Physica-Lehrbuch
Physica-Lehrbuch Bannier, Christina E. Vertragstheorie Eine Einführung mit finanzökonomischen Beispielen und Anwendungen 2005, XVI, 218 S.
Huch, Burkhard u. a. Rechnungswesen-orientiertes Controlling Ein Leitfaden für Studium und Praxis 4. Aufl. 2004, XX, 510 S.
Duller, Christine Einführung in die Statistik mit EXCEL und SPSS Ein anwendungsorientiertes Lehr- und Arbeitsbuch 2006, XII, 279 S.
Kistner, Klaus-Peter Produktions- und Kostentheorie 2. Aufl. 1993, XII, 293 S.
Farmer, Karl · Wendner, Ronald Wachstum und Außenhandel Eine Einführung in die Gleichgewichtstheorie der Wachstumsund Außenhandelsdynamik 2. Aufl. 1999, XVIII, 423 S. Fink, Andreas Schneidereit, Gabriele · Voß, Stefan Grundlagen der Wirtschaftsinformatik 2. Aufl. 2005, XVIII, 316 S. Gaube, Thomas u. a. Arbeitsbuch Finanzwissenschaft 1996, X, 282 S. Göcke, Matthias · Köhler, Thomas Außenwirtschaft Ein Lern- und Übungsbuch 2002, XIII, 359 S. Graf, Gerhard Grundlagen der Volkswirtschaftslehre 2. Aufl. 2002, XIV, 335 S. Graf, Gerhard Grundlagen der Finanzwissenschaft 2. Aufl. 2005, XII, 334 S. Hax, Herbert Investitionstheorie 5. Aufl., korrigierter Nachdruck 1993, 208 S. Heiduk, Günter S. Außenwirtschaft Theorie, Empirie und Politik der interdependenten Weltwirtschaft 2005, XII, 429 S. Heno, Rudolf Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IAS/IFRS) 4. Aufl. 2004, XIX, 535 S. Hofmann, Ulrich Netzwerk-Ökonomie 2001, X, 242 S.
Kistner, Klaus-Peter Optimierungsmethoden Einführung in die Unternehmensforschung für Wirtschaftswissenschaftler 3. Aufl. 2003, XII, 293 S. Kistner, Klaus-Peter Steven, Marion Produktionsplanung 3. Aufl. 2001, XIII, 372 S. Kistner, Klaus-Peter Steven, Marion Betriebswirtschaftslehre im Grundstudium Band 1: Produktion, Absatz, Finanzierung 4. Aufl. 2002, XIV, 510 S. Band 2: Buchführung, Kostenrechnung, Bilanzen 1997, XVI, 451 S. König, Rolf Wosnitza, Michael Betriebswirtschaftliche Steuerplanungsund Steuerwirkungslehre 2004, XIV, 288 S. Kortmann, Walter Mikroökonomik Anwendungsbezogene Grundlagen 4. Aufl. 2006, XVIII, 674 S. Kraft, Manfred · Landes, Thomas Statistische Methoden 3. Aufl. 1996, X, 236 S. Marti, Kurt · Gröger, Detlef Einführung in die lineare und nichtlineare Optimierung 2000, VII, 206 S. Marti, Kurt · Gröger, Detlef Grundkurs Mathematik für Ingenieure, Naturund Wirtschaftswissenschaftler 2. Aufl. 2003, X, 267 S. Michaelis, Peter Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik Eine anwendungsorientierte Einführung 1996, XII, 190 S.
Nissen, Hans-Peter Einführung in die makroökonomische Theorie 1999, XVI, 341 S. Nissen, Hans-Peter Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 5. Aufl. 2004, XVI, 362 S. Risse, Joachim Buchführung und Bilanz für Einsteiger 2. Aufl. 2004, VIII, 296 S. Schäfer, Henry Unternehmensfinanzen Grundzüge in Theorie und Management 2. Aufl. 2002, XVIII, 522 S. Schäfer, Henry Unternehmensinvestitionen Grundzüge in Theorie und Management 2. Aufl. 2005, XVI, 439 S. Schüler, Mirja Einführung in das betriebliche Rechnungswesen Buchführung für Industrieund Handelsbetriebe 2006, XII, 216 S. Sesselmeier, Werner Blauermel, Gregor Arbeitsmarkttheorien 2. Aufl. 1998, XIV, 308 S. Steven, Marion Hierarchische Produktionsplanung 2. Aufl. 1994, X, 262 S. Steven, Marion Kistner, Klaus-Peter Übungsbuch zur Betriebswirtschaftslehre im Grundstudium 2000, XVIII, 423 S. Swoboda, Peter Betriebliche Finanzierung 3. Aufl. 1994, 305 S. Tomann, Horst Volkswirtschaftslehre Eine Einführung in das ökonomische Denken 2005, XII, 186 S. Weise, Peter u. a. Neue Mikroökonomie 5. Aufl. 2005, XI, 645 S. Zweifel, Peter Heller, Robert H. Internationaler Handel Theorie und Empirie 3. Aufl. 1997, XXII, 418 S.
Walter Kortmann
Mikroökonomik Anwendungsbezogene Grundlagen
Vierte, durchgesehene Auflage mit 250 Abbildungen sowie 100 Beispielen und Aufgaben samt Lösungen
Physica-Verlag Ein Unternehmen von Springer
ISBN-10 3-7908-1698-1 4. Auflage Physica-Verlag Heidelberg ISBN-13 978-3-7908-1698-3 4.Auflage Physica-Verlag Heidelberg ISBN 3-7908-1474-1 3. Auflage Physica-Verlag Heidelberg Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Physica-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Physica-Verlag Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner Herstellung: Helmut Petri Druck: Strauss Offsetdruck SPIN 11672579
43/3153 – 5 4 3 2 1 0 – Gedruckt auf säurefreiem Papier
SIMPLEX SIGILLUM VERI
Vorwort Das vorliegende Buch richtet sich an Studenten und Dozenten, die sich im Rahmen des volks- oder betriebswirtschaftlichen Grundstudiums an Universitaten, Gesamtund Fachhochschulen mit der Mikrookonomik befassen. Es hat sich auch fur das Nebenfachstudium als geeignet erwiesen. Dank der weiterhin guten Aufiiahme, die das Buch seit seiner dritten Auflage vom Jahre 2002 an erfahren hat, war nun wieder eine Neuauflage erforderlich. Die Konzeption »Tiefe statt Breite«, Anwendungsorientierung, ausfuhrliche und um Verstandhchkeit bemuhte Darsteilungen sowie die konsequente Nutzung formaler Hiifsmittel haben sich bewahrt, wie mir zahlreiche Lesermeldungen bestatigen. Dieses erfolgreiche Konzept ist fflr die vorHegenden vierte Auflage beibehaiten worden. Die Knappheit des Faktors Zeit HeB bei dieser Neuauflage nur eine grundliche Durchsicht, verbunden mit der Beseitigung der wenigen zwischenzeitHch noch entdeckten Fehler zu. Im iibrigen ist die vierte Auflage mit der dritten inhaltlich identisch. Es wird mit dem Buch weiterhin nicht das Ziel verfolgt, dem Leser einen Gesamtuberblick iiber das umfangreiche Gebiet der Mikrookonomik zu geben. Das ware beim heutigen Stand der Wissenschaft, wenn uberhaupt, nur mit einem Vielfachen des Seitenumfangs und ohne den gebotenen »Tiefgang« mogiich. In Lehrveranstaltungen kann ohnehin meist nur der Kemstoff behandelt werden, allenfails angereichert durch einige dem Dozenten wichtig erscheinende Spezialaspekte. Unser Buch konzentriert sich deshalb auf die grundlegenden Inhalte des Faches mit dem Ziel, diese eingehend und verstandHch darzustellen. Nur durch eine derart systematische Darstellung kann nach meiner Uberzeugung das Charakteristische der Wirtschaftstheorie verdeutlicht werden. Der Leser wird hier nicht mit der Fiille der heute in der Mikrookonomik konkurrierenden Ansatze und Modelle konfrontiert, weil dies erfahrungsgemaB bei »Einsteigern« eher zu Verwirrung und zu Zweifeln an der Brauchbarkeit okonomischer Theorien iiberhaupt fiihrt. Hier sollen im Gegenteil gerade der mogHche Anwendungsbezug, die NiitzHchkeit der Analytik und ein Eindruck von der Asthetik einer in sich stimmigen mikrookonomischen Theorie vermittelt werden.
^I
Vorwort
Die Konzentration auf das Wesentliche erfolgt in dreierlei Hinsicht: • Es wird durchgangig ein einheitUches theoretisches Modell entwickelt, untersucht und angewendet, namlich das »Kemmodell«, welches die zentralen Elemente und die Gmndstmktur der Mikrookonomik umfaBt. Der Leser kann hier das - auch in vielen anderen Bereichen wichtige - Argumentieren anhand von Modellen lemen, das heiBt: Logisch schlussiges Argumentieren auf der Gmndlage einer aussagekraftigen Theorie iiber die Realitat. Ein soiches logisches Denk- und Argumentationsvermogen gehort zum unverzichtbaren Riistzeug wissenschaftlich ausgebildeter Okonomen - und nicht nur dieser. Ftir die Mehrzahl der aufmerksamen Leser mag sich spater die verbesserte Denk- und Argumentationsfahigkeit, neben den zahlreichen inhaltlichen und methodischen Kenntnissen, als wichtigster Zusatznutzen der Beschaftigung mit der Mikrookonomik iiberhaupt erweisen. • Weiter konzentrieren wir uns hier auf die realitdtsnahen und anwendungsbezogenen Gesichtspunkte des Themas, Aspekte und Konzepte, die von rein formalem Interesse sind oder deren Anwendungsbezuge nur mit hohem zusatzlichen Aufwand hatten gezeigt werden konnen, bleiben ausgespart. Dagegen weise ich bei alien dargestellten Konzepten -selbst wenn auch sie zunachst etwas abstrakt erscheinen mogen - auf praktische Anwendungsmoglichkeiten hin. Auch jene Leser, die vielleicht aus fruherer Erfahrung den Eindruck gewonnen haben, die Mikrodkonomik habe nur wenig mit der Realitat zu tun, kSnnen durch unsere vielen empirischen Beispiele hoffentlich vom Gegenteil iiberzeugt werden. Diese Anwendungsorientierung hat tlbrigens in der englischsprachigen Mikrodkonomik-Literatur schon lange Tradition (siehe Anhang L des Buches). Sie gewinnt erfreulicherweise auch im deutschsprachigen Raum allmahlich an Boden. • SchlieBlich beschranken wir uns hier auf relativ einfache theoretische Falle, die sich auch graphisch gut veranschaulichen lassen. Denn alle Darstellungen in diesem Buch erfolgen sowohl verbal als auch formal und graphisch anhand von Diagrammen. So kann jeder Lemtyp seinen Zugang zum Stoff finden. Auf eine groBtmogliche Allgemeinheit der Aussagen (sog. n-Giiter-Falle) wird zumeist verzichtet. Es geht in erster Linie urn eine moglichst verstandliche Darstellung grundsdtzlicher mikrookonomischer Zusammenhange; und diese kann man bereits gut anhand einfacher Modelle (sog. 2-Gilter-Falle) verdeutlichen. Viele der so gewonnenen Erkenntnisse lassen sich problemlos verallgemeinem. Das fur dieses Buch gewahlte formale Anspruchsniveau ist, bezogen auf den »durchschnittlichen« studentischen Leser, moderat. An Universitaten wird es manchem als nicht alle mathematischen Moglichkeiten ausschopfend erscheinen; fiir Fachhochschulen kann es schon als gehoben gelten. Doch auch der mathematisch wenig vorgebildete Leser soil den prasentierten Stoff verstehen und etwaige formale Liicken anhand des Buches selbst schlieBen konnen (z.B. mit Hilfe des Mathematischen
Vorwort
VII
Anhangs M). Insofem werden beim Leser nur geringe mathematische Kenntnisse vorausgesetzt. Zudem habe ich die heute zur Darstellung der Mikrookonomik unverzichtbare Mathematik auf das fur eine schlussige okonomische Erklamng erforderliche MindestmaB beschrankt. Der Leser lemt, wie sich durch Anwendung formaler Methoden neue theoretische Erkenntnisse gewinnen lassen, und wie schon der Rtickgriff auf einfache Mathematik okonomische Analysen betrachtlich erleichtem kami. Auf formale Feinheiten, die eher fur Mathematiker von Interesse sind, wird nicht naher eingegangen. Im Mittelpunkt steht der okonomische Bezug, die verwendete Mathematik ist hier nur Mittel zum Zweck. Einige Darstellungen, die etwas abseits von der Hauptargumentationslinie iiegen, sind in verkieinerter Schrift gesetzt worden. Der eilige Leser kann sie iiberspringen. Jene Gleichungen und formalen Bedingungen, die aligemeingiiltig sind, werden im Text durch Einrahmung hervorgehoben, die »Schiiisselgleichungen« besonders dick. Bedingt durch die zahlreichen Verbindungen zwischen foimaler und graphischer Analyse iemt der Leser gleichsam nebenbei auch einige elementare Verfahren der analytischen Geometric kennen, die auch in vielen anderen Anwendungsbereichen der Praxis hilfreich eingesetzt werden kSnnen. Ich weise auf die zunehmende Mathematisierung in der neueren Marketing- und Managementiiteratur hin. Neuen Lemstoff kann der Mensch am besten begreifen, wenn er ihn be-greift, das heiBt: wenn er sich damit formal, inhalthch und hinsichtiich der Anwendungsmoglichkeiten aktiv auseinandersetzt. Der Text ist deshalb so konzipiert, daB der Leser immer wieder in den Gang der Argumentation einbezogen wird. So enthalt der Text viele Aufgaben, die dem Leser die Moglichkeit geben, den zuvor erklarten Stoff zu rekapituHeren, zu tiben und zu festigen. Auf den Losungen bauen teilweise die weiteren Darlegungen auf. Deshalb soUte beim Durchlesen moglichst keine der Aufgaben unbearbeitet bleiben. Im Anhang A des Buches sind zum Vergleich die Losungswege der Aufgaben skizziert. Zudem werden in etlichen Beispielen im Text wichtige Analysewege und -methoden exemplarisch aufgezeigt. Sogenannte Empirika enthalten zu den meisten theoretisch hergeleiteten Konzepten empirische Anwendungsbeispiele (Zahlen, Daten, Fakten aus der RealitMt). Einige sind zwar alteren Datums, aber vielleicht gerade deshalb vergleichsweise »unbefangen« und anschaulich. Bei der Auswahl wurde wenig kritisch vorgegangen: Auf die mit alien empirischen Untersuchungen verbundenen methodischen Probleme sei nur einmal an dieser Stelle allgemein hingewiesen. Die in den einzelnen Empirika enthaltenen Aussagen und Ergebnisse sind in der Wirtschaftswissenschaft zum Teil nicht unumstritten. Sie dienen hier aber vor allem didaktischen Zwecken und sollen belegen, daB die theoretischen Konstrukte in der Wirtschaftswirklichkeit tatsachlich angewendet werden konnen und nutzbringend angewandt werden.
VIIT
Vorwort
Die vier Hauptkapitel des Buches bestehen jeweils aus sieben beziehungsweise drei Kapiteln. Auf diese Kapitel bezieht sich die Numerierung der Abbildungen, Aufgaben, Beispiele, Empirika und Gleichimgen. Die ersten beiden Ziffem einer Nummer geben jeweils das zweistellige Kapitel an. Abbildung 14.5 ist beispielsweise die funfte Abbildung im Kapitel 1.4., und (22.8) bezeichnet die achte Gleichung im Kapitel 2.2. Zur besseren Orientierung werden die zweistelligen Kapitelnummem und -bezeichnungen in den Kopfzeilen der ungeraden Textseiten genannt. Zum SchluB mochte ich mich wieder bedanken. Bei meinen aufmerksamen Lesem filr die positive Aufiiahme und etliche Anregungen. Bei meinem Team bedanke ich mich fur die Mithilfe bei der Typoskriptkorrektur. Bei der vorliegenden vierten Auflage wurde ich tatkrSftig unterstiitzt von Corinna Rademacher und von Carsten Schdnwald. Nicht zuletzt meinen fleiBigen Studenten gebiihrt Dank fur die zahlreichen groBen und kleinen Verbesserungsvorschlage sowie die Hinweise auf Druckfehler. Deren Anzahi sollte nun in der Nihe von Null liegen. Gleichwohl freue ich mich tiber weitere konstruktive Kritik seitens der Leser.
Holzwickede, im Januar 2006
WALTER KORTMANN
Inhaltsverzeichnis
Beispielverzeichnis
XIII
Empirikaverzeichnis
XIV
Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis
XVI
0. Eiiileitu^g
1. Die Giiternachfrage der Haushalte
1
11
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
12
1.2. Obj ektive Konsummoglichkeiten (Budgetbeschrankung)
30
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giiternachfrage
35
Exkurs zuKapitel 1.3.: OfFenbarte Praferenzen
46
1.4. Arbeitsangebot des Haushalts
51
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
57
1.5.1. Aggregation der einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane
57
1.5.2. Engel'sche Nachfrage und Einkommenselastizitat
59
1.5.3. Kreuznachfrage und Kreuzpreiselastizitat
75
1.5.4. Marshall'sche Nachfrage und Eigenpreiselastizitat
89
1.6. Externe EiTekte zwischen den Nachfragern (Bezugsgruppeneffekte)
122
1.6.1. Mitlaufer-Effekt
122
1.6.2. Snob-Effekt
125
1.6.3. Kombinierte Wirkung 1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
127 129
1.7.1. Zahlungsbereitschaft und Nachfragervorteil (Konsumentenrente)
129
1.7.2. Kompensierende und aquivalente Variation
136
X
Inhaltsverzeichnis
2. Das Giiterangebot der Unternehmen 2.1. Technologische Produktionsbedingungen
141 141
2.1.1. Gmndbegriffe
141
2.1.2. Einzelfaktorvariation und Faktorertrage
149
2.1.3. Skalenvariation und Skalenertrage
171
2.1.4. Isoquante Faktorvariation und Grenzrate der Faktorsubstitution
180
2.1.5. Mehrproduktuntemehmen
200
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen (Kosten)
207
2.2.1. Kostenbudget und Isokostengerade
208
2.2.2. Kostenminimiemng
211
2.2.3. Langfristige versus kurzfiistige Kosten
226
2.2.4. Gesamtkosten, Durchschnittskosten und Grenzkosten
248
2.2.5. Investitionen und kostenoptimale BetriebsgroBe
279
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
286
2.3.1. Gewinnmaximierende Ausbringungsmenge
287
2.3.2. Einzelwirtschaftliches Angebot und Angebotsflinktion
303
2.3.3. Langfi-istiges Angebot
318
2.4. Faktornachfrage
320
2.4.1. Gewinnmaximierende Faktoreinsatzmengen und Grenzproduktivitatsbedingung
320
2.4.2. Faktorpreisabhangigkeit der Faktornachfrage
323
2.4.3. Faktomachfi-age bei Kapazitats- oder Absatzbeschrankungen
327
2.5. Aggregation und Marktangebot
330
2.6. Externe Effekte zwisclien den Anbietern (BranchenefTekte)
342
2.6.1. FaktorpreisefFekt
342
2.6.2. Technologische externe EflFekte
344
2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots
3. Die Preisbildung auf voUkommenen Markten 3.1. Markt und Marktformen
347
351 351
3.1.1. MarktvoUkommenheit
352
3.1.2. Besetzungsverhaltnisse der Marktseiten
356
3.1.3. Die wichtigsten Marktformen im Uberblick
357
3.1.4. AnalytischeMarktformenunterscheidung
361
Inhaltsverzeichnis
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
XI
3 64
3.2.1. Kurzfristiges Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage
364
3.2.2. Kurzfri^tige Wirkungen exogener Parameteranderungen auf das Marktgleichgewicht
382
3.2.3. Existenz, Eindeutigkeit und Stabilitat von Marktgleichgewichten
3 94
3.2.4. Kurzfristige Wechselwirkung zwischen den einzelwirtschaftlichen Angeboten und dem Marktgleichgewicht 406 3.2.5. Langfristige Wechselwirkung und langfristiges Marktgleichgewicht
411
3.2.6. Wechselwirkungen zwischen Markten
425
3.2.7. WohlfahrtsaspektedesMarktes
436
3.2.8. Wirkungen staatlicher MarkteingriflFe
439
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol 3.3.1. Angebotssituation des Monopolisten
454 454
3.3.2. Erlosund Grenzerlos
458
3.3.3. Gewinnmaximierung
471
3.3.4. Wirkungen exogener Parameteranderungen
484
3.3.5. Vergleich des Marktergebnisses im reinen Monopol mit dem bei vollkommener Konkurrenz
486
4. Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
495
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
496
4.1.1. Angebotspolitische Instrumente und deren Wirkungen
496
4.1.2. Preisdiflferenzierung
499
4.1.3. Analyse durchschnittskostenorientierter Preissetzung
507
4.1.4. Auswirkungen anderer ZielgroBen auf die Angebotspolitik
509
4.1.5. Beriicksichtigung von Werbung in der Angebotspolitik
512
4.2. MonopoUstische Konkurrenz
515
4.2.1. Charakterisierung der Marktform
515
4.2.2. Kurzfristiges Angebot
517
4.2.3. Langfristiges Gleichgewicht
519
4.3. Oligopolinarkte
523
4.3.1. Charakterisierung der Marktform
523
4.3.2. Homogene Oligopole
525
4.3.3. Heterogene Oligopole
538
XII
Inhaltsverzeichnis
Anhange A. AufgabeiiH)Sungen
545
A.I. Losungen zu den Aufgaben des erstenHauptkapitels
545
A.2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
559
A.3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
587
A4. Losungen zu den Aufgaben des vierten Hauptkapitels
605
F. Funktionenverzeichnis
607
L. Literaturverzeichnis
610
M. Mathematischer Anhang
617
M l . Einige algebraische Grundregeln
617
M.2. Funktionen und Umkehrfunktionen
620
M.3. Ableitungen und Differentialrechnung
624
M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen
629
M.4.1. Monotone Funktionen
629
M.4.2. Lineare Funktionen
630
M.4.3. Konvexe und konkave Funktionen
634
M.4.4. Homogene Funktionen und Euler'sches Theorem
635
M.5. Totales Differential, Satz tiber implizite Funktionen und Enveloppen-Theorem
637
M.5.1. Totales Differential
637
M.5.2. Satz liber implizite Funktionen
640
M.5.3. Hiillkurven und Enveloppen-Theorem
644
M. 6. Optimierung unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Atisatz.
648
M.7. Elastizitaten
653
M.8. Lineare Regression
662
S. Stichwortverzeichnis
667
Beispielverzeichnis Erstes Hauptkapitel 11.1 13.1 15.1 15.2 15.3 17.1 17.2
Formale Beschreibung und Untersuchung einer Praferenzordnung im 2-Guter-Fall .... 28 Formale Ermittlung des optimalen Konsumplans 40 Analyse der Einkommensabhangigkeit der Marktnachfrage 68 Analyse der Kreuzpreisabhangigkeit der Marktnachfrage 86 Analyse der Eigenpreisabhangigkeit der Marktnachfrage 98 NachfragervorteilseinbuBe bei linearer Nachfragefunktion 135 Kompensierende Variation 139
Zweites Hauptkapitel 21.1 21.2 21.3 21.4 22.1 22.2 22.3 22.4 22.5 22.6 23.1 23.2 23.3 23.4 24.1
Durchschnitts- und Grenzproduktivitaten bei der Cobb/Douglas-Produktionsfrinktion 162 Skalenertrage bei der Cobb/Douglas-Produktionsftinktion 176 Isoquantenverlauf bei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion 184 Herleitung der Produktionsmoglichkeitenfrinktion bei Cobb/Douglas-Produktionsstrukturen 204 Ermittlung des kostenminimalen Arbeitseinsatzes im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfonktion 220 Eigenschaften der Arbeitsnachfrageftmktion im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion 223 Langfiistige Kostenfimktion im Cobb/Douglas-Fall 231 Kurzfristige Kostenfiinktion im Cobb/Douglas-Fall 242 Ermittlung des Durchschnittskostenminimums bei der Standard-Kostenflinktion 268 Kostenelastizitaten bei der Standard-Kostenfunktion 277 Formale Ermittlung der Gewinnschwelle und Gewinngrenze eines preisinabilen Anbieters bei quadratischer Kostenfiinktion 292 Formale Ermittlung des Gewinnmaximums auf der Grundlage der Standard-Kostenfiinktion bei vorgegebenem Absatzpreis 295 Herleitung der einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktion aus der Standard-Kostenfiinktion 309 Ermittlung des Gewinnmaximums eines preisinabilen Anbieters mit einer Standard-Kostenfunktion 316 Herleitung der Arbeitsnachfrageflinktion aus der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion 325
Drittes Hauptkapitel 32.1 32.2 32.3 33.1 33.2
Ermittlung des Marktgleichgewichts bei gegebener Angebots- und Nachfragefunktion Wirkungsfolge eines dauerhaften Nachfrageanstiegs Arbitr^gegleichgewicht zweier Markte mit linearen Marktfimktionen Besonderheiten bei linearen Preis/Absatz-Funktionen Ermittlung des Gewinnmaximums eines Monopolisten
375 420 428 466 474
Viertes Hauptkapitel 41.1 Ermittlung des Gewinnmaximums bei Preisdifferenzierung im Falle linearer Preis/Absatz-Funktionen
504
Empirikaverzeichnis Erstes Hauptkapitel 11.1 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5a 15. 5b 15.6a 15.6b 15.7
Experimentell ermittelte Indifferenzkurvenschar Marktnachfragefiinktion fiir KafFee Engel-Kurven fiir drei Produktgmppen Einkommenselastizitaten der Nachfrage Kreuzpreiselastizitaten der Nachfrage Eigenpreiselastizitaten der Nachfrage Haufigkeitsverteilung der Eigenpreiselastizitaten von Konsumgutem Marktnachfragekurve fiir KartofFeln Marktnachfragekurve fiir ein Druckerzeugnis Geordnete Verteilung der Zuzahlungsbereitschaften privater Haushalte fiir umweltfreundlich gewonnenen elektrischen Strom
24 58 64 68 83 100 101 112 112 117
Zweites Hauptkapitel 21.1 21.2 21.3 21.4 21.5a 21. 5b 21. 6a 21. 6b 21.7 22.1 22.2a 22.2b 22.3 22.4 23.1 25.1
Blackboxmodell der Produktion am Beispiel eines Hochofens (Roheisenerzeugung in der ehemaligen DDR) Ertragsgebirge der norwegischen Tankerflotte Arbeitsproduktivitat und Arbeitskoeffizient der deutschen Schraubenindustrie Empirisch ermittelte Ertragskurve aus der Landwirtschaft Cobb/Douglas-Produktionsfunktion der westdeutschen Wirtschaft im gesamtwirtschaftlichen Modell der Deutschen Bundesbank Empirisch ermittelte Koeffizienten der Cobb/Douglas-Funktion Zunehmende Skalenertrage bei Produktionsverfahren, die Behalter erfordern Wachsende HochofengroBe infolge zunehmender Skalenertrage Riickgekriimmte Isoquanten in der Produktions&nktion der norwegischen Tankerflotte Zusammenhang zwischen Frachtkosten und Schiffsgrofie Empirische Kostenverlaufe in der deutschen Industrie Kostenfunktion der U S . Steel Corporation Elastizitaten der langfristigen Kosten einiger Wirtschaflszweige Schatzungen optimaler BetriebsgroBen einiger Wirtschaftszweige Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Erlos/Kosten-Relation Preiselastizitaten des kurzfristigen Angebots
144 147 154 159 165 166 177 179 195 235 251 251 277 284 298 336
Drittes Hauptkapitel 32.1 32.2 32.3a 32.3b
Kursbildung am Aktienmarkt Angebots-und NachfragefunktionaufdemKupfermarkt Angebot und Nachfrage aufdemWassermelonenmarkt Angebot und Nachfrage auf dem Weizenmarkt
373 381 385 386
Empirikaverzeichnis
XV
32.4 32.5 33.1 33.2
403 433 457 490
Multiple Gleichgewichte auf Devisenmarkten Wechselwirkung zwischen Edolmarkt und Erdgasmarkt Empirisch ermittelte Preis/Absatz-Kurven Lerner'sche Monopolgrade verschiedener Wirtschaftszweige
Viertes Hauptkapitel 41.1 43.1
Raumliche Preisdifferenzen bei Aspirin Preis-Reaktionsfunktionen beim KafFeeangebot
506 543
Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis Lateinische a
freier
Buchstaben Funktionskoeffizient
a A A
Arbeits(einsatz)menge Kurzzeichen (oben) fur "Angebot" Kurzzeichen (unten) fur "Arbeit"
AV AV b 6
Anbietervorteil Aquivalente Variation freier Funktionskoeffizient BetriebsgroBe, Skalenfaktor
B
Ausgabenbudget
B Kurzzeichen (unten) fiir "Billigmarkt" (Bo) Bowley'scher Punkt c freier Funktionskoeffizient c C C
Kapital(einsatz)menge Kostenbudget eingesetztes (Eigen und Fremd-)Kapital
(Ch) ChamberUn'scher Punkt (Co) Coumot'scher Punkt d Stiick-ZDurchschnittsdeckungsbeitrag d d 5 D e e E
Differential partielles Differential kleine Anderung/Differenz Gesamtdeckungsbeitrag Stuck- bzw. Durchschnittserlos Euler'sche Zahl (2,71828...) (Gesamt-)Erl6s(-fijnktion)
f f
allgemeine Funktion(svorschrifl) Kurzzeichen (oben) fiir "fix"
f F
Freizeitmenge Fixkosten
g
Stiick-bzw. Durchschnittsgewinn
g G
Kurzzeichen (unten) fiir "gegenwartig" (Gesamt-)Gewinn(-flinktion)
GE
Geldeinheit(en)
GV h % H
Gesamtvorteil allgemeiner Hilfsindex Homogenitatsgrad einer Funktion Kurzz. fiir "Haushalt" bzw. "Konsument"
i Index fiir einen Akteur I Anzahl der Akteure j Index fiir ein Gut oder einen Markt J Anzahl der Giiter bzw. Markte k Stiick- bzw. Durchschnittskosten k Kurzzeichen (oben) fiir "kurzfristig" K (Gesamt-)Kosten(-fiinktion) KV Kompensierende Variation C Lohnsatz (Faktorpreis fiir Arbeit) C Kurzzeichen (oben) fiir "langfristig" ^ Lagrange-Funktion m freier Funktionskoeffizient M Kurzzeichen fiir "Markt" ME Mengeneffekt ME Mengeneinheiten n fi-eier Funktionskoeffizient N Kurzzeichen (oben) fiir "Nachfi-age" NV Nachfragervorteil o freier Funktionskoeffizient p Preis eines Gutes PE Preiseffekt q Qualitat eines Gutes r Kapitalsatz (Faktorpreis fiir Kapital) re Kapitalrentabilitat T Kurzzeichen (oben) fiir "Transaktion" T Kurzzeichen (unten) fiir "Teuermarkt" ii Uberhang, UberschuB U Marktumsatz (Wert) U Kurzzeichen fiir "Untemehmen" V Einsatzmenge eines Produktionsfaktors V Kurzzeichen (oben) fiir "variabel" (vK) VoUkommene-Konkurrenz-Punkt WV WoWfahrtsverlust X Menge eines Gutes bzw. Produktes y allgemeine Variable V Einkommen z allgemeine Variable z Kurzzeichen (unten) fiir "zukiinftig" Z Gesamtzahlungsbereitschaft
XVII
Abkurzungs- und Symbolverzeichnis
Griechische a P y A 8 (^ r| e K
Buchstaben:
[kl. Alpha] freier Funktionskoeffizient [kl. Beta] freier Funktionskoeffizient [kl. Gamma] freier Fimktionskoefifizient [gr. Delta] groBe Andemng /Differenz [kl. Epsilon] ElastizitatsmaB [kl. Zeta] Einzelzahlungsbereitschaft [kl. Eta] Durchschnittsproduktivitat [klTheta] Anteil [kl. Kappa] freier Funktionskoeffizient
Diakritische
X [kl. Lambda] Lagrange-Multiplikator Skalenfaktor l^ [kl. My] Lemer'scher Monopolgrad ^IL [kl. Ny] Gutseinheit-Nummer V Kreiszahl (3,14159...) 71 [kl. Pi] [gr. Pi] ein konstanter Formelterm n Reaktanz [kl. Rho] Q a [kl. Sigma] Grenzsubstitutionsrate Praferenzstarke bzw. -niveau 9 [kl. Phi]
Zeichen:
[am Beispiel einer GroBe y bzw. Funktion y(x)] fester bzw. fixierter y-Wert
y^i
Teilvektor (yi,y2,...,yj-i,yj+i,...,yj) (y ohne die Komponente yi)
Xy
Erste Ableitung von y nach x (Steigung von y in x-Richtung)
Xy
Zweite Ableitung von y nach x (Kriimmung von y in x-Richtung)
geschatzter oder vermuteter y-Wert ein konkreter y-Wert (auch y",...) ein konkreter y-Wert (auch y(2),...) ein konkreter y-Wert (auch y^^\ ...) y-Achsen-Abschnitt (auch y°) hochstmogUcher y-Wert mindesterforderlicher y-Wert unterer SchweUenwert von y oberer SchweUenwert von y Vektor (yi,y2,.-.,yj)
* y
optimaler (insb. gleichgewichtiger) y-Wert
y y x^
maximaler y-Wert minimaler y-Wert das X, bei dem y(x) = y (maximierendes x)
X^
das X, bei dem y(x) = y (minimierendes x)
Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis
xvm Relationen Symbol
Bezeichnung
Beispiel
Aussprache
= = :=
Gleichheit Gleichheit im Beispiel
X
= y z = x+y z :== x + y
X ist gleich y z ist beispielsweise gleich x+y
« > > < <
Definition ungefahr gleich grofier groBer oder gleich kleiner kleiner oder gleich
X
« y
X
> y ^ y
X
X
< y ^ y < y < z
X X
^
Implikation
X
=> y
<=> > < ~
Aquivalenz besser schlechter IndifFerenz
X
o
X
>-y < y ^ y
X X
y
z ist definiert als x+y; fiir x+y kann z geschrieben werden X ist ungefahr (fast) gleich y X ist groBer als y X ist groBer oder gleich y X ist kleiner als y X ist kleiner oder gleich y y liegt zwischen X und z, X < y und y < z aus X folgt logisch y; wenn x, dann auch y X und y sind logisch gleichwertig; X ist besser als y X ist schlechter als y X ist gleich gut wie y
"The study of theory must go hand in hand with that of facts. Practical uses of economic studies should never be out of mind of the economist." Alfred Marshall (Principles of Economics)
0. Einleitung a) Jede Volkswirtschaft besteht aus Menschen, die in Haushalten und Unternehmen wirtschaftliche Entscheidungen treffen und den Umgang mit knappen Giitem planen. Sie werden unter diesem Gesichtspunkt als Wirtschaftssubjekte oder Einzelwirtschaften bezeichnet. Auch der wirtschaftlich handelnde Staat kann als Einzelwirtschaft aufgefaBt werden. In den privaten Haushalten wird vor allem iiber den Umfang entschieden, in dem Arbeitsleistungen zur Erzielung von Einkommen angeboten werden sollen, sowie liber die Verwendimg des Einkommens fiir die Erspamis und den Kauf von Konsumgiitem. In Unternehmen betreffen die Entscheidungen besonders das Giiterangebot, die Art und das AusmaB der Gtiterproduktion sowie die Beschaffling der erforderlichen Einsatzgiiter. b) Die Mikrookonomik hat die Erklarung dieser einzelwirtschaftlichen Aktivitaten und deren Zusammenwirken (Interaktion) zum Gegenstand. Es wird zunachst analysiert, wie sich rationale Wirtschaftssubjekte in okonomischen Situationen verhalten. Okonomische Rationalitat zeigt sich in dem Bestreben, aus der Gesamtheit reaUsierbarer Entscheidungs- und Handlungsaltemativen stets die beste Alternative auszuwahlen. Untersucht wird hier vorwiegend das Verhalten der privaten Haushalte in ihren Eigenschaften als Nachfrager von Giitem, Konsumenten, Sparer, Arbeitsanbieter etc. und das Verhalten der Unternehmen in ihren Eigenschaften als Anbieter von Giitem, Produzenten, Investoren, Arbeitsnachfi-agem etc. Darauf auft)auend wird dann untersucht, wie die unzahligen einzelwirtschaftlichen Entscheidungsakte und Handlungsplane aufeinander abgestimmt (koordiniert) werden konnen, vor allem auf Markten. Auch die Auswirkungen unterschiedlicher Rahmenbedingungen auf das Ergebnis dieser Koordination werden analysiert. Das Ziel dieser Bemiihungen besteht letztlich darin, die reale Wirtschaftsstruktur und das reale Wirtschaftsgeschehen aus dem Verhalten der Einzelwirtschaften heraus zu erklaren, die Wirtschaft gleichsam von ihren Wurzeln her verstehen.
2
0. Einleitung
Neben der Mikrookonomik bildet die Makrookonomik den zweiten Pfeiler der heutigen Wirtschaftswissenschaft. Ihr Analysegegenstand ist das Zusammenwirken gesamtwirtschaftlicher Aggregate. Dazu werden alle gleichartigen Wirtschaftssubjekte zu sogenannten Sektoren zusammengefaBt (z.B. Haushaltssektor, Untemehmenssektor). Untersucht werden dann imter anderem die zwischen diesen Sektoren flieBenden Giiter- und Geldstrome sowie deren Koordination auf ebenfalls aggregierten Markten (Giitermarkt, Geldmarkt, Arbeitsmarkfetc). Es interessieren dabei weniger die okonomischen Verhaltensweisen einzelner Wirtschaftssubjekte als vielmehr gesamtwirtschaftliche Phanomene, wie Inflation, Wachstum, Konjunkturschwankungen und Unterbeschaftigung. Die Makrookonomik ist in der Lage, Phanomene zu beschreiben und zu erklaren, die sich aus einzelwirtschaftlichen Vorgangen allein nicht herleiten und deshalb mikrookonomisch nicht erklaren lassen. Das liegt daran, daB »groBe« Systeme, die aus vielen eigenstandigen Teilsystemen bestehen, haufig gleichsam eine eigene Wesenheit erlangen und voUig andersartige Phanomene (sog. Makrophanomene) zeigen. Umgekehrt gibt es auf der Ebene der Einzelwirtschaften Erscheinungen (Mikrophanomene), die nicht im Rahmen der Makrookonomik erklart werden konnen. Deshalb ist die Existenz beider Forschungsansatze gerechtfertigt. Wahrend die Makrookonomik vorwiegend (wenn auch nicht nur!) fiir den volkswirtschaftlichen Teil der Wirtschaftswissenschaft von Bedeutung ist, bildet die Mikrookonomik auBerdem das theoretische Fundament des betriebswirtschaftlichen Teils, der sich j a speziell und anwendungsbezogen mit dem Untersuchungsobjekt "Untemehmen" befaBt. Mikrookonomische Erklarungsansatze finden sich folglich in vielen betriebswirtschaftlichen Teilgebieten, wie zum Beispiel der Produktionswirtschaft, der Kostenlehre, der Investitions- und Finanzierungstheorie sowie im Marketing und der strategischen Untemehmensplanung. DaB mikrookonomische Konzepte zunehmend auch in der Untemehmensprox/^' Anwendung finden, zeigen zahlreiche Studien.^ Das ist im ubrigen keine Besonderheit der Wirtschaftswissenschaft, denn es gibt beispielsweise auch in der Physik zwei Theoriegebaude, namlich die Quantentheorie als »Mikrophysik« zur angemessenen Erklamng der Phanomene im Klemen (subatomarer Bereich) und die Relativitatstheorie als »Makrophysik« zur Erklamng von Naturphanomenen auf hoherer Ebene (Kosmos). Ebenso in der Psychologic, wo eine »Mikropsychologie« (namlich die Individualpsychologie) und eine »Makropsychologie« (namlich die Sozialpsychologie) unterschieden werden; denn Menschenmassen verhalten sich oft anders als es aufgrund der individuellen Eigenschaften der beteiligten Menschen zu vermuten ist. Auch die mathematische Statistik zeigt, dafi sogar zu^Uige Ereignisse, die einzehi nicht vorhersagbar sind, in groBer Anzahl betrachtet eine bestimmte »durchschnittliche« RegelmaBigkeit und Ordnung offenbaren, vor allem in Form der Normalverteilung arithmetischer Mittel (Zentraler Grenzwertsatz). Vgl. z.B. G.A. Forgionne: Economic Tools Used by Management in Large American Operated Corporations; Business Economics 19, 1984, S. 5-17. D. Ordelheide et al. (Hrsg.): Betriebswirtschaftslehre und okonomische Theorie; Stuttgart, 1996. W. Kortmann: Markt- und Industrieokonomik
0. Einleitung
3
Selbst in der Makrookonomik haben mikrookonomische Denkansatze an Bedeutung gewonnen (sog. Mikrofundierung der Makrookonomik). Man hoflft dadurch ein tieferes Verstandnis der Makrophanomene gewinnen zu konnen. Zudem spielen in der Makrookonomik einige spezielle Einzelmarkte, die sich auch mikrookonomisch imtersuchen lassen, eine zentrale RoUe (z.B. Arbeitsmarkt, Geldmarkt, Wertpapiermarkt, Devisenmarkt). c) Im folgenden geht es um die Darstellung der elementaren theoretischen Grundlagen der Mikrookonomik. Aus diesen kann eine Fiille weiterer Zusammenhange und SchluBfolgerungen hergeleitet werden, auf die hier aber nur hingewiesen wird. Aus Grunden der besseren Verstandlichkeit ist es geboten - ja unerlafilich - bei den theoretischen Erklarungsbemuhungen von vereinfachenden Annahmen iiber das betrachtete einzelwirtschaftliche Verhalten auszugehen. Eine solche zweckmaBige Vereinfachung eines Teils der Realitat mit dem Ziel, das Wesentliche eines Sachverhalts herauszustellen, wird als Abstraktion bezeichnet. Ihr Ergebnis ist ein analytisch besser handhabbares Abbild der WirkUchkeit: ein theoretisches Modell.^ Modelle werden nicht nur in der Wissenschaft angewendet (bekannt sind u.a. die Molekiibnodelle der Chemie), sondem auch im AUtagsleben: Jeder kennt den Globus als ein - stark vereinfachtes - Modeil unserer Erde, architektonische Modelle, Modelleisenbahnen etc. Ohne "vereinfachte Abbildungen der Realitat" in Form von StraBenkarten und Gebaudegrundrissen wixrden wir uns haufig nicht zurechtfinden. Die Vorteilhaftigkeit der Verwendung von Modellen steht also auBer Zweifel. Wirtschaftstheoretische Modelle sind heute iiberwiegend in der Sprache der Mathematik formuliert. Denn nur diese erlaubt eine knappe, prazise und schliissige Argumentation und eroffiiet zudem die Moglichkeit, auch verborgene logische Zusammenhange zwischen den betrachteten EinfluBgroBen aufzudecken. So laBt sich am Modeil Ursachen- und Wirkungsforschung betreiben. Dadurch wird ein tieferes Verstandnis des realen Untersuchungsobjektes moglich.^ Anhand der folgenden Abbildung 0.1 woUen wir die wirtschaftswissenschaftliche Vorgehensweise bei der Erklarung von Phanomenen (RegelmaBigkeiten, Muster - Ein integrativer Ansatz fiir Wirtschaftstheorie und Praxis; in: Wirtschaftswissenschaft Anwendungsorientierte Forschung an der Schwelle des 21. Jahrhunderts; hrsg. von U. Groner et al., Heidelberg, 1997, S. 263-280. In der Wirtschaftswissenschaft wurde die "Methode der isolierenden Abstraktion" von dem deutschen Okonomen Johann Heinrich von Thiinen (1783-1850) entwickelt: Aus der Erfahrung gewonnene Erkenntnisse (z.B. RegelmaBigkeiten) werden zu logischen Grundvoraussetzungen der Theoriebildung. Vgl. zum Folgenden auch meinen Beitrag: Von Praktikern und Theoretikern - Ein kritischer Methodenvergleich, IWIS-Paper 98117, Dortmund, 2001 2
Die mathematische, insbesondere die fiinktionale Betrachtungsweise wurde wesentlich von dem franzosischen Okonomen Antoine Augustin Cournot (1838) in die Wirtschaftstheorie eingefiihrt.
4
0. Eirdeitung
etc.) und der Losung von Problemen erlautem: Empirische, das heiBt aus der Realitat stammende okonomische Phanomene oder praktische Problemstellungen werden zunachst durch Abstraktion in ein mathematisch formuliertes Modell iibersetzt. Sie werden gleichsam aus der Ebene der Realitat oder Praxis auf die Ebene der Theorie gehoben. Viele Probleme werden dadurch tiberhaupt erst handhabbar. Das Modell wird dann mittels logischer Operationen einer formalen Analyse unterzogen. Dabei werden die einem Phanomen zugrunde liegenden Ursachen verstandlich, oder es wird eine formale Losung des behandelten Problems hergeleitet. Etwas erklaren heifit, es nachvollziehbar machen. Die gewonnenen Modellergebnisse konnen dann wieder in die empirische Ebene zurucktibersetzt, also anwendungsbezogen okonomisch interpretiert werden. Die auf der Ebene der Theorie gewonnene formale Losung wird auf der realen Ebene praktisch angewendet. Lag ursprunglich ein unerklartes Phanomen vor (z.B. irgendeine Korrelation zwischen zwei beobachteten GroBen), so liefert das theoretische Modell nun dafiir eine nachvollziehbare Begrundung, eben eine Erklarung. Diese kann etwa dazu dienen, das Phanomen zu prognostizieren oder sonstwie wirtschaftlich nutzbar zu machen. Abbildung 0.1: Modelltheoretisches Vorgehen ITheoretisches Modell
Konstruktion
Analyse oder Losung
Modellanwendung
Modellierung
Abstraktion
Interpretation
Theorie
Translation
Realitat / Praxis Phanomen Oder Problem
Erklarung oder Problemlosung
Wirtschaftstheoretische Modelle sollen demnach den folgenden Zwecken dienen: • Realitat erklaren, das heiBt sie nachvollziehbar, verstandlich machen. • Zukiinftige Zustande und Entwicklungen abschatzbar machen.^ • Anhaltspunkte fur die Optimierung von Zustanden und Entwicklungen geben.
Neuere Forschuneen, besonders im Rahmen der Theorie des deterministischen Chaos haben gezeigt, daB es auch einmche, zutreffende dynamische Erklarungsmodelle geben kann, die keine Prognose spaterer Systemzustande erlauben. Demnach ist nicht alles, was erklarbar ist, auch vorhersagbar.
0. Einleitimg
5
Die Qualitdt eines Modells bemiBt sich vor allem anhand seiner Anwendbarkeit und Einfachheit. Ein ideales Modell ist zugieich vielfaltig anwendbar und einfach im Verstandnis und Gebrauch. Modelle, die nicht anwendbar sind oder aufgrund ihrer Kompliziertheit nicht angewendet werden, sind letztlich uberflussig, weil nutzlos. Problematisch wird die Fordenmg nach Anwendbarkeit und Einfachheit nur dann, wenn beides nicht zugieich erreichbar ist, also das eine nur auf Kosten des anderen realisiert werden kann. So niitzlich oder gar unverzichtbar die mathematische Methode in weiten Bereichen der Wirtschaftswissenschaft auch ist, so diirfen doch auch ihre Grenzen nicht iibersehen werden:* Formale Methoden ermoglichen nur die Modellierung einfacher, grober, quantitativer Zusammenhange. Sie sind vor allem in der Physik und der Technik vergleichsweise haufig vorzufinden. Im Wirtschaftsbereich sind die Anwendungsmoglichkeiten der Mathematik auf wenige, wenngleich wichtige Phanomene beschrankt. Qualitative und komplexe Strukturen sind, selbst wenn sie eine quantitative Natur haben, mathematisch meist nicht beherrschbar, das heiBt: Die zu ihrer Beschreibung erforderliche Mathematik ist nicht handhabbar. Die meisten psychischen und sozialen Phanomene sind der mathematischen Methode nur sehr eingeschrankt zuganglich. Ein guter Okonom wird die Mathematik auch dort, wo sie einsetzbar ist, nur so weit anwenden, wie der damit verbundene formale Aufwand durch den Ertrag an zusatzlichen Erkenntnissen und Problemlosungsmoglichkeiten mehr als ausgeglichen wird. Das ist heute bei einigen fortgeschrittenen Modellen der Wirtschaftstheorie leider nicht mehr der Fall, so daB der formale Aufwand manchmal den winzigen Erkenntnisertrag bei weitem iibersteigt und letzterer auch auf einfachere Weise gewonnen werden konnte. Zudem wird jeder Okonom, der die Wirtschaft als einen Teilbereich der Realitat ansieht, die mathematische Methode nicht fiir wirklichkeitsfremde Gedankenspiele heranziehen, sondem sich, schon aus Griinden des sparsamen Ressourceneinsatzes, bei ihrer Anwendung um ein HochstmaB an Realitatsbezug bemiihen. Das gilt sowohl fur die Annahmen, die er den Modellen zugrunde legt, als auch hinsichtlich der Aussagen, die er daraus herleitet. AUes andere ware letztlich nur »metaphysische Spekulation«. Die im Zuge der Forschung aufgedeckten empirischen und theoretischen Zusammenhange, Tendenzen, RegelmaBigkeiten, Invarianzen und Muster okonomischer GroBen, werden als Gesetze bezeichnet. Diese haben nicht den Rang exakter Naturgesetze und sind deshalb eher als Gesetzmdjiigkeiten aufzufassen. In der Theorie gefiindene GesetzmaBigkeiten, Zusammenhange und Vgl. auch W. Kortmann: Markt- und Industrieokonomik; a.a.O., S. 265, sowie Ders.: Von Praktikern und Theoretikern...; a.a.O., S. 16ff.
0. Einleitung
Bedingungen werden als Theoreme, empirische GesetzmaBigkeiten als Empireme bezeichnet. Theoreme lassen sich als logische Wahrheiten beweisen. Die Gultigkeit von Empiremen muS anhand empirischer Daten uberpruft werden. Ein in sich geschlossenes und widerspruchsfreies (konsistentes) System von theoretischen Modellen, das nicht nur einzebie Phanomene erklart, sondem einen groBeren Ausschnitt der ReaUtat, heiBt eine Theorie. Das im folgenden in seinen Grundzugen dargestellte Erklarungsgebaude der Mikrookonomik ist eine solche Theorie. Genauer gesagt handelt es sich dabei um das Gmndmodell der heute in der Wirtschaftswissenschaft vorherrschenden Form der sogenannten neoklassischen Theorie. Diese ist der alteste und am weitesten entwickelte Zweig der Wirtschaftstheorie. Ihre Anfange reichen bis in die siebziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts zuriick. Als Begriinder der neoklassischen Wirtschaftstheorie kann der bedeutende engUsche Okonom Alfred Marshall (1842-1924) gelten, der mit seinem Grundlagenwerk "Principles of Economics" im Jahre 1890 die erste geschlossene Konzeption dieser Theorie schuf. d) Mit dem vorliegenden Buch wird nicht nur das Ziel verfolgt, dem Leser einen Einblick in diese Theorie, das heiBt ihre Struktur, ihre Aussagen und Erkenntnisse zu geben. Es soil zugleich gezeigt werden, wie reale wirtschaftliche Fragestellungen mikrookonomisch modelliert werden konnen - so wie es im vorigen Abschnitt c) skizziert wurde. Nach der griindlichen Bearbeitung des dargebotenen Stoffes soil der Leser zu einer logisch schlussigen Argumentation (hinsichtlich der Erklarung mikrookonomischer Zusammenhange und der Losung mikrookonomischer Problemstellungen) auf der Basis des hier zugrunde gelegten Modells befahigt sein. Um dieses Lehrziel zu erreichen, ist es erforderlich, zunachst die relevanten Teilmodelle zu verstehen. Einen ersten, groben Uberblick iiber die drei im folgenden behandelten Teiknodelle gibt die Abbildung 0.2. Die Pfeile kennzeichnen jeweils den mengenmaBigen FluB eines Gutes. Ihre genaue Bedeutung und Bezeichnung wird im Laufe der Darlegung klar werden. Abbildung 0,2: Struktur des mikrookonomischen Grundmodells 1
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.
H
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Auf Marshall geht auch die Partialanalyse von Markten und Industrien zuriick sowie viele der in diesem Buch dargestellten zentralen Konzepte der Mikrookonomik.
0. Einleitung
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Im ersten Hauptkapitel befassen wir uns mit den Konsumentscheidungen der privaten Haushalte (H). Diese fragen auf Markten (M) die von ihnen gewiinschten Giiter in bestimmten Mengen nacli. In der Ubersiclit ist fiir eines der von einem Haushait (H) nachgefragten Giiter der Bezugsmarkt (M) angegeben. Die nach reclits-oben und rechts-unten weisenden Pfeile symbolisieren die Nachfrage anderer Haushalte nach dem dort gehandelten Gut. Betrachtet wird zunachst nur das Verhaiten eines einzebien typischen Nachfragers. Spater werden dann die auf das betrachtete Gut gerichteten Nachfragen aller Haushalte zur gesamten Marktnachfrage zusammengefaBt. Im zweiten Hauptkapitel geht es um die wirtschaftlichen Entscheidungen, die in privaten Untemehmen (U) getroflfen werden, vor allem um die Beschaflfungs-, Produktions- und Angebotsentscheidungen eines Ein-Produkt-Betriebes. Die zwei Pfeile auf der linken Seite von (U) symbolisieren die von dem betrachteten Untemehmen zur Produktion eingesetzten Giiter. Der rechts aus (U) austretende Pfeil steht fiir die vom Untemehmen produzierte Gutsmenge, die auf dem Markt (M) angeboten wird. Zusammen mit den einzelwirtschaftlichen Angeboten der iibrigen Anbieter ergibt sich das Marktangebot des betrachteten Gutes, welches die linke Seite in (M) ausmacht. Gegenstand des dritten Hauptkapitels ist die Abstimmung der insgesamt von einem Gut angebotenen und nachgefragten Mengen aufeinander. Diese Koordination erfolgt auf dem Markt (M) des Gutes. Die Marktvorgange werden unter verschiedenen Rahmenbedingungen untersucht. Im vierten Hauptkapitel werden dann auch andere Gmndformen der Konkurrenz zwischen Untemehmen thematisiert und komplexere, realitatsnahere Marktformen betrachtet. Die in dieser Themeniibersicht zuun Ausdmck kommende Beschrankung auf die Analyse des Geschehens auf einen einzelnen, typischen Markt (ggf in Wechselwirkung mit einzelnen anderen Markten) wird als Partialanalyse bezeichnet. Darauf aufbauend kann versucht werden, auch das System aller Markte in seiner Gesamtheit zu modellieren und hinsichtlich seiner Eigenschaften zu untersuchen. Dies nennt man Totalanalyse. Da die Totalanalyse wegen ihres extremen Abstraktionsgrades, ihres hohen formalen Argumentationsniveaus, ihrer fehlenden Anwendungsmoglichkeiten und der mangelnden empirischen Fundiemng ihrer Grundvoraussetzungen unserem soeben begriindeten Bemiihen um Realitatsnahe und Anwendungsbezug nicht entspricht, werden wir uns hier nicht naher damit befassen. Der interessierte Leser wird auf die Spezialliteratur zur "Allgemeinen Gleichgewichtstheorie" verwiesen. e) Bei der Nutzung formaler (mathematischer) Hilfsmittel haben sich in weiten Teilen der Wirtschaftstheorie im Vergleich zur gelaufigen Mathematik einige
8
0. Einleitung
Eigenheiten etabliert, denen auch in diesem Buch gefolgt wird und auf die vorab hinzuweisen ist. Der Leser prage sich diese, zum Verstandnis der nachfolgenden Ausfuhrungen unerlaBlichen Vereinbarungen gut ein, auch wenn sie zunachst etwas fremd anmuten mogen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Mathematischen Anhang des Buches verwiesen. 1. Vektoren werden nicht durch einen obenstehenden Pfeil (in manchen Lehrbiichem wird auch Fettdruck verwendet), sondem durch einen untenstehenden Querstrich gekennzeichnet, also zum Beispiel X statt X fur (xi,X2,...,Xjj) 2. An Formelsymbolen konnen nicht nur unten rechts, sondem auch oben rechts Indizes und andere Symbole angebracht werden. Moglich sind zum Beispiel die Schreibweisen Xj x*^,Xj'. Damit oben rechts stehende Indizes nicht mit Exponenten verwechselt werden, schreiben wir, wenn MiBverstandnisse auflxeten konnten, bei echten Exponenten eine runde Klammer, also zum Beispiel bei "Xi zum Quadrat": (xj)^ 3. Funktionswert und Funktionsvorschrift werden (dem okonomischen Grundsatz der Sparsamkeit folgend) mit dem gleichen Symbol bezeichnet. Wenn also zum Beispiel die Variable y von der Variablen x abhangt, y also eine Funktion von x ist, dann schreiben wir y = y(x) statt y = f(x) Wenn es klar oder unerheblich ist, daB y von x abhangt, wird haufig auch noch die Funktionsklammer weggelassen, so daB nur noch y statt y(x) geschrieben wird. Soil dagegen hervorgehoben werden, daB es sich bei y um eine Funktion handelt, ohne daB es dabei im einzelnen auf deren BestimmungsgroBen ankommt (oder sind diese bekannt), so wird statt der unabhangigen Variablen nur ein Punkt als »Platzhalter« in die Funktionsklammer geschrieben: y(.) 4. Bei graphischen Darstellungen wird die abhangige Variable gelegentlich auf der horizontalen Koordinatenachse (Abszisse) und nicht - w i e nach der Achsenkonvention der Mathematik - auf der vertikalen (Ordinate) aufgetragen: Abbildung 0.3: Achsenkonventionen
statt
0. Einleitung
9
5. In der Mathematik dient der Kleinbuchstabe d zur Kennzeichnung infinitesimal kleiner Anderungen von GroBen (sog. Differentiale, z.B. dy oder partiell 5y), imd A zur Kennzeichnung endlich groBer Anderungen, Abweichungen oder Abstande (sog. Differenzen, z.B. Ay = y2- yi). Da es in der Wirtschaftswirklichkeit keine "infinitesimalen" Anderungen gibt, wird haufig d auch fur endliche, aber »kleine« Anderungen verwendet (manchmal wird dafiir auch 5 geschrieben). Wir werden im folgenden ein stilisiertes d, namlich 3, zur Kennzeichnung kleiner Anderungen verwenden, zum Beispiel 5y. Im Grenzfall kann 5y auch ein Differential sein (nicht mit dem partiellen 5 zu verwechseln!). A wird nur bei »groBen« Anderungen gebraucht. 6. Fiir Ableitungen von Funktionen sind in der Differentiakechnung mehrere verschiedene Schreibweisen iiblich. Wir werden haufig die folgende, etwas ungewohnliche, aber sehr niitzliche und einfache Schreibweise flir die erste und zweite Ableitung einer Funktion y(x) nach x verwenden: dy(x) dy ^y oder ^XC^) ^^^^^ —~— ^^^^ — dx dx d2y(x) d^y ^'y oder ^YC^) statt — oder dx2 dx2 Fiir die ersten partiellen Ableitungen einer Funktion y(x) mit mehreren unabhangigen Variablen Xj, X2, ... wird analog dazu die Variable, nach der difFerenziert wird - manchmal auch nur deren Index - unter den Ableitungsstrich geschrieben, der oben vor dem Symbol der Funktion steht. Zum Beispiel gibt es bei der Funktion y(xi,X2,z) folgende partielle Ableitungen (in der Mathematik wird bei partiellen Ableitungen bekanntlich d statt d geschrieben): 5y(x,z)
5y(x,z)
5y(x,z)
5xi
9x2
3z
Es sei daran erinnert, daB die Ableitung einer Funktion selbst wieder eine Funktion ist, die grundsatzlich von denselben Variablen abhangt, wie die Funktion, aus der sie gebildet wird.
Zur Differentialrechnung vgl. z.B.: J. Schwarze: Mathematik fur Wirtschaftswissenschaftler; Band 2, Herne/Berlin. G. Gams / P. Westerheide: Differential- und Integralrechnung; Miinchen/Wien. Die Beherrschung der Differentialrechnung ist heute eine unverzichtbare Voraussetzung fiir ein Studium der Wirtschaftswissenschaft.
10
0. Einleitung
Wenn bx iind 9y gemaB 5. hinreichend kleine Andemngen der GroBen x und y bezeichnen, daiin ist dy/bx imgefahr gleich dem Diflferentialquotient dy/dx und es kann geschrieben werden: by Graphisch entspricht eine Ableitung der Steigung einer Tangente an den Funktionsgraphen in Richtung der Achse, nach deren Variable differenziert wird. In okonomischen Anwendungen gibt eine Ableitung ^y = by/bx an, um wieviele Einheiten sich die im Zahler stehende GroBe (hier: der Funktionswert bzw. die abhangige Variable y) verandert, wenn die im Nenner stehende GroBe (hier: die unabhangige Variable x) um eine kleine Einheit erhoht (oder gesenkt) wird. Analoges gilt, falls ^yeine partielle Ableitung ist: Um wieviele Einheiten andert sich y, wenn x um eine kleine Einheit steigt (oder fallt). Bei der graphischen Interpretation der Steigung muB in der Mikrookonomik beachtet werden, an welcher Achse x und an welcher y steht. Ist namlich die Achsenkonvention wie im linken Diagramm der Abbildung 0.3 gegeniiber derjenigen Mathematik vertauscht worden, so gilt: Eine steil verlaufende Kurve hat eine geringe Steigung ^y = by/bx, und eine flach verlaufende Kurve hat eine grofie Steigung. 7. Wie in der Mathematik iibhch, werden jeweils in die Funktionsklammer die unabhangigen Variablen geschrieben; beispielsweise bei y(x) ist es das x. Hangt der Funktionswert y auch noch von einem oder mehreren Parameter(n) ab, also von GroBen, die grundsatzlich veranderbar sind, deren EinfluB aber gerade nicht betrachtet wird und die wie Konstanten behandelt werden, so werden diese Parameter von der oder den Variablen durch ein Semikolon getrennt in die Funktionsklammer geschrieben. Ist zum Beispiel z ein Parameter der Funktion y(x), so wird y = y(x;z) geschrieben. Auf einen ganz bestimmten Wert konstant gesetzte (fixierte) GroBen kennzeichnen wir durch einen oberen Querstrich (z.B. z). Es kann dann auch y(x, z) geschrieben werden. Im ubrigen wird hier grundsatzhch bei alien GroBen, insbesondere bei alien FunktionskoefiBzienten, von positiven Vorzeichen ausgegangen. Falls eine GroBe negativ ist oder sein kann, wird ausdrticklich darauf hingewiesen. Der im Umgang mit mathematischen Formalismen wenig geiibte Leser lasse sich durch die soeben genannten sieben Vereinbarungen nicht einschiichtem. Aller Erfahrung nach wird man mit ihnen bei der konkreten Anwendung recht rasch vertraut.
1. Die Giiternachfrage der Haushalte
In diesem ersten Hauptkapitel geht es um die mikrookonomische Erklamng des Nachfrageverhaltens der Konsumenten beziehungsweise der privaten Haushalte (wir wollen beide Begriffe synonym verwenden). Unter Haushalt wird hier die kleinste okonomische Entscheidungseinheit verstanden, die ein eigenes Ausgabenbudget verwaltet und selbstandig ihren Konsum plant. Konsum bezeichnet den endgiiltigen Verbrauch oder Gebrauch von Giitern (das sind Waren und Dienstleistungen). Zunachst wird die Situation eines einzelnen Konsumenten betrachtet, der iiber seinen Giiterkonsum zu entscheiden hat; danach fassen wir alle einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane zusammen, um zur gesamten Marktnachfrage ftir die einzelnen Giiter zu gelangen. Die Analyse von Konsumwiinschen, die Ermittlung der Marktnachfrage nach einzelnen Giitern und die Vorhersage der Wirkung von Preis- und Einkommensanderungen auf die Nachfrage sind grundlegende Themen der Mikrookonomik. Den Ausgangspunkt fur die Modellierung des wirtschaftlichen Verhaltens bildet die Diskrepanz zwischen den begrenzten Mengen verfugbarer Giiter und den dariiber hinausgehenden Konsumwimschen der Menschen. Diese Diskrepanz wird als Knappheit bezeichnet. Sie zwingt jeden Konsumenten dazu, Auswahlentscheidungen dariiber zu treffen, welche Menge er von jedem der verfugbaren Giiter konsumieren mochte. Das Treffen solcher Konsumentscheidungen sowie die Eigenschaften der Nachfrage sind Gegenstand der folgenden Ausfiihrungen. Um dieses Thema allgemein, das heiBt auf moglichst viele Konsumsituationen anwendbar behandeln zu konnen, muB zunachst die im Abschnitt c) der vorangegangenen Einleitung erlauterte Abstraktion vorgenommen werden, also die Herausarbeitung der alien Konsumentscheidungen gemeinsamen Grundlagen, losgelost von konkreten Einzelfallen.
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Die Gtiternaclifrage der Haushalte
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
a) Bei seiner Konsumentscheidung sieht sich jeder Haushalt einer bestimmten Anzahl von Gtitem gegeniiber. Diese Anzahl kiirzen wir allgemein mit J ab. Zum Beispiel beriicksichtigt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bei dem Warenkorb, den es der Ermittlung der Inflationsrate zugrunde legt, mnd 750 unterschiedliche Giiter, die ein typischer deutscher Haushalt mehr oder weniger regelmaBig konsumiert. Wiirden einem Haushalt nur diese »gangigen« Giiter zum Konsum zur Verfiigung stehen, so ware fiir ihn J = 750. Die einem Konsumenten insgesamt zur Auswahl stehenden Giiter numerieren wir mit dem Index j durch. Das heiBt, j kann alle natiirlichen Zahlen von 1 bis J annehmen (j = 1,...,J). j = 1 steht also fiir das erste Gut (z.B. Wasser), j = 2 fiir das zweite Gut (z.B. Brot) und so weiter. Die Menge, die ein Haushalt wahrend einer bestimmten Periode (z.B. eines Tages oder eines Monats) von einem Gut j konsumiert, wird mit Xj bezeichnet. Wir gehen davon aus, daB die Giitermengenvariable x jede beliebige nichtnegative reelle Zahl sein kann, so daB wir die Konsummenge jedes Gutes beliebig genau messen konnen. Im genannten Beispiel kann Xi = 3,14 Liter Wasser und X2 = 2^2 Pfijnd Brot sein. Wird von einem Gut j nichts konsumiert, so ist Xj = 0. Damit kann fiir den Konsumenten angegeben werden, welche Menge er von jedem der J zur Auswahl stehenden Giiter in einer bestimmten Periode konsumiert. Eine geordnete Zusammenstellung der Konsummengen aller J Giiter, also (XpX2,...,Xj), entspricht mathematisch einem Vektor. Dieser wird in der Mikrookonomik als Giitermengenkombination oder kurz als Giiterbiindel bezeichnet und mit x abgekiirzt. Die erste Komponente des Giiterbiindels, also xi, gibt die vom Haushalt konsumierte Menge des ersten Gutes (im Beispiel: Wasser) an, die zweite Komponente, also X2, die Menge des zweiten Gutes (im Beispiel: Brot) und so weiter, bis zum letzten Gut mit der Nummer J. Reduzieren wir die Anzahl der zur Auswahl stehenden Giiterarten gedanklich auf zwei (also J = 2), so ist eine einfache graphische Veranschaulichung der Giiterbiindel X = (XpX^) moglich. Dazu wird die Menge des Gutes 1 (also Xi) auf der einen und die Menge des Gutes 2 (also X2) auf der anderen Achse in einem rechtwinkligen Koordinatensystem aufgetragen. Jede Giitermengenkombination X entspricht dann einem Punkt in der durch die beiden Achsen begrenzten Ebene und umgekehrt. Diese Ebene (einschlieBlich der Koordinatenachsen) ist die Gesamtheit aller denkbaren Mengenkombinationen der betrachteten Giiter; sie
13
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
wird (Konsum-)Giiterraum genannt. Ihre graphische Darstellung heifit Konsummengendiagramm (siehe Abbildung 11.1). Abbildung 11.1: Gilterbundel im Konsummengendiagramm X2
rO)
10 11 12
Xl
Zur Unterscheidung einzelner Giiterbimdel numerieren wir sie in kleinen, hochgestellten Klammem durch. So enthalt beispielsweise das eingezeichnete Giiterbimdel x^ ^ sieben Mengeneinheiten des Gutes 1 imd funf Mengeneinheiten des Gutes 2, also ist x^ ^ = (7, 5), wogegen das Giiterbiindel x^ ^ von beiden Giitem vier Mengeneinheiten enthalt, das heiBt x^ ^ = (4, 4). Der Leser stelle zur Verdeutlichung zusatzlich das Giiterbiindel x^^^ = (8, 9) im Konsummengendiagramm der Abbildung 11.1 durch einen Punkt dar und kennzeichne ihn. b) Um nun aus der Gesamtheit aller denkbaren Giitermengenkombinationen (dem Giiterraum) das von dem Konsumenten nachgefragte Giiterbiindel herausfmden zu konnen, muB vorausgesetzt werden, daB er alle x hinsichtlich ihrer Wiinschbarkeit subjektiv zu bewerten imstande ist. Mit anderen Worten: Er muB Praferenzen (Vorlieben) fiir altemativ zur Auswahl stehende Giiterbiindel auBem konnen. Hat der Konsument also die Moglichkeit, eines von irgend zwei Giiterbiindeln x^ \ x^ ^ aus dem Giiterraum auszuwahlen, so kann er stets angeben, ob er entweder x^ ^ dem x^ ^ als besser vorzieht (geschrieben: x^ ^ :^ x^ ^) oder x^ ^ (2) .(1) ^^)^ gegeniiber x^ ^ praferiert (geschrieben: x^^:^x^^) oder ob er beide
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Die Giiternachfrage der Haushalte
Guterbiindel als gleich gut erachtet (geschrieben: x ^ x ). >^ heiBt Besserpraferenz, ~ wird als Indifferenz bezeichnet. Indifferent ist der Konsument insbesondere bei der Bewertung zweier gleicher Giiterbiindel Die Tatsache, daB es Giiterbtindel gibt, zwischen denen der Konsument indifferent ist, hat zur Folge, daB er in seinem Konsumplan einzelne Giiter mengenmaBig gegen andere austauschen kann, ohne sich dadurch schlechter oder besser zu stellen. Zudem kann davon ausgegangen werden, daB alle zu irgendeinem vorgegebenen Guterbiindel x^^^ indifferenten Gutermengenkombinationen auf einer Kurve im Konsummengendiagramm liegen. Eine solche Kurve wird als Indifferenzkurve bezeichnet. Ihre Herleitung und Analyse ist Gegenstand dieses Kapitels 1.1. c) Mittels der Indifferenzkurven ist es moglich, die Praferenzen des Konsumenten zu beschreiben und damit den Guterraum gemaB seiner Vorlieben zu strukturieren. Um etwas, iiber die Form und die Eigenschaften von Indifferenzkurven aussagen zu konnen, gehen wir von zwei plausiblen Annahmen iiber die Einstellung und das Konsumgebaren eines typischen Konsumenten aus: Die erste dieser fundamentalen Hypothesen der mikrookonomischen Haushaltstheorie wird bezeichnet als (HI) Unersattlichkeit: Enthalt ein Giiterbiindel x^^^ von mindestens einem Gut eine groBere Menge als ein anderes Giiterbiindel x^"^^ und von alien iibrigen Giitem jeweils die gleiche Menge wie x^"^^, so zieht der Konsument das Giiterbiindel x^^-^ dem Giiterbiindel x^^^ vor: x^^^ >- x;^^. Der Konsument praferiert also von irgend zwei Giiterbiindeln immer dasjenige, welches ihm den groBeren Konsum ermoglicht. Beispielsweise wird in der Abbildung 11.1. das Giiterbiindel x^^^ als besser angesehen als das Giiterbiindel x^^^, well x^^^ sowohl vom Gut 1 als auch vom Gut 2 eine groBere Menge enthalt. Es ist sicher in unserem Kulturkreis nicht unrealistisch, von einer derartigen Bewertungsweise in Knappheitssituationen bei den meisten Konsumenten auszugehen. Aus der Annahme (HI) konnen einige wichtige logische Folgerungen hergeleitet werden: • (Hl.l): Es gibt kein Giiterbiindel, das der Konsument alien iibrigen Giiterbiindeln des Giiterraumes vorzieht, mit dem er also voUig zufrieden und gesattigt ware. Weil namlich die zu bewertenden Gutsmengen beliebig groB sein konnen, ist der Giiterraum nicht nach »rechts« und nach »oben« hin beschrankt. Zu jedem Giiterbiindel gibt es immer noch andere, die groBere Mengen der Giiter enthalten
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1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
und deshalb nach (HI) von dem Konsumenten als besser angesehen werden. Deshalb gibt es auch kein Giiterbundel, in dem sich aus der Sicht des Konsumenten »zu viel« von einem Gut befmdet. Daraus kann auch gefolgert werden, daB es sich bei der IndifFerenzkurve tatsachlich um eine Kurve beziehungsweise Linie handeln muB; Indifferenzstreifen mit einer bestimmten Breite sind nicht moglich. Der Leser mache sich dies wie folgt klar: Zeichnen Sie in ein Konsummengendiagramm einen beliebig gelagerten 1 cm breiten Indifferenzstreifen (z.B. von links oben nach rechts unten). Machen Sie sich klar, daB fur die senkrecht iibereinander liegenden Giiterbtindel in diesem Streifen die Unersattlichkeitsvoraussetzung (HI) nicht gelten kann und deshalb Indifferenzstreifen mit (HI) logisch nicht vereinbar sind. • (HI.2): Aus der Annahme der Unersattlichkeit folgt weiter, daB die gegeniiber einem Giiterbiindel x^^^ praferierten Giitermengenkombinationen - bildlich gesprochen - rechts und oberhalb von x^^^ liegen (siehe Abbildung 11.2). Denn in diesem Bereich des Giiterraumes liegen alle Giiterbiindel, die von mindestens einem Gut eine groBere Menge enthalten als das vorgegebene Biindel x^ ^. Zum Beispiel liegt x^^^ in Abbildung 11.2 in diesem sogenannten Besserbereich. Die Guterbundel auf den eingezeichneten Begrenzungslinien gehoren auch dazu. In gleicher Weise laBt sich begriinden, daB x^ ^ gegeniiber alien Giiterbiindeln praferiert wird, die links und unterhalb von x^^^ liegen (wie z.B. x^^^ und auch die Giiterbiindel auf den Begrenzungslinien des Schlechterbereiches). Folglich konnen die zu x^^^ indifferenten Giiterbiindel nur in den nicht-schraffierten Bereichen »links oberhalb« und »rechts unterhalb« von x^ ^ liegen. Abbildung 11.2: Besser- und Schlechterbereich im Konsummengendiagramm X2
10-
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5 43-
besser als x^^^
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12
Xi
16
Die Gutemachfrage der Haushalte
Das Gesagte kann auch durch folgende Uberlegung klargemacht werden: Der Leser verbinde dazu in der Abbildung 11.2 die beiden Gixterbundel x^ ^ und x^ ^ durch eine (z.B. gerade) Linie. Jeder Punkt auf dieser Linie reprasentiert ein mogliches Giiterbundel, das der Konsument annahmegemaB zu beurteilen imstande ist. Wir haben gesehen, daB x^ ^ von dem Konsumenten eindeutig gegentiber dem Giiterbundel x^ ^ praferiert wird, wogegen er x^ ^ schlechter als x^^^ beurteilt. Deshalb kann vermutet werden, daB auch diejenigen Giiterbundel, die auf der soeben gezeichneten Verbindungslinie weit oben, aber auBerhalb des schraflBerten Besserbereiches liegen, von dem Konsumenten gegeniiber x^^^ vorgezogen werden. Analog dazu wird er die im unteren Abschnitt der Verbindungslinie liegenden Giiterbiindel, die nahe am Schlechterbereich liegen, vermutlich auch schlechter beurteilen als x^ ^. Folglich muB es irgendwo in dem Abschnitt der Verbindungslinie, der zwischen dem Besser- und dem Schlechterbereich liegt, ein Giiterbiindel geben, nennen wir es x^ , das weder besser noch schlechter als x^ ^ ist, also von dem Konsumenten als gleich gut zu x^ ^ angesehen wird. (Der Leser markiere einen moglichen Punkt auf der Verbindungslinie als X ). Zwischen den Giiterbiindeln x^^und x^ Mst der Konsument indifferent; beide liegen auf ein und derselben IndiflFerenzkurve. Es zeigt sich somit, daB die IndiflFerenzkurve cinQn fallenden Verlauf, beziehungsweise eine negative Steigung haben muB. Auf die gerade geschilderte Weise konnen noch beliebig viele Weitere Punkte der IndiflFerenzkurve ermittelt werden. So kann die zu einem vorgegebenen Giiterbundel gehorende IndiflFerenzkurve des Konsumenten konstruiert werden: Dem Konsumenten wird zu einem vorgegebenen Guterbundel jeweils irgendein eindeutig besseres und irgendein eindeutig schlechteres Biindel vorgelegt. Dann sind die »dazwischen« liegenden Giiterbiindel in Bezug auf das vorgegebene Vergleichsgiiterbiindel zu bewerten, bis schlieBlich ein zu diesem indiflFerentes Biindel gefimden wird. Auf diese Weise lassen sich im Prinzip alle zueinander indiflFerenten Giiterbiindel lokalisieren. Zusammen bilden sie die zu dem vorgegebenen Guterbiindel gehorende IndiflFerenzkurve des Konsumenten. Der Leser zeichne zur Veranschaulichung in das vorige Konsummengendiagramm (Abbildung 11.2) eine Kurve mit fallendem Verlauf durch den Punkt x^^Wd den zuvor hervorgehobenen Punkt x^ ^ ein.
DaB aus der Unersattlichkeitsannahme (HI) logisch zwingend Indifferenzkurven mit negativer Steigung folgen, kann auch auf formalem Wege gezeigt werden. Der interessierte Leser sei auf die Gleichung (7) in Anhang M.5.2.b) hingewiesen.
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
17
Die negative Steigimg der Indifferenzkurve ist fiir das Folgende von groBer Bedeutung. Sie zeigt, daB der Konsument die Outer mengenmaBig gegeneinander ersetzen (substituieren) kann und wie er dies tut. Die Steigung einer Kurve kann, wie aus der Mathematik bekannt sein sollte, durch den Differenzen- oder Differentialquotient beziehungsweise die erste Ableitung gemessen werden (vgl. Anhang M.3.a). Im Falle zweier Giitem gilt somit fur die Indifferenzkurvensteigung beispielsweise 5x2 /5x| < 0 . Wenn also entlang einer Indifferenzkurve von einem Gut eine groBere Menge konsumiert wird und mithin eine der Mengenanderungen bxi,bx2 positiv ist, dann muB die andere negativ sein (verringerte Konsummenge). Denn nur dann ist der Quotient der Anderungen, und damit die Steigung, negativ. Okonomisch gesehen bringt der fallende Verlauf der Indifferenzkurve zum Ausdruck, daB der Konsument in seinem Giiterbiindel eine Verringerung der Menge eines Gutes nut* dann akzeptiert (also indifferent bleibt), wenn er dafur durch eine zusatzliche Menge eines anderen Gutes entschadigt wird. Wir nennen dies eine indifferente Variation seines Giiterbundels. Wie hoch ist diese erforderliche "Entschadigung" oder Gegenleistung? Der Absolutbetrag der Indifferenzkurvensteigung, also des oben genannten Quotienten der Mengenanderungen Sx^ und 5x2 ^ei indifferenter Variation, heiBt Grenzrate der Giitersubstitution (oder kurz: Giitersubstitutionsrate), abgekiirzt durch den griechischen Kleinbuchstaben Sigma: a. Statt des Absolutbetrages kann die (stets einen negativen Zahlenwert ergebende) Ableitung 5x^/ 5x2 ^^^^ mit -1 multipliziert werden um die als positive Zahl defmierte Giitersubstitutionsrate zu erhalten. Beispielsweise bezeichnet 5X2 ^2,1 •-
5xi
If
<"••)
die "Grenzrate der Substitution des Gutes 2 durch das Gut 1". 02,\ gi^t an, auf wieviele Einheiten des Gutes 2 der Konsument zu verzichten bereit ist, um eine zusatzHche Einheit des Gutes 1 zu erhalten. Das ist gleichsam seine Zahlungsbereitschaft fur jeweils eine weitere Mengeneinheit von Gut 1, gemessen in Mengeneinheiten des Gutes 2. Zur Verdeutlichung dieses etwas komplizierten, aber wichtigen MaBes gehen wir davon aus, daB der Konsument tiber ein Giiterbundel x^^^ = (7, 5) verfugt. Ist er bereit, fur eine zusatzliche Einheit des ersten Gutes auf 1,5 Mengeneinheiten des zweiten Gutes zu verzichten, so ist a2j = 1,5. Er ist somit bereit, 1,5 Einheiten
Die Giitemachfrage der Haushalte
1^
von Gut 2 durch eine Einheit von Gut 1 zu ersetzen (man sagt: zu substituieren). Seine Bereitschaft beruht darauf, daB er sich durch die Substitution nicht schlechter stellt, well er auf der urspriinglichen Indifferenzkurve bleibt. An dieser Interpretation von a wird deutlich, daB es grundsatzlich moglich ist, zum Beispiel durch Konsumentenbefragungen, empirische Zahlenwerte der Giitersubstitutionsrate zu ermitteln. DaB es sich bei der Grenzrate der Giitersubstitution um den Absolutbetrag der Steigung der Indifferenzkurve handelt, soil Abbildung 11.3 zeigen: Abbildung 11.3: Grenzrate der Giitersubstitution X2I
m 9 8 7 6 5 4 3 2 1 1
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10 11 12 Xi
Die Steigung, die eine Kurve in einem bestimmten Punkt hat, wird bekanntlich durch das Verhaltnis der Seitenlangen eines rechtwinkligen Steigungsdreiecks an der Tangente dieses Punktes gemessen (vgl. Anhang M.3.a). In der Abbildung 11.3 wurde an den Punkt x^^^ = (7, 5) der dick eingezeichneten Indifferenzkurve die Tangente angelegt und daran unter dem linken oberen Abschnitt ein Steigungsdreieck eingezeichnet. Es hat parallel zu den Giitermengenachsen die SchenkelIm Beispiel ist 5xi = +1 und 5x2 = -1,5. Daraus folgt dx2/5xj = -1,5/+1 - -1,5. Das ist die Steigung der Indifferenzkurve im Punkte x^^^; sie ist als Folge der Voraussetzung (HI) stets negativ. a ist aber als positiver Zahlenwert definiert. Es gibt zwei formale Moglichkeiten, dies zu erreichen: a) Den Absolutbetrag nehmen: (5 2,1 - I ^^2 / ^ x J = I "l^^ I = 1,5 b) Mit minus Eins multiplizieren: a2j = (-1) (5x2 / ^Xj) = (-1) • (-1,5) = 1,5 2 Es kann gezeigt werden, dafi die durch die Grenzrate der Substitution gemessene giitermafiige Zahlungsbereitschaft des Konsumenten dem von ihm subjektiv empfundenen Knappheitsverhaltnis zwischen den betrachteten Giitern entspricht.
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
19
langen dx^ und 5x2. ^^^ bedeutet: Wenn, ausgehend vom Giiterbundel x^ , x^ um dxi Einheiten erhoht werden soil, dann ist der Konsument bei indifferenter Variation bereit, dafiir auf die Menge 5x2 ^^^ Gutes 2 zu verzichten. Die Richtung der Mengenanderungen wird durch Pfeile verdeutlicht. Der nach unten weisende Pfeil kennzeichnet die Abnahme der vom Gut 2 konsumierten Menge; daher ist die Mengenanderung 5x 2 negativ, was auch an dem Minuszeichen vor 5x2 zum Ausdruck kommt. Wenn beide Seiten des Steigungsdreiecks mit einer Zahl multipliziert oder durch eine Zahl dividiert werden, andert sich ihr Lmgenverhdltnis, das der Tangentensteigung entspricht, nicht. Deshalb konnen wir beide Seiten beispielsweise durch 5x| dividieren. Dadurch entsteht ein neues Steigungsdreieck an der Tangente, das zwar andere Seitenlangen hat, aber das gleiche Seitenlangenverhaltnis. Dieses Steigungsdreieck ist im rechten unteren Abschnitt der Tangente in Abbildung 11.3 eingezeichnet. Der nach rechts weisende Pfeil hat nun die Lange bxi/ dxi = I und entspricht einer zusatzlichen Mengeneinheit des Gutes 1. Der nach unten weisende Pfeil hat die Lange 5x2/ 5xi (mit negativem Vorzeichen). Der Quotient 5x2/5xi kann mathematisch als Diflferentialquotient, das heiBt als Vorschrift zur Bildung einer ersten Ableitung interpretiert werden. Diese Ableitung gibt die Steigung der Indifferenzkurve im Punkt x^ ^ an. Da diese Steigung - wie oben gezeigt wurde - stets negativ ist, eine Erhohung des Konsums von Gut 1 um eine Einheit also zu einer Verringerung des Konsums von Gut 2 um 5x 2/5x1 Einheiten fiihrt, ergibt -(5x2 /5x|) mmer einen positiven Zahlenwert und entspricht somit dem Absolutbetrag der Indiflferenzkurvensteigung. Dieser ist aber nach der Definitionsgleichung (11.1) die Grenzrate der Giitersubstitution a 2 j . Der Leser mache dies in Abbildung 11.3 dadurch kenntlich, daB er an den dick gezeichneten vertikalen Pfeil des unteren Steigungsdreiecks die komplette Gleichung (11.1) schreibt. Denn diese linke Seitenlange des Steigungsdreiecks entspricht, wie wir gerade gesehen haben, der Gtitersubstitutionsrate a 2 j . • (HI. 3): Aus der Unersattlichkeitsannahme (HI) laBt sich noch eine weitere Folgerung herleiten: Alle Gtitermengenkombinationen die - bildlich gesprochen rechts und oberhalb von einem Giiterbundel x^^^ liegen, gehoren zu »hoheren« IndiflFerenzkurven, das heiBt zu Indifferenzkurven, deren samtliche Giitermengenkombinationen besser bewertet werden als die Giiterbundel auf der Indifferenzkurve durch x^^^. Entsprechend liegen alle Giiterbiindel links und unterhalb von x^ ^auf »niedrigeren« Indifferenzkurven; deren Giiterbiindel werden samtlich schlechter als x^^-^ bewertet.
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Die Giitemachfrage der Haushalte
Zur Verdeutlichung dessen, was mit »hoher« und »niedriger« bei Indifferenzkurven gemeint ist, wollen wir annehmen, daB der Konsument die Starke seiner Praferenzen fiir Giiterbiindel und damit die »Hohe« seiner IndifFerenzkurven durch Zahlen ausdriicken, also mefibar angeben kann. Die Praferenzstarke beziehungsweise das Praferenzniveau symbolisieren wir durch den griechischen Kleinbuchstaben Phi: cp. Ist ein Giiterbundel x^ ^ aus der Sicht des Konsumenten besser als ein Giiterbundel x^ ^ (also x^^^ y x^^^), so ist die Starke seiner Praferenz fiir das erste Giiterbundel groBer als fur das zweite, das heiBt: (p^^^ >(p^^^ (z.B. (p^^^ =51, (p^^^ = 34). Auf die MaBeinheit kommt es dabei nicht an. Wichtig ist nur, daB eine »hohere« Indifferenzkurve, beziehungsweise jedes ihrer Giiterbiindel, eine groBere Praferenzstarke aufweist als die Giitermengenkombinationen jeder »niedrigeren« Indifferenzkurve. Denn dann reprasentiert jede Indifferenzkurve ein bestimmtes Praferenzniveau cp des Konsumenten, das einfach durch jeweils eine Zahl eindeutig angegeben werden kann. Ein Beispiel zeigt die Abbildung 11.4. Fiir alle Giiterbiindel auf der unteren Indifferenzkurve hat der Konsument die gleiche Praferenzstarke cp = 34. Fiir alle X auf der mittleren Indifferenzkurve ist seine Praferenzstarke (p = 51, und die obere Indifferenzkurve reprasentiert annahmegemaB das Praferenzniveau cp = 69. Der Leser kann anhand der Abbildung 11.4 ermitteln, welche Praferenzstarken der Konsument fiir die im vorigen schon betrachteten Giiterbundel x^ ^ = (7, 5), x^^^ = (4, 4) und x^^^ = (8, 9) hat.
1 Obwohl diese Quantifizierungsannahme, wie wir seit den Arbeiten des italienisch-schweizerischen Okonomen Vilfredo Pareto (1848-1923) wissen, fur die weitere Argumentation nicht zwingend erforderlich ist, sei dennoch angemerkt, daB besonders in der Marketing-Forschung mehrere Verfahren der Multivariaten Statistik zum Einsatz kommen, die eine solche Quantifizierung der Praferenzen von Konsumenten erlauben, zum Beispiel die Conjoint Analyse. Vgl. dazu z.B. den Grundkurs ConjointMeasurement und Conjoint-Analyse des Verfassers, IWIS-Papers Nr. 97131, Dortmund, sowie die allgemeine Methodeniibersicht (inkl. empirischer Beispiele) von M. Faber: Mikrookonomische Methoden der Praferenzerfassung; Munchen, 1986.
21
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
Abbildung 11.4: Indifferenzkurven im Konsummengendiagramm
11H 101 9 8 7 6-1 5 4-1
z\ 2J 1 1
2
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9
10 11 12 Xi
Da jedes beliebige Giiterbundel des Giiterraumes auf jeweils genau einer Indifferenzkurve liegt und jede Indifferenzkurve ein anderes Praferenzniveau reprasentiert, gibt es - streng genommen- unendlich viele Indifferenzkurven: Zwischen irgend zwei Indifferenzkurven veriaufen stets noch andere. Durch diese sogenannte Schar von Indifferenzkurven werden alle moglichen Praferenzniveaus (p abgedeckt. So gibt es beispielsweise zwischen den Praferenzniveaus 34 und 51 unter anderem noch die Niveaus 42 und 43, und dazwischen 42,3 , 42,7 und so weiter. Indifferenzkurven verschiedener Praferenzniveaus konnen sich nicht schneiden. Dies ist leicht zu begrimden: Gilt namlich beispielsweise x^^^ >- x^^^, so ist (p(i) >(p(2)^ Wiirden sich die beiden zugehorigen Indifferenzkurven in einem Punkt, sagen wir in x^^^, schneiden, so lage das Guterbtindel x^^^ sowohl auf der Indifferenzkurve zum Praferenzniveau (p^^^ als auch auf der zum Praferenzniveau (p^^\ Der Konsument hatte folglich fiir x^^^ zugleich die Praferenzstarke (p^^^ und (p^^\ Das ist jedoch logisch unmoglich, weil ja cp^^^ nach obiger Voraussetzung groBer als cp^^^ ist. - Soweit die logischen Implikationen der Hypothese (HI).
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Die Gtitemaclifrage der Haushalte
d) Die zweite flmdamentale Hypothese der mikrookonomischen Haushaltstheorie bezeichnen wir als (H2) Mischungsvorliebe: Sind x^^^ und x^^^ zwei verschiedene, aber indifferente Giiterbtindel (die mithin auf einer Indifferenzkurve liegen: x^^^ ~ x^^^)? so zieht der Konsument jedes Giiterbundel x|, das auf der geraden Verbindimgslinie zwischen x^^^ und x^^^ liegt, diesen beiden Giiterbundeln vor, also x' :^x^^^ beziehimgsweise x' )^x^^\ Darin kommt zum Ausdruck, dafi der Konsument gemischte Guterbundel, die alle Guter in einem »ausgewogenen« Mengenverhaltnis enthalten, solchen vorzieht, die einseitig zusammengesetzt sind, also von einigen Giitem groBe, von anderen Giitem dagegen keine oder nur geringe Mengen enthalten. Beispielsweise wird ein Konsument auf Dauer lieber taglich ein Guterbundel mit 2 Litem Wasser und 2 Pfund Brot konsumieren als eines der Giiterbundel (0 Liter Wasser, 4 Pflind Brot) oder (4 Liter Wasser, 0 Pfiind Brot). Diese Annahme ist sicher in den meisten Konsumsituationen nicht unrealistisch - insbesondere in manchen Gefangnissen ... Der Leser kann sich anhand einer Skizze in einem Konsummengendiagramm davon iiberzeugen, daB das Giiterbtindel (2,2) tatsachlich auf der geraden Verbindungslinie zwischen den Giiterbiindeln (0, 4) und (4, 0) liegt. Anhand der Abbildung 11.4 kann die Annahme der Mischungsvorliebe ebenfalls veranschaulicht werden. Der Leser zeichne dort zusatzlich die beiden Giiterbtindel x^^' ^ = (6; 6,5) und x^^^ = (10; 3) ein, die beide auf der Indifferenzkurve zum Praferenzniveau cp = 51 liegen, also aus der Sicht des Konsumenten gleichgut sind. Verbindet man nun diese beiden Punkte durch eine gerade Linie, so muB nach (H2) jedes darauf liegende Giiterbtindel besser sein als x^"^^ und x^^^. Das gilt zum Beispiel fiir das genau in der Mitte der Verbindungslinie liegende Giiterbtindel x^^^ == (8; 4,75); dieses liegt auf einer Indifferenzkurve oberhalb von (p = 51.' Aus der Voraussetzung (H2) konnen einige wichtige logische Folgerungen hergeleitet werden: • (H2.1): Jede Indifferenzkurve verlauft unterhalb der geraden Verbindungslinie zweier ihrer Punkte (mit Ausnahme der beiden Punkte selbst). Denn die beiden indifferenten Giiterbtindel, von denen in (H2) ausgegangen wird, miissen ja auf derselben Indifferenzkurve liegen, wahrend alle Giiterbtindel auf der Verbindungslinie hoher praferiert werden. Jede Indifferenzkurve hat demnach einen konvexen. 1
Es kann auch zugelassen werden, daB die beiden Guterbundel nicht indifferent sind, was jedoch die nachfolgenden Ausfiihrungen etwas erschweren wurde. Die hier angestellten Uberlegungen kann der Leser auch an der folgenden Abbildung 11.5 nachvollziehen.
23
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
das heiBt nach unten gewolbten Verlauf, wie zum Beispiel in der Abbildung 11.4 dargestellt. Das Diagramm in Abbildung 11.5 zeigt beispielhaft die quantifizierte Struktur der Praferenzen eines Konsumenten, sein sogenanntes Praferenzfeld. Dargestellt sind nur die Praferenzstarken fiir die ganzzahligen Gixtermengenkombinationen im unteren Bereich des Giiterraumes (bis x^ = 15 und X2 =15). Das Praferenzfeld konnte etwa durch eine Konsumentenbefragung oder durch statistische Analysen ermittelt worden sein, wie sie in der Marktforschung verwendet werden. Zwischen den dargestellten Praferenzwerten 9 hat man sich fiir die Kombinationen der nicht-ganzzahligen Gutermengen weitere Praferenzwerte vorzustellen. Zum Beispiel diirfte der Praferenzwert fur die Giitermengenkombination (9,5; 7,5) bei cp = 71 liegen, was der Leser durch Interpolation der umliegenden Praferenzwerte nachweisen moge. Abbildung 1L5: Prdferenzstruktur im Konsummengendiagramm ^2 15
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9 10 11 12 13 14 15 X^
0
^ ZumKonvexitatsbegriff vgl. AnhangM.4.3.a).
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Die Gutemachfrage der Haushalte
Die dargestellte Praferenzstruktur weist die Eigenschaft der Mischungsvorliebe (H2) auf: Jedes Giiterbiindel, das auf der geraden Verbindungslinie zwischen zwei indififerenten Guterbiindeln (also solchen mit gleicher zahlenmaBiger Praferenzstarke cp) liegt, weist ein hoheres Praferenzniveau auf als die beiden indifferenten Biindel. Als Beispiel betrachten wir die beiden Giiterbundel (7, 9) und (12, 4), die beide das gleiche Praferenzniveau cp = 64 haben. Verbindet der Leser diese beiden Gutermengenkombinationen durch eine gerade Linie, dann kann festgestellt werden, daB die auf dieser Verbindungsstrecke liegenden Gilterbtindel durchweg hohere Praferenzstarken aufweisen (namlich 66, 67, 67, 66). Dies ist bei jeder geraden Verbindungslinie zwischen irgend zwei indifferenten Giiterbiindeln des dargestellten Praferenzfeldes so. Um zu sehen, daB die Indifferenzkurven konvex verlaufen, zeichne der Leser exemplarisch die drei Indifferenzkurven zu den Praferenzniveaus cp = 34, cp = 51 und cp = 69 in das Diagramm ein. Es sind also jeweils alle Giitermengenkombinationen {x^,x^), welche die gleiche Praferenzstarke cp haben, durch eine konvexe Linie miteinander zu verbinden. - Im (ibrigen erftillt die dargestellte Praferenzstruktur auch die Voraussetzung der Unersattlichkeit (HI). Das ist daran zu erkennen, daB, egal von welchem Giiterbiindel man ausgeht, jede Erhohung von Xi Oder X2, also eine Bewegung nach »rechts« oder »oben«, zu hoheren Praferenzwerten fuhrt. Empirikum 11.1: Es sind mehrere Verfahren entwickelt worden, um Indifferenzkurven empirisch zu ermitteln. Eines dieser Verfahren, das dem hier dargestellten ahnelt, wurde 1967 in einem beruhmt gewordenen Experiment mit Studenten der Unrversitat von Kalifornien (UCLA) angewendet und in seinen Ergebnissen veroffentlicht. Die Probanden wurden zur Bewertung von Guterbundein aufgefordert, die jeweils aus den beiden Komponenten Geld (x^) und Kugelschreiber ( x j bestanden. In Bezug auf jeweils eine vorgegebene Gutermengenkombination sollte dann von jedem Probanden gesagt werden, welche der ubrlgen Guterbundel als besser, schlechter oder gleich gut eingeschatzt werden. Eine auf diese Weise ermittelte Indifferenzkurvenschar eines Probanden zeigt die folgende Abbildung. Es ist ersichtlich, daB Indifferenzkurven durchaus die Gutermengenachsen schneiden konnen, und zwar dann, wenn der Konsument auf das jeweils andere Gut unter bestimmten Bedingungen vollstandig zu verzichten bereit ist:
25
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
14
Xi[$]
Quelle: MacCrimmon, K.R./Toda, M.: The Experimental Determination of Indifference Curves; Review of Economic Studies 36, 1969, S. 433-451.
• (H2.2): Ein konvexer Verlauf der Indifferenzkurven bedeutet, daB deren Tangenten mit zunehmender Substitution des Gutes 2 durch das Gut 1, das heiBt bei einer »Wanderung« auf den Kurven vom linken oberen hin zum rechten unteren Teil des Diagramms, immer flacher verlaufen. Die Steigungen werden (im Negativen) immer groBer. Deren Absolutbetrag, die Grenzrate der Giitersubstitution G2 p nimmt deshalb mit zunehmender Substitution ab. In der Abbildung 11.6 wird diese Aussage aniiand einer einzelnen Indifferenzkurve veranschaulicht. Abbildung 11.6: Abnehmende Grenzrate der Giltersubstitution
26
Die Giitemachjfrage der Haushalte
In der Anfangssituation habe der Konsument ein Giiterbundel im linken beziehungsweise oberen Abschnitt der Indifferenzkurve. Es enthalt eine vergleichsweise groBe Menge des Gutes 2 und eine geringe Menge des Gutes 1. Die Gutersubstitutionsrate G21 (also die giitermaBige Zahlungsbereitschaft des Konsumenten fiir jeweils eine weitere Mengeneinheit des Gutes 1) ist recht hoch, was an dem relativ langen a-Schenkel des Steigungsdreiecks zu sehen ist (vgl. auch Abbildung 11.3). Substituiert der Konsument nun die a2i Einheiten des Gutes 2 durch eine zusatzliche Einheit des Gutes 1, so hat er nachher, bei gleichem Praferenzniveau, eine geringere Menge des Gutes 2, aber eine hohere Menge von Gut 1 in seinem Giiterbundel. Er befindet sich nach einigen Substitutionsschritten dieser Art im mittleren Bereich der Indifferenzkurve. Dort ist, wie man sieht, seine Giitersubstitutionsrate geringer als zu Beginn. Je weiter er seinen Bestand des Gutes 2 im Giiterbundel durch zusatzliche Einheiten des Gutes 1 substituiert, desto geringer wird seine giitermaBige Zahlungsbereitschaft flir weitere Einheiten des Gutes 1. Der Leser zeichne oberhalb der Indifferenzkurve einen von links oben nach rechts unten zeigenden Pfeil ein und notiere daran, daB dieser die Substitutionsrichtung des Konsumenten angibt. Die Grenzrate der Substitution nimmt demnach mit zunehmender Substitution ab. Darin kommt zum Ausdruck, daB der Konsument bei indifferenter Variation von dem substituierten Gut um so weniger herzugeben bereit ist (fiir eine weitere Einheit des substituierenden Gutes), je weniger er von dem substituierten Gut noch in seinem Giiterbiindel hat, oder je mehr er schon von dem substituierenden Gut besitzt. Diese wichtige Feststellung wird als Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Gutersubstitution bezeichnet. Da es unmittelbar aus der Konvexitat der Indifferenzkurven folgt, ist diese GesetzmaBigkeit logisch Equivalent zu der Hypothese der Mischungsvorliebe (H2) Aufgabe 11.1: Zeigen Sie anhand des folgenden Konsummengendiagramms, daB die Grenzrate der Giitersubstitution auch dann abnimmt, wenn statt der Definition (J2,i aus der Gleichung (11.1) mit dem Kehrwert, also mit 5xi
^1,2
argumentiert wird.
5xi 5x2
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
27
e) Als Ergebnis unserer bisherigen Uberlegungen kann festgehalten werden: • Die Praferenzstruktur eines Konsumenten kann durch eine Schar von IndifFerenzkurven im Guterraum reprasentiert werden. • Fur alle Giiterbundel, die auf einer Indifferenzkurve liegen, hat der Konsument die gleiche Praferenzstarke. • Je hoher die Praferenzstarke ist, desto weiter »rechts-oben« verlauft die zugehorige Indifferenzkurve im Guterraum. • Verschiedene Indiflferenzkurven konnen sich nicht schneiden. • Jede Indifferenzkurve hat durchgehend einen fallenden Verlauf (negative Steigung) und ist konvex gekriimmt (zunehmende Steigung); der Absolutbetrag der Steigung (die Gutersubstitutionsrate) nimmt ab. Die Praferenzstruktur eines Konsumenten wird auch als seine Praferenzordnung bezeichnet. Sie beschreibt seine Konsumvorlieben hinsichtlich der bekannten Giiter in alien moglichen Mengenkombinationen. Ein quantitatives Beispiel zeigte das Praferenzfeld in der Abbildung 11.5. Zur besseren analytischen Handhabung werden Praferenzordnungen durch mathematische Funktionen beschrieben, die jeweils eine Schar von Indiflferenzkurven als Funktionsgraphen ergeben. Eine solche Funktion heiBt Praferenzfunktion. Im Falle zweier Giiter (J = 2) kann sie etwa in der Form cp = (p{x^,x^) geschrieben werden. Die Praferenzfunktion gibt fiir jede mogliche Gtitermengenkombination (XpX2) die Praferenzstarke cp eines Konsumenten an, sagt also, auf welcher
28
Die Gutemaclifrage der Haushalte
seiner Indifferenzkurven das betreffende Giiterbundel liegt. Fiir jedes Praferenzniveau, das heiBt fur jeden Zahlenwert von cp, ergibt sich eine andere Indifferenzkurve. Je hoher das Praferenzniveau ist, desto weiter »rechts-oben« liegt die zugehorige Indiflferenzkurve im Giiterraum. Zur Beschreibung von Praferenzordnungen konnen verschiedene mathematische Funktionstypen verwendet werden. Da es uns hier nur um die Darstellung der gnmdsatzlichen Bedeutung von Praferenzfunktionen geht, reicht es, wenn wir uns beispielhaft auf einen speziellen Funktionstyp konzentrieren. Wegen ihrer vergleichsweise einfachen Handhabbarkeit legen wir den folgenden Ausfuhnmgen deshalb nur sogenannte quasilineare Funktionen zugrunde, die folgende formale Struktur haben: (p =
(p(xi,X2)
=
a-X2
+
f(xi)
(11.2)
Hierbei ist a ein beliebiger konstanter KoefFizient und f eine Funktion von x^. f muB sicherstellen, daB sich Indifferenzkurven ergeben, welche die Bedingungen (HI) und (H2) erfiillen, also insbesondere einen konvex fallenden Verlauf aufweisen. Zudem soil die erste Ableitung von f(Xj) nach der Variablen x^ auflosbar sein. Wie die Eigenschaften einer konkreten Praferenzfunktion analysiert werden, zeigt das folgende Beispiel: Beispiel 11.1: Formale Beschreibung und Untersuchung einer Prdferenzordnung im Zwei-Gilter-Fall. a) Die Praferenzordnung eines Konsumenten, dem zwei Giiter in beliebigen Mengen zur Auswahl stehen, werde durch folgende quasilineare Praferenzfunktion beschrieben: (p =
(p(xi,X2)
=
a-X2
(1) ^1
mit den konstanten FunktionskoefFizienten a, P > 0. (Hier ist f(x^) = - P/ x^.) Durch Umstellen der Gleichung, zum Beispiel nach X2, ergibt sich die explizite Darstellung einer die Indifferenzkurven beschreibenden Funktion, der sogenannten Indifferenzfunktion, mit Xj als unabhangige Variable, cpwird dann zu einem Funktionsparameter, der das »Niveau« der jeweiligen Indiflferenzkurve angibt:
1 Der Unterschied zwischen expliziter und impliziter Darstellungsform von Funktionen wird im Anhang M.4.2.b) erklart.
1.1. Subjektive Konsumpraferenzen
(p + —
=
29
a-X2
X
^
X2 = — + a a-xj
= X2(xi;q))
(2)
b) Die erste Ableitung dieser Funktion nach Xj (kurz geschrieben als 1X2 hat ein negatives Vorzeichen, was den fallenden Verlauf der Indifferenzkurven anzeigt (vgl. (HL2)):
V ^ = : ;x2= - — L
< 0
(3)
cj Weglassen des negativen Vorzeichens ergibt den Absolutbetrag der Steigung (bei vorgegebenem PrSferenzniveau cp), das heiBt die Grenzrate der Gtitersubstitution von Gut 2 durch Gut 1 : |5x ^2,1
=
= |l'x2| = — L -
9X1
(4)
Der Leser moge neben die friihere Gleichung (11.1) auch die Schreibweise I j X21 erganzen. d) Durch Bilden der zweiten Ableitung von (2), also nochmaliges DifFerenzieren von (3) nach Xi kann gezeigt werden, daB die Indifferenzkurven einen konvexen, nach unten gewolbten Verlauf haben. Denn diese Ableitung hat ein positives Vorzeichen: 'ix2 = -
^
> 0
(5)
e) Aufgrund der Konvexitat nimmt die Giitersubstitutionsrate mit steigendem Xi, also zunehmender Substitution von Gut 2 durch Gut 1 ab. Das kann formal dadurch gezeigt werden, daB man (4) nach Xi differenziert:
1 Der mathematisch wenig geiibte Leser mache sich klar, daB die IndifFerenzfunktion (2) die gleiche formale Struktur hat wie die einfache mathematische Funktion y = a + b/x, wobei y = X2, a = (p/a, b = p/a und x = x j . In dieser Form geschrieben, diirfte die gesuchte Ableitung der Funktion y nach x nicht allzu schwer fallen; sie lautet -b/x^. Vgl. ggf. den Anhang M.3.c). 2 Konvexitat und Konkavitat von Funktionen werden im Anhang M.4.3. erklart.
30
Die Gutemachfrage der Haushalte
P
1<72,1 = X, L
a-(xi)2
2P a-(xi)3
< 0
(6)
Diese Ableitung ist negativ, das bedeutet: Wenn Xj steigt, sinkt CTJ, - und umgekehrt.
D Aufgabell.2: Ein Konsument habe die Praferenzftinktion (p(Xj,X2) aus dem vorigen Beispiel I L L Die FunktionskoefiBzienten seien a = 1 und P = 14. a) Welche Praferenzstarke (p empfindet der Konsument fiir ein Giiterbiindel mit vier Mengeneinheiten des Gutes 2 und sieben Mengeneinheiten den Gutes 1? b) Wie lautet die Indifferenzflmktion X2(xi;cp) ? c) Berechnen Sie, welchen Zahlenwert die Grenzrate der Gtitersubstitution a 21 hat, wenn der Konsument von funf Mengeneinheiten des Gutes 1 ausgeht. d) Zeichnen Sie in ein Konsummengendiagramm die Indififerenzkurven des Konsumenten fiir die Praferenzniveaus (p = 0, 1,2 so wie fiir 3,5.
1.2. Objektive Konsummoglichkeiten (Budgetbeschrankung)
a) Im vorausgegangenen Kapitel wurden die Praferenzen eines Konsumenten hinsichtlich aller fiir ihn denkbaren Guterbiindel modelliert. Es sind aber nicht alle denkbaren Gtiterbundel fiir ihn auch tatsachlich erreichbar. Denn er muB ftir die Gtiter positive Preise zahlen und verfiigt nur iiber ein begrenztes Ausgabenbudget. Das Budget ist jener Teil des Haushaltseinkommens, der fur Giiterkaufe in der betrachteten Periode verfiigbar (disponibel) ist - gewissermaBen das Haushaltsgeld. Von Kreditmoglichkeiten sehen wir im folgenden der Einfachheit halber ab. Bezeichnen wir mit B das verfiigbare Budget des Haushalts und mit Pj den vom Markt her vorgegebenen Preis eines der Giiter j = 1,...,J, so begrenzt die folgende Budgetbeschrankung (auch Budgetrestriktion genannt) die Gesamtheit der fiir den Konsumenten fmanzierbaren Giiterbiindel x = (xj,..., xj):
1.2. Obj ektive Konsummoglichkeiten
31
J
Pi Xi + P2 •X2 + ...+ p j Xj = X Pj -^j = ^
(121)
Auf der linken Gleichungsseite steht die Summe der Ausgaben des Konsumenten fiir die einzelnen Giiter. Pj Xj sind seine Ausgaben fiir ein Gut j ; wir schreiben dafiir kurz B j . 1st beispielsweise Brot das Gut 2 und betragt der Brotpreis p2 = 3 Geldeinheiten (GE) pro Pfund, so fiihrt ein Brotkonsum von Xj = 4 Pfund zu Ausgaben fur das Gut Brot in Hohe von B2 = P2 • Xj = 12 GE. b) Der Budgetanteil, den der Konsument fiir ein Gut j ausgibt, wird mit dem griechischen Kleinbuchstaben Theta symbolisiert; es ist 9; J
B: -^ B
p^-X: = ^^^—^ B
(12.2)
Die Summe aller Budgetanteile muB stets Eins ergeben. c) Um eine graphische Veranschaulichung der Budgetbeschrankung zu ermoglichen, nehmen wir wieder an, da6 es nur zwei zur Auswahl stehende Konsumguter gibt (J = 2). Durch Umstellen der sich dann ergebenden Budgetgleichung pi Xi +p2 •X2 = B , zum Beispiel nach X2, erhalt man die explizite Funktionsgleichung einer Geraden, die als Budgetgerade bezeichnet w^ird und B als Funktionsparameter enthalt: X2(xj;B) = ^ - - ^ x i P2 P2
(12.3)
Die Lage und die Achsenschnittpunkte der Budgetgeraden zeigt die Abbildung 12.1 (vgl. auch Anhang M.4.2.):
t)efiniert man (pi,p2,. .,pj) = £ als Zeilenvektor und (xi,X2,...,xj) = x als Spaltenvektor, so laBt sich die Budgetbeschrankung auch einfach als Skalarprodukt p-x = B schreiben.
32
Die Gutemachfrage der Haushaite
Abbildung 12.1: Budgetgerade
Die Achsenschnittpimkte der Budgetgeraden entsprechen den hochstmoglichen Konsummengen der beiden Giiter. Gibt der Haushalt sein gesamtes Budget B fiir den Kauf des Gutes 1 aus, so kann er davon hochstens die Menge B / pi kaufen. Wiinscht er dagegen nur das Gut 2, so betragt die hochstmogliche Konsummenge B / p2 . Davon kann sich der Leser gegebenenfalls durch ein einfaches Zahlenbeispiel iiberzeugen. Die Steigung der Budgetgeraden entspricht dem negativen Verhaltnis der Gtiterpreise, wie durch DifFerenzieren der Budgetgeradengleichung (12.3) nach Xi zu sehen ist: dxo 5x
=: 1X2 =
-
P2
Folglich gilt fiir den Absolutbetrag der Budgetgeradensteigung: Xo 1^2
=
Pi P2
(12.4)
Der mathematisch wenig geiibte Leser mache sich klar, daB die Budgetgeradengleichung (12.3) die gleiche Struktur hat wie die mathematische Funktion y = a - b x , wobei y = X2, a = B/p2, b = pi/p2 und X = Xi. In dieser Form geschrieben ist sofort ersichtlich, dafi die gesuchte Ableitung der linearen Funktion y nach x gleich -b ist, also gleich - pi/p2.
1.2. ObjektiveKonsummoglichkeiten
33
Der Leser trage dies in die Abbildung 12.1 ein, indem links neben den negativen Differentialquotienten -5x2 / 5xi noch " = pi / P2" geschrieben wird, gegebenenfalls auch liXsl. Nur die in dem dreieckigen Bereich unterhalb der Budgetgeraden und zwischen den beiden Koordinatenachsen liegenden Gutermengenkombinationen x (einschlieBlich denen auf der Budgetgeraden) kann sich der Konsument bei den geltenden Preisen pi und p2 mit seinem Budget B leisten. Alle Guterbiindel, die groBere Mengen von den beiden Giitem enthalten, die also oberhalb der Budgetgeraden liegen, sind fur ihn nicht bezahlbar. Die Budgetgerade grenzt somit den Teil des Giiterraumes ein, der die objektiven Konsummoglichkeiten des Konsumenten enthalt. Der Leser kann diesen Bereich schrafFieren. d) Da der betrachtete Konsument annahmegemaB unersattlich ist (Voraussetzung (HI)), wird er nicht auf Konsum, den er sich leisten kann, verzichten. Er wird folglich sein Budget voUstandig verausgaben. Die Budgetbeschrankung (12.1) ist deshalb -wie man sagt- bindend: Die Summe der Ausgaben fiir alle Giiter entspricht stets dem vorhandenen Budget des Haushalts: X Bj = B. Da der Konsument oberhalb der Budgetgeraden nicht konsumieren kann und unterhalb nicht konsumieren will, wird er sein optimales Konsumguterbiindel aw/der Budgetgeraden festlegen. Durch diese SchluBfolgerung ist die Lage des gesuchten optimalen Giiterbiindels im Giiterraum schon sehr eng eingegrenzt worden. Die Frage, der nun noch nachzugehen ist, lautet: Wo genau auf der Budgetgeraden liegt das Konsumoptimum? Das ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels 1.3. Aufgabel2.1: Ein Haushalt verfiige tiber ein monatliches Budget in Hohe von B = 1920 Geldeinheiten (G£), das er vollstandig fiir den Erwerb der beiden Giiter 1 und 2 verausgabt. Die Preise der Giiter seien pi = 32 GE/ME und p2 = 24 GEIME {ME steht hier fiir "Mengeneinheit"), a) Zeichnen Sie die Budgetgerade des Haushalts in ein Konsummengendiagramm (mit Angabe der Achsenschnittpunkte). Wie lautet die Budgetgeradengleichung? b) Welche Budgetgerade ergibt sich in dem Diagramm, wenn der Preis des Gutes 2 auf das Doppelte steigt oder und wenn er auf die Halfte sinkt? c) Wie verandert die Budgetgerade in dem Diagramm ihre Lage, wenn B verdoppelt oder halbiert wird (bei konstanten Preisen pi = 32, p2 = 24) d) Welche Veranderung er^hrt die Budgetgerade, wenn pi, p2 und B zugleich verdoppelt oder halbiert werden?
34
Die Giitemachfrage der Haushalte
e) Bei der Modellierung der Budgetrestriktionen konnen auch Besonderheiten beriicksichtigt werden. Wir wollen hier nur einen Fall etwas naher untersuchen, der in der Realitat haufig vorkommt: Kaufinengenabhangige Preisnachlasse (sog. Mengenrabatte). Bei vielen Giitem hangt der Preis, der pro Mengeneinheit zu zahlen ist, von der Anzahl der gekauften Mengeneinheiten ab. Fur ein Gut j konnte eine einfache Rabattregel lauten: Pj
= Pj(^j)
^
PJ + T ^
(1^-^)
Wenn also nur eine Einheit des Gutes gekauft wird (Xj = 1 ) , betragt der Preis Pj = Pj + b j . Je groBer die Kaufinenge xj ist, desto kleiner wird der Summand bj / Xj, bei sehr groBem Xj geht er gegen Null und der Preis des Gutes betragt konstant p j . Gibt es im Zwei-Giiter-Fall fur beide Giiter Mengenrabatte, so erhalt man durch Einsetzen der Rabattregeln gemaB (12.5) folgende zu (12.1) analoge Budgetrestriktion: •xi +
<=>
^_
b2^
V
^2
•X2 =
P i - x i + bi + P2-X2 + b2
=
B
B
(12.6)
Aus (12.6) kann wieder eine Budgetgeradengleichung durch Umstellen, zum Beispiel nach X2, hergeleitet werden:
x,(x,;B) = ^-^J-^2 P2
_ IL.,^
(12.7)
P2
Ein Vergleich mit der urspriinglichen Budgetgeradengleichung (12.3) zeigt: Die Mengenrabattregel (12.5) wirkt okonomisch gesehen wie eine Reduzierung des Budgets B um bi + b2. An die Stelle der Gesamtpreise pi, p2 treten die Preise bei VoUausschopfimg des Mengenrabatts (pi,P2)- Iin folgenden werden wir der Einfachheit halber von Rabatten absehen und weiterhin von fest vorgegebenen, mengenunabhangigen Preisen ausgehen.
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giitemaclifrage
35
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giiternachfrage
a) Die Diskrepanz zwischen den iinbegrenzten Bediirfiiissen (ausgedriickt durch die Annahme der Unersattlichkeit (HI)) und den nach »oben« hin beschrankten Moglichkeiten, diese durch den Konsum von Gixtem zu befriedigen (dargestellt durch die Budgetbeschrankung (12.1)), zwingt den Konsumenten zur Entscheidung dartiber, welche Mengen er von den Giitem gegen Hergabe seines Budgets nachfragen und konsumieren mochte. Knappheit erzwingt Auswahlentscheidungen. In den beiden vorangegangenen Kapiteln 1.1. und 1.2. wurden die subjektiven und die objektiven Bedingungen dieser Entscheidung herausgearbeitet. So sind wir nun in der Lage, die Konsumentscheidung selbst zu modellieren. Dazu rufen wir in Erinnerung, daB sowohl die graphische Darstellung der Indifferenzkurven als auch die der Budgetgeraden in einem Konsummengendiagramm erfolgt. Deshalb ist es moglich, die subjektiven Konsumpraferenzen (reprasentiert durch die Indifferenzkurven) und die objektiven Konsummoglichkeiten (reprasentiert durch die Budgetgerade) in einem solchen Diagramm zusammenzufassen. Dadurch wird es moglich, das aus der Sicht des Konsumenten beste und am hochsten praferierte Gtiterbiindel unter alien fur ihn finanzierbaren Giiterbiindeln zu ermitteln. b) Anschaulich argumentiert strebt der Konsument die hochstmogliche Indifferenzkurve an, die mit den durch die Budgetgerade beschriebenen objektiven Konsummoglichkeiten gerade noch fiir ihn erreichbar ist. Denn je »hoher« eine Indifferenzkurve im Guterraum liegt, um so hoher ist auch das Praferenzniveau cp fiir die auf ihr liegenden Giiterbimdel. In der Abbildung 13.1 sind zur Veranschaulichung einige Indifferenzkurven mit den zugehorigen Praferenzstarken angegeben worden. Offenbar kann der Konsument in dem dargestellten Fall hochstens die Indifferenzkurve zum Praferenzniveau cp = 5 erreichen; das ist diejenige, welche die Budgetgerade nur noch beriihrt. Denn keines der Giiterbundel auf einer hoheren Indifferenzkurve (z.B. zu cp = 6) ist fiir ihn bezahlbar; sie liegen oberhalb seiner Budgetgeraden. Auf jeder niedrigeren Indifferenzkurve (z.B. zu cp = 4) gibt es dagegen Gtiterbiindel, die das verfiigbare Ausgabenbudget nicht vol! ausschopfen und deshalb noch vermehrten Konsum zulassen. Das trifit fiir alle Biindel zu, die auf einer dieser »niedrigen« Indifferenzkurven zwischen den Schnittpunkten liegen, in denen die Indifferenzkurve die Budgetgerade schneidet. Der Leser gehe
Die Gutemachfrage der Haushalte
36
zur Verdeutlichung in der Abbildimg 13.1 noch eirnnal die Budgetgerade von unten-rechts nach oben-links entlang imd schreibe dabei an alle Punkte, in denen sie von einer der Indifferenzkurven geschnitten wird, das zu der jeweiligen IndifFerenzkurve gehorende Praferenzniveau (p. Im Grunde braucht der Konsument nur klare Praferenzen fiir die auf seiner aktuellen Budgetgeraden liegendes Giiterbiindel zu haben. Abbildung 13.1: Bestimmung des Konsumoptimums X2
Das maximal realisierbare Praferenzniveau eines Konsumenten wird allgemein mit (p bezeichnet. Diejenige Gtitermengenkombination, die ihm dieses maximale Praferenzniveau ermoglicht, heiBt optimaler Konsumplan oder Konsumoptimum des Haushalts. Das ist jener Punkt, in dem die cp-IndifFerenzkurve die Budgetgerade beriihrt (tangiert). In der Abbildung 13.1 ist das Konsumoptimum der Tangentialpunkt x*** =Wy^l)^ ™t xf und x | als den optimalen, also hochstpraferierten Konsummengen der beiden betrachteten Gtiter. Es gibt kein anderes Gtiterbundel x, das der Konsument noch hoher praferiert und das er sich zugleich mit seinem Budget B leisten kann. Insbesondere weisen alle tibrigen Punkte auf der Budgetgeraden geringere Praferenzniveaus auf; dort schneiden die »niedrigeren« Indifferenzkurven die Budgetgerade. Natiirlich muB das Konsumoptimum nicht zwingend in der Mitte der Budgetgerade liegen, wie in unserer Abbildung.
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giitemachfrage
37
Da die Budgetgerade ihre Lage nicht verandert, wenn alle Preise und das Budget mit dem gleichen mathematischen Faktor multipliziert werden (vgl. Aufgabe 12.Id), hat eine solche "Inflation" auch keine Auswirkung auf die Lage des Konsumoptimums. Diese Eigenschaft wird als Freiheit von Geldillusion bezeichnet. Mathematisch bedeutet dies, daB das Konsumoptimum x^ in seinen EinfluBgroBen homogen vom Grade null ist. Bin vemiinftig entscheidender Konsument, und nur einen solchen betrachten wir hier, wird demnach auf eine proportionale Anderung aller Preise und seines Budgets nicht mit einer Anderung seines Konsumplans reagieren. c) Nachdem wir das Konsumoptimum graphisch hergeleitet haben, ist nun der Frage nachzugehen, wie dieser optimale Konsumplan formal charakterisiert werden kann, zum Beispiel um ihn bei gegebenen Daten konkret »ausrechnen« zu konnen. Dazu wollen wir hier nicht den sonst in der Mikrookonomik tiblichen Weg iiber die Losung eines mathematischen Optimierungskalkiils gehen, bei dem die Praferenzfunktion (p(x) unter Berucksichtigung der Budgetbeschrankung (12.1) maximiert wird. Der interessierte Leser findet diesen Ansatz gleichwohl im Anhang M.6.a) erklart. Wir wollen statt dessen weiterhin pragmatisch vorgehen und die gesuchte Bedingung des Konsumoptimums durch einfache Anschauung gewinnen. In Kapitel 1.2. wurde begrundet, warum das Konsumoptimum nur auf der Budgetgeraden liegen kann. Deshalb miissen die Funktionen, welche die Indifferenzkurve und die Budgetgerade beschreiben, dort den gleichen Funktionswert haben. In unserem Falle, mit X2 als der vereinbarungsgemaB abhangigen Variablen, muB damit gelten: X2(xi;q))
=
X2(xi;B)
(13.1)
Das Diagramm der Abbildung 13.1 zeigt nun unmittelbar, daB in x"^ noch eine weitere Bedingung erfiillt ist, die in keinem anderen Punkt x der Budgetgeraden gilt und folglich den dargestellten optimalen Konsumplan eindeutig charakterisiert: Im Konsumoptimum x^ haben Indifferenzkurve und Budgetgerade die gleiche Steigung, da sich dort beide beriihren. Die Budgetgerade kann gleichsam als Tangente an der Indifferenzkurve im Konsumoptimum interpretiert werden. Folglich miissen dort auch die ersten Ableitungen der sie beschreibenden Funktionen gleich sein (vgl. die Steigungsgleichungen (11.1) und (12.4)). Es gilt 1
..
Zu einer proportionalen Anderung aller Preise und der Einkommen kommt es auch, wenn etwa eine neue Wahrung eingefiihrt wird. 2 Zur Homogenitat von Funktionen vgl. den Anhang M.4.4.
38
Die Gutemachfrage der Haushalte
daher folgende Tangentialbedingung, die als Konsumoptimumbedingung bezeichnet wird: 1^2
(xi;q))
= iX2(xi;B)
(13.2)
Da die beiden Ableitungen in (13.2) stets negative Zahlenwerte ergeben (denn sowohl die Indiflferenzkurven als auch die Budgetgerade haben ja immer einen fallenden Verlauf), konnen auch ihre Absolutbetrage gleichgesetzt werden. Dies ermoglicht eine okonomische Interpretation: Der Absolutbetrag der IndiflFerenzkurvensteigung (linke Gleichimgsseite) ist nach (11.1) die Grenzrate der Gutersubstitution a j i ; der Absolutbetrag der Budgetgeradensteigung (rechte Gleichungsseite) entspricht nach (12.4) dem Verhaltnis der Giiterpreise (pi / p j ) . Deshalb kann die Tangentialbedingung des Konsumoptimums, also die Konsumoptimumbedingung, auch in der folgenden, iibhchen Form geschrieben werden:
(13.3)
Okonomisch betrachtet besagt diese wichtige Bedingung, daB im Konsumoptimum eines Konsumenten seine subjektive Gtiteraustauschbereitschaft (gemessen durch a j i ) dem objektiven Giitertauschverhaltnis (P1/P2) entspreqhen mu6. Der Leser beachte dabei die »umgekehrten« Indizes. Im Kapitel 1.1.c) wurde gezeigt, daB die Substitutionsrate a j j als gutermaBige Zahlungsbereitschaft des Konsxmienten fur eine zusatzliche Mengeneinheit des Gutes 1, gemessen in Einheiten des Gutes 2, aufgefaBt werden kann. In der Konsumoptimumbedingung (13.3) wird diesem subjektiven Austauschverhaltnis nun das objektive Tauschverhaltnis, welches durch den Quotienten der Giiterpreise gegeben ist, gegenubergestellt. Der Preis des Gutes 2 hat die MaBeinheit "Geldeinheiten je Mengeneinheit des Gutes 2", der Preis des Gutes 1 wird analog dazu in "Geldeinheiten je Mengeneinheit des Gutes 1" gemessen. Teilt man die MaBeinheit von pi durch die MaBeinheit von p j , dann kurzen sich die Geldeinheiten heraus und es verbleibt als MaBeinheit fur das Preisverhaltnis (pi/pi)* "Mengeneinheiten des Gutes 2 je Mengeneinheit des Gutes 1". Das ist die gleiche MaBeinheit wie die der Gtitersubstitutionsrate a j i .
Wird statt liber X2(xi) iiber Xi(x2) argumentiert, so lautet die Konsumoptimumbedingung ai,2 = Pz / pi-
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giitemachfrage
39
1st die subjektive Zahlungsbereitschafl des Konsumenten groBer als die objektive, also 02,1 ^Pi/p2 9 so bedeutet dies, daB er fur eine zusatzliche Einheit des Gutes 1 mehr zu zahlen bereit ist (gemessen in Einheiten des Gutes 2) als eine zusatzliche Mengeneinheit von Gut 1 tatsachlich kostet. Da er somit fiir eine zusatzliche Einheit des Gutes 1 tatsachlich auf weniger von Gut 2 verzichten muB als er bei indifferenter Variation abzugeben bereit ware, kann sich der Konsument durch eine solche Transaktion besserstellen, das heiBt auf eine hohere Indifferenzkurve gelangen. Er wird folglich die zusatzliche Einheit des Gutes 1 erwerben. Durch den Erwerb wiirde nach dem "Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Substitution" (vgl. Kapitel 1.1.d) a2j sinken und sich somit Pi /p2 annahem. Der Konsument paBt so durch »Wandem« auf seinen Indifferenzkurven seine subjektive Zahlungsbereitschafl; dem objektiven Preisverhaltnis an. Dort, wo beides iibereinstimmt, liegt sein Konsumoptimum. Erfiillt ein Giiterbiindel also die beiden Bedingungen (13.1) und (13.2), so handelt es sich dabei um ein Konsumoptimum. Auf die tatsachliche Hohe des Praferenzniveaus (p kommt es dabei offensichtlich nicht an. In Abbildung 13.1 konnten die eingetragenen Praferenzstarken auch alle um den Faktor 10 hoher sein, ohne daB sich an der Lage von x"^ etwas andem wiirde. Deshalb muB cp oder cp in dem hier dargestellten Modell auch nicht unbedingt quantifizierbar oder meBbar sein; wir hatten dies in Kapitel 1.1.c) ja nur der Anschaulichkeit wegen angenommen. Es reicht aus, wenn der Konsument eine konsistente Praferenzordnung hat, welche die Voraussetzungen (HI) und (H2) erfiillt. Denn dann sind seine Indifferenzkurven konvex fallend und liegen um so weiter »rechts-oben« im Giiterraum, je groBer die Giitermengen in den zu bewertenden Guterbiindeln sind. Unter diesen Bedingungen ist die Existenz eines Konsumoptimxmis auf der Budgetgeraden des Konsumenten gesichert. Das folgende Beispiel 13.1 zeigt, wie ein Konsumoptimum bei gegebener Praferenzfunktion konkret ermittelt werden kann. Dabei konnen wir eine angenehme Eigenschafl der in Kapitel 1.1.e) defmierten quasilinearen Praferenzfunktionen nutzen, derentwegen wir hier ausschlieBlich diesen Funktionstyp in den Beispielen verwenden: Bei quasilinearen Praferenzfunktionen ist das Konsumoptimum allein durch die Tangentialbedingung (13.2) beziehungsweise (13.3) bestimmt. Das erleichtert die Berechnung.
1 Von der Moglichkeit, daB das Konsumoptimum auf einer Mengenachse liegt (sog. Randoptimum), wollen wir hier absehen. Dieser Fall wird im nachfolgenden Abschnitt d) thematisiert.
40
Die Giiteraachfrage der Haushalte
Beispiel 13.1: Formate Ermittlung des optimalen Konsumplans. Die Praferenzstruktur eines Konsumenten moge durch die Praferenzfunktion aus dem Beispiel 11.1 beschrieben werden:
q> = q>(xi,x2) = a-x2 - —
(1)
Die Grenzrate der Giitersubstitution ergab sich dort in Gleichung (4) zu: Oi,x = — ^ a(xi)
(2)
Im Konsximoptimum muB diese Grenzrate gemaB der Tangentialbedingung (13.3) mit dem Absolutbetrag der Budgetgeradensteigung (12.4) ubereinstinunen: ^
-
a.(x,)'
"'
(3)
P2
Lost man diese Konsumoptimumbedingung nach der einzigen Unbekannten Xi auf, so ergibt sich unmittelbar die von dem Konsumenten am hochsten praferierte, das heifit optimale Konsummenge des ersten Gutes zu: ^
|PP2
(4)
Durch Ein^etzen des so gewonnenen Ausdrucks fur Xi in die Budgetgeradengleichung (12.3) erhalt man sodann die optimale Menge des Gutes 2 (denn im Konsumoptimum wird ja - wie in Kapitel 1.2.d) gezeigt - das Budget stets voU verausgabt):
^
P2
P2 V^-Pi
Bringt man pi und pi quadriert in die Wurzel und ktirzt, so ergibt sich die etwas einfachere Formel:
2
p2
\ a - pP22
Vgl. ggf. Gleichung (9) im Anhang M.l.
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Gutemachfrage
41
Somit ist nun das gesuchte Konsumoptimum (xf,xf) des Konsumenten bestimmt. Die Bestimmungsgleichungen (4) und (5) zeigen, wo von die optimalen Konsummengen des Konsumenten abhangen. Es ist erstaunlich, dafi wir nur g und B kennen sowie etwas iiber die Praferenzen des Konsumenten wissen miissen, um sein Konsumverhalten modellmaBig vorhersagen zu konnen. Die Gleichungen (4) und (5) konnen formal als Funktionen der EinfluBgroBen (Preis, Budget) aufgefaBt werden. Der interessierte Leser kann versuchen zu zeigen, daB sich die gleichen optimalen Konsummengen xf, xf ergeben, wenn, ausgehend von der Praferenzfunktion (1) und der Budgetbeschrankung, statt iiber X2(Xj;..) iiber Xi(x2;..) gerechnet, also Xi als abhangige Variable aufgefaBt wird. Des weiteren zeigt die bisherige Herleitung noch einen weiteren allgemeinen Sachverhalt: Das sich ergebene Konsumoptimum x"^ ist unabhangig von der Bemessung der Praferenzwerte cp. Anstelle der oben verwendeten Praferenzfunktion (p hatte man deshalb auch ^ , (p^ oder jede andere die Praferenzordnung erhaltende Umformulierung verwenden konnen. Ob und wie man cp miBt, spielt im Modell des Konsumoptimums keine Rolle.
Mit dem soeben erlauterten Konsumoptimierungsmodell wird nicht behauptet, daB jeder Konsument auf die beschriebene formale Weise Periode fiir Periode seine hochstpraferierten Konsummengen der einzelnen Giiter bestimmt. Davon kann in der Realitat sicher nicht ausgegangen werden. Worauf es in der mikrookonomischen Haushaltstheorie ankommt, ist vielmehr, daB das tatsachlich beobachtbare Konsumentenverhalten haufig aufgefaBt werden kann, als ob ihm ein solches Optimierungskalkiil zugrunde lage. Das Modell versucht also darzustellen, was sich hinter dem beobachtbaren Konsumverhalten abspielt, und zwar in der Regel unbewuBt. Auf diese Weise kann das beobachtbare Verhalten theoretisch erklart, das heiBt nachvoUziehbar auf bekannte oder plausible Ursachen zuruckgefiihrt werden. Die bisherigen Ausflihrungen sind mithin auch ein Beispiel daflir, wie die Wissenschaft zu theoretischen Erklarungen realer Phanomene kommt. Auf der Grundlage solcher Theorien iiber das typische einzelwirtschaftliche Entscheidungsverhalten konnen dann fiir die praktische empirische Konsum- und Nachfrageforschung statistische Analyse- und Prognoseverfahren entwickelt werden. 1
Fiir das dabei auftretende (p muB die Praferenzfunktion (1) eingesetzt werden. 2 Der interessierte Leser sei hierzu vor allem auf die Lehrbucher von Louis Phlips (Applied Consumption Analysis; 2. Aufl. 1983, Amsterdam u.a.) und Angus Deaton / John Muellbauer (Economics and Consumer Behavior; 1980, Cambridge) verwiesen.
42
Die Gutemachfrage der Haushalte
Die in diesem Kapitel dargestellte Vorgehensweise bei der Ermittlimg des Konsumoptimums eines Haushalts soil nun noch einmal voUstandig und allgemein in einem Schema zusammengefaBt werden: Herleitungsschema fur das individuelle Konsumoptimum: 1. Ausgangspunkt ist die Praferenzfimktion eines Konsumenten. Sie beschreibt seine Praferenzstruktur im Giiterraum. Bei nur zwei Giitem lautet sie: (p = q)(xi,X2). Durch Umstellen nach einer der Gutermengenvariablen erhalt man die Funktionsgleichimg fur die Indififerenzkurven (zu jeweils einem bestimmten Praferenzniveau (p). Umstellen nach der Menge des zweiten Gutes ergibt beispielsweise: x 2 = x 2 (x ^; cp). 2. Zur Priifung der Indiflferenzkurven-Eigenschaften muB die in 1. ermittelte Indiflferenzfimktion nach der oder den anderen Gutermengenvariablen diflferenziert werden. Das Vorzeichen der ersten Ableitung gibt jeweils an, ob (und unter welchen Bedingungen) die Indifferenzkurven einen fallenden Verlauf haben und somit die Voraussetzung (HI) erfuUen. Im Beispiel: iX2(xi;q))
<
0
Der Absolutbetrag der ersten Ableitung entspricht der Grenzsubstitutionsrate (im Beispiel: a2,i). - Das Vorzeichen der zweiten Ableitung zeigt, ob und unter welchen Bedingungen die Indifferenzkurven konvex gekrummt sind xmd somit der Voraussetzung (H2) gentigen: iX2(xi;(p)
> 0
In diesem Falle gilt das "Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Gixtersubstitution". - Wenn beide Voranssetzungen erfiillt sind, kann wie folgt vorgegangen werden: 3. Aus der Budgetbeschrankung S Pi Xi = B erhalt man durch Umstellen nach einer der Gtitermengenvariablen (moghchst nach der gleichen wie oben unter 1.) die Funktionsgjeichung fur die Budgetgerade zu einem bestimmten Budget B. Umstellen nach der Menge des zweiten Gutes ergibt im Zwei-Gtiter-Fall: x2(xi;B) = ^ Vi
-
~ ^ \ Pi
1.3. Optimaler Konsiunplan imd individuelle Giitemachfrage
43
4. Durch Bilden der ersten Ableitung dieser Budgetgeradengleichimg nach der Oder den anderen Gutermengenvariablen ergibt sich als Steigung der Budgetgeraden stets der negative Quotient der Giiterpreise, im Beispiel: ;x2(xi;B) =
- ^ P2
Den Absolutbetrag der Steigung erhalt man durch Weglassen des negativen Vorzeichens; er entspricht dem Giiterpreisverhaltnis pi / p2. 5. Zur Ermittlung des Konsumoptimums ist nun der Absolutbetrag der Indifferenzkurvensteigung (also die Giitersubstitutionsrate aus 2.) dem Absolutbetrag der Budgetgeradensteigung (also dem Preisverhaltnis aus 4.) gleichzusetzen (Konsumoptimumbedingung): |lX2(xi;(p)| = I I
a2,i = - ^ P2
= |ix2(xi;B)| ' '
Durch Auflosen der Gleichung a2,i =Pi /p2 ergibt sich im Falle quasilinearer Praferenzfimktionen die optimale Konsummenge xf. Wird der so gefimdene Term in die Budgetgleichung aus 3. eingesetzt, so erhalt man durch Umstellen auchxf. Aufgabe 13.1: Ein Haushalt habe die Praferenzflinktion (p(xi,x2) = a x i + ^-yfx^, mit a = 0,1 und P = 0,6. Sein Budget B = 1920 gebe er vollstandig fiir den Konsum zweier Outer 1 und 2 aus, die er zu den Preisen pi = 16 und p2 = 24 erwerben kann. a) Welches sind die aus der Sicht des Haushalts optimalen Konsummengen der beiden Giiter (Konsumoptimum)? b) Wie grofi sind die Budgetanteile, die der Haushalt fur die beiden Giiter ausgibt? Versuchen Sie, die Aufgabe zunachst allgemein zu losen und die gegebenen Zahlenwerte erst zum SchluB einzusetzen.
d) AUe bisherigen Ausfuhrungen zum Konsumoptimum bezogen sich auf ein sogenanntes inneres Konsumoptimum, bei dem der Konsument von alien Giitem positive Mengen zu konsumieren wiinscht. Wir woUen nun noch kurz einen Blick auf den sicher realistischen Fall werfen, bei dem ein Konsument von einem Gut Im Falle von mehr als zwei Gutem, sind alle partiellen Ableitungen der Indififerenzfunktion zu bilden. Jede ergibt gemafi der Tangentialb^ingung eine eigene Gleichung, die in dem zu losenden Gleichungssystem zu benicksichtigen ist. Am einfachsten findet man das Konsumoptimum im Mehr-Giiter-Fall mit Hilfe des Lagrange-Ansatzes, vgl. Anhang M.6.a).
Die Giitemachfi-age der Haushalte
44
nichts konsumieren mochte. 1st beispielsweise j = 1 dieses Gut, so ist xf = 0; das Konsumoptimum liegt auf einer der Koordinatenachsen (siehe Abbildung 13.2), gleichsam auf dem Rand des Konsumraumes. Man spricht daher von einem Randoptimum des Konsums. Der Leser markiere das Konsumoptimum (0, X2) mit einem Punkt. Unter welchen Bedingungen kann es zu einem solchen Randoptimum kommen? : Die Abbildung 13.2 zeigt, daB im Punkte (0, x^) auf der X2-Achse die Budgetgerade dem Absolutbetrag nach eine groBere Steigung [x2 aufweist als die eingezeichnete cp-Indiflferenzkurve. Mit anderen Worten: Das Verhaltnis der Giiterpreise (P1/P2) ist grofier als die Grenzrate der Giitersubstitution 02,1. Nach unseren Ausfuhrungen zur Konsumoptimum-Bedingung (13.3) bedeutet dies, daB in dem dargestellten Randoptimum die Zahlungsbereitschaft fur eine zusatzliche Mengeneinheit des Gutes 1 (gemessen in Mengeneinheiten des Gutes 2) kleiner ist als der zu zahlende Preis fflr eine zusatzliche Gutseinheit 1. Der Konsument wiirde gleichsam am liebsten noch weniger von Gut 1 konsumieren. Das geht im Punkt (0, x f ) aber nicht mehr, well er schon nichts mehr von dem Gut 1 in seinem geplanten Konsumgiiterbiindel hat. Er wiinscht nur von dem Gut 2 eine positive Menge X2 zu konsumieren. Die formale Bedingung fur ein Randoptimum der dargestellten Art (also xf =^ 0) lautet somit: ^2,1
Pi P2
Abbildung 13.2: Randoptimum des Konsums X,
(13.4)
1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giitemachfrage
45
e) Die Analysen dieses Kapitels haben gezeigt: Bei gegebener Praferenzstruktur hangt jede einzelne der optimalen Konsummengen xj eines Konsumenten von der Hohe seines Einkommens oder Budgets B, dem Preis des betreffenden Gutes pj sowie von den Preisen der ubrigen Giiter ab. Die Bedeutung dieser KonsumeinfluBgroBen kann unterschiedlich stark ausgepragt sein - bis hin zu der Moglichkeit, da6 einzelne GroBen ohne merklichen EinfluB auf die optimale Konsummenge eines Gutes sind. So beeinfluBt beispielsweise in dem Beispiel 13.1 das Budget nicht die fur optimal befundene Konsummenge des Gutes 1. Es kann davon ausgegangen werden, daB jeder Konsument bestrebt ist, die aus seiner Sicht optimalen Konsummengen der Guter auch tatsachlich zu erwerben, sie also nachzufragen. Fiir jedes Gut j entspricht deshalb xJ der Nachfrage des Konsumenten nach dem betreffenden Gut. Wir schreiben dafiir im folgenden x^': Das hochgestellte N macht deutlich, daB es sich um eine nachgefragte Menge handelt; der Index i kennzeichnet den Konsumenten (Individuum), um dessen Nachfrage es sich handelt. Es gilt also annahmegemaB : Ni
X;
(•) = x j ( . )
(13.5)
Der Punkt in den Funktionsklammem steht als »Platzhalter« fiir die EinfluBgroBen des Konsumoptimums beziehungsweise der Nachfrage des Konsumenten nach einemGutj. "Nachfrage" bezeichnet allgemein die Bereitschaft, von einem bestimmten Gut unter gewissen Bedingungen eine bestimmte Menge zu kaufen. Genauer wird hier von der partiellen Nachfrage gesprochen, da es sich um die Nachfrage nach einem einzelnen Gut handelt. Die Abhangigkeit der durch den Konsumenten i nachgefragten Menge eines Guts j von den Preisen der Giiter, zusammengefaBt im Preisvektor p = (pi,p2,...,pj)5 und dem Budget des Konsumenten, symbolisiert durch B, wird allgemein durch die partielle individuelle Nachfragefunktion beschrieben: x f = x f (p,Bi)
(13.6)
Sie gibt an, wie die vom Konsumenten i nachgefragte Menge des Gutes j abhangt von seinem Budget und den Preisen aller Giiter. Bei den im Beispiel 13.1 und der Aufgabe 13.1 hergeleiteten optimalen Konsummengen der beiden Giiter 1 und 2 handelt es sich somit, wenn sie als Funktionen der Preise und des Budgets betrachtet werden, um die partiellen Nachfragefunktionen des betrachteten Konsumenten.
46
Die Gutemachfrage der Haushalte
Die geordnete Zusammenfassung aller partiellen Giitemachfragen eines Konsumenten, also sein optimaler Konsumplan x"^, ist - mathematisch gesehen ein Vektor und beschreibt - okonomisch gesehen - die totale individuelle Nachfrage des Konsumenten. Die Bezeichnung "total" bezieht sich darauf, dafi x*^ beziehungsweise x^' die gewtinschten Mengen aller betrachteten Giiter enthalt. Bei nur zwei Gtitem ist beispielsweise die totale individuelle Nachfrage eines Konsumenten i gleich x^' = (xf\ x^'). Auch die totale Nachfrage kann als Funktion der Preise und des Budgets aufgefaBt werden. Wir werden uns im folgenden jedoch nur mit partiellen Nachfragen befassen. ^^ Aufgabe 13.2: Ein Haushalt i, der sein gesamtes monatliches Budget B^ = 1920 fiir den Kauf zweier Giiter ausgibt, h^be die folgende partielle Nachfrageflinktion fur das Gut 1: Xi ^bP2.B»)
B^-12p2 Pi
:~; a) Welche Mengen der beiden Giiter fragt der Haushalt nach, wenn die Preise pi = 32 und p2=24gelten? I
b) Wie andert sich dieses nachgefragte Giiterbiindel, wenn der Preis des Gutes 1 gemaB a) aufdieHalftesinkt?
I; c) Wie andert sich das nachgefragte Guterbiindel aus a), wenn der Preis des Gutes 2 sich auf p2 = 48 verdoppelt?
Exkurs zu Kapitel 13.: Offenbarte Praferenzen a) In diesem Kapitel wurde bisher erklart, wie ausgehend von den Praferenzen und den okonomischen Bedingungen eines Konsumenten sein Nachfrageverhalten modelUert werden kann. Der amerikanische Okonom Paul A. Samuelson hat gezeigt, dal3 sich diese Vorgehensweise unter bestimmten Bedingungen auch umkehren laBt. Es ist demnach mogUch, vom beobachtbaren Nachfrageverhalten eines Konsumenten auf seine Praferenzstruktur zuriickzuschliefien, also seine Indiflferenzkurvenschar zu rekonstruieren, und damit kann dann unter Umstanden sein weiteres Verhalten vorhergesagt werden. Diesen interessanten Ansatz, der im englischsprachigen Raum unter der Bezeichnung Revealed Preference bekannt ist, woUen wir in diesem Exkurs stark vereinfacht skizzieren. Es wird davon ausgegangen, dafi sich die Praferenzen des betrachteten Konsumenten wahrend der Betrachtung nicht andem, dafi sie unseren Grundannahmen (H.l) und (H.2) geniigen und 1
Vgl. P. A. Samuelson : A Note on the Pure Theory of Consumer's Behavior; Economica 5, 1938, S. 6171. Ders.: Consimiption Theory in Terms of Revealed Preference; Econometrica 15, 1948, S. 243-253.
1.3. Exkurs: Offenbarte Praferenzen
47
daB es bei jeder Preis/Budget-Konstellation (g, B) genau ein Konsumoptimum x *^ gibt. Alles weitere ist eine Sache der Logik. Im folgenden lassen wir der Einfachheit halber das Superskript cp zur Keimzeichnung optimaler Guterbtindel weg iind betrachten wieder nur den Zwei-Guter-Fall. b) In der Abbildung 13.3 sei x' das hochstpraferierte Gtiterbundel des betrachteten Konsumenten bei der dargestellten Preis/Budget-Konstellation (pj',p^,B')- Beobachten wir also, daB der Konsument bei den Preisen p ' , p ' iind einem Budget in Hohe von B' das Gtiterbiindel x' nachfragt, so hat er damit qffenbart, daB er x' alien iibrigen Giiterbiindeln vorzieht, die er sich auch hatte leisten konnen. Das sind insbesondere alle iibrigen Punkte auf und unterhalb der Budgetgeraden (schraffierter Bereich) - zum Beispiel x". Dieses Biindel wiirde das Budget B' bei den Preisen p ' p ' nicht voll ausschopfen, das heiBt: pi'xj
+ Pi'x'i
< B'
(13.7)
Das ebenfalls dargestellte Gtiterbiindel x'" liegt dagegen oberhalb der Budgetgeraden und ist folglich bei der zugrunde liegenden Preis/Budget-Konstellation (p/, p^, B') nicht bezahlbar. Abbildung 13.3: Offenbarte Praferenzen I
Ein optimales Gtiterbiindel schopft dagegen das Budget wegen der Unersattlichkeitsannahme (H. 1) immer voll aus, so auch x': V\ •^\
+
P2-X2
=
(13.8)
^'
Setzt man (13.8) fiir B' in (13.7) ein, so resultiert: +
Po'^. ^2
2
(13.9)
48
Die Gutemachfrage der Haushalte
Unter der Voraussetzung, daB der Konsument stets das hochstpraferierte Giiterbiindel wahlt, bedeutet die Beobachtung, daB er das Biindel x' kauft, obwohl er auch x" hatte kaufen konnen, daB er x' gegentiber x" praferiert x' >^ x". c) Stellen wir anschlieBend bei einer anderen Preis/Budget-Konstellation (p J, p'2, B') fest, daB dann x" das optimale und somit nachgefragte Giiterbundel ist, und liegt x'" unterhalb der zugehorigen Budgetgeraden (siehe Abbildung 13.4), so hat der Konsument dadurch offenbart, daB er x" dem Bundel x'" vorzieht: x" >^ x'". Denn er hatte bei den Preisen p\, p2 und dem Budget B' das Gtiterbundelx'" kaufen konnen, hat aber x" gewahlt. Somit gilt analog zu oben: Pj -Xj
+
p ^ •X2
<
Pj -Xj
+
P2 - x ^
(13.10)
Abbildung 13.4: Offenbarte Prdferenz II
Aus der ersten Beobachtung wissen wir, daB x' >- x" -, aus dieser zweiten wissen wir, daB x" >- x'". Folglich muB auch gelten: x' :^ x'". Diese logische Eigenschaft von Praferenzen wird als Transitivitdt bezeichnet. Allgemein konnen wir somit feststellen, daB x' vom Konsumenten gegentiber alien Gtiterbundeln in dem schraffierten Bereich der Abbildung 13.4 (einschlieBlich der beiden Budgetgeraden) praferiert wird. Durch die vorstehenden Uberlegungen ist nun klar, daB die durch x' verlaufende Indififerenzkurve, wie auch immer sie im einzelnen aussehen mag, sicher oberhalb der schraffierten Flache (mit Ausnahme des Punktes x' selbst) liegen muB: Da x' ein Tangentialpunkt der zuerst betrachteten Budgetgeraden mit der betreffenden Indifferenzkurve ist, muB sie oberhalb dieser Budgetgeraden verlaufen. Da der Konsument durch seine Wahl offenbart hat, daB x' >- x" , miissen auch alle auf der Budgetgeraden durch x" liegenden Giiterbiindel schlechter als x' sein. Die Besser-Praferenz y wurde in Kapitel 1.1.b) erklart.
1.3. Exkurs: Offenbarte Praferenzen
49
d) Durch weitere Beobachtungen und SchluBfolgerungen der soeben beschriebenen Art laBt sich die gesuchte Indifferenzkurve durch x' von »unten« her immer besser eingrenzen, siehe Abbildung 13.5. Alle Giiterbtindel des schraffierten Bereichs (sog. unterer Konturbereich) werden von dem Konsumenten als schlechter erachtet als das Biindel x'. Abbildung 13.5: Offenbarte Praferenzen III Xo
e) Um nun die gesuchte Indifferenzkurve durch x' auch von »oben« her einzugrenzen, werden die Grundvoraussetzungen (H.l) und (H.2) direkt auf die besser als x' bewerteten Guterbundel angewendet. Abbildung 13.6: Offenbarte Praferenzen IV X,
50
Die Gtitemachfrage der Haushalte
In Abbildung 13.6 ist der schraffierte Bereich aus Abbildung 13.5 ohne die Budgetgeraden dargestellt. Zudem sind zwei Budgetgeraden, die zwei neue Preis/Budget-Konstellationen reprasentieren, zusammen mit den dabei jeweils von dem Konsumenten gewahlten optimalen Giiterbtindeln ]6^\ x^^^ eingezeichnet. Offenbar sind diese beiden Biindel aus der Sicht des Konsumenten besser als x'. Denn als er sich beim Kauf fiir x^^^ und x^^^ entschied, hatte er sich ja jeweils x' durchaus leisten konnen (und dabei sein Budget nicht vol! ausgeschopft). Wie der Konsument x^^^ und x^^^ im Vergleich zueinander bewertet, mtissen wir nicht wissen. Sicher ist, dafi der Konsument, wenn seine Praferenzen der Grundannahme (H.l) geniigen, alle Gtiterbundel in den »rechts-oberhalb« der Punkte und x' gelegenen Besserbereichen dem jeweiligen Gtiterbundel und damit auch gegenuber x' vorzieht. Bei Gtiltigkeit der Grundannahme (H.2) mtissen auch alle oberhalb der Verbindungslinien zwischen und x^^^ gelegenen Gtiterbtindel besser als x' sein. Auf diese Weise laBt sich auch ein oberer Begrenzungsbereich (sog. obere Konturmenge) fur die gesuchte Indifferenzkurve durch x' angeben (siehe Abbildung 13.7). In der Tat muB diese Indifferenzkurve im verbleibenden hellen Zwischenbereich liegen. Ihre Eingrenzung von unten und oben kann mit steigender Anzahl an Beobachtungen beliebig verengt werden. Dadurch laBt sich die gesuchte Indifferenzkurve, auf der x' liegt, im Prinzip beliebig genau ermitteln. Abbildung 13.7: Offenbarte Praferenzen V
f) Auf analoge Weise konnen weitere Indifferenzkurven rekonstruiert werden. Die Herleitung der Praferenzstruktur aus Beobachtungen des Nachfrageverhaltens eines Konsumenten kann auch auf formalem Wege erfolgen. Mit dieser Moglichkeit befaBt sich die sogenannte Integrabilitatstheorie. Liegen hinreichende Beobachtungen vor und unterstellt man, daB sie auf der Maximierung der Praferenzstarke beruhen, dann ist es unter bestimmten Bedingungen moglich, auch die zugrunde liegende Praferenzfimktion zu ermitteln.
1.4. ArbeitsaiagebotdesHaushalts
51
1.4. Arbeitsangebot des Haushalts
a) Bei der Analyse des Nachfrageverhaltens eines Haushalts wurde bisher stets von einem vorgegebenen Budget B ausgegangen, welches dem Haushalt fur den Kauf von Konsumgiitem pro Periode zur Verfugung steht. Nun soil der Frage nachgegangen werden, wovon dieses Budget abhangt, wie es zustande kommt. Den meisten Haushalten wird das Geld fiir den Unterhalt nicht geschenkt (sog. Transferzahlungen), sondem sie miissen dafur arbeiten, daB heifit ihre Arbeitskraft und -zeit anbieten. Die Erklarung des Haushaltseinkommens hangt daher eng mit der Frage zusammen, wieviel der Haushalt beziehungsweise der Konsument arbeitet, und zu welchen Konditionen. Es geht also im folgenden um die mikrookonomische Modelherung des Arbeitsangebotsverhaltens der Haushalte. Sie bieten ihre Arbeit den Untemehmen an, die diese fiir die Giiterproduktion benotigen, und erhalten von diesen dafiir den Lohn als Gegenleistung. Bei der Entscheidung dariiber, wieviel von seiner verfiigbaren Zeit der Haushalt fiir den Einkommenserwerb arbeiten will, wird er die Vorteile, die ihm der realisierte Lohn in Aussicht stellt (namlich der Konsum von Giitem), mit den Nachteilen abwagen, die dadurch entstehen, daB Arbeit mtihsam ist und die Arbeitszeit zulasten seiner Freizeit geht. Um die Abwagung analysieren zu konnen, wird nxm Freizeit ebenfalls als ein wiinschenswertes Gut betrachtet, hinsichtlich dessen Verfiigbarkeit der Konsument Praferenzen hat. Zur Vereinfachung der folgenden Betrachtungen (und wegen der graphischen Darstellbarkeit) woUen wir annehmen, daB es auBer Freizeit nur ein einziges Konsumgut gibt, das der Haushalt mit dem durch seine Arbeit erworbenen Geld kaufen kann. Die oben erwahnte Abwagung betriffi dann die zwischen diesem Konsumgut und der Freizeit. b) Bezeichne x die konsumierbare Menge des Konsumgutes, das der Haushalt zum Preise p kaufen kann (ein Giiterindex j ist hier nicht erforderhch; auch den Individualijidex i lassen wir der Einfachheit halber weg), und f sei die Menge an Freizeit (gemessen in Stunden), die ihm in der betrachteten Periode zur Verfiigung steht. a sei die in der betrachteten Periode fiir entlohnte Arbeit vorgesehene Zeit (gemessen in Stunden), wobei der pro Zeiteinheit realisierte einheithche Lohnsatz i sei. Oflfe^sichtlich darf die Summe aus nachgefi'agter Freizeit f und angebotener Arbeitszeit a die insgesamt disponible Zeit der Periode nicht iibersteigen. Wir
Damit ist gemeint, daC fiir Freizeit auch die Aimahme der Nichtsattigimg (H. 1) gilt.
52
Die Giitemaclifrage der Haushalte
bezeichnen die pro Periode auf Arbeit und Freizeit verteilbare Zeit (also in etwa die Anzahl der »wachen« Stunden pro Woche) mit z. Es gilt dann stets : a+f = z
(14.1)
Umgestellt nach a und multipliziert mit I ergibt sich das Arbeitseinkommen (der Lohn in der betrachteten Periode) zu : L = ^.a = ^-(z - f)
(14.2)
Erhalt der Haushalt daruber hinaus pro Periode weitere konstante Einkiinfte oder Transfers (z.B. Vermogensertrage oder Sozialleistungen) in Hohe von Y^, so betragt sein Periodeneinkommen: Y = L + yT = ^.(z - f) + Y^
(14.3)
Sieht man zur Vereinfachung von zu zahlenden Einkommensteuem und von Vermogensdispositionen (Sparen oder Kredite) ab, so entspricht Y demflirdie Konsumausgaben verfiigbaren Einkommen beziehungsweise Budget B. Mit p als Preis des Konsumguts und x als der von diesem Gut konsumierten Menge hat die Budgetbeschrankung nun folgende Form (vgl. Kapitel 1.2.): [B = ]
P-X = ^ - ( z - f ) + Y^
[=Y]
(14.4)
Links stehen die Konsumausgaben des Haushalts, rechts seine disponiblen Mittel. Lost man die runde Klammer auf und bringt den Term -i-f auf die linke Gleichungsseite, so ergibt sich eine Schreibweise der Budgetbeschrankung, die den Gutscharakter der Freizeit deutlicher macht: p-x + I'i
= i'Z + YT
(14.5)
Der Summand I • f kann als "Ausgabenfflrdas Gut Freizeit" interpretiert werden, mit i als Preis pro Einheit dieses Gutes. Der Preis einer Stunde Freizeit entspricht gleichsam dem entgangenen Lohn (,, den der Haushalt realisieren konnte, wenn er die Stunde arbeiten wtirde. Durch Umstellen von (14.4) beziehungsweise (14.5), etwa nach x, erhalt man die folgende Budgetgeradengleichung des Haushalts: x(f) =
i'Z - £'f + Y^ "^ ' ^ P
£-z + Y^ = ' ^ "^ P
/ ~.f P
(14.6)
Man kann sich Y^ auch als Saldo all dieser jenseits des Arbeitslohnes empfangenen und geleisteten Zahlungen des Haushalts in der Periode vorstellen.
53
1.4. Arbeitsangebot des Haushalts Deren Steigung wird durch die erste Ableitimg nach f angegeben: =••
- f x
(14.7)
p
Der durch den Preis geteilte (nominale) Lohnsatz wird als Reallohnsatz bezeichnet. Der Absolutbetrag der Budgetgeradensteigung entspricht also dem Reallohnsatz ^ / p . In der folgenden Abbildung 14.1 ist die Budgetgerade in einem x/f-Diagramm dargestellt, weil ja der Haushalt zwischen der Gutsmenge x und der Freizeitmenge f zu entscheiden hat. Abbildung 14.1: Budgetgerade eines Arbeitsanbieters X
Y^i'l p
\x(f)
>v
n 1
Y^ P
__'4N.
1 1
2-a <—
a
z H
Wenn der Haushalt seine gesamte disponible Zeit z nur der Freizeit widmet (also f = z wahlt), dann bleibt gemaB (14.1) keine Zeit zum Arbeiten iibrig und sein verftigbares Einkommen ist angesichts eines Lohneinkommens von null nur Y^. Mit diesem "Basiseinkommen" kann er sich zum Preis p insgesamt x = Y^/p Einheiten des Konsumgutes kaufen. Erhalt beispielsweise ein nichtarbeitender »Clochard« eine wochentliche Sozialhilfe von Y^ = 75 Geldeinheiten {GE) und verwendet er dieses Basiseinkommen ausschlieBlich zum Konsum des Gutes Bier, von dem jede Flasche p = 1,50 GE kostet, so betragt seine Konsummenge dieses Gutes 75/1,50 = 50 Flaschen pro Woche.
54
Die Giitemachfrage der Haushalte
Betrachten wir nun das andere Extrem: einen »Workaholic«, der seine gesamte disponible Zeit arbeitet (also a = z bzw. f = 0 wahlt). Er wird zusatzlich zu seinem Basiseinkommen Y^ noch das maximal mogliche Arbeitseinkommen i-l realisieren. Dann kann er sich insgesamt die Menge x = (Y^+^-z)/p des Konsumgutes leisten (siehe Abbildung 14.1). Die beiden soeben ermittelten Achsenschnittpimkte konnen natiirlich auch durch Einsetzen von f = z beziehungsweise f= 0 in die Budgetgeradengleichimg (14.6) ermittelt werden. In der Abbildung wird die gewahlte Freizeit vom Koordinatenursprung ausgehend in Richtung der f-Achse gemessen, aber nur bis zur maximal disponiblen Zeit z. Der zur Arbeit verwendete Teil der disponiblen Zeit z muB folglich in umgekehrter Richtung gemessen werden, also ausgehend von z in Richtung auf den Koordinatenursprung. Wird, wie in der Abbildung dargestellt, die »Zeitmenge« a gearbeitet, so verbleibt f = z - a fiir die Freizeit. Der Leser mache sich klar, daB der Haushalt im dargestellten Fall ein Arbeitseinkommen in Hohe von i • a realisiert und deshalb insgesamt die Menge x = (Y^ + ^•a)/p etwas von dem Konsumgut erwerben kann. Dies soUte in der Abbildung durch Hochloten von z - a zur Budgetgerade und anschlieBendes Linksloten auf die x-Achse dort eingetragen werden. Jede zusatzlich gearbeitet (und dadurch der Freizeit entzogene) Zeiteinheit erhoht das verfligbare Einkommen des Haushalts um den Lohnsatz i und ermoglicht einen Mehrkonsum des auf der vertikalen Achse gemessenen Gutes um ^/p. Dies zeigt das Steigungsdreieck in der Abbildung. Aufgabe 14.1: Wie verandert die in der Abbildung 14.1 dargestellte Budgetlinie ihre Lage, wenn a) das Nichtarbeitseinkommen Y^ steigt; b) der nominale Lohnsatz 5 steigt; c) der Preis des Konsumgutes p sinkt; d) das disponible Zeitvolumen z sinkt?
c) Um nun zu ermitteln, welchen Punkt der Haushalt oder Konsument tatsachlich auf seiner Budgetgeraden realisieren wird, mussen seine Praferenzen in die Betrachtung einbezogen werden. Sei cp = (p(x,f) die Praferenzfunktion des Haushaltes hinsichtlich der beiden Altemativen "Gutskonsum im Umfang x" und "Freizeitkonsum im Umfang f". Die Praferenzftinktion moge die beiden Voraussetzungen (HA), also die Unersattlichkeit, und (H,2), also die Mischungsvorliebe, erfuUen. Dann weist, wie in Kapitel 1.1. gezeigt wurde, der Haushalt eine Schar von konvexen und negativ geneigten IndiflFerenzkurven auf, wie sie
1.4. Arbeitsangebot des Haushalts
55
etwa in der folgenden Abbildung 14.2 zusammen mit seiner Budgetgeraden dargestellt wird: Abbildung 14.2: Haushaltsoptimum eines Arbeitsanbieters
Das hochstmogliche Praferenzniveau cp, das der Haushalt mit seinem verfiigbaren Einkommen beziehimgsweise Budget erreichen kann, ist wieder durch jenen Pimkt auf der Budgetgeraden bestimmt, in dem diese von einer IndifFerenzkurve nur noch in einem Punkt tangiert wird. In der Abbildung 14.2 ist das cp^^l Die hochstpraferierten Mengen der beiden "Giiter" sind somit x^ und f"^. Sie beziehen sich auf eine Planungsperiode des Haushaltes. Der durch sie bestimmte Punkt auf der Budgetgeraden ist das Optimum des iiber Konsum und Freizeit entscheidenden Haushaltes, das sogenannte Haushaltsoptimum. Die gesuchte optimale (hochstpraferierte) Arbeitszeit 2i^ entspricht der Dififerenz zwischen z und f^. Das moge der Leser in die Abbildung eintragen. So wie x^ der Nachfrage des Haushaltes nach dem Konsumgut und f ^ seiner Nachfrage nach Freizeit entspricht, ist 2i^ die von ihm angebotene Arbeitsmenge, sein individuelles Arbeitsangebot a"^* (A kennzeichnet das Atigebot, i indiziert den Haushalt). Es hangt oflfenbar, neben den Praferenzen cp, von den BestimmungsgroBen der Budgetgeraden ab, also von der Hohe des Nichtarbeitseinkommens Y^, dem Preis des Konsumgutes p und besonders vom Lohnsatz I. DiefimktionaleBeziehung .Ai
^(^;P,YT)
heiBt individuelle Arbeitsangebotsfunktion des Haushaltes i.
(14.8)
Die Gutemachfrage der Haushalte
56
d) Bei der Analyse der Eigenschaften der individuellen Arbeitsnachfragefiinktion (14.8) wollen wir uns im folgenden auf die Lohnabhangigkeit beschranken. Die iibrigen Abhangigkeiten kann der interessierte Leser auf analoge Weise untersuchen. Erhoht der Haushalt sein Arbeitsangebot, wenn der Lohnsatz steigt, sagt man, der Haushalt reagiere normal; reduziert er dagegen sein Arbeitsangebot infolge einer Lohnsatzerhohung, dann reagiert er anormal. Durch die Ableitung von a^' aus (14.8) nach I laBt sich dies auch formal definieren: .Ai
da Ai U
> 0 : normale Reaktion < 0 : anormale Reaktion
(14.9)
Die Ableitung gibt an, um wieviele Stunden der betrachtete Haushalt sein Arbeitsangebot andert (Sa"^'), wenn der Lohnsatz um 5^ = 1 Einheit steigt (oder fallt). Aufgabe 14.2: Die Arbeitsentscheidungssituation eines Haushalts sei durch das folgende Diagramm beschrieben. Wie andert sich sein Arbeitsangebot, wenn der Lohnsatz I' a) auf das Doppelte steigt? b) auf das Dreifache steigt? Welchen Charakter hat jeweils das Gut "Freizeit"?
(p(5) (p(4) (p(3)
1.5, Aggregation und Marktnachfrage
57
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
1,5.1. Aggregation der einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane a) Den Okonomen interessiert weniger das Nachfrageverhalten irgendeines einzelnen Konsumenten oder Haushalts i als vielmehr die Charakteristik der gesatnten marktweiten Nachfrage. Um zu dieser zu gelangen, mussen alle auf jeweils ein Gut gerichteten individuellen Nachfragen Xj^' zusammengefaBt werden. Dies wird als Aggregation bezeichnet. Um den Vorgang zu verdeutlichen, betrachten wir die partielle Nachfrage nach einem bestimmten Gut j . Es gebe eine Anzahl von I Konsumenten oder Haushalten, die mit dem Index i durchnumeriert werden. Jeder Konsument i habe eine wie zuvor hergeleitete individuelle Nachfrageftmktion, die seinen optimalen Konsumplan beschreibt: Sie gibt die von ihm nachgefragte (nichtnegative) Menge des Gutes j in Abhangigkeit von seinem Budget B' und den Preisen aller Giiter (zusammengefaBt im Preisvektor p) an:
xf = xf (p,B*) Die gesamte Marktnachfrage fiir ein Gut j (symbolisiert durch x^) ist die Summe aller partiellen individuellen Nachfragen nach diesem Gut. Die (partielle) Marktnachfragefunktion des Gutes ergibt sich deshalb durch Aufsummieren aller individuellen partiellen Nachfragefimktionen: xN
= xN(p,B) = X ^ f ( P ' B ^ )
(15.1)
i=l
In der Marktnachfragefunktion kennzeichnet B zum Beispiel das Durchschnittsoder Gesamtbudget oder -einkommen aller das Gut nachfragenden Haushalte (bei fester Einkommensverteilung). Wir werden B im folgenden meist einfach "Einkommen" nennen. Die Gesamtheit aller Nachfrager eines Gutes oder einer Gutsvariante wird haufig als Segment bezeichnet. Aggregation ist nur unter bestimmten, hier nicht im einzelnen zu erlautemden Bedingungen moglich. Der interessierte Leser wird auf die Spezialliteratur (siehe z.B. FuCnote 2 auf S. 41) verwiesen. Es gibt Okonomen, die von einer Herleitung der Marktnachfragefunktion aus dem zuvor gezeigten Konsirnioptimierungskalkiil nichts halten. Sie beginnen direkt mit der Marktnachfrage, die sie als elementare Gegebenheit auf der Nachfrageseite von Markten ansehen. Veranderungen der Einkommensverteilung fiihren in der Regel auch zu veranderten Nachfragestrukturen, auch dann, wenn sich die Summe aller Einkommen oder Budgets nicht andert.
58
Die Giiternachfrage der Haushalte
b) Sind, was haufig der Einfachheit halber sowohl in der mikrookonomischen Theorie als auch in der praktischen Nachfrageforschung unterstellt wird, alle individuellen Nachfragefiinktionen xf' identisch, so ist die Marktnachfrage x^ einfach das I-fache von xf: xN(p,B) = IxNi(p,B)
(15.2)
I ist die Anzahl der Nachfrager des Gutes j , B ist das als gleich unterstellte Einkommen oder Budget der Nachfrager. Bezogen auf die Ergebnisse des Beispiels 13.1 ergeben sich unter der Identitatsannahme folgende Marktnachfragefiinktionen, die wir im folgenden exemplarisch betrachten woUen: .N,^x.^
^
xN(p,B) ^ -
T
^ P2
/P'P2
- I. / I ^ V0C-P2
(15.4)
Eines der zahllosen Beispiele fiir eine empirisch-statistisch ermittelte partielle Marktnachfragefiinktion gibt das folgende Empirikum: Empirikum15.1: C.J. Huang et al. ermittelten in den Vereinigten Staaten zwischen den Jahren 1963 und 1977 folgende Nachfragefunktion fiir Kaffee:
Hierbei bezeichnet x^ die insgesamt nachgefragte IVIenge nach gewohnlichem Kaffee, p^ ist der Kaffeepreis, p^ der Teepreis, B das Einkommen der Nachfrager und y ein konstanter Funktionskoeffizient. Quelle: Huang, C.J./Siegfried, J.J./Zardoshty, F.: The Demand for Coffee in the United States 196377; Quarterly Review of Economics and Business 20,1980, S. 36-50.
Marktnachfragefunktionen sind Modelle der Nachfrageseiten von Markten. Sie beschreiben abstrakt und stark vereinfacht das aggregierte Verhalten der Nachfrager. Will man etwas iiber die Eigenschaften der Nachfrage wissen, so mtissen nicht mehr alle Nachfrager interviewt werden; es reicht - im Idealfall - die Fragen an das Modell zu stellen. Die Antworten erhalt man durch Analyse des Modells, das heiBt hier: durch Analyse der Marktnachfragefimktion.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
59
Infolge der Aggregation hangt die Marktnachfrage auBer von den EinfluBgroBen der einzelwirtschaftlichen Nachfrage (g, B) auch von der AnzaW I der Nachfrager ab. Wird ein Gut auBer von Haushalten auch von Untemehmen und/oder staatUchen Institutionen nachgefragt, so setzt sich die Marktnachfrage aus mehreren Komponenten zusammen, die nicht alle von p und B abhangen. Von diesem Fall sehen wir aber imfr)lgendenab. c) Im Folgenden wird zu untersuchen sein, welche okonomisch relevanten Eigenschaften die eben hergeleitete Marktnachfragefimktion (15.1) beziehungsweise (15.2) haben kann. Konkret geht es um die Frage, wie sich die aggregierte Nachfragemenge x^ eines Gutes andert, wenn die wichtigsten BestimmungsgroBen der Nachfrage, also die Preise p = (Pi,...,Pj) und das Nachfragereinkommen B in ihren Zahlenwerten variieren. Wtirde man bei der Analyse alle EinfluBfaktoren zugleich variieren, so lieBe sich der EinfluB jedes einzelnen Faktors nicht mehr ohne weiteres separieren. Es kame zu einem »EinfluBgemisch«. Deshalb bedient sich die Wirtschaftstheorie bei Analysen dieser Art eines methodischen Hilfsmittels, das als ceteris-paribusBedingung (abgekurzt: c.p.) bezeichnet wird: Jeder EinfluBfaktor wird isoliert auf seine Wirkungen hin untersucht, das heiBt unter der Annahme, daB alle tibrigen Faktoren frir die Dauer der Untersuchung unverandert bleiben. Man sagt auch: Es wird der EinfluB eines Faktors unter "sonst gleichen Bedingungen" analysiert. Als fr)rmales Instrument bieten sich dazu partielle Ableitungen an. Denn beim partiellen Diflferenzieren wird nur die Auswirkung einer unabhangigen Variablen auf den Funktionswert untersucht, wahrend alle tibrigen unabhangigen Variablen wie Konstanten betrachtet werden (vgl. Anhang M.3.d). Bei empirischen Untersuchungen ist die Sicherstellung der ceteris-paribus-Bedingung regelmaBig ein Problem, da sich in der Realitat fast immer mehrere EinfluBgroBen zugleich andem . Die im folgenden betrachteten speziellen Formen der allgemeinen Nachfragefimktion (15.1) sind im Anhang F des Buches noch einmal iibersichthch zusammengestellt worden.
1.5.2. Engel^sche Nachfrage und Einkommenselastizitat a) Gehen wir in der zuvor beschriebenen Weise vor und betrachten zunachst ceteris paribus die Auswirkungen von Verdnderungen des Einkommens auf die Nachfrage nach einem Gut j . Alle Preise werden als konstant unterstellt, was durch einen Querstrich tiber dem Preisvektor kenntlich gemacht wird. Dadurch
60
Die Gutemachfrage der Haushalte
1
ergibt sich die sogenannte Engel'sche Nachfragefunktion als eine spezielle Form der in Gleichung (15.1) dargestellten allgemeinen Marktnachfragefunktion: xf = x]^(p,B)
(15.5)
Die Engel'sche Nachfragefunktion beschreibt, wie die gesamte Nachfragemenge eines Gutes (xf) von der Hohe des Einkommens der Nachfrager abhangt. Man konnte also auch einfach Xj^(B) dafiir schreiben. Der zugehorige Graph heiBt Engel'sche Nachfragekurve (siehe Abbildung 15.1). Zur formalen Analyse der Einkommensabhangigkeit muB die allgemeine Marktnachfragefunktion (15.1) partiell nach B differenziert werden. Altemativ dazu kann man auch die Engel'sche Nachfrageftinktion (15.5) normal nach B differenzieren. Mit unserer Kurzschreibweise (vgl. Kapitel O.e) kann fur die Ableitung geschrieben werden: BX]- :- - ^
(15.6)
Okonomisch gesehen gibt diese Ableitung an, um wieviele Einheiten sich die Nachfragemenge xf verandert, wenn das Nachfragereinkommen B um eine kleine Einheit steigt (oder sinkt). Sie kann ein positives oder ein negatives Vorzeichen haben, je nachdem ob aufgrund des Einkomensanstiegs um 5B die Anderung bxf der Nachfragemenge positiv oder negativ ist; im Grenzfall kann sie auch null sein. b) Falls die Ableitung bei einer konkret gegebenen Marktnachfragefunktion positiv ist (gX^ > 0), dann heiBt das Gut j superior, ist sie negativ {^x^ < 0), heiBt es inferior - jeweils betrachtet bei einem bestimmten Einkommen B. Ergibt die Ableitung Null, so liegt eine einkommensunabhangige Nachfrage vor. Der Leser schreibe diese Begriffsdefinitionen rechts neben die Ableitung in (15.6). • Bei superioren Giitern erhoht sich die nachgefragte Menge, wenn das Einkommen der Nachfrager steigt. Sinkt das Einkommen, dann geht auch die Nachfragemenge zuriick. Die meisten gangigen Konsumguter sind superior, werden also bei wachsendem Einkommen der Haushalte verstarkt nachgefragt. • Von inferioren Giitern wird bei steigendem Einkommen eine geringere und bei sinkendem Einkommen eine groBere Menge nachgefragt. Dies ist naturlich nur in einem gewissen Intervall moglich, denn bei sehr geringem Einkommen konnen 1
Benannt nach Ernst Engel (1821-1896), dem Begrunder der preuBisch-deutschen Statistik, der 1857 erstmals die Beziehung zwischen Einkommen und Konsum bei Arbeiterfamilien empirisch untersuchte.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
61
immer nur geringe Gutsmengen erworben werden. Deshalb ist Inferioritat (wie iibrigens auch Einkommensimabhangigkeit) eine lokale Eigenschaft; sie kaiin nur in einem bestimmten Abschnitt der Engel'schen Nachfragekurve vorliegen. Ein Gut kann nicht unter alien Umstanden inferior sein. Bel sehr niedrigem Einkommen ist jedes Gut superior. Beispiele fiir inferiore Gtiter sind einfachste Nahrungsmittel, die von armeren Haushalten hauptsachlich wegen ihres hohen Nahrwertes und weniger wegen ihres guten Geschmacks gekauft werden. Auch Schwarz-WeiB-Femsehgerate zahlen heute zu den inferioren Giitem, ebenso Konsumentenkredite. Es kann vorkommen, daB inferiore Gtiter bei sehr hohem Einkommen der Nachfrager wieder superior werden. Man denke an manche Produkte in Naturkostladen. Auch Motorrader, die in den fiinfziger Jahren den armeren Haushalten als Ersatzgut far ein ihnen damals »unbezahlbaFes« Automobil dienten, sind heute als zusatzhches Freizeitgefahrt nicht mehr inferior, sondem superior. Die folgende Abbildung 15.1 zeigt beispielhaft einige mogliche Verlaufe Engel'scher Nachfragekurven fiir superiore und inferiore Gtiter. Abbildung 15.1: EngeVsche Nachfragekurven
Den Kurven (1), (2) und (3) hegen superiore Guter zugmnde (durchgangig positive Steigung): Bei hohem Einkommen wird viel, bei niedrigem Einkommen wenig von dem Gut nachgefragt. Die Kurve (4) gehort zu einem Gut, das oberhalb eines Einkommens B' von den Nachfragem als inferior angesehen wird (negative Steigung im Bereich B > B'). Der Leser schreibe dies an den fallenden Kurvenabschnitt und iiberlege, warum Engel'schen Nachfragekurven nur im Koordinatenursprung oder »rechts« davon auf der B-Achse beginnen konnen.
Die Gutemachfrage der Haushalte
62
c) Wie konnen diese Formen der Einkommensabhangigkeit der Marktnachfrage haushaltstheoretisch erklart werden? Konkreter gefragt: Welche Gegebenheiten mtissen dem einzelwirtschaftlichen Nachfrageentscheidungsverhalten der Konsumenten zugrunde liegen, damit es auf der Marktebene zu Kurvenverlaufen wie in Abbildung 15.1 kommen kaiin? Zur Beantwortung dieser Frage konnen wir auf die Ergebnisse des Kapitels 1.3. (Konsumoptimienmg) zuruckgreifen. Dazu betrachten wir die folgende Abbildung 15.2, in der zwei Konsummengendiagramme dargestellt sind. Auf den Achsen werden die Konsummengen zweier Giiter gemessen, die hier allgemein mit j und h abgektirzt worden sind. In beiden Diagratnmen sind zwei Budgetgeraden eingezeichnet, von denen die untere jeweils die Hohe des Anfangsbudgets reprasentiert und die obere das Budget nach einer Erhohung um den Betrag SB (z.B. infolge einer Lohnerhohung oder Steuersenkung). Das ursprungliche Konsumoptimum (vor der Budgeterhohung) ist durch den Tangentialpunkt einer Indiflferenzkurve auf der unteren Budgetgerade gegeben. Uns interessiert nur die optimale und somit von dem betrachteten Konsumenten i nachgefragte Menge des Gutes j , also xf\ die auf den horizontalen Achsen (Abszissen) gemessen wird. Abbildung 15.2: Konsumentscheidungen bei superioren und inferioren Giitem
B.
