hat Verwandten zum ersten Mal gesehen hat, geum Effis »Hand rade um ihre »Hand angehalten hat« (17). Es angehalten« überkommt sie zwar ein »nervöses Zittern« (17); der zustimmenden Empfehlung ihrer Mutter hat sie jedoch nichts entgegenzusetzen. 3. Das geplante Mittagessen wird zum »Verlobungsmahl« (18). Gleich darauf berichtet Effi ihren Verlobung Freundinnen von dem Ereignis. Nachdem Innstetten abgereist ist, beginnen im Hause Briest die Hochzeitsvorbereitungen, die ihren Höhepunkt in einem einwöchigen Aufenthalt in Berlin haben, wo die Aussteuer zusammengekauft wird. 4. Bis zum Hochzeitstag am 3. Oktober erhält Effi regelmäßig Briefe von ihrem Bräutigam, die sie weniger regelmäßig beantwortet. Wichtiger Vor der Hochzeit als der Briefwechsel scheinen ihr die Ge-
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spräche mit ihrer Mutter zu sein, in denen sie ihre Zukunft phantasiereich ausmalt, in denen sie allerdings auch zugibt, dass es in der Person Innstetten etwas gibt, »was mich quält und ängstigt« (37). 5. Unmittelbar nach den Festlichkeiten hat das Brautpaar die Hochzeitsreise nach Italien angetreten. Die Effis Eltern tauschen zu Hause ihre GedanHochzeitsreise ken über die Vermählten aus. Sie werden in ihren Sorgen bestätigt, als sie aus Effis Karten und Briefen nicht nur Glück, sondern auch »Sehnsucht« (45) herauslesen. 6. Am 14. November trifft das Paar wieder in Berlin ein und fährt nach kurzem Aufenthalt nach KesIn Kessin sin weiter. Innstetten bereitet Effi, die »halb ängstlich, halb begierig« (51) zuhört, auf Land und Leute vor und führt sie endlich in das landrätliche Haus, wo die Dienerschaft und Rollo, der Haushund, auf den Herrn und seine Gattin warten. 7. Am ersten Morgen in Kessin hat sich Effis Orientierung Effi verschlafen, frühstückt dann mit ihrem in Kessin Mann und nimmt langsam die innere Umgebung ihres Hauses wahr. 8. Apotheker Alonso Gieshübler, der tags zuvor schon Blumen zur Begrüßung hatte schicken lassen, ist der erste Kessiner, der Effi, der Gattin des Landrats, seine Aufwartung macht. 9. Die nächsten Wochen sind ausgefüllt mit Pflichtbesuchen, die man den Honoratioren der Stadt und dem Landadel abzustatten hat und bei denen Effi genau und kritisch beobachtet wird. Als Innstetten Einsamkeit dann nach Varzin, dem Gut von Reichskanzund Spuk ler Fürst Bismarck eingeladen wird, fühlt sich
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2. INHALT
Effi zum ersten Mal einsam; es überkommt sie »Sehnsucht« und »Angst« (81). In der Nacht wacht sie schreckhaft auf und glaubt, im Haus spuke es. 10. Beim gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen bittet Effi ihren Mann, das Spukhaus aufzugeben und ein anderes zu mieten. Aber dazu ist Innstetten nicht bereit. Er schlägt vor, zur Ablenkung und zur Erholung eine Schlittenfahrt zu machen, die dann allerdings an dem Grab des Chinesen vorbeiführt, von dem der Spuk angeblich ausgeht. 11. Der Abend bei Gieshübler, bei dem die zu Besuch weilende Marietta Trippelli, Tochter der verEin unterhaltwitweten Frau Pastor Trippel, singt, sorgt für samer Abend Unterhaltung, kann aber Effis Gespensterfurcht nicht beheben. 12. Weihnachten wird still gefeiert. Am Silvestertag teilt Effi ihrer Mutter in einem langen Brief mit, Ein Brief nach es bestehe nun »Gewissheit« (109), dass sie Hohen-Cremmen schwanger sei, dass diese Freude jedoch nicht alle Sorgen beseitige. Am liebsten mache sie sich »auf nach Hohen-Cremmen« (110). 13. Der Winter bringt mehr »Langeweile« (113) als Abwechslung. Etwas lebhafter wird es, als im Frühjahr die Badesaison beginnt. Im Juni wird Roswitha, der Effi zufällig am Grab von deren verstorbener Dienstherrin begegnet, vorsorglich als Kinderfrau angestellt. 14. Am 3. Juli wird »Lütt-Annie« (129) geboren, am 15. August getauft. Beim anschließenden Festmahl ist auch Major von Crampas, der Die Geburt von »Lütt-Annie« neue Landwehrbezirkskommandeur, anwesend. Tags darauf treten Effi, Annie und Roswitha die lang ersehnte Reise nach Hohen-Cremmen an. 15. Effi genießt die sechs Wochen in Hohen-Cremmen
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und ist Ende September wieder in Kessin. In das erste ausführliche Gespräch, das Effi und Innstetten Der Besuch führen, platzt Crampas, der trotz fortgevon Crampas schrittener Jahreszeit im Meer gebadet hat und der nun Pläne erläutert, die ein abwechslungsreiches Leben im winterlichen Kessin garantieren sollen. 16. Auf gemeinsamen Ausritten von Crampas, Innstetten und Effi kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Männern, bei denen EfCrampas gewinnt Effis Interesse fi mit Crampas Ansichten sympathisiert. Als Effi und Crampas dann allein ausreiten, wird Innstetten zum Gesprächsthema. 17. Noch intimer und anzüglicher werden die Gespräche, die Effi und Crampas bei einem letzten gemeinsamen Ausritt im November führen. 18. Kurz vor Weihnachten wird das TheaDie Theaterterstück »Der Schritt vom Wege« aufgeführt, aufführung: in dem Effi eine Rolle übernimmt und Cram»Der Schritt vom pas Regie führt. Nach Weihnachten werden Wege« Besuche in der Umgebung gemacht. 19. Nach einem Festessen in der etwas abEin weiterer gelegenen Oberförsterei gibt es Schwierig»Schritt vom keiten bei der Rückfahrt der Schlitten am Wege« Meer vorbei. Es fügt sich, dass Effi und Crampas auf der letzten Strecke allein im Schlitten sitzen, was Crampas zu »heißen Küssen« (181) auszunutzen weiß. 20. Auf dem Silvesterball begegnen sich Effi und Crampas nur flüchtig. Trotzdem merkt Effi, dass sie »wie eine Gefangene sei« (189). 21. Während eines einwöchigen Aufenthalts Innstettens
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in Berlin betreibt Effi ihre vom Arzt verordneten »Spaziergänge nach dem Strand und der Plantage« Fehltritte (194) und trifft dort mehrmals Crampas. Ihr »Gott sei Dank« (204) als Reaktion auf Innstettens Mitteilung, er werde demnächst als Ministerialrat in Berlin gebraucht, ist sprechend. 22. Effi will möglichst schnell nach Berlin, Aufbruch um eine Wohnung zu mieten. Sie verabschienach Berlin det sich persönlich von Gieshübler und schriftlich von Crampas. Es wird deutlich, dass diese Abschiede endgültig sein sollen. 23. In Berlin trifft Effi ihre Mutter, die an eiWohnungssuche nem Augenleiden laboriert, und Vetter Dain Berlin gobert. Effi zögert die Wohnungssuche hinaus und stellt sich schließlich krank, um nicht noch einmal nach Kessin zu müssen. 24. Ende März zieht Familie Innstetten in die Sommerreise Berliner Wohnung. Im Sommer reisen Effi und Innstetten zuerst nach Rügen, von dort nach Kopenhagen und Jütland. Auf der Rückreise machen sie Station in Hohen-Cremmen. 25. Das Leben in Berlin nimmt seinen Lauf. Effi zur Kur Doch auch »im siebenten Jahre […] ihrer neuen Stellung« (250) wird Effi noch »von den alten Vorstellungen gequält« (249). Vergeblich wartet man auf einen Stammhalter, Effi wird eine Kur im Taunus verschrieben. 26. In Berlin bereitet man sich schon auf EfEin »Konvolut fis Rückkehr vor, als Annie im Treppenhaus von Briefen« der Wohnung unglücklich fällt. Während man in Effis Nähtisch nach Verbandszeug sucht, fällt ein »Konvolut von Briefen […] mit einem roten
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Seidenfaden umwickelt« (257) zu Boden. In diesem Augenblick kommt Innstetten. 27. Die Briefe stammen aus der Kessiner Zeit und sind Botschaften von Crampas an Effi, die den BeHerausforderung weis für Effis Ehebruch enthalten. Mit seizum Duell nem Freund und Kollegen Wüllersdorf ist sich Innstetten einig, dass es, obwohl er ohne »Durst nach Rache« ist und obwohl er seine Frau weiterhin liebt, »trotzdem sein muss« (264), den einstigen Galan zum Duell herauszufordern. 28. Innstetten trifft am frühen Morgen des Der Tod von nächsten Tages in Kessin ein, wo Wüllersdorf Crampas schon alles für das Duell arrangiert hat. Im Duell wird Crampas tödlich getroffen. 29. Zurück in Berlin schreibt Innstetten Briefe – unter anderem nach Hohen-Cremmen. Die Hausangestellten in Berlin erörtern den Fall, über Die Trennung den bereits in der Morgenzeitung berichtet worden ist. 30. In Bad Ems erhält Effi »einen großen eingeschriebenen Brief« (284) aus Hohen-Cremmen, der sie »ohnmächtig« (285) werden lässt. 31. Effi reist am gleichen Tag von Bad Ems Effi vereinsamt ab. Sie wird weder in ihre Wohnung, noch zu ihren Eltern können: »Das Gefühl des Alleinseins in der Welt überkam sie mit seiner ganzen Schwere« (286). 32. Effi bezieht – mit Roswitha – eine kleine Wohnung in Berlin. Als sie erstmals nach drei Jahren zufällig Annie vom Pferdebahnwagen aus sieht, sucht sie nach einer Möglichkeit, »die Erlaubnis zu gelegentlichen Begegnungen« (304) mit ihrem Kind zu erhalten.
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33. Auf Vermittlung der Gattin des Ministers darf Annie ihre Mutter besuchen; es kommt zu einem Der Besuch von einzigen tief enttäuschenden Wiedersehen Annie Effis mit Annie. Effi merkt, dass man ihre Tochter für dieses Gespräch präpariert hat, und ist darüber entsetzt. 34. Die Begegnung mit ihrem Kind löst ein Effis Rückkehr Nervenleiden aus. Der alte Hausarzt Dr. nach HohenRummschüttel erwirkt, dass Effi von ihren Cremmen Eltern in Hohen-Cremmen aufgenommen wird. 35. Doch Effi kränkelt weiter. An seiner Lebenssituation leidet auch Innstetten in Berlin, obwohl er Die Leiden gerade zum Ministerialdirektor befördert der Getrennten wurde. Roswitha bittet Innstetten in einem Brief, Rollo nach Hohen-Cremmen zu lassen. Dazu ist Innstetten bereit. 36. Auch die Spaziergänge mit Rollo nutzen nichts. Effi hat mit dem Leben abgeschlossen, stirbt und wird in Hohen-Cremmen beerdigt. Mit dem Satz »[…] das ist ein z u weites Feld« (333) bricht der alte Briest ein Gespräch mit seiner Frau ab, die erörtern möchte, wer an der ganzen traurigen Geschichte die Schuld trage.
3. Personen Die Hauptpersonen Effi ist die einzige Tochter der Familie von Briest. Die Briests besitzen seit Generationen ein Gut Der Stand mit Herrenhaus, Feld, Wald und Teich im havelländischen Hohen-Cremmen, wo Effi eine glückliche Kindheit verbracht hat. Sie lebt in voller Übereinstimmung mit ihren Eltern, mit den Nachbarn und mit ihren Freundinnen. Der ungewöhnliche Rufname Effi wird von Vater Briest mit dem rankenden »Efeu« (19) in VerbinDer Name dung gebracht. Innstetten nutzt den Wortgleichklang und redet sie in seinen Verlobungsbriefen ab und zu mit »kleine Eva« (34) an; manche Deuter sehen in dem Namen eine Verbindung von Eva und Iphigenie.5 In dem Augenblick, in dem sie dem Leser vorgestellt wird, ist Effi siebzehn Jahre alt. Sie hilft ihrer Das Alter Mutter bei der Herstellung eines »Altarteppichs« (6), ist dann aber froh, als ihre Freundinnen auftauchen; sie erzählen sich, essen Stachelbeeren und gehen schließlich »schaukeln« (15). Effi entspricht in keiner Weise der Vorstellung, die man von einem adligen Fräulein hat. Sie trägt »ein Die bevorzugte blau und weiß gestreiftes, halb kittelartiges Kleidung Leinwandkleid […]; der Hals war frei, und über Schulter und Nacken fiel ein breiter Matrosenkragen« (6). Hulda, eine ihrer Freundinnen, meint, sie sehe aus wie »ein Schiffsjunge« (14). Ihre Mutter hält ihr vor,
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den Anlagen nach hätte sie »doch wohl Kunstreiterin werden müssen« (7). Als »Tochter der Luft« am »Trapez« (7) zu schweben könnte Effi durchaus gefallen. Etwas davon empfindet sie, wenn sie auf dem »Schaukelbrett« durch die Lüfte fliegt: »etwas eigentümlich Prickelndes, einen Schauer süßer Gefahr« (132). In Effi, so künEin Hang zum det der Erzähler gleich zu Anfang an, paaren Übermut sich »Übermut und Grazie, während ihre lachenden braunen Augen eine große, natürliche Klugheit und viel Lebenslust und Herzensgüte verrieten« (6). Unmittelbar aus dem Spiel wird Effi gerissen, als die Mutter ruft, der angekündigte Besuch sei da. Effi bricht das Spiel ab und ruft ihren Freundinnen zu: »Spielt nur weiter; ich bin gleich wieder da« (16). Als Effi dann zurückVerlobung: kommt, ist sie verlobt. Die Kindheit ist abgeDer Abbruch schlossen; wenige Wochen später ist Effi der Kindheit Gattin des Landrats von Kessin in Pommern. Mit der Verlobung beginnt das ganz anders geartete Leben in der Partnerschaft mit einem mehr als zwanzig Jahre älteren Mann in gehobener Stellung und das Leben in einer Gesellschaft, die sich Normen gegeben hat und die erwartet, dass der Einzelne die ihm zugedachte Rolle angemessen ausfüllt. Wenn Effi unmittelbar nach dem Verlobungsmahl von ihren Freundinnen gefragt wird, ob sie Glücklich? glücklich sei, antwortet sie: »Wenn man zwei Stunden verlobt ist, ist man immer ganz glücklich. Wenigstens denk ich es mir so« (20). Der Nachsatz ist insofern verräterisch, als er die eigene Aussage relativiert. Nach allgemeiner Ansicht hat glücklich zu sein, wer verlobt ist, zumal wenn es »der Richtige« ist. Und der Rich-
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tige muss »von Adel sein und eine Stellung haben und gut aussehen« (20). Dabei spielt keine Rolle, dass Effi keine Gelegenheit hatte, ihren Verlobten kennen zu lernen. Die Partnerwahl erfolgt im Grunde durch die Eltern. Besonders brisant ist, dass der einst abgewiesene Liebhaber der Mutter nun der Tochter als zukünftiger Ehemann angeboten wird. Ihre Kleidung und ihre Vorliebe für risikoreiches Spiel haben aber schon gezeigt, dass sich Effi Die Konfliktlage außerhalb des Konventionellen wohler fühlt als in den eng gesteckten Grenzen der Normen. Nicht nur als Kunstreiterin und Midshipman kann sie sich vorstellen, sondern auch als »Prinzessin« (16, 22, 31). Sie bestätigt ausdrücklich, dass sie sich ihre Zukunft ausmalt »wie ein Märchen« und dass sie in diesem Märchen »eine Prinzessin sein« (31) möchte. Die Mutter warnt: »Die Wirklichkeit ist anders« (32); und das wird auch Effi erfahren. Tatsächlich hat es Effi schwer, sich in dem »dreitausend Menschen« (61) zählenden Kessin als »Baronin Innstetten« (56) und Gattin des Landrats zurechtzufinden. Einzig Alonzo Gieshübler, der Apotheker, gewinnt ihre Sympathie. Entscheidender aber ist, dass die Das Rollenspiel und die Erwartungen, die sie an die Ehe gestellt hat, individuellen nicht mit denen ihres Mannes übereinstimBedürfnisse men. Innstetten fragt sie: »Wirst du populär werden und mir die Majorität sichern, wenn ich in den Reichstag will?« (74). Sie aber setzt andere Prioritäten. Ihrer Mutter hatte sie schon erklärt: »Liebe kommt zuerst, aber gleich hinterher kommt Glanz und Ehre, und dann kommt Zerstreuung« (33). Nun aber muss sie sich schon in den ersten Wochen in Kessin einen »Kuss« einmahnen, denn Innstetten scheint »frostig wie ein Schneemann« (74). Von Zerstreuung ist auch nicht viel zu spüren.
