Jens Bernhardt Private Equity als Anlageklasse für Fondsgebundene Lebensversicherungen
GABLER RESEARCH
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Jens Bernhardt Private Equity als Anlageklasse für Fondsgebundene Lebensversicherungen
GABLER RESEARCH
Jens Bernhardt
Private Equity als Anlageklasse für Fondsgebundene Lebensversicherungen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Rainer Stöttner
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Kassel Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, 2010 Datum der Disputation: 11. Februar 2010
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Viktoria Steiner Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2173-4
Geleitwort
Die Altersvorsorge steckt in der Krise. Die gesetzlichen Vorsorgeeinrichtungen, allen voran die Gesetzliche Rentenversicherung, haben, überwiegend demographisch bedingt, mit kaum behebbaren Leistungsdefiziten zu kämpfen. Das Umlageprinzip, basierend auf einem ungeschriebenen Sozialvertrag der Generationen, kann nicht mehr funktionieren, wenn der Kopf der Alterspyramide immer breiter wird. Betriebliche Altersvorsorgemaßnahmen werden tendenziell ebenfalls zurückgefahren, zumindest was den Weg über Pensionsrückstellungen angeht, die vielfach wie Blei auf den Bilanzen der Unternehmen lasten. Somit ist es nur konsequent, wenn zunehmend gefordert wird, die Altersvorsorge selbst zu organisieren („private Altersversorgung“). Dieser Weg ist freilich nicht unproblematisch und vor allem auch nicht zwingend zielführend. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zunächst: Viele sind mangels ausreichender Sparfähigkeit gar nicht in der Lage, die Grundlagen für eine auskömmliche Altersversorgung eigenverantwortlich zu legen. Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit staatlicher Fördermaßnahmen (Riester-Rente, Rürup-Rente) umstritten ist und dass die Möglichkeiten, über ertragsstarke Anlagen den im Alter dringend benötigten Kapitalstock anzusparen, sehr begrenzt sind. Angeblich „sichere“ Zins tragende Anlagen rentieren ex Inflation und ggf. Steuerbelastung erbärmlich schlecht, höchst wahrscheinlich sogar negativ. Riskante Anlagen, etwa Aktien, Aktienfonds oder gar derivative Instrumente, sind aufgrund der jüngsten Finanzkrise in Verruf geraten. Diese Anlageformen wurden von vielen bevorzugt, da sie die gewünschte Mindestrendite für lohnendes Sparen abzuwerfen versprachen. Die sich mit atemberaubender Geschwindigkeit vollziehende Entwertung gerade dieser Anlagen – und sogar angeblich absolut krisensicherer Anlagen wie Immobilien – hat das Vertrauen der Anleger in die Vermögensmärkte nachhaltig zerstört. Nun ist es eine Tatsache, dass mehr Rendite nur um den Preis eines entsprechend höheren Risikos zu haben ist. Dies scheint manchen Anlegern – auch nach der jüngsten Finanzkrise – noch immer nicht voll bewusst zu sein. Nicht ganz unschuldig an diesem Erkenntnisdefizit ist die Finanzindustrie, die immer wieder den Eindruck zu erwecken versucht, durch raffinierte Produkte eben dieses „eherne Gesetz der Finanzmärkte“ außer Kraft setzen zu können. Renditeausfälle, selbst bei angeblich noch halbwegs sicheren Anlagen, massive Renditeeinbrüche bis hin zu Totalverlusten bei „intelligenten“ Anlageprodukten, und ein nachhaltig zerstörtes Vertrauen in die „professionellen“ Finanzdienstleistungsberater: Das ist der „Nährboden“, auf dem nun eine eigenverantwortliche Alters-Selbstvorsorge gelingen soll. Die traditionellen Helfer bei der privaten Altersvorsorge sind Versicherungsgesellschaften, insbesondere privatwirtschaftliche Anbieter von Kapitallebensversi-
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Geleitwort
cherungen und Rentenversicherungen. Als Renditeperspektive wird hier die „Mindestverzinsung“ geboten, die bereits seit Jahren chronisch rückläufig ist. Die darüber hinaus in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung ist krisenbedingt massiv zusammengeschmolzen. Somit sieht sich der Vorsorgesparer auch von der Versicherungswirtschaft weitgehend im Stich gelassen. Dies gilt auch oder sogar in verstärktem Maße für risikobereitere Versicherungssparer, die „innovative Produkte“ der Versicherungswirtschaft, etwa die fondsgebundene Lebensversicherung, zu einen mehr oder weniger starken Standbein für ihre Altersversorgung aufbauen wollten. Die Ablaufleistung derartiger Lebensversicherungsprodukte hängt vom Wert des während der Versicherungsdauer angesparten Fondsvermögens ab. Die jüngste Finanzkrise hat deutlich gemacht, dass dieses innerhalb weniger Wochen weitgehend vernichtet werden kann und damit zugleich die Hoffnung auf einen sorgenfreien Ruhestand in angemessenem Wohlstand. Diese nicht gerade ermutigende Ausgangslage entbindet nicht von der Notwendigkeit, das Altersvorsorgeproblem irgendwie „sinnvoll“ zu lösen. Einen scheinbar viel versprechenden Weg bietet der Total-Return-Ansatz an, der vorgibt, nachhaltig, beachtliche positive Renditen erwirtschaften zu können, und zwar völlig unabhängig von der jeweiligen Situation auf den Vermögensmärkte und der Realwirtschaft insgesamt. Hedgefonds versprachen, diesem Anspruch gerecht werden zu können, was sich zwischenzeitlich ebenfalls überwiegend als krasse Fehleinschätzung erwiesen hat. Trotzdem sollte man die Idee des „total return“ und den Weg über Hedgefonds nicht grundsätzlich als falsch einstufen, im Gegenteil: Hedgefonds verdeutlichen, dass die Möglichkeit besteht, eine neue, bisher so nicht bekannte Assetklasse zu schaffen, nämlich „alternative Investments“. Diese zeichnen sich durch hohe Komplexität aus, möglicherweise liegt aber gerade darin ihre Stärke, professionelles Management vorausgesetzt. Daran hapert es noch gewaltig, dies ist aber kein grundsätzliches Argument gegen diese Assetklasse. Im Kern beruhen alternative Investments auf der Idee, Erträge zu generieren, die eine möglichst geringe, eventuell sogar negative Korrelation mit den Renditen von Standard-Anlageprodukten, etwa Anleihen und Aktien, aufweisen. Durch Depotbeimischung solcher alternativer Investments kann dann, durch Ausnutzung des wohlbekannten portfoliotheoretischen Diversifikationsprinzips, das gesamte Anlagerisiko reduziert werden. Auf einen einfachen Nenner gebracht: Durch alternative Investments kann das Rendite-Risiko-Profil eines Gesamtvermögens verbessert werden. Herr Bernhardt untersucht in seiner Studie diese komplexen Zusammenhänge. Konkret geht es ihm um die Frage: Kann man durch alternative Anlagen die Performance von fondsgebundenen Lebensversicherungen verbessern? Als alternative Anlage wählt er „Private Equity“, einen zumindest in Deutschland noch relativ jungen Investmentbereich, dessen Bedeutung für die fondsgebundene Lebensversicherung bislang weder theoretisch noch praktisch umfassend untersucht worden ist. Das
Geleitwort
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eigentliche Ziel seiner Forschungsarbeit besteht somit letztlich darin, dem Vorsorgesparer einen Weg zur Erwirtschaftung nachhaltig stabiler Renditen aufzuzeigen, um ihm unter Bedingungen weitestgehend reduzierten Risikos einen auskömmlichen, das gewohnte Wohlstandsniveau sichernden Ruhestand zu gewährleisten. Hierbei geht es freilich nicht nur um die Durchführung eines portfoliotheoretisch fundierten Optimierungskalküls, sondern vor allem auch darum, die diversen Rahmenbedingungen – insbesondere rechtlicher, institutioneller, organisatorischer Art – daraufhin zu überprüfen, ob sie ein solches Altersvorsorgevehikel überhaupt zulassen. Herr Bernhardt hat sich somit eines Nischenthemas angenommen, das aufgrund veränderter Rahmenbedingungen auf den Kapitalmärkten und im Hinblick auf die Altersvorsorge nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, an Bedeutung gewonnen hat. Konkret geht es um die Unterstützung der Altersvorsorgeanstrengungen all jener Bürgerinnen und Bürger, die sich von der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Alterssicherung weitgehend im Stich gelassen fühlen und deshalb ihre Altersvorsorge zumindest zu einem großen Teil selbst organisieren wollen und müssen. Die sich schon seit Jahren abzeichnende chronische Erosion der von Lebensversicherern gebotenen Renditen (Garantierenditen zuzüglich Überschussbeteiligungen) hat den Druck zu eigenständigem Handeln weiter erhöht. Angesichts des geschwundenen Vertrauens in die Finanzmärkte erscheint jedoch kein Königsweg zur Altersvorsorge zu führen, zumal die erzielbaren Renditen lächerlich gering und die Risiken dramatisch gestiegen sind. Herr Bernhardt zeigt, dass Investments in Private Equity hier den Ausweg weisen könnten. Diese Investments sind zwar per se äußerst riskant, durch eine umfassende Streuung lässt sich jedoch ein Großteil des Risikos vernichten, sodass gerade Private Equity als nicht nur ertragreiche, sondern auch risikoreduzierte Asset-Klasse selbst konservative und ausgeprägt risikoscheue Anleger interessieren müsste, zumal dann, wenn man diese Anlageform, in Gestalt der fondsgebundenen Lebensversicherung, mit einem traditionell hoch geschätzten Altersvorsorgevehikel, eben der Lebensversicherung, kombiniert. Herr Bernhardt untersucht gründlich die – in jüngster Zeit zum Teil dramatisch veränderten – Rahmenbedingungen von Private Equity Investments im Allgemeinen und Private-Equity-unterlegten fondsgebunden Lebensversicherungen im Besonderen. Es werden nicht nur wirtschaftliche (nationale und globalisierungsbedingte) Umfeldbedingungen diskutiert, sondern auch Rahmenbedingungen allgemein-rechtlicher und steuerrechtlicher Art unter Einbeziehung der Veränderungen der jüngsten Zeit. Die bereits zu Anfang formulierte Forschungsthese, wonach Private-Equitygestützte fondsgebundene Lebensversicherungen einen praktikablen und aussichtsreichen Weg aus der Altersvorsorgekrise darstellen, untermauert Herr Bernhardt Schritt für Schritt während des Fortgangs seiner Untersuchung. Er stützt sich hierbei, von allgemein-theoretischen Erörterungen, etwa über das Principal-Agent-Problem, abgesehen, auf eigene berufspraktische Erfahrungen, auf Erfahrungen der Branche,
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Geleitwort
dokumentiert durch einschlägiges statistisches Material auf eine deskriptiv-analytische Betrachtung historischer Entwicklungsprozesse. Seine eigenen – und die branchentypischen – Erfahrungen und Interpretationen ergänzt er durch zahlreiche, sehr ausführliche und sorgfältig durchgeführte Experten-Interviews, für die er herausragende Protagonisten des Private-Equity-Geschäfts in den USA gewinnen konnte. Durch eine disziplinierte Abfolge seiner Argumentationsschritte gelingt es Herrn Bernhardt, den Leser nicht nur „mitzunehmen“ und umfassend zu informieren, sondern ihn auch zu überzeugen. Es ist ihm gelungen, einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis des Schnittstellenbereichs zwischen Versicherungswirtschaft, Alterssicherung und Portfolioanalyse zu leisten. Zugleich wurde ein überaus komplexes Umfeld in ständigem Wandel befindlicher Rahmenbedingungen wirtschaftlicher, allgemein-rechtlicher, versicherungsrechtlicher, steuerrechtlicher und aufsichtsrechtlicher Art souverän aufgearbeitet und im Hinblick auf praktische Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen sorgfältig bewertet. Dem Theoretiker bietet die Studie viele Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung theoretischer Ansätze aus dem Bereich des Portfolio-Managements und der Asset Allocation, dem Praktiker bietet sie eine Fülle von Anregungen zur Gestaltung zeitgemäßer Investment- und Altersvorsorgestrategien. Ich wünsche dem Buch viele interessierte Leser und eine breite Akzeptanz durch Theorie und Praxis.
Prof. Dr. Rainer Stöttner
Vorwort
Die Anlageklasse Private Equity kann mittlerweile auf eine gut 50 Jahre umfassende Geschichte verweisen. In den vergangenen Jahrzehnten erschienen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen diverse Publikationen zum Themengebiet Private Equity, die sich ganz überwiegend mit Fragen der Funktionsweise dieser Anlageklasse, ihren individuellen rechtlichen und/oder steuerlichen Besonderheiten sowie ihren volkswirtschaftlichen Implikationen befassten. Darüber hinaus interessiert sich aufgrund der wachsenden Größe und Bedeutung der von Private Equity Gesellschaften in der jüngeren Vergangenheit übernommenen Unternehmen auch zunehmend die allgemeine Öffentlichkeit, die Politik sowie die Medien für das Thema Private Equity. In der Berichterstattung ist jedoch zum weit überwiegenden Teil eine negative Konnotation festzustellen, in der sich eine gewisse Unkenntnis über die Anlageklasse per se sowie die Ablehnung derselben widerspiegelt. Der im politischen Bereich geprägte Begriff der „Heuschrecke“ soll an dieser Stelle lediglich als Synonym für ähnlich negative Bewertungen erwähnt werden. Zur Versicherungsindustrie im Allgemeinen und zur traditionellen bzw. Fondsgebundenen Lebensversicherung im Besonderen gibt es ein sehr umfangreiches Kompendium an Publikationen. In verschiedenen wissenschaftlichen Ausarbeitungen wird auf die bisherige und zukünftige Bedeutung von Private Equity Investitionen im Sicherungsvermögen von Lebensversicherungsgesellschaften eingegangen. Eine entsprechende Analyse der Bedeutung von Private Equity Anlagen im Rahmen der Fondsgebundenen Lebensversicherung ist jedoch noch nicht vorgenommen worden. Die Absicht dieser Arbeit besteht demnach darin, eine Brücke zwischen der Anlageklasse Private Equity und der Fondsgebundenen Lebensversicherung zu schlagen. Die Zielsetzung ist es hierbei, im Rahmen von Fondsgebundenen Lebensversicherungen breiteren Bevölkerungsschichten den indirekten Zugang zu dieser Anlageklasse zu ermöglichen. Durch die im Bereich Private Equity erzielbaren Renditen könnte die Gesamtrendite der Fondsgebundenen Lebensversicherungspolice des einzelnen Versicherungsnehmers nachhaltig gesteigert und somit die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Anlageklasse sukzessive erhöht werden. Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahr 2003 in Angriff genommen und im Wintersemester 2009/2010 von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kassel als Dissertation angenommen. Die Realisierung dieser Ausarbeitung wäre nicht möglich gewesen ohne die Bereitschaft zur Betreuung durch Herrn
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Vorwort
Prof. Dr. Rainer Stöttner, dem ich für seine Anregungen und seine Unterstützung ganz besonders danken möchte. Ebenso verbunden bin ich Herrn Prof. Dr. Klaus Nathusius für die freundliche Übernahme des Koreferats. Besonderer Dank gilt meiner Frau Stephanie für die zeitraubende Hilfe bei der Erstellung der Interviewtexte, Frau Simone Müller-Voigts für das Korrekturlesen, meiner Familie und meinen Freunden. Von ihnen bin ich im Laufe der Arbeitsphase stets motiviert worden. Sie haben mich neben meiner beruflichen Tätigkeit immer wieder an das Forschungsprojekt erinnert und waren gute „Sparringspartner“ bei der Strukturierung der Arbeit. Meinen Eltern gilt ein ganz spezieller Dank, da sie die Publikation der Doktorarbeit im Gabler-Verlag maßgeblich unterstützt haben. Und gewiss nicht zuletzt gilt mein Dank meinen zahlreichen Interviewpartnern in Boston und New York, die mir für zum Teil längere und vor allem spannende Interviews zur Verfügung standen.
Dr. Jens Bernhardt
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .V. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .XI IX Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .XVII .... Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI .... Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII ..... Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .XXV .... 1
Problemstellung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1 1.2
Historische Entwicklung Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklung USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 6
2
Begriffe und Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3
Das Denkmodell der Neuen Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . Methodologischer Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maximierung des eigenen Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingeschränkte Rationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theorie der Verfügungsrechte/Eigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relationaler Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanismen und Probleme der Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . . Transaktions- und Informationskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipal-Agent-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen für Versicherungs- und Private Equity Unternehmen
9 9 11 12 13 15 18 19 19 21 24
3
Fondsgebundene Lebensversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Definition von Fondsgebundenen Lebensversicherungen . . . . . . . . . Charakteristika von Fondsgebundenen Lebensversicherungen . . . . . Steuerliche Behandlung der Fondsgebundenen Lebensversicherung Rendite einer Fondsgebundenen Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . Die Sicherheit einer Fondsgebundenen Lebensversicherung . . . . . . .
29 31 32 38 40
XII
Inhaltsverzeichnis
3.6
Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Risikokomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Sparkomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3 Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.4 Rentabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.5 Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.6 Mischung und Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Private Equity als Kapitalanlage im freien Vermögen . . . . . . . . . . . . 3.7.1.1 Haftungsrechtliche Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1.1.1 Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1.1.2 Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1.2 Steuerrechtliche Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1.3 Besteuerung des Versicherungsunternehmens im Rahmen einer Beteiligungskonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1.4 Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Private Equity als Kapitalanlage im gebundenen Vermögen . . . . . . . 3.7.2.1 Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.3 Die Bedeutung von Spezialfonds für die Vermögensanlage von Lebensversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.4 Gewinn/Rentabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.5 Kapitalerhaltung und Kapitalwachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.6 Liquidierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.7 Förderung des Absatzes von Versicherungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.8 Einflussnahme auf die Kapitalnutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.9 Bedarfsdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Umsetzung von Investitionen in der Fondsgebundenen Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1 Modell A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.2 Modell B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43 44 44 48 49 51 52 54 54 56 56 57 58 59 62 63 64 64 69 69 70 71 71 72 74 76 78
4
Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
4.1 4.2 4.3 4.3.1 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.3
Geschichtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Performancemessung – Beteiligungs-, Fonds- und Investorenrendite Renditekennziffern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Distribution to Paid-In Capital (D/PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Residual Value to Paid-In Capital (RV/PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internal Rate of Return . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83 83 88 89 89 90 90
Inhaltsverzeichnis
4.3.1.4 4.3.1.5 4.3.2 4.3.2.1 4.4 4.4.1 4.4.1.1 4.4.1.2 4.4.1.3 4.4.2 4.4.2.1 4.4.2.2 4.4.2.3 4.4.2.4 4.4.3 4.4.3.1 4.4.3.2 4.5 4.5.1 4.5.1.1 4.5.1.2 4.5.1.3 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.7 4.7.1 4.7.1.1 4.7.1.2 4.7.1.3 4.7.1.4 4.7.1.5 4.7.2 4.7.3
Investment Multiples . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative Private Equity-Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikomessung bei Private Equity-Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikoadjustierte Performancemessung von Private EquityInvestments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgestaltung und Formen von Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . Frühphasenfinanzierung – Early-Stage-Financing . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierung der Konzepterstellung (Seed-Financing) . . . . . . . . . . . Finanzierung der Produktentwicklung (Startup-Financing) . . . . . . . Finanzierung von Produktions- und Vertriebsaufbau (First-Stage-Financing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spätphasenfinanzierung – Expansion-Stage Financing . . . . . . . . . . . Finanzierung des Ausbaus der Vertriebskanäle (Second-Stage-Financing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Expansionsfinanzierung (Third-Stage-Financing) . . . . . . . . . . . . . . . Überbrückungsfinanzierung (Bridge-Financing) . . . . . . . . . . . . . . . . Reifephase und Verkauf (Exit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderanlässe der Private Equity Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Übernahmefinanzierung (Acquisition Financing) . . . . . . . . . . . . . . . Management/Leveraged Buyout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einordnung der Anlageklasse Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Intermediärsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermittlerfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Losgrößentransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikotransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sepzifische Private Equity-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertungs- und Auswahlfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betreuungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquidationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Varianten von Private Equity Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dachfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundärmarkt für Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Listed Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Portfoliooptimierung mit Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbarkeit und Bedeutung der Portfolio-Theorie für Private Equity Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIII 91 91 93 93 95 95 95 95 95 96 96 96 96 97 97 97 97 99 100 100 101 101 102 102 102 104 105 107 108 109 109 111 116 118 122 123
XIV 4.7.4
Inhaltsverzeichnis
4.11 4.11.1 4.11.2 4.11.3 4.11.4 4.11.5 4.11.6 4.11.7
Ineffizienzen des Eigenkapitalmarktes als Voraussetzung für Private Equity-Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selektion der geeigneten Private Equity Manager . . . . . . . . . . . . . . . Klare Zielformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausreichende Programmdiversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfangreiche Marktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reduzierung der Abhängigkeit von Kapitalmärkten . . . . . . . . . . . . . Steuerlich optimale Beteiligungsstruktur im Betriebs- und Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beurteilung gängiger Beteiligungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Investmentaktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit . . Abgrenzungsregeln zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Einsatz von Bankkrediten/ Keine Übernahme von Sicherheiten Keine eigene Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Ausnutzung des Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrung Kein Anbieten gegenüber breiter Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Keine kurzfristige Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Reinvestition von Veräußerungserlösen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein unternehmerisches Tätigwerden in Portfoliogesellschaften . . . Keine gewerbliche Prägung bzw. gewerbliche „Infektion“ . . . . . . . . Exkurs: Die Höhe der Beteiligung und die Ausübung von Gesellschafterrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerrechtliche Beurteilung der Gewinnanteile . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerbliche Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögensverwaltende Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerung des Carried Interest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzentwurf zur Besteuerung von Wagniskapitalgesellschaften . . Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer auf die Geschäftsführungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Auflageort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
5.1 5.2
Offshore-Finanzzentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Definitionsmöglichkeiten und Kategorisierung der Offshore-Finanzzentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Geographische Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
4.8 4.8.1 4.8.2 4.8.3 4.8.4 4.9 4.9.1 4.9.1.1 4.9.1.2 4.9.1.3 4.10 4.10.1 4.10.1.1 4.10.1.2 4.10.1.3 4.10.1.4 4.10.1.5 4.10.1.6 4.10.1.7 4.10.1.8 4.10.1.9
5.2.1
124 126 131 132 132 133 134 135 135 135 136 136 137 138 138 138 139 139 139 140 141 142 144 144 145 145 146 148 148 149
Inhaltsverzeichnis
XV
5.2.2 5.2.3 5.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3
155 156 157 158 159 163
Politische Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzdarstellung Dublin IFSC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . Die finanzwirtschaftliche Entwicklung in Luxemburg . . . . . . . . . . . Die rechtliche Organisation der Finanzmarktaufsicht in Luxemburg Luxemburg und das Finanzmarkt- sowie Steuerrecht auf europäischer und internationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
167
6
Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
6.1 6.2
Traditionelle Private Equity Anlagevehikel für Privatinvestoren . . . . LPX-Fonds als neuartiges Private Equity Anlageinstrument für Privatinvestoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charakteristika des LPX-Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LPX-Einzel- und Dachfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung und Parameter der bedeutendsten europäischen LPX-Börsenplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Portfoliomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diversifikation nach Geographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diversifikation nach Private Equity Segmenten und Industrien . . . . Diversifikation nach Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diversifikation nach Fälligkeitsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflageort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SICAV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SICAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . FCP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozentuale Gewichtung in Fondsgebundener Lebensversicherungspolice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5
174 176 178 181 185 198 198 201 206 211 213 215 216 216 217
7
Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.1.1 7.3.1.2 7.3.2 7.3.3
MiFID-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundeneinstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Professionelle Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Geborene“ professionelle Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Gekorene“ professionelle Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Privatkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geeignete Gegenpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226 228 229 229 230 231 232 233
XVI
Inhaltsverzeichnis
7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.11.1 7.11.2 7.11.3 7.11.4 7.12
Erstellung eines Kundenprofils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angemessenheit und Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestmögliche Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundenbenachrichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundeninformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstufung als gebundener Vermittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzportfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beraterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
233 234 237 237 238 238 238 240 241 241 241 241 242
8 8.1 8.2 8.3
Marktausblick Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity Primärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity Sekundärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
245 245 251 253
9
Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Abbildungsverzeichnis
Abb. Abb. Abb. Abb.
1: 2: 3: 4:
Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb: 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26:
Typischer Standard für eine U.S. Private Equity Fund Struktur . . . . . Graphische Darstellung des Prinzipal-Agent-Dilemmas . . . . . . . . . . . Vertragsparteien und ihre Ziele bzw. Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung auf Renteneinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Asset Allocation und Performance US-amerikanischer Stiftungen . . . Kumulierter Wert von Private Equity Transaktionen in % des BIP (2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity im Vergleich zur weltweiten Börsenkapitalisierung . . . Unterschied zwischen Aktien und Private Equity Kapitalanlagen . . . Hypothetischer Cash Flow-Verlauf einer Private Equity Investition . . Hypothetische „J-Kurve“ Rendite eines Private Equity Einzelfonds . Investitionsphasen im Bereich Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtsfrequenz des Net Asset Values durch Private Equity Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity Renditen in den USA und Europa im Zeitablauf . . . . . Darstellung unterschiedlicher Private Equity Investitionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsweise des Private Equity Dachfondskonzepts . . . . . . . . . . . Wertentwicklung und Eintrittswahrscheinlichkeiten unterschiedlicher Beteiligungsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity-Verlustwahrscheinlichkeiten bei Direktinvestitionen, Einzelfonds und Dachfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikobehaftete und risikoreduzierte Anlageklassen im Vergleich . . . Fonds Secondary-Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Markowitz-Modells . . . Schematische Darstellung des Private Equity Manager Selektionsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung der Top-Down und Bottom-Up Analyse für Managerselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity Manager Investitionsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Due Diligence Prozess vor und nach der Private Equity Investitionsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Equity Beteiligungsstruktur in Form der GmbH & Co. KG . . Venture Capital-Investitionen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 22 25 35 80 81 82 85 86 87 99 104 106 108 112 113 114 115 117 124 127 128 129 130 137 147
XVIII Abb. 27: Abb. 28: Abb. 29: Abb. 30: Abb. 31: Abb. 32: Abb. 33: Abb. 34: Abb. 35: Abb. 36: Abb. 37: Abb. 38: Abb. 39: Abb. 40: Abb. 41: Abb. 42: Abb. 43: Abb. 44: Abb. 45: Abb. 46: Abb. 47: Abb. 48: Abb. 49:
Abb. 50:
Abbildungsverzeichnis
Weltweit aufgelegtes Private Equity Volumen nach Regionen . . . . . . 169 Weltweit aufgelegtes Private Equity Volumen nach Segmenten . . . . . 170 Weltweit eingesammeltes Private Equity Volumen nach Investoren . . 171 Private Equity Investitionswege für Privatinvestoren . . . . . . . . . . . . . . 174 Unterschiede zwischen Private Equity Fonds für institutionelle Kunden und für Privatkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Simulation der Netto-Multiplikatoren von Dachfonds für verschiedene Investorengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Charakteristika des LPX-Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Gesamtes Handelsvolumen in £ nach Börsenplätzen . . . . . . . . . . . . . 179 Einflussfaktoren für das Markt-Rating von LPX-Fonds . . . . . . . . . . . 182 Listed Private Equity Dachfonds Universum der Börsenplätze London, Amsterdam und Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Wachstum der Assets under Management von Listed Private Equity Dachfonds nach Börsenplätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Prozentualer Anteil der zehn größten Zielunternehmen am NAV ausgewählter LPX-Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Prozentualer Anteil der nicht notierten Zielportfolien in den Vintage-Jahren 2006 und 1. Halbjahr 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Renditevergleich des LPX Major Market Index mit S & P 500 . . . . . . 191 Durchschnittlicher geschätzter Discount des Private Equity Sektors in den letzten zwölf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Ausstehende Commitments von LPX-Aktien abzüglich Netto-Cash Position der Bilanz zuzüglich Leverage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Graphische Darstellung der Portfolioaufteilung ausgewählter LPX-Titel nach Liquiditätsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 NAV Total Return von ausgewählten LPX-Aktien vom 01. Januar bis 26. Juni 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Beimischung von Private Equity und Auswirkungen auf Rendite-/Risikoprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Veränderung bei den Vertriebswegen der Lebensversicherer im Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Umfang der MiFID-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Gesamtwert und Anzahl globaler Buyout-Aktivitäten von Januar 2007 bis März 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Evolution der drei Private Equity Fondsaktivitäten „Eigenkapital-Akkumulation, Investitionen, Desinvestitionen“ in Europa von 1997 bis 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Leveraged Buyout-Kaufpreis als Multiplikator der pro forma EBITDA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Abbildungsverzeichnis
Abb. 51: Leveraged Buyout-Kaufpreise als Multiplikator des EBITDA nach Transaktionsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 52: Regionale Aufteilung europäischer Buyout-Transaktionen (nach Wert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 53: Anzahl und Wert europäischer Buyouts nach Größe in 2007 . . . . . . . Abb. 54: Eingesammeltes Gesamtvolumen an Venture Capital pro Jahr in den USA und Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 55: Aufgelegtes Fondsvolumen für Secondaries in den Jahren 2000 bis 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 56: Gesamtwert der weltweiten Secondary Buyout Aktivitäten von Januar 2007 bis März 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 57: Schlussfolgerungen für den Private Equity Sekundärmarkt . . . . . . . . Abb. 58: Ausblick nach Private Equity Segmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 59: Ausblick nach Private Equity Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 60: Realisierungen von LPX-Aktien als Prozentsatz des Net Asset Values (ohne Cash) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 61: Neue Investments von LPX-Aktien in Prozent des Net Asset Values . Abb. 62: Marktumfeld für Private Equity Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIX
248 249 250 250 251 252 253 254 255 256 258 260
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Steuerpflichtige Rente & steuerfreier Beitrag zur Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 2: Berechnung der steuerfreien Vorsorgeaufwendungen . . . . . . . . . . . Tabelle 3: Ertragsanteil nach altem und neuem Recht für ausgewählte Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 4: Haftungsumfang bei privatrechtlichen Unternehmensformen . . . . . Tabelle 5: Beziehungen zwischen möglichen Kapitalanlagezielen einer Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 6: Sharpe Ratio unterschiedlicher Finanzierungsstadien . . . . . . . . . . . Tabelle 7: Vergleich von Venture Capital und Buyout Renditen . . . . . . . . . . . Tabelle 8: Risikoprofil europäischer Buyout Einzelfonds gegenüber Dachfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 9: Entwicklung des Segments Listed Private Equity (1986–2002) . . . Tabelle 10: Entwicklung von Listed Private Equity im Zeitablauf und unter Berücksichtigung von Liquiditätsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . Tabelle 11: Steuerliche Implikationen für das Privat- und Betriebsvermögen nach geltendem Recht und nach Einführung der Abgeltungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 12: Renditen, Risiken und Verfügbarkeiten verschiedener Kapitalanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 13: Langfristige Rendite-/Risikoentwicklung von Private Equity . . . . . Tabelle 14: LPX-Marktstatistiken per 26. Juni 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 15: Die größten LPX-Dach- und Einzelfonds der London Stock Exchange nach Total Assets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 16: Aktienkursperformance ausgesuchter LPX-Aktien per 30. Januar 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 17: Aktienkurs-Korrelationsanalyse ausgesuchter LPX-Aktien (Februar 2005 bis Februar 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 18: Geographische Ausrichtung von LPX-Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 19: Portfoliostruktur von ausgesuchten LPX-Aktien nach Private Equity Segmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 20: Detaillierte Darstellung des Anlagefokus und der Portfoliozusammensetzung ausgewählter LPX-Titel . . . . . . . . . . . . Tabelle 21: Portfolio Allokation ausgewählter LPX-Titel nach Industriesegmenten per Juli 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 34 36 58 73 94 107 115 120 121
143 150 150 187 188 197 197 199 201 202 204
XXII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 22: Portfolioaufteilung ausgewählter LPX-Titel nach Liquiditätsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 23: Aktuelle Fälligkeitenstruktur von ausgewählten LPX-Aktien . . . . . Tabelle 24: Zusammenfassender Vergleich des europäischen LPX-Universums Tabelle 25: Einfluss einer Beimischung von Listed Private Equity auf Ertrag und Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
206 210 212 222
Abkürzungsverzeichnis
AktG BaFin BAV BCL BFH BGB BMF BVK bzw. CAPM CTA CSSF EFAMA EGV EVCA FCP FRUG GewO GewStDV GewStG ggf. i. d. H. i. d. R. IML InvG IPO IRR i.V. m. KO-Gesetz KStG
Aktiengesetz Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebliche Altersvorsorge Banque Central du Luxembourg Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesministerium der Finanzen Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften beziehungsweise Capital Asset Pricing Model Contractual Trust Agreements Commission de Surveillance du Secteur Financier European Fund and Asset Management Association Verträge der Europäischen Gemeinschaft European Venture Capital Association Fonds Commun de Placement Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz Gewerbeordnung Gewerbesteuerdurchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz gegebenenfalls in der Höhe in der Regel Institut Monétaire Luxembourgeois Investmentgesetz Initial Public Offering Internal Rate of Return in Verbindung mit Konkursgesetz Körperschaftsteuergesetz
XXIV KStDV KWG MiFID MoRaKG NASDAQ NAV OGAW p.a. PE-Schreiben RfB SAA SICAF SICAR SICAV TAA TecDax TWR u. a. UCITS UmwStG USD u. U. u. v. m. vgl. VAG VVG WKBG WpHG z. T. £
Abkürzungsverzeichnis
Körperschaftsteuerdurchführungsverordnung Kreditwesengesetz Markets in Financial Instruments Directive Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen National Association of Securities Dealers Automated Quotation System Net Asset Value Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren per annum BMF-Schreiben zur „Einkommensteuerlichen Behandlung von Venture Capital und Private Equity Fonds“ Rückstellung für Beitragsrückerstattung Strategische Asset Allokation Société d’Investissement à Capital Fixe Société d’Investissement à Capital Risque Société d’Investissement à Capital Variable Taktische Asset Allokation Deutscher Aktienindex für Technologieunternehmen Time Weighted Return unter anderem Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities Umwandlungssteuergesetz US-Dollar unter Umständen und vieles mehr vergleiche Versicherungsaufsichtsgesetz Versicherungsvertragsgesetz Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen – Wagniskapitalbeteiligungsgesetz Wertpapierhandelsgesetz zum Teil Britisches Pfund
Glossar
Buyout
Kauf einer Kontrollmehrheit an Gesellschaftsanteilen eines Unternehmens mit der Absicht der Übernahme seiner Sach- und Finanzwerte (siehe auch Management Buyout und Leveraged Buyout).
Capacity
Je nach Marktsituation kann ein Private Equity Fonds die Aufnahme weiterer Eigenkapitalmittel und damit seine Capacity beschränken, um eine Marktverzerrung zu vermeiden. Daneben entscheiden sich gelegentlich stark nachgefragte Private Equity Fonds für eine Begrenzung der Capacity, da sie weder das erforderliche Personal noch die Infrastruktur für das Management noch höherer Eigenkapitalmittel aufbauen wollen.
C share issues
Diese C-Anteile werden zum Schutz von Anteilseignern vor den potentiell negativen Auswirkungen eines weitgehend nur aus Barmitteln bestehenden Portfolios emittiert. Es handelt sich daher solange um einen separaten Anlagepool, bis die Mittel substantiell (typischerweise zu 85%) angelegt worden sind. Zu diesem Zeitpunkt werden die C-Anteile auf „net asset to net asset“-Basis in reguläre Anteile des closed-end fund umgewandelt. Somit spiegelt sich die relative Anlage-Performance des vormaligen C-Pools bei den Anteilen der regulären Anteilseigner wider. Im Ergebnis wird weder der Net Asset Value, der den bestehenden Anteilen noch derjenige, der den C-Anteilen zuzurechnen ist, gegenseitig durch die Umwandlung beeinflusst. Die Auflage von C-Anteilen stellt daneben sicher, dass die mit deren Emission anfallenden Kosten ausschließlich durch die C-Anteilseigner und nicht durch die regulären Anteilseigner getragen werden.
Carried Interest Private Equity spezifischer terminus technicus für eine Performance-Gebühr. Üblicherweise wird der Carried Interest als Prozentsatz des Gesamtgewinns ausgedrückt und er ist vom Limited Partner an den General Partner zu entrichten. Bei Einzelfonds beträgt die Industrienorm für den Carried Interest 20%, bei Dachfonds variiert die Spanne der Prozentsätze zwischen 5% und 15%. Ein Trigger sowie eine High Water Mark werden in der Regel bei der Berechnung des Carried Interest berücksichtigt.
XXVI
Glossar
Closed-endfunds
Closed-end Investmentgesellschaften sind open-end Investmentgesellschaften sehr ähnlich, da es sich in beiden Fällen um gepoolte Investment Funds handelt. Im Gegensatz zu open-end Investment-gesellschaften verkaufen closed-end Investmentgesellschaften jedoch keine weiteren Anteile mehr, nachdem ihr Börsengang abgeschlossen wurde (eine Ausnahme hiervon stellen C-Anteile dar). Während open-end-funds Anteile zu ihrem jeweiligen Net Asset Value verkaufen oder zurücknehmen werden, die Anteile von closed-end-funds im Sekundärmarkt gehandelt, wo der Preis eine Funktion aus Angebot und Nachfrage ist.
Committed capital
Der Gesamtbetrag an Eigenkapital, der von den Limited Partnern einem Private Equity Fund zugesichert wurde.
Committed funds
Eigenkapital, welches zum Zeitpunkt des Closings des Private Equity Funds von den Investoren (Limited Partnern) zugesagt wurde. Hiervon werden die Private Equity Portfoliomanager im Zeitablauf Kapital in Teilbeträgen abrufen, gewöhnlich auf einer „Deal-by-Deal“ Basis. Kapital, das abgerufen und investiert wurde, wird gemeinhin als funded commitment-Kapital, das abgerufen, aber noch nicht investiert wurde, wird als unfunded commitment bezeichnet. Typischerweise beginnt die Kapitalrückführung an die Investoren bereits bevor die finalen Kapitalabrufe stattgefunden haben. Insofern kommt es nur äußerst selten vor, dass Investoren ihr Kapital im Zeitablauf vollumfänglich investiert sehen. Als geeignete Maßnahme gegen diese Verwässerung gehen Investoren häufig Over-Commitments ein.
Co-investment
Hierbei partizipieren einige Investoren als Syndikat, typischerweise eine Gruppe der General Partner an einem spezifischen Private Equity Investment. Gewöhnlich übernimmt hierbei ein Investor die Rolle des so genannten lead investor.
Discount
Wenn der Aktienkurs eines closed-end-funds über dem Net Asset Value pro Aktie notiert, so spricht man von einem Premium. Notiert die Aktie jedoch unter dem Net Asset Value pro Aktie, so wird die Aktie mit einem Discount gehandelt.
Distribution
Die Verteilung der realisierten Gewinne eines Private Equity Fonds auf die Anteilseigner (Limited Partners).
Distribution to Mit der Formel D/PI misst man das Verhältnis von KapitalausPaid-In Capital schüttungen und Abrufen bei den Investoren. Es zeigt an, welchen (D/PI) Teil des investierten Fondskapitals der Investor bereits erhalten hat.
Glossar
XXVII Das Verhältnis D/PI wird nach Beendigung des Fonds auch als Investment Multiple bezeichnet. Es drückt aus, wie oft eine Beteiligung das ursprünglich eingesetzte Kapital erwirtschaftet hat. Liegt der D/PI Wert über 1, so sind die realisierten Erträge bereits größer als das eingezahlte Kapital.
Draw-down
Auch bekannt als „capital call“ bezeichnet der draw-down den Prozess, durch den der Private Equity Portfoliomanager um die Überweisung eines zuvor zugesagten Teilbetrages an Eigenkapital bittet, um Investitionen vornehmen zu können. Draw-downs erfolgen üblicherweise nur auf Basis unmittelbar bevorstehender Transaktionen.
Funded Commitment
Zugesagtes Eigenkapital, welches abgerufen und durch den Gene ral Partner investiert wurde.
General Partner Der General Partner ist grundsätzlich der Managing Partner einer Limited Partnership. Er ist nicht nur für den operativen Betrieb verantwortlich, sondern auch für die Aufnahme von Fremdkapital durch die Limited Partnership. In einem Private Equity Partnership ist der General Partner für die Auswahl und das Management der Beteiligungsunternehmen verantwortlich. Der General Partner organisiert und verkauft Anteile an der Limited Partnership an Investoren, die durch den Kauf dieser Anteile zu Limited Partners werden. High Water Mark
Üblicherweise stellen Portfoliomanager alternativer Anlageformen den Limited Partners sowohl eine jährliche Management-Gebühr (auch Vermögensverwaltungsgebühr genannt) als auch eine Performance-Gebühr in Rechnung. In der Theorie stellt die PerformanceGebühr, die auch als Carried Interest bezeichnet wird, einen Anreiz für das Management des Private Equity Fonds dar, eine möglichst hohe Rendite auf das investierte Kapital zu erzielen. Einige Anreizstrukturen gehen jedoch noch einen Schritt weiter, indem sie Schwellen einbauen, bevor eine etwaige Performance-Gebühr zu zahlen ist. Die üblichen Schwellen sind hierbei die High Water Mark sowie die Hurdle Rate. Eine Performance-Gebühr mit einer High Water Mark drückt in der Regel aus, dass die Gebühr nur dann zu entrichten ist, wenn der aktuelle Wert der Fondsanteile höher ist als der Höchstwert in der Vorperiode, in der der Portfoliomanager kompensiert wurde. Generiert ein Portfoliomanager also Verluste, so müssen die akkumulierten Verluste erst ausgeglichen worden sein, bevor eine Performance- Gebühr von den Limited Partners gezahlt werden muss.
XXVIII
Glossar
Internal Rate of Berechnungsmethode, anhand derer Private Equity Funds ihre PerReturn (IRR) formance messen. Definiert wird die Internal Rate of Return als der Discount, mit dem der Present Value aller zukünftigen Cash Flows zuzüglich des Terminal Values den Kosten der Investition entspricht. Investment Multiple/Total Value Return (TVR)
Das Investment Multiple drückt das erzielte „Vielfache“ des urursprünglich investierten Kapitals aus. Insofern handelt es sich bei Investment Multiples um eine Performance-Kennzahl (siehe hierzu auch Distribution to Paid-in Capital (D/PI)). Der wesentliche Kritikpunkt dieser auch als Total Value Return (TVR) bezeichneten Bewertungsmethode ist die Tatsache, dass der Faktor Zeit unberücksichtigt bleibt und die Performancemessung damit insbesondere beim direkten Vergleich zwischen mehreren Investments wenig aussagekräftig ist.
Investment Horizon Return
Auf den Renditeberechnungen basierende Zahlungen werden hier von einem gegebenen Endzeitpunkt laufzeitgerecht in die Vergangenheit zurück transformiert.
J-Curve
Ein Begriff zur Beschreibung des Einflusses der Management-Gebühren sowie potentieller Abschreibungen und Wertberichtigungen zu Beginn des Lebenszyklus eines Private Equity Fonds auf dessen Rendite. Hierbei kann es zu einem kurzfristigen negativen Einbruch der Performance kommen, der graphisch einem „J“ ähnelt.
Lead Investor
Das Mitglied einer syndizierten Private Equity Transaktion, das gewöhnlich den größten Anteil hält. Daneben ist er aktiv involviert in das Management des Deals sowie in die Finanzierung desselben.
Leveraged Buyout
Ähnlich einer normalen Buyout-Transaktion allerdings unter Ausnutzung von Fremdkapital-Mitteln. Der Private Equity Sponsor nutzt hierbei üblicherweise die Assets des Zielunternehmens als Sicherheit für den aufzunehmenden Kredit. Sowohl die Zinsen als auch der Kredit werden aus den operativen Cash Flows der übernommenen Gesellschaft beglichen.
Limited Partner Hierbei handelt es sich um Investoren, die Limited Partnership Anteile in einem General Partnership halten. Obwohl sie ihr Geld in ein Partnership investieren ist ihre Haftung limitiert und sie sind auch nicht in das Tagesgeschäft der Partnership eingebunden. Management Buyout
Private Equity Firmen stellen Management-Teams von Unternehmen oft eine Finanzierung zur Verfügung, um ihnen die Möglich-
Glossar
XXIX keit zu eröffnen, eine Kontrollmehrheit in diesem Unternehmen zu erlangen. Im Gegenzug erhält die Private Equity Gesellschaft gewöhnlich einen Anteil an dem Unternehmen.
Minority investor
Hierbei handelt es sich um einen Investor im Rahmen einer syndizierten Private Equity Transaktion, der jedoch einen kleineren Anteil als der Lead Investor besitzt. Daneben ist der Minority Investor nur begrenzt oder gar nicht in die Finanzierungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden.
Net Asset Value Beim Net Asset Value (NAV) handelt es sich um den Buchwert der Netto-Assets eines Unternehmens geteilt durch die Anzahl der ausgegebenen Gesellschaftsanteile. Der NAV ist damit identisch mit dem Buchwert pro Anteil. Insofern drückt der NAV als Indikator den Wert eines Gesellschaftsanteils aus. OverCommitment
Aufgrund der nur graduellen Kapitalabrufe (draw-downs) sowie der Gewinnausschüttungen (distribution) der General Partner ist es sehr unwahrscheinlich, dass im Lebenszyklus eines Private Equity Fonds mehr als 50–75% der vom Investor gegebenen Kapitalzusagen auch tatsächlich in Beteiligungsunternehmen investiert werden. Im Ergebnis verfügt der Investor ungewollt über eine deutlich höhere als erwartete Cash-Position, die ihrerseits die Rendite des Private Equity Fonds nachhaltig schmälert. Durch so genannte Over-Commitments kann man den durch die hohen Barmittel entstehenden Verwässerungseffekt zumindest minimieren, da die Investoren über ihren Zielrahmen hinaus weitere Kapitalzusagen abgeben. Hierdurch kommen die Investoren ihren individuell gewünschten Investitionsgraden in Private Equity deutlich näher.
Payback period Zeitraum, nach dem der Nennwert des ursprünglich investierten Kapitals bei Ausblendung der Zinsen an die Investoren zurückgeflossen ist. Premium
Wenn der Aktienkurs eines Closed-end-funds über dem Net Asset Value pro Aktie notiert, so spricht man von einem Premium. Das Premium (oder auch der Discount) wird als Prozentsatz des Net Asset Values pro Aktie ausgedrückt.
Primary interest Wird auch als „primary investing“ bezeichnet und meint das Investment in einen neuen Private Equity Fund. Die Allokation der Anlagemittel an einen Private Equity Fund erfolgt üblicherweise zum Zeitpunkt der Auflage des Beteiligungsportfolios, d. h. wenn Limi-
XXX
Glossar
ted Partnership Anteile an Einzel- oder Dachfonds entstehen und diese an Investoren verkauft werden. Residual Value to Paid-In Capital (RV/PI)
Das Gegenstück zu D/PI, das Residual Value to Paid-In Capital (RV/ (RV/PI), drückt aus, wie viel des eingesetzten Kapitals zum jeweils betrachteten Zeitpunkt noch in den Beteiligungen gebunden ist. Hinsichtlich des D/PI als auch des RV/PI muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass beide den Zeitwert der einzelnen Cash Flows vernachlässigen.
Secondary interest
Eigner von primary interests bzw. Anteilen an einem Einzel- oder Dachfonds, die beabsichtigen, ihre Anteilsposition vor Ablauf ihrer vertraglichen Verpflichtung zu verkaufen, können dies unter gewissen Umständen erreichen, indem sie ihre Anteile an eine dritte Partei und somit im Sekundärmarkt veräußern.
Sponsor
Alternativer Begriff für den General Partner, der für das Limited Partnership verantwortlich ist.
Trigger
Ein Trigger stellt eine Art Performance-Ziel dar. In Bezug auf den Carried Interest bezeichnet ein Trigger den Grad der Performance des Fonds, der erreicht sein muss um eine Performance-Gebühr überhaupt erst in Rechnung stellen zu dürfen. Wird dieses Renditeniveau erreicht wird die Gebühr „getriggert“. Typischerweise ist die Performance-Gebühr dann auf den gesamten Gewinn zu entrichten und nicht nur auf den den Trigger überschießenden Anteil.
Unfunded Commitment
Eigenkapital, welches gegenüber einem Private Equity Fund zugesagt aber vom General Partner noch nicht abgerufen wurde (siehe auch draw-down).
Vintage year
Das Vintage year eines Fonds wird als jenes Jahr definiert, in welchem der Fonds sein erstes Investment getätigt hat.
Venture capital
Hierbei handelt es sich um ein Private Equity Investment in der start-up oder early-stage Phase eines Unternehmens.
1
Problemstellung und Gang der Untersuchung
Bisherige Angebote im Bereich der Fondsgebundenen Lebensversicherungen offerieren ausschließlich Anlagen im Aktien-, Immobilien-, Renten- oder Geldmarktbereich, d. h. in fungiblen Anlageformen. Durch die erstmalige Auflegung eines für den deutschen Rechtsrahmen geeigneten „Private Equity Vehikels“ böte sich einem Lebensversicherungsunternehmen die Chance, einen „First Mover Advantage“ zu kreieren. Durch die begrenzte Beimischung dieses Private Equity-Produktes für eine bestimmte Klientel könnte der Anbieter langfristig höhere Renditen für deren Fondspolicen erzielen, zumal die Fristenkongruenz beider langfristig ausgelegter Anlageformen fast als ideal bezeichnet werden muss. Besondere Bedeutung kommt bei einem derartigen Produkt der Prüfung des Rechtsrahmens des Auflageortes für das Private Equity-Vehikel zu, da hiervon die Vertriebsfähigkeit in Deutschland und damit die Verwendbarkeit des Produktes für Fondsgebundene Lebensversicherungen abhängt. Im Rahmen dieser Dissertation werden exemplarisch und detailliert die Usancen des Finanzplatzes Luxemburg einer kritischen Analyse unterzogen. Des Weiteren werden neben den allgemeinen Erfolgschancen einer solchen Fondspolice sämtliche Fragen der Produktausgestaltung beleuchtet. Diese umfassen unter anderem Aspekte wie die rechtliche und inhaltliche Ausgestaltung des Private Equity-Vehikels, die abzudeckenden Investmentphasen (z. B. „Seed“ versus „Buyout“ financing), den Anlagestil (z. B. Einzel- versus Dachfonds) sowie die investitionswürdigen Segmente, Branchen und Regionen. Neben dem Literaturstudium wurden im Rahmen der Dissertation auch Leitfaden-gestützte Interviews mit namhaften Private Equity-Firmen in New York und Boston geführt, um die erarbeiteten Empfehlungen untermauern zu können. Ziel dieser Dissertation ist es, neben der theoretischen Erarbeitung eines tragfähigen Konzeptes einer mit Private Equity unterlegten Fondsgebundenen Lebensversicherung den interessierten Parteien eine Art Leitfaden für dieses Produkt an die Hand zu geben.
1.1
Historische Entwicklung Deutschland
In Deutschland wurden erste Beteiligungsgesellschaften offiziell im Jahr 1965 gegründet. Hintergrund war wie in den USA die Notwendigkeit, die Eigenkapitalversorgung mittelständischer Unternehmen, die keinen Zugang zum organisierten
2
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
Kapitalmarkt hatten, zu verbessern. In Deutschland ist die Eigenkapitalquote der Unternehmen traditionell weitaus geringer als in anderen Industrieländern.1 Verursacht wurde diese Situation durch ein schnelles Wirtschaftswachstum in der Nachkriegszeit bei gleichzeitig geringen Gewinnen und hoher Besteuerung sowie wachsenden Arbeitskosten. Dieses Wachstum wurde überwiegend fremdfinanziert.2 In den 70er Jahren betrug der Anteil der Investoren aus dem Bereich Erwerbswirtschaft und Banken ca. 70%. Die restlichen 30% wurden aus Mitteln des European Recovery Programms (ERP) bereitgestellt. Als dominante Rechtsform konnte sich in dieser Zeit im deutschen Beteiligungsmarkt die stille Beteiligung durchsetzen, da sie eine hohe Akzeptanz bei den Partnerunternehmen besaß. Die Nachteile dieser Gesellschaftsform sind die in der Regel nicht gegebenen Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensführung sowie die Ungewissheit über die Verfügbarkeit liquider Mittel bei Ablösung der stillen Beteiligung.3 In den 80er Jahren war eine Professionalisierung der deutschen Private EquitySzene zu beobachten. Dies ist einerseits durch das Aufkommen professioneller Management-Teams bei den Beteiligungsgesellschaften verursacht. Andererseits setzten sich aber auch neue Geschäftspraktiken wie das Co-Venturing, d. h. die Syndizierung von Beteiligungsgesellschaften zur Finanzierung hoher Volumina, oder die Wahl des Börsengangs als Exitkanal verstärkt durch. In den 90er Jahren wurde im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands ein gewaltiges Potential für Private Equity sowohl im engen als auch im weiteren Sinne eröffnet. Dabei war und ist im Osten besonders die Managementunterstützung von Bedeutung, da vielen Unternehmen in den neuen Bundesländern Kenntnisse über die Nutzung diverser Absatzkanäle fehlen. Heute geht der allgemeine Trend hin zu einer Vertiefung und Verbreiterung der Geschäftsfelder. Die stille Beteiligung als dominante Rechtsform in früheren Jahren wurde abgelöst durch individuelle gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. Bei der Wahl der Exitkanäle nimmt die Bedeutung des traditionellen Rückkaufs durch die Eigentümer zugunsten von Trade Sales und – sofern die Börsensituation hierfür geeignet erscheint – Going Public stark ab. Auch die Beteiligungsober- und -untergrenzen verlieren ihre Bedeutung, da die zunehmende Bereitschaft zur Syndizierung und strukturierten Finanzierung zur Bedienung aller gewünschten Beteiligungshöhen führt. Die Abgrenzung gegenüber anderen Marktsegmenten bzw. Investitionsphasen seitens der Beteiligungsgesellschaften ist heute nicht mehr eine Frage von Abneigung, sondern des zur Verfügung stehenden Personals.4 Entgegen 1
SCHEFCZYK (1998): ERFOLGSSTRATEGIEN, S. 24 LEOPOLD / FROMMANN (1998): EIGENKAPITAL FÜR DEN MITTELSTAND, S. 11 3 D’HEUR (1998): VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND, S. 16 4 LEOPOLD / FROMMANN (1998): EIGENKAPITAL FÜR DEN MITTELSTAND, S. 71ff. 2
1.1 Historische Entwicklung Deutschland
3
der häufig festzustellenden Bankenschelte muss konstatiert werden, dass die Entwicklung im deutschen Beteiligungsmarkt ohne das Engagement der Banken nicht möglich gewesen oder aber wesentlich langsamer verlaufen wäre. Auch heute noch stellen die Banken die wichtigste Anbietergruppe von Risikokapital dar.5 Der deutsche Markt für Private Equity ist trotz erfreulicher Fortschritte insbesondere in den letzten 10 Jahren im Vergleich zum weltweit größten Private EquityMarkt in den USA nach wie vor unterentwickelt.6 Private Equity-Investitionen beliefen sich in Deutschland im Jahr 1996 auf lediglich 0,04% des Bruttoinlandsproduktes, weniger als ein Drittel des U.S.-amerikanischen Niveaus. Obwohl seither ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen ist hat z. B. der deutsche Venture Capital-Markt nur etwa ein Achtel der Größe des amerikanischen Marktes.7 Die Akzeptanz von Private Equity-Investments ist in Deutschland immer noch begrenzt. Viele Marktbeobachter führen dies auf das deutsche Investorenpublikum zurück, das alternative Investmentmöglichkeiten als attraktive Kapitalanlage erst noch entdecken müsse.8 Der Markt für Private Equity in Europa hat sich erst während der Phase des Aktienmarktbooms der 1980er und 90er Jahre entwickelt.9 In dieser Zeit haben Banken, Pensionsfonds, Privatanleger und Versicherungsgesellschaften mehr als 125 Milliarden Euro für Investitionen in verschiedenen Lebensphasen von Private Equity-Unternehmen zur Verfügung gestellt.10 Der Markt entfaltete in dieser Zeit eine eigene Dynamik. Diese Entwicklung wurde jedoch durch die Aktienbaisse der Jahre 2001–2003 wieder stark gedämpft. So sind die Kursverluste an den nationalen wie internationalen Aktienmärkten ab dem Jahr 2001 nicht ohne direkte oder indirekte Auswirkungen auf die langfristig zu betrachtenden Erfolge von Private Equity-Beteiligungen geblieben. Nach Wertberichtigungen im oben genannten Zeitraum von teilweise 50% bis 75%, kompletten Fondsauflösungen und vergleichsweise geringen Renditen zeichnete sich erst im Jahr 2003 bei den Bewertungen von Zielunternehmen wieder eine Wende ab. Auch die nun schon seit dem Jahr 2001 historisch niedrigen Zinsen bereiten vielen institutionellen Anlegern, die einen Großteil ihrer Kapitalanlagen in festverzinsliche Wertpapiere investiert haben, erhebliche Probleme. Insbesondere deutsche Versicherungsunternehmen sind aus diesem Grund bemüht, ihre Portfolios durch die Beimischung von alternativen Investments wie Private Equity zu diversifizieren.11 5
BVK (1998): JAHRBUCH, S. 71 BAUMS (1999): LEGAL INFRASTRUCTURE, S. 79, 80ff. 7 RUDOLPH (1999): INTERMEDIÄRE ZWISCHEN GRÜNDUNG UND BÖRSENGANG, S. 29 8 LEOPOLD / FROMMANN (1998): EIGENKAPITAL FÜR DEN MITTELSTAND, S. 201 9 GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 16 10 WICKENKAMP (2001): PRIVATE EQUITY, S. 251ff. 11 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 57 6
4
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
Ohne Startkapital keine Firmengründungen, ohne Firmengründungen keine neuen Arbeitsplätze. Auf diese einfache Formel lässt sich die Bedeutung des privaten Wagniskapitals für die Wirtschaft bringen. Doch der deutsche Markt für Private Equity hat sich bis heute nicht von der Talsohle erholt, die einsetzte, als die Internet-Blase platzte. Der Beteiligungsmarkt hat nach dem Boom der späten 90er Jahre eine dreijährige Konsolidierung durchlaufen. Die Bereinigung in den Portfolios der Finanzinvestoren kam erst Ende 2003 zum Stillstand. Seitdem ist eine Stagnation bei den Investitionen in junge Technologiefirmen zu beobachten. Heute bewegen sich die Investitionen etwa auf dem Niveau von 1999.12 Mit Risikokapital werden junge Technologiefirmen und Dienstleistungsunternehmen finanziert, die in der Gründerphase auf externes Kapital angewiesen sind. Da diese Unternehmen als besonders innovationsfreudig gelten, haben sie eine wichtige Bedeutung für den Forschungsstandort Deutschland. Wenn es ihnen schließlich gelingen sollte, ihre Produkte oder Dienstleistungen bis zur Marktreife zu entwickeln, so können in den Wachstumsindustrien auch Tausende von neuen Arbeitsplätzen entstehen. Milliardenschwere Transaktionen in den reifen Industrien haben jüngst den Blick auf die Misere bei den Gründern und Jungunternehmern verstellt. Es mangelt an guten Unternehmensideen, außerdem haben die Investoren weiterhin oftmals keine Möglichkeit, ihre Venture Capital-Investments an die Börse zu bringen. Ein Börsengang ist für die Beteiligungsfonds jedoch der wichtigste Weg, um aus ihren Investments auskömmliche Renditen zu erzielen. Die nur bedingt vorhandene „Exit“-Möglichkeit aus den Venture Capital-Beteiligungen über die Börse ist ein zentrales Hindernis für die Bewältigung der Venture Capital-Krise in Deutschland. Während in Deutschland das Marktsegment des Neuen Marktes geschlossen werden musste, hat die US-Technologiebörse Nasdaq den Abschwung zu Beginn des neuen Jahrtausends besser überstanden, so dass dort der Motor für Börsengänge wieder auf Hochtouren läuft. Der deutsche Beteiligungsmarkt befindet sich dagegen derzeit in einer sehr kritischen Phase. Die noch rund 20 bis 25 aktiven Venture Capital-Gesellschaften haben nur noch begrenzte Mittel in ihren Fonds und müssen sich an institutionelle Investoren wenden, um somit die notwendigen Folgefinanzierungen für die Unternehmen in ihren Portfolios zu gewährleisten. Leider haben sich jedoch die institutionellen Investoren in Deutschland aus dem Beteiligungsmarkt für Gründer weitgehend zurückgezogen. Nach den Erfahrungen aus den Totalabschreibungen zwischen 2000 und 2003 haben viele hiesige Banken und Versicherungen dem Markt den Rücken gekehrt. Jetzt hoffen Risikokapitalgeber auf US-Adressen und europäische Pensionsfonds als potentielle Investorengruppen. 12
FROMMANN (2004): VERTRAUEN DER INVESTOREN HAT GELITTEN, S. 6
1.1 Historische Entwicklung Deutschland
5
Die Politik hat die Gefahr für den Innovationsstandort Deutschland inzwischen erkannt. Zumindest für eine Übergangsphase kann der vom Bund geplante 250 Mil. “ schwere „Startfonds“ für junge Technologieunternehmen die Durststrecke überwinden helfen. Stärkere Hoffnungen ruhen jedoch auf einem vor wenigen Jahren gegründeten und mit öffentlichen Mitteln ausgestatteten Dachfonds für Beteiligungskapital, der direkt Mittel an Private Equity-Fonds verteilt. Die Einlagen von 500 Mil. “ steuern je zur Hälfte der Bund und der Europäische Investitionsfonds (EIF) bei. Ohne den Staat würde die Innovationsfinanzierung in Deutschland wohl endgültig zusammenbrechen. Dies gilt vor allem für die Frühphase, wenn es um die Finanzierung von reinen Geschäftsideen oder anfänglichen Durststrecken geht, in denen noch keine Umsätze erwirtschaftet werden. Hier besteht die begründete Befürchtung, dass dieses Segment auf eine verschwindend geringe Bedeutung zurückfällt.13 Hauptgründe für den Rückgang der Frühphasen-Aktivitäten in Deutschland sind: • • • •
Fehlendes Know-how der Manager – Fehlende Beratung Mangelnde Erfahrung auf Seiten der Inkubatoren – Keine laufenden Einnahmen Einseitige Spezialisierung (z. B. Internet) – Internationale Expansion Schlechtes Marktumfeld seit Mitte 2000 – Überhitzung der Bewertungen in frühen Unternehmensphasen (Beteiligungsstruktur) • Fehlende Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle.14 Während sowohl US-amerikanische Privatanleger als auch institutionelle Investoren bereits seit vielen Jahren erfolgreich in alternative Anlagen investieren, weisen insbesondere kontinentaleuropäische Investoren noch große Defizite bei derartigen Kapitalanlagen auf. Die Gründe hierfür sind neben einer mangelnden Kenntnis der diversen Anlageinstrumente auch rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen, die die Anleger von Engagements abschrecken. Hinzu kommt die oft reißerische und zum Teil irreführende öffentliche Meinung. In Deutschland übernehmen Finanzinvestoren für mittelständische Unternehmen zunehmend die Rolle, die traditionell die Hausbanken eingenommen haben. Als Liquiditätsversicherung und Kontrollinstanz waren die Hausbanken lange Zeit ein Garant für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Diese Funktion übernehmen in Deutschland nun peu à peu die Finanzinvestoren. Neue Impulse für das Thema Private Equity im Mittelstand entwickeln sich aufgrund der Nachfolgeproblematik sowie der zuvor beschriebenen und im internationalen Vergleich nach wie vor niedrigen Eigenkapitalquoten vieler mittelständischer Unternehmen. 13 14
KÖHLER (2004): GRÜNDER HÄNGEN AM FINANZTROPF DES STAATES, S. 6 MACKEWICZ (2004): ANALYSE
6
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
Hinzu kommt die Konzentration deutscher Großkonzerne auf ihr Kerngeschäft bzw. die Verringerung ihrer Verschuldung durch Verkäufe von Unternehmenssparten sowie die Eröffnung attraktiver Ausstiegsmöglichkeiten durch eine Renaissance von Börsengängen in den letzten Jahren. Somit erweitern Beteiligungsgesellschaften sukzessive ihr Tätigkeitsfeld um neue Branchen, Themen und Regionen. Mit dieser Ausweitung des Tätigkeitsfeldes der Private Equity-Branche steigt auch die Nachfrage nach privatem Eigenkapital an, worin sich die Attraktivität des Geschäftsfeldes Beteiligungen sowie dessen wachsende volkswirtschaftliche Bedeutung widerspiegelt. Als Folge dieser Entwicklung wird die Kapitalmarktkultur in Deutschland perspektivisch nachhaltig gestärkt werden, so dass auf mittlere Sicht eine Verringerung des Abstandes zu den Private Equity affineren angelsächsischen Ländern erreicht werden sollte.
1.2
Historische Entwicklung USA
Eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung der Anlageklasse Private Equity nehmen die USA ein. Dort sind die Kapitalmärkte traditionell am weitesten entwickelt und die Beimischung von Private Equity ist seit über zwanzig Jahren ein wichtiger Bestandteil des gesamten Anlagespektrums institutioneller Investoren. Die Anlageklasse hat eine breite Akzeptanz in der Wirtschaft und der Gesellschaft. Die American Research & Development Corporation (ARD) beteiligte sich bereits 1957 als eine der ersten Venture Capital-Gesellschaften der USA mit 77.000 US-Dollar an der Digital Equipment Corporation (DEC) und übernahm dafür 77% der Anteile des Unternehmens. Als sich der Wert dieser Investition in DEC bis 1971 auf weit über 300 Millionen US-Dollar erhöhte und damit eine Wertsteigerung von 5.000% erzielt wurde, nahm die Entwicklung des Mythos „Venture Capital“ ihren Lauf. Über den spektakulären Einzelerfolg mit DEC wurde in den gesamten USA mit Hochachtung und Bewunderung gesprochen. In der Hoffnung, dass der Erfolg wiederholt werden könne, wurde das Geschäftsmodell von Beteiligungen in der frühen Phase aussichtsreicher Unternehmen mit späterer Veräußerung der eigenen Anteile zu einem deutlich höheren Preis entwickelt.15 Die Anlageklasse Private Equity wurde ständig weiterentwickelt und es entstanden entsprechend hohe, teilweise komplexe Standards hinsichtlich der Vertragsgestaltung und der Investitionsstrategie in der praktischen Anwendung. Bis heute ist der US-amerikanische Private Equity-Markt immer noch mit großem Abstand der Bedeutendste.16 Seine Rendite-Performance ist seit über 20 Jahren fast durchgängig besser als die des S & P 500 Aktienindex bzw. des NASDAQ Composite Indexes. 17 15
MACKEWICZ / BADER (2004): PRIVATE-EQUITY-INVESTMENTS, S. 47ff. GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 15 17 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 56 16
1.2 Historische Entwicklung USA
7
In den USA nutzen Investoren in den meisten Fällen „Limited Partnerships“ als Managementgesellschaft für ihre alternative Anlage. Diese Managementgesellschaften gründen Fondsgesellschaften, typischerweise ebenfalls in der Rechtsform der „Limited Partnership“. Managementgesellschaft und Fondsgesellschaft bilden die „Venture Capital- oder Private Equity Company“, wobei die Managementgesellschaft regelmäßig die Stellung des „General Partner“ in der Fondsgesellschaft einnimmt. Typischerweise betreibt eine Managementgesellschaft je nach ihrer Managementkapazität mehrere Fondsgesellschaften, die in gewissem zeitlichem Abstand nacheinander gegründet werden. In den Fondsgesellschaften wird das von den Investoren eingeworbene Kapital angesammelt. Diese Fondsgesellschaften, die eine begrenzte Lebensdauer von üblicherweise 8 bis 10 Jahren haben, beteiligen sich wiederum an mehreren so genannten Portfolio- oder Beteiligungsunternehmen, um diese in ihrer Entwicklung zu erfolgreichen Unternehmen mit Kapital- und ManagementKnow-how (smart money) zu unterstützen.18 Das indirekte Private Equity-Geschäft ist also durch die Einschaltung einer Private Equity-Gesellschaft zwischen Geld-Geber und Geld-Nehmer gekennzeichnet. Dabei übernimmt die Private Equity-Gesellschaft allgemeine Intermediärsfunktionen sowie spezifische Funktionen im Private Equity-Prozess, die in Kapitel 4 noch ausführlich beschrieben werden. Die allgemeinen Intermediärsfunktionen resultieren aus der Vermittlung von Private Equity-Angebot und -Nachfrage.19 Die spezifischen Funktionen sind den Eigenarten des Private Equity-Geschäfts geschuldet. Die folgende Graphik (Abb. 1 auf S. 8) illustriert den typischen Standard für eine U.S. Private Equity-Fund Struktur.20
18
BAUMS / MÖLLER (1999): VENTURE CAPITAL, S. 3 DOUGALL/GAUMITZ (1980): CAPITAL MARKETS AND INSTITUTIONS, S. 11ff. & S. 19ff. 20 DEBEVOISE & PLIMPTON (2004): EUROPEAN PRIVATE EQUITY HANDBOOK, S. 24 19
8
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
Principals (or Institutional Institutional Sponsor) Sponsor) (or
General Partner of General Partner Veräußernder (Delaware LLC) General Partner
Limited Partners
General Partner
Manager
Erwerbender (Delaware Fonds LLC)
(Delaware LLC) Ver äußernder
General Partner
Advisor Agreement
CarriedInterest
Principals
Carried Interest (ca. 20% of Profits)
Fund (Delaware LLC) Ver äußernder
Limited Partners Investors
Management Fee Commitment) (ca. 2% auf Commitmen Portfolio Companies
Abb. 1: Typischer Standard für eine U.S. Private Equity Fund Struktur Quelle: DEBEVOISE & PLIMPTON (2004): EUROPEAN PRIVATE EQUITY HANDBOOK, S . 24
2
Begriffe und Methoden
2.1
Das Denkmodell der Neuen Institutionenökonomik
In diesem Kapitel werden Instrumente und Mechanismen dargestellt, die eine Koordination ökonomischer Aktivitäten ermöglichen oder verhindern können. Im Rahmen der Neuen Institutionenökonomik werden Spielräume bei Preisen, Marktmacht, anhaltende Ungleichgewichte des Marktes, unvollständige Verträge, asymmetrische Informationen, veränderbares Wissen, beschränkte Rationalität, Opportunismus und Transaktionskosten explizit berücksichtigt.21 Die Neue Institutionenökonomik unterscheidet sich somit in wesentlichen Punkten von der neoklassischen Theorie, deren einfaches Modell des „homo oeconomicus“ sie um realitätsnähere Annahmen ergänzt. Institutionen im Sinne der Institutionenökonomik sind Systeme von formalen oder informellen Regeln bzw. Normen einschließlich der Mechanismen ihrer Durchsetzung mit dem Zweck, das individuelle Verhalten in eine bestimmte Richtung zu lenken. Definiert man Wirtschaftswissenschaft als die Lehre von der Generierung gemeinsamer Vorteile durch Kooperation, was insbesondere die Entscheidungstheorie quasi ausklammert, so ergibt sich als Gegenstand der Institutionenökonomik die Wirkung von Institutionen auf die Ökonomie im Sinne von Analyse und Design von Institutionen. So sind Individuen in der realen Welt bemüht, ihre Interaktionsbeziehungen explizit oder implizit zu sortieren.22 Geld ist dabei eine Institution zur Koordination von Tauschaktivitäten,23 die in unterschiedlicher Form auftreten kann.24 Im Folgenden werden einige Begriffsdefinitionen vorgenommen, um Schlussfolgerungen aus der Neuen Institutionenökonomik für das Thema Private Equity ziehen zu können. 2.1.1
Methodologischer Individualismus
Das Konzept des methodologischen Individualismus basiert auf der Vorstellung, dass die einzigen Entscheidungsträger Individuen sind. Hierbei können sie isoliert oder in 21
SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 BÖSSMANN (1982): PROBLEME DER TRANSAKTIONSKOSTEN, S. 670 23 WITT (1988): THEORIE DER ENTWICKUNG ÖKONOMSICHER INSTITUTIONEN, S. 93 24 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 22
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2 Begriffe und Methoden
Zusammenschlüssen mit anderen agieren. Kollektiventscheidungen, d. h. Entscheidungen von Kollektiven gibt es hingegen nicht; es gibt lediglich Entscheidungen von Individuen im Kollektiv bzw. in Kollektiven.25 Insofern handelt es sich um eine Theorie individuellen Verhaltens, nicht aber um eine Theorie des Verhaltens vereinzelter Individuen. Friedrich August von Hayek merkte diesbezüglich an: „Wenn das zuträfe, dann hätte er (der methodologische Individualismus; Anmerkung des Verfassers) allerdings zu einem Verständnis der Gesellschaft nichts beizutragen. Seine grundlegende Behauptung ist aber eine ganz andere; sie lautet: dass es keinen anderen Weg zum Verständnis der sozialen Erscheinungen gibt als über das Verständnis des Handelns des Einzelnen.“26 Dieses Zitat macht Hayeks Ablehnung des methodologischen Kollektivismus deutlich. Dieser geht davon aus, dass individuelles Verhalten aus makrosoziologischen Erklärungen abgeleitet werden kann und dass kollektive Phänomene wie das Verhalten gesellschaftlicher Gruppen nicht durch das Verhalten von Einzelnen erklärt werden können. Auf den höheren Ebenen (Makroebene) eines Systems gäbe es ganzheitliche Qualitäten, die nicht vollständig aus Elementen niederer Stufen (Mikroebene) ableitbar sind. Im Kern geht der methodologische Kollektivismus davon aus, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. In Ansätzen auf dieser Grundlage bilden kollektive Phänomene die unabhängige, erklärende Variable.27 Nach dem methodologischen Individualismus ist die Souveränität der Verbraucher der Grund, warum Privateigentum im Dienste der Allgemeinheit verwendet wird. Danach muss das Eigentum an Produktionsmitteln in der Marktwirtschaft so verwendet werden, dass es der Befriedigung der Bedürfnisse dient, die von den Verbrauchern als die Dringendsten angesehen werden. Eigentum kann in der Marktwirtschaft nur bewahrt werden, wenn man es täglich neu erwirbt durch Dienst am Kunden, durch Anpassung an die einem ständigen Wandel unterworfenen Wünsche der Verbraucher. Politische und wirtschaftliche Akteure, die innerhalb der formellen Institutionen agieren, sind für die Ergebnisse maßgeblich verantwortlich. Existiert ausschließlich individuelles Handeln, müssen die Ergebnisse dieser Aktionen mit den unterschiedlichen Präferenzen und Zielen der Menschen variieren. Damit verlegt sich der Untersuchungsgegenstand vom „staatlichen Handeln“ oder „unternehmerischen Handeln“ auf die politischen28 bzw. privaten Unternehmer, die durch Wahl oder andere Regeln Aufgaben übernehmen.29 25
KIRSCH (1985): ÖKONOMISCHE THEORIE DER POLITIK, S. 12 HAYEK (1949): DIE INTELLEKTUELLEN UND DER SOZIALISMUS, S. 41–54. 27 VAHLEN (1992): KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE, S. 190 28 EGGERTSSON (1998): LIMITS TO INSTITUTIONAL REFORMS, S. 8 29 KIRCHGÄSSNER (1998): MENSCHENBILD DES GRUNDGESETZES, S. 51 26
2.1 Das Denkmodell der Neuen Institutionenökonomik
11
Maximieren Akteure ihren Nutzen30 und existieren bereits institutionelle Strukturen bilden diese die Restriktionen für die individuellen Wahlhandlungen.31 Die Analyse, die nur beim Individuum ansetzt, führt dazu, dass im Verhältnis zwischen Individuum und Staat die Beweislast für die Notwendigkeit von Einschränkungen, die dem Einzelnen auferlegt werden sollen, beim Staat gesehen wird.32
2.1.2
Maximierung des eigenen Nutzens
Grundlegende Annahme des Konzepts der Nutzenmaximierung ist, dass der Akteur als „homo oeconomicus“ gesehen wird, der danach strebt, aus der Menge der ihm zur Verfügung stehenden Alternativen diejenige mit dem für ihn größten Nutzen auszuwählen. Hierbei hat das Individuum die sein Handeln einschränkenden Restriktionen zu beachten.33 Beschränkt werden sie dabei von der institutionellen Ordnung, ihrem individuellen Informationsstand34 und ihren eigenen mentalen Modellen,35 mit deren Hilfe das individuelle kognitive System die Umwelt interpretiert.36 Folgt man der Annahme, dass alle politischen und wirtschaftlichen Akteure ausschließlich ihre persönliche Auszahlungsmatrix positiv verändern möchten, ist der Ursprung der insgesamt möglichen Wahlhandlungen sekundär, weil das Ergebnis ausschließlich von den äußeren Restriktionen der institutionellen Umwelt und den Fähigkeiten der handelnden Individuen abhängig ist.37,38 Wegen der großen gesellschaftlichen und kulturellen Vielfalt und Wandelbarkeit möglicher Inhalte erlaubt das Prinzip der Nutzenmaximierung keine einheitliche und durchgängige Prognose menschlichen Handelns.39 Geht man von der Annahme aus, dass auch Politiker im politischen Markt versuchen, ihren jeweiligen Nutzen zu maximieren und dabei ihre individuellen Handlungsspielräume konsequent ausnutzen, so dürfte, unabhängig von der Regierungsform, das Bild des barmherzigen Herrschers nicht aufrecht zu erhalten sein.40 30
FURUBOTN / RICHTER (1996): NEUE INDUSTRIEÖKONOMIK, S. 3 MORLOK (1998): ÖKONOMISCHE THEORIE FÜR DAS ÖFFENTLICHE RECHT, S. 6 32 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 33 KIRCHGÄSSNER (1998): MENSCHENBILD DES GRUNDGESETZES, S. 53 34 FURUBOTN (1998): ECONOMIC EFFICIENCY IN A WORLD OF FRICTIONS, S. 13 35 HUTCHINSON (1984): INSTITUTIONAL ECONOMICS OLD AND NEW, S. 23 36 DENZAU / NORTH (1994): IDEOLOGIES AND INSTITUTIONS, S. 4 37 STREIT (1991): THEORIE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK, S. 4 38 LIESKE (1997): TRANSAKTIONSKOSTEN ANALYSE UND AGENCY-THEORIE, S. 11 39 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 40 DRISSEN / VAN WANDEN (1993): ENDOGENOUS GOVERNMENT BEHAVIOUR, S. 489 31
12 2.1.3
2 Begriffe und Methoden
Eingeschränkte Rationalität
Wie kann eine Person oder Institution vernünftige Entscheidungen zur individuellen Nutzenmaximierung treffen, wenn sie nur begrenzte Zeit und begrenztes Wissen hat? Wie lange soll man nach Informationen suchen, und wann soll man aufhören und eine Vorhersage oder Entscheidung treffen? Die Antwort zu diesen Fragen hängt von dem jeweiligen Modell der Rationalität ab. Der traditionellen Vision der „uneingeschränkten Rationalität“ zufolge müsste das Gehirn eines vernünftigen Wesens allwissend und mit unbegrenzter Zeit und rechnerischer Kapazität ausgestattet sein.41 Diese Annahme ist nur dann sinnvoll, wenn Präferenzfunktionen so genau beschrieben werden können, dass der Theoretiker ein falsifizierbares Ergebnis erhält.42 In Anbetracht dieser doch sehr unwahrscheinlichen Fiktion wurde der Begriff der „eingeschränkten Rationalität“ geprägt.43,44 Wirkliche Denkprozesse müssen nun nicht mehr perfekt, sondern nur noch für das Überleben ausreichend sein. Wesentlich für den Erfolg dieser Strategie ist ihre Anpassung an die technologische, physikalische oder soziale Umwelt. Intelligenz in diesem Sinn besteht aus einer adaptiven Werkzeugkiste mit einer Vielzahl von Heuristiken, d. h. einfachen Schritt-für-SchrittEntscheidungsregeln. Eingeschränkt rationales Verhalten kann dadurch charakterisiert werden, dass es nicht das Ziel ist, den Gewinn zu maximieren. Vielmehr ist der Gewinn eine Nebenbedingung, welcher zu einem gewissen Grad erreicht werden muss. Wenn dieses Niveau erreicht wird, wird sozusagen auf weitere Rationalität verzichtet und andere Ziele werden verfolgt. So ist ein Verhalten beschränkt rational, wenn man die Suche nach Alternativen dann stoppt, wenn man eine gefunden hat mit der man zufrieden ist, ungeachtet dessen, dass es noch eine Bessere geben könnte. Da die Suche nach einem Optimum vorzeitig gestoppt wird, muss man die eingeschränkte Rationalität von der Optimierung unterscheiden. Das Handeln nach den eigenen Präferenzen und nicht entsprechend den Präferenzen anderer wird in der Literatur auch als „gegenseitig desinteressierte Vernünftigkeit“ bezeichnet.45 Die eingeschränkte Rationalität ist daneben auch streng vom Begriff des „irrationalen Verhaltens“ zu unterscheiden. Individuelles Verhalten ist dann irrational, wenn es wissentlich gegen die eigenen Interessen zielt,46 wohingegen eingeschränkte Rationalität den Zustand umschreibt, in dem individuelle vollkommene Rationalität 41
KIRCHNER (1997): BILANZRECHT UND NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK, S. 270 EGGERTSSON (1990): ECONOMIC BEHAVIOUR AND INSTITUTIONS, S. 77 43 KIRCHNER (1997): BILANZRECHT UND NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK, S. 270 44 FURUBOTN (1994): DEVELOPMENT OF INSTITUTIONAL ECONOMICS, S. 15 45 RAWLS (1971): THE THEORY OF JUSTICE, S. 168 46 KREPS (1990): A COURSE IN MICROECONOMIC THEORY, S. 480 42
2.1 Das Denkmodell der Neuen Institutionenökonomik
13
angestrebt wird, aber aufgrund kognitiver Beschränkungen nicht erreicht werden kann.47,48 Damit beschreibt die eingeschränkte Rationalität die Limitierung menschlicher kognitiver Fähigkeiten im Verhältnis zur Komplexität der möglichen Wahlhandlungen.49 Werden nicht alle vorteilhaften Wahlhandlungen erkannt, ist es möglich, dass ausschließlich kurzfristige Ziele definiert werden weil langfristige Optionen nicht verarbeitet und identifiziert werden können.50 2.1.4
Theorie der Verfügungsrechte / Eigentumsrechte
Eindeutige Verfügungsrechte sind die Voraussetzung für ökonomisches Wachstum durch Investitionen. Die Theorie der Verfügungsrechte befasst sich mit exakt zugewiesenen Rechten und den zugehörigen Rechtsordnungen. Verfügungsrechteverteilungen sind im Zeitablauf veränderlich. Sobald neue, bisher unbekannte Externalitäten auftreten, besteht ein Anpassungsdruck, so dass die geänderte Verteilung der Verfügungsrechte diese Externalitäten internalisiert. Dieser Anpassungsmechanismus läuft nicht friktionsfrei ab, denn es treten meist Transaktionskosten auf. Insofern muss abgewogen werden zwischen dem Nutzen der bisherigen Struktur der Verfügungsrechte und den Transaktionskosten einer Änderung auf der einen Seite sowie dem Mehr-Nutzen einer Änderung der Verfügungsrechteverteilung auf der anderen Seite.51 Verfügungsrechte an Gütern werden durch Verträge übertragen. Wenn durch neu auftretende externe Effekte ein Wohlfahrtsverlust entstehen würde, so kann auch durch Verhandlungslösungen zwischen den beteiligten Parteien eine dem gemeinsamen Interesse aller dienende Lösung gefunden werden. Hierbei spielt die vorherige Verteilung der Verfügungsrechte keine Rolle. Unter der Voraussetzung, dass es keine Transaktionskosten gibt, ist nach dem Coase-Theorem jede vollständige Verteilung von Verfügungsrechten effizient.52 Wollen die individuellen Akteure ihren persönlichen Nutzen erhöhen, können sie dies durch den Austausch von Gütern erreichen. Entscheidend für eine effiziente Verhandlungslösung ist hierbei die Existenz eindeutiger Eigentumsrechte, der so genannten „exclusive property rights“. Eigentumsrechte repräsentieren die Macht, über ein Gut nach persönlichem Willen zu verfügen.53 Die Ausübung von Eigentumsrech47
SELTEN (1990): BOUNDED RATIONALITY, S. 649 RICHTER (1990): GELDTHEORIE, S. 648 49 WILLIAMSON (1993): TRANSACTION COST ECONOMICS, S. 109 50 TIETZ (1990): ON BOUNDED RATIONALITY, S. 664 51 VAHLENS KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE (1992), S. 142 52 COASE (1960): THE PROBLEM OF SOCIAL COST, S. 10 53 ALLEN (1991): WHAT ARE TRANSACTION COSTS?, S. 3 48
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2 Begriffe und Methoden
ten beinhaltet das Recht auf Zerstörung, Gebrauch, Vermietung, das Produkt, Abgabe sowie Schadensersatz bei Verletzung dieser Rechte.54 Es werden relative Verfügungsrechte, die sich aus schuldrechtlichen Vereinbarungen oder Verträgen ableiten, von absoluten Verfügungsrechten, die den Eigentumsrechten entsprechen, unterschieden. Werden diese Rechte von einem der Tauschpartner nicht anerkannt, können die Vorteile aus einem Handelsgeschäft nicht realisiert werden, weil die Grundlage für einen formellen oder informellen Vertrag fehlt.55 Bei eindeutig zugeordneten Eigentumsrechten gelingt die Internalisierung externer Effekte auf freiwilliger Basis. Staatliche Interventionen sind überflüssig. Der Staat hat lediglich für die Etablierung und Sicherung eines funktionsfähigen Rechtssystems zu sorgen. Dauerhaft negative Externalitäten sind dann das Resultat ungenügend definierter Eigentumsrechte und daher weniger ein Kennzeichen von Markt- als von Staatsversagen.56 Sind Eigentumsrechte nicht ausreichend definiert, bestehen Anreize für Akteure diese zu verbessern oder einzuführen,57 wenn zusätzliche Gewinne durch erhöhte Wahlmöglichkeiten generiert werden können. Verweigern die politischen Akteure gesetzliche Rechte, die die Wahlmöglichkeiten im privaten Markt erhöhen können, besteht die Gefahr, dass informelle Märkte für das Handeln von wirtschaftlichen Eigentumsrechten entstehen.58 Lassen sich bestimmte Güterarten, öffentliche Güter oder externe Effekte59 nicht mit einem Preismechanismus bewerten, weil sie eine Zuordnung exklusiver Eigentumsrechte nicht zulassen,60 können Probleme bei der Nutzung und dem Verbrauch dieser Güter entstehen. Externe Effekte entstehen vereinfacht gesagt immer dann, wenn die Produktion oder der Konsum eines Individuums mit positiven oder negativen Nebenwirkungen für Außenstehende verbunden ist. Auch vertragliche Beziehungen, die nach der Produktion und vor dem Konsum stehen, können externe Effekte generieren, wenn von deren Durchführung Wirkungen auf unbeteiligte Dritte ausgehen.61 Die Zuweisung von Eigentumsrechten zur Internalisierung von externen Effekten scheint sinnvoll, bis die Grenzkosten der Zuweisung den Grenzerlös übersteigen.62 54
BERNHOLZ / BREYER (1993): GRUNDLAGEN DER POLITISCHEN ÖKONOMIE, S. 197 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 56 DEMSETZ (1967): TOWARD A THEORY OF PROPERTY RIGHTS, S. 347ff. 57 ALLEN (1991): WHAT ARE TRANSACTION COSTS?, S. 3 58 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 59 BLANKART (1994): ÖFFENTLICHE FINANZEN IN DER DEMOKRATIE, S. 22 60 BÖSSMANN (1982): PROBLEME DER TRANSAKTIONSKOSTEN, S. 672 61 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 62 MARKL (1990): WANDEL VON INSTITUTIONEN, S. 6 55
2.1 Das Denkmodell der Neuen Institutionenökonomik
15
Die Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung sprechen nicht grundsätzlich gegen eine Verhandlungslösung und für staatliche Interventionen. Da auch staatliche Eingriffe Kosten verursachen, ist eine Verhandlungslösung immer dann vorzuziehen, wenn sie geringere Nachteile mit sich bringt. In beiden Fällen kommt es zu keiner effizienten Internalisierung externer Effekte, aber die Kostenersparnisse überwiegen. Befürworter einer Verhandlungslösung werden zudem argumentieren, dass eine mangelnde Internalisierung externer Effekte aufgrund hoher Transaktionskosten lediglich ein Zeichen von rationalen Entscheidungen seitens der Betroffenen ist. Eine Berücksichtigung der Externalitäten wird nicht gewünscht, weil die Nutzengewinne einer Internalisierung geringer sind als die damit verbundenen Transaktionskosten. Staatliche Eingriffe hätten unter diesen Bedingungen Effizienzeinbußen zur Folge, es sei denn, sie führen ausschließlich zu einem Kostenabbau.63 2.1.5
Institutionen
Institutionen lassen sich allgemein als Mechanismen beschreiben, die Individuen zur Strukturierung und Ordnung der Umwelt verwenden.64 Traditionen und Institutionen verkörpern routinierte Problemlösungsverfahren und erfüllen eine Entlastungsfunktion nach dem Ökonomieprinzip.65 Sie bestehen aus einer Regelsammlung, die zwischenmenschliche Verhältnisse ordnet.66 Institutionen definieren sich daher als ein System formgebundener d. h. formaler und formungebundener, also informeller Regeln einschließlich der Vorkehrungen zu deren Durchsetzung.67,68 Normen, Moral und Sitten und ihre jeweiligen Durchsetzungsmerkmale sind Bestandteile von informellen Institutionen.69 Sie entstehen aus Gewohnheiten, die in einer bestimmten Gruppe über einen relativ langen Zeitraum entwickelt werden oder sich aus Eigeninteresse spontan bilden.70,71 Im Gegensatz dazu werden formelle Institutionen auf der Grundlage von Statuten oder Gesetzen durch Beschluss gegründet bzw. aufgelöst. Allgemein ausgedrückt liegt immer dann eine Institution vor, wenn durch bestimmte Normen individuelles Verhalten in eine gewünschte Richtung gelenkt werden soll.72 Insofern handelt es 63
VAHLENS KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE (1992), S. 144 RADNITZKY (1984): DIE UNGEPLANTE GESELLSCHAFT, S. 13 65 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 66 RICHTER (1995): INSTITUTIONEN ÖKONOMISCH ANALYSIERT, S. 2 67 EGGERTSSON (1990): ECONOMIC BEHAVIOUR AND INSTITUTIONS, S. 70 68 FURUBOTN / RICHTER (1996): NEUE INDUSTRIEÖKONOMIK, S. 7 69 GUNNARSSON (1991): NEW INSTITUTIONAL ECONOMICS, S. 43, Fußnote 1 70 ZIMMER (1993): BANKENREGULIERUNG, S. 45 71 KIWIT / VOIGT (1995): ÜBERLEGUNGEN ZUM INSTITUTIONELLEN WANDEL, S. 3 72 KIRCHNER (1997): KARTELLRECHT UND NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK, S. 34 64
16
2 Begriffe und Methoden
sich bei formellen Institutionen um ein Anreiz- und Sanktionssystem für individuelle Wahlhandlungen.73 Im Zeitablauf verändern sich Institutionen dynamisch in Abhängigkeit von ihrem Standort, von politischen Veränderungen, von der Definition der Eigentumsrechte, von verfügbaren Technologien und von Qualitätsmerkmalen von Gütern und Dienstleistungen.74 Während sich formelle Institutionen auf die Durchsetzung durch den Staat verlassen, können informelle Institutionen durch private Mechanismen75 zur Geltung gebracht werden.76,77 Der Informationsgehalt dieser Institutionen besteht in den Beschränkungen, die sie dem Verhalten von Wirtschaftssubjekten auferlegen. Zu diesen Verhaltensbeschränkungen können sie verpflichtet werden oder aber sich selbst verpflichten. In diesem Zusammenhang spricht man auch von „äußeren“ und „inneren“ Institutionen.78 Institutionen können nicht für alle denkbaren zukünftigen Zustände passende Vereinbarungen zur Verfügung stellen, weil ihre Begründer selbst individuell differierende Informationen besitzen. Solange die Informationsbeschaffung mit Kosten verbunden ist und politische und wirtschaftliche Akteure über eingeschränkte Rationalität verfügen, kann eine Vollständigkeit von Institutionen nicht angestrebt werden.79,80 Vollständigkeit von Institutionen liegt nur dann vor, wenn diese für alle möglichen eintretenden Zustände Lösungsmechanismen bzw. Regelungsstrukturen bereithalten. Ein Gesetz ist zum Beispiel nur dann vollständig, wenn alle denkbaren Verstöße exakt definiert sind.81 Beschränken relative Eigentumsrechte die Verwendung bestimmter Güter durch die Wahl vertraglicher Regeln, stellen sie Institutionen gemäß subjektivem Recht dar. Gesetze als Institutionen hingegen reduzieren die Wahlhandlungen im Sinne von objektivem Recht.82 Beide Rechtsarten sind Institutionengruppen, die das menschliche Verhalten83 und die möglichen Wahlhandlungen der Individuen innerhalb eines Korridors beeinflussen.84 Des Weiteren kann man Normen in drei Kategorien einteilen:
73
SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 EGGERTSSON (1990): ECONOMIC BEHAVIOUR AND INSTITUTIONS, S. 10 75 RICHTER (1989): BANKING REGULATION, S. 137 76 KIWIT / VOIGT (1995): ÜBERLEGUNGEN ZUM INSTITUTIONELLEN WANDEL, S. 4 77 STREIT (1991): THEORIE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK, S. 80 78 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 79 KIRCHNER (1997): BILANZRECHT UND NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK, S. 270 80 FURUBOTN / RICHTER (1996): NEUE INDUSTRIEÖKONOMIK, S. 18 81 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 82 RICHTER (1995): INSTITUTIONEN ÖKONOMISCH ANALYSIERT, S. 4 83 RICHTER (1988): NEW INSTITUTIONAL ECONOMICS, S. 208 84 STREIT (1991): THEORIE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK, S. 113 74
2.1 Das Denkmodell der Neuen Institutionenökonomik
17
• Absolute Verfügungsrechte (Eigentumsrechte) • Relative Verfügungsrechte (Rechte aus Verträgen oder schuldrechtliche Verpflichtungen) • Übertragung der absoluten und relativen Verfügungsrechte.85 Soll die Lebensdauer von Institutionen verkürzt werden, müssen die Probleme des kollektiven Handelns gelöst werden.86 Bestimmte Institutionen können sich für spezielle Interessengruppen als unvorteilhaft herausstellen. Diese werden versuchen, die Stabilität dieser Institutionen zu reduzieren. Ist die Bildung von Interessengruppen mit hohen Kosten verbunden oder können sich die oppositionellen Interessen nicht organisieren, wird sich keine Verhandlungsmacht gegen die betreffende Institution bilden.87 Werden Institutionen bei gleich bleibenden Präferenzen verändert, treten Verhaltensänderungen der Individuen ein, die zu neuen ökonomischen Ergebnissen führen.88 Das Aushandeln und Durchsetzen von Verträgen zieht genauso Transaktionskosten nach sich wie die Errichtung oder Veränderung von institutionellen Arrangements.89 Der Aufbau einer Rechtsordnung stellt ein Netzwerk von multilateralen Verträgen dar, das erhebliche Kosten erzeugt. So ist z. B. die staatliche Regulierung ein Bestandteil dieses Netzwerkes und daher ebenfalls mit Transaktionskosten verbunden.90 Sollen in einer Rechtsordnung Eigentumsrechte definiert und geschützt werden, sind entsprechende Aufwendungen von Ressourcen notwendig. Werden die Rechte umgekehrt nicht paraphiert und durchgesetzt, steigen die Transaktionskosten des Handels. Die exakte Definition von Eigentumsrechten reduziert die Unsicherheit und erhöht die möglichen Gewinne aus der Transaktion, weil der Gegenstand von Verträgen eindeutig beschrieben werden kann.91 Eigentumsrechte sind daher Institutionen, die sowohl zur Kostenreduktion als auch zur Erhöhung der Kosten beitragen können.92 Sind Eigentumsrechte ungenau definiert steigen die Transaktionskosten, weil diese Rechte in der Folge nicht durch allgemeine Rechtsprechung durchsetzbar sind. Schützt der Staat bestimmte Tauschverhältnisse grundsätzlich nicht oder werden bestimmte Transaktionen verboten, erhöhen sich die Transaktionskosten.93 85
SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 GÄFGEN (1983): INSTITUTIONELLER WANDEL, S. 30 87 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 88 KIRCHNER (1997): BILANZRECHT UND NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK, S. 269 89 NIEHANS (1987): TRANSACTION COSTS, S. 320 90 ZIMMER (1993): BANKENREGULIERUNG, S. 51 91 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 92 LÖCHEL (1995): TRANSAKTIONSKOSTEN, S. 17 93 EGGERTSSON (1990): ECONOMIC BEHAVIOUR AND INSTITUTIONS, S. 35 86
18 2.1.6
2 Begriffe und Methoden
Relationaler Vertrag
Können Individuen nicht alle möglichen vorteilhaften Tauschmöglichkeiten erkennen und durchführen und sind sie darüber hinaus nicht in der Lage, alle möglichen zukünftigen Ereignisse einzuplanen, so verbleiben zwangsläufig Lücken in den vertraglichen Vereinbarungen. Diese Lücken spiegeln somit das Ergebnis eingeschränkter Rationalität und unvollkommener Information wider. Von relationalen Verträgen wird gesprochen, wenn Informationsasymmetrien zwischen den vertragsschließenden Parteien und einem Dritten bestehen, so dass eine Durchsetzung durch externe Institutionen aufgrund der schwierigen Überprüfung der Vertragserfüllung eventuell nicht stattfinden kann. Im Gegensatz dazu bestehen bei symmetrischer Informationsverteilung vollständige Verträge als explizite Verträge, die eindeutig definiert und verbindlich sind.94 Sollen relationale Verträge selbstdurchsetzend sein müssen sie Anreize enthalten, die die Vertragstreue langfristig vorteilhafter erscheinen lässt als die Nichterfüllung der Vereinbarungen.95 Individuen handeln opportunistisch wenn sie sich wirtschaftliche Vorteile durch bewusst unvollständige oder verzerrte Weitergabe von Informationen, durch Verdunklung oder Unterschlagung von Tatsachen usw. verschaffen können.96 Wird der eigene Nutzen durch opportunistisches Verhalten gesteigert97 so können auch bei freiwilligem Tausch Versuche unternommen werden, das Vermögen anderer zu erlangen und das Eigene zu verteidigen.98 Durch vertraglich fixierte Selbstverpflichtungen und andere Mechanismen versuchen sich die Transaktionsparteien gegenseitig abzusichern.99 Ein relationaler Vertrag ist daher eine auf einen längeren Zeitraum abzielende Vereinbarung, die Lücken für zukünftige Kontingenzen enthält um unvollständiger Voraussicht entgegenzuwirken. Es wird somit bei Vertragsschluss nur der Rahmen vereinbart während die Details im Laufe der Zeit konkretisiert werden können. Deshalb wird in der Volkswirtschaftslehre auch von einem unvollständigen Vertrag gesprochen. Der Sinn einer solchen Vereinbarung besteht im Kern darin, dass die Festlegung aller möglichen Eventualitäten in einem vollständigen Vertrag mit hohen Transaktionskosten verbunden sein kann. 94
FURUBOTN / RICHTER (1996): NEUE INDUSTRIEÖKONOMIK, S. 160 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 96 RICHTER (1995): INSTITUTIONEN ÖKONOMISCH ANALYSIERT, S. 8 97 FUKUYAMA (1995): TRUST, S. 41 98 ALLEN (1991): WHAT ARE TRANSACTION COSTS?, S. 4 99 RICHTER (1989): BANKING REGULATION, S. 704 95
2.2 Mechanismen und Probleme der Koordination
2.2
Mechanismen und Probleme der Koordination
2.2.1
Transaktions- und Informationskosten
19
Transaktionen sind Übertragungen von Nutzungs- und Verfügungsrechten100,101 und die mit deren Bestimmung, Übertragung und Durchsetzung entstehenden Kosten werden Transaktionskosten genannt.102,103 Der Markt- und Preismechanismus verursacht Kosten des Preisvergleichs, der Verhandlungen, des Vertragsabschlusses, der Vertragsdurchsetzung, der Überwachung u. v. m.104,105 Dies führt dazu, dass für bestimmte Tauschbeziehungen andere Allokations- und Organisationsformen effizienter sind als der Markt. Ein Teil der ökonomischen Tauschbeziehungen läuft deswegen nicht über den Markt, weil die hierarchische Organisation einer Unternehmung mit ihren Über- und Unterordnungen diese Tauschbeziehungen effizienter koordinieren kann. Insofern sind Unternehmen effiziente Allokationsmechanismen für solche Nutzungs- und Verfügungsrechte, die über den Markt nur mit höheren Transaktionskosten zu alloziieren wären.106 Ein wichtiges Element der Transaktionskosten stellen die Informationskosten dar.107 Informationen über Qualitätsmerkmale eines Gutes oder Eigentumsrechtes generieren positive Kosten, die den Gewinn aus einer Transaktion reduzieren.108 Bestehen zwischen Verhandlungspartnern Informationsasymmetrien, hat einer oder haben beide Akteure Anreize zu opportunistischem Verhalten.109 Betrug wird bei freiwilligem Tausch dann eine relevante Alternative, wenn die Informationen über den Gegenstand der Vereinbarung unvollständig sind. Besteht zwischen den Tauschpartnern Informationsasymmetrie steigt die Unsicherheit des weniger Informierten und er wird seine Ausgaben für die Beschaffung von Informationen ausweiten sofern dieser Akteur realisiert, dass sein Tauschpartner über einen Informationsvorsprung verfügt.110 Steigen die Informationskosten weiter an erhöht sich auch das Ungleichgewicht zwischen den jeweiligen Tauschpartnern bis zu dem Punkt an dem keine
100
LÖCHEL (1995): TRANSAKTIONSKOSTEN, S. 81 EGGERTSSON (1998): LIMITS TO INSTITUTIONAL REFORMS, S. 5 102 VAHLENS KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE (1992), S. 56 103 NIEHANS (1971): MONEY AND BARTER IN GENERAL EQUILIBRIUM, S. 774 104 MATTHEWS (1986): THE ECNOMICS OF INSTITUTIONS, S. 906 105 NORTH (1990): INSTITUTIONAL CHANCE AND ECONOMIC PERFORMANCE, S. 32 106 VAHLENS KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE (1992), S. 57 107 ALLEN (1991): WHAT ARE TRANSACTION COSTS?, S. 6 108 EGGERTSSON (1990): ECONOMIC BEHAVIOUR AND INSTITUTIONS, S. 35 109 LIESKE (1997): TRANSAKTIONSKOSTEN ANALYSE UND AGENCY-THEORIE, S. 12 110 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 101
20
2 Begriffe und Methoden
Transaktion stattfinden wird, weil die Kosten der Informationsbeschaffung den individuellen Nutzen übersteigen.111 Verfügen alle Individuen über unterschiedliche kognitive Fähigkeiten und mentale Modelle, kann eine Diskrepanz zwischen den subjektiven Daten der Individuen und den objektiven Daten bestehen. Eine Nutzenmaximierung kann in der Konsequenz nur mit unvollständigen Informationen stattfinden, die zu einem bestimmten Zeitpunkt subjektiv und situationsbezogen sind.112,113 Generieren die Marktakteure neue Informationen um ihre persönliche Situation zu verbessern dann tragen sie zur dynamischen Veränderung der Informationen bei und fördern somit den endlosen Wissensmangel, der eine wichtige Komponente der Evolutorik ist.114 Stellen Informationen wertvolle Ressourcen dar, die zur Ausweitung der individuellen Machtbereiche genutzt werden können, entwickeln eigennutzmaximierende Akteure Suchstrategien, die auf die Gewinnung neuen Wissens innerhalb des individuellen Wahrnehmungsfeldes abzielen.115 Die Tätigkeit der „Suche“ ist ein Zustand, in dem ein Verkäufer oder Käufer mehrere Käufer oder Verkäufer auf die Qualität und den Preis ihrer individuellen Produkte untersucht und somit Informationen sammelt.116 Um die Kosten der Informationssuche zu reduzieren werden häufig sequentielle Verfahren angewendet, die einen Reservationspreis mit einer Stoppregel enthalten.117 Die Individuen werden solange suchen bis ein Produkt gefunden wird, das dem eigenen Reservationspreis entspricht bzw. sehr nahe kommt und welches zuvor genau definierte Eigenschaften erfüllt. Suchprozesse sind sehr zeitaufwendig und damit auch kostenintensiv, so dass die Existenz von Institutionen helfen kann die Kosten zu reduzieren, indem die möglichen Wahlhandlungen eingeschränkt werden.118 Zum einen können Sitten und Gewohnheiten Suchverfahren abkürzen, zum anderen können sie allein durch ihre Existenz Unsicherheiten reduzieren119 und eine weitere Suche überflüssig machen.120 Von strategischer Ungewissheit spricht man, wenn die Handlungsergebnisse nicht 111
NIEHANS (1975): INTEREST AND CREDIT IN GENERAL EQUILIBRIUM, S. 557 MYHRMAN (1989): THE NEW INSTITUTIONAL ECONOMICS, S. 44 113 FURUBOTN (1994): DEVELOPMENT OF INSTITUTIONAL ECONOMICS, S. 23 und 24 114 STREIT/WEGNER (1989): TRANSAKTIONSKOSTEN – EVOLUTORISCHE SICHT, S. 183 115 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 116 STIGLER (1961): THE ECONOMICS OF INFORMATION, S. 213 117 STREIT/WEGNER (1989): TRANSAKTIONSKOSTEN – EVOLUTORISCHE SICHT, S. 184 118 KIWIT / VOIGT (1995): ÜBERLEGUNGEN ZUM INSTITUTIONELLEN WANDEL, S. 4 119 STREIT (1991): THEORIE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK, S. 332 120 FUKUYAMA (1995): TRUST, S. 36 112
2.2 Mechanismen und Probleme der Koordination
21
ausschließlich durch die Handlungen des betrachtenden Entscheidungsträgers geprägt werden, sondern auch durch für ihn ungewisse Aktionen oder Reaktionen anderer Entscheidungsträger mit wirtschaftspolitischem Einfluss.121 Entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer so können intensive Kontroll- und Durchsetzungsaktivitäten reduziert und dadurch die Transaktionskosten gesenkt werden. Märkte sind vertrauenschaffende Institutionen, die sich wiederholende Transaktionen ermöglichen und Transaktionskosten senken können.122 Die Fähigkeit des Marktes, Transaktionen zu koordinieren, sinkt mit der Höhe der spezifischen Investitionen eines Tausches. Märkte ermöglichen den anonymen Tausch von Gütern, wodurch es keiner Erfahrungswerte über das Verhalten des Vertragspartners bedarf. 2.2.2
Prinzipal-Agent-Problem
Wird die Existenz von spezifischen Tauschkosten akzeptiert, kann das Gesetz von „einem Preis“ nicht mehr gelten, denn es bestehen dann Arbitragemöglichkeiten. Diese Möglichkeiten des zusätzlichen Gewinns werden von Intermediären genutzt, die über die notwendigen Technologien verfügen die Organisation realer und monetärer Transaktionen vornehmen zu können. Werden Intermediäre in den Prozess der Informationsbeschaffung eingeschaltet, entstehen Prinzipal-Agenten-Beziehungen.123 Der Intermediär wird im Auftrag des Prinzipals als Agent tätig und trifft Entscheidungen im Namen des Prinzipals. Der Agent senkt durch seine spezialisierte Tätigkeit die Kosten des Tauschs und erhält für seine Aktivitäten ein entsprechendes Entgelt, das die gesparten Transaktionskosten nicht übersteigen darf. Die Agentenkosten sind damit ein Bestandteil der Transaktionskosten.124 Aus dem Prinzipal-Agenten-Verhältnis erwachsen moralische Probleme, da der Agent über mehr Informationen verfügt als der Prinzipal. Es besteht daher eine Informationsasymmetrie, die zu steigenden Agentenkosten führen kann, wenn die Informationsverteilung stark divergiert. Die Höhe der Transaktionskosten für den Prinzipal innerhalb einer Agentenbeziehung steigt mit der Ungenauigkeit des definierten Zieles. In jeder vertraglichen Koordinationsform können Agentenbeziehungen auftreten, aber nicht jede Transaktionsbeziehung stellt eine Agentenbeziehung dar.125 Die Delegation einer Aufgabe ist eine eindeutige Prinzipal-Agenten-Beziehung, die eine Transaktion beinhaltet, während der Verkauf eines Gutes zwar eine Trans121
SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 RICHTER (1996): DIE NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK, S. 5 123 SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2 124 LIESKE (1997): TRANSAKTIONSKOSTEN ANALYSE UND AGENCY-THEORIE, S. 35 125 LIESKE (1997): TRANSAKTIONSKOSTEN ANALYSE UND AGENCY-THEORIE, S. 37 122
22
2 Begriffe und Methoden
aktionsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer darstellt, aber keine PrinzipalAgenten-Probleme erzeugt.126 Anhand eines Beispiels soll die Prinzipal-Agenten-Beziehung verdeutlicht werden: Die Aktionäre eines Unternehmens können in ihrer Gesamtheit als Prinzipal angesehen werden und das Management des Unternehmens als Agent. Die Führung des Unternehmens obliegt dem Management, das somit auch für die Höhe des erwirtschafteten Gewinns verantwortlich ist. Dieser Gewinn wird aber an die Aktionäre ausgeschüttet. Welche Möglichkeiten haben nun die Aktionäre, das Management zu veranlassen, die Geschäfte so zu führen, dass am Ende des Geschäftsjahres ein möglichst hoher Gewinn an die Aktionäre ausgeschüttet werden kann? Die Informationen sind ungleichmäßig verteilt: Das Management weiß besser Bescheid über die Möglichkeiten der Geschäftsführung als die Aktionäre. Welche vertraglichen Regelungen sollten deshalb von den Aktionären für die Entlohnung des Managements gewählt werden, damit diese den Vorstellungen der Aktionäre entsprechen? In Frage käme beispielsweise eine Beteiligung der Manager am Gewinn. Diese Beziehung zwischen Prinzipal und Agent lässt sich in der folgenden Weise verallgemeinern. Der Agent entscheidet über die Auswahl einer Handlungsalternative, die in der Regel zu einer Auszahlung an den Prinzipal führt. Bevor nun der Agent entscheidet legt der Prinzipal eine Regel fest, nach der der Agent in Abhängigkeit von
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Abb. 2: Graphische Darstellung des Prinzipal-Agent-Dilemmas Quelle: Eigene Graphik
126
SCHMIDT (2000): WETTBEWERB PRIVATER WÄHRUNGSVERFASSUNGEN, Kapitel 2
2.2 Mechanismen und Probleme der Koordination
23
seiner Entscheidung entlohnt wird. Diese Entscheidungsstruktur ist insbesondere immer dann problematisch, wenn die Informationen über die relevanten Umstände ungleichmäßig auf den Prinzipal und den Agenten verteilt sind. Gemeinhin unterscheidet man zwei Arten von Prinzipal-Agent-Problemen: • versteckte Aktionen, die zum Moral-Hazard-Problem führen und • versteckte Informationen, die das Adverse-Selection-Problem beinhalten Im Falle der versteckten Aktion wählt der Agent eine Handlungsalternative aus und der Prinzipal kann nicht beobachten welche. So kann beispielsweise der Abschluss einer Feuerversicherung zu nachlässigem Umgang mit brennbaren Stoffen oder sogar zu einer vorsätzlichen Brandstiftung führen. Hier liegt der Fall des Moral Hazard vor: Der Versicherungsnehmer versucht nicht, den Schaden zu vermeiden, sondern ist nachlässig in der Schadensverhütung oder führt den Schaden sogar selbst herbei. Versteckte Informationen liegen dann vor, wenn der Prinzipal zwar die Handlungen des Agenten beobachten kann, dieser jedoch einen Informationsvorteil besitzt, der nur unter hohen Kosten oder gar nicht abgebaut werden kann. Ein Beispiel hierfür ist die Patienten-Arzt-Beziehung, in der der Patient den Arzt beauftragt und entlohnt sich aber mangels Fachkenntnissen kein Urteil über die Notwendigkeit der Maßnahmen des Arztes bilden kann. Es ist daher denkbar, dass der Arzt nicht aus Gründen der medizinischen Indikation, sondern aus Erwerbsstreben eine bestimmte, kostspielige Behandlung durchführt.127 Versteckte Informationen können auch zu einer Negativauslese auf einem Markt führen, dem so genannten Adverse-Selection-Problem. Dieses sei am Beispiel einer Krankenversicherung erläutert. Die Versicherungsnehmer kennen ihren eigenen Gesundheitszustand besser als der Versicherer. Kalkuliert nun der Versicherer eine Prämie auf der Grundlage des durchschnittlichen Gesundheitszustandes der zu Versichernden, dann ist diese Prämie für Personen mit einem relativ schlechten Gesundheitszustand günstig und für die relativ Gesunden ungünstig. Da die jeweiligen Personen ihren eigenen Gesundheitszustand kennen werden tendenziell mehr Personen mit einem schlechten als mit einem guten Gesundheitszustand diese Versicherung abschließen. Es kommt somit zu einer negativen Auslese der Versicherten. Die systematische Einführung und Analyse des Prinzipal-Agent-Problems in die ökonomische Analyse ermöglicht die Erklärung des Zustandekommens und der komplizierten Struktur vieler vertraglicher Regelungen. Hier ist die Agency-Theorie der neoklassischen Mikroökonomie überlegen: indem diese vollkommene Information voraussetzt und von Transaktionskosten abstrahiert, beschränken sich bei ihr die vertraglichen Regelungen auf den Kauf und Verkauf von Gütern und Dienstleistungen.128 127 128
VAHLEN (1992): KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE, S. 55–58 VAHLEN (1992): KOMPENDIUM DER WIRTSCHAFTSTHEORIE, S. 55–58
24 2.3
2 Begriffe und Methoden
Konsequenzen für Versicherungs- und Private Equity-Unternehmen
Bei dem in dieser Dissertation betrachteten Fall von Fondsgebundenen Lebensversicherungen ist das Lebensversicherungsunternehmen der Prinzipal und das von ihr mit der Verwaltung des Fonds ausgesuchte Private Equity-Unternehmen der Agent. Zwischen denselben Akteuren können sich jedoch mehrere Prinzipal-Agent-Beziehungen überlappen, so dass das Lebensversicherungsunternehmen auch Agent und das Private Equity-Unternehmen Prinzipal sein kann.129 Kapitalgeber und -nehmer sind Nutzenmaximierer, d. h. beide versuchen, mit möglichst geringen Mitteln maximale Erträge zu erwirtschaften. Auf der einen Seite steht der Kapitalgeber als Prinzipal. Er investiert Kapital in eine Unternehmung, die vom Agent als Kapitalnehmer und Manager geführt wird. Sowohl Prinzipal als auch Agent verfolgen aufgrund unterschiedlicher Rechte und Pflichten verschiedene und oftmals sogar gegensätzliche Interessen. Durch diese individuellen Ziele kommt es häufig unweigerlich zu Konflikten. So kann zum Beispiel die Beteiligungsgesellschaft die Managementbetreuung reduzieren oder das der Beteiligungsgesellschaft untergeordnete Unternehmen die Neuentwicklung von Produkten vernachlässigen.130 Eines der größten Probleme in der Beziehung zwischen Investor und Portfoliounternehmen besteht darin, dass der Unternehmer bzw. das Management nicht ausschließlich im Interesse des Kapitalgebers handelt. Häufig haben die Manager einen Anreiz, in riskantere Projekte als der Investor zu investieren, weil sie im Erfolgsfall eine hohe Gewinnbeteiligung erhalten.131 Im Falle eines Misserfolgs muss der Hauptanteil des Verlustes jedoch vom Kapitalgeber getragen werden. Ferner geht ein Unternehmer, der seine Unternehmen gefährdet sieht, ein immer größeres Investitionsrisiko ein, wenn er glaubt, damit sein Unternehmen retten und einen Misserfolg bzw. die Liquidation abwenden zu können. Diese Situation ist auch unter dem Stichwort „gambling for resurrection“ bekannt geworden.132 Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass der Unternehmer mit der Investition des Kapitalgebers in seine Unternehmung in eine Machtposition gerät, die er dadurch ausnutzen kann, dass er die Ausübung seiner Informations-, Dokumentations- und allgemeinen Berichtspflichten gegenüber seinen Kapitalgebern verweigert. So können Handlungen des Unternehmers im täglichen Geschäftsablauf gegen die Interessen des Private Equity-Gebers gerichtet sein. Diesem entstehen dadurch Nachteile, die auch in verminderten Ertragserwartungen ihren Ausdruck finden 129
PICOT / DIETL / FRANCK (1999): ORGANISATION, S. 85 GEBHARDT / SCHMIDT (2002): DER MARKT FÜR VENTURE CAPITAL, S. 240 131 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 88 132 GEBHARDT / SCHMIDT (2002): DER MARKT FÜR VENTURE CAPITAL, S. 241 130
2.3 Konsequenzen für Versicherungs- und Private Equity-Unternehmen
25
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Abb. 3: Vertragsparteien und ihre Ziele bzw. Interessen Quelle: Eigene Graphik auf Basis von KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 89
können. In der Folge erhöhen sich damit indirekt auch die Finanzierungskosten des Kapitalnehmers. Deshalb kommt den umfangreichen Beteiligungsverträgen bei Private Equity-Investments eine besondere Bedeutung zu. Diese sollten zum Ziel haben ein Konflikt-Potential weitmöglichst einzuschränken. Vor dem Hintergrund, dass es letztendlich keine perfekten Verträge gibt und somit nie alle Eventualitäten im Vorfeld bedacht werden können, muss der relationale Vertrag regelmäßig auf Einhaltung bzw. auf mögliche Lücken überprüft werden und gegebenenfalls angepasst werden. Geregelt werden müssen dabei auch die Folgen für das Portfoliounternehmen wie die Liquidation oder etwaige Budgetkürzungen, wenn bestimmte Ziele zu einem vorab festgelegten Zeitpunkt nicht erreicht wurden. Auch muss die mögliche ExitVariante für die Anteile der Private Equity-Gesellschaft festgelegt werden, damit Unternehmer bzw. Anteilseigner zielstrebig auf das Beteiligungsende hinarbeiten können. Die Summe aus dem Wohlfahrtsverlust der Kapitalgeber und den Kosten, die durch den Versuch zur Konfliktreduktion verursacht werden, werden als „Agency Costs“ bezeichnet. Vom Agenten ausgehende Aktionen zum Abbau von Interessensgegensätzen werden als „Signaling“, vom Prinzipal ausgehende Aktionen als „Monitoring“ bezeichnet. Beide Arten dienen der Reduktion von Agency Costs.133 Die Agency-Theorie sucht nach Möglichkeiten der Vertragsgestaltung, die eine Ausrich-
133
SCHEFCZYK (2000): FINANZIEREN MIT VENTURE CAPITAL, S. 113ff.
