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Saturday morning was come, and all the summer world was bright and fresh, and brimming with life. There was a song in every heart; and if the heart was young the music issued at the lips. There was cheer in every face and a spring in every step. The locust trees were in bloom and the fragrance of the blossoms filled the air. Cardiff Hill, beyond the village and above it, was green with vegetation, and it lay just far enough away to seem a Delectable Land, dreamy, reposeful and inviting. Tom appeared on the sidewalk with a bucket of whitewash and a long-handled brush. He surveyed the fence, and all gladness left him and a deep melancholy settled down upon his spirit. Thirty yards of board fence, nine feet high. Life to him seemed hollow, and existence but a burden. Sighing, he dipped his brush and passed it along the topmost plank; repeated the operation; did it again; compared the insignificant whitewashed streak with the far-reaching continent of unwhitewashed fence, and sat down on a tree-box discouraged. Jim came skipping out at the gate with a tin pail, and singing »Buffalo Gals.« Bringing water from the town pump had always been hateful work in Tom‘s eyes, before, but now it did not strike him so. He remembered that there was company at the pump. White, mulatto and negro boys and girls were always there waiting their turns, resting, trading playthings, quarreling, fighting, skylarking. And he remembered that although the pump was only a hundred and fifty yards off, Jim never got back with a bucket of water under an hour - and even then somebody generally had to go after him. Tom said: »Say, Jim, I‘ll fetch the water if you‘ll whitewash some.« Jim shook his head and said: »Can‘t, Mars Tom. Ole missis, she tole me I got to go an‘ git dis water an‘ not stop foolin‘ roun‘ wid anybody. She say she spec‘ Mars Tom gwyne to ax me to whitewash, an‘ so she tole me go ‚long an‘ ‚tend to my own business - she ‚lowed she‘d ‚tend to de whitewashin‘.« »Oh, never you mind what she said, Jim. That‘s the way she always talks. Gimme the bucket - I won‘t be gone only a minute. She won‘t ever know.« »Oh, I dasn‘t, Mars Tom. Ole missis she‘d take an‘ tar de head off‘n me. ‚Deed she would.« »She! She never licks anybody - whacks ‚em over the head with her thimble - and who cares for that, I‘d like to know. She talks awful, but talk don‘t hurt - anyways it don‘t if she don‘t cry. Jim, I‘ll give you a marvel. I‘ll give you a white alley!« Jim began to waver. »White alley, Jim! And it‘s a bully taw.« »My! Dat‘s a mighty gay marvel, I tell you! But Mars Tom I‘s powerful ‚fraid ole missis -« »And besides, if you will I‘ll show you my sore toe.« Jim was only human - this attraction was too much for him. He put down his pail, took the white alley, and bent over the toe with absorbing interest while the bandage was being unwound. In another moment he was flying down the street with his pail and a tingling rear, Tom was whitewashing with vigor, and aunt Polly was retiring from the field with a slipper in her hand and triumph in her eye. But Tom‘s energy did not last. He began to think of the fun he had planned for this day, and his sorrows multiplied. Soon the free boys would come tripping along on all sorts of delicious
MARK TWAIN
Mark Twains Selbstbiographie Skizzen
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MARK TWAIN
Mark Twains Selbstbiographie
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littera scripta manet
Mark Twain (30.11.1835 - 21.04.1910)
. Ausgabe, Dezember 2004 © eBOOK-Bibliothek 2004 für diese Ausgabe Bearbeitet nach einer Übersetzung von W. Lange aus dem 9. Jh.