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Und von der Ehre, dass Innstetten bei Fürst Bismarck eingeladen wird, hat sie nichts, bestenfalls Ärger. Genau in der Nacht, in der Innstetten spät vom Fürsten in Varzin kommt, wird Effi von Angst geplagt, die sie auf den im Haus spukenden Chinesen zurückführt. Was es genau mit dem Chinesen auf sich hat, wird man nicht erfahren. Die Angst sitzt tief. Effi bittet vergeblich, ein anAngst deres Haus zu mieten; sie wird endgültig unwillig, als sie den Verdacht nicht abweisen kann, dass Innstetten den Spuk benutzt, um sie zu erziehen. Innstetten, so wird ihr gesagt, »operiert […] immer erzieherisch, ist der geborene Pädagog« (149). Und der Spuk, so schließt sie, ist möglicherweise angelegt als »ein Art Angstapparat aus Kalkül« (150). All dies erweckt in ihr »Sehnsucht« (98) – zunächst nach Hohen-Cremmen, dann aber ganz allgemein nach Veränderung. Diese Sehnsucht wird auch nicht aufgelöst, als »Klein-Annie« (129) geboren ist. Die Enttäuschung darüber, dass Innstetten kein »bisschen Sehnsucht nach [dem] Kinde« (136) hatte, während Effi mit Annie in Hohen-Cremmen war, mag mit ein Grund sein, dass sie dem ganz anders gearteten Crampas »Der Schritt verfällt. Sie spielt nicht nur das Theaterstück vom Wege« »Ein Schritt vom Wege« (161), sondern sie kommt vom Wege ab, indem sie gegen die Normen der Gesellschaft handelt und sich mit Crampas einlässt. Das, was sie getan hat, kann sie »nicht loswerden« (245). Sie empfindet »Schuld«, aber diese »lastet« nicht auf ihr: »Was da lastet, das ist […] Angst […]. Und dann außer der Angst … Scham« (245). Effi ahnt früh, dass alles »am Ende noch an den Tag« (245) kommt. Trotzdem trifft sie der Brief, durch den sie aus ihrem und der Eltern Haus verstoßen wird, überraschend.
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Dass ihr eine natürliche Beziehung zu ihrem mustergültig erzogenen Kind verweigert wird, gibt ihr den »Die Sehnsucht Rest. Sie kränkelt zum Tode hin. Am Ende […] zu den hat sie nur noch die »Sehnsucht […] zu den Sternen« Sternen oben oder noch drüber hinaus« (328). Im Tod überkommt sie »ein Gefühl der Befreiung« (331). Sie stirbt »mit Gott und Menschen versöhnt, auch versöhnt mit i h m« (330). In Hohen-Cremmen findet sie ihr Grab – da, wo sie eigentlich zu Hause ist, wo sie die glücklichste Zeit erlebt hat und wohin ihre Sehnsucht immer gerichtet war. Baron Geert von Innstetten. Ehe Effi weiß, dass sie in wenigen Stunden mit Innstetten verlobt sein wird, stellt sie ihn, den Besucher, ihren Freundinnen mit einem Ausschnitt aus seiner Lebensgeschichte und Die Kurzcharakteristik mit einer Kurzcharakteristik seiner Person und Stellung vor: »[…] er ist Landrat, gute Figur und sehr männlich« (8); er ist dem Haus verbunden als alter Freund der Mutter: »[…] eine Liebesgeschichte mit Held und Heldin, und zuletzt mit Entsagung« (8). »Geert von Innstetten« – so der volle Name – oder auch »Baron von Innstetten« (10) – so der genaue Titel – hatte seine militärische Ausbildung »bei den Rathenowern« erhalten und zu der Zeit Effis Mutter kennen gelernt; er hatte, obwohl »er noch keine Zwanzig war« (11), um Der Lebenslauf: sie geworben und war, wie nicht anders zu Ausbildung und erwarten, abgewiesen worden. Dies mag ein Beruf Grund gewesen sein, dass er sich umso intensiver um seine Karriere kümmerte. Er studierte »Juristerei […] mit einem ›wahren Biereifer‹«, nahm zwischenzeitlich am »Siebziger Krieg« teil, also am so ge-
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nannten Deutsch-Französischen Krieg, an dessen Ende 1871 die »Reichsgründung« stand, und hatte durch beides erreicht, dass »Bismarck […] große Stücke« auf ihn hielt, »und auch der Kaiser« (12). So wurde er »Landrat im Kessiner Kreise« (12). Diese Position in Kessin, einer Kleinstadt »in Hinterpommern« (12), ist für einen 38-jährigen Beamten höchst ehrenvoll. Doch wird sie nur als Zwischenstation für jemand angesehen, der zu Höherem berufen ist. Frau Briest preist Innstetten ihrer Tochter gegenüber an als »Mann von Charakter, von Stellung und Ein Mann von guten Sitten« (17). Pastor Niemeyer bewunCharakter und dert ihn später: »Das ist ein Mann von ChaPrinzipien rakter, ein Mann von Prinzipien« (36). Auch Effi scheint unmittelbar nach der Verlobung mit ihrem Bräutigam vollkommen einverstanden zu sein: »Geert ist ein Mann, ein schöner Mann, ein Mann, mit dem ich Staat machen kann und aus dem was wird in der Welt« (36). Vater Briest erkennt: »Innstetten ist ein Karrieremacher – […] und das wird Effis Ehrgeiz befriedigen« (42). Andererseits fragt er sich, »ob auch ihr Hang nach Spiel und Abenteuer« (42) befriedigt werden kann; denn Innstetten ist ein Mensch absoluter Ernsthaftigkeit. Es ist Innstetten zu glauben, dass ihm daran liegt, »für die Kessiner Respektperson zu sein« (56). Auch Das hat er das »Gefühl, Effi zu lieben, und das Selbstverständnis gute Gewissen, dass es so sei« (114). InnstetInnstettens ten bemerkt nicht, dass Effi längst »von einer herzlichen Sehnsucht« (98) erfasst ist, sich Liebe und Zärtlichkeit wünscht, dass sie in ihrem Haus »Angst« vor dem Spuk, dem Krokodil und dem Haifisch hat, jedoch kaum wagt, das einzugestehen, und bald vermutet, dass er auch in Bezug auf sie »erzieherisch […] ope-
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riert« (149). Innstetten ist blind für seine Frau, bis es zu spät ist. Vorläufig hat er nur Augen und Sinn für Karriere, Bismarck und das, was man im Kaiserreich und Innstetten und im Preußen dieser Zeit »Ehre« nennt. Das Bismarck Beste an Kessin ist für Innstetten, dass es nahe bei »Varzin« liegt, wo Bismarck sein Gut hat und wohin Innstetten häufig Einladungen erhält, da er nicht nur vom Fürsten geschätzt wird, sondern auch »in der Gunst bei der Fürstin« steht (75). Nichts fürchtet er mehr, als das Ansehen des Fürsten zu verlieren. Innstetten folgt den Normen, ohne sie zu hinterfragen. Als er die an seine Frau gerichteten Briefe Innstetten und von Crampas vor sich hat, sucht er nicht zu die Normen der verstehen, wie alles kommen konnte, sondern Gesellschaft fragt, was der so genannte Ehrenkodex von ihm verlangt. Er weiß, dass er zu Festungshaft verurteilt wird, wenn er Crampas tötet. Aber er weiß auch, dass es in seinen Kreisen erwartet wird, den Liebhaber seiner Frau zum Duell zu fordern. Sogar der Kaiser billigt indirekt diese Art der Selbstjustiz, indem er sagt, »sechs Wochen in solchem Falle sei gerade genug« (295). Erst in dem Augenblick, in dem Innstetten den Höhepunkt seiner Karriere erreicht hat und der ErSpäte Erkenntnis nennung zum »Ministerialdirektor« (322) sicher ist, erkennt er, dass sein Weg zwar in die Höhe, aber auch ins Unglück geführt hat. Er hat schon lange sich »zu freuen verlernt« (322), sein »Leben ist verpfuscht« (323); was bleibt, ist »Resignation üben« und »aushalten, bis man fällt« (324). Effi, die sehr darunter gelitten hat, dass Innstetten so »nüchtern und berechnend […] und zuletzt auch noch grau-
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sam« gewesen ist, urteilt ganz zuletzt so über ihn: »[…] er hatte viel Gutes in seiner Natur und war so edel, wie jemand sein kann, der ohne rechte Liebe ist« (331).
Effis Schlussurteil
Annie, die Tochter Effis und Innstettens, wird am 3. Juli, genau neun Monate nach der Hochzeit der Eltern geboren. Vom Tag der Geburt an wird das Kind in die Verantwortung der Kinderfrau Roswitha gegeben, die es »ohne weiteres ›Lütt-Annie‹« (129) nennt und dadurch den Namen bestimmt. Annie wächst komplikationslos auf, macht auch für Innstetten einen Teil »seines häuslichen Glücks« (165) aus und ist als »Enkelkind« ein Kind »zum Anbeißen« (210). Nach der Trennung der Eltern bleibt Annie beim Vater. Als Effi ihre Tochter nach Jahren zufällig von der Pferdebahn aus sieht, wirkt Annie »dunkel und ernst« (301). Das herbeigesehnte Treffen mit der Tochter endet für die Mutter schmerzlich. Später ist von Annie nicht mehr die Rede, »wiewohl feststand, dass Annie Erbtochter sei und HohenCremmen ihr zufallen würde« (313). Major von Crampas. Als »Landwehrbezirkskommandeur« (116) ist Major von Crampas für die WehrDie berufliche pflichtigen des Bezirks zuständig, die ihre Stellung Wehrpflicht abgeleistet haben und »als bewaffnetes Aufgebot für den Verteidigungsfall bereit«6 stehen müssen. Er hat »in Verbindung mit den zivilen Behörden (Landrat) die Musterung, die Kontrolle der Landwehrangehörigen, die Einberufung zu Übungen und bei der Mobilmachung […] die Ausrüstung«7 zu überwachen. Von diesen Amtspflichten erfährt der Leser nichts.
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Einzig, dass Crampas sich gern »bei Bismarck einen Krieg bestellen« (139) ließe, lässt erkennen, dass er dem Militärstand angehört. Crampas ist verheiratet, hat »zwei Kinder von zehn und acht Jahren, die Frau ein Jahr älter als er, also Die sagen wir fünfundvierzig« (116). Das hat Effi Lebensstellung bei den ersten flüchtigen Begegnungen mit Crampas erfahren. Ihrer Mutter berichtet sie, dass Frau von Crampas »immer verstimmt, beinahe melancholisch« sei, Crampas selbst »ein Damenmann«, »ein Mann vieler Verhältnisse« und dass er »um solcher Dinge willen, ein Duell mit einem Kameraden« gehabt habe (116). Während Effi sicher ist, dass es mit Frau von Crampas »nichts werden« (116) kann, schätzt sie ihn nach einer ersten Unterhaltung so ein: »Vollkommener Kavalier, ungewöhnlich gewandt« (117). Innstetten und Crampas kennen sich aus der Zeit des Deutsch-Französischen Kriegs, »haben sich Crampas und im Norden von Paris bei Graf Gröben öfter Innstetten gesehen« (117). Von daher wissen sie auch, dass sie sich in Welt- und Lebensanschauung deutlich unterscheiden. Beide tragen ihren Gegensatz im Beisein von Effi offen aus, als Crampas vorschlägt, demnächst auf »Robbenjagd« (143) zu gehen, was gesetzlich verboten ist. Während Crampas so hinsagt: »Alle Gesetzlichkeiten sind langweilig« (144) und später hinzufügt: »[…] ohne Leichtsinn ist das ganze Leben keinen Schuss Pulver wert«, beharrt Innstetten darauf, »dass es ohne Zucht und Ordnung nicht geht« und man von ihm, Crampas, »der unter der Fahne der Disziplin groß geworden« sei, erwarte, dass er solche Reden unterlasse (144). Der Hang zum Leichtsinn weckt bei Effi Sympathien für Crampas.
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Die besonderen Fähigkeiten von Crampas liegen da, wo es gilt, für Abwechslung zu sorgen. »AbCrampas Hang wechslung ist des Lebens Reiz« (140) ist eine zu Abwechslung seiner Devisen. In dem Klub, in dem sich die und Zerstreuung Honoratioren der Kessiner Gesellschaft zusammenfinden, ist er auf Anhieb zum »Vizevorstand« (140) gemacht. Er hat bereits Theaterstücke ausgesucht, in denen er mitzuspielen bereit ist. Er ist belesen und »gelegentlich auch Dichter« (141). Als der Plan aufkommt, das Theaterstück »Ein Schritt vom Wege« aufzuführen, in dem Crampas Regie führen und Effi »die Rolle der Ella spielen« soll, ist Effi, »als ob eine Stimme ihr zugerufen hätte: ›Sieh dich vor!‹« (161). Doch die Verlockung, Theater zu spielen, ist zu groß. Während Innstetten seinen Dienstpflichten nachgeht, hat Crampas Zeit für Ausritte, für die VorbereiDer Abenteurer tung von Festen, für Abwechslung. Es ist fraglich, ob die geheimen Treffen mit Effi für Crampas mehr sind als eine weitere Folge »chevaleresker Liebesabenteuer«, für die er bekannt ist; denn: »Einem Freunde helfen und fünf Minuten später ihn betrügen, waren Dinge, die sich mit seinem Ehrbegriffe sehr wohl vertrugen. Er tat das eine und das andere mit unglaublicher Bonhommie« (151). Crampas rechnet nicht mit einem normalen Tod. »Wer für den Strick geboren ist, kann im Wasser nicht umkommen« (138), erklärt er gegenüber Innstetten. Später äußert er die Hoffnung, dass er »einen richtigen und hoffentlich ehrlichen Soldatentod sterben werde« (139). Er zügelt seine kapriziösen Reden Innstetten gegenüber, »um nicht direkt vor Ihren Pistolenlauf zu kommen« (139). Als er dann tatsächlich zum Duell herausgefordert wird, überkommt
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ihn »wehmütige Resignation« (269). Wüllersdorf, der die Forderung überbrachte, berichtet: »Wenn ich ihn richtig beurteile, er lebt gern und ist zugleich gleichgültig gegen das Leben. Er nimmt alles mit und weiß doch, daß es nicht viel damit ist« (269). Tödlich getroffen, wünscht Crampas Innstetten zu sprechen. Er beginnt den Satz Der offene Schluss »Wollen Sie …« (272). Weiter kommt er nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, den Satz zu ergänzen.
Effis Eltern Luise von Briest, geborene Belling, ist zum Zeitpunkt von Effis Verlobung 38 Jahre alt, bestimmt die Die Herrin Geschicke im Hause Briest und ist »eine des Hauses schöne Frau« (10). Sie hat den damals zwanzigjährigen Innstetten abgewiesen und Briest geheiratet, der »schon Ritterschaftsrat war« und »HohenCremmen hatte« (11). Das war eine solide Basis für eine Ehe, die ausgeglichen und dauerhaft, wenn auch nicht immer glückhaft war. In die ökonomischen Bereiche der Gutsverwaltung redet Frau von Briest nicht hinein, dagegen schneidet sie ihrem Mann das Wort ab, wenn er in seine Rede »poetische Bilder« (19) einflicht. Luise von Briest ist fest Bildung und davon überzeugt, ihrem Mann in intellektuUmgangsformen eller Hinsicht, erst recht in Fragen des gesellschaftlichen Umgangs überlegen zu sein. Sie kennt die Konventionen, folgt ihnen und setzt sich dafür ein, dass sie eingehalten werden.
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So kommt es ihr sehr gelegen, Effi mitteilen zu können, »dass Baron Innstetten eben um deine Hand angehalten hat« (17). Da dieser als »Mann von CharakUrteilskategorien ter, von Stellung und guten Sitten« (17) gilt, steht bei ihr fest, dass Effis weiterer Lebensweg gesichert ist. Wie Briest einst so hat auch Innstetten etwas, und außerdem ist er etwas. Weitere Erwartungen sind nicht vorgesehen. Nicht nur durch den Vornamen Luise ist Frau von Briest in preußische Traditionen eingebunden. Schon während der Vorbereitungen zur Hochzeit merkt die Mutter, dass Effi andere Erwartungen an die Ehe und an ihren Bräutigam stellt. ZuMütterliche Sorgen und nehmend wird der Mutter klar, dass Effi ungesellschaftliche glücklich ist, und ihr wird »bang ums Herz« Normen (41). Als Effis Ehe dann endgültig gescheitert ist, teilt Frau von Briest ihrer Tochter mit, dass ihr »das elterliche Haus verschlossen sein« werde, »weil wir Farbe bekennen und vor aller Welt […] unsere Verurteilung deines Tuns […] aussprechen wollen« (287). Damit handelt sie nach den Konventionen der Gesellschaft. Erst drei Jahre später ist sie, von Effis Arzt Dr. Rummschüttel angeregt und von ihrem Ehemann zusätzlich bedrängt, bereit, Effi nach Hohen-Cremmen kommen zu lassen. Aber auch da fürchtet sie noch, von der »Gesellschaft« geschnitten zu werden: »Ein leichter Schritt Das Einlenken ist es nicht. Und unser Leben ist von Stund und die Frage an ein anderes« (312). Immerhin fragt sie sich nach der Schuld am Ende, ob sie und ihr Mann als Eltern »nicht doch vielleicht schuld sind«, ob sie es an »Zucht« haben fehlen lassen (333) oder ob Effi damals bei der Verlobung »nicht doch vielleicht zu jung war« (333).