26
2 Begriffe und Methoden
tung des Handelns des Agenten an den Interessen des Prinzipals weitgehend gewährleistet. Gleichzeitig wird versucht, das Finanzierungsoptimum herzustellen, welches genau dann eintritt, wenn die Agency Costs minimal sind.134 Durch die Abtretung von Verfügungsrechten an den Agenten, wie Geschäftsführung oder weitgehende Vollmachten, entstehen dem Prinzipal unter asymmetrischer Informationsverteilung zahlreiche Anreiz- und Kontrollprobleme.135 Falls der Agent seinen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal ausnutzt, zum Beispiel um mehr Eigenkapital zu erhalten, spricht man vom „Moral Hazard“. Der Agent kann den Kapitalgeber hinsichtlich der Rendite- und Risikoerwartung, der erforderlichen Ressourcen, seiner eigenen Qualifikation und Motivation bzw. der seiner Mitarbeiter sowie hinsichtlich der Realisierungschancen des Projekts vor Vertragsabschluss bewusst oder unbewusst täuschen. Da sich eine optimistischere Darstellung des Projekts für den Unternehmer durchaus lohnen kann, dies dem Kapitalgeber aber eventuell auch bewusst ist, wird er von potentiellen Investoren zunächst kritisch bewertet.136 Um seine Glaubwürdigkeit zu stärken und gleichzeitig die Informationsdefizite abzubauen wird sich der Agent innerhalb des Signalings unterschiedlicher Möglichkeiten bedienen. So kann er, gemeinsam mit den eventuell vorhandenen Altgesellschaftern, durch die Investition eines erheblichen Anteils seines Privatvermögens in die Gesamtfinanzierung des Unternehmens seine eigene Überzeugung bezüglich der Chancen des Projekts verdeutlichen. Weiterhin erhöht auch die Offenlegung der Dividenden- oder Investitionspolitik die Ernsthaftigkeit des Agierens des Unternehmers. Letzteres stellt jedoch eine Möglichkeit des Signalings dar, die Gründungsunternehmen nur eingeschränkt möglich ist, da erwirtschaftete Cash Flows nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert werden und die Einzelheiten der Investitionspolitik aufgrund der Nachahmung durch die Konkurrenz nicht voreilig preisgegeben werden sollten. Auch die Beauftragung externer Institute, wie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Rating-Agenturen, mit der Informationsaufbereitung und -übertragung verbessert die Reputation des Unternehmens.137 Eine weitere Signalwirkung wird durch die erfolgsabhängige Entlohnung des Managements erzielt; je geringer das fixe Basisgehalt und je höher der Anteil der akzeptierten Erfolgsbeteiligung ist, desto positiver ist das gesendete Signal. Zusätzliches Vertrauen erweckt der Unternehmer, wenn er eine stufenweise Finanzierung nach Erreichen bestimmter Meilensteine akzeptiert.138 134
KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 89 AMADOR / LOHMANN / PLESCHAK (1999): BETEILIGUNGSKAPITAL, S. 245ff. 136 BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 23ff. 137 SCHEFCZYK (2000): FINANZIEREN MIT VENTURE CAPITAL, S. 132ff. 138 GEBHARDT / SCHMIDT (2002): DER MARKT FÜR VENTURE CAPITAL, S. 244 135
2.3 Konsequenzen für Versicherungs- und Private Equity-Unternehmen
27
Das Vertrauen des Prinzipals wird gestärkt, wenn der Agent einer unter Umständen geplanten Aktienemission eine Fremdkapitalaufnahme vorzieht. Aktienemissionen gelten oft als Überbewertung der Unternehmung und werden insbesondere dann angewandt, wenn das Management einen Informationsvorsprung gegenüber externen Investoren hat und diesen finanziell nutzen will. Die negative Signalwirkung führt zu einer Reduzierung des erwarteten Unternehmenswertes, da die externen Beteiligten vermuten, dass die Insider einer Unternehmung dann Aktien ausgeben, wenn die auszugebenden Aktien bzw. deren Kurs als überbewertet erscheinen. Ein hoher Fremdkapitalanteil dagegen signalisiert die Erwartung eines hohen zukünftigen Cash Flows, was unter Umständen auf ein solides Unternehmen hinweisen kann.139
139
BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 48
3
Fondsgebundene Lebensversicherungen
3.1
Definition von Fondsgebundenen Lebensversicherungen
Eine Sonderform der gemischten Lebensversicherung stellt die Fondsgebundene Lebensversicherung dar. Hierbei wird nicht eine ex ante bestimmte Summe als Versicherungsleistung definiert, sondern der Versicherte partizipiert an der Wertentwicklung eines speziellen Anlagestocks, der in der Regel als Spezialfonds in Kooperation zwischen dem Lebensversicherungsunternehmen und einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltet wird. Bei der Fondsgebundenen Lebensversicherung trägt der Versicherte das Anlagerisiko.140 Obgleich sie international, insbesondere im angelsächsischen Raum recht weit verbreitet ist, verzeichnet diese 1970 erstmals in Deutschland eingeführte Versicherungsform immer noch vergleichsweise niedrige Marktanteile, was u. a. auf deren steuerliche Benachteiligung gegenüber Kapitallebensversicherungen sowie Probleme bei der Kundenakzeptanz zurückzuführen ist. Die Fondsgebundene Lebensversicherung ist eine besondere Form der herkömmlichen Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall, bei der die Vermögensanlage in Form einer unmittelbaren Beteiligung des Versicherungsnehmers an einem Sondervermögen erfolgt.141 Während im Todesfall eine vertraglich vereinbarte Mindesttodesfallsumme gezahlt wird,142 ist die Höhe der Versicherungsleistung im Erlebensfall gänzlich von der Wertentwicklung der auf den Versicherungsnehmer entfallenden Anteileinheiten am Sondervermögen abhängig. Somit kann die Fondsgebundene Lebensversicherung als ein Produkt begriffen werden, das „… die Absicherungsfunktionen einer Lebensversicherung mit den Ertragschancen und -risiken eines langfristigen Ansparens in Fonds koppelt.“143 Die Fondsgebundene Lebensversicherung – die im Übrigen auch oft als Fondspolice bezeichnet wird – sieht in der Regel Beitragszahlungen für die Dauer der Vertragslaufzeit vor, es ist aber auch eine Versicherung gegen Einmalbeitrag möglich.144 Genau wie bei der gewöhnlichen Kapitallebensversicherung wird die Prämie einer Fondspolice um Risiko- und Kostenanteile gekürzt. Der verbleibende Anteil, der so genannte Sparanteil, steht für die Vermögensanlage zur Verfügung. Der Versicherte 140
GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 30 KÜHLMANN (1998): LEBENSVERSICHERUNG ZUR ALTERSVORSORGE, S. 52 142 GROSSE (1991): VERSICHERUNGSENZYKLOPÄDIE, S. 41 143 KÜHN (1999): ALTERSVORSORGE, S. 46 144 GREB (1988): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 426 141
30
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
kann nun selbst entscheiden, in welche Fonds sein Sparanteil angelegt werden soll. Dabei kann er im Wesentlichen Anlagen in Aktien-, Renten-, Immobilien- oder gemischten Fonds mit ihren zahlreichen Gestaltungsvariationen wählen. In welche Fonds im Einzelnen investiert werden kann, hängt aber auch vom Fondsangebot des jeweiligen Versicherungsunternehmens ab. Hauptsächlich handelt es sich dabei um offene Publikums- oder Spezialfonds, die überwiegend als thesaurierende Fonds angelegt sind.145 Bei den Spezialfonds kann man danach differenzieren, ob es sich beim Fondsverwalter um eine Kapitalanlagegesellschaft handelt oder ob der Spezialfonds von dem Lebensversicherungsunternehmen selbst verwaltet wird.146 Diese Differenzierung wird aber in zunehmendem Maße dadurch verwässert, dass viele große Versicherer eigene Kapitalanlagegesellschaften gründen. Der Anleger ist nicht für die gesamte Vertragslaufzeit an einen bestimmten Fonds oder eine bestimmte Fondskombination gebunden. Er hat dadurch die Möglichkeit, auf Kapitalmarktentwicklungen zu reagieren, indem er den oder die Fonds wechselt.147 Dabei muss man zwischen zwei Formen des Wechselns unterscheiden, dem so genannten Switchen und dem Shiften.148 Switchen bedeutet, dass nur die zukünftigen Sparbeiträge in einem neuen Fonds angelegt werden, bereits bestehende Anlagen bleiben davon unberührt. Unter Shiften versteht man dagegen die vollständige Übertragung eines bestehenden Guthabens auf einen Fonds. Während das Switchen bei den meisten Versicherungsgesellschaften beliebig oft gegen geringe oder gar keine Gebühren durchgeführt werden kann, ist das Shiften aufgrund des größeren Aufwandes mit höheren Kosten verbunden. Für die langfristige Erzielung möglichst guter Anlageergebnisse ist es jedoch nicht zweckmäßig, allzu oft einen Fondswechsel vorzunehmen. Außerdem sollten dies nur erfahrene Anleger tun, die den nötigen Sachverstand haben und aktuelle Marktentwicklungen stets im Auge behalten. Anleger, die nicht den Sachverstand oder die erforderliche Zeit für eine erfolgreiche Verwaltung ihres Fondsvermögens besitzen, haben die Möglichkeit, die Anlageentscheidungen, d. h. in welche Fonds im Einzelnen investiert wird, an die Experten der Versicherungs- bzw. Kapitalanlagegesellschaft zu delegieren. Hierbei haben sie lediglich die Entscheidung über die generelle Anlagerichtung (z. B. aktienorientierte Anlage) vorzunehmen. In diesem Fall spricht man von einem so genannten Managed-Fund-Konzept.149 Bei Ablauf der Versicherung hat der Versicherungsnehmer ein Wahlrecht auf Sach- oder Geldleistung.150 Entscheidet er sich für die Sachleistung überträgt ihm der 145
GROSSE (1991): VERSICHERUNGSENZYKLOPÄDIE, S. 40 SCHNEIDER (1974): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 52ff. 147 HEINSOHN (1999): DIE PRIVATE ALTERSVORSORGE, S. 85 148 HÄFELE / RUß(1999): RANKING UND RATING, S. 606 149 KÜHN (1999): ALTERSVORSORGE, S. 46 150 GREB (1988): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 428 146
3.2 Charakteristika von Fondsgebundenen Lebensversicherungen
31
Versicherer die Investmentzertifikate, die ihm aufgrund seiner Beitragszahlungen gutgeschrieben wurden, entsprechend der Zusammensetzung seines Fondsvermögens. Allerdings wird hierbei der Zahlungsbetrag um die geschäftsplanmäßigen Übertragungskosten gekürzt. Aus diesem Grund wird in den meisten Fällen die Geldleistung gewählt, bei der keine Übertragungskosten anfallen. Der Versicherungsnehmer erhält dann den Gegenwert seiner angesparten Investmentzertifikate ausbezahlt. Die Höhe der Auszahlung ist vom Kurs der Anteilseinheiten zum Zeitpunkt des Fälligkeitstages abhängig, wodurch das Anlagerisiko bei der Fondsgebundenen Lebensversicherung ganz auf den Versicherungsnehmer übergeht. Angesichts der bereits skizzierten Varianten der Lebensversicherung lassen sich für die Wahl derselben als Kapitalanlage vor allem zwei Gründe nennen: Die finanzielle Sicherheit für die Familie im Falle des Todes – meist des Ernährers oder der Ernährer – sowie die Vorsorge für das Alter. Daneben spielen noch steuerliche Aspekte, die Sicherheit der Geldanlage, die Absicherung von Darlehen oder Baufinanzierungen sowie die Möglichkeit, relativ leicht Kredite eingeräumt zu bekommen, als Motiv eine Rolle.
3.2
Charakteristika von Fondsgebundenen Lebensversicherungen
Die Auseinandersetzung mit dem Anlageverhalten der Lebensversicherungen setzt zunächst voraus, dass Aussagen über die Herkunft, Art und Fristigkeit der finanziellen Mittel getroffen werden, die den Unternehmen in Form von Zahlungen der Versicherten zufließen bzw. die für Anlagen auf dem Kapitalmarkt disponibel sind. Hierfür bedarf es der vorherigen Einführung in das Angebot und die Bedeutung der Lebensversicherung als Kapitalanlage für den privaten Anleger. Dabei stellen sich die Lebensversicherungen dem Kapitalanleger nicht als in sich homogene Anlagealternativen dar. Vielmehr bieten sie eine Vielzahl von Anlagevarianten an, die jedoch in jeweils unterschiedlicher Weise den Mittelzufluss an die Lebensversicherungsunternehmen alimentieren. Obwohl sich die verschiedenen Formen von Lebensversicherungen hinsichtlich ihrer Produktgestaltung und ihrer Zielgruppe unterscheiden ist ihnen vom Grundsatz her gemein, dass sie, wie Hagelschuer es formuliert, „das wirtschaftliche Risiko …, das aus der Unsicherheit und Unberechenbarkeit des menschlichen Lebens für den Lebensplan der Menschen erwächst“, abdecken.151 Für diese Risikoabdeckung berechnen die Lebensversicherungen eine Prämie, die als Beitrag vom Versicherten je nach Zahlungsvereinbarung monatlich, jährlich oder einmalig geleistet wird. Zu den elementaren Gefahren, deren wirtschaftliche Risiken von Lebensversicherungsunternehmen übernommen werden, zählen das Todesfallrisiko, die unge151
HAGELSCHUER (1983): LEBENSVERSICHERUNG, S. 24
32
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
wisse Lebensdauer als Rentner, aber auch das Risiko der Berufsunfähigkeit. Üblicherweise werden Lebensversicherungen als Summenversicherungen abgeschlossen, d. h. im Versicherungsvertrag wird festgelegt, dass die Lebensversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalles (z. B. vorzeitigem Tod oder Erreichen eines bestimmten Lebensalters) ein monetäres Äquivalent in Form einer ex ante fixierten Summe zahlt. Sie kann nicht, wie bei anderen Versicherungsformen üblich, Naturalersatz leisten oder Schäden in tatsächlich nachgewiesener Höhe regulieren. Eine besondere Form der Lebensversicherung ist die Rentenversicherung, bei der nach Eintritt des Versicherungsfalles wiederkehrende Zahlungen (Renten) erbracht werden. In dieser Weise kann die Lebensversicherung z. B. als Leibrentenversicherung, als Witwenrenten-Zusatzversicherung oder als Pensionsversicherung abgeschlossen werden.152 Als bedeutsamste Varianten der Lebensversicherung lassen sich die gemischte Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall (Kapitallebensversicherung) und die Todesfallversicherung (Risikolebensversicherung) herausstellen.
3.3
Steuerliche Behandlung der Fondsgebundenen Lebensversicherung
In steuerlicher Hinsicht glich die Fondsgebundene Lebensversicherung lange Zeit, bis auf eine Ausnahme, der konventionellen Variante. Dies bedeutete, dass die angefallenen Kapitalerträge aus der Fondsgebundenen Lebensversicherung ebenfalls nicht im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert werden mussten, sofern die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 EStG erfüllt sind. Diese Regelung galt jedoch nur für Fondsgebundene Lebensversicherungen, die vor Ablauf des Jahres 2004 abgeschlossen wurden. Was im Jahr 2002 als Verfassungsbeschwerde eines Pensionärs begann, der gegen die Ungleichbehandlung von gesetzlichen Renten- und Beamtenpensionen klagte, entwickelte sich zu einem komplexen Reformpaket, dem Alterseinkünftegesetz, das im Jahr 2005 in Kraft trat. Im Kern können Arbeitnehmer nach Abschluss einer Übergangsphase ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vollständig von der Steuer absetzen. Im Gegenzug sollen später, in der Leistungsphase, die Renten voll besteuert werden. Zusammenfassend stellen sich die drei wichtigsten Änderungen wie folgt dar: • Die gesetzlichen Renten werden sukzessive voll steuerpflichtig • Bestimmte Aufwendungen für die Altervorsorge können von der Steuer abgesetzt werden • Das Steuerprivileg bei Kapitalauszahlungen von Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht wird halbiert. Während bisher die Er152
Die eingehende Behandlung der alternativen Lebensversicherungsvarianten erfolgt bei HAGELSCHUER
33
3.3 Steuerliche Behandlung der Fondsgebundenen Lebensversicherung
träge aus diesen Vorsorgeverträgen vollständig steuerfrei waren. Für Verträge, die bis Ende 2004 abgeschlossen wurden, bleibt es jedoch beim alten Recht, d. h. der nachgelagerten Besteuerung. Bei der nachgelagerten Besteuerung wird der Teil des Einkommens, der für die Altersvorsorge abgezweigt wird, anfangs nicht besteuert. Hierzu können die Beiträge entweder direkt aus dem unversteuerten Einkommen aufgebracht werden (Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge) oder zunächst aus dem Nettoeinkommen mit anschließender Absetzung als Vorsorgeaufwendung (Riesteroder Basis-Renten). Die Kapitalerträge bleiben während der Laufzeit ebenfalls steuerfrei. Im Gegenzug zählt dann jede Entnahme als steuerpflichtiges Einkommen. Für die Steuerpflicht kommt es dabei nicht darauf an, ob es sich um eine Leibrente oder um eine einmalige Kapitalauszahlung (soweit zulässig) handelt. Der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung der gesetzlichen Renten erfolgt in Stufen. Im Jahr 2005 mussten zunächst 50% der gesetzlichen Rente versteuert werden; dies galt für alle Rentenbezieher des Jahres 2005. Da nach altem Recht nur 27 bis 32% der gesetzlichen Renten zu versteuern waren, stellen sich die heutigen Rentner und die rentennahen Jahrgänge mit überdurchschnittlichem Einkommen nach dem neuen Recht schlechter. Tabelle 1: Steuerpflichtige Rente und steuerfreier Beitrag zur Rentenversicherung (Angaben in %) Jahr
Steuerpflichtige Rente
Steuerfreier Beitrag zur Rentenversicherung
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040
50 60 70 80 85 90 95 100
60 70 80 90 100 100 100 100
Quelle: Deutsches Institut für Altersvorsorge
Ab dem Jahr 2005 erhöht sich der steuerpflichtige Anteil der Rente für jeden Neurentnerjahrgang um 2%. Für einen Arbeitnehmer, der im Jahr 2006 in Rente geht, beträgt der anfängliche steuerpflichtige Anteil der Rente also 52%. Im Jahr 2007 54% usw. Ab dem Jahr 2020 erfolgt die Erhöhung nur noch in Einprozent-Schritten, so dass im Jahr 2040 der endgültige Wert von 100% erreicht wird. Da der steuerfreie Betrag für jeden Rentenjahrgang allerdings nur nominal festgeschrieben wird, wird er durch die Inflation allmählich entwertet. So hat ein Durchschnittsrentner mit einer Bruttorente von 14.000 Euro im Jahr 2005 einen persönlichen Freibetrag von 50%,
34
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
das sind 7.000 Euro. Zehn Jahre später beträgt seine Bruttorente 15.000 Euro, der Freibetrag von 7.000 Euro macht dann nur noch 46,6% aus. Der steuerpflichtige Teil erhöht sich also, wenn die Rente steigt. Der stufenweise Umstieg bis zur vollen Besteuerung im Jahr 2040 lässt zumindest den jüngeren Beitragszahlern genügend Zeit, sich darauf einzustellen (siehe vorherige Tabelle). Der Gesamtbeitrag, also Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil, kann ab 2005 zu 60% von der Einkommensteuer abgesetzt werden. Jährlich steigt dieser Anteil um zwei Prozentpunkte, so dass die Beiträge im Jahr 2025 vollständig von der Steuer befreit sein werden. Da der Arbeitgeberanteil jedoch nicht zum steuerpflichtigen Einkommen zählt, können pflichtversicherte Arbeitnehmer de facto nur 10% des Gesamtbeitrages bzw. 20% ihres eigenen hälftigen Beitrags steuerlich geltend machen. Tabelle 2: Berechnung der steuerfreien Vorsorgeaufwendungen (Jahresbrutto: 30.000 “; Beitragssatz: 19,5%) Arbeitnehmerbeitrag Arbeitgeberbeitrag
2.925 EUR + 2.925 EUR
Gesamtbeitrag
= 5.850 EUR
Davon 60% im Jahr 2005
= 3.510 EUR
Abzüglich steuerfreier Arbeitgeberanteil
– 2.925 EUR
Rentenversicherungsbeiträge, die im Jahr 2005 als Sonderausgaben absetzbar sind (= 10% des Gesamtbeitrages, bzw. 20% des Arbeitnehmerbeitrages)
=
585 EUR
Quelle:VDR (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger)
Nach dem alten Steuerrecht führten hohe Freibeträge dazu, dass nur etwa zwei Millionen Haushalte Steuern auf ihre Renteneinkommen zahlten. Mit dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung wird der Kreis der steuerpflichtigen Rentner schlagartig verdoppelt. Dennoch wird ein durchschnittlicher Rentnerhaushalt auch nach dem neuen Recht keine oder allenfalls in späterer Zukunft minimale Steuern zahlen müssen. Das liegt an den Freibeträgen und Vorsorgeaufwendungen, die jeder Rentner auch weiterhin vom steuerpflichtigen Renteneinkommen abziehen kann. Bis zu einem Betrag von rund 18.900 Euro im Jahr (für Alleinstehende, bei Verheirateten gilt der doppelte Betrag) bleibt die Rente im ersten Jahr deshalb steuerfrei. Wer im Alter seinen gewohnten Lebensstandard bewahren will muss privat vorsorgen. Allein die gesetzliche Rente wird hierzu künftig nicht mehr ausreichen. Der Gesetzgeber hat jedoch eine Reihe von Anreizen für die private und betriebliche Al-
35
3.3 Steuerliche Behandlung der Fondsgebundenen Lebensversicherung
*69 *14 691 *69*14691
*69%4691
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.6#
5$# 5$#
77 #
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Abb. 4: Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung auf Renteneinkommen Quelle: Bundesministerium der Finanzen, 2006
tersvorsorge geschaffen. Sie sind dazu gedacht, die Lücken zu schließen, die durch die Auswirkungen der Rentenreformen entstehen werden. Mit dem Alterseinkünftegesetz beginnt eine neue Zeitrechnung für Vorsorgesparer und Rentner in Deutschland. Anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung ist die nachgelagerte Besteuerung bei der privaten Altersvorsorge nichts Neues. Schon heute kann jeder Arbeitnehmer eine private Riester-Rente abschließen. In vielen Unternehmen wird außerdem die Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge angeboten. Neu hinzu kommt jetzt eine dritte Variante, die Basisrente („Rürup-Rente“). Für sie gilt, dass die Beiträge bis zu bestimmten Grenzen im Rahmen der gesamten Altersvorsorgeaufwendungen von der Steuer abgesetzt werden dürfen. Dafür ist diese Rente später voll steuerpflichtig, außerdem wird sie frühestens ab dem vollendeten 60. Lebensjahr und nur als lebenslange monatliche Rente ausgezahlt. Aus Sicht des Sparers hat die nachgelagerte Besteuerung grundsätzlich zwei entscheidende Vorteile: Der Steuersatz liegt in der Regel im Rentenalter niedriger als im Erwerbsleben und die Kapitalerträge müssen während der Laufzeit nicht besteuert werden. Letzteres ist bei den für die Altersvorsorge typischen langen Laufzeiten besonders vorteilhaft. Statt die nachgelagerte Besteuerung zu wählen und damit die Steuerlast ins Rentenalter zu verschieben, steht es jedem Sparer frei, bereits heute Steuern und – bei gesetzlich Sozialversicherten – auch Sozialabgaben auf die Sparbeträge zu zahlen. Die Sparbeiträge, die aus dem Nettoeinkommen geleistet werden, dürfen später nicht noch einmal versteuert werden. Allerdings werden die Erträge, die das angesparte
36
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Kapital Jahr für Jahr abwirft, als Einkommen versteuert, soweit sie den Sparerfreibetrag übersteigen. Wird im Rentenalter dann eine lebenslange Leibrente ausgezahlt, wird nur der so genannte „Ertragsanteil“ der Rente besteuert. Hierbei wird der Kapitalertrag, der während des Rentenbezugs entsteht, pauschal festgesetzt als ein prozentualer Anteil der Rente in Abhängigkeit vom Alter bei Rentenbeginn. Wird eine private Rente beispielsweise ab dem Alter 65 ausgezahlt, dann beträgt der Ertragsanteil (ab 01. 01. 2005) 18% statt heute 27%; d. h. dass 18% der ausgezahlten Rente als steuerpflichtiges Einkommen gezählt werden. Wird die Rente früher ausgezahlt erhöht sich der Ertragsanteil, wird sie später ausgezahlt, verringert sich der Ertragsanteil. Tabelle 3: Ertragsanteil nach altem und neuem Recht für ausgewählte Altersgruppen Alter bei Rentenbeginn
Ertragsanteil nach altem Recht
Ertragsanteil nach neuem Recht
38% 32% 31% 30% 29% 28% 27% 21%
26% 22% 22% 21% 20% 19% 18% 15%
55 60 61 62 63 64 65 70 Quelle: Deutsches Institut für Altersvorsorge, 2006
Im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes erfahren Kapitallebensversicherungsund Rentenversicherungsverträge eine unterschiedliche Behandlung. Die Beiträge für Lebensversicherungen können seit dem 01. Januar 2005 nicht mehr im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen von der Steuer abgesetzt werden. Nachdem die Erträge aus Lebensversicherungen in der Vergangenheit steuerbefreit waren, werden seit dem Jahr 2005 neu abgeschlossene Kapitallebensversicherungen zum Auszahlungszeitpunkt gemäß dem Prinzip der „nachgelagerten“ Besteuerung voll besteuert. Hierbei werden von der Auszahlungssumme die eingezahlten Beiträge abgezogen. Die Differenz unterliegt der individuellen Einkommensteuer. Nur wenn der Lebensversicherungsvertrag eine Laufzeit von mindestens zwölf Jahren aufweist und auch erst nach dem 60. Geburtstag des Versicherungsnehmers fällig wird, unterliegt lediglich die Hälfte der Erträge der Besteuerung. In allen anderen Fällen unterliegen sämtliche Erträge der Einkommensteuer. Die Abzugsfähigkeit der Beiträge im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen ist nur noch bei Rentenversicherungen möglich. Diesbezüglich gibt es eine neue Regelung. Diese sieht vor, dass bei Vorsorgeaufwendungen unterschieden wird zwischen Beiträgen zur Altersvorsorge und Beiträgen für sonstige Vorsorgeaufwendungen, z. B.
3.3 Steuerliche Behandlung der Fondsgebundenen Lebensversicherung
37
für die Kranken- und Pflegeversicherung. Die Höchstbeträge für alle sonstigen Vorsorgeaufwendungen betragen künftig 1.500 Euro pro Jahr für Angestellte und Beamte und 2.400 Euro für Selbständige und Freiberufler. Der Höchstbetrag zur Altersvorsorge ist nun auf 20.000 Euro festgesetzt worden. Dies ist zwar deutlich mehr als nach der alten gesetzlichen Regelung, dafür aber ist der Steuerabzug an strengere Bedingungen geknüpft und wird nur noch für Rentenversicherungen gewährt. Voraussetzung für den Genuss der Steuerfreiheit bei Kapitallebensversicherungen nach altem Recht war nicht nur der Abschluss des Vertrages bis zum 31. 12. 2004. Weiterhin musste auch die Policierung durch die Versicherungsgesellschaft zu diesem Termin sowie die Einzahlung des ersten Beitrages bis zum 31. März 2005 erfolgt sein. Der Todesfallschutz musste mindestens 60% der Beitragssumme ausmachen und der Vertrag durfte auch nicht für steuerschädliche Finanzierungszwecke eingesetzt werden. Der Unterschied der Fondsgebundenen Lebensversicherung zur konventionellen Lebensversicherung bestand bis zum 31. Dezember 2004 darin, dass deren Beiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2c EStG nicht als Vorsorgeaufwendungen geltend gemacht und somit nicht vom Einkommen abgezogen werden konnten. Insofern unterlagen Fondsgebundene Lebensversicherungen diesbezüglich bereits in der Vergangenheit den Prinzipien des neuen Alterseinkünftegesetzes. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Beiträge für Fondsgebundene Lebensversicherungen tatsächlich eine gewisse Zeit lang als Vorsorgeaufwendungen ansetzbar waren bis diese steuerliche Vergünstigung schließlich vom Fiskus bereits im Jahre 1975 nachträglich wieder aberkannt wurde.153 Mit der Einführung des Alterseinkünftegesetzes gibt es keine Unterschiede mehr in der Behandlung zwischen traditionellen Kapitallebensund Rentenversicherungen sowie deren Fondsgebundenen Varianten. Gemeinhin wurde bei den Lebensversicherungsunternehmen argumentiert, dass mit der Einführung des Alterseinkünftegesetzes die Attraktivität der Fondsgebundenen Lebensversicherung insbesondere im Vergleich zu Fondssparplänen stark abgenommen habe. Diese Einschätzung hatte in der Tat seit dem 01. Januar 2005 eine gewisse Berechtigung. Allerdings verändern sich mit der ab dem 01. Januar 2009 geltenden Abgeltungsteuer die steuerlichen Parameter wieder deutlich zugunsten aller Arten von Lebensversicherungen. Bei Einkünften aus Kapitalanlagen wurde der Kunde bislang mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz belastet. Künftig verlangt der Fiskus nur den Abgeltungsteuersatz i. H. v. 25%, was in den meisten Fällen zu einer Entlastung führen wird. Bei traditionellen und Fondsgebundenen Lebensversicherungen wird jedoch, solange die oben beschriebenen Bedingungen vorliegen, nur die Hälfte der Erträge der Abgeltungsteuer unterworfen, so dass von den Erträgen so ausgestalteter Policen 153
GROSSE (1991): VERSICHERUNGSENZYKLOPÄDIE, S, 42
38
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
lediglich 12,5% an Steuern zu entrichten sind. Diese Entwicklung wird nach Auffassung des Verfassers unzweifelhaft zu einem weiteren Aufschwung beim Absatz von Lebensversicherungen führen.
3.4
Rendite einer Fondsgebundenen Lebensversicherung
Die Rendite einer Fondsgebundenen Lebensversicherung hängt in hohem Maße von der wertmäßigen Entwicklung der ihr zugehörigen Anteilseinheiten am Sondervermögen ab. Der Wert dieser Anteilseinheiten wird in regelmäßigen Abständen ermittelt, wofür entsprechende Stichtage im Geschäftsplan der Versicherung festgelegt sind. Von der theoretischen Möglichkeit, den Wert börsentäglich zu ermitteln, wird in der Praxis aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kein Gebrauch gemacht. So dient üblicherweise der letzte Börsentag eines jeden Monats als Stichtag der Wertfeststellung. Für die dazwischen liegenden Zeiträume wird der Wert als konstant angesehen.154 Die auf ihn entfallenden Wertsteigerungen und Erträge der Fondsanlage werden dem Versicherungsnehmer sofort und unmittelbar auf seinem Versicherungskonto gutgeschrieben, wodurch sich für ihn eine hohe Transparenz seiner Geldanlage ergibt, welche die Bildung stiller Reserven – wie bei einer herkömmlichen Lebensversicherung – ausschließt.155 Dadurch, dass die Kapitalerträge dem Versicherungsnehmer unmittelbar zugute kommen, hat die Überschussbeteiligung bei der Fondsgebundenen Lebensversicherung eine weitaus geringere Bedeutung als bei der konventionellen Lebensversicherung, bei der die Kapitalerträge etwa 80% der Überschussbeteiligung ausmachen. Somit sind bei einer Fondspolice im Allgemeinen nur die Überschüsse aus dem Kosten- und Risikobereich zu verteilen.156 Die Höhe der wertmäßigen Entwicklung der Anteilseinheiten am Sondervermögen ist insbesondere davon abhängig, in welche Fondsarten investiert wurde. Grundsätzlich bietet sich die Möglichkeit der Anlage in Aktien-, Renten-, Immobilienund/oder gemischten Fonds. Aber auch die Qualität der gewählten Fonds spielt eine nicht unerhebliche Rolle für die Wertentwicklung der Anlage. Die höchste Performance lässt sich langfristig mit Aktienfonds erzielen. Als Basisinvestment für Fondsgebundene Lebensversicherungen dienen hierzulande internationale, vor allem europäische und deutsche Aktienfonds.157 154
GREB (1988): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 427 PRUDENT (1998): FONDSPOLICEN, ALTERSVORSORGE MIT AKTIENRENDITEN, S. 34 156 LÜHRS (1997): LEBENSVERSICHERUNG, S. 66 157 OHNE VERFASSER (1999): FALSCHES GEFÄHRT, S. 13 155
3.4 Rendite einer Fondsgebundenen Lebensversicherung
39
Rentenfonds können selbstverständlich nicht mit solchen Wertzuwächsen aufwarten. Die Wahl einer Fondsgebundenen Lebensversicherung, die ausschließlich auf Rentenfonds basiert, erscheint wenig sinnvoll, da man in diesem Fall auch eine traditionelle Lebensversicherung wählen könnte, die in ihrer Vermögensanlage ebenfalls hauptsächlich auf die Rentenanlage abstellt darüber hinaus aber noch eine Auszahlungsgarantie bietet.158 Gleichfalls wenig empfehlenswert ist die ausschließliche Anlage in Immobilienfonds, weil damit nur ein ähnlich bescheidener Wertzuwachs erzielt werden kann wie mit Rentenfonds. Nun wäre es aber falsch anzunehmen, dass die Rendite einer Fondsgebundenen Lebensversicherung deckungsgleich mit dem Wertzuwachs des auf sie entfallenden Anteils am Fondsvermögen ist. Vielmehr belasten die Rendite der Fondsgebundenen Versicherungsprodukte neben den Abschluss- und Risikokosten auch Ausgabekommissionen, Verwaltungsgebühren und Transaktionskosten, wofür die Versicherungsunternehmen ihren Kunden oft mehr als 10% ihrer Beiträge abziehen.159 Dabei kann schon allein die Höhe der Ausgabeaufschläge bis zu 5% der jeweiligen Anlagesumme ausmachen. Bei häufigerem Wechsel der Anlagestrategie können zusätzliche Switch- oder Shiftgebühren anfallen, was allerdings nur für Anleger gilt, die ihr Portfolio selbst verwalten. Andererseits fällt aber auch für die gemanagte Variante eine Extragebühr an.160 Durch diesen hohen Kostendruck verringert sich der effektive Sparanteil der Prämie und es fließt weniger Geld in die Fonds, was sich letztendlich negativ auf die Rendite auswirkt. Die Ablaufleistung einer Fondsgebundenen Lebensversicherung lässt sich im Voraus nicht bestimmen, da sie von zu vielen Faktoren abhängig ist deren zukünftige Entwicklung nicht vorhergesagt werden kann. Aus diesem Grund arbeiten die Anbieter Fondsgebundener Lebensversicherungen in der Regel mit Beispielrechnungen, in denen sie ihren Kunden die mögliche Ablaufleistung auf der Grundlage verschiedener, angenommener Wertentwicklungen aufzeigen. Dieser Beispielrechnungen bedient man sich auch gerne bei der Aufstellung von Rankings und Ratings Fondsgebundener Lebensversicherungsprodukte. Dabei sind die hypothetischen Ablaufleistungen ein wichtiges Mittel, um die Kostenstruktur von Policen darzustellen und vergleichbar zu machen.161 Diverse Untersuchungen zeigen, dass unter Berücksichtigung des so genannten Partizipationssatzes, also desjenigen Prozentsatzes des unterstellten Wertzuwachses der auch tatsächlich beim Kunden ankommt, je nach Anbieter und Tarif zwischen 75% und 97% ausgezahlt werden.162 Dies bedeutet, dass im schlechtesten Fall mehr 158
MÜLLER (1999): HANDBUCH GELDANLAGE, S. 211 CAVELTI (1999): FONDSPOLICEN, S. 58 160 VOSS (1998): RISIKO UND CHANCE, S. 210 161 HÄFELE / RUß(1999): RANKING UND RATING, S. 606 162 STOLL (1999): DIE BESTEN FODSPOLICEN, S. 120 159
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
als ein Viertel des Wertzuwachses den Kosten zum Opfer gefallen ist. In der Regel weisen Direktversicherungen, die ohne Außendienst direkt via Post, Telefon und Internet verkaufen für den Anleger höhere Wertzuwächse aus.
3.5
Die Sicherheit einer Fondsgebundenen Lebensversicherung
Ein häufiger Einwand gegen die Fondsgebundene Lebensversicherung als Mittel der privaten Altersvorsorge ist, dass sie mit zuviel Risiko verbunden ist und ihre Erträge dadurch zu unsicher sind.163 Gewiss ist jede renditestarke Geldanlage immer auch eine risikobehaftete Geldanlage, denn eine hohe Nettorendite lässt sich ohne Risikoeinsatz nun einmal nicht erzielen. Risikobehaftet bedeutet aber keineswegs, dass die zu erzielende Rendite dem Zufall oder Schicksal überlassen wird. Die Risiken, die jeder Geldanlage in Investmentfonds innewohnen, können durch ein kompetentes und erfahrenes Fondsmanagement minimiert werden. Dessen Aufgabe besteht darin, die Fonds, in die die Sparbeiträge der Versicherten angelegt werden, gegen verschiedene, genau bestimmbare Risiken abzusichern.164 Neben den allgemeinen Kapitalmarktrisiken wie Konjunktur-, Inflations-, Länder-, Währungs- und Liquiditätsrisiken, denen alle Formen der Vermögensanlage mehr oder weniger stark ausgesetzt sind, müssen dabei vor allem die speziellen Risiken der jeweiligen Anlageformen, in die das Fondsvermögen investiert ist, berücksichtigt werden. Bei der Anlage in Aktien ist insbesondere das Kursänderungsrisiko von entscheidender Bedeutung. Hierbei unterscheidet man zwischen dem so genannten unsystematischen und dem systematischen Risiko. Das unsystematische Risiko, welches auch unternehmensspezifisches Risiko genannt wird, bezeichnet das Risiko einer rückläufigen Kursentwicklung bei einer Aktie aufgrund von Faktoren, die unmittelbar oder mittelbar die emittierende Gesellschaft betreffen. Die Ursachen einer solchen aktienspezifischen Kursentwicklung können einerseits in der betriebswirtschaftlichen Situation der Gesellschaft liegen und z. B. durch falsche Managemententscheidungen begründet sein. Andererseits können sie aber auch aus externen, d. h. volkswirtschaftlichen Faktoren resultieren. So kann es z. B. vorkommen, dass sich der Kurs einer einzelnen Aktie völlig entgegengesetzt zum allgemeinen Börsentrend entwickelt. Dies muss aber nicht unbedingt nur für Aktien einzelner Unternehmen gelten, es können unter Umständen auch Aktien ganzer Branchen oder Länder betroffen sein. Für Aktienfonds, die sich auf spezielle Anlageschwerpunkte wie z. B. Branchen oder Länder konzentrieren, ergibt sich somit ein erhöhtes Risikopotential. Durch eine breite Streuung des Fondsvermögens auf viele verschiedene Titel kann 163 164
SCHMALEN (2000): LEBENSVERSICHERUNG ALS INSTRUMENT, S. 60 CAPELLMANN (1996): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 29
3.5 Die Sicherheit einer Fondsgebundenen Lebensversicherung
41
jedoch eine Risikokonzentration verhindert und damit das unsystematische Risiko reduziert werden. Das systematische Risiko, welches auch allgemeines Marktrisiko genannt wird, ist das Risiko einer Kursänderung, die der allgemeinen Entwicklung am Aktienmarkt zuzuschreiben ist und die in keinem direkten Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation des einzelnen Unternehmens steht. Dem Marktrisiko unterliegen also alle Aktien prinzipiell gleichermaßen. Demnach können bei negativem Trend an der Börse auch erstklassige Aktien Kursrückgänge erleiden. Die Ursachen solcher allgemeinen Kursrückgänge sind äußerst vielfältig und daher im Voraus schwer einzuschätzen. Anders als das unsystematische, lässt sich das systematische Risiko nicht durch eine möglichst breite Streuung des Fondsvermögens auf die Anteilscheine unterschiedlicher Emittenten minimieren. Ganz im Gegenteil, je breiter der Aktienbestand gestreut ist, desto exakter wird er die Entwicklung des Marktes nachvollziehen. Bei einer Anlage in verzinsliche Wertpapiere sind hauptsächlich zwei Risiken zu betrachten, die für diese Anlageform charakteristisch sind. Hierbei handelt es sich zum einen um das Bonitäts-, und zum anderen um das Zinsänderungsrisiko. Das Bonitätsrisiko, welches alternativ auch als Schuldner- oder Emittentenrisiko bezeichnet wird, spiegelt die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit oder Illiquidität des Schuldners, d. h. eine mögliche vorübergehende oder endgültige Unfähigkeit zur termingerechten Erfüllung seiner Zins- und/oder Tilgungsverpflichtungen, wider. Es ist demnach ein schuldnerspezifisches Risiko, welches jedoch, ebenso wie das unsystematische Risiko der Aktienanlage, durch ausreichende Streuung des Vermögens auf verschiedene Emittenten reduziert werden kann. Aus der Ungewissheit über die zukünftigen Veränderungen des Marktzinsniveaus ergibt sich das Zinsänderungsrisiko. Dieses beinhaltet für Inhaber von Staatsanleihen, Industrieobligationen, Bankschuldverschreibungen und dergleichen im Allgemeinen die Gefahr, dass bei steigendem Marktzinsniveau der Kurs ihrer Wertpapiere fällt und dies umso stärker, je deutlicher der Marktzinssatz ansteigt. Mit dem Zinsänderungsrisiko verhält es sich ähnlich wie mit dem systematischen Risiko der Aktienanlage. Eine Streuung der Anlage auf die verschiedenen Emittenten eines nationalen Kapitalmarktes ermöglicht keine Risikominimierung, weil sämtliche Rentenwerte gleichermaßen von der Zinsentwicklung auf diesem Markt betroffen sind. Lediglich durch eine verstärkte Streuung auf ausländische Rentenmärkte kann der Einfluss der inländischen Zinsentwicklung abgeschwächt werden. Ein besonderes Risiko bei offenen Immobilienfonds stellt das Ertragsrisiko durch mögliche Leerstände der zum Fondsvermögen gehörenden Objekte dar, die sich häufig schon im Zusammenhang mit der Erstvermietung ergeben, wenn der Fonds eigene Bauprojekte durchgeführt hat. Gehen diese Leerstände über das normale Maß hinaus, kann sich dies schnell negativ auf die Ertragskraft des Fonds auswirken. Offene
42
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Immobilienfonds halten gewöhnlich einen gewissen Anteil ihres Sondervermögens in festverzinslichen Wertpapieren und vergleichbaren Anlageformen, die eine hohe Liquidität und somit die jederzeitige Zahlungsfähigkeit des Fonds sicherstellen. Für diesen Teil des Sondervermögens gelten dann natürlich die speziellen Risiken der jeweiligen Anlageform. Bezüglich der oben genannten Risiken ergibt sich für das Fondsmanagement die Aufgabe, die Anlagestrategie kontinuierlich im Hinblick auf die Reduktion des allgemeinen Marktrisikos zu optimieren. Darüber hinaus ist stets für eine ausreichende Streuung des Fondsvermögens Sorge zu tragen, um die titelspezifischen Risiken minimieren zu können. Hierbei können bei kurzfristiger Betrachtung selbstverständlich keine hohen Renditen erwirtschaftet werden. Dies ist aber auch nicht beabsichtigt. Das Portfoliomanagement eines Fonds ist vielmehr darum bemüht, im Sinne der Anleger eine kontinuierliche Wertsteigerung über einen längeren Zeitraum hinweg zu erzielen, wobei das Risiko kalkulierbar bleiben muss.165 Die Sicherheit einer Fondsgebundenen Lebensversicherung hängt aber nicht ausschließlich von den Fähigkeiten des Fondsmanagements ab, denn letztendlich ist es der Versicherte selbst, der entscheidet, welche Risiken eingegangen werden und welche nicht. Dies geschieht dadurch, dass der Versicherte für seine Vermögensanlage aus dem Fondsangebot einer Versicherungsgesellschaft diejenigen Fonds bzw. Fondskombinationen auswählen kann, die seiner individuellen Risikoneigung entsprechen. Selbst beim Managed-Funds-Konzept hat er die Möglichkeit, den Risikograd seines Investments zu bestimmen, indem er die Anlagestrategie, nach der das Fondsmanagement verfahren soll, vorgibt. Üblich sind dabei die Optionen konservativ, ausgewogen und aggressiv.166 Mit zunehmendem Alter und besonders gegen Ende der Vertragslaufzeit wird es wichtig, das angesparte Vermögen dauerhaft zu sichern. Dies kann der Versicherungsnehmer auf unterschiedliche Weise erreichen. Eine Möglichkeit, die vor allem dann Sinn macht, wenn das Ende der Vertragslaufzeit noch etwas entfernt ist, ist dass getrennte Switchen und Shiften. Dies bedeutet beispielsweise, dass mit dem bereits angesammelten Vermögen ausschließlich in sichere Rentenfonds investiert wird, während die zukünftigen Sparraten in stark volatile Aktienfonds investiert werden.167 Somit kann einerseits ein Großteil des Vermögens gesichert und andererseits, wenn auch in geringerem Umfang, weiterhin an Kurssteigerungen partizipiert werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Versicherungsnehmer von dem ihm jederzeit zustehenden Recht Gebrauch macht, seine Fondsgebundene Lebens165
CAPELLMANN (1996): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 3 STOLL (1999): DIE BESTEN FODSPOLICEN, S. 122 167 STOLL (1999): DIE BESTEN FODSPOLICEN, S. 121 166
3.6 Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
43
versicherung in eine herkömmliche Kapitallebensversicherung umzuwandeln.168 Nimmt er diese Option nicht in Anspruch sollte er aber dafür Sorge tragen, dass zum Laufzeitende der Versicherung ein kompletter Wechsel seines Vermögens von Aktien- in wesentlich sicherere Renten- oder offene Immobilienfonds vollzogen wird.169 Doch selbst dann, wenn eine komplette Umschichtung des Vermögens in sicherere Fonds stattgefunden hat, besteht noch ein Restrisiko. Es wäre ja beispielsweise denkbar, dass der Zeitpunkt des Vertragsablaufs gerade in eine Periode zurückgehender Wertpapierkurse fiele, was sich folgerichtig negativ auf die Ablaufleistung der Versicherung auswirken würde. Um dieses Risiko auszuschließen räumen die Versicherungsunternehmen ihren Kunden i. d. R. bis spätestens einen Monat vor Vertragsende das Recht auf Prolongation ein. Dabei wird die Versicherung beitragsfrei für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren mit einem jederzeitigen Recht auf kostenlose Kündigung weitergeführt. So kann der Versicherungsnehmer einen vorübergehenden Kursrutsch bequem aussitzen.170 Alternativ bieten die Versicherungsunternehmen ihren Versicherungsnehmern an, dass die Versicherung zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit nicht bar ausgezahlt wird, sondern dass ein Depotübertrag der Fondsanteile in das individuelle Kundendepot stattfindet. In diesem Fall kann der vormalige Versicherungskunde die Fondsanteile in freier Entscheidung zu jedem ihm genehmen Zeitpunkt veräußern.