Mark Twains Selbstbiographie
D
a zwei oder drei Personen zu verschiedenen Zeiten angedeutet haben, daß, wenn ich eine Selbstbiographie schriebe, sie dieselbe lesen würden, falls sie Muße dazu fänden, so gebe ich endlich diesem heißen Verlangen des Publikums nach und überreiche hiermit meine Geschichte. Ich stamme aus einem edlen alten Hause. Dasselbe erstreckt sich sehr weit in das Altertum zurück. Der erste Ahn, von welchem die Twains irgendwelche Kunde haben, war ein Freund der Familie namens Higgins. Dies war im elften Jahrhundert, als unser Geschlecht in Aberdeen, Grafschaft Cork in England, lebte. Woher es kommt, daß unsere lange Linie seitdem stets den mütterlichen Namen trug – ausgenommen, wenn sich von Zeit zu Zeit einer von ihnen, um der Narrheit zu entgehen, mutwillig in einen andern Namen flüchtete –, statt sich mit dem Familiennamen Higgins zu begnügen, das ist ein Geheimnis, welches aufzuklären keiner von uns jemals ein sonderliches Verlangen verspürt hat. Es ist etwas wie ein verworrener schöner Roman, und wir lassen ihn auf sich beruhen. Alle alten Familien tun das. Arthour Twain war ein Mann von bedeutendem Ruf – Steuereinnehmer an der Landstraße zu William Rufus Zeiten. In dem Alter von ungefähr dreißig Jahren begab er sich nach einem jener schönen altenglischen Vergnügungsorte, Newgate mit Namen, um irgend etwas auszurichten, und kehrte nicht wieder zurück. Während er sich dort aufhielt, starb er plötzlich.
Augustus Twain scheint um das Jahr 60 einigermaßen von sich reden gemacht zu haben. Er war ein überaus lustiger Gesell und pflegte seinen alten Säbel hervorzuziehen und ihn scharf zu machen und sich in finsterer Nacht an einem geeigneten Orte zu postieren und ihn den Leuten, welche vorbeikamen, in den Leib zu stoßen, um sie hüpfen und springen zu sehen. Er war ein geborener Humorist. Allein er gewöhnte sich bald daran, den Spaß etwas weit zu treiben; und das erstemal, wo er dabei ertappt wurde, wie er einem seiner Mitmenschen die Kleider abstreifte, entfernte die weltliche Obrigkeit einen Teil von seinem Körper und steckte denselben zu Temple-Bar auf eine schön gelegene Anhöhe, wo er sich die Leute mit Muße betrachten und vergnügt sein konnte. Niemals hat ihm eine Stellung so gut gefallen, und niemals hat er sich irgendwo so lange aufgehalten. Dann zeigt der Stammbaum unserer Familie für die nächsten zweihundert Jahre eine Reihenfolge von Kriegern – edle, hochherzige Burschen, welche allzeit singend in die Schlacht zogen, und zwar dicht hinter der Armee, und regelmäßig mit lautem Geschrei dicht vor ihr sich wieder zurückzogen. Es ist ein kränkender Tadel des armseligen Witzes des verstorbenen alten Froissart, daß unser Stammbaum niemals mehr als einen Zweig gehabt und daß dieser eine Zweig in rechtem Winkel vom Stamme gestanden und Winter und Sommer Früchte getragen habe. Zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts haben wir Beau Twain, mit dem Beinamen: »der Gelehrte«. Er schrieb eine wunderschöne Hand, und er konnte jedermanns Schrift so genau nachmachen, daß man sich schon beim Ansehen rein totlachen mußte. Er hatte unendlich viel Spaß von seinem Talent. Aber in der Folge ging er einen Kontrakt ein, für die Landstraße Steine zu brechen, und diese rauhe Arbeit verdarb ihm die Handschrift. Indes freute er sich doch seines Lebens während der ganzen Zeit,