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Herr von Briest ist adliger Gutsbesitzer, selbstständig und als Ritterschaftsrat Vertreter des Kleinadels Der Stand bei den preußischen Provinziallandtagen. Sein materieller Wohlstand ist abhängig von den Erträgnissen seiner Landwirtschaft – vor allem von der Raps- und Kornernte. Als »wohlkonservierter Fünfziger von ausgesprochener Bonhommie« (17) steht er dem Landrat von SelbstInnstetten gegenüber. Er, Briest, ist stolz auf bewusstsein seinen Adel – »Wir sind doch nun mal eine historische Familie« (27) – und auf seine Unabhängigkeit. Er steht zu seiner konservativen Grundhaltung, lässt aber andere Ansichten gelten und nimmt so leicht »nichts übel« (39). Durchaus wohlwollend sieht er, wie sich Wohlwollen und Effi und Innstetten verloben. In etwas ironiSkepsis scher Distanz macht er die Hochzeitsfeierlichkeiten mit. Sehr früh bemerkt er, dass Effi nicht bereit und fähig ist, sich mit dem abzufinden, was von ihr erwartet wird. Als Erster äußert er Zweifel, ob diese Ehe gelingt. Er traut Innstetten nicht zu, dass er die Bedürfnisse Effis wahrnimmt. »Und dann weiß ich nicht«, sagt Briest zu seiner Frau, »was geschieht. Denn so weich und nachgiebig sie ist, sie hat auch was Rabiates und lässt es auf alles ankommen« (42f.). Briest erweist sich als Menschenkenner. Er Urteilskategorien hat eine gehörige Skepsis gegenüber der menschlichen Gesellschaft. Er vertraut mehr der Natur und hält mehr von dem instinktiven Verhalten der »Kreatur« als von dem vernünftigen der Menschen: »Es ist nicht so viel mit uns, wie wir glauben. Da reden wir immer vom Instinkt. Am Ende ist es doch das Beste« (332).
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Mit diesen Überlegungen geht er jedoch nicht an die Öffentlichkeit. Er vermeidet Diskussionen. Sobald es um die großen Themen der Gesellschaft geht, entzieht er sich mit dem Gemeinplatz: »Das ist Zurückhaltung ein weites Feld.« Deshalb diskutiert er auch im Urteilen und Bereitschaft nicht über »Gesetz und Gebot«, auch nicht zu humanem über »Katechismus und Moral und […] AnHandeln spruch der ›Gesellschaft‹«, sondern telegrafiert seinem kranken Kind in Berlin: »Effi komm« (312) und nimmt es wieder ins elterliche Haus auf.
Der Personenkreis in Hohen-Cremmen Pastor Niemeyer gilt als ausgezeichneter Prediger. Einigen ist er zu liberal; Effi gegenüber bewährt sich seine Menschlichkeit. Frau Niemeyer fällt durch spitze Redensarten auf, sie hält auf Distanz zu der heimgekehrten Effi. Hulda Niemeyer, Pastorenkind, zählt zu Effis Jugendfreundinnen, fühlt sich aber unterlegen und zieht sich zurück. Jahnke ist der etwas schrullige, aber liebenswerte Kantor der Gemeinde. Seine Töchter Bertha und Hertha – Zwillingsschwestern – sind die sympathischen Jugendfreundinnen Effis. Dr. Wieseke ist der verständnisvolle Arzt, der Effi in ihrer letzten Krankheit betreut. Insgesamt fühlt sich Effi in dieser dörflichen Welt wohl und geborgen.
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Der Personenkreis in Kessin Der Apotheker Dr. Alonzo Gieshübler ist der einzige Mensch in Kessin, zu dem Effi Vertrauen hat. Er, der an einem körperlichen Schaden leidet, ist für Effi »wie eine kleine Vorsehung« (113). Er entwickelt für Effi »alle schönen Liebesgefühle durch- und nebeneinander […], die des Vaters und Onkels, des Lehrers und Verehrers« (114). All die andern – die Borckes, die Flemings, Baron Güldenklee ebenso wie Wirt Golchowski und Dr. Hannemann bleiben ihr fremd. Verständnis findet Effi bei Frau von Padden; auf offene Ablehnung stößt sie bei der bigotten Sidonie von Grasenabb. Kessin ist für Effi die Fremde. Ihr behagt weder der offen ausgesprochene Nationalstolz noch der orthodoxe Protestantismus, der ihr in Pommern entgegentritt.
Die Dienstboten im Haus des Landrats Johanna ist Innstettens »Hausmädchen« in Kessin, »eine hübsche, nicht mehr ganz jugendliche Person, der ihre stattliche Fülle fast ebenso gut kleidete wie das zierliche Mützchen auf dem blonden Haar« (53). Sie ist absolut zuverlässig und steht Effi bei, ihre erste Spuknacht zu bestehen. Später geht sie mit der Familie nach Berlin. Sie bleibt nach der Scheidung der Eheleute bei Innstetten und geht ganz im Dienst für ihren Herrn von Innstetten auf. Roswitha Gellenhagen wird von Effi als Kinderfrau angestellt, ehe noch Annie geboren ist. Roswitha ist katholisch und stammt aus Thüringen. Von ihrem Vater wurde sie mit
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einer glühenden Eisenstange bedroht, als dieser erfuhr, dass sie ein uneheliches Kind erwartete. Sie betrachtet es als Glück, von Effi angestellt zu werden. So zieht sie nach der Scheidung zu Effi in die kleine Berliner Wohnung und hilft ihr nach Kräften. Später geht sie mit nach Hohen-Cremmen und pflegt Effi bis zu deren Sterbestunde. Weitere Dienstboten im Haus des Landrats in Kessin sind Kruse, der Kutscher, Friedrich, der persönliche Diener Innstettens, Christel, die Köchin und – Rollo, der Haushund. Rollo, ein Neufundländer, steht für die »Kreatur«, die vom Instinkt geleitet wird und dadurch manchen vernünftelnden Menschen überlegen ist. Er ist der treue Begleiter Effis bis zu ihrem Tod.
Vertrauenspersonen in Berlin Von Wüllersdorf ist Geheimrat im Ministerium in Berlin und der einzige Kollege, mit dem Innstetten auch einen persönlichen Kontakt pflegt. Wüllersdorf ist Junggeselle und Skeptiker. Er glaubt nicht an das große Lebensglück und baut sich seine Hilfskonstruktionen, um das Leben einigermaßen zu bestehen. Als Vertrauter Innstettens wird er zuerst zu Rate gezogen, als die verräterischen Briefe von Crampas gefunden werden. Trotz großer Bedenken teilt er das »Ich muss« (265) Innstettens, überbringt die Forderung an Crampas und fungiert bei dem Duell als Sekundant. Später gratuliert er Innstetten zu dessen Beförderung zum Ministerialdirektor und philosophiert mit diesem über das verlorene Glück. Dr. Rummschüttel ist Arzt in Berlin. Er wird von Frau von Briest geholt, als Effi in Berlin eine Krankheit simuliert,
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um nicht noch einmal nach Kessin zu müssen. Dr. Rummschüttel durchschaut die Komödie und spielt mit. Er wird für Effi in Berlin zur wichtigsten Vertauensperson. Als Effi nach ihrer Scheidung tatsächlich erkrankt, erkennt er die wahren Ursachen und setzt sich dafür ein, dass Effi zurück nach Hohen-Cremmen geholt wird.
Die Personenkonstellation Pastor Niemeyer Seelsorger in Hohen-Cremmen Beistand für Effi Frau Luise von Briest geborene Belling, einst von Innstetten umworben, Mutter Effis Baron Geert von Innstetten Landrat in Kessin, später Ministerialdirektor in Berlin Ehegatte Effis und Vater Annies Lütt-Annie Tochter Effis und Innstettens Johanna Innstettens Hausmädchen von Wüllersdorf Ministerialbeamter in Berlin Innstettens Vertrauter
Herr von Briest Gutsherr in Hohen-Cremmen Ritterschaftsrat Vater Effis Effi Briest verheiratete Innstetten, geschiedene Innstetten, am Ende »Effi Briest« Roswitha Kindermädchen Annies Vertraute Effis Dr. Alonzo Gieshübler Apotheker in Kessin »wahrer Freund« Effis Dr. Rummschüttel Arzt in Berlin Nothelfer Effis Rollo, der treue Hund
Major von Crampas Landwehrbezirkskommandeur in Kessin, verheiratet und Vater zweier Kinder, vorübergehend Galan Effis
ungestörte Beziehung abgebrochene Beziehung unterbrochene Beziehung
4. Die Struktur des Werks Der Roman ist in 36 Kapitel untergliedert und hat – in der Reclam-Ausgabe – einen Umfang von 329 Seiten. Der durchschnittliche Umfang eines Der Aufbau Kapitels liegt also bei etwas mehr als neun Seiten. Die Geschichte wird von einem Erzähler vermittelt, der weitgehend chronologisch, also von Anfang Der Erzähler bis Ende in einer natürlichen Reihenfolge erzählt. An einigen Stellen holt er die Vorgeschichte der Personen nach, an anderen macht er einen Zeitsprung. Insgesamt beträgt die erzählte Zeit Erzählzeit und etwa 12 Jahre. Sehr ausführlich werden die erzählte Zeit Ereignisse von Effis Verlobung, ihrer Hochzeit und der Zeit in Kessin geschildert. Für ungefähr eineinhalb Jahre Handlungszeit wendet der Erzähler etwa 200 Seiten Erzählzeit auf. Sechs Ehejahre in Berlin beanspruchen dann kaum 50 Seiten. Nach dem Duell und der Scheidung erfolgt ein Zeitsprung von drei Jahren. Der Epilog beginnt mit dem unglücklichen Wiedersehen Effis und ihrer Tochter und endet mit Effis Tod. Auf etwa 30 Seiten wird berichtet, was in diesem letzten halben Jahr geschieht. Der Blick des Erzählers ist ganz auf die Hauptperson, nämlich Effi von Innstetten, geborene Briest gerichtet. Drei Mal greift der Erzähler in den Erzählfluss ein: »Arme Effi« (75) sagt er bemitleidend, als Effi den ersten Abend allein im »Spukhaus« verbringen muss; »arme Effi« (329), so wiederholt er, als Effi zum letzten Mal im heimischen Garten in Hohen-Cremmen nach den Sternen sieht, ehe sie wenige Ta-
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ge danach stirbt. An einer Stelle wendet er sich unmittelbar an den Leser: »Ja, war denn Roswitha bei Effi?« (292). Es handelt sich um Eingriffe eines auktorialen Vordeutungen Erzählers. Dieser Eindruck bestätigt sich, wenn man die zahlreichen Vordeutungen auswertet, die allerdings nur beim genauen und mehrmaligen Lesen zu bemerken sind. So verweist etwa die »Schaukel« (14), auf die Effi im Garten von Hohen-Cremmen am Tag ihrer Verlobung zugeht, auf den »Schaukelstuhl« (136, 138), in dem Effi sitzt, wenn Crampas ihr auf der Veranda die Hand küsst. Auf das »Wäldchen«, die »Dünen« und die »Mühle« (261), also den Ort, an dem sich später Effi und Crampas treffen, wird von dem Augenblick an verwiesen, an dem Effi zum ersten Mal nach Kessin kommt (52, 65); dort wird später auch das Duell ausgetragen (271f.), durch das die Affäre beendet wird. Ortsbeschreibungen von Hohen-Cremmen stehen am Anfang und am Ende des Romans. Im ersten Satz beschreibt der Erzähler den Herrensitz der Briests und Abrundende verweist auf »ein großes in seiner Mitte mit Kompositionseiner Sonnenuhr […] besetztes Rondell« (5). elemente Im letzten Kapitel heißt es dann, dass sich »auf dem Rondell […] eine kleine Veränderung vollzogen« habe: »die Sonnenuhr war fort, und an der Stelle, wo sie gestanden hatte, lag seit gestern eine weiße Marmorplatte, darauf stand nichts als ›Effi Briest‹« (332). So findet der Roman eine Abrundung. Effi ist – im doppelten Sinne des Wortes – heimgekehrt. Die Geschichte Effis endet dort, wo sie begann. Als bedeutungsvoll erweist sich der übermütige Ausruf Herthas »Effi, komm« (18), mit dem die Freundinnen Effi, die gerade verlobt wird, zu ihrem Spiel zurückholen wollen. Innstetten, der den Zuruf gehört hat,
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kommt »von den zwei Worten nicht los« und ist überzeugt, dass »der kleine Hergang doch mehr als ein bloßer Zufall« (21) war. Jahre später telegrafiert Vater Briest »Effi, komm« (312) nach Berlin und holt die geschiedene und vereinsamte Tochter nach Hause zurück. Von dem Teich, in den die Mädchen einst in spielerischem Übermut ihre »Schuld versenkt« (13) haben, steigen nun »die Nachtluft und die Nebel«, die Effi »aufs Krankenbett« (329) werfen, von dem sie nicht mehr aufsteht. Vordergründig kann Effi Briest als Eheroman klassifiziert werden. Im Mittelpunkt steht ein Paar, das Die sich findet, das eine Familie gründet, desGrundstruktur sen Ehe dann jedoch scheitert. Doch dieses Paar ist eingebunden in den Rahmen einer gegebenen Gesellschaft, die nicht nur aus Personen unterschiedlicher Art, sondern auch aus Konventionen, Gebräuchen und Normen besteht. So wird der Eheroman zum Zeit- oder Gesellschaftsroman. Trotzdem lässt sich die Struktur des Romans Stationen am besten beschreiben, wenn man die Statioder Handlung nen dieser Beziehungsgeschichte zur Leitlinie wählt. Erste Station (1–5): Effi Briest, die gerade noch mit ihren Freundinnen auf dem Familiengut in Hohen-Cremmen spielte, verlobt sich auf Empfehlung ihrer Eltern mit Baron von Innstetten. Die Hochzeit wird vorbereitet. Unmittelbar nach den Festlichkeiten am 3. Oktober begibt sich das Paar auf eine Hochzeitsreise nach Italien. Zweite Station (6–15): Das Paar richtet sich im hinterpommerschen Kessin ein. Innstetten geht seinen Verpflichtungen als Landrat nach. Effi versucht sich in der Rolle der Ehefrau zurechtzufinden und auftretende Schwierigkeiten
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4. DIE STRUKTUR DES WERKS
zu überwinden. Am 3. Juli wird Annie geboren. Von August bis Mitte September ist Effi bei ihren Eltern zu Besuch in Hohen-Cremmen. Dritte Station (15–22): Crampas, der »Damenmann«, tritt in Erscheinung, verspricht, für »Abwechslung« in Kessin zu sorgen, und gewinnt mit seinen Ansichten, die im Gegensatz zu denen Innstettens stehen, Sympathie bei Effi. Bei gemeinsamen Ausritten und bei Veranstaltungen der Honoratioren merkt Effi, wie sie in den Sog zum Ehebruch gezogen wird, kann aber nicht widerstehen. Vierte Station (23–31): Effi ist erleichtert, als sie erfährt, dass Innstettens Karriere jetzt nach Berlin führt. Sie hofft, sich von dem befreien zu können, was sie in Kessin belastet. Die Hoffnung trügt. Während Effi zur Kur ist, findet Innstetten die Briefe von Crampas. Im Duell tötet Innstetten den einstigen Galan. Er schickt den Scheidungsbrief. Fünfte Station (32–36): Effi lebt in einer kleinen Wohnung in Berlin, kränkelt und wird nach Hohen-Cremmen geholt, wo sie stirbt. Innstettens Karriere geht bis zum »Ministerialdirektor« (322); doch die Lebensfreude ist hin. In »Resignation« (324) tut er seine Pflicht.