3.6
Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
Die Lebensversicherung als Geldanlage171 weist Merkmale auf, die auch anderen Sparformen wie dem Vertragssparen bzw. Investmentsparen ähnlich sind. Dies trifft insbesondere auf die „gemischte“ oder kapitalbildende Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall zu, die in Deutschland, trotz zu verzeichnender Rückgänge in der jüngeren Vergangenheit, die mit Abstand populärste und den höchsten Marktanteil verzeichnende Variante aller Lebensversicherungsformen darstellt.172 Bei der gemischten Lebensversicherung wird die Versicherungssumme entweder bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters, nach Ablauf einer bestimmten Zeit von Jahren oder bei Ableben des Versicherten fällig. Dieses Produkt beinhaltet für die Versicherten zwei verschiedene Komponenten: 168
GROSSE (1991): VERSICHERUNGSENZYKLOPÄDIE, S. 42 ÖCHSNER (1999): EIN UMSTRITTENES STEUERGESCHENK, S. 30 170 GREB (1988): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 428 171 SEUß (1969): VERSICHERUNG ALS GELDANLAGE 172 DIE DEUTSCHE LEBENSVERSICHERUNG, JAHRBUCH 1990, S. 34 169
44
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
3.6.1
Risikokomponente
Bei der Risikokomponente handelt es sich um die Garantie der Lebensversicherung, bei Eintritt des Versicherungsfalles vor Ende der Vertragslaufzeit, i. d. R. durch vorzeitiges Ableben des Versicherungsnehmers, die vereinbarte Versicherungssumme auszuzahlen. Mit der Garantie einer Zahlung im Todesfall wird eine Versicherungsleistung erbracht, die in einem monetären Ausgleich für den Ausfall der Produktionsleistung des Versicherten besteht bzw. als Deckung für den Versorgungsbedarf der Hinterbliebenen dient. Dem Versicherer obliegt es, mit Hilfe finanzmathematischer bzw. wahrscheinlichkeitstheoretischer Verfahren die Versichertengemeinschaft bzw. den Bestand aufzubauen und zu organisieren und untragbare Risiken von dieser Gemeinschaft fernzuhalten bzw. nur gegen einen adäquaten Prämienaufschlag anzunehmen. Kriterien hierfür bzw. für die Bestimmung der Risikokomponente sind vorrangig objektive Gefahrenmerkmale wie Lebensalter, Geschlecht, gesundheitliche Verhältnisse und der Beruf. Demgegenüber können die Lebensversicherungen subjektive Gefahrenmerkmale wie die persönliche Lebensführung, das moralische Verhalten oder das Gesundheitsverhalten nur bedingt ins Kalkül ziehen. Das für die Bestimmung der Risikokomponente wesentlichste Merkmal, das Lebensalter des Versicherten bei Vertragsbeginn, lässt sich mit Hilfe von Ausscheideordnungen bzw. Sterbetafeln quantifizieren.173 3.6.2
Die Sparkomponente
Nur ein Teil der Prämie, im Allgemeinen der Kleinere, wird bei der kapitalbildenden Lebensversicherung zur Abdeckung des vorzeitigen Todesfallrisikos und der Verwaltungskosten benötigt. Der überwiegende Prozentsatz der Prämien, ca. 80%, ist auf den Erlebensfall abgestellt. Dies setzt voraus, dass der Versicherer diese Sparanteile einerseits möglichst sicher anlegt, wobei er andererseits auf eine angemessene Rendite und eine hinreichende Liquidität zu achten hat. Bei der Kapitalanlage ist zu berücksichtigen, dass Lebensversicherungsverträge grundsätzlich langfristig ausgelegt sind. So weisen Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen jeweils durchschnittliche Laufzeiten von über 30 Jahren aus. Fondsgebundene Lebensversicherungen verzeichnen im Durchschnitt sogar Laufzeiten, die über 45 Jahren liegen.174 Da die Zinsen bzw. Erträge, die der Lebensversicherer auf dem Kapitalmarkt erzielen kann, nicht im Voraus bekannt sind, setzt die Prämienkalkulation die Annahme eines fiktiven Diskontierungsfaktors bzw. Rechnungszinsfußes voraus. Dieser Rech173 174
GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 33 GDV (2005): DIE DEUTSCHE LEBENSVERSICHERUNG IN ZAHLEN, S. 35
3.6 Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
45
nungszinsfuß dessen Höhe maßgeblich die Prämie bestimmt, wird durch die BaFin und das Bundesfinanzministerium (BMF) festgelegt. Der Diskontierungsfaktor hat die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge zu berücksichtigen und liegt daher auf einem relativ niedrigen Niveau. Seit dem 01. Januar 2007 beträgt dieser Rechnungszins nur noch 2,25%. Neben diesem Rechnungszinsfuß werden Wahrscheinlichkeitstafeln, die auch Sterbetafeln genannt werden, sowie Kostenzuschläge als Rechnungsgrundlagen verwandt. Da die Lebensversicherungsgesellschaften durch die weitgehend vorgegebenen Kalkulationsgrundlagen keinen Preiswettbewerb im eigentlichen Sinne kennen, besteht ihre Aufgabe darin, möglichst über den Rechnungszinsfuß hinaus ordentliche und außerordentliche Erträge zu erwirtschaften und diese dem Versicherten zukommen zu lassen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Lebensversicherungen aufgrund einer erfolgreichen Vermögensanlage und günstiger Rahmenbedingungen auf dem Kapitalmarkt i. d. R. weit höhere Erträge als den kalkulierten Rechnungszinsfuß erwirtschafteten. Über diese dem Kunden zukommende Gewinnbeteiligung spielt sich der eigentliche Wettbewerb unter den Lebensversicherungen ab, wobei der Überschuss nicht nur vom Erfolg der Kapitalanlage, sondern auch vom Kostenmanagement im Unternehmen und der tatsächlichen Sterblichkeit im Versicherungsbestand abhängig ist. Die Lebensversicherungsunternehmen sind verpflichtet, mindestens 90% der erzielten Überschüsse für eine Überschussbeteiligung der Versicherten zu reservieren, wobei in der Praxis diese Quote häufig 97% bis 98% erreicht. In der Regel führt diese Gewinnbeteiligung der Versicherten zu einer deutlichen Erhöhung der Rendite einer Lebensversicherungspolice.175 Im Gegensatz zu anderen Versicherungszweigen dienen die Kapitalanlagen nicht nur der Überbrückung zwischen Prämienzahlung und Schadensfall, sondern vorwiegend der Verwirklichung eines Sparziels. Die besondere Bedeutung der Sparkomponente bei der kapitalbildenden Lebensversicherung kennzeichnet die Nähe dieser Anlagemöglichkeit zu Sparformen wie Kontensparen, Investmentsparen, Wertpapiersparen etc., die gewöhnlich von Kreditinstituten angeboten werden. Nur wird im Gegensatz zum konventionellen Sparen der Sparvorgang bei der Lebensversicherung zusätzlich abgesichert, d. h. das Erreichen des Sparziels wird garantiert. Vor diesem Hintergrund müssen Lebensversicherungen im Vergleich zu Banken relativ weniger liquide Mittel vorhalten, wodurch sie entsprechend produktiver bei ihrer Kapitalbildung sind. Während Banken lediglich ca. 40% ihrer gesamten Einlagen in Kapitalanlagen transformieren, wandeln Lebensversicherungen ihre versicherungstechnischen Rückstellungen nahezu vollständig in Kapitalanlagen um.176 175 176
GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 34 DÜVEL (1971): KAPITALBILDUNG, S. 516–521
46
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Im Gegensatz zu einem Sparvertrag sind jedoch bei der Lebensversicherungspolice die Einzahlung- bzw. Beitragszahlungsdauer und der Auszahlungszeitpunkt der vereinbarten Summe wegen des Todesfallrisikos ungewiss. Die Prämie wird daher anhand von finanzmathematischen Methoden, insbesondere unter Zuhilfenahme der Wahrscheinlichkeitsrechnung, errechnet. In der Regel wird sie monatlich, ggf. aber auch jährlich oder als Einmalprämie vom Versicherten entrichtet. Grundsätzlich gilt hierbei das Äquivalenzprinzip, d. h. der Barwert der kalkulierten Prämieneinnahmen soll dem Erwartungswert der Versicherungsleistung entsprechen. Die Beiträge und zukünftigen Versicherungsleistungen werden also auf den Beginn der Versicherung diskontiert. Aufgrund der vorangestellten Überlegungen lassen sich als Zielgruppe für das Angebot der Lebensversicherungen diejenigen Sparer identifizieren, die dem Vorsorgesparen ein großes Gewicht beimessen und an einer langfristigen Ertragsmaximierung interessiert sind. Aufgrund der besonderen Berücksichtigung der Sicherheit bei der Formulierung der Sparziele richtet sich die Lebensversicherung insbesondere an risikoscheue Anleger mit einem großen Sicherheitsbedürfnis. Da für Lebensversicherungsverträge nur ein kleiner, aber wachsender Sekundärmarkt existiert und der Versicherer ausgestellte Policen in der Regel nur unter Berechnung eines erheblichen Disagios zurückkauft, stellen sie im Allgemeinen kein Objekt für Spekulationen dar. Indem Lebensversicherungen mitunter auch zur Absicherung bzw. zur Gewährung von Darlehen abgeschlossen werden, kann als Motiv für die Wahl einer Lebensversicherung als Kapitalanlage ggf. das Zwecksparen angesehen werden. Für den Kleinanleger, der in eine Lebensversicherung investiert, reduziert sich auch der Aufwand für die eigene Vermögensverwaltung. Er kann hier mit einer einzigen Anlagealternative von einem breit gestreuten Portfolio aus Kapitalmarkttiteln profitieren, die das Lebensversicherungsunternehmen, alimentiert durch die Prämieneinnahmen, erwirbt und verwaltet und deren Erträge zu einem großen Teil den Versicherten zugute kommen. Ein neuer und in seinen positiven Auswirkungen für den Versicherungsnehmer nicht zu unterschätzender Faktor liegt daneben im Inkrafttreten des überarbeiteten Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) vom 01. Januar 2008. Nach jahrelangen erbitterten Diskussionen zwischen Verbraucherschützern und Vertretern der Versicherungswirtschaft hat die Regierung das fast 100 Jahre alte VVG überarbeitet. Ein weiterer Grund für die Anpassung des Gesetzes lag auch an der Rechtsprechung. Sowohl das Bundesverfassungsgericht177 als auch der Bundesgerichtshof 178 hatten beanstandet, dass Lebensversicherungskunden von den Versicherungsunternehmen benachteiligt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber beauftragt, bis 177 178
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (1996): 1BvR 80/95, 1BvR 782/94 & 1BvR957/96 BUNDESGRICHTSHOF (2003): IV ZR 162/03, 177/03 & 245/03
3.6 Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
47
zum 1. Januar 2008 neue gesetzliche Regelungen zu verabschieden. Insbesondere für die Lebensversicherung bringt das neue VVG wesentliche Veränderungen mit sich, vor allem in Bezug auf Aufklärung und Information bei Vertragsabschluss, bei der Beteiligung an den stillen Reserven und beim Rückkaufswert. Im Folgenden werden die Auswirkungen der zukünftigen Beteiligung der Versicherungsnehmer an den stillen Reserven näher beleuchtet. Zukünftig müssen Neu- und Altkunden zu 50% an den stillen Reserven der Versicherungsunternehmen beteiligt werden. Stille Reserven entstehen, wenn die Versicherer in ihren Büchern Aktien, Wertpapiere oder Immobilien halten, die im Wert steigen aber mit diesen Wertsteigerungen noch nicht in den Bilanzen verzeichnet sind. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor zwei Jahren entschieden, dass die Kunden an diesen Wertsteigerungen, die mit ihren Beiträgen erwirtschaftet werden, beteiligt werden müssen. Die Versicherungsunternehmen müssen die stillen Reserven zukünftig offen legen und die Versicherten jährlich über den auf sie entfallenden Teil unterrichten. Die Hälfte der stillen Reserven, die durch die Beiträge des Versicherungsnehmers entstanden sind, müssen dem Kunden ausgezahlt werden, allerdings erst bei Beendigung des Vertrages. Dies kann nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit oder nach Kündigung des Vertrages geschehen. Allerdings gibt es bisher kein einheitliches Berechnungsmodell nach dem die Versicherungsunternehmen die stillen Reserven berechnen müssen. Es ist daher zu befürchten, dass der Versicherungsnehmer, wenn er Zweifel daran hat, dass die stillen Reserven richtig berechnet wurden, keine Berechnungsgrundlage hat, um herauszufinden, ob der Versicherer die Wahrheit sagt. In diesem Fall sollte sich der Kunde an den Versicherungsombudsmann oder an einen Versicherungsmathematiker bei den Verbraucherzentralen wenden. Aus § 54 Abs. 1 VAG lassen sich vier Anlageziele ableiten, welche die „Eckpfeiler jeglicher Anlagepolitik der Versicherungsunternehmen“179 darstellen. „Das Vermögen eines Versicherungsunternehmens ist … unter Berücksichtigung der Art der betriebenen Versicherungsgeschäfte sowie der Unternehmensstruktur so anzulegen, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität des Versicherungsunternehmens unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung erreicht wird.“180 Diese Bestimmungen treffen auch auf Spezialfonds der Versicherungsunternehmen zu. Der globale Charakter dieser Grundsätze erweist sich jedoch als wenig operabel und bedarf einer näheren Erläuterung.181
179
KALBAUM / MEES (1988): KAPITALANLAGEN, S. 332 Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Oktober 1983 (BGBL. III 76311), § 54 181 Vgl. BENÖLKEN / HONSEL (1991): KAPITALANLAGEN-MANAGEMENT, S. 352 180
48 3.6.3
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Sicherheit
Oben zitierter Paragraph nennt das Anlageziel „Sicherheit“ an erster Stelle. Auch die Erläuterungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) räumen dem Anlagegrundsatz der Sicherheit Priorität ein. Gemäß BaFin sind bei jeder einzelnen Anlage gegenwärtige und vorhersehbare künftige Risiken soweit als möglich auszuschließen mit dem Ziel, dass der einzelne Anlagewert „fristgerecht und vollständig im Sinne einer nominellen Anlagesicherheit realisiert werden kann.“182 Dies bedeutet, dass der Lebensversicherer zu jedem Zeitpunkt über einen Bestand an Kapitalanlagen verfügen muss, dessen Wert mit dem der bestehenden Verpflichtungen aus dem Versicherungsgeschäft korrespondiert und damit die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleistet. Kapitalerhaltung bzw. Sicherheit im Sinne des VAG bedeutet zuerst nominelle Erhaltung des Vermögens. Ein nomineller Kapitalerhalt ist dann gewährleistet, wenn beim Verkauf, der Tilgung bzw. der Rückzahlung der gleiche Betrag zurückfließt, der beim Erwerb dafür ausgegeben wurde. Im Gegensatz zur nominalen Kapitalerhaltung soll beim realen Kapitalerhalt die reale Kaufkraft des investierten Kapitals gesichert werden, d. h. die Desinvestitionseinnahmen müssen die Investitionsausgaben mindestens um den Betrag übersteigen, der den in der Zwischenzeit durch Inflation bedingten Wertverlust kompensiert.183 Wenngleich das VAG explizit nicht die reale Substanzerhaltung des Vermögens postuliert, so mahnt doch die BaFin, „bei der Auswahl der Anlagen … auch darauf zu achten, dass das Vermögen insgesamt in seiner Substanz erhalten bleibt.“184 Für den Substanzerhalt insgesamt bzw. für die reale Sicherheit des Bestandes an Kapitalanlagen spielt jedoch weniger das Einzelrisiko einer Kapitalanlage eine Rolle. Vielmehr ist das systematische Risiko von Bedeutung, das einer einzelnen Kapitalanlage im Rahmen eines Portfolios zukommt und das durch eine Mischung von verschiedenen Titeln nicht wegdiversifiziert werden kann.185 Unter diesem Aspekt erscheinen die im VAG genannten pauschalen Begrenzungen der Erwerbsquoten für einzelne Anlageformen per se nicht geeignet, den Grad der Sicherheit der Kapitalanlagen eines Lebensversicherers zu erhöhen, da es viel bedeutsamer ist, wie die Risiken der verschiedenen Anlagen im Portfolio miteinander korrelieren. Berücksichtigt man den stabilisierenden bzw. risikoreduzierenden Effekt gegeneinander korrelierender Anlageformen wie er z. B. bei einer Mischung von Substanz- und Nominalwerten auf182
BUNDESAUFSICHTSAMT FÜR DAS VERSICHERUNGSWESEN: Rundschr. R 2/75, Abs. 2 183 GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 72 184 BUNDESAUFSICHTSAMT FÜR DAS VERSICHERUNGSWESEN: Rundschr. R 2/75, Abs. 3 185 SHARPE (1964): CAPITAL ASSET PRICES, S. 436 und S. 438
3.6 Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
49
treten kann, erscheint es auch wenig plausibel, warum es für einige Anlageformen Höchstgrenzen nach dem VAG zu beachten gilt, andere Anlageformen aber keinen diesbezüglichen quantitativen Beschränkungen unterliegen und somit als „sicherer“ oder „sicher“ eingestuft werden. Eine gemäß den Anlagevorschriften auf „Sicherheit der Kapitalanlage“ ausgerichtete Anlagepolitik der Lebensversicherungen sollte berücksichtigen, dass „Sicherheit“ niemals mit Gewissheit erreicht werden kann. Eine Entscheidung, die aufgrund des vorhandenen Wissens vernünftig bzw. logisch erscheint, kann sich im Nachhinein aufgrund des verbliebenen Informationsrisikos als falsch herausstellen. Anlagevorschriften, die „Sicherheit“ postulieren, sollten deshalb so flexibel sein, dass sie Entscheidungen, mit denen die Lebensversicherungen als Kapitalanleger dem Informationsrisiko zu begegnen versuchen, nicht einengen. Sicherheit als exogenes Anlageziel kann daher nicht als starres Anlageziel betrachtet werden, das von den Lebensversicherungen bei ihrer Kapitalanlage vollkommen und mit immer denselben Strategien verwirklicht werden kann. Vielmehr handelt es sich bei der Sicherheit um ein Anlageziel, welches grundsätzlich anzustreben ist aber unter sich verändernden Rahmenbedingungen immer wieder neue, flexible Strategien erfordert. Die vollkommene Sicherheit der Kapitalanlage im Einzelfall kann im Hinblick auf die oben dargestellten Risiken praktisch nicht erreicht werden. Das Postulat der „Sicherheit“ kann sich im Sinne des § 54 Abs. 1 VAG nur auf das „Vermögen der Versicherungsunternehmung“ als Ganzes beziehen. Entsprechend den Ansätzen der modernen Portfoliotheorie lässt sich das Erhaltungsziel nur insoweit erreichen, dass die planmäßige Zurückverwandlung der gesamten Kapitalanlagen gelingt, auch wenn hierbei die Sicherheit einzelner Anlagen verfehlt wird, d. h. Wertverluste in Einzelfällen durch Wertzuwächse bei anderen Anlagen ausgeglichen werden.186
3.6.4
Rentabilität
Das Vermögen eines Lebensversicherungsunternehmens gilt dann als rentabel angelegt,187 wenn es unter Berücksichtigung der Sicherheits- und Liquiditätserfordernisse sowie der Kapitalmarktlage einen nachhaltig guten Ertrag abwirft. Dies zu operationalisieren fällt jedoch schwer, zumal die Versicherungsaufsicht so zu interpretieren ist, dass das Ziel der Rentabilität dem Oberziel der Sicherheit zu folgen hat. Grundsätzlich könnte hier der zu erwirtschaftende technische Rechnungszins als Untergrenze für die Rentabilität angesehen werden. Ein Konflikt zwischen den Zielen „Si186 187
GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 76 BUNDESAUFSICHTSAMT FÜR DAS VERSICHERUNGSWESEN: Rundschr. R 2/75, Abs. 3
50
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
cherheit“ und „Rentabilität“ einer Kapitalanlage ergibt sich daraus, dass diese jedoch nicht komplementär sind, sondern miteinander i. d. R. konkurrieren.188 In der Praxis wird die Annahme vertreten, dass sich der Grad der Rentabilität präziser messen lässt als der Grad der Sicherheit. Damit verbleibt die Rentabilität als fast einziger Parameter des Wettbewerbs in einem ansonsten regulierten Markt. Hierbei wird als Rentabilität der Kapitalanlagen eines Lebensversicherers im Allgemeinen die Relation von Erträgen zum Wert der Kapitalanlagen verstanden. Bei dieser Betrachtung gilt es zu unterscheiden zwischen laufenden Erträgen, wie z. B. Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen, die periodisch anfallen, und einmaligen Erträgen, die durch Veräußerungsgewinne z. B. durch den Verkauf von Wertpapieren oder Gebäuden entstehen.189 Grundsätzlich sind Verhältniszahlen zur Rentabilität jedoch dann besonders erklärungsbedürftig, wenn in die Berechnung der Rentabilität einzelner Anlagen Aufwendungen mit einbezogen werden oder wenn hinreichend operationalisierbare Kurs- oder Vergleichswerte fehlen wie z. B. bei der Bewertung von Grundstücken.190 Bei Renditevergleichen, wie sie in der Lebensversicherungsbranche üblich sind, werden bei der Berechnung bzw. dem Vergleich der Rentabilität verschiedener Kapitalanlagen in erster Linie die laufenden Erträge berücksichtigt, während z. B. Kursgewinne von Aktien unberücksichtigt bleiben. Ein dem Wandel unterworfenes Wettbewerbsumfeld sowie die wachsende Konkurrenz von bislang branchenfremden Finanzinstituten, die im Rahmen ihrer Allfinanzkonzepte alternative Sparformen anbieten, wird möglicherweise dazu führen, dass die extern vorgegebene Präferenz für „Sicherheit vor Rentabilität“ bei den Anlageentscheidungen der Lebensversicherer einer paritätischen Berücksichtigung dieser beiden Ziele weicht. Möglicherweise wird sogar der Erzielung einer möglichst hohen Rentabilität zunehmend Vorrang eingeräumt werden. Auch wenn man für die Anlagepolitik der Lebensversicherer statt einer „kurzfristigen Ertragsmaximierung“ die „langfristige Ertragsoptimierung“191 postuliert, so dürfte aufgrund der oben dargestellten Wettbewerbssituation der kurzfristige Anlageerfolg immer stärker in den Vordergrund rücken. Damit wird das Ziel der höchstmöglichen Rentabilität gleichwertig neben den Zielen der ausreichenden Sicherheit und Liquidität stehen, wenn nicht gar die dominierende Rolle spielen.192 188
LENGYEL (1921): BILANZEN DER VERSICHERUNGS-UNTERNEHMUNGEN, S. 94 SCHMIDT (1982): VERSICHERUNGSALPHABET, S. 28 und S. 92 190 ROSENBAUM (1982): ORGANISATION DER KAPITALANLAGEVERWALTUNG, S. 37–38 191 SCHWEBLER (1986): ANGEBOT AN ATTRAKTIVEN AKTIEN, S. 12 192 EICHACKER (1981): FINANZPLANUNG, S. 73/KRATZ (1979): ANLAGEVERHALTEN, S. 472 189
3.6 Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
3.6.5
51
Liquidität
Das vorgegebene Anlageziel der Liquidität bedeutet, dass der gesamte Bestand an Vermögensanlagen so zusammengesetzt sein soll, dass stets ein betriebsnotwendiger Betrag an liquiden bzw. ohne Schwierigkeiten liquidierbaren Vermögensanlagen vorhanden ist. Ein Unternehmen verfügt demnach dann über hinreichende Liquidität, wenn es in der Lage ist, zu jedem Zeitpunkt zwingend fällige Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt erfüllen zu können. Somit bezieht sich das Postulat nicht auf die Liquidität der einzelnen Kapitalanlage, sondern auf die Zahlungsfähigkeit der Unternehmung. Die Forderung nach hinreichender Liquidität ist kongruent mit dem Ziel des Unternehmenserhalts. Die Einhaltung des von der Aufsicht exogen vorgegebenen Ziels Liquidität hat insoweit auch endogenen Charakter und lässt sich bei Lebensversicherungen i. d. R. mit Hilfe betrieblicher Vorausplanungen und versicherungsmathematischer Sterblichkeitstabellen relativ sicher realisieren. Die Zahlungsströme sind hier stabil und weitgehend im Voraus bestimmbar, die Zahlungsverpflichtungen sind i. d. R. langfristiger Natur, so dass gewöhnlich nur eine geringe Liquiditätsreserve zu halten ist. Hinzu kommt, dass den Lebensversicherungen aufgrund der langfristigen vertraglichen Verpflichtungen selbst in Krisenzeiten regelmäßig Mittel zufließen. Aufgrund der besonderen Spezifikation des Produktes scheuen sich Versicherungsnehmer im Allgemeinen, mit der Kündigung ihrer Versicherungspolice einhergehende Verluste zu tragen. Lebensversicherungen haben aufgrund dieser institutionellen Vorteile einen geringeren Bedarf an liquiden bzw. liquidierbaren Anlagen als z. B. Sachversicherungen. Sie sind weniger auf Festgeldguthaben bei Kreditinstituten oder börsennotierte Wertpapiere angewiesen und können eher Hypothekendarlehen gewähren oder Grundstücke erwerben. Mit ihrer Anlagepolitik haben die Lebensversicherungen einen optimalen Kassenbestand zu verwirklichen, der hinreichend Liquidität für den normalen Zahlungsverkehr sowie für unvorhergesehene Auszahlungen sichert und ferner die Wahrnehmung günstiger Investitionsmöglichkeiten gewährleistet. Damit verbunden ist die Aufgabe, eine zu hohe Kassenhaltung, die anderweitig zinsbringend angelegt werden könnte, zu vermeiden, zufließende Mittel ohne Ertragsverluste anzulegen und die Kosten kurzfristiger Liquiditätsengpässe zu minimieren. Dies kann geschehen durch eine zeitliche Staffelung der Ein- und Auszahlungen, d. h. der Tilgungen von Darlehen, Schuldverschreibungen, Zinsen, Mieten bzw. der richtigen Wahl der Investitionszeitpunkte, sowie durch die fallweise Entscheidung über die Beleihung (z. B. Pensionsgeschäfte mit Banken) oder den Verkauf von Anlageobjekten.193
193
FARNY (1989): VERSICHERUNGSBETRIEBSLEHRE, S. 668
52
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
3.6.6
Mischung und Streuung
Mit dem vorgegebenen Anlageziel „Mischung und Streuung“ soll die Sicherheit der Kapitalanlagen in ihrer Gesamtheit gewährleistet und einer einseitigen Anlagepolitik begegnet werden. Wie bereits dargestellt wurde, sind einzelne Kapitalanlagen nicht grundsätzlich sicher, d. h. Entscheidungen bei der Kapitalanlage führen nicht zu bestimmten Ergebnissen, sondern nur zu Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Ergebnissen. Bei einzelnen Kapitalanlagen kann das Ziel der nominalen oder realen Sicherheit bzw. Erhaltung (z. B. Kursveränderungen bei Wertpapieren), das Streben nach Rentabilität (z. B. durch außerplanmäßige Abschreibungen auf Kapitalanlagen, Insolvenz von Schuldnern) oder aber die Liquidität (Unverkäuflichkeit von Grundstücken, Restriktionen beim Transfer von Erträgen aus Kapitalanlagen in Fremdwährungen) gefährdet sein. Auch ist zu berücksichtigen, dass die zuvor behandelten Ziele Sicherheit, Rentabilität und Liquidität z. T. gegenläufige Forderungen beinhalten. Es weisen i. d. R. Kapitalanlagen, die mit einer hohen realen Erhaltungssicherheit aufwarten (z. B. Immobilien), geringere Periodenrentabilitäten auf und sind schwieriger liquidierbar als z. B. börsennotierte Wertpapiere. Ferner lassen liquiditätsnahe Anlagen wie z. B. Termineinlagen – eine nicht inverse Zinsstruktur vorausgesetzt – eine geringere Rentabilität im Verhältnis zu langfristigen Anlagen (z. B. Hypotheken) vermuten. Wegen der verschiedenartigen Risiken einzelner Kapitalanlagen verlangt das VAG die Mischung und Streuung der Vermögensanlagen, um somit das Risiko der Kapitalanlagen durch Diversifikation zu verteilen. Demnach sind die anzulegenden Mittel auf diverse Anlagearten und -objekte aufzuteilen und auf verschiedene Fälligkeiten, Schuldner, Branchen, Wertpapierkategorien, Rechtsformen und geographische Gebiete zu streuen. Dieser Grundsatz folgt den Erkenntnissen der Portfoliotheorie, wonach sich der Erwartungswert des Ertrages einer einzelnen Anlage stets mit mindestens dem gleichen, i. d. R. jedoch erheblich niedrigeren Risiko mittels einer Mischung bzw. Diversifikation der Kapitalanlagen erreichen lässt. Der optimale Grad einer Diversifikation der Vermögensanlagen lässt sich jedoch nur schwer bestimmen. Zwar nehmen bis zu einem bestimmten Niveau der Mischung und Streuung die risikomindernden Effekte zu, gleichzeitig steigen aber auch die Opportunitätskosten. Ab einem bestimmten Grad der Diversifikation können die Grenzkosten einer weiteren Mischung und Streuung den Grenzertrag übersteigen. Dies gilt vor allem dann wenn zur weiteren Diversifikation kleine Kapitalbeträge in für das Versicherungsunternehmen neue Anlageformen investiert werden, die den Aufbau einer spezialisierten Abteilung in der Vermögensverwaltung erfordern. Gleichwohl kann hier der Untersuchung von Schneider194 gefolgt werden, dass dem 194
SCHNEIDER (1983): KAPITALANLAGEVORSCHRIFTEN, S. 5–30
3.6 Anforderungen an Investitionen durch den Gesetzgeber und durch die Kundenbeziehung
53
Aspekt der Mischung und Streuung unter den exogenen vorgegebenen Anlagezielen der größte Stellenwert beizumessen ist. Während die zuvor behandelten Ziele Sicherheit, Rentabilität und Liquidität miteinander in Konkurrenz stehen, wirkt eine Optimierung des Anlagezieles „Mischung und Streuung“ auf die anderen Ziele i. d. R. komplementär. In der angelsächsischen Literatur wurde der Versuch unternommen, auf der Basis einer Korrelationsrechnung Beziehungen zwischen der Struktur der Aktiv- und der Passivseite einer Bilanz herauszufinden und ferner die Natur dieser Beziehung zu erklären.195 Modigliani und Miller haben 1958 bewiesen, dass bei vollkommenem Kapitalmarkt und bei Unternehmen einer Risikoklasse der Unternehmenswert und die Kapitalkosten unabhängig von der Kapitalstruktur sind. Im Ergebnis wurde deutlich, dass keine Interdependenzen zwischen der Struktur der Aktiv- und der Passivseite bestehen. Dennoch widerstrebt das Modigliani-Miller-Theorem der traditionellen Auffassung.196 Beispielsweise haben Stowe, Watson und Robertson festgestellt, dass sich Interdependenzen zwischen der Aktiv- und Passivseite allein dadurch ergeben, dass Fristenkongruenz angestrebt wird, dass Aktivposten als Sicherheiten für Verbindlichkeiten dienen bzw. dass das Risiko der betriebenen Geschäfte sich auch auf den Umfang der Liquiditätsreserven auswirkt. Krinsky und Krouse gehen in ihren Untersuchungen davon aus, dass Entscheidungen in Lebensversicherungen über das versicherungstechnische Geschäft und die Auswahl der Kapitalanlagen bzw. über die Finanzierung der Kapitalanlagen simultan getroffen werden.197,198 Eine derartige zielbezogene Abstimmung zwischen der Kapitalanlage und dem Versicherungsgeschäft fordern auch Kidwell und Peterson, da sowohl Aktiv- als auch Passivseite riskante Portfolios verkörpern und aggregiert das Gesamtrisiko eines Lebensversicherers ergeben.199 Einige Determinanten des Anlageverhaltens können z. B. in einer satzungsmäßig oder unternehmenspolitisch bedingten regionalen Beschränkung der Anlagetätigkeit oder in unternehmensinternen Traditionen und „Philosophien“ bestehen. So kann auch die Zusammensetzung und Auswahl der Mitarbeiter in der Vermögensverwaltung eines Lebensversicherers eine Rolle spielen. Bestimmte Anlagegeschäfte wie z. B. die Anlage in Immobilien erfordern einen geeigneten Mitarbeiterstab für Akquisition und Verwaltung, den sich einige Versicherungsunternehmen nicht leisten wollen oder können. Auch die Anlage in Aktien erfordert eine genaue und ständige 195
STOWE / WATSON / ROBERTSON (1980): RELATIONSHIPS IN BALANCE SHEETS, S. 973ff. 196 MODIGLIANI / MILLER (1958): THE COST OF CAPITAL, S. 390–393 197 KRINSKY (1985): MEAN-VARIANCE UTILITY FUNCTIONS, S. 265 198 KROUSE (1970): PORTFOLIO BALANCING, S. 77 199 KIDWELL / PETERSON (1981): FINANCIAL INSTITUTIONS, S. 355
54
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Beobachtung und Analyse der Märkte, für die ein erstklassiges und qualifiziertes Management benötigt wird. Aus unternehmensstrategischer Sicht kann ein Ziel dahingehend ausgerichtet sein, die Kosten der Verwaltung der Vermögensanlagen möglichst gering zu halten, d. h. die Kapitalanlageverwaltung nicht zu sehr mit „versicherungsfremden“ Angelegenheiten zu belasten. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die als Wettbewerbsparameter entscheidende Größe der Kapitalerträge nicht erst durch ein qualifiziertes und damit i. d. R. auch hochbezahltes Management positiv beeinflusst werden kann, zumal die Zahl der Mitarbeiter in der Vermögensverwaltung im Vergleich zum sonstigen Vertriebsapparat der Lebensversicherer nur von nachrangiger Bedeutung ist.200
3.7
Kapitalanlagen bei Versicherungen
Die Formulierungen der BaFin hinsichtlich der allgemeinen Anlagegrundsätze im Rundschreiben R 2/75 lassen einen erheblichen Auslegungsspielraum zu, da viele Aussagen von lehrformelhaftem Charakter und teilweise in sich widersprüchlich sind. Das Rundschreiben ist zwar keine Gesetzesnorm, dennoch stellt es als „Erläuterung“ der gesetzlichen Kapitalanlagenormen einen Teil des aufsichtsrechtlichen Datenkranzes der Kapitalanlage von Versicherungsunternehmen dar. Je nach Zugehörigkeit einer Kapitalanlage zu den einzelnen Vermögensblöcken gelten unterschiedliche Kapitalanlagevorschriften. Die Generalnormen des § 54 Abs. 1 VAG gelten für das gesamte Vermögen. Für das gebundene Vermögen existiert zusätzlich ein nach Anlagearten und Anlageumfang abschließend enumerierter Anlagekatalog. Für das freie Vermögen bestehen keine speziellen Anlagevorschriften, so dass für derartige Kapitalanlagen lediglich die Generalnormen gelten. 3.7.1
Private Equity als Kapitalanlage im freien Vermögen
Da spezielle Kapitalanlagevorschriften im Sinne zulässiger Anlageformen für das freie Vermögen des Versicherungsunternehmens nicht existieren, sind Private Equity-Anlagen jeder Art und in jeder rechtlichen Ausgestaltung möglich, sofern sie nicht den generellen Anlagegrundsätzen widersprechen. Die Grundsätze der Liquidität und der Mischung und Streuung der Anlagen beziehen sich auf das gesamte Anlage-Portfolio. Sofern dieses entsprechend strukturiert ist, erfahren beide Prinzipien durch eine direkte oder indirekte Private EquityAnlage keinerlei Einschränkung. Eine Kollision mit dem Sicherheitspostulat ist bei der Vornahme direkter Private Equity-Anlagen nicht ausgeschlossen. 200
GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 95
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
55
Aufgrund des spezifisch hohen Kapitalverlustrisikos einer direkten Private EquityAnlage ist das Risiko, den in das einzelne Portfolio-Unternehmen investierten Geldbetrag zu verlieren, deutlich größer als bei der Anlage eines gleich hohen Betrages in einem Private Equity-Einzel- oder Dachfonds. Hinzu kommt zusätzlich das Risiko von Fehlentscheidungen des Versicherungsunternehmens aufgrund fehlender Kenntnis des Private Equity-Konzeptes und/oder wegen des fehlenden Know-how zur Erbringung der Managementunterstützungsleistungen. Daher ist der Forderung nach einer größtmöglichen Sicherheit der Einzelanlage bei einer direkten Private EquityAnlage kaum Rechnung zu tragen, da eine nominale und damit zugleich auch reale Kapitalerhaltung in erheblichem Maße ungewiss ist.201 Insofern erscheint der Anlagegrundsatz der Sicherheit in der Interpretation der Aufsichtsbehörde nicht gewahrt, weshalb davon auszugehen ist, dass die BaFin gegen den Aufbau derartiger Beteiligungen einschreiten würde. Mit Ausnahme des risikosteigernden Know-how-Mangels dürfte das Gleiche auch für die indirekte Private Equity-Anlage im Rahmen eines Projektansatzes, sowohl für eine Beteiligungs- als auch für eine Treuhandkonstruktion gelten. Zwar ließe sich durch das Eingehen mehrerer direkter Private Equity-Anlagen und/oder mehrerer indirekter Projektanlagen ein Risikoausgleichskollektiv speziell für Private Equity-Anlagen erreichen, jedoch kann dieses keinesfalls die geforderte Sicherheit der Einzelanlage gewährleisten. Anders sieht die Situation bei einer einzelnen Private Equity-Einzel- oder Dachfondsanlage aus, die nichts anderes als einen Anteil an einem aus einer gewissen Zahl von Private Equity-Anlagen bestehenden Risikoausgleichskollektiv darstellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Totalverlust des bei einem Private Equity-Fonds angelegten Kapitals eintritt, ist signifikant geringer als die Totalwahrscheinlichkeit einer einzelnen direkten Private Equity-Anlage oder auch einer einzelnen Private EquityProjektanlage. Daher ist eine nominale Kapitalerhaltung zumindest nicht auszuschließen. Das Rentabilitätspostulat verlangt nach Auffassung der BaFin eine nachhaltig gute Ertragserzielung. Wird die Nachhaltigkeit im Sinne einer laufenden Zinsausschüttung interpretiert so ist diese bei einer auf Kapitalgewinne abzielenden direkten oder indirekten Private Equity-Anlage typischerweise nicht gegeben. Bezieht man die Nachhaltigkeit der Ertragserzielung auf die rechnerische Verteilung der im Anlagezeitraum des Fonds realisierten und regelmäßig bei Fondsliquidation ausgeschütteten Kapitalgewinne, so ergibt sich bei einer Private Equity-Fondsanlage mit einer moderaten Wahrscheinlichkeit eine über dem durchschnittlichen Kapitalmarktzins liegende jährliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Bei direkten Private Equity-Anlagen ist dies nur im Fall einer erfolgreichen Veräußerung der ein201
ROTKIES (1975): VERMÖGENSANLAGEVORSCHRIFTEN, S. 930
56
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
zelnen Private Equity-Beteiligung möglich, deren a priori-Wahrscheinlichkeit deutlich unter derjenigen im Private Equity-Fondsgeschäft liegt. Gleiches gilt im Wesentlichen auch für eine einzelne indirekte Private Equity-Projektanlage. Aufgrund der vorstehenden Überlegungen ist davon auszugehen, dass nur die Anlage bei einem Private Equity-Beteiligungsfonds den Generalnormen der Kapitalanlage nicht widerspricht. Die BaFin führt hierzu aus: „Auch für diese neuen Anlagearten gelten die allgemeinen Anlagegrundsätze des § 54 Abs. 1 VAG. Die gemeinsame Besonderheit dieser Anlagen, daß ihre Fungibilität mangels eines institutionalisierten oder jedenfalls faktisch funktionierenden Marktes fehlt oder stark eingeschränkt ist, bedeutet daher in der Regel, daß ein entsprechender Ausgleich bei der Sicherheit und Rentabilität dieser Anlagen gegeben sein muss. Vor dem Erwerb von Unternehmensbeteiligungen oder Anteilen an Beteiligungs-Sondervermögen müssen die Versicherungsunternehmen nach Auffassung der BaFin dementsprechend in jedem Einzelfall prüfen, ob das betreffende Beteiligungsunternehmen solide finanziert ist und ob seine nach Unternehmensgegenstand, Marktstellung, Absatzlage u. a. Aspekten zu beurteilende Ertragskraft hinreichende Gewähr dafür bietet, daß sich das Beteiligungsunternehmen auch künftigen wirtschaftlichen Veränderungen anpassen kann.“202 3.7.1.1
Haftungsrechtliche Parameter
Die Rechtsform der potentiellen Beteiligung eines Versicherungsunternehmens an einem Private Equity-Beteiligungsfonds determiniert u. a. die (Mit)Haftung des Versicherungsunternehmens für die Gesellschaftsschulden des Fonds. Im Folgenden wird ein knapper Überblick über die wesentlichen Haftungsverhältnisse bei denjenigen privatrechtlichen Unternehmensformen gegeben, die aufgrund der aufsichtsrechtlichen Vorschriften als Rechtsform einer versicherungsbetrieblichen Private Equity-Anlage in Frage kommen: 3.7.1.1.1 Personengesellschaften Kommanditgesellschaft (KG) Die Komplementäre haften den Gläubigern der Gesellschaft in unbeschränkter Höhe mit ihrem gesamten Vermögen (Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen) als Gesamtschuldner. Zugleich haben nur sie die Geschäftsführungsbefugnis. Die Haftung der Kommanditisten ist auf die Höhe ihrer Einlagen begrenzt, sofern diese voll erbracht sind. Das Kapitalverlustrisiko wird damit durch die Höhe der Kommanditeinlage bestimmt. Den Kommanditisten stehen keinerlei Geschäftsführungsbefugnisse zu. 202
RUNDSCHREIBEN R2/87, NR. 2
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
57
Stille Gesellschaft Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft zwischen einem Unternehmen beliebiger Rechtsform und einem stillen Gesellschafter. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Beteiligungsnehmers ein. Der stille Gesellschafter unterliegt keiner Haftung Dritten gegenüber. Im Konkursfall kann er seine Einlage – evtl. reduziert um seinen Verlustanteil – als Massegläubiger geltend machen. Der stille Gesellschafter ist von der Geschäftsführung ausgeschlossen. 3.7.1.1.2 Kapitalgesellschaften Aktiengesellschaft (AG) Den Gläubigern der AG haftet allein deren Gesellschaftsvermögen. Die Haftung des einzelnen Aktionärs beschränkt sich auf den von ihm beim Aktienerwerb gezahlten Preis sowie auf ggf. noch nicht beglichene Teileinzahlungen. Die Geschäftsführung obliegt allein dem Vorstand. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Die Komplementäre unterliegen einer unbeschränkten persönlichen Haftung wie bei der KG. Zugleich steht ihnen allein die Befugnis zur Geschäftsführung zu. Die Haftung der Kommanditaktionäre erstreckt sich – wie bei der AG – lediglich auf den gezahlten Aktienpreis. Sie haben keine Geschäftsführungsbefugnis. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Den Gesellschaftsgläubigern haftet nur das Gesellschaftsvermögen der GmbH. Der Gesellschaftsvertrag kann eine beschränkte oder unbeschränkte Nachschusspflicht der Gesellschafter vorsehen. Das Kapitalverlustrisiko der Gesellschafter ist nach erfolgter Handelsregistereintragung auf die Höhe ihres Geschäftsanteils beschränkt. Die Geschäftsführung wird durch die von der Gesellschaftervertretung bestellten Geschäftsführer ausgeübt. GmbH & Co. KG Den Gläubigern haftet lediglich das Gesellschaftsvermögen, da eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als alleiniger Komplementär fungiert. Die Geschäftsführungsbefugnis liegt bei der Komplementär-GmbH bzw. bei deren Geschäftsführern. Die Haftung der Kommanditisten, die zugleich auch GmbH-Gesellschafter sein können, ist wie bei einer normalen KG auf die Einlagenhöhe begrenzt. Finanziert sich der Private Equity-Beteiligungsfonds durch Genussscheinemission dann wird die Haftung des potentiell Private Equity-gebenden Versicherungsunternehmens durch die Emissionsbedingungen determiniert. Regelmäßig handelt es sich dabei um eine auf die Höhe des Genussscheinpreises beschränkte Haftung. Geschäftsführungsbefugnisse stehen den Genussscheininhabern nicht zu.
58
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Die folgende vom Verfasser erstellte Übersicht verdeutlicht den Haftungsumfang des einzelnen Gesellschafters sowie des Genussscheininhabers für Gesellschaftsschulden bei den verschiedenen privatrechtlichen Unternehmensformen. Tabelle 4: Haftungsumfang bei privatrechtlichen Unternehmensformen
KG
Unbeschränkte Haftung
Beschränkte Haftung
Komplementär
Kommanditist
Stille Gesellschaft
×
AG
×
KGaA
Komplementär
Kommanditaktionär
Komplementär-GmbH
×
×
GmbH GmbH & Co. KG Genussschein
×
Die bisherigen Aussagen gelten analog auch bei einer potentiellen Private EquityAnlage des Versicherungsunternehmens im Rahmen eines Einzel- oder Dachfonds. Da der Private Equity-Manager das rechtliche Eigentum an den Unternehmensanteilen des Portfolio-Unternehmens lediglich treuhänderisch erwirbt, treffen die Konsequenzen der Haftungsverhältnisse faktisch und wirtschaftlich voll den Private Equity-Geber. 3.7.1.2
Steuerrechtliche Parameter
Die Rechtsform der Private Equity-Gesellschaft bzw. die der Portfolio-Unternehmen im Einzel- oder Dachfonds determiniert neben dem Haftungsumfang insbesondere die Steuerbelastung des Beteiligungsverhältnisses und damit mittelbar auch die erzielbare Durchschnittsrendite des gesamten Kapitalanlagenbestands des Versicherungsunternehmens. Im Private Equity-Geschäft existieren keine speziellen steuerrechtlichen Normen, d. h. die allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften finden Anwendung. Aus diesem Grund wird im Folgenden lediglich ein Überblick über die steuerrechtlichen Folgen einer Private Equity-Anlage beim Versicherungsunternehmen gegeben. Mit Ausnahme der kleinen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit203 und der Pensionskassen204 sind alle deutschen Versicherungsunternehmen als Gewerbebetriebe unbeschränkt körperschaft-, gewerbe- und vermögensteuerpflichtig.205 203
Vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.V. m. § 4 KStG; § 3 GewStG i.V. m. § 12a GewStDV; § 3 Abs 1 Nr. 6 VStG. Siehe hierzu auch § 53 VAG 204 Vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG i.V. m. §§ 1 bis 3 KStDV; § 3 Nr. 9 GewStG; § 3 Abs. 1 Nr. 5 VStG 205 Vgl. § 1 Abs. 1 KStG i.V. m. § 4 KStG; § 2 Abs. 2 GewStG, § 2 GewStDV; § 1 Abs. 1 VStG
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
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Zunächst werden die steuerlichen Auswirkungen einer Private Equity-Fondsanlage während der Early-Stage- und der Expansions-Stage-Phasen diskutiert. Hierbei steht die Frage im Mittelpunkt, ob die in der Anfangsphase des Fonds zwangsläufig entstehenden Anfangsverluste für das Versicherungsunternehmen steuerlich nutzbar gemacht werden können. Anschließend erfolgt eine Darstellung der Steuerfolgen während der Desinvestitionsphase. Sofern die Desinvestition der erfolgreichen PortfolioUnternehmen durch Börsenemission erfolgen soll, müssen die entsprechenden Unternehmen in Aktiengesellschaften umgewandelt werden. Inwieweit dabei stille Reserven aufgedeckt und der Besteuerung unterworfen werden, ist für das Versicherungsunternehmen unerheblich, da die Wertsteigerungen bei der endgültigen Veräußerung der Beteiligungen durch die Private Equity-Gesellschaft ohnehin realisiert werden. Daher gelten aus Sicht des Versicherungsunternehmens lediglich die im Folgenden dargestellten körperschaftsteuerlichen Regelungen in der Desinvestitionsphase. Im Folgenden werden die verschiedenen, für eine Private Equity-Anlage eines Versicherungsunternehmens in Frage kommenden Rechtsformen der Private EquityGesellschaft (Beteiligungsfonds) bzw. der Portfolio-Unternehmen zu zwei steuerrechtlich relevanten Obergruppen zusammengefasst:206 Kommanditanteile (einschließlich GmbH & Co. KG) sowie atypische stille Beteiligungen qualifizieren sich aus steuerlicher Sicht als mitunternehmerische Beteiligungen (Mitunternehmerschaften).207 Stammaktien, Vorzugsaktien, Kommanditaktien und GmbH-Anteile stellen kapitalistische Beteiligungen (Kapitalgesellschaften) dar. Typische stille Beteiligungen und Genussscheinkonstruktionen werden gesondert erörtert. 3.7.1.3
Besteuerung des Versicherungsunternehmens im Rahmen einer Beteiligungskonstruktion
Körperschaftsteuer Versicherungsunternehmen haben als unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Unternehmen lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, zu deren Entstehen auch die Nettoerträge des Kapitalanlagegeschäfts beitragen. Anfangsphase (Early-Stage- und Expansion-Stage-Phasen) Generelles Kennzeichen eines Private Equity-Beteiligungsfonds in seiner Anfangsphase sind die entstehenden Verluste. Diese resultieren aus den laufenden Aufwen206 207
WIPFLER (1985): STEUERLICHE ASPEKTE BEI VENTURE-KONZEPTIONEN, S. 250ff. Zum Begriff der Mitunternehmerschaft, den steuerlichen Konsequenzen beim Vorliegen von Mitunternehmerschaften und der Problematik der Zuordnung von Kommanditanteilen sowie atypischen stillen Gesellschaften zu den Mitunternehmerschaften siehe Tipke, Klaus, Steuerrecht, 1987, S. 280f. und die dort ausführlich aufgezeigten Literatur- und Rechtsprechungsnachweise.
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
dungen für den Geschäftsbetrieb der Private Equity-Gesellschaft208 und deren Abschreibungen auf ihre Beteiligungen, denen keine Erträge aus Desinvestitionen gegenüberstehen. Wird die Private Equity-Gesellschaft als Mitunternehmerschaft geführt, partizipiert das Versicherungsunternehmen als Mitunternehmer anteilig an deren Verlusten. Sofern das Versicherungsunternehmen als Kommanditist einer Private Equity KG fungiert, ist gemäß § 15 a Abs. 1 EStG eine Verlustzuweisung lediglich bis zur Höhe der Kommanditeinlage im Jahr der Verlustzuweisung erlaubt.209 Die Verlustverrechnung mit Gewinn aus derselben Beteiligung hingegen ist zeitlich unbegrenzt gestattet. Diese Regelung gilt analog auch für einen atypischen stillen Gesellschafter. Durch die Mitunternehmerschaft des Versicherungsunternehmens ergeben sich unter sonst gleichen Bedingungen eine Reduzierung der Steuerbemessungsgrundlage, dem zu versteuernden Einkommen, und damit eine Verminderung der Körperschaftsteuerschuld des Versicherungsunternehmens. Handelt es sich bei der Private Equity-Gesellschaft hingegen um eine Kapitalgesellschaft, so können deren Verluste nicht an das Versicherungsunternehmen weitergegeben werden. Die Private Equity-Gesellschaft kann einen Verlustvortrag über höchstens fünf Jahre vornehmen, um die entsprechenden Verluste mit späteren Gewinnen auszugleichen. Ein gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V. m. § 10d EStG zuerst vorzunehmender Verlustrücktrag ist wegen fehlender Gewinne in vorangegangenen Geschäftsjahren i. d. R. nicht möglich. Diese Verlustvortragsmöglichkeit geht gänzlich verloren, wenn nicht innerhalb dieser fünf Jahre Gewinne erwirtschaftet werden.210 Das Versicherungsunternehmen kann allerdings prinzipiell Teilwertabschreibungen211 auf die Private Equity-Anlage vornehmen und damit die körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte vermindern.212 Jedoch ergibt sich das Problem, dass der innere Wert der Beteiligung an der Private Equity-Gesellschaft durch die voraussehbaren Anfangsverluste nicht berührt wird, so dass es fraglich erscheint, ob Teilwert208
Hierbei handelt es sich primär um das Entgelt des Private Equity Managers sowie um Aufwendungen für externe Berater und Gutachter und um sonstige, durch den Geschäftsbetrieb des Private Equity-Beteiligungsfonds verursachte Aufwendungen. 209 Vgl. KNOBBE-KEUK (1987): BILANZ- UND UNTERNEHMENSSTEUERRECHT, S. 375ff. 210 WIPFLER (1985): STEUERLICHE ASPEKTE BEI VENTURE-KONZEPTIONEN, S. 251 211 Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber das Unternehmen fortführt. 212 Unter einer Teilwertabschreibung versteht man das Absenken eines Wirtschaftsgutes vom letzten Bilanzansatz (Buchwert) auf einen niedrigeren Teilwert. Siehe hierzu auch Wöhe, Günter, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Bd. I/2, 1986, S. 219
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
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abschreibungen auf Private Equity-Beteiligungen durch die Finanzverwaltung anerkannt werden. Da die steuerlichen Anfangsverluste aus einer Private Equity-Anlage bei einer Mitunternehmerschaft mit anderen Einkünften verrechnet werden, ergeben sich Zinsvorteile gegenüber einer solchen Anlage im Rahmen einer Kapitalgesellschaft. Desinvestitionsphase Die durch die Veräußerungen der erfolgreichen Portfolio-Unternehmen entstehenden Gewinne des Private Equity-Beteiligungsfonds werden im Fall der Mitunternehmerschaft dem Versicherungsunternehmen anteilig zugerechnet und erhöhen dadurch unter sonst gleichen Bedingungen die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer.213 Des Weiteren wird nicht explizit danach unterschieden, ob die Private Equity-Gesellschaft erwirtschaftete Kapitalgewinne ausschüttet oder ob der Beteiligungsfonds aufgelöst wird. Auch im letztgenannten Fall, der Aufgabe des Gewerbebetriebs der Private Equity-Gesellschaft, entstehen Gewinne aus Gewerbebetrieb (§ 16 Abs. 3 EStG), die dem Versicherungsunternehmen anteilig zufließen und dessen zu versteuerndes Einkommen erhöhen. Dies gilt analog auch für den Fall einer Private EquityKapitalgesellschaft. Wird die Private Equity-Gesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt, so werden die aus den Veräußerungen der Portfolio-Unternehmen resultierenden Gewinne beim Private Equity-Beteiligungsfonds der Körperschaftsteuer unterworfen. Die Gewinnausschüttung führt beim Versicherungsunternehmen unter sonst gleichen Bedingungen zu einer Erhöhung der körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte. Die anteilig bereits durch die Private Equity-Gesellschaft abgeführte Körperschaftsteuer wird auf die Körperschaftsteuerschuld des Versicherungsunternehmens angerechnet. Es zeigt sich, dass während der Anfangsphase eine mitunternehmerische Beteiligung an der Private Equity-Gesellschaft aufgrund der möglichen Verlustzuweisungen an das Versicherungsunternehmen der kapitalistischen Beteiligung überlegen ist. Dies gilt zusätzlich für den Fall, dass die Private Equity-Gesellschaft ihrerseits teilweise mitunternehmerische Beteiligungen an den Portfolio-Unternehmen hält. Die bei diesen Beteiligungsunternehmen in den Anfangsjahren zwangsläufig entstehenden Verluste werden der Private Equity-Gesellschaft zugewiesen, die diese wiederum anteilig an das refinanzierende Versicherungsunternehmen weitergeben kann. Da213
Theoretisch hat die Private Equity-Gesellschaft die Möglichkeit, die durch Veräußerung kapitalistischer Beteiligungen an Portfolio-Unternehmen erzielten Gewinne gemäß § 6b EStG zu 80% steuerfrei durch den Erwerb von Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften zu reinvestieren. Allerdings ist es fraglich, ob die hierzu erforderliche volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit bescheinigt würde.
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
durch partizipiert das Versicherungsunternehmen neben den zwangsläufig entstehenden Verlusten des Private Equity-Beteiligungsfonds zusätzlich an den originären Verlusten mitunternehmerischer Portfolio-Unternehmen. Eine mitunternehmerische Private Equity-Gesellschaft hat außerdem die Möglichkeit, Teilwertabschreibungen gemäß § 6 Abs. 1 EStG bei sich unplanmäßig entwickelnden kapitalistischen Portfolio-Unternehmen vorzunehmen,214 wodurch Verluste entstehen, die dem Versicherungsunternehmen anteilig zugewiesen werden können. Als nachteilig erweist sich jedoch, dass im Fall einer mitunternehmerischen Beteiligung am Private Equity-Beteiligungsfonds die laufende Vergütung (Aufwandsentschädigung) des Private Equity-Managers Einkünfte der Private Equity-Gesellschaft aus Gewerbebetrieb darstellen, wohingegen sie im Fall einer kapitalistischen Beteiligung als Betriebsausgabe der Private Equity-Gesellschaft die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer reduziert. Da die an das Versicherungsunternehmen ausgeschütteten Kapitalgewinne erst im Jahr der Ausschüttung zu versteuern sind, ergeben sich unabhängig von der Rechtsform der Beteiligung an der Private Equity-Gesellschaft immer dann Steuerstundungs- und damit Zinseffekte, wenn die von der Private Equity-Gesellschaft erzielten Kapitalgewinne später als im Entstehungsjahr an das Versicherungsunternehmen ausgeschüttet werden. Dies gilt nicht nur für die Körperschaftsteuer, sondern auch für all diejenigen Steuern, deren Bemessungsgrundlagen sich erst im Jahr der entsprechenden Ausschüttungen erhöhen. 3.7.1.4
Gewerbesteuer
Versicherungsunternehmen sind unbeschränkt gewerbesteuerpflichtig. Da jedoch bereits die Private Equity-Gesellschaft und deren Portfolio-Unternehmen dieser Steuer unterliegen, ist eine Private Equity-Anlage für das Versicherungsunternehmen gewerbesteuerneutral, sofern eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft vorliegt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Vergütungszahlungen an den Private EquityManager Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellen und somit den Gewerbeertrag der Private Equity-Gesellschaft erhöhen. Verglichen mit einer Beteiligung an einer Private Equity-Kapitalgesellschaft bei der die Aufwandsentschädigung für den Private Equity-Manager Betriebsausgaben darstellen, bewirkt dies für das Versicherungsunternehmen eine höhere mittelbare Gewerbesteuerbelastung. Bei einer kapitalistischen Beteiligung ist diese Steuerneutralität ebenfalls gegeben, sofern die Beteiligungsquote mindestens 10% beträgt (gewerbesteuerliches Schachtelprivileg). Auf der Ebene der Portfolio-Unternehmen führt die Private Equity-Zuführung zur Erhöhung des Gewerbekapitals (§ 12 GewStG). Verluste in den Anfangsjahren der Finanzierung können für maximal fünf Jahre vorgetragen werden und 214
NEVERMANN/ FALK (1986): VENTURE CAPITAL, S. 126
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
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mit eventuell später auftretenden Gewinnen kompensiert werden (§ 10a GewStG). Hierdurch werden die Private Equity-Gesellschaft und das Versicherungsunternehmen mittelbar mitbetroffen. 3.7.2
Private Equity als Kapitalanlage im gebundenen Vermögen
Der Gesetzgeber gestattet innerhalb des gebundenen Vermögens die Anlage in folgenden, voll eingezahlten „deutschen“ Anteilswerten: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)
Börsennotierte Aktien Nicht börsennotierte Aktien GmbH-Anteile Kommanditanteile Stille Beteiligungen Genussrechte Anteile an Beteiligungs-Sondervermögen
Die unter 1) bis 6) genannten Werte dürfen im gebundenen Vermögen bis zu maximal 10% des Nennkapitals (Grundkapital, Stammkapital usw.) des jeweiligen Unternehmens gehalten werden. Außerdem darf die Summe dieser Anlagen zuzüglich der Zertifikate reiner und gemischter Aktienfonds maximal 20% des Sicherungsvermögens und 25% des übrigen gebundenen Vermögens betragen. Dabei darf der Anteil der Anlagen 2) bis 7) insgesamt höchstens 5% des Sicherungsvermögens und 6,25% des übrigen gebundenen Vermögens ausmachen. Grundvoraussetzung einer Anlage in den Anlageformen 2) bis 6) ist die Offenlegung des letzten Jahresabschlusses sowie der künftigen Jahresabschlüsse gegenüber dem Versicherungsunternehmen. Diese Jahresabschlüsse müssen nach den Vorschriften für Kapitalgesellschaften gemäß §§ 264ff. HGB aufgestellt sein. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Nichtkapitalgesellschaften sich zusätzlichen Vorschriften und Einschränkungen bei der Aufstellung ihrer Jahresabschlüsse unterwerfen müssen. Dabei handelt es sich u. a. um die Aufstellung eines Anhangs und eines Lageberichts sowie um strengere Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften. Private Equity-Anlagen innerhalb des gebundenen Vermögens sind nur im Rahmen der vorgenannten Rechtsformen und Begrenzungen möglich. Da aufgrund der Gültigkeit der Generalnormen nur Private Equity-Beteiligungsfonds in Frage kommen, muss sich die Private Equity-Gesellschaft bzw. das jeweilige Portfolio-Unternehmen folglich durch die Anlagetitel 1) bis 6) refinanzieren sowie in der Bundesrepublik Deutschland domizilieren, was jedoch im Einzelfall nicht ausschließt, dass auch Beteiligungen im Ausland eingegangen werden können. Als eine faktische Beschneidung der Anlagemöglichkeiten des Versicherungsunternehmens in Private Equity-Fonds erweist sich die Beteiligungsobergrenze von
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
10% am Nennkapital der Private Equity-Gesellschaft bzw. am Nennkapital des einzelnen Portfolio-Unternehmens im Rahmen eines Fonds. Oftmals werden stille Beteiligungen und eigenkapitalähnlich ausgestaltete Genussrechte als Refinanzierungsinstrumente der Private Equity-Gesellschaft bzw. der Beteiligungsunternehmen eines Fonds verwendet. In diesem Fall ist es den Versicherungsunternehmen erlaubt, eine Beteiligung an Private Equity-Gesellschaften bzw. Portfolio-Unternehmen aller Rechtsformen, also auch der im Versicherungsaufsichtsgesetz nicht genannten Rechtsformen einzugehen.215 3.7.2.1
Konsequenzen
Für alle unter die Kapitalanlagevorschriften des VAG fallenden Versicherungsunternehmen gilt, dass Private Equity-Anlagen im Sicherungsvermögen nur in Form von Private Equity-Einzel- und Dachfonds möglich sind. Unter der Annahme eines im Weiteren unterstellten aufsichtsamtlichen Verzichts auf laufende Zinsausschüttungen bei Private Equity-Fondsanlagen gilt für das gebundene Vermögen, dass die im Gesetz abschließend aufgezählten Beteiligungsformen innerhalb der genannten Grenzen auch als Private Equity-Fonds erlaubt sind. Dabei sollten sich Sitz und Geschäftsleitung der Private Equity-Gesellschaften, an denen das Versicherungsunternehmen beteiligt ist, im Inland befinden sofern nicht währungskongruent zu deckende Verpflichtungen aus Auslandsgeschäften existieren. Gleiches gilt analog für die einzelnen Portfolio-Unternehmen im Rahmen eines Fonds. Im freien Vermögen können Private Equity-Fondsanlagen in jeder Höhe und prinzipiell jeder Währung gehalten werden. Insbesondere können darin diejenigen Anteile an Private Equity-Gesellschaften und Portfolio-Unternehmen gehalten werden, die über die für das gebundene Vermögen gesetzlich fixierten Limite hinausgehen. 3.7.3
Die Bedeutung von Spezialfonds für die Vermögensanlage von Lebensversicherungen
Die zunehmende Breite und Komplexität verschiedener Anlageformen sowie der zunehmende Wettbewerbs- und Rentabilitätsdruck haben Lebensversicherungen veranlasst, indirekten Kapitalanlagen einen größeren Stellenwert einzuräumen. Bei der indirekten Kapitalanlage erwirbt das Lebensversicherungsunternehmen nicht direkt Wertpapiere, sondern beteiligt sich an Publikums- bzw. Spezialfonds, die ihrerseits Wertpapiere halten. Versicherungen erwerben bei ihrer indirekten Vermögensanlage fast ausschließlich Fondsanteile von Spezialfonds. Publikumsfonds spielen für die Kapitalanlage 215
HESSE (1987): ANLAGEMÖGLICHKEITEN FÜR VERSICHERUNGEN, S. 173
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
65
von Lebensversicherungen keine bzw. nur eine sehr untergeordnete Rolle.216 Spezialfonds werden sogar eigens, i. d. R. in der Kooperation zwischen der Versicherungsund einer Kapitalanlagegesellschaft, für die speziellen Zwecke des Versicherungsunternehmens gegründet und gestaltet. Bei einem Spezialfonds handelt es sich um ein besonderes Produkt der Kapitalanlagegesellschaften, dessen Ausgestaltung durch das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) definiert wird. Im Gegensatz zum Publikumsfonds werden die Anteile eines Spezialfonds nur für einen Anleger bzw. für eine ex ante fest umrissene institutionelle Anlegergruppe emittiert und verwaltet. Bei diesen Anlegern handelt es sich i. d. R. um inländische Kapitalsammelstellen, insbesondere um Versicherungen, Pensionskassen sowie um soziale und berufsständische Organisationen, die „gebündeltes Sozialkapital“ zugunsten einer Vielzahl von Anspruchsberechtigten verwalten. Somit stellen Spezialfonds von Kapitalanlagegesellschaften verwaltete Sondervermögen dar, die häufig im alleinigen Eigentum eines einzelnen institutionellen Anlegers stehen.217 Als Anlageinstrument werden die Spezialfonds durch eine Reihe von Merkmalen gekennzeichnet, deren wesentliche Aspekte im Folgenden aufgeführt werden. Dabei handelt es sich zum überwiegenden Teil um Vorzüge, die die Vermögensverwaltung durch einen Spezialfonds gegenüber der direkten Anlage eines Lebensversicherungsunternehmens auf dem Kapitalmarkt auszeichnet. Zum Teil handelt es sich aber auch um Aspekte, deren Synergieeffekte auch durch ein entsprechendes Verhalten der Lebensversicherungen bei der Direktanlage auf dem Kapitalmarkt erzielt werden könnten:218 • Die Anteile an einem Spezialfonds werden zum strengen Niederstwertprinzip bilanziert. Sollte der Fondsanteil im Wert steigen, während er gleichzeitig in der Bilanz zu den Anschaffungskosten bilanziert bleibt, entsteht ein nicht realisierbarer Gewinn. Auf diese Weise lassen sich stille Reserven bilden. Thesaurierte Kursgewinne, die im Spezialfonds nicht zu versteuern sind, stellen somit einen steuerneutralen Vermögenszuwachs dar. • Der Zwang zur Abschreibung auf Kursverluste wird dadurch gemildert, dass im Spezialfonds Verluste mit Gewinnen verrechnet werden können. Die etwaigen Kursverluste führen solange nicht zu einer Niederstwertabschreibung, solange die Fonds-Performance insgesamt positiv ist. 216
Deutsche Bundesbank: Monatsbericht Januar 1987, S. 26, auch Bering, R.; Spezialfonds der Versicherungswirtschaft: Die neuere Entwicklung aus der Sicht des Bundesaufsichtsamtes für Versicherungswesen, in: Spezialfonds zur Vermögenssicherung und Vermögensmehrung für institutionelle Anleger, Unternehmerseminar der Universität Passau vom 17.–19. April 1985, S. 11 217 MÜHLAUPT / KANDLBINDER (1979): DIE DEUTSCHEN SPEZIALFONDS, S. 11–13 218 MÜHLAUPT / KANDLBINDER (1979): DIE DEUTSCHEN SPEZIALFONDS, S. 20–23
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
• Die Ertragsausschüttung wie auch die Ausschüttungstermine können entsprechend den Präferenzen des Anlegers frei bestimmt werden. Dadurch werden Zwischenausschüttungen oder aber die Verlagerung von Ausschüttungen in das folgende Geschäftsjahr möglich. • Da Kapitalanlagegesellschaften, die Spezialfonds für Versicherungen verwalten, selbst Kreditinstitute sind, werden sie u. U. günstigere Konditionen sowohl bei Erwerb (Bonifikation) wie auch bei der Transaktion von Wertpapieren (Provision) erhalten als sie eine Versicherung üblicherweise selbst aushandeln kann. • Das Körperschaftsteuerguthaben wird den Spezialfonds zunächst gutgebracht und ist erst zwei Monate nach Ende des Geschäftsjahres des Fonds an das Finanzamt zurückzuzahlen, was einen Zwischengewinn für den Anleger bedeutet. • Die Verwaltung von Investment-Sondervermögen ist umsatzsteuerfrei, entsprechende Gebühren sind somit nicht mehrwertsteuerpflichtig. • Im Anlageausschuss jedes Spezialfonds steht dem Anleger der Vorsitz zu. Damit können Lebensversicherer bei einem Investment in Spezialfonds die Anlagepolitik maßgeblich mitgestalten. • Durch die Zusammenarbeit mit Kapitalanlagegesellschaften findet ein Know-howTransfer zur Lebensversicherung statt, wovon die für die Anlagepolitik der Versicherung zuständigen Mitarbeiter auch bei ihren sonstigen Kapitalanlagen profitieren können. • Schließlich erzielt das Lebensversicherungsunternehmen durch den Spezialfonds Rationalisierungsvorteile. Statt einer Vielzahl unterschiedlicher Wertpapiergattungen und -transaktionen müssen nur die Anteilscheine an dem Spezialfonds verbucht werden. Damit wird die Verwaltung der Vermögensanlagen für den Lebensversicherer effizienter. • Im Gegensatz zu Publikumsfonds wird beim Erwerb von Spezialfondsanteilen i. d. R. kein Ausgabeaufschlag erhoben. • Spezialfonds weisen gewöhnlich, sofern das einzelne Versicherungsunternehmen keine andere Anlagepolitik betreibt, einen gegenüber Publikumsfonds gleichmäßigeren Mittelzufluss aus, was sich positiv auf die Anlageplanung und das Ergebnis auswirken kann. • Die üblicherweise zwischen dem Spezialfonds und der Lebensversicherung vereinbarte Möglichkeit der Sachauskehrung sieht vor, dass sich Lebensversicherungen gegen Rückgabe von Anteilsscheinen Vermögenswerte des Sondervermögens direkt aushändigen lassen können. Dadurch kann sich der Anleger vom Spezialfonds trennen, ohne dass zuerst die Vermögenswerte des Sondervermögens verkauft werden müssen, was zu ungünstigen Zeitpunkten empfindliche Verluste nach sich ziehen könnte. Die oben genannten institutionellen Besonderheiten, die die indirekte Anlage über Spezialfonds von der Direktanlage der Lebensversicherungen abheben, haben in den
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
67
letzten Jahren auf Seiten der Lebensversicherungen zu einer deutlichen Verschiebung weg vom direkten Engagement hin zur Nutzung des Finanzmarktinstruments Spezialfonds geführt. In der Folge verzeichneten die auflegenden Kapitalanlagegesellschaften in den letzten Jahren ein stürmisches Wachstum. Die Frage, in welchem Maße sich mit Spezialfonds die gesetzlichen Restriktionen des VAG hinsichtlich der Kapitalanlagen umgehen lassen, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Während von Gronau die Auffassung vertritt, dass die Anlagepolitik der Spezialfonds nicht nur dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, sondern auch dem Versicherungsaufsichtsgesetz genügen muss und damit die Beachtung der dort fixierten Anlagegrenzen impliziert,219 geht Bering davon aus, dass sich zumindest in Teilbereichen „… mühsam kontrollierbare Wege eröffnen …“, über Anlagen in Spezialfonds einzelne Anlagerestriktionen des VAG zu umgehen.220 Nachdem das BAV als Vorgängerinstitut der BaFin noch zu Beginn der achtziger Jahre die Relevanz des VAG auch für die bei Kapitalanlagegesellschaften bestehenden Sondervermögen der Lebensversicherungen erklärt hatte, wurde in den folgenden Jahren die Eigenständigkeit dieser Investmentanlage anerkannt. Dies bedeutet, dass für die Anlagen in Spezialfonds im Wesentlichen das Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaften zur Anwendung kommt, während aus dem VAG lediglich noch die gleichermaßen bewährten, jedoch kaum operationalisierbaren Anlagegrundsätze der Mischung und Streuung zu berücksichtigen sind.221 Jede unternehmerische Betätigung ist zielgerichtet, d. h. die wirtschaftliche Betätigung erfolgt zur Realisierung angestrebter Zustände oder Sachverhalte. Als versicherungsbetriebliche Oberziele222 werden in der Literatur das Gewinnstreben, das Bedarfsdeckungsstreben, das Existenzsicherheitsstreben sowie das Umsatz-, das Prestige-, das Macht-, das Unabhängigkeitsstreben und sonstige, ethisch oder sozial motivierte Prinzipien genannt. Dabei treten regelmäßig mehrere dieser Einzelziele in einem Zielbündel auf, wobei durchaus auch Zielkonkurrenzen vorkommen.223 Die Zielbildung im Versicherungsunternehmen ist das Ergebnis eines kollektiven Entscheidungsprozesses, in den sowohl unternehmensinterne (u. a. Management, Aktionäre bzw. Mitglieder, Aufsichtsrat) als auch externe Entscheidungsträger (u. a. Aufsichtsbehörde, Gewerkschaften, Verbände) eingebunden sind. Da die internen und externen Entscheidungsträger grundsätzlich unterschiedliche und damit zum Teil auch widerstrebende Interessen verfolgen, ist das Ergebnis des Entscheidungsprozesses davon abhängig, welcher Gruppe von Entscheidungsträgern das faktisch größte Gewicht zukommt. 219
GRONAU (1985): SPEZIALFONDS, S. 50 BERING (1979): SPEZIALFONDS DER VERSICHERUNGSWIRTSCHAFT, S. 234 221 GÖTZ (1991): INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN UND ANLAGEVERHALTEN, S. 130 222 KALUZA (1979): ENTSCHEIDUNGSPROZESSE, S. 192ff. 223 FARNY (1969): GRUNDFRAGEN VERSICHERUNGSBETRIEBSLEHRE, S. 39 220
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Die für die gesamte Geschäftstätigkeit des Versicherungsunternehmens definierten Oberziele müssen auf die einzelnen Aktivitätsbereiche heruntergebrochen werden, d. h. es müssen für jeden Marktleistungsbereich (Versicherungsgeschäft, Kapitalanlagegeschäft und sonstiges Dienstleistungsgeschäft) Subziele formuliert werden, deren Realisierung zugleich die Verwirklichung der Oberziele bewirkt. Dabei ist von einer prinzipiellen Gleichrangigkeit der genannten Geschäftsbereiche des Versicherungsunternehmens auszugehen, was sich in der im Verhältnis zu den versicherungsbetrieblichen Oberzielen gleichen hierarchischen Stellung der Kapitalanlageziele und der Ziele des Versicherungsgeschäftes im engeren Sinne niederschlägt.224 Die Kapitalanlageziele stellen somit spezielle, aus den entsprechenden Oberzielen abzuleitende Geschäftsbereichsziele dar, die als Subziele in einer ZielMittelbeziehung zu den versicherungsbetrieblichen Oberzielen stehen.225 Die im Folgenden aufgezeigten Kapitalanlageziele haben weitgehend hypothetischen Charakter. Ihre Ableitung erfolgt axiomatisch aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen aus einzelnen Oberzielen des Versicherungsunternehmens. Dabei wird eine im jeweiligen Einzelfall strenge Komplementaritätsbeziehung zwischen dem Kapitalanlageziel und dem damit korrespondierenden Oberziel unterstellt. Die Ausprägung einzelner Ziele konkretisiert sich in den Merkmalen Inhalt, angestrebtes Ausmaß und Zeitbezug. Diese Merkmale werden als Zieldimensionen bezeichnet.226 Der Zielinhalt umfasst die Art des angestrebten Zustands oder Sachverhalts z. B. angestrebter Gewinn. Das Zielausmaß definiert den Umfang der angestrebten Zielausprägung z. B. maximaler Gewinn. Der Zeitbezug definiert den Zeitraum, innerhalb dessen, oder den Zeitpunkt, bis zu dem das inhaltlich und vom Umfang her formulierte Ziel realisiert werden soll. Nach ihrem Zeitbezug wird zwischen statisch, komparativ-statisch, kinetisch und dynamisch formulierten Zielen differenziert.227 Folgende Kapitalanlageziele von Versicherungsunternehmen werden unterschieden: – – – – – – – 224
Gewinn/ Rentabilität Kapitalerhaltung Kapitalwachstum Liquidierbarkeit (Liquidität) Förderung des Absatzes von Versicherungsschutz Einflussnahme auf andere Wirtschaftseinheiten (Kapitalnutzer) Bedarfsdeckung
SCHWILLING (1989): VENTURE CAPITAL ALS KAPITALANLAGE, S. 86 ZLOCH (1975): KAPITALANLAGEN VON VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN, S. 129 226 HEINEN (1982): ZIELE UND ZIELSYSTEME IN DER UNTERNEHMUNG, S. 617 227 HEINEN (1982): ZIELE UND ZIELSYSTEME IN DER UNTERNEHMUNG, S. 618 225
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
3.7.4.
69
Gewinn/ Rentabilität
Das Gewinn- bzw. Rentabilitätsziel in Bezug auf die Kapitalanlage ergibt sich aus dem gleich lautenden Oberziel des Versicherungsunternehmens, wonach allgemein eine positive Differenz zwischen bewerteter Güterentstehung (Erträge/ Erlöse) und bewertetem Güterverzehr (Aufwand/ Kosten) angestrebt wird.228 Das Gewinnziel im Kapitalanlagegeschäft beinhaltet im Allgemeinen die angestrebte Realisierung eines absoluten Überschusses der Erträge/ Erlöse über die Aufwendungen/ Kosten. Das angestrebte Ausmaß des Gewinnziels kann begrenzt (Minimumziel, befriedigende Zielerreichung) oder unbegrenzt (Maximumziel) formuliert sein. Der Zeitbezug des Gewinnziels kann sich auf den Totalgewinn oder auf einen definierten Periodengewinn (in der Praxis ein Bilanz- bzw. Rechnungsjahr) erstrecken. Die Rentabilität ist eine relative Gewinngröße, d. h. der absolute Gewinn aus dem Kapitalanlagegeschäft wird in Anteilen einer Bezugsgröße ausgedrückt. Als Bezugsgröße dient im Folgenden die Höhe des in den Kapitalanlagen investierten Kapitals.229 3.7.5
Kapitalerhaltung und Kapitalwachstum
Das Kapitalerhaltungsziel ist aus dem Existenzsicherheitsziel des Versicherungsunternehmens deduziert.230 Das Existenzsicherheitsziel beinhaltet das Bestreben, das Versicherungsunternehmen und sein Leistungspotential dauerhaft zu erhalten, insbesondere die Vermeidung von Kapitalverlust und Illiquidität.231 Das Kapitalerhaltungsziel beinhaltet die Forderung nach einer dem Investitionsbetrag der Kapitalanlage entsprechenden Desinvestitionssumme. Das mit dem Zielinhalt zusammenfallende Zielausmaß ergibt bei nominaler Ausprägung die Forderung nach einer anzustrebenden Identität zwischen Desinvestitionsbetrag und Investitionsbetrag. Bei realer Formulierung wird ein um den während der Anlagedauer eingetretenen Kaufkraftverlust höherer Desinvestitionsbetrag gefordert.232 Der zeitliche Bezug des Kapitalerhaltungsziels ist nur dann erheblich, wenn das entsprechende Kapitalanlageobjekt Wertschwankungen, genau genommen Werteinbußen unterliegt. Das Kapitalwachstumsziel ist dahingehend eine Erweiterung des Kapitalerhaltungsziels, als Desinvestitionsgewinne gefordert werden. Je nach Zielformulierung 228
FARNY (1974): ZIELKOFLIKTE IN ENTSCHEIDUNGSINSTANZEN, S. 1240 LUKARSCH (1959): KAPITALANLAGEPOLITIK, S. 86 230 HEINEN (1985): EINFÜHRUNG IN DIE BETRIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE, S. 112ff. sowie BIDLINGMAIER (1964): UNTERNEHMENSZIELE & STRATEGIEN, S. 108ff. 231 FARNY (1974): ZIELKOFLIKTE IN ENTSCHEIDUNGSINSTANZEN, S. 1240 232 LEIS (1988): PORTFOLIO-SELEKTIONS-THEORIE, S. 20 und 32 229
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3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
werden dabei nominale oder reale Überschüsse der Desinvestitionseinnahmen über die Investitionsausgaben angestrebt. Es stellt sich die Frage, ob Anlageformen wie Private Equity, die statt laufender Zinsausschüttungen ausschließlich Kapitalgewinne bei Verkauf bzw. bei Fälligkeit nach sich ziehen, eine echte nominale oder reale Kapitalerhaltung bzw. ein echtes nominales oder reales Kapitalwachstum gewährleisten. Dies ist nur dann der Fall, wenn die auf die Verweildauer der entsprechenden Kapitalanlage im Bestand bezogene durchschnittliche jährliche Rendite größer ist als die zum Investitionszeitpunkt für die entsprechende ex post bekannte Dauer der Kapitalanlage vorherrschende nominale oder reale Kapitalmarktrendite.
3.7.6
Liquidierbarkeit
Das Ziel der Liquidierbarkeit der Kapitalanlageobjekte ist aus dem geldwirtschaftlichen Liquiditätsziel abgeleitet.233 Das Liquiditätsziel des Versicherungsunternehmens beinhaltet das Streben nach Gewährleistung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit, d. h. der Fähigkeit, seinen fälligen und berechtigten Zahlungsverpflichtungen jederzeit betragsgenau und termingerecht nachkommen zu können.234 Das Liquiditätsoberziel stellt eine Teilkomponente des Existenzsicherheitsziels dar, da die Illiquidität eines Unternehmens einen Konkursgrund (§ 102 KO) und damit das Ende der Unternehmensexistenz darstellt.235 Die Liquidierbarkeit der Kapitalanlagen beinhaltet ihre Monetisierbarkeit, d. h. ihre Umwandelbarkeit in Zahlungsmittel (Vermögensliquidität).236 Das Ausmaß und der Zeithorizont ihrer Liquidierbarkeit äußern sich in ihrer Geldnähe. Diese wird bestimmt durch den Zeitraum, innerhalb dessen sich die Kapitalanlage üblicherweise selbst in Zahlungsmittel zurückverwandeln, und durch die Möglichkeit ihrer Veräußerung vor Ablauf des Selbstliquidationstermins (Shiftability). Auch die grundsätzliche Beleihbarkeit der Kapitalanlagen durch externe Kreditgeber wird hier als ein Aspekt der Liquidierbarkeit aufgefasst.237 Da das Liquidationsziel bezüglich der Kapitalanlagen ein dem Oberziel der Liquidität des Versicherungsunternehmens zwangsläufig komplementäres Subziel darstellt, ist eine nach Ausmaß und Zeitbezug erfolgende Präzisierung für jedes Kapitalanlageobjekt unzweckmäßig. Zur Erfüllung des Liquiditätsziels des Versiche233
HEINEN (1985): EINFÜHRUNG IN DIE BETREIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE, S. 112 BÜSCHGEN (1979): GRUNDLAGEN BETRIEBLICHER FINANZWIRTSCHAFT, S. 18 235 GUTENBERG (1980): GRUNDLAGEN DER BETRIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE, S. 274 236 WÖHE / BILSTEIN (1986): GRUNDZÜGE DER UNTERNEHMENSFINANZIERUNG, S. 22 237 PERRIDON / STEINER (1986): FINANZWIRTSCHAFT DER UNTERNEHMUNG, S. 15 234
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
71
rungsunternehmens ist allein entscheidend, dass das Portfolio der Kapitalanlagen so strukturiert ist, dass über die geplanten Zahlungsmittelerfordernisse hinaus jederzeit eine gewisse Liquiditätsreserve für ungeplante Auszahlungserfordernisse existiert.238 3.7.7
Förderung des Absatzes von Versicherungsschutz
Der angestrebte Absatz von Versicherungsschutz ist in der Versicherungspraxis als Umsatzwachstumsziel im Sinne einer Erzielung möglichst hoher Bruttoprämieneinnahmen aus dem direkten und dem indirekten Versicherungsgeschäft von erheblicher faktischer Bedeutung. Sieht man das Umsatzwachstumsziel als eigenständiges Oberziel des Versicherungsunternehmens an, dann ist das Anlageziel der Absatzförderung von Versicherungsschutz daraus abgeleitet.239 Das Kapitalanlageziel der Förderung des Versicherungsschutzabsatzes beinhaltet Cross Selling-Bemühungen dergestalt, dass mit dem Absatz von Kapitalanlage- und Mietraumnutzungen zugleich der Absatz von Versicherungsschutzprodukten ausgedehnt wird. Das Ausmaß der geplanten Zielerfüllung kann bei begrenztem oder unbegrenztem Zeithorizont entweder begrenzt oder unbegrenzt formuliert sein.240 3.7.8
Einflussnahme auf die Kapitalnutzer
Das Ziel der Einflussnahme auf diejenigen Wirtschaftseinheiten, die die Kapitalanlagenutzungen erwerben, ist aus dem allgemeinen Oberziel des Machtstrebens abgeleitet, dass das Bestreben beinhaltet, bestimmenden Einfluss auf andere Wirtschaftseinheiten auszuüben.241 Das Einflussnahmeziel im Bereich des Kapitalanlagegeschäfts beinhaltet die Beeinflussung der Entscheidungen von Entscheidungsträgern derjenigen Unternehmen, die Kapitalanlagenutzungen vom Versicherungsunternehmen erwerben. Das Ausmaß der Beeinflussungsmöglichkeit ist dabei erheblich von der Art der jeweiligen Kapitalanlage, deren Höhe und deren faktischer Bedeutung für die Kapitalbedarfsdeckung des Kapitalanlagekunden bestimmt. Das Einflussnahmeziel dürfte in der Versicherungspraxis lediglich im Bereich der Beteiligungen von Bedeutung sein, da die Kapitalanlagevorschriften im Versicherungsaufsichtsgesetz die Umsetzung der Einflussnahmeabsicht erschweren. Sofern diese Zielsetzung existiert ist wohl eher von einer unternehmensstrategischen, langfristigen Formulierung auszugehen. 238
DASSOW (1979): LIQUIDTÄTSORIENTIERTE FINANZPLANUNG, S. 233ff. FARNY (1966): UNTERNEHMERISCHE ZIEL- UND MITTELENTSCHEIDUNGEN, S. 143 240 KOCH (1978): ANLAGEPOLITIK, S. 408ff. 241 HEINEN (1976): GRUNDLAGE BETRIEBSWIRTSCHAFTL. ENTSCHEIDUNGEN, S. 79ff. 239
72 3.7.9
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Bedarfsdeckung
Das Bedarfsdeckungsziel im Kapitalanlagegeschäft umfasst die Deckung der an das Versicherungsunternehmen herangetragenen Nachfragen Dritter nach Kapitalanlagenutzungen in entsprechendem Ausmaß. Es ist aus dem generellen Bedarfsdeckungs(ober)ziel abgeleitet. Dessen Gültigkeit ist allerdings als problematisch anzusehen. Es erscheint fraglich, ob für die Mehrzahl von Versicherungsunternehmen Bedarfsdeckungsziele existieren, die nicht aus anderen Zielsetzungen z. B. Rentabilitätsziel resultieren. Das Bedarfsdeckungsziel kann zwar bei kleinen Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen vermutet werden,242 für alle anderen Versicherungsunternehmen ist eine solche Zielsetzung jedoch wenig wahrscheinlich. Die Diskussion um eine Private Equity-Bereitstellung durch Versicherungsunternehmen und sonstige institutionelle Anleger war und ist zwar stark bedarfswirtschaftlich motiviert, jedoch ist es in der Versicherungspraxis kaum vorstellbar, dass sich derartige Forderungen in einer Bedarfsdeckungszielsetzung niedergeschlagen haben. Die vorstehend dargestellten Kapitalanlageziele decken sich in weiten Teilen mit den vom Gesetzgeber aufgestellten Grundsätzen für die Kapitalanlagetätigkeit von Versicherungsunternehmen,243 worin gefordert wird, dass die Kapitalanlagen eine möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung gewährleisten müssen. In der Praxis ist davon auszugehen, dass Versicherungsunternehmen nicht nur ein einzelnes Kapitalanlageziel verfolgen, sondern ein Bündel derartiger Ziele. Zwischen den einzelnen Kapitalanlagezielen bestehen unterschiedliche Zielverträglichkeiten244 dergestalt, dass: – die Realisierung eines Ziels zugleich die Realisierung eines anderen Ziels oder mehrerer anderer Ziele bewirkt Zielkomplementarität – die Realisierung eines Ziels zur Nichterfüllung oder zur verminderten Erfüllung eines anderen Ziels oder mehrerer anderer Ziele führt Zielkonkurrenz – die Realisierung eines Ziels unabhängig von derjenigen eines anderen Ziels oder mehrerer anderer Ziele ist Zielneutralität Dabei können die Komplementaritäts- und die Konkurrenzbeziehungen partieller oder vollständiger Natur sein.245 Die Beziehungen zwischen möglichen Kapitalanlagezielen eines Versicherungsunternehmens können wie folgt graphisch dargestellt werden.246 242
FARNY (1966): UNTERNEHMERISCHE ZIEL- UND MITTELENTSCHEIDUNGEN, S. 143 KALBAUM (1984): KAPITALMARKTPOLITISCHE ASPEKTE, S. 903 244 HEINEN (1976): GRUNDLAGE BETRIEBSWIRTSCHAFTL. ENTSCHEIDUNGEN, S. 79ff. 245 KUHLMANN (1976): ZIELSYSTEM, S. 44 246 ZLOCH (1975): KAPITALANLAGEN VON VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN, S. 139 243
73
3.7 Kapitalanlagen bei Versicherungen
Periode Total 1 Jahr
Einflussnahme auf Kapitalnutzer
Rentabilität erhaltung
Förderung des Versicherungsschutzabsatzes
Wirkung auf
Liquidierbarkeit
Tabelle 5: Beziehungen zwischen möglichen Kapitalanlagezielen einer Versicherung
+
+
0
0
–
0
0
+
+
+
+
–
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Kapitalwachstum Nominal Real
KapitalNominal Real
angestrebtes Ziel Rentabilität
Periode 1 Jahr
Kapitalerhaltung
+
Total
0
Nominal
+
0
Real
0
+
0
Nominal
0
+
+
0
Real
0
+
0
+
0
Liquidierbarkeit
–
–
0
0
0
0
Förderung des Versicherungsschutzabsatzes
0
0
0
0
0
0
0
Einflussnahme auf Kapitalnutzer
0
0
0
0
0
0
0
Kapitalwachstum
0
+
Quelle: Eigene Darstellung
Periode Total + – 0
= = = = =
Periodenrentabilität (einjährige Rechnungsperiode) Totalrentabilität Positive Zielkorrelation (Zielkomplementarität) Negative Zielkorrelation (Zielkonkurrenz) Keine Zielkorrelation (Zielneutralität)
Die in der Matrix aufgezeigten Zielbeziehungen haben lediglich den Charakter von Tendenzaussagen, da sich für jede dem Versicherungsunternehmen zur Verfügung stehende Anlageform jeweils unterschiedlich gewichtete Beziehungen zwischen je zwei Zielsetzungen ergeben. So ist beispielsweise die Erfüllung des Liquiditätsziels bei einer geldnahen Kapitalanlage, z. B. Festgeld, unter sonst gleichen Bedingungen größer als bei einem Policedarlehen. Zugleich ergibt sich bei der geldnahen Anlage unter „normalen“ Bedingungen am Geldmarkt eine unter sonst gleichen Bedingungen schwächere Erfüllung des Periodenrentabilitätsziels. Insofern sind die verschiedenen Kapitalanlageformen, die die Mittel zur Realisierung der definierten Kapitalanlageziele darstellen, in unterschiedlicher Weise zur Erfüllung einzelner Zielvorgaben geeignet.247 247
ZLOCH (1975): KAPITALANLAGEN VON VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN, S. 139
74
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Es ist zu beachten, dass mit steigendem Verlustrisiko einer Kapitalanlage üblicherweise eine steigende Rentabilitätschance einhergeht und umgekehrt. Dies bedeutet, dass ein hoher Zielerreichungsgrad beim Rentabilitätsstreben zu Lasten der Kapitalerhaltungszielsetzung gehen kann, da die Wahrscheinlichkeit der Kapitalerhaltung bei der entsprechenden Anlageform sinkt.248
3.8
Umsetzung von Investitionen in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Die Einführung der Fondsgebundenen Lebensversicherung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte erst Anfang der 70er Jahre und damit zu einem Zeitpunkt, als sich dieses Produkt bereits in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Großbritannien und den Niederlanden, bewährt und erfolgreich am Markt etabliert hatte. Den Anstoß für die Markteinführung in Deutschland gab das massive Vordringen inund ausländischer Investmentgesellschaften in den 60er Jahren, die im großen Stil potentielle Interessenten für eine gemischte Lebensversicherung umwarben. Hierbei setzten sie auf die Attraktivität der Kombination aus einem renditestarken Investmentsparvertrag und einer Risikolebensversicherung. Das überaus günstige Börsenklima in den 60er Jahren verlieh den Vertriebsaktivitäten der Investmentgesellschaften großen Auftrieb. Bedingt durch diese Entwicklung kamen die Lebensversicherer mehr und mehr in Bedrängnis, drohten ihnen doch starke Einbußen in ihrem klassischen Nachfragesegment.249 Vor diesem Hintergrund wurde die Fondsgebundene Lebensversicherung am 17. 12. 1969 vom BAV zugelassen und daraufhin zu Beginn des Jahres 1970 von mehreren Gesellschaften auf den Markt gebracht.250 Nachdem sich jedoch der Verkaufsboom der Investmentgesellschaften im Zuge einer sich schwach entwickelnden Börse als wenig dauerhaft erwies, wurde es auch um die Fondsgebundene Lebensversicherung wieder ruhiger. Viele Versicherungsgesellschaften verzichteten daraufhin auf die geplante Einführung einer Fondspolice bzw. stellten deren Verkauf gänzlich ein. Nur wenige Versicherer beließen die Fondsgebundene Lebensversicherung in ihrem Programm, wo sie jedoch bis in die frühen 90er Jahre hinein als unbedeutendes Randprodukt abgetan, keinen nennenswerte Bedeutung erlangen konnte.251 Die Deregulierung des Versicherungsmarktes von 1994, das anhaltend niedrige Zinsniveau, das ansteigende Interesse an der privaten Altersvorsorge sowie die Ver248
EICHACKER (1981): FINANZPLANUNG, S. 81ff. SCHMALEN (2000): LEBENSVERSICHERUNG ALS INSTRUMENT, S. 48 250 SCHNEIDER (1974): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 49 251 GROSSE (1991): VERSICHERUNGSENZYKLOPÄDIE, S, 42 249
3.8 Umsetzung von Investitionen in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
75
änderungen im Verbraucherverhalten252 und die zunehmende Popularität des Themas Investmentfonds,253 haben der Fondsgebundenen Lebensversicherung in jüngster Zeit zu einem neuen Aufschwung verholfen.254 Zum Erfolg der Fondsgebundenen Lebensversicherung in Deutschland trägt nicht zuletzt auch die zunehmende Beliebtheit einer neu entwickelten Tarifform bei. Es handelt sich dabei um die Fondsgebundene Rentenversicherung, die es hierzulande erst seit 1994 gibt, die aber bereits im Jahr 1998 fast ein Fünftel aller Neuabschlüsse von Fondspolicen auf sich vereinigen konnte.255 Grundsätzlich funktioniert die Fondsgebundene Rentenversicherung ähnlich wie das traditionelle Modell. Im Verlauf der Ansparphase zahlt der Versicherte seine monatliche Prämie über eine Anzahl von Jahren ein und hat anschließend Anspruch auf lebenslange Auszahlung einer Rente. Die Beiträge abzüglich der Verwaltungs- und Vertriebskosten können vollständig in hochrentierliche Investmentfonds angelegt werden. Die Aussicht auf eine höhere Ablaufleistung bzw. Rentenzahlung gegenüber der herkömmlichen privaten Rentenversicherung, bei der die Vermögensanlage hauptsächlich in festverzinslichen Wertpapieren mit entsprechend geringer Rendite stattfindet, erklärt die zunehmende Beliebtheit dieser Versicherungsform.256 Eine weitere Innovation auf dem hiesigen Lebensversicherungsmarkt stellt die Fondsgebundene Lebensversicherung mit Mindestgarantie dar. Wesensbestimmend neben der Fondsbindung ist dabei, dass der Versicherungsgeber im Todes- und Erlebensfall eine bestimmte nominelle Versicherungssumme als Mindestleistung schuldet. Der Versicherungsnehmer hat somit bei Vertragsablauf einen unmittelbaren Anspruch auf Zahlung der vertraglich garantierten Geldsumme (Mindestgarantie) oder auf die ihm gutgeschriebenen Anteileinheiten am Sondervermögen, sofern deren Wert höher ist. Die Höhe der Versicherungsleistung entspricht folglich dem Größeren der beiden Werte.257 Seit ihrer Einführung auf dem deutschen Versicherungsmarkt im Jahre 1970 wurde die Fondsgebundene Lebensversicherung nicht nur durch die genannten neuen Varianten ergänzt, sondern es wurde auch das ihr zugrunde liegende Konzept im Laufe der Zeit kontinuierlich weiterentwickelt, so dass man mittlerweile vier Generationen der Fondsgebundenen Lebensversicherung unterscheiden kann:258
252
CAPELLMANN (1997): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 29 BRUER (1998): FONDSPOLICEN, S. 15 254 OHNE VERFASSER (1998): FONDSPOLICEN 1998, S. 1093 255 ZEYER (1998): DIE FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG RÜCKT VOR, S. 24 256 DOLLE-HELMS (1999): DIE RENTE AUS DEM FONDS, S. 11 257 KURZ (1997): LEBENSVERSICHERUNG MIT MINDESTGARANTIE, S: 8 ff. 258 BRUER (1998): FONDSPOLICEN, S. 15 253
76
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
• Bei der ersten Generation war nur ein Investmentfonds in den Tarif integriert. Der Kunde war somit über die gesamte Laufzeit des Vertrages mit dem Sparanteil seines Beitrages an diesen einen Fonds gebunden. • Verträge der zweiten Generation beschränkten die Anlage ebenfalls nur auf einen einzelnen Fonds. Es bestand aber immerhin die Möglichkeit, das gesamte Fondsvermögen auf einen anderen Fonds zu übertragen; ein Vorgang, den man heutzutage als Shiften bezeichnet. • Die dritte Generation bot dem Versicherungsnehmer mehrere verschiedene Fonds an, in die er seine Sparanteile anteilig investieren und dadurch eine verbesserte Streuung seines Vermögens erreichen konnte. • Mit der vierten Generation kamen die gemanagten Portfolios auf den Markt, bei denen der Kunde aus drei bis vier nach Risikograd gewichteten Portfolios, die von einem professionellen Fondsmanager verwaltet werden, wählen kann (ManagedFund-Konzept). • Die zukünftige Generation der Fondsgebundenen Lebensversicherung wird noch einen Schritt weitergehen. Die angebotenen Portfolios werden noch deutlicher profiliert sein, neue Asset Klassen wie z. B. Private Equity beinhalten, und der Kunde wird die Möglichkeit erhalten, seine Grundpolice durch eine Vierzahl wählbarer Module zur Allrisk-Police auszubauen, die er dann von einem Fondsmanager seiner Wahl verwalten lassen kann.259 3.8.1
Modell A
Wie bei einer konventionellen Lebensversicherung sieht dieses Modell einen in der Regel monatlich zu zahlenden, gleich bleibenden Euro-Beitrag vor, dessen Sparanteil in einem oder mehreren Fonds angelegt wird. Das Deckungskapital besteht demnach aus den Anteilseinheiten am Sondervermögen, die dem Versicherten nach Fälligkeit seines Beitrages gutgeschrieben wurden. Wieviele Anteilseinheiten ihm gutgeschrieben werden können, lässt sich im Voraus aufgrund der ständig schwankenden Kursentwicklungen nicht sagen. Bei einem hohen Kurs erwirbt der Kunde mit seinem monatlich gleich bleibenden Beitrag weniger und bei einem niedrigen Kurs entsprechend mehr Anteile, wodurch er, langfristig betrachtet, einen günstigen durchschnittlichen Einstandspreis erzielen kann. Diese durchaus vorteilhafte Gegebenheit wird in der Fachsprache als Cost-Average-Effekt bezeichnet.260 Die Versicherungsleistung besteht aus dem Deckungskapital, d. h. aus den gutgeschriebenen Anteilseinheiten am Sondervermögen, die sich der Versicherungs259 260
BRUER (1998): FONDSPOLICEN, S. 15 GREB (1988): FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNG, S. 427ff.
3.8 Umsetzung von Investitionen in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
77
nehmer entweder übertragen oder deren Gegenwert er sich auszahlen lassen kann. Im Todesfall kommt zu dieser Grundleistung unter Umständen noch eine Zusatzleistung in Form einer Risikosumme hinzu. Bezüglich dieser Risikosumme haben sich beim Grundmodell A vor allem drei Varianten herausgebildet, die im Folgenden kurz erläutert werden sollen: • Im Modell A1 wird eine Mindesttodesfallsumme in Euro vereinbart. Übersteigt im Todesfall des Versicherten der Wert des Deckungskapitals die Mindesttodesfallsumme, so schuldet die Versicherung das Deckungskapital. Ist dessen Wert jedoch kleiner als die Mindesttodesfallsumme wird der angesparte Euro-Wert durch die Risikosumme auf die Mindesttodesfallsumme aufgefüllt. Die Risikosumme ist demnach die Differenz zwischen der in Euro vereinbarten Mindesttodesfallsumme und des geringeren Wertes des Deckungskapitals. Somit entwickelt sie sich in umgekehrt proportionaler Weise zum Deckungskapital. • Bei Modell A2 ist dagegen die Entwicklung der Risikosumme vollständig vom Wert des Fondsgebundenen Deckungskapitals abgekoppelt, denn bei dieser Variante errechnet sich die Risikosumme als Differenz zwischen der Vertragssumme und dem Deckungskapital einer angenommenen, konventionellen Kapitallebensversicherung. Die jeweilige Höhe der Risikosumme ist von vornherein bekannt, weil sie sich umgekehrt proportional zur Entwicklung des errechneten Deckungskapitals verhält. Übersteigt dessen Wert aufgrund eines ungünstigen Kursverlaufs den Wert des tatsächlich gebildeten Fondsgebundenen Deckungskapitals, so ergibt sich, unter sonst gleichen Bedingungen, eine geringere und umgekehrt eine höhere Todesfallleistung als bei Modell A1. Eine garantierte Mindesttodesfallsumme gibt es bei dieser Variante also nicht, denn die Vertragssumme ist kein tatsächlicher, sondern lediglich ein fiktiver Wert. • Das Modell A3 stellt eine Kombination der Varianten A1 und A2 dar. Die Risikosumme ist bei diesem Modell stets die Größere der beiden Risikosummen, die sich nach dem Modell A1 und A2 ergeben würde. Ebenso wie in Modell A1 wird eine Mindesttodesfallsumme festgelegt. Diese dient zugleich als Rechnungsgrundlage zur Bestimmung der Risikosumme, entsprechend dem Modell A2. Ist der Wert des errechneten Deckungskapitals höher als der Wert des tatsächlich gebildeten so wird die Mindesttodesfallsumme ausgezahlt, was ceteris paribus mit der Leistung im Modell A1 übereinstimmen würde. Im umgekehrten Fall wird, entsprechend dem Modell A2, eine Leistung fällig, die über der Mindesttodesfallsumme liegt. Somit verbindet diese Variante die Vorteile der beiden erstgenannten Modelle, ohne deren Nachteile zu übernehmen. Natürlich ist dadurch die Belastung mit Risikobeiträgen größer als bei den anderen Modellen. Dennoch wird im Allgemeinen Modell A3 favorisiert, weil damit die größte Nähe zur herkömmlichen Kapitallebensversicherung gegeben ist.
78 3.8.2
3 Fondsgebundene Lebensversicherungen
Modell B
Bei Modell B vollzieht sich nicht nur der Sparvorgang, sondern auch der Risikovorgang in Anteilseinheiten. Darüber hinaus wird auch der Beitrag in Anteilseinheiten festgelegt, was den Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, in der Regel monatlich eine bestimmte Anzahl an Anteilseinheiten, oder einen Bruchteil davon, ohne Berücksichtigung der jeweiligen Kursentwicklung, einzubringen. Dies hat zur Folge, dass der monatliche Versicherungsbeitrag permanent in seiner Höhe schwankt, wodurch das Modell B den Charakter einer Fremdwährungsversicherung bekommt. Sämtliche Leistungen und Gegenleistungen sind somit wertabhängig und in ihrer Höhe zunächst unbestimmt, weshalb sich der Versicherungsverlauf bei Vertragsabschluss nur schwer abschätzen lässt. Nachteilig gegenüber dem Modell A ist auch der nicht garantierte Todesfallschutz. Außerdem lässt sich mit dem Modell B kein Cost-Average-Effekt erzielen, wie es bei Modell A möglich ist. Vor allem diese Nachteile haben dazu geführt, dass das Modell B in Deutschland nur eine geringe Bedeutung erlangt hat. Es ist wohl auch kaum zu erwarten, dass sich dies in Zukunft trotz der zunehmenden Popularität der Fondsgebundenen Lebensversicherung, grundlegend ändern wird.
4
Private Equity
Private Equity-Investitionen fallen in die Kategorie der so genannten „alternativen“ Kapitalanlagen. Diese sind dadurch charakterisiert, dass es sich zumeist um komplexe, illiquide und oftmals ungenau bewertete Anlagevehikel handelt. Hierdurch ergibt sich für den kundigen Investor die Möglichkeit, auf Basis von proprietären Informationen und hoch entwickelten Anlagestrategien Überrenditen gegenüber denjenigen der traditionellen fungiblen Kapitalmärkte zu erzielen. Damit erweitern alternative Anlagestrategien das klassische Spektrum fungibler d. h. liquider Kapitalanlageformen, wobei sie darauf abzielen, bei jeder Marktentwicklung – auch wenn „klassische“ Anlagen Kursverluste erleiden – Gewinne zu realisieren. Neben den Hedge Fonds gelten u. a. Private Equity, Managed Futures, d. h. Investmentfonds, die u. a. in Futures und Optionen investieren, sowie bestimmte Varianten von Immobilienanlagen als Teilgebiete der alternativen Anlagen. In immer effizienter werdenden internationalen Kapitalmärkten gewinnen alternative Anlageformen weiter an Bedeutung. Fungible Anlageklassen wie z. B. Aktien und Renten werden zunehmend besser analysiert, so dass auf Informationsvorsprüngen basierende Überrenditen – im Fachjargon spricht man von _ – nur noch begrenzt erzielt werden können. Einerseits nimmt die Anzahl der nach _ suchenden Investoren und Portfoliomanager stetig zu, andererseits wird in Kombination mit hohen Gebührenbelastungen, wachsenden Anlagevolumina und unbeschränkter fungibler Kapitalmärkte das _ de facto sukzessive zerstört. Insofern kann man bei fungiblen Anlageklassen an und für sich nur von „temporär“ verfügbaren _-Quellen sprechen, da diese mehr oder weniger schnell erodieren. Die Suche nach dem _ im Bereich der „klassischen“ Anlageinstrumente ist aufgrund der erratischen Natur des _ sehr schwierig. Potentielle _ generierende Zielunternehmen sind oft nur schwer zu identifizieren und die Umsetzung einer Investmentidee ähnelt oftmals dem Rennen zwischen „Hase und Igel“, weil vermeintlich gefundene Ineffizienzen binnen kürzester Zeit ausgeglichen werden. Alternative Anlageklassen bieten hingegen aufgrund ihres eher intransparenten Wesens und ihrer durch partielle bzw. vollständige Illiquidität gekennzeichneten Strukturen die Möglichkeit, aufgrund von Informationsvorsprüngen Überrenditen zu erzielen. So ist es nicht verwunderlich, dass renommierte Institutionen wie z. B. die US-amerikanischen Eliteuniversitäten Harvard, Stanford und Yale bereits seit vielen Jahren im Rahmen ihrer Strategischen Asset Allokation einen Anlageschwerpunkt auf alternative Anlagen wie z. B. Private Equity legen. Die mit dieser Vorgehensweise historisch erzielten Renditen waren sehr hoch und trugen damit maßgeblich zu der weithin bewunderten Gesamtrendite dieser universitären Stiftungsvermögen bei.
80
4 Private Equity
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Abb. 5: Asset Allocation und Performance US-amerikanischer Stiftungen261 261
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 327
81
4 Private Equity
Allerdings sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass in Anbetracht der im Jahr 2007 beginnenden Finanzkrise auch diese Stiftungsvermögen erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ihr starker Fokus auf die illiquiden Private Equity-Anlagen einerseits und die unveränderten Liquiditätsbedürfnisse der Universitäten andererseits, führten dazu, dass liquide Kapitalanlagen unter Inkaufnahme hoher Kursverluste liquidiert werden mussten, wodurch die Stiftungsvermögen nachhaltig geschädigt wurden. Die mit der Illiquidität einhergehenden höheren Renditen erwiesen sich daher in diesem Marktumfeld als nicht nachhaltig! Des Weiteren muss an dieser Stelle betont werden, dass insbesondere die genannten Universitäten sehr große Freiheitsgrade in der Anlagepolitik von ihren „Trustees“, d. h. den Mitgliedern der jeweiligen Stiftungsräte, eingeräumt bekommen. Vor diesem Hintergrund sollten nicht unbedacht Vergleiche mit deutschen Stiftungsvermögen bzw. Privat- und Betriebsvermögen gezogen werden. Nichtsdestotrotz wächst vor dem Hintergrund der in den USA gemachten positiven Erfahrungen auch in Kontinentaleuropa die Erkenntnis, dass die ehedem als „exotisch“ bezeichnete Anlageklasse Private Equity eine sehr sinnvolle Beimischung für jedes Portfolio darstellt. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass in den letzten Jahren eine weiter zunehmende Offenheit gegenüber alternativen Anlagen im Allgemeinen und Private Equity-Anlagen im Speziellen festzustellen ist. G 7
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Abb. 6: Kumulierter Wert von PE-Transaktionen in % des BIP (2006)262 Quelle: AVCJ; EVCA; Bain Capital, 2007
262
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 328
82
4 Private Equity
Trotz allem gilt es anzumerken, dass im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ausgewählter Länder der kumulierte Wert von Private Equity-Transaktionen immer noch bescheiden ist. Selbst in Nordamerika liegt dieser Prozentsatz nach wie vor deutlich unterhalb von 5%. Vergleicht man die im Rahmen von Private Equity-Fonds eingesammelten Eigenkapitalmittel mit der Marktkapitalisierung aller weltweit börsennotierten Unternehmen so spielt Private Equity mit einem Anteil von ca. 1% im Jahr 2006 nach wie vor nur eine begrenzte Rolle.
3%+)*441)"38*1 C31D*531*34"+369A" *":1:*531*3)3"%+*"#1#31$E")%%(13"1"%1"%94% *":1:*531*3)3"%+T 3%+)*441) *531*3% 33*"&% N !
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Abb. 7: Private Equity im Vergleich zur weltweiten Börsenkapitalisierung263 Quelle: Thomson Ventures Economics 2007, AVCJ, Adveq 2006, Private Equity Analyst, LGT Capital Partners
Insofern müssen viele der regelmäßig kursierenden Befürchtungen über die enorme Marktmacht von Private Equity revidiert werden, da sie einer ernsthaften Überprüfung nicht standhalten. Selbst unter Berücksichtigung von Fremdkapital und eines Verschuldungsfaktors (Leverage) von 4 lag im Jahr 2007 der für Investitionen in Unternehmen zur Verfügung stehende Betrag bei ca. 1.500 Mrd. US$ und damit bei lediglich 5% der weltweiten Marktkapitalisierung. Anzumerken bleibt jedoch, dass der bei ca. 1/3 liegende Marktanteil der jeweils zehn größten Private Equity-Manager in den Bereichen Buyout und Venture Capital 263
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 329
4.2 Definition
83
gerne Gegenstand öffentlicher Diskussionen ist. Aus Sicht des Autors handelt es sich hierbei jedoch um eine Marktanteilsverteilung, die man sich in anderen Industrien durchaus wünschen würde. Als conclusio kann konstatiert werden, dass der Bereich Private Equity auch in der Zukunft über ein sehr hohes und unausgeschöpftes Wachstumspotential verfügt.
