Verfasser des Buches und Begründer des Museums: Kommissionsrat Alfred Moschkau.
Ritterburg und Kloster
Oybin im Zitt...
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Verfasser des Buches und Begründer des Museums: Kommissionsrat Alfred Moschkau.
Ritterburg und Kloster
Oybin im Zittauer Gebirge Deren Beschreibung, Geschichte und Sagen von Kommissionsrat Alfred Moschkau Begründer und Leiter des historischen Museums auf der Burg Oybin Ehrenmitglied des Gebirgsvereins Oybin usw.
Mit Illustrationen von R. Püttner, Josef Goller, M. Dietrich, U. Forti u.a. und einem Grundrisse der Klosterkirche
21. Auflage
Oybin. Verlag des "Oybin-Museums"
V
orliegende Schrift zerfällt in zwei Hauptteile, einen beschreibenden und einen geschichtlichen. An der Hand des ersteren, welcher eine ausführliche Topographie der Burg- und Klosterruinen bringt, wird man bei einem Besuche des Oybins jeder weiteren Nachfrage überhoben sein. Es ist darin nichts übergangen, was dem Touristen oder Geschichtsfreunde von irgend welchem Interesse sein kann. Der geschichtliche Teil basiert ausschließlich auf den besten Quellen und Nachrichten glaubwürdiger Geschichtsschreiber. Die neuesten Forschungsergebnisse, u. a. von Prof. Dr. Knothe und Pastor em. Sauppe, fanden dabei volle Berücksichtigung. Dankbar gedenken wir auch uns von Herrn Dr. Pilk in Dresden freundlichst überlassener neuer wertvoller Beiträge zur Geschichte des Oybins aus dem Dresdner Rats- und Staatsarchive. Daß wir bei dem geringen Umfange dieser Arbeit, die geschichtliche Darstellung des ritterlichen und klösterlichen Zeitalters auf Wiedergabe solcher Ereignisse einengten, die von hervorragendem und allgemeinerem Interesse sind, wird man gerecht finden, da wir trotzdem für jede Periode ein getreues Gesamtbild zu geben bemüht waren. Die beigedruckten zahlreichen und guten Illustrationen verleihen dem Buche sicher einen besonderen Wert. Haben zu des Verfassers Freude alle seine, nun in über hunderttausend Exemplaren erschienenen Schriften über Oybin und dessen Umgebung wärmste Aufnahme gefunden, so dürfte auch dieses Buch willkommen sein, welches ausschließlich der Blütezeit des Oybin, in ritterlicher und klösterlicher Zeit gewidmet ist und in solcher Form eine Lücke in der reichen Literatur unseres Felsberges füllt. Burg Oybin.
Der Verfasser.
ach etwa zweistündiger Wanderung vom Bahnhof Zittau durch das Industriedorf Olbersdorf oder nach einstündiger Fahrt von Zittau auf der im Dezember 1890 eröffneten Sekundärbahn Zittau Oybin, erreicht man den idyllischen und vielbesuchten Luftkurort Oybin, der von den mehr oder weniger bewaldeten Höhen des Töpfer, Scharfenstein, Brandstein, Hochwald, Johannis-, Schuppen-, Pferde- und Ameisenberges rings umgrenzt wird und eine wahrhaft malerische Lage hat. Inmitten des Ortes erhebt sich direkt von des Tales Grunde aufsteigend, in Glockenform, der Felsberg Oybin, fast isoliert stehend und in seinem wildzerklüfteten Gestein wirkungsvoll bestanden von uralten knorrigen Kiefern, stämmigen Fichten und mächtigen Buchen, Seine Seehöhe beträgt 514 Meter, seine Höhe über dem Spiegel der Dorfbach 116 Meter. Drei am ersten Burgtore sich vereinende Wege
N
Burg und Kloster Oybin vor dem Brande 1577 Versuch einer Rekonstruktion nach dem Carpzowschen Bilde von 1716 und anderen alten Bildern von Kommissionsrat Alfred Moschkau
führen in etwa fünfundzwanzig Minuten Gehzeit hinauf auf den Oybin. Von diesen Wegen führt der erstere vom Bahnhofe durch den romantischen Hausgrund, der andere ortsaufwärts am Ortskirchlein auf bequemen Treppen bergan, der dritte endlich ebenso und am Schuppenberge entlang, über die Ritterbrücke. Während der Hausgrundweg in jetziger Form erst Anfang des vorigen Jahrhunderts angelegt wurde und in der Blütezeit von Burg und Kloster, wie alte Stufen und eine Pfortenanlage beweisen, nur ein einfacher Schlupf- oder Wasserweg gewesen sein mochte, bildete der jetzige Kirchweg in klösterlicher Zeit den Aufweg vom Maierhofe zum Berge, während jener Weg am Hange des Schuppenberges als die eigentliche Zufahrt zu Burg und Kloster zu betrachten ist. Noch sieht man an einigen Stellen der dem Fahrwege nahen Felsen die von den Wagenrädern ausgewetzten Gleise und noch jüngst standen von einer die Kluft unterhalb der Burg einst überbauenden Brücke zwei starke Pfeilerreste. Sie sind indessen an der im Herbst 1894 neu-errichteten massiven Ritterbrücke, bei deren Fundierung man eine größere Zahl böhmischer Groschen von Wenzel IV. fand, mit verbaut worden. Letzterer Weg führt daher mit Recht den Namen Ritterweg. Wird dieser von Touristen zwar auch gewählt, der Hausgrundweg schon mehr und dies wegen seiner in der heißen Jahreszeit schattigen Kühle und des köstlichen Blickes halber, den man von seinem stillen Weiher aus auf die Ruinen von Klosterkirche und Burg genießt, so wird dagegen zumeist als Aufstieg der Treppenweg bemüht, welcher aus dem Zentrum des Ortes, an der traulichen Dorfkirche und dem am 16. Juni 1907 eingeweihten König-Albert-Denkmal vorüber, aufwärts steigt: Er ist zum Teil durch Felsen gebrochen und zeigt außer einer Pfortenanlage auch eine Nische, in welcher zur Zeit des Klosters ein Heiligenbild angebracht war. Vielfach befremdet der auf dem Kirchturm angebrache Halbmond und Stern. Das ist eine früher auf vielen deutschen und österreichischen Kirchtürmen beliebte historische Reminiszenz an den Türkenkrieg 1683, an den Sieg des christlichen Lichtes (Stern oben) über den
Klosterkirche und Kaiserhaus vom Hausgrundteiche gesehen.
türkischen Halbmond (Halbmond darunter). Das Mittags- und Abendläuten mit dem dreimaldrei Anschlagen am Schlusse (Vaterunser) ist als "Türkengebet" hier ebenfalls noch im Gebrauch. Seit Ostern 1912 ertönt von einem neunteiligen Glockenspiel, welches in der Turmlaterne sich befindet, täglich einige Male Choralmusik. Die Ruinen des Oybin gehören drei verschiedenen Perioden an. Die ersten Bauten, die sich auf ihm erhoben, galten einer Ritterburg (1256 - 1316), erweitert unter Kaiser Karl IV. durch das Kaiserhaus (1364). Indem dieser die ganze Feste endlich Cölestinermönchen als Wohnung übergab, fand deren Umwandlung durch Zubau der majestätischen Klosterkirche (1366 - 1384) in ein Kloster statt. Der Umstand, daß auf Oybin anfangs nur ein festes Haus errichtet (1256), später ein Bergfried dazu (um 1310) erbaut und erst letztlich eine Ritterburg (1312-1316) nach deutscher Anlage begründet ward, daß die späteren Zubauten des stattlichen Kaiserhauses und der Klosterkirche im Bezirke der Burg ihren Platz mit erhielten, mag so manchen ursprünglichen Bauteil der Abtragung zugeführt haben. Aus diesem Grunde läßt sich auch nur ein annäherndes Bild der ehe-maligen Beschaffenheit der Burg geben. Ansprechende Versuche einer Rekonstruktion von Burg und Kloster vor deren Untergange lieferten Corn. Gurlitt, W. Hermann und der Verfasser. Beglaubigte alte Ansichten vor 1716 und alte Grundrisse fehlen aber gänzlich! An der minderzerklüfteten, in längeren, schmalen Terrassen aufsteigenden Seite des Oybins angelegt, bestand die eigentliche Ritterburg aus drei festen Toren, welche nach außen durch eine feste Brustwehr verbunden waren und an der Schildseite durch einen gut bewehrten Zwinger doppelten Schutz empfingen. In der Vorburg umgaben den kleinen Burgplatz das Pförtner- oder Knappenhaus, Schuppen und Stallungen, nebst einer Zisterne. Das dritte Tor war das stärkste, der Schlüssel zur Hochburg. Diese ward gebildet von der Kemnate, dem Waffenhaus und hohen Brustwehren, versehen mit
Das obere Burgtor
Wehrgängen. An das Waffenhaus erbaute man später in nördlicher Richtung das Kaiserhaus, wodurch die Burg an Umfang und Ansehen wesentlich gewann. Oestlich aber schuf man durch Abtraguug kolossaler Felsmassen seit 1366 Raum für die Klosterkirche und einige Nebenbauten, während durch diesen Bau manche Teile der ersten Burganlage verschwanden, von der übrigens nur zwei Turmfragmente und Reste einer sehr hohen Brustwehr sich erhielten. Die Anlage der Burg verrät eine überaus geschickte Ausnutzung des immerhin beschränkten Raumes. Kühn an der Felsen äußersten Kanten baut sich Brustwehr über Brustwehr; durch bogenförmige Anlage des Weges und durch Treppen wird die Höhe allmählich erreicht, auf welcher die Burggebäude den festen, fast unbezwingbaren Bau krönen. Zwei vergebliche Belagerungen des Oybin durch die Hussiten bezeugen seine Wehrhaftigkeit selbst in den Zeiten vielverbesserter Waffenkunst. So war der Oybin also ein stolzes Bauwerk, welches mit seinen Türmen und Wehren der damals an sich stillen, wilden Berglandschaft zu großer Zierde gereicht haben wird, seinen Bewohnern aber bot, was er bieten sollte, eine sichere, eine friedliche Wohnung und Zuflucht. Sind wir auf einem der drei Wege auf der unteren Terrasse des Oybin angelangt, so bieten sich Zeugen der alten Zeit nur erst geringe. Der einstigen alten Brückenfeiler gedachten wir bereits. Da nun sowohl in der Richtung gegen das erste Burgtor als auch gegen den Hausgrund zu ein größerer Mauerteil und unterm Gestrüppe Mauerreste bemerkbar sind, so scheint vor der Klosterzeit an der Brücke ein Tor gewesen unb von hier aus in bezeichneter Richtung eine Brustwehr diese ganze Terrasse umfaßt zu haben. Die Falze an dem zum ersten Tore führenden Felsen, links, deuten ebenfalls auf eine und dies sehr alte Toranlage und dort, wo unterhalb der Ruine der Burg regelmäße Löcher im Felsen sich erhielten, vermuten wir Bauschuppen aus der Zeit der Errichtung der Klosterkirche. Wir gelangen nun zum jetzt ersten Tore und durch dasselbe in die eigentliche Vorburg. Dieses erste Burgtor
Die Ritterburg Oybin vom Schuppenberg gesehen
war im Jahre 1716 noch bis zur Zinnenkrönung erhalten, wurde aber 1734 zum Bau der Oybiner Ortskirche bis zu halber Höhe abgetragen und des äußeren gotischen Torgewändes beraubt, so daß jetzt ein aus Ziegeln hergestelltes mit rundem Bogen, das alte ersetzt, während das gotische Gewände nur innen noch erhalten blieb. An diesen Torturm lehnt sich rechts aufwärts die Außenbrustwehr bis zu den Hundebargen, während außerhalb desselben oben auf der Felskante Reste der Zwingerbrustwehr sichtbar werden, die nahe dem Torturme 1824 in ziemlicher Höhe teilweise neuerrichtet wurden. Nach Durchschreitung des Tores gewahrt man links an der zurückstehenden Felswand diverse Falze, die vermuten lassen, daß hier, die Tradition bekräftigend, Stallungen sich befanden. Links, mehr oben an der Wegbiegung, steht die Pförtnerei, welche in der Klosterzeit von Laienbrüdern bewohnt war und, weil damals angeblich auch den Klosterschneider beherbergend, jetzt den Namen „Schneiderstübel" führt. Den BalkenlagerFalzen nach war dieses Gebäude einst zweistöckig. Bemerkenswert ist das massige niedrige Türgewänd. Am Allerheiligentage 1458 „stacks nach der Hochmeß" brach, wie angenommen wird, in diesem Gebäude (in domo inferiori) ein Feuer aus, welches Stube und Küche verheerte. Merkwürdigerweise berichten alte Quellen: Daß es Tatsache sei, daß ein Geist an dem Brande die Schuld trage, der schon die vorhergehenden acht Tage die Dienstboten durch sein „Leuchten" erschreckt und wegen welchem der Pater Prior und ein anderer Cölestiner Nachtwachen gehalten habe. - Gradüber an der Brustwehr grünt noch eine der ehrwürdigen Burgeichen, deren Wipfel 1878 ein Sturm knickte, während ein anderer 1856 abstarb. Was würde dieser gegen 400 Jahre alt geschätzte Baum alles erzählen können! Links an der jähen Felswand befinden sich zwei Aushöhlungen, Hundebargen genannt, die wir eher als einstigen Auslug für Wächter als Hütten für Hunde halten möchten. Von der Bank unter den Linden hier ist übrigens eine herrliche Aussicht gegen Ober-Oybin
und den Hochwald und der Umstand, daß man von hier die zwei Gebirgsübergänge gegen Gabel und Leipa beobachten konnte, spricht dafür, daß hier ein Wächter zur Notzeit am Platze war. Rechts von der Pförtnerei, an der Felswand, deuten Falze darauf hin, daß hier ebenfalls ein bedachtes Gebäude stand, Von dem lehnan noch ein Rest der Quermauer steht. Wir halten dafür, daß hier ein Wagenschuppen war. Dicht oberhalb gedachter Quermauer befindet sich eine in den Fels gespitzte, jetzt verschüttete Zisterne, die ebenfalls ein Dach hatte. Hier sammelte man das für die Vorburg benötigte Wasser. Bei der Pförtnerei hört der Weg auf und eine in den natürlichen Felsen gespitzte, bis zu ihrer 1891 erfolgten Erneuerung, auf beiden Seiten mit Wasserinnen versehen gewesene Treppe mündet zum oberen Burgtore. Linker Seite liegt der Burgzwinger, zu dem links, nahe des oberen Tores ein Fußpfad abwärts führt. Außer einigen Mauerresten und Stufenfragmenten bietet derselbe nichts von Interesse, Wenn es auch für den Burgenfreund lohnt, vom Zwinger aus den auf äußerster Felskante fundierten Aufbau der Hochburg in nächster Nähe zu besichtigen. Auch in den Felsen gehaltene Wandfragmente eines kleinen Gebäudes sieht man noch daselbst. Das obere Burgtor, an welches sich jeseitig Brustwehren anlehnen, gehört zu den beachtenswertesten Ruinen des Oybin. Mit dem Treppenaufgang im Vordergrunde bildet es immer aufs neue ein dankbares und beliebtes Motiv für Maler. Gut erhalten sind noch die beiden hohen und breiten gotischen Torbogen, wie diese Torturm denn bis mit dem ersten Stock noch in gutem Zustande sich erhielt 1736 stand auch noch das zweite Stock, während das Turmdach dem Felsensturz von 1681 zum Opfer fiel. In der Torhalle bemerkt man, daß die linke Wand in reinen Felsen abgespitzt ist. Die vielen ausgehauenen Falze rechts innen verraten, daß man in Belagerungszeiten hier gehörige Schutzmaßregeln getroffen. Zu seinem ersten Stock, mit drei Fenstern und einer Schranknische,
Klosterkirche Oybin
führte sonst vom oberen Burghofe von außen eine Treppe. Die Türe dazu ist niedrig, mit einem Rundbogen. Dieser Turm war es vielleicht, dessen Räume als Staatsgefängnis dienten. Im Jahre 1477 war es eine Gesandschaft des Königs Matthias, die man auf Oybin festhielt und endlich für 1800 Dukaten ausgelöst wurde. Im oberen Burghofe, den wir nun betreten und der einst gepflastert war, während jetzt Schutthügel ihn bedecken und herrliche Buchen ihn umgrünen, wenden wir uns zunächst links. Wir bemerken hier zuerst rechts die Reste eines gemauerten Pfeilers, dessen Zweck unbestimmbar ist, ferner links ein langes Stück Brustwehr, welches vor einigen Jahren teilweise erneuert werden mußte. An diese lehnt sich die Kemnate, oder wie man sie auch nennt, das Amtshaus, an welchem Gebäude sich noch zwei Fenster und eine Schranknische erhielten. Zur Ritterzeit die eigentliche Wohnung des Burgherrn oder seiner Vertreter, dürfte sie in der Klosterzeit der Sitz der geistlichen Verwaltungsbeamten für die reichen Klosterbesitzungen gewesen sein, worauf die Benennung als Amtshaus deuten könnte. Die Kemnate war einst Zweistöckig, Im Souterrain befand sich ein Keller, der, weil in der Front der oberen Brustwehr liegend, auch Verteidigungszwecken diente. Dies bekunden zwei interessante Schießluken in !-Form, die für kleine Geschütze benutzbar waren und gut erhalten sind, doch nur vom Zwinger aus gesehen werden können. An dieses Gebäude stößt eine halbrunde Bastei mit schlitzförmigen Schießluken, noch in zwei Stockwerk Höhe erhalten, einst aber, und noch 1716 bedeutend höher. Wie Baukundige versichern, ist dieselbe erst später, vielleicht in der Hussitenzeit, an die äußere Brustwehr angebaut worden. Im Jahre 1554 wird indessen auch von einem neuerbauten Pulverturme in alten Dokumenten gesprochen. Im Volksmunde gilt er als Hungerturm, als Burgverließ, auch als „der Ritter Geldstübchen", obwohl er nur Verteidigungszwecken zu dienen bestimmt war, da von ihm aus der untere Zugang zur Burg sich sehr wirksam beschießen ließ. Aus ihm kann man in einen alten wohlerhaltenen Burgkeller gelangen, der für wirtschaft-