Die Struktur Ein auktorialer Erzähler, der lediglich drei Mal direkt kommentierend in die Geschichte eingreift, erzählt in chronologischer Ordnung, was geschehen ist. Nachgeholt werden allenfalls die Vorgeschichten der auftretenden Personen. 1–5 Hohen-Cremmen Verlobung und Hochzeit von Effi Briest und Geert von Innstetten Aufbruch zur Hochzeitsreise
6–15 Kessin Eingewöhnen in Kessin Innstettens Besuch bei Bismarck Chinesen-Spuk Weihnachten und Silvesterball Geburt und Taufe Annies Besuch Effis in Hohen-Cremmen
15–22 Kessin Crampas Auftritt Gemeinsame Ausritte »Ein Schritt vom Wege« Partie zur Oberförsterei Die Treffen von Crampas mit Effi Effis Abreise nach Berlin
23–31 Berlin Wohnungssuche Effis Besuch in Hohen-Cremmen Effis Kur im Taunus Die Briefe Das Duell in Kessin Scheidung
32–36 Berlin/HohenCremmen Effis Rückkehr nach HohenCremmen Effis Krankheit Innstettens Resignation Effis Tod
5. Wort- und Sacherläuterungen Es gehört zu den Besonderheiten eines Zeitromans, dass er auf Ereignisse und Lokalitäten verweist, die dem ersten Lesepublikum bekannt oder sogar vertraut sind. Je größer der Abstand der Leser zum erzählten Geschehen wird, desto größer wird sein Bedürfnis nach erklärender Hilfe. Zur entsprechenden Hilfestellung steht als Einzelband bereit: Walter Schafarschik: Erläuterungen und Dokumente: Theodor Fontane: Effi Briest. Stuttgart 1972 [u. ö.]. (Reclams UB. 8119.) Der folgende Abschnitt setzt sich zum Ziel, Lesehemmnisse zu beseitigen und solche Erklärungen zu vermitteln, die notwendig sind, um die Tendenz des Romans und die Intention des Erzählers zu verstehen. Als überflüssig wird erachtet, über verarbeitetes Zeitgeschehen und die Topographie Berlins zu informieren. 5,2 Kurfürst Georg Wilhelm (1595-1640) regierte Brandenburg von 1619 bis zu seinem Tod; er war der Vater des »Großen Kurfürsten« Friedrich Wilhelm. 5,10 Canna indica: eine seit dem 16. Jahrhundert in Europa verbreitete tropische Zierpflanze. 5,13 Efeu: Schlingpflanze. 5,26 Aloe: Zierpflanze aus der Art der Liliengewächse. 7,12 Rathenower: Offiziere eines in Rathenow stationierten Reiter-Regiments, so genannte Husaren. 7,14 f. Courmacher: (frz.) einer, der den Hof macht, Schmeichler. 8,5 Hansa: mittelalterlicher Handels- und Städtebund. 8,13 lymphatische: krankhaft blasse.
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9,14 Schlusen: ausgelutschte Hülsen. 11,5 das vierte Gebot: »Ehre Vater und Mutter …« 12,4 der Siebziger Krieg: Deutsch-Französischer Krieg 1870/71. 12,5 die Perleberger: Reiterregiment, stationiert in Perleberg, bestehend aus Ulanen. 12,6 das Kreuz: das »Eiserne Kreuz« – eine Auszeichnung, die in den Freiheitskriegen (1813-15) verliehen und die 1870 erneuert wurde. 12,32 Familienfaktotum: Faktotum: ›Mädchen für alles‹. 13,9 Daus: Teufel, Teufelskerl. 17,31 Bonhommie: (frz.) Gutmütigkeit, Biederkeit. 18,25 proponieren: anbieten, antragen. 19,15 Toaste: Trinksprüche, kurze Ansprachen. 21,19 weiter perorierte: sich weiter verbreitete. 22,17 trousseau: (frz.) öffentlich ausgestellte Brautaussteuer für Prinzessinnen. 22,23 Mesquinerien: (frz.) Kleinlichkeiten, Knausereien. 22,28 Table d’hôte: (frz.) Mittagstafel in Hotels, mit gleicher Speisenfolge für alle Gäste. 23,10 »Insel der Seligen«: »Das Gefilde der Seligen«, ein 1878 entstandenes Gemälde des Schweizer Malers Arnold Böcklin (1827–1901), das in Berlin einen Sturm der Entrüstung auslöste. 23,17 chaperonieren: (frz.) einer Dame als schützende Begleitung dienen. 24,30 Gardepli: Schneid und Schliff eines Gardeoffiziers. 25,6 Cortège: (frz.) Gefolge. 25,14 Luch: Sumpf, Bruch. 29,29 Sedantag: Am 2. September wurde in Deutschland bis 1918 der Jahrestag der französischen Kapitulation 1871 gefeiert.
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5. WORT- UND SACHERLÄUTERUNGEN
32,25 ambiert: strebt. 38,8 Honneurs: (frz.) Ehrenbezeigungen, Aufwartung. 38,21 Hospitalit: Armenhäusler. 39,28 Kunstfex: (österr.) Kunstnarr. 40,25 Kanevas: Netzgewebe zum Besticken. 43,21 Pinakothek: Münchner Gemäldegalerie. 43,22 dem anderen: Gemeint ist die Skulpturensammlung, die so genannte Glyptothek. 44,10 Palladio: Andrea Palladio (1508–80), Architekt und Baumeister, der großen Einfluss auf die europäische Baukunst hatte. 44,13 f. »Er liegt in Padua begraben«: Zitat aus Goethes Faust. 45,25 f. Kurierzuge: Schnellzug. 45,29 St.-Privat-Panoramas: großes Rundbild, das eine Schlacht aus dem Deutsch-Französischen Krieg darstellte und als Attraktion galt. 47,7 Varzin: Dorf und Rittergut in Hinterpommern. Besitz des Fürsten Bismarck. 50,8 Walter Scott (1771-1832): schottischer Romanschriftsteller. 50,34 Tonkin: Tongking im nördlichen Teil Vietnams. 51,29 Mestre: Vorort von Venedig. 54,3 Astrallampen: Petroleumlampen mit flachem, ringförmigem Ölbehälter. 56,17 alkovenartigen Schlafraum: Alkoven, Nebenraum, Bettnische. 56,22 Trumeau: (frz.) schmaler Wandspiegel, der von Kniehöhe bis zur Decke reicht. 56,31 Pendule: (frz.) Pendel-, Wanduhr. 58,22 multrig: muffig, dumpf. 58,34 Rafraichisseur: (frz.) Parfümzerstäuber.
5. WORT- UND SACHERLÄUTERUNGEN
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59,11 Zylinderbureau: Schreibtisch, bei dem die Schreibplatte mit einem Rolladen abgedeckt werden kann. 60,15 Wrangel: Friedrich Heinrich Ernst Graf von W. (1784–1877), seit 1856 preußischer Generalfeldmarschall. 61,27 Honoratioren: (lat.) die Geehrten, d. h. die angeseheneren Bürger der Stadt. 62,8 Brutus: einer der Mörder Caesars 44 v. Chr. 65,19 Wagenremise: Geräte- oder Wagenschuppen. 66,29 Fibel: Lesebuch für Kinder. 67,6f. Bockmühle: deutsche Windmühle mit drehbarem Gehäuse und bockartiger Abstützung. 67,11 logieren … ein: quartieren … ein. 70,20 f. Fehrbelliner Schlacht: In der Schlacht bei Fehrbellin (28. 6. 1675) besiegte Kurfürst Friedrich Wilhelm die schwedischen Besatzer. 70,22 f. als Froben das Pferd tauschte: Emanuel von Froben (1640–75), Stallmeister des Großen Kurfürsten, gefallen bei Fehrbellin. Es heißt, Froben habe in der Schlacht sein Pferd mit dem auffälligen Schimmel des Kurfürsten getauscht und seinen Herrn dadurch gerettet. 70,33 f. Cid oder […] Campeador: Beiname für den spanischen Nationalhelden Ruy Diaz de Vivar (1043–99). 72,6 Deismus: Glaubensrichtung, die Gott als den Schöpfer der Welt anerkennt, aber in Distanz zu Dogmen der Kirche steht. Ressource: (frz.) ursprünglich Hilfsquelle, dann Bezeichnung für meist geschlossene, gesellige Vereine. 72,21 der gute Louis: Louis Napoleon hatte in einem Staatsstreich die Macht ergriffen und sich 1852 als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen ausrufen lassen. Im Deutsch-Französischen Krieg hatten seine Truppen Saarbrücken eingenommen.
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5. WORT- UND SACHERLÄUTERUNGEN
72,29 Insolenz: Anmaßung, Unverschämtheit. 73,27 Nobiling: Der Anarchist Karl Eduard Nobiling (1848–78) versuchte am 2. Juni 1878 den auf einer Spazierfahrt befindlichen einundachtzigjährigen Kaiser Wilhelm I. zu erschießen. 74,18 medisant: (frz.) schmähsüchtig. 74,22 Ressource: (frz.), hier: Klub, geschlossene Gesellschaft. 75,17 von Versailles her: In Versailles war am Ende des Deutsch-Französischen Kriegs das Hauptquartier der deutschen Truppen. 76,21 Couvert: (frz.) Gedeck. Kabarett: hier: drehbare Speiseplatte. 78,12 »maudit château«: (frz.) verfluchtes, verwünschtes Schloss. 82,21 Julia Capulet: Shakespeare lässt die Geschichte von Romeo und Julia in Verona spielen. Dort zeigt man Julias Haus. 84,21 lethargischen Schlaf: Lethargie: Schlafsucht. Hier: sehr tiefer, krankheitsbedingter Schlaf. 87,7 Schwaben: (Küchen-) Schaben. 89,17 f. Billet: (frz.) Zettel, Briefchen. 89,25 Oblate: hier: kleines Bildchen. 90,27 Rekonvaleszenz: Zeit der Genesung. 91,28 Starosten: Starost: Dorfvorsteher, Landrat in Polen. 94,9 f. Vatermördern: scherzhafte Bezeichnung für hohe Herrenstehkragen. 94,26 f. Konventikler: Angehörige von religiösen Gruppen, die außerhalb der jeweiligen Landeskirche stehen. 95,16 Konsistorium: (lat.) alte Bezeichnung der obersten Verwaltungsbehörde einer evangelischen Landeskirche. 96,5 transponiert: übertragen.
5. WORT- UND SACHERLÄUTERUNGEN
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96,31–97,1 Dejeuner: (frz.) Frühstück. 99,17 Pincenez: (frz.) Klemmer, Kneifer, Brille ohne Seitengestell. 99,18 Piquéweste: Weste aus dichtem Wollstoff. 100,8 Bonhommie: Gutmütigkeit, Einfalt, Biederkeit. 101,11 kupieren: abschneiden, kürzen. Gesangspiecen: Gesangsstücke. 101,23 f. Gourmand: (frz.) Schlemmer, Genießer. 101,30 Bock und Bote: Musikalienhandlung in Berlin, hier: alles, was im Handel ist. 103,23 Malice: (frz.) Bosheit. 104,8 Quäkerin: die von George Fox (1624–91) in England gegründete Sekte, die auch in Nordamerika verbreitet ist. Die Quäker waren für ihre Frömmigkeit und Sittenstrenge bekannt. 104,20 f. Psychograph: Seelenschreiber. Gerät der Spiritisten, um mit Verstorbenen und Geistern Kontakt aufzunehmen. 105,8 Coupé: (frz.) Eisenbahnabteil. 106,15 Torquemada: Thomas von Torquemada (1420–94), seit 1484 spanischer Großinquisitor (oberster Richter bei Ketzerprozessen). 106,17 das Dogmatische: das, was die Glaubenssätze betrifft. 106,29–33 Madame … Tripelli: (frz.) Frau Baronin von Innstetten, geb. von Briest. Gut angekommen. Fürst K. am Bahnhof. Entzückter von mir denn je. Tausend Dank für Ihre freundliche Aufnahme. Herzliche Empfehlungen an den Herrn Baron. Marietta Tripelli. 107,7 Legat: testamentarisch festgelegte finanzielle Zuwendung. 107,9 Soiree: (frz.) Abendgesellschaft.
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5. WORT- UND SACHERLÄUTERUNGEN
107,19 Reinetten: Apfelsorte mit festen, haltbaren grünen Früchten. 107,20 okuliert: durch Einsetzen von Knospentrieben veredelt. 108,1 Julklapp: hier: Weihnachtsgeschenk. 108,4 Morsellenkästchen: Zuckertäfelchen mit Schokolade und Mandeln. 114,31 Richter: Eugen Richter (1838–1908), linksliberaler Politiker und Reichstagsmitglied, Gegner Bismarcks. 117,9 Resektion: Entfernung kranker Körperteile durch Operation. 118,7 kalfeterten: die Fugen der Schiffe mit geteertem Werg abdichteten. 119,6 f. ramassierte: gedrungene, untersetzte. 121,13 Entoutcas: (frz.) »für alle Fälle«: Schirm, der gegen Regen und Sonne schützt. 122,2 Wullenweber: Jürgen Wullenweber (1492–1537), Bürgermeister von Lübeck. 127,26 Alkoven: Nebenraum, Bettnische. 130,7 Kasualreden: Reden zu besonderen Anlässen wie Taufe, Hochzeit, Beerdigung. 130,26 Rocher de Bronze: (frz.) eherner Fels. Hier ist Bismarck als höchste preußische Autorität gemeint. 139,1 Façon de parler: (frz.) Redensart. 139,17 Liking: (engl.) Vorliebe. 140,7 Jabot: (frz.) Spitzenrüsche. 140,11 Entrepreneur: (frz.) Veranstalter. 141,8 kastalischen Quell: heilige Quelle am Südhang des Parnass-Gebirges bei Delphi. 145,29 Causeur: (frz.) Plauderer. 149,7 f. Schnepfenthal oder Bunzlau: berühmte Schulorte mit beispielhaften Erziehungsgrundsätzen.
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149,17 Cherub mit dem Schwert: nach 1. Mose 3,24 der Engel, der das Paradies nach der Austreibung von Adam und Eva bewacht. 150,13 Haselant: einer, der sich als Geck und Prahlhans gebärdet. 153,6 Vineta: sagenhafte Stadt, die im Meer untergegangen sein soll. 154,25 indezent und degoutant: unpassend und abstoßend. 157,18 f. gleisnerisch: heuchlerisch. 158,34 f. kompromittieren: bloßstellen. 164,13 eskamotieren: wegzaubern. 164,34 hasardiert: setzt alles aufs Spiel. 166,21 Tête: (frz.) Kopf, hier: Spitze. 172,19 Kassandrablick: trojanische Priesterin, prophezeite den Untergang Trojas. 172,31 en cascade: (frz.) im Sturzguss. 184,23 Fauteuils: (frz.) Armstühle, Lehnsessel. 185,8 f. esprit fort: (frz.) Freigeist. 186,22 Canal La Manche: (frz.) Ärmelkanal. 189,21 f. hors concours: (frz.) außer Wettbewerb. 203,18 Palazzo Strozzi oder Pitti: berühmte RenaissancePaläste der gleichnamigen Familien in Florenz. 209,32 auf Diskretion: Übersetzung von frz. à discrétion ›nach Belieben‹. 210,30 Sal volatile: (lat.) Riechsalz zur Belebung bei Ohnmachtsanfällen. 224,18 f. Aqua Amygdalarum amararum: (lat.) Bittermandelwasser. 224,19 f. Syrupus florum Aurantii: (lat.) Orangenblütensirup. 226,4 Neuralgie: Nervenschmerzen.
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5. WORT- UND SACHERLÄUTERUNGEN
228,3 Vestibül: Treppenflur, Vorhalle. 235,1 Attachés: (frz.) Beamte im diplomatischen Dienst. 249,9 f. Bonvivants: (frz.) Lebemannes. 250,14 f. Haute-finance-Kinder: Kinder des Großbankiers. 263,19 jeu d’esprit: (frz.) hier: geistreiches Wortspiel. 266,19 Dolus: (lat.) böser Vorsatz. 281,34 Remedur: Abhilfe. 284,9 Kremserpartie: mehrsitzige überdachte Mietkutsche. 292,10 f. katarrhalischen Affektionen: Entzündungen der Rachen- und Nasenschleimhäute. 301,14 Vorderperron: (frz.) vordere Plattform. 308,1 zwei … wollen … übertreten: Gemeint ist der Übertritt von jüdischen Schülerinnen zum protestantischen Christentum. 311,6 Disposition zu Phtisis: Neigung zu Schwindsucht. 312,4 Großinquisitor: Haupt der Inquisitionsbehörde, des höchsten Glaubensgerichts, das zum Teil mit Folter so genannte Ketzer verfolgte. 318,7 Lethe: (griech.) Fluss der Unterwelt, aus dem nach antikem Glauben die Toten »Vergessen« trinken. 323,28 Mirakelmensch: Wundermensch. 324,1 Confratres: (lat.) Mitbrüder. 325,5 Korde: frz. corde: Kordel, Schnur. 325,16 Seidel: altes Flüssigkeitsmaß, hier für »Bierkrug«. 325,24 expektoriert: seinen Gefühlen Luft gemacht. 331,35 Äquinoktien: Tagundnachtgleiche. Hier: Herbstäquinoktien: Tage um den 23. September.