4.1
Geschichtliche Entwicklung
Der historische Ursprung von Private Equity lässt sich nicht eindeutig belegen. Fasst man die Private Equity-Idee entsprechend weit auf, lassen sich bereits im Altertum entsprechende Finanzierungsvorschläge bei der Ausrüstung von Handelskarawanen oder auch Eroberungsheeren ausmachen. Neben berühmten Kaufmannsfamilien wie den Fuggern und den Medici werden als historischer Ursprung in der Literatur jedoch zumeist die Finanzierung spanischer Seefahrer im 17. Jahrhundert genannt.264 In Europa existierten Kapitalbeteiligungsgesellschaften bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts. 1822 erfolgte die Gründung der belgischen Société Générale als Beteiligungsgesellschaft. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise und der Weltkriege verschwanden viele der Kapitalbeteiligungsgesellschaften wieder. Erst nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden sie in den USA wieder neu entdeckt.265 Daher soll an dieser Stelle der herrschenden, zumeist US-amerikanischen Meinung moderner Lesart gefolgt werden. Diese sieht den Anfang der heute aktuellen Private Equity-Konstruktionen in den USA, wo auch in den 1950er Jahren an der Harvard University der Begriff „Venture Capital“ geprägt wurde.266
4.2
Definition
Eine Legaldefinition der Begriffe „Private Equity“ und „Venture Capital“ existiert nicht. Das englische „Venture“ lässt sich mit „Wagnis“ oder „Risiko“ in Richtung „Waghalsigkeit“ übersetzen. In der wirtschaftspolitischen Diskussion wird meist der Begriff Wagniskapital verwendet, bei Praktikern überwiegt die Verwendung des englischen Terminus „Venture Capital.“ Es lassen sich vom Umfang her drei Begriffsmengen unterscheiden: Eine „weite“, eine „mittlere“ und eine „enge“ Variante. Wagnis, Chancen- oder Risikokapital, 264
BÜRGIN / UGOLINI (1997): VENTURE CAPITAL IN DEN USA, S. 10 JUNCKER (1976): VERMITTLUNG VON KAPITALBETEILIGUNGEN, S. 96 266 BURT (1997): RAHMENBEDINGUNGEN, S. 88 265
84
4 Private Equity
Private Equity und Venture Capital bezeichnen in der weitesten Begriffsfassung denselben Gegenstand: „Die Beteiligung am haftenden Eigenkapital nicht börsennotierter Unternehmen aus der Perspektive von Kapitalmarktinvestoren.“267 Streng genommen stellt Private Equity den Oberbegriff für Eigenkapitalanteile nicht börsennotierter Unternehmen dar. Im US-amerikanischen Sprachraum wird Venture Capital definitorisch dadurch abgegrenzt, dass sich Venture Capital im engeren Sinne nur auf diejenigen Investments bezieht, welche in den Frühphasen einer Unternehmung, d. h. der Gründung, der frühen Entwicklung und der Expansion ablaufen. Spätere Finanzierungsphasen wie beispielsweise Management-Buyouts bzw. -Buyins (MBO/MBI) sind demnach im amerikanischen Sprachraum nicht Gegenstand von Venture Capital.268 In den einzelnen Ländern existieren eine Vielzahl definitorischer Abgrenzungen zwischen Private Equity und Venture Capital, in Europa werden nach Empfehlung der European Venture Capital Association (EVCA) die obigen Begriffe identisch belegt.269 Im Rahmen dieser Arbeit findet der Begriff „Private Equity“ Verwendung, da er nach Auffassung des Autors sämtliche möglichen Investitionsphasen abdeckt. Bei Private Equity handelt es sich demnach um privates Beteiligungskapital für zumeist etablierte, aber nicht börsennotierte Unternehmen, oft verbunden mit einer über die reine Kapitalbereitstellung hinausgehenden Managementunterstützung. Das vor allem von Private Equity-Gesellschaften bereitgestellte Eigenkapital wird ohne Sicherheiten gewährt und unterliegt dem vollen unternehmerischen Risiko. Der Investor engagiert sich als Minderheitsgesellschafter auf Zeit. Große Bedeutung besitzen Private Equity-Fonds als Sammelbecken für Beteiligungskapital, welche in der Regel darauf zielen, steuerfreie Gewinne durch den Verkauf von Beteiligungen zu erwirtschaften. Selbst in einem Land wie den USA mit einer im Vergleich zu Deutschland bzw. Kontinentaleuropa historisch deutlich stärker ausgeprägten Börsenkultur entfällt auf acht nicht börsennotierte Unternehmen aller Rechtsformen mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio. US$ nur eine öffentlich notierte Aktiengesellschaft. Vergleichbare bzw. noch deutlich ungünstigere Relationen finden sich in anderen Ländern, so dass das bisher unausgeschöpfte Potential für Private Equity-Investitionen nach wie vor sehr groß ist. Die folgende Darstellung illustriert anschaulich den Unterschied zwischen einer klassischen „fungiblen“ Kapitalanlage in Form einer Aktie und einer Investition im 267
LEOPOLD / FROMMANN (1998): EIGENKAPITAL FÜR DEN MITTELSTAND, S. 37 WERNER (2000): VENTURE-CAPITAL-POLITIK IN DEUTSCHLAND, S. 29 269 EUROPEAN VENTURE CAPITAL ASSOCIATION (1988): PRIVATE EQUITY, S. 3 268
85
4.2 Definition
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Abb. 8: Unterschied zwischen Aktien und Private Equity-Kapitalanlagen270 Quelle: LGT Capital Partners, 2007
Bereich Private Equity, bei der die Mittelbereitstellung stets mit einer aktiven Managementunterstützung kombiniert wird. Bei Private Equity handelt es sich traditionell um langfristige Investitionen. Die Erträge fallen nicht in Form von laufenden Dividenden, sondern als Wertzuwachs beim Verkauf der Anteile am Ende der Beteiligungsperiode an.271 Nach der Kapitalherkunft liegt somit Außenfinanzierung, nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber Eigenfinanzierung mit jeweils spezifischer Ausprägung aufgrund der Managementunterstützung vor.272 Das Eigenkapital wird in mehreren Wellen investiert. Im Falle einer unvorhergesehenen negativen Entwicklung wird das Projekt frühzeitig gestoppt, um weitere Verluste zu vermeiden.273 Im Erfolgsfall dauert die Beteiligung der Finanzierungsgesellschaft gewöhnlich zwischen drei und sieben Jahren. Typisch für eine Investition in ein Private Equity-Programm ist, dass sowohl der Cash Flow als auch der Renditeverlauf der Investition einer J-Kurve ähnelt. Konkret bedeutet dies, dass in den ersten fünf bis sechs Jahren mit keinem wesentlichen Ergebnisbeitrag zu rechnen ist, was für diese Assetklasse spezifisch ist. In der Aufbauphase eines Private Equity-Portfolios fallen zunächst Kosten an. Diese Kosten wer270
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 331 271 KEUSCHNIGG (1998): WAGNISKAPITAL, S. 1 272 SCHWILLING (1989): VENTURE CAPITAL ALS KAPITALANLAGE, S. 28 273 BERGEMANN / HEGE: VENTURE CAPITAL FINANCING, S. 17
86
4 Private Equity
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Abb. 9: Hypothetischer Cash Flow-Verlauf einer Private Equity-Investition274 Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2008
den in der Regel durch die Prüfung einer großen Anzahl potentieller Zielunternehmen sowie deren sorgfältiger Analyse und Selektion im Vorfeld der ersten Beteiligungsabschlüsse verursacht. Nach erfolgreichem Abschluss eines Beteiligungsvertrages müssen sich die entsprechenden Portfoliounternehmen zunächst einige Jahre entwickeln und dabei intensiv betreut werden, um einen höheren Unternehmenswert zu generieren. Erst bei Realisierung der gesetzten Ziele seitens des Fondsmanagements, d. h. der Veräußerung des Beteiligungsunternehmens an andere Unternehmen („Trade Sale“) oder der Platzierung am öffentlichen Kapitalmarkt (Initial Public Offering (IPO)), werden die Anfangskosten kompensiert und schließlich das Vermögen des Fonds gesteigert.275 Wie aus Abbildung 9 ersichtlich wird, gibt es jedoch auch regelmäßig Fälle, bei denen die Ausschüttungsperiode, d. h. der Zeitpunkt, ab dem erste Gewinne erzielt und Cash an die Investoren ausgeschüttet wird, bereits beginnt, bevor das insgesamt für Investitionen abrufbare Eigenkapital voll investiert ist. Insofern sind die Chancen der Investoren, ihre eigentlich für Private Equity-Anlagen vorgesehenen prozentualen Allokationen vollständig zu erreichen sehr gering. Aus Erfahrungswerten kann man ableiten, dass auf Basis einer Nettobetrachtung im Durchschnitt nicht mehr als 50%–70% der eingegangenen Eigenkapitalverpflichtungen tatsächlich in Private Equity-Anlagen fließen werden.276 274
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 332 275 MACKEWICZ / CREMIEUX / GRAAT / KAYMER (2005): PRIVATE EQUITY, S. 10 276 ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 27
87
4.2 Definition
Im Ergebnis führt diese Entwicklung dazu, dass die unbeabsichtigt hohen CashBestände die zu erwartenden Renditen negativ beeinflussen. Um die gewünschte Allokation zur Anlageklasse Private Equity auch wirklich zu erreichen, tendieren Investoren häufig dazu, „Over-Commitments“ einzugehen. Dies bedeutet, dass sie sich über den eigentlichen Rahmen ihrer für Private Equity vorgesehenen EigenkapitalAllokation hinaus verpflichten, weiteres Kapital zur Verfügung zu stellen, um dadurch den negativen Cash-Effekt („Cash-Drag“) zu minimieren. Allerdings muss angemerkt werden, dass es sehr schwer ist, das genaue Maß an Over-Commitments festzulegen und auch beizubehalten. Die Nichtvorhersehbarkeit der Cash-Ströme im Zeitablauf führt dazu, dass sehr ausgeklügelte Modellierungsverfahren eingesetzt werden müssen. Das Auseinanderfallen von Brutto- und Netto-IRR eines Private Equity-Fonds kann einen weiteren J-Kurven Effekt für die Renditen der Investoren nach sich ziehen. In der Anfangsphase eines Fonds können die Netto-Investitionen aufgrund des Einflusses der zu zahlenden Gebühren, die als Berechnungsbasis oft 100% der eingegangenen Eigenkapitalverpflichtungen ansetzen, negativ sein.
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Abb. 10: Hypothetische „J-Kurve“ Rendite eines Private Equity-Einzelfonds Eigene Graphik in Anlehnung an ABN AMRO, 2008 – Nur zur Illustration
Auch potentielle Wertberichtigungen auf weniger erfolgreiche Beteiligungen können in der Frühphase von Private Equity-Fonds negative Auswirkungen nach sich ziehen. Im Zeitablauf hingegen sollte sich die Schere zwischen Brutto- und NettoIRR wieder langsam schließen, da die Beteiligungen an Wert zulegen und mehr Eigenkapital abgerufen wurde, wodurch der negative Einfluss der Gebühren verwässert wird.
88
4 Private Equity
Private Equity-Dachfonds limitieren den negativen Cash-Effekt dadurch, dass sie in verschiedene Private Equity-Einzelfonds investieren, die unterschiedliche Lebenszyklen und Beteiligungsprogramme aufweisen. Insofern ist es äußerst unwahrscheinlich, dass der Kapitalbedarf der Einzelfonds identisch ausfällt. Im Ergebnis wird der negative Cash-Effekt in einem Private Equity-Dachfonds stark geglättet. Sollte der Dachfondsmanager darüber hinaus selbst eine „Over-Commitment“ Strategie verfolgen so führt dies bei den Investoren zu einer weiteren Reduktion der Cash Flow Volatilität.277 Der typische J-Kurven Verlauf macht die Investition in Private Equity für Investoren in Fondsgebundenen Lebensversicherungen insofern schwierig, weil diese einen möglichst kontinuierlichen, jährlichen Ergebnisbeitrag für ihr Portfolio zu erreichen versuchen. Ein wesentliches Charakteristikum für Private Equity-Investitionen im Rahmen von geschlossenen Fonds ist, dass es keinen täglich festgesetzten Preis für derartige Beteiligungen gibt.278 Um jedoch Bewertungen von Private Equity-Beteiligungen vor deren Realisierung vornehmen zu können, hat die European Venture Capital and Private Equity Association (EVCA) Prinzipien für die Wertfeststellung unrealisierter Beteiligungen erstellt.279 Nach diesen Prinzipien darf eine Unternehmensbeteiligung, die in einem Private Equity-Fonds gehalten wird, erst dann höher bewertet werden, wenn die Höherbewertung an eine Markttransaktion gekoppelt ist. Dies kann entweder durch den Teilverkauf oder durch eine erfolgreiche Nachfinanzierung geschehen. Daraus resultiert, dass die Wertentwicklung des jeweiligen Private Equity-Fonds sozusagen stufenweise erfolgt und die Hauptwertzuwächse erst bei der Desinvestition des Fonds am Ende der Laufzeit erkennbar werden. Insbesondere bei Venture Capital-Fonds sind erste Teil- und Vollabschreibungen in der Regel zu Beginn der Fondslaufzeit zu verbuchen. Die höhere Bewertung erfolgreicher Unternehmen wirkt sich jedoch meist erst am Ende der Fondslaufzeit auf die Rendite aus.280
4.3
Performancemessung – Beteiligungs-, Fonds- und Investorenrendite
Die besondere Gestaltung sowie die typischen Eigenschaften von Private EquityFonds im Allgemeinen und der Cash Flow-Ströme im Besonderen machen es notwendig, die Rendite von Private Equity-Investments mit spezifischen Methoden messbar zu machen. 277
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 28 GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 113 279 HEIM (2001): PRIVATE EQUITY-FONDS IN DER PORTFOLIOTHEORIE, S. 488 280 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 90ff. 278
4.3 Performancemessung – Beteiligungs-, Fonds- und Investorenrendite
89
Grundsätzlich wird bei der Performancemessung von Private Equity zwischen Beteiligungs-, bzw. Fonds- und Investorenrendite unterschieden.281 Basis für die Berechnung der Renditen der Beteiligungen sind die individuell erwirtschafteten Cash Flows. Die Fondsrendite basiert auf den aus den einzelnen Beteiligungen erwirtschafteten Cash Flows. Die Gesamtrendite auf Fondsebene wird durch die Kosten des Fonds entsprechend gemindert. Der Berechnung der Investorenrendite wird der Cash Flow in und aus der Kasse des Investors zu Grunde gelegt, d. h. die so errechnete Rendite ist eine Nettorendite, die den realisierten Gewinn abzüglich der geleisteten Einzahlungen ausweist. Im Private Equity-Kontext wird ferner zwischen realisierter und nicht realisierter Rendite unterschieden. Die realisierte Rendite umfasst alle bis zum Betrachtungszeitpunkt tatsächlich aus dem Investment geflossenen Cash Flows. Unrealisiert ist dabei nur der Wert der in dem Fonds noch gehaltenen Beteiligungen. Aufgrund der langfristigen Bindung des Private Equity-Kapitals machen die Rückflüsse insbesondere am Anfang der Fondslaufzeit einen sehr kleinen Teil des gesamten Beteiligungswertes aus und steigen erst am Ende überproportional an. Als Konsequenz besteht der Wert der Fondsbeteiligung für die längste Zeit des Lebenszyklus des Fonds aus den unrealisierten Werten der individuellen Beteiligungen. Für die Anteile in den noch gehaltenen Beteiligungen gibt es keine kontinuierliche Preisbildung und deren Wert wird von den Private Equity-Gesellschaften mit Hilfe von Bewertungsverfahren und Bewertungsrichtlinien meist aus den Werten der Bilanz bestimmt. Diese Methodik ist jedoch ungenau und bietet Manipulationsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund ist die Aussagekraft des unrealisierten Wertanteils mitunter sehr gering. Eine verlässliche Performancemessung kann deswegen nur auf den realisierten Renditen beruhen. Die EVCA empfiehlt daher eine getrennte Ausweisung der realisierten Rendite von der Gesamtrendite, was eine verbesserte Aussagekraft der Performancemessung gewährleistet.282 4.3.1
Renditekennziffern
4.3.1.1
Distribution to Paid-In Capital (D/PI)
Der Quotient D/PI283 misst das Verhältnis von Kapitalausschüttungen und Abrufen bei den Investoren.284 Er zeigt an, welchen Teil des investierten Fondskapitals der Investor bereits zurückerhalten hat. Das Verhältnis D/PI wird nach Beendigung des
281
BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 310ff. GRÜNBICHLER / GRAF / GRUBER (2001): PRIVATE EQUITY & HEDGE FUNDS, S. 202 283 D/PI = Kumulative Auszahlungen / Kumulative Einzahlungen (siehe Glossar) 284 BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 304 282
90
4 Private Equity
Fonds auch als Investment Multiple bezeichnet.285 Es drückt aus, wie oft eine Beteiligung das ursprünglich eingesetzte Kapital erwirtschaftet hat. Liegt der D/PI Wert über 1, so sind die realisierten Erträge bereits größer als das eingezahlte Kapital.286 4.3.1.2
Residual Value to Paid-In Capital (RV/PI)
Das Gegenstück zur Kennzahl D/PI ist der so genannte Residual Value to Paid-In Capital (RV/PI).287 Er drückt aus, wie viel des eingesetzten Kapitals zum jeweils betrachteten Zeitpunkt noch in den Beteiligungen gebunden ist. Hinsichtlich der Verhältniszahlen D/PI und RV/PI muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass beide den Zeitwert der einzelnen Cash Flows vernachlässigen. 4.3.1.3
Internal Rate of Return
Die Zeitwertproblematik berücksichtigt die Internal Rate of Return (IRR).288 Diese hat sich inzwischen als internationaler Standard der finanzmathematischen Methoden zur Performancemessung etabliert.289 Ökonomisch betrachtet gibt der interne Zinsfuß die Verzinsung des in der Anlage gebundenen Kapitals bzw. des durchschnittlich dynamisch gebundenen Kapitals per annum über den Betrachtungszeitraum an. Auch im Private Equity-Geschäft hat sich der IRR als Standardgröße durchgesetzt, weil er neben der zeitgewichteten Rendite auch die gerade für Private Equity-Fonds entscheidenden Kapitalströme berücksichtigt.290 Die Renditeberechnung nach der Methode des internen Zinsfußes basiert auf den individuellen Kapitaleinzahlungen/-ausschüttungen und dem Abzinsen dieser einzelnen Zahlungsströme auf den jeweils angenommenen Fälligkeitstermin. Es wird der Abzinsungssatz ermittelt, bei dem die Summe der Barwerte aller Einzahlungen und Auszahlungen gleich groß ist und damit zu einem Kapitalwert von Null führt.291 Der Zusammenhang zwischen der J-Kurve und der Performancemessung wurde bereits in den Abbildungen 9 und 10 veranschaulicht. Dieser belegt, dass der interne Zinsfuß (IRR) während der Fondslaufzeit (Interims-IRR) dem Verlauf der J-Kurve folgt und sich zum Ende der Fondslaufzeit der Schluss-IRR annähert. Im Zuge der 285
Das Investment Multiple kann sowohl für Einzelbeteiligungen als auch für ganze Private Equity-Fonds angegeben werden. Investment Multiples sind einfach zu berechnen und ohne Missverständnisse zu interpretieren 286 KRAFT (2001): PRIVATE EQUITY IN TURNAROUND-INVESTITIONEN, S. 294 287 RV/PI = Wert der Portfoliobeteiligungen / Kumulative Einzahlungen (siehe Glossar) 288 IRR = Interner Ertragssatz oder Zinsfuß (siehe Glossar) 289 GRÜNBICHLER / GRAF / GRUBER (2001): PRIVATE EQUITY & HEDGE FUNDS, S. 203 290 MACKEWICZ / CREMIEUX / GRAAT / KAYMER (2005): PRIVATE EQUITY, S. 28 291 BEYER / HIELSCHER / ZELGER (2003): PERFORMANCEMESSUNG, S. 499
4.3 Performancemessung – Beteiligungs-, Fonds- und Investorenrendite
91
jährlichen Bilanzerstellung sind die Private Equity-Gesellschaften aufgefordert, die Unternehmensbewertungen ihrer Beteiligungsgesellschaften jeweils neu zu berechnen. Diese Berechnungen beruhen ebenfalls auf der Methode des internen Zinsfußes und beinhalten dementsprechend die dieser Methode zugrunde liegenden Ungenauigkeiten bzw. Schwächen. Lediglich bei der Schlussbewertung, d. h. bei einem tatsächlichen Exit, lässt sich eine abschließende exakte Berechnung vornehmen.292 4.3.1.4
Investment Multiples
Die Nennung von so genannten „Multiples“ ist eine weitere Möglichkeit, die Performance zu quantifizieren. Der wesentliche Kritikpunkt dieser Klassifizierungsmethode ist die Tatsache, dass der Faktor Zeit unberücksichtigt bleibt und die Performancemessung damit insbesondere beim direkten Vergleich zwischen mehreren Investments wenig aussagekräftig ist.293 4.3.1.5
Alternative Private Equity-Kennzahlen
Zwei weitere, im Vergleich zur IRR und den Multiples jedoch weniger verbreitete Möglichkeiten der Performancemessung stellen der Investment Horizon Return294 und die Payback-Period dar.295 Die weit verbreitete Nichtberücksichtigung dieser Kennzahlen belegen diverse empirische Untersuchungen. Danach haben nur 6% der 37 in Deutschland aktiv tätigen Private Equity-Gesellschaften angegeben, diese zwei Methoden anzuwenden.296 Aufgrund ihrer relativ geringen Bedeutung im Bereich der Private Equity-Branche soll daher an dieser Stelle auf eine nähere Diskussion dieser beiden Methoden verzichtet werden. Die Performance eines Private Equity-Fonds ist neben dem starken Einfluss durch das Beteiligungsmanagement und dessen Investitionsfokus auch von anderen, unter Umständen sehr wesentlichen Faktoren abhängig. So können ebenfalls die Struktur des Private Equity-Fonds, die Gestaltung der Management-Gebühren und ebenso das gesamtwirtschaftliche Umfeld im Emissionsjahr einen wesentlichen Einfluss auf die Wertentwicklung ausüben.297 Des Weiteren zeigen bisherige Untersu292
KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 100 MACKEWICZ / CREMIEUX / GRAAT / KAYMER (2005): PRIVATE EQUITY, S. 28 294 Auf den Renditeberechnungen basierende Zahlungen werden hier „von einem gegebenen Endzeitpunkt laufzeitgerecht in die Vergangenheit zurück transformiert“ 295 Zeitraum, nach dem der Nennwert des ursprünglich investierten Kapitals bei Ausblendung der Zinsen an die Investoren zurückgeflossen ist 296 BEYER / HIELSCHER / ZELGER (2003): PERFORMANCEMESSUNG, S. 501 297 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 101 293
92
4 Private Equity
chungen, dass die Größe eines Fonds eine wichtige Rolle spielen kann. Sowohl im Venture Capital-Bereich als auch im Buyout-Sektor erzielen vor allem kleine und mittlere Fonds im Durchschnitt die beste Performance.298 4.3.2
Risikomessung bei Private Equity-Anlagen
In der Portfoliotheorie werden zur Messung des Risikos die Varianz (m2) und die Standardabweichung (m) herangezogen. Beides sind Streuungsmaße, bei deren Anwendung die Abweichung zukünftiger oder historischer Renditen von Ihrem Erwartungs- bzw. Durchschnittswert berechnet werden kann.299,300 Für die Berechnung der Standardabweichung werden die täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Marktpreise über eine längere Periode verwendet, wobei eine Normalverteilung der Renditen um die Durchschnittsrendite angenommen wird. Die Anwendung der Standardabweichung bei der Risikomessung für Private Equity-Anlagen ist teilweise problematisch. Aufgrund des Fehlens eines entwickelten Sekundärmarktes für Private Equity-Anteile geschlossener Fonds sind in der Regel keine Marktpreise vorhanden, die eine objektive Beobachtung der Wertentwicklung erlauben. Auch sind wegen des J-Kurven Effektes bei einer typischen Wertentwicklung eines Private Equity-Fonds die Renditen nicht um ihren Erwartungswert normalverteilt.301,302 Bei Private Equity als Anlageklasse ist, vergleichbar zu Aktien, das Phänomen der „Rechtsschiefe“ gegeben, da hier Renditen von +200% erreicht werden können, jedoch Renditen von –200% nicht möglich sind. Für die Preisfindung müssen deswegen hauptsächlich die Angaben der Private Equity-Fonds herangezogen werden.303 Verwendet man für die Beschreibung der Renditeentwicklung der Private Equity-Fonds deren Schluss-IRR so kann die Problematik des J-Kurven-Effektes gelöst werden. Hier ergeben sich jedoch bei der Umsetzung praktische Probleme bezüglich der Ermittlung der Standardabweichung und der Korrelationen.304 Die Standardabweichung ist für einzelne geschlossene Fonds kein geeignetes Risikomaß, wohl aber für den gesamten Private Equity-Markt. Dies belegt die Entwicklung eines Index, der sich aus zeitlich überlappenden Private Equity-Fonds zusammensetzt, wobei jährlich ein synthetischer Private Equity-Fonds mit identischer Wertentwicklung lanciert wird. Die Standardabweichung dieses Index ist 298
MACKEWICZ / CREMIEUX / GRAAT / KAYMER (2005): PRIVATE EQUITY, S. 29 ROSS / WESTERFIEL / JAFFE (2002): CORPORATE FINANCE, S. 234 300 HEIM (2001): PRIVATE EQUITY-FONDS IN DER PORTFOLIOTHEORIE, S. 489 301 BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 189 302 CHRISTEN (1991): ANLAGEN IN VENTURE CAPITAL-FONDS, S. 134 303 KRAFT (2001): PRIVATE EQUITY IN TURNAROUND-INVESTITIONEN, S. 303 304 HEIM (2001): PRIVATE EQUITY-FONDS IN DER PORTFOLIOTHEORIE, S. 490 299
4.3 Performancemessung – Beteiligungs-, Fonds- und Investorenrendite
93
Null, d. h. sie wird eliminiert da jeder Fonds die gleiche Rendite erzielt. Allerdings wirft die Frage der Gewichtung und der sprunghaften Bewertung der Fonds bei der Umsetzung des Index Probleme auf. Bei der Ermittlung der Standardabweichung von Private Equity-Renditen müssen also viele Probleme gleichzeitig behandelt werden. Dadurch hängt die Aussagekraft von ermittelten Standardabweichungen stark vom Umfang dieser Probleme und der verwendeten Datenbasis ab. Die Standardabweichung als Risikomaß für Private Equity-Anlagen ist wegen der Problematik der Normalverteilung nur bedingt geeignet. Der Beta-Faktor (`) ist ein weiteres wichtiges Risikomaß, der das systematische und damit nicht diversifizierbare Risiko misst.305 Das Beta einer Einzelanlage drückt aus, um wieviel Prozent sich der Wert einer Anlage verändert, wenn sich der betrachtete Markt um 1% bewegt. Das Gesamtrisiko einer Kapitalmarktanlage besteht, wie in Kapitel 3.5. bereits ausgeführt wurde, aus einem systematischen und einem unsystematischen Teil. Das systematische Risiko ist jenes, dessen Auswirkungen für die ganze Anlageklasse einschlägig sind z. B. Zinsänderungen bei Anleihen. Im Capital Asset Pricing Model (CAPM) gilt, dass Wertpapiere immer zu ihrem inneren Wert veräußerbar sind. Das CAPM beschreibt den Zusammenhang zwischen Beta und dem zu erwartenden Ertrag. Der zu erwartende Ertrag einer Anlage besteht aus der Summe von risikolosem Zins sowie der um das systematische Risiko Beta adjustierten Risikoprämie des Aktienmarktes. Die mangelnde Fungibilität von Private Equity-Beteiligungen stellt jedoch eine Verletzung des CAPM dar und führt dazu, dass das Beta eines Private Equity-Portfolios nur ein grober Schätzwert sein kann.306 Die bedingte Aussagekraft von Standardabweichung und Beta bei der Analyse von Private Equity-Anlagen hat in der Literatur die Entwicklung weiterer Risikomaße vorangetrieben. Hierbei wurde insbesondere das Downside-Risiko, d. h. die Gefahr der negativen Abweichung des realisierten von einem geplanten Ergebnis erforscht. Bei dieser Betrachtung sind die Risikomaße „Semi- und Downside-Varianz,“ „Ausfallwahrscheinlichkeit,“307 „Lower Partial Moments“ und der „Value at Risk“ von großer Bedeutung. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die sogenannte „Shortfall-Wahrscheinlichkeit“, die die Wahrscheinlichkeitsmasse derjenigen Renditerealisationen angibt, die die geforderte Mindestrendite nicht überschreitet. 4.3.2.1
Risikoadjustierte Performancemessung von Private Equity-Investments
Bei den Methoden Sharpe Ratio, Treynor’s Measure, Jensens’ Alpha und der Appraisal Ratio handelt es sich um vier Performance-Maße, die das eingegangene Risiko bei
305
GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 115 BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 196ff. sowie S. 330 307 BÜSCHGEN (1998): BANKBETRIEBSLEHRE, S. 865 306
94
4 Private Equity
der Anlage berücksichtigen sollen.308 Wesentliches Merkmal von Private EquityInvestments ist jedoch die bereits angesprochene mangelnde Fungibilität derartiger Beteiligungen. Dieses Problem kann daher mit diesen Methoden auch nur bedingt abgebildet werden, da sie ebenfalls auf dem CAPM basieren. Sie sind deshalb für die Performancemessung von Private Equity-Investments aufgrund deren mangelnder Liquidität nur begrenzt einsetzbar. Lediglich die von William F. Sharpe entwickelte Kennzahl Sharpe Ratio, die auch als Reward-to-Variability-Ratio bezeichnet wird, findet in der Private EquityPerformancemessung Anwendung. Dabei wird die Überschussrendite eines Finanzinstruments oder eines Portfolios also die Differenz zwischen der Portfoliorendite und dem risikofreien Zinssatz ins Verhältnis zur Volatilität gesetzt. Das Sharpe Ratio misst die Rendite pro Einheit Risiko. Das Chance-Risiko-Know-how des Portfolios wird in einer Kennziffer zusammengefasst. Als Risikomaß dient bei dieser Berechnungsmethode die Standardabweichung d. h. das Gesamtrisiko. Damit eignet sich dieses risikoadjustierte Renditemaß vor allem für breit diversifizierte Portfolien.309 Die Sharpe Ratio ermöglicht ex post den Vergleich der Attraktivität unterschiedlicher Private Equity-Finanzierungsstadien. In der folgenden Tabelle wird zur Verdeutlichung ein hypothetisches Portfolio gebildet: Tabelle 6: Sharpe Ratio unterschiedlicher Finanzierungsstadien Finanzierungsstadium
Portfoliorendite
Standardabweichung
Sharpe Ratio
Early Stage
25%
55%
0,38
Later Stage
30%
45%
0,58
Buyout
27%
35%
0,66
Risikoloser Zins: 4% Quelle: In Anlehnung an BADER
Auch der Attraktivitätsgrad des jeweiligen Private Equity-Portfolios zu anderen Anlageklassen kann aus der Sicht eines Investors mit Hilfe der Sharpe Ratio bewertet werden. Allgemein lässt sich festhalten, dass die Attraktivität einer Anlage mit deren Sharpe Ratio steigt.310
308
BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 329ff. HARTMANN-WENDELS / PFINGSTEN / WEBER (2004): BANKBETRIEBSLEHRE, S. 349 310 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 104 309
4.4 Ausgestaltung und Formen von Private Equity
4.4
Ausgestaltung und Formen von Private Equity
4.4.1
Frühphasenfinanzierung – Early-Stage-Financing
95
Unter dem Oberbegriff des Early-Stage-Financing werden drei idealtypisch aufeinander folgende Phasen und damit Finanzierungsanlässe unterschieden: 4.4.1.1
Finanzierung der Konzepterstellung (Seed-Financing)
In der Phase der Konzepterstellung erfolgt die Bereitstellung eines relativ geringen Kapitalbetrages an einen Erfinder/Unternehmer zur Finanzierung der Entwicklung eines Produktionskonzeptes sowie ggf. zur Vorbereitung der Unternehmensgründung. Eine Idee wird auf Realisierbarkeit geprüft und eine geringe Investition wird getätigt, um einen Prototypen bzw. die Produkt- oder Dienstleistungsidee zu entwickeln und zu testen. Eine Marktstudie schätzt das Absatzpotential ein, ein Managementteam wird zusammengestellt und ein detaillierter Geschäfts- und Finanzplan ausgearbeitet. Das Kapitalverlustrisiko des Private Equity-Financiers in dieser Phase ist außerordentlich hoch, ebenso allerdings auch die Gewinnchance.311 4.4.1.2
Finanzierung der Produktentwicklung (Startup-Financing)
In der Phase der Produktentwicklung muss bei Industrieunternehmen der relativ hohe Kapitalbedarf zur Finanzierung der Weiterentwicklung des Produktes bis hin zur Produktionsreife sowie zur Produktionsvorbereitung durch Anschaffung der erforderlichen Betriebsmittel und Anwerbung von Arbeitskräften finanziert werden. Ein erstes Feedback vom Markt erlaubt eine präzisere Einschätzung des Absatzpotentials. Das Produkt wird weiterentwickelt und den Kundenwünschen angepasst. In der Start- und frühen Wachstumsphase sind die Kontrolle und der aktive Beistand der Beteiligungsgesellschaft am Kritischsten, denn das Unternehmen kann noch nicht auf vergangene Erfahrungen und Erfolge zurückgreifen. Das Unternehmen ist kaum profitabel und braucht dringend weiteres Eigenkapital für Lagervorräte, Ausrüstungsinvestitionen zur Ausdehnung der Produktionskapazität sowie Forschung und Entwicklung. Das Ausmaß des Kapitalverlustrisikos des Private Equity-Financiers ist auch in dieser Finanzierungsphase erheblich. Gleiches gilt auch für die Gewinnchance. 4.4.1.3
Finanzierung von Produktions- und Vertriebsaufbau (First-Stage-Financing)
In dieser Phase des Unternehmenszyklus entsteht Kapitalbedarf zur Finanzierung der beginnenden Produktion und der ersten Vertriebsaktivitäten. Naturgemäß ist hier das 311
STEDLER (1987): VENTURE CAPITAL UND GEREGELTER FREIVERKEHR, S. 43ff.
96
4 Private Equity
Kapitalverlustrisiko des Private Equity-Financiers geringer als in den beiden vorhergehenden Phasen, da das Produktentwicklungsrisiko weitgehend entfällt. Das Kapitalverlustrisiko ist demnach fast ausschließlich durch das Risiko der allgemeinen Produktakzeptanz am Absatzmarkt bestimmt, auf dem bereits erste Umsätze getätigt werden. Mit dem geringen Kapitalverlustrisiko des Financiers geht wiederum eine reduzierte, aber dennoch überdurchschnittliche Renditechance im Erfolgsfall einher. 4.4.2
Spätphasenfinanzierung – Expansion-Stage-Financing
Unter diesem Begriff werden folgende, idealtypisch aufeinander folgende Phasen und damit Anlässe der Private Equity-Finanzierung subsumiert: 4.4.2.1
Finanzierung des Ausbaus der Vertriebskanäle (Second-Stage-Financing)
Während dieser Phase entsteht Kapitalbedarf für die laufende Produktion und insbesondere für den Ausbau der Absatzwege. Bei steigenden Umsätzen entstehen in dieser Phase erste Gewinne auf Geschäftsjahresbasis; die kumulierten Aufwendungen übersteigen aber weiterhin die Höhe der kumulierten Erträge, d. h. der interne Cash Flow reicht nicht aus, um den Kapitalbedarf für die notwendige Ausweitung der Produktionskapazitäten zu decken. Weiteres Beteiligungskapital wird zugeführt, aber das Unternehmen kann sich zunehmend auch mit normalen Bankkrediten finanzieren, denn das Investitionsrisiko ist nun erheblich geringer und Sicherheiten sind vorhanden. Einem weiter sinkenden Kapitalverlustrisiko stehen ebenfalls rückläufige Renditechancen gegenüber. 4.4.2.2
Expansionsfinanzierung (Third-Stage-Financing)
Bei der Expansionsfinanzierung entsteht ein relativ hoher Kapitalbedarf für die Erhöhung der Produktionskapazität und für eine intensivierte Marktbearbeitung. Bei steigenden Umsätzen ergeben sich steigende Jahresgewinne; auf kumulierter Basis wird im Verlauf dieser Phase erstmals ein Gewinn ausgewiesen. Mit dem weiterhin sinkenden Kapitalverlustrisiko reduziert sich auch die Renditechance des Private Equity-Financiers. 4.4.2.3
Überbrückungsfinanzierung (Bridge-Financing)
In dieser Phase einer weiteren Absatzexpansion wird Private Equity zur Kapitalerhöhung im Vorfeld einer Börseneinführung eingesetzt. Das Kapitalverlustrisiko und die Renditeaussichten des Financiers liegen in dieser Phase nahe den Marktkonditionen vergleichbarer traditioneller Finanzierungen. Im Rahmen einer Private Equity-Finanzierung sind mehrere Finanzierungsrunden in aufeinander folgenden Phasen – auch durch verschie-
4.4 Ausgestaltung und Formen von Private Equity
97
dene Financiers – durchaus üblich. Dadurch wird der relative Kapitalanteil des Unternehmers zunehmend verwässert. Gleiches gilt für solche Financiers, die sich an späteren Finanzierungsrunden nicht oder nicht im bisherigen Umfang beteiligen. 4.4.2.4
Reifephase und Verkauf (Exit)
Die Beteiligungsgesellschaft will ihre Anteile liquidieren und den Ertrag in Form von Wertsteigerungen realisieren. Bei sehr erfolgreichen Unternehmen geschieht dies meist durch Ersteinführung (Initial Public Offering) auf Spezialbörsen für junge Unternehmen wie dem TecDax in Frankfurt oder der NASDAQ in New York. Dies ist der traditionelle Ausstieg der Beteiligungsgesellschaften in den USA. In Europa dominieren hingegen die Direktverkäufe an andere strategische Investoren, die dadurch einen kostengünstigen Zugang zu neuer Technologie erhalten. Alternativen sind der Verkauf an andere Beteiligungsgesellschaften, unabhängige Investoren oder auch der Rückkauf von Anteilen durch den Gründer bzw. das Management. 4.4.3
Sonderanlässe der Private Equity-Finanzierung
4.4.3.1
Übernahmefinanzierung (Acquisition-Financing)
Hierbei wird einem Unternehmen Private Equity zur Finanzierung der Akquisition eines anderen Unternehmens zur Verfügung gestellt. Das übernehmende Unternehmen tritt als Private Equity-Nehmer auf. Kapitalverlustrisiko und Renditechance des Private Equity-Financiers sind umso geringer, je später im Lebenszyklus des übernommenen Unternehmens die Akquisition erfolgt. 4.4.3.2
Management/ Leveraged Buyout312
Anlass der Finanzierung ist der Erwerb eines ganzen Unternehmens oder einer seiner Produktlinien durch Teile des eigenen Managements (Übernahmeangebot an die bisherigen Gesellschafter bzw. die bisherigen Aktionäre). Als Private Equity-Nehmer tritt das bisherige Management des Unternehmens auf, das die Mittel zur Akquisition des Unternehmens bzw. der Produktlinie verwendet. Regelmäßig liegen Umstrukturierungserfordernisse aufgrund mangelnder Rentabilität trotz erfolgreicher bzw. erfolgversprechender Produkte oder Produktlinien vor. Management/ Leveraged Buyouts können prinzipiell in allen Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens erfolgen; meistens treten sie jedoch in späteren Phasen auf. Kapitalverlustrisiko und Renditechance des Financiers sind daher von der entsprechenden Phase im Lebenszyklus des Unternehmens bestimmt. 312
HAUSCHKA (1987): MANAGEMENT BUY-OUT, S. 2170ff.
98
4 Private Equity
Die Sonderanlässe der Private Equity-Finanzierung weisen ebenfalls einen sehr hohen Bedarf nach Managementunterstützung auf Seiten der Kapitalnehmer auf, da umfassende Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen werden müssen und eine Neupositionierung des übernommenen Unternehmens erfolgen muss. In den letzten Jahren hat die Bedeutung der Sonderanlässe von Private Equity-Finanzierungen, insbesondere der Buyout Finanzierungen, sehr stark zugenommen. Das mit Abstand größte Anlagevolumen der Investoren fließt daher in derartige Investitionen, da diese historisch sehr hohe Renditepotentiale vorweisen können. Des Weiteren gilt es zu betonen, dass nach dem Platzen der Internet-basierten Geschäftsmodelle zu Beginn des neuen Jahrtausends insbesondere in Europa das Interesse an Venture Capital-Investitionen d. h. Frühphasenfinanzierungen stark abgenommen hat. Während sich in den USA der Bereich Venture Capital, trotz eines auch dort eingetretenen temporären Einbruchs, mittlerweile wieder gestiegener Nachfrage erfreut, ist eine vergleichbare nachhaltige Verbesserung der Situation in Europa nicht zu erkennen. Eventuell stellt sich jedoch im Gefolge der jüngsten Probleme bei der Finanzierung von großvolumigen Leveraged Buyouts weltweit ein Themenwechsel zu Gunsten von Venture Capital-Investitionen ein. Diese Entwicklung wäre nach Ansicht des Autors bei volkswirtschaftlicher Betrachtung sehr wünschenswert, da hierdurch neuen Geschäftsideen zum Durchbruch verholfen würde und neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Die nachfolgende Darstellung (Abb. 11) stellt die verschiedenen Investitionsphasen im Bereich Private Equity schematisch dar. Private Equity darf ohne Übertreibung als riskanteste Form der Investitionsfinanzierung überhaupt eingestuft werden. Unter allen Beteiligungen in einem typischen Einzelfonds stammt der Hauptteil des Ertrags von nur einem oder zwei Erfolgsunternehmen, während der Rest nur mäßige Erträge abwirft bzw. in Totalverlusten endet. Nach einer amerikanischen Untersuchung tragen etwa 7% des Anfangskapitals einer typischen Finanzierungsgesellschaft mit 50% zum Endwert des investierten Kapitals bei, während etwa 12% des Anfangskapitals in Totalverlusten verloren gehen.314 Wagnisfinanciers beteiligen sich daher an einer größeren Anzahl von Neugründungen, um ihr Risiko auf viele Schultern zu verteilen. Diese Streuung erlaubt es den Anteilseignern der Finanzierungsgesellschaft, einen Ertrag mit geringerem Risiko zu sichern, als diese mittels direkter Beteiligung an der Neugründung selber erzielen könnten. Den Firmengründern wird neben der Gewinnbeteiligung je nach dem verbleibenden Eigentumsanteil meist ein sicheres Grundgehalt angeboten. Mit diesem Finanzierungsarrangement werden potentielle Unternehmer teilweise von ihrem Existenzrisiko entlastet, was ihre Bereitschaft zur Aufgabe einer unselbständigen Beschäftigung zugunsten einer Unternehmerkarriere stärkt. 314
SAHLMAN (1990): GOVERNANCE OF VENTURE CAPITAL ORGANIZATIONS, S. 484
99
4.5 Einordnung der Anlageklasse Private Equity
Private Equity im Lebenszyklus eines Unternehmens D
2 Finanzierungsstadien:
D8 E Frühphasen-
/K E Expansions-
: E Spätphasen-
finanzierung
finanzierung
finanzierung
Spezialsituationen
Finanzierungsmotiv:
D
2
E Buyout
/ 8 Eigentümerwechsel L
Vorbereitung Börsengang
EA Pre-IPO
Umsätze
M
Wachstumsfinanzierung N N
Produktentwicklung B ,8
Konzept und Gründung
@ E @ Lafer-Stage / /E Early-Stage O E Seed/ Start-up
< Venture Capital
Nicht> L 0 börsennotierte Unternehmensbeteiligungen
Börsennotierte L Aktien N
Zeit
Abb. 11: Investitionsphasen im Bereich Private Equity313 Quelle: Jens Bernhardt, 2008
4.5
Einordnung der Anlageklasse Private Equity
Ziel von Private Equity suchenden Unternehmen ist die Kapitalaufnahme zur Finanzierung bestimmter Vorhaben. Diese Finanzierungsanlässe sind typischerweise durch die jeweilige Phase im Lebenszyklus des kapitalsuchenden Unternehmens bestimmt. Je früher im Lebenszyklus des Unternehmens ein Kapitalbedarf entsteht, den der Unternehmer aus eigenen Mitteln nicht decken kann, umso schwieriger ist die Durchführung einer traditionellen Finanzierung. Es liegen weder Vergangenheitsdaten in ausreichendem Umfang zur Beurteilung der bisherigen Unternehmensentwicklung vor, noch existieren genügend unbelastete Aktiva zur Kreditsicherung.315 Zudem ist eine konventionelle Beteiligungsfinanzierung weitgehend ausgeschlossen, da die traditionellen Methoden der Unternehmensbewertung versagen. Somit bietet die auf einer speziellen zukunftsorientierten Bewertung des Unternehmens aufbauende Private Equity-Finanzierung die einzige Möglichkeit zur Deckung des Kapitalbedarfs des betreffenden Unternehmens.316 313
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 335 SCHWILLING (1989): VENTURE CAPITAL ALS KAPITALANLAGE, S. 41 316 DÖRNER (1986): UNTERNEHMENSBEWERTUNG, S. 1073ff. 315
100
4 Private Equity
Als weitere Zielvorstellung des potentiellen Private Equity-Nehmers tritt u. U. die Inanspruchnahme der Managementunterstützung des Financiers und die damit verbundene potentielle Steigerung des Unternehmenswertes neben das reine Finanzierungsziel. Eine Private Equity-Finanzierung erfolgt durch hoch spezialisierte Finanzierungsgesellschaften, welche Kapital zwischen Anlegern und Unternehmensgründern vermitteln. Ihre Notwendigkeit und Existenzberechtigung ergibt sich unmittelbar daraus, dass die Direktanleger allein üblicherweise keine ausreichende Risikostreuung erzielen können und bei der Auswahl und laufenden Betreuung von Unternehmensgründungen vollkommen überfordert wären. Daher werden diese Aufgaben an entsprechend spezialisierte Kapitalbeteiligungsgesellschaften delegiert, die diesbezüglich über einen komparativen Vorteil verfügen. Es ist kostengünstiger und effektiver, die Finanzierung sowie die begleitende Beratung und Kontrolle von Unternehmensgründungen gemeinsam in darauf spezialisierten Finanzinstituten anzubieten. Ein Interviewpartner fasste die Aufgaben von Private Equity-Firmen treffend zusammen: „Look, basically, what we do is exactly what you do when you buy a house with a mortgage. That’s it. If you are going to buy a house and going to put a mortgage on it, you are not going to tear down the garage. You are not going to forget to do the landscaping. You are going to make sure the yard is pretty, you are going to want to do an expansion, you are going to want to make sure that the value of that house goes up. And you can’t do it by forgetting to paint it. It just doesn’t work. And that is our business.“317 4.5.1
Allgemeine Intermediärsfunktionen
4.5.1.1
Vermittlerfunktion
Die Existenz von Private Equity-Gesellschaften verschafft ein gewisses Maß an Markttransparenz für potentielle Private Equity-Nehmer und Geber. Sie trägt dazu bei, die im direkten Geschäft bestehenden hohen Transaktionskosten für beide Akteure zu reduzieren.318 Ihre Einschaltung bewirkt den Abbau der natürlichen Spannungen zwischen den Private Equity-Investoren und den finanzierten Unternehmen, die aus unterschiedlichen Interessenslagen aufgrund grundsätzlich inkongruenter Zielsetzungen resultieren. Private Equity-Gesellschaften tragen dazu bei, die typische Informationsasymmetrie zwischen Kapitalgeber und -nehmer zu überwinden, welche sich speziell aus 317 318
Interview mit Scott C. Nuttal, KKR, New York, 19. April 2006 HARTMANN-WENDELS (1987): VENTURE CAPITAL, S. 27ff.
4.5 Einordnung der Anlageklasse Private Equity
101
der Problematik der Bewertung des kapitalsuchenden Unternehmens und der darauf beruhenden Festlegung der Beteiligungshöhe ergibt.319 Außerdem werden potentielle Interessenkonflikte während der Finanzierungsdauer, z. B. ein opportunistisches Verhalten des Private Equity-Nehmers nach Vertragsabschluss,320 erheblich reduziert, da der Private Equity-Manager als Geschäftsführungsorgan der Private Equity-Gesellschaft zu einem erheblichen Anteil an deren Erfolg beteiligt ist. So wird aus Sicht des Private Equity-Gebers sichergestellt, dass ein größtmögliches Wachstum des Portfolio-Unternehmens angestrebt wird. Für den Private Equity-Nehmer bedeutet dies gleichzeitig, dass er mit tatkräftiger Unterstützung der Private Equity-Gesellschaft in Managementfragen rechnen kann. 4.5.1.2
Losgrößentransformation
Die Größenordnungen der einzelnen Private Equity-Beträge im Aktiv- und Passivgeschäft der Private Equity-Gesellschaft fallen regelmäßig auseinander. Je nach Art des indirekten Private Equity-Geschäftes bestehen unterschiedliche Transformationsrichtungen zur Überbrückung der betragsmäßigen Diskrepanzen. Beim Projektansatz wird regelmäßig eine Aktivposition aus mehreren Passivpositionen refinanziert. Beim Fondsansatz hingegen wird ein Portfolio an Private Equity-Anlagen getätigt, das bei einem oder mehreren Investoren refinanziert wird. 4.5.1.3
Risikotransformation
Durch die Einschaltung einer Private Equity-Gesellschaft wird die Risikostruktur von Private Equity-Positionen und damit deren Qualität verändert. Beim Fondsansatz ergeben sich Risikoausgleichseffekte im Anlage-Portfolio der Private Equity-Gesellschaft derart, dass die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlustes aller voneinander unabhängigen Private Equity-Anlagen geringer ist als die Kapitalverlustwahrscheinlichkeit jeder einzelnen Anlage. Daher ist für den Investor aus rein stochastischen Erwägungen eine Anlage im direkten Private Equity-Geschäft mit einem größeren Kapitalverlustrisiko verbunden als eine gleich hohe Anlage bei einem Private Equity-Fonds. Beim Projektansatz ergibt sich für die Investoren eine Transformation des Kapitalverlustrisikos, indem das einzelne Projekt durch Zerlegung in mehrere Teile refinanziert wird. Die Risiko-Chancen-Verteilung selbst bleibt dabei strukturell unverändert; für den einzelnen partizipierenden Private Equity-Investor reduziert sich lediglich die absolute Höhe von Kapitalverlustrisiko und Gewinnchance.
319 320
MISIRILI (1988): VENTURE CAPITAL GESELLSCHAFTEN, S. 114ff. WILLIAMSON (1975): MARKETS AND HIERARCHIES, S. 26f.
102 4.6
4 Private Equity
Spezifische Private Equity-Funktionen
Im Gegensatz zu den allgemeinen Intermediärsfunktionen, die nur im indirekten Private Equity-Geschäft vorkommen können, sind die nachfolgend dargestellten Private Equity-spezifischen Funktionen prinzipiell auch durch den Private Equity-Geber im direkten Geschäft erfüllbar.
4.6.1
Finanzierungsfunktion
Die Finanzierungsfunktion der Private Equity-Gesellschaft besteht in der Mobilisierung von anlagebereitem Private Equity-Kapital. Der Zeitpunkt der Kapitalbeschaffung hängt dabei von der Ausgestaltung der Private Equity-Gesellschaft als „Blind Pool“ oder als „Specified Pool“ ab. Die Größe und die Finanzkraft des Investorenkreises bestimmt die Investitionsmöglichkeiten der Private Equity-Gesellschaft. Um Investoren zu akquirieren bedarf es einer entsprechenden Absatzorganisation. Diese muss entweder selbst aufgebaut werden oder die Private Equity-Gesellschaft muss sich auf dem Kooperationsweg der Absatzorganisationen anderer Finanzintermediäre bedienen. Die Finanzierungsfunktion der Private Equity-Gesellschaft wird durch vielfältige externe Faktoren determiniert. Hierzu zählen u. a. die rechtlichen, insbesondere die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für potentielle Private Equity-Geber, die Existenz risikobereiten Kapitals sowie die Attraktivität alternativer Kapitalanlageformen.
4.6.2
Bewertungs- und Auswahlfunktion
Die Bewertungs- und Auswahlfunktion umfasst die Analyse des Investitionsprojektes hinsichtlich seines Erfolgspotentials sowie den Investitionsentscheidungsprozess. Die einer Private Equity-Investitionsentscheidung zugrunde liegende Analyse des Investitionsprojektes erfolgt anhand des vom Private Equity-Nehmer zu erstellenden Business Planes sowie persönlicher Unterredungen zwischen Private Equity-Nehmer und Private Equity-Manager als Organ der Private Equity-Gesellschaft. Der Business Plan ist die schriftliche Darstellung des Private Equity-suchenden Unternehmens und seiner kurz- und langfristigen Zielsetzungen sowie der geplanten Zukunftswerte finanzwirtschaftlicher (Finanzplan), absatzwirtschaftlicher (Absatzplan), produktionswirtschaftlicher (Produktionsplan) und sonstiger Art einschließlich der den Planwerten zugrunde liegenden Annahmen und den Risiken.321 Der 321
HASLETT / SMOLLEN (1985): PREPARING A BUSINESS PLAN, S. 22ff.
4.6 Spezifische Private Equity-Funktionen
103
Business Plan stellt somit eine Beschreibung der Verhältnisse des Unternehmens und seiner Führungsspitze sowie der zu erwartenden Unternehmensentwicklung dar.322 Die Projektanalyse erfolgt durch den Private Equity-Manager, der die Realitätsnähe der Planungswerte und die Qualifikation der Unternehmensführung bzw. des Gründers kritisch untersucht. Hierbei wird er gegebenenfalls auf externe Spezialisten zwecks Unterstützung zurückgreifen. Hauptanalysekriterien stellen hierbei das Produkt und sein Marktpotential sowie die Persönlichkeit und die fachliche und unternehmerische Qualifikation der Unternehmensführung dar.323 Letzterer Aspekt wird in der Literatur besonders betont, da ihr die Bedeutung einer notwendigen Investitionsbedingung zukommt. Sofern entsprechend festgelegte Mindestanforderungen bei der Entscheidungsfindung der Private Equity-Gesellschaft erfüllt sind, erfolgt auf Basis der Planungswerte eine Bewertung des Unternehmens bzw. des Potentials, auf deren Grundlage die Höhe der Beteiligungsquote der Private Equity-Gesellschaft am Portfolio-Unternehmen fixiert und das Beteiligungsangebot unterbreitet wird. Private Equity-Unternehmen unterliegen in Deutschland nicht der Aufsicht durch die BaFin oder die Deutschen Börse AG. Dies hat zur Folge, dass den Unternehmen weder eine quartalsweise Berichterstattung, wie etwa bei Dax- und M-Dax-Unternehmen, noch sonstige Regularien auferlegt werden. Der Investor muss bei der Bewertung der Unternehmen in der Regel auf öffentlich zugängliche Researchdaten verzichten. Lediglich durch das Unternehmen beauftragte Wirtschaftsprüfer, Banken und der Investor sowie von ihm beauftragte Dienstleister kommen zu einer einigermaßen realistischen Einschätzung. Da die Dienstleister allerdings hohe Kosten verursachen wird eine regelmäßige und sorgfältige Bewertung oftmals vernachlässigt. Aufgrund der hohen Komplexität der Ermittlung des Net Asset Values (NAV) der eingegangenen Unternehmensbeteiligungen auf der aggregierten Ebene des Private Equity-Einzelfonds tendieren Private Equity-Unternehmen zu längeren Bewertungszyklen. Obwohl regelmäßige Aktualisierungen des NAV für Limited Partners, und im Falle von Listed Private Equity für die Aktionäre, unzweifelhaft von großem Nutzen sind, berichten die General Partner dennoch nur auf Quartalsbasis und dies meist auch nur mit einer ein- bis zweimonatigen Verspätung. Die Qualität der Berichterstattung in Bezug auf die den Investoren zur Verfügung gestellten Informationen, wie z. B. detaillierte Analysen über das Beteiligungsportfolio, ist mindestens genauso wichtig wie eine regelmäßige Kommunikation des NAV. Aufgrund des Mangels einheitlicher Berichtsinformationen ist es sehr schwer, effektive Vergleiche von zwei oder mehr Private Equity-Gesellschaften bzw. Fonds 322 323
SCHULE (1985): GESCHÄFTSPLÄNE, S. 21ff. PENCE (1982): HOW VENTURE CAPITALISTS MAKE INVESTMENT DECISIONS, S. 11ff.
104
4 Private Equity
Anzahl der Fonds 14
NAV Berichtsfrequenz 12
12 10 8
7
6 4 2
1
1
0 Zweiwöchentlich
Monatlich
Vierteljährlich
Halbjährlich
Abb. 12: Berichtsfrequenz des Net Asset Values durch Private Equity-Gesellschaften Quelle: ABN AMRO Analyse, 2008 – Nur als Indikation zu verwenden!
vorzunehmen, zumal diese versuchen, den Grad der zur Verfügung gestellten Informationen so gering wie regulatorisch möglich zu halten.324 4.6.3
Betreuungsfunktion
Die Betreuungsfunktion umfasst die eigentliche Unterstützung der Unternehmensführung des Portfolio-Unternehmens. Die Betreuungsaufgabe wird durch den Private Equity-Manager wahrgenommen und erstreckt sich auf die Unterstützung der Unternehmensführung. Hierunter sind insbesondere zu verstehen bei Planungsfragen die Rekrutierung von Führungskräften, die Herstellung von Kontakten zu potentiellen Vertragspartnern auf Beschaffungs- und Absatzmärkten und/oder zu entsprechend tätigen Vermittlern sowie die prinzipiell ständige Verfügbarkeit als Ansprechpartner, mit dem Entscheidungsprozesse diskutiert werden können.325 Die Intensität des Betreuungsbedarfs sinkt mit fortschreitendem Stadium im Lebenszyklus des Portfolio-Unternehmens. Mit zunehmender Entwicklung des Unternehmens reduziert sich auch das Kapitalverlustrisiko der Private Equity-Gesellschaft, so dass die Managementunterstützung ihre zusätzliche Funktion als risikopolitisches Instrument der Private Equity-Gesellschaft zunehmend verliert. 324 325
ABN AMRO (2008): LPE FOCUS ISSUE ONE, S. 5 TIMMONS (1985): VENTURE CAPITAL: MORE THAN MONEY?, S. 42ff.
4.6 Spezifische Private Equity-Funktionen
105
Für den Fall der Bedrohung der Unternehmensexistenz sieht der Beteiligungsvertrag regelmäßig erhebliche Eingriffsrechte der Private Equity-Gesellschaft in die Befugnisse der Unternehmensführung vor, z. B. die Durchsetzung personeller Veränderungen in der Führungsspitze. Auch bei zieladäquater Entwicklung werden der Private Equity-Gesellschaft Vetorechte bei bestimmten Entscheidungen eingeräumt. Als Beispiele zu nennen wären hierfür die Liquidation von Aktiva oder Kapitalerhöhungen, auch wenn die Private Equity-Gesellschaft nicht im Umfang einer Sperrminorität beteiligt ist. 4.6.4
Liquidationsfunktion326
Die Liquidationsfunktion der Private Equity-Gesellschaft bezeichnet deren Aufgabe, eine erfolgreiche Beteiligung nach Erreichung definierter Wachstumsziele zu veräußern, um Kapitalgewinne zu erzielen. Dabei hat der Zeitpunkt der Veräußerung erheblichen Einfluss auf die jeweilige Rendite des Einzelengagements und damit auf die erzielbare Gesamtrendite beim Fondsansatz, denn der Barwert zukünftiger Gewinne reduziert sich mit zunehmender Realisierungsdauer erheblich.327 Inflationäre Tendenzen und ihre Berücksichtigung durch, unter sonst identischen Bedingungen, höhere Abzinsungsfaktoren haben denselben Effekt. Aus beiden Gründen ist die Private Equity-Gesellschaft an einer relativ frühen Veräußerung der Beteiligungen interessiert. Als wesentliche Desinvestitionsmöglichkeiten stehen zur Disposition: • Rückkauf der Beteiligung an Unternehmer Management Buyout (MBO)/ Management Buyin (MBI) • Verkauf der Beteiligung an ein akquisitionswilliges Unternehmen bzw. eine andere Private Equity-Gesellschaft Trade-Sale • Verkauf der Beteiligung durch Einführung der Aktien in eines der bestehenden Börsensegmente328 im In- und/oder Ausland Initial Public Offering (IPO) Eine Gewinnausschüttung der Private Equity-Gesellschaft ist auch durch die Übertragung der Beteiligung(en) auf die Investoren möglich. Hierbei ergeben sich jedoch erhebliche Bewertungsschwierigkeiten. Außerdem wird dadurch das Liquidationsproblem nur von der Private Equity-Gesellschaft auf die Investoren abgewälzt.329 Als 326
In der Literatur wird hierfür auch der Begriff „Fungibilisierungsfunktion“ verwendet, der jedoch unpräzise die Börsenemission als alleinige Desinvestitionsmaßnahme impliziert. 327 KOZMETSKY / GILL / SMILOR (1985): FAST GROWTH COMPANIES, S. 8 328 Im Folgenden wird der deutschsprachigen Literatur entsprechend wenig präzise von Börseneinführung gesprochen. Bei Einbeziehung der Aktien in den ungeregelten Freiverkehr (Telefonhandel) der Deutschen Börse AG liegt genau genommen keine Börseneinführung vor. 329 MANN (1985): VENTURE CAPITAL IN ÖSTERREICH, S. 175
106
4 Private Equity
zweckmäßig erscheint eine derartige Maßnahme nur für Investoren mit strategischen Zielsetzungen, die an der Übernahme des/der Portfolio-Unternehmen(s) interessiert sind. Zudem muss es sich in diesem Fall um eine Single-Sponsored Private EquityGesellschaft handeln. Im Folgenden wird diese ungewöhnliche und sehr seltene Art der Liquidation nicht weiter betrachtet.
USA 40%
31%
22%
x All Private Equity US
14% 10%
11%
9%
7%
5%
x y z {
x y
5 Jahre
11%
8%
10%
y Top Quarter Private Equity US z NASDAQ
z {
x y z
10 Jahre
{
{ S&P 500
20 Jahre
Europa
32% 27% 24%
x All Private Equity EU 12%
10%
13%
10%
12% 8%
10%
9%
z EuroStoxx
4%
x y z { 5 Jahre
y Top Quarter Private Equity EU
x y
z {
10 Jahre
x y z
{
{ MSCI EU
20 Jahre
Abb. 13: Private Equity-Renditen in den USA und Europa im Zeitablauf 330 Quelle(n): NVCA, Thomson Financial VentureXpert, Stoxx, Daten zum 30. 06. 2007, Abfrage vom 18. 12. 2007
330
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 336
107
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
Im Interesse ihrer Investoren muss die Private Equity-Gesellschaft bemüht sein, die renditemaximale Desinvestitionsmethode zu wählen. Dabei haben allgemeine Marktfaktoren wie Börsenlage und die generelle Ertragslage der Unternehmen erheblichen Einfluss auf den jeweiligen Desinvestitionserfolg. Da es sich bei den PortfolioUnternehmen i. d. R. nicht um börsennotierte Gesellschaften handelt, bleibt die einzelne Beteiligung bis zum Veräußerungszeitpunkt ein weitgehend illiquides Aktivum.
4.7
Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
Wie eingangs bereits erwähnt wurde sind die historisch erzielten Private EquityRenditen in den USA und Europa (s. Abb. 13) beeindruckend. Insbesondere gilt es den Umstand hervorzuheben, dass selbst unter der Heranziehung der jeweiligen Durchschnittswerte die Anlageklasse Private Equity bei langfristiger Betrachtung (10 bzw. 20 Jahre) stets auch die relevanten Aktienindizes in den USA und Europa deutlich geschlagen hat. Die erzielten Renditen der besten 25% der Private EquityManager, dem so genannten Top-Quartil, liegen sogar um ein Vielfaches über den erzielten Aktienrenditen. Die folgende Tabelle veranschaulicht deutlich, dass das Segment Venture Capital, insbesondere in den Beobachtungszeiträumen von fünf und zehn Jahren, sowohl auf Basis aller Fonds als auch bei ausschließlicher Betrachtung der Top-Quartil Fonds, eine im Vergleich zu Buyout Fonds nur stark unterdurchschnittliche Rendite erzielen Tabelle 7: Vergleich von Venture Capital und Buyout Renditen331 IRR in %
Alle Fonds
Top Quartil
Private Equity Performance USA
Private Equity Performance Europa
5 Jahre
10 Jahre
20 Jahre
5 Jahre
Venture
4,7%
19,1%
14,4%
–0,6%
3,0%
5,2%
Buyout
12,2%
8,7%
13,1%
14,7%
17,4%
16,4%
Gesamt
10,0%
10,9%
14,0%
10,3%
12,5%
12,2%
Venture
14,7%
86,8%
29,6%
10,1%
22,9%
20,2%
10 Jahre
20 Jahre
Buyout
25,2%
23,1%
41,5%
26,8%
36,8%
31,3%
Gesamt
21,7%
40,4%
31,0%
24,4%
32,1%
26,6%
Quelle(n): NVCA, Thomson Financial VentureXpert, Stoxx, Daten zum 30. 06. 2007, Abfrage vom 18. 12. 2007
331
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 337
108
4 Private Equity
konnte. Im Übrigen wird auch deutlich, dass man selbst im Bereich Private Equity/ Venture Capital, wie im Bereich der fünfjährigen Performance in Europa ersichtlich, Geld verlieren kann und somit grundsätzlich eine sehr sorgfältige Auswahl der Fondsmanager und Fondsstrukturen vorgenommen werden muss. Insofern trifft die Aussage eines Interviewpartners voll zu: „You don’t get anywhere by being average!“332 Die heute üblichen Private Equity-Fonds zeichnen sich durch ihre „geschlossene“ Konstruktion aus. Die für offene Fondskonstruktionen wie z. B. Publikumsfonds im Aktienbereich üblichen Aspekte eines sehr hohen Grades an Transparenz und Liquidität werden nicht gewährleistet. Diese Parameter liegen nicht im Interesse der Investoren bzw. der Unternehmen, in die der Private Equity-Fonds durch seine Manager investiert ist. Vielmehr möchte man sicherstellen, dass die durch aktive Managementunterstützung eingeleiteten Maßnahmen in aller Stille umgesetzt werden können und somit der langfristige Erfolg der Investition durch einen Börsengang oder eine andere Variante des Exits nicht gefährdet wird. INVESTOR
ANLAGEPROGRAMM
BETEILIGUNGSPROGRAMME
EINZELUNTERNEHMEN
DachfondsInvestments
Einzelfonds-Investments
Direktinvestments / Co-Investments
Abb. 14: Darstellung unterschiedlicher Private Equity-Investitionsmöglichkeiten333 Quelle: LGT Capital Partners, 2007
4.7.1
Varianten von Private Equity-Investitionen
Grundsätzlich stehen den Investoren fünf Investitionsmöglichkeiten in der Anlageklasse Private Equity offen. Sie können entweder direkt in ein nicht börsennotiertes Unternehmen oder indirekt über Einzelfonds, Dachfonds, den Sekundärmarkt sowie Listed Private Equity investieren. 332 333
Interview mit Glenn Hutchins, Silver Lake Partners, Inc., New York, 20. April 2006 in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 338
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
4.7.1.1
109
Direktinvestitionen
Die erste und für den Investor aufwendigste Investitionsvariante besteht darin, Private Equity-Investitionen direkt in Unternehmen zu tätigen. In diesem Falle suchen und bewerten Investoren mögliche Private Equity-Unternehmen selbst, strukturieren die Finanzierung, betreuen die Beteiligungsunternehmen während der Investitionsperiode und realisieren die Desinvestition. Zusätzlich sind sie für das Portfolio-Management, das heißt das Management der Risiko- und Ertragscharakteristiken des aggregierten Private Equity-Portfolios verantwortlich.334 Ferner erfordert die Direktinvestition mehr Kapital, mehr Ressourcen und besondere Bewertungsmethoden. Bei derartigen Einzelinvestitionen wirkt sich die Insolvenz eines Beteiligungsunternehmens deutlich höher auf die Performance der Kapitalanlage Private Equity aus als in einem diversifizierten Beteiligungsportfolio. Auf der anderen Seite können jedoch hohe Renditen erreicht werden, wenn ein Direktinvestment erfolgreich ist. Direktinvestitionen werden nur von wenigen Großinvestoren getätigt. Aufgrund des hohen Aufwandes ist dieser Ansatz in der Regel nicht zu empfehlen.335 4.7.1.2
Einzelfonds
Private Equity-Einzelfonds stellen mit großem Abstand vor Direktinvestitionen und Anlagen in Dachfonds (Fund of Funds) die vom Anlagevolumen her bedeutendste Beteiligungsvariante in Private Equity dar. Einzelfonds werden in der Regel von Private Equity-Gesellschaften in der US-amerikanischen Rechtsform der Limited Partnership und in Deutschland als Kommanditgesellschaft mit einer ex ante begrenzten Laufzeit aufgelegt.336 Limited Partnerships sind mit der Kommanditgesellschaft nach deutschem Gesellschaftsrecht zu vergleichen. Eine typische Private EquityGesellschaft, die aus geschlossenen Fonds heraus investiert, ist im Besitz des Fondsmanagements und trifft die Anlageentscheidung für das von ihr verwaltete Kapital. Für die im Zuge des Fundsraisings eingeworbenen Mittel gründet die auch als „General Partner“ bezeichnete Managementgesellschaft eine weitere Gesellschaft, die den eigentlichen Fonds darstellt und primär durch das Kapital externer Investoren, den sogenannten Limited Partners finanziert wird. Durch diese Konstruktion werden die Limited Partner an der Wertentwicklung des Fondsvermögens, nicht aber an der Verwaltungsgesellschaft beteiligt.337 Der gesamte Finanzierungsprozess, angefangen von der Suche nach geeigneten Investitionen bis zur Desinvestition, wird bei dieser Investitionsmethode von Private 334
BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 115 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 61 336 HAGENMÜLLER (2004): PRIVATE-EQUITY-PARTNERSHIPS, S. 17 337 UHDE (2006): LISTED PRIVATE EQUITY: WELTWEIT ETABLIERT, S. 10 335
110
4 Private Equity
Equity-Einzelfonds übernommen. Der Fonds nimmt somit eine Intermediärfunktion zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer ein. Er funktioniert durch Diversifikation als Losgrößen- und Risikotransformator. Gleichzeitig übernimmt der Einzelfonds die Auswahl der Beteiligungsunternehmen, deren Überwachung, Unterstützung und Weiterveräußerung.338 In der Regel legen die Beteiligungsmanager alle zwei bis sieben Jahre einen neuen Fonds mit einer fixierten Laufzeit von zehn bis zwölf Jahren zur Zeichnung auf.339 Das Management des Fonds stellt die Komplementäre bzw. General Partners. Potentielle Investoren können während einer Zeichnungsfrist Anteile erwerben, wodurch sie zu Kommanditisten bzw. Limited Partners des Fonds werden. Die Fondsanteile sind nicht fungibel und können häufig nur mit Zustimmung der anderen Kommanditisten veräußert werden, so dass Anleger im Regelfall bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit an den Fonds gebunden sind.340 Die Investition über derartige Fondskonstrukte bietet dem Investor Vorteile wie die Spezialisierung in der Beurteilung und im Management von Beteiligungsunternehmen sowie Transaktionskostenvorteile (Economies of Scale). Ferner können durch das Pooling, das heißt durch das Aufteilen des investierten Kapitals auf mehrere Unternehmen, Diversifikationsvorteile erreicht werden, was das Risiko eines Totalverlustes des Kapitals deutlich vermindert.341 Diesen Vorteilen sind jedoch die hohen Ressourcen, insbesondere Personalressourcen, die Fondsbeteiligungen erfordern, ebenso wie die umfangreiche, aber notwendige Recherche über die einzelnen verfügbaren Private Equity-Fonds gegenüberzustellen. Aufgrund großer Qualitätsunterschiede zwischen den Fondsmanagern kommen Fondsbeteiligungen eher für Investoren mit umfangreicher Private Equity-Erfahrung in Betracht, die diese Qualitätsunterschiede erkennen und die nötigen Schlussfolgerungen ziehen können.342 Die Management-Gesellschaft, die den Private EquityFonds verwaltet, erhält für ihre Leistungen eine jährliche Gebühr, die in der Regel zwischen ein und drei Prozent des von den Investoren gezeichneten Fondskapitals (Committed Capital) beträgt. Diese Management-Gebühr ist eine fixe Vergütung und wird meist unabhängig von dem tatsächlich realisierten Ergebnis des Fonds vergütet. Gegen Ende der Fondslaufzeit reduziert sie sich in der Regel, da die ManagementGesellschaft in dieser Zeit im Gegensatz zur Investitionsphase mit der weniger zeitintensiven Abwicklung des Portfolios beschäftigt ist. Oft ist dann bereits ein Nachfolgefonds in der Vorbereitung. Nach Abschluss der Fondslaufzeit sollte sich das Management-Unternehmen von allen Portfolio-Unternehmen getrennt haben. Der 338
STRASCHEG (2001): DIE VENTURE CAPITAL-PRAXIS, S. 91ff. SCHÜHSLER (1999): FINANZIERUNGEN MIT VENTURE CAPITAL, S. 54 340 ZEMKE (1995): BETEILIGUNGSKAPITALGESELLSCHAFTEN, S. 132 341 BANCE (2004): WHY AND HOW TO INVEST IN PRIVATE EQUITY, S. 10 342 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 62 339
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
111
realisierte Gewinn wird meist nach der 80 :20-Regel verteilt, wonach die Investoren 80% und die Management-Gesellschaft 20% erhält. Die organisatorische Gestaltung mit dem Fonds-Management als Intermediär zwischen Kapitalinvestor und Portfolio-Unternehmen birgt ebenfalls Probleme. Die Investoren binden sich wegen der starken Illiquidität der Anteile lange an das FondsManagement und haben während der Laufzeit nur geringe Möglichkeiten der direkten Einflussnahme. Zudem ist der Markt insbesondere für die Investoren, die nicht dem Management des Fonds angehören, sehr intransparent. Deshalb erlangt die Ausgestaltung der Fondsstatuten große Bedeutung. Ziel ist es, die Interessen von Kapitalgebern und Fonds-Managern anzugleichen.343 4.7.1.3
Dachfonds
Eine weitere Investitionsvariante ist die Methode der Dachfonds, auch Fund-of-Funds genannt. Dachfonds werden hauptsächlich von Private Equity-Investment- und Beratungsfirmen angeboten und bieten dem Investor mit nur einer Beteiligung eine breite Streuung über mehrere Private Equity-Einzelfonds. Der Investor kann seine jährliche Private Equity-Allokation in einen oder mehrere einzelne Dachfonds investieren und diversifizieren. Bei einer Diversifikation über mehrere Dachfonds ist jedoch auf Überschneidungen beim Investitionsfokus und bei den einzelnen Zielfonds zu achten. Je nach Strategie des Managers investiert ein Dachfonds in 15 bis 30 Private Equity-Einzelfonds. Diese investieren ihrerseits wiederum in jeweils ca. 20 Unternehmen, womit ein Investor durch eine einzelne Dachfonds-Beteiligung Anteile an einem breit diversifizierten Portfolio aus 200 bis 600 Beteiligungsunternehmen besitzt. Eine derartig hohe Diversifikation drückt das Risiko eines Kapitalverlustes auf nahe Null. Für Privat- und Betriebsvermögen erscheint daher als „Einstiegsvariante“ vor allem die Investmentvariante des Private Equity-„Dachfonds“ sinnvoll. Der folgende Strukturchart (Abb. 15, S. 112) illustriert die Funktionsweise des Dachfondskonzeptes. Darüber hinaus investieren Dachfonds oft in Sekundärpositionen, d. h. in Anteile an Private Equity-Einzelfonds, welche von ihrem bisherigen Investor aus strategischen, Risiko- oder Liquiditätsgründen vor Ablauf der Fondslaufzeit verkauft werden. Aufgrund der Marktliquidität sind solche Fondsanteile oft unter ihrem NettoVermögenswert zu Discountkonditionen erhältlich.344 Aufgrund der vergleichsweise hohen Mindestinvestitionsvolumina, die in der Regel zwischen fünf und zehn Millionen Euro pro Beteiligungsfonds betragen, ist eine derart breite Portfoliodiversifikation für kleinere und mittlere institutionelle Investo343 344
GOMPERS / LERNER (1999): THE VENTURE CAPITAL CYCLE, S. 19ff. BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 275ff.
112
4 Private Equity
Investor 1
Investor 2
Investor 3
...
Investor n
Private-Equity Dachfonds
ca. 25 ca. 25 Fonds Fonds
Einzelfonds I
Einzelfonds II
Einzelfonds III
Einzelfonds IV
PortfolioPortfolioUnternehmen Unternehmen
PortfolioPortfolioUnternehmen Unternehmen
PortfolioPortfolioUnternehmen Unternehmen
PortfolioPortfolioUnternehmen Unternehmen
...
Einzelfonds m
mehrere mehrere hundert hundert Unternehmen Unternehmen
PortfolioPortfolioUnternehmen Unternehmen
Abb. 15: Funktionsweise des Private Equity-Dachfondskonzepts345 Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2007
ren kaum in Eigenregie umsetzbar.346 Eine ausreichend breite Streuung bzw. Diversifizierung über mehrere Manager würde bei Investments in einzelne Beteiligungsfonds ein Investitionsvolumen von mindestens 100 bis 150 Millionen Euro voraussetzen.347 Neben dieser auf einfache Art erreichten Diversifikation garantieren gute Dachfonds zudem eine professionelle Portfolio-Verwaltung. Die Manager sind in der Regel im Aufsichtsrat der zugrunde liegenden Fonds vertreten. Sie nehmen vor der Investition auf die Fondsverträge sowie beispielsweise auf die Vergütungsregelungen der Fondsmanager Einfluss. Sie kontrollieren die Einhaltung der Fondsstrategie und wissen, warum die Fondsmanager mit den besten Ergebnissen wieder neue Fonds auflegen werden. Meist haben nur sie Zugang zu den Fonds, die aufgrund ihrer begrenzten Größe einen limitierten und meist wiederkehrenden Investorkreis haben. Die Dachfonds-Variante ist unter dem zeitlichen Aspekt gesehen die schnellste, risikoloseste und effizienteste Investitionsmöglichkeit in den Private Equity-Markt. Somit ist für die Investoren außer der Evaluation eines geeigneten Dachfonds und regelmäßigen Treffen und Besuchen kaum zusätzlicher Aufwand verbunden. Damit eignen sich Fund of Funds besonders für Investoren, die nur über begrenzte Ressourcen und Fähigkeiten zum Management der Private Equity-Allokation ver345
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 338 346 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 64 347 BEGLER (2005): PRIVATE EQUITY DACHFONDS, S. 51 348 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 65
349
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 340
Quelle(n): Venture Xperts, Cochrane; Weidig / Mathonet, 01/2004
Abb. 16: Wertentwicklung und Eintrittswahrscheinlichkeiten unterschiedlicher Beteiligungsprogramme349
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
113
114
4 Private Equity
fügen.348 Die auf der Dachfondsebene zusätzlich anfallenden Gebühren gegenüber direkten Investments in Einzelfonds sind gut investiert, wenn man bedenkt, welche Kosteneinsparungen in puncto Zeitaufwand und notwendigen Ressourcen diesen auf der Investorenseite gegenüberstehen.350 Im deutschen Private Equity-Markt gibt es Dachfonds in der Rechtsform von Personengesellschaften, börsennotierten Kapitalgesellschaften sowie strukturierten Produkten.351 Anders als in den USA sind hingegen spezialisierte Managed AccountAnbieter, die dem Investor dabei behilflich sind, ein maßgeschneidertes Private Equity-Programm in Eigenregie aufzubauen, in Europa bisher kaum anzutreffen.352 Das Schaubild (Abb. 16, S. 113) setzt anschaulich die Wertentwicklung der geschlossenen Private Equity-Investments, ausgedrückt in Multiples, d. h. dem Vielfachen des investierten Kapitals, ins Verhältnis zu den korrespondierenden Eintrittswahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Private Equity-Vehikel Direktinvestition, Einzelfonds und Dachfonds. Es ist unschwer zu erkennen, dass das Verlustrisiko bei Direktinvestitionen und Einzelfonds deutlich größer ist als bei Dachfonds. Vor diesem Hintergrund erscheinen derartige Investitionen nur für professionelle institutionelle Anleger wie z. B. Ka60% 40%
48% 30%
30%
20% 0%
1%
1%
0%
-4% -20% -29%
-40% -60% -80% -85%
-100% Wahrscheinlichkeit eines Verlusts
Direktinvestments
Durchschnittlicher Verlust (im Falle eines Verlusteintritts)
Einzelfonds
Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts
Dachfonds
Abb. 17: Private Equity-Verlustwahrscheinlichkeiten bei Direktinvestitionen, Einzelfonds und Dachfonds353 Quelle: Weidig / Mathonet, 01/2004 350
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 28 KREUTER / ROEDER (2003): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKLASSE, S. 354ff. 352 MACKEWICZ / CREMIEUX / GRAAT / KAYMER (2005): PRIVATE EQUITY, S. 17 353 in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 340 351
115
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
pitalsammelstellen geeignet. Diese Anlegergruppe kann aufgrund ihrer anzulegenden Anlagevolumina eine adäquate Streuung über eine ausreichende Anzahl von Einzelfonds und Direktinvestitionen erreichen. Tabelle 8: Risikoprofil europäischer Buyout Einzelfonds gegenüber Dachfonds
Multiple (Durchschnitt) Wahrscheinlichkeit für einen Teilverlust Durchschnittlicher Verlust (bei einem Ausfall) Wahrscheinlichkeit von Totalverlust
Einzelfonds
Dachfonds*
1,6 21% –23% 1%
1,7 0% –1% 0%
Anmerkung: Ergebnisse basieren auf einem Datensatz von etwa 200 Fonds und 50.000 simulierten Dachfonds *Werte gerundet, daher durchschnittlicher Verlust bei 1% Quelle: Weidig / Mathonet, 01/2004
Aufgrund der beschriebenen Funktionsweise müssen Private Equity-Investitionen grundsätzlich den so genannten risikobehafteten Anlagen zugerechnet werden, da die Rendite fast ausschließlich über Wertveränderungen erzielt wird. Das folgende Schaubild illustriert den Unterschied zwischen risikobehafteten und risikoreduzierten Anlagen. Das Universum der Anlageklassen
Grundsätzlich lassen sich Anlagearten in die Bereiche der „risikoreduzierten“ und „risikobehafteten“ Anlageklassen einordnen. Risikoreduzierte Anlagen
Laufender Ertrag
Die Rendite dieser Anlageform hängt maßgeblich vom laufenden Ertrag - z.B. Zinsen ab. Wertveränderungen
Risikoreduzierte Anlagen
wie beispielsweise Kursgewinne oder -verluste spielen eine untergeordnete Rolle. Risikobehaftete Anlagen Risikobehaftete Anlagen
Risikobehaftete Anlagen erzielen ihre Rendite überwiegend aus Wertveränderungen, laufende Erträge werden lediglich in geringem Umfang vereinnahmt.
Wertveränderung
Abb. 18: Risikobehaftete und risikoreduzierte Anlageklassen im Vergleich354 Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2007
354
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 341
116 4.7.1.4
4 Private Equity
Sekundärmarkt für Private Equity
„Secondaries“ bezeichnen den Verkauf bereits bestehender, d. h. investierter Private Equity-Investments an einen anderen Finanzinvestor.355 Sie waren in Deutschland bisher weniger bekannt als im angelsächsischen Raum. Die Beimischung von Secondary-Investments in ein Private Equity-Portfolio generiert durch die verkürzte Investitionsphase schnellere Rückflüsse.356 Die Rendite gemessen als interne Verzinsung (IRR) steigt, der Multiplikator auf das eingesetzte Kapital sinkt jedoch wegen der kürzeren Haltedauer.357 Pro Jahr werden nach Schätzungen von Greenpark Capital, einem Spezialisten für den Kauf von Secondary Funds, zwischen 2% und 4% des gesamten weltweit investierten Private Equity-Fondsvermögens umplaziert. Während sich Private Equity-Fonds in den ersten fünf bis sechs Jahren auf ihre Investitionen konzentrieren und erste Ausschüttungen an die Fondsanleger in aller Regel frühestens vom vierten Jahr der Fondslaufzeit an zu erwarten sind, wird der Prozess beim Erwerb von Secondaries entsprechend verkürzt.358 Der Handel mit Secondaries beinhaltet drei Ebenen, die zu unterscheiden sind. Auf der Ebene der Direktbeteiligungen ist es der Verkauf eines Unternehmens von einem Private Equity-Fonds an einen Dritten. Die zweite Ebene bezeichnet Fonds und deren Handel mit Einzahlungszusagen für bestehende Fonds beziehungsweise schon getätigte Einzahlungen von Investoren. Bei der dritten Ebene handelt es sich um Fund-of-Funds oder Dachprogramme, d. h. um den Kauf und Verkauf ganzer Portfolios.359 Bei einem Secondary eines einzelnen Unternehmens können Investoren auf beiden Seiten der Transaktion investiert sein. Dieser Markt entwickelte sich insbesondere wegen des in der Vergangenheit günstigen Fremdkapitals überdurchschnittlich schnell. Auf diesem Markt bieten sich gute Veräußerungsmöglichkeiten – auch „Exitkanäle“ genannt – mit teilweise attraktiven Bewertungen. Problematisch bei der Veräußerung von Fondsbeteiligungen ist, ob die jeweiligen aufeinander folgenden Fonds dabei die Unternehmen gewinnmaximierend „ausquetschen“ oder die Unternehmenswerte tatsächlich nachhaltig gesteigert werden. Für viele Verkäufer steht dabei das Ziel einer schnelleren Rekapitalisierung im Vordergrund. Damit bietet sich den Verkäufern eine interessante Alternative zum wesentlich aufwendigeren und kostenintensiveren „Exit“ über einen Börsengang. Wenn ganze Portfolios verkauft werden wird dies als Limited Partners-Transaktion bezeichnet. Pensionskassen, Versicherungen, Banken, Stiftungen oder Family 355
GLADSTONE (1988): VENTURE CAPITAL HANDBOOK, S. 229 HANSING (2005): SEKUNDÄRMARKT FÜR PRIVATE EQUITY INVESTMENTS, S. 39–41 357 FRASER-SAMPSON (2007): PRIVATE EQUITY AS AN ASSET CLASS, S. 216 358 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 67 359 TESTA HURWITZ & THIBEAULT (2003): INTRODUCTION TO SECONDARIES, S. 12ff. 356
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
117
D D EE? N ? N D y-T N F! 3 \$"1"*+%+ 8(% '(%&)*%13% %& *))19%&%*531**$"2%
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Abb. 19: Fonds Secondary-Transaktionen Quelle: Eigene Graphik
Offices wollen sich unerwartet und ungeplant ganz oder teilweise aus der Anlageklasse zurückziehen. Gründe für den Rückzug sind Unzufriedenheit mit der Performance, Änderung in der Asset Allokation oder dringender Liquiditätsbedarf. Als Käufer treten hier meist spezialisierte Secondary-Fonds, Fund of Funds oder Dachprogramme auf. Diese Transaktionen finden vorrangig in einem Klima großer Verschwiegenheit statt, da die Verkäufer sie in der Regel nicht öffentlich kommunizieren wollen. Vorteile für den Käufer ergeben sich dadurch, dass die Beteiligungen schon weiter entwickelt sind als beim Erwerb durch den ersten Fonds. Auch liegen Erfahrungen vor, die das Risiko des Engagements reduzieren. Schwierigkeiten entstehen besonders bei der Bewertung der zu verkaufenden Fonds. Die Due Diligence ist sehr aufwendig und erfordert ein hohes Maß an Fachwissen.360 Gemeinsamer Vorteil der aufgezeigten Secondary-Varianten ist das bessere Risikoprofil, das sie im Vergleich zu Primärtransaktionen aufweisen. Auch können die Investoren früher mit Ausschüttungen rechnen, da Positionen erworben werden, die bereits seit einigen Jahren existieren und somit früher ganz veräußert werden können. Der Secondary-Käufer kann beim Einstieg das Portfolio mit einer dokumentier360
HAGENMÜLLER (2004): PRIVATE-EQUITY-PARTNERSHIPS, S. 152ff.