Die St.-Wenzels-Kapelle (Sakristei)
liche und Bauzwecke reserviert ist und ein Fenster nach dem Burgzwinger hat. Fast scheint es, als sei sonst vom Zwinger durch diesen Keller ein Aufgang zur Burg gewesen. Wäre dieser Halbturm schon aus älterer Zeit, dann konnte er wohl als Burgverließ gedient haben und dann wäre er vielleicht gemeint mit dem „Turme, daß dich die Sonne nicht beschiene", mit welchem ein Oybiner Cölestiner einem treulos gewordenen Klosterbruder einstmals drohte. Vor uns steht nun, zu zwei Seiten auf einem fast 40 Meter hohen Felsausläufer thronend, das zweistöckige, einstige Hauptgebäude (Palas) oder Waffenhaus der Burg und nachmalige Refektorium des Klosters, in der Zeit von 1312 bis 1316 durch Heinrich von Leipa errichtet. Die Kellergewölbe sind eingebrochen. Im Parterre befand sich der neun Quadratmeter große Saal, den zwei mächtige, einst mit Steinsitzen versehene Nischenfenster mit gotischen Doppelbogenfenstern erhellten, und welcher ehedem eine Holzdecke und Kamin hatte. Dieser alte Burgsaal war nicht nur der größte Raum der Feste Oybin, sondern auch der lichtreichste! Außer der Klosterkirche zeigt kein Gebäude auf dem Oybin nur annähernd so große und durch den Mittelstab der gotischen Gewände so dekorative Fenster! Daß man in Belagerungszeiten diese hohen Fenster vor feindlichem Geschoß zu schützen wußte, bezeugen in den Nischen dicht an den Fenstergewänden noch sichtbare starke Holzriegellöcher, die einen schußfreien Verschluß schnell und bequem herstellen ließen, Gegen Nordwest ist, wie an allen BurgsääIen üblich, der schmale Abort angebaut. Ein Zugang zu ihm ist noch vorhanden, Ueber dem Saale erhob sich ein zweites, niedrigeres Stockwerk, mit einem mittleren größeren und jeseitig einem kleineren Fenster gegen Süden, von denen nur noch eines erhalten ist. Dieses Gebäude 1716 und noch 1804 besser erhalten, drohte dem Verfall und ward in den Jahren 1845, 1856 und 1865 einer Renovation unterzogen, wobei das westliche Fenster des Burgsaales seine gotischen Fenstergewände einbüßte, welche man auf einer Müllerschen Radierung von 1823 noch erhalten sieht. Seit 1883 ist der Burgsaal passend renoviert, die
Eingang zum Kreuzgang
hohen und tiefen Nischenfenster kunstreich verglast und in dem einst gewiß bedeutungsvollen Raume das „historische Museum" untergebracht, worüber am Schlusse dieses Buches ein Mehreres folgen soll. Rechts von diesem Hauptbau mag sich in ritterlicher Zeit, gegen Zittau zu, nur eine Brustwehr mit Wehrgängen befunden haben, im Jahr 1364 aber mußte die Stadt Zittau hier auf Karl IV. Geheiß ein drei Stock hohes Gebäude, das Kaiserhaus aufführen, welches historisch denkwürdig ist, als darin im Herbst 1369 Kaiser Karl IV. nächtigte. Von Zittau kommend, oder am Hausgrundteich stehend, auch vom Restaurant-Zimmer aus, bietet sich die beste Aussicht der an kleinen Fenstern reichen Außenfront dieses Baues, welcher nach der Burghofseite ganz zerfallen ist. Aufmerksame Prüfung des Baues, unter Zuziehung kundiger Architekten ergaben, daß sich im Souterrain Keller und Küche, im Parterre diverse Gemächer, im ersten Stock aber ein kleiner, unregelmäßiger, von freistehenden achteckigen Säulen getragener, gewölbter Saal nebst weiteren Zimmern befanden, Ob darüber noch ein Halbstock sich erhob, ist fest nicht zu bestimmen, wohl aber möglich. Unmittelbar auf jäher Felskante, unter Ueberwölbung einzelner Felsklüftungen ist der Bau fundiert, in welchem in klösterlicher Zeit die Mönche Wohnung nahmen, während der Saal vielleicht später als urkundl. erwähntes „neues Refektorium" adoptiert worden sein mag. Die Form eines der Fenstergewände zeugt übrigens dafür, daß das Gebäube um 1480 einer teilweisen Renovation unterzogen wurde. In der Richtung vom Kaiserhaus zur Kirche scheint, auf ebenfalls überwölbten Klüften, eine Brustwehr gestanden zu haben. Wölbungsund andere Mauerrudera deuten darauf, ebenso der Umstand, daß unmittelbar daran eine über einander errichtete Kelleranlage vorhanden war, von der noch Teile sichtbar sind. Auch zwischen dem Waffen- und Kaiserhause ist noch ein spitzverlaufender Keller, den man die Folterkammer nennt. Uebrigens war der Burghof ursprünglich sehr klein, denn, wie die Ausgrabungen im Jahre 1905
Innere Ansicht der Klosterkirche
ergaben, haben den Raum zwischen oberem Tor, Burg und Kaiserhaus, diese Gedäude verbindende Baulichkeiten aufgefüllt, von denen Mauerreste, Kellergerwölbe mit Stufen und Türgewändeteilen zum Vorschein kamen. Interessenten finden den betr. Grundriß unter Nr. 138 S. 171 im Heft 29 der Beschreibung, Darstellung der Bauund Kunstdenkmäler Sachsens. Wir sind bez. der Beschreibung der alten Burg- und Kaiserhausruinen unserer in früheren Auflagen
Alte Bildnereien in Stein an den Wänden der Cölestinergrüfte gegebenen Darstellung treu geblieben und befinden uns damit in Uebereinstimmung mit angesehenen Fachleuten. Wir erwähnen daher nur noch, daß rechts vom Denkmal des Oybinforschers Dr. Chr. Ad. Pescheck (gest. 1859) an einem Felsstücke die schwachen Spuren eines ausgehauenen alten Wappens der Stadt Zittau, mit interessanter Helmzier, beachtet werben möge. Wir schreiten nun zur Betrachtung der Klosterkirche, die bis auf Gewölbe und Dach noch wohl erhalten steht. Im Jahre 1366 in der Woche nach Pfingsten begann der Bau, am 6. November 1384 wurde die Kirche eingeweiht. Die Kirche ist, wie man wohl nun mit ziemlicher Sicherheit annehmen darf, ein Werk des be- rühmten Prager Dombaumeisters Peter Parlar von Gemünd oder eines seiner Söhne; das dem Meister Peter und seinen Söhnen angehörende Steinmetzzeichen läßt sich an der Kirche noch jetzt an drei verschiedenen Stellen nachweisen. Auch Peter Parlar nahestehende Verwandte und Schüler waren den betr. Steinmetzzeichen nach am Oybiner Kirchenbau tätig, Vor der Kirche
erhob sich ein stockhoher Vorbau mit zweigiebliger Fassade. Aus dem eine offene Halle bildenden Parterre desselben gelangte man in das höher gelegene Kirchinnere. Von diesem Vorbau stehen noch links der als Bahrhaus benutzte Gebäudeteil und ein weiteres Stück Seitenfront mit unten einem Fenster, dessen herrliche Gewände Vorhangform (Zeit: 1479—1480) zeigen und oben einem Fenster mit gotischem Doppelbogen, Ein eben solches Fenster stand bis zum Jahre 1803 auch oberhalb des Bahrhauses. Aus dem Parterre des Vorbaues gelangt man links in den sogenannten Kreutzgang, der noch heute architektonisch von schönster Wirkung ist, außerdem auch in die Klostergrüfte, zwei große Keller, teilweise in den reinen Fels gearbeitet mit einigen noch sichtbaren kreuz- und wappenförmigen Steinmetzarbeiten an den Wänden. Diese Grüfte sind längst gesäubert und werden jetzt für Zwecke der Bergwirtschaft benutzt Auf einer Treppe, an deren rechter Seite im Felsen zwei Nischen einst Heiligenbilder enthielten, gelangen wir in das Innere der Kirche. Die aus gerippten Kreuzgewölben gebildet gewesene Decke ist längst eingestürzt. Rippenziegeln, sowie eine aus Sandstein gearbeitete Deckenrosette mit dem böhmischen Löwen bewahrt das Oybin-Museum! Das hohe Portal ist einfach-edel profiliert, Ueber diesem befand sich sonst eine Steintafel mit dem Chronodistichon: CoenobIVM KaroLVs: hoC: ConDIdit: IndVperator, in welchem daß Jahr der Klosterstiftung 1369 angedeutet war. Die Kirche zerfällt in das breitere Schiff und den schmäleren Thor mit dreiseitigem Chorabschluß; die Länge der Kirche beträgt zirka 29 Meter, Schiff und Chor teilt ein etwa 30 Meter hoher, gut erhaltener imposanter Schiedbogen von edelster Form, an welchem einst an starken Eisenketten ein mächtiges Holzkreuz befestigt war. Direkt am Eingange, auf einem von achteckiger Säule getragenen Kreuzgewölbe, befand sich der Orgelchor, zu welchem man durch eine Tür vom Kirchturme gelangte. Die Tür ist noch vorhanden, ebenso die Nische für den Notenschrank. An der linken Seite im Chor der Kirche -war die Kanzel. Ihr Platz ist kenntlich. Im Schiff
Klosterkirche Oybin. (Vom Prinz-Friedrich-August-Platz gesehen.)
standen vier Altäre, im Chor der Hochaltar. Rechts von ihm die große Nische war der Sitz der Klosteroberen u. bei festlichen Gottesdiensten. Geweiht war die Kirche dem heil. Geist, der heil. Jungfrau Maria, dem heil. Wenzeslaus und dem heil. Petrus, denen also auch die Altare gewidmet gewesen sein mögen. In den Wänden sind noch einige Schranknischen und ganz kleine zierlich ausgespitzte Behälter, letztere zur Aufbewahrung des heil. Oeles. Vom Hochaltar und zwei Seitenaltären sieht man noch den Unterbau, Sechs große mehr breite als hohe Fenster, in denen man noch viele Reste des schönen Maßwerks bemerkt, erleuchteten das Schiff, dessen rechte Wand bis zu zirka 13 Meter Höhe aus natürlichem abgespitzten Felsen besteht. Dies gilt auch für den Chor der Kirche, welchen jeseitig zwei Fenster erhellen, während im Chorschluß zwei sehr hohe schlanke und ein kürzeres schmales Fenster, mit gut erhaltener Füllung Sicht spendeten. Das Maßwerk sämtlicher Fenster war mit buntem Glasef die Fenster mit Butzenscheiben versehen Reste davon blieben erhalten und sind deren im OybinMuseum vorfindlich. Besteigenswert ist auch der Kirchturm; die ehemalig steinerne ist durch eine hölzerne Wendeltreppe ersetzt. Die Turm- treppe geht anfangs innerhalb der starken Kirchmauer. Der Turm selbst hat in seinem oberen Teile achteckige Form und wird durch viele Fenster in Schlitzform von außen erhellt. Eine oben vorhandene Tür bezeugt, daß einst vom Turm nach dem Raubschloß-Felsen ein Uebergang vorhanden war Noch sei bez. der Kirche aufmerksam gemacht, daß an der rechten Wand des Schiffes sich auf dem Wandputze noch Reste von Weihekreuzen erhielten, dunkelfarbige Kreide mit bunter, runder Umfassung, die einst wieder Blumenranken umgaben. Am Kreuze sah man den Reichsapfel und das Kloftersignum (ein Kreuz mit darum gewundenem S!). Gut erkennbar sind deren nur noch drei, über dem einen auch noch eine Art fliegendes Band und Buchstaben= resp. Wortreste von Sprüchen usw. Vielleicht stand über jedem Weihekreuz, ein Spruch. Diese Kreuze bezeugen die bischöfliche Weihe der
Kirche und es waren deren ursprünglich zwölf vorhanden. Der bedeutende Prager Bischof Johann von Jenstein vollzog an oben genanntem Tage die Weihe dieses einst prächtigen Gotteshauses. Links vom Chor führt eine Tür in die Wenzels-kapelle, gemeinhin Sakristei genannt. Hier befand sich nur ein Altar, dessen Unterbau auch noch steht. Im Chorabschlusse. sind drei zierliche gotische Fenster, außerdem geben noch drei Fenster nötiges Licht. Auch zwei Schranknischen und ein Ausguß (sacrarium) sind noch bemerkbar. Reste mehrerer farbiger Weihekreuze deuten auch hier die Consecration in unctione an, welche gleichfalls am 6. November 1384, aber durch den Prager Weihebischof Wenzel vorgenommen ward. Zu beachten sind außerdem die diversen GewölberippenKonsolen, kleine Meisterwerke der Steinmetzkunst. Von der, wie auch von der Kirche einst, mit Sandsteinplatten belegten Wenzelskapelle, führte sonst eine Tür nach dem Kreuzgang oder in die östliche Seitenkapelle. Unterhalb dieser Kapelle befindet sich ein Felsengemach, durch eine im Fußboden eingelegte Steinplatte verschlossen. In diesem finsteren Raum (jetzt durch die hintere Klostergruft erreichbar!) mochte man in Zeiten der Not die Klosterwerttümer verborgen halten. Die Wenzelkapelle ist übrigens ein Schmuckstück der Oybin-Ruinen und ein Liebling für Maler und Zeichner. Wir haben nun noch mit kurzen Worten der drei Seitenkapellen zu gedenken, welche oberhalb des Kreuzganges, dem Kirchenschiff gleichlaufend, sich befinden und zu denen vom Schiffe der Kirche aus Türen mit gotischen Gewänden führen. Jede der ersten beiden hat zwei, die dritte vier Fenster nach außen; innen schlossen große Bogenöffnungen, anscheinend mit Eisengitterwerk oder Fenstern gefüllt, sie von einander ab. Weihekreuze fehlen, diese Kapellen waren daher nur benediziert. Die erste links hat einen Ausguß und gilt als Privat-Kapelle des Priors; eine niedrige Tür führte von ihr in den Vorbau, der, was hier nachgetragen werden soll, im ersten Stock vielleicht Bibliothek und Archiv oder die PrioratsWohnung enthielt. Auch in den gedachten drei Kapellen, denen seit
langem der Fußboden mangelt, sind herrlich gearbeitete unterschiedliche Sandstein-Konsolen erhalten. Wie oben gesagt, baute man über der Kirche achtzehn Jahre. Den Steinmetzzeichen nach, die andere und wir mit einigen kundigen Freunden aufzufinden vermochten, arbeiteten daran etwa 60 Gesellen. Unter diesen Steinmetzzeichen befindet sich dreimal das des Prager Dombaumeisters Peter Parler von Gmünd. Die Löcher in den jetzt vielfach ihres Putzes entkleideten Werkstücken rühren davon her, daß man sie mittels Eisenzangen und mit Krahn aus der Tiefe hob. Bauhütten standen wahrscheinlich oberhalb der Dorfkirche rechts und links am Felsenhange. Falze am Felsen verraten noch deren Bedachung. Man fand dort am rechten Berghange alte SteinmetzenHandwerkszeuge. Kunsthistorisch gewürdigt hat diesen ebenso kühnen als stolzen Kirchenbau u.a. der namhafte Dr. Puttrich. Er sag: Kirche und Kreuzgang rühren aus einer Periode her, in welcher der gotische Baustil in seiner vollen Blüte stand. A. Oppermann ferner urteilt: Sie sei ein wichtiges, teilweise ganz originelles Denkmal der Zeit der vollendetsten gotischen Baukunst. Allgemein bezeichnet man sie neben Heidelberg und Paulinzella als köstlichste Ruine Deutschlands, als urechtes, ernstpoetisches und unvergleichlich schönes Gedenkbild aus der Zeit deutscher Romantik. Alfred Schubert-Höxter endlich nennt sie: eine Perle ausgereifter Frühgotik, reich an klassischer Architektur. Die sehr ein-gehenden Aufnahmen für das sächsische Inventar-Werk 1905 leitete der Dr. ing. Rathgen. Wir verlassen nun die Kirche und schreiten durch den düsteren Kreuzgang, dessen Anlage ihn zunächst als einen Stützbau der Kirche selbst dokumentiert, der aber den Mönchen in rauher Jahrezeit als Erholungsgang gedient haben mochte. Spuren an den Bogenöffnungen deuten auf einstigen Fensterverschluß und auf Bretterverdachung resp. Schutzvorrichtungen hin, diesen Teil der Kirche vor feindlichen Ersteigungen vom Hausgrunde her zu bewahren. In den Löchern und Ritzen der Kirche und Kreuzgangmauern horsten noch heute der Mäusebussard und Steinkauz der Turm- und Wanderfalk.