6. Interpretation Zeit- und Gesellschaftsroman Indem Fontane die Geschichte der Effi Briest erzählt, entwirft er, den Vorstellungen folgend, die er von einem modernen Roman hat, ein Bild seiner Zeit. Das kaiserliche Berlin bildet einen der drei Hauptschauplätze. Die zeitgenössischen Leser konnten Berlin und die Wege verfolgen, die die Ministerialbeamdie preußischen ten Innstetten und Wüllersdorf zurück legProvinzen ten. Sie kannten die Cafés und Restaurants, in denen man sich traf. Sie wussten, wo Effi ihre Aussteuer kaufte. Sie hatten auch eine Vorstellung von der Lage und den Besonderheiten der preußischen Provinzen. Mit Hohen-Cremmen, das Brandenburg zugeordnet wird, verbanden sie möglicherweise »Kultur und höhere Gesittung« (283), wie Geheimrätin Zwicker formuliert, während sie mit Hinter-Pommern und dem dort gelegenen Kessin ähnlich wie Effi hauptsächlich »Eis und Schnee« (28) assoziiert haben mögen. Insgesamt stehen die drei Hauptschauplätze für ein Preußen, das die Führungsrolle im 1871 gegründeten deutschen Kaiserreich übernommen hatte. Höchster Repräsentant des Reichs ist Kaiser Wilhelm I., der zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem »Siebziger Krieg« (12) erwähnt wird. Kaiser Wilhelm I. und ReichsDie bestimmende Persönlichkeit ist jedoch kanzler Bismarck zweifellos Otto von Bismarck, seit 1862 preußischer Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen und dann von 1871 bis 1890 Deutscher Reichskanzler. Er ist nicht nur dem Titel nach seit 1871
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»Fürst« (74) – und seine Gattin »Fürstin« (75) –, sondern die oberste Autorität in Staat und Gesellschaft. Wer von Bismarck geschätzt wird, kann es weit bringen. Dies trifft für Innstetten zu; denn für ihn hatte »der Fürst […] noch von Versailles her eine Vorliebe« (75). Auch Crampas weiß, dass »der Fürst […] ein Liking« (139) für Innstetten hat. Allerdings erwachsen daraus auch Verpflichtungen. Sobald sich Bismarck auf seinen pommerschen Gütern in Varzin aufhält, ist für Innstetten »an ruhige Tage […] gar nicht mehr zu denken« (75). Die Favoritenstellung Innstettens bei Bismarck bietet ihm ungewöhnlich gute berufliche Chancen, gleichzeitig liegt darin ein Grund für das Scheitern seiner Ehe und den Verlust seines persönlichen Glücks. Die Geschichte von Effi Briest und Geert von Innstetten vollzieht sich in dieser Kaiser- und BisDie Einbettung marckzeit. Ein Hinweis, der hilfreich zur der Geschichte Datierung und gleichzeitig von großer Symvon Effi Briest bolkraft ist, besteht darin, dass Effi kurz nach der Verlobung zusammen mit ihrer Mutter und Vetter Dagobert Arnold Böcklins Gemälde Insel der Seligen in der Berliner »Nationalgalerie« (23) besichtigt. Dieses Bild – der genaue Titel lautet Die Gefilde der Seligen – stellt einen Zentaur mit nackten Nymphen in elysischer Landschaft dar, war 1878 entstanden und hatte für einen »Sturm der Entrüstung«8 in Berlin gesorgt. Zu diesem Zeitpunkt ist Effi 17 Jahre alt, Innstetten 38. Etwas mehr als ein Jahr verbringen Effi und Innstetten gemeinsam in Kessin, sechs weitere Jahre in Berlin. Drei Jahre lebt Effi dort geschieden. Als sie in Hohen-Cremmen stirbt und Innstetten Wüllersdorf gegenüber zugibt: »Mein Leben ist verpfuscht« (323), ist auch das Reich in einer Krise. »Kaiser Friedrich« III. (325), auf den vor allem die liberalen und re-
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formfreudigen Kräfte gesetzt hatten, dem aber nur eine Regierungszeit von 99 Tagen vergönnt war, ist zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben und man hat begonnen, »ihm ein Grabhaus zu bauen« (325). Der Fall »Effi Briest« ist geeignet, die Gründe für diese Krise auszumachen. Dass die erzählte Geschichte ein wahres Bild ihrer Zeit liefert, ist auch durch einen Fall zu belegen, Die stoffliche der sich tatsächlich ereignet hat, der Fontane Grundlage der berichtet wurde und dessen Grundstruktur Geschichte er für sein literarisches Werk übernahm. Fontane bezieht sich auf ein Gespräch, in dem ihm Frau Lessing, die Gattin des Haupteigentümers der Vossischen Zeitung, den folgenden Fall9 erzählt hatte: Elisabeth Freiin von Plotha verlobte sich 1871 siebzehnjährig mit dem fünf Jahre älteren Armand Leon von Ardenne. Die Hochzeit fand am 1. Januar 1873 statt. Ardenne, der ganz in seinem Dienst aufging, absolvierte die Kriegsakademie in Berlin, war dann eine Zeit lang in einer Garnison in Brandenburg, wurde bald in den Großen Generalstab in Berlin berufen und dann 1877 zu den Düsseldorfer Husaren versetzt. In Düsseldorf begegneten sich Elisabeth von Ardenne, die sich von ihrem Mann vernachlässigt fühlte, und der Amtsrichter Emil Hartwich, der in einer unglücklichen Ehe lebte. Sie wechselten weiter Briefe, als die Familie Ardenne wieder nach Berlin beordert wurde. Während Ardenne 1886 im Manöver war, beschlossen Elisabeth und Hartwich, ihre Ehen scheiden zu lassen und eine neue Ehe einzugehen. Ardenne verschaffte sich dann aber Zugang zu einer Kassette, in der seine Frau ihre Briefe aufbewahrte, und forderte Hartwich zum Duell. Hartwich wurde schwer verwundet und starb am 1. Dezember 1886. Die Ardenne-Ehe wurde am 15. März 1887 geschieden, die Kinder dem Vater zuge-
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sprochen. Ardenne machte nach kurzer Festungshaft weiter Karriere und starb 1919 in Berlin; Elisabeth von Ardenne starb kurz vor ihrem hundertsten Geburtstag 1952 in Lindau am Bodensee. Wer die stoffliche Grundlage mit dem ausgeführten Roman vergleicht, wird nicht nur bestätigt finDie Bearbeitung den, dass hier Ereignisse der Zeit verarbeitet des Stoffs sind; er wird auch bemerken, dass hier Wirklichkeit in einem besonderen Fall gespiegelt wird. Der Roman weist sich so als ein Werk des Realismus aus. Die Bedeutung des Romans beruht jedoch darauf, dass er mehr ist als die Wiedergabe oder Spiegelung Eine Konzeption der Wirklichkeit. Weniger wichtig erscheint, des Realismus dass Fontane Schauplätze und Zeitpunkte der Vorlage für sein Vorhaben verändert hat. Entscheidend ist, dass er bei aller Konkretheit des Erzählens eine zeitübergreifende Thematik angesprochen und gestaltet hat. »Kaiserreich« und »Bismarckzeit« können aus heutiger Sicht als eine konkrete Ausformung von Staats- und Gesellschaftsstrukturen angesehen werden, an denen Probleme aufgezeigt werden, die grundsätzlicher Art sind. Aus einem allgemeinen, nicht aus einem speziell historischen Interesse wird gefragt, wie die Menschen unter den gegebenen Bedingungen zusammenleben, welche Ziele sie haben, wie sie ihre Interessen formulieren und verfolgen können, welche Freiheiten sie haben und welchen Abhängigkeiten sie unterworfen sind. Das zentrale Thema des Gesellschaftsromans spricht Innstetten an, wenn er Wüllersdorf Das zentrale gegenüber zu bedenken gibt: »Man ist nicht Thema bloß ein einzelner Mensch, man gehört ei-
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nem Ganzen an, und auf das Ganze haben wir beständig Rücksicht zu nehmen, wir sind durchaus abhängig von ihm« (264). Diese allgemeine Aussage ist zu konkretisieren: Mit dem genannten »wir« sind zunächst und vor allem der hier redende Innstetten und Effi, seine Frau, gemeint; aber darüber hinaus auch Wüllersdorf und Crampas und – noch einmal in besonderer Weise – Herr von Briest und seine Frau Luise, Effis Eltern. Sie alle gehören »dem Ganzen« der Gesellschaft an, die preußisch geprägt ist und dem 1871 gegründeten deutschen Reich den Stempel aufdrücken will; sie alle sind in unterschiedlicher Weise abhängig. Der Leser des Gesellschaftsromans fragt nach dem Zustand des Ganzen und nach den AbhängigDie aufgekeiten der dargestellten Personen. Er verfolgt worfenen Fragen kritisch das Erzählte und sollte sich ein Urteil bilden, das er zur Diskussion stellt. Ganz selbstverständlich werden in sein Urteil Vorstellungen eingehen, die er selbst vom Zusammenleben der Menschen in Staat und Gesellschaft hat.
Ehre und Ansehen in der Gesellschaft Frau von Briest stellt ihrer Tochter eine glänzende Zukunft in Aussicht, wenn Effi Baron von Innstetten, Gesellschaftliche der um ihre »Hand angehalten hat«, nicht Perspektiven zurückweist: »[…] wenn du nicht nein sagst, […] so stehst du mit zwanzig Jahren da, wo andere mit vierzig stehen. Du wirst deine Mama weit überholen« (17). Die zur Redensart abgeflachten Bilder sind sprechend: Es geht darum, eine gute Stellung in der Gesellschaft zu gewinnen. Dabei ist wichtig, höher zu kommen,
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wenn man sich den Gesellschaftsaufbau als Treppe, als Stufenfolge oder als Pyramide vorstellt, oder möglichst weit nach vorne zu kommen und dabei möglichst viele zu überholen, wenn man den eigenen Lebenslauf als ein Wettrennen mit anderen betrachtet. Mit dem Tag der Verlobung beginnt für Effi ein neuer Lebensabschnitt. Sie tritt nicht nur in einen neuen Lebensstand, sondern sie wechselt auch von Effis Rolle als dem brandenburgischen Hohen-Cremmen »Landrätin« ins hinterpommersche Kessin und – vor allem – sie übernimmt die Rolle einer Landrätin, ist für die Leute in Kessin »Baronin Innstetten« (56) und wird vom eigenen Dienstpersonal mit »gnädige Frau« (57) angeredet. Im Gespräch mit seinem künftigen Schwiegersohn gibt Herr von Briest zu verstehen, dass auch ihm »Landrat« und eine »landrätliche Stellung […] verschiedent»Ritterschaftsrat« lich angetragen worden« (20) sei. Dass er abgelehnt habe, begründet er folgendermaßen: »So nach meinem eigenen Willen schalten und walten zu können ist mir immer das Liebste gewesen, jedenfalls lieber – Pardon, Innstetten – als so die Blicke beständig nach oben richten zu müssen« (20 f.). Mit der ausdrücklichen Bitte um Entschuldigung für das Gesagte setzt er sich in Gegensatz zu seinem Schwiegersohn. Tatsächlich ist er, der »Ritterschaftsrat von Briest« (17), Vertreter einer ganz anderen Zeit und einer anderen Schicht als Innstetten. Als Ritterschaftsrat ist von Briest Vertreter des begüterten Adels. Das Rittergut ist seit Generationen im Der alte Adel Familienbesitz; die Familie hat Tradition. »Wir sind doch nun mal eine historische Familie« (27), verkündet Briest stolz. Vor allem habe er sich
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seine Unabhängigkeit bewahren können. Dass er genau deshalb auch keinen Einfluss auf die Politik des Landes und des Staates hat, wird er wissen, wenn er es auch nicht offen ausspricht. Er und seine Familie sind seit Gründung des Reichs ins Abseits geraten und leben dort von ihrer Tradition. Innstetten als junger Landrat gehört zu Die neue einer neuen Schicht. Er hat bereits eine einBeamtenschicht flussreiche Stellung eingenommen und ist gewillt, die Stellung auszubauen. Dabei nimmt er durchaus in Kauf, dass er »die Blicke beständig nach oben richten« (20) muss. In Preußen ist der Landrat »der Vorsteher der Kreisverwaltung, der die Staatsgewalt vertritt und dem Kreisausschuß und der Kreisvertretung vorsitzt«10. Es spricht viel dafür, dass Effis Mutter Recht hat, wenn sie sich von ihrer Tochter gesellschaftlich überholt sieht. Herr von Briest stellt durchaus sachlich – ohne Neid und ohne Vorwurf – fest, dass sein Schwiegersohn Innstetten: ein »ein Karrieremacher« (42) sei. Innstetten ge»Karrieremacher« hört zu dem neuen Typ des höheren preußischen Beamten. Er ist adlig, hat seinen Militärdienst abgeleistet, hat Jura studiert und sich »oben«, in diesem Fall beim Reichskanzler und beim Kaiser, bereits empfohlen. Effi könnte ihm durchaus helfen, diese Karriere zu beschleunigen; deshalb fragt er sie, nachdem sie die ersten Höflichkeitsbesuche in Kessin gemacht haben: »Wirst du populär werden und mir die Majorität sichern, wenn ich in den Reichstag will?« (74). Effi zögert mit einer Antwort; aber einige Tage später sagt sie – vielleicht um ihrem Mann zu gefallen, vielleicht auch, weil sie weiß, was von ihr erwartet wird –: »Und dann wollen wir ja auch höher hinauf. Ich sage wir, denn ich bin eigentlich begieriger danach als du …« (86).
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Innstettens Ziel rückt in erreichbare Nähe, als er nach Berlin ins Ministerium berufen wird. Er wird Ministerialrat, sie »Ministerialrätin« (204), und sie ist »erst Der Blick nach achtzehn« (203). Er blickt weiterhin nach oben oben. Es scheint nicht unmöglich, in naher Zukunft sogar Minister zu werden: »[…] vielleicht kommen noch allerhand Gaben in mir heraus, und dann ist es nicht unmöglich« (203). Als dann Innstetten tatsächlich die nächste Stufe erklimmt, zum »Ministerialdirektor« (322) befördert wird und ein persönliches Schreiben Bismarcks in Händen hat, in dem dieser mitteilt, »dass Seine Majestät Ihre Ernennung zu unterzeichnen geruht haben« (320) – da ist bereits alles aus. Innstetten ist zu diesem Zeitpunkt geschieden, hat Effi, die er auf seine Weise liebte, verloren und Crampas, den Liebhaber seiner Frau, der aber schließlich Die Wende auch einst »in derselben Brigade mit ihm« (117) war, getötet. Seitdem denkt er anders über das »Höherhinaufklimmen auf der Leiter« (320). »Auszeichnung, was war es am Ende?« (321), fragt er sich. Er erkennt, dass das, »was man ›das Glück‹ nenne«, etwas anderes sei »als dieser Schein« (321). Nun aber ist das Leben »verpfuscht« (323). Innstetten hat zu spät gemerkt, dass er einem Götzen gedient hat: »Unser Ehrenkultus ist ein Götzendienst« (266). Das Duell, zu dem zu forDer »Ehrenkultus«: ein dern er für seine Pflicht hielt, war nur die »Götzendienst« äußere Perversion dieses Götzendienstes. Jenes »uns tyrannisierende Gesellschafts-Etwas« (265), von dem Innstetten gegenüber Wüllersdorf spricht, bestimmt sein gesamtes Denken und Handeln. Er hält es für seine Pflicht, Crampas zum Duell zu fordern,
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obwohl dies gesetzlich verboten ist und eine strafrechtliche Verfolgung nach sich zieht. Dem Ehrenkultus opfert er in letzter Konsequenz seine Frau und seine Familie. Bis zuletzt findet er keine Kraft, sich gegen den Götzen zu stellen und aus eigener Verantwortung zu handeln. Effi ist das Opfer dieser Verblendung; ihr Leid ist am größten. Als sie merkt, dass InnEffi als Opfer einer stetten sogar ihr gemeinsames Kind für die Verblendung erste Begegnung von Tochter und Mutter gemäß seinen Grundsätzen präpariert hat, bricht es aus ihr heraus: »Was zu viel ist, ist zu viel. Ein Streber war er, weiter nichts. – Ehre, Ehre, Ehre … und dann hat er den armen Kerl totgeschossen, den ich nicht einmal liebte und den ich vergessen hatte, weil ich ihn nicht liebte. Dummheit war alles, und nun Blut und Mord. Und ich schuld« (309 f.). Die Worte werden in Erregung gesprochen. Auch Effi wird sich noch differenzierter äußern. Doch sieht sie hier schon, dass Innstettens Vorstellung von Ehre eine Voraussetzung dafür war, dass sie, Effi, schuldig wurde.