B+5B
Pj
Pj
Xi ^
Pj
PJ
Kommt es zu der dargestellten Erhohung des Budgets um ffi, so mu6 das neue Konsumoptimum auf der neuen, oberen Budgetgeraden hegen. Je nach der individuellen Praferenzordnung, da6 heifit: je nach Lage der Indififerenzkurvenschar, kann das neue Optimum grundsatzhch irgendwo auf der neuen Budgetgeraden liegen. In den beiden Diagrammen sind zwei mogliche Punkte
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
63
eingezeichnet. Der Leser moge zur Verdeutlichung, da6 es sich dabei um Konsumoptima handelt, jeweils eine Indifferenzkurve dazu einzeichnen, welche die neuen Budgetgeraden in den eingezeichneten Punkten von oben her tangieren. Loten Sie dann von den beiden neuen Optimalpunkten senkrecht auf die Abszisse hinunter und machen Sie durch einen horizontalen Pfeil kenntlich, ob sich die von dem Konsumenten nachgefragte Menge des Gutes j gegeniiber dem urspriinglichen Wert xf vergroBert oder verkleinert hat. Im linken Diagramm ist die nachgefragte Menge aufgrund der Budgeterhohung gestiegen (Pfeil nach rechts!); Gut j ist also ein superiores Gut. Liegt das neue Konsumoptimum dagegen so wie im rechten Diagramm, dann sinkt die von Gut j nachgefragte Menge bei der unterstellten Budgeterhohung (also Pfeil nach links!); Gut j ist in diesem Fall ein inferiores Gut. Die Argumentation hat gezeigt, wie die Praferenzen der Konsumenten geartet sein miissen, damit sich auf der Marktebene ein Gut als superior oder inferior erweist. Entscheidend ist offenbar die Lage der Indiflferenzkurven. Damit es zu einer fallenden Engel'schen Nachfragekurve kommt (inferiores Gut), bedarf es einer dominierenden Anzahl von Konsumenten, deren Indiflferenzkurven wie im rechten Diagramm von Abbildung 15.2 gelagert sind. Umgekehrt kann ein Gut auch dann eine steigende Engel'sche Nachfragekurve au^eisen, also superior sein, wenn nur eine Minderheit von Konsumenten dieses Gut als inferior bewertet. Verbindet man im Konsummengendiagramm alle optimalen Konsumpunkte (hochstpraferierte Guterbundel), die sich bei verschiedenen Niveaus des Einkommens beziehungsweise Budgets B ergeben, so ergibt sich eine Kurve, die als Einkommen/Konsuin-Kurve bezeichnet wird. Der Leser moge in den beiden Diagrammen der Abbildung 15.2 jeweils eine Einkommen/Konsum-Kurve einzeichnen, die jeweils die beiden dargestellten Konsumoptima als Punkte enthalt. Im linken Diagramm (superior-Fall) weist die Einkommen/Konsum-Kurve eine positive Steigung auf, im rechtenDiagramm (inferior-Fall) eine negative. d) Die Engel'schen Nachfragekurven, welche die insgesamt nachgefragte Menge eines Gutes in Abhangigkeit vom Einkommen aller Nachfrager angeben, diirfen nicht mit den sogenannten Engel-Kurven verwechselt werden, die in der Praxis haufig verwendet werden. Diese geben namlich definitionsgemafi die Ausgaben fiir ein Gut (also: Menge mal Preis) in Abhangigkeit von der Einkommenshohe B an. "Menge" bezeichnet hierbei stets die nachgefragte Menge des Gutes, wie sie durch die Marktnachfragefiinktion (15.1) beschrieben wird. Dargestellt wird bei den Engel-Kurven demnach, wie die Hohe der Gesamtausgaben fiir ein Gut von der Hohe des Gesamteinkommens B aller Nachfrager des
Die Giitemachfrage der Haushalte
64
Gutes abhangt. Zumeist werden die GesaintgroBen noch durch die Anzahl der Nachfrager geteilt, so daB die durchschnittlichen Ausgaben tiber dem durchschnittlichen Einkommen aufgetragen werden, wie im folgenden Empirikum 15.2. Da auch bei den Engel-Kurven von konstanten Giiterpreisen ausgegangen wird, entspricht die Form ihres Verlaufs derjenigen der Engel'schen Nachfragekurven: Als Funktionswert werden auf der senkrechten Achse (Ordinate) nur eben nicht Mengen, sondem Geldwerte aufgetragen. Empirikum 15.2: Das folgende Diagramm zeigt empirisch ermittelte Engel-Kurven fur drei Produktgruppen. Untersucht wurde das Ausgabeverhalten westdeutscher Haushalte im Jahre 1973. [DM] Ausgaben
Ausgaben [DM]
2200
11000
2000
10000
1800
9000
1600
8000
1400
7000
Nahrungs^und Genu&mittei (lechte Achse)
1200
6000
1000
5000
800
4000
800
3000
400
2000
200
1000 "I 5
I
I
I
I
10
15
20
25
I
I
I
I
I
I
I
I
I
I
I
T
30
35
40
45
50
55
60
65
70
75
80
85
Jahreseinkommen in Tsd. DM Quelle: Fotiadis, F. et al.: Konsum- und Investitionsverhalten in der Bundesrepublilc Deutschland seit den funfzlger Jahren; Berlin, 1980, 8. 320, 384.
Engel-Kurven werden deshalb in der Praxis gegeniiber Engel'schen Nachfragekurven bevorzugt, weil durch die Verwendung von Ausgaben als gemeinsames MaB Kurven fiir verschiedene Gtiter in einem Diagramm zusammen dargestellt werden konnen.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
65
Die durch eine Engel-Kurve dargestellten Gesamtausgaben Bj fiir ein Gut j konnen auf verschiedene Weisen berechnet werden: Einmal als Summe der Ausgaben Baller einzelnen Nachfrager i fiir dieses Gut j . Die Ausgaben eines einzelnen Nachfragers entsprechen dabei dem mathematischen Produkt aus Gutspreis pj und der individuellen Nachfragemenge xf\ so daB die Summe dieser Produkte den Gesamtausgaben fur das Gut j entspricht. Die Gesamtausgaben sind allerdings auch gleich dem mathematischen Produkt aus der insgesamt nachgefragten Menge x]^ des Gutes und dessen Preis Pj. Die folgende Gleichung (15.7) faBt die beiden aquivalenten Berechnungsmoglichkeiten zusammen: B, = i B ; = i p^ -xf (p,B') = p^ .x;^(p,B) i=l
(15.7)
i=l
e) Zur Quantifizierung der Abhangigkeiten der Marktnachfrage von ihren einzelnen BestimmungsgroBen werden sogenannte Elastizitatswerte verwendet. Da Elastizitaten nicht nur in der Haushalts-, sondem auch in der Untemehmensund der Markttheorie eine groBe RoUe spielen (wie iibrigens auch in der Wirtschaftspraxis!), erfolgt im Anhang M.7. eine allgemeine und ausftihrliche Darstellung dieses wichtigen MeBkonzeptes. Vor dem Weiterlesen ist es ratsam, sich damit hinreichend vertraut zu machen. Die Abhangigkeit der Marktnachfrage vom Einkommen der Nachfrager wird mittels der Einkommenselastizitat der Nachfrage (auch bezeichnet als: Nachfrageelastizitat in Bezug auf das Einkomiiien) beschrieben, die mit dem kleinen griechischen Buchstaben Epsilon wie folgt definiert ist:
s(xf:B):=
^
=
B ^ •-I, 5B
_ Bxf-B
=
.l^L_ x^
(15.8)
Die linke Definitionsformel wird verwendet, wenn konkret^ Daten iiber die Nachfragemengenanderung ^x^^ und die Einkommensanderung 5B vorliegen. Fiir xf" wird dann zumeist die vor der Anderung nachgefragte Menge des Gutes j eingesetzt und fur B die Hohe des Einkommens der Nachfrager vor der Anderung. Im Zahler des Bruches steht die relative (prozentuale) Anderung der nachgefragten Menge, im Nenner die relative (prozentuale) Anderung des Einkommens der Nachfrager. - Die mittlere und die rechte Formel, die aus der 1
Es konnen naturlich auch die Werte nach der Anderung oder die Mittelwerte aus vorher und nachher realisierten Werten eingesetzt werden. Dabei ergeben sich allerdings unterschiedliche Elastizitatswerte.
66
Die Gutemaclifrage der Haushalte
linken durch Beseitigen des Doppelbruches enteht, wird zur Elastizitatsermittlung verwendet, wenn eine Nachfrage/wwtoow gegeben ist. Die Einkommenselastizitat gibt an, um wieviel Prozent sich die nachgefragte Menge des betrachteten Gutes andert, wenn das Einkommen der Nachfrager des Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Ihr Vorzeichen hangt vom Steigimgsverhalten der Engel'schen Nachfragekurve gemaB Gleichung (15.6) ab. Der Leser kann deshalb in (15.6) statt der Ableitung auch die Einkommenselastizitat hinsichtlich ihres Vorzeichens und der dadurch defmierten Art des Gutes unterscheiden. Praktische Bedeutung haben Einkommenselastizitaten unter anderem bei Nachfrage- und Absatzprognosen, der Sortimentspolitik von Untemehmen und bei der Erklarung von Marktanteilsentwicklungen. Femer lassen sie Riickschliisse auf die Konjunkturabhangigkeit zu und sind auch fur strategische Angebotsentscheidungen relevant. Aufgabe 15.1: Gegeben sei die folgende Marktnachfragefiinktion eines Gutes: x^(p,B)
®' p-2
Wie groB ist die Einkommenselastizitat der Nachfrage bei einem Einkommen von B = 2500 und einem Preis des Gutes von p = 6 ? Was besagt der Elastizitatswert?
Kennt man den Elastizitatswert 8(x]^ :B), so kann man durch Umstellen von (15.8) nach dxj^ eine Schatzformel fiir die absolute Nachfragemengenanderung des Gutes j gewinnen, die angibt um wieviele Einheiten die nachgefragte Menge steigen oder zurtickgehen wird, wenn das Einkommen der Nachfrager sich um 3B Einheiten oder um 5B/B Prozent andert: axj^ = x^ ' s(x]^:B) . —
(15.9)
Ist beispielsweise x-^ = 1000, s ( x ^ : B ) = 2 und steigt das Nachfragereinkommen von B = 100 um 5B = 3, also um drei Prozent, so wird sich gemaB (15.9) die Nachfragemenge um etwa 5xf = 1000-2-0,03 = 60 Einheiten erhohen. f) Die zuvor im Abschnitt b) getroffene Unterscheidung von Giiterarten nach dem EinkommenseinfluB auf die Nachfrage kann auch mittels der Einkommenselastizitat vorgenommen und sogar noch verfeinert werden (siehe Abbildung
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
67
15.3). Tatsachlich sind es stets Elastizitaten, auf denen die okonomische Giiterklassifikation beruht. Abbildung 15.3: Guterklassifikation nach derHohe der Einkommenselastizitdt A £(x]:B)
U stark superiores Gut (Luxusgut) >- schwach superiores Gut (Grundgut)
n:
einkommensstarre Nachfrage
inferiores Gut
Danach lassen sich Giiter mit einer positiven Einkommenselastizitat noch in stark und in schwach superiore Giiter unterteilen, je nachdem, ob sich Einkpmmenserhohungen tiberproportional ( s(Xj^ :B) > 1 ) oder unterproportional (0 < 8(Xj^ :B) < 1) auf die nachgefragte Menge auswirken. In der Abbildung 15.1 hegt der Engel'schen Nachfragekurve (1) ein stark superiores Gut (Luxusgut) und der Kurve (3) ein schwach superiores Gut (Grundgut) zugrunde. (2) ist ein in der Reahtat nur selten zu beobachtender Grenzfall (siehe "Mobel" im Empirikum 15.2). Der Leser schreibe die genannten Wertebereiche der Einkommenselastizitat an die zugehorigen Kurven in Abbildung 15.1. Die empirisch gestutzte Feststellung, daB es sich bei Nahrungsmitteln regehnaBig um schwach superiore Giiter handelt, geht auf den schon erwahnten Statistiker Ernst Engel (1857) zuriick und wird ihm zu Ehren als Engel'sches Gesetz bezeichnet. DaB es sich auch bei Wohnraum um ein schwach superiores Gut handelt, heiBt nach dem Entdecker dieser Eigenschaft Schwabe'sches Gesetz. Einige empirisch ermittelte Zahlenwerte fiir Einkommenselastizitaten enthalt das folgende Empirikum:
1
Der Berliner Wohnungsstatistiker Heinrich Schwabe veroffentlichte seine Untersuchung 1868. Die Aussage, dafi die Mietausgaben mit steigendem Haushaltseinkommen nur unterproportional ansteigen, gilt streng genommen nur fur Haushalte, die der gleichen sozialen Schicht angehoren.
Die Giitemaclifrage der Haushalte
68 Empirikum 15.3:
Die folgende Tabelle gibt einige in der Nachfrageforschung empirisch ermittelte Werte fur Einkommenselastizitaten verschiedener Produkte und Produktgruppen wieder: Nahrungs-ZGenuRmittel Weine und Spirituosen Alkohol Mahlzeiten im Restaurant Getranke Bier Wasser Bananen Orangen Kartoffein und Gemuse Fleisch und Fleischwaren Nahrungsmittel insg. Milch und Kase Molkereiprodukte Brot und Backwaren Butter Eier Obst Kase Kaffee Fisch Magarine Schweinefleisch Ole und Fette Mehl Zucker und SuSigkeiten Vollmilch Brot und Cereal ien
s(x^:B) 1 Sonstige Giiter 2j6 1,54 1,4 1,37 1,22 1,02 0,95 0,92 0,87 0,8 0,77..0,8 0,6..0,7 0,53 0,5 0,37..0,47 0,37 0,27 0,21 0 -0,03..0,9 -0,16..-0,2 -0,2 -0,32 -0,36 -0,45 -0,5 -0.5
1
Sportartikel Kraftstoffe, Schmiermittel Taxi-Leistungen Nachrichtenuberm itti ung Kraftfahrzeuge Gas Catering Wohneigentum Mobel Bildung und Unterhaltung Mieten Korper- und Gesundheitspflege Kunst, Sport, Vergnugen Verkehrsleistungen Bucher, Zeitungen Krankenversicherung Kabelfernsehen Telefonnutzung Medizinische Dienste Schuhe Spenden fur wohltatige Zwecke Kleidung Postdienst (Briefe) Tabak Wohnung Elektrizitat Bahnnutzung
s(x^:B)
_ 3,1.3,5 2,8 2,5..2,6 2,46..6,2 1,74 1,64 1,49 1,48 1,4 1,2 1,1.3,6 1,11,01 1,0.. 1,44 0,92 0,83 0,83 0,75..1,9 0,7..1,2 0,7 0,68.. 1,02 0,65 0,64 0,43..0,89 0,2 -0,4
Quellen: Gerfin, H./Heimann, P.: Elastizitat; in: Handworterbuch der Wirtschafts-wissenschaften; Stuttgart, 1979, S. 357, m.B.a. Gollnick, H.G.L: Dynamic Structure of l-lousehold Expenditures in the Federal Republic of Germany - Analyses and Projections 1955-1969/1971 and 1975/1977; Amsterdam u.a., 1975. - Lazear, E./Michael, R.: Family Size and the Distribution of Real Per Capita Income; American Economic Review, 1980, Tab. 2. - Houthakker, H./Taylor, L: Consumer Demand in the United States; Harvard, 1970, Tab. 3.2. - Kohler, H.: Intermediate Microeconomics; New York, 1986, Tab. 4.5, m.B.a. zahlreiche weitere Quellen. - Branch, E.R.: Short Run Income Elasticity for Residential Electricity Using Consumer Expenditure Survey Data; Energy Journal 14, 1993, S. 119. Deaton, A./ Muellbauer, J.: Economics and Consumer Behavior; Cambridge, 1980/94, Tab. 3.1. Deaton, A.S.: The Measurement of Income and Price Elasticities; European Economic Review 6, 1975, Tab. 1.
Beispiel 15.1: Analyse der Einkommensabhdngigkeit der Marktnachfrage. a) Die Analyse der Einkommensabhangigkeit soil exemplarisch anhand einer Nachfragefiinktion erlautert werden, die sich aus der Herleitung des Konsumoptimums in Beispiel 13.1 ergibt. Wir gehen hier einfach davon aus, dafi die Anzahl der I Nachfrager des Gutes 2 alle die gleiche individuelle Nachfrage-
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
69
funktion haben. Die betrelTende Marktnachfragefunktion lautet daim gemaC Gleichimg(15.4): xN(p,B) = I.xNi(p,B) = -
- ^ P2
-
l - l Pl_ ^ V^-P 2
(1)
Um formal zu klaren, ob diese Nachfragefunktion ein inferiores oder ein superiores Gut beschreibt, muB die erste Ableitung nach B gebildet und hinsichtlich ihres Vorzeichens iiberpruft werden. Es ergibt sich: BxN ^ - 1 . > 0 ^ P2
(2)
Die Engel'sche Nachfragekurve des Gutes 2 verlauft demnach mit konstanter positiver Steigung, also linear (siehe die folgende Abbildung). Das Gut 2 ist demnach superior. Zu einer positiven Nachfragemenge x^ kommt es jedoch erst ab einem bestimmten Einkommensniveau, welches dem Schnittpunkt der Nachfragekurve auf der B-Achse entspricht und das wir mit Bo kennzeichnen. Dieser B-Achsenschnittpunkt ergibt sich durch NuUsetzen von X2 (p,B) in Gleichung (1) und Umstellen nach B zu:
Bo = , P ^ V
(3)
a
Wer sich den graphischen Verlauf auch quantitativ verdeutlichen mochte, moge fljr die Konstanten in der Nachfragefunktion (1) Zahlenwerte einsetzen. Der Leser kann beispielsweise a = 1, p = 14, pi = 7, P2 = 2 und I = 200 annehmen. Dann lautet die Engel'sche Nachfragefixnktion einfach x^(B) = lOOB - 1400. Die Steigung gemaB (2) ist ^x^ = 100.
1
Der rechte Summand mit der Wurzel hangt nicht von B ab und fallt somit beim Differenzieren nach B weg.
Die Gutemachfiage der Haushalte
70
Mit der Ableitung (2) laBt sich auch die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach Gut 2 ermitteln:
,N s(x^ : B) =
I •B P2
B X.N 2^-B
IB P2
P-Pl a-p2
Teilt man Zahler und Nenner durch I-B/p^ und zieht im Nenner den entsprechenden Kehrwert quadriert in die Wurzel, so verbleibt: 8(xN : B )
1-
1 P-P1-P2 a-B^
(4)
Mit den oben genannten KoefFizientenwerten ergibt sich beispielsweise: s(x^ :B) 1-
1 14
B B - 14
Der Zahlenwert der Einkommenselastizitat hangt somit im vorliegenden Fall vom Einkommensniveau B ab. Betragt das Einkommen der Nachfrager beispielsweise B = 28, so hat die Einkommenselastizitat in dem genannten Zahlenbeispiel den
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
71
Wert 2, was der Leser nachpmfen moge. Bei B = 49 betragt der Elastizitatswert nur noch 1,4. Die Einkommenselastizitat ist dagegen ofFensichtlich unabhangig von der Anzahl I der Nachfrager. b) Fiir das Gut 1 ergab sich mit der in Beispiel 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen NachfragefUnktion gemaB Gleichung (15.3):
xr(p,B) = I. &
(5)
\a-pi Hierbei ist die Analyse der Einkommensabhangigkeit einfach. Denn nach (5) hangt xj^ nicht von B ab, so daB die erste Ableitung von dieser Funktion nach B (also B X D null ist. Deshalb ist auch die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach Gut 1 null. Die Nachfrage nach dem ersten Gut ist unabhangig vom Einkommen. Dies triflft bei quasilinearen Funktionen gemaB (11.2) fiir die Variable im Funktionsterm f(.) immer zu. Empfehlung: Der interessierte Leser moge auf die in diesem Beispiel dargestellte Weise auch fiir die in Aufgabe 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen (unter der Annahme, daB sie fur alle I Nachfrager identisch sind) die Einkommensabhangigkeit der Marktnachfrage untersuchen.
D Aufgabe 15.2: Betrachten Sie die Marktnachfragefunktion fiir Kaffee aus dem Empirikum 15.1. a) Welchen Wert hat die Einkommenselastizitat der Kaffeenachfrage? b) Was ist KafiFee demnach - okonomisch betrachtet - fiir ein Gut? c) Skizzieren Sie den Verlauf der Engel'schen Nachfi*agekurve.
g) Mit Hilfe der Einkommenselastizitat der Nachfrage kann erklart werden, wie die Anteile, die alle Nachfrager zusammen von Ihrem Budget fiir einzelne Giiter ausgeben (wertmaBige Ausgabenanteile), bei Einkommensanderungen variieren: Zur Verdeutlichung betrachten wir eine von nur zwei Konsumenten i = 1 und i = 2 gebildete Marktnachfrage nach zwei Giitem j = 1 und j = 2. Die folgende Tabelle (Abbildung 15.4) zeigt.ein Zahlenbeispiel mit Angabe der Giiterpreise pj und Nachfragemengen Xj sowie die sich daraus ergebenden Ausgaben. B- bezeichnet die Ausgaben des i-ten Konsumenten fiir das Gut j , B' steht fiir die Gesamtausgaben beziehungsweise das Gesamtbudget des Nachfragers i, Bj sind die Gesamtausgaben aller Nachfrager fiir das Gut j .
72
Die Gutemachfrage der Haushalte
Abbildung 15.4: Beispielhafte Nachfrage- und Ausgabentabelle
\ ^ i \
1
2
-^^ Bj
1-
2
(Pi=4)
(P2 = 3)
xf' = 7
x^'=5
B;=28
B" =15
xf2=6
B'
B' = 43
x f =9
Bj=24
B^=27
B^= 51
xf = 13
x^=14
~
B, = 52
B2 = 42
B = 94
Nachfrager 2 fragt also 6 Mengeneinheiten des Gutes 1 zum Preise von 4 nach und gibt dafijr 24 Geldeinheiten aus. Seine Ausgaben belaufen sich insgesamt auf 51 Geldeinheiten; dies entspricht zugleich seinem Budget. Vom Gut 1 werden insgesamt 13 Mengeneinheiten nachgefragt, und die Gesamtausgaben beider Nachfrager fur dieses Gut belaufen sich auf 52 Geldeinheiten. Die Tabelle zeigt, daB die Summe der Ausgaben aller Nachfrager fur ein Gut gleich dem mathematischen Produkt aus dem Preis des Gutes und der insgesamt von dem Gut nachgefragten Menge ist. Der Leser voUziehe auch die iibrigen in Gleichung (15.7) genannten Berechnungsweisen der Gesamtausgaben anhand der Tabelle nach. Wenden wir uns nun den Gesamtausgabenanteilen zu: Der Anteil, den ein Gut j an den Gesamtausgaben beziehungsweise am Gesamtbudget B aller Nachfrager hat, laBt sich nach dem oben Gesagten berechnen durch:
Vgl. Gleichung (12.2); dort war 9 - B' / B'
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
73
0 ._ ^ _ P r < ( p - B ) ' • B B
(15.10)
Der Leser trage in die untere Freizeile der Tabelle in Abbildung 15.4 die Zahlenwerte fur die Ausgabenanteile Q- ein, das heiBt 9, = 4-13/94 = 0,5532 (=B,/B) und e^ = 3-14/94 = 0,4468 (=B2/B). Die am Anfang dieses Abschnitts aufgeworfene Frage, wie sich dieser Gesamtausgabenanteil fur ein Gut andert, wenn das Gesamteinkommen B der Nachfrager sich verandert, kann durch Bilden der ersten Ableitung von (15.10) beantwortet werden. Da die Variable B sowohl im Zahler als auch im Nenner vorkommt, mufi die Quotientenregel der Differentialrechnung angewendet werden: Pj-Bxf-B-pj-xf B0j =
Pj-X
(B)2
(B)2
BX
•B
xN
In der eckigen Klammer erkennt man die Definitionsgleichung (15.8) der Einkommenselastizitat s(Xj^ :B). Deren Zahlenwert bestimmt somit die Wirkung von Einkommensanderungen auf den Ausgaben- beziehungsweise Marktanteil des Gutes. Denn das Vorzeichen von gBj hangt vom Vorzeichen der eckigen Klammer ab. Es gilt also allgemein folgendes Ausgabenanteilstheorem:
B ^9j ^
=0 <
>
s(xf :B) = 1
(15.11)
Das bedeutet: Bei einer allgemeinen Einkommenserhohung nimmt ceteris paribus der Ausgabenanteil fiir ein Gutes zu (oberer Fall ">"), falls dessen Einkommenselastizitat groBer als Eins ist (stark superiores Gut); er bleibt unverandert ("="-Fall), falls die Elastizitat gleich Eins ist. Bei einer Einkommenselastizitat kleiner als Eins (schwach superiores Gut) nimmt der Ausgabenanteil ab (unterer Fall "<"). Die Aussage (15.11) zeigt somit, dafi Grundgtiter und inferiore Guter (also solche mit 8(Xj^ :B) < 1 beziehungsweise 8(Xj^ :B) < 0), bei wachsendem Einkommen der Nachfrager AusgabenanteilseinbuBen erleiden, wogegen Luxusgtiter mit (s(x^ :B) > 1) Ausgabenanteile hinzugewinnen. Ein gutes Beispiel sind landwirtschaftliche Produkte, die gemaB dem Engel'schen Gesetz (vgl. Vgl. ggf. AnhangM.S.b). Zur Abgrenzung der Guterarten vgl. ggf. Abbildung 15.3.
74
Die Giitemachfrage der Haushalte
Abschnitt f) oben) Einkommenselastizitaten kleiner als Bins aufweisen. Interpretiert man B als das Volkseinkommen, so sagt das Theorem (15.11) voraus, daB der Anteil, der davon fur den Erwerb von Nahnmgsmitteln verwendet wird, im Zeitablauf bei wachsendem Einkommen abnimmt - und damit auch der gesamtwirtschaftliche Anteil des betreffenden Wirtschaftszweiges. Genau dies ist in der Realitat seit langem zu beobachten. h) Wie auch immer sich die Ausgabenanteile verschieben, stets mu6 die Summe aller Anteile Bins ergeben (vgl. auch die unten hinzugefugte Zeile in der Tabelle der Abbildung 15.4): Z Oj = 1
(15.12)
tjber alle Giiter hinweg besteht indes ein wichtiger Zusammenhang zwischen den Ausgabenanteilen und den Einkommenselastizitaten. Dieser kann wie folgt begriindet werden: Weil jeder Konsument sein Budget voU verausgabt, muB auch die Summe der Gesamtausgaben fiir alle J Giiter (also die Summe der Bj) dem Gesamteinkommen B aller Konsumenten entsprechen. In der Tabelle der Abbildung 15.4 zeigt dies die Bj-Zeile unten: Pi.xf(p,B) + ... + pj.xJ^(p,B) = i Pj-xf(p,B) = B
(15.13)
Wird diese Gesamtbudgetbeschrankung nach B differenziert, so zeigt die Ableitung, wie sich die Ausgabenanteile flir die einzelnen Giiter andem, wenn das Einkommen beziehungsweise die Gesamtausgaben B um eine kleine Einheit steigen (bei unveranderten Preisen): PI • BX^ + p2 . gxN + ... + pj . Bxf = X Pj • Bxf = 1
(15.14)
Nehmen also die Gesamtausgaben der Nachfrager fiir die betrachteten Guter um eine Geldeinheit zu, dann muB die Summe aller Mehrausgaben fur die einzelnen Giiter (das ist jeweils Pj • BX]^) gerade dieser einen Geldeinheit entsprechen. Diese zwingende Bedingung wird als EngeFsches Theorem (oder: Engel'sche Aggregationsbedingung) bezeichnet. Es kann auch mittels Elastizitaten ausgedriickt werden, was fur die praktische Anwendung in der Nachfrageforschung oft vorteilhafter ist. Dazu ist einfach die obige Gleichung (15.14) mit Xj^-B im 1
Diese Tatsache beruht auf der Unersattlichkeitsannahme (HI) aus dem Kapitel 1.1. und wurde in Kapitel 1.2.d) erlautert.
1.5. Aggregation und MarktnachJBrage
75
Zahler und Nenner zu erweitem. Das ftihrt zu: yp.^xN.-^— j=l
= y £L_^.^J—
xAVN .. R D
jj=l^
B
= 1
x^
In dieser Darstellung erkennt man die formalen Strukturen des Ausgabenanteiis 9j aus (15.10) und der Einkommenselastizitat 8(x^ :B) aus (15.8). Somit lautet das Engel'sche Theorem in Elastizitatsschreibweise:
2:ej.8(xf:B)= 1
(15.15)
Die Gleichung besagt: Die Summe der mit dem jeweiligen Ausgabenanteil gewichteten Einkommenselastizitatswerte aller Giiter ist stets gleich Eins. Da die Anteile 6j stets positive Zahlenwerte sind, folgt aus dem Engel'schen Theorem unter anderem, daB nicht alle Giiter inferior (d.h. mit s(Xj^ : B) < 0) sein konnen. Es zeigt auch, daB die Einkommenselastizitaten der einzelnen Giiter nicht unabhangig voneinander sind. Das muB besonders bei der empirischen Ermittlung von Nachfragefunktionen und Elastizitaten beachtet werden. Aufgabe 15.3: Die Konsumenten geben annahmegemaB 50 Prozent ihres »Fortbildungsbudgets« fur Fachliteratur und 30 Prozent fur Weiterbildungsveranstaltungen aus. Der Rest entfallt auf Fernkurse. Es sei bekannt, daB jede zusatzHche Geldeinheit fiir Fortbildungsausgaben vollstandig fiir diese drei Zwecke verausgabt wird. Mittels statistischer Verfahren wurde fur die Femkurs-Nachfrage eine Einkommenselastizitat von 1,1 und fiir Literatumachfrage eine von 0,72 ermittelt. Welchen Zahlenwert muB dann die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach Weiterbildungsveranstaltungen haben?
1.5.3. Kreuznachfrage und Kreuzpreiselastizitat a) Nun ist ceteris paribus die Auswirkung der Verdnderung eines Preises (sog. partielle Preisvariation) auf die Nachfrage eines Gutes zu untersuchen. Hierzu werden alle iibrigen Preise und das Einkommen als konstant betrachtet. Zwei Falle sind zu unterscheiden: Zum einen die Auswirkung der Veranderung des Preises eines Gutes auf die nachgefragte Menge eben dieses Gutes {Eigenpreis-
76
Die Giitemaclifrage der Haushalte
abhdngigkeit), zum anderen die Auswirkung der Veranderung des Preises eines Gutes auf die Nachfragemenge eines anderen Gutes {Fremdpreisabhdngigkeit). Beginnen wir mit dem Fall der Fremdpreisabhangigkeit. Er wird beschrieben durch eine weitere spezielle Form der Marktnachfragefunktion (15.1), die als Kreuznachfragefunktion bezeichnet wird. Ihr Graph heiBt Kreuznachfragekurve. Sie zeigt, wie die nachgefragte Menge eines Gutes j von dem Preis eines anderen Gutes, nennen wir es h, abhangt. Das Einkommen B wird konstant gesetzt, ebenso der Vektor der iibrigen (also aller auBer ph) Preise P = (Pi?P2v9Ph-i,Ph+iv-,Pj)• Das ist wieder an den Querstrichen zu —\h
erkennen: N _ _N
^j = ^j (Ph,P,h'B)
(15.16)
Zur formalen Analyse der Fremdpreisabhangigkeit muB die allgemeine Nachfrageflinktion (15.1) des Gutes j nach dem Preis dieses »anderen« Gutes h partiell difFerenziert werden. Altemativ dazu kann auch die Kreuznachfragefunktion (15.16), die j a letztlich x^ (ph) lautet, normal nach ph abgeleitet werden. Diese Ableitung ist:'
5xf h^f
:= - r - ^
(15.17)
Sie gibt an, um wieviele Einheiten sich die Nachfragemenge des Gutes j andert, wenn der Preis des Gutes h (also ph) um eine kleine Einheit steigt (oder sinkt). Dadurch wird eine Art der Abhangigkeit zwischen den Nachfragen und Preisen verschiedener Guter beschrieben (sog. okonomische Nachfrageinterdependenz). Diese ist, wie die Erfahrung zeigt, bei Nachfrageanalysen nicht zu vemachlassigen. Die Ableitung kann ein positives oder ein negatives Vorzeichen haben, je nachdem ob aufgrund des Preisanstiegs um c)ph die Anderung 5xJ^ der Nachfragemenge positiv oder negativ ist. Die Mengenanderung (und damit die Ableitung) kann natiirlich auch null sein. b) Ist die Ableitung (15.17) positiv (h'xf > 0), dann nennt man das Gut j ein okonomisches Substitut von Gut h. Hat sie ein negatives Vorzeichen (h'Xj^ < 0), dann heiBt j ein okonomisches Komplement von Gut h. Ergibt die Ableitung null (hxj^ = 0), so handelt es sich bei j um ein von h okonomisch
1
Unter den Ableitungsstrich schreiben wir hier nur den Index der Variablen, nach der differenziert wird, namlich h.
1.5. Aggregation und Marktnaclifrage
77
unabhangiges Gut. Der Leser schreibe diese Begriffsdefinitionen rechts neben die Ableitung in (15.17). • Bei okonomischen Substituten fiihrt die Erhohung des Preises eines Gutes zu einer Mehmachfrage des anderen Gutes. Substitute sind oft Giiter, die einander funktionell ersetzen konnen, wie zum Beispiel Butter und Margarine, die beide die Funktion des Brotaufstriches erfiillen konnen. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen Giiter okonomische Substitute sind, ohne sich fianktionell ersetzen zu konnen; darauf wird spater naher eingegangen. Zudem mufi zwischen kurz- und langfristiger Substitutivitat unterschieden werden, weil manche Giiter erst in der langen Frist gegeneinander substituiert (ersetzt) werden konnen, zum Beispiel Erdgas gegen Heizol fiir die Heizung eines Hauses mit bestehender Heizungsanlage. Andere Giiter sind dagegen praktisch ohne Zeitverzogerung substituierbar, wie etwa Feuerzeuge durch Streichholzer oder Zucker durch SiiBstofF. • Bei okonomischen Komplementen sinkt mit steigendem Preis eines Gutes die nachgefi-agte Menge eines anderen Gutes. Komplemente sind haufig Giiter, die QinandQY funktionell ergdnzen und regelmafiig zugleich und in einem bestimmten Mengenverhaltnis verwendet werden. Zum Beispiel werden Softeis und Waffelhomchen in der Regel gemeinsam konsumiert, ebenso Fiillfederhalter und Tinte oder Zahnbiirste und Zahncreme. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Giiter, die okonomische Komplemente sind, ohne sichfiinktionellzu erganzen. • Bei okonomisch unabhangigen Giitem reagiert die Nachfi-age nicht auf Preisanderungen eines anderen Gutes. Es fallt schwer hierfiir typische Beispiele zu nennen, da sich bei empirischen NaclAageanalysen - oft iiberraschend Kreuzpreisbeziehungen auch zwischen anscheinend ganz unterschiedlichen Giitem zeigen. Zwischen Bergsteigerschuhen, Brot und Badesalz diirften aber wohl vergleichsweise gering ausgepragte Kreuzpreisbeziehungen bestehen, so daB man ihre Nachfi'age als annahemd unabhangig ansehen kann. Die Abbildung 15.5 zeigt beispielhaft einige Verlaufe von Kreuznachfragekurven ftir substitutive, komplementare und unabhangige Giiter. Es werden nur lineare Verlaufe dargestellt, obgleich natiirlich gekriimmte Verlaufe vorkommen konnen und in der Realitat wohl die Regel sind. Uber das Kriimmungsverhalten sagt die erste Ableitung der Kreuznachfragefunktion nichts aus. In dem Diagramm wurde im Gegensatz zur Abbildung 15.1 die unabhangige Variable ph auf der senkrechten Koordinatenachse (Ordinate) und nicht auf der horizontalen Achse 1
In der Literatur ist eine Reihe weiterer, zum Teil rechi komplizierter Definitionen der Substitutivitat, Komplementaritat und Unabhangigkeit von Giitern zu finden. Im Laufe der Zeit haben sich die Auffassungen dariiber stark gewandelt.
78
Die Gutemachfi-age der Haushalte
(Abszisse) aufgetragen. Dies gibt dem Leser die Moglichkeit, sich nun an die umgekehrte Achsenkonvention zu gewohnen, die im folgenden ofter anzuwenden ist. Abbildung 15.5: Kreuznachfragekurven
Bei einem Verlauf entsprechend der Kurye (1) handelt es sich beim Gut j um ein okonomisches Komplement zum Gut h. Je hoher namlich der Preis von Gut h ist, desto geringer ist die Nachfragemenge des Gutes j . Im Fall (2) ist j ein okonomisches Substitut von h. Hier gehen hohe Preise des Gutes h mit ebenfalls hohen und niedrige Preise mit geringen Nachfragemengen beim Gut j einher. Die Kurve (3) reprasentiert den Fall, daB die Nachfrage nach Gut j unabhangig von der Hohe des Preises ph ist. c) Wie konnen diese Arten der Kreuzpreisabhangigkeit der Marktnachfrage haushaltstheoretisch erklart werden? Konkret fragen wir wieder danach, welche Gegebenheiten dem einzelwirtschaftlichen Nachfrageentscheidungsverhalten der Konsumenten zugrunde liegen miissen, damit es auf der Marktebene zu Kurvenverlaufen wie in Abbildung 15.5 kommen kann. Zur Beantwortung dieser Frage wird emeut auf die Ergebnisse des Kapitels 1.3. (Konsumoptimierung) zurtickgegriffen. Dazu betrachten wir die folgende Abbildung 15.6, in der zwei Konsummengendiagramme dargestellt sind. Auf den Achsen werden wieder die Konsummengen zweier Giiter j und h gemessen. In beiden Diagrammen sind zwei Budgetgeraden eingezeichnet, von denen die obere die Anfangssituation bei einem bestimmten Preis des Gutes h wiedergibt. Die nach unten gedrehte Budgetgerade
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
79
stellt die Situation nach einer Erhohimg des Preises ph um dph dar. Das ursprungliche Konsumoptimum (vor der Preiserhohung) ist durch die Tangentialpunkte jeweils einer Indiflferenzkurve auf den oberen, urspninglichen Budgetgeraden gegeben. Wir betrachten nur die optimale und somit von dem Konsumenten nachgefragte Menge des Gutes j , also xf\ die jeweils auf der Abszisse gemessen wird. Abbildung 15.6: Konsumentscheidungen bei substitutiven und komplementdren Giitem
Kommt es zu einer Erhohung des Preises von Gut h um 5ph, so erfolgt eine Drehung der Budgetgeraden (vgl. Aufgabe 12.1b). Das neue Konsumoptimum mu6 auf der unteren Budgetgeraden liegen. Je nach der Gestalt der Praferenzordnung beziehungsweise der Lage der Indiflferenzkurven kann das neue Optimum grundsatzlich irgendwo auf der neuen, unteren Budgetgeraden liegen. In den Diagrammen sind zwei mogliche Punkte eingezeichnet. Der Leser zeichne zur Verdeutlichung, da6 es sich dabei um Konsumoptima handelt, wieder jeweils eine Indiflferenzkurve ein, welche die untere Budgetgerade in dem eingezeichneten Punkten von oben her tangiert. Loten Sie dann von diesen beiden neuen Optimalpunkten senkrecht nach unten auf die Abszisse, und machen Sie durch einen horizontalen Pfeil kenntlich, ob sich die von dem Konsumenten nachgefragte Menge des Gutes j gegentiber dem ursprungUchen Wert xf vergroBert oder verkleinert hat. Im linken Diagramm ist die nachgefragte Menge infolge der Preiserhohung von Gut h gestiegen (Pfeil nach rechts!); Gut j ist somit ein zu Gut h okonomisch subBeaditai Sie beim Zeichnen, dafi sich IndifFerenzkurven nach der Feststollimg (HI.3) in Kapitel 1.1. nicht schneiden diirfen.
80
Die Giitemaclifrage der Haushalte
stitutives Gut. Liegt das neue Konsumoptimum dagegen so wie im rechten Diagramm, dann sinkt die Nachfragemenge des Gutes j bei der unterstellten Preiserhohung von Gut h (also Pfeil nach links!); Gut j ist in diesem Fall ein zu Gut h okonomisch komplementdres Gut. Die vorstehende Fallunterscheidung hat gezeigt, welche Struktur die Praferenzen der Konsumenten haben mtissen, damit auf der Marktebene zwischen zwei Glitem eine substitutive oder komplementare Beziehung zustande kommt. Entscheidend ist einmal mehr, wie die Indifferenzkurven der dominierenden Nachfragergruppe geartet sind. Damit die Nachfrage nach Gut j als unabhdngig vom Preis des Gutes h erscheint, mu6 das neue Konsumoptimum auf der unteren Budgetgeraden genau unterhalb des ursprtinglichen Optimums liegen. Es ergibt sich dann eine Kreuznachfragekurve wie die in der Abbildung 15.5 mit (3) gekennzeichnete. Dieser Effekt kommt auch zustande, wenn einige Konsumenten auf die Fremdpreisanderung mit einer Mehmachfrage, andere dagegen mit einer Mindemachfrage reagieren und sich beide Mengenanderungen auf der Marktebene gerade ausgleichen. Verbindet man im Konsummengendiagramm alle optimalen Konsummengenkombinationen, die sich aus verschiedenen Niveaus eines Preises ergeben, so ergibt sich eine Kurve, die als Preis/Konsum-Kurve bezeichnet wird. Der Leser moge in den beiden Diagrammen der Abbildung 15.6 jeweils eine Preis/KonsumKurve einzeichnen, welche die beiden dargestellten Konsumoptima als Punkte enthalt. Im linken Diagramm (Substitute-Fall) weist die Kurve einen fallenden Verlauf auf, im rechten Diagramm (Komplemente-Fall) einen steigenden. d) Okonomische Substitutivitat und Komplementaritat von Gutem, die iiber die Bedingung (15.17) defmiert ist, darf nicht xmt funktioneller Ersetzbarkeit oder Erganzbarkeit von Gutem, die auf die objektive Verwendbarkeit von Gutem abstellt, gleichgesetzt werden. Zwei extreme Beispiele mogen dies verdeutlichen: • Der Konsum von Rauschgift und die Absicherung durch Diebstahlversichemngen sind sicher keinen funktionellen Substitute, da sie ganz unterschiedliche Bedurfiiisse befriedigen. Im okonomischen Sinne kann es sich jedoch um Substitute handeln, wenn beispielsweise eine Verteuerung des Rauschgifts (z.B infolge groBerer Erfolge der Drogenfahndung) zu vermehrtem Diebstahl durch die Stichtigen und damit zu einer wachsenden Nachfrage nach Diebstahlversichemngen durch die potentiell Geschadigten fiihrt. • Zucker und SiiBstoff konnen sicherlich funktionell als sehr enge Substitute angesehen werden, da es haufig nicht darauf ankommt, ob Zucker oder SiiBstoff zum SiiBen verwendet wird. Hat aber beispielsweise ein Gramm SiiBstoff die
1.5. Aggregation iind Marktnachfrage
81
gleiche SuBwirkung wie fiiiif Gramm Zucker, so erhoht sich die Nachfrage nach SuBstofF nur wenig wenn der Zuckerpreis steigt. Die Mengenanderung ware (prozentual betrachtet) noch geringer, wenn SuBstoff auch noch fiir andere Zwecke auBerhalb des Zuckerersatzes Verwendimg fende. Okonomisch gesehen wtirde es sich dann bei Zucker und Stlfistoff nur um sehr schwache Substitute handeln. Die Erfahrung in der Marktforschung zeigt, daB haufig zwischen Giitem substitutive Oder komplementare Beziehungen (im okonomischen Sinne) bestehen, die man auf den ersten Blick nicht vermutet hatte. Nur durch eingehende statistische alysen der kreuzweisen Preisabhangigkeiten der Nachfragen konnen diese Beziehungen aufgedeckt werden. Aufgabe 15.4: Sei j das Gut Joghurt und h das Gut Haferflocken. Welche tatsachlichen Griinde konnten dafiir sprechen, daB es sich bei Joghurt a) um eiQ okonomisches Substitut oder b) um ein okonomisches Komplement von Haferflocken handelt?
Die vorstehende Aufgabe zeigt, daB die Art der Nachfragemterdependenz von Gutem von deren Verwendungsweise abhangt. Deshalb kann sie sich im Zeitablauf andem. Fruher waren beispielsweise Automobile und Motorrader okonomische Substitute, wogegen sie heute eher als Komplemente angesehen werden konnen. e) Als MaB fur die Abhangigkeit der Marktnachjfrage nach einem Gut j von dem Preis eines anderen Gutes h dient die sogenannte Kreuzpreiselastizitat der Nachfrage (auch indirekte Preiselastizitat genannt). Sie gibt an, um wieviel Prozent sich die Nachfragemenge eines Gutes verandert, wenn der Preis eines bestknmten anderen Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Die linke Formel in (15.18) ist wieder bei gegebenen Daten und die rechte bei einer gegebenen Nachfragefiinktion zu verwenden (vgl. Anhang M.7.):
^
8(>:j':Ph)
:•
t'Ph
^ Ph ^h
"Ph xj-
.
h'xf-Ph
x^ xy
(15.18)
Ph Von praktischer Relevanz sind Kreuzpreiselastizitaten unter anderem bei der Abgrenziing von Markten und einzelnen Marktsegmenten sowie bei der
Die Giitemachfrage der Haushalte
82
Formulienmg von Preisstrategien in Untemehmen. Vor allem bei der Sortimentpreisgestaltung mtissen Verbundeflfekte bemcksichtigt werden. Kennt man den Elastizitatswert s(x^ 'Ph)^ so kann man durch Umstellen von (15.18) nach bxf eine Schatzformel fiir die absolute Nachfragemengenanderung des Gutes j gewinnen, die angibt, um wieviele Einheiten dessen Nachfragemenge steigen oder zuruckgehen wird, wenn der Preis des Gutes h sich um 5ph Einheiten oder um 5ph/ph Prozent andert:
dxf = xf sixfiph) •
^Ph
(15.19)
Ph
Ein Zahlenbeispiel kann sich der Leser analog zu (15.9) selbst iiberlegen. Das Vorzeichen der Kreuzpreiselastizitat hangt vom Steigungsverhalten der Kreuznachfragekurve ab. Die Ableitung der Kreuznachfrageftinktion (vgl. Gleichung (15,17)) legt das Vorzeichen von s(x^ :pjj)fest: Bei okonomischen Substituten liegt eine positive und bei okonomischen Komplementen eine negative Kreuzpreiselastizitat vor; bei unabhangigen Gutem ist sie null. Tatsachlich beruht die Einteilung in substitutive, komplementare und unabhangige Giiter stets auf Elastizitaten. Mit Hilfe der Kreuzpreiselastizitat konnen die okonomischen Kreuzbeziehungen zwischen Giltem sogar noch etwas weiter differenziert werden, wie die folgende Abbildung zeigt: Abbildung 15,7: Giiter- und Nachfrageklassifikation mittels der Kreuzpreiselastizitat (okonomische Beziehungen)
E(X^PH)
r
3 ist ein starkes (enges) okonomisches Substitut von h
li
}
j ist ein schwaches okonomisches Substitut von h j ist okonomisch unabhangig von h j ist ein schwaches okonomisches Komplement von h
ist ein starkes okonomisches Komplement von h
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
83
Bei starker okonomischer Substitutionalitat oder Komplementaritat erfolgt demnach eine im Vergleich zur auslosenden Preisanderung iiberproportionale Mengenreaktion. Einige empirisch ermittelte Kreuzpreiselastizitatswerte enthalt das Empirikum 15.4. Der Leser liberlege, woran es liegen kann, daB es sich nach den dort ausgewiesenen Elastizitatswerten bei Margarine und Eiem um okonomische Komplemente, bei Margarine und Fleisch dagegen um okonomische Substitute handelt. Und warum sind Margarine und Butter fur »reiche« Angestelltenhaushalte sehr schwache, fiir weniger reiche Haushalte dagegen starkere okonomische Substitute? Empirikum 15.4: Die folgenden Tabellen geben einige empirisch ermittelte Werte fur Kreuzpreiselastizitaten zwischen verschiedenen Produkten und Produktgruppen wieder: a) Elastizitat der Margarinenachfrage inBezugaufden
Einkommen der Arbeiterhaushalte niedrig hoch
Einkommen der Angestelltenhaushalte niedrig hoch
Butterpreis
0,78
0,55
1,38
0,72
Fleischpreis
0,03
0,43
1,24
0,59
-0,33
-0,16
-0,3
-0,26
Eierpreis
Quelle: Krelle, W.: Elastizitat von Angebot und Nachfrage; Handworterbuch der Sozialwissenschaften, Band 3, Stuttgart u.a. 1959, S. 180.
Zeitzone
Elastizitat der Telefonnutzung in Bezug auf den Preis in der Zeitzone Tag Abend NachtAVochenende
Tag
-0,56
0,35
0,21
Abend
0,37
-0,46
0,09
Nacht/Wochenende
0,31
0,14
-0,45
b)
Quelle: Chen, J.S.A./Walters, J.S: Estimating Telephone Usage Elasticities; Applied Economics 24, 1992, S. 1222.
Die Giitemachfrage der Haushalte
84
c)
Nachfrageelastizitat in Bezug auf den Preis von Fleisch Fisch Tabakwaren
Fleisch
-0,48
0,01
-0,04
Fisch
-0,06
-0,72
-0,03
Quelle: Barten, A.P.: Consumer Demand Functions under Conditions of Almost Additive Preferences; Econometrica, 1964, Tab. 15.
d) Gut der Mengenanderung
Gut der Preisanderung
Elastizitat
Butter Margarine Rindfleiscb Schweinefleiseh Elektrizitat Erdgas Obst Orangen Orangen Bananen Kase Kase
Margarine Butter Schweinefleiseh Rindfleisch Erdgas Heizol Zucker Frischgemuse Bananen Orangen Rindfleisch Butter
+0,67 +0,81 +0,28 +0,14 +0,20 +0,44 -0,28 +0,53 +0,28 -0,41 +0,84 -0,61
Quelle: Kohler,>|.: Intermediate Microeconomics; New York, 1986, Tab. 3.6, m.B.a. weitere Quellen. Deaton, A./ Myellbauer, J.: Economics and Consumer Behavior; Cambridge, 1994, Tab. 3.1.
f) Bei der empirischen Ermittlung von Kreuzpreiselastizitaten ist zu beachten, daB letztlich die Nachfragen aller GUter in schwachem MaBe okonomisch interdependent, das heiBt voneinander abhangig sind. Das hegt einfach daran, daB die Budgets der Konsumenten beschrankt sind. Fiihrt die Anderung eines Preises ph zu einer Anderung der Ausgaben fur dieses Gut, so muB es - bei unverandertem Budget - bei anderen Giitem zu einer gegenlaufigen Anderung der Ausgaben und damit wohl auch der nachgefragten Mengen kommen. Steigt beispielsweise der Benzinpreis und erhohen sich wegen mangehider AusweichmogHchkeiten die Ausgaben der Haushalte fur dieses Gut, dann reduzieren diese zum Ausgleich ihrer Budgets vielieicht den Konsum von Zeitschriften. Mit der Benzinpreiserhohung w^e dann - nur aufgrund der beschrankten Budgets - ein Nachjfrageriickgang l?ei Zeitschriften einhergegangen. Deshalb wtirde dann zwischen beiden Gtitem eine komplementare Beziehung festgestellt. Dieser im folgenden vernachlassigte budgetbedingte Zusammenhang wird als schwache Nachfrageinterdependenz bezeichnet.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
85
Es kann vorkommen, daB ein Gut j zwar ein okonomisches Substitut (oder Komplement) fur ein Gut h ist, nicht aber umgekehrt auch h ein okonomisches Substitut (bzw. Komplement) fur Gut j . Allgemein kann von einer solchen asymmetrischen Nachfrageverbundenheit gesprochen werden, wenn s(x^ : pj^) nicht gleich s(Xh^: Pj) ist. Ohne Anspruch auf Realitatsgehalt erheben zu woUen, sollen hier nur zur Verdeutlichung zwei mogliche Beispiele fur extreme, sich sogar in unterschiedlichen Vorzeichen der Kreuzpreiselastizitaten ausdriickende asymmetrische Nachfrageinterdependenz (sog. diametrale Nachfrageverbundenheit) skizziert werden. Bei funktionellen Substituten oder Komplementen ist eine diametrale Nachfrageverbundenheit in der Regel nicht zu erwarten. • So konnte zwischen der Nachfrage nach Elektrogeraten und Reparaturdienstleistungen eine solche Situation bestehen: Steigt der Preis fiir neue Elektrogerate, so werden weniger davon gekauft und folglich auch weniger Reparaturleistungen nachgefragt; demnach sind Reparaturdienstleistungen okonomische Komplemente zu Neugeraten. Verteuem sich hingegen die Reparaturleistungen, so wird die Nachfrage nach neuen Elektrogeraten zunehmen, well sich die Reparatur defekter Gerate vielfach nicht mehr lohnt. Folglich sind Neugerate okonomische Substitute zu Reparaturdienstleistungen. - Ein ahnlicher Fall liegt bei batteriebetriebenen Armbanduhren und den zu ihrem Betrieb erforderlichen Batterien vor. Steigt der Preis fur Uhren, geht (auch) die nachgefragte Batteriemenge zuriick (also sind Batterien Komplemente von Uhren). Steigt aber der Preis fur Batterien, nimmt unter Umstanden die Nachfrage nach Uhren zu, well neue Uhren mit Batterie haufig billiger sind als Ersatzbatterien (also sind Uhren okonomische Substitute von Batterien). • Ein weiteres Beispiel stammt von Horst Herberg : Zucker wird in unterschiedlichem MaBe fiir die Zubereitung von Kuchen, Schokolade, Konfittire und ahnlichem benotigt. Wenn der Preis fiir Mehl steigt und deshalb Kuchen teurer wird, dann werden »SuBmauler« weniger Kuchen, aber daflir mehr Schokolade etc. essen. Dadurch kann, obwohl weniger Zucker fiir die Kuchenherstellung verwendet wird, der Zuckerverbrauch insgesamt steigen. Zucker ist also (im okonomischen Sinne) ein Substitut fiir Mehl. Steigt dagegen der Zuckerpreis, so werden sowohl Kuchen als auch Schokolade teurer und weniger nachgefragt, so daB auch der Mehlverbrauch sinkt. Demnach ist Mehl (okonomisch gesehen) ein Komplement von Zucker. - Ein weniger extremes Beispiel ist Superbenzin, das zwar als Substitut fiir Normalbenzin dienen kann, nicht aber umgekehrt.
^ Vgl. H. Herberg: Preistheorie; 3. Aufl. 1994, Stuttgart u.a., S. 44, Fn. 32.
Die Giitemaclifrage der Haushalte
86
Beispiel 15.2: Analyse der Kreuzpreisabhdngigkeit der Marktnachfrage. Die Analyse der Kreuzpreisabhangigkeit soil exemplarisch wieder auf der Grundlage der Nachfragefunktionen (15.3) und (15.4) erfolgen, die sich durch Aggregation der als identisch imterstellten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen aus Beispiel 13.1 ergaben (vgl. auch Beispiel 15.1). Die beiden Marktnachfragefunktionen lauten:
xr(p.B) = I x^(p,B) =
(1)
ya-Pi
IB
(2)
\a-p2
P2
a) Zur formalen Untersuchung, ob das Gut 1 ein okonomisches Substitut oder Komplement von Gut 2 ist, muB die Nachfragefunktion (1) nach p2 differenziert werden (dazu bietet es sich an, zunachst p2 aus der Wurzel herauszuziehen):
2^1
I-
•(P2)2
'a-P,
= I-
T-(P2) '
a-p,
P 2
>
^a-Pj-Pj
0
(3)
Die Ermittlung der Kreuzpreiselastizitat der Nachfrage fiir das Gut 1 in Bezug auf den Preis des Gutes 2 ergibt nach (15.18) mit der obigen Ableitung: '
N
.N.
B(xf:p2)
x^
P
21| a - P 2 - P i T . ( ^
p "2
=
i > 0
(4)
2
ap, Da die Ableitung und damit auch die Elastizitat positiv ist, handelt es sich beim Gut 1 um ein okonomisches Substitut von Gut 2. Da zudem der Elastizitatswert zwischen Null und Eins liegt, ist es gemaB Abbildung 15.7 ein schwaches Substitut. s(xf :p2) hangt weder vom Einkommen noch von den Preisen ab. Die Nachfrage des Gutes 1 ist deshalb isoelastisch (vgl. Anhang M.7.c). Auch die Nachfrageranzahl I ist unerheblich.
1.5. Aggregation und Marktnaclifrage
87
Die Kreuznachfragekurve des Gutes 1 in Abhangigkeit vom Preis des Gutes 2 hat den folgenden Verlauf:
X?(pJ
Die iiber der xpAchse konvexe (und tiber der p2-Achse konkave) Kriimmung des Graphen ist typisch, weil die Substituierbarkeit durch das Gut 1 mit steigendem Preis des Fremdgutes (P2) immer schwieriger wird, zumindest bei fiinktionell verbundenen Giitem. b) Zur Untersuchung der umgekehrten Beziehung (Abhangigkeit der Nachfrage nach Gut 2 vom Preis des Gutes 1) wird die Nachfragefunktion X2 (p,B) gemaB (2) nach pi differenziert: ' N 1^2
=
IB P2
I-
P a P2
•(Pl)2
= -I
a•P2
2
"2''ya- Pi •P2
'
< 0
(5)
Gut 2 ist demnach nicht auch Substitut fiir Gut 1, sondem hat einen komplementaren Charakter. Denn das negative Vorzeichen zeigt an, daB bei steigendem Preis pi die nachgefragte Menge des Gutes 2 sinkt. Die beiden hier verwendeten Nachfragefunktionen bieten somit ein Beispiel fur diametrale Nachfrageverbundenheit. Der interessierte Leser iiberlege sich analog zur Abbildung 15.6, wie dieser Fall haushaltstheoretisch begrimdet werden kann.
88
Die Giitemachfrage der Haushalte
Die vergleichsweise schwierige Ermittlung der Kreuzpreiselastizitat des Gutes 2 in Bezug auf den Preis des Gutes 1 bleibt dem interessierten Leser zur tjbung iiberlassen. Hier nur das Endergebnis: 1
T
<x? :pi) B
(6) - 1
Die Kreuznachfragekurve von Gut 2 in Abhangigkeit vom Preis des Gutes 1 verlauft wie folgt:
Die Kreuznachfragekurve schneidet beide Koordinatenachsen. Es sei noch einmal gezeigt, wie diese Schnittpunkte ermittelt werden konnen: Der MengenachsenSchnittpunkt x" ergibt sich einfach dadurch, dafi in X2 (p,B) aus (2) der Preis des Gutes 1 null gesetzt wird. Dann verbleibt: X2
=
IB
(7)
P2 Der Preisachsen-Schnittpunkt p? liegt dort, wo x^ null ist. Zur Ermittlung ist also die Nachfragefunktion X2(p,B) gleich Null zu setzen und dann nach pi aufzulosen:
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
P2
«
89
V"-P2
— = J—^-(PO^ P2 n
Va-P2 B2.a
Empfehlung: Der interessierte Leser moge auch fur die in Aufgabe 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen (unter der Annahme, daB diese fur alle I Nachfrager identisch sind) die Kreuzpreisabhangigkeit der Marktnachfrage imtersuchen.
n
Aufgabe 15.5: Betrachten Sie die Marktnachfragefimktion fiir Kafifee aus dem Empirikum 15.1. a) Welchen Wert hat die Kreuzpreiselastizitat der Kafifeenachfrage in Bezug auf Tee? b) Was ist KafiFee demnach in Bezug auf Tee - okonomisch betrachtet - fiir ein Gut? c) Skizzieren Sie den Verlauf der Kreuznachfragekurve x J^ (p ).
1.5.4. Marshall'sche Nachfrage und Eigenpreiselastizitat a) Nun ist noch ceteris paribus die Auswirkung einer partiellen Preisanderung auf die n^chgefragte Menge des gleichen Gutes zu untersuchen (Eigenpreisabhangigkeit). Dieser in der Mikrookonomik besonders wichtige Fall wird durch eine dritte spezielle Form der allgememen Marktnachfragefunktion (15.1) beschrieben: die Marshall'sche Nachfragefunktion . Diese ist auch stets gemeint, wenn einfach von "der" Nachfragefunktion gesprochen wird. Ihr Graph heiBt Marshall'sche Nachfragekurve oder nur Nachfragekurve. Sie zeigt, wie die nachgefragte Menge eines Gutes j vom Preis eben dieses Gutes j abhangt. Dabei werden die iibrigen Preise und das Einkommen B, zusammengefaBt in dem Vektor
Nach dem englischen Okonomen Alfred Marshall (1842-1924).
90
Die Giitemachfrage der Haushalte
p =^(Pi,p2,...,Pj-i,Pj+i,..,pjj, konstant gesetzt (wieder symbolisiert durch die oberen Querstriche): x^ =x';ip.,p^^,B)
(15.20)
Wenn keine MiBverstandnisse auftreten koimen, kann bei der Marshall'schen Nachfrageflmktion die Bezeichnimg des Gutes (also hier der Index j) zur Vereinfachung weggelassen werden. Zur formalen Analyse der Eigenpreisabhangigkeit mu6 die allgemeine Nachfragefiinktion (15.1) nach dem Preis des Gutes, fiir das die Nachfrageveranderung ermittelt werden soil, partiell differenziert werden. Altemativ dazu kann die Marshall'sche Nachfragefunktion (15.20), die ja letztlich die Form xf (pj) hat, einfach nach pj differenziert werden. Diese Ableitung, die auch als Grenznachfrage nach dem betrachteten Gut j bezeichnet wird, ist:
Sie gibt an, um wieviele Einheiten sich die Nachfragemenge xf verandert, wenn der Preis des Gutes j um eine kleine Einheit steigt (oder sinkt). Je nachdem, ob bei steigendem Preis (also positiver Anderung Spj) die Nachfragemengenanderung positiv {ixf > 0) oder negativ (bxf < 0) ist, hat die Ableitung hxf /Spj ein positives oder ein negatives Vorzeichen. b) Das Vorzeichen der Ableitung (15.21) dient zur Charakterisierung des Nachfrageverhaltens: • Sinkt die nachgefragte Menge eines Gutes, wenn dessen Preis steigt (negative Ableitung: Ixf <0), so heiBt die Nachfrage nach diesem Gut (beziehungsweise ihre Reaktion auf die Preisanderung) normal. Bei niedrigem Preis wird dann eine groBe und bei hohem Preis eine geringe Menge des Gutes nachgefragt. • Nimmt dagegen die nachgefragte Menge bei einer Preiserhohung zu (positive Ableitung: j-x^^ >0), so heiBt die Nachfrage und ihre Preisreaktion anormal. Vergleichsweise niedrige Preise gehen dann mit einer geringen, vergleichsweise hohe Preise dagegen mit einer groBen Nachfragemenge des Gutes einher. • Andert sich die Nachfragemenge xf bei Variation von pj nicht Qxf =0), so spricht man von einer starren Nachfrage in Bezug auf den Eigenpreis. Dies ist ein theoretischer Grenzfall, der in der Realitat nur naherungsweise vorliegen
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
91
werden kann, zum Beispiel bei unverzichtbaren Gtitem, wie Energie, speziellen Medikatnenten und manchen Suchtstoffen. Der Leser kann die soeben genannten Definitionen neben die Ableitung (15.21) schreiben. Normale Nachfragereaktionen sind die Kegel - daher die Bezeichnung. Anormales Nachfrageverhalten ist allenfalls in einem gewissen Preisintervall moglich, weil bei extrem hohem Preis wegen des begrenzten Einkommens keine beliebig groBe Menge von einem Gut erworben werden kann. Anormalitat ist demnach (wie Inferioritat im Kapitel 1.5.2.b) eine lokale Eigenschaft; das heiBt sie kann in der Realitat nur in einem bestimmten Abschnitt der Marshairschen Nachfragekurve auftreten. Eine Nachfragekurve kann nicht »iiberall« anormal verlaufen; bei sehr hohen (und in der Regel auch bei sehr niedrigen) Preisen verlaufen die Nachfragen aller Giiter normal. Die Abbildung 15.8 zeigt beispielhaft einige Marshall'sche Nachfragekurven mit normalem oder anormalem Verlauf. Wir folgen hier der in der Mikrookonomik tiblichen Achsenkonvention und stellen die abhangige Variable x auf der Abszissen- und die imabhangige Variable p auf der Ordinatenachse dar. Es wird spater klar werden, warum dies zweckmaBig ist. Abbildung 15.8: Marshall'sche Nachfragekurven Pi
Xj
Die Kurven (1) bis (3) zeigen Beispiele normaler Nachfrageverlaufe. Uber die Art der Krummung kaim ja aufgrund der ersten Ableitung (15.21) nichts ausgesagt werden. Die Kurve (4) hat in ihrem mittleren Abschnitt eine positive Steigung, Von theoretischen Ausnahmefallen sei hier abgesehen.
92
Die Giitemachfrage der Haushalte
verhalt sich dort also anormal. Der Leser katin diesen Kurventeil zeichnerisch hervorheben und als anormal kennzeichnen. Sodatin moge uberlegt werden, welchen Verlauf die Marshairsche Nachfragekurve hat, weiin die nachgefragte Menge des Gutes j gar nicht von dem Preis Pj abhangt und folglich auf Anderungen von p j nicht reagiert (preisstarre Nachfrage). SchlieBhch soUte in der Abbildung 15.8 auch die in (15.21) definierte Grenznachfrage, also die Ableitung beziehimgsweise Steigung der Marshall'schen Nachfragekurve verdeutUcht werden. Dazu lege der Leser an einen behebigen Punkt auf einer der Kurven eine Tangente an und zeichne daran ein Steigungsdreieck. Die Steigung \xf = hxf / ^ j entspricht dann der horizontalen Schenkellange, wenn der vertikale Schenkel des Dreiecks auf die Lange Eins (z.B. ein Zentimeter) definiert wird. c) Wie konnen die in Abbildung 15.8 dargestellten moghchen Verlaufe der Marshall'schen Marktnachfragekurve haushaltstheoretisch erklart werden; mit anderen Worten: welche Gegebenheiten miissen dem einzelwirtschafthchen Nachfrageentscheidungsverhalten der Konsumenten zugrunde liegen, damit es auf der Marktebene zu solchen Kurvenverlaufen kommen kann? Interessant ist hier besonders die Erklarung fiir einen teilweise anormalen Verlauf der Marshall'schen Nachfragel^urve. Zur Beantwortung dieser Frage wird emeut auf das Konsumoptimierungsmodell des Kapitels 1.3. zuruckgegriffen. Dazu betrachten wir die folgende Abbildung 15.9, in der zwei Konsummengendiagramme dargestellt sind. Auf den Achsen werden wieder, wie schon in Abbildung 15.6, die Konsummengen zweier Gtiter j und h gemessen. In beiden Diagrammpn sind nun fiinf Budgetgeraden eingezeichnet, die sich nur hinsichthch des Preises des Gutes j unterscheiden: p(i) ist das niedrigste, pj^> das hochste Niveau des Preises pj. Auf jeder Budgetgeraden ist das Konsumoptimum durch einen Tangentialpunkt einer (hier nicht mehr eingezeichneten) Indififerenzkurve dargestellt. Die zugehorigen optimalen und somit von dem Konsumenten nachgefragten Mengen des Gutes j wurden auf die Abszisse gelotet. Nur die sich beim Preisniveau p^^^ ergebende Nachfragemenge des Konsumenten i wurde auch als solche gekennzeichnet: x^*(p^^^). Die alle Konsumoptima verbindende dick eingezeichnete Kurve ist die schon aus Kapitel 1.5.3.c) bekannte Preis/KonsumKurve. Der Leser kann sie als solche bezeichnen.
1
Diese etwa im Vergleich zur Abbildung 11.3 umgekehrte Steigungsmessung beruht darauf, dafi im vorliegenden Fall eine andere Achsenkonvention verwendet wird; die zu differenzierende Grofie x]" steht auf der horizontalen Achse.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
93
Abbildung 15.9: Konsumentscheidungen im Falle normaler und anormaler Nachfrage
B
B
Xi
Y^7n^5>\_B_
_B_ ,W
_B_ nC3)
3_ p;(?)
B
Xj
D(1)
Im linken Diagramm sinkt die nachgefragte Menge xf mit steigendem Preis pj; der Nachfrager i reagiert dort folglich normal. Im rechten Diagramm nimmt dagegen seine Nachfragemenge des Gutes j zu, wemi der Preis vom Niveau p^^^ auf das Niveau p^^^ steigt; die Reaktion des NachJBragers ist in diesem Fall definitionsgemaB anormal. Bei hoheren Preisniveaus verhalt er sich wieder normal. Dpr Leser kann sich tiberlegen, wie die Preis/Konsum-Kurve weiter verlaufen ^luB, damit sich der Nachfrager bei Preisen unterhalb von p{^> auch wieder normal verhalt. Aufgabe 15.6: Messen Sie in der Abbildung 15.9 in jedem der beiden Diagramme die Nachfragemengen xf'auf der Abszisse aus, die sich bei den fiinf dargestellten Niveaus des Preises pj ergeben. Ubertragen Sie die gemessenen Nachfragemengen in die folgenden beiden Diagramme und verbinden Sie die sich so ergebenden jeweils fiinf Punkte durch eine individuelle Marshall'sche Nachfragekurve des betrachteten Konsumenten i fur das Gut j .
Lotet man von den Konsumoptima nach links auf die Xh-Achse, so zeigt der Vergleich der bei niedrigem und bei hohem Niveau des Preises pj von dem Gut h nachgefragten Mengen das Kreuzpreisveihalten (analog zu Abbildung 15.6): Im linken Diagramm (normale Nachfrage nach Gut j) steigt die Nachfragemmge des Gutes h mit steigendem Preis pj. Gut h ist somit ein okcmomisches Substitut von Gut j . Im rechten Diagramm (anormale Nachfrage nach Gut j unterhalb von pf>) ist dagegen Xh nach der Eihohung des Preises von p f^ auf p \^^ geringer als zuvor, so daB h dann ein okonomisches Kon^lement von j ist. Bei Preisen obeihalb von pf^ ist h wieder ein Substitut von j .
Die Gutemachirage der Haushalte
94
p(5)l
P(5>
l(^)
p(3).
Pf> (2)
PI
PP^+
PP+
-)(1)
XN'
x":*'
Die vorstehende Argumentation zeigt, wie die Konsumoptima der Konsumenten angeordnet sein miissen, wenn die Marktnachfragekurve normal oder anormal verlauft. Entscheidend ist offenbar wieder, welche Indifferenzkurvenstruktur die dominierende Nachfragergruppe hat. Damit es zu einem ansteigenden Verlauf der MarshaH'schen Nachfragekurve (also zu anormalem Nachfrageverhalten) kommt, bedarf es einer dominierenden Anzahl von Konsumenten, deren Konsumoptima wie im rechten Diagramm von Abbildung 15.9 gelagert sind. Umgekehrt kann ein Gut auch dann eine normal fallende Marshall'sche Nachfragekurve aufweisen, wenn nur eine Minderheit yon Konsumenten auf Preisanderungen dieses Gut anormal reagiert. Auf diese Aussage werden wir im spateren Abschnitt g) dieses Unterkapitels noch naher eingehen. Woran kann es liegen, daB Konsumenten im oben definierten Sinne anormal auf Preisanderungen reagieren, was - wie wir noch sehen werden - durchaus keine in der Realitat zu vemachlassigenswerte Erscheinung ist? Zwei Falle sind zu unterscheiden: Anormalitat (also jxj^ > 0) kann sowohl bei superioren Giitem (mit BXJ^ > 0) als auch bei inferioren Giitem (mit BXJ^ < 0) auflretenundkanndaher auf zweierlei Weise begrtindet werden: • Inferiore Giiter mit anormaler Nachfrage heiBen Giffen-Giiter . Ihr Auftreten (der sogenannte Giffen-Fail) ist recht selten. Ein einfaches Zahlenbeispiel kann verdeutlichen, wie es zum Giflfen-Fall kommen kann:
Nach dem Englander Sir Robert Giffen (1837-1910), der -Alfred Marshall zufolge - einen solchen Fall Ende des 19. Jahrhunderts beschrieb.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
95
Ein armer Konsument habe ein Wochenbudget von 72 Geldeinheiten (GE) zur Verfugung, um sein Uberleben zu sichem. Damit kaufe er nur zwei Nahnmgsmittel, namlich die Menge Xj = 16 eines inferioren Gutes (mit dem Preis pi = 3) und die Menge Xs = 3 eines superioren Gutes (zum Preise von ps = 8). Jede Mengeneinheit des inferioren Gutes liefert einen Nahrwert von 864 Kilokalorien (kcal), wogegen das begehrtere superiore Gut nur 567 kcal je Mengeneinheit erbringt. In der Ausgangssituation ist die Budgetbeschrankung erfiillt (3-16 + 8*3 = 72), und der Konsument realisiert einen Nahrwert von 16-864 + 3-567 = 15.525 kcal pro Woche, die es ihm annahmegemaB gerade zu uberleben erlauben. Steigt nun der Preis des inferioren Gutes auf pi = 4, so kann der Konsument seine Budgetbeschrankung nur dann aufrecht erhalten, wenn er seinen Konsum einschrankt. Wurde er nur die Menge des superioren Gutes reduzieren (z.B. auf Xs= 1), so reicht zwar wieder das Budget aus (4-16 + 8-1 = 72), aber sein wochentlicher Nahrwert sinkt auf 14.391 kcal, also unter das Existenzminimum. Folglich bleibt dem Konsumenten nichts anderes iibrig als den Konsum des superioren, aber relativ wenig nahrhaften Gutes zugunsten des inferioren, aber nahrstoffreichen Gutes weiter zu reduzieren (z.B. auf Xs = 0). Ein auf Xi = 18 erhohter Konsum des inferioren Gutes sichert wieder das Uberleben (18-864 + 0-567= 15.552 kcal) und erfullt zugleich die Budgetbeschrankung (4-18 + 8-0 = 72). Beobachtet wurde der Giffen-Effekt unter anderem im vorigen Jahrhundert in GroBbritannien. Die Brotnachfrage der sehr armen Bevolkerungsschichten nahm zu als es zu einer Brotpreiserhohung infolge einer Weizenverteuerung kam. Ahnliches wird aus dem alteren Taiwan hinsichtlich der Reisnachfrage berichtet. Letztlich beruht der Effekt darauf, daB Preiserhohungen die Gesamtkaufkraft des Budgets senken und dadurch Konsumumschichtungen zugunsten eines inferioren Gutes erforderlich machen, well dieses etwa - trotz des gestiegenen Preises bestimmte Konsumerfordemisse besser zu erftillen imstande ist als andere Giiter. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, daB nicht jedes inferiore Gut zu anormalem Nachfrageverhalten fuhrt, selbst dann nicht, wenn es fur alle Nachfrager inferior ist! Auf den Beweis dieser Aussage woUen wir hier aber verzichten. • Auch bei superioren Giitem kann es zu einer anormalen Nachfragereaktion kommen. Das kann darin begriindet sein, daB die Nachfrager entweder einen niedrigen Preis mit einer inakzeptabel geringen Qualitat des Gutes assoziieren (sog. Qualitatseffekt) oder daB einem hohen Preis eine gewiinschte Bedeutung
96
Die Gutemachfrage der Haushalte
J\ Letzteres ist zum Beispiel bei vielen beigemessen wird (sog. Veblen-Effekt). Geschenkartikeln, Gesundheits- imd Korperpflegemitteln oder bei Prestige-Gtitem (sog. Veblen-Giiter) der Fall. Hier praferieren die Konsumenten ein Gut um so hoher und fragen folglich um so mehr davon nach, je hoher der Preis des Gutes ist. Darin kommt der Wunsch der Kaufer nach demonstrativem Luxuskonsum zum Ausdruck, wobei es oft auf die erwiinschte Wahmehmung durch Nichtkaufer des Gutes ankommt. Deshalb wird der Veblen-Effekt hauptsachlich bei stark superioren Giitem zu beobachten sein. Bekannt ist, daB beispielsweise die Nachfrage nach manchen Geschenkartikeln einen Verlauf entsprechend dem Fall (4) in der Abbildung 15.8 aufweist. Der normale Nachfrage verlauf im unteren Preisbereich riihrt daher, daB ein Gut bei vergleichsweise niedrigem Preis kaum flir demonstrativen Konsum geeignet ist und zudem einen Nachfragezuwachs durch zweckfremde Verwendung aufweisen kann. Wenn beispielsweise ein edles Tafelwasser zu einem »Schleuderpreis« zu haben ist, wird mancher Konsument uberlegen, darin zu baden oder damit seine Blumen zu gieBen. Bei extrem hohem Preis laBt dagegen das auch bei demonstrativen Konsumenten beschrankte Ausgabenbudget keinen beliebigen Mehrkonsum des teurer werdenden Gutes zu, so daB auch hier wieder normales Nachfrageverhalten auftritt.
Es muB darauf hingewiesen werden, daB sich der Veblen-Effekt nur durch eine Modifizierung des in Kapitel 1.1. zugrunde gelegten Praferenzmodells herleiten laBt (die Praferenzen mtissen preisabhangig sein), was hier aber unterbleiben soil. d) Die Nachfrageelastizitat eines Gutes in Bezug auf den Preis dieses Gutes wird als (Eigen-)Preiseiastizitat der Nachfrage (oder als direkte Preiselastizitat) bezeichnet. Links steht wieder die fiir Daten und rechts die fur gegebene Funktionen geeignete Definitionsgleichung:
rtx^pj)
Pj
:•
5pj
--
' N j ^ j -Pj
(15.22)
X^
Pj
Die Eigenpreiselastizitat der Nachfrage nach einem Gut gibt an, um wieviel Prozent sich die von diesem Gut nachgefragte Menge andert, wenn der Preis dieses Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Ihr Vorzeichen zeigt das
Nach Thorstein Bunde Veblen (1857-1929), einem kritischen amerikanischen Okonomen, der iinter anderem moderne Konsummuster untersuchte. Er ging bei der Begriindung des nach ihm benannten Effektes davon aus, daB Menschen um Anerkennung bemuht sind und daB Anerkennung durch das Zurschaustellen von materiellem Wohlstand erlangt werden kann.
1.5. Aggregation und Marktnaclifrage
97
Steigungsverhalten der MarshaH'schen Nachfragekurve an. Die Ableitung aus (15.21) bestimmt das Vorzeichen von s(Xj^ -Pj)- 1st sie negativ (normale Nachfrage), hat auch die Eigenpreiselastizitat ein negatives Vorzeichen; ist sie positiv (anormale Nachfrage), ist auch die E(xf :pj) positiv. Der Leser kann deshalb in (15.21) anstelle der Ableitung die Eigenpreiselastizitat hinsichtlich ihres Vorzeichens und der dadurch definierten Art des Nachfrageverhaltens unterscheiden. Nach der Hohe der Eigenpreiselastizitat werden gemaB der Abbildung 15.10 verschiedene Nachfragereagibilitaten unterschieden. Abbildung 15.10: Nachfrageklassifikation nach der Hohe der Eigenpreiselastizitat
8(xf:pj)
-00
i
anormale Nachfrage vollkommen preisunelastische (starre) Nachfrage
"I
(relativ) preisunelastische normale Nachfrage
(relativ) preiselastische normale Nachfrage vollkommen preiselastische Nachfrage
Eine besondere Art von Marshall'schen Nachfragefimktionen sind jene, die unabhangig von der Hohe des Preises den gleichen Zahlenwert der Preiselastizitat aufweisen. Solche Funktionen heiBen preisisoelastisch. Sie haben im allgemeinen die Form x(p) = n - p " , v^obei der Exponent a der konstanten Elastizitat s(x:p) entspricht, was der Leser nachpriifen moge (vgl. Anhang M.7.c). Im Normalfall hat die zugehorige Nachfragekurve dann den Verlauf einer Hyperbel, etwa wie die Kurve (1) in der Abbildung 15.8. Bei einer vollkommen preisunelastischen (starren) Nachfrage »steht« die Nachfragekurve senkrecht auf der x-Achse. Eine vollkommen preiselastische Nachfragekurve verlauft dagegen horizontal, steht also senkrecht auf der p-Achse. Kennt man den Elastizitatswerts(xJ^ -Pj)? so kann man durch Umstellen von (15.22) nach 9x^ eine Schatzformel fiir die absolute Nachfragemengenanderung des Gutes j gewinnen, die angibt um wieviele Einheiten die nachgefragte Menge
98
Die Gutemachfrage der Haushalte
steigen oder zuruckgehen wird, wenn der Preis des Gutes sich um 9pj Einheiten Oder um 5pj/pj Prozent andert: bx^
= x]^.s(xj^:pj).-^
(15.23)
Anmerkung: In der Literatur wird die Preiselastizitat haufig nicht dem tatsachlichen Zahlenwert, sondem dem Absolutbetrag nach definiert. Bei normaler Nachfrage werden dann positive Elastizitatswerte angegeben. Das ist hochst unzweckmaBig; zum einen weil dabei der Informationswert des Vorzeichens verlorengeht (normale vs. anormale Nachfrage). Zum anderen steht man dann vor Vorzeichenproblemen, wenn einmal ein tatsachlich positiver Preiselastizitatswert vorliegt; solche Falle stellen nach der im spateren Empirikum 15.5b) dargestellten Haufigkeitsverteilung keine vemachlassigenswerten Ausnahmen dar. AuBerdem werden durch Absolutbetrage die Definitions- und Berechnungsformeln der Elastizitaten unnotig kompliziert. Elastizitaten soUten daher stets - wie hier ohne Absolutbetrage definiert werden. Eigenpreiselastizitaten sind von vielfaltiger praktischer Relevanz, zum Beispiel bei der Bestimmung optimaler Angebotspreise durch Untemehmen. Sie zeigen dem Untemehmen auch, wie genau eine Preiskalkulation sein muB: Reagiert die Nachfrage sehr elastisch auf Preisanderungen, dann bewirken schon geringe Variationen der Aufschlagsatze (Margen) erhebliche Absatzanderungen. Preiselastizitaten sind daruber hinaus bei der Messung der Marktmacht von 2
Untemehmen bedeutsam. Beispiel 15.3: Analyse der Eigenpreisabhdngigkeit der Marktnachfrage. Die Analyse der Eigenpreisabhangigkeit soil wieder exemplarisch auf der Grundlage einer der in Beispiel 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen dargestellt werden (vgl. auch die Beispiele 15.1 und 15.2). Es wird abermals davon ausgegangen, daB es I Nachfrager gibt, die alle in ihren Nachfrageplanen iibereinstimmen. Die Marktnachfragefunktion fiir das Gut 1 lautet dann gemaB (15.3) wieder:
xr(P,B) = l-l^^
yapi
1
Vgl. z.B. die spatere Gleichung (33.16) Vgl. die spatere Gleichung (33.21)
(1)
1.5. Aggregation und Marktiiachfrage
99
Um zu klaren, ob sicli die durcli (1) beschriebeiie Nachfrage nach dem Gut 1 normal oder anonnaJ ¥erhilt, nmB xf (p,B) nach dem eigenen Preis pi differenziert werden. Dies ergibt: I^ P,
P^P.
i . i . i i P i . (P,)" 2 V a
(p.)
a
(2)
Die Nachfragekim^e fiir Gut 1 verlauft also uneingeschrinkt normal, das heifit durchweg fallend in pi. Achsenschnittpiinkte gibt es nieht. Dies zeigt- auch die folgende Abbildung:
Die Eigenpreiselastizitat der Nachfrage nach Gut 1 lafit sich mit der Ableitung (2) wie folgt berechnen: '
e(xN:pi) =
-I-,
N
ixf-Pi Xj
_
(P-Pl
V a T-
•f(Pl)"'''-Pl
FK
1 2
I«'P1 Die Elastizitat ist konstant, also niclit von den Preisen oder dem Einkommen abhangig; die Marshal! sclie Nachfrage nacli Gut 1 ist somit isoelastisch. Auch die Anzahl I der Nachfrager hat keinen EintluB, Der Leser niache sich klar, daB (1) tatsachh'ch die Funktionsfomi xf (pi)™ n-(pi)"^/" hat wobei n = 1-^P*P2 /ot ein konstanter Term ist.
Die GlJtemacMrage der Haushalte
100
Der Elastizitatswert ist iiegativ, was die Normalitat der Nachfrage aiizeigt, imd dem Betrage nach Memer als Eiiis, weslialb von einer relativ preisunelastisclien Nachfrage gesprocheii werdea kann. Empfehlimg: Der iiiteressierte Leser oioge aiicli fur die in Aufgabe 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlicheii Naclifragefimktioiien (iiiiter der Aimahme, dafi sie fiir jeden der I Naclifrager gilt) die Eigenpreisabhaiigigkeit der Marktnaclifrage untersiicheii.
n
Aufgabe 15.7; Betrachten Sie die Marktnachfragefunktion fiir KafFee aus dem Empirikum 15.1. a) Welchen Wait hat die Eigenpreisekisrizitar der KatTeenachfrage? '. b) Was ist Kaffee deninach - okonomisch betrachtet - fur ein Gut*^ c) Skizzieren Sie den Veiiauf der Marsbairbclieii Nachfragekur\"e.
Empirikum 15.5: a) Die folgende Tabelle zeigt einige der Literatur entnommene empirisch ermittelte Zahlenwerte von Eigenpreiselastizitaten verschiedener Guter: Nahrungs- iind GemiOmittel Nahrunasmittel Fleischwaren insgesanit Milch Brot und Backwaren Huhiierlleisch Bier Alkohol insgesamt Rindfieisch Wasser Apfel Butter Zitrusfruchte Pfirsiche Eier Schweinetleisch Kartofleln Mahlzeiten im Margarine
s(x_j :p:) -0,63 -IJ
1
Sonstige Giiter
A3
Kraftfahrzeuae Radios, Fernsehgeral e \ Mobel Porzellan, Giaswaren
-L2
1
>0,3L."0,0
-1J3 -0,92 -0,92..-0,52 A3 ~L40..-0J A97..-0,8 "1,50 -0,23 -0,45 -0,68..-0,3 -1,63 -0,3
Vvohiiuiig
j Kdrper-Alesiiiidhei t spll ege Bildung und Unterhaltuiig Telefonnutzung Sportartike! Kinotllme Blunien, Samen, Pflanzen Kleiduiig Fkigfernreisen Schulie Hausiiaitsgerate ; Autoreifen Zeitungers, Zeitschriften Bahn- und Busfemreisen
-1.35..-0.6 -1,19 -2,0..-1,01 -1,34 -L0..-0,56 +0,3 -2,9 -l,0..-0,89 -2,40..-0,88 -0,87 -2,7..-0,82 -0,72..-0,51 -0,70 -0,70 -0,67 -0,0 -0,1 -0,2
1.5. Aggregation imd Marktnachfiage
Lammfleisch Griine Erbsen (frisch) Zigaretten Gefltigel Zucker Hammelfleisch Kohl Kaffee Tomaten (frisch) Marihuana Kase Orangen Fisch Wein und Spirituosen Molkereiprodukte Obst insgesamt SiiBigkeiten Ole und Fette Bananen
-1,9 -2,8 -0,51 -0,27 -0,44 -1,47 -0,4 -0,25 -4,60 -1,51 +0,17 -1,0 -0,09 -0,34 -0,03 -0,36 -0,19 -0,27 -0,62
101 Schmuck, Uhren Taxi-Leistungen Kabelfemsehen Schreibwaren, Papier Medizinische Dienste Postdienste (Briefe) Theater und Oper Streichholzer Elektrizitat Krankenversicherung Erdgas, Benzin und 01 Busfahrten (nah) Buromaschinen Mieten Catering Bahnnutzung Kohle Gas Biicher (wissenschaftliche)
-2,6..-0,54 -1,24 -1,2 -0,47 -0,8..-0,58 -0,05 -0,18 -0,0 -0,2..-0,13 -0,31 -0,15..-0,14 -0,77 -0,5 -0,15 -2,61 -0,54 -0,32 -2,64 -0,5..-3
Quellen: Gerfin, H./Heimann, P.: Elastizitat; in: Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaften; Stuttgart, 1979, S. 357, m.B.a. Gollnick, H.G.L.: Dynamic Structure of Household Expenditures in tine Federal Republic of Germany - Analyses and Projections 1955-1969/1971 and 1975/1977; Amsterdam u.a., 1975. - Lazear, E.I Michael, R.: Family Size and the Distribution of Real Per Capita Income; American Economic Review, 1980, Tab. 2. - Houthakker, H./Taylor, L.: Consumer Demand in the United States; Harvard, 1970, Tab. 3.2. - Woll, A.: Allgemeine Volkswirtschaftslehre; 7. Aufl., Munchen, 1981, S. 114, m.B.a. weitere Quellen. - Kohler, H.: Intermediate Microeconomics; New York, 1986, Tab. 4.3, m.B.a. zahlreiche weitere Quellen. - Branch, E.R.: Short Run Income Elasticity for Residential Electricity Using Consumer Expenditure Survey Data; Energy Journal 14, 1993, S. 119. - Bittlingmayer, G.: The Elasticity for Books, Resale Price Maintenance and the Lerner Index; JITE 148, 1992, S. 588f. - Deaton, A./ Muellbauer, J.: Economics and Consumer Behavior; Cambridge, 1980/94, Tab. 3.1. - Deaton, A.S.: The Measurement of Income and Price Elasticities; European Economic Review 6, 1975, Tab. 1.
b) Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis einer von G.J. Tellis vorgenommenen Haufigkeitsauszahlung der in wissenschaftiichen Literaturquellen genannten Schatzwerte fur Eigenpreiselastizitaten (insgesamt 367) gangiger Konsumguter:
102
Die Gutemachirage der Haushalte
E(/:p) Die Verteilung zeigt, daB Eigenpreiselastizitatswerte fast ausschlielilich im Zahlenbereich von -10 bis +2 liegen; Werte unter -10 sind seltene Ausnahmen (siehe etwa das Beispiel b3) im Anhang M.7.)- Die meisten Eigenpreiselastizitaten liegen zwischen -4 und Null, wobei der Modus (haufigster Wert) bei -1,5 und der Mittelwert bei etwa -2 liegt. Erstaunlich ist, daB circa sieben Prozent aller dokumentierten Eigenpreiselastizitatswerte positiv sind, also eine anormale Nachfrage der zugehorigen Guter anzeigen. Offenbar ist diese Tatsache den Anbietern dieser Guter nicht bekannt. Quelle: Tellis, G.J.: The Price Elasticity of Selective Demand - A Meta-Analysis of Econometric Models of Sales; Joumal of Marketing Research 25, 1988, S. 331-341, hier S. 337.
DaB, wie die Tabelle a) im vorausgegangenen Empirikum zeigt, landwirtschaftliche Produkte haufig geringe Eigenpreiselastizitatswerte aufweisen, wird als King'sche Regel bezeichnet. Dieser Sachverhalt fuhrt dazu, daB etwa Emteschwankungen zu iiberproportionalen Preisschwankungen flihren (sofem die Marktpreise nicht reguliert werden). e)Ahnlich wie fiir die Einkommenselastizitaten in Kapitel 1.5.2.h) lassen sich auch hinsichtlich der Preiselastizitaten der Naclifrage bestimmte logische GesetzmaBigkeiten herleiten, die vor allem bei empirisch-statistischen Anwendungen der Nachfragetheorie (Nachfrageforschimg) von groBer Bedeutung sind.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
103
Bei der Herleitung des einzelwirtschaftlichen Konsumoptimums wurde in Kapitel 1.3.b) gezeigt, daB eine proportionale Anderung aller Preise und des Budgets zu keiner Anderung der optimalen Konsummengen x^ der Konsumenten fiihrt. Folglich wird sich bei einer solchen "Freiheit von Geldillusion" auch die aggregierte Nachfrage nicht andem, wenn alle Preise und die Budgets aller Nachfrager, und damit auch das Gesamtbudget beziehungsweise -einkommen, mit einem gleichen mathematischen Faktor |i multipliziert werden (beispielsweise entspricht jLi = 2 einer Verdoppelung). Es gilt somit: XjN(^i.p,^.B)
= x f (p,B)
(15.24)
Mathematisch gesehen ist die Marktnachfragefiinktion also homogen vom Grade null in g und B. Deshalb kann darauf das Euler'sche Theorem tiber homogene Funktionen angewendet werden, iiber das sich der Leser zunachst mit Hilfe des Anhangs M.4.4. Klarheit verschafFen soUte. Es besagt in seiner allgemeinen Form: Bei jeder homogenen Funktion ist die Summe aller mit den zugehorigen Variablen multiplizierten partiellen Ableitungen gleich dem mathematischen Produkt aus dem Homogenitatsgrad fi der Funktion und ihrem Funktionswert. Da die Marktnachfragefunktion gemafi (15.24) homogen vom Grade null ist, gilt nach dem Euler'schen Theorem damitflirjedes beliebige Gut j folgende Gleichung: Z h ^ f - P h + B^f-B
= 0
{=%]
(15.25)
h-l
Durch Erweitem mit 1 / xf entstehen aus den Summanden Elastizitaten. Es ergibt sich so das Elastizitatstheorem der mikrookonomischen Nachfragetheorie: J
E eCxf :Ph)
h=l
+
e(xr :B) =
0
(15.26)
Die Aussage dieses Theorems lautet: Die Summe aller Nachfrageelastizitaten (Einkommenselastizitat, Eigenpreiselastizitat und alle moglichen Kreuzpreiselastizitaten) eines jeden Gutes j ist stets null. Diese wichtige Eigenschaft zeigt uns, daB die in den vorangegangenen Unterkapiteln behandelten Nachfrageelastizitaten nicht unabhangig voneinander sind. Wenn in (15.26) alle Summanden bis auf einen bekannt sind, dann kann dieser letzte Summand nur einen ganz bestimmten Wert haben, namlich den, der die Gleichung erfiillt. Sind zum Beispiel alle Preiselastizitaten eines Gutes j bekannt, dann ist die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach diesem Gut einfach bestimmt durch:
104
Die Gutemachfrage der Haushalte
B(xf :B) = - X 8 ( x f : p J h=l
Die Summe aller Kreuzpreiselastizitaten eines Gutes j (ohne die Eigenpreiselastizitat) gibt an, welchen okonomischen Charakter j in Bezug auf alle tibrigen Giiter hat; wir definieren sie als die Nachfragereaktanz des Gutes j und verwenden dafiir den kleinen griechischen Buchstaben Rho:
Q^ = Q^(p ) := teCxf : p j •'
(15.27)
h=l
• 1st Qj^ > 0, SO nennen wir das Gut j ein okonomisches per-saldo-Substitut. Denn eine einprozentige Verteuerung aller ubrigen Giiter h ^ j fiihrt dann zu einer Mehmachfrage beim Gut j ; es wird folglich von den Nachfragem als okonomisches Substitut der tibrigen Giiter angesehen - zumindest im Mittel. • 1st Qj^ < 0, so bezeichnen wir das Gut j als okonomisches per-saldoKomplement. Steigen die Preise aller Giiter auBer j um ein Prozent, so sinkt die Nachfragemenge bei j ; die Nachfrager betrachten es daher als okonomisches Komplement der ubrigen Guter. • 1st Q^ ungefahr gleich Null, so ist j per-saldo-unabhangig von den Preisen der iibrigen Guter. Steigen oder fallen die Preise aller Giiter auBer j um ein Prozent, so andert sich die nachgefragte Menge des Gutes j nicht wesentlich. Gibt es deutlich von Null verschiedene Kreuzpreisabhangigkeiten zu anderen Giitem, dann gleichen sich diese insgesamt betrachtet gegenseitig aus. Zur indirekten Ermittlung der Nachfragereaktanz Elastizitatstheorem (15.26) wie folgt umgestellt werden:
Qf = - s ( x f : p p - 8 ( x f : B )
(15.27)
kann
das
(15.28)
Kennt man die Eigenpreiselastizitat 8(x^:pj) und die Einkommenselastizitat 8(x^:B) eines Gutes j , so ergibt ihre negative Summe die Nachfragereaktanz des 2
Gutes. Betrachten wir dazu einige Beispiele aus den Empirika 15.3 und 15.5: Fiir Kraftfahrzeuge ergibt sich mit den Mittelwerten der Eigenpreiselastizitat von s(Xj^:pj) = -0,98 und der Einkommenselastizitat von s(x]^:B) = 4,3 eine Nachfragereaktanz von Q^ = -(-0,98)-4,3 = -3,35. Sie sind demnach ein 1
Vgl. zur Definition substitutiver und komplementarer Giiter ggf. Kapitel 1.5.3.b). Auf die eingeschrankte Vergleichbarkeit der Elastizitatswerte aus unterschiedlichen Schatzungen sei hier nur hingewiesen.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
105
okonomisches per-saldo-Komplement. Eine Verteuerung aller ubrigen Konsumguter fiihrt zu einem Rtickgang (sogar einem tiberproportionalen) der Kraftfahrzeugnachfrage. Brot imd Backwaren sind dagegen okonomische per-saldo-Substitute, ihre Nachfragereaktanz hat den Wert Q^ = -(-1,8) - 0,5 = 1,3. Sie werden verstarkt nachgefragt, wenn die ubrigen Produkte teurer werden. Beispiele fiir okonomisch per-saldo-imabhangige Outer mit Q^^-Werten nahe bei Null sind die Telefonnutzung, Nahrungsmittel insgesamt und insbesondere Bier. Proportionale Preisanderungen der ubrigen Giiter wirken sich nicht wesentlich auf die Nachfragemengen dieser Giiter aus. Bei ihnen addieren sich Eigenpreis- und Einkommenselastizitat zu Null. Das Elastizitatstheorem (15.26) beziehungsweise (15.28) erleichtert nicht nur die Arbeit bei empirisch-statistischen Nachfrageanalysen, sondem laBt auch einige interessante theoretische SchluBfolgerungen zu: So kann ein inferiores Gut j (s(x|^:B) < 0) nur dann eine normale Nachfrage (s(x^:pj) < 0) haben, wenn es ein per-saldo-Substitut ( Q J ^ > 0 ) ist. Der Veblen-Fall, also ein superiores Gut (s(x}^:B)> 0) mit anormaler Nachfrage (s(x5^: Pj) > 0), setzt dagegen voraus, daB j ein per-saldo-Komplement (Q^ < 0) ist. Analog ist zu erkennen, daB jedes per-saldo-Komplement mit normaler Nachfrage ein superiores Gut sein muB. Und jedes anormal nachgefragte persaldo-Substitut ist inferior. Ist j schlieBlich ein per-saldo-Substitut und superior, so ist seine Nachfrage normal. Ist es dagegen ein per-saldo-Komplement und inferior, so ist die Eigenpreisreaktion anormal. Der Leser mache sich diese Aussagen, die auch gut zur Rekapitulierung der friiheren Ausfuhrungen dienen konnen, anhand der Gleichung (15.28) und fiktiver Zahlenwerte klar. Das Elastizitatstheorem gibt auch AufschluB dariiber, worauf eine hohe negative Eigenpreiselastizitat der Nachfrage nach einem Gut beruhen kann, zum Beispiel s(x^ :pj) < - 4 . Allgemein hangt die Eigenpreiselastizitat stark von der Verfiigbarkeit enger Substitutionsgiiter ab. Gibt es viele gute fiinktionelle Substitute fiir ein Gut, man denke an unterschiedliche Benzin- oder Waschmittelmarken, so wird dessen Eigenpreiselastizitat dem Absolutbetrag nach groB sein. Denn bei einem superioren Gut fiihrt eine hohe positive Nachfragereaktanz gemaB (15.28) zu einem weit im negativen Zahlenbereich liegenden Eigenpreiselastizitatswert. Die Nachfrager konnen dann etwa bei Preiserhohungen des Gutes vergleichsweise leicht auf die Substitute ausweichen. Eine weitere EinfluBgroBe auf die Hohe der Eigenpreiselastizitat ist die Neigung der Nachfrager, bei dem betreffenden Gut zu sparen oder ganz darauf zu
Die Giitemachfrage der Haushalte
106
verzichten, wenn sich deren wirtschaftliche Situation verschlechtert. Das ist besonders bei stark superioren Giitem (mit hohen positiven s(Xj^ :B)-Wert) der Fall. Auch dann muB, unter sonst gleichen Bedingungen, s(Xj^ : pj) sehr negativ sein. y Aufgabe 15.8: ; ^ o; ^ :t i^ -
Bei einer empirischen Nachfrageanalyse wurden alle kaufbaren Konsumguter der Haushalte in vier Produktgruppen eingeteilt, die mit dem Index j beziehungsweise h durchnumeriert werden. Die Analyse habe die in der folgenden Tabelle genannten Nachfrageelastizitatswerte ergeben. (Im mittleren Tabellenteil stehen die Elastizitaten s(xf:pi^) beziehungsweise e(xr:Pj)). a) Prufen Sie, ob das Elastizitatstheorem der Nachfragetheorie (15.26) fiir alle vier Produktgruppen erfuUt ist.
i b) Geben Sie zu jedem genannten Elastizitatswert an, was er hinsichtlich der okonomisehen \. Eigenschaften der betrefFenden Produktgruppe beziehungsweise der Nachfrage danach aussagt.
P\h
1
2
3
4
e(xj:B)
1
-2
0
3
-1
0
2
2
1
-3
-2
2
3
-1
-3
0
5
-1
4
1
0
1
-4
2
e(Xh:B)
0
2
-1
2
f) Noch ein weiterer interessanter und bei praktischen Nachfrageanalysen ntitzlicher Elastizitatszusammenhang ist zu erwahnen. In den Gleichungen (12.2) und (15.10) kam die Definition des wertmaBigen Budgetanteils beziehungsweise der Ausgaben Bj ==pj Xj fiir ein Gut j zur Sprache. Diese Ausgaben konnen sich nicht nur auf einen einzelnen Konsumenten, sondem auch auf die gesamten Ausgaben aller Nachfrager fiir ein Gut beziehen. AuBer der in (15.22) definierten Eigenpreiselastizitat der Nachfi^age interessiert man sich haufig fiir die Preiselastizitat der Ausgaben (bzw. Ausgabenelastizitat) ftr das betrachtete Gut. Dieser ist wie folgt definiert: Vgl. etwa Kapitel 1.5.2.d) zu den sog. Engel-Kurven.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
107
m. 5B.
Bj ^ ( ^ j ^ p j ) ••= ^
=
5Pj
Pj
P.Bj-Pj
1 ^ - ^
=
Bj
"
^
^
Bj
^
(l^-29>
Pj
Diese Elastizitat gibt an, um wieviel Prozent sich die (einzel- oder gesamtwirtschaftlichen) Ausgaben Bj fiir ein Gut j andem, wenn der Preis des Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Bei Nachfrageanalysen miissen die Eigenpreis- und die Ausgabenelastizitat nicht beide ermittelt werden, weil zwischen beiden ein einfacher logischer Zusammenhang besteht. Um diesen herauszufinden, gehen wir von der allgemeinen Ausgabendefmition Bj =Pj-x^(pj) aus und difFerenzieren diese nach Pj. Mit der Produktregel ergibt dies: 'B
=
fp-x^(p.)l
= x^(p.) + p..!x^(p.)
Wir setzen dies in die Elastizitatsdefinition (15.29) ein und erhalten mit Bj
B(Bj:Pj)
Pj-xf
'"
xN
Auf der rechten Seite erkennen wir die Definition der Eigenpreiselastizitat der Naclifrage gemaB (15.22). Somit gilt allgemein, dafi die Ausgabenelastizitat in Bezug auf den Eigenpreis stets gleich der um Eins erhohten Eigenpreiselastizitat der Nachfi*age ist: c(Bj:pp
=
l - , s ( xN -. ,p p
(15.30)
WeiB man also beispielsweise, dafi die Eigenpreiselastizitat der Nahrungsmittelnachfi'age -0,63 betragt (vgl. Empirikum 15.5), so sagt (15.30), daB dann eine einprozentige Nahrungsmittelverteuerung zu einem Anstieg der Ausgaben der Haushalte fur Nahrungsmittel um 0,37 Prozent fuhrt. Bei der Anwendung der Gleichung ist zu beachten, daB die Eigenpreiselastizitatswerte in der Kegel negative Zahlen sind. 1
Vgl auch den Spezialfall der Gleichung (7) im Anhang M.7.
Die Giitemachfrage der Haushalte
108
g) Speziell fur den Fall der Marshairschen Nachfragefunktion kann die in Kapitel 1.5.1. allgemein dargestellte Aggregation individueller Nachfragefunktionen Xj^^(p,B') zur Bestimmung der Marktnachfragefunktion konkretisiert und auch graphisch veranschaulicht werden. Bezeichnen wir wieder mit p^j den Vektor aller Preise auBer dem Preis pj, also p\j = (pi,..,pj.i,pj+i,..,pj), so lautet die Aggregationsformel fiir die Marshall'sche Nachfrage nach einem Gut j : I
;:ix
x^J = xf (pj,p^.,B) = I x f (pj,p^.,B')
(15.31)
Diese etwas kompliziert anmutende Gleichung besagt einfach folgendes: Die Marktnachfrage nach dem Gut j ergibt sich, indem fur jeden moglichen Zahlenwert des Preises pj (bei Konstanz aller librigen EinflufigroBen) die von alien I Haushalten nachgefragten Mengen dieses Gutes addiert werden. Die folgende Abbildung 15.11 veranschaulicht die in (15.31) formahsierte Aggregation der individuellen Nachfragen nach einem Gut j fiir den Fall dreier Nachfrager (1 = 3): Die drei linken Diagramme geben die Marshall'schen Nachfragefimktionen der drei betrachteten Konsumenten wieder, das heiBt die von jedem Konsumenten nachgefragte Menge des Gutes j in Abhangigkeit vom Preis dieses Gutes (vgl. Aufgabe 15.6). Wie zu sehen ist, verlaufen die einzelwirtschafflichen Nachfragekurven normal. Zu jedem moglichen Niveau des Preises Pj werden nun die von alien drei Konsumenten nachgefragten Mengen zusammengezahlt. Graphisch entspricht dies der Addition der horizontalen Abstande (dargestellt als Pfeile) zwischen den Preisachsen und den individuellen Nachfragekurven. Bei jeder Hohe des Preises p j entspricht diese Summe der auf dem Markt insgesamt bei diesem Preisniveau nachgefragten Gutsmenge Xj^(pj). Diese wurde im rechten Diagramm aufgetragen. Abbildung 15 J1: Aggregation von Nachfragekurven
1.5. Aggregation iind Marktnachfrage
109
Am besten kann man sich die Konstniktion der MarshalFschen Marktnachfragekurve klarmachen, wenn man den Preis Pj gedanklich von einem sehr hohen Zahlenwert herkommend gegen null fallen laBt. Oberhalb des Preisniveaus p^j^^ wird von keinem der Konsumenten eine positive Menge des Gutes nachgefragt. Bei p^j^^ beginnt der Konsument 1 das Gut nachzufragen. Ein Akteur in dieser Situation wird als Grenznachfrager bezeichnet; das betreffende Niveau des Preises ist seine individuelle Preisobergrenze. Die maximale Preisobergrenze iiber alle Nachfrager ist zugleich diejenige des gesamten Marktes, die sogenannte Marktpreisobergrenze Pj; im obigen Diagramm ist das pf\ Bis hinunter zum Preisniveau p-^^ ist Konsument 1 der einzige Nachfrager; die Marktnachfrage besteht nur aus seiner nachgefragten Menge. Diese wird reprasentiert durch den horizontalen Abstand zwischen der pj-Achse und seiner Nachfragekurve. Jeder Millimeter konnte zum Beispiel einer Mengeneinheit des Gutes j entsprechen. Bei Pj^^ ist Konsument 3 Grenznachfrager. Zwischen p-^^ und p-^^ setzt sich die Marktnachfrage aus der Summe der von Konsument 1 und Konsument 3 nachgefragten Mengen zusammen. Die Pfeillangen der beiden sind entsprechend horizontal zu addieren. Unterhalb des Preisniveaus Pj^\ bei dem der Konsument 2 Grenznachfrager ist, auBem alle drei Akteure positive Nachfragemengen, und die Marktnachfrage enthalt nun drei Komponenten. Beim Preisniveau p-"^^ ergibt sich beispielsweise die aggregierte Nachfrage Xj^(Pj'^0 = x]^^(pj'*0 + Xj^^(p.^^) + xf^ (pf^), was der Leser in die Abbildung eintragen kann. Aufgabe 15.9: Gegeben seien die individuellen Nachfragefunktionen zweier Konsumenten fiir ein Gut j : x r ( P j ) = 5-0,5-pj, x f ( p j ) = 7 - p j Frmitteln und zeichnen Sie die aggregierte Marktnaclifragekurve xf (pj). Versuchen Sie auch die Funktionsgleichung dafur anzugeben.
Im rechten Diagramm der Abbildung 15.11 ist zu erkennen, daB bei jedem Preisniveau, bei dem ein Konsument Grenznachfrager ist, die Marktnachfragekurve einen Knick aufweist, weil unterhalb dieses Niveaus eine zusatzliche individuelle Nachfragekurve auf die bis dahin schon beriicksichtigten »aufgesattelt« wird. (Der Knick bei p^^^ ist nur schwach ausgepragt.) Ist I die Anzahl der Nachfrager, dann gibt es maximal I-l Knicke. Ist I »groB«, dann treten diese Knickstellen kaum noch in Erscheinung und es ergibt sich eine annahemd glatte Marktnachfragekurve, wie sie beispielhaft in der Abbildung 15.12 dargestellt ist (ohne Giiterindexj). Im folgenden werden wir zur Vereinfachung stets von solchen geglatteten Kurvenverlaufen ausgehen.
110
Die Giitemachfrage der Haushalte
Des weiteren laBt die Abbildung 15.11 erahnen, daB sich aus einzelwirtschaftlich normalen Nachfragekurven auch ein normaler Verlauf der Marktnachfrage ergibt. Femer kann man sich vorstellen, daB die Marktnachfragekurve um so weiter »rechts« und um so flacher verlauft, je mehr einzelwirtschaftliche Nachfragekurven aggregiert werden. Der Leser kann noch eine vierte individuelle Nachfragekurve hinzufugen. Zur formalen Beschreibung von glatten Marktnachfragekurven, wird eine Vielzahl mathematischer Funktionstypen verwendet. Hier seien nur einige Beispiele genannt, die dem Leser auch zur Einiibung der Ausfiihrungen dieses Kapitels dienen konnen. Der Giiterindex j wurde weggelassen, m, n, o, a sind konstante, positive Funktionskoeffizienten, e ist die Euler'sche Zahl {e = 2,71828...): x^(p) = m - n-p
: Gerade
x^(p) = [m - n • p]^ : konvexe (a > 1) oder konkave (a < 1) Kurve x ^ (p) = n • p"^ x^(p) =
: Hyperbel ohne Achsenschnittpunkte m
: Hyperbel mit Achsenschnittpunkten
p+o x^(p) = n-e"^"P
: Exponentialfiinktion
Damit lassen sich vielfaltige Formen von Nachfragekurven erzeugen. Der interessierte Leser kann sich Zahlenwerte ftir die Funktionskoeffizienten m, n, o und a vorgeben und die Kurvenverlaufe skizzieren, um einen Eindruck von der Form der Graphen zu erhalten. Es soUte auch versucht werden, etwaige Achsenschnittpunkte zu ermitteln, wie sie in Abbildung 15.12 vorliegen.
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
111
Abbildung 15.12: Glatte Marktnachfragekurve P
Aus der Theorie hergeleitete Nachfragekurven konnen - mussen aber nicht! - die Preis- und/oder die Mengenachse schneiden (vgl. etwa Beispiel 15.3). Gibt es ein Preisniveau, das so hoch ist, daB oberhalb dieses Niveaus von keinem Nachfrager mehr eine Mengeneinheit des Gutes nachgefragt wird, so heiBt dieser Preis Marktpreisobergrenze (auch: Prohibitivpreis) und wird mit p symbolisiert. In der Abbildung 15.12 entspricht er dem Schnittpunkt der Nachfragekurve mit der Preisachse. Formal erhalt man ihn durch Nullsetzen von x in der betreffenden Nachfragefunktion und Umstellen nach p. Gibt es beim Preisniveau p = 0 eine endlich groBe Nachfragemenge, so heiBt diese Marktmengenobergrenze (auch: Marktsattigungsmenge) und wird mit x bezeichnet. In der Abbildung 15.12 entspricht sie dem Schnittpunkt der Nachfragekurve mit der Mengenachse. Formal ergibt sie sich einfach, indem man in der Nachfragefunktin p = 0 setzt. Herrscht auf dem Markt das Preisniveau p', so wird insgesamt die Menge x^(p') nachgefragt; siehe Abbidung 15.12. Der zum herrschenden Preisniveau nicht wirksame Teil der Marktnachfrage, also x - x^ (p'), wird als latente Nachfrage bezeichnet.
Die Gutemaclifrage der Haushalte
112 Empirikum 15.6:
a) Bei empirischen Nachfrageanalysen muli regelmaBig von Daten ausgegangen werden, die nicht exakt auf einer Kurve liegen. Das folgende Diagramm zeigt als Beispiel die "Datenwoike", die einmal zur Ermittlung der eingezeichneten linearen Marktnachfragefunktion fur Kartoffein in den USA diente. Bei den Datenpunkten handelt es sich urn Jahreswerte der sechziger und siebziger Jahre. Der Preis p ist in Dollar je Zentner angegeben, und die Menge x miSt die durchschnittlich nachgefragte Kartoffelmenge in Pfund pro Kopf und Jahr.
P 4,00 H 3,50 3,00 H 2,50 A ••
2,00 -] 1,50 H 1,00 H 0,50 -| 0,00
I
100
,
I
I
I
I
I
I
I
1
I
I
I
I
I
110 120 130 140 150 160 170 X
Quelle: Suits, D.B.: Agriculture; in: The Structure of American Industry; 5. Aufl., hrsg. von W. Adams, New York, 1977, S. 3f.
b) Das folgende Diagramm zeigt eine Anfang der achtziger Jahre vom Verfasser empirisch ermittelte und hier nur kurvenformig und geglattet wiedergegebene Marktnachfragekurve fur ein Druckerzeugnis.
1.5. Aggregation iind Marktnachfi-age
113
P [DM/St] 16 H
14H
12
10 i
8H
6H
2-\
100
200
300
X [St]
h) Wie wir gesehen haben, beschreibt die Marshall'sche Marktnachfrage die allgemeine Kaufbereitschaft fflr ein Gut bei altemativen Hohen des Preises eben dieses Gutes. Die MarktnachfragefUnktion x^(p) und ihre graphische Darstellung, die Marktnachfragekurve, stellen die Zusammenfassung (das "Aggregat") aller individuellen Konsumplane der Haushalte beziiglich des betrachteten Gutes dar. Der Sachverhalt, daB die am Markt insgesamt nachgefragte Menge eines Gutes bei hoheren Preisen dieses Gutes in der Regel geringer ist als bei niedrigen Preisen, wird als Gesetz der Nachfrage bezeichnet. Es ist erfiillt, falls die Marktnachfragekurve eine negative Steigung aufweist, also normal verlauft - wie etwa die Beispiele im vorigen Empirikum 15.6. Formal besagt das Gesetz der Nachfrage, daB ;xN(p) < 0 fur alle Preisniveaus p. DaB diese GesetzmaBigkeit indes keine empirische Giiltigkeit beanspruchen kann, zeigt die Abbildung im 15.5b, in der fur einen durchaus nicht zu vemachlassigenden Konsumgiitem eine positive Preiselastizitat und damit eine anormale reaktion(pX^ >0)imrelevantenPreisbereichausgewiesenwird.
(15.32) universale Empirikum Teil von Nachfrage-
Gleichwohl kann das Gesetz der Nachfrage auch dann gelten, wenn einzelne Konsumenten ein anormales Nachfrageverhalten zeigen (vgl. den friiheren
114
Die Gutemachfrage der Haushalte
Abschnitt c)). Um herauszufinden, unter welchen Bedingungen die aggregierte Nachfragekurve normal verlauft - auch dann, wenn einzelne Nachfrager anormal nachfragen - muB untersucht werden, wie sich die einzelwirtschaftliche Nachfrage in der Marktnachfrage auswirkt. Wir betrachten dazu die Nachfrage nach einem bestimmten Gut bei einem bestimmten Preisniveau p' (den Gutsindex j lassen wir wieder der Einfachheit halber weg). Die Ableitung Jx^* der partiellen individuellen Nachfragefunktion (vgl. Gleichung (13.6)) gibt an, um wieviele Mengeneinheiten sich die Nachfrage des Konsumenten i sich andert, wenn der Preis p, ausgehend vom Niveau p', um "eine kleine Einheit" steigt. Die Summe aller pX^^ entspricht dann der Anderung der insgesamt, also von alien I Konsumenten zusammen nachgefragten Menge des Gutes bei einer Erhohung von p um eine Einheit. Fiir diese Anderung der Marktnachfragemenge hatten wir pX^ geschrieben (vgl. Gleichung (15.21)) und sie als Grenznachfrage bezeichnet. Es gilt somit: i p ' x N i = p'xN
(15.33)
i=l
Multipliziert man beide Seiten der Gleichung (15.33) mit p'/x und erweitert zusatzlich die linke Seite mit x^Vx^', so ergibt sich: I 'x^^ -p' ^Ni T-•^^—
' x ^ -p' =
(15.34)
Hier erkennt man die Defmitionsgleichung (15.22) der Preiselastizitat der Nachfrage wieder: auf der linken Gleichungsseite fur jeden einzelnen Konsumenten, auf der rechten fur den Markt insgesamt. Der Quotient x^Vx^ entspricht dem mengenmafiigen Anteil eines Nachfragers i an der gesamten Marktnachfrage; wir schreiben dafur G*; das ist gewissermaBen sein Marktanteil. Damit kann nun mit (15.34) folgende allgemeingiiltige Aggregationsbedingung angegeben werden^ die uns die oben gestellte Frage zu beantworten erlaubt:
ie'
•8(X^' :p)
== s(xN :p)
(15.35)
i=l
Nach dieser hier hergeleiteten Bedingung entspricht die Eigenpreiselastizitat der Marktnachfrage der mit den individuellen Nachfrageanteilen gewichteten Summe der einzelwirtschaftlichen Preiselastizitaten aller individuellen Nachfragen. Normalitat der Marktnachfrage, 8(x^ :p) < 0, setzt demnach voraus, daB die
1.5. Aggregation und Marktnaclifrage
115
linksstehende Summe zu einem negativen Zahlenwert fuhrt. Anormalitat kann nur dann vorliegen, wenn - in einem gewissen Preisintervall - die Summe aller gewichteten individuellen Preiselastizitaten Qmcnpositiven Zahlenwert ergibt. Dies ist nun die Konkretisierung der zuvor im Abschnitt c) dieses Unterkapitels gemachten Aussage, daB das Nachfrageverhalten der "dominierenden Nachfragergruppe" den Verlauf der Marktnachfragekurve bestimmt. Nachfrager mit einem groBen Anteil an der Marktnachfrage und solche mit einer deutlich von null verschiedenen Preiselastizitat haben mithin einen vergleichsweise groBen EinfluB auf die gesamte Nachfrageelastizitat. Preisunempfmdliche Nachfrager und solche mit geringer Nachfrage tragen nicht wesentlich dazu bei und konnen folglich bei Nachfrageanalysen unberiicksichtigt bleiben. i) In diesem Zusammenhang ist auch die Frage interessant, wie sich die Preiselastizitat der Marktnachfrage andert, wenn die Anzahl der Nachfrager (I) zuoder abnimmt. Die Abbildung 15.11 deutete schon an, daB die aggregierte Nachfragekurve um so flacher verlauft, je mehr einzelwirtschaftliche Nachfragekurven bei der Aggregation beriicksichtigt werden. Aber steigt dadurch auf jeden Fall die Preiselastizitat? Um die Analyse nicht unnotig schwierig zu gestalten, gehen wir hier von Nachfragem mit identischen Marshall'schen Nachfragefimktionen der Form x^^(p) = [m-n-p]" aus. Nach Gleichung (15.2) lautet dann die Marktnachfragefiinktion: xN(p) = I - [ m - n - p f
(15.36) 2
Die Eigenpreiselastizitat der Nachfrage ergibt sich zu: N.„^ _ p'^'^-P _ x'^(p)
s(xf^:p) =
a-I-[m-n-pf-l-(-n)-p I-[m-n-pr -a-n-p m-- n •P a m 1 n-p
1 2
(15.37)
Fiir a > 1 verlaufen die einzelwirtschaftlichen Nachfragekurven konvex, fur a < 1 konkav und fur a = 1 linear. Zur hier angewendeten Kettenregel vgl. den Anhang M.3.b).
116
Die Gutemaclifrage der Haushdlte
Offensichtlich hangt die Preiselastizitat im hier untersuchten Fall gar nicht von der Nachfrageranzahl ab, derin I kommt in der Bestimmungsgleichung (15.37) nicht vor. Folglich verandert sich 8(x^:p) auch nicht, wenn neue Nachfrager mit gleichen einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen hinzukommen. j) Wir haben in diesem Unterkapitel, wie es heute in der Mikrookonomik iiblich ist, die Abhangigkeit der nachgefragten Menge x^ eines Gutes vom Preis p dieses Gutes als Marshall'sche Nachfragefimktion bezeichnet. Tatsachlich hat Alfred Marshall in seinem vor uber hundert Jahren erschienenen Grundlagenwerk jedoch genau das umgekehrte Abhangigkeitsverhaltnis beschrieben und fiir angemessen gehalten. Seine »Originaldefinition« ermoglicht eine flir spatere Uberlegungen sehr niitzliche alternative Interpretation der Nachfragekurve, weshalb wir sie hier kurz erwahnen. Diese Sicht erfreut sich gegenwartig iibrigens auch in der Betriebswirtschaftslehre wieder zunehmender Beliebtheit. Marshall geht von einer bestimmten Menge des betrachteten Gutes aus und fragt, bei welchem Preis diese Menge von den Konsumenten insgesamt nachgefragt wird (siehe Abbildung 15.13). Diesen Preis nennt er Nachfragepreis p^. Seine Nachfragefimktion lautet somit p^ = P^(x). Dies ist - mathematisch gesehen - die Umkehrfiinktion von x^(p). Abbildung 15.13: Marshalls Nachfragekurve
P'(X)
Vgl. A. Marshall: Principles of Economics; 1890, London, Book III, Ch. III. Vgl. zur Umkehrfiinktion ggf. den Anhang M.2.b).
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
117
Marshalls Nachfragepreis p^ kann als monetare (geldmafiige) Zahlungsbereitschaft der Nachfrager interpretiert werden. In der Abbildung 15.13 ist beispielsweise p' der Preis, den die Nachfrager hochstens pro Mengeneinheit des Gutes zu zahlen bereit sind, wenn sie insgesamt die Menge x' des Gutes nachfragen. (AUe Mengeneinheiten des Gutes werden annahmegemaB zum gleichen Preis umgesetzt.) GroBere Mengen wurden nur zu einem niedrigeren Preis des Gutes nachgefragt. Mit anderen Worten: Die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager fiir die auf x' folgende nachste Mengeneinheit des Gutes ist geringer als die Zahlungsbereitschaft fiir die x'-te Mengeneinheit. Empirikum 15.7: Das folgende Diagramm zeigt eine Anfang der neunziger Jahre vom Verfasser empirisch ermittelte Haufigkeitsverteilung von Zuzahlungsbereitschaften von 200 privaten Haushalten fur elektrischen Strom, der aus regenerativen Energiequellen gewonnen wird. Denkt man sich auf den geltenden Strompreis die dargestellten Prozentsatze aufgeschlagen, dann kann die nach der Hohe der Zahlungsbereitschaft geordnete Verteilung als Nachfragefunktion der Befragten im Sinne Marshalls interpretiert werden. 160 n Zuzahlungsbereitschaft (in Prozent) 140 120 100 80 60 40 20 •
0
20
40
60
80
100
\
.
120
140
160
180
200
Geordnete Menge der Zuzahlungsbereiten
Es ist zu sehen, daS nur wenige Haushalte eine »hohe« Zahlungsbereitschaft fur das Gut haben. »GroSe« Mengen des Gutes werden nur zu geringen Preisen nachgefragt. Quelle: Kortmann, W.: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfurt/M. u.a., 1995, S. 203.
Auf die theoretischen Vorraussetzungen, die mit der Anwendung der Marshall'schen Nachfragekurve verbunden sind, soil hier nicht eingegangen werden.
118
Die Gutemachfrage der Haushalte
k) Kommen wir zuriick zu der heute iiblichen Konzeption der Marshall'schen Nachfragefunktion als Abhangigkeit der nachgefragten Menge eines Gutes vom Preis des Gutes. Es darf bei der Anwendung nicht vergessen werden, daB diese Funktion unter der ceteris-paribus-Bedingung hergeleitet wurde, das heiBt unter der Voraussetzung, daB alle iibrigen BestimmungsgroBen der Nachfrage unverandert bleiben. Diese iibrigen NachfragebestimmungsgroBen, insbesondere die Preise der anderen Giiter und das Einkommen der Nachfrager, werden als exogen bezeichnet, well sie nicht innerhalb dieses Modells erklart werden. Dagegen heiBen diejenigen GroBen, deren Zusammenhang dargestellt und untersucht wird, die also - bildlich gesprochen - an den Koordinatenachsen stehen, endogen. Das sind die Variablen des Modells. Exogene EinfluBgroBen sind dagegen die Parameter, die in der Funktionsklammer hinter die Variablen und von diesen durch ein Semikolon getrennt geschrieben (vgl. Kapitel O.e). Welche Wirkung geht von Anderungen einzelner exogener EinfluBgroBen der Marshall'sche Nachfragefunktion Xj^ auf die zugehorige Nachfragekurve aus?: • Bei einem vergleichsweise hohen Einkommen fragen alle Nachfrager (bei jedem Niveau des Preises pj) groBere Mengen von dem Gut j nach - sofem es superior ist. Bei hohem Gesamteinkommen B verlauft die Marshall'sche Nachfragekurve daher »hoher« und »weiter rechts« als bei niedrigem Einkommen (siehe Abbildung 15.14; B" ist dabei das hohe und B' das niedrige Einkommen). Der Leser kann sich leicht iiberlegen, daB die umgekehrte Wirkung eintritt, falls j ein inferiores Gut ist. Abbildung 15.14: Marshall'sche Nachfragekurven bei verschiedenen Einkommensniveaus der Nachfrager
X!'(P,;B")
X?(P„B')
B">B'
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
119
• 1st der Preis eines Gutes h, zu dem j okonomisch substitutiv ist, vergleichsweise hoch, so wird von dem Gut j eine groBere Menge nachgefragt, und zwar bei jeder Hohe des Preises pj. Sind also Giiter, von denen j ein Substitut ist, teuer, dann verlauft die Marshall'sche Nachfragekurve von Gut j »hoher« und »weiter rechts« als bei niedrigem Preis ph (siehe Abbildung 15.15; p|[ ist dabei der hohe und p^ der niedrige Preis des anderen Gutes). Abbildung 15.15: Marshall'sche Nachfragekurven bei verschiedenen Preisniveaus eines anderen Gutes
x^Pi^p:)
• Ist der Preis eines Gutes h, zu dem j okonomisch komplementdr ist, vergleichsweise hoch, so wird von dem Gut j nur wenig nachgefragt, egal wie hoch der Preis pj ist. Bei hohem Preis ph verlauft die Marshall'sche Nachfragekurve von Gut j dann vergleichsweise »niedrig« und »weiter links«. Der Leser kann dies zusatzlich in Abbildung 15.15 kenntlich machen, indem neben p|] > p|^ geschrieben wird, daB dies fiir Gut j als Substitut von Gut h gilt. Darunter kann erganzend geschrieben werden, daB fiir j als Komplement von h der Preis p^ als groBer denn pj| interpretiert werden muB, also p^ > p^'. • Die Preise okonomisch unabhdngiger Giiter haben untereinander keinen EinfluB auf die Lage ihrer Marshall'schen Nachfragekurven. • Eine weitere exogene EinfluBgroBe auf die gesamte Nachfragemenge eines Gutes ist die Anzahl der Nachfrager, die wir durch I oder F symbolisieren. Allgemein kann davon ausgegangen werden, daB eine steigende Nachfragerzahl
120
Die Giitemachfrage der Haushalte
dazu fiihrt, daB sich die Marktnachfragekurve nach »rechts« imd »oben« verlagert. Dazu betrachte der Leser die Abbildung 15.11 und iiberlege noch einmal, wie sich die Hinzufiigung einiger weiterer individueller Nachfragekurven auf die Lage der aggregierten Nachfragekurve im rechten Diagramm auswirken wiirde. Aufgabe 15.10: Untersuchen Sie graphisch und formal anhand der linearen Marktnachfragefiinktion x^(p) = I - [ m - n - p ] , die zum Beispiel aus der Aggregation linearer individueller Nachfragefunktionen gemaB (15.2) entstanden ist, a) die Wirkung einer Veranderung des Parameterwertes n um 5n, b) die Wirkung einer Veranderung des Parameterwertes m um 5m, c) die Wirkung einer Veranderung der Nachfragerzahl I um 51. d) Wodurch konnten Anderungen von m oder n bedingt sein, das heiBt, welche exogenen Veranderungen konnten durch sie beschrieben werden ? e) Wie andert sich infolge einer Variation der Nachfragerzahl I bei irgendeinem Preisniveau p' die Preiselastizitat der Nachfrage ?
1) Zum AbschluB dieses Kapitels 1.5. seien die wichtigsten hier betrachteten Outer- und Nachfrageunterscheidungen noch einmal mittels der defmierten Elastizitaten in einer Ubersicht zusammengefaBt:
1.5. Aggregation und Marktnachfrage
121
Abbildung 15.16: Giiter- und Nachfrageklassifikation mittels Elastizitdten
Einkommenselastizitdt:
<
c(Xj:B) > 1 : stark superiores Gut (Luxusgut)
8(Xj:B) < 1 : schwach superiores Gut (Grundgut):
8( x^ : B) f— = 0 : einkommensstarre Nachfrage
Bei j = Nahrungsmittel: Engel'sches Gesetz Bei j = Wohnung: Schwabe'sches Gesetz
^ < 0 : inferiores Gut
Kreuzpreiselastizitdt: > 0 : Gut j ist ein okonomisches Substitut von Gut h s( Xj^: ph) f— = 0 : Gut j ist okonomisch unabhangig von Gut h < 0 : Gut j ist ein okonomisches Komplement von Gut h
Eigenpreiselastizitdt: ' 8( X ^ : B) > 0 : Veblen-Effekt (demonstrativer Konsum) Oder Qualitatseffekt (Preis als Qualitatsindikator)
> 0 : anormale Nachfrage / \ 8( Xj : pj) f— = 0 : preisstarre Nachfrage
' < 0 : normale Nachfrage
8( X ]^: B) < 0 : Giffen-Effekt
122
Die Giitemachfrage der Haushalte
1.6. Externe Effekte zwischen den Nachfragern (Bezugsgruppeneffekte)
Bisher wurde davon ausgegangen, da6 jeder Haushalt unabhdngig von anderen seine Konsumentscheidungen triflft. In der Realitat hangen jedoch die einzelwirtschaftlichen Nachfragen haufig auch davon ab, was und wieviel andere Haushalte aus der sozialen Bezugsgruppe des betrachteten Akteurs konsumieren. Die von dem Konsumverhalten anderer Haushalte ausgehenden Einfliisse auf die einzelwirtschaftliche Nachfrage werden unter dem Sammelbegriflf Bezugisgruppeneffekte Oder allgemeiner: externe Konsumeffekte erortert. Die von Bezugsgruppen ausgehenden Wirkungen auf das einzelwirtschaftliche Konsumverhalten haben den Charakter exogener EinfluBgroBenanderungen, wie sie im vorangegangenen Kapitel 1.5.4.k) beschrieben wurden. Im folgenden werden die zwei wichtigsten, erstmals von Harvey Leibenstein (1950) theoretisch untersuchten Bezugsgruppeneffekte in ihren Grundziigen beschrieben.
1.6.1. Mitlaufer-Effekt Der Mitlaufereffekt (band wagon effect) liegt vor, falls ein Konsument ein Gut hoher praferiert und es vermehrt nachfragt, weil auch die Menschen aus seiner Bezugsgruppe dieses Gut gem konsumieren. Die Nachfrage des Konsumenten steigt (d.h. seine individuelle Nachfragekurve verschiebt sich nach »rechts« bzw. »oben«), wenn er vermutet, daB die Anzahl der Kaufer oder die insgesamt nachgefragte Menge des Gutes zunimmt. In diesem Verhalten kommt sein Bestreben zum Ausdruck, sich beim Konsum ebenso zu verhalten wie die Angehorigen der sozialen Gruppe, zu der er auch gehoren mochte. Vor allem das Modekaufverhalten laBt sich durch den Mitlaufereffekt erklaren. Wie kann der Mitlaufereffekt mikrookonomisch begriindet werden? Zur Beantwortung dieser Frage gehen wir von einem Markt aus, auf dem sich ein wesentlicher Teil der Nachfrager als Mitlaufer verhalt. Im linken Diagramm der
1
Vgl. H. Leibenstein: Bandwagon, Snob, and Veblen Effects in the Theory of Consumers' Demand; Quarterly Journal of Economics 64, 1950, S. 183-207.
1.6. Exteme Effekte zwischen den Nachfragem
123
Abbildung 16.1 sind individuelle Nachfragekurven eines Mitlaufer-Konsumenten i fur ein bestimmtes Gut eingezeichnet, und zwar fiir drei verschiedene von ihm vermutete Niveaus der Gesamtnachfrage xjjx, x"(2) , und X(^), wobei Ml) <
X(^2) <
Abbildung
X (3)-
16.1:
Mitldufer-Effekt
P
x^'(P;xr3))
x'^'(P;Xti)) rNi
Es ist zu erkennen, daB die einzelwirtschaftliche Nachfrage des Mitlaufers i um so groBer ist, das heiBt, seine Nachfragekurve um so weiter »rechts« und »oben« verlauft, je groBer die von ihm vermutete Marktnachfrage x^ ist. Erwartet er nur eine geringe Gesamtnachfrage nach dem Gut, zum Beispiel die Menge xfj), so liegt seine Nachfragekurve vergleichsweise nahe am Koordinatenursprung. Rechnet er dagegen mit einer groBen Nachfragemenge, beispielsweise xf^^, so fragt auch er viel nach. Aggregiert man nun fur eine bestimmte vermutete Gesamtnachfrage, etwa xf}), alle individuellen Nachfrageflinktionen, faBt man also unter der Annahme einer bestimmten insgesamt nachgefragten Menge xf}) des Gutes alle einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane x^^(p) zusammen, so ergibt sich die sogenannte scheinbare Marktnachfragefunktion zu x^(p), deren Graph im rechten Diagramm der Abbildung 16.1 mit der Kennzeichnung (1) eingezeichnet ist. Fiir einen anderen allgemein vermuteten Umfang der Gesamtnachfrage, etwa xf2)9 ergibt sich ebenfalls durch Aggregation eine andere scheinbare Marktnachfragefunktion, Kurve (2), und fur xj^^ analog die scheinbare Marktnachfragekurve (3). Je hoher die sich vermutlich ergebende Marktnachfragemenge ist, desto weiter »rechts-oben« verlaufen die individuellen Nachfragekurven und ft)lglich auch die scheinbaren Marktnachfragekurven. Die Bezeichnung "scheinbar" beruht darauf,
124
Die Giitemachfrage der Haushalte
daB sie nicht wirklich vollstandig realisierbare Preis/Mengen-Kombinationen darstellen. Tatsachlich manifestiert sich auf dem Markt nach mehr oder weniger langen wechselseitigen Anpassungsprozessen eine effektive Nachfragemenge x^, die schlieBlich mit dem allgemein vermuteten Wert x^ iibereinstimmen wird. Im rechten Diagramm der Abbildung 16.1 sind auf der Mengenachse beispielhaft drei effektive Nachfragemengen x^^), X(^2)' ^^3) eingezeichnet worden. Auf diese tatsachlichen Nachfragemengen {nach erfolgter Anpassung) bezogen sich die zuvor beschriebenen einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane. x[|) ist demnach die einzige Gesamtnachfragemenge, die sich bei der scheinbaren Marktnachfragekurve (1) tatsachlich einstellt, denn auf xJJ^ beruhen ja die einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane x '(p;xJJ)), deren Aggregation zu der Kurve (1) fflhrte. Der Leser hebe deshalb nun diesen einzig relevanten Punkt auf der Kurve (1) senkrecht iiber x [{^ hervor und bezeichne ihn mit [1]. Genauso ist der iiber x ^2) liegende Punkt auf der Kurve (2) der einzig realisierbare Punkt auf dieser Kurve, well alle anderen Punkte Gesamtnachfragemengen ausweisen, die mit den Vermutungen in den einzelwirtschaftlichen Nachfrageplanen, die der Kurve (2) zugrunde liegen, nicht vertraglich sind. Der Leser markiere deshalb auch diesen Punkt und bezeichne ihn mit [2]. SchlieBlich gehort zur dritten scheiabaren Marktnachfragekurve die Menge x ^3), so daB nun noch der iiber x ^^^ liegende Punkt auf der Kurve (3) hervorzuheben und mit [3] zu kennzeichnen ist. Die Preis/Mengen-Kombinationen [1], [2] und [3] sind nach dem soeben Gesagten die einzigen Kurvenpunkte, die tatsachlich als Marktnachfrage realisierbar sind, bei denen also die aggregierten tatsachlichen Nachfragemengen x^ mit den durch die Konsumenten vermuteten Mengen x^ iibereinstimmen. Ihre zeichnerische Verbindung ergibt die effektive Marktnachfragekurve x^(p). Der Leser verbinde deshalb die Punkte [1], [2] und [3] durch eine entsprechende Linie und kennzeichne sie mit x^(p). Es ist ersichtlich, daB die effektive Marktnachfragekurve flacher verlauft als die scheinbaren Marktnachfragekurven. Darin kommt der Mitlauferefifekt zum Ausdruck: Sinkt beispielsweise ausgehend vom Punkt [1] der Marktpreis, so steigt bei zunachst unveranderten Vermutungen iiber die Gesamtnachfrage die von den Konsumenten insgesamt nachgefragte Menge, und zwar entlang der scheinbaren Marktnachfragekurve (1). Bald jedoch wird dieser Nachfragezuwachs allgemein wahrgenommen und die Mitlaufer-Konsumenten dehnen daraufhin ihre Nachfrage
1 Die Frage, wie genau diese sogenannte Transaktionsmenge auf dem Markt zustande kommt, ist Gegenstand des spateren Kapitels 3.2.1.
1.6. Exteme Effekte zwischen den Nachfragem
125
weiter aus (Rechtsverschiebimg ihrer individuellen Nachfragekurven, wie im linken Diagramm). Dadurch verlagert sich auch die scheinbare Marktnachfragekurve nach rechts, und zwar so weit, bis die effektive Marktnachfrage wieder mit der allgemein vermuteten Marktnachfragemenge iibereinstimmt. Das ist zum Beispiel im Punkt [2] der Fall. Eine Preissenkung fiihrt folglich bei Mitlaufer-Konsumenten in doppelter Weise zu einer Erhohung der Nachfragemenge: Zimachst zur tiblichen Mehmachfrage aufgrund des Gesetzes der Nachfrage (vgl. Kapitel 1.5.4.h) und dann - eben wegen dieser Mehmachfrage - zu einem weiteren mitlauferbedingten Nachfragezuwachs. Bei Preiserhohungen gilt das hier Gesagte analog in umgekehrter Richtung.
1.6.2. Snob-Effekt Der Snob-Effekt liegt vor, wenn Konsumenten ein Gut weniger praferieren und nachfragen, well andere Haushalte dieses Gut (vermehrt) konsumieren. Die Nachfrage der "Snobs" sinkt, das heiBt: ihre Nachfragekurve verschiebt sich nach »links« beziehungsweise »unten«, wenn sie vermuten, daB die Anzahl der Kaufer oder die insgesamt nachgefragte Menge zunimmt. Durch diesen Effekt wird das Streben nach exklusivem Konsum, das heiBt nach einer Abhebung vom Konsummuster der iibrigen Konsumenten ausgedriickt. In der graphischen Darstellung verlaufen die individuellen Nachfragekurven des Snobs i um so weiter links je hoher die von ihm vermutete Gesamtnachfrage x^ ist; siehe das linke Diagramm in der Abbildung 16.2, mit xJJ) < xj^^ < xj^^:
126 Abbildung
Die Gutemachfrage der Haushalte
16.2:
Snob-Effekt
P
x"(P;Xri)) (P;xr2)) x^'(p-,xr3)) rNi
A(i)
X(2
Durch Aggregation ergeben sich die im rechten Diagramm dargestellten scheinbaren Marktnachfragekurven (1), (2) und (3). Die der Kurve (1) zugrunde liegende allgemeine Vermutung ixber die Marktnachfragemenge stimmt nur in dem Punkt [1] mit der tatsachlich nachgefragten Menge x[5) iiberein. Erwarten die Konsumenten die groBere Marktnachfrage xj^^, so stimmt diese auf der sich daraus ergebenen aggregierten Marktnachfragekurve (2) nur im Punkt [2] mit der tatsachlich nachgefragten Menge X(^2) iiberein. Analog dazu ist [3] der einzig realistische, das heifit die Vermutungen der Konsumenten bestatigende Punkt auf der Marktnachfragekurve zur erwarteten Menge xJ5). Durch Verbindung aller Punkte, die auf den scheinbaren Marktnachfragekurven realisierbar sind (bei uns also [1], [2] und [3]), ergibt sich die effektive Marktnachfragekurve x^(p). Der Leser kann sie wieder durch Verbinden der drei Punkte einzeichnen und kennzeichnen. Offensichtlich hat x^(p) im dargestellten Diagramm einen steileren Verlauf als die scheinbaren Nachfragekurven. Darin kommt der Snob-Effekt zum Ausdruck: Eine Preissenkung, zum Beispiel ausgehend vom Punkt [1], erhoht zunachst die von den einzelnen Konsumenten nachgefragten Mengen, und zwar entlang der zuvor giiltigen scheinbaren Nachfragekurve (im Beispiel also Kurve (1)). Nehmen die Konsumenten schlieBlich die allgemeine Nachfragebelebung wahr, so werden die Snobs unter ihnen daraufhin ihre Nachfrage wieder einschranken, so daB beim neuen, niedrigeren Preisniveau die insgesamt nachgefragte Menge wieder sinkt. Sie geht solange zuriick, bis ein Punkt (zum Beispiel [2]) auf der eflfektiven Marktnachfragekurve erreicht ist. Der Snob-Effekt dampft also den Nachfragezuwachs bei Preissenkungen. Ebenso dampft er den Nachfragertickgang bei Preiserhohungen.
127
1.6. Exteme Effekte zwischen den Nachfiagem
1.6.3. Kombinierte Wirkung Wahrend also der Mitlaufer-EfFekt zu einer Verstarkung der Preisandemngswirkung fiihrt, bewirkt der Snob-Effekt deren teilweise Kompensation. Die Abbildung 16.3 stellt beide Effekte noch einmal im Vergleich dar. PE bezeichnet die urspriingliche Preiswirkung (Preiseffekt): Abbildung 16.3: Mitldufer- und Snob-Effekt im Uberblick
p
\X^(P) --\[1]
f
v(3)
1
1
11
X(i)
X(2)
—i A(3)
X^
Im Falle wirksamer Bezugsgruppeneffekte ergibt sich die Marktnachfragefunktion eines Gutes j analog zu (15.1) durch Aufsummieren aller individuellen Nachfragefunktionen. Diese hangen dann aber von der aggregierten Nachfrage ab:
x?^(p,B) = X x f (p,B',xJ^(p,B))
(16.1)
Die Marktnachfrage hangt bei wirksamen Bezugsgruppen also in gewisser Weise von sich selbst ab. Wir betrachten nur einen einfachen Spezialfall: xN(p)
=
X^'^HP'^'^CP))
(16.2)
Die Summen laufen jeweils von i = 1 bis I. Der Gutsindex j wurde zur Vereinfachung weggelassen.
128
Die Gutemachfrage der Haushalte
Wird eine unendlich schnelle Anpassung der Nachfrager an die Gesamtnachfrage x^ unterstellt, so wird die Gleichung zu einer Identitat. Dies eroffiiet die Moglichkeit, (16.2) nach p zu diflferenzieren: '^N
_
Iy [ ;r x, ^Ni ^ + xNX^^p'x^]
(16.3)
Durch Aufspalten der Summe, Uberflihren der rechten Teilsumme auf die linke Gleichungsseite und Ausklammem der von i imabhangigen Grofie p x^ ergibt sich:
IpX <=>
1 -
S
Ni XNX Ni
(16.4)
Der Vergleich mit Gleichung (15.33) zeigt, daB Bezugsgruppeneinfliisse zu einem zusatzlichen Summenterm im Nenner fflhren. ^NX^* gibt an, wie stark ein Nachfrager i mit seiner Nachfrage x^' auf Anderungen der aggregierten Nachfrage x^ reagiert. Bei S XNX^'= 0 ergibt sich unsere Aggregationsbedingung (15.31) beziehungsweise (15.33). Sind dabei allerdings einige ^^x^' ungleich Null und haben unterschiedliche Vorzeichen, gibt es also auf dem betrachteten Markt sowohl Snobs als auch Mitlaufer, so resultiert die gewohnliche Aggregationsbedingung pX^ = XpX^* nur deshalb, weil sich Snob- und Mitlaufereflfekte gerade gegenseitig genau kompensieren.
1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
129
1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
Im wirtschaftstheoretischen Sinne bezeichnet Wohlfahrt das wirtschaftliche Wohlergehen von Menschen, und zwar aus einer iibergeordneten, zum Beispiel gesellschafllichen Perspektive betrachtet. Wohlfahrt kann nur auf einzelne Individuen bezogen definiert werden; gesellschaftliche Wohlfahrt leitet sich stets aus individueller Wohlfahrt her (sofem man akzeptiert, daB Diktatur keine wiinschenswerte Gesellschaftsordnung ist). WohlfahrtsmaBe sollen es ermoglichen, okonomische Systeme, Prozesse und Zustande sowie deren Anderungen (z.B. infolge wirtschaftspolitischer MaBnahmen) zu beurteilen. Zu einer Wohlfahrtssteigerung kommt es beispielsweise, wenn die Menschen zu einem von ilinen hoher praferierten Zustand gelangen. Die Analyse von Wohlfahrtskriterien ist Gegenstand der sogenannten Wohlfahrtsokonomik, eines Teilbereichs der Mikrookonomik. Die Wohlfahrtsokonomik bemiiht sich auch darum, wohlfahrtsoptimale Zustande zu bestimmen. Da dieser Versuch allerdings bisher kaum zu anwendbaren Resultaten gefiihrt hat, beschranken wir uns im folgenden auf die Darstellung der wichtigsten Grundlagen der Wohlfahrtsmessung. In spateren Kapiteln werden weitere Wohlfahrtsaspekte und einige theoretische Anwendungen der hier erlauterten Konzepte zur Sprache kommen.
1,7.1. Zahlungsbereitschaft und Nachfragervorteil (Konsumentenrente) a) Sei j ein unteilbares Gut, also eines, das tiblicherweise nur in ganzzahligen Mengeneinheiten v (klein griechisch Ny) erworben wird. Bei sehr hohen Niveaus des Preises pj wird ein Konsument i keine Einheit des Gutes nachfragen (v = 0). LaBt man pj gedanklich von sehr hohen Werten her allmahlich sinken, so kann es bei einem bestimmten Preisniveau dazu kommen, daB der Konsument vom Nichtkauf zum Kauf der ersten Mengeneinheit (v = 1) iiberzugehen bereit ist.
1
Eine anwendungsorientierte Ubersicht der im folgenden betrachteten WohlfahrtsmaBe liefert M. Faber: Mikrookonomische Methoden der Praferenzerfassung; Miinchen 1986.
130
Die Giitemachfrage der Haushalte
(Bezahlen des Preises und Erhalt der ersten Gutseinheit) und Nichtkauf (Behalten der dem Preis entsprechenden Kaufkraft und Verzicht auf das Gut) ist, markiert die (maximale) Zahlungsbereitschaft des Konsumenten fur die erste Einheit des Gutes j und wird mit Q^ (1) symbolisiert (klein griechisch Zeta). Sobald pj auf dem Niveau Cj (1) oder darunter liegt, wird der Konsument die erste Mengeneinheit (v = 1) des Gutes nachfragen. LaBt man den Preis pj welter sinken, so kann es sein, daB der Konsument auch fiir eine zweite Mengeneinheit (v = 2) des Gutes eine positive Zahlungsbereitschaft hat, die dann mit tl,]{2) bezeichnet wird, moglicherweise auchfflreine dritte, vierte und so weiter. AUgemein bezeichnen wir die Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten ifiirdie v-te Einheit eines Gutes j mit ^ j (v). b) Oflfenbar gilt: C/(l) > q(2)
> q(3)
> ...
(17.1)
Die Zahlungsbereitschaft des Konsumenten fur eine zweite Mengeneinheit des Gutes ist nicht groBer (in der Regel ist sie geringer) als die Zahlungsbereitschaft fiir die erste Gutseinheit; fiir die dritte Gutseinheit ist sie nicht groBer als fflr die zweite und so fort; siehe Abbildung 17.1. Fur jede weitere Mengeneinheit ist die Zahlungsbereitschaft meist geringer alsfflrdie vorhergehende. Wenn die v-te Mengeneinheit des Gutes nachgefi*agt wird, zusammen mit den vorangegangenen also insgesamt x = v Einheiten, dann muB der Preis pj des Gutes zwischen C,-iv) und Cj (^ +1) liegen. Oder umgekehrt formuliert: Ist pj die Hohe des Preises von Gut j , so wird der Konsument soviele Mengeneinheiten des Gutes nachfi-agen bis bei der nachsten Einheit der Preis iiber seiner Zahlungsbereitschaft lage. Die folgende Abbildung 17.1 veranschaulicht dies fflr den Fall v = 2 (die Indizes i und j wurden weggelassen):
131
1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
Abbildung 17.1: Zahlungsbereitschaftsverteilungemes Konsum
a2) p'
m a4) V
Beim Preis p' werden beispielsweise die ersten zwei Einheiten des Gutes nachgefragt (v = 1 und v = 2), die Nachfragemenge des Konsumenten betragt daher x' = 2. Lage der Preis auf oder unterhalb von ^(3), so wurde eine zusatzlichQ - namlich die dritte - Einheit des Gutes nachgefragt. Allgemein hangt seine Nachfragemenge x von der Hohe des Preises ab: x(p). c) Die Gesamtzahlungsbereitschaft eines Konsumenten i fur die bei irgendeinem Preis Pj gewunschten xj(pj) Einheiten des Gutes ist einfach die Summe aller seiner Zahlungsbereitschaften fiir die einzebien nachgefragten Gutseinheiten; in der Abbildung 17.1 ist das also Cj(^) "*" CK^)- Allgemein betragt die Gesamtzahlungsbereitschaft somit: x5(Pj)
z q(v)
=: Z>(pj)
(17.2)
v=l
Die Zahliingsbereitschaft eines Konsumenten fur ein Gut wird im allgemeinen auBer von seinem Budget auch davon abhangen, wieviel er von anderen Giitem kaufen mochte.
132
Die Gutemachfrage der Haushalte
In der Kegel ist die Zahlungsbereitschaft nicht gleich dem fiir die gewiinschte Gutsmenge tatsachlich zu zahlenden Betrag, sondem hoher. Insgesamt betragen die Ausgaben eines Konsumenten i fur das Gut j : Bj(pj) =
(17.3)
Pj-xij(pj)
In Abbildung 17.2 ist das die Flache iinter der p'-Horizontalen bis v = 2. Die Diflferenz zwischen der Gesamtzahlimgsbereitschaft Zj und den Ausgaben B'j wird als Einzelnachfragervorteil (oder Konsumentenrente ) bezeichnet: NVJ(pj) = Zj(pj) - Bj(pp
(17.4)
In Abbildung 17.2 ist die entsprechende Flache schrafBert dargestellt. Der Leser kann sie kennzeichnen. Der Einzelnachfragervorteil stellt gleichsam das AusmaB der ersparten Ausgaben des Konsumenten dar, die er beim Kauf eines Gutes realisiert. NV] entspricht auch dem Geldbefrag, den man dem Konsumenten mindestens zahlen muBte, damit dieser auf den Konsum des betrachteten Gutes iiberhaupt verzichtet (also x^ =0 akzeptiert). Da die Zahlimgsbereitschaft wegen des begrenzten Budgets notwendig endlich ist, ist auch der Nachfragervorteil von endlicher GroBe. Abbildung 17.2: Einzelnachfragervorteil P.? 4(1)
a2)
C(3)
C(4) C(5)
1 2
3
4
5
V
Die Ausarbeitimg des Konzeptes der Konsiimentenrente verdanken wir ebenfalls Alfred Marshall (1890).
1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
133
d) Weil es sich beim Nachfragervorteil um eine geldmaBige GroBe handelt, ist es grundsatzlich moglich, ihn tiber mehrere Konsumenten i zu summieren. Dadurch ergibt sich der Gesamtnachfragervorteil (bzw. die gesamte Konsumentenrente aller Nachfrager) hinsichtlich eines Gutes:
NVj(Pj) =
ENVJCPJ)
(17.5)
Er ist auch gemeint, wenn einfach nur von "Nachfragervorteil" gesprochen wird. Die graphische Reprasentation entspricht genau der oben gezeigten einzelwirtschaftUchen, nur da6 nun das Aggregat aller individuellen Zahlungsbereitschaften, geordnet nach ihrer Hohe beziiglich der einzehien Einheiten des Gutes, betrachtet wird. Dies ist iibrigens der von Alfred Marshall (1890) vorgeschlagene Weg zur Herleitung der Marktnachfragekurve (vgl. Kapitel 1.5.4J). In der heute vorherrschenden Interpretation entspricht die Gesamtverteilung der Zahlungsbereitschaften aller Nachfrager der Marktnachfragefimktion x]^(Pj). Ein empirisches Beispiel wurde im Empirikum 15.7 gezeigt. Im Falle »vieler« Nachfrager oder »kleiner« Gutseinheiten kann der treppenfonnige Verlauf von Xj^(pj) gut durch eine stetige Nachfragekurve angenahert werden, wie sie, zusammen mit dem Gesamtnachfragervorteil bei einem Preis p] in der folgenden Abbildung 17.3 zu sehen ist. Zur Berechnung der entsprechenden Flache zwischen der Nachfragekurve und der Horizontalen bei p] ist anstelle einer Summe nun ein Integral zu berechnen, worauf wir hier aber nicht naher eingehen wollen. Die Marktpreisobergrenze Pj entspricht der Zahlungsbereitschaft des zahlungswilhgsten Nachfragers fur die erste Einheit des Gutes. Abbildung 17.3: Gesamtnachfragervorteil
xr(p;)
Die Gtitemachfrage der Haushalte
134
e) Wichtiger als die Frage nach der absoluten Hohe des Nachfragervorteils ist die nach seiner Veranderung, etwa bei Anderungen des Preises pj. Steigt beispielsweise in der vorigen Abbildung der Preis von p- auf ein hoheres Niveau Pj , so verringert sich ofFensichtlich der Nachfragervorteil auf dem betrachteten Markt; siehe Abbildung 17.4: Abbildung 17.4:
Anderung des Gesamtnachfragervorteils
P
xr(pr) xr(p;) Der Nachfragervorteil nach erfolgter Preiserhohung, also NVj(pj), entspricht der verbleibenden doppelt schraffierten Flache unterhalb der Nachfragekurve und oberhalb der p'] -Linie. Die entstandende VorteilseinbuBe setzt sich - graphisch betrachtet - aus zwei Flachenteilen zusammen: Zum einen die Rechteckflache (A), zum anderen die rechts daneben liegende annahemde Dreiecksflache (B). Die Gesamtflache (A) + (B) entspricht in etwa der eines Trapezes. Die Rechteckflache (A) ist die VorteilseinbuBe, die sich ergibt, weil die Nachfrager jetzt fur die weiterhin gekauften Gutseinheiten Xj^(pj) einen hoheren Preis zahlen mtissen als zuvor. Die Dreiecksflache miBt den daruber hinausgehenden Vorteilsverlust aufgrund der gegeniiber vorher reduzierten Konsummenge. Denn der Nachfragervorteil, der aufgrund der Preiserhohung nun nicht mehr nachgefragten Gutseinheiten zwischen xj*(pj') und x^(p') ist verlorengegangen.
1.7. Wohlfehitsaspekte des Konsums und der Nachfrage
135
Beispiel 17.1: Nachfragervorteilseinbufie bei linearer Nachfragefunktion. \m Falle einer geradlinigen Nachfragekurve kann die EinbuBe an Nachfragervorteil, die durch eine Preiserhohimg hervorgerufen wird, auf einfache Weise und zudem exakt berechnet werden, weil die Teilflache (B) in Abbildung 17.4 dann genau einer Dreiecksflache entspricht. Sei x^(p) = m - n p die Marktnachfragefunktion eines bestimmten Gutes. Steigt nun der Preis von p' auf p", so sinkt die Nachfragemenge von x' = x^(p') aufx" = x^(p").
Die schraffierte VorteilseinbuBe ANV laBt sich berechnen entweder durch Addition der Rechteckflache x"
(1)
136
Die Giitemachfrage der Haushalte
Diirch Einsetzen der Nachfragefimktion folgt daraus ANV = ( m - n p ' ) M m - n - p " )
^p,._p,^
«
ANV = y [ 2 m - n ( p ' + p")](p"-p')
<::>
ANV = m - ( p " - p ' ) - y [ ( p " ) 2 - ( p ' ) 2 ]
(2)
Bei m = 120 und n = 10 ergibt sich fur den Fall einer Preiserhohung von p' = 6 auf p" = 9 beispielsweise eine Vorteilseinbufie von ANV =135, was der Leser nachrechnen und gegebenenfalls im obigen Diagramm vermerken moge . Kennt man die Marktnachfragefimktion fiir ein Gut, so kann auf die hier dargestellte Weise abgeschatzt werden, wie stark die Nachfrager durch eine (z.B. steuerbedingte) Preiserhohung betroflfen sind.
n 1.1.2. Kompensierende und aquivalente Variation a) Im vorangegangenen Unterkapitel iiber den Nachfragervorteil wurde die Auswirkung von Preisanderungen nur bezogen auf ein einzebies Gut betrachtet; Kaufkraft- und Substitutionseflfekte beztigUch anderer Gtiter bheben ausgeklammert. In diesem Unterkapitel soil diese Erweiterung nun vorgenommen werden. Wir beschranken uns der Anschaulichkeit wegen wieder auf den ZweiGiiter-Fall: Xi, X2 seien die Konsummengen zweier Gtiter, die ein Konsument mit dem Budget B bei seiner Konsumentscheidung beriicksichtigt. Konkret sei (Xi,X2) das ursprunglich gewahlte Konsumoptimum (vgl. auch die friihere Darstellung in Kapitel 1.5.4.c); das zugehorige Praferenzniveau ist %Q). Die folgende Abbildung 17.5 zeigt die Reaktion des Konsumenten auf eine Erhohung des Preises pi um Api, bei konstantem Preis p2 imd unverandertem Budget:
1.7 Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
137
Abbildung 17.5: Wirkungen einer partiellen Preiserhohung
P/Ap^
Die Preiserhohung fiihrt zu einer Drehung der Budgetgeraden um den X2-Achsenschnittpunkt nach unten, so daB der neue Xi-Achsenschnittpunkt bei B/(pi+Api) hegt. Irgendwo auf dieser neuen Budgetgeraden wird das neue Konsumoptimiun hegen - je nach Lage der Indiflferenzkurven. Ein moglicher Tangentialpunkt ist in dem Diagramm zusammen mit der zugehorigen (im Vergleich zu (p(0) »niedrigeren« und gestrichelt gezeichneten) Indifferenzkurve angegeben. Er kann mit (x'i,x'2) bezeichnet werden. b) Wir woUen der Frage nachgehen, wie stark der Konsument durch die Preisanderung Api betroflFen ist. Der nahehegende Weg, diese Betroflfenheit durch die Dififerenz der Praferenzniveaus (p(o) - (p(i) zu messen, ist versperrt, weil wir von der prinzipiellen Unmefibarkeit von (p ausgegangen sind. Eine Moghchkeit, die Betrofifenheit in Geldeinheiten zu messen, besteht darin, zu ermittehi, wieviel Geld man dem Konsumenten nach der erfolgten Preiserhohung geben miiBte, um ihn damit praferenzmaBig genauso zu stellen wie zuvor, das heiBt: um ihn wieder auf sein anfanghches Praferenzniveau (P(o) zu bringen. Diese, die Preiserhohung ausgleichende (kompensierende) Geldzahlung erhoht das Budget des Konsumenten um einen Betrag AB. Gesucht ist somit jene Hohe der Kompensationszahlung AB, welche die nach »unten« gedrehte Budgetgerade wieder an die ursprunghche Indifferenzkurve (p(0) zu verschieben ermoghcht. AB wird deshalb als kompensierende Variation des Budgets oder Einkommens bezeichnet und durch KV symbohsiert. KV ist die Geldzahlung, die den Konsumenten gleichsam fiir die hinzunehmende Preiserhohung entschadigen wiirde; ihre Hohe ist grundsatzlich
138
Die Giitemachfrage der Haushalte
durch geeignete Befragungen empirisch quantifizierbar und wird auch im Rahmen sogenaimter Kosten/Nutzen-Analysen in der Praxis ermittelt. Die Endlage der durch die Kompensationszahlimg parallel verschobenen Budgetgeraden ist in der Abbildimg 17.5 lang gestrichelt eingezeichnet. Der Tangentialpunkt liegt linksoberhalb des anfanglichen Konsumoptimums {x\,^\). Die Achsenschnittpunkte dieser verschobenen Budgetgeraden sind (B+KV)/p2 auf der X2-Achse und (B+KV)/(pi+Api) auf der Xi-Achse; der Leser trage dies in das Diagramm ein. c) Es gibt noch eine zweite Moghchkeit, die durch die Erhohung eines Gutspreises hervorgerufene Betroflfenheit des Konsumenten in Geldeinheiten zu messen: Man kann ermittehi, wieviel Geld man dem Konsumenten vor der Preiserhohung wegnehmen miiBte, damit er dann genau so schlecht gestellt ist, wie (ohne diesen Abzug) nach der Preiserhohung Api. Das heiBt: Die Budgetschmalerung AB soil so hoch sein, da6 sie ihn auf das endgultige Praferenzniveau (p(i) bringt. Der genaimte Geldbetrag wird als aquivalente Variation des Budgets bezeichnet und mit AV symboHsiert. Die Verringerung des Budgets um AV stellt den Konsumenten genau so viel schlechter wie die Preiserhohung Api; beide MaBnahmen sind hinsichthch der Wirkung auf sein Praferenzniveau gleichwertig (Equivalent) - daher die Bezeichnung. Die folgende Abbildung 17.6 veranschaulicht diese Beziehung: Abbildung 17.6: Aquivalente Variation
x;
B p,+Ap^
B-AV p;+ip;
B. Pi
Xi
Graphisch argumentiert gibt die aquivalente Variation AV an, wie weit die anfangliche Budgetgerade parallel nach »links-unten« verschoben werden mtifite, damit sie gerade diejenige Indifferenzkurve tangiert, auf der das Konsumoptimum
1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage
139
(Xijx'j) liegt, das sich nach der Preisanderung Api ergibt. AV ist folglich der Geldbetrag oder Budgetanteil, auf den der Konsument hochstens zu verzichten bereit ware, um die Preiserhohung Api za vermeiden, gleichsam seine Vermeidungszahlimgsbereitschaft. Auch diese ist mittels geeigneter Befragungsdesigns grundsatzlich empirisch ermittelbar. d) Alles was wir in diesem Unterkapitel tiber die Wirkungen einer isolierten Preiserhohung gesagt haben, gilt natiirUch in analoger Weise auch fur Preissenkungen. Ist KV oder AV in einem Fall eine Budgetminderung (Verlust), so ist es im anderen eine Budgeterhohung (Vorteil). Aus graphischer Sicht handelt es sich bei der kompensierenden und der aquivalenten Variation um zwei Arten der Messung des Abstandes zwischen zwei IndiflFeren2jairven mit Hilfe von Tangenten. Das Konzept geht auf den enghschen OkonomQr\ John R. Hicks (1956) zuriick. Im allgemeinen werden sich kompensierende und aquivalente Variationen voneinander unterscheiden: Der Geldbetrag, den man einem Konsumenten als Kompensation fur eine erfolgte Preiserhohung zahlen muBte, ist also in der Regel nicht gleich dem Betrag, den er zu zahlen bereit ware, um die Preisanderung zu vermeiden. Die formale Ermittlung woUen wir am Beispiel der kompensierenden Variation verdeuthchen: Beispiel 17.2: Kompensierende Variation. Sei (p = (p(xi,X2) die Praferenzfimktion des Konsumenten und sind xf (pi,p2,B), x^(Pi,p2,B) seine hochstpraferierten Giitermengen (Konsumoptimum) bei den anfenghchen Preisen pi, p2 und dem Budget B. Das zugehorige Praferenzniveau sei
(p(xf,xf). Steigt nun der Preis des Gutes 1 lun Api, so fragen wir bei der kompensierenden Variation danach, um welchen Betrag KV das Budget des Konsumenten erhoht werden miiBte, damit sich mit den Gutermengen xf(pi + Api,p2,B + KV), Xj(pi + Api,p2,B + KV) das gleiche Praferenzniveau ergibt wie zuvor, namlich (p(x*, X*). KV erhalt man also durch Auflosen der Gleichung: (p(xf(pi+Api,p2,B + KV), xf(pi+Api,p2,B + KV)) ,
= cp(xf(pj,p2,B),x|(Pi,P2,B))
.
.
,
[={p(xf,x|)J
<"
140
Die Gutemachfrage der Haushalte
Ein Beispiel macht den Weg deutlich: Sei (p(x,,X2) = Xj • Xj. Dann ergeben sich daraus die optimalen Konsummengen x7 = B / 2 p , , x ^ = B / 2 p 2 und das Praferenzniveau (p(xf, x | ) = x f • x f
f B ^
=
2pi
B V2P2
B2
4piP2
(2)
Steigt nun pi um Api, so mu6 nach (1) gelten: (B + KV)^
B^
4 (pi + A p i ) p 2
4pi pz 4-(pi+Api)-p2B^ 4pi p i
(B + KV)
B + KV
KV
=
B-
B
Pj+Apj
1+
APi Pi
Steigt pi also beispielsweise um Api/pi = 10,25 Prozent, so ist KKV = 0 , 0 5 B . Fiinf Prozent des Budgets waren also zur Kompensation einer Erhohung des Preises von Gut 1 um 10,25 % erforderlich. Das ist gleichsam der geldmaBige Wert der Verringerung seines Praferenzniveaus, die ihm durch die Preiserhohung erwachst. Der interessierte Leser kann versuchen auch die aquivalente Variation zu berechnen. Dazu ist vom Konsumoptimum nach der erfolgten Preiserhohung von Gut 1 auszugeben. Von Gut 1 wird dann die Menge B/2(pi+Api) und von Gut 1 weiter die Menge B/2p2 nachgefragt. Als Ergebnis ergibt sieh:
AV -
B
Pj + Apj
-
B
1 -
Mit denzuvor verwendetenDatenergibt sich AV = 0,0476B.
n
2. Das Giiterangebot der Unternehmen
Nachdem im vorigen die Nachfrageseite des Marktes betrachtet wurde, geht es in diesem zweiten Hauptkapitel vor allem um die mikxookonomische Erklarung des Angebotsverhaltens von Unternehmen. Als Unternehmen wird hier die kleinste okonomische Entscheidungseinheit bezeichnet, die unter einer einheitlichen Zielsetzung selbstandig eine Giiterbereitstellung plant. Wir betrachten zunachst die Planungssituation eines einzelnen Untemehmens, das iiber den Einsatz und die Ausbringung von Giitem zu entscheiden hat. Hier geht es um Fragen der Produktion und der Kosten in Abhangigkeit von ihren wesentlichen EinfluBgroBen. Wie lassen sich Effizienz in der Produktion sowie Kostengunstigkeit und ein moglichst hoher Gewinn realisieren? Und wie reagiert ein Unternehmen auf Anderungen auBerer EinfluBgroBen? Auch die Nachfrage des Untemehmens nach Einsatzgiitem wird thematisiert. AnschlieBend fassen wir alle einzelwirtschaftlichen Angebotsplane zusammen, um zum gesamten Marktangebot aller Anbieter eines Gutes zu gelangen.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
2.1.1. Grundbegriffe a) Die Angebotsplanung des Untemehmens muB von den gegebenen Produktionsbedingungen ausgehen. Unter Produktion wird in der Wirtschaftstheorie neben der Herstellung auch die Lagerung und der Transport von Giitem (Waren und Dienstleistungen) verstanden. Der Produktionsbegriff ist also sehr allgemein und umfaBt jegliche Veranderung von Giitem in sachlicher, zeitlicher oder raumlicher Hinsicht. Im engeren Sinne wird der giiterproduzierende Bereich eines Untemehmens auch als Betrieb bezeichnet. Die folgenden Ausfiihrungen gelten jedoch fiir alle produktiven Systeme.
142
Das Giiterangebot der Untemehmen
b) Die zur Produktion erforderlichen iind eingesetzten Giiter heiBen (Einsatzoder Produktions-)Faktoren oder einfach Inputs (auch: Ressourcen). Dazu zahlen insbesondere Arbeit(sleistiingen) und Sachkapital(leistungen). Unter Kapital kaiin man sich zum Beispiel Maschinen, Werkzeuge und Einrichtungsgegenstande vorstellen. Faktormengen werden allgemein durch v symbolisiert, gegebenenfalls mit einem Index, der die Art des Faktors angibt. So bezeichnen wir die zur Produktion eingesetzte Arbeitsmenge mit VA oder kurz mit a, die Kapitaleinsatzmenge mit VK oder kurz mit c ("capital"). Die Zusammenstellung der Inputmengen aller Produktionsfaktoren in einem Vektor v heiBt Faktoreinsatzmengenkombination oder kurz Faktorenbiindel. Wir betrachten im folgenden nur die beiden Faktoreinsatzmengen von Arbeit a und Kapital c, so daB V = (a,c). a und c konnen in ganzzahligen Mengeneinheiten gemessen werden, zum Beispiel a : Anzahl der eingesetzten Arbeitskrafte, c: Anzahl der eingesetzten Maschinen. Das ist immer dann unproblematisch, wenn die durchschnittliche Arbeitszeit und die durchschnittliche Maschinenlaufzeit konstant sind. Ftir das Folgende ist jedoch die Angabe der von den Faktoren abgegebenen Leistungen, jeweils in Zeiteinheiten gemessen, besser, weil diese beliebig teilbar sind. Deshalb kann im weiteren eine Faktoreinsatzmenge jede beliebige nichtnegative reelle Zahl sein. Ein mogliches Faktorenbiindel ist etwa v = (12,3; 7,94), falls von dem Untemehmen 12,3 Arbeitseinheiten (Arbeitsstunden) und 7,94 Kapitaleinheiten (Maschinenstunden) in die Produktion eingesetzt werden. Den Quotient zweier Faktoreinsatzmengen nennt man Faktorintensitat. Speziell das Verhaltnis der eingesetzten Arbeitsmenge zur eingesetzten Kapitalmenge (a/c) heiBt Arbeitsintensitat. Umgekehrt wird das Verhaltnis c/a als Kapitalintensitat der Produktion bezeichnet. c) Produzierte Giiter nennen wir Produkte oder Erzeugnisse. Die wahrend eines bestimmten Zeitabschnitts -der Produktionsperiode - von einem Produkt j produzierte Merige wird als Produkt- oder Ausbringungsmenge oder einfach als Output bezeichnet und mit Xj symbolisiert. Eine Produktionsperiode kann zum Beispiel ein Tag, ein Monat oder ein Jahr sein. Im folgenden beschranken wir uns zunachst auf die Analyse von Untemehmen beziehungsweise Betrieben, die unter Einsatz der beiden Faktormengen a und c nur ein einzelnes Produkt produzieren (sog. Einproduktunternehmen). Deshalb kann hier auf den Index j zur Kennzeichnung und Unterscheidung des Produktes verzichtet werden. Die Produktmenge ist einfach x. Wir konnen den somit freien Index j daher gelegentlich zur allgemeinen Kennzeichnung eines Produktionsfaktors verwenden; j steht dann fiir A (Arbeit), fiir K (Kapital) oder fiir einen
143
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
sonstigen, hier nicht betrachteten Produktionsfaktor, dessen Einsatzmenge dann mit Vj bezeichnet wird. Von grundlegender Bedeutung in der Produktionstheorie ist der Begriff der technischen Effizienz: Die Produktion einer bestimmten Ausbringimgsmenge x' mittels des Faktorenbundels (a',c') heiBt technisch effizient, falls es kein anderes Faktorenbiindel (a",c") gibt, mit dem ebenfalls der Output x' hergestellt werden kann, bei dem aber a" < a' oder c" < c' ist. Technisch effiziente Produktion laBt also zur Herstellung einer bestimmten Ausbringung keinen geringeren Faktoreinsatz mehr zu; jede Verringerung einer Faktoreinsatzmenge fuhrt dann zu einer geringeren Ausbringungsmenge. Jedes Untemehmen wird daher um die Realisierung einer technisch effizienten Produktion bemixht sein, um unntitze Faktoreinsatze (sog. Ressourcenverschwendung) zu vermeiden. Meistens existieren mehrere technisch effiziente Verfahren zur Produktion eines Gutes. d) Zur Modellierung der Produktion wird von den konkreten technischen, organisatorischen, juristischen und sozialen Gegebenheiten eines Betriebes abstrahiert (vgl. Kapitel O.c). Das produktive System wird als eine sogenannte Blackbox betrachtet: Ohne die innere Struktur im einzelnen zu betrachten, werden nur die quantitativen Beziehungen untersucht, die zwischen den Inputs a und c auf der einen Seite sowie dem Output x auf der anderen Seite bestehen (siehe Abbildung 21.1). Solche Beziehungen konnen innerhalb eines Untemehmens U (oder allgemeiner: innerhalb eines produktiven Systems) empirisch vergleichsweise leicht ermittelt werden. Abbildung 21.1: Die Produktion eines Untemehmens als Blackbox
Input
Output ^-
X
144
Das Giiterangebot der Untemehmen
Empirikum21.1: Das folgende Schaubild zeigt beispielhaft ein Produktionssystem, das schon aufgmnd seiner konstruktiven Erfordemisse der modellhaften Vorstellung einer Blackbox recht nahe kommt, namlich einen Hochofen zur Roheisenerzeugung. Die dargestellten Zahlen entsprechen den Input- und Outputmengen [in Kilotonnen = 1000 Tonnen] der Roheisenerzeugung der ehemaligen DDR im Jahre 1985. 3890 kt 2097 kt 750 kt 845 kt Eisenerz V
Brennstoffe
Industrie- Sonstiges ruckstande ,
Hochofen
2760 kt Roheisen Datenquelle: RWI, Essen.
e) Der quantitative Zusammenhang zwischen Inputs und Output laBt sich auf einfache Weise durch eine mathematische Funktion beschreiben, die jeder moglichen Faktoreinsatzmengenkombination v = (a,c) die damit unter den technologischen Gegebenheiten maximal produzierbare Ausbringungsmenge x zuordnet. Eine solche Funktion heiBt Produktionsfunktion: X = x(v) = x(a,c)
(21.1)
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
145
Sie zeigt, wie der Output von den Inputs abhangt. Die folgende Abbildung 21.2 veranschaulicht beispielhaft die Zuordnung eines einzelnen Faktorenbiindels (a',c') zu dem damit produzierbaren Output x' =x(a',c') in perspektivischer Darstellung. Man kann sich die drei Koordinatenachsen als Seiten in der linken Ecke eines Wohnraumes vorstellen. Abbildung 21.2: Mit einem Faktorenbundel maximalproduzierbare Ausbringungsmenge
a Der gesamte Graph der Produktionsfunktion wird, da er an die Oberflache eines ansteigenden Hiigels erinnert, als Ertragsgebirge bezeichnet. Bei zwei Einsatzfaktoren ist dies eine Flache im dreidimensionalen Raum. Die folgende Abbildung 21.3 zeigt perspektivisch das Ertragsgebirge einer beispielhaften Produktionsfunktion mit den beiden Inputs Arbeit a und Kapital c. Der in der vorangegangenen Abbildung 21.2 dargestellte Punkt iiber (a',c') ist ein Punkt der Oberflache. Der Leser kann etwa den Punkt zu a' = 3 und c' = 2 einzeichnen.
146
Das Gtiterangebot der Untemehmen
Abbildung 21.3: Gesamtansicht einer beispielhaften Produktionsfunktion
Die Gestalt der Produktionsfunktion hangt von den technologischen und organisatorischen Gegebenheiten des zu modellierenden Untemehmens im Einzelfall ab. Das gilt auch fiir die Anzahl und Art der zu benicksichtigenden Produktionsfaktoren. f) Ein Produktionsfaktor, ohne dessen Einsatz der Output stets null ist, heiBt essentieller Faktor. Ist beispielsweise Arbeit ein essentieller Faktor, so ist x(0,c) stets null, egal wie hoch der Kapitaleinsatz c ist. Ohne Einsatz des essentiellen Faktors kann also auf keinen Fall etwas von dem Produkt produziert werden. Der Leser mache sich anhand der Abbildung 21.3 klar, daB in dem dargestellten Diagramm beide Faktoren essentiell sind. Bei einer vorgegebenen Produktionsfunktion kann man die Essentialitat der Produktionsfaktoren dadurch priifen, daB man nacheinander jeweils einen Faktoreinsatz gleich Null setzt (bei positiven Einsatzmengen aller librigen Faktoren) und dann schaut, ob dadurch auch die Ausbringnugsmenge null wird. Aufgabe21.1: Gegeben sei die Produktionsfunktion x(a,c) = ^ a • a + 3 • c mit den konstanten Funktionskoeffizienten a = 1 una p ?. a) Ist einer der beiden Produktionsfaktoren essentiell? b) Welche Mengen konnen maximal von dem Produkt produziert werden, wenn eines der folgenden Faktorenbiindel (a,c) eingesetzt wird?: (2, 17), (30, 3), (12, 12), (12, 2), (12, 26).
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
147
Empirikum 21.2: Die folgende Abbildung zeigt ein von Werner Hildenbrand auf der Grundlage von Daten des non/vegischen Schiffsregisters ermitteltes Ertragsgebirge, das die Produktionsfunktion der norwegischen Tankerflotte reprasentiert. (Die Darstellung ist mit der in Abbildung 21.3 zu vergleichen). Als Produktionsfaktoren betrachtet er Arbeit (a) und Brennstoff (b), die in dem Diagramm in normierten MaSeinheiten dargestellt worden sind (deshalb erfolgt keine Achsenskalierung). Der nach »oben« hin gemessene Produktionsoutput wurde durch die mit den Faktoreinsatzmengenkombinationen realisierbaren Transportleistungen [in Tonnenmeilen pro Periode] gemessen.
Quelle: Hildenbrand, W.: Short-Run Production Functions Based on Microdata; Econometrica 49, 1981, S. 1098f.
g) Zur Analyse der durch die Produktionsfunktion (21.1) beschriebenen Produktionszusammenhange sind nun -bildlich gesprochen- Schnitte durch ihren Graphen, also durch das Ertragsgebirge zu legen. Hierin kommt wieder die ceteris-paribus-Methode (c.p.) zum Ausdruck, well nur Zusammenhange zwischen einzelnen Variablen untersucht werden, bei Konstanz aller iibrigen Bestimmungsgrofien der Produktion. Einige mogliche Schnittlinien, die im
Vgl. dazuKapitell.S.l.c).
148
Das Giiterangebot der Untemehmen
folgenden zu untersuchen sein werden, sind auf der Gebirgsflache der Abbildung 21.3 bereits dargestellt. Drei Fragen wird im folgenden nachgegangen: • Wie verandert sich das Ausbringungsmenge, wenn die Einsatzmenge eines einzelnen Produktionsfaktors variiert wird und alle ubrigen Faktoreinsatze konstant bleiben? Diesen Fall nennen wir Einzelfaktorvariation. Konnen zwar nicht alle, aber doch mehrere Faktoren mengenmaBig variiert werden, spricht man etwas allgemeiner von partieller Faktorvariabilitat. Sie beschreibt die Situation eines Untemehmens, das zumindest einen Input nicht beliebig variieren und in optimaler Kombination mit den anderen einsetzen kann. Das ist die Kegel, wenn kurzfristige Anpassungen der Produktion erfolgen. Dieser Fall wird im anschlieBenden Unterkapitel 2.1.2. behandelt. • Wie verandert sich das Outputniveau, wenn alle Faktoreinsatzmengen proportional, also im gleichen Verhaltnis zueinander variiert werden? Diesen Fall der "totalen proportionalen Faktorvariation" nennt man Skalenvariation. Voraussetzung dafiir ist, da6 jeder Produktionsfaktor flexibel eingesetzt werden kaim. Dies wird als totale Faktorvariabilitat bezeichnet. Dadurch wird die Situation eines Untemehmens beschrieben, das in der Lage ist, alle Inputs zu variieren und in optimaler Kombination einzusetzen. Dies ist bei langfristiger Anpassimgsmoglichkeit der Fall und wird im Unterkapitel 2.1.3. untersucht. • Welche unterschiedlichen Kombinationen von Faktoreinsatzmengen erlauben es, eine ganz bestimmte Ausbringungsmenge zu produzieren? Diese Untersuchungs-perspektive heiBt isoquante Faktorvariation. Sie ist Gegenstand des Unterkapitels 2.1.4. Die isoquante Faktorvariation setzt voraus, daB die Faktoren sich bei der Produktion mengenmaBig ersetzten (substiuieren) konnen. Dies wird als Faktorsubstiutivitat bezeichnet. Die zur Beschreibung der genannten Faktorvariationen verwendeten Funktionen sind SpezialfeUe der allgemeinen Produktionsfunktion (21.1). Sie werden auch im Anhang F des Buches noch einmal zusammengestellt.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
149
2.1.2. Einzelfaktorvariation und Faktorertrage
a) Beim ersten Analyseschritt werden die Einsatzmengen aller Faktoren bis auf einen als konstant, man sagt: als fix, betrachtet (Einzelfaktorvariation). Es wird also ceteris paribus die Abhangigkeit des Outputs x von einem einzelnen variablen Faktoreinsatz Vj untersucht. Im folgenden werden wir "Arbeit" als variablen und "Kapital" als fixen Faktoreinsatz betrachten; fiir den umgekehrten Fall gelten die Ausfuhrungen analog. Die Fixierung des Kapitaleinsatzes wird durch einen Querstrich uber der Kapitaleinsatzmenge symbolisiert, also durch c. Allgemein kann man sich a als Symbol fur jeden variabel einsetzbaren Faktor denken (z.B. auch fur geleaste Fahrzeuge) und c fiir jeden fixen Faktoreinsatz (z.B. auch fur Verwaltungspersonal). Durch die partielle Faktorfixierung ergibt sich eine erste spezielle Form der allgemeinen Produktionsftinktion (21.1), namlich die Faktorertragsfunktion, hier des Faktors Arbeit (deshalb auch: Arbeitsertragsfiinktion genannt): X = x(a,c)
(21.2)
Sie gibt an, wieviel von dem Produkt maximal produziert werden kann, wenn ein fest vorgegebener Kapitaleinsatz c mit irgendeiner Arbeitsmenge a kombiniert in der Produktion eingesetzt wird. Der Graph von (21.2) ist die Faktorertragskurve, die hier als Arbeitsertragskurve beispielhaft im linken Diagramm der Abbildung 21.4 dargestellt ist. Arbeit wurde dabei als essentieller Faktor (vgl. Kapitel 2.1.1 .f) unterstellt. AUe Punkte unterhalb der Ertragskurve reprasentieren technisch ineffiziente Produktionen, weil dort mit einem bestimmten Arbeitseinsatz nicht die hochstmogliche Ausbringungsmenge erzeugt wird, beziehungsweise: weil ein bestimmter Output nicht mit dem niedrigstmoglichen Arbeitseinsatz hergestellt wird. (Der Leser mache sich dies an einem beliebigen Punkt unterhalb der Arbeitsertragskurve links in Abbildung 21.4 klar, z.B. an der Stelle a') Die Punkte auf der Ertragskurve beschreiben dagegen technisch effiziente Produktion.
150
Das Gixterangebot der Untemehmen
Abbildung 21.4: Ertragskurve und Faktoreinsatzkurve des Produktionsfaktors Arbeit
b) Die Umkehrftmktion der Faktorertragsfunktion (21.2) beschreibt die Abhangigkeit der mindestens erforderlichen Einsatzmenge eines Faktors vom Outputniveau x - bei Konstanz der tibrigen Faktoreinsatze (hier: Kapital). Sie heiBt Faktoreinsatzfunktion des betreffenden Faktors. Die Faktoreinsatzfiinktion des Faktors Arbeit (sog. Arbeitseinsatzfunktion) lautet: a = a(x, c)
(21.3)
Der Graph, die Faktoreinsatzkurve, ist im rechten Diagramm von Abbildung 21.4 dargestellt. Er entsteht aus der Faktorertragskurve durch Spiegelung an der 45°-Linie (Winkelhalbierende zwischen den Koordinatenachsen). Aufgabe21.2: Wie lautet die Faktorertragsfiinktion und die Faktoreinsatzfunktion fiir den Faktor Arbeit ^ im Falle der Produktionsfunktion aus der Aufgabe 21.1, wenn C = 2? Skizzieren Sie auch die Kurvenverlaufe.
c) Der Ertragszuwachs, der durch den Einsatz einer zusatzlichen Mengeneinheit des variablen Faktors ermoglicht wird, heiBt Grenzertrag oder Grenzproduktivitat dieses Faktors (genauer: partieller Grenzertrag oder partielle Grenzproduk-
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
151
tivitat). Die Grenzproduktivitaten der einzelnen Faktoren entsprechen formal den ersten partiellen Ableitungen der Produktionsftmktion x(v). Denn diese geben ja die Output-Anderung an, die durch Erhohung des Einsatzes eines Faktors um eine kleine Einheit entsteht. Altemativ dazu kann die normale Ableitung der Faktorertragsflmktion (21.2) gebildet werden. ^x(a,c) ax:= -~ , oa
, ax(a,c) cx:= oc
(21.4)
aX und cX hangen, wie x, von a imd c ab. Graphisch entspricht die Grenzproduktivitat eines Faktors der Steigung der Tangente an einen Punkt der Ertragskurve des betreffenden Faktors. In der Abbildung 21.5 ist iiber der Arbeitseinsatzmenge a(i) die Tangentensteigung mittels des Steigungsdreiecks dargestellt: Wird ausgehend von a(i) der Arbeitseinsatz um eine (kleine) Mengeneinheit erhoht, so nimmt der Ertrag x um ax(a(i)) Einheiten zu. Diese Steigung ax(a(i)) entspricht dem Grenzertrag beziehungsweise der Grenzproduktivitat beim Arbeitseinsatz a(i). Der Zahlenwert ist in das untere Diagramm im MaBstab 7:1 tibertragen worden, Dort ergibt sich auf diese Weise die Grenzertragskurve.