Ebenso das Waldkäuzchen, die zur Dämmerstunde resp. zur Nachtzeit schon manchen Passanten aus der Ruhe brachten. Wir statten zunächst dem Friedhofe einen kurzen Besuch ab. Einst vermittelte den Zugang zu ihm eine Brücke, vom letzten Bogen des Kreuzganges aus. Der betr. Brückenpfeiler jenseits ist noch erhalten. Der Friedhof besteht seit den Jahren 1512-16. Mit dem bei Durcharbeitung des Felsenganges hinter der Kirche gewonnenen Schutte wurde der Platz planiert. Hatten die Mönche ihre letzte Ruhestätte in den Grüften unter der Kirche, so diente dieser Friedhof zunächst zur Beerdigung weltlicher Klosterbedienter, nach Aufhebung des Klosters aber begrub man auf ihm auch einige ritterliche Bewohner des Schlosses Oybin. Dafür spricht das Auffinden eines Grabsteinrestes mit den Fragmenten eines geharnischten Herrn, welcher wahrscheinlich dem 1566 gestorbenen Oybiner Pfandherrn Benno v. Satza galt, ferner der von einer Steinplatte abgebrochene, ebenfalls im Oybin-Museum aufbewahrte Teil eines Frauenkopfes, dessen Abstammung, nicht festzustellen ist, endlich der noch am Friedhofe vorhandene, ziemlich erhaltene große Grabstein des Peter von Debschitz, diesen in Lebensgröße, gerüstet und auf sein Wappen gestützt, darstellend. Im Jahre 1714 „lag derselbe unter einer Linde", später und bis Herbst 1886 inmitten der übrigen Gräberreihen, seitdem erhielt derselbe an des Friedhofs östlicher Felswand, geziert mit neuem stilgerechtem Postament und Schutzdach, einen ent-sprechenden platz. Die Inschriften daran, welche hier folgen, geben jeden erwünschen Aufschluß. Sie lauten: „Anno 1550 am Tage Agnetis ist hier begraben der ehrenfeste Peter von Debschitz, bei Kaisern, Königen, Fürsten und Herren wohlverdienter Kriegsmann. D. S. S. „ Renovatum est jussu Nic. Sigm. de Debschitz equid. Siles 1742. “ Dies war die jetzt unleserliche Umschrift des alten Grabsteins. Ihr fügte sich auf unsere Bitte, welche 1886 die Neuaufstellung dieses Grabsteines zur Folge hatte, der neue Sockel mit folgender Unterschrift an: „Hier an seiner früheren Ruhestätte ist dieser Stein aufgerichtet von Albertine
Rogalla von Bieberstein im Andenken ihrer teuren Mutter, der verwitweten Oberst Ottilie Rogalla von Bieberstein, einer geborenen von Debschitz. Im Jahre des Herrn 1886." Peter von Debschitz, der in dieser Familie seines riesigen Bartes wegen als „Dobschutzio Barbato" fortlebt, starb hier bei seinem Bruder, dem Schloßhauptmaun Siegmund von Debschitz. Weitere Erinnerungen an alte Zeiten birgt der Kirchhof nicht. Derselbe dient seit 1574 und jetzt noch der Gemeinde Oybin als Gottesacker und dürfte in seiner Sage und romantischen Umgebung wohl einzig dastehen. Ehe wir diese Stätte stillen Friedens verlassen, treten wir zur Zeisigschen Gruft, um einen Blick auf das Aeußere der Klosterkirche, deren wirksamen Vordergrund der Friedhof mit seiner alten Linde bildet, zu werfen - ein Bild von höchstem landschaftlichen Reize, von unvergeßlicher Wirkung! - Drei Wege sind es, die uns nun winken. Wir wenden uns zunächst links von der Kreuzgangmündung durch bas Felsentor und gelangen in einen schmalen, hohen Felsengang, über dem links die Ruinen der ersten ältesten Ritterburg thronen, rechts aber zum größten Teile auf felsiger Wand die Klosterkirche sich aufbaut. Dieser Gang wurde in den Jahren 1512-16 ausgehauen, um die innere Südwand der Kirche trocken zu bringen. Hoch oben rechts erinnert ein Totenkopf und die Jahrzahl 1512 daran, daß bei dieser Arbeit ein Gerüst herunterbrach und ein Menschenleben forderte. Am Ende dieses sich verbreiternden Felsenganges befindet sich der sagenumwobene Jungfernsprung, eine schmale, tiefe Felsspalte, jetzt mit einem Brette überdeckt. Am Johannistage 1601 haschten sich hier zwei Zittauer Mägdelein. Beim Sprunge über die Kluft glitt eine derselben aus und fiel den etwa 10 Meter tiefen Felshang hinunter. Der im Fall sich aufblähende Reifrock bewahrte die Stürzende vor Schaden, Dies die Tatsache! Nach der Sage aber war es ein geraubtes Bürgermeister-Töchterlein, die von einem Ritter des Oybin verfolgt durch einen Sprung von dieser Stelle ihre Unschuld rettete. Nach anderer Lesart indessen war der Verfolger ein lüsterner Mönch. Von hieraus nun erschließt sich
ein lohnender Rundgang um den Berg, der herrliche Landschaftsbilder dem Auge vorführt und jedem Oybin-Besucher anempfohlen sei. Wir aber wenden uns zurück zum Friedhofer steigen zunächst einige Stufen aufwärts und haben zu rechter Seite vor uns eine senkrecht abgearbeitete hohe und lange Felswand, auf welcher sich Reste einer Brustwehr aufbauen und zu deren Besteigung eine Holztreppe nebst Torwerk einladen. Diese Ruine ist der letzte Rest des ersten alten Raubschlosses. Auf einem isolierten Felskegel errichtet, einst jeseitig von festen Wartturmen flankiert, rings von einer Brustwehr umgeben, bildete die in der Höhe angebrachte Türe den einzigen Zugang zu diesem Raubneste, welches die Zittauer Bürger seinerzeit demolierten. Nach Ersteigung der Treppe oben angelangt ist die altertümliche Ausbeute keine allzu große. Gleich rechts nahe der Türe, im kleinen Burghofe, steht an die Mauer angebaut, die Ruine eines Wartturmes, geradeaus weiter-gehend, sieht man einen in den Fels gearbeiteten Steingang, der, ehe die Klosterkirche stand, die Nordseite dieses Felskegels zu decken bestimmt sein mochte. Der Blick auf und in die Kirche ist hier sehr interessant und läßt uns die schönen Fensterfüllungen, die Simsverzierungen usw. in nächster Nähe bewundern. Links vom Turme aufwärts steigend gewahrt man die 1856 teilweise erneuerte Brustwehr und an deren Ende östlich abermals die Fundamente eines Wartturmes. Sonst ist noch zu erwähnen das sogenannte Felsengrab, eine grabsteinartige Ausarbeitung im Felsen auf der Südseite. Auf der plattenartigen Oberseite lassen sich mit einiger Phantasie, die sehr verwitterten Umrisse einer menschlichen Figur noch schwach erkennen. Irgend welche historische Angaben über dieses Grab (?) fehlen. Der oberlaus. Dichter Prätzel schrieb darüber 1814 einen hübschen Roman. Ferner an der Felsen äußersten Kante Reste einstiger Schlucht-Ueberwölbungen, auf denen die vormals diesen ganzen Felskegel umgürtende Brustwehr fundiert war. Endlich auf der nördlichen Seite eine ebenfalls in den Fels gearbeitete Vertiefung, die als Zisterne gelten kann, von Prähistorikern aber, mit vieler
Wahrscheinlichkeit für einen heidnischen Opferkessel mit seitlicher Abflußrinne gehalten wird. Von dem einstigen Ritterhause, welches nach alten Quellen nur aus Holz und Ziegeln erbaut war, sind Spuren nicht mehr sichtbar, wenn auch an verschiedenen Stellen winzige Mauerreste im Moos bekunden, daß es auf der Mitte des Plateaus stand. Wir verlassen das alte Raubschloß auf dem Wege wie gekommen und besteigen nun sie geradüberliegende andere Felskuppe, den Kegelstein genannten Gipfel des Oybin (514 Meter). Stufen führen zu ihm, der in zwei Felsabsätze sich teilt. Ruinen fehlen hier gänzlich, aber historische Reminiszenzen knüpfen sich an ihn. Die bemerkenswertesten Plätze sind auf dem unteren Teile das Kaiserbett und der Kaiserstuhl, im Fels ihrer Benennung entsprechend seit alter Zeit markiert. Nach der Tradition ruhte dortselbst Kaiser Karl IV. nach der Einnahme der Burg oder bei seinem Besuche des Oybin 1339 aus und erfreute sich von da des wundersamen Blickes auf seine getreue Stadt Zittau. Noch heute ist ein Blick von diesen mit Barrieren eingefaßten denkwürdigen Stätten auf die blühende Stadt Zittau und deren weite Umgebung ein fesselnder und bezaubernder. Direkt beim Kaiserbette steht eine Dunkelkammer, deren Besuch bestens empfohlen sei. Südlich vom Kaiserstuhl, rechts vom Schießhäuschen, befand sich nach der Tradition die Kegelbahn der Cölestiner, die dieser Felskuppe den Namen gab. In der kleinen Felshöhle mochte beim Spiel der Mönche „mit den hölzernen neun Musen" der Herr Kellermeister wohl ein Fäßlein Gerstensaft oder Köblitzer Traubenblut zur Atzung bereit halten. Auf dem durch eine Holztreppe erreichbaren oberen Plateau soll während des Baues der Klosterkirche eine kleine Betkapelle gestanden haben, auf deren Grundmauer 1794 ein Sommerhaus errichtet wurde, welches man vor wenigen Jahren abbrach. Außerdem erzählt die Sage, daß von hier aus die beutegierigen Ritter des Oybin ihre Kollegen auf den einst von hier aus sichtbaren Burgen Landskrone, Rohnau und Falkenburg durch Feuerzeichen verständigten, wenn an der Leipaer Straße ein lohnender Fang in
Sicht war. Hiermit sind die historischen Erinnerungen auch dieses Teiles des Oybin erledigt und wir wenden uns treppab dem Friedhofe zu, um am Wege zum Bergrestaurant die letzten Zeugen alter Zeiten zu besehen und zu erwähnen. Dies gilt zunächst für die rechts am Wege gelegene große und 4 Meter tiefe, in den Fels gehauene Zisterne (schwarze Pfütze), welche nach darin eingemeißelten Jahreszahlen schon 1370 vorhanden war. In dieselbe soll man, nach des böhmischen Gelehrten Balbin Aufzeichnungen, in Röhren das Regenwasser von allen Gebäuden des Klosters geleitet haben. Wie die Sage verkündet, ist der Grund dieser Zisterne mit Steinplatten belegt, auf deren einer, von besonderer Größe, ein Kreuz ausgehauen sein soll. Dieselbe verschließt den Gang zu einer unterirdischen Höhle, in welche vor der Einnahme der Burg die Ritter ihre Schätze retteten. In einer gewissen Nacht jedes Jahres soll sich zu mitternächtlicher Stunde das Wasser geheimnisvoll verlaufen und der Gang dann Auserwählten zugänglich sein. Versuch, den Schatz zu heben, wurden leider stets durch störend eingreifende Schreckgespenster vereitelt. In der geradeüber gelegenen Einbuchtung befand sich der alte Burgbrunnen, in Rundform in den Felsen gespitzt. Im Jahre 1600 wurde versucht, ihn zu reinigen, doch gab man vorzeitig die Arbeit auf. Jetzt liegt er völlig mit Schutt zu-gefüllt. Hiermit ist die Beschreibung der auf unsere Tage gekommenen Reste der Ritterburg und des Klosters Oybin erschöpft. Ob du, Wanderer, zum Oybin pilgerst an trüben oder sonnigen Tagen; ob du ihn bewunderst von den schattigen drei Linden an der Schulwiese, vom stillen Weiher des Hausgrundes oder von der Bank oberhalb der Schule, du wirst ihn lieb gewinnen und sein Bild wird als ein angenehmes in deiner Erinnerung fest bleiben. Noch mehr wird er aber in deinem Gedenken fortleben, wenn du hinaufsteigst auf seinen Felsengipfel und dort in rechter Feierstimmung wandelst durch die zerfallenen Räume der Ritterburg, durch die verödeten Hallen der Kirche, dich niederläßt
auf einem der efeuumrankten Hügel des stillen Gottesackers und dein Geist zurückschweift in jene Zeiten, da Ritter oder Mönche hier ihren Hort hatten. Und wärest du auserlesen des Oybin zauberhafte Welt in heller Mondnacht oder im Glanze glühenden Buntfeuers zu genießen, wo noch auf Gottes Erde bliebe dir ein erhabenerer Genuß?
Kirchruine Oybin vom Hausgrund gesehen.
I. Ritterburg und Kaiserhaus.
D
as Zittauer Gebirge war stets eine wichtige Grenzscheide. In alter Zeit trennte es die Gaue Zagost und Nisan; später und bis heutigen Tages die Oberlausitz von Böhmen. Zittau lag im Gaue Zagost, als ein Zubehör der Krone Böhmens. Erst seit ihrer Verbindung mit dem Sechsstädtebunde betrachtete man sie als zu der Oberlausitz gehörig. Vorher und bis zum Jahre 1319 war Zittau mit seiner Umgebung Eigentum mächtiger Herren von Adel, seitdem eine freie, königliche Stadt, die mit der übrigen Oberlausitz im Jahre 1636 an Sachsen fiel. Der Töpfer und Ameisenberg gelten als heidnische Kultusstätten, nicht minder der Oybin. Wohl handelt es sich dabei nur um Vermutungen. Diese finden aber ihren Stützpunkt in einem mächtigen, leider nur teilweise noch erhaltenen Steinwalle auf der südöstlichen Kuppe des Töpfers, einem als vorgeschichtlich noch nicht festbestimmten Steinwalle im hinteren Hausgrunde am Oybin und einem sicher von Menschenhand ausgearbeiteten, vermeintlichen, guterhaltenen Opferkessel mit Abflußrinne auf der Westkuppe des Berges Oybin. Es bezeugen dagegen unwiderleglich reiche Bronzekelt- und Urnenfunde in Olbersdorf, eine Bronzepfeilspitze am Johannisstein und Funde von Stein- und Bronzewaffen im Oybintale, von Urnenresten und vielen Bronzewaffen auf der südlichen Vorstufe des Oybin, besonders auf dem mit dem König-Albert-Denkmal bebauten Terrain, daß unser Gebirge und insonders der Oybin in vorgeschichtlicher Zeit Siedlungen beherbergte, wozu nach Funden von bearbeiteten uralten Hölzern, oberhalb der Teufelsmühle, auch Pfahlbauten gehört haben werden.