118
4 Private Equity
ten Historie wesentlich besser beurteilen, als dies bei dem Erwerb eines Primärfonds möglich ist.361 4.7.1.5
Listed Private Equity
Eine weitere und an dieser Stelle nur kurz beleuchtete Private Equity-Anlagevariante stellt der sich zunehmend entwickelnde Markt für „Listed Private Equity“ (LPX) dar. Hierbei handelt es sich um börsennotierte Private Equity-Gesellschaften bzw. Private Equity-Fondsvehikel. In Kapitel 6 wird eine weitere detaillierte Ergänzung der folgenden Analyse dieses Marktsegments vorgenommen. Börsennotierte Private Equity-Aktiengesellschaften existieren in Europa bereits seit über dreißig Jahren. Beispiele sind u. a. 3i, ein in London gelistetes Private Equity-Unternehmen, sowie das börsennotierte Fund of Funds-Geschäft der Investmentbank der Schroeder Ventures International Investment Trust (SVIIT). So hat beispielsweise im Mai 2006 KKR einen über fünf Milliarden Euro großen Teil eines Fonds an der Amsterdamer Börse (Euronext) erfolgreich gelistet.362 Grundproblem der Investition in börsennotierte Anlageinstrumente ist, dass die gewünschte niedrige Korrelation der Private Equity-Anlageklasse mit börsennotierten Aktien bei einer Notierung nicht mehr gewährleistet ist. In schwachen Aktienmärkten haben börsennotierte Private Equity-Gesellschaften meist einen Abschlag auf den Nettovermögenswert (NAV) hinzunehmen. Inzwischen gibt es auch Zertifikate wie das der ABN AMRO-Bank, das einen Index von 15 großen und in der Rückschau kursstarken börsennotierten Private Equity-Gesellschaften abbildet.363 Ein großer Vorteil dieser Investitionsform ist deren Fungibilität, denn die Aktien und Zertifikate können börsentäglich verkauft werden.364 Weitere börsenfähige Anlageinstrumente, wie die Wandelanleihen Princess und Pearl der Partners Group, sind sogenannte „Surrogate“. Sie haben jedoch an Bedeutung verloren, da sie die Eigenschaften, die bei ihrer Emission im Vordergrund standen, insbesondere die Fungibilität, in der Praxis nur teilweise erfüllen konnten. Im Bereich der Kapitalmarktforschung bezeichnet man Surrogate als synthetische Produkte. Diese setzen sich aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. So besteht z. B. das Princess-Anlagevehikel aus einem Private Equity-Dachprogramm, verpackt in eine Wandelanleihe mit Kapitalgarantie, die nach einer Laufzeit von sieben Jahren in eine dann an der Börse einzuführende Aktiengesellschaft gewandelt werden kann.365 361
BECKER (2004): „SECONDARIES“ ERHÖHEN LIQUIDITÄT, S. 2 N.N. (2006): KKR BRINGT FONDS AN DIE BÖRSE, S. 4 363 N.N. (2005): LPX-ZERTIFIKATE VON ABN-AMRO, S. 95 364 UHDE (2006): LISTED PRIVATE EQUITY: WELTWEIT ETABLIERT, S. 18 365 N.N. (1999): PRIVATE-EQUITY-ANLEIHE MIT KAPITALGARANTIE, S. 5 362
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
119
Ein bedeutendes Problem bei der Performanceanalyse von Private Equity ist der Mangel an belastbaren Marktdaten sowie der Mangel an Liquidität. Daneben ist es sehr schwierig, die Performance eines einzelnen Private Equity-Investments klar einzuschätzen, da bis dato keine auf Marktpreisen basierende Benchmark für diese Anlageklasse aufgebaut wurde. Im Zeitraum von 1986 bis 2003 waren laut einer detaillierten Analyse der Universität Basel366 287 Private Equity-Gesellschaften und Vehikel an den Börsen notiert. Wenn man die notwendigen Restriktionen in Bezug auf Verfügbarkeit von Marktpreisen, Marktkapitalisierung, Handelsvolumen, Bid-Ask Spreads, Handelskontinuität und die Bereinigung um nicht überlebende Vehikel berücksichtigt, so reduziert sich diese Zahl auf 122. Der entscheidende Vorteil des LPX-Marktsegments ist die jederzeitige Verfügbarkeit von Marktpreisen, welche eine stabilere Performancemessung ermöglichen, sowie die Gewährleistung einer jederzeitigen Liquidität – ein positives und grundsätzlich Private Equity untypisches Element. Auf Basis der derzeit ca. 300 börsennotierten Private Equity-Vehikel wurde der repräsentative Index LPX (Listed Private Equity-Index) konstruiert, der für die Analyse von Risiko und Rendite Charakteristika dieser Anlageklasse verwendet. Daneben dient er auch als valide Vergleichsbenchmark mit anderen eher traditionellen Anlageformen. Die im LPX zu findenden Vehikel können, trotz Börsennotierung, als Private Equity nah klassifiziert werden solange das Hauptgeschäftsfeld der Firmen sich mit Private Equity-Investitionen beschäftigt. Die jeweiligen Vehikel lassen sich in drei Kategorien fassen: • Börsennotierte Gesellschaften, deren Kerngeschäft Private Equity ist (z. B.: 3i, Blackstone) • Börsennotierte Investmentfonds, die einen vordefinierten proportionalen Anteil in spezifischen Privatfirmen zusammen mit eigenen privaten Mitteln der Gesellschaft investieren (z. B.: Schroeder Ventures International Investment Trust (SVIIT)) • Speziell strukturierte Anlagevehikel, die direkt in Private Equity investieren (z. B. Firmenbeteiligungen) und/oder Partizipation durch Beteiligungen an Private Equity-Funds (z. B.: Castle Private Equity) Die im Index enthaltenen Private Equity-Vehikel und Gesellschaften, in die direkt oder indirekt investiert wird, repräsentieren alle möglichen Finanzierungsstufen von Early Stage über spätere Expansionsphasen bis hin zu Buyout und Turnaround Situationen.367 Die folgende Tabelle verdeutlicht das signifikante Wachstum des Marktsegmentes Listed Private Equity in den letzten 20 Jahren. 366 367
BILO, CHRISTOPERS, DEGOSCIU, ZIMMERMANN (2004): PUBLIC PRIVATE EQUITY BERNHARDT (2008): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKLASSE, S. 59
120
4 Private Equity
Tabelle 9: Entwicklung des Segments Listed Private Equity (1986–2002)368 Jahr der Börsennotierung vor 1986
Anzahl Prozentder satz Unternehmen 13
4,53%
3
1,05%
1987–1988
17
5,92%
1989–1990
18
6,27%
1991–1992
6
2,09%
1993–1994
15
5,23%
1995–1996
42
14,63%
1997–1998
54
18,82%
1999–2000
98
34,15%
2001–2002
21
7,32%
287
100,00%
1986
Summe
Region
Anzahl ProzentMarktProzentder satz wert satz Unter(Mio USD) nehmen
Amerika
82
28,57%
13.645,84
24,90%
Asien
31
10,80%
19.741,37
36,02%
Europa
163
56,79%
20.951,15
38,23%
11
3,83%
466,86
0,85%
287
100,00%
Rest der Welt Summe
54.805,22
100,00%
Quelle: Primark Datastream
Gemäß der Analysen der Universität Basel sind die meisten Vehikel (173 von 287) erst im Verlauf der letzten Jahre notiert worden, wobei sich viele auf die Finanzierung junger Technologiefirmen fokussierten. Im Vergleich dazu waren im Jahr 1973 lediglich 5 Vehikel notiert. In den achtziger Jahren wurden insbesondere in Großbritannien aufgrund spezieller Steuervergünstigungen 113 Vehikel, überwiegend Investment und Venture Capital-Trusts gelistet. Bei Betrachtung der durchschnittlichen Marktkapitalisierung sind 38,23% des gesamten Marktes in Europa, 36,02% in Asien und 24.90% in den USA notiert. Der Median der Marktkapitalisierung beträgt lediglich 22 Millionen US$, so dass es sich eher um kleinere Gesellschaften handelt. Wie bereits erwähnt besteht eine signifikante Restriktion bei Private Equity-Anlagen in deren immanenter Illiquidität. Die oben beschriebene Stichprobe von 122 börsennotierten Vehikeln gewährleistet hingegen eine ausreichende Liquidität, die anhand verschiedener Marktcharakteristika gemessen werden kann. Die folgenden Parameter sollten dabei grundsätzlich erfüllt sein: – Ein Minimum von 30 Kursbewegungen pro Woche – Eine durchschnittliche Marktkapitalisierung von mindestens 2 Millionen US$ 368
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 339
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
121
– Ein minimales relatives Handelsvolumen von 0.1% pro Woche – Ein durchschnittlicher Bid-Ask Spread von kleiner 20% – Eine minimale Handelskontinuität von 15% Sobald man diese Liquiditätsrestriktionen einführt reduziert sich das bisherige Universum beträchtlich von zunächst 287 auf 122 Titel. Es ist damit offensichtlich, dass das Thema „Illiquidität“ eine ernstzunehmende Problematik selbst im Bereich von Listed Private Equity darstellt. Tabelle 10: Entwicklung von Listed Private Equity im Zeitablauf und unter Berücksichtigung von Liquiditätsbeschränkungen Durchschnitt- GesamtNach Differenz liche Marktzahl Liquiditätskapitalisierung beschrän(Mio. USD) kungen
Durchschnitt- GesamtNach Differenz liche LiquiditätsGeld/BriefbeschränSpanne kungen
<10 10–30 30–50 50–100 100–250 250–500 500–1000 1000–5000 >5000 Summe
<5% 5%–10% 10%–15% 15%–20% 20%–25% 25%–50% >50% Summe
Marktkap.* Prozentsatz
75 94 37 26 30 11 8 3 3 287
13 38 16 14 25 8 3 2 3 122
62 56 21 12 5 3 5 1 0
Summe
1–10
11–50
51–122
7.427 100,00%
29.710 79,38%
6.047 16,16%
1.670 4,46%
82 36 25 20 15 23 86 287
66 25 18 13 4 4 54 184
16 (20%) 11 (31%) 7 (28%) 7 (35%) 11 (73%) 19 (83%) 32 (37%)
*in Mio. US -Dollar Quelle: Primark Datastream, 2008
Den dargestellten positiven Eigenschaften von Listed Private Equity steht jedoch eine gewisse Korrelationen mit den betreffenden Aktienmärkten entgegen, wodurch die an und für sich durch Private Equity-Beimischungen erhofften Risikodiversifikationsaspekte einer Bewertung unterzogen werden müssen. Diese Analyse wird in Kapitel 6 vorgenommen. Es kann festgehalten werden, dass es heute im Vergleich zu früher vom Grundsatz her möglich ist, ein breit diversifiziertes, liquides und steuerlich effizientes Private Equity-Dachfondsvehikel aus dem derzeitigen Kranz von ca. 300 liquiden Listed Private Equity-Gesellschaften zu kreieren. Im Zeitablauf ist von einer weiter zunehmenden Anzahl an Börsennotierungen auszugehen, so dass sich der vormals elitäre Priva-
122
4 Private Equity
te Equity-Markt für Institutionen und sehr vermögende Privatkunden sukzessive den Retailkunden öffnen wird. Selbst weltweit führende Private Equity-Gesellschaften wie z. B. KKR ermöglichen mittlerweile durch spezielle börsennotierte Vehikel auch breiteren Bevölkerungsschichten die Partizipation an den Erfolgen ihrer Private Equity-Fonds. Zwar sind derartige Angebote noch immer sehr teuer und zum Teil nicht immer steuereffizient für den deutschen Investor, doch zeigt diese Entwicklung, dass sich renommierte Private Equity-Adressen einem breiteren Pool an Investoren öffnen wollen. Dies ist eine Entwicklung, die sich bei längerfristiger Betrachtung auch für klassische Retailkunden als sehr positiv erweisen wird. Neben einzelnen, bereits existenten offenen Listed Private Equity-Fonds eröffnen sich Investoren jedoch noch weitere interessante Vehikel, um an dieser Anlageklasse zu partizipieren. Unter anderem auch in Anlehnung an die Analysen der Universität Basel gibt es bereits heute Anbieter von Indizes auf börsennotierte Private EquityGesellschaften. Renommierte Banken machen sich diese Indizes zu Nutze und legen mehr oder weniger breit gestreute Zertifikate auf. Sowohl die offenen Fonds als auch Exchange Traded Funds und Zertifikate sind börsennotiert und werden im Gegensatz zu den klassischen geschlossenen Private Equity-Fonds laufend gehandelt, wodurch der einzelne Anleger jederzeit aussteigen kann.369 4.7.2
Portfoliooptimierung mit Private Equity
Die Portfolio Selection-Theorie von Markowitz wird in der Literatur auch als eine normative Theorie der optimalen Portfoliozusammensetzung eines risikoaversen Investors beschrieben.370 Der Anleger entscheidet demzufolge über die Zusammensetzung seines Investitionsprogramms anhand des +-m-Prinzips, d. h. die Bewertung der Anlagegüter erfolgt in Abhängigkeit von der zu erwartenden Rendite und dem Risiko der einzelnen Objekte und ihrer Auswirkungen auf das gesamte Portfolio.371 Die Entscheidungsregel unterstellt eine Normalverteilung der Renditen oder eine quadratische Risikonutzenfunktion.372 Die Investitionsobjekte sind entweder einzelne Wertpapiere oder Aggregate einer Anlagekategorie.373 Unter der Prämisse, dass keine Transaktionskosten und Steuern existieren, alle Wertpapiere beliebig teilbar sind und die Betrachtung nur für eine Periode erfolgt, interessieren den Investor die effizienten Portfolios.374 369
BERNHARDT (2008): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKLASSE, S. 65 STEINER / BRUNS (2000): WERTPAPIERMANAGEMENT, S. 20 371 HOFFMANN (2002): PRIVATE EQUITY IM PENSIONSFONDS-MANAGEMENT, S. 21 372 SCHWILLING (1989): VENTURE CAPITAL ALS KAPITALANLAGE, S. 188 373 MARKOWITZ (1952): PORTFOLIO SELECTION, S. 91 374 STEINER / BRUNS (2000): WERTPAPIERMANAGEMENT, S. 9 370
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
123
Als effizient werden die Portfolios definiert, die ein optimales Rendite/Risiko-Verhältnis aufweisen. Das Rendite/Risiko-Verhältnis bedeutet, bei gleicher Rendite ein geringeres Risiko einzugehen oder bei gleichem Risiko eine größere Rendite zu erwirtschaften. Aus diesen Portfolios, die sich auf dem effizienten Rand (Efficient Frontier) in einem +-m-Diagramm befinden, wählt der Anleger aufgrund einer individuellen Präferenzfunktion das optimale Portfolio, wobei das Portfolio Selection-Modell rationales, risikoscheues Verhalten unterstellt.375 Zentrale Bedeutung kommt in dem Modell der Korrelation der Renditen der einzelnen Anlagen für das Portfoliorisiko zu.376 Dies gilt auch für die Beimischung von Private Equity in ein Wertpapierportfolio. Im Folgenden soll untersucht werden, wie die Beimischung einer alternativen Assetklasse wie Private Equity in ein Wertpapier-Portfolio das Rendite/Risiko-Verhältnis beeinflusst. Nach Markowitz ist eine Diversifikation nur dann sinnvoll, wenn nicht ausschließlich die erwarteten Renditen betrachtet werden. Nach der Portfoliotheorie wird unterstellt, dass Investoren Anlageentscheidungen unter Berücksichtigung der verschiedenen Anlageklassen treffen, d. h. dass sie neben einer hohen Rendite und geringem Risiko auch eine geringe, möglichst negative Korrelation der einzelnen Anlageklassen anstreben.377 Die Zielsetzung ist hierbei, durch eine breite Streuung von Risiko und erwarteter Rendite des Anlagekapitals, d. h. durch Diversifikation, ein effizientes Portfolio zu erhalten und somit das unsystematische Portfoliorisiko weitgehend zu eliminieren. Bei diesen einzelwirtschaftlichen bzw. titelspezifischen Risiken handelt es sich um spezielle Risiken, die nicht im Zusammenhang mit übergeordneten Ereignissen entstehen. Die Ursache für ein unsystematisches Risiko ist vielmehr bei dem betroffenen Anlageobjekt selbst zu suchen. Das systematische Risiko beschreibt dagegen marktinhärente Veränderungen, die die jeweilige Anlagekategorie insgesamt betreffen.378 Für die Bestimmung der Portfoliovarianz ist neben den Einzelvarianzen der Assetklassen die Kovarianz zu berechnen.379 Durch die Beimischung von Private Equity wird die Anzahl der im Portfolio befindlichen Anlageklassen erhöht und das unsystematische Risiko des Portfolios kann damit bei gleich bleibender Renditeerwartung reduziert werden.380 4.7.3
Anwendbarkeit und Bedeutung der Portfolio-Theorie für Private Equity-Investments
Die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Markowitz-Modells lassen sich in Annahmen über das Investorenverhalten und Eigenschaften des Marktes unterscheiden. 375
SHARPE (1970): PORTFOLIO THEORY AND CAPITAL MARKETS, S. 187 STEINER / BRUNS (2000): WERTPAPIERMANAGEMENT, S. 6 377 GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 106 378 STEINER / BRUNS (2000): WERTPAPIERMANAGEMENT, S. 55 379 ROSS / WESTERFIEL / JAFFE (2002): CORPORATE FINANCE, S. 245 380 GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 110 376
124
4 Private Equity
Investorenverhalten
Markteigenschaften
Entscheidungsparameter
Orientierung am Erwartungswert und Varianz (bzw. Standardabweichung) der möglichen Renditen Berechnung der erwarteten Renditen Berechnung der Varianz der möglichen Renditen Berechnung der Kovarianzen Möglichkeit zur Bestimmung des effizienten Portfolios
Friktionslose Märkte
Vollständige Konkurrenz
Risikoaverison und Nutzenmaximierung
Keine Transaktionen Keine Steuern Anlagen sind beliebig teilbar
Investoren sind risikoscheu Investoren sind Nutzenmaximierer
Unbeschränkter Zugang zum Anlagemarkt Keine Arbitragemöglichkeiten Investoren sind Nachfrager Investoren haben keinen Einfluss auf den Preis Kein Einfluss auf die Wahrscheinlich keitsverteilung der Renditen Leerverkäufe Leerverkäufe
Ausgeschlossen
Keine risikolosen Anlagen Keine zwei Anlagen, deren Korrelationskoeffizient -1 beträgt Mindestens zwei Anlagen weisen unter schiedliche erwartete Renditen auf
Einperiodenmodell
Einperiodiger Planungshorizont: Prüfung der Ergebnisse am Ende der Periode 1; anschließend Planung für Folgeperiode Länge der Zeitperiode abhängig von der Veränderung von Erwartungswert und Varianz
Verhalten der Anleger
Abb. 20: Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Markowitz-Modells381 Quelle: Eigene Graphik
Es muss detailliert geprüft werden, inwiefern die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Markowitz-Modells im konkreten Investitionsfall erfüllt sind.382 4.7.4
Ineffizienzen des Eigenkapitalmarktes als Voraussetzung für Private Equity-Investments
In der Kapitalmarkttheorie wird oft ein vollkommener Kapitalmarkt unterstellt. Die Voraussetzungen für vollkommene Märkte sind Friktionslosigkeit,383 vollkommene Konkurrenz,384 Informationseffizienz385 und Marktteilnehmer, die rationale Nutzen381
Graphik auf Basis von AUCKENTHALER (1994): PORTFOLIO MANAGEMENT, S. 154 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 84 383 In einem friktionslosen Markt gibt es keine Transaktionskosten, keine Steuern und keine regulatorischen Einschränkungen. Wertpapiere sind perfekt handelbar und beliebig teilbar. 384 Alle Marktteilnehmer sind Preisnehmer und können somit die Preise nicht beeinflussen. 385 Information ist kostenlos und wird von allen Marktteilnehmern gleichzeitig erhalten. 382
4.7 Gewichtung von Private Equity im Rahmen der Strategischen Asset Allokation
125
maximierer sind.386 Der Private Equity-Markt zeichnet sich jedoch im Vergleich zu anderen Märkten durch ein relativ hohes Maß an Unvollkommenheit aus, was dazu führte, dass traditionelle Methoden des quantitativen Portfoliomanagements bei den wichtigsten alternativen Investments wenig aussagekräftig sind.387 Neben dem Einfluss der Gesamtrendite einer Anlage, der eben bei den traditionellen Analysen vernachlässigt wird, spielen weitere Aspekte in diese Problematik hinein. Bei vielen Formen alternativer Investments gibt es Probleme mit den Daten, insbesondere was ihre Verfügbarkeit und Qualität angeht. Auch das Arbeiten mit den vielen neu aufgekommenen Indizes scheint, da die Aggregation auch einen Verlust an einzelner Information bedeutet, nur bedingt nützlich. Selbst bei spezialisierten Strategieindizes bleibt unklar, auf welchen Märkten die entsprechende Strategie durch die einzelnen Fonds tatsächlich umgesetzt wurde, inwiefern temporäre Abweichungen zu Verzerrungen geführt oder wie sich bestimmte Marktumfelder auf die Strategie ausgewirkt haben. Diese Einflüsse sind ebenso schwer als Renditeveränderung quantifizierbar. Weiterhin gibt es ein grundsätzliches Problem beim Arbeiten mit historischen Daten, insbesondere mit der Dynamik des Investitionsumfeldes, in dem eine bestimmte Strategie umgesetzt wird. Sollte die Strategie tatsächlich das Ertragsprofil eines aktiv verwalteten Fonds wesentlich mitbestimmen, dann müsste auch beachtet werden, dass sich dieses Ertragsprofil im Zeitablauf erwartungsgemäß ändern kann. Die gewählte Strategie führt zu einem laufenden Ertrag auf einem bestimmten Markt. Die strategische Komponente wird also vorrangig durch die Marktstruktur, in der sie erzielt werden soll, geprägt. Analog zur Konkurrenzsituation muss sich somit auch das Ertragsprofil einer Strategie ändern. Beispielhaft verdeutlicht wird dies auf dem US-amerikanischen Private EquityMarkt. Dort lässt sich schon seit geraumer Zeit beobachten, wie die einst fantasieanregenden Überrenditen gemessen am Risiko mit dem Einstieg neuer Wettbewerber stetig sinken. Wie alle anderen Konkurrenzpreise auch müssen sich die Renditebeiträge von Strategien irgendwann auf einem Niveau einpendeln, das gerade noch kostendeckend ist. Wie nahe sie an dieses theoretische Ideal herankommen und wie lange dies dauert, hängt von der Struktur des Marktes ab. Diese Dynamik teilweise übertriebener Überschussrenditen erscheint angesichts des derzeitigen Wettbewerbs der Finanzindustrie mittelfristig unausweichlich.388 Das Tempo des Wandels in diesem Bereich ist derzeit relativ hoch. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es zukünftig noch weiter steigen wird. Historische Daten sind somit nur bedingt aussagekräftig; selbst dann, wenn sie in ausreichender Menge und in genügender Qualität verfügbar sind. Im Gegensatz hierzu steht die Risiko386
COPELAND / WESTON / SHASTRI (1988): FINANCIAL THEORY, S. 331 BADER (1996): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKATEGORIE, S. 19ff. 388 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 85ff. 387
126
4 Private Equity
komponente der Rendite, die noch eher einer ökonometrischen Analyse zugänglich ist. Dies gilt ebenso für das Manager Alpha der Rendite, das an den Fonds selbst und die dahinter stehenden Personen gebunden ist. Die wesentlichen Eigenschaften, die die Unvollkommenheit des Private EquityMarktes ausmachen, sind im Folgenden aufgelistet: • Die Transaktionskosten im Private Equity-Markt sind vergleichsweise hoch. Es gibt umfangreiche Steuern und regulatorische Einschränkungen. Die Beteiligungen an Private Equity-finanzierten Unternehmen sind in der Regel nicht fungibel und zudem nicht beliebig teilbar. • Die Kapitalgeber sind keine Preisnehmer, dass heißt, sie akzeptieren nicht jeden geforderten Kaufpreis. Durch die langfristige und partnerschaftliche Beziehung zwischen Kapitalgeber und -nehmer und auch durch die nicht monetäre Betreuung seitens der Kapitalgeber haben schließlich der Kaufpreis oder ein immaterielles Wirtschaftsgut, z. B. ein Patent, für ein Unternehmen nicht den entscheidenden Stellenwert bei den Preisverhandlungen. Vielmehr geht es um das zukünftige wirtschaftliche Potential eines Unternehmens. • Für den Kapitalgeber entstehen durch die relativ hohe Intransparenz des Private Equity-Marktes hohe Informationskosten in Form von Such- und Analysekosten. Die von einzelnen Anlegern gewonnenen Informationen haben teilweise privaten und vertraulichen Charakter. Sie können damit von anderen Marktteilnehmern weder kostenfrei noch gleichzeitig erhalten werden.389 Bei den Investitionsobjekten handelt es sich oft um relativ junge Unternehmen mit hohen Wachstumsprognosen. In der Regel erhöht sich damit das Risiko, d. h. die Varianz der Erträge, sowie die Unsicherheit, d. h. die Unkenntnis der möglichen Varianz. Bei Private Equity-Investitionen handelt es sich in der Regel um langfristige Engagements mit einer durchschnittlichen Dauer von mindestens drei Jahren. Private Equity-Fonds werden grundsätzlich in geschlossener Struktur aufgelegt, so dass Investoren während der Fondslaufzeit keine oder nur äußerst beschränkte Möglichkeiten zur Auflösung ihrer Investitionen haben.390 Insofern sind geschlossene Private Equity-Investments ineffizient.
4.8
Selektion der geeigneten Private Equity-Manager
Nachdem der Investor seine risikoadjustierte strategische Vermögensallokation definiert hat erfolgt als weiteres elementares Kernstück die Asset Manager Selektion für die identifizierten Anlageklassen wie z. B. im Bereich Private Equity. 389 390
GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 18 GRÜNBICHLER / GRAF / GRUBER (2001): PRIVATE EQUITY & HEDGE FUNDS, S. 206
127
4.8 Selektion der geeigneten Private Equity-Manager
Aufgrund der sich beschleunigenden Globalisierung sehen sich institutionelle Investoren sowie sehr vermögende Privatkunden und Familien einer wachsenden Komplexität im Hinblick auf die Anbieteranzahl in einer Anlageklasse gegenüber. Vor diesem Hintergrund ist es die vornehmste Aufgabe darauf spezialisierter Anbieter wie z. B. Family Offices „Licht in das Dunkel“ zu bringen. Aufgrund gewöhnlich sehr strenger Auswahlkriterien verkleinert sich das pro Anlageklasse in der Regel recht umfangreiche Investmentuniversum an Vermögensverwaltern recht zügig, wie der folgenden schematischen Darstellung entnommen werden kann. K.O. Kriterien Anleihen
Quantitative Bewertung
Anzahl Portfoliomanager Aktien
Immobilien
AUM Verwalter Portfolio umgesetzt seit AUM Portfolio
Verwaltungsg gebühr Personen Performance
Limitierungen Strukturen
Schiffsfonds Private Equity
Qualitative Bewertung
Mandatierung möglich bis
Risiken
Investment Investment Komitee Komitee Abstimmung der Wü Wünsche h und d Bedürfnisse der Investoren mit der Short-list der ausgewählten Private-EquityManager
Messung Portfoliorisiken
Hedgefonds
Abb. 21: Schematische Darstellung des Private Equity-Manager Selektionsprozesses391 Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2007
Aufgrund der hohen Komplexität der Anlageklasse Private Equity, der großen Anzahl von derzeit ca. 10.000 Private Equity-Fonds weltweit und dem damit verbundenen Analyseaufwand für den Investor, sollten vermögende Privatpersonen und institutionelle Kunden von unternehmerischen Direktbeteiligungen respektive von Investitionen in einzelnen Private Equity-Zielfonds Abstand nehmen. Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert wurde sollte stattdessen in Private Equity-Dachfonds investiert werden, deren auf die Selektion von Private Equity-Zielfonds fokussierte Manager eine adäquate Auswahl geeigneter Private Equity-Manager gewährleisten können. Die auch zukünftig wachsende Komplexität von Privat- und Betriebsvermögen einerseits sowie der Kapitalmärkte und Kapitalmarktprodukte andererseits wird zwangsläufig zu einer stärkeren Nutzung von auf die Selektion von Private EquityInvestments spezialisierten Dienstleistern führen. Auch perspektivisch bleibt das 391
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 343
128
4 Private Equity
Segment Private Equity stark geprägt von spezifischen individuellen Dienstleistungen. Dies impliziert, dass es per definitionem keine Standardlösungen für die Mandanten geben kann. Zu den Kernaufgaben dieser spezialisierten Dachfondsmanager gehört es zunächst, auf Basis langjähriger Erfahrungen der mit dieser Aufgabe betrauten Mitarbeiter die für die Durchführung der Vermögensverwaltung im Bereich Private Equity am besten geeigneten Manager bzw. Einzelfonds mittels einer kontinuierlich aktualisierten Datenbank zu finden und den Zugang für den Investor sicherzustellen. Hierbei fließen sowohl Top-Down als auch Bottom-Up Analysen in die Bewertung bestimmter Private Equity-Zielfonds mit ein. Top-down Top-Down (Volkswirtschaftliche (VolkswirtschaftlicheFaktoren) Faktoren) Progammstrukturierung • Einschätzung des Universums der Fondsmanager • Strategie Segmentation
• Segment Einschätzung • Einschätzung der Anforderungen der Investoren
Portfolioverwaltung • Fonds Selektion • Allokationsverwaltung
•Es und • Entwicklungnd Entwicklungs und Entwicklungsund Leistungsanalyse • Prozessverbesserung
(Limited Partners)
• Programm Aufbau • Strategie Aufbau (Portfolio Modellierung)
Bottom-up Bottom-Up (Private Equity Manager Universum) Abb. 22: Darstellung der Top-Down und Bottom-Up Analyse für Managerselektion392 Quelle: LGT Capital Partners, 2007
Dieser grundsätzlichen Bewertung bestimmter Markttrends schließt sich der eigentliche Private Equity-Manager Selektionsprozess an, der auf Basis der Einzelfonds durch eine detaillierte Analyse in Breite und Tiefe, der so genannten Due Diligence, gekennzeichnet ist. Nach erfolgter Auswahl werden die selektierten Private Equity-Manager dann zum Nutzen des Investors in eine unter Performance- und Risikogesichtspunkten zu beobachtende Wettbewerbssituation versetzt. In der Regel kommt es dabei zu einem regen Austausch zwischen den Anlageexperten einerseits und den mandatierten Ver-
392
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 344
go / no go?
Basiert auf Dokumentation & Erstüberprüfung: • Investitionsstrategie • Team und Organisation • Investitions Track Record • Konditionen
Screening
go / no go?
Weitere Analyse: • Investitionsstrategie • Team und Organisation • Investitions Track Record • Konditionen
Generierung zusätzlicher Informationen und erstes Treffen mit Fondsmanagern:
393
Investitions-
• Jahrestreffen
• Quartalsweise Monitoringanrufe und – - besuche
Aktive Einflussnahme durch:
Monitoring
go / no go?
• Interessenübereinstimmung mit Investoren
Unternehmen
• Gute Referenzen von gleichgestellten
Portfolio
• Klare Investitionsstrategie • Aufsichtsrat und –prozesse
• Einen guten Track Record
• Erfahrenes, stabiles und motiviertes Team
Das Komitee achtet auf:
Investitionsvorschlag an Investitionskomitee:
entscheidung
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 345
Quelle: LGT Capital Partners, 2007
go / no go?
Team und Organisation Track Record Investitionsstrategie Investitionsprozess Wertzuwachs nach Investition • Anforderungen Berichtwesen • Strukturierung und Verhandlung von Konditionen
• • • • •
Ein Team von Investitionsprofis führt detaillierte Due Diligence durch: Due Diligence Werkzeuge: • Fragebogen • Überprüfungsbesuche • Modell-Track Record • Wettbewerbsanalyse & Benchmarking • Referenzanrufe • Externe Beratung für rechtliche Due Diligence Vertiefte Analyse von:
Wirtschaftliche & rechtliche Due Diligence
Weitere Investionsprüfung Investitionsprüfung
Abb. 23: Private Equity-Manager Investitionsprozess393
• Aktives Netzwerk - Manager - Intermediäre - Investoren • Länderstudien • Transaktionsanalyse
Proaktives Vorgehen:
Sourcing
4.8 Selektion der geeigneten Private Equity-Manager
129
130
4 Private Equity
mögensverwaltern andererseits, was sich in mindestens zweimal pro Jahr stattfindenden Treffen widerspiegelt. Durch dieses Monitoring wird sichergestellt, dass die im Vorfeld für die Entscheidungsfindung verwendeten Bewertungsparameter auch umgesetzt werden.
Wirtschaftliche
Verhandlung von
Qualitatives
Due Diligence
Konditionen
Monitoring
Qualitatives und Quantitatives Monitoring
Stabilität des Teams
Portfoliokonzentration
Analyse des Track Records
Gebühren und Ausschüttungsmechanismus (Rückforderungsansprüche)
Implementierung der anvisierten Strategie
Hedging von Aktien nach Börseneinführung
Überprüfungsbesuche
Schlüsselperson
I Investitionsfortschritt titi f t h itt
P ti i ti iim A Partizipation Aufsichtsrat f i ht t
Überprüfung von Referenzen
Fondsauflösungs bestimmungen Geschäftsbeeinträchtigungs klausel
Due Diligence Fragebogen
Vor Investition
Ͳ
Partizipation im Aufsichtsrat
Ͳ
Nach Investition
Abb. 24: Due Diligence Prozess vor und nach der Private Equity-Investitionsentscheidung394 Quelle: Eigene Graphik
Die für die Mandatierung verwendeten Auswahlkriterien werden hierbei im Detail einer kontinuierlichen Prüfung unterzogen. Im Falle von signifikanten und dauerhaften Abweichungen wird der Private Equity-Dachfondsmanager den oder die betroffenen Private Equity-Einzelfonds perspektivisch nicht mehr für Folgeinvestitionen bei neu aufgelegten Dachfonds in Betracht ziehen. Aufgrund der in der Regel „geschlossenen“ rechtlichen Strukturen der Anlagevehikel im Bereich Private Equity ist die richtige Selektion der Dachfonds von herausragender Bedeutung, da man sich in dieser Anlageklasse langfristig und für die Laufzeit des Fonds unwiderruflich an einen Manager bindet. Insofern ist es die Aufgabe von Dienstleistern, im Rahmen der Managerselektion die besten Private EquityDachfondsmanager zu identifizieren, die dem Anforderungsprofil des Investors gerecht werden. Es erfolgt somit eine Selektion der geeigneten „Selektierer“ von Private 394
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 352
4.8 Selektion der geeigneten Private Equity-Manager
131
Equity-Einzelfonds, die darüber hinaus auch den Zugang zu diesen Einzelfonds sicherstellen können. Mit dieser Vorgehensweise kann die Komplexität von Private Equity-Anlagen für den Investor nachhaltig reduziert werden. 4.8.1
Klare Zielformulierung
Ausgangspunkt eines erfolgreichen Einstiegs in die Anlageklasse Private Equity ist die klare Formulierung von Renditeanforderungen. Allerdings werden hierbei relative Benchmarks nur von wenigen Investoren systematisch verwendet. Vielmehr setzen sich die Investoren ein absolutes Renditeziel. Als Orientierung werden häufig Aktienindizes wie der S & P 500, der MSCI World und der FTSE All Share verwendet. Die relative Erwartung an Prämien beträgt dabei i. d. R. zwischen 300 und 500 Basispunkten über diesen öffentlichen Indizes. Der Vergleich von Studien über mehrere Jahre zeigt, dass die Erwartungen stark vom wirtschaftlichen Umfeld, dem Domizil der Befragten und der Entwicklung der Aktienmärkte geprägt sind. 395 Die geforderte Prämie für die neue Assetklasse muss die individuellen Zusatzrisiken des Investors zumindest kompensieren. Zur Beurteilung der Risiken sind unter anderem die möglichen Auswirkungen der folgenden Faktoren abzuschätzen: • Illiquidität • – Vertragslaufzeiten von sieben bis zwölf Jahren mit nur begrenzter Ausstiegsmöglichkeit über den Sekundärmarkt. Erwartete Kapitalabrufe- und -distributionen müssen mit der Asset-Liability-Struktur abgeglichen werden • Eingeschränkte Transparenz • – Reportingstandards nach Richtlinien von nationalen Venture-Capital-Associations (zum Beispiel NVCA, BVCA, EVCA) sind nicht einheitlich und eröffnen z. T. erhebliche Bewertungsspielräume • Mangelnde Erfahrung • – Eingeschränkte Vergleichsmöglichkeit bei der Beurteilung von Beteiligungsangeboten (zum Beispiel Track Record, Investitionsstrategie, Qualität des Managements, Beteiligungsbedingungen). Der Know-how-Aufbau erfordert Zeit, die Anlaufphase birgt ein stark erhöhtes Risiko von Fehlentscheidungen • Fehlendes Netzwerk • – Häufig existieren Zutrittsbeschränkungen zu sehr guten Private Equity-Fonds. Der Aufbau von direkten und belastbaren Beziehungen zu Fondsmanagern erfordert eine mehrjährige Vorarbeit. Image, Kompetenz und Kontinuität sind entscheidend für die Einladung zur Beteiligung bei den besten Fondsmanagern 395
MACKEWITZ & PARTNER (2002): INVESTOREN IN PRIVATE EQUITY, S. 33
132
4 Private Equity
• Zusatzressourcen • – Für Selektion und Administration von Beteiligungen sind Ressourcen erforderlich. Die (potentielle) Verfügbarkeit und die Kosten qualifizierten Personals sind abzuschätzen Wie zuvor dargestellt wurde gibt es verschiedene Möglichkeiten in Private Equity zu investieren und die relative Attraktivität von Instrumenten, Finanzierungsstadien, Lancierungsjahren (Vintage Years) und Regionen variiert stark im Zeitablauf. Grundsätzliches Ziel ist es, die attraktivsten Segmente pro Zeitperiode zu identifizieren und entsprechend zu gewichten. Es gibt keinen „Allwetter-Sektor“ für Private Equity-Anlagen. Vielmehr verändert sich das Anlageumfeld laufend durch neue Regulierungen und Deregulierungen. Daneben müssen die kontinuierlich variierenden Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Investitionen wie z. B. Leverage, Kosten, Konjunkturverlauf und Exit-Möglichkeiten einer Bewertung durch den Investor zugeführt werden. 4.8.2
Ausreichende Programmdiversifikation
Einzelbeteiligungen in Private Equity-Programmen sollten ausreichend diversifiziert sein. Wichtige Dimensionen zur Diversifikation sind: • Abdeckung mehrerer Verpflichtungsjahre (sogenannte „Vintage-Years“) • Streuung über verschiedene Phasen der Unternehmensentwicklung (z. B. Seed-, Early-Stage-, Late-Stage-Venture Capital oder kleinere/mittlere und größere Buyouts) • Streuung über Regionen (zum Beispiel USA und Europa) • Streuung über verschiedene Fondsmanager Es bestehen starke Performanceunterschiede sowohl einzelner Segmente im Zeitverlauf als auch zwischen den Segmenten für die einzelnen Vintage-Jahre. Anleger, die nicht diversifizieren gehen ein hohes Risiko ein. Wer zum Beispiel Anfang der 90er Jahre nur auf Buyout-Investitionen in den USA gesetzt hat, hat vermutlich nur eher enttäuschende Renditen erwirtschaftet. Notwendig ist daher ein kontinuierliches Programm mit ausreichender Streuung.396 4.8.3
Umfangreiche Marktanalyse
Voraussetzung für die erfolgreiche Identifikation und Selektion der besten Fondsmanager ist eine umfangreiche Marktkenntnis. Die Gruppe der Fondsmanager, die 396
LAIB (2003): ERFOLGSFAKTOREN FÜR DEN AUFBAU VON PROGRAMMEN, S. 20ff.
4.8 Selektion der geeigneten Private Equity-Manager
133
kontinuierlich Spitzenresultate erzielen, ist sehr klein. In der Vergangenheit wurden Untersuchungen über die Performance-Konstanz von US-Fondsmanagern im Bereich Venture Capital durchgeführt. Nur ca. 3% aller Manager mit historisch zwei und mehr aufgelegten Beteiligungsvehikeln rangierten mit mehr als 75 Prozent ihrer Fonds im Top-Quartil.397 Die Beteiligungsprogamme dieser sehr erfolgreichen Fondsmanager sind daher in der Regel zugangsbeschränkt. Einladungen für Beteiligungen erfordern hohe Professionalität und über Jahre etablierte Beziehungsnetzwerke. Die Selektion insbesondere von jüngeren Gruppen ohne Track Record ist komplex und anspruchsvoll. So wurden zum Beispiel mehr als die Hälfte der am Markt tätigen Venture-Capital-Manager in Europa nach 1986 gegründet. Mit einem Alter von weniger als fünf Jahren sind Angaben zur historischen Performance nicht aussagekräftig. Qualitätsurteile müssen aufwendig, unter anderem anhand der Erfahrung der einzelnen Manager, der Investitionsstrategie, der Teamstabilität, der ProzessSicherheit und der Qualität der Beziehungsnetzwerke abgeleitet werden. Top-Down sind zusätzlich Trends in relevanten Industriesektoren und gesamtwirtschaftliche Entwicklungen zu bewerten. 4.8.4
Reduzierung der Abhängigkeit von Kapitalmärkten
Investitionen in Segmente mit geringerer Kapitalmarktabhängigkeit erhöhen die Stabilität im Gesamtportfolio. Eine häufig verwendete Argumentation für Engagements in nicht-börsennotierte Unternehmen ist die geringe Abhängigkeit von der Entwicklung der Kapitalmärkte. Die Analyse historischer Performancedaten widerlegt diese pauschale Behauptung jedoch. So zeigt der Vergleich der Renditen von Investitionen in US-Venture Capital zwischen 1980 und 1993 mit der Entwicklung des NASDAQ eine Korrelation von 0,87. Die Renditen zwischen Dax und Private Equity in Europa, d. h. Venture Capital- und Buyout-Investitionen, sind mit 0,64 etwas geringer korreliert, jedoch noch immer signifikant abhängig voneinander.398 Durch eine fokussierte Investitionsstrategie in frühe Phasen der Unternehmensentwicklung kann die Abhängigkeit von Börsenzyklen signifikant vermindert werden. Im Börsen-Boomjahr 2000 sind Bewertungen von Unternehmen in der Gründungsphase weniger stark gestiegen als in den folgenden Finanzierungsrunden. Die Durchschnittsbewertung von Seed-Runden hat sich von 1998 auf 2000 um ca. 66% erhöht. Spätere Finanzierungsrunden sind mit der 2,6fachen Bewertung ähnlich wie öffentliche Märkte explodiert und wieder drastisch gefallen. In den frühen Phasen der Unternehmensentwicklung werden zu günstigen Bewertungen Eigentumsanteile erworben. Das mit der Investition verbundene so genannte 397 398
ASSET ALTERNATIVES (2000): PRIVATE EQUITY FUND-OF-FUNDS, S. 56 ADVEQ (2002): KORRELATIOSANALYSEN, S. 5
134
4 Private Equity
Dealrisiko besteht primär in der Beherrschung neuer Technologien, dem operativen Aufbau der Unternehmen und der Generierung von Umsätzen. Qualitäts-Fondsmanager können hier echten Mehrwert liefern. Mit zunehmender Reife des Unternehmens und der sich dadurch verkürzenden Zeitspanne bis zum Exit steigt die Abhängigkeit vom Kapitalmarkt. Fondsmanager sind in der Beherrschung dieses Risikos eher machtlos. Dem steht gegenüber, dass Finanzierungen in späteren Runden mit einem geringeren Gesamtausfallrisiko behaftet sind. Ähnliche Aussagen gelten auch für Investitionen in Buyouts. Wertentwicklungen von kleineren und mittleren Transaktionen sind hierbei weniger von aktuellen Börsenentwicklungen abhängig. So genannte „Megadeals“ werden dagegen bereits zum Investitionszeitpunkt meist in einem Auktionsprozess mit ähnlichen Methoden bewertet, wie sie die öffentlichen Märkte anwenden. Da der Exit für diese Unternehmen praktisch nur über einen Börsengang (IPO) möglich ist, liegt die größere Abhängigkeit vom Kapitalmarkt auf der Hand.399
4.9
Steuerlich optimale Beteiligungsstruktur im Betriebs- und Privatvermögen
Die Motivation für die Suche nach einer geeigneten eigenen Beteiligungsstruktur ist unterschiedlich. Steuerbefreite Investoren, d. h. Pensionskassen, Versorgungswerke und Stiftungen, sehen sich nach wie vor mit einer Gefährdung ihrer Steuerbefreiung konfrontiert, wenn sie Private Equity-Beteiligungen eingehen, die ihnen gewerbliche Einkünfte vermitteln könnten. Zur Vermeidung dieses Risikos bedarf es entweder der Nutzung von zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften oder einer anderweitigen schützenden Verpackung des Investments. Investoren wie Versicherungen, Pensionsfonds oder Contractual Trust Agreements (CTA) müssen bei der Anlage ihres Vermögens entweder unmittelbar die Bestimmungen der Verordnung für die Anlage des gebundenen Vermögens beachten oder sie unterliegen mittelbar vergleichbaren Anlagerichtlinien. Diese Anleger können nur dann in einen Private Equity-Fonds direkt investieren, wenn dieser ihnen eine Beteiligungsgesellschaft anbietet, die nach dem Recht eines europäischen Staates errichtet worden ist. Insbesondere bei den attraktivsten Beteiligungsmöglichkeiten besteht oftmals wenig Verhandlungsspielraum zur Durchsetzung der in Europa bzw. Deutschland erforderlichen Beteiligungskriterien. Hinzu kommt ein erheblicher Zeitdruck bei der Anlageentscheidung. All dies kann dazu führen, dass gerade diese Beteiligungsmöglichkeiten nicht genutzt werden. 399
LAIB (2003): ERFOLGSFAKTOREN FÜR DEN AUFBAU VON PROGRAMMEN, S. 26
4.9 Steuerlich optimale Beteiligungsstruktur im Betriebs- und Privatvermögen
135
Vor diesem Hintergrund ist die Suche vermögender Privatpersonen sowie institutioneller Anleger nach einer geeigneten Struktur verständlich. Die Struktur soll es ermöglichen, den bestehenden Anforderungen durch eine generalistische Lösung gerecht zu werden. Daneben kann gleichzeitig die Konzentration des Anlageverhaltens von mehreren Vermögen eine Rolle spielen, wenn man sich von der Bündelung eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes oder eine höhere Investitionskraft verspricht. Außerdem können noch weitere Ziele wie die Vermeidung der Konsolidierung oder die Schaffung besonderer Synergien von Bedeutung sein. Die sich aus den gewünschten Zielen ableitbaren Anforderungen an die Struktur lassen sich häufig wie folgt zusammenfassen: • Die Struktur soll eine Vermittlung von gewerblichen Einkünften verhindern (Abschirmwirkung). • Eine Besteuerung der Einkünfte aus den Private Equity-Beteiligungen auf Ebene der gewünschten Beteiligungsstruktur soll vollständig vermieden oder weitgehend reduziert werden. • Ausschüttungen an den Investor aus der gewünschten Beteiligungsstruktur sollen möglichst nicht mit Quellensteuer belastet sein. • Um die einschlägigen Reduktionen von im Ausland anfallender Quellensteuer beanspruchen zu können, soll die Struktur unter den Doppelbesteuerungsabkommen mit den wesentlichen „Industriestaaten“ anerkannt sein. • An die Errichtung und Verwaltung der Struktur (Kapitalaufbringung, Kapitalerhalt, Flexibilität für Änderungen) sollen möglichst geringe Anforderungen bestehen. • Aufsichtsrechtliche Beschränkungen sollen möglichst weitgehend vermieden werden. • Schließlich sollen die Kosten der Errichtung und der laufenden Verwaltung der Beteiligungsstruktur möglichst gering sein. 4.9.1
Beurteilung gängiger Beteiligungsstrukturen
4.9.1.1
Investmentaktiengesellschaft
In Deutschland könnte den gestellten Anforderungen am ehesten eine Investmentaktiengesellschaft gerecht werden. Diese scheidet jedoch aus, weil die Anlage in Private Equity schon nach der Gesetzesbegründung zum Investmentmodernisierungsgesetz nicht vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes erfasst werden soll. Dies dokumentiert sich nicht zuletzt in der Anlagebeschränkung von maximal 30% Private Equity eines regulierten Hedgefonds. 4.9.1.2
GmbH
Die Nutzung einer deutschen GmbH zur Abschirmung von gewerblichen Einkünften scheitert in der Regel daran, dass die Ausschüttungen der GmbH der Kapitalertrag-
136
4 Private Equity
steuer unterliegen und dem steuerbefreiten Investor nur zur Hälfte zurückerstattet werden können, womit eine unerwünschte effektive Steuerbelastung entsteht. Auch für steuerpflichtige Investoren wird die Nutzung einer deutschen Kapitalgesellschaft mit Zurückhaltung aufgenommen, da eine langfristige Vermeidung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und Dividenden auf Ebene der GmbH als unsicher eingeschätzt wird. 4.9.1.3.
GmbH & Co. KG
Die Gesellschaftsform mit dem größten Gestaltungsspielraum ist in Deutschland nach wie vor die regelmäßig als GmbH & Co. KG errichtete Kommanditgesellschaft. Die Kommanditgesellschaft vermag zwar eine Vielzahl der gestellten Anforderungen zu erfüllen, insbesondere unter aufsichtsrechtlichen Aspekten wie der Anlageverordnung, sie kann jedoch nicht eine Abschirmwirkung vor gewerblichen Einkünften gewährleisten. Zum einen ist die Kommanditgesellschaft als Personengesellschaft steuerlich transparent und zum anderen der Infektion sämtlicher Einkünfte durch einzelne gewerbliche Einkünfte ausgesetzt. Diese so genannte Abfärbetheorie wurde zuletzt durch den Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom Mai 2005 zu einem entgegenstehenden Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt.
4.10
Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit
Wie bereits dargestellt wurde, werden in Deutschland Private Equity-Fonds häufig in der Gestalt einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG errichtet. Dies hat vor allem zwei steuerliche und rechtliche Gründe: • Eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG ist steuerlich transparent. Die Zwischenschaltung der Fondsgesellschaft zwischen Investoren und Zielgesellschaften löst in diesem Fall keine zusätzliche Steuerbelastung aus. Wäre die GmbH & Co. KG dagegen gewerblich, fiele auf Ebene des Fonds Gewerbesteuer an. Seit dem BMF-Schreiben vom 28. April 2003 (im Folgenden „PE-Schreiben“ genannt) zur „Anwendung des § 8b KStG 2002 und Auswirkungen auf die Gewerbesteuer“ steht fest, dass gerade die Veräußerungsgewinne, die wesensbedingt bei Private Equity-Fonds die dominierende Einkunftsart darstellen, auf Ebene einer gewerblichen GmbH & Co. KG der Gewerbesteuer unterliegen. • Eine GmbH & Co. KG ist eine rechtlich sehr flexible Struktur, in der die aus dem angloamerikanischen Rechtskreis übernommenen Marktstandards verhältnismäßig einfach abgebildet werden können.
137
4.10 Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Geweblichkeit
Um eine gewerbliche Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu vermeiden werden die Geschäfte der Fondsgesellschaft zumindest auch von einem geschäftsführenden Kommanditisten geführt. Eine auf diese Weise gewerblich „entprägte“ GmbH & Co. KG ist dann nicht gewerbesteuerpflichtig, wenn sie nur vermögensverwaltend tätig ist. Dies ist der Fall, wenn sich die Betätigung als Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten darstellt und nicht als eine Ausnutzung der Vermögenssubstanz durch Umschichtung. Die folgende Graphik stellt schematisch eine typische Beteiligungsstruktur in Form einer GmbH & Co. KG für Private Equity-Dachfonds dar. Investoren
indirekt indirekt
direkt direkt
Treuhand GmbH (evtl.) Geschäftsführende Kommanditistin
Komplementärin %%Kapital Kapital
Kapital %%Kapital
Beratungs GmbH
Kommandisten Kommandisten % Kapital % Kapital % Gewinnanteil % Gewinnanteil
Carried %% Carried Interest
Beteiligungs GmbH
Interest
% Fee % Management
Verwaltungs GmbH
Management Fee
Private Equity Zielfonds (1…n)
Abb. 25: Private Equity-Beteiligungsstruktur in Form der GmbH & Co. KG400 Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH; Adveq, SJ Berwin, 2007
Ein Gewerbebetrieb liegt dagegen im Falle einer selbständigen nachhaltigen Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht vor, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer reinen Vermögensverwaltung hinausgeht. 4.10.1
Abgrenzungsregeln zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb
Die allgemeinen Regeln für die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb sind vielfach Gegenstand von Entscheidungen des BFH gewesen, der in der Konkretisierung dieser Grundsätze eine Reihe von Merkmalen herausgearbeitet hat. Diese Merkmale fasst das PE-Schreiben mit ganz konkretem Bezug auf typische Private Equity-Strukturen zusammen und ergänzt sie um eine Reihe von Gesichtspunkten. Eine vermögensverwaltende Tätigkeit liegt danach in der Regel vor, wenn die nachfolgend genannten Kriterien vorliegen. 400
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 350
138 4.10.1.1
4 Private Equity
Kein Einsatz von Bankkrediten/ Keine Übernahme von Sicherheiten
Die Beteiligung an Portfoliogesellschaften muss überwiegend aus Eigenmitteln finanziert werden. Finanzierung durch Fremdmittel wird als Ausdruck gewerblicher Tätigkeit gesehen. Staatliche Investitionsförderungsmaßnahmen, die zivilrechtlich als Darlehen ausgestaltet sind, sind unschädlich. Kurzfristige Zwischenfinanzierungen von noch nicht geleisteten Kapitaleinzahlungen der Kommanditisten sind unschädlich, sofern sie sofort nach der Kapitaleinzahlung wieder zurückgeführt werden. Gesellschafterdarlehen gelten als Fremdkapital und sprechen somit für eine gewerbliche Tätigkeit des Fonds. Für eine gewerbliche Tätigkeit des Fonds spricht auch die Besicherung von Verbindlichkeiten der Portfoliogesellschaft. Eine unschädliche Rückdeckung von Darlehensverbindlichkeiten der Portfoliogesellschaft liegt dann vor, wenn die „rückgedeckten“ Kredite der Portfoliogesellschaft als Zwischenkredite („Bridge-Financing“) mit noch ausstehenden Einlagen im Zusammenhang stehen. 4.10.1.2
Keine eigene Organisation
Der Fonds darf keine umfangreiche eigene Organisation unterhalten. Ein eigenes Büro und eine geringe Anzahl Beschäftigter sind gestattet, wenn nicht das Ausmaß dessen überschritten wird, was bei einem privaten Großvermögen üblich wäre. Die Größe des verwalteten Vermögens, für sich allein betrachtet, begründet noch keinen Gewerbebetrieb. 4.10.1.3
Keine Ausnutzung des Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrung
Der Fonds darf sich nicht eines Marktes bedienen und auf fremde Rechnung unter Einsatz beruflicher Erfahrungen tätig werden. Die Verwendung einschlägiger beruflicher Kenntnisse für eigene Rechnung durch die geschäftsführenden Gesellschafter oder Initiatoren wird in dem PE-Schreiben als unschädlich bezeichnet, da dies dem üblichen Verhalten eines privaten Anlegers, der ein umfangreiches Vermögen zu verwalten habe, entsprechen würde. Diese Passage des PE-Schreibens kann für die marktüblichen Fondsgestaltungen als günstig angesehen werden. Sie stellt eine gewerbesteuerliche Freistellung der Initiatoren dar, deren tatsächliche oder behaupteten beruflichen Kenntnisse, Erfahrungen und Netzwerke die Investoren zu einer Investition in einen bestimmten Fonds überhaupt erst motivieren. Wenig hilfreich bleibt diese Passage allerdings für die Beurteilung der Frage, welche Tätigkeiten im Sinne dieser Ausführungen schädlich sein sollen. Welche Fälle des Handelns auf fremde Rechnung das BMF im Sinn hatte, bleibt unbeantwortet. In Betracht kommen die Fälle der Syndizierung von Beteiligungen, die auch unter dem Stichwort „kurzfristige Beteiligung“ recht restriktiv beurteilt werden. Das kurzfristige Halten von Beteiligungen zur späteren Syndizierung an andere Fonds, d. h. nicht Fonds desselben Initiators, kann zur Gewerblichkeit führen.
4.10 Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Geweblichkeit
4.10.1.4
139
Kein Anbieten gegenüber breiter Öffentlichkeit
Der Fonds darf Beteiligungen an den Portfoliogesellschaften nicht gegenüber einer breiten Öffentlichkeit anbieten oder auf fremde Rechnung handeln. Die Tätigkeit von geschäftsführenden Kommanditisten ist dem Fonds als eigene Tätigkeit zuzurechnen. Eine gewerbliche Tätigkeit kann vorliegen, wenn in Art und Umfang des Anbietens oder Vermarktens der Beteiligungen eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zu sehen ist und die private Vermögensverwaltung dahinter zurücktritt. Bei der reinen Verwaltung der Beteiligungen einschließlich des Verwertungsprozesses ist dies nicht gegeben. Insbesondere der Börsengang (IPO) der Portfoliogesellschaft im Rahmen der Verwertung durch den Fonds ist unschädlich. 4.10.1.5
Keine kurzfristige Beteiligung
Die Beteiligung muss mindestens mittelfristig, d. h. drei bis fünf Jahre gehalten werden. Bei der Prüfung der Mindesthaltedauer sind alle Beteiligungen im Rahmen einer gewogenen durchschnittlichen Haltedauer zu berücksichtigen. Veräußerungen einzelner Beteiligungen vor Ablauf der Haltedauer lösen, für sich gesehen, keine Gewerbesteuerpflicht aus. Eine Syndizierung der Beteiligung stellt eine Veräußerung dar und ist bei der Gewichtung der durchschnittlichen Haltedauer zu berücksichtigen. Eine Syndizierung ist für diese Gewichtung unbeachtlich, wenn die Aufteilung innerhalb von 18 Monaten nach Erwerb der Beteiligung zwischen Fonds desselben Initiators zu Anschaffungskosten zzgl. einer marktüblichen Verzinsung erfolgt. Die ausdrückliche Ausnahme der Syndizierung zwischen Fonds desselben Initiators ist erst mit der Veröffentlichung des endgültigen PE-Schreibens aufgenommen worden. Dem vorliegenden Kompromiss kann eine gewisse Konsequenz aus der Sicht der Finanzverwaltung nicht abgesprochen werden. Dennoch ist die Syndizierung, gerade auch außerhalb des Kreises von Fonds desselben Initiators, bisher eine gängige Praxis und eine Triebfeder des so genannten „Secondary Markets“ gewesen. Soweit diese Praxis fortgeführt werden soll ist die vermögensverwaltende GmbH & Co. KG nicht mehr das geeignete Fondsvehikel. Zu diskutieren bleibt aber noch die Frage, wie der Kreis von Fonds desselben Initiators bestimmt werden kann. Zu eng und praxisfern ist sicherlich die Auffassung, dass die Fonds dieselbe Geschäftsführungsgesellschaft haben müssen. Es dürfte vielmehr genügen, wenn die Geschäftsführungsgesellschaften mindestens als „Schwestergesellschaften“ konzernverbunden sind. 4.10.1.6
Keine Reinvestition von Veräußerungserlösen
Die erzielten Veräußerungserlöse dürfen nicht reinvestiert sondern müssen ausgeschüttet werden. Erlöse des Fonds in Höhe der Kosten und des Ergebnis-Vorabs für die Geschäftsführung, die aus den Kapitaleinzahlungen finanziert wurde, können in
140
4 Private Equity
Beteiligungen reinvestiert werden. Eine schädliche Reinvestition liegt auch dann vor, wenn Veräußerungserlöse bis zur Höhe eines Betrages von 20% des Zeichnungskapitals in Nachfinanzierungen von Portfoliogesellschaften investiert werden, an denen der Fonds bereits beteiligt ist (so genannte „Follow-on-Investments“). Die beiden in den vorstehenden Absätzen genannten Einschränkungen des Verbots von Reinvestitionen für vermögensverwaltende Personengesellschaften sind Zugeständnisse an die von der Finanzverwaltung richtig erkannten Marktstandards, die in dem ersten Entwurf vom November 2001 nicht enthalten waren. Nicht berücksichtigt ist jedoch ein wichtiger Fall von Reinvestition, der in den meisten Gesellschaftsverträgen vorgesehen ist, nämlich die Wiederanlage von Erträgen aus kurzfristig realisierten Portfolioinvestitionen. Bei der Fülle der möglichen Vertragsgestaltungen kann das PE-Schreiben nicht so verstanden werden, dass alle Fälle, die nicht im PE-Schreiben als unbedenklich aufgezählt werden, automatisch schädlich sind. Vielmehr sollte bereits bei der Auslegung der Kriterien eine Gesamtschau vorgenommen und mit den Zielsetzungen der aufgestellten Kriterien insgesamt abgeglichen werden. Solange die kurzfristigen Veräußerungen im Rahmen der Gewichtung der durchschnittlichen Haltedauer gewerbesteuerlich unschädlich sind, weil eine durchschnittliche Haltedauer von drei bis fünf Jahren nicht überschritten wird, sollte deshalb auch die Reinvestition der Erlöse aus solchen Veräußerungen nicht als gewerbesteuerlich schädlich anzusehen sein. 4.10.1.7
Kein unternehmerisches Tätigwerden in Portfoliogesellschaften
Der Fonds darf sich nicht selbst oder über Dritte aktiv am Management der Portfoliogesellschaften beteiligen. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen ist unschädlich. Die Einräumung von Zustimmungsvorbehalten analog zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist unschädlich, soweit der Geschäftsführung der Portfoliogesellschaften ein echter Spielraum für unternehmerische Entscheidungen verbleibt. Die Einschaltung eines Inkubators als gewerbliche Entwicklungsgesellschaft ist stets schädlich. Gerade Buyout-Fonds werden oftmals eine aktive Rolle in der Geschäftsführung von Portfoliounternehmen anstreben. Alle Fonds, die ihr Portfolio durch Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Portfoliogesellschaften aktiv managen, tragen ein hohes Risiko, von der Finanzverwaltung als gewerblich eingestuft zu werden. Ein nennenswerter Abwägungsspielraum dürfte hier für die Finanzverwaltung nicht bestehen, da die unternehmerische Einflussnahme auf Beteiligungen schon immer das maßgebliche Abgrenzungskriterium zur bloßen Vermögensverwaltung darstellte. Aus diesem Grunde ist dieses Merkmal allerdings auch keineswegs eine Neuigkeit, sondern eine seit Jahrzehnten gesicherte Erkenntnis, die in bisherigen Strukturierungsüberlegungen stets berücksichtigt worden sein dürfte. Um der in dem PE-Schreiben betonten Abwägung Genüge zu tun, wäre es denkbar, eine „gelegentliche“ also nicht nachhaltige unternehmerische Einflussnahme als
4.10 Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Geweblichkeit
141
unschädlich zu betrachten. Dies dürfte allerdings ein theoretischer Fall bleiben, da diejenigen Fonds mit einer vermögensverwaltenden Anlagestrategie typischerweise nicht die Mittel für eine wirksame unternehmerische Einflussnahme haben und die Fonds mit einer aktiven Anlagestrategie die vorhandenen Mittel nicht nur „gelegentlich“ einsetzen werden. 4.10.1.8
Keine gewerbliche Prägung bzw. gewerbliche „Infektion“
Bei dem Private Equity-Fonds darf es sich nicht bereits um einen Gewerbebetrieb kraft Prägung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handeln, wonach nur ein persönlich haftender Gesellschafter, der keine natürliche Person ist, zur Geschäftsführung befugt ist. Ebenso darf keine Infektion im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, d. h. eine Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft vorliegen. An dieser Stelle wiederholt das PE-Schreiben, offenbar der Vollständigkeit halber, die seit langem bestehende gesetzliche Situation. Ausdrücklich legt das PE-Schreiben fest, dass eine Würdigung der Kriterien im Zusammenhang vorzunehmen ist. Es kann also keine Regel dahingehend aufgestellt werden, dass die Nichterfüllung eines dieser Kriterien automatisch zur Gewerblichkeit führt. Fraglich ist allerdings, wie dieser an sich begrüßenswerte Ansatz in die Gestaltungspraxis umgesetzt werden kann. So ergibt sich beispielsweise aus den vorstehenden Ausführungen, dass die regelmäßige unternehmerische Einflussnahme auf Portfoliogesellschaften keineswegs gewerbesteuerlich unschädlich wäre, sofern der Fonds sich bei sämtlichen anderen Kriterien auf der sicheren Seite bewegen würde. Unternehmerische Einflussnahme ist die klassische Beschreibung der Gewerblichkeit im Gegensatz zur bloßen Vermögensverwaltung und dürfte auch in einer Gesamtschau praktisch nicht ausgleichsfähig sein. Ebenso verhält es sich mit der gewerblichen Prägung und der gewerblichen Infektion. Diese lösen von Gesetzes wegen die Behandlung des Fonds als gewerblich aus. Abwägungsfähig sind danach nur die Kriterien: • • • • • •
Eigenkapitalfinanzierung Eigene Organisation Marktausnutzung Öffentliches Anbieten Kurzfristige Beteiligung und Reinvestition von Veräußerungserlösen
Ein praktikabler Ansatz für ein Zusammenspiel der verschiedenen Kriterien ergibt sich bisher vor allem im Zusammenhang zwischen kurzfristiger Beteiligung und Wiederanlage. Die konservative Beratungspraxis kann für die Anlage- und Finanzierungsstrategie aber nur dahin gehen, schädliche Merkmale insgesamt zu vermeiden und allenfalls im Einzelfall die Verwirklichung bestimmter im PE-Schreiben als
142
4 Private Equity
schädlich beschriebener Sachverhalte zuzulassen. Die Einschränkungen, die das PESchreiben für die Anlage- und Finanzierungsstrategie von Private Equity-Fonds in Deutschland bedeutet, sind damit erheblich. Ist die Tätigkeit des Fonds nach dem Gesamtbild der Betätigung als private Vermögensverwaltung einzustufen so ist der Fonds steuerlich transparent. Für natürliche Personen als Investoren in eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG zählen Dividenden, die ihnen aus ihrer Beteiligung an dem Fonds zufließen, zu den Einkünften gemäß § 20 EStG. Seit dem 01. Januar 2009 unterliegen diese Einkünfte der Abgeltungsteuer i. H. v. 25%. Das zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Dissertation gerade verabschiedete Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) stellt in der Gesetzesbegründung zu §19 WKBG (Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen – Wagniskapitalbeteiligungsgesetz) fest, dass die im PE-Schreiben dargelegten Grundsätze zur vermögensverwaltenden oder gewerblichen Tätigkeit von Beteiligungsgesellschaften auch zukünftig gelten. 4.10.1.9
Exkurs: Die Höhe der Beteiligung und die Ausübung von Gesellschafterrechten
Die Höhe der Beteiligung und die Tatsache, dass der geschäftsführende Kommanditist eine höhere als die seinem Kapitalanteil entsprechende Gewinnbeteiligung erhält, war in dem Entwurf des PE-Schreibens vom November 2003 noch als Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit des Fonds erwähnt. Dies hatte verständlicherweise zu einer erheblichen Verunsicherung im Markt geführt. Die erhöhte Gewinnbeteiligung findet sich fast ausnahmslos in den Fondsverträgen. Dies hat die Finanzverwaltung anerkannt und diese Gestaltung in das Leitbild eines Private Equity-Fonds aufgenommen, welches den steuerlichen Ausführungen im PE-Schreiben vorangestellt ist. Darüber hinaus ist Kern der ertragsteuerlichen Ausführungen des PE-Schreibens die Besteuerung der erhöhten Gewinnbeteiligung in einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG. Die erhöhte Gewinnbeteiligung als Indiz für Gewerblichkeit sollte deshalb mit der Streichung aus dem Entwurf des PE-Schreibens auch endgültig aus der Diskussion verschwunden sein. Anders verhält es sich mit der Höhe der Beteiligung. Das Ziel, grundsätzlich einen beherrschenden Einfluss auf Mehrheitsbeteiligungen an Portfoliounternehmen anzustreben, ist ebenfalls Kernelement der Anlagestrategie einer Vielzahl von Fondsgesellschaften. Nach der Streichung der Passage betreffend die Höhe der Beteiligung muss nicht mehr befürchtet werden, dass eine hohe oder gar eine Mehrheitsbeteiligung als solche die Gewerblichkeit des Fonds auslöst. Die grundsätzlichen Ausführungen zur unternehmerischen Einflussnahme bleiben aber anwendbar. Hinsichtlich der Ausübung von Gesellschafterrechten ist daher regelmäßig zu prüfen, ob der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten wird. Insoweit bleibt eine hohe
143
4.10 Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Geweblichkeit
Beteiligung oder eine Mehrheitsbeteiligung ein Indiz für Gewerblichkeit, weil sie jedenfalls die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme eröffnet. Die folgende Übersicht stellt noch einmal anschaulich die steuerlichen Implikationen für das Privat- und Betriebsvermögen nach geltendem und zukünftigem Recht, d. h. nach Einführung der Abgeltungsteuer, dar. Tabelle 11: Steuerliche Implikationen für das Privat- und Betriebsvermögen nach geltendem Recht und nach Einführung der Abgeltungsteuer401 Privatvermögen Einzelperson Bis Haltedauer länger als 31. 12. 2008 1 Jahr: Veräußerungsgewinn steuerfrei
Betriebsvermögen
Personengesellschaft
Personengesellschaft
Kapitalgesellschaft
Wie Einzelperson, aber Gefahr der gewerblichen Infizierung durch Beteiligung an gewerblich tätiger oder geprägter Personengesellschaft, dann auch Veräußerungsgewinne innerhalb 1 Jahresfrist steuerpflichtig; Lösung: Blocker GmbH
Alle Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig, unabhängig von Haltedauer;
Veräußerung v. Anteilen an Kapitalgesellschaften ist zu 95% KSt-frei, KStSatz 25%; keine Gewerbesteuer;
Wie Einzelperson
Statt HEV gilt Teileinkünfteverfahren, d. h. 60% der Veräußerungsgewinne aus Kapitalgesellschaften sind steuerpflichtig
Wie oben, aber KSt-Satz 15% (ab 2008), bei Ausschüttung: Abgeltungssteuer (Privatvermögen)
Ggf. Gewerbesteuerpflicht
Teileinkünfteverfahren (Betriebsvermögen)
Sofern Anteile an Kapitalgesellschaften veräußert werden, gilt das HEV; Gewerbesteuerpflicht
Bei Ausschüttung an Anteilseigner bei diesem nach HEV steuerpflichtig
Haltedauer kürzer als 1 Jahr: steuerpflichtig; sofern Anteil an Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar über vermögensverwaltende Personengesellschaft veräußert wird, ist der Gewinn nur zu 50% steuerpflichtig (Halbeinkünfteverfahren HEV) mit persönlichem Steuersatz Nach Abgeltungssteuer 31. 12. 2008 25% (Einführung Abgeltungssteuer)
Ohne SolZ und KiSt Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2007 401
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 351
144
4 Private Equity
Dem PE-Schreiben ist zu entnehmen, dass die Finanzverwaltung die erhöhte Gewinnbeteiligung der Fondsmanager als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit besteuern wird und somit weder die Abgeltungsteuer für natürliche Personen noch die 95%ige Steuerfreiheit bei körperschaftlich organisierten Fondsmanagern Anwendung finden wird. Schließlich hat das BMF in einem weiteren Schreiben vom 23. Dezember 2004 erklärt, dass die Geschäftsführungstätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters einer Fonds-KG regelmäßig der Umsatzsteuer unterliegt.
4.11
Steuerrechtliche Beurteilung der Gewinnanteile
4.11.1
Gewerbliche Fonds
Ist die Tätigkeit eines Fonds nach dem Gesamtbild der Betätigung als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren so unterliegt der Fonds selbst der Gewerbesteuer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Ein ausländischer Fonds, für den im Inland nur ein ständiger Vertreter bestellt ist, ist dagegen nicht gewerbesteuerpflichtig. Vom Fonds erzielte Veräußerungsgewinne sind nach Auffassung der Finanzverwaltung voll gewerbesteuerpflichtig. Bei Dividenden wird auf Fondsebene regelmäßig die Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG greifen, weil der Fonds mindestens 10% der Anteile der Portfoliogesellschaften halten dürfte. Auf Ebene der Gesellschafter gehören die Gewinnanteile zu den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Beteiligen sich natürliche Personen als Investoren an dem Fonds unterliegen die Gewinne der Abgeltungsteuer, soweit der Gewinnanteil des Gesellschafters Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und Dividenden umfasst. Für körperschaftliche Investoren sind Gewinnanteile, die sich aus Dividenden und Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 8b Abs. 1 und 2 i.V. m. Abs. 6 KStG zusammensetzen, zu 95% von der Körperschaftsteuer befreit. Vom PE-Schreiben nicht diskutiert wird die etwaige Hinzurechnung von Dividenden aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Höhe von weniger als 10% des Grund- oder Stammkapitals der Gesellschaft zum Gewerbeertrag der Investoren gemäß § 8 Nr. 5 GewStG. Eine solche Splitterbeteiligung von Investoren wird häufig vorkommen, da es auf die durchgerechnete Beteiligung des Investors an der Portfoliogesellschaft ankommt. Bei Kapitalgesellschaften würde eine solche Hinzurechnung zu einer echten Mehrbelastung führen. Bei natürlichen Personen wäre die Gewerbesteuerbelastung auf die Einkommensteuer anrechenbar. Eine Hinzurechnung scheidet jedoch nach Ansicht des Verfassers aus, da § 8 Nr. 5 GewStG auf Dividenden anzuwenden ist. Danach liegen für Gewerbesteuerzwecke
4.11 Steuerrechtliche Beurteilung der Gewinnanteile
145
Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft nämlich der gewerblichen Personengesellschaft vor. Das PE-Schreiben erwähnt diese Zurechnung deshalb richtigerweise nicht. Für Gestaltungszwecke muss zukünftig bei Kaskaden berücksichtigt werden, dass es zu einer Kumulation der 5%igen Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und Dividenden bei Körperschaften kommt, was generell für kurze Beteiligungsketten spricht. 4.11.2
Vermögensverwaltende Fonds
Ist die Tätigkeit des Fonds nach dem Gesamtbild der Betätigung als private Vermögensverwaltung einzustufen, so ist der Fonds steuerlich transparent. Für natürliche Personen als Investoren in eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG gelten Dividenden, die ihnen aus ihrer Beteiligung an dem Fonds zufließen, zu den Einkünften gemäß § 20 EStG. Sie unterliegen damit der Abgeltungsteuer. Hält die natürliche Person die Beteiligung an dem Fonds nicht in einem Betriebsvermögen, ist der ihr zugewiesene Erlös aus der Veräußerung von Beteiligungen an den Portfoliogesellschaften nur dann steuerpflichtig, wenn es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft (§ 23 EStG), um eine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG oder um einbringungsgeborene Anteile nach § 21 UmwStG handelt. Liegt einer dieser Tatbestände vor, würden die Veräußerungsgewinne in der Hand der natürlichen Personen ebenfalls der Abgeltungsteuer unterliegen. Körperschaftliche Investoren können Dividenden und Veräußerungsgewinne zu 95% frei von der Körperschaftsteuer vereinnahmen. Sofern es sich um Dividenden aus Splitterbeteiligungen handelt findet für Gewerbesteuerzwecke auf Ebene eines Investors, der seine Beteiligung im Betriebsvermögen hält, die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 GewStG statt. 4.11.3
Besteuerung des Carried Interest
Die vorstehenden Ausführungen gelten nicht für den erhöhten Gewinnanteil (Carried Interest), der an die Initiatoren gezahlt wird. Nach altem Recht war das Halbeinkünfteverfahren und die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG nicht auf die erhöhten Gewinnanteile anwendbar, da es sich um eine Vergütung für eine erbrachte Leistung handelt. Der erhöhte Gewinnanteil war damit nach Ansicht der Finanzverwaltung ein voll steuerpflichtiges Entgelt für erbrachte Dienstleistungen, die die an der Fondsgesellschaft beteiligten Initiatoren zugunsten der Mitgesellschafter erbringen. Die durch die gesellschaftsrechtliche Struktur von den Beteiligten angestrebte Zurechnung des Carried Interest als Gewinnbeteiligung steht im Widerspruch zu § 39 AO. Dieser lasse eine Kapitalbeteiligung und damit eine korrespondierende Gewinn-
146
4 Private Equity
beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft nur insoweit zu, als sie seiner Beteiligung an der Gesamthand entspricht. Tatsächlich sind die Initiatoren am Vermögen der Gesellschaft und am Liquidationserlös regelmäßig stark unterproportional beteiligt. Wirtschaftlich gesehen sollen die Initiatoren auch nicht am Vermögen der Gesellschaft, sondern an den mit diesem Vermögen generierten Gewinnen überproportional beteiligt sein. Auf der Grundlage des Schreibens werden die Initiatoren in Zukunft Fondsstrukturen wählen, die ihnen auch eine gesamthänderische Beteiligung am Vermögen der Fondsgesellschaft vermitteln.
4.11.4
Gesetz zur Besteuerung von Wagniskapitalgesellschaften
Am 02. April 2003 haben die Länder Bayern, Hamburg und Sachsen-Anhalt einen Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von Wagniskapitalgesellschaften in den Bundesrat eingebracht. Ziel der Gesetzesbemühungen ist es, das in Deutschland nur in besonders niedrigem Umfang zur Verfügung gestellte Kapital für Seed-Investitionen nachhaltig zu erhöhen. Der wesentliche Inhalt ist eine gesetzliche Festschreibung der einheitlichen Behandlung der Beteiligungserträge aller Fondsgesellschafter, also auch der Initiatoren und des von ihnen bezogenen Carried Interest. Der Gesetzentwurf für das „Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG)“ wurde vom Bundesrat verabschiedet und am 09. Juli 2003 dem Bundestag vorgelegt.402 Nach langer Vorbereitung des Gesetzes wurde das MoRaKG am 27. Juni 2008 vom Bundestag und am 04. Juli 2008 vom Bundesrat mit einer rückwirkenden Gültigkeit ab dem 01. Januar 2008 verabschiedet. Die Verabschiedung des Gesetzes hat sich deshalb so lange hingezogen, da die Große Koalition ein Junktim zwischen dem MoRaKG und dem Risikobegrenzungsgesetz herstellte, so dass erst nach der erfolgten Einigung über Kreditverkäufe grünes Licht für die Förderung von Beteiligungskapital gegeben wurde. Nach Einschätzung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung, der allerdings nicht weit genug führe. Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) vertritt eine pessimistischere Haltung und geht davon aus, dass das Gesetz ein Flop werden wird. Einig sind sich die Branche und das Bundesfinanzministerium (BMF), dass die Entwicklung der Wagniskapital-Investitionen in den frühen Unternehmensphasen enttäuschend ist. Unter dem Strich verharrt die Seed- und Start-up-Entwicklung, 402
BT-DRs. 15/1504
147
4.11 Steuerrechtliche Beurteilung der Gewinnanteile
(Angaben in Mill. Euro) Se : Investitionen in Gesch äftsideen Seed: Investitionen in Geschäftsideen
Start-up:Gründungsfinanzierungen dungsfinanzierungen Start-up:
Gesam Gesamt
839,7 2007
299,5 49,9 1037,7
2006
233,1 31,2
1271,7 2005
298,3 6,6 1079,4
2004
331,6 21,9 707,9
2003
265,5 27,0
Abb. 26: Venture Capital-Investitionen in Deutschland Quelle: BVK, 2008
also die Geschäftskonzept- und Gründungsfinanzierung auf niedrigem Niveau. Dabei hat sich der ebenfalls staatlich finanzierte High-Tech-Gründerfonds in der Vergangenheit schon belebend auf dieses Segment ausgewirkt. Das Marktversagen, wie es der Bundesfinanzminister formuliert, hat in diesem volkswirtschaftlich wichtigen Bereich den Staat auf den Plan gerufen. Er stellt steuerliche Vergünstigungen für Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften in Aussicht, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind: • Das zu erwerbende Unternehmen darf nicht älter als zehn Jahre sein • Das Unternehmen darf nicht mehr als 20 Mil. Euro an Eigenkapital aufweisen • Der Börsengang darf nicht länger als drei Jahre zurückliegen Treffen diese Bedingungen zu kann die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft als vermögensverwaltend eingestuft werden, wodurch sie keine Gewerbesteuer zahlen muss. Allerdings macht der Branchenverband BVK darauf aufmerksam, dass die Voraussetzungen, einen Fonds als vermögensverwaltend und nicht als gewerblich einzustufen, im MoRaKG tatsächlich sehr eng gefasst sind. Nur wenige Mitglieder haben daher Interesse bekundet, einen Fonds nach dem MoRaKG aufzulegen. Ferner ist die Branche verstimmt über die Voraussetzungen, unter denen die Gesellschaften einen Verlustvortrag steuermindernd nutzen können. So müssen zwischen Anschaffung und Veräußerung der Beteiligung durch die Wagniskapitalgesell-
148
4 Private Equity
schaft wenigstens vier Jahre liegen. Auch soll der Verlustabzug lediglich über fünf Jahre gestreckt werden können. Kritiker des Gesetzes äußern daher die Befürchtung, dass diese extrem restriktiven und steuersystematisch kaum nachvollziehbaren Beschränkungen von Verlustvorträgen für innovative und kapitalintensive Forschungsunternehmen einen weiteren Wettbewerbsnachteil darstellen. Der Sachverständigenrat geht davon aus, dass Beteiligungsfinanzierungen ab dem Jahr 2009, d. h. mit dem Start der Abgeltungsteuer, der steuerlich bei Weitem unattraktivste Finanzierungsweg sein werden. Eine Fremdkapitalfinanzierung junger Unternehmen schiede aber aufgrund mangelnder Sicherheiten, einer nicht vorhandenen Reputation und des großen Risikos in der Regel aus.403 Dennoch ist das MoRaKG zu begrüßen, auch wenn es nicht perfekt ist. Es hilft, wenn auch in sehr restriktiven Grenzen, die unnötige Belastung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Fondsgesellschaften zu beseitigen. Initiatoren werden unter Anwendung des Gesetzes nicht mehr von der Auflage von Fonds in Deutschland abgeschreckt, da ihnen nunmehr die günstige Besteuerung des Carried Interest als Veräußerungsgewinn eingeräumt wird. 4.11.5
Übergangsvorschriften
Das PE-Schreiben ist in allen nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden. Führt das PE-Schreiben zu einer Verschärfung der Besteuerung gegenüber der bisherigen Verwaltungspraxis, so sind die Bestimmungen nicht auf solche Fonds anzuwenden, die vor dem 01. April 2002 gegründet worden sind, soweit die Portfoliobeteiligungen vor dem 08. November 2003 erworben wurden. 4.11.6
Umsatzsteuer auf die Geschäftsführungsgebühr
Mit dem Urteil vom 06. Juni 2002 hatte der BFH in Umsetzung der sechsten EUUmsatzsteuerrichtlinie404 seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Danach war die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten, d. h. die Geschäftsführung durch einen Komplementär, nicht als umsatzsteuerliche Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu beurteilen. Geschäftsführungsleistungen von Gesellschaftern können nach diesem Urteil grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sein. Hierzu hat das BMF am 23. Dezember 2003 ein Schreiben zur „Umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft“405 herausgegeben, welches seit dem 31. März 2004 Anwendung findet. 403
HANDELSBLATT VOM 20. JUNI 2008, FINANZZEITUNG, S. 26 77/388/EWG 405 BMF-SCHREIBEN IV B7 – S7100 – 246/03 404
4.11 Steuerrechtliche Beurteilung der Gewinnanteile
149
Danach können sowohl natürliche als auch juristische Personen als Gesellschafter grundsätzlich selbständige Leistungen an ihre Gesellschaft erbringen. Das Entgelt unterliegt als „Sonderentgelt“ der Umsatzsteuer, wenn es im Rahmen der Ergebnisermittlung der Gesellschaft bei der Handelsbilanz als Aufwand behandelt wird. Nicht der Umsatzsteuer unterliegen Zahlungen, die als Gewinn-Vorab aus dem Bilanzgewinn verteilt werden. Bereits vor diesem Schreiben bestand ein Problembewusstsein im Hinblick auf diese Zahlungen. Deshalb wird die Vergütung für die Geschäftsführungsgebühr üblicherweise als Ergebnis-Vorab gezahlt, was allerdings dann zu Problemen führt, wenn das Ergebnis-Vorab ergebnisunabhängig, also auch bei Vorliegen von Verlusten, gezahlt wird. Deshalb sehen die Gesellschaftsverträge der Fondsgesellschaften auch regelmäßig vor, dass eine etwaige Umsatzsteuer auf das Ergebnis-Vorab von der Gesellschaft, d. h. von den Investoren zu tragen ist. Mit dem Schreiben zur Umsatzsteuer auf Geschäftsführungsleistungen hat die Robustheit einer Reihe von bestehenden Strukturierungen erheblich abgenommen. In vielen Fonds besteht damit ein Risiko, dass die Erträge für die Investoren durch die Umsatzsteuer auf die Geschäftsführungsgebühr belastet werden.406 4.11.7
Fazit
Die vom BMF festgestellten Kriterien zur Abgrenzung zwischen Gewerblichkeit und Vermögensverwaltung sind keineswegs aus sich heraus verständlich und nicht ohne Rechtsunsicherheit anwendbar. Verglichen mit der Situation, die seit dem ersten Entwurf des Schreibens im November 2002 bestand, ist allerdings ein gewisses Maß an Gestaltungssicherheit hergestellt worden. Vor dem Hintergrund von Verlautbarungen aus der Regierung, wonach der Finanzplatz Deutschland und insbesondere auch die Finanzierungsart „Private Equity“ gestärkt werden soll, ist es unverständlich, dass das BMF ausgerechnet die erhöhte Gewinnbeteiligung der Initiatoren einer unvorteilhaften Besteuerung unterwerfen will. Das negative Signal wird von dem Rundschreiben, betreffend die umsatzsteuerliche Behandlung der Geschäftsführungsgebühr, noch verstärkt. Auf Basis einer 25-jährigen Analyse der historischen Renditen weist Private Equity als risikobehaftete Anlageklasse im Vergleich zu anderen Anlageklassen deutlich höhere Renditen aus. Wie erwartet korrespondiert allerdings auch das im Vergleich erhöhte Risikomaß mit diesem Renditepotential, so dass Private EquityAnlagen nicht für jedes Risikoprofil auf Investorenseite geeignet erscheinen. Die Bandbreite der Ausschläge um die historische Rendite von 14,1% ist je nach Betrachtungsjahr und Private Equity-Segment im Vergleich zu anderen Anlageklassen deutlich höher. 406
KRAUSE / WEISER (2004): BESTEUERUNG PRIVATE-EQUITY-FONDS, S. 36–43
150
4 Private Equity
Tabelle 12: Renditen, Risiken und Verfügbarkeiten verschiedener Kapitalanlagen407 Rendite vor Steuern p.a. historisch*
Risikoreduzierte Anlagen
Risikobehaftete Anlagen
Prognose
Risiko-
Volatilität p.a.
einstufung
Liquidität
5,4%
3,5%
0,0%
Renten Europa
8,3%
4,0%
5,8%
Immobilien Europa
5,6%
6,6%
8,5%
Immobilien USA
9,4%
8,9%
14,7%
Hedgefonds, strukturierte Produkte
14,5%
6,0%
10,8%
Aktien Europa
15,7%
8,5%
18,9%
Schiffsbeteiligungen Private Equity
Verfügbarkeit
historisch*
8,6%
6,5%
6,2%
14,1%
11,5%
18,8%
* in lokaler Währung von 1980–2006 Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2007
Tabelle 13: Langfristige Rendite-/Risikoentwicklung von Private Equity408 Assetklassen
Langfristige Rendite-/Risikoentwicklungen
Datenquelle
Historische Daten vor Steuern1 Bandbreite der Rendite
Private Equity2 1 2
Rendite p.a.
Minimum
Maximum
Volatilität p.a.
14,12%
–12,03%
83,06%
18,78%
Venture Economic
in lokaler Währung Zusammensetzung: Venture Capital USA 5%, Venture Capital Europa 15%, Buy out USA 20%, Buy out Europa 60%
Quelle: Oppenheim Vermögenstreuhand GmbH, 2007
Allerdings muss an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, dass in Abhängigkeit von der Gewichtung der Subsegmente der gewählten Benchmark gegenüber der vom Indexanbieter „Venture Economics“ verwendeten Zusammensetzung sowie in Abhängigkeit vom jeweiligen Betrachtungszeitraum historisch deutlich unterschiedliche Renditen ausgewiesen worden wären. Weitere signifikante Unterschiede würden sich durch unterschiedliche regionale Betrachtungsweisen ergeben. Im Übrigen war in der Vergangenheit, je nach Investmentzyklus, eine Sektorrotation zwischen den Segmenten Venture Capital und Buyout festzustellen, so dass, wie von Venture Economics praktiziert, aus Gründen der langfristigen Vergleichbarkeit eine Festlegung prozentualer Anteile auf die unterschiedlichen Private Equity-Investmentsegmente erfolgen muss. 407 408
in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 341 in: OPPENHEIM / BERNHARDT (2008): ERFOLGSSTRATEGIEN PRIVATE EQUITY, S. 342
5
Auflageort
5.1
Offshore-Finanzzentren
Das englische Wort „offshore“ bedeutet vor bzw. außerhalb der Küste liegend und wird in unterschiedlichen fachsprachlichen Wortzusammensetzungen verwendet. Im hier interessierenden Zusammenhang taucht vor dem zweiten Weltkrieg, im Wesentlichen aber in den frühen fünfziger Jahren, der Begriff „offshore“ mit der Gründung von offshore, d. h. auf Inseln gelegenen Finanzplätzen auf, wo unter nahezu vollständigem Fehlen von Aufsichtsvorschriften „Offshore-Banking“ betrieben wurde.409 Der Begriff „offshore“ fällt aber auch schon in den zwanziger Jahren zu Zeiten der Prohibition in den USA, als schwimmende Spielcasinos zum Schutz vor staatlichem Zugriff durch die Behörden weit vor der amerikanischen Küste und damit außerhalb der staatlichen Hoheitsgewalt ankerten und betrieben wurden.410 Diese Art der Offshore-Tätigkeit stellte eine legale Umgehung von nationalen Rechtsvorschriften, im konkreten Fall von Verbotsnormen dar. Unter einem Finanzzentrum versteht man verkürzt ausgedrückt einen Ort mit hoher Konzentration finanzieller Aktivitäten und Transaktionen.411 Insofern ist unter einem „Offshore-Finanzzentrum“ ein allein durch Finanzmarkttransaktionen und Finanzgeschäfte dominierter Standort zu verstehen, an dem aufgrund eines „liberalen“ Rechtssystems andernorts bestehende Vorschriften und Beschränkungen für Finanzdienstleistungen umgangen werden können. Daneben wird die Vornahme von Geschäften ermöglicht, die an anderen Finanzplätzen nicht realisiert werden können oder dort gar unstatthaft sind.412 Diese Definition liefert jedoch nur ein unzureichendes und mit der Realität der heutigen Offshore-Finanzzentren nicht mehr übereinstimmendes Bild. Der Begriff OffshoreFinanzzentrum muss vielmehr aus einer historischen Perspektive heraus erklärt und dabei vor allem im Zusammenhang mit der Entstehung der Euromärkte und der Weiterentwicklung der modernen Finanzmärkte gesehen werden. Das Aufkommen der Offshore-Finanzzentren ist eng mit der Entwicklung der Euromärkte verknüpft. Unter Euromärkten sind sämtliche internationalen Geld-, Kredit- und Kapitalmärkte zu verstehen, auf denen im Gegensatz zu den nationalen Finanzmärkten mit Währungen gehandelt wird, die sich außerhalb ihres Ursprungs409
BLESSING (1981): OFFSHORE-BANKING, S. 711 LEPETIT (1981): BANCAIRES OFF-SHORE, S. 55 411 DUFEY / GIDDY (1994): INTERNATIONAL MONEY MARKET, S. 49 412 VOß (1999): OFFSHORE-FINAZZENTREN, S. 30 410
152
5 Auflageort
landes befinden.413 Die Namensgebung Euromarkt ist darauf zurückzuführen, dass die Finanztransaktionen ursprünglich nur in den wichtigsten europäischen Finanzzentren abgewickelt wurden. Neben London, dem Zentrum des Euromarktes, kamen zunächst weitere europäische Finanzzentren wie Paris, Zürich, Frankfurt und Mailand hinzu, bevor sich der Euromarkt später weltumspannend in den übrigen Finanzzentren der Erde etablierte. Die Entwicklung des Euromarktes, der ursprünglich ausschließlich ein EuroDollar-Markt war, begann Mitte der fünfziger Jahre, als von sozialistischen Staaten kontrollierte Banken aus politischen Gründen dazu übergingen, ihre Dollarguthaben bei westeuropäischen anstatt bei US-amerikanischen Banken zu halten. Ein weiterer Anstoß ergab sich mit dem Bedeutungsverlust des britischen Pfundes ab 1957, als die Bank von England die Verwendbarkeit von Sterling-Akzeptkrediten auf die Außenhandelsfinanzierung der Sterling-Block-Länder begrenzte. Überdies bewirkten amerikanische Leistungsbilanzdefizite Kapitalexporte aus den USA. Eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung und den Aufschwung der Außengeldmärkte war schließlich 1957 die Einführung der Ausländerkonvertibilität der Währungen der wichtigsten westeuropäischen Industrieländer. Die Ursachen des Euromarktwachstums sind auch in der US-amerikanischen Gesetzgebung zu finden. Seit 1937 war den Banken in den USA durch die „Regulation Q“ verboten, Sichteinlagen zu verzinsen. Termineinlagen bis zu einem Jahr durften nur zu einem von der Notenbank festgelegten Maximalsatz verzinst werden. Amerikanische Großanleger sahen sich durch diese Einlagenzinsbindung veranlasst, ihre Einlagen an den Euromarkt zu transferieren. Weil die Sollzinsen aufgrund der Zinsstruktur und der Markteigenschaften am Euromarkt unter denen der USA lagen, wurde es auch für die Kreditnehmer kostengünstiger, ihren Kreditbedarf am Euromarkt zu befriedigen. Die Ölpreisentwicklung in den siebziger Jahren verlieh dem Euromarkt eine weitere Schubwirkung, die zugleich zu Strukturveränderungen führte. Die erdölexportierenden Länder legten ihre Gelder auf dem Euromarkt an und die Eurobanken liehen einen großen Teil dieser Überschüsse wiederum an Entwicklungsländer aus. Damit kamen die Anleger nunmehr vermehrt aus dem Nahen und Mittleren Osten, während bei den Kreditnehmern neben den europäischen Staaten zunehmend auch Entwicklungsländer hinzutraten. Das Aufkommen der Offshore-Finanzzentren wurde definitiv durch die mit der Entwicklung des Euromarktes verbundene Internationalisierung des Bankgeschäfts und durch das damit verbundene Wachstum der Finanzströme gefördert.414 Die inter413 414
GUT (1985): ENTWICKLUNGSTENDENZEN, S. 23 Nach Meinung von JOHNS (1983): TAX HAVENS AND OFFSHORE FINANCE, S. 190, sind Entstehung und Aufschwung nicht aller Offshore-Finanzzentren mit den Entwicklungen des Euromarktes verbunden. Für viele Finanzunternehmen habe unabhängig von den Euro(Fortsetzung auf S. 153)
5.1 Offshore-Finanzzentren
153
nationalen Finanzzentren versäumten es, sich den veränderten Umständen und der Internationalisierung entsprechend rasch anzupassen. Dieser Mangel führte auf dem Finanzmarkt zu Ersatz- oder Notlösungen, zu denen auch die Offshore-Finanzplätze zu rechnen sind.415 In den aufkommenden Offshore-Zentren erkannte man, dass die internationalen Banken nach neuen Standorten suchten, um den gewinnmindernden Auflagen auf den internationalen Finanzplätzen auszuweichen. Diesem Bedürfnis kamen die Offshore-Finanzzentren mit der Schaffung liberaler bank- und steuerrechtlicher Rahmenbedingungen entgegen, die die Abwicklung spezieller internationaler Finanztransaktionen begünstigte. Namentlich vermochten sich die Offshore-Zentren im Wettbewerb mit den konventionellen Bankplätzen durch eine finanzmarktfreundliche Zulassungs- und Aufsichtspolitik zu behaupten. Daneben übten sie Zurückhaltung bei ordnungspolitischen Eingriffen, offerierten günstige Steuersätze und ließen Finanzinstrumente und -techniken zu, deren Einsatz onshore nur unter engen Voraussetzungen möglich oder sogar gänzlich untersagt war.416 Diese Entwicklungen berechtigten daher zu der Feststellung, dass sich die Offshore-Zentren in den sechziger und siebziger Jahren zu „Eurozentren der zweiten Generation“ entwickelt haben. Die in diesen zwei Dekaden eingetretene Internationalisierung des Bankgeschäftes und der Unternehmenstätigkeit, die Strukturveränderungen auf dem Euromarkt, die als Folge des Recyclings der Petrodollarüberschüsse auftraten und immer mehr Anleger und Kreditnehmer aus dem außereuropäischen Raum anzogen, führten die Offshore-Finanzzentren zu ihrer heutigen Bedeutung. Der Zwang zur Kundennähe erforderte die räumliche Präsenz und die Schaffung von Ablegern des bisherigen Euromarktes auch in den außereuropäischen Gebieten. Die Gründung neuer Offshore-Finanzplätze blieb aber nicht auf das außereuropäische Ausland beschränkt, sondern strahlte wieder auf Europa zurück. Denn auch in Europa erschienen neue Standorte, die die Vorteile des Offshore-Geschäftes für sich entdeckten und die, wenngleich mit unterschiedlicher Bedeutung, mittlerweile zu den klassischen europäischen Offshore-Zentren des Euro-Dollar- bzw. Euro-DM-Marktes zählen. Für das Aufkommen weiterer Offshore-Finanzzentren auch in Europa sind neben den soeben dargelegten Gründen die Verschärfung der Bedingungen für das Betreiben des Offshore-Geschäfts an einigen Zentren und ein verstärkter Wettbewerb zwischen den Offshore-Finanzzentren verantwortlich. Eine Rolle spielt hierbei auch das Problem des „over-banking“. Für den überproportional großen Bankenmarkt stand in 414
(Fortsetzung von S. 152) marktentwicklungen die dauernde Notwendigkeit bestanden, ihr Niederlassungsnetz weltweit auszubauen und ein steuerrechtlich attraktives Umfeld zur Gestaltung ihrer globalen Finanzgeschäfte zu finden, um neue Märkte zu erschließen. Allein dieses Bedürfnis habe in einigen Fällen zur Bildung von Offshore-Finanzzentren geführt. 415 HOFFMANN (1982): OFFSHORE-BANKING, S. 1 416 JOHNS (1983): TAX HAVENS AND OFFSHORE FINANCE, S. 225
154
5 Auflageort
den kleinen Offshore-Zentren zeitweise zuwenig Raum zur Verfügung. Anfang der siebziger Jahre, hatte z. B. Jersey wegen der hohen Nachfrage von Kreditinstituten mit knappen Raum- und Personalkapazitäten zu kämpfen. Dies führte auf Jersey vorübergehend zu einem Aufschub der Neuregistrierungen. Die abgewiesenen Kandidaten ließen sich nunmehr auf der Nachbarinsel Guernsey nieder, was dort zu einem Aufschwung der Finanzwirtschaft und zur Aufwertung des Offshore-Geschäfts führte, das bis dahin überwiegend auf Gesellschaftsregistrierungen basierte.417 Als Gründe für die steigende Bedeutung der Offshore-Finanzzentren können schließlich die zunehmende Diversifizierung im internationalen Bankgeschäft und die wachsende Bedeutung des Privatkundengeschäftes angeführt werden. Mit der Entdeckung der High Net Worth Individuals und Expatriates als wichtige und wachsende Kundensegmente versuchen immer mehr Offshore-Finanzzentren Geld in ihre Standorte zu ziehen, indem sie auch für diese Klientel ein vor allem steuerlich attraktives Umfeld schaffen.418 Hierunter fallen beispielsweise die Möglichkeit zur Gründung steuerbefreiter Unternehmen sowie die Nicht-Existenz von Quellensteuern.