^ In der Literatur werden Grenzertrage und Grenzproduktivitaten manchmal unterschiedlich definiert: So kann etwa die Grenzproduktivitat eines Faktors als erste Ableitung der Produktionsfunktion nach diesem Faktoreinsatz aufgefafit werden, wogegen der Grenzertrag diejenige Outputanderung angibt, die sich ergibt, wenn die Einsatzmenge des Faktors um einen bestimmten (endlich groBen) Betrag erhoht wird. Wir wollen jedoch beide Begriffe einfach synonym verwenden. ^ Zur abgekiirzten Schreibweise der Ableitungen vgl. unsere Vereinbarung in Kapitel O.e).
152
Das Gtiterangebot der Untemehmen
Abbildung 21.5: Ertragskurve und Grenzertragskurve des Produktionsfaktors Arbeit
x(a,c)
aX(3(i)) 4
aX(a,c)
Ermittelt man die Steigung an weiteren Stellen der Ertragskurve, zum Beispiel uber a(2) und 3(3) (was der Leser zur Ubung tun moge)/ so zeigt sich, da6 der Grenzertrag um so kleiner ist, je hoher der Arbeitseinsatz ist. Das gilt allgemein: Je mehr von einem Faktor (bei Konstanz der tibrigen Faktoreinsatze) in der Produktion eingesetzt wird, desto geringer ist der Grenzertrag dieses variablen
Es ist darauf zu achten, daB die "eine zusatzliche a-Einheit" stets durch einen gleichlangen Pfeil angegeben wird.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
153
Faktors, desto weniger Ertragszuwachs kaiin also eine zusatzlich eingesetzte Mengeneinheit des Faktors erbringen. Dieser wichtige produktionstheoretische Sachverhalt wird als Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs oder kurz als Grenzertragsgesetz bezeichnet. Seine Gtiltigkeit beruht vor allem darauf, da6 die Konstanz eines Faktoreinsatzes (z.B. eine fixe Kapitalausstattung c) in der Regel keine proportionale Outputzunahme mehr zulaBt, wenn ein anderer Faktoreinsatz linear erhoht wird. Je mehr Arbeitskrafte mit einem unveranderlich vorgegebenen Kapitalbestand (z.B. Maschinen, Raumlichkeiten, Arbeitsmitteln) kombiniert eingesetzt werden, desto mehr treten gegenseitige Behinderungen ein, die den Ertragsanstieg mindem. Im Falle nichthomogener, also imterschiedlich leistungsfahiger Faktoreinheiten kommt als Begrundung hinzu, da6 Untemehmen stets die leistungsfahigsten Faktoreinheiten zuerst einsetzten: Bei der Neueinstellung von Arbeitskraften wahlt man vorzugsweise diejenigen Bewerber aus, mit denen der hochste Ertragszuwachs moglich ist. Auch beim Kapitaleinsatz kann beobachtet werden, daB Untemehmen erst dann (vielleicht nur noch als Reserve vorgehaltene) altere, relativ wenig leistungsfahige Maschinen zum Einsatz bringen, wenn die modemen, hochleistimgsfahigen Anlagen schon voU ausgelastet sind. d) Wenn in der Praxis von "Produktivitat" gesprochen wird, ist damit im allgemeinen nicht die soeben definierte Grenzproduktivitat sondem die Durchschnittsproduktivitat beziehungsweise der Durchschnittsertrag eines Faktors gemeint. Diese(r) ist definiert als die Ausbringungsmenge dividiert durch die Einsatzmenge des betreffenden Faktors,^ das heiBt als Output pro eingesetzter Inputeinheit. Wir schreiben dafiir den kleinen griechischen Buchstaben Eta : X
r|A := — ,
X
r|K := —
(21.5)
a c Links steht die durchschnittliche Arbeitsproduktivitat, rechts die Durchschnittsproduktivitat des Faktors Kapital. Der Kehrwert einer Durchschnittsproduktivitat, also l/r|, heiBt Produktionskoeffizient des betreffenden Faktors. Speziell a/x ist der Arbeitskoeffizient und c/x der Kapitalkoeffizient. Etwaige SynergieefFekte werden durch grenzertragssenkende Effekte iiberkompensiert. Zudem ist ein Bereich zunehmender Grenzertrage auch angebotstheoretisch irrelevant, weil , wie man zeigen kann, ein gewinnorientiertes Untemehmen niemals in einem solchen Bereich operieren wird. 2 Das wertmdfiige Output/Input-Verhaltnis, also zum Beispiel "Erlos dividiert durch die Kosten", wird hingegen als Wirtschaftlichkeit bezeichnet. 3 Dieses Symbol wird in den Naturwissenschaften und der Technik fiir den sogenannten Wirkungsgrad eines energieumwandehiden Systems verwendet. Der Wirkungsgrad gibt das Verhaltnis von abgegebener zu aufgenommener Leistung eines Systems an, also auch ein Output-Liput-Verhaltnis.
154
Das Guterangebot der Untemehmen
Graphisch entspricht die Durchschnittsproduktivitat der Steigung eines Fahrstrahls an die Faktorertragskurve. Der Leser zeichne zu einem beliebigen Punkt der in Abbildung 21.5 dargestellten Ertragskurve x(a,c) eine Gerade aus dem Ursprung des Koordinatensystems und ermittle mittels eines Steigungsdreiecks die Steigung dieses Fahrstrahls; sie entspricht x/a, also der Durchschnittsproduktivitat des Faktors Arbeit bei dem zu dem Punkt gehorenden Arbeitseinsatz a. Der Quotient der Durchschnittsproduktivitaten entspricht einer Faktorintensitat (vgl. Kapitel 2.1.Lb). Zum Beispiel ist TJA / r|K = c/ a die Kapitalintensitat, wie man durch Division der Brtiche aus (21.5) sehen kann. Empirikum21.3: Im Jahre 1994 erzeugten die 11.200 Beschaftigten der deutschen Schraubenindustrie in 17 Millionen Arbeitsstunden insgesamt 378.898 Tonnen Sciirauben (im Wert von 2,33 Milliarden DIVI). Demnacii betrug in dem Jahr die pro-KopfDurchschnittsproduktivitat des Faktors Arbeit 33,8 Tonnen/Beschaftigten. (MiRt man den Arbeitsinput in Stunden, so ergibt sich eine Durchschnittsproduktivitat von 22,3 Kilogramm/Stunde.) Der Produktionskoeffizient betragt demnach knapp 45 Arbeitsstunden/Tonne. Datenquelle: Strelow, D.: Deutsche Schraubenindustrie; Handelsblatt Nr. 172 vom 4.9.1995, S. 29.
Durchschnittsproduktivitaten spielen in der Untemehmenstheorie bei der Herleitung einer optimalen Angebotspolitik keine grofie RoUe, wogegen die dabei besonders wichtigen Grenzproduktivitaten in der Praxis zumeist nicht bekannt sind. Aus zwei b^kannten Durchschnittsproduktivitatswerten r|(i), x\(2) eines Faktors der Menge v laBt sich jedoch die Hohe der Grenzproduktivitat yX zumindest abschatzen. Das wird in Abbildung 21.6 gezeigt.
Als Fahrstrahl wird eine gerade Linie aus dem Koordinatenursprung (0, 0) zu irgendeinem Punkt einer gegebenen Kurve bezeichnet.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
155
Abbildung 21.6: Graphische Abschdtzung der Grenzproduktivitdt aus Durchschnittsproduktivitdten
Die Grenzproduktivitdt des Faktors ist graphisch definiert als die Steigung (der Tangente) in einem Punkt der Ertragskurve x(v). Anstelle die Tangentensteigung kann man - naherungsweise - die Steigung der Sekante (bzw. Sehne) zwischen den beiden Punkten (V(i), X(i)) und (V(2), X(2)) betrachten. Der Leser hebe diese Linie hervor. Dann ist im dazwischenliegenden Bereich die Grenzproduktivitat: 5x
'(2)
a7
' ( 2 ) - V (1)
^(1)
(21.6)
Bekannt seien die Durchschnittsproduktivitaten in den beiden Produktionspunkten n(i)=-
X(l)
und
Ti(2) =
V(l)
X(2)
(21.7)
V(2)
Kennt man die beiden zugeliorigen Ausbringungsmengen X(i) und X(2), so konnen mittels (21.7) in (21.6) die Faktoreinsatzmengen gemaU v = x / r| ersetzt werden. Die Formel (21.6) zur Abschatzung der Grenzproduktivitat lautet dann: X(2)
--
X(l)
X(2)^
X(i)
Tl(2)
^(1)
(21.8)
156
Das Guterangebot der Untemehmen
Kennt man hingegen die Faktoreinsatzmengen V(i) imd V(2), so werden in (21.6) entsprechend die x-Werte gemaB x = r| • v ersetzt iind es ergibt sich: ;x .
^(^)-^(^) - ^ o - v g ) V(2)
-
(21.9)
V(i)
Die Grenzproduktivitatsschatzungen mittels der Formel (21.8) oder (21.9) ist um so genauer, je enger die beiden verwendeten Datenpunkte beieinander liegen nnd je weniger exogene Storeinfltisse wirksam sind. gAufigabe21.3: In der deutschen Schraubenindustrie (siehe Empirikxim 21 3) betrug die Ausbringungsmenge im Jahre 1995 rund 421.000 Tonnen (t). Nehmen wir an, der Outputzuwachs ware nur durch Erhohung des Arbeitseinsatzes zustande gekommen und technologischen Fortschritt hatte es in der Zwischenzeit nicht gegeben. Die Durchschnittsproduktivitat habe 1995 bei 32,4 Tonnen je Beschaftigten gelegen. Schatzen Sie die Hohe der Grenzproduktivitat im Zeitraum 1994/95 ab.
e) Die heute gangige, sogenannte neoklassische Produktionstheorie geht von drei wesentHchen Annahmen tiber die Eigenschaften von Produktionsftinktionen und damit der ihnen zugrunde liegenden Produktionsstrukturen aus. Auf diesen basiert auch die hier im weiteren entwickelte mikrookonomische Theorie des Untemehmens: (Ul) Der Grenzertragjedes Produktionsfaktors ist stets positiv. Formal: Jx, cX >0 Okonomiscli bedeutet das: Wird in der Produktion von irgendeinem Faktor eine grofiere Menge eingesetzt, dann erhoht sich auch die Ausbringungsmenge. Kurz gesagt: Mehr Input bringt mehr Output. In der graphischen Darstellung zeigt sich dies in Faktorertragskurven, die tiberall einen steigenden Verlauf haben; siehe z.B. das obere Diagramm der Abbildung 21.5. (Der Leser mache sich klar, daB es bei einer Verletzung der Bedingung (Ul) zu technisch ineffizienter Produktion, gemaB dem obigen Abschnitt a), kommen kann.)
Es kann gezeigt werden, daB das neoklassische Modell auch dann nicht versagt, wenn »leichte« Verletzungen dieser Voraussetzungen voriiegen. Vgl. Anhang M.5.2.c).
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
15 7
(U2) Der Grenzertrag jedes Produktionsfaktors nimmt mit steigender Einsatz menge des betrejfenden Faktors ab. Formal: aX, cX < 0 Okonomisch bedeutet das: Je mehr von einem Faktor bereits in der Produktion eingesetzt wird, desto kleiner ist der Outputzuwachs, der durch eine weitere Inputeinheit dieses Faktors bewirkt werden kann. Damit ist gemeint: Die erste Inputeinheit bringt einen groBeren Mehrertrag als die zweite, und die zweite einen groBeren als die dritte, und so fort. Graphisch findet die Bedingung (U2) in einem durchgehend konkaven Verlauf der Faktorertragskurven beziehungsweise einem fallenden Verlauf der Grenzertragskurven ihren NiederscUag. Das ist das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs aus Abschnitt c). (U3) Der Grenzertrag jedes Produktionsfaktors nimmt zu, wenn von einem anderen Faktor eine grofiere Menge eingesetzt wird. Formal: acX > 0, caX > 0 Okonomisch bedeutet das: Jeder Produktionsfaktor weist einen um so hoheren Grenzertrag auf, je mehr von den iibrigen Faktoren in der Produktion eingesetzt wird. Beispielsweise ermoglicht eine zusatzliche Arbeitseinheit einen um so groBeren Outputzuwachs (aX,) je mehr Maschinen (c) zur Verfiigung stehen. (Nach dem Satz von Schwarz aus der Mathematik (vgl. Anhang M.3.d) gilt im iibrigen, daB unter den hier geltenden Bedingungen die beiden oben genannten gemischten partiellen Ableitungen JcX und caxeinander gleichsind. Ist mindestens eine dieser drei Voraussetzungen in einem Punkt oder Bereich einer Produktionsfimktion nicht erfiillt, so ist die betreflfende Funktion keine neoklassische. Aufgabe21.4: Wie lauten die Grenzproduktivitaten der Produktionsftinktion aus Aufgabe 21.1? Erfiillt diese Funktion die neoklassischen Voraussetzungen (Ul), (U2) und (US) ?
f) Neben der neoklassischen Produktionstheorie gibt es noch andere Theorien iiber die Produktion, von denen hier nur zwei kurz angesprochen werden sollen. Formal unterscheiden sie sich hauptsachlich in der Art der zugrunde gelegten Produktionsfunktion.
158
Das Giiterangebot der Untemehmen
Die alteste, sogenannte klassische Produktionstheorie, geht auf Turgot zuriick und wurde durch von Thiinen empirisch uberpnift und maBgeblich weiterentwickelt. Sie bezieht sich hauptsachlich auf die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft. Es wird in der klassischen Produktionstheorie davon ausgegangen, da6 die Ertragskurven zunachst zimehmend positive, dann abnehmend positive und schlieBlich sogar negative Grenzertrage aufweisen konnen (sog. Bodenertragsgesetz). Eine Produktionsfunktion mit diesen Eigenschaften ist 3
.
beispielsweise die Sato-Funktion , die in einer ihrer einfachsten Versionen wie folgtlautet: x(a,c)
= ^ — ^ a^ + C"^
(21.10)
- Aufgabe21.5: Welche Verlaufe hat die Ertragskxirve x(a, c ) der Sato-Funktion gemaB Gleichung (21.10) bei den fixen Kapitaleinsatzmengen C(i) = 2 und bei C(2) = 4? Betrachten Sie die Arbeitseinsatze von a = 0 bis a = 10. Kennzeichnen Sie bei der Ertragskurve x(a,C(2)) die Kurvenabschnitte, in denen die neoklassische Voraussetzungen (Ul) oder (U2) nicht gelten.
Seit den vierziger Jahren ist der bodenertragsgesetzliche Ertragskurvenverlauf zunehmend in die Kritik geraten. Fiir die industrielle Wirtschaft kann der Verlauf als widerlegt gelten; selbst im landwirtschaftlichen Bereich wird die Gultigkeit des Bodenertragsgesetztes bezweifelt.
DerfranzosischeOkonom Anne Robert Jacques Turgot (1727-1781) wies 1766 als erster auf die Moglichkeiten eines bodenertragsgesetzlichen Zusammenhang in der Landwirtschaft hin. Er gilt daher als Inspirator der klassisdi^i Produktionstheorie. 2
Der bedeutende deutsche Okonom Johann Heinrich von Thiinen (1783-1850) untersuchte auf seinem Landgut erstmals wissenschafthch Produktionszusammenhange in der Landwirtschaft. Er entwickelte zudem die an spaterer Stelle dargestellte Grenzproduktivitatstheorie und trug wesentlich zur Entwicklung der Marginalanalyse bei, die vomdimUch mit "Graiz"-Gr66«i argum^itiert. Das Konzept der Grenzproduktivitat geht auf ihn zuriick. AuBerdem war er der Begriinder der Standortdieorie und der Agrarokonomik. Diese Funktion wurde von Ryuzo Sato 1964 erstmals im Rahmen einer wachstumstheoretischen Untersuchung vorgestellt.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
]^ 5 9
Empirikum21.4: Das folgende Diagramm zeigt beispielhaft ejne empirisch ermittelte Ertragskurve aus der Landwirtschaft. Ein Bereich zunehmender Grenzertrage ist nicht klar zu erkennen. Mittels einer statistischen Regressionsanalyse wurde aus den dargestellten Daten folgende Ertragsfunktion geschatzt: x(d) = 5,778 + 2,299d - 0,091 d^, wobei d fur die Einsatzmenge des Faktors Dunger (pro Flacheneinheit) steht. Komerertrag [g/FI.E.] 25-
15 20 Dungung [g/FI.E.] Quelle: Hartung, J. et al.: Statistik; 4. Aufl. 1985, , Miinchen/Wien, 8. 573f, mit Hinweis auf Laur: Wirtschaftslehre des Landbaus; 2. Aufl., Berlin, 1930.
g) Eine vor allem fiir einfache technische Produktionssysteme mit konstanten Faktorintensitaten imd ProduktionskoefiEizienten angemessene Modelliemng liefert die linear-limitationale Produktionstheorie. a und c werden hierbei als verfugbare Faktorbestande begriffen. Nach dieser Theorie bestimmt der knappste Faktor (sog. Engpafifaktor) den Produktionsoutput. Wird sein Bestand erhoht, so steigt die Ausbringungsmenge linear an - bestimmt durch die konstante Durchschnittsproduktivitat r| des Faktors. Der Outputanstieg erfolgt solange, bis der beschrankte Bestand eines anderen Faktors den weiteren Outputzuwachs limitiert. Sind a und c die beiden Faktorbestande, so ist der damit produzierbare Output durch die sogenannte Leontief-Produktionsfunktion bestimmt: X = min{ r|A*a, rirc }
(21.11)
Benaimt nach dem russisch-amerikanischen Okonomen Wassily Leontiefigeh. 1906), der 1941 die Input-Output-Analyse entwickelte, fur die er 1973 den Nobelpreis erhielt. Darin geht er von linearlimitationalen Produktionstruktur aus.
160
Das Giiterangebot der Unternehmen
Stehen beispielsweise fiir einen limitationalen ProduktionsprozeB die Faktorbestande a = 90 imd c = 60 zur Verfiigung und betragt die durchschnittliche (und konstante) Produktivitat der beiden Faktoren r|A = 4 und TJK = 8, so lieBen sich mit dem gegebenen Arbeitsbestand maximal r|Aa = 360 Outputeinheiten produzieren. Mit dem Kapitalbestand waren TIK*C = 480 Ausbringimgseinheiten herstellbar. Insgesamt komien also mit dem gegebenen Faktorbestand maximal 360 Einheiten des Produktes produziert werden, weil hier Arbeit der EngpaBfaktor ist und den Output limitiert. Von dem Faktor Kapital werden dazu nur 360/r|K = 45 Einheiten benotigt. Ein Mehreinsatz von Kapital kann die Ausbringungsmenge nicht erhohen; ein Mehreinsatz von Arbeit he6e den Output dagegen linear (mit der konstanten Steigung TJA) zunehmen. Der interessierte Leser kann sich zur Verdeutlichung den quantitativen Verlauf der Ertragskurve skizzieren. Sie steigt aus dem Koordinatenursprung kommend linear an (das widerspricht der neoklassischen Voraussetzung (U2)X bis zu dem Punkt, an dem der vorhandene Bestand des EngpaBfaktors voU eingesetzt wird; danach verlauft die Ertragskurve horizontal (das widerspricht der Voraussetzung (Ul)). Aufgabe21.6: Die im Empirikum 21.1 dargestellte Roheisenproduktion der DDR kann - zumindest in grober Nahening - als ein linear-limitationaler ProduktionsprozeB aufgefaBt werden. a) Ermittdn Sie aus den dort gegebenen Daten die Durchschnittsproduktivitaten der vier Einsatzfaktorgruppen. b) Geben Sie die sich daraus ergebene Leontief-Produktionsfunktion an. c) Wieviel Stahl hatte die DDR im Berichtsjahr in etwa produzieren konnen, wenn folgende Einsatzfaktormengen verfugbar gewesen waren?: Eisenerz: 4980 kt, BrennstofFe 1875 kt, Industrieriickstande 792 kt, Sonstige Einsatzguter 845 kt.
h) Wir werden auf die beiden zuvor genannten Produktionstheorien im folgenden nicht weiter eingehen und uns ganz auf die Darstellung der neoklassischen Produktionstheorie konzentrieren. Diese geht von den zuvor genannten Voraussetzungen (Ul), (U2) und (U3) aus, die zwar wohlbegriindet sind, denen die beiden Produktionsfimktionen nicht geniigen. Mit neoklassischen Produktionsfunktionen lassen sich die meisten realen Produktionszusammenhange - zumindest naherungsweise angemessen beschreiben.
Auch iinear-limitationaie Produktionsstrukturen komien, sofem mehrere Produktionsprozesse existieren, durch eine neoklassische Produktionsfiinktion angenahert werden.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
151
Eine der Funktionen, die die neoklassischen Voraussetzimgen erftillen, ist die CES-Funktion (Constant Elasticity of Substitution):^ 1
x(a,c) = [a-a-^ + p - c ' ^ " ^
(21.12)
mit den Funktionskoeffizienten a, p > 0 und y > -1 Der haufigst verwendete Funktionstyp zur neoklassischen Modellierung der 2
Produktion ist jedoch die von Cobb und Douglas vorgeschlagene und nach 3
ihnen benannte Cobb/Douglas-Produktionsfunktion : x(a,c) = y - a ^ -cP
(21.13)
mit den Funktionskoeffizienten a, (3, y > 0 und a, B < 1 Da diese Funktion vergleichsweise einfach ist und zudem eine Reihe vorteilhafter formaler Eigenschaften aufweist, werden wir sie den folgenden Erorterungen durchgehend als Beispiel zugrunde legen. Wer es sich zutraut, kann jedoch zur Ubung versuchen, die Ausfuhrungen auch anhand der CES-Funktion nachzuvoll4
Ziehen. Unter praktischen Gesichtspunkten hat die Cobb/Douglas Funktion den Vorteil, daB sie vergleichsweise einfach empirisch statisch zu ermitteln ist. Denn ihre Koeffizienten lassen sich mit Hilfe der linearen Regression schatzen.
^ Diese Funktion wurde von den amerikanischen Okonomen K.J. Arrow, H.B. Chenery, B.S. Minas und R.M. Solow im Jahre 1961 in einem gemeinsamen Beitrag vorgestellt Die beiden Amerikaner Charles W. Cobb und Paul H. Douglas schatzten mit der nach ihnen benannten Funktion die Produktionsstruktur der Vereinigten Staaten und veroffentUchten ihre Ergebnisse 1928. Die Untersuchung ergab die KoefFizientenwerte a = 3/4 und P = 1/4. Spatere Analysen ergaben, daB a und (3 sich in der Regel nicht exakt zu Bins summieren. Fiir den allgemeinen Fall mit J Faktoreinsatzmengen vi, V2,..., Vj gilt: x(v) = Y . V "^ • V "2 . ... . Y «i. mit 0 < Oj < 1 fur alle j von 1 bis J. Es kann gezeigt werden, daB sowohl die Cobb/Douglas-Funktion (21.13) als auch die LeontiefFunktion (21.11) Spezialfalle der CES-Funktion sind. Erstere ergibt sich, wenn man den sogenannten Substituitionsparameter y in (21.12) gegen Null gehen laBt, letztere, wenn y gegen Unendlich geht. Fiir y = -1 ergibt sich eine Imeare Produktionsfunktion. Die CES-Funktion ist ihrerseits ein Spezialfall der sog. VES-Funktion (Variable Elasticity of Substitution), deren Handhabung indes recht aufwendig ist. Dazu wird die Funktion zunachst logarithmiert. Aus (21.13) ergibt sich dadurch beispielsweise In X = In y + a • In a + p • In c. Dies ist aber eine lineare Funktion x = b + a a + p c mitb = lny, X = In X etc. Mit dem Verfahren der linearen Regression konnen nun a, p und b geschatzt werden.
162
Das Giiterangebot der Untemehmen
Beispiel21.1: Durchschnitts- und Grenzproduktivitaten bei der Cobb/DouglasProduktionsfunktion. Um einen ersten Eindruck von den Eigenschaften dieser Funktion zu vermitteln und die Erfiillung der zuvor genannten neoklassischen Voraussetzungen (Ul), (U2), (U3) zu priifen, wollen wir die bisher allgemein behandelten produktionstheoretischen Konzepte noch einmal anhand der Cobb/Douglas-Funktion nachvoUziehen: X = x(a,c) = y a ^ c ^ ,mit a, p,y >0 und a , B < l
(1)
Die Durchschnittsertrage beziehungsweise Durchschnittsproduktivitaten der beiden Faktorenergeben sich einfachdurch Division der Cobb/Douglas-Funktion X durch a und durch c: riA = - = y-a^-i-cP a
(2a)
TIK = - = y a - . c " - ' c
(2b)
Die Kehrwerte dieser Terme entsprechen den Produktionskoeffizienten. - Die Grenzertrage beziehungsweise Grenzproduktivitaten der Produktionsfaktoren ergeben sich durch partielles Differenzieren der Cobb/Douglas-Funktion nach a und nach c. Schreibt man in den Ableitungsformeln a /a statt a und c /c statt c , so konnen die Ableitungen vereinfacht durch die urspriingliche Cobb/Douglas-Funktion x = y • a • c ausgedruckt werden: hx , ft a-y -a^ -c^ a-x aX = — = a-y-a^-i-cP = = > 0 da a a
(3a)
dx ft, P-ya^-cP cx - — = p - y a ^ - c P - i = ^— dc c
(3b)
p-x = -— > 0 c
Das gilt iibrigens auch fur die CES-Funktion (21.12). Fiir den interessierten Leser sei hier beispielhaft f i^V'^^ y+1 die Gren25)roduktivitat des Faktors Arbeit angegeben: aX = a*i — i - ^'^p^
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
163
Es zeigt sich, da6 die Grenzertrage beziehimgsweise Grenzproduktivitaten stets, das heiBt fiir alle moglichen Faktoreinsatze, positiv sind. Die Voraussetzung (Ul) wild somit erfcllt. Die Grenzertrage sind ihrerseits Funktionen der Faktoreinsatzmengen: a'x = ax(a,c) und c'x = cx(a,c). Durch nochmaliges Diflferenzieren dieser Grenzertragsflinktionen (3) kann ermittelt werden, wie sich die Grenzertrage bei Variation der Faktoreinsatze andem, ob also die Grenzertrage mit steigendem Faktoreinsatz zu- oder abnehmen. Nutzt man wieder die bei der Herleitung der Grenzertrage dargestellte Vereinfachung (Einsetzen der Cobb/Douglas-Funktion in ihre Ableitungen), so ergeben sich folgende zweite Ableitungen: „ ( a-1) - l •)aa •xX (a aX = (a -1) • a • y • a-2 a"^"^ pP • c^_ = —r a2
(P-l)Px
X = ( P - l ) P y a ^ Xc P.V/^p-2 - ^ - _ ^"
\ c^
< 0 fiir a < 1 (4a)
< 0 fiir P<1 (4b)
Es zeigt sich, daB die Grenzertrage nur dann einen fallenden Verlauf haben, also mit zimehmendem Faktoreinsatz abnehmen, wenn a und P kleiner als Eins sind. Da dies bei der Definition der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion in (21.13) beriicksichtigt wurde, wird somit auch die Voraussetzung (U2)^ das Grenzertragsgesetz, von dieser Funktion erffiUt: - Nicht nur die Grenz- sondem auch die Purchschnittsproduktivitaten der beiden Faktoren sinken, wenn der jeweilige Faktoreinsatz steigt (falls a, P < 1). Dies kann der interessierte Leser durch Ableiten von T]A aus (2a) nach a und von r|K aus (2b) nach c zeigen. Zur Uberpriifimg von (U3) ist noch die gemischte zweite partielle Ableitung der Cobb-Douglas-Funktion zu bestimmen. Der Leser moge nachvoUziehen, daB dabei folgendes herauskommt: acX = caX = —^^—
> 0
(5)
ac Wenn also x(a,c) zuerst nach c und dann nach a (oder in umgekehrter Reihenfolge) difFerenziert wird, ergibt sich ein stets positiver Term. Das bedeutet: Die Grenzproduktivitat eines Faktors nimmt zu, wenn von dem anderen Faktor (nach dem als zweites difFerenziert wird) mehr eingesetzt wird. Insgesamt erfiillt somit die Cobb/Douglas-Produktionsfimktion alle drei neoklassischen Voraussetzungen (Ul), (U2) und (U3).
164
Das Giiterangebot der Untemehmen
Eine (U3) entsprechende Eigenschaft gilt auch fur die Durchschnittsproduktivitaten. Das sei beispielhaft anhand der durchschnittlichen Arbeitsproduktivitat TJA gezeigt. Das Vorzeichen der ersten partiellen Ableitung von T^A nach c gibt an, ob die Durchschnittsproduktivitat des Faktors Arbeit hoher oder niedriger ware, falls eine um eine kleine Einheit erhohte Kapitalmenge c vorlage: C'[T1A] =C;TIA=
Pya-i.cP-i
>0
(6)
Das positive Vorzeichen bedeutet: Ein hoherer Kapitaleinsatz erlaubt einen hoheren Output pro Arbeitskraft. Die Produktivitat der Arbeit steigt somit, wenn mehr Kapital zur Verfugung steht. Das ist ein plausibles Ergebnis. Werden abschlieBend die ermittelten Terme fiir die Grenzertrage (3) mit denen der Durchschnittsertrage (2) verglichen, so zeigt sich der folgende interessante Zusammenhang: aX = a r i A ,
c'x = P-riK
(7)
Danach sind bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion bei jedem Produktionsfaktor Grenz- und Durchschnittsertrage einander proportional, mit den Exponenten a und P als Proportionalkonstanten. Da a, P < 1, ist der Grenzertrag eines Faktors stets kleiner als der Durchschnittsertrag. Mit anderen Worten: Der durch eine zusatzKch eingesetzte Faktoreinheit ermoghchte Mehrertrag ist geringer als der durchschnittliche Ertrag der schon eingesetzten Einheiten des Faktors.
D Der FunktionskoefRzient y der Cobb/Douglas-Funktion kann als eine GroBe interpretiert werden, die die Beschreibung des technologischen Fortschritts in der Production erlaubt. Denn wenn y steigt, dann fiihrt jede Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) zu einem gegeniiber vorher erhohten Output; das zeigt schon Gleichung (21.13). Die Ertragskurve dreht sich demzufolge nach »oben«, wie dies in Abbildung 21.7 dargestellt ist. Eine gleichartige Wirkung tritt ein, wenn die Einsatzmenge eines fixen Faktors (hier c) erhoht wird. Der Leser kann sich anhand dieses Diagramms verdeutlichen, welche Auswirkung eine Erhohung von y beziehungsweise c auf die Grenzproduktivitat des variablen Faktors (hier: Arbeit) hat: Ziehen Sie in der Abbildung 21.7 bei irgendeiner Arbeitseinsatzmenge a' eine senkrechte Linie bis zu den beiden Ertragskurven, und zeichnen Sie an den iiber a' liegenden beiden Punkten der Ertragskurven jeweils eine Tangente ein. Die Steigung der Tangenten entspricht, wie oben in Abschnitt c) gezeigt wurde, der Grenzproduktivitat des Faktors Arbeit. Es ist dann zu erkennen, da6 bei dem gewahlten a' (wie auch bei jeder anderen Arbeitsein-
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
165
satzmenge) die Grenzproduktivitat nach dem Wirksamwerden des technologischen Fortschritts oder nach der Erhohung des Kapitaleinsatzes (also auf der oberen Ertragskurve) groBer ist als zuvor (untere Kurve). Technologischer Fortschritt erhoht also, ebenso wie die Kapitaleinsatzerhohungen, iinter sonst gleichen Bedingimgen die Grenzproduktivitaten der Produktionsfaktoren. Das entspricht der neoklassischen Voraussetzung (U3). Abbildung 21.7: Wirkung technologischen Fortschritts auf die Lage der Faktor ertragskurve
CiTx®
Empirikum 21.5: a) Fur ihr gesamtwirtschaftliches Modell hat die Deutsche Bundesbank in den siebziger Jahren die folgende, hier etwas vereinfacht wiedergegebene Produktionsfunktion vom Typ Cobb/Douglas fur die Wirtschaft der fruheren Bundesrepublik Deutschland venA^endet: x = ya^'^^^c^'^^l Dabei ist a das Arbeitsvolumen [in Milliarden Stunden pro Jahr], c der genutzte Sachkapitalbestand [in Milliarden DM] und x das Bruttoinlandsprodukt [in Milliarden DM pro Jahr] in Realwerten gemessen. Der Verlauf der Ertragskurve x(a,c) gleicht dem in den vorigen Abbildungen. Das kann der interessierte Leser durch Aufzeichnen von x uber a = 0... 60 nachprufen. Dazu konnen die folgenden Daten venA/endet werden, die in etwa denen des Jahres 1980 entsprechen (gemessen in Preisen von 1991): Mit y = 5,2 und c = 7600 ergibt sich fur a = 45 ein Output x von rund 2100. Quellen: Das Produktionspotential in der Bundesrepublik Deutschland; Monatsberlchte der Deutschen Bundesbank, 1973, Nr. 10, S. 28-34. Neuberechnung des Produktionspotentlals fur die Bundesrepublik Deutschland; Monatsberlchte der Deutschen Bundesbank, 1981, Nr. 10, 8. 32-38. Eigene Berechnungen mit Daten des Statlstlschen Bundesanntes.
166
Das Giiterangebot der Untemehmen
b) Die folgende Tabelle zeigt einige empirjsch ermittelte Zahlen der Exponenten a und p von Cobb/Douglas-Produktionsfunktionen, die fur einzelne Branchen ermittelt wurden. Es ist zu erkennen, 6aQ> die a zumeist Werte zwischen 0,6 und 0,8 aufweisen, wahrend die p uberwiegend im Intervall von 0,25 bis 0,45 liegen. Branchen
a
P
Berg- und Tagebau
0,605
0,367
Nahrungsmittel
0,649
0,243
Textilien
0,587
0,278
Kleidung
0,615
0,346
Holzprodukte
0,753
0,364
Zellstoff und Papier
0,635
0,233
Druckerei
0,770
0,232
Chemie
0,657
0,327
Stahl
0,621
0,420
Metaliprodukte
0,608
0,382
nichtelektrisGhe Maschinen
0,726
0,319
elektrische Maschinen
0,655
0,576
Beforderungsmittel
0,778
0,280
Quelle: Ringstad, Vidar: Estimating Production Functions and Technical Change from Micro Data, Oslo 1971,8.40.
Das Empirikum zeigt, da6 die bei der Definition der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion getroflfene Annahme 0 < a, p < 1 in der Realitat erfullt ist. Die in der Literatur h^ufig verwendete strengere Annahme a + p = 1 gilt dagegen empirisch in der Regel nicht - und muB auch nicht gelten, wie spater noch deutlich werden wird. Sie geht vermutlich auf das (gerundete) Ergebnis zuriick, zu dem Cobb und Douglas in ihrer ursprunglichen statistischen Schatzung gelangten; vgl. die FuBnote zur Gleichung (21.13). Aufgabe21.7: Betrachten Sie die Cobb/Douglas-Produktionsflinktion: x -- y-a"-c^. Wie lautet die Ertragsfunktion, falls oc = l / 2 , p = l / 3 , Y = 2 und c = c = 27 ? Skizzieren Sie auch den Verlauf der Ertragskurve, insbesondere fur die Stellen a = 0, 1, 4, 9 und 16. a) Wie lautet die Funktionsgleichung der Grenz- und der Durchschnittsproduktivitat des Faktors Arbeit? Welche der beiden Produktivitaten ist die groBere?
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
167
b) Wie lautet die Faktoreinsatzfunktion fiir Arbeit? Wieviele Arbeitseinheiten (z.B. Arbeitsstunden) sind erforderlich, um mit den c = 27 Kapitaleinheiten (z.B. Maschinenstunden) 300 Outputeinheiten produzieren zu konnen? c) Wie ware der Verlauf der Ertragskurve nach a), wenn der fixe Kapitaleinsatz c = 64 betragen wurde? Vergleichen Sie bei a = 4 die Werte der Grenzproduktivitat nach b) fiir beide Ertragskurven.
i) Um die Auswirkimgen einzekier Faktoreinsatzmengenverandemngen bei verschiedenen Produktionen miteinander vergleichen zu konnen, ohne daB (moglicherweise ungleiche) Mafieinheiten dabei auftreten, werden Elastizitaten verwendet. Es handelt sich hierbei um sogenannte Produktionselastizitaten. Die Produktionselastizitat eines Faktors gibt an, um wieviel Prozent die Ausbringungsmenge sich andert, wenn die Einsatzmenge des betreffenden Faktors um ein Prozent erhoht (oder gesenkt) wird. Die Produktionselastizitat des Faktors Arbeit ist wie folgt defmiert: ax
IT c)x a aX-a s(x:a) := — = — — = Oa a
oa
X
(21.14a)
X
Analog dazu lautet die Produktionselastizitat des Faktors Kapital: 5x E(x:c):= ^
X
OC
5x
C
OC
X
= ——
=
cXC
(21.14b)
X
c Die linken Formebi werden bei gegebenen Datenwerten verwendet: da ist dabei zum Beispiel die Anderung der Einsatzmenge des Faktors Arbeit. Das a in der Formel ist dann etwa die vor der Anderung eingesetzte Arbeitsmenge. Die mittleren und rechten Formeln dienen der Elastizitatsermittlung, falls eine Produktionsfimktion x = x(a,c) vorliegt. Formt man den Doppelbruch der Elastizitatsdefinition etwas anders um als in den Gleichungen (21.14), so ergibt sich fiir jeden beliebigen Produktionsfaktor j , der
Vgl zum Elastizitatskpnzept allgemein den Anhang M.7.
168
Das Giiterangebot der Untemehmen
in der Menge Vj eingesetzt wird, der folgende interessante und allgemeingultige Zusammenhang:
(21.15)
Demnach ist die Prodnktionselastizitat eines Faktors j stets gleich dem Quotienten aus dessen Grenzproduktivitat jx und Durchschnittsproduktivitat r|j. Sie stellt gleichsam den mathematischen Proportionalitatsfaktor zwischen den beiden Produktivitatskonzepten dar, denn • x = s(x: v j) • r| j . Gleichung (21.15) erlaubt es, aus zwei bekannten Elementen der Formel jeweils die dritte zu berechnen. Ist beispielsweise bekannt, da6 bei einem bestimmten Faktoreinsatz (a,c) die Grenzproduktivitat des Faktors Kapital ^'x "" 10 und dessen Durchschnittsproduktivitat TJK = 25 betragt, so folgt daraus unmittelbar der Zahlenwert der Produktionselastizitat 8(x:c) = 0,4. Anwendungsrelevanter ist vermutlich der Fall, da6 man zwar r|j und c(x:vj), aber nicht • x kennt, Mit der obigen Formel laBt sich die unbekannte Grenzproduktivitat aus den beiden anderen Grofien berechnen. Da wegen des konkaven Verlaufs der Ertragskurven die Grenzproduktivitaten stets kleiner als die Durchschnittsproduktivitaten sind (siehe z.B. Abbildung 21.6), haben alle Produktionselastizitaten Zahlenwerte von kleiner als Eins. Fur den Fall, daB die Produktionsstruktur gut durch eine Cobb/DouglasProduktionsfunktion beschrieben werden kann, haben die Produktionselastizitaten der Faktoren dartiber hinaus eine interessante Eigenschaft, die in der folgenden Aufgabe erhellt werden soil. Aufgabe21.8: Betrachten Sie die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion: x(a,c) = ya*^c^ a) Wie lauten die Produktionselastizitaten der beiden Faktoren? , b) Was besagt das unter a) gewonnene Ergebnis bezuglich der Produktionssituation in Westdeutschland? Vgl. dazu das Empirikum 21.5a).
In diesem konkaven Verlauf kommt, wie gezeigt, das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs zum Ausdruck.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
169
c) Wie hoch ist nach b) die Grenzproduktivitat des Faktors Arbeit, wenn der Arbeitseinsatz in Westdeutschland a = 40 Milliafden Arbeitsstunden und das jahrliche Bmttoinlandsprodukt X = 3000 Milliarden D-Mark betragt? (Vgl. Gleichimg (3a) aus Beispiel 21.1)
Von einem Zahlenwert kleiner Eins der Produktionselastizitat eines Faktors kann iibrigens im allgemeinen nicht - wie oft behauptet wird - zwingend auf einen konkaven Verlauf der Faktorertragskurve und damit auf die Erfiillung des Gesetzes vom abnehmenden Ertragszuwachses geschlossen werden. Die Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion bildet eine Ausnahme von dieser Regel, denn in Beispiel 21.1 wurde in (4) gezeigt, daB zum Beispiel ^x genau dann kleiner Null ist, wenn die Produktionselastizitat a (vgl. die vorige Aufgabe 21.8a)) positiv und kleiner Eins ist. j) In diesem Kapitel ist bisher davon ausgegangen worden, daB von den Produktionsfaktoren, die einem Untemehmen zur Verfligung stehen, zumindest einer variabel einsetzbar ist; hier war das a. Die Elastizitat der Produktion ist dann bestimmt durch s(x:a). Der andere Faktor (hier: Kapital) muBte in einer bestimmten Menge c eingesetzt werden. Nun kann es aber bei kurzfristiger Betrachtung durchaus vorkommen, daB alle Faktoren einer mengenmaBigen Beschrankung unterliegen. Es sind verschiedene realistische Formen solcher Faktormengenrestriktionen moglich, die wir flir das Folgende so symbolisieren und fiir die sich der Leser jeweils ein praktisches Beispiel iiberlegen moge: v". : kennzeichnet eine bestimmte, hochstens verfiigbare Menge des Faktors j , die aber nicht vollstandig bei der Produktion eingesetzt werden muB. Man spricht von einem "nach oben beschrankten Faktor" beziehungsweise einer Hochstmengenrestriktion. Unterhalb der Mengenbeschrankung kann der Faktor variabel eingesetzt werden. v-: kennzeichnet eine mindestens einzusetzende Menge des Faktors j , die bei der Produktion beliebig iiberschritten, aber nicht unterschritten werden darf. Dies nennt man einen "nach unten beschrankten Faktor" beziehungsweise eine Mindestmengenrestriktion.
2
Vgl. W. Kortmann: Produktionselastizitat und Grenzproduktivitat; I WIS-Statement 98167, Dortmund, 1998. Hierbei wird weiterhin von beliebig teilbaren Faktoreinheiten ausgegangen. Das ist unproblematisch, wenn man die Faktorleistungen in Zeiteinheiten miBt. Eine davon analytisch zu trennende Form der Faktorrestriktion ist die sogenannte Unteilbarkeit. Diese liegt vor, wenn die Einsatzmengen eines Faktors nur in ganzzahligen Einheiten mit jeweils betrachtlicher GroBe gemessen werden. Ein Fuhruntemehmen wird beispielsweise seinen ver^gbaren Fuhrpark zweckmaBig in ganzen Lastkraftwagen messen.
170
Das Guterangebot der Untemehmen
v- : keimzeichnet einen beidseitig beschrankten Faktpr j , von dem eine bestimmte Hochstmenge v- verfiigbar ist, der aber auch stets mit einer gewissen Mindestmenge Vj > 0 eingesetzt werden muB. Man kann deshalb auch von einer Intervallrestriktion sprechen. Im Intervall zwischen der Mindest- und der Hochstmenge - und nur dort - kann der Faktor variabel eingesetzt werden. Vj : kennzeichnet eine bestimmte Menge eines beschrankten Faktors j , die bei der Produktion stets voUstandig eingesetzt werden mu6; mengenmaBige Variationsmoghchkeiten bestehen nicht. Ein solcher Faktor wird als fixer Faktor bezeichnet. Sind alle Produktionsfaktoren eines Untemehmens in der einen oder anderen Weise nach oben hin beschrankt, dann ist auch dessen Produktionskapazitat beschrankt. Die technische Kapazitatsgrenze kann als die maximale Ausbringungsmenge des Untemehmens definiert werden. Ist zum Beispiel a = a und c = c, so betragt die Produktionskapazitat x = x(a , c). Mehr als diese Ausbringungsmenge kann das Untemehmen in einer Periode nicht produzieren, jedenfalls solange kein vermehrter Faktoreinsatz moghch ist. Das Untemehmen unterliegt somit einer Kapazitatsbeschrankung. a ist zum Beispiel das mit dem vorhandenen Mitarbeiterstamm pro Periode hochstens (einschlieBlich Uberstunden) leistbare Arbeitsvolumen. Bei c kann es sich um das in Form einer groBen Produktionsanlage gegebene Sachkapital handehi. Die Ertragskurve eines Untemehmens, das nur einen variablen Faktor bis zu einer bestimmten Hochstmenge einsetzen kann, bricht bei Erreichen der Hochstmengenrestriktion ab(vgl.Abbildung21.8). Abbildung 21.8: Ertragskurve mit Kapazitatsbeschrankung
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
171
2.1.3. Skalenvariation und Skalenertrage
a) Im vorangegangenen Unterkapitel wurden die Wirkungen einzelner Faktorvariationen auf die Ausbringimgsmenge untersucht, das heifit, es wurde die Einsatzmenge eines Faktors bei Konstanz aller iibrigen Inputs variiert. Damit kann eine kurzfristige Produktionssituation des Untemehmens beschrieben werden. Auf lange Frist sind jedoch grundsatzlich alle Faktoren beliebig variierbar; es gibt dann keinerlei Faktorrestriktionen, es herrscht totale Faktorvariabilitat. Eine Moglichkeit, diesen Fall zu analysieren, besteht darin, alle Faktoreinsatzmengen proportional, also um den gleichen Prozentsatz zu verandem und die dadurch hervorgerufenen Wirkungen auf den Output zu untersuchen. Dies wird als "totale proportionale Faktorvariation" oder kurz als Skalenvariation bezeichnet. b) Sei (a',c') irgendeine beliebig aber fest vorgegebene Faktoreinsatzmengenkombination, das sogenannte Ausgangsfaktorenbiindel, und x(a',c') der zugehorige Output, fur den auch kurz x' geschrieben werden kann. Werden nun jene Outputniveaus x betrachtet, die mit beliebigen Vielfachen oder Teilen dieses vorgegebenen Faktorenbiindels (a',c') realisierbar sind, so ergibt sich gleichsam ein Schnitt quer durch das Ertragsgebirge der Abbildung 21.3, genauer: in die durch die a- und die c-Achse aufgespannte Faktorebene hinein. Dabei werden jeweils beide Faktoreinsatzmengen a' und c' im gleichen Verhaltnis verandert, also mit der gleichen Zahl multipliziert. Dieser Multiplikator sei 6. Er wird als Skalenfaktor bezeichnet ("Faktor" hier im mathematischen Wortsinne) und gibt das Skalenniveau (totales Faktoreinsatzniveau) der Produktion an. Dieses Skalenniveau kann als BetriebsgroBe interpretiert werden (daher das Symbol 6 als stilisiertes b). Wird beispielsweise der zuvor definierte »Einheits-Faktoreinsatz« (a',c') verdoppelt, so betragt das Skalenniveau der Produktion 6 - 2 , und der Faktoreinsatz ist (2a',2c') beziehungsweise 2-(a',c'). Beim Skalenniveau 6 = 3,7 wird analog dazu das 3,7-fache von (a',c') eingesetzt. Bei jeder Skalenvariation bleiben die Faktorintensitaten (vgl. Kapitel 2.1. Lb) konstant, das heiBt, die Faktoren werden bei jedem Skalenniveau im gleichen Mengenverhaltnis eingesetzt. Damit laBt sich eine Funktion angeben, die die Abhangigkeit des Outputs x vom Skalenniveau beziehungsweise der BetriebsgroBe 6 beschreibt. Sie wird als Skalenertragsfunktion (auch: Niveauertragsftmktion) bezeichnet; ihr Graph heiBt Skalenertragskurve (siehe die spatere Abbildung 21.10). Es handelt sich dabei um eine zweite spezielle Form der allgemeinen Produktionsfunktion (21.1).
172
Das Giiterangebot der Untemehmen
Da von einem vorgegebenen Faktorenbtindel (a',c') ausgegangen wird, a' und c' also nur Parameter der Funktion sind, ergibt sich die Skalenertragsfiinktion zu: x(6a',6c') = x( 6 . (a' ,c') ) =: x(6)
(21.16)
c) Der Output hangt somit bei gegebenem Anfangsfaktorenbtindel nur noch vom Skalenniveau ab. Wir haben also nur wieder eine abhangige und eine unabhangige Variable. Das ist der Vorteil der proportionalen Faktorvariation. Je nachdem, ob nun beispielsweise bei einer Verdoppelung des totalen Faktoreinsatzes, also bei (2a',2c'), das Outputniveau x um mehr oder weniger als das Doppelte steigt, wird von zunehmenden oder von abnehmenden Skalenertragen der Produktion gesprochen. Fiihrt jede Inputverdoppelung genau zu einem doppelten Output, so liegen konstante Skalenertrage vor. Was fur eine Verdoppelung (6=2) gilt, mu6 auch fiir eine Verdreifachung (6=3) etc. und allgemein fur eine Ver-6-facliung gelten. Anhand der Tabelle in der folgenden Abbildung 21.9 wird dies an einem Zahlenbeispiel fiir zunehmende Skalenertrage verdeutlicht: Abbildung 21.9: Beispieltabelle Skalenertrage
6
a
c
x(6a',6c') =
X = x(6)
1
a'= 10
c'= 5
2
2a' = 20
2c'= 10
x(2a',2c') = 215 = x(2)
3
3a' = 30
3c' = 15
x(3a',3c') = 325 = x(3)
x(a',c') = 100 = x(1)
AnnahmegemaBfiihrthier eine Verdoppelung des ursprunglichen Faktoreinsatzes (a',c') = (10, 5) zu einer Erhohung der Ausbringungsmenge um das 2,15-fache, namlich von x(l) = 100 zu x(2) = 215. Eine Verdreifachung bringt ebenfalls mehr als den dreifachen Output, namlich x(3) = 325. Deshalb hegen hier zunehmende Skalenertrage vor. Ware dagegen x(2) < 2x(l), zumBeispiel x(2) = 190, so lagen abnehmende Skalenertrage vor. Allgemein lassen sich die Skalenertrage der Produktion fiir jeweils alle moglichen Zahlenwerte des Skalenfaktors 6 > 0 (insbesondere 6 > 1) wiefi)lgtformal definieren:
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
173
x(6) > 6x(l) : zunehmende Skalenertrage
(21.17a)
x(6) = 6x(l) : konstante Skalenertrage
(21.17b)
x(6) < 6x(l) : abnehmende Skalenertrage
(21.17c)
Die folgende Abbildung 21.10 zeigt drei mogliche Verlaufsformen der Skalenertragskurve, namlich fixr durchgehend zunehmende, abnehmende imd fur konstante Skalenertrage. Der auch denkbare Fall zuerst zunehmender und bei groBerem 6 dann abnehmender Skalenertrage wird hier nicht naher betrachtet. Abbildung 21.10: Skalenertragskurven bei verschiedenen Skalenertrdgen zunehmende Skalenertrage
konstante Skalenertrage
x(2a',2c') = x(2)
abnehmende Skalenertrage
x(a'.c') = x(1) +
Zunehmende Skalenertrage in der Produktion bringen fiir ein Untemehmen entscheidende Vorteile mit sich, well eine Ver-6-fachung des Outputs nur weniger als eine Ver-6-fachung der Inputs erfordert. In der Abbildung 21.10 fiihrt beispielsweise eine Verdoppelung des totalen Faktoreinsatzes im Falle zunehmender Skalenertrage zu einem Outputniveau x(2), das oberhalb von 2-x(l) liegt (siehe den oberen der drei Punkte iiber 6 = 2). Es ist daher zweckmaBig zu priifen, welche Skalenertrage die Produktionsfunktion eines produktiven Systems aufweist.
174
Das Giiterangebot der Unternehmen
Aufgabe2L9: Betrachten Sie eine Cobb/Douglas-Produktionsfunktion x = ya"c^, mit y = 1 und drei verschiedenen Konstellationen der Funktionskoeffizienten a und p: 1) a = 1/2, B - 1/3 2) a = 1/2,13 = 1/2 3) a = 3/4, fi = 1/3 a) Gehen Sie von einem beliebigen Faktorenbundel aus, zum Beispiel (a',c') = (9, 7), und vergleichen Sie zahlenmaBig den Output bei doppeltem totalen Faktoreinsatz, also x(2a',2c'), mit demdoppeltenOutput des einfachenEinsat^es, also 2x(a',c'). b) Welche Skalenertrage liegen in den drei Fallen vor?
d) Die Skaleneigenschaften eines Produktionssystems werden durch die Skalenelastizitat beschrieben. Das ist die Elastizitat des Outputs x in Bezug auf das Skalenniveau 6. Sie gibt an, um wieviel Prozent das Outputniveau verandert werden kann, wenn alle Faktoreinsatzmengen zugleich um jeweils ein Prozent erhoht (oder gesenkt) werden; was einer VergroBerung der BetriebsgroBe um ein Prozent entspricht:
6 Mittels der Skalenelastizitat lassen sich die zuvor definierten drei Arten von Skalenertragen auch quantitativ exakt unterscheiden und hinsichtlich der Starke ihrer Auspragung messen: Es liegen zunehmende Skalenertrage vor, falls s(x:6) > 1 und abnehmende bei 8(x:6) < 1. Bei konstanten Skalenertragen und somit linearem Verlauf der Skalenertragskurve ist s(x:6) = 1. Der Leser schreibe diese Zuordnung an die drei Kurven der Abbildung 21.10. e) Fur eine sowohl in der reinen als auch in der angewandten Wirtschaftstheorie sehr beliebte und deshalb haufig verwendete Gruppe von Produktionsfunktionen gibt es eine einfache Moglichkeit, die Skalenelastizitat zu ermitteln. Es handelt sich dabei um die Gruppe der %omogenen Produktionsfunktionen. Eine Produktionsfunktion x(a,c) heiBt homogen vom Grade ft, falls fiir alle 6>0gilt: x(6a,6c)= 6^.x(a,c)
Zur Homogenitat von Funktionen vgl. im einzelnen den Anhang M.4.4.
(21.19)
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
175
Okonomisch besagt das: 6-facher Faktoreinsatz erlaubt die Produktion der 6 fachen Ausbringungsmenge, egal von welchem Faktorenbtindel ausgegangen wird. 1st beispielsweise der Homogenitatsgrad h = 1,5, so bringt eine Verdoppelung des totalen Faktoreinsstzes (6 = 2) eine Ver-2^'^-fachimg des Outputs (wobei 2^'^ « 2,83). Die Skalenelastizitat einer solchen homogenen Produktionsfunktion ergibt sich gemafi (21.18) zu s(x:6) =
^•6^-i.x(a,c) • 6 , =n 6^.x(a,c)
(21.20)
Demnach ist die Skalenelastizitat einer homogenen Produktionsfiinktion gleich dem Homogenitatsgrad dieser Funktion. Sie hangt weder vom Input- noch vom Outputniveau ab; homogene Produktionsfunktionen sind folglich skalenisoelastisch. Die Ermittlung des Homogenitatsgrades ti einer Produktionsfiinktion entspricht somit der Untersuchung ihrer Skalenertrage. Dies ist eine wesentliche Vereinfachung, weil die Ermittlung des Homogenitatsgrades in der Regel nicht sehr schwierig ist (siehe Anhang M.4.4.a). Noch ein weiterer interessanter Zusammenhang laBt sich bei homogenen Produktionsfiinktionen feststellen. Dazu bedarf es der Anwendung des Euler'schen Theorems aus der Mathematik. Es besagt, dafifiirjede vom Grade fi homogene Funktion x(a,c) gilt: aX-a+
cX-C=^-X
Teilt man beide Seiten dieser Gleichung durch x, so ergeben sich auf der linken Seite die Formeln der Produktionselastizitaten (21.14) der beiden Faktoren: 8(x:a) + s(x:c) = fi
(21.21)
Folglich entspricht bei homogenen Produktionsfiinktionen der Homogenitatsgrad auch der Summe der Produktionselastizitaten. Durch Gleichsetzen von (21.20) und (21.21) ergibt sich schlieBlich das folgende Elastizitatstheorem der mikrookonomischen Produktionstheorie, das nach seinen Entdeckem auch als Wicksell/Johnson-Theorem bezeichnet v^ird: 8(x:a) + 8(x:c) = s(x:6)
(21.22)
Wgl. Anhang M.4.4.b). ^diOhKnut Wicksell (Vorlesungen iiber Nationalokonoriiie,; Bd. 1, 1913, S. 187ff) und W.E. Johnson (The Pure Theory of Utihty Curves; Economic Journal, 1913).
2
176
Das Giiterangebot der Untemehmen
Das Theorem besagt: Die Skalenelastizitat einer Produktionsfunktion ist stets gleich der Summe der Produktionselastizitaten. Das gilt allgemein, auch bei mehr als zwei Produktionsfaktoren, und, wie im Anhang M.5.1.c) gezeigt wird, sogarfiirnichthomogene Produktionsflmktionen. Der Vorteil, den das Wicksell/Johnson-Theorem bietet, besteht darin, daB es die Berechnung der Skalenelastizitat auch ohne Kenntnis der Skalenfiinktion ermoglicht. Kennt man aus der Analyse der Einzelfaktorvariation alle Produktionselastizitaten, so kennt man auch Art und Auspragung der Skalenertrage. Beispiel21.2: Skalenertrage bei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. Im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion x(a,c) = y-a"-c^ ergibt sich die Skalenertragsfunktion flir jedes beliebig gewahlte Anfangsfaktorenbundel (a',c') mit x(a', c') = x', wie folgt: x(6) = x(6-a',6-c') = y • (6-aT * (6-cf
(1)
= y.6".(ar-6^-(cf = 6-P.[y(ar-(cf] Nach (21.19) ist die Cobb/Douglas-Funktion folglich homogen und weist den Homogenitatsgrad ^ = a + P auf. In der eckigen Klammer steht die urspriingliche Cobb/Douglas-Funktion, so daB dafur x(a',c') oder x' geschrieben werden kann. Damit ergibt sich die Skalenertragsfunktion im Cobb/Douglas-Fall zu (wobei (a',c') das vorgegebene Anfangsfaktorenbundel ist): x(6) = 6"^P.x(a',c') = 6"^P • x'
(2)
Fiir die Skalenelastizitat (21.18) erhalt man: f
«,
6X(6>6
(a + P)-6"-P-'-x'-6
^^^^'> = -mr =—^'^^—
= "^P
^'^
Die Skalenelastizitat ist also - wie das Theorem (21.22) besagt - gleich der Summe der Produktionselastizitaten, die bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion ja den Faktorexponenten a und p entsprechen (vgl. Aufgabe 21.8a). Nach den Definitionen mit der Gleichung (21.18) liegen bei a + P> 1 zunehmende, bei a + P < 1 abnehmende und bei a + P = 1 konstante Skalenertrage vor (vgl. auch Aufgabe 21.9b). Die Produktionsfunktion der BundesAnstelle von a steht nun 6a', und anstelle von c steht 6c'.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
177
republik Deutschland aus dem Empirikum 21.5 weist mithm zunehmende Skalenertrage aus: Wiirden das westdeutsche Arbeitsvolumen a und der westdeutsche Kapitalstock c um jeweils ein Prozent erhoht, so stiege das reale Bruttoinlandsprodukt gemaB dem Elastizitatstheorem (21.22) um 0,689 + 0,378 = 1,067 Prozent. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dafi sich die Skaleneigenschaften eines durch eine ProduktionsfUnktion beschriebenen produktiven Systems (z.B. auf Untemehmen) auf zumindest vier Weisen ermitteln lassen: • Bei gegebener (oder gewinnbarer) Skalenfunktion x(6) wird mit Hilfe der gelaufigen Elastizitatsberechnungsformel die Skalenelastizitat s(x:6) berechnet. • Bei homogenen Produktionsfunktionen wird der Homogenitatsgrad h ermittelt. Dieser entspricht dann der Skalenelastizitat s(x:6) • Bei Bekanntheit aller Produktionselastizitaten s(x:vj), erhalt man die Skalenelastizitat gemaB dem Wicksell/Johnson-Theorem durch deren Aufsummierung. • Bei Problemen mit alien drei zuvor genannten Wegen kann (gleichsam als Notlosung) wie folgt vorgegangen werden: Ftir jeden Produktionsfaktor j wird irgendein positiver Wert v] festgelegt. Durch Einsetzen dieses Faktorenbiindels v' in die Produktionsfunktion erhalt man die damit produzierbare Ausbringungsmenge x'. Dann ist zu ermitteln, wie groB der Output beim doppelten Faktoreinsatz 2 • v' ist, und dieser wird dann mit 2 x' verglichen. Am Ende dieses Unterkapitels tiber die Skalenvariation woUen wir noch kurz nach den moglichen Ursachen fiir das eigentlich erstaunliche Phanomen der zunehmenden Skalenertrage fragen. Einen vergleichsweise einfach nachzuvoUziehenden Grund (neben mehreren anderen) zeigt das folgende Empirikum 21.6: Empirikum 21.6: a) Es soil hier eine grundsatzliche Ursache fur zunehmende Skalenertrage aufgezeigt werden, die bei einer Reihe von Produktionsverfahren in der Realitat wirksam ist, namlich bei solchen, die Behalter erfordern, um ein Produkt herzustellen. Dazu zahlen belspielsweise die Herstellung vieler chemischer Produkte, die Glas- sowie die Eisen- und Stahlproduktion, der Transport von Mineralol in Tankern oder Pipelines sowie die Brauerei.
178
Das Giiterangebot der Untemehmen
Am einfachsten laBt sich der in Rede stehende Zusammenhang anhand eines kugelformigen
Behalters
verdeutlichen.
Dessen
Inhalt
beziehungsweise
Volumen V ist durch die geometrische Forme!
V=
^-D^ 6
bestimmt. D steht fur den Durchmesser des Behalters, TI = 3,14159... ist die Kreiszahl. Das Volumen kann als Produktionskapazitat der Produktionsanlage und damit (bei voller Auslastung) als Output x pro Produktionsperiode aufgefaSt werden, zum Beispiel das Transportvolumen eines Oltankers. Der zu finanzierende Faktoreinsatz ist wesentllch durch den Materialbedarf fur den Behaltermantel, also durch die kugelformige Oberflache des Behalters bestimmt. Diese errechnet sich nach der geometrischen Formel: A = n n D 2 Umgestellt nach D gilt:
D = ' ^ Setzt man dies in die obige Volumenformel ein, so ergibt sich das Volumen (also das Aquivalent des Outputnlveaus x) in Abhangigkeit von der Oberflache (dem Aquivalent des Faktoreinsatzniveaus bzw. der BetriebsgroBe 6):
A
71-A
6
3/2
6.71^/^
A 3/2
6.71^2
Ergo:
V(A)
,3/2
6-VTT
In unsere mikrookonomischen Symbole ubersetzt lautet diese Skalenertragsfunktion:
x(6) = 0,094 • 6^'^ Die Skalenelastizitat s(x:6) Ist gleich 1,5. Das kann der Leser durch Anwenden der Berechnungsformel (21.18) prufen. Jede Verdoppelung des Faktoreinsatzes (also 6 = 2) eriaubt demnach eine Ver-2,828-fachung der Ausbringungsmenge (denn 2^'^ ist ungefahr gleich 2,828). Oder umgekehrt formuliert: Jede Verdoppelung des Outputnlveaus erfordert nur eine Ver-1,587fachung des Faktoreinsatzes. Denn durch Umstellen der letztgenannten Gleichung erhalt man 6(x) = 10,635-x^/^, und 2^'^ ist ungefahr gleich 1,587.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
179
Dieses Faktum ist der Grund dafur, daB der soeben beschriebenen Zusammenhang in der Praxis als die "2/3"-Regel bezeichnet wird. b) Die Vorteile zunehmender Skalenertrage bewegen die Unterneiimen dazu, sich urn immer groBere Produktionsvolumina zu bemuhen. Skalenvorteile erzwingen eine einzeiwirtsciiaftliche Wachstumsstrategie. Ein empirisciies Beispiel bietet die Eisen- und Stahlproduktion. In der folgenden Abbildung ist die historisciie GroBenentwicklung von Hochofen, gemessen am Gestelidurclimesser [in Metern] dargestellt (vgl. auch Empirikum 21.1). Zu einem dermaBen drastischen Waciistum der HochofengroBe von knapp einem auf mittlen/veile uber funfzehn IVIeter Durchmesser ware es nicht gekommen, wenn hier niclit merklicii zunehmende Skalenertrage der oben erklarten Art hatten erschlossen werden konnen.
[m] 18
17 16-] 15-] 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5H 4 3 H 2H
1 ] 1840
1860
1880
1900
1920
1940
1960
1980 2000 Jahr
Quelle: Kreutzer, H.W., et al.: Der Hochofen - Stationen seiner Entwicklung; Stahl und Eisen 106, 1986, S. 934. Erganzend: Stahl und Eisen 116, 1996, 8. 87:
Die einzelwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit zunehmender Skalenertrage kann gesamtwirtschaftlich zu unen/vunschten Konzentrationsprozessen in den betroffenen Branchen fuhren. Gerade in den eingangs genannten Wirtschaftsbereichen, in denen der in a) beschriebene Effekt wirksam ist, hat die Unternehmenskonzentration in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen.
180
Das Giiterangebot der Untemehmen
Aufgabe 21.10: Priifen Sie die Skaleneigenschaften der durch die Funktion x =:: x(a, c) = ^ a • a + p • c beschriebenen Produktion durch Ermittlung der Skalenelastizitat a) auf dem Weg liber die Skalenfunktion b) auf dem Weg liber das Wicksell/Johnson-Theorem.
2,1.4. Isoquante Faktorvariation und Grenzrate der Faktorsubstitution a) Der dritte Schnitt durch das Ertragsgebirge (Abbildimg 21.3) bezieht sich auf alle Faktoreinsatzmengenkombinationen (a,c), die die gleiche Ausbringungsmenge x = x(a,c) zu produzieren erlauben. Alle entsprechenden Produktionspunkte liegen auf einer Hohenlinie des Ertragsgebirges, wie sie in der folgenden Abbildung perspektivisch dargestellt ist: Abbildung 21.11: Hohenlinie des Ertragsgebirges X
Anstelle der durchgezogenen Hohenlinie betrachten wir im folgenden nur die damit gleichwertige gestrichelte Kurve in der durch die beiden Faktoreinsatzmengenachsen a und c aufgespannten Ebene, dem sogenannten Faktorraum (siehe Abbildung 21.11). Diese "Kurve gleichen Outputs" wird als Isoquante bezeichnet und durch die Isoquantenfunktion
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
181
a = a(c, X)
(21.23)
beschrieben. Sie zeigt die fimktionale Abhangigkeit der Faktoreinsatzmengen voneinander. Fiir jede mogliche Ausbringungsmenge existiert genau eine solche Isoquante. Die Isoquantenfunktion a(c,x) gibt den Arbeitseinsatz in Abhangigkeit vom Kapitaleinsatz an - bei einer bestimmten Ausbringungsmenge x = x . Konkreter sagt sie, welcher Arbeitseinsatz a erforderlich ist, um in Kombination mit einem Kapitaleinsatz c eine vorgegebene Menge x des Produktes produzieren zu konnen. Aus der Produktionsfiinktion x(a,c) wird die Isoquantenfunktion durch Umstellen nach a ermittelt. Genauso konnte natiirlich nach c umgestellt werden, wodurch sich die Isoquantenfunktion c(a, x) ergabe. Aufgabe 21.11: ; Leiten Sie aus der Produktionsfunktion der Aufgabe 21.1, namlich x = ^ a • a + p • c , allgemein die Isoquantenfunktion a(c,x) her. Zeigen Sie dann damit, dafi die dort unter b) genannten Faktorenbiindel zum Outputniveau x = 6 alle auf derselben Isoquante liegen.
Es kann gezeigt werden, dafi die Isoquanten einer Produktionsfiinktion, welche die neoklassischen Bedingungen (Ul), (U2) und (US) erfuUt, stets einen fallenden und streng konvexen Verlauf haben. Den etwas aufwendigen Beweis findet der mteressierte Leser im Anhang M.5.2.c). Insbesondere der fallende Verlauf (negative Steigung) ist schon allein durch (Ul) gesichert. Er bringt zum Ausdruck, daB die Faktoreinsatze mengenmaBig gegeneinander substituiert werden konnen. Die neoklassische Produktionstheorie betrachtet also substitutionale Faktorbeziehungen (im Gegensatz zu den limitationalen aus Kapitel 2.1.2.g). Abbildung 21.12: Isoquante im Faktormengendiagramm
a(c,x)
182
Das Giiterangebot der Untemehmen
Der in Abbildung 21.12 dargestellte Isoquantenverlauf lafit erkennen, dafi die vorgegebene Ausbringungsmenge x mit mehreren verschiedenen Faktorenbiindeln (a,c) produziert werden kaiin, daB also die einzelnen Faktoreinsatze gegeneinander substituierbar sind. Das heifit: Ein verminderter Einsatz eines Faktors kaiin durch einen vermehrten Einsatz des anderen Faktors ausgeglichen werden, so da6 der gleiche Output erzeugt werden kann. Beispielsweise kann ein StraBenbauuntemehmen eine bestimmte Strecke x mit hohem Arbeits- und geringem Kapitaleinsatz bauen, etwa mit 1000 Bauarbeitem (= a'), die mit Schaufeln (= c') ausgestattet sind. Oder die gleiche Strecke wird mit geringerem Arbeitseinsatz, dafur aber hoherem Kapitaleinsatz errichtet, etwa mit 10 Bauarbeitem (= a"), die mit Baggem und Raupen (= c") arbeiten. Dazwischen gibt es viele weitere mogliche Faktoreinsatzmengenkombinationen. Auch bei zahlreichen Dienstleistungen ist eine Wahl zwischen verschieden arbeits- oder kapitalintensiven Produktionsweisen moglich (man denke an Buchfiihrungsbiiros mit und ohne EDV-Einsatz). Betrachtet man auch andere Einsatzguter der Produktion, zum Beispiel "Energie" und "Information", so zeigen sich zahlreiche weitere Substitutionsmoglichkeiten. So ist bei Produktionsprozessen in der Chemischen Industrie haufig der Einsatz von Energie (Warme) und von bestimmten Katalysatorstoffen erforderhch, wobei um so weniger von dem einen Faktor erforderhch ist, je mehr von dem anderen eingesetzt wird. In den vergangenen Jahren sind viele FheBbandarbeiter durch Roboter, technische Zeichner durch CAD-Systeme sowie Bankangestellte durch Geldautomaten und Auszugsdrucker substituiert werden. Ahnlich werden in Zukunft sprachgesteuerte Schreibautomaten viele Sekretarinnen iiberfltissig machen. Isoquanten stellen fiir den Produktionsplaner gleichsam ein Auswahhnenti aller verfiigbaren Produktionsverfahren dar, die es ermoghchen, eine bestimmte Produktmenge zu produzieren. Auf einer Isoquante kann jedes Produktionsverfahren durch eine Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) reprasentiert werden. Die Gesamtheit aller bekannten Produktionsverfahren fiir ein Produkt wird als dessen Produktionstechnologie bezeichnet. Eine Isoquante der oben dargestellten Art umfaBt unendlich viele dicht beieinander hegende Faktorenbtindel. In der Realitat gibt es naturlich nicht unendhch viele entsprechende Produktionsprozesse. Aber auch dann, wenn es nur eine geringe Anzahl technologisch realisierbarer Faktoreinsatzmengenkombinationen zur Produktion einer bestimmten Menge eines bestimmten Gutes gibt, lassen sich diese doch in der Regel einfach durch eine »glatte« Isoquante annahem und beschreiben. b) Die in Kapitel 2.1.1.b) definierten Faktorintensitaten konnen im Isoquantendiagranmi graphisch veranschauhcht werden: Sie entsprechen namlich der
2.1. Technologische Produktionsbedingimgen
183
Steigung 9a /5c eines Fahrstrahls zu einem Punkt einer Isoquante. Zur Verdeutlichung zeichne der Leser in der Abbildimg 21.12 vom Koordinatenursprung ausgehend eine Gerade zu dem Punkt (a",c") der Isoquante. Die Steigung dieses Fahrstrahls entspricht der Kapitalintensitat c'Va", wenn die Strecke Oc", durch die Strecke Oa" dividiert wird. Definiert man dagegen den Quotienten aus Oa" durch Oc" als Steigung, so entspricht dies der Arbeitsintensitat a'Vc" in dem betrachteten Punkt der Isoquante. Der Leser kann die beiden moglichen Steigungsdefmitionen durch kleine Steigungsdreiecke an dem Fahrstrahl verdeutlichen. c) Da eine Isoquante stets zu einer ganz bestimmten Ausbringungsmenge gehort, muB diese an die entsprechende Kurve geschrieben werden. Da aber, wie bereits zu Beginn dieses Unterkapitels gesagt wurde, zu jeder moglichen Ausbringungsmenge X eine Isoquante existiert, kann die Produktionsfimktion x(a,c) durch eine Schar von Isoquanten reprasentiert werden. Je hoher die Ausbringungsmenge x ist, desto weiter »rechts-oben« verlauft die zugehorige Isoquante im Faktorraum. In der Abbildung 21.13 sind exemplarisch die Isoquanten einiger ganzzahliger Vielfache einer bestimmten Ausbringungsmenge x eingezeichnet, namlich x = 2 X, X = 3 X und so weiter. Zwischen je zwei Isoquanten lassen sich stets weitere angeben, die zu den dazwischen liegenden Outputmengen gehoren. Zum Beispiel liegt zwischen der 2 x - und der 3 x -Isoquante unter anderem eine Isoquante zum Output x = 2,33 X. Abbildung 21.13: Isoquantenschar im Faktormengendiagramm
Alternativ kann man auch das Symbol der Isoquantenfiinktion a(c, x) an die x-Isoquante schreiben.
184
Das Guterangebot der Unternehmen
Wie aus einer gegebenen Produktionsfimktion die Isoquantengleichung hergeleitet wird und wie diese daiin hinsichtlich ihrer Eigenschaften analysiert werden kann, zeigt das folgende Beispiel 21.3. Zuvor sei aber noch kurz vor einer zu weit gehenden Analogiebildxing zwischen Isoquanten und Indifferenenzkurven (Kapitel 1.1.) gewamt, wie sie in Teilen der Literatur zu finden ist. In der Tat kann man den Eindruck von Analogien zwischen der mikrookonomischen Haushalts- und der Untemehmenstheorie nur bei einer sehr oberflachlichen, formalen Betrachtung gewinnen. Inhaltlich okonomisch konnten die Unterschiede - hier die zwischen Isoquanten und Indifferenzkurven - kaum grofier sein: Auf der einen Seite ein objektiver, technologisch determinierter, stabiler, quantifizierbarer und durch gewisse GesetzmaBigkeiten strukturierter Zusammenhang zwischen Gutermengen; auf der anderen eine subjektive, psychisch bestimmte, zeitlich instabile, kaum quantifizierbare und jede beUebige Exzentrik abbildbare Relation in Bezug auf Praferenzen. Fiir andere behebte Objekte der Analogic gilt diese Kritik ebenfalls. Deshalb bringen weitreichende Analogien auf dieser Art weder einen inhaltlichen noch einen wesentlichen didaktischen Gewinn. Sie fiihren eher dazu, daB jedes der beiden Modelle aus der Perspektive des anderen entsteUt und verflacht wahrgenommen wird und die okonomischen Besonderheiten beider Modelle zu kurz kommen. Beispiel 21.3: Isoquantenverlaufbei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. a) Um aus einer gegebenen Produktionsftmktion x = x(a,c) die Isoquantenfunktion a(c,x) herzuleiten, mu6 zunachst der Output x fixiert werden (symbolisiert durch einen Querstrich). Daim ist sie - falls mogUch - nach a (oder nach c) umzustellen. Ftir den Fall der Cobb/Douglas-Produktionsfimktion ergibt dies: = ya^-cP
y .CP
(1)
= a^ X
a = ycP
1 a
X
= — _Y_
1 a
_i_
•c"cx
= a(c,x)
(2)
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
185
Dies ist die gesuchte Isoquantenfunktion. Die rechts stehende Schreibweise dient der einfacheren weiteren Analyse, weil die hier als unabhangig aufgefaBte Variable,c separat steht. b) Um nun bei der Cobb/Douglas-ProduktionsfUnktion den Verlauf der Isoquante zum beliebigen Outputniveau x zu untersuchen, ist zunachst die Isoquantenfunktion a(c,x) aus (2) nach c zu differenzieren. Diese Ableitung zeigt, welche Steigung die x -Isoquante hat, ob also (bei konstantem Output) a mit steigendem c zunimmt oder abnimmt:
^ - = ca(c,x) = oc
a ^ < 0
(3)
a
Da die Ableitung kleiner als Null ist, also ein negatives Vorzeichen aufweist, haben die Isoquanten der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion immer und tiberall eine negative Steigung, das heiBt einen fallenden Verlauf. Okonomisch bedeutet das: Ein Wenigereinsatz eines Faktors muB (und kann) durch einen Mehreinsatz des anderen Faktors ausgeglichen werden, wenn die gleiche Ausbringungsmenge wie zuvor produziert werden soil. Arbeit und Kapital sind demnach funktionelle Substitute. Der Leser zeichne zur Veranschaulichung an irgendeinen Punkt einer der in Abbildung 21.13 dargestellten Isoquanten eine Tangente mit Steigungsdreieck. Die senkrechte Schenkellange dieses Dreiecks sei die eine kleine Einheit, um die c erhoht wird (Pfeilspitze nach oben einzeichnen!). Die horizontale Schenkellange entspricht dann der zugehorigen Abnahme von a (negativen Anderung, Pfeilspitze links einzeichnen!) beziehungsweise - ohne Pfeilspitze - dem Negativen der oben ermittelten Ableitung, also -5a/5c. c) Die zweite Ableitung der Isoquantenfunktion gibt Auskunft iiber das Kriimmungsverhalten der Isoquanten. Dazu mu6 wird die Ableitung (3) noch einmal nach c diflferenziert werden:
Der mathematisch wenig getibte Leser mache sich klar: Bei dem Term in der rechten eckigen Klammer samt Exponent handelt es sich um eine Konstante, da hier sowohl a, y als auch x vorgegebene Groiien sind. Auch der Exponent von c, also -p/a, ist eine Konstante. Deshalb hat die Isoquantenfimktion(2)mathematischgesehendieeinfache Struktur: y = ax^. 2
In der mathematischen Schreibweise aus der vorigen FuBnote ergibt sich die Ableitung zu xY = b - a x ^ " i . Es sei daran erinnert, dafi Potenzen positiver Basis auch bei negativen Exponenten/>o5zY/ve Zahlen sind. Vgl. auch die formal analoge Darstellung bei der Steigung der Indifferenzkurven im Kapitel 1.1. c), zum Beispiel in Abbildung 11.3.
186
Das Giiterangebot der Untemehmen
ea(c,x) = ( - A _ ! ) . ( . £ ) . a a
• c'oc"^ >0
Das mathematische Produkt der beiden negativen runden Klammem ist positiv (weil a und P nach Voraussetzung positiv sind). Deshalb hat die gesamte zweite Ableitung hier stets ein positives Vorzeichen. Dies zeigt, da6 die Isoquanten der Cobb/Douglas-Produktionsfimktion immer und tiberall konvex gekrummt sind, das heiBt, ihre (negative) Steigung wird mit zunehmendem c groBer, also »weniger negativ«. Beim Ubergang vom Punkt (a',c') zmn Punkt (a",c") in Abbildung 21.12 steigt beispielsweise die Steigung da/dc von etwa -2 auf-2/3 (gleiche Skalierung der Faktorachsen unterstellt), was des Leser durch Anlegen von Steigungsdreiecken nachprufen moge.
D Wenn sich die Argumentation nicht auf eine einzelne Isoquante und somit auf eine ganz bestimmte Ausbringungsmenge x bezieht, dann kann bei der Isoquanten&nktion der Output x auch als Funktionsparameter aufgefafit werden. Wir schreiben dann a(c;x) statt a(c,x). Der x-Wert bestimmt, auf welche der Isoquanten sich die Argumentation bezieht. Es sei auch nochmals daran erinnert, daB die beiden im obigen Beispiel hergeleiteten Isoquanteneigenschaften, namlich ihr fallender Verlauf (ca<0) und ihre Konvexitat (ca>0) eine logische Folge der Grundannahmen (Ul) bis (U3) sind und somit fur alle neoklassischen Produktionsfiinktion gelten. d) Bevor wir uns eingehender mit der okonomischen Bedeutung der Isoquanteneigenschaften befassen, ist es geboten, auf die Zusammenhange zwischen diesem Konzept (isoquante Faktorvariation) und den beiden zuvor betrachteten Konzepten (Einzelfaktorvariation und Skalenvariation) einzugehen. Denn alle drei stellen ja gleichsam nur verschiedene »Ansichten« einer Produktionsfiinktion beziehungsweise ihres Graphen - des Ertragsgebirges - dar. In der Tat lassen sich die in den beiden vorangegangenen Unterkapiteln besprochenen Produktionseigenschaften, namlich die abnehmenden Grenzertrage bei partieller Faktorvariation (Kapitel 2.1.2.) imd die zu- oder abnehmenden Skalenertrage bei totaler Faktorvariation (Kapitel 2.1.3.) auch mittels der Isoquanten darstellen. Beginnen wir mit den Grenzertragen: Bei Einzelfaktorvariation wird die Einsatzmenge eines Faktors (hier: a) verandert, wahrend alle iibrigen Faktoreinsatze konstant bleiben (hier c = c). In der Abbildung 21.14 Zur K<Mivexitat von Funktionai vgl. ggf. Anhang M.4.3.a).
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
187
wird dies durch die horizontale Linie bei c = 10 beschrieben. Nur entlang dieser Linie kaiin das Untemehmen seine Faktoreinsatzmengenkombination wahlen, weil c aimahmegemaB weder uber- noch imterschritten werden darf; Kapital ist hier also ein fixer Faktor (vgl. Kapitel 2.1.2 j). Abbildung 21.14 Grenzertrage im Isoquantendiagramm
c=
8
9
10
11
Die Schnittpunkte der horizontalen Linie mit den Isoquanten zeigen die mit einem bestimmten Arbeitseinsatz (in Kombination mit dem vorhandenen Kapital c) erzeugbaren Ausbringungsmengen an. Es ist zu erkennen, daB in dem dargestelIten Fall mit einem Arbeitseinsatz von etwa a = 0,7 eine Ausbringungsmenge von X = 10 und mit a = 2,3 ein Output von x = 15 produziert werden kann (der Leser zeichne ggf. senkrechte Hilfslinien von den Schnittpunkten bis hinunter auf die aAchse). Der mit a = 5,2 erzeugbare Output betragt 20, und der Einsatz von 9,9 Arbeitseinheiten erlaubt die Herstellung von 25 Produkteinheiten. Der Leser schreibe zur Verdeutlichung die fiinf zu den Isoquanten gehorenden Ausbringungsmengen an die Schnittpunkte der horizontalen Linie mit diesen Isoquanten. Offenbar ninmit im dargestellten Fall die Ausbringungsmenge mit zunehmendem Arbeitseinsatz zu, was auf positive Grenzertrage a^ schlieBen laBt; Voraussetzung (Ul) ist somit erfiillt. Aber jede weitere Erhohung des Outputs um 5 Mengeneinheiten erfordert mehr zusatzHchen Arbeitseinsatz als die vorher-
188
Das Giiterangebot der Untemehmen
gehende x-Erhohung um 5 Einheiten. Mit anderen Worten: Die Ertragszuwdchse durch gleichmaBige Erhohungen des Arbeitseinsatzes nehmen ab (abnehmende Grenzertrage^ (U2)). Letzteres karni sich der Leser auch wie folgt klannachen: Zeichen Sie auf der horizontalen Linie die Produktionspunkte (a,c) = (2, 10), (4, 10), (6, 10), (8, 10) und (10, 10) ein und skizzieren die dazu gehorenden Isoquanten in der Umgebung der horizontalen Linie. Schatzen Sie sodann die durch diese Isoquanten reprasentierten Ausbringungsmengen x ab und schreiben sie an die Kurven. Es wird dann deutlich: GleichmaBige Erhohungen des Arbeitseinsatzes (um jeweils zwei Einheiten) bewirken immer kleiner werdende Zuwachse des Outputs, etwa von x = 14 um 4 auf x = 18, dann um 3 auf x = 21 und schlieBlich nur noch um 2 auf x = 23. Die soeben beschriebenen ertragsgesetzlichen Zusammenhange (Ul) und (U2) zwischen einem einzehien vaiiabel eingesetzten Produktionsfaktor und dem Output gelten dXxjeden beliebigen c -Wert, wenn a variabel ist. Sie gelten analog fiir alle a -Werte, falls c als variabel betrachtet wird. Abbildung 21.15: Skalenertrdge im Isoquantendiagramm 12
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
189
e) Bei Skalenvariation wird irgendein 6-faches eines vorher beliebig festgelegten Anfangsfaktorenbiindels (a',c') eingesetzt. In der Abbildung 21.15 wurde (a',c') = (3,3) gewahlt. Damit kann der Output x = 5 produziert werden. Um die doppelte Menge x = 10 herzustellen, miissen aber in dem dargestellten Fall nicht auch die doppelten Faktoreinsatzmengen, also 2a' = 6 und 2c' = 6 eingesetzt werden, sondem weniger. Der Leser ermittle die erforderlichen Faktoreinsatzmengen durch senkxechtes Loten des zweiten Punktes der diagonal eingezeichneten Skalengeraden auf die Koordinatenachsen. Es kann auch umgekehrt argumentiert werden: Eine Verdoppelung des totalen Faktoreinsatzes (also 6 = 2) beziehungsweise des Anfangsfaktorenbiindels auf 2-(a',c') = (6, 6) erbringt mehr als das Doppelte des anfenglichen Outputs x= 5. Der Leser zeichne den Punkt (6, 6) auf der Skalengeraden ein und schatze dann ab, wo zwischen x = 15 und x = 20 das damit produzierbare Outputniveau liegt. AUes was hier fur den Fall einer Verdoppelung gesagt wurde, gilt auch fiir eine Verdreifachung und allgemein eine Ver-6-fachung des totalen Faktoreinsatzes. Auch von der Wahl des Anfangsfaktorenbiindels (a',c') und damit von der Steigung der Skalengeraden hangt das gewonnene Ergebnis nicht ab, was der Leser durch entsprechend veranderte Analysen nachpriifen kann. Alle Analysewege zeigen, daB die Produktion in dem dargestellten Fall zunehmende Skalenertrage aufweist (vgl. Kapitel 2.1.3.c). Allgemein kann man bei einer gegebenen Schar von Isoquanten, die Outputniveaus in gleichen Abstanden reprasentieren (z.B. x = 1, 2, 3, ...), die Art der Skalenertrage dadurch herausfmden, daB ein Strahl aus dem Koordinatenursprung mit beliebiger Steigung in das Faktormengendiagramm hineingezeichnet wird (sog. Skalengerade). Dann werden die Schnittpunkte des Strahles mit den Isoquanten betrachtet. Nimmt der Abstand zwischen den Isoquanten entlang des Strahles ab (wie in der Abbildung 21.15), so liegen zunehmende Skalenertrage vor. Nimmt der Isoquantenabstand zu, so weist die Produktionsfunktion abnehmende Skalenertrage auf 1st der Abstand zwischen den Isoquanten entlang des Strahles gleich, so sind die Skalenertrage konstant. Der Leser kann sich auf diese Weise vergewissem, daB im Falle der Abbildung 21.14 abnehmende Skalenertrage vorliegen. Danach moge er sich mit dem in Abschnitt d) erlauterten Verfahren in der Abbildung 21.15 davon iiberzeugen, daB auch im Falle zunehmender Skalenertrage die Grenzertrage der Produktion abnehmen konnen (wenn hier auch nur schwach ausgepragt). Diese Aussage auch formal zu begriinden, ist Gegenstand der folgenden Aufgabe:
190
Das Gliterangebot der Untemehmen
Aufgabe 21.12: Betrachten Sie die Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion x(a,c) = ya"c^. Unter welchen Bedingungen hinsichtlich der Koeffizientenwerte a, P, y konnen abnehmende Grenzertrage der Produktionsfaktoren kombiniert mit zunehmenden, abnehmenden oder konstanten Skalenertragen auftreten? (Nutzen Sie die Ergebnisse aus Beispiel 21.1 (4) und Beispiel 21.2(3)
f) Isoquanten haben, worauf zuvor schon hingewiesen wurde, unter den Bedingungen der neoklassischen Produktionstheorie stets eine negative Steigung, das heiBt c'a = 5a/5c < 0. Der Absolutbetrag der Isoquantensteigung wird als Grenzrate der Faktorsubstitution bezeichnet (oder kurz als Faktorsubstitutionsrate). Sie ist fiir das Folgende von groBer Bedeutung. In der Form 5a Sc
be
=: aa,c
bzw. -ca = | c a | =: Ua,c
(21.24)
gibt sie fur einen beliebigen Produktionspunkt (a',c') an, um wieviele Einheiten 5a der Arbeitseinsatz (bei konstanter Ausbringungsmenge x) reduziert werden kann, wenn der Kapitaleinsatz um eine kleine Einheit (dc = 1) erhoht wird.* aa,c wird deshalb in dieser gelaufigen Definition als "Grenzrate der Substitution von Arbeit durch Kapital" bezeichnet. Kapital ist dann der ersetzende (substituierende) und Arbeit der ersetzte (substituierte) Faktor; siehe Abbildung 21.16. Zuweilen wird weiter danach unterschieden, ob eine Faktorsubstitution vollstandig oder nur teilweise moglich ist, ob also ein Produktionsfaktor einen anderen ganz oder nur zu einem gewissen Grad mengenmafiig ersetzen kann.
Man kann auch umgekehrt definieren: aa,c gibt an, um wieviele Einheiten der Arbeitseinsatz a eriioht werden mufi, wenn der Kapitaleinsatz c um eine kleine Einheit verringert wird und die gleiche Ausbringungsm^ge wie zuvor produziert werden soil. 2 Vgl. auch die ahnliche Definition der Grenzrate der Giitersubstitution in Kapitel l.l.c).
2.1. Technologische Produktionsbedingimgen
191
Abbildung 21.16: Grenzrate der Faktorsubstitution
C'
Formal kann die Grenzrate der Faktorsubstitution zumindest auf zwei Weisen ermittelt werden: Einmal durch Diflferenzieren der Isoquantenfunktion a(c,x) nach c und Weglassen des negativen Vorzeichens (vgl. das vorige Beispiel 21.3, Gleichung (3)). Dieser Weg ist zwar einfach nachvollziehbar, aber in manchen Fallen entweder nicht gangbar oder vergleichsweise umstandlich. Nicht gangbar ist er, falls sich eine vorgegebene Produktionsfunktion nicht nach a oder c umstellen laBt, wie zum Beispiel die logarithmische Funktion x = a-c-log(a+c+l). In solchen Fallen bedarf es eines anderen Vorgehens. Dieser im folgenden verwendete allgemeine Herleitungsweg hat zusatzlich den Vorteil, daB er auch bei a oder c umstellbaren Produktionsfunktionen, wie zum Beispiel der Cobb/ Douglas-Funktion eine Vereinfachung der Substitutionsratenermittlung bringt. Zur Begriindung der nun herzuleitenden Bestimmungsgleichung fiir die Grenzrate der Faktorsubstitution gehen wir von einem Untemehmen aus, das mit einer bestimmten Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) die Ausbringungsmenge x herzustellen vermag. Die Grenzproduktivitaten der beiden Produktionsfaktoren mogen im betrachteten Produktionspunkt beispielsweise folgende Zahlenwerte haben: J x = 0 , 5 und J ^ = 2 , 5 . Das bedeutet: Eine zusatzlich eingesetzte Arbeitseinheit erhoht (und eine weniger eingesetzte Arbeitseinheit vermindert) den Output um 0,5 Mengeneinheiten. Bin um eine Einheit erhohter Kapitaleinsatz steigert die Ausbringungsmenge hingegen um 2,5 Einheiten (und umgekehrt).
192
Das Gilterangebot der Untemehmen
Folglich sind Sc = 0,2 zusatzliche Kapitaleinheiten erforderlich, um die Minderproduktion zu kompensieren, die entsteht, wenn der Arbeitseinsatz um eine Einheit verringert wird (Sa = -1). Oder anders formuliert: Eine zusatzlich eingesetzte Kapitaleinheit ist imstande, den Outputriickgang auszugleichen, der durch funf aus der Produktion genommenen Arbeitseinheiten bewirkt wird (he = 1, 5a = -5). Dieses mengenmaBige »Ersetziingsverhaltnis« der beiden Produktionsfaktoren ist aber nichts anderes als die in Gleichung (21.24) definierte Grenzrate der Faktorsubstitution aa,c- Sie betragt im hier verwendeten Zahlenbeispiel |da/dc| = |-1/+0,2| = |-5/+l| = 5. Bei Jx = 3 ergibt sich analog dazu der cJa^c-Wert 6, und bei QX =4 resultiert aa,c = 8, wovon sich der Leser durch Nachvollziehen der soeben genannten Argumentation iiberzeugen moge. Die vorstehende tJberlegung zeigt, daB zwischen der Faktorsubstitutionsrate und den Grenzproduktivitaten der Produktionsfaktoren eine direkte logische Beziehung besteht: Ga,c ist stets das (l/ax)-fache der Kapitalgrenzproduktivitat c X. Das heiBt: <Ja,c ist gleich (l/ax)-c x beziehungsweise gleich c'x/axFolglich lassen sich auf jeder Isoquante durch eine zusatzhche Kapitaleinheit c'x/aX Arbeitseinheiten ersetzen. Bei x(a,c) = x gilt somit allgemein, daB die Grenzrate der Substitution von Arbeit durch Kapital aus Gleichung (21.24) stets als Quotient der Grenzproduktivitaten der Produktionsfaktoren aufgefaBt werden kann. Es gilt demnach folgender Zusammenhang:
(21.25)
Die gleiche Aussage laBt sich auf formalem Wege tiber einen Satz aus der Mathematik gewinnen, der in der Wirtschaftstheorie haufig Verwendung findet und im Anhang M.S.2. erlautert wird: Der Satz iiber implizite Funktionen. Die wichtige Gleichung (21.25) ermoglicht die Ermittlung der Faktorsubstitutionsrate auch dann, wenn eine gegebene Produktionsfixnktion nicht nach einer der Faktoreinsatzmengen umstellbar (man sagt: nicht explizit darstellbar) 2
ist, und deshalb nur in impliziter Schreibweise vorliegt. DQimjede hier in Frage kommende Produktionsfunktion ist dififerenzierbar und somit hinsichtlich ihrer 1
2
Analog zu Gleichung (21.25) koraite man - rein formal betrachtet - auch die Grenzrate der Giitersubstitution (11.1) aus Kapitel 1.1. durch dai Quoti^rteti der partiellen Ableitungen der Praferenzfunktion 9(xi,X2) ausdriicken, also a 12 = 2 9/19 • Dies haben wir aber unterlassen, weil die Ableitungen '9 wegen der Niveauunbestimmtheit von 9 okonomisch nicht interpretierbar sind. Zur expliziten und impliziten Darstellung vcm Funkticmen vgl. den Anhang M.4.2.b).
2.1. TechnologischeProduktionsbedingungen
193
Grenzproduktivitaten ^x und ^x bestimmbar. Der Leser kann das anhand der oben schon angesprochenen impliziten Produktionsfiinktion x = a-c-log(a+c+l) nachvollziehen (zur Losung vgl. Anhang M.5.2.b). DaB auch bei explizit darstellbaren Produktionsfunktionen zur Ermittlung der Faktorsubstitutionsrate die Anwendung der Gleichung (21.25) zu empfehlen ist, zeigt die folgende Aufgabe. Aufgabe 21.13: Gegeben sei eine Cobb/Douglas-ProduktionsfUnktion. a) Ermitteln Sie die Grenzrate der Faktorsubstitution mit Hilfe der Gleichung (21.25), also iiber das Verhaltnis der Grenzproduktivitaten. Nutzen Sie dazu moglichst deren vereinfachte Darstellung gemaB den Gleichungen (3) aus Beispiel 21.1. b) Zeigen Sie dann, daB dieses Ergebnis demjenigen entspricht, daB sich nach dem Beispiel 21.3, Gleichung (3), also iiber den Absolutbetrag der Isoquantensteigung gemaB der Definitionsgleichung (21.24) ergibt.
Aus der soeben gezeigten. Gleichheit von aa,c = -c)a/5c aus (21.24) mit dem Quotient der Grenzproduktivitaten gemaB Gleichung (21.25) kann noch eine weitere Erkenntnis gewonnen werden: Bei stets positiven Grenzproduktivitaten a'x und c'x, der unserer Voraussetzung (UI) entspricht, ist die Isoquantensteigung 9a/5c immer negativ, das heiBt die Isoquanten haben dann stets einen fallenden Verlauf. Dies gilt fur alle Produktionsfunktionen, die eine Substitution der Faktoreinsatze erlauben. Nur wenn eine Produktionsfiinktion fur einzelne Faktoren negative Grenzproduktivitaten zulaBt, konnen ihre Isoquanten eine positive Steigung haben. Das ist insbesondere bei klassischen Produktionsfunktionen (vgl. Kapitel 2.1.2.f) der Fall; die folgende Abbildung 21.17 zeigt ein Beispiel. Jedes Faktorenbundel (a,c) auf der dargestellten Isoquante ermoglicht die Produktion der gleichen Ausbringungsmenge x:
Zuweilen werden solche "Kurven gleichen Outputs" als Isooutputlinien bezeichnet und nur der Abschnitt mit negativer Steigung als Isoquante.
194
Das Guterangebot der Untemehmen
Abbildung 21.17: Isoquante mit teilweise positiver Steigung C
Die Abbildung zeigt, daB die Isoquante jenseits der Tangentialpunkte mit den beiden getrichelten Achsenparallelen eine positive Steigung hat, sich dort also »zuruckkrummt«. In diesen mckgekrummten Abschnitten ist die Produktion teehnisch ineflBzient. Das lafit sich mit Hilfe der Effizienz-Definition aus Kapitel 2.1.2.a) daran erkennen, daB die Ausbringungsmenge x bei einem Kapitaleinsatz c' anstatt mit der Arbeitseinsatzmenge BP'^ auch mit dem geringeren Arbeitseinsatz a^^^ produziert werden kann. (a^^V C) hegt aber im fallenden Abschnitt der Isoquante. Technische Effizienz kann demnach nur im Bereich negativer Steigung einer Isoquante vorliegen. Der Leser mache sich dies auch am oberen zuriickgekrummten Abschnitt der Isoquante in Abbildung 21.17 klar. Dort wird der Output x (bei gegebenem Arbeitseinsatz) mit iiberhohtem Kapitaleinsatz produziert. Dadurch, daB die neoklassische Produktionstheorie aufgrund ihrer Voraussetzungen (Ul) bis (U3) nur Isoquanten mit durchgehend negativer Steigung zulaBt, schlieBt sie teehnisch inefRziente Produktion von vomherein aus der Betrachtung aus. Dem hegt die Annahme zugrunde, daB kein Untemehmen wissentlich teehnisch ineffiziente Produktionsmoglichkeiten wahlt, weil dies ja mit vermeidbarer Ressourcenverschwendung verbunden ware. Gleichwohl gibt es, wie das folgende Empirikum zeigt, in der Realitat teehnisch ineflBziente Produktionsstrukturen.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
195
Empirikum 21.7: Als empirisches Beispiel fur eine Produktionsfunktion mit ruckgekrummten Isoquanten kann die im Empirikum 21.2 dargestellte Transport-Produktionsfunktion der norwegischen Tankerflotte dienen. Die zugehorige Isoquantenschar zeigt das folgende Diagramm (in normierter Darstellung). Der Leser kann die technisch effizienten Teile der Isoquanten, also die Bereiche, wo deren Steigung negativ ist, zeichnerisch hervorheben.
Quelle: Hildenbrand, W.: Short-Run Production Functions Based on Microdata; Econometrica 49, 1981,8. 1100.
Untemehmen werden sich bemuhen technisch efFizient zu produzieren, also Faktorenbimdel nur im fallenden Abschnitt der Isoquanten zu wahlen. Darauf ist die neoklassische Produktionstheorie dann voll anwendbar. Davon wollen wir im folgenden ausgehen. g) Anstatt der Grenzrate der Faktorsubstitution aa,c die ja nach Gleichung (21.24) ein Quotient von absoluten Mengenanderungen 5a und be ist, kann zur Beschreibung der Substitutionsbeziehungen zwischen den Faktoren auch eine Elastizitat bestimmt werden, die Isoquantenelastizitat. Sie gibt etwa in der Form der "Elastizitat des Arbeitseinsatzes in Bezug auf den Kapitaleinsatz" an, um wieviel Prozent der Arbeitsinput gesenkt werden kann, wenn der Kapitalinput bei gleichbleibender Ausbringungsmenge um ein Prozent erhoht (oder gesenkt) wird. Dadurch kann die Problematik der unterschiedlichen MaBeinheiten von Arbeit
196
Das Guterangebot der Untemehmen
und Kapital umgangen werden. Mit a = a(c, x ) als Isoquantenfiinktion lautet die Elastizitatsdefinition: 8(a:c) :=
da c dc a
=
c^c a
(21.26)
Mit (21.24) und (21.25) kaiin auch c'a beziehungsweise da/5c durch -cx/gX ersetzt werden: 'x s(a:c) := - —
c (21.27)
Durch Erweitem mit x im Zahler und Nenner gewinnen wir daraus entsprechend den Definitionsgleichungen (21.14) die folgende allgemeine Beziehung zwischen der Isoquantenelastizitat und den Produktionselastizitaten:
(21.28)
Da6 die Isoquantenelastizitat dem negativen Quotienten der Produktionselastizitaten entspricht, gilt fur alle klassischen und neoklassischen Produktionsftmktionen. Speziell bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion ergibt sich (was der Leser zur Ubung mit Hilfe der Losung aus Aufgabe 21.8 a) nachweisen kann: 8(a:c) = a Mit den Daten aus dem Empirikum 21.5 (a = 0,689; P = 0,378) ergibt sich beispielsweise: s(a:c) =-0,549. Bei gleichem Bruttoinlandsprodukt reduziert demnach ein Mehreinsatz von Kapital um ein Prozent in Westdeutschland den erforderiichen Arbeitseinsatz um 0,549 Prozent. Durch Umformung der Definitionsgleichung (21.26) oder (21.27) und Zusammenfassung mit (21.28) konnen wir noch folgende allgemeine Beziehung zwischen dem Verhaltnis der Produktionselastizitaten (also der negativen Isoquantenelastizitat), der Grenzrate der Faktorsubstitution cya,c aus (21.24) oder (21.25) und der Arbeitsintensitat a/c gemaB Kapitel 2.1.1.b) gewinnen. (Durch
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
197
das NachvoUziehen kann der Leser die bisher betrachteten produktionstheoretischen Konzepte noch einmal zusammenfassen): s(x:c) 8(x: a)
(21.29)
Die Grenzrate der Substitution von Arbeit durch Kapital ist somit stets gleich dem mathematischen Produkt aus dem Quotienten der Produktionselastizitaten und der Arbeitsintensitat. Diese Formel ermoglicht es, beispielsweise aus bekannten Produktionselastizitaten und Faktoreinsatzverhaltnissen die Grenzrate der Faktorsubstitution auf vergleichsweise einfache Weise zu ermitteln. Der Leser sieht, daB in (21.29) anstelle des Verhaltnisses der Produktionselastizitaten auch -s(a:c) gemaB (21.28) geschrieben werden kann. Aufgabe 21.14: Die Produktion eines Untemehmens lasse sich durch eine Cobb/DouglasProduktionsfixnktion beschreiben, die in den Koeffizientenwerten a, p und y genau denjenigen der westdeutschen Produktionsfunktion entspricht (vgl. Empirikum 21.5). Der Arbeitseinsatz sei a = 200, der Kapitaleinsatz c = 300. Welchen Zahlenwert hat a) die Isoquantenelastizitat, b) die Arbeitsintensitat und c) die Grenzrate der Substitution von Arbeit durch Kapital bei dem betreffenden Faktofeinsatz?
h) Durch Differenzieren der Grenzrate der Faktorsubstitution aa,c gemaB Gleichung (21.25) nach c kann gezeigt werden, daB sie mit wachsendem 2 Kapitaleinsatz abnimmt (negatives Vorzeichen der ersten Ableitung). Das bringt zum Ausdruck, daB es in der Produktion um so schwieriger und aufwendiger wird, Arbeit durch Kapital zu ersetzen, je mehr Kapital schon (und je weniger Arbeit noch) eingesetzt wird. Mit anderen Worten: Jede zusatzlich eingesetzte Kapitaleinheit kann nur eine geringere Menge an Arbeit substituieren als der gleiche vorherige Kapitalzuwachs. Dieser Sachverhalt wird als Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Faktorsubstitution bezeichnet. Es folgt Zum Zusammenhang zwischen der Grenzrate der Faktorsubstitution und den iibrigen produktionstheoretischen Konzepten vgl. im einzehien W. Kortmann: Substitutionselastizitat, Grenzrate der Substitution und mehr; Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1999, H. 1, S. 49-52. 2 Den etwas anspruchsvoUen formalen Beweis dieser Aussage kann der interessierte Leser im Anhang M.5.2.C) nachvoUziehen, indem er das negative Vorzeichen der Isoquantensteigung weglaBt.
198
Das Guterangebot der Untemehmen
unmittelbar aus der Tatsache, da6 die Isoquanten konvex verlaufen. Und dies war wiederum als logische Folge der drei neoklassischen Voraussetzungen (Ul) bis (U3) ausgemacht worden. Der Leser kaiin exemplarisch die Ableitung (3) aus dem Beispiel 21.3 nehmen, gemaB der Definition (21.24) das negative Vorzeichen weglassen und den so gegebenen Absolutbetrag, also aa,c, noch einmal nach c difFerenzieren. Diese Ableitung ist negativ, aa,c nimmt folglich mit steigendem c ab. Auf einer Isoquante in der hier gewahlten Darstellungsart bedeutet die Substitution von Arbeit durch Kapital, dafi man - graphisch argumentiert - von einem Punkt im rechten unteren Teil der Kurve zu einem Punkt im linken oberen Teil wandert: In dem jeweils eingesetzten Faktorenbiindel (a,c) wird a immer kleiner und c immer groBer. Im Zuge der Substitution steigt demnach die Kapitalintensitat c/a der Produktion. In der Realitat kann man in praktisch alien Produktionsbereichen im Zeitablauf eine derartige Zunahme des Kapitaleinsatzes relativ zum Arbeitseinsatz beobachten. Man denke an den Ubergang von der arbeitsintensiven Einzelfertigung im Automobilbau bin zur voUautomatischen FlieBband- und Roboterfertigung. Aber auch in Btiros, Verwaltungen und Banken wird zunehmend Arbeit durch Kapital (Biiromaschinen, Computer, Kommunikationsanlagen, Auszuge- und Geldautomaten etc.) substituiert. Bin bestimmter Output wird mit immer hoherer Kapitalintensitat und damit geringerer Arbeitsintensitat bereitgestellt. Schon in dem kurzen Zeitraum von 1960 bis 1990 hat sich die durchschnittliche Kapitalausstattung je Erwerbstatigen in Westdeutschland mehr als verdreifacht, das heiBt: a/c ist in diesem Zeitraum auf 2
weniger als ein Drittel seines Anfangswertes gesunken. Mit den Ursachen fur diesen "FrozeB der abnehmenden Grenzrate der Faktorsubstitution" werden wir uns im nachfolgenden Kapitel 2.2. befassen. Doch zuvor woUen wir uns die Abnahme der Faktorsubstitutionsrate anhand der folgenden Abbildung 21.18 graphisch veranschauhchen. Arbeits- und Kapitaleinsatz werden der Einfachheit halber im gleichen MaBstab gemessen. Bei einem Arbeitseinsatz von a = 16 liegt der Absolutbetrag der Isoquautensteigung, also die Grenzrate der Substitution cra,c, bei knapp sieben, wie der Leser durch Ausmessen und Dividieren der beiden Seiten des unteren Steigungsdreiecks nachpriifen kann. Ist im Zuge der Substitution der Arbeitseinsatz auf a = 10 gesunken, so betragt dort die Grenzrate nur noch gut zwei (denn die horizontale Seite des Steigungsdreiecks ist dort nur ungefahr 2,2-mal so lang wie die 1
Vgl. den Abschnitt a) dieses Unterkapitels. Dies erfolgte natiirlich nicht bei konstantem, sondem wachsendem Produktionsvolumen, also gleichsam auf immer hoheren Isoquantai.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
199
senkrechte Seite). Sinkt der Arbeitseinsatz weiter auf a = 4, so ist dort die Grenzrate kleiner als eins (etwa 0,7). Der Leser schreibe zur Veranschaulichung die drei ermittelten Zahlenwerte fiir aa,c an die entsprechenden Stellen der Isoquante beziehungsweise an die a-Schenkel der Steigungsdreiecke. Abbildung 21.18: Abnehmende Grenzrate der Faktorsubstitution
a(c,x) H
1
2
1—I
4
\
\
1
1
8
1—I
V
10 12 14 16 18 20
a
Wahrend deninach zu Beginn des beschriebenen Substitutionsprozesses eine zusatzliche Kapitaleinheit rund sieben Arbeitseinheiten ersetzen kann, sind es spater zwei bis drei und schlieBlich weniger als eine Einheit. Das Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Faktorsubstitution besagt gleichsam, daB ein Faktor um so schwieriger zu substituieren ist, je weniger von ihm noch eingesetzt wird, je weiter seine Substitution also schon fortgeschritten ist. Der Leser kann sich dies anhand der in der Vergangenheit zu beobachtenden Substitution von Arbeit durch Kapital im Automobilbau klarmachen: Dort, wo bei der Produktion nur noch eine kleine Zahl von (hochqualifizierten) Arbeitskraften mit einer groBen Kapitalmenge kombiniert wird, ist die »Freisetzung« weiterer Arbeitskrafte durch eine weitere Erhohung des Kapitaleinsatzes kaum noch moglich. Im Zuge der beschriebenen Substitution nimmt zugleich, wie oben schon beschrieben, die Kapitalintensitat der Produktion zu: Bei a = 16 ist c = 3 und folglich c/a = 0,19. Bei a = 10 ist c = 5 und somit c/a = 0,5. Bei a = 4 ist schlieBlich c = 10 und die Kapitalintensitat betragt c/a = 2,5. Die Kehrwerte dieser Zahlen geben die Entwicklung der Arbeitsintensitat an.
200
Das Giiterangebot der Unternehmen
Die Isoquantenelastizitat 8(a:c) gemaB (21.26) im Produktionspunkt (a,c) = (10; 5) laBt sich mittels der graphischen Methode aus dem Anhang M.7.g) ermitteln. Der Leser kaiin das Verfahren an der Abbildung 21.18 iiben imd muBte zu einem Elastizitatswert von ungeMir -1,1 kommen. Aufgabe 21.15: Gegeben sei die Produktionsfunktion x = y-a" -c^ , mit y = 2, a = 1/2 und P = 1/4. Wie hoch ist die Grenzrate der Faktorsubstitution aa,c bei c = 16 und bei c = 81, wenn x = 48 Stiick produziert werden?
2.1,5. Mehrproduktunternehmen a) In den vorangegangenen Unterkapiteln der Produktionstheorie haben wir iins ausschliefilich mit den technologischen Bedingungen von Einproduktuntemehmen (Betrieben) befaBt. Dadurch lieBen sich die gnmdlegenden Produktionszusammenhange aufdecken. Dieses Unterkapitel soil darauf aufbauen und jene Besonderheiten skizzieren, die auftreten, wenn ein Unternehmen zugleich mehrere verschiedene Outputs hervorbringt, wie dies in der Reahtat die Kegel ist. Gleichwohl kann das bisher entwickelte Einproduktmodell haufig als gute und einfache Naherung verwendet werden. Weil die Theorie der Mehrfachproduktion vergleichsweise komplex ist, es uns hier aber nur auf die gnmdlegenden Sachverhalte ankommt, woUen wir im folgenden von einem Unternehmen ausgehen, daB nur zwei Guter (1 und 2) in den Mengen xi und X2 produziert. Das erlaubt auch wieder eine graphische Darstellung. b) Bei der ModeUierung der Mehrprodukt-Produktion ist zu berucksichtigen, daB diese in unterschiedlicher Form vorliegen kann: Wir beginnen mit dem einfachsten Fall, der sogenannten Parallelproduktion: Bei dieser auch als unverbundene Produktion bezeichneten Produktionsweise laufen die Herstellungsprozesse fiir die einzelnen Produkte isoliert nebeneinander ab. Sie beeinflussen sich gegenseitig weder direkt noch indirekt. Produktionstheoretisch kann deshalb in diesem Fall jede Produktion einzeln mittels des zuvor entwickelten Modells des Einproduktuntemehmens modelhert werden. Als einzige Besonderheit ist auf die Moglichkeit einer gemeinsamen Nutzung von fixen Faktoren hinzuweisen (z.B. Raumlichkeiten oder allgemeine Managementleistungen). Dabei diirfen sich die einzebien Produktionen aber nicht kapazitatsmaBig beschranken. Die gemeinsame Nutzung fixer Faktoren bedingt die gemeinsame Verursachung von Fixkosten.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
201
c) Der typische Fall eines Mehrproduktuntemehmens ist die verbundene Produktion. Hierbei sind zwei Unterfalle zu unterscheiden: m Konkurrieren die Produktionen der einzebien Erzeugnisse um die begrenzt vorhandenen Produktionsanlagen, so liegt Alternativproduktion vor. • Werden die unterschiedlichen Erzeugnisse in ein und demselben Produktionsprozefi hergestellt und fallen somit stets zugleich an, so spricht man von Kuppelproduktion. Wir betrachten nur den erstgenannten Fall der Alternativproduktion. Es geht hierbei um die Frage, wie die verfiigbaren Faktormengen (oder Produktionskapazitaten) am besten auf die Produktion der einzelnen Erzeugnisse (hier: zwei) hx verteilen sind. Das laBt sich am einfachsten erklaren, wenn von nur einem universellen Produktionsfaktor ausgegangen wird, der dem Untemehmen in der Produktionsperiode im Umfang v zur Verfugung steht. Durch v ist die maximale Produktionskapazitat des Untemehmen bestimmt, und zwar ftir beide Erzeugnisse. Bezeichne Vi den mengenmafiigen Teil der verfiigbaren Faktormenge v, der ftir die Produktion des Gutes 1 eingesetzt wird, und V2 den fiir die Herstellung des Gutes 2 bestimmte Teil. Es gelte also die folgende Faktormengenbeschrankung, welche die vollstandige Nutzung der verfiigbaren Faktormenge sicherstellt: vi + V2 = V
(21.30)
Die Produktionen der beiden Produkte werden, wie iiblich, durch Produktionsbeziehungsweise Ertragsfiuiktionen beschrieben, die jeder Faktoreinsatzmenge Vj die damit maximal herstellbare Menge Xj des jeweiligen Gutes j zuweisen. In unserem Fall zweier Produkte lauten die Produktionsfunktionen: xi = xi(vi) und
X2 = X2(v2)
(21.31)
Die Inversen entsprechen den Faktoreinsatzfiinktionen : Vi = Vi(xi) und
V2 = V2(x2)
(21.32)
Durch Einsetzen von (21.32) in (21.30) erhalt man die folgende Faktormengenbeschrankung: vi(xi) +V2(X2) = V
Vgl. Kapitel2.1.2.b).
(21.33)
202
Das Guterangebot der Unternehmen
Diese Gleichimg beschreibt in impliziter Weise (die beiden Variablen xi und X2 stehen ja auf einer Gleichungsseite) alle moglichen Kombinationen (xi, X2) der mit V produzierbaren Ausbringimgsmengen der beiden Produkte. Wir bezeichnen (xi, X2) als Produktionsmengenkombination oder kurz als Produktbiindel. In der Vektorschreibweise wird es allgemein mit x symbolisiert. Die erste Komponente von x = (xi, X2) zeigt, wieviel das Unternehmen von Produkt 1 produziert, X2 gibt die Menge des Produktes 2 an. Alle Produktionsmengenkombinationen, die der Gleichimg (21.33) gentigen, also zu einem voUstandigen Einsatz der verfligbaren Faktormenge v flihren, liegen -graphisch gesehen- auf einer Kurve, die als Produktionsmoglichkeitenkuve (auch: Transformationskurve) bezeichnet wird. Hire Funktionsgleichung erhalt man aus (21.33) durch Umstellen der Gleichung nach xi oder X2. Wie das geht, kann nur anhand konkreter Produktions- oder Faktoreinsatzfimktionen gezeigt werden, was im nachfolgenden Beispiel 21.4 geschieht. Mit Hilfe des Satzes iiber implizite Funktionen, den wir im Kapitel 2.1.4.f) schon nutzbringend angewendet haben, lassen sich die Eigenschaften der Produktionsmoglichkeitenkurve jedoch auch untersuchen, ohne sie explizit zu kennen. Dazu definieren wir die folgende implizite Funktion, welche die Faktormengenbeschrankung sicherstellt: f(Xi,X2) - Vi(Xi) + V2(X2) - V = 0
(21.34)
Nach dem Satz iiber implizite Funktionen gilt: dxi
4f
^
^
Auf der rechten Gleichungsseite steht das Verhaltnis der partiellen Ableitungen der impliziten Funktion. Das sind nach (21.35) x^f = xiVi und X2 f = X2V2, die ersten Ableitungen der Faktoreinsatzfiinktionen (21.32). Diese Ableitungen sind positiv, weil mit steigender Ausbringungsmenge der erforderliche Faktoreinsatz zunimmt.^ Auf der linken Gleichungsseite steht das Negative der Ableitung der Produktionsmoglichkeitenfunktion X2(xi;v). Da die rechte Gleichungsseite, wie gerade gesagt, stets positiv ist, mu6 auch die linke Gleichungsseite ein positives Vorzeichen haben. - dx2 /5xi kann aber nur positiv sein, wenn die Ableitung dx2/Sxi = i'x2 stets kleiner als Null ist. Das bedeutet, daB die Produktionsmoglichkeitenkurve eine durchgehende negative 1
Vgl. Anhang M.5.2.b). Vgl. Kapitel 2.1.2.a).
2,1. Technologische Produktionsbedingungen
203
Steigung, also einen fallenden Verlauf aufweisen muB. Die negative Ableitung kommt deshalb einem Absoiutbetrag gleich: Statt - 5x2/5xi kann man auch I bx2/hxi I Oder kurz | xiX2 | schreiben. Dieser Absoiutbetrag der Steigung der Produktionsmoglichkeitenkurve wird als Grenzrate der Transformation bezeichnet und, wie die bisherigen Grenzraten, mit einem kleinen griechischen Sigma (a) symbolisiert. Die Grenzrate der Transformation von Produkt 2 durch Produkt 1 ist mithin definiert als der Absoiutbetrag der Steigung der Produktionsmoglichkeitenfunktion X2(xi;v):
4.:=
dx.
5x2
dxj
dxt
(21.36)
Hierbei wird X2 als abhangig von Xi betrachtet (bei vorgegebener Faktorgesamtmenge v). Die umgekehrte Definition (cr^i,2) ist ebenso moglich. In analoger Weise, wie wir hier allgemein gezeigt haben, dafi die Produktionsmoglichkeitenkurve stets einen durchgehend fallenden Verlauf aui^^eisen muB, kann auch ihr Krlimmungsverhalten untersucht werden. Da dies aber vergleichsweise aufwendig ist, mag es dem interessierten Leser uberlassen bleiben. Das analytische Instrumentarium findet er im Anhang M.5.2.c).^ - Die folgende Abbildung zeigt einen moglichen Verlauf der Produktionsmoglichkeitenkurve: Abbildung 21.19: Produktionsmoglichkeitskurve
Es kann gezeigt werden, dafi die Prcxiuktionsmoglichkeitenkurve stets konkav ist, wenn die Produktionsfiinktionen konkav sind, letzteres wurde mit hier mit (U2) vorausgesetzt.
204
Das Giiterangebot der Unternehmen
Die Produktionsmoglichkeitenkurve ist in gewisser Weise das produktionstheoretische Gegenstuck zur Isoquante aus Kapitel 2.1.4. Bei der Isoquante geht es um alle technisch efBzienten Faktoreinsatzmengenkombinationen mit denen ein bestimmter Output produziert werden kaiin; bei der Produktionsmoglichkeitenkurve geht es um alle technisch effizienten Outputmengenkombinationen, die mit einen bestimmten Faktoreinsatz produzierbar sind. Beispiel21.4: Herleitung der Produktionsmoglickeitenfunktion bei Cobb/Douglas-Produktionsstrukturen. Die Produktionen zweier Giiter werden durch folgende Cobb/Douglas-Produktionsfunktionen beschrieben. Da hier von nur einem Faktor ausgegangen wird, konnen sie auch als Ertragsfunktionen angesehen werden: (la)
xi = xi(vi) = Yi • vi" X2
72 • V2^
X2(V2)
a und p sind die beiden Produktionselatizitaten, die annahmegemaB positiv und kleiner als Eins sind (vgl. Kapitel 2.1.2.i). Die jeweihgen Faktoreinsatzfimktionen ergeben sich durch Umstellen nach den Faktoreinsatzmengen: (2a)
^i(^i)
v,(x,) =
Yi
^x
^
(2b)
\^ 2 J
Eingesetzt in die durch die vorgegebene Gesamtmenge des Faktors bestimmte Faktormengenbeschrankung (gemaB (21.33)) folgt:
=
V ^^1
K^2
V
(3)
J
Diese Gleichung beschreibt implizit, welche Kombinationen der Ausbringungsmengen xi und X2 bei VoUausnutzung der Faktormenge v moghch sind, also die Produktionsmoglichkeitenkurve.
2.1. Technologische Produktionsbedingungen
205
Um eine explizite Darstellung zu bekommen, stellen wir (3) etwa nach xi um: ^x,^
^X2^ =
V
lY2
X2(X,;V)
UW =
Y2
V
-
VYI
(4)
y
Dies ist die Produktionsmoglichkeitenfimktion des betrachteten Mehrproduktuntemehmens. Uber ihr Steigungsverhalten gibt die erste Ableitung Auskunft: fix2 SXj
l/a
:= 1^2 ix
PY2
0
a
VY,
(5)
Da die erste Ableitung stets ein negatives Vorzeichen hat, weifit die Produktionsmoglichkeitenkurve einen durchgehend fallenden Verlauf auf. Multipliziert man {x2 mit -1 (oder nimmt den Absolutbetrag), so ergibt sich die Grenzrate der Transformation gemaB (21.36) zu:
'2,\
= -1^2 = Y2P-
/
\
l/a
VYiy
p-1
f ^(l/a)-l A
Va-Yi
l/a
(6)
Anhand von (4) kann auch das Krummungsverhalten der Produktionsmoglichkeitenkurve untersucht werden, indem man die zweite Ableitung betrachtet (oder die erste Ableitung von (5)). Die zweite Ableitung hat, was der interessierte Leser nachprufen kann, ein negatives Vorzeichen, wenn sowohl P als auch a kleiner als Eras sind. Das ist jedoch nach Voraussetzung der Fall. Folglich verlauft die Produktionsmoglichkeitenkurve konkav.
n
Aufgabe 21.16: a)Wie lautet die Produktionsmoglichkeitenfunktion (konkret fur den Fall yi = 72= 1, a = p = y2 und V = 144 ? b) Wo liegen die Achsenschnittpunkte der Produktionsmoglichkeitenkurve ? c) Untersuchen Sie allgemein das Steigungs- und Krummungsverhalten. d) Zeichen Sie die Produktionsmoglichkeitenkurve. e) Ermitteln Sie graphisch und formal die Grenzrate der Transformation 02,1 bei Xj= lO.Ermitteln Sie graphisch und formal die Grenzrate der Transformation 02,1 bei Xj= 10.
206
Das Giiterangebot der Unternehmen
Zum Abschlufi der Produktionstheorie stellen wir die zuvor betrachteten speziellen Formen der Produktionsfiinktion fur den Cobb/Douglas-Fall noch einmal in einer Ubersicht zusammen: Abbildung 21.20: Spezielle Formen der allgemeinen Produktionsfunktion
Produktionsfunktion vom Cobb/Douglas-Typ
x(a,c) = Y • a* • c'^
partielle Faktorvariation (speziell: Einzelfaktorvariation)
totale Faktorvariation (speziell: proportionale Faktorvariation)
isoquante Faktorvariation
1 • Faktorertragsfunktion x(a,^) = Y • a"' •'^^ oder
x(a",c) = Y • a"" • cP oder die Umkehrfunktion:
• Faktoreinsatzfunktion
oder
LY-a" J
• Skalenfunktion x(M-) = Y - ( ^ - a ( i ) ) « • ( H - C ( i ) ) P
= ^-P.[Y-a«^.cPj = ^«+P •x(a(i),C(i)) = ^'*^P - X d )
y • Isoquantenfunktion a(c,x) =
^ X Y _ Y • cP J
oder die Umkehrfunktion:
c(a,x) =
r
X IT
Lva-J
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
207
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen (Kosten)
Im vorangegangenen Kapitel 2.1. haben wir uns iiber die technologisch bestimmten Produktionsmoglichkeiten, wie sie durch die Produktionsfunktion und insbesondere durch ihre Isoquanten beschrieben werden, Klarheit verschafft. Nun stellt sich die Frage, welche der technisch effizienten Faktoreinsatzmengenkombinationen zur Produktion einer Ausbringungsmenge aus der Sicht des Unternehmens tatsachlich gewahlt werden soil. Denn jede Isoquante umfaBt - streng genommen - unendlich viele technisch effiziente Faktorenblindel, die alle gleichermaBen dazu geeignet sind, einen bestimmten Output herzustellen. Das Untemehmen mochte natiirlich wissen, welches die »beste« dieser Kombinationen ist. Wenn die Auswahl des zu realisierenden Faktorenbiindels nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen soil, miissen alle Faktoreinsatzmengenkombinationen auf der betrefFenden Isoquante wirtschaftlich vergleichbar gemacht werden. Erforderlich ist dazu ein einheitliches BewertungsmaB fur Faktorenblindel. Dies sind die Kosten. Die Kosten der Produktion einer bestimmten Ausbringungsmenge entsprechen dem okonomischen Wert der dazu einzusetzenden Faktoreinsatzmengenkombination. Jedes derartige Biindel bringt in der Kegel andere Kosten mit sich. Wir gehen davon aus, daB ein Untemehmen bestrebt ist nur solche Faktoreinsatzmengenkombinationen zu realisieren, die zu moglichst geringen Kosten fiihren; es folgt dann dem Kostenminimierungsprinzip, welches auf dem okonomischen Prinzip beruht. Jedes im Wettbewerb stehende Untemehmen muB dieses Prinzip verfolgen. Im folgenden ist somit das Kostenminimiemngskalkiil eines Unternehmens zu modellieren. Dadurch wird die produktionstechnologische Analyse um den okonomischen Aspekt erweitert. Kostenminimalitat wird auch als wirtschaftliche Effizienz (oder Kosteneffizienz) bezeichnet.
Das okonomische Prinzip besagt in seiner Form als Minimalprinzip, daB in Knappheitssituationen versucht werden soil, jedes Ziel mit dem niedrigstmoglichen Aufwand zu erreichen. In der Form des Maximalprinzips fordert es, mit den gegebenen Mitteln jeweils den hochstmoglichen Erfolg zu erzielen.
208
Das Giiterangebot der Untemehmen
2.2.1. Kostenbudget und Isokostengerade
a) Das Kostenbudget C ("Costs") eines Untemehmens setzt sich aus den geplanten Aufwendungen fur die einzusetzenden Produktionsfaktoren zusammen. Die Kosten, die ein Faktor wahrend einer Produktionsperiode verursacht, entsprechen der mit seinem Faktorpreis bewerteten Faktoreinsatzmenge. Wir gehen wieder von den beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital aus, die in den Mengen a und c eingesetzt werden. Die sogenannte Kostenbudgetgleichung lautetdann;! C - ^a + r-c
(22.1)
Darin bezeichnet £ deii Preis pro Mengeneinheit des Faktors Arbeit (z.B. den Lohnsatz pro Arbeitsstunde) und r den Preis pro eingesetzter Kapitaleinheit (z.B. die Kapitalverzinsimg oder -rentabilitat). £a =: CA sind dann die gesamten Arbeits- beziehungsweise Lohnkosten und re =: CK die gesamten Kapitalkosten des Untemehmens. Es wird davon ausgegangen, daB a auch die Arbeit des Unternehmers selbst umfaBt und £a folglich den kalkulatorischen Untemehmerlohn beinhaltet. Analog dazu schlieBt c das vom Untemehmer eingebrachte Kapital ein, r e enthalt somit auch die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung. b) Durch Umstellen von Gleichung (22.1) nach einer der Faktoreinsatzmengen, zum Beispiel nach a, erhalt man die explizite Funktionsgleichung einer Geraden, die als Isokostengerade bezeichnet wird und deren Verlauf in Abbildung 22.1 fur einen bestimmten Wert C des Kostenbudgets dargestellt ist: a = y
- y-c=a(c;C)
(22.2)
Eine Isokostengerade enthalt alle Faktorenbiindel (a,c), die zusammen die gleichen Kosten C verursachen. Da wir von fest vorgegebenen und bekannten Faktorpreisen £ und r ausgehen, ergibt sich a als Funktion von c, bei gegebener Hohe des Funktionsparameters C. Die Steigung dieser linearen Funktion erhalten wir mittels der ersten Ableitung ^ a : Sa r —— = - - -
bzw.
da Sc
(22.3)
Das Kostenminimierungsprinzip schlieCt Ungleichheiten zwischen Kostenbudget und Ausgabensumme aus, ahnlich wie im ersten Hauptkapitel die Unersattlichkeit des Konsumenten Ungleichheiten zwischen Ausgabenbudget und Ausgabensumme ausschUeBt.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
209
Die Steigung der Isokostengeraden ist stets negativ. Ihr Absolutbetrag entspricht gemafi (22.3) dem Verhaltnis der Faktorpreise; siehe auch die Abbildung 22.1: Abbildung 22.1: Isokostengerade
Bei vollstdndiger Verausgabung des Kostenbudgets fur den Faktor Arbeit (also bei c == 0) ist die maximal finanzierbare Arbeitsmenge ao = CIL Wiirde das Kostenbudget ausschlieBlich fiir den Faktor Kapital ausgegeben (also a = 0), so ware maximal der Kapitaleinsatz co = C'/r fmanzierbar. Diese beiden Achsenschnittpunkte ao und co legen eindeutig den Verlauf der Isokostengeraden fest. Zudemgilt: CU C7r
(22.4)
Setzt man die Achsenschnittpunkte entsprechend in die Isokostengeradengleichung (22.2) ein, so ergibt sich die aquivalente Schreibweise: a(c;C) = a,
-
(22.5)
Vgl. den Anhang M.4.2. 2 Eine analoge Achsenschnittpunkt-Schreibweise ist iibrigens auch bei der Budgetgeradengleichung (12.3) in Kapitel 1.1. moglich.
210
Das Giiterangebot der Unternehmen
Alle Faktorenbundel auf und imterhalb dieser Geraden (einschlieBlich der Achsenabschnitte) sind mit dem zugehorigen Kostenbudget C finanzierbar, nicht hingegen die oberhalb liegenden Faktoreinsatzmengenkombinationen. Die auf der Isokostengeraden liegenden Faktorenbundel fiihren zu einer voUstandigen Verausgabung des Kostenbudgets, die darunterliegenden schopfen es nicht ganz aus. Durch eine Verdoppelimg des Kostenbudgets auf 2C' kommt es zu einer Verdoppelung der Achsenschnittpunkte der Isokostengeraden. Analog dazu halbieren sich die Achsenschnittpunkte, wenn das Kostenbudget auf die Halfte sinkt. Der Leser sieht dies, wenn er die zu YiC gehorende Isokostengerade in das Diagramm der Abbildung 22.1 einzeichnet. Kostenbudgetveranderungen entsprechen also in der graphischen Darstellung Parallelverschiebungen der Isokostengeraden. Bei Anderung eines einzehien Faktorpreises verlagert sich dagegen nur der einzelne zugehorige Achsenschnittpunkt. Zum Beispiel laBt eine Lohnsatzerhohung den Achsenschnittpunkt C/£ auf der a-Achse nach links riicken (weil in C/£ der Nenner groBer wird). Der Leser kann dies auch in dem Diagramm skizzieren. Die Steigung der Isokostengeraden wird, wie die Gleichung (22.3) zeigt, nur durch das Verhaltnis der Faktorpreise r und £ bestimmt: Ein hoher Zahlenwert von r/£ geht mit einem flachen, ein geringer r/^-Wert dagegen mit einem steilen Verlauf der Isokostengeraden einher. Proportionale Anderungen von £ und r andem die Steigung nicht. Jedes beliebige Kostenbudget C kann auf die beschriebene Weise durch eine Isokostengerade graphisch reprasentiert werden, und jede Isokostengerade steht fiir ein bestimmtes Kostenbudget. Je hoher das Kostenbudget ist, desto weiter »rechts-oben« hegt die Isokostengerade im Faktorraum. Kostensenkungen bedeuten entsprechend eine Verschiebung der Isokostengerade in Richtung des Koordinatenursprungs.
Vgl. auch die analoge Darstellung der Budgetgeraden im Kapitel 1.2. der Haushaltstheorie.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
211
.^ Aufgabe22.1: I Einem Untemehmen stehe in einer bestimmten Periode ein Kostenbudget in Hohe yon C = 312.000 GE (GE = Geldeinheit) fiir die Produktion zur Verfiigung. Die Faktorpreise betraw gen ^ = 26 GE/FE und r = 39 GE/FE (FE fiir "Faktoreinheif •). Zeigen Sie auf graphischem Wege, welche der folgenden Faktorenbiindel v = (a,c) damit finanziert werden konnten. 1) Yd) = (3000, 6000) , 2) V(2) = (5000, 4000) 3) V(3) = (7000, 4000) 4) V(4) = (9000, 2000) 5) V(5) = (13000,0)
2.2.2. Kostenminimierung a) Es gilt nun, die fur eiiie vorgegebene Ausbringungsmenge x kostenminimale Kombination der Faktoreinsatzmengen zu bestimmen. Dazu werden mehrere Isokostengeraden verschiedener Kostenbudgets zusanimen mit der x-Isoquante in ein Diagramm eingetragen; siehe Abbildung 22.2. Den Querstrich iiber dem x zur Kennzeichnung einer ganz bestimmten Ausbringungsmenge lassen wir im weiteren weg, well die folgenden Ausfiihnmgen ^jeden moglichen Output x gelten. Abbildung 22.2: Bestimmung der kostenminimalen Faktoreinsatzmengenkombination
212
Das Giiterangebot der Untemehmen
Mit einem bestimmten Kostenbudget C kairn die Produktion einer Ausbringungsmenge x darni realisiert werden, weiin es mindestens ein Faktorenbiindel (a,c) gibt, das sowohl auf der zu C gehorenden Isokostengeraden als auch auf der xIsoquante liegt. In der Abbildung 22.2 erfuUen bei dem Kostenbudget C(i) und dem niedrigeren Budget C(2) zum Beispiel die Schnittpunkte der betreflfenden Isokostengeraden mit der Isoquante diese Eigenschaft. Das noch geringere Kostenbudget C(3) reicht oflfensichtlich nicht aus, um irgendeines der zur Produktion der Menge x benotigten Faktorenbiindel zu finanzieren, denn jeder Punkt der x-Isoquante liegt oberhalb der Isokostengeraden zu C(3). Die geringstmoglichen Kosten, zu denen die Ausbringungsmenge x gerade noch produziert werden kann, sind durch jene Faktoreinsatzmengenkombination (a^,c^)bestimmt, in der eine Isokostengerade die x-Isoquante nur noch tangiert. (a^,c*^) heiBt Minimalkostenkombination zu x. Der Leser schreibe das an den Tangentialpunkt in Abbildung 22.2. Die tangierende Isokostengerade reprasentiert das Minimalkostenbudget C zur Produktion der Ausbringungsmenge x. Man bezeichnet C auch einfach als die Produktionskosten von x, da ein Untemehmen stets bestrebt sein wird, den Output zu minimalen Kosten zu produzieren. Die Hohe des Minimalkostenbudgets bestimmt sich nach: C = ^ a C + r-cC
(22.6)
b) In der Minimalkostenkombination mtissen, da es sich dabei ja um einen Tangentialpunkt handelt, die Isokostengerade und die Isoquante die gleiche Steigung haben. Der Absolutbetrag der Isoquantensteigung ist nach Gleichung (21.24) die Grenzrate der Faktorsubstitution aa,c und der Absolutbetrag der Isokostengeradensteigung ist gemaB (22.3) das Faktorpreisverhaltnis rli. Diese Gleichheit der Steigungen beziehungsweise ihrer Absolutbetrage hegt auBer in (a^,c^) in keinem anderen Punkt der vorgegebenen Isoquante vor. Deshalb ist die Minimalkostenkombination durch die folgende notwendige Tangentialbedingung bestimmt, die als Mmimalkostenkombinationsbedingung bezeichnet wird:
(22.7)
Wenn das Untemehmen somit zu minimalen Kosten produzieren will, muB seine Faktorsubstitutionsrate dem Faktorpreisverhaltnis entsprechen. Ist dies nicht der Fall, dann hegt keine Kostenminimalitat vor. Die Bedingung (22.7) zeigt, daB die Lage der Minimalkostenkombination wesenthch von den Faktorpreisen, genauer: vom Verhaltnis der Faktorpreise, abhangt.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
213
Die graphische Darstellung (Abbildung 22.2) macht zudem deutlich, da6 die Konvexitat der Isoquanten eine notwendige Voraussetzimg fiir die Eindeutigkeit der Minimalkostenkombination ist, sofem diese von alien Produktionsfaktoren positive Mengen enthalten soil. Der interessierte Leser kann iiberlegen, was die Kostenminimierung bei konkaven oder linear verlaufenden Isoquanten ergabe. Die Konvexitat der Isoquanten ist deshalb von zentraler Bedeutung fur die Ermittlung der Minimalkostenkombination. In Kapitel 2.1.4.a) wurde darauf hingewiesen, dafi die Isoquantenkonvexitat eine logische Folge der Voraussetzungen (Ul) bis (U3) ist, die wir der Untemehmenstheorie zugrunde gelegt haben. Tatsachlich konnte anstelle der Voraussetzungen (U2) und (U3) auch direkt von der eigentlich interessierenden und - wie man zeigen kann - schwacheren Voraussetzung konvexer Isoquanten ausgegangen werden. Um die Minimalkostenkombination gemafi (22.7) bestimmen zu konnen, muB die Grenzrate der Faktorsubstitution bekannt sein. Die Ermittlung der Faktorsubstitutionsrate aa,c iiber die Ableitung der Isoquantenfunktion a(c;x) ist, wie wir in Kapitel 2.1.4.f) gesehen haben, vergleichsweise aufwendig und manchmal gar nicht moglich. Deshalb bietet es sich an, sie mittels der Gleichung (21.25) durch den Quotient der Grenzproduktivitaten auszudrticken. Dann ergibt sich die folgende gelaufige und in alien Fallen anwendbare Form der Minimalkostenkombinationsbedingung:
(22.8)
Diese Bedingung ist wie folgt zu interpretieren: Die Kosten der Produktion einer bestimmten Ausbringungsmenge x sind bei derjenigen Faktoreinsatzmengenkombination auf der x-Isoquante minimal, bei der das Verhaltnis der Grenzproduktivitaten gleich dem Verhaltnis der Faktorpreise ist. Um die Kosten eines bestimmten Outputs zu minimieren, muB das Untemehmen demnach von den Produktionsfaktoren gerade so groBe Mengen in die Produktion einsetzen, daB deren Grenzproduktivitaten sich wie deren Preise verhalten. In Kapitel 2.1.2.c) wurde gezeigt, daB Grenzproduktivitaten von den Faktoreinsatzmengen abhangen.
Vgl. die Anmerkung im Anhang M.5.2.c). Konvexitat der Isoquanten zur Voraussetzung der Unternehmenstheorie zu machen ist indes nicht so unmittelbar einleuchtend wie die Konvexitatsanahme (H2) in der Haushaltstheorie.
214
Das Giiterangebot der Untemehmen
Zur Veranschaulichimg der wichtigen Beziehung (22.8) dient die folgende Abbildung 22.3. Ftir die Kombinationen (a,c) der ganzzahligen Faktoreinsatzmengen von a und c sind dort die Zahlenwerte der Grenzproduktivitaten einer ansonsten unbekaimten Produktionsfiinktion eingetragen worden. An der Stelle jeder derartigen Faktoreinsatzmengenkombination gibt die halblinks oben stehende Zahl jeweils die Grenzproduktivitat des Kapitals (Jx) und die halbrechts unten stehende die Grenzproduktivitat der Arbeit (a'x) an. Beispielsweise betragt bei der Faktoreinsatzmengenkombination (7, 2) Jx = 1,9 und Jx = 0,7. Die zu produzierende Menge x wird durch die eingezeichnete Isoquante reprasentiert. 1st nun bekannt, daB die Faktorpreise beispielsweise i = 20 und r = 30 betragen, so kann nach der Bedingung (22.8) eine Minimalkostenkombination nur dort auf der Isoquante vorliegen, wo cx/aX diesem Faktorpreisverhaltnis entspricht, also hier dem Zahlenwert r/^ = 1,5. Abbildung 22.3: Graphisch-quantitative Ermittlung der Minimalkostenkombination C 0,2
12 11
10
L
-1
n
0,2
0,2
0,2
~1 3,1
-n
9
L
8
L_ 2,8
7
L
6
L
5
L
3,0
n
0,2
2,4
-1 2,2
n
0,3
L
3
L
2
L
1
L
0,4
0,5
0,7
~|
n
2,0
n 1,7
n 1,4
-1 1,0
0,4
2,0
~| 1,9
n
0,5
1— 1,7 0,5
-]
L_ 1,5 0,6 •—]
L
1,3.
0,8 —[
L 1.1
1,1
~1
L_ 0,7
~1
-\ 2,0
n
0,5
n
0,5
L_ 1,8 0,6
~|
L _ 1,6 0,6 —1
L
1,5
n
0.7
L
1,3
n
0,9
L_ 1,2 n
1.1
1
0,9
1.5
L _ 0,6
io,5 n L 2 1
0,6 n 1 2,0
L
n
0,6 ~ i L 1,9
L_
0,6 n L 1,8
L
\
l A 2,0 0^
-1
i_^»
L_ 1,9
0,4. —1
L
0,5
L n
0,4
0,4
2,2
L2,1
2,5
0,3
n
0,4
1
L_ 2,3
L
2,6
0,3 ~~|
4
n 2,6
L_ 2,2
0,2 "~1
0,3
0,3
L
n
0,4
l_2,4
0,3
L
L_ 3,3
L
n
0,3
L2,7
3,4
n
0,6 A 0.7 n L 1,8^ L 1,7 0,6
n
Y.7 n [\
0.7 n L 1,6
L
0.7 n L 1,5
l_
0,8 —] L_ 1,4
L_ 1,3
1,6
^
0,8
1,5%^
0,8 "~1
0,9 —1
1.0 n L 1,0
L
1.3 n 1 0,8
1
1.8 n 1 0,6
L _ 0,5
1,1
n
1.2
1,0
n
1.5
2.1
0,8
L_ 0,8
0,9
L 1,0
0,8
-n
n 1,9
n 1,8
n 1,7
n 1.6
n 1,5
n 1,4
-|
1,3
1,1
l_ n
1.0
0,7
l_
1,4
L
0,7
L
i _ 1,7
0,9 " 1 • L 1,2
0,7
1,2
L 1,4
L_ 1,7
L_ ,2,4
L_
1,2
n 1,1
n 0,9
n 0,7
~i 0,5
0,7
L 0,8
[_ 0,8
L 0,9
L 0,9
L_ 1,0
L_ 1,1
L_
n 1,8
~i 1,7
n 1,6
n 1,5
~i 1,4
n 1,3
n 1,2
NNn i_^ 1,3
!_ 1,5
L 1,9
L_ 2,7
L_
0,8
L 0,9
l_ 0,9
L 1,0
L 1,0
L_ 1,1
L 1,2
L 1,3
L 1,5
1,0
~1 0,9
n 0,7
~n 0,5
n n n n n n n
L
1,7
n 0,8
2,1 ~]
L 3,0
L
0,7
n 0,5
0,9
1,8
2,2
3,2
L
1.1
n 1,4
1.1 n L_ 1,4
1.2 n L_ 1,3
1.1
n 1,3
L
1.2 - 1 1,3
1.3 n L_ 1,3
n 1,3
1.3 n L_ 1,2
L
n 1,2
1.4 n [_ 1,1
L
L
n 1,1
L
n 1,1
L
L
1.5 - ] 1,0
L
L 1.2
L 1.3
L 1.4
n
1,6
L
L
~i 1,0
^^^ l_
1.1 n L_ 1,4
n 1,1
1,4
~i 1,1
n 1,5
1.0
L
n 1,2
1,3
L-
1,2
L
n 1,3
1,2
L_
1,3
n 1,5
~i 1,4
1,1
L
1,4
L
n 1,5
1,0
L
1,5
n 1,6
1,0
L
n 1,5
1,0
L
1,5
L_ 1.0 s L
1,6
0,9
L
1,6
n
~1
0,9
L_
1,7
0,8
1.7
1
1.6 - ] L_ 1,0
n 0,9
1.8
1 2.1
n 0,8 n
^; "•'
1
1,1
n 1,5
1.1
n 1,4
1,3
n 1,2
1.4
n 1,1
1.6
n 1,0
1,7 n L_ 0,9 1.9
1
n 0,8
2,2 n L_ 0,7
2.4
n 0,6
,- 2,6 n 1 0,6
2.7 n i__ 0,6
•3.4
n 0,4
3.7 - ] i _ 0,4
3,9 - 1 L_ 0,4
11
12
1
~i 0,4
1.5
^2.0 n L . 0.8 ,
n 0,6
1,0
10
-X
Der Leser moge nun zur Ermittlung der Lage der Minimalkostenkombination fur alle hervorgehoben dargestellten ganzzahligen Faktoreinsatzmengenkombinationen auf der Isoquante das Grenzproduktivitatsverhaltnis cx/aX berechnen und es an den jeweihgen Isoquantenpunkt schreiben. - Es wird sich zeigen, daB
2.2. Okonomische Produktionsbedingimgen
215
dieses Verhaltnis nur bei a = 8 und c = 4 dem Zahlenwert xli = 1,5 entspricht; dies ist folglich die gesuchte Minimalkostenkombination (a^,c^). Durch Einsetzen in Gleichung (22.6) ergibt sich die Hohe des zur Produktion von x mindestens erforderlichen Kostenbudgets zu C = 280. Das sind die Produktionskosten der Menge x. Der Leser kann das Ergebnis auch dadurch gewinnen, daB er einige Isokostengeraden in das Diagramm einzeichnet (dabei auf die Steigung rli = 1,5 !) achten; siehe Abbildung 22.2). Die niedrigstmogliche Isokostengerade muB die Isoquante genau in der Minimalkostenkombination tangieren (siehe. Abbildung 22.2). Und jeder der beiden Achsenschnittpunkte dieser Isokostengeraden, multipliziert mit dem zugehorigen Faktorpreis, muB dem Minimalkostenbudget C entsprechen. Wenn ein Untemehmen seinen Output mit einer Faktoreinsatzmengenkombination (a',c') produziert, in der die Minimalkostenkombinationsbedingung (22.7) beziehungsweise (22.8) nicht gilt, dann kann x zu geringeren als den bisherigen Kosten C hergestellt werden. Die folgende Abbildung zeigt eine solche Situation: Abbildung 22.4: Nicht-Minimalkostenkombination
Im Produktionspunkt (a',c') ist die Steigung der C'-Isokostengeraden dem Absolutbetrag nach gleich rli = 2, wahrend dort die Grenzrate der Faktorsubstitution nur a^c= 1 betragt. (a',c') ist folglich keine Minimalkostenkombination. Um diese zu finden, moge der Leser die Isokostengerade in Abbildung 22.4 parallel so weit in Richtung des Koordinatenursprungs verschieben, bis sie die x-Isoquante nur noch tangiert. Der Vergleich der so gegebenen Minimalkostenkombination (a^ ,c^) mit dem anfinglichen Produktionspunkt zeigt, daB in
216
Das Giiterangebot der Untemehmen
(a',c') wegen aa,c < r/^ zu viel Kapital und zu wenig an Arbeit eingesetzt wurde iind eine Erhohimg von a' auf a^sowie eine Senkung von c' auf c die Produktionskosten von C auf C senkt. c) Gibt es mehr als zwei Produktionsfaktoren, so mufi die Bedingung (22.8) fur alle moglichen Paare von Faktoren gelten. Fiir diesen allgemeineren Fall ist die folgende, durch Umstellen von (22.8) gewonnene Schreibweise der Minimalkostenkombinationsbedingung geeigneter; sie wird in dieser Schreibweise auch als Grenzertragsausgleichstheorem bezeichnet: ^ = ^ = .... (22.9) i r Sie besagt: In der Minimalkostenkombination muB das Verhaltnis aus Grenzproduktivitat und Faktorpreis Gjirjeden Produktionsfaktor das gleiche sein (auch wenn es mehr als zwei gibt). Der Quotient aus der Grenzproduktivitat und dem Preis eines Produktionsfaktors kann okonomisch interpretiert werden: Er entspricht dem durch eine zusatzliche Ausgabeneinheit ermoglichten Mehrertrag in der Produktion (sog. Grenzertrag des Geldes). Dies kann am Beispiel des Faktors Arbeit wie folgt verdeutlicht werden: £
ist per Definition der Preis einer Arbeitseinheit, gemessen in Geldeinheiten pro Arbeitseinheit (z.B. 20 G£'/Stunde beziehungsweise 20 GE/60 Min oder 0,33 GE/Min).
l/£ ist dann die Anzahl der Arbeitseinheiten (Sa), die das Untemehmen fiir eine Geldeinheit kaufen kann (i.B. 3 Min/GE). a X ist der Mehr- beziehungsweise Grenzertrag, der durch den Einsatz einer ZAXsatzhchen Arbeitseinheit realisiert werden kann (i.B. der Mehrertrag durch eine zusatzliche Arbeitsminute). ax/^=aX-Sa ist folglich der Mehrertrag, der durch die Arbeitseinheiten hervorgebracht werden kann, die sich durch Aufwendung einer zusatzlichen Geldeinheit einsetzen lassen (i.B. konnen durch Aufwendung einer Geldeinheit drei zusatzliche Arbeitsminuten erworben und eingesetzt werden; der dadurch realisierbare Ertragszuwachs ist J x • 3). Die Bedingung (22.9) besagt somit, daB im Kostenbudgetminimum eine zusatzhch vom Untemehmen ausgegebene Geldeinheit den gleichen Ertragszuwachs ermoghcht, egal fiir welchen Produktionsfaktor sie ausgegeben wird: Die "Grenzertrage des Geldes" sind bei alien Faktoren gleich.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
217
Anstatt wie in (22.9) die Quotienten aus Grenzertragen und Faktorpreisen zu betrachten, kann die Minimalkostenkombinationsbedingung auch durch die Kehrwerte wie folgt ausgedriickt werden: -± = — = .... aX
(22.10)
c ^
In dieser Darstellungsform gibt beispielsweise ^/a'x = ^/(9x/5a) = £-bsi/bx die zusatzlichen Arbeitskosten an, die bei der Mehrproduktion von einer zusatzlichen Outputeinheit (dx = 1 ) entstehen. Sie werden als Grenzkosten des Faktors Arbeit bezeichnet.^ Deshalb kann (22.10) so interpretiert werden, dafi in der Minimalkostenkombination die Faktorgrenzkosten aller Produktionsfaktoren gleich sein mussen. Mit anderen Worten: Egal durch welchen Faktor eine zusatziiche Ausbringungseinheit erzeugt wird, die damit verbundenen Mehrkosten mussen bei alien Faktoren gleich hoch sein. Noch eine weitere, anwendungsorientierte Darstellungsmoglichkeit der Bedingung fiir das Vorliegen einer Minimalkostenkombination bietet sich an: Dazu driicken wir in der Bedingung (22.7) die Faktorsubstitutionsrate aa,c nicht mehr durch das Verhaltnis der Grenzproduktivitaten, sondem gemaB unserer Gleichung (21.29) durch das Verhaltnis der Produktionselastizitaten multipliziert mit der Arbeitsintensitat in der Minimalkostenkombination aus: ^ ''
-• s(x:a)
i
Werden a'' und c'' auf die rechte Seite der Gleichung gebracht, so erhalten wir folgende Elastizitatsforin der Minimalkostenkombinationsbedingung: s(x:c) s(x:a)
_ r-c^ ^-a'
(22.11)
Auf der rechten Seite steht nun das Verhaltnis der beiden Kostenkomponenten: Kapitalkosten CK dividiert durch Lohnkosten CA, wie wir sie im Kapitel 2.2. La) defmiert hatten. Die Bedingung (22.11) besagt, daB in der Minimalkostenkombination das Verhaltnis der Kostenanteile der Produktionsfaktoren dem Verhaltnis der Produktionselastizitaten entsprechen muB: Der Leser sei mit Hinweis auf die Losung der Aufgabe 21.8 a) daran erinnert, daB im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion auf der linken Seite der Gleichung (22.11) Betrachtet man in der Formel start der Grenzproduktivitat ^x = dx/5a die Durchschnittsproduktivitat r|A= x/a, so entstehen die Faktordurchschnittskosten ^Ir[^ = i/(x/si) = ^ • a / x , d i e auch als Lohnstiickkosten bezeichnet werden.
218
Das Gtiterangebot der Untemehmen
der Quotient p/a steht. Hat also ein Untemehmen eine Produktionsstruktur, die sich durch eine Cobb/Douglas-Funktion beschreiben lafit, und ist zum Beispiel a = 0,75 und P = 0,3 , so produziert es seine Ausbringungsmenge nur dann zu minimalen Kosten, wenn das Verhaltnis von Kapitalkosten zu Arbeitskosten 0,4 betragt (z.B. 4 Millionen GE fiir den Kapitaieinsatz zu 10 Millionen GE fur den Arbeitseinsatz). Hier wird deutlich, wie wichtig die Kenntnis der Produktionselastizitaten fiir die Kosten- und Produktionsplanung ist. Interessiert nicht das Kosten-, sondem das Faktoreinsatzmengenverhaltnis in der Minimalkostenkombination, etwa die kostenminimale Kapitalintensitat c^ / a^, so kann die Bedingung (22.11) entsprechend umgestellt werden: c' a'
s(x:c) i 8(x:a) r
s(x:c) r 8(x:a)
(22.12)
Die nicht schwierige okonomische Interpretation dieser Form der Minimalkostenkombinationsbedingung sei dem Leser zur Ubung uberlassen. Die obigen Betrachtungen haben gezeigt, da6 die fur die Produktionsplanung des Untemehmens so wichtige Minimalkostenkombinationsbedingung in mehreren formal aquivalenten, aber okonomisch unterschiedlich interpretierbaren Weisen angegeben werden kann, namlich durch jede der Gleichungen (22.7) bis (22.12). d) Wir hatten die »originare« Bedingung (22.7) durch Anschauung des Diagramms in Abbildung 22.2, also auf graphischem Wege gewonnen. Wegen ihrer Bedeutung ist es jedoch erforderlich, auch eine formal exakte Herleitung zu bieten, und damit gleichsam einen formalen Beweis fur ihre Gultigkeit. Dazu gehen wir von folgendem Optimierungsproblem des Untemehmens aus, das unser fruheres graphisches Vorgehen widerspiegelt: Minimierung einer Funktion [= Kostenbudgetgleichung C(a,c) ] unter Berucksichtigung einer Nebenbedingung [= Produktionsfunktion mit vorgegebenem Output: x(a,c) = x ]. Formal wird dieses Optimiemngsproblem^ wie folgt geschrieben: C(a,c) = i'2i + T'C -^ min! u.d.N. x(a,c) = x
(22.13)
a,c 2
Da es in der Mikrookonomik haufig um optimale Entscheidungen in geht, Knappheiten also in der Form von Nebenbedingungen bei der Suche nach der besten Entscheidung zu berticksichtigen sind, stellt die "Optimierung (z.B. Maximierung, Minimierung) unter Nebenbedingungen", wie sie hier an einem Fall dargestellt wird, das hauptsachliche analytische Verfahren der Mikrookonomik dar.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
219
Gelesen wird dies so: "Minimiere die Funktion C(a,c) hinsichtlich a und c, unter der Nebenbedingung x(a,c) = x". Der Output x wird hier als eine vorgegebene GroBe betrachtet. Fiir solche Optimierungsprobleme bietet die Mathematik eine Reihe von Losungsverfahren an. Wir verwenden hier die sogenannte Einsetzmethode, da sie vergleichsweise einfach und anschaulich ist. Es muB jedoch darauf hingewiesen werden, daB dieses Verfahren nicht in alien Fallen anwendbar ist. Dann hilft, sofem die Nebenbedingungen in Gleichungsform vorliegen, der Ansatz von Lagrange, ein sehr elegantes und allgemein anwendbares Verfahren. Der interessierte Leser findet eine Kurzdarstellung des Lagrange-Ansatzes, angewandt auf das hier besprochene Optimierungsproblem, im Anhang M.6.b). Bei der hier verwendeten Einsetzmethode wird nun wie folgt vorgegangen: Das zu minimierende Kostenbudget C = C(a,c) = ^-a + r-c enthalt zwei Unbekannte, namlich die beiden Faktoreinsatzmengen a und c. Da die bei der Minimierung zu berucksichtigende Nebenbedingung x(a,c) = x auch von diesen beiden gesuchten Variablen abhangt, kann sie nach einer der beiden umgestellt und dann in die Kostenbudgetgleichung eingesetzt werden (daher die Bezeichnung dieser Methode): Stellen wir beispielsweise die Nebenbedingung nach a um, so ergibt sich bekanntlich die Isoquantenftmktion a(c;x). Damit lautet die in ihren Variablen auf c reduzierte Kostenbudgetgleichung: C(c) = ^•a(c;x) + r-c -^ min !
(22.14)
c
Diese nur noch von einer Unbekannten abhangige Funktion kann nun global, das heiBt unbeschrankt minimiert werden, denn die Nebenbedingung ist ja durch das Einsetzen schon in ihr beriicksichtigt. Das Minimum von C(c), welches der Losung des anfangUchen Optimierungsproblems entspricht, erfordert bekanntlich das Verschwinden der ersten Ableitung: ^ = :
. c = ^ . - ^ +r
=0
(22.15)
Durch Umstellen folgt daraus: 5a(c;x) _ r
he
7
WgLggf.Kapitel2.1.4.a).
(22.16)
220
Das Giiterangebot der Unternehmen
Auf der linken Gleichimgsseite steht (mit einem negativen Vorzeichen versehen) die erste Ableitimg der Isoquantenflmktion. Dies entspricht aber dem Absolutbetrag der Isoquantensteigung iind damit nach Gleichung (21.24) der Faktorsubstitutionsrate aa,c. Folglich handelt es sich bei der soeben hergeleiteten Gleichung um die Minimalkostenkombinationsbedingung aus (22.7), womit deren Richtigkeit nim auch formal nachgewiesen worden ist. e) Wie kann nun die Minimalkostenkombination fur einen bestimmten Output x konkret ermittelt werden?: Dazu muB die aus der Minimalkostenkombinationsbedingung gewinnbare Beziehung zwischen den Faktoreinsatzmengen in die Produktionsfunktion x(a,c) = x eingesetzt werden. Aus dieser lassen sich dann die kostenminimierenden Faktoreinsatzmengen a*^ und c^ durch Umstellen der Gleichung gewinnen. Diese etwas komplizierte Vorgehensweise wird am besten anhand eines Beispiels verdeutlicht: Beispiel22.1: Ermittlung des kostenminimalen Arbeitseinsatzes im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. Gehen wir von einer Cobb/Douglas-Produktionsflmktion X = y-a^-c'^
(1)
aus, so muB nach der Minimalkostenkombinationsbedingung (22.8) und mit dem Ergebnis aus Aufgabe 21.13a) im Kostenbudgetminimum gelten:
-c aX
= ^ a-C
- 7
(2)
I
Durch Umstellen etwa nach c ergibt sich c
= i—-a (3) ar Hier zeigt sich, welche Beziehung zwischen a und c in der Minimalkostenkombination im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfimktion besteht: c muB das durch den Bruch in (3) beschriebene Vielfache von a sein. Deshalb kann c durch diese Formel in Abhangigkeit von a ausgednickt werden. Mit (1) und (3) haben wir somit zwei Gleichimgen mit zwei Unbekannten (a und c). Setzt man die rechte Gleichungsseite von (3) fiir c in die Produktionsfunktion (1) ein, so bleibt nur noch a als zu bestimmende Unbekannte iibrig:
Die Isokostengeradengleichung taugt als zweite Gleichung mit a und c nicht, weil das minimal Kostenbudget ^ wahrend der Kostenminimierung noch nicht bekannt ist.
2.2. Okonomische Produktionsbedingimgen
"p-^ •a y-a^ • _ar
221
p
(4)
= X
a i+p
_
X
a r
y a+p
a
r
a+p
=
a^(x,€,r)
(5)
Dies ist der gesuchte kostenminimierende Arbeitseinsatz des Untemehmens. Er kann als Arbeitsnachfragefunktion des Untemehmens interpretiert werden. Denn (5) gibt zu jeder Kombination von x, i imd r an, welche Arbeitsmenge das Untemehmen in der Minimalkostenkombination einsetzen und folglich nachfragen wird. FaBt man die KoefBzienten a, P und y der Cobb/Douglas-Funktion in (5) zu einem konstanten Term 11^ zusammen, so kann die Arbeitsnachfragefunktion des Unternehmens vereinfacht wie folgt geschrieben werden (der Leser vollziehe diese Umformung zur tjbung nach): a^(x,Ar)
mit n .
=
x^"P
a' y-P^
•n.
(6)
a+p
Fiir a = P = 1/2 und y = 1 ist beispielsweise n^ = 1 und die Arbeitsnachfragefunktion des Untemehmens lautet einfach a"^ = X'
Der Leser kann zur Ubung versuchen, die Arbeitsnachfragefiuiktion fur die im Empirikum 21.5 dargestellte Cobb/Douglas-Produktionsfunktion Westdeutschlands zu ermitteln.
D
222
Das Giiterangebot der Untemehmen
Stellt man die Gleichung (2) des vorigen Beispiels so um, da6 auf einer Seite die Arbeitsintensitat steht, also a
a
r
C
P /
, . ^^^ ^
(22.17)
so zeigt sich, daB diese im Fall der Cobb/Douglas-Produktionsfiuiktion in der Minimalkostenkombination umgekehrt proportional zum relativen Faktorpreis fiir Arbeit ist. Wenn also etwa der Lohnsatz £ relativ zum Kapitalpreis steigt, dann sinkt die kostenminimale Arbeitsintensitat a/c. Die Minimalkostenkombination des Untemehmens wandert dann - bildlich gesprochen -, entsprechend dem bei der fruheren Abbildung 21.18 geschilderten SubstitutionsprozeB, die Isoquante hinauf. Relative Faktorpreisanderungen sind demnach eine wesentliche treibende Kraft der Faktorsubstitution. Diese Aussage kann noch konkreter formuliert werden, indem man die Elastizitat des Faktoreinsatzverhaltnisses a/c (hier: der Arbeitsintensitat) in Bezug auf das Faktorpreisverhaltnis r/£ betrachtet: s(a/c: T/£). An der vorstehenden Gleichung ist zu erkennen, daB beide GroBen einander direkt proportional sind, das heiBt: die Arbeitsintensitat ist stets das a/p-fache des Faktorpreisverhaltnisses r/£. Steigt also T/£ um ein Prozent, so nimmt auch a/c um ein Prozent zu. Die Elastizitat s(a/c:r//), die als Substitutionselastizitat bezeichnet wird, hat somit bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion stets den Zahlenwert Eins. Der ihteressierte Leser kann sich durch ein Zahlenbeispiel klarmachen, was dies bedeutet: Steigt der Lohnsatz £ (bei konstantem Kapitalpreis r) um ein Prozent, dann sinkt der Arbeitseinsatz a (bei konstantem Kapitaleinsatz c) um ein Prozent. Lohnerhohimgen fiihren also aufgrund der Kostenminimierung ceteris paribus zu einem Riickgang des Arbeitseinsatzes des Untemehmens. Der teurere Faktor Arbeit wird durch den nun relativ billigen Faktor Kapital substituiert. Aufgabe22.2: Ermitteln Sie auf die im vorigen Beispiel 22.1 gezeigte Weise auch die Kapitalnachfragefunktion c^(x,^,r) des Untemehmens.
1
Die in Gleichung (21.12) definierte CES-Produktionsfimktion kann als eine Verallgemeinerung der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion aufgefafit werden, weil sie auch andere (allerdings dann auch konstante) Zahlenwerte der Substitutionselastizitat zu modellieren erlaubt. Schatzungen mit dieser Funktion haben ergeben, daB die Substitutionselastizitat der westdeutschen Wirtschaft etwas unter Eins betragt, etwa 0,8. Zur Substitutionselastizitat und einem vereinfachten Verfahren zu ihrer Berechnung erfehrt der interessierte Leser Naheres bei W. Kortmann: Zur Berechnung der Substitutionselastizitat; IWIS-Statement 92337, Dortmund, 1992. Die Zusammenhange mit den in Kapitel 2J. behandelten produktionstheoretischen KenngroBen werden dargestellt in Ders.: Substitutionselastizitat, Grenzrate der Substitution und mehr; Das Wirtschaftsstudiiim (WISU), 1999, H. 1.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
223
f) Die zuvor ermittelten a^(x,^,r) und c^(x,^,r) sind mithin die Faktornachfragefunktionen des Untemehmens. Sie geben an, welche Mengen das Unternehmen von den Produktionsfaktoren bei den zu zahlenden Faktorpreisen i, r und irgendeiner zu produzierenden Ausbringungsmenge x in der Minimalkostenkombination einsetzen und somit nachfragen wird. Wegen ihres direkten Bezugs auf die Ausbringungsmenge werden sie auch als technische Form der Faktomachfragefirnktion bezeichnet. Im Grunde lieBen sich die Faktomachfragefiinktionen nun in der gleichen Weise und mit der gleichen Grundlichkeit untersuchen, wie wir es in den Kapiteln 1.5.2. bis 1.5.4. mit der (aggregierten) Gutemachfragefunktion der Haushalte getan haben. Das soil hier jedoch nicht erfolgen und bleibt dem interessierten Leser zur Ubung iiberlassen. Anstatt die allgemeinen Verlaufe der Faktomachfragefimktionen im einzelnen zu analysieren, wollen wir im folgenden Beispiel 22.2 nur kurz die Herleitung ihrer wichtigsten Eigenschaften speziell fur den Cobb/Douglas-Fall darlegen, und zwar auch nur beispielhaft fiir die Arbeitsnachfragefunktion: Beispiel 22.2: Eigenschaften der Arbeitsnachfragefunktion im Falle der Cobb/ Douglas-Produktionsfunktion. Zur Untersuchung der Eigenschaften der in Beispiel 22.1 hergeleiteten Arbeitsnachfragefimktion a^(x,^,r) = n ^ x a+P
«+P = n
-X^+P--^ a+p.j.a+P
(1)
des Untemehmens mu6 diese Funktion nach ihren EirrfluBgroBen difFerenziert werden. Die ersten Ableitungen zeigen an, wie das Untemehmen auf Anderungen der NachfragebestimmungsgroBen reagiert. Es ergibt sich: 1 ^
a^
a +p X
wobei mit a^ die urspriingliche Arbeitsnachfragefiinktion (1) in ihrer eigenen Ableitung auftaucht. Mit steigendem Output x nimmt folglich auch die kostenmini-
Im spateren Kapitel 2.3.3. werden die Faktomachfragen in Abhangigkeit vom Absatzpreis des produzierten Gutes betrachtet; dies wird dann als okonomische Form der Faktomachfragefunktion bezeichnet.
224
Das Gtiterangebot der Untemehmen
mal eingesetzte Arbeitsmenge, also die Arbeitsnachfrage des Untemehmens, zu Als nachstes diflferenzieren wir a*- nach I und erhalten: _P_
aC
;a^=—^•V<0
(3)
Mit steigendem Lohnsatz i nimmt die vom Untemehmen nachgefragte Arbeitsmenge ab. Die Arbeitsnachfrage reagiert somit normal. Analog dazu ergibt sich: : a ^ = - ^ - — > 0
(4)
a +P
Steigt der Kapitalpreis, so nimmt demnach die nachgefragte Arbeitsmenge zu, weil der teurer gewordene Faktor durch den nun relativ billiger gewordenen Faktor substituiert wird. Arbeit und Kapital sind demnach nicht nur fiinktionelle Substitute (vgl. Beispiel 21.3), sondem auch okonomische. Mit diesen Ableitungen lassen sich auch die Arbeitsnachfrageelastizitaten einfach ermitteln: c
e(aC:x) = ^
a *
,c
c
-'•( : « = - — a
I
= ——-
(5)
_ = -
(6)
a +p p ^
a +p
a Der Leser uberlege, analog zu den schon an friiheren Stellen definierten Elastizitaten, was diese drei Elastizitaten okonomisch aussagen und welchen Zahlenwert sie haben, wenn die Daten des Empirikums 21.5 zugrunde gelegt werden.
D Die Analysen im vorangegangenen Beispiel haben gezeigt, wie sich Faktorpreisveranderungen auf die Faktoreinsatzmengen (in der Minimalkostenkombination) auswirken. Hier finden wir nun eine Begrundung fur den gegen Ende des Kapitels 2.1.4.h) beschriebenen "ProzeB der abnehmenden Grenzrate der Faktor-
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
225
substitution": Die in der Realitat zu beobachtende anhaltende Substitution von Arbeit durch Kapital, also die Erhohung der Kapitalintensitat, beruht wesentlich darauf, daB der Lohnsatz d relativ zum Kapitalpreis r im Laufe der Zeit ansteigt und demnach r/d sinkt. Dadurch wird - graphisch argumentiert - die Isokostengerade immer steiler, was zur Folge hat, daB der Tangentialpunkt auf der Isoquante immer weiter nach »links-oben« wandert, also bin zu geringen Arbeitsund hoheren Kapitaleinsatzen. Aufgabe22.3: VoUziehen Sie die im vorigen Beispiel 22.2 dargestellten Analysen an der Kapitalnachfragefiinktion aus der Aufgabe 22.2 nach.
g) Eng mit der Frage nach den BestimmungsgroBen der Faktomachfrage ist die nach dem EinfluB von Faktorpreisanderungen auf die Faktorkosten des Untemehmen verbunden. Wir woUen dies exemplarisch anhand der Arbeitsbeziehungsweise Lohnkosten CA :=^-a^(x,^,r)
(22.18)
untersuchen. Dazu wird (22.18) nach d diflferenziert. Mit der Produktregel ergibt sich: ; C A = a^(x,Ar) + ^•;a^(x,^,r)
(22.19)
Diese Ableitung gibt an, wie sich die Lohnkosten des Untemehmens bei kostenminimaler Produktion andem, wenn der Lohnsatz d um eine kleine Einheit steigt (oder fallt). Durch Ausklammem von a^ = a^ (x, d, r) entsteht in (22.19) die Lohnelastizitat der Arbeitsnachfrage, und hinsichthch des Vorzeichens der Ableitung ergibt sich: ;CA
= a^ •[l + s(a^ :£)] = 0 ^
8(a^ :£) = - 1
(22.20)
Die Lohnkosten CAnehmen bei steigendem Lohnsatz d also genau dann zu(>-Fall), wenn die Lohnelastizitat der Arbeit groBer als minus Eins ist (relativ lohnunelastische Arbeitsnachfrage), und sie nehmen ab (<-Fall), wenn s(aC :d) einen Zahlenwert kleiner als minus Eins hat (relativ lohnelastische Arbeitsnachfrage). Fiir den Fall der Cobb/Douglas-Produktionsftinktion zeigte das Beispiel 22.2 in Gleichung (6), daB s(a^ : 5) = - p/(a + p) was wegen 0 < p < 1 einen negativen Zahlenwert groBer als minus Eins hat. Aus (22.20) folgt damit: Bei kostenminimaler Produktion nehmen mit steigendem Lohnsatz die Lohnkosten des Untemehmens zu (und umgekehrt). Fiir die Kapitalkosten CK gilt diese Aussage in Bezug auf den Kapitalpreis r entsprechend.
226
Das Giiterangebot der Untemehmen
2.2,3. Langfristige versus kurzfristige Kosten
a) In der Produktionstheorie (Kapitel 2.1.) wurde zwischen kurzfristigen und langfristigen Produktionsmoglichkeiten imterschieden. Diese wichtige Unterscheidimg setzt sich in der Kostentheorie fort. Entsprechend sind im folgenden kurzfristige und langfristige Kosten auseinanderzuhalten. Zur Erinnerung: • Bei kurzfristiger Betrachtung gibt es definitionsgemaB einen oder mehrere Produktionsfaktoren, die nicht beliebig variabel einsetzbar sind; es liegt nur partielle Faktorvariabilitat vor. Zum Beispiel kann ein Untemehmen nicht binnen weniger Tage oder Wochen seinen Maschinenbestand verdoppehi oder halbieren. Der Kapitalbestand c muB dann kurzfristig als fix (d.h. konstant) hingenommen werden (geschrieben: c ). Wir gehen im folgenden davon aus, da6 sich kurzfristig ledighch der Arbeitseinsatz a behebig variieren laBt; nach oben hin z.B. durch Uberstunden, Sonderschichten oder Leiharbeit, nach unten hin durch Kurzarbeit, Entlassungen oder Zwangsurlaub. • Bei langfristiger Betrachtung sind hingegen alle Inputmengen frei wahlbar, das heiBt, der Faktoreinsatz kann total variiert werden. Das war bisher, insbesondere im Beispiel 22.1 imd der Aufgabe 22.2 sowie bei den Gleichungen (22.7) bis (22.12), »stillschweigend« unterstellt worden. In der langen Frist, etwa im Laufe mehrerer Jahre, kann ein Untemehmen seine Produktionskapazitat grundsatzlich beliebig verandem, sowohl nach oben als auch nach unten - bis hin zur endgultigen Produktionseinstellung. Langfiistig gibt es denmach keine fixen Faktoreinsatze. Um es noch einmal zu betonen: Der Unterschied zwischen der kurzfiistigen und der langfiistigen Analyse schlagt sich in dem hier betrachteten Modell nur in der Definition des Kapitaleinsatzes nieder: Kurzfiistig ist er fix (c), langfiistig ist er variabel (c). Das fiihrt dazu, da6 zwischen den kurzfiistig und den langfiistig relevanten Kosten unterschieden werden mu6. b) Beginnen wir mit der Herleitung der Funktion, die den Verlauf der langfiistigen Kosten beschreibt. Dazu gehen wir von der folgenden Abbildung 22.5 aus. Die eingezeichnete Isoquante stellt alle technologisch moglichen und technisch
1
Vgl. Kapitel 2.1.2.; dort wurde dieser Fall anhand der Emzelfaktorvariation analysiert, bei der nur die Einsatzmenge eines Faktors verandert wird. 2
3
Vgl. Kapitel 2.1.3.; dort wurde dieser Fall anhand der Skalenvariation analysiert, bei der alle Faktoreinsatzmengen proportional verandert wurden. Durch den Trend zum Kapitalleasing nimmt die Bedeutung der langfiistigen Kosten zu.
2.2 Okonomische Produktionsbedingungen
227
efiizienten Faktoreinsatzmengenkombinationen dar, die sich dem Untemehmen bei totaler Faktorvariabilitat zur Herstellimg der Gutsmenge x bieten. Abbildung 22.5: Langfristige Kosten einer bestimmten Ausbringungsmenge
.cl
Hat das Untemehmen hinreichend Zeit, um seinen totalen Faktoreinsatz zu optimieren, so wird es den Output x mit der eingezeichneten Minimalkostenkombination realisieren (vgl. auch Abbildung 22.2). (a^,c^) ist der langfristige Produktionspunkt des Untemehmens. Die Produktionsfaktoren werden dann gemaB den Faktomachfragefiinktionen a^ (x,^,r) und c^ (x,^,r) eingesetzt, wie sie beispielhaft im vorigen Kapitel 2.2.2.e) hergeleitet wurden. Da die Minimalkostenkombination liber die durch sie verlaufende Isokostengerade die Hohe der Kosten bei langfristiger Anpassungsmoglichkeit bestimmt, entspricht das zugehorige minimale Kostenbudget C gemaB Gleichung (22.6) den langfristigen Kosten der Produktion der Ausbringungsmenge x. Wir werden daher im folgenden K^ statt C fur die langfristigen Kosten schreiben. (Das vermerke der Leser auch an der Isokostengeraden in Abbildung 22.5). Die langfristige Kostenfunktion lautet demnach: K^(x,4r) = ^•a^(x,^,r) + r - c ^ ( x , t r )
(22.21)
Ein Untemehmen, dem alle Faktoreinsatzmengen uneingeschrankt zur Auswahl stehen, wird stets bemiiht sein, die Produktion zu den langfristigen Kosten zu reaUsieren, da es die niedrigstmoghchen Kosten sind, zu denen der vorgesehene Output unter den technologischen Gegebenheiten liberhaupt realisiert werden kann.
228
Das Giiterangebot der Untemehmen
Die Faktorpreise £ und r konnen im folgenden als vorgegebene Parameter angesehen werden, welche die Kosten zwar mitbestimmen, auf die das Unternehmen aber keinen merklichen EinfluB hat. Um dies deutlich zu machen, kaiin der Leser deshalb in der Gleichung (22.21) hinter jedem x das Komma durch ein Semikolon ersetzen. Daiin hangen die langfristigen Kosten des Untemehmens vorrangig von der Ausbringungsmenge x ab: K^ = K^(x). Wenn also im folgenden von der langfristigen Kostenftmktion gesprochen wird, dann ist damit stets jene Fimktion gemeint, die zu jeder moglichen Ausbringungsmenge x die Kosten angibt, die bei totaler Faktorvariabilitat zu deren Produktion mindestens aufzuwenden sind, das heiBt zum Kauf der erforderlichen Inputs. Die langfristigen Kosten sind, wie in Kapitel 2.2.2. gezeigt wurde, das Ergebnis eines Optimierungskalkuls: Minimierung des zur Produktion eines bestimmten Outputs erfr)rderlichen Kostenbudgets. Die Bezeichnung "langfristig" bezieht sich auf die totale Faktorvariierbarkeit. In dem von uns ausschlieBlich betrachteten Zwei-Faktoren-Fall bedeutet dies: Der Kapitaleinsatz c ist variabel und wird optimal mit dem ebenfalls variablen Arbeitseinsatz kombiniert. Um aus einem Diagramm, wie es in Abbildung 22.5 dargestellt ist, die Hohe der Kosten K^ zu ermitteln, die langfristig zur Produktion einer bestimmten Ausbringungsmenge x (reprasentiert durch eine Isoquante) erforderiich sind, kann wie folgt vorgegangen werden: Auf einer der Faktorachsen wird der Schnittpunkt derjenigen Isokostengeraden ermittelt, die durch die Minimalkostenkombination (a^ ,c*^) verlauft. Diese Achsenschnittpunkte sind in Abbildung 22.5 mit ao und Co bezeichnet. Nach unseren Ausfiihrungen in Kapitel 2.2.1.b) und der Abbildung 22.1 ist beispielsweise der Achsenschnittpunkt ao = K^ /£. Hat man also ao auf der a-Achse ermittelt (durch Ausmessen oder Ablesen), und sind die Faktorpreise bekannt, so ergibt sich daraus die gesuchte Hohe der langfristigen Kosten: K^ =^-ao
(22.22a)
Ftir eine Ermittlimg tiber die c-Achse gilt analog: K^=rco
(22.22b)
Wird auf diese Weise fiir jedes x (fiir jede Isoquante) die Hohe der langfristigen Kosten ermittelt, so erhalt man durch Auftragen von K^ tiber x in einem Kostendiagramm die langfristige Kostenkurve K^(x). Die folgende Abbildimg 22.6 zeigt beispielhaft eine solche graphische Herleitung. Dargestellt sind nur die Isoquanten der ganzzahligen Ausbringungsmengen bis x = 12.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
229
Abbildung 22.6: Herleitung der langfristigen Kostenkurve aus einem Isoquantendiagramm 1 2 3 4 5 6 7
0
1
2
3
4
8
9
5
6
10
7
11
8
12
9
=X
10
11 ^ 1 2
230
Das Giiterangebot der Untemehmen
Fiir jede Isoquante wurde zunachst wie in Abbildimg 22.2 beziehungsweise 22.5 die Minimalkostenkombination ermittelt. Der Leser hebe die entsprechenden Tangentialpunkte in dem oberen Diagranun hervor. Die zugehorigen Isokostengeraden geben jeweils das Kostenbudget an, das zur Finanzierung der Faktoreinsatzmengen in der Minimalkostenkombination mindestens aufzuwenden ist, das heifit die langfristigen Kosten der damit produzierbaren Ausbringimgsmenge. Die Steigung der Isokostengeraden entspricht nach Gleichung (22.3) dem Faktorpreisverhaltnis. In der Abbildung 22.6 wurde von ^ = 20 und r = 12 ausgegangen. Das Faktorpreisverhaltnis kann der Leser nachpriifen (vgl. auch (22.4)). Die Gesamtheit aller Minimalkostenkombinationen im Faktorraum, also die Kurve, welche fur alle Outputs x die (a^,c^)-Punkte im dargestellten Faktormengendiagramm miteinander verbindet, wird als langfristiger Expansionspfad des Untemehmens bezeichnet. Im oberen Diagranmi der Abbildung 22.6 ist er linear und konmit aus dem Koordinatenursprung. Der Leser zeichne ihn ein. Im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsfimktion wird der Expansionspfad tibrigens durch die Gleichung (3) aus dem Beispiel (22.1) beschrieben. Uber die a-Achsen-Schnittpunkte der Isokostengeraden wurde nun fur jede der dargestellten Ausbringungsmengen x gemaB (22.22) die Hohe der langfiistigen Kosten ermittelt und in das untere Diagramm tiber x eingetragen. Beispielsweise liegt der a-Achsen-Schnittpunkt der Isokostengerade, die durch die Minimalkostenkombination der Isoquante x == 6 verlauft, bei ao = 8. Folglich ist K (6) = ^•ao = 20-8 = 160. Dieser Wert ist im unteren Diagramm tiber x = 6 abzulesen. Der Leser voUziehe auch fur einige andere ganzzahlige Ausbringungsmengen die ermittelte Hohe der langfristigen Kosten nach. Wie zu sehen ist, verlauft die langfiistige Kostenkurve im dargestellten Beispiel linear: die K^osten wachsen proportional mit der Ausbringungsmenge. Es hegen folglich im hier betrachteten Beispiel konstante Skalenertrage in der Produktion vor: Denn jede Verdoppelung des Outputs x geht hier mit einer Verdoppelung der aufzuwendenden Kosten und damit auch des totalen Faktoreinsatzes einher. Die Skaleneigenschaft der Produktionstechnologie prufe der Leser anhand des oberen Diagramms in Abbildung 22.6 mit Hilfe der an Abbildung 21.15 erlauterten Analysemethode. Nach der graphischen Herleitung der langfristigen Kostenkurve zeigt das folgende Beispiel 22.3, wie die langfristige Kostenfunktion auf formalem Wege zu finden ist.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
231
Beispiel22.3: Langfristige Kostenfunktion im Cobb/Douglas-Fall In Beispiel 22.1 iind der Aufgabe 22.1 wurden die Faktomachfragefunktionen fiir den Fall einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion hergeleitet. Setzt man unter der Annahme gegebener Faktorpreise (. und r die dort gefimdenen Terme fiir a^ (x; ^,r) und c^ (x; 5,r) in die Definitionsgleichung (22.21) der langfristigen Kostenfunktion ein, so ergibt sich (was der Leser - auch wenn es schwerfallt - nachzuvoUziehen versuchen soUte): K^(x;^,r) = f •a^(x;£,r) + r-c^(x;f,r)
(1)
Ij"'.n. + r{^)"»-n. •(i
=
x«+P.