Seine eigentliche Lebensader empfing das Zittauer Gebirge dadurch, daß es in der Richtung Gabel - Prag und Leipa - Prag außer den uralten Saumpfaden durch das böhmische Tor bei Hartau und durch das Oybintal über den Hainberg, welche vielleicht bis in vorgeschichtliche Tage zurückreichen, ebenfalls seit undenklicher Zeit zwei wichtige Handelsstraßen, den Norden mit dem Süden verbindend, durchbrachen. Von diesen beiden ist die letztere für uns von besonderer Bedeutung. Noch heut durchschneidet sie als „alte Leipaer Straße" den Olbersdorfer Forst, allerdings degradiert zur einfachen Forststraße, hie und da noch in schmaler, tiefer Hohlwegform die einstige Beschaffenheit verratend. Sie führte von Zittau durch Olbersdorf nach Niederoybin, hier weiter im Waldesdunkel zwischen Ameisen- resp. Pferdeberg und Jonsberg zur Landesgrenze, über Krombach und Mergtal an der Zoll- und Geleitsburg Mühlstein vorüber gen Zwickau und an der Zollburg Bürgstein vorbei nach Leipa. Einesteils um diese wichtige Verkehrsstraße zu sichern, andernteils um an der äußersten Mark der Herrschaft Zittau, die wieder mit den Besitzungen mächtiger Adliger kreuzte, eine Schutzstätte zu haben, mag einst auf dem Felskegel des Oybin die erste Burganlage gegründet worden sein. In seinem, um das Jahr 1363 entstandenen, in Zittau noch im Original aufbewahrten hochwertvollen Jahrbuch, berichtet der Stadtschreiber Zittaus, Johann Guben, über die älteste Geschichte Oybins in folgender Weise: „Ein Landherr war seßhaft bei Leipa, der hieß Herr Quahlo, demselben gehörte das Gebirge jenseits bis nach Leipa. Dessen Diener jagten einen Bär auf dem Steine, darauf nun die Burg Oybin steht, erschlugen ihn daselbst und kamen heim und sprachen: wir haben gefunden den besten Platz zu einem Hause, als ihr je gesehen habt. Der bebaute zuerst den Oybin. Nach etlicher Zeit verfiel dieser Bau und blieb gegen 20 Jahre verfallen. Dann bebauten ihn wieder die Herren, die auf dem Burgberge saßen und raubten vom Oybin. Dies waren die ersten Räuber, die man in diesem Lande erkannte. Da zogen die Leute, die hier waren, aus, zerbrachen das
Haus und vertrieben die Herren vom Burgberge. Darnach lag der Oybin unbebaut, bis Zittau wieder kam an den Herrn von Leipa. Dieser errichtete auf dem Steine einen Bergfried, welcher noch bei seinen Zeiten drei Jahre wüste lag. Dann ließ der von Leipa den Oybin mauern, wie er noch jetzt steht bis an den heutigen Tag." Quahlo war ein Sohn des kgl. böhmischen Oberjägermeisters Castolaus I. aus dem Geschlechte der Hronowice, welches schon 1238 im Besitz der Herrschaft Zittau war und im Wappen zwei gekreuzte Aeste auf goldenem Grunde führte. Urkundlich findet man Quahlo in den Jahren 1254 bis 62 bald mit dem Beinamen „von Zittau", bald mit dem „von Leipa" genannt. Ausschließlich aus dieser Zeit seiner urkundlichen Erwähnung, fußend, datiert man die durch ihn erfolgte erste Bebauung des Oybin gemeinhin um das Jahr 1256, eine Angabe, die annähernd richtig sein kann. Wir hatten dafür, daß dieser „Haus" genannte erste, nach Manlius nur aus Holz und Ziegeln errichtete Bau nicht ein Jagdhaus, sondern ein „festes Haus" eine Burg war, wofür man jener Zeit allgemein und nachweisbar den Ausdruck „huz" gebrauchte. Die Herren von Zittau, welche diese, ihre Herrschaft nur als Erblehen besaßen verloren dieselbe bald nach dem Jahre 1278, indem sie in den Pfandbesitz Markgrafs Otto von Brandenburg gelangte und in dessen Besitze bis 1283 blieb. War das feste Haus Oybin, weil unter Ottokar II. Regierung Frieden im Lande wohnte, als zwecklos errichtet, verfallen, so fand dasselbe in dieser Brandenburger Zwischenperiode in adligen Herren, die auf dem Burgberge bei Zittau saßen, neue Besitzer, die den Bau wieder aufrichteten und unter dem Schutze damaliger wirrer Zustände vom Oybin aus Raubritterei trieben. Wer diese Herren vom Burgberge waren, ist unaufgeklärt, wohl aber vermutet man, daß es unter dem neuen Herrschaftsinhaber hergezogene Adelige aus dem Brandenburger Lande gewesen sein dürften. Sie waren die ersten Raubritter in diesem Lande! Doch ihr
Geschäft fand keine Duldung. Um das Jahr 1280, nimmt man. an, eroberten die Bewohner Zittaus das Raubnest Oybin, brachen dasselbe ab und vertrieben die Herren vom Burgberge. Im Jahre 1283 erklärte Kaiser Rudolf von Habsburg die Verpfändung der Herrschaft Zittau für null und nichtig und König Wenzel gab sie den einstigen Lehnsherren, den Herren von Leipa wieder zu getreuen Händen. Als neuen Besitzer darf man nun Czenco von Leipa bezeichnen, urkundlich seit 1256 und noch 1310 genannt, und zwar bald mit dem Beisatze von Leipa, von Zittau oder von Rohnau, 1290 aber als Ztenco de Moybin auftretend. Hiermit wird der Name Oybin und ein Besitzer der Burg erstmals urkundlich erwähnt. Während sich Zdenco, wohl altershalber, später auf die Burg Sommerburg zurückzog und 1314 seine Witwe Agnes in Urkunden auftritt, war die Herrschaft in Zittau in den Jahren 1300 bis 1319 mit einigen kurzen Unterbrechungen im Besitze des Heinrich von Leipa, 1292 Oberstlandkämmerer von Böhmen, 1300 Oberstatthalter von Cujavien, später Oberstlandmarschall, Finanzminister, ja im gewissen Sinne Regent von Böhmen, eine in der Geschichte Böhmens vielgenannte und wichtige Person. Gehörte, wie oben gesagt, die Herrschaft Zittau denen von Leipa seither nur als Erblehn, so erhielt Heinrich von Leipa dieselbe 1310 vom König Johann für geleistete wichtige Dienste zu Erbe und Eigen, Er nun war es, der in den Jahren 1312 bis 16 die Burg Oybin errichten ließ, jene Burg, deren Ruinen noch heute den Felsberg Oybin zieren. Anlaß dazu mögen Differenzen mit den benachbarten Herrschaftsbesitzern gewesen sein. Johann von Guben berichtet nämlich, daß im Jahre 1312 die Herren von Pog und von Zwiretic auf Burg Lämberg bei Gabel mit Heinrich von Leipa, des Königs wegen, verfeindet gewesen, welch letzterer Zittau gerne wieder gehabt hätte. Jene Adligen lagen mit 22 Geharnischten in Gabel und zogen über das Gebirge nach Herwigsdorf bei Zittau, welches sie niederbrannten. Da kam Heinrichs Sohn, Heinrich der Eiserne, zur Nachtzeit nach Zittau,
rückte mit den Bürgern dieser Stadt den Feinden seines Vaters entgegen und besiegte dieselben beim Oybin, machte 20 Geharnischte zu Gefangenen und ließ dieselben nach Zittau transportieren. Solchen und ähnlichen Vorfällen vorzubeugen und seiner Herrschaft, die nördlich in der Burg Rohnau Schirm fand, auch gegen das Gebirge zu Schutz zu verleihen, entstand jetzt zuerst, wie D. Sauppe annimmt, um das Jahr 1310 der Bergfried und dann innerhalb der Jahre 1312 bis 16 die Burg Oybin mit festen Toren und Türmen, Von Mauern umgeben und durchweg aus Stein ausgeführt. Der Bergfried, der nach Guben schon vor Erbauung der Burg wieder „wüste" lag, dürfte vielleicht schon beim Burg- oder doch beim Klosterbau abgetragen worden sein. Die Stelle seines einstigen Standpunktes läßt sich nur vermuten, keinesfalls mehr feststellen. Als gesonderter Zubehör zur Burg galt das Dorf Herwigdorf, ein von Nieder-Oybin in der Richtung nach diesem Dorfe führender Weg hat heute noch den Namen der „alten Burgstraße". Sind wir nun bezüglich der Geschichte Oybins, mit Ausnahme der urkundlichen Erwähnung vom Jahre 1200 (vergl. vorstehende Seite!) auf die allerdings glaubwürdigen Nachrichten eines Joh. von Guben und Manlius angewiesen, so fließen von jetzt an außer diesen Quellen noch mannigfache Urkunden, die sich zusammen wesentlich ergänzen. Die erste urkundliche Nennung der „Burg" Oybin (castrum Oywin) fällt in das Jahr 1316, in welchem Jahre also Heinrichs Neubau vollendet war. Heinrich von Leipa war, von seinen Gegnern denunziert, im Oktober 1315 als Hochverräter auf die Burg Teirow gebracht und dort in Ketten gelegt worden. Seinen Verwandten und Freunden gelang es, beim König Johann seine Freilassung durchzusetzen, doch mußten sieben Edle für ihn als Bürgen eintreten und Heinrich von Leipa selbst mit sechs seiner Burgen für fernere Friedfertigkeit Bürgschaft leisten. Diese Burgen waren Bilin, Oybin, Bösig, Weluß, Luthitz und Lipnitz. Die Urkunde datiert Prag, den 12 April 1316. Dennoch blieben neue
Mißhelligkeiten mit dem König nicht aus. Diesmal fanden sie von der Burg Oybin ihren Ausgang. Heinrich, der als Staatsmann in Prag weilte, hatte diese Burg seinen Mannen, Adligen aus dem Geschlechte derer von Naptitz und Tannwalder, als Burghauptleuten anvertraut, welche nach Gubens Berichte „im Lande großen Schaden mit Raub taten". Trotzdem nun dem König hierüber Klagen unterbreitet wurden und dieser Heinrich von Leipa zur Rede setzte, warum er seine räuberischen Burghauptleute nicht zur Verantwortung zöge oder töten lasse, kam es zu keiner Aenderung dieses trostlosen Zustandes, weil König Johann jetzt enger wie je mit seinem Minister befreundet war. Um aber den immer wiederkehrenden Klagen gerecht zu werden, fand man einen gütlichen Ausweg, indem laut Urkunde vom 3. September 1319 König Johann dem Heinrich von Leipa Stadt und Gebiet Zittau mit den dreiBurgen Rohnau, Oybin und Schönbuch bei Schönlinde abtauschte und ihn durch andere Burgen und Besitzungen, auch Bergwerke in Böhmen und Mähren reichlich entschädigte. Damit ging die Burg Oybin für immer aus dem Besitze ihrer Begründer und zunächst friedlichen Zeiten entgegen. Wir schalten hier gern ein, daß zurzeit in Dresden, hoch-betagt, aber in voller Geistes- und Körperfrische die letzten zwei Sprossinnen aus dem Hronowicgeschlechte, aus dem der Begründer der Burgen Oybin und Rohnau usw. hervorgegangen ist, die Komtessen Caroline und Louise von Ronow-Biberstein noch leben und großes Interesse für ihre historischen Beziehungen zu unserer Gegend hegen, die einst „bis gen Leipa" ihren Vorfahren gehörte. Schon am 22 September 1319 erhielt Herzog Heinrich von Jauer mit der Herrschaft Zittau auch die Burg Oybin als Pfand für das Heiratsgut seiner Gattin, einer Tochter König Wenzels, und dieser neue Besitzer fand es für angezeigt, die Burg Oybin jedenfalls mit der Bedingung ent-sprechender Bewachung, mit den dazu gehörigen Nutzungen weiter zu verpfänden. Als derartige Unterpfandsherren werden genannt 1320 Apetzko von Oybin und 1345
Nicolaus von Oybin, welche beide dem in Görlitz seßhaften Geschlechte von Radeberg angehörten. Am 4. Januar 1337 verzichtete Herzog Heinrich für den Fall seines Todes zu Gunsten König Johanns wieder auf das Gebiet Zittau mit den Burgen Rohnau und Oybin und ordnete an, daß dann unter anderem die Burggrafen von Rohnau und Oybin in vom König beauftragte Hand den Lehnseid ablegen sollten. Wer nun in den jetzt folgenden Jahren den an die von Radeberg verpfändeten Oybin als wachthabender Hauptmann innehielt, wissen wir nicht, wohl aber, daß er etwa von 1340 an in nicht guter Hand war. Erneut stand die Burg in Verruf als Raubnest, die Leipaer Straße aber galt damals als höchst unsicher. Dies scheint bestätigt durch die von Guben gebrachte Nachricht, daß auf der Burg Mühlstein bei Mergtal eine aus 12 bis 16 Knappen bestehende Schutzmannschaft bestand, welche dieser Zeit die von Zittau nach Böhmen fahrenden Kaufmannswagen „vor den Oybin ken der Lipen", beim Oybin vorüber nach Leipa zu, zu begleiten hatte und welche 1343, als Truppen des Bischofs Johann I. von Meißen die Zittauer Gegend unsicher machten, oberhalb Olbersdorf an der Leipaer Straße einen blutigen Kampf mit diesen bestanden. Die Meißner „morten und flugen" mehrere der Mühlsteiner Schutzmannen. In diese Zeit, wo des Oybin Besatzung der Wegelagerei fröhnte und er jedenfalls nur schwach bewehrt war, fällt ein weiteres interessantes Ereignis. In finsterer Nacht des 19. November 1343 erstieg die Mannschaft des Johann von Michelsberg, Besitzer von Burg und Herrschaft Kamnitz in Böhmen, durch hinterlistige Ueberrumpelung, die Burg Oybin. Welcher Art der Grund war, der diesen als kriegs- und fehdelustig, ebenso als hochmutig geschilderten Ritter zu seinem Vorgehen veranlaßte, ist leider nicht bestimmbar. Man vermutet Händel mit der Stadt Zittau oder Feindschaft mit dem Landesherrn als Triebfedern zu dieser Tat. Manlius berichtet, daß die Michielsbergsche Besatzung des Oybin „nicht aufhörte das Land zu placken" und neuere Chronisten und
Romanschreiber schildern Oybin in dieser Periode als ein geradezu berüchtigtes Raubnest. Solche Umstände waren es, welche Kaiser Karl IV., der 1346 zur Regierung gelangte und ein Feind jeder Straßenplackerei war, veranlaßten, gegen Oybin ernste Schritte zu tun. Nach einem alten Chronikon von Oybin, welches Manlius benutzte, fand eine Belagerung und Erstürmung Oybins statt, und zwar durch ein vom Kaiser selbst befehligtes großes Heer. Die Eroberung der Burg, die verzweifelt, durch Herabwerfen von Gestein und Geschoß, verteidigt wurde, soll sehr schwierig gewesen sein und viel Menschenleben gekostet haben, weshalb der Kaiser auch ein Gelübbe getan, den eroberten Ort fortan heiligen Zwecken zu weihen. Das Jahr dieser Einnahme der Burg Oybin wird nicht genannt, kann aber, wenn Karl IV. persönlich diese leitete oder ihr beiwohnte, nur in die Zeit um Mitte August 1348 fallen, wo der Kaiser nachweislich sich in Zittau vorübergehend aufhielt. Neuere Chronisten bringen über die Einnahme Oybins, welche drei Wochen gedauert haben soll, alle möglichen Einzelheiten, weitere Quellen als Manlius gibt es aber nicht und der fast gleichzeitige Guben berichtet über dies Vorkommnis nichts. Soviel aber steht fest, obige Oybin-Einnahme als Tatsache angenommen, eine Zerstörung der Burg war damit nicht verbunden, dies verbürgen Gubens Worte vom Jahre 1363, daß in dieser Zeit die Burg noch stand, wie sie Heinrich von Leipa einst errichtet. In dieser hier in Frage kommenden Periode erscheint die Burg Oybin wiederholt in Urkunden. Durch den Tod des Herzogs Heinrich von Jauer fiel sie mit der Herrschaft Zittau 1346 an die Krone Böhmens zurück. Am 12. Juli 1346 befreite König Johann das Kloster Mariental von Dienst- und Baufuhren auf die Burgen Oybin und in der vom 7. April 1348 datierten majestas carolina wird Oybin (castrum Moywin) unter jenen Burgen mit genannt, welche der König von Böhmen ein Recht hatte, auf Lebenszeit zu verpfänden. Nun als böhmisches Kroneigentum war die Burg fortan der Obhut des
Zittauer Landvogtes anvertraut, Der hier und auf den Burgen Rohnau und Karlsfried die nötige Besatzung zu halten hatte, welcher in erster Reihe die Sicherung der Straßen von und nach Oybin oblag. Friedliche Zeiten walteten seitdem über Oybin und seiner Umgebung. Aber eine neue Zeit stieg für den Oybin herauf. Im Jahre 1364 erbaute Zittau auf Befehl Karl IV. auf dem Oybin das Kaiserhaus, „daz gemach kegin der Stat", mit welchem viereckigen Steinbau die Hochburg gen Norden einen zweckmäßigen Abschluß erhielt. Noch in diesem Jahre ging die seither vom Landvogt verwaltete Burg Oybin mit der 1357 erbauten Burg Karlsfried bei Lückendorf und den Zöllen daselbst und in Zittau in Pacht der Stadt Zittau über. Die Gesamtpachtsumme hierfür betrug jährlich 300 Schock. Erneuert wurde dieser Vertrag 1366 und es wird dann Zittau angehalten, außer den beiden Burgen auch die Veste bei der Stadt besetzt zu halten und zu beköstigen, außerdem behält sich der Kaiser vor, die Burg Oybin innerhalb der jetzt auf zwei Jahre festgelegten Pachtzeit jederzeit „in eigene Hand zurückzunehmen". Im Jahre 1368 fand eine nochmalige Pachterneuerung, aber nur auf ein Jahr statt, dann fiel, während die übrigen Pachtobjekte Zittau behielt die Burg Oybin an den Kaiser zurück, welcher den Berg tatsächlich „heiligen Zwecken" widmete, indem er Cölestinermönche aus Avignon berufen hatte, welche hier oben bereits 1366 in der Woche nach Pfingsten mit dem Bau der herrlichen Klosterkirche den Anfang machten. Die seit 1369 aus dem Pachtverhältnisse mit Zittau frei gewordene Burg Oybin übergab der Kaiser laut Klosterstiftungsbrief vom 16. März 1369 den Cölestinern zur Wohnung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt „eines ausschließlichen Eigentums derselben für sich und alle künftigen Besitzer der Krone Böhmens, nach Ehre und Brauch, für alle Zeiten". So wird denn die Burg Oybin noch in der nun folgenden Klosterzeit in vielen Urkunden neben dem Kloster und dieses als auf der Burg Oybin begründet, genannt. Wir beschließen die Geschichte der
Ritterburg mit einem hochwichtigen Ereignisse, mit beim Besuche Kaiser Karl IV. seiner Burg Oybin. Joh. von Guben berichtet darüber leider allzu kurz: In derselben Zeit (1369) kam Kaiser Karl her in die Stadt Zittau, zog auf den Oybin und wohnte auf der Burg (lag, off dem haucze) eine Nacht. Böhmische Quellen ergeben, daß dieser Besuch in den Spätherbst (November) fiel. Sicher war Karl IV. schon früher auch auf dem Oybin, da die Nachrichten über die Berufung der Mönche ergeben, daß er ihn gut kannte. Als Reminiszenzen an seinen Oybinbesuch existieren noch Kaiserbett und Kaiserstuhl. Fragen wir uns nach dem Zwecke seines jetzigen Besuches, so darf man annehmen, daß er sich überzeugen wollen mochte, wie weit seine Klosterstiftung resp. der Bau der Kirche gediehen, oder kam der Kaiser, der mit reichem Gefolge hier erschien, um der Grundsteinlegung zur Klosterkirche persönlich beizuwohnen? Daß er für diesen Bau ein besonderes Interesse hegte, geht daraus hervor, daß unmittelbar neben dem Chor der Kirche ein PrivatOratorium für ihn vorgesehen war, da er beabsichtigte sich manchmal längere Zeit auf dem Oybin aufzuhalten und sich, ähnlich wie in Karlstein, hier stiller Andacht zu weihen. Gleichzeitig mußte er aber hier auch der Mönche Klagen vernehmen, wie Zittau die vom Kaiser bestallten Prokuratoren des Klosters übel behandle, worüber er andern Tags dem Rat zu Zittau zornige Vorwürfe machte. Guben bringt darüber eingehenden Bericht. Den Mönchen aber bewies Karl IV. jetzt aufs neue sein unbegrenztes Wohlwollen, indem Zittau zu Gunsten des Klosters (St. Thomas abends 1369) auf die seither besessenen Wälder um die Burg, fast das ganze heutige Zittauer Gebirge (mit Ausnahme der Lausche ) umfassend, verzichten mußte. Sie bildeten fortan einen Teil der reichen Besitzungen des Klosters. Ueber den Namen Oybin hat man viele Ableitungsversuche. Wir führen davon an: Hubin, wendisch Taubenheim; wohibin, wend Einkehr; ywina Eibenbusch; auwin Pfahl oder Stamm; owin, böhm. umwunden; bub (Boubin) aufgeblasener Berg (nach Prof Kastner);
Oiwina, altslawisch- und im kleinrussischen noch geltend: der Heuschober. So beachtenswert letztere Ableitung sein mag, so hat jedenfalls die Erklärung von Hulakowsky ebenfalls vieles für sich. Er sagt, unter Bezugnahme darauf, daß der Oybin in ältester Zeit Moibin, Moywin, Moybin etc. genannt wird, daß Moybin gleichbedeutend sei mit einer von Moyba erbauten Burg, also Moybaburg bedeute. Moyba sei ein alt-böhmischer Frauenname. Nach solchen Namen Burgen zu benennen, sei vielfach vorgekommen. Er zitiert Zerotin von Zerota, Dewin von Dewa, Tetin von Tetka, Slavetin von Slavata, Zemlin von Zemla, Budissin von Budissa, Libusin von Libusa usw. Er sagt ferner, daß in der Endsilbe „in" nach Wegwerfung des Auslautes „a" das zueignende Beiwort zu verstehen sei, wobei das eigentliche Hauptwort Burg, Dorf, Stadt usw. als selbst vorhanden verstanden werde. Auch Palaky stimmt zu, daß die Burg Oybin von einer Person Moyba ihren Namen erhielt. Die übrigen Ableitungen, die historische Spielereien sind, übergehen wir, da sie an die Zeit der Burgeinnahme resp. Klosterbegründung anknüpfen, während schon 1290 resp. 1316 der Name Oybin urkundlich auftritt. Wir selbst enthalten uns, für irgend eine von all diesen Ableitungen irgendwie Partei zu nehmen.