5.2
Definitionsmöglichkeiten und Kategorisierung der Offshore-Finanzzentren
Der Begriff „Offshore-Finanzzentrum“ hat im Laufe der Zeit in der Literatur unterschiedliche Interpretationen erfahren. Mit Blick auf die historische Entwicklung der Offshore-Zentren kann zusammenfassend grundsätzlich auf drei Ansätze zur Begriffsbestimmung zurückgegriffen werden. Der erste Ansatz verbindet den Begriff „offshore“ mit der geographischen (vor der Küste) oder politischen (außerhalb der Grenzen) Lage eines Finanzplatzes. Ein zweiter Ansatz versteht unter Offshore-Finanzzentren pauschal alle Finanzplätze, die besonders günstige Standorteigenschaften aufweisen. Der dritte Ansatz schließlich stellt einzig auf die Perspektive der Vertragspartner ab, die an den in den Offshore-Finanzplätzen getätigten Geschäften beteiligt sind. Zwar treffen auf eine Vielzahl der Offshore-Finanzzentren alle drei genannten Ansätze gleichzeitig zu. Letztlich entscheidend kann aber nur der dritte Ansatz sein. 5.2.1
Geographische Rahmenbedingungen
Der erste Ansatz in seiner engeren Variante, der auf die geographische Lage vor der Küste abstellt, vermag von vornherein nicht zu erklären, warum es Offshore-Zentren auf dem Festland (z. B. Liechtenstein) gibt. Auch die weiter gefasste Variante des 417 418
JOHNS (1982): OFFSHORE FINANCE CENTRES, S. 53 VOß (1999): OFFSHORE-FINAZZENTREN, S. 32
5.2 Definitionsmöglichkeiten und Kategorisierung der Offshore-Finanzzentren
155
ersten Ansatzes, die auf die Lage außerhalb der Grenzen des Heimatstaates des Finanzunternehmens abstellt, so dass auch Offshore-Finanzzentren auf dem Festland ermöglicht werden, kann allein betrachtet nicht überzeugen. Dem Ansatz liegt die Vorstellung zugrunde, die Anreize zum Betreiben von Finanzgeschäften in OffshoreFinanzzentren gingen von im Heimatland gültigen, erhöhte Kosten verursachenden Aufsichtsnormen aus. Finanzgeschäfte würden daher in außerhalb der eigenen nationalen Grenzen liegende Standorte verlagert mit dem Ziel, im Inland geltende Normen zu umgehen. In der Tat sind die Gründe für die Verlagerung der Geschäftstätigkeit an einen anderen Standort häufig in dem Ausweichen in ein liberaleres und kostengünstigeres „Aufsichtsklima“ zu sehen. Dieses Bestreben hat viele Offshore-Finanzzentren erst geschaffen. Gleichwohl erscheint eine derartige Charakterisierung ohne eine weitere Differenzierung nicht hilfreich. Denn die Auflagen des Heimatlandes entfallen grundsätzlich, unabhängig davon, an welchen ausländischen Standort Finanzgeschäfte verlagert werden. Letztlich wäre nach diesem Ansatz jeder Auslandsstandort über den ein Finanzunternehmen Geschäfte abwickelt, unabhängig von seiner spezifischen Ausgestaltung, als Offshore-Finanzplatz zu bezeichnen. 5.2.2
Politische Rahmenbedingungen
Der zweite Denkansatz definiert die Offshore-Finanzzentren als Finanzplätze mit besonders liberalen Rahmenbedingungen, zu denen vor allem Faktoren wie Mindestreservefreiheit, keine oder nur geringe steuerliche Belastung, begrenzte und außerordentlich zurückhaltende Finanzmarktaufsicht und stabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse zählen. Im Rahmen des historischen Überblicks wurde zwar schon angedeutet, dass sich die Offshore-Finanzzentren gerade durch liberale Aufsichtsnormen gegenüber herkömmlichen Finanzplätzen profiliert haben. Die Problematik dieses induktiven Ansatzes liegt aber in der mangelhaften Konkretisierbarkeit. So lässt sich beispielsweise nicht objektiv bestimmen, wann ein Aufsichtssystem als liberal oder eine politische Lage als stabil bezeichnet werden kann. Überdies gibt es Offshore-Finanzzentren wie z. B. Luxemburg, in denen sich ein umfassendes Netz von Aufsichtsnormen gebildet hat und in denen Steuersätze gelten, die denen der herkömmlichen Finanzplätze sehr nahe kommen. Das alleinige Abstellen auf liberale Rechtsvorschriften führt schließlich auch zur völligen Gleichsetzung von OffshoreFinanzzentren mit so genannten Steueroasen,419 was jedoch nicht in jedem Fall zutrifft. Das erklärtermaßen vorrangige Ziel der Geschäftstätigkeit von Finanzunternehmen in Offshore-Finanzzentren ist nicht die Steuerersparnis, sondern das erleich419
Zum Begriff der Steueroase siehe statt vieler WÖRHMANN (1989): STEUEROASEN, S. 280ff.
156
5 Auflageort
terte Durchführen bestimmter Finanztransaktionen unter Ausnutzung günstiger Standortkonditionen. Offshore-Finanzzentren können daher Steueroasen sein, sie müssen es aber nicht sein.420 5.2.3
Geschäftliche Rahmenbedingungen
Das zur Charakterisierung von Offshore-Finanzplätzen ausschlaggebende Kriterium dürfte hingegen darin bestehen, bei der Definition einzig und allein auf die Perspektive der Vertragspartner abzustellen, die an den in den Offshore-Finanzplätzen getätigten Geschäften beteiligt sind. Danach liegt in einem weit verstandenen Sinne ein Offshore-Finanzzentrum schon dann vor, wenn die in dem Zentrum tätigen Finanzunternehmen als Schaltstellen und Intermediäre für Finanzströme agieren, die den Inlandsmarkt nicht berühren und damit „offshore“ bleiben.421 Grundlegendes Kennzeichen der Offshore-Finanzzentren ist demnach, dass die beteiligten und miteinander agierenden Parteien aus der Perspektive des Standortes des aktiv werdenden Finanzunternehmens nicht gebietsansässig sind. Dieses „Drehscheiben“-Kriterium gilt mit geringen Abstrichen auch bei veränderten Rahmenbedingungen. So profitiert auch das in den letzten Jahren stark ausgebaute Privatkundengeschäft von dieser Fiktion. Auch wenn sich die in Offshore-Zentren tätigen Finanzunternehmen dem insoweit relevanten Inlandsmarkt gegenüber nicht mehr verschließen, ist gleichwohl nicht zu verkennen, dass das Privatkundengeschäft nach wie vor fast ausschließlich auf ausländische Kunden ausgerichtet ist. In vielen Offshore-Finanzzentren ist der Inlandsmarkt in der Regel allein aufgrund geringer Bevölkerungszahlen und wegen der kleinen geographischen Dimension des Standortes bedeutungslos geblieben. Das „Drehscheiben“-Kriterium soll in der vorliegenden Untersuchung als Definitionsmerkmal für Offshore-Finanzzentren zugrunde gelegt werden. Diese Doktorarbeit folgt damit einem weit verstandenen Offshore-Begriff. Eine in der Literatur häufig anzutreffende Systematisierung der Offshore-Finanzzentren soll hier im Folgenden nicht aufgegriffen werden, da sich durch die Zuordnung zu einer bestimmten Offshore-Kategorie keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Standortattraktivität ziehen lassen. Die bekanntesten Offshore-Finanzzentren in Europa sind Luxemburg, Jersey, Isle of Man, Gibraltar, Dublin IFSC, Malta, Liechtenstein, Madeira und Zypern. In Anbetracht dieser umfangreichen Anzahl erfolgt im Folgenden eine Fokussierung auf die für die Auflage innovativer Produkte besonders geeigneten und nachgefragten Standorte Dublin und Luxemburg, wobei der Schwerpunkt auf Letzterem liegt. 420 421
SELE (1995): STANDORTKONKURRENZ ZWISCHEN FINANZPLÄTZEN, S. 69 BRÜTZEL (1985): OFFSHORE-BANKING DEUTSCHER BANKEN, S. 22ff.
5.3 Kurzdarstellung Dublin IFSC
5.3
157
Kurzdarstellung Dublin IFSC
Zur Förderung des lokalen Arbeitsmarktes und der Entwicklung der irischen Finanzwirtschaft wurde 1987 im Hafen der Hauptstadt Irlands das Dublin International Financial Services Center (IFSC) gegründet. Durch die Bereitstellung zeitlich befristeter, von der Europäischen Union genehmigter Steueranreize sowie durch eine gezielte liberale und moderne Finanzmarktgesetzgebung versucht die irische Regierung seit Gründung des IFSC erfolgreich, international tätige Finanzunternehmen in dieses künstlich geschaffene Offshore-Finanzzentrum zu locken. Im Dublin IFSC sind Finanzunternehmen in den Bereichen Banken, Investmentfonds, Vermögensverwaltung und Versicherungsdienstleistungen tätig, wobei sich das Kapitalanlagegeschäft als Finanzmarktschwerpunkt herausgebildet hat. In den letzten Jahren konnte jedoch auch der Versicherungssektor zu einem bedeutenden Teilsektor avancieren. Der Erfolg des IFSC beruht auf den modernen Finanzmarktgesetzen, die in diesem Offshore-Finanzzentrum Anwendung finden. Das Gesellschaftsrecht lässt die Gründung von Gesellschaften mit unbeschränkter oder beschränkter Haftung in verschiedenen Formen zu. Namentlich können Aktiengesellschaften mit schwankendem Kapital gegründet werden. Die dadurch ermöglichte Errichtung beschränkt haftender „Open-End“-Investmentgesellschaften, deren Gründung etwa in Großbritannien bis vor kurzem nicht möglich war, stellt gerade für Investmentunternehmen eine reizvolle Alternative zum Investment-Trust nach altem Muster dar. Seit 1995 ist zudem erstmals die Gründung von Non-Resident Trusts möglich. Im Dublin IFSC kommen auch steuerrechtliche Vorteile zum tragen. Zwar sind die Einkommensteuersätze mit 27% bis 48% nicht sonderlich attraktiv, jedoch ist der reguläre Körperschaftsteuersatz von 38% für Unternehmensgründungen, die noch vor 1995 vollzogen wurden, im Jahr 2005 auf 10% herabgesetzt worden.422 Überdies besteht die Möglichkeit, steuerbefreite Gesellschaften so genannte „exempt companies“ zu gründen. Auf Gewinne aus Investmentfonds werden keine Steuern erhoben. Ebenso gibt es keine Quellensteuer. Im IFSC registrierte Gesellschaften sind schließlich auch von der Zahlung der Gemeindesteuern befreit. Die 24 von Irland mit anderen Staaten geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen finden im Dublin IFSC Anwendung. Vorteile für den Standort IFSC erwachsen auch aus der irischen EU-Mitgliedschaft. Mittels einer Niederlassung im Dublin IFSC können sich Finanzunternehmen 422
Durch „outsourcing arrangements“ wurde versucht, noch kurz vor Auslaufen der Frist ausländischen Banken die Vorteile des IFSC zu ermöglichen. Bereits zugelassene Banken und Gesellschaften übernahmen für Bewerber die Verwaltung, Bilanzierung, Buchführung und andere Dienstleistungen (back office administration) und reduzierten somit den mit der Niederlassung verbundenen Zeit- und Sachaufwand, siehe RUSHE (1995/96): DUBLIN IFSC, S. 112
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5 Auflageort
aus Drittstaaten aufgrund des „single licence“-Prinzips Zugang zum gesamten europäischen Finanzmarkt verschaffen, indem sie in anderen EU-Staaten erlaubnisfrei Zweigstellen gründen. Die gleiche Zeitzone mit London und die Börse in Dublin, an der zahlreiche Investmentunternehmen notiert sind, machen den Standort Dublin IFSC attraktiv. Ebenso von Bedeutung ist die Tatsache, dass Dublin im Gegensatz zu anderen, geographisch kleinen Offshore-Zentren keine Raum- und Platzprobleme hat und die Mitarbeiter von Finanzunternehmen aus anderen EU-Staaten in Irland problemlos eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten.
5.4
Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg
Das Großherzogtum Luxemburg ist ein unabhängiger, souveräner Staat in der Form einer konstitutionellen Monarchie. Luxemburg hat gemeinsame Staatsgrenzen mit Belgien, Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland. Das luxemburgische Staatsgebiet, in dem rund 400.000 Menschen wohnen, ist etwa so groß wie das Saarland. Luxemburg ist damit der kleinste Staat der Europäischen Union. Die schriftlich bezeugte Geschichte Luxemburgs, der „Lucilinburhuc“ auf dem Bockfelsen, setzt um das Jahr 963 mit dem Bau einer Burg durch Graf Siegfried auf dem Gebiet der heutigen Hauptstadt Luxemburg ein. 1354 wurde die Grafschaft Luxemburg zum Herzogtum erhoben. Nach 1443 brach eine lange Periode fremder Souveränitäten an ehe das Großherzogtum im Jahre 1815 seine nationale Unabhängigkeit erlangte. Die durch den Wiener Kongress herbeigeführte Personalunion zwischen den Niederlanden und Luxemburg sollte bis 1890 dauern. 1867 bekräftigte der Londoner Vertrag die territoriale Unversehrtheit und politische Autonomie des Landes, welche bereits 1839 nach der belgischen Revolution festgelegt worden war, als das Land seine heutigen Grenzen erhielt. Im Gegenzug wurde Luxemburg der Status immerwährender Neutralität auferlegt. 1890 ging die Krone des Großherzogtums an das Haus Nassau-Weilburg. Somit erhielt das Land seine eigene Dynastie. Trotz seines Neutralitätsstatus wurde Luxemburg in beiden Weltkriegen von deutschen Truppen völkerrechtswidrig besetzt. Im Jahr 1948 gab das Land offiziell sein Neutralitätsstatut auf, um als vollberechtigtes Mitglied in internationalen, politischen, wirtschaftlichen und militärischen Organisationen mitwirken zu können. Im demokratischen System der konstitutionellen Monarchie wird in Luxemburg die Exekutive zugleich vom Großherzog und von der Regierung ausgeübt, während das Parlament (Chambre des Députés) die legislative Gewalt innehat. Die zwölf Kantone des Großherzogtums, eine territoriale Einteilung, welche die französische Revolution im Land etablierte, sind für administrative Belange den drei Distrikten Diekirch, Grevenmacher und Luxemburg zugeteilt. Die Distriktkommissare sind Bindeglieder zwischen den Ministerien in der Hauptstadt Luxemburg und den 118
5.4 Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg
159
Gemeinden. Die Verfassung betraut schließlich die Gerichte (Gerichtshöfe, Bezirksgerichte, Friedensgerichte) mit der Ausübung der richterlichen Gewalt. 5.4.1
Die finanzwirtschaftliche Entwicklung in Luxemburg
Der luxemburgische Finanzmarkt ist verglichen mit den anderen Wirtschaftssektoren des Großherzogtums ein vergleichsweise junger Wirtschaftszweig. Über lange Zeit war Luxemburg ein Agrarland bevor sich mit der Entdeckung von Eisenvorkommen im Südwesten des Landes die Eisen- und Stahlindustrie zum wichtigsten Wirtschaftssektor des Großherzogtums entwickelte. Obwohl die Stahlausfuhren auch heute noch ein Viertel des gesamten Luxemburger Exportvolumens ausmachen ist die Entwicklung in diesem Sektor rückläufig. Trotz der zahlreichen Bemühungen der Regierung, diesen stark monolithisch geprägten Sektor zu diversifizieren, schrumpft insgesamt gesehen der Anteil der im industriellen Sektor Tätigen, während der tertiäre Sektor namentlich die Aktivitäten der Finanzwirtschaft sowie der Kommunikations- und Informationsdienste immer mehr Arbeitskräfte anziehen. Auf dem Gebiet des Finanzmarktwesens wurde 1929 mit der Gründung der Luxemburger Börse der erste wichtige Schritt getan. Eine weitere Grundlage für die Entwicklung des Finanzmarktes wurde mit dem Gesetz über die Holdinggesellschaften geschaffen, das im gleichen Jahr erlassen wurde und die Holdinggesellschaften von der Zahlung direkter Steuern freistellt. Die seit 1921 mit Belgien bestehende Wirtschaftsunion wurde durch vertragliche Vereinbarung im Jahre 1935 zu einer gemeinsamen Währungsunion ausgebaut. Bis zur Einführung des Euro waren in beiden Ländern der belgische und der luxemburgische Franken gesetzliche Zahlungsmittel. Erste größere Finanzmarktaktivitäten setzten zu Beginn der sechziger Jahre ein. Der erste Investmentfonds wurde 1959 eingerichtet, auf den mangels spezieller Gesetze die Vorschriften des Gesetzes über die Handelsgesellschaften und des Gesetzes über die Holdinggesellschaften entsprechend angewandt wurden.423 Die 1963 einsetzenden Geschäfte auf dem so genannten Eurobondmarkt führten zum Aufstieg des luxemburgischen Finanzplatzes. Für die damaligen Verhältnisse war die Verwendung nationaler Währungen außerhalb ihrer Ursprungsländer neu und ungewöhnlich. Die Finanzwelt gab sich damals ein Stelldichein in Luxemburg, um Großkredite in der jeweils gewünschten Währung aufzunehmen, die über den Weg von Schuldverschreibungen in den verschiedenen Devisen finanziert wurden. Die 1964 in den USA eingeführte Zinsausgleichsteuer begünstigte diese Entwicklung, da sie zu einem verstärkten Ausweichen nach Luxemburg führte. Einen
423
CLARK (1994): EUROPEAN FINANCIAL REPORTING, S. 43
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weiteren Auftrieb erhielt der Finanzmarkt im Großherzogtum schließlich durch die Ausdehnung des Holding Steuerprivilegs auf Finanzholdinggesellschaften.424 Auch die deutschen Großbanken entdeckten auf ihrer Suche nach mehr Internationalität den kleinen Nachbarn Luxemburg als geeigneten Standort für ihre Expansion in den Euromarkt. Der endgültige Durchbruch des Finanzmarktsektors, der sich zum wichtigsten Wirtschaftszweig des Großherzogtums entwickelte und diese Position bis heute behauptet, gelang mit den Entwicklungen auf dem Euromarkt seit den siebziger Jahren.425 Das Euromarktgeschäft verzeichnete in Luxemburg aufgrund insgesamt günstiger Rahmenbedingungen und ausreichender Entwicklungsmöglichkeiten große Zuwachsraten. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit lag im Großgeschäft namentlich im internationalen Geld- und Kreditmarkt. Den Kern des Luxemburger Eurogeschäfts bildeten die Finanzierung von Zahlungsbilanzdefiziten, Investitionsvorhaben der Entwicklungsländer und exportbegleitende Finanzierungen. In Luxemburg werden heute rund 10% der europäischen Euromarktaktivitäten abgewickelt. Im Zuge der sich ausweitenden Verschuldungskrise der Entwicklungsländer in den achtziger Jahren wurde jedoch eine neue Geschäftsausrichtung der vielfach auf langfristige Kredite konzentrierten Eurobanken notwendig, wollten sie nicht einen Geschäftsrückgang und sinkende Erträge hinnehmen.426 Mit Beginn der achtziger Jahre traten die Finanzunternehmen somit in eine Phase der Neuorientierung und Diversifizierung ihrer Geschäftsaktivitäten ein. Diese wurden durch die Schaffung neuer Rahmenbedingungen seitens des Gesetzgebers unterstützt. Dank der starken Ausweitung des Privatkundengeschäfts, insbesondere der Investmentfonds- und Vermögensverwaltungsaktivitäten, führten diese Maßnahmen zu einem weiteren Ausbau des luxemburgischen Kapital- und Finanzmarktes. Mit den Investmentfonds legte Luxemburg den Grundstein für eine neue Wachstumsphase, die nicht nur den Finanzplatz zum größten Fondsstandort außerhalb der USA machte, sondern auch wesentlich dazu beitrug, dass die Volkswirtschaft des kleinen Großherzogtums in den neunziger Jahren mitunter zweistellige Zuwachsraten verzeichnete. Trotz der Dominanz Londons konnte so die Stellung Luxemburgs auch als Emissionsplatz weiter gefestigt werden. Das rasche Reagieren des Gesetzgebers auf neue Trends und Bedürfnisse auf dem Finanzmarkt unterstützt diese positive Entwicklung. So konnten bereits 1985 so genannte „Organismes de placement collectif à compartiments multiples“ zugelassen werden, die den auf den Kanalinseln kreierten Umbrella-Fonds ähnelten. Es handelt sich hierbei um Fonds, unter deren „Schirm“ mehrere Unterfonds stehen, zwischen denen der Anleger wählen bzw. in 424
CLARK (1994): EUROPEAN FINANCIAL REPORTING, S. 383ff. BURGHAGEN / FÜLSTER (1988): DER FINANZPLATZ LUXEMBURG, S. 149 426 VOß (1999): OFFSHORE-FINAZZENTREN, S. 76 425
5.4 Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg
161
die er hinüberwechseln kann. Die liberale Finanzmarkt- und Steuergesetzgebung führte zu einem Boom im Kapitalanlagebereich. In den letzten zehn Jahren hat sich das im Großherzogtum verwaltete Fondsvolumen verfünffacht und der Anteil der Fondsindustrie macht ca. ein Drittel des vom Finanzplatz erwirtschafteten Gesamtumsatzes aus. Dennoch ist Luxemburg weit davon entfernt in eine Monostruktur der Investmentfonds abzurutschen. Zwar hat die Zahl der Banken zuletzt deutlich auf ca. 150 Institute abgenommen, jedoch ist dies eher Ausdruck der allgemeinen Restrukturierungswelle im Finanzsektor und weniger ein Indiz für einen Rückgang des Bankgeschäfts vor Ort. Nach einer leichten Abflachung im Gefolge der Korrektur an den internationalen Aktienmärkten in den Jahren 2002 und 2003 verzeichnet der Finanzplatz Luxemburg inzwischen wieder Wachstumsraten von mehr als 7% p.a. Mit der Einführung der europaweiten Zinsbesteuerung im Jahr 2005 bestand die Gefahr, dass den Finanzplätzen Schweiz und Luxemburg die Existenzgrundlage entzogen würde. Entgegen vieler Befürchtungen hat sich diese Prophezeiung jedoch nicht bewahrheitet, da sich am Kundenverhalten und damit an den innereuropäischen Kapitalströmen kaum etwas geändert hat. Die Schweiz, Österreich und Luxemburg haben ihr Bankgeheimnis mit Erfolg verteidigt und dürfen weiterhin auf ein spezielles Vertrauensband zwischen Kunde und Bank bauen. Im Gegensatz dazu haben sich die übrigen EU-Partner für die Kontrollmitteilungen und damit für den gläsernen Bankkunden entschieden. Die Verantwortlichen des Finanzplatzes haben sich bereits sehr früh intensiv mit den Auswirkungen sowohl der Globalisierung als auch der europäischen Harmonisierung auf die Entwicklung ihres Offshore-Standortes beschäftigt. Einerseits wurden die erhaltenswerten Standortvorteile wie das Bankgeheimnis, das Anpassungsvermögen und die steuerliche Attraktivität gestärkt. Andererseits wurde eine Erneuerung mit dem Ziel eingeleitet, für eventuell versiegende Einkommensquellen frühzeitig Ersatz in neuen Produktnischen zu schaffen. Luxemburg ist kein Global Player wie New York, London, Tokio oder auch Frankfurt. Das Großherzogtum ist, allein schon von seiner Dimension und seinen Ressourcen her, ein typischer Nischenspieler. Das Land ist zwar ein hochkarätiger Finanzplatz, jedoch muss es sich auf Einzelsegmente spezialisieren, weil es sich außerstande sieht, die gesamte Finanzwelt vollumfänglich zu bedienen. Ein gutes Beispiel für eine glückliche Nischenpolitik liefert die Börse in Luxemburg. Sie macht keine Schlagzeilen wie ihre vom Fusionsfieber befallenen großen Schwestern im benachbarten Ausland, verzeichnet aber dafür Jahr für Jahr zweistellige Zuwachsraten. Aufgrund des vorteilhaften Rechtsrahmens hat sich der Börsenplatz Luxemburg zu einem weltweit führenden Anbieter für die Börsenotierung von Obligationen entwickelt. Mehr als 26.000 Anleihen und 9.000 weitere Titel werden im Großherzogtum täglich gehandelt.
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Bei der eingeschlagenen Nischenpolitik besteht die Kunst darin, den richtigen Mittelweg zwischen Spezialisierung und Diversifizierung des Finanzplatzes zu finden. Zu viele Finanzprodukte und Dienstleistungen können zu einer Verzettelung und damit zum Abstieg in die Mittelmäßigkeit führen. Andererseits muss man in genügend Sparten präsent sein, um nicht zu kopflastig zu werden und sich einem einzigen Geschäftssegment auszuliefern. Im Ergebnis führte die Neuausrichtung des Finanzplatzes zu einer breiteren Mischung der unterschiedlichen Geschäftsfelder. Es wurden sechs Eckpfeiler für den Finanzplatz definiert, die sowohl den verschiedenen Kundenkategorien als auch den künftigen Marktnischen Rechnung tragen: – Aufgrund der Tatsache, dass das wirtschaftliche Rückgrat Europas immer noch aus Klein- und Mittelbetrieben besteht und der Zugang dieser Unternehmen zu Kapital in Zukunft schwieriger und teurer zu werden droht, werden die Banken gleichermaßen als Berater, Begleiter und Geldgeber fungieren. – Privatkunden sind seit langem in Luxemburg gern gesehen und fühlen sich gut aufgehoben. Allerdings steigen die Anforderungen der privaten Bankkunden von morgen an deren Hausbanken. Sie werden einen Rundum-Service verlangen, der die Vermögensverwaltung, die Anlageberatung und vieles mehr umfasst. – Luxemburg ist führend in der Fondsverwaltung und kann auf einen beachtlichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verweisen. Allerdings ist das angesammelte Wissenskapital ausschließlich auf Back-Office-Tätigkeiten beschränkt. Die Bereiche Fondsvertrieb und Fondsmanagement müssen daher sukzessive ausgebaut werden. – Luxemburg gilt international als anerkannter Pionier der OECD-weiten Vermarktung von Pfandbriefen. Die Gesetzgebung für den gesamten Verbriefungsbereich gilt als vorbildlich. Der bisherige Erfolg soll sich weiter beschleunigen. – Die kontinentaleuropäischen Länder kämpfen mit der Finanzierung der in ihrer jetzigen Ausrichtung unbezahlbar gewordenen Altersvorsorgesysteme. Luxemburg verfügt über eine hervorragende Pensionsfondsgesetzgebung, mit der man sich erfolgreich im europäischen Pensionsmarkt positionieren kann. – Die Anwesenheit der internationalen Großbanken hat Luxemburg in den Mittelpunkt eines weltumspannenden Netzwerkes gerückt. Die Luxemburg-Niederlassungen der Banken fungieren als eine Art Zubringer für ihre Konzernmütter. Das Outsourcing von weiteren spezifischen Dienstleistungen an die Luxemburger Töchter stellt diese vor neue Entwicklungsaufgaben. Es fehlt demnach nicht an Perspektiven für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Finanzplatzes Luxemburg. Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind erfüllt. Das durch langjährige Erfahrungen im internationalen Finanzgeschäft aufgebaute Knowhow ist vorhanden, die Umfeldinfrastruktur bis hin zur satellitengestützten Kommu-
5.4 Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg
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nikation ist vorbildlich und die viel gepriesene Lebensqualität trägt das ihre dazu bei, hochkarätige Fachleute nach Luxemburg zu locken. Einer der entscheidenden Standortfaktoren ist das steuerliche Umfeld. Wird man im fiskalischen Bereich von der Konkurrenz abgehängt, reichen alle übrigen Vorteile kaum aus, um diesen Nachteil wettzumachen. Dank seiner sehr gesunden Staatsfinanzen war das Großherzogtum bisher stets in der glücklichen Lage, die Steuern niedrig zu halten und die mäßige Fiskalbelastung als Anreiz zu verwenden. Infolge der aggressiven Fiskalpolitik der neuen EU-Mitglieder könnte Luxemburg jedoch leicht ins Hintertreffen geraten. Angedacht werden daher sowohl eine Reduzierung des Körperschaftsteuersatzes als auch die Abschaffung bzw. die Komprimierung der antiquierten Besteuerung der Kapital- und Fondseinlagen. Hinzu kommt die angekündigte Einführung einer zehnprozentigen Abschlagsteuer auf Zinserträge für gebietsansässige Privathaushalte bei gleichzeitiger Abschaffung der Vermögensteuer. Luxemburg hat sich für den beschwerlichsten und langwierigsten, aber dafür auch langfristig erfolgreichsten Weg entschieden, indem es auf seine Kompetenz setzt. Ihren Ausdruck hat diese Orientierung in der Schaffung der Finanzhochschule Luxembourg School of Finance gefunden, die ihre Heimstatt in der ebenfalls neu geschaffenen Universität Luxemburg gefunden hat. Die Luxembourg School of Finance, die vom Finanzsektor mitgetragen und mitgestaltet wird, bietet eine Postgraduate-Ausbildung an, die zu einem Master of Science in Banking und Finance führt. Doch der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit wird künftig bei der Forschung liegen. Die Luxembourg School of Finance soll dem Finanzplatz nicht nur einen akademischen Unterbau mitsamt einer systematischen Verwaltung des angesammelten Fachwissens liefern, sondern ihm auch und vor allem zu jener Innovationskraft verhelfen, ohne die seine ambitionierten Zukunftspläne ansonsten gefährdet wären.427 Als Fazit lässt sich festhalten, dass die auf dem überdimensional großen luxemburgischen Finanzmarkt zirkulierenden Finanzströme der Banken, Investmentgesellschaften und Versicherungen regelmäßig ausländische Anbieter und Abnehmer betreffen. Der Inlandsmarkt ist hingegen lediglich in einem marginalen, hier zu vernachlässigenden Maße berührt. Diese Tatsache rechtfertigt es, nach dem hier zugrunde gelegten weiten Verständnis des Offshore-Begriffes, den Finanzplatz Luxemburg als ein Offshore-Finanzzentrum zu bezeichnen. 5.4.2
Die rechtliche Organisation der Finanzmarktaufsicht in Luxemburg
Da sich der Finanzmarkt in Luxemburg erst in den letzten 25 Jahren zu einem Finanzzentrum internationalen Ausmaßes entwickelt hat, sind auch die modernen Finanz427
THIEL (2005): FINANZPLATZ LUXEMBURG – KAMPF GEGEN KONKURRENZ, S. B1
164
5 Auflageort
markt-Aufsichtsstrukturen verhältnismäßig jungen Datums. Die Aufsicht über den Finanzmarkt wurde anfangs allein von Abteilungen des luxemburgischen Finanzministeriums sichergestellt. Dieses System erwies sich jedoch bald als nicht mehr ausreichend. Im Jahre 1945 wurde das Amt eines Commissaire au Contrôle des Banques, d. h. des Kommissars für Bankenaufsicht geschaffen. Der Bankenkommissar überwachte die Anwendung der Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, welche die Kreditinstitute und deren Geschäfte betreffen.428 Auch für die Versicherungsaufsicht wurde ein Commissariat aux Assurances geschaffen, das dem Finanzministerium direkt unterstellt ist und das bis heute mit der Überwachung des Versicherungsmarktes betraut ist. Ab etwa 1965 setzten in Luxemburg allmählich in größerem Umfang gesetzgeberische Tätigkeiten auf dem Gebiet des Finanzmarktrechts ein. Die Projekte der Europäischen Union zur verstärkten monetären Integration der Mitgliedsstaaten, die zwischen Luxemburg und Belgien bestehende Währungsunion und schließlich die Entwicklungen auf dem Euromarkt sowie der Ausbau des Privatkundengeschäfts in Luxemburg legten im Laufe der Jahre die Gründung einer eigenständigen Behörde mit zentralbankähnlichen und aufsichtsrechtlichen Befugnissen nahe. Im Jahr 1983 wurde daher das Institut Monétaire Luxembourgois, im Folgenden IML genannt,429 gegründet. Das IML war als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Der konkrete Auslöser für die Gründung des IML war das Europäische Währungssystem (EWS), das weitgehend auf Vereinbarungen zwischen den Zentralbanken beruht und das ursprünglich für 1981 die Schaffung eines zentralbankähnlichen Gebildes, den Europäischen Währungsfonds, vorsah. Ohne eine eigene zentralbankähnliche Institution hätte Luxemburg riskiert, keine eigene Stimme in dieser europäischen Institution zu haben. Diese Unzulänglichkeit sollte mit der Schaffung des IML beseitigt werden. Gleichzeitig sollten verschiedene monetäre Aufgaben, die dezentral auf mehrere staatliche Stellen verteilt waren, unter einem Dach zusammengefasst werden. Der Gesetzgeber hatte das IML mit sämtlichen Aufgaben und Kompetenzen versehen, die regelmäßig einer Zentralbank zukommen. Da jedoch Luxemburg und Belgien noch eine eigenständige Währungsunion bildeten, übte das IML in der Praxis nicht alle ihm zugeteilten Kompetenzen aus, sondern überließ Teilaufgaben der Belgischen Nationalbank, die dann für beide Länder gemeinsam handelte. 428 429
DESCHENAUX (1974): KREDITINSTITUTE GROßHERZOGTUM LUXEMBURG, S. 379 Loi du 20 mars 1983 portant création d’un Institut Monétarie Luxembourgeois (LIML), abgedruckt u. a. in: IML Rapport Annuel 1994, S. 84. Anfang 1999 wurde das IML im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken in Commission de Surveillance du Secteur Financier umbenannt. Im Text soll weiterhin das praxisbekannte Kürzel IML benutzt werden.
5.4 Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg
165
Bei den zentralbankähnlichen Tätigkeiten des IML handelte es sich einerseits um die Emission von Banknoten und Münzen sowie die Verwaltung des Geldumlaufs.430 Andererseits gehörte die Stabilisierung der Währung, d. h. die Wechselkurs- und Preisstabilität zum Aufgabengebiet des IML. Da das Institut nicht in Wechselkursstabilisierungen involviert war blieb ihm als Hauptaufgabe in diesem Bereich die Geldmengen- und Kreditregulierung. Schließlich führte das IML die Pflichten aus und nahm die Rechte wahr, die sich aus internationalen Vereinbarungen (z. B. BIZ, IWF, OECD) ergaben und übernahm damit Aufgaben, die nicht notwendigerweise von einer Zentralbank erledigt werden. Als Aufsichtsbehörde war das IML gemäß Art. 2 Nr. 4 LIML mit der Überwachung des Finanzsektors beauftragt. Danach überwachte das IML die Tätigkeiten der Kreditinstitute und anderer auf dem Finanzsektor tätigen Gewerbetreibenden431 sowie die Investmentfondsindustrie.432 Zum 01. Juni 1998 wurde schließlich die IML in die Banque Centrale du Luxembourg (BCL) umgewandelt, so dass das Großherzogtum seitdem offiziell über eine eigene Zentralbank verfügt. Die frühere Aufsichtstätigkeit der IML wurde am gleichen Tag der neu geschaffenen Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) übertragen. In deren Verantwortung fällt auch die Zuständigkeit der ehemaligen Börsenaufsicht (Commissariat aux Bourses). Die institutionelle Neuorganisation der Struktur und der Ausübung der aufsichtsbehördlichen Überwachung haben den bestehenden Rechtsrahmen und die geltenden Vorschriften nicht geändert. Im Jahr 1999 wurde die BCL Teil der Europäischen Zentralbank und im Jahr 2002 endete offiziell die achtzig Jahre dauernde Währungsunion mit Belgien. Die Überwachung des Bank- und Kapitalanlagensektors durch die luxemburgische Aufsichtsbehörde umfasst die Erteilung der Gesellschaftserlaubnis und die Überwachung des laufenden Geschäftsbetriebs. Als Handlungsinstrumentarium stehen der CSSF der Erlass von Verwaltungsakten und die Durchführung von Zwangsmaßnahmen zur Verfügung, die sich auf das gesetzlich vorgesehene Anordnungs- und Aufhebungsrecht (droit d’injonction et de suspension) stützen. Im Falle der Zuwiderhandlung kann die CSSF auch Geldbußen (amendes d’ordre) verhängen. Als weiteres Instrument der Finanzmarktaufsicht steht der CSSF ein beschränktes Gesetzgebungsrecht zu, dessen Umfang und Grenzen allerdings nicht immer ganz klar sind und das in seiner praktischen Anwendung verfassungsrechtliche Probleme 430
KOLB (1990): LUXEMBURG, S. 231 ff. Loi du 5 avril relative au secteur financier, Journal Officiel du Grand-Duché de Luxembourg, Mémorial A 1993, S. 461 432 Loi du 30 mars 1988 relative aux organismes de placement collectif, Journal Officiel du Grand-Duché de Luxembourg, Memorial A 1988, S. 139 431
166
5 Auflageort
aufwirft.433 Das Gesetzgebungsrecht der Exekutive, d. h. der Erlass von Rechtsverordnungen, steht nach Art. 36 Luxemburgische Verfassung dem Großherzog zu, der „die zur Ausführung der Gesetze erforderlichen Verordnungen und Erlasse (verfügt), ohne jemals selbst die Gesetze aufzuheben oder von ihrer Ausführung entbinden zu können.“ In der Verfassungspraxis wird dieses Verordnungsrecht von den Ministern wahrgenommen. Diese können das Verordnungsrecht an andere Stellen der Exekutive delegieren, soweit diese Delegation durch Gesetz vorgesehen ist und die betreffende Verordnung unter den Genehmigungsvorbehalt des zuständigen Ministers gestellt wird. Die ursprüngliche Konzeption der von der CSSF erlassenen Rundschreiben (circulaires) bestand darin, die betroffenen Finanzunternehmen über rechtliche und faktische Veränderungen des luxemburgischen Finanzmarktes zu informieren.434 Die Rundschreiben, von denen die CSSF bzw. deren Vorläuferinstitut IML bisher rund 150 erlassen hat,435 erlangen, soweit sie nicht rein informativer Natur sind, im verstärkten Maße „Gesetzesrang“. Sie dienen immer häufiger als direktes Mittel zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierungsvorgaben ohne Beteiligung des zuständigen Ministers oder des Großherzogs.436 Zwar ist dieses Verordnungsrecht gesetzestechnisch nicht zu beanstanden, soweit die CSSF zu diesem Vorgehen gesetzlich legitimiert ist.437 Auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht lässt sich gegen diese Vorgehensweise nichts einwenden, da die Bankrechts-Harmonierungsbestimmungen als Richtlinien im Sinne des Art 189 Abs. 3 EGV nur hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich sind und den Mitgliedstaaten die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung der in der Richtlinie festgelegte Ziele überlässt. Demgegenüber ist das „Gesetzgebungsrecht“ der CSSF aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich, da die Rundschreiben Durch- und Ausführungsvorschriften zu bestehenden Rahmengesetzen darstellen. Daneben ist an dem Erlass dieser Vorschriften entgegen Art. 36 Luxemburgische Verfassung weder der Großherzog, noch stellvertretend für ihn ein Minister beteiligt und auch im Fall der gesetzlich vorgese433
DE LHONNEUX / CROMLIN (1995): BANKING SUPERVISION: LUXEMBURG, S. 218ff. Z. B. Circ. IML 84/11 betreffend die Monats- und Finanzberichte der Investmentfonds, die der Aufsicht des IML unterstehen 435 Viele dieser Rundschreiben sind von Rundschreiben jüngeren Datums ersetzt worden 436 Siehe z. B. Circ. IML 94/108 über die Großkreditvergabe, mit dem die Umsetzung der Richtlinie 92/121/EWG über die Überwachung und Kontrolle der von Banken ausgeteilter Großkredite vollzogen wurde. 437 Dies ist etwa im Bankenaufsichtsrecht nach Art. 56 Satz 3 LSF der Fall, wonach das Institut die Einhaltung der Koeffizienten überwacht, die von internationalen Abkommen oder nach dem EU-Recht festgelegt werden. 434
5.4 Darstellung Offshore-Finanzzentrum Luxemburg
167
henen Delegation fehlt auf jeden Fall die ministerielle Sanktionsbefugnis. Die Finanzunternehmen sehen das aufgezeigte verfassungsrechtliche Problem nicht in dieser Schärfe. Aus einer praktischen Sichtweise heraus betrachten sie das Verordnungsrecht der CSSF als eine Möglichkeit zur raschen rechtlichen Anpassung an veränderte Umstände durch eine kompetente Institution, ohne dass sich der Gesetzgeber in einem langwierigen Verfahren mit zumeist aufsichtstechnischen und komplizierten Detailfragen befassen muss. Aufgrund dieser Überlegungen und der „Autorität“ des Urhebers der Rundschreiben wird die Rechtsqualität der von der CSSF erlassenen „circulaires“ im Ergebnis jedenfalls solange nicht in Frage gestellt, als sich ihr Inhalt mit den Vorgaben der betreffenden EU-Richtlinie deckt. Die „circulaires“ haben in der Praxis der luxemburgischen Finanzmarktaufsicht mittlerweile einen festen Platz eingenommen. Die Häufigkeit ihres Neuerscheinens und ihr bisweilen großer Umfang438 sind dabei nicht zuletzt eine Folge der „Mathematisierung“ des europäischen Finanzmarktaufsichtsrechts. 5.4.3
Luxemburg und das Finanzmarkt- sowie Steuerrecht auf europäischer und internationaler Ebene
Seit dem Übergang vom Agrar- zum Industrieland und den Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs pflegt Luxemburg traditionell enge völkerrechtliche Beziehungen zu anderen Staaten und seit der Aufgabe der Neutralität im Jahre 1948 auch zu einer großen Zahl von internationalen Organisationen. Viele dieser Verbindungen betreffen neben allgemeinen wirtschaftlichen Zielen auch finanzwirtschaftliche Aspekte. Luxemburg ist Gründungsmitglied der Europäischen Gemeinschaft und Vertragsstaat einer Reihe weiterer wirtschaftsrechtlicher Abkommen. Im Rahmen völkerrechtlicher Verträge mit spezifisch finanzwirtschaftlicher Ausrichtung übernimmt regelmäßig die CSSF nach Maßgabe ihres gesetzlichen Auftrages die Ausschusstätigkeit des Großherzogtums. Die CSSF ist im Bereich der gemeinschaftsrechtlichen Kooperation im beratenden Bankenausschuss, EU-Unterausschuss für Bankenaufsicht, in der EU-Kontaktgruppe „Geldwäsche“ und in der Kontaktgruppe betreffend die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren tätig. Daneben nimmt sie Aufgaben im Basler Bankenausschuss, im von der G8 eingerichteten Geldwäsche-Ausschuss, in der IOSCO, in der Internationalen Organisation der Wertpapierbörsen, in der OECD (Finanzmarkt-Ausschuss), in der BIZ und im IWF wahr. Zugleich ist Luxemburg Vertragsstaat der WTO. Damit finden namentlich die Vorschriften des GATS in Luxemburg Anwendung. Daneben hat das Großherzogtum mit über 20 Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. 438
Die Circ. IML 96/127 und Circ. IML 96/128 umfassten jeweils nahezu 100 Seiten.
6
Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Die Baisse an den weltweiten Aktienmärkten von 2001 bis 2003 und die seit diesen Jahren anhaltende Niedrigzinsphase haben unter den Kapitalanlegern und Versicherungsunternehmen bei der Festlegung ihrer spezifischen Strategischen Asset Allokation ein Umdenken eingeleitet. Viele institutionelle Anleger aus der Versicherungsindustrie sehen sich gezwungen, die langfristigen Ertragserwartungen ihrer Kapitalanlage nach unten zu korrigieren, wodurch die traditionelle Kapitallebensversicherung weiter an Attraktivität gegenüber Fondsgebundenen Lebensversicherungen verliert. Gleichzeitig suchen Kapitalanleger verstärkt nach alternativen Anlagemöglichkeiten, die den Renditeverfall bremsen sollen.439 Dementsprechend stark hat sich der Private Equity-Markt Ende der neunziger Jahre weltweit entwickelt. Im Jahr 2007 wurde weltweit mit ca. 450 Mrd. US-Dollar ein neuer Rekord bei den neu akkumulierten Eigenkapital-Mitteln erzielt. So hoch diese Zahl auf den ersten Blick erscheinen mag, so gering nimmt sie sich jedoch mit
1980- 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1989
Abb. 27: Weltweit aufgelegtes Private Equity-Volumen nach Regionen Quelle: Private Equity Analyst, Thomson Venture Economics
439
KRÄMER (2005): PRIVATE EQUITY ALS ALTERNATIVE ASSETKLASSE, Heft 4
170
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
weniger als 1,6% im Vergleich zur ca. 30 Billionen US-Dollar betragenden Marktkapitalisierung der weltweiten Aktienmärkte per Ende 2007 aus.440 Selbst wenn man die in den letzten sieben Jahren kumuliert eingesammelten Eigenkapitalbestände von 1.600 Mrd. US-Dollar als Maßstab heranzieht, beträgt der Prozentsatz lediglich knapp 5,4% der weltweiten Börsenkapitalisierung.
Abb. 28: Weltweit aufgelegtes Private Equity-Volumen nach Segmenten441 Quelle: Preqin, Adveq, 2008
In Kombination mit den insbesondere in den letzten Jahren bis Mitte 2007 erzielbaren Fremdkapital-Hebeln gewannen Private Equity-Gesellschaften jedoch einen erheblichen Einfluss an den Finanzmärkten, so dass im Rahmen großer BuyoutTransaktionen z. T. namhafte Großunternehmen in die Hände von Private EquityGesellschaften wechselten. Vor diesem Hintergrund ist auch das in der Vergangenheit zu verzeichnende große Interesse an Buyout-Fonds jedweder Größe zu verstehen. Die weltweit bedeutendsten Eigenkapitalgeber für das Thema Private Equity sind traditionell Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds, die mit großem Abstand vor den Banken das Ranking der größten institutionellen Investorengruppen anführen. 440 441
Siehe Abbildung 7 auf Seite 82 Die Differenz zwischen den ausgewiesenen Beträgen für die „Regionen“ und die „Segmente“ resultiert aus dem Umstand, dass andere Private Equity-nahe Geschäftsfelder wie Mezzanine oder Special Situations nicht bei den ausgewiesenen puristischen Private Equity Segmenten erfasst werden.
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
171
Eingesammeltes Fondsvolumen nach Investorentyp (2003 - 2007)
Andere Andere1 12,6% ,6% P ensio nsfo nds / Versicherungsunternehmen 32,7%
Stiftungen 0,4% Dachfo nds 14,7% 1,7%
Institutio nelle Investo ren / A kademische Institutio nen 6,5% P rivatinvesto ren / Family Offices 7,0%
Regierungen / Halbstaatliche Institute 7,7%
Banken / Kapitalmarkt 18,4% 14%
Abb. 29: Weltweit eingesammeltes Private Equity-Volumen nach Investoren Quelle: EVCA, Adveq, 2008
Retailkunden lassen sich hingegen nicht in bedeutendem Umfang unter den Investoren finden. Lediglich sehr vermögende Privatkunden und Family Offices sind mit kumuliert 7% am eingesammelten Fondsvolumen beteiligt. Hierbei muss jedoch angemerkt werden, dass es sich aufgrund des Volumens der individuell betreuten Vermögen in vielen Fällen zumindest um halbinstitutionelle Investoren handelt. Der bisher angelsächsisch geprägte Anlegerkreis hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt für heimische Investoren geöffnet. Vor allem angelsächsische Private Equity-Fonds erwarten von deutschen Versicherungen frisches Kapital. Die Engagements deutscher Lebensversicherungen sind mit 1,2% ihrer gesamten im Sicherungsvermögen verwalteten Kapitalanlagen, die als Kapitalzusagen in Private Equity bestehen, bisher kaum erwähnenswert.442 Dies ist umso mehr von Bedeutung, da nach 442
Einschätzung von Volker Greve, Leiter des Kompetenzzentrums für Kapitalanlagen der Versicherungswirtschaft bei der BaFin, Vortag auf der 5. Deutsche Investorenkonferenz am 23. April 2008 in Frankfurt.
172
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
einer Studie aus dem Jahr 2004 der Anteil von Private Equity-Investitionen an einem optimierten Portfolio zwischen 5% und 10% liegen sollte.443 Schon in den zurückliegenden Jahren hat sich Deutschland im Anlagesegment Private Equity zum drittgrößten Investor nach den USA und England entwickelt. Die Öffnung gegenüber neuen Investoren bedeutet allerdings nicht automatisch, dass auch wirklich interessante Unternehmen versuchen, Kontakt aufzunehmen, um Private Equity-Kapital zu erhalten. Mit Sicherheit suchen in Deutschland auch Unternehmen nach Kapital, die andernorts vielleicht schon eine Absage erhalten haben. Der immer noch sehr intransparente Markt wird auch in Zukunft von komplexen Beziehungsgeflechten dominiert werden. Deutsche Investoren setzen daher ihren Anlageschwerpunkt noch überwiegend auf deutsche Unternehmen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Bilanzen und die Wettbewerbssituation leichter zu prüfen sind. Als Beispiel kann die Allianz Versicherungsgruppe angeführt werden, die vergleichsweise offen über ihre Kapitalanlagen informiert. So ist bekannt, dass der Münchner Konzern über seine für Private Equity zuständige Tochter Allianz Capital Partners u. a. in den deutschen Unternehmen Bartec, Schmalbach-Lubeca, Messer-Griesheim sowie Tank & Rast investiert war bzw. ist.444 Neben der Frage nach Unternehmen und den damit verbundenen Investitionschancen ist auch die Frage nach der Höhe der Investition entscheidend. In Private Equity sollte generell nur ein überschaubarer Teil der gesamten Kapitalanlagen fließen. Denn selbst die Anbieter von alternativen Anlagen weisen auf das hohe Anlagerisiko bei Direkt- und Einzelfondsinvestitonen hin, welche im Gliederungspunkt 4.6 ausführlich beschrieben wurden. Temporäre oder endgültige Wertverluste können nicht etwa wie bei Aktien durch Optionsscheine oder andere Strategien abgesichert werden. Auch aus diesem Grund empfehlen Anlageexperten ein ausgewogenes, breit gestreutes Gesamtportfolio zur Absicherung. In den vergangenen Jahren hat sich zum Beispiel auch bei Private Equity-Unternehmen die Zahl der Insolvenzen erhöht. Zahlreiche Firmen haben die Anforderungen des Marktes nicht erfüllt. Die Investoren konnten ihren Schaden oft nur durch eine Veräußerung zu erheblich reduzierten Preisen in Grenzen halten. Abschläge von bis zu 80% mussten vor allem bei Venture Capital-Investments verbucht werden. Ein hohes Risiko ist zudem dann gegeben, wenn die Langfristigkeit von Engagements in Private Equity nicht richtig eingeschätzt wird. Private Equity-Investitionen erstrecken sich in der Regel über einen längeren Zeitraum. Ein schnelles „rein und raus“ wie etwa bei börsennotierten Aktien ist daher bei geschlossenen Private EquityFonds prinzipiell nicht möglich. Die Beteiligten müssen also über einen langen Atem 443
BRAUN / HARHOFF (2004): RISIKO UND RENDITEN VON PRIVATE EQUITY, S. 2 / EVCA (2004): PERFORMANCE MEASUREMENT AND ASSET ALLOCATION, S. 2 444 GERMAN (2003): VERSICHERER STOCKEN PRIVATE EQUITY AUF, S. 108
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
173
verfügen und nicht auf den nächsten Bilanzstichtag fokussiert sein. Eine weitere Voraussetzung für ein erfolgreiches Agieren am Markt ist somit ein solider Kapitalstock. Ein repräsentatives Barometer für die Messung von Performance bzw. Renditen gibt es im deutschen Private Equity-Markt derzeit noch nicht.445 Eine Investition in Private Equity bietet einerseits verschiedene Vorteile, andererseits weist sie spezielle Charakteristika auf, die sich von anderen Finanzierungsformen unterschieden und die von potenziellen Investoren hohe Aufmerksamkeit und Spezialwissen in diesem Segment voraussetzen. Abhängig von der Struktur des Versichertenbestandes eines Lebensversicherungsunternehmens betrug der durchschnittliche von den Kapitalanlagen aller Lebensversicherungsunternehmen zu erwirtschaftende Garantiezins des Bestandes im Jahr 2006 etwa 3,6%. Mit traditionellen Zinsanlagen, wie Staats- und Unternehmensanleihen ist die Erfüllung des Garantiezinses unter den derzeitigen Kapitalmarktbedingungen mit vertretbarem Risiko und den von der BaFin geforderten „Stresstests“ nach Kosten und Rückstellungen nur schwer zu erwirtschaften. Dieser Umstand ist auch daher so gravierend, weil deutsche Lebensversicherungen noch Altverträge erfüllen müssen, in denen sie einen Garantiezins von 4% oder mehr vertraglich vereinbart haben. Die Laufzeiten dieser Verträge können noch bis zu zwanzig Jahre betragen und die daraus resultierenden Verpflichtungen daher noch bis zum Jahr 2028 bestehen. Verschärft wird die Lage durch die politische Entscheidung, die Hälfte aller Bewertungsreserven, die als Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) bezeichnet werden, innerhalb von zwei Jahren den Versicherten gutzuschreiben. Dies hat zur Folge, dass derartige Beteiligungen die stillen Reserven und damit die Ausgleichsmasse für die Garantien bzw. die Mindestverzinsung aufzehren werden. Die zukünftigen Geschäftsmöglichkeiten der Lebensversicherer werden damit weiter eingeschränkt, da sie nicht mehr in der Lage sind, neue Garantieversprechen abzugeben.446 In Anbetracht dieser Entwicklungen ist es daher nicht verwunderlich, dass die Lebensversicherungsunternehmen verstärkt auf die Fondsgebundene Lebensversicherung als Investmentvehikel setzen, bei der die Anlageentscheidung und damit auch die erzielbare Rendite ausschließlich dem individuellen Rendite-/Risikoprofil des Versicherungsnehmers obliegt. Hierbei bedient sich der Kunde in der Regel aus einem vom Lebensversicherungsunternehmen angebotenen Katalog an Publikumsfonds. In den letzten Jahren haben die Versicherungsunternehmen ihre Geschäftsmodelle entsprechend umgebaut. Nicht selten werden daher die angebotenen Publikumsfonds von einer Tochter des Versicherungsunternehmens, z. B. Allianz Global Investors (AGI) für die Allianz, oder aber von einem strategischen Partner, z. B. DWS für die Zurich Gruppe Deutschland, verwaltet. Durch diese Maßnahmen stellen die An445 446
KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 79 KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 105
174
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
bieter Fondsgebundener Lebensversicherungen sicher, dass sie, neben der Gebühr für den eigentlichen Versicherungsmantel, auch perspektivisch einen indirekten Zugriff auf die eingeworbenen Anlagevolumina haben, erkleckliche Gebühren erheben und somit Gewinne generieren können.
6.1
Traditionelle Private Equity-Anlagevehikel für Privatinvestoren
Die heute üblichen Private Equity-Fonds zeichnen sich durch ihre „geschlossene“ Konstruktion aus, was in Kapitel 4 umfänglich dargestellt wurde. Die für „offene“ Fondskonstruktionen üblichen Aspekte eines hohen Grades an Transparenz und Liquidität werden bei geschlossenen Private Equity-Fonds nicht gewährleistet, ja sie liegen sogar nicht im Interesse der Investoren bzw. der Unternehmen, in die der Fonds durch seine Manager investiert ist. Vor diesem Hintergrund sind die Möglichkeiten für Privatinvestoren sich finanziell im Anlagesegment Private Equity zu engagieren, sehr eingeschränkt. In Abhängigkeit vom investierbaren Anlagevolumen qualifizieren sich Family Offices z. T. noch dafür, Zeichnungen an solchen Private Equity-Fonds vorzunehmen, die an und für sich ausschließlich für institutionelle Investoren kreiert wurden. High Net Worth Individuals und Retailinvestoren sind jedoch in der Regel gezwungen, spezielle für diese Klientel aufgelegte Fonds zu zeichnen. Die Qualität dieser Fonds ist dabei sehr unterschiedlich. Insbesondere im Bereich der klassischen Retailkunden hat sich vor allem in Deutschland ein „Grauer Kapital-
Institutionen
Family Offices
High Net Worth
Retail Investoren
(> ~5 Mio.)*
(> ~1 Mio.)*
(> ~250.000)*
(> ~10.000)*
Institutionelle Dachfonds für Privatinvestoren
Institutionelle Dachfonds
Retail Dachfonds (geschlossen )
Private Equity Fonds
Listed Private Equity Vehicles
* Typische Minimumanlagen für Commitments in USD oder EUR
Abb. 30: Private Equity-Investitionswege für Privatinvestoren Quelle: Eigene Graphik in Anlehnung an Adveq, 2008
175
6.1 Traditionelle Private Equity-Anlagevehikel für Privatinvestoren
Bedeutende Unterschiede in den Bedingungen und Konditionen verschiedener Dachfonds
TypischesMinimum Commitment Ausgabeaufschlag Verwaltungsgebühr
Institutionelle Dachfonds (traditionell)
Institutionelle Dachfonds für vermögende Privatinvestoren
Dachfondsfür Retailkunden (geschlossen)
> USD / EUR ~5 Mio.
> USD / EUR ~250.000
> USD / EUR ~10.000
Nein
0–5%
~ 0.8–1.0% p.a.
~ 5%
~ 1.0–1.5% p.a.
1.5%+ p.a.
< 0.5%
< 1%
5–10%
Hurdle Rate
~ 8%–12%
~ 8%–12%
~ 0–8%
Carried Interest
~ 5–10%
~ 5–10%
~ 10–15%
Hoch
Hoch
Verschieden
Strukturierungs-/ Vertriebskosten
Qualität
Abb. 31: Unterschiede zwischen Private Equity-Fonds für institutionelle Kunden und für Privatkunden Quelle: Eigene Graphik in Anlehnung an Adveq, 2008
markt“ entwickelt in dem sich z. T. Private Equity-Fondsanbieter bewegen, die keinesfalls der für diese Anlageklasse gebotenen Qualität und Erfahrung gerecht werden. Einige Anbieter derartiger Retailfonds verfügen nicht über den Zugang zu TopQuartil Fonds, die wiederholt hohe Renditen in unterschiedlichsten Marktphasen erzielt haben. Nach Ansicht des Verfassers ist es daher durchaus möglich, dass einige der kurz nach der Jahrtausendwende aufgelegten Fonds am Ende ihrer Laufzeit nicht in der Lage sein werden, das vormals eingesetzte Kapital zurückzuzahlen. Bis dahin vereinnahmen diese Fonds jedoch z. T. exorbitant hohe Verwaltungs- und sonstige Gebühren, denen noch keine Performance gegenübersteht, da diese erst in der Zukunft ausgewiesen werden wird. Aufgrund der Systematik von Private Equity ist somit ein sehr lukratives Geschäftsmodell für den Retailmarkt entstanden, welches viele Fonds-Initiatoren anzieht. Es können Gebühren vereinnahmt werden, ohne zeitgleich eine damit korrespondierende Performance aufzeigen zu müssen. Die Kombination aus hohen Gebühren- und Kostenbelastungen sowie dem nur bedingt vorhandenen Zugang zu Top-Quartil Private Equity-Zielfonds führt dazu, dass Dachfonds für Retailkunden eine vergleichsweise niedrige Internal Rate of Return von lediglich 8% erzielen. Diese Performance liegt nicht nur weit unterhalb des ansonsten für Private Equity üblichen Erwartungsrahmens sondern auch unter
176
TVPI
2
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Simulation der Netto-Multiplikationen (TVPI) Simulation der Netto-Multiplikatoren (TVPI) für Dachfonds* für Dachfonds*
Fondsvehikel
Rendite (IRR)
1,5 1
Institutionelle Dachfonds (traditionell)
0,5 0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
-0,5 -1
Zeit in Jahren
Institutionelle Dachfonds Institutionelle Dachfonds
Zeit in Jahren Institutionelle Dachfonds für vermögendePrivatinvestoren
Institutionelle Dachfonds für vermögende Privatinvestoren
Dachfonds für Retailkunden Dachfonds für Retailkunden
13%
Institutionelle Dachfonds für vermögende Privatinvestoren
11%
Dachfonds für Retailkunden (geschlossen)
8%
* Annahme: Einzelne Zielfonds weisen einen Multiplikator von 1,55 (TVPI) und 16% IRR auf
Abb. 32: Simulation der Netto-Multiplikatoren von Dachfonds für verschiedene Investorengruppen Quelle: Adveq Analyse, 2008
bzw. auf den erzielbaren Renditeniveaus anderer risikobehafteter Anlageklassen. Hinzukommt das bereits mehrfach erwähnte Problem der Illiquidität der geschlossenen Private Equity-Fonds, wodurch andere Anlageklassen mit vergleichbaren Renditeprofilen wie z. B. Aktien allein schon aufgrund ihrer jederzeitigen Liquidität den Private Equity-Dachfonds für Retailkunden vorzuziehen sind. Als eine liquide Alternative zu geschlossenen und damit illiquiden Private Equity-Dachfonds für Retailkunden bieten sich nach Ansicht des Verfassers insbesondere Aktien des Listed Private Equity-Marktes an, der sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt hat.
6.2
LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
Im Rahmen der Fondsgebundenen Lebensversicherung darf, wie im Kapitel 3 detailliert erläutert wurde, nur in solche Anlageinstrumente investiert werden, die dem Gebot der Liquidität gerecht werden. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass nur „offene“ Fondskonstruktionen als Anlagevehikel fungieren können, da diese in aller Regel über eine tägliche Liquidität und somit die Möglichkeit des jederzeitigen Kaufs und Verkaufs in einem effizienten Kapitalmarkt verfügen. Dieses Kriterium ist zwingend erforderlich trotz des Umstandes, dass, wie zuvor ausgeführt wurde, innerhalb der Fondsgebundenen Lebensversicherung in der Regel nur einmal monatlich eine Bewertung der Anteilseinheiten durchgeführt wird. Für die Aufnahme von Private Equity als Anlagemöglichkeit im Rahmen der Fondsgebundenen Lebensversicherung ist es daher zwingend notwendig, eine Struk-
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
177
tur zu kreieren, über die indirekt und darüber hinaus versehen mit einer täglichen Liquidität an dieser Anlageklasse partizipiert werden kann. Den sinnvollsten Weg stellt hierbei eine Konstruktion dar, die langfristige Renditen und Kapitalgewinne durch ein breit diversifiziertes Private Equity-Portfolio verspricht.447 Als einzig geeignetes, wenn auch nur indirektes Private Equity-Anlageinstrument, bieten sich hierfür die in Kapitel 4.7. beschriebenen Aktien des Listed Private Equity-Marktes (LPX) an. Hierbei investiert der Portfolio Manager sowohl in die Aktien von im Anlagesegment Private Equity tätigen börsennotierten Unternehmen als auch in öffentlich gehandelte Partnerships, d. h. Private Equity-Einzel- und Dachfonds. Der Kursverlauf dieser Titel spiegelt daher „indirekt“ auch die Entwicklung der eingegangenen Unternehmensbeteiligungen wider. Bei LPX-Aktien gibt es keine Mindestanlagebeträge, so dass selbst Retailkunden mit geringem finanziellen Aufwand ausgewogen diversifizierte Private Equity-Portfolios zusammenstellen können. Für Retailkunden ist dabei zusätzlich von Bedeutung, dass einige LPX-Gesellschaften auch Dividenden ausschütten und somit neben den erhofften Kursgewinnen eine weitere Ertrags- und Einnahmenkomponente existiert, die für die meisten vermögenden Privatkunden und High Net Worth Individuals in der Regel ohne Belang ist. Ein wichtiger Gesichtspunkt des LPX-Segments ist die bei diesen Aktien grundsätzlich verlangte Transparenz respektive Publizität der jeweiligen LPX-Aktiengesellschaft. Während geschlossene Private Equity-Fonds nur ihren Limited Partnern gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet sind und hierbei ohne Berücksichtigung etwaiger gesetzlicher Pflichten agieren können haben LPX-Aktiengesellschaften diesbezüglich hohe Maßstäbe zu erfüllen. Wie andere Aktiengesellschaften auch haben die LPX-Unternehmen die strengen Berichts- und Rechnungslegungsvorschriften sowie die Corporate Governance Regeln vollumfänglich zu befolgen. Insofern kommen die LPX-Gesellschaften nicht umhin, regelmäßig den NAV ihres Beteiligungsportfolios zu veröffentlichen, versehen mit weiterführenden Kommentaren und Einzelanalysen. Darüber hinaus sind die LPX-Gesellschaften dazu angehalten, den Markt über kursbeeinflussende Ereignisse zu informieren. Die tägliche Preisfeststellung in Kombination mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung von Zwischenberichten und Jahresergebnissen versetzt die Aktionäre in die Lage, einen sehr informativen Einblick in das Beteiligungsportfolio zu erhalten.448 Das hohe Maß an Transparenz und Öffentlichkeit schreckt jedoch immer noch einige Private Equity-Einzel- und Dachfonds davon ab, eine Börsennotierung im LPX-Markt anzustreben, da dies ihrer Ansicht nach im Widerspruch zur Anlageklasse „Private“ Equity steht. 447 448
BERNHARDT (2008): PRIVATE EQUITY ALS ANLAGEKLASSE, S. 58 ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 28
178 6.2.1
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Charakteristika des LPX-Marktes
Dauerhaft hohe Renditen, sowohl absolut als auch relativ, sowie die wachsende Nachfrage nach marktfähigen Private Equity-Vehikeln haben in den letzten Jahren zu einem rapiden Wachstum des Marktsegments LPX beigetragen, welches bereits in Gliederungspunkt 4.7. vorgestellt wurde. Dieses Marktsegment eröffnet Investoren den Zugang zu weltweit führenden Private Equity-Managern, die in der Vergangenheit signifikante Werte für ihre Teilhaber geschaffen haben. Die Existenz einer Reihe von Indizes für börsennotierte Private Equity-Gesellschaften hat sich nicht nur als sehr hilfreich für den Zugang zu den jeweiligen Unternehmen erwiesen, sondern auch den Informationsfluss über das gesamte Universum an Private Equity deutlich verbessert. Die LPX GmbH war die erste Organisation, die eine Familie unterschiedlicher Indizes entwickelt hat, wodurch erstmals ein Schnappschuss der absoluten und relativen Performance des Listed Private Equity-Universums ermöglicht wurde. Aufgelegt im Jahr 2004 sind die Indizes in verschiedene Kategorien unterteilt, die das komplet-
LPX Index • Die LPX GmbH veröffentlicht regelmäßig eine Listed Private Equity (LPX) Index Familie, die mittlerweile am breitesten in der Finanzindustrie Verwendung findet • Die globalen LPX Indizes sind: - LPX 50 - LPX Major Market - LPX Composite
LPX Major Market • Misst die Performance der 25 am aktivsten gehandelten LPX Gesellschaften • Das Universum beinhaltet Gesellschaften, die in den folgenden Regionen notiert sind : - USA (33%) - UK (23%) - Rest von Europa (38%) - Asia -Pazifik (7%) • Das Universum bildet eine umfangreiche Menge an Strategien ab : - Buyout (71%) - Balanced (19%) - Mezzanine (5%) - Venture Capital (5%) • Die 10 größten Gesellschaften des Index sind : Wendel, 3i Group, Eurazeo, American Capital Strategies, Onex, Ratos , Partners Group Holding AG, Allied Capital, The Blackstone Group, Intermediate Capital Group
Abb. 33: Charakteristika des LPX-Marktes Quelle: Grafik auf Basis von Adveq, Stand Juli 2008
179
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
te LPX-Universum abdecken. Aufgrund ihrer breiten Marktdurchdringung und der hohen Akzeptanz im Markt haben sich die LPX-Indizes zum Maßstab entwickelt, so dass sie auch im Rahmen dieser Dissertation Anwendung finden. Seit der Einführung der LPX Indizes wurden von Wettbewerbern eine Reihe weiterer Indizes auf den Markt gebracht. Die zwei prominentesten Anbieter sind hierbei der S & P Listed Private Equity Index sowie der Société Générale/Dow Jones Private Equity Index. Beide Index-Familien haben gemeinsam, dass sie sich auf die liquidesten Private Equity-Gesellschaften weltweit konzentrieren. Mittlerweile gibt es eine breite Palette an investierbaren Produkten wie z. B. Zertifikate, die die Performance der verschiedenen Indizes widerspiegeln. Der LPX-Markt weist eine starke Tendenz zu Small-, Medium- und Large-Buyouts auf, da die am aktivsten gehandelten LPX-Aktien in diesem Private EquitySegment ihren Anlageschwerpunkt haben. Mit den Börsengängen der bedeutenden Private Equity-Gesellschaften „KKR Private Equity Investors L.P.“ am 18. April 2006 sowie „The Blackstone Group“ am 22. Juni 2007 hat sich dieser Trend noch einmal signifikant verstärkt. Wichtig zu betonen ist, dass die Investoren in LPX-Aktien in Bezug auf die Gebühren etwaiger Private Equity-Investments nur indirekt belastet werden und demnach keine weiteren Kostenbelastungen über die Entrichtung des Aktienkaufpreises hinaus befürchten müssen. in Mio.Stück
700 600 500 400 300 200 100 0 Mai 06
Aug 06
Nov 06
Feb 07
Euronext Amsterdam
Mai 07
Aug 07
Nov 07
London Stock Exchange
Feb 08
Mai 08
Zürich Stock Exchange
Angaben beziehen sich auf den Handelsumsatz in £ der in dieser Dissertation analysierten 21 an den Börsenplätzen London, Zürich und Amsterdam notierten Private Equity Fonds.
Abb. 34: Gesamtes Handelsvolumen in £ nach Börsenplätzen Quelle: ABN AMRO, Bloomberg, Daten vom 30. Juni 2008
180
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
In Bezug auf die Attraktivität des LPX-Marktes muss jedoch eine Einschränkung erwähnt werden. Wie beschrieben liegt einer der erwarteten wesentlichen Vorteile dieses Marktes insbesondere in der Möglichkeit, die Aktien der jeweiligen Gesellschaften im „Primärmarkt“ zu handeln und somit Liquidität in einer an und für sich illiquiden Anlageklasse zu generieren. Allerdings handelt es sich hierbei mehr um eine theoretische Möglichkeit, da dieser Mechanismus in der Realität nur bedingt funktioniert. So sind die Handelsvolumina der LPX-Aktien trotz eines durch bedeutende Neuemissionen zunehmend größer werdenden LPX-Universums noch immer sehr niedrig. Nicht selten werden nur wenige Millionen Aktien in den jeweiligen LPX-Segmenten der Börsen in Amsterdam, London und Zürich gehandelt. Entsprechend groß fallen die Bid/OfferSpreads der einzelnen LPX-Aktien aus, die je nach Gesellschaft zwischen 0,5% und 4,0% betragen. Bei näherer Betrachtung der Spreads der an der NYSE Euronext Amsterdam notierten Private Equity-Dachfonds fällt auf, dass diese grundsätzlich größer ausfallen als dies in London oder Zürich der Fall ist. Nach Experteneinschätzung handelt es sich hierbei nicht um unternehmensspezifische Gründe. Vielmehr dürfte das Handelssystem der Euronext hierfür verantwortlich sein, welches verschiedene grundsätzliche Einschränkungen aufweist, die einen indirekten Einfluss auf die effiziente Preisfindung haben. Während die London Stock Exchange ein ausgeglichenes Orderbuch aufweist, aus dem die „Market Maker“ ersichtlich werden, handelt das Euronext-System anonym und ohne die Verpflichtung eines „Market Makers“, einen Bid- oder Offer-Preis zu stellen.449 Allgemein wird die Auffassung vertreten, dass die Kursentwicklung von LPXAktien auf mittlere Sicht die Performance des von der Aktiengesellschaft aufgebauten Beteiligungsportfolios widerspiegelt. Somit ist es auch nicht möglich, da einige LPX-Aktien dauerhaft Discounts gegenüber dem NAV ausweisen während andere auf dauerhafte Prämien gegenüber dem NAV verweisen können. Insofern begehen Investoren einen Fehler, wenn sie nur in LPX-Aktien investieren, die eine Prämie gegenüber dem NAV ausweisen. Im Zeitablauf wird sich die Prämie möglicherweise in einen Discount umwandeln, wenn die Aktie von Analysten herabgestuft wird. Diese Herabstufung kann z. B. auf ein mangelndes Wachstum des NAV zurückzuführen sein, da die Gesellschaft Zeit benötigt, um das Beteiligungsportfolio wieder zu reinvestieren, da die nicht notierten Beteiligungen erst noch reif für eine Desinvestition werden müssen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Aktie von „Graphite Enterprise“, welche in den späten 90er Jahren z. T. mit einer Prämie von über 10% gehandelt wurde dann aber herabgestuft wurde und schließlich einen signifikanten Discount gegenüber dem NAV auswies, da die starke Performance der Vergangenheit nicht kurzfristig wiederholt werden konnte. 449
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 34
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
181
Grundsätzlich sollte der Aktienkurs von LPX-Aktien den letzten historisch verfügbaren NAV sowie die antizipierte kurzfristige Performance des Beteiligungsportfolios reflektieren. Aufgrund der begrenzten Visibilität von erfolgreichen und nicht erfolgreichen Beteiligungsverkäufen sowie der Performance der nicht notierten Beteiligungen im Portfolio erscheint eine Überprüfung in einem sechs bis zwölf Monats-Turnus sinnvoll. Einerseits ist es absolut richtig, dass Investoren im Bereich Private Equity insbesondere den Fokus auf diejenigen Private Equity-Manager legen, die über einen guten langfristigen Track Record verfügen und damit auch zukünftig attraktive langfristige Renditen versprechen. Schließlich handelt es sich bei geschlossenen Private Equity-Fonds um Anlagen mit einer langfristigen Perspektive. Andererseits liegt der große Vorteil von LPX-Aktien genau darin, dass sie die Möglichkeit eines jederzeitigen und damit eben auch kurzfristigen opportunistischen Ein- und Ausstiegs in Private Equity-Fonds bieten. Neben der im Rahmen der „strategischen“ Asset Allokation vom Investor getroffenen positiven Entscheidung für die Anlageklasse Private Equity kommt somit noch die „taktische“ Asset Allokation als weitere Optimierungsmöglichkeit hinzu. Abschließend gilt es noch einen Aspekt zu erwähnen, der für die Attraktivität von LPX-Aktien von großer Bedeutung ist. Bei LPX-Gesellschaften orientiert sich die Incentivierung des für die Private Equity-Investments verantwortlichen Personals nicht nur an der individuellen Leistung des Mitarbeiters sondern auch stark an der Performance des Aktienkurses der Gesellschaft. Wie bei anderen Aktiengesellschaften auch werden die Mitarbeiter von LPX-Gesellschaften über Aktienoptionsprogramme an ihr Unternehmen gebunden. Dies ist aufgrund der Komplexität des Private EquityGeschäftsmodells, in dem langjährige Netzwerke über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, von herausragender Bedeutung. Durch diese Art der Incentivierung wird eine Interessengleichheit zwischen den verantwortlichen Managern und den Aktionären erreicht. 6.2.2
LPX-Einzel- und Dachfonds
Die im LPX-Index enthaltenen Aktien unterscheiden sich insbesondere dadurch, dass einerseits direkt investierende Einzelfonds bzw. Gesellschaften (z. B. 3i Group; The Blackstone Group) und andererseits indirekt investierende Dachfonds bzw. Gesellschaften (z. B. Partners Group Holdings AG) erworben werden können. Eine Besonderheit stellen Gesellschaften wie „KKR Private Equity Investors L.P.“ dar, da diese als so genannte „Permanent Capital Vehikel“450 ausschließlich in die diversen 450
Hierbei handelt es sich um Gesellschaften, die für einen unbegrenzten Zeithorizont gegründet wurden. Ein gutes Beispiel hierfür sind Stipendienfonds bzw. Stiftungen von Universitäten.
182
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Einzelfonds der eigenen Gesellschaft investieren; im Falle von KKR also in KKR Einzelfonds. Im LPX-Markt notierte Private Equity-Einzel- und Dachfonds verfügen in vielen Fällen nicht nur über ihr spezifisches Beteiligungsportfolio als Ergebnistreiber für die Aktionäre, sondern sie weisen z. T. noch weitere Ertragsquellen auf, die bei der Discount/Prämien-Bewertung berücksichtigt werden müssen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die LPX-Gesellschaft „Candover plc“, die neben einem Teil des Carried Interest der Drittfonds auch weitere Gebühren der Drittfonds vereinnahmt. Neben dem einmaligen Gewinn durch erfolgreiche Desinvestitionen von Fonds fließen der Gesellschaft somit auch dauerhaft laufende Einkünfte zu, die entweder an die Aktionäre weitergereicht oder für Neuengagements verwendet werden können.451 Einflussfaktion für das Markt-Rating von Listed Private Equity Fonds Beurteilung
Faktor –
Börsennotierte Private Equity Fonds bieten in Form des Carried Interest bzw. der Verwaltungsgebühren aus dem Drittgeschäft weitere Ertragsquellen für die Aktionäre
–
Der Grad der Over-Commitments
–
Der Grad an Leverage
–
Durchschnittlich erzielter Mehrertrag bei der Realisierung von Holdings im Zeitablauf
–
Vintage -Year Analyse
–
Strukturelle Aspekte wie z.B. die Belastung des Kapitalkontos mit Kostenpositionen
–
Dividendenauszahlungsfähigkeit
–
Der Markt könnte versuchen, eine notional Bewertung dieser zusätzlichen Beiträge zum Shareholder Value vorzunehmen
–
Hohes Maß an Over-Commitments könnte aufgrund bestimmter Marktgegebenheiten schwer zu finanzieren sein und damit negativ beurteilt werden
–
Exzessive Leverage Level werden in Zeiten einer strengen Risikobewertung negativ eingeschätzt. Zwar muss die Definition des exzessiven Leverage je nach Dachfonds beurteilt werden doch dürfte er in der Regel bei 25 – 30% oder mehr der Nettoanlagen beginnen. Ein in Fremdkapital bestehender Leverage wird in der Regel einem in Eigenkapital bestehenden Leverage vorgezogen.
–
Fonds, die konsistent Verkäufe signifikant über den Buchbewertungen realisieren können dürften wohlwollend beurteilt werden und ein enges Discount/Premium Rating aufweisen.
–
Fonds mit reiferen Portfolien (z.B. mit einem hohen Anteil von drei bis sieben Jahre alten Holdings) werden in Anbetracht zeitnah zu erwartender Realisierungen favorisiert
–
Fonds, die Kostenpositionen dem Kapitalkonto belasten werden negativ beurteilt
–
Im Markt wird tendentiell eher die Ansicht vertreten, daß die Investoren Kapitalgewinne etwaigen Dividendenausschüttungen vorziehen. Allerdings sollten dennoch Dividendenzahlungen mit berücksichtigt werden.
Abb. 35: Einflussfaktoren für das Markt-Rating von LPX-Fonds Quelle: UBS, 2008
451
UBS (2008): UBS RESEARCH GUIDE TO PRIVATE EQUITY – PART 1, S. 19
183
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
Weitere für die Bewertung von LPX-Fonds wichtige Einflussfaktoren können der nebenstehenden Abbildung 35 entnommen werden. Ein großes Problem bei der Bewertung von LPX-Fonds liegt in der zeitlichen Berücksichtigung von bedeutenden und erfolgreichen Beteiligungsverkäufen bzw. von signifikanten Abschreibungen, die sich beide auf den NAV auswirken können. Aufgrund der Natur des Private Equity-Geschäftsmodells ist es sehr schwierig, derartige Ereignisse zeitlich korrekt vorherzusehen. Als einzige Informationsquelle dienen lediglich direkte Gespräche mit dem Management sowie die tägliche Lektüre der einschlägigen Tagespresse. Die betragliche Bewertung von Beteiligungsverkäufen ist ebenfalls keine exakte Wissenschaft und auch die Manager selbst haben meist nur eine eingeschränkte Sichtweise in Bezug auf das Timing und die Wahrscheinlichkeit derartiger Transaktionen. Nicht selten werden z. B. Tade Sales verhandelt, die zu einem späteren Zeitpunkt dann doch noch scheitern, da man sich nicht auf einen beidseitig akzeptierten
don, Amsterdam und Zürich Listed Private Equity Dachfonds Universum Notierung an der Zurich Stock Exchange
Notierung an der London Stock Exchange
Notierung an der Euronext AP Alternative Assets LP
Bear Stearns Private Equity Ltd.
Absolute Private Equity AG
Conversus Capital LP
Bramdean Alternatives Ltd.
AIG Private Equity Ltd.
HarbourVest Global Private Equity Ltd.
Evolvence India Holding PLC
Castle Private Equity AG
KKR Private Equity Investors LP
F&C Private Equity PLCElectra
Private Equity Holding AG
Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd.
Graphite Enterprise Trust PLC
shaPE Capital AG
New Star Private Equity Trust PLC
Pantheon International Participations PLC
Princess Private Equity Holding Ltd.
Private Equity Investor PLC
Standard Life European Private Equity PLC
SVG Capital PLC
–
Gesellschaften:
5
–
Gesellschaften:
11
–
Gesellschaften:
–
Total Assets (Million£):
5.133
–
Total Assets (Million£):
4.341
–
Total Assets (Million£):
–
Durchschnittlicher Discount: 25,6%
–
Durchschnittlicher Discount: 20,4%
–
Durchschnittlicher Discount: 23,9%
Zusammenfassung:
Gesellschaften: 21
Total Assets (Million£): 11.157
5 1.683
DurchschnittlicherDiscount: 23,3%
Anmerkung: Discounts basieren auf den Kursen vom 26. Juni 2008 sowie den letzten veröffentlichten Net Asset Values pro Aktie
Abb. 36: Listed Private Equity-Dachfonds Universum der Börsenplätze London, Amsterdam und Zürich Quelle: Fundamental Data, ABN AMRO, 2008
184
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Preis einigen kann. Daneben gibt es zahllose Beispiele für geplante Börsengänge, die kurz vor der Erstnotierung doch noch verschoben werden mussten. Dies ist insbesondere für diejenigen LPX-Fonds ein großes Problem, bei denen eine derartige Beteiligungsplatzierung bereits in den Kursen berücksichtigt worden war. Bei LPX-Dachfonds handelt es sich um so genannte closed-end Alternative Investment Companies, die an einer Börse notiert sind und deren Beteiligungsfonds entweder intern oder von dritten Private Equity-Gesellschaften verwaltet werden. In Europa sind eine Reihe von Dachfonds börsennotiert wobei die bedeutendsten Börsenplätze die London Stock Exchange, die NYSE Euronext Amsterdam sowie die Zurich Stock Exchange sind. Die an diesen Börsen notierten Gesellschaften sind sehr unterschiedlich in ihren Ausprägungen. Während der kleinste Dachfonds, Evolvence India Ltd, per 26. Juni 2008 ungefähr 35 Mio. £ in Gross Assets aufwies, vereinte KKR Private Equity Investors 2,4 Mrd. £ an Assets auf sich. In historischer Hinsicht ist Pantheon International Participations, die bereits seit November 1987 an der London Stock Exchange notiert sind, die älteste börsennotierte Private Equity-Dachfondsgesellschaft, während HarbourVest Global Private Equity erst im Dezember 2007 an die Börse ging. Daneben weichen die Gesellschaften untereinander auch stark in ihren Strategien und Beteiligungsportfolien voneinander ab.452 Neben den zahlreichen und bedeutenden positiven Effekten für die Aktionäre von LPX-Gesellschaften gibt es aber auch entscheidende Vorteile für Private EquityEinzel- und Dachfonds eine Börsennotierung anzustreben. Hierdurch verbreitern diese Fonds ihre traditionell eher beschränkte Investorenbasis und sie ziehen daraus den Nutzen in Form des eingesammelten Eigenkapitals. Der Manager eines „geschlossenen“ Private Equity-Fonds hat an zwei Stellen ein Cash Flow Management vorzunehmen. Einerseits hat er die Kapitalbedürfnisse der eingegangenen Beteiligungen zu steuern und diese mit den Kapitalabrufen von den Investoren zu koordinieren. Andererseits hat er die Aufgabe, die aus Beteiligungsverkäufen resultierenden Cash Flows als Kapitalrückführung den Investoren auszuschütten. Durch die Strukturierung des Private Equity-Einzel- oder Dachfonds als LPXGesellschaft kann der Portfoliomanager auf eine unveränderliche Eigenkapitalbasis zurückgreifen mit der er Investitionen vornehmen kann. So kann er z. B. frei darüber entscheiden, ob er die aus Beteiligungsverkäufen generierten Mittel wieder reinvestiert oder in Form von Dividenden ausschüttet. Auch eine Kombination aus Reinvestment und Ausschüttung ist somit leicht möglich.453 Insofern ist es nicht verwunderlich, dass im Verlauf der letzten Jahre in Europa ein starker Anstieg der eine Börsennotierung suchenden und institutionell geprägten 452 453
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 31 ABN AMRO (2008): LPE FOCUS ISSUE ONE, S. 3
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
185
Private Equity-Dachfonds festzustellen ist. Von den zuvor aufgelisteten 21 Gesellschaften wurden 9 erst seit Anfang 2006 an den verschiedenen Börsenplätzen eingeführt.
6.2.3
Entwicklung und Parameter der bedeutendsten europäischen LPX-Börsenplätze
Wie in Kapitel 4.7. ausgeführt wurde, gibt es mittlerweile mehrere Hundert öffentlich gehandelter Private Equity-Gesellschaften, die an diversen Börsenplätzen notiert sind. Allerdings konzentriert sich der Handel überwiegend auf die europäischen Börsenplätze. Insbesondere die NYSE Euronext Amsterdam verzeichnete in den letzten Jahren das größte Interesse von Seiten der an die Börse strebenden Private Equity-Dachfonds. De facto existiert das Marktsegment für Listed Private Equity an der Euronext erst seit dem Mai 2006. Nach nunmehr gut zwei Jahren seiner Existenz verfügt das LPX-Marktsegment der Börse in Amsterdam bereits über fünf Gesellschaften, die allesamt von global anerkannten Private Equity-Investoren verwaltet werden. Mit Total Assets von über 5 Mrd. £ ist die Euronext mittlerweile sogar der bedeutendste europäische Marktplatz für Listed Private Equity. Im Gegensatz dazu verzeichnete die Zurich Stock Exchange kein neues Listing mehr seit der Börseneinführung von shaPE Capital im Jahr 2001. Mit ebenfalls auf fünf LPX-Gesellschaften verteilten Total Assets in Höhe von ca. 1,7 Mrd. £ ist der Börsenplatz Zürich deutlich kleiner als dessen Wettbewerber in London und Amsterdam. Die London Stock Exchange ist historisch stets eine der populäreren Börsen für alternative Investmentfonds gewesen, da sie neben dem offiziellen Listing als weitere Option auch eine Börsennotierung im eigenständigen Marktsegment „Alternative Investment Market“ anbot. Daneben existiert in London seit November 2007 noch ein weiteres Marktsegment mit dem Namen „Specialist Investment Market“, welches sich jedoch bis jetzt keines großen Zuspruchs erfreut. Ziel dieses neuen Segments ist es, hochgradig spezialisierte Anlagegesellschaften anzulocken, die institutionelle, professionelle und hervorragend informierte Kunden ansprechen wollen. Anzumerken ist, dass insbesondere viele der an der London Stock Exchange notierten Gesellschaften ihren rechtlichen Sitz auf Guernsey haben, was insbesondere für britische Investoren erhebliche steuerliche Vorteile mit sich bringt. Aufgrund dieser steuereffizienten Struktur unterliegen die Private Equity-Fonds zum Zeitpunkt des Verkaufs der britischen „Capital Gains Tax“ und nicht der individuellen und in der Regel höheren „Income Tax“. Insofern können in Abhängigkeit von der Herkunft des Investors eventuell steuerliche Vorteile generiert werden. Seit August 2007 ist bei den LPX-Dachfonds ein drastischer Anstieg der individuellen Discounts gegenüber den NAVs festzustellen. Auf Basis der durchschnitt-
186
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
= + + %
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Abb. 37: Wachstum der Assets under Management von Listed Private Equity-Dachfonds (nach Börsenplätzen) Quelle: ABN AMRO, Bloomberg. Fundamental Data. 2008
lichen Discounts pro Börsenplatz per 26. Juni 2008 muss konstatiert werden, dass die NYSE Euronext Amsterdam höhere Abschläge aufweist als dies in London oder Zürich der Fall ist. Während sich die in Amsterdam notierten Gesellschaften Conversus Capital Partners LP und Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd. noch in einem zu den anderen Börsenplätzen vergleichbaren Abschlagsrahmen bewegen, liegen KKR Private Equity Investors LP und Apollo Alternative Assets LP mit Discounts von –42,6% bzw. –45,5% weit außerhalb der Bewertungen für andere LPXDachfonds. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die jeweiligen Aktienkurse sowie die korrespondierenden „berichteten“ und „erwarteten“ Nettoinventarwerte. Letzterer berücksichtigt etwaige Währungsschwankungen, die selbstverständlich in den letzten Jahren einen großen Einfluss insbesondere auf diejenigen Unternehmen hatten, die über hohe Bestände an US$-denominierten Investitionen verfügen. Discounts sind unzweifelhaft eine Schwäche der börsennotierten closed-end Alternative Investment Strukturen. Innerhalb des LPX-Dachfonds Universums reflektieren sie eine Kombination aus Faktoren, die sowohl die Annahme weiter fallender NAVs als auch Zweifel an den kurzfristigen Beteiligungsmöglichkeiten und Exits beinhalten. Die aktuellen Discounts deuten auf eine materielle Überbewertung der Beteiligungsportfolien hin. Selbst wenn tatsächlich größere Abschreibungen vorgenommen werden müssten, wären diese nach Ansicht von Experten in den gegenwärtigen Ak-
Total Gross Assets (£ m) (1)
997 1.041 441 2.360 294 31. März 08 31. Mai 08 31. Mai 08 31. März 08 31. Mai 08
Datum des letzten veröffentlichten NAV
304 132 35 175 380 72 726 305 509 78 428 1.501
31. Mai 08 31. Mai 08 31. März 08 31. März 08 31. März 08 30. April 08 31. März 08 31. Dezember 07 31. Mai 08 31. Mai 08 31. März 08 31. Dezember 07
US$ CHF CHF CHF CHF
623 392 382 166 120
13. Juni 08 30. April 08 20. Juni 08 31. Mai 08 31. Mai 08
Notierung an der „Zurich Stock Exchange“
£ £ US$ £ £ £ £ Euro Euro £ £ £
Notierung an der „London Stock Exchange“
US$ US$ US$ US$ US$
Notierung an der „Euronext“
Währungsklasse
24,50 174,35 181,83 86,83 268,33
91,59 101,86 1,04 237,84 531,30 375,39 1.096,10 10,20 9,19 182,03 265,50 974,30
20,73 28,23 10,50 23,02 10,74
18,60 150,20 116,00 51,50 256,00
87,50 86,00 1,00 193,30 427,00 262,00 800,00 7,81 7,20 139,50 196,20 674,80
11,30 25,00 10,00 13,20 8,20
Letzter veröffentKurs vom lichter NAV 26. Juni 2008
–24,1% –13,9% –36,2% –40,7% –4,6%
–4,5% –15,6% –6,0% –18,7% –19,6% –30,2% –27,0% –23% –22,1% –23,4% –26,1% –30,7%
–45,5% –11,4% –4,8% –42,6% –23,6%
Premium/ Discount (2)
Quelle: ABN AMRO, Reuters, Fundamental Data, 2008
Anmerkung: (1) Total Gross Assets wurden in Pfund Sterling umgerechnet; (2) Prozentuale Abweichungen basieren auf den Kursen vom 26. Juni 2008 und den letzten veröffentlichten NAV pro Aktie.
Absolute Private Equity AG AIG Private Equity Ltd. Castle Private Equity AG Private Equity Holding AG shaPE Capital AG
Bear Stearns Private Equity Ltd. Bramdean Alternatives Ltd. (2) Evolvence India Holding PLC F&C Private Equity ‚B‘ PLC Graphite Enterprise Trust PLC New Star Private Equity Trust PLC Pantheon International Participations PLC Partners Group Global Opportunities Ltd. Princess Private Equity Holding Ltd. Private Equity Investor PLC Standard Life European Private Equity PLC SVG Capital PLC
AP Alternative Assets LP (1) Conversus Capital Partners LP HarbourVest Global Private Equity Ltd. KKR Private Equity Investors LP (1) Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd.
Private EquityGesellschaften
Bewertung von LPX-Aktien
Tabelle 14: LPX-Marktstatistiken per 26. Juni 2008
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
187
188
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
tienkursen bereits mehr als berücksichtigt. Eine dauerhafte Erholung der Kurse wird nur dann eintreten, wenn die NAV-Bewertungsanpassungen in den Beteiligungsportfolios niedriger ausfallen als die Discounts der LPX-Titel derzeit suggerieren. Des Weiteren sollten Aktionäre daran erinnert werden, einen realistischen, d. h. längerfristigen Anlagehorizont für ihre Private Equity-Entscheidungen zu wählen.454 Derart übertriebene Kursabschläge binnen kurzer Zeit sind nach Ansicht des Verfassers jedenfalls nicht gerechtfertigt. Auch wenn die LPX-Dachfonds öffentlich gehandelt werden und neben dem jederzeit möglichen Zugang zur Anlageklasse Private Equity auch ein hohes Maß an Liquidität bieten so bleibt der Private Equity-Anlagehorizont unverändert langfristig. Ein Limited Partner Investor im Pantheon Ventures LP Fund hat sich zum Beispiel darauf einzustellen, eine 13 bis 15-jährige Zeitlinie für sein Engagement anzulegen. Vor diesem Hintergrund verlieren neue Quartalszahlen zum NAV für den Investor natürlich an Bedeutung, da diese vornehmlich an dem IRR des Fonds über dessen Laufzeit interessiert sind. Die NAV Performance von Gesellschaften wie Apollo Alternative Assets LP und KKR Private Equity Investors LP ist sicherlich enttäuschend, was in den riesigen Discounts dieser Aktien reflektiert wird. Diese Entwicklung kommt auch nicht unerwartet, da deren auf große Management Buyouts ausgerichteten Geschäftsmodelle im Zuge der aktuellen Marktsituation stark an Attraktivität verloren haben. Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den gegenwärtigen Bewertungen lediglich um Momentaufnahmen handelt und dass die verantwortlichen Manager über so umfangreiche Erfahrungen und Fähigkeiten verfügen, dass auf längere Sicht davon ausgegangen werden kann, dass die Mehrwerte aus dem Beteiligungsportfolio extrahiert werden. Tabelle 15: Die größten LPX-Dach- und Einzelfonds der London Stock Exchange nach Total Assets Top 10 Dachfonds
Total Assests (Millionen £)
SVG Capital PLC Pantheon International Participations PLC Princess Private Equity Holding Ltd. Standard Life Europe Private Equity PLC Graphite Enterprise Trust PLC Bear Stearns Private Equity Ltd. F&C Private Equity PLC Bramdean Alternatives Ltd. Private Equity Investor PLC New Star Private Equity Trust PLC
1.501 726 509 428 380 304 175 132 78 72
Top 10 Einzelfonds
3i Group PLC European Capital Ltd. Electra Private Equity PLC Candover Investments PLC LMS Capital PLC Partners Group Global Opportunities Ltd. Hg Capital Trust PLC Dunedin Enterprise PLC T2 Income Fund Ltd. Ingenious Media Active Capital Ltd.