=
x«^+P . ^
a+p . j . a + p ,Yl^
+ J.
a+p . £ a+p . j ^ ^
a
_ ^ a+p . ^a+p
r-+P
(n.+n,)
Fafit man die Summe der beiden konstanten Terme 11^ und HQ TAX einem einzigen konstanten Term n zusammen, so lautet die langfristige Kostenftmktion im Cobb/Douglas-Fall: 1
K^(x;Ar) = ^a+p
?a+p . ^a+P
•n
= n - [ x - / ^ -rPjoc+p
(2)
In der rechten Schreibweise ist zu erkennen, da6 die Cobb/Douglas-Struktur in der langfristigen Kostenfimktion wieder auftaucht, nur hier in den Faktorpreisen statt in den Faktoreinsatzmengen. - Wenn davon ausgegangen werden kann, daB die Input/Output-Beziehungen eines produktiven Systems angemessen durch eine Produktionsftmktion vom Cobb/Douglas-Typ reprasentiert werden kann, dann ist der in (2) genannte Funktionstyp logisch zwingend der angemessene zur Representation der langfristigen Kostenstruktur. Deswegen wird (2) haufig zur empirisch-statistischen Schatzung von langfristigen Kostenfiinktionen verwendet.
Der interessierte Leser kann versuchen zu zeigen, daB sich durch die Addition von n^ und 11^ der folgende Term ergibt: n = (a+P)/[yaapP] l/(a+P).
232
Das Giiterangebot der Unternehmen
Um zu sehen, wie sich die Kosten K^ andem, werni die Ausbringimgsmenge langfristig um eine (kleine) Einheit erhoht wird, mu6 die Kostenfunktion nach x diflferenziert werden. Das ergibt: n 'K(x;^,r) = a +p
-i--i ^ ^ J _ x^+P -f^+P -r^+P
1
K^
a +p
X
> 0
(3)
Die rechts stehende Schreibweise zeigt, daB die urspmngliche Funktion K (x;^,r) in ihrer eigenen Ableitung wieder auftaucht; dadurch laBt sich die Ableitungsformel vereinfacht schreiben. Da die Ableitung ohne Einschrankung ein positives Vorzeichen hat, nehmen die langfristigen Kosten stets mit steigendem Outputniveau x zu.
n
Es kann gezeigt werden (durch Division der entsprechenden Foraiehi), daB der Anteil der Lohnkosten i- a^ an den langfiristigen Gesamtkosten K^ (also die sog. Lohnquote) im Cobb/Douglas-Fall a/(a+P) betragt. Der Kapitalkostenanteil r(f/K^ ergibt sich analog zu p/(a+p). Dies nachzuvoUziehen bleibt dem interessierten Leser iiberlassen (vgl. dazu Gleichung 22.11). Kennt man die Skalenelastizitat gemaB (21.18), so kann folgUch von den tatsachlichen Kostenanteilen der Produktionsfaktoren auf deren Produktionselastizitaten geschlossen werden. Speziell im Falle konstanter Skalenertrage (a + p = 1) entsprechen deshalb die Produktionselastizitaten der Produktionsfaktoren ihren Anteilen an den Gesamtkosten der Produktion. Aufgabe 22.4: Welchen EinfluB haben einzelne Faktorpreisanderungen auf die im vorigen Beispiel 22.3 ermittelte langfristige Kostenfunktion? Konkret: Wie andert sich K^, wenn i oder r um eine kleine Einheit steigt?
c) Der Verlauf der durch K (x) beschriebenen langfristigen Kostenkurve hangt von den Skalenertragen der Produktion ab: Bei zunehmenden Skalenertragen ist die langfristige Kostenfunktion konkav, bei abnehmenden ist sie konvex; bei konstanten Skalenertragen verlauft sie linear, jeweils aus dem Koordinatenursprung kommend. Dies laBt sich vergleichsweise einfach anhand der in Beispiel 22.3 hergeleiteten Imigfristigen Kostenfijnktion K^(x) auf der Grundlage einer Cobb/DouglasProduktionsftinktion klarmachen. Es muB namlich nur das Vorzeichen der zweiten Ableitung xK^(x) betrachtet werden, welches ja das Kriimmungsverhalten der
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
233
Kostenkurve beschreibt. Wie der Leser dutch nochmaliges Ableiten von xK^(x) aus der Gleichimg (3) des Beispiels 22.3 zeigen kairn, ist
U+p J U+pJ Das Vorzeichen dieser zweiten Ableitung, und ausschlieBlich auf dies kommt es an, hangt nur von der ganz links stehenden Klammer ab. Wird dort statt des Summanden 1 der Term (a+P)/(a+P) geschrieben, so sieht man, da6 in der betrachteten Klammer letztlich (l-a-p)/(a+p) steht. Somit ist xK^(x) genau dann groBer als Null (konvexe Kostenkurve), wenn a+p kleiner als Eins ist. Dann liegen aber nach dem Ergebnis des Beispiels 21.2 abnehmende Skalenertrage vor. Bei a+P > 1 liegen zunehmende Skalenertrage vor, und die langfristige Kostenkurve hat wegen xK^(x) < 0 einen konkaven Verlauf. Im Falle a+p = 1 ist schlieBhch xK^(x) = 0, die Kostenkurve verlauft linear; das ist der Fall konstanter Skalenertrage, dem wir schon in der Abbildung 22.6 begegnet sind. Soweit die Erlauterung anhand des Cobb/Douglas-Beispiels. Ftir den allgemeineren Fall einer homogenen Produktionsfunktion kann der Zusammenhang zwischen der langfristigen Kostenfunktion und der Art der Skalenertrage der Produktion wie folgt begriindet werden: Mit dem Faktorenbiindel (a',c') lasse sich der Output x' = x(a',c') = 1 produzieren. Die Kosten der Produktion dieser einen Ausbringungseinheit betragen fa' + re' =: c, was auch als Einheitskosten bezeichnet wird. Mit dem 6-fachen totalen Input 6(a',c') und damit den 6-fachen Kosten 6 c kann bei einer homogenen Produktionsfunktion ein Output von X = 6 •x(a',c') = 6 • x' = 6 produziert werden. Dabei ist h der Homogenitatsgrad und das Skalenniveau 6 kann wieder als BetriebsgroBe interpretiert werden. Ein 6-facher Faktor- und Kosteneinsatz moglicht somit eine 6 -fache Ausbringung. Die langfristigen Kosten in Abhangigkeit vom Skalenniveau 6 sind K^ = 6c. Da die Ausbringungsmenge in Abhangigkeit vom Skalenniveau x = 6 betragt, ist umgekehrt 6=x^^^. 6-facher Output erfordert also einen 6 ^^^-fachen Input. Dies in die FormelfiirK^ eingesetzt ergibt K^(x) = c-x^/^
(22.23)
Vgl. Anhang M.4.3. 2
Vgl. Anhang M.4.4. Das hier verwendete Symbol c fur die Einheitskosten darf nicht mit dem fettgedruckten Symbol c fiir die eingesetzte Kapitalmenge verwechsek werden.
234
Das Gliterangebot der Unternehmen
Das ist allgemein die langfristige Kostenfunktion einer Produktionsftmktion, die homogen vom Grade h ist. c sind die Kosten der ersten produzierten Ausbringungseinheit. Es sei daran eriimert, da6 der Homogenitatsgrad der Cobb/Douglas-Produktionsfimktion fi = a + p betragt (vgl. Beispiel 21.2) und allgemein der Skalenelastizitat s(x:6) entspricht (vgl. 21.20). Der Leser mache sich klar, daB auch der in Empirikum 21.6 dargestellte Produktionszusammenhang homogen ist, und zwar vom Grade h = 1,5. Deshalb ist dort der Exponent der langfristigen Kostenfimktion gemaB (22.23) gleich 2/3. Die folgende Abbildung 22.7 soil den soeben erlauterten Zusammenhang zwischen Skalenertragen und langfristiger Kostenkurve noch einmal graphisch verdeutlichen. Im oberen Diagramm ist der Verlauf einer Skalenertragskurve bei zunehmenden Skalenertragen dargestellt (konvexer Verlauf). Mit einem bestimmten Faktorenbtindel (a',c'), also beim Skalenniveau 6 = 1 , lassen sich annahmegemaB 10 Outputeinheiten produzieren. Mit zwei Faktorenbtindeln der zuvor definierten Art, also 2(a',c') beziehungsweise (2a',2c'),) sind 30 Einheiten des Produktes herstellbar (x = 30), und bei 6 = 3 betragt die Ausbringung x = 57. Nehmen wir an, pro Faktorenbiindel fallen Kosten in Hohe von c = 100 Geldeinheiten an. Ln unteren Diagramm von Abbildung 22.7 sind die sich dann ergebenden Kosten K^ iiber der Ausbringungsmenge x aufgetragen. Die Herstellung von 10 Outputeinheiten erfordert ein Faktorenbiindel, kostet also 100 Geldeinheiten; die Produktion von x = 30 setzt den doppelten Faktoreinsatz voraus, verursacht also Kosten in Hohe von 200 Geldeinheiten. Die mit dem dreifachen Einsatz des Faktorenbiindels (a',c') ausbringbare Menge x = 57 kostet analog dazu 300 Geldeinheiten. Die Diagramme zeigen: Wenn die Produktion zunehmende Skalenertrage aufweist (oberes Diagramm), verlauft die langfristige Kostenfimktion (unteres Diagramm) konkav. Der Leser wird einsehen, daB sich im umgekehrten Fall (abnehmende Skalenertrage) ein konvexer Kostenverlauf ergibt. Konstante Skalenertrage fiihren stets zu linearen Kostenfimktionen (vgl. Abbildung 22.6).
Vgl. auch Gleichung (2) in Beispiel 22.3. Was ist dort c, was h ?
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
235
Abbildung 22.7: Zusammenhang zwischen Skalenertragskurve und langfristiger Kostenkurve
3004
200
100
Empirikum22.1: Die folgende Tabelle zeigt, wie zunehmende Skalenertrage der Produktion, die auf der in Empirikum 21.6 eriauterten Ursache beruhen, zu konkav steigenden Kosten fiiiiren. Sie gibt die gesamten Kosten fur Eisenerztransporte zwischen Rio de Janeiro und Rotterdam in Abiiangigkeit von der SchiffsgroRe, gemessen in tons deadweight [tdw], wieder. Zur Normierung sind die Transportkosten, die ein 10.000 tdw-Frachterverursacht, gleich 100 gesetzt worden: SchiffsgroBe [tdw]
10.000
Frachtkostenindex
100
15.000 123
25.000 165
35.000 207
60.000 300
236
Das Guterangebot der Untemehmen
Durch graphisches Auftragen der genannten Frachtkosten(indexwerte) uber der SchiffsgroBe (die hier ja der Produktionskapazitat entspricht) und Verbinden der Datenpunkte durch eine konkave Kurve, kann der Leser die annahernde Gultigkeit der in Empirikum 21.6 hergeleiteten 2/3-Regel nachprufen: Eine Versechsfachung des Outputniveaus (von 10.000 auf 60.000 tdw) fuhrt nur zu einer Verdreifachung der Gesamtkosten. 6^^^ ist aber gleicii 3,3 was mit der Indexbasis 100 multipliziert ungefahr dem Frachtkostenindex 300 entspricht. (Anmerkung: Der derzeit groBte Erzfrachter hat eine Tragfahigkeit von 365.000 Tonnen.) Datenquelle: IfW, Kiel, mit Hinweis auf die WIrtscliaftsvereinigung Eisen und Stalil.
d) Zum AbscWuB unserer Analyse der Eigenschaften der langfristigen Kostenfimktion soil noch auf einen Aspekt hingewiesen werden, der sich bei der Betrachtimg der Faktorpreisabhangigkeit von K^ ergibt. Auf R. W. Shephard ^ geht die Entdeckung einer interessanten allgemeinen Eigenschaft langfristiger Kostenfunktionen zunick, die ihm zu Ehren als Shephard's Lemma bezeichnet wird. Dieses Lemma (mathematischer Hilfssatz) besagt, dafi die Ableitung einer langfristigen Kostenfiinktion nach einem der Faktorpreise der kostenminimalen Einsatzmenge des zugehorigen Faktors entspricht. Das ist dessen Menge in der Minimalkostenkombination und damit letztlich die betreflfende Faktomachfrageftmktion. Differenziert man die allgemeine langfristige Kostenftmktion (22.21) K^(XJ,T)
= €-a^(x,£,r) + r-c^(x,£,r)
beispielsweise nach dem Lohnsatz I, so ergibt sich nach der Produktregel der Diflferentialrechnung: ]K'(xXT) = aHxXT) + i-^^^^^^ M
+ ^.^?!(x^ U
(22.24)
Erweiterung des mittleren Terms um dc^/dc^ ergibt (in etwas vereinfachter Schreibweise): . X iK^ = aC(x,4r)
dc^ + ^.--
da^ ^
dc^ + r.-—
(22.25)
Der amerikanische Okonom R.W. Shephard {Cost and Production Functions; Princeton 1953, 1970) zeigte als erster die grundlegende Dualitat zwischen Produktions- und Kostenfiinktion.
2.2. Okonomische Produktionsbedingimgen
237
Im mittleren Term erkennt man nun die Steigung 5a^/5c^=^a der Isokostengeraden, die durch die Minimalkostenkombination verlauft. Sie entspricht nach Gleichung (22.3) dem negativen Verhaltnis der Faktorpreise, hier also: -vlL Wird dies in die Gleichung (22.25) eingesetzt, dann ergibt sich: /K^ = a^(x,^,r)
+
5c^ U
(
x\ ij
5c^
(22.26)
Im mittleren Term kann d gekiirzt werden. Dann entspricht aber der mittlere Term dem Negativen des rechten Terms, so daB sich beide zu null aufheben. Es verbleibt (die Gleichung flir den Faktor Kapital ergibt sich analog): IK^ = a^(x,Ar)
(22.27)
;K^ = c^(x,^,r)
(22.28)
Dies ist die Aussage des Shephard^schen Lemmas: Jede partielle Ableitung einer langfristigen Kostenfiinktion entspricht der langfristig kostenminimalen Einsatzmenge des zugehorigen Faktors, das heiBt der entsprechenden technischen Faktomachfragefimktion des Untemehmens. Von dem durch Shephard aufgedeckten Faktum wird insbesondere bei empirischstatistischen Untersuchungen Gebrauch gemacht. Shephard's Lemma macht es moglich, von bekannten Kostenfunktionen auf die ihnen zugrunde liegenden Produktionsfunktionen zuruckzuschlieBen, also den in diesem Buch gezeigten Weg umgekehrt zu gehen. Der interessierte Leser kann die oben allgemein begriindete Aussage des Shephard'schen Lemmas anhand der in Beispiel 22.3 hergeleiteten Kostenfiinktion (2) nachvollziehen. Dabei mu6 fur n der in der dort angebrachten FuBnote genannte voUstandige Ausdruck verwendet werden. Die Ableitung von K^, etwa nach dem Lohnsatz H, ergibt dann die Arbeitsnachfragefunktion (6) aus dem Beispiel 22.1. Vgl. auch die Aufgabe 22.4. e) Hat ein Untemehmen nicht die Moglichkeit, den totalen Faktoreinsatz optimal an die zu produzierende Ausbringungsmenge x anzupassen, liegt also nur partielle Faktorvariabilitat vor (kurzfristige Betrachtung), so kann es die zu x gehorende Minimalkostenkombination in der Regel nicht realisieren. Der tatsachlich verfiigbare Kapitaleinsatz c konnte dann nur zufallig dem optimalen Kapitaleinsatz c^ entsprechen. Das Untemehmen muB sich deshalb in der Regel kurzfristig mit der zweitbesten Faktoreinsatzmengenkombination begntigen.
238
Das Guterangebot der Untemehmen
1st der Kapitaleinsatz kurzfristig auf c fixiert, so bleibt dem Untemehmen in imserem Zwei-Faktoren-Fall nichts anderes tibrig, als gerade jene Arbeitsmenge a einzusetzen, die unter den gegebenen Bedingungen zur Produktion des Outputs x erforderlich ist. Diese notwendige Arbeitseinsatzmenge wird nach Gleichung (21.3) durch die Arbeitseinsatzfiinktion a(x,c) angegeben. Mit anderen Worten: In dem von uns betrachteten Fall zweier Produktionsfaktoren gibt es kurzfristig keinen Spielraum fur ein Kostenminimierungskalkul, wie es im vorangegangenen Unterkapitel 2.2.2. bei totaler Faktorvariabilitat beschrieben wurde. Vielmehr ist wegen des vorgegebenen Kapitaleinsatzes c auch der notwendige Arbeitseinsatz a = a(x,c) ausschliefilich durch die Produktionstechnologie und die zu produzierende Ausbringungsmenge bestimmt. Da a(x,c) diejenige Menge des Faktors Arbeit angibt, die bei kurzfristiger Anpassung mindestens eingesetzt werden muB, um zusammen mit dem fixen Kapital c die Ausbringungsmenge x produzieren zu konnen, kann die Faktoreinsatzfunktion auch als kurzfristige Faktornachfragefunktion des Untemehmens aufgefaBt werden. Im Gegensatz zu der durch die Minimalkostenkombination bestinmiten langfristigen Faktornachfragefunktionen a'' (.) und c''(.) hangt die kurzfristige nicht von den Faktorpreisen ab. Da der Unterschied zwischen kurz- und langfristigen Faktomachfrageftinktionen nun erklart ist, soUte der Leser im Beispiel 22.1, wo a*" (x,£,r) ermittelt wurde, und der Aufgabe 22.2, in der es um die Herleitung von c''(x,f,r) ging, vermerken, dafi es sich dabei um die langfristigen Faktomachfragefiinktionen des Untemehmens handelt. Im folgenden geht es jedoch weiter um die Ermittlung der Kosten in der kurzen Frist. In der Abbildung 22.8 ist zum Vergleich noch einmal die langfiistige Produktionsund Kostensituation mit dargestellt, wie wir sie in der Abbildung 22.5 untersucht haben (siehe hier die gestrichelt gezeichnete Isokostengerade durch die mit einem oflfenen Punkt dargestellte Minimalkostenkombination (a^,c^)). In der kurzen Frist kann das Untemehmen annahmegemaB kein Faktorenbiindel (a,c) wahlen, in denen c groBer oder kleiner als c ist. Somit kommen nur die auf der dick eingezeichneteti horizontalen Linie hegenden Faktorenbiindel fur die Produktion in Frage; das ist der kurzfristige Expansionspfad des Untemehmens (der Leser kann dies an die Linie schreiben). Damit die Ausbringungsmenge x produziert werden kann, muB zugleich ein Punkt auf der x-Isoquante gewahlt werden. Dem Untemehmen bleibt also nichts anderes iibrig, als diejenige Faktoreinsatzmengenkombination zu realisieren, die im Schnittpunkt des kurzfristigen Expansionspfads imd der Isoquante hegt. Wie in der Abbildung 22.8 zu sehen ist, muB das Untemehmen also die Arbeitsmenge a(x,c) einsetzen. Diese Menge ist groBer als a^, weil der vorhandene Kapitalbestand im Vergleich zu c^ zu klein ist. Das fehlende Kapital muB gleichsam durch einen erhohten Arbeitseinsatz ausgeglichen werden.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
239
Abbildung 22.8: Kurzfristige Kosten einer bestimmten Ausbringungsmenge
a(x,c) Um nun die Hohe der Kosten in dem geschlossenen dargestellten kurzfiistigen Produktionspunkt (a(x,c),c) zu ermitteln, mu6 die Isokostengerade durch diesen Punkt gelegt werden. Ihre Achsenschnittpunkte sind ao und CQ. ES ist zu erkennen, da6 das Kostenbudget zur Finanzierung der kurzfristig erforderlichen Faktoreinsatzmengenkombination iiber dem der langfiistigen liegt. Das bedeutet, da6 die kurzfiistigen Kosten zur Produktion der Menge x hoher als die langfiistigen sind. Aber auch fiir die kurzfiistigen Kosten gilt, daB es die niedrigstmoglichen sind, die unter den kurzfiistig gegebenen Bedingungen zur Produktion der Ausbringung erforderlich sind, eben die Kosten der zweitbesten Losung. Wir woUen die kurzfristigen Kosten der Produktion einer Ausbringungsmenge x mit K \ X ) bezeichnen. Der Leser schreibe dies an die obere Isokostengerade in Abbildung 22.8 und mache sich zugleich klar, daB die kurzfiistigen Kosten K^ auch dann hoher als K sind, wenn c > c^. Um das zu sehen ist die horizontale Linie etwas oberhalb von c^ einzuzeichnen und deren Schnittpunkt mit der x-Isoquante zu bestimmen. Die Isokostengerade durch diesen Produktionspunkt Kegt ebenfalls oberhalb der gestrichelt gezeichneten langfiistigen Isokostengeraden.
Da die Steigung einer Isokostengeraden ausschlieBlich von den Faktorpreisen abhangt, diese aber annahmegemafi unabhangig von der Faktorvariabilitat des Untemehmens konstant sind, verlaufen hier die Isokostengerade in der kurzen und langen Frist parallel.
240
Das Giiterangebot der Untemehmen
Zur quantitativen Eraiittlung der Hohe der kurzfristigen Kosten aus dem Isoquantendiagramm ist wie im vorangegangenen Abschnitt b) dieses Unterkapitels zu verfahren: Ziim Beispiel fur die a-Achse ist die Achsenschnittpimktgleichung ao = KV^ nach K^ umzustellen, so da6 fur jede Isokostengerade K^ durch i-ao ermittelt werden kann. Tragt man die Hohe der kurzfristigen Kosten uber den moglichen Ausbringungsmengen x auf, so ergibt sich die kurzfristige Kostenkurve. Die folgende Aufgabe ermoglicht die Einubung dieses Verfahrens. Aufgabe 22.5 Leiten Sie aus dem folgenden Isoquantensystem den zugehorigen Verlauf der kurzfristigen Kostenkurve fiir den Fall her, dal3 die Faktorpreise £ = 20 und r = 12 betragen. 12
0
3
4
1
2
5
6
3
4
5
6
7
tVJU -
350 300 250 200 150 100 50 00 1
1
2
3
4
5
6
7
1
8
9
10
11
12 X
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
241
f) Die kurzfristigen Kosten K^, die das Faktorenbiindel (a(x,c),c) verursacht, sind die Kosten des Outputs x, die das Untemehmen tragen mu6, solange es seinen Kapitalbestand noch nicht optimal (das heiBt an den Wert c^) angepaBt hat. K^ hangt deshalb auBer von der Ausbringungsmenge x und den Faktorpreisen iiber die Arbeitseinsatzflinktion a(x, c) auch von dem gegebenen Kapitaleinsatz c ab. Weil jeder Kapitaleinsatz zu einer ganz bestimmten kurzfristigen Kostenfunktion gehort und jeder andere c -Wert zu einem anderen Kostenverlauf fiihrt, muB c beziehungsweise einfach c als weiterer Parameter in der wie folgt definierten kurzfristigen Kostenfunktion aufgefaBt werden: K\x;^,r,c) = ^•a(x;c) + r-c
(22.29)
Die Grundstruktur dieser Gleichung entspricht wieder, wie schon bei der langfiistigen Kostenfunktion (22.21), der Kostendefinition (22.1). Die kurzfristige Kostenfunktion ( 22.29) gibt zu jeder moglichen Ausbringungsmenge x die Hohe des unter den kurzfristigen Produktionsbedingungen (insbesondere der Kapitaleinsatzrestriktion) mindestens aufzuwendenden Kostenbudgets an. Die Kosten, die der variable Faktor (hier: Arbeit) verursacht, hangen von der Ausbringungsmenge x ab. Sie werden deshalb als variable Kosten bezeichnet: K^x) = f •a(x;c). Kennt man beispielsweise die Funktion der variablen Kosten K^(x) und den Lohnsatz 5, so kann man die Arbeitseinsatzfimktion einfach durch a(x;c)= K^(x) lH ermittehi. Bei mehr als einem variablen Produktionsfaktor sind die variablen Kosten die Summe der Kosten all dieser variablen Faktoren. Die Kosten, die der fixe Faktor (hier: Kapital) verursacht, sind unabhangig vom Output. Sie werden daher als Fixkosten bezeichnet: K^ = r-c. Bei mehr als einem fixen Produktionsfaktor sind die Fixkosten die Summe der Kosten all dieser fixen Faktoren. Da in der langen Frist per Definition alle Produktionsfaktoren variabel sind, gibt es langfristig keine Fixkosten; diese sind ein Phanomen der kurzen Frist. - Der Leser kann K^x) und K^ in Gleichung (22.29) dazuschreiben.
1 In der Literatur werden Fixkosten zuweilen mit dem Phanomen der Unteilbarkeit in Verbindung gebracht, also der Erfahrungstatsache, daJi manche Produktionsfaktoren nicht in beliebig kleinen Mengeneinheiten eingesetzt werden konnen (z.B. ist ein Lastkraftwagen nicht teilbar; es konnen nur ganzzahlige Vielfache von LKWs eingesetzt werden). Dabei wird iibersehen, daft auch beliebig teilbare Produktionsfaktoren, wie sie hier von uns ausschlieftlich betrachtet werden, in kurzfristig fixer Menge zum Einsatz kommen koimen. Umgekehrt kann auch auf unteilbare Faktoren langfiistig verzichtet werden, falls die Produktion eingestellt wird, so daft auch in diesem Fall gilt, daft es in der langen Frist keine Fixkosten gibt. - Unteilbare Produktionsfaktoren haben iibrigens stufenfiirmige Kostenverlaufe zur Folge, eine Komplizierung, die wir uns hier sparen woUen.
242
Das Gtiterangebot der Untemehmen
Beispiel 22.4: Kurzfristige Kostenfunktion im Cobb/Douglas-Fall. 1st der Kapitaleinsatz auf c fixiert, so ergibt sich durch Umstellen der Cobb/Douglas-Ertragsfiinktion x(a,c) = Y-a^-c^
(1)
nach a die folgende Arbeitseinsatzftinktion (vgl. auch Aufgabe 21.7b): _1 __i
a(x,c)
1
= y « -c « -x"
(2)
y-c"^ Betrachten wir den Kapitaleinsatz wieder als Parameter (denn c kann ja jeder beliebige feste Wert sein), so kann der Querstrich iiber c weggelassen werden. Dann lautet die kurzfristige Kostenfunktion K^(x;^,r,c) = ^•a(x;c) + r e aus Gleichung (22.29) fiir den Cobb/Douglas-Fall: K^(x;^,r,c) = ^-y "-c «-x" + r-c
(3)
Der linke Summand gibt die variablen Kosten K^(x) und der rechte die Fixkosten K^ wieder. - Um zu selien, wie sich K^ andert, wenn die Ausbringungsmenge x um »eine kleine Einlieit« erhoht wird, muB die Kostenftinktion nach x diflferenziert werden. Dies ergibt:
,
^Kk =
1 a
-1 - i
i-i
£-y «^ -c ^ -X^
> 0
(4)
Das positive Vorzeichen der ersten Ableitung zeigt an, daB die kurzfiistigen Kosten mit steigender Ausbringungsmenge stets zunehmen. Die Kostenkurve hat somit in der kurzen Frist eine positive Steigung. Etwas komphzierter ist die Untersuchung des Einflusses von c beziehimgsweise c auf die Hohe der kurzfristigen Kosten. Denn die Ableitung von K^ gemaB (3) nach c ist: ^K^ = - — - f - y ^ -c ^ -x^ + r (5) a Das Vorzeichen dieser Ableitung ist, da sie aus zwei Simimanden mit verschiedenen Vorzeichen besteht, unbestimmt; es hangt davon ab, ob r groBer, kleiner oder gleich dem negativen linken Term ist. Je hoher x ist, desto eher wird insgesamt ein negatives Vorzeichen ergeben. Das bedeutet: Je mehr das Unternehmens produziert, desto eher werden Erhohungen des Kapitaleinsatzes zu einer Senkung der kurzfiistigen Kosten fuhren. Bei geringeren Ausbringungsmengen ist es dagegen moglich, daB die Kosten mit steigendem c zunehmen (v. a. wegen der steigenden Fixkosten).
2.2. Okonomische Produktionsbedmgungen
243
1st die in (5) dargestellte erste Ableitimg der kurzfristigen Kostenfunktion (mit variablen Arbeitseinsatz) null, so bedeutet dies unter normalen Bedingungen, daB der kostenminimierende Kapitaleinsatz c erreicht ist. Der interessierte Leser mache sich klar, daB das Untemehmen dann in der Minimalkostenkombination (a*^ ,c^ ) operiert. Die nuUgesetzte Gleichung (5) entspricht namlich der Minimalkostenkombinationsbedingung (22.16) beziehungsweise (2) aus Beispiel 22.1. Das kann man allgemein sehen, wenn die erste Ableitimg der kurzfristigen Kostenfimktion ( 22.29) nach c null gesetzt wird. Allgemein gilt: c'K^ = 0 <^ c = c^
(6)
Der Verlauf der kurzfristigen Kostenkurve kann auf graphischem Wege aus der Ertragskurve des variablen Faktors hergeleitet werden; siehe die folgende Abbildung 22.9. Diese veranschaulicht die vorangegangenen formalen Betrachtungen:
Denn ein Verschwinden der ersten Ableitimg ist eine notwendige Bedingung fiir ein Minimum der Funktion. 2 Vgl. analog die Herleitimg der langfristigen Kostenkurve aus der Skalenertragskurve in Abbildung 22.7.
244
Das Giiterangebot der Untemehmen
Abbildung 22.9: Graphische Herleitung der kurzfristigen Kostenkurve
K K^x) =i.a(x,c)
K\X)
= K\X) + r.c
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
245
Im obersten Diagramm ist der Graph der Prodnktionsfonktion bei Einzelfaktorvariation, also die Faktorertragskurve gemaB Gleichung (21.2) dargestellt. Durch Bilden der Umkehrfunktion von x(a,c) ergibt sich die Faktoreinsatzflmktion fur Arbeit, deren Graph im zweiten Diagramm dargestellt ist. Graphisch erhalt man ihn durch Spiegeln der Ertragskurve an der 45-Grad-Linie (vgl. Abbildung 21.4). Die Faktoreinsatzfunktion a(x,c) gibt zu jeder Ausbringungsmenge x die erforderliche Einsatzmenge a des variablen Faktors Arbeit an. Durch Multiplikation dieses Arbeitseinsatzes mit dem Lohnsatz (, ergeben sich die variablen Kosten K^x) = ^•a(x,c). Ihren Verlauf zeigt das dritte Diagramm. Es ahnelt dem zuvor betrachteten Faktoreinsatzverlauf. Der Leser priife durch Ausmessen der senkrecht tibereinander liegenden Funktionswerte a und K^ nach, daB die K^-Werte bei jeder Ausbringungsmenge genau halb so hoch sind wie die aWerte im daniber Hegenden Diagramm. Dadurch kommt zum Ausdruck, daB hier ein Lohnsatz von i = 0,5 unterstellt worden ist (z.B. 0,5 Tausend GE pro Woche). Werden zu den variablen Kosten K^ noch die Kosten r e des fixen Faktors addiert, so resultieren schlieBlich die gesamten kurziSistigen Kosten K^(x). Ihr Verlauf ist im untersten Diagramm dargestellt. Die Kurve ergibt sich einfach durch Parallelverschiebung der K^-Kurve nach oben, und zwar um den Betrag der Fixkosten r e . Die vorstehende Herleitung macht deutlich, daB ein konkaver Verlauf der Ertragskurve des variablen Faktors zwingend zu einem konvexen Verlauf des Graphen der kurzfristigen Kostenfunktion fuhrt. Dem konkaven Faktorertragskurvenverlauf hegt, wie wir in Kapitel 2.1.2.c) gesehen haben, das "Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs" zugrunde. Wenn und weil dieses Gesetz gilt, sind kurzfristige lineare Kostenverlaufe nicht begrundet. g) Bei der Erlauterung der Abbildimg 22.8 war schon darauf hingewiesen worden, daB die kurzfristigen Kosten in der Regel hoher sind als die langfiistigen. Allgemein gilt, daB die kurzfristigen Kosten (bei partieller Faktorvariabilitat) niemals unter den langfristigen Kosten (bei totaler Faktorvariabilitat) hegen: K^x) > K^(x)
(22.30)
Ein analoges, wenn auch anderes zu begriindendes Phanomen kennt jeder aus dem privaten Wirtschaftsbereich. Je mehr Zeit man bei der Anschafifung eines Gutes zur Verfugung hat, desto preisgiinstiger wird man es wahrscheinlich bekommen (wegen der Moglichkeit einer groBeren Anzahl von Preisvergleichen. MuB man ein Gut dagegen umgehend beschaffen, wird man im Durchschnitt mehr dafiir bezahlen mussen.
246
Das Guterangebot der Unternehmen
Die Abbildimg 22.8 zeigt aber auch, dafi es auf jeder Isoquante, das heiBt fur jede Ausbringungsmenge x ein Faktorenbiindel gibt (namlich die Minimalkostenkombination), bei dem ein kurzfristig fixer Kapitaleinsatz auch unter langfristigem Gesichtspunkt optimal ist (vgl. auch Beispiel 22.4). Ware beispielsweise zufaUig der gerade vorhandene Kapitalbestand c gleich c^, so wurde das Unternehmen auch kurzfiistig die minimalen Kosten K^ = C reahsieren. Mit anderen Worten: Auf jeder kurzfristigen Kostenkurve gibt es einen Punkt, in dem die kurzfristigen Kosten zugleich den langfristigen entsprechen (siehe Abbildung 22.10). Wird in der langen Frist der kurzfristig fixe Kapitaleinsatz c verandert, so fuhrt dies - in der graphischen Darstellung - zu einer VerscWebung der kurzfristigen Kostenkurve: Etwa durch eine Erhohung des Kapitaleinsatzes steigen die Fixkosten r e . Zudem sinken die variablen Kosten, weil durch die Kapitalerhohung die Produktivitat der Arbeit steigt (vgl. die Voraussetzung (U3) sow^ie Beispiel 21.1). Das sind die primaren Wirkungen von Rationalisierungsinvestitionen. Der Leser vollziehe diese wichtigen Aussagen anhand der Diagramme in Abbildung 22.9 nach: Beginnen Sie im obersten Diagramm mit einer Drehung der Ertragskurve nach oben, wie sie sich durch einen hoheren Kapitaleinsatz einstellt (vgl. Aufgabe 21.7c). Fiihren Sie dann die Argumentation graphisch iiber die beiden mittleren zum unteren Diagramm fort (Fixkostenerhohung nicht vergessen!). Aufgabe 22.6: Welchen EinfluB haben einzelne Faktorpreisandemngen auf die im Beispiel 22.4 ermittelte kurzfristige Kostenfunktion? Konkret: Wie andert sich K'^, wenn I oder r um eine kleine Einheit steigt? Zeigen Sie die Wirkungen formal und graphisch.
Da die kurzfiistigen Kosten nach Gleichung ( 22.30) nie unter den langfristigen liegen und jede kurzfiistige Kostenkurve immer nur einen Punkt mit der langfiistigen Kostenkurve gemeinsam hat, verschieben sich die kurzfiistigen Kostenkurven bei Veranderungen des Kapitaleinsatzes gleichsam auf der langfristigen Kostenkurve, wie es in der Abbildung 22.10fiirfiinfverschiedene Kapitaleinsatzmengen C(i) bis C(5) skizziert ist. Plierbei ist C(5) > C(4)> ... > C(i), was der Leser zur Verdeuthchung in das Diagramm schreiben kann. Der interessierte Leser kann den Zusammenhang zwischen kurzfristigen und langfiistigen Kostenkurven auch quantitativ nachvoUziehen. Dazu ist der Graph der kurzfiistigen Kostenfunktion, die sich im Beispiel 22.4 ergab (Gleichung (3)), etwa mit folgenden KoeflBzientenwerten zu zeichnen, und zwar fiir mehrere verschiedene Zahlenwerte von c = c : a = p = 0,5;y=l und ^ = r = 2. Danach ist auch die langfiistige Kostenkurve gemaB Gleichung (2) aus dem Beispiel 22.3 dazuzuzeichnen, natiirlich auf der Grundlage der gleichen Koeffizientenwerte.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
247
Abbildung 22.10: Kurzfristige und langfristige Kostenkurven K K\X;C„)
K'(X;C„,) K \ X ; C J
K'(X;C,„)
KV;C,„) K(x)
"(S)
M3) C(i)
Werden (gedanklich) kurzfristige Kostenkurven fiir alle moglichen Kapitaieinsatzmengen c gezeichnet, so ergibt sich eine dichte Kurvenschar. Deren untere Begrenzung bildet die langfristige Kostenkurve. Man sagt: Die langfristige Kostenkurve ist die untere Einhullende (Enveloppe) der Schar kurzfristiger Kostenkurven. Je nachdem, ob die Produktion abnehmende, zunehmende - wie in Abbildung 22.10 unterstellt - oder konstante Skalenertrage aufWeist, verlauft die langfristige Kostenkurve konvex, konkav oder linear (vgl. den vorigen Abschnitt c). In der langen Frist paBt das Untemehmen seinen Kapitalbestand c so an, daB es bei der langfristig vorgesehenen Ausbringungsmenge einen Punkt auf der langfristigen Kostenkurve erreicht. Es produziert dann in der Minimalkostenkombination, das heiBt zu den niedrigstmoglichen Kosten. In der Abbildung 22.10 sind das die Punkte, in denen die kurzfristigen Kostenkurven die langfristigen beriihren. Zum AbschluB dieses Unterkapitels sei noch einmal zusammenfassend das Vorgehen bei der Entscheidung Uber die Verwendung der kurz- oder langfristigen Kostenfiinktion skizziert: Unterliegt ein Untemehmen, das eine bestimmte Ausbringungsmenge X zu produzieren beabsichtigt, einer Faktorhochstmengenrestriktion, verfugt es also iiber eine bestimmte Arbeitsmenge a und Kapitalmenge c, die es kurzfristig nicht tiberschreiten, wohl aber kostenminimierend unterschreiten kann, dann wird es in einem ersten Schritt mit Hilfe eines Optimierungsverfahrens die Minimalkostenkombination (a^,c^) ermitteln.
Vgl. zur Definition Kapitel 2.1.2.J).
248
Das Gliterangebot der Unternehmen
Sodaim sind die optimalen Faktoreinsatzmengen mit den maximal einsetzbaren zu vergleichen: 1st a*^ ^ a" und c^ ^ c" , dami kann die langfristige Kostenfunktion verwendet und folglich das laagfristig minimale Kostenbudget realisiert werden. 1st hingegen a^ > a" oder c^ > c", so muB der weiteren Planimg die kurzfristige Kostenfimktion zugrunde gelegt werden a" Die folgende Aufgabe dient der Eintibung des geschilderten Vorgehens. • Aufgabe 22.7: III II III III I II
Bin Unternehmen, dessen Produktionsstruktur durch eine Cobb/Douglas-Produktionsflinktion (mit a = (3 = 0,5 und y = 1) beschrieben werden kann, plane die Produktion der Ausbringungsmenge x = 60. Das Unternehmen kann kurzfristig hochstens eine Arbeitsmenge a* = 70 und eine Kapitalmenge C" = 110 einsetzen. Die Faktorpreise betragen ^ = 9 und r = 4. a) Mit welcher Faktoreinsatzmengenkombination wird das Unternehmen den Output produzieren? Operiert es dann auf einer kurzfristigen oder auf der langfristigen Kostenkurve? III b) Was andert sich an den Ergebnissen von a), wenn der Lohnsatz auf ^' =16 steigt?
2.2.4. Gesamtkosten, Durchschnittskosten und Grenzkosten a) Die Kostenfimktion eines Untemehmens gibt allgemein zu jeder mogjichen Ausbringungsmenge die minimalen Bereitstellungskosten fur diese Menge an. Die im vorigen Unterkapitel dargestellte Herleitung der Kostenfunktion aus der Produktionsfunktion fuhrt je nach Art der zugrunde gelegten Produktionsfimktion und den Zahlenwerten ihrer Koeffizienten zu imterschiedlichen Verlaufsformen sowohl fiir die kurzfristigen als auch fur die langfristigen Kosten. Um im folgenden die Darstellung nicht unnotig kompliziert zu gestalten, verwenden wir von nun an eine vereinfachte Funktion zur Beschreibung der aus variablen und moglicherweise fixen Bestandteilen bestehenden Gesamtkosten der Produktion. Diese Funktion ist gleichermaBen auf kurzfristige und auf langfristige Kostenverlaufe anwendbar, so daB wir im allgemeinen den hochgestellten Unterscheidungsindex k oder ^ weglassen konnen. Der verwendete Funktionstyp ist zudem flexibel genug, um die Mehrzahl der in der industriellen Praxis vorkommenden Kostenverlaufe beschreiben zu konnen, wie das spatere Empirikum 22.2
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
249
zeigen wird. Wir bezeichnen deshalb den folgenden Typ der (Gesamt-)Kosteiifunktion als "Standard-Kostenfiinktion" und legen ihn alien nachfolgenden Ausfiihrungen beispielhaft zugrunde: K(x)= c-x^ + F
(22.31)
Der erste Term der Standard-Kostenfimktion entspricht den variablen Kosten K^(x); F sind die Fixkosten K^ = K(0), und K (kleines griechisches Kappa) ist ein spater noch zu naher zu interpretierender Exponent. Je nach Wahl der hier stets als nicht negativ angenommenen Zahlenwerte fur die Funktionskoeffizienten c, K und F konnen unterschiedliche Kostenverlaufe dargestellt werden. c darf nicht mit dem fett geschriebenen Symbol c fur den Kapitaleinsatz des Untemehmers verwechselt werden. Bei F > 0 beschreibt die Standard-Kostenfunktion einen kurzfristigen Kostenverlauf, da es, wie in Kapitel 2.2.3.e) gezeigt wurde, in der langen Frist keine Fixkosten gibt; bei langfristiger Betrachtung ist also F = 0. K > 1 ergibt einen konvexen, K = 1 einen linearen imd K < 1 einen konkaven Verlauf der Gesamtkostenkurve. Die folgende Abbildung 22.11 zeigt drei Beispiele kurzfristiger Kostenkurven, die mittels der Standard-Kostenfimktion darstellbar sind. Abbildung 22.11: Einige kurzfristige Gesamtkostenverldufe
Mathematisch handelt es sich um eine sogenannte Potenzfimktion. Sie erfordert - streng genommen dafi der Exponent K eine rationale Zahl (Bruchzahl) ist. Der wenig realistische Fall K = 0fiihrtzu einem konstanten Kostenverlauf K(x) = c + F.
250
Das Giiterangebot der Untemehmen
b) Die Standard-Kostenfunktion eignet sich insbesondere auch zur einfachen Beschreibung der kurz- iind langfiistigen Kostenfiinktionen, die sich aus der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion ergeben. Deiin die in Beispiel 22.3 ermittelte langfristige und die in Beispiel 22.4 hergeleitete kurzfristige Kostenfunktion konnen zur Form (22.31) vereinfacht werden: Nach der Gleichung (2) des Beispiels 22.3 sind fur den langfristigen Kostenverlauf bei einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion die FunktionskoeflSzienten wie folgt bestimmt (der Leser vergleiche dies, um sich den Zusammenhang zwischen der aus der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion hergeleiteten Kostenfunktion und der Standard-Kostenfunktion klarzumachen): F = 0 K
=
'>
a+p
a
" I ' a+p n-^^+P -r^+P = a + p a
a+p
r
LPJ
>
p a+p
(22.32a)
-J
Aus dem Beispiel 22.4, Gleichung (3), ergeben sich fur den kurzfristigen Kostenverlauf bei einer Cobb/Douglas-Produktionsfonktion folgende Koefifizienten: F = r •c K
^
=
y
a i,-y
1
(22.32b)
i
Der Leser erinnere sich daran, daB es sich bei den Funktionskoeffizienten a und p um die Produktionselastizitaten der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion handelt. Diese haben jeweils einen positiven Zahlenwert, der kleiner als Eins ist. a, P < 1 bedeutet abnehmende Grenzertrage (vgl. die Gleichungen (4) in Beispiel 21.1). Somit entspricht nach der KoeflBzientenzuordnung (22.32b) in der kurzen Frist das K dem Kehrwert der Produktionselastizitat des variablen Faktors (hier: Arbeit). Daraus kann gefolgert werden, daB eine aus der Cobb/DouglasProduktionsfunktion hergeleitete kurzfristige Kostenkurve nicht konkav verlaufen
Vgl.Aufgabe21.8.a).
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
251
kann (vgl. die untere Kurve in der Abbildimg 22.9). Denn K < 1 setzt eine Produktionselastizitat des variablen Faktors von groBer als Eins voraus, was - wie die Empirie zeigt - kaum zu begrunden ist. 1st der Zahlenwert von K in der Gesamtkostenfimktion bekannt und liegt eine durch die Cobb/Douglas-Funktion beschreibbare Produktionsstruktur vor, so lassen die obigen Formeln (22.32) auch einen RiickschluB von der Kosten- auf die Produktionsfiinktion zu. Im kurzfiistigen Fall folgt zum Beispiel aus einem bekannten K-Wert, daB a = 1/K, und aus bekannten Fixkosten F kann der fixe Kapitaleinsatz c = F/r errechnet werden. Der interessierte Leser kann versuchen, unter der Annahme eines bekannten, separat festgelegten Niveaukoeffizienten y auch P zu ermitteln. Es sei auch noch einmal daran erinnert, daB bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion a + p der Skalenelastizitat und nach Gleichung (21.21) auch ihrem Homogenitatsgrad entspricht. Bei a + P > 1 hegen zunehmende, bei a + P < 1 abnehmende und bei a + p = 1 konstante Skalenertrage vor (vgl. Beispiel 21.2). K entspricht nach den Formeln (22.32a) in der langen Frist also dem Kehrwert der Skalenelastizitat (beziehungsweise dem Homogenitatsgrad). Der Leser verdeuthche sich dies anhand der im folgenden Empirikum 22.2 genannten Daten: Welche Schlusse konnen aus den K-Werten auf die Skalenertrage der Produktion in Westdeutschland gezogen werden? (Vgl. dazu auch Empirikum 21.5a). Empirikum 22.2: a) In ejner 1971 von Wied-Nebbeling durchgefuhrten empirischen Untersuchung ergab sich, dali 95 Prozent der befragten Industrieunternehmen (als langfristig zu interpretierende) Kostenverlaufe aufweisen, die sich durch die Standard-Kostenfunktion (22.31) beschreiben lassen, zumindest bis zur Kapazitatsgrenze. Hinsichtlich des Koeffizientenwertes K ergab sich folgende Haufigkeitsverteilung: 56% nannten K < 1 ; 3 9 % nannten K = 1 und 0,4% nannten K > 1 als zutreffend. b) Basierend auf Jahresdaten zwischen 1927 und 1938 schatzte Yntema 1940 folgende kurzfristige Kostenfunktion fiir die Stahlerzeugung der U.S. Steel Corporation: K(x) = 55,734x + 182,1 . Dabei sind K die Gesamtkosten der Stahlerzeugung [in Millionen Dollar] und x die erzeugte Stahlmenge [in Millionen Tonnen]. Spatere Analysen zeigten, daB die Kostenfunktion tatsachlich nur naherungsweise linear verlauft. Quellen: Wied-Nebbeling, 8.: Industrielle Preissetzung; Tubingen, 1975, 8. 243. Yntema, T.O.: 3teel Prices, Volume and Costs; United Steel Corp., 1940, T.N.E.C. Papers 1, 8. 231ff.
252
Das Giiterangebot der Unternehmen
1st die Produktionsflmktion des Untemehmens unbekaimt, und somit eine Herleitung der Kostenftmktion aus der Produktionsfimktion nicht moglich, so besteht grundsatzlich die Moglichkeit, K(x) aus empirischen Daten direkt abzuschatzen. Sind fiir einige Ausbringungsmengen X(i), X(2), ... die zugehorigen Gesamtkosten K(x(i)), K(x(2)), ... bekaimt, so koiinen aus diesen Datenpaaren ( X(t), K(x(t)) ) - mit t als Datenindex - die Koeflfizienten der Kostenfunktion naherungsweise ermittelt und/oder die Kostenkurve graphisch dargestellt werden. Zur KoefiBzientenermittlung bieten Mathematik und Statistik mehrere probate Verfahren an. Ein solches "datafitting"ist aber mangels produktionstheoretischer Fundierung nur als zweitbester Weg anzusehen. c) Die durch die Ausbringungsmenge x geteilten Gesamtkosten K werden als Stiick- Oder Durchschnittskosten k bezeichnet. Sie geben an, wieviel jede produzierte Mengeneinheit des Produktes im Durchschnitt kostet. Mit K(x) als Gesamtkostenfunktion ist die Durchschnittskostenfunktion demnach wie folgt definiert: K(x) k(x) := - - -
(22.33)
Im Falle der Standard-Kostenfunktion K(x) = cx^ + F folgen die Durchschnittskosten der Funktion: k(x)^ c x ^ - i + —
(22.34)
Der erste Term entspricht den variablen Durchschnittskosten k^(x), der zweite den durchschnittlichen Fixkosten k^(x). Im Gegensatz zu den gesamten Fixkosten (K^ oder F) hangen letztere von der Ausbringungsmenge x ab. Allgemein ist also k(x) =k"(x) + k^(x)
(22.35)
Der interessierte Leser kann fur den Cobb/Douglas-Fall durch Einsetzen der in (22.32) zusammengestellten Terme fur c, K und F die Durchschnittskostenfunktion fur die langfiistigen und die kurzfiistigen Kosten ermitteln.
Eine methodische Darstellung aus der industxiellen Praxis, zusammen mit weitergehenden Nutzungsmoglichkeiten von Kostenfimktionai bietet W. Eversheim et al.: Angebotskalkulation mit Kostenfimktionen: Berlin/Koln, 1977.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
253
Graphisch entsprechen die durchschnittlichen Kosten k(x) der Steigung des Fahrstrahls zu einem Punkt der (Gesaint-)Kostenkurve. Deshalb ist es moglich, aus einer gegebenen Gesamtkostenkurve auf graphischem Wege den Verlauf der Durchschnittskosten herzuleiten. Dazu wird wie folgt yorgegangen (siehe Abbildung 22.12): Auf der vorgegebenen Kostenkurve K(x) werden einige Punkte markiert. Senkrecht unter einem Punkt laBt sich die zu ihm gehorende Ausbringungsmenge x ablesen. Zum Beispiel gehort in dem oberen Diagramm der Abbildung 22.12 zu dem zweiten Punkt von links die Ausbringungsmenge x^iy Zu jedem markierten Punkt wird nun aus dem Ursprung des Diagramms eine gerade Linie gezeichnet. Je steiler ein solcher Fahrstrahl verlauft, desto hoher sind die Durchschnittskosten in dem zugehorenden Punkt der Gesamtkostenkurve - beziehungsweise bei der unter dem Punkt vhegenden Ausbringungsmenge x. Die Steigung des Fahrstrahls zu dem zweiten Punkt von links ist beispielsweise gleich dem Langenverhaltnis aus der senkrechten gestrichelten Linie iiber X(2) und dem horizontalen x-AchsenAbschnitt bis X(2). Ersteres ist aber K(x(2)), zweiteres ist X(2). Die Steigung, das ist hier der Quotient K(x(2))/x(2), entspricht den Durchschnittskosten bei X(2), also k(x(2)). Zu jeder Ausbringungsmenge x laBt sich auf diese Weise die Steigung des Fahrstrahls und damit der Wert der Durchschnittskosten in das untere Diagramm iibertragen. Der Gesamt- und der Durchschnittskostenverlauf konnen nicht sinnvoU in einem Diagramm zusammen dargestellt werden: Zum einen unterscheiden sich ihre MaBeinheiten, zum zweiten klaflfen in der Kegel auch ihre Zahlenwerte weit auseinander. Betragen zum Beispiel die Gesamtkosten der Herstellung von x' = 20 Millionen Stiick eines Produktes K(x') = 50 Milhonen GE^ so hegen die Durchschnittskosten bei k(x') = 2,50 GE/Stuck. Um deutlich zu machen, daB den beiden Diagrammen in Abbildung 22.12 unterschiedhche MaBeinheiten zugrunde hegen, schreibe der Leser die soeben genannten MaBeinheiten an die beiden senkrechten Achsen [jeweils in eckigen Klammem]. Entlang den x-Achsen wird in diesem Beispiel in [Stuck] gemessen.
254
Das Guterangebot der Untemehmen
Abbildung 22.12: Graphische Ermittlung des Durchschnittskostenverlaufs aus dem Gesamtkostenverlauf
K(x<2))4
X(i)
X(2)
X 3)
X(4)
X
k
k(X(2))-
/k(x)
—^
1
Da6 die Durchschnittskosten bei geringen Ausbringungsmengen mit zunehmendem Output zunachst deutlich sinken, liegt an den positiven Fixkosten F = K(0), die der Leser in das obere Diagramm eintragen kann. Diese mtissen auf die produzierte Menge verteilt beziehungsweise umgelegt werden. Der Fixkostenanteil pro Ausbringungsmengeneinheit sinkt mit wachsendem Output. Dieser EfFekt wird als Fixkostendegression bezeichnet. Bei F > 0 fallen die Durchschnittskosten stets zunachst von unendlich her kommend, denn die durchschnittlichen fixen Kosten k^(x) = F/x steigen iiber alle Grenzen, wenn x gegen Null geht. Das heiBt, es gibt bei positiven Fixkosten keinen Schnittpunkt der Durchschnittskostenkurve mit der k-Achse. - Falls die Durchschnittskosten auch bei Fixkosten von null sinken (also bei langfristiger Betrachtung), liegt hingegen ein Effekt vor, der als Skalendegression der Kosten bezeichnet wird
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
255
Sind die Achsen im K(x)-Diagranim mit quantitative!! MeBskalei! versehe!!, so ko!!ne!! die k(x)-Werte durch Aus!!!esse!! sogar i!U!!!erisch ei!!iger!!!a6e!! exakt er!!!ittelt werde!! (vgl. die !!achste Aufgabe 22.8). A!!SO!!Stei! ist bei der Ubertragimg der Fahrstrahlsteigimge!! aus dem obere!! i!! das imtere Diagra!!!!!! !!iir zu beachte!!, daB i!!! k(x)-Diagra!!!!!! eii! Kiirve!!pii!!kt !!ur da!!!! hoher als ei!! anderer liegt, we!!!! bei der betreffe!ide!! Ausbri!!gungsme!!ge auch die zugehorige Fahrstrahlsteigimg i!!i obere!! Diagra!!!!!! grofier ist als die zu de!!! ai!dere!! Pimkt gehore!!de. Ln Falle der Abbildui!g 22.12 liegt beispielsweise die Steigu!!g des Fahrstrahls bei X(4) zwische!! de!! Steigunige!! bei de!! beide!! Me!!ge!! X(2) imd X(3). Deshalb !!!usse!! die Durchsclmittskoste!! k(x(4)) hoher sei!! als k(x(3)), aber geringer als k(x(2)). (Der Leser kai!!! dies deuthcher sehe!!, we!!!! im xmtere!! Diagram!!! die beide!! »rechte!!« Kurve!ipu!!kte auch horizo!!tal auf die k-Achse gelotet werde!!.) OfiFe!!bar gibt es kei!!e!! Pu!!kt auf der Gesa!!!tkoste!!kurve, desse!! Fahrstrahl ei!!e geri!!gere Steigu!ig hat als der uber x^y Das bedeutet, daB dort die Durchscl!!!ittskoste!! ihre!! i!!ii!i!!!alei! Wert k aimehtnei!, wobei k = k(x(3)). Bei!!! Output X(3) liegt so!!!it das Durchschnittskostenminimum. Die zugehorige Ausbri!!gu!!gs!!!e!!ge wird allgemei!! !i!it x'' sy!!!bohsiert. Der Leser schreibe x^ ui!d k a!! die betreffe!!de!! Achse!!pui!kte des u!!tere!! Diagranmis der Abbildu!!g 22.12. Gibt es ei!! solches Durchscl!!!ittskoste!i!!!i!!i!!!U!!!, je!!seits desse!! die Durchscl!!uttskosten wieder i!iit x ai!steige!!, spricht !!!a!! vo!i eiae!!! "U-formige!! Koste!!verlauf'. Diese iibliche Bezeicl!!!ung ist allerdi!!gs etwas irrefthrend, weil ma!! !!!ei!!e!! ko!mte, sie bezoge sich auf die Gesai!!tkoste!!. Tatsachlich bezieht sie sich aber auf die Durchsch!!ittskoste!!. - Das Durchscl!!!ittskoste!!!!!i!!i!!!U!n (sofem es existiert) erhalt !i!ai! auf graphische!!! Wege einfach dadurch, daB !!!ai! ei!!e!i Strahl aus de!!! Koordinate!!urspru!!g vo!! »ui!te!!« her ai! die Gesai!!tkosterJcurve a!!legt. Dort, wo er die Gesa!!!tkosterLkurve beruhrt, hegt das Durchscl!i!ittskoste!!!!!i!!ii!!U!!!. Li der Abbildui!g 22.12 handelt es sich um dei! Strahl, an de!! das Steigu!!gsdreieck eii!gezeich!!et wurde. Der Leser ka!!!! ihn verlangen!, um zu sehe!!, daB er wirklich die Koste!!kurve oberhalb vo!! X(3) tangiert. Ij Aufgabe 22.8: II Aus der Kostenrechnung eines Untemehmens sei der im fblgenden Diagramm dargestellte 11 Zusammenhang zwischen den Gesamtkosten und der Ausbringungsmenge pro Periode beII kannt (Kostenkurve). Ermitteln Sie auf graphischem Wege den numerisch exakten Durch) | schnittskostenverlaufimunteren Diagramm:
Das Gliterangebot der Unternehmen
256
X[St]
k [DM/St] 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 H
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
X[St]
Wir haben gezeigt, wie der Durchschnittskostenverlauf aus der Kurve der Gesamtkosten auf graphischem Wege hergeleitet werden kann. Es ist jedoch auch iimgekehrt moglich, von einer gegebenen Durchschnittskostenkurve auf die Gesamtkostenkurve zu schlieBen. Dazu kann die einfache Tatsache genutzt werden, daB K(x) = xk(x). Der Leser markiere zur Verdeutlichung im unteren Diagramm der vorigen Abbildung 22.12 auf der Durchschnittskostenkurve den Punkt iiber X(2). Die Durchschnittskosten bei dieser Ausbringungsmenge betragen, wie eingezeichnet, k(x(2)). Durch den markierten Punkt, den Koordinatenursprung und die beiden Achsenschnittpunkte X(2) und k(x(2)) wird ein Rechteck aufgespannt, das der Leser nun schrafiBeren moge. Die Flache dieses Rechtecks unter der Durchschnittskostenkurve entspricht den Gesamtkosten K(x(2)) = X(2) • k(x(2)). Dazu wird X(2) als Breite und k(x(2)) als Hohe des Rechtecks interpretiert, und die Flache eines Rechtecks entspricht bekannthch dem mathematischen Produkt aus dessen Breite und Hohe.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
257
In maQchen okonomischen Studien werden auBer U-formigen auch sogenannte Lformige Kostenverlaufe betrachtet. Dabei fallen die Durchschnittskosten zimachst aufgrund der Fixkostendegression, steigen aber, nachdem sie ihr niedrigstes Niveau erreicht haben, nicht mehr an, sondem bleiben bei steigender Ausbringungsmenge konstant. In diesem x-Bereich verlauft die Durchschnittskostenkurve horizontal. Solche L-formigen Verlaufe konnen streng genommen nicht aus der Standard-Kostenflinktion generiert werden. Der Leser kann sich aber uberlegen, wie die Gesamtkostenkurve K(x) verlaufen mu6, damit k(x) eine L-Form aufweist d) Wahrend die Durchschnitts- oder Stiickkosten in der Praxis allgemein bekannt und gebrauchlich sind, ist, wie sich in den folgenden Kapiteln zeigen wird, fur die Herleitung einer optimalen Angebotspolitik von Untemehmen ein anderes Kostenkonzept von weit groBerer Bedeutung, namlich die Grenz- oder Marginalkosten. Grenzkosten sind definiert als der Gesatntkostenzwwac/25, der ausgehend von einer bestimmten Ausbringungsmenge x durch die Erhohung des Outputs um eine (kleine) Mengeneinheit entsteht. Dies entspricht dem Quotient aus Kostenanderung dK und Ausbringungsanderung Sx. Formal stimmt dies mit der Definition einer ersten Ableitung liberein. Deshalb ergibt sich die Grenzkostenfunktion durch DiflFerenzieren der Kostenfimktion: SK(x) xK(x) := — ^ ox
(22.36)
hn Falle der Standard-Kostenfunktion K(x) = cx^ + F ergeben sich die Grenzkosten beispielsweise zu xK(x) = K-c-x^-i
(22.37)
Da die Fixkosten F nicht von der Ausbringungsmenge x abhangen und sie keinen EinfluB auf den hier in Rede stehenden Kostcnzuwachs haben, fallen sie beim DiflFerenzieren weg. Deshalb spielen Fixkosten bei der Betrachtung von Grenzkosten keine RoUe. Der Gesamtkostenzuwchs entspricht somit dem Zuwachs der variablen Kosten: ,'K(X)=;K^(X)
(22.38)
Der interessierte Leser kann wieder fiir den Cobb/Douglas-Fall durch Einsetzen der in (22.32) zusammengestellten Terme fiir c, K und F die Grenzkostenfiinktion fiir die langfiistigen und die kurzfristigen Kosten ermitteln. Graphisch entsprechen die Grenzkosten xK(x) der Steigung der Tangente an einem Punkt der (Gesamt-)Kostenkurve. Deshalb ist es moglich, aus einer gege-
258
Das Guterangebot der Unternehmen
benen Gesamtkostenkurve auf graphischem Wege den Verlauf der Grenzkosten herzuleiten. Wie im Falle der Durchschnittskosten werden dazu einige Piinkte auf der K(x)-Kurve markiert. Daiin werden die Steigungen der Tangenten an diesen Punkten emiittelt (mithilfe von Steigungsdreiecken) iind in ein zweites Diagramm iibertragen. Je groBer die Tangentensteigung bei einer bestimmten Ausbringungsmenge x' ist, desto hoher muB der zugehorige Punkt xK(x') der Grenzkostenkurve liegen; siehe das untere Diagramm in Abbildimg 22.13. Die separate Darstellimg der Grenzkosten ist geboten, weil auch die MaBeinheit der Grenzkosten (zum Beispiel: "zusatzliche Geldeinheiten" je "zusatzliches Stuck", also G£'/Stuck) nicht mit derjenigen der Gesamtkosten (GE) iibereinstimmt. Der Leser versehe wieder die beiden senkrechten Achsen mit den zugehorigen MaBeinheiten [in eckigen Klammem]. Entlang der x-Achse wird in [Stiick] gemessen. - Zudem kann der ZahlenmaBstab verandert werden. Die Steigungen des oberen Diagramms sind hier beispielsweise im MaBstab 4:1 in das untere Diagramm iibertragen worden. Abbildung 22.13: Graphische Ermittlung des Grenzkostenverlaufs aus dem Gesamtkostenverlauf K|
)lK(x')
>^K(X)
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
259
Im dargestellten Fall nehmen die Grenzkosten mit der Ausbringungsmenge zu. Ob die Grenzkostenkurve allerdings einen konkaven, linearen oder (wie in Abbildung 22.13) einen konvexen Verlauf hat, kann im Rahmen einer qualitativen graphischen Analyse nicht ohne weiteres gesagt werden, Nur das Steigungsverhalten der Grenzkostenkurve laBt sich auf die erlauterte Weise begrunden. / Aufgabe 22.9: Welche Grenz- und Durchschnittskostenverlaufe ergeben sich Kostenfunktion, wenn a)K>2, b)K = 2, c ) l < K < 2 , d) K = 1, e) 0 < K < 1 ?
bei
der
Standard-
Die Flache unterhalb der Grenzkostenkurve bis zu einer bestimmten Ausbringungsmenge entspricht den variablen Kosten bei dieser Menge. Der Leser schrafiBere die Flache unterhalb der im unteren Diagramm von Abbildung 22.13 dargestellten Grenzkostenkurve bis zur Ausbringungsmenge x'. Diese Flache entspricht allgemein K^(x') beziehungsweise, im Beispiel der StandardKostenfunktion (22.31), speziell dem Term c-(x')^. Zum AbschluB dieses Abschnitts iiber die Grenzkosten sei noch kurz ein fur die Praxis typischer Fall angesprochen: Kennt man den Verlauf der Kostenkurve nicht, so ist die Ermittlung der Grenzkosten iiber die Tangentensteigung nicht moglich, da diese nicht bestimmbar ist. Haufig ist nur fur einige wenige Ausbringungsmengen die Hohe der Gesamtkosten bekannt. Will man daraus nicht erst die Kostenfiinktion herleiten (z.B. durch Interpolation oder Regression), so konnen die Grenzkosten dennoch zumindest abgeschatzt werden, namlich uber die Sekantensteigung. In der folgenden Abbildung 22.14 ist dies fur den Fall zweier bekannter Output/Kosten-Kombinationen (X(i), K(i)), (X(2), K(2)) dargestellt. Das Verfahren ahnelt dem von Gleichung (21.6) aus dem Kapitel 2.1.2.d).
Das liegt - mathematisch gesehen - daran, daB die Flache unterhalb einer Kurve dem Integral der zugehorigen Funktion entspricht. Das Integral der Grenzkosten entspricht aber den gesamten variablen Kosten. Denn die Integration hebt gleichsam die erste Ableitung xK(x) der Kostenfiinktion K(x) auf. Die durch die Ableitung ^K.{x) weggefallenen Fixkosten konnen durch die Integration nicht mehr eindeutig bestimmt werden; sie treten als unbestimmte Integrationskonstante auf.
260
Das Giiterangebot der Unternehmen
Abbildung 22.14: Ndherungsweise Ermittlung der Grenzkosten aus zwei Datenpunkten
Bekaimt sind hier also nur zwei Punkte einer ansonsten unbekannten Kostenfunktion K(x), fiir die einer von mehreren moglichen Verlaufen in Abbildung 22.14 gestrichelt dargestellt ist. Nach der Definition (22.36) entsprechen die Grenzkosten ^K dem Quotient aus Kostenanderung 9K und Ausbringungsmengenanderung Sx. Deshalb kann ^K im vorliegenden Fall durch die Steigung der Sekante (bzw. Sehne ) zwischen den beiden Kurvenpunkten naherungsweise ermittelt werden:
Ox
K (2)
K (1)
X (2)
^(1)
(22.39)
Bei praktischen Anwendungen dieser Naherungsformel ist darauf zu achten, da6 Sx moglichst klein ist, besonders wenn zu vermuten ist, daB die Kostenkurve eine ausgepragte Krummung aufw^eist. Das skizzierte Verfahren kann durch den Mittelwertsatz der Differentialrechnung gerechtfertigt werden. Angewandt auf den vorliegenden Fall besagt dieser Satz: Zwischen X(i) und X(2) gibt es zumindest eine Ausbringungsmenge, bei der die tatsachlichen Grenzkosten (also die Tangentensteigung an der unbekannten Kostenkurve) den durch die Sekantensteigung (22.39) geschatzten Grenzkosten entsprechen.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
261
e) Die folgende Abbildimg 22.15 gibt einen Uberblick iiber samtliche Zusammenhange, die zwischen den drei zuvor erlauterten Kostenkonzepten bestehen: Abbildung 22.15: Zusammenhange zwischen Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzkosten (Gesamt-)Kosten
K(x)
;K(X) = ;[k(x).x] Durchschnittskosten
Grenzkosten
k(x)
;K(X)
k(x:
_/;K(X)< t)x + F
Die Ermittlung der Durchschnittskosten aus den Gesamtkosten (ganz »linker« Pfeil) und der Grenzkosten aus den Gesamtkosten (ganz »rechter« Pfeil) waren Gegenstand der beiden vorangegangenen Abschnitte dieses Unterkapitels. Da6 die Gesamtkosten sich aus den Durchschnittskosten durch Multiplikation mit x herleiten lassen (zweiter Pfeil von links), wurde bereits erwahnt. Erklarungsbediirftig ist dagegen wohl die Gewinnimg der Gesamtkosten aus den Grenzkosten (zweiter Pfeil von rechts). Dazu muB - mathematisch gesehen - die erste Ableitung wieder ruckgangig gemacht werden. Dies geht mit Hilfe der Integration von xK(x). Durch das Integrieren lassen sich aber nicht die beim Diflferenzieren weggefallenen Fixkosten F wiedergewinnen. Diese miissen deshalb separat als sogenannte Integrationskonstante dazu addiert werden. Sowohl die soeben dargestellten formalen Zusammenhange zwischen Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzkosten als auch die zuvor erlauterte graphische Herleitung und Analyse ihrer Kurvenverlaufe kann auch auf andere Konzepte iibertragen werden. Der interessierte Leser kann versuchen, diese Ubertragung auf
Der mit der Integralrechnung wenig vertraute Leser findet die Gnmdlagen in den einschlagigen Lehrbiichem erklart. Vgl. z.B. G. Gams / P. Westeiiieide: Differential- und Integralrechnung; MiinchenAVien, Kapitel 4. J. Schwarze: Mathematik fur Wirtschaftswissenschaftler; Band 2, Heme/Berlin, Kapitel 15.
262
Das GiJterangebot der Unternehmen
die produktionstheoretischen Konzepte Ausbringung (Ertragskurve), Durchschnittsproduktivitat und Grenzproduktivitat vorzunehmen, wie sie in Kapitel 2.1.2. thematisiert warden. f) Da die Gesamtkosten - allgemein betrachtet - nicht nur von der Ausbringungsmenge, sondem auch von den Faktorpreisen abhangen, gilt dies natiirlich auch fiir die daraus hergeleiteten Grenz- und die Durchschnittskosten. Wir haben die Faktorpreise hier nur der Einfachheit halber als konstant unterstellt, um sie nicht standig in den Funktionsklammem mitfiihren zu mtissen. Eigentlich muBte K(x'/,r), k(x:^,r) und xK(x;^,r) geschrieben werden. Die Kostenflinktionen der hier betrachteten Art gelten folghch nur auf der Grundlage fest vorgegebener Faktorpreise. Bei kurzfristigen Kostenfunktionen stellt zudem der fixe Kapitalbestand c eine exogene KosteneinfluBgroBe dar. Jede Veranderung eines dieser sogenannten Kostenparameter bewirkt eine Veranderung der Kostenfunktionen beziehungsweise eine Verschiebung der Kostenkurven; vgl. die Losungen der Aufgaben 22.4 und 22.6. Steigt der Preis eines variabel eingesetzten Faktors, verschieben sich sowohl die Grenz- als auch die Durchschnittskostenkurve nach »oben«. Die Verteuerung eines fixen Faktors bewirkt dagegen nur eine Verlagerung der Durchschnittskostenkurve nach »oben«, Grenzkosten hangen ja nicht von den Fixkosten ab. Die Auswirkung von Kapitaleinsatzanderungen auf die Verlaufe der Grenz- und Durchschnittskosten kann der Leser in Erweiterung seiner Konstruktion zur Abbildung 22.9 darstellen. g) Da die Durchschnittskosten und die Grenzkosten in der gleichen MaBeinheit [Geldeinheiten pro Mengeneinheit] gemessen werden, konnen sie zusammen in einem Diagramm dargestellt werden. Dazu miissen die in den vorangegangenen Abschnitten c) und d) durchgefiihrten graphischen Analysen simultan vorgenommen werden, das heiBt die Ermittlung der Fahrstrahl- und der Tangentensteigungen in jedem der zuvor markierten Punkte auf der Gesamtkostenkurve. DaB sich Durchschnitts- und Grenzkosten in Abhangigkeit von der Ausbringungsmenge durchaus unterschiedlich verhalten konnen, kann gut am Beispiel einer bodenertragsgesetzhchen Produktionsfunktion (z.B. der Sato-Funktion (21.10)) gezeigt werden, die der Kostenfimktion der folgenden Aufgabe 22.10 zugrunde liegt. Ein solcher Kostenverlauf ist zwar in der industriellen Produktion kaum zu beobachten, bietet aber eine gute Moglichkeit zur Eintibung der zuvor erlauterten graphischen Analysemethoden.
Vgl. Kapitel 2.2.3., insbesondere die Gleichungen (22.21) und (22.29).
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
263
Aufgabe 22.10: Ermitteln Sie graphisch (qualitativ) aus der folgenden Kostenkurve die Verlaufe der Durchschnittskosten und der Grenzkosten.
K
k,xK
Die Losung der vorigen Aufgabe zeigt, da6 die Verlaufe der Grenzkosten und der Durchschnittskosten unterschiedhch, aber nicht voUig unabhangig voneinander sind. In der Tat bestehen zwischen den beiden Funktionen einige logisch zwingende Beziehungen, die bei ihrer graphischen und formalen Handhabung zu beachten sind, um Fehlinterpretationen und falsche SchluBfolgerungen zu
264
Das Giiterangebot der Unternehmen
veraieiden. Im folgenden soil nur der wichtigste dieser Zusammenhange herausgearbeitet werden. Dabei wird einmal mehr deutlich werden, wie durch Anwendimg formaler Hilfsmittel neue und tiefere Einsichten in die logische Struktur eines okonomischen Modells gewonnen werden konnen, die autf anderem Wege nicht oder nur hochst umstandlich zu gewinnen waren. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Grenz- und Durchschnittskosten gehen wir von der Gleichung K(x) = k(x)-x aus. Diflferenziert man beide Gleichungsseiten nach x/ so entsteht die sogenannte Kostengrundgleichung erster Ordnung, welche die gesuchten Beziehungen zwischen Grenz- und Durchschnittskosten allgemein beschreibt:
(22.40)
Unter der realistischen Voraussetzung positiver Durchschnittskosten ( k(x) > 0), konnen daraus unter anderem folgende Schliisse gezogen werden: • Dort, wo die Durchschnittskosten mit der Ausbringungsmenge steigen (also xk(x) > 0), sind die Grenzkosten ^K(x) groBer als die Durchschnittskosten k(x). Denn in (22.40) wird dann zu k(x) noch etwas Positives addiert. Die Grenzkostenkurve verlauft dann oberhalb der Durchschnittskostenkurve. • Dort, wo die Durchschnittskosten konstant sind (also eine horizontal verlaufende Tangente haben bzw. ^k(x) = 0 gilt), sind sie gleich den Grenzkosten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Durchschnittskosten ein Minimum haben. Dort sind Grenz- und Durchschnittskosten gleich hoch, ihre
Eine umfassende Darstellung der logischeti Zusammenhange zvsdschen Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskosten findet der Leser in dem gleichnamigen Beitrag des Verfassers in der Zeitschrift Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1995, Heft 4, Seite 287 - 292. Dieser enthalt auch die im folgenden hergeleitete Kostengrundgleichung, und zwar in Gleichung (7). 2 Die in Empirikum 22.2a) zitierte Untemehmensbefragung von Wied-Nebbeling (1975) ergab unter anderem, daC viele Manager logisch widerspriichliche Ansichten iiber die Kostenverlaufe ihres Unternehmen haben. Unter solchen Umstanden sind vemiinftige, optimale Entscheidungen natiirlich kaum zu erwarten. Genau genommen handelt es sich dabei sogar um eine sogenannte Identitat, da die Gleichheit fiir alle Zahlenwerte von x stets erfiillt ist. "* Vgl. ggf. Abbildung 22.15. Auf der rechten Seite mit Hilfe der Produktregel der Differentiahechnung; vgl. Anhang M.3.b).
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
265
Kurven schneiden sich. Auch im Falle einer in einem bestimmten Mengenintervall horizontal veriaufenden Durchschnittskostenkurve fallt in diesem Intervall die Grenzkostenkurve mit der Durchschnittskostenkurve zusammen. Das ist zum Beispiel bei einem L-foimigen Kostenveriauf der Fall, auf den am Ende des Abschnittes c) hingewiesen wurde. • Dort, wo die Durchschnittskosten (z.B. aufgrund der Fixkostendegression) fallen (also: xk(x) < 0), Uegen die Grenzkosten unter den Durchschnittskosten. Der Leser kann sich den Zusammenhang anhand der Gleichung (22.40) gegebenenfalls auch zahlenmafiig klarmachen, zum Beispiel mit k(x) = 10, x = 100 und xk(x) einmal mit einem positiven Zahlenwert, einmal mit einem negativen und einmal mit xK^) ^ 0- Auch die umgekehrte Argumentationsrichtung ist einleuchtend: Wenn eine zusatzhch produzierte Produkteinheit mehr kostet als die bis dahin produzierten Einheiten im Durchschnitt, dann muB die Produktion dieser zusatzhchen Einheit nattirlich den Durchschnitt erhohen; also: xK > k => xk > 0. Ist dagegen eine zusatzliche Einheit bilhger als der bisherige Durchschnitt, so fuhrt deren Produktion zu einem geringeren Durchschnittswert: xK < k => xk < 0 . Kostet die zusatzhche Produkteinheit genauso viel wie die tibrigen, so andem sich die Durchschnittskosten nicht: ^K = k =^ ik = 0 . Das soeben gewonnene Ergebnis laBt sich formal im folgendem Satz iiber Grenzund Durchschnittskosten zusammenfassen:
xk(x)
> 0 <
<:=>
xK(x)
> k(x) <
(22.41)
Dieser Satz laBt nur Ruckschliisse vom Steigungsverhalten der Durchschnittskostenkurve auf die relative Lage der Grenzkostenkurve zulaBt, nicht aber auf deren Steigungs- oder Krummungsverhalten. Die Losung der Aufgabe 22.10 zeigt beispielsweise, daB im Bereich fallender Durchschnittskosten die Grenzkosten sowohl fallen als auch steigen konnen. Der Leser moge versuchen, analog zum soeben dargestellten Weg zu zeigen, daB der Graph der Grenzkostenfunktion auch durch das Minimum der variablen
Auch fiir die hier nicht betrachtete Kurve der variablen Durchschnittskosten gilt, daB sie in ihrem Minimum von der Grenzkostenkurve geschnitten wird.
266
Das Giiterangebot der Unternehmen
Durchschnittskosten k^(x) := ( K ( x ) - F ) / x verlauft - sofem ein solches existiert. h) Es ist moglich, die Grenzkostenkurve auf graphischem Wege aus einem bekaimten Durchschnittskostenverlauf herzuleiten. Um dies zu zeigen, greifen wir auf die Kostengrundgleichung (22.40) zuriick iind stellen diese wie folgt um: ;K(x)-k(x)
(22.42)
= xk(x)
Diese allgemeingultige Gleichung zeigt, daB bei jeder Ausbringungsmenge x die Steigung xk(x) der-Durchschnittskostenkurve der durch x dividierten Diflferenz zwischen den (unbekannten) Grenzkosten und den Durchschnittskosten entspricht. Diesen formalen Zusammenhang konnen wir nutzen, um auf graphische Weise xK(x) zu ermittehi. Dies wird beispielhaft anhand der folgenden Abbildung 22.16 gezeigt. Dabei ist davon auszugehen, daB zunachst nur die Durchschnittskostenkurve k(x) bekannt ist. Abbildung 22.16: Herleitung der Grenzkostenkurve aus der Durchschnittskostenkurve k,x'K(x)
1
'^^W-,-.
1
. ^ p ^ . ,^^^,^j
\
^1\;K(x')-k(x')
/
!
k(x') J
X~2jxk(x') i
> ^
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
267
Fur jede beliebige Ausbringungsmenge x' erhalt man den zugehorigen Punkt der Grenzkostenkurve xK(x) wie folgt: l.Der txber x' liegende Punkt auf der Durchschnittskostenkurve k(x) wird markiert und horizontal auf die k-Achse gelotet; dort ist die Hohe der Durchschnittskosten k(x') abzulesen. 2. An den Punkt ( x*, k(x')) der Durchschnittskostenkurve wird eine Tangente T angelegt. Deren Steigung ist definitionsgemaB ^ k(x'). 3. Die Tangente T wird nun parallel soweit verschoben, bis sie durch den Punkt k(x*) auf der k-Achse verlauft. Diese verschobene Tangente ist T'; sie hat die gleiche Steigung wie T, namlich ^ k(x'). 4. T' schneidet die senkrechte, gestrichelte Hilfslinie uber x' im Punkt (x\ xK(x'))» also in dem zu x' gehorenden Punkt der gesuchten Grenzkostenkurve. Denn an der Stellex'ist (xK(x') - k(x'))/x' = ik(x'). Auf die hier vorgestellte Weise lassen sich fur beliebig viele weitere Ausbringungsmengen Punkte der Grenzkostenkurve konstruieren, bis deren Verlauf ausreichend genau bestimmt ist. Der Leser kann dies fiir eine beliebige andere Ausbringungsmenge, zum Beispiel x", nachvollziehen.* i) Dem Minimum der gesamten Durchschnittskosten - sofem ein solches existiert - kommt fur das Folgende eine erhebliche Bedeutung zu. Deshalb zeigt das anschlieBende Beispiel 22.5, wie ein bestehendes Durchschnittskostenminimum formal ermittelt werden kann. Hinsichtlich der graphischen Ermittlung wird auf den Abschnitt b) dieses Unterkapitels verwiesen. Zu beachten ist femer der Unterschied zwischen Minimierung der Durchschnittskosten und der Minimalitat des Kostenbudgets (Kosteneffizienz), die hier hei jeder Ausbringungsmenge unterstellt wird.
DaB das hier vorgestellte Verfahren auch im Bereich fallender Durchschnittskosten funktioniert, wird im spateren Kapitel 3.3.2.f) anhand von Durchschnitts- und Grenzerloskurven gezeigt.
268
Das Giiterangebot der Unternehmen
Beispiel 22.5: Ermittlung des Durchschnittskostenminimums bei der StandardKostenfunktion. Aus der in Gleichimg (22.31) definierten Standard-Kostenflmktion K(x) = cx^ + F haben wir in (22.34) und (22.37) folgende Durchschnitts- und Grenzkostenfiinktionen hergeleitet: F k(x) = c-x^-i + —
(1)
xK(x) = K-c-x^-i
(2)
a) Eine erste Moglichkeit, das Minimum der Durchschnittskostenfimktion zu ermitteln, besteht in dem »traditionellen« Verfahrens des NuUsetzens der ersten Ableitimg von k(x): xk(x) = ( K . l ) - c . x - 2 _
1 0
(3)
x^ <=>
(K-I)CX^
=
F
Durch Umstellen der letzten Gleichung nach x ergibt sich die durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge fiir den Fall der Standard-Kostenfunktion: x^^ = .(K-I)C.
"" = ( K - 1 ) ^ -c ^ -F^
(4)
Diese Bestimmimgsgleichung zeigt, daB nur dann ein positiver und damit okonomisch sinnvoUer Wert fiir x^ herauskommt, wenn F > 0 und K > 1, also bei einer kurzfristigen und zudem konvex verlaufenden Kostenfunktion K(x). Die Bedingung zweiter Ordnung fur ein Minimum der Durchschnittskostenfimktion erfi)rdert xk(x^) > 0. Durch Einsetzen von x^ aus (4) in die geft)rderte Bedingung
Vgl. den Abschnitt a) dieses Unterkapitels.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
;k(x)
=
^
269 .
2F
(K-2)-(K-1)-C-X'^-3+ ^
>
0
(K-2)(K-1)C-X'' +
>
0
2F
(5)
ergibt sich: (K
- 2) • ( K - 1 ) • c • (K-l)-C
+ 2F > 0
KF
> 0
(6)
Dies zeigt, da6 die Bedingung zweiter Ordnung im Bereich des Durchschmttskostenminimums erfiillt ist, sofem K und F positiv sind. Da K aber gemafi (4) schon groBer als Eins sein mu6 und wir nur die kurze Frist (also F > 0) betrachten, kaiin die Bedingung zweiter Ordnung im Falle der StandardKostenfunktion stets als erfullt vorausgesetzt werden. Die Hohe der minimalen Durchschnittskosten k bei der Ausbringungsmenge x^ ergibt sich nach dem »traditionellen« Verfahren durch Einsetzen von (4) in (1): K-l
k = k(x^) = c
(K-l).
^
F"^.[(K-1).C]^
(7)
Nach einigen Umformimgen, die der Leser nachzuvoUziehen versuchen soUte, ergibt sich hieraus: K ( K - 1 ) " -c"
F
(8)
Ftir den links stehenden K-Term kann, da es sich hierbei letztlich um eine Konstante handelt, auch einfach Yl^ geschrieben werden, was die Schreibweise von (8) vereinfacht. Beispielsweise ergibt sich fiir K = 1,4 ein Konstantenwert von ni^ = 1,819. b) Eine zweite Moglichkeit zur Ermittlung des Durchschnittskostenminimums eroffiiet der Satz (22.41). Denn nach seiner Aussage stimmen im Minimum der Durchschnittskostenfiinktion die Durchschnittskosten stets mit den Grenzkosten iiberein. Diese Eigenschaft laBt sich fur die Lokahsierung des Minimums nutzen. Durch Gleichsetzen von k(x) mit xK(x) aus (1) und (2) folgt:
270
Das Giiterangebot der Unternehmen
_, C-X^ ^ +
F
!
_.
—
=
K-C-X'^ ^
F = c • x^ • (K - 1)
(9)
[(K-I).CJ
Dies ist das gleiche Ergebnis wie in (4). - Die Hohe der minimalen Durchschnittskosten laBt sich nach dem Satz (22.41) auch tiber die Grenzkostenfunktion eraiitteln: K-l K
k = k(x^) = X(x^)
= K-c-
(K-1).
(10)
Nach einigen Umformungen ergibt sich hieraus die in (8) genannte Berechnungsformel. Beide Wege fiihren demnach zum gleichen Ergebnis. Der zweite Weg ist oft der einfachere, zumal dann, wenn die Grenzkostenfunktion schon gegeben ist. Dann braucht namlich keine Ableitung mehr gebildet zu werden.
D Aufgabe 22.11: EinUnternehmenhabe dieKostenfunktion K(x) = 4x^ +144. Eraiitteln Sie a) durch NuUsetzen der ersten Ableitung von k(x) und b) durch Anwendung des Satzes (22.41), also durch Gleichsetzen von Durchschnitts- und Grenzkostenfunktion, diejenige Ausbringungsmenge x^, bei der die Durchschnittskosten k(x) minimal sind. c) Wie hoch sind die Durchschnittskosten in ihrem Minimum?
Fiir den Fall der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion x = ya"^ c^ woUen wir die Durchschnittskostenverlaufe der kurzen und langen Frist noch einmal direkt betrachten. Die langfristige Gesamtkostenfimktion ergab sich im Beispiel 22.3 in der Gleichung (2). Division durch x fiihrt zu folgender langfristigen Durchschnittskostenfunktion: k^(x)
TT . p a+P . J. a+P . -^ a+p
-1
(22.43)
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
271
Um zu sehen, wie sich die Durchschnittskosten andem, weiin das Outputniveau x langfristig um eine kleine Einheit erhoht wird, mufi k^(x) nach x differenziert 1 1-a-p werden. Die Ableitung ergibt (mit 1 = ): a+p a+p . ,
^k^(x) =
1-a-p
-^
-^
--7-2
l-.n./^+P -r^+P -x^+P a +P '
(22.44)
Das Vorzeichen dieser Ableitung hangt vom Zahler des Bruches ab. Es ist zu erkennen, da6 xk^(x) genau daiin groBer als Null ist, wenn im Zahler a + P < 1 ist (das ist der Fall abnehmender Skalenertrage). xl^^(x) ist kleiner als Null, wenn a + p > 1 (das ist bei zunehmenden Skalenertragen der Fall). Bei konstanten Skalenertragen ist a + p = 1 und xk^(x) in (22.44) ist gleich Null, das heiBt: k^(x) ist konstant tiber alle x. Diese Analyse zeigt, da6 die langfiistigen Durchschnittskosten im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion entweder zunehmen, abnehmen oder konstant sind. k^ (x) kann demnach kein Minimum aufweisen. Die kurzfristige Gesamtkostenflinktion ergab sich in Beispiel 22.4 in der Gleichung (3). Auch hierbei erhalten wir durch Division mit x die zugehorige Durchschnittskostenfunktion fur die kurze Frist: k^(x;c) = / . y ^ - c ^ - x ^
+
(22.45)
Die erste Ableitung dieser Funktion nach x zeigt wieder das Steigungsverhalten bei Variation der Ausbringungsmenge: 1-a xk^(x;c)
= a
- 1 -A 1-2 ^.y oc .c a .xa _
r-c (22.46) x^
Das Vorzeichen dieser Ableitung ist nicht eindeutig, da es zwei Summanden mit unterschiedhchen Vorzeichen gibt (der erste Summand ist stets positiv, da bei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion a annahmegemaB positiv, aber kleiner Eins ist). Die kurzfiistigen Durchschnittskosten konnen folghch in x sowohl abnehmen als auch zunehmen. Wir interessieren uns hier nur fur das Minimum der Durch-
Zu den Skalenertragen vgl. ggf. Kapitel 2.1.3, insbesondere das Beispiel 21.2.
272
Das Giiterangebot der Untemehmen
schnittskosten&nktion (der interessierte Leser kaiin auch das Kruinmungsverhalten naher untersuchen). Ein Minimum von k^(x ;c) erfordert, da6 die erste Ableitung (22.46) null ist: '. ir. X r. xk^(x;c) = 0 <=>
l-oc ^ — -— —2 i-y « .c a .xoc a -1
-A
i-
' 1 "" X^
a l-a =y.
a 1-a
rc x^
r £
r ±+1 -L i '^ ^ a 1-a
a
:^+P
(22.47)
Dies ist im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsftinktion die in der kurzen Frist durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge (ausgedriickt mit den KoeflBzienten der Produktionsfunkion). Der interessierte Leser kann versuchen, auch das zugehorige k zu ermitteln. Es ist: N 1-a
kk
a 1-a.
.j.l-a . ^ - 1 . ^ - 1 .^1-a-p . ^ a
(22.48)
j) Hinsichtlich der drei in diesem Unterkapitel erlauterten Konzepte der GesamtDurchschnitts- und Grenzkosten kann eine Reihe von Elastizitaten ermittelt werden. Sie messen die relative (prozentuale) Abhangigkeit der Kosten von der Ausbringungsmenge und machen Vergleiche zwischen verschiedenen Produktionen und Untemehmen moglich: • Beginnen wir mit der Gesamtkostenelastizitat. Sie gibt an, um wieviel Prozent die Gesamtkosten K = K(x) sich verandem, wenn die produzierte Menge x um ein Prozent erhoht wird:
Vgl. zu einigen der hier dargestellten Kostenelastizitaten auch die ausfuhrliche und detaillierte Betrachtung in L. Pack: Die Elastizitat der Kosten; Wiesbaden, 1966.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
273
Teilt man im rechten Ausdruck Zahler und Nenner durch x, so erscheinen im Nenner die Durchschnittskosten, so daB allgemein gilt:
(22.50)
»(K:x) = «'^<''> k(x)
Die Gesamtkostenelastizitat miBt also letztlich das Verhaltnis von Grenz- zu Durchschnittskosten. Bei der graphischen Analyse (vgl. diefruherenUnterkapitel c) und d)) entspricht die Gesamtkostenelastizitat dem Verhaltnis von Tangentenund Fahrstrahlsteigung. WeiB man also beispielsweise, daB eine zusatzliche Ausbringungseinheit ^K= 120 Geldeinheiten kostet, wahrend die Durchschnittskosten bei k= 100 GE/ME liegen, so nehmen gemaB (22.50) die Gesamtkosten K um 1,2 Prozent zu, wenn x um ein Prozent steigt. Da dieser Quotient aus Grenz- und Durchschnittskosten gemaB der Bedingung (22.41) im Minimum der Durchschnittskosten (also bei xK^) "^ 0) gleich Eins ist, kann man die Bedingung fiir das Vorliegen eines Durchschnittskostenminimums auch mittels der Gesamtkostenelastizitat ausdriicken: xk(x) = 0
<=>
s(K:x)
(22.51)
Das Minimum der Durchschnittskosten liegt demnach bei derjenigen Ausbringungsmenge, bei der die Gesamtkosten eine Elastizitat von Eins haben, bei der also eine einprozentige Ausbringungssteigerung zu einer ebenfalls einprozentigen Produktionskostenerhohung fuhrt.'^ Das Vorzeichen der Gesamtkostenelastizitat hangt vom Vorzeichen der 3
Grenzko'+en xK(x) ab. Da diese in der Regel positiv sind, ist auch s(K:x) zumeist positiv. Das ist formal analog zu Gleichung (21.15), die besagt, daB die Produktionselastizitaten einer Produktionsfunktion dem Quotient aus Grenzproduktivitat und Durchschnittsproduktivitat der Faktoren messen. 2
Das war in Abbildung 22.12 genau dort der Fall, wo der Fahrstrahl die Kostenkurve tangiert. Vgl. auch die Formeln zur graphischen Ermittlung von Elastizitaten im Anhang M.7.g). 3
Negative Grenzkosten konnen nur dann vorliegen, wenn die Gesamtkosten mit zunehmender Ausbringungsmenge sinken. Es gibt nur wenige Falle, in denen dies moglich erscheint. Vgl. W. Kortmann: Zusammenhange zwischen Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskosten; Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1995, Heft 4, Seite 287 - 292.
274
Das Giiterangebot der Untemehmen
• Als nachstes ist die Durchschnittskostenelastizitat zu nennen. Sie gibt an, um wieviel Prozent die Durchschnittskosten k = k(x) = K(x) / x sich verandem, wenn die produzierte Menge x um ein Prozent steigt: n
A
_5k T"
^k
X
x'kx
/oo^o^
Das Vorzeichen der Durchschnittskostenelastizitat ist durch die Steigung ^'k der Durchschnittskostenfunktion bestimmt. Diese kann, wie zuvor gezeigt wurde, positiv, negativ oder null sein, je nachdem, ob k mit x steigt, feUt oder konstant bleibt. Zwischen der Gesamt- und der Durchschnittskostenelastizitat kann wie folgt eine allgemeine Beziehung hergeleitet werden: Greifen wir auf unsere Kostengrundgleichung (22.40) zuriick und teilen beide Gleichungsseiten durch k(x), so ergibt sich: xK(x) _ ^ ^ xKx)-x k(x)
(22.53)
k(x)
Auf der linken Gleichungsseite erkennen wir die Gesamtkostenelastizitat s(K:x) gemafi Gleichung (22.50). Auf der rechten Seite steht neben der Eins die Durchschnittskostenelastizitat s(k:x) nach (22.52). Es gilt somit allgemein: s(K:x) = 8(k:x) + 1
(22.54)
Durch Umstellen nach k(x) zeigt sich entsprechend, daB die Durchschnittskostenelastizitat stets dem um Eins verminderten Zahlenwert der Gesamtkostenelastizitat entspricht. WeiB man also beispielsweise, daB 8(K:x) = 1,2 betragt, wie im vorigen Zahlenbeispiel, so ist nun auch bekannt, daB s(k:x)==0,2 ist. Die Gleichung (22.54) gilt tibrigens auch fiir die variablen Kosten, was der interessierte Leser zu zeigen versuchen soUte. Aus den vorangegangenen Formeln kann noch eine weitere interessante Relation hergeleitet werden; der Leser soUte dies selbst versuchen (nutzen Sie z.B. (22.40), (22.53) Oder (22.54) in Verbindung mit (22.50)): ^K(x) = k(x).[l + 8(k:x)]
(22.55)
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
275
Hier wird eine allgemeine Beziehung zwischen den Grenzkosten iind den Durchsehnittskosten sowie deren Elastizitat beschrieben. WeiB man beispielsweise, da6 die Durchschnittskosten im betrachteten Outputbereich um 1,5 Prozent steigen, wenn die Ausbringungsmenge um ein Prozent erhoht wird, so zeigt (22.55), daB dann die Grenzkosten beim 2,5-fachen der Durchschnittskosten hegen. • Wegen der herausragenden Bedeutung der Grenzkosten fur die optimale Angebotsplanung des Untemehmens empfiehlt sich auch die Definition der Grenzkostenelastizitat. Sie gibt an, um wieviel Prozent sich die Grenzkosten x'K = xK(x) verandem, wenn die Ausbringungsmenge um ein Prozent zunimmt:
, .^
.
xK
9xK
X
xKx
/oo ^/;\
X
In der rechten Darstellungsform kommt neben der ersten Ableitung x'K auch die zweite Ableitung ^K der Gesamtkostenfunktion vor. Bei positiven Grenzkosten hangt das Vorzeichen der Grenzkostenelastizitat folglich von der durch ^K gemessenen Krummung der Gesamtkostenkurve K(x) ab: Verlauft diese konvex (x'K > 0), so ist 8(xK:x) positiv; verlauft K(x) konkav (^K < 0), dann ist s(xK:x) negativ. Ist die Gesamtkostenfunktion linear (^K = 0), so ist die Grenzkostenelastizitat null. • Eine weitere Kostenelastizitat bezieht sich auf die variablen Kosten K^ = K^(x). Sie gibt an, um wieviel Prozent sich die gesamten variablen Kosten verandem, wenn ein Prozent mehr an Output produziert wird: dK^ s(KV:x) : = ^ Sx
= ^
. bx
^ K^
= ^ ^ - ^ K^
(22.57)
X
Da die variablen Kosten allgemein den Gesamtkosten abzuglich der Fixkosten entsprechen, ist xK^(x) = ^K(x) , und es gilt: s(K^:x)
xK(x).x KV(x)
Im spateren Kapitel 2.3.2 wird gezeigt, dafi die Grenzkostenelastizitat dem Kehrwert der Preiselastizitat des Angebots entspricht.
276
Das Giiterangebot der Unternehmen
Wird nun der rechte Bruch im Zahler imd Nenner mit 1/K(x) erweitert, so entsteht im Zahler die Formel der Gesamtkostenelastizitat nach (22.49), und es ergibt sich nach Multiplikation mit K^ die folgende allgemeingiiltige Beziehimg (der Leser voUziehe dies nach): K^(x) . s(K^ : x) - K(x) • s(K: x)
(22.58)
Bei bekannten Gesamtkosten und variablen Kosten erlaubt die Gleichung (22.58) beispielsweise die einfache Berechnung einer der beiden Elastizitaten, wenn man den Zahlenwert der jeweils anderen kennt. Schreibt man (22.58) als Quotient, so besagt die Gleichung: Das Verhaltnis von variablen zu gesamten Kosten entspricht dem umgekehrten Verhaltnis ihrer Elastizitaten. • Fiir den Fall einer Produktion, die durch eine homogene Produktionsfimktion (mit dem Homogenitatsgrad ft) beschrieben werden kann, ergaben sich die langfristigen Gesamtkosten in Gleichung (22.23) zu K^(x) = cx^^^. Durch Anwendung der Gleichung (22.49) kann der Leser nachweisen, daB sich daraus die Gesamtkostenelastizitat s(K^:x) = l/ti errechnen laBt. Nach Gleichung (21.20) entspricht bei homogenen Produktionsfunktionen der Homogenitatsgrad h der Skalenelastizitat 8(x:6). Daraus folgt, daB die Elastizitat der langfristigen Kosten dem Kehrwert der Skalenelastizitat entspricht:
s(K^:x) =
s(x: 6)
(22.59)
Es kann gezeigt werden, daB die Gleichung (22.59) tatsachlich allgemein, also nicht nur fiir homogene Produktionsfunktionen gilt. Sie stellt eine hilfreiche Moglichkeit dar, von der formalen Modellierung der Kostenstruktur eines Untemehmens auf dessen Produktionsstruktur zunickzuschlieBen. Hat man beispielsweise ermittelt, daB die Elastizitat der langfristigen Kosten s(K^:x) = 0,8 betragt, so laBt sich aus (22.59) auf eine Skalenelastizitat von s(6:x) = 1,25 schlieBen, was bekannthch auf zunehmende Skalenertrage in der Produktion hinweist. Es sei auch nochmals daran erinnert, daB nach dem Wicksell/JohnsonTheorem (21.22) die Skalenelastizitat stets der Summe aller Produktionselastizitaten der Einsatzfaktoren entspricht. Der Leser verdeutliche sich diese Zusammenhange nochmals anhand der Daten des folgenden Empirikums 22.3:
Wgl. Kapitel2.1.3.d).
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
277
Empirikum 22.3: Die folgende Tabelle zeigt einjge mittels statistischer Verfahren ermittelte Zahlenwerte fiir die Elastizitaten der langfristigen Gesamtkosten einiger ausgewahlter westdeutscher Wirtschaftszweige: Industriezweig
SCK'IX)
Chemie
0,749
Kunstoflverarbeitung
0,928
Gummiverarbeitung
0,834
Steine und Erden
0,858
Keramik
0,663
Glasverarbeitung
0,943
Nichteisenmetalle
0,789
Giel^ereien
0,656
Ziehereien, Walzwerke etc.
0,873
Maschinenbau
0,857
Elektrotechnik
0,677
Feinmechanik, Optik etc.
0,626
Eisen, Blech, Metallwaren
0,736
Musikinstrumente, Spielwaren etc.
0,834
Papiererzeugung
0,859
Papierverarbeitung
1,007
Druckereien und VervielfSltigungen
0,943
Textil
0,880
Bekleidung
0,883
Quelle: Steiner, V.: Gewinnmargen, Skalenertrage und Untemehnnenskonzentration im Verarbeltenden Gewerbe der Bundesrepublik Deutschland; in: Stmkturtheorie und Strukturforschung; hrsg. von E. v. Boventer et al., Tubingen, 1992, S. 68.
Beispiel 22.6: Kostenelastizitdten bei der Standard-Kostenfunktion. Bei der Standard-Kostenfunktion K(x) = cx'^ + F sind bekanntlich cx^ die variablen Kosten K^x) und F die Fixkosten. Die Durchschnittskostenfunktion lautet k(x) = c-x^"^ + F/x und die Grenzkostenfunktion x K(x) = KCX^"^ a) Damit ergibt sich die Elastizitat der variablen Kosten nach (22.57) zu: 8(K^:x)
xK^(x)-x K-(x)
KCX^ ^ X =
CX'
K
(1)
Der Exponent K der Standard-Kostenfunktion entspricht demnach der Elastizitat der variablen Kosten. Da diese unabhangig von x stets den gleichen Zahlenwert hat, ist K^(x) isoelastisch in x.
278
Das Guterangebot der Unternehmen
Angewendet auf die Daten des Empirikums 22.2a) bedeutet dies, da6 bei der Mehrzahl der Industrieuntemehmen wegen K < 1 eine Erhohung der Ausbringimgsmenge um ein Prozent zu einem Anstieg der variableni Kosten um weniger als ein Prozent fuhrt. Das Empirikum 22.3 bestatigt dies fur die meisten Wirtschaftszweige. Im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion ist K = l/(a+p), wie in (22.32a) gezeigt wurde. Die Gleichung (1) gilt allerdings auch in der kurzen Frist. Im Cobb/Douglas-Fall ist dann K = 1/a. b) Fiir die Elastizitat der gesamten Kosten gilt bei der Standard-Kostenfunktion nach der allgemeinen Beziehung (22.58): s(K:x)
=
K^(x) ---K K(x)
(2)
Die Elastizitat K der variablen Kosten aus (1) wird also noch mit dem Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten gewichtet. Je hoher dieser Anteil ist, desto naher liegt der Wert von 8(K:x) an K. Insbesondere zeigt (2) auch, da6 die Gesamtkostenelastizitat nicht grolJer als K sein kann, weil ja stets K^(x) < K(x). c) Ftir die Elastizitat der Durchschnittskosten der Standard-Kostenfunktion folgt mit Gleichung (22.54) und durch Einsetzen der Gleichung (2): s(k:x) = s(K:x) - 1 =
K^(x) - - K-1 K(x)
(3)
Im Falle K = 1 (lineare Kostenfunktion) gilt wegen K(x) = K^(x) + F speziell: s
^
(4)
Der Leser voUziehe dies nach. Bei linearen kostenfimktionen entspricht die Durchschnittskostenelastizitat dem negativen Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten. d) Fiir die Grenzkosten der Standard-Kostenfunktion ergibt sich schlieBlich die Elastizitat: s(xK:x) =
X K(x) • X
. xK(x)
=
( K - 1 ) • K • c • x^"^ • X
K-c-x^ ^
= K-1
(5)
In der langen Frist stimmen die variablen Kosten mit den Gesamtkosten iiberein, weil es ja keine Fixkosten gibt.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
279
Die Grenzkostenelastizitat ist demnach bei der Standard-Kostenfimktion stets um Eins geringer als die Elastizitat der variablen Kosten.
n
Da wir in den nachfolgenden Kapiteln haufig beispielhaft auf die StandardKostenfimktion zumckkommen werden, ist es empfehlenswert, die im obigen Beispiel gewonnenen Erkenntnisse parat zu haben. Die ft)lgende Aufgabe ermoglicht eine erste Einubung: Aufgabe 22.12: Ein Unternehmen habe die Kostenfiinktion K(x) = 4x^ +144. Ermitteln und interpretieren Sie die Zahlenwerte der folgenden Kostenelastizitaten bei der Ausbringungsmenge x = 2: a)8(KV:x), b)s(K:x), c) s(k:x), d)s(xK:x)
2.2.5. Investitionen und kostenoptimale BetriebsgroBe a) Im Kapitel 2.2.3.f) wurden bereits die grundsatzlichen Auswirkungen von Veranderungen des Kapitaleinsatzes auf die kurzfiistige Kostenfiinktion dargestellt. Diese Uberlegungen soUen nun vertieft und weitergefiihrt werden. Erhohungen des produktiven Kapitalbestandes c werden als Investitionen bezeichnet, Verringerungen heiBen Desinvestitionen. Die davon ausgehenden Wirkungen auf die Lage der Ertragskurve bei partieller Variation der Einsatzmenge des Faktor Arbeit zeigte die Abbildung 21.7. Durch Investitionen verschieben sich auch die kurzfiistigen Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskostenkurven. Wir haben schon gesehen (siehe Abbildung 22.10), da6 die kurzfiistige Gesamtkostenkurve K(x;c) bei Kapitaleinsatzanderungen die langfiistige Kostenkurve »entlangrutscht«. Das gleiche gilt fiir die Durchschnittskostenkurven, was der Leser anhand des in Kapitel 2.2.4.c) beschriebenen Verfahrens nachpriifen moge. Jede kurzfiistige Durchschnittskostenkurve hat in der Kegel einen Punkt mit der langfiistigen Durchschnittskostenkurve gemein; letztere ist deshalb die untere Einhullende (Enveloppe) der Schar aller kurzfiistigen Durchschnittskostenkurven. b) Ob und inwieweit ein Unternehmen durch die Vomahme kapitalerhohender Investitionen das Minimum der kurzfiistigen Durchschnittskosten (x^ , k ) nach »unten« und/oder nach »rechts« verlagem kann, hangt vom Verlauf der langfiistigen Durchschnittskostenkurve ab. Deren Verlauf ist aber durch die
280
Das Guterangebot der Unternehmen
Skalenertrage der Produktion bestimmt; vgl. Kapitel 2.2.4.i), insbesondere Gleichung (22.44): • Bei konstanten Skalenertragen bewirken Investitionen nur eine Erhohung der kostenminimierenden Ausbringungsmenge x'", wahrend die Hohe der minimalen Durchschnittskosten k gleich bleibt. • Bei abnehmenden Skalenertragen bewirken Investitionen auch eine Erhohung von x^ , aber gleichzeitig steigt k . • Bei zunehmenden Skalenertragen bewirken Investitionen ebenfalls eine Erhohung von x^ , zudem sinkt dadurch aber k . Es fallt auf, daB - auBer im Falle konstanter Skalenertrage - die Minima der kurzfristigen Durchschnittskosten nicht mit den Beriihrungspunkten von kurzfristigen Kurven und langfristiger Kurve iibereinstimmen. Dies hat weitreichende Konsequenzen fiir die Produktions-, Investitions- und Angebotspolitik des Untemehmens, ebenso fur die Situation und Entwicklung des Marktes insgesamt. Betrachten wir zur Erlauterung der obigen Aussagen die folgende Abbildung 22.17, in welcher der besonders interessante Fall zunehmender Skalenertrage - und somit abnehmender langfristiger Durchschnittskosten - dargestellt ist. Nimmt das betrachtete Unternehmen ausgehend vom Kapitalbestand c' Investitionen vor, durch die der Kapitaleinsatz auf c" und weiter auf c'" erhoht wird, so fiihrt dies nach dem zuvor Gesagten zu einer Verlagerung der kurzfristigen Kostenkurve. Die langfristigen Kostenkurve verschiebt sich nicht, da sie ja nur von der verwendeten Produktionstechnologie abhangt, die wir hier als konstant unterstellen. Um die Ausbringungsmenge X(2) zu langfristig minimalen Durchschnittskosten zu produzieren (d.h. bei totaler Faktorvariation), muB das Unternehmen die Kapitalmenge c" einsetzen. Jeder kleinere (z.B. c') oder groBere (z.B. c"') Kapitaleinsatz fiihrt zu einer kurzfiistigen Durchschnittskostenkurve k^(.) die bei X(2) oberhalb der langfiistigen hegt und somit auch hohere Durchschnittskosten als k(x(2)) mit sich bringt. Das sieht der Leser in der Abbildung 22.17, wenn senkrecht iiber X(2) etwa die beiden Punkte der Kurven k^(x,c') und k^(x,c") betrachtet werden.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
281
Abbildung 22.17: Kurz- und langfristige Gesamt- und Durchschnittskostenverldufe bei zunehmenden Skalenertrdgen. K K'(x,c') K^x.c")
X(1)
X(2)
X,3,
K\x,€")
282
Das Giiterangebot der Unternehmen
Auch wenii die Ausbringungsmenge X(2) mit dem Kapitaleinsatz c" zu geringeren Durchschnittskosten hergestellt werden kaiin als mit jedem anderen c, so sind doch die kurzfristigen Durchschnittskosten k(x;c") bei x^2) nicht minimal in Bezug auf die Ausbringungsmenge. Das Minimum hegt bei x^y Erhoht das Unternehmen also kurzfiistig (d.h. bei gleichem Kapitaleinsatz c") den Output, so kann es bis zur Menge X(3) seine^ Durchschnittskosten noch unter das Niveau k(x(2)) senken. Der Leser kann die Hohe der minimalen Durchschnittskosten, k^c") links neben den freien Skalenstrich auf der k-Achse schreiben. Wtirden sich die Absatzmoglichkeiten des Untemehmens aber dauerhaft auf XQ) erhohen, so lieBen sich die Durchschnittskosten bei X(3) noch weiter senken, namlich auf k(x(3)). Dazu miiBte der Kapitaleinsatz auf c'" erhoht werden. c) Bei zunehmenden Skalenertragen in der Produktion nehmen die langfristigen Durchschnittskosten durchgehend, fur alle Outputniveaus x ab. Nun entstehen aber in jedem Unternehmen auBerhalb des Bereiches der eigenthchen Leistungserstellung (Betrieb) zusatzliche Kosten, zum Beispiel durch Administration, Fuhrung, Liformation, KontroUe, Koordination sowie Transporte von Input- und Outputgutem. In der kurzen Frist konnen diese Kosten den Fixkosten zugerechnet werden. Langfiistig wachsen die nicht-betriebsbedingten Zusatzkosten hauptsachlich mit der Hohe des ArbeitsauRvandes a und - da dieser tiber die Produktionsfunktion in fester Relation zur Ausbringungsmenge steht - mit der Hohe des Outputs X. Wir beschreiben die gesamten Zusatzkosten innerhalb einer Produktionsperiode durch folgende Potenzfunktion: Kf (x) = a • xi+^
(22.60)
Demnach sind die durchschnittlichen Zusatzkosten: kf (x)
= a • x^
(22.61)
Die gesamten langfristigen Durchschnittskosten sind dann, wenn der betriebsbedingte Anteil k|(x) wieder durch eine Standard-Kostenfimktion gemaB (22.34) beschrieben wird: k^(x) = k^(x) + kl(x) ^ c • x^-i + a-x^^
2
(22.62)
Die Fimktionskoeffizienten sind wieder grofier oder gleich Null. Die durchschnittlichen fixen Kosten sind in der langen Frist null, weil es langfiistig keine Fixkosten gibt.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
283
Im Falle znnehmender Skalenertrage ist K < 1 und der linke Summand sinkt mit steigendem x, wogegen der rechte mit x groBer wird; siehe folgende Abbildimg 22.18. Die gesamten langfristigen Durchschnittskosten weisen ein Minimum auf: Abbildung 22.18: Langfnstige Durchschnittskosten als Summe aus betriebsbedingten und zusdtzlichen Kosten
keCx)
Zur Ermittlung des Minimums von (22.62) mu6 die erste Ableitung von k^ nuUgesetzt werden: ^k^(x) = ( K - 1 ) - C - X ^ - 2 <^
+ ay-x^-i ^ 0
a • y • x^ =( l - K ) - C - X ^ - l
<=>
a-y 1
<»
x^' =
(I-K)C
a y
l+Y~i^
(22.63)
Dieses Minimum der langfristigen Durchschnittskosten ist die langfiistig optimale BetriebsgroBe des Untemehmens. Jenseits von x^^ werden die technologiebedingten GroBenvorteile (sog. economics of scale) durch die administra-
284
Das Giiterangebot der Untemehmen
tionsbedingten GroBennachteile (sog. diseconomies of seale) iiberkompensiert. Jedes Untemehmen hat eine optimale BetriebsgroBe. In der Reahtat haben Untemehmen allerdings Anreize, iiber ihre optimale BetriebsgroBe hinaus zu wachsen. So erhoht GroBe das Prestige der Manager, schaflft Marktmacht gegentiber Kunden, Lieferanten iind Mitanbietem und erlaubt es auch, dem Staat tiberteuerte Kaufe, Subventionen und imtemehmensfreundUche Gesetze »abzupressen«. Diese gesamtwirtschafthch hochst bedenklichen Auswtichse tiberzogenen Wachstumsstreben sind allerdings nicht Gegenstand dieses Buches. der interessierte Leser wird auf die Literatur verwiesen. Empirikum 22.4 Die folgende Tabelle zeigt Schatzungen der optimalen Betrlebsgrolle (speziell: der mindestoptimalen technischen BetriebsgroRe) fur einige Wirtschaftszweige beziehungsweise Produktgruppen. Personenkraftwagen
500 Tausend Einheiten/Jahr
Lastkraftwagen
200 Tausend Einheiten/Jahr
Ackerschlepper
100 bis 120 Tausend Einheiten/Jahr
Mahdrescher
20 Tausend Einheiten/Jahr
Motorrader
200 Tausend Einheiten/Jahr
KiJhl- und Gefrierschranke
1,5 Millionen Einheiten/Jahr
Reifen
9 Millionen Stuck/Jahr
Farbfemsehgerate
1,3 bis 2,2 Millionen Stuck/Jahr
Videorecorder
0,8 bis 1,0 Millionen Stuck/Jahr
Digitale Telefonvermittlungseinrichtungen
0,4 bis 0,5 Millionen AnschluBeinheiten/Jahr
Mineralolprodukte
10 Millionen Tonnen/Jahr
Chemische Grundstoffe -Athylen
0,5 Millionen Tonnen/Jahr
- Ammoniak
0,55 Millionen Tonnen/Jahr
- Schwefelsaure
0,35 Millionen Tonnen/Jahr
Stahl - Integriertes Huttenwerk
9,6 bis 12 Millionen Tonnen/Jahr
- Ministahlwerk
0,7 bis 0,8 Millionen Tonnen/Jahr
Zement
1,3 Millionen Tonnen/Jahr
Bier
2,8 Millionen Hektoliter/Jahr
Zigaretten
70 Milliarden Stuck/Jahr
Regionale Abonnementszeitungen
150 bis 180 Tausend Exemplare/Tag
Quelle: Sechstes Hautgutachten der Monopolkommission 1984/85, S. 265.
2.2. Okonomische Produktionsbedingungen
285
d) Da bei der optimalen BetriebsgroBe des Untemehmens (x^^ ) das Minimum seiner gesamten langfiistigen Durchschnittskosten liegt, miissen dort nach dem Satz (22.41) die langfiistigen Grenzkosten iK^(x) den minimalen Durchschnittskosten k^ entsprechen. Zudem erreicht bei dem langfiistig optimalen Kapitaleinsatz, bezeichnen wir ihn als c*, dort auch eine kurzfi-istige Durchschnittskostenkurve k^(.) ihr Minimum und wird ihrerseits von der zugehorigen kurzfiistigen Grenzkostenkurve xK^(.) geschnitten; siehe Abbildung 22.19. Im sogenannten Betriebsoptimum (x^^ ,k^) gilt daher: ^K^(x^O = k^(x^O = k^ = kk(x^^;c*) =
iK^(x^^-y)
(22.64)
Abbildung 22.19: Betriebsoptimum
Solange ein Untemehmen seinen Kapitaleinsatz noch nicht festgelegt hat, also in der langen Frist (totale Faktorvariabilitat), sind fiir es die langfiistigen Kostenkurven relevant. Hat das Untemehmen indes seinen Kapitaleinsatz gewahlt, dann operiert es bei Outputanderungen entlang der kurzfiistigen Kostenkurven. Speziell nach Erreichen der optimalen BetriebsgroBe sind durch Kapitaleinsatzanderungen auch langfiistig keine Kostensenkungen mehr moglich.
Die langfristige Durchschnittskostenkurve wird in diesem Zusammenhang auch als Plankostenkurve bezeichnet.
286
Das Guterangebot der Untemehmen
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
Bevor wir nun zu dem zentralen Gegenstand der mikrookonomischen Unternehmenstheorie kommen ist es sinnvoll, noch einmal kurz die Hauptresultate der bisherigen Betrachtimgen hervorzuheben. Im Kapitel 2.1. ging es darum, jene Faktoreinsatzmengenkombinationen (a,c) herauszufinden, die es erlauben, auf technologisch effiziente Weise irgendeinen vorgegebenen Output x zu produzieren. Das Ergebnis war das Konzept der Isoquante: Fiir jede Ausbringungsmenge gibt es eine Isoquante, die alle Faktorenbiindel (a,c) umfaBt, mit denen x efiSzient, das heiBt mit dem geringstmoglichen Faktoreinsatz hergestellt werden kann. Das ist zwar ein wichtiges, ja unverzichtbares Ergebnis, aber ein Untemehmen mochte nattirlich gem wissen, mit welcher der unzahligen Faktoreinsatzmengenkombinationen einer Isoquante eine bestimmte Ausbringungsmenge "am besten" produziert werden kann. Die Antwort darauf fanden wir in Kapitel 2.2. durch Einfiihrung des Konzeptes der Kosten. Es wurde davon ausgegangen, da6 von den Faktorenbtindeln einer Isoquante genau dasjenige eingesetzt werden soUte, welches die Gesamtkosten der Produktion der vorgegebenen Ausbringungsmenge minimiert. Bei langfristiger Anpassungsfahigkeit ist das die Minimalkostenkombination (a^ , c^), bei kurzfristig unveranderlichem Kapitaleinsatz c ist der erforderhche Arbeitseinsatz durch die Faktoreinsatzfimktion a(x,c) bestimmt. In jedem Fall gibt es auf jeder Isoquante, das heiBt fur jede mogliche Ausbringungsmenge, eine kurz- oder langfristig kostengunstigste Faktoreinsatzmengenkombination. Die Hohe der zur Produktion einer Ausbringungsmenge x mindestens aufzuwendenden Kosten wird fur alle moghchen x durch die (Gesamt-)Kostenftinktion K(x) beschrieben. Sie war das Hauptergebnis des vorangegangenen Kapitels 2.2. Aber auch mit diesem wichtigen Resultat ist die Angebotsplanung eines Untemehmens aber noch nicht voUstandig modelhert. Denn es kann damit noch nicht gezeigt werden, welche der vielen moglichen Ausbringungsmengen x das Untemehmen denn herstellen und anbieten soil, welches also die aus der Sicht des Untemehmens optimale Angebotsmenge ist. Diese Frage ist im Rahmen der Kostentheorie nicht zu beantworten. Die einzige eindeutig bestimmbare Ausbringungsmenge war dort die durchschnittskostenminimierende (sofem ein Durchschnittskostenminimum) iiberhaupt existiert). In der Tat vermittehi Unternehmer haufig den Eindmck, es ginge ihnen vorrangig um die Realisierung moghchst geringer "Stuckkosten". Wir werden jedoch schon bald sehen, da6 die
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
287
durchschnittskostemmnimierende Ausbringimgsmenge in der kurzen Frist meist nicht die eigentlich optimale Menge ist. Deren Ermittlimg gehen wir nun in diesem Kapitel2.3. nach. Damit die Darstellimg nicht durch die Berucksichtigung von Fertigwarenlagem erschwert wird, wird im folgendeii davon ausgegangen, da6 die von dem betrachteten Untemehmen produzierte Gutsmenge umgehend und voUstandig abgesetzt beziehungsweise verkauft wird. Etwaige Lagerbestande werden mithin als unverandert betrachtet. Diese Voraussetzung, daB die Ausbringungsmenge der Absatzmenge entspricht, schrankt die Allgemeinheit der entwickelten Aussagen nicht wesenthch ein.
2.3.1. Gewinnmaximierende Ausbringungsmenge a) Um herieiten zu konnen, welcher Output fiir ein Untemehmen optimal ist, mu6 ein Untemehmensziel vorgegeben sein. Diejenige Produktmenge, mit der dieses Ziel am besten erreicht wird, ist dann die gesuchte optimale Angebotsmenge. In der Wirtschaftstheorie wird zumeist davon ausgegangen, daB Untemehmen darauf abzielen, ihren Gewinn zu maximieren (Gemnnmaximierungshypothese). Dies ist in der Tat auch das in der Realitat vorherrschende Untemehmensziel. Zu 2
ermitteln ist im folgenden somit die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge. Zur Ermittlung des Gewinns miissen den Kosten der Produktion die Erlose des Giiterverkaufs gegeniibergestellt werden. Dadurch finden nun die Absatzbedingungen des Untemehmens Eingang in das Modell. b) Der Erlos E ist definiert als das mathematische Produkt aus der abgesetzten Gutsmenge x und den durch das Untemehmen realisierten Einnahmen pro Gutseinheit. Diese Einnahmen pro Mengeneinheit des Gutes werden auch als Stuck- Oder Durchschnittserlos bezeichnet. Der Durchschnittserlos entspricht dem Preis p des Gutes, sofem dieser - was wir hier der Einfachheit halber unterstellen woUen - keine an den Staat abzufiihrenden Steuem (z.B. Mehr-
1 Empirische Untersuchungen von Wied-Nebbeling ergaben im Jahre 1983, daB 79 Prozent der befragten Industrieuntemehmen Gewinnziele verfolgen (1971 waren es noch 68 Prozent gewesen), wobei 34 Prozent ausdriicklich Gewinnmaximierung als Ziel nannten. Vgl. S. Wied-Nebbeling: Das Preisverhalten der Industrie; Tubingen, 1985, S. 34, 36. 2 Andere Untemehmensziele werden im spateren Kapitel 4.1.3. thematisiert.
288
Das Giiterangebot der Unternehmen
wertsteuer) enthalt. In Abhangigkeit von der Absatzmenge x lautet somit die Erlosfunktion im einfachsten Fall: E(x) := p-x
(23.1)
c) Da die Erlose ebenso wie die Kosten als abhangig von der Ausbringungsbeziehimgsweise Absatzmenge x betrachtet werden, hangt auch der Gewinn G, der als die Diflferenz zwischen Erlosen und Kosten definiert ist, von x ab: G(x) := E(x) - K(x)
(23.2)
Die beiden Komponenten der Gewinnfiinktion reprasentieren das Entscheidungsfeld des Untemehmens: Die KostenfUnktion beschreibt gleichsam das »Innere« des Untemehmens, namlich die Produktions- und Kostenbedingungen, wahrend die Erlosfunktion das »Au6ere« des Untemehmens, also die Absatzbedingungen okonomisch beschreibt. Da K annahmegemaB auch kalkulatorische Kosten wie den Untemehmerlohn und die Eigenkapitalverzinsung enthalt, 1 handelt es sich bei dem in (23.2) definierten Gewinn G um den liber die voUstandige Kostendeckung hinausgehenden ErlostiberschuB (sog. surplus profit). Dies hat zur Folge, da6 ein Unternehmen auch bei G = 0 dauerhaft als Anbieter tatig sein kann, weil seinen Eigentumem ja ihre Arbeitskraft und ihr eingebrachtes Kapital »angemessen« entgolten werden. Fiir spatere Zwecke definieren wir hier noch den Durchschnittsgewinn (oder: Gewinn pro Stiick) als Gesamtgewinn bezogen auf die Absatzmenge: 8(x) := ^
(23.3)
d) GemaB der Gewinnmaximierungshypothese versucht das Unternehmen die DilBFerenz zwischen Erlosen und Kosten zu maximieren. Ein Maximum der Gewinnfiinktion G(x) setzt notwendig voraus, daU die erste Ableitung null ist (sog. Bedingung erster Ordnung): ,'G(x) = ,'E(x) - ^•K(X) = 0
(23.4)
Die erste Ableitung der Kostenfiinktion entspricht nach der Definitionsgleichung (22.36) den Grenzkosten. Analog dazu ergibt die erste Ableitung der Erlosfimktion den Grenzerlos. Der Grenzerlos ist der Einnahmenzuwachs, den das Unter-
1 Vgl. Kapitel2.2.1.a). Denn die erste Ableitung miBt die Steigimg, und in einem Maximum ist die Steigung null.
2
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
289
nehmen beim Absatz einer zusatzlichen Mengeneinheit des Produktes fur sich realisiert. Entsprechend kann xG(x) als Grenzgewinn bezeichnet werden. Ein Maximum des Gewimis setzt voraus, da6 der Grenzgewinn null ist. Mit den so definierten Grenzgrofien kann die Bedingung erster Ordnung fur ein Gewinnmaximum (23.4) auch in der folgenden gangigen Form geschrieben werden: ,'E(x) = ^K(x)
(23.5)
Dies ist die nach ihrem Entdecker benannte Cournot-Bedingungi. Sie besagt, daB im Gewinnmaximum der Grenzerlos gleich den Grenzkosten sein mu6. Ein gewinnmaximierendes Untemehmen erhoht die Produktion soweit, bis die (produktionsbedingten) Grenzkosten dem (marktbedingten) Grenzerlos entsprechen. Denn solange die Grenzerlose hoher als die Grenzkosten sind, also ein positiver Grenzgewinn xG(x) vorliegt, bringt eine zusatzlich produzierte und abgesetzte Gutseinheit einen Gewinnzuwachs. Kostet dagegen eine zusatzliche Mengeneinheit mehr als sie an Erloszuwachs bringt, so wird ein Untemehmen diese Einheit nicht mehr bereitstellen, weil sie den realisierten Gewinn verringem wiirde. Da es sich bei (23.5) um eine notwendige Bedingung fiir ein Maximum von G(x) handelt, gilt: Wenn die Coumot-Bedingung nicht erfiillt ist, dann liegt sicher kein Gewinnmaximum vor. Da dies fiir alle nach Gewinnmaximierung strebenden Untemehmen gilt, auch unabhangig von den Marktbedingungen, ist die CoumotBedingung eine der wichtigsten Gleichungen der Mikrookonomik. Da die Fixkosten bei der Herleitung der Grenzkosten wegfallen (die erste Ableitung einer Konstanten ist ja null), kann in der Coumot-Bedingung (23.5) statt xK(x) auch xK^x), also die erste Ableitung der variablen Kosten geschrieben werden. Fixkosten haben demnach keinen EinfluB auf die gewinnmaximierende
1 DerfranzoscheOkonom Antoine Augustin Cournot (1801-1877) wendete in seinem 1838 erschienenen Buch zum ersten Mai konsequent formale Methoden in der Wirtschaftstheorie an und leitete iinter anderem die nach ihm benannte Bedingung her. Er gilt auch als ein Begriinder der im spateren Kapitel 4.3. behandeken OligopoWieorie. 2
.
.
Hier sieht man, daB zur Herleitung einer im Sinne der Gewinnmaximierug optimalen Angebotspolitik die Grenzkosten und nicht die in der Praxis allgemein verwendeten Durchschnittskosten relevant sind. ^ Vgl. Gleichung (22.38).
290
Das Guterangebot der Untemehmen
Ausbringungsmenge. Anstelle der Gewinndefinition (23.2) wird dann der sogenannte Deckungsbeitrag D(x) := E(x) -
K'^(X)
(23.6)
iiber x maximiert. In jedem Fall setzt Gewinnmaximierung Kostenminimierung voraus, so wie Kostenminimierung technische Efifizienz zur Voraussetzung hat. Teilt man in (23.6) beide Seiten der Gleichung durch x, so ergibt sich der durchschnittliche Deckungsbeitrag: d(x) = p - k''(x)
(23.7)
Der Durchschnittsdeckungsbeitrag ist also die Differenz zwischen der Hohe des Preises, zu dem ein Produkt abgesetzt wird, und den variablen Durchschnittskosten dieser Produkteinheit. e) Die folgende Abbildung 23.1 veranschaulicht das Gewinnmaximierungskalkul des Untemehmens: Zu der aus dem vorangegangenen Kapitel 2.2. bekannten Kostenfunktion K(x) wird auch die Erlosfiinktion des Untemehmens graphisch dargestellt. Wegen des hier annahmegemaJJ vom Markt her bestimmten festen Absatzpreises p beschreibt E(x) gemafi der Defmitionsgleichung (23.1) eine Gerade aus dem Koordinatenursprung mit der konstanten Steigung ^E = p. Der Preis entspricht also dem Grenzerlos: Jede zusatzlich abgesetzte Gutseinheit bringt dem Untemehmen einmal den Preis als zusatzlichen Erlos ein. Von einem festen Absatzpreis p auszugehen bedeutet anzunehmen, daB das Untemehmen keinen merklichen EinfluB auf den Preis des angebotenen Gutes hat. Das ist die Situation eines preis-inabilen Untemehmens, eines Untemehmens also, das nicht fahig ist, den Preis seines Produktes beliebig festzulegen. Es mu6 sich an die vom Markt her bestimmte Preishohe anpassen (sog. Preisnehmerverhalten), kann dafur aber zu diesem Preis jede beliebige Menge des Gutes absetzen. Von diesen Absatzbedingungen woUen wir im folgenden ausgehen.
Der Fall preis-abiler Untemehmen, die ihren Absatzpreis selbst festsetzen konnen, wird in spateren Kapitel 3.3. behandelt. Dann entspricht der Grenzerlos nicht mehr dem Preis, und die Erloskurve ist keine Gerade mehr.
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot
291
Abbildung 23.1: Kosten-, Erlos- und Gewinnfunktion
G,E,K
Bietet das Untemehmen in der betrachteten Periode die Menge x = 0 an, so ist, wie die Abbildung 23.1 zeigt, auch der Erlos null, und es entsteht ein negativer Gewinn (also ein Verlusf) in Hohe der Fixkosten F. Erst bei einer gewissen Absatzmenge x deckt der realisierte Erlos die Gesamtkosten voll ab, erst dort beginnt der Gewinn positiv zu werden. Daher wird diese Ausbringungsbeziehungsweise Absatzmenge als Gemnnschwelle (auch: break-even point) bezeichnet. Sie ergibt sich durch NuUsetzen der Gewinngleichung (23.2) beziehungsweise Gleichsetzen von Erlos- und Kostenfunktion und Umstellen nach x: G(x) = 0
E(x) = K(x)
(23.8)
Bei groBeren Absatzmengen wird ein zunehmend positiver Gewinn realisiert. Der Leser kann durch Ausmessen mit dem Lineal tiberpriifen, da6 die Hohe des Gewinns (also der Funktionswert der Gewinnkurve G) bei jeder Ausbringungsmenge x der vertikalen DifFerenz zwischen der Erlos- und der Kostenkurve entspricht (angedeutet durch die senkrechten Pfeile). Bei sehr groBen Ausbringungsmengen, die in der Nahe der Kapazitatsgrenze des Untemehmens hegen, treten gewohnlich erhebliche Kostensteigerungen auf, in der Realitat zum Beispiel durch erhohten MaschinenverschleiB und Uberstundenzu-
292
Das Guterangebot der Unternehmen
schlage beim Lohn. In unserem Modell beruhen die zunehmenden Grenzkosten (konvexer Verlauf der Kostenkurve) auf dem Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs (siehe Abbildung 22.9). Dadurch sinkt der Gewinn schlieBlich wieder imd katin im Extrem sogar negativ werden. Die Menge x in Abbildung 23.1 wird daher als Gewinngrenze bezeichnet. Sie ergibt sich ebenfalls als NuUstelle der Gewinnfimktion. Der Leser schreibe die Begriffe "Gewinnschwelle" und "Gewinngrenze" an die entsprechenden Stellen der x-Achse. Beispiel 23.1: Formale Ermittlung der Gewinnschwelle und Gewinngrenze eines preisinabilen Anbieters bei quadratischer Kostenfunktion Gewinnschwelle x und Gewinngrenze x liegen gemaB (23.8) dort, wo sich Gesamterlos- und Gesamtkostenkurve schneiden; sie entsprechen also den NuUstellen der Gewinnfunktion. Im Falle der allgemeinen Standard-Kostenftinktion (22.31) ergibt sich: [E(X) = ] p x = c x ^ + F
[ = K(x)]
<=> c x ^ - p x + F = 0
(1) (2)
Diese Gleichung kann in allgemeiner Form nur naherungsweise gelost werden. Uns geht es nur um das grundsatzliche Vorgehen. Deshalb betrachten wir hier den Spezialfall K = 2, der auf die quadratische Gleichung cx^-px + F = 0
bzw.
x^-—•x + — = 0 c c
(3)
fiihrt, die direkt losbar ist (vgl. M.l.d). Die beiden gesuchtenNuUstellen sind: P x = — 2c
P n/-^ V4c2
F c
• Gewinnschwelle
(4a) ^ ^
p \^ F X = —— + — : Gewinngrenze (4b) 2c V 4c^ c Da in diesem Beispiel die Gewinnfimktion graphisch die Form einer umgekehrten Parabel hat, kann der interessierte Leser vergleichsweise leicht deren Maximum ermitteln.
n
Z.B. mit Hilfe des Newton'schen Verfahrens.
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
293
Aufgabe23.1: Ein kleiner Anbieter mit der Kostenfiinktion K(x) = x^ + 900 kann sein Produkt zum Preis p = 100 absetzen (er ist also preisinabil). Bei welcher Ausbringungsmenge liegt seine a) Gewinnschwelle, b) Gewiimgrenze ?
f) Irgendwo zwischen x und x liegt eine Ausbringungs- und Absatzmenge x^, die den maximalen Gewinn G erbringt. Ohne weitefes Wissen bleibt einem zur Ermittlung von x^ nichts anderes librig als zu versuchen, durch Ausmessen jenes X zu finden, bei dem der vertikale Abstand zwischen der Erlos- und der Kostenkurve am groBten ist. Die Coumot-Bedingung (23.5) ermoglicht indes neben der spater noch darzustellenden formalen Herleitung des Gewinnmaximums - eine einfache graphische Ermittlung: Es muB namlich nur der Punkt auf der Kostenkurve K(x) gefunden werden, in dem diese die gleiche Steigung hat wie die Erloskurve, in dem also die Grenzkosten xK dem Grenzerlos xE entsprechen: Abbildung 23.2: Ermittlung des Gewinnmaximums G.E,K
In der Abbildung 23.2 sind die gleichen Kurven wie in Abbildung 23.1 dargestellt. Der gesuchte Punkt, in dem die Coumot-Bedingung (23.5) erfiillt ist, ist hier einfach wie folgt bestimmt worden: Die Erlosgerade wurde soweit parallel nach
294
Das Guterangebot der Unternehmen
»rechts-unten« verschoben, bis sie die Kostenkurve tangiert. Demi weil die Erloskurve im dargestellten Fall tiberall die gleiche Steigung xE = p hat, stimmt diese auch im Tangentialpunkt mit der Steigung der Kostenkurve tiberein. Dort gilt also: Grenzerlos xE gleich Grenzkosten xK. Durch senkrechtes Loten hinunter auf die x-Achse erhalt man die zugehorige Ausbringungsmenge, das heiBt die gewinnmaximierende Absatzmenge x^. Der Leser kann sich vergewissem, daB der tiber dem Tangentialpunkt liegende senkrechte Abstand zur Erloskurve tatsachlich der groBte vorkommende positive Abstand zwischen der Kosten- und der Erloskurve ist und dem hochsten Funktionwert G der Gewinnkurve G(x) entspricht. g) Damit ein Unternehmen durch ErfuUung der Coumot-Bedingung (23.5) wirklich seinen Gewinn maximiert und nicht minimiert, muB zusatzlich die Bedingung zweiter Ordnungfixrein Maximum erfiillt sein. Das heiBt, die zweite Ableitung der Gewinnfunktion (23.2) muB bei x^ kleiner als Null sein. Mit unserer Kurzschreibweise bedeutet dies: ;G(X) = ;E(X) - ;'K(x) < 0 ^
;'E(x) < ;'K(x)
(23.9) (23.10)
Diese Bedingung stellt auf die Anderung der Steigungen von Kosten- und Erloskurve ab, also auf die Anderung der Grenzkosten und der Grenzerlose. Okonomisch gesehen besagt (23.10): In der Umgebung des Gewinnmaximums mtissen bei einer Outputerhohung die Grenzkosten starker zunehmen als der Grenzerlos. Oder etwas salopp formuUert: Die Kostenkurve muB dort »konvexer« gekrtimmt sein als die Erloskurve. Dies ist zumindest immer dann sichergestellt, wenn die Kostenfunktion konvex und die Erloskurve nicht-konvex (also konkav Oder linear) verlauft. Denn dann ist ^K > 0 und ^E < 0. Bei preisinabilen Anbietem ist ^E = 0, weil xE = p konstant ist. Die Bedingung zweiter Ordnung lautet deshalb im Falle eines preisinabilen Anbieters einfach: ;K(X) > 0
(23.11)
Also: Die Kostenfunktion muB konvex sein. Es sei noch einmal daran erinnert, daB die Konvexitat der kurzfiistigen Kostenfunktion letztlich auf der Giiltigkeit des Gesetzes vom abnehmenden Ertragszuwachs beruht (siehe Abbildung 22.9).
2
Graphisch argumentiert besagt die Coumot-Bedingung somit, dafi zwischen zwei Kurven an der Stelle x der groBte Abstand besteht, wo sie die gleiche Steigung haben. Vgl. ggf. den Anhang M.4.3.
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
295
Beispiel23.2: Formale Ermittlung des Gewinnmaximums aufder Grundlage der Standard-Kostenfunktion bei vorgegebenem Absatzpreis. Aus der Standard-Kostenftinktion K(x) = cx^ + F ergibt sich durch Ableiten nach X die Grenzkostenftmktion x'K(x) = K-c-x"-^
(1)
Der Grenzerlos von E(x) = px ist xE(x) = p
(2)
Nach der Coumot-Bedingung (23.5) mtissen im Gewinnmaximum des Untemehmens Grenzerlos und Grenzkosten ubereinstimmen. Durch Gleichsetzen von (1) und (2) folgt: p = Kcx^-^
(3)
Umstellen nach x ergibt die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge: 1
K-l
(4) _KC_
Bei K = 2 ist beispielsweise x*^ = p / 2 c . Deshalb kann der Leser in den Gleichungen (4) im Beispiel 23.1 die Terme p/2c durch x^ und p^/4c^ durch (x^)^ ersetzen. Zur Pnifung der Bedingung zweiter Ordnung mtissen die Grenzkostenfunktion (1) und die Grenzerlosfunktion (2) noch einmal nach x diflferenziert werden. Dies fiihrtzu: (5)
;E(X) = 0 ^K(x)
=
(K-1)-K-C-X^^-2)
(6)
Offenbar ist fur K > 1 die Bedingung zweiter Ordnung fur ein Maximum der Gewinnfunktion, namlich xK(x) > xE(x), stets erfiillt. K > 1 bedeutet aber nach Abbildung 22.11 einen konvexen Kostenverlauf. Bei der Absatzmenge x^ reahsiert das Untemehmen dann tatsachlich seinen hochsten Gewinn. Die Hohe des maximalen Gewinns G erhalt man durch Einsetzen von x^ fiiir x in die Gewinnfunktion G = G(x^) = p x ^ - [ c ( x ^ ) ^ + F]
(7)
296
Das Giiterangebot der Untemehmen
Mit (4) ergibt sich: 1
P "
p
G = p.
-
C-
K
(8)
K-C
K-C
Durch einige Umformungen (die der interessierte Leser zur Ubimg nachvollziehen moge) lafit sich (8) vereinfachen zu:
G = n.
- F
(9)
-L
zz: V 1-K mit n=, := K
JL -
K
K-1
1-K
_
-L . 1-K
Aus dieser Berechnungsformel fiir den maximalen Gewinn eines preisinabilen Anbieters mit einer Standard-KostenJfunktion lafit sich cine interessante, weil okonomisch interpretierbare, Gleichung fiir G herleiten. Dazu stellen wir (3) nach c um imd setzen den betreffenden Term p/(K-x^"^) in (9) fur c ein. Dies flihrt zu: 1
p-
TT - .
A^G
Kl-*^ • P ^ K
K-1
1 J
p/(K-x'^"^)
- K - X ^ ^ ]K-1
_ F
••
1
1
• • K^^ • p • X • K
Da die beiden Potenzen zur Basis K sich herauskurzen und x = x^ ist, verbleibt: G = ^^-p-x^ - F
(10)
Der linke Summand beschreibt den maximalen Gesamtdeckungsbeitrag D des Untemehmens. Darin kommt p-x^ vor, das ist der Erlos im Gewinnmaximum E(x^). Oflfensichtlich gibt (K-1)/K den Anteil an, den der Deckungsbeitrag im Gewinnmaximum am Erlos hat. K ist, wie wir in Gleichung (1) des Beispiels 22.6 gesehen haben, die Elastizitat der variablen Kosten. Bei K = 1 , 5 macht der Deckungsbeitrag demnach ein Drittel des Erloses aus, wenn sich das Untemehmen im Gewinnmaximum beiSndet.
D
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Gtiterangebot
297
h) Die in Kapitel 2.2.4. entwickelten "Kostengesetze" konnen auf das Gewinnmaximum des Anbieters erweitert werden. Nach Gleichung (22.49) ist die Elastizitat der Gesamtkosten bei irgendeiner Ausbringungsmenge x bestimmt durch: s(K:x) = xK(x).x K(x) Wenn der Marktpreis p vorgegeben ist (Fall des preisinabilen Anbieters), dann ist der Grenzerlos gleich diesem Preis. Nach der Coumot-Bedingung entsprechen dann aber bei der gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x^ die Grenzkosten X K in der obigen Gleichung dem Marktpreis p. Daraus folgt allgemein: B(K:x^) = l u t = ^ ^ = -XK(x^) K(x^) k(x^)
(23.12)
Demnach entspricht im Gewinnmaximum des preisinabilen Anbieters die Gesamtkostenelastizitat dem Quotient aus Erlos und Gesamtkosten (gewinnmaxitnales Erlos/Kosten-Verhaltnis) beziehungsweise, nach Division durch x^, dem Verhaltnis aus Absatzpreis und Durchschnittskosten. Schreibt man in (23.12) K(x^) + G(XG) fur E(x^) und stellt nach G(x^) um, so ergibt sich mit s(K:x^) = s(k:x^) + 1 aus (22.54) folgende interessante Relation zwischen dem maximalen Gewinn G(x^) = G und den Gesamtkosten der Produktion im Gewinnmaximum: G = 8(k:xG).K(xG)
(23.13)
Die Durchschnittskostenelastizitat bestimmt somit allgemein dartiber, wie groB der maximale Gewinn bezogen auf die Gesamtkosten des preisinabilen Untemehmens ist. Ein positiver Maximalgewinn setzt eine Durchschnittskostenelastizitat von groBer als Null voraus, also steigende Durchschnittskosten. Die durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge x^ (dort ist s(k:x) = 0 ) ist folglich fur ein gewinnoptimales Untemehmen in der Kegel nicht die optimale Menge. Der Maximalgewinn iibersteigt genau dann die Gesamtkosten, wenn die Durchschnittskostenelastizitat groBer als Eins ist. Nach Gleichung (22.54) muB die Gesamtkostenelastizitat dann groBer als Zwei sein. Relativ hohe Gewinne setzen also relativ hohe Kostenelastizitaten voraus.
298
Das Guterangebot der Untemehmen
Durch Umstellen von (23.13) nach 8(k:x^) und Herauskurzen von x^ auf der anderen Gleichungsseite erhalten wir schlieBlich: (23.14) Diese Gleichung besagt, dafi der gewinnmaximierende Gewinnaufschlag g auf die Durchschnittskosten der Durchschnittskostenelastizitat entsprechen muB. Hier zeigt sich einmal mehr die Bedeutimg der Kostenelastizitat. Obwohl die hier hergeleiteten Gleichungen nur unter bestimmten Bedingungen als Bestimmungsgleichungen unbekannter GroBen interpretiert werden konnen, erhellen sie doch die engen logischen Beziehungen zwischen den bisher behandelten Konzepten im Gewinnmaximum eines preisinabilen Anbieters Beziehungen, zu denen man nur auf formalem Wege gelangt. Betrachten wir ein kleines Beispiel, das der Leser nachvoUziehen soUte: Weisen die Kosten eines Anbieters im relevanten Mengenbereich eine konstante Durchschnittskostenelastizitat von 8(k:x) = K-1 auf, so wird er im Gewinnmaximum einen Gewinn pro Mengeneinheit in Hohe des (K-l)-fachen der Durchschnittskosten reahsieren. Bei K = 1,3 ist also beispielsweise g = 0,3 k. Die Gleichung (23.14) zeigt ebenfalls, daB ein positiver Gewinn, also g(x^) > 0, nur dann moghch ist, wenn s(k: x^) > 0. Eine positive Durchschnittskostenelastizitat bedeutet aber steigende Durchschnittskosten (^ k(x) > 0 ). Empirikum23.1: Das folgende Diagramm zeigt die zeitliche Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Erios/Kosten-Relation fur die Untemehmen (ohne Landwirtschaft) der westdeutschen Wirtschaft. Die Berechnung erfolgte auf der Grundlage von Daten des Sachverstandigenrates. Formal entspricht die Erios/Kosten-Relation dem Quotient E/K. Die Differenz zwischen der E/K-Relation und der Horizontalen bei 1,00 entspricht der Gewinn/Erlos-Relation, die vom Sachverstandigenrat in seinen Jahresgutachten ausgewiesen wird. Zur Zeit der beiden OIkrisen 1974/75 und 1980/82 waren die Gewinne wegen der starken Kostensteigungen negativ.
Nach dem Satz (22.41) impliziert dies Grenzkosten, die oberiialb der Durchschnittskosten Uegen und nach (22.54) eine Gesamtkostenelastizitat s(K:x) > 1.
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot
299
1,20
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Datenquelle: Jahresgutachten 1998/99 des Sachverstandigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, S. 256.
Unter der (sicher nicht sehr realistischen) Annahme, daH alle westdeutschen Untemehmen preisinabil sind und stets ihr Gewinnmaximum realisleren, entspricht die Erios/Kosten-Relation gemafl unserer Gleichung (23.12) der mittleren Gesamtkostenelastizitat 8(K:x) der betreffenden Anbieter, was der Leser an die Ordinatenachse des Diagramms schreiben kann. Nach Gleichung (2) aus Beispiel 22.6 muB dann bei dem uberwiegenden Fall 8(K:x) > 1 der KKoeffizient der unterstellten Standardkostenfunktion auch groller als Eins sein, weiljaK^(x) < K(x). Noch weiteres laBt sich aus den E/K-Daten herleiten. Bei einer Gesamtkostenelastizitat von s(K:x) = E/K = 1,05 betragt die Durchschnittskostenelastizitat nach Gleichung (22.54): 8(k:x) = 8(K:x) - 1 = 0,05. Dies entspricht nach Gleichung (23.14) zugleich dem gewinnmaximierenden Verhaltnis von Durchschnittsgewinn g zu Durchschnlttskosten k. Mit p = k + g als Preis ergibt sich aus (23.14), was der Leser nachvollziehen moge: _g _ s(k: x) p" '" l + 8(k:x)
^ 0,05 ~ 1 + 0,05
0,048
Dies ist tatsachlich in etwa die empirlsche Umsatzrentabilitat der Unternehmen (4,8 Prozent der Preise sind Gewinne).
300
Das Giiterangebot der Unternehmen
i) Die Coumot-Bedingung (23.5) und die Bedingung zweiter Ordnung (23.10) stellen nicht sicher, daB im Gewimimaximum auch wirklich ein positiver Gewiiin realisiert wird. Der maximale Gewimi kann auch ein Verlust sein, namlich der minimale Verlust. Als Beispiel dient die in Abbildung 23.3 dargestellte Situation, in der bei x^ sowohl die Bedingung erster Ordnung (Coumot-Bedingung) als auch die Bedingung zweiter Ordnung fiir ein Gewinnmaximum erfiillt sind. Der Fall zeigt, daB beim Gewinnmaximierungskalkill nicht darauf verzichtet werden darf, auch die tatsachliche Hohe des maximalen Gewinns G, zumindest aber dessen Vorzeichen zu ermitteln. Denn ein nach wirtschaftlichen Kriterien operierendes Unternehmen wird die gewinnmaximierende Menge x^ natiirhch nur dann tatsachlich bereitstellen, wenn damit Qm positiver Gewinn reahsierbar ist. Abbildung 23.3: Kosten-Erlos-Konstellation bei durchgehendem Verlust G,E,K
Fiir ein Unternehmen ist es nur dann vorteilhafter x^ als x = 0 zu produzieren, wenn es die Produktion nicht sofort einstellen kann. Denn dann ist der Verlust bei X = x^ geringer als bei x = 0. Von diesem Fall sehen wir aber im folgenden ab. Wir unterscheiden insofem zwischen "Einstellung der Produktion" und "Produktion der Menge Null".
Dies unter der Voraussetzung, daB die Produktion entweder noch nicht aufgenommen wurdeoder dafi das Unternehmen nach Produktionsaufiiahme sofort und ohne Aufwand die Produktion einstellen und aus dem Markt austreten kann.
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot
301
Das grundsatzliche Vorgehen bei der Ermittlung des Gewinnmaximums wird nun im folgenden Schema noch einmal zusammengefafit: Herleitungsschema fur die gewinnmaximierende Angebotsmenge eines Unternehmens: 1. Sicherstellen der Coumot-Bedingung (23.5): Durch Gleichsetzen von Grenzerlos x E(x) und Grenzkosten x K(x) und Umstellen nach x ergibt sich x^ als Kandidat fur die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge. Bei x^ ist die Bedingung erster Ordnung fur ein Maximum der Gewinnftinktion G(x) erfullt: x G ( x ^ ) = 0. LaBt sich kein x^ fmden, so existiert kein Gewinnmaximum. Im Falle eines preisinabilen Anbieters vereinfacht sich die CoumotBedingung zu p = xK(x),weil xE(x) = p konstantist. 2. Priifung der Bedingung zweiter Ordnung: Damit bei x^ tatsachlich ein Maximum (und nicht ein Minimum oder ein Sattelpunkt) von G(x) vorliegt, mu6 dort xE(x) < xK(x) gelten, denn dann ist X G ( X G ) < 0. Wenn die Kostenfunktion durchgehend konvex ist (xK(x) > 0) und die Erlosfunktin nicht konvex (xE(x) < 0), dann ist die Bedingung zweiter Ordnung sicher erfullt und bei yfi liegt wirklich das Gewinnmaximum. Ist die Bedingung zweiter Ordnung bei x^ nicht erfullt, so liegt dort kein Gewinnmaximum vor. Im Falle eines preisinabilen Anbieters ist die Bedingung zweiter Ordnung erfullt, falls x'K(x) > 0, weil X'E(X) = 0. 3. Priifimg der Voraussetzung fiir die Angebotsaufiiahme: Bei der gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x^ kann sich ein Maximalgewinn G = G(xG) ergeben, der negativ ist, also ein Verlust. In einem solchen Fall wird das Untemehmen die Menge x^ nicht anbieten, seine Angebotsmenge ist null. Ist dagegen der bei x^ realisierte Gewinn G > 0 , so kann es zum Angebot dieser Menge x^ kommen. j) Falls das Untemehmen einer Absatzbeschrankung unterliegt, konnen die Bedingungen erster und zweiter Ordnung fur ein Gewinnmaximum moglicherweise nicht erfiillt werden. Im Gegensatz zu einer Kapazitatsbeschrankung, die den Verlauf der Kostenkurve nach »rechts« hin begrenzt, bedeutet eine Absatzbeschrankung, daB wegen der Existenz einer hochstmoglichen Absatzmenge x die Erloskurve an der betreffende Stelle endet (siehe Abbildung 23.4). Hat bis zu dieser Stelle der Gewinn sein "inneres" Maximum nicht erreicht, so wird die Absatzbeschrankung als bindend bezeichnet.
Das ist beispielsweise der Fall, wenn von Anfang an ^ K(x) groBer als jeder ^ E -Wert ist.
Das Giiterangebot der Unternehmen
302
Das Unternehmen wtirde dann gem mehr als x absetzen. Die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge des Untemehmens ist in diesem Fall (imabhangig von der Hohe des Preises) die hochstmogliche Absatzmenge x. Das gilt auch im Fall einer Kapazitatsbeschrankung. Es liegt dann ein sogenanntes RandGewinnmaximum vor, bei dem die Coumot-Bedingung nicht erfullt wird. Eine solche Situation der Absatzbeschrankung kann bei fiinktionierenden Markten allenfalls fur kurze Zeit bestehen, da sie zu Anpassungsprozessen fiihrt, die bald wieder ein inneres Gewinnmaximum sicherstellen. Abbildung 23.4: Gewinnmaximum bei Existenz einer Absatzbeschrankung E,K
X
X
Aufgabe 23.2: Ein Unternehmen mit der Kostenfunktion K(x) = 4x^ +132 erziele auf dem Markt fiir jede abgesetzte Produkteinheit einen konstanten Preis p = 56. a) Ermitteln Sie die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge und priifen Sie, ob die Bedingung zweiter Ordnung erfullt ist. b) Wie hoch ist der maximale Gewinn? c) Wie andern sich die Ergebnisse unter a) und b), wenn das Unternehmen einer Absatzbeschrankung bei x = 5 unterliegt? Diese Prozesse sind Gegenstand des spateren Kapitels 3.2. Hier als Erklarung nur soviel: Wenn ein Anbieter seine gewinnmaximierende Angebotsmenge nicht (vol!) absetzen kann, er also im laufenden Geschaft bereit ist, zum geltenden Preis mehr zu verkaufen als tatsachlich bei ihm gekauft wird, dann liegt auf dem betrefFenden Markt ein Angebotsiiberhang vor. Dieser gibt den betrofFenen Anbietem AnlaB zur Preisunterbietung (Kapitel 3.2.1.b) und zur Kapazitatsreduzierung (umgekehrt wie in Kapitel 3.2.5.a). Beide Prozesse bewirken, daB der Angebotsiiberhang nach einiger Zeit verschwindet. Dies zeigt, daB Absatzbeschrankungen auf fiinktionierenden Markten nur temporare (voriibergehende) Phanomene sind.
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
303
2.3.2. Einzelwirtschaftliches Angebot und Angebotsfunktion a) Die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge x^ entspricht, sofem der Gewinn nicht negativ ist, der Menge des Produktes, die das betrachtete Untemehmen auf dem Markt anbietet, also dem einzelwirtschaftlichen Angebot dieses Anbieters. Wir kennzeichnen den Anbieter mit i und seine Angebotsmenge mit x^. Die gewinnmaximierende Menge hangt tiber den Erlos E = px vom Preis p ab, zu dem der Anbieter seine produzierte Gutsmenge am Markt absetzen kann. Bei einem vom Markt her vorgegebenen Preis ist der Grenzerlos gleich diesem Preis, und die Erloskurve ist eine Gerade aus dem Ursprung. Das wurde im vorigen Unterkapitel gezeigt. Veranderungen des Absatzpreises fuhren - graphisch argumentiert - zu Drehungen der Erlosgeraden um den Koordinatenursprung. Denn die Steigung der Erlosgeraden (der Grenzerlos) entspricht dem Preis. Der Leser schreibe dies zur Erinnerung in Form eines Steigungsdreiecks (ahnlich wie in Abbildung 23.2) an die E(x)-Gerade in der folgenden Abbildimg 23.5. In dieser Abbildung wird beispielhaft gezeigt, wie sich diese ursprungliche Erlosgerade dreht, wenn der Preis p steigt oder sinkt. Steigt der Absatzpreis (pt), verlagert sich der Punkt auf der Kostenkurve, in dem die Coumot-Bedingung (23.5) erfullt ist, nach »rechtsoben«; die gewinnmaximierende und angebotene Menge x^ = x^ nimmt zu, das heiBt, es wird fur das Untemehmen vorteilhaft, eine groBere Menge als zuvor anzubieten. Der Leser mache dies in der Abbildung 23.5 dadurch deutlich, daB ausgehend von der gestrichelten Linie iiber x^ - ein Pfeil nach rechts bis zur nachsten eingezeichneten Strichellinie gezeichnet wird. Sinkt dagegen der Absatzpreis (p>l), so verlagert sich infolge der Erlosgeradendrehung der Tangentialpunkt auf der Kostenkurve nach »links-unten«; die gewinnmaximierende und angebotene Menge x^ geht zuriick. Auf Preiserhohungen reagieren Untemehmen also mit einer steigenden und auf Preissenkungen mit einer sinkenden Angebotsmenge.
Im spateren Kapitel 4.1.4. werden auch andere Zielsetzungen als die Gewinnmaximierung betrachtet.
304
Das Giiterangebot der Unternehmen
Abbildung23.5: Preiswirkungen aufdie einzelwirtschaftliche Angebotsmenge
E, K
b) Es gibt einen niedrigstmoglichen Preis, bei dem der Gewiim des Anbieters null wird, er aber auch gerade noch keinen Verlust macht. Sinkt der Absatzpreis unter diese Preisuntergrenze p^ des Untemehmens i, dann fuhrt jede beliebige Absatzmenge x zu einem negativen Gewirni (Verlust). Die bei der Preisuntergrenze angebotene Gutsmenge markiert die Angebotsmengenuntergrenze x ^ des Anbieters. Zusammen werden beide auch als Angebotsschwelle des Untemehmens bezeichnet: ( p \ x^). Diese kann man wie in der Abbildung 23.5 graphisch dadurch ermittehi, daB die Erlosgerade um den Koordinatenursprung soweit nach »rechts-unten« gedreht wird, bis sie die Kostenkurve gerade noch tangiert. In diesem Tangentialpunkt ist der Gewinn des Untemehmens null, weil dort zwischen Erlos- und Kostenkurve kein positiver vertikaler Abstand (Gewinn) mehr besteht. Bei jeder groBeren und jeder kleineren Ausbringungsmenge als x ^ reahsiert der Anbieter dann einen Verlust. Ein solcher auf seiner Angebotsschwelle operierender sogenannter Grenzanbieter hat folglich einen extrem eingeschrankten Handlungsspielraum. Die Angebotsschwelle darf nicht mit der in Kapitel 2.3.1.e) definierten Gewinnschwelle verwechselt oder gleichgesetzt werden. Die Gewinnschwelle ist - etwas
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Gliterangebot
305
einfach ausgedriickt - der erste Schnittpimkt einer Erloskurve mit der Kostenkurve. Da die Steigimg der Erlosgeraden in Abbildung 23.5 vom Preis abhangt (es gilt hier ja xE = P), ist auch die Gewinnschwelle preisabhangig: Bei einem hohen Absatzpreis (steile Erlosgerade) liegt sie bei einer geringen Absatzmenge, bei einem niedrigen Absatzpreis (flache Erlosgerade) liegt sie bei einem groBeren X. Die Angebotsschwelle liegt dagegen dort, wo die Erlosgerade die Kostenkurve tangiert und ist somit eindeutig definiert - unabhangig von der Hohe des Absatzpreises. In der Angebotsschwelle fallen gleichsam die Gewinnschwelle und die Gewinngrenze des Untemehmens in einem Punkt zusammen. Da die gedrehte Erlosgerade als Fahrstrahl interpretiert werden kann, der bei der Angebotsmengenuntergrenze x"^ seine geringste Steigung aufweist, entspricht diese Menge nach der Definition der Durchschnittskosten (vgl. Kapitel 2.2.4.c) der durchschnittskostenminimierenden Ausbringungsmenge x^. Und der durch die minimale Steigung reprasentierte Absatzpreis, also die Preisuntergrenze p^ des Anbieters, entspricht dessen minimalen Durchschnittskosten k. Mit anderen Worten: Die Angebotsschwelle stimmt mit dem Durchschnittskostenminimum (x^, k) des Untemehmens iiberein. Der Leser zeichne in Abbildung 23.5 an die unterste Erlosgerade ein Steigungsdreieck und schreibe als Steigung xE = p^ = k daran. Links neben x"^ kann zudem "x^ = " geschrieben werden. c) Die vorstehenden Analysen des einzelwirtschaftlichen Angebots mithilfe der Gesamtkosten- und Gesamterloskurven sind zwar lehrreich, aber recht umstandhch. Daher bedient man sich in der Mikrookonomik nicht der Gesamt^oRQn, sondem der zugehorigen Grenz- und DurchschnittsgroBen. Denn wie schon die Coumot-Bedingung (23.5) zeigt, wird das untemehmerische Gliterangebot in erster Linie durch den Grenzkosten- und den Grenzerlosverlauf bestimmt. Lediglich die Angebotsschwelle ist tiber das Durchschnittskostenminimum determiniert.
In der Literatur wird haufig das Minimum der variablen Durchschnittskosten als "absolute kurzfristige Preisuntergrenze" eines Untemehmens aufgefafit. Eine solche vermeintlich exakte Angabe von Preisuntergrenzen ist wenig realitatsnah. In der Praxis konnen absatzstrategische Erwagungen einem Untemehmen auch Preise unterhalb der variablen Stiickkosten gebot^i erscheinen lassen. Auf Dauer miissen jedoch in jedem Fall die gesamten Durchschnittskosten gedeckt werden, wenn das Einproduktuntemehmen Bestand haben soil. Deshalb entspricht das Minimum der gesamten Durchschnittskosten der einzigen »objektiven« Hohe der Preisuntergrenze. - Ohnehin ist im Falle der hier verwendeten empirisch bewahrten Standard-Kostenfimktion das Minimum der variablen Durchschnittskosten null. Ein Minimum der variablen Durchschnittskosten k^(x) setzt eine doppek gekriimmte Kostenftmktion wie in Aufgabe 22.10 voraus. Solche Kostenverlaufe sind aber in der Realitat kaum vorzufinden.
306
Das Gtiterangebot der Untemehmen
Um nun dementsprechend das Untemehmensangebot mittels der Grenzgrofien naher zu untersuchen, gehen wir wieder von einem vom Absatzmarkt her bestimmten Produktpreis p aus. Dieser ist, wie zuvor schon des ofteren gezeigt wurde, mit dem Grenzerlos des preisinabilen Untemehmens identisch: xE = PDie Coumot-Bedingung (23.5) reduziert sich deshalb fiir einen preisinabilen Anbieter, also bei gegebenem Marktpreis p, zu:
p = x'K(x)
(23.15)
In dieser Form wird sie auch als Grenzkostenpreisregel bezeichnet. Sofem die Grenzkostenfimktion xK(x) gegeben ist, erhalt man durch Auflosen dieser Gleichung nach x die gewinnmaximierende und deshalb angebotene Produktmenge x"^ des Anbieters - sofem die Bedingung zweiter Ordnung, die hier wegen xE(x) = 0 einfach xK(x) > 0 lautet, erfflUt ist und sich ein G > 0 ergibt. Die Grenzkostenpreisregel (23.15) ist somit die Gewinnmaximierungsbedingung ftir ein preisinabiles Untemehmen. Die Angebotsmenge x^ hangt vom Marktpreis p des Produktes und iiber die Grenzkosten x K = xK(x;4r) auch von den Preisen der Produktionsfaktoren ab. Das einzelwirtschaftliche Angebot ist somit allgemein eine Funktion des Absatzpreises und der Faktorpreise: x"^ = x^(p;6,v). Der Absatzpreis p wird als HaupteinfluBgroBe angesehen; £ und r sind Parameter der einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktion. Wie andert ein Untemehmen die Angebotmenge, wenn sich die BestimmungsgroBen p, £ und r verandem? Wir betrachten zunachst ceteris paribus den EinfluB unterschiedlicher Preise des angebotenen Gutes. Gesucht werden die Angebotsmengen, die fur das Untemehmen bei verschiedenen Preishohen gewinnmaximierend sind. Daruber gibt nach (23.15) der Grenzkostenverlauf Auskunft. Denn gemaB dieser Form der Coumot-Bedingung wird ein nach Gewinnmaximierung strebendes Untemehmen die Produktions- beziehungsweise Angebotsmenge so wahlen, daB die Grenzkosten der Hohe nach dem geltenden Absatzpreis entsprechen. Abbildung 23.6 zeigt dies:
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
307
Abbildung 23.6: GewinnmaximierendeAusbringungsmengen in Abhangigkeit vom Absatzpreis
;K=P
xK(x)
k
P rk"
P
k(x)
-
1
Bei einem vom Markt her bestimmten Absatzpreis der Hohe p' realisiert das Untemehmen genau bei der Angebotsmenge x' Grenzkosten xK(x'), die gleich dem Preis p' sind. Das heiBt: x' = x^(p') ist die beim Preis p' gewinnmaximierende und somit auch angebotene Produktmenge. Bei einem niedrigeren Preis p" wird ein maximaler Gewinn bei der Angebotsmenge x" = x^(p") realisiert. Die Grenzkostenkurve gibt dem Untemehmen ofFensichtlich zu jedem moglichen Preisniveau p die gewinnmaximierende und deshalb anzubietende Menge des Produktes an. Sie entspricht daher grundsatzlich der einzelwirtschaftlichen Angebotskurve x^(p) des preisinabilen Untemehmens. Es ist allerdings eine wichtige Einschrankung zu beachten: Ist der Preis des Gutes »sehr niedrig«, zum Beispiel p'" in Abbildung 23.7, dann wird das Untemehmen bei der F^stlegung seiner Angebotsmenge der Grenzkostenkurve nicht mehr folgen. Das ist stets dann der Fall, wenn der Preis unterhalb der minimalen Durchschnittskosten k liegt. In einem solchen Fall kann das Untemehmen, das dann auch als submarginaler Anbieter bezeichnet wird, bei keiner Ausbringungsmenge seine Kosten decken und reaUsiert somit stets einen Verlust. Daher sinkt sein mengenmaBiges Angebot sprunghaft auf null, wenn der Preis des Gutes unter das Minimum der Durchschnittskosten fallt. Hat jedoch die Durchschnitts-
308
Das Giiterangebot der Untemehmen
kostenkurve kein Minimum, etwa weil sie nicht u-formig verlauft, dami braucht die Angebotsfunktion des Untemehmens keine solche Sprungstelle zu haben. Abbildung 23.7:Angebotsmengen in Abhangigkeit vom Absatzpreis
x^(x") x^(x')
Die durchschiiittskostemninimierende Ausbringungsmenge ist x^. Sie entspricht der in Abschnitt b) schon angesprochenen Angebotsmengenuntergrenze x ^ des Untemehmens. Die minimalen Durchschnittskosten k entsprechen der Preisuntergrenze p \ Denn die Preisuntergrenze ist als der niedrigste Preis definiert, zu dem ein Produkt vom Anbieter noch ohne Verlust abgesetzt werden kann. Bei Preisen p, die unterhalb der Preisuntergrenze liegen, ist die angebotene Menge null; bei p = k ist das einzelwirtschaftliche Angebot gleich x^ und steigt dann bei hoheren Preisniveaus entlang der Grenzkostenkurve an. Das Durchschnittskostenminimum (x^ ,k) entspricht demnach der Angebotsschwelle des Untemehmens. Das wurde in anderer Form schon im vorangegangenen Abschnitt b) gezeigt. Es kann somit zusammenfassend festgestellt werden: Der oberhalb des Durchschnittskostenminimums liegende Teil der Grenzkostenkurve entspricht der Angebotskurve x^(p) des Untemehmens. Diese gibt (bei konstant vorgegebenen Faktorpreisen) zu jeder moglichen Preishohe p des Produktes die gewinnmaximierende Ausbringungs- und Angebotsmenge an. Die Kurve stellt gleichsam den Angebotsplan des preisinabilen Untemehmens dar. Die Bedeutung dieses Planes wird am besten klar, wenn man davon ausgeht, da6 das Untemehmen mit
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
309
Blick auf den geltenden Absatzpreis anhand seiner Angebotskurve festlegt, welche Menge seines Produktes produziert und anschlieBend angeboten werden soil' Streng genommen handelt es sich bei der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktion oberhalb des Durchschnittskostenminimums um die mathematische Umkehrfunktion der Grenzkostenfunktion (inverse Grenzkostenfiinktion). Derm die Angebotsfunktion gibt ja die angebotene Menge x in Abhangigkeit von der WertgroBe "Preis" an, wogegen die Grenzkostenkurve umgekehrt die WertgroBe "Grenzkosten" in Abhangigkeit von der Menge angibt. Es gilt daher fiir die Angebotsfunktion eines Untemehmens i:
X^HP) =\
f x^(p) fur p > p^ bzw. X > x^^ '^' [ 0 sonst
(23.16)
Hierbei ist, wie zuvor im einzelnen begriindet wurde: p^ = k, x^^ = x^ und xG(p) = inv{xK(x)}.
Beispiel23.3: Herleitung der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktion aus der Standard-Kostenfunktion. Analog zu Beispiel 23.2 erhalt man aus der Standard-Kostenfiinktion K(x) = c-x^ + F durch Differenzieren die Grenzkostenfunktion xK(x). Diese muB dann gemaB der Coumot-Bedingung (23.15) gleich dem Absatzpreis gesetzt werden (Grenzkostenpreisregel): f
.•K(x) = K-c-x^-^ = p
(1)
Umstellen der Gleichung nach x fiihrt zu der inversen Grenzkostenfunktion, die dem Untemehmen zu jedem Absatzpreis die gewinnmaximierende Menge angibt (Erfullung der Bedingung zweiter Ordnung vorausgesetzt): 1
'(P)
= inv {xK(x)} K-C
(2)
X
Wie im spateren Kapitel 3.2.1. gezeigt wird, sorgt der Preismechanismus dafur, dafi beim geltenden Marktpreis - sofem es sich dabei um einen Gleichgewichtspreis handelt - alle Anbieter ihre Absatzplane auch tatsachlich realisieren konnen.
310
Das Guterangebot der Untemehmen
Daraus ergibt sich die gesuchte Angebotsfunktion des Untemehmens, indem der Funktionsbereich unterhalb der Angebotsschwelle »abgeschmtten« wird: .Ai X^HP)
fiir X > X "^^ bzw. p > p *
(3)
K-e
Die beiden Komponenten der Angebotsschwelle (x'^, p') entsprechen den Koordinaten des Durchschnittskosternninimums x^ vmd k. Diese wurden im Beispiel 22.5 ermittelt. Danach ist die Angebotsmengenuntergrenze:
jc^
= xk
=
(4)
(K-l)-C
Und als Preisuntergrenze ergibt sich: 1
p'
l-K
K-l
= k = ITK -CK -F K
,mit
FIK
=
K-(K-I)
K
(5)
Der Leser soUte durch Dififerenzieren von x'^ und k nach F auch untersuchen, welchen EinfluB die Fixkosten auf die Angebotsschwelle (x^, k) haben. Fiir spatere Analysen kann es erforderlich sein, die Angebotsftmktion speziell bezogen auf die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion zu kennen. Ersetzt man in (3) die Koefifizienten der Standard-Kostenfiinktion durch die der Cobb/DouglasProduktionsfunktion gemaB (22.32), so ergibt sich: x^^ (p) = a i-« • y i-« • f «-i • c i-a • p i-a
(6)
fiir p > k Oder x > x^ (vgl. Kapitel 2.2.4.i)). Der Leser moge diese Herleitung zur Ubung nachvollziehen.
D Auf zwei Sachverhalte ist im Zusammenhang mit der im vorigen Beispiel 23.2 hergeleiteten Angebotsfunktion x^Xp) besonders hinzuweisen: • Weil x"^^ iiber c auch von den Faktorpreisen I und r abhangt (vgl. die Gleichungen (22.32)), lautet die einzelwirtschaftliche Angebotsfiinktion allgemein: x^(p, ^ r). Da wir uns im folgenden auf die Preisabhangigkeit des Angebots konzentrieren werden und die Faktorpreise als gegebene GroBen (Parameter der Angebotsfunktion) betrachten, erscheinen letztere - wenn iiberhaupt - nach einem Semikolon in der Funktionsklammer: x^*(p; ^, r).
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
311
• Aus der Standard-Kostenfunktion kann nicht unter alien Umstanden eine Angebotsfiinktion der oben genannten Art hergeleitet werden. Die Herleitbarkeit ist vom Zahlenwert des Exponenten K (also der Elastizitat der variablen Kosten beziehungsweise - im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion - dem Kehrwert der Produktionselastizitat des variablen Faktors) abhangig: Bei dem aus didaktischen Griinden in der Literatur sehr beliebten linearen Kostenverlauf ist K = 1 und damit der Exponent der Angebotsfunktion (3) nicht definiert. Denn im Nenner steht dann eine Null, und die Coumot-Bedingung (23.15) ist bei keiner Ausbringungsmenge x erfflUt. Auch bei K < 1 gibt es Probleme. In diesem Fall liegen namlich durchgehend fallende Durchschnittskosten vor, was der Leser an der dann stets negativen ersten Ableitung der Durchschnittskostenfiinktion sehen kann (vgl. (3) in Beispiel 22.5). Bei fallendem Durchschnittskostenverlauf liegen aber nach dem Satz (22.41) die Grenzkosten stets unterhalb der Durchschnittskosten. Bei gewinnmaximierendem Verhalten mu6 aber gemaB (23.15) "Preis gleich Grenzkosten" gelten. Der Preis liegt dann also unter den Durchschnittskosten und der Anbieter realisiert folglich immer, das heiBt bei jeder Ausbringungs- und Angebotsmenge einen Verlust. Bei einem vom Markt her vorgegebenen Absatzpreis kann folglich ein Anbieter mit einer konkaven Kostenfunktion (also K < I) nicht am Markt bestehen. d) Die Abhangigkeit der von einem Untemehmen angebotenen Produktmenge von der Hohe des geltenden Absatzpreises kann durch die Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebots wie folgt gemessen werden: 5x Ai g(xAi:p) := _2L_ = 5p P
5p
P = P ^ x"^* x^*
(23.17)
1 Vgl. Gleichung (1) in Beispiel 22.6. Der Leser denke sich in den Abbildungen 23.1 und 23.2 einen linearen Kostenverlauf. Bei linearem Kostenverlauf und positiven Fixkosten nehmen die Durchschnittskosten k(x) mit steigender Ausbringungsmenge anhaltend ab. Nach Satz (22.41) sind dann die Grenzkosten kleiner als die Durchschnittskosten. Da aber gemaB der Cournot-Bedingung der maximale Gewinn bei p= xK(x) realisiert wird, liegt im Gewinnmaximum auch der Preis unter den Durchschnittskosten. So dafi der betreffende Anbieter nur Verluste realisieren kann. Dies zeigt, daB lineare Kostenkurven und preisinabile Anbieter nicht »zusammenpassen«.
312
Das Giiterangebot der Unternehmen
Sind die Preisanderung dp und die Angebotsmengenanderung 5x^ zaWenmaBig gegeben, so wird die Elastizitat zweckmaBig mit der links stehenden Definitionsgleichung berechnet: Dividieren der prozentualen Angebotsmengenanderung durch die prozentuale Preisanderung. 1st hingegen die einzelwirtschaftliche Angebotsftinktion x^(p) bekannt, so wird die Elastizitat durch die mittlere beziehungsweise rechte Formel ermittelt: Ableiten der Angebotsfunktion, Multiplizieren mit dem Preis und Dividieren durch die Funktion. In jedem Fall gibt die Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebotes an, um wieviel Prozent sich die von dem Unternehmen angebotene (gewinnmaximale) Menge verandert, wenn der Absatzpreis des Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Relevant sind Angebotselastizitaten im Rahmen von Konkurrenzanalysen, bei Marktanteilsprognosen und fiir die Erklarung angebotsbedingter Preisschwankungen, zum Beispiel auf RohstoflBnarkten. Da x^(p) im wesentlichen der Umkehrfunktion der Grenzkostenfunktion des Anbieters entspricht, ist die einzelwirtschaftliche Angebotselastizitat in Bezug auf den Preis gleich dem Kehrwert der Grenzkostenelastizitat in Bezug auf die Menge,! jedenfalls oberhalb der Angebotsschwelle. Die Grenzkostenelastizitat war in (22.56) definiert und in der Gleichung (5) des Beispiels 22.6 fiir den Fall der Standard-Kostenfimktion zu 8(xK:x) = K - 1 ermittelt worden. Folglich ist die Preiselastizitat der im vorigen Beispiel 23.3 hergeleiteten Angebotsfunktion (3) gleich s(x^:p) = 1/(K-1). Das kann der Leser in der folgenden Aufgabe auch durch direktes Berechnen nachpriifen. Aufgabe 23.3: Analysieren Sie die im vorigen Beispiel 23.3 hergeleitete Angebotsfiinktion (3): a) Zeigen Sie durch Bilden der ersten Ableitung, ob sie einen steigenden oder einen fallenden Verlauf hat. b) Skizzieren Sie den Angebotskurvenverlauf, einmal fiir K = 1,5 und einmal fiir K = 2,5. In beiden Fallen sei c = 1 und x = 1. c) Ermitteln Sie den Zahlenwert der Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebots fiir die in b) genannten Falle. d) Vergleichen Sie die in c) hergeleitete Elastizitat mit der in (5) des Beispiels 22.6 hergeleiteten Grenzkostenelastizitat. Was fallt dabei auf?
^ Vgl. das "Lemma von der inversen Elastizitat" im Anhang M.7., Gleichung (5).
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
313
Ein Extremfall liegt bei einem preisunabhangigen (vollkommenen preisunelastischen) Angebot vor. Weiin das Untemehmen etwa einer Kapazitatsbeschrankung mit ausschlieBlich fixen Faktoreinsatzen unterliegt, es also die vorhandenen Bestande aller Faktoren nur voUstandig einsetzen kann (vgl. Kapitel 2.1.2.J), dann ist auch die produzierbare Ausbringimgsmenge fix (x). Diese Menge wird das Untemehmen zu jedem Preis oberhalb der Preisuntergrenze anbieten. Da samtliche Kosten des Untemehmens fix sind, liegt die Preisuntergrenze bei F/x. Oberhalb dieses Wertes verlauft die Angebotskurve senkrecht, wie in Abbildimg 23.8 dargestellt. Die Preiselastizitat des Angebots ist dann durchgehend null, es hegt ein "starres Angebot" vor. Abbildung 23.8: Einzelwirtschaftliche Angebotskurve beifixem Angebot
X
e) Die Faktorpreise sind, wie zuvor gezeigt wurde. Parameter der Grenzkostenund damit auch der Angebotsfimktion. Erhohungen der Faktorpreise fuhren beispielsweise zu einer Verlagerung der Grenzkostenkurve und der Durchschnittskostenkurve nach »oben«; siehe Abbildung 23.9. Denn C erhoht c, und r erhoht (in der kurzen Frist) F. Eine detaiUierte formale Analyse woUen wir uns hier ersparen. Der interessierte Leser katm sie anhand der Gleichung (6) aus Beispiel 23.3 selbst vomehmen.
^ Wenn es sich um ein verderbliches Gut handek, wird das Untemehmen vermutlich notfalls auch bereit sein zu Preisen unteihalb der Preisuntergrenze zu verkaufen. Dies fuhrt allerdings zu Verlusten, die zur Aufgabe der Produktion zwingen.
314
Das Giiterangebot der Untemehmen
Abbildung 23.9: Wirkung von Faktorpreisdnderungen aufdie einzelwirtschaftliche Angebotskurve
x^(p.^.r)
f) Da der Gewinn, den die Anbieter realisieren, eine - wie im spateren Kapitel 3.2. noch zu sehen sein wird - wichtige steuemde Rolle im Marktsystem spielt, mussen wir uns mit der Hohe des Gewinns eines preisinabilen Anbieters nocli etwas naher befassen. Bei der Grenz- und DurchschnittsgroBenbetrachtung ist er auch noch nicht zur Sprache gekommen. Dazu kann von folgender altemativer Schreibweise der Gewinndefinition (23.2) ausgegangen werden: G(x) = x.g(x) = x.[p-k(x)]
(23.18)
Hierbei steht g(x) gemaB (23.3) fur den Durchschnittsgewinn bei irgendeiner Absatzmenge x, also fur die Differenz zwischen dem vom Markt her vorgegebenen Absatzpreis p und den Durchschnittskosten bei der betrachteten Ausbringimgsmenge. Der Leser mache sich klar, daB auf der rechten Gleichungsseite nach Auflosen der Klammer x-p dem Erlos und x-k(x) den Gesamtkosten K des Anbieters entspricht. Der maximale Gewinn wird bei der Absatzmenge x^ erreicht: G(xG) = x ^ - g ( x ^ ) -
xG.[p-k(xG)]
(23.19)
Diese Formel zur Berechnung des maximaien Gewinns G eines preisinabilen Anbieters ermoglicht eine graphische Representation. Bei der durch die CoumotBedingung bestimmten gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x^wird die Differenz zwischen dem Marktpreis p und den Durchschnittskosten k ( x ^ ) ermittelt, also der gewinnmaximierende Durchschnittsgewinn g(x^). Das mathe-
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot
315
matische Produkt aus x^ und g(x^) entspricht der geometrischen Formel zur Berechnung der Flache des schrafBerten Rechtecks in Abbildung 23.10 ("Lange mal Breite"). Somit entspricht diese Flache dem maximalen Gewinn G des Anbieters: Abbildung 23.10: Gewinnmaximum eines preisinabilen Anbieters
k,p,iK ;^(x),x*'(p)
g(x°)<
Die Abbildung zeigt, daB der den Gewinn maximierende Durchschnittsgewinn g(x^) nicht dem maximalen Durchschnittsgewinn entspricht, sondem geringer ist. Der maximale Durchschnittsgewinn g wird bei derjenigen Ausbringungsmenge erreicht, bei der die Durchschnittskosten minimal sind, also bei x^. Denn dort ist der vertikale Abstand zwischen der k(x)-Kurve und der p-Horizontalen am groBten. Der Leser kann in Abbildung 23.10 die vertikale DiflFerenz zwischen k und p mit g kennzeichnen. Fiir die formale Ermittlung des Gewinnmaximums eines preisinabilen Anbieters ist aus Griinden der einfachen Berechnung eine kleine formale Modifikation der Gewinnbestimmungsformel (23.18) beziehungsweise (23.19) empfehlenswert. Denn die Handhabung der Durchschnittskostenfunktion k(x) ist wegen ihrer Fixkostenkomponente oft recht umstandlich. Dies kann vermieden werden, indem man die durchschnittlichen Fixkosten k^(x) := F/x von k(x) abspaltet und
316
Das Giiterangebot der Untemehmen
zunachst nur mit den variablen Durchschnittskosten k^(x) = k(x) - k^(x) rechnet. Die Gleichung (23.18) hat dann die Form: G(x) = x-[p-kXx)] - F
(23.20)
Und der maximale Gewinn ist G = xG.[p-kXxG)] - F
(23.21)
Die DifFerenz zwischen Preis und variablen Durchschnittskosten, also p - k^x) =: d(x), ist der (durchschnittliche) Deckungsbeitrag oder Stiickdeckungsbeitrag gemaB (23.7). x-k^x) sind die gesamten variablen Kosten K^x) des Unternehmens bei Ausbringung der Menge x. Letztlich steht in Gleichung (23.20) also G(x) = E(x) - K\x) - F . Hierbei ist die DifFerenz E(x) - K^x) der Gesamtdeckungsbeitrag D aus (23.6). Mit den so definierten GroBen ist die Ermittlung des maximalen Gewinns eines preisinabilen Anbieters vergleichsweise einfach, wie das folgende Beispiel zeigt.