II. Geschichte des Cölestinerklosters. Am Pfingstfeste des Jahres 1305 war es, als Kaiser Karl IV. den in Avignon in Südfrankreich residierenden Papst Urban V. mit einem zehntägigen Besuche beehrte. Hier war es auch, wo er im Kloster der Cölestiner oft die Messe hörte und schnell die Mönche dieses Ordens lieb gewann, denen er beschloß, in seinen Landen eine Niederlassung zu gründen. Im Gefolge des Ende August selbigen Jahres wieder nach Prag zurückkehrenden Kaisers befanden sich zwei Cölestiner aus Avignon; sie sollten im Kronlande Böhmen einen geeigneten Platz zur Aufrichtung eines Klosters ausfindig machen.
Schwer schien es einen solchen zu entdecken und schon wollten die beiden Cölestiner ohne Resultat sich heimwärts begeben, da entsann sich der Kaiser in letzter Stunde des Oybin. „Ich habe wegen einer Wohnung für Euch nachgedacht, zieht gegen Zittau auf eine Burg, die heißt Oybin." Mit Empfehlungsbriefen ausgestattet, kamen die Mönche um Pfingsten 1366 in Zittau an, fanden den Oybin für ihre Zwecke geeignet und schon in der Woche nach Pfingsten begann unter Obhut zweier kaiserlicher Prokuratoren der Bau der Klosterkirche. Zittau und seine Umgebung hatten die Handwerker, Spanndienste und Handfrohner zu stellen, die baren Bedürfnisse
zum Bau wies der Kaiser aus den Bergwerken in Kuttenberg an. Die Südlausitz hatte in dieser Zeit dem Oybin schwere Opfer zu bringen und Zittau ward wohl unwillig darüber; die Klagen der Mönche aber bei dem im Herbst 1369 auf dem Oybin persönlich anwesenden Kaiser, erregten dessen Zorn und Zittau mußte sich fügen. Mehr als 200 Schock hatte allein Zittau für den Bau zu opfern. Es mag in der Zeit
des Klosterkirchbaues ein reges Leben auf der alten Bergfeste geherrscht haben. Den Steinmetzzeichen nach arbeiteten einige sechzig Gesellen an dem kühnen Bauwerke. Die Stiftungsurkunde des Cölestinerklosters Oybin datiert vom 17. März 1369. Wir erfahren daraus, daß es geweiht war dem heiligen Geiste oder Paracleto, der Jungfrau Maria, dem Märtyrer St. Wenzel und St. Petrus dem Bekenner, und daß es unterstellt sein solle dem Hauptkloster des Ordens zu Sulmona in Neapel. Außerdem vermeldet sie, daß die Oybiner Mönche ernannt seien zu Hofkapellanen des Königreichs Böhmen und das Dorf Mittelherwigsdorf, das Vorwerk Drausendorf mit allem Zubehör ihnen als Aussteuer überreicht wurde. Endlich verwilligte ihnen der Kaiser die Burg Oybin als Wohnung unter Vorbehalt des Eigentums derselben für sich und alle seine Nachfolger auf dem Throne Böhmens. Nach achtzehnjähriger Bauzeit war der Kirchenbau soweit vollendet, daß am 6. November 1384 die Weihe vollzogen werden konnte. Der Erzbischof Johann von Jenstein weihte die Kirche, der Weihbischof Wenzeslaus von Prag die Wenzelskapelle. Gestiftet war das Kloster für 12 Mönche, welchen Bestand dasselbe aber erst nach einiger Zeit erreicht haben dürfte. Die Einrichtung war dem Abt von Sulmona, Johann von Aquila, anvertraut, wie denn die ersten Mönche von Sulmona und Avignon gestammt haben. Später bestand der Konvent zumeist aus Männern und Jünglingen der Lausitz und Schlesiens. Kennt man die Namen der ersten Mönche nicht, so besitzt man eine umfängliche Liste der Kouventualen seit 1381. Der Ordensstifter war Petrus von Murona, später als Papst den Namen Cölestin V. führend und nach seinem Tode heilig gesprochen. Der Cölestiner-Orden bildete eine Abzweigung des gelehrten Benediktiner-Ordens, seine Mitglieder lebten der Gottesverehrung und Gelehrsamkeit in stiller Einsamkeit auf Bergen und Felsen. Damit ist zugleich das Gebiet der Tätigkeit der Oybiner Mönche gekennzeichnet dem sie in strengster Treue lebten, wie ihnen denn nur Lob und Ruhm nicht nur von Zeitgenossen, sondern auch von der Nachwelt zuteil wird. Im Jahre
1422 erhielt das Oybiner Kloster vom Papst Martin V. mit erneuter Bestätigung aller seiner Privilegien die Verleihung gleicher Rechte und Freiheiten wie das Hauptkloster zu Sulmona. Im Jahre 1427 fand eine, vorübergehend schon vorher stattgehabte Wiedervereinigung des Klosters Oybin mit der französischen Ordensprovinz der Cöltestiner durch den dortigen Provinzial Johann Bassaudi statt. Die Tracht unserer Cölestiner bestand aus weißem Gewand mit schwarzem Skapulier und dem schwarzen Chorrock. Der Mönch von Bosau, der auf Abt Trittenheims Befehl Nachrichten über die deutschen Klöster sammelte, rühmt der unseren ernstes, strenges und einträchtiges Leben; der böhmische Gelehrte Bohuslaw von Lobkowitz aber bezeichnet sie als Männer von Gelehrsamkeit und Bildung, von religiösem Geiste, unbescholtenem Wandels und preiswürdiger Humanität. Beweise für die Wahrheit dieses Urteils bringt jedes Blatt der Geschichte des Klosters. Für der Mönche ehrenvollen Ruf sprechen aber auch die reichen Stiftungen, die dem Kloster von Landesherren, Städten und Privatpersonen wurden. Außer den Ausstattungsgütern zu Herwigsdorf und Drausendorf gehörte ihnen in der Blütezeit: Meierhof, Kretscham und Mühle in Oybin, die Wälder rings um das Kloster, die Dörfer Olbersdorf, ganz Herwigsdorf, Neudörfchen, das von ihnen gegründete Jonsdorf, Anteile an Oderwitz, diese in der Oberlausitz; in Schlesien die Dörfer und Dorfanteile Gränowitz, Keulendorf, Mertschitz und Dambsdorf; ferner der Väterhof, ein Brauhaus und andere Besitztümer in Zittau; weiter: Häuser, Mühlen, Wiesen, Felder und Teiche in Hirschfelde, Radgendorf, Deutsch-Ossig, Ullersdorf, Schönberg, bei Grottau; in Böhmen endlich das Dorf Burnau und Weingärten bei Köblitz. Außer diesen reichen Besitzungen aber flossen ihnen viele Geldgestifte von Privaten aus Görlitz, Zittau, Dresden, Kamnitz u.f.f., auch solche von den Landesherren zu, denen sich Steuerbefreiungen und andere den Wohlstand des Klosters mehrende Privilegien anreihten. Wie einst den Herren der Burg Oybin, so stand auch den Cölestinern des Oybin das „hohe Gericht" über ihre Besitzungen zu. Die Cölestiner aber traten dieses Recht „zu Erhaltung guter
Freundschaft" an den Rat zu Zittau ab. So hielten sie es auch, als sie 1496 den seither Marientalschen Anteil des Dorfes Olbersdorf, von welchem sie schon Teile besaßen, erwarben. Das Kloster Mariental hat indessen, so lange ihm Olbersdorf teilweise gehörte, also von 1319 - 1496, die Obergerichtsbarkeit dasigen Ortes selbst ausgeübt. Das „Hochgericht" befand sich nördlich von dem jetzigen Ortsteile „Gemeinde", gegen Bahnhof Bertsdorf zu, am Waldrande, links von der Jonsdorfer Straße. Dieses vielleicht schon aus der Oybiner Ritterzeit herrührende Hochgericht war uralt, denn, als am St.-VeitsTage 1414 die Brüder Hans und Enderle Feurich den Cölestinern eine Hube Ackers verkauften, wird sie als gelegen bezeichnet: da vor Zeiten das Olbersdorfer Gericht gewesen. Es stand also jener Tage schon nicht mehr. Noch bezeichnet aber der beim Holzeschen Gute in Olbersdorf ausmündende, nach der einstigen Richtstätte führende „Gerichtssteg", ebenso der in Niederoybin nach der Bertsdorfer Straße hinführende „Arme-Sünder-Weg" ungefähr die Stelle, wo sich dieselbe einst befunden. Der „Olbersdorfer Galgen" lebt noch in vielen Volksagen fort. - Fast scheint es uns, als habe man später das klösterliche Hochgericht an den Osthang des Töpfers verlegt, woselbst das Forststück Abt. 23 bis 25 alt, noch heute und schon nachweislich vor über hundert Jahren an der „Radsäule" heißt und wo man auf dem dichtangrenzenden „grünen Plan" (Abt. 26 bis 29 alt) schon seit über 200 Jahren die Olbersdorfer Selbstmörder begrub. Radsäule nannte man das auf hohem Stamme befestigte Rad mit den daran geschnürten Leichnamen Geräderter. Ebenso alt war die Sitte, Selbstmörder in nächster Nähe der Richtstätten zu verscharren. Der erste Olbersdorfer, am Hochgerichte zu Zittau abgetan, wird erst 1572 vermerkt. Sogar im nahen Eichgraben kamen 1604 und 1695 Henkungen vor. Oybin war jedenfalls von allen Klöstern der Oberlausitz das geachtetste und reichste. Böhmens Könige, der Adel, der päpstliche Hof, Stadt und Land eiferten darin, ihm ihr Wohlwollen zu bezeugen, sein Ansehen zu erhöhen, sein Aufblühen zu fördern. Bald erhob sich das Kloster Oybin zu einem Mutterkloster, dem drei Filialklöster zu Prag, Königstein und Schönfeld, in der
Rheinpfalz unterstanden, während die Gründung einer vierten Filiale nur Projekt blieb. Das Filialkloster zu Prag entstand durch eine Schenkung 1387, blühte bis 1429, wo es die Hussiten niederbrannten und nicht neu aufgerichtet ward. In Ludwigsdorf bei Görlitz ein Filialkloster zu errichten, projektierte man 1465, doch kam man nicht zur Ausführung. Das Zweigkloster Schönfeld entstand 1472, wo die hiesigen Cölestiner Gebäude und Güter dieses verlassenen einstigen Benediktiner-Klosters erhielten, es ging infolge Verarmung 1500 ein. Das Filialkloster Königstein endlich war eine Stiftung Herzog Georgs des Bärtigen von Sachsen, im Jahre 1516 eröffnet als „Kloster des Lobes der Wunder Maria", im Jahre 1524 bereits wieder leer stehend, 1533 aufgehoben. Der „Gang der Wittenberger Nachtigall" und die „rauhe böhmische Luft" verhinderten dessen gedeihliche Entfaltung. Ueber die Mönche des Oybin hier einige Einzelheiten. Als Prioren kennt man 1390 Petrus Zwicker, 1401 Nikolaus König, 1412 Martin von Striegau, 1421 Ulrich von Rohrbach, 1424 Jobukus, 1444 Johann von Bobersberg, 1466 Johann Bassaudi, 1467 Michael von Schwiebus, 1471 Vincentinus von Troppau, 1492 Andreas Schwabe, 1507 Thomas von Sorau, 1508 Gregor, 1518 Johann Rötlich, Hieronymus, 1523 Andreas Ringhut, 1531 Christoph Ottomann, 1555 Balthasar Gottschalk, dieser der letzte in solchem Amte. Von ihnen ragt hervor Petrus Zwicker aus Wormbitten in Ostpreußen, von etwa 1360 - 81 Rektor der Lateinschule zu Zittau, von da an Cölestiner auf dem Oybin 1391 als dasiger Prior päpstlicher Exekutor in einem Streite zwischen Pleban und Franziskanerkloster zu Görlitz und von 1391 bis 1404 ernannter Ketzerichter gegen die deutschen Waldenker. Genannt zu werden verdient sodann der Prior Andreas Schwab, unvergessen durch Verfassung eines wertvollen Inventarienbuches von Oybin, welches er 1508 fertigstellte, auszugsweise (Selecta Oybinensia) noch erhalten ist und für die innere Geschichte des Klosters besondere Wichtigkeit hatte; ferner: Christoph Ottomann durch Begründung des Dorfes Jonsdorf 1539 und Balthasar Gottschalk als wackerer Jugenderzieher. Letzterer starb auf dem "Väterhof der Cölestiner" in Zittau 1568 und hatte bei
der Frauenkirche damals ein Grabdenkmal. Von den Mönchen, deren Namensaufzählung wir uns versagen müssen, verdient besondere Erwähnung Johannes Mantel von Kottbus. Er war einer der Mönche des Oybin, die zur Besetzung des Filialklosters Königstein mit nach dort beordert wurden, war anfangs Subprior daselbst, von 1520 bis 1523 dasiger Prior. Als solcher flüchtete er am 20. Oktober 1523 vom Königstein, begab sich nach Wittenberg, wo er nicht nur ein treuer Mitkämpfer für die Reformation wurde, sondern sich auch der Freundschaft Dr. Martin Luthers und Melanchthons rühmen konnte. Luther nennt ihn „einen gelehrten, sittigen, frommen und stillen Mann". Seit 1525 verheiratet, war Mantel einige Zeit Prediger zu Mühlhausen, Brandenburg und in seiner Vaterstadt Kottbus, zuletzt aber Diakonus in Wittenberg, wo er auch um das Jahr 1543 verstarb. Luther zeichnete ihn durch die Dedikation seines Werkes ,,Von der Todesfurcht" aus. Poetisch verherrlicht hat ihn Renatus in seinem vortrefflichen historischen Romane „Die letzten Mönche des Oybin". Zogen dem Kloster Oybin die Tage im ersten Halbjahrhundert seines Bestehens in gesegneter Ruhe dahin, so traten jetzt, anfangs in minder rauher Form, bald aber mit großer Gewalt Stürme an daselbe heran, die ihm schwere, ja unheilbare Wunden schlugen. Im Jahre 1415 stand die Oberlausitz mit dem Herzoge von Münsterberg in Fehde. Ein friedlicher Ausgleich schlug fehl. Die Niederlausitz trat mit den Sechsstädten in ein Bündnis. Die Folge davon war, daß Johann von Münsterberg letztere ebenfalls mit Fehde bedrohte. Sein Fehdebrief hat folgenden Wortlaut: „Wisset, ihr Städte Görlitz, Zittau, Lauban, Kamenz und Reichenbach, daß wir euer Feind sein wollen. Gegeben, da er geschrieben ist." In gleichem Jahre bedrohe der Erzbischof Günther von Magdeburg die Niederlausitz mit Krieg, weil deren Landvogt es mit dem Markgrafen von Meißen hielt mit dem genannter Erzbischof in Streit lag. König Wenzel gebot unterm 29. Juni 1415 den Sechsstädten und Rittern, Knechten, Mannen und Landleuten dieser Lande „mit Macht" dem Landvogte behilflich zu sein. Noch im Jahre 1417 war dieser Unfried nicht be-
endet. Aber auch Zittau lag 1416 in innerer Unruhe und zwang dieser Umstand sogar den König tatkräftig einzugreifen, um dem Ungehorsam gegen seine Gebote zu steuern. Hierzu kamen, was wohl an Wichtigkeit obenan stand, die Glaubenstaten eines Huß, das Konstanzer Konzil, die Verbrennung Von Huß und die darob in geistlichen, wie weltlichen Kreisen herrschende Aufregung, deren Folgen sich fast voraussagen ließen. In dieser friedlosen Zeit, wo Land und Städte auf sich selbst genug Bedacht zu nehmen hatten, war auch das Kloster Oybin auf Selbsthilfe angewiesen. Da all diese Ereignisse ihre Wogen auch bis an oder über die Grenze Böhmens werfen konnten und in der Nähe vorjetzt auf Beistand nur ungenügend zu rechnen sein mochte, wandte man sich um Schutz gen Dresden und Meißen. Aus dem Dresdner Ratsarchive (A. XV. b. Kämmereiund Geschoßrechnungen 1410-20 Bl. 250) liegen uns bisher ungekannte, hochinteressante Nachrichten über dieses Faktum vor. Aus folgenden Einträgen: Idem dedi IIj. gr. dem bothen, der czu den burgin lyf von
der Kokericz wegin vmbe der monche geld. -- Item dedi Bernard, der dy briffe trug czu den Kackericzczer czu den burgen vmb der monche gfeld v. ss. -- Item dedi vor hantbochcsyn v. ss. ziiij. gr. ersehen wir zunächst, daß man von Dresden und Meißen aus, auf der Cölestiner Ansuchen, ihnen, unter Bürgschaftstellung mit Geld zu helfen beflissen war, dessen sie zur Befestigung und Verproviantierung des Oybin benötigen mochten. Doch scheint das nicht genügt zu haben, denn die Dresdner und Meißner unternahmen auch einen Heereszug nach dem Oybin. Man zog über Stolpen, wo durch die Rast der Söldner, „1 Schock" Kosten aufliefen. Wie lange sie auf dem Oybin als Besatzung gestanden, ergeben unsere Quellen nicht. Jedenfalls wurden sie aber hier beköstigt, da es in den betr. Rechnungen nun heißt: Item dedi v gr. dy se vorczert han, do se czu dem Oiven czogen mit dem von Missen. Ihren Wegzug von Oybin, nach erfüllter Pflicht, melden die Dresdner durch einen Boten nach Stolpen. Der hierauf bezügliche und zugleich diesen Zug betreffende letzte Eintrag lautet: Item dedi ij. gr. eyme boten, der keyn dem Stolpin lyff, do wir