Die Vorstellungen von Ehe, Liebe und Glück Wenn sich Effi Briest und Geert von Innstetten verloben und später heiraten, so ist dies nicht nur ein privates, nicht nur ein familiäres, sondern auch ein gesellschaftliches Ereignis. Gleiches gilt, wenn das Gesellschaftliche Rituale gemeinsame Kind Annie getauft wird. Verlound Normen bung, Heirat und Taufe sind Rituale, die im Bewusstsein der Gesellschaft verankert, d. h. konventionell abgesichert sind und an deren Abhaltung die
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Gesellschaft interessiert ist. Diese Rituale sind Teil des »Ganzen […], das nun mal da ist und nach dessen Paragraphen wir uns gewöhnt haben, alles zu beurteilen, die andern und uns selbst« (264 f.). Dabei darf der Ausdruck Paragraph nicht zu eng gefasst werden. Er steht nur als Teil für alle die Normen, die die Richtschnur abgeben, nach der beurteilt wird, was der Einzelne zu tun oder zu lassen hat. Während jedoch die Paragraphen des Gesetzbuchs möglichst genau formuliert sind, sind ethische und auch ästhetische Normen eher vage. Sie können eng und weit ausgelegt werden; sie können sich im Laufe der Zeit ändern; sie können sich überleben. Über Inhalt, Geltung und Durchsetzung entscheidet die Gesellschaft. Dass die Dinge oft »verlaufen, nicht wie w i r wollen, sondern wie die a n d e r n wollen« (266), ist für den Einzelnen oft ärgerlich, für die Gesellschaft scheint dies existenziell wichtig. Zu fragen ist, inwieweit die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen des Einzelnen mit dem in EinDie Interessen klang zu bringen sind, was den anderen des Einzelnen wichtig ist, was »die a n d e r n « wollen, erwarten und durchzusetzen versuchen. Die Verlobung, das erste lebensbestimmende Ereignis, das erzählt wird, kommt für Effi völlig überraschend. Sie hat Innstetten zwei Tage zuvor zum ersten Mal gesehen. Jetzt wird sie, gerade aus dem Spiel gerissen, vor die Entscheidung gestellt, zu Innstettens Antrag Stellung zu nehmen. Dabei kann von einer eigenen Entscheidung nicht die Rede sein; nein zu sagen, kann sich die Mutter bei »meiner klugen Effi kaum denken« (17). Dies ist nicht nur eine indirekte Aufforderung zu Gehorsam, sondern auch ein Appell an die Klugheit, eine solche Chance nicht zu vertun. Effi erfährt nicht, was zwischen Innstetten und ihren Eltern gesprochen
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wurde. Sie steht vor vollendeten Tatsachen. Aber sie weiß auch, dass dies ein durchaus normaler Vorgang ist. »Effi schwieg« (17), heißt es und das gilt als Einverständnis. Als sie dann Innstettens »ansichtig« wird, kommt sie »in ein nervöses Zittern« (17). Die Entscheidung ist gefallen. Weder von dem Akt der Verlobung noch von dem Verlobungsmahl wird viel Aufsehen gemacht. Aufschlussreich sind die ersten Reaktionen Effis auf das, was gerade geschehen ist. Auf dem Weg zu ihren Freundinnen sagt sie zu sich: »Ich glaube, Hulda wird sich ärgern. Nun bin ich ihr doch zuvorgekommen« (19); und als Hertha fragt, ob sie »auch schon ganz glücklich« (20) sei, antwortet sie: »Wenn man zwei Stunden verlobt ist, ist man immer ganz glücklich. Wenigstens denk ich es mir so« (20). Die erste Äußerung ist Ausdruck kindlichen Konkurrenzverhaltens und verkennt die Bedeutung der Sache. Die zweite Äußerung beruht nicht auf eigenem Empfinden und auf eigenem Urteil, sondern entspricht dem, was Effi nach allgemeiner Ansicht zu empfinden nahe gelegt wird. Innstetten war »am folgenden Tag wieder abgereist« (21). Er hatte »einen kurzen Urlaub« (21) genutzt, Innstettens um alte Bekannte zu besuchen, und hat sich Intention dabei – zufällig oder geplant – verlobt. Von Liebe und Glück ist nicht die Rede. Aber er ist 38 Jahre alt und in einer Stellung, die nach allgemeiner Ansicht von einem verheirateten Mann bekleidet werden sollte. Mit der Verlobung hat Innstetten begonnen, sein Leben in die erwartete Ordnung zu bringen. Die Ehe gilt als der älteste menschliche gesellschaftliche Verband. Die Geschichte dieser Institution reicht über das Altertum bis in die historische Ehe Vorzeit zurück. Nicht nur die Formen der
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Ehe haben sich im Laufe der Zeit geändert, sondern auch Inhalt, Ansehen und Funktion. Eine Erklärung, die allgemeine Anerkennung finden dürfte, sagt, dass Ehe »die rechtlich anerkannte und geschützte Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau [ist], deren Sinn in erster Linie in ihr selbst und darüber hinaus in der Begründung einer Familie liegt«.11 Über die Bedingungen der Partnerwahl ist damit noch nichts gesagt, und der Frage nach dem Zweck der Ehe – über die Familiengründung hinaus – wird mit der Aussage, dass der Sinn in der Ehe selbst gegeben sei, ausgewichen. Für Effi und ihre Freundinnen ist einleuchtend, dass Effis Mutter Herrn von Briest, »der schon RitterDie Vorstellung schaftsrat war und Hohen-Cremmen hatte« der Eltern (11), heiratete und dass sie den jungen Innstetten abwies, obwohl dieser in sie verliebt war. Auf die gleiche Anschauung lässt schließen, wenn Effi auf die Frage, ob der von der Mutter einst abgewiesene Innstetten für sie »der Richtige« sei, jetzt antwortet: »Jeder ist der Richtige. Natürlich muss er von Adel sein und eine Stellung haben und gut aussehen« (20). Mit dieser Erklärung bewegt sie sich ganz im Rahmen der vorgegebenen Konventionen. Doch schon vor dem Hochzeitstag überschreitet sie diesen Rahmen. Ihre Mutter erschrickt, als zuEffis sätzlich zur Aussteuer »ein japanischer BettVorstellungen schirm« (31) von Effi gewünscht wird und »vielleicht auch noch eine Ampel für unser Schlafzimmer, mit rotem Schein« (31). Damit ist ein Bereich angesprochen, der tabuisiert ist. Was Böcklin auf der »Insel der Seligen« (23, 25) dargestellt hat, gilt als Skandal; und wenn »so was« (25) unter den Angestellten passiert, ist das ein Grund zur Entlassung. Gerade, dass Innstetten »das
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rechte Maß« (35) zu halten verspricht und er der Mann »der feinsten Formen« (33) ist, lässt Effis Mutter hoffen, dass Effi und Innstetten »eine Musterehe führen« werden, »wenn er in der Ehe so bleibt« (33). Aber Effi ist nicht für »Musterehe«. Sie erwartet »Zärtlichkeit und Liebe«: »Liebe kommt zuerst, aber gleich hinterher kommt Glanz und Ehre, und dann kommt Zerstreuung« (33). Innstetten dagegen ist der Mann, der eine Musterehe zu führen beabsichtigt. Zum Auftakt hat er Innstettens eine standesgemäße Hochzeitsreise vorbereiVorstellungen tet; danach betritt er mit seiner Gattin das wohlbestellte Haus; er gönnt ihr einige Tage der Eingewöhnung; dann führt er sie in das gesellschaftliche Leben ein. Er hat genaue Vorstellungen davon, welche Rolle seine Frau in der Gesellschaft zu spielen hat, und er scheint sie biegen und erziehen zu wollen, bis sie so funktioniert, wie er und die Gesellschaft es erwarten. Sogar den Chinesen-Spuk setzt er ein, um sein Ziel zu erreichen. Er bemerkt nicht, dass er das Vertrauen seiner Frau verliert, dass die Distanz größer wird, dass Effi schließlich dem Mann verfällt, dessen oberste Maxime lautet: Gegensätze »Leichtsinn ist das Beste, was wir haben« (261). Damit steht jener andere in genauem Gegensatz zu den »Prinzipien« und »Grundsätzen« (36) Innstettens, vor denen Effi sich schon vor dem Hochzeitstag fürchtete. Sie hatte, wie ihr Vater weiß, immer schon einen »Hang nach Spiel und Abenteuer« (42). Herr von Briest sieht voraus, dass Innstetten seine Effi »nicht sonderlich amüsieren« (42) wird, und sorgt sich: »Das wird eine Weile so gehen, ohne viel Schaden anzurichten, aber zuletzt wird sie’s merken, und dann wird es sie beleidigen. Und dann weiß ich nicht, was geschieht« (42f.).
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Der Schritt vom Wege, den Effi tut, ist einerseits darin begründet, dass sie sich von Innstetten nicht Konflikt und verstanden, sogar beleidigt fühlt, andererseits Ehebruch darin, dass sie ihren »Hang nach Spiel und Abenteuer« auch da noch bewahrt hat, wo von ihr ein streng geordnetes und geregeltes Leben erwartet wird. Jedoch auch abseits des Weges fühlt sie sich nicht frei und leicht, sondern »wie eine Gefangene«: »So trieb sie denn weiter, heute weil sie’s nicht ändern konnte, morgen, weil sie’s nicht ändern wollte. Das Verbotene, das Geheimnisvolle hatte seine Macht über sie« (189). Sie weiß, dass sie vom Weg abgekommen und das nicht rückgängig zu machen ist. Zu sich selbst sagt sie: »Effi, du bist verloren« (190). Die Konsequenzen zeigen sich erst Jahre später. Das »uns tyrannisierende Gesellschafts-Etwas« (265) Notwendige bestimmt unter anderem, was bei nachgeKonsequenzen? wiesenem Ehebruch zu tun ist. Das Duell, zu dem Innstetten Crampas auffordert, und die Ankündigung der Scheidung, die Innstetten über die Schwiegereltern seiner Frau Effi zukommen lässt, sind logische Folgen nach dem Bekanntwerden der Affäre. Das Duell ist durch den »Ehren-Kodex« legitimiert, die Scheidung durch das Gesetz. Das »Gesellschafts-Etwas« hat sich durchgesetzt. Das Opfer, das die einzelnen Personen zu bringen Das »Gesellhaben, ist groß – vielleicht zu groß. Nicht schafts-Etwas« nur Effi hat ihr Glück verspielt. Auch Innund die Opfer stettens Leben ist »verpfuscht« (323). Die Frage bleibt offen, ob jemals das, was »wir wollen«, in Einklang zu bringen ist mit dem, was »die a n d e r n wollen« (266). Die Spannung, Individuum und zugleich soziales Wesen zu sein, scheint unaufhebbar zu sein.
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Die Frage nach der Schuld Ehe Effi den Brief ihrer Mutter, den sie im »Schaukelstuhl« (285) der »kleinen reizenden Villa« (279) in Effis SelbstBad Ems zu Ende gelesen hat, weiß sie, was verurteilung folgt: »Was kann noch gesagt werden, das ich mir nicht schon selber sagte? Der, um den all dies kam, ist tot, eine Rückkehr in mein Haus gibt es nicht, in ein paar Wochen wird die Scheidung ausgesprochen sein, und das Kind wird man dem Vater lassen. Natürlich. Ich bin schuldig, und eine Schuldige kann ihr Kind nicht erziehen« (286). Schärfer als diese Selbstverurteilung könnte auch ein Gerichtsurteil nicht ausfallen. Eine Verteidigung wird gar nicht erst versucht; ein Plädoyer scheint überflüssig. Der Schuldspruch ist eindeutig, die Konsequenzen – Scheidung und Entziehung des Sorgerechts – sind selbstverständlich. Der Brief der Mutter bestätigt nur, was Effi vermutet. Die Mutter lässt keinen Zweifel, dass sie, die ElDas Elterntern, die »Verurteilung Deines Tuns« »vor alUrteil ler Welt« (287) bestätigen und stützen werden. Dem Erzähler scheint überflüssig, über die juristische Seite der Angelegenheit zu berichten; im Rückgriff erwähnt er, dass Innstetten nach kurzer Festungshaft in »Glatz« (295) begnadigt worden sei. Ein klarer Fall, so scheint es, hat sein konsequentes Ende gefunden. Damit ist die Diskussion jedoch keineswegs abgeschlossen. Im Gegenteil: Die Frage, was unter Was ist Schuld? Schuld zu verstehen sei, wie sie entsteht und wie sie aufzuheben sei, durchzieht den ganzen Roman und beschäftigt alle, die sich mit dem Roman auseinander setzen. Das Thema wird im ersten Kapitel angeschlagen, wenn Effi ihrer Mutter vorhält, sie, die
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Mutter, sei doch eigentlich »schuld«, wenn sie, die Tochter, sich als »Kunstreiterin« (7) gebärde. Später legt sie großen Wert darauf, dass sie mit ihren Freundinnen die Obstabfälle, ihre »Schuld« (13), selbst beseitigt und dies nicht den Dienern überlässt. Mit einem Gespräch zum Thema »Schuld« endet dann der Roman. Luise von Briest fragt ihren Gatten: »Ob w i r nicht doch vielleicht schuld sind?« (333) Doch Briest weicht aus: »Ach, Luise, lass … das ist ein z u weites Feld« (333). Eine eindeutige Antwort wird man auch vom Erzähler nicht erhalten können, wohl aber eine Fülle gedanklicher Anregungen. In Schuld gerät, wer nicht das tut, was er tun soll. Das Substantiv »Schuld« steht mit dem Verb »sollen« in enger Verbindung. Schuldig macht sich, wer der in dem »Sollen« enthaltenen Verpflichtung nicht nachkommt. Noch drückender ist die Schuld dessen, der eine Handlung ausführt, von der es ausdrücklich heißt: »Du sollst nicht …« So ergibt sich die Erklärung: »Mit dem UnwertDas Unwerturteil urteil Schuld wird dem Täter vorgeworfen, »Schuld« daß er sich nicht rechtmäßig verhalten, daß er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können.«12 Dabei bleiben zwei Fragen zu klären: 1.Wer entscheidet, was das Recht ist? 2.Wer beurteilt, ob sich jemand für das Rechte hätte entscheiden können? Nicht automatisch ist der »Urheber von etwas Verderblichem«13 im juristischen und moralischen Sinn schuldig. Schuldig ist er nur dann, wenn er »im Augenblick der Tat […] die nötige Einsicht und Reife besaß, um das Unrechte seiner Handlung zu erkennen und seinen Willen danach zu bestimmen.«14
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Ob man von Effi, die sich in Kessin fremd fühlt, die sich in ihrem eigenen Haus ängstigt, die sich von ihrem Mann vernachlässigt und durch dessen ErziehungsWer ist befugt, methoden beleidigt fühlt, erwarten kann, über Effi dass sie Crampas widersteht, ist eine Frage, zu urteilen? die sich unterschiedlich beantworten lässt. Eine weitere Frage ist, ob Effi, die ihrer ganzen Anlage nach eher »Tochter der Luft« und »Schiffsjunge« als »Landrätin« ist, den Willen aufbringen kann, nach Normen zu leben, die sie zwar akzeptiert, die sie aber nicht verinnerlicht hat. Effi ist sich bewusst, »etwas Verderbliches« getan zu haben: »Ihrer Schuld war sie sich wohl bewusst […]; aber inmitten ihres Schuldbewusstseins fühlte sie sich andererseits auch von einer Auflehnung gegen Innstetten erfüllt. Sie sagte sich: er hatte Recht und noch einmal und noch einmal, und zuletzt hatte er doch Unrecht« (302). Was das Rechte ist, lässt sich bei weitem nicht Was ist das so leicht bestimmen, wie es scheint. Effi gibt rechte Tun? zu, lange Zeit überzeugt gewesen zu sein, Innstetten »sei schuld, weil er nüchtern und berechnend gewesen sei und zuletzt auch noch grausam« (331). Am Ende aber nimmt sie dies zurück und glaubt, »dass er in allem recht gehandelt« hat: »Denn er hatte viel Gutes in seiner Natur und war so edel, wie jemand sein kann, der ohne Liebe ist« (331). Ob Effi ein Recht auf diese Liebe gehabt hätte, die sie vermisste, ist eine weitere Frage, die sich aufdrängt, aber nicht beantwortet wird. Damit stellt sich die grundsätzliche Frage, wer denn bestimmt, was »das Rechte« ist, das zu tun und zu lassen ist. Ein Hinweis auf die geschrieEine Gesellschaft benen und ungeschriebenen Regeln und Geim Umbruch setze, die sich die Gesellschaft gegeben hat,
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genügt nicht mehr; denn diese Gesellschaft ist im Umbruch. Wenn schon im Zustandekommen der Verlobung der Keim künftigen Unglücks zu erkennen ist und wenn der Vater der Braut am Hochzeitstag seiner Tochter durchschaut, dass eine standesgemäße Hochzeit große Ähnlichkeit mit einer »Jagdpartie« (38) habe, so wird deutlich, dass hier indirekte Kritik geübt wird. Herr von Briest, der eigentlich am stärksten der Tradition verhaftet ist, überrascht am Ende mit dem Bekenntnis, er habe »es Verzicht auf die Rolle des seit langem satt […], den Großinquisitor Großinquisitors [zu] spielen« (312). Keineswegs will er »Gesetz und Gebot« (312) aufheben; von höherem Rang als »Katechismus und Moral und […] Anspruch der Gesellschaft« ist seines Erachtens allerdings die »Liebe der Eltern zu ihren Kindern« (312). Da seine Frau Luise nicht sofort beistimmt, fügt er hinzu: »Ach, Luise, komme mir mit Katechismus soviel du willst; aber komme mir nicht mit ›Gesellschaft‹« (312). Insgeheim trägt der alte Briest einen Gegenentwurf mit sich herum. Aus seinen Erfahrungen mit dem Verhalten von Menschen und Hunden hat er den Schluss gezogen, dass keineswegs ausgemacht ist, dass der Mensch Die »Kreatur« besser weiß als die »Kreatur«, »was […] das als Leitbild Richtige ist« (134). Er hat nicht nur erlebt, dass ein Hund nicht eher ruhte, »als bis er den Verunglückten wieder an Land« hatte, sondern auch, dass »solch Tier« einem Verunglückten die Treue bis in den Tod hält und »bei dem Toten liegen« bleibt, »bis er selber tot ist« (134). Effi gegenüber sagt er: »Gott, vergib mir die Sünde, aber mitunter ist mir‘s doch, als ob die Kreatur besser wäre als der Mensch« (134). Ausdrücklich bittet er Effi, davon weder ihrem Mann noch ihrer Mutter etwas zu sagen.