Beispiel23.4: Ermittlung des Gewinnmaximums eines preisinabilen Anbieters mit einer Standard-Kostenfunktion Der betrachtete preisinabile Anbieter habe eine Kostenfunktion vom Standardtyp: K(x) == c-x'^ + F. Zur Ermittlung des Gewinnmaximums miissen nach der CoumotBedingung (23.15) die Grenzkosten bekannt sein. Diese ergeben sich aus der ersten Ableitung von K(x) nach x: xK(x) = K-C-X'^'^ Durch Gleichsetzen mit dem vom Markt her bestimmten Preis p des Gutes und Umstellen nach der Menge x ergibt sich daraus die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge x*^ des Anbieters (vgl. das analoge Vorgehen in Beispiel 23.2): 1
K-C
(1)
Oberhalb der Preisuntergrenze k, das heiBt des Minimums der Durchschnittskostenfunktion k(x) = c-x'^-^ + F/x entspricht x^dem einzelwirtschaftlichen Angebot x^^ des Anbieters.
^ Vgl. auch Kapitel 2.2.4.c).
(2)
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot
317
Zur Berechnung des maximalen Gewinns nach Gleichung (23.21) mu6 die Hohe der variablen Durchschnittskosten bei der gewinnmaximierenden Menge x^ ermittelt werden. Dies geschieht durch Einsetzen des x^-Terms aus (1) in die Funktion k''(x) = c-x^"^ aus (2). Daraus ergibt sich hier, was der Leser nachpriifen moge: k^(x^) = c-(x^)^-i=
^
(3)
K
Die variablen Durchschnittskosten im Gewinnmaximum entsprechen also im Falle der Standard-Kostenfunktion einfach dem Quotient aus Preis und K, der Elastizitat der variablen Kosten. Produziert ein preisinabiler Anbieter mit K = 1 , 5 ZU variablen Durchschnittskosten von k ^ = l l und kann er zum Preis p = 1 5 verkaufen, so zeigt in diesem Beispiel die Mc/z^erfiillung von (3), daB er dann nicht gewinnmaximierend operiert. Mit (23.21) ist der maximale Gewinn dann bestimmt durch: G = xG.[p - k\xG)]
p
P"
K-1
P -"
K-C
- F
K
•KI-<-(K-1)
= P''
-
F
(4)
Die K-Terme konnen wieder zu einer konstanten IIK zusammengefaBt werden. Bei K= 1,5 ist beispielsweise IIK = 0,148. Der in (4) links vor F stehende Term beschreibt den Gesamtdeckungsbeitrag D des Untemehmens im Gewinnmaximum; das ist der maximale Deckungsbeitrag D. Ein positiver Maximalgewinn ergibt sich nur dann, wenn D > F. Das ist stets der Fall, wenn das Untemehmen oberhalb seiner Angebotsschwelle operiert. Vgl. die entsprechende Gleichung (9) in Beispiel 23.2. Durch Ableiten von (4) nach p kann gezeigt werden, daB der maximale Gewinn des Anbieters steigt, wenn der Absatzpreis steigt, denn: 1
pG
1
= p T^-CT^-HK
Vgl. Gleichung (1) in Beispiel 22.6. VgLKapitel2.3.2.b).
> 0
(5)
318
Das Giiterangebot der Untemehmen
Preiserhohungen fiihren demnach nicht nur, wie schon fruher in diesem Unterkapitel gezeigt wurde, zu groBeren Angebotsmengen, sondem erhohen auch den Gewinn des preisinabilen Anbieters.
n
Die folgende Aufgabe gibt dem Leser die Moglichkeit, die Ausfuhrungen des vorigen Beispiels noch einmal an einem speziellen Fall nachzuvoUziehen: I Au%abe 23.4: II Ein Untemehmen, das sein Produkt zum Marktpreis p absetzen kann, habe folgende DurchII schnittskostenfunktion:
k(x) = 2,5 x + F/x.
a) Wie hoch ist der maximal realisierbare Gewinn? b) Unter welchen Bedingungen hinsichtlich Preishohe und Absatzmenge ist er positiv? Vergleichen Sie die gefundene Bedingung mit der aus der DurchschnittskostenfUnktion ermittelbaren Angebotsmengenuntergrenze und Preisuntergrenze gemaB Beispiel 23.3.
2.3.3. Langfristiges Angebot Zum AbschluB des angebotstheoretischen Kapitels ist noch kurz ein Blick auf die Angebotspolitik des preisinabilen Untemehmens in der langen Frist zu werfen. Das langfristige Gewinnmaximierungskalkul ergibt in diesem Fall: G(x) = p • X - K^(x)
->
max!
^G(x) = p - ;K^(X) I 0
(23.22)
Dies ist wieder die Coumot-Bedingung, diesmal angewendet auf die lange Frist. Die Bedingung zweiter Ordnung fiir ein langfristiges Gewinnmaximum lautet: k'G(x) < 0
bzw. ;^K^(x) > 0
2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot
319
Ein steigender Verlauf der langfiristigen Grenzkostenkurve stellt also ein Gewinnmaximum sicher. Der steigende Teil der langfristigen Grenzkostenkurve, der oberhalb des Minimnms der langfiristigen Durchschnittskostenkurve liegt, kann als langfristige Angebotskurve des Untemehmens aufgefaBt werden, analog zum Kapitel 232.6). Der Leser moge sie in Abbildung 22.19 hervorheben und bezeichnen. Die langfristige Angebotskurve verlauft stets flacher als die kurzfiristige. Deshalb ist auch die Preiselastizitat des Angebots langfiistig groBer als in der kurzen Frist. Je mehr Zeit ein Untemehmen zur Kapazitatsanpassung zur Verfiigung hat, desto weitergehend kann es sein Angebot an veranderte Absatzbedingungen anpassen. Auf eine dauerhafte Absatzpreisanderung wird es daher mengenmafiig starker reagieren als auf eine vorubergehende. Andert sich der Absatzpreis p nachdem durch Festlegung des Kapitaleinsatzes die BetriebsgroBe (und damit die kurzfiristige Kostenfimktion) gewahlt wurde, dann ist das Untemehmen bei seiner Angebotsplanung auf den gegebenen Kapitaleinsatz festgelegt. Die kurzfristige Angebotsplanung erfolgt dann entlang der kurzfiistigen Grenzkostenkurve oberhalb des Minimums der kurzfristigen Durchschnittskosten. Eine neue Annaherung an das langfristige Gewinnmaximum kann nur durch eine Anpassung der BetriebsgroBe bewerkstelligt werden.
320
Das Giiterangebot der Unternehmen
2.4. Faktornachfrage
Mit der bisher behandelten Angebotsplanung ist die Faktoreinsatzplanung des Untemehmens aufs engste verbunden. Denn die ermittelte Angebotsmenge mu6 durch den Einsatz von Produktionsfaktoren bereitgestellt werden. Das Unternehmen legt mit der Entscheidung tiber sein Produktangebot zugleich seine Nachfrage nach den in der Planungsperiode einzusetzenden variablen Produktionsfaktoren fest. Es ist deshalb noch der Frage nachzugehen, welche Faktoreinsatzmengen das Unternehmen bei gewinnmaximaler Produktion einsetzen und somit nachfragen wird. Konkret geht es um die Herleitung einer Bedingung, die ganz allgemein das Faktomachfrageverhalten eines gewinnmaximierenden Unternehmens beschreibt. Im folgenden wird weiterhin davon ausgegangen, daB das betrachtete Unternehmen keinen EinfluB auf die Hohe der Faktorpreise I und r hat, weder direkt (z.B. durch Verhandlungsmacht) noch indirekt (durch den Umfang seiner Faktornachfrage). Das Unternehmen ist mithin nicht nur auf der Outputseite, sondem auch auf der Inputseite preisinabil. Zugleich woUen wir, um die Darstellung so einfach wie moghch zu halten, von der im vorigen Kapitel ausgiebig behandelten Angebotsschwellenproblematik absehen.
2.4.1. Gewinnmaximierende Faktoreinsatzmengen und Grenzproduktivitatsbedingung Die fiir irgendeine Ausbringungsmenge x bei totaler Faktorvariabilitat kostenmimmierenden Faktoreinsatzmengen wurden schon in Kapitel 2.2.2.e) hergeleitet und als langfristige Faktornachfragefunktionen (in der "technischen Form") bezeichnet: a^(x/,r), c^(x/,r). Zur Herleitung der nun in Rede stehenden gewinnmaximierenden Faktoreinsatzmengen gehen wir wieder von der Gewinnfunktion (23.2) des Anbieters aus: G(x) = E(x) - K(x) Fiir die Kostenfimktion K(x) kann gemaB der Definitionsgleichung (22.1) einfach Ca H- r c eingesetzt werden. In der Erlosfunktion E(x) = p x schreiben wir die Ausbringungs- und Angebotsmenge x in Abhangigkeit von den Faktoreinsatzen,
2.4. Faktornachfrage
321
also als Produktionsfimktion x = x(a,c) gemaB (21.1). Dadurch ergibt sich die Gewinnfunktion in direkter Abhangigkeit von den Faktoreinsatzmengen: G(a,c) = px(a,c) - ^a - r-c
(24.1)
Die Maximiemng dieser Fimktion hinsichtlich a iind c ergibt direkt, das heiBt ohne erst die optimale Angebotsmenge x^ beziehungsweise x^ ermitteln zu miissen, die gewinnmaximierenden Faktoreinsatzmengen a^ und c^. Ein Maximum von G(a,c) setzt voraus, daB die ersten partiellen Ableitungen null sind:
;G = p ' ;x - e = o
(24.2a)
: G - PC'X - r = 0
(24.2b)
c
Durch Umstellen folgt daraus fur jeden Faktor die sogenannte Grenzproduktivitatsbedingung: (24.3a) Pc'x = r
(24.3b)
Hierin sind a'x = ax(a^,c^) die Grenzproduktivitat des Faktors Arbeit und c'x = ^x(a^,c^) die Grenzproduktivitat des Faktors Kapital im Gewinn2
maximum. Im konkreten Anwendungsfall erhalt man durch Auflosen der Gleichungen (24.3) nach a^ und c^ die gewinnmaximierenden Faktoreinsatzmengen. 1st bei kurzfristiger Betrachtung ein Faktoreinsatz fix, zum Beispiel c = c, so ist die optimale Einsatzmenge des variablen Faktors (hier: a) bestimmt durch die Gleichung p • ^x(a,c) = i. Das in (24.3) zum Ausdruck gebrachte wichtige und allgemeingiiltige Ergebnis bildet die Grundaussage der sogenannten Grenzproduktivitatstheorie. Danach setzen gewinnmaximierende Untemehmen jeden variablen Produktionsfaktor in einem solchen Umfang ein, daB der Wert seines Grenzertrages seinem Faktorpreis entspricht. Dieser Wertgrenzertrag (auch Wertgrenzprodukt genannt) ist das
^ Vgl. Anhang M.3.e). Zu den Grenzproduktivitaten vgl. ggf. Kapitel 2.1.2.c).
2
322
Das Giiterangebot der Untemehmen
jeweils auf der liiiken Seite von (24.3) stehende mathematische Produkt aus Absatzpreis iind Grenzproduktivitat eines Produktionsfaktors. Der Wertgrenzertrag eines Produktionsfaktors ist jener Betrag, um den ein Untemehmen seinen Erlos durch Einsatz einer zusatzlichen Mengeneinheit des Faktors steigem kann. Nehmen wir als Beispiel wieder den Faktor Arbeit: Auf der rechten Gleichungsseite von (24.3a) stehen die Kosten, die der Einsatz einer zusatzlichen Arbeitseinheit dem Untemehmen verursachen wiirde, namlich der Lohnsatz i. Auf der linken Seite steht, welchen Wert (konkret: welchen Mehrerlos) diese zusatzUche Arbeitseinheit dem Untemehmen einbringen kann: Das ist der mengenmaBige Mehrertrag der einen zusatzhchen Arbeitseinheit (gemessen durch die Grenzproduktivitat der Arbeit ax) multiphziert mit dem Preis p, zu dem das Untemehmen diesen Mehrertrag absetzen kann. Ist der Wertgrenzertrag einer zusatzlichen Arbeitseinheit hoher als der Faktorpreis, so wird das Untemehmen diese Arbeitseinheit nachfragen und einsetzen, denn sie bringt dann einen Gewinnzuwachs. Liegt der Wertgrenzertrag einer Arbeitseinheit hingegen unter dem Faktorpreis, dann kostet diese Einheit dem Untemehmen mehr als sie einbringt, und das Untemehmen wird folglich auf diese Arbeitseinheit verzichten. Denn jede Arbeitseinheit, die weniger erwirtschaftet als sie kostet, deren Wertgrenzertrag also unter dem Faktorpreis hegt, wiirde zu einer Gewinnschmalerung flihren. Die Grenzproduktivitatsbedingung (24.3) wird in der Literatur haufig in einer Form geschrieben, bei der noch der Produktpreis p auf die jeweils rechte Gleichungsseite in den Nenner gebracht worden ist. Auf den linken Gleichungsseiten verbleibt dann die Grenzproduktivitat des Faktors (zum Beispiel a x); rechts steht dann der sogenaimte reale Faktorpreis (im Beispiel ^p als realer Lohnsatz). Der Leser notiere diese altemative Schreibweise rechts neben den beiden Gleichungen (24.3). Die Grenzproduktivitatstheorie besagt dann bezogen auf diese Schreibweise, daB gewinnmaximierende Untemehmen die Produktionsfaktoren jeweils in dem Umfang einsetzen, daB deren Grenzproduktivitaten ihren realen Faktorpreisen entsprechen.
Vielleicht hat der Leser auch erkannt, daB sich aus den beiden Bedingungen in (24.3) durch Division mit den Grenzproduktivitaten p = ^/^'x und p = i'/c'x ergibt. Die Quotienten aus Faktorpreis und Grenzproduktivitat hatten wir in (22.10) als Faktorgrenzkosten bezeichnet. So gesehen besagt die Grenzproduktivitatsbedingung also, daB beim gewinnmaximalen Faktoreinsatz die Grenzkosten aller variablen Faktoren gleich dem Absatzpreis p sein miissen (und sich damit auch untereinander entsprechen). Die Gleichheit von Preis und Grenzkosten, wie sie die Coumot-Bedingung (23.2) fordert, hatten wir also schon in der Bedingung (22.10) herstellen konnen. So gesehen sind die beiden oben genannten Gleichungen ebenfalls mogliche Formen der Coumot-Bedingung fur ein preisinabiles Untemehmen.
2.4. Faktomachfrage
323
2.4.2. Faktorpreisabhangigkeit der Faktomachfrage Da die Grenzproduktivitat eines Produktionsfaktors, wie in Kapitel 2.1.2.c) gezeigt wurde, mit zunehmender Einsatzmenge des Faktors abnimmt, fuhren hohe Faktorpreise ceteris paribus zu geriaigen gewinnmaximierenden Faktoreinsatzmengen iind niedrige Faktorpreise zu hohen. In der folgenden Abbildung 24.1 sind fur drei verschiedene Arbeitseinsatzmengen a(i), 0(2) und a(3) die Grenzproduktivitaten der Arbeit (ax) als Tangentensteigungen an der Ertragskurve eingezeichnet. Bei vorgegebenem Lohnsatz I und Absatzpreis p wird das gewinnmaximierende Untemehmen nach dem gerade Gesagten denjenigen Arbeitseinsatz a wahlen, bei dem die Grenzproduktivitat dem geltenden Reallohn ^/p entspricht. In der Abbildung wird dies bei a(2) angenommen. Dort gilt dann: a x = ^p. Abbildung 24. la: Arbeitsnachfrage in Abhangigkeit vom Reallohn
x(a,c)
324
Das Gijterangebot der Untemehmen
Abbildung 24. lb: Arbeitsnachfrage in Abhdngigkeit vom Reallohn
;x(a,c)
Es ist zu erkennen: Je hoher der Lohnsatz C (bei konstanteiii Produktpreis p) ist, desto weiter links auf der Ertragskurve liegt der von dem Untemehmen realisierte gewinnmaximale Produktionspunkt, weil dort die entsprechend hohen Grenzproduktivitaten liegen. Faktorpreissteigerungen senken folglich die Nachfrage des Untemehmens nach dem betreflfenden Produktionsfaktor. Oder mit anderen Worten: Auf den Einsatz aller Faktoreinheiten, deren Wertgrenzprodukt nach der Faktorpreiserhohung unter dem Faktorpreis hegt, wird verzichtet. Steigt beispielsweise ceteris paribus der reale Lohnsatz, so fragen die Untemehmen weniger Arbeit nach. Der Leser mache sich klar, daB die gleiche Wirkung auf die Faktomachfrage von einem Riickgang des Absatzpreises p ausgeht (bei Konstanz der Faktorpreise). Auch die Auswirkung von Kapitaleinsatzerhohungen oder technologischem Fortschritt, wie sie an fruherer Stelle in Abbildung 21.7 thematisiert wurde, auf die Faktomachfrage konnen untersucht werden. Die folgende Abbildung 24.2 zeigt, daB im Falle einer neoklassischen Produktionsfunktion Erhohungen des Kapitaleinsatzes (c) oder technologischer Fortschritt (reprasentiert durch einen wachsenden Niveauparameter y) bei gleichbleibendem Reallohn ^p zu einer steigenden Arbeitseinsatzmenge, also zu "mehr Beschaftigung" fiihren.
2.4. Faktomachfrage
325
Abbildung 24.2: Wirkung von Investitionen und technologischen Fortschritt auf die Arbeitsnachfrage
Beispiel24.1: Herleitung der Arbeitsnachfragefunktion aus der Cobb/DouglasProduktionsfunktion. a) Kurze Frist: Wird die Cobb/Douglas-Ertragsfunktion x(a,c) = ya^^c^ in die Gewiimfimktion nach Gleichung (24.1) eingesetzt, so ergibt sich: G(a)
p-y-a'^-c'^ - ^-a - r-c
(1)
Das Niillsetzen der ersten Ableitung von (1) nach a fuhrt zur Grenzproduktivitatsbedingung (24.3a): iG = p-a-Y-a"-'-cP - £ - 0 a-y-a"-'-cP =
(2)
Auf der linken Seite von (2) steht die Grenzproduktivitat der Arbeit im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion (vgl. ggf. Beispiel 21.1). Auf der rechten Gleichungsseite steht der Reallohnsatz. Aus (2) erhalt man nun die gesuchte kurzfristige Arbeitsnachfragefunktion des Untemehmens durch Umstellen nach a:
Das Giiterangebot der Untemehmen
326 1
.G _
£ p-a-y•c^
p-a-y•c^
1 l-a
-- a6(p,/,c)
(3)
Es zeigt sich, daB die gewiimmaximierende Arbeitseinsatzmenge neben dem fixen Kapitaleinsatz c hauptsachlich vom Lohnsatz C und dem Absatzpreis p abhangt, genauer: vom Quotient der beiden. Da a, also die Produktionselastizitat des Faktors Arbeit (vgl. Aufgabe 21.8a), regelmaBig einen Zahlenwert zwischen Null und Eins hat, weist der Exponent in der rechten Darstellungsform von Gleichung (3) ein positives Vorzeichen auf b) Lange Frist: Werden die ersten partiellen Ableitungen der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion x = y a " c P in die beiden Grenzproduktivitatsbedingungen (24.3) eingesetzt, so ist: ,a-l .pp
p a y •a''
p-p-ya^cP-i
_
/
(4)
= r
(5)
Umstellen von (5) nach c ergibt: -1
c =
-1
= j.p-1 . p P - i . p p - i . y P - i .aP-1
pPya^
(6)
Durch Einsetzen von (6) in (4) und anschlieBendes Umstelle n nach a folgt (was der interessierte Leser nachvoUziehen moge) : _ 1
y-p (^/a)i-P-(r/P)P
l-a-p
(7)
Auf analoge Weise erhalt man auch:
c^ipjj)
=
Y-p
(^/a)«-(r/P) l - a
1-a-p
(8)
Dies sind die langfristigen Faktornachfragefunktionen (in der okonomischen Form).
D Zum gleichen Ergebnis kommt man; wenn etwa in der kurzfristigen Faktomachfragefunktion (3) fiir den fixen Kapitaleinsatz c gemaB der aus der Minimalkostenkombinationsbedingung resultierenden Gleichung (3) aus Beispiel 22.1 der Term [(P • £) /(a • r)] • a eingesetzt und dann nach a aufgelost wird.
2.4. Faktomachfrage
327
Aufgabe24.1: Die Produktionsbedingungen eines Untemehmens werden beschrieben durch die Produktionsfunktion x = a"- c ^, wobei der fixe Kapitaleinsatz c = 25 betragt, a = 0,6, undp = 0,5ist. a) Welche Arbeitsmenge wird das gewinnmaximierende Untemehmen zur Produktion einsetzen, wenn der Lohnsatz i=9 und der Preis des produzierten Gutes p = 12 betragt? b) Wie wird der Arbeitseinsatz verandert, wenn sich i. der Lohnsatz ii. der Absatzpreis iii. der Kapitaleinsatz verdoppelt? II c) Welchen Zahlenwert hat die Lohnsatzelastizitat der Arbeitsnachfi-age: 8(a :t)? II d) Wie groB ist die gewinnmaximale Ausbringungsmenge x^ bei der urspriinglichen Parameterkonstellation? ii
II e) Um wieviel Prozent wird das Untemehmen die gewinnmaximale Ausbringungsmenge verandem, wenn der Lohnsatz i um ein Prozent steigt?
2.4.3. Faktomachfrage bei Kapazitats- oder Absatzbeschrankungen Eine besondere Situation liegt vor, wenn das Untemehmen einer Absatzbeschrankung oder einer Kapazitats- beziehungsweise Faktorbeschrankung iinterliegt. Dann sind die optimalen Faktoreinsatze gegebenenfalls nicht realisierbar. Es kann auch sein, da6 die verfiigbaren Faktorbestande aus wirtschaftlichen Griinden nicht vollstandig eingesetzt werden. Wir woUen den Sachverhalt am Beispiel der Arbeitsnachfrage eines Unternehmens verdeuthchen (siehe Abbildung 24.3). Von den tibrigen Produktionsfaktoren, deren Einsatzmengen wir als konstant unterstellen, sehen wir ab. a^ bezeichne wieder die gewinnmaximierende Arbeitseinsatzmenge gemafi der Grenzproduktivitatsbedingung (24.3a), a sei die hochstens verfiigbare Arbeitseinsatzmenge (Faktorbeschrankung), und x stelle die hochstens absetzbare Menge des produzierten Gutes dar (Absatzbeschrankung). Der Leser kann sich die Bezeichnungen der Beschrankungen neben die Symbole in die Abbildung 24.3
^ Vgl. Kapitel 2.3.l.g) und 2.1.2.J).
Das Giiterangebot der Untemehmen
328
schreiben. Die mit a maximal produzierbare Ausbringungsmenge (Kapazitatsgrenze) des Untemehmens ist x = x(a ). Mit a^ wird der gewimmiaximale Output x^ = x(a^) hergestellt (Angebot des Untemehmens). Der zur Erzeugung von X erforderliche Arbeitseinsatz ist iiber die Faktoreinsatzfunktion a(x) bestimmt. Abbildung 24.3: Faktomachfrage bei Faktor- oder Absatzbeschrdnkungen X
Ist a(x) oder a kleiner als a^, so sagt man, die betrefFende Beschrankung sei bindend. In einem solchen Fall wird das Untemehmen die »eigentlich« optimale Arbeitsnachfrage a^ nicht entfalten, sondem die durch die bindende Beschrankung bestimmte Arbeitsmenge einsetzen. In der in Abbildung 24.3 dargestellten Situation gibt es sowohl eine Absatz- als auch eine Faktorbeschrankung. Das verfiigbare Arbeitsvolumen a ist so groB, dafi es unter dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung nicht voUstandig eingesetzt wird. Bei einem Lohnsatz C und einem reahsierbaren Absatzpreis p mochte das Untemehmen nur die Arbeitsmenge a^ nachfragen und einsetzen. Die damit produzierbare Ausbringungsmenge x^ kann jedoch annahmegemaB auf dem Absatzmarkt nicht voUstandig abgesetzt werden, weil das Untemehmen einer bindenden Absatzbeschrankung in Hohe von x unterliegt. Deshalb wird es tatsachlich nur die Arbeitsmenge einsetzen, die zur Produktion dieser hochstens absetzbaren Menge x erforderlich ist, also a(x). Ware in einem anderen Fall a kleiner als a(x), so ware die Faktorbeschrankung bindend und das Untemehmen wurde a einsetzen imd nachfragen.
2.4. Faktomachfrage
329
Zusammenfassend kann fur die tatsachliche (eflfektive) ArbeitsnachJfrage eines Untemehmens i die folgende allgemeine Bestimmungsgleichung angegeben werden: a^^ = m i n { a , a ^ , a ( x ) }
(24.4)
Die Faktomachfrage entspricht der kleinsten der drei foigenden Mengen: verfixgbarer Faktorbestand, gewinnmaximaler Faktoreinsatz und erforderlicher Faktoreinsatz (zur Produktion der hochstens absetzbaren Gutsmenge). Bindende Absatzbeschrankungen schlagen sich somit genauso in einer verringerten Faktomachfrage nieder wie steigende Faktorpreise oder sinkende Absatzpreise. Der Leser tiberlege, welche Bedeutung diese Erkenntnis fur die Erklarung der Arbeitslosigkeit in einer ganzen Volkswirtscliaft hat. Zum AbscWuB dieses Kapitels iiber die Faktomachfrage seien noch einmai alle hier und an fruheren stellen betrachteten Arten von Faktomachfrageftinktionen in einer Ubersicht zusammengestellt. Von den beiden Faktoren Arbeit und Kapital wird letzterer in der kurzen Frist ais fixer Faktor angenommen. Der Leser kann sich die zugeh5rigen Kapitelnummem oder Seitenzahlen dazuschreiben (siehe auch Anhang F). Abbildung 24,4: Arten von Faktornachfragefunktionen
Faktomachfragefunktionen
1 technische Form
ekonomische Form
1
1
kurzfristig
langfristig
kurzfristig
langfristig
a(x.c)
a^(x,ir)
a*(C,p.c)
a*(C.r.p) c'(«,r,p)
330
Das Giiterangebot der Untemehmen
2.5. Aggregation und Marktangebot
a) Um von der Angebotsfunktion eines einzelnen Untemehmens zu der des gesamten Marktes fiir das betreffende Produkt zu gelangen, mussen fur jeden moglichen Marktpreis alle einzelwirtschaftlichen Angebotsmengen aufsummiert werden. Diese Zusammenfassung der einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktionen x^(p/,r) aller Anbieteruntemehmen i = 1,...,I wird als Aggregation bezeichnet. Es ist zu beachten, daB jede dieser Funktionen definitionsgemaB erst bei der Angebotsschwelle (Angebotsmengen- und Preisuntergrenze) des betrefifenden Anbieters beginnt und daB die Faktorpreise C, r als gegebene Parameter betrachtet werden, die fiir alle Anbieter gleich sind und auf die keiner von ihnen einen merklichen EinfluB hat. Das (aggregierte) Marktangebot des von den Anbietem bereitgestellten Gutes wird dann durch folgende Marktangebotsfunktion beschrieben: x^(p;Ar) ^ i x ^ ( p ; A r )
(25.1)
i=l
Die Gesamtheit der Untemehmen, die Giiter einer bestimmten Art bereitstellen, wird iibrigens als Branche (Wirtschaftszweig) bezeichnet. b) Auf graphischem Wege ergibt sich die zu (25.1) gehorende Marktangebotskurve durch horizontale Aggregation der einzelwirtschaftlichen Angebotskurven der I Anbieter. Zur Veranschauhchung dieses Vorgehens in der folgenden Abbildung 25.1 sei angenommen, daB die Branche nur aus drei Untemehmen besteht, die das betrachtete Produkt anbieten (also 1 = 3). In den drei linken Teildiagrammen der Abbildung sind die einzel-wirtschafthchen Angebotskurven der drei Anbieter dargestellt. Sie entsprechen - wie zuvor gezeigt wurde - jeweils den oberhalb des Durchschnittskostenminimums liegenden Abschnitten der Grenzkostenkurven der Anbieter. Der Leser mache dies dadurch kennthch, daB an die ersten drei p-Achsen links neben das p jeweils xK^ = geschrieben wird, wobei i die Nummer des jeweiligen Anbieters darstellt, also 1, 2 beziehungsweise 3. Zur Erinnemng: Bei Preisen unterhalb seiner Preisuntergrenze p^ bietet ein Anbieter nichts von dem Produkt an, seine Angebotsmenge ist dann null. Liegt der
^ Vgl.ggf. Kapitel2.3.2.c).
2.5. Aggregation und Marktangebot
331
geltende Marktpreis p gerade auf der Hohe seiner Preisimtergrenze, so bietet er gleich seine Angebotsschwellenmenge x ^ an. Dazwischen liegende Angebotsmengen werden nicht realisiert - daher die horizontal gestrichelten Linien am linken imteren Ende der Angebotskurven. Ein Anbieter, der wie gerade beschrieben an seiner Angebotsschwelle operiert, heiBt Grenzanbieter. So wird beispielsweise der zweite Anbieter zum Grenznbieter, wenn der Marktpreis auf dem Niveau p(3) liegt. Er realisiert dann keinen Gewinn (mehr), aber auch noch keinen Verlust, der ihn zur Aufgabe des Angebots zwange. Abbildung 25.1: Aggregation einzelwirtschaftlicher Angebotskurven p P(1)
Pw P(3) P<4)
P
' ^%.)
,
J
p
^P
zz::r::i
x*(p)
p '^P(i))
/
>^%,) yf^p^,^
x«(p,„)
17=
Pm
Zur Erklarung der Angebotsaggregation gehen wir davon aus, da6 auf dem Absatzmarkt zunachst ein hoher Preis p(i) herrscht. Bei diesem Preisniveau bietet der erste Anbieter von dem Gut die Menge x'^^(p(i)) an, der zweite Anbieter die Menge x^(p(i)) und der dritte die Menge x^^(p(i)). Addiert man die drei Mengen, was graphisch der Summierung der drei horizontalen Pfeile bei p(i) entspricht, so ergibt sich das aggregierte Marktangebot x^(p(i)), das im rechten Teildiagramm dargestellt wird. Der Leser kann sich durch Nachmessen vergewissem, da6 die Marktangebotsmenge, reprasentiert durch die horizontale Linie bei p(i) im rechten Diagramm, tatsachlich der Summe der drei einzelwirtschafthchen Angebotsmengen bei p(i) entspricht. Bei dem niedrigeren Marktpreis p(2) bietet jeder Anbieter eine geringere Menge an, so da6 sich entsprechend ein geringeres Marktangebot x^(p(2)) ergibt. Liegt schlieBlich der Marktpreis bei p(3), also in der Hohe der Preisuntergrenze des zweiten Anbieters, so bietet dieser gerade noch seine Angebotsschwellenmenge x ^ an; er ist zum Grenzanbieter geworden. Sinkt der Preis unter diese Preisuntergrenze, dann gibt der zweite Anbieter sein Angebot auf und das aggregierte Angebot sinkt sprunghaft um dessen gesamte Angebotsschwellenmenge (dargestellt im rechten Teildiagramm).
332
Das Giiterangebot der Untemehmen
Beim Preis P(4) bietet der zweite Anbieter schon nicht mehr an und der dritte Anbieter ist ziun Grenzanbieter geworden. Sinkt der Preis unter das Niveau p(4), daiui gibt auch der dritte Anbieter sein Angebot auf und das Marktangebot sinkt ruckartig urn die Angebotsschwellenmenge des Anbieters 3. Bei einem noch niedrigeren Preis wird schlieBlich auch der erste Anbieter zum Grenzanbieter. Seine Preisuntergrenze bei p(5) markiert zugleich die Hohe des Marktpreises, bei dem insgesamt das Marktangebot aufliort - beziehungsweise (von »unten« betrachtet) beginnt. Bei Preisen unterhalb der Preisuntergrenze des am kostengiinstigsten operierenden Anbieters (hier ist das Anbieter 1), der sogenannten Marktpreisuntergrenze p, gibt es also iiberhaupt kein positives Marktangebot mehr. Allgemein ist die Marktpreisuntergrenze als das Minimum der Preisuntergrenzen p ^ aller I Anbieter definiert: p := m i n | p ' , F , . . . , p i |
(25.2)
c) Die vorstehende Erlauterung fiihrt zu folgendem Resiimee: • Die Marktangebotskurve gibt an, wie hoch die aggregierte Angebotsmenge eines Gutes bei altemativen Niveaus des Marktpreises ist, wobei jeweils die bei dem betreffenden Preisniveau tatsachliche Anbieterzahl betrachtet wird. • Eine Marktangebotskurve ist nur bei bestimmten fest vorgegebenen Faktorpreisen definiert. Faktorpreisanderungen fiihren zu Verschiebungen der Angebotskurve. Der Leser denke an die Wirkung von Faktorpreisanderungen auf die einzelwirtschafthchen Grenzkostenkurven (vgl. auch Abbildung 23.9). • Bei vergleichsweise niedrigem Marktpreis sind nur noch die kostengiinstigsten Untemehmen als Anbieter tatig; sie bieten jeweils relativ geringe Mengen an. Ist der Marktpreis dagegen hoch, so sind mehr Anbieter aktiv, und jeder bietet eine im Vergleich zum niedrigen Marktpreis groBe Menge an. • Bei sinkendem Marktpreis scheiden zuerst die vergleichsweise teuer produzierenden Anbieter aus dem Markt aus. Das sind die mit »hoher« Preisuntergrenze. Analog dazu treten Untemehmen bei steigendem Preis in der Reihenfolge ihrer Kostengunstigkeit in den Markt ein. Von alien »moglichen« Untemehmen bieten zu jedem Zeitpunkt nur die kostengiinstigsten das Produkt tatsachlich an.
2.5. Aggregation und Marktangebot
333
• Je mehr Anbieter es auf dem Markt gibt, desto weiter »rechts« und desto flacher verlauft die Marktangebotskurve. Der Leser stelle sich vor, es muBten in der Abbildung 25.1 noch ein oder zwei zusatzliche einzelwirtschaftliche Angebotskurven bei der Aggregation beriicksichtigt werden. • Infolge der Existenz von Angebotsschwellen kommt es bei der Marktangebotskurve immer dann zu Sprungstellen, wenn der Marktpreis auf der Hohe der Preisuntergrenze eines Anbieters liegt. Oberhalb des geltenden Absatzpreises gibt es keine Sprungstellen, weil mogliche Anbieter mit Preisuntergrenzen, die ungiinstiger als die des Grenzanbieters sind, dem Markt ja nicht (mehr) angehoren. Die aggregierte Angebotskurve weist also hochstens so viele Spriinge auf, wie es Anbieter auf dem Markt gibt. Bei einer groBeren Anbieterzahl ergibt sich allerdings im Regelfall eine annahemd »glatte« Marktangebotskurve, von der wir auch im folgenden der Einfachheit halber ausgehen werden (siehe Abbildung 25.2). Es sollte aber im BewuBtsein behalten werden, daB glatte Marktangebotskurven nur eine vereinfachte Annaherung darstellen. Abbildung 25.2: Vereinfachte Marktangebotskurve P
Der Sachverhalt, daB die am Markt insgesamt angebotene Menge eines Gutes bei einem hoheren Preis groBer ist als bei einem niedrigen Preis, wird als Gesetz des Angebots bezeichnet. Es ist erfiillt, falls die Marktangebotskurve durchgehend QWLQ positive Steigung aufweist, was auch als normaler Verlauf bezeichnet wird.
Die Abflachung beruht darauf, dafi bei hohen Preisniveaus groBere Angebotsmengen hinzukommen als bei niedrigen Preisen.
334
Das Giiterangebot der Untemehmen
Formal: px» > 0
(25.3)
Diese Gesetzmafiigkeit ist im Gegensatz zum "Gesetz der Nachfrage" aus Kapitel 1.5.4.h) nicht psychologisch, sondem technologisch bedingt. Derm die Marktangebotskurve ist ja gewissermaBen die Summe aller aus der Produktionsftinktion hergeleiteten Grenzkostenkurven der Anbieteruntemehmen. Deshalb hat die Marktangebotskurve nur danri eine positive Steigimg, wenn die meisten einzelwirtschaftlichen Grenzkostenkurven eine positive Steigung haben, wovon aber nach unseren (jberlegungen in Kapitel 2.3.2. in der Kegel ausgegangen werden kann. Da bei der Grenzkostenbetrachtung Fixkosten keine RoUe spielen, haben Anderungen der Preise fixer Produktionsfaktoren keinen EinfluB auf die Lage der Grenzkosten- beziehungsweise Angebotskurve. (Vom EinfluB auf die einzelwirtschafllichen Angebotsschwellen sehen wir hier ab.) d) Anormale Angebotskurvenverlaufe, also solche mit - zumindest abschnittsweise - negativer Steigung konnen nur dann auftreten, wenn etwa das Angebot nicht technologisch bestimmt ist oder wenn die Anbieter andere Ziele als die Gewinnmaximierung verfolgen. Ersteres ist beispielsweise der Fall beim Arbeitsangebot, das stark von subjektiven Momenten (Praferenzen) der Menschen bestimmt ist (vgl. Kapitel 1.4.). Letzteres kann gut am Beispiel des Ziels "Erloslimitierung" gezeigt werden: Streben die Anbieter eines Marktes ein bestimmtes Erlosniveau E an, so werden sie zunachst mit steigendem Preis auch ihre Angebotsmenge erhohen, und zwar solange, bis das angestrebte Erlosniveau erreicht worden ist. Bei hoheren Preisniveaus wird dann die Angebotsmenge stets so gesenkt, daB das Erlosniveau E erhalten bleibt. Beispielsweise wird ein Erlosniveau E = 1200 bei einem Preis von p = 10 erreicht, wenn x^ = 120 Mengeneinheiten des Gutes angeboten werden. Steigt der Preis auf p = 12, so wird die Angebotsmenge auf x^ = 100 verringert, bei p = 15 ist die Angebotsmenge nur noch x^ = 80. Bei solchem Anbieterverhalten kann sich ein Verlauf der Marktangebotskurve wie in der folgenden Abbildung ergeben.
Der Autor hat an anderer Stelle gezeigt, daB abnehmende Grenzkosten (also x ^ ( ^ ) < ^ ) ^^i - realistischerweise - konvexem Durchschnittskostenverlauf notwendig auch abnehmende Durchschnittskosten implizieren (vgl. W. Kortmann: Zusammenhange zwischen Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskosten; Wirtschaftsstudium (WISU), 1995, Heft 4, S. 292). Bei abnehmenden Durchschnittskosten( " k ( x ) < 0) sind aber nach (22.41) die Grenzkosten auf jeden Fall kleiner als die Durchschnittskosten. Da ein gewinnmaximierender preisinabiler Anbieter aber p = x ^ ( x ) setzt, ist dann auch p < k(x), er macht also Verluste. Das heiBt: Bei abnehmenden Grenzkosten (und daher abnehmenden Durchschnittskosten) bietet ein preisinabiler Anbieter nicht an. Daher sind fallende Grenzkosten- und Angebotskurven im allgemeinen nicht zu erwarten.
2.5. Aggregation und Marktangebot
335
Abbildung 25.3: Anormaler Marktangebotskurvenverlauf P
Aufgabe25.1: Es seien die Kostenfiinktionen K^ dreier Anbieter eines Gutes bekaimt, namlich K^(x) = 3-(x)^ + 750, K^(x) = 12-(x)^ + 648 und K^(x) = 48-(x)^ + 768. Wie lautet die Funktionsgleichung des aggregierten Angebots (ohne Beriicksichtigung von Angebotsschwellen)? Skizzieren Sie auch den Verlauf der Marktangebotskurve.
e) Die mikrookonomische Untemehmenstheorie, die wir in diesem zweiten Hauptkapitel dargelegt haben, bezog sich durchweg auf die Situation eines preisinabilen Anbieters, also eines Untemehmens, das weder EinfluB auf den Absatzpreis p seines Produktes noch auf die Faktorpreise C und r nehmen kann. Ein solcher Anbieter richtet seine Angebotspolitik an diesen vom Markt her vorgegebenen Preisen aus. Die einzelwirtschaftliche Angebotsmenge wird gemaB der Coumot-Bedingung (23.12) so gewahlt, dafi die untemehmensbezogenen Grenzkosten dem gerade geltenden Absatzpreis p entsprechen. Da sich aber jeder Anbieter der Branche in dieser Weise am Marktpreis des Produktes orientiert, gilt, daB letztlich alle Anbieter zu den gleichen Grenzkosten produzieren. Kennzeichnet xKX^) die Grenzkosten des i-ten Anbieters von insgesamt I Anbietem in der Branche, so gilt demnach: ;K>(X) = ;K^(X) =... = ; K \ X ) = p
(25.4)
Da die Anbieter dariiber hinaus auch alle die gleichen Faktorpreise zahlen, stimmen nach (24.3) auch ihre Grenzproduktivitaten iiberein.
336
Das Giiterangebot der Unternehmen
Da6 die Anbieter gleichwoM verschiedene Mengen anbieten und imterschiedliche Gewiime realisieren, liegt an den von Unternehmen zu Unternehmen diflferierenden Kostenstrukturen. Das heiBt: Bei einigen Unternehmen wird die Gleichheit von Grenzkosten und Preis bei einer geringen, bei anderen dagegen bei einer groBen Produktionsmenge erreicht. f) Wie bei den Marktnachfragefimktionen in Kapitel 1.5., so konnen auch fur Angebotsfunktionen Elastizitaten ermittelt werden, welche die Abhangigkeit des Marktangebotes von seinen BestimmungsgroBen (insbesondere p, t und r) angeben. Wir woUen hier nur die Preisabhangigkeit des aggregierten Angebotes betrachten. Zur Definition und Interpretation sei auf die analoge Darstellung einzelwirtschaftlicher Preiselastizitaten des Angebots in Kapitel 2.3.2.d) verwiesen. Die Elastizitat des Marktangebotes in Bezug auf den Preis des betrefifenden Gutes wird als Preiselastizitat des (Markt-)Angebotes bezeichnet und ist wie folgt definiert: Sx A
**:p)
= 4Sp ^ - 9p^ - 4 -X '^
(25,5)
P Diese Preiselastizitat gibt an, um wieviel Prozent sich die insgesamt angebotene Menge des Gutes verandert, wenn der Preis des Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). - Der Leser zeige zur Ubung, daB die Angebotselastizitat bei der in Aufgabe 25.1 hergeleiteten Marktangebotsfunktion 1/2 betragt. Empirikum25.1: Die folgende Tabelle zeigt einige empirisch-statistisch ermittelte Schatzwerte fur kurzfristige Preiselastizitaten des Angebots einiger Jandwirtschaftiicher Produkte in den USA. (Bei langfristiger Betrachtung ergeben sich aus Grunden, die wir in Kapitel 2.3.3. behandelt haben, in der Regel hohere Elastizitatswerte).
2.5. Aggregation und Marktangebot
Nahrungsmittel
8(X^P)
337
Nahrungsmittel
£(X^P)
Honigmelone
0,02
Aubergine
0,16
Salat
0,03
Tomaten
0,16
Grune Paprika
0,07
Grunkohl
0,20
Schalotten
0,12
Spinat
0,20
Rote Beete
0,13
Wassermelone
0,23
Mohren
0,14
Erbsen
0,31
Blumenkohl
0,14
Zwiebein
0,34
Sellerie
0,14
Kohl
0,36
Grune Bohnen
0,15
Quelle: Nerlove, M./Addison, W.: Statistical Estimation of Long-Run Elasticities of Supply Dennand; Journal of Farm Economics, 1958, S. 872.
and
Haben alle Anbieter (in der kurzen Frist) eine endliche Kapazitatsgrenze, dann ist auch ihr Aggregat, also das Marktangebot, mengenmaBig beschrankt (siehe den oberen Kurvenabschnitt in Abbildung 25.4). Bei hinreichend hohem Marktpreis ist das Marktangebot dann vollkommen preisimelastisch (starr). Die zugehorige Menge kann als Angebotsmengenobergrenze x ^ bezeichnet werden, was der Leser in der folgenden Abbildung erganzend veraierken kann. Abbildung 25.4: Marktangebotskurve bei allgemeiner Kapazitdtsbeschrdnkung P
338
Das Giiterangebot der Untemehmen
g) Sind, was haufig der Einfachheit halber sowohl in der Angebotstheorie als auch bei empirischen Untersuchimgen unterstellt wird, alle einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktionen identisch, so ist das Marktangebot nach (25.1) einfach das Ifache des Einzelangebots x^ eines der Anbieter: x^(p) = I x ^ ( p )
(25.6)
I ist die Anzahl der Anbieter des betrachteten Gutes. Die Faktorpreise als Funktionsparameter werden hier nicht hervorgehoben. Bezogen auf die Ergebnisse des Beispiels 23.3, Gleichung (3), ergibt sich unter der Identitatsannahme folgende Marktangebotsfunktion: 1
1
x^(p) = I ( K C ) I - K p^-i fiir X > xi
[ = x] Oder p > pi
(25.7) [=p ]
Die fur alle Anbieter identische Angebotsmengenuntergrenze entspricht zugleich derjenigen des Gesamtangebots (x), und die einzelwirtschaftlichen Preisuntergrenzen entsprechen aufgrund ihrer Gleichheit der Marktpreisuntergrenze p . Der links vor der Variable p stehende Term ist konstant; dafiir kann auch einfach ein FunktionskoefBzient a geschrieben werden kann (nicht zu verwechseln mit dem in firtiheren Kapiteln verwendeten fett geschriebenen Symbol a fiir den Arbeitseinsatz). Wenn I, K und c bekannt sind, dann ist auch a eine durch den entsprechenden Term bestimmte Zahl. Den ebenfalls konstanten Exponent von p symbolisieren wir im folgenden durch a. Auch dieser FunktionskoeflBzient hat also ab hier eine andere Bedeutung als etwa bei der Cobb/Douglas-Funktion. Um bei der vereinfachten Schreibweise der Angebotsfimktion auch die Marktpreisuntergrenze zu beriicksichtigen, fiigen wir noch einen KoefBzienten b an, so daB beispielhafte Angebotsfimktionen von nun an allgemein in folgender einfacher Form geschrieben werden: x^(p) = apoc - b
(25.8)
In der Aufgabe 25.1 ergab sich beispielsweise a = 7/12, a = 0,5 und b = 0.1st bei ansonsten positiven FunktionskoeflBzienten das a positiv, aber kleiner als Eins, daim verlauft die Marktangebotskurve konvex iiber x, wie in der folgenden Abbildung 25.5. Ist b groBer als Null, dann weist sie einen Schnittpunkt oberhalb des Koordinatenursprungs auf der p-Achse auf Diesen Achsenschnittpunkt po erhalt man aus der Funktionsgleichung (25.8) durch NuUsetzen von wie folgt:
2.5. Aggregation und Marktangebot
0 -= a-p'^-b
<:e> po
339
(25.9a)
Dieser p-Achsenschnittpunkt kann als die Marktpreisuntergrenze p aller Anbieter des Marktes interpretiert werden, wie er in (25.2) beschrieben wurde. Der Leser kann dies in Abbildung 25.5 neben po schreiben. Mit dem hier betrachteten einfachen Fimktionstyp (25.8) ist keine Angebotsmengenuntergrenze X, also ein bei p liegender Versatz der Angebotskurve in x-Richtung darstellbar. Den Achsenschnittpunkt xo erhalt man durch NuUsetzen von p: x^(p) = a O " - b
<:^ Xo = - b
(25.9b)
Ist b kleiner als Null, dann schneidet die durch (25.8) beschriebene Angebotskurve die Mengenachse bei einem positiven x-Wert. xo> 0 bedeutet, da6 schon bei einem Preis von null eine gewisse Menge des Gutes auf dem Markt kostenlos verfiiigbar ist und erst mit steigendem Preis ein zusdtzliches kostenverursachendes Angebot bereitgestellt wird. Das kann etwa bei naturlich wachsenden Produkten der Fall sein (z.B. Pilze, Beeren), aber auch etwa bei Erholungsparks. Der Leser kann weiter tiberlegen, wie sich Anderungen des FunktionskoeflBzienten a auf die Lage der Angebotskurve auswirken. Abbildung 25.5: Beispielhafte Marktangebotskurve
Ersatzweise kann man den Funktionstyp x^ (p) = a • (x - x)" + p verwenden, der bei nichtganzzahligen Werten von a nur fur x > x definiert ist.
340
Das Gtiterangebot der Untemehmen
Die hier nur geometrisch interessanten, aber okonomisch irrelevanten Achsen- und Kurvenabschnitte wurden gestrichelt gezeichnet. J Aufgabe 25.2: a Die Angebotsfiinktion eines Marktes laute x^(p) = a-p" - b , m i t a = 2, b = 30 imd a = 0,5. Ill 11 a) Welche Menge wird von dem Gut insgesamt angeboten, werni der Marktpreis p = 400 betragt? B b) Wie hoch ist die Preiselastizitat des Marktangebotes bei p = 400? v
Pi
II c) Bei welchem Preisniveau liegt die Marktpreisuntergrenze p ?
h) Die Marktangebotsftmktion und -kurve ist im vorigen, das darf nicht vergessen werden, unter der ceteris-paribus-Bedingung hergeleitet und erlautert worden, das heiBt unter der Annahme, daB bis auf den Preis p alle BestimmungsgroBen des Angebots unverandert bleiben. Diese iibrigen AngebotsbestimmungsgroBen, insbesondere die Faktorpreise und - auf der Marktebene - die Anzahl der Anbieter, werden als exogen bezeichnet. Diese nicht innerhalb des Angebotmodells erklarten GroBen haben den Charakter von Parametern der Marktangebotsfianktion; vgl. Gleichung (25.1). Zum AbschluB der Angebotstheorie soil noch kurz gezeigt werden, welche Wirkungen von Anderungen einzelner exogener EinfluBgroBen auf die Lage der Marktangebotskurve ausgehen. Wir betrachten dazu unsere beispielhafte Angebotsfiinktion (25.8) in leicht modifizierter Form: a wird gleich Eins gesetzt, was zu linearen Angebotskurven fiihrt, und die Anbieteranzahl I wird explizit ausgewiesen. Anhand der dadurch entstehenden linearen Marktangebotsfunktion xA(p) = I.(a'p - b)
(25.10)
lassen sich nun drei Formen, in denen ein Angebotsanstieg auftreten kann, verdeutlichen (fiir Angebotsriickgange gelten die folgenden Aussagen analog): • Im linken oberen Diagramm der folgenden Abbildung 25.6 ist die Ausgangslage der Marktangebotskurve zu (25.10) mit Angabe der Achsenabschnitte und der durch pX^ = 9x^/dp definierten Kurvensteigung angegeben. Der p-AchsenSchnittpunkt p^ = b/a entspricht der Marktpreisuntergrenze p. • Zu einem Angebotsanstieg, also einer Verlagerung der Angebotskurve nach »rechts« oder »unten« kann es nun nach unserer Leseransprache im vorangegangenen Abschnitt c) zunachst dadurch kommen, daB die Anbieterzahl I durch den Hinzutritt neuer Anbieter steigt (It). Dieser Fall zeigt das rechte obere Diagramm. Oflfensichtlich hat eine Anderung von I keinen EinfluB auf die Marktpreisuntergrenze; die Angebotskurve wird nur flacher. Dabei wird unterstellt, daB
2.5. Aggregation und Marktangebot
341
die neu hinzutretenden Anbieter die gleiche Kostenstruktur (insbesondere auch die gieiche Preisuntergrenze) haben, wie die schon auf dem Markt befindlichen (sog. inkubenten) Anbieter. • Kostensenkungen bewirken, dass sich die Grenz- und damit auch die Angebotskurven der Anbieter nach »unten« verlagem. Dies kann vereinfacht durch eine Parallelverschiebung der Marktangebotskurve nach »unten« beschrieben werden, wie es im linken unteren Diagramm von Abbildung 25.6 dargestellt ist. Ein solcher Eflfekt wird durch eine Senkung des Koeflfizientenwertes b erreicht (bl). • Soil schlieBlich eine Angebotserhohung modelliert werden, die auch auf sinkenden variablen Kosten beruht und/oder auf Markteintritten neuer Anbieter mit niedrigeren Preisuntergrenzen, so ist dies durch eine VergroBerung des Koeffizientenwerte a moglich (at). Dieser kombinierte Eflfekt von Abflachung (Drehung) und Nach-unten-Verlagerung der Marktangebotskurve ist im rechten unteren Diagramm dargestellt. Abbildung 25.6: Erscheinungsformen eines Angebotsanstiegs
x*(p)=I(ap-bL
Ix^a P -a.
342
Das Giiterangebot der Untemehmen
2.6. Externe Effekte zwischen den Anbietern (Brancheneffekte)
In den vorangegangenen Kapiteln der mikrookonomischen Untemehmens- und Angebotstheorie wurde davon ausgegangen, da6 jeder Anbieter unabhangig von anderen seine Produktions- und Angebotsplanung vomimmt. In der Realitat hangen jedoch die einzelwirtschaftlichen Kosten- und Angebotsbedingungen haufig auch davon ab, wie und wieviel die anderen Untemehmen der Branche produzieren. Die von dem Produktions- und Angebotsverhalten anderer Unternehmen ausgehenden Einfliisse auf das einzelwirtschaftliche Angebot werden als externe Produktionseffekte bezeichnet. Wir woUen im folgenden nur einen ersten Eindruck von dieser weitreichenden Problematik vermittein, indem jeweils ein Beispiel fiir einen positiven und einen negativen branchenbedingten extemen Produktionseffekt erlautert wird. Von branchenbedingten externen Effekten wird gesprochen, wenn Anderungen der Gesamtausbringungsmenge der Branche die Kostensituation der einzehien Anbieter beeinflussen. Ein negativer extemer Effekt dieser Art (externer Nachteil) hegt vor, wenn eine Erhohung des Branchenoutputs zu Kostenerhohungen bei den Anbietern fuhrt. Ein positiver extemer Effekt (externer Vorteil) bringt dagegen eine Kostenreduzierung, wenn die Ausbringung der Branche steigt. Exteme Vor- und Nachteile konnen technologisch oder rein geldhch (pekuniar) bedingt sein.
2.6.1. Faktorpreiseffekt Ein wichtiges Beispiel fiir einen extemen pekuniaren Nachteil ist der Faktorpreiseffekt, der wie folgt beschrieben werden kann: Das aggregierte Angebot einer Branche sei gemaB Gleichung (25.1):
x^(p) = i
x^(p)
(26.1)
i=l
(Warum hier die Angebotsfiinktionen oben mit einer Tilde versehen wurden, werden wir gleich sehen.) In der Anfangssituation (siehe Abbildung 26.1) betrage der Preis des Produktes p(i), und der Gesamtoutput der Branche sei X(i).
2.6. Exteme EfFekte zwischen den Anbietem
343
Abbildung 26.1: Extemer Nachteil AV)
)f(p) beir">r' 5^P) beir-
Pf2)t
Pm^
Steigt nun - aus welchem Grunde auch immer - der Marktpreis auf das Preisniveau P(2), so konnte man vermuten, daB sich dann die Marktangebotsmenge entlang der Angebotskurve ^"^(p) erhoht und schlieBlich insgesamt die Menge X(2) produziert und umgesetzt wird. Das gilt jedoch nur ceteris paribus, also insbesondere bei unveranderten Preisen der Produktionsfaktoren. Bei deutlichen Anderungen des Produktpreises p ist diese Annahme jedoch wenig realistisch, falls es sich um eine »gro6e« Branche handelt. Denn durch das steigende Produktions- und Ausbringungsniveau der Branche erhoht sich auch deren aggregierte Faktomachfrage, und dies fiihrt in der Kegel zu einem Anstieg der Faktorpreise/ Die steigenden Faktorpreise bewirken aber bei jedem Anbieter eine Verschiebung der Grenzkostenkurve nach »oben«. Denn bei jeder Ausbringungsmenge erhohen sich die Kosten pro zusatzhch produzierter Ausbringungseinheit. Da die einzelwirtschaftlichen Angebotskurven im wesenthchen mit den Grenzkostenkurven ubereinstimmen, verschieben sich infolge des Faktorpreisanstiegs auch die Angebotskurven der Untemehmen nach oben. Gleiches gilt in der Folge fiir die aggregierte Marktangebotskurve. (In Abbildung 26.1 wurde ein Anstieg des Faktorpreises r unterstellt.) Das bedeutet: Die gesamte Branche kann unter realistischen Bedingungen gar nicht entlang der Angebotskurve x^(p) anbieten; diese Kurve gilt nur bei Konstanz der
Wie es dazu kommt, wird allgemein im spateren Kapitel 3.2.2.d) erlautert.
344
Das Giiterangebot der Untemehmen
Faktoipreise. Bei steigenden Faktorpreisen verlagert sich die aggregierte Angebotskurve nach »oben«, und bei dem Marktpreis p(2) wird tatsachlich nur die Menge XQ) < X(2) produziert und angeboten. Dies wird als Faktorpreiseffekt bezeichnet. Weiin er bei Analysen nicht beriicksichtigt wird, dann werden zu grofie Angebotsmengenanderungen bei Produktpreisanderungen vorhergesagt. Durch den Faktorpreiseffekt reduziert sich das AusmaB der Angebotsmengenanpassung an Anderungen des Marktpreises fur das hergestellte Produkt. Verbindet man alle Preis/Angebotsmengen-Kombinationen (p,x), die sich nach der Auswirkung des Faktorpreiseffektes ergeben, so entsteht die effektive Angebotskurve der Branche x^(p). Sie hat einen steileren Verlauf als jede der »scheinbaren« Marktangebotskurven ^\p). Die effektive Angebotskurve weist also iiberall eine geringere Preiselastizitat auf Der Faktorpreiseffekt hat zur Folge, daB die Angebotskurve beziehungsweise der Angebotsplan jedes Anbieters davon abhangt, was die anderen Branchenteilnehmer auszubringen planen. Je mehr die anderen produzieren, desto teurer wird die Produktionfiirjeden einzelnen Anbieter.
2,6,2. Technologische externe Effekte Hirshleifer und Glazer bringen folgendes anschauliche Beispiel fiir technologische externe Effekte:^ a) Ein extemer technologischer Nachteil ist gegeben, wenn Farmer, die liber trockenes Land verfiigen, sich bemiihen, ihren Output durch zusatzhche Bewasserung zu steigem, indem sie Brunnen graben und Wasser daraus abpumpen. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel, was dann zu steigenden Wassergewinnungskosten und damit erhohten Grenzkosten der Produktion fiir alle Anbieter fiihrt. Die einzelwirtschafthchen Angebotskurven verschieben sich nach »oben«, ebenso die Marktangebotskurve. Die effektive Angebotskurve der Branche ist steiler als die »scheinbaren«. Die Wirkung entspricht dem zuvor erlauterten Faktorpreiseffekt. Die Kostensteigerung beruht hier jedoch auf der produktionstechnologischen Verbundenheit der Anbieter.
Vgl. J. Hirshleifer/ A. Glazer.: Price Theory and Applications; 5. Aufl., (Englewood Cliffs), 1992, S. 184f
2.6. Exteme EfFekte zwischen den Anbietem
345
b) Ein extemer technologischer Vorteil konnte in dem genannten Beispiel dann gegeben sein, wenn das Farmland nicht zu trocken, sondem zu naB ist. Bemiiht sich in diesem Fall jeder Farmer, seinen Output dadurch zu steigem, da6 er eine Drainage zur Trockenlegung des Bodens einrichtet, so verbessert er dadurch nicht nur seine eigenen Produktionsbedingungen, sondem auch die seiner angrenzenden Nachbam; deren Produktionsbedingungen verbessem sich ebenfalls. Es hegt also ein technologisch bedingter extemer Vorteil vor. Steigt beispielsweise in der Abbildung 26.2 der Preis fiir Getreide von p(i) auf p(2) und erhohen daraufhin alle Anbieter ihr Produktionsniveau durch verstarkte Trockenlegung, so verschiebt sich die aggregierte Marktangebotskurve infolge der dadurch bewirkten Kostensenkung nach »rechts« oder gegebenenfalls nach »unten«. Abbildung 26.2: Extemer Vorteil
MD
•^(2)
^(3)
Das Marktangebot erhoht sich beim Preis p(2) also nicht auf X(2), wie aufgrund der ursprunglichen aggregierten Angebotskurve x^(p) zu vermuten ware, sondem auf X(3)>X(2). Denn die Produktionserweiterungen der Anbieter bringen Kostensenkungen mit sich, die zu einer Verschiebung der einzelwirtschaftlichen Angebotskurven nach »rechts« beziehungsweise »unten« fuhren. Verbindet man alle Preis/Angebotsmengen-Kombinationen (p,x), die sich nach Benicksichtigung des extemen Vorteils ergeben, so entsteht die effektive Angebotskurve x^(p) der Branche (siehe Abbildung 26.2). Sie verlauft flacher und
Das Guterangebot der Untemehmen
346
weist uberall eine hohere Preiselastizitat auf als die »scheinbaren« Marktangebotskurven x^(p). Es liegt die Frage nahe, ob ein extemer Vorteil so stark sein kaiin, daB die Branchenangebotskurve x^(p) nicht nur einen sehr flachen, sonderti Qmewfallenden Verlauf aufweist, wie in der folgenden Abbildung 26.3 dargestellt: Abbildung 263: Fallender Verlauf der effektiven Marktangebotskurve
p
^p^
\
y^p)
P(1)
j ^
J
^S.
^^(2)
1 X(i>
^(2)
In der Tat ist ein solcher Fall nicht auszuschlieBen: Kommt es, zum Beispiel infolge eines Nachfrageanstiegs zu einer erhohten Produktion, und bringt dies die unterstellte starke Kostensenkung mit sich, so verschiebt sich die »sclieinbare« Marktangebotskurve x^(p) so weit nach »rechts-unten«, daB der neue Preis p(2) unter dem vorherigen Niveau p(i) liegt. Ein in der Wirkung ahnlicher, wenn auch anders zu begriindender Effekt tritt ein, wenn bei neuen technologischen Produkten der wachsende Absatz dazu fiihrt, daB die Anbieter zu inrnier kostengiinstigeren Produktionsverfahren tibergehen konnen ErschlieBung zunehmender Skalenertrage^), die dann auch zu einer Senkung des Produktpreises fiihren.
Vgl. Kapitel 2.1.3.c).
2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots
347
2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots
a)Im Kapitel 1.7.1. wurde der Nachfragervorteil als Differenz zwischen der maximalen Zahlungsbereitschaft und dem tatsachlich zu zahlenden Preis definiert. Ein analoges WohlfahrtsmaB kairn auch fur die Angebotsseite des Marktes angegeben werden: der Anbietervorteil. Hierbei wird von der Differenz zwischen dem Preis, zu dem der Anbieter ein Produkt absetzen kann, und den Kosten, die dessen Bereitstellung erfordert, ausgegangen. Steigen die Grenzkosten eines preisinabilen Untemehmens mit zunehmender Ausbringungsmenge, dann realisiert es bei alien abgesetzten Produkteinheiten einen entsprechenden Vorteil, nur bei der letzten abgesetzten Produkteinheit nicht, weil fiir diese ja die Grenzkosten mit dem Preis iibereinstimmen (Coumot-Bedingung); in Abbildung 27.1 ist das bei der Ausbringungsmenge x' der Fall. Abbildung 27.1: Einzelanbietervorteil p.x'K
b) Um zu ermitteln, welchen Vorteil ein Anbieter aus seinen insgesamt abgesetzten Produktionseinheiten realisiert, miissen die Vorteile (iber alle seine produzierten und angebotenen Einheiten aufsummiert werden, analog zum Vorgehen in Kapitel 1.7.1. Die Aufsummierung der Grenzkosten uber alle Ausbringungsmengeneinheiten von 0 bis x' ergibt die gesamten variablen Kosten der Produktion von x'
348
Das Giiterangebot der Unternehmen
1
(vgl. Kapitel 2.2.4.d)): K^(x'). Da x' = x'(p') konnen wir auch K^(p') schreiben. Das entspricht dQi nicht schrafJBerten Flache unterhalb der Grenzkostenkurve bis zur Stelle x'. Der Erlos des Anbieters ist p' • x'. Die DiflFerenz zwischen dem Erlos und den variablen Kosten entspricht somit der Summe aller Diflferenzen zwischen dem vom Markt her bestimmten Angebotspreis p' und den Kosten der einzehien abgesetzten Mengeneinheiten des Produktes und wird als 2
3
Einzelanbietervorteil (odQi Produzentenrente ) des Anbieters i bezeichnet: A V H P ' ) := p ' x ' - K^(p') (27.1) Graphisch entspricht der Einzelanbietervorteil der schraffierten Flache in Abbildung 27.1. Der Leser trage dies dort ein. Okonomisch gesehen ist der Anbietervorteil gleich dem sogenannten Deckungsbeitrag des Anbieters. Zieht man von diesem "tJberschuB der Erlose iiber die variablen Kosten" noch die hier nicht beriicksichtigten Fixkosten ab, so erhalt man den Gewinn. Der Anbietervorteil ist bei gegebenem Marktpreis um so hoher, je gunstiger die Kostenstruktur des Anbieters ist. c)Da es sich beim Anbietervorteil um eine geldmaBige GroBe handelt, ist es grundsatzlich moglich, sie iiber alle Anbieter des betrachteten Gutes zu summieren und so zum Gesamtanbietervorteil zu gelangen: AV(p) := X A V H P )
(27.2)
i
Graphisch entspricht der Gesamtanbietervorteil der Flache zw^ischen der Preishorizontalen p' und der Marktangebotskurve; siehe die folgende Abbildung 27.2:
X
1 Bei infinitesimaler Betrachtung ist das Integral 2
f ' ^ K(x) • 5x zu bilden. 0
Das Konzept der Produzentenrente geht wesentlich auf Alfred Marshall (1890) zuriick. Den Gutsindex j lassen wir der Einfachheit halber weg.
2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots
349
Abbildung 27.2: Gesamtanbietervorteil
d) Steigt der Preis von p' auf p", so vergroBert sich der Anbietervorteil um die doppelt schraflBerten Flachen in Abbildung 27.3. Der rechteckige Flachenteil [A] gibt den AV-Zuwachs fur die schon zuvor angebotenen Produkteinheiten an, der aufgrund des Preisanstiegs zustande kommt. Der annahemd dreieckige Flachenteil [B] entspricht der Zunahme des Anbietervorteils, der aus dem damit einhergehenden Anstieg der Angebotsmenge von x' nach x" resultiert. Abbildung 27.3: Anderung des Gesamtanbietervorteils
3. Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Nachdem im ersten und zweiten Hauptkapitel die beiden Seiten eines Marktes getrennt betrachtet worden sind, geht es nun um die mikrookonomische Erklarung der Mechanismen, die auf dem Markt zu einer Abstimmung (Koordination) der zuvor hergeleiteten Angebots- und Nachfrageplane der Wirtschaftsakteure fuhren. Nach einigen grundlegenden Ausfiihrungen tiber die moglichen Marktfonnen befassen wir uns in diesem dritten Hauptkapitel speziell mit idealtypischen Markten. An ihnen laBt sich vergleichsweise einfach zeigen, wie Markte grundsatzlich funktionieren. Behandelt werden die Grundforaien der Preisbildung. Zunachst betrachten wir in Kapitel 3.2. einen Markt, auf dem es zugleich viele kleine Anbieter und Nachfrager gibt. AnschlieBend wird im Kapitel 3.3. auf den Fall eingegangen, bei dem einer groBen Nachfragerzahl nur ein einzelner Anbieter gegeniibersteht.
3.1. Markt und Marktformen
Als Markt bezeichnen wir allgemein den virtuellen Ort, an dem das Gesamtangebot und die Gesamtnachfrage fiir ein bestimmtes Gut zusammentrefifen. Diese Zusammentreflfen von Anbietem und Nachfragem muB nicht imbedingt an einem raumlichen Ort geschehen (man denke an den Telefonhandel mit Devisen, die Anzeigenmarkte in Zeitungen und die "Marktplatze" im Internet). Die Marktverhaltnisse und Marktvorgange, die es im folgenden zu untersuchen gilt, hangen wesentlich von der Struktur des jeweiligen Marktes ab, das heiBt von den auBeren Gegebenheiten, die das Verhalten der Marktteilnehmer wesentlich bestimmen. Wir werden hier nur jene Charakteristika der Marktstruktur
352
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
betrachten, die der analytischen Unterscheidimg von Markten dienen und fur die Erklarung der Preisbildung relevant sind. Die Kombinationen dieser Strukturmerkmale werden als Marktformen bezeichnet. In jeder Marktform findet die Koordination von Angebot und Nachfrage auf eine spezifische Weise statt. Die fur die Mikrookonomik wichtigen Charakteristika der Marktstruktur konnen eingeteilt werden in: • qualitative Merkmale: Sie betreflFen vor allem den Grad der Vollkommenheit des Marktes, zum Beispiel hinsichtlich des Informationsstandes der Marktteilnehmer, sowie die OfFenheit des Marktes, das heiUt der Moglichkeit von Marktein- und -austritten. • quantitative Merkmale: Diese beziehen sich hauptsachlich auf die Besetzungsverhaltnisse der beiden Marktseiten, also auf Anzahl und relative GroBe der Anbieter und Nachfrager eines Gutes. Diese beiden Merkmalsgruppen werden im folgenden eingehender dargestellt.
3.1,1. Marktvollkommenheit Als Idealtypus und Referenzsystem fiir alle (ibrigen Arten von Markten dient in der Mikrookonomik das Modell des vollkommenen Marktes. Das Konzept geht auf den englischen Okonomen William Stanley Jevons (1835-1882) zuriick, es ist jedoch spater wesentlich verfeinert worden. a) Ein voUkommener Markt ist durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet, die auch als Voraussetzungen dem gesamten dritten Hauptkapitel zugrunde liegen:^ (Ml) Homogenitdt: Auf dem Markt wird ein einheitliches, undifferenziertes Gut gehandelt. Dies bedeutet im einzelnen: (Ml.l) Alle gehandelten Einheiten des Gutes sind im Urteil der Nachfrager sachlich gleichartig, insbesondere hinsichtlich Art, Aufinachung, Funktion und Qualitat. Ein Gut mit dieser Eigenschaft wird als homogenes Gut bezeichnet.
Jevons wirkte an der Gnmdlegung der Mikrookonomik mit und leistete wichtige Vorarbeiten zur neoklassischen TTieorie. Sein Hauptwerk, The Theory of Political Economy, erschien 1871. 2 Im nachfolgenden vierten Hauptkapitel werden die Auswirkungen von »Verletzungen« dieser Annahmen thematisiert, wie sie in der Realitat haufig zu finden sind.
3.1. Marktund Marktformen
353
Wird ein Gut dagegen beispielsweise in verschiedenen Varianten, Qualitaten oder Verpackungen angeboten, oder karni es fiir ganz unterschiedliche Zwecke verwendet werden, so wird von einem heterogenen Gut gesprochen. Was uberhaupt ein Gut ist und ob homogen oder heterogen, hangt allein von der subjektiven Einschatzung der NachJBrager ab. Homogenitat bedeutet daher auch: (ML 2) Die Praferenzen der Nachfrager und Anbieter sind nur auf die Giiter und deren Preise, nicht aber auf die Tauschpartner oder den Ort oder die Zeit des Tausches gerichtet. Es herrscht somit Abwesenheit sachfremder Praferenzen. Diese Bedingung ist verletzt, falls • zwischen den Marktteilnehmem personliche Vorlieben oder Abneigungen bestehen, ein Nachfrager beispielsweise das Gut nur deshalb bei einem bestimmten Anbieter erwerben mochte, weil dieser ihm besonders sympathisch ist. • die Marktteilnehmer raumliche Praferenzen haben, es ihnen etwa aufgrund unterschiedlicher Beschaflfiuigs- oder Belieferungsaufwendungen (Raumtiberwindungskosten) nicht egal ist, wo sie das Gut kaufen oder verkaufen. • es zeitliche Diskrepanzen bei der GiiterbeschaflRing oder -belieferung gibt (Zeituberbriickungskosten) oder die Plane der Marktteilnehmer von zeithchen Aspekten des Angebots oder der Nachfrage abhangen, wie es zum Beispiel bei Erwartungen hinsichtlich des zukiinftigen Preises des Gutes der Fall ist. Ein Markt, auf dem insbesondere keine raumlichen und keine zeitlichen Praferenzen bestehen, wird als Punktmarkt bezeichnet, da er sich gleichsam in einem Zeitpunkt und an einem Ort ohne raumliche Ausdehnung ereignet. Ein naherungsweises Beispiel sind Borsen, bei denen Anbieter und Nachfrager zu bestimmten Zeiten an einem Ort zusammenkommen. Erfiillt ein Markt die Homogenitatsbedingung (Ml) voUstandig, so wird von einem homogenen Markt gesprochen. Ist sie verletzt, so liegt ein heterogener Markt vor; dann wird ein diflferenziertes Gut in unterschiedlichen Varianten oder unter uneinheitUchen Bedingungen gehandelt. Die Nachfrager haben dann unterschiedhche Praferenzen hinsichtlich der einzelnen Angebote des Gutes. Das extremste Gegenteil eines homogenen Marktes ist der Basar. Auf ihm werden die einzelnen Einheiten auch sachlich gleichartiger Giiter zu unterschiedlichen, jeweils individuell ausgehandelten Preisen getauscht. Wegen ihrer mangehiden Regelmafiigkeit lassen sich solche Markte theoretisch kaum erfassen. Das Einzelne und Spontane entzieht sich grundsatzlich der theoretischen Erklarung.
Unter diesem Gesichtspunkt wird es erklarlich, warum die okonomische Theorie erst im 18. Jahrhundert entstand, und zwar im sich industrialisierenden Westeuropa.
354
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
b) Eine zweite wesentliche Eigenschaft eines vollkommenen Marktes ist die folgende: (M2) Transparenz: Es herrscht voUstandige Markttransparenz; alle Anbieter und Nachfrager sind tiber die Marktbedingungen, insbesondere iiber die Guter und Preise, voUstandig informiert, haben also eine umfassende Marktiibersicht. Ist dies nicht der Fall, gibt es also Kenntnislticken oder falsche Informationen, dann liegt unvoUstandige Markttransparenz vor. Die Voraussetzung der Markttransparenz schlieBt nicht die allgemeine Kenntnis aller Angebots- und Nachfrageplane der Akteure ein, was eine sehr unrealistische Annahme ware. Es geniigt, wenn sich jeder Marktteilnehmer iiber seinen eigenen Wirtschaftsplan im klaren ist und die Preise der Guter kennt. Eine fur das Folgende wichtige Feststellung besagt: Auf einem homogenen Markt kann es bei voUstandiger Markttransparenz nur einen einheitlichen Preis fiir das dort gehandelte Gut geben; zu diesem Preis werden alle Umsatze getatigt. Dies ist das Gesetz des einheitlichen Preises (law of indifference), welches auf den zuvor schon zitierten Okonomen Jevons zuriickgeht imd deshalb auch als Jevons'sches Gesetz bezeichnet wird. Der Leser kann sich leicht vorstellen, was passieren wiirde, wenn auf einem homogenen Markt bei voUstandiger Markttransparenz ein Gut zu zwei unterschiedlichen Preisen angeboten wurde. Die durch das Jevons'sche Gesetz zum Ausdruck gebrachte Markteigenschaft erleichtert erheblich die vor uns liegende Marktuntersuchung. Es mu6 aber beachtet werden, daB nicht umgekehrt von einem einheithchen Preis auf die Homogenitat des Marktes oder auf voUstandige Markttransparenz geschlossen werden kann. Denn es kann heterogene Markte geben, auf denen unterschiedliche Giiter »zufallig« zu gleichen Preisen gehandelt werden. Die Voraussetzung voUstandiger Markttransparenz ist, wie schon angedeutet wurde, nicht sehr restriktiv. Auch bei unvoUstandiger Transparenz kommt es auf Markten nach einiger Zeit tendenziell zu einer Preisvereinheitlichung. Das jeweils gunstigste Angebot spricht sich herum und zieht Nachfrager von Anbietem mit iiberhohten Preisforderungen ab. Auf der anderen Seite wird es keinen Anbieter geben, der einen Preis akzeptiert, der fur ihn ein kostendeckendes Angebot nicht erlaubt. Wir woUen den ProzeB der Preisvereinheithchung als Jevonsmechanismus bezeichnen.
Ein System zmtraler Planung kann dagegm dme diese einzelwirtschaftlichm Datoi nicht ftrnkticmierm - iind funktioniert eben wegen der UnerfuUbarkeit einer solchen Voraussetzung nicht.
3.1. Markt und Marktformen
355
c) Die dritte Voraussetzung eines vollkommenen Marktes lautet: (M2) Freitausch: Zwischen den Anbietem und Nachfragem finden freie Tauschhandlungen (sog. Transaktionen) statt. Ein freier Marktaustausch ist insbesondere durch folgende Merkmale gekennzeichnet: (M3.1) Die Tauschhandlungen und ihre Vorbereitung (z.B. die Informationssuche) sind nicht mit Kosten verbunden {keine Transaktionskosteri). (M3.2) Der Staat greift nicht in das Marktgeschehen ein (Abwesenheit staatlicher Interventionen). Das heiBt, es gibt insbesondere keine Preisvorschriften, Steuem Oder InvestitionskontroUen. (M2.3) Der Zutritt zum Markt und der Austritt aus dem Markt stehen jedem Akteur frei (sog. offener Markt) und verursachen keine Kosten. Gleichwohl erfordem Markteintritte eine gewisse Zeit, sind also nicht augenbhcklich moglich. (MS. 4) Der Austausch zwischen Anbietem und Nachfragem Qrfol^freiwillig nach deren eigenen Interessen. Nachfrager sind an Praferenzmaximiemng und Anbieter an Gewinnmaximierung interessiert. Auf die Auswirkungen staatlich bedingter Verletzungen der Voraussetzungen (M3.2) und (M3.3) wird im spateren Kapitel 3.2.8. eingegangen. d) Als vierte und letzte grundlegende Eigenschaft eines vollkommenen Marktes wird vorausgesetzt: (M4) Unabhangigkeit: Die Marktteilnehmer entscheiden unabhangig voneinander; die einzelwirtschaftlichen Plane hangen nicht voneinander ab. Diese Bedingung ist verletzt, falls • Nachfrager sich bei ihrer Konsumplanung an dem Verhalten anderer Nachfrager orientieren (Bezugsgmppenefifekte; vgl. dazu Kapitel 1.6.). • Anbieter die Praferenzen der Nachfrager (z.B. durch Werbung) oder Nachfrager die Planungen der Anbieter (z.B. durch Initiativen) beeinflussen. • Anbieter bei ihrer Produktions-. oder Angebotsplanung die Aktivitaten anderer Anbieter berucksichtigen, sei es weil sie es mussen (z.B. Branchenefifekte; vgl. dazu Kapitel 2.6.), sei es weil sie das woUen (Absprachen zwischen den Anbietem ). Auch die direkten Reaktionen von Anbietem auf MaBnahmen einzehier anderer Untemehmen zahlen dazu.
Die damit verbundenen Probleme sind Gegenstand des spateren Kapitels 4.3.2.c).
356
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
e) Einen Markt, auf dem die Voraussetzungen (Ml) bis (M4) erfiillt sind, bezeichnen wir als vollkommenen Markt. Auf ihm wird ein homogenes Gut bei vollstandiger Markttransparenz und Abwesenheit SachJfremder Praferenzen frei und von unabhangig entscheidenden Akteuren gehandelt. In der Realitat konimen die RohstoflBnarkte und Borsen diesem Idealtypus am nachsten. Ein Markt, auf dem mindestens eine der oben genannten Bedingungen nicht erfiillt ist, heiBt unvoUkommener Markt. Ursachen fur die Unvollkommenheit eines Marktes konnen nach dem Gesagten etwa sein: die Heterogenitat des gehandelten Gutes (z.B. die Existenz mehrerer Produktvarianten), mangelnde Markttransparenz (z.B. fehlende Preisiibersicht), sachfremde Praferenzen (z.B. Vorlieben fiir bestimmte Anbieter),fremdbeeinfluBtesVerhalten auf seiten der Nachfrager oder Anbieter, Staatseingrifife sowie Marktein- oder Marktaustrittshemmnisse. Jede dieser Verletzungen fiihrt zu spezifischen Veranderungen in der Funktionsweise des Marktes und beeinfluBt das Ergebnis der dort zustande kommenden Koordination.
3,1,2. Besetzungsverhaltnisse der Marktseiten Auf Heinrich von Stackelberg geht die "morphologische Klassifikation der Markte" zunick. Ausgangspunkt ist dabei die Anzahl der Anbieter und der Nachfrager sowie deren GroBe. Hinsichtlich der Anzahl der Akteure unterschiedet von Stackelberg auf beiden Marktseiten drei Klassen: viele, wenige, einer. Die GroBe der Akteure, gemessen an ihrem M^ktanteil, erfaBt er durch die Kategorien: klein, mittel, groB. Unterstellt man, daB alle Nachfrager in etwa den gleichen Anteil an der Gesamtnachfrage haben und daB die Anbieter untereinander annahemd gleich groB sind, darm existieren fiir jede der beiden Marktseiten lediglich drei relevante Kombinationen: "ein groBer Akteur", "wenige mittlere Akteure", "viele kleine Akteure". Die Gegentiberstellung in einer Tabellefiihrtzum morphologischen Marktformenschema nach von Stackelberg, das die neun moglichen Kombinationen samt ihren Bezeichnungen zeigt:
Der bedeutoide deutsdie Okonom Heinrich von Stackelberg (1905-1946) stellte die vcai ihm entvsdckelte morphologische Klassifikation der Markte 1934 in seinem Buch "Marktform und Gleichgewicht" vor und legte damit die Grundlage der Markttypenlehre. Auch der Kosten- und der Preistheorie gab er entscheidende Impulse; vgl. das spatere Kapitel 4.3.2.b).
357
3.1. Markt und Marktformen
Abbildung 31.1: Marktformenschema l^-^^v^Nachfrager
ein groBer
wenige mittlere
viele kleine
ein groBer
bilaterales Monopol
beschranktes Monopol
Monopol
wenige mittlere
beschranktes Monopson
bilaterales Oligopol
Oligopol
viele kleine
Monopson
Oligopson
Polypol
Anbieter ^^^-.^^
Neben den in der Tabelle genannten Marktformen, bei denen die Akteure auf jeder Marktseite untereinander in etwa gleich groB sind, gibt es noch solche, bei denen dies nicht der Fall ist. Die beiden wichtigsten sind: • Das Teilmonopol: ein groBer Anbieter und zusatzlich viele weitere kleine Anbieter (bei vielen Nachfragem). • Das Teiloligopol: einige groBe Anbieter und zusatzlich viele weitere kleine Anbieter (bei vielen Nachfragem).
3.1.3- Die wichtigsten Marktformen im Uberblick Jede der quantitativ definierten reinen Marktformen aus Abbildung 31.1 kann mit den im vorangegangenen Unterkapitel 3.1.1. genannten qualitativen Kriterien der Marktvollkommenheit kombiniert werden. Dadurch ergibt sich eine groBe Anzahl gemischter Marktformen. Wir werden uns im folgenden auf die Untersuchung der wichtigsten dieser Marktformen beschranken, und zwar auf das Monopol, das OKgopol und das Polypol, jeweils auf einem homogenen und auf einem heterogenen Markt. In jedem Fall wird von einer Vielzahl kleiner Nachfrager (sog. atomistische Nachfrage) ausgegangen. Der an den Besonderheiten der tibrigen Marktformen interessierte Leser wird auf die Spezialliteratur zur Preistheorie verwiesen. a) Im Monopol hat der eine Anbieter eines Gutes, der sogenannte Monopolist, keine Konkurrenten; sein Marktanteil fur das gehandelte Gut betragt Eins (bzw. hundert Prozent). Er kann den Gutspreis in Abhangigkeit von der erwarteten
358
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Absatzmenge festlegen, ist also in diesem Siime preisabiL Sein Verhalten wird auch als Preissetzerverhalten bezeichnet. Der Fall des Monopols auf dem voUkommenen Markt (sog. reines Monopol) wird in Kapitel 3.3. untersucht. Es wird dabei ein einheitlicher Preis fiir das Gut verlangt. Auf einem unvollkommenen Markt hat der Monopolist hingegen unter Umstanden die Moglichkeit zur Preisdiflferenzierung. Diese setzt eine unvollstandige Markttransparenz oder ein nichthomogenes Gut voraus. Die Heterogenitat kann auch durch den Anbieter selbst hervorgebracht worden sein, zum Beispiel durch Werbung oder unterschiedliche Aufinachungen des Produktes. Hierauf wird im spateren Kapitel 4.1.1. naher eingegangen. b) Im Oligopol konkurrieren einige wenige und in der Regel einander bekannte Anbieter (sog. Oligopolisten) um den Absatz. Jeder von ihnen hat einen erhebhchen Anteil am gesamten Marktangebot. Dies hat zur Folge, daB absatzpolitische MaBnahmen eines Anbieters die Angebotssituation der tibrigen Anbieter fiihlbar beeinflussen. Bei Versuchen eines Anbieters, seinen Marktanteil zu Lasten seiner Konkurrenten zu vergroBem, ist mit VergeltungsmaBnahmen der Konkurrenten zu rechnen. Die Oligopolisten stehen deshalb untereinander in einem engen direkten Reaktionsverbund und miissen bei ihren Angebotsentscheidungen auBer den Nachfragereaktionen auch die Reaktionen ihrer Konkurrenten beriicksichtigen; es findet strategisches Konkurrenzverhalten statt. Je nach der Homogenitat des Marktes werden homogene und heterogene Oligopole unterschieden. Beide werden im spateren Kapitel 4.3. thematisiert. Der Spezialfall des Ohgopols mit nur zwei Anbietem wird als Dyopol bezeichnet. c) Im Polypol bieten viele Anbieter (sog. Polypolisten) jeweils einen verschwindend geringen Teil des gesamten Marktangebotes an. Auf einem vollkoEomenen Markt haben sie deshalb keinen sptirbaren EinfluB auf den Marktpreis; sie sind preisinabil. Hir Verhalten nennt man deshalb auch Preisnehmerverhalten, da sie den vom Markt vorgegebenen Absatzpreis hinnehmen mtissen. Die Angebotspolitik der preisinabilen Polypolisten beschrankt sich auf die Festlegung der Angebotsmenge. Uber den Markt sind die Anbieter nur indirekt und auf anonyme Weise miteinander verbunden. Das Polypol auf einem voUkommenen Markt wird als voUkommene Konkurrenz bezeichnet und ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels 3.2.. Die in der Realitat haufig vorfindbare Situation eines Polypols auf einem imvollkommenen Markt hat die Bezeichnung als monopolistische Konkurrenz erhalten; sie ist Gegenstand des spateren Kapitels 4.2.
Das war der in Kapitel 2.3.1. fur die gesamte Angebotsliieorie des zweiten Hauptkapitels unterstellte Fall.
3.1. Markt und Marktformen
359
Die wichtigsten und hier im folgenden behandelten Marktformen zeigt die folgende Abbildung noch einmal im Uberblick. Abbildung 31.2: Ubersicht der wichtigsten Marktformen Polypol
Oligopol
Monopol
voUkommenes Polypol
voUkommenes Monopol
voUkommene Konkurrenz
reines Monopol
vollkommener Markt
unvollkommener Markt
unvollkommenes Polypol
homogenes Oligopol
unvollkommenes Monopol
monopolistische Konkurrenz
heterogenes Oligopol
Monopol mit Preisdiflferenzierung
d) In der mikrookonomischen Theorie der Preisbildung auf Markten steht das Polypol auf dem vollkommenen Markt seit jeher im Mittelpunkt. Diese Marktform heiBt - wie gesagt - voUkommene Konkurrenz (auch: vollstandige Konkurrenz). Sie dient als Referenz oder BeurteilungsmaBstab fiir alle iibrigen Marktformen. Denn sie weist eine Reihe wiinschenswerter Optimalitatseigenschaften auf und ist theoretisch vergleichsweise einfach zu handhaben. Nicht zuletzt hat sie aufgrund ihrer Erklarungskraft, ihrer Symmetrien sowie der Einheitlichkeit und Anwendungsbreite ihres Aussagensystems einen besonderen asthetischen Appeal. Bei vollkommener Konkurrenz handeln viele Anbieter und viele Nachfrager frei ein ihnen bekanntes homogenes Gut zu einem einheitlichen Preis, der sich unverfalscht durch das Zusammenspiel von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage auf dem Markt bildet. Wegen der groBen Anbieter- und Nachfragerzahl hat jeder Marktteilnehmer nur einen sehr kleinen Anteil an der insgesamt umgesetzten Gtitermenge und kaim folglich keinen merklichen EinfluB auf die Marktvorgange nehmen. Insbesondere den Preis muB jeder Akteur als gegeben (man sagt: als
Der seit Ende der 70er Jahre in den USA entwickelte Contestable-Markets-Ansatz hat uns gezeigt, wie wichtig eine grofie Anzahl inkumbenter Anbieter ist. Denn es konnte nachgewiesen werden, daB ein vollkommaier Markt mit geringer Anbieterzahl nur dann zum gleichen Maiktergebnis wie die vollkommene Konkurr^iz fiihrt, wenn Voraussetzungen geltoi, die in der Realitat niemals erfiillt sind. Zur Begriindung einer grofien Anbid:eranzalil vgl. auch das spateren Kapitel 3.2.5.
360
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Datum) hiimehmen; nur die gewunschte Angebots- oder Nachfrage/we/ige kann er bestimmen. Die Untemehmen mtissen folglich ihre Produktions- und Angebotsplanung am geltenden Marktpreis ausrichten. Bei vollkommener Konkurrenz werden die preisinabilen Marktteilnehmer daher auch als Mengenanpasser bezeichnet. Sowohl Anbieter als auch Nachfrager streben unabhangig voneinander - aber in Konkurrenz untereinander - danach, ihren Vorteil zu maximieren, also nach dem hochstpraferierten Konsumgiiterbiindel (Nachfrager) beziehungsweise nach dem maximalen Gewinn (Anbieter). Es bestehen keinerlei Beschrankungen der freien Preisbildung oder des Marktzutritts, und die Transaktionen verursachen keine zusatzlichen Kosten. Diese ideale Situation wurde stillschweigend in den beiden vorangegangenen Hauptkapiteln unterstellt: Sowohl die Konsumenten im ersten als auch die Unternehmen im zweiten Hauptkapitel erstellten ihre Wirtschaftsplane auf der Grundlage gegebener Gtiterpreise. Die Untemehmen planten zudem bei gegebenen Faktorpreisen. Es wurden also bisher die okonomischen Entscheidungssituationen preisinabiler Wirtschaftsakteure untersucht. Als "vollkommen" wird die Marktform der vollkommenen Konkurrenz unter anderem deshalb bezeichnet, weil sie auf einem vollkommenen Markt im Sinne unserer Definition aus dem Kapitel 3J.L beruht. Ihre Vollkommenheit besteht auch darin, daB kein Marktteilnehmer (iber Marktmacht verfiigt, die er zu seinen Gunsten (und zum Nachteil anderer Marktteilnehmer) ausnutzen konnte. Zudem kommt, wie wir noch sehen werden, bei vollkommener Konkurrenz das beste aller moghchen Marktergebnisse zustande. Dies ist der Grund, warum diese Marktform, beziehungsweise das auf ihr basierende Marktmodell, als Referenz oder MaBstabfiirdie Ergebnisse anderer Marktformen dient. Die vollkommene Konkurrenz ist auBerdem das einfachste Marktmodell. Es oflfenbart sehr gut die prinzipielle Funktionsweise von Markten. Reale Markte weichen zwar mehr oder weniger vom Idealtypus ab. Das ist allerdings bei alien anderen Modellierungen ebenso, auch wenn sie spezieller, das heiBt weniger aUgemein als das vollkommene Konkurrenz-Modell sind. Manche Markte der Realitat werden sogar recht gut durch dieses Modell erklart, zum Beispiel Wertpapiermarkte, Devisenmarkte und Markte fiir standardisierte Waren. SchlieBlich reagieren, wie sich gezeigt hat, die Modellergebnisse nicht sensibel auf leichte Abweichungen von den Voraussetzungen (Ml) bis (M4). Insofem erweist sich die vollkommene Konkurrenz auch bei Anwendungen auf die Realitat als sehr robust.
Das wird in den folgenden Kapiteln 3.2.1. und 3.2.5. gezeigt.
3.1. Marktund Marktformen
361
3.1 •4, Analytische Marktformenunterscheidung Bei theoretischen Arbeiten wie auch bei praktischen Anwendimgen (z.B. im Rahmen von Marktuntersuchungen) stellt die genaue Abgrenzung der Marktform haufig ein Problem dar. Wo liegt beispielsweise die Grenze zwischen Oligopol und Polypol? In diesem Unterkapitel woUen wir zwei formal analytische Ansatze skizzieren, die dem Problem abhelfen soUen. a) Der amerikanische Okonom Robert Triffin (1940) entwickelte, in Weiterfuhrung fruherer Arbeiten, ein Konzept zur Marktformenunterscheidung auf der Grundlage von Kreuzpreiselastizitaten: Der sogenannte Triffin-Koeffizient 8(x'^:p*) miBt, welche relative Absatzmengenandemng eine einprozentige Preiserhohung (oder -senkung) durch einen Anbieter i bei seinem Konkurrenten k auslost. Er gibt also an, um wieviel Prozent sich die Absatzmenge des Konkurrenten k verandert, wenn der betrachtete Anbieter i seinen Absatzpreis p* um ein Prozent erhoht:
8(xk:pO :. f ^ op^
= ^ . 4 dpi
(31.1)
x^
p' Diese Elastizitat miBt die Konkurrenzbeziehung zwischen den beiden Anbietem i und k. Der Anbieter i besitzt nach TriflHns Definition eine Monopolstellung, falls 8 (x^: pi) =0, wenn er also seinen Preis festsetzen und andem kann, ohne durch Absatzverlagerungen bedingte Reaktionen von Konkurrenten fiirchten zu mussen. 1st es ihm dagegen unmoglich, seinen Preis nach eigenem Ermessen festzulegen, gilt also 8 (x^: p^) -> 00, dann liegt laut Triffin der Fall "homogener Konkurrenz" vor, was in etwa dem Polypol auf dem vollkommenen Markt entspricht. Jede noch so kleine Preissenkung des i beraubt k seines gesamten Absatzes. Von einem Ohgopol spricht Triffin, wenn 8(x^:pi) deuthch ungleich Null ist und die durch Preisanderungen des i hervorgerufene Nachfrage- beziehungsweise Absatzverlagerung auf sein Preissetzungsverhalten zuriickwirken, so daB auch 8(pi:x^)9^0. Durch diese OUgopoldefinition wird das Angebotsverhalten der Untemehmen bei der Charakterisierung eines ohgopohstischen Marktes mitberiicksichtigt. Auf die Probleme, die der Triffin-Koeffizient aufwirft, woUen wir hier nicht naher eingehen.
Vgl. Robert Triffin: Monopolistic Competition and General Equilibrium Theory; 1940 (7. Aufl. 1962); Cambridge/Mass. Kreuzpreiselastizitaten waren Gegenstand unseres Kapitels 1.5.3.e).
362
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
b) Der deutsche Okonom Wilhelm Krelle (1961) hat diese neue Art der Marktformenunterscheidung zum Konzept der "Beweglichkeit der Nachfrage" verallge1
2
meinert. Der sogenamite Krelle-Koeffizient ist in seiner ursprunglichen Form wie folgt definiert: s(x^^^:pO
^ 5p^
^
^ V ^ 5pi xi
(312)
5x^ bezeichnet darin die Nachfrage- beziehungsweise Absatzmenge, die aufgrund einer Preisanderung 5p^ des Anbieters i von diesem zu dessen Konkurrenten k iibergeht (oder umgekehrt). p^ iind x^ sind der Preis und die Absatzmenge des Anbieters i vor der Preisanderung. Die Elastizitat s(x^'^ :p^) gibt demnach an wieviel Prozent seines Absatzes der Anbieter i aufgrund einer einprozentigen Preiserhohung an den Konkurrenten k verliert beziehungsweise bei einer entsprechenden Preissenkung von ihm abzieht. Ist die Nachfragebewegung so stark, daB sie vom Anbieter i wahrgenommen wird, so wird sie als fiihlbar bezeichnet. Mit Hilfe des Krelle-Koeflfizienten konnen die wichtigsten Marktformen wie folgt abgegrenzt werden: • Ein Polypol liegt vor, wenn Preisanderungen eines Anbieters nur fiir diesen, nicht aber fur andere Untemehmen fiihlbar beweglich sind. Preiserhohungen rufen bei i starke AbsatzeinbuBen hervor, ohne daB jedoch die Konkurrenten fuhlbare Absatzzuwachse wahmehmen, well sich das Absatzdiflferential auf viele Anbieter verteilt. • Ein Oligopol liegt vor, wenn die Nachfrage zwischen einem Anbieter und seinen Konkurrenten fur beide Seiten fiihlbar beweglich ist. Deshalb kommt es bei Preisanderungen zu Reaktionen der Konkurrenten, die jeder Anbieter bei seinen Marktaktivitaten (zusatzlich zu den Abnehmerreaktionen) beriicksichtigen muB. • Ein Monopol liegt vor, wenn die Nachfrage zwischen dem Monopolisten und alien iibrigen Untemehmen nicht fuhlbar beweglich ist. Kein anderer Anbieter kann durch angebotspolitische MaBnahmen einen merklichen Teil des Absatzes von dem Monopolisten zu sich ziehen.
2
Vgl. Wilhelm Krelle: Preistheorie; 1961 (2. Aufl. 1976), Tubingen. In der zweiten Auflage seines Buches liefert Krelle eine etwas andere Definition (vgl. ebd. S. 8).
3.1. Markt und Marktformen
363
c) Im folgenden Kapitel 3.2. ist zimachst herzuleiten, wie bei vollkommener Konkurrenz der Preis, an dem sich alle Marktteilnehmer zu orientieren haben, zustande kommt. Dabei wird zugleich deutlich werden, wie auf einem Markt das Angebot und die Nachfrage eines Gutes aufeinander abgestimmt, also koordiniert werden. Ausgegangen wird dabei von einem bestehenden, »reifen« Markt. ^ Bei dem gehandelten Gut (Ware oder Dienstleistung) kann es sich um ein Konsumoder um ein Investitionsgut handeln; auch Geld- und Faktormarkte konnen gmndsatzlich auf die beschriebene Weise erklart werden. Die folgende Abbildung 31.3 verdeutlicht noch einmal unser Vorhaben (vgl. auch Abbildung 0.2): Abbildung 31.3: Der Markt zwischen Angebot und Nachfrage
Angebot
Nachfrage 1
H Preisbildung
Im friihen Entwicklungsstadium eines Marktes gelten u.U. andere als die hier genaimten Bedingungen; vgl. dazu im einzelnen W. Kortmann: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfurt/M., 1995.
364
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konliurrenz
In diesem Kapitel gehen wir von einem vollkommenen Markt aus, auf dem ein bestimmtes Gut gehandelt wird (den Gutsindex j lassen wir der Einfachheit halber weg). Die im vorigen Kapitel 3.1. genannten Bedingungen (Ml) bis (M4) seien erfiillt. Auf beiden Seiten des Marktes gebe es eine groBe Anzahl von Akteuren (Polypol), von denen keiner einen EinfluB auf die Marktbedingungen hat, insbesdndere nicht auf den Marktpreis. Es ist im folgenden zu zeigen, welche Marktergebnisse sich unter diesen Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz ergeben.
3,2.1. Kurzfristiges Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage a) Das Resultat des ersten Hauptkapitels war die Marktnachfragefiinktion x^(p), entsprechend ergab sich im zweiten Hauptkapitel die Marktangebotsfunktion x'^(p). Im folgenden nennen wir sie nur noch kurz Nachfragefunktion und Angebotsfunktion fur das betrachtete Gut. Bei ihrer graphischen Darstellung, der Angebotskurve und der Nachfragekurve, wird jeweils der Preis als unabhangige Variable betrachtet. Beide Kurven konnen zusammen in einem Diagramm dargestellt werden, dem sogenannten Marktdiagramm oder Preis/Mengen-Diagramm nach Marshall (siehe Abbildung 32.1). Dadurch wird es moghch, verschiedene Marktsituationen mikrookonomisch zu untersuchen.
Zu Alfred Marshall, auf den diese Darstellung zuriickgeht, vgl. die Hinweise in den Kapiteln O.c) und 1.5.4.. Marshall hat jedoch die Menge x als unabhangige Variable angesehen.
3.2.Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
365
Abbildung 32.1: Angebot und Nachfrage im Marktdiagramm
p . X^(P) p'-
1 , p".
—-f"
^ v ^ > ^
^' 1 1
1—1
AP')
1
X*(P")
' 1 1
\
^ -
x^(p)
1
Av") x*(p')
b) Bei der in Abbildung 32.1 dargestellten Angebots/Nachfrage-Konstellation ist bei dem vergleichsweise hohen Preis p' die angebotene Menge x^(p') des Gutes groBer als die nachgefragte Menge x^(p'); es liegt ein Angebotsiiberhang in Hohe von
u>') := x^(p') - x V )
(32.1)
vor. Der Leser vermerke dies uber der beim Preisniveau p' gestrichelten Linie zwischen der Nachfrage- und der Angebotskurve. Offenbar liegt oberhalb des Schnittpunktes der beiden Marktkurven stets ein Angebotsiiberhang vor. Was passiert, wenn es auf einem Markt - wodurch auch immer - zu einer solchen Situation konunt?: Bei einem Angebotsiiberhang, also ii^(p) > 0, konnen die Anbieter zum herrschenden Marktpreis nicht die Menge voU absetzen, die sie bei diesem Preis abzusetzen bereit sind beziehungsweise entsprechend ihrer Angebotskurve abzusetzen geplant haben. Die Produktionsmenge droht die Absatzmenge zu iibersteigen und unerwiinschte, kostspielige Halden entstehen zu lassen. Um nicht auf einem Uberhang »sitzen« zu bleiben, gewahren jene
366
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Anbieter, die eine vergleichsweise niedrige Preisuntergrenze haben, ihren Kiinden Preisnachlasse. Dadurch erhoffen sie sich einen Abbau ihrer einzelwirtschaftlichen Uberhange. Die Nachfrager werden diese Preissenkungen im eigenen Interesse geme ausnutzen und bevorzugt bei den preisunterbietenden Anbietem kaufen. Dies zwingt jedoch die iibrigen Anbieter zum Nachziehen, da sonst deren Angebotsuberhange weiter zunehmen wtirden. Auch sie senken somit - in Reaktion auf den PreissenkungsvorstoB der Konkurrenten - ihre Preisforderungen. So kommt es aufgrund der Konkurrenz unter den Anbietem zu einem ProzeB der gegenseitigeii Preisunterbietung, in dessen Folge das Preisniveau auf dem Markt sinkt. (Der Leser mache dies in Abbildung 32.1 durch einen nach unten gerichteten Pfeil zwischen den oberen Asten der Nachfrage- und der Angebotskurve deutlich.) Der sinkende Marktpreis fiihrt in der Folge zu einem • Ruckgang der insgesamt angebotenen Menge, weil sich bei alien Anbietem bei sinkendem Absatzpreis die gewinnmaximierenden Ausbringungs- und Angebotsmengen reduzieren und Grenzanbieter ihr Angebot einstellen. • Anstiegder nachgefragten Menge, weil die Nachfrager bei normaler Reaktion von dem billiger werdenden Gut mehr erwerben woUen. Es mag auch Nachfrager geben, die zu dem niedrigeren Preis nun erst das Gut zu kaufen beginnen. Durch den gleichzeitigen Rtickgang der angebotenen und den Anstieg der nachgefragten Menge des Gutes schrumpft der urspninghche Angebotsiiberhang (in Abbildung 32.1 veranschaulicht durch die dtxnnen horizontalen Linien oberhalb des Kurvenschnittpunktes). Diese Verringerung von ii'^(p) setzt sich solange fort, bis kein preissenkender Angebotsiiberhang mehr besteht. Durch den beschriebenen ProzeB hat sich der Uberhang gleichsam selbst zum verschwinden gebracht. Sobald es zu einem neuen Angebotsiiberhang kommt, setzt der ProzeB aufs neue ein. Fazit: Beijedem Angebotsiiberhang fiihrt die Preisunterbietungskonkurrenz der Anbieter tendenziell zu einem sinkenden Preis.
DaB es gerade flir Anbieter dieser Gruppe vorteilhaft ist ihre Preisforderungen zu senken wird gezeigt in W. Kortmann: Optimale Reaktion auf Absatzrationierungen bei vollkommener Konkurrenz; IWISStatement Nr. 98049, Dortmund 1998. 2
Falls sich im Laufe des Prozesses bei den Anbietem \JbQxsch\jSSbestdnde aufgebaut haben (Lagerbestande,an nicht abgesetzten Fertigprodukten), dann wird der Marktpreis voriibergehend so tief sinken bis die UberschuBbestande abgebaut worden sind.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
367
c) Liegt hingegen bei der in Abbildimg 32.1 dargestellten Angebots/NachfrageKonstellation der vergleichsweise niedrige Preis p" vor, so ist die nachgefragte Menge x^(p") groBer als die angebotene Menge x^(p"); es liegt daiin ein Nachfrageiiberhang in Hohe von u^(p") := x^(p") - x^(p")
(32.2)
vor. Der Leser vermerke dies unter der beim Preisniveau p" gestrichelten Linie zwischen der Nachfrage- und der Angebotskurve. Unterhalb des Schnittpunktes der beiden Marktkurven liegt stets ein Nachfrageiiberhang vor. Was passiert, wenn auf einem Markt - wodurch auch immer- eine solche Situation eintritt?: Bei einem Nachfrageiiberhang, also ii^(p) > 0, konnen die Nachfrager zum herrschenden Marktpreis p nicht die gesatnte Menge erwerben, die sie entsprechend ihrer Nachfragekurve geme erwerben wiirden beziehungsweise zu erwerben geplant haben. Um doch in den Genufi des Gutes zu kommen, bieten jene Nachfrager, deren maximale Zahlungsbereitschaft fur das Gut iiber dem herrschenden Preis liegt, den Anbietem Preiszuschlage, um vorzugsweise bedient zu werden. Die Anbieter werden diese Preiserhohungsspielraume im eigenen Interesse geme ausnutzen und die preisiiberbietenden Nachfrager bevorzugt mit dem Gut versorgen. Dies zwingt die iibrigen Nachfrager zum Nachziehen, da sich sonst ihre Aussichten, das Gut zu erhalten, noch weiter verschlechtem wiirden. Auch sie machen also - in Reaktion auf den PreisiiberbietungsvorstoB ihrer Nachfragekonkurrenten - Preiszugestandnisse. So kommt es aufgrund der Konkurrenz unter den Nachfragem zu einem ProzeB der gegenseitigen Preisiiberbietung, in dessen Folge das Preisniveau auf dem Markt steigt. (Der Leser mache dies in Abbildung 32.1 durch einen nach oben gerichteten Pfeil zwischen den unteren Asten der Angebots- und der Nachfragekurve deutlich.) In Reinform kommt der PreisiiberbietungsprozeB von Nachfragem bei Auktionen zum Ausdmck. Der steigende Marktpreis fiihrt in der Folge zu einem • Anstieg der insgesamt angebotenen Menge, weil bei alien Anbietem wegen des steigenden Marktpreises die gewinnmaximierenden Ausbringungs- und Angebotsmengen groBer werden. • Ruckgang der nachgefragten Menge, denn die Nachfrager fragen bei normaler Reaktion von dem teurer werdenden Gut weniger nach. Zugleich werden sich
Fiir diese Nachfragergmppe ist ein bestimmtes PreisdifFerential realitiv kleiner als fur die iibrigen Nachfrager.
368
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Grenznachfrager, denen das Gut nun zu teuer geworden ist, nach Altemativen umsehen und auf dem Markt keine Nachfrage mehr entfalten. Durch den gleichzeitigen Anstieg der angebotenen und den Rtickgang der nachgefragten Menge schrumpft der urspriingliche Nachfragetiberhang (dargestellt durch die diinnen horizontalen Linien unterhalb des Kurvenschnittpunktes in Abbildung 32.1). Diese Verringerung von u^(p) setzt sich solange fort, bis kein preissteigemder Nachfrageiiberhang mehr besteht. Der Uberhang hat sich dann durch den geschilderten ProzeB selbst zum verschwinden gebracht. Sobald ein neuer Nachfragetiberhang zustande kommt, setzt der ProzeB emeut ein. Fazit: Bei einem Nachfrageiiberhang fiihrt die PreisUberbietungskonkurrenz der Nachfrager tendenziell zu einem Anstieg des Preises. d) Damit ist gezeigt worden: Bei vollkommener Konkurrenz konnen weder Angebotsixberhange noch Nachfrageiiberhange auf Dauer bestehen. Denn es werden dann sofort - quasi automatisch - konkurrenzgetriebene kurzfristige Anpassungsprozesse bei den Marktteihiehmem ausgelost, die jeden Uberhang alsbald zum Verschwinden bringen. Diese sehr wichtige kurzfristige Regulationsftmktion von polypohstisch strukturierten voUkommenen Markten wird als Preismechanismus bezeichnet.^ Die zentrale RoUe, welche dabei die Konkurrenz zwischen den Marktteihiehmem spielt, ist der Grund fiir die Bezeichnung der Marktform als "vollkommene Konkurrenz". Aus dem Gesagten folgt, da6 ein Marktzustand ohne wirksame Preisunter- oder -tiberbietungskonkurrenz und damit ohne immanenten Preisanpassungsdruck nur bei Abwesenheit von Angebots- und Nachfragetiberhangen, also im Schnittpunkt der beiden Marktkurven vorhegen kann. Dieser Zustand wird als kurzfristiges Marktgleichgewicht bezeichnet. Im Marktgleichgewicht - und nur dort - stimmen bei einem Preis, dem Gleichgewichtspreis p*, die insgesamt nachgefragte Menge x^(p*) und die angebotene Menge x^(p*) des Gutes iiberein, man sagt: es hegt Marktraumung vor. Angebot und Nachfrage halten sich gleichsam die Waage; die Angebots- und Nachfrageplane der Marktteilnehmer sind restlos aufeinander abgestimmt (koordiniert). Der durch den Preismechanismus hervorgebrachte kurzfristige
Der Mechanismus-Begriff ist von der Wirtschaftstheorie zwar der physikalischen Mechanik entlehnt worden, darf hier aber nicht »mechanistisch« interpretiert werden, sondem ist im Sinne eines spezifischen dynamischen Vorgangs zwischen zwei oder mehreren eng zusammenhangenden Grofien zu verstehen.
3.2. Angebot, NachfrageundPreisbildungbei voUkommenerKonkurrenz
369
Anpassungsdruck ist dann verschwunden, Angebots- und Nachfrageuberhang sind null, der Markt befindet sich in einer Ruhelage. Die Summe aller beim Gleichgewichtspreis angebotenen, zugleich nachgefragten und umgesetzten Gutseinheiten wird als Gleichgewichtsmenge x* bezeichnet. Das Marktgleichgewicht ist somit durch (p*,x*) bestimmt. (Der Leser zeichne den Gleichgewichtspreis p* und die Gleichgewichtsmenge x* in die Abbildung 32.1. ein.) Allgemein liegt ein Marktgleichgewicht Uberall dort, das heiBt bei den Preis/Mengen-Kombinationen, wo sich Angebotskurve und Nachfragekurve treflfen. DaB der Gleichgewichtspreis in der kurzen Frist, wie soeben gezeigt wurde, durch die Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage zustande kommt, wird auch als das Prinzip von Angebot und Nachfrage bezeichnet. Diese grundlegende Idee der Preisbildung geht ebenfalls auf den schon mehrfach erwahnten englischen OkonomQn Alfred Marshall zMTixck.^ Die Bedingung fur ein kurzfristiges Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz, kurz: Marktgleichgewichtsbedingung, lautet formal: x^(p*) = x V )
[-X]
(32.3)
Im Gleichgewicht stimmt die angebotene mit der nachgefragten Gutsmenge iiberein und entspricht der Marktgleichgewichtsmenge x*. Die Bedingung (32.3) beschreibt, wenn man sie graphisch interpretiert, den Schnittpunkt der Marktangebotskurve mit der Marktnachfragekurve. Mit dem zuvor definierten Nachfragetiberhang ti^ oder dem Angebotsilberhang ix^ kann die Marktgleichgewichtsbedingung auch in der Form i i V ) = 0 Oder i i V ) = 0
(32.4)
geschrieben werden. Bei jedem Marktpreis p, der nicht dem Gleichgewichtspreis p* entspricht, befindet sich der Markt in einer Situation eines Ungleichgewichtes. Angebotene und nachgefragte Menge sind daim nicht gleich. Wegen der mangelnden Marktraumung sind dann die Krafte des Preismechanismus wirksam, die unter normalen Bedingungen auf einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage
2
Sie wurde erstmals 1890 in seinen "Principles of Economics" veroffentJicht und stellt, was man sich heute kaum noch vorzustellen vermag, eine der groCten wissenschaftlichen Leistungen in der Geschichte der neoklassischen Mikrookonomik dar; ja sie kann vielleicht sogar als deren historischer Ausgangspunkt betrachtet werden. Es kann auch mehrere Schnittpunkte geben; die Gleichung (32.3) hat dann mehrere Losungen.
370
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
drangen. Die GroBe des Angebots- oder Nachfrageiiberhangs gibt gleichsam die Starke des Preisanpassungsdrucks an. AuBer durch auBere Einfliisse (z.B. staatliche Preisvorschriften^) kann ein ungleichgewichtiger Preis auf einem Markt nur auftreten, weil die Preisanpassung regelmaBig Zeit erfordert.^ Die Marktseite, deren Akteure beim ungleichgewichtigen Marktpreis ihre Plane vol! realisieren konnen, wird kurze Marktseite genannt; die andere, die einen Uberhang hinzunehmen hat, heiBt lange Marktseite. AuBerhalb des Marktgleichgewichtes konnen die Marktteilnehmer auf der langen Marktseite ihre Plane nicht voUstandig realisieren; man sagt: sie werden rationiert. Der Leser (iberlege anhand der Ausfuhrungen in den obigen Abschnitten b) und c) dieses Unterkapitels, welche Marktseite jeweils kurz und welche lang ist. e) Die auf dem Markt umgesetzte Menge des Gutes, die sogenannte Transaktionsmenge x^ (auch: mengenmaSiges Marktvolumen genannt), ist bei jeder denkbaren Hohe des Preises p gleich dem Minimum von angebotener und nachgefragter Menge. Man sagt: "Die ktirzere Marktseite bestimmt die tatsachlich umgesetzte Menge", oder: "Die kurzere Marktseite rationiert die langere". Fur jedes behebige Niveau des Preises p gilt: x%) = min { x » , x^(p) }
(32.5)
In der Abbildung 32.2 entspricht beispielsweise beim Preis p' die tatsachlich umgesetzte Menge der nachgefragten Menge x^(p'), denn das dariiber hinausgehende Angebot konnen die Anbieter gemaB der Voraussetzung (M3.4) den Nachfragem nicht aufzwingen. Beim Preis p" bestimmt hingegen die Angebotsmenge x^(p") die Transaktionsmenge, weil natiirlich auch die Nachfrager die Anbieter nicht zu einem groBeren Angebot zwingen konnen. (Der Leser kann in Abbildung 32.2 die bei p" angebotene und nachgefragte Menge sowie die Transaktionsmengen bei p' und p" erganzen.) Oberhalb von p* ist x^ = x^, unterhalb von p* ist x^ = x^. Die dick gezeichneten, »links« vom Gleichgewicht (p*,x*) liegenden Aste der beiden Marktkurven geben die bei alien moglichen Niveaus des Preises sich ergebenen Transaktionsmengen x^ an, die sogenannten Transaktionspunkte (p, x^(p)). Nur diese sind tatsachlich auf dem Markt reahsierbar.
Das ist Gegenstand des spateren Kapitels 3.2.7. 2
Der Handel zu ungleichgewichtigen Preisen wird in der Ungleichgewichtstheorie als false trading bezeichnet; er kann zu nachteiligen EfFekten auf makrookonomischer Ebene fuhren.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
371
Abbildung 32.2: Angebot, Nachfrage und Transaktionsmenge P ,X^(P)
Es ist zu erkennen, daB im Marktgleichgewicht die maximale Transaktionsmenge x^ = x^(p*) erreicht wird; sie entspricht der Gleichgewichtsmenge x*. (Der Leser schreibe dies in der Abbildung dazu.) Dies ist eine vorteilhafte Eigenschaft eines Marktgleichgewichts bei vollkommener Konkurrenz: es fuhrt zu dem hochstmoglichen Giiterumschlag, der unter den Bedingungen eines freien Austausches moglich ist. Damit wird das okonomische Hauptziel der Knappheitsminderung bestmoglich erreicht. max {x^(p)}
X
=
(32.6)
Bemerkenswert ist, daB dieser Zustand optimaler Gtiterversorgung vermittels des Preismechanismus gleichsam von selbst zustande kommt, ohne daB es auBerer Steuerungen oder Eingriffe bedarf. Bei jedem nicht gleichgewichtigen Marktpreis (p ^ p*) ist die Transaktionsmenge geringer als im Gleichgewicht. Dann kommt es nur zu einer Gleichheit der tatsachlich umgesetzten Angebots- und Nachfragemengen, aber nicht zur Marktraumung im Sinne eines Ausgleichs der geplanten Mengen. Das Ergebnis zeigt, daB durch staathche Markteingriflfe die Gtiterversorgung imter sonst gleichen Bedingungen nicht verbessert werden kann.
372
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Das Beste was der Staat tun kann ist, den Gleichgewichtspreis vorzuschreiben. Dieser kommt aber auch ohne den Staat zustande. f) Als Marktumsatz U definieren wir das mathematische Produkt aus Marktpreis und Transaktionsmenge: U(p) := P-X^CP)
(32.7)
Aus der Sicht der Anbieter ist der Marktumsatz gleich der Suninie aller Erlose, die sie durch den Absatz des Gutes bei einem bestinunten Preis p realisieren konnen. Aus Nachfragersicht entspricht er der Summe der Ausgaben aller Haushalte fiir dieses Gut beim Preis p. Der Marktumsatz wird auch als wertmaBiges Marktvolumen bezeichnet. Graphisch entspricht U der Rechteckflache, die unterhalb eines Punktes der Transaktionskurve x^(p) Kegt; siehe Abbildung 32.2: Als Beispiel betrachte der Leser den Transaktionspunkt (p', x^(p')). Hier ist die Gleichung (32.5) erfiillt, und es ist: x^(p') = x^(p'). Das von diesem Punkt, den beiden Achsenschnittpunkten p' und x^(p') sowie dem Koordinatenursprung aufgespannte Rechteck moge nun vom Leser schrafBert werden. Die Rechteckflache ("Hohe und Breite") entspricht dem Marktumsatz beim Preisniveau p', also: U(p') = p'- x^(p'). Im Marktgleichgewicht (p*, x*) ergibt sich der Marktumsatz U* - p V
(32.8)
Das ist der Gesamtwert aller im Marktgleichgewicht umgesetzter Mengeneinheiten des Gutes. Es stellt sich nun die Frage, ob im Marktgleichgewicht auch der maximale Marktumsatz U erreicht wird. Das ist aus der Abbildung 32.2 nicht unmittelbar zu erkennen. Klar ist, da6 bei Preisen unterhalb des Gleichgewichtspreises kein Marktumsatzmaximum hegen kann, weil dort bei einer Preiserhohung zugleich die Transaktionsmenge zunimmt und somit der wertmaBige Marktumsatz px^ auf jeden Fall steigt. Oberhalb des Marktgleichgewichts nimmt dagegen die Transaktionsmenge mit steigendem Preis ab. Es kommt dann darauf an, ob die Transaktionsmenge prozentual starker oder weniger stark sinkt als der Preis prozentual gestiegen ist. JErhoht sich beispielsweise in Gleichung (32.7) der Preis um 10 Prozent, so ist p mit 1,1 zu multiplizieren. Sinkt daraufhin die Transaktionsmenge um 5 Prozent, so ist x^ mit 0,95 zu multiplizieren. Das mathematische Produkt beider relativer Anderungen ist dann 1,1 0,95 = 1,045. Somit nimmt der Marktumsatz in diesem Fall zu, namlich um 4,5 Prozent. Ware
Mehr dazu im spateren Kapitel 3.2.8.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
373
der Transaktionsmengennickgang dagegen starker ausgefallen, sagen wir 15 Prozent, so hatte sich der neue Marktumsatz durch den Faktor 1,10,85 = 0,935 ergeben, ware also um 6,5 Prozent zuriickgegangen. Das Beispiel zeigt, da6 oberhalb von p* der Marktumsatz dann hoher als im Marktgleichgewicht ist, falls in (p*,x*) eine kleine prozentuale Preiserhohung zu einem im Vergleich dazu geringeren prozentualen Riickgang der Transaktionsmenge fiihrt, weim also die Preiselastizitat der Nachfrage im Marktgleichgewicht zwischen minus Eins und Null liegt. Daim wird das Marktumsatzmaximum U bei dem Preis p (> p*) erreicht, bei dem die Marktnachfragekurve eine Preiselastizitat von minus Eins hat. Liegt das Marktgleichgewicht dagegen im preiselastischen Bereich der Nachfragekurve, also bei s(x^ :p) < - 1, darm ergibt sich bei p* auch der maximal mogliche Marktumsatz. Dies zeigt, daB im Marktgleichgewicht nicht zwingend der hochstmogliche wertmaBige Marktumsatz zustande kommt, deim dort kann die Preiselastizitat der Nachfrage allenfalls zufalhg gleich minus Eins sein. Empirikum32.1: Eine in der Realitat vorzufindende Art von Markten, die den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz sehr nahe kommt, sind die Borsen. In diesem Empirikum wird deshalb die Preisbildung am Beispiel einer Aktienborse, auf der Eigentumsanteile an bestimmten Unternehmen (Aktiengesellschaften) gehandelt werden, veranschaulicht. Die Funktion des Preismechanismus wird hierbei von amtlichen Borsenmaklern iibernommen. Deren Aufgabe ist es, fur jede Aktie einen das Angebot und die Nachfrage ausgleichenden, also marktraumenden, Gleichgewichtspreis (Aktienkurs) zu ermitteln. Zu diesem Aktienkurs, der auch als Einheits- Oder Kassakurs bezeichnet wird, werden dann die tatsachlichen Transaktionen getatigt. Jeder Borsenmakler bekommt zu Beginn der taglichen Borsensitzung von den Kauf- und den Verkaufsinteressenten der Aktie eines bestimmten Unternehmens Kauf- und Verkaufsauftrage mitgeteilt. Diese sammelt er zunachst in einem sogenannten Skontrobuch. Solche Auftrage (Orders) erfolgen in der Regel limitiert: Bei einem limitierten Kaufauftrag erklart sich ein Nachfrager bereit, eine bestimmte Stuckzahl von der betrachteten Aktie zu kaufen, falls der Kurs nicht hOher als das von ihm vorgegebene Limit Ist. Analog dazu erklart sich bei einem limitierten Verkaufsauftrag ein Anbieter bereit, eine bestimmte Stuckzahl von der Aktie zu verkaufen, falls der Kurs nicht unter dem von ihm
In Abbildung 32.2 ist das ungear in der Mitte zwischen dem Marktgleichgewicht und dem Punkt (p',x^(p')) der Fall.
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
374
vorgegebenen Limit liegt. Unlimitierte Auftrage werden dagegen auf jeden Fall, und zwar zum festgestellten Aktienkurs ausgefiihrt. Der Borsenmakler hat nach § 29.3 des deutschen Borsengesetzes die Aufgabe, festzustellen, bei welchem Kurs Angebot und Nachfrage am besten ausgeglichen sind. Dazu muR er zunachst die moglichen Transaktionsmengen ermittein, die sich bei verschieden Kursniveaus ergeben wurden. Nehmen wir an, fur die Aktie der XYZ Aktiengesellschaft laufen bei dem Borsenmakler wahrend einer Borsensitzung die in den Spalten "Kaufwunsche" und "Verkaufswunsche" der folgenden Tabelle und schon nach der Kurshohe geordnet dargestellten Auftrage ein {GE steht fur "Geldeinheiten"): mogliche Angebot kumuliert Verkaufswunsche kumuliert Transaktionsmenge
N a c h f r age
moglicher
Kurs
Kaufwunsche
[GE/St]
[St] 0
[St] 160
[St] 0
[St] 0
[St] 0
[GE]
235
0
160
0
0
0
0
240
20
160 •
0
0
0
0
245
0
140
30
30
30
7.350
Marktumsatz 0
250
0
140
0
30
30
7.500
255
30
140
20
50
50
12.750
260
10
110
40
90
90
23.400
265
40
100
10
100
100
26.500
270
0
60
10
110
60
16.200
275
40
60
10
120
60
16.500
280
20
20
30
150
20
5.600
285
0
0
.0
150
0
0
0
0
0
150
0
0
Bei den dargestellten Orders betragt der vom Borsenmakler amtlich festgestellte Aktienkurs p = 265 GE/St Denn dieser Gleichgewichtskurs bringt das Angebot und die Nachfrage auf dem Markt dieser Aktie zum Ausgleich (Marktraumung). Es wird dann die maximale Transaktionsmenge x^ = 100 realisiert und der dabei (hier auch maximale) Marktumsatz U* = 26.500 GE. Alle Nachfrager, die mindestens 265 GE pro Aktie zu zahlen bereit sind, kommen zum Zuge; ebenso alle Anbieter, die nicht mehr als 265 GE pro Aktie erhalten wollen. Das folgende Marktdiagramm zeigt die graphische Darstellung der obigen Tabellenwerte. Wegen der nicht beliebig feinen Kursabstufung haben die beiden Marktkurven einen treppenformigen Verlauf.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
Kurs [GE]
375
285 280-1
275-1 270 265 260 4
255-1 250 245 240 N 0
20
40
60
80
100
120
140
160
Menge[1000St]
Das folgende Beispiel zeigt, wie Marktgleichgewichte auf formalen Wege ermittelt werden konnen: Beispiel 32.1: Ermittlung des Marktgleichgewichts bei gegebener Angebots- und Nachfragefunktion. a) Gegeben seien^ • die Angebotsfimktion:
x^(p) = ap^^^ - b
(1)
• die Nachfragefiinktion:
x^(p) = m-np^^^
(2)
Die Achsenschnittpunkte der beiden Kurven ergeben sich wie folgt: A: 0 = a-p"^-b
o
p^ =
N: 0 = m - n - p " ' <» p^
[x^=-b]
(3)
x?= m
(4)
Wie man zu Marktnachfrage- und Marktangebotsfunktionen kommt, wurde in den beiden vorangegangenen Hauptkapiteln gezeigt.
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
376
Die Kurvenverlaufe zeigt folgendes Diagramm (der Leser mache sich klar, warum die Kurven das dargestellte Krummiingsverhalten haben): P
b) Der Gleichgewichtspreis ergibt sich gemaB der Marktgleichgewichtsbedingimg (32.3) durch Gleichsetzen von Angebots- imd Nachfragefiinktion und anschlieCendes Umstellen nach p: [x^(p) = ] <^
ap^'^ - b = m-n.p^/2
[ = x^Cp)]
p^^^ (a + n) = b + m b + m'^ a+n
(5)
c) Die Gleichgewichtsmenge erhalt man durch Einsetzen von p* in die Angebotsoder die Nachfragefiinktion; im Gleichgewicht haben beide ja den gleichen Funktionswert x*: b+m X* = x'^(p*) = ab _a + n = x^(p*) = m - n
b+m a +n
a m - bn a+n d) Der Marktumsatz im Marktgleichgewicht ist: U* = p*-x*
(6)
(7)
3.2. Angebot, Nachfrage imd Preisbildimg bei vollkommener Konkurrenz
377
e) Nachdem das Marktgleichgewicht (p*, x*) bestimmt ist, bietet es sich an, auch die Preiselastizitat der Nachfrage in diesem Punkt zu ermitteln. Das ist deshalb relevant, weil gemessene Preiselastizitaten (vgl. etwa Empirikum 15.5) sich regehnaBig auf die Gleichgewichte der betreffenden Markte beziehen. Nach (15.22) ist die (Eigen-)Preiselastizitat der Nachfrage beim Preis p = p*: / N
n
pX^(P*)*P*
,o,
Wegen pX^ = - n / 2 • p~^'^ gemaB (2) imd x^(p*) = x gemaB (6) gilt im hier betrachteten Marktgleichgewicht:
.N n
"f^P^^"'''P^
s(x^:p ) =
^
-iff" =
X
— 2
(9)
X
Einsetzen der Bestimmungsgleichungen (5) und (6) fiir p* und x* ergibt: XT * s(xN:p*) =
n 2
b+ m a+n ^±B = a>m-b>n a +n
n
b+m
2
a-m-b-n
(10)
Ob der in d) ermittelte Marktumsatz im Marktgleichgewicht (U*) auch der maximale ist, hangt davon ab, ob die hier stets negative Elastizitat 8(x^:p*) groBer, kleiner oder gleich minus Eins ist. Der maximale Marktumsatz wird nur in den letzten beiden Fallen erreicht; im erstgenannten Fall ( s > - l ) kommt der maximale Marktumsatz U bei einem Preis oberhalb von p* zustande.
D Aufgabe32.1: Das Angebot und die Nachfrage iuf einem Markt seien beschrieben durch die folgenden Funktionen x^(p) = a p - b, x^(p) = m - n-p. Die Koeffizientenwerte seien a = 100, b = 200, m = 1000, n = 100. Ermitteln Sie zimachst allgemein und dann numerisch a) den Gleichgewichtspreis, b) die Gleichgewichtsmenge, c) den Marktumsatz und d) die Preiselastizitat der Nachfrage im Marktgleichgewicht. e) Bei welchem Marktpreis wird der maximale Marktumsatz erreicht?
378
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
g) Kennt man die Preiselastizitaten des Angebots und der Nachfrage, und kairn man von naherungsweise linearen Marktfimktionen x^(p) = a p - b , x^(p) = m - n p ausgehen, so konnen aus bekannten Gleichgewichtswerten p*, X* die KoeflSzienten a, b, n, m der Marktfiinktionen ermittelt werden. Da ein funktionierender Preismechanismus den Markt standig ins Gleichgewicht bringt, Abweichungen vom Gleichgewicht also nur kurzzeitig und in geringem AusmaB auftreten konnen, lassen sich die tatsachlich beobachtbaren Preise und Transaktionsmengen naherungsweise als Gleichgewichtswerte interpretieren. Diese einfache und niitzliche Moglichkeit, einen Konkurrenzmarkt zu modeUieren, sei kurz erlautert. Aufgrund der unterstellten Linearitat der Marktfiinktionen sind ihre durch die ersten Ableitungen gemessenen Steigungenkonstant: pX^ = a, pX^ = n. P Aus den Formeln fur die beiden bekannten Preiselastizitaten s(x:p)= pX — folgt dann im Marktgleichgewicht (p\ x*): ^ A
A
s^:= s(x^:p) = a
P*
A
<=e> a = s^
X*
^*
(32.9)
p*
sN := s(xN:p) = - n —
<:^ n = - s ^ —
X*
p*
(32.10)
Setzt man diese beiden Bestinmiungsgleichungen in die obigen Marktfimktionen ein und beriicksichtigt, da6 x^(p*) = x^(p*) = x*, so folgt: A
*
X (p*) ^ ^ = a p * - b
A
^*
= 8^
p* - b P*
^
b = x*.(s^-l)
(32.11) X*
x^(p*) = X* = m - n • p* = m + s^
p* P*
m
x*.(l-sN)
(32.12)
Mit a und n aus (32.9) und (32.10) sowie b und m aus (32.11) und (32.12) sind die beiden Marktfiinktionen nun wie folgt bestimmt:
Wenn man nur eng begrenzte Kurvenabschnitte betrachtet, kann ohne groBe Einbufien an Genauigkeit stets von linearen Verlaufen ausgegangen werden.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
x^(p) = s ^
X*
p - X* - ( s ^ - 1 )
1 + 8^
379
W*
;
(32.13)
X*
xN(p) = X* - ( 1 - 8 ^ ) + 8 -
p = X'.
1 + 8^.
P*
VP*
-1
(32.14)
h) Im Marktgleichgewicht sind, wie wir gesehen haben, die dezentral und imabhangig voneinander aufgestellten einzelwirtschaftlichen Angebots- und Nachfrageplane bestens aufeinander abgestimmt (koordiniert) und miteinander vereinbar (kompatibel): Die Nachfrager sind dort bereit, genau die Giitermenge abzunehmen, welche die Anbieter bereitstellen, und die Anbieter bieten genau die Menge an, welche die Nachfrager erwerben mochten. Kein Anbieter, der zum Gleichgewichtspreis Giitereinheiten verkaufen mochte, bleibt auf Teilen seiner bereitgestellten Menge »sitzen«, und kein Nachfrager, der zum Gleichgewichtspreis Gutereinheiten zu erwerben beabsichtigt, wird bei der Realisierung seines Konsumplans enttauscht. Das Marktgleichgewicht ist in diesem Sinne frustrationsfrei. Weil im Marktgleichgewicht alle Angebots- und Nachfrageplane erfiillt werden, hat kein Marktteilnehmer Veranlassung, seinen Plan zu revidieren Oder sein Verhalten zu andem. Im Marktgleichgewicht findet ein anonymer und dennoch fairer und optimaler Ausgleich zwischen den Interessen der Anbieter (Realisierung moglichst hoher Preise) und den Interessen der Nachfrager (Realisierung moglichst niedriger Preise) statt. Es kommt - wie (32.6) zeigt - die groBtmogliche Transaktionsmenge zustande und damit die bestmogliche Marktversorgung. Die Nachfragerwiinsche werden gleichsam auf nattirliche Weise auf die von den Anbietem bereitgestellte Giitermenge rationiert. Denn es kommen im Marktgleichgewicht nur diejenigen Nachfrager nicht zum Zuge, deren Zahlungsbereitschaft fiir das Gut unter dem Preis liegt. Auf seiten der Untemehmen sind nach unseren Ausfiihrungen in Kapitel 2.5.c) nur die relativ am kostengtinstigsten produzierenden Untemehmen tatsachlich als Anbieter tatig, so daB von daher der Gleichgewichtspreis auch so niedrig wie moglich ist. Durch den Preismechanismus werden iiberdies alle spontan auftretenden exogen bedingten Andemngen in den Nachfrage- oder Angebotsplanen (also auBere Storungen des Gleichgewichtes) rasch ausreguliert.' Diese Fahigkeit zur selbstandigen Wiederfmdung und Aufrechterhaltung des kurzfristigen Markt-
Beispiele dafiir werden im folgenden Unterkapitel 3.2.2.d) gegeben.
3 80
I^i^ Preisbildung auf vollkommenen Markten
gleichgewichts und damit der optimalen Koordination von Angebot und Nachfrage wird als Selbst- oder Autoregulation des Marktes bezeichnet. Sie kommt spontan und ohne das Zutim einer hoheitlichen Instanz, insbesondere ohne dirigistische 1
2
Eingriffe des Staates, zustande. Notwendige Bedingung ist nur das Fimktionieren des Preismechanismus, also die Moglichkeit von Konkurrenz auf beiden Seiten des Marktes. AUe bisher aufgezeigten Eigenschaften von Markten dienen als Rechtfertiguhg des marktwirtschaftlichen Systems und der darauf basierenden Wirtschaftsordnungen. Denn es ist kein anderes auf freien individuellen Entscheidungen und Handlungen beruhendes gesamtwirtschaftliches Planungs- und Koordinationssystem bekannt, das eine vergleichbar gute Versorgung der Menschen mit Gutem zu erreichen erlaubt. Wesentliche Funktionsvoraussetzungen des marktwirtschaftlichen System sind die Dezentralitat und Vielzahl der Entscheidungen sowie das Erwerbsstreben verbunden mit einer gewissen Konkurrenzgesinnung. Dies sind aber gerade die Charakteristika der hier zugrunde gelegten Marktform der vollkommenen Konkurrenz. Jede Form der Zentralisiemng von Planungen und Entscheidungen beeintrachtigt das Gesamtergebnis; sei es die Konzentration der Anbieterentscheidungen durch Untemehmenszusammenschliisse oder Absprachen, sei es der Versuch des Staates, das Wirtschaften durch zentrale Entscheidungen zu steuem. • In zentral geplanten Wirtschaftssystemen kommt es praktisch immer zu argen Rationierungen derart, daB entweder die Anbieter oder die Nachfrager nur eine geringere Menge als die im Marktgleichgewicht mogliche realisieren konnen. Das heifit, es herrschen standig deutliche Nachfrage- oder Angebotsiiberhange, die Gixterversorgung ist suboptimal. • Die mit der Untemehmenskonzentration verbundene Verringerung der Anzahl unabhangiger Anbieterentscheidungen kann zu emsten Strukturkrisen fiihren. Denn bei einer Vielzahl unabhangig voneinander planender Akteure (insbes.
Auch fiir das System aller Markte laBt sich unter bestimmten Voraussetzungen eine solche Autoregulationsfahigkeit nachweisen. 2 Bin funktonierender Preismechanismus ist leider keine hinreichende Bedingung fur das selbstandige Erreichen des Marktgleichgewichts, wie im spateren Kapitel 3.2.3.b) gezeigt wird. Dort wo es, etwa aus kulturellen oder religiosen Griinden, an diesen Voraussetzungen mangelt, kann ein Marktsystem natiirlich nicht fimktionieren beziehungsweise die gewiinschten Eigenschaften aufweisen. Das wird oft vergessen, wenn von Vertretern der Industrielander versucht wird, anderen Landern eine marktwirtschaftliche Ordnung »uberzustulpen«. Dort mag eine andere Art und Weise des Wirtschaftens vorteilhafter sein. Auf diese Problematik wird im spateren Kapitel 4.3.2.d) naher eingegangen. Auch die Monopolisierung von Markten kann dazugezahlt werden; vgl. dazu das nachfolgende Kapitel 3.3.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildimg bei vollkommener Konkurrenz
381
Anbieter) ist die Wahrscheinlichkeit groBer, daB sich einzelwirtschaftliche Fehlentscheidungen (z.B. bei Investitionen) gegenseitig neutralisieren, so daB insgesamt doch ein »angemessenes« Ergebnis zustande kommt. Indem das Marktsystem freie einzelwirtschaftliche und eigenverantwortliche Planungen zulaBt, ja erfordert, setzt es grundsatzlich keine iibergeordneten staatlichen oder sonstigen zentralen Vorgaben fur das Wirtschaften voraus. Sein Funktionieren erfordert nicht einmal die Kenntnis aller einzelwirtschaftlichen Angebots- und Nachfrageplane. Es geniigt, daB alle Marktteilnehmer sich bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen am Marktpreis orientieren und in Konkurrenz zueinander stehen. Eben diese Konkurrenz zu ermoglichen, zu erhalten und dort, wo sie nicht mehr wirksam werden kann, wiederherzustellen, ist die hauptsachliche wirtschaftspolitische Aufgabe des Staates.
Empirikum 32.2 Nach einem Verfahren, das dem hier skizzierten in etwa entspricht, ermittelten Pindyck und Rubinfeld die Funktionsgleichungen des Angebots und der Nachfrage auf dem weltweiten Kupfermarkt. Die Gleichgewichtsmenge betragt 7,5 Millionen Tonnen pro Jahr, der Preis liegt bei 0,75 US-Dollar pro Pfund. Die Preiselastizitat des Angebots ist ^ = 1,6 und die der Nachfrage ^ = -0,8. Damit ergibt sich mit unseren obigen Bestimmungsgleichungen:
7,5 a = 1,6 0,75 = 1 6
7,5 n = -(-0,8) 0,75
b = 7 , 5 - ( l , 6 - l ) = 4,5
m = 7,5-(l + 0,8) = 13,5
Damit lauten die Kupfermarkt-Funktionen:
x^(p) = 16-p-4,5
und
x^{p)=
13,5-8.p
Ermittelt man mit diesen Marktfunktionen das Gleichgewicht auf dem Kupfermarkt, so ergibt sich in der Tat ( p*, x* ) = (0,75; 7,5). Quelle: Vgl. Pindyck, Robert S. / Rubinfeld, Daniel L.: Microeconomics; 4. Aufl. 1997, Prentice Hall (N.J.), S.46ff, mit Angabe der Datenquellen.
Vgl. die Anmerkungen zur Voraussetzung {M2) in Kapitel 3.1.1.
3 82
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Aufgabe 32.2: Die Preiselastizitat des Angebots an Erbsen betragt nach dem Empirikum 25.1 in etwa 8(x^:p) = 0,3- Die Preiselastizitat der Erbsennachfrage ist laut Empirikum 15.5 8(xN:p) = - 2 , 8 . Im Marktgleichgewicht werden in Deutschland rund 8 Millionen Kilogramm Erbsen pro Jahr umgesetzt, der gleichgewichtige Preis lag bei 1 DM/kg (vor der Wahrungsumstellung). a) Ermitteln Sie die annahmegemaB liaearen Funktionen zur Beschreibung des Angebots und der Naclifrage. b) Prtifen Sie Ihr Ergebnis, indem Sie das Gleichgewicht (p*, x*) des Erbsenmarktes ermitteln. c) Wie verandert sich die Preiselastizitat der Nachfrage, wenn es aufgrund einer MiBemte zu einer Verringerung des Angebots derart kommt, daB die Transaktionsmenge im Marktgleichgewicht auf 3,8 Millionen kg sinkt?
3.2.2. Kurzfristige Wirkungen exogener Parameteranderungen auf das Marktgleichgewicht a) Auch wenn der Preis des Gutes fur das Angebot und die Nachfrage von zentraler Bedeutung ist, so muB doch im BewuBtsein gehalten werden, daB es auf beiden Marktseiten noch andere EinfluBgroBen gibt, die wir hier nur als exogen beziehungsweise als Parameter betrachten. Mit den im ersten und zweiten Hauptkapitel berticksichtigten und in diesem Kapitel bisher als unverandert unterstellten Parametem lautet die Marktgleichgewichtsbedingung (32.3) fur den Markt eines Gutes j tatsachlich: xf(p*;^,r) = xf(p*;Bj,B)
(32.15)
Zusatzlich zu den Faktorpreisen C und r sowie den Preisen aller anderen angebotenen Guter (p\j) und dem Einkommen der Nachfrager (B) konnten hier auch noch folgende GroBen als exogene Parameter betrachtet werden (was zu durchdenken allerdings dem interessierten Leser uberlassen bleibt): die Praferenzen cp der Nachfrager, die Anzahl der Nachfrager (I^) und der Anbieter (I^), die Koeflfizienten der Produktionsftinktion, insbesondere der Niveaufaktor y, dessen Erhohung als technologischer Fortschritt aufgefaBt werden kann.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
383
b) Zunachst sei noch einmal die begriffliche Unterscheidung zwischen exogenen und endogen GroBen in Erinnerung gemfen: Exogen sind - graphisch argumentiert - alle GroBen, die nicht an den Diagrammachsen stehen. Endogen heiBen dagegen die im Modell erklarten GroBen, hier im Marktmodell also der Preis (insbesondere der Gleichgewichtspreis) und die Transaktionsmenge (insbesondere die Gleichgewichtsmenge). Andert man gedanklich eine endogene GroBe wie den Preis (beispielsweise: von p' auf p"), so konunt dies einer »Wanderung« aw/jenen Kurven gleich, die den Preis als unabhangige Variable haben, in Abbildung 32.3 zum Beispiel auf der Nachfragekurve. Die Anderung einer exogenen EinfluBgroBe hat dagegen eine Verschiebung der von diesem Parameter abhangigen Kurve(n) zur Folge. Im folgenden ist der wichtigen Frage nachzugehen, wie sich Anderungen solcher Parameter auf das Marktgleichgewicht auswirken. Denn Anderungen exogener BestimmungsgroBen von Angebot oder Nachfrage fiihren zu Storungen des Gleichgewichts, die vom Preismechanismus wieder ausreguliert werden mtissen. Es geht also darum zu verstehen, wie der Markt auf »Storungen von auBen« reagiert. Beispiel 1): Steigt das verfugbare Einkommen B der Haushalte - etwa durch Lohnerhohungen oder Steuersenkungen - von B' auf B", dann werden die Nachfrager bei jedem Preis des Gutes eine groBere Menge davon nachfragen (sofem es sich um ein superiores Gut handelt). Deshalb verlagert sich jeder Punkt der urspriinglichen Nachfragekurve nach »rechts« beziehungsweise »oben« (vgl. auch Abbildung 15.14). Die Angebotskurve bleibt unverandert, weil das Angebot nicht von B abhangt. Eine in die gleiche Richtung weisende Verlagerung der Nachfragekurve kommt auch bei der Verteuerung eines substitutiven oder der Verbilligung eines komplementaren Gutes zustande (vgl. Kapitel 1.5.4.k), was der Leser neben dem Verschiebungspfeil der Nachfragekurve in der Abbildung 32.3 vermerken kann. Beispiel 2): Kommt es zu einer Erhohurig des Lohnsatzes von t auf V\ so steigen die Grenzkosten aller Untemehmen. Das bedeutet eine Verlagerung ihrer Grenzkosten- und damit ihrer Angebotskurven nach »oben« beziehungsweise »links« (vgl. Abbildung 23.9). Denn bei jeder Ausbringungsmenge x liegen nun hohere Grenzkosten vor. Folglich verlagert sich auch die aggregierte Marktangebotskurve nach oben, wie in der Abbildung 32.3 gestrichelt dargestellt. Die
384
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Nachfragekurve wird durch Faktorpreisanderungen nicht beeinfluBt, sofem diese sich nicht auf das Einkommen der Haushalte oder auf die Preise der Konsumgiiter auswirken. Weitere mogliche Ursachen fflr eine Verlagerung der Marktangebotskurve nach »links« sind etwa Streiks in der betreflfenden Branche oder, im Falle eines landwirtschaftlichen Marktes, MiBemten oder Tierseuchen. Abbildung 32.3: Einflusse exogener Parameterdnderungen
x^(p,r,f)
x^(p,B") x^(p3')
Die Untersuchung, welche Gleichgewichtszustande sich bei verschiedenen Konstelllationen der exogenen BestimmungsgroBen ergeben, wird in der Wirtschaftstheorie als komparativ-statische Analyse bezeichnet. Mit der Frage, wie der zeitliche AnpassungsprozeB von einem Marktgleichgewicht zu einem anderen ablauft, befaBt sich die dynainische Analyse.
385
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
Aufgabe 32.3 Uberlegen Sie, auf welche Marktkurve eines Produktes sich folgende exogene Parameteranderungen ceteris paribus jeweils auswirken und in welcher Weise: a) Meldungen iiber gesundheitsschadliche Wirkungen des Produktes, die sich auf die Praferenzen (p der Nachfrager auswirken. b) Hinzukommen weiterer Nachfrager, also eine Erhohung der Nachfrageranzahl I^. c) Erhohung der fixen Kapitaleinsatze (c) der Anbieter. d) Eintritt zusatzlicher Anbieter in den Markt, also eine Zunahme der Anbieteranzahl I^.
Empirikum 32.3: a) Die folgende Tabelle zeigt, analog zu Abbildung 32.3, einen auf der Grundlage empirischer Daten statlstisch geschatzten Ausschnitt der Angebotsund Nachfragefunktionen (Wertetabellen) des US-amerikanischen Marktes fur Wassermelonen: Menge [in Millionen Tonnen pro Jahr]
Preis
nachgefragt bei einem jahrlichen
angeboten bei einem land-
Pro-Kopf-Einkommen von
wirtschiaftlichen Tageslohn von
[Cents pro Pfund]
2.750 $
3.000 $
7,50$
8,20 $
1,00
2,17
2,43
1,14
1,11
1,60
1,50
1,69
1,29
1,26
1,60
1,42
1,60
1,32
1,29
1,70
1,35
1,51
1,35
1,32
1,80
1,28
1,43
1,37
1,34
1,90
1,21
1,37
1,39
1,36
2,00
1,17
1,31
1,41
1,38
2,50
0,96
1,07
1,52
1,49
Die Schatzfunktionen fur das Marktangebot und die Marktnachfrage lauten: X^(P,B) = 0,000034 • p-0897.g1,396
x^(p, ^) = 2.185.000p°'^2V-°'^2^ Hierbei ist B das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Bevolkerung und i der Tageslohnsatz in der Landwirtschaft. (MaBeinheiten gemalS der Tabelle). Quelle: Lancaster, L.: Moderne Mikrookonomie; Frankfurt a.M./New York, 1981, Tab. 2.2, mit Bezug auf eine okonometrjsche Untersuchung von L'Esperance, W.L.: A Case Study in Prediction - The Market for Watermelons; Econometrica 32, 1964, S. 163-173.
386
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
b) Empirisch-statistische Studien ergaben fur das Jahr 1981 folgende lineare Schatzungen der Angebots- und der Nachfragefunktion fur Weizen auf dem U.S.-amerikanischen Markt: X'^CP) -
1800 +240-p
x''(p) -
3550-266-p
wobei der Preis p in Dollar pro bushel (= 35,24 Liter) Weizen und die Menge in Millionen bushel pro Jahr gemessen wird. Durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfragefunktion ergibt sich der Gleichgewichtspreis fur Weizen zu p = 3,46. Bis Mitte der 80er Jahre stieg die Binnennachfrage nach Weizen nur geringfugig, wahrend die Exportnachfrage drastisch sank. So lautete die Weizen-Nachfragefunktion im Jahre 1985: x^p) = 2 5 8 0 - 1 9 4 - p Die Angebotsfunktion hingegen blieb gegenuber 1981 nahezu unverandert. Als Gleichgewichtspreis fur 1985 ergibt sich p = 1,80. 1993 war die Nachfrage nach amerikanischen Weizen wieder erheblich hoher. Fur die Angebots- und Nachfragefunktion im Jahre 1993 ergeben sich: X'^CP) = 3 3 8 5 - 2 7 9 p
x^(p) = 1728 +228-p Der Gleichgewichtspreis fur 1993 ist somit p = 3,27. Der interessierte Leser kann die Kurven- und Glelchgewichtsverlagerungen auch graphisch nachzeichnen. Quelle: Pindyck, Robert 8. / Rubinfeld, Daniel L.: Microeconomics; 4. AufI. 1998, S. 30f, mit Bezug auf eine Ubersicht statistischer Studien des Weizenangebots und der Weizennachfrage von Salathe, Larry / Langley, Sudchada: An Empirical Analysis of Alternative Export Subsidy Programs for U.S. Wheat; Agricultural Economics Research 38, 1986.
c) Wenn von einer "Veranderung des Angebots" oder einer "Veranderung der Nachfrage" gesprochen wird, so ist damit im allgemeinen eine Verschiebung der betreffenden Kurve gemeint - hervorgerufen durch exogene Parameteranderungen. Ein Anstieg beziehungsweise eine Zunahme bedeutet eine Rechtsverlagerung der betreffenden Marktkurve, ein Riickgang beziehungsweise eine Abnahme dagegen eine Linksverlagerung. Bei Variation endogener GroBen wird dagegen zweckmaBig von Veranderungen der angebotenen oder der nachgefragtenMewge (oder des Preises) gesprochen.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildungbei voUkommener Konkurrenz
387
Der durch diese Sprachregelung zum Ausdruck gebrachte Unterschied klart auch den veraieintlichen Widerspruch, der zwischen den beiden folgenden sachlich richtigen Aussagen besteht: "Mit steigendem Preis steigt das Angebot", aber: "Mit steigendem Angebot sinkt der Preis". Die erste Aussage bezieht sich namlich auf die Wirkung der Veranderung der endogenen GroBe Preis (je hoher der Preis, desto groBer die Angebotsmenge), wogegen die zweite Aussage von einer exogen verursachten Verschiebimg der Angebotskurve ausgeht. Um MiBverstandnisse dieser Art und Fehlentscheidungen zu vermeiden, ist daher ein exakter Sprachgebrauch im soeben genannten Sinne geboten. d) Zu welchen Wirkungen auf das Marktgleichgewicht kommt es bei Erhohungen oder Verringerungen des Angebots oder der Nachfrage? GemaB der ceterisparibus-Bedingung werden stets nur die Auswirkungen von Veranderungen einzelner Funktionsparameter untersucht: • Steigt die Nachfrage (Rechtsverlagerung der Marktnachfragekurve; siehe Abbildung 32.4), so entsteht beim urspriinglichen Gleichgewichtspreis p^j^ und unveranderter Angebotskurve ein Nachfragetiberhang in Hohe von X(^) (P(i)) ~ ^(i) • Dieser ruft aufgrund des Preismechanismus einen Preisanstieg hervor, und zwar solange, bis der Uberhang verschwunden ist. Das ist in der Abbildung bei P(2) der Fall. Durch den steigenden Preis erhoht sich die angebotene Menge um x*2) - x*i) und die nachgefragte Menge sinkt um X(5)(p(i)) - x*2). Insgesamt resultiert aus dem Nachfrageanstieg eine Erhohung des Gleichgewichtspreises von P(i) auf P(2) und eine Zunahme der Gleichgewichtsmenge von x*i) auf x*2). Dies verdeutliche der Leser durch Einzeichnen von Pfeilen an den Achsen. Abbildung 32.4: Auswirkungen eines Nachfrageanstiegs P X^>(P)
P?>
388
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
• Sinkt die Nachfrage (Linksverlagenmg der Marktnachfragekurve), so entsteht beim noch geltenden Gleichgewichtspreis (und bei imveranderter Angebotskurve) ein Angebotstiberhang. Dieser ruft aufgrund des Preismechanismus Preissenkungen hervor, und zwar solange, bis der Uberhang verschwunden ist. Durch den fallenden Preis sinkt auch die angebotene Menge, wahrend die nachgefragte Menge zunimmt. Insgesamt resultiert aus dem Nachfragenickgang ein sinkender Gleichgewichtspreis p* und eine sinkende Gleichgewichtsmenge x*. Diese Argumentation voUziehe der Leser anhand der Abbildung 32.4 mit umgekehrter Kurvenverschiebung nach. • Steigt das Angebot (Rechtsverlagerung der Marktangebotskurve), so entsteht beim anfanghchen Gleichgewichtspreis (und bei unveranderter Nachfragekurve) ein Angebotstiberhang. Dieser ruft infolge des Preismechanismus Preissenkungen hervor, und zwar solange, bis der Uberhang verschwunden ist. Durch den sinkenden Preis erhoht sich die nachgefragte Menge, wahrend die angebotene Menge wieder etwas sinkt. Insgesamt resultiert aus dem Angebotsanstieg ein gesunkener Gleichgewichtspreis p* und eine gestiegene Gleichgewichtsmenge x*. Die graphische Darstellung kann analog zu derjenigen in Abbildung 32.4 erfolgen. • Sinkt das Angebot (Linksverlagenmg der Marktangebotskurve), so entsteht beim noch geltenden Gleichgewichtspreis (und bei unveranderter Nachfragekurve) ein Nachfrageiiberhang. Dieser ruft gemaB dem Preismechanismus Preiserhohungen hervor, und zwar solange, bis der Uberhang verschwunden ist. Durch den steigenden Preis sinkt die nachgefragte Menge, wahrend die angebotene Menge steigt. Insgesamt resultiert aus dem Angebotsnickgang ein hoherer Gleichgewichtspreis p* und eine geringere Gleichgewichtsmenge x*. In der Tabelle der Abbildung 32.5 sind noch einmal die Auswirkungen von Veranderungen des Angebots und der Nachfrage auf das Marktgleichgewicht zusammengefaBt, egal durch welche exogene Parameteranderung sie im einzelnen zustande kommen. Der Leser tiberlege, welche eindeutig angebbaren Wirkungen von Kombinationen exogener Parameteranderungen ausgehen, zum Beispiel von einem gleichzeitigen Anstieg der Nachfrage und einem Riickgang des Angebots.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
389
Abbildung 32.5: Auswirkung von Angebots- und Nachfrageverschiebungen auf das Marktgleichgewicht
steigt
Mlt
(Rechtsverlagerung der Kurve)
(Linksverlagerung der Kurve)
Angebot
p' i, x*t
p* t , X* X
Nachfrage
p' t, x' t
p* X, X* X
Eine formale Einiibung der soeben auf graphischem Wege gewonnenen Ergebnisse eraioglicht die folgende Aufgabe. Aufgabe 32.4: Auf einem Markt mogen die Angebots- und Nachfrageflinktionen ^\^,() = a p - h-i, und x^(p,B) = m-B - n p gelten. a,b,m,n sind positive Funktionsparameter. Wie andert sich der Gleichgewichtspreis und die Gleichgewichtsmenge, wenn entweder der Lohnsatz ( bei den Unternehmen oder die Kaufkraft B bei den Haushalten steigt? Skizzieren Sie auch die Kurvenverlagerungen.
e) Im Empirikum 32.1 bedeutet ein steigendes Angebot oder eine steigende Nachfrage nach der betrachteten Aktie, da6 zusatzliche Kauf- oder Verkaufsorders erteilt werden. Solche wirken sich jedoch nur dann auf den Gleichgewichtspreis (Wertpapierkurs) aus, wenn sie entweder im Gleichgewichtsbereich hegen oder unlimitiert erfolgen. Dies mache sich der Leser durch Hinzufiigen einiger weiterer Orders anhand des betreffenden Diagramms klar. Die folgende Abbildung 32.6 zeigt beispielhaft zwei Falle einer steigenden Nachfrage, die nicht zu einer Veranderung des Marktgleichgewichts fuhrt. Im Falle einer Zunahme der Nachfragemengen bei hohen Preisniveaus dreht sich die Marktnachfragekurve nur im oberen Bereich nach »rechts«. Im Falle einer Zunahme der Nachfragemengen bei niedrigen Preisen (z.B. infolge des Zutritts weiterer Nachfrager mit geringer Zahlungsbereitschaft) dreht sich die Marktnachfragekurve im unteren Bereich nach »rechts«. Das Marktgleichgewicht wird dadurch nicht verandert. Dies zeigt, dafi Angebots- und Nachfrageveranderungen nur im Bereich des Marktgleichgewichtes wirksam sind.
390
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Abbildung 32.6: Nachfragednderungen ohne Auswirkung auf das Marktgleichgewicht
Veranderungen des Angebots oder der Nachfrage koiinen sich, auch wenn sie im Bereich des Marktgleichgewichtes erfolgen, unterschiedlich stark auf den Gleichgewichtspreis und die Gleichgewichtsmenge auswirken. Die relative Wirkung hangt von den Steigungen der Angebots- und der Nachfragekurve ab. In der folgenden Abbildung 32.7 sind zur Verdeutlichung vier Extremfalle dargestellt. Die oberen beiden Diagramme zeigen, daB sich ein Nachfrageanstieg bei voUkommen preisunelastischem Angebot (linker Fall) ausschlieBlich im Preis und bei vollkommen preiselastischem Angebot (rechter Fall) nur in der umgesetzten Menge niederschlagt. Analog dazu wirkt ein Angebotsanstieg (siehe die unteren beiden Diagramme) bei vollkommen preisunelastischer Nachfrage (linker Fall) ausschlieBlich tiber den Preis und bei vollkommen preiselastischer Nachfrage (rechter Fall) nur ixber die Menge.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
391
Abbildung 32.7: Relative Wirkungsstdrke exogener Parameterdnderungen PI
.
P|
Wie lassen sich die Wirkungen (Wirkungsrichtimg und Wirkungsstarke) exogener Parameteranderungen auf das Marktgleichgewicht formal exakt untersuchen? Wir woUen eine allgemeine Formel herleiten, die es erlaubt, aus bekannten Daten einer Marktsituation die Anderung des Gleichgewichtspreises zu emiitteln. Sei x^(p,z^)die Angebotsfimktion und xN(p,zN)die Nachfragefunktion eines Marktes. z^ steht fur eine exogene EinfluBgroBe des Marktangebots (z.B. den Preis eines Produktionsfaktors, die Anzahl der Anbieter oder einen technologischen KoeflBzienten); z^ stellt entsprechend irgendeine exogene EinfluBgroBe der Marktnachfrage dar (z.B. das Budget der Nachfrager, den Preis eines anderen Gutes, die Anzahl der Nachfrager oder deren Praferenzen). Im Marktgleichgewicht stimmt die insgesamt angebotene Menge des Gutes mit der insgesamt nachgefragten Menge iiberein, und zwar beim Gleichgewichtspreis p* und unter den festen exogenen Bedingungen z^, z^: xA(p*,zA) = xN(p*,zN) (32.16)
392
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Andert sich nun ein exogener Parameter auf der Angebots- und/oder auf der Nachfrageseite des Marktes, so kommt es zu einer Anderung der angebotenen und der nachgefragten Menge im Marktgleichgewicht. Wir symbolisieren diese Anderungen allgemein durch bx^ und durch Sx^. Damit nach der exogenen Parameterveranderung wieder ein Marktgleichgewicht vorliegt, miissen diese beiden Mengenanderungen gleich sein (sie entsprechen zudem der Anderung der Gleichgewichtsmenge): 5x^ - 5x^
(32.17a)
Jede dieser beiden Anderungen kann als totales Differential der zugehorigen Marktfunktion betrachtet werden; vgl. Anhang M.5.1. Beispielsweise gibt das totale Differential der Angebotsfunktion an, um welchen Betrag sich der Funktionswert der Angebotsfiinktionen, also die insgesamt angebotene Menge des Gutes andert, wenn alle EinfluBgroBen des Angebotes (hier also p und z^) sich verandem. (FUr die GroBen, die sich nicht andem, kann bei ihrer Anderung 5 Null eingesetzt werden.) Mit der Berechnungsformel (2) des totalen Differentials aus dem Anhang M.5.1. ergibt sich: pxA .5p* + zx^ .fizA = pxN .5p* + zxN .fiz^
(32.17b)
<^ ap*.(pxA -pxN) = :x^.az^-:x^.sz^ ^
=
V^--A
(32.18)
Diese Gleichung zeigt, um wieviel sich der Gleichgewichtspreis andert ( Sp*), wenn sich z^ um 5z^ und zugleich z^ um 5z^ andem. Wegen der meist unterschiedlichen MaBeinheiten ist ein Ubergang zu Elastizitaten empfehlenswert. Durch geeignetes Erweitem von (32.18) folgt: V
X
X
ZN
^
* p
ZA
y X
^ X
8(xN:zN).^ - s ( x A : z A ) . ^ z^ z^ 8(xN:p) - s(xA:p)
(32.19)
Dies ist das Elastizitatstheorem der komparativ-statischen Markttheorie. Obwohl diese Formel recht wuchtig aussieht, ist ihre formale Struktur
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
393
vergleichsweise einfach: Im Nenner erkennt man die Eigenpreiselastizitaten des Angebots und der Nachfrage (vgl. Kapitel 1.5.4.d) und 2.5.f). Im Zahler stehen die Elastizitaten der Nachfrage und des Angebots in Bezug auf die jeweils betrachtete exogene EinfluBgroBe. 1st beispielsweise z^ = B, so ist S(XN:ZN) die Einkommenselastizitat der Nachfrage gemafi Kapitel 1.5.2.e). Mit z^ = i ware analog dazu s(x^:z^) die Angebotselastizitat in Bezug auf den Lohnsatz. Zusatzlich zu den Elastizitaten enthalt die Formel (32.19) noch die relativen beziehungsweise prozentualen Anderungen der exogenen GroBen (also 9z%^ und 5zVz^) und des Gleichgewichtspreises (9 p*/p*). Ein Zahlenbeispiel verdeutlicht die Anwendung: Ist s(x^:p)=l; s(x^:p) = -2; bz^= 0; z^ - B, so ergibt sich bei s(x^:B) = 1,5 und dB/B - 6 %: ap*
1,5- 6% - 0
-V =
9%
=
= +3%.
p* -2-1 -3 Der Einkommensanstieg auf der Nachfragerseite um sechs Prozent fuhrt demnach zu einem Preisanstieg auf dem Markt um drei Prozent. Ist z^ = z^ =: z , werden also Angebot und Nachfrage von derselben exogenen GroBe z bestimmt, so laBt sich die Gleichung (32.19) durch »Herausziehen« von bz/z weiter vereinfachen: 5p* ^ p*
s(xN:z) - s(x^:z) dz s(xN:p) - s(xA:p) z
Multipliziert man beide Seiten dieser Gleichung mit z und dividiert durch 5z, so entsteht auf der linken Seite die Bestimmungsgleichung fur die Elastizitat des Gleichgewichtspreises in Bezug auf den Parameter z und es verbleibt: c(p*:z) =
s(x^:z) - s(x^:z) s(xN:p) - s(x^:p)
(32.20)
Bei normalen Marktkurvenverlaufen ( pX"^ > 0 ; pX^ <0 ) ist der Nenner von (32.20) negativ und das Vorzeichen von s(p*:z) hangt nur von denen der zElastizitaten im Zahler ab. Aufgabe32.5: In der Automobilindustrie seien die folgenden Elastizitaten bekannt: s(x^:^) = - 1 , 5 ; £(x^:£)
= 3 ; s(x^:p) = l;s(xN:p) = - 2 .
Berechnen Sie ausgehend von diesen Daten die Elastizitat des Gleichgewichtspreises in Bezug auf den Lohnsatz i .
394
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
3,2.3. Existenz, Eindeutigkeit und Stabilitat von Marktgleichgewichten a) Ein Markt existiert, wenn Angebot und Nachfrage beztiglich eines Gutes zusammentrefifen. Die Existenz eines Mdirkigleichgewichts setzt zusatzlich voraus, daC es bei (mindestens) einer Preis/Mengen-Kombination zu tatsachlichen Transaktionen konunen kann. Dazu mtissen Angebot und Nachfrage, reprasentiert durch die betreffenden Marktfunktionen eine geeignete Konstellation aufweisen, die einen Ausgleich von geplanter Angebotsmenge und geplanter Nachfragemenge bei irgendeinem Niveau des Preises moglich macht. Wir sprechen dann von einem effektiven Markt. Wenn keine auBeren Hinderungsgriinde bestehen, wird ein Markt, auf dem ein Gleichgewicht existiert, in der Realitat tatsachlich zustande kommen. Es sind allerdings Konstellationen von Angebot und Nachfrage denkbar, bei denen ein Gleichgewicht der im Kapitel 3.2.1. beschriebenen Art nicht existiert. Dadurch ergeben sich entweder unklare Marktverhaltnisse oder ein effektiver Markt kommt gar nicht zustande. Im letztgenannten Falle ist der Markt nur der Moglichkeit nach vorhanden, tritt also nicht in Erscheinung; wir nennen ihn deshalb einen potentiellen Markt. Zwei mogliche Angebots-ZNachfrage-Konstellationen, die zu keinem Gleichgewicht, das heifit zu keiner eindeutigen Kombination von Gleichgewichtspreis und Gleichgewichtsmenge fuhren, zeigt die Abbildung 32.8:
Vgl. die Einleitung zu Kapitel 3.1. Bevor ein Markt voU ausgepragt ist, bevor also wohldefinierte Angebots- und Nachfragekurven existieren, liegt ein latenter Markt vor, auf dem es zwar Angebot und Nachfrage hinsichtlich eines bestimmten Gutes gibt, es aber nicht zu effektiven Transaktionen zu einem bestimmten Preis kommt. Eine solche Situation ist unter anderem in der Entstehungsphase von Markten vorzufinden; vgl. dazu im einzelnen W. Kortmann: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb, Frankfurt a.M., 1995, insb. Kapitel 3.1.4.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
395
Abbildung 32.8: Marktkonstellationen ohne Gleichgewicht
• Stiimnen bei keiner positiven Menge x Angebot und Nachfrage iiberein, weil es zum Beispiel kein Angebot zu einem Preis gibt, den mindestens ein Nachfrager akzeptieren wurde, so schneidet die Angebotskurve A die Preisachse in einem hoheren Punkt (Marktpreisuntergrenze) als die Nachfragekurve N' (Marktpreisobergrenze). Es existiert dann keine Preis/Mengen-Kombination, welche die Marktgleichgewichtsbedingung (32.3) erfiillt. Die Transaktionsmenge ist null. Der genannte Fall liegt in der Realitat etwa dann vor, wenn ein Gut von den Nachfragem wenig begehrt wird (geringe maximale Zahlungsbereitschaft) und zudem bei der Bereitstellung vergleichsweise hohe Aufwendungen erfordem wtirde. Das ist haufig bei Ersatzteilen alterer Gebrauchsgiiter der Fall, wenn sie eigens neu produziert werden mtiBten. • Stimmen bei keinem positiven Preis p Angebot und Nachfrage iiberein, weil es zum Beispiel erst ab einer Menge zu Angeboten kommt (Marktmengenuntergrenze), die groBer als die maximale Nachfragemenge (Marktmengenobergrenze) ist, so schneidet etwa die Angebotskurve A" die Mengenachse in einem »femeren« Punkt als die Nachfragekurve N". Es existiert auch in diesem Fall keine Preis/Mengen-Kombination, welche die Marktgleichgewichtsbedingung (32.3) erfuUt - es sei denn, man geht davon aus, dafi die Angebotskurve von ihrem Achsenschnittpunkt an horizontal bis zum Koordinatenursprung verlauft. Das ware der Fall eines Gutes, das bis zu einer gewissen Menge frei, das heiBt zu einem Preis von null verfugbar ist und erst bei groBerer Nachfrage von Anbietem
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Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
zusatzlich produziert werden muBte (wie z.B. bei vielen Naturprodukten). Die Nachfrager wiirden sich daiin der Menge des Gutes bedienen, die der Marktsattigungsmenge entspricht (Schnittpunkt der N"-Kiirve mit der x-Achse). Ein zusatzliches Angebot kame in dem graphisch dargestellten Fall nicht zustande. Gtiter, die zu einem Preis von null zu haben sind, werden iibrigens als freie Giiter bezeichnet. • Von einem existierenden Marktgleichgewicht kann auch dann nicht ohne weiteres gesprochen werden, wenn die Nachfragekurve die Angebotskurve in einem Abschnitt »schneidet«, in dem letztere einen Sprung aufweist (vgl. das rechte Diagramm in Abbildung 25.1). Es kommt dann vermutlich zu keiner Marktraumung. Auf Borsen konnen solche Situationen leicht zustande kommen, was sich der interessierte Leser anhand des Empirikums 32.1 klarmachen kann. • SchlieBlich hegt ein Marktgleichgewicht dann nicht vor, wenn die Angebotsund die Nachfragekurve parallel zueinander verlaufen oder von verschiedenen Seiten gegen eine bestimmte Linie konvergieren; denn dann schneiden sie sich nicht. Der wenig realistische Fall der Parallelitat setzt voraus, da6 eine der Marktkurven einen anormalen Verlauf aufweist, weil ja sonst nicht beide die gleiche Steigung haben konnten. Es bleibt dem Leser liberlassen einige Beispiele fiir parallel verlaufende Angebots- und Nachfragekurven (sowohl mit positiver als auch mit negativer Steigung) in die Abbildung 32.8 einzutragen. Damit ein Marktgleichgewicht existiert, miissen sich - graphisch argumentiert die Angebotskurve und die Nachfragekurve im Lmeren des Preis/MengenDiagramms schneiden (sog. inneres Gleichgewicht). Im Grenzfall kann der Schnittpunkt auch auf einer Achse hegen (sog. Randgleichgewicht). Zur Angabe der Existenzbedingung fur ein Marktgleichgewicht (p*,x*) im einfachen Fall linearer Marktkurven verwenden wir folgende Notation: p^ und p^ bezeichnen die Schnittpunkte der Angebots- und der Nachfragekurve auf der Preisachse (p-Achsen-Abschnitte). p^ entspricht der Marktpreisuntergrenze (minimale Preisuntergrenze der Anbieter) und p^ der Marktpreisobergrenze (maximale Zahlungsbereitschaft der Nachfrager). Mit x^ und x^ bezeichnen wir die Schnittpunkte der Angebots- und der Nachfragekurve auf der Mengenachse (x-Achsen-Abschnitte). x? ist die Marktmengenobergrenze beziehungsweise Marktsattigungsmenge, und x^ entspricht der Angebotsmenge bei einem Preis von null (Markttnengenuntergrenze). Die genannten Achsenschnittpunkte konnen allgemein auch im negativen Zahlenbereich liegen. In Abhangigkeit von den Steigungen der beiden linearen Marktkurven, gemessen durch die beiden Ableitungen pX^ imd pX^, konnen mittels der so definierten Achsenschnittpunkte
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
397
vier Konstellationen angegeben werden, bei denen die Existenz eines Marktgleichgewichts im Preis/Mengen-Diagramm gesichert ist: Wenn xf^(p) und y^(p) lineare Funktionen sind, dann existiert ein Marktgleichgewicht (p*,x*) mit p* > 0 undx* > 0 , falls eine der folgenden vier Bedingungen erfullt ist: Bedingungen
pXA • pXN <
X ^ XQ pX^
> ^
X^ XQ
0
pXA .
XQ
pxN
>
> Q
XQ
> pX^
(32.21) Po ^ Po XN < xA
X X Q^
< 1- XXQ^
pX^
P? ^ P^
« N >. ^A
Po ^ Po
Die im linken oberen Tabellenfeld stehende Bedingung betrifft den »Normalfall«, bei dem die Angebotskurve eine positive Steigung hat (pX^ > 0) und die Nach"^imdpxA-pX^<0. Ein fragekurve eine negative (pX^ < 0). Folglich ist pX^ > pX^ Gleichgewicht existiert dann, falls die Nachfragekurve sowohl die x- als auch die p-Achse bei einem groBeren Wert schneidet als die Angebotskurve. Hat eine der beiden Kurven eine Steigung von null und verlauft somit senkrecht, so ist ihr p-Achsenschnittpunkt nicht mehr bestimmt (siehe Abbildung 32.9). Ein Marktgleichgewicht kann in diesem Fall nur existieren, falls die jeweils andere Kurve • bei negativer Steigung einen x-Achsenschnittpunkt hat, der grofier als derjenige der senkrechten Kurve ist. • bei positiver Steigung einen x-Achsenschnittpunkt hat, der kleiner als derjenige der senkrechten Kurve ist. Ist in Abbildung 32.9 die senkrechte Kurve die Angebotskurve, so stellen die iibrigen Kurven mogliche Verlaufe der Nachfragekurve dar. Ist die senkrechte Kurve hingegen die Nachfragekurve, so sind die tibrigen Kurven moghche
Auf den formalen Beweis wird hier verzichtet. Bei konkreten Anwendimgen koimen die Achsenschnittpunkte aus den zuvor geschatzten linearen Marktfunktionen ermittelt werden. Auch fiir den allgemeinen Fall nichtlinearer Marktkurven ist eine Existenzbedingung angebbar. Deren formale Begriindung ist jedoch vergleichsweise aufwendig und unterbeibt hier deshalb.
398
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Angebotsverlaufe. Nur die Kurvenverlaufe (2) und (3) sichem die Existenz eines Marktgleichgewichts. Bei starrer Nachfrage und normal verlaufendem Angebot sowie bei starrem Angebot und normal verlaufender Nachfrage ist somit ebenfalls die Gleichgewichtsexistenz gesichert. Abbildung 32.9: Existenz von Marktgleichgewichten bei einer vollig preisunelastischen Marktkurve
Aufgabe 32.6: Gegeben seien die Angebotsfunktion und die Nachfragefunktion aus Aufgabe 32.4, also x^(p,^ = a p - hC und x^(p,B) = m-B - np. Die Koefiizientenwerte seinen a = 100, b =50, C=4, m = 2, n=100, B = 500. a) Ist bei der genannten Konstellation eine der Bedingungen (32.21) fiir die Existenz eines Marktgleichgewichts erfuUt? Und wenn ja: wie hoch ist der Gleichgewichtspreis und wie grol3 die Gleichgewichtsmenge? b) Welches ist der hochste Zahlenwert von ^, bei dem ein Marktgleichgewicht gerade noch existiert?
b) Auch wenn die Existenz gesichert ist, kann es sich um ein instabiles (bzw. labiles) Marktgleichgewicht handehi. Allgemein heiBt ein Gleichgewicht stabil, falls nach einer nicht »zu« starken Storung Anpassungsprozesse (wie der Preismechanismus) einsetzen, die wieder zum Gleichgewicht zuruckfiihren. Bei einem instabilen Gleichgewicht fiihren dagegen Storungen der im vorangegangenen Unterkapitel 3.2.2. beschriebenen Art vom Gleichgewicht weg und konnen im Extrem bis zum Zusammenbi:uch des Marktes fuhren. Abbildxmg 32.10 zeigt ein Beispiel: Oberhalb des Marktgleichgewichts (p*,x*) hegt in der dargestellten Marktsituation stets ein Nachfragetiberhang vor. Steigt der Preis
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildungbei voUkommener Konkurrenz
399
etwas iiber seinen Gleichgewichtswert p* hinaus, dann bewirkt der Preismechanismus aufgrund des Nachfragetiberhangs einen anhaltenden FrQisanstieg, der immer weiter vom Marktgleichgewicht wegfiihrt. Sinkt im umgekehrten Fall der Preis etwas unter seinen Gleichgewichtswert p*, dahn bewirkt der Preismechanismus aufgrund des dann auftretenden Angebotsiiberhangs einen PrQisriickgang, der ebenfalls vom Gleichgewicht wegfuhrt. Abbildung 32.10: Marktsituation mit instabilem Gleichgewicht
Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen ein Marktgleichgewicht die gewimschte Eigenschaft der Stabilitat aufweist. Nach dem Gesagten diirfte klar sein, daB Stabilitat in der kurzen Frist nur dann vorliegen kann, wenn der Preismechanismus den Markt zum Gleichgewicht zuruckfiihrt. Dies setzt nach den Ausfiihrungen in Kapitel 3.2.1 .d) voraus, daB • bei Preisen unterhalb des Gleichgewichtsniveaus p* ein NachfrageixhQihang u^(p) > 0 auftritt, denn dieser fuhrt der zu einem Preisanstieg. • bei Preisen oberhalb des Gleichgewichtsniveaus ein AngebotsiA)Qxhdixvg u^{p) > 0 (bzw. ti^(p) < 0) auftritt, denn dieserfiihrtzu einem Preisriickgang. Das bedeutet: Eine Preiserhohung muB einen bestehenden Nachfrageuberhang (u^(p) > 0) verringem; eine Preissenkung muB einen bestehenden Angebotsiiberhang (ii^(p) < 0) reduzieren, also u^(p) = x^(p) - x^(p) numerisch erhohen
Ursache des anormalen Nachfragekurvenverlaufs konnte ein ausgepragter Veblen-Effekt im mittleren Abschnitt der Marktnachfragekurve sein.
400
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
(z.B. von -20 auf-10). Dadurch wird das Marktgleichgewicht wieder erreicht. Mit u^(p), welches ja -u^(p) entspricht, kaiin die beschriebene Bedingung durch die erste Ableitung zum Ausdruck gebracht werden. Es mu6 gelten: p
ii^ = px^ - px^ < 0
(32.22)
Damit setzt die Stabilitat eines Marktgleichgewichts voraus, dafi dort die Steigung der Angebotskurve (pX^) groBer ist als die Steigung der Nachfragekurve (pX^). (Der Leser bringe p x^ auf die rechte Seite der obigen Ungleichung). Dann fiihrt der Preismechanismus oberhalb des Gleichgewichtspreises zu stabilisierenden Preissenkungen, die den Nachfrageiiberhang beseitigen, und unterhalb zu stabilisierenden Preiserhohungen, die den Angebotstiberhang zum verschwinden bringen. Diese Stabilitatsbedingung wird als Walras-Stabilitat bezeichnet: (p*,x*) ist Walras-stabil, falls px^(p*) > pX^Cp*)
(32.23)
Erweitert man die beiden Seiten dieser Ungleichung mit p7x*, so ergibt sich die Walras'sche Stabilitatsbedingung in der Elastizitatsschreibweise zu: 8(x^:p*) > 8(x^:p*)
(32.24)
Ein Marktgleichgewicht ist demnach Wahas-stabil, falls dort die Preiselastizitat des Angebots numerisch groBer ist als die Preiselastizitat der Nachfrage. Bei normalen Kurvenverlaufen ist erstere positiv (Gesetz des Angebots) und letztere negativ (Gesetz der Nachfrage), so daB die Bedingung (32.24) dann auf jeden Fall erfuUt ist. Das ist beispielsweise bei der in Aufgabe 32.1 untersuchten Angebots/Nachfrage-Konstellation der Fall, wovon sich der Leser durch Anwendung der Bedingung (32.23) iiberzeugen moge (vgl. auch die Existenzbedingungen in (32.21)). Neben der soeben erlauterten Walras-Stabilitat gibt es noch ein zweites, speziell auf Einzelmarkte bezogenes Stabilitatskonzept, das auf den schon mehrfach zitierten Okonom Alfred Marshall zuriickgeht und deshalb als MarshallStabilitat bezeichnet wird. Hierbei wird nicht von einem PreisanpassungsprozeB
Es ist zu beachten, dafi diese Ableitungen Steigungen der Marktkurven in Bezug auf die p-Achse messen. 2 Nach demfranzosich-schweizerischenOkonom&n Marie Esprit Leon Walras (1834-1910), der sich vor allem mit der formalen Analyse des Gleichgewichts des Systems aller Markte befafite (sog. totales Gleichgewicht). Eigentlich bezieht sich deshalb das nach ihm benannte Stabilitatskonzept nicht auf Einzelmarkte.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
401
ausgegangen, sondem von einer Anpassung der Mengen: Sind die Nachfrager bei einer bestimmten Transaktionsmenge bereit, einen hoheren Preis fur zusatzliche Mengeneinheiten des Gutes zu zahlen als die Anbieter auf der Grundlage ihrer Kostenstrukturen dafiir fordem, so werden letztere ihre Angebotsmenge erhohen. 1st dagegen der von den Anbietem geforderte Preis (dieser entspricht den Grenzkosten) bei einer bestimmten Transaktionsmenge hoher als der von den Nachfragem akzeptierte, so senken erstere ihre Angebotsmenge (Mengenmechanismus). Marshall betrachtet also -graphisch argumentiert - den vertikalen Abstand zwischen den Marktkurven und nicht, wie Walras, den horizontalen (Angebots- oder Nachfrageiiberhang). Beide Stabilitatskonzepte sind aus bestimmten Perspektiven heraus plausibel, jedoch stimmen sie in ihren Aussagen nicht ganz tiberein: Ein Walras-stabiles Gleichgewicht mu6 nicht zugleich Marshall-stabil sein und umgekehrt (siehe dazu die folgende Abbildung 32.11). Im linken Diagramm sind mehrere moghche Nachfragekurvenverlaufe in Kombination mit einer bestimmten, normal verlaufenden Angebotskurve A dargestellt. Der Leser mache sich anhand der vorangegangenen Ausfuhnmgen klar, daB (p*,x*) in den Fallen 1 und 2 ein Wakasstabiles und im Fall 3 ein Wakas-instabiles Marktgleichgewicht ist. Der Leser zeichne dazu horizontale Linien zwischen jede der Nachfragekurven und der Angebotskurve ein und untersuche, ob es sich dabei um einen Angebots- oder Nachfrageiiberhang handelt. Daraus laBt sich dann folgem, in welche Richtung der Preismechanismus den Preis treibt (ggf. durch Pfeile andeuten). Marshall-Stabilitat liegt in den Fallen 1 und 3 vor, wogegen der Fall 2 Marshallinstabil ist. Dazu sind die vertikalen Abstande zwischen den Nachfragekurven und der Angebotskurve zu untersuchen. Es moge sodann tiberlegt werden, welche der im rechten Diagramm der Abbildung 32.11 dargestellten Angebotskurvenverlaufe in Kombination mit der dargestellten, normal verlaufenden Nachfragekurve N sicherstellen, daB (p*,x*) ein Walras- und/oder Marshall-stabiles Marktgleichgewicht ist? Das Konzept der Wakas-Stabilitat ist nicht anwendbar, falls eine der Marktkurven horizontal verlauft, weil dann "horizontale Abstande" zwischen den Kurven nicht identifizierbar sind. Das Konzept der Marschall-Stabilitat ist nicht anwendbar, falls eine der Kurven vertikal verlauft, weil dann "vertikale Abstande" zwischen den Kurven nicht identifizierbar sind.