heym czyn solden. War man jetzt noch mit Geldkosten, Bequartierung des Klosters und banger Furcht weggekommen, so brach doch, in der nun schnell folgenden Zeit der Hussitenkriege für Oybins Cölestiner eine Periode schweren Trübsals herein. Da die dem Kloster befreundeten Städte, besonders das nahe Zittau, von Anfang an selbst arg bedroht waren und mit allen Mitteln auf ihre eigene Sicherheit Bedacht nehmen mußten, waren die Cölestiner des Oybin erneut darauf angewiesen, sich selbst zu helfen, der Mauern Festigkeit zu erhöhen, Besatzungsmannschaften anzuwerben, Proviant einzuschaffen u.f.f., um jeder drohenden Gefahr ruhiger entgegensehen zu können. Gleich zu Beginn dieser unseligen Zeit wurde es in arge Mitleidenschaft gezogen. Anfang September 1420, berichtet Theobald, fielen die Taboriten unter Zbinko von Buchau und Schwal von Rzepicze in der Lausitz ein, belagerten das Kloster Oybin, konnten es aber nicht erobern, sondern sengten nur alle Dörfer herum samt des Klosters Meierhof weg und zogen wieder nach Böhmen. Hieran schloß sich am 2. November 1420 die Niederbrennung des Filialklosters der Cölestiner in Prag. Dieser Ersterfolg bez. des Oybin mag das Vertrauen der Mönche auf die von ihnen, wie es scheint in hinlänglicher Weise getroffenen Schutzmaßregeln, gehoben und ihnen für weiter kommende kriegerische Ereignisse den Mut sehr gestählt haben. Dieser Erfolg dürfte auch mit Grund gewesen sein, daß man 1421 auf dem Oybin den in drei Kisten versiegelten wertvollen Prager Domschatz barg, der unter Bedeckung des Hinko Berka von Duba auf Leipa hierher gebracht worden war und noch 1455 hier verwahrt wurde. Der Glaube an die Uneinnehmbarkeit dieses Klosters, wie die traurigen Verhältnisse jener Zeit überhaupt, brachten es aber auch mit sich, daß nach hier in großer Menge aus dem Schlesischen und Meißnischen besonders aber von Böhmen sich Mönche flüchteten, deren Klöster von den Hussiten bedroht oder zerstört worden waren und die nun hier durch ihren Unterhalt den Cölestinern kostspieligen Aufwand verursachten. Nachdem am 23. Mai 1421 Ziska persönlich einen vergeblichen Sturm auf die nahe Burg Karlsfried unternommen, am 25. Januar 1424 diese aber von Bozko von Podiebrad erstürmt
und aus-gebrannt worden war, erließ Papst Martin V., von Rom aus, am 23. April 1422 ein Schreiben an den Zittauer Rat: dem Kloster seit Jahren schuldige Stiftungsgelder binnen sechs Monaten zu entrichten, weil durch deren Nichtzahlung „für das Kloster, in welchem jetzt eine große Zahl von Mönchen musterhaft lebt, wohin sehr viele von den Hussiten geplünderte Geistliche geflohen sind, wo man so viel Speise reichen muß, ferner die Burg erhalten und mit Besatzung versehen muß, die große Gefahr entstehe, daß es ohne Unterhalt und Besatzung in die Hände der Ketzer geriete, für welche Oybin ein fester Stützpunkt sein würde usw."; ferner erließ Kaiser Siegmund am 5. September 1425 einen Befehl ebenfalls an Zittau „daß Schloß und Kloster Oybin, welches im ganzen Lande durch seine Festigkeit ein Stützpunkt sein könne", im Stande zu halten, bei schwerer Ungnade, ebenso dasselbe „mit tüchtigen Leuten" zu besetzen und verschärfte diesen Befehl am 20. August 1429: „ernstlich das an der Grenze gelegene Kloster Oybin zu schützen und schirmen nach bestem Vermögen und Fleiß." Derartige Befehle waren aber auch dringend geboten, denn, wenn das Kloster Oybin zunächst auch von den Hussiten unbelästigt geblieben war, hatte es doch in steter Unruhe geschwebt, von ihnen aufs neue heimgesucht zu werden, da auf der nahen Straße von Böhmen nach der Oberlausitz fast alljährlich mehrere taboritische Einfälle sich wiederholten. Im Hochsommer 1429 erhielt man Kunde von einem projektierten großen Heereszuge der Hussiten in das Lausitzer Land. Das hatte obenerwähnten kaiserlichen Erlaß zugunsten Oybins zur Folge. Wenn nun das mitbedrohte Zittau auch dem Befehl Kaiser Siegmunds, soweit es vermochte, nachkam, kann die Hilfe vom Kloster nicht für aus-reichend gehalten worden sein, denn es war gelungen, auch Görlitz um Proviant in der ihm drohenden Gefahr anzugehen; zu große Anforderungen traten an die ohnehin arg bedrängten Gölestiner heran! Görlitz half nachweislich. Die dasigen Ratsrechnungen melden wörtlich: 1429 Sonntag in vigil. decoll. St.
Johannis bapt. „Um zwey malder forns den monchen auf dem Oybin zu geschenke als sie anruffen die Stadt um ihrer notdurft willen und
das sie das Hus ohne Hülffe nicht gehalten mochten XIII. Sch. gr." -„Item zwei halbe fuder altes biers diesen monchen 4 Sch. gr." -- „Item faltz V Sch. gr. VI phen." Wie sehr alle diese Maßregeln vonnöten, bezeugt folgende Nachricht. Mitte September 1429 zog geführt von dem Priester Procop dem Kahlen und Johann Kromessin von Brenzowitz, ein Hussitenkorps, 4000 Mann zu Fuß 400 zu Pferd und mit 130 Kriegswagen und vielen Geschützen versehen, in die Lausitz und am 28. September traf ein Haupttrupp davon vor dem Oybin ein, den sie bestürmten und vier Stunden ununterbrochen mit Pfeilen und Bombarden beschossen ohne ihn auch diesmal einnehmen zu können. Resultatlos mußten sie nach Niederbrennung einiger vor dem Kloster gelegener Häuser (Meierhof) von dannen ziehen; die tapfere Gegenwehr der Besatzung, die natürliche Festigkeit des Oybin, die Stärke seiner Mauern und Türme hatten Schloß, Kloster und seine Bewohner wieder vor einem schrecklichen Schicksale bewahrt. Die Hussiten zogen von hier erst nach Olbersdorf, von da, an Zittau vorüber, gegen Bernstadt, Ostritz und Görlitz. Erneut half Görlitz jetzt den Mönchen, ihre außergewöhnliche Lage zu erleichtern, denn nach den Ratsrechnungen sandte die Stadt am: „Sonntag die Galli
(1429) den monchen von Oybiu VI lawe faltz V Sch. gr. VI phen." Zittau wird dem Kloster gewiß auch nach Kräften Unterstützungen vergönnt haben. Da das zunächst gelegene Zittau im Falle Wiederkehr eines ähnlichen Ansturmes der Hussiten nicht allein die Verantwortung wegen einer gleich günstigen Verteidigung des Oybin auf sich nehmen zu wollen schien, fand am 24. Januar 1430 ein Tag zu Löbau statt, wegen gemeinsamer Besetzung der Burg Oybin durch die Sechstädte, wozu das dabei nicht vertretene Görlitz seine Zustimmung brieflich gab. Kaiser Siegmund wies 1434 eine Strafsumme von 96 ung. Gulden zu Bauten an „Schloß und Kloster Oybin" an, vielleicht handelt es sich damit um Besserungen bei der Beschießung 1429 entstandener Schäden oder um teilweise neue Befestigungen. Doch brach, wie über die ganze Oberlausitz, so auch über Oybin eine längere Friedensperiode herein. In den Frieden mit den Wartenbergern wurde 1440 das Kloster Oybin ebenfalls
einbezogen. Dieser bewegten Zeit gehören noch folgende interessante Nachrichten an, erstens, daß im Juli 1427 im Kloster Oybin eine Zusammenkunft zwischen dem Deutschordensvogte Rodenberg und dem Ritter Hans Wölfel von Warnsdorf auf Bürgstein „wichtiger Landes- und Kriegsangelegenheiten wegen" stattfand und ferner, daß die Cölestiner an dem hussitisch gesonnenen Besitzer der nahen Burg Falkenburg am Hochwald, Jan Koluch, einen argen Feind hatten. In einem Schreiben Kaiser Siegmunds vom 19. Februar 1430 an Landvogt und Mannen und Städte der Oberlausitz heißt es: daß der Kaiser Jan Koluch, der Land und Leute angreife, oft schriftlich befohlen habe, Ruhe zu halten, sowie „die Gefangenen, so er dem Kloster auf dem Oybin abgefangen hat, ledig zu lassen", daß Koluch sich aber nicht daran gekehrt, sondern sogar des Kaisers Boten unehrerbietig empfangen und mit ungebührlicher Antwort abgefertigt habe. Er befiehlt infolgedessen, daß Koluch bestraft und vor sein Schloß gezogen werde, um es zu gewinnen. Ehe der Heerzug vor Burg Falkenburg stattfand, brannte er durch irgend einen Zufall aus. Herauf befahl der Kaiser unterm 24. April 1437, das Schloß in Grund abzubrechen, was denn auch geschah, und zugleich erklärt, warum von dieser eine Stunde südlich von Oybin gelegenen Ritterburg nur noch die spärlichen Ruinen der Umfassungsmauern und ein mächtiger Wallgraben sich erhielten. Koluch hatte außerdem 1432 das Klosterdorf Olbersdorf als Lagerplatz seines Hussitenkorps hart mit-genommen. In die gleiche Zeit fällt der Einbruch des Straßenräubers Kaspar Schattenberg von Gabel in den Meierhof des Klosters Oybin. Er mit seinen Knappen entführte daraus vierzehn Rinder und vier Pferde. Auch noch eine dritte hussitische Heimsuchung, sah der Oybin. Anfang September 1469, durch Truppen König Georgs von Böhmen und angeführt von Zarda von Auscha, Jaroslaw von Duba, einem von Michelsberg, Felix von Scal und Benesch von Kolowrat. Diese wilde Schar setzte 3 Tage lang die ganze Umgebung Zittaus in Angst und Schreck, indem sie die Dörfer Poritsch, Ullersdorf, Olbersdorf, Bertsdorf Pethau, Hörnitz und
Großhennersdorf niederbrannte, den Cölestinern in Oybin ihre Teiche abstach und - nach Sauppe - ihnen auch 2 Güter nebst der Ernte verbrannte. All diese Kriegsnot, wobei wie bemerkt, das Kloster fast unerschwingliche Lasten zu tragen hatte und wiederholt klösterliche Besitzungen zugrunde gegangen waren; mehr aber die bald nach Beginn des sechzehnten Jahrhunderts eindringende Reformation Luthers, die schnell in Zittau und Görlitz festen Fuß faßte und das Interesse und Wohlwollen für unser Kloster erkalten ließ, untergruben mehr und mehr dessen Existenz, die jetzt zu festigen selbst landesherrliche Bemühungen wenig Erfolg hatten. Uneinigkeiten blieben nicht aus. Görlitz wollte verbriefte Gestiftsgelder nicht mehr zahlen und sah angedrohten Klagen in Ruhe entgegen, ebenso blieb Zittau dem Kloster die Jahresrente schuldig und als das Kloster der Stadt Zittau eine Wasserleitung von Jonsdorf nach der dem Rate gehörigen Mühle in Bertsdorf nicht verstatten wollte, sondern einen starken Damm aufwerfen ließ, um das Wasser dem Klosterdorfe Olbersdorf zuzuführen, zogen 1536 die Zittauer 300 Mann stark aus „zu Pferd und Fuß, mit Harnisch und Gewehr, die Gärtner mit Hacken und Schaufeln" und zerstörten den Damm. Ein mehrjähriger Rechtsstreit entstand, Zittau verlor den Prozeß und zahlte hohe Strafe - aber damit kam das Kloster Oybin in immer isoliertere Stellung, die nicht besser wurde, als 1538 das Kloster unter speziellen Schutz der Stadt Zittau gestellt wurde. Zu all diesen unerquicklichen Vorkommnissen gesellte sich weiteres Unheil, die Mönche erlitten 1541 und 1545 Brandschäden an ihren Vorwerken zu Drausendorf und Olbersdorf. Hier halfen weder das Verkaufen der Braupfanne in Zittau, noch das von Feldgrundstücken - der Stern des Klosters war im Verbleichen, die Mutlosigkeit erhielt in seinen Mauern die Oberhand, man sah den Untergang des Klosters herankommen. Unangemeldet erschien bereits 1532 eine aus dem böhmischen Kanzler und dem Landvogte Zdislaw Berca von Duba bestehende königliche Kommission auf dem Oybin, die Besitzungen des Klosters und seine Kirchenkleinodien zu besichtigen und
aufzunehmen. Im Jahre 1544 kam dann eine zweite Kommission, welche den gesamten Kirchenschatz aufzeichnete, wog und versiegelte und den Mönchen nur die nötigsten Geräte beließ. Dies waren böse Zeichen! Was nützte den Cölestinern jetzt ihre treu katholische Gesinnung. Am Tage Donati 1521, also zu einer Zeit, wo in der Oberlausitz die Reformation Luthers schon festen Boden gefaßt, polemisierte im Dome zu Bautzen ein Prediger neuer Richtung „uff
dy mönche und pfaffen, dy vergkheyligen, als dy Celestiner ofm Oybyn", als in demselben Augenblicke durch das Getöse von drei herabstürzenden Balken des in der Reparatur befindlichen Kirchturmes unter den Zuhörern eine furchtbare Panik entstand. Mit dem Prediger, „ein dicker Mann, namens Arnold", flüchtete alles entsetzt aus der Kirche, denn „es war vorwar nicht anders, denn der bose geyst wolt seyn spil haben". (Mitt. von Dr. Pilk a.d. Domst.Arch. Bautzen.) Man verspottete also die Cölestiner schon öffentlich ihrer Glaubenstreue wegen. Trotzdem verlangte der Ansturm der Reformation seine Opfer. Schon 1582 berichtet der Landvogt dem Kaiser das teilweise Davongehen der Oybiner Mönche, 1535 heißt es, daß man daselbst aus Mangel geistlicher Personen ein Görlitzer Gestift nicht mehr zu verwalten möge. So hatte der Stiftung des unvergeßlichen Kaiser Karl IV. nach nur 180 jährigem Bestehen das Stündlein geschlagen. Nach und nach verließen freiwillig die Mönche, unter ihnen Christoph Ottomann und Balthasar Gottschalk, gewiß tiefgebeugter Seele und schweren Herzens, das einst so reiche, blühende, hochgeachtete Kloster, um in der Fremde oder im Väterhause zu Zittau den Rest ihrer Tage zu beschließen. Die einstweilige Verwaltung ihres Besitzes übertrugen sie einem Amtmann. Das Olbersdorfer Schöppenbuch verzeichnet zuerst als „der Väter Hauptmann" einen Christoph Eichler 1535, dessen Nachfolger der ,,alde Hauptmann Antonius " 1549 genannt wird. Wohl führte Gottschalk nach dem 1555 erfolgten Tode Ottomanns auch noch den Titel eines Priors von Oybin, wohl wohnte derselbe zeitweilig auch noch oben, wohl leitete er nach gleichzeitigen Schöppenbuchnotizen auch noch einzelne Amtshandlungen in den
Klosterorten, wohl verrichtete er noch zu gewissen Tagen gottesdienstliche Handlungen in der Klosterkirche des Oybin - aber Herr des Klosters war er nicht mehr, dies und all seinen umfänglichen Zubehör hatte Kaiser Ferdinand I. nun an sich gezogen, es war wieder Eigentum der Krone Böhmens geworden und während die böhmischen Besitzungen schon früher veräußert worden waren, die schlesischen aber zu freier Verfügung des Kaisers gelangtenr wurde der Oybin mit seinem Lausitzer Zubehör unter dem Namen „Oybiner Stiftungsgüter" bereits 1547 als ein gesondertes Kroneigentum in adlige Hand verpfändet, die Oybiner Kirchenschätze aber 1548 durch eine neue landes-herrliche Kommission in Beschlag genommen. Nach Gottschalks Tode hielten in der Klosterkirche, wie folgendes hier berichtet wird, hierher berufene Jesuiten von Prag Gottesdienste. Ihnen mochte es überlassen worden sein, den Versuch zu wagen, Oybin dem Katholizismus, wenn irgend möglich, zu erhalten - eine getäuschte Hoffnung! Sie waren es auch, welche mittels einer großen Zahl Maulesel die in Körben wohlverpackte schöne Klosterbibliothek nach Prag überführen ließen, wo sie den Grundstock zur heutigen Landesbibliothek bildete. Auf unsere Zeit ist von diesen Büchern, die man verfaulen und von Motten zerfressen ließ, nur wenig gekommen. Ferdinand I. sorgte sodann für Leerung der Kirche. Eine Orgel kam schon früher nach Löbau, jetzt ein Altar nach Zwickau, eine Glocke nach Mergthal und in ähnlicher Weise mögen wohl viele andere Städte und Dörfer des benachbarten Böhmens beteilt worden sein, wo diese Geschenke in treu-katholische Hand kamen und der Vernichtung durch Feuer - im Jahre 1577 brachte ein Blitzschlag dem Schlosse und der Kirche auf dem Oybin den Untergang - entgingen.