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Er vermeidet eine Diskussion mit den Gesellschaftsmenschen und setzt voraus, dass er bei Effi, dem »Naturkind« (39) Verständnis findet. Als nach Effis Tod Rollo nicht vom Grab seiner Herrin weicht, fühlt sich Briest bestätigt: »Ja, Luise, die Kreatur. Das ist ja, was ich immer sage. Es ist nicht so viel mit uns, wie wir glauben. Da reden wir immer von Instinkt. Am Ende ist es doch das Beste« (332). Doch seine Frau Luise weist auch jetzt noch solche Überlegungen zurück. Briests Ansichten sind ihres Erachtens nicht diskutabel. Sie rütteln an der Ordnung der Gesellschaft, die Luise bewahrt, geschützt und fortgesetzt wissen möchte. Der alte Briest, so scheint es, hat sich am weitesten von dem »Gesellschafts-Etwas« emanzipiert. Emanzipation Indem er sich auf die ursprüngliche Natur und Rollenzwang zurückbesinnt, übergeht er jene Regeln des Denkens und Handelns, die den Menschen ohne Not einschränken und beengen und die Grundsätze der Humanität und der ursprünglichen Liebe zwischen Eheleuten, aber auch zwischen Eltern und Kindern zu dominieren suchen. In dieser Hinsicht steht Effi ihm nahe. Deshalb sieht Vater Briest auch als erster, welche Schwierigkeiten auf sein »Naturkind« zukommen, wenn Innstetten als »Kunstfex« (39) die Hochzeitsreise zur Lehrveranstaltung macht und Effi später in die Rolle einer Landrätin einweist. Als Naturkind hat Effi die vorsichtigen Versuche der Mutter, aus ihr eine »Dame« (7) zu machen, zurückgewiesen. Sie bemüht sich zwar nicht ernsthaft, aus dem Gesellschaftsgefüge herauszukommen Effi: ein Luftund Wasserwesen und »Kunstreiterin« (7) oder »Midshipman« (14) zu werden; doch bleibt sie mehr Luftund Wasserwesen, als der Gesellschaft lieb ist. Auch als jun-
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ge Landrätin freut es sie, bei einem Besuch in Hohen-Cremmen »auf dem durch die Luft fliegenden Schaukelbrett« zu stehen, und sie empfindet »in dem Gefühle: ›jetzt stürz ich‹, etwas eigentümlich Prickelndes« (132). In übertragenem Sinne begibt sie sich auch in Kessin auf ein »Schaukelbrett«, von dem sie dann tatsächlich abstürzt und verunglückt. Keiner ist da, der sie auffängt. Als der Ernstfall eintritt, erweist sich die Aussage »Rollo würde mich retten, aber Innstetten würde mich auch retten. Er ist ja ein Mann von Ehre« (134) als trügerisch. Rollo kann sie nicht retten und Effi: eine Innstetten will sie nicht retten. Es bietet sich Verunglückte an, in Effi eine Verunglückte zu sehen, die nicht schuldlos an ihrem Unfall ist, die aber vor genau diesem Unfall hätte bewahrt werden können, wenn Liebe mehr als Ehre gegolten hätte, die vielleicht sogar hätte gerettet werden können, wenn sich die natürlichen Empfindungen Innstettens gegenüber dem tyrannisierenden Gesellschaftsgötzen hätten durchsetzen können.
7. Autor und Zeit Henri Théodore Fontane wird am 30. Dezember 1819 als Sohn des Apothekers Louis Henri Fontane und seiner Ehefrau Emilie, geb. Labry, im brandenburgischen Neuruppin geboren. Seine Eltern entstammen hugenottischen Familien, die auf Einladung des Großen Kurfürsten ins Land gekommen waren. Im Jahr 1826 verkauft der Vater seine Apotheke und erwirbt eine neue im pommerschen Swinemünde. Der Sohn kehrt 1832 nach Neuruppin zurück und wird in die Quarta des Gymnasiums aufgenommen. Hier bleibt der erwartete Erfolg aus. Im Jahr 1833 wechselt Theodor Fontane auf die Gewerbeschule in Berlin. Einige Reisen und Auslandsaufenthalte abgerechnet, bleibt Fontane dann bis zum Lebensende in Berlin. Die Kindheit in Neuruppin und Swinemünde hat prägenden Einfluss. In seinen Wanderungen durch Kindheit und die Mark Brandenburg versucht Fontane seiJugend nen Lesern die Augen für die Schönheiten der Landschaft zu öffnen und ihnen die Geschichte ihrer Heimat nahe zu bringen. Brandenburg ist der Schauplatz mehrerer Romane; Swinemünde lernt der Leser von Effi Briest als Kessin kennen; eine ganze Serie von Romanen wird unter dem Titel Berliner Romane zusammengefasst. Erlebtes und Erfahrenes wird oft Jahrzehnte später dichterisch verarbeitet. Durch den Vater ist ein Berufsweg vorgezeichnet. Nach dem Erwerb des »Einjährigen«-Abschlusszeugnisses beginnt Fontane eine ApothekerDie Apothekerlehre, besteht 1839 die Apotheker-Gehilfenlaufbahn prüfung, arbeitet kurze Zeit in Leipzig, spä-
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ter in Dresden als Apothekergehilfe, legt 1847 das Staatsexamen ab und ist nun »Apotheker erster Klasse«. Zu diesem Zeitpunkt hat Fontane jedoch auch schon erste Stationen seiner schriftstellerischen LaufDer bahn hinter sich. Eine Novelle und zwölf junge Dichter Gedichte werden 1839 in einer Berliner Zeitung veröffentlicht. Während seiner Zeit in Leipzig hat er sich dem politisch-literarischen »HerweghKlub« angeschlossen. In Berlin ist er seit 1844 Mitglied der Dichtergemeinschaft »Der Tunnel über der Spree«. Hier hat er mit seinen Preußenliedern Der alte Derffling, Der alte Ziethen, Der alte Dessauer Eindruck gemacht. Obwohl die beruflichen Aussichten schlecht sind, hat Fontane zu diesem Zeitpunkt viele Anzeichen einer günstigen Lebensperspektive. Er verbucht erste literarische Erfolge; hat einen Freundeskreis, in dem er geschätzt ist und auf den er auch in künftigen Jahren zurückgreifen kann; und er verfügt über Welt- und Lebenserfahrungen, die ihm Kompetenz in politischen Urteilen sichern. 1848 wird zu einem Schicksalsjahr für Fontane. Aus diesem Jahr stammen vier journalistische Arbeiten, die sofort großen publizistischen Erfolg bringen. Veröffentlicht in der Berliner Zeitungshalle, tragen sie die Überschriften Preußens Zukunft, Das Preußische Volk und seine Vertreter, Die Teilung Preußens und Einheit oder Freiheit. Der Revolutionär Sie zeigen den Journalisten Fontane als Revolutionär, als Verteidiger der März-Revolution und als Gegner des reaktionären Preußens, während er auf das alte Preußen – vor allem das Friedrichs des Großen – nichts kommen lässt.
Theodor Fontane Kreidezeichnung von Max Liebermann, 1896
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Nachdem die Unruhen niedergeschlagen sind und die Kräfte der Reaktion die alte Ordnung wiederhergestellt haben und dafür sorgen, dass jedes Aufbegehren im Keim erstickt wird, sind die beruflichen und erst recht die schriftstellerischen Chancen des jungen Fontane dahin. Die neue Lebensphase ist vor allem geprägt von Sorgen um eine materielle Basis. Als er am 30. September 1848 seine Stelle im Krankenhaus Bethanien verliert und Der damit endgültig vom Apothekerberuf AbExistenzkampf schied nimmt, beginnt ein Existenzkampf, der Jahrzehnte dauern sollte. Als freier Schriftsteller, als Literat und Journalist, nicht mehr als bürgerlicher Apotheker mit literarischen Nebenambitionen will er durchs Leben kommen. Seit dem 16. Oktober 1850 ist er mit Emilie Rouanet-Kummer, ebenfalls aus einer ursprünglich französischen Hugenottenfamilie stammend, verheiratet. Sieben Kinder werden im Laufe der nächsten Jahre geboren, von denen drei früh sterben. Fontane kommt zugute, dass er auf einen mehrmonatigen Englandaufenthalt aus dem Jahr 1844 verweisen kann. So vertraut man ihm eine Stelle als Berichterstatter der Preußischen (Adler-)Zeitung in London an. Von 1855 bis 1859 hält er sich durchgehend in London auf. Berichte über seine England-Zeit erscheinen unter den Titeln Ein Sommer in London (1854), Aus England (1860) und Jenseits des Tweed (1860). Aus England zurückgekehrt, arbeitet er weiterhin als Journalist. Als Kriegsberichterstatter verfolgt er die preußischen Kriege gegen Schleswig-Holstein und Dänemark (1864), gegen Österreich (1866) und gegen Frankreich (1870/71). Die erhoffte ideelle und materielle Anerkennung für diese umfangreichen Kriegsbeschreibungen bleiben aus. Mühe und Plage, Ärger und Enttäuschung bestimmen Fontanes Le-
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bensmitte. Nicht zu unterschätzen sind auch die Belastungen für seine Frau, die mehrere Wohnungs- und Wohnortwechsel mitmacht. Vielfältige Sorgen drücken und führen häufig zu Verstimmungen. Das literarische Werk wächst in dieser Zeit nur spärlich und nebenher. Als Fontane 1870 die Mitarbeit bei der Kreuz-Zeitung aufgibt und Theaterkritiker bei der liberalen Der Vossischen Zeitung wird, kommt er der Lite»alte Fontane« ratur wieder näher. Vom 15. August 1870 bis zum 31. Dezember 1889 ist er Theaterreferent der Vossischen Zeitung für das Königliche Schauspielhaus in Berlin. Seine Kritiken haben große Wirkung. Zugleich findet er mehr Zeit für sein eigenes literarisches Schaffen. Es beginnt die Epoche des »alten Fontane«. Er wird zum Zeugen und Kritiker seiner Zeit. Zweifellos sind es die Romane, die den Ruhm des alten Fontane begründen. Beachtung verdient aber auch die späte Spruchlyrik. Literarischer Rang kommt außerdem dem umfangreichen Briefwerk zu. Es darf nicht übersehen werden, dass diese späten Erfolge hart erkämpft wurden. Im Januar 1876 hatte man Fontane die Stelle des »Ersten Sekretärs der Akademie der Künste« verschafft. Fontane tritt die Stelle im März an und gibt sie wenige Monate später ohne Wissen seiner Frau auf. Wieder ist die Existenzgrundlage gefährdet. Weitere Krisen folgen. Anerkennung und Erfolg stellen sich nur langsam und sehr spät ein. Am 20. September 1898 stirbt Fontane 78-jährig in seiner Berliner Wohnung an einem Herzschlag.
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Die Konzeption des Realismus bei Fontane »Der Realismus in der Kunst ist so alt als die Kunst selbst, ja, mehr noch: er ist die Kunst.« Diese Maxime stellt Fontane in dem 1853 anonym erschienenen Aufsatz Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848 auf. Es ist seine erste literaturhistorische Arbeit, in der er nach der gescheiterten 48erRevolution eine grundsätzliche Orientierung sucht – für sich und die Literatur seiner Zeit. Der Realismus, so erklärt er programmatisch, »will das Wahre«; deshalb schließe er »die Lüge, das Forcierte, das Nebelhafte« aus; er sei vielmehr »die Widerspiegelung alles wirklichen Lebens, aller wahren Kräfte und Interessen im Element der Kunst«. Dieser Leitlinie, die zugleich Ausdruck einer Lebenskonzeption ist, folgt der Autor von nun an in seiner Tätigkeit als Kritiker und ebenso in seinem künstlerischen Schaffen bis an sein Lebensende. Bei aller Vorsicht vor klassifizierenden Etiketten darf man Fontane in mehr als einem Sinne als Realisten kennzeichnen. Er ist ein Mensch, der sich bemüht, die Dinge und die Mitmenschen so zu nehmen, wie sie sind, der keinen Sinn für Utopien hat und der sich keinen Illusionen hingibt. Diese Grundhaltung lässt ihn zum kritischen Beobachter und zugleich zu einer repräsentativen Gestalt seiner Zeit werden. In seinen Werken wird man immer wieder Elemente der Wirklichkeit finden, so in Landschaften und Örtlichkeiten, deren Schilderungen man anmerkt, dass sie von dem Autor erwandert sind. Das gilt ebenso für die durch die jeweilige Zeit gegebenen Umstände. Nicht nur die Fakten der historischen Romane und Novellen sind genau recherchiert, erfasst ist auch die besondere Atmosphäre der Zeit. So wirkt das Denken und Handeln der Personen stimmig. Doch muss man vorsichtig sein, diese Art der
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Schilderung der Wirklichkeit als »Widerspiegelung« zu erklären. Nichts wird, um den Vergleich zur darstellenden Kunst zu ziehen, detailgetreu abgemalt, sondern das, was gegeben ist, wird von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet, »gespiegelt«, wird umgestaltet und verarbeitet. Die Realisten tendieren zur »Widerspiegelung« – aber zur Widerspiegelung »im Element der Kunst«. Wahrheit der Kunst geht nicht darin auf, die Wirklichkeit zu reproduzieren.
Hauptwerke Theodor Fontanes 1861 Im November erscheint der erste Band der Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Im Vorwort zur ersten Auflage begründet der Autor sein Unternehmen: »Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen.« Bei seinen Reisen durch England und Schottland hatte er beschlossen, nach seiner Rückkehr die Mark Brandenburg zu bereisen und von ihren Schönheiten zu berichten. Dieses Projekt betreibt er bis ins hohe Alter. In fünf Bänden sind die Ergebnisse gesammelt: Die Grafschaft Ruppin. Das Oderland. Havelland. Spreeland. Fünf Schlösser. 1878 Vor dem Sturm. Historischer Roman. Im Winter 1812/13 regt sich Widerstand gegen die Herrschaft Napoleons. In Preußen sammeln sich Kräfte, die notfalls gegen den Willen des preußischen Königs die französische Besatzung vertreiben wollen. Ein Überfall auf die Franzosen in Frankfurt an der Oder scheitert. 1880 Grete Minde. Novelle nach einer märkischen Chronik. 1881 Ellernklipp. Novelle nach einem Harzer Kirchenbuch. 1882 L’Adultera. Novelle.
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Melanie, eine Schweizer Adlige, lebt mit dem 25 Jahre älteren Bankier von der Straaten in einer unausgefüllten Ehe. Mit dem Volontär Ebenezer Rubehn beginnt Melanie ein ehebrecherisches Verhältnis. Sie verlässt ihren Mann, bringt ein Kind zur Welt und lebt mit Ebenezer in eingeschränkten Verhältnissen. 1883 Schach von Wuthenow. Erzählung aus der Zeit des Regiments Gensdarmes. Im Sommer 1806 – kurz vor der Niederlage der preußischen Armee gegen Napoleon – verkehrt der patriotische Offizier Schach von Wuthenow im Salon der verwitweten 36 Jahre alten Frau von Carayon, die ebenso in Schach verliebt ist wie ihre liebenswürdige, aber von Blattern entstellte Tochter Victoire. Als ein Zusammensein Schachs mit dieser Folgen hat, will Frau von Carayon Schach bewegen, Victoire zu heiraten. Schach fürchtet den Spott seiner Kameraden und begeht Selbstmord. 1885 Unterm Birnbaum. Kriminalnovelle. Der verschuldete Abel Hradschek, Besitzer des Dorfkrugs und eines Kolonialwarenladens, plant den perfekten Mord an einem Übernachtungsgast, verunglückt aber, als er die Spuren seines Verbrechens beseitigen will. 1888 Irrungen, Wirrungen. Berliner Roman. Der adlige Offizier Botho von Rienäcker erlebt zwischen Pfingsten und dem Sommer 1875 einige Wochen echter Liebe mit Lene Nimptsch, einer Berliner Näherin. Bothos verarmte Familie erwartet jedoch, dass er seine reiche Kusine Käthe heiratet. Botho fügt sich, Lene heiratet den Handwerker Gideon Franke, beide ergeben sich resignierend in ihr Schicksal. 1890 Stine. Berliner Kurz-Roman. Graf Haldern, der ein Verhältnis mit der kleinbürgerlichen
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Witwe Pittelkow hat, nimmt seinen schwer verwundeten Neffen Waldemar zu einem Treffen mit. Waldemar verliebt sich in Stine, die Schwester der Witwe. Als Stine seinen Vorschlag, nach Amerika zu gehen, als undurchführbar zurückweist, begeht Waldemar Selbstmord. 1891 Quitt. Roman. Im schlesischen Riesengebirge bringt der freiheitsdurstige Lehnert Menz den autoritär auftretenden Förster Opitz um und flieht nach Amerika. In einer Menonitenkolonie will er den inneren Frieden finden. Bei dem Versuch, einen Verunglückten zu retten, stirbt er qualvoll. 1892 Frau Jenny Treibel oder »Wo sich Herz zum Herzen find’t. Berliner Roman. Frau Jenny Treibel, Gattin des Kommerzienrats Treibel, stammt aus kleinen Verhältnissen und hat einst Willibald Schmidt, den Nachbarjungen und jetzigen Gymnasialprofessor umschwärmt. Als sie jetzt aber herausbekommt, dass sich ihr Sohn Leopold heimlich mit Corinna, der Tochter des Professors, verlobt hat, setzt sie alles in Bewegung, um eine Heirat zu verhindern. Das junge Paar gibt den Kampf auf: Leopold heiratet die ihm verordnete Hildegard Munk aus Hamburg, Corinna ihren Vetter Marcell Wedderkopp, einen Gymnasialoberlehrer. 1893 Meine Kinderjahre. Autobiographie. 1895 Effi Briest. Roman. 1896 Die Poggenpuhls. Berliner Roman. Der im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gefallene Major von Poggenpuhl hat eine Frau, drei Töchter und zwei Söhne hinterlassen. Unter ärmlichsten Bedingungen versuchen alle, ihr Leben zu gestalten, ohne die Grundsätze ihres Standes zu verletzen. 1898 Der Stechlin. Gesellschaftsroman.