402
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Abbildung 32.11: VerschiedeneAngebots-Nachfrage-Konstellationen mit stabilem oder instabilem Gleichgewicht N
Ai
^ \ ^^A2
P*
Az""^ ^Ai
^ A a ^N
X*
Bin Marktgleichgewicht, das sowohl Walras-stabil als auch Marshall-stabil ist, bezeichnen wir einfach als stabiles Gleichgewicht. Bin Gleichgewicht, das sowohl im Sinne von Wahas als auch im Sinne von Marshall instabil ist, kann nur dann vorhegen, wenn sowohl die Angebotskurve als auch die Nachfragekurve einen anormalen Verlauf aufweisen, wovon sich der Leser anhand eines Diagramms analog zur Abbildung 32.11 uberzeugen kann. Da wir in der Realitat auf den allemieisten Markten keine Prozesse wachsender Ungleichgewichte beobachten, liegt die Vermutung nahe, daB Stabilitat bei Markten die Kegel ist (sog. "Selbstheilungsfahigkeit des Marktsystems"). c) Auch wenn die Bedingungen fiir die Bxistenz und die Stabilitat eines Marktgleichgewichts erfuUt sind, kann noch eine Problemsituation vorliegen, namlich dann, wenn ein Markt mehrere Gleichgewichte aulRveist. Dies wird als Mehrdeutigkeit bezeichnet. Favorisiert wird dagegen ein einfaches und eindeutiges Gleichgewicht. Das heiBt, es soil nur einen Punkt (p*,x*) im Marktdiagramm geben, der die Marktgleichgewichtsbedingung (32.3) erfuUt. Die folgende Abbildung 32.12 zeigt eine Marktsituation mit mehreren Gleichgewichten. Die Nachfragekurve weist einen ausgepragten Veblen-Bfifekt auf, und wird an drei Stellen von der normal verlaufenden Angebotskurve geschnitten.
Vgl. dazu Kapitel 1.5.4., besonders Abschnitt c).
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
403
Abbildung 32.12: Marktsituation ohne einfaches Gleichgewicht P
Der Leser kami anhand der im vorangegangenen Abschnitt b) gemachten Ausfiihrungen erkeimen, daB der mittlere Schnittpunkt ein Walras-instabiles Marktgleichgewicht ist, wogegen der obere und der untere Schnittpunkt stabile Gleichgewichte darstellen. In welches Gleichgewicht der Markt durch den Preismechanismus gefuhrt wird, hangt bei solcher Mehrdeutigkeit von der Ausgangslage beziehungsweise dem »Startpunkt« sowie von der Richtung und Starke der auftretenden Stoning ab. Jedenfalls kann der Preismechanismus einen Markt nicht in ein instabiles Gleichgewicht fuhren. Wenn die Angebots- und die Nachfragekurve durchgehend normal verlaufen, das heiBt, wenn pX^ > 0 und pX^ < 0 fiir alle Preisniveaus p gilt, dann kann es hochstens einen Schnittpunkt, also nur ein eindeutiges Marktgleichgewicht geben. Empirikum 32.4 Auf Devisenmarkten lassen sich mehrfache Gleichgewichte auch theoretlsch begrunden. Dazu betrachten wir exemplarisch den Doliarmarkt (siehe folgende Abbildung) und nehmen an, dad dort Angebot und Nachfrage uberwiegend vom AuRenhandel (Waren- und Dienstleistungsexporte und -importe) bestimmt sind - was heute wegen der groBen Bedeutung des Kapitalverkehrs nicht mehr der Fall ist. Die Nachfrage nach Dollars (N$) verhalt sich normal: Je hoher der Dollarwechselkurs w$ ist, desto weniger Dollars werden nachgefragt, well die In Dollar zu zahlenden Importguter entsprechend teurer werden. Ein Beispiel: Bei einem Olpreis von 20 Dollar ($) pro FaB (Barrel) kostete ein Fali 40 DM, als der Dollarkurs 2 DM/$ betrug, aber nur 30 DM, als w$ = 1,50 DM/$ war.
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
404
W$
$-Menge Das Dollarangebot verhalt sich dagegen nur bei niedrigen Dollarkursen normal, also steigend. Denn bei niedrigen Dollarkursen sind die heimischen Exportguter fur auslandische Kunden vergleichsweise teuer. Beispiel: Fiir eine in Deutschland gefertigte Maschine im Wert von 100.000 DM muRte ein amerikanischer Kunde nur 50.000 Dollar bezahlen, wenn der Dollarkurs w$ = 2 DM/$ betrug. Beim niedrigeren Wechselkurs w$ = 1 DM/$ mulite er dagegen 100.000 Dollar bezahlen, was fur ihn vielleicht den Kauf unattraktiv macht. Deshalb stelgt die angebotene Dollarmenge bei steigendem Dollarwechselkurs. Bei sehr hohen Dollarkursen ist dann aber zwar die Exportmenge groR, well die heimischen Waren dann fur das Ausland - in Dollar gemessen - billig sind; wegen des hohen Dollarkurses werden aber auch nur wenige Dollar fur die Kaufe gebraucht: Ausgaben und Eriose sind folglich in Dollar gemessen gering. Im Beispiel wijrden von den deutschen Exporten bei einem Dollarkurs von 4 DM/$ nur noch 25.000 Dollar fur die Maschine eingenommen und auf dem Devisenmarkt gegen D-Mark angeboten. Dadurch »biegt« sich die Angebotskurve auf dem Dollarmarkt bei hohen Wechselkursen zuruck. Deshalb kann es, wie in dem Diagramm dargestellt, zu mehreren Kurvenschnittpunkten kommen. Das obere Devisenmarktgleichgewicht ist instabil, das untere stabll. Ahnlich anormale Angebotskurvenverlaufe werden auch auf dem Arbeitsmarkt und dem Roholmarkt vermutet. Quellen: Zum anormalen Angebotsverlauf auf dem Devisenmarkt vgl. z.B. Jarchow, H.P./Rtihmann, P.: Monetare AuBenwirtschaftslehre; 1982, S. 634ff; sowie Sperber, H./Sprink, J.: Monetare AuBenwirtschaftslehre; Stuttgart u.a., 1996, 8.125ff. Zum Olmarkt: Cremer, J. / SalehiIsfahani, D.: The Rise and Fall of Oil Prices; Annals D'Economlque et de Statistique 15/16, 1989, S. 427-454, sowie Dichtl, E.: Das Preis-Angebots-Paradoxon bei Erdol; WiSt, 1981, H. 4, S. 180f. Zum Arbeitsmarkt z.B. unser Kapitel 1.4.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildimg bei vollkommener Konkurrenz
405
d) Auch wenn auf einem Markt grundsatzlich ein eindeutiges und stabiles Marktgleichgewicht existiert, konnen gleichwohl gewisse Umstande dazu fiihren, daB der Markt kurzfristig nicht in sein Gleichgewicht geiangt. So sind etwa zyklische Schwankungen des Preises um den Gleichgewichtswert denkbar. Des weiteren konnen staatliche Eingriffe sowie mangelnde Preisflexibilitat, die auf das Verhalten der Marktteilnehmer zuriickzufiihren ist (z.B. Schwierigkeiten bei Preiserhohungen oder Widerwillen gegen Preissenkungen), dazu fiihren, daB es nicht zur Marktraumung kommt. Dann werden Transaktionen auBerhalb des Marktgleichgewichtes, das heiBt zu ungleichgewichtigen Preisen, ausgefiihrt (sog. false trading). Die damit verbundenen Probleme sind Gegenstand der 2
Ungleichgewichtstheorie. Sie befaBt sich vor allem mit anhaltenden Nichtraumungs- beziehungsweise Rationierungssituationen auf Markten. "Ungleichgewicht" bezieht sich hierbei nicht auf die fehiende Ruhelage, denn zu einer Ruhelage kann es, wie die Ungleichgewichtstheorie zeigen konnte, unter bestimmten Bedingungen auch bei Nichtraumung von Markten kommen. Als wichtigstes Beispiel wird der Arbeitsmarkt genannt: Im Ungleichgewicht unterliegen die Akteure der langen Marktseite jeweils einer Mengenbeschrankung, die sie daran hindert, ihre optimalen Angebots- oder Nachfrageplane zu verwirklichen. Das zwingt sie zur Revidierung ihrer Plane, was wiederum Auswirkungen auf andere Markte haben kann (sog. spill-over-Ejfekte). Beispielsweise werden private Haushalte, die damit rechnen, auf dem Arbeitsmarkt ihren Angebotsplan (Arbeitsuchende sind ja Arbeitsanbieter) nicht realisieren zu konnen, also arbeitslos zu werden, ihren Konsum einschranken und dadurch unter Umstanden die Absatz- und Produktionsmoglichkeiten der Konsumgiiteranbieter verschlechtem, was diese wiederum bei der Beschaftigung von Arbeitskraften zuriickhaltender werden laBt. Das geschilderte Szenario hat zur Voraussetzung, daB die Preise (hier: der Lohnsatz und die Konsumguterpreise) nicht rasch genug eine Marktraumung herbeifuhren. Uberlegungen dieser Art sind auch bei dem Versuch herangezogen worden, die Makrookonomik mikrotheoretisch zu ftindieren.
2
Vgl. dazu spater das Kapitel 3.2.8. Vgl. z.B. den Uberblick von Benassy, J.-P.: Nonclearing Markets - Microeconomic Concepts and Macroeconomic Applications; Journal of Economic Literature 31, 1993, S. 732-761.
406
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
3.2.4. Kurzfristige Wechselwirkung zwischen den einzelwirtschaftlichen Angeboten und dem Marktgleichgewicht a) Nachdem in den vorangegangenen Unterkapiteln die grundsatzliche Funktionsweise von Markten behandelt wurde, geht es nun um das Zusammenspiel zwischen der Angebotspolitik der Untemehmen und der Marktpreisbildung: Wie bestimmt der Marktpreis das einzelwirtschaftliche Angebot, und wie wirken sich Anderungen der einzelwirtschaftlichen Angebote auf den Marktpreis aus? Bei der Beantwortung dieser Fragen konnen wir auf die Ergebnisse des zweiten Hauptkapitels (Untemehmenstheorie) zuriickgreifen. In Kapitel 2.3.2. wurde die Angebotsplanung eines typischen Untemehmens unter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz modelliert. Ein solcher preisinabiler Anbieter hat definitionsgemaB eineifi sehr geringen Marktanteil und muB den Preis, zu dem er sein Produkt auf dem Markt absetzen kann, hinnehmen (Preisnehmerverhalten). Dieser Marktpreis, der auf einem vollkommenen Markt dem im vorigen hergeleiteten Gleichgewichtspreis p* entspricht, ist also fiir jeden Anbieter ein Datum. Das heiBt: Keiner der zahlreichen Anbieter bei vollkommener Konkurrenz kann durch seine Absatzpolitik einen merklichen EinfluB auf den Marktpreis nehmen. Durch .Veranderungen seiner Angebotsmenge kann er es nicht, durch Veranderungen seiner Absatzpreisforderung will er es nicht (vgl. auch Kapitel 3.1.3.d). Denn bei vollkommener Konkurrenz gibt es fiir keinen Anbieter Veranlassung, einen vom Gleichgewichtspreis abweichenden Preis fiir das Produkt zu fordem: • Wtirde ein Anbieter einen Preis oberhalb von p* verlangen, so verlore er alle Kunden an seine Konkurrenten, die weiterhin zum niedrigeren Gleichgewichtspreis anbieten. • Unterhalb des Gleichgewichtspreises wird ebenfalls kein Anbieter einen Preis ansetzen, weil er die dann immens steigende Nachfi-age aufgrund seiner begrenzten Kapazitaten nur zu hoheren Kosten befiiedigen konnte. Preisforderungen unterhalb von p* brachten daher Gewinnschmalerungen. Denn schon zu p* kann er seine gewinnmaximierende Menge absetzen
Dies kann, wie im Kapitel 3.2.1.b) gezeigt wurde, nur aufieriialb des Gleichgewichts der Fall sein.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
407
Wenn keine MiBverstandnisse auftreten konnen, schreiben wir im folgenden der Einfachheit halber wieder einfach p statt p* fur den Markt- beziehungsweise Gleichgewichtspreis. b) Wenn ein preisinabiler Anbieter auch keine Moglichkeit zu einer autonomen Preispolitik hat, so kann er doch zumindest seine Angebotsmenge frei festlegen (Mengenanpasserverhalten). Er wird dies annahmegemaB so tun, daB sein Gewinn maximal wird. Dazu mu6 er die Coumot-Bedingung (23.12) realisieren, wonach jene Produktions- und Angebotsmenge gewinnmaximal ist (typische Kostenverlaufe unterstellt), bei der die Grenzkosten gleich dem Preis sind (Grenzkostenpreisregel). Das Auflosen dieser Gleichung nach x ergibt die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge x^ des preisinabilen Anbieters, die, oberhalb seiner Angebotsmengenuntergrenze, zugleich seiner optimalen Angebotsmenge x^ entspricht (i kennzeichnet den betrachteten Anbieter). Fiir jeden moglichen Marktpreis p oberhalb des Durchschnittskostenminimums gibt seine Grenzkostenkurve die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge an, so daB sie der Angebotskurve des preisinabilen Anbieters entspricht. Im rechten Diagramm der Abbildung 32.13 ist die Angebotskurve irgendeines typischen Anbieters i etwas hervorgehoben dargestellt worden. Abbildung 32.13: Marktpreis und Angebotsplan bei voUkommener Konkurrenz
Vgl. ggf. im einzelnen Kapitel 2.3.2.
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Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Die Zusammenstellimg von Angebotsdiagramm und Marktdiagramm in Abbildimg 32.13 zeigt folgendes: • Im linken Diagratnm ist dargestellt, wie sich der Gleichgewichtspreis p* des betrachteten Gutes auf dem Markt durch den Ausgleich von Gesamtangebot x^(p) und Gesamtnachfrage x^(p) bildet. • Dieser Marktpreis p = p* ist einem jeden Anbieter als ein durch ihn iiicht veranderliches Datum vorgegeben. Seine Angebotsplanung richtet er daran aus; er verhalt sich als Mengenanpasser. - Damit haben wir nun die in Kapitel 2.3. noch als exogen betrachtete Variable p (Absatzpreis) zu einer ebenfalls im Rahmen unseres Modells erklarten Variablen gemacht (man sagt: p wurde endogenisiert). • Jeder Anbieter i bietet annahmegemaB eine Menge x^ des Gutes an, die so hoch ist, da6 seine Grenzkosten dem Marktpreis p entsprechen. Denn dies bringt ihm den maximalen Gewinn. (Der Leser kann zur Verdeuthchung die Bedingung p = x K(x) an den Schnittpunkt der p-Horizontalen mit der x K(x)Kurve schreiben.) Da sich jeder Anbieter des Gutes an demselben Marktpreis p orientiert, produzieren alle Anbieter im Marktgleichgewicht zu den gleichen Grenzkosten. Die Grenzkosten aller Anbieter entsprechen namhch dem Preis des bereitgestellten Gutes. • Durch Veranderungen seiner Angebotsmenge x^ kann ein einzehier Anbieter keinen merklichen EinfluB auf den Marktpreis nehmen. Denn der Marktpreis wird (bei gegebener Gesamtnachfrage) vom aggregierten Angebot aller Anbieter bestimmt: x^(p) = Zx^(p). Da der betrachtete Anbieter i aber annahmegemaB nur einer von vielen kleinen Anbietem ist, wirkt sich seine Angebotsmenge x^ nicht spiirbar auf das gesamte Marktangebot im Gleichgewicht aus - und folghch auch nicht auf den Gleichgewichtspreis! • Das bedeutet: Die Anbieter haben nur zusammen EinfluB auf den sich am Markt bildenden Preis. Erhoht beispielsweise eine groBere Anzahl von Anbietem ihre Angebotsmenge (etwa aufgrund einer allgemeinen
Es sei daran erinnert, daB alle iibrigen Preise der Volkswirtschaft (insb. die Preise von Produktionsfaktoren und verbimdenen Giitem) bekannt sein miissen, damit die Angebots- und die Nachfrageflinktion eines Marktes eindeutig definiert sind. Umgekehrt muB allerdings auch der Preis auf dem betrachteten Markt bekannt sein, damit die Angebots- und Nachfragefunktionen auf den anderen Markten eindeutig definiert sind. Dies zeigt die grundsatzhche Problematik von Versuchen, das System aller Preise einer Volkswirtschaft in einem Modell zu erklaren, worum sich die Allgemeine Gleichgewichtstheorie bemiiht.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
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Kostensenkimg), dann verschiebt sich die Marktangebotskurve nach »rechts«. Der EinfluB jedes einzelnen Anbieters ist dagegen verschwindend gering. c) FaBt man den Begriff des Gleichgewichts etwas verengend als einen Zustand ohne immanente Andemngstendenzen auf, so kann er auch auf das System "Untemehmen" iibertragen werden. In Analogie zum kurzfiistigen Marktgleichgewicht kann dann definiert werden, da6 ein Untemehmen sich im kurzfristigeii Angebotsgleichgewicht befindet, wenn es innerhalb einer Periode mit seiner Absatzmenge zufrieden ist, so daB sich ein Mehrabsatz nicht mehr lohnen wurde. Das Untemehmen reahsiert dann die Coumot-Bedingung und weist ein inneres Gewinnmaximum auf (vgl. Kapitel 2.3.1 j). Man kann dann von einer VoUauslastung seiner Kapazitaten sprechen (kurzfristige okonomische Kapazitatsgrenze). Jede hohere Ausbringungs- und Absatzmenge wtirde die Kosten mehr erhohen als den Erlos. Ein Untemehmen, das sich im kurzfiistigen Angebotsgleichgewicht befindet, hat keine Veranlassung seine Dispositionen kurzfiistig zu verandem. Befinden sich alle Anbieter eines Produkts in ihren kurzfiistigen Angebotsgleichgewichten, so hegt auf dem Markt kein Angebotsiiberhang vor. Gibt es dabei jedoch noch unbefiiedigte Nachfrage, zeigen sich also bei den Anbietem Warteschlangen von Nachfragem oder unublich lange Lieferfiisten, so ist zwar die Gesamtheit der Anbieter, nicht aber der Markt im kurzfiistigen Gleichgewicht: Es existiert dann ein Nachfragetiberhang, der bei fimktionierendem Preismechanismus zu Erhohungen des Preises fiihrt (vgl. Kapitel 3.2.1.c). Dies bringt den Uberhang zum Verschwinden. Operiert ein Untemehmen nicht an seiner Kapazitatsgrenze, so daB xKC^) = P nicht gilt und durch einen Mehrabsatz (und entsprechende Mehrproduktion) der Gewinn kurzfiistig noch gesteigert werden konnte, so befindet es sich nach unserer Definition nicht im kurzfiistigen Angebotsgleichgewicht. Es hat einen einzelwirtschaftlichen Angebotsiiberhang hinzunehmen. Ist dies bei mehreren Anbietem der Fall, so wird es zu Anpassungsreaktionen dieser Anbieter kommen. Bei fimktionierendem Preismechanismus fiihrt jeder Angebotsjiberhang zu Preissenkungen. Der Preisriickgang geht im Idealfall genau so weit, bis der Uberhang verschwimden ist und sich alle Anbieter wieder im kurzfiistigen Angebotsgleichgewicht befinden, also ein inneres Gewinnmaximum realisieren.
^ Vgl. Kapitel 3.2.2.
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Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Auf die interessante Frage, ob und - weiin ja - unter welchen Bedingungen auf einem Markt zugleich ein Angebots- und ein Nachfrageiiberhaiig auftreten kaiin, koiinen wir hier nicht naher eingehen. Das ist ein Thema der im vorigen Unterkapitel 3.2.3.d) schon erwahnten Ungleichgewichtstheorie. d) Wenn ein Untemehmen eine bestimmte Ausbringungsmenge fur den Absatzmarkt produziert, dann gibt es zumeist schon einen Preis fiir das Gut, namlich dann, wenn es regelmaBig gehandelt wird. Ein um Gewinnmaximierung bemuhtes Untemehmen legt seine Produktions- und Angebotsmenge dann - wie bisher besprochen - nach MaBgabe der Coumot-Bedingung fest. In der Reahtat gibt es jedoch Ausnahmen, bei denen der reahsierbare Absatzpreis zum Zeitpunkt der Produktionsentscheidung (noch) nicht feststeht. Das ist zum Beispiel bei emteartiger Produktion (Landwirtschaft, Fischerei etc.) der Fall, wo sich der Preis erst nach der zeitgleichen Produktion aller Anbieter bildet und deshalb im vorhinein (man sagt: ex ante) nicht der einzelwirtschaftlichen Angebotsentscheidung zugrunde gelegt werden kann. Eine weitere Ausnahme ist das erstmahge Angebot eines Gutes (Innovation); in diesem Fall mu6 der Anbieter irgendeinen sinnvoU erscheinenden Angebotspunkt (Preis/Mengen-Kombination) wahlen. Bei emteartiger Produktion mufi sich der Anbieter, vielleicht gestutzt auf friihere Erfahrungen, auf einen bestimmten Produktionsaufwand festlegen und den sich dann spater ergebenden Ertrag (Emte, Fang) hinnehmen, wie er kommt. Triflft das Angebot dann auf die Nachfrage, so bildet sich durch den Preismechanismus (kurzfristiger MarktausgleichsprozeB) ein marktraumender Preis, zu dem jeder Anbieter sein gesamtes Angebot absetzen kann. Fraghch ist allerdings, ob und inwieweit die Anbieter mit dem zustandekommenden Preis zufrieden sein konnen, inwieweit sie also im nachhinein (man sagt: ex post) ihr Gewinnmaximierungsziel erreicht haben. Stellt sich die reahsierte Angebotsmenge ex post als zu groB heraus, dann wird der Anbieter vermutlich beim nachsten Mai eine geringere Produktionsmenge anvisieren. War die reahsierte Angebotsmenge dagegen zu klein, hatte also bei einer groBeren Absatzmenge ein hoherer Gewinn erreicht werden konnen, dann bemiiht sich der Anbieter wohl um eine groBere Produktionsmenge in der Folgeperiode. Es kommt also zu mengenmaBigen Anpassungsreaktionen der Anbieter, die denen des Mengenprozesses aus Kapitel 3.2.3.b entsprechen.
1
Die Ausfiihrungen in diesem Unterabschnitt gelten mutatis mutandis auch ffir den Fall des Monopols ^(Kapitel 3.3.) Vgl. zur Angebotsproblematik bei Innovationen W. Kortmann: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfiirt/M., 1995, Kap. 2.2. und 3.1.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
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3.2.5. Langfristige Wechselwirkung und langfristiges Marktgleichgewicht a) Das Bestreben, einen moglichst hohen Gewiiin zu realisieren, fuhrt die Untemehmen dazu, nach Moglichkeiten zu suchen, diesen auch tiber das kurzfristig maximale Niveau hinaus zu vergroBem; sie verfolgen uber das Ziel der Gewiimmaximierung hinaus das Ziel der Gewinnsteigerung im Zeitablauf. Bei vollkommener Konkurrenz (also vorgegebenem Absatzpreis) konnen die auf dem Markt tatigen Anbieter - wir nennen sie die inkumbenten Anbieter - dieses Ziel nur durch Kostensenkungen erreichen. Graphisch argumentiert heifit das: Jeder Anbieter versucht, seine Durchschnittskostenkurve und damit auch seine Grenzkosten- beziehungsweise Angebotskurve nach »rechts« und »unten« zu verschieben. Dadurch steigt unter sonst gleichen Bedingungen die gewinnmaximierende Angebotsmenge und der Gewinn, wahrend die Preisuntergrenze unter bestimmten Bedingungen sinkt. Der Leser skizziere dies in Abbildung 23.10. Bei einer unter den gegebenen technologischen Bedingungen schon kostenminimalen Produktion kann eine substantielle Kostensenkung nur durch Anpassung des Kapitaleinsatzes c bewirkt werden. In der Kegel geht es dabei um die Ausweitung der Produktionskapazitat durch die Vomahme von Investitionen (vgl. Kapitel 2.2.5.). Welche Wirkungen rufen solche Erhohungen des Kapitaleinsatzes auf die Angebots- und Gewinnsituation eines Untemehmens unter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz hervor? Zur Beantwortung dieser Frage konnen wir auf einige Ergebnisse des Kapitels 2.2. zuriickgreifen. Die Darstellung soil der Anschaulichkeit halber wieder auf der Grundlage einer Cobb/DouglasProduktionsstruktur erfolgen: Im Beispiel 22.4, Gleichung (3), wurde fiir diesen Fall folgende kurzfiistige Kostenfimktion ermittelt: K^(x;c) = i'j
« -c ^ -x^ + r-c
Die zugehorigen Funktionen der Durchschnittskosten und der Grenzkosten sind: k^(x;c) = £'y «-c " - x " " + — X
^K^(x;c) = i-y
«-c «-x^
'(I/a)
Durch Ableiten dieser beiden Funktionen nach c kann gezeigt werden, da6 Erhohungen des Kapitaleinsatzes die Grenzkosten stets und die Durchschnittskosten zumindest jenseits ihres Minimums senken. Der interessierte Leser priife
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Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
dies nach; die Ableitungen miissen ein negatives Vorzeichen auRveisen (vgL ggf. Beispiel 22.4. sowie Gleichimg (22.46)). Bei unverandertem Marktpreis erhohen solche Kostensenkungen den Gewinn des Anbieters; dies zeigt die folgende wichtige Aufgabe 32.7 an einem zahlenmaBigen Beispiel). Ill Aufgabe 32.7: II Ein Untemehmen habe die oben dargestellte kurzfiistige Kostenfunktion K''(X) mit den jl Koeffizienten a = 0,5 , p = 0,75, y = 1 sowie r = 4 und ^= 0,25. II a) Zeichnen Sie die Verlaufe der Durchschnitts- und der Grenzkosten im Mengenbereich bis X = 12, einmal fiir einen Kapitaleinsatz c' = 0,25 und einmal fiir den Kapitaleinsatz c" = 1. iii
II b) Heben Sie jeweils den Veriauf der Angebotskurve hervor. ill
III c) Schraffieren Sie die bei einem konstanten Preis p = 6 jeweils realisierte Gewinnflache des Anbieters, und vergleichen Sie die Gewinnhohe bei c' mit der bei c".
Sinkende Grenzkosten infolge von Kapitalerweitemngen bedeuten eine Verlagenmg der einzelwirtschaftlichen Angebotskurve nach »rechts« beziehungsweise »unten«. Da aber alle Anbieter einen Anreiz zu gewinnsteigemden Kostensenkungen dieser Art versptiren, bewirkt ihr Verhalten in der Aggregation langerfristig eine Rechtsverschiebung und, nach unseren Erkenntnissen aus Kapitel 2.5.c), auch eine Abflachung der Marktangebotskurve. Infolgedessen sinkt dann aber bei normalem Nachfrageverlauf der Gleichgewichtspreis. Dadurch wiederum werden die Gewinne der Anbieter komprimiert. Wir bezeichnen dies als Kostensenkungsmechanismus: Weil die inkumbenten Anbieter in ihrem Streben nach mehr Gewinn Kostensenkungen realisieren, kommt es zu einem Riickgang des Gleichgewichtspreises, der die anfanglichen Gewinnzuwachse wieder zum Verschwinden bringt. Dieser erstaunliche »Trick« des Marktsystems bewirkt, da6 letzthch alle Untemehmen sich um Kostensenkungen bemiihen miissen (Kostensenkungskonkurrenz), auch wenn die dadurch induzierten Preisnickgange absehbar sind. Denn jene Untemehmen, die im Zeitablauf am schnellsten und am weitesten ihre Kosten senken, konnen sich am meisten und langsten an tiberdurchschnittlichen Gewinnen erfreuen; die reahsierten Gewinne konnen wieder zur Finanziemng weiterer Investitionen dienen. Dagegen werden Untemehmen, die den Kostensenkungsprozefi nicht erfolgreich vollziehen, irgendwann durch den von ihren Konkurrenten vorangetriebenen Preisriickgang zu Grenzanbietem und miissen schlieBhch wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit ihre Produktion aufgeben und den Markt verlassen. Der geschilderte Investitions- und Kostensenkungsprozefi wird sich solange fortsetzen, wie es noch ungenutzte Kostensenkungspotentiale fur die Produktion des betrachteten Gutes gibt, solange also die langfristigen Durchschnittskosten noch gesenkt werden konnen.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
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Ein groBes Problem tritt dairn auf, wenn die langfristigen Durchschnittskosten mit steigender Ausbringungsmenge anhaltend fallen. Der Kostensenkungseflfekt fiihrt dann namlich dazu, daB die am wenigsten wachsenden Anbieter, unabhangig von ihrer sonstigen wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit, wegen ihrer vergleichsweise hohen Kosten zum Marktaustritt gezwimgen werden. Dieser ProzeB kann sich fortsetzen, bis nur noch ein einziger Anbieter tibrig bleibt, nachdem alle anderen tiberrundet und aus dem Markt verdrangt worden sind. Ein solcher Vorgang wird als ruinose Konkurrenz bezeichnet und stellt eine Art Fehlfunktion des Marktsystems dar. b) Der soeben beschriebene Kostensenkungsmechanismus wird unterstutzt durch einen Wirkungszusammenhang, den wir als Markteintrittsmechanismus bezeichnen. Er beruht auf der Erfahrungstatsache, daB positive Gewinne der inkumbenten Anbieter andere Untemehmen von auBerhalb des Marktes (sog. potentielle Anbieter) zur Au&ahme der Produktion des betrefifenden Gutes ermuntem. Dabei kann es sich um schon existierende Untemehmen handeln, die bereits auf anderen Markten engagiert sind und nun ihre Angebotspalette um das betreflfende Gut erweitem, oder um ganz neu gegrundete Untemehmen. Die Aufiiahme des Angebots eines Gutes durch einen zuvor nicht inkumbenten Anbieter wird als Markteintritt bezeichnet. Durch die gewinninduzierten Markteintritte von solchen Neuanbietem (sog. newcomers) kommt es nach unseren Erkenntnissen aus Kapitel 2.5.c.) zu einer weiteren Rechtsverschiebung und Abflachung der Marktangebotskurve. Dies fiihrt unter sonst gleichen Bedingungen zu einem Riickgang des Gleichgewichtspreises (siehe Abbildimg 32.5). Dadurch sinken die Gewinne der Anbieter. Die hochsten Gewinne konnen von jenen Neuanbietem realisiert werden, die vergleichsweise friih in den Markt eintreten. Es kommt deshalb zu einer Markteintrittskonkurrenz unter den potentiellen Anbietem. Unflexible Grenzanbieter geraten durch den Preisriickgang in die Verlustzone und sind schlieBlich zum Marktaustritt gezwungen. Dadurch scheiden im Laufe der Zeit alle vergleichsweise kostenintensiven Produktionsverfahren xmd Unternehmen aus der Branche aus (Selektionswirkung der Konkurrenz). Durch Investitionen, besonders auch von seiten der Neuanbieter, werden hingegen regelmaBig die jeweils modemsten und leistungsMiigsten Produktionsweisen in die Branche gebracht.
Der soeben beschriebene Markteintrittsmechanismus (und damit die langfristige Marktanpassung) hat zur Voraussetzung, daB Markteintritte nicht augenbhcklich erfolgen konnen, scmdem - reahstischerweise - einige Zeit erfordem. Dies wurde in der Annahme (M.S.3) beriicksichtigt. Zudem kommt die Wirkung des Markteintrittsmechanismus nur dann zustande, wenn es zu tatsachhchen Markteintritten von Neuanbietem kommt. Die bloBe "Drohung" durch potentielle Konkurrenten reicht nicht aus.
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Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Entscheidend fur die Rechtsverschiebung der Marktangebotskurve aufgrund des MarkteintrittsefFektes ist nicht so sehr die Zahl der pro Periode neu in den Markt eintretenden Untemehmen oder Produktionskapazitaten, sondem die Nettoeintrittsrate. Diese ergibt sich aus der Bruttoeintrittsrate nach Abzug der pro Periode aus dem Markt ausscheidenden Anbieter. Die Nettozutrittsrate wird solange positiv sein, wie es noch ungenutzte Gewinnerzielungspotentiale in dem betrefFenden Markt gibt. Ill Aufgabe 32.8: II Auf einem Markt biete eine Anzahl von I Unternehmen unter den Bedingungen II voUkommener Konkurrenz ein Produkt an. Alle Anbieter i verwenden annahmegemaB die III gleiche Produktionstechnik und haben somit gleiche Kostenfunktionen, namlich K*(x) = 11 c(xf + F. DieMarktnachfragefblge derFunktion x^(p) = m - n p II a) Bestimmen Sie den Gleichgewichtspreis des Marktes. (Dabei kann von den Angebotsschwellen der Unternehmen abgesehen werden.) 11 b) Wie hoch ist der Gleichgewichtspreis, wenn sich die Zahl der Anbieter durch Markteintritte auf 21 verdoppelt? Hat sich der Preis gegeniiber vorher erhoht? Ji c) Welche Wirkung habeai Veranderungen der Fixkosten auf das Marktgleichgewicht?
c) Sowohl durch die Markteintritte neuer als auch durch die Kapazitatserweiterungen inkumbenter Anbieter wird nach dem zuvor Gesagten die Marktangebotskurve immer weiter nach »rechts« und gegebenenfalls auch nach »unten« verschoben. Zudem wird sie flacher. Der durch den Kostensenkungs- und den Markteintrittsmechanismus bewirkte trendmaBige Preisnickgang kommt im theoretischen Grenzfall erst dann zum Stillstand, wenn • alle Anbieter ihre langfristigen Kostensenkungsmoglichkeiten vol! ausgeschopft haben und ohne Ausnahme mit der bestmoglichen Technologic und zu den niedrigstmoglichen Kosten produzieren, also im Minimum ihrer langfristigen Durchschnittskosten. • kein inkumbenter Anbieter mehr einen positiven Gewinn reahsiert, durch den sich weitere Kapitalerhohungen finanzieren lassen oder Neuanbieter in den Markt gelockt werden. Zudem miissen alle verlustbringenden Produktionen eingestellt worden sein.
Der Kostensenkungsmechanismus kann allerdings den Markteintrittsmechanismus nicht ganz ersetzen, weil Untemehmen in der Regel nicht bereit sind, ihre Kapazitaten iiber das langfnstig optimale Mafi (langfiistiges Durchschnittskostenminimum; vgl. Kapitel 2.2.5.) hinaus zu erweitem.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
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Ein solcher Endzustand, in dem sich die beiden beschriebenen Anpassiingsmechanismen nicht mehr auswirken, wird als langfristiges Marktgleichgewicht bezeichnet. Alle Anbieter realisieren daiin gerade voile Kostendeckung. Sie operieren allesamt in ihrem Betriebsoptimum nach Gleichung (22.64). Hier sind die langfristigen Durchschnittskosten minimal und entsprechen den langfristigen Grenzkosten, die ihrerseits mit dem Gleichgewichtspreis iibereinstimmen. Folglich entspricht der langfristige Gleichgewichtspreis p** den minimalen langfristigen Durchschnittskosten. Das ist die langfristige Marktgleichgewichtsbedingung: 3* -
k'
(32.25)
Da im Idealfall in der langen Frist alle Untemehmen die gleiche (namlich die beste) Technologic verwenden und auch die gleichen Faktorpreise zahlen, weisen samtliche Anbieter das gleiche langfristige Durchschnittskostenminimum auf. Die langfristige Marktangebotskurve verlauft bis zum langfristigen Marktgleichgewicht horizontal, ist also vollkommen preiselastisch; siehe das linke Diagramm in AbJ)ildung 32.15. Verlagerung der Marktnachfrage fiihren zu Ein- oder Austritten von Anbietem mit identischen Betriebsoptima. Das langfristige Durchschnittskostenminimum - sofem es ein solches gibt - reprasentiert die niedrigstmoghchen Kosten, die bei der vorhandenen Produktionstechnologie zur Herstellxmg einer Einheit des Gutes iiberhaupt realisierbar sind (siehe das rechte Diagramm in Abbildung 32.15 analog zu Abbildung 22.19). Von einem Untemehmen, das im Minimum der langfristigen Durchschnittskostenkurve ist, kann man in Analogic zum Abschnitt 3.2.4.c) sagen, es sich in seinem langfristigen Angebotsgleichgewicht befindet. Der iiber die voile Abdeckung aller Kosten hinausgehende Gewinn ist null, und die Ausbringungsmenge entspricht derjenigen, die langfristig optimal ist (langfristige okonomische Kapazitatsgrenze). Die im langfristigen Marktgleichgewicht insgesamt umgesetzte Menge x des Gutes entspricht dem sogenannten Marktpotential. Sind die Betriebsoptima x^^ der Anbieter im Vergleich zum Marktpotential x** »klein«, so kann je nach Lage der Marktnachfragekurve annahemd jede Transaktionsmenge zwischen Null und
Auf den Unterschied zwischen kurzfristigem und langfristigem Marktgleichgewicht hat erstmals A. Marshall (1890) mit aller Deutlichkeit hingewiesen. Er zeigte als erster, daC der kurzfiistige Gleichgewichtspreis durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, wogegen der langfristige nur von den Produktionskosten (den minimalen langfristigen Durchschnittskosten) abhangt. ^Vgl.Kapitel 2.2.5.c)
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
416
X realisiert werden. Der horizontale Abschnitt der langfristigen Marktangebotskurve ist daher weniger imbestimmt als die Spmngstellen in den kurzfristigen Marktangebotskurven (vgl. Abbildung 25.1). Abbildung 32.15: Langfristige Marktanpassung p
x*^p)
\ n** P
xip)
k.iK
/S//
"Xv^ i ^~~~---xl(P)
Das Erreichen eines langfristigen Marktgleichgewichts kann wegen der zeitbeanspruchenden Investitions- und Markteintrittsaktivitaten in der Realitat mitunter viele Jahre oder gar Jahrzehnte dauem. Daher ist die zu seiner modellhaften Herleitung getroffene Voraussetzung einer konstanten Nachfrage und einer unveranderten Technologie nicht sehr wirklichkeitsnah. Tatsachlich verandem sich infolge des technologischen Fortschritts die Lagen der langfristigen Kostenkurven im Zeitablauf. Das Aufkommen neuer Produktionstechnologien und deren Leistungsfahigkeit ist nicht vorhersehbar, ebenso die Anzahl der langfiistig inkumbenten Anbieter. Im Gegensatz zum kurzfristigen Marktgleichgewicht aus Kapitel 3.2.1. kommt es beim langfristigen Gleichgewicht deshalb nicht so sehr auf die exakte Bestimmung dieses an sich fiktiven Zustandes an, also auf die Ermittlung der Lage des Minimums der langfristigen Durchschnittskosten sowie die Stabilitat und Eindeutigkeit des Gleichgewichts. Eine realitatsnahe Analyse kann sich auf die Betrachtung eines kurzfristig als konstant unterstellbaren Abschnitts der langfristigen Kostenkurven beschranken. Was den Okonomen interessiert, ist vor allem die Wirkung der Krafte, die den Markt auf (jliesen Zustand hinfiihren. Prozesse sind relevanter als Gleichgewichte. So gesehen kann das Modell des langfristigen Marktgleichgewichts unter anderem erklaren, • warum Untemehmen in Konkurrenzmarkten sich einem standigen Kostensenkungsdruck ausgesetzt sehen;
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildimg bei vollkommener Konkurrenz
417
• warum die Preise in vielen Markten im Zeitablauf sinken (zumindest in realer Kaufkraft gemessen, also inflationsbedingt) wahrend die umgesetzten Mengen zimehmnen; • warum es in Markten zunachst zu einer zunehmenden, spater dagegen zu einer abnehmenden oder sogar negativen Nettoeintrittsrate neuer Anbieter kommt; • warum die Gewinne in Markten, bei denen der Eintritt relativ leicht moglich ist, meist gering sind im Vergleich zu Markten, in denen die inkumbenten Anbieter sich vor der »Konkurrenz von aufien« durch sogenannte Markteintrittsbarrieren schiitzen konnen. • warum die Gewinne in Konkurrenzmarkten eher gering sind und von jedem Untemehmen immer aufs neue durch Leistung verteidigt werden miissen, wogegen in Markten ohne Konkurrenzdruck dauerhaft hohe Gewinne auch ohne besondere Leistungen realisiert werden konnen; Dariiber hinaus kann von einem bekannten langfristigen Marktgleichgewicht auf jene Anzahl von Anbietem geschlossen werden, die langfristig hochstens auf dem Markt existieren konnen. Ist namlich das Marktpotential x** und betragt die langfristig kostenminimale Ausbringungs- und Angebotsmenge eines »mittleren« Anbieters x^^^ (siehe Abbildung 32.15), so »passen« nicht mehr als x*7x'^^^ Anbieter auf den Markt. Werden beispielsweise jahrlich weltweit vier Millionen Lastkraftwagen nachgefragt, so konnen bei einer mindestoptimalen BetriebsgroBe von 200.000 Einheiten pro Jahr (vgl. Empirikum 22.4) auf dem LKW-Markt langfristig nicht mehr als 20 Anbieter bestehen. Solange es Untemehmen gibt, die beim Angebot eines Gutes Gewinne realisieren, ist der Markt (noch) nicht im langfristigen Gleichgewicht. Dauerhaft positive Gewinne sind stets ein Indiz fiir einen gehemmten Markteintritt, also fiir das bestehen wirksamer Markteintrittsbarrieren. Den Nachfragem werden dann Preise abverlangt, die tiber den Kosten bei eflfizienter Produktion liegen, ohne daB diese »Ausbeutung« dem Zweck der Marktanpassung dient. d) Da der in diesem Unterkapitel erlauterte langfristige MarktanpassungsprozeB durch den Untemehmensgewinn gesteuert wird, nennen wir sein Wirken Gewinnmechanismus. Er beruht auf dem Gewinnerhaltungs- und Gewinnerhohungsinteresse der inkumbenten Anbieter (Kostensenkungsmechanismus) sowie auf dem Gewinnerzielungsinteresse neuer Anbieter (Markteintrittsmechanismus). Zusammen mit dem in Kapitel 3.2.1.d) dargestellten kurzfristigen
Exakt betrachtet ist nur der ganzzahlige Teil des Quotienten x**/ x^^^ relevant.
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Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Preismechanismus wird auch allgemein vom Marktmechanismus gesprochen (siehe Abbildung 32.16). Auf dessen Eigenschaften sowie den Eigenschaften der durch ihn hervorgerufenen Gleichgewichtszustande beruht letztlich die wirtschaftstheoretische Rechtfertigung des marktwirtschaftlichen Systems, worauf schon in Kapitel 3.2.1.h) hingewiesen wurde. Der Marktmechanismus ermoglicht unter alien bekannten wirtschaftlichen Steuerungsverfahren die denkbar beste Gixterversorgung. Es lenkt die Produktionsfaktoren in ihre produktivsten Verwendungen. Bei voUer wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit der Nachfrager und Anbieter kommt es im Marktgleichgewicht zu der groBtnioglichen Transaktionsmenge und langfristig zum niedrigstmoglichen Preis (p**= k% der fiir die Anbieter gerade noch kostendeckend ist und es ihnen erlaubt, ihr Angebot aufrecht zu halten. Obwohl alle Marktteilnehmer nur nach ihren eigenen Interessen handeln Oder vielleicht gerade weil sie es tun -, kommt es zu dem fur alle bestmoglichen Versorgungszustand. Abbildung 32.16: Komponenten des Marktmechanismus Marktmechanismus
r
Preismechanismus
Gewinnmechanismus
I kurzfristige MarktrMumung
Be\Ap)>Ap)Preisunterbietung Preisunterbietungskonkurrenz der Anbic Anbieter
PreisQberbietungskonkurrenz d. Nachfrager
=>pi=>x^|,x'^t-
kurzfristiges Marktgleichgewicht
langfristige Marktanpassung
KostensenkungsMarictointritlsmechanlsmus mechanismus Gl => •K(x)4=> X*(p)t=> f4 —^ G>0 => l*t => x*(p)t => P j
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langfiistiges Marktgleichgewicht
Preise und Gewinne sind, das haben unsere Ausfuhrungen gezeigt, in der Marktwirtschaft nur vermittelnde GroBen. Sie haben die Aufgabe beziehungsweise Funktion, die Koordination der unabhangig voneinander aufgestellten Angebots-
Die Grundziige des Marktmechanismus wurden bereits vom Begriinder der Wirtschaftswissenschaft, dem schottischen Philosopher Adam Smith im Jahre 1776 beschrieben. 2
Ob die bestmoglidie Marktversorgimg auch stets absolut gesehen eine gute oder ausreichende Versorgung ist, ist nicht gesagt.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
419
und Nachfrageplane und die langfristige Marktanpassimg zu bewirken sowie die Produktion der Nachfrage gemaB zu steuem: • Preisdnderungen signalisieren kurzfristig veranderte Giiterknappheiten (z.B. hervorgerufen durch exogene Datenanderungen) und machen zugleich die erforderlichen Anpassungsleistungen fiir die Wirtschaftsakteure lukrativ. Eine gestiegene Knappheit schlagt sich beispielsweise in einem steigenden Preis nieder; dieser »stutzt« die Nachfrage auf die dringendsten Bedarfe (nach MaBgabe der individuellen Zahlungsbereitschaften) zuruck und macht gleichzeitig eine Erhohung des Angebots lohnend und finanzierbar. • Gewinne stellen fur Untemehmen zugleich wirtschafthche Anreize und Finanzierungsquellen fur die mengen- und quahtatsmaBige Anpassung ihrer Produktion an die Nachfragenvimsche dar. Okonomisch gerechtfertigt sind sie nur dann, wenn eine auBergewohnliche Marktleistung, also ein iiberdurchschnitthcher Beitrag zur Knappheitsminderung erbracht wird. Das ist zum Beispiel bei vergleichsweise kostengiinstiger Produktion oder beim Angebot besonders knapper Giiter der Fall. Gewinne stellen dann gleichsam eine Belohnung fiir die sich erfolgreich um die Verringerung bestehender Knappheiten bemtihenden Untemehmer dar. Im Vordergrund steht aber Aire Anreizfunktion. Untemehmen, die auf Dauer auch ohne iiberdurchschnitthche Marktleistung Gewinne realisieren, zum Beispiel nur aufgrund ihrer Marktmacht, beeintrachtigen ebenso den Marktmechanismus wie »falsche«, das heiBt ungleichgewichtige Preise. Da es sehr unwahrscheinlich ist, daB ein Untemehmen iiber lange Zeitraume hinweg eine tiberdurchschnittliche oder sogar noch zunehmend iiberdurchschnitthche Marktleistung erbringt, zwingt die Forderung von Eignem nach immer weiter steigenden Gewinnen die Untemehmensleitungen letztlich zu Praktiken, die der marktwirtschaftlichen Ordnung widersprechen. Durch wachsende Marktmacht konnen Gewinne auch dann gesteigert werden, wenn dies fiir die Nachfrager von Nachteil ist. Der »Clou« des unverfalschten marktwirtschaftlichen Systems besteht gleichsam darin, daB ein urspriinglich auf dem Markt sich zeigender Gewinnanreiz (unter sonst gleichen Bedingungen) langfristig zum Verschwinden aller Gewinne fiihrt, dabei aber eine dauerhaft verbesserte Marktversorgung fiir die Nachfrager hinterlaBt. Gewinne sind also nur dann akzeptabel, wenn sie die Untemehmen zu
Die Finanzierungsflmktion von Gewinnen ist allerdings nachrangig, weil fur rentable Investitionsprojekte die Moglichkeit der Fremdfinanzierung besteht. 2 Das wird im spateren Kapitel 3.3. gezeigt.
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Handlungen veranlassen, die zur Verringerung der Gewiime fiihren. Das folgende Beispiel zeigt noch einmal zusammenfassend die Fimktionsweise des Marktmechanismus: Beispiel 32.2: Wirkungsfolge eines dauerhaften Nachfrageanstiegs Bin dauerhafter Anstieg der Nachfrage auf einem Markt kommt in einer Rechtsverlagerung der Marktnachfragekurve zum Ausdmck. (In der folgenden Abbildung 32.17 werden der Einfachheit halber lineare Kurvenverlaufe unterstellt.) Auf kurze Frist ist sowohl die Anzahl der Anbieter eines Gutes als auch deren einzelwirtschaftliche Produktionskapazitat unveranderlich. Hire kurzfiistigen Anpassungsmoglichkeiten an veranderte Preise oder Nachfragemengen sind auf die Variation der flexibel einsetzbaren Produktionsfaktoren beschrankt. Durch Aggregation der einzelwirtschaftlichen Angebotskurven ergibt sich so eine vergleichsweise steile, preisunelastische Marktangebotskurve A^. Abbildung 32.1 ViAnpassung des Angebots an eine dauerhaft gestiegene Nachfrage
p A"* ,A^
^ ^ A '
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p<^'-
A''
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j({1)
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j((3)
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j^(4)
Im theoretischen Grenzfall ist das Marktangebot in der sehr kurzen Frist (A^^) voUig preisunelastisch (starr). Dies setzt voraus, daB auch kein Riickgriff auf Lagerbestande moglich ist. In diesem Fall bestinimt allein die Nachfrage den
Vgl.ggf.Kapitel 3.2.2.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
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Marktpreis. Dieser steigt zunachst auf das hohe Niveau p^"^^; bei ( p^"^^, x^^^) liegt dann ein sogenaimtes momentanes Gleichgewicht vor. Naherungsweise ist diese Situation auf dem Markt fur Frischfisch nach dem Einlaufen der Fischkutter gegeben, falls keine Kiihlmoglichkeiten bestehen. Ist in der kurzen Frist eine Anpassung variable! Produktionsfaktoren moglich (partielle Faktorvariabilitat), so haben die einzelwirtschaftlichen Angebotskurven einen steigenden, wenngleich steilen Veriauf (A^). Bei Variierbarkeit einzelner Produktionsfaktoren sinkt der Preis aufgrund der erhohten Transaktionsmenge auf das Niveau p^^\ Auf lange Frist tragen die zwei in diesem Unterkapitel erlauterten Anpassungsmechanismen zur Abflachung der Marktangebotskurve bei: Zum einen weiten die Anbieter durch Investitionen ihre Produktionskapazitaten aus (Kostensenkungsmechanismus); zum zweiten kommt es zu Eintritten zusatzlicher Anbieter in den Markt, so da6 sich die Anzahl der zu aggregierenden einzelwirtschaftlichen Angebotskurven erhoht (Markteintrittsmechanismus). Diese Anpassungsprozesse sind iibrigens auch der Grund dafiir, dafi die Preiselastizitat des Angebotes langfiistig groBer ist als die kurzfristige. Darauf wurde schon in Kapitel 2.5.f) hingewiesen. Beide Angebotseflfekte setzen die Erwartung der Akteure voraus, dafi die den Preisanstieg bewirkende Nachfrageerhohung von Dauer ist, so da6 sich die Kapazitatserweiterungsinvestitionen und die Markteintrittsaufwendungen auch amortisieren konnen. Durch die langfiistige Ausweitung des Angebotes und die Abflachung der Angebotskurve auf A^ sinkt der Marktpreis weiter auf das Niveau p^^\ Theoretisch kann sich dieser ProzeB fortsetzen, bis die Angebotskurve A"^ sehr langfiistig volhg horizontal verlauft (zumindest bis zum langfiistigen Marktgleichgewicht) und der Preis auf sein ursprungliches Niveau p^^^) zurucksinkt - oder noch darunter. Die Transaktionsmenge hat sich jedoch durch den beschriebenen langfiistigen AnpassungsprozeB im Vergleich zur Anfangssituation erhoht, von x^^^ auf x^'^l
D Fassen wir die zeitbezogenen Ausfiihrungen tiber die Funktionsweise des Marktes noch einmal zusammen. Der analytische Unterschied zwischen der kurzfiistigen Marktraumung und der langfiistigen Marktanpassung besteht in folgendem: • In der sehr kurzen Frist stellt eine bestimmte Anzahl inkumbenter Anbieter mit einer vorgegebenen Produktionstechnologie und total fixem Faktoreinsatz ihr hochstmogliches Angebot bereit. Dieses Angebot ist mangels Produktions-
Wgl.Abbildung 32.15.
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Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
flexibilitat starr. Der Marktpreis wird deshalb nur durch die Nachfrage bestimmt. • In der kurzen Frist stellt eine konstante Anzahl inkumbenter Anbieter mit einer vorgegebenen Produktionstechnologie und partieller Faktorvariabilitat ihr kurzfristig gewinnmaximales Angebot bereit. Die Angebotsplanung erfolgt entlang der kurzfristigen Grenzkostenkurve (oberhalb der Preisuntergrenze). Nachfrageverlageningen fiihren zu einer Mehr- oder Minderproduktion der Anbieter durch Einsatzmengenanderungen der variablen Produktionsfaktoren. Der Marktpreis wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. • In der langen Frist stellt eine variable Anzahl von Anbietem mit einer vorgegebenen Produktionstechnologie und totaler Faktorvariabilitat ihr Angebot bereit. Es werden Kapazitatserweiterungen vorgenommen und es kommt zu Markteintritten neuer Anbieter. AUe Anbieter operieren schlieBlich im Minimum ihrer langfristigen Durchschnittskosten. Dieses bestimmt auch den Marktpreis in der langen Frist. • In der sehr langen Frist stellt eine variable Anzahl von Anbietem bei einer sich verbessemden oder emeuemden Produktionstechnologie und totaler Faktorvariabilitat ihr Angebot bereitstellen. Es findet ein Wettlauf um die Anwendung der jeweils besten Technologic statt. Auch die Einfuhrung neuer Produkte und Produktionsverfahren (Innovationen) gehort dazu. Das von den Anbietem bereitgestellte Angebot wird kurzfristig durch den Preismechanismus mit der Marktnachfrage koordiniert, so daB es zur Marktraumung kommt. Die langfristige Anpassung der Produktionskapazitaten an die Nachfrage fiihrt hingegen der Gewinnmechanismus herbei; siehe Abbildung 32.16. e) Preise sind in Geld ausgedruckte Tauschwerte einzelner Mengeneinheiten knapper Gtiter. Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, welche zentrale Bedeutung den Preisen in einem Marktsystem zukommt, sofem diese sich frei beim Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage bilden. Die wiinschenswerten Wirkungen der Preise werden als Preisfunktionen bezeichnet ("Funktion" ist hier nicht mathematisch zu verstehen, sondem im Sinne von Aufgabe oder Zweck). Zum AbschluB dieses - in gewisser Weise zentralen - Unterabschnitts des Buches stellen wir die wichtigsten Preisftinktionen und einige ihrer Begrenzungen noch einmal kurz zusammen:
Wgl. Abbildung 23.8. Innovationen entziehen sich als spontane Einzelerscheinungen grundsatzlich der wissenschaftlichen Erklarung. Vgl. im einzelnen W. Kortmann: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfurt a.M., 1995.
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3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
423
• Den Preisen kommt in einer Marktwirtschaft zimachst die Aufgabe zu, uber die relativen Knappheiten der gehandelten Giiter (einschlieBlich der Faktorleistungen) und tiber deren Verandemngen im Zeitablauf richtig und rasch Auskunft zu geben. Dies wird als Informationsfunktion des Preissystems bezeichnet. Speziell die Eigenschaft der Preise, iiber- und unterdurchschnittlich lukrative Kauf- und Verkaufsmoglichkeiten anzuzeigen, heiBt auch Signalfunktion. Sie dient der Orientierung der wirtschaftlichen Aktivitaten der Haushalte und Untemehmen. Die Preisinformation entsteht im AustauschprozeB der Marktteilnehmer und findet ihren sinnbildlichen Niederschlag in jedem Preisschild, das ein Anbieter fiir ein Gut anbringt. Da Knappheit hauptsachlich mengenmaBig definiert ist, zeigen Preise vorwiegend quantitative Knappheitsverhaltnisse an; tiber die Qualitat der Giiter geben sie dagegen nur unvollkommen Auskunft. Fiir Giiter, die nicht Gegenstand von Tauschhandlungen sind, gibt es gar keine Preise (man kann auch sagen, ihr Preis ist null), so daB hier die Informationsfimktion nicht erfiillt wird. Das gilt auch und gerade fiir zukunftsbezogene Knappheiten und Markte. Beispiele liefem die Kapitalmarkttheorie sowie die Umwelt- und Ressourcenokonomik. Auch bei hohen Informationskosten kann die Informationsfimktion der Preise beeintrachtigt sein. • Preise und Preisanderungen soUen des weiteren die (kurzfiistige) Abstimmung der dezentral und autonom aufgestellten Wirtschaftsplane von Anbietem und Nachfi-agem bewirken; dies ist die Koordinationsfunktion des Preissystems. Koordination kommt durch einen standigen ProzeB des Probierens und Korrigierens bei den Tauschaktivitaten der Marktteibiehmer zustande. So orientieren sich die Anbieter und Nachfi-ager bei ihren Planungen am Marktpreis, wobei sich dieser beim Zusammentreffen eben dieser Plane bildet. Die Koordinationsleistung des Preissystems bezieht sich sowohl auf die Abstimmung der einzelwirtschaftlichen Angebots- und Nachfrageplane auf einzelnen Markten (Marktraumung) als auch auf die Koordination aller miteinander verbundenen Markte. Die Koordinationsfiuiktion kaim nicht voU erfiillt werden, wenn Probleme bei der Existenz, der Stabilitat oder der Eindeutigkeit von Marktgleichgewichten bestehen oder wenn die Raumung auf einzelnen Markten (z.B. durch staathche MaBnahmen) verhindert wird. • DaB Preise insbesondere auch die langfiistige Ausrichtung der Produktion am Bedarf und damit an den Nachfi-agerwiinschen (hinsichthch Art, Menge und Qualitat der Giiter) bewirken, wird als Steuerungsfunktion des Preissystems bezeichnet. Die damit iiber die Faktomachfi'age der Untemehmen zusanmienhangende Steuerung des Faktoreinsatzes wird speziell auch AUokationsfuiiktioii genannt: Das Preissystem lenkt die knappen Produktionsfaktoren in die produktivsten Verwendungen. Probleme bei der Preissteuerung treten auBer in den zuvor
424
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
schon genaimten Fallen vor allem daiin auf, weirn die Konsumentenpraferenzen verzerrt sind (z.B. durch Werbung) oder weim sie bestimmte Erhaltimgserfordemisse des Sozial- oder des Umweltsystems nicht ausreichend beriicksichtigen (z.B. bei gesundheits- oder umweltschadigendem Konsumverhalten). • Die jeweils geltenden Marktpreise sind die »Me61atte« dafiir, welche Untemehmen welche Produkte noch kostendeckend bereitzustellen vermogen iind deshalb als inkumbente Anbieter am Markt verbleiben konnen (Selektions- oder Auslesefunktion). Zugleich wird durch sie bestimmt, welcher Nachfrager bei dem Absatz der knappen Gtiter auf den Markten zum Zuge kommt (Rationierungsoder Zuteilungsfunktion). Jedes Gut soil nur von den kostengiinstigsten Anbietem produziert werden. Dauerhaft unwirtschafthche Untemehmen werden zum Verlassen des Marktes gezwungen; ihnen wird gleichsam das Verfiigungsrecht Uber knappe Ressourcen entzogen. Diese Gefahr motiviert die Untemehmen zu anhaltend guten Marktleistungen. Auf seiten der Nachfrager sollen diejenigen mit einer vergleichsweise hohen Zahlungsbereitschaft vor anderen in den GenuB des knappen Gutes kommen. In der hohen Zahlungsbereitschaft dnickt sich ein starker Bedarf aus und, weil die Zahlungsmittel ja selbst auf Markten erworben werden miissen, eine ebenso starke Bereitschaft zum Angebot eigener Marktleistungen (z.B. Arbeit zur Erzielung des zum Kauf erforderhchen Einkommens). Die Selektionsfiinktion wird auBer Kraft gesetzt, wenn der Staat unwirtschafthchen Untemehmen durch Subventionen das Verbleiben auf dem Markt ermoglicht oder GroBuntemehmen Verluste, die sie auf einem Markt erleiden, durch Gewinne aus anderen Bereichen ausgleichen konnen. Die Rationierungsfimktion wird beeintrachtigt, wenn Nachfrager in erhebhchem Umfang auch an Zahlungsmittel kommen, ohne eine eigene Marktleistung zu erbringen (z.B. Sozialleistungen oder sonstige "Apanagen" ). • Auf den Faktormarkten regelt das Preissystem schlieBlich die primare Einkommensverteilung (Verteilungsfunktion), und zwar nach dem Beitrag der Produktionsfaktoren zur Knappheitsminderung. Wer knappe Faktoren anbietet und eine hohe Marktleistung erbringt, erzielt ein hoheres Einkommen als Akteure, die dies nicht tun. Die Verteilungsfimktion wird beeintrachtigt, wenn es auf seiten der Anbieter oder der Nachfrager Machtpotentiale gibt, die es einer Marktseite erlauben, ihr Einkommen zu Lasten der Marktgegenseite auch ohne besondere Marktleistung zu erhohen. Nicht auf Marktleistungen beruhende Marktmacht fiihrt daher zu einer Verzerrung der Einkommensverteilung und zu einer suboptimalen Funktion des Marktsystems. Problematisch ist die Verteilimgsfimktion aus sozialer Sicht, da Akteure, die unverschuldet keine Marktleistungen erbringen konnen, auch kein Markteinkommen erzielen. Hier ist die Sozialpolitik gefordert.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
425
3.2.6. Wechselwirkungen zwischen Markten Wir haben die Funktionsweise von Markten bisher nur an einem isolierten Markt erlautert. In der Realitat sind Markte jedoch regelmaBig mehr oder weniger eng mit anderen Markten verbunden und bilden insgesamt ein wechselwirkendes System. Die Vorgange auf einem Markt wirken sich deshalb auf »benachbarte« Markte aus, pflanzen sich impulsartig- abgeschwacht oder verstarkt - im Marktsystem fort und wirken unter Umstanden indirekt auf den ursprunglichen Markt zuriick (sog. Riickkopplung). Erinnert sei besonders an die Nachfrageinterdependenz, die in Kapitel 1.5.3. thematisiert wurde, und die Verbundenheit zwischen Produkt- und Faktormarkten. Anstatt mit der allgemeinen Interdependenz aller Markte, die Gegenstand der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie ist, woUen wir uns in diesem Unterkapitel nur mit der Wechselwirkung jeweils zweier okonomisch verbundener Markte befassen. Markte, die vergleichsweise eng miteinander wechselwirken, bezeichnen wir zusammen als Marktkomplex. Die Verbundenheit zwischen Markten kann in raumlicher, zeithcher oder sachhcher Dimension gegeben sein. Im folgenden werden diese drei Verbundenheitsarten nacheinander erlautert. Bei jeder Verbundenheitsart ist jeweils eine Komponente der Bedingung (ML2) des vollkommenen Marktes aus Kapitel 3.1.1. verletzt, wahrend die tibrigen Eigenschaften der vollkommenen Konkurrenz weiterhin erfiillt sein soUen. Das Jevons'sche Gesetz der Einheithchkeit des Preises greift hier folglich nicht. a) Eine raumliche Verbundenheit hegt zwischen zwei Markten vor, wenn es fiir die Nachfrager nicht egal ist, ob sie ihren Bedarf an dem betreflfenden Gut auf dem einen oder deni anderen Markt decken, weil diese in einiger Entfemung auseinander liegen. Insbesondere die aufzuwendenden Transportkosten tragen zur raumlichen Trennung von Markten bei, so dafi sich auf ihnen zur gleichen Zeit unterschiedliche Preise auch fiir ansonsten homogene Gtiter bilden konnen. Es herrscht dann eine interregionale Preisdifferenz. Der Markt, auf dem der Preis des Gutes hoher als auf dem anderen ist, wird als Teuermarkt MT bezeichnet; der andere heiBt dann Billigmarkt MB. In der Abbildung 32.18 sind vereinfacht beispielhafte Angebots- imd Nachfrage-
Zur Anwendung der im folgenden betrachteten Konzepte auf den intemationalen Handel vgl. die ausfuhrlichen Darstellimgen des Autors in: Reale AuBenwirtschaftslehre; Stuttgart u.a., 1998.
426
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
konstellationen auf dem Teuermarkt (linkes Diagramm) und dem Billigmarkt (rechtes Diagramm) dargestellt. Abbildung 32.18: Teuermarkt und Billigmarkt
Der (Gleichgewichts-)Preis des Gutes liegt auf dem Teuermarkt hoher als auf dem Billigmarkt: pi > pB. Was hat eine solche Situation zur Folge? Nehmen wir an, die Transportkosten zwischen den beiden Markten betragen pro Gutseinheit k. Ubersteigt nun die raumliche Preisdiflferenz pi - PB diese Transportkosten k, dann ist es fiir Handler vorteilhaft, Einheiten des Gutes auf dem Billigmarkt zum Preis PB ZU kaufen, sie zum Teuermarkt zu transportieren und sie dort zum Preise PT ZU verkaufen. Ist px > pB + k, dann realisiert der Handler einen Gewinn pro Gutseinheit in Hohe von g = pi - pB - k. Dieser Kauf- und Verkaufsvorgang, die gewinnmotivierte Ausnutzung interregionaler Preisunterschiede eines Gutes, wird als Arbitrage bezeichnet. Handler, die eine Arbitrage betreiben, heiBen Arbitrageure. Die Arbitrage bleibt nicht ohne EinfluB auf die Marktsituation der beiden Markte: • Auf dem Billigmarktfiihrtdie zusatzliche Nachfrage der Arbitrageure zu einer Verlagerung der Nachfragekurve NB nach rechts. Die neue Nachfragekurve ist NB . Der Marktpreis erhoht sich vom vorherigen Niveau pB auf p B .
Vgl. ggf. zur Wirkung exogener Parameterandeningen das Kapitel 3.2.2.d). Streng genommen verlagert sich nicht die gesamte Nachfragekurve, sondem nur der iintere Teil, in dem eine gewinnbringende Arbitrage mogUch ist.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
427
• Aufdem Teuermarkt fuhrt das zusatzliche Angebot der Arbitrageure zu einer Verlagerung der Angebotskurve Ax nach rechts, zum Beispiel nach Ay. Der neue Marktpreis px liegt unter dem anfanglichen Niveau pxDie Argumentation zeigt: Arbitrage fiihrt infolge der gestiegenen Nachfrage auf dem Billigmarkt zu einem Preisanstieg und aufdem Teuermarkt wegen des gestiegenen Angebots zu einem Preisriickgang. Die Preise auf beiden Markte entwickeln sich folglich aufeinander zu (sofem die Anpassung hinreichend sanft verlauft und es nicht zu Uberreaktionen kommt). Wie weit kann diese Preisangleichung gehen?: Sie geht soweit, wie sich die Arbitrage lohnt, das heiBt solange, wie g = pi - PB - k > 0 ist. Wenn die interregional Preisdiflferenz auf die Hohe der durchschnittlichen Transportkosten k gesunken ist, wird g = 0 und die Arbitrage - und mit ihr auch die Preisangleichung - hort auf Durch den ProzeB der Arbitrage kommt folglich eine Angleichung der Preise auf raumlich getrennten Markten zustande (sog. interregionale Preisangleichung), und zwar bis auf eine verbleibende Preisdifferenz in Hohe der Transportkosten pro Gutseinheit. Abbildung 32.19 zeigt den Endzustand, das sogenannte Arbitragegleichgewicht. Die formale Bedingung lautet: PT - P B - k
(32.26)
Die auf ihren Gleichgewichtswert gelangten Grofien sind in der Abbildung mit einem Stem gekennzeichnet und die das Arbitragegleichgewicht bestimmenden Marktkurven mit zwei Strichen. Abbildung 32.19: Arbitragegleichgewicht
P|
Pi
428
DiePreisbildung aufvollkommenenMarkten
In der Realitat findet Arbitrage hauptsachlich auf den Devisenmarkten (Devisenarbitrage zwischen den wichtigsten Handelsplatzen rund um den Globus) und den Wertpapiermarkten (z.B. Aktienarbitrage zwischen den Aktienborsen in Deutschland) statt. Auch bei den bekannten Auto- und Arzneireimporten handelt es sich, okonomisch gesehen, um Arbitrage. Wie schon beim Kostensenkungs- und beim Markteintrittsmechanismus in Kapitel 3.2.5. sind es auch hier die zuerst agierenden Akteure, die den groBten Gewinn reahsieren. Spater hinzukommende Arbitrageure mtissen sich mit weniger zufrieden geben. Dieser Sachverhalt erklart, warum potentielle Arbitrageure sich standig iiber neue Handlungsmoghchkeiten informieren inussen.
Beispiel32.3: ArbitragegleichgewichtzweierMdrkte mit linearen Marktfunktionen. Es gebe zwei raumlich getrennte Markte Mi und M2fiirein Gut mit den folgenden Angebots- und Nachfragefunktionen (alle GroBen beziehen sich auf ein und dieselbe Periode): xf = a r p i - b i ,
xf = m^-urpi
(la)
x^ = a2P2-b2,
x^ = m2-n2P2
(lb)
Der Gleichgewichtspreis auf jedem der beiden Markte Mj (mit j = 1 oder 2) ergibt sich bekannthch durch Gleichsetzen der Angebots- und der Nachfragefunktion: !
xf(Pj) = aj-pj-bj = mj-Uj-pj = xf (pj) ^
«
(2)
bi + mi
Pj =
(3) aj+Uj
Die im Gleichgewicht umgesetzte Menge folgt durch Einsetzen von pj in die Angebots- oder die Nachfragefunktion zu: * X* =
a: m; —b; U: -J^
J L-i aj + Uj
(4)
Der Markt mit dem hoheren Gleichgewichtspreis pj ist der Teuermarkt (MT), der andere ist der Bilhgmarkt (MB). Fiir die beiden Gleichgewichtspreise schreiben wir pT und PB • Die Preisdiflferenz zwischen den Markte ist daim wie folgt definiert:
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
Ap := PT - PB
429
(5)
Begiimen nun einige Akteure lohnende Arbitrage zu treiben, so andem sich die Preise auf beiden Markten und bewegen sich aufeinander zu. Die Preisanpassung erfolgt solange, bis die Preisdifferenz Ap gleich den pro Gutseinheit anfallenden Transportkosten k der Arbitrage ist (Arbitragegleichgewichtsbedingung (32.26): Ap = k
(6)
Die Preisanderungen kommen durch arbitragebedingte Mengenbewegungen zwischen den beiden Markten zustande. Und zwar fragen die Arbitrageure auf dem Billigmarkt MB eine Menge x des Gutes zusatzlich nach und bieten diese Menge sogleich auf dem Teuermarkt MT zusatzlich an. Betrachtet man die Gleichgewichtsbedingung (2) fur den BiUigmarkt, so kann die dort zusatzhch nachgefragte Menge x auf der Nachfrageseite addiert werden. Der neue Gleichgewichtspreis ergibt: bo + m o + X
PB
=
^ J
*
=
PB
X
+ ———
.^.
(7)
Analog dazu mu6 auf dem Teuermarkt die dort von den Arbitrageuren zusatzhch angebotene Menge x auf der Angebotsseite addiert werden. Als neuer Gleichgewichtspreis ergibt sich: PT -
^^^^^"^ a^
T* Ti'Y
= p; - ^
^
(8)
Sinr "T nnr
Jede Gutseinheit, welche die Arbitrageure auf dem BiUigmarkt nachfragen, erhoht dort den Preis imi l/(aB+nB); jede Einheit, die sie auf dem Teuermarkt anbieten, senkt dort den Preis um l/(aT+nT). Das kann man sofort durch Bilden der ersten Ableitung von (7) beziehungsweise (8) nach x sehen. Um nun die Arbitragemenge x zu ermitteln, bei der es in der betrachteten Periode zum Arbitragegleichgewicht kommt, mtissen (7) und (8) in die Arbitragegleichgewichtsbedingung (6) eingesetzt werden. Dann bleibt nur noch x als unbekannte GroBe iibrig und kann durch Losen der Gleichung ermittelt werden:
Das Minuszeichen vor dem x kommt dadurch zustande, dafi diese zur linken Gleichungsseite in (2) addierte GroBe beim Umstellen nach p auf die rechte Gleichungsseite gebracht werden muB.
430
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
* PT
<»
HT
PB+-
+ ni
= k aR + n r
Px-pB-k =
+ dinr "T HT-
^
di^Y + n ^
a.g "T r i g
4. _
3.g + iig
Unter der Voraussetzung, daB die Transaktionen der Arbitrageure erst im nachhinein in Preisanderungen ihren Niederschlag finden, sie also die gesamte Menge x* zum Preise pg kaufen und zum Preise pj verkaufen konnen, realisieren sie einen Arbitragegewiim in Hohe von: G = [PT - P B ] • X* - kx* = x* • [p^ - P e - k ]
(10)
Hierbei ist PT - PB ~ '^ ^^^ Gewinn g, der pro Gutseinheit realisiert wird (Preisdifferenz minus Transportkosten).
D I Aufeabe 32.9: II Gegeben seien zwei raumlich getrennte Markte 1 und 2 fiir ein Gut mit den fblgenden Angebots- und Nachfragefunktionen:
I
xf = 0 , 4 . p i - 7 5 ,
xf =225-0,l-pi
II
xf - 0,3 • p2 - 50 ,
xf = 175 - 0,2 • p2
11
11 a) Welcher der beiden Markte ist der Teuermarkt, welcher der Billigmarkt? Wie groB ist die Preisdifferenz zwischen Markten? Welche Mengen des Gutes werden umgesetzt? J b) Wie andem sich die Preise auf den beiden Markten, wenn nun ein Akteur Arbitrage J vomimmt und die Transportkosten je Mengeneinheit des Gutes k = 10 betragen? J c) Welchen Gewinn kann der Arbitrageur hochstens erzielen?
Eng verwandt mit der interregionalen Preisangleichung ist der ProzeB der intersektoralen Renditeangleichung. Rentabilitatsgefalle zwischen Unternehmen verschiedener Branchen losen Kapitalbewegungen zwischen den Wirtschaftszweigen aus. DabeiflieBtAnlage- und Investitionskapital aus den vergleichsweise wenig rentablen Branchen ab und den hochrentablen zu. Dadurch sinkt die Rendite in den ZufluBsektoren und steigt in den AbfluBsektoren, so daB sich bestehende Renditeunterschiede tendenziell ausgleichen.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
431
b) Eine zeitliche Verbundenheit liegt zwischen zwei (am gleichen Ort befindlichen) Markten vor, wenn es fur die Nachfrager nicht egal ist, ob sie ihren Bedarf auf dem gegenwartigen Markt Mg oder dem zukiinftigen Markt Mz des Gutes decken. Dadurch kann es dazu kommen, daB sich auf den beiden zeitlich auseinanderliegenden Markten unterschiedliche Preise fur das Gut bilden. Der Gegenwartsmarkt wird auch als Kassamarkt und der Zukunftsmarkt als Terminmarkt bezeichnet. Das Bestreben, erwartete Diflferenzen zwischen dem gegenwartigen und dem erwarteten zukiinftigen Preis eines Gutes durch Kaufe oder Verkaufe von Einheiten des Gutes gewinnbringend auszunutzen, wird als Spekulation bezeichnet; die Akteure, die sie betreiben, heiBen Spekulanten. Bei spekulativen Kaufen oder Verkaufen mtissen die Kosten der zeithchen tjberbruckung beriicksichtigt werden, zum Beispiel Lagerungskosten fiir das Gut und Zinsverluste. Glaubt ein Akteur beispielsweise, daB der Goldpreis von gegenwartig 300 Dollar je Feinunze binnen eines Jahres auf 330 $/oz. steigt, so wird er tiberlegen, ob er seine verfiigbaren Mittel zum Kauf von Gold einsetzen soil (wodurch er auf den ansonsten moglichen Anlagezins verzichten muB) beziehungsweise sich fi-emde Mittel fiir den Goldkauf leiht (und dafiir Kreditzinsen zahlt). Er wird einen spekulativen Goldkauf tatigen, wenn diese »Zeituberbruckungskosten« unter dem erwarteten Goldpreisanstieg liegen. Kommt es tatsachlich zu dem zehnprozentigen Goldpreisanstieg und betragen die Zinsverluste beziehungsweise Zinskosten nur real sieben Prozent, so bringt der Verkauf des Goldes in der zukiinftigen Periode dem Spekulanten in diesem einfachen Beispiel einen Gewinn von drei Prozent des eingesetzten Betrages. In der Umgangssprache ist der SpekulationsbegriflF negativ belegt. Okonomisch betrachtet muB indes zwischen zwei Formen der Spekulation unterschieden werden, von denen nur eine problematisch, die andere dagegen durchaus vorteilhaft ist: • Stabilisierende Spekulation Hegt vor, wenn durch die vermehrten Kaufe des Gutes, fur das ein Preisanstieg in der Zukunft erwartet wird, die gegenwartige Nachfrage und damit auch der gegenwartige Preis steigt, wogegen der tatsachliche Preis in der Zukunft infolge des dann vermehrten Angebots der zwischenzeithch gelagerten Gutseinheiten sinkt. Stabihsierende Spekulation bewirkt also eine Angleichimg gegenwartiger und zukiinftiger Preise (sog. intertemporale Preisangleichung) und damit eine wiinschenswerte Verstetigung der Preisentwicklung. • Destabilisierende Spekulation liegt vor, wenn Preisdififerenzen zwischen Gegenwart und Zukunft durch die Spekulation selbst ausgelost oder verstarkt
432
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
werden. So kaiin eine, vielleicht an sich unbegriindete, allgemeine Erwartimg eines anhaltenden Preisanstiegs dazu fuhren, da6 Spekulanten verstarkt das betrefFenden Gut kaufen und durch ihre verstarkte Nachfrage tatsachlich einen Preisanstieg bewirken. Man nennt diesen Eflfekt eine selbsterfullende Prophezeiung (self fulfilling prophecy). Es ist argumentiert worden,^ daB eine anhaltende Spekulationstatigkeit nur zu erwarten sei, wenn die Spekulanten dadurch im Durchschnitt keine Verluste, sondem Gewinne realisieren. Spekulationsgewinne konunen aber nur dann zustande, wenn ein Gut billig gekauft und spater teurer verkauft wird. Dies setzt voraus, daB die Spekulanten die zukunftige Preisentwicklung (i.B. den Preisanstieg) richtig yoraussehen. Tun sie dies, dann tragen sie jedoch durch ihre Kaufe in der Gegenwart und ihre Verkaufe in der Zukunfl zu der oben beschriebenen Preisangleichung bei, betreiben also stabilisierende Spekulation. Da es anhaltende Spekulationstatigkeit gibt, miiBte Spekulation folglich iiberwiegend stabihsierender Art und somit wirtschafthch vorteilhaft sein. Diese Argumentation laBt indes die Tatsache auBer acht, daB standig neue Spekulanten auf den Terminmarkten auftreten und solche, die keinen Erfolg hatten, diese Markte verlassen. Die Annahme eines gleichbleibenden Bestandes einer bestimmten Menge stets erfolgreicher Spekulanten ist ohne Zweifel eine Fiktion. Destabihsierende Spekulation kommt dann zustande, wenn falsche Zukunftserwartungen bestehen und diese von einem erheblichen Anteil der Spekulanten geteilt werden. Psychologische Effekte spielen dabei eine groBe RoUe. Spekulation kann nicht nur angesichts eines erwarteten VvQisanstiegs betrieben werden. Der Leser tiberlege am Beispiel der Devisenspekulation, welche Moglichkeiten es gibt, auch bei einem zu erwartenden Preis- beziehungsweise Kmsruckgang durch Spekulation Gewinne zu realisieren. c) Die bei weitem wichtigste Art der Beziehung zwischen Markten ist die sachliche Verbundenheit, das heiBt die zwischen verschiedenen Giitermarkten unabhangig von Ort und Zeit bestehende. Die gegenseitige Abhangigkeit kann tiber die Nachfrage und/oder (iber das Angebot vermittelt sein. Im Fall zweier Markte j = 1 und j = 2 konnten die gegenseitigen Abhangigkeiten, vermittelt durch die beideti Preise pi und p2 beispielsweise durch die folgenden linearisierten Marktflinktionen beschrieben werden:
Diese Argumentation stammt von dem US-amerikanischen Okonomen Milton Friedman (geb. 1912).
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
433
xf = ai'Pi - bi - Ci-p2
xf = mi - n^-pi + Oi-p2
(32.27)
x^ = a2P2 - b2 ~ ^2 Pi
^2^ = "^2 ~ ^2 Pa + O2P1
(32.28)
Die Teraie mit den Koeffizienten c imd o reprasentieren jeweils den EinfluB des Fremdpreises auf die Angebots- und Nachfragemenge des betrachteten Marktes. Wie der Leser nachprufen kann, ergeben sich auf den beiden Markten durch Gleichsetzen der jeweiligen Angebots- und Nachfragefunktion folgende Gleichgewiehtspreise: Pi =
bi+mi+p2-(ci+oi) ai+ni b2+m2+pt-(C2+02)
P2 =
.*) * ___ = Pi + P2 - n i (*)
/000m (32.29)
*
= p^^ + Pi •n2
(32.30)
a2 + n2 .^. bi + mi mit p; ^ = ai+ni
.^. b2 + m2 und p^ ^ = a2+n2
als Gleichgewichtspreise bei isoCi +O1
lierter Betrachtung der Markte sowie IIi :=
C2 +O2 und 112 * =
ai +ni a2 +n2 In den Gleichungen ist deutlich erkennbar, da6 und wie pj von p2 abhangt und umgekehrt. Setzt man nun beispielsweise p2 aus (32.30) in p^ gemaB (32.29) ein, so resultiert daraus der sich durch die Wechselbeziehung einstellende Preis pj: (32.31)
Pi =
i-ni.n2 P2 ergibt sich analog. Der Leser soUte dies nachprufen. Empirikum 32.5: Die Markte fur Erdol (0) und Erdgas (G) hangen eng miteinander zusammen. Das gilt sowohl fur die Angebotsseite (01- und Gasvorkommen werden oft zusammen entdeckt und ausgebeutet) als auch fur die Nachfrageseite (01 und Gas lassen sich bei vielen energetischen Verwendungen gegeneinander substituieren). Auf der Grundlage empirischer Daten und statistischer Schatzungen kommen Pindyck und Rubinfeld zu folgenden, etwas vereinfacht dargestellten Marktfunktionen fur den Erdgasmarkt der USA im Jahre 1975:
434
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
x^ = 14+ 2 . p G + ^G
=-5-PG +
0,25-Po
3,75-Po
Hierbei sind x^ und x^ die angebotene und die nachgefragte Menge an Erdgas [in trillion cubic feet], p^ der Gasprels [in Dollar pro thousand cubic feet] und p^ der Olpreis [in Dollar pro barrel]. Quelle: Pindyck,R.S./Rubinfeld,D.L.: Microeconomics; 4. Aufl. 1997, S.56.
Die folgende Aufgabe ermoglicht einige tiefergehende Analysen mit den im obigen Empirikum genannten Marktfunktionen: I Aufgabe 32.10: I Die folgenden Fragen beziehen sich auf das Empirikum 32.5. Der Olpreis betrage
I Po - 8 $/b. I a) Ermitteln Sie den Gleichgewichtspreis des Erdgasmarktes. II b) Ermitteln Sie die Eigenpreiselastizitat der Erdgasnachfrage im Marktgleichgewicht. c) Ermitteln Sie die Kreuzpreiselastizitat der Erdgasnachfrage (in Bezug auf den Olpreis) im Marktgleichgewicht. d) Ermitteln Sie die (Eigen-)Preiselastizitat des Erdgasangebots im Marktgleichgewicht. e) Ermitteln Sie die Elastizitat des Erdgasangebots in Bezug auf den Erdolpreis (sog. Kreuzangebotselastizitat).
Analytisch lassen sich vier Grade der sachlichen Verbimdenheit zwischen Markten unterscheiden: • Kausaler Verbund. Diese sehr enge Art der Kopplung zwischen Markten beruht auf physikalisch oder technologisch zwingenden Beziehungen zwischen den Angeboten und/oder den Nachfragen. Sie findet sich beispielsweise bei der Kuppelproduktion, bei der unvermeidlich mehrere Gixter zugleich als Ausbringung anfallen und vermarktet werden miissen (haufig in der Chemischen Industrie). Auch die m Kapitel 2.6.2. beschriebenen technologischen extemen Effekte gehoren dazu. • Funktioneller Verbund. Diese relativ enge Abhangigkeit betriffl Giiter, die am besten gemeinsam verwendet werden (funktionelle Komplemente) oder probiemlos durch andere spezielle Giiter ersetzt werden konnen (funktionelle Substitute). Auch die Abhangigkeit der Faktomachfrage von der Endproduktnachfrage kann dazugezahlt werden; dabei wird auch von "abgeleiteter Nachfrage" gesprochen.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
435
• (Rein) okonomischer Verbund. Dieser relativ lose Zusammenhang zwischen Markten kommt durch die Praferenzen der Nachfrager zustande und wurde in Kapitel 1.5.3. anhaad der Kreuznachfragebeziehung erlautert: okonomische Substitute liegen vor, wenn die Verteuerung eines Gutes h zu einer Mehrnachfrage nach einem anderen Gut j fuhrt. Bei okonomischen Komplementen sinkt dagegen die von Gut j nachgefragte Menge, wenn der Preis des aaderen Gutes h steigt. Als Ma6 fiir die okonomische Verbundenheit dient die Kreuzpreiselastizitat der Nachfrage. Auch der TriflBn-Koeflfizient und der KrelleKoeffizient aus Kapitel 3.1.4. sind hier zu nennen. • AUgemeiner Verbund. Diese sehr lose Beziehung zwischen den Markten haben wir in Kapitel 1.5.3.f) als "schwache Interdependenz" bezeichnet. Sie beruht darauf, daB letzthch alle Giiter um die begrenzte Kauflkraft der Nachfrager in Konkurrenz stehen. Wird von einem Gut eine groBere Menge gekauft, so steht nicht mehr soviel an Kaufkraft fiir die (ibrigen Gtiter zur Verfiigung, was sich auf deren Nachfragemengen auswirkt. Infolge der Verbundenheit von Angeboten und Nachfragen hangen auch die Gleichgewichte praktisch aller Markte voneinaader ab. Dies wird als totale Interdependenz der Markte bezeichnet. Eine Einzehnarktanalyse, wie sie etwa in Kapitel 3.2.1. durchgefiihrt wurde, ist deshalb - streng genommen - nur dann moghch, wenn durch das Konstantsetzen der Einfltisse von anderen Markten, also durch die Anwendung der ceteris paribus-KJausel, keine wesenthchen Riickwirkungen auf den betrachteten Markt unterschlagen werden. Da es aber unmoghch ist, anwendbare theoretische Modelle zu konstruieren, die alle in der Realitat vorfindbaren EinfluBgroBen auf Markte und zwischen Markten berticksichtigen, weist unvermeidhch jede MarktmodeUierung die genannte Problematik auf Da alle, Oder doch die meisten, Markte stets annahemd im Gleichgewicht sind, ist zudem der fiir Angebots- und Nachfrageentscheidungen erforderliche Datenkranz immer gegeben. Aus diesem Grunde kann sinnvoU die Preisbildung auf einzelnen Markten untersucht werden. Einer totalen Gleichgewichtsbetrachtung, die versucht, die Gleichgewichte aller Markte simultan zu bestimmen, bedarf es folghch nicht. Auch wegen ihrer vergleichsweise einfachen Handhabbarkeit und groBen Realitatsnahe gebiihrt der Analyse von Einzelmarkten und Marktkomplexen (wenige eng miteinander verbundene Markte) der Vorrang. Dieser ebenfalls unter Anwendungsaspekten vorzuziehende Analyseansatz wird als Partialanalyse bezeichnet. Im Gegensatz dazu ist die Totalanalyse des Systems aller Markte wenig anschauhch, kaum praktisch verwendbar und nur unter sehr realitatsfemen Annahmen tiberhaupt durchfiihrbar. Wir konnen sie uns daher ersparen.
436
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
3.2.7. Wohlfahrtsaspekte des Marktes a) In den Kapiteln 1.7 imd 2.7. haben wir uns mit Wohlfahrtsaspekten der Nachfrage und des Angebots befaBt. Die beiden dort erlauterten MeBkonzepte fur die Konsumenten- und die Produzentenwohlfahrt waren der Nachfragervorteil NV und der Anbietervorteil AV. In diesem Unterkapitel werden diese Konzepte nun zusammengebracht, um damit einige Wohlfahrtsanalysen und -vergleiche fiir ganze Markte und spezielle Marktsituationen zu ermoglichen. Die Abbildung 32.20 zeigt den Nachfragervorteil NV (aufsteigend schraffiert) und den Anbietervorteil AV (absteigend schraffiert) fur einen Markt, der sich im Gleichgewicht befindet. Abbildung 32.20: Anbieter- und Nachfragervorteil im Marktgleichgewicht
Die Nachfragekurve N zeigt bekannthch^ welche Preise die Nachfrager fiir alternative Mengen des betrachteten Gutes (maximal) zu zahlen bereit sind, also ihre der Hohe nach geordneten Zahlungsbereitschaften. Alle Nachfrager, deren Zahlungsbereitschaften fiir die erworbenen Mengeneinheiten des Gutes iiber dem gezahlten Preis p* hegen, reahsieren einen Vorteil in Hohe der Diflferenz zwischen ihrer Zahlipigsbereitschaft (angegeben durch die N-Kurve) und dem Preis (Horizontale bei p ). Die Simmie aller Vorteile dieser Art entspricht der aufwarts schraffierten Dreiecksflache und wurde in Kapitel 1.7.1. als Nachfragevorteil NV (oder Konsumentenrente) definiert.
Vgl. Kapitel 1.5.4.j)und 1.7.La)
3.2. Angebot, Nachfrage imd Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
437
Die Angebotskurve A entspricht bekanntlich (vgl. Kapitel 2.5.b) ) dem Aggregat aller Grenzkostenkurven der Anbieter des betrachteten Gutes. Sie gibt an, welchen Preis die Anbieter bei aitemativen Ausbringungsmengen mindestens fordem, damit sich die Produktion fiir sie iohnt. Da die Grenzkosten jedoch mit der Ausbringungsmenge zunehmen und alie produzierten Einheiten des Gutes zum gleichen Preis p* verkauft werden, liegt bei den meisten Gutseinheiten der Preis tiber ihren Grenzkosten. Das heiBt, die Anbieter erzieien beim Absatz der Gutseinheiten einen Preis, der hoher ist als die zur Produktion dieser Einlieiten aufgewendeten Kosten. Die tiber alle Anbieter summierte DifFerenz zwischen Preis (Horizontale bei p*) und Grenzkosten (angegeben durch die A-Kurve)hei6t Anbietervorteil AV (oder Produzentenrente); vgl. Kapitel 2.7. Sie entspricht der abwarts schraflSerten Dreiecksflache in Abbildung 32.20. b) Die Summe aus Anbietervorteil und Nachfragervorteil wird nun als Gesamtvorteil GV (auch: Sozialer UberschuB ) definiert: GV := NV + AV
(32.32)
Der Gesamtvorteil entspricht somit der gesamten schraflfierten Flache in Abbildung 32.20. Die folgende Aufgabe gibt die Moglichkeit, den Gesamtvorteil numerisch auszurechnen. Aufgabe 32.11: In der Abbildung 32.20 schneide die Nachfragekurve die p-Achse bei p ^ =10 und die xAchse bei XQ = 1200; die Angebotskurve schneide die p-Achse bei p ^ = 2 und die x-Achse bei x ^ = - 4 0 0 (links vom Koordinatenursprung). Der ZentimetermaBstab auf der p-Achse ist somit 1:2 und auf der x-Achse 1:200. a) Ermitteln sie die Funktionsgleichungen der beiden linearen Marktkurven (vgl. ggf. Anhang M.4.2.). b) Wo liegt das Marktgleichgewicht (p*, x*) ? c) Wie groB ist der Anbietervorteil, der Nachfragervorteil und der Gesamtvorteil im Marktgleichgewicht?
Im Marktgleichgewicht erreicht der Gesamtvorteil (ahnlich wie die Transaktionsmenge in Kapitel 3.2.l.e) seinen maximalen Wert in jeder anderen Marktsituation ist er kleiner. Um das zu sehen kann der Leser einen beliebigen nicht-gleichgewichtigen Punkt p' annehmen, die zugehorige Transaktionsmenge gemaB (32.5) ermittebi und sodann die Flachen des Anbieter- und des Nachfragervorteills schrafFieren und addieren. Es ist dann zu sehen, dafi GV kleiner GV ist, also als die gesamte schraffierte Flache in Abbildung 32.20.
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
438
Die DifFerenz zwischen dem maximal moglichen Gesamtvorteil und der in einer Marktsituation tatsachlich realisierten Summe aus Anbietervorteil und Nachfragervorteil wird als Wohlfahrtsverlust WV (auch deadweight loss) bezeichnet: WV
GV - GV
(32.33)
Jede Abweichung vom Marktgleichgewicht fiihrt zu einem Wohlfahrtsverlust. Wir zeigen dies am Beispiel einer staatlich verordneten Transaktionsmengenbeschrankung. Darf auf dem Markt statt der Gleichgewichtsmenge x* nur die Menge x^< x* umgesetzt werden (siehe Abbildung 32.21), so ergibt sich ein Wohlfahrtsverlust in Hohe der gepunkteten Dreiecksflache. Denn die Transaktionsmenge ist x^ und wird zum Preis p^ umgesetzt, der iiber dem Preis p"^ liegt, welcher gerade ausreichen wiirde, die Anbieter zum Angebot der Menge x^ zu veranlassen. Das heiBt: Alle Nachfrager miissen einen Preis zahlen, der uber den Grenzkosten der Anbieter liegt. Abbildung 32.21: Wohlfahrtsverlust aufierhalb desMarktgleichgewichts
Im nachfolgenden Unterkapitel 3.2.8. wird dies auch noch einmal fiir den Fall ungleichgewichtiger Preise gezeigt. Der Transaktionspunkt ist also (p^, x^). Der Marktpreis betragt p^, weil bei jedem niedrigen Preisniveau ein Nachfrageiiberhang bezogen auf x^ auftreten wiirde, der bekanntlich zu einem Preisanstieg fuhrt.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
439
Durch die Mengenbeschrankung ist also die Transaktionsmenge kleiner als im Gleichgewicht (Verschlechtenmg der Konsumentenversorgung), und der Preis ist gestiegen (auf p^ > p*). Zudem findet eine Wohlfahrtsumverteilung statt. In Hohe der Rechteckflache [ p ^ - p*] • x^ ist Nachfragervorteil in Anbietervorteil umgewandelt worden. Von der Mengenbeschrankung profitieren also im dargestellten Fall die Anbieter. Dariiber hinaus ist es zu einem Wohlfahrtsverlust gekommen: Durch die Mengenbeschrankung ist der Gesamtvorteil aller Marktteilnehmer um WV gesunken. Der interessierte Leser kann versuchen, die Hohe dieses Wohlfahrtsverlustes (gepunktete Flache in Abbildung 32.21) formal zu ermitteln.
3.2.8. Wirkungen staatlicher Markteingriffe a) Die Unterkapitel 3.2.1. bis 3.2.5. haben gezeigt, da6 ein sich selbst iiberlassenes Marktsystem eine beachtliche Selbstregulierungsfahigkeit besitzt und Wirkungen beziehungsweise Zustande hervorbringt, die eine Reihe von wiinschenswerten Eigenschaften aufweisen. Angesichts der alltaglichen Erfahrung, daB trotzdem der Staat auf vielfaltige Weise in das Marktgeschehen eingreift, erhebt sich die Frage, welche Auswirkungen von solchen Interventionen auf die Funktionsfahigkeit von Markten und auf das Marktergebnis ausgehen. Im folgenden soUen nur einige grundsatzliche Eingriffsformen untersucht werden. Dabei unterscheiden wir zwischen staathchen MaBnahmen, die kurzfristig eine Verhinderung der Marktraumung zur Folge haben (Hochst- und Mindestpreisvorschriften), und solchen, die eine langfristige Marktanpassung behindem (Markteintritts- und Marktaustrittsbeschrankungen). Insofem wird nun die Annahme (M.S.2) des vollkommenen Marktes aufgehoben. Wir beginnen mit der Untersuchung der Auswirkungen staathcher Preismanipulationen, wie sie in zahlreichen realen Markten zu beobachten sind. Durch Eingriflfe in die freie Preisbildung will der Staat den in Kapitel 3.2.1.d) beschriebenen Preismechanismus auBer Kraft setzen und das Zustandekommen des kurzfiistigen Marktgleichgewichtes verhindem. An die Stelle von Gleichgewichtspreisen treten bestimmte politisch gewoUte Preise. Begrundet werden solche Interventionen mit der - wissenschafthch kaum zu rechtfertigenden - Vermutung, daB die politischen Entscheidungstrager ein »besseres« Marktergebnis zustande bringen konnten als das sichfi-eibildende Marktgleichgewicht. Der Staat kann grundsatzhch auf zwei Arten in die Preisbildung auf einem Markt eingreifen, namlich durch die Festsetzung eines Hochstpreises oder eines Mindestpreises. Eine dritte Art, die Vorschrift eines Festpreises fiir ein Gut, kann als
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
440
Kombination eines Hochstpreises mit einem gleich hohen Mindestpreis aufgefaBt werden iind bedarf deshalb keiner gesonderten Untersuchung. b) Hochstpreise werden, weirn sie wirksam sein soUen, vom Staat unterhalb des Gleichgewichtspreises festgesetzt; sie dtirfen von den Marktteilnehmem nicht wfeerschritten werden. Begrundet wird eine solche Intervention meist mit der Behauptung, der Gleichgewichtspreis sei "zu hoch" und belaste deshalb die Verbraucher "zu stark" (Verbraucherschutzargument). Ein Beispiel ist der Markt fur Sozialwohnungen, auf dem die Hohe der Mieten nach oben begrenzt ist. Im Marktdiagramm stellt sich die Situation eines Hochstpreises p wie in Abbildung 32.22 dar. Abbildung 32.22: Marktsituation mit Hochstpreis
x^p') = x^
Bei p < p* entsteht ein Nachfrageiiberhang ti^(p) = x^(p) - x^(p). Dieser darf aber aufgrund der Vorschrift durch den Preismechanismus nicht beseitigt werden und bleibt somit auf Dauer bestehen. Das heiCt, der Nachfrageiiberhang tritt in jeder Periode emeut auf Er zeigt sich in Form von Warteschlangen oder Wartehsten, in die sich Kaufinteressenten eintragen mtissen. Ein Teil des Dberhangs tritt gar nicht in Erscheinung, weil sich frustrierte Nachfrager vom Markt abwenden. Der Uberhang bedeutet, daB zahkeiche Nachfrager, die nicht das Gltick haben, das Gut zum niedrigen Hochstpreis kaufen zu konnen, an der Reahsierung ihfer Konsumplane gehindert werden. Denn Hochstpreise gewahren nur denjenigen einen okonomischen Vorteil, die auch tatsachlich in den GenuB
3.2. Angebot, Nachfrage imd Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz
441
des Gutes kommen; die ubrigen erhalten das Gut gar nicht - unabhangig von der Hohe ihrer Zahlungsbereitschaft und ihres Bedarfs. Letztlich werden hierbei also einige Nachfrager auf Kosten anderer bessergestellt beziehimgsweise diese zugimsten der ersteren schlechtergestellt. Warteschlangen erofihen den Anbietem die Moglichkeit, ihre Kunden nach unsachlichen Kriterien auszuwahlen, worunter die Fairness des Marktaustausches und der Interessenausgieich leiden. Die Verhandlungsposition der Anbieter ist zulasten der Nachfrager uberhoht. Es eroffrien sich Moglichkeiten fiir illegale Bestechungen. Die auf dem Markt zustande kommende Transaktionsmenge x^ entspricht der beim Hochstpreis angebotenen Menge x^; diese ist geringer als die Gleichgewichtsmenge x*. Der Hochstpreis verschlechtert also im Vergleich zum Marktgleichgewicht die Marktversorgung. Auch der Marktumsatz U = p • x^, und damit der Gesamterlos aller Anbieter, ist geringer als im Marktgleichgewicht. Denn sowohl der Preis als auch die Transaktionsmenge sind geringer. Die entsprechende Rechteckflache zwischen dem Koordinatenursprung und dem Transaktionspunkt (p,x^(p))auf der Angebotskurve kann der Leser in Abbildung 32.22 schraflfieren. Auf seiten derfrustriertenNachfrager staut sich dagegen unverausgabte Kaufikraft auf (auch die eflfektiven Nachfrager geben weniger aus als geplant). Sie richtet sich auf andere Glitermarkte. Dies wird als tFbertragungseffekt (auch: spilloverEflfekt) bezeichnet. So verwendet vielleicht jemand, der vergebens eine Wohnung sucht, seine aufgestaute Kaufkraft schlieBlich zum Kauf eines Autos. Durch den spilloyer-Effekt findet somit eine Ubertragung der interventionsbedingten Storung eines Marktes auf andere Markte statt: Dort andem sich im Laufe der Zeit ebenfalls Angebot und Nachfrage. Die Produktionskapazitaten werden an die kiinstlich veranderten Absatzbedingungen angepaBt, wodurch sich die Wirtschaftsstruktur zunehmend verzerrt. Wohlfahrtsanalytisch gesehen ergibt sich folgender Befiind (siehe Abbildung 32.23): Der Hochstpreis p verringert den Anbietervorteil um die Flachenaquivalente (B) und (C) und den Nachfragervorteil um (D). Der Wohlfahrtsbetrag (B) wird allerdings von den Anbietem zu den Nachfragem umverteilt, so da6 der Nachfragervorteil nach Einfflhrung des Hochstpreises insgesamt (B) + (E) betragt, wahrend der Anbietervorteil auf (A) gesunken ist. Infolge der verschlechterten Marktversorgung (Transaktionsmenge x^ < x*) kommt es bei jedem Markthochstpreis zu einem Wohlfahrtsverlust, der aus den beiden Teilen (C) und (D) besteht. Der Leser kann die entsprechende Flache schraflfieren und mit unserem Symbol WV kennzeichnen.
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
442
Abbildung 32.23: Wohlfahrtseffekte einer Hochstpreisvorschrift
,x^P)
(E) J
(D)\ 1
p*-t
j ^
(C)/
(B) p"-
'
11
1
Langfiistig fuhrt ein Hochstpreis deshalb zu einem Rtickgang des Angebots (Linksverschiebung der Angebotskurve; der Leser kaiin dies einzeichnen) und damit zu einer weiteren Erhohung des Nachfrageiiberhangs. Die anfanglichen Probleme nehmen folglich im Laufe der Zeit zu und verfestigen sich. Der staatlich regulierte Wohnungsmarkt belegt eindrucksvoU, wie ein hochstpreisbedingter Nachfragetiberhang im Laufe der Zeit chronisch werden kann: der Neubau von Mietwohnungen ist ftr Investoren haufig unattraktiv; bestehende Wohnungen werden nicht gentigend renoviert und verfallen oder werden anderSweitig verwendet. Femer ist bei Hochstpreisvorschriften stets mit einer abnehmenden Qualitat des Gutes zu rechnen, weil zu ihrer Aufrechterhaltung auf seiten der Anbieter sowohl die erforderlichen Erlose als auch die Anreize fehlen. Bei einem dauerhaft bestehenden Nachfragetiberhang brauchen sich die Anbieter auch nicht um den Absatz ihres Gutes zu bemiihen. Mithin kommt die Konkurrenz zwischen den Anbietem weitgehend zum Erhegen. Der Untemehmergeist erschlaflft. Nachteihg ist auch, daB solche Anbieter, deren Preisuntergrenze zwischen p und p* hegt, die also bei freier Preisbildung wirtschaftlich produzieren konnten, beim Hochstpreis p nicht mehr anzubieten imstande sind, also zum Marktaustritt gezwungen werden und deshalb mit ihrem Angebot fur die Versorgung der Nachfrager ausfallen. Das widerspricht dem EflBzienzziel.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
443
Wegen des Preiserhohungsdrucks infolge der verdeckten Preisiiberbietungskonkurrenz der Nachfrager, kommt es zu auBermarktlichen Zusatzzahlimgen und zur Herausbildung von »schwarzen Markten«, auf denen das Gut illegal zu Preisen oberhalb des Hochstpreises gehandelt wird. Dies erhoht nicht nur den Nachfragetiberhang auf dem »oflBziellen« Markt, es untergrabt aber die staatliche Hochstpreisvorschrift und fiihrt zu einer weiteren Verknappung des Angebots auf dem oflfiziellen Markt. Daher sieht sich der Staat alsbald gezwungen, auch die Herausbildung von Schwarzmarkten zu unterbinden, was, wie die Erfahrung zeigt, faktisch kaum durchzusetzen ist. Dies macht deutlich, daB es mit der Vorschrift von Hochstpreisen allein nicht getan ist. Vielmehr machen staatliche Markteingriflfe in der Kegel weitere flankierende Mafinahmen erforderlich, also weitere Eingriflfe und Kontrollen an anderen Stellen des Marktsystems. Bei verbundenen Markten muB sich die Intervention iiber den eigentlich interessierenden Markt hinaus erstrecken, weil die Wirkungen der Hochstpreisvorschrift - wie gesagt auch in andere Markte hineinreichen. Beispiele sind Kaufe von Ersatzgutem durch die finstrierten Nachfrager sowie Absatzprobleme der die Anbieter behefemden Vorleistungshersteller. Auch dies zeigt, daB es mit der Zeit zu Verzerrungen der Wirtschaftsstruktur kommt. Insgesamt betrachtet verfehlt ein Hochstpreis also das Ziel einer Verbesserung der Verbraucherposition; er bewirkt genau das Gegenteil. Nach einiger Zeit laBt er sich wegen der Verfestigung der verzerrten Strukturen nicht mehr ohne weiteres riickgangig machen. Die Wirtschaftsteilnehmer haben sich dann auf die Verzerrung eingestellt und werden korrigierenden Anpassungen Widerstand entgegensetzten. c) Mindestpreise werden, werm sie wirksam sein soUen, vom Staat oberhalb des Gleichgewichtspreises festgesetzt; sie dtirfen von den Marktteihiehmem nicht unterschritiQn werden. Als Begriindung fiir diese Intervention dient meist die Behauptung, der Gleichgewichtspreis sei "zu niedrig" und erbringe deshalb den Anbietem ein "zu geringes" Einkommen (Produzentenschutzargument). Beispiele bietet vor allem die Landwirtschaft, deren Produkte zahlreichen Mindestpreisverordnungen unterliegen. Im Marktdiagramm stellt sich die Situation eines Mindestpreises p wie in Abbildung 32.24 dar.
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
444
Abbildung 32.24: Marktsituation mit Mindestpreis
,x^P)
^ " ^ x^(p) 1
:
X^P)=XT
H
11
X*
A^)
Bei p > p* entsteht ein Angebotsilberhang u^(jP)= x^(P)- x^(p). Dieser darf aber aufgrund der Vorschrift durch den Preismechanismus nicht beseitigt werden und bleibt somit dauerhaft bestehen. Das heiBt, er tritt in jeder Periode emeut auf. Die unmittelbare Wirkung eines Angebotsiiberhangs ist offensichtlicher und leichter quantifizierbar als die eines Nachfragetiberhangs, denn es bilden sich Halden, und Lager fiillen sich mit den iiberschussig produzierten Mengen des Gutes. Da ein solcher ZuwachsprozeB nicht auf Dauer fortgesetzt werden kann, mu6 der Staat entweder die Angebotstiberschiisse in jeder Periode selbst abnehmen, also aufikaufen (dadurch wird die Marktnachfragekurve nach »rechts« verschoben), oder er mu6 sie durch zusatzhche Bestimmungen zu vermindem versuchen, etwa durch erganzende Vorschriften zur Produktionsbeschrankung. Auch hier zeigt sich, daB staathche Markteingriflfe alsbald weitere Interventionen nach sich ziehen und die Tendenz zur Ausweitung in sich tragen. Gerade hoheithche Pro4viktions- und Investitionsvorschriften greifen aber substantiell in die freie Untemehmensentscheidung der Anbieter ein und widersprechen deshalb zutiefst dem marktwirtschafthchen Prinzip der Privatautonomie. Die Produzenten werden gleichsam zu ErfuUungsgehilfen einer zentralen staathchen Mengen- und Preisplanung. Die Transaktionsmenge x^ des Marktes entspricht der beim Mindestpreis nachgefragten Menge x^; diese ist geringer als die Gleichgewichtsmenge x*. Der
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
445
Mindestpreis verschlechtert also - wie der Hochstpreis - die Marktversorgung. Dazu kommt die Wirkimg der staatlichen Abnahmegarantie. Diese belastet den Staatshaushalt in jeder Periode mit dem Betrag p[x^(p) - x^(5)] unter der Annahme, daB der Staat den AngebotsiiberschuB zum Mindestpreis aufkauft^ zuzliglich Lagerungs- und Verwaltungskosten. Dies wird als Interventionsaufwand bezeichnet. Der Leser schraffiere die entsprechende Rechteckflache in Abbildung 32.24 und kennzeichne sie. Zugleich senkt eine Abnahmegarantie das Absatzrisiko der Anbieter. Ein geringeres Risiko schlagt sich tendenziell in einer weniger vorsichtigen Produktions- und Absatzplanung nieder und senkt die Risikokosten. Der Mindestpreis, verbunden mit einer staatlichen UberschuBabnahmegarantie ermimtert die Anbieter deshalb dazu, ihr Angebot nach Moghchkeit zu erhohen, was zu einer Rechtsverlagerung der Angebotskurve fiihrt. Dadurch nimmt der Angebotsiiberhang im Zeitablauf weiter zu, und damit wachsen zugleich die staathchen AufWendungen fur den Aufkauf. (Der Leser zeichne dies ein.) DaB auf diese Weise auch mindestpreisbedingte Angebotsiiberschiisse chronisch werden konnen, zeigt das Beispiel der Landwirtschaft. Des weiteren verhindert der Mindestpreis die okonomisch gebotenen Marktaustritte von Anbietem, deren Preisuntergrenzen oberhalb des Gleichgewichtspreises liegen. Diese kostenungtinstig produzierenden Untemehmen konnen nur aufgrund des kunstlich erhohten Preises auf dem Markt bestehen. Das EflBzienzgebot wird also auch hier verletzt. Letzthch haben die staathchen Aufwendungen zum Aufkauf der beim Mindestpreis entstehenden Uberschiisse - okonomisch gesehen - den Charakter von dauerhaften Erhaltungssubventionen fiir unwirtschaftliche Untemehmen. Die Wirtschaftstheorie kann zeigen, daB sich ein solches politisches Ziel durch direkte staatliche Unterstutzungszahlungen an die Anbieter mit erheblich geringeren negativen Auswirkungen erreichen laBt als durch Manipulationen der Preise. Die Politiker haben sich diesen Argumenten bisher verschlossen. Eine spatere Riicknahme von Mindestpreisen ist nur schwer moghch, weil dies auf heftige Widerstande der dadurch Begunstigten stoBt, wie etwa der deutsche Steinkohlebergbau zeigt. Gibt der Staat keine UberschuBabnahmegarantie, dann kommt es wegen des Preisdrucks (infolge der verdeckten Preisunterbietungskonkurrenz der Anbieter) zu auBermarktlichen Preisnachlassen und zur Herausbildung von »grauen Markten«, auf denen das Gut illegal zu Preisen unterhalb des Mindestpreises gehandelt wird. Dies untergrabt die staatliche Mindestpreisvorschrift. Beispiele bot etwa der
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
446
Guterfemverkehr in Deutschland. Auch das Angebot von Schmuggelware voUzieht sich auf grauen Markten. Erklart der Staat sich dagegen zur Abnahme des in jeder Periode produzierten Uberschusses bereit, so tritt zusatzlich das Problem der Verwendung dieser aufgekauften Gutsmengen auf. Um sich der landwirtschafthchen Uberschtisse zu entledigen, hat man beispielsweise den Export dieser Giiter subventioniert. In den Landem, die diese Dumpingangebote aufiiehmen, gerat alsbald die heimische Landwirtschaft in Bedrangnis, weil sie mit den Bilhgimporten nicht konkurrieren kann; dadurch geht die Nahrungsmitteleigenversorgung in diesen Landem im Laufe der Zeit zuruck und ihre Abhangigkeit von Lnporten wachst. Eine andere Art der UberschuBverwendung ist die Vemichtung, Unbrauchbarmachung oder anderweitige Verwendung, die von der Pohtik als "Denaturierung" bezeichnet wird. Wohlfahrtsanalytisch gesehen ergibt sich folgender Befimd (siehe Abbildung 32.25): Der Mindestpreis p verringert den Nachfragervorteil um die Flachenaquivalente (B) und (C) und den Anbietervorteil um (D). Der Wohlfahrtsbetrag (B) wird indes von den Nachfragem zu den Anbietem umverteilt, so da6 der Anbietervorteil nach Einfuhrung des Mindestpreises insgesamt (B) + (E) betragt, wahrend der Nachfragervorteil auf (A) gesunken ist. Infolge der verschlechterten Marktversorgung (Transaktionsmenge x^ < x ) kommt es bei jedem ungleichgewichtigen Marktmindestpreis zu einem Wohlfahrtsverlust, der aus den beiden Teilen (C) und (D) besteht. Der Leser kann die entsprechende Flache schraflBeren und wieder mit WV kennzeichnen. Abbildung 32.25: Wohlfahrtsaspekte einerMindestpreisvorschrift
.A^) (A)
\
(B) U.
(C)\ 1
(D)X
(E)
1
j1
1
.—
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
447
d) Die vorstehenden Ausfiihrungen haben gezeigt: • Staatlich festgesetzte Hochst- oder Mindestpreise setzen den Preismechanismus und damit die Autoregulation des Marktes aufier Kraft. An die Stelle eines selbstregelnden Prozesses treten staatliche Vorgaben (Dirigismuseffekt). • Sowohl nach der Festlegung eines Hochstpreises als auch nach der Einfiihrung eines Mindestpreises ergibt sich eine Transaktionsmenge x^, die geringer ist als beifi-eierPreisbildung. Das entspricht einer im Vergleich zum Marktgleichgewicht schlechteren Marktversorgung. Zudem tritt stets ein Wohlfahrtsverlust auf. Das Marktergebnis wird also ineflfizient, weil es durch die Eingrifife zu vermeidbaren Knappheiten kommt (Ineffizienzeffekt). • Weil die Produktions- und Angebotsbedingungen durch das falsch gesetzte Preissignal nachhaltig verzerrt werden, werden die ursprimglichen Uberhange chronisch (Verfestigungseffekt). Nach einiger Zeit lassen sich die schadhchen MarkteingrifFe nicht mehr ohne weiteres riickgangig machen. Zum einen wegen des groBen Aufwandes, zum anderen wegen des Widerstandes sowohl der durch die Eingriffe bevorteilten Gruppen als auch derjenigen Akteure, die sich emeuter Anpassungskosten aussetzen. • Des weiteren verschlimmem sich die negativen Wirkungen je langer sie andauem (Problemzuwachseffekt). Insbesondere nehmen Uberhange im Zeitablauf tendenziell zu. • In jedem Fall fiihren staatliche Eingriffe rasch zu weiteren Interventionen an anderen Stellen und breiten sich so iiber die Markte aus (Ausbreitungseffekt). Es wird in diesem Zusammenhang auch von der "staatlichen Interventionsspirale" gesprochen. • Die durch Preisvorschriften bedingten Ungleichgewichte rufen auch Veranderungen der Angebots- und Nachfi-agesituationen auf anderen Markten hervor (sog. Ubertragungseffekt). So werden etwa im Hochstpreisfall die fi-eiwerdenden Budgetanteile der Nachfi-ager zum vermehrten Kauf anderer Gtiter verwendet und die veranderte Einkommenssituation der Anbieter im Mindestpreisfall fiihrt zu Nachfrageverschiebungen auf anderen Markten. Dies wirkt sich auf die dortigen Produktionsbedingungen aus und fiihrt zu Anpassungen der Kapazitaten und des Faktoreinsatzes. Verzerrte Produktionsmengen bedingen mithin veranderte Faktornachfragen. So pflanzt sich die veranderte Angebots- und Nachfragesituation eines preismanipulierten Marktes auf andere, damit verbundene Markte fort.
448
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Interventionsbedingte Verzerrungen und Verkrustimgen des Marktsystems beeintrachtigen somit grundsatzlich dessen Flexibilitat und Leistimgsfahigkeit. Viele der heute beklagten wirtschaftlichen Probleme beruhen letztlich auf okonomisch ungerechtfertigten staatlichen MarkteingriflFen. Leider ist hier nicht der Platz, darauf naher einzugehen. Aufgabe 32.12: Ein Markt sei durch die Angebotsfunktion x^(p) = 3p - 5 und die Nachfragefunktion x^(p) = 10 - 2p beschrieben. Der Staat halte einen Preis von p = 4 flir angemessen. Welche Marktsituation liegt vor und welche Marktergebnisse sind zu erwarten?
e) Wie wirken sich staatliche Eingriffe auf die Angebotssituation der einzelnen Anbieter aus? Der Einfachheit halber gehen wir von einem staatlich vorgeschriebenen Festpreis p aus, der von den Anbietem weder iiber- noch unterschritten werden darf. In Abbildung 32.26 sind zudem die Grenz- und Durchschnittskostenverlaufe eines Anbieters dargestellt. Abbildung 32.26: Einzelwirtschaftliche Angebotssituation bei staatlich gesetztem Festpreis
Unter den Bedingungen freier Konkurrenz (Abwesenheit staatlicher Markteingriffe) wird jeder Anbieter, wie wir in Kapitel 3.2.4. gesehen haben, gemaB der Coumot-Bedingung p = xK(x) kurzfiistig die Menge x^i anbieten. Da sich dann positive Gewinne ergeben, kommt es zu Markteintritten (von kostensenkenden Kapazitatserweiterungen sehen wir hier ab), wodurch der
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
449
Gleichgewichtspreis des Marktes sinkt und zwar bis auf das Minimum von k(x), das dem langfristigen Gleichgewichtspreis entspricht. Bei flexiblem Preis und freiem Marktzutritt bietet jeder Anbieter in der langen Frist die Menge x ^ an und reahsiert keine Gewinne mehr. Soweit der Idealfall. Schreibt der Staat jedoch den Preis p vor, so kann p nicht auf seinen langfristigen Gleichgewichtswert sinken. Die inkumbenten Anbieter realisieren auch bei x ^ noch positive Gewinne, die zu weiteren, das Marktangebot erhohenden Markteintritten neuer Anbieter fuhren. Dadurch nimmt die absetzbare Menge jedes inkumbenten Anbieters immer mehr ab. Die Markteintritte horen erst dann auf, wenn auf dem Markt keine Gewinne mehr realisiert werden. Das ist genau dann der Fall, wenn der Festpreis p den Durchschnittskosten der Anbieter entspricht. In Abbildung 32.26 bietet dann jeder Anbieter nur noch die Menge xf^ an. Bei freiem Marktzutritt fiihrt also ein (iber dem langfristigen Gleichgewichtswert liegender Festpreis zu einer Uberbesetzung der Angebotsseite des Marktes: Zu viele Anbieter bieten jeweils eine zu geringe Menge an. Eine Aufliebung des Festpreises wtirde eine Welle von Marktaustritten auslosen. f) Direkte Preisvorschriften sind nicht die einzige Moglichkeit, tiber die der Staat zur Beeinflussung der Preise auf Markten verfiigt. Eine weitere, vor allem auf manchen Rohstoflf- und Devisenmarkten praktizierte Form ist die gezielte Ausiibung eigener Nachfrage oder eigenen Angebots. Wir woUen dies am Beispiel des DoUar-Devisenmarktes verdeutlichen. Sei p$ der Preis eines Dollars, gemessen in heimischen Wahrungseinheiten, er sogenannte Devisen- oder Wechselkurs des Dollars und x die Menge der angebotenen, nachgefragten oder umgesetzten Dollars (siehe Abbildung 32.27). Auf dem DoUarmarkt bildet sich durch Angebot und Nachfrage der Handler ein Gleichgewichtspreis p$. Halt nun ein Nicht-DoUarstaat diesen Wechselkurs fiir "zu niedrig", so kann er durch seine Zentralbank zusatzlich Nachfrage entfalten, also Dollar »auflcaufen« (sog. Stiitzungskaufe). Dadurch verlagert sich die DoUarNachfragekurve N$ um den Betrag Ax der staatlichen Zusatzkaufe nach »rechts« und der DoUarkurs steigt - in Abbildung 32.27 auf das Niveau p$.
450
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Abbildung 32.27: Marktintervention eines Dollar-Stutzungkaufes
Um im umgekehrten Fall einen als "zu hoch" angesehenen DoUarkurs zu verringem, kaiin die Zentralbank des Nicht-DoUarlandes ihre Dollar-Wahmngsreserven als zusatzliches Angebot auf dem DoUarmarkt anbieten. Dadurch erfahrt die DoUarmarktangebotskurve A$ eine Verlagerung in Hohe der zusatzlichen Verkaufe nach »reclits« mit der Folge eines sinkenden DoUarkurses p$. Diesen Fall kann der Leser selbst in die Abbildung 32.27 einzeichnen. Auf die hoehproblematischen Auswirkungen, die mit solchen staatlichen Marktinterventionen einhergehen, kann hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Um zumindest einen Eindruck zu vermitteln, betrachten wir die naheliegenden Folgen der zuvor erlauterten staatlichen Dollamachfrageerhohung: • Die Wirksamkeit von Stiitzungskaufen ist vergleichsweise gering, weil die Zusatznachfrage nur einen geringen Anteil am gesamten Marktvolumen ausmacht. Wenn beispielsweise die Deutsche Bundesbank ihre Dollardevisenreserven durch Zukaufe verdoppebi wiirde, so machte dies doch nicht einmal fiinf Prozent eines Tagesumsatzes des DoUarmarktes aus. • Um den Wechselkurs fiir langere Zeit iiber sein Gleichgewichtsniveau hinaus anzuheben, miiBten die genannten Interventionen in jeder Periode emeut vorgenommen werden. Dadurch wachsen die Wahrungsreserven. • Die so »eingelagerten« Dollars stellen stillgelegte Kaufkraft dar, die zudem im Zeitablauf an Wert verhert, weil sie der allgemeinen Inflation imterliegt. Die sehr geringe Verzinsung deckt diesen Wertverlust nicht.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
451
• Die Dollars kauft die Zentralbank mit selbstgeschaffenem Zentralbankgeld. Deshalb erhoht sich durch die DoUarkaufe die umlaufende Geldmenge, wodurch die Preisniveaustabilitat in Gefahr gerat. So waren die DoUarkaufe der Bundesbank eine Hauptursache fur die vergleichsweise hohen Inflationsraten zu Beginn der 70er Jahre in Deutschland. g) Wovon hangt die Wirksamkeit staatlicher Marktinterventionen ab? Wir untersuchen dies am Fall zusatzlicher staatlicher Nachfrage auf einem Markt mit der Angebotsfimktion x^(p) und der Nachfragefunktion x^(p). Die zusatzlich vom Staat entfaltete Nachfragemenge sei z^ (vgl. auch das fruhere Unterkapitel 3.2.2.e). EinschlieBlich der Staatsnachfrage ist das Marktgleichgewicht bestimmt durch: x^(p) = xN(p) + z^
(32.34)
Das totale Differential (vgl. M.S.l.a) ergibt: px^ -Dp = pxN .()p + bz^ ^
(32.35)
()p[ p x ^ - pxN] = hz^ 5p hz^
1
\^pA
x^
(32.36)
pA
Der Diffemtialqoutient gibt an, um wieviele Einheiten der Marktpreis sich verandert, wenn der Staat eine zusatzliche Nachfrage im Umfang »einer kleinen Einheit« entfaltet. Erweitert man die rechte Gleichungsseite mit p/x, wobei x die Gleichgewichtsmenge einschlieBlich Staatsanteil an der Nachfrage ist, dann resultiert die folgende Elastizitatsform: - ^ = Sz^
(32.37) 8(x^:p) - s(xN:p)
Die Gleichung zeigt: Je preiselastischer Angebot und Nachfrage sind, je groBer also s(xA:p) und I s(xN:p) i im Nenner des Bruches sind, desto geringer ist die Wirkung einer zusatzlichen Staatsnachfrage Sz^ auf den Preis, der sich auf dem Markt bildet. Der interessierte Leser kann nachvoUziehen, daB sich im anderen Fall eines zusatzhchen staatlichen Angebots z^ (addiert zur linken Seite von Gleichung (32.34) ebenfalls die Gleichung (32.37) ergibt, nur mit negativem Vorzeichen auf der rechten Seite.
452
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Die Analyse hat gezeigt, daB staatliche Marktinterventionen liber zusatzliches Angebot oder zusatzliche Nachfrage vor allem auf Markten mit relativ preisiinelastischen Marktkurven wirksam sind. h) Nicht nur am Preis konnen staatliche Markteingriflfe ansetzen. Uber Zulassungsvorschriften kann der Staat EinfluB auf die Anbieterzahl eines Marktes nehmen. In vielen Markten steht die Aufiiahme des Angebots (d.h. der Markteintritt) nicht jedem potentiellen Anbieter frei, sondem ist durch Konzessionen, Lizenzen oder ahnliche Bedingungen beschrankt. Wenn der Zutritt neuer Anbieter erschwert oder ganz ausgeschlossen wird, erfahrt die langfristige Marktanpassung, wie sie im Unterkapitel 3.2.5. erlautert wurde, eine Behinderung. Der Marktzutrittsmechanismus kann seine Wirkung nicht mehr voU entfalten. Die langfristige Marktanpassung kann dann nur noch iiber den Kostensenkungsmechanismus ablaufen. Der Preis sinkt dann vergleichsweise langsam, und die inkumbenten Anbieter konnen langer hohere Gewinne realisieren als beifreiemZutritt weiterer Konkurrenten. Wenn alle inkumbenten Anbieter ihre optimale Kapazitat wahlen konnen, die Marktnachfragemenge aber die Summe der langfiistig kostenminimalen Ausbringungsmengen aller Anbieter iiberschreitet, dann hat die beschrankte Anbieterzahl zur Folge, daB die Anbieter tiber ihr Durchschnittskostenminimum hinausgehen und dauerhaft positive Gewinne realisieren konnen. Man kann sich das auch so vorstellen: Eine staatliche Marktzugangsbeschrankung fiihrt zu einer Marktangebotskurve, die weiter »links« liegt als es bei freiem Marktzutritt der Fall ware. Dadurch ist unter sonst gleichen Bedingungen der Marktpreis - und damit der Erlos jedes Anbieters - erhoht. Zudem erlangt die Erlaubnis, auf dem Markt als Anbieter tatig zu sein, einen eigenen Marktwert. Aus diesem Grund werden zum Beispiel fiir Taxilizenzen, Maklerplatze an Borsen und ahnliche Dinge zum Teil betrachthche (Schwarzmarkt-)Preise bezahlt. Markteintrittsbarrieren konnen nicht nur durch den Staat, sondem auch durch strategische MaBnahmen der inkumbenten Anbieter errichtet werden. Ihre Hohe laBt sich grob messen, und zwar durch jene Hohe des langfristigen durchschnittlichen Gewinniveaus eines inkumbenten Anbieters messen, bei dem gerade noch keine Markteintritte induziert werden. Nimmt der Staat auch noch EinfluB auf das untemehmerische Investitionsverhalten, etwa beziighch der MaBnahmen zur Kostensenkung (z.B. durch RationalisierungskontroUen), dann kann auch der Kostensenkungsmechanismus nicht mehr voU zum Tragen kommen und die gerade herrschende Marktsituation »erstarrt«.
3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz
453
i) Auch auf das Verlassen des Marktes kann der Staat EinfluB nehmen. Behindenmgen des Marktaustritts unwirtschaftlich operierender Anbieter, zum Beispiel aus vorgeblichen Grunden der Beschaftigungssicherung, fiihren dazu, da6 eine - okonomisch gesehen - zu grofie Anbieterzahl auf dem Markt verbleibt. Erhaltungssubventionen an marode Untemehmen oder Branchen haben diese Wirkimg. Dadurch werden entweder mogliche Kostensenkimgen (durch Kapazitatserweiterungen eflRzienter Anbieter) verhindert, well jeder Anbieter wegen der groBen Mitanbieterzahl Absatzbeschrankungen erwartet. Oder die kostenoptimalen Kapazitaten der Anbieter werden nicht vol! ausgelastet, was zu heftigen Preiskampfen fuhren kann. Letzteres wird als ruinose Konkurrenz bezeichnet: Das aufgrund der hohen Anbieterzahl zu groBe Angebot fiihrt zu einem so niedrigen Preis, daB praktisch alle Anbieter Verluste statt der an sich moglichen Gewinne realisieren. Wurden die am kostenungiinstigsten produzierenden Anbieter den Markt verlassen, verringerte sich das Marktangebot, der Preis wtirde steigen und die vergleichsweise kostengiinstig operierenden Anbieter konnten voile Kostendeckung erreichen. Staathche MaBnahmen, die den Marktaustritt behindem, rufen also in den genannten Fallen ebenfalls schlechte Marktergebnisse hervor. Arbeitsplatze in unwirtschaftlichen Branchen lassen sich damit auf Dauer nicht erhalten. Vermutlich gehen durch Interventionen aufgrund der negativen Folgewirkungen an anderen Stellen (dauerhaft) mehr Arbeitsplatze verloren als im betrachteten Markt (voriibergehend) erhalten werden.
454
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
Die Marktform des Monopols unterscheidet sich von der vollkommenen Konkurrenz (Kapitel 3.2.) allein dadurch, da6 auf der Angebotsseite nur ein einzelnes Untemehmen das betrachtete Gut bereitstellt. Dieser Alleinanbieter - der Monopolist - hat also keine Konkurrenten, auch keine potentiellen. Die Voraussetzungen (Ml) bis (M4) des vollkommenen Marktes bleiben weiterhin giiltig (vgl. Kapitel 3.1.1.). Nur die Annahme (M3.3) wird insofem aufgehoben, als ein Marktzutritt neuer Anbieter in den Monopolmarkt nicht erfolgt. Die in diesem Kapitel betrachtete Marktform des Monopols auf einem vollkommenen Markt wird als reines Monopol bezeichnet. Sie stellt, ahnlich wie die der vollkommenen Konkurrenz, eine idealtypische Situation dar, die in der Realitat nur naherungsweise gegeben sein kann. Im Grunde geht es in diesem Kapitel um die theoretische ModeUierung der Angebotspolitik von - gemessen an ihrem Marktanteil - groBen, marktmachtigen und preissetzungsfahigen Untemehmen. Vollkommene Konkurrenz und reines Monopol stellen gleichsam die einander gegeniiberliegenden Extrempunkte eines Kontinuums moglicher Marktformen dar. In den nachfolgenden Kapitehi werden einige realitatsnahere Marktformen thematisiert. Sie bauen jeweils auf dem in diesem Kapitel entwickelten Idealmodell auf und setzten das Verstandnis dieses Modells voraus.
3.3.1. Angebotssituation des Monopolisten Ein Monopolist mu6 nicht, wie ein Anbieter unter vollkommener Konkurrenz, einen vom Markt her bestimmten Preis fiir sein angebotenes Gut hinnehmen, sondem ist fahig, den Preis selbst festzulegen, er ist also preis-abil. Sein Verhalten wird deshalb auch als Preissetzerverhalten bezeichnet (vgl. Kapitel 3.1.3.a). Wegen der weiterhin atomistischen Nachfrage hat kein Nachfrager einen EinfluB auf die Preissetzung des Monopolisten. Die Menge, die dieser von seinem Produkt absetzen kann, hangt von der Hohe des von ihm gesetzten Preises ab. Die Abhangigkeit der Absatzmenge x eines Anbieters von deren BestimmungsgroBen, hier insbesondere vom Preis p, wird
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
455
allgemein als Absatzfunktion des Anbieters bezeichnet. Wir schreiben dafur einfach x(p) beziehungsweise, wenn wir hervorheben woUen, da6 es sich um einen bestimmten Anbieter i handelt: x^p). Da die Absatzmenge eines Anbieters aus seiner Sicht stets eine erwartete, mutmaBliche (man sagt: konjekturale) GroBe ist, wird x^(p) auch als konjekturale Absatzfunktion und ihr Graph als konjekturale Absatzkurve bezeichnet. Da der Monopolist keine Konkurrenten hat, steht seinem Angebot die gesatnte Nachfrage des Marktes gegeniiber. Seine konjekturale Absatzmenge entspricht der gesamten Nachfragemenge bei dem von ihm geforderten Preis. In Abhangigkeit von dieser legt er seinen Angebotspreis fest. Die Abhangigkeit des zu setzenden Preises von der geplanten Absatzmenge wird als die (konjekturale) Preis/Absatz-Funktion p(x) des Monopolisten bezeichnet. Formal betrachtet 2
entspricht sie der Umkehrfunktion (sog. Inverse) seiner Absatzfunktion beziehungsweise der Marktnachfragefimktion x^(p). Sie gibt ihm an, zu welchem Preis p er eine bestimmte Menge x seines Produktes absetzen kann - oder umgekehrt formuliert: welchen Preis er verlangen muB, damit genau die Menge nachgefragt wird, die er absetzen mochte: p(x) = inv{xN(p)} (33.1) Lautet beispielsweise die Marktnachfragefimktion xN(p) =
^
- O
p+n mit den KoefiRzienten m, n und o, so ergibt sich die Preis/Absatz-Funktion einfach durch Umstellen der Gleichung nach p zu P(x)
m x+o
1
In der Marketingforschung bilden die Absatzfunktionen eine wichtige Gruppe innerhalb der sog. Marktreaktions- oder Responsefunktionen. 2 p(x) ist die Umkehrfimktion von x(p); vgl. ggf. Anhang M.2.b) - Preis/Absatz-Funktionen spielen auch in manchen Markten mit mehreren Anbietem eine wichtige RoUe (vgl. das vierte Hauptkapitel). Im Falle mehrerer Anbieter entsprechen sie allerdings nicht mehr der inversen Marktaachfragefunktion, sondem beschreiben nur Teile davon. Der Hauptgrund fiir die Verwendung der Preis/Absatz-Funktion besteht darin, daB sich mit p(x) einige Analysen leichter durchfiihren lassen als mit x(p). Zu methodisch umfassenden Ansatzen zur empirischen Ermittlung von (Preis-)Absatz-Funktion«i vgl. z.B. K.P. Kaas: Empirische Preisabsatzfunktionen bei Konsumgutem; Berlin u.a., 1977, sowie die Quellenangaben im nachfolgenden Empirikum 33.1. Neuere empirische Resultate stellt N. Mauerer (Die Wirkung absatzpolitischer Instrumente; 1995) zusammen.
456
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Die Preis/Absatz-Funktion tritt in der Angebotsplanung des Monopolisten an die Stelle des vorgegebenen Markt- beziehungsweise Absatzpreises p = p im Falle des preisinabilen Anbieters, der imter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz agiert. Dies ist - formal gesehen - der einzige Unterschied der beiden Angebots- und Marktmodelle, was der Leser sich be^onders merken soUte. Alle tibrigen Modellbestandteile und Modellergebnisse bleiben giiltig. Die Mengenabhangigkeit des Absatzpreises hat indes weitreichende Folgen, wie im folgenden deutlich werden wird. Der Graph der Preis/Absatz-Funktion ist die Preis/Absatz-Kurve. Deren Darstellung unterscheidet sich beim reinen Monopol nicht von der Marktnachfragekurve, da ledighch die Festlegung von abhangiger und unabhangiger Variable vertauscht wurde: Bei der Nachfragekurve wird x in Abhangigkeit von p betrachtet, bei der Preis/Absatz-Kurve ist es genau umgekehrt. Die Gtiltigkeit des "Gesetzes der Nachfrage" (siehe Kapitel 1.5.4.h.) erstreckt sich auch auf die Preis/AbsatzKurve: Im Normalfall laBt sich bei einem hohen Preis p' nur eine geringe Menge x' des Gutes absetzen, bei einem niedrigen Preis p" dagegen eine groBere Menge x": Abbildung 33.1: Preis/Absatz-Kurve
457
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
Empirikum33.1; Das Konzept der Preis/Absatz-Funktion beziehungsweise -Kurve ist auch anwendbar (und wird angewendet) bei Unternehmen, die einen Preisgestaltungsspielraum haben, ohne reine Monopolisten zu sein. Die folgende Abbildung zeigt einige empirische Beispiele. Im linken Diagramm sind Preis/AbsatzKurven fur zwei Zahncrememarken dargestellt, die Pessem/er Anfang der 60er Jahre in den USA ermittelte. Anstelle der Nachfrage- bezieiiungsweise Absatzmenge miRt er die Anzahl der Kaufer pro Zeiteinheit. Im rechten Diagramm ist eine von Balderjahn Anfang der 90er Jahre in Deutschland ermittelte Preis/Absatz-Kurve fur Tandon-Personalcomputer zu sehen. Hierbei wird allerdings anstelle der Absatzmenge der Marktanteil der entsprechenden Marke gegen den Preis aufgetragen (bei konstanten Konkurrenzproduktpreisen). Auch die vom Verfasser ermittelte Kurve im Empirikum 15.6b) kann als empirisches Beispiel einer Preis/Absatz-Kurve dienen. 40 Preis!
25
Colgate
60
80
Crest
100 120 Kauferanzahl
60%
Marktanteil 50%
40%
30%
20%
10%
0% 4000
4500
5000
5500
6000
6500
7000
Preis [DM] Quelle: Pessemier, E.A.: Experimental Methods of Analysing Demand for Branded Consumer Goods with Applications to Problems in Marketing Strategy; Washington, 1963, zit. in: Simon, H.: Preismanagement; 2. Aufl., Wiesbaden, 1992. Balderjahn, I.: Marktreaktionen von Konsumenten; Berlin, 1993, S. 199.
458
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
b) Im Falle des Monopols gibt es keine MarktangebotsArwrv^, sondem nur einen vom Monopolisten auf seiner Preis/Absatz-Kurve festgelegten Angobotspunkt. Setzt der Monopolist den Preis so, dafi er mit der zugehorigen Absatzmenge den maximalen Gewinn G realisiert, was gemaB (23.5) die Erfiillung der CoumotBedingimg xE(x) = xK(x) voraussetzt, dann wird sein Angebotspunkt (p^,x^) als Coumot'scher Punkt oder kurz: Cournot-Punkt bezeichnet imd diirch (Co) symbolisiert. p^ ist der durch ihn gesetzte Monopolpreis iind x^ seine gewinnmaximierende Angebotsmenge (Monopolmenge). Der Leser nehme von irgendeinem Punkt im linken-oberen Bereich der Preis/Absatz-Kurve in Abbildung 33.1 an, daU es sich dabei um den CournotPunkt handelt, und kennzeichne ihn entsprechend (einschlieBlich des zugehorigen Monopolpreises und der Monopolmenge). Abgesehen von der soeben beschriebenen besonderen Angebotssituation bleiben fur das Monopol die produktions- und kostentheoretischen Aussagen des zweiten Hauptkapitels weiterhin giiltig. Das gleiche gilt fiir die Ausfuhrungen zur Faktomachfrage in Kapitel 2.4.
3.3.2. Erios und Grenzerlos a) Der Erlos des Monopolisten stimmt mit der Summe der Ausgaben aller Nachfrager fur das gehandelte Gut tiberein. Kennt man seine Preis/AbsatzFunktion p(^), dann kann daraus durch Multiplikation mit der Absatzmenge x seine Erlosfunktion ermittelt werden. Wegen der Mengenabhangigkeit des Preises ist die Erlosfunktion nicht mehr linear, also mit konstantem Grenzerlos, wie im Falle eines preisinabilen Anbieters (vgl. Kapitel 2.3.1.). Vielmehr hangt bei einem preisabilen Anbieter auch der Grenzerlos von der Absatzmenge ab. Die Erlosfunktion lautet allgemein: E(x) = p(x)-x
(33.2)
Die zugehorige Grenzerlosfunktion ist die erste Ableitung der Erlosfunktion:
xE(x) := - S .
(33.3)
DerfranzosischeOkonom Antoine Augustin Cournot (1801-1877), dessen Hauptwerk 1838 erschien, entwickelte die erste stringente Monopoltheorie. Wie der Coumot-Pimkt genau bestimmt ist, wird im spateren Unterkapitel 3.3.3. gezeigt
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
459
Sie gibt (in Abhangigkeit von der Absatzmenge x) die Eriosanderung bE an, die durch den Absatz einer zusatzlichen Gutseinheit (bx= 1) realisiert wird. Um die Eigenschaften der Grenzerlosfimktion allgemein untersuchen zu konnen, wenden wir die Berechnimgsvorschrift (33.3) auf die Erlosdefinition (33.2) an, differenzieren also p(x) • x gemaB der Produktregel nach x. Dann ergibt sich die Erlosgrundgleichung erster Ordnung: x'E(x) = x'p(x).x + p(x)
(33.4)
Diese Gleichung zeigt: Wenn die Preis/Absatz-Kurve einen fallenden Verlauf hat, ihre Steigung xp(x) = bp/bx also negativ ist, dann ist der Grenzerlos xE(x) bei jeder positiven Absatzmenge x kleiner als der Preis p(x). Denn auf der rechten Seite von (33.4) wird dann von p(x) etwas abgezogen. Nur wenn die Preis/Absatz-Kurve eine Steigung von null hat (horizontaler Verlauf, xp = 0), ist der Grenzerlos gleich dem Preis. Genau dies ist in der Marktform der voUkommenen Konkurrenz der Fall und war in den Kapiteln 2.3. und 3.2. vorausgesetzt worden. Die Gleichung (33.4) zeigt auch, da6 bei x = 0 Grenzerlos und Preis auf jeden Fall iibereinstimmen. Wenn also die Preis/Absatz-Kurve in einem Punkt auf der pAchse beginnt, dann beginnt dort auch die zugehorige Grenzerloskurve: xE(0) = p(0)
(33.5)
Weiter ist zu erkennen, daB der Grenzerlos - im Gegensatz zum Preis - auch negative Werte annehmen kann. Denn der Zahlenwert des negativen Terms xP(x) • x kaim den positiven Wert von p(x) (ibertreflfen. Ein negativer Grenzerlos bedeutet, daB ein Mehrabsatz zu einem sinkenden Gesamterlos fuhrt (aufgrund des zu senkenden Preises). Wie in der Kostentheorie, so woUen wir auch fiir die Erloskonzepte die Zusammenhange zwischen den Gesamt-, Grenz- und DurchschnittsgroBen in einem Schaubild zusammenfassen (siehe Abbildung 33.2). Die dabei vorgenommene Gleichsetzung von Durchschnittserlos E(x)/x und Preis p(x) gilt allerdings nur fiir den Fall, daB keine Steuem auf die abgesetzten Gutseinheiten erhoben werden (wie z.B. Verbrauchsteuem). Diese wtirden namlich dazu fiihren, daB die Kaufer eines Gutes einen Preis zahlen mtiBten, der hoher ware als der Stiickbeziehungsweise Durchschnittserlos des Verkaufers. Die Diflferenz, also die Steuer, muB der Verkaufer an den Fiskus abfiihren. Sieht man davon ab, was wir
Auf analoge Weise haben wir die "Kostengnmdgleichung erster Ordnung" (22.40) hergeleitet.
460
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
im folgenden tun woUen, so gelten die gleichen Zusammenhange und analogen Erklarungen wie zur Abbildung 22.15 in der Kostentheorie. Abbildung 33.2: Zusammenhange zwischen den Erloskonzepten (Gesamt-)Erlds
E(x)
Durchschnittserios
E(x)=;[p(x).x] Grenzerlos
iE(x)
P(X)
.^E(x)»5x P(x)
Auch die Konzepte der graphischen Analyse von Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzkosten (Kapitel 2.2.4.) konnen analog auf die ErlosgroBen iibertragen werden, was aber dem Leser zur Ubung iiberlassen bleibt. ZVLT formalen Ubung dient dartiber hinaus die folgende Aufgabe: Aufgabe33.1: Ermitteln Sie fiir die im folgenden genannten Preis/Absatz-Funktionen die zugehorigen Grenzerlosfunktionen: a) p(x) = n - m • X b) p(x) = [n - m • x]^ c) p(x) = n - m • x^ d) p(x) = m • x"^ Skizzieren Sie auch die Verlaufe der Preis/Absatz-Kurven und der Grenzerloskurven. Alle Funktionskoeffizienten (m, n, a) seien positiv.
b) Der Grenzerlos ist eine »unliandliclie« GroBe, das heiBt eine, die in der Praxis - wenn iiberhaupt - schwierig direkt zu ermitteln oder abzuschatzen ist. Gleichwohl wird sie unter anderem fiir die Coumot-Bedingung (23.5) benotigt, nach der ja im Gewinnmaximum des Anbieters der Grenzerlos den Grenzkosten entsprechen muB.
3.3. Angebotspolitikund Preisbildung im reinenMonopol
461
Erfreulicherweise gibt es eine formale Moglichkeit, den Grenzerlos durch GroBen auszudriicken, die in der Kegel bekannt sind. Um dies zu zeigen, greifen wir auf die Erlosgnmdgleichung (33.4) zuruck und klammem p = p(x) aus. Dies ergibt: :E(X)
+
PX
p- 1
px
Im rechten Term der Klammer ist die formale Struktur einer Elastizitat s(p:x) zu erkennen. x ist die beim Preis p vom Monopolisten abgesetzte und folglich insgesamt von den Nachfragem nachgefragte Menge x^ des Gutes. Da die Preis/Absatz-Funktion, wie wir hier annehmen woUen, einen durchgehend fallenden Verlauf aufweist und somit umkehrbar (invertierbar) ist, gilt nach Gleichung (6) aus dem Anhang M.7.: s(p:x)
1 s(x:p)
1 s(x^:p)
(33.6)
Somit entspricht der oben ganz rechts in der eckigen Klammer stehende Term dem Kehrwert der Definitionsgleichung (15.22) der Eigenpreiselastizitat der Nachfrage 8(x^:p), die wir hier aus der Sicht des Monopolisten passender als Preiselastizitat des Absatzes bezeichnen und im folgenden einfach durch 6(x:p) symbolisieren. Damit ergibt die obige Umformung folgende wichtige und allgemeingultige Beziehung, die nach ihren Entdeckem als Amoroso/RobinsonRelation bezeichnet wird:
E(x)
1 +
s(x: p)
8(x : p) +1 8(x: p) •P
(33.7)
Die Amoroso/Robinson-Relation stellt eine direkte formale Verbindung zwischen dem Grenzerlos, dem Preis und der Preiselastizitat des Absatzes her. Sie erlaubt somit die Berechnimg des ersteren durch die letztere. Dies ist von Vorteil, weil Untemehmen eher quantitative Vorstellungen tiber Preiselastizitaten als tiber Grenzerlose besitzen und weil sie mittels der Relation (33.7) die »unhandhche« GroBe Grenzerlos durch die »handlichen« GroBen Preis und Preiselastizitat ermitteln oder abschatzen konnen. Verkauft beispielsweise ein Untemehmen ein
Vgl. die Anhange M.2.b), M.4.1.b). 'Nach dem italienisch-schweizerischen Okonomen Luigi Amoroso (1886-1965) und der englischen OkonoxmnJoan V. Robinson (1903-1983).
462
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Produkt zu einem Preis von p = 12 G£'/Stuck, und ist bekaimt, da6 die Preiselastizitat des Absatzes B(x:p) = -1,5 betragt, so ergibt sich nach der Gleichimg (33.7) der Grenzerlos zu xE =" 4 G£'/Stuck, was der Leser nachrechnen moge. Eine Erhohung des Absatzes um eine Gutseinheit bringt dem Monopolisten also nur einen Erloszuwachs von 4 Geldeinheiten. Wamm der Erloszuwachs geringer als der Absatzpreis ist, wird sogleich gezeigt. Im Falle der vollkommenen Konkurrenz verlauft die Preis/Absatz-Kurve jedes Anbieters horizontal (parallel zur x-Achse) und der Grenzerlos des preisinabilen Anbieters entspricht dem Preis. Dieser »Grenzfall« ergibt sich in der Amoroso/ Robinson-Relation, wenn die Preiselastizitat gegen minus Unendlich geht, mithin eine vollkommen preiselastische Nachfrage unterstellt wird. Das kann der Leser nachvoUziehen, indem in dem oben genannten Zahlenbeispiel fur 8(x:p) schrittweise immer tiefer negative Zahlenwerte eingesetzt werden. Allgemein gilt, dafi in alien Gleichungen, in denen beim preisinabilen Anbieter p steht, im Falle einespreisabilen Anbieters p • [s(x : p) + l]/8(x: p) zu schreiben ist. Wie wir anhand der Gleichung (33.4) gesehen haben, ist der Grenzerlos bei normaler Marktnachfrage (und somit negativen Preiselastizitaten) in der Regel kleiner als der Preis. Das liegt daran, daB der monopohstische Anbieter eine zusatzliche Gutseinheit nur dann absetzen kann, wenn er den Preis etwas senkt, denn dadurch steigt ja die nachgefragte Menge. Die Preissenkung kann er jedoch nicht auf die eine zusatzlich abzusetzende Gutseinheit beschranken, sondem muB - da er ein homogenes Gut bei voUstandiger Markttransparenz nur zu einem einheitlichen Preis anbieten kann - den Preis fiir alle angebotenen Einheiten des Gutes senken. Dadurch steht dem mengenbedingten Mehrerlos eine preisbedingte Schmalerung des Erloses fiir alle schon zuvor absetzbaren Gutseinheiten gegeniiber. Aus diesem Grund nimmt der Anbieter weniger als den Preis der zusatzhch abgesetzten Gutseinheit ein, denn die ubrigen Gutseinheiten bringen ihm nun weniger ein als zuvor. c) Dies laBt sich gut durch eine graphische Veranschauhchung der Amoroso/ Robinson-Relation klar machen; siehe Abbildung 33.3: Ein preisabiler Anbieter mit der Preis-/Absatz-Funktion p(x) fordert in der Anfangssituation den Preis p' und setzt die Menge x' ab. Die Rechteckflache »links-unterhalb« des Angebotspunktes (p',x') auf der Preis/Absatz-Kurve entspricht dem Erlos des Anbieters. Der anfanghche Erlos ist somit E' = p'x', dargestellt durch das gesamte fallendschraflSerte Rechteck.
^ Vgl. die Kapitel 2.3.1. und 2.3.2.
463
3.3. Angebotspolitikund Preisbildung im reinenMonopol
Abbildung 33.3: Preiseffekt undMengeneffekt
p'.5p
P(x),x^p) x' x' + fix Wird nun der Preis um einen kleinen Betragfipgesenkt (das enstpricht der Lange des Pfeils an der p-Achse), so steigt die Absatzmenge umfix(Pfeillange an der xAchse). Die daraus resultierende Erlos- beziehungsweise Flachenanderung setzt sich aus zwei einander entgegen gerichteten Eflfekten zusammen: dem Mengeneffekt
ME := (p' - fip) • fix
(33.8)
dem Preiseffekt
PE - fip
(33.9)
In der Abbildung 33.3 entspricht der Mengeneffekt der schmalen nur steigendschraflfierten Rechteckflache rechts von x'. Er ist positiv, da6 heiBt erloserhohend. Der Preiseffekt wird durch das kleine nur fallend-schraffierte Rechteck oberhalb von p' - fip reprasentiert und ist negativ, dafi heifit erlosmindemd. Der Leser schreibe die Abkiirzungen der Eflfekte in die entsprechenden Rechteckflachen. Mit den oben definierten Effekten gilt fiir die Erlosanderung allgemein: fiE = PE + ME
fip
•fix
fip -fix
(33.10)
Das mathematische Produkt aus der annahmegemaB kleinen Preisanderungfipund der ebenfalls kleinen Mengenanderung fix im rechten Term ist vemachlassigbar gering und kann deshalb weggelassen werden. Erweitert man nun den linken Term mit (p' •fix)/(p' -fix) , so folgt:
464
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
bE =
- p ' d x + p'-5x
=
p'-dx
ox p
1. 1^4
ox p In der Klammer erscheint wieder die Elastizitat s(p:x), die gemaB Gleichung (33.6) der Kehrwert von 8(x:p), der Preiselastizitat des Absatzes, ist. Division der Gleichung durch 3x Mirt zur Amoroso/Robinson-Relation (33.7): bE
1.
'
8(x: p)
d) Die Amoroso/Robinson-Relation zeigt, daB der Grenzerlos nur dann positiv ist, wenn die Preiselastizitat des Absatzes kleiner als minus Eins ist, wenn also eine relativ preiselastische Marktnachfrage vorliegt. Bei 8(x:p) = -2 ergibt sich beispielsweise iE = p/2. Ist die Nachfrage dagegen relativ preisunelastisch, liegt also s(x:p) zwischen -1 und 0 , so nimmt der Grenzerlos negative Zahlenwerte an. Ein steigender Absatz infolge einer Preissenkung fuhrt dann zu einem geringeren Gesamterlos, wogegen eine Verringerung des Absatzes infolge einer Preiserhohung einen Erloszuwachs bringt. Das zeigt auch die Abbildung 33.3: • FrQissenkungen im (»links-oben« liegenden) preiselastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve erhohen den Erlos: Der positive Mengeneffekt ist groBer als der negative Preiseffekt. Das war der im vorigen Abschnitt erlauterte Fall. • FrQiserhohungen im preiselastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve senken dagegen den Erlos: Der dann positive Preiseffekt ist kleiner als der negative Mengeneffekt. (In Abbildung 33.3 weisen die Pfeile an den Achsen dann jeweils in die umgekehrte Richtung). • VxQissenkungen im (»rechts-unten« liegenden) preisunelastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve senken den Erlos: Der positive Mengeneffekt ist dann kleiner als der negative Preiseffekt. (Der Leser mache sich dies analog zu oben anhand der in Abbildung 33.3 gestrichelt eingezeichneten Veranderungen klar, z.B. mitp"undx"). • FrQiserhdhungen im preisunelastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve erhohen den Erlos: Der positive Preiseffekt ist groBer als der negative Mengeneffekt. Als Merkregel bietet sich somit an: Wenn x(p) iQlativ preisunelastisch ist, dann verhalt sich der Erlos wie der Preis. e)Bei einem sehr niedrigen Preis ist, obwohl die Absatzmenge dann normalerweise groB ist, der Gesamterlos p(x)x gering; im Extrem, bei p = 0, ist
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
465
auch E = 0. Aber auch bei sehr hohem Preis ergibt sich ein geringer Erlos, weil dann die Absatzmenge x gering ist; oberhalb der Marktpreisobergrenze wird sie sogar null. Folglich mu6 es ein Erlosmaximum im »mittleren« Preis- und Absatzmengenbereich geben. Ein einfaches Zahlenbeispiel macht dies deutlich: In der ersten Spalte der folgenden Tabelle (Abbildung 33.4) sind verschieden hohe Preise p fiir das von einem Monopolisten angebotene Gut angegeben. Die zweite Spalte zeigt, welche Mengen x er bei den einzelnen Preisen absetzen kann. Je holier der Preis, desto geringer die Absatzmenge. In der dritten Spalte sind die realisierten Erlose eingetragen. Der Leser zeichne den Erlosverlauf E(x) als Kurve in ein Diagramm und vergleiche die so gewonnene Erloskurve mit der des preisinabilen Anbieters aus Abbildung 23.1. (Es kann auch versucht werden, die Funktionsgleichung der entsprechenden Preis/Absatz-Funktion zu bestimmen.) Abbildung 33.4: Erlostabelle E = px
p
X
0
100
0
1
90
90
2
80
160
3
70
210
4
60
240
5
50
250
6
40
240
7
30
210
8
20
160
9
10
90
10
0
0
Es zeigt sich der soeben genannte Zusammenhang: Sowohl bei niedrigen als auch bei hohen Preisniveaus ergeben sich vergleichsweise geringe Erlose. Der maximale Erlos von 250 wird in dem Beispiel bei p = 5 (und x = 50) erreicht. Wodurch ist das Maximum des Erloses im allgemeinen Fall bestimmt?: Im Erlosmaximum mu6 notwendig die erste Ableitung der Erlosfunktion gleich Null sein (Bedingung erster Ordnung). Die erste Ableitung entspricht aber nach (33.3)
466
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
dem Grenzerlos. Dort, wo der Grenzerlos null ist liegt somit das Erlosmaximum. Die Amoroso/Robinson-Relation (33.7) zeigt, daB der Grenzerlos genau dort null ist, wo die Preiselastizitat des Absatzes den Zahlenwert minus Eins hat. Die gesuchte Erlosmaximumbedingung kann daher in zwei logisch aquivalenten Formen angegeben werden: (33.11)
Der erlosmaximierende Preis und die erlosmaximierende Absatzmenge bezeichnen ^yir mit p^ und x^, den maximalen Erlos selbst mit E. Die Bedingung (33.11) erofl&iet die Moglichkeit, auch auf einer nur graphisch gegebenen Preis/Absatz-Kurve den erlosmaximalen Punkt (p^,x^) rasch zu finden. Dazu muB nur mit Hilfe des graphischen Verfahrens zur Elastizitatsbestimmung aus dem Anhang M.7.g) jener der Kurvenpunkt ermittelt werden, in dem 8(x:p) gleich minus Eins ist. Er wird als einheitselastischer Punkt bezeichnet. Der Leser tibe das anhand der Abbildungen 33.1 und 33.3. f) Bei lehrbuchhaften Darstellungen wird haufig der Einfachheit halber von linearen Preis/Absatz-Funktionen ausgegangen, wie auch in dem Zahlenbeispiel der Abbildung 33.4. Wenn man nur einen kleinen Ausschnitt einer (in der Realitat sicher stets geknimmten) Preis/Absatz-Kurve betrachtet, ist diese Annahme auch unter empirischen Gesichtspunkten methodisch nicht problematisch. Deshalb empfiehlt es sich, auf einige Besonderheiten des »linearen Falls« einzugehen. Sie sind Gegenstand des folgenden Beispiels 33.1: Beispiel 33.1: Besonderheiten bei linearen Preis/Absatz-Funktionen. Eine lineare Preis/Absatz-Funktion kann allgemein wie folgt geschrieben werden (der Leser iiberlege, wie die zugehorige Funktion der Marktnachfrage x(p) lautet): p(x) = n - m • X
(1)
Die Achsenschnittpunkte der durch (1) beschriebenen Geraden sind: Po = n und xo = n/m
(2)
Diese Bedingung war auch im Kapitel 3.2.If) schon zur Sprache gekommen. Es ist hilfreich, die dortige Argumentation mit der hiesigoi zu vergleichen.
467
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
Ihre Steigung ist: xP =
dx
(3)
= -m
Mit der Defmitionsgleichung (33.2) ergibt sich im linearen Fall folgende Erlosfunktion: E(x) = p(x)x = ( n - m x ) x = nx - mx^
(4)
Die zugehorige Grenzerlosfunktion ist die erste Ableitung: x' E(x)
c)E(x) Sx
n - 2m • X
(5)
Wie im Abschnitt d) gezeigt wurde, kami der Grenzerlos im Gegensatz zum Preis auch negative Zahlenwerte amiehmen, namJich daim, wemi x »lmireicliend« groB ist. In (5) ist das direkt ersichtlich. Die Achsenschnittpunkte der durch (5) beschriebenen Grenzerlosgeraden sind: Po
n [ = po ] und
n 2m
XQ
(6)
2
In der folgenden Abbildung sind die Verlaufe der linearen Preis/Absatz-Kurve und der zugehorigen Grenzerloskurve zusammen dargestellt. Dies ist moglich, weil sowohl Preise als auch Grenzerlose die MaBeinheit "Geldeinheiten pro Mengeneinheit" haben.
m
xE(x)
^0
468
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Bei der Absatzmenge, bei welcher der Grenzerlos ^E null wird, erreicht der Erlos sein Maximum E (Bedingung erster Ordnung). Durch NuUsetzen von (5) ergibt sich diese erlosmaximierende Menge: jE(x) = n - 2 m x
0
= 2m^ [ - . 1
(7)
Das ist nach (33.11) zugleich die Absatzmenge, bei der die Preiselastizitat des Absatzes minus Eins betragt. Zur Ermittlung von x^ hatte auch von dieser Elastizitatsbedingung ausgegangen werden konnen, weil ja - wie im Anhang M.7. gezeigt - bei einer negativ geneigten Geraden der einheitselastische Punkt stets genau in der Mitte der Geraden liegt. Der erlosmaximierende Preis ergibt sich durch Einsetzen von (7) in die Preis/Absatz-Funktion (1) zu: .E
-
^"^ PCX*^)
= n - mx^
^ n ^ n -m- 2m,
n
Po 2
(8)
Der Leser kann x^ und p^ in der Abbildung erganzen. Der maximale Erlos itn linearen Fall ist damit: E _ n n _ n (9) 2 2m 4m E kann natiirhch auch durch Einsetzen von x^ in die Erlosgleichung (4) ermittelt werden, was dem Leser zur Ubung tiberlassen bleibt. Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf des Gesamterloses mit seinem Maximum: E =
n
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
469
Restimierend kann festgestellt werden: • Bei linearen Preis/Absatz-Kurven ist die Grenzerloskurve ebenfalls eine Gerade mit gleichem p-Achsenschnittpunkt und halbem x-Achsenschnittpunkt, also doppelter (negativer) Steigung. Bei einer nur abschnittsweise linearen Preis/Absatz-Kurve gilt diese Aussage auch, und zwar fiir jeden einzelnen linearen Abschnitt. (Die Achsenschnittpunkte miissen dann durch Verlangerung der Geradenstucke ermittelt werden.) • Allgemein, das heiBt fiir alle Formen von Preis/Absatz-Funktionen gilt: Die Absatzmenge, bei welcher der Grenzerlos null wird (Schnittpunkt mit der x-Achse), bringt den hochstmoglichen Erlos. Dort weist die Preis/AbsatzKurve eine Preiselastizitat von B(x:p) = -1 auf (einheitselastischer Punkt). Aufgabe 33.2: Bin monopolistischer Anbieter habe eine lineare Preis/Absatz-Kurve, welche die p-Achse bei 10 und die x-Achse bei 400 schneidet. a) Ermitteln Sie die Erlos-' und die Grenzerlosfunktion und skizzieren Sie die zugehorigen Kurven. b) Wie hoch ist der maximale Erlos E, und bei welcher Absatzmenge wird er erreicht ?
g) Bei praktischen Anwendungen ist haufig die Preis/Absatz-Relation nur als - mehr oder weniger prazise - Kurve gegeben, eben in Form der konjekturalen Preis/Absatz-Kurve, etwa wie im Empirikum 33.1. Wenn die sie beschreibende Preis/Absatz-Funktion nicht bekannt ist, bedarf es eines Verfahrens zur graphischen Ermittlung des Grenzerlosverlaufs. Ein analoges Verfahren haben wir bereits in Kapitel 2.2.4.h) bezogen auf Grenz- und Durchschnittskostenverlaufe vorgestellt. Es soil im folgenden auch auf die Erlossituation angewendet werden. Wir gehen dabei von der Erlosgrundgleichung (33.4) aus, in welcher der Zusammenhang zwischen dem Grenzerlos, der Preis/Absatz-Funktion p(x) und deren Steigung j^P(x) beschrieben wird: xE(x) = Jp(x). X + p(x) Durch Umstellen folgt:
j ^ w j i i w ^ .p(,) „,,, m - xE(x) ^ _ ,p^^^ ^33_^2^
470
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Dies zeigt, daB in jedem Fall die Steigung der Preis/Absatz-Kurve dem Quotient aus der Diflferenz zwischen dem (unbekannten) Grenzerlos und der Absatzmenge entspricht. Diese formale Eigenschaft konnen wir nutzen, um auf graphischem Wege xE(x) zu ermitteln. Dazu ist wie folgt vorzugehen; siehe Abbildung 33.5: 1. Markiere einen Punkt (p',x') auf der gegebenen Preis/Absatz-Kurve. 2. Lote die Koordinaten des Punktes auf die beiden Achsen: x', p'. 3. Lege an den Punkt
(x', p' ) eine Tangente T an. Deren Steigung ist J P W -
Im Diagramm kann nur der Absolutbetrag I 'p(x) = -^'p(x) dargestellt werden. 4. Verschiebe die Tangente parallel bis sie durch den Punkt p' auf der p-Achse verlauft: T'. 5. Die Tangentenparallele T' schneidet die senkrechte Verbindungslinie des Punktes (x', p') mit der x-Achse. Dieser Schnittpunkt (x', xE(x')) ist ein Punkt auf der gesuchten Grenzerloskurve. Er gibt den ^E-Wert bei der Absatzmenge x' an. Abbildung 33.5: Konstruktion der Grenzerloskurve aus der Preis/Absatz-Kurve :E,P
xE(x')
471
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
Auf die genannte Weise lassen sich fur verschiedene Pimkte der vorliegenden Preis/Absatz-Kurve die zugehorigen Punkte der Grenzerloskurve ermitteln. Der Leser versuche dies fur den weiter imten rechts eingezeichneten Pimkt (x", p"). (Dort liegt tibrigens das Erlosmaximum.) Zur graphischen Rekonstruktion des ^'E -Kurvenverlaufs reichen in der Kegel drei bisfiinfAnalysepunkte aus. I Aufgabe33.3: II Das fblgende Diagramm zeigt die subjektive Schatzung der Preis/Absatz-Kurve eines Ij Untemehmens (aus: Eckart Zwicker: Simulation und Analyse dynamischer Systeme in den III Wirtschafts- und Soziahvissenschaften; Berlin 1981, S. 123):
1000
2000
3000
4000
Ermitteln Sie (auf graphischem Wege) den ungefahren Verlauf der zugehorigen Grenzerloskurve. Bei welcher Absatzmenge liegt das Erlosmaximum?
3.3.3. Gewinnmaximierung a) AnnahmegemaB verfolgt der Monopolist das Ziel, durch die Wahl der Angebotsmenge und des zugehorigen Preises seinen Gewinn zu maximieren. Er muB dazu die Realisierung der Coumot-Bedingung (23.5) sicherstellen, nach der im Gewinnmaximum der Grenzerlos den Grenzkosten entspricht, also xE(x) = xK(x). Der Grenzerlos sinkt mit zunehmender Absatzmenge, wie im vorigen Unterkapitel gezeigt wurde, und wird dort null (x-Achsenschnittpunkt x^), wo
472
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
auf der Preis/Absatz-Kurve 8(x:p) = -1 ist. Im iiblichen Fall positiver Grenzkosten schneidet daher die Grenzkostenkurve die Grenzerloskurve stets »links« von deren Schnittpunkt auf der x-Achse, und damit im Elastizitatsbereich 8(x:p) < -1; siehe Abbildung 33.6. Mit anderen Worten: Bei positiven Grenzkosten liegt der gewiimmaximierende Angebotspunkt des Monopolisten (Coumot-Punkt (Co) ) immer im prQiselastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve, »links obertialb« vom Punkt mit s(x:p) = -1 und damit bei einer geringeren als der erlosmaximierenden Menge x^. Der gewinnmaximierende Angebotspreis (Monopolpreis p^) liegt folglich stets oberhalb der Grenzkosten. Die Angebotsentscheidungssituation eines Monopolisten veranschaulicht die Abbildung 33.6: Abbildung 33.6: Angebotssituation im Monopol
xE(x)
Der Leser gebe in der Abbildung senkrecht unter dem Schnittpunkt der dick eingezeichneten Grenzerloskurve mit der Grenzkostenkurve (das ist der Punkt in dem die Coumot-Bedingung erfuUt ist) die gewinnmaximierende Angebotsmenge x^ des Monopolisten auf der x-Achse an. Senkrecht daruber, auf der Preis/Absatz-Kurve p(x), liegt der Coumot-Punkt (Co). In gleicher Hohe auf der p-Achse hegt der gewinnmaximierende Preis p ^ . Es ist zu erkennen, da6 der Angebotspunkt (p^,x^) des Monopohsten, also (Co), im »linken oberen«, also preiselastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve Uegt. Das wiirde auch dann der Fall sein, wenn die Grenzkostenkurve x K(x) die Preis/Absatz-Kurve p(x) »rechts« von der erlosmaximierenden Angebotsmenge xg schneiden wiirde, was der Leser sich durch Einzeichnen einer etwas nach unten gedrehten Grenzkostenkurve in
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
473
Abbildung 33.6 klarmachen moge. Im preiswnelastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve bietet ein Monopolist auf keinen Fall an. Denn dort konnte er stets durch ein Preiserhohung sowohl den Erlos erhohen (vgl. Unterkapitel 3.3.2.d) als auch die Kosten senken, das heiBt: Der Gewinn steigt dort, wenn die Ausbringungsmenge reduziert wird. b) Die Bedingung zweiter Ordnung flir ein Gewinnmaximum (23.10), also xE(x) < X K(x), besagt - graphisch interpretiert -, daB die Grenzkostenkurve die Grenzerloskurve im Gewinnmaximum »von unten« herkommend schneiden mu6, beziehungsweise daB dort die Steigung der Grenzerloskurve kleiner sein muB als die der Grenzkostenkurve. Das ist bei fallendem Grenzerlosverlauf (xE(x) < 0) und steigendem Grenzkostenverlauf (xK(x) > 0 ) stets der Fall. Dann kann es also nur ein Maximum des Gewinns geben. xK(x) > 0 bedeutet, daB die Kostenkurve konvex verlauft; entsprechend weist xE(x) < 0 einen konkaven Erlosverlauf aus. Es kann gezeigt werden, daB letzteres dann gesichert ist, wenn die Preis/AbsatzKurve einen fallenden und zudem nichtkonvexen (also konkaven oder linearen) Verlaufhat. Bezogen auf die Preissetzung in der Praxis besagt die Bedingung zweiter Ordnung somit folgendes: • Wenn durch eine VvQissenkung und den damit verbundenen Absatzzuwachs die Erlose starker steigen als die Gesamtkosten, dann sollte der Preis weiter gesenkt werden. Steigen die Erlose dagegen schwacher als die Kosten (oder sinken sie gar), dann ist der Preis zu niedrig und sollte erhoht werden. • Wenn durch eine FrQisanhebung und den damit verbundenen Absatzriickgang die Erlose starker sinken als die Gesamtkosten, dann ist der Preis zu hoch und sollte gesenkt werden. Sinken dagegen die Kosten starker als die Erlose (oder steigen die Erlose sogar), dann sollte der Preis weiter erhoht werden. Der Leser mache sich diese Aussagen auch anhand der folgenden Abbildung 33.7 klar. Die Grenzerlose und Grenzkosten entsprechen den vertikalen Schenkellangen der eingezeichneten Steigungsdreiecke.
Der interessierte Leser kann dies sehen, wenn er die zweite Ableitung der Erlosflinktion E(x) = p(x) • x betrachtet.
474
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Abbildung 33.7: Gewinnmaximum im Kosten/Erlos-Diagramm
K,E
Damit bei ErfixUimg der Bedingung erster Ordnung (Coumot-Bedingung) und der Bedingung zweiter Ordnung mit der gewinnmaximierenden Ausbringungs- und Absatzmenge x^ tatsachlich ein positiver Gewinn zustande kommt, mu6 der gewinnmaximierende Preis p^ iiber den Durchschnittskosten im Gewinnmaximum liegen: G > 0
<^ p(x^)
k(x^)
(33.13)
Dies und das grundsatzliche Vorgehen bei der Gewinnmaximierung im Monopolfall zeigt das folgende Beispiel. Beispiel 33.2: Ermittlung des Gewinnmaximums einesMonopolisten. Zur Ermittlung des Gewinnmaximums empfiehlt es sich, zunachst die Kosten- und die Erlosseite des Monopoluntemehmens voUstandig zu beschreiben. Fehlende Funktionen miissen aus den bekannten ermittelt werden; vgl. dazu die Abbildungen 22.15 fur die Kostenfunktionen und 33.2 fiir die Erlosfunktionen. In diesem Beispiel wird von einer Standard-Kostenfunktion mit K = 2 und einer linearen Preis/Absatz-Funktion ausgegangen. Die iibrigen sich daraus ergebenden Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzfimktionen sind jeweils darunter angegeben:
475
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
K(x) = cx^ + F
p(x) = n - m x
k(x) = c-x + —, k^(x) = c-x
E(x) = n x - m x ^
xK(x) = 2cx
xE(x) = n - 2m x
Die Verlaufe der auf eine Mengeneinheit des Gutes bezogenen Funktionen zeigt folgende Abbildung:
Die Coumot-Bedingung (23.5) beschreibt den Schnittpunkt von J E - und JK-Kurve: [ XE(x) = ]
n - 2 m x = 2cx
[ = xK(x) ]
2 • (c + m)
(1) (2)
Dies ist die gewinnmaximierende Ausbringungs- und Angebotsmenge des betrachteten Monopolisten (Monopolmenge). Durch Einsetzen in seine Preis/AbsatzFunktion erhalt man den gewinnmaximierenden Preis (Monopolpreis), also den Preis, den der Monopolist fordem mu6, damit die Nachfrager genau seine gewinnmaximierende Ausbringungsmenge abnehmen:
476
Die Preisbildimg auf vollkommenen Markten
r / r\ pG = p(xG) = n - m-
^
n-(2c + m) \ ' 2 • (c + m) 2 • (c + m) Ermitteln wir den maximalen Gewinn gemaB der Gleichung (23.21), =
G = G(xG) = xG.[p6 -k^xG)] - F
... (3)
(4)
so sind zunachst die variablen Durchschnittskosten im Gewinnmaximum zu errechnen: k^xG) = c-xG -
^'^
2'(c + m) Durch Einsetzen von x^, pG und k^x^) sowie der Fixkosten F in die Gewinngleichung (4) folgt nach einigen Umformungen (die der Leser zur Ubung nachvollziehen sollte) die Bestimmungsgleichung ffir den maximalen Gewinn:
Der maximale Gewinn entspricht - graphisch betrachtet- der schraffierten Rechteckflache in der obigen Abbildung. Denn geometrisch ergibt sich die Flache des Rechtecks aus dem mathematischen Produkt der beiden Seitenlangen. Im dargestellten Fall ist aber die untere Seitenlange x^ und die vertikale g(x^) = p(xG) - k(xG). Das mathematische Produkt aus Absatzmenge und durchschnittlichem Gewinn pro Gutseinheit ist aber der Gesamtgewinn - hier im Gewinnmaximum.
D c) Fiir das Gewinnmaximum eines preisabilen, wenn auch nicht notwendig monopolistischen Anbieters laBt sich eine interessante und allgemeingliltige Bedingung herleiten, die auch praktisch anwendbar ist. Dazu gehen wir von der Gewinnschreibweise (23.18) aus und schreiben fur die Diflferenz aus Preis/Absatz-Funktion p(x) und der Funktion der variablen Durchschnittskosten k^xG) den Durchschnittsdeckungsbeitrag d(x) nach (23.7): G(x) = X .[p(x) - k^x)] - F
= X .d(x) - F
Im Gewinnmaximum muB die erste Ableitung von G(x) null sein (Bedingung erster Ordnung). Daraus folgt: xG(x) = d(x) + x-^d(x) = 0
477
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
<:>
d(x) 1 +
xd(x)x d(x)
= 0
In der eckigen Klammer erkennt man die foraiale Struktur einer Elastizitat, namlich der Deckungsbeitragselastizitat 8(d:x). Oflfensichtlich ist die Bedingung erster Ordnung fiir ein Gewinnmaximum nur dann erfuUt, wenn - einen positiven Deckungsbeitrag d(x) vorausgesetzt - die eckige Klammer den Wert Null ergibt. Dies setzt aber 8(d:x) = - 1 voraus. Unter der Voraussetzung, da6 die Bedingung zweiter Ordnung erfuUt ist, gelangen wir zu folgender Gewinnmaximierungsbedingung:
G=G
^
(33.14)
s(d:x) = -1
Diese Bedingung besagt, da6 ein Untemehmen, das seinen Gewinn maximieren will, sicherstellen mu6, daB die Elastizitat des Deckungsbeitrages in Bezug auf die Ausbringungs- und Absatzmenge gleich minus Eins ist. Mit anderen Worten: Eine einprozentige Erhohung der Absatzmenge mu6 zu einem Riickgang der Diflferenz zwischen Preis und variablen Durchschnittskosten um ebenfalls ein Prozent fiihren. Ftir die Preis- und Kostenkonstellation des Beispiels 33.2 erhalt man durch Anwendung unserer Bedingung (33.14) die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge wie folgt: d(x) = p(x) - k^x) = n - m - x - c - x = n - ( m + c)-x X d(x) = - (m + c) 8(d:x)
xd(x)x d(x)
• (m + c) • X
-1
n - (m + c) • X
(m + c) x = n - (m + c) x x^
=
2 ( m + c)
Der Leser vergleiche das Ergebnis und den Herleitungsweg mit dem in Beispiel 33.2,Gleicliung(2).
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
478
d) Im Gegensatz zur vollkommenen Konkurrenz katin ein Monopolmarkt auch bei durchgehend fallenden Durchschnittskosten (xk(x) < 0) Bestand haben. Daiin liegen zwar nach dem Satz (22.41) die Grenzkosten unter den Durchschnittskosten. Ein Monopohst kann unter diesen Bedingungen aber dennoch einen positiven Gewinn reahsieren, sofem nur sein Coumot-Punkt oberhalb seiner Durchschnittskostenkurve Uegt, wie beispielhaft in Abbildung 33.8 gezeigt wird (der Leser iiberlege, wie die zugrunde hegende Gesamtkostenkurve aussieht): Abbildung 33.8: Monopolangebot bei fallenden Durchschnittskosten
k(x^f
k(x)
iK(x)
Verlauft indes die Durchschnittskostenkurve ganz oberhalb der Preis/AbsatzKurve, so konunt auch beim Monopol kein gewinnbringendes Angebot zustande. Denn dann sind die Durchschnittskosten bei jeder Ausbringungsmenge hoher als der Preis, zu dem die Nachfrager die entsprechende Menge erwerben wiirden. Der Leser skizziere einen entsprechenden Kurvenverlauf in der Abbildung. Aufgabe33.4: Es sei angenommen, die U.S. Steel Corporation mit der Kostenfunktion K(x) = 55,734x + 182,1 gemaB Empirikum 22.2b) habe eine Monopolstellung innegehabt und hatte sich der Preis/Absatz-Funktion p(x) = 94,266 - 0,963 3 x gegeniiber gesehen. Welchen maximalen Gewinn konnte das Untemehmen unter diesen Bedingungen erreichen? Losen Sie die Aufgabe zunachst allgemein und dann quantitativ.
Vgl. die Anmerkungen zum Beispiel 23.3.
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
479
e) Die Moglichkeit, daB ein Monopolist auch bei fallenden Durchschnittskosten gewinnbringend anbieten kann, legt die Frage nahe, wo die Preisuntergrenze des Monopolisten liegt. Bei einem preisinabilen Anbieter war dies nach unseren Ausfiihrungen in Kapitel 2.3.1. und 2.3.2. das Minimum der Durchschnittskosten. Beim Monopolisten tritt die Preis/Absatz-Funktion an die Stelle des vom Markt her vorgegebenen Preises. Deshalb muB jetzt gefragt werden, bis zu welcher Lage der Preis/Absatz-Kurve der betrachtete Monopolist anzubieten bereit ist. Er wurde wie der preisinabile Anbieter solange das Gut anbieten, wie er dabei keinen Verlust erleidet, solange also der Gewinn G und damit auch der Durchschnittsgewinn g groBer oder gleich null ist. Die Angebotsschwelle des Monopolisten ist erreicht, wenn die Preis/AbsatzKurve seine Durchschnittskostenkurve nur noch tangiert (wie p'(x) in Abbildung 33.9). Im Tangentialpunkt ist g = 0. Bei besseren Absatzbedingungen, also »hoherer« Nachfrage, zum Beispiel Preis/Absatz-Kurve p'Xx), realisiert der Monopolist im Absatzmengenbereich zwischen den Schnittpunkten von p"(x) mit k(x) positive Durchschnittsgewinne (g > 0). Die Angebotsschwelle kann flir einen Monopolisten relevant werden, wenn seine Kosten steigen oder die Nachfrage nach seinem Produkt zuriickgeht. Abbildung 33.9: Angebotsschwelle eines preisabilen Anbieters
480
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Es laBt sich zeigen: Weiin die Durchschnittskostenkurve die Preis/ AbsatzKurve tangiert, weiin also in einem Punkt p(x) mit k(x) identisch ist, daim ist bei der betreffenden Angebotsmenge auch die Coumot-Bedingung x^(^) ~ x^(^) erftillt. Deiin aus p(x) = k(x) folgt durch Multiplikation mit der Menge: p(x)x = k(x)x , also: E(x) = K(x). DiflFerenzieren ergibt die Coumot-Bedingung. Die soeben dargestellte Vorgehensweise zur Ermittlung des Gewinnmaximums eines Monopolisten kann wie folgt schematisch zusammengefaBt werden: Herleitungsschema fur das Gewinnmaximum eines Monopolisten: 1. Ermittle die Grenzerlosfunktion ;E(x) = x[ p(x)x ] und die Grenzkostenfunktion xK(x). 2. Setze xE(x) = xK(x) (Coumot-Bedingung) und lose nach x auf. Dies ergibt Monopolmenge x^ (sofem die Bedingung zweiter Ordnung xE(x^) < xK(x^) erfiillt ist). 3. Ermittle p^ durch Einsetzen von x^ in die Preis/Absatz-Funktion p(x). Dies ergibt den Monopolpreis p(x^) = p^. 4. Ermittle die variablen Durchschnittskosten im Gewinnmaximum, also k^x^), durch Einsetzen von x^ in k^(x) = k(x) - F/x. 5. Berechne den maximalen Gewinn G = x^[p^ - k^(x^)] - F aus den zuvor ermittelten Werten und den Fixkosten F. Prufe, ob G positiv ist; nur dann bietet der Monopolist das Gut in der Menge x^ zum Preise p^ an. Der Punkt (p^, x^) auf der Preis/Absatz-Kurve ist der Coumot-Punkt (Co) f) In der Coumot-Bedingung (23.5) kommt der Grenzerlos xE(x) vor. Dieser kann aufgrund der Amoroso/Robinson-Relation (33.7) durch einen Term ausgedriickt werden, in dem nur noch die »bekannten« GroBen Preis und Preiselastizitat des Absatzes (bzw. der Nachfrage) vorkommen. Dadurch gelangt man zu folgender Form der Coumot-Bedingung: P- 1 .
1 s(x:p)_
= X(x)
(33.15)
Aus dieser Gleichung kann gefolgert werden, daB bei positiven Grenzkosten (und somit auch positivem Grenzerlos) die Preiselastizitat des Absatzes kleiner als minus Eins sein muB. Das bedeutet, was wir schon weiter oben im Abschnitt a) dieses Unterkapitels gezeigt haben, daB ein Monopolist seinen Angebotspunkt (Co) stets in den preiselastischen Bereich der Preis/Absatz-Kurve legt, das heiBt bei8(x:p)<-l.
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
481
Durch Umstellen von Gleichung (33.15) nach dem Preis ergibt sich eine fiir die praktische Anwendung relevatite Gleichung, die den Zusammenhang zwischen Preishohe, Preiselastizitat und Grenzkosten im Gewinnmaximum (p^, x^) eines monopolistischen Anbieters beschreibt:
G _
<x*P)
(33.16)
s(x:p) + 1
Da - wie gesagt - iiii Gewinnmaximum s(x:p) < -1 gilt, ergibt der Elastizitatsquotient in Gleichung (33.16) stets einen positiven Wert, der zudem groBer als Eins ist. Das bedeutet, daB der Preis p^ stets liber den Grenzkosten des Monopolisten liegt. Der Leser rufe sich in Erinnerung, daB bei einem preisinabilen Anbieters stets p=xK(x) gait. Ein preisabiler Anbieter wird dagegen stets bemiiht sein, seinen Absatzpreis so hoch anzusetzen, daB der Absatz preiselastisch reagiert, denn dort erreicht er sein Gewinnmaximum. 2
Unter bestimmten Bedingungen kann Gleichung (33.16) als eine Preissetzungsregel fur einen preisabilen gewinnmaximierenden Anbieter interpretiert werden. Ist beispielsweise die Preiselastizitat des Absatzes s(x:p) = -1,5, so ist 8(x:p)/[8(x:p) + 1] = 3. Der Monopohst erreicht demnach bei einer Preiselastizitat von -1,5 sein Gewinnmaximum, wenn er den Preis auf dem dreifachen Niveau seiner Grenzkosten ansetzt. g) In der Praxis mangelt es haufig an der Kenntnis der Grenzerlose und Grenzkosten im relevanten Mengenbereich des Absatzes. Im Kapitel 2.2.4.d) haben wir eine einfache Formel (22.39) genannt, die eine naherungsweise Ermittlung (sog. Abschatzung) von xK ermoglicht. Entsprechend kann xE abgeschatzt werden. Darauf aufbauend kann ein Untemehmen auch versuchen, diejenige Menge x abzuschatzen, bei der die Coumotbedingung xE(x) = xK(x) erfuUt ist, bei der also im Normalfall das Gewinnmaximum erreicht wird. Dazu ist wie folgt vorzugehen: Zunachst werden fiir drei verschiedene Mengen X(i), X(2), X(3) die
^ Vgl. z.B. Gleichung (23.12). Bei der Gleichung (33.16) handelt es sich - mathematisch gesehen - um eine sogenannte Fixpunktgleichung. Das bedeutet: Die auf der linken Seite stehende Grofie (gewinnmaximierender Preis) kann aus dem rechts stehenden Term nur dann ermittelt werden, wenn dieser bekannt ist (also die Preiselastizitaten und die Grenzkosten). Dies setzt aber bereits die Kenntnis des gewinnmaximierenden Preises voraus, weil sich in der Regel je nach Hohe des Preises andere Absatzmengen und damit auch andere Preiselastizitats- und Grenzkostenwerte ergeben.