III. Letzte Schicksale von Schloß und Stift Oybin. Noch hatten sich mit Auflösung des Klosters Oybin die Geschicke von Burg und Klosterkirche nicht erfüllt. Noch einmal leuchtete ihnen ein günstiges Geschick. Diese letzte Blütenperiode, zwar wechselreich, aber von minderer historischer Bedeutung, wahrte nur drei Jahrzehnte. Wir erfuhren aus der Stiftsurkunde des Klosters von 1369, daß Karl IV. die Burg Oybin sich und seinen Nachfolgern auf dem Throne Böhmens vorbehielt. So wird sie auch zu der Zeit des Klosters oft neben diesem urkundlich genannt, wir erwähnen dies aus den Jahren 1425, 1430, 1434 und erfahren, daß das ,,Slos Oywen" 1485 und 1538 der fleißigen Aufsicht der Stadt Zittau anempfohlen wurde. Von jetzt an tritt das Schloß Oybin wieder in vollen Vordergrund. Am 21. August 1547 verpfändete Kaiser Ferdinand I. die Oybiner Stiftsgüter auf 3 Jahre für die Summe von 13 000 Talern an den Landvogt und Oberhofmeister Zdislaw Berka von Duba auf Reichstadt, welcher der Pestgefahr wegen bereits 1544 einige zeit auf dem Oybin als Gast der letzten Mönche gewohnt und am 29 Mai 1546 die Ehre gehabt hatte, den Erzherzog und nachmaligen Kaiser Maximilian II., welcher au diesem Tage „mit Gefolge von 44 Pferden" den Oybin besuchte, nach hier geleiten und ihm alle Teile von Schloß und Kloster erläutern zu dürfen. Schon 1538 sagten die Görlitzer dem Landvogt nach, daß er ein Auge auf den Oybin habe, jetzt war er dessen Pfandherr! Die Verwaltung seiner Pfandherrschaft legte er anfangs in die Hände seines Reichstädter Amtmanns, Kaspar von Gersdorf, sodann aber in die Sigmunds von Debschitz, welcher als „Amtmann" oder „Hauptmann auf Oybin" zuerst am 24. November 1547 und seitdem oft genannt wird und seine Wohnung auf dem Schlosse Oybin hatte. Bei ihm starb auch 1550 sein hochbejahrter Bruder Peter von Debschütz, über dessen noch erhaltenes Grabmal wir im ersten Teile dieses Buches berichteten. Der Oybiner Hauptmann von Debschitz starb am 4. Januar 1552 zu Engelsdorf bei Kratzau. Zdislaw Berka hatte u.a. auch am Schlosse Oybin Baubesserungen vorgenommen, welche 1551 eine Kommision besichtigte, ferner ließ er auch den
Oybiner Kretscham um das Jahr 1550 erbauen, in welchem der erste Richter, Jakob Gulich, 1551 genannt wird. Nach dem Pachtvertrage sollte er für kirchliche Verrichtungen auf dem Oybin vier Ordensgeistliche halten; da dies nicht mehr aus den Reihen der alten Cölestiner möglich, mühte er sich, obwohl vergeblich, Priester aus dem Kloster Neuzelle in der Niederlausitz für hier zu erhalten. Gegen seine Klosteruntertanen war er nicht allzu mild und zwang diese zu Klagen beim Kaiser; auch mit Zittau hatte er Streitigkeiten, was um so auffälliger ist, als dieser Mann sonst als gütig und gerecht gilt und ein bedeutender und hochgeehrter Staatsmann war. Er starb den 11. September 1553 als Oberstlandhofmeister und ward in der Dekanatkirche zu Leipa begraben. Anfang April 1551 löste sich der Pachtvertrag und die Stiftsgüter kamen unterm 10. Juli in kaiserliche Verwaltung. Auf dem Schlosse Oybin residierte nun in Jakob von Hag ein kaiserlicher Hauptmann als Stiftsverwalter, der zugleich die der Stadt Zittau im Pönfall entzogenen Dörfer Lückendorf und Waltersdorf mit zu verwalten hatte. Hag ein Schlesier von Geburt Schüler des berühmten Trotzendorf in Goldberg, einst ein tapferer Soldat, später und bis 1551 königlicher Kammersekretär in Schlesien, verheiratete sich im Jahre 1553 mit Anna, des Görlitzer Bürgermeisters Dr. Fabri Tochter. In einem von Thomas Mitis verfaßten Hochzeitsgedichte wird auch der Neuvermählten Wohnsitz, das Schloß Oybin, verewigt. Hag, der in Zittau ein Haus und die Schönmühle, in Olbersdorf das Gut Kaltenstein erkaufte, später aber als Privatmann in Görlitz lebte und starb, waltete auf Oybin seines Amtes mit Energie, aber auch mit vielem Eigennutze. Unter ihm erhielt das Schloß erneute Wichtigkeit, es wurde 1551 mit Mannschaften besetzt und mit Geschütz armiert, 1552 kamen erneut Geschütze und Rüstungen von Bautzen nach hier. Sehr interessante Einzelheiten veröffentlichte darüber Pfarrer Sauppe (Zitt. Nachr. 1904, Nr. 93, Beilage 1). Wir erwähnen daraus u.a., daß unterm Schloßtore zwei Karrenbüchsen standen, im Gewölbe unterm Vorsaale 20 Handrohre, Hakenbüchsen und eiserne Handrohre, außerdem ein kleines eisernes Geschütz; von Bautzen kamen: 40 halbe Hakenbüchsen und 20 Helmbarten, in einer
Truhe eiserne und bleierne Kugeln und die dazu gehörige Gießform; in denselben Gewölbe befanden sich auch viele Schock Armbrustpfeile, zwei halbe Tonnen Pulver und ein halbes Fäßchen Salpeter, in einer Kammer oben Hinter- und Vorderteile von acht Harnischen mit dazu gehörigen Kragen und Sturmhauben, neun Vorderteile von Harnischen, mehrere Armschienen, drei Halbkragen und zwei paar Blechhandschuhe, ferner acht Eisenhüte, acht Armbrüste, drei Köcher zu Pfeilen, zwei Tratschen, eine Partisane, acht Spieße, eine Hellebarte usw. Oybin besaß also in dieser Zeit eine immerhin bemerkenswerte Armierung. Im Oybin-Museum befindet sich ein winziger Rest eines bronzenen Geschütz-rohres, vielleicht von einem zersprengten Exemplare; auch steinerne Geschosse! Mehrere kleine und ein sehr großes Mörsergeschoß. Letztere wohl aus der hussitischen Beschießung von 1429. Wo mögen all die ebengedachten Waffen hingekommen sein? Im Jahre 1552 ward die Erbauung, eines Pulverturmes von ihm angeregt, 1555 aber die großen seit der Pönfall-Konfiskation 1547 hier geborgenen Pulvervorräte nach Prag in das dortige Zeughaus überführt. Hag empfing auf dem Schlosse Oybin am 1. Mai 1553 auch den Besuch des Statthalters von Böhmen, den Erzherzog Ferdinand von Tirol, Gemahl der schönen Philippine Welser. Er befand sich mit einem Gefolge von 200 Rossen auf der Reise von Zittau nach Reichstadt in Böhmen. Zu Hags Zeit, 1552, geschah es außerdem, daß sich ein Verwaltungsbeamter, der Schreiber Hans Wünsche, „ vielliecht weil er nicht würde berechnen können!" durch ein Fenster des Schreiberstübels stürzte und in der Tiefe zerschellte. Aber auch Hag, ,,der dem Kaiser nicht gegeben, was er gewollt" und dessen Verwaltung eine Kette von Streitigkeiten und Auflagen bildet, wurde 1556 abgedankt und der Oybin erhielt abermals einen Pfandherrn. Gegen einen Pachtzins von 1400 Schock jährlich, zahlbar in zwei Terminen an das Jesuiten-Kollegium Clementinum in Prag, kamen die Stiftsgüter im selben Jahre noch in Verwaltung der Stadt Zittau, welche ihren berühmten Bürgermeister Nikolaus v. Dornspach zum „Bestandherrn der Oybinischen Güter" ernannte; Schloß Oybin aber mit dem Meierhofe, Gärten, Wiesen, Teichen und Bächen, nebst der
Jagd an der dem Stift gehörigen Seite des Hochwaldes, erhielt auf Lebenszeit der kgl. Kammerrat Benno v. Salza auf Rengersdorf bei Görlitz, welcher 1556 starb und wohl auf dem Oybin begraben wurde. An der Kirche zu Ebersbach bei Görlitz erhielt sich noch der Grabstein seiner Gattin, diese in Lebensgröße darstellend, mit der Inschrift: „Anno 1586 den Donnerstag nach Johannis war den 26. Juni
ist in Gott seeliklich und christlich verschieden die wohlgeborene Frau, Frau Katharina geborene Rederin Freye von Fridland des gestrengen und edlen Herren Bennonis von Salza Ro. Kay. Maij, im Ko. Beemb. Cammerrath auf Polkenhan, Oybin und Rengersdorf hinterlassene Wittib, ihres Alters im 46., ihres Witwenstandes im 20. Jahre. Der Gott genade." In feiner Pfandperiode, 1556 bis 1563, war der Oybin arm an Ereignissen. Im Jahre 1556 hielt er unter dem Schlosse, dessen gute Beaufsichtigung ihm zur Pflicht gemacht war, einen Salzmarkt ab, worüber er mit Zittau zu rechten hatte. In seine Zeit fällt es auch, daß Balthasar Gottschalk, der letzte Cölestiner, den letzten Gottesdienst auf dem Oybin abhielt, denn nachdem schon 1550 der berühmte Jesuit Petrus Canisius den Oybin besichtigt hatte, kamen 1557 nach und nach fünf Jesuiten von Prag nach hier und schon 1559 versah der Jesuitenpater Luca Predigten und Messelesen in der Klosterkirche, auch in der benachbarten böhmischen Stadt Zwickau. Ferner fällt in seine Zeit der Transport der Oybiner kostbaren Klosterbibliothek, angeblich in Körben durch 40 Maulesel, nach Prag, welchen Transport der Jesuit Hurtad Perez, 1560 Superior auf dem Oybin, leitete, der schon vorher diese Bücherüberführung sich beim Kaiser erwirkt hatte. Endlich ließ 1562 Benno v. Salza Bauten am Schlosse vornehmen, wozu laut Befehles an die Stadt Zittau die Stiftsuntertanen Hofdienste zu leisten hatten. Im Jahre 1562 zogen die Jesuiten wieder nach Prag ab und es wurde seitens des Kaisers ein Pachtvertrag mit der Stadt Zittau, die ihm jetzt 12 000 Taler, vorstreckte, auf 20 Jahre verlängert. Benno v. Salzas Nachfolger als Pfandinhaber des Schlosses Oybin war 1563 bis 1570 der Hofsekretär Hermann Igel zu Hartenreuth, über welchen uns biographische Nachrichten leider fehlen und in dessen Zeit die
Räumung der Stiftskirche und zugleich das Aufhören des Gottesdienstes in derselben fällt. Mit seinem Rücktritte gelangte nun auch Schloß Oybin nebst dem Meierhofe usw., somit die gesamten Stiftsgüter in den Pfandbesitz der Stadt Zittau, welche dieselben letztlich „Schloß Oybin, samt den Dörfern und Gütern, als das Dorf Olbersdorf, Herwigsdorf, Oderwitz, soviel davon zum Schloß oder Stift gehörig, Jonsdorf und Drausendorf", laut Kaufsurkunde vom 17. November 1574 für 91000 Taler eigentümlich erwarb und seitdem und noch heutigen Tages Besitzerin des Oybins ist. Mit diesem Kaufe, der auch die Zittau 1369 entzogenen Wälder, den größten Teil des heutigen Zittauer Gebirges inbegriff, legte Zittau den Grund zu seinem Aufblühen, zu einer Quelle steten nutzbringenden Einkommens. Am 2. Dezember 1574 empfing Zittau, vertreten durch seinen Bürgermeister Nikoaus v. Dornspach und die Ratsherren Scherffig und Krolauft die Huldigungen der einstigen Klosteruntertanen. Die Gemeinde unterm Oybin gehört zwar in ihren ersten Anfängen noch in die letzten Tage der Cölestinerzeit. Aber erst unter Zittau nahm das Dörfchen Fortschritte, indem der Meierhof in drei Häuser geteilt, die Klosterfelder im Tale in sieben Gartengrundstücke verwandelt wurden, für welche sich bald Abnehmer fanden. Böhmische Exulanten trugen später mit zur Vergrößerung des Dorfes bei, welches jetzt eine der beliebtesten Sommerfrischen Deutschlands geworden ist. Und was wurde aus Schloß und Kirche auf dem Berge? Eine alte handschriftliche Chronik vermeldet darüber „Am Sonntage Judika, war der 24 März 1577, abends 6 Uhr, da schlug bei einem heftigen Donnerwetter das Wetter ein und der Strahl zündete. Nun war es Nacht und überdies viel Schießpulver auf dem Schlosse verwahrt, auch sonst gefährlich, daß sich die Einwohner des Dorfes nicht hinauf wagten, obgleich anfänglich das Feuer mit geringer Mühe hätte gedämpft werden können, sondern es hat freien Lauf gehabt, und weil alles gewölbt, das Dach von Schieferstein gewesen, so hat es einige Wochen zugebracht, ehe alles Holzwerk ist verglommen." Die ohnehin große
Zerstörung an den Gebäuden wurde (vergl. Pescheck, den Oybin 1792, S 64; Cölestiner S.88) durch den Umstand wesentlich vergrößert, als das Feuer die oben befindlichen Pulvervorräte ergriff. Die Explosion des Pulvers „zersprengte mehrere Mauern und Felswände" der Hofsseite des Schlosses, wie noch heutigen Tages sich deutlich erkennen läßt. Uebrigens hätten selbst Mut und hilfsbereite Hände des ausgebrochenen Feuers nicht Herr werden können, da es auf dem Oybin zu solch traurigem Zwecke an der entsprechenden Menge Wassers gefehlt hatte. Von der Kirche brannte nur der Dachstuhl ab, ihre Gewölbe stürzten erst weit später nach und nach ein. Den weiteren Verfall der Ruinen vollbrachte ein Felsenabsturz am 14 Mai 1681 nachts, „denn da trennte sich, wie einige wollen, bei stillem Wetter, andere bei einer Erderschütterung der Felsen (dicht am Klosterkirchturm), worauf ein hoher Turm gebaut war, der schlug das Kloster in die Keller hinunter und schlug auch das Backhaus darnieder, die Mauern der Kirche aber blieben von diesem Unheil unbeschädigt." Eine andere Quelle sagt „Durch die gewaltsame Erschütterung stürzte auf dem oberen Torwerk der Turm ein und fiel gerade auf das noch dastehende baufällige Bäckereigebäude, das dadurch völlig zertrümmert und verschüttet wurde. Eben derselbe Knall zog noch mehr Ruinen nach sich, besonders aber der Herabsturz des Turmes und Daches von der großen neben dem Amtshause stehenden Betkapelle, wodurch die Ruinen von beiden ebenfalls fast ganz zerschmettert und vernichtet wurden." Jene abgestürzten Felsstücke liegen noch heute nahe dem Pecheck-Denkmale; an einem derselben befindet dich das oben erwähnte alte Wappen. Einer abermaligen Schädigung waren die Oybinruinen im Jahre 1707 ausgesetzt Ein uns vorliegendes Manuskript berichtet darüber wie folgt: „1707 den 21. Juli fuhren Zittauer Ratsherren mit dem schwedischen Herrn Oberst Hjelm und anderen Offizieren auf den Oybin, sich allda zu erlustieren, nahmen allerhand Geschütze mit, so sie droben losbrannten, schmissen Granaten und waren sehr lustig. Indes aber, weil alles sehr dürre war, an Gesträuch und Gehölz, ist eine Granate in das dürre Gebüsch
gefallen, welches sich davon entzündet, daß in kurzer Zeit der Berg gegen die Stadt zu voller Feuer war und die Herren sich vom Berge retirieren mußten. Alsdann haben die Bauern von Oybin und Olbersdorf dabei wachen müssen, daß, wenn Feuer vom Berge herunterfiele, sie solches bald löschten. Es hat viele Tage gebrannt, bis es alsdann von sich selbst ausging " Diesem Brande fiel vor allem das damalige Gesellschaftshaus, ferner ,,ein Teil von den Ueberresten der Gebäude und viele schöne Bäume" zum Opfer. Die letzte, allerdings einzig unvorsichtigem Handeln zuzuschreibende Demolation von Ruinenteilen ereignete sich im Sommer 1803 „Als einige Gewerken zur Ausbesserung des Gottesackers Steine brauchten, sprengten sie nahe des Einganges zur Kirche einige Felsstücken, wodurch nicht nur das alternde Aussehen dieses Platzes sehr verändert und vermindert, sondern auch, ein ganzes Fenster von der Außenseite der Betkapelle (oberhalb des Bahrhauses!) eingestürzt wurde" - Der Zahn der Zeit hat seitdem einige Einstürze an den Ruinen veranlaßt, so 1856 am oberen Raubschlosse, 1884 an der Brustwehr: rechts vom oberen Tore, 1910 am Turme neben dem Museum, 1911 eine Mauerecke am Museum selbst usw., doch wacht die größte Anerkennung verdienende Fürsorge des löblichen Rates der Stadt Zittau jetzt so aufmerksam über den Bestand der vorhandenen Ruinen von Burg und Klosterkirche, daß durch stets rechtzeitig vorgenommene Reparaturen deren Erhaltung für fernste Zeiten gesichert erscheint. Wohl könnte ich nun aus der reichen Geschichte des Berges noch viel erzählen, so: daß im 30jährigen Kriege kaiserliche Truppen hier oben Posto gefaßt und wiederholt die Bewohner Oybins und der Nachbarorte mit Vieh und Habe auf dem „alten Schlosse" Zuflucht suchten; daß im Jahre 1705 russisches Militär sich auf dem Oybin mit Granatwerfen unterhielt, wobei ein Grenadier tötlich verwundet wurde; daß in den schlesischen Kriegen das Dorf von Kaiserlichen und Preußen oft geplündert wurde und Kroaten das Pulverhaus auf dem Oybin mit Gewalt seines
Inhaltes an Mörsern und Schießpulver beraubten; daß 1813 polnische Truppen den Schießstand des Berges zu Uebungszwecken benutzten, der tapfere Polenfürst Poniatowsky hier oben mit Sulkowsky und anderen seiner Offiziere sich vergnügte und am 19. Angust Napoleon I mit großer Suite durch Oybin über den Lückendorfer Kamm nach Gabel zog; daß im Kriege 1866, und zwar am 26. Juni die ersten anrückenden Preußen dem Oybin zu Pferde einen Besuch abstatteten; oder berichten, daß „unser Oybin", dieses weitgepriesene Fleckchen Erde, ein gefeiertes Wallfahrtsziel für begeisterte Natur- und Geschichtsfreunde aller Stände, aller Länder, ja aller Erdteile wurde, daß unser geliebtes Königshaus diese Sympathien für den denkwürdigen Felsberg getreulich teilte und unser guter König Friedrich August, gleich seinen erlauchten Vorgängern Albert und Georg, gar oft schon in den Wäldern am Oybin in froher Waidmannslust mit Erfolg der Hahnenbalz huldigte - aber wir sind am Ende unserer geschichtlichen Arbeit, die wir mit dem herzlichen Wunsche schließen, möge heute und immerdar dem Oybin ein freundlicher Stern leuchten.