Anmerkung: Daten vom 26. Juni 2008 Quelle: Fundamental Data
454
Total Assests (Millionen £)
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 50
5.188 1.170 841 585 332 311
249 160 157 143
189
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
Von den hier gezeigten zwanzig an der London Stock Exchange notierten Private Equity-Einzel- und Dachfonds ist Electra Private Equity die älteste Gesellschaft. Dieser Einzelfonds wurde bereits im Mai 1976 an die Börse gebracht. An diesem Beispiel wird deutlich, dass das Konzept des Listed Private Equity keineswegs neu ist, sondern dass man in Europa bereits auf eine langjährige Historie zurückblicken kann. In Bezug auf die Größe der Gesellschaften ist die 3i Group PLC der klare Marktführer, was auch auf die lange Tradition der Gesellschaft, die bis ins Jahr 1945 zurückreicht, zurückzuführen ist. Die Gesellschaft ist bereits seit dem Jahr 1994 an der Londoner Stock Exchange notiert und sie wurde bereits kurz nach ihrer Erstnotierung mit einer seinerzeitigen Marktkapitalisierung von 1,5 Mrd. £ in den Aktienindex FTSE aufgenommen. Traditionell notierten die Private Equity-Einzelfonds stets über den Private EquityDachfonds. Hierin kommen die stärkere Fokussierung der Einzelfonds sowie deren stabilere Investorenbasis zum Ausdruck. Trotz dieser historisch festzustellenden Entwicklung waren jedoch die Aktienkurse beider Fondsarten in den letzten Monaten stark miteinander korreliert, so dass auch die Discounts der Dachfonds sehr ähnlich ausfielen. Da jedoch Private Equity-Einzelfonds nicht in dem Maße wie Dachfonds diversifizieren können sind sie auch deutlich stärker von den Verwerfungen an den Kreditmärkten betroffen. Auch vor diesem Hintergrund bieten Private Equity-Dachfonds perspektivisch eine attraktivere Möglichkeit des Einstiegs in die Anlageklasse Private Equity.455 :: , 2 *9. 2 / 8 2 / ,/ 67 ,34 , &12 ,34 5-5 ./ ..0 . / ,/ + - , * + , ,
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Abb. 38: Prozentualer Anteil der zehn größten Zielunternehmen am NAV ausgewählter LPX-Gesellschaften Quelle: Unternehmensberichte und Bilanzen, Zwischenberichte, Factsheets, Stand Juli 2008 455
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 30
!2
190
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
In Anbetracht zu erwartender Abschreibungen und Wertberichtigungen im Verlauf der Jahre 2008 und 2009 besteht von Seiten der Investoren ein großes Interesse an diversifizierten Beteiligungsportfolien, insbesondere in Bezug auf die Anzahl der Beteiligungsunternehmen und deren spezifische Risiken. Grundsätzlich handelt es sich bei einer Portfolio-Konzentration bzw. einer breiten Diversifikation um eine zyklische Gegebenheit. In Zeiten leicht und zu attraktiven Konditionen erzielbarer Beteiligungsverkäufe ist es für Investoren sinnvoll, ihren Fokus verstärkt auf Private Equity-Fonds mit einem konzentrierten Portfolio zu legen. Bei diesen Fonds kann der Verkauf nur einer einzigen Beteiligung zu einem bedeutenden Anstieg des NAV führen. Für dieses Phänomen gibt es in den letzten Jahren zahlreiche Beispiele. In einem für Private Equity hingegen schwierigen Marktumfeld, in dem die Unternehmenserträge generell unter Druck stehen, befürchten Investoren, dass die Abhängigkeit von nur wenigen Beteiligungen zu entsprechend hohen Abschreibungen und einem korrespondierenden großen Abschlag auf den NAV führen kann. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Investoren ihren Fokus auf diversifizierte Portfolios legen. Insofern sind insbesondere die Beteiligungsportfolios von KKR, Candover und SVG Capital kritisch zu beurteilen. Eine hohe Abhängigkeit von nicht börsennotierten Private Equity-Portfolien bzw. Zielunternehmen ist in einem schwierigen Marktumfeld ebenfalls von Nachteil, da ; ); (; "; !; ; ; ; ; ;
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Abb. 39: Prozentualer Anteil der nicht notierten Zielportfolien in den Vintage-Jahren 2006 und 1. Halbjahr 2007 Quelle: Unternehmensberichte und Bilanzen, Zwischenberichte, Factsheets. F & C Private Equity ‚B‘, Lehman Brothers PE, Partners Group Global Opportunities, Princess und Pantheon kalkulieren den Vintage mit dem Datum, an dem der Fonds aufgelegt wurde bzw. das erste Investment vorgenommen wurde. Abhängig vom Reporting Zyklus stammen die meisten Zahlen entweder vom 30. 06. 2007 oder dem 30. 09. 2007. Unter Zugrundelegung der Zahlen vom 31. 12. 2007 wären viele der Vintage Zahlen für das Jahr 2007 höher.
191
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
eine jederzeitige Liquidierbarkeit nachhaltig erschwert wird. Auch in dieser Hinsicht schneidet KKR Private Equity Investors LP schlecht ab. Trotz der jüngsten zum Teil drastischen Kurseinbrüche kann der LPX Major Markt Index seit vielen Jahren eine langfristige Outperformance gegenüber den breiten Aktienmarktindizes wie z. B. dem S & P 500 vorweisen. Dieses Ergebnis kann durchaus als Beleg dafür herangezogen werden, dass das hinter der Anlageklasse Private Equity stehende Geschäftsmodell auch in liquiden und damit „nicht-geschlossenen“ Anlagekonstruktionen funktioniert.
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Abb. 40: Renditevergleich des LPX Major Market Index mit S & P 500 Quelle: Bloomberg, Juni 2008
Als Illustration mit Gültigkeit auch für andere LPX-Börsenplätze zeigt der folgende Chart die Evolution der Bewertungsabschläge des LPX-Segments an der London Stock Exchange über die letzen 12 Jahre. Aufgrund der hohen Gewichtung der Aktie der „3i Group plc“ wurde sie bei der Betrachtung nicht berücksichtigt, da es ansonsten zu einer großen Verzerrung gekommen wäre. Beginnend im zweiten Halbjahr 1998 weiteten sich die Abschläge im Gefolge der Pleite des Hedgefonds LTCM und der Russland-Krise stark aus. Es war eine Periode, die gekennzeichnet war von weltweit schwachen Aktienmärkten, die im Durchschnitt ungefähr 20% gegenüber den erst kurz zuvor erreichten Höchstständen verloren. In den Jahren 1999 und 2000 verringerten sich die Discounts deutlich, so dass dieser kurzfristig sogar bei 0% lag. In dieser Zeitspanne stiegen die Aktienkurse wieder an, korrespondierend damit legte auch das NAV-Wachstum zu und es konnten viele Realisierungen in den Beteiligungsportfolios vorgenommen werden.
192
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
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Abb. 41: Durchschnittlicher geschätzter Discount des Private Equity-Sektors in den letzten zwölf Jahren Quelle: Fundamental Data, 2008
Mit dem Beginn des Bear-Marktes gegen Ende des Jahres 2000 weiteten sich die Discounts wieder massiv aus, da die Aktionäre tiefgreifende Abschreibungen auf Beteiligungen, insbesondere im Technologiesektor befürchteten. Ein Indiz hierfür war der enorme Preisverfall vergleichbarer notierter Technologiewerte. Die Periode von Anfang 2003 bis Sommer 2007 war hingegen wieder gekennzeichnet durch substantielle Gewinne und steigende Aktienkurse, die letztlich die Discounts in Premiums verwandelten. Realisierungen in den Beteiligungsportfolien waren zahl- und erfolgreich, was leicht nachvollziehbar war, da sich die Bewertungen vieler vergleichbarer börsennotierten Gesellschaften seit ihrem Tief Anfang 2003 mindestens verdoppelt hatten. In den letzten Jahren hat sich das LPX-Segment wiederkehrend als sensitiv gegenüber allgemeinen Aktienmarktkorrekturen gezeigt; so auch im Mai/Juni 2006 als die LPX-Aktien im Durchschnitt wieder einstellige prozentuale Abschläge aufwiesen.456 Auf Basis der Daten von Thomson Datastream per 19. Juni 2008 werden die Aktien des LPX-Segments im Durchschnitt mit einem Abschlag von ca. 25% gehandelt. Diese Abschläge haben sich in den letzten Monaten deutlich ausgeweitet, da die Aktienkurse kontinuierlich gefallen, die NAVs aber gestiegen sind. Damit nähert sich das LPX-Segment dem letzten zyklischen Tief, welches Ende 2002/Anfang 2003 zu verzeichnen war. Ab März 2003 erholte sich der Markt wieder aufgrund allgemein steigender Aktienkurse und Unternehmensbewertungen. Einige spektakuläre Beteiligungsverkäufe457 zu Multiplikatoren, die deutlich über den zuvor ausgewiesenen Bewertungen der Private Equity-Fonds lagen, ließen das Interesse am LPX-Markt wieder stark ansteigen, da man weitere signifikante Unterbewertungen der Beteiligungsportfolios vermutete. 456 457
UBS (2008): UBS RESEARCH – QUOTED PRIVATE EQUITY SECTOR, S. 12 Als ein Beispiel sei der Verkauf von „Homebase“ durch SVG Capital erwähnt.
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
193
In den letzten Jahren haben verschiedene Gesellschaften entscheidende Schritte unternommen, um den Einfluss des Liquiditätsabflusses in den Griff zu bekommen, der die langfristigen Renditen verwässerte. Einige der ergriffenen Maßnahmen sind die Rückzahlung von Eigenkapital sowie aggressive Over-Commitment Strategien. Während diese Schritte den potentiell verwässernden Effekt von Liquiditätsabflüssen mindern sollten, so wird nur der Zeitverlauf zeigen, ob die Unternehmen zum möglicherweise falschen Zeitpunkt des Anlagezyklus den Fremdkapitalanteil erhöht haben. Perspektivisch wird im Gefolge der internationalen Finanzmarktkrise der Umfang der Portfoliorealisierungen der börsennotierten Private Equity-Einzelfonds geringer als in den letzten Jahren ausfallen. Gleichzeitig wird auch das NAV-Wachstum niedriger ausfallen, so dass einige Fonds vermutlich Rückgänge ihrer NAVs verzeichnen werden. In Anbetracht derartiger Rahmenbedingungen ist es daher von großer Bedeutung, sowohl die für die nächsten drei bis fünf Jahre noch ausstehenden Commitments als auch deren Finanzierung näher zu analysieren. Grundsätzlich ist für die Zukunft zu befürchten, dass der Grad der Over-Commitments potentielle Aktionäre abschrecken wird. Die Bedenken gegenüber der Finanzierung der Commitments wird an Bedeutung gewinnen, da einige Fonds relativ zur Größe ihrer Bestandsportfolios noch substantielle Commitments zu erfüllen haben. $2 2 $2 2
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Abb. 42: Ausstehende Commitments von LPX-Aktien abzüglich Netto-Cash Position der Bilanz zuzüglich Leverage Quelle: Bilanzen und Konten, Zwischenberichte, UBS Schätzungen, Fundamental Data, 2008
Eine Reihe von Private Equity-Fonds sind erst in jüngster Zeit neue Commitments eingegangen. Unter diesen nimmt Candover eine Sonderrolle ein, da die Gesellschaft im März 2007 mitteilte, dass sie beabsichtigt, ein 1,0 Mrd. Euro Commitment bei einem neuen 5,0 Mrd. Euro Fonds einzugehen. Dieser Betrag soll im zweiten Halbjahr 2008 von Investoren eingesammelt werden.
194
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Der Trend, signifikante neue Commitments und Over-Commitments einzugehen, hat sich unter den Private Equity-Fonds in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Zum Teil drückt sich hierin der Wunsch vieler Aktionäre aus, die Renditen zu optimieren und die Cash Flows effizienter zu verwalten. Seit Mitte der 90er Jahre weisen viele der Listed Private Equity-Fonds bedeutende Cash-Bestände in ihren Beteiligungsportfolien aus. In Zeiten steigender Aktienmärkte und anziehender Werte der nicht börsennotierten Beteiligungen war es verständlich, dass einige Private Equity-Fonds einen Cash Drag zu Lasten der Renditen befürchteten und dass institutionelle Aktionäre danach riefen, zukünftige Renditepotentiale mit Fremdkapital zu finanzieren.458 Viele der Private Equity-Fonds weisen Commitments aus, die z. T. deutlich über den zur Verfügung stehenden Barmitteln liegen. Eine Ausnahme stellt die Gesellschaft HgCapital dar, welche eine positive Netto-Cash Position aufweist. Allerdings plant das Unternehmen, in den nächsten Monaten ein großes Commitment bei einem neuen Private Equity-Fond einzugehen. Nach Ansicht von Analysten sind im derzeitigen Marktumfeld je nach Fondsstruktur Over-Commitment-Niveaus von 50% bis 80% des NAV unbedenklich, vorausgesetzt, dass trotz des schwierigen Exit-Umfelds durch Portfolio-Realisierungen frei werdende Barmittel in das Beteiligungsportfolio reinvestiert werden können. Darüber hinaus verfügen viele Fonds über Kreditlinien, um im Bedarfsfall die Commitments zu finanzieren. Daneben ist in naher Zukunft damit zu rechnen, dass neue Investitionen nur sehr selektiv eingegangen werden. Portfoliomanager werden nicht bereit sein, für deren Finanzierung Beteiligungen abzustoßen, deren Preise nun deutlich unterhalb dessen liegen, was noch vor wenigen Monaten möglich erschien. Selbstverständlich trägt auch der Mangel an verfügbaren Krediten der Banken sowie deren hohe Kosten nachhaltig dazu bei, dass mit deutlich geringeren Investmentaktivitäten der Private Equity-Fonds zu rechnen ist. Mit Over-Commitment-Sätzen weit oberhalb der 50% bis 80% Bandbreite müssen insbesondere die Finanzarrangements von Candover und SVG Capital näher betrachtet werden, vor allem in Zeiten unveränderter bzw. sogar fallender NAVs. Der Kapitalmarkt wird nach Auffassung des Verfassers den Grad des Leverage sowie der Over-Commitments als zusätzliche Risikofaktoren einschätzen und entsprechende Kursabschläge bei den betroffenen Gesellschaften vornehmen. Um den beschriebenen Risiken von Over-Commitments zu begegnen kann eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt werden, um die Auswirkungen exzessiver OverCommitments und hoher Leverage-Niveaus zu begrenzen. So können z. B. die Private Equity-Einzelfonds von Private Equity-Dachfonds aufgefordert werden, die Kapitalabrufe langsamer vorzunehmen. In einigen Fällen wird dies schon allein dadurch erreicht, dass Repräsentanten der Private Equity-Einzel- und Dachfonds überkreuz in 458
UBS (2008): UBS RESEARCH – QUOTED PRIVATE EQUITY SECTOR, S. 4
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
195
den Gremien der Fonds vertreten sind. Derartige Vernetzungen können so weit reichen, dass sowohl auf die Natur als auch auf das Timing von Neuengagements Einfluss genommen wird.459 In einigen extremen Fällen ist es daneben auch möglich, eingegangene Commitments im sich entwickelnden Secondary Market zu veräußern. Allerdings werden hierbei in der Regel hohe Abschläge auf den NAV vorgenommen, um dadurch den Effekt der nun durch den Käufer zu leistenden Kapitalabrufe zu kompensieren. Als weitere, nur in absoluten Notsituationen vorzunehmende Maßnahme können Vorstand und Aufsichtsrat eines Private Equity-Fonds auch ein Verkaufsprogramm für bestehende nicht-börsennotierte Beteiligungen initiieren, um dadurch die dringend benötigten Barmittel zu beschaffen. Es versteht sich jedoch von selbst, dass die hierbei erzielbaren Preise nur wenig attraktiv sein können. Bis zum Ausbrechen der Sub-Prime Krise im Sommer 2007 war das Private EquityUmfeld gekennzeichnet durch sehr attraktive Marktbedingungen. Einerseits waren sehr positive Beteiligungsrealisierungen zu verzeichnen, denen andererseits nur geringe Wertberichtigungen gegenüberstanden. Vor diesem Hintergrund war es nicht überraschend, dass die Mehrzahl der Private Equity-Fonds im Jahr 2007 NAV-Renditen von über 25% erzielen konnten. Damit wurde z. B. der FTSE All Share Aktienindex, der um nur 5% zulegte, deutlich geschlagen. Die erfolgreichsten Private EquityHäuser auf Basis der NAV-Renditen waren Candover (+43%), 3i Group (+33%), Electra (+29%), HgCapital (+29%), F & C Private Equity (+29%), Pantheon International (+27%) sowie Standard Life European Private Equity (+15%). Viele dieser Fonds profitierten neben Beteiligungsverkäufen zu Höchstpreisen auch von der guten Ertragssituation ihrer Beteiligungsunternehmen. Aufgrund der unterschiedlichen Berichtsperioden sind direkte Vergleiche des Nettoinventarwertes zwischen verschiedenen Gesellschaften nicht möglich. Nichtsdestotrotz zeigt die folgende Tabelle 16 (s. S. 196) die Gesamtrendite auf Basis der letzten berichteten Daten über verschiedene Zeiträume und im Vergleich mit dem Aktienindex FTSE All Share, der als Benchmark-Index für britische LPX-Aktien herangezogen werden kann. Trotz dieser äußerst positiven Entwicklung hielten die Aktienkurse nicht mit dem starken NAV-Wachstum schritt. Vielmehr sind historisch im Vergleich große Abschläge gegenüber dem NAV-Wachstum zu verzeichnen. Diese Schere weitete sich in den letzten Monaten noch stärker aus als der gesamte LPX-Sektor in Folge der Sorge um die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise und zukünftig niedrigerer Renditen herabgestuft wurde. Bei näherer Betrachtung der Aktienperformance und Volatilität ausgesuchter LPX-Aktien in den letzten Jahren wird deutlich, dass die meisten Gesellschaften hö459
UBS (2008): UBS RESEARCH – QUOTED PRIVATE EQUITY SECTOR, S. 7
196
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Tabelle 16: Geschätzte Net Asset Value Total Return Performance der letzten 5 Jahre bis 31. Dezember 2007 Private Equity Gesellschaft
ProzentProzentveränderung veränderung des NAV des NAV Total Return Total Return 31. Dez. 06 bis 31. Dez. 05 bis 31. Dez 07 31. Dez 06
Prozentveränderung des NAV Total Return
Prozentveränderung des NAV Total Return
Prozentveränderung des NAV Total Return
31. Dez. 04 bis 31. Dez 05
31. Dez. 03 bis 31. Dez 04
31. Dez. 02 bis 31. Dez 03
+8,3% +27,1% +22,2% +13,7% +9,3% +15,2%
–0,3% +16,6% +17,9% +5,2% –5,6% +11,9% +18,7% +0,4% N/A N/A +2,9% N/A
3i Group Candover Dunedin Enterprise Electra F & C Private Equity ‚B‘ Graphite Enterprise Hg Capital JZ Equity
+32,5% +42,9% +5,5% +29,1% +31,0% +15,7% +29,0% –2,5%
+17,9% +14,2% +9,2% +31,0% +27,7% +13,6% +19,1% –7,0%
+20,5% +23,1% +27,9% +30,4% +31,8% +27,4% +32,6% +34,5%
KKR PEI Lehman Brothers PE Pantheon International Partners Group Global Opps (1) Princess (2) Standard Life European PE SVG Capital FTSE All Share Index Total Return FTSE Small Cap (EX IC) Total Return
–10,0% N/A +26,9% +5,0%
N/A N/A +7,8% N/A
N/A N/A +32,8% N/A
+28,0% +31,8% N/A N/A +6,8% N/A
+11,9% +27,5% +14,6% +5,3%
+25,6% +25,2% +28,1% +16,8%
+18,4% +35,1% +23,7% +22,0%
+5,2% +27,5% +17,7% +12,8%
+2,7% +3,7% +2,9% +20,9%
–17,9%
+22,9%
+19,0%
+13,1%
+40,9%
Quelle: Angaben basieren auf Thomson Datastream Schätzungen der jeweiligen Net Asset Values; (1) Daten stammen von Fundamental Data; (2) Daten stammen von der Private Equity Gesellschaft; Daten beinhalten stets den 31. Dezember des jeweiligen Jahres; N/A = Not Applicable, da Aktie erst vor kurzem aufgelegt wurde.
here Renditen als der FTSE All Share Aktienindex erzielt haben. Allerdings lagen hierbei die Volatilitätskennzahlen zum Teil erheblich über denjenigen des Referenzindex, worin sich die zwischen den Gesellschaften variierende, breitere bzw. engere Diversifikation der Unternehmensportfolien widerspiegelt. Auch wenn die aktuellen Abschläge attraktiv erscheinen, so ist im Rahmen der sich noch länger hinziehenden Krise an den internationalen Finanzmärkten nicht mit einer kurz- oder mittelfristigen Erholung der Kurse zu rechnen, da hierfür wiederum eine Neueinschätzung der Risiken notwendig wäre, die zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Dissertation aber noch nicht absehbar ist. Insofern ist kurzfristig mit weiterhin negativen Auswirkungen für das NAV-Wachstum sowie mit einem Ertragsdruck zu rechnen, was sich in dieser Kombination auch auf die Bewertungen der LPX-Aktien im 1. Halbjahr 2009 auswirken dürfte.
197
6.2 LPX-Fonds als neuartiges Private Equity-Anlageinstrument für Privatinvestoren
Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, dass die etablierten Private Equity-Manager auch weiterhin langfristig überdurchschnittliche Renditen erzielen werden. Selbst wenn in den nächsten Monaten eine Neuadjustierung der Nettoinventarwerte nach unten vorgenommen werden muss und eine erhöhte Volatilität der LPX-Aktien zu erwarten ist, so bietet das derzeitige Marktumfeld doch äußerst interessante Investmentmöglichkeiten, was wiederum die Grundlage für ein zukünftiges NAV-Wachstum legen wird. Sicherlich können Investitionen in LPX-Aktien nur bedingt mit Investitionen in den traditionellen „geschlossenen“ Private Equity-Fonds verglichen werden, da sie im Gegensatz zu diesen eben einer täglichen und nicht einer i. d. R. dreimonatigen Bewertung unterliegen. Die festgestellten historischen Korrelationen des LPX-Index mit den traditionellen Aktienindizes „FTSE All Share“ und „MSCI World“ sind jedoch vergleichsweise gering. Hierin spiegelt sich das eher auf langfristige Wertschaffung ausgelegte Wesen von Private Equity-Investitionen wider. Tabelle 17: Aktienkurs-Korrelationsanalyse ausgesuchter LPX-Aktien (Februar 2005 bis Februar 2008) Private Equity-Gesellschaft
FTSE All Share
MSCI World
0,590 0,056 0,521 0,516 0,359 0,298 0,265 0,362 0,312 0,320 0,551
0,567 0,048 0,451 0,390 0,386 0,406 0,116 0,410 0,148 0,216 0,389
3i Group Candover Dunedin Enterprise Electra private Equity F&C Private Equity Graphite Enterprise HgCapital Trust JZ Equity Pantheon International Standard Life European Private Equity SVG Capital Quelle: Thomson Financial, Dresdner Kleinwort, Februar 2008
Alles in allem kann konstatiert werden, dass die LPX-Aktien auf Dreijahresbasis in der Tat vergleichsweise geringe positive Korrelationen mit den Referenzindizes FTSE All Share sowie MSCI World aufweisen. Somit werden LPX-Aktien aufgrund ihres besonderen Geschäftsmodells von den Kapitalmarktteilnehmern signifikant anders beurteilt als dies für die Masse der börsennotierten Unternehmen der Fall ist. Als Konsequenz stellen diese Aktien eine sehr willkommene Beimischung zu einem breit diversifizierten Anlageportfolio dar, da deren Kursverläufe in nur begrenztem Maße mit dem des Aktienmarktes korreliert und somit das Rendite/Risiko Profil weiter optimiert werden kann.
198 6.3
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Portfoliomanagement
Für die Zusammensetzung eines LPX-Private Equity-Portfolios ist die ausgewogene Diversifikation über die verschiedenen Private Equity-Investmentstilrichtungen z. B. Venture Capital versus Buyout von entscheidender Bedeutung.460 In Anbetracht der gewünschten Diversifikation sollte daher auch nicht über verschiedene LPX-Fonds mit jeweils singulären Investmentstilrichtungen wie z. B. ausschließlich Venture Capital oder ausschließlich Buyout Investments nachgedacht werden. Erst durch die Integration aller zur Verfügung stehenden Investmentstile in das Gesamtportfolio lassen sich Diversifikationseffekte in der Anlageklasse Private Equity erzielen, die auch eine gewünschte Risikooptimierung zur Folge haben. Für die Kombination bzw. die Berücksichtigung der einzelnen Investmentstile ist dabei deren Korrelation zueinander von entscheidender Bedeutung.461 Je niedriger dabei der Korrelationskoeffizient, d. h. die Stärke des Zusammenhangs der beiden LPXAktien ist, desto größer ist das Risikoreduktionspotential für das Portfolio. 6.3.1
Diversifikation nach Geographie
In Bezug auf die geographische Ausrichtung von Listed Private Equity-Gesellschaften gibt es deutliche Unterschiede zwischen der NYSE Euronext Amsterdam einerseits und der London Stock Exchange bzw. Zurich Stock Exchange andererseits. Aufgrund des Umstandes, dass die Euronext bisher nur Gesellschaften anlocken konnte, die ihren Hauptsitz in den USA haben, ist auch die mit 70% aller Investments starke Ausrichtung der Beteiligungsportfolios in Richtung Nordamerika nachvollziehbar. Es ist interessant festzustellen, dass die an der London Stock Exchange notierten Titel als Kollektiv mit 59% ihrer Investments eine zu den Euronext-notierten Gesellschaften fast entgegengesetzte Fokussierung auf Europa vornehmen. Die an der Zurich Stock Exchange notierten Private Equity-Dachfonds weisen mit jeweils ca. 45% die ausbalanciertesten Allokationen zwischen Nordamerika und Europa auf.462 Zunehmend an Bedeutung gewinnen die aufstrebenden Staaten Asiens sowie Japan. Lange Zeit wurde diese Region von den Private Equity-Gesellschaften aufgrund bürokratischer Hürden und unterentwickelter Marktstrukturen vernachlässigt. So ist es nicht verwunderlich, dass diese Märkte im Rahmen der fortschreitenden Globalisierung heute ein sehr attraktives Wettbewerbsumfeld bieten, welches vergleichbar ist mit demjenigen in den USA zu Beginn der 80er und Europa in den frühen 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Allerdings ist die in Asien anzutreffende Komplexität sehr hoch 460
In Anlehnung an GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 107 STEINER / BRUNS (2000): WERTPAPIERMANAGEMENT, S. 68 462 ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 44 461
199
6.3 Portfoliomanagement
Tabelle 18: Geographische Ausrichtung von LPX-Aktien Private Equity-Gesellschaften
Nordamerika
Europa
Asien/ Emerging Markets
Andere
Durchschnitt des Universums
37%
48%
10%
4%
Notierung an der „Euronext“ AP Alternative Assets LP Conversus Capital Partners LP (1) HarbourVest Global Private Equity Ltd. KKR Private Equity Investors LP Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd.
N/A 81% 59% 64% 74%
N/A 16% 32% 29% 23%
N/A 2% 4% 7% 3%
N/A 1% 5% 0% 0%
Durchschnitt der Euronext
70%
25%
4%
2%
Notierung an der „London Stock Exchange“ Bear Stearns Private Equity Ltd. Bramdean Alternatives Ltd. Evolvence India Holding PLC F&C Private Equity ‚B‘ PLC Graphite Enterprise Trust PLC New Star Private Equity Trust PLC Pantheon International Participations PLC Partners Group Global Opportunities Ltd. Princess Private Equity Holding Ltd. Private Equity Investor PLC Standard Life European Private Equity PLC SVG Capital PLC
27% 41% 0% 7% 10% 1% 53% 43% 52% N/A 12% 4%
54% 53% 0% 84% 89% 95% 41% 51% 41% N/A 85% 43%
8% 5% 100% 2% 0% 0% 6% 6% 7% N/A 0% 14%
11% 0% 0% 7% 1% 4% 0% 0% 0% N/A 3% 39%
Durchschnitt der London Stock Exchange
21%
59%
14%
6%
Notierung an der „Zurich Stock Exchange“ Absolute Private Equity AG AIG Private Equity Ltd. Castle Private Equity AG Private Equity Holding AG shaPE Capital AG
49% 42% 44% 42% 42%
40% 49% 41% 54% 46%
11% 0% 15% 0% 12%
0% 9% 0% 4% 0%
Durchschnitt der Zurich Stock Exchange
44%
46%
8%
3%
Anmerkung: Daten stellen typischerweise einen Prozentsatz der investierten Anlagen dar; Reporting Angaben können variieren; N/A = No Data Available; Angaben müssen aufgrund von Auf- und Abrundungen nicht 100% entsprechen; (1) Daten beziehen sich nur auf den prozentualen geografischen Anteil des in Private Equity Einzelfonds investierten Kapitals; (2) Daten beziehen sich nur auf den prozentualen Anteil des in Private Equity investierten Kapitals. Quelle: Unternehmensangaben, 2008
wie ein Interviewpartner bestätigte: “Asia is an over-simplification. There are a lot of markets within Asia. You’ve got Japan, you’ve got China, you’ve got Singapore, you’ve got India. You’ve got a lot of different markets that you need to understand.”463 463
Interview mit Seth W. Lawry, Thomas H. Lee, Boston, 18. April 2006
200
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Eine breitere Diversifikation über die bisher bedeutendsten Private EquityInvestmentmärkte Nordamerika und Europa hinaus ist eine sinnvolle defensive Maßnahme zur Risikominimierung. Im Hinblick auf die relativ schwächer werdenden Volkswirtschaften Europas und den USA sollte eine verstärkte Allokation der Anlagegelder in Asien, Japan, Lateinamerika und Afrika erfolgen. Mittelfristig wird diese Anlagepolitik zu einem nachhaltig widerstandsfähigeren Geschäftsmodell führen. Renommierte Private Equity-Firmen haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten Erfahrungswerte in den traditionellen Private Equity-Märkten gesammelt, die sie nun in den neuen Zielmärkten anwenden können. So sind die modernen ControllingSysteme heute in der Lage, die Investmentportfolien besser und öfter auf die relevanten Parameter Performance und Rendite zu überprüfen. Stark wachsende Volkswirtschaften in Kombination mit nach wie vor intransparenten Marktbedingungen erlauben es sehr gut qualifizierten und erfahrenen Private Equity-Managern, äußerst attraktive Renditen in diesen neuen Anlageregionen zu erwirtschaften. Allerdings bleiben auch zukünftig die USA das mit großem Abstand führende Private Equity-Investitionsziel. Neben dem in Abbildung 8 bereits aufgezeigten Potential an nicht-börsennotierten Zielunternehmen werden dort auch die meisten Eigenkapitalmittel eingesammelt. Insofern muss zwangsläufig perspektivisch im Rahmen der strategischen Asset Allokation ein seiner Marktbedeutung angemessener Prozentsatz in den USA angelegt werden. Vor diesem Hintergrund sollten für die Allokation der Fondsanlagen nach Einschätzung des Autors folgende Bandbreiten für die verschiedenen Regionen Anwendung finden: • • • • •
Mindestens 30% – maximal 50% für die USA Mindestens 20% – maximal 40% für Europa Mindestens 10% – maximal 30% für Asien Mindestens 5% – maximal 15% für Japan Mindestens 0% – maximal 10% für andere Märkte (z. B. Lateinamerika, Afrika)
Innerhalb dieser Bandbreiten sollte es dem Portfoliomanager des LPX-Fonds möglich sein, deutliche regionale Schwerpunkte zu setzen ohne dabei die klassischen Private Equity-Kernmärkte zu stark unterzugewichten. An dieser Stelle muss nochmals darauf hingewiesen werden, dass, wie in Kapitel 4.7 dargestellt wurde, das weltweite Universum an LPX-Aktien mittlerweile über 300 Titel umfasst, so dass bei sorgsamer Analyse der Beteiligungsportfolien dieser Gesellschaften eine breite Streuung der Risiken in regionaler Hinsicht problemlos erreicht werden kann. Die in dieser Dissertation erläuterten LPX-Aktien sind insofern lediglich eine Illustration der breiten Anlagemöglichkeiten des weltweiten LPXMarktes.
201
6.3 Portfoliomanagement
6.3.2
Diversifikation nach Private Equity-Segmenten und Industrien
Die meisten LPX-Aktiengesellschaften verfügen über diversifizierte Investmentportfolien. In der Regel steht dabei eine Private Equity-Investmentstilrichtung wie z. B. Buyout-Investments im Vordergrund, um die herum weitere Investments anderer Stilrichtungen wie z. B. Venture Capital, Mezzanine oder Direktinvestitionen beigeTabelle 19: Portfoliostruktur von ausgesuchten LPX-Aktien nach Private Equity-Segmenten Private Equity-Gesellschaften
Buyout
Special Situations
Venture Capital
Andere
Durchschnitt des Universums
69%
5%
12%
15%
Notierung an der „Euronext“ AP Alternative Assets LP Conversus Capital Partners LP (1) HarbourVest Global Private Equity Ltd. KKR Private Equity Investors LP Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd.
45% 82% 57% 84% 76%
0% 5% 0% 0% 18%
0% 13% 41% 0% 4%
55% 0% 2% 16% 2%
Durchschnitt der Euronext
69%
5%
12%
15%
Notierung an der „London Stock Exchange“ Bear Stearns Private Equity Ltd. Bramdean Alternatives Ltd. Evolvence India Holding PLC F&C Private Equity ‚B‘ PLC Graphite Enterprise Trust PLC New Star Private Equity Trust PLC Pantheon International Participations PLC Partners Group Global Opportunities Ltd. Princess Private Equity Holding Ltd. Private Equity Investor PLC Standard Life European Private Equity PLC SVG Capital PLC
55% 54% N/A 83% 86% 100% 59% N/A 62% 0% 88% 90%
31% 4% N/A 1% 10% 0% 4% N/A 13% 0% 0% 0%
11% 6% N/A 6% 0% 0% 29% N/A 25% 100% 1% 2%
3% 38% N/A 11% 4% 0% 8% N/A 0% 0% 11% 8%
Durchschnitt der London Stock Exchange
68%
6%
18%
8%
Notierung an der „Zurich Stock Exchange“ Absolute Private Equity AG AIG Private Equity Ltd. Castle Private Equity AG Private Equity Holding AG shaPE Capital AG
75% 87% 56% 58% 70%
4% 0% 18% 10% 6%
0% 9% 21% 32% 18%
21% 4% 5% 0% 6%
Durchschnitt der Zurich Stock Exchange
69%
8%
16%
7%
Anmerkung: Daten stellen typischerweise einen Prozentsatz der investierten Anlagen dar; Reporting Angaben können variieren; N/A = No Data Available; Angaben müssen aufgrund von Auf- und Abrundungen nicht 100% entsprechen; (1) ABN AMRO Schätzungen; (2) Daten beziehen sich nur auf den prozentualen Anteil des in Private Equity investierten Kapitals. Quelle: ABN AMRO Manager Survey, Juli 2008
202
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
mischt werden. Man spricht daher auch von einem Core-Sattelite Ansatz, wobei der prozentuale Anteil der verschiedenen Komponenten zwischen den verschiedenen Anbietern stark variieren kann, wie anhand der Tabelle 19 (S. 201) sichtbar wird. Beim Begriff „Special Situations“ handelt es sich um einen generischen Term, der von vielen Private Equity-Fondsmanagern für Investitionen verwendet wird, die sich im Bereich „Distressed Debt“ bzw. „Credit Strategies“ bewegen. Diese Marktsegmente profitieren traditionell besonders von einem sich deutlich verschlechternden Markt- und Finanzierungsumfeld. Unter dem Begriff „Andere“ werden noch weiterreichende Anlagekategorien subsumiert, die z. B. auch riskantere Fixed-Income-, Immobilien- und opportunistische Anlagen beinhalten können. Die folgende Tabelle veranschaulicht anhand einiger ausgewählter LPX-Aktien die unterschiedlichen Vorgehensweisen in puncto Anlagefokus und Portfoliozusammensetzung. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass mit der eher groben Zuordnung zu den Segmenten „Buyout“, „Special Situations“, „Venture Capital“ und „Andere“ nur rudimentäre Aussagen und Bewertungen verbunden sein können. Vielmehr bedarf es einer detaillierten Analyse jeder einzelnen LPX-Gesellschaft und deren Beteiligungsportfolios. Tabelle 20: Detaillierte Darstellung des Anlagefokus und der Portfoliozusammensetzung ausgewählter LPX-Titel Breakdown der Assets in %
Anlagefokus
Portfoliozusammensetzung
3i Group
Globale Venture Capital und Private Equity-Anlagen mit einer Tendenz in Richtung Europa.
36% Growth Capital, 31% Buyouts, 14% Venture Capital, 10% Infrastruktur, 6% Small & Medium Enterprises, 3% Listed Private Equity
Candover
Große europäische Buyouts mit Transaktionsvolumina zwischen 500 Mio. “ und 5 Mrd. “.
100% Buyout
Dunedin Enterprise
Investments im UK Mid-Markt mit Deals von 10–75 Mio. £. Kaufen z.T. europäische Drittfonds.
88% MBO/MBI, 8% Technologiefonds, 3% Life Science Fonds, 1% Immobilienfonds
Electra
Flexible Strategie mit Tendenz zum Mid-Markt für Buyouts. Investieren in Primary- & Secondary Fonds mit Einsatz an Finanzinstrumenten.
85% Direktinvestments, 15% Private Equity-Fonds – Breakdown nach Investment Typ wird nicht zur Verfügung gestellt.
F & C Private Equity ‚B‘
Globaler Dachfonds mit einem MidMarket-Fokus und einer Tendenz hin zu neuen Private Equity-Managern und Direktinvestments.
56% Buyouts Fonds, 28% Co-Investments in Buyout-Transaktionen, 8% Mezzanine, 6% Venture Capital, 2% Listed Private Equity
(Fortsetzung auf S. 203)
203
6.3 Portfoliomanagement
Tabelle 20: (Fortsetzung) Breakdown der Assets in %
Anlagefokus
Portfoliozusammensetzung
Graphite Enterprise
Fokus auf unteres und mittleres UK MidMarkt-Segment. Andere UK- und ÜberseeInvestments erfolgen durch Drittfonds und Direktinvestments.
50% Mid-Markt Buyouts, 28% Large Buyouts, 8% Listed Private Equity, 6% Mezzanine, 6% Small Buyouts, 2% Infrastruktur
Hg Capital
Fokus auf europäischen Mid-Markt mit Transaktionsvolumina zwischen 50 und 350 Mio.“.
90% Buyouts, 6% Expansion, 2% Erneuerbare Energien, 1% Venture Capital, 1% Einzelfonds
JZ Equity
Ausschließlicher Fokus auf den US Small Cap-Bereich.
35% Microcap, 23% Mezzanine, 18% Listed Private Equity, 17% Bankschulden,7% Legacy Investments
KKR PEI
Globaler Dachfonds der ausschließlich in KKR-Einzelfonds anlegt. Daneben gibt es die Möglichkeit von Co-Investments.
46% Co-Investments, 29% KKR Fonds, 15% verhandelte Aktieninstrumente, 7% opportunistisch, 3% Non-Private Equity-Fonds
Lehman Brothers PE
Globaler Dachfonds, der bis zu 22% CoInvestments eingeht.
81% Buyouts, 16% Special Situations, 3% Venture Capital
Pantheon International
Globaler Dachfonds
58% Buyouts, 29% Venture Capital, 7% Generalist, 4% Special Situations, 2% Direktinvestments
Partners Group Global Opps
Globale Anlagen in Private Equity & Schuldenstrukturen. Fokus auf Direktanlagen. Primary und Secondary Fonds dienen der Beimischung.
40% Direktinvestments, 34 Direktbeteiligungen an Schulden, 14% Secondaries, 8% Primaries, 4% Opportunistisch
Princess
Globale Private Equity Anlagen mit einem starken Fokus auf Primärfonds (79%)
60% Buyouts, 28% Venture Capital, 12% Special Situations
Standard Life European PE
Rein europäischer Dachfonds
85% Buyouts, 7% Balanced, 7% Secondaries, 1% Venture Capital
SVG Capital
Globaler Dachfonds der primär von Permira verwaltet wird. Schwerpunkte werden auf Europa und Japan gelegt.
92% Buyouts, 8% Entwicklungskapital für Life Science Industries
Quelle: Dresdner Kleinwort, 2008
Neben der Diversifikation über Private Equity-Segmente ist auch eine möglichst breite Streuung über die verschiedenen Industrien der Beteiligungsunternehmen erforderlich. Wie der folgenden Tabelle zu entnehmen ist, gibt es auch hierbei zum Teil gravierende Abweichungen zwischen den verschiedenen Private Equity-Gesellschaften.
204
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Tabelle 21: Portfolio-Allokation ausgewählter LPX-Titel nach Industriesegmenten per Juli 2008 Private Equity-Gesellschaften
Geschäftliche Dienstleistungen
Konsum & Einzelhandel
Energie
Finanzdienstleistungen
Durchschnitt des Universums
5%
19%
4%
10%
Notierung an der „Euronext“ AP Alternative Assets LP Conversus Capital Partners LP (1) HarbourVest Global Private Equity Ltd. KKR Private Equity Investors LP Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd. Durchschnitt der Euronext
N/A 0% 0% 0% 5%
N/A 20% 14% 12% 9%
N/A 0% 0% 8% 22%
N/A 9% 6% 20% 10%
3%
14%
7%
11%
Notierung an der „London Stock Exchange“ Bear Stearns Private Equity Ltd. Bramdean Alternatives Ltd. Evolvence India Holding PLC F&C Private Equity ‚B‘ PLC Graphite Enterprise Trust PLC New Star Private Equity Trust PLC Pantheon International Participations PLC Partners Group Global Opportunities Ltd. Princess Private Equity Holding Ltd. Private Equity Investor PLC Standard Life European Private Equity PLC SVG Capital PLC
0% 12% N/A N/A 23% 0% 0% 0% 0% N/A 0% 0%
24% 5% N/A N/A 18% 23% 15% 20% 17% N/A 42% 28%
4% 5% N/A N/A 0% 0% 4% 0% 0% N/A 1% 0%
12% 8% N/A N/A 0% 27% 0% 5% 14% N/A 9% 0%
Durchschnitt der London Stock Exchange
4%
22%
2%
9%
Notierung an der „Zurich Stock Exchange“ Absolute Private Equity AG AIG Private Equity Ltd. Castle Private Equity AG Private Equity Holding AG shaPE Capital AG Durchschnitt der Zurich Stock Exchange
0% 23% 0% N/A N/A
9% 20% 25% N/A N/A
4% 8% 0% N/A N/A
18% 8% 5% N/A N/A
8%
18%
4%
10%
Anmerkung: Daten stellen typischerweise einen Prozentsatz der investierten Anlagen dar; Reporting Angaben können variieren; N/A = No Data Available; Angaben müssen aufgrund von Auf- und Abrundungen nicht 100% entsprechen; (1) Daten beziehen sich auf die Vintage Jahre der jeweiligen Einzelfonds; (2) Daten beziehen sich nur auf den prozentualen Anteil des in Private Equity investierten Kapitals. Quelle: ABN AMRO Manager Survey, Juli 2008
205
6.3 Portfoliomanagement
Gesundheitsbereich
Information Technology
Tourismus & Vergnügungsindustrie (Leisure)
Maschienenbau & Industrie
Medien & Kommunikation
Andere Sektoren
10%
14%
1%
18%
12%
8%
N/A 10% 15% 22% 6%
N/A 12% 31% 12% 10%
N/A 0% 0% 0% 0%
N/A 26% 12% 11% 11%
N/A 17% 11% 15% 8%
N/A 6% 5% 0% 19%
13%
16%
15%
13%
11% 7% N/A N/A 0% 13% 12% 10% 10% N/A 8% 8%
9% 23% N/A N/A 0% 13% 21% 13% 12% N/A 10% 23%
0% 0% N/A N/A 7% 0% 0% 0% 0% N/A 0% 12%
22% 7% N/A N/A 25% 15% 36% 12% 12% N/A 21% 14%
16% 27% N/A N/A 0% 0% 12% 22% 15% N/A 0% 9%
2% 7% N/A N/A 27% 9% 0% 18% 20% N/A 9% 6%
9%
14%
2%
19%
10%
10%
13% 8% 11% N/A N/A
11% 0% 16% N/A N/A
0% 0% 0% N/A N/A
18% 9% 27% N/A N/A
18% 24% 14% N/A N/A
7% 0% 2% N/A N/A
11%
9%
0%
18%
19%
3%
0%
8%
206 6.3.3
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Diversifikation nach Liquidität
Der Cash-Anteil von LPX-Fonds ist in den letzten zwei Jahren beträchtlich reduziert worden. Viele der betrachteten Gesellschaften nähern sich dem Stadium, in dem sie voll investiert sind. Analysten gehen davon aus, dass vermutlich vier Gesellschaften bereits durch Fremdkapital gehebelt sind (3i Group (40%), JZ Equity (9%), KKR Private Equity Investments (15%), Partners Group Global Opportunities (17%)). Im Verlauf der nächsten Monate wird damit gerechnet, dass weitere Fonds soweit möglich einen Leverage aufbauen, da die Einstandsniveaus für Neuinvestitionen im Vergleich zu den letzten Jahren sehr attraktiv sein werden.464 Tabelle 22: Portfolioaufteilung ausgewählter LPX-Titel nach Liquiditätsposition Breakdown der Assets in % 3i Group Candover Dunedin Enterprise Electra F&C Private Equity ,B‘ Graphite Enterprise HgCapital JZ Equity KKR PEI Lehman Brothers PE
Pantheon International Partners Group Global Opps Princess
Standard Life European PE SVG Capital
Nicht notiert
Notiert
Netto Cash / Fremdkapital
Datum
85% 70% 48% 54% 91% 60% 50% 76% 83%
15% 5% 11% 17% 2% 2% 3% 24% 17%
40% leveraged 25% 41% 29% 7% 34% 47% 9% leveraged 15% leveraged
77% 90% 96% 86% 90% 82%
7% 9% 4% 5% 3% 18%
16% 1% 17% leveraged 9% 7% 0%
31. 03. 08 31. 12. 07 31. 03. 08 13. 06. 07 31. 03. 08 31. 12. 07 31. 05. 08 30. 09. 07 02. 05. 08 30. 04. 08 31. 12. 07 31. 05. 08 31. 05. 08 31. 12. 07 31. 03. 08
Quelle: UBS Schätzungen basierend auf den letzten Geschäfts- bzw. Zwischenberichten, 2008
Zu Beginn des Jahres 2008 wiesen lediglich sechs der im nebenstehenden Schaubild aufgelisteten Gesellschaften Barbestände in Höhe von 15% oder mehr auf. Nur drei Fonds verfügten über Cash-Quoten von 30% oder mehr (Graphite Enterprise (34% des NAV), Dunedin Enterprise (41% des NAV) sowie HgCapital (50% des NAV)). Vielfach sind diese hohen Cash-Bestände das Ergebnis von zeitlich dicht gedrängt vorgenommenen Realisierungen innerhalb der Beteiligungsportfolios. An dieser Stelle muss natürlich darauf hingewiesen werden, dass in der Regel entweder der größte Teil oder sogar der komplette Bestand der Barmittel bereits für weitere Investitionen in der Zukunft verplant ist. 464
UBS (2008): UBS RESEARCH – QUOTED PRIVATE EQUITY SECTOR, S. 10
207
6.3 Portfoliomanagement
C ;E 3 @#=7 E < H 0 E( -$&K !F ./ . ' 0// &12 ,345-<
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2
Abb. 43: Graphische Darstellung der Portfolioaufteilung ausgewählter LPX-Titel nach Liquiditätsposition Quelle: UBS Schätzungen auf Basis der letzten Rechenschaftsberichte, Zwischenberichte und Geschäftszahlen. Die folgenden Fonds weisen die korrespondierenden Leverage-Quoten auf: 3i Group (40% per 31. 03. 2008), JZ Equity (9% per 31. 03. 2008), KKR PEI (15% per 02. 05. 2008) und Partners Group Global Opportunities (17% per 31. 05. 2008). Vor diesem Hintergrund wird das jeweilige Exposure dieser Fonds auf einer Brutto-Asset Basis gezeigt. Bei allen anderen Fonds beziehen sich die Prozentsätze auf den NAV.
Die Divergenz zwischen den Performance-Kennzahlen der betrachteten LPXAktien ist signifikant; sie beträgt im Betrachtungszeitraum in der Spitze mehr als 25%. In der durchschnittlichen Rendite von lediglich 1,7% spiegeln sich die Rahmenbedingungen wider, denen sich Private Equity-Unternehmen im Jahr 2008 gegenübersehen. Besonders negativ zeigt sich dies an der Performance von KKR Private Equity Investors und Apollo Alternative Assets, die die einzigen Unternehmen im LPX-Universum sind, die ein überdurchschnittliches Exposure im Bereich großer BuyoutTransaktionen aufweisen. Beide Gesellschaften sahen sich gezwungen, im ersten Quartal des Jahres 2008 umfangreiche Abschreibungen auf die unrealisierten fairen Werte bei einzelnen Direktinvestitionen vorzunehmen. Es ist erkennbar, dass der LPX-Sektor interessierten Investoren bzw. Portfoliomanagern eine extensive Auswahl an Beteiligungsmöglichkeiten an der Anlageklasse Private Equity, reichend von Mega-Buyouts bis hin zu Venture Capital-Investitionen
Standard Life European PE Trust PLC Bear Stearns private Equity Ltd. Princess Private Equity Holdings Ltd. Charter European Trust PLC Lehman Brothers Private Equity Partners
NAV Total Return Year to Date (GBP)
Pantheon International Participations PLC Graphite Enterprise Trust PLC F& C Private Equity Trust PLC shaPE Capital AG Private Equity Corporation Bramdean Alternatives Ltd. SVG Capital PLC Absolute Private Equity AG Candover Capital LP New Star Private Equity Trust PLC AIG Private Equity AG AP Alternative Assets LP KKR Private Equity Investors LP
Prozentualer NAV Total Return YTD
–15,0
–10,0
–5,0
0,0
5,0
10,0
15,0
Evolvence India Holdings PLC
Abb. 44: NAV Total Return von LPX-Aktien vom 01. Januar bis 26. Juni 2008
Private Equity Holding AG
Quelle: Fundamental Data
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
,1 ) & K 0 H #& K !W ) 0 3 C*(-J- 9 3- 1" W 6- ) J- %-3= Q- H ?3 -1N H C8 HJ - H G33 C- 9J 1 1E#& K !F H ,G&
208
6.3 Portfoliomanagement
209
gewährt. Darüber hinaus gibt es für eher risikoaversere Investoren auch eine ausreichend große Zahl an Dachfonds, die sowohl in Primary Fonds als auch in Secondary Fonds investieren. Somit können je nach Risikotoleranz sowohl breit diversifizierte als auch sehr fokussierte Private Equity-Portfolios „indirekt“ erworben werden. Nicht überraschend ist die festzustellende Tendenz hin zum Buyout-Sektor, für den nicht nur die meisten Eigenkapitalmittel eingesammelt werden konnten, sondern der auch historisch die höchsten Renditen erzielt hat. Wichtig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich unter dem Begriff Buyout auch weitere Private Equity-Fonds mit den Schwerpunkten Special Situations, Mezzanine, Infrastruktur, Life Science, Immobilien sowie Co-Investments subsumieren lassen, womit auch in diesem Segment eine breite Palette an Investitionsmöglichkeiten gegeben ist. In Bezug auf die Investmentstile sollten die folgenden Bandbreiten als Richtschnur für das Portfoliomanagement des LPX-Fonds dienen: • • • • • • •
Mindestens 15% – maximal 50% für Large-Cap Buyout Mindestens 10% – maximal 40% für Small-Medium Cap Buyout Mindestens 5% – maximal 15% für Later-Stage Venture Capital Mindestens 5% – maximal 15% für Early-Stage Venture Capital Mindestens 5% – maximal 15% für Seed/Start-up Venture Capital Mindestens 5% – maximal 15% für Mezzanine Investments Mindestens 0% – maximal 10% für Special Situations (z. B. Distressed Debt, Infrastruktur)
Es ist zu erkennen, dass der Autor auch für den LPX-Fonds eine relative Übergewichtung des Buyout-Segmentes empfiehlt, wobei die Untersegmente Large-Cap und Small-Medium-Cap prozentual nur leicht voneinander abweichen. Dies ermöglicht dem Portfoliomanager, eine je nach Marktsituation abgewogene Allokation im wichtigen Buyout-Segment vorzunehmen. Die aufgezeigten Bandbreiten beinhalten sowohl die direkt eingegangenen Investments der LPX-Gesellschaften als auch die indirekt in Einzel- oder Dachfonds vorgenommenen Investments dieser Häuser. Insofern muss zwingend eine kumulierte Betrachtung der verschiedenen Investmentstile erfolgen, um zu einer ausgewogenen Beurteilung der prozentualen Gewichtungen zu kommen. Daneben beziehen sich diese Prozentsätze selbstverständlich auf das gesamte Portfolio des LPX-Fonds und nicht auf die Portfolien jeder einzelnen LPX-Gesellschaft. Insofern ist es durchaus vorstellbar, dass innerhalb des Portfolios sowohl puristische Buyout-Gesellschaften als auch puristische Venture Capital-Gesellschaften vertreten sind. In Anbetracht der zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Dissertation nach wie vor bestehenden gravierenden Schwierigkeiten bei der Fremdkapitalfinanzierung von
210
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Large-Cap Buyout Transaktionen sollten im gegenwärtigen Marktumfeld diejenigen LPX-Aktien, die vornehmlich in diesem Marktsegment tätig sind, untergewichtet werden. Vielmehr sollte eine eher defensive und selektive Anlagestrategie verfolgt werden, die sich auf Gesellschaften konzentriert, die über ein breit diversifiziertes Portfolio verfügen und überwiegend im mittleren Marktsegment tätig sind.
Tabelle 23: Aktuelle Fälligkeitenstruktur von ausgewählten LPX-Aktien Private Equity-Gesellschaften
1997
1998
1999
2000
Durchschnitt des Universums
1%
2%
5%
9%
Notierung an der „Euronext“ AP Alternative Assets LP Conversus Capital Partners LP (1) HarbourVest Global Private Equity Ltd. KKR Private Equity Investors LP Lehman Brothers Private Equity Partners Ltd. Durchschnitt der Euronext
N/A 0% 0% N/A 0% 0%
N/A 0% 7% N/A 0%
N/A 27% 10% N/A 0%
N/A 26% 12% N/A 1%
2%
12%
13%
Notierung an der „London Stock Exchange“ Bear Stearns Private Equity Ltd. Bramdean Alternatives Ltd. Evolvence India Holding PLC F&C Private Equity ‚B‘ PLC Graphite Enterprise Trust PLC New Star Private Equity Trust PLC Pantheon International Participations PLC Partners Group Global Opportunities Ltd. Princess Private Equity Holding Ltd. Private Equity Investor PLC Standard Life European Private Equity PLC SVG Capital PLC
2% 1% N/A 3% 0% 0% 6% (3) 1% 0% N/A 0% 0%
0% 2% N/A 0% 0% 0% 4% 2% 0% N/A 0% 0%
2% 6% N/A 1% 0% 0% 7% 0% 2% N/A 0% 5%
18% 5% N/A 1% 8% 7% 21% 3% 8% N/A 0% 1%
Durchschnitt der London Stock Exchange
1%
1%
3%
8%
Notierung an der „Zurich Stock Exchange“ Absolute Private Equity AG AIG Private Equity Ltd. Castle Private Equity AG Private Equity Holding AG shaPE Capital AG Durchschnitt der Zurich Stock Exchange
N/A 0% 5% 6% 1%
N/A 4% 6% 4% 0%
N/A 4% 3% 8% 1%
N/A 7% 13% 10% 9%
3%
4%
4%
10%
Anmerkung: Daten stellen typischerweise einen Prozentsatz der investierten Anlagen dar; Reporting Angaben können variieren; N/A = No Data Available; Angaben müssen aufgrund von Auf- und Abrundungen nicht 100% entsprechen; (1) Daten beziehen sich auf die Vintage Jahre der jeweiligen Einzelfonds; (2) Daten beziehen sich nur auf den prozentualen Anteil des in Private Equity investierten Kapitals; (3) Entspricht Vintage Jahr 1997 und früher. Quelle: ABN AMRO Manager Survey, Juli 2008
211
6.3 Portfoliomanagement
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
7%
3%
5%
6%
13%
25%
21%
4%
N/A 15% 15% N/A 5%
N/A 8% 5% N/A 3%
N/A 5% 11% N/A 3%
N/A 2% 10% N/A 3%
N/A 5% 11% N/A 13%
N/A 10% 10% N/A 34%
N/A 2% 8% N/A 37%
N/A 0% 1% N/A 1%
12%
5%
5%
10%
18%
16%
6%
10% 3% N/A 15% 3% 4% 8% 0% 9% N/A 2% 1%
2% 2% N/A 4% 2% 3% 4% 0% 5% N/A 2% 2%
2% 0% N/A 4% 6% 4% 12% 0% 12% N/A 7% 11%
25% 0% N/A 19% 8% 11% 11% 8% 11% N/A 16% 17%
24% 62% N/A 29% 26% 52% 12% 51% 12% N/A 23% 27%
10% 18% N/A 13% 35% 17% 12% 31% 31% N/A 38% 32%
0% 0% N/A 0% 9% 0% 0% 0% 1% N/A 5% 0%
6%
3%
6%
13%
30%
23%
2%
N/A 3% 8% 3% 4%
N/A 0% 6% 0% 3%
N/A 1% 9% 2% 9%
N/A 22% 17% 0% 16%
N/A 32% 21% 17% 8%
N/A 21% 6% 27% 26%
N/A 2% 2% 23% 16%
4%
2%
5%
14%
19%
205
11%
6.3.4
6%
6% 2% N/A 11% 3% 3% 3% 4% 9% N/A 7% 4% 5%
N/A 6% 4% 0% 8% 4%
Diversifikation nach Fälligkeitsstrukturen
Nach einer Periode signifikanter Realisierungen in den letzten Jahren verfügt eine Reihe der LPX-Gesellschaften derzeit nur über ein relativ unreifes Portfolio, was sich in den nächsten 12 bis 18 Monaten vermutlich negativ auf die Renditen auswirken wird. So sind in den letzten Monaten bereits die Preis-Multiplikatoren gefallen, woraus geschlussfolgert werden kann, dass der Investmentzyklus bereits in 2007 seinen
212
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Höhepunkt erreicht hat. Insofern sollte derzeit in LPX-Aktien bzw. Unternehmen investiert werden, die über besser ausbalancierte und reifere Portfolien früherer Vintage-Jahre verfügen. Ein entscheidender Vorteil von Listed Private Equity-Dachfonds ist deren Fähigkeit, ihre Investitionen über eine Reihe von Vintage-Jahren hinweg zu diversifizieren. Somit können sie den Aktionären zu jedem Zeitpunkt eine Bandbreite an Einzelfonds offerieren, die sich in unterschiedlichen Phasen des Investmentzyklus befinden. Während sich einige Einzelfonds noch in der Investitionsphase befinden, nähern sich andere bereits dem Realisierungsstadium. Eine zunehmend marktübliche Praxis liegt im Übrigen darin, dass Private EquityDachfonds, die eine Börsennotierung anstreben, bereits im Vorfeld ein so genanntes Vorrats-Portfolio („Warehousing“) aufbauen. Diese Vorgehensweise ermöglicht es dem Investment Manager, ein Portfolio zusammenzustellen, welches unterschiedliche Fälligkeiten abbildet. Am Tag der Erstnotiz wird dann dieses Beteiligungsportfolio in die nunmehr börsennotierte Gesellschaft eingebracht. Der Hauptvorteil liegt darin, dass die nach dem IPO hohe Kasseposition signifikant reduziert werden kann, da die Barmittel für den Ankauf des Vorrats-Portfolios verwendet werden. Tabelle 24: Zusammenfassender Vergleich des europäischen LPX-Universums Parameter
Am stärksten konzentriert
Am stärksten diversifiziert
Fälligkeiten/ Vintage Years
1. HarbourVest Global Private Equity 2. Pantheon International Participations
1. Bramdean Alternatives 2. New Star Private Equity Investment Trust
Private Equity Segment
1. Castle Private Equity 2. Bear Stearns Private Equity
1. New Star Private Equity Investment Trust 2. Private Equity Investor
Industrie
1. Lehman Brothers Private Equity Partners 2. Absolute Private Equity
1. Standard Life European Pr. Equity Trust 2. Pantheon International Participations
Geographie
1. SVG Capital 2. Castle Private Equity
1. Evolvence India 2. New Star Private Equity Investment Trust
Anmerkung: Angaben auf Basis vom 07. Juli 2008 Quelle: ABN AMRO Berechnung, 2008
Grundsätzlich sollte bei der Auswahl der weltweiten LPX-Gesellschaften darauf geachtet werden, dass diese im Zeitablauf eine möglichst gleichförmige Fälligkeitsstruktur über die Zeiträume 1 Jahr, 1–3 Jahre, 3–5 Jahre sowie 5 Jahre oder mehr aufweisen. Wie zuvor aufgezeigt wurde, ist Private Equity gekennzeichnet durch zyklische
6.4 Auflageort Luxemburg
213
Phasen, innerhalb derer es sehr gute, aber durchaus auch nur sehr durchschnittliche Vintage-Jahre gibt. Durch eine möglichst gleichmäßige Verteilung über verschiedene Anlagezeiträume hinweg wird sichergestellt, dass in jedes Vintage-Jahr kontinuierlich investiert wird und somit keine „Aussetzer“ erfolgen, auch wenn die Rahmenbedingungen für Investitionen in einem Jahr nicht sehr lukrativ erscheinen mögen. Die Streuung der Fälligkeiten ist auch deshalb erforderlich, um einen geglätteten Ertragsverlauf im Gesamtportfolio zu erzielen. Einem Investor in einem LPX-Fonds ist nicht damit gedient, wenn er z. B. in einem Jahr einen sehr großen, dafür aber in den Folgejahren entweder gar keinen oder aber nur einen geringen Ertrag erzielt. Wie in Kapitel 3 aufgezeigt wurde, ist es ja gerade ein Gebot der Fondsgebundenen Lebensversicherung, stetige Erträge zu erwirtschaften. Viele Lebensversicherungen hatten in den Jahren 1998 bis 2001 im Rahmen ihrer „traditionellen“ Kapitallebensversicherungen erste Private Equity-Investments im Sicherungsvermögen vorgenommen. Mit dem Platzen der so genannten New Economy, den korrespondierenden Verlusten an den Aktienmärkten und den daraus resultierenden hohen Abschreibungsnotwendigkeiten wurden bei vielen Gesellschaften die Private Equity-Anlageprogramme eingestellt. Diese Investments generierten aufgrund des J-Curve-Effekts für einige Jahre keine der so dringend benötigten positiven Cash Flows. Aufgrund der gemachten negativen Erfahrungen haben bis heute nur wenige Lebensversicherungsgesellschaften neue Private Equity-Programme aufgelegt. Mit anderen Worten man hat den Investmentzyklus frühzeitig bewusst unterbrochen und danach nicht wieder einen Einstieg in die Anlageklasse Private Equity gefunden. Somit konnte man auch nicht an den herausragenden Renditen dieser Investments in den letzten Jahren partizipieren. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie wichtig ein kontinuierliches Funding im Zeitablauf über verschiedene Fälligkeiten hinweg ist.
6.4
Auflageort Luxemburg
In Anbetracht der auch in Kapitel 5 aufgezeigten Vorteile des Finanzplatzes Luxemburg empfiehlt der Verfasser die Auflage des LPX-Fonds in der Rechtsform einer Luxemburger Gesellschaft. In den letzten Jahren hat der Finanzplatz Luxemburg seine Position als Europas führendes und weltweit zweitgrößtes Investmentfondszentrum zurückerobert. In engem Dialog mit der Fondsindustrie feilen Aufsichtsbehörde und Gesetzgeber ständig an der Verfeinerung des gesetzlichen und steuerlichen Umfelds und schaffen so die Grundlagen für innovative Produkte mit denen diese Stellung gefestigt und weiter ausgebaut werden soll. Vor allem alternative Anlageprodukte stehen hierbei im Mittelpunkt.
214
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Besonders stark ist der Finanzplatz dabei im grenzüberschreitenden Fondsvertrieb. Von den von der European Fund and Asset Management Association EFAMA (der früheren FEFSI) für das Geschäftsjahr 2007 ermittelten Nettoinvestitionen in die europäischen Wertpapierfonds entfiel der Großteil allein auf OGAWs465 bzw. UCITS466 luxemburgischen Rechts. Die große Mehrheit der global tätigen internationalen Fondsanbieter nutzt inzwischen Luxemburg als Plattform für ihren weltweiten Fondsvertrieb. Ende der achtziger Jahre war das Großherzogtum Vorreiter bei der Umsetzung der ersten europäischen Fondsrichtlinie. Diese verlieh jenen Fonds, die sich den Bestimmungen der Richtlinie unterwarfen, einen „europäischen Pass“, der es ihnen ermöglichte, ihre Anteile innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Diese Fonds konnten daher vertrieben werden ohne auf den nationalen Märkten eine langwierige Zulassungsprozedur durchlaufen zu müssen (Ursprungslandprinzip). Luxemburg etablierte sich so frühzeitig nicht nur als Standort für Fondsanbieter, die ihre Produkte auf mehreren Märkten absetzen wollten, sondern auch als Tor zum europäischen Binnenmarkt für Häuser aus Nicht-EU-Ländern. Inzwischen haben die anderen EU-Mitgliedsländer auf diesem Gebiet nachgezogen, auch die neuesten Fondsrichtlinien sind mittlerweile EU-weit in nationales Recht umgesetzt. Das Großherzogtum versucht heute den Spielraum, den das europäische Regelwerk den nationalen Gesetzgebern lässt, geschickt auszunutzen. Insbesondere versucht Luxemburg günstige Rahmenbedingungen für Investmentfonds zu schaffen, die sich außerhalb der europäischen Fondsrichtlinien positionieren. Wie pragmatisch dabei vorgegangen wird, zeigt das Beispiel der seit einigen Jahren auch in Deutschland zugelassenen Hedgefonds. In Luxemburg konnten diese alternativen Anlageprodukte bereits seit Beginn der neunziger Jahre aufgelegt werden. Eine spezifische Grundlage für diesen Fondstyp gab es jedoch lange Zeit nicht. Die Aufsichtsbehörde CSSF467 erteilte eine Zulassung von Fall zu Fall, wobei sie der Qualität, dem Ruf und der beruflichen Erfahrung des Fondsanbieters in ihrem Entscheidungsprozess großes Gewicht beimaß. Erst Ende 2002 bündelte sie die von ihr in den Vorjahren angewandten Regeln in einem einheitlichen Text, was dem Sektor zu einem beträchtlichen Aufschwung verhalf. Dass Hedgefonds in Luxemburg zwar sehr flexibel arbeiten können und dabei trotzdem einem Mindestmaß an Anlegerschutz sowie einer behördlichen Aufsicht unterworfen sind, hat in der Branche guten Anklang gefunden. So haben bereits einige Hedgefonds ihr Domizil von eher unregulierten Offshore-Zentren nach Luxemburg verlegt, um auf diese Weise besonders für institutionelle Investoren attraktiv zu werden. 465
OGAW = Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren UCITS = Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities = Englisch für OGAW 467 CSSF = Commission des surveillance du secteur financier 466
6.4 Auflageort Luxemburg
215
Die Erfahrungen der Aufsichtsbehörde bei der Genehmigung sowie das umfangreiche Know-how der zahlreichen lokalen Dienstleister bei der Auflegung von Fonds aller Art dürften ausschlaggebend dafür sein, dass viele deutsche Fondsanbieter ihre Fonds direkt in Luxemburg auflegen, wo dies im Vergleich zu Deutschland zügiger und billiger möglich ist. Für einen ausschließlich in LPX-Aktien anlegenden Publikumsfonds bieten sich grundsätzlich die Rechtsformen der SICAV, der SICAR sowie der FCP als Luxemburger Fondsvehikel an.
6.4.1
SICAV
SICAV ist die Abkürzung des französischen Begriffes „Société d’Investissement à Capital Variable“ und bezeichnet eine nach französischem, belgischem, luxemburgischem, schweizerischem oder italienischem Recht gegründete Kapitalanlagegesellschaft mit variablem Grundkapital. Der Zweck einer SICAV beschränkt sich darauf, das Gesellschaftskapital in Wertpapieren anzulegen um das Prinzip der Risikostreuung zu nutzen. Sie ist vergleichbar mit einer deutschen Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital (§ 104ff. InvG), die nach dem Investmentgesetz handelt. Geregelt wird die SICAV durch das Gesetz vom 20. Dezember 2002 über die OGAW sowie dem Gesetz vom 13. Februar 2007 über die Spezialfonds. Im Gegensatz zu einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltet die SICAV sich selbst und es gibt keine externe Verwaltungsgesellschaft. Sehr häufig wird das Tagesgeschäft jedoch auf den Investment Manager und den Administrator oder andere Dienstleistungsunternehmen ausgelagert, so dass die SICAV lediglich einen Verwaltungsrat hat, der die Dienstleister kontrolliert. Nur eine verschwindend geringe Zahl von SICAVs beschäftigt angestelltes Personal. Eine SICAV kann als so genannter Umbrellafonds mehrere Subfonds (Unterfonds) halten. Diese sind rechtlich unselbständig, das heißt sie unterstehen der Kontrolle des Verwaltungsrats. In Bezug auf ihre Haftung sind sie aber getrennt zu behandeln, d. h. die Insolvenz eines Subfonds wirkt sich nicht auf die übrigen Fonds aus. In Luxemburg domizilierte SICAVs sind von Einkommen-, Kapitalertragsteuer und Quellensteuer befreit. Lediglich eine Tax d’Abonnement von 0,05% p.a. auf das Nettovermögen des Fonds wird erhoben. Die SICAV hat regelmäßig Berichte zu erstellen und die Rechnungslegung sowie die Jahresberichte sind durch einen in Luxemburg zugelassenen Wirtschaftsprüfer zu testieren. Daneben muss die SICAV eine Depotbank benennen, die ihren Sitz ebenfalls in Luxemburg haben muss. Der Depotbank obliegt die Aufsicht über das Fondsvermögen und sie stellt sicher, dass die Ausgabe und der Rückkauf von Aktien und Anteilen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen erfolgen und dass die Einkünfte bzw. Gewinne gemäß der Gesellschaftssatzung verwendet werden. Die
216
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Investment-Manager und -Berater der SICAV benötigen eine Zulassung durch die Finanzmarktaufsicht. Hierbei gibt es keine Beschränkungen hinsichtlich der Nationalität der Personen oder der Gesellschaft, die den Fonds verwaltet oder beratend tätig wird. 6.4.2
SICAR
In die Kategorie der alternativen Anlageprodukte fällt auch die mit dem Gesetz vom 15. Juni 2004 geschaffene „Investmentgesellschaft zur Anlage in Risikokapital“, kurz SICAR („Société d’Investissement en Capital à Risque“) genannt. Einerseits gibt es die traditionellen Venture Capital-Fonds, die vor allem von institutionellen Investoren als zu wenig flexibel angesehen wurden. Andererseits gibt es die Handelsgesellschaften, vorwiegend in der Rechtsform von Kommanditgesellschaften, die weder einer Zulassung durch die CSSF bedürfen noch von dieser beaufsichtigt werden. Die SICAR ist zwischen diesen beiden klassischen Vehikeln für die Aufbringung von Risikokapital angesiedelt. Die Vorteile dieser Rechtsform liegen darin, dass es keine Anlagegrenzen und keine vorgeschriebene Risikodiversifizierung sowie keine Quellen- und Vermögensteuer gibt.468 Mit der SICAR wurde ein steuerlich attraktives Investmentvehikel geschaffen, das flexibler ist als ein Investmentfonds, der Aufsicht durch die CSSF unterliegt und an der Börse notiert werden kann. Anlagerestriktionen gibt es keine, außer dass die gesammelten Mittel in Risikokapital investiert werden müssen. In eine SICAR dürfen lediglich „informierte Anleger“ investieren, wobei dieser Begriff relativ weit gefasst ist. Dieses Investmentvehikel richtet sich jedoch vornehmlich an Banken, Pensionsfonds, Versicherungen, Großunternehmen und qualifizierte private Investoren. 6.4.3
FCP
Eine „Fonds commun de placement“ (FCP) ist eine nach französischem oder luxemburgischem Recht gegründete Gesellschaft eines Investmentfonds. Die FCP entspricht dem Konstrukt des Sondervermögens- bzw. WertpapierInvestmentfonds nach deutschem Recht, das jedoch in Deutschland nicht eindeutig zu den Gesellschaftsformen zählt. Geregelt wird diese Gesellschaft durch das Gesetz vom 20. Dezember 2002 über die OGAW sowie dem Gesetz vom 13. Februar 2007 über die Spezialfonds (Spezialfondsgesetz). Ziel der FCP sind alle Arten von Finanzanlagen nach dem Grundsatz der Risikostreuung. Entscheidend ist, dass der Investmentfonds nicht für die Verpflichtungen der Verwaltungsgesellschaft oder der Anteilseigner haftet. So haben die Gläubiger ei468
ECHTER (2005): GROßHERZOGTUM – PRODUKTINNOVATIOEN, B3
6.5 Prozentuale Gewichtung in Fondsgebundener Lebensversicherungspolice
217
ner Verwaltungsgesellschaft im Fall von Zahlungsschwierigkeiten nicht die Möglichkeit, auf die investierten Gelder des Fonds zurückzugreifen, wodurch die Anleger des Fonds geschützt werden. Besonders hervorzuheben ist, dass in Abhängigkeit vom Anforderungsprofil des betroffenen Investors die skizzierten Gestaltungsformen so genutzt werden können, dass bestimmte Vorteile verstärkt und Nachteile eingeschränkt werden können. So sind bei der Nutzung einer Luxemburger Kapitalgesellschaft im Hinblick auf die Vermeidung einer Besteuerung in Luxemburg die Regelungen der SICAV und SICAR am umfassendsten, da sie im Ergebnis die wesentlichen Erträge von der Steuer freistellen. Die Nutzung von SICAV-, SICAR- und FCP-Strukturen erfordert jedoch die Akzeptanz eines größeren Organisations- und Verwaltungsapparates einschließlich der Berücksichtigung aufsichtsrechtlicher Beschränkungen und Kontrolle. Abschließend gilt es noch sicherzustellen, dass der LPX-Fonds steuerlich unschädlich für den deutschen Investor ist, d. h. dass er nicht durch ein gewerblich geprägtes Investment ebenfalls infiziert wird. Das PE-Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16. Dezember 2003 zur „Einkommensteuerlichen Behandlung von Venture Capital- und Private Equity-Fonds“469 erlaubt es Fondsmanagern, die Qualifizierung ihres Fonds als gewerblich zu vermeiden, soweit sie die in Kapitel 4.10 erläuterten Vorgaben des BMF einhalten. Hierfür sind einige Vertragsbedingungen der Fonds und manche Anlagestrategien anzupassen. Bei der Auswahl und Nutzung Luxemburger Strukturen sollte grundsätzlich stets berücksichtigt werden, welche Rechtsbeziehungen mit dem deutschen Anleger oder dessen Entscheidungsgremien vorgesehen werden sollen. Fehler in der Struktur, insbesondere eine fehlende hinreichende Substanz bei der Luxemburger Gesellschaft, können im schlimmsten Fall dazu führen, eine unbeschränkte Steuerpflicht der Luxemburgischen Gesellschaft in Deutschland auszulösen. In diesem Fall wären das verfolgte Ziel nicht nur verfehlt, sondern zusätzliche erhebliche Beeinträchtigungen geschaffen worden.
6.5
Prozentuale Gewichtung in Fondsgebundener Lebensversicherungspolice
Der der Portfoliobildung zu Grunde liegende Markowitz-Ansatz und das dafür maßgebliche Chancen/Risiko-Verständnis orientiert sich oftmals nicht mehr ausschließlich an traditionellen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien. Vielmehr werden verstärkt spezifische Risiken unterschiedlicher Investmentstile (z. B. aktiv, passiv, marktneutral) sowie spezielle Anlagesegmente wie High-Yield Bonds 469
PE-Schreiben (IV A6 – S2240 – 153/03)
218
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
oder Staatsanleihen ins Kalkül gezogen. In Kapitel 4 wurde bereits auf Private Equityspezifische Risiko- und Renditekennzahlen eingegangen. Neben diesen Messgrößen ist in besonderer Weise die Korrelation der unterschiedlichen Anlageklassen zueinander von Interesse, da sie einen wesentlichen Faktor für die Diversifikation der Anlagesegmente darstellt.470 Für das Ergebnis eines Portfolios spielt die Zusammensetzung des Gesamtvermögens aus verschiedenen Anlageklassen bzw. Anlagegattungen und deren jeweiligen Renditen eine wesentliche Rolle. Erst durch die Integration aller zur Verfügung stehenden Anlageklassen in das Gesamtportfolio lassen sich Diversifikationseffekte erzielen, die auch eine gewünschte Risikooptimierung zur Folge haben. Für die Kombination bzw. die Berücksichtigung der einzelnen Anlageklassen ist dabei deren Korrelation zueinander von entscheidender Bedeutung.471 Je niedriger dabei der Korrelationskoeffizient, d. h. die Stärke des Zusammenhangs der beiden Anlageklassen ist, desto größer ist das Risikoreduktionspotential für das Portfolio. Der Korrelationskoeffizient wird dabei häufig im Zusammenhang mit dem bereits in Kapitel 4 erwähnten ` angewandt, da er eine Aussage über die Wirkung des `-Faktors, d. h. der Renditeveränderung eines einzelnen Investments trifft, wenn sich der Gesamtmarkt um 1% verändert. Eine Verwendung von Betafaktoren ist demzufolge nur bei entsprechend hoher Korrelation sinnvoll. Der Effekt der Risikoreduzierung durch die Beimischung von Private Equity ist wesentlich höher, da diese Anlageklasse, unabhängig davon, ob es sich um geschlossene Private Equity-Fonds oder börsennotierte LPX-Aktien handelt, niedrige Korrelationen zu anderen Anlageklassen aufweist. Ein wesentlicher Aspekt bei der Entscheidung für eine Investition und damit eine Beimischung von Private Equity zum Portfolio ist, durch die Auswahl der geeigneten Private Equity-Manager mit überdurchschnittlichen Renditeerfolgen in der Vergangenheit auch in Zukunft höhere Renditen zu erwirtschaften. Begründet ist dieses Ziel durch die in Kapitel 4.6. dargestellte hohe Ergebnisspreizung zwischen sehr guten und weniger guten Fonds bzw. Portfoliomanagern. Der Grad der positiven oder negativen Abweichung ist, bedingt durch die unterschiedlichen Fähigkeiten der Manager, ein positives _ zu generieren, abhängig von der individuellen Qualität des Portfoliomanagers. In der Finanzmarkttheorie bezeichnet _ das Maß für eine Extra-Rendite (positives _) oder eine Minder-Rendite (negatives _) gemessen am Vergleichswert. Die Basis für das Manager-_ bei Private Equity ist das Netzwerk sowie das Know-how und die Erfahrung des Management-Teams, mit dem die Manager die Unternehmen im Buyout-Bereich bei der Steigerung des Profits und im Venture Capital-Bereich bei der Produktentwicklung unterstützen. Gelingt es einem Investor 470 471
GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 107 STEINER / BRUNS (2000): WERTPAPIERMANAGEMENT, S. 68
6.5 Prozentuale Gewichtung in Fondsgebundener Lebensversicherungspolice
219
durch einen gezielten Auswahlprozess überdurchschnittliche Private Equity-Manager, beispielsweise im LPX-Index, zu identifizieren, so hat dies im Ergebnis deutliche Auswirkungen auf das Rendite-/Risikoverhältnis.472 Die Verwendung des Markowitz-Ansatzes zur Analyse der Investitionen in Private Equity ist jedoch mit einigen Problemen behaftet. Insbesondere entstehen aus den Besonderheiten der Investition in Private Equity durch einen Versicherungsnehmer im Rahmen einer Fondsgebundenen Lebensversicherung spezielle Probleme. In diesem Fond werden die Investitionsentscheidungen von Entscheidungsträgern getroffen, die eventuell andere Kriterien zugrunde legen können als im Modell angenommen wird. Wie zuvor dargestellt wurde, berücksichtigt die Zusammenfassung der verschiedenen Formen von Private Equity zu einer einzigen Anlagekategorie auch nicht die Heterogenität dieser Anlageklasse. Außerdem stellt sich die Frage, ob das Risiko einer Private Equity-Anlage durch geschätzte Standardabweichungen und Korrelationen adäquat dargestellt werden kann. Dieses Problem wird durch die Tatsache verschärft, dass Schätzungen für den Bereich Private Equity schwierig und unsicher sind. Vordergründig weisen Private Equity-Anlagen eine niedrige Korrelation zu traditionellen Investments wie Aktien, Anleihen oder Immobilien auf. Somit führt die Beimischung von Private Equity-Investments zu einer Verringerung der Volatilität und damit ceteris paribus zu einer Optimierung des Gesamtportfolios.473 Diese niedrige Korrelation zu traditionellen Anlageklassen ist jedoch kritisch zu betrachten. Die Korrelation von Private Equity zu Public Equity wird derzeit auf zwei Ebenen diskutiert. Einerseits wird untersucht, inwieweit das Niveau der Veräußerungspreise von Unternehmen durch den Aktienmarkt beeinflusst wird und deshalb die Korrelation zwischen Private und Public Equity-Markt relativ hoch ist. Andererseits bemüht sich die Wissenschaft um die Klärung der Frage, warum die Korrelation von Private EquityIndizes zu Aktienindizes niedrig ist, wie bereits in Tabelle 17 dargestellt wurde. Ein weiteres Problem ergibt sich durch die verschiedenen Berechnungsmethoden der Performance. Wie in Kapitel 4 aufgezeigt wurde, wird die Performance von Private Equity-Investments vorrangig über die interne Zinsfussmethode oder die erzielten Multiplikatoren auf das eingesetzte Kapital angegeben. Öffentlich gehandelte Produkte wie z. B. die Aktien des LPX-Index werden dagegen über die mit dem Zeitfaktor gewichtete Rendite, der so genannten Time-Weighted Return Methode (TWR) gemessen. Somit werden in den beiden Anlageklassen zwei unterschiedliche Methoden verwendet, auf deren Basis eine Berechnung des Korrelationskoeffizienten nicht aussagekräftig ist. Im Falle der LPX-Aktien können sogar beide Berechnungsmethoden verwendet werden. 472 473
KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 110 GRUNDT (2004): PRIVATE EQUITY FÜR VERSICHERER, S. 112
220
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
In der Theorie wird die Schwankung von Private Equity-Investments ebenfalls durch die Nutzung des TWR dargestellt, in den die Eingangsdaten als Nettovermögenswert quartalsweise zuzüglich der jeweiligen Cash Flows eingehen. Aufgrund der Bewertungssystematik bei Private Equity wird jedoch der tatsächliche Nettovermögenswert nur zeitversetzt und lediglich bei Bewertungsereignissen wie Exits oder Nachfinanzierungen angepasst. Dies führt zu systematisch niedrigeren Schwankungen der Nettovermögenswerte. Eine auf dieser Basis getroffene Aussage über die Korrelation mit den Aktienmärkten würde dementsprechend einen zu niedrigen Wert ausweisen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Korrelationskoeffizient typischerweise durch die Wahl des Betrachtungszeitraums starken Schwankungen unterworfen ist.474 Darüber hinaus sollten die Anlageklassen hinsichtlich ihrer Autokorrelationen, d. h. den Abhängigkeiten innerhalb einer Anlageklasse untersucht werden. Eine Autokorrelation kann auftreten, wenn Messwerte zeitabhängig aufgenommen werden und nicht voneinander unabhängig sind. Dies kann dann zu missverständlichen Ergebnissen führen, da zahlreiche statistische Tests und Modellierungsverfahren nicht anwendbar sind. Eine Studie der EVCA bezüglich der Performance von Private Equity weist zum Beispiel für das Segment Venture Capital eine starke Autokorrelation auf, die hier auf einen Glättungseffekt bei den Bewertungen zurückgeführt wird. Aktien sind gemäß dieser Studie hingegen nicht autokorreliert.475 Für eine sinnvolle Berechnung der Korrelation zwischen Private und Public Equity sollte aber nicht nur die oben erläuterte Berechnungsbasis identisch sein; hinsichtlich ihrer Wertschöpfung und Werttreiber müssen auch die Anlageklassen an sich vergleichbar sein. Folglich müssen, um eine relevante Aussage bezüglich der Korrelation zwischen Private Equity und Aktien treffen zu können, die einzelnen Segmente der Anlageklasse Private Equity getrennt voneinander untersucht werden. Zur Entwicklung eines optimalen Investmentportfolios muss zusätzlich das Verhältnis der beiden Segmente Venture Capital und Buyout berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck wurde die Korrelation des US-Venture Capital-Marktes mit dem USBuyout-Markt im Zeitraum von 1986 bis 2004 auf Basis der vierteljährlichen Rückzahlungen untersucht. Als Ergebnis wurde ein Korrelationskoeffizient von 0,308 und damit ein deutlich niedrigerer Wert als in Berechnungen mit Aktienindizes errechnet (siehe Tabelle 17).476 Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass für ein effizientes Private Equity-Portfolio wie erwartet eine Mischung aus Venture Capital- und BuyoutInvestments notwendig ist, um ein optimales Rendite-/Risikoverhältnis zu erreichen. Vor dem Hintergrund der wachsenden Komplexität der internationalen Finanzmärkte, der im Angebot befindlichen Investmentfonds sowie der Unerfahrenheit der 474
KOLLMANN (2008): KAPITALANLAGE VON LEBENSVERSICHERUNGEN, S. 113 EVCA (2004): PERFORMANCE MEASUREMENT AND ASSET ALLOCATION, S. 18 476 COCHRANE (2001): THE RISK AND RETURN OF VENTURE CAPITAL, S. 17 475
221
6.5 Prozentuale Gewichtung in Fondsgebundener Lebensversicherungspolice
Versicherungsnehmer von Fondsgebundenen Lebensversicherungen sind die Lebensversicherungsunternehmen dazu übergegangen, so genannte „gemanagte“ Fondspolicen anzubieten. Bei diesen Fondspolicen überlässt der Versicherungsnehmer die Anlageentscheidung und deren Adjustierung im Zeitablauf einem aus verschiedenen Experten bestehenden Anlagekomitee. Im Rahmen dieser Fondspolicen werden, je nach Versicherungsunternehmen unterschiedlich bezeichnet, die Anlagestrategien „risikobehaftet“, „risikoneutral“ und „risikoavers“ angeboten, die den unterschiedlichen Rendite-/Risikoneigungen der Versicherungsnehmer gerecht werden sollen. Die Anlageklasse Private Equity sollte dabei in allen drei Anlagestrategien mit unterschiedlichen Prozentsätzen Berücksichtigung finden, da sie aufgrund der zuvor aufgezeigten niedrigen Korrelation mit anderen Anlageklassen grundsätzlich zur Risikominimierung beiträgt und somit selbst risikoavers eingestellten Investoren empfohlen werden kann. Grundsätzlich sollte die Anlageklasse Private Equity als Surrogat für etwaige Aktienengagements dienen, so dass die vom Anlagekommitee für die verschiedenen Anlagestrategien vorgesehenen Aktienquoten entsprechend um die Private Equity-Allokationen durch den LPX-Fonds gekürzt werden müssen. Anhand der folgenden Graphik lässt sich erkennen, dass bei einem reinen Aktienportfolio, z. B. bestehend aus Aktien des Referenzindex S & P 500, eine nur begrenzte Beimischung von Private Equity im Umfang von 10% zu einer signifikanten Verbesserung des Rendite-/Risikoprofils führt. 2 8- 58 ," 01 - (, =0" - 31 %1
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6. (V 3 [ 2 (V 2 9 %, - 2 %, - 3 [ 2 (V2 9 2
Abb. 45: Beimischung von Private Equity und Auswirkungen auf Rendite-/Risikoprofil Quelle: LGT Capital Partners, 2007
222
6 Modellvorschlag für mit Private Equity unterlegte Fondsgebundene Lebensversicherungen
Sollte es darüber hinaus dem Portfoliomanager des LPX-Fonds auch noch möglich sein, die Top-Performer zu identifizieren und in sein Portfolio mit aufzunehmen, so kann diese Relation nochmals signifikant verbessert werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der Identifikation der richtigen Manager im Bereich Private Equity traditionell eine große Bedeutung beigemessen werden muss. Als Richtschnur für die Berücksichtigung von Private Equity im Rahmen einer Fondsgebundenen Lebensversicherung empfiehlt der Verfasser dem für die Anlageentscheidung verantwortlichen Anlagekomitee folgende Bandbreiten für die Beimischung von LPX-Fondsanteilen: • Mindestens 5,0% – maximal 7,5% für die Anlagestrategie „risikoavers“ • Mindestens 7,5% – maximal 12,5% für die Anlagestrategie „risikoneutral“ • Mindestens 12,5% – maximal 20,0% für die Anlagestrategie „risikobehaftet“ Anhand der folgenden Graphik lässt sich aufzeigen, dass bei historischer Betrachtung der partielle Austausch eines 20%igen Aktienanteils durch LPX-Titel innerhalb eines Balanced-Mandates zu einem um 91 Basispunkte höheren jährlichen Durchschnittsertrag geführt hätte und dies bei einer nur geringfügig um 0,33% gestiegenen Volatilität per annum. Tabelle 25: Einfluss einer Beimischung von Listed Private Equity auf Ertrag und Risiko Jährlicher Durchschnittsertrag
Risikoniveau (Volatilität p.a.)
Portfolio ohne Listed Private Equity (50% MSCI World / 50% JPM Global Bonds)
6,59%
9,89%
Portfolio mit 10% Listed Private Equity (als Ersatz für Aktien)
7,04%
9,96%
Portfolio mit 20% Listed Private Equity (als Ersatz für Aktien)
7,50%
10,22%
Quelle: Studie von Prof. Dr. Heinz Zimmermann, Betrachtungszeitraum 1993 bis 2005
Sollte sich der Versicherungsnehmer hingegen gegen eine der oben skizzierten gemanagten Anlagestrategien entscheiden und statt dessen selbst seine Allokation vornehmen wollen, so sollte der LPX-Fonds mit einem harten „Cap“, d. h. einer unveränderlichen prozentualen Obergrenze versehen werden. In Anlehnung an die Anlagestrategie „risikoavers“ sollte der maximale Prozentsatz für die individuelle Auswahl von Private Equity bei 5,0% liegen. Durch diese Begrenzung kann verhindert werden, dass der Versicherungsnehmer entweder in Unkenntnis oder aber in Überschätzung seines individuellen Risikobudgets seinem Portfolio einen zu hohen Private Equity-Anteil beimischt.
6.3 Portfoliomanagement
223
Um für den Versicherungskunden sicherzustellen, dass er unmittelbaren Zugriff auf einen breit diversifizierten LPX-Fonds erhält, muss die Versicherungsgesellschaft aus eigenen Mitteln in Vorlage treten und Anteile zeichnen. In Abhängigkeit von der Nachfrage werden dann die Fondsanteile im Zeitablauf sukzessive gegen Anteile der Versicherungskunden ausgetauscht. Bei Fondsgebundenen Lebensversicherungen trägt der Kunde bekanntlich das Investmentrisiko und je nach Tarif gewährt die anbietende Versicherung noch zusätzliche Garantien für bestimmte Leistungen. Somit werden die in derartigen Versicherungen angelegten Gelder in der Regel außerhalb der Versicherungsbilanz geführt. Da es sich bei Fondsgebundenen Lebensversicherungen also nicht um Lebensversicherungen im traditionellen Sinne handelt, bei denen die Prämien der Versicherungskunden treuhänderisch und weitgehend intransparent von der jeweiligen Versicherung im Sicherungsvermögen verwaltet werden, scheidet die Verwendung der Anlagegelder des Sicherungsvermögens der traditionellen Lebensversicherungen für die Vorfinanzierung des LPX-Fonds eindeutig aus. Insofern ist es für die Versicherung zwangsläufig notwendig, ihre „freien“ Mittel für die Vorfinanzierung zu verwenden.