2
482
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Gesamtkosten K(X(i)), K(x(2)), K(x(3)) und Gesamterlose E(X(i)), E(X(2)), E(X(3)) ermittelt. Praktisch geht man dabei so vor, daB drei unterschiedlich hohe Preise ffir das angebotene Produkt festgesetzt werden, entweder zeitlich nacheinander Oder wahrend eines Zeitraumes in drei getrennten Absatzgebieten. (Auf die damit verbundenen methodischen Probleme kann hier nicht naher eingegangen werden.) Dann werden die sich ergebenden Erlose und Kosten ermittelt. Kennt man nunmehr jeweils drei Punkte der Gesamtkosten- und der Gesamterloskurve (siehe Abbildung 33.10), so lassen sich anhand von (22.39) jeweils zwei Grenzwerte berechnen: xK(xi)
K(x(2))-K(x(i)) X(2)-X(l)
xE(xi) =
K(X(3))-K(X(2)) xK(X2)
E(x(2))-E(x(i)) xE(X2) ^(2) - X(l)
(33.17a)
X(3) - X(2)
=
E(X(3)) -
E(X(2))
(33.17b)
X(3) - X(2)
Hierbei sind Xi := (x(i) + X(2)) / 2 und X2 := (XQ) + X(3)) / 2 die Mitten d^r xIntervalle. Im folgenden schreiben wir der Einfachheit halber xKi fur xK(xi) und xK2 fiir xK(x2) sowie xEi fiir xE(xi) und xE2 fur xE(x2). Abbildung 33.10: Anndherung an Erlos- und Kostenkurve
E,K E(x,3,) K(x,3,) E(Xp))
K(x,„) K(x,,) E(X(i,)
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
483
Mit (xi, xKi) und (x2, xKi) sind nun zwei Punkte ansonsten unbekannten Grenzkostenkurve xK(x) bekannt, ebenso mit (xi, xEi) und (x2, xE2) zwei Punkte der Grenzerloskurve. Damit laBt sich jeweils eine Gerade bestimmen, welche die betreffende unbekannte Kurve im betrachteten Mengenbereich linear annahert. Denn durch zwei Punkte ist eine Gerade eindeutig definiert (vgl. Anhang M.4.2.c). Die linear angenaherten Grenzerlose und Grenzkosten werden mit einer Tilde (~) kenntlich gemacht, um sie von den tatsachlichen zu unterscheiden. Abbildung 33.11: Lineare Ndherungfur Grenzerlos- und Grenzkostenkurve
Nach der Punkt-Steigungs-Formel (10) aus dem Anhang M.4.2. zur Bestimmung der Geradengleichung ergibt sich: '£?/ \
'v
,
xK2 - xKl
xK(x) = xKi + ^ X 2 - X^^1 :E(X)
El x^l
+
xE2 - x E l X2 - X i
r
-I
[x-xij r
1
[x-xij
(33.18a)
(33.18b)
484
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Durch Gleichsetzen der Grenzerlose (33.18b) mit den Grenzkosten (33.18a) ergibt sich entsprechend der Coumot-Bedingung ein Naherungswert fur die gewiimmaximierende Ausbringungsmenge x^:
^G X^ =
^2 -
Xi
Xi + -
(33.19)
xEi - x K i
Setzt das Untemehmen nun einen Preis, bei dem die Menge x^ abgesetzt wird, so ergeben sich neue Erlos- und Kostendaten E(x^) und K(x^), mit denen dann analog zu (33.18) neue Daten fiir den Grenzerlos und die Grenzkosten ermittelt werden konnen. Stimmen Grenzerlos und Grenzkosten annahemd tiberein, so ist das Gewinnmaximum praktisch getroflfen worden. Falls nicht, dann kann mit den neuen Punkten der Grenzkosten- und Grenzerloskurve das oben geschilderte Verfahren emeut angewendet werden, um eine bessere Naherung zu erreichen. Auf die Bedingungen einzugehen, unter denen ein solches Vorgehen zum Ziel Mirt (sog. Konvergenzbedingungen), wiirde hier zu weit fuhren.
3.3.4. Wirkung exogener Parameteranderungen
a) Die Auswirkungen exogener Parameteranderungen auf den Angebotsplan eines Monopolisten soUen hier nur fiir Nachfi'age- sowie Kostenerhohungen aufgezeigt werden und auch nur anhand eines einfachen Beispiels. Wir gehen dazu vor einem Anbieter mit einer linearen Preis/Absatz-Funktion p(x) = n - mx und konstanten Durchschnittskosten k(x) = k aus. Der Leser moge sich klarmachen, wie die zugrunde liegende Gesamtkostenfimktion aussieht und warum die Grenzkosten xK(x) hier den konstanten Durchschnittskosten entsprechen. Die Ausgangssituation ist in der Abbildung 33.12 dargestellt:
Der interessierte Leser sei auf die Literatur zur Numerischen Mathematik, insbesondere Approximationstheorie verwiesen. Vgl. z.B. J. Stohr: Numerische Mathematik 1; Berlin, 1994; und G. Hammerlin, K.H. Hoffinann: Numerische Mathematik; Berlin, 1994.
485
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
Ahhildung 33.12: Einfache Angebotssituation eines Monopolisten
K'^K
Der zu Beginn eingenommene Coumot-Punkt (Co) ergibt sich analog zum Beispiel 33.2 wie folgt: [,E(x) = ]
n-2mx
= A
PCX'')
G = x^. P ^ - k
k
[=,K(x)]
n-k 2m n+k
4m
Auf Anderungen der Kosten oder der Nachfrage reagiert der Monopolist so, daB er wieder die fiir ihn optimale Preis/Mengen-Kombination (Coumotpunkt) realisiert.
486
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
b) Ein Nachfrageanstieg druckt sich in einer Verlagenmg der Preis/Absatz-Kurve nach »rechts-oben« aus. Dies kanii durch eine Erhohung von n um 5n in der Nachfrage-Funktionsgleichung beschrieben werden. Der Leser zeichne diese Parallelverschiebung von p(x) und die zugehorige Verschiebung von x'E in die Abbildung 33.12 ein. Auch die obigen Formeln zeigen, welche Wirkungen der Nachfrageanstieg auf die Angebotssituation des Monopolisten hat: • Die gewinnmaximierende Angebotsmenge steigt um Sn/2m: Das ergibt sich, wenn in der Formel fiir x^ statt n nun (n+ Sn) geschrieben und dann die Klammer aufgelost wird. • Der gewinnmaximierende Preis steigt um Sn/2. (Ein mit steigender Nachfrage sinkender Monopolpreis ist nur bei fallenden Grenzkosten moghch). • Der maximale Gewinn steigt, denn die erste Ableitung von G nach n ist positiv (und entspriclit x^). Der Leser prufe dies nach. c) Eine Kostensteigerung druckt sich in dem hier verwendeten Modell in einem Anstieg von k um Sk aus. Der Leser zeichne auch dies in die Abbildung 33.12 ein. Die obigen Gleichungen lassen wieder die Wirkungen (bezogen auf die anfangliche Situation) erkennen: • Die gewinnmaximierende Angebotsmenge x^ sinkt um c)k/2m. • Der gewinnmaximierende Preis p^ steigt um Sk/2. Bei konstanten Durchschnittskosten wird von einem Monopolisten demnach eine Kostensteigerung genau zur Hdlfte auf den Preis und damit an die Nachfrager (iberwalzt. Man sagt: Der Uberwalzungsgrad betragt 0,5. • Der maximale Gewinn sinkt, denn die erste Ableitung von G nach k ist negativ; sie entspricht -x^. Der Leser priife dies wieder nach.
3.3.5, Vergleich des Marktergebnisses im reinen Monopol mit dem bei vollkommener Konkurrenz a) Vergleicht man das Marktergebnis des in diesem Kapitel untersuchten Monopols mit dem der voUkommenen Konkurrenz aus dem vorangegangenen Kapitel 3.2, so zeigen sich einige bedeutende Unterschiede; die auch fiir die Wirtschaftspolitik wichtig sind:
Vgl. Kapitel 3.2.2.d).
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
487
• Ein Anbieter unter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz bekommt den Preis, zu dem er sein Produkt absetzen kann und der zugleich seinem Grenzerlos entspricht, vom Markt her vorgegeben {Preisnehmerverhalten). Jeder preisinabile Anbieter bestimmt seine gewinnmaximierende Angebotsmenge nach der CoumotBedingung: "Grenzkosten = Preis". Der letzte, zu diesem Preis p gerade noch kaufwillige Nachfrager (Grenznachfrager) zahlt folglich fiir die von ihm gekauften Gutseinheiten genauso viel, wie diese Kosten (Grenzkosten); es herrscht somit EflBzienz. Da definitionsgemaB die Produktionskapazitat des preisinabilen Anbieters im Verhaltnis zur gesamten Marktnachfrage klein ist, sieht er sich im Regelfall keinen Absatzbeschrankungen gegentiber. Das heiBt, er kann zum geltenden Marktpreis grundsatzlich jede fiir ihn gewinnmaximierende Menge absetzen, seine Preis/Absatz-Kurve verlauft horizontal. In der langen Frist werden alle Gewinne durch den Gewinnmechanismus erodiert. In der kurzen Frist werden Angebot und Nachfrage durch den Preismechanismus koordiniert. • Im Monopol kommt dagegen die Koordination von Angebot und Nachfrage nicht durch einen anonymen MarktprozeB zustande, sondem muB von dem Monopolisten herbeigefuhrt werden. Das geschieht typischerweise so, daB er den Preis fiir das von ihm angebotene Gut festlegt {Preissetzerverhalteri) und sich die Nachfi-age daran anpaBt. Die von einem reinen Monopolisten, also einem Alleinanbieter auf einem vollkommenen Markt, absetzbare Menge wird durch die gesamte Marktnachfrage (die sich in seiner Preis/Absatz-Kurve widerspiegelt) begrenzt und hangt von der Hohe des Preises ab, den er festsetzt. Der preisabile Anbieter wahlt den Preis annahmegemaB so, daB die konjekturale (d.h. von ihm erwartete) Absatzmenge seinen Gewinn maximiert. Die Coumot-Bedingung lautet bei preisabilen Anbietem, und insbesondere im Monopolfall, allgemein: "Grenzkosten = Grenzerlos". Es wurde in den vorangegangenen Abschnitten gezeigt, daB der gewinnmaximierende Preis des Monopolisten ilber dessen Grenzkosten liegt. Denn der Grenzerlos (dem die Grenzkosten ja im Gewinnmaximum entsprechen miissen) ist bei normalem Verlauf der Nachfragebeziehxmgsweise Preis/Absatz-Kurve gemaB der Erlosgrundgleichung (33.4) immer geringer als der Preis. Deshalb zahlt der Grenznachfrager im Monopolfall mehr als die Bereitstellung der von ihm erworbenen Gutsmenge kostet; es herrscht somit Ineffizienz. Der die Grenzkosten iibersteigende Preis fiihrt im Monopolfall zu einer vergleichsweise geringen Absatz- und Transaktionsmenge, was der Monopohst aber durch den tiberhohten Preis gewinnmaBig mehr als ausgleichen kann. Der Monopolgewinn hat dabei - anders als bei vollkommener Konkurrenz - keine marktsteuemde Funktion. Er wird nur aufgrund der Marktmacht des Alleinanbieters reahsiert und verschwindet auch langfiistig nicht.
488
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
solange die Monopolstellimg aufrechterhalten bleibt; imd Monopolisten haben vergleichsweise gute Moglichkeiten, ihre Monopolstellung abzusichem. b) Wtirde anstelle des Monopolisten eine okonomisch aquivalente, das heifit eine in der »Siimme« ihrer Grenzkostenverlaufe mit der Grenzkostenkurve des Monopolisten identische Vielzahl von preisinabilen Anbietem den Markt bedienen und zu grenzkostengleichen Preisen anbieten (wie bei vollkommener Konkurrenz), so kame ein niedrigerer Marktpreis und eine grofiere Transaktionsmenge als im Monopolfall zustande. Oder umgekehrt formuliert: Wiirden sich alle Polypolisten eines vollkommenen Konkurrenzmarktes zu einem Untemehmen zusammenschlieBen und sich sodann als Monopolist verhalten, so wiirde der Marktpreis steigen und die Transaktionsmenge striken. Dies zeigt die folgende Abbildung 33.13: (Co) ist der Angebotspunkt im Monopolfall, (vK) ist der Angebotspunkt (das Marktgleichgewicht) im Falle vollkommener Konkurrenz. Dabei entspricht die gemeinsame beziehungsweise aggregierte Grenzkostenkurve xK(x) der Marktangebotskurve und die Preis/Absatz-Kurve p(x) der Marktnachfragekurve. Der Leser kann folglich fur den Fall der vollkommenen Konkurrenz x^(p) an die Grenzkostenkurve und x^(p) an die Preis/AbsatzFunktion schreiben. Abbildung 33.13: Markt mit reinem Monopol versus vollkommener Konkurrenz
iE(x)
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
489
Die Aussage, daB die im Monopol umgesetzte Gutsmenge geringer, der Monopolpreis dagegen hoher ist als bei vollkommener Konkurrenz, gilt unabhangig davon, welchen Verlauf die Marktnachjfragekurve und die Grenzkostenkurve hat. Einzige Bedingung ist, daB - wie oben durchweg unterstellt wurde - die Produktionskosten nicht von der Anzahl der Anbieter abhangen, also keine extemen Produktionseflfekte vorliegen, wie sie etwa in Kapitel 2.6. besprochen wurden. c) Der Abstand zwischen dem gewinnmaximierenden Monopolpreis p^ und den Grenzkosten xK, die ja bei vollkommener Konkurrenz dem Marktpreis entsprechen, kann als ein MaB fiir die Marktmacht des Monopolisten, oder ganz allgemein: eines preisabilen Anbieters, angesehen werden. Ein preisabiler Anbieter verfugt liber Marktmacht, wenn er imstande ist, seinen Absatzpreis gewinnbringend tiber seine Grenzkosten hinaus zu erhohen. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu ermoghchen, wird der genannte Abstand noch auf den Preis bezogen. Das so entstehende MaB wird als Lerner'scher Monopolgrad bezeichnet: :. P i l ^
(33.20)
pG
Der Leser mache sich die Bedeutung des MaBes graphisch klar, zum Beispiel anhand der Abbildung 33.13. - Ersetzt man in der Definitionsgleichung (33.20) p^ durch den Term aus (33.16), so laBt sich ^K herauskurzen. Nach einer einfachen Konsolidierung verbleibt folgende interessante und einfache Bestimmungsgleichung des Monopolgrades (was der Leser nachvollziehen moge): I^L =
/ ., -s(x:p<^)
(33.21)
Bei normalem Verlauf der Nachfragekurve ist die Preiselastizitat der Nachfrage beziehimgsweise des Absatzes stets negativ, so daB der Lemer'sche Monopolgrad dann dem Kehrwert des Absolutbetrages der Preiselastizitat im Coumotpunkt entspricht. So gesehen verfugt ein Monopolist iiber eine um so groBere Marktmacht, je geringer die Preiselastizitat der Nachfrage nach seinem Produkt ist, je unelastischer also der Absatz auf Preisanderungen (insbesondere Preiserhohungen) des Anbieters in der Umgebung des Coumotpunktes reagiert. Das ist insbesondere bei Gtitem der Fall, bei denen die Nachfrager nur schlecht auf Substitute ausweichen konnen.
Benannt nach dem amerikanischen Okonomen Abba P. Lemer (The Concept of Monopoly and the Measurement of Monopoly Power; Review of Economic Studies 1, 1934, S. 157-175), auf den dieses MeBkonzept zumckgeht.
490
Die Preisbildung auf vollkommenen Markten
Da ein Monopolist, wie in Kapitel 3.3.3. mehrfach gezeigt wurde, seinen Angebotspunkt (Co) stets im den preiselastischen Abschnitt der Preis/AbsatzKurve legt, also bei s ( x : p ) < - l , liegt der Hochstwert des Lemer'schen Monopolgrades bei Eins. Je weiter der Anbieter p ^ tiber seine Grenzkosten hinaus anhebt, desto mehr nahert sich \XL dem Wert Eins. Ln entgegengesetzten Fall der vollkommenen Konkurrenz geht die Preiselastizitat bekanntlich gegen unendlich und der Lemer'sche Monopolgrad wird null. Der Zahler von (33.20) wird null, weil p = xK. Keiner der preisinabilen Anbieter verfugt iiber Marktmacht. Bei geneigten Preis/Absatz-Kurven ist dagegen stets ^L > 0. Der Lemer'sche Monopolgrad kaim auch in anderen Marktformen, das heiBt bei einer Mehrzahl preisabiler Anbieter verwendet werden. Er miBt dann, um wieviel ein Anbieter oder alle Anbieter zusanmien den Preis tiber das Niveau bei vollkommener Konkurrenz (Grenzkosten) hinaus anheben konnen. Ein hohes Ma6 an Marktmacht Kegt insbesondere bei Kartellen vor oder bei Preisabsprachen der Anbieter zu Lasten der Nachfrager. Der Lemer'sche Monopolgrad ist jedoch nur dann ein taugliches MaB fur die Marktmacht eines Anbieters, wenn dieser auch tatsachlich Gewinnmaximierung betreibt. Weicht er bewuBt oder unbewuBt von diesem Ziel ab oder »versteckt« er seine marktmachtbedingten Gewinne in iiberhohten (Grenz-)Kosten, so erscheint er bei Betrachtung von ^L als weniger marktmachtig als er tatsachlich ist. Empirikum 33.2: Die folgende Tabelle zeigt fur einige Wirtschaftszweige empirisch ermittelte Durchschnittswerte des Lerner'schen Monopolgrades. Die einzelnen Studien wurden von Timothy Bresnahan zusammengestellt:
Dies hat der Autor in einem Diskussionsbeitrag (Offenbares Marktverhalten und "wahre" Marktsituation, IWIS-Paper 93037, Dortmund 1993) im einzelnen aufgefuhrt.
491
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
Wirtschaftszweig Nahrungsmittelverarbeitung Kaffeerostung (groBtes Untemehmen) Gummiverarbeitung Textilindustrie Elektromaschinen Tabakverarbeitung Eisenbahn (mit Kartell) Tankstellen Automobile (70er Jahre) Aluminiumherstellung GroBbanken vor Deregulierung GroBbanken nach Deregulierung Schwarz-WeiB-Femsehgerate Philippinisches KokosnuBol
^L
0,50 0,06 0,05 0,07 0,20 0,65 0,40 0,10 0,10.. 0,34 0,59 0,88 0,40 0,58 0,89
Quelle: Bresnahan, T.: Empirical Studies of Industries with Market Power; in: Hanbook of Industrial Organization; Bd 2, hrsg. von Richard Schmalenbach und Robert D. Willig; New York, 1989, mit Einzelquellenangaben.
Aufgabe33.5: a) Vergleichen Sie fiir die in Beispiel 33.2 angenommene Marktsituation das Marktergebnis (Marktpreis, Transaktionsmenge) des Monopolfalls mit dem, das bei voUkommener Konkurrenz zustande kame. b) Bestimmen Sie daim auch den Lemer'schen Monopolgrad des Monopolisten.
d) Es gibt eine mogliche Ausnahme von der These, im Monopol sei der Preis hoher als bei vollkommener Konkurrenz: Die Nachfrager stehen sich im reinen Monopol preislich nur daim mit Sicherheit schlechter als bei vollkommener Konkurrenz, wenn in beiden Marktsituationen die gleiche Kostenstruktur gegeben ist. Das heiBt: Alle Polypolisten haben zusammen die gleiche Grenz- und Durchschnittskostenfimktion wie der Alleinanbieter. Weist die Produktion dagegen zunehmende Skalenertrage auf, so kann eine auf den Monopolisten konzentriQrte Produktion zu geringeren Durchschnittskosten und unter bestimmten Bedingungen auch zu niedrigeren Preisen fiir das bereitgestellte Gut fiihren als bei einer Aufteilung des Marktvolumens auf mehrere kleine
Vgl.Kapitel 2.1.3.
492
Die Preisbildung auf voUkommenen Markten
Produzenten. Fiihren zunehmende Skalenertrage zu fallenden Durchschnittskosten im relevanten Mengenbereich des Absatzes, so kommt es zu einem ProzeB der ruinosen Konkurrenz zwischen den um Absatzwachstum bemiihten Anbietem. Infolge der Marktaustritte niinmt die Anbieteranzahl im Zeitverlauf ab. Auch bei zunehmenden Skalenertragen bleiben allerdings die tibrigen mit der Monopolstellung eines Anbieters verbiindenen Eflfizienz- und Marktmachtprobleme bestehen, die hier nur angedeutet werden koiinen: Da ein Monopolist nicht dem Konkurrenzdruck durch andere Anbieter ausgesetzt ist, sieht er sich nicht zu einer engen Kundenorientierung gezwungen. Er wird vergleichsweise schlechte Produktqualitaten anbieten und zu ineffizienter Produktion neigen. Die hohe Marktmacht erlaubt es ihm, trotz iiberhohter Kosten Gewinne zu realisieren. e) Zum AbschluB des Marktergebnisvergleichs soil noch kurz der Frage nachgegangen werden, wie sich einzelwirtschaftliche Angebotsmengenanderungen auf den Marktpreis auswirken. Auch dadurch laBt sich Marktmacht messen. Mit jedem zusatzhchen Angebot sinkt tendenziell der Marktpreis, wenn wir von einer festen Marktnachfragefunktion ausgehen. Sei s(x:p) = Y'^
(33.22)
die Preiselastizitat der Nachfrage im Gleichgewichtspunkt eines Marktes und dabei fix =fix^die Angebotsmengenanderung eines Anbieters i. Wir betrachten hier also nicht die Auswirkung einer Preisanderung auf die Nachfragebeziehungsweise Transaktionsmenge, sondem umgekehrt die Auswirkung einer angebotsbedingten Transaktionsmengenanderung auf den (Gleichgewichts-)Preis. X ist die Transaktionsmenge im Gleichgewicht. Umstellen von (33.22) ergibt dann: p
x-8(x:p)
Nun erweitem wir auf der rechten Seite mit xV x^ und schreiben 6^ = xVx fiir den Marktanteil des Anbieters i: bp P
x'-bx' _ d' bx' xs(x:p)x' s(x:p) x'
Die Stemchen zur Kennzeichnung der GleichgewichtsgroBen lassen wir zur Vereinfachung weg.
3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol
493
Dividieren wir diese Gleichung nun dutch 5xV x\ so entsteht auf der linken Seite (Sp/p)/(dxVx^) =: 8(p:x'), also die Elastizitat des Marktpreises in Bezug auf die Angebotsmenge eines Anbieters i. So erhalten wir die folgende interessante Beziehung: s(p:x ) =
(33.23)
s(x:p)
Die Elastizitat des Marktpreises in Bezug auf die Angebotsmenge eines Anbieters ist also gleich dem Quotient aus dem Marktanteil dieses Anbieters und der Preiselastizitat der Marktnachfrage im Gleichgewicht. 8(p:x^) gibt somit an, wie sich der Gleichgewichtspreis auf dem Markt prozentual andert, wenn ein Anbieter i mit dem Marktanteil 6^ sein Angebot um ein Prozent erhoht. Hat ein bestimmter Anbieter beispielsweise einen Marktanteil von 10 Prozent (also 0^ = 0,1), und betragt die Preiselastizitat der Nachfrage im Marktgleichgewicht -2, so andert sich der Gleichgewichtspreis um 0,l/-2 = -0,05 Prozent, wenn der betreflfende Anbieter seine Angebotsmenge im Marktgleichgewicht um ein Prozent erhoht. Mittels der Elastizitat s(p:x^) kann demnach ebenfalls der EinfluB einzelner Anbieter auf einem Markt gemessen werden. Im Extremfall des Monopols ist der Marktanteil des Alleinanbieters 9^ = 1 und (33.23) ergibt s(p:x^) = l/8(x :p) = - fiL- Der PreiseinfluU des Monopolisten entspricht also dem Negativen seines Lemer'schen Monopolgrades. (Der Leser wende dies auf die ^L-Werte des Empirikums 33.2 an.) Im anderen Extrem der vollkommenen Konkurrenz ist 0^« 0 und folghch ist der PreiseinfluB s(p:x^) « 0.
4. Die Konkurrenz auf unvoUkommeneii Markten
In den vorangegangenen Kapiteln stand der vollkommene Markt im Mittelpimkt der Betrachtungen. Es ging um die untemehmerische Angebotspolitik unter den idealtypischen Bedingimgen (Ml) bis (M4), sowie um das Geschehen auf dem entsprechenden Markt, insbesondere die Preisbildung. Nun wenden wir uns den unvollkommenen Markten zu. In der Realitat sind praktisch alle Markte mehr oder weniger unvollkommen, weisen also Verletzungen der in Kapitel 3.1.1. genannten Vollkommenheitseigenschaften auf. Ein wesentlicher Grund dafiir liegt, wie wir noch sehen werden, im Interesse der Anbieter, Markte unvollkommen zu machen. Denn dadurch konnen sie ihre wirtschaftliche Position verbessem. Das zuvor analysierte Modell des vollkommenen Marktes weist den entscheidenden Vorteil auf, daB es die wirtschaftlichen Grundzusammenhange auf einfache Weise erhellt. Die dargestellten Theorien des preisinabilen Untemehmens (Kapitel 2 und 3.2.4.) und des/?re/^aZ>//ew Untemehmens (Kapitel 3.3.) konnen bei realen Marktanalysen auch als einfache Naherungen dienen, falls die Voraussetzungen des vollkommenen Marktes (Ml) bis (M4) nicht »zu sehr« verletzt sind. Die diesbeztighche Robustheit des betreffenden Modells ist auch empirisch nachgewiesen worden. Liegen dagegen »erhebHche« Abweichungen von diesen Voraussetzungen vor, so sind Modifikationen des Modells erforderhch, von denen die wichtigsten in diesem vierten Hauptkapitel behandelt werden. Zunachst geht es in Kapitel 4.1. allgemein um die Angebotspolitik eines Unternehmens im unvollkommenen Markt. Dabei kommen auch praxisrelevante Probleme zur Sprache. Danach werden realitatsnahere Modellierungen der Anbieterkonkurrenz dargestellt. Der vollkommene Markt war namlich nach imserer Definition ein Markt ohne direkte Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Anbietem: Im Falle der vollkommenen Konkurrenz agieren die vielen Anbieter ohne direkten Bezug zueinander, sie orientieren sich nur an den vom Markt her gegebenen Daten, insbesondere am Preis; im Falle des reinen Monopols gibt es keinen Konkurrenten und folghch auch keine Konkurrenz. In der Realitat sind jedoch direkte Wechselwirkungen zwischen Anbietem die Regel. Im Kapitel 4.2. geht es zunachst um die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten bei vielen
496
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
(kleinen) Anbietem. Im darauf folgenden Kapitel 4.3. wird die Konkurrenz zwischen wenigen (groBen) Anbietem untersucht. An der Modellierung der Marktnachfrage, wie sie in Kapitel 1.5. erfolgte, andert sich nichts, bis auf den Umstand, da6 die Preis/Absatz-Kurve eines Untemehmens im folgenden nicht mehr notwendig der Marktnachfragekurve entspricht. Denn die Marktnachfrage verteilt sich nun stets auf eine Mehrzahl von Anbietem, die jeweils nur einen bestimmten Marktanteil und eine sich nur darauf beziehende (Preis/)Absatz-Funktion haben.
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
In diesem Kapitel geht es um eine Erweitemng und Diflferenziemng der Theorie des Untemehmensaugebots, wie wir sie in den Kapitehi 2.3. fiir einen preisinabilen Anbieter und 3.3. fer einen MonopoHsten entwickelt haben. Aus der FuUe der moglichen Weiterfiihrungen greifen wir einige heraus, die unter dem Anwendungsaspekt einzelwirtschafthch von groBer Bedeutung sind. Deshalb haben diese Ergebnisse der Mikrookonomik auch in die betriebswirtschaftliche Spezialliteratur zur Preis- und Produktpolitik Eingang gefimden und werden - haufiger als viele meinen - in der Praxis angewendet.
4.1.1. Angebotspolitische Instrumente und deren Wirkungen Der Preis und die Angebotsmenge sind in der Realitat nicht die einzigen Instmmente der untemehmerischen Angebotspolitik. Eine Ubersicht der wichtigsten Gmppen angebotspolitischer Instrumente, die in der Literatur auch als Aktionsparameter bezeichnet werden, zeigt die folgende Abbildung 41.1:
4.1 Angebotspolitik auf unvollkommenen Markten
497
Abbildung 41.1: Instrumente der untemehmerischen Angebotspolitik
Angebotspolitische Instmmente
strategische (langfristig)
Produkt-und Distributions- KapazitSts-und Sortlmentsund Service- Investltionspolitik politik politik
operative (kurzfristig)
ProduktionsPreis-und Werbungs-und und Auslastungs- Konditionen- Kommunilcationspolitik politik politik
Vom Einsatz der meisten genannten Instrumente gehen ceteris paribus zwei allgemeine und sich (iberlagemde Arten von Wirkungen aus: • Wirkungen auf die Absatzsituation des Untemehmens: spezieller Effekt. • Wirkungen auf das Gesamtabsatzvolumen des Marktes: genereller Effekt. Beispielsweise erhoht eine Preissenkung oder eine Intensivierung der Werbung in der Kegel nicht nur den Absatz des betreibenden Untemehmens, sondem auch die insgesamt auf dem Markt nachgefragte Menge. Insofem gibt es - analog zur Produktion - auch angebotsseitig exteme Effekte zwischen den Untemehmen. Der spezielle Effekt laBt sich weiter unterteilen in den Absatzzuwachs, den der Anbieter durch das Abziehen von Kunden seiner Konkurrenten realisiert (Umleiteffekt), und den Absatzzuwachs, den er durch das Anlocken ganz neuer Nachfrager auf den Markt erzielt (Einleiteffekt). Im Falle einer Preiserhohung oder einer Verringerung der Werbimg wirken die Effekte in umgekehrter Richtung. In jedem Fall muB bei der Quantifizierung die ceteris-paribus-Bedingung erfiillt sein, das heifit, dafi insbesondere die iibrigen Anbieter auf die Veranderung der Angebotspolitik des betrachteten Anbieters nicht reagieren, sondem stillhalten.
^ Vgl. Kapitel 2.6.
498
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
Die absatzpolitischen Instrumente konnen auch nach ihrer speziellen Wirkung unterschieden werden: Es gibt solche, die nur auf den Erlos, nur auf die Kosten oder sowohl auf den Erlos als auch auf die Kosten wirken. Beim Erlos kann direkt der Preis p und die Absatzmenge x genannt werden, indirekt wirken auf den Preis und/oder die Absatzmenge zum Beispiel die Werbung und die Produktqualitat. Bei den Kosten kann die Wirkung des Instruments struktureller (z.B. Rationalisierungsinvestitionen) oder additiver (z.B. Werbeau^endungen) Natur sein. Diese Unterscheidungen spannen einen weiten Facher moglicher Modellierungen auf. Nimmt man den Gewinn G als ZielgroBe des Untemehmens, dann konnte die Gewinnfunktion zum Beispiel folgende Struktur haben: G = p(q) • x(p,W) - K(xAq) - W
(41.1)
Hierbei wirkt die gewahlte Produktqualitat q indirekt (iiber den Preis p) auf den Erlos E = p-x und strukturell auf die Produktionskosten K. Der Werbeaufwand W wirkt indirekt (iiber die Absatzmenge x) auf den Erlos und additiv auf die Kosten. Die Kapitaleinsatzmenge c wirkt nur strukturell auf die Produktionskosten. Naturlich ist auch eine Wirkung der Werbung auf den Preis oder der Produktqualitat auf die Absatzmenge modellierbar. Die Wirkungsrichtung der EinfluBgroBen wird in der Gleichung fur gewohnlich durch Plus- oder Minuszeichen angegeben, die unter die unabhangigen Variablen geschrieben werden. Dies soUte der Leser in Gleichung (41.1) jetzt vomehmen: Ein Pluszeichen © wird gesetzt, wenn die betreflfende EinfluBgroBe den Funktionswert erhoht. Das ist oben vermutlich bei q in Bezug auf p und K sowie bei W in Bezug auf x und x in Bezug auf K der Fall. Ein Minuszeichen 0 wird unter EinfluBgroBen geschrieben, deren Erhohung den betrachteten Funktionswert senkt. In der Gleichung (41.1) ist das normalerweise bei p in Bezug auf x und moglicherweise bei c in Bezug auf K der Fall Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden zunachst einige erganzende Untersuchungen zur Preispolitik vorgenommen: Preisdifferenzierung, Analyse einiger in der Praxis verbreiteter Preissetzungsverfahren sowie der Auswirkungen alternativer Zielsetzungen des Untemehmens. Danach wird das vermuthch wichtigste Nichtpreis-Instrument, die Werbung, mikrookonomisch analysiert.
Das sind praktisch die Vorzeichen der partiellm Ableitungen.
4.1 AngebotspolitikaufunvoUkommenenMarkten
499
4.1.2. Preisdifferenzierung a) In der Theorie des vollkommenen Marktes wurde von einem homogenen Gut ausgegangen. Dafur kann es nach dem Jevons'schen Gesetz nur einen einheitlichen Preis geben (vgl. Kapitel 3.1.1.b). In der Realitat haben Untemehmen jedoch unter bestimmten Bedingungen die Moglichkeit, ihr Produkt verschiedenen Kaufergruppen zu unterschiedlichen Preisen anzubieten - auch dann, wenn die Produktionskosten gleich sind. Voraussetzimg einer solchen Preisdifferenzierung ist, dafi der betrachtete Anbieter seinen Absatzmarkt in unterschiedliche Teilmarkte separieren, also eine sogenannte Marktspaltung betreiben kann. Die Nachfrager eines hochpreisigen Teilmarktes dtirfen nicht die Moglichkeit haben, das Produkt auf einem niedrigpreisigen Teilmarkt zu kaufen. Eine Marktspaltung ist fiir einen gewinnorientierten Anbieter natiirhch nur dann interessant, wenn sie eine Gewinnsteigerung ermoglicht, das heiBt, wenn sie mehr einbringt als ihre Durchsetzung kostet. b) Haufig wird in solchen Fallen das Produkt in verschiedenen Aufinachungen angeboten, um die vorgenommene Preisdifferenzierung vor den Kunden zu rechtfertigen. Aber auch falls dies nicht erfolgt, handelt es sich bei den auf den verschiedenen Teihnarkten angebotenen Gutseinheiten aus Sicht der Nachfrager um verschiedene Gutsvarianten. Denn nach erfolgter Marktspaltung ist es fiir einen Nachfrager nicht gleich, auf welchem Teihnarkt er das Gut kauft. Es liegt folglich ein heterogenes Gut gemaB der Definition aus Kapitel 3.1.1.a) vor. Aus der Sicht des produzierenden Untemehmens handelt es sich gleichwohl um ein einheitliches Gut, dessen Einheiten unter gleichen produktionstechnischen Bedingungen (und folghch mit gleicher Kostenstruktur) bereitgestellt werden. Es lassen sich verschiedene Erscheinungsformen der Preisdifferenzierung unterscheiden. Die folgende Auflistung nennt auch einige empirische Beispiele: • personelle Preisdifferenzierung: Eintritts- und FahrpreisermaBigungen fiir bestimmte Personengruppen; Mitarbeiterrabatte. • zeitliche Preisdifferenzierung: unterschiedliche Preise fiir Tag- und Nachtstrom; fiir Telefongesprache zum Normal- und zum Billigtarif; Vor-, Haupt- und Nachsaisonpreisunterschiede, Subskriptionspreise bei Buchreihen.
1 Mit der Terminologie aus dem Kapitel 3.2.6.a) heiBt das: Zwischen den Teilmarkten darf keine Arbitrage lohnend sein.
500
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
• rdumliche Preisdifferenzierung: unterschiedliche Preise fur ein Automobil oder ein Pharmaprodukt im In- und Ausland. • sachliche Preisdifferenzierung: hohere Preise flir Heizol als fiir Dieselkraftstoff, fur Putter- als fur Nahrungsgetreide, fur Haushalts- als fijr Industriestrom. c) Zur Herleitung der Bedingungen flir eine gewinnmaximale Angebotspolitik bei Preisdifferenzierung reicht es aus, von einer Zweiteilung des Absatzmarktes eines Anbieters auszugehen. Jeder derbeiden Teilmarkte j = 1 und j = 2 weist eine eigene Preis/Absatz-Funktion pj(xj) auf und folglich auch eine eigene Erlosfunktion Eji Teilmarktl:
Ei(xi) = pi(xi)-Xi
(41.2a)
Teilmarkt2:
E2(x2) = P2(x2)-X2
(41.2b)
Da die Produkteinheiten beider Markte jedoch aus derselben Produktion stammen, hangen die Kosten der Bereitstellung von der Summe beider Absatzmengen ab, also: K = K(x),
mitx := X1+X2
(41.3)
Die Gewinnfunktion des preisdifferenzierenden Anbieters lautet somit: G = Ei(x,) + E2(X2) - K(x)
(41.4)
Ein Gewinnmaximum erfordert, dafi beide ersten partiellen Ableitungen der Gewinnfunktion null sind: Teilmarktl:
xi'G =
xiEi(xi) -
Teilmarkt2:
x^G =
X2'E2(X2) -
1 0
(41.5a)
x2'K(x) 1 0
(41.5b)
X,'K(X)
Hierbei sind x]Ej(xj) = 5Ej /dxj die Grenzerlose auf den Teilmarkten j = 1 und 2. Die beiden jeweils rechts vom Minuszeichen stehenden Grenzkosten sind einander gleich. Denn es ist egal, ob die Ausbringungsmenge flir den Teilmarkt 1 oder den Teilmarkt 2 um eine kleine Einheit erhoht wird. Der Kostenzuwachs ist in beiden Fallen der gleiche, denn produktionstechnisch handelt es sich um ein einheitliches Gut. Es kann folglich einfach ^ K(x) daflir geschrieben werden. Bringen wir die Grenzkosten auf die rechten Gleichungsseiten, so entsteht die CoumotBedingung (23.5), und man sieht, daB sie auf jedem Teilmarkt erfuUt sein muB: Teilmarktl:
J,Ei(xi)
=
^'K(x)
(41.6a)
Teilmarkt 2:
,',E2(x2)
=
xK(x)
(41.6b)
4.1 Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
501
Da die Grenzkosten fur die Produktion der auf den beiden Teilmarkten angebotenen Gutsmengen gleich sind, folgt aus den Gleichungen (41.6), daB im Gewinnmaximum auch die Grenzerlose einander gleich sein miissen. Damit ergibt sich fur den Fall der Preisdifferenzierung folgende Form der Coumot-Bedingung, die naturlich auf eine beliebige Anzahl von Markten verallgemeinert werden kann und die als Gewinnmaximierungsbedingung bei Preisdifferenzierung bezeichnet wird: (41.7)
Um seinen Gesamtgewinn zu maximieren, muB ein preisdiflferenzierende Anbieter demnach dafiir sorgen, daB die Grenzerlose auf alien Teilmarkten gleich sind und zudem den Grenzkosten der Gesamtproduktion entsprechen: • Solange die Grenzerlose einander ungleich sind, kann der Gewinn durch Absatzverlagerungen vom Teilmarkt mit dem niedrigen Grenzerlos zum Teilmarkt mit dem hoheren Grenzerlos gesteigert werden. • Solange die (einander gleichen) Grenzerlose noch iiber den Grenzkosten hegen, ist eine Erhohxmg der insgesamt produzierten Gutsmenge angezeigt, da sie zu einer Gewinnsteigerung fiihrt. Im umgekehrten Fall fiihrt eine Reduzierung der Ausbringungsmenge zu einem hoheren Gewimi. Um die Angleichung der Grenzerlose der Teilmarkte zu bewirken und diese zugleich auf die Grenzkosten abzustimmen, muB der Anbieter die Preise auf den Teilmarkten »geschickt« festsetzen. Denn durch unterschiedliche Preise kann er unterschiedliche Absatzmengen und Grenzerlose reahsieren. Zur graphischen Verdeutlichung der Gewinnmaximierung bei Preisdifferenzierung betrachten wir zunachst die in Abbildimg 41.2 dargestellte Ausgangssituation. Flier betreibt der Anbieter noch keine Preisdifferenzierung. Er bietet das Produkt auf beiden Teilmarkten, dargestellt durch die Preis/Absatz-Funktionen in den beiden linken Diagrammen, zum gleichen Preis p' an. Dieser entspricht dem CoumotPreis, bei dem er ohne Preisdifferenzierung den hochsten Gewinn erzielt. Bei diesem Preis bietet das Untemehmen auf dem Teilmarkt 1 die Menge xl und auf dem Teilmarkt 2 die Menge X2 an. Im rechten Diagramm ist die aggregierte Preis/Absatz-Kurve p(x) beider Teihnarkte dargestellt. Die Aggregation entspricht derjenigen, die wir in Kapitel 1.5.4.g) beschrieben haben, also etwa p(x) = Pi(xi) + P2(x2). Unter p(x) liegt die Grenzerloskurve xE(x) des Gesamtabsatzes, die an der Knickstelle der
502
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
aggregierten Preis/Absatz-Kurve einen Sprung macht. (Anhand imserer Erkenntnisse aus Kapitel 3.3.2.f) tiberlege sich der Leser den Grund dafiir.) Oberhalb des Schnittpunktes von Grenzerloskurve und Grenzkostenkurve liegt der Coumot-Punkt (Co). Die zugehorige Gesamtausbringungsmenge ist x^ = xj + Xj Abbildung 41.2: Gewinnmaximierende Preissetzung ohne Preisdifferenzierung
Ohne Preisdiflferenzienmg stimmen auf den beiden Teilmarkten Grenzerlos und Grenzkosten nicht uberein. Bei den Angebotsmengen xl und X2 ergeben sich ungleiche Grenzerlose, die auch mit den Grenzkosten XK(XG) im rechten Diagramm nicht tibereinstimmen. Der Leser kann zu VerdeutUchung die betreffenden Punkte von den Grenzerloskurven der beiden linken Diagramme nach links auf die Ordinate loten und mit dem Ordinatenwert xK(x^) des rechten Diagramms vergleichen. Der Gewinn kann nun dadurch erhoht werden, daB der Anbieter eine Marktspaltung betreibt. Auf dem Teihnarkt 1, wo der Grenzerlos x'iEi(xi) unter den Grenzkosten liegt, muB er durch eine Preiserhohung die Absatzmenge reduzieren; auf dem Teihnarkt 2, wo der Grenzerlos X2E2(X2) ilber den Grenzkosten liegt, ist durch eine Preissenkung der Absatz zu steigem, und zwar solange, bis die Bedingung (41.7) erfiillt ist. Der Leser iiberlege, wie die Preise in Abbildung 4L2 auf den beiden Teilmarkten festgelegt werden miiBten, damit die Grenzerlos auf beiden Markten gleich sind. In der folgenden Abbildung 41.3 ist diese Situation dargestellt. Auf dem Teihnarkt 1 verlangt der Anbieter nun den Preis ppund auf dem Teihnarkt 2 den Preis pf. (Die vorherigen Angebotspunkte sind zum Vergleich als oflfene Punkte auf den Preis/Absatz-Kurvem angegeben.) Bei dieser Preiskonstellation werden auf den beiden Teilmarkten gerade solche Mengen xp,x^ abgesetzt, die zu gleichen Grenzerlosen auf den beiden Markten fiihren und zudem den Grenzkosten xK(x^)
4.1 Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
503
der Gesamtproduktionsmenge x^= xp+ x£ entsprechen. Der Gesamtgewinn setzt sich nun aus den auf beiden Teilmarkten realisierten Gewinnen zusammen. Er ist hoher als vor der Preisdififerenzierung Abbildung 41.3: Gewinnmaximierende Preissetzung mit Preisdifferenzierung
d) Sind die Preiselastizitaten des Absatzes auf den beiden Teilmarkten sowie die Grenzkosten der Produktion im Bereich des Gewinnmaximums bekannt, dann kann die Preissetzung anhand einer Elastizitatenregel vorgenommen werden. Zu deren Herleitung werden die Grenzerlose in den Gleichungen (41.6) gemafi der Amoroso/Robinson-Relation (33.7) jeweils durch den Preis und die Preiselastizitat des Teilmarktes ausgedriickt. Mit 8j := e(xj:pj) als Preiselastizitat des Absatzes auf dem Teilmarkt j muB dann im Gewinnmaximum gelten (vgl. auch (33.16) ):
pp = P? =
si
8i + 1 S2
•xK
(41.8a)
xK
(41.8b)
82+1
Betragen die Grenzkosten beispielsweise xK = 10 und sind 8i = -1,5 und 82 = -2, so ergeben sich gewinnmaximierende Preise von pp = 30 und p£ = 20. Im hier betrachteten Fall zweier Teilmarkte hangt das gewinnmaximale FrQisverhaltnis nur von den beiden Preiselastizitaten ab, weil sich durch Division der beiden Gleichungen (41.8) die Grenzkosten herauskurzen:
Im Falle von mehr als zwei Teilmarkten mu6 die Bedingung (41.9) fur alle moglichen Paare von Markten gelten.
504
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
(41.9)
Die Gleichungen geben zu erkennen, da6 der Anbieter auf dem preiselastischen Teilmarkt (mit dem vergleichsweise »sehr« negativen 8-Wert) einen niedrigen, auf dem preisunelastischen Teilmarkt (mit dem nur »weiiig« negativen s-Wert) dagegen einen vergleichsweise hohen Preis setzen muB, wenn er seinen Gesamtgewinn maximieren will. Dies zeigt auch das obige Zahlenbeispiel. Sind die Preiselastizitaten auf den Teilmarkten gleich, so lohnt sich Preisdiflferenzierung nicht. Die Gleichung (41.9) laBt auch Riickschlusse darauf zu, wie sich Anderungen der Preiselastizitaten auf das gewinnmaximale Preisverhaltnis auswirken: Wird etwa die Nachfrage auf dem Teilmarkt 1 weniger preiselastisch, steigt also Si in unserem Zahlenbeispiel von -1,5 auf -1,4, so lohnt es sich fiir den Anbieter (ceteris paribus) den Preis auf dem ersten Teilmarkt anzuheben, so daB sich anstelle von 1,5 nun 1,75 als neues gewinnmaximales Preisverhaltnis ergibt. Es sei nochmals betont, daB bei positiven Grenzkosten stets 8j < -1 gilt (vgl. Kapitel 3.3.3.a).
Beispiel41.1: Ermittlung des Gewinnmaximums bei Preisdifferenzierung im Falle linearer Preis/Absatz-Funktionen. Ein Untemehmen stelle ein bestimmtes Produkt her und bietet es auf zwei getrennten Teihnarkten an. Die Preis/Absatz-Funktionen der beiden Teilmarkte seien: pi(xi)
= ni - mi-xi,
p2(x2)
= n2 - mi-xi
(1)
Die beiden Erlos- und Grenzerlosfunktionen sind dann: Ei(xi)
= nrxi - mr(xi)^,
^;Ei(xi) = ni - 2 m r x i ,
E2(x2)
= X2-X2 - m2<X2)^
^2E2(x2) = n2-2m2-X2
(2) (3)
Im Gewinnmaximum miissen die Grenzerlose nach der Bedingung (41.7) einander gleich sein: !
xi'Ei(xi) = ni-2mixi
=
ni-lmrXi
= X2E2(X2)
(4)
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
505
Durch Umstellen, etwa nach X2 , ergibt sich: V Yv ^ X2VX1;
% - % + 2mi»Xi _ n 2 - n i . m^ r — + Xj 2m2 2m2 m2
(^D;
Diese Gleichung gibt alle Angebotsmengenkombinationen (xi,X2) an, bei denen die Grenzerlose auf beiden Teilmarkten gleich hoch sind. Man kann sie daher als Isogrenzerlosfunktion bezeichnen. Im dargestellten Fall handelt es sich um eine Gerade mit positiver Steigung. 1st die Kostenfimktion des Anbieters K(x) = cx^ + F, mit x = xi + X2 , imd die Grenzkostenfunktion xK(x) = 2cx, so kann nun gemaB Gleichung (41.7) die gewinnniaximierende Absatzmenge des Teilmarktes 1 durch Gleichsetzen von XI Ei(xi) und X K(x) ermittelt werden: ni - 2miXi = 2c-[xi + X2]
(6)
Das gemaB (4) zu xi »passende« X2 gibt die Gleichung (5) an. Durch Einsetzen von X2 aus (5) in (6) folgt: ^ ^ n^ — n, + 2m, • x, .„. ni-2mi-Xi = 2c-Xi + c--^ ''-—'(7) m^ Durch Umstellen nach der verbhebenen Unbekannten xi ergibt sich schlieBlich: ^G = 1 n i m 2 + c>[n^-nj 2 m^mj + c[mi+m2]
^^^
Dies ist die gewinnmaximierende Angebotsmenge des Untemehmens auf dem Teihnarkt 1. Der gewinnmaximierende Preis ergibt sich durch Einsetzen von xpin die Preis/Absatz-Funktion des ersten Teilmarktes gemaB (1), also: pf = Pi(xf)
(9)
Der Leser kann zur Ubimg auf die beschriebene Weise auch xf ermitteln. Dazu muB zunachst die Gleichung (5) nach xi umgestellt werden.
n
Kann der Anbieter selbst festlegen, in wieviele und welche Teihnarkte er seinen gesamten Absatzmarkt aufspaltet, so wird er vermutlich jene Aufteilung wahlen, die ihm den hochstmoghchen Gesamtgewinn in Aussicht stellt. Dazu muB er die gemaB der Bedingung (41.7) bei jeder moghchen Aufteilung reahsierbaren Gewinne miteinander vergleichen. Der Grenzfall, bei dem der Anbieter jede
506
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
Gutseinheit einzeln und zu einem jeweils gewinmnaximalen Preis zu verkaufen versucht, wird als totale Preisdifferenzierung bezeichnet. e) Welches Marktergebnis stellt sich bei praktizierter Preisdifferenzierung ein, und wie ist es zu beurteilen?: • Die Nachfrager auf dem preisunelastischeren Teilmarkt miissen einen erhohten Preis bezahlen. Zu diesem Preis wird nur eine vergleichsweise geringe Menge umgesetzt. Die Gesamtausgaben dieser Nachfrager fiir das Gut sinken, weil ein Angebot nur in preiselastischen Bereich erfolgt. • Die Nachfrager auf dem Teihnarkt mit der dem Absolutbetrag nach hoheren Preiselastizitat konnen das Gut zu einem vergleichsweise geringen Preis erwerben. Die am Markt umgesetzte Menge steigt, und die aggregierten Ausgaben dieser Nachfrager fiir das Gut nehmen zu. • Der Gewinn des Untemehmens steigt, falls die differenzierungsbedingten Erloszuwachse hoher sind als die Kosten der Marktspaltung. Es ist ein Fall vorstellbar, bei dem das Untemehmen ohne Preisdifferenzierung nur Verluste realisieren konnte, mit Preisdifferenzierung dagegen einen Gewinn. Preisdifferenzierung ist dann eine Voraussetzung dafiir, daB das betreffende Gut tiberhaupt angeboten wird. Daran ist zu sehen, dafi die Preisdifferenzierung nicht pauschal negativ zu beurteilen ist. Empirikum41.1 Preisdifferenzierung auf unterschiedlichen regionalen und internationalen Markten wird besonders von Pharmaunternehmen betrieben. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft, was 100 Aspirin-Tabletten in verschiedenen GroBstadten der Erde im Jahre 1995 in D-Mark gemessen kosteten: Ort
Preis
Tokio
52.66
Rom
25.53
Munchen
23,75
Hongkong
16.68
London
15.18
Sydney
11,16
Paris
10,70
Los Angeles
10.67
Stockholm
9,01
Toronto
7.26
Mexico City
2.56
Quelle: Focus 51/1995. S. 152. m.H.a. USA Today.
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
507
Keirnt man die Preise auf den einzelnen Teilmarkten und die Preiselastizitat der Nachfrage auf mindestens einem Teilmarkt, so lassen sich mit der Gleichung (41.9) auch die Preiselastizitaten auf den tibrigen Teilmarkten berechnen. Dazu ist diese Gleichung nach der unbekannten Elastizitat umzustellen. Der Leser kann dies anhand der Preisdaten des Empirikums 41.1. nachvoUziehen, wenn beispielsweise von einer Preiselastizitat der Aspirin-Nachfrage in Tokio von s = -1,1 ausgegangen wird. Es laBt sich etwa berechnen, da6 dann die Preiselastizitat in Hongkong -1,4 betragt.
4.1.3. Analyse durchschnittskostenorientierter Preissetzung
a) Die in den Kapitehi 2.3. und 3.3. hergeleiteten Preissetzungsregeln fiir eine gewinnmaximierende Angebotspolitik finden in der Praxis zwar zunehmend, aber noch nicht sehr haufig Aiiwendung. Ziim einen mangelt es vielerorts an dem zur Umsetzung der Coumot-Bedingung erforderlichen analytischen Wissen. Zum anderen mtiBte - streng genommen - ein um die Gleichheit von Grenzerlosen und Grenzkosten bemiihter Anbieter bei jeder exogenen Nachfrage- oder Kostenanderung auch seine Preisforderungen anpassen, was mit allerlei Schwierigkeiten verbunden sein kann. In der Praxis bedient man sich daher haufig »einfacher« Preissetzungsverfahren, die den Charakter von Faustregehi haben. Von diesen ist die sogenannte KostenPlus-Regel die bedeutendste. Sie soil deshalb im folgenden hinsichthch ihrer Wirkungen auf das Gewinnziel mikrookonomisch imtersucht und mit der Grenzkosten-Preisregel (Coumot-Bedingung) der vorangegangenen Kapitel verghchen werden. b) Nach der Kosten-plus-Regel (auch markup pricing oder cost-plus pricing genannt) wird der Angebotspreis p durch einen absoluten oder prozentualen Aufschlag auf die gesamten oder die variablen Durchschnittskosten k des Produktes bestimmt: p= k + g p = (l+a)k
: additiver Aufschlag : multiplikativerAufschlag
(41.10) (41.11)
Das zeigen mehrere Untersuchungen. Beispielsweise fend Wied-Nebbeling (Das Preisverfiaken in der Industrie; Tubingen, 1985, S. 137) heraus, daB rund zwei Drittel der befragt^i Untemehmen die Kosten-Plus-Regel bei der Preisbestimmung zugrunde legen oder sich zumindest an ihr orientieren.
508
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Der additive Aufschlag g entspricht dem intendierten Durchschnittsgewinn. Entweder dieser oder aber der Aufschlagssatz a wird exogen vorgegeben. Beide Kosten-plus-Varianten konnen wie folgt ineinaader uberfuhrt werden: g = ak
(41.12a)
a = ^
(41.12b)
In der Gleichung (23.14) hatten wir gezeigt, daB - aus theoretischer Sicht - der gewiimmaximierende Aufschlagsatz eines preisinabilen Anbieters seiner Durchschnittskostenelastizitat entspricht, was jedoch in der Praxis weitgehend unbekannt sein dtirfte. Ein Sonderfall der Kosten-Plus-Preissetzung ist die Festlegung von Zielrenditen (sog. target return pricing). Danach wird der Preis so gesetzt, daB sich eine bestimmte Verzinsimg re des eingesetzten Kapitals C , also eine bestimmte Kapitalrentabilitat ergibt: E(x)-K(x) = rcC <^
p = k +^^^-^
(41.13)
X
Der rechte Summand entspricht letzthch wieder einem intendierten Durchschnittsgewinn g wie in (41.10). Das Verfahren stellt nicht sicher, daB die vorgegebene Ziekendite auch tatsachlich erreicht wird. Denn ob sich der bei der Zielsetzung unterstellte Absatz x bei dem kalkuherten Preis tatsachlich einstellen wird, ist im vorhinein ungewiB. c) Hieran zeigt sich schon das entscheidende theoretische Problem der genannten Preissetzungsverfahren: Der Kosten-plus-Preissetzung hegt namlich ein logischer ZirkelschluB zugrunde. Denn die Hohe der Durchschnittskosten, die als BezugsgroBe fur den Gewinnaufschlag dient, hangt von der produzierten und abgesetzten Produktmenge x ab. Diese Menge wird aber erst durch die Hohe des festgesetzten Preises und damit durch den Gewinnaufschlag bestimmt. Demnach wird bei der Preissetzung etwas vorausgesetzt, das selbst erst von eben dieser Preissetzung abhangt. Eine durchschnittskostenbezogene Preissetzung kann fatale Folgen fiir ein Unternehmen haben: Je geringer die Absatzmenge ist, desto hoher sind die Fixkosten je Mengeneinheit und desto hoher miiBte nach der Kosten-plus-Regel der Preis
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
509
angesetzt werden. Auf einen Absatzriickgang wiirde datin mit erhohten Preisfordemngen zu reagieren sein. Dadurch kame es aber vermutlich zu einer weiteren Abnahme der Absatzmenge, was dann zu noch hoheren Preisforderungen fiihren muBte. Auf diese Weise kann sich ein Untemehmen »aus dem Markt hinauskalkulieren«. Die vorstehende Analyse zeigt mithin, da6 der Praxis entstammende Preissetzungsregeln aus theoretischer Sicht mit erheblichen Problemen behaftet sein konnen. Deren vermeintliche Einfachheit und »Praktikabilitat« hat ihren Preis.
4.1.4. Auswirkungen anderer ZielgroBen auf die Angebotspolitik a) Ein bestimmter positiver Gewinnbetrag G wird aus der Sicht eines kleinen Untemehmens ganz anders beurteilt als aus der Sicht eines groBen. Denn bezogen auf das eingesetzte Kapital ergibt sich im ersten Fall eine hohe Kapitahentabilitat, im zweiten Fall dagegen eine geringe. Es liegt daher nahe, anstelle des absoluten Gewinns G den auf das eingesetzte Kapital C bezogenen Gewinn, also die Kapitalrentabilitat, als ZielgroBe des Untemehmens zu verwenden. Ware C konstant, ergabe sich kein Unterschied. Ein solcher ergibt sich nur, wenn das eingesetzte Kapital auch vom Outputniveau x abhangt, also in der langen Frist. Die Abhangigkeit ist realistischerweise so, daB mit steigendem Outputniveau der Kapitalbedarf steigt, beziehungsweise mit steigendem Kapitaleinsatz das Outputniveau zunehmen kann. b) Da es sich bei dem hier betrachteten Gewinn G annahmegemaB um den tiber die Abdeckung auch der kalkulatorischen Kosten hinausgehenden UberschuB handelt (vgl. Kapitel 2.2.1.a), sind auch die daraus berechneten RentabilitatsmaBe entsprechend als "UberschuB-Rentabilitat" zu verstehen. Die Maximierung der Kapitalrentabilitat := G(x) ^ E(x)-K(x) C(x) C(x) erfordert das Verschwinden der ersten Ableitung: xrc
[xE - > ; K ] C - ; C [ E - K ] ' -, = 0
510
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten <^
[,'E-,'K].C
<=>
x'E - xK
=
[E-K].,'C
==
' X ^ T ;
X
C
Mit x C x / C = s(C:x) als Elastizitat des Kapitaleinsatzes in Bezug auf das Outputniveau ergibt sich schlieBlich: xE(x)- ;K(X) ^ p(x) - k(x)
^
'
Da der Bruch letztlich dem Quotient aus Grenzgewinn x G(x) und Durchschnittsgewinn g(x) entspricht und xG(x)/g(x) = s(G:x) die Elastizitat des Gewinns in Bezug auf die Absatzmenge ist, lautet die Kapitalrentabilitatsmaximierungsbedingung in Elastizitatsschreibweise: 8(C:x)
= s(G:x)
(41.16)
Die Maximierung der Kapitalrentabilitat erfordert also eine Gleichheit von Kapitalund Gewinnelastizitat. Oflfenbar muB der (positive) Grenzerlos iiber den Grenzkosten liegen. Eine maximale Kapitalrentabilitat wird demnach bei einer Absatzmenge erreicht, die kleiner als die gewinnmaximierende ist. Es kann gezeigt werden, daB zudem der Preis hoher als bei Gewinnmaximierung ist. Der Gesamtgewinn ist geringer. Mit anderen Worten: Die Realisierung des maximalen Gewinnsfiihrtzu einer submaximalen Kapitalrentabilitat. Durch Umstellen von (41.15) erhalten wir eine der Coumot-Bedingung analoge Gegeniiberstellung von Grenzerlos und Grenzkosten als Bedingung fiir eine maximale Kapitalrentabilitat:
xE(x) - p(x) . s(C:x) = xK(x) - k(x) • s(C:x)
(41.17)
An Stelle des Schnittpunkte von Grenzerlos- und Grenzkostenkurve wird durch (41.17) der Schnittpunkt zweier Kurven beschrieben, die jeweils unterhalb der beiden genannten Kurven verlaufen. Der interessierte Leser kann unter dem Aspekt der besseren Anwendbarkeit in (41.17) die Grenzerlose gemaB der Amoroso/Robinson-Relation (33.7) durch Preis und Preiselastizitat sowie die Grenzkosten gemaB (22.55) durch Durch-
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
511
schnittskosten iind Durchschnittskostenelastizitat ersetzen. Stellt man die so gewonnene Gleichimg nach p um, erhalt man (imter der Annahme isoelastischer Funktionen) eine Bestimmimgsgleichung fiir den Preis bei maximaler Kapitalrenabilitat. b) Ein weiteres mogliches Untemehmensziel ist die Maximierung des Durchschnittsgewinns g, also des Gewinns pro abgesetzter Produktionseinheit. Die erste Ableitung von (41.18)
g(x) = p(x)-k(x) nach X mu6 null gesetzt werden. Dies ergibt: xg = xP
Jk xP =
x'k
(41.19)
Diese Bedingung besagt, graphisch interpretiert, daB das Untemehmen bei derjenigen Ausbringungs- und Absatzmenge den maximalen Gewinn pro Stuck (g) realisiert, bei der die Freis/Absatz-Kurve die gleiche Steigung hat wie die Durchschnittskostenkurve. Im Hinblick auf die formale Anwendbarkeit empfiehlt es sich wieder, die Bedingung durch Elastizitaten auszudriicken. Dazu wird (41.19) wie fblgt erweitert: . ^ P ;P— -
:k.
X k
k'x
P X
<=> 8(p:x)p = 8(k:x)k Weil imter normalen Bedingungen £(p:x) = l/s(x:p) gilt, ergibt sich daraus der durchschnittsgewinnmaximierende Preis:
p = 8(x:p) • 8(k:x) • k
(41.20)
Da die Preiselastizitat des Absatzes normalerweise negativ ist, muB auch die Durchschnittskostenelastizitat einen negativen Zahlenwert haben, damit sich ein positiver Preis ergibt, der zu dem hochstmoglichen Gewinn pro abgesetzter Gutseinheit fuhrt. Damit tiberhaupt ein Gewinn entsteht, muB zudem der Preis iiber
512
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
den Durchschnittskosten liegen. Dies erfordert nach (41.20), daB der Elastizitatstemi 8(x:p) • 8(k:x) > 1 ist. Die folgende Abbildung 41.4 zeigt noch einmal die Unterschiede aller in diesem Buch imtersuchten Zielsetzungen: Abbildung 41.4: Untemehmensziele im einzelwirtschaftlichen Preis-Mengen Diagramm
iE(x)
4.1.5, Beriicksichtigung von Werbung in der Angebotspolitik
Ein Anbieter, der Werbung fiir sein Produkt betreibt, geht davon aus, daB dies tendenziell seinen Absatz erhoht. Zugleich steigen dadurch aber auch die Kosten. Symbolisieren wir die periodenbezogenen Werbeausgaben mit W, so ist nun die Absatzmenge x auBer von p auch von W abhangig (vgl. Gleichung (41.1)). Damit hangen auch die Kosten liber x von p und W ab. Die Gewinnfunktion des Anbieters lautet: G(p,W) = px(p,W) - K(x(p,W)) - W
(41.21)
4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten
513
Im Gewinmnaximum mtissen beide partiellen Ableitungen dieser Funktion null sein (die Fimktionsklammem lassen wir der Einfachheit halber weg): pG = X + P p X -
xKpX
! =
0
(41.22a)
= 0
(41.22b)
!
wG = p-wX-xK-wX - 1
Durch Umstellen beider Ableitungen nach x K und Gleichsetzen folgt: X + p-px
P-
1
<=>
Durch geeignetes Erweitem der Ableitungen im Zahler und im Nenner gelangt man zu folgender Elastizitatsform fur die gewinnmaximierende Angebotsmenge des werbungtreibenden Untemehmens: X
8(x:p)
W
8(x:W)
p
=
Im Gewinnmaximum (p ,W ,x^) mu6 folglich gelten:
W"^ p^x^
^
s(x:W) -s(x:p)
(41.23)
Auf der linken Seite steht der Anteil der Werbeausgaben am Erlos p • x. Dieser Anteil muiJ im Gewinnmaximum gleich dem Verhaltnis aus Werbeelastizitat 8(x:W) imd dem Absolutbetrag der (normalerweise negativen) Preiselastizitat des Absatzes sein. Diese Bedingung wird nach ihren Entdeckem als
514
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Dorfman/Steiner-Theorem bezeichnet. Sie erfreut sich im Marketing groBer Beliebtheit: 1st beispielsweise 8(x:W) = 0,2 , was in etwa dem mittleren Zahlenwert der Werbeelastizitat in der Realitat entspricht, imd s(x:p) = -2,5 , so ist es gewinnmaximal, wenn 0,2/2,5 = 0,08, also acht Prozent der Erlose fur Werbung ausgegeben werden. Das Theorem zeigt, daB der relative Werbeau^and unter Optimalitatsbedingungen um so groBer ist, je holier die Werbeelastizitat und je geringer der Absolutbetrag nach der Preiselastizitat des Absatzes ist. Da, wie in Gleichung (33.21) gezeigt wurde, der Kehrwert der negativen Preiselastizitat dem Monopolgrad p,L entspricht, kann das Dorfinan/Steiner-Theorem auch wie folgt interpretiert werden: W^
H,.8(x:W)
(41.24)
Die Formel zeigt den direkten Zusammenhang zwischen Werbung und Marktmacht: Ein gewinnorientiertes Untemehmen wird einen um so groBeren Anteil seines Erloses ftr Werbung ausgeben, je groBer seine durch den Monopolgrad gemessene Marktmacht ist. Fiir einen preisinabilen Anbieter (mit ^L= 0) lohnt es sich nicht, Werbung zu treiben. Bei vollkommener Konkurrenz wird die Information der Nachfrager durch die VielzaW der Anbieter und auch tiber den Marktpreis sichergestellt. Informative Werbimg ist dann nicht erforderhch und suggestive Werbung entbehrhch. In vermachteten Markten spielt Werbung (in ihren positiveri und negativen Erscheinungsformen) eine groBe RoUe. Da es sich zum einen fur preisabile Anbieter lohnt, Werbung zu treiben, und zum anderen Werbung die Praferenzen der Nachfrager beeinfluBt, indem sie zum Beispiel das Angebot eines Untemehmens von dem seiner Konkurrenten abhebt, weist das Marktsystem eine stete Tendenz zur Heterogenisierung des Giiterangebotes auf (vgl. Kapitel 3.1.1.a).
Das Theorem wird hier etwas vereinfacht wiedergegeben. Zum Original vgl. R. Dorfinan/ P.O. Steuier: Optimal Advertising and Optimal Quality; American Economic Review 44, 1954, S. 826-836.
4.2. Monopolistische Konkurrenz
515
4.2. Monopolistische Konkurrenz
Als monopolistische Konkurrenz wird seit Edward Chamberlin (1933) die Marktform des Polypols auf einem unvollkommenen Markt bezeichnet; vgl. Kapitel 3.1.3.d): Zahlreichen Nachfragem wird von einer Vielzahl kleiner Anbieter ein heterogenes Giiterangebot ofFeriert. Diese Marktform kommt in der Realitat wesentlich haufiger vor als die des Polypols auf einem vollkommenen Markt (vollkommene Konkurrenz). Daher ist das Modell der monopolistischen Konkurrenz eine realitatsnahere Beschreibung von Markten mit vielen Anbietem.
4,2.1. Charakterisierung der Marktform a) Bei monopolistischer Konkurrenz bietet jeder Anbieter aus der Sicht der Nachfrager eine im Vergleich zu seinen Konkurrenten unterschiedliche Variante eines Gutes an. Der Unterschied kann auf besonderen raumlichen, zeitliehen, sachlichen oder personlichen Praferenzen der Nachfrager beruhen. Dies kann auch durch den Einsatz absatzpolitischer Instrumente - vor allem der Werbung bedingt sein, weil jeder Anbieter versucht, sein Produkt von den Konkurrenzprodukten abzugrenzen, etwas »Besonderes« anzubieten. Dadurch kormen sogar objektiv gleichartige Gutseinheiten in den Augen der Nachfrager zu unterschiedlicheii Gutsvarianten werden. Ein Beispiel hierfiir, wenn auch nicht fur einen Polypohnarkt, bieten die bekannten Benzinmarken. Auch bei Waschmittehi, Zigaretten, Kaflfee und Bier sind die objektiven Unterschiede zwischen den einzebien Produkten geringer als es der Einschatzung der Nachfrager entspricht. Fur das Folgende ist es jedoch unerhebhch, ob die Heterogenitat des Angebots auf objektiven Unterschieden, subjektiven Einschatzungen oder womoglich auf unvoUstandiger Markttransparenz beruht. Entscheidend ist, da6 zwischen den einzehien Angeboten enge, aber nicht perfekte Substitutionsbeziehungen bestehen. Ftir jede Gutsvariante besteht ein eigener Teilmarkt, der annahmegemaB von nur einem Anbieter bedient wird. Bei heterogenen Markten tritt somit das Problem der Marktabgrenzung besonders deutlich hervor.
1
Der amerikanische Okonom Edward Chamberlin lieferte 1933 (zeitgleich mit der Englanderin Joan Robinson) die erste geschlossene Konzeption dieser vergleichsweise realitatsnahen Marktforai. Vgl. Kapitel 3.1.1., insbesondere die Bedingung (Ml) ist nun aufgehoben.
516
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
Aufgrund der Nichthomogenitat des Gutes, der Nachfragerpraferenzen und der Tatsache, da6 jede Gutsvariante von jeweils nur einem Anbieter angeboten wird, ist die Nachfrage nach jeder Gutsvariante nicht vollkommen preiselastisch. Jeder der zahlreichen Anbieter verfiigt auf dem von ihm bedienten Teilmarkt Uber einen wenn auch begrenzten Preissetzungsspielraum - wie im Monopol; daher die Bezeichnung dieser Marktform. b) Da jeder Anbieter annahmegemafi nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtangebot des Gutes hat, sind seine absatzpolitischen und insbesondere seine preispolitischen MaBnahmen in ihren Wirkungen zwar fiir ihn, nicht aber fur die tibrigen Anbieter wahmehmbar. Zieht beispielsweise ein Anbieter durch eine Preissenkung Nachfrager von seinen Konkurrenten auf sich, so erleidet wegen der groBen Anbieterzahl jeder dieser Konkurrenten nur eine unmerkliche AbsatzeinbuBe. Daher reagieren die Konkurrenten auf Preisanderungen eines einzebien Anbieters nicht. Jeder sieht die Angebotspohtik der tibrigen als Datum an. Um es noch einmal zu betonen: Preisinduzierte Nachfragebewegungen zwischen den Anbietem sind nur fur das einzehie, den Preis andemde Untemehmen fiihlbar, nicht aber fiir die groBe Zahl seiner Konkurrenten. Die einzelwirtschaftliche Absatzveranderung verteilt sich auf diese groBe Zahl, so daB die Konkurrenten die auf sie entfallenden geringen Absatzveranderungen nicht bemerken. Denn in der Reahtat unterhegt der Absatz zufallsbedingten Schwankungen. Kleine Absatzdiflferentiale, die durch MaBnahmen eines Konkurrenten ausgelost werden, sind deshalb nur schwer als systematische Absatzanderung zu identifizieren. Dies hat zur Folge, daB jeder Anbieter seinen Preis in einem gewissen Intervall andem kann, ohne Reaktionen seiner Konkurrenten befiirchten zu mtissen. Hinsichthch der Nachfi-agereaktionen die ein Anbieter durch eine Veranderung seiner Preisforderung auslost, sind vier Falle zu unterscheiden: • Senkt er den Preis nur ein wenig, so steigt sein Absatz, weil er einige Kunden, die von seinen Konkurrenten zu ihm wechsehi, hinzugewinnt und zudem seine eigenen Kunden groBere Mengen nachfi-agen. • Senkt er seinen Preis drastisch, so fiihrt ihn der stark wachsende Absatz rasch an seine Kapazitatsgrenze und treibt seine Durchschnittskosten in die Hohe. • Erhoht er seinen Preis ein wenig, so geht sein Absatz zuriick, denn einige Nachfi-ager wandem von ihm zu seinen Konkurrenten ab; die tibrigen fi-agen eine geringere Menge nach. • Erhoht er den Preis drastisch, so wird er alle Kunden an seine Konkurrenten verheren, und sein Absatz sinkt auf null.
517
4.2. Monopolistische Konkurrenz
c) Die Abbildung 42.1 zeigt diese Absatzsituation eines Untemehmens i, das unter der Bedingung monopolistischer Konkurrenz sein Produkt anbietet. Deutlich ist der durch die soeben genannte Nachfragereaktion bedingte monopolistische Preissetzungsspielraum im mittleren Bereich der Preis/Absatz-Kurve zu erkennen. Da jeder Anbieter annahmegemafi nur eine Gutsvariante anbietet iind jede Gutsvariante von nur einem einzelnen Untemehmen angeboten wird, konnen die einzebien Produkte mit dem Index der Anbieter gekennzeichnet werden. Deshalb steht der Anbieterindex i nun unten-rechts an den Preis- und den Mengensymbolen. Er kennzeichnet zugleich die jeweils betrachtete Gutsvariante und das die Gutsvariante anbietende Untemehmen. Abbildung 42.1: Preissetzungsspielraum eines Anbieters bei monopolistischer Konkurrenz
Pi(Xi)
4.2.2. Kurzfristiges Angebot a) Zur Analyse der Angebotspolitik und der Preisbildung bei monopolistischer Konkurrenz betrachten wir nun die Situation eines einzehien reprasentativen Anbieters etwas genauer. Von der Preis/Absatz-Kurve fiir die von ihm angebotene
Das Konzept dieser sogenannten doppelt geknickten Preis/Absatz-Kurve geht auf den deutschen Okonomen Erich Gutenberg (1951) zuriick; sie ist auch empirisch bestatigt worden.
518
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
Gutsvariante ist hauptsachlich der mittlere, relativ preisunelastische Bereich relevant (siehe Abbildung 42.1). Deim nur hier kann der Anbieter sich trotz seines geringen Gesamtmarktanteils wie ein Monopolist verhalten. Die von Chamberlin verwendete Nachfragefiinktion hinsichtlich des von einem Untemehmen i angebotenen Produktes lautet: xf = m i - m - p i + X p^.p^
(42.1)
k=\
Die Koeffizientenwerte pA:, die den EinfluB der Preise der tibrigen Anbieter (Konkurrenten) auf die Absatzmenge des Untemehmens i angeben, sind annahmegemaB jeweils sehr gering, so da6 die Absatzmenge des Anbieters i durch Preisanderungen eines anderen Anbieters k nicht merklich verandert wird. Gleichwohl ist die Summe aller Preiseinfltisse der Konkurrenten eine merkliche BestimmungsgroBe fur den Absatz des i. Das gilt auch fur den Fall, da6 sich die Anzahl K der Konkurrenten etwa durch Markteintritte fiihlbar verandert. b) Der betrachtete Anbieter i wahlt annahmegemaB denjenigen Angebotspunkt auf seiner Preis/Absatz-Kurve, der ihm den maximalen Gewinn in Aussicht stellt. Das Gewinnmaximum wird, wie bei einem Monopolisten (vgl. Kapitel 3.3.3.), bei der Ausbringungs- und Absatzmenge erreicht, bei der seine Grenzkosten dem Grenzerlos entsprechen. Der Schnittpunkt der zur Preis/Absatz-Kurve gehorenden Grenzerloskurve mit der Grenzkostenkurve bestimmt die gewinnmaximierende Angebotsmenge xf und tiber den zugehorigen Angebotspunkt (Co) den gewinnmaximierenden Preis pf; siehe Abbildung 42.2. Liegt pp iiber den Durchschnittskosten ki(xp), so reahsiert der Anbieter einen positiven Gewinn.
519
4.2. Monopolistische Konkurrenz
Abbildung 42.2: Gewinnmaximum eines Anbieters bei monopolistischer Konkurrenz
iEi(Xi)
4.2.3. Langfristiges Gleichgewicht Kommen bei den auf dem Markt tatigen (inkumbenten) Anbietem merkliche Gewinne zustande, so werden dadurch Neuanbieter eraiuntert, mit weiteren attraktiven Angeboten in den Markt einzutreten. Die Markteintritte neuer Anbieter haben zur Folge, daB sich das Marktvolumen beziehungsweise die Gesamtabsatzmenge nun auf eine groBere Anbieterzahl verteilt, so daB der Marktanteil jedes einzelnen Anbieters sinkt. Das bedeutet, daB sich die einzelwirtschaftlichen Preis/Absatz-Kurven nach »links« verlagem. Dies wiederum fiihrt dazu, daB die Anbieter ihre Preisforderungen reduzieren. In der folgenden Abbildung 42.3 ist dies fiir den mittleren Bereich der Preis/Absatz-Kurve des betrachteten Anbieters i dargestellt. Die Verlaufe wurden linearisiert und bis zu den Koordinatenachsen verlangert: Durch die Markteintritte der Neuanbieter verschieben sich seine Preis/Absatz-Kurve und seine Grenzerloskurve ausgehend von der lang gestrichelten Position nach links. Der Coumot-Bedingung folgend paBt er seine Angebotsmenge von xp^auf x p und seine Preisforderung von p p auf p p an. Der Leser mache in dem Diagramm die Hohe des ursprunglichen und des nach der
520
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
Anpassung realisierten Gewinns durch SchraflBenmg der entsprechenden Rechteckflachen kenntlich. Es ist daiin zu erkennen, daB im hier dargestellten Fall infolge der Markteintritte der Gewiim des Anbieters zuriickgeht. Bei den tibrigen Anbietem ist es ebenso. Abbildung 42.3: Markteintritte bei monopolistischer Konkurrenz
x & \xi^i
xE(x) In der langen Frist passen die inkmnbenten Anbieter auch ihre Produktionskapazitaten an, so daB sich die Durchschnittskostenkurven entlang der lang2
fristigen Durchschnittskostenkurve verschieben. Diese beiden Prozesse setzten sich fort, solange noch merkliche Gewinne auf dem Markt realisiert werden, solange also die Preise p^der Anbieter noch oberhalb der Durchschnittskosten k(x^)hegen. Langfristig werden gerade dann keine Gewinne mehr realisiert, wenn sich die Preis/Absatz-Kurven der inkumbenten Anbieter soweit nach links verschoben haben, daB sie die (langfristige) Durchschnittskostenkurve nur noch tangieren. Ein
1 Vgl. ggf. Beispiel 33.2. 2 Vgl. die Kapitel 2.2.5.a) und 3.2.5.a).
521
4.2. Monopolistische Konkurrenz
solcher Tangentialpunkt ist der sich langfristig einstellende Coumot-Pimkt eines Anbieters bei monopolistischer Konkurrenz. Er wird als Chamberlin'scher Tangentialpunkt (Ch) bezeichnet. Er stellt den Endzustand des beschriebenen Anpassimgsprozesses und damit das langfristige Gleichgewicht eines Anbieters unter monopolistischer Konkurrenz dar (siehe Abbildung 42.4). Ln ChamberlinPunkt gilt:
und
xPi(Xi) = xkf(Xi)
(42.2)
Pi(xi) = kf(xi)
(42.3)
Abbildung 42.4: Langfristiges Gleichgewicht bei monopolistischer Konkurrenz
xEi(Xi)
Hat jeder Anbieter sein langfristiges Marktgleichgewicht erreicht, dann realisieren die inkumbenten Anbieter keine Gewinne mehr und der Zustrom neuer Anbieter hort auf. Dieses Marktergebnis ahnelt dem langfristigen Gleichgewicht bei voUkommener Konkurrenz, das in Kapitel 3.2.5.c) erlautert wurde. Es besteht jedoch ein entscheidender Unterschied: Bei voUkommener Konkurrenz produzieren langfristig alle Anbieter im Minimum der langfristigen Durchschnittskosten; bei monopohstischer Konkurrenz wird dagegen »links« davon, das heiBt bei einer
522
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
langj&istig suboptimalen Ausbringungsmenge produziert. Demi wegen der negativen Steigung der Preis/Absatz-Kurve liegt der Chamberlin-Punkt (Ch) jedes Anbieters stets im Bereich fallender Durchschnittskosten. Die Produktionskapazitaten werden daher langfristig nicht in bestmoglicher Weise genutzt und ausgelastet. Die Kostensenkungsmoglichkeiten werden durch den beschriebenen Anpassungsmechanismus nicht voUstandig erschlosssen. Mit anderen Worten: Das Gut konnte kostengiinstiger bereitgestellt werden, wenn sich der Absatz auf weniger Produzenten verteilte und diese dann zu geringeren Durchschnittskosten produzieren wtirden. Es gibt demnach im langfiistigen Gleichgewicht bei monopoKstischer Konkurrenz zu viele Anbieter mit einer jeweils zu geringen Ausbringungsmenge. Diesem Efiizienznachteil steht jedoch der Vorteil gegentiber, da6 die Nachfrager aus einem vergleichsweise breiten Sortiment unterschiedhcher Gutsvarianten auswahlen konnen, das ihren Bediirfiiissen vermuthch besser entspricht als ein homogenes Angebot, wie es bei vollkommener Konkurrenz oflferiert wird. Eine theoretische Abwagung zwischen Preisnachteilen und Produktdifferenzierungsvorteilen ist kaum moghch.
4.3. Oligopolmarkte
523
4.3. Oligopolmarkte
4.3.!• Charakterisierung der Marktform
Die Marktform des Oligopols ist dadurch gekennzeichnet, daB es auf der Angebotsseite des Marktes nur einige wenige Anbieter (Oligopolisten) gibt, von denen jeder einen erheblichen Anteil am gesamten Marktumsatz des gehandelten Gutes hat. Es handelt sich also um eine Marktform zwischen den Extremen des Monopols mit nur einem imd dem Polypol mit sehr vielen Anbietem. Die Besonderheit des Oligopols besteht darin, daB die wenigen Untemehmen in ihrem Markterfolg wechselseitig voneinander abhangig sind. Jede absatzpolitische Aktion eines Anbieters beeinfluBt spiirbar die Marktposition der iibrigen Anbieter imd veranlaBt diese zu gezielten Reaktionen, die wiederum auf den Verursacher zuriickwirken. Zwischen den Anbietem besteht somit eine direkte AktionsReaktions-Verbundenheit, die iiber die indirekte Absatzverbundenheit bei vollkommener sowie monopolistischer Konkurrenz hinausgeht und Wettbewerbsstrategien auf seiten der Anbieter moghch macht. Die gegenseitige Abhangigkeit der Angebotspolitiken wird auch als oligopolistische Interdependenz bezeichnet. Die Entscheidungssituation der Ohgopohsten ist somit strategischer Art. Im Oligopol weiB jeder Anbieter, daB sein Absatz und Gewinn nicht nur von seiner Preis- oder Mengenentscheidung abhangt, sondem auch von den analogen Entscheidungen seiner Konkurrenten. Folglich wird sich jeder OligopoHst fragen, wie die Konkurrenten auf seine Aktionen reagieren werden und was angesichts der zu erwartenden Reaktionen seine »beste« Vorgehensweise ist. Das fiir ein Untemehmen optimale Angebotsverhalten hangt folghch von den zu erwartenden Reaktionen seiner einzehien Konkurrenten ab. Individuelles Verhalten ist aber (auch in strategischen Situationen) in der Regel nicht im einzehien theoretisch erklarbar und vorhersagbar. Jeder Versuch in dieser Richtung ist zum Scheitem
Brauchbare und stabile Regularitaten treten erst auf aggregierter Ebene (z.B. auf der Marktebene) auf Der methodologische Unterschied zu den einzelwirtschaftsbezogenen Theorien in den vergangenen Hauptkapiteln 1 und 2 besteht darin, dafi es dort um typisches Veiiialt^ ging, dessen Verstandnis fiir die Erklarung der Aggregate "Marktangebot" und "Marktnachfrage", um die es letztlich geht, hilfreich ist. Im Oligopol kommt es dagegen entscheidend auf das spezifische Verfialten jedes eiazelnen Akteurs an. Spezifische einzelwirtschaftliche Erklarungsmodelle sind aber wegen der Irregularitat individuellen Verhahens nicht moglich, Das gilt auch fur einzelne Untemehmen.
524
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
verurteilt. Es kann sogar gezeigt werden, daB gerade irrationale Reaktionen einem Akteur in strategischen Situationen haufig Vorteile bringen. Vorhersehbare Strategien der Konkurrenten sind im Wirtschaftsleben eine ebenso absurde Annahme, wie etwa beim Schachspiel. Man »niischt« ja gerade deshalb mit, well der Ausgang der Interaktion offen ist. Deshalb handelt es sich beim Oligopol in der Realitdt um eine hinsichtlich des Marktergebnisses hochst unbestimmte Marktform. Das bringt nicht nur Schwierigkeiten bei der Wettbewerbspolitik, sondem hat auch zur Folge, daB theoretische ModeUierungen bei dieser Marktform wenig relevant sind. Es hat sich gezeigt, daB sie zu keinen allgemeingiiltigen 2
Aussagen fuhren und ihr Anwendimgsbezug auBerst gering ist. Gleichwohl ist es fiiir das Verstandnis von Marktvorgangen forderlich, sich das Wesentliche der oligopolistischen Interdependenz klar zu machen. Nur so kann man das Charakteristische der Verhaltensweisen von OhgopoKsten zu verstehen. Aussagen tiber die Preisbildung im Ohgopol lassen sich nur auf der Grundlage vorgegebener Annahmen uber die Strategien und Reaktionsweisen der Anbieter herleiten. Im folgenden werden einige vergleichsweise einfache und grundlegende Erklarungsmodelle dargestellt, die das Typische der oligopoKstischen Preisbildung, namlich die direkte Abhangigkeit der einzelwirtschaftlichen Angebotsplane voneinander, deuthch machen. Zunachst werden wir Oligopole in einem homogenen, danach in einem heterogenen Markt betrachten. Von einem Oligopolgleichgewicht auf einem homogenen Markt wird dann gesprochen, wenn die folgenden beiden Bedingungen erfullt sind: • Ein marktraumender Preis p* ist zustande gekommen, so daB ix^Cp*) = x^(p*)
(43.1)
i=l
Dies entspricht der aus Kapitel 3.2.1. d) bekannte Marktgleichgewichtsbedingung. • Jeder Ohgopolist wahlt genau die (far ihn optimale) Angebotspolitik, welche die ixbrigen Oligopohsten erwarten, so daB alle Anbieter ihre Erwartungen bestatigt sehen und folglich keiner eine Veranlassung hat, seinen Angebotsplan zu revidieren. Ein solcher Zustand wird als Cournot-Gleichgewicht bezeichnet.
In der Realitat zeichnet sich ein guter Stratege - gleich in welchem Bereich - in erster Linie durch ein eigentiimliches Gespiir, einen besonderen Sensor, ein intuitives Erkennen des gerade angemessenen Verhaltens aus, nicht durch seine Ratio und kaltes Kalkul. 2
Das Problem besteht nicht darin, daB es keine »ausgefeilten« Ohgopohnodelle fur spezielle Situationen gibt, sondem dafi man in realen Situationen nicht sagen kann, welches dieser zahlreichen Modelle die vorhandene Situation angemessen beschreibt.
4.3. Oligopolmarkte
525
4.3.2. Homogene Oligopole Im homogenen Oligopol wird von den Anbietem ein homogenes Gut bereitgestellt, das auf dem Markt zu einem einheitlichen Preis gehandelt wird. Denn nach dem Jevons'schen Gesetz (vgl. Kapitel 3.1.Lb) kann es auf einem homogenen Markt bei voUstandiger Markttransparenz nur einen Preis geben. Fiir die Oligopolisten bleibt somit nur die Wahl der fiir sie jeweils optimalen, das heiBt hier gewinnmaximierenden Produktions- und Angebotsmenge. Homogene Oligopole werden daher auch als Mengenoligopole bezeichnet. Im folgenden beschranken wir die Darstellung auf den einfachsten Fall des Oligopols, namlich auf das Oligopol mit nur zwei Anbietem. Diese Art wird als Dyopol (auch: Duopol) bezeichnet. Die beiden Anbieter heiBen DyopoUsten. Zwei Grundformen des Dyopols, die nach ihren theoretischen Entwicklem benannt wurden, werden unterschieden: das Coumot'sche Dyopol und das von Stackelberg'sche Dyopol. a) Cournot-Dyopol. Das alteste und auch einfachste Ohgopolmodell stammt von AugustinA. Coumot (1838), auf den auch die bekannte Coumot-Bedingung (23.5) zuriickgeht. Er analysiert den Fall zweier Oligopolisten i = 1 und i = 2, die jeweils im Besitz einer Mineralwasserquelle sind. Das angebotene Gut ist also homogen. Der einheithche Preis p bildet sich im Ausgleich der von beiden Anbietem insgesamt angebotenen Gutsmenge x = x^ + x^ und der Marktaachfi'age (die Symbole A und N lassen wir im folgenden weg). Die Marktnachfi-age wird durch die gemeinsame Preis/Absatz-Funktion der Dyopolisten beschrieben und hier der Einfachheit halber als linear unterstellt: p(x) = n - mx = n - m(x^ + x^)
(43.2)
Die Coumot'sche Verhaltensaimahme lautet: (C) Jeder der beiden Anbieter geht davon aus, dafi sein Angebotsverhalten keine Reaktionen bei dem Konkurrenten hervorruft, dafi also der jeweils andere Anbieter seine optimale Angebotsmenge festlegt unddann dabei bleibt. Glauben die Dyopolisten in dieser Weise, da6 der jeweils andere stillhalten wird, so bringt jeder der beiden die Gutsmenge auf den Markt, die seinen Gewinn maximiert. Der Gewinn eines Dyopohsten hangt auBer von der eigenen auch von der Angebotsmenge seines Konkurrenten ab, also von einer GroBe, die er nicht selbst direkt kontroUieren kann. Anbieter 1 sieht gemaB der Annahme (C) die Angebotsmenge x^ als gegeben an und ermittelt unter dieser Voraussetzung seine gewinnmaximierende Angebotsmenge. Entsprechend betrachtet der zweite Anbieter die
526
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Menge x^ als konstant und maximiert seinen Gewinn. Die Gewiimflmktionen der Anbieter lauten (mit p aus (43.2)): G^(x^x^) = p(x).x^ - K^(x^)
(43.3a)
= [n-m.(x^ + x^)]x^ - K V ) = n-x^ - m.(x^)^ - m-x^-x^ - K^(x^) G^(x^x^) = p(x)x^ - K V )
(43.3b)
= [n-m.(x^ + x^)].x^-KV) = nx^ -mx^x^ - m i x y
-K\X^)
Die Bedingung erster Ordnung (Coumot-Bedingung) fur ein Gewimimaximum lautet damit fur die beiden Dyopolisten (unter der vereinfachenden Voraussetzung konstanter und gleicher Grenzkosten iKi(xi) = ^^^(x^) =• ^ • G^ = n - 2 m x ^ - m x ^ - c = 0
(43.4a)
^^G^ = n - m x ^ - 2 m x ^ - c = 0
(43.4b)
Die Bedingung zweiter Ordnung ftr ein Gewinnmaximum ist ebenfalls in beiden Fallen erfiillt: JG^ = -2m < 0 , f u r i = l u n d i = 2
(43.5)
Auflosen der Gleichungen (43.4) nach den Angebotsmengen der Anbieter ergibt: n - m • x2 - c 2m 7
—
n - m • xi - c 2m
—
n - c 2m
X2
n - c 2m
xi
2 2
(43.6a) (43.6b)
Die obere Gleichung gibt die gewinnmaximierende Angebotsmenge des ersten Anbieters in Abhangigkeit von der als gegeben unterstellten Angebotsmenge des Anbieters 2 an; sie wird deshalb als Mengen-Reaktionsfimktion des Anbieters 1 bezeichnet: x^(x^). Analog dazu stellt die imtere Gleichung die MengenReaktionsfimktion des zweiten Anbieters in Abhangigkeit von der Angebotsmenge des Anbieters 1 dar : x^(x^). Der Leser erganze dies rechts in den Gleichungen (43.6). Die Steigungen der Reaktionsfunktionen werden als Reaktionskoeffizienten bezeichnet und mit dem kleinen griechischen Buchstaben Rho (p) symbolisiert.
527
4.3. Oligopolmarkte
Sie geben an, um wieviele Einheiten ein Anbieter seine Angebotsmenge andem wiirde, falls sein Konkurrent eine Mengeneinheit mehr anbote. Hier ist: hi^
1
5x2
1
(43.7a) (43.7b)
"y
bx
Anstelle der Steigungen konnen auch Reaktionselastizitaten verwendet werden, die wie folgt definiert sind: l-^2\ 8(x':x^)
_
8(x2:xi)
=
5x1
dx^
x\x^)
1 n-c 1 mx^
dx^ bx^ x2(xi)
1 -
1 n —c
(43.8a)
(43.8b)
mx" Es stellt sich nun die Frage, ob es eine Kombination der Angebotsmengen x^ irnd x^ gibt, die beide Reaktionsflmktionen (43.6) erfuUt, bei der also die Angebotsplane beider Dyopolisten wechselseitig miteinander vereinbar sind. Um dies herauszufinden, betrachten wir zunachst die graphische Darstellung der beiden Reaktionsfunktionen, die als Reaktionslinien bezeichnet werden. Sie werden in einemsogenannten Angebotsmengendiagramm dargestellt^-siehe Abbildung 43.1: Abbildung 43.1: Mengeri'Reaktionslinien im homogenen Coumot-Dyopol
528
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Das Diagramm zeigt, daB es tatsachlich eine der gesuchten Art gibt, und zwar im Schnittpunkt der beiden Reaktionslinien, also bei Angebotsmengenkombination (x^*, x^*). In diesem Oligopolgleichgemcht auf dem Coumot'schen Dyopolmarkt entspricht die Angebotsmenge jedes Anbieters genau den Erwartungen des jeweils anderen (vgl. Kapitel 4.3.1). Das Gleichgewicht kann aus (43.6) formal wie folgt ermittelt werden. Durch Einsetzenvon x^(x^) in x^(x^) ergibtsich: X"
=
.1
-
n-c 2m n-c 4m
1 2
n-c 2m
x^ 2
x^ + — 4
n-c 3m
x*i
(43.9a)
Durch Einsetzen von x^(x^) in x^(x^) folgt analog (was der Leser zur Ubung nachvollziehen moge): *2 n-c (43.9b) 3m Die insgesamt angebotene Menge im Coumot-Dyopol betragt somit: *
X
*i
*9
= X ^+X^
(43.10) Den Gleichgewichtspreis p* erhalt man durch Einsetzen der gleichgewichtigen Gesamtangebotsmenge x* in die gemeinsame Preis/Absatz-Funktion (43.2): p(x*) = n - m - 2 n - c
3*^ir
(43.11) Das Marktgleichgemcht (p ,x ) ist somit bekaimt. Aufgabe43.1: Leiten Sie das Gleichgewicht (p*,x*) noch einmal fiir den Fall her, daB beide Dyopolisten weiterhin konstante, aber moglicherweise ungleiche Grenzkosten c \ c^ aufweisen.
4.3. Oligopolmarkte
529
Es kann gezeigt werden, daB es bei wechselseitigen Anpassungen zu einem MengenanpassungsprozeB kommt, der zu den gleichgewichtigen Angebotsmengen x^* und x^* hinfijhrt -*- egal welche Angebotsmengen die beiden Dyopolisten zimachst wahlen. Dieser ProzeB wird in Abbildung 43.2 veranschaulicht. Abbildung 43.2: MengenanpassungsprozeB im homogenen Cournot-Dyopol
Nehmen wir an, der Anbieter 1 gehe zunachst davon aus, daB er keinen Konkurrenten hat (also x^ = 0). Dann wird er die Menge x\o) anbieten. Der Anbieter 2 beobachtet dies und benicksichtigt diese Angebotsmenge des ersten Anbieters in seiner Angebotsplanung; er bietet gemaB seiner Reaktionslinie die Menge x^(i) an. Dies beobachtend wird der Anbieter 1 seinen ursprtlnglichen Angebotsplan revidieren und nun die Menge x^(i) als gegeben unterstellen; er kommt dadurch zu der jetzt fiir ihn optimalen Angebotsmenge x^i)- Dies nimmt nun Anbieter 2 zum AnlaB, seinen Angebotsplan neu zu optimieren und bietet nun die Menge x^(3) an. Dieser wechselseitige AnpassungsprozeB setzt sich solange fort, bis beide Dyopolisten ihre gleichgewichtigen Angebotsmengen im Schnittpunkt der Reaktionslinien wahlen. Im Gleichgewicht hat kein Anbieter mehr eine Veranlassung seine Plane zu revidieren; Anpassungen finden nicht mehr statt. Ein solcher Zustand hat daher den Charakter eines Cournot'schen Oligopolgleichgewichts, wie es im Unterkapitel 4.3.l.c) definiert wurde.
530
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
b) Die Losung des Couraot'schen Mengendyopolmodells kann fiir eine Anbieterzahl I > 2 verallgemeinert werden. Die von alien I Anbietera zusammen angebotene Gutsmenge ist dann X = Zx'
(43.12)
i=i
Wenn wir wieder von einer linearen Preis/Absatz-Funktion p(x) = m - n • p ausgehen, dann lautet die Gewinnfunktion eines beliebigen Anbieters i: G^ = [m - n-x] . x^ - K ^ x ^
(43.13)
Dabei kann x als die Summe aus x* und x^ aufgefaBt weden, wobei x^ (lies: "x ohne i") die Summe der Angebotsmengen aller iibrigen Anbieter (auBer i) darstellt. Damit kann (43.13) auch wie folgt geschrieben werden : G^ = m x ^ - n- (x* + x^^) • x^ -
K^(x*)
= m-x^ - n- (x*)2+ n- x^^ • x^ -
K'{x')
Die Maximierung von G' erfordert das Verschwinden der ersten Ableitung nach x': ^i'G* = m - 2n-x^ -
n • x^^ - ^iK^x^
= 0
(43.14)
Sind die Grenzkosten konstant gleich 'K*^ so ergibt sich daraus analog zu (43.6) durch Umstellen nach x* die Mengenreaktionsfunktion des Anbieters i (in Abhangigkeit vom Gesamtangebot der iibrigen Anbieter) : ^. ,. x-(x-)=
m - 'K^ ^ ^ ^ -
x^* —
(43.15)
Im Vergleich mit Gleichung (43.6) erkennt man, daB sich die hier untemommene Verallgemeinerung nur im Zahler des rechten Summanden nierderschlagt. x^ ist das vom Anbieter i erwartete gesamte Marktangebot aller seiner Konkurrenten. Diese zunachst noch unbekannte GroBe kann wie folgt ermittelt werden: Durch die Summierung der gewinnmaximierenden Angebotsmengen (43.15) aller Anbieter ergibt sich das Marktangebot zu: x^ = Zx^'\x^') i=l I
m
'K^
2n
2n
1
I m
- - — 2n
I _.
1
I ^.
— • S'K^ - - Z x ^ ^ 2n
i=i
2
(43.16)
i=i
Beachtet man, daB Zx^' = I • x"^ - x^ = ( I - l ) x ^ , so laBt sich die Marktangebotsi=l
gleichung weiter vereinfachen (die Summenindizes lassen wir der Einfachheit halber weg):
531
4.3. Oligopolmarkte Im 2n
I - 1
1 X'K^
2n
I- r <^
X"
2
- Z'r
Im
1 +
2n I m - Z'K' (43.17)
( 1 + l).n
Das gesamte Marktangebot hangt demnach auBer von den Koeffizienten m und n der Preis/Absatz-Funktion und der Anbieterzahl I von der Summe der Grenzkosten aller Anbieter ab. Zieht man von x"^ aus (43.17) die Angebotsmenge x^' des i-ten Anbieters ab, so verbleibt das Marktangebot aller ubrigen Anbieter. Dies ist aber gerade die fur Gleichung (43.15) gesuchte GroBe x^. Durch Einsetzen von x^' = x^ - x*^', mit x"^ aus (43.17), in Gleichung (43.15) folgt die Angebotsmenge des Anbieters i im Oligopolgleichgewicht:
Gi
m - 'K^
1
2n
~1
m - 'K^
I-m
-
S'K^
(I + 1) • n
-x^^
I-m - Z'K^
2 -x^
(I + 1) • n
+ x^
I m - S'K* m - 'K^
m + S'K^ (1+ 1)
I+l
_ (43.18)
Der Leser mache sich klar, daB im Falle von 1 = 2 Anbietem (Dyopol) mit identischen Grenzkosten die Gleichung (43.18) tatsachlich das spezielle Ergebnis der Gleichungen (43.9) ergibt Eine nahere Analyse der Eigenschaften von (43.18) bleibt dem interessierten Leser tiberlassen.
c) Von Stackelberg-Dyopol. Das Coumot'sche Oligopol ist dadurch charakterisiert, daB keiner der Anbieter aus dem Anpassungsverhalten des anderen lemt, obwohl sie sich in einer fiihlbaren oKgopolistischen Interdependenz befinden. Heinrich von Stackelberg (1934) erweiterte das homogene Dyopolmodell um die Moglichkeit, daB einer der beiden Anbieter das Coumot'sche Verhalten (C) des anderen erkennt und diese Kenntnis bei seiner Angebotsplanung beriicksichtigt.
532
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Die von Stackelberg'sche Verhaltensaimahme lautet: (S) Wdhrend der erste Anbieter davon ausgeht, dafi sein Angebotsverhalten keine Reaktionen bei dem zweiten Anbieter hervorruft, berucksichtigt der zweite Anbieter dieses Coumofsche Verhalten des ersten und bezieht dessen erwartete Reaktionen in seine Angebotsplanung mit ein. Der zweite Dyopolist wird demnach davon ausgehen, daB der erste stets Angebotsmengen gemaB dessen Reaktionsflmktion x^(x^) nach Gleichimg (43.6a) wahlt. Anbieter 2 kann sich dies dadurch zunutze machen, daB er den Anbieter 1 dazu bringt, jenen Punkt auf dessen Reaktionsfunktion x^(x^) zu wahlen, der fiir ihn, den Anbieter 2, am gunstigsten ist. Nach der von Stackelberg'schen Bezeichniing nimmt hier der Anbieter 2 die Unabhangigkeitsposition ein, wogegen Anbieter 1 sich in der Abhangigkeitsposition befindet. Wie kann nun der Sachverhalt "Anbieter 2 berucksichtigt in seiner Planung die Reaktionsweise des Anbieters 1" formal ausgednickt werden?: Einfach dadurch, daB Anbieter 2 die Reaktionsfunktion x^(x^) des ersten Anbieters gemaB (43.6a) als bekannt in seine Gewinnfimktion (43.3b) einsetzt und diese dann maximiert. Wir gehen der Einfachheit halber wieder davon aus, daB die Grenzkosten der beiden Anbieter konstant und gleich c sind, und daB die Gesamt-Preis/AbsatzFunktion wie in (43.2) linear ist. Der Gewinn des Dyopolisten in der Unabhangigkeitsposition hangt dann nur noch von seiner eigenen Angebotsmenge x^ ab: 2/,,2x G^xO = p(x)-x^ - K^xO
, mit X = x^ + x^
G V ) = [ n - m[x^(x^) + x^]]x^ - K V ) -> max! x^ + x^x )
G^ = n - m
(43.19)
2m x^ - c = 0
5x^ ()xi(x^) ::— = P12 der ReaktionskoeflBzient des ersten Anbieters ()x^ in Bezug auf Mengenaktionen des zweiten Anbieters. Im hier betrachteten Fall gilt pi,2 ^ -1/2. Damit und mit Gleichung (43.6a) ergibt sich aus der vorigen Formel:
Nach (43.7a) ist
m-
<^
*2
r
_
2m
.2A
m-
2m
- 2m x^ - c = 0
(43.20a)
4.3. Oligopolmarkte
533
Diese gewimimaximale Angebotsmenge des unabhangigen Anbieters 2 ist groBer als die im Coumot-Fall (43.9b). Gleiches gilt fur seinen Gewinn. Der abhangige Anbieter 1 nimmt nun nach der Annahme (S) diese Menge x*^ des unabhangigen Anbieters als gegeben bin und bietet gemaB seiner Reaktionsfunktion (43.6a) folgende Menge an: , ^ n-c 1 n -c xi(x*2) = . 2m 2 2m *i
^
^
_
^ " ^
-
~iiir
(43-20b)
Diese Angebotsmenge des abhangigen Anbieters ist geringer als im Coumot-Fall (43.9a). Auch sein Gewinn ist geringer. Insgesamt betragt die angebotene Menge im hier betrachteten von StackelbergDyopol X
X
=
*
X
4- X
3 n-c =— 4 m
(43.21)
Als Gleichgewichtspreis ergibt sich durch Einsetzen von x* in die Preis/AbsatzFunktion(43.2):
(43.22)
§ Aufgabe43.2: II Leiten Sie das Gleichgewicht (p*,x*) noch einmal fiir den Fall her, dal3 beide Dyopolisten ii
J 2
11 weiterhin konstante, aber moglicherweise ungleiche Grenzkosten c , c aufweisen.
Die folgende Abbildung 43.3 rekapituliert noch einmal graphisch die Angebotssituation im von Stackelberg-Modell. UP^ kennzeichnet das soeben hergeleitete Marktergebnis aufgrund der Voraussetzung, da6 sich der Anbieter 2 in der Unabhangigkeitsposition befindet. Er wahlt dann den Punkt UP^ auf der Reaktionslinie des Anbieters 1, der ihm den hochsten Gewinn bringt. - Befande
534
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
sich im umgekehrten Fall der erste Anbieter in der Unabhangigkeitsposition, so wiirde dieser den Punkt UP^ auf der Reaktionslinie des nun abhangigen Anbieters 2 wahlen. Abbildung 43.3: Mengen-Reaktionslinien im homogenen von Stackelberg-Dyopol
Eine von Stackelberg'sche Marktsituation kann nur solange bestehen, wie ein Anbieter in der Abhangigkeitsposition bleibt. Erkennt auch er die Reaktionsweise seines Konkurrenten, kann er versuchen, durch eine erhohte Angebotsmenge die Angebotsmengenkombination des Coumot'sGhen Gleichgewichts nach Gleichung (43.9) zu erzwingen. Das Untemehmen in der Unabhangigkeitsposition kann seine Position nur dann verteidigen, wenn es glaubhaft machen kann (z.B. durch hohe Liquiditatsreserven), daB es willens und in der Lage ist, bei seiner Angebotsmenge (n - c)/2m zu bleiben, egal was der Anbieter in der Abhangigkeitsposition unternimmt. Nehmen beide Anbieter die Unabhangigkeitsposition ein, wahlt also der erste Anbieter UP^ und der zweite UP^, so ergibt sich die ungleichgewichtige Angebotsmengenkombination n-c 2m
n-c 2m
(43.23)
4.3. Oligopolmarkte
535
die als Bowley'scher Dyopolpunkt (Bo) bezeichnet wird. Hierbei stellen sich beide Anbieter schlechter als im Coumot- oder im von Stackelberg-Fall. Die hohe gemeinsaine Angebotsmenge laBt den Preis des Gutes auf das Niveau der Grenzkosten sinken. d) Kartellbildung. Wirksame oligopolistische Konkurrenz verlangt den ihr ausgesetzten Untemehmen anhaltend hohe Anpassungsleistimgen ab. Sie zugelt zugleich deren Bestreben, uber erhohte Preise hohere Gewinne zu reahsieren und bei ihren Bemiihungen um Kostensenkungen, Quahtatsverbesserungen und eine engere Kundenorientierung nachzulassen. Wenn auf der Angebotsseite eines Markts nur wenige Untemehmen tatig sind, so ist deshalb die Wahrscheinlichkeit hoch, daB die Anbieter, anstatt sich um die gegenseitige Uberbietung ihrer Leistungen und die Unterbietung ihrer Preisanforderungen zu bemiihen, zu der Uberzeugung gelangen, daB es fiir sie vorteilhafter ist, den Wettbewerb zwischen ihnen zu unterbinden und zu sogenanntem "friedhchen Ohgopolverhalten" tiberzugehen. Es wird etwa vereinbart, fortan die Angebotspohtiken so aufeinander abzustimmen, daB der gemeinsame Gewinn maximiert wird. Die Anbieter verhalten sich dann zusammen wie ein Monopol - zu ihrem Vorteil, aber zum Nachteil der Nachfrager. Es lassen sich verschiedene Formen oder Grade des abgestimmten Anbieterverhaltens unterscheiden: • Die weitestgehende Form ist der Aufkauf von Konkurrenzuntemehmen (Akquisitionen, Ubemahmen) oder der wirtschafthch-rechthche ZusammenschluB mit ihnen zu einem Untemehmen (Fusion). • Bei formellen Absprachen kommt es zu einer vertraghche Verhaltensabstimmung, wobei die Vertragsparteien aber rechthch selbstandig bleiben (Kartell). • Da Kartelle grundsatzhch verboten sind, finden Absprachen zwischen Untemehmen in der Reahtat zumeist in verdeckter Form statt. Dies wird als KoUusion bezeichnet. • Dem koUusiven Verhalten in der Wirkung gleich, aber ohne (oflfene oder verdeckte) Absprachen ist das bewuBte Parallelverhalten von konkurrierenden Anbietem, wie es etwa bei der Orientierung an Preisfuhrem zu beobachten ist.
Nach dem englischen Nationalokonomen Arthur L. Bowley (1924)
536
Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten
Wir woUen die Wirkungen einer abgestimmten Angebotspolitik der Oligopolisten mikrookonomisch iintersuchen. Im homogenen Dyopol lautet die gemeinsame Gewiimfunktion der Anbieter (iinter der Annahme gleicher Kostenfimktionen): G = p(x).x - K(x^) - K(x^)
(43.24)
mit X = x^ + x^ als der gemeinsamen Angebotsmenge. Wir nehmen wieder eine lineare Preis/Absatz-Funktion p(x) = n - mx an und imterstellen, daB jeder Dyopolist die Halfte der insgesamt angebotenen Menge bereitstellt. Die Grenzkosten der beiden Anbieter seien konstant und jeweils gleich c. Die Gewinnmaximierung ergibt dann: G(x) = [ n - m x ] x - 2 K f - J
-^ max!
!
=^ 'G == n - 2mx - c = 0 «
X = ^ (43.25) zm Setzt man diese gesamtgewinnmaximierende Angebotsmenge in die Preis/AbsatzFunktion p(x) ein, so ergibt sich der zugehorige Absatz- beziehungsweise Marktpreis zu: P* -
^
(43.26)
Da beide Untemehmen annahmegemaB die gleichen Grenzkosten haben, ist die produktionstechnische Aufteilung der gewinnmaximierenden Angebotsmenge x* auf sie ohne Bedeutung; der gemeinsame Maximalgewinn hangt davon nicht ab. Unterscheiden sich dagegen die Grenzkosten beider Anbieter, so muB die gesamte Angebotsmenge x* von dem Untemehmen liiit den geringsten Grenzkosten bereitgestellt werden. Nur dann wird der Gesamtgewinn maximiert. Uber die Aufteilung des gemeinsam reahsierten Gewinns laBt sich im Rahmen des hier betrachteten Modells nichts aussagen, sie ist »Verhandlungssache«. Bei der Kartellbildung ist zu beachten, daB merkliche Kartellgewinne AuBenseiter zum Markteintritt motivieren konnen, also neue Konkurrenz hervorrufen, sofem der Marktzugang frei ist. Kartelle werden sich deshalb auch um die Errichtung von Marktzutrittsbarrieren bemiihen, um der Bedrohung durch AuBenstehende vorzubeugen. Der Bestand von Kartellen ist jedoch auch im Inneren bedroht: Denn jedes Kartellmitglied kann fiir sich einen Vorteil daraus ziehen, die gemeinsam getroffene Kartellvereinbarung zu unterlaufen. Voraussetzung fiir die Wirksamkeit
537
4.3. Oligopolmarkte
eines solchen Kartellbruchs ist, daB die iibrigen Kartellmitglieder dies nicht bemerken oder nichts dagegen tun koimen. Die Realitat zeigt gleichwohl, daB Kartelle (ob oflfen oder verdeckt) haufig einen langen Bestand haben, da es den Mitgliedem gelingt, ihre Absprachen wirksam abzusichem und ihr gemeinsamer Vorteil sie von Kartellbruchen abhalt. e) Vergleich der Marktergebnisse. Die folgende Tabelle stellt die Marktergebnisse der in den vorigen drei Abschnitten dargestellten Dyopol-Falle noch einmal einander gegeniiber: Abbildung 43.4: Vergleich der Marktergebnisse im homogenen Dyopol Dyopol
Cournot
Stackelberg
Kartell
X*
p*
2 n-c
n + 2c 3
3
m
3 n-c 4
m
1 n-c 2
m
n + 3c 4
U* = p*x*
2
fn2 + c n - 2 c 2 l 9m ^ ^ 3
fn2+2cn-3c2l 16m ^ ^
n+c 4m ^
^
Der Vergleich zeigt: Kartellbildung fiihrt unter der realistischen Bedingung n > c zu dem fiir die Nachfrager schlechtesten Marktergebnis: Es wird die geringste Gutsmenge zu dem hochsten Preis umgesetzt. Das Marktergebnis im von Stackelberg-Dyopol ist das beste der untersuchten drei Falle, weil hier gegeniiber dem Coumot-Dyopol eine groBere Menge zu einem niedrigeren Preis umgesetzt wird. (Der Leser priife dies anhand der Tabelle nach.) Das bedeutet, daB der Ubertritt eines Coumot-Dyopolisten in die Unabhangigkeitsposition die Angebotsmenge erhoht und einen Rxickgang des Marktpreises bewirkt. Ob der Marktumsatz U* im Cournot- oder im von Stackelberg-Dyopol groBer ist, hangt von der relativen Hohe der (konstanten) Grenzkosten c ab: U^^ ist groBer als U^^ falls c > 5/17 n. Im umgekehrten Fall ist U^"" > \J^\ Der interessierte Leser kann versuchen, dies anhand der Formeln in der rechten Tabellenspalte nachzupnifen.
538
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
4.3,3. Heterogene Oligopole Im heterogenen Oligopol bieten die Oligopolisten unterschiedliche Varianten eines Gutes, also insgesamt ein heterogenes Gut an. Der Gesamtmarkt ist in Teilmarkte aufgeteilt, die tiber Substitutionsbeziehungen eng zusammenhangen, ahnlich wie bei der monopolistischen Konkurrenz in Kapitel 4.2. Auf seinem Teilmarkt ist jeder Oligopolist Alleinanbieter und legt einen eigenen Preis fur die von ihm angebotene Gutsvariante fest. Dadurch wird Konkurrenz auch tiber den Preis moglich. Preisanderungen einzelner Anbieter fiihren zum Wechsel von Nachfragem zwischen den Teilmarkten. Im Unterschied zur monopolistischen Konkurrenz sind jedoch diese Kundenwanderungen fur die wenigen beteiligten Anbieter im Oligopol spurbar^ da jeder von ihnen eiiien erheblichen Marktanteil hat. Somit muB jeder Anbieter bei seiner Preissetzung mit Reaktionen seiner Konkurrenten rechnen und diese - soweit moglich - bei seiner Angebotsplanung beriicksichtigen. a) Heterogenes Cournot-Dyopol. Wir woUen die wesentlichen Eigenschaflen oligopolistischer Preisbildung wieder anhand eines einfachen Beispiels mit zwei Anbietem (Dyopol) verdeutlichen. Jeder der beiden Dyopolisten legt einen Preis fiir die von ihm angebotene Gutsvariante fest. Preisanderungen fuhren TM Verlagerungen der Nachfrage zwischen den beiden Anbietem, was durch die folgenden beiden Nachfragefimktionen beschrieben wird. Wegen der Substitutionsbeziehungen zwischen den Produkten hangt die Absatzmenge jedes Anbieters auBer von seinem Preis auch von dem Preis ab, den der Konkurrent fiir dessen Gutsvariante fordert. Da sich die Produkte wieder (wie bei der monopolistischen Konkurrenz) entsprechend den Anbietem unterscheiden, erfolgt die Indizierung der Symbole jeweils unten rechts: xi(pi,p2) = mi - n; -pi - orpi + 02-p2
(43.27a)
X2(pi,p2) = m2 - n;-p2 - 02P2 + Orpi
(43.27b)
Die Nachfragefunktionen bringen zum Ausdmck, daB beispielsweise eine Erhohung des Preises p2 um eine »kleine« Einheit die Absatzmenge des Anbieters der Gutsvariante 1 erhoht (namlich um 02) und den Absatz des zweiten Anbieters senkt imd zwar um den Betrag Uj + 02. (Das zeigen die ersten Ableitungen der Nachfragefunktionen nach p2.) Dabei ist 02 der Absatz, den Anbieter 2 an Anbieter 1 verliert (Nachfragerwechsel). n^ gibt den »autonomen« Absatzriick-
4.3. Oligopolmarkte
539
gang beim Anbieter 2 an, also den Minderkonsiim der nicht iibergewechselten Kunden. Bei Preiserhohungen des Anbieters 1 gelten analoge Zusammenhange. Die Gleichimgen (43.27) machen deutlich, daB der Absatz des Anbieters 2 durch seine Preiserhohimg um mehr sinkt als der Absatz des ersten Anbieters zunimmt. Denn 02 + n2 > 02. Nachdem dies geklart ist, konnen wir von nun an zur Vereinfachung der Nachjfragefimktionen aus (43.27) schreiben: m := n; +01
(43.28a)
n2 := ni +02
(43.28b)
Unterstellen wir wieder im Coumot'schen Sinne, daB keiner der beiden Dyopolisten eine Unabhangigkeitsposition (gemaB Kapitel 4.3.2.b) einnimmt, daB also keiner die Reaktionen seines Konkurrenten bei seiner Angebotsplanung berucksichtigt, so ergibt sich folgendes Gewinnmaximierungskalkiil, beispielsweise des ersten Anbieters: Gi(pi,p2) = prxi(pi,p2) - Ki(xi(pi,p2)) ->
max !
(43.29)
Pi I
.
=^ p^Gi = xi + pi-p^xi -
•
.
XjKi-p^xi
I
= 0
(43.30)
Mit xi = xi(pi,p2) = mi - n r p i + O2P2 aus (4327di) undni aus (43.28a) lautet die Gewinnmaximierungsbedingung (43.30): [mi - ni • pi + 02 • P2] + Pi • (-ni) - x^Ki • (-ni) = 0 <=>
^
mi + 02 • p2 + XjKi • ni
Pi =
= 2ni • pi
m i + 02-P2 + . K j - n j ^'
=
Pi(P2)
(43.31a)
Dies ist die Preis-Reaktionsfunktion des Anbieters 1. Sie zeigt, wie der gewinnmaximierende Preis des ersten Anbieters von dem Preis abhangt, den der zweite Anbieter setzt. Analog dazu kann die Preisreaktionsfimktion des zweiten Dyopolisten ermittelt werden, was dem Leser zur Ubung iiberlassen bleibt:
P2 =
^2+OrPi + ^K^n^ 2n
"
^2^^!^
(43.31b)
540
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Die beiden Preisreaktionsfunktionen, die Geraden mit positiver Steigung beschreiben, konnen in einem p2/pi-Diagramm als Preisreaktionslinien veranschaulicht werden: Abbildung 43.5: Preis-Reaktionslinien im heterogenen Coumot-Dyopol
PaCPi)
JI]2 . x!^ 2n2
2
Ln Schnittpimkt (pj, P2) der Geraden stinimen die Reaktionserwartungen der Dyopolisten wechselseitig tiberein, das heiBt, es herrscht dort ein Oligopolgleichgewicht im Sinne des Kapitels 4.3.1. Die formale Ermittlung des Gleichgewichts erfolgt zum Beispiel durch Einsetzen von p2 (pi) aus (43.31b) in pi(p2) aus (43.31a): "^2+ Q r P i + x,K2-n2 2nj
<^ p .
K,
2nj
4njn2
(43.32a)
Setzt man umgekehrt pi(p2) in p2(pi) ein, so ergibt sich analog auch der gleichgewichtige Preis des Gutsvariante 2: 2n,;m,+o^>m^ + o ^ o , p , + o , n ^ - ;^K^ + 2-n,>n,» ^K, P2 =
4nj • n^
(43.32b)
4.3. Oligopolmarkte
541
Die gleichgewichtigen Angebotsmengen x^ und X2 koiinen durch Einsetzen von Pi und p2 in die beiden Nachfrageftinktionen (43.27) ermittelt werden, was jedoch formal vergleichsweise aufwendig ist und hier unterbleiben soil. Der interessierte Leser mag sich zur Ubung daran versuchen. b) Geknickte Preis/Absatz-Kurve. Ftir den Fall des heterogenen Oligopols ist nahezu gleichzeitig von Robert L. Hall und Charles J.H. Hitch (1939) sowie von PaulM. Sweezy (1939) folgende Verhaltenshypothese vorgebracht worden: (K) Bei Preiserhohungen rechnet jeder Anbieter damit, dafi seine Konkurrenten stillhalten, weil er dann Kunden an sie verliert und sie dadurch ihren Marktanteil zu seinen hasten vergrofiem konnen. Bei Preissenkungen geht jeder Anbieter davon aus, dafi seine Konkurrenten die Preissenkung nachvollziehen werden, um keine Marktanteilseinbujien zu erleiden. Dies hat zur Folge, daji sich der Marktanteil des preissenkenden Anbieters kaum erhohen wird. Die Absatzfunktion eines Anbieters i hat unter diesen Bedingungen folgende Struktur: Xi = Xi(pi,pvi(pi))
(43.33)
Darin steht p\i fur den Durchschnittspreis der iibrigen Anbieter (das sind alle auBer i). Dieses "Konkurrenzpreisniveau" hangt im heterogenen OKgopol davon ab, welchen Preis der Anbieter i fordert. Um zu sehen, wie sich die Absatzmenge des i verandert, wenn er seine Preisforderung pi um 5pi variiert, mu6 (43.33) nach pi diflferenziert werden (vgl. ggf. Anhang M.3.b). Dies ergibt: ^
^ ^ ^ ^ Spi Sp\i fipi
(43.34)
Die erste Ableitung Sxi/dpi auf der rechten Gleichungsseite miBt die isolierte Wirkung der Preisanderung bpi auf den Absatz des Anbieters i (ohne Konkurrenzreaktionen). Die Ableitung c)p\i/dpi entspricht einem ReaktionskoeflSzienten, der angibt, wie sich die durchschnittliche Preisforderung der Konkurrenten des Anbieters i andert (5p\i), wenn i seinen Preis um Spi andert. Wir schreiben dafiir kurz p\i i. Die Ableitung 3xi/dp\i zeigt schlieBhch, welche Wirkung von der Konkurrenzpreisanderung auf den Absatz des Anbieters i ausgeht. Das Entscheidende an dem hier betrachteten Modell (K) ist nun, daB p\i i von der Richtung der Preisanderung dpi abhangt, und zwar in folgender Weise:
542
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
= 0, falls £)pi > 0 (43.28) > 0 , falls Spi<0 Erhoht also i, ausgehend von seinem ursprimglichen Preis p * seine Preisforderung (9 Pi > 0) dann reagieren die Konkurrenten nicht (p\i,i = 0), und der Anbieter erleidet AbsatzeinbuBen in Hohe von Sxi/Spi, gemaB seiner isolierten Absatzfunktion Xi(pi); in Abbildung 43.6 ist das der obere Abschnitt der dick gezeichneten Preis/Absatz-Kurve. Senkt i dagegen seinen Preis (fipi < 0), dann reagieren seine Konkurrenten darauf ebenfalls mit einer Preissenkung (weil Sp\i und 5pi das gleiche Vorzeichen haben, ist ihr Quotient, also PM,!, groBer als null). Der Anbieter i kann deshalb keinen merklichen Absatzvorteil gegeniiber seinen Konkurrenten realisieren und kaum Kunden von ihnen abziehen. Sein Absatz nimmt nur durch vermehrte Kaufe seiner eigenen Kunden zu, und zwar entlang der Absatzfunktion xi = Xi(pi,p\i); in Abbildung 43.6 ist das der untere Abschnitt der dick gezeichneten Preis/Absatz-Kurve. Die Preis/Absatz-Kurve des Anbieters (wie auch die jedes seiner Konkurrenten) hat deshalb bei dem gerade geltenden Preis p* einen Knick, wie in der Abbildung 43.6 zu sehen ist. Der gestrichelt gezeichnete Abschnitt seiner isoherten Absatzfunktion Xi(pi) ist fiir ihn nicht erreichbar. Abbildung 43.6: Geknickte Preis/Absatz-Kurve
^l(X,)
4.3. Oligopolmarkte
543
Wegen der erwarteten asymmetrischen Konkurrenzreaktion ist die Preiselastizitat der Nachfrage nach den einzelnen der Gutsvarianten bei Preiserhohungen groBer als bei Preissenkungen. Der Knick in der Preis/Absatz-Kurve hat zur Folge, daB die zugehorige Grenzerloskurve des Anbieters an der betreffenden Stelle, das heiBt bei der Ausbringungsmenge x^, einen Sprung aufweist; siehe Abbildung 43.6. Solange die Grenzkostenkurve des Anbieters durch diesen Sprungbereich verlauft, behalt er den Knickpunkt als gewinnmaximalen Angebotspimkt bei. Verlagerungen - insbesondere Drehungen - des oberen oder des unteren Abschnitts der Preis/Absatz-Kurve fiihren deshalb nicht stets zu Anderungen des von dem Anbieter geforderten Preises p j . DaB es sich bei dem Knickpunkt tatsachlich mn den gewinnmaximalen Angebotspunkt des betrachteten Anbieters handelt, obwohl im strengen Sinne die Coumot-Bedingung ("Grenzerlos = Grenzkosten") nicht erfuUt ist, kann wie folgt begriindet werden: Sowohl bei einer etwas kleineren als auch bei einer groBeren Angebotsmenge ware der realisierbare Gewinn geringer. Denn »links« von x* bringt eine zusatzliche Absatzeinheit einen Gewinnzuwachs, weil dort der Grenzerlos liber den Grenzkosten liegt; »rechts« von x* erhoht sich dagegen der Gewinn durch jede weniger abgesetzte Gutseinheit, weil dort die Grenzkosten hoher sind als der Grenzerlos. Das Modell der geknickten Preis/Absatz-Kurve hefert also eine Begriindung fur die These, daB sich in heterogenen Ohgopolen QmQ Preisstarrheit einstellt. Weil jeder Anbieter weder durch Preiserhohungen (Kimdenverlust) noch durch Preissenkungen (kaum Absatzzuwachs wegen des Mitziehens der Konkurrenten) seine wirtschafthche Position wesentlich verbessem kann, wird in Oligopolen normalerweise auf den Einsatz des Preises als Wettbewerbsinstrument, also auf aktive Preispohtik verzichtet. Der Wettbewerb vollzieht sich statt dessen tiber andere Instrumente, vor allem iiber die Werbung und die Produk^olitik. Eines von vielen moglichen Beispielen ist der Mineralolmarkt. Die Preise biiBen ihre fur die Funktionsfahigkeit des Marktsystems erforderhche Flexibilitat ein. Empirikum43.1: Fur zehn Kaffeemarken nennt Simon empirisch ermittelte Schatzwerte fur den Reaktionskoefflzient pyy = fip^j /3pj. Die Werte liegen im Zaiilenbereich von 0,429 bis 0,708, mit dem Mittelwert 0,581. Prelsanderungen eines Anbieters i werden also von seinen Konkunrenten nachvollzogen, und zwar im Umfang von durchschnittlich mehr ais die Halfte der Preisanderung. Fur andere Produkte werden jedoch auch zum Teil erheblich hohere Werte (auch uber Eins) ausgewiesen. Quelle: Simon, Hermann: Prelsmanagement; 2. Aufl., Wiesbaden, 1992, 3.211.
544
Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten
Die zuweilen gegen das Modell der geknickten Preis/Absatz-Funktion vorgebrachte Kritik, es erklare nicht, wie der Preis pi und damit die Lage des Knickpimktes zustande kommt, ist wenig trefifend. Deirn in der Realitat findet man keine exakten Knickpunkte, sondem es liegen haufig - und nur darauf kommt es an stark konkav gekrunmite Preis/Absatz-Kurven vor. Dadurch kommt es nicht zu einer absoluten, sondem zu einer relativen Preisstarrheit: Die Oligopolisten reagieren mit ihrer Preispolitik nur vergleichsweise schwach auf Kosten- und Nachfrageanderungen. Konkave Verlaufe von Preis/Absatz-Kurven, mit mehr oder weniger ausgepragten Knick, kommen nicht nur in heterogenen Ohgopolen, also aufgrund asymmetrischer Konkurrenzreaktionen vor. Auch von einem benachbarten SubstitutMarkt kann ein solches Phanomen hernihren: Sind A und B zwei enge Substitute (vgl. Kapitel 1.5.3.), so wird die Marktnachfragekurve von A (und damit auch die Mehrzahl der einzelwirtschafthchen Preis/Absatz-Kurven der A-Anbieter) bei jenem Preisniveau p A eine konkave Wolbung (ggf. sogar einen Knick) auftveisen, oberhalb dessen die A-Nachfrager massiv zum Markt B wechseln. Fiir den BMarkt gilt dies analog. Im oberen Abschnitt ist die Preiselastizitat also dem Absolutbetrag nach hoch, wahrend im unteren Bereich erhebhch weniger preiselastische Nachfrage- und Absatzreaktionen auftreten. Die stark konkave Krummung Kegt also in der Preislage der wichtigsten Substitute des betrachteten Gutes. Beispielsweise liegt die konkave Wolbung der im Empirikum 15.6b) dargestellten Nachfrage- beziehungsweise Absatzkurve eines Druckerzeugnisses im Preisbereich von 10 DM/St. Das war aber gerade der Selbstkopierpreis des Produktes. Unter diesem Aspekt wird auch die Preis/Absatz-Kurve dieses Mikrookonomik-Buches eine konkave Wolbung bei einem Preisniveau aufweisen, das den Kosten einer Fotokopie (plus Kosten der Bindung und des Zeitverlustes beim Kopieren) entspricht. Der Autor hoflft nattirlich, daB Sie als Leser nicht zu dieser Gruppe von »Raubkopierem« gehoren, die es unfairerweise nur den ehrlichen Buchkaufem tiberlassen, sich an den betrachthchen Kosten der Manuskript- und Buchherstellung zu beteiligen.
Anhange
Anhang A : Aufgabenlosungen Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels Losung zu Aufgabe 11.1: Anfangs beinhaltet das »links unten« auf der IndifFerenzkurve liegende Giiterbiindel eine vergleichsweise grol3e Menge des Gutes 1 und eine geringe Menge des Gutes 2. Um nun eine zusatzliche Einheit des weniger vorhandenen Gutes 2 zu erhalten, ist die Zahlungsbereitschaft des Konsumenten hoch: Er ist bereit, auf eine verhaltnismaBig grofie Menge ai,2 des reichlich vorhandenen Gutes 1 aus seinem Giiterbiindel zu verzichten, um eine zusatzliche Einheit des Gutes 2 zu erhalten. Das neue Giiterbiindel enthalt nun eine groBere Menge des Gutes 2, aber eine geringere Menge des Gutes 1. Ausgehend von diesem Giiterbiindel ist der Konsument nur noch bereit, auf eine geringere Menge des Gutes 1 als zuvor zu verzichten, um noch eine weitere Einheit von Gut 2 zu erhalten. Seine Zahlungsbereitschaft ai,2 hat abgenommen und sinkt mit fortschreitender Substitution des Gutes 1 durch das Gut 2 weiter; siehe Substitutionsrichtung in der folgenden Abbildung:
1T\
\ ^ Substitutionsrichtung
(P
546
Aufgabenlosimgen
Losung zu Aufgabe 11.2: zu a) Durch Einsetzen der gegebenen Zahlenwerte in Gleichung (1) des Beispiels 11.1 ergibt sich: (p(Xi,X2)= 1-X2 -
14/Xi
(p(7, 4) = 4 - 14/7 = 2 zu b) Die gesuchte Indifferenzfunktion ergibt sich durch Umstellen der Praferenzfunktion nach X2:
X (x ;(p) = 9 + zu c) Die Giitersubstitutionsrate a2.i entspricht nach der Definitionsgleichung (11.1) dem Absolutbetrag der ersten Ableitung der Indifferenzfiinktion aus b): -
14
(Vgl. auch Gleichung (4) in Beispiel 11.1) Durch Einsetzen des vorgegebenen xi-Wertes folgt: a2,i = 14/5'= 0,56 Der Konsument ist also in der betrachteten Situation bereit,. fiir eine (kleine) zusatzliche Mengeneinheit des ersten Gutes 0,56 Einheiten des zweiten Gutes abzugeben ("zu bezahlen"). zu d) Durch Aufstellen einer Wertetabelle fiir die IndifiFerenzfiinktion aus b), zum Beispiel mit dem Taschenrechner berechnet, ergeben sich folgende Indifferenzkurvenverlaufe:
Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels
547
Losung zu Aufgabe 12.1:
zu a) Die Budgetgeradengleichung lautet gemaB (12.3): X2(x,;B) =
1920
32
^^
4
Als Achsenschnittpunkte ergeben sich: X2 = 0
x" = 6 0
xi = 0
=> X2 = 80
zu b) Es erfolgt eine Drehung um den festen Schnittpunkt auf der Xi-Achse, well x° B/pi unverandert geblieben ist. X2 nimmt auf das Doppelte (= 160) zu, wenn p2 halbiert wird und sinkt auf die Halfte (= 40) des vorherigen Wertes, wenn p2 verdoppelt wird (siehe die dunn gezeichneten Budgetgeraden im Diagramm). zu c) Es erfolgt eine Parallelverschiebung nach »rechts-oben« (B-Erhohung) oder nach »linksunten« (B-Senkung), well die von den beiden Gutem hochstens konsumierbaren Mengen (Achsenschnittpunkte) sich bei Budgetanderungen proportional verandem (siehe die gestrichelt gezeichneten Budgetgeraden im Diagramm). zu d) Es erfolgt keine Lageveranderung, denn auf jeder Achse j andert sich der Achsenschnittpunkt B/pj nicht, wenn B und pj proportional verandert werden.
548
Aufgabenlo sungen
Losung zu Aufgabe 13.1: zu a) Zur Sicherstellimg der Konsumoptimumbedingung (13.3) beziehungsweise (13.2) muB zunachst die Indifferenzkurvensteigung ermittelt werden. FaBt man xi als abhangige Variable auf, dann ergibt sich durch Umstellen der in der Aufgabenstellung gegebenen Praferenzfunktion nach xi die Indifferenzfunktion Xj(x2;(p) =
1
P •(XJ2
9 a
(1)
a
Ihre erste Ableitung nach X2 ergibt die Steigung: 1
2Xj(x2;(p) =
(2)
-^^•(X2)
Die Budgetgeradengleichung ist: Xj(x2;B) =
B
(3)
Pi
Pi
Ableiten nach X2 ergibt: 'x,(x2;B) =
Pi
(4)
Pi
GemaB der Bedingung (13.2) miissen im Konsumoptimum die durch (2) und (4) beschriebenen Steigungen von Indifferenzkurve und Budgetgerade gleich sein. Da beide Steigungen negativ sind, konnen nach (13.3) auch ihre Absolutbetrage gleichgesetzt werden: 2a
•(X2)
(5)
2
Pl
Durch Umstellen der Gleichung (5) nach der Unbekannten X2 ergibt sich die gesuchte optimale Konsummenge des Gutes 2: P-Pi
n2
(6)
2 a •p2
Die optimale Menge des Gutes 1 erhalt man durch Einsetzen von x^ gemaB (6) in die Budgetgeradengleichung (3): x;P -
x^(x^;B) =
B
P-P, 2 a . p,
B 2a
(7)
Einsetzen der Koeffizientenwerte in (6) und (7) ergibt die Zahlenwerte der optimalen Konsummengen: 1920
~T6~
0,6 2 0,1
16 2 —- = 120 - 9 — = 114 24 3
(8)
Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels
0,6-16 2-0,l'24
^2
^
549
92 ^
(9)
Der optimale Konsumplan des Konsumenten ist somit: x^ = (xf,xf) = (114,4)
(10)
zu b) Die Ausgabenanteile im Konsumoptimum ergeben sich aus: = 1-
B
(Pi)'
2a
P2'X|
P2-B (Pi)
B
2a
2
P2-B
= 1 0,6 2-0,1
0,6 2-0,1
16^ = 0,95 24-1920
16^ = 0,05 24-1920
(11)
(12)
Der Budgetanteil des ersten Gutes betragt also 95 Prozent und der des zweiten Gutes 5 Prozent.
Losung zu Aufgabe 13.2: zu a) Die Nachfragemenge des Gutes 1 ergibt sich einfach durch Einsetzen der Parameterwerte in die NachfragefUnktion: '
32
Der fiir das Gut 1 ausgegebene (in Geldeinheiten gemessene) Budgetanteil betragt: Bi = pi.xf = 32.51 = 1632 GE Also bleibt fur das Gut 2 noch der Budgetanteil B2 = B - Bi = 1920 - 1632 = 288 GE tibrig. Damit kann die Gutsmenge xf = ^ P2
= ^
== 12
24
gekauft werden. Ein unersattlicher Haushalt schopft sein Budget voll aus. Das von dem Ni Ni Haushalt nachgefragte Gtiterbtindel ist somit (xi ,X2 ) = (51, 12). zu b) Bei pi = 16 ergibt sich analog zu a): . ^ 1920-12-24 ^ j^2 16 Ni B xi .pi = 16-102 = 1632 B2 = 1920-1632 = 288 Mi
288
24
= 12
Von dem Haushalt wird also nun das Gtiterbiindel (xi , X2 ) = (102, 12) nachgefragt. Wie man sieht, wirkt sich hier die Preisanderung des Gutes 1 nur auf die von diesem Gut nachgefragte Menge aus, nicht aber auf die Nachfrage nach dem Gut 2.
550
Aufgabenlo sungen
zu c) Bei p2 = 48 ergibt sich analog zu a): Ni
1920-12-48 = 42 32
Bi = x'.pi = 3242 = 1344 B2 = 1920-1344 = 576 576 = 12 48 Von dem Haushalt wird nun das Guterbiindel (x^', x^*) = (42, 12) nachgefragt. Wie man sieht, wirkt sich bei der hier unterstellten NachfragefUnktion auch die Preisanderung des Gutes 2 nur auf die von Gut 1 nachgefragte Menge aus. Offenbar ist die Nachfragemenge des Gutes 2 (x^' = 12) unabhangig von der Hohe der Preise. Der interessierte Leser kann feststellen, daB auch Anderungen des Budgets B keinen EinfluB auf die von Gut 2 nachgefragten Menge austiben. Um dies zu zeigen, kann aus der Budgetbeschrankung prxf^ + p2-x^' = B' durch Umstellen nach x^' die allgemeine Bestimmungsgleichung fur x^' gewonnen werden. Setzt man darin fiir xf' die in der Aufgabenstellung gegebene Nachfrageflinktion ein, lassen sich alle GroBen bis auf eine 12 herauskiirzen.
Losung zu Aufgabe 14.1: zu a)
Parallelverschiebung nach oben
zu b) und c)
Drehung nach oben
zu d)
Parallelverschiebung nach links
Losung zu Aufgabe 14.2: zu a) Beim Ubergang von £' auf 2 i ' geht die Freizeitnachfrage zuriick. Da der Lohnsatzanstieg einer Verteuerung des Gutes Freizeit gleichkommt (jede Stunde Freizeit bringt jetzt einen hoheren Verzicht auf mogliches Arbeitseinkommen mit sich), reagiert Freizeit normal; auch das Arbeistangebot reagiert also normal, weil der steigende Lohnsatz zu einem groBeren Arbeitsangebot gefuhrt hat.
Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels
551
zu b) Beim Ubergang von iV nach 3 £ ' nimmt die Freizeitnachfrage wieder zu und das Arbeitsangebot entsprechend ab. Das ist eine anormale Arbeitsangebotsreaktion. Diesen Fall kann man in der Realitat beobachten: Arbeitnehmer, die sich eines sehr hohen Lohnsatzes erfreuen, messen zumeist der Freizeit wieder einen hohen Wert bei und bemiihen sich, ihre wochentliche oder jahrliche Arbeitszeit zu verringem, um sich besser den Freuden der Verausgabung ihres hohen Einkommens in der Freizeit widmen zu konnen.
q)(5) (p(4) (p(3) (p(2) cp(i)
Losung zu Aufgabe 15.1: Die Berechnung der Einkommenselastizitat ergibt: B 8(x^:B)= > ^ . — =
2B 2
B - 2 B' p-2
Die Einkommenselastizitat der Nachfrage ist hier also gleich Zwei; alle iibrigen GroBen lassen sich herauskurzen. Das bedeutet: Wenn das Einkommen der Nachfrager um ein Prozent steigt, dann nimmt die nachgefragte Menge des betreffenden Gutes um zwei Prozent zu. Da der Elastizitatswert groBer als Null ist, liegt ein superiores Gut vor. Es zeigt sich, daB die Einkommenselastizitat nicht vom Einkommen B abhangt, also fiir alle Einkommenniveaus gilt. Engel'sche Nachfragefunktionen mit dieser Eigenschaft heiBen einkommensisoelastisch
552
Aufgabenlo sungen
Losung zu Aufgabe 15.2: zu a) Schreibt man flir den hier als konstant zu betrachtenden Term y-(pK)'^'^^-(pT)^'^^ n , so lautet die Engel'sche Nachfrageftinktion fur Kaffee einfach XK Einkommenselastizitat der Kaffeenachfrage ergibt sich zu: 8(x^:B)
0,5inB"'
n.B°
kurz
0,51
Die Einkommenselastizitat hat somit (unabhangig von der Hohe des Einkommens) den Wert 0,51. Sie entspricht hier dem Exponenten von B in der Nachfragefunktion. Die verwendete KafiFeenachfrageftinktion ist einkommensisoelastisch. zu b) Nach der Definition aus Abbildung 15.3 handelt es sich um ein schwach superiores Gut (Grundgut), da der Wert der Einkommenselastizitat groBer als Null, aber kleiner als Eins ist. Da es sich bei Kaffee um ein Nahrungs- bzw. GenuBmittel handelt, war dies nach dem Engel 'schen Gesetz auch zu erwarten: Einkommensveranderungen wirken sich nur unterproportional auf die nachgefi-agte Menge aus. zu c) Die Engel'sche Nachfragekurve fiir Kafifee hat in etwa folgenden Verlauf:
Dies kann man entweder durch Einsetzen einer Zahl fur n und Ermittlung einiger x^ -Werte (fiir verschiedene B-Werte) durch Einzeichnen zeigen oder - exakter und allgemein - durch Biiden der ersten und zweiten Ableitung, die das Steigungs- und Krtimmungsverhalten beschreiben: QX^
> 0 : steigender Verlauf
g x^
< 0 : abnehmende Steigung in Richtung der positiven B-Achse
Losung zu Aufgabe 15.3: Sei L: Literatur, W: Weiterbildungsveranstaltungen und F: Femkurse. Dann sind die Ausgabenanteile und Einkommenselastizitaten: 0L = O,5
s(xN:B) = 0,72;
ew = 0,3
S(XN:B) = ? ;
6? = ?
S(XN:B)=1,1
Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels
553
Nach (15.12) muB gelten: 0L + 6w + 6F = 1 - Folglich haben Femkurse einen Ausgabenanteil von 9F = 1 - 0,5 - 0,3 = 0,2, also 20 Prozent. Nach dem Engel'schen-Theorem (15.15) mul3 auch gelten: 0L-8(XN:B) + ews(xN:B) + 0FE(XN:B) = 1. Umgestellt nach der Unbekannten 8(XN :B) ergibt sich: / Km
E(XN:B) =
1-0,5.0,72-0,2.1,1 '-
'—
=
^ .
1,4
Weiterbildungsveranstaltungen haben also hier eine Einkommenselastizitat von 1,4 und sind demnach stark superiore Giiter (Luxusgiiter).
Losung zu Aufgabe 15.4: Wenn der Haferflockenpreis ph steigt, dann sind zwei unterschiedliche Reaktionen der JoghurtNachfragex|^ denkbar: •
x^ steigt, well zum Beispiel nun morgens statt der verteuerten Haferflocken (mit Milch) mehr Joghurtprodukte zum Fruhstuck gegessen werden. Dann ware j ein okonomisches Substitut von h. • x^" sinkt, weil zum Beispiel nun morgens statt Miisli (bestehend aus Haferflocken und Joghurt) mehr Brot gegessen wird. Dann ware j ein okonomisches Komplement von h.
Welcher der beiden Falle in der Realitat vorliegt, konnen nur empirische Untersuchungen zeigen. Eine theoretische Aussage dariiber ist nicht moglich.
Losung zu Aufgabe 15.5: zu a) Bei der Untersuchung der Teepreiselastizitat der KaflFeenachfrage ist der Term y-(Pj^)-0,16.(B)0,51 konstant und kann durch 11 abgekurzt werden. Die Kreuznachfragefiinktion fijr Kaffee lautet dann einfach x^ = Ilp/'^^. Als Kreuzpreiselastizitat der Kaflfeenachfrage in Bezug auf Tee ergibt sich: 8(xN:p^ = / x N . - ^
= 0,15.n.(p,)^'^^^
P^^
= 0,15
Die untersuchte Kreuzpreiselastizitat hat somit (unabhangig von der Hohe des Teepreises) den Wert 0,15 (sog. fremdpreis-isoelastische Nachfrage). Sie entspricht dem Exponenten von pT in der Kreuznachfragefiinktion. zu b) Nach der Definition aus Abbildung 15.7 handelt es sich bei KaflFee - okonomisch gesehen - um ein schwaches Substitut von Tee, da der Wert der Kreuzpreiselastizitat groBer als Null, aber kleiner als Eins ist. zu c) Die Kreuznachfragekurve (x^ in Abhangigkeit von px) hat den in der folgenden Abbildung gezeigten Verlauf. Dies kann man entweder durch Einsetzen einer Zahl fiir n und Ermitteln einiger x^-Werte (fiir verschiedene pT-Werte) durch Einzeichnen zeigen oder exakter und allgemein - durch Bilden der ersten und zweiten Ableitung, die das Steigungs- und
Aufgabenlosungen
554 Krummungsverhalten beschreiben: p xN > 0 : steigender Verlauf p xN < 0 : abnehmende Steigung in Richtung der positiven px-Achse
PT
Losung zu Aufgabe 15.6:
xr(P,)
x»(pf>)
Losung zu Aufgabe 15.7: zu a) Schreibt man fur den hier als konstant zu betrachtenden Term Y(PT/'^^-(B)^'^^ einfach kurz n , so lautet dieNachfragefunktion fur Kaffee x^ = rTpK"^'^^. Als Eigenpreiselastizitat fiir KafFee ergibt sich: s(x-:pj
> ^ - ^
Pk K
=-o,i6-n.(pj-
-0,16 n(p,)-
Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels
555
zu b) Der Wert der Eigenpreiselastizitat der KafFeenachfrage liegt (unabhangig von der Hohe des Kafifeepreises) zwischen 0 und -1. Nach der Definition handelt es sich deshalb um eine relativ preisunelastische normale Nachfi-age. Der konstante Elastizitatswert von -0,16 (eigenpreisisoelastische Nachfi-age) besagt, daB jede einprozentige KafFeepreiserhohung zu einem Riickgang der nachgefi^agten Kafifeemenge um 0,16 Prozent fohrt. zu c) Die Marshall'sche Nachfi-age hat denfi^lgendenVerlauf:
PK
XK
Dies kann man wieder entweder durch Einsetzen einer Zahl fiir n und Ermittlung einiger x^ Werte (fiir unterschiedliche pK-Werte) durch Einzeichnen zeigen oder durch Bilden der ersten und zweiten Ableitung, die das Steigungs- und Kriimmungsverhalten beschreiben: „ XK < 0 : fallender Verlauf X j^ > 0 : zunehmende Steigung in Richtung der pK-Achse (konvexer Verlauf)
PK
Losung zu Aufgabe 15.8 zu a) Das Elastizitatstheorem ist erfiillt, weil sich die Nachfi-ageelastizitaten jedes Gutes zu null addieren. In der Tabelle ist das daran zu erkennen, daB alle Zeilensummen und alle Spaltensummen jeweils null ergeben. Bei den Zeilen ist es das Gut h, dessen Preis sich andert. Beispiel 2. Zeile: 8(x^ : p^) + s(x^N : p^) + s(x^ ; p^) + 8(x^ : p^) + 8(x^ : B) := 0
2
+
1
+
(-3)
+
(-2)
= 0
+ 2
Bei den Spalten ist es das Gut j , dessen Preis sich andert. Beispiel 3. Spalte: <^^ 3
P,) + s(x3^:P2) + E(x3^:p3) + s(x3N:p^) + 8(X3N:B) = 0 +
(-3)
+
0
+
1
Auf der Hauptdiagonale stehen die Eigenpreiselastizitaten.
+
(-1)
= 0
556
Aufgabenlo sungen
zu b) In der folgenden Tabelle ist fur jedes Zahlenfeld aus der Aufgabentabelle die Definition angegeben.
1
2 Gut 1 ist ok. unabhangig von Gut 2
3
4
Gut 1 ist ok. Gut 1 ist ok. Substitut von Komplement von Gut 4 Gut 3
eink.starre Nachfrage nach Gut 1
Gut 2 ist ok. Komplement von Gut 3
Gut 2 ist ok. Komplement von Gut 4
superiores Gut 2
preisstarre Nachfrage nach Gut 3
Gut 3 ist ok. inferiores Substitut von Gut 3 Gut 4
1
normale Nachfrage nach Gut 1
2
Gut 2 ist ok. anormale Substitut von Nachfrage nach Gut 2 Gut1
3
Gut 3 ist ok. Komplement von Gut 1
4
Gut 4 ist ok. Gut 4 ist ok. Substitut von unabhangig von Gut 2 Gut1
Gut 4 ist ok. normale Substitut von Nachfrage nach Gut 4 Gut 3
eink.starre Nachfrage |nach Gut 1
inferiores Gut 2
Gut 3 ist ok. Komplement von Gut 2
superiores Gut 2
superiores Gut 4
superiores Gut 4
Die Tabelle zeigt auch Beispiele fur symmetrische und asymmetrische Nachfi^ageverbundenheit, speziell auch fiir die diametrale Nachfi'ageverbundenheit (vgl. Kapitel 1.5.3.f). Dazu miissen die Kreuzelastizitaten s( Xj :p„ )mit s( x^ :p j) verglichen werden.
Losung zu Aufgabe 15.9: Achsenschnittpunkte der beiden individuellen Marshall'schen Nachfi-agekurven: Nachfi-ager 1: xf \o) = 5 , pj(o) = 5/0,5 = 10 Nachfirager 2: Xj^^(o) = 7,
pj(o) = 7
Die folgende Abbildung zeigt die beiden individuellen sowie die aggregierte Nacbfragekurve fiir das Gut j :
Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels
557
Die aggregierte Nachfrage wird unterhalb des Preisniveaus pj = 10 positiv. Bis hinunter zu pj = 7 fragt der Konsument 2 nichts von dem Gut nach, so dafi die Marktnachfrage nur aus der Nachfrage des ersten Konsumenten besteht. Unterhalb von Pj = 7 kommt die positive Nachfrage des Konsumenten 2 hinzu. Die aggregierte Nachfragefiinktion besteht somit aus zwei Hnearen Abschnitten, die im Knickpunkt (bei pj = 7) zusammentreffen; sie lautet: xf(Pj) =
x f (pj) = 5 - 0,5.pj fur 7 < pj < 10 xfi(Pj) + x f (pj) = 12 - 1,5 pj fur Pj < 7
Losung ZU Aufgabe 15.10: Da die zu untersuchende Nachfragefiinktion linear und die Nachfragekurvefr)lgHcheine Gerade ist, reicht eine Analyse der Wirkungen der exogenen Parameteranderungen auf die Lage der Achsenschnittpunkte. Diese sind: x° = I m
m P° = —
zu a) Steigt n um 5n so bleibt x° unverandert und p° wird kleiner. Bei sinkendem n steigt p°. Die Nachfragekurve dreht sich also bei Anderungen von n um den x-Achsen-Schnittpunkt; siehe Abbildung. zu b) Steigt m um 5m, so werden sowohl x° als auch p° groBer (bei sinkendem m entsprechend kleiner). m-Anderungen hQwixkQn Parallelverlagerungen der Nachfragekurve; siehe Abbildung. zu c) Steigt I um 51, so erhoht sich x°, wahrend p° unverandert bleibt. Bei sinkendem I sinkt auch x°. Andert sich I, so fuhrt dies also zu einer Drehung der Nachfragekurve um den pAchsen-Schnittpunkt; siehe Abbildung.
558
Aufgabenlosungen
Im I-(m+5m)'
Im (I+5I)m
zu d) Bin steigendes n kormte eine sinkende Zahlungsbereitschaft bei gleichbleibender Nachfrageranzahl beschreiben. Denn bei jeder Gutsmenge (bis x°) verringert sich der akzeptierte Preis. EiQ Hinzutritt zusatzlicher Nachfrager mit gleicher maximaler Zahlungsbereitschaft wird dagegen durch steigendes I beschrieben. Eine Erhohung von m kann den Fall beschreiben, in dem sich sowohl die Nachfrageranzahl als auch die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager erhoht. (kombinierter EfiFekt). zu e) Die Preiselastizitat der Nachfragefiinktion x (p) = Lm - L n- p ist
8(X^P)
p'x"-p
-Inp
-n-p
x^(p)
l[m-np]
m-np
Da sich hier I herauskiirzen M t , ist die Preiselastizitat bei der betrachteten Nachfragefiinktion unabhdngig von der Nachfrageranzahl; Variation von I andem s also nicht.
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
559
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels Losung zu Aufgabe 21.1: zu a) Keiner der beiden Faktoren ist essentiell. Derm bei a = 0 und c > 0 ist x = .^pT^ > 0, und bei c = 0 und a > 0 ist x = Va-a > 0. Auf jeden einzelnen der beiden Faktoren kann also (bei positiver Einsatzmenge des jeweils anderen Faktors) verzichtet werden, ohne daB die Ausbringung auf Null sinkt. zu b) Setzt man die gegebenen Faktorenbiindel in die Produktionsfunktion ein, so ergeben sich die folgenden, damit maximal produzierbaren Ausbringungsmengen: x( 2, 17) = 6 , x(30, 3) = 6 , x(12, 12) = 6 , x(12, 2) = 4 , x(12, 26) = 8 Die ersten drei Faktorenbiindel zeigen, daB es ofFenbar moglich ist, mit verschiedenen Faktoreinsatzmengenkombinationen jeweils die gleiche Ausbringungsmenge zu produzieren.
Losung zu Aufgabe 21.2: Die Ertragsfiinktion des Faktors Arbeit ergibt sich aus der Produktionsfunktion der Aufgabe 21.1 einfach durch Konstantsetzen des Kapitaleinsatzes, etwa auf den vorgegebenen Wert c = 2. Mit a = 1 und p = 2 ergibt sich dann: x ( a , c ) = ^ a - a + p - c = Va + 4 Ihren Verlauf zeigt das linke Diagramm der folgenden Abbildung:
x| 5-,
x(a,c)
Um die Arbeitseinsatzfiinktion zu erhalten, ist die obige Ertragsfiinktion nach a umzustellen: a(x,c) =
x'- pc -^^— = x' - 4 a
Die graphische Darstellung der Arbeitseinsatzfiinktion (rechtes Diagramm der Abbildung) ergibt sich bei gewechselter Achsenbezeichnung durch Spiegelung der Ertragsfiinktion an der Winkelhalbierenden (45°-Linie).
Aufgabenl5simgen
560 Losung zu Aufgabe 21.3:
Mit den 1994er Daten X(i) = 378.898 t, TI(1) = 33,8 t/B aus dem Empirikum 21.3 und den 1995er Daten X{2) = 42 LOGO t, T|(2) = 32,4 t/B aus der Aufgabenstellung ergibt sich mit Hilfe der Formel (21,8) folgender Schatzwert fur die Grenzproduktivitat der deutschen Schraubenindustrie im betrachteten Zeitraum. X(2) ~
^(1)
X(2)
^(i)
^(2)
'n(i)
421.000 - 378.898 421.000
378.898
32,4
33,8
42102 = 23,6 12993,8-11210,0
Jede zusatzlich eingesetzte Arbeitskraft brachte also einen Ertragszuwachs von 23,6 Tonnen Schrauben pro Jahr. Die Grenzproduktivitat ist geringer als die Durchschnittsproduktivitat.
Losung zu Aufgabe 21.4: Die Berechnung und Interpretation der Grenzproduktivitaten soil exemplarisch am Produktionsfaktor Arbeit gezeigt werden (fiir Kapital ergeben sich analoge Ergebnisse): ;x(a,c) = lya-a 1 /
+ p-c] = ^[(a-a + p-c)''"] „
\-l/2
= ~--(^a-a + p-cj
-a
2-^a-a + p-c
= -r— > 0 2-x
: (Ul) ist erfiillt
.xOa,c)= ^[Va-a + p-c] = ^ - • (a • a + p • c) 2
•(a-a + p-c)"
4-x^
: fl/2; ist erfuUt
-<0
;'x(a,c) = j ' [ ^ a - a + p.c] = l[f'(a-a + P-cr' J
a-p (a-a + p-c)-'^"
g-p
4.x^
< 0
: fl/ii ist nicht e r M t
Die neoklassischen Voraussetzungen (Ul) und (U2) sind erMlt, well der Grenzertrag jedes Produktionsfaktors stets positiv ist (Ul) und mit steigender Einsatzmenge des betreffenden Faktors abnimmt (U2). Da aber acX < 0, ist die Bedingung (U3), wonach der Grenzertrag eines Faktors mit steigendem Einsatz eines anderen Faktors zunehmen mu6, nicht erfiillt; vielmehr nimmt die Grenzproduktivitat hier in diesem Fall ab. Insgesamt erfiillt die Produktionsfunktion aus Aufgabe 21.1 die neoklassischen Voraussetzungen also nicht.
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
561
Losung zu Aufgabe 21.5: Hier sind die Grenzertrage negativ, sodaB (U1) nichtgilt
Losungen zu Aufgabe 21.6: zu a)
TlEiseneiz = 0 , 7 1 ; r|Brennst. = 1 , 3 2 ; Tlfedust. = 3 , 6 8 ; Tlsonst = 3 , 2 7 .
zu b) X =. min {0,71 • Eisenerzmenge; 1,32 • Breimstoflftnenge; 3,68 • Industrieriickstandsmenge; 3,27 - Sonstige Einsatzglitermenge} zu c) Bei linear-limitationaler Produktion hatte im Berichtsjahr maximal produziert werden konnen • mit der verfugbaren Eisenerzmenge:
0,71 • 4980 kt = 3536 kt Roheisen
• mit der verfiigbaren Brennstoflfmenge:
1,32 • 1875 kt = 2475 kt Roheisen
• mit der verfugbaren Menge an Industrieriickstanden:
3,68 • 792 kt = 2915 kt Roheisen
• mit der verfugbaren Menge an sonstigen Einsatzgutem; 3,27 • 845 kt = 2763 kt Roheisen Der knappste Faktor bestimmt den Output. Hier ist BrennstofF der EngpaBfaktor. Er laBt maximal die Ausbringungsmenge 2475 kt zu. Die iiberschiissigen Mengen der ubrigen Faktoren ermoglichen bei limitationaler Produktion keinen Ausgleich der fehlenden Brennstoffinenge.
Losung zu Aufgabe 21.7: Einsetzen der Zahlenwerte in die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion ergibt: x = 2.a^^^.27^^^ = 6.a^^^ = 6.V^ Diese Faktorertragsfunktion x(a,c) beschreibt die untere Kurve im folgenden Diagramm:
Aufgabenldsungen
562
16 a zu a) a/2
6^ = ±
rjA
a
a^^
Die Durchschnittsproduktivitat TJA ist somit bei jedem a-Wert doppelt so grofi wie die Grenzproduktivitat aX. zu b) Die Arbeitseinsatzfunktion ergibt sich durch Umstellen der Ertragsfunktion nach a zu: a(x,c)-fx^ Bei ^ = 27 betragt der zur Produktion von x = 300 erforderliche Arbeitseinsatz somit a(300;27) = 50^ = 2500 zu c) Siehe die obere Kurve in der obigen Abbildimg. Bei c = 27 ist die Grenzproduktivitat nach b) fiir a = 4:
3
3
Bei c = 64 ergibt sich analog: aX
=
4^/a
- 2,0
Durch den hoheren Kapitaleinsatz ist die Grenzproduktivitat der Arbeit gestiegen (vgl. auch Gleichung (5) aus dem Beispiel 21, L). Daran zeigt sich die Erfiillung der neoklassischen Voraussetzung (U3).
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
563
Losung zu Aufgabe 21.8: zu a) Fur die Arbeitselastizitat 8(x:a) = ergibt sichmit ^x = a x / a gemaB Gleichung (3a) ausBeispiel 21.1: ax 8(x;a) =
= a
Analog dazu ergibt sich fiir den Faktor Kapital die Produktionselastizitat s(x:c) = B. Somit entsprechen im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion die Produktionselastizitaten den Exponenten der Faktoreinsatzmengen. Da die Produktionselastizitaten hier nicht von den Faktoreinsatzmengen abhangen, ist die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion produktionsisoelastisch. zu b) Wenn in Westdeutschland das Arbeitsvolumen um ein Prozent erhoht wiirde (das entspricht etwa 400 Millionen Arbeitsstunden), dann stiege das Bruttoinlandsprodukt um rund 0,7 Prozent (das sind Ende der neunziger Jahre etwa 20 Milliarden DM) - in konstanten Preisen. Entsprechend kommt es zu einem Riickgang des Bruttoinlandsproduktes um etwa 0,7 Prozent, wenn ein Prozent der Erwerbstatigen arbeitslos wird - zum Beispiel in einer konjunkturellen Rezession. zu c) Aus den gegebenen Daten laBt sich eine durchschnittliche Arbeitsproduktivitat von r|A = 3000 Mrd'. DM / 40 Mrd. h = 75 DM/h berechnen. Da nach b) fur den Zahlenwert der Arbeitselastizitat gerundet s(x:a) = a = 0,7 gilt, ergibt sich nach Gleichung (21.15) fiir die Grenzproduktivitat der Arbeit ^x = 0,7-75 = 52,50 DM/h. Das heiBt: Im Mittel erhoht eine zusdtzliche Arbeitsstunde das reale Bruttoinlandsprodukt um reichlich 50 DM. Die Grenzproduktivitat ist geringer als die Durchschnittsproduktivitat.
Losung zu Aufgabe 21.9: zu a) Bei 6 = 2 (Verdoppelung aller Faktoreinsatzmengen) ist zu untersuchen, welcher der folgenden drei Falle vorliegt: (2a')" • (2cf = x(2a',2c')
= <
2.x(a',c') = 2.(aT -(cf
Bei a' = 9 und c' = 7 ergibt sich beispielsweise fur die drei Koeffizientenkonstellationen: 2.9^'^.f^
1)
(2-9)^^^-(2.7)^^^ = 10,225 < 2-5,739 =
2)
(2-9)^^^-(2-7)^^^ = 15,874 = 2-7,937 = 2-9^^^-7^^^
3)
(2-9)^^^-(2-7)^^ = 21,062 > 2-9,940 = 2-9^^^-7^^
564
Aufgabenlosungen
zu b) Es liegen also vor im Fall 1)
, also bei a + 6 < 1 : abnehmende Skalenertrage.
2)
, also bei a + B = 1 : konstante Skalenertrage.
3)
, also bei a + B > 1 : zunehmende Skalenertrage.
Losung zu Aufgabe 21.10: Sei (a',c') ein beliebiges Anfangsfaktorenbiindel und x' := x(a',c') der zugehorige Output. zu a) Die Skalenfiinktion ergibt sich wie folgt: x(6) = x(6-a',6-c') = ^a(6'a')
+ p.(6.c')
= 7 6 ( a . a ' + p.cO = V 6 - ^ a - a ' + p.c'
Dies zeigt, daB die betrachtete Produktionsfiinktion homogen vom Grade ^ = y ist, denn x ( 6 a ' , 6 c ' ) - 6'x(a',c'). Die Skalenelastizitat ist:
'^""'^^ = ^^(6)" =
6-.X-
= 2
Es liegen demnach abnehmende Skalenertrage vor: Jede Erhohung des totalen Faktoreinsatzes um ein Prozent fiihrt zu einem Anstieg des Outputniveaus um nur 0,5 Prozent. zu b) Die Produktionselastizitaten der beiden Faktoren ergeben sich (mit den Grenzproduktivitaten aus Aufgabe 21.4) zu / >. J x a E(x:a) = X
/
V
=
^-a X
o'x> C
^ C
X
X
=
a a —^
2x
pC 2x
Das Elastizitatentheorem der mikrookonomischen Produktionstheorie (Wicksell/JohnsonTheorem) besagt nun: E(X:6) = 8(x:a) + s(x:c)
aa P'C X = 7;-^ "*" o 2 2?~ "^ 2x^ ~ 2 ? " ~
1 2
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
565
Losung zu Aufgabe 21.11: Die Isoquantenfunktion ergibt sich durch Umstellen von x = ^ a a + (3c nach a: _
x2 - p-c
a(c,x)
a Um zu zeigen, daB die in Aufgabe 21.1 b) genannten Faktorenbundel (a, c) = (2, 17), (30, 3) und (12, 12) alle auf derselben Isoquante zum Outputniveau x = 6 liegen, kann man ihre cWerte in die Isoquantenfunktion einsetzen und sehen, ob sich als Funktionswerte die zugehorigen a-Werte ergeben. Mit a = 1 und (3 = 2 gemafi Aufgabe 21.1 ergibt sich: a(17,6)=^^2:lZ
=
2
a(3,6) = ^^ ~ ^'^
= 30
a(12,6) = ^^ " ^'^^ = 12 Es zeigt sich somit, dal3 die genannten Faktorenbundel alle auf derselben Isoquante liegen.
Losung zu Aufgabe 21.12: Die Veranderung der Grenzertrage wird beschrieben durch ^'x und ^'x. Nach Gleichung (4) aus dem Beispiel 21.1 ergibt sich im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion: ^ ( g - l)>ax a2
.,^ ^ (P - 1)P'X "
c2
Demnach nehmen die Grenzertrage der Arbeit ab (also a x < 0), falls a < 1; analog dazu liegen bei P < 1 abnehmende Grenzertrage des Kapitaleinsatzes vor. Im Beispiel 21.2 wurde dann gezeigt, daB die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion bei a + p > 1 zunehmende, bei a + P < 1 abnehmende und bei a + p = 1 konstante Skalenertrage aufweist. Dies zeigt: • Zunehmende Skalenertrage (a+p > 1) konnen auch dann vorliegen, wenn die Grenzertrage beider Produktionsfaktoren abnehmen. Beispiel: a = 0,7 und P = 0,4. • Bei abnehmenden Skalenertragen (a+p < 1) nehmen auch die Grenzertrage beider Produktionsfaktoren sicher ab. Beispiel: a = 0,5 und P = 0,3. • Nur falls die Grenzertrage der Produktionsfaktoren zunehmen wurden (a, P > 1), was nach Voraussetzung (U2) ausgeschlossen ist, konnte sicher auf ebenfalls zunehmende Skalenertrage geschlossen werden. Beispiel: a = 1,3 und p = 1,1.
Aufgabenlosungen
566 Losung zu Aufgabe 21.13: zu a) Mit den Grenzproduktivitaten aus Beispiel 21.1 folgt:
P-x ^
^ c^ ^ _ C _ ^ M_ 'x oc-x ac
zu b) Setzt man in der Formel fiir 5a/5c im Beispiel 21.3 anstelle von x = x die Cobb/Douglas-Produktionsftmktion y-a^-c^ ein und laBt das negative Vorzeichen weg (well ja der Absolutbetrag zu nehmen ist), so ergibt sich: 1
y a
c
5c
a
•ac" c
a c Beide Wege fiihren folglich zum gleichen Ergebnis.
Losung zu Aufgabe 21.14: zu a) Bei der Cobb/Douglas-ProduktionsfUnktion gilt nach der Losung von Aufgabe 21.8 a): 8(x:a) = a und s(x:c) = p. Mit Gleichung (21.28) ergibt sich die Isoquantenelastizitat zu: s(a:c) =
8(x:c) 8(x:a)
.1 a
0,378 = -0,549 " 0,689
Durch eine einprozentige Erhohung des Kapitaleinsatzes kann somit (bei gleichem Output) etwa 0,55 Prozent der vorherigen Arbeitseinsatzmenge eingespart werden. zu b) Die Arbeitsintensitat betragt a/c = - — = 2/3. 300 zu c) Nach Gleichung (21.29) in Verbindung mit (21.28) ist die Faktorsubstitutionsrate s(x:c) a / Na ^a,c = - ; — 7 - - = - s ( a : c ) - s(x:a) c
0,378 200 0,689' 300
c
•(-0,549)-^
0,366
Das bedeutet: Bei der betrachteten Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) = (200, 300) ermoglicht eine Erhohung des Kapitaleinsatzes um eine Einheit eine Reduzierung des Arbeitseinsatzes um 0,366 Einheiten; eine zusatzliche Kapitaleinheit kann somit 0,366 Arbeitseinheiten substituieren (bei gleichem Output).
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
567
Losung zu Aufgabe 21.15: Die Problemstellung wird in der folgenden Abbildung veranschaulicht; sie zeigt die Isoquante zum Outputniveau x = 48:
a(81,48) = 64
a{16;48) = 144
Einsetzen der beiden vorgegebenen c-Werte in die Isoquantenfunktion der Cobb/DouglasFunktion aus Gleichung (2) des Beispiels 21 3 ergibt die Zahlenwerte der zugehorigen aWerte: 1
a(c;x) =
a(c;48) =
X
y-cP 48 2.c^/^
n2
= 144 fur c = 16 = 64 fur c = 81
Die Grenzrate der Faktorsubstitution errechnet sich mit der Formel aus Aufgabe 21.13:
_ t^ - j i i ^ _ i ^ ^^'^ ~ a-c ~ Vz'C ~
I'c
Einsetzen der soeben ermittelten a- und c-Werte fur die beiden Punkte der Isoquante ergibt: 1 144 = 4,5 2 16 CT , =
1 64 -'—
2 81
«
0,395
Interpretation: Bei a = 144 beziehungsweise c = 16 bewirkt ein Anstieg von c um eine Einheit einen Ruckgang von a um 4,5 Einheiten.
568
Aufgabenlosungen
Bei a = 64 beziehungsweise c = 81 bewirkt ein Anstieg von c um eine Einheit einen Riickgang von a um knapp 0,4 Einheiten. Dies zeigt, daB mit fortschreitender Substitution der Arbeit jede zusatzliche Kapitaleinheit immer weniger von dem verbliebenen »Restarbeitseinsatz« ersetzen kann. Der Leser kann die formal ermittelten a-Werte auch durch Ausmessen in dem Diagramm (Steigungsdreiecke an die Tangenten zeichnen!) nachpriifen.
Losung zu Aufgabe 21.16: zua)x2(xi;v) = ^Jy - (x,f
-
[v-(xi)'f'
zu b) Xj = 0 => X2 = x° = ^|v = Vl44 = 12 x,=
0
0 = v-(x,)^
x° = Vv - Vl44 = 12
zu c) ;x2 = y- [v-(x,)^]~'^^ (-2x1)
< 0 : fallenderVerlauf
;'x2 = - i [ v - ( x j ) ' p ' ( - 2 x i ) ' + i [ v - ( x j ) ' p ' ( - 2 ) < 0 : konkaver Verlauf. zu d)
c^2,i= 1.5
x;=io 12 X2(10;144) = ^144 - lO' = V44 « 6,63 ie)
a^,
= \;x,\ = -[x,
= [ v - ( x 0 ^ p x , = [l44-10^]"
^0-Jk-
lA
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
569
Losung zu Aufgabe 22.1: Die Kostenbudgetgleichung zum vorgegebenen Kostenbudget C lautet; 26a + 39c = 312.000 GE. Die Achsenschnittpunkte sind: ao = C/^ = 12.000 FE und Co = C/r = 8.000 FE. Zeichnet man die dadurch beschriebene Isokostengerade zusammen mit den zu priifenden Faktorenbiindeln in ein Faktormengendiagramm, so ergibt sich: C
Das Diagramm zeigt, dal3 die Faktoreinsatzmengenkombinationen vi, V2 und V4 mit dem verfiigbaren Kostenbudget bei den geltenden Faktorpreisen finanzierbar sind, wobei vi und V4 das Budget C vol! ausschopfen. V2 kostet dagegen nur 286.000 DM, schopft also nicht das gesamte Kostenbudget aus. Die Faktorenbiindel v3 und v5 sind nicht finanzierbar; zu ihrer Beschaffung reicht C nicht aus, denn V3 und V5 kosten jeweils 338.000 DM. Ihre gleiche Kostenhohe zeigt, dafi V3 und vs auf derselben Isokostengerade liegen, die - weil die Faktorpreise konstant sind - eine Parallele zur eingezeichneten Isokostengerade zum Niveau C sein muB. - Der Leser kann sich in Erganzung dazu iiberlegen, wie sich das Ergebnis andert, wenn der Kapitalpreis auf 32,50 GE/FE sinkt.
Losung zu Aufgabe 22.2: Die Kapitalnachfi-agefiinktion lal3t sich auf mindestens zwei Weisen ermitteln. Zum einen kann, analog zum Beispiel 22.1 so vorgegangen werden, dal3 die Minimalkostenkombinationsbedingung (2) statt nach c nun nach a umgestellt wird. Dies ergibt: a =
p-^
Nach Einsetzen in die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion verbleibt nur noch c als die zu bestimmende Unbekannte:
570
Aufgabenlosungen
y.
« L.J .-£ ..r3 jf =
a +p
y...
X
I« '1
X
fa r l "
y
..-x
r — .,
C^(XJ,T)
M Va r/
y
<^
-c- - ^ = X
i_
_a_
a+ B
,
= X
c^ {x,i,r) ist die gesuchte Kapitalnachfrageftinktion des Untemehmens. Geht man - altemativ dazu - von der bereits emiittelten Arbeitsnachfragefunktion aus, so gelangt man zum gleichen Ergebnis durch Einsetzen der Formel fur a^(x/,r) in die Gleichung (3) des Beispiels 22.1 (im folgenden sind die Klammem bereits aufgelost worden, der ganz rechts stehende Bruch ist Ila): cC(x,^,r) =
-—aC(x,^,r)
.a+p
P CI
a+ f r
B —^^ £a+p
I-a+P
1 —— ya+p
B —^ Oa+p
(^a+p
,a+p . ^a+p
ya+p
Da+p
a+p a a+p
1 =
^a+p
1 a y a + p Q a+p
pa+p
Y« + P . j.a+p
ya+p.^a+p
= x^x^.f^V^P-l-P^r^^ \ry
Vy-a""
Dies entspricht der oben hergeleiteten Kapitalnachfragefunktion c*^(x,^,r), wobei der ganz rechts stehende Term lie ist. Sind die Koefifizienten zahlenmafiig bekannt, so sind natiirlich keine derart aufwendigen Formelumformungen erforderlich.
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
571
Losung zu Aufgabe 22.3: Um die Reaktion des Untemehmens auf Andemngen einzelner BestimmungsgroBen der Kapitalnachfragefiinktion a
zu untersuchen, muB diese partiell nach den einzelnen EinfluBgroBen differenziert werden. Dies ergibt (da die Kapitalnachfragefiinktion in ihren Ableitungen selbst wieder auftritt, kann fiir sie dort einfach c^ geschrieben werden): • ^
'
""
''
>o
a +p X
Mit steigendem Output geht demnach eine Erhohung der Kapitalnachfrage des Unternehmens einher. Den Lohnsatz-EinfluB miBt: ^
> 0
a +p i
Bei steigendem Lohnsatz ^nimmt die Kapitalnachfrage des Untemehmens also zu.
r
a+p
r
Mit gestiegenem Kapitalpreis r sinkt die vom Unternehmen nachgefragte Kapitalmenge. . >^ .
dc^
X
5xc^
1
c^
X
a +p x c ^
1
a +p
Dieser Elastizitatswert gibt an, um wieviel Prozent sich die Kapitalnachfrage in der Minimalkostenkombination andert, wenn die Ausbringungsmenge um ein Prozent erhoht wird. / c - ^ - ^^^ r _ dr cc
a c^ r _ a + p r c^
'^ a +p
Dieser Elastizitatswert gibt an, um wieviel Prozent sich die Kapitalnachfrage andert, wenn der Kapitalpreis um ein Prozent steigt. r n /)\
^^ ^ d£ cC
a c^ £ a + p £ cc
a a +p
Dieser Elastizitatswert gibt an, um wieviel Prozent sich die Kapitalnachfrage andert, wenn der Lohnsatz um ein Prozent steigt.
572
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 22.4: Zur Untersuchung des Einfiusses Einfiusi des Lohnsatzes auf K, ist die Kostenfunktion nach t partiell zu difFerenzieren. Dies ergibt: 1
^
g
p
a+p £
a+p
Eine Zunahme des Lohnsatzes erhoht somit die langfiistigen Kosten. - Fiir den EinfluB des Kapitalpreises r ergibt sich analog dazu: ; K ' = - \ . ^ > O a +p
r
In der langen Frist fiihrt deninach jede Faktorpreiserhohung zu steigenden Kosten.
Losung zu Aufgabe 22.5: Zur Konstruktion der kurzfiistigen Kostenkurve wird zweckmaBig zunachst eine beliebige Isokostengerade in das Faktoraiengendiagramm eingezeichnet. Deren Steigung ist durch die konstanten Faktorpreise bestimmt. Die in der folgenden Abbildung gestricheU dargestellte Isokostengerade reprasentiert beispielsweise das Kostenbudget 100. Zu dieser werden nun parallel Isokostengeraden durch die Schnittpunkte aller Isoquanten mit dem kurzfiistigen Expansionspfad gelegt. Die Hohe der kurzfiistigen Kosten in jedem dieser Produktionspunkte kann dann liber die Achsenschnittpunkte der Isokostengerade (z.B. C = ^ao) oder durch Einsetzen der Faktoreinsatzmengen des Produktionspunktes in die Kostengleichung (C = ^a + r-c) ermittelt und in das untere Diagramm uber der zur betrachteten Isoquante gehorenden Ausbringungsmenge eingetragen werden. Fur die Ausbringungsmenge x = 0, die sich bei a = 0 einstellt, ergeben sich beispielsweise wegen des fixen Kapitaleinsatzes c = 5 die Fixkosteh in Hohe von C = 20-3 = 60 (a-Achsen-Schnittpunkt der Isokostengerade) bzw. C = 200 + 12-5 = 60 (Einsetzen der Faktoreinsatzmengen (a,c) = (0, 5) in die Kostengleichung).
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
1 2 3 4 5 6
0
1
2
7
3
8
4
9
5
10
6
573
11
7
8
12
=X
9
10
11
12
400
K
K''(X) 350 300 250 200 150 100 50
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
574
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 22.6: Die Lohnsatzabhangigkeit der kurzfristigen Kosten zeigt die folgende partielle Ableitung von K^(x;i,r,c) = ^ y " c « x «
iT^k
;K^
= y
_1
_P
1
«
a
a
-c
x
+ re
^
nach^:
^
> 0
Die kurzfristigen Kosten nehmen also im Beispiel 22.4 (d.h. bei unterstellter Cobb/DouglasProduktionsfunktion) mit steigendem Lohnsatz stets zu. Graphisch betrachtet dreht sich die Kurve der variablen Kosten nach oben (siehe folgende Abbildung). Die Wirkung einer kleinen Erhohung von r zeigt die Ableitung .'K"^ = c > 0 Auch Kapitalpreiserhohungen wirken also kurzfristig kostensteigemd. Sie erhohen jedoch nur die fixen Kosten. Die kurzfristige Kostenkurve erfahrt dadurch eine Parallelverlagerung nach »oben«.
/ K(x)
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
575
Losung zu Aufgabe 22.7: zu a) Das Vorgehen folgt folgendem Schema: Erster Schritt: Ermittlung der Minimalkostenkombination (a^ ,c^ ) aus der Minimierung von ^•a + r e unter der Nebenbedingung ya"c^ = x (vgl. Kapitel 2.2.2.d). Es ergibt sich (vgl. Beispiel 22.1, Zahlenbeispiel zu Gleichung (6)): ac = X . J - = 6 0 J - - 40
r
= 6 0 - J - = 90 V4
Zweiter Schritt: Priifling der Realisierbarkeit der ermittelten Minimalkostenkombination in der kurzen Frist. Der Mengenvergleich ergibt: aC ::. 40<70 = a ,
c^ =: 90<110 = c
Die langfristig kostenminimierenden Faktoreinsatzmengen iiberschreiten also beide die kurzfiistig verfugbaren Faktorbestande nicht. Deshalb kann die Minimalkostenkombination (a^ ,c^ ) = (40, 90) tatsachlich realisiert werden. Das Untemehmen produziert dann die Menge x = 60 zu langfristigen Kosten von K = 9-40 + 4-90 = 720. zu b) Hier wird analog vorgegangen: Erster Schritt: Ermittlung der Minimalkostenkombination wie unter a):
= x J — = 60J—• = 120 V r V 4 Zweiter Schritt: Priifung der Realisierbarkeit der ermittelten Minimalkostenkombination. Der Mengenvergleich ergibt: a^= 30<70 = a,
c^ = 120>110 = c
Hier ist die langfristig kostenminimierende Kapitaleinsatzmenge groBer als die verfiigbare Kapitalmenge, so daB die Minimalkostenkombination (a^, c^) nicht realisiert werden kann. Das bedeutet, daB der weiteren Planung die kurzfristige Kostenfunktion zugrunde gelegt werden muB. Dazu ist zunachst die Faktoreinsatzfunktion des variabel einsetzbaren Faktors (Arbeit) zu ermitteln:
.1 a(x,c)
P « = 60^-110-^ « 32,7
Die kurzfiistig einzusetzenden Faktormengen a(x,c) = 32,7 und zusammen Kosten in Hohe von K^ = 16-32,7 + 4110 = 963,2.
c = 110 verursachen
Aufgabenlosungen
576
Die beiden analysierten Falle sind noch einmal in folgendem Diagramm dargestellt:
a(x,c) a^
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
577
Losung zu Aufgabe 22.8
K [DM] 10000 4
2
4
6
8
10 12
14
16
18 20 22
XP]
578
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 22.9: Das Steigungsverhalten der Grenzkosten wird durch die erste Ableitung der Grenzkostenfunktion ; K ( X ) = K.C.X'^-\ also x[x'K(x)]= ;'K(x) = ( K - 1 ) . K - c - x - ^ - ' Die Grenzkosten nehmen demnach zu
beschrieben.
( " ^ W > 0 ) , falls K > 1 und nehmen ab
(x K(x) < 1), wenn K < 1 . Bei K = 1 sind die Grenzkosten konstant. Das Knimmungsverhalten der Grenzkosten wird durch die zweite Ableitung der Grenzkostenfunktion, also " [ x'K(x) ] = ;"K(x) = (K - 2) • (K -1) • K • c • x*^"' beschrieben. Bei ;"K(x) > 0 verlauft die Grenzkostenfunktion konvex; das setzt K > 2 voraus. Bei x"^(^)'^0 verlauft ; K ( X ) konkav; das ist bei 1< K < 2 der Fall. Bei K = 1 und K = 2 ist x"K(x) = 0 und die Grenzkostenkurve ist linear.