IV. Volkssagen vom Oybin. 1. Der Jungfernsprung . Wie die Burgen Hochosterwitz in Mähren und Dewin in Böhmen u.a.m. hat auch der Oybin seinen Jungfernsprung. Wenn man durch den Kreuzgang gehend auf den Friedhof tritt, ist rechts an der Fichte eine Tafel: Bergringweg. Man geht durch das Felsentor, entlang den düsteren Felsengang und ist am Ziele. Die schmale, von einem Brette überdeckte Schlucht ist der Jungfernsprung, die Sprungstelle hat etwa 10 m Tiefe Vor der Schlucht rechts auf dem Felsen ein altes eingemeißeltes Kreuz, ebenso ein größeres rechts unten am Felsen. Die Sage berichtet in ihrer ältesten Ueberlieferung folgendes: Der Junker von Tollenstein, ein schlauer Ritter, ließ es sich oft gefallen, bei dem v. Michelsberg auf Oybin einzukehren und daselbst die langen Abende bei einem Seidel Ausbruch zu verplaudern, oder in der Dämmerstunde mit hinab in den Wald zu ziehen und an der Leipaer Straße Beute zu machen. Eines Tages, als er sich auch nach Oybin begab, sah er ein Mägdelein, zart und lieblich prangend wie das Röslein des Maies. Er entbrannte augenblicklich in heißer Liebe zu ihr. Da er aber auf keine Weise ihre Liebe gewinnen konnte, ließ er sie durch seine Knappen aufgreifen und sie alles Schreiens und Sträubens ohngeachtet nach Oybin bringen. Hier blieb sie in strenger Haft, der Junker glaubte dadurch ihren Sinn zu erweichen, aber vergeblich. Weinend fand er sie jeden Morgen und bald bleichte der Gram ihre Wangen zum Schnee der Lilie. Aber mitten unter ihren Feinden hatte sie ein mitleidiges Herz gefunden. Adelheid, die Tochter des Burgherrn, nahm freundlich Teil an ihrem Schicksale und zeigte ihr Mittel und Wege zu entkommen. Ihrem Rate folgend, war einst die Gefangene zur Zeit der Dämmerstunde glücklich dem Auge ihrer Wächter entgangen, als auf einmal ein Lärmen entstand und man sie allenthalben suchte. Die Ritter waren soeben von der Jagd heimgekehrt. Jede Minute Verzug bringt ihr sicheren Untergang; Wie ein gescheuchtes Reh
stürzt jetzt das geängstigte Mädchen über den langen, hohen Felsenweg im Innern des Burghofes. Sie erklimmt die nicht allzu hohe Mauer, bleibt aber, oben angelangt, erschrocken stehen, denn eine Kluft gähnt ihr entgegen. Einen Augenblick sinnt sie nach, dann faßt sie sich ein Herz, springt hinab in die Kluft und kommt auf ein vorspringendes Felsstück zu stehen, von wo aus sie, sich von Fels zu Fels schwingend, glücklich das Tal erreicht, während ihr auf der Mauer die Ritter halb staunend, halb ärgerlich über die ihnen entgangene Beute nachsahen. 2 . D e r S c h a t z i n d e r Z i s t e r n e . Wenn man, durch den Kreuzgang der Klosterkirche gehend, den stillen Friedhof des Oybin passiert hat und sich der Restauration zuwendet, sieht man rechts am Wege, überragt von mächtigen Felsen, eine in den Stein gehauene, vier Meter tiefe Zisterne, in der man das Regenwasser sammelt. Dieselbe war schon zur Ritterzeit vorhanden und soll ihr Grund mit Steinplatten ausgelegt sein, deren eine, mit einem Kreuze gekennzeichnet, den Weg zu einem dunklen, unterirdischen Gange verschließt, in welchem die Ritter des Oybin im Jahre 1348, wo Kaiser Karl IV. mit den Lausitzern die Burg eroberte, ihre unermeßlichen Schätze verborgen haben sollen. Nur am Totensonntage nachts 12 Uhr ist es möglich, sich des Schatzes zu bemächtigen, da in dieser Stunde die Zisterne merkwürdigerweise leer vom Wasser steht. Vor vielen, vielen Jahren hatten sich sechs Oybiner ein Herz gefaßt, den Schatz zu heben. Unter ihnen war auch ein gewisser Brockelt aus dem Niederdorfe, der als Sonderling galt und stets ein rotes Mützchen trug. Nachdem sie also am bezeichneten Tage zusammengetroffen, mit Hacken und Brechstangen sich wohl versehen und einander eingeschärft hatten, sich ja durch nichts, es sei was es wolle, während der Arbeit zum Sprechen bewegen zu lassen, da sonst der Schatz sofort wieder verschwinde, machten sie sich still auf den Weg.
Kaum daß sie an der Zisterne angekommen, rief die Uhr im Tale die zwölfte Glockenstunde - das Wasser, so dunkel und tief, verlief sich auf unerklärliche Weise - die Steinplatte mit dem Kreuze ward sichtbar. - Schnell sprangen sie herzu und die Arbeit begann. Schaurig hallten die auf die Brechstangen fallenden Schläge mit der Axt in den Felsen wieder. Da, man denke sich das Entsetzen der Schatzgräber, stehen an der Zisterne Rand eine Anzahl mit Hörnern, Kuhfuß und Schwanz gezierte Gespenster, die, ohne eine Wort zu sprechen, bemüht sind einen Galgen zu errichten! Kalter Schweiß rinnt den Schatzgräbern bei solchem Anblicke von der Stirn, doch ihrem Ziele so nahe, ruhen sie nicht, und bereits fängt sich die Platte an zu lösen. Neu belebt sich ihr Mut, vermehren sich ihre Kräfte - jetzt eben im Begriff zu heben, schauen sie, um sich des Alleinseins zu vergewissern, in die Höhe, wo ihre Augen einen fertigen Galgen erblicken! - „Welchen von den sechs Geldgierigen soll ich nehmen?" Also sprach mit schaurig ernstem Tone einer der Teufel am Galgen. „Den mit der roten Mütze dächt' ich!" ertönte es dumpf als Antwort - Jetzt war des Schatzgräbers Brockelt Mut dahin, mit dem verzweifelten Ausrufe: „Gnade für mich!" sank er auf seine Knie; - doch mit seinem Ausrufe war auch das Werk vereitelt. Ein heftiger Knall ertönte, Galgen und Teufel verschwanden, die Platte sank zurück in ihre alte Lage und die schleunigste Flucht nur konnte die Schatzgräber vor dem Tode des Ertrinkens retten, da die Zisterne plötzlich anfing, sich mit Wasser zu füllen. Lange haben diese Schatzgräber solchen Pechs wegen geschwiegen, aber Brockelt konnte, wie in jener Nacht, auch später den Mund nicht halten, und so ist diese vereitelte Schatzgräberei eine allbekannte Sache geworden. 3. Wie der Johannisberg seinen Namen erhielt. Nach einer alten, längs der böhmischen Landesgrenze verbreiteten Sage erhielt der Johannisberg von dem angeblich
ersten Prior des Oybiner Klosters, Johann von Aquila aus Sulmona seinen Namen, derselbe soll oft und gern nach diesem Berge spazieren gegangen sein, sich an der schönen Aussicht erfreut haben. Sei es dann Zeit zur Heimkehr gewesen, so habe man ihm vom Kloster aus mit einem weißen Tuche gewinkt. 4 . K e i n e S p e r l i n g e i n O y b i n . In Oybin gab es einst gar keine und auch jetzt noch nur wenig Sperlinge. Als die Mönche die ersten Ackerbeete im Oybintale angelegt und eingesät hatten, kamen die Spatzen und fraßen den ganzen Samen vom Felde. Da wurden die Mönche zornig und einer von ihnen soll die gefräßigen Tiere durch eine Beschwörungsformel für immer aus dem Oybintale verbannt haben. 5 . D e r u n t e r i r d i s c h e G a n g . Die Einnahme der Burg Oybin 1348 soll Kaiser Karl V. nur unter Benützung eines unterirdischen Ganges möglich gewesen sein, der sich zwischen Zittau und der Burg befand. Auf der Wettinerstraße in Zittau in einem Kellerrestaurant zeigt man noch den Anfang jenes Ganges. Auch auf dem Oybin, links unterhalb des sogenannten Bahrhauses, erhielt sich noch der Rest eines langen, schmalen Ganges in einer Felsklunze. Wir haben uns einmal angeseilt hinuntergelassen. Der Gang ist mit Ziegeln gewölbt. In einer gewissen Tiefe ist das Gewölbe eingestürzt und dadurch der Gang nicht weiter zu begehen. Wir fanden in dem Schutt ein altes Beil. In Kriegszeiten sollen die Oybiner den Gang als Versteck ihrer Werttümer benützt haben. Am Außenende sind Balkenlöcher ausgediebelt, um sich mit Seil gegen den Hausgrund zu herabzulassen. Jedenfalls bildeten sie einst geheime Ausgänge, jener außerhalb der Stadtmauern Zittaus führend, dieser ein durch Seilbenützung möglicher Ausschlupf vom Berge Oybin.
A
m Ostertage 1879 war es, als Verfasser dieser Schrift in einem Hause Oybins sein „Oybin-Museum" der Öffentlichkeit zuführte. Das Entgegenkommen des Zitt. Rates ermöglichte es, daß diese Sammlung am 2. Juni 1883 im einstigen Saale der 1312 erbauten Ritterburg Oybin, dem späteren und bis 1546 als solches benutzten Refektorium der Cölestiner-Mönche aufgestellt werden konnte. Die Stätte, in welcher seitdem das „Oybin-Museum" ein Heim fand, ist denkwürdig. Die deutschen Kaiser Karl IV. und Maximilian II., nicht minder der ritterliche Ferdinand von Tirol, Gemahl der schönen Philippine Welser, haben durch Verweilen in diesem Raume ihn für alle Zeit geweiht. Diesen fürstlichen Herren längst vergangener Tage reihten sich als Besucher des „Oybin-Museums" an Sachsens unvergeßliche Heldenkönige Albert (1888, 1893, 1896) und Georg (1889), König Friedrich August (1883 bereits drei-zehnmal), die Prinzen und Prinzessinnen Mathilde, Johann Georg, Max, Albert, ferner Kronprinz Georg (bereits dreimal), die Prinzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich, sodann Herzog Ernst Günther zu Holstein mit Gattin, Adolf Friedrich, Erbgroßherzog von Mecklenburg-Strelitz, Prinzessin Reuß-Jänkendorf mit Söhnen, Fürstin Hanau, Prinz Schwarzenberg u.a.m. Der Zweck dieser streng wissenschaftlich geordneten Sehenswürdigkeiten des Oybins war, die in Oybin und dem Zittauer Gebirge mit samt dem angrenzenden böhmischen Grenzteile noch zu erlangenden Zeugen entschwundener Zeiten zu erwerben und in historischen Gruppen zu vereinigen. Die gefällig aufgestellte
Sammlung fand nicht nur ehrende Anerkennung bei kompetenten Fachmännern, sondern auch wiederholt wohlwollende und reiche Förderung und testamentarisch wertvolle Zuwendungen des Allerhöchsten Sächsischen Königshauses und vieler anderer hoher und verehrter Gönner von nah und fern. Der unvergeßliche, herzensgute König Albert besuchte diese Sammlung, wie er selbst sagte: stets mit großem Vergnügen; der edle und liebenswerte König Georg erklärte, daß es ihm von großem Interesse gewesen sei, diese mit sovielem Fleiße zusammengetragene, wertvolle Sammlung besichtigt zu haben. König Friedrich August, der fleißigste Besucher des Oybin-Museums, bemerkte: „die Sammlung enthält so viel Schönes, daß ich immer gern wiederkomme!" Hochehrend ist auch das Urteil des Herzogs Ernst Günther zu Schleswig-Holstein, Protektor des Vereins Deutscher Burgenfreunde: daß er mit großem Interesse das hübsche Oybin-Museum besichtigt habe und bald einmal wiederkommen werde. Auch fachmännische Beurteilungen liegen in Vielzahl vor. Geh. Hofrat Professor Dr. Gurlitt, sächsischer Landeskonservator, bezeichnet selbe als eine für die Lokalgeschichte und für die Kulturentwicklung dieser Gegend interessante Sammlung, die mit vollem Rechte Beachtung verdiene; Professor Dr. Steche nannte sie ein schönes vaterländisches Unternehmen, würdig der öffentlichen Aufstellung auf dem Oybin, ferner überbrachte Geheimer Rat und Ministerial-Direktor Dr. Vodel dem Begründer den Dank der sächsischen Regierung dar, für sein, von echt vaterländischem Geiste getragenes, schönes Werk. Interessant ist endlich auch die Anerkennung des großen deutschen Postmannes und Begründers des Deutschen Postmuseums Exzellenz Dr. von Stephan, welcher schrieb: Lebhaft ist mir die Erinnerung an den Besuch des von Ihnen mit so viel Hingabe und Sachkenntnis geleiteten Oybin-Museums. Sie können auf diese verdienstvolle Schöpfung wirklich sagen: non omnis moriar. Am 1. Osterfeiertag 1904 konnte das so vielbesuchte Oybin-Museum sein 25 jähriges Bestandsjubiläum feiern.
Obenan unter der großen Zahl von Gratulanten befand sich der vormalige König Friedrich August, der dem Begründer nicht nur mit einem huldvollen Glückwunschschreiben dein Bild mit eigenhändiger Widmung verehrte, sondern ihn außerdem auch mit einem Glückwunschtelegramm, zugleich im Namen seiner ältesten zwei Söhne, erfreute. Daselbe lautete Ihnen bringen zur Vierteljahrhundertfeier Ihres Museums herzlichste Glückwünsche dar Friedrich August, Georg, Friedrich Christian. Es war ein Tag reich an Beweisen wahrer Gönnerschaft und ehrender Sympathien für die Sammlung und deren Begründer. Möge über dem „Oybin-Museum", dem Werke eines warmherzigen Verehrers seiner teuren Heimat auch in Zukunft ein guter Stern obwalten.