7
Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Durch eine mit Private Equity unterlegbare Fondsgebundene Lebensversicherung erzielt der Anbieter einen komparativen Wettbewerbsvorteil. Allerdings handelt es sich bei Private Equity um eine vergleichsweise komplizierte Anlageklasse, die im Rahmen der erforderlichen Beratung erhöhte Ansprüche an den Kenntnisstand der Vertriebsmannschaft voraussetzt. Über Jahrzehnte hinweg verließen sich die Versicherungsunternehmen fast ausschließlich auf ihre jeweiligen Ausschließlichkeitsorganisationen, die exklusiv nur Produkte des eigenen Hauses vertreiben durften. Heutzutage werden die Produkte von Sach- und Lebensversicherungen jedoch in der Regel über eine breite Palette unterschiedlicher Vertriebswege vermarktet, was anhand des folgenden Schaubildes veranschaulicht wird. Es ist leicht nachvollziehbar, dass es den Versicherungsgesellschaften zunehmend schwer fällt, ein möglichst gleichwertiges Beratungsniveau über die verschiedenen Vertriebswege hinweg sicherzustellen. Dies ist jedoch insbesondere auch deshalb wichtig, da im Rahmen der zum 01. Januar 2008 erfolgten Umsetzung der MiFID; 9 9 39 # ; 9 9 39 # +79 4; V/!I 9; I% +79 4; V/!I 9; I% 2 = = =
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Abb. 46: Veränderung bei den Vertriebswegen der Lebensversicherer im Zeitablauf Quelle: Tillinghast; 2010 & 2015 Schätzungen
226
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Richtlinie („Markets in Financial Instruments Directive“) in deutsches Recht die Thematik der „Beraterhaftung“ deutlich an Gewicht gewonnen hat. Mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16. Juli 2007 und begleitenden Rechtsverordnungen wurde der Inhalt der MiFID und ihrer Durchführungsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Das FRUG brachte erhebliche Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes, des Kreditwesengesetzes sowie des Börsengesetzes mit sich und trat größtenteils am 01. 11. 2007 in Kraft.
7.1
MiFID-Richtlinie
Zielsetzung der MiFID ist es, sowohl private als auch institutionelle Anleger in die Lage zu versetzen, deutlich leichter als bisher innerhalb der Europäischen Union aber auch über ihre Grenzen hinweg zu investieren. Ebenfalls erleichtert werden alle Arten von Wertpapierdienstleistungen. Die Europäische Kommission versucht des Weiteren einen Wettbewerbsmarkt zu schaffen, der gleiche Bedingungen für alle europäischen Handelsplätze fördert. Diese Anstrengungen implizieren jedoch auch Schutzmaßnahmen für Verbraucher genauso wie für Anleger.477
:- 31
1 :-*3
:- 3
C ; 97 +2
:-0 11 9 G1 " 3=1-90 1
1 -
11
:-3 N1
Abb. 47: Umfang der MiFID-Richtlinie Quelle: Eigene Graphik 477
Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates
7.1 MiFID-Richtlinie
227
Die bestehenden nationalen Regelungen zur Abwicklung von Finanzdienstleistungen wurden um Bestimmungen zum Anlegerschutz, zur verbesserten Transparenz der Finanzmärkte sowie zur Integrität der Finanzdienstleistungsunternehmen erweitert. Die wesentlichen Regelungen sind wie folgt:478 • Die „Bestmögliche Ausführung“ („Best Execution“) umfasst die Verpflichtung für Wertpapierfirmen, jene Ausführungsplätze auszuwählen, auf denen für ihre Kunden das gleichbleibend beste Ergebnis hinsichtlich der Kosten, der Ausführungswahrscheinlichkeit und der Schnelligkeit der Ausführung darstellbar ist. • Die Finanzmarktgeschäfte müssen dabei so dokumentiert und archiviert werden, dass die Einhaltung der Best Execution und anderer MiFID-Bestimmungen gegenüber den Aufsichtsbehörden nachgewiesen werden kann. • Gewährt oder empfängt eine Wertpapierfirma Vorteile bei der Vermittlung eines Geschäfts, handelt sie gemäß der Richtlinie dann unredlich, wenn sie diese Vorteile dem Kunden gegenüber nicht offen legt. Betroffen sind in erster Linie Bestandsprovisionen und Retro-Provisionen, die auch als Kick-backs bezeichnet werden. • Bei einer Falschberatung liegt die Beweislast weiterhin beim Anleger. Dieser kann nicht auf die Aufzeichnungen zugreifen. • Nicht alle Vorschriften gelten gleichermaßen für alle Anlageprodukte, so müssen beispielsweise geschlossene Fonds keine Vorschriften einhalten, offene Fonds nur teilweise. Zertifikate und Hedgefonds sind hingegen strengsten Auflagen unterworfen. Durch die Formulierung des überarbeiteten Wertpapierhandelsgesetzes verändert sich die Gruppe der Meldepflichtigen.479 Waren in der alten Fassung die Gruppen der in Betracht kommenden Meldepflichtigen abschließend aufgeführt wie z. B. Kreditinstitute, Finanz-dienstleistungsinstitute mit der Erlaubnis zum Betreiben des Eigenhandels und Zweigstellen von nicht EU-Ausländern,480 so werden diese nun unter dem Begriff des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zusammengefasst.481 Der entscheidende Unterschied, der sich daraus ergibt, ist, dass bei den Finanzdienstleistungsinstituten keine Einschränkung mehr für diejenigen vorgesehen ist, die eine Erlaubnis zum Betreiben des Eigenhandels besitzen.482 Somit steigt die Gruppe der Finanzdienstleistungsinstitute ohne Erlaubnis zum Betreiben des Eigenhandels in den Status des grundsätzlich Meldepflichtigen auf. 478
BaFin: Rundschreiben 12/2007 (WA) – Umsetzung der MiFID vom 21. 12. 2007; Geschäftszeichen: WA 14 – Wp2001–2007/0110 479 siehe § 9 Abs. 1 WpHG 480 siehe § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG 481 siehe § 2 Abs. 4 WpHG 482 siehe § 1a Nr. 5 KWG bzw. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpHG
228 7.2
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Anlageberatung
Nach der MiFID-Richtlinie ist jetzt auch die Anlageberatung als Finanzdienstleistung erlaubnispflichtig. Die Anlageberatung wird unterschieden von der Finanzanalyse und von der allgemeinen Werbung. Von Anlageberatung spricht man dann, wenn eine persönliche Empfehlung von bestimmten und genau eingegrenzten Finanzinstrumenten an den Kunden erfolgt, sofern vorher die persönlichen Umstände des Klienten geprüft wurden oder der Kauf sich für den Kunden als geeignet darstellte. Das bisherige Kriterium der Rechtsprechung für den Anlageberater war der stillschweigend zustande gekommene Beratungsvertrag gewesen, sofern eine Beratung stattfand, erbeten oder angeboten wurde. Vormals als bloße Nebenleistung keiner Erlaubnispflicht unterworfen, handelt es sich jetzt um eine wichtige Finanzdienstleistung, die einer Erlaubnis bedarf, allerdings nur bezogen auf die Finanzinstrumente nach dem KWG. Atypische Beteiligungen, Versicherungen, Immobilien, Schiffsbeteiligungen und ähnliche Anlagen fallen nicht darunter.483 Die Vermittlung von Investmentanteilen ist erstaunlicherweise nicht erlaubnispflichtig, da hier laut der BaFin bereits eine ausreichende Aufsicht stattfindet. Diese Ausnahme von der Meldepflicht ist auf die erfolgreiche Lobbytätigkeit der Verbände zurückzuführen. Laut dem Wertpapierhandelsgesetz gelten Unternehmen, die eine reine Anlageberatung betreiben und die Vermittlung von Investmentfondsanteilen vornehmen, nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen.484 Damit unterfallen sie, anders als Vermittler von sonstigen Wertpapieren, auch nach wie vor nicht der Aufsicht durch das BaFin sondern nur der Gewerbeaufsicht. Für die Vermittlung von Investmentanteilen gelten daher weiterhin die vergleichsweise großzügigen Bestimmungen für Makler, Anlageberater, Bauträger und Baubetreuer der Gewerbeordnung.485 Zwingend war diese Ausnahmeregelung nicht mehr, da Art. 3 I MiFID diese im Gegensatz zur Vorgängerrichtlinie ISD zur Disposition der Mitgliedstaaten gestellt hat. Es ist rechtspolitisch fragwürdig, weshalb der veränderte Rechtssetzungsprozess der Europäischen Kommission nicht nachvollzogen wurde und Kunden von Investmentfonds anders behandelt werden als solche von Wertpapierfirmen. So ist der Anlegerschutz vom jeweiligen Vertriebsweg abhängig, was im Lichte des Gefährdungspotentials nicht erklärbar ist. 483
Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates 484 siehe § 2a I Nr. 7 WpHG 485 siehe § 34c Gewerbeordnung (GewO)
7.3 Kundeneinstufung
229
Auch ist im Sinne eines umfassenden Anlegerschutzes unverständlich, warum ausgerechnet Fondsvermittler von den Wohlverhaltenspflichten ausgenommen wurden, zumal deren Kunden überwiegend Privatkunden sind und besonderes Vertrauen in den Vermittler setzen. Da die Kunden nicht direkt in Kontakt mit der Kapitalanlagegesellschaft treten kann von jener auch nicht verlangt werden, entsprechende Informations- und Beratungspflichten zu erfüllen.486 Hinzu kommt, dass mittlerweile der Börsenhandel von Fondsanteilen möglich und ein Direkterwerb von den Fondsgesellschaften über einen Vermittler damit nicht mehr alternativlos ist. Beim Börsenhandel entfällt im Gegensatz zum Erwerb vom Emittenten die Erhebung von Ausgabeaufschlägen, welche mittelbar immer auch dem Vermittler zugute kommen. Dieser ist mangels Erfassung durch den Anwendungsbereich aber weiterhin nicht verpflichtet, seinem Kunden auch andere, günstigere Möglichkeiten als den Erwerb von der Fondsgesellschaft aufzuzeigen.487 Insofern wird auch zukünftig lediglich ein Gewerbeschein benötigt, der für vergleichsweise niedrige Gebühren und ohne tiefgehende Eignungsprüfung des Vermittlers von den Gewerbeämtern ausgegeben wird.
7.3
Kundeneinstufung
Die MiFID-Richtlinie nimmt eine Klassifizierung der Kundensegmente vor, um so den unterschiedlichen Erfahrungen der Marktteilnehmer gerecht zu werden. Auf Basis dieser Cluster werden die unterschiedlichen Schutzmechanismen für die Anleger am Kapitalmarkt definiert. Im Folgenden werden die einzelnen Kundensegmente kurz erläutert. 7.3.1
Professionelle Kunden
Ein professioneller Kunde ist ein Kunde, der über ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügt, um seine Anlageentscheidungen selbst treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können.488 Bei der Einstufung wird zwischen „geborenen“ und „gekorenen“ professionellen Kunden unterschieden:
486
DEUTSCHER ANWALTVEREIN (2008): RECHTSVERKEHR, S. 11 siehe §§ 31ff. WpHG 488 siehe § 31a II WpHG 487
230 7.3.1.1
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
„Geborene“ professionelle Kunden
Folgende Rechtspersönlichkeiten werden in Bezug auf alle Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente als professionelle Kunden im Sinne der Richtlinie angesehen:489 • Rechtspersönlichkeiten, die zugelassen sein oder unter Aufsicht stehen müssen, um auf den Finanzmärkten tätig werden zu können. Die nachstehende Liste gibt einen Überblick der üblichen Rechtspersönlichkeiten: • – Kreditinstitute • – Wertpapierfirmen • – Sonstige zugelassene oder beaufsichtigte Finanzinstitute • – Versicherungsgesellschaften • – Organismen für gemeinsame Anlagen und ihre Verwaltungsgesellschaften • – Pensionsfonds und ihre Verwaltungsgesellschaften • – Warenhändler und Warenderivate-Händler • – Örtliche Anleger • – Sonstige institutionelle Anleger • Nationale und regionale Regierungen, Stellen der staatlichen Schuldenverwaltung, Zentralbanken, internationale und supranationale Einrichtungen wie die Weltbank, der IWF, die EZB, die EIB und andere vergleichbare internationale Organisationen • Andere institutionelle Anleger, deren Haupttätigkeit in der Anlage in Finanzinstrumenten besteht, einschließlich Einrichtungen, die die wertpapiermäßige Unterlegung von Verbindlichkeiten und andere Finanzierungsgeschäfte betreiben Die oben genannten Rechtspersönlichkeiten werden als professionelle Kunden angesehen. Es muss ihnen allerdings möglich sein, eine Behandlung als nichtprofessioneller Kunde zu beantragen, bei der Wertpapierfirmen bereit sind, ein höheres Schutzniveau zu gewähren. Handelt es sich bei dem Kunden einer Wertpapierfirma um eines der oben genannten Unternehmen, muss die Wertpapierfirma ihn vor Erbringung jeglicher Dienstleistungen darauf hinweisen, dass er aufgrund der ihr vorliegenden Informationen als professioneller Kunde eingestuft und behandelt wird, es sei denn, die Wertpapierfirma und der Kunde vereinbaren etwas anderes. Die Firma muss den Kunden auch darüber informieren, dass er eine Änderung der vereinbarten Bedingungen beantragen kann, um sich ein höheres Schutzniveau zu verschaffen. Es obliegt dem als professioneller Kunde eingestuften Kunden, das höhere Schutzniveau zu beantragen, wenn er glaubt, die mit der Anlage verbundenen Risiken nicht korrekt beurteilen oder steuern zu können. 489
siehe § 31 IIa Nr. 1 WpHG
7.3 Kundeneinstufung
231
Das höhere Schutzniveau wird dann gewährt, wenn ein als professioneller Kunde eingestufter Kunde eine schriftliche Übereinkunft mit der Wertpapierfirma dahingehend trifft, ihn im Sinne der geltenden Wohlverhaltensregeln nicht als professionellen Kunden zu behandeln. In dieser Übereinkunft sollte festgelegt werden, ob dies für eine oder mehrere Dienstleistung(en) oder Geschäfte oder für eine oder mehrere Art(en) von Produkten oder Geschäften gilt. 7.3.1.2
„Gekorene“ professionelle Kunden
Anderen als den in Punkt 7.3.1.1 genannten Kunden einschließlich öffentlich-rechtlichen Körperschaften und individuellen privaten Anlegern kann es ebenfalls gestattet werden, auf das Schutzniveau zu verzichten, das von den Wohlverhaltensregeln geboten wird.490 Wertpapierfirmen sollte folglich gestattet werden, diese Kunden als professionelle Kunden zu behandeln, sofern die nachstehend genannten einschlägigen Kriterien und Verfahren eingehalten werden. Bei diesen Kunden sollte allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass sie über Marktkenntnisse und Erfahrungen verfügen, die denen der geborenen professionellen Kunden vergleichbar sind. Eine Senkung des normalerweise von den Wohlverhaltensregeln gebotenen Schutzniveaus ist nur dann zulässig, wenn die Wertpapierfirma sich durch eine angemessene Beurteilung des Sachverstands, der Erfahrungen und der Kenntnisse des Kunden davon vergewissert hat, dass dieser in Anbetracht der Art der geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen nach vernünftigem Ermessen in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht. Der Eignungstest, der auf Manager und Führungskräfte von Rechtspersönlichkeiten angewandt wird, die aufgrund von Finanzrichtlinien zugelassen sind, könnte als ein Beispiel für die Beurteilung des Sachverstands und der Kenntnisse angesehen werden. Im Falle kleiner Rechtspersönlichkeiten sollte die Person der oben genannten Beurteilung unterzogen werden, die befugt ist, Geschäfte im Namen der Rechtspersönlichkeit zu tätigen. Die genannte Beurteilung sollte ergeben, dass mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt werden: • Der Kunde hat an dem relevanten Markt während der vier vorhergehenden Quartale durchschnittlich pro Quartal zehn Geschäfte von erheblichem Umfang getätigt. • Das Finanzinstrument-Portfolio des Kunden, das definitionsgemäß Bardepots und Finanzinstrumente umfasst, übersteigt 500.000 EUR. • Der Kunde ist oder war mindestens ein Jahr lang in einer beruflichen Position im Finanzsektor tätig, die Kenntnisse über die geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen voraussetzt. 490
siehe § 31a VII WpHG
232
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Die Kunden im oben genannten Sinn können nur dann auf den Schutz durch die Wohlverhaltensregeln verzichten, wenn folgendes Verfahren eingehalten wird: • Sie müssen der Wertpapierfirma schriftlich mitteilen, dass sie generell oder in Bezug auf eine bestimmte Wertpapierdienstleistung oder ein bestimmtes Wertpapiergeschäft oder in Bezug auf eine bestimmte Art von Geschäft oder Produkt als professioneller Kunde behandelt werden möchten. • Die Wertpapierfirma muss sie schriftlich klar darauf hinweisen, welches Schutzniveau und welche Anlegerentschädigungsrechte sie gegebenenfalls verlieren. • Die Kunden müssen schriftlich in einem vom jeweiligen Vertrag getrennten Dokument bestätigen, dass sie sich der Folgen des Verlustes dieses Schutzniveaus bewusst sind. Wertpapierfirmen sind verpflichtet, durch angemessene Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein Kunde, der als gekorener professioneller Kunde behandelt werden möchte, die einschlägigen Kriterien erfüllt, bevor sie einem Antrag auf Verzicht auf den Schutz stattgeben. Die Firmen müssen zweckmäßige schriftliche interne Strategien und Verfahren einführen, anhand derer die Kunden eingestuft werden können. Die professionellen Kunden sind dafür verantwortlich, die Firma über alle Änderungen zu informieren, die ihre Einstufung beeinflussen könnten. Sollte die Wertpapierfirma zu der Erkenntnis gelangen, dass der Kunde die Bedingungen nicht mehr erfüllt, die ihn anfänglich für eine Behandlung als professioneller Kunde in Frage kommen ließen, so muss sie entsprechende Schritte in die Wege leiten. 491 Auch wenn es zunächst abwegig erscheinen mag, einen Privatkunden als professionellen Kunden zu klassifizieren, so kommt es durchaus vor, dass ein sehr vermögender Privatkunde eine vom Volumen her sehr große Fondsgebundene Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag abschließt. In Bezug auf diese Anlage möchte er eventuell nicht als professioneller Kunde behandelt werden, auch wenn er in vielen anderen Wertpapiergeschäften aufgrund seines Vermögens und des institutionellen Rahmens, z. B. einer eigenen Vermögensverwaltungsgesellschaft, als professioneller Kunde agiert. 7.3.2
Privatkunden
Vom professionellen Kunden zu unterscheiden ist der Privatkunde, der nur auf Antrag oder Entscheidung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum professionellen 491
Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates
7.4 Erstellung eines Kundenprofils
233
Kunden eingestuft werden kann.492 Der Privatkunde muss dazu zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: • Innerhalb des letzten Jahres muss er pro Quartal durchschnittlich zehn Geschäfte von erheblichem Umfang getätigt haben. • Er verfügt über Bankguthaben und verwahrte Finanzinstrumente von mehr als 500.000,– EUR. • Er hat für mindestens ein Jahr einen Beruf am Kapitalmarkt ausgeübt. In der Regel werden Privatkunden jedoch nicht umklassifiziert, sondern sie genießen den vollumfänglichen Schutz der MiFID-Richtlinie. 7.3.3
Geeignete Gegenpartei
Mit der „geeigneten Gegenpartei“ führt die MiFID-Richtlinie einen im deutschen Recht bislang unbekannten Begriff ein. Eine Einstufung als geeignete Gegenpartei führt dazu, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen gegenüber solchen geeigneten Gegenparteien an bestimmte Verhaltensvorschriften nicht gebunden sind.493 Geeignete Parteien bedürfen aufgrund ihrer Erfahrungen am Kapitalmarkt eines geringeren Schutzes als andere Kunden. Auf bestimmte Geschäfte von Wertpapierfirmen mit institutionellen Markteilnehmern wie Kreditinstituten oder Versicherungsgesellschaften, in denen es an der für eine Kundenbeziehung typischen Subordination fehlt, finden die Wohlverhaltenspflichten keine Anwendung. Die Behandlung als geeignete Gegenpartei beschränkt sich auf die im Gesetz genannten Dienstleistungen. In ihren Funktionsweisen und Personenkreisen überlappen sich professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien häufig, so dass teilweise fälschlich argumentiert wird, dass es aufgrund der mangelnden Unterscheidbarkeit nur zwei Kundenmodelle gibt, nämlich professionelle Kunden und Kleinanleger.494
7.4
Erstellung eines Kundenprofils
Die Richtlinie schreibt vor, dass Wertpapierfirmen das Wissen und die Erfahrung ihrer Kunden auf dem Gebiet der Finanzinstrumente und der Kapitalanlage, ihre finanzielle Situation und ihre Anlageziele prüfen müssen, bevor sie eine Anlageberatung abgeben. Um einen Kunden überhaupt bestmöglich beraten zu können, 492
siehe § 31a III WpHG siehe § 31a Abs. 4 WpHG 494 DEUTSCHER ANWALTVEREIN (2008): RECHTSVERKEHR, S. 9 493
234
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
trifft das Wertpapierdienstleistungsunternehmen daher zunächst eine Erkundigungspflicht.495 Hierfür muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Erfahrungen und Kenntnisse des Kunden erfragen. Erfahrungen kann ein Anleger nur haben, wenn er zuvor schon Wertpapiere der gleichen Art gekauft hat. Ein Erstanleger kann somit keine Erfahrungen haben, da er noch nie Wertpapiere besessen hat und sich höchstens anhand von Broschüren oder über das Internet mit dem Wertpapier beschäftigt haben kann. Dies zählt jedoch zu den theoretischen Kenntnissen und nicht zu den praktischen Erfahrungen. Des Weiteren muss der Anlageberater wissen, welche Ziele der Kunde mit der Geldanlage verfolgt und wie risikobereit er ist. Die Anzahl der Anlageziele ist sehr breit gefächert. Denkbar sind Anlagen für Anschaffungen, die Altersvorsorge, für Kinder oder Enkel etc. Hieraus ergibt sich, wie langfristig der Kunde die Anlage betrachtet. Auch gilt es zu ermitteln, ob der Kunde regelmäßig ausgeschüttete Erträge vereinnahmen möchte oder ob diese thesauriert werden dürfen. Die Risikobereitschaft des Kunden erkennt der Anlageberater dadurch, dass erkenntlich wird, ob der Kunde in kurzer Zeit hohe Renditen zu erwirtschaften erhofft und damit auch einen möglichen Verlust in Kauf nehmen würde oder ob er auch mit geringeren Gewinnen zufrieden ist solange das eingesetzte Kapital sicher ist. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird der Berater den Kunden in eine Risikoklasse einstufen, die er dem Kunden mitzuteilen und auch zu erklären hat. Die Risikoklassen unterteilen sich in: – Konservativ
sichere Erträge bei geringem Risiko
– Wachstumsorientiert höhere Ertragserwartungen bei gleichem Risiko – Spekulativ
hohe Ertragserwartung bei hohem Risiko
Letztlich gehört auch die Erkundigung über die finanziellen Verhältnisse zu den Pflichten des Anlageberaters. Es muss sichergestellt sein, dass der Kunde seine Anlageziele mit den gegebenen Mitteln verwirklichen kann. Daneben müssen die finanziellen Mittel ausreichen, um eventuelle Verluste ausgleichen zu können, so dass der Kunde nicht seine Existenz bedroht.
7.5
Angemessenheit und Eignung
Artikel 19 der MiFID-Richtlinie gibt Wertpapierfirmen Regeln zum ehrlichen, redlichen und professionellen Umgang mit Kunden vor. Mit einer Angemessenheitsund Eignungsprüfung müssen die Institute die fachliche Eignung der Kunden für 495
siehe § 31 Abs. 2 Nr. 1 WpHG
7.5 Angemessenheit und Eignung
235
Wertpapiergeschäfte abfragen und festhalten. Die Klassifizierung der Kunden und die elektronische Verfügbarkeit der Daten zu den Erfahrungen der Kunden sind dabei die wichtigste Bedingung für die automatische Durchführung der Angemessenheitsprüfung. Ohne die Pflege der für die Angemessenheitsprüfung erforderlichen Daten kann keine automatische Angemessenheitsprüfung durch die Wertpapierabwickler erfolgen. Je nach Kundenklassifizierung in „Privatkunde“ oder „Professioneller Kunde“ gelten differenzierte Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber dem Kunden.496 Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen befragen ihre Kunden aufgrund des hohen Aufkommens an derartigen Geschäften in der Regel mit standardisierten Fragebögen, den so genannten „WpHG-Bögen“ oder erfassen die Ergebnisse direkt im Computer, obwohl die Dokumentation nicht schriftlich erfolgen und der Kunde sie nicht unterschreiben muss. Auf die Befragung kann verzichtet werden, wenn die Verhältnisse aus der bereits bestehenden Geschäftsbeziehung bekannt sind oder die Informationen aus anderen zulässigen Quellen gezogen werden können. Ebenso kann auf die Erkundigungen verzichtet werden, wenn der Kunde für das Geschäft z. B. von Berufs wegen professionell genug ist, er eine Aufklärung ablehnt oder er einen gezielten Auftrag erteilt. Der Berater hat dennoch eine Warnpflicht, wenn er erkennt, dass der Kunde die Risiken falsch einschätzt. Der Kunde trägt somit eine Selbstverantwortung. Wird der Kunde jedoch befragt kann der Berater sich auf die Angaben verlassen, sofern für ihn nicht offensichtlich zu erkennen ist, dass sie falsch sind. Ist für ihn außerdem zu erkennen, dass die Verhältnisse sich geändert haben, muss er dem Aktualisierungsgebot Sorge tragen und die Dokumentation erneuern. Verweigert ein Kunde die Auskunft über seine Verhältnisse in einem oder mehreren Punkten gänzlich führt dies zu einer Einstufung in die niedrigste Kategorie. Hat der Mitarbeiter des Wertpapierdienstleistungsunternehmens seinen Kunden ausreichend über seine Verhältnisse befragt, muss er nun in der Lage sein, ihm Anlagen zu empfehlen, die auf seine Verhältnisse und Ziele zugeschnitten sind. Über diese Anlagen muss er dem Kunden dann alle zweckdienlichen Informationen geben, damit dieser am Ende selber entscheiden kann, ob es objektiv die richtige Anlage für ihn ist. Wie weit diese Information gehen muss, hängt vom Wissensstand und der Erfahrung des Anlegers ab, jedoch sollte sie spezifische und allgemeine Risiken enthalten. Ziel ist eine Information in Form einer reinen Aufklärung, jedoch keine Warnung oder Beratung durch den Berater. Zu Ausnahmen kommt es nur dann, wenn das er496
Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates
236
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
mittelte Kundenprofil nicht mit dem vom Kunden beabsichtigten Geschäftswunsch konform geht oder ein Beratervertrag geschlossen wurde. Um festzulegen, welche Informationen als zweckdienlich gelten, wurden Grundsätze festgelegt, die diese Informationen erfüllen müssen und die in den Richtlinien der BaFin festgehalten wurden.497 Demnach muss eine Information der Wahrheit entsprechen bzw. dem, was das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach sorgfältiger Recherche in vertrauenswürdigen Quellen für die Wahrheit hält. Sie müssen objektiv sein und dürfen sich nicht auf Prognosen stützen. Weiterhin gebietet der Grundsatz der Vollständigkeit dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, den Kunden über alle wesentlichen Einzelheiten zu informieren und nichts bewusst zu verschweigen nur weil es z. B. für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen von Nachteil ist. Inhalt müssen z. B. Angaben zum Nutzen, den Kosten sowie den allgemeinen und speziellen Risiken sein. Nach neuester Rechtssprechung gehören auch die finanziellen Vorteile in Form von Rückvergütungen oder Bestandsprovisionen zu den Inhalten. Letztlich zählt auch die Verständlichkeit zu diesen Grundsätzen. Hier wird noch einmal festgehalten, dass die Informationen dem Kunden klar und übersichtlich gegliedert gegeben werden müssen und sie keine Möglichkeit einer Fehlinterpretation zulassen dürfen. Sie sind den Erfahrungen, Kenntnissen und der Auffassungsgabe des Kunden anzupassen und dürfen den Kunden nicht überfordern. Kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzelne Informationen aufgrund des Insiderhandelsverbots oder mangels Verfügbarkeit nicht geben muss es den Kunden auf die sich daraus eventuell ergebenden Risiken hinweisen. Auch bei der Informationspflicht gilt wie bei der Erkundigungspflicht keine Pflicht zur Aufklärung, wenn der Kunde die nötigen Informationen bereits besitzt oder eine Aufklärung gänzlich ablehnt. Die Ausführung des Geschäfts bleibt davon unbetroffen. Häufig wird der Gesetzesnorm Rechnung getragen, indem eine Broschüre mit Basisinformationen an den Kunden ausgehändigt wird, die um spezielle Informationen für die ausgewählte Anlage ergänzt wird. Das Ausfüllen der Kundendaten im WpHG-Bogen wird in der Regel in das Kundengespräch integriert, so dass eine spätere Erfassung im Back-Office entfällt. Eine parametrisierbare Vorbelegung des WpHG-Bogens erleichtert dem Betreuer in der Regel die Erfassung der Daten. Um sicherzustellen, dass das Kundenprofil dem Dienstleistungsangebot entspricht, sind alle Kriterien zu prüfen, um festzustellen, ob eine vollständige Übereinstimmung vorliegt. Ist der Vermittler der Auffassung, dass keine vollständige Übereinstimmung vorliegt wird er den Kunden hiervon in Kenntnis setzen oder davon Abstand nehmen, eine solche Anlage zu empfehlen. 497
BaFin: Rundschreiben 12/2007 (WA) – Umsetzung der MiFID vom 21. 12. 2007; Geschäftszeichen: WA 14 – Wp2001–2007/0110
7.7 Kundenbenachrichtigung
7.6
237
Bestmögliche Ausführung
Eines der Grundprinzipien der MiFID ist der Grundsatz der „Bestmöglichen Ausführung“. Dies bedeutet, dass es die Aufgabe des Finanzvermittlers ist, alle vernünftigen Maßnahmen zu ergreifen, um die optimale Ausführung von Aufträgen zu gewährleisten. Berücksichtigt werden hierbei der Preis, die Kosten, die Schnelligkeit und die Wahrscheinlichkeit der Ausführung und der Abrechnung, der Umfang, die Eigenart des Auftrags sowie jeder andere Gesichtspunkt, der für die Ausführung des Auftrags relevant ist. Die „Bestmögliche Ausführung“ ist keine Verpflichtung zu einem bestimmten Ergebnis, sondern vielmehr eine Verpflichtung in Bezug auf die Art und Weise der Durchführung.498 Der Finanzvermittler muss nachweisen können, dass jede ausgeführte Transaktion seinen Ausführungsgrundsätzen entspricht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass für jede individuelle Transaktion stets das beste Ergebnis erzielt werden muss. Erteilt der Kunde allerdings spezifische Anweisungen, die von dem Finanzinstitut verlangen Ausnahmen von seinen Richtlinien für die Auftragsausführung zu machen, wird der Kunde darüber informiert, dass die Anwendung des Grundsatzes der „Bestmöglichen Ausführung“ nicht garantiert werden kann. Die Verpflichtung zur „Bestmöglichen Ausführung“ gilt für professionelle und Privatkunden, nicht aber für geeignete Gegenparteien.499
7.7
Kundenbenachrichtigung
Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wird seine Kunden auch nach Erbringung der Dienstleistungen weiterhin informieren. Es wird informieren über die Ausführung von Aufträgen und ihren zugrunde liegenden Transaktionen, Werteinschätzungen von Finanzinstrumenten sowie über in Verwahrung gegebene Finanzmittel. Die Kunden werden regelmäßig und umfassend über die Produkte und die erbrachten Dienstleistungen auf dem Laufenden gehalten. Die Richtlinie enthält spezifische Vorschriften über den Inhalt und die Häufigkeit dieser Berichte: • Die Kunden erhalten grundsätzlich eine Bestätigung, dass ein Auftrag ausgeführt wurde. • Wenigstens einmal jährlich erhalten die Kunden unabhängig von der Art der gewählten Verwaltung eine Aufstellung der Vermögensgüter. 498
Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates 499 DEUTSCHER ANWALTVEREIN (2008): RECHTSVERKEHR, S. 12
238 7.8
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Kundeninformation
Die MiFID-Richtlinie betont, dass sämtliche Mitteilungen korrekt, klar und unmissverständlich sein sowie rechtzeitig übermittelt werden sollten. Die Mitteilung muss ebenfalls geeignet sein, dem Kunden eine Einschätzung der Risiken, der Kosten und des voraussichtlichen Ertrags für jedes vorgeschlagene Produkt oder jede vorgeschlagene Dienstleistung zu ermöglichen. Die Verpflichtung zur Information geht einher mit dem Schutzniveau, das von der Einstufung des Kunden abhängt. Der Umfang der Information wird für Privatkunden größer sein als für professionelle Kunden, während diese Verpflichtung allgemein nicht für geeignete Gegenparteien gelten wird.
7.9
Einstufung als gebundener Vermittler
Der gebundene Vermittler gilt als Finanzunternehmen. Er wird von dem Wertpapierhandelsunternehmen oder dem Einlageninstitut der BaFin als solches angezeigt. Dem insoweit haftenden Unternehmen steht ein schreibender Zugriff auf eine Website zwecks Aktualisierung der jeweiligen personenbezogenen Daten des Vermittlers zu. Für den gebundenen Vermittler wird eine fachliche Eignung und Zuverlässigkeit gefordert.500 Bedient sich ein Wertpapierhandelsunternehmen eines vertraglich gebundenen Vermittlers so hat es sicherzustellen, dass dieser zuverlässig und fachlich geeignet ist, bei der Erbringung der Finanzdienstleistungen die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, Kunden vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen über seinen Status informiert und unverzüglich von der Beendigung dieses Status in Kenntnis setzt.
7.10
Finanzportfolioverwaltung
Sollten Lebensversicherungsgesellschaften im Rahmen ihrer Fondsgebundenen Produkte den Versicherungsnehmern aktiv die in Kapitel 6 skizzierten Anlagestrategien empfehlen und, wie gemeinhin üblich, ohne Rücksprache mit dem Kunden umsetzen, so betreiben sie eine aktive Finanzportfolioverwaltung. Mit Inkrafttreten der neuen Fassung des § 9 WpHG fallen sämtliche Finanzdienstleistungsinstitute unter die Meldepflicht, ohne hierbei das Fehlen einer Erlaubnis zum Betreiben des Eigenhandels geltend machen zu können. Insbesondere für diese Institute stellt sich daher die Frage, ob die Tätigkeit der Finanzportfolioverwaltung als Ankauf oder Verkauf bzw. „execution of transactions“ und damit als melde500
siehe § 25 a Abs. 4 KWG
7.10 Finanzportfolioverwaltung
239
pflichtiges Geschäft im Sinne des Art. 5 MiFID-Durchführungsverordnung einzustufen ist.501 Hier muss differenziert werden zwischen der Entscheidung des Portfolioverwalters, ein bestimmtes Geschäft für seinen Kunden vorzunehmen, und der eigentlichen Vornahme des Geschäfts. Zunächst wird der Portfolioverwalter im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung eine Entscheidung darüber treffen, welches Geschäft er für seinen Kunden abschließen will.502 Diese Entscheidung ist jedoch für das Entstehen einer Meldepflicht zunächst nicht relevant, da die Meldepflicht grundsätzlich nur an der tatsächlichen Vornahme des Geschäfts anknüpfen kann, nicht jedoch an der bloßen Entscheidung, ein solches Geschäft auszuführen. Dieser Grundsatz führt zwingend dazu, da sämtliche Geschäfte, die ein Portfolioverwalter selbst für seine Kunden im Wege des Finanzkommissionsgeschäfts503 oder im Wege des Eigenhandels504 abschließt, zu einer Meldepflicht des Portfolioverwalters führen. Führt der Portfolioverwalter allerdings das Geschäft nicht selbst durch, sondern schaltet zur Auftragsausführung statt dessen ein meldepflichtiges Drittinstitut ein, so gilt es melderechtlich zu differenzieren: • Hat der Portfolioverwalter mangels entsprechender Erlaubnisarten von vornherein keine Möglichkeit, das Geschäft selbst im Wege eines Kommissions- oder Eigenhandelsgeschäfts abzuschließen und stellt die Weiterleitung der Aufträge damit die einzige für ihn mögliche Art der Geschäftsausführung dar, so besteht für diese Weiterleitungen keine Meldepflicht des Portfolioverwalters. • Hat der Portfolioverwalter dagegen die Möglichkeit, frei darüber zu entscheiden, ob er das Geschäft selbst ausführt oder hiermit einen Dritten beauftragt, so besteht eine Meldepflicht sowohl wenn er den Auftrag selbst ausführt als auch wenn er den Auftrag an einen Dritten zur Ausführung abgibt. Diese differenzierte Behandlung erleichtert die technische Abbildung der Geschäfte, insbesondere für die Gegenpartei. Anderenfalls müsste bei jedem Geschäft überprüft werden, ob der Finanzportfolioverwalter als Meldepflichtiger oder als im Einzelfall nicht Meldepflichtiger handelt. Überwachungslücken können zwar entstehen, wenn ein Institut, das über keine Erlaubnis zum Eigenhandel verfügt und daher nicht meldepflichtig ist, sein Geschäft über einen ebenfalls nicht Meldepflichtigen ausführt, etwa über ein Unternehmen in einem Drittstaat. Hier könnte es zu einer vollständigen „Nicht-Meldung“ von Geschäften kommen, die grundsätzlich zu vermeiden ist. 501
siehe § 2 Abs. 3 Nr. 7 WpHG siehe § 2 Abs. 3 Nr. 7 WpHG 503 siehe § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG 504 siehe § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpHG 502
240
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dies nur einen Teil der Geschäfte ausmacht, der in vielen Fällen, etwa der Weiterleitung an US-Broker, nicht meldepflichtige Finanzinstrumente betreffen wird. Es wäre für die oft kleinen Institute ohne Erlaubnis zum Eigenhandel auch eine überproportional starke Belastung, wenn sie für den Ausschnitt der Geschäfte, die sie über selbst nicht meldepflichtige DrittstaatenInstitute ausführen, ein gesondertes Meldewesen aufbauen müssten, so dass in diesen Fällen auf eine Meldepflicht verzichtet wird.
7.11
Beratungshaftung
Voraussetzung für die Beratungshaftung ist zunächst ein Beratungsvertrag. Ein typisches Beispiel ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Steuerberaters. Beratungsverträge kommen jedoch nach deutscher Rechtsprechung als vertragliche Nebenpflicht teilweise auch dann zustande, wenn dies nicht explizit vereinbart ist. Dies ist vor allem im Vertrieb von Finanzdienstleistungen der Fall. Der Verkäufer z. B. ein Versicherungsunternehmen hat grundsätzlich eine Beratungspflicht gegenüber dem Käufer. Neben dem Beratungsvertrag muss als zweite Anspruchsvoraussetzung eine Falschberatung stattgefunden haben. Ob eine solche vorliegt ist vielfach strittig, so dass regelmäßig die Gerichte bemüht werden müssen. Zum einen ist der Beweis der typischerweise mündlich erfolgten Fehlberatung vielfach unmöglich. Zum anderen ist die Frage der angemessenen Beratung von Wissen und Risikobereitschaft des Kunden abhängig. Im Falle der Anlageberatung muss das Versicherungsunternehmen Ziele, Wissen und Risikobereitschaft des Kunden erfragen und den Kunden über die relevanten Eigenschaften und vor allem Risiken des Angebots informieren. Hierbei ist das Versicherungsunternehmen weder verpflichtet, Recherchen bei Dritten vorzunehmen, noch in der Lage, künftige Marktentwicklungen vorauszusehen. Mit der Beratungshaftung sollen signifikante Fehlberatungen und daraus folgende Schäden, die Käufer eines Produkts durch die Fehlberatung des Verkäufers erleiden, vermieden werden. Liegt ein Beratungsverschulden des Verkäufers vor, welches wie im obigen Fall zu einer Schädigung des Käufers führt, kann der Käufer den Verkäufer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Eine besondere Bedeutung hat die Beratungshaftung bei allen Finanzprodukten erlangt. Hier ist die Haftungsfrage in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Versicherungen geregelt. Die rechtliche Grundlage in Deutschland ist hierfür § 305 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Erweiterte Beratungspflichten bestehen insbesondere beim Vertrieb von Optionsund Termingeschäften sowie Vermögensverwaltungsverträgen, auf die jedoch im Rahmen dieser Dissertation nicht näher eingegangen wird.
7.11 Beratungshaftung
7.11.1
241
Schaden
Anspruchsgrundlage für die Beratungshaftung ist § 249 BGB. Danach ist der tatsächlich angefallene Schaden zu ersetzen. Der Geschädigte ist so zu stellen als wäre die Fehlberatung nicht erfolgt. Hierbei ist der Nachweis der Kausalität der Falschberatung für konkrete Schäden durch den Geschädigten zu führen. 7.11.2
Verjährung
Naturgemäß ist der Geschädigte zunächst nicht in der Lage, die Fehlberatung zu erkennen, sonst hätte er die Beratung nicht in Anspruch genommen bzw. wäre dem Rat des Beraters nicht gefolgt. Erkennbar wird die mögliche Fehlberatung daher meist erst, wenn Schäden eingetreten sind. Daher ist die Frage der Verjährung der Ansprüche vielfach wesentlich. Wenn nicht eine spezielle Rechtsvorschrift für die konkrete Fehlberatung greift, z. B. bei Wertpapiergeschäften gemäß § 37a WPHG, gilt die dreijährige Regelverjährung. 7.11.3
Dokumentation
Um Ansprüchen aus Beratungshaftung zu begegnen wird der Inhalt des Beratungsgespräches bei Finanzdienstleistern meistens dokumentiert. Durch die Umsetzung der MiFID-Richtlinie ist eine derartige Dokumentation bei Wertpapiergeschäften auch rechtlich verpflichtend.505 7.11.4
Rechtsprechung
Die Rechtsprechung zur Beratungshaftung ist sehr eindeutig auf den Schutz des Verbrauchers ausgerichtet. Der BGH hat in den letzten Jahren die Beratungshaftung insbesondere auf Kapitalanlagen und so genannte Koppel- bzw. Verbundgeschäfte ausgedehnt. Ein klassisches Beispiel hierfür aus der Versicherungswelt ist z. B. die Haftungsfrage bei Hypothekendarlehen in Verbindung mit dem Abschluss einer Lebensversicherung zur Tilgungsaussetzung. Wiederholt wurden Versicherungsunternehmen dazu verurteilt, die Mehrkosten, die dem Kunden durch den Abschluss der Lebensversicherung in Kombination mit der Tilgungsaussetzung des Festkredites gegenüber einer annuitätischen Tilgung entstanden sind zu erstatten. Der BGH hat daneben auch der Praxis von Kapitalanlageberatern, lediglich eine oberflächliche Beratung durch das Aushändigen eines Prospektes vorzunehmen, einen Riegel vorgeschoben. Das höchste deutsche Zivilgericht schlussfolgerte, dass 505
siehe § 34 WPHG
242
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
ein Anleger nicht selbst einen Prospekt durchgearbeitet haben muss, sondern dass dies durch den Vermittler zu geschehen habe. Als ein konkretes Beispiel soll ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom Oktober 2005 erwähnt werden. Danach müssen auch die Vermittler einer Fondsgebundenen Rentenversicherung eine fehlerfreie steuerliche Beratungsleistung erbringen. Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Die Klägerin hatte im Jahr 2000 beabsichtigt etwa eine Million DM für ihre Altersversorgung anzulegen. Zu diesem Zweck schloss sie im Sommer des Jahres 2000 eine Fondsgebundene Rentenversicherung ab, zahlbar in sieben jährlichen Raten von je 150.000 DM. Im Übrigen erwarb sie durch Vermittlung insgesamt dreier Handels- und Versicherungsvertreter Fondsanteile. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Vermittler es gegenüber der geschädigten Klägerin als problemlos dargestellt hatten, den gesamten Versicherungsvertrag nach einer einmaligen Zahlung in Höhe von 150.000 DM beitragsfrei stellen zu können. Was die Vermittler jedoch nicht wussten ist, dass bei einer derartigen Beitragsfreistellung nach einem Jahr sämtliche Steuervorteile verloren gehen. Die Höhe der Provision errechnet sich jedoch aus der Gesamtanlagesumme, in diesem Fall etwa eine Million DM. Das Gericht führte aus, dass es zwar grundsätzlich nicht erläuterungsbedürftig sei, dass der Abschluss eines Anlagegeschäftes provisionspflichtig sei und dass die Höhe der Provisionen letztlich von der Versicherungssumme abhänge. In Fällen jedoch in denen der Anleger eine Versicherungssumme wähle, die er wegen seiner nur limitiert zur Verfügung stehenden Mittel gar nicht bedienen könne, sei eine weitergehende Aufklärung erforderlich. Diese Aufklärung hätten die Vermittler im vorliegenden Fall nicht erbracht. Das Gericht nahm infolge dessen keine Unterscheidung mehr vor, ob ein Auskunfts- oder Beratervertrag verletzt wurde, da die Pflichtverletzung offenkundig war. 506 Zahlreiche weitere Urteile des BGH und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sorgen für eine sehr weitreichende Beratungshaftung und damit einen weitgehenden Schutz für den Kunden, sofern der Vermittler über eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung verfügt aus der heraus der Schaden beglichen werden kann. Eine von Gerichts wegen konstatierte Fehlberatung kann sich sehr negativ auf das Image einer Versicherungsgesellschaft auswirken und darüber hinaus auch erhebliche Strafzahlungen nach sich ziehen.
7.12
Empfehlung
Mit der Umsetzung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie und der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente MiFID werden die Versicherungsvermittler gezwungen, sich vollkommen neu aufzustellen und ihre Arbeit zu professionalisieren. 506
Urteil 8 U 1295/04
7.12 Empfehlung
243
Im Rahmen der Umsetzung der MiFID-Richtlinie müssen sich die ca. 500.000 in Deutschland tätigen Versicherungsvermittler künftig in das von den Industrie- und Handelskammern geführte Vermittlerregister eintragen lassen. Ferner müssen sie in „geordneten Vermögensverhältnissen leben“, berufshaftpflichtversichert sein und eine Sachkundeprüfung nachweisen. Von diesem Nachweis ist nur ausgenommen, wer seit August 2000 ununterbrochen gewerbsmäßig Versicherungen vermittelt hat. Mit den neuen Qualifikationsanforderungen werden die „schwarzen Schafe“ in der Branche sukzessive ausgesiebt. Es muss daher sichergestellt werden, dass in den Fortbildungsinstituten der Versicherungen die gleichen Maßstäbe gelten wie für die Vermittler, die sich der IHK-Prüfung unterziehen müssen. Nach Auffassung des Verfassers sollte der Gesetzgeber in den nächsten Jahren hier noch dringend nachjustieren. Entgegen den Vorgaben der MiFID-Richtlinie erlaubt der deutsche Gesetzgeber Versicherungsunternehmen nach wie vor, so genannte „Feierabendvertreter“, d. h. gebundene Vermittler, für sich arbeiten zu lassen. Alle freien Vermittler müssen einen Sachkundenachweis erbringen, bei gebundenen Vermittlern reicht es hingegen, wenn das Unternehmen für sie bürgt und damit ein Haftungsdach bereitstellt. Die Duldung dieser „Feierabendvertreter“ birgt die Gefahr in sich, dass es zu Fehlberatungen kommen kann, die substantielle Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können. Der hierdurch zu erwartende Reputationsschaden für die Versicherungsbranche im Ganzen dürfte sehr hoch sein. Aus dem Blickwinkel des Verbraucherschutzes steht weniger die Qualifikation im Vordergrund als die vielfältigen falschen Anreizsysteme. Vermittler arbeiten vornehmlich auf Basis von Provisionen und die MiFID-Richtlinie kann dieses Problem nur bedingt beheben. Wer von den Provisionen der Versicherungsunternehmen lebt, vermittelt nicht notwendigerweise immer das beste Angebot für den Kunden. Erfahrungswerte zeigen, dass Lebensversicherungsunternehmen erhebliche Probleme haben, mehr als drei Produkte pro Jahr über die verschiedenen Vertriebswege hinweg den Versicherungskunden anzubieten. Hierbei hat das Unternehmen abzuwägen, ob es seinen Fokus eher auf klassische Versicherungsprodukte/-lösungen legt oder ob es sich, wie im Fall Fondsgebundener Lebensversicherungen, auf neue Anlageprodukte im Rahmen der Palette der anwählbaren Publikumsfonds konzentrieren will. In Anbetracht der wachsenden Bedeutung Fondsgebundener Lebensversicherungen für die Lebensversicherungsindustrie sollten die Anbieter nach Ansicht des Verfassers ihr Hauptaugenmerk auf die Weiterentwicklung dieser Produktart sowie die in diesem Versicherungsmantel angebotenen Fonds legen. Das Thema Private Equity ist sicherlich anspruchsvoll, aber vom Kern her nicht schwieriger vermittelbar als komplizierte Versicherungstarife. Im Rahmen der versicherungsinternen Schulungen sollten die wesentlichen Elemente des Anlagesegments Private Equity mit all seinen Vor- und Nachteilen erklärt werden, um dann
244
7 Vermarktung des LPX-Fonds in der Fondsgebundenen Lebensversicherung
auf den konkreten LPX-Fonds einzugehen. Da es sich hierbei um eine spezielle Form eines Aktienfonds handelt, dürften sich die benötigten Schulungsmaßnahmen in Grenzen halten. Daneben würden die in Kapitel 6.4. definierten prozentualen Obergrenzen für die „gemanagte Anlagestrategie“ sowie für die individuelle Auswahl des Versicherungsnehmers greifen, womit das durch den LPX-Fonds entstehende Anlagerisiko ohnehin begrenzt wäre. Vor dem Hintergrund der MiFID-Richtlinie ist es unbedingt erforderlich, dass die Vermittler von mit Private Equity- respektive LPX-Fonds unterlegten Fondsgebundenen Lebensversicherungen nicht nur die wesentlichen Bestandteile des jeweiligen Prospektes beherrschen. Vielmehr sollten sie in der Lage sein, das Wesen dieser Anlageklasse in all ihren Facetten dem potentiellen Versicherungsnehmer zu vermitteln. Nur wenn ihnen dies gelingt können etwaige Schadensersatzansprüche aus einer Fehlberatung vermieden werden. Obwohl die MiFID-Richtlinie erst seit Jahresbeginn 2008 in Kraft ist, kann bereits jetzt von einer deutlichen Professionalisierung der Vertriebswege gesprochen werden. Insofern ist sich der Verfasser sicher, dass das Angebot eines LPX-Fonds im Rahmen einer Fondsgebundenen Lebensversicherung den einzelnen Vermittler nicht vor zu große intellektuelle Herausforderungen stellen wird.
8
Marktausblick Private Equity
Im Folgenden versucht der Verfasser, einen Marktausblick über die weitere Entwicklung des Anlagesegments Private Equity zu geben. Hierbei wird eine Klassifizierung in den Private Equity-Primär- und Sekundärmarkt vorgenommen.
8.1
Private Equity-Primärmarkt
Das Marktumfeld für kleine und mittelgroße Buyouts bleibt trotz der schwierigen Lage an den Finanzmärkten nach wie vor attraktiv. Bis dato hat die Kreditklemme noch keinen nachhaltig negativen Einfluss auf kleine und mittelgroße Buyouts ausgeübt. Nach wie vor gibt es eine große Anzahl von schlecht geführten Unternehmen mit großem Potential für operative Verbesserungen. Daneben gibt es bei kleinen und mittelgroßen Buyouts einen geringeren Wettbewerb um die besten Unternehmen, da hier die Bedeutung von persönlichen Beziehungen mit den Verkäufern und dem Management für den Abschluss von Transaktionen der Schlüssel zum Erfolg ist. Auch die Kreditinstitute sind eher bereit die Finanzierung für mittelgroße Transaktionen zur Verfügung zu stellen als für große Buyouts. Alles in allem verbessert sich das Umfeld für Unternehmensübernahmen, da die Preiserwartungen sinken. Regional werden neben Asien vor allem Zentral- und Osteuropa sowie Russland und die Türkei als attraktive Länder bzw. Regionen für Private Equity-Investments angesehen. Den oben skizzierten Chancen steht jedoch das sich abzeichnende Risiko eines konjunkturellen Rückgangs mit korrespondierenden Ertragseinbrüchen und wachsenden Ausfallraten gegenüber. Diese Entwicklung wird insbesondere diejenigen Private Equity-Manager treffen, die über eine nur begrenzte Erfahrung in rückläufigen Wirtschaftsphasen verfügen. Aufgrund des wachsenden Appetits von Limited Partnern verstärkt im mittelgroßen Marktsegment zu investieren, dürfte sich auch der Zugang zu Top-Quartil Private Equity-Managern zukünftig noch herausfordernder gestalten. In den nächsten 6–12 Monaten ist aufgrund eines Fehlpricings zwischen den Preisvorstellungen von Verkäufern und Käufern mit einer Verlangsamung der Investment- und Verkaufsaktivitäten zu rechnen. Auf der Käuferseite dürfte sich daneben auch ein wachsender Wettbewerb durch über hohe Liquidität verfügende Händler sowie große Buyout-Firmen formieren, die sich aus Mangel an Alternativen nun ebenfalls um kleine und mittelgroße Zielunternehmen bemühen müssen.
246
8 Marktausblick Private Equity
Die weltweiten Kreditmärkte haben sich in Folge der Sub-Prime Krise seit der Mitte des Jahres 2007 substantiell verschlechtert. Als Konsequenz fielen die globalen Buyout-Aktivitäten seitdem um über 70% von 197,3 Mrd. EUR in Q1 2007 auf 57,6 Mrd. EUR in Q1 2008. Die in den letzten Jahren zu beobachtenden „MegaDeals“ sind nicht mehr anzutreffen, da die hierfür notwendige Finanzierung am Markt nicht mehr angeboten wird. Des Weiteren sind die großen Private Equity-Buyout Anbieter nicht bzw. noch nicht bereit, signifikant mehr Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, da dies die Renditen unter Druck setzen würde. Selbst das bisher noch attraktive mittlere Marktsegment wird sich zukünftig zunehmend schwieriger entwickeln, da auch hier die benötigten Fremdkapitalmittel nicht mehr gewährt werden und darüber hinaus der Wettbewerb um die attraktivsten Unternehmen deutlich zunehmen wird.
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Abb. 48: Gesamtwert und Anzahl globaler Buyout-Aktivitäten von Januar 2007 bis März 2008 Quelle: dealogic, 2008
Das Jahr 2007 war trotz der aufziehenden Krise an den Finanzmärkten noch ein gutes Jahr für die Anlageklasse Private Equity. Zwar ging das Volumen der neu aufgelegten Private Equity-Fonds um knapp 17% auf 93 Mrd. EUR zurück, jedoch wurden sowohl bei den eingegangenen Investments als auch bei den Desinvestitionen mit 97 Mrd. EUR bzw. 36 Mrd. EUR neue Rekordstände erreicht. Für das Jahr 2008 und die Folgejahre ist hingegen mit einer deutlichen Abkühlung zu rechnen.
247
8.1 Private Equity-Primärmarkt
EUR Mrd. 120 110 100 90 80 70
Volumen aufgelegter Fonds Investments Desinvestitionen (zu Kosten)
60 50 40 30 20 10 0 1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Abb. 49: Evolution der drei Private Equity-Fondsaktivitäten „Eigenkapital-Akkumulation, Investitionen und Desinvestitionen“ in Europa von 1997 bis 2007 Quelle: EVCA, 2008
Die bis Mitte 2007 quasi unbegrenzte Zugriffsmöglichkeit auf Fremdkapital führte dazu, dass im Jahr 2007 die Einstiegsniveaus für neu eingegangene Investments die höchsten Multiplikatoren seit 10 Jahren aufwiesen. Diese Entwicklung darf durchaus als fatal angesehen werden, da aufgrund des Wettbewerbs um die besten Deals und des hohen Drucks, die umfangreichen Fondsmittel auch anzulegen, ein Verkäufermarkt entstanden war in dem nur der höchste Bieter den Zuschlag bekam. Dessen Fondsrenditen dürften zwangsläufig unter den hohen Einkaufspreisen leiden, was die 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
9,3 7,8 7,0 2,1
2,8
7,3 2,6
6,9
6,7
6,7
6,5
2,6
2,6
2,5
2,3
4,9
5,0 5
4,7
4,3
4,1
4,2
4,2
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
7,2
7,9
8,4 3,4
2,7
2,8
4,8
5,3
5,6
5,9
2004
2005
2006
2007
2,4
Verhältnis VerhältnisFremdkapital Fremdkapital/EBITDA /EBITDA Verhältnis Verhältnis Eigenkapital/EBITDA Eigenkapital/EBITDA
Abb. 50: Leveraged Buyout-Kaufpreis als Multiplikator der pro forma EBITDA Quelle: S & P (LCD European Leveraged Loan Review), 2008
248
8 Marktausblick Private Equity
Zukunft sicherlich zeigen wird. Auch die Interviewpartner bestätigen diesen für sie schwierigen Trend der letzten Jahre: „Ten years ago, having the ability to write a large check was enough. Now you really have to explain why our large check is better than the five other guys that can write a large check.“507 In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass insbesondere die Kaufpreis-Multiplikatoren für Zielunternehmen mit einem Transaktionsvolumen von über 250 Mil. EUR stark gestiegen sind. Die unter diesem Transaktionsvolumen liegenden Unternehmen sind, trotz eines ebenfalls zu verzeichnenden Anstiegs der Multiplikatoren, dagegen um 10% bis 15% günstiger gehandelt worden. Hierin drückt sich der intensivere Wettbewerb um große Buyout-Transaktionen aus. Auch im Jahr 2007 blieb der Abstand der Multiplikatoren zwischen großen und mittleren Markttransaktionen signifikant. 10,0 9,0
Über Über 250 250 Mil. Mil. EUR EUR Unter 250 250 Mil. Mil. EUR EUR Unter
8,0 7,0 6,0 5,0 1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Abb. 51: Leveraged Buyout-Kaufpreise als Multiplikator des EBITDA nach Transaktionsgrößen Quelle: S & P (LCD European Leveraged Loan Review), 2008
Selbst die Interviewpartner der Private Equity-Szene empfanden die am Kapitalmarkt bis vor kurzem erhältlichen Fremdkapitallinien als sehr bedenklich: „Frankly, the lenders today are willing to lend more money to a buyout than we should be paying for it. You know, they will lend eight, ten, twelve times in deals we should be paying six, eight, ten times. It is crazy.“508 Die Kombination aus neuen Rekordständen beim eingesammelten Eigenkapital, der extrem leichten Verfügbarkeit von Fremdkapital und der Möglichkeit von Club-Deals, d. h. der Zusammenarbeit mehrerer Private Equity-Firmen an einer Firmentransaktion, führte zu der folgenden, von einem Interviewpartner geäußerten Einschätzung: „I would say that there is no 507 508
Interview mit Gregory M. Case, Apax Partner, LP, New York, 21. April 2006 Interview mit Kevin C. Landry, TA Associates, Boston, 17. April 2006
249
8.1 Private Equity-Primärmarkt
company that is too big!“509 Allerdings wurde auch eingeräumt: „What you realize is, don’t do 50–50 deals with somebody. Don’t even invest with somebody that doesn’t think like you do.“510 Insofern verwundert es nicht, dass es immer wieder zu erheblichen Spannungen bei Club-Deals kommt, die nicht selten zu einer Trennung der Zusammenarbeit führen. Der traditionell hohe britische Anteil an den europäischen Buyout-Transaktionen hat sich im Jahr 2007 erneut auf knapp 40% erhöht. Verantwortlich hierfür sind drei Großtransaktionen, die, wenn auch mit Schwierigkeiten trotz des widrigen Marktumfeldes abgewickelt werden konnten. So wurde die Drogerie- und Apothekenkette „Alliance Boots“ durch KKR und die Plattenfirma „EMI Group“ durch Terra Firma übernommen. Daneben wurde der im Eigentum der Private Equity-Firma Charterhouse stehend Reise- und Versicherungskonzern „Saga“ mit der britischen Automobil Association „AA“ fusioniert, die den Private Equity-Firmen Permira und CVC gehörte.
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Abb. 52: Regionale Aufteilung europäischer Buyout-Transaktionen (nach Wert) Quelle: ECMBOR, 2008
Im Jahr 2007 wiesen 90% aller europäischen Buyout-Deals Transaktionsvolumina von unter 250 Millionen EUR auf. In Bezug auf den Wert aller Transaktionen repräsentierten diese jedoch nur 19%. An diesen Zahlen wird deutlich, dass ähnlich wie im US-Markt auch der europäische Private Equity-Buyout-Markt durch wenige Großtransaktionen gekennzeichnet ist. Insofern wird es interessant sein zu beobachten, ob sich diese Verteilung in Folge der aktuellen Kapitalmarktsituation in den kommenden Monaten und Jahren zugunsten kleinerer Unternehmen verschieben wird. 509 510
Interview mit Seth W. Lawry, Thomas H. Lee, Boston, 18. April 2006 Interview mit Scott C. Nuttal, KKR, New York, 19. April 2006
250
8 Marktausblick Private Equity
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Abb. 53: Anzahl und Wert europäischer Buyouts nach Größe in 2007 Quelle: CMBOR, 2008
Sowohl in Europa als auch in den USA setzt sich die Konsolidierung im Bereich Venture Capital weiter fort. Hierbei ist es von besonderer Bedeutung darauf hinzuweisen, dass europäische Venture Capital-Fonds im Durchschnitt ca. 70% kleiner als ihre US-Pendants sind. Hierin spiegelt sich ein europäisches Dilemma wider, denn ohne ausreichende Finanzierung durch Wagniskapitalgeber kann sich das Unternehmertum in Europa nicht weiterentwickeln. Insofern bestätigt sich anhand konkreter Zahlen einmal mehr die größere Risikobereitschaft von US-Investoren, vielversprechenden Geschäftsideen mit Wagniskapital zum Durchbruch zu verhelfen. 1
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Abb. 54: Eingesammeltes Gesamtvolumen an Venture Capital pro Jahr in den USA und Europa Quelle: VentureXpert, Thomson Financial, 2008
251
8.2 Private Equity-Sekundärmarkt
8.2
Private Equity-Sekundärmarkt
In den letzten sieben Jahren wurden kumuliert über 1.600 Milliarden USD an neuen Private Equity-Commitments eingesammelt. Ein Umschlag von lediglich 1% innerhalb dieses Bestandes resultiert in einem Sekundärmarktvolumen von 16 Mrd. USD. Der Private Equity-Sekundärmarkt ist daher sehr gut etabliert und wird verstärkt von Limited sowie General Partnern für gezielte Desinvestitionen bzw. Zukäufe genutzt. Aufgrund des Wachstums des Primärmarktes ist es daher nicht verwunderlich, dass sich das Wachstum des Sekundärmarktes auch im Jahr 2007 unvermindert stark fortsetzte. Für die Zukunft ist aufgrund des substantiellen Anstiegs an handelbaren Private Equity-Tranchen im Rahmen der von den Investoren in den Vintage-Jahren 2006 und 2007 eingegangenen Commitments im Umfang von 900 Mrd. USD mit einem weiteren Anstieg der Secondary Transaktionen zu rechnen. 20000 20000 18000 18000 16000 16000 14000 14000 12000 12000 10000 10000 8000 8000 6000 6000 4000 4000 2000 2000 00
2000
2001
2002
2003
Aufgelegtes Fondsvolumen in Mio. Euro
2004
2005
2006
2007
Volumen Sekundärmarkt
Abb. 55: Aufgelegtes Fondsvolumen für Secondaries in den Jahren 2000 bis 2007 Quelle: LGT Capital Partners Schätzungen, CogentPartners, Landmark, 2008
Des Weiteren ist mit weiteren Portfolio Rebalancings sowie Portfoliobereinigungen von Seiten der etablierten Private Equity-Marktteilnehmer zu rechnen. Potentiell gibt es ein reales Bedürfnis nach Liquidität in den Fonds. Einige Investoren waren in den Jahren 2005–2007 „overcommitted“ und die zugrunde liegenden Fonds und CoInvestments benötigen jetzt sowohl vom Umfang her als auch in zeitlicher Hinsicht länger als erwartet Kapital. Als Konsequenz ist graduell mit Preisadjustierungen am Sekundärmarkt zu rechnen, da die General Partner wahrscheinlich ein Interesse daran haben werden, Secondary Transaktionen zu erleichtern, da das Fund Raising im gegenwärtigen Marktumfeld zunehmend schwieriger wird.
252
8 Marktausblick Private Equity
Auf der anderen Seite könnten niedrigere Preisangebote für Transaktionen dazu führen, dass potentielle Verkäufer nicht mehr bereit sind, hohe Abschläge gegenüber dem NAV hinzunehmen. Von besonderer Schwierigkeit dürfte auch das Secondary Pricing für hochgradig fremdfinanzierte Deals aus den Jahren 2006 und 2007 sein. Auch die wachsende Unsicherheit über die Exit-Möglichkeiten könnte Sekundärtransaktionen belasten, da die temporäre Rekapitalisierung insbesondere bei höheren Volumina aufgrund des schlechten Börsenumfeldes zunehmend schwieriger wird. So fielen die Secondary Buyout-Aktivitäten im ersten Quartal 2008 bereits um über 80% auf nur noch 6,5 Mrd. USD gegenüber 39,6 Mrd. USD im Vergleichsquartal des Vorjahres. USD Mrd. 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Q1 2007
Q2 2007
Q3 2007
Q4 2007
Q1 2008
Gesamtwert (EUR Mrd.)
Abb. 56: Gesamtwert der weltweiten Secondary Buyout Aktivitäten von Januar 2007 bis März 2008 Quelle: dealogic, 2008
Die Schlussfolgerungen für den Private Equity-Sekundärmarkt lassen sich wie folgt zusammenfassen (s. Abb. 57). In einem aus LPX-Aktien bestehenden offenen Publikumsfonds in der Rechtsform der Luxemburger SICAV sollte daher insbesondere auch in diejenigen LPX-Titel investiert werden, die sich verstärkt im Sekundärmarkt engagieren. Secondaries bieten den unschätzbaren Vorteil, dass der im Primärmarkt systemimmanente negative J-Kurven Effekt vermieden werden kann, da die im Rahmen von Secondary Transaktionen angebotenen Unternehmen bzw. Fonds diese Cash-zehrenden Frühphasen bereits hinter sich haben.
253
8.3 Ausblick
Der Sekundärmarkt wird verstärkt von Limited und General Partnern genutzt
Private Equity Sekundärmarkt ist etabliert
Es ist von einem weiteren Wachstum des Sekundärmarktes auszugehen, da mittel- und
langfristig auch die eingesammelten Commitments am Primärmarkt weiter wachsen werden Inzwischen stellen Investments im Sekundärmarkt eine anerkannte Investmentstrategie dar
Mögliche kurz- bis mittelfristige Verwerfung en im Markt
Marktverwerfungen bieten Einstiegs möglichkeiten
Abweichende Preisvorstellungen zwischen Verkäufern und Käufern nehmen weiter zu Die Bewertungsanpassungen verschiedener Portfoliounternehmen nimmt mehrere Quartale
in Anspruch
Das Cash Flow Muster der Fonds wird wahrscheinlich zu Over-Commitment Situationen
führen Mögliche Rückkehr von überschuldeten oder quasi-überschuldeten Verkäufern Der Wettbewerbsvorteil der etablierten Käufer nimmt weiter zu
Abb. 57: Schlussfolgerungen für den Private Equity-Sekundärmarkt Einschätzungen von Jens Bernhardt, 2008
8.3
Ausblick
Diejenigen Private Equity-Fonds, die in den letzten zwei Jahren große Mega-BuyoutTransaktionen getätigt haben, werden die erwarteten Renditen nicht erzielen. Aufgrund der derzeitigen Marktsituation dürfte in den nächsten zwei Jahren der traditionelle und attraktivste Exit-Kanal „Börsenplatzierung“ nur begrenzt zur Verfügung stehen. Insofern wird allein durch den Faktor Zeit die erzielbare Rendite geschmälert, da Desinvestitionen nicht in der üblichen Geschwindigkeit vorgenommen werden können und somit zusätzliches Eigenkapital den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden muss. Diese Ansicht wurde auch in den geführten Interviews vertreten: „But because people have to do things with companies, because they are not making money on the buy, I believe that Private Equity duration of actual individual portfolio companies is going to increase.“511 Die Exit-Alternative „Trade Sale“, d. h. der Weiterverkauf einer Beteiligung an einen anderen Private Equity-Fonds im Rahmen einer Sekundärmarkttransaktion, dürfte weiterhin möglich sein, vermutlich jedoch zu weniger attraktiven Konditionen als in der Vergangenheit. Der Sekundärmarkt wird sich in den nächsten Monaten und Jahren mehr und mehr zu einem Käufer-Markt entwickeln, in dem den Verkäufern attraktiver Beteiligungen zunehmend die Bedingungen diktiert werden.
511
Interview mit David Kaplan, Ares Management LLC, New York, 19. April 2006
254
8 Marktausblick Private Equity
Der Verkauf einer Beteiligung an einen strategischen Investor dürfte hingegen zukünftig an Bedeutung gewinnen, da hier im Einzelfall die von einem Unternehmen gewünschte strategische Erweiterung der Geschäftsfelder eine größere Flexibilität bei der Preisfindung ermöglichen sollte. % der Antworten
100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Buyout
Large Buyout
Negativer Ausblick
Small Buyout
Neutraler Ausblick
Special Situations
Venture Capital
Positiver Ausblick
Abb. 58: Ausblick nach Private Equity-Segmenten Quelle: ABN AMRO Manager Survey, Juli 2008
Insbesondere Private Equity-Dachfonds sind in der Lage sich der veränderten Situation an den Kapitalmärkten flexibel anzupassen. Zwar gibt es stets eine feine Trennlinie zwischen einer grundsätzlichen Veränderung der Anlagestrategie und einer temporär befristeten opportunistischen Vorgehensweise. Grundsätzlich überwiegen jedoch für den Investor die Vorteile dieser flexiblen Allokation des Kapitals. Insofern stellen gut diversifizierte Private Equity-Dachfonds im gegenwärtigen Marktumfeld das geeignete Instrument für diejenigen Investoren dar, die ein generisches Private Equity-Exposure aufbauen wollen.512 Vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Dissertation noch anhaltenden Krise an den internationalen Finanzmärkten verzeichnen vor allem „Distressed Debt“ Investments eine große Nachfrage. Derartige Anlagen werden im allgemein gängigen Sprachgebrauch unter dem Oberbegriff „Special Situations“ subsumiert. Im Rahmen dieser Anlageart wird vornehmlich in Unternehmen investiert, 512
ROYAL BANK OF SCOTLAND (2008): LPE FOCUS ISSUE TWO, S. 48
255
8.3 Ausblick
die sich entweder in einer angespannten Finanzlage befinden oder bereits Insolvenz angemeldet haben. Auf diesem Gebiet spezialisierte Private Equity-Manager sollten im gegenwärtigen Marktumfeld in der Lage sein entsprechend attraktive Renditen zu erzielen. Insofern verwundert es nicht, dass, wie im vorangehenden Chart erkennbar wird, den Investitionen im Bereich „Special Situation“ eine hohe Attraktivität für die nahe und mittelfristige Zukunft beigemessen wird. Weitere nicht-traditionelle Private Equity-Themen, die ebenfalls reüssieren dürften sind Mezzanine Investments. Diese Anlagen gewinnen deswegen an Bedeutung, da es Unternehmen derzeit nicht mehr möglich ist, jederzeit Fremdkapital von Kreditinstituten zu erhalten. Als Alternative bietet sich die Gewährung von Fremdkapital über Private Equity-Sponsoren an, die neben den vergleichsweise hohen Zinsen zusätzlich auch noch opportunistisch eine strategische Minderheitsposition am betreffenden Unternehmen erhalten. % der Antworten
100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% USA
Europa Negativer Ausblick
Neutraler Ausblick
Asien / Emerging Markets Positiver Ausblick
Abb. 59: Ausblick nach Private Equity-Regionen Quelle: ABN AMRO Manager Survey, Juli 2008
Erfahrungen aus der Vergangenheit lehren, dass eine anhaltende Marktkorrektur in einem Umfang von unter 10% nur einen relativ geringen Einfluss auf die börsennotierten Private Equity-Einzel- und Dachfonds hat. Liegt die Marktkorrektur jedoch deutlich über 10%, so hat dies größere Auswirkungen auf die LPX-Unternehmen. In einem derartigen Marktumfeld können die folgenden Probleme auftreten: • Beteiligungsrealisierungen verzögern sich bzw. Käufer bitten um Preisnachlässe • Bewertungen der nicht-börsennotierten Beteiligungen fallen im Zuge signifikanter Kurskorrekturen vergleichbarer börsennotierter Unternehmen
256
8 Marktausblick Private Equity
• Börsennotierte Beteiligungen, die Private Equity-Fonds z. T. nach einem erfolgten IPO behalten, verzeichnen selbst Kursabschläge • Ertragssituation der Beteiligungsunternehmen verschlechtert sich, was zu erheblichen Problemen beim Schuldendienst sowie materiell signifikanten Abschreibungen führen kann513 Der weltweite Kurseinbruch an den Aktienmärkten zieht auch bedeutende Implikationen für die Bewertung von Private Equity-Fonds nach sich. Die Manager der Fonds verwenden die Bewertung vergleichbarer börsennotierter Unternehmen für die Ermittlung des NAV ihrer Beteiligungsportfolios. Darüber hinaus wird es zunehmend schwieriger, sich von Beteiligungen zu attraktiven Preisen zu trennen, da sich die Käuferseite in einer starken Verhandlungsposition befindet. Als Folge können selbst gewünschte Neuengagements, wenn überhaupt, nur verzögert eingegangen werden. 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
Electra (30.09.2007)
Standard Life Euro PE (30.09.2007)
3i Group (31.03.2007)
SVG Capital (31.12.2006)
Hg Capital (31.12.2006)
Volles Kalenderjahr
Dunedin Enterprises (30.04.2007)
Graphite Enterprises (31.12.2006)
Pantheon International (30.06.2007)
Canodver (31.12.2006)
Letzte Schätzung
Abb. 60: Realisierungen von LPX-Aktien als Prozentsatz des Net Asset Values (ohne Cash) Quelle: Unternehmensangaben, Zwischenberichte, UBS Schätzungen, 2008. Angaben unter den Balken zeigen das Datum des letzten berichteten Geschäftsjahres an.
In den letzten Monaten war bereits eine deutliche Verlangsamung der Aktivitäten der Private Equity-Fonds bis hin zum Stillstand in einigen Bereichen feststellbar. In Anbetracht der allgemeinen Situation an den Finanzmärkten ist in den Jahren 2008 und 2009 aufgrund der versiegten Exit-Kanäle nur mit wenigen Realisierungen und nur geringen Kapitalgewinnen zu rechnen. 513
UBS (2008): UBS RESEARCH GUIDE TO PRIVATE EQUITY – PART I, S. 3
8.3 Ausblick
257
Einer der Werttreiber für die sehr hohen Realisierungsgewinne der Vergangenheit ist in dem harten Wettbewerb im Verkaufsprozess zu sehen. Nicht selten wurden hierbei die Preise von anderen Private Equity-Fonds nach oben getrieben, die aufgrund der leichten Verfügbarkeit von Fremdkapital in der Lage waren, höhere Preise zu zahlen. Diese Möglichkeit besteht aufgrund der Kreditmarktkrise nun nicht mehr. Daneben gilt es darauf hinzuweisen, dass viele der großen Buyout-Transaktionen innerhalb von ein bis zwei Jahren nach Erwerb refinanziert wurden, wobei der Private Equity-Fonds typischerweise die Erwerbskosten kompensieren konnte. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen dürften derartige Kreditgeschäfte zukünftig bedeutend schwerer fallen. Historisch wiesen viele Private Equity-Fonds drei- bis fünfjährige Investmenthalteperioden auf. Innerhalb dieser Zeitspanne wachsen die Beteiligungen sowohl organisch als auch durch Akquisitionen und sie werden vorbereitet für den Weiterverkauf bzw. den Börsengang. Die durchschnittliche Haltedauer hat sich in den letzten Jahren auf ca. drei Jahre verkürzt, da stets einige schnelle und lukrative Portfoliorealisierungen, zum Teil auch mit Secondary Fonds möglich waren. Im gegenwärtigen Wirtschafts- und Kapitalmarktumfeld ist damit zu rechnen, dass sich die Haltedauer wieder dem langfristigen Trend annähern wird. Rekapitalisierungen haben in den letzten Jahren ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Optimierung der Renditen gespielt. Während der Verschuldungsgrad der Beteiligungsunternehmen erhöht wurde, erhielten die Private Equity-Investoren eine Sonderausschüttung. Solange die Kreditmärkte unruhig bleiben, dürften derartige Financial Leverage Transaktionen perspektivisch undurchführbar sein. Es ist zu erwarten, dass weiterhin Secondary Transaktionen stattfinden, auch wenn sich hier ein langsameres Tempo als in der Vergangenheit einstellen sollte. Viele dieser Fonds verfügen über umfangreiche Barbestände für Investmentanlagen. Insofern ist davon auszugehen, dass zukünftig ein höherer Anteil an Eigenkapital anstelle von Fremdkapital in neue Beteiligungen fließt. Im Ergebnis wird dies perspektivisch zu niedrigeren Renditen und zu einem langsameren Weiterverkauf an andere Private Equity-Fonds führen.514 Trade Sales an Konzerne und andere Private Equity-Fonds im Rahmen von Secondary Transaktionen bleiben die präferierten Exit-Kanäle für Private EquityManager. Börsengänge sind trotz der scheinbar erzielbaren höheren Multiplikatoren hingegen weniger gefragt, da in der Regel ähnlich gute Konditionen auch bei Trade Sales erreicht werden können. Des Weiteren liegt ein weiterer Vorteil in der sofortigen Verfügbarkeit des Verkaufserlöses, während bei Börseneinführungen nicht selten größere Bestände noch für Monate oder gar Jahre gehalten werden müssen.
514
UBS (2008): UBS RESEARCH GUIDE TO PRIVATE EQUITY – PART I, S. 9
258
8 Marktausblick Private Equity
60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Electra (30.09.2007)
Pantheon International (30.06.2007)
Standard Life Euro PE (30.09.2007)
3i Group (31.03.2007)
Canodver (31.12.2006)
Volles Kalenderjahr
SVG Capital (31.12.2006)
Hg Capital (31.12.2006)
Dunedin Enterprises (30.04.2007)
Graphite Enterprises (31.12.2006)
Letzte Schätzung
Abb. 61: Neue Investments von LPX-Aktien in Prozent des NAV Quelle: Unternehmensangaben, Zwischenberichte, UBS Schätzungen, 2008. Angaben unter den Balken zeigen das Datum des letzten berichteten Geschäftsjahres an.
Es ist davon auszugehen, dass der Wettbewerb um neue Investments zukünftig weniger hart ausfallen wird. Gründe hierfür sind die Börsenbewertungen vergleichbarer Unternehmen. Insofern werden auch die Preise für Neuengagements sinken, die in der jüngeren Vergangenheit oft Anlass zur Kritik gaben, zumal der hierbei eingesetzte Leverage zum Teil sehr hoch war. Die in der Vergangenheit von vielen Private Equity-Fonds erzielten Gewinne gingen im Wesentlichen auf die niedrigen Einstandskurse der Unternehmensbeteiligungen zu Beginn des neuen Jahrtausends zurück. Zum damaligen Zeitpunkt gab es drei Entwicklungen, die für die attraktiven Einstiegsmöglichkeiten verantwortlich waren: • Die Bewertungen vergleichbarer und bereits börsennotierter Unternehmen waren sehr niedrig • Es gab eine verhältnismäßig große Anzahl an Notverkäufen durch Unternehmen, die dringend Barmittel benötigten • Die Unternehmenserträge lagen in der Nähe ihrer historischen Tiefststände Vor allem die Erwerbspreise für große Buyouts haben sich in den letzten Jahren von den traditionellen Bewertungsmechanismen und Bewertungsniveaus abgekoppelt. Hierin drückt sich das zunehmend wettbewerbsintensiver werdende Marktumfeld aus. Private Equity-Einkäufer verfügten über höhere Investitionsvolumina in Form von Eigenkapital, die darüber hinaus durch leicht verfügbare Kreditlinien weiter erhöht werden konnten. Daneben gilt es darauf hinzuweisen, dass im Zuge der weltweiten Aktienmarkterholung bis vor kurzem auch die Bewertungsniveaus der an der Börse gehandelten
8.3 Ausblick
259
Vergleichsunternehmen ungefähr doppelt so hoch lagen wie noch vor fünf Jahren. Auch die Unternehmenserträge haben nach allgemeiner Einschätzung ihre Höchstmarken bereits überschritten.515 Mittlerweile sind viele Private Equity-Fonds besorgt über die hohe FremdkapitalInanspruchnahme der Vergangenheit, die sich wie ein roter Faden durch die meisten Transaktionen zieht. In einem Umfeld wirtschaftlicher Prosperität wurden in den letzten Jahren in nur sehr begrenztem Umfang Wertberichtigungen in den Beteiligungsportfolios vorgenommen. Bei anhaltend negativen Ertragserwartungen der Unternehmen könnten zukünftig eine Reihe von Buyout-Transaktionen in ernste Gefahr geraten, ihren Schuldendienst zu leisten. Vor dem Hintergrund steigender Ausfallraten in der Zukunft sind eine Reihe von Private Equity-Unternehmen besorgt um die Eigentümerstruktur der Fremdkapitallinien. Die vormals Kredit ausreichenden Banken haben das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Krediten oftmals an dritte Parteien, z. B. Hedge Fonds, weitergereicht. Sollten nun Kreditlinien restrukturiert bzw. umgeschuldet werden müssen, so dürfte es sehr schwer fallen, die neuen Eigentümer der Fremdkapitalbestände zu identifizieren und konstruktive Gespräche mit diesen zu führen. Während derartige Gespräche in der letzten konjunkturellen Wachstumsphase meist unproblematisch verliefen dürfte dies in dem nunmehr eingetretenen rezessiven Wirtschaftsumfeld erheblich problematischer sein.516 Alles in allem ist wieder mit einem deutlichen Anstieg der zuletzt historisch niedrigen Ausfallraten zu rechnen, da aufgrund des Fremdkapital-Engpasses viele Unternehmensbeteiligungen nicht mehr rekapitalisiert werden können. Vor diesem Hintergrund sind diejenigen Private Equity-Fonds im Vorteil, die im Rahmen ihrer Anlagestrategie hohe Risiken eingehen dürfen. Diese Opportunity Fonds dürften daher perspektivisch die Nutznießer des stark veränderten „Chance-Risiko-Profils“ sein. Für darauf spezialisierte General Partner besteht daher zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Dissertation nach wie vor die Möglichkeit, unkorrelierte Renditen aus Turnaround- und überschuldeten Unternehmen sowie Spezialsituationen zu ziehen. So gewinnt derzeit der Distressed Markt deutlich an Attraktivität. Dieses Marktsegment ist dadurch gekennzeichnet, dass viele Unternehmen die Leverage-Möglichkeiten der Vergangenheit aktiv genutzt haben und daher heute eine zu hohe Verschuldung aufweisen. Nicht selten weisen diese Unternehmen auch zu optimistische Geschäftspläne auf, die sich in dem derzeit deutlich verschlechterten Geschäftsumfeld nicht länger aufrechterhalten lassen. Die sich für „Distressed“ Investoren im gegenwärtigen Marktumfeld bietenden Optionen sind zum einen der Kauf von attraktiven Zielunternehmen zu einem signi515 516
UBS (2008): UBS RESEARCH GUIDE TO PRIVATE EQUITY – PART I, S. 10 UBS (2008): UBS RESEARCH GUIDE TO PRIVATE EQUITY – PART I, S. 11
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8 Marktausblick Private Equity
fikanten Abschlag sowie das Einschießen neuen Eigenkapitals mit dem Ziel, die Anteile der Altinvestoren zu verwässern und somit den eigenen Einfluss auf das Unternehmen zu erhöhen. Um als Investor in diesem Marktsegment erfolgreich zu sein, bedarf es vor allem eines tiefen Verständnisses über den jeweiligen Sektor und das Geschäft im Allgemeinen. Daneben müssen die hierauf zielenden Private EquityUnternehmen in der Lage sein, einen nachhaltigen Wertsteigerungsplan zu entwickeln. Schließlich muss auch die Umsetzung der Transaktion als solche sichergestellt werden, was in der derzeitigen Kapitalmarktsituation keine leichte Aufgabe ist. %(;4R E2F
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Abb. 62: Marktumfeld für Private Equity-Investitionen Quelle: Marktumfeld für Private Equity-Investitionen
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die jüngsten Private Equity-Entwicklungen eindeutig negativ sind. Die bis vor kurzem sehr positiven Rahmenbedingungen haben sich deutlich verschlechtert. Die in den letzten Jahren an Stärke gewinnenden Volkswirtschaften schwächen sich nun spürbar ab. Der historisch einmalige, quasi unbegrenzte Zugriff auf Fremdkapital ist aufgrund der derzeitigen Finanzmarktkrise heute und auch in der Zukunft nicht mehr möglich. Vormals niedrig bewertete Risiken werden nunmehr von den Kreditinstituten neu bewertet. Im Ergebnis ist es daher nicht verwunderlich, dass eine nachhaltige Zurückhaltung bei neuen Kreditengagements festzustellen ist. Die Kombination der negativen Parameter wird perspektivisch zu niedrigeren Renditen führen.
8.3 Ausblick
261
Die gegenwärtig an den Börsenplätzen für Listed Private Equity festzustellenden Discounts gegenüber den NAVs der Beteiligungsportfolios von Private EquityEinzel- oder Dachfonds sind nur schwer nachvollziehbar. Insofern bieten sich potentiellen Investoren und Fondsmanagern äußerst attraktive Möglichkeiten, ein qualitativ hochwertiges Private Equity-Portfolio aufzubauen, dessen aktueller Marktpreis weit unter den veröffentlichten Buchwerten der einzelnen Beteiligungsengagements liegt. Private Equity bleibt demnach auch weiterhin attraktiv und wird auch zukünftig jedem Vergleich mit den Renditen anderer Anlageklassen standhalten können, was nach Ansicht des Autors die Aufnahme in den Anlagekanon einer Fondsgebundenen Lebensversicherung zwingend erforderlich macht. Allerdings wird sich im Markt zunehmend die Spreu vom Weizen trennen, womit die Auswahl der besten General Partner noch wichtiger werden wird um die erwarteten Mehrwerte zu erzielen. In Anbetracht der globalen Verwerfungen an den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft werden sich die Geschäftsmodelle der Private Equity-Gesellschaften wandeln. Im Vergleich zur Vergangenheit wird es zunehmend mehr Turnaround-Situationen geben, teilweise auf Basis von Finanzkennzahlen (Bilanzrestrukturierung) oder auf Basis operativer Optimierungen (Kostenreduktionen etc.). Vor diesem Hintergrund müssen daher Turnaround-Spezialisten schnell ihre Kapazitäten anpassen, da auf diesem Gebiet erfahrene und durchsetzungsstarke Manager nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen.
9
Schlussbemerkungen
Es kann festgehalten werden, dass es heute im Vergleich zu früher vom Grundsatz her problemlos möglich ist, ein breit diversifiziertes, liquides und steuerlich effizientes Private Equity-Dachfondsvehikel aus dem derzeitigen Kranz von ca. 300 liquiden Listed Private Equity-Gesellschaften zu kreieren. Perspektivisch ist von einer weiter zunehmenden Anzahl an Börsennotierungen auszugehen, so dass sich dieser vormals elitäre Markt für Institutionen und sehr vermögende Privatkunden sukzessive weiter für den Retailkunden öffnen wird. Insofern trifft die Aussage eines Interviewpartners zu, wonach „… it leads me to the statement that Private Equity is now just another asset class. Nothing special, just a little more exciting!“517 Selbst weltweit führende Private Equity-Gesellschaften wie z. B. KKR ermöglichen mittlerweile durch spezielle börsennotierte Vehikel auch breiteren Bevölkerungsschichten die Partizipation an den Erfolgen ihrer Private Equity-Fonds. Ein Interviewpartner fasste diese Vorgehensweise treffend zusammen: „I am a believer that with the right education and the right guidance, a broader segment of the investment population could and should benefit from what Private Equity represents as an asset class.“518 Durch die Auflage öffentlich handelbarer Investmentvehikel verbreitern Private Equity-Gesellschaften ihre Kapitalbeschaffungsbasis in schwierigen Zeiten. Zwar sind derartige Angebote noch immer sehr teuer und zum Teil nicht immer steuereffizient für den deutschen Investor, doch zeigt diese Entwicklung, dass sich renommierte Private Equity-Adressen einem breiteren Pool an Investoren öffnen wollen: „There were times, I mean, when Henry and George founded the firm, they couldn’t raise money to do any deals. And so, the way we think about our business is that you have got to do the right thing for the next twenty, thirty years. And we always want to be the people that are innovating. It doesn’t matter if people give us $100 billion today. It doesn’t mean that five years from now when we go out to raise more money, that it’ll be there … As we talked about the pools of capital, we are playing in this tiny little pond right now. We are fishing in that pond and there is a huge friggin’ ocean. And nobody has tried fishing in the ocean.“519 Dies ist eine Entwicklung, die sich bei längerfristiger Betrachtung insbesondere für Retailkunden sehr positiv auszahlen wird, da sie über LPX-Fonds indirekt Zugang 517
Interview mit Kevin C. Landry, TA Associates, Boston, 17. April 2006 Interview mit Richard C. Albright, Jr., Bain Capital, Boston, 24. April 2006 519 Interview mit Scott C. Nuttal, KKR, New York, 19. April 2006 518
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9 Schlussbemerkungen
zur Anlageklasse Private Equity erhalten werden, verbunden mit einer gewissen Korrelation zum klassischen Aktienmarkt. Diese Ansicht teilen auch die Interviewpartner: „The end result would be a feeder vehicle that itself is publicly traded with an underlying Private Equity portfolio. Then you don’t necessarily get the performance of the underlying portfolio, but rather the share price of that vehicle, how it’s traded. And that, in itself, it might be more correlated to the equity market.“520 Neben einzelnen, bereits existenten offenen Listed Private Equity-Fonds eröffnen sich Investoren jedoch noch weitere interessante Vehikel, um an dieser Anlageklasse zu partizipieren. Unter anderem auch in Anlehnung an die Analysen der Universität Basel gibt es bereits heute eine Reihe von Anbietern von Indizes auf börsennotierte Private Equity-Gesellschaften wie z. B. den LPX-Index. Renommierte Banken machen sich diese Indizes zunutze und legen mehr oder weniger breit gestreute Zertifikate auf. Sowohl die offenen Fonds als auch Exchange Traded Funds und Zertifikate sind börsennotiert und werden im Gegensatz zu den klassischen geschlossenen Private Equity-Fonds laufend gehandelt, wodurch der Anleger jederzeit aussteigen kann. Dennoch gibt es aus dem Kreis der Interviewpartner auch einige skeptische Stimmen in Bezug auf das Angebot von Private Equity für das Massengeschäft: „I am sceptical, because, I guess there is a whole bunch of different reasons. But, the Private Equity asset class is kind of illiquid. And there is limited information available for people on it. And the commitments are very, very long term in nature. And you can do a whole bunch of stuff: you can put insurance wrappers on it, you can create tradable vehicles, yes, I am sure you can solve all those problems, right? But the underlying problem is that it is an asset class for people who have, in my view, substantial net worth. So, whenever a friend of mine invests in one of my funds, what I say is ‘Imagine that money, imagine yourself lighting a match to that money you are investing, right? And think that it is gone. And then when it comes back you are pleasantly surprised. And do not put anything in that you need to put your kids to school. Nothing like day to day stuff, but long term stuff, like putting your kids to school, all that kind of stuff …’ It is an asset class for people who are wealthy enough to lose the money. Who are wealthy enough to not have access to it for a very long period of time. Who can stay in the asset class during very bad economic times. And who are sophisticated enough to understand what they are doing. So, no. There are a lot of individuals who are deeply exposed to the Private Equity asset class, because many pension funds are investors in Private Equity, right? But they are managed for them by professionals.“521 Innovative Lebensversicherungen sollten sich nach Ansicht des Verfassers trotz der hohen Komplexität dieser Anlageklasse dennoch nicht scheuen, von professio520 521
Interview mit Steven G. Schneider, Warburg Pincus, New York, 19. April 2006 Interview mit Glenn Hutchins, Silver Lake Partners, Inc., New York, 20. April 2006
9 Schlussbemerkungen
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nellen Private Equity-Managern verwaltete Listed Private Equity-Fonds aufzulegen und diese der wachsenden Klientel für Fondsgebundene Lebensversicherungen anzubieten. Selbstverständlich handelt es sich bei Private Equity-Investments stets um eine risikobehaftete Anlageklasse. Allerdings bietet das Dachfondskonzept aufgrund seiner Mischung und Streuung über verschiedene Investmentstile und eine Reihe von Vintage-Jahren dem risikofreudigen Versicherungsnehmer im Rahmen seiner Fondspolice ein geeignetes Instrument zur Partizipation an den Mehrerträgen dieser Anlageklasse.522 Das Geschäftsmodell von Private Equity wird auch in Zukunft erfolgreich sein, da es sich schneller den verändernden Marktbedingungen anpassen kann als dies bei anderen Anlageklassen der Fall ist: „In the biggest picture, change in the business world is accelerating. Whether it be technology, whether it be the globalization, whether it is the rise of Asia and what that means, and everything. And change creates opportunities and dislocations in the capital markets. And that creates tremendous opportunities for smart, capable people with flexible capital. And that is what Private Equity, I think, really reflects.“523
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