'KI
K>2 K=2
Das Steigungsverhalten der Durchschnittskosten wird durch die erste Ableitung der Durchschnittskostenfunktion
k(x) = c • x""^ + F / x beschrieben: x'k(x) = (K -1) • c • x''"^ - F / x ^
Die Durchschnittskosten nehmen demnach zu (x k(x) > 0 ), falls (K -1) • c • x""^ > F / x^, also ( K - O - C X " > F . Das setzt K > 1 voraus. Das Kriimmungsverhalten von k(x) wird durch die zweite Ableitung
beschrieben:
L'k(x) = (K - 2) • (K -1) • c • x"^-' + 2F / x \ Hier ist " k(x) > 0, also ein konvexer Verlauf, bei K > 2 gesichert.
k]
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
Losung zu Aufgabe 22.10:
K
k.^K
Losung zu Aufgabe 22.11: zu a) ,, , K(x) ^ 144 k(x) = —^^ = 4x + X
x'k(x)=4-
X
144
= 0
<:>
579
580
Aufgabenlosungen
ib)[^K(x) =]
<=>
8x =
4x =
4x+ - ^
[= k(x)]
144 X
<^
xk = J — - = 6 V4
zuc) k = kCx'^) = 4-6 + m 6
= 48
= ; K ( X ^ ) - 8-6 = 48
Losung zu Aufgabe 22.12: zu a) Fiir die Elastizitat der variablen Kosten K^(x) = 4x^ ergibt sich:
Diese Elastizitat hangt nicht von der Ausbringungsmenge ab. Eine einprozentige Outputanderung fiihrt stets zu einer zweiprozentigen Erhohung der variablen Kosten. zu b) Die Gesamtkostenelastizitat ist
,(K:x) = ^ 5 « ^ = K(x)
^--^
4x2+144
=
~±^—=0a
4-22 + 144
Diese Elastizitatswert zeigt, dal3 beim Outputniveau x = 2 eine einprozentige Erhohung der Ausbringungsmenge zu einem Anstieg der Gesamtkosten um 0,2 Prozent fiihrt. Durch Anwendung der Gleichung (2) aus dem Beispiel 22.6 gelangt man zu demselben Ergebnis: Bei X = 2 betragen die variablen Kosten K^(2) = 4-2^ = 1 6 und die Gesamtkosten 16 + 144 = 160. Der Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten ist mithin 16/160 = 0,1. Multipliziert man dies mit dem Wert K = 2 aus a), so ergibt sich 8(K:x) = 0,1-2 = 0,2. zu c) Damit laBt sich durch Anwendung von Gleichung (3) aus Beispiel 22.6 auch einfach die Durchschnittskostenelastizitat ermitteln: E(k:x) = 8(K:x)- 1 = 0,2- 1 = -0,8 Dieser Elastizitatswert besagt, daB, ausgehend von einem Outputniveau von x = 2, eine Erhohung der Ausbringungsmenge um ein Prozent zu einem Riickgang der Durchschnittskosten um 0,8 Prozent fiihrt. zu d) Die Grenzkostenelastizitat ergibt nach Gleichung (5) des Beispiels 22.6: £(xK:x) = K - 1 = 2 - 1 = 1 Dieser Elastizitatswert zeigt, daB - unabhangig vom Outputniveau - die Grenzkosten sich stets proportional mit der Ausbringungsmenge andem: Steigt (oder sinkt) x um ein Prozent, so steigt (bzw. sinkt) auch xK um ein Prozent.
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
5g j
Losung zu Aufgabe 23.1: Durch Gleichsetzen von E(x) = 100 • x mit K(x) = x + 900 erhalt man: lOOx =x^ + 900 ^
x^-lOOx + 900 = 0
Nach der Losungsformel fur quadratische Gleichungen aus dem Anhang M. 1.1 .d) ergibt sich: Xo, = i = —
-
^^^^"-"900 = 50 - 71600 = 10
X02 = X = —
+ V ^
- 900 = 50 + VI6OO = 90
: Gewinnschwelle : Gewinngrenze
Losung zu Aufgabe 23.2: zu a) Mit der Erlosfiinktion E(x) = p-x = 56-x lautet die Gewinnfimktion des Untemehmens: G(x) = E(x) - K(x) = 56x - [4x^ + 132] Die Cournot-Bedingung fordert: f
xE(x) = 56
=
8x = xK(x)
Daraus ergibt sich die gewinnmaximierende Angebotsmenge x = 56/8 = 7. Diese ist grofier als durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge x = 6; vgl. die Losung der Aufgabe 22.10. In der kurzen Frist stimmt die gewinnmaximierende Menge meistens nicht mit der durchschnittskostenminimierenden Menge tiberein. Die Bedingung zweiter Ordnung fur ein Gewinnmaximum ist ebenfalls erfiillt: xE(x°) = 0 < 8 = xK(x^) ZU b) Der maximale Gewinn ist: G = G(x^) = 56.7 -4.7^ - 132 = 64 > 0 Da der maximale Gewinn positiv ist, wird das Untemehmen das betrachtete Produkt tatsachlich anbieten. zu c) Unterliegt das Unternehmen bei x ^ 5 einer Absatzbeschrankung, so kann es die gewinnmaximierende Menge x = 7 nicht absetzen. Es realisiert dann seinen »zweitbesten« Gewinn, wenn es genau die Beschrankungsmenge anbietet. Der zweitbeste Gewinn betragt dann G(5) = 56-5 - 4-5 - 132 = 48. Es ist hier auch bei der Absatzbeschrankung fur das Untemehmen lohnend, das Produkt anzubieten. - Der interessierte Leser kann erganzend versuchen, auch die Gewinnschwelle (bei x = 3) und die Gewinngrenze (bei x = 11) zu ermitteln.
582
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 23.3: zu a) Die erste Ableitung miBt das Steigungsverhalten der Angebotskurve. Mit der Kettenregel der Differentialrechnung (Anhang M.3.b) ergibt sich: ,'x"(p) =
1 K-l
" P "
1
_KC_
K-C
>
0
Nur wenn K > 1, ist der linke Bruch positiv, und damit der gesamte Term. Die Angebotskurve des Untemehmens hat dann einen steigenden Verlauf (je hoher p, desto hoher x"^'). Im Falle einer zugrunde liegenden Cobb/Douglas-Produktionsfunktion ist nach (22.32b): K = 1/a, (mit a als Produktionselastizitat des Faktors Arbeit), so dal3 die Angebotskurve immer dann eine positive Steigung hat, wenn die Grenzertrage des Faktors Arbeit abnehmen (also a < 1). Dies ist aber nach der Voraussetzung (U2) gesichert. Deshalb ergeben sich aus Cobb/DouglasProduktionsfunktionen in der kurzen Frist stets steigende einzelwirtschaftliche Angebotskurven. zu b) Bei K = 1,5 folgt der obere Abschnitt der Angebotskurve der Funktion (p/1,5)^, und bei K = 2,5 der Funktion (p/2,5)^ Die Angebotsmengenuntergrenze liegt annahmegemafi jev^eils beil.
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
533
zu c) Die Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebots ergibt sich aus: s(x^:p) = -^-^—,
"
mit x'^(p) = p''"' [ K C J I ' ' aus Gleichung (3) des Beispiels
1 —_i J_ —^•pK-i -[Kcji-K-p Z X
^ j
^ K-1
pK-l • [ K - C]l-K
Die Angebotselastizitat ist hier somit unabhangig von der Hohe des Absatzpreises p. Im Falle K = 1,5 ist E(x^:p) = 2, und bei K = 2,5 ist s(x^:p) = 2/3. Die aus der Standard-Kostenfunktion hergeleitete Angebotsfunktion ist somit isoelastisch in p. zu d) Beim Vergleich von E(x^:p) mit 8(xK:x) aus Beispiel 22.6 fallt auf, daB s(x'^:p) der Kehrwert von 8(xK:x) ist - und umgekehrt. Das liegt daran, daB die Angebotsfunktion im oberen Abschnitt die Inverse der Grenzkostenfunktion ist, vgl. (6) in Anhang M.7.e).
Losimg zu Aufgabe 23.4:
.
zu a) Zur Ermittlung des Gewinnmaximums gemaB der Coumot-Bedingung (23.12) miissen die Grenzkosten bekannt sein. Diese ergeben sich aus der ersten Ableitung der Kostenfunktion, die ihrerseits durch Multiplikation der Durchschnittskostenfunktion mit der Ausbringungsmenge entsteht (vgl. Abbildung 22.15): K(x)'= k(x>x = [2,5x + F/x]x =2,5x^ + F
^
^^(x) = 5x
Coumot-Bedingung:
<:^
x^ = ^
5x = p
Zur Berechnung des maximalen Gewinns nach Gleichung (23.18) muB zunachst die Hohe der variablen Durchschnittskosten bei der gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x ^ ermittelt werden,namlichdurchEinsetzendesobigenx^-Termsin k''(x) = 2,5x :
k''(x°) = 2.5.| = f Damit ist der maximale Gewinn:
P.P_F = P 1 - F
G = G(x^) = \
5 2
10
zu b) Der maximale Gewinn ist ofFenbar nur dann positiv, wenn der Gesamtdeckungsbeitrag D = p^/10 des Untemehmens die Fixkosten F iibersteigt: Y^ > F
<::>
p > VlO-F
Durch Einsetzen dieser Preisuntergrenze p* =VlO-F in die obige Formel flir x ^ erhalt man die zugehorige Angebotsmengenuntergrenze: 5
5
^
V"'^*
584
Aufgabenlosungen
Durch Minimierung der vorgegebenen Durchschnittskostenfiinktion k(x) ergibt sich x^ = Vo,4F als durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge; sie entspricht der Angebotsschwelle des Untemehmens. Die Hohe der minimalen Durchschnittskosten ist k = ^lOF ; dies ist die Preisuntergrenze des Anbieters. Erst bei Absatzmengen, die groBer sind als x^, beziehungsweise bei Preisen, die oberhalb von k liegen, realisiert das Untemehmen einen positiven Gewinn. Diese Bedingungen stimmen, wie der Vergleich zeigt, mit denen iiberein, die sich soeben aus der Bestimmungsgleichung des maximalen Gewinns ergeben haben.
Losung zu Aufgabe 24.1: zu a) Die Berechnung von a^ erfolgt durch NuUsetzen der ersten Ableitung der faktormengenabhangigen Gewinnfiinktion nach a: I
aG(a) = a [ p a " . c P - ^ a - r . c ]
= 0
32
0,6 12-25°'
a-pc*^
- a-p-a""^-c^ - £
zu b) Einsetzen des jeweils verdoppelten Wertes in die obige allgemeine Formel fiir a^ ergibt: (2^)
1)
= V32 « 5,7
apc"^
2)
=
3)
= 32''
8'-' « 181,0
76,1
Lohnsatzerhohungen fiihren also bei gewinnmaximierenden Untemehmen unter sonst gleichen Bedingungen zu einer Senkung, Preis- und Kapitaleinsatzerhohungen dagegen zu einer Steigerung des Arbeitseinsatzes. zu c) Der Wert der Lohnsatzelastizitat
8(a^:^ =
^^ / ^ a^
betragt
^ ^ -2,5. Jedes a -1
Prozent Erhohung des Lohnsatzes reduziert die gewinnmaximale Arbeitseinsatzmenge (und damit die Arbeitsnachfrage des Untemehmens) um 2,5 Prozent. zu d) Die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge ergibt sich durch Einsetzen von a a) in die Produktionsfunktion des Untemehmens: x^ = (a^'ficf
= 32«'^.25«
8-5
40
aus
A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels
585
zu e) Einsetzen der Formel fiir a aus a) in die Produktionsfiinktion ergibt die allgemeine Bestimmungsgleichung fiir die gewinnmaximale Ausbringungsmenge des Untemehmens:
a-p-cPJ
^cP
=
•Cl-a
ap
Die gesuchte Ausbringungs- bzw. Angebotselastizitat in bezug auf den Lohnsatz ist damit: i^^-^ = -^— x^ a -1
-15
Lohnsatzanderungen fuhren demnach zu uberproportionalen Qutputanpassungen.
Losung zu Aufgabe 25.1: Die einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktionen werden wie in Beispiel 23.3 hergeleitet (fiir i -1,2,3): Ki(x) = Ci-(X)3+Fi
! => x^Xx) = 3cXx)^ = p
«
x^p) =
3c'
: Coumot-Bedingung
= ^Vi?
Die Angebotsschwellen durften hier ignoriert werden. Die Aggregation erlaubt das Ausklammem des bei alien Anbietem gleichen Terms ^ : XA(P)
yxAi(p) = j ^ . f - ^ + - ^
-sU
+
- ^
1 1 , + V3-48 / 3 ^ + V342
r- f 1 1 1 = VP- - + - + — ^ ^ 3 6 12
AP) = ^ . ^ 5 Den Verlauf der Marktangebotskurve zeigt das folgende Diagramm:
Aufgabenlosungen
586
Erganzender Hinweis for interessierte Leser: Die in der Aufgabenstellung nicht hinterfragten Angebotsschwellen ( x ^ , k ) der Anbieter 1, 2 und 3 lauten (5, 225), (3, 324) und (2, 576).
Losung zu Aufgabe 25.2: zu a) Einsetzen der Zahlenwerte fiir a, b, a und p in die Angebotsfunktion ergibt die Angebotsmenge: x'^(400) = 2-400^'^ - 30 = 10 zu b) Die Preiselastizitat des Marktangebotes ist s(x^:p)
pX p
aap""-p ap"-b
aap** ap"-b
1ap
Einsetzen der Koefiizientenwerte und des Wertes fiir p ergibt: 0,5
E(xA:p) =
1-
30 2-4000-5
Steigt also (ausgehend von p = 400) der Marktpreis um ein Prozent, so erhoht sich die insgesamt angebotene Gutsmenge um zwei Prozent. Es liegt ein relativ preiselastisches Angebot vor. zu c) Die Marktpreisuntergrenze aller Anbieter entspricht annahmegemaB dem p-AchsenSchnittpunkt der Angebotskurve und ergibt sich folglich durch Nullsetzen der Angebotsfunktion: 0 = a*p"-b <=>
pA =
1
1
ba _a_
30 0,5 12]
_
152 = 225
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
587
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels Losung zu Aufgabe 32.1: Die zu analysierende Marktsituation ist in der folgenden Abbildung dargestellt:
P
m
m = 1000 zu a) Der Gleichgewichtspreis p* ergibt sich durch Gleichsetzen der Funktionen des Angebots und der Nachfrage: t
xA(p) = a p - b = m - n p b+m
o p '
a+n
= xN(p)
200 + 1000 = 6 100 + 100
zu b) Die Gleichgewichtsmenge ergibt sich durch Einsetzen von p in die Nachfragefunktion Oder in die Angebotsfunktion: * Kf *x b+m . a-m —b-n x*= xA(p*) = a b = a+n a+n b + m a m-bn = xN(p*) xN = m-na+n a+n 100 1000 - 200-100 = 400 100 + 100 zu c) Der Marktumsatz im Gleichgewicht ist: U
(b + m ) ( a m - b n ) px
(a + n)^
= 6-400= 2400
588
Aufgabenlosungen
zu d) Die Preiselastizitat der Nachfrage im Marktgleichgewicht ist: ^N
-s
P'^''(P')P'
-np'
-100-6
Das kann man anhand der Abbildung auch mittels der Formel (12) zur graphischen Ermittlung der Elastizitat (vgl. Anhang M.7.g) herausfinden: p*
6
P -Po
^-10
zu e) Ausgehend vom Gleichgewichtspreis p fiihrt also eine Preisveranderung um ein Prozent zu eiiDer entgegengerichteten Anderung der nachgefragten Menge um 1,5 Prozent. Das bedeutet auch, daB im Gleichgewicht der Marktumsatz U* der maximal mogliche ist, denn er liegt im preiselastischen Bereich der Nachfragekurve. Jeder hohere Preis p' fiihrt zu einem geringeren Marktumsatz U(p') = p' • x^ (p'), jeder geringere ebenso.
Losung zu Aufgabe 32.2: zu a) Die Koeffizienten der linearen Marktftinktionen x ^ (p) = m - n • p ergeben sich gemaB (32.9) bis (32.12) zu: a = £ ^ — = 0 , 3 - = 2,4 ; p* 1
x"^ (p) = a • p - b und
n = - s " ' • — = 2 , 8 - - = 22,4 p* 1
b = x * ( 8 ^ - l ) - 8 ( 0 , 3 - l ) = - 5 , 6 ; m = x * ( l - E ' ' ) = 8.(1 + 2,8)^30,4 Also lauten die Funktionsgleichungen von Angebot und Nachfrage: x ^ ( p ) - 2 , 4 - p + 5,6 und
x^(p) = 30,4-22,4-p.
zu b) Das Marktgleichgewicht ergibt sich gemaB der Marktgleichgewichtsbedingung (32.3) zu: I
x^ (p) = 2,4 • p + 5,6 = 30,4 - 22,4 • p = x^ (p) c^ <=>
24,8-p= 24,8 P* = 1
=^x*=x^(p*)= 2 , 4 1 + 5,6 = 8 zu c) Wenn die gleichgewichtige Transaktionsmenge x* angebotsbedingt von 8 auf 3,8 sinkt, so entspricht dies - graphisch argumentiert - einer Wanderung auf der unveranderten Nachfragekurve nach links oben. Denn dorthin »wandert« das Marktgleichgewicht, wenn das Angebot sinkt, die Angebotskurve sich also nach links verschiebt. Bei x*=3,8 ergibt sich der Gleichgewichtspreis x^ (p) = 30,4 - 22,4 • p durch Umstellen nach p zu :
aus
der
Marktnachfragefunktion
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
30,4-X* 22,4
"^
30,4-3,8 22,4
19 16
19 Die Preiselastizitat der linearen Nachfragefunktion bei p* = 77 upd 16 P* 19/16 s(x-p')=,x'^(p-)-^ =
5g9
x* = x^ (p*) = 3,8 ist
-22,4.-^=-7
Die Erbsennachfrage ist also infolge der Angebotsverknappung preiselastischer geworden.
Losung zu Aufgabe 32.3: zu a) Meldungen iiber gesundheitsschadliche Wirkungen werden Praferenzanderungen zuungunsten des Produktes bewirken, so dal3 die sich ergebende Nachfrage sinkt (Linksverlagemng der Marktnachfragekurve). Das Marktangebot wiirde nur zuriickgehen, wenn ein erheblicher Teil der Anbieter die Produktion des gesundheitsschadlichen Produktes einstellen wurde. zu b) Eine steigende Nachfragerzahl fiihrt zu einer Verlagerung der Marktnachfragekurve nach »rechts«. zu c) Kapitaleinsatzerhohungen bewirken eine Abflachung (variable Kosten) und Nach-obenVerlagerung (Fixkosten) der kurzfristigen Kostenkurve; vgl. die Anmerkungen zu Abbildung 22.9. Die Abflachung bedeutet, daB die Grenzkosten bei jeder Ausbringungsmenge niedriger liegen als zuvor. Da die einzelwirtschafllichen Angebotskurven den (oberen Bereichen der) Grenzkostenkurven entsprechen, verlagem sich auch die Angebotskurven nach »unten« beziehungsweise »rechts«. Damit fiihrt die Kapitaleinsatzerhohung auch im Aggregat zu einer entsprechenden Verlagerung der Marktangebotskurve (steigendes Angebot). zu d) Steigt die Anbieterzahl, so verlagert sich die Marktangebotskurve nach »rechts« (steigendes Marktangebot).
Losung zu Aufgabe 32.4: Der Gleichgewichtspreis ergibt sich durch Gleichsetzen der Angebots- und der Nachfragefunktion: ! xA(p,^) = a p - b - ^ = m - B - n p = xN(p,B) ^ <=>
^ m-B + b-^ p* = a+n Durch Einsetzen von p* in die Angebots- oder die Nachfi-agefiinktion resultiert die Gleichgewichtsmenge: ^ am-B-bn-f X
=
a+n Die Anderung des Gleichgev^ichtspreises zeigt die Ableitung von p* nach der sich verandemden exogenen Einflul3grol3e an:
Aufgabenlosungen
590
i^
BP*
a+n
=
a+n
> 0
Das zeigt: Sowohl infolge eines steigenden Lohnsatzes als auch bei einem Einkommensanstieg erhoht sich der Gleichgewichtspreis des Gutes. - Wie sich die Gleichgewichtsmenge andert, zeigt die Ableitung von x nach der sich verandemden exogenen EinfluBgroBe: , * -b-n
, * ^
a+n
a-m a+n
^
Bei einem Lohnsatzanstieg sinkt also die Gleichgewichtsmenge, dagegen erhoht sie sich bei einem Einkommensanstieg. Die folgende Abbildimg veranschaulicht die Wirkungen der exogenen Parameterverandenmgen:
p m-B n
^Apa)
\^\^ j_
/t^^ / ^
v^ v^
1 1
x^(p,B)\
a
m-B
Losung zu Aufgabe 32.5: Die Lohnsatzelastizitat des Gleichgewichtspreises £ ergibt sich durch Einsetzen der vorgegebenen Werte in die Formel (32.20), wobei die allgemeinen z-Elastizitaten durch die entsprechenden Lohnelastizitaten zu ersetzen sind: 8(p:i
s(x^:^)-s(x^:f) 8(x^:p)-8(x^p)
3-(-U) -2-1
4,5
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
591
Losung zu Aufgabe 32.6: zu a) Zur Prufung des Steigungsverhaltens sind die Ableitungen der beiden MarktfUhktionen nach dem Preis zu bilden: px"^ = a = 100 > 0 ,
px^ = -n = -100 < 0
Also liegt der Normalfall px'^> pX^ und px'^pX^ < 0 vor. Zur Ermittlung der p-Achsen-Schnittpunkte werden die Funktionen x^ und x^ gleich Null gesetzt. Dies ergibt (siehe auch die Abbildung bei der Losung der Aufgabe 32.4): ^^
a
100
"
n
100
Die Bedingung PQ > PQ ist also erfuUt. Zur Ermittlung der x-Achsen-Schnittpunkte ist p in x^ und x^ gleich Null zu setzen. Daraus folgt: Xo = -hi
= -504 =-200,
x^ = m-B = 2500 = 1000
Die Bedingung XQ >XQ ist also auch erflillt. Somit ist die Existenz eines Gleichgewichts auf dem betrachteten Markt gesichert. Der Gleichgewichtspreis liegt bei p
m-B + b-^ a+n
=• —
=
2-500 + 50-4 100 + 100
= 6
Einsetzen von p*, etwa in die Angebotsfiinktion, ergibt die Gleichgewichtsmenge: X* = a-p* - hi = 100-6 - 50-4 = 400 Das Gleichgewicht liegt demnach bei (p*,x*) = (6, 400). zu b) Der gesuchte Hochstwert flir i ist dadurch bestimmt, dal3 sich die Angebots- und die Nachfragekurve dann genau auf der Preisachse schneiden, also den gleichen p-AchsenSchnittpunkt haben. Also erhalt man den gesuchten ( -Wert durch Gleichsetzen der beiden Achsenschnittpunkte;
a ^
n
_ a m - B _ 100-2500 ^^ " bn " 50100 ~ ^"
Bei 4iax = 20 ist die Transaktionsmenge auf dem Markt gerade gleich Null, und es gilt p ^ = p ^ = 10. Die folgende Abbildung veranschaulicht die hier analysierte Marktsituation. Das Ergebnis zeigt, daB die Existenz eines Marktgleichgewichtes von den Werten exogener Parameter abhangen kann.
Aufgabenlosimgen
592 p
/X^CPSO X*(Pi^)
10.
fi D -
\ ^ ( P i B ) / ^
11
-200
1000
400
Losung zu Aufgabe 32.7: zu a) Die aus der kurzfristigen Kostenfunktion K(x; c) = 0,25 • c~ ' • x + 4c hergeleiteten und darzustellenden kurzfristigen Durchschnitts- und Grenzkostenftinktionen lauten: k(x;c) = 0,25.c''''.x+
4-c
;
xK(x;c) = 0,5.c"'''.x
wobei fur c jeweils einmal c/ = 0,25 und einmal c"= 1 einzusetzen ist. Die Verlaufe zeigt das folgende Diagramm:
/'(p;c") K(x;c")
k(x;c")
10
12
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
593
zu b) Die Angebotskurve ist jeweils der oberhalb des Minimums der k-Kurve verlaufende Teil der ^K-Kurve. Beim Durchschnittskostenminimum »brechen« die Angebotskurven zur Ordinate hin weg (gestrichelt gezeichnet). Der Leser kann die Angebotskurven farbig hervorheben. zu c) Bei dem hoheren Kapitaleinsatz c" ist der durch die aufsteigend schrafFiert gezeichnete Flache reprasentierte Gewinn des Unternehmens deutlich groBer als bei c' (absteigend schraffiert). Denn bei c ' ist sowohl die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge groBer (etwa 12 im Vergleich zu 1,5) als auch die Hohe der Durchschnittskosten geringer (etwa 3,4 im Vergleich zu 3,7), was auf zunehmende Skalenertrage in der Produktion hindeutet.
Losung zu Aufgabe 32.8: zu a) Wenn von den Angebotsschwellen der Untemehmen abgesehen werden kann, dann entsprechen die einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktionen einfach den inversen Grenzkostenflinktionen der Anbieter. Durch Anwendung der Coumot-Bedingung flir preisinabile Unternehmen ergibt sich: ! xK^x) = 2 c x = p => x^(p) = -P•2c Wegen der Gleichheit der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktionen entspricht das aggregierte Angebot dem I-fachen des Angebots eines Unternehmens: x^(p) = Lx^(p) = I - X 2c Der Marktgleichgewichtspreis ergibt sich durch Gleichsetzen dieser Marktangebotsflinktion mit der gegebenen Marktnachfragefunktion: ! AP) = IlP = m - n p = x'^(p) 2c <=>
P*
^
2cm I+ 2 c n
zu b) Bei doppelter Anbieterzahl 21 betragt der Gleichgewichtspreis: * ^
2cm 2I + 2 c n
_
cm I+ cn
Der Preisvergleich zeigt: p*(2I) < p*(I), das heil3t der Gleichgewichtspreis ist durch die Zutritte neuer Anbieter gesunken. Denn in der Formel von p*(I) ist der Zahler doppelt so groB wie bei p*(2I), aber der Nenner ist weniger als doppelt so groB; folglich ist der Bruch in p*(I) groBer. zu c) Fixkosten treten in den einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktionen nicht auf (sie fallen ja bei der Ermittlung der Grenzkosten weg). Folglich hangt auch die Marktangebotsfiinktion und damit auch das Marktgleichgewicht nicht von den Fixkosten der Untemehmen ab. Tatsachlich wirken sich die Fixkosten nur auf die Angebotsschwellen und Preisuntergrenzen der Anbieter aus, die hier aber nicht zu beachten waren.
594
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 32.9: zu a) Die Gleichgewichtspreise der beideii Markte ergeben sich jeweils durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfragefiinktion: %0
= 0,4.pi-75
=
<^
=
Pi
225-0,1-pi = Xi (pi) 75 + 225
= 600
0,4 + 0,1 I ^2(P2) = 0,3.p2-50 <=>
175 - 0,2-p2 = X2 (P2) 50 + 175
=
P2
= 450
0,2 + 0,3
Somit ist Markt 1 aufgrund des hoheren Gleichgewichtspreises der Teuermarkt und Markt 2 der Billigmarkt. Die PreisdifFerenz zwischen den beiden Markte betragt P1-P2 = 600-450 =150 Die im Gleichgewicht umgesetzten Mengen des Gutes sind: x* = 0,4-600-75 = 225-0,1-600 = 165 x* = 0,3-450-50 = 175-0,2-450 = 85 zu b) Der Arbitrageur fragt nun auf dem Billigmarkt 2 eine Menge x' zusatzlich nach und bietet diese Menge sogleich auf dem Teuermarkt 1 zusatzlich an. Die dann geltenden Angebots- und Nachfrageflinktionen der beiden Markte lauten: xf' = 0,4-pi - 75 + x',
xf
X2
x ^ ' = 175-0,2.p2 + x'
= 0,3-p2-50,
= 225 - 0,1-pi
Die neuen (zunachst noch unbekannten) Gleichgewichtspreise sind: Pi
=
225 + 7 5 - x ' 0,4 + 0,1
300-x' 0,5
PV
=
175 + 50 + x' 0,3 + 0,2
225 + x' 0,5
Die DifFerenz zwischen diesen beiden Preisen mu/3 im. Arbitragegleichgewicht Transportkosten k = 10 entsprechen: 300-x' _ 225 + x' 0,5 0,5
den
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
595
Durch Auflosen dieser Gleichimg nach x' erhalt man die gesuchte gleichgewichtige Arbitragemenge: x' = 35 Damit ergeben sich die Preise auf den beiden Markten im Arbitragegleichgewicht zu: 300-35^33^ 0,5 225 + 35 0,5
Durch die Arbitrage ist also der Preis auf dem Teuermarkt 1 um 70 gesunken und auf dem Billigmarkt 1 um 70 gestiegen. zu c) Je gekaufter und verkaufter Mengeneinheit des Gutes realisiert der Arbitrageur einen Gewinn in Hohe von pi - p2 - k = 600 - 450 - 10 = 140. Insgesamt betragt der Gewinn dann G = HO-x' = 14035 = 4900.
Losung zu Aufgabe 32.10: zu a) Das Marktgleichgewicht ergibt sich durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfrageflinktion: x^ = 2PG + 14 + 0,25po
= - 5PG + 3,75p^ = x^
o
= Po • ( 3,75- 0,25) - 14
PG (2+5 )
<=>
PG
= 0,5-PQ - 2
Beipo = 8ist P G = 2 .
Bei einer Verdopplung des Olpreises verdreifacht sich der Erdgaspreis auf PG = 0,5-16-2 = 6. zu b) Die Eigenpreiselastizitat der Erdgasnachfrage ist x^ . PG _ PG -5-PG ^G
SCXQ^PG)
-5-pG+3,75.po
"x^ ^G
PG
Beipc1 = 8 undpo= 2 ist 8(x^: n "\ PG>'
1 1--0,75-
1 8 "2
1 j _ ^ ^ 3 Po
2*
5 96
Aufgabenlosungen
Die Erdgasnachfrage reagiert also normal und relativ preisunelastisch auf Anderungen des Erdgaspreises: Ein Prozent Gaspreisanstieg senkt die Nachfragemenge um 0,5 Prozent. zu c) Die Kreuzpreiselastizitat der Erdgasnachfrage in Bezug auf den Olpreis ist:
3 Po Bei po = 8 und id po pG == 22 ergibt ergibt sich: sich: 1 1
S(XG'PO)
=
1
1
4 2 ^
1
- - - + 1 3 8
31
1
2"
- - +1 3
Erdgas ist folglich ein okonomisches Substitut von Erdol. Jedes Prozent Olpreisanstieg erhoht die nachgefragte Erdgasmenge um 1,5 Prozent. zu d) Bei po = 8 und ergibt sich: ' A
.
A
X
PG^GPG
2-PG
x^A
2.po+14 + 2
eCxo^Po) =
1
^^± PG
Bei PG = P G = 2 ist die Preiselastizitat des Erdagsangebots S(XG:PG) ^ Y74
" ^'^"
Steigt also - ausgehend vom Ergasmarktgleichgewicht - der Gaspreis um ein Prozent, dann nimmt die Angebotsmenge um 0,2 Prozent zu. zu e) Die Erdolpreiselastizitat des Erdgasangebots ( oder kurz: Kreuzangebotselastizitat) ist eZ-^A.^ X ^
PO4PO
Q>2^'Po
XG
2 - P Q + 14 + 0 , 2 D - P Q
Im Erdgasmarktgleichgewicht, also fiir po = P G ^ 2 ergibt sich: , A
,
0,25.Po
e(xG-Po) = 2-2 + 14 + 0,25.po ' ^^
1
72 ^ — +1 Po
Fiir po = 8 ist S(XG:PO)
= -j^
= 0,1.
—+ 1 8 Jedes Prozent Olpreissteigerung erhoht also die Angebotsmenge an Erdgas um 0,1 Prozent.
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
597
Losung zu Aufgabe 32.11: zu a) Die Marktftinktionsgleichungen ergeben sich zu X^'CP) = 200p - 400 und x'^Cp) = 1200-120p P
X (p) = 200p-400
x(p)=?1200-120p x=600 zu b) Das Marktgleichgewicht ergibt sich durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfragefunktion: X'^CP) - 200p - 400
>
320p
>
P*
1200-120p = x^(p) 1600 5
Mit dem Gleichgewichtspreis p = 5 folgt durch Einsetzen, zum Beispiel in die Angebotsftmktion, die Gleichgewichtsmenge: X
= x^(5)
200 • 5 - 400
600
zu c) Der Gesamtvorteil betragt 2400 und setzt sich aus dem Anbietervorteil 600-(5-2) AV
900
und dem Nachfragervorteil NV =
600-(10-5)
= 1500
zusammen. AV und NV entsprechen in der obigen Abbildung den Dreiecksflachen und konnen mit der geometrischen Formel zur Berechnung der Flache eines rechtwinkligen Dreiecks berechnet werden: "Hohe mal Breite durch zwei".
Aufgabenlosungen
598 Losung zu Aufgabe 32.12: Der Gleichgewichtspreis ergibt sich durch I x^(p) = 3 p - 5 = 1 0 - 2 p = x^(p)
zu p* = 3. Der staatlich festgesetzte Preis p = 4 liegt oberhalb von p* und ist somit ein Mindestpreis. Bei p = 4 wir die Menge x^(4) = 7 angeboten und die Menge x^(4) = 2 nachgefragt. Demnach ist ein Angebotsiiberhang in Hohe von u \ 4 ) = 7 - 2 = 5 zu erwarten, der etwa vom Staat aufgekauft werden muB. Das wurde beim Mindestpreis p = 4 insgesamt p 11^(4) = 4-5 = 20 pro Periode kosten. Die Transaktionsmenge ist x^ = 2 und entspricht der nachgefragten Menge, weil diese kleiner als die angebotene ist. Der Marktumsatz ergibt sich zu px^ = 4-2 = 8.
Losung zu Aufgabe 33.1: zu a)
p(x) = n - mx E(x) = n x - mx^ xE(x) = n - 2 m x
Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind Geraden mit negativer Steigung:
xE, p I
JL\ 2m \ ZU b )
\xE(x)
n m
P(x) = [n - mx]^ E(x) = [n - mx]^x = n^x - 2mnx^ + m^x^ xE(x) = 3m^x^ - 4 m n x + n^
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
599
Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind Teile von nach oben geoflOieten Parabeln, also konvex: xE,p
ZU c)
p(x) = n - mx E(x) = n x - mx^ xE(x) = n - 3mx^
Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind hier Teile von nach unten geofFneten Parabeln, also /conkav:
600
zu d)
Aufgabenlosungen
p(x) = mx'" E(x) = mx^-" xE(x) = (l-a)mx""
Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind Hyperbeln (ohne Achsenschnittpunkte). Der Verkauf von ^E{x) hangt von dem Zahlenv^ert von a ab; fur zwei a-Werte wurde der Verlauf skizziert:
Losiing zu Aufgabe 33.2: zu a) Aus den bekannten Achsenschnittpunkten lassen sich die Koeffizienten m und n der Preis/Absatz-Funktion p(x) = n - mx bestimmen (siehe Abbildung): po = n = 10 xo=iL=400 m
=>
m = ^ _ = J400 40
Die Preis-Absatz-Funktion lautet also: p(x)
10 -
^ 40
Die Erlosfunktion ist dann: E(x) = p ( x ) x = lOx -
40
und die Grenzerlosfiinktion als erste Ableitung:
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
;E(X)
10-
601
A 20
Bei X = 0 ist x'E = 10 und ^E ist null, wenn x = 200. Dies sind die Achsenschnittpunkte der Grenzerloskurve (siehe Abbildung).
iE(x)
zu b) Die Edoskurve E(x) ist eine nach unten geofl&iete Parabel mit NuUstellen bei x = 0 und bei X = 400 (siehe folgende Abbildung). Das Maximum liegt dort, wo die erste Ableitung der Erlosflinktion null ist; das ist der Achsen-Schnittpunkt der Grenzerloskurve. ^E(x)=0
«
10 - A = 0 20
x^ = 200
Der maximale Erlos betragt E = E(x^) = 10 x ^ -
E=1000
(x^ 40
= 10-200 -
200" 40
= 1000
602
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 33.3:
iE(x) Die notwendige Bedingung fiir ein Erlosmaximum, das Verschwinden der ersten Ableitung ( iE(x) - 0 ) ist im vorliegenden Fall bei zwei Ausbringungsmengen erfuUt, namlich ungefahr bei X = 1800 und x = 2300. Die zugehorigen Preise ergeben sich iiber die Preis/Absatz-Funktion p(x) zu 6,8 und 5,4. Im ersten Punkt ergibt sich ein Erlos E = p x von 12240 GE. Im zweiten Punkt wird ein Erlos von 12420 GE erreicht; hier liegt folglich das Erlosmaximum.
Losung zu Aufgabe 33.4: Die relevanten Grofien sind (in allgemeiner Schreibweise): K(x) = e x + F
p(x) = n - mx
F k(x) = c + — , k''(x) = c
E(x) = n x - m-x^
xK(x) = c
x ^ W ^ ^ ~ 2mx
Die quantitativen Zusammenhange veranschaulicht das folgende Diagramm:
A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels
603
[Mio. t]
Uber die Cournot-Bedingung (23.5) erhalt man die gewinnmaximierende Absatzmenge: ^E(x) = ^K(x) n-2mx = c
x^ = £ z £ 2m
94,266-55,734 = 20 Mio t 2 0,9633
und den gewinnmaximierenden Preis: p^=p(x^)
= n - m i l Z ^ =^^±^= 2m 2
94,266-55.734 2
^^^^^^
Die Ermittlung des maximalen Gewinns erfolgt mittels der Formel (23.18): G = x^-[p^-kXx^)] n-c 2m (n-cf 4m
F
n+c
- F
(94,266-55,734^ 4 0,9633
182,1
= 203,22 Mio $ Die Formel, die den maximalen Gewinn beschreibt, ieigt: Wenn der Abstand zwischen n und c geiing ist, kann G bei Vorliegen hoher Fixkosten auch negativ werden.
604
Aufgabenlosungen
Losung zu Aufgabe 33.5: zu a) Das Beispiel 33.2 ergab in den Gleichungen (2) und (3) fiir den Monopolfall (M) das Marktergebnis; *
XM
n = -—-2c+2m
1 und
*
PM
2cn + m n - —-— 2c+2m
Bei vollkommener Konkurrenz (K) beschreibt xK(x) = 2cx die aggregierte Grenzkosten- und Angebotskurve aller Anbieter. Dann lautet die Coumot-Bedingung (Grenzkosten = Preis): ! xK(x) = 2cx = n - m - x = p(x) Auflosen nach x ergibt die aggregierte gewinnmaximale Angebotsmenge bei vollkommener Konkurrenz: 2c + m * * . * . . OfFenbar ist Xj^ -^ ^ M ' ^^^^ ^^^ Nenner im Fall K kleiner ist. Einsetzen von Xj^ in die gemeinsame Preis/Absatz-Funktion p(x) aller Polypolisten (diese beschreibt dann die Marktnachfrage) ergibt den Preis bei vollkommener Konkurrenz: * 2c-n PK = — ^^ 2c + m Es gilt: 2c-n 2c + m
2cn + m n 2c + 2m
Diese Bedingung ist unter unseren Annahmen stets erfiillt, so daB der Marktpreis bei vollkommener Konkurrenz unter dem Monopolpreis liegt. zu b) Der Lemer'sche Monopolgrad ist in der betrachteten Monopolsituation: ^
^
PM - XK(X*M)
^'
P*M
^
2c-x*^
"
PM
^ _ 2c.: ' 2c +" 2m 2cn + m n 2c + 2m 1 ^ . 1 m
^ 2 c n + m n - 2c>n 2cn + m n
1 -e(x:p*M)
A4. Losungen zu den Aufgaben des vierten Hauptkapitels
605
A4. Losungen zu den Aufgaben des vierten Hauptkapitels Losung zu Aufgabe 43.1: Die Coumot-Bedingungen fiir die Gewinnmaxima der beiden Dyopolisten unter der Voraussetzung konstanter, aber ungleicher Grenzkosten ^iK^x*) = cV und x i ^ W ^ ^ lauten; axi
= n - 2m-xi - m x 2 - c^ = 0 = n - m x i - 2m-x2 - c^ = 0
Auflosen der Gleichungen nach den Angebotsmengen der Anbieter ergibt: n -- m x ^ - ci 2m
n - c^ 2m
n -- m-x^ 2m
n - c^ 2m
-
C2
X2
2 x^ 2
Das Gleichgewicht kann nun formal wie folgt ermittelt werden: Einsetzen von x^(x^) in x^(x^) ergibt: x^ =
n-c^ 2m
1 - — 2
n-2ci+c2 <=> ^^ = 7 4m n-2ci+c2 <=>x*i 3m
2m xi + T" 4
Durch Einsetzen von x^(x^) in x^(x^) folgt analog: *^
n-2c2+ci
Die insgesamt auf dem Markt angebotene Menge im Coumot'schen Dyopol betragt somit: X ' + X^
2n-ci-c2 3m
Den Gleichgewichtspreis p erhalt man durch Einsetzen der gleichgewichtigen Gesamtangebotsmenge x* in die gemeinsame Preis-Absatz-Funktion: p = p(x) = n - m - 2 n - c ^ - c ^ 3m
606
Aufgabenlosungen
n + c^ + Q/-
Das Marktgleichgewicht (p*,x ) ist somit bekannt.
Losung zu Aufgabe 43.2: Die Bedingung fiir ein Gewiimmaximum des zweiten Anbieters unter der Voraussetzung konstanter, aber ungleicher Grenzkosten ^ iK^(x^) = c^, x2K^(x^) = c^ lautet: dG2_
dxi(x2)
dx2
dx2
Nach (43.7a) ist
X2 +
2m-x2 - c2 =
X1<X2)
0
dx^ Tx^ ^ ^ ^ =p^^def Reaktionskoeflfizient des ersten Anbieters in bezug auf dx^
Mengenaktionen des zweiten Anbieters. Im hier betrachteten Fall gilt pi,2 = -1/2. Damit und mit Gleichung (43.6a) ergibt sich aus der vorigen Gleichung: 1 x^ - m-. ^ n - m l -— 2) V 2m
-
—I
- 2m-x2 - c2
n + ci-2c2 2m Der abhangige Anbieter 1 nimmt nun nach der Annahme (S) diese Menge x*^ des unabhangigen Anbieters als gegeben bin und bi^tet gemafi seiner Reaktionsfunktion folgende Menge an: Xl(x2)
n-c 2m
n + c^ - 2c2 2
2m
n - 3ci + 2c2 4m Insgesamt betragt die angebotene Menge im hier betrachteten von-Stackelberg-Dyopol
3n - ci - 2c2 4m Als Gleichgewichtspreis ergibt sich durch Einsetzen von x in die Preis-Absatz-Funktion: p* = p(x*) = n - m-
'3n -
ci -
2c2'
4m
n + ci + 2-c2
Das Marktgleichgewicht (p ,x ) ist somit bekannt.
Anhang F: Funktionenverzeichnis Gleichung
Funktion
Bezeichmmg
Seite(n)
Erstes Hauptkapitel
(11.2)
(12.1)
(p = (p(xi,X2)
PraferenzfunMoii, beispielsweise:
= a-X2 + f(xi)
Quasilineare Prdferenzfunktion
Xj = Xj(x\j;(p)
IndifferenzfuiMon
X2 = X2(Xi;{p)
: bei zwei Gutem
B
(Ausgaben-)Budgetbeschraiikung
= Zpj-Xj
27 28,40
28f 31
Xj= Xj(x\j;B)
Budgetgeradengleichung
(12.3)
X2 = X2(xi;B)
: bei zwei Gtitem
31
(13.6)
xf = xf (p,Bi)
Partielle individuelle Nachfragefunktion
45f
(14.8)
a^ = a'^(C;p,Y^)
Individuelle Arbeitsangebotsftinktion
55
(15.1)
xf = xf (p,B)
(Partielle) Marktnachfragefunktion
57
Spezielle Formen:
(15.5)
xf = xf (p,B)
(15.16)
'^f =''^Ph.P^b^B) Kreuznachfragefunktion
(15.20)
Engel'sche Nachfragefimktion
60
A = x>l(p„P2,B)
: bei zwei Giitem
76
^f = ^j'(Pj'Pvj.S)
Marshall'sche Nachfrageftmktion
90
x1 = x'J(p„p2,B)
: bei zwei Gtitem
Zweites Hauptkapitel (21.1)
x = xCv)
Produktionsfunktion
144
(21.1)
x = x(a,c)
bei zwei Faktoren, beispielsweise:
144
(21.10)
= a^-cV(a^+c^)
Sato-Funktion
158
(21.11)
= miD{r|Aa, T|KC} Leontief-Funktion
159
608
Anhange
(21.11)
= min{TiA-a, TIKC} Leontief-Funktion
159
(21.12)
= [a-a-^+ ^•c']-^''
CES-Funktion
161
(21.13)
= ya" -cP
Cobb/Douglas-Funktion
161
Spezielle Formen:
(21.2)
x = x(a,c)
Faktorertragsfunktion
149
(21.3)
a = a(x,c)
Faktoreinsatzfunktion (fur Arbeit)
150
(21.16)
x = x(6;a',c')
Skalenertragsfiinktion
172
(21.23)
a = a(c,x)
Isoquantenfiinktion
181
(21.34)
X2 = X2(Xi;v)
Produktionsmoglichkeitenfunktion
202
(22.1)
C = ^a + r e
Kostenbudgetgleichung
208
(22.2)
a = a(c;C)
Isokostengeradengleichung
208
a*^ = a*^ (x/,r)
Langfristige Arbeitsnachfrageftinktion, technische Form (c' entsprechend)
(22.21)
K'=KW)
Langfristige Kostenfiinktion
227
(22.29)
K'' = K''(x;^,r,c)
Kurzfristige Kostenfiinktion
241
K = K(x)
(Gesamt-)Kosteiiiiiiiktion,beispielsweise:
(22.31)
= ex" + F
Standard-Kostenfunktion
249
(22.33)
k = k(x)
Durchschnittskostenfijnktion
252
(23.36)
x'K=xK(x)
Grenzkostenfiinktion
257
E = E(x)
Eriosfunktion, insbesondere:
(23.1)
:=px
- bei preisinabilen Anbietem
288
(33.2)
:= p(x)-x
- preisabilen Anbietern
458
221,223 238,320
(23.2)
G = G(x)
Gewinnfunktion (Normalform)
288
(23.3)
g = g(x)
Durchschnittsgewinnfiinktion
288
(23.6)
D = D(x)
Gesamtdeckungsbeitragsfiinktion
290
609
F. Funktionenverzeichnis
(23.7)
d = d(x)
Durchschnittsdeckungsbeitragsfunktion
290
(23.13)
x^ = x^(p)
Einzelwirtschaftliche Angebotsfunktion
309
(24.11)
G = G(a,c)
Gewiimfiinktion (Faktoreinsatzform)
321
(25.1)
Langfristige Arbeitsnachfragefiinktion, okonomische Form (c*^ entsprechend)
320,326
a^=a^(p/, c)
Kxjrzfristige Arbeitsnachfragefiinktion, (c^(p,r,a) entsprechend)
320,326
x^ = ^(p/,T)
Marktangebotsfunktion (fur ein Gut)
330
Drittes Hauptkapitel (32.1,2)
u = u(p)
(Angebots-/Nachfrage-)Uberhangsfijnktion
(32.5)
x^ = x%)
Transaktionsfimktion
(33.1)
p = p(x)
Preis/Absatz-Funktion
(33.3)
xE=^E(x)
Grenzerlosfirnktion
365,367 370 455 458
Viertes Hauptkapitel (43.6)
,1 _ x'(x') ^V,,2-
Mengen-Reaktionsfimktion
526
(43.24)
p,= pi(p2)
Preis-Reaktionsfijnktion
539
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616
Anhange
Stobbe, Alfred (1991): Volkswirtschaftslehre II - Mikrookonomik, 2. Aufl., Springer (Beriin). Stocker, Ferry (1998): Spass mitMikro - Einfiihrung in die Mikrookonomik, 5. Aufl., R. Oldenbourg (Miinchen, Wien). Stocker, Ferry (1998): Mikrookonomik - Repetitorium und Ubungen; 2. Aufl., R. Oldenbourg (Miinchen, Wien). Streissler, Monika (1974): Theorie des Haushalts, G. Fischer (Stuttgart). Theil, Henri (1975/76): Theory and Measurement of Consumer Demand, 2 Bande, NorthHolland (Amsterdam u. a.). Varian, Hal R (1994): Mikrookonomie, 3. Aufl., R. Oldenbourg (Miinchen, Wien). Varian, Hal R (1995): GrundzUge der Mikrookonomik, 3. Aufl., R. Oldenbourg (Miinchen, Wien). Wagner, Adolf (1997): Mikrookonomik - Volkswirtschaftliche Strukturen 1,4. Aufl., Lucius & Lucius (Stuttgart, New York). Watson, Donald S./ Getz, Malcolm (1991): Price Theory and its Uses; 5. Aufl., University Press of America (Lanham / Md). Watson, Donald S. (Hrsg.) (1973): Price Theory in Action-A Book of Readings; 3. Aufl., Houghton Mifflin (Boston u.a). Weise, Peter, et al. (1993): Neue Mikrookonomie; 3. Aufl., Physica (Heidelberg). Wied-Nebbeling, Susanne (1997): Markt- undPreistheorie; 3. Aufl., Springer (Berlin u.a.). Wied-Nebbeling, Susanne (1998): Grundlagen der Mikrookonomik; Springer (Berlin u.a.). Wiese, Harald (1994): Mikrookonomik - Fine Einfiihrung in 203 Fragen; Springer (Berlin u.a). Wiskow, JobstH. (1997): Lernprogramm Mikrookonomik; A. Francke. Witkowski, Helmut (1994): Einfiihrung in die Preistheorie; 2. Aufl., Merkur (Rinteln). Yohe, Gary W. (1987): Ubungsbuch zu Varian, Mikrookonomie; 2. Aufl., R. Oldenbourg (Miinchen, Wien)
Anhang M : Mathematischer Anhang
M.1, Einige algebraische Grundregeln a) Es seien a, b,... irgendwelche geeignete Zahlen. Bei der Darstellung einer Potenz a** (gelesen: "a hoch b") heifit die Zahl a Basis und die Zahl b Exponent, a^ steht beispielsweise fiir das dreifache mathematische Produkt der Basis a, also fiir a a a . Fiir a^ wird nur a geschrieben. Es ist a^ = 1 und 0^ = 0. Bei Potenzen und Briichen gelten folgende Regeln: a + —b
a
—
—
_j_
c
c a b c d
b—
a
c
= laJ (^X U
b-c
a^ b"
•
1 a-"
b^ = (a •
"
a"
a^-a^ = a"
-f^T "U
a-^ (a"
(a")^ = (a"^)"
(1)
(hY
1
a-d
1 = a-^ a^ a^
a-d + b-c b •d
c
(2)
(3) a''^^
a"c •^r = a"" - c"^
(4)
(5) (6)
b) Die Kegel (6) zeigt, daB man den Exponent b einer Potenz a zum Verschwinden bringen kann, indem man sie mit dem Exponent 1/b potenziert: (a^)b = a Das Potenzieren mit gebrochenen Exponenten, also Bruchzahlen, wird als Wurzelziehen (Radizieren) bezeichnet. Allgemein heiBt m
^
I
=: a« - (a"^)"
(7)
die n-te Wurzel aus a", wobei m und n ganze Zahlen sind. Beispiele:
ll\6 = 4, weil 16^ = 4 bzw. weil 4^=16 2 VsT = 3, weil 814 ^ 3 bzw. weil 3^^ = 81
Im speziellen Fall n = 2 (sog. Quadratwurzel) wird der Wurzelexponent nicht geschrieben; Va = a2
Va^ = a
(8)
618
Mathematischer Anhang
Fiir Wurzeln gelten folgende Rechenregeln: Va . b - Va • Vb
b
a • Vb = V a ^ b
(9)
^
c) Die Binomischen Formeln fiir den Exponent Zwei lauten: (a + bf
= (a + b ) ( a + b)
=^
+ 2a-b + b^
(11)
(a-bf
=(a-b)-(a-b)
=a^ - 2a-b + b^
(12)
=a^-b^
(13)
(a + b ) ( a - b )
d) Quadratische Gleichungen lassen sich auf die noraiale Form x^ + p x + q = 0 bringen, wobei p und q Koeffizienten und x die Unbekannte symbolisieren. Eine Losung dieser Gleichung kann mittels der quadratischen Erganzung wie folgt gefiinden werden:
^^ +v^ + [i^\ = ( f J - q
(14)
Auf der linken Seite steht die erste Binomische Formel (12). Daher kann geschrieben werden:
Zieht man nun auf beiden Seiten die Wurzel und subtrahiert dann p/2, so ergibt sich die sogenannte pq-Formel zur Bestimmung der beiden Losungen der quadratischen Gleichung:
Xl/2 -
-
-
(16)
=t
Reelle Losungen (NuUstellen) ergeben sich nur dann, wenn der Ausdruck unter der Wurzel nicht negativ ist. e) Der Logarithmus einer Zahl x zur Basis b, geschrieben logb(x), ist diejenige Zahl, mit der man die Basis b potenzieren muB, um x zu erhalten. Gesucht wird dabei also der Exponent. Beispiele:
t
=
0^ a"
16
=>
log2(16)
=
4
= 1000
-^
logio(lOOO)
=
3
=
=>
loga(y)
y
X
Besonders wichtig ist der Logarithmus zur Basis der Euler'schen Zahl e = 2,71828 ., also loge(x), fiir die einfach ln(x) geschrieben wird (fiir: "Logarithmus naturalis"). Es gilt: \n{e)=\,
ln(e^) = x,
e^^> = x,
logb(x) = logb(e) • ln(x)
Die Euler'sche Zahl e ergibt sich ubrigens als Grenzwert, wenn man in
1 + -L n die natiirliche Zahl n gegen unendUch gehen laBt.
(17)
M. 1. Einige algebraische Grundregeln
619
Logarithmen sind nur fur positive Argumentwerte x definiert. Fiir die Arbeit mit Logarithmen gelten folgende Rechenregeln: log(xy)
=
log(x) + log(y)
(18)
log[-J
=
log ( x ) - l o g (y)
(19)
log(x'')
=
blog(x)
(20)
log(V^)
=
-.log(x) (21) n f) Der Absolutbetrag einer Zahl a, geschrieben |a|, ist definiert als die Zahl a, falls diese positiv ist (a > 0) und als das Negative der Zahl, also (-l)a, falls sie negativ ist (a < 0). In jedem Falle ist der Absolutbetrag also der positive Zahlenwert von a. Beispiele:
| 6 | = 6,
|-4| = 4
Einfach gesagt muB man bei der Bestimmung des Absolutbetrages einer Zahl oder Variablen einfach nur etwa auftretende negative Vorzeichen weglassen. g) Ist ein System zweier Gleichungen mit zwei Unbekannten gegeben, deren Losungsw^erte man sucht, so kann versucht werden, eine der Gleichungen naeh einer Unbekannten umzustellen und den so gewonnenen Term fur die betreflfende Unbekannte in die zweite Gleichung einzusetzen. Diese kann moglicherweise nach der zweiten Unbekannten umgestellt werden. Viele nichtlineare Gleichungssysteme lassen sich jedoch nicht exakt losen. Bei Systemen linearer Gleichungen sind die Losungsmoglichkeiten besser. Wir zeigen die Losung anhand des soeben skizzierten Verfahrens am Beispiel zweier linearer Gleichungen mit den beiden Unbekannten x und y und den bekannten Koeflfizienten a, b, c, d, e, f: ax + b•y = c d•X+ e•y = f Stellt man die erste Gleichung nach x um und setzt das sich dadurch ergebende c - by X =
c
b
=
y a a a fiir X in die zweite Gleichung ein, so ergibt sich nach einigen Umformungen: af -
cd ir7 (22) ae - bd ^ ^ Setzt man diese erste Losung fur y in eine der beiden Anfangsgleichungen ein und stellt dann nach X um, so ergibt sich fur die zweite Unbekannte : y =
ce ae -
bf bd
(23)
Bei Systemen mit mehr als zwei Gleichungen kann dieses Verfahren ebenfalls sukzessive angewendet werden. Es gibt allerdings andere, unter Umstanden efifizientere Losungsverfahren, zum Beispiel die Cramer'sche Kegel.
620
Mathematischer Anhang
M.2. Funktionen und Umkehrfunktionen a) Eine mathematische Funktion stellt in ihrer einfachsten Form den Zusammenhang zwisehen einQT unabhdngigen Variablen (z.B. x) und omer abhangigen Variablen (z.B. y) dar. y hangt also von x ab. Deshalb kann bei okonomischen Anwendungen x auch als beinflussende und y als (von x) beeinfluBte Variable aufgefaBt werden. Man sagt: y ist eine Funktion von x, geschrieben: y = f(x). Die x-Werte entstammen dem sogenannten Definitions- oder Argumentebereich X und die y-Werte dem Wertebereich Y der Funktion. Das sind meist die reellen Zahlen. y = f(x) wird als Funktionsgleichung bezeiehnet, lies: "y ist gleich f von x". f steht fiir die Funktionsvorschrift. Dahinter steht in einer runden Klammer (sog. Funktionsklammer) die unabhangige Variable beziehungsweise alle unabhangigen Variablen, falls es mehrere gibt. Mit der Schreibweise y = f(x) wird zum Ausdruck gebracht, daB die Variable y (bzw. die damit symbolisierte GroBe) gemaB der Funktionsvorschrift f von der Variablen x (bzw. der damit symbolisierten okonomischen GroBe) abhangt oder von dieser bestimmt wird. Jedem moglichen x-Wert (sog. Argument) aus X ordnet f eindeutig einen y-Wert (sog. Funktionswert) aus Y zu. ispiele:
y = m = y = m =
x^
y =
=
f(xi, X2)
az^ + b z + c ^ a x ] + bx2
Konstanten, die in Form von Buchstaben (als Platzhalter fiir Zahlen) in Funktionen auftreten, heiBen Funktionskoefflzienten oder, falls ihnen verschiedene Werte zugewiesen werden konnen, Funktionsparameter. In den Beispielen sind a, b, c Funktionskoefflzienten. Die graphische Darstellung der Funktion in einem Koordinatensystem wird als Funktionsgraph bezeiehnet; siehe die folgende Abbildung. Auf einer der Achsen des rechtwinkligen Koordinatensystems werden die x-Werte des Definitionsbereichs abgetragen, auf der anderen die y-Werte des Wertebereichs. Die horizontale Achse nennt man Abszisse und die vertikale Ordinate. Jeder Punkt (x',y') des Funktionsgraphen reprasentiert eine eindeutige Zuordnung eines x-Wertes (x') zu dem zugehorigen y-Wert ( y' = f(x') ). In der Wirtschaftswissenschaft wird eine Funktion y = f(x) haufig einfach als y = y(x) geschrieben, lies: "y abhangig von x". y bezeiehnet dann sowohl die Funktionsvorschrift als auch den Funktionswert. Diese Schreibweise wird auch hier im folgenden verwendet.
621
M.2. Funktionen und Umkehrfiinktionen
Kubische Funktion y(x) = a x^
Beispiele: LineareFunktion y(x) = a + bx
y
y^{y) y'-
X'
X
b) Unter bestimmten Bedingungen^ laBt sich auch jedem y-Wert einer Funktion y = y(x) ein bestimmter x-Wert zuordnen. Diese »umgekehrte« Zuordnung wird durch die sogenannte Umkehrfunktion (Inverse) von y beschrieben, die wir durch inv{y(x)} symbolisieren, in der Mathematik auch f "^(x). Sie ordnet jedem y-Wert aus Y eindeutig einen x-Wert aus X zu. Rechentechnisch wird die Umkehrfiinktion ermittelt durch Umstellen der Funktionsgleichung y = f(x) derart, dafi nun x auf der linken Seite als Funktionswert (abhangige Variable) steht und y zum Argument (unabhangige Variable) wird: x(y) = inv {y(x)}. Beispiel: y(x) = a + b • x
<=>
x(y)=^ 0
Bei der graphischen Darstellung der Umkehrfunktion ist folgendes zu beachten: • Behalt man die Zuordnung von x und y zu den Achsen bei, so andert sich der Funktionsgraph nicht, aber es andert sich die Bedeutung der Achsen, weil nun x die abhangige und y die unabhangige Variable ist. • Vertauscht man die Zuordnung von x und y zu den Achsen, so mul3 der Funktionsgraph an der 45°-Winkelhalbierenden gespiegelt werden (siehe die folgende Abbildung, die eine Invertierung der oben gezeigten Funktionsgraphen zeigt):
x(y)
A Die Funktion f muB streng mcmoton steigend oder streng monoton fallend sein; vgl. M.4.1.
622
Mathematischer Anhang
c) Wird eine Funktionsvorschrift z auf eine andere Funktion y(x) angewendet, dann ergibt sich eine sogenannte Funktionsverkettung z(y(x)) . Dabei heiBt z(y) auBere Funktion (manchmal auch: Transformation) und y(x) innere Funktion. Beispiel:
Wenn z(y) = VY
und y(x) = a + b • x \ dann ist z (y(x)) = V^ + b • x^
d) Bei der graphischen Darstellung von Funktionen muB klar zwischen den Wirkungen von Anderungen einer unabhangigen Variablen (sog. endogene EinfluBgroBe) und den Wirkungen von Parameteranderungen (sog. exogene EinfluBgroBen) unterschieden werden. Wir zeigen dies am Beispiel einer Funktion y, die von der unabhangigen Variablen x und von einem Parameter z abhangt: y = y(x;z). • Wird der Wert der unabhangigen Variablen x verandert, zum Beispiel von xi auf X2, so bewegt man sich im y/x-Diagramm entlang des Graphen der Funktion y(x); der y-Wert andert sich, zum Beispiel von yi auf y2:
• Wird der Wert des Parameters z geandert, zum Beispiel von zi auf Z2, so fiihrt dies zu einer Verlagerung des Graphen y(x) nach »oben« oder »unten«; es kann auch zu einer Drehung der Kurve kommen, wie im folgenden Diagramm:
y
y(x;z2) y(x;zi)
623
M.2. Funktionen und Umkehrfunktionen
e) Zu den wichtigsten Eigenschaften einer Funktion gehort die Lage ihrer Achsenschnittpunkte, das sind die Schnittpunkte ihres Graphen mit den Koordinatenachsen. Sei y = y(x) eine bekannte Funktion. Dann erhalt man den y-Achsenschnittpunkt y° einfach durch NuUsetzen von X in der Funktionsgleichung: y(0). Zur Emiittlung des oder der x-Achsenschnittpunkte x° wifd der Funktionswert y gleich Null gesetzt und die Funktionsgleichung nach x umgestellt. Die xAchsenschnittpunkte werden auch als NuUstellen der Funktion y(x) bezeichnet: Beispiel:
y(x) = - 0,25 • x^ + 3,5 • x - 3,25
Der y-Achsenschnittpunkt ergibt sich zu: y° = y(0) = - 0,25 • 0^ + 3,5 • 0 - 3,25 = -3,25 Zur Ermittlung der x-Achsenschnittpunkte wird zunachst y(x) = 0 gesetzt. Nach Divison durch -0,25 kommt man auf folgende quadratische Gleichung: 0 = x^ - 14 • X + 13 Nach der Gleichung (16) aus M.l ergeben sich zwei Losungen: -14
(-14)^
- 13 = 7 ± V36
7 + 6
Also ist x°i = 13 und x°2 = 1. Das folgende Diagramm veranschaulicht die Lage der Achsenschnittpunkte:
y°=-3,25
624
Mathematischer Anhang
M.3. Ableitungen und Differentialrechnung a) Die erste Ableitimg einer Funktion y = y(x) an einer Stefle x' ihres Definitionsbereiches gibt die Steigung des Graphen der Funktion im Piinkte (x', y(x')) an. Als Steigung ist das Verhaltnis der Seitenlangen 5y und 5x eines Steigungsdreiecks definiert, das an den Graphen der Funktion (oder genauer: an die Tangente des Graphen) im Punkte (x*, y(x')) angelegt wird, also 5y/ 5x. Formal wird dieser sogenannte Differentialquotient y/5x als erste Ableitung der Funktion y an der betrachteten Stelle x' bezeichnet und hier durch x y(x') oder kurz x y symbolisiert; in der Mathematik wird meist f '(x) geschrieben. Die erste Ableitung xy gibt an, um wieviele Einheiten der Funktionswert y sich andert, wenn x, ausgehend von x,' um eine kleine Einheit erhoht (oder gesenkt) wird; siehe die folgende Abbildung. Betrachten wir beispielsweise die quadratische Funktion y(x) = x , so steigt ausgehend von einem beHebigen x-Wert der Funktionswert von x auf (x + 5x), wenn x um 5x erhoht wird. Die Funktionswertanderung ist also: 5y = (x + 5x) - x = x + 2x • 5x + 5x - x Da sich x herauskiirzt und 5x vemachlassigt werden kann (weil 5x annahmegemaB sehr klein ist), verbleibt: 5y = 2x • 5x oder in der ublichen mathematischen Schreibweise:
Dies ist die erste Ableitung von y(x) = x . Das Ermitteln von Ableitungen wird als Differenzieren bezeichnet. Definieren wir eine Erhohung von x um 5x als eine positive Anderung von x (5x > 0) und eine Verringerung von x um 5x als eine negative Anderung (5x < 0), und analog fur Anderungen von y um 5y, so gilt: • Werm x und y zugleich steigen oder zugleich fallen, dann ist 5y/5x > 0 und es liegt eine positive Steigung der Funktion y(x) in Richtung x vor: x y > 0 • Steigt hingegen y wenn x sinkt und sinkt y wenn x steigt, dann ist 5y/5x < 0 und es liegt eine negative Steigung der Funktion y(x) in Richtung x vor: xy < 0
Als Tangente wird eine Gerade bezeichnet, die den Graphen einer Funktion y(x) in einem Punkt eben beriihrt ("tangiert") und folglich in diesem Tangentialpunkt den gleichen Funktionswert und die gleiche Steigung au^eist wie die betrachtete Funktion. Wir verwenden die Schreibweise ^ y, weil dies eine zugleich kurze und eindeutige Kennzeichnung der Ableitung ist und auch das Argument angibt, nach dem abgeleitet bzw. differenziert wird. Rechts vom Funktionssymbol y bleibt sowohl oben als auch unten Platz ftir Indizes und andere Symbole. Die Klammer wird mit der Binomischen Formel (11) aus M.l. aufgelost.
625
M.3. Ableitungen und Differentialrechnung
Die erste Ableitung der Funktion y(x) ist in der Kegel selbst wieder eine Funktion von x, fiir die folglich XYW geschrieben werden kann. Mit anderen Worten: Die erste Ableitung hangt von der Stelle (d.h. dem x-Wert) ab, an der sie gebildet wird. Eine Funktion y(x) heifit differenzierbar, wenn sie an jeder Stelle x ihres Definitionsbereiches eine erste Ableitung besitzt, wenn man also - bildlich gesprochen - bei jedem moglichen xWert eindeutig eine Tangente an ihren Graphen legen kann. Wird die erste Ableitung einer Funktion y(x), also ^y(x), nochmal nach x abgeleitet (difFerenziert), so ergibt sich die zweite Ableitung der Funktion, die wir durch XYW oder kurz ^y symbolisieren. Sie erlaubt Aussagen uber die Kriimmung der durch y(x) beschriebenen Kurve (vgl. M.4.3.). Eine Funktion heifit glatt, wenn sie beliebig oft stetig differenzierbar ist. Die meist stillschweigende Voraussetzung, dal3 in praktischen Anwendungen alle verwendeten Funktionen glatt sind, ist keine sehr einschrankende Annahme. Denn nach dem Satz von WeierstraO aus der Approximationstheorie kann jede beliebige Funktion durch eine beliebig oft diflferenzierbare Funktion beliebig genau angenahert werden. b) Seien y(x) und z(x) zwei diflferenzierbare Funktionen von x und xVW? x^Cx) deren erste Ableitungen. a sei eine Konstante (Zahl). Es gelten damit folgende Grundregeln der Differentialrechnung: Stantnenregel: Produktregel: Quotientenregel:
speziell;
^[y(x)±z{iC)\ x[y(x)z(x)] "y(x)
= ^y{x) ± ^z{x) x'y(x)z(x) + y ( x ) x z ( x )
a
(2)
^ y ( x ) z ( x ) - y(x)- ^2(x)
^Lz(x)
z(x)
(1)
z(x)^
-a • ^z(x) z(x)^
(3a)
(3b)
626
Mathematischer Anhang
V(X)'Z(X)
• Expontentialregel:
z(x).ln[y(x)]
^[a-(x)] ^ az(x). ^z(x)-ln(a)
spezieE:
;[y(z(x))]
• Kettenregel:
(4a)
(4b)
= >(z) . ;z(x)
(5)
Die Ableitung einer Funktion y(z(x), x) nach x ergibt: 'y(z(x),x) =
'y(z) • z(x) +
'y(x)
(6)
Der erste Sxunmand miBt den tiber z vemiittelten Einflufi von x auf y und wird entsprechend (5) uber die Kettenregel bestimmt. Hinzu kommt bei der hier betrachteten Funktion ein direkter EinfluB von x auf y, der durch die direkte Ableitung von y nach diesem x ermittelt wird (rechter Summand) und zu dem erstgenannten Effekt zu addieren ist. c) Fur die wichtigsten elementaren Funktionen ergeben sich (mit den konstanten FunktionskoefiSzienten a, c, m, n) folgende Grundableitungen:
X [a • x^ + c] = a-n-x" ^
allgemeiri: x [a • y(x)" + c] = a»n.y(x)" ^ • xy(x)
j^m/nj ^ _ . x^^
m n
(7b)
= jj [a. x" ] - -n . a . X " = —-^^ , speziell:
J [a' ] = a^ ln(a),
M] xWx)] ^ ™ ,
(7a)
(7c)
aUgemein:
J [a '^""^ ] = x y(x) • a^^^^ • ln(a)
(8a)
aUgemein:
x[e-^^^] -
xy(x) • e'^'^^
(8b)
xf(x) ^^^^
(9)
allgemein: x[ln y(x)] =
d) Die Ableitung einer Funktion mit mehreren unabhangigen Variablen xi, X2,..., Xn nach einer dieser Variablen wird als partielle Ableitung bezeichnet. In der Mathematik wird bei partiellen Ableitungen im Differentialquotient anstelle des sonst tiblichen d ein 6 geschrieben. Bei unserer Notation mit 5 beziehungsweise dem Ableitungsstrich ist keine Unterscheidung erforderlich. Ist y(xi,X2,...,Xn) eine Funktion, die nach der Variablen Xj partiell differenziert werden soil, so ist ihre erste Ableitung: dy(x X ....,x ) 5x.
627
M.3. Ableitungen und Differentialrechnung
Sind alle Argumente der Funktion y wie hier durchnumeriert, so reicht es, unter dem Ableitungsstrich den Index der Variablen anzugeben, nach der (partiell) difFerenziert wird, also im Beispiel: j . Die zweite paitielle Ableitung von y nach Xj ist entsprechend 'j y. Das Symbol ij y kennzeichnet die gemischte zweite partielle Ableitung, bei der die Funktion y zuerst nach Xj, und diese Ableitung dann noch einmal nach xi abgeleitet wird, also i [jy] Fiir die gemischten zweiten partiellen Ableitungen gilt nach dem Satz von Schwarz, daB es egal ist, nach welcher Variable zuerst abgeleitet wird:^ •y(xi,...,x„) =
(10)
jiy(xi,...,x„)
Bei der Bildung partieller Ableitungen gelten die gleichen Regeln wie oben unter b); es miissen nur beim Dififerenzieren nach einer Variablen Xj alle iibrigen Variablen wie Konstanten behandelt werden. Ist z = % i , y2) eine Funktion von den Variablen yi, y2 und hangen diese Variablen ihrerseits von einer anderen unabhangigen Variablen x a b , also yi = yi(x), y2 = y2(x), so ist auch z indirekt von x abhangig: z = z(x). Die Ableitung von z nach x, die angibt, um wieviele Einheiten sich z andert, wenn x um eine kleine Einheit steigt (oder fallt) heiBt totale Ableitung und ist im voriiegenden Fall wie folgt bestimmt: xZ = y / • xYl + y^f • xYl
(11)
Die Wirkung von x-Anderungen erfolgt sowohl uber yi als auch uber y2. Daher miissen die Auswirkungen diese beiden Anderungen zunachst nach der Kettenregel der Dififerentialrechnung ermittelt und anschlieBend addiert werden, um zur Gesamtwirkung von x auf z zu gelangen; vgl. (5) und (6). Beispielefur partielle Ableitungen: a)
f(x,y) =
2x • y + 4x + 6y
^'f = 2y + 4, b)
f(x,y) =
yf
f(xi,X2;z)
2x + 6
a-X-y^ + b • x^ + c • y
x'f = a- y^ + 3 • b • x ^ c)
=
yf = 2 a x - y + c
= (xi + z f .(x2+zy-«
f = a-(xi + z r ' . (x2+zr
f = ( l - a ) ( x i + z r • (x2+zr
X2 + Z
1-a
Xi + Z
(1-a)
Xi + Z X2 + Z
* Der Satz gik unter sehr schwachen Voraussetzungen, die hier stets erfiillt sind.
628
Mathematischer Anhang
e) Bin wichtiges Anwendungsgebiet der Differentialrechnung ist die Bestimmung von Extrempunkten (das sind Maxima imd MiBima) von Funktionen. Hat eine differenzierbare Funktion y(x) an der Stelle x ein lokales Extreinum (Maximum oder Minimum), dann gilt dort filr die erste Ableitung: xy(x*) = 0
(12)
Graphisch bedeutet dies, daB die Steigung der Funktion in einem Extrempunkt null ist. Dieses Verschwinden der ersten Ableitung ist aber nur eine notwendige Bedingung (Bedingung erster Ordnung, BEO) fiir ein Extremum, nicht eine hinreichende. Denn bei xy(x ) = 0 kann an der Stelle x auch ein Sattelpunkt (das ist ein Wendepunkt mit horizontal verlaufender Tangente) vorliegen. Gilt indes an einer Stelle x fiir die erste Ableitung xy(x) = 0 und existiert dort auch die zweite Ableitung x y, dann kann die hinreichende Bedingung (Bedingung zweiter Ordnung, BZO) fiir ein Extremum wie folgt angegeben werden: • Wenn xy(x ) > 0 , dann liegt bei x* ein lokales Minimum
(13a)
• Wenn x y(x*) < 0 , dann liegt bei x* ein lokales Maximum
(13b)
Weist eine Funktion mehrere lokale Minima auf, so heiBt dasjenige mit dem geringsten Funktionswert globales Minimum, sofem es keine noch geringeren Funktionswerte gibt. Entsprechend ist bei mehreren lokalen Maxima das groBte ein globales Maximum, sofem die Funktion keinen noch grSBeren Funktionswert au^eist. Die Problematik globale Extrema zu testimmen wird erleichtert, wenn man weifi, daB eine Funktion konvex oder konkav ist (vgl M.43.). Denn bei konvexen und bei konkaven Funktionen ist jedes lokale Extremum zugleich ein globales Extremum. Bei einer Funktion y(.) mit mehreren unabhtngigen Variablen xi, X2, ... miissen auch die gemischten Ableitungen betrachtet werden, um Aussagen iiber lokale Extrema machen zu konnen. Ist zum Beispiel eine Funktion y(xi,X2) mindestens zweimal differenzierbar, dann besitzt sie iiber einem Punkt X* =(x*i,x2) nur dann einen Extremwert, feUs: *xi2
i y ( r ) = o, 2y(r) = 0 und iy(r).2y(x) > [i2y(x*)]
(14)
Bei dem Extremum handelt es sich um ein • lokales Minimum, falls
i y(x*) > 0 ,
2y(x*) > 0
(15a)
• lokales Maximum, falls
i y(x*) < 0 ,
2y(x*) < 0
(15b)
629
M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen
M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen M.4.1. Monotone Funktionen a) Eine Funktion y(x) heiBt monoton steigend, wenn mit einem groBeren x-Wert stets ein nicht kleinerer y-Wert einhergeht, wenn also aus x" > x' stets folgt, dafi y(x") > y(x'). Sie heiBt streng monoton steigend, wenn aus x" > x' stets y(x") > y(x') folgt. Analog dazu heiBt eine Funktion monoton fallend, wenn aus x" > x' folgt, daB y(x")< y(x'); sie heiBt streng monoton fallend, wenn aus x" > x' stets y(x") < y(x') folgt. Eine (streng) monoton steigende oder fallende Funktion wird auch allgemein als (streng) monoton bezeichnet. Eine monotone, aber nicht streng monotone Funktion heiBt auch schwach monoton. In der folgenden Abbildung ist die im oberen linken Diagramm dargestellte Funktion y = y(x) schwach monoton fallend, weil teilweise konstant verlaufend. Die Treppenflinktion im oberen rechten Diagramm ist schwach monoton steigend. Das linke untere Diagramm zeigt eine streng monoton steigende und das rechte untere Diagramm eine streng monoton fallende Funktion:
J
X
X
Die Monotonieeigenschaften einer Funktion bleiben auch bei der Addition von Konstanten zu der Funktion unverandert. Bei der Multiplikation einer Konstanten zu einer Funktion gilt dies nur fiir Konstanten, die groBer als null sind. Bei diflferenzierbaren Funktionen y(x) konnen die Monotonieeigenschaften auch mit Hilfe der ersten Ableitung beschrieben werden; vgl. M.3. Ist ^y ^ 0 fiir jedes x aus einem bestimmten Intervall des Definitionsbereiches, dann ist y auf dem betrachteten Intervall monoton steigend (fixr ^y > 0 ist y streng monoton steigend). Ist xT - ^ fiir jedes x aus dem Intervall, dann ist y auf dem Intervall monoton fallend (fiir xY ^ ^ ist y streng monoton fallend).
630
Mathematischer Anhang
b) 1st eine Funktion y(x) streng monoton (steigend oder fallend), dann gibt es fiir y(x) eine Inverse beziehungsweise Umkehrfunktion x(y) = inv {y(x)}; vgl. M.2.b). Bei differenzierbaren streng monotonen Funktionen kann auch die Ableitimg invertiert werden: 'x(y) = -T—y y(x)
beziehungsweise
-j— = -^— oy oy
(1)
"ST Beispiel: Die erste Ableitung von y(x) = a + b-x nach x ist ^ Y "^ t). Die Umkehrftmktion von y—a l a , 1 y(x) lautet: x(y) = ^—-— - ^ "= T -rY' ^ ~"T - Deren Ableitung nach y ist x = - ^ b
b
b
y
b
Das ist aber genau der Kehrwert von ^ y-
M.4.2. Lineare Funktionen a) Eine Funktion y = y(x) heiBt (affin) linear, wenn sie von der Form y(x) = a + b x ist. Bei a = 0 heiBt sie rein linear (y = b-x), bei b = 0 liegt eine konstante Funktion vor (y = a). Jede lineare Funktion y(x) = a + b-x hat tiberall die gleiche Steigung ^y = b, ihr Graph ist eine Gerade. b) Lineare Funktionen lassen sich in verschiedenen Darstellungsformen angeben, die zum Teil auch bei anderen Funktionen moglich sind: • Die implizite Form (oder: Normalform) einer linearen Funktion zwischen zwei Variablen ist die allgemeinste Darstellungsweise: f(x,y) = a-x + p.y -
c = 0
(1)
Hierbei sind a, p und c konstante Funktionskoeffizienten. Fiir a = 0 ist die durch (1) beschriebene Gerade eine Parallele zur x-Achse, fur p = 0 eine Parallele zur y-Achse; bei c = 0 verlauft sie durch den Koordinatenursprung. - Allgemein stehen bei der impliziten Darstellung einer Funktion alle Variablen (anhangige und unabhangige) auf einer Seite der Funktionsgleichung. • Die explizite Form einer Funktion ergibt sich aus der impliziten (1) durch Umstellen nach der abhangigen Variable; sie ist die gelaufigste Darstellungsweise, wenn es um den funktionalen Zusammenhang zwischen y und x geht. Im Falle einer linearen Funktion wird die explizite Form auch als Steigungsform bezeichnet. Sie erlaubt auf einfache Weise die Ermittlung der Geradensteigung. Dabei muB allerdings p T^ 0 sein: y(x)=^-^-x oder einfacher: y = a + b x ,
(2) c wobei a = -JT-
und
a b = - -x-
a = c/p ist der Schnittpunkt der durch die lineare Funktion beschriebenen Geraden auf der y-Achse (y°). Der x-Achsenschnittspunkt ergibt sich durch Nullsetzen von (2) und Umstellen nach x zu x° = c/a; siehe die folgende Abbildung. Die erste Ableitung von (2) gibt die Steigung der Geraden an:
M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen
ay(x) ax
Xx)
631
a
T
• Die implizite Achsenabschnittsform einer linearen Funktion ergibt sich aus der Normalform durch Division mit der Konstanten c, wemi man auch die Funktionskoeffizienten a und P in den Nenner bringt: y
^
c/p
X
c/a
= 1
Oder: - ^ + - ^ = 1
(3)
Dabei bezeichnet y° den Schnittpunkt der Geraden mit der y-Achse (also den y-Wert bei x = 0) und x° den Schnittpunkt der Geraden mit der x-Achse (also den x-Wert bei y = 0). • Kennt man die beiden Achsenschnittpunkte x°, y° einer Geraden, so lal3t sich aus (3) die explizite Form der sie beschreibenden Funktionsgleichung ermitteln. Dazu ist zunachst (3) mit x° • y° zu multiplizieren: y-x° + x-y° = x°-y° o
y y(x)
=
x°-y° - x - y ° '—7°
= y° - ^ - x
= y°(l--^)
(4)
Dies ist die explizite Achsenabschnittsform der linearen Funktion durch x° und y°. Ihre Umkehrfunktion lautet analog: x(y) = x ° - ( l - ^ )
(5)
Die folgende Abbildung veranschaulicht noch einmal die ermittelten Geradeneigenschaften:
y
Mittels der Achsenschnittpunkte laBt sich auch die betragsmaBige Steigung der Geraden (die z.B. auch eine Tangente einer anderen Kurve sein kann) ermitteln. M t 15y | =y° = c/p und | 5x | = x° = c/a gilt: \by/bK\ = \^y\ =a/p.
632
Mathematischer Anhang
c) Eine Gerade beziehimgsweise die sie beschreibende lineare Funktion ist eindeutig bestimmt, wenn man entweder zwei ihrer Punkte kennt oder einen ihrer Punkte imd ihre Steigimg. Es ist haufig erforderlich, aus solchen Daten die Geradengleichung zu ermitteln, was hier kurz gezeigt werden soil: • Zwei-Punkte-Ansatz: Sind von einer Geraden zwei Punkte (xj, yi) und (x2, yi) bekannt, die nicht notwendig auf den Koordinatenachsen liegen miissen, so kann daraus die Geradengleichung y(x) = a + b-x wie folgt ermittelt werden. Man nutzt dazu die Tatsache, daB aufgrund der konstanten Steigung 5y/5x der Gerade gilt:
5X2
72-yi
y-Yi
X2-X1
X-
(6)
5xi
Hierbei bezeichnen x und y die Koordinaten eines beliebigen Punktes (x, y) auf der Geraden; siehe die Abbildung:
y
y(x) = a + bx
y\^
^ 1
V
^-~\
h '--ff^
y-
>y2-yi >y-yi -J
—
V
\
a-
y
N/ 1
X2 - X^
,— Xi
Mukipliziert man (6) mit dem rechten Nernier, so folgt: —-(x-Xi)
=
y2-yi
y-yi
,
,
(7)
y = yi + - — 7 - ( x - x i )
y(x) = yi -
X2 — Xi
=a
X2 — X |
=b
Damit ist die gesuchte Geradengleichung y = a + b • x bestimmt.
(8)
M.4. Arten und Eigenschaften von Fimktionen
633
• Punkt/Steigungs-Ansatz: Eine Gerade ist auch eindeutig bestimmt, wenn man einen Punkt (xi, yi) und ihre Steigimg b kennt. Die Steigimg ist durch das (iiberall gleiche) Verhaltnis von y- und x-Anderung bestimmt:
^
= b = XZlL OX
(9)
X-Xi
Hierbei bezeichnen xi und yi die Koordinaten des bekannten Punktes auf der Geraden und x, y die Koordinaten eines beliebigen anderen Geradenpunktes; siehe die vorige Abbildung. MultipMert man (9) mit (x - xi), so ergibt sich: b-(x-xi)
= y - yi yi + b - ( x - x i )
<»
(10)
Dies ist die gesuchte Funktionsgleichung der Geraden. Dabei sind xi, yi die Koordinaten des bekannten Punktes. Wahlt man die Form y = a + b-x , so ist der y-Achsenschnittpunkt a = yi - b • Xi. Beispiel: • Es seien die Punkte (3; 8) und (9; 4) ekier Geraden bekannt. Dann erhalt man nach dem ZweiPunkte-Ansatz:
^
4-8 9-3
y-8 x-3
-4 6
y-8 x-3
yy_8 - 8 == -- |- .- (( X x -- 3S))
==
-ix--i-(-3)
y = 8 - yx + 2 y(x) = 10
2 3
X.
Damit ist die Geradengleichung bestimmt: a = 12 und b = - 2/3. • IJber den Punkt/Steigungs-Ansatz kommt man zum gleichen Ergebnis: hy _ 4 - 8
_ -4
_
2 _
"ST ~ " 9 ^ ~ ~6~ ~ ~ T " Wahlen wir zum Beispiel als Punkt (3; 8), dann gilt nach (10): y(x) = 8 + ( - y ) . ( x - 3 ) <^
y(x) = 10 -
2 —X.
Mathematischer Anhang
634 M.4.3. Konvexe und konkave Funktionen
a) Eine Funktion (bzw. ihr Graph) heiBt uber der Achse der unabhangigen Variablen konvex gekriimmt, wenn - graphisch argumentiert - die Verbindungsstrecke zwischen zwei beliebigen Punkten ihres Graphen stets oberhalb des Graphen liegt (betrachtet von der Achse der unabhangigen Variablen). Eine diflferenzierbare Funktion y(x) hat genau dann iiber der x-Achse einen konvexen Verlauf, wenn ihre zweite Ableitung Qm positives Vorzeichen hat("y >0), ihre Steigung ^y also mit wachsendem x zunimmt.
y(x) = 10/x^
y(x) = 3(x-4)^ + 5
•y(x) = 60/x^ > 0
"y(x) = 6 > 0
y(x) = 2"y(x) = 2".(ln2)^ > 0
D b) Eine Funktion (bzw. ihr Graph) heiBt - graphisch argumentiert - uber der Achse der unabhangigen Variablen konkav gekrummt, wenn die Verbindungsstrecke zwischen zwei beliebigen Punkten ihres Graphen stets unterhalh des Graphen liegt (betrachtet von der Achse der unabhangigen Variablen). Eine difFerenzierbare Funktion y(x) hat genau dann liber der xAchse einen konkaven Verlauf, wenn ihre zweite Ableitung ein negatives Vorzeichen hat (" y(x) < 0), ihre Steigung ' y also mit wachsendem x abnimmt.
y(x) = -3-(x-4)^ + 5
y(x) 1
"y(x)
< 0
"y(x) = -6 < 0
y(x) = 10-e^ "y(x) = -e^ < 0
M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen
635
M.4.4. Homogene Funktionen und Euler*sches Theorem a) Eine Funktion y = y(x) mit x = (xi,...,x«) heiBt homogen vom Grade ^ , oder kurz: ^-homogen, wenn fiir jede (positive) Zahl \x gilt: y(^i.x) = ^i^y(x)
(1)
Eine Ver-|x-fachung aller x-Werte fiihrt dann immer zu einer Ver-ji^^-fachung des y-Wertes. h heiBt Homogenitatsgrad der Funktion. 1st eine Funktion homogen vom Grade Null, also h = 0 , so heiBt sie nuUhomogen. Wegen jj,^ = 1 in (1) gilt dann stets: y(^x) = y(x)
(2)
Jede beliebige Ver-n-fachung aller unabhangigen Variablenwerte xi,. .,Xn hat dann keine Veranderung des Funktionswertes y zur Folge. - 1st die Funktion homogen vom Grade Eins, also ft =1, so heiBt sie linearhomogen. Wegen (i^ = [i in (1) gilt dann: y(|ix) = ^i-y(x)
(3)
Jede beliebige Ver-(j,-fachung aller Variablenwerte fiihrt dann stets auch zu einer Ver-(ifachung des Funktionswertes y. Beispiel 1:
y(xi,X2) = (xi/ + (X2/ y(|ixi,^iX2) = (^ixi)^ + (^1x2/ = H^-(Xi/ + H^.(X2f
= H^-[(xif + (x2rt = (i^y(xi,X2)
Beispiel2:
: Also ist die Funktion homogen vom Grade 3
D
y(xi,X2) = 4• Vxi • Xi = 4'[xiX2]''^ y(HXi,|iX2) = 4 • ^ ( ^ i x O - C f i x z )
= 4.Vi^ Xi • X2 = 4-|iVxi-X2 = [i^y(xi,X2)
: Also ist die Funktion linearhomogen
D
b) Homogene Funktionen weisen eine Reihe von vorteilhaften Eigenschaften auf. Einer dieser Vorzuge findet im Euler^schen Theorem seinen Niederschlag. Die Aussage dieses "Satzes iiber homogene Funktionen" lautet wie folgt:
636
Mathematischer Anhang
Fur jede vom Grade h homogene und difFerenzierbare Funktion y(x) gilt:
(4)
Z j y ( ^ ) - X j - ^-yCx)
wobei .'y(x) die partielle Ableitung der Funktion nach der Variablen Xj symbolisiert (vgl. M.3.d). In Worte ge&Bt besagt das Euler'sche Theorem, daB die Summe aller mit ihren zugehorigen Variablen multiplizierten partiellen Ableitungen einer homogenen Funktion dem mit dem Homogenitatsgrad multiplizierten Funktionswert entspricht. Diese recht abstrakt klingende Aussage hat allerdings weitreichende Konsequenzen, auf die hier allerdings nicht naher eingegangen werden soil. Zti Beispiel I: Die Funktion y(xi,X2) = (xi)^ + (xi)^ ist, wie wir oben gezeigt haben, homogen vom Grade h =3. Deshalb gilt nach dem Euler'schen Theorem: iy(xi,X2)-Xi + 2y(xi,X2)-X2 = 3.(Xi)'-Xi + 3-(X2)'-X2 = 3-[(Xi/ + (X2/] = 3-y(xi,X2)
= h •y(xi,X2)
D
ZuBeispiel2: Die Funktion 4• vxioc^ ist, wie oben gezeigt wurde, linearhomogen (h =1). Deshalb gilt nach dem Euler'schen Theorem: l'y(xi,X2)xi + 2y(xi,X2)-X2 = 2-(Xi)"'HX2f^-Xi + 2.(Xi)'^-(X2)"'^-X2
= 2ixifix2f =
+
2ix^fix2f
HxO\x2f
= l-y(xi,x2)
= h •y(xi,x2)
n
c) Ist y(x) homogen vom Grade ft, dann sind auch stets die Ableitungen jy(x) homogen, und zwar vom Grade ftdifferenziert: j'yC^ix)-^i j'yCtA-x)
I. Dies laBt sich Idcht zeigen, indem man die Definition (1) nach x,
^l' • jy(x)
= \^'-'
j'y(x)
(5)
M.5. Totales Differential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem
637
M.5. Totales Differential, Satz fiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem M.5.1. Totales Differential a) Die erste Ableitung ^ y einer Funktion y(x) mil3t bekanntlich die Steigung des Graphen der Funktion in einem Punkt, und zwar in Richtung der x-Achse (vgl. M.3.a). Dazu wird an diesen Punkt eine Tangente T angelegt und ein Steigungsdreieck betrachtet; siehe Abbildung. Dabei wird von infinitesimal kleinen Anderungen ausgegangen. Steigt x um eine infinitesimale Einheit, so andert sich der Funktionswert um ^y infinitesimale Einheiten. Sei x' die Stelle, an der die Steigung ermittelt wird:
Geht es nicht um infinitesimal kleine, sondem - bei realen Anwendungen - um endlich groBe Anderungen 5x, 5y, so tritt stets ein Fehler bei der Steigungsmessung auf, der um so groBer ist, je groBer die Anderung von x ist. Die Tangente kann als eine einfache lineare Annaherung der Funktionskurve in der Umgebung des betrachteten Punktes angesehen werden (sog. Approximation). Wetm X dann um Dx Einheiten steigt, so entspricht die Anderung des Funktionswertes der Tangente in etwa der Anderung des Funktionswertes von y(x), sofem 5x nicht allzu groB ist. Die Anderung des Funktionswertes der Tangente laBt sich durch folgende Uberlegung ermitteln: Andert sich der Tangentenfianktionswert um ^'y Einheiten, wenn x um eine kleine Einheit steigt, dann andert er sich um xV " ^ Einheiten, wenn x um 5x Einheiten steigt; siehe die folgende Abbildung:
638
Mathematischer Anhang
Bezeichnet 5y die endlich grofie tatsdchliche Anderung des Funktionswertes von y(x), das sogenannte Differential der Funktion, so gilt mithin: 5y « x Y ' ^
(1)
Statt des eigentlich erforderlichen Ungefahr-Zeichens («) wird allerdings meistens einfach ein Gleichheitszeichen geschrieben, also hy = ^yhi. b) 1st eine Funktion mit zwei unabhangigen Variablen gegeben, also y(xi,X2), so tragt sowohl die Anderung von xi als auch die Anderung von X2 zu einer Veranderung des Funktionswertes y bei. Das sogenannte totale Differential von y ist somit: 5y = 5yi + 5y2 Fiir jede Komponente des totalen DiflFerentials gilt nun genau das oben unter a) Gesagte. Mittels der partiellen Ableitungen j y, 2 y ist: Dy « I'y-dxi +
2y^2
(2)
Bei Anwendungen von (2) wird statt des Ungefahr-Zeichens der Einfachheit halber wieder ein Gleichheitszeichen geschrieben. Das totale Differential ()y einer Funktion y(xi,X2) gibt somit an, um wieviele Einheiten sich der Funktionswert y andert, wenn sowohl xi sich um Dxi als auch X2 sich um 5x2 andert (daher die Bezeichnung "totales" Differential). Weifi man beispielsweise, dafi y um 3 kleine Einheiten steigt, wenn xi um eine kleine Einheit steigt (also fiir die partielle Ableitung gilt: ly = 3) und daB y um 5 kleine Einheiten steigt, wenn X2 um eine kleine Einheit steigt (also 2 y = 5), so kann mittels (2) abgeschatzt werden, um wieviel Einheiten y sich in etwa verandert, wenn xi um 5xi = 10 und X2 um 5x2 = 7 kleine Einheiten zunehmen: Es ergibt sich: 5y = 310 + 5-7 = 65.
M.S. Totales Differential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem
639
Ein anschauliches Beispiel fur das totale Differential bietet das Wandem im Gebirge: by gibt dann den Gesamthohenunterschied an, wenn man 5xi Schritte in Richtung Westen (entspricht der xi-Achse) und 5x2 Schritte in Richtung Siiden (entspricht der X2-Achse) geht und die Steigung des Berges in Richtung Westen ^y und in Richtung Siiden 2y betragt. Ein analoges okonomisches Beispiel ist die Frage, wie sich der Erlos E = p • x eines Untemehmens verandert (also 5E), wenn sich sowohl der Preis p um dp als auch die Absatzmenge x um 5x verandem. Die Formel (2) sagt dann: pE • 5p + ^E • 5x
5E
X • 5p + p • 5x c) Betrachten wir den speziellen Fall eines totalen Differentials (2), bei dem die Anderungen aller unabhangigen Variablen proportional erfolgen, das heil3t um den gleichen Prozentsatz, bezogen auf den jeweiligen Anfangswert. Die relative Anderung von xi und X2 sei gleich b[i/[x, was als Proportionalitatsfaktor interpretiert werden kann: 5xi
=
Xi
5x2
=
5(1
X2
J
V
Oder
o x i = Xi
^l
^^A
,
^
0 x 2 = X2
[X
^^A
\X
(3)
Das totale Differential der Funktion y = y(xi,X2) lafit sich dann gemafi (2) wie folgt schreiben und umformen:
dn
Sy
'
y
+ zyx,-
Xi
lY'— y
dn
,
,y.x,._ '
X^
+ 2y — y.
—
dpi
(4)
Dividiert man beide Gleichungsseiten durch b[x/[i, so ergibt sich:
o
- ^
5|j,
=
^y 5|i
1^ y
Xi
--
ly-
y
X2
+
ly '
y
(5)
In Elastizitatsschreibweise^ (siehe Anhang M.7.) lautet die Beziehung: E{y:[i) = 8(y:xi) + 8 (y:x2)
(6)
Diese Eigenschaft liegt dem sogenannten Wicksell/Johnson-Theorem der Produktionstheorie zugrunde. Sie ist weitgehend unabhangig vom Typ der Funktion y(xi,X2).
^ Vgl. dazu Anhang M.7.
640
Mathematischer Anhang
M.5.2 Satzfiberimplizite Fimktioneii a) Manche Funktionen koimen nur in impliziter Form angegeben werden, das heifit so, dafi alle abhangigen und unabhangigen Variablen auf einer Gleichungsseite stehen (vgl. M.4.2.b). Eine Auflosung der impliziten Funktionsgleichung nach der abhangigen Variablen ist dann nicht oder nicht eindeutig moglich. Beispiele:
1)
^y)
=^ +f
+1=0
2)
f(x,y) = x . y l n ( x + y) = 0
Wenn sich der Zusammenhang zwischen einer unabhangigen Variable x und der abhangigen Variable y nicht explizit angeben laBt, so kommt es doch haufig darauf an, zu wissen, wie y sich verandert, wenn x sich verandert und f(x,y) = 0 erhalten bleibt, welchen Wert also die Ableitung Dy/5x hat. Man betrachtet dann eigentlich die implizite Funktion f(x,y(x)) und fragt nach der Ableitung ^y der unbekannten Funktion y(x). Ohne weiteres ist dieses Problem nicht losbar. b) Erfreulicherweise gibt es aber einen mathematischen Satz, der diese Ableitung zu berechnen gestattet, auch ohne daB eine explizite Funktion y(x) vorliegen muB: der Satz fiber implizite Funktionen. Ist namlich die impHzit voriiegende Funktion f(x,y(x)) = 0 partiell diflferenzierbar mit den Ableitungen ^f, y f ^ 0 , so ergibt sich durch DifiFerenzieren dieser Gleichung nach x (gemaB (6) aus M.S.): , ' f + ;f. ; y = 0 wobei xV = hyfbK die gesuchte »innere Ableitung« ist. Durch Umstellen folgt daraus die gesuchte Ableitung: (7) Der Zusammenhang zwischen den Variablen x und y der impliziten Funktion kann nach diesem Satz durch das negative Verhaltnis der partiellen Ableitungen der impliziten Funktion beschrieben werden. Und ^ f und y f konnen auch dann bestimmt werden, wenn man y(x) nicht kennt. Fiir die beiden oben beispielhaft genannten impliziten Funktionen ergibt sich so: 5y dx
5y 5x
=
x'y =
x y y.to(x.y) +
=
x-y
^
x'y =
xln(x + y) + ^'•^
x+y
Anwendungsbeispiel: Die Funktionsgleichung x(a,c) = x beschreibt in der Produktionstheorie den Zusammenhang zwischen den Faktorinputs a und c, bei dem der Output x auf dem Niveau X unverandert bleibt (sog. Isoquante). Diese Produktionsfunktion sei differenzierbar mit den
M.5. Totales DiflFerential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem
641
beiden partiellen Ableitungen: a'x > 0 und Jx > 0 (Grenzproduktivitaten). Sie kann auch dann, wenn sie explizit zum Beispiel nach a auflosbar ist, in impliziter Schreibweise verwendet beziehungsweise als implizite Funktion interpretiert werden, um die Steigung da/Sc = c ^ der Isoquante zu ermitteln: f(a,c) = x(a,c) - X = 0 Nach dem Satz uber implizite Funktionen (7) ist nun: 5a ^
_ _ ^ ^ _ c'x
Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn das totale Differential 5x der Produktionsfunktion x(a,c) gebildet wird (also: bx = a'x • 5a + c'x • 5c) und man dabei beriicksichtigt, dal3 sich der Funktionswert x auf der Isoquante nicht andert, dal3 also 5x = 0 ist. Umstellen nach 5a/5c ergibt dann ebenfalls die obige Formel. Demnach ist die Steigung der Isoquante gleich dem negativen Verhaltnis der Grenzproduktivitaten c'x und a'x. Ist beispielsweise in einem Punkt (a,c) der Isoquante ^x = 7 und c'x = 14, so ist dort 5a/5c = -2 . Das heiBt: Eine zusatzlich eingesetzte Einheit der Faktors c erlaubt (bei gleichbleibendem Output) einen Mndereinsatz des Faktors a um zwei Einheiten.
Die Funktion y(x) beschreibt den Verlauf einer Isohohenlinie von f(x, y(x)). Mit Hilfe des Satzes (7) laBt sich zeigen, daB die Steigungen der Isohohenlinien, also Jy = 5y/5x, im Falle einer fi-homogenen Funktion f (vgl. M.4.4.c) entlang eines beliebigen Strahls aus dem Koordinatenursprung konstant sind. Denn fiir alle (i > 0 gilt: ;f(^ix,^y) -^y =
'X-.
| i ' " ' ' x'f(x,y)
X = -rr.—r-——
x'f(x,y) = -T~—-
(8)
Das heiBt: ^y ist nicht von \i, also von der Position auf dem Urstrahl abhangig. Diese Eigenschafl weisen iibrigens nicht nur homogene Funktionen auf, sondem auch alle streng monoton steigenden Transfomiationen (vgj. M.4.1.a) derselben. Funktionen, die streng monoton steigende Transformationen (vgl. M.2.c) von homogenen (insb. linearhomogenen) Funktionen sind, heiBen homothetisch. Beispiel: ^
ist eine in y streng monoton steigende Funktion. Ist y = y(x) eine homogene
Funktion, so ist ^y(x) eine homothetische. Auch bei ihr gilt folglich (8). c) Durch nochmaliges Diflferenzieren von (7) kann iiber die zweite Ableitung xY auch das Krummungsverhalten von y(x) untersucht werden. Bd x'y > 0 hat y(x) einen konvexen und bei x'y < 0 einen konkaven Verlauf (vgl. M.4.3.). Die Ableitung von (7) nach x ergibt gemaB der Quotientenregel (3) aus M3,b): xf(x,y(x)) yf(x,y(x))
642
Mathematischer Anhang
xf
+
y^f-xY
:f
..
-yf-xY
M t - x'f/yf ^ xY aus (7) und y^f = xyf (Satz von Schwarz, vgl. M.3.d) ergibt sich schlieBlich:
(9)
Bei yf > 0 hangt das Vorzeichen dieser zweiten Ableitung der Funktion y(x) von dem Vorzeichen des in der eckigen Klammer stehenden Ausdrucks ab. Es gilt dann:
;;y
=
0
<^
-'f + 2 . ; f . ' y
+ ;f .Qy)
<
=
0
(10)
>
Mit ^y = - ^f/;f folgt hieraus:
> x'Y = 0 <
c>
y
* /ir-x2
(;fr ^
2^f-4^
Nach Division durch (^ f )^ verbleibt
> "y
"f sJ
=0
"f ^ ^r
(11)
Anwendungsbeispiel: In der Produktionstheorie kann f(x,y) als Produktionsfunktion x(a,c) des Untemehmens inteipretiert werden. Fafit man so das x aus f als Kapitaleinsatz c, y als Arbeitseinsatz a und f als Ausbringungsmenge x auf, so lautet (11) in dieser Anwendung: nX
.a = 0
( »
2 • 1X
aX
(aX)
^
^X-aX
(*)
Die Konvexitat der Isoquante a(c) setzt voraus, dal3 i a ^ 0 ist (vgl. M.4.3.a). Nach der Bedingung (*) ist dies genau dann der Fall, wenn iiX
(>)'
_^
c^
(>)'
^
^ ' ac^
/^**y
M.S. Totales Differential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem
643
Um zu priifen, ob die Isoquanten einer Produktionsfunktion x(a,c) konvex sind, muB also die Bedingung (**) gepriift werden: Die beiden links stehenden Terme sind negativ, denn das Quadrat ist positiv und die zweiten Ableitungen der Produktionsfunktion sind nach Voraussetzung (U2) strikt negativ (Gesetz der abnehmenden Grenzertrage). Auf der rechten Seite sind die Grenzproduktivitaten a'x und c'x nach Voraussetzung (Ul) strikt positiv. SchlieBlich ist nach Voraussetzung (US) auch das Vorzeichen der gemischten zweiten Ableitung ac'x positiv (zunehmender Grenzertrag eines Faktors bei vermehrtem Einsatz des anderen Faktors), zumindest aber nicht negativ. Folglich ist die Bedingung (**) unter den Annahmen (Ul) bis (US) sicher erfiillt, die Isoquanten verlaufen dann also stets konvex. Das gilt speziell auch fiir die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. Die Bedingung (**) zeigt, daB sogar noch schwachere Annahmen ausreichen, um die Konvexitat der Isoquanten zu sichem. Denn auch falls ac x negativ ist kann sie erfiillt sein, sofem nur die rechte Ungleichungsseite einen »weniger negativen« Zahlenwert hat als die linke. Auch kann bei einem der Faktoren das Gesetz der abnehmenden Grenzertrage verletzt sein (z.B. a X > 0 ) , sofem die rechte Ungleichungsseite einen hinreichend positiven Wert aufweist. Dies kann sich der Leser gegebenenfalls anhand einfacher Zahlenbeispiele verdeutUchen.
M t Hilfe der Bedingung (11) konnen wir zeigen, unter welcher Bedingung Funktionen vom Cobb/Douglas-Typ, alsofl^x,y)= y • x" • y^, konvexe Hohenlinien y(x) haben, das heiBt solche mit Jy > 0. Zur Anwendung von (11) benotigen wir folgende Ableitungen der Cobb/Douglas-Funktion: 'f' =
'f =
Pf
af yl
X
(a-l)af
(a-l)-,f
X^
X
=
;f =
y
(P-i)Pf
(P-Oy'f y
a p f _ Jf •;£ ^
xy
f
Das eingesetzt in (11) ergibt:
i'y = 0
(a-l)^(P-l) a f P-f
Nach einigen Umformungen folgt: ;'y
= 0
<
<::> a + P = 0
(12)
<
Somit weist jede Funktion vom Cobb/Douglas-Typ, bei der die Summe der Exponenten positiv ist, konvexe Isohohenlinien auf Diese Konvexitat ist hier also eine vergleichsweise schwache, weil leicht erreichbare Eigenschafl. Bei Cobb/Douglas-Funktionen ist die Konvexitat der Isohohenlinien bei ^'f, y'f > 0 stets gesichert. Aufgrund des Satzes liber implizite Funktionen ist dann auch deren Stdgung sicher negativ.
644
Mathematischer Anhang
M.5.3 Hiillkurven und Enveloppentheorem a) Wir betrachten eine Funktion y(x;z), die fiir jeden Wert des Parameters z eine bestimmte Kurve beschreibt (vgl. M.2.d), fiir verschiedene Parameterwerte also eine Kurvenschar. Eine Kurve h, die in jedem ihrer Punkte eine Kurve dieser Kurvenschar tangiert, heiBt Hiillkurve Oder Enveloppe dieser Kurvenschar. Die folgende Abbildung zeigt drei Kurven der Kurvenschar und - dick gezeichnet - die untere Hiillkurve: y(x;zi)
8
9
10
11
12
In jedem ihrer Punkte hat die Enveloppe h(x) also den gleichen Funktionswert und die gleiche Steigung wie ein Punkt einer Kurve y(x;z) der Kurvenschar. Mit Hilfe dieser Eigenschaften kann die Funktionsgleichung der Enveloppe ermittelt werden. Das ist zum Beispiel erforderlich, wenn es gilt, aus einer Schar kurzfristiger Kostenkurven die langfiistige Kostenkurve herzuleiten. Es gilt die folgende Enveloppenbedingung: Eine einparametrige Kurvenschar der Gleichung y(x;z) mit z als von x unabhangigem Parameter, kann durch eine Kurve (Enveloppe) eingehiillt werden. Deren Funktionsgleichung ergibt sich durch Elimination von z aus dem folgenden Gleichungssystem: y(x;z)
=
;y(x;z) -
y
(1)
0
(2)
Es kann dabei wie folgt vorgegangen werden: 1. NuUsetzen der ersten Ableitung von y(x;z) nach z und Umstellen nach z. Dies ergibt einen Term z(x). 2.
Einsetzen des in 1. gewonnenen Terms in die Funktion y(x;z). Dadurch ensteht y(x;z(.)) = h(x) h(x) ist die gesuchte Funktionsgleichung der Enveloppe.
M.S. Totales Dififerential, Satz uber implizite Funktionen und Enveloppentheorem
Beispiel.
645
Gesucht ist die Funktionsgleichung h(x) der Hiillkurve zu der Funktion 4x^ y(x;z) - —— + z , wobei z der Funktionsparameter ist. Der Ansatz lautet: z 4x"
y(x;z) =
y
+ z 8x^
^y(x;z) =
gemaB (1)
+ 1 = 0
gemaB (2)
2
o
z
= 2 x 3
=
^^
Einsetzen dieses Terms fiir z in die urspriingliche Funktionsgleichung ergibt: 6
4x' [2x
+ 2-x3
=
33 12 J
4x^
+ 2-x3 = x3 + 2x3
^ 3x3 ^ h(x)
4x2
Gegeben sei die kurzfiistige Standard-Kostenftinktion _1 ^ K(x;c) = 2 c " 2 . x ' » +
Sc
mit c als Kapitaleinsatzmenge. (Es ist c = 2 • c ^ , K = 5/4 und F = 8c) Gesucht ist die Enveloppe der kurzfiistigen Kostenfixnktionen for alle moglichen Werte des Parameters c, das ist die langfiistige Kostenflinktion K^(x). Durch Ableiten von K(x;c) nach c und Nullsetzen erhalten wir gemaB (2): 'K =
- c 2-x^ + 8
c*
0
=
— • x^
= c(x)
Dies eingesetzt in die kurzfiistige Kostenflinktion ergibt die Funktionsgleichung der Enveloppe, also die langfiistige Kostenflinktion: K(x;c*)
=
2- - • x 6
8-
4 V
5_
5
4-x^ + 2-x'^ =
6x^
K^(x)
J
646
Mathematischer Anhang
b) Sd wieder y = yCx^;) eine Funktion mit der unabhangigen Variablen x und einem Parameter z. Eine Optimieoing (Maximierung odo" Minimiemng) d&c Funktion e r ^ t x*(z) als Lomng von Jy(x;z) = 0 und Jy(x;z);^0 dls Optimierer und y*(z) = y(x*(z);z) als Optimalwert von y (vgl. M.3.e). Sowohl der Optimierer x* als auch der Optimalwert y* hangen von z ab, sind also Funktionen von z. Je nach dem Wert von z ergibt sich im aUgemeinen ein anderes Optimum (x*,y*). x Beispiel: 1st y(x;z) = In x - —r- , so ergibt sich das Optimum durch: z^ ;y = -L-2^Lo X
o
x*(z) = z^
Z
y*(z) = y(x*(z);z) ^ ln(x*(z)) -
^ ^
In der Mikrookonomik geht es haufig d^iim, herauszufinden, wie sich der Optimalwert y* andert, wenn der Wert des Parameters z sich andert. Die Antwortfindenwir allgemein durch Differenzieren von y*(z) nach z (vgl. CHeichung (6) aus M.3 b): zfCz)
= xy(x*(z);z) - ;x*(z) + ;y(x*;z)
(3)
hn Optimum (x*,y*) ist aber stets ^ y = ^ • Deshalb bleibt in (3) nur: ;y*(z) = ^y(x*(z);z)
(4)
Dies ist die Aussage des Enveloppentheorems (Satz der Einhullenden): Im Optimum, also bei x = x*(z), entspricht die Ableitung der Optimalwertfimktion y*(z) nach z einfach der Ableitung der zugrunde liegenden Funktion y(x;z) nach z. Eine Unterscheidung von y(x*;z) und y(x;z) ist demnach im Grunde iiberflussig, wenn und weil x stets optimal an z angepaBt ist. Der indirekte Effekt von z iiber x auf y ist null (linker Summand in (3)). Diese Erkenntnis bringt eine erhebliche Vereinfachung bei Analysen der Eigenschaften von Optimalwerten. So ergibt sich im obigen Beispid einfech: 2x
zy*(z) = zy(x;z) = -3z
Der W ^ uber y(x*(z);z) ist dagegen wesentlich auRvendiger, da nach der Kettenregd auch die Abldtung d ^ inneren Funkdon von x*(z) 211 berechnai ist (wie in Qdchung (6) aus M.3.b). Nach (3) ergibt sich im Beispiel: .y*(z)-
1 x*(z)
_j _ z^ • 2Z +
2x
-y
Wegen x*(z) = z^ ist aber die Klammer gldch null, so daB sich das gjdche Ergebnis ergibt wie oben mit Hilfe des Enveloppentheorems.
M.S. Totales Differential, Satz uber implizite Funktionen und Enveloppentheorem
647
Armendungsheispiel. Der Gewinn eines Untemehmens, das nur den Produktionsfaktors Arbeit einsetzt, hangt von der Hohe des Lohnsatzes ^ ab: G(0 := P • x(a(^)) - I • a(f) Die Frage, wie sich der Gewinn verandert, wenn der Lohnsatz variiert wird, kann mit Hilfe der ersten Ableitung beantwortet werden: ^'G
= p • a'x • ^'a -
a - ^ • ^'a
Im Gewinnmaximum muB gemaB der Grenzproduktivitatstheorie Jx = £/p gelten. Dies eingesetzt ergibt: •A
^ •
^G = p—^a - a - ^ a P Nach Kiirzen von p heben sich offensichtlich der linke und rechte Summand gegenseitig auf und es verbleibt:
Das heil3t, es ware moglich gewesen auch einfach zu rechnen: G = p • x(a) - ^ • a
,G = - a
Das dies stets moglich ist, ist die Aussage des Enveloppentheorems.
648
Mathematischer Anhang
M.6. Optimierung unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Ansatz Der Ansatz von J. L. Lagrange (1736-1813) eraioglicht eine einfache Losung von Optimierungsproblemen, bei denen das Maximum oder das Minimum einer Funktion gesucht wird, wobei eine oder mehrere Nebenbedingung(en) zu beachten sind. Nebenbedingungen mlissen in Form von Gleichungen vorliegen. Die Vorgehensweise beim Lagrange-Ansatz soil hier nur schematisch und beispielhaft verdeutlicht werden, einmal durch die Ermittlung des optimalen Konsumplans eines Konsumenten und anschliefiend noch einmal durch die Bestimmung der Minimalkostenkombination eines Unternehmens. a) Ermittlung des Konsumoptimums: 1. Schritt: Kldrung des Optimierungsprohlems. Gesucht wird das Maximum einer Zielfunktion, namlich das maximale Praferenzniveau cp, beschrieben durch die hier beispielhaft verwendete Praferenzfunktion (p(Xi,X2) = xi*X2*', mit den als bekannt unterstellten Funktionskoeffizienten a, b . Die Nebenbedingung bildet die Budgetbeschrankung piXi + P2X2 = B, wobei pi, p2 die beiden Giiterpreise sind und B das Ausgabenbudget des Konsumenten. Das Optimierungsproblem wird wie folgt geschrieben: (p(xi,X2) -> max!
u.d.N.
prXi + P2X2 = B
Xi,X2
Verlangt wird also: "Maximiere das Praferenzniveau cp des Konsumenten hinsichtlich der konsumierten Giitermengen xi und X2 (das sind die beiden gesuchten GroBen!) unter der Nebenbedingung (u.d.N.), daB die Budgetbeschrankung eingehalten wird". 2. Schritt: Aufstellen der Lagrange-Funktion. Die Lagrange-Funktion S? enthalt als unabhangige Variablen die der Zielfunktion (xi und X2) sowie fur jede vorliegende Nebenbedingung einen sogenannten Lagrange-Multiplikator X. In unserem Beispiel gibt es nur eine Nebenbedingung und folglich auch nur einen Lagrange-Multiplikator. Die Lagrangefiinktion setzt sich additiv zusammen aus der Zielfunktion und der mit dem Lagrange-Multiplikator multiplizierten, nuUgesetzten Nebenbedingung. NuUsetzen der Nebenbedingung bedeutet in unserem Beispiel, daB die Gleichung prXi + P2X2 = B so umgestellt wird, daB auf der linken oder der rechten Gleichungsseite eine Null steht, etwa in der Form B - prXi - P2X2 = 0. Somit lautet die Lagrangefunktion des Konsumoptimierungsproblems: SP(xi,X2,A.) = xi^-X2'' + X[B-prXi-P2-X2]
->
max! Xl,X2
M.6. Optimiemng unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Ansatz
649
Der Satz von Lagrange besagt nun, daB die Losung des im Schritt 1 genannten Optimierungsproblems (Maximierung einer Funktion unter Nebenbedingungen) logisch aquivalent ist zu der Maximierung der soeben aufgestellten Lagrangefunktion ohne Nebenbedingungen. Dadurch wird gleichsam ein schwieriges auf ein einfaches Problem zuruckgefiihrt. 3. Schritt: Nullsetzen aller erstenpartiellen Ableitungen der Lagrangejunktion. Ein Maximum oder Minimum der Lagrangefimktion setzt voraus, daB alle ersten partiellen Ableitungen von S£ null sind (vgl. M.3.e). In unserem Beispiel ergeben sich durch die nullgesetzten ersten Ableitungen drei Gleichungen mit den drei Unbekannten xi, X2 und X: (1) , ; ^ =
a - x r ^ - x / - X-pi
- 0
<>
X = '^•^^"'•''^^
(1')
Pi
(2)
, > =
P - x ^ - x / - ^ - X.p, = 0
o
X= ^•<-''^''
(2')
P2
! (3)
^^
=
B-Pi-Xi -P2-X2
=0
<:^
Pi-Xi + P2-X2 = B
(3')
4. Schritt: Losen des so entstandenen Gleichungssystems hinsichtlich der gesuchten Grofien. Das Gleichungssystem (1), (2), (3) laBt sich nach den gesuchten GroBen xi und X2 auflosen (gegebenenfalls auch nach X). Beispielsweise kann man die durch Umstellen der Gleichungen (1) und (2) entstandenen Gleichungen (1') und (2') einander gleichsetzen. Dadurch verschwindet die Unbekannte X, und es ergibt sich: ^
a-l
.
B
Pi
n
a
B-l
P2
Durch einfaches Umformen laBt sich (4) schreiben als (4)
P^i
p,
^^—^ = — ax2 Pi
Die Gleichung (4') entspricht der Konsumoptimumbedingung, wonach die Grenzrate der Giitersubstitution ai,2 (linke Gleichungsseite) gleich dem Verhaknis der Giiterpreise (rechte Gleichungsseite) sein muB. In den beiden verbliebenen Gleichungen (4') und (3) bzw. (3') tauchen nur noch die beiden gesuchten Korlsummengen xi und X2 als Unbekannte auf. Stellt man (4') etwa nach X2 um,
(4") x,=^.f.x, Pi oc
und setzt die so entstandene Gleichung (4") fiir X2 in (3') ein, so folgt:
650
(5)
Mathematischer Anhang
Pi-Xi
P2
Pi-Xi-
o
i + P
B B a + p pi
(6a)
Dies ist die von dem betrachteten Konsumenten hochstpraferierte Konsummenge des Gutes 1. Die konsumoptimale Menge des zweiten Gutes ergibt sich analog dazu, wenn (4') nach xi umgestellt und dann in (3-) eingesetzt wird. Das gleiche kommt heraus, wenn man xt aus (6a) in die Budgetgleichung (3') einsetzt und dann nach X2 umstellt: X2
P
B
(6b)
a + P p2
Das gesuchte Konsumoptimum x*** = (x^, X2) des Konsumenten ist damit bestimmt.
D
b) Ermittlung der Minimalkostenkombination: 1. Schritt: Klarung des Optimierungsproblems. Gesucht wird das Minimum einer Zielfunktion, das ist die Kostenbudgetgleichung C(a,c) = ^ a + r e , unter Beriicksichtigung einer Nebenbedingung, namlich eines bestimmten, durch die Produktionsfimktion beschriebenen konstanten Outputs x(a,c) = x . Hierbei bezeichnen a, c die Faktoreinsatzmengen (Arbeit und Kapital), ^ und r die Faktorpreise (Lohn und Kapitalpreis), C die Hohe der Kosten und x die Ausbringungs- beziehungsweise Outputmenge. Formal wird das Optimiemngsproblem wie folgt geschrieben: min ! a,c
C(a,c)
u.d.N.
x(a,c) = X
Gelesen: "Die Kosten C soUen minimiert werden hinsichtlich der Faktoreinsatzmengen a und c (das sind die beiden gesuchten GroBen!) unter der Nebenbedingung, dafi die Produktionsfunktion x(a,c) einen bestimmten Output x ergibt." 2. Schritt: Aufstellen derLagrange-Funktion. Die Lagrange-Funktion ^ enthalt als unabhangige Variablen die der Zielfimktion (a und c) sowie fiir jede vorliegende Nebenbedingung einen sogenannten Lagrange-Multiplikator X. In unserem Fall gibt es nur eine Nebenbedingung und folglich nur einen Lagrangemultiplikator. Die Lagrangefiinktion setzt sich additiv zusammen aus der Zielfimktion und der mit dem Lagrangemultiplikator multiplizierten, nuUgesetzten Nebenbedingung. NuUsetzen der Nebenbedingung bedeutet in diesem Fall, dal3 die Gleichung x(a,c) = x so umgestellt wird, dafi auf einer Gleichungsseite eine Null steht, etwa: x - x(a,c) = 0. Die Lagrangefiinktion lautet hier somit: •^(a,c,?i)
=
' a + r e + £-[x -x(a,e)] -> min! a,c
M.6. Optimiemng unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Ansatz
651
Der Satz von Lagrange besagt nun, daB die Losung des in Schritt 1 genannten Optimierungsproblems (Minimierung einer Funktion unter Nebenbedingungen) logisch aquivalent ist zu der Minimierung der soeben aufgestellten Lagrangefunktion ohne Nebenbedingungen. 3. Schritt: Nullsetzen allerpartiellen Ableittmgen ckr Lagrangejunktion. Ein Maximum oder Minimum der Lagrangefunktion setzt voraus, daB alle ersten partiellen Ableitungen v o n ^ null sind (vgl. M.3.e). In unserem Fall ergeben sich drei Gleichungen mit den drei Unbekannten a, c und X: 1
(1)
>
=
^ -
(2)
>
=
r - X'^x
(3)
l^ =
x(a,c) - X
A,-3 X
<=>
i X = ^-
(V)
! = 0
<^
X = -^
(2')
! = 0
x(a,c) = X
(3')
=
0
4. Schritt: Losen des so entsUmdenen Gleichimgssystems hinsichtlich dergesuchten Grofien. Das Gleichungssystem (1), (2), (3) laBt sich nach den gesuchten GroBen a und c (gegebenenfalls auch nach X) auflosen. Beispielweise kann man die durch Umstellen der Gleichungen (1) und (2) entstandenen Gleichungen (1') und (2') einander gleichsetzen. Dadurch verschwindet die Unbekannte X, und es ergibt sich: (4)
-T~ = ^~ aX
Oder
^ ~ "^ 7 3X
QX
-c
Damit ist die notwendige Bedingung fiir ein Minimum der Kostenfunktion bei vorgegebenem Output X gefunden, die sogenannte Minimalkostenkombinationsbedingung. Um zu einer konkreten Losung zu kommen, muB fur x(a,c) eine konkrete Produktionsfunktion vorgegeben sein - wie oben unter a) eine konkrete Praferenzfunktion vorgegeben wurde. Wir wollen fiir das Folgende exemplarisch die bekannte Cobb/Douglas-Produktionsfimktion zugrunde legen: x(a,c) = ya*c^. Dafiir lautet die Bedingung (4) speziell:
r
ac
= ^
bzw.
p ^
c = ——a a r
Durch Einsetzen von (5') in (3) oder (3') folgt: P (6)
y . a « . —•-•a
=
X
(5')
652
Mathematischer Anhang
Diese Gleichung enthalt nun nur noch die eine unbekannte GroBe a. Durch Umstellen und Auflosen nach a ergibt sich fur die erste gesuchte GroBe: 1
.a+p
(7a)
a+p
r ]a+p
yf
Um jetzt die zweite Unbekannte c zu ermitteln, kann man beim Ubergang von (5) nach (5') statt nach a nun nach c umstellen und die sich dadurch ergebende Gleichung wieder in (3) bzw. (3') einsetzen. (Altemativ dazu kann man auch a^ gemafi (7a) in (5') einsetzen). Umstellen und Auflosen nach c ergibt dann analog zu dem vorigen Vorgehen die zweite gesuchte Grofie: «+p
(7a)
^V+p
r y-a"
a+p
Die Mnimalkostenkombination (a^, c^) ist somit bestimmt; die minimalen Kosten betragen: C(a%c^) = f a^^ + r-c° mit a^ aus (7a) und c^ aus (7b). Zur Ubung des hier skizzierten Lagrange-Ansatzes ist es empfehlenswert, den Nachweis zu fiihren, dal3 sich das gleiche Ergebnis wie in (7) ergibt, wenn man von folgender umgekehrten Problemstellung ausgeht (sogenanntes duales Optimierungsproblem): ya*c
-> max ! a,c
u.d.N.
?-a + r-c =
M.7. Elastizitaten
653
M.7. Elastizitaten a) Zur Messung des Zusammenhangs beziehungsweise der Abhangigkeit zweier okonomischer GroBen werden sowohl in der Wirtschaftstheorie als auch in der Wirtschaftspraxis haufig sogenannte Elastizitatswerte verwendet. Das Konzept geht auf den englischen Okonomen Alfred Marshall (1890) zunick. Wir bezeichnen die beiden GroBen durch x und y und fassen x als unabhangige und y als (von x) abhangige Variable auf. Die Elastizitat zwischen den Variablen y und x wird dann durch s(y:x) symbolisiert; lies: "Elastizitat von y in Bezug auf x" oder: "x-Elastizitat von y". Die Elastizitat 8(y:x) gibt an, una wieviel Prozent sich der Wert der Variable y andert, wenn der Wert der Variable x um ein Prozent zunimmt (oder abnimmt). Bei s handelt es sich somit - ahnlich wie bei den Ableitungen aus der Differentialrechnung (vgl. M.3) - um ein SteigungsmaB. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daB bei Ableitungen absolute, bei Elastizitaten relative Anderungen zweier GroBen ins Verhaltnis gesetzt werden. Zwischen den betrachteten GroBen x und y muB im allgemeinen keine kausale Abhangigkeit bestehen; es kann sich auch um einen hypothetischen oder statistischen Zusammenhang handeln. Meist wird aber von einem kausalen Zusammenhang ausgegangen, bei dem Anderungen von x ursachlich fur Anderungen von y sind. Es wird dann untersucht, wie Anderungen von x auf y wirken. Elastizitaten sind demnach Quotienten zweier relativer (prozentualer) Anderungen. Im Zahler steht in der Kegel die Anderung von y (also 5y) bezogen auf den y-Wert vor der Anderung; im Nenner steht die Anderung von x (also dx) bezogen auf den x-Wert vor der Anderung. Formal ist die Elastizitat somit wie folgt definiert:
e(y:x) := - ^
(1)
Steigt oder fallt x um ein Prozent, so andert sich y um £(y:x) Prozent. Beispiel. x steigt von 200 um dx = 6, also um drei Prozent (5x/x = +0,03 = +3 %), und damit geht eine Erhohung von y um sechs Prozent einher (also 5y/y = +0,06 = +6 %). Dann ist E(y:x) = +6 % / +3 % = 2. Auf jedes Prozent x-Anstieg kommt dann ein y-Anstieg von 2 Prozent. Ein positives Vorzeichen von 8(y:x) zeigt an, daB mit steigendem [sinkenden] x auch y steigt [sinkt], wogegen ein negatives Vorzeichen eine gegenlaufige Anderung von x und y zum Ausdruck bringt (y sinkt, wenn x steigt oder umgekehrt). Im Unterschied zu den Elastizitaten werden bei dem anderen SteigungsmaB, namlich den aus der Dififerentiab-echnung bekannten Ableitungen, die Anderungen als solche (Dy, 5x) ins Verhaltnis gesetzt: ^y = by/bK (vgl. M.3.). Der wesentliche Vorteil von Elastizitaten gegenuber Ableitungen besteht darin, daB ihr Zahlenwert nicht von MaBeinheiten abhangt. Denn die moglicherweise unterschiedlichen MaBeinheiten von y und x kiirzen sich im Zahler und im Nenner von (1) jeweils heraus. Elastizitatsberechnungen ergeben daher einheitenlose Zahlenwerte, die auch fiir verschiedene Anwendungsfalle miteinander vergleichbar sind. Ableitungen weisen dagegen
654
Mathematischer Anhang
haufig MaBeinheiten auf, die sich okonomisch kaum interpretieren lassen: Zum Beispiel ergibt die erste Ableitung der Nachfragefunktion x(p) nach dem Preis p x = 5x/Dp. Wird die Mengenanderung 5x in "Stiick" gemessen und die Anderung 5p des Preises in "Geldeinheiten pro Stuck", so hat p x die MaBeinheit "Stiick^ je Geldeinheit". Die entsprechende Elastizitat von x in bezug auf p ist dagegen einheitenlos. 1st im relevanten Wertebereich die Elastizitat 8(y:x) bekannt, so kann mit ihrer Hilfe eine einfache Abschatzung der absoluten Anderung von y (also von 5y) bei Anderung von x um 5x erfolgen. Dazu mufi nur die Definitionsgleichung (1) nach 5y umgestellt werden. Dies ergibt:
5y = JL..e(y:x).5x
^^^
Hierbei sind x', y' die Koordinaten des Punktes, in dem man die Abschatzung vomimmt. Ist beispielsweise x' = 10, y' = 1000, 8(y:x) = -0,2 und andert sich x um (k = 4, so ist noch (2) mit 1000 einer absoluten Anderung von y in Hohe von 5y = • (-0,2) -4 = - 80 zu rechnen. Fiir alle Arten von Elastizitaten s heiBt die als abhangig definierte Variable (hier y) in Bezug auf die als unabhangig definierte Variable (hier x): • vollkommen unelastisch, falls
Is| =0
• relativ unelastisch,
falls 0 < | g | < 1
• relativ elastisch^
falls
181 > 1
• voUkommenelastisch,
falls
| s | ^^QO
Zur Definition werden also nur die Absolutbetrage (vgl. M.l.f) der Elastizitatswerte betrachtet. b) Hinsichtlich der Ermittlung von Elastizitaten sind zwei Falle zu unterscheiden: Liegen (empirische) Daten fur die Variablen y und x vor, so wird (1) in Form der sogenannten Bogenelastizitatsformel geschrieben, in welche die gegebenen Daten einzusetzen sind. Fur 5y und 5x werden die Anderungen (Dififerenzen zwischen End- und Anfangswerten) der Variablen eingesetzt/ Der Index 1 kennzeichnet dabei den Anfangswert einer Variable und der Index 2 ihren Wert nach der Anderung (Endwert): y 2 - Yi
s(y:x) =
yi
„^'
X 2 - Xi
(3)
* In der spateren Foraiel (10) wird eine akemative BerechnungsmogUchkeit fiir die Bogenelastizitat
M.7. Elastizitaten
655
Einige realitatsnahe Beispiele zur Bogenelastizitat: Beispiel bl: Wachst das Bruttoinlandsprodukt Y von 3000 Mrd. GE um 60 Mrd. GE, so steigen die Steuereinnahmen S des Staates von 750 Mrd. GE auf 780 Mrd. GE. Wie groB ist die Elastizitat 8(S: Y) ? - Losung:
8(S:Y) =
780-750 750 3060-3000 3000
5S S 5Y Y
+ 4% + 2%
Ausgehend von den genannten Daten bringt also jedes Prozent Wirtschaftswachstum dem Staat Steuermehreinnahmen von zwei Prozent; das Steueraufkommen reagiert relativ elastisch auf Anderungen des Bruttoinlandsproduktes. s(S:Y) wird iibrigens als Aufkommenselastizitat bezeichnet. Fur den Zeitraum von 1950 bis 1973 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Aufkommenelastizitaten von 1,78 fiir die Lohnsteuer, 1,11 fur die veranlagte Einkommensteuer und 0,79 fiir die Korperschaftssteuer gemessen. Beispiel b2: Nach einer Untersuchung uber "anbieterinduzierte Nachfrage" steigt die Zahl der arztlichen Behandlungen B in esinem Gebiet um 30 %, wenn sich die Anzahl der Arztpraxen A verdoppelt. Wie groB ist die Elastizitat 8(B: A) ? - Losung:
E(B:A) =
^
^
R dA
-ft-
=
+ 30% = 0,3 +100%
—rzzTT
Jedes Prozent Mehr an Arztpraxen erhoht die Anzahl der Behandlungen um 0,3 Prozent. Die Behandlungshaufigkeit reagiert also positiv, wenn auch relativ ww^tofcc/i auf Anderungen der Praxenzahl. Interpretiert man die Aussage kausal, so »schaflfen« sich Arzte folglich zu einem gewissen Grad te^ Patienten. Beispiel b3: Das Untemehmen Reemtsma senkte im Januar 1983 den Preis p der Zigarettenmarke "West" von 3,80 auf 3,30 DM/Packung. Dadurch stieg der Absatz x auf das Siebenfache (also um 600 Prozent). Wie groB war die Elastizitat 8(x:p) ? - Losung:
^^""•P^ ~
jc_ ^ P
_ ~
+600 3,30-3,80 3,80
_ "
+ 600% -13,2%
^ ""^^'^
Jedes Prozent Preissenkung lieB den "West"-Absatz um gut 45 Prozent steigen. Somit reagierte der Absatz extrem elastisch auf Preisanderungen. s(x:p) wird als Eigenpreiselastizitat der Nachfrage bezeichnet. Wegen des negativen Vorzeichens liegt zudem eine normale Nachfragereaktion vor.
D
656
Mathematischer Anhang
c) 1st anstatt empirischer Daten eine Funktionsgleichung y = y(x) gegeben, die den Zusammenhang zwischen y und x formal beschreibt, so wird (1) in Form der sogenannten Punktelastizitatsformel geschrieben und zur Berechnung verwendet. Dazu wird der Doppelbruch so umgeformt (vgl. M.l.(2)), daB sich ein Dififerentialquotient (vgl. M.S.a), also eine Ableitungsvorschrift 5y/5x ^xY'^^gi^t: 5y(x) X , , ^ X xy(x)-x s ( y : x ) = -^^'—r-r = xy(x)--7-r- = ^ \ , (4) ^^ ^ bx y(x) -^^ ^ y(x) y(x) ^ ^ Um den Elastizitatswert an einer bestimmten Stelle x', das heiBt in einem bestimmten Punkt der durch y(x) beschriebenen Kurve zu ermitteln, mu6 x' fiir x und y(x') fiir y in die Punktelastizitatsformel (3) eingesetzt und die Ableitung XYC^') gebildet werden. 8(y:x) gibt dann an, um wieviel Prozent sich der Funktionswert y an der betrachteten Stelle andert, wenn x, ausgehend von x', um ein Prozent steigt (oder ^llt). Dabei wird unterstellt, daB "ein Prozent" eine infinitesimal kleine Anderung der unabhangigen Variable x ist. Mit Blick auf reale Anwendungen ist dies stets unproblematisch. Wenn die beiden Variablen x imd y nur positive Zahlenwerte annehmen konnen, dann stimmt das Vorzeichen der Elastizitat mit dem der Ableitung iiberein. Eine Funktion y = y(x), die fur alle moglichen x-Werte den gleichen Elastizitatswert s(y:x) aufweist, heifit x-isoelastisch. Isoelastische Funktionen sind der Regel keine Geraden.^ Einige Beispiele zur Punktelastizitat: Beispiel cl: Gegeben sei eine Funktion f(x) = a-x", mit a = 3 und a = 0,5. Wie groB ist die Elastizitat s(f:x) bei x = 25 ? - Losung: s(f:x) =
:f(x).^
= a-a-x"~^
X
a-x"
= a = 0,5
Wenn x also um ein Prozent steigt, dann steigt f(x) um 0,5 Prozent. f reagiert also relativ unelastisch auf Anderungen von x. Der Elastizitatswert hangt hier nicht von x ab; f ist also xisoelastisch. Beispiel c2: Gegeben sei eine Funktion y(z) = az" - b, mit a = 3, b = 20 und a = 0,5. Wie groB ist die Elastizitat e(y:z) bei z = 25 ? - Losung: 8(y:z) =
:y(z)-^
= a • a • z"" a-z" - b
a-z" - b
Dividiert man den Zahler und denNenner durch az", so ergibt sich:
' Vgl. den nachfolgenden Abschnitt d).
M.7. Elastizitaten
657
.„., . ^ ^
= .,,3
. ^
az"
35
Wenn z also um ein Prozent steigt, dann sinkt y um 1,5 Prozent. Eine prozentuale z-Anderung fiihrt also zu einer anderthalbmal so starken entgegengerichteten y-Anderung. y reagiert relativ elastisch auf Anderungen von z (well s dem Absolutbetrag nach groBer als Eins ist).
D Fur jede diflferenzierbare Funktion lassen sich auf die gezeigte Weise Punktelastizitaten ermitteln, sei es allgemein in Form von Berechnungsformeln, sei es konkret als Zahlen durch das Einsetzen bekannter Koeffizienten- und Variablenwerte in eine Berechnungsformel. d) Fur den besonders haufigen anzutreffenden Fall linearer Funktionen soUen die Elastizitaten im folgenden etwas eingehender betrachtet werden. Gegeben sei die allgemeine lineare Funktion: x(p) = a p + (3 wobei die Variablen x und p nichtnegative und die Funktionsparameter a und P beliebige (positive Oder negative) reelle Zahlen sind. x(p) beschreibt zum Beispiel bei a > 0 eine normale Angebotsfunktion und bei a < 0 eine normale Nachfragefunktion, wobei dann x die Gutermenge und p den Giiterpreis symbolisieren. Der Graph der linearen Funktion ist eine Gerade, deren Lage durch ihre Schnittpunkte mit der der x- und der p-Achse bestimmt ist (x°,p°; vgl. M.4.2):
' p = 0
' =>
x° = p
und
X = 0
P ^
P° = - —
Mit pX = a ist die Preiselastizitat (des Angebots oder der Nachfrage): 8{x: p)
px(p)p x(p) ap
a.p+P
_
p
,P
p + a
_
1
(5)
1 + -^^ a p
Je nachdem, ob a und p groBer, Ideiner oder gleich Null sind, ergeben sich die im folgenden Tableau dargestellten Falle. Leere Felder sind okonomisch irrelevante Konstellationen. s steht jeweils fiir s(x:p). Die Darstellung zeigt, dafi lineare Funktionen im allgemeinen nicht liberall den gleichen Elastizitatswert aufweisen, obwohl ihre Steigung liberall gleich ist. Insbesondere eine negativ geneigte Gerade weist alle Elastizitatswerte von Null bis minus Unendlich auf Genau in der Mitte liegt der Punkt mit s = - 1, der sogenannte einheitselastische Punkt.
658
Mathematischer Anhang
\^ a :
=0
>0
P\
8->l
p
<0 P
P
P
^^^S = -00
a
P
8= 0
>0
-
- >^B -
2a
1/ X
^P
a
P
X
P/2
-1
P ^
P
= 0
ys= 1 X
P
00
p
^^^>
S = 00
\
1p <0
P y X
1 p
X
e) Bei der Verwendimg von Elastizitaten sind folgende Rechenregeln Mlireich: • Ftir ale differenzierbaren Frniktionen y(x), die einen streng monoton steigenden Verlauf (x'yCx) > 0 fiir alle x) oder einen streng monoton fallenden Verlauf (xy(x) < 0 fiir alle x) haben (vgl M.4.La), gilt folgendes Lemma von der reziproken Ekstizitat: e(x:y)
1 e(y:x)
(6)
Beispielsweise gilt fiir den oben betrachteten Fall einer linearen Fimktion x(p) = a-p + p gemaB Gleichung (5): s(p:x)
= 1+
P a-p
Das ist die "Mengenelastizitat des Freises". Setzt man hier fiir p die Umkehrfiinktion von x(p) ein (vgl. M.2.b), also (x-p)/a so ergibt sich auch: 8(p:x)
X
x-P
wobei X den Punkt auf der Kurve x(p) angibt, in dem die Elastizitat gemessen wird.
659
M.7. Elastizitaten
• Sind zwei Funktionen von x gegeben, etwa y(x) und z(x), so gilt: Die Elastizitat des mathematischen Produktes von y und z ist gleich der Summe der beiden Einzelelastizitaten: £(yz:x) = 8(y:x) + s(z:x)
(7)
Insbesondere ist E(y-x:x) = s(y:x) + 1 und s(y-c:x) = 8(y:x) , mit c als konstantem Faktor. Fiir die Elastizitat des Quotienten zweier Funktionen y(x) und z(x) gilt analog: 8(y/z:x) = 8(y:x) — 8(z:x)
(8)
Insbesondere ist 8(y/x:x) = 8(y:x) - 1 . f) Aus der Punktelastizitatsformel (4) kann eine alternative und oft einfacher anzuwendende Formel zur Ermittlung der Bogenelastizitat (3) hergeleitet werden. Dazu wird die Eigenschaft der Ableitung der Logarithmusfimktion gemaB Gleichung (9) aus M.3.c) genutzt. Denn es gilt:
Jinx] = xi
(*)
und mit der Kettenregel gilt: x'[iny(x)]
/'**\ y(x)
Teilt man nun (**) durch (*), so ergibt sich die Punktelastizitatsformel (4) wie folgt: XYW
4lny(x)] 5[lnx]
y(x)
1
= XYW-
8(y: x)
(9)
y(x)
X
Interpretiert man 5 als Differenz, so bringt die Gleichung (9) zum Ausdruck, dafi es sich bei der Elastizitat um den Quotient zweier Anderungen logarithmierter GroBen handelt (vgl. ggf. M. 1 .e). Etwas vereinfacht kann deshalb geschrieben werden: 8(y:x) =
5 Iny Mnx
Iny^ -Iny^ lnx2 -InXj
(10)
Kennt man also zwei Mefipunkte (xi, yi), (X2, yi), wobei zum Beispiel der Index 1 den Anfangswert und der Index 2 den Endwert der GroBe (nach der Anderung) kennzeichnet, so ergibt sich die Bogenelastizitat zwischen den Punkten gemaB der Formel (10). Beispiel: (xi, yO = (10, 2400), (x2, yi) = (12, 1900) 8 ( y : x)
hiy^-lny,
hi (1900)-In (2400)
7,55-7,78
Inx^ - I n x ,
hi (12)-hi (10)
2,48-2,30
-1,28
660
Mathematischer Anhang
Interpretiert man in (10) den mittleren Quotient nicht als Verhaltnis von Differenzen, sondem als DiJ0Ferentialquotient, also als Ableitungsvorschrift, so wie by/bx = Jy, so laBt sich dies auch auf Funktionen anwenden, in denen Logarithmen auftreten oder erzeugt werden konnen: Beispiel: y(x) = b • x"^
In y(x) = In b + a • In x
Schreibt man nun y fur In y(x) und x fiir In x, so ist leicht zu sehen, dal3 die erste Ableitung von y = In b + a x nach x einfach a ist (die Konstante In b fallt ja beim DiflFerenzieren nach X weg). Also ist: xY
5y _ 51n y(x) 5x Dlnx = a
g) Ist der funktionale Zusammenhang zwischen zwei Variablen x und y nur in Form eines Graphen (Kurve) gegeben, so konnen Elastizitatswerte auch auf graphischem Wege ermittelt werden. Dazu wird an den Punkt der Kurve, fiir den die Elastizitat ermittelt werden soil, eine Tangente angelegt. Diese wird so lang gezeichnet, dafi sie die Achsen des Koordinatensystems schneidet. Die folgenden Diagramme zeigen zwei typische Beispiele. x' und y' sind jeweils die Koordinaten des Kurvenpunktes, x° und y° sind die Achsenschnittpunkt€ 4eT Tangenten:
Zur Ermittlung des Elastizitatswertes der Kurve im Punkte (x',y') wird nun von folgender abgewandelter Form der Elastizitatsdefinition (1) ausgegangen:
8(y:x)
5x
(11)
M.7. Elastizitaten
661
So geschrieben entspricht die Elastizitat dem Quotient aus Grenzwert by/bx und Durchschnittswert y/x im zu untersuchenden Kurvenpunkt. Mit dessen Koordinaten ist der Durchschnittswert gleich y'/x'. Der Grenzwert entspricht der Steigung der Kurve im Punkte (x',y') und damit der Steigung der Tangente in diesem Punkt. Die Tangentensteigung kann aber einfach durch die Achsenschnittpunkte ausgedriickt werden (vgl. die obigen Diagramme und ggf. M.4.2.): by __ bx
y' x'-x°
oder
5y dx
_
y'-y° x'
Bei x' < x° Oder y' < y° ergibt sich eine negative Steigung; die Kurve hat dann einen fallenden Verlauf (wie oben im rechten Diagramm). Setzt man diese tiber die Achsenschnittpunkte der Tangente gemessene Steigung ^ r by/bx in (11) ein, so ergeben sich die folgenden einfachen Tangentenformeln zur graphischen Ermittlung der Elastizitat in einem Kurvenpunkt (x',y') : x-
y'-y"
(12)
Bei der Anwendung einer der beiden Formeln aus (12) ist zu beachten, daB y die als abhangig definierte Variable und x die als unabhangig definierte Variable ist, egal entlang welcher Achse sie gemessen werden. DaB also die Formeln (12) auch dann gelten, wenn y auf der Abszisse (horizontale Achse) und x auf der Ordinate (vertikale Achse) steht, moge der Leser zur Ubung selbst nachweisen. Das hier beschriebene graphische Verfahren funktioniert allerdings nur, wenn die Koordinatenachsen metrisch skaliert sind (bei logarithmischer Achsenskalierung kann direkt die Formel (10) verwendet werden) und der Nullpunkt beider Achsen im Koordinatenursprung liegt. Als Beispiele TMX graphischen Elastizitatsermittlung konnen die beiden vorigen Diagramme dienen. Unabhangig von den Achsenskalierungen beziehungsweise den MaBeinheiten fur x und y, ergeben sich die numerischen Elastizitatswerte in den Punkten (x',y') durch Ausmessen von x' und x° so wie y' und y° mit einem Lineal und Einsetzen der gemessenen Werte in die Tangentenformel (12): linkes Diagramm
rechtes Diagramm
x'
=
2,2 cm
1,9 cm
x' - x°
-
1,1 cm
-2,3 cm
y
=
1,3 cm
1,8 cm
y'.yo
=
2,5 cm
-1,5 cm
X 2,2 2,5 ^ s(y:x) = - ^ « ^ - « 2 1,1 1,3
1,9 -1,5 -^— « — ^ « -0,8 -2,3 1,8
662
Mathematischer Anhang
Um, was manchmal erforderUch ist, den Punkt auf dem Funktionsgraphen zu ermitteln, bei dem der Elastizitatswert genau minus Eins ist (einheitselastischer Punkt), muB man entlang der Kurve die Tangenten vergleichen und jenen Punkt suchen, bei dem x° = 2x' beziehungsweise y° = 2y' ist. Im rechten Diagramm ist dann der Tangentenabschnitt zwischen dem MeBpunkt (x', y') und x° genauso lang wie der zwischen (x'y) und y°. Das heiBt, der einheitselastische Punkt liegt dann genau in der Mitte der Tangente, zwischen den beiden Achsenschnittpunkten x° und y°.
M.S. Lineare Regression a) Bei wissenschaftlichen und praktischen Anwendungen mikrookonomischer Modelle besteht das statistisch-methodische Anfangsproblem sehr haufig darin, eine gegebene Menge empirischer Daten durch eine mathematische Funktion zu beschreiben. Zur Anwendung der Produktionstheorie braucht man beispielsweise eine Funktion, die den Zusammenhang zwischen Input- und Outputmengen beschreibt, und in der Nachfragetheorie ist es erforderlich, die mengenmaBige Nachfrage nach einem Gut in Abhangigkeit von den EinfluBgroBen der Nachfrage funktional darzustellen. Lagen empirische Datenpunkte stets ordentlich entlang einer eindeutig definierten Kurve, lieBe sich die zugrunde liegende Funktion mit Hilfe der mathematischen Interpolationsrechnung bestimmen (vgl. fur den einfachsten Fall M.4.2.c). Leider weisen empirische Daten im allgemeinen eine mehr oder weniger ausgepragte Streuung auf, die eine exakte Verbindung aller Punkte unsinnig macht. Die Ursachen fur solche Streuungen sind vielfaltig (MeBfehler, Einfliisse von StorgroBen, Zufallseflfekte, ...) und konnen im einzelnen weder kontrolliert noch erklart werden. Um trotzdem zu mathematischen Funktionen zu kommen, greift man in der Wirtschaftsforschung wie auch in der Untemehmenspraxis auf die Methoden der statistischen Regressionsanalyse zuruck. Bei diesem Verfahren der multivariaten Statistik, geht es -graphisch argumentiert - darum, in einem Diagramm eine »moglichst einfache« Kurve so durch eine gegebene Datenwolke zu legen, daB sie den darin zum Ausdruck kommenden Zusammenhang der Tendenz nach »moglichst gut« beschreibt. Im folgenden wollen wir das grundsatzHche Vorgehen bei der Regressionsanalyse rezeptartig und stark vereinfacht fiir den linearen Fall darstellen. Der an mehr Detailinformationen interessierte Leser wird an die reichhaltige Lehrbuchliteratur zur Regressionsrechnung und zur multivariaten Statistik verwiesen. b) Zur Exemplizierung des methodischen Vorgehens betrachten wir das Beispiel der Kartofifelnachfragefiinktion, die im Empirikum 15.6.a) zur Sprache kam. Wir gehen aus von den in der folgenden Tabelle dargestellten Primardaten fiir den Preis p und die Nachfragemenge x^ aus 15 verschiedenen Perioden t. Der Preis ist hier die unabhangige Variable und wird, wie in der Statistik iiblich, durch x symbolisiert. Die Nachfragemenge ist die abhangige Variable, fiir die y geschrieben wird. Der Leser kann zur Verdeutlichung pt neben Xt und xf neben yt schreiben. Links neben der Primardatentabelle ist das zugehorige Streudiagramm abgebildet, das die "Punktewolke" zeigt. Der Leser soUte einige der tabellierten Daten mit den Koordinaten der Punkte vergleichen.
663
M.S. Lineare Regression
(1) Datenpunktnummer
t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
(2) unabhangige Variable
(3) abhangige Variable
Xt
yt
3,80 2,61 2,23 1,83 3,06 1,96 2.40 2,18 2,65 2,05 1,86 1,57 2,10 1,91 1,50
124 137 140 140 141 142 143 146 148 152 152 153 154 157 157
p 4.00 3,50 3.00 2.50 2.00 1.50 1.00 0.50 0.00
100
110
120
130
140
150
160
170 X
Die Punktewolke zeigt eine lineare Tendenz mit fallendem Verlauf. Es liegt daher nahe zu versuchen, sie durch eine Gerade mit negativer Steigung anzunahem. Die diese Gerade beschreibende lineare Funktion kann unter bestimmten Bedingungen (vor allem muB die ceterisparibus-Klausel naherungsweise erfuUt sein) als Nachfragefunktion x^(p) interpretiert werden, in diesem Fall als Kartoffelnachfragefunktion. Deren Funktionsgleichung soil nun mit Hilfe der linearen Regression ermittelt werden. Das Vorgehen wird allgemein mit den Variablen x und y gezeigt, damit der Leser es auch auf andere Falle entsprechend anwenden kann: c) Gegeben sei eine Menge von n Datenpunkten (xi, yi), (x2, y-i), ... (xn, yn). Bei jedem Datenpunkt (xt, yt) ist Xt der MeBwert eines Merkmals X und yt der damit verbundene MeBwert eines Merkmals Y. Der Datenindex t geht von 1 bis n, wobei n die Anzahl der Datenpunkte bezeichnet (z.B. den Stichprobenumfang). x ist als unabhangige Variable und y als (von x) abhangige Variable definiert. Zu ermitteln sind die Koeffizienten a und p der zu schatzenden Regressionsgeraden y = a + p • x , die der vorliegenden Datenmenge gemafi dem "Prinzip der kleinsten Quadrate" am besten angepaBt ist. Dazu kann wie folgt vorgegangen werden (die Summen E laufen jeweils von t = 1 bis t = n) : 1. Berechnung der arithmetischen Mittel der x- und der y-Werte:
2. Berechnung der Varianzen (= Quadrate der Standardabweichungen) der x- und y-Werte:
Vx=2:x?/n-x2 , V ^ = I y ? / n - y 2
664
Mathematischer Anhang
3. Berechnung der Kovarianz zwischen den x- und den y-Werten: 1_
_ _
4. Berechnung des Regr^sionskoefllzienten p (Geradensteigung):
5. Berechnung des RegressionskoefTizienten a (y-Achsen-Schnittpunkt): a = y-px
Nun sind a und p bekannt, und die Regressionsgerade y = a + p x ist eindeutig bestimmt. Urn angeben zu konnen, wie genau die Regression ist, welchen Erklarungswert sie hat, soUten noch statistische GiitemaBe berechnet werden. Die beiden wichtigsten eraiittehi wir auch hier: 6. Berechnung des Bestimmtheitsmafi^ (== Quadrat des Korrelationskoeffizienten r):
B = r-^
V
V
7. Berechnung der Varianzen und der Standardfehler der Regressionskoeffizienten: Y
_ _Y—t:—2LL
cp _
/Y
d) Zur Durchfiihrung der vorstehenden Berechnungen kann man sich aufier spezialisierter Computersoftware auch einfach und schnell einer Berechnungstabelle wie der folgenden bedienen. Der Leser vollziehe die im unteren Tabellenteil berechneten GroBen des obigen Herleitungsschemas nach Im unteren linken Feld steht die geschatzte Kartoffelnachfragefunktion in mikrookonomischer Schreibweise.
665
M.S. Lineare Regression
1
(3) abhangige Variable
(4)
(5)
(6)
3.80
124
14,44
15.376
471.20
2
2.61
137
6,81
18.769
357.57
3
2,23
140
4,97
19.600
312.20
4
1,83
140
3,35
19.600
256.20
5
3,06
141
9,36
19.881
431.46
6
1,96
142
3,84
20.164
278.32
7
2,40
143
5,76
20.449
343.20
2,18
146
4.75
21.316
318,28
9
2,65
148
7.02
21.904
392,20
10 11
2,05
152
4.20
23.104
311,60
(1) Date n pun ktnummer
(2) unabhangige Variable
t
Xt
1
1^ 1 1
1,86
152
3.46
23.104
282,72
1,57
153
2.46
23.409
240,21
2,10
154
4,41
23.716
323,40
14
1,91
157
3,65
24.649
299,87
15
1,50
157
2,25
24.649
235,50
E=
33,71
2.186
80,75
319.690
4853,93
2,2473
145,7333
5,3833
21312,6667
323,5953
n=
=x
=y
Vx =
VY =
CxY =
15
a =
P=
0,333
74.462
-3,916
172,18
-11.77
6^ =
0,619
1 ^^ 1 ^^ Z/n =
1
Xt yt
y "^
)i^{p) = 172,1 8 - 11,77-p
X
Vp = 6.560
SFp = 2,56
Va =35,313
SFa = 5,94
e) Das BestimmheitsmaB B gibt an, welcher Anteil der Datenstreuung dutch die Regressionsgerade erklart wird, wie hoch also der Erklarungsgrad der Regression ist. Im Beispielfall erklart die Regression 61,9 Prozent der Datenstreuung. Als Faustregel kann man sich merken: BestimmheitsmaBe zwischen 0,3 und 0,5 sind maBig, zwischen 0,5 und 0,7 befriedigend, zwischen 0,7 und 0,9 gut und iiber 0,9 sehr gut. Je hoher das BestimmtheitsmaB ist, desto enger liegen die Datenpunkte um die Regressionsgerade herum. Die Standardfehler sind die Standardabweichungen der Koeffizientenschatzwerte a und p. Sind die Standardfehler klein, dann sind die KoefFizienten recht genau bestimmt, werden also in etwa mit den geschatzten Werten ubereinstimmen. Bei groBen Standardfehlem sind die ermittelten
666
Mathematischer Anhang
Koefifizientenwerte ungenau. Die Standardfehler konnen auch zur Bestimmung sogenannter Konfidenzintervalle verwendet werden. Das folgende Diagramm zeigt die ermittelte lineare KartoflFelnachfi-ageftinktion. Der Leser kaiin mittels der Schatzgleichung die Achsenschnittpunkte der Geraden bestimmen.
P 4,00
,x^(p)=a + pp 3,50 -\ 3,00 2,50 2,00
i
1,50 1,00 0,50 0,00
" T
100
f — I — I — I — I — I — I — I — I — I — r — I — I — I — I — I
110
120 130 140
150
160 170 180
X
Anhang S: Stichwortverzeichnis
AHiangi^eitsposition 532,534 At^atzteschrankung 301 Ateatz-Fmikti(Hi/-Kiirve (kcmjekturale) 455f Abstraktion 3 Aquivalaite Variation 138 Aggregatim 57,108,330f Aggregationsbedingung 114 AkticMisparameter 496f Aktiais-Reaktions-V^imdenheit 523 AUgemeine GMchgewiditsth^jrie 408 Allgemeiner Verbund 435 AllokationsfiinkticHi (d^ Preissystems) 423f Altanativproduktion 201 Amoroso-Robinscai-Rmlation 461 Anbieter -inkumbmte 411 - potentieller 413 -preisabiler 358 - preisinabiler 290,358 - submarginaler 307 Anbietervorteil 347,437 Anfengsfekteenbundel 171 Angebot imd Nachfrage, Prinzip von 369 Angebot -anormales 334f - einzelwirtschaftliches 303 - langfristiges 318 -n<MTnales 333f Angebotselastizitat 65 Angebotsftinktion/-kurve, einzelwirtschaftliche 307,310 Angebotsgleichgewicht - langfristiges 415 -kuTzfristig^ 409 Angebotsmmgendiagramm 527 AngebotsmengQiunter^mze 304,308 Angebotsschwelle - eines preisinabilen Anbieters 304,308 * ernes preisabilen Anbieters 479 Angebotsuberhang 365 Anormale Nachfrage 90 Anormales Angebot 334f Arbeitsangebot -anormales 56 - des Haushalt^ 5If -normales 56 Arbeitseinsatzfimktion 150 Arbeitsintensitat 142 ArbeitskoeflSzient 153 Arbeitsnachfrageelastizitat 224 Arbeitsnachfrageftinkti(Mi 221 Arbitrage 426 Arbitragegleichgewicht 427
Arbitrageur 426 Asymmetrische Konkurr«izreakti(m 543 AsymmetrischeNachfragevOTbundenheit 85 Atomistische Nachfrage 357 Ausbreitungseifekt 447 Ausbringungsmenge 142 Ausgaben (des Haushalts) 31,106,132 Ausgabenanteilstheorem 73 Ausgabenbudget 30 Ausgabenelastizitat der Nachfrage 106f Ausleseftinkti(m (des Preissystems) 424 Autoregulation (des Markt^stans) 380
B Basar 353 Bedingung erster Qrdnung (fflr ein Gewinnmaximum) 289 Bedingung zweiter Ordnung (fiir ein Gewinnmaximum) 294 BessQ-bereich 15 Besserpraferenz 14 Betrieb 141 Betrid5sgr6fie 171 - qjtimale 283 Betriebsoptimum 285 Bezugsgnippmeffekte 122 Billigmarkt 425 Bodsiertragsg^etz 158 Bowley'schCT E^opolpunkt 534f Branche 330 Branchenbedingte exteme Effekte 342f Branchmeff^ 342 break-even point 291 Bruttoeintrittsrate 414 Budget (d« Haushalts) 30 Budgetenteil 31,72f Budgetbeschrankung 30 Budgetga^de 3If Budgetrestriktion 30
c CES-Funktion 161 cetOTS-parihis-Bedingung 59 Chamborlin'scher Tangentialpunkt 521 Cobb/Douglas-Produktionsfimktion 161 cost-plus-pricing 507 Coumot-Bedingung 289 Coumot-E^opol -hetQ-ogen^ 538 -homogenes 525 Coumot-Gleichgewicht 524^ 529 Cojmot-Punkt 458 Coumot'sche V^haltmsannahme 525
Anhange
668
D Deckungsbeitrag 290,316 Deckungsbeitragselastizitat 474 D^investition 279 Destabilisieroide Spekulation 43 If DiametraleNachfragevQ'bimdaiheit 85 Direkte Preiselastizitat der Nachfrage 96 Dirigismuseffekt 447 Dorfinan/Stemer-Th^aram 513 DurchschnittKdie Fixkostei 252 Durchschnittsdedorngsbeitrag 290,316,474 Durchschnittserlos 287,460 Durchschnittsertrag 153 Durchschnittsgewinn 288 I^jTchsdimttsgewinnmaximienmg 511 Durchschnittskostm(ftmktion) 252,261 Durchschnittskostmelastizilat 274 Durch^feiittskastenminimum 255 Durchsdmittsproduktivitat 153 Dynamiscbe Analyse 384 Dyopol 358,525
E Effektive Marktangebotskorve 344f EflFektive Marktaachfragekurve 124,126 EfifektiverMarkt 394 EflSzienz - technische 143,149,194 - wirtschaftliche 207 Eig©ripreis^:^angigkeitsanalyse 89f Eigmpreiselastizitat do* Nachfrage 96 Eindeutiges Gleichgewicht 402 Einheitselastischer Punkt 466 Einhiillende 247 Einkommen/Konsum-Kurve 63 EinkommmsaWiangigkeitsanalyse 59f Emkommoiselastizitat d^ Nachfrage 65 Einkanmensunabhangige Nachfrage 60 Einleiteflfekt 497 Einproduktuntemehmen 142 Einsatzfektor 142 Einzelanbietervortdl 348 Einzelfektorvariati<Mi 148^226 Einzelnachfragervorteil 132 Einzelpreisvariation 75^ 137 Einzelwirtschaft 1 EinzelwirtschaftHche Angebotsfiinkti<Mi/-kiirve 307,310 Einzelwirtschaftlich^ Angebot 303 Elastizim 65 - Arbeitsnachfrage 224 -Ausgaben- 106f - Deckungsbeitrags- 474 - der variabloi Kosten 275 -desAbsatzes 461 - d^ einzelwirtschaftlicheai Angebots 311 - d^ Marktangebots 336
- Durchschnittskostoi- 274 -Eigenpreis- 96 -Emkommens- 65 - Grenzkosten- 275 - Isoquantoi- 196 - (G^amt-)Kostm 272 - Kreuzpreis- 81 - Mengenreaktions- 527 -ft-odukticms-167 -Skalen- 174 - Sutetitutions- 226 -Werbe- 513f Elastizitatstheorem - d^ mikrookonomischm Nachfragetheorie 103 - der mikroakonOTnischm Produktionstheorie 175 - der kcHnparativ-statischenMarktthewie 392 Empiric 6 Endogaie Variable 118 Endogene Variablmandening 381 Engel-Kurve 63f Engel'sdie - Aggregationsbedingung 74 -Nachfrage 59f Engel'sches -Gesetz 67 -Theoran 74f EngpaBfektor 159 Envelqppe 247 Erl6s(fimktion) 2871^458 Erlosgrundgleichung &si.er Qrdnung 459 Erlosmaximumbedingung 466 Ertragsfiinktion, FaktCH" 149 Ertragsgebirge 145f Erzeugnis 142 Essoitieller FaktcM* 146 Euler'sches Theorem 103,175 Existenzbedingung (fiir ein Marktgleichgewicht) 396f Exogene Parameteranderung 381 Exc^me Parameter 118,340 Expansionspfed - kurzfristiger 238 - langfristiger 230 Extaner Effekt - branchenbedingt 342 - produkti(Misbedingt 342 - technol(^sch bedingt 344f - zwischm Konsumenten/Haushalten Extemer K(Misumeffekte 122 ExtmierNachteil 342 Extemer Produktionseflfekt 342 Extemer Vorteil 342
F Faktor (Einsatz-) 142 Faktorangebot 5If
669
S. Stichwortverzeichnis
Faktordurchschnittskosten 217 FaktoreinsatzfijnkticBi/-kurve 150 Faktoreinsatzmengenkombmation 142 FaktcM-enbtindel 142 FaktOTgroizertrag 150f Faktorgrendvosten 217 Faktorengraizproduktivitat 150f FaktorintQisitat 142,182 Faktonnengenbeschrankimg 201 Faktormoigairestriktimi 169 Fakt{miachfrag^e 75f Fimktioneller Verbimd (zwischoi Markten) 434 Fusion 535
Geknickte Preis-Absatz-Kurve 541 Geldillusion, Freiheit von 37,103 Gen^ellerEffekt 497 Gesamtanbietervorteil 348 Gesamtausgabenanteil 73 G^amtbudgetschrankung 74 Gesamterlos 458^ 460 Gesamtkostm{&nktic«i) 249,261 G^amtkostanelastizitat 272 Gesamtnachfragervorteil 133 Gesamtvorteil 437 G^amtzahlungsba-eitschaft 131 Gesetz, wirtschaMches 5 Gesetz da-Nachfrage 113 Gesetz des Angebots 333 Gesetz des einheitlichoi Preis^ 354 Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs/Groizertrag 153 Gesetz von da- alaiehmenden Grenzrate do'Faktcffsubstituticm 197f Gesetz von der abnehmenden Grenzrate dffl" Gtttersutetitution 26 GesetzmaBigkeit 5 Gewinn (Bedeutung) 419
GewiimCfonkticHi) 288,321 Gewinngraize 292 Gewinmnaximi^iingsbedingung 474 Gewinmnaximia:-ungsbedingiing bei I¥eisdiffa-aiziCTung 501 Gewiiinmaximierungshypothese 287 Gewinnmaximum -inno'es 302 -Rand- 302 Gewinnmechanismus 417 Gewinnschwelle 291 GiflFen-Gut/Effekt 94f Gleichgewicht -Angebots- 409 -eindeutiges 402 -irniQ-^ 396
-Marirt- 368 - momentanes 421 -Rand- 396 - stabile 402 Gleichgewichtsm^ige 369 Gleichgewichtspreis 368 Gren^nbieto" 304,331 Grmzerlos 288f Grenzerl5s(fiinktion) 458^460 Gr^izertrag 150f -desGeldes 216 Groiz^tragsausgleichsth^M-em 216 Grenzatragsges^ 153 Grenzgewinn 289 Grenzkosten des FaktOTs Arbeit 217 Grenzkosten(fimktion) 257 Grenzkostenelastizitat 275 Grenzkostenpreisr^el 306,309 Grmznachfrage 90,114 Grenznachfrago- 109 Grenqproduktivitat 150f Grenzproduktivitatsbedingung 321 Grenzproduktivitatstheorie 321 Gren2rate der FaktorsuMitution 190f Groizrate d& GCtta*substituticHi 17f, 38 Grenzrate der Transformation 202 Gut 11 -heto-ogenes 353 -homc^oies 352 Guterbtindel 12 GutormeegQikombination 12 Gtlterraum 13 Gttt^substitutionsrate 17,38 Gutervariation 17
H Haushalt, privater 1,11 Haushaltsoptimum 55 Het^ogener Markt 353 Heterogenes Gut 353 Hdchstmengoirestriktion 169 Hbchstpreis 440 Homogene Funktion 174
Anhange
670
Homogene Kcmkurrmz 361 Homogener Markt 353 Homogenes Gut 352 Homogmes Oligopol 525 Hom(^«iitat (von GtttCTn) 352
IndiflFerente Gutervariation 17 Indiffermte Variation 17 Indifferenz 14 Indifferenzfonktioo 28 IndifferQizkurve 14 Indififerenzkurvenschar 21 lndividuelleNachfrage(fimktion) 41 IndividueEePreisoborgrenze 109 Individuelle(s) Arbeitsangebot(sfimkti(Mi) 55 Ineffizienzeffekt 447 Inferiors Gut 60^67 Inf<MTnati(HisfimkticHi (des Preissystems) 423 Inkumtenter Anbieter 411 Iraieres Gewinnmaximum 302 Inneres Gleichgewicht 396 Inneres K(msumoptimum 43 Input (do-ProdukticHi) 142 Instabil^ (Markt-)Gleichgewicht 398f Integrabilitatsthwrie 50 Interdepedenz - der MSrkte, totale 435 - oligopolistische 523f Intaregionale Prdsangleichung 427 Interr^caiale PreisdiflFerenz 425 Intersektorale Rmdit^ngleichung 430 IntCTvallr^triktion 170 Inta^eetion 439 -staatlidie 355 interventionsaufwand 445 Inv^tion 279 Is(^enza*losfiinktion 505 IsokostOTgerade 208f Is<x}uante Faktorvariati(Ki 148,180f IsoquantQielastizitat 195f Isoquantenfijnktion 180f
Jevons'sch^ Gesetz 354 Jevonscher Moihanismus 354
K JCapazitatsb^dirankung 170 Kapazitatsgrenze, - kurzfristige okcxMMnische 409 - langfristige okonomische 415 -technische 170 Kapitalintaisitat 142 Kapitalkoeffizient 153 Kapitalkosten 208 Kapitalrentabilitat 508f
Kapitalrentabilitatsmaximiaimgsbedingung 510 Kartell 535 Kartellbildung 535 Kassamarkt 431 Kau^ler Verbund (zwisch^i Markten) 434 Ring'scheR^el 102 Klassische Produktionstheorie 158 Knappheit 11 KoUusion 535 Komparativ-statische Analyse 385 Kompensi^ende Variaticm 137 Komplement, (3c<momisches 76,119 Konkurrenz -homogene 361 - monopolistische 358f, 515 -minose 413,453 - unter den Anbietem 366 - untQ-den Nachfragem 367 - vollkcanmene 358f Konkurrmzreaktion, a^^rometrische 543 Kwisum 11 KcffisumentairQite 132 Konsummengendiagramm 13 Konsumoptimum 36,42f -inneres 43 K(Misumq>timumbedingung 38 Konsumplan 36 Koordinationsfiinktion (des Preissystems) 423 Kosten 207f -fixe 241,249 - variable 241,249 Kostenbudget(gleichung) 208 K(Bten(fijnktion) - Durch^to^itts- 252,261 -Gesamt- 249,261 -Grenz- 257,261 -kurzfristige 239 - langfristige 227 KcBtengrundgleidiung erster Ordnung 264 Kostoiminimioimg 21 If KostoMninimimmgsprinzip 207 Kosten-plus-R^el 507 KostensQikungsmechanismus 412f Rrelle-Koeffizient 362 Kreuznadifi^^fimktion) 75f Kreuzpreiselastizitat der Nachfrage 81 Kuppelproduktion 201 Kurze Frist 226,250,421f Kurze Marktseite 370 Kurzfristige Faktcffnadifrage(fiinktion) 238 Kurzfristige Kostenfunktion/-kurve 240f Kurzfristige 6k(momisdie Kapazitatsgrenze 409 Kurzfristigo-Expansicmspfed 238 KurzfristigesAngebotsgleichgewicht 184 Kurzfristige Marktgleichgewicht 368
Lange Frist 226,250,422 Lange Marktseite 370
S. Stichwortverzeichnis
LangfristigeAngebotsfiinktiQn/-kurve 319 Langfristige Faktomachfrag^fimktion) 238,320 Langfristige Kosteai(fimkticMi) 227 Langfristige Marktgleichgewichtsb^ingung 415 Langfristige QkoMMiiiMie Kapazitatsgroize 415 Langfristigo" Expansionspfed 230 Langfristiger Marktgleichgewichtspreis 415 Langfristiges Angebot Langfristiges Angebotsgleichgewicht 415 Langfristiges Gleichgewicht (bei nionq)olistischer KcHikurraiz) 521 Langfristiges (Markt-)Gleichgewicht 415 Latenter Markt 394 Lemma von da* reziprdk^i Elastizit^t 658 Leontief-Produktionsfiinktion 159 LsTiQ-'sch^ M(Hiopolgrad 489 Lin^-limitatiaialeft-odukti(msth«)rie159f Ldin 52 Lohnelastizitat der Arbeitsnachfrage 225 LohnkostQi 208 Lohnquote 232 Ldinsatz, realer 53 LdmstiickkostQi 217
M Makrodkonomik 2 Makrophanomen 2 Markt 351 -effdctiver 394 -heterc^ener 353 -hanogeaier 353 -latmter 394 -offener 355 - potentieller 394 - iinvollkcmimener 356 - voUkommener 356 Marktangebot(sfimktiQn) 330 Marktdia^amm 364 Markteintritt 413 Markteintrittsbarriere 417 Markteintrittsmechanianus 413 MarkteintrittskcHikurrenz 413 Marktform 352 Marktformenimterscheidimg - anaiytische 361f - morphologisdhe 356f Marktgleichgewicht - bei m(»iopolistiscJia* Konkurroiz 521 - im Oligopol 524, 528 - instabiles 398f -kurzfristiges 368f -langfristige 415f -stabiles 398f Marktgleichgewichtsbedingung 369 -langfristige 415 Marktgleichgewichtspreis, langfristiger 415 Marktkomplex 425 Marktmacht 489 Marktmechanismus 418
671
Marktmengenobergrenze 111 Marktnachfrage(fittiktion) 57,127 Marktnachfragekurve, -effdctive 124,126 - scheinbare 123,126 Marktpotential 415 Mark^reisobergrenze 109,111,332,339 Marktramnung 368 Marktreaktionsfiinktion 455 Marktsattigungsmenge 111 Marktformoischema, morphologisches 356f Marktstruktur 35 If Markttransparenz - voUstandige 354 - unvollstandige 354 Marktumsatz 372 Marktungleichgewicht 369 Marktvo-bund -allgemeiner 435 -fimktionella'434 -kausal^ 434 - (rein) 6k(Hi<Mnischer 435 Marktvollkommaiheit 352 Marktvolumen - mengenmaBige 370 -wertmaBiges 372 Marshall'sche Nachfrag^fimktion) 89f, 116 Marshall-Stabilitat 400f Mehrdeutigkeit (von Gleichgewichten) 402f Moig^i-ReakticMisftoiktiafi 526 Moigenanpasser 360 -verhalten 407 MengenefiFekt 463 Mengenmechanismus 401 MoLigmprozS 410 Mengmrabatt 34 Mengen-R^ktionsfiinktion/-linie 527 MikroQkooomik 1 Mikrq)han(MnQi 2 Mindestmaigenr^triktion 169 Mindestpreis 443 Minimalkosten(biidget) 212 Minimalkc^enkanbination 212 Minimalkostrnkombinationsbedingung 212f, 217 Mischungsvorliebe 22 Mitlaufereffekt 122f ModeU, th^retische 3f Momentane Gleichgewicht 421 Monopol 357f,362,451,487 -reines 358,451 Monqjolgrad, Lemer'scho- 489 Monopolistische Konkurrenz 358^515 Monopolistischer Preissetzungsspielraum 517 M(Hiq)olmenge 458 Monopolpreis 458 Mciphologisches Marktfr)rm0Eischema 356f
672
N Nachfrage(fonktion) 45 -Engel'sche 59f - individuelie 41 -Kreuz- 75f - MarshalFsche 98f -partielle 45 - totale individuelie 46 Nachfrage -anwmale 90 - atomistische 357 - einkommensunabhangige 60,67 -Markt- 57 -normale 90 -preisstarre 90,97 Nachfrag^lastizitat in B^ug auf - den Eigenpreis 96 - das Einkommen 65 - den Fremdpreis 81 Nachfrageintodepaidenz - dk(Hi
o Ob©-^ Kaiturbereich 50 Ofimbarte Praferenzen 46f Offmer Markt 355 Okonomisch imaWiangig^ Gut 76f Okcjnomische Nachfrageinto'dependenz 76 OkcMiomisches Kanplemoit 76,119 6konomischesper-saldo-K(»nplement 104 Okonwnischesper-saldo-Substitut 104 OkaiOTiisches Substitut 76,119 Oligopol 357f,362,538 -het^c^enes 538 -homogenes 525 Oligopolgleichgewidit 524, 528,533 Oligopolist 523 Oligopolistische Interdependoiz 523f Optimale BetriebsgroBe 283 Optimal^* Konsumplan 36 Ou^ut (der Produktion) 142
Anhange
Parallelproduktion 200 Parallelvo-haltQi 535 Partialanal)^ 7,435 Partielle Faktorvariabilitat 148 Partielle Marktnachfragefimktion 57 Partielle Nachfrage(fijnktion) 45 Partielle Preisvariation 75f, 137 Per-saldo-K(HnplQnent, (ttconomisches 104 P^-saldo-Substitut, okcmomisches 104 Per-saldo-unabhangig 104 Plankostenkurve 285 Polypol 357,362 Potentieller Anbieter 413 Potoiieller Markt 394 Prafermzoi 13 Praferenzoi, offenbarte 46f Praferenzfeld 23 Prafoenzftrnktion 27 Prafeenzniveau 20 Praferoizordnung 27 Prafeaizstarke 20 Preis 30,422 Preis/ Absatz-Funktion/-Kurve -gewohnliche 455f -geknickte 541f Preis/Konsum-Kurve 80,92f Preis/Mengen-Diagramm 364 Preisabil(er Anbieter) 358,454 Preisdiflferenzierung 499 -totale 50 -personelle 499 -zeitliche 499 -raumliche 500 -sachliche 500 Preiseffekt 463 Preiselastizitat -desAbsatz^ 461 - des einzelwirtschaftlichm Angebots 311 - des Marktangebots 336 - der Marktnachfrage 96 Preisfimktionen 422f Preisinabil(Q* Anbieter) 290,358 Preisisoelasti^h 97 Preismechanismus 368 Preisnehmerverhalten 290,358,406,487 Preisoba*grenze des Nachfragers 109 ft-eis-R^ktitmsfimktion/Kurve 539f Preissetza^erhalten 454 Preissetzungsspielraum,monq>olistisclier 517 PreisiiberbietungsprozeB 367 Preisunterbietungsprozefi 366 Preisuntergr^ize 304,308 - eines Monopolisten 479 I¥inzip von Angebot und Nachfrage 369 Problemzuwachseffekt 447 Produkt 142
S. Stichwortverzeichms
Produktbundel 202 Produktion 141 - imva*bundene 200 -v^bimdaie 201 Produktionseffekt, extems" 342 Produktionselastizitat 167 ProdukticmsfektOT 142 Produktionsfiinktion 144f Produktionskoeffizient 153 Prcxiuktioiisk(^toi 212 ProdukticHiOTiengenkombmatiai 202 Produktionsm6glichkeitaifiiriktion/-kurve 202f Produktionsperiode 142 Produktionstechnologie 182 Produktionstheorie - neoklassische 156f -klassische 158 - linear-limitatianale 159f Produktmenge 142 Prohibitivpreis HI Pimktmarkt 353
R Rand-Gewiiinmaximum 302 Randgleichgewicht 396 Randoptimum (des Konsums) 44 Rationierungsfimktion (des Preis^^stems) 424 Mumliche Verbundenheit (zwischen MSrkten) 425 Reaktanz, Nachfrage-104 Reaktiaiselastizitat 527 Reaktionsftrnktioo -Mengen- 526,530 -Preis- 539 Reaktionskoeffizient 526 Rmktionslinie 527 Reaktionsverbundoiheit 358, 523 Realer Faktorpreis 322 Reallohnsatz 53 Rein okonomischer Verbund (zwischen Marktai) 435 ReinesMonopol 358,45If Relativpreiselastische Nachfrage 97 Relativ preisunelastische Nachfrage 97 Reziproke Elastizitat, Lanma von der 658 reveled preferoice 46f Ruhelage 369 Ruinose Konkurrmz 413,453
Sachliche Vo-bimdenheit (zwischen Marktm) 432 Sato-Funkticm 158 Satz liber Grenz- imd Durchschnittskostm 265 Satz iibo" implizite Funktionen 92 Scheinbare Marktnachfragekurve 123,126 Schlwhterbereich 15
673
Schwabe'sches Gesetz 67 Schwach supmores Gut 67 SchwacheNachfrageinterdependenz 84 Schwaches Komplement 82 Schwach^ Substitut 82 S^moit, Nachfrage- 57 Selektionsfirnktion (des Preissystems) 424 Shephard's Lemma 236f Signal&nktion (des Preissystems) 423 Skalmd^ression 254 SkaloielastizilBt 174 Skaloiertrag (zunehmesider, kcmstanter, ahndimender) 128,129,131,144,179 Skalenertragsfimktion/-kiirve 171f Skalenfektor 171 SkalaigoMe 189 Skal«miveau 171 Skalenvariation 148,171,226 Snob-EflFekt 125f Spekulant 431 Spekulation 320 - destabilisi^ende 43If - stabilisierende 431 SpeziellerEffekt 497 Spillover-Efifekt 405,441,447 Stabiles (Markt-)Gleichgewicht 398f, 402 Stabilisierende Spekulation 431 Stark supmores Gut 67 Starke Komplemoit 82 Sterkes Sutetitut 82 Starre Nachfrage 67,90 Steuerungsfiinktion (d^ Preis^tems) 423f Strat^sch^ KcHikurroizverhalten 358 StCitzungskauC staatlicher 449f Suhnarginaler Anbieter 307 Substitut, okonomisches 76,119 Substitutionselastizitat 222 Superiores Gut 60f,67
Tangentialbedingung 38 Technisdi ineffizient 149 TechnischeEffizienz 143,149,194 Tedmische Kapazitatsgrenze 170 Technol(^ische exteme Efflrte 344 TechnologischCT Fortschritt 164f Teilmarkt 515 Teilmcmopol 357 Teiloligopol 357 Terminmarkt 431 Teuatnarkt 425 Thecron 5 Theorie 6 - n^klassische 6 Totalanalyse 7,435 TotaleFaktOTvariabilitat 148,171 Totale individuelle Nachfrage(liinktion) 46 Totale Preisdifikoiziraxing 506 TransakticMi 355
674
Transaktionsmenge 370f Transaktionspunkt 370 Transformaticmskurve 202 Transparoiz (des Marktes) 354 Triffin-Koeffizient 359
u Ubair^ungseffdrt 441,447,405 Ubo^timrngsgrad 486 Umleitefifekt 497 Unabhangiges Gut, okonomisch 76f Unabhangigkeit (VOT Planungen) 355 Unabhangigkeitsposition 532,534 Unersattlidikeit 14 Ungleichgewicht 369 UngleichgewichtstheOTie 405 Unteilbarkeit 241 UntQ-CT K(mturbereich 49 Untemehmen 1,14 If Unva-bundone ProdukticMi 200 Unvollkommmer Markt 356 UnvollstMidige Markttransparenz 354
Variable (Gesamt-)Kosten 241,249 Variable Durchschnittskosten 252 Variation -aqui^^lonte 138 - kompensierende 137 Veblen-GutZ-Effekt 96 Verbundaie Produktiai 201 Verbundenheit (zwischen Marktai) -raumliche 425f -sacMiche 43 If -zeitliche 43If Verfestigungseffekt 447 VerteilungsfimkticMi (des ft-eis^tmis) 424 Vollkommen preiselastische Nachfrage 97 Vollkommene Konkurrenz 358^487 VollkommenerMarkt 352,365 Vollstandige Markttransparenz 354 Von Stackelberg'sche VerhaltQisannahme 532 Von-Stackelberg-Dyopol 53 If Von-Stackelberg-Gleichgewicht 535
w Walras-Stabilitat, B^ingung 400 Werbeelastizitat 513f Werhmg 498,512f Wertgroizertrag 321 Wicksell/Johnson-TheOTan 175 WirtschaftlicheEffizienz 207 Wirtschaftlichkeit 153 Wirtschaftssubjekt 1 Wohlfahrt 129 Wohlfehrtscflconomik 129
Anhange
Wohlfehrtsv^lust 438
Zahlimgsbereitschaft 18f, 38f, 117,130 Zeitliche Verbimdenheit (zwischen Markten) 43If Zusatzkosten 282 Zuteilungsfimktiai (des Preissystems) 424
Druck- und Bindearbeiten: Legoprint, Italien