welche er in dem Steingeschäft zubrachte, was mit unbedeutenden Unterbrechungen einige zweiundvierzig Jahre währte. In der Tat, er starb im Geschirr. Während all dieser langen Jahre führte er ein so musterhaftes Leben, daß die Regierung, sooft er eine Woche mit einem Kontrakt durch war, ihm einen andern gab. Er war ein wahrer Liebling der Polizei. Und immer stand er bei seinen Kollegen von der Kunst in hoher Gunst und war ein hervorragendes Mitglied ihrer wohltätigen geheimen Gesellschaft, welche man Kettenbande nannte. Sein Haar trug er allzeit kurzgeschnitten, hatte eine besondere Vorliebe für gestreifte Kleider und starb tief betrauert von der Regierung. Er war ein schmerzlicher Verlust für sein Vaterland, denn er war so regelmäßig. Einige Jahre später haben wir den berühmten John Morgan Twain. Er kam im Jahr 492 mit Kolumbus als Passagier herüber nach Amerika. Er scheint von grämlicher, unangenehmer Gemütsart gewesen zu sein. Während der ganzen Fahrt beklagte er sich über das Essen und drohte fortwährend, ans Land zu steigen, wenn es nicht besser damit würde. Er verlangte nach frischem Maifisch. Kaum ein Tag zog über sein Haupt hin, an welchem er nicht, die Nase in die Luft gesteckt, auf dem Schiffe hin und her bummelte, den Befehlshaber verhöhnte und sagte, er glaube nicht, daß Kolumbus wisse, wo er hingehe, oder daß er schon jemals dort gewesen sei. Der denkwürdige Ruf: »Land! Land!« machte jedes Herz auf dem Schiffe erbeben, nur das seine nicht. Er starrte eine Weile durch ein Stück angeräucherten Glases nach der Linie, welche auf dem fernen Wasser abgezeichnet lag, und dann sagte er: »Zum Teufel mit dem Lande! Es ist ein Floß!« Als dieser fragwürdige Passagier an Bord des Schiffes kam, brachte er nichts mit als eine alte Zeitung, worin sich ein Taschentuch, gezeichnet B. G., ein baumwollener Strumpf, gezeichnet L. W. G, eine wollene Socke, gezeichnet D. F., und ein Nachthemd, gezeichnet O. M. R., befanden. Und dennoch quälte er
sich während der Reise mehr mit seinem »Koffer« ab und tat weit wichtiger mit demselben als alle andern Passagiere zusammengenommen. Wenn das Schiff »mit dem Kopfe unten« war und sich nicht steuern lassen wollte, so ging er hin und trug seinen »Koffer« weiter zurück, und dann beobachtete er die Wirkung. Wenn das Schiff »am Spiegel« war, so stellte er an Kolumbus die Forderung, von einigen seiner Leute »das Gepäck fortschaffen« zu lassen. Bei Stürmen mußte ihm ein Knebel in den Mund gesteckt werden, weil sein Wimmern um seinen »Koffer« es der Mannschaft unmöglich machte, die Befehle zu hören. Der Mann scheint nicht offen heraus irgendeiner bedenklichen Ungebührlichkeit angeklagt worden zu sein, aber in dem Schiffsbuche ist es als »ein seltsamer Umstand« bemerkt, daß, obgleich er sein Gepäck in einer Zeitung an Bord des Schiffes brachte, er es in vier Koffern, einem Packkorbe und ein paar Champagnerkörben ans Land schaffte. Allein als er zurückkam und in prahlerischer Weise behauptete, daß ihm verschiedene Gegenstände fehlten, und er das Gepäck der andern Passagiere durchsuchen wollte, da war das Maß voll, und man warf ihn über Bord. Lange Zeit warteten sie neugierig, ob er an die Oberfläche des Wassers kommen würde, aber nicht einmal eine Blase zeigte sich auf der ruhig ebbenden Flut. Allein während alle vollständig damit beschäftigt waren, über die Seite des Schiffes hinabzublicken, und das Interesse mit jedem Augenblick größer wurde, bemerkte man mit Bestürzung, daß das Schiff ins Treiben geraten war und das Ankertau schlaff von dem Bug herabhing. Dann finden wir in dem vergilbten alten Schiffsbuche folgende seltsame Bemerkung: »Mit der Zeit wurde entdeckt, daß der unangenehme Passagier untergetaucht, den Anker mitgenommen und an die verdammten Wilden aus dem Innern des Landes verkauft hatte, mit der Behauptung, er habe ihn ›gefunden‹, dieser Galgenvogel.«
Und dennoch hatte dieser Ahnherr gute und edle Instinkte, und mit Stolz erinnern wir an die Tatsache, daß er der erste Weiße war, der sich für das Werk der Hebung und Zivilisierung unserer Indianer interessierte. Er baute ein bequemes Gefängnis und richtete einen Galgen auf, und bis an seine Todesstunde behauptete er mit Genugtuung, daß sein Einfluß auf die Indianer ein weit veredelnderer und bildenderer gewesen als der aller andern Reformatoren, die je unter ihnen gearbeitet hätten. An dieser Stelle wird die Chronik weniger offenherzig und gesprächig und schließt plötzlich mit der Mitteilung, daß der alte Reisende hingegangen sei, um seinen Galgen an dem ersten Weißen, der je in Amerika gehängt worden, seine Arbeit verrichten zu sehen, und während er sich dort aufgehalten, habe er Verletzungen davongetragen, die mit seinem Tode geendigt hätten. Der Urenkel des »Reformators« blühte um das Jahr sechzehnhundert und soundso viel und war in unseren Annalen als der »alte Admiral« bekannt, wenn er auch in der Geschichte andere Titel trug. Er befehligte lange Zeit Flotten von raschen Schiffen, die gut bewaffnet und bemannt waren, und leistete große Dienste in dem Jagdmachen auf Kauffahrteischiffe. Fahrzeuge, denen er folgte und auf welche er sein Adlerauge gerichtet hielt, machten stets eine rasche Fahrt über den Ozean. Aber wenn ein Schiff trotz allem, was er tun konnte, sich nicht beeilte, so nahm seine Entrüstung so sehr zu, bis er schließlich nicht mehr an sich halten konnte – und dann nahm er das Schiff mit nach seiner Heimat und bewahrte es dort sorgfältig auf, in der Erwartung, daß die Eigentümer kommen und es sich holen würden, aber das taten sie niemals. Und er versuchte auch, den Matrosen jenes Schiffes die Faulheit und Trägheit zu vertreiben, indem er sie zwang, sich kräftigende Motion zu machen und ein Bad zu nehmen. Er nannte das »über Bord springen«. Und allen seinen Zöglingen gefiel das. Wenigstens fanden sie, nachdem sie es einmal versucht, nichts
daran auszusetzen. Wenn die Eigentümer etwas lange mit dem Abholen ihrer Schiffe zögerten, so verbrannte sie der Admiral immer, damit das Versicherungsgeld nicht verlorenginge. Endlich wurde dieser herrlichen alten Teerjacke in der Fülle seiner Jahre und seiner Ehren der Hals abgeschnitten. Und bis zu ihrem Todestage glaubte seine arme Witwe mit dem gebrochenen Herzen, daß, wenn er fünfzehn Minuten früher abgeschnitten worden, er wieder ins Leben hätte zurückgerufen werden können. Charles Henry Twain lebte in der letzten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts und war ein eifriger und ausgezeichneter Missionar. Er bekehrte sechzehntausend Südseeinsulaner und belehrte sie, daß ein Halsband von Hundezähnen und eine Brille nicht genug Kleidung sei, um den Gottesdienst zu besuchen. Seine arme Herde liebte ihn sehr, sehr herzlich; und als sein Leichenbegängnis vorüber war, standen sie alle gemeinschaftlich auf (und kamen aus der Speiseanstalt) mit Tränen in den Augen und sagten zueinander, er sei doch ein guter, zarter Missionar gewesen, und sie wünschten, sie hätten noch etwas von ihm. Pa-Go-To-Wah-Wah-Pukketekiwis (der mächtige Jäger mit dem Schweinsauge) Twain schmückte die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts und war dem General Braddock mit ganzer Seele dabei behilflich, dem Unterdrücker Washington zu widerstehen. Dieser Ahn war es, der hinter einem Baume her siebenzehnmal auf unsern Washington feuerte. Soweit ist die schöne, romantische Erzählung in den moralischen Geschichtenbüchern richtig; aber wenn jene Erzählung nun fortfährt und sagt, daß bei dem siebenzehnten Schusse der von Schauer ergriffene Wilde feierlich gesagt, daß jener Mann von dem Großen Geiste zu irgendeiner großartigen Sendung ausersehen und daß er seine gottlose Flinte nicht noch einmal gegen ihn aufzuheben gewagt, so tritt die Erzählung ernstlich der Treue der Geschichte zu nahe. Was er wirklich sagte, war folgendes:
»Es ist ganz (Schlucken) nutzlos. Der Mensch ist so besoffen, daß er nicht mal so lange still stehen kann, daß man ihn treffen könnte. Meine (Schlucken), meine Mittel erlauben’s mir nicht, auf den da noch mehr Munition zu verpaffen!« Das war es, weshalb er bei dem siebenzehnten Schusse stehenblieb, und es war zudem ein guter, klarer, jedermann verständlicher Grund – ein Grund, der sich uns durch den beredten, überzeugenden Geschmack nach Wahrscheinlichkeit, der ihm anhaftet, angenehm empfiehlt. Ich habe immer meine Freude an der Erzählung in dem Geschichtenbuch gehabt, aber ich empfand doch eine dieselbe etwas beeinträchtigende Ahnung, daß jeder Indianer bei Braddocks Niederlage, der zweimal auf einen Soldaten feuerte – zwei wird in einem Jahrhundert leicht siebenzehn – und ihn fehlte, schnell zu dem Schlusse kam, daß der Große Geist jenen Soldaten für eine erhabene Mission bestimmt habe; und so befürchtete ich gewissermaßen, daß der einzige Grund, weshalb die Geschichte mit Washington dem Gedächtnis der Nachwelt überliefert ist und die andern Zwischenfälle vergessen worden sind, der ist, daß bei ihm die Prophezeiung eingetroffen ist, während sie in den andern Fällen versagte. Es gibt nicht Bücher genug auf Erden, um den Bericht von den Prophezeiungen zu fassen, welche die Indianer und andre nichtautorisierte Wesen »gemacht« haben; allein den Bericht von all den Weissagungen, die in Erfüllung gegangen sind, kann ein einziger Mensch in seinen Überrockstaschen mit sich herumtragen. Ich will hier beiläufig bemerken, daß gewisse meiner Ahnen in der Geschichte mit ihren Spitznamen so wohlbekannt sind, daß ich es nicht der Mühe wert gehalten, bei ihnen zu verweilen oder sie auch nur nach der Ordnung ihrer Geburt zu erwähnen. Unter diesen mögen erwähnt werden: Richard Brinsley Twain alias Guy Fawkes; John Wentworth Twain alias Hans mit den
sechzehn Stricken; William Hogarth Twain alias Jack Sheppard; Ananias Twain alias Baron Münchhausen; John George Twain alias Kapitän Kydd. Und dann sind noch da George Francis Twain, Tom Pepper, Nabuchodonosor und Bileams Esel – sie alle gehören zu unserer Familie, doch zu einem Seitenzweige derselben, der sich von der ehrenwerten direkten Linie etwas weit entfernt hat –, in der Tat ein Nebenzweig, dessen Mitglieder sich hauptsächlich dadurch von dem alten Stamme unterscheiden, daß sie, um sich den großen Ruf zu erwerben, nach welchem wir immer verlangt und gehungert haben, sie sich die niedrige Gewohnheit aneigneten, sich ins Gefängnis einsperren, statt sich aufknüpfen zu lassen. Es ist nicht gut, daß man, wenn man eine Selbstbiographie schreibt, seine Ahnenreihe zu nahe an die eigene Zeit herab verfolgt – es ist am ratsamsten, nur in unbestimmten Ausdrücken von seinem Urgroßvater zu reden und dann von diesem keck auf sich selbst herüberzuhüpfen, was ich hiermit tue. Ich kam ohne Zähne zur Welt – und in dieser Beziehung war Richard der Dritte gegen mich im Vorteil; aber ich kam auch ohne Höcker zur Welt, und in diesem Punkte war ich gegen ihn im Vorteil. Meine Eltern waren weder sehr arm noch hervorragend rechtschaffen. Aber jetzt kommt mir ein Gedanke. Meine eigene Geschichte würde im Vergleich zu der meiner Ahnen sich wirklich so zahm ausnehmen, daß es nur klug von mir ist, sie ungeschrieben zu lassen, bis ich aufgeknüpft bin. Wenn manche andere Lebensbeschreibungen, die ich gelesen, bei den Ahnen stehengeblieben wären, bis ein ähnliches Ereignis sich zugetragen hätte, so würde das ein glücklicher Umstand für das lesende Publikum gewesen sein. Was meint ihr dazu?
Mein erster literarischer Versuch
I
ch war im Alter von dreizehn Jahren ein sehr geriebener Junge – ein ungewöhnlich geriebener Junge, wie ich mir damals dachte. Damals war es, als ich meine erste Zeitungsschreiberei vollbrachte, die im Orte ein mir ganz unerwartetes Aufsehen erregte. So war es in der Tat, und ich war auch nicht wenig stolz darauf. Ich war ein Setzerjunge, und zwar ein hoffnungsvoller, im Fortschritt begriffener. Mein Oheim beschäftigte mich bei seiner Zeitung (dem »Wochenblatt für Hannibal«, zwei Dollar Pränumerationspreis, fünfhundert Abonnenten, die mit Kohlköpfen, unverkäuflichen Rüben und Brennholz bezahlten), und als er eines schönen Sommertages das Städtchen für die Dauer einer Woche verlassen wollte, fragte er mich, ob ich wohl indessen das Blatt recht und richtig redigieren könnte. Ach, ob ich das wollte! Higgins war der Herausgeber des Konkurrenzblattes. Er wurde kürzlich verspottet, und eines Abends fand ein Freund auf des armen Jungen Bett einen Zettel, wo er mitteilte, er könnte das Leben nicht langer ertragen und habe sich in den Bear Creek gestürzt. Der Freund eilte dahin und traf gerade ein, als Higgins zum Ufer zurückschritt. Er hatte beschlossen, es lieber nicht zu tun. Der Ort sprach einige Tage von nichts anderm als von diesem Ereignis, was Higgins jedoch nicht wußte. Die Gelegenheit schien mir günstig. Ich schrieb einen ausführlichen, erbärmlichen Bericht über die ganze Sache und illustrierte den mit entsetzlichen Bildern, die ich mit
meinem Taschenmesser in Holz schnitt. Eines dieser Bilder zeigte, wie Higgins, mit einem Hemd bekleidet, eine Laterne in der Hand, ins Wasser stieg, wobei er mit dem Spazierstock vorsichtig die Tiefe sondierte. Mir schien die Sache verteufelt lustig, und es fiel mir gar nicht ein, daß eine solche Veröffentlichung moralisch unzulässig sei. Zufrieden mit dieser Leistung blickte ich umher, wo noch andere Welten zu erobern wären, und mich überkam der Gedanke, es gäbe einen guten interessanten Stoff, den Herausgeber der benachbarten Zeitung mit einem Stück ausgesuchter Bosheit zu behandeln, ihn »vor Ärger springen zu lassen«. Ich tat es, und es erschien ein Aufsatz in Form einer Parodie von dem Begräbnis des »Sir John Moore« – wirklich eine nette, giftige Parodie. Dann rempelte ich zwei hervorragende Bürger heftig an, nicht weil sie etwas getan hätten, was solches verdient hätte, einzig nur weil ich mir dachte, es sei meine Pflicht, die Zeitung recht lebhaft zu machen. Dann tippte ich leise den neuesten Ankömmling an, den Löwen vom Tage, den stolzierenden reisenden Schneider aus Quincy. Er war ein Gigerl erster Güte und trug die »schreiendsten« Kleider im Staate. Ein unwiderstehlicher Herzensbrecher. Jede Woche schrieb er ein feuriges Gedicht für das »Wochenblatt«, das seiner neuesten Eroberung galt. Seine Reime für diese Woche waren betitelt: »An Mary in H – l«, womit natürlich Hannibal gemeint war. Als ich nun dieses Gedicht setzte, durchzuckte mich plötzlich von Kopf bis Fuß ein Gedanke, den ich für einen Blitzstrahl des Humors hielt und den ich in einer bissigen Fußnote zum Ausdrucke brachte. Ich schrieb: »Wir wollen für dieses Mal die Sache noch gelten lassen, aber wir müssen Herrn J. Gordon Runnels sehr deutlich zu verstehen geben, daß dies mit unserem Charakter nicht vereinbar ist. Will er fernerhin mit
seinen Freunden in der Höll’ verkehren, so muß er sich einen andern Vermittler als die Spalten dieses Blattes suchen.« Die Zeitung erschien, und ich wüßte nichts Ähnliches, was eine so große Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte, wie diese meine kleinen Scherze. Das Wochenblatt von Hannibal wurde plötzlich gesucht – eine Neuigkeit, die bisher noch nicht dagewesen war