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Dubslav von Stechlin, Major a. D. und verwitwet, wohnt etwas vereinsamt in dem Schloss, das nach dem See Stechlin benannt ist. Seine ältere Schwester Adelheid ist Herrin im Klosterstift Wutz; sein Sohn Woldemar ist Rittmeister bei den Gardedragonern in Berlin. Woldemar verlobt sich mit Armgard, der jüngeren Tochter des Grafen Barley. Während das junge Paar auf Hochzeitsreise ist, stirbt Dubslav. Woldemar und seine Frau werden nach ihrer Rückkehr den Herrensitz Stechlin beziehen. 1906 Mathilde Möhring. Berliner Roman. (Als Fragment hinterlassen, postum veröffentlicht.) Die emotionsarme, praktisch veranlagte Mathilde Möhring erreicht, dass der saumselige Jurastudent Hugo Großmann sein Examen macht und sie heiratet. Sie ebnet auch die Wege, dass er Bürgermeister in Woldenstein/Westpreußen wird. Noch im ersten Ehe- und Berufsjahr bricht bei Hugo eine Schwindsucht aus; er stirbt. Mathilde geht zurück nach Berlin und wird Lehrerin.
8. Rezeption Mit Effi Briest erfuhr Theodor Fontane endlich die Anerkennung, auf die er lange gehofft hatte. Unter den Besprechungen, die im ersten Jahr nach dem Erscheinen des Romans veröffentlicht werden, sind solche, die dem meist empfindlich reagierenden Autor sogar »Herzensfreude«15 bereiten, wie er in einem Brief an Otto Pniower gesteht. Der Erstausgabe folgen im Erscheinungsjahr zwei weitere Auflagen; 1898 liegt die sechste und 1905 bereits die sechzehnte Auflage vor.16 Damit waren Anerkennung und Verbreitung gesichert. In einem Brief vom 12. Mai 1942 schreibt Thomas Mann, dass er Fontanes Roman wieder einmal »mit unbeschreiblichem Vergnügen« gelesen habe und dass er jedem »Effi Briest«, das »Meisterwerk«17 Fontanes, zur Lektüre empfehlen könne. Die Diskussion über den Roman wurde eine Zeit lang dadurch bestimmt, dass ein Schriftsteller-Kollege den gleichen Stoff, nämlich den »Fall Ardenne«, als Grundlage für einen Roman mit dem Titel Zum Zeitvertreib gewählt hatte, der ebenfalls im Jahr 1896 erschien. Erst nachträglich bemerkten die beiden Autoren, Theodor Fontane und Friedrich Spielhagen, dass sie »aus derselben Quelle geschöpft«18 hatten, und führten darüber einen kollegialen Briefwechsel. Friedrich Spielhagens Roman ist längst vergessen. Wer heute Fontanes Roman mit verwandten Werken vergleichen will, wird auf Goethes Wahlverwandtschaften (1809), Gustave Flauberts Madame Bovary (1856), Leo Tolstois Anna Karenina (1877), Emile Zolas Nana (1880) Bezug nehmen. Gemeinsam ist diesen Werken, dass sie als Ehe-, Zeit- und Gesellschaftsromane gelesen und diskutiert werden können.
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Effi Briest ist mehrfach verfilmt worden. Jede dieser Verfilmungen kann zugleich als Rezeption und als Interpretation des Romans aufgefasst werden. Ein Vergleich der Literaturverfilmungen ist lohnend und wird immer wieder zum Text zurückführen. Zugleich lassen die Verfilmungen Rückschlüsse auf Zeit und Ort ihrer Entstehung zu: 1. Der Schritt vom Wege. Deutschland 1939, 97 Minuten. Regie: Gustaf Gründgens. Darsteller: Marianne Hoppe (Effi), Karl Ludwig Diehl (Innstetten), Paul Hartmann (Crampas), Paul Bildt (Herr Briest), Käthe Haack (Frau Briest), Elisabeth Flickenschildt (Tripelli), Max Gülstorff (Gieshübler), Hans Leibelt (Wüllersdorf). 2. Rosen im Herbst. BRD 1955, 103 Minuten. Regie: Rudolf Jugert. Darsteller: Ruth Leuwerik (Effi), Bernhard Wicki (Innstetten), Carl Raddatz (Crampas), Paul Hartmann (Herr Briest), Lil Dagover (Frau Briest), Günther Lüders (Gieshübler). 3. Effi Briest. DDR 1968, 120 Minuten. Regie: Wolfgang Luderer. Darsteller: Angelika Domröse (Effi), Horst Schulze (Innstetten), Dietrich Körner (Crampas), Gerhard Bienert (Herr Briest), Inge Keller (Frau Briest), Walter Lendrich (Gieshübler), Marianne Wünscher (Tripelli), Lissy Tempelhof (Roswitha), A. P. Hoffmann (Wüllersdorf). 4. Fontane Effi Briest. BRD 1974, 140 Minuten. Regie: Rainer Werner Fassbinder. Darsteller: Hanna Schygulla (Effi), Wolfgang Schenk (Innstetten), Ulli Lommel (Crampas), Lilo Pempeit (Frau
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Briest), Herbert Steinmetz (Herr Briest), Ursula Strätz (Roswitha), Irm Hermann (Johanna), Karl-Heinz Böhm (Wüllersdorf), Hark Bohm (Gieshübler). Fontanes Romangestalt Effi Briest, aber auch die »wahre Effi«, nämlich Frau von Ardenne, die 99 Jahre alt wurde und ihr Lebensende in Lindau verbrachte, haben mehrere Autoren zu produktiver Auseinandersetzung gereizt. Rolf Hochhuth verfasste einen Monolog Effis Nacht (Reinbek bei Hamburg 1996), in dem er Frau Ardenne während eines Nachtdienstes als Krankenschwester ihre Vergangenheit reflektieren lässt. Dorothea Keuler hat einen Roman Die wahre Geschichte der Effi B. (Zürich 1998) vorgelegt, der jedoch ins Reich der Phantasie und nicht in die historische Wirklichkeit führt. Christine Brückner ließ in der Sammlung fiktiver Reden – Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen (Hamburg 1983) – auch Effi zu Wort kommen. Sie vertraut sich darin Rollo, dem Haushund, an, dürfte aber auch das Ohr interessierter Leser erreichen.
9. Checkliste 1. Was ist ein Roman? Was erwartet Fontane als Leser von einem Roman? Erklären Sie, was man unter einem Zeitroman, einem Eheroman, einem Gesellschaftsroman und unter einem historischen Roman zu verstehen hat. Welcher Romanart ist Effi Briest zuzuordnen? 2. Nennen Sie einige zentrale Fragen, die in Gesellschaftsromanen gestellt und diskutiert werden. 3. Geben Sie den Inhalt des Romans Effi Briest in fünf Sätzen wieder. Orientieren Sie sich an den Hauptpersonen, an den Schauplätzen und an den wichtigsten Ereignissen. 4. Charakterisieren Sie die Ehepaare, die in dem Roman eine Rolle spielen: – Herr von Briest und Frau Luise – Herr von Crampas und seine Frau – Baron von Innstetten und Frau Effi Beschreiben Sie, welche Stellung Effi als Ehefrau – im Vergleich zu Frau von Briest und Frau von Crampas – einnimmt. 5. Erarbeiten Sie die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der folgenden Personen: Herr von Briest – Herr von Innstetten Herr von Innstetten – Herr von Crampas Roswitha – Johanna 6. Analysieren Sie die erste Kurzcharakteristik, die der Erzähler von Effi gibt, und prüfen Sie, inwieweit hier Deutungsansätze für die Lebensgeschichte der Hauptfigur des Romans gegeben sind: »In allem, was sie tat, paarte sich Übermut und Grazie, während ihre lachenden brau-
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nen Augen eine große, natürliche Klugheit und viel Lebenslust und Herzensgüte verrieten« (6). Versuchen Sie, sich ein Bild vom Erzähler zu machen: Wie alt schätzen Sie ihn? Mit wem sympathisiert er? Wem steht er ablehnend gegenüber? Charakterisieren Sie seine Welt- und Lebensanschauung. Über das Verhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit: Über welchen Zeitraum insgesamt berichtet der Erzähler? Orientieren Sie sich an der Lebensgeschichte Effis. Beachten Sie, dass sie im August Geburtstag hat (278). Welche Phasen gibt der Erzähler breit und ausführlich wieder, welche knapp, wo überspringt er größere Zeiträume? Nennen und charakterisieren Sie die Hauptschauplätze des Romans. Erörtern Sie, welche Bedeutung die Reisen haben – die Hochzeitsreise und die Ferienreise nach Rügen und Kopenhagen. Welche Bedeutung haben die historischen Personen – Kaiser Wilhelm und Fürst Bismarck – für die Personen des Romans: – für Innstetten – für Effi – für Herrn und Frau von Briest – für die Adligen in Hinterpommern? Nennen Sie einige Züge, in denen die Romanhandlung von seiner stofflichen Vorlage abweicht. Erläutern Sie, welche Konsequenzen die Hauptereignisse des Romans – Verlobung, Hochzeit, Scheidung – a) für Effi und b) für Innstetten haben.
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9. CHECKLISTE
13. Erklären Sie die Leitwörter »Ehre« und »Schuld« unter Hinzuziehung von Wörterbüchern und philosophischen und fachwissenschaftlichen Lexika. Stellen Sie Thesen auf, wie die Wörter von den Hauptpersonen des Romans verstanden werden und welche Bedeutung die Vorstellungen für ihr Denken und Handeln haben. 14. Studieren Sie die Liste der Hauptwerke Fontanes (S. 73–76), und stellen Sie Vermutungen darüber an, in welchen Werken er die gleichen Themen und Probleme wie in Effi Briest behandelt. 15. Welche Ereignisse der europäischen Geschichte erlebte der Autor Fontane als Zeitzeuge? – Welche Kriege? – Welche gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen? – Inwiefern kann man behaupten, dass er Zeuge einer Epochenschwelle der europäischen Geschichte war?
10. Lektüretipps/Filmempfehlungen Textausgaben Es gibt mehrere Gesamtausgaben des umfangreichen Lebenswerks. Den neuesten Stand der Forschung berücksichtigt die Große Brandenburger Ausgabe, die umfangreiche Einführungen und Kommentare zu den Werken des Autors bietet. Große Brandenburger Ausgabe. Hrsg. von Peter Goldammer, Gotthard Erler, Anita Golz, Jürgen Jahn. Berlin: Aufbau-Verlag, 1969 ff. [zitiert: GB]. Abt. I. Bd. 1–8: Romane und Erzählungen. Abt. II. Bd. 1–7: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Abt. III. Bd. 1–3: Autobiographische Schriften. Abt. IV. Bd. 1–3: Gedichte. Abt. V. Bd. 1–2: Tagebücher. Der Roman Effi Briest liegt in mehreren Einzel- und Taschenbuchausgaben vor. Im vorliegenden Band wird nach der Reclam-Ausgabe zitiert: Theodor Fontane: Effi Briest. Mit einem Nachw. von Kurt Wölfel. Stuttgart: Reclam, 2002. (UB. 6961). – Reformierte Rechtschreibung. Sekundärliteratur Über Leben und Werk des Autors informieren: Nürnberger, Helmuth: Theodor Fontane in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg 1968. (rowohlts monographien. 145.)
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10. LEKTÜRETIPPS / FILMEMPFEHLUNGEN
Pelster, Theodor: Theodor Fontane. Literaturwissen für Schule und Studium. Stuttgart 1997 [u. ö.]. (UB. 15213). Beide Biographien geben Hinweise auf weiterführende Literatur. Als allgemeine Einführungen in das Werk, vor allem in die Romanwelt, empfehlen sich: Aust, Hugo: Theodor Fontane. Ein Studienbuch. Tübingen/Basel 1998. Brinkmann, Richard: Theodor Fontane. Über die Verbindlichkeit des Unverbindlichen. München 1967. Demetz, Peter: Formen des Realismus: Theodor Fontane. München 1964. Mecklenburg, Norbert: Theodor Fontane. Romankunst der Vielstimmigkeit. Frankfurt a. M. 1998. Müller-Seidel, Walter: Theodor Fontane. Soziale Romankunst in Deutschland. Stuttgart/Weimar 1994.
Materialien und Interpretationen zu Effi Briest Für Wort- und Sacherklärungen stehen zur Verfügung: Schafarschik, Walter: Erläuterungen und Dokumente: Theodor Fontane: Effi Briest. Stuttgart 1972 [u. ö.] (UB. 8119.) Glaser, Horst: Theodor Fontane: Effi Briest. In: Interpretationen: Romane des 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1992 [u. ö.] (UB. 4818.) S. 387–415. Grawe, Christian: Führer durch Fontanes Romane. Ein Lexikon der Personen, Schauplätze und Kunstwerke. Stuttgart 1996 [u. ö.] (UB. 9439.)
10. LEKTÜRETIPPS / FILMEMPFEHLUNGEN
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Die folgenden Einzelinterpretationen sind zum Teil didaktisch und methodisch für den Deutschunterricht aufbereitet: Grawe, Christian: Effi Briest. In: Fontanes Novellen und Romane. Interpretationen. Hrsg. von Christian Grawe. Stuttgart 1991 [u. ö.]. (UB. 8416.) Hamann, Elisabeth: Theodor Fontane Effi Briest. München 1979. (Oldenbourg Interpretationen.) Reisner, Hanns-Peter / Rainer Siegle: Stundenblätter Effi Briest. Stuttgart 1987.
Filmempfehlungen Vier Verfilmungen des Romans liegen vor, die im Kapitel »Rezeption« (s. S. 78f.) verzeichnet sind. Genauere Informationen zu den Verfilmungen sind zu finden in: Gast, Wolfgang / Barbara Deiker: Film und Literatur. Analysen, Materialien, Unterrichtsvorschläge. Frankfurt a.M. 1993.
Anmerkungen 1 Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe, Abt. I: Romane und Erzählungen in acht Bänden. Bd. 7: Effi Briest, Die Poggenpuhls, Mathilde Möhring, Bearb. Gotthard Erler, S. 530. 2 Walter Schafarschik, Erläuterungen und Dokumente, Theodor Fontane, »Effi Briest«, Stuttgart 1972 [u. ö.], S. 131. 3 Theodor Fontane, »Gustav Freytag Die Ahnen«, in: Theodor Fontane, Werke, Schriften, Briefe, hrsg. von Walter Keitel und Helmuth Nürnberger, München 1962ff., Abt. III, Bd. 1: Aufsätze und Aufzeichnungen, S. 316f. 4 Ebd., S. 319. 5 Christian Grawe, Führer durch Fontanes Romane. Ein Lexikon der Personen, Schauplätze und Kunstwerke, Stuttgart 1996, S. 68. 6 Schafarschik (Anm. 2), S. 32. 7 Ebd., S. 33. 8 Fontane (Anm. 1), S. 539. 9 Für das Folgende: Fontane (Anm. 1), S. 508 ff. 10 Brockhaus. Handbuch des Wissens in vier Bänden, Bd. 3, Leipzig 1924, S. 16. 11 Johannes Hoffmeister: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Hamburg 1955, S. 182. 12 Georgi Schischkoff: Philosophisches Wörterbuch, Stuttgart 1957, S. 535. 13 Hoffmeister (Anm. 11), S. 545. 14 Ebd. 15 Fontane (Anm. 1), S. 537. 16 Ebd., S. 533. 17 Ebd., S. 538. 18 Schafarschik (Anm. 2), S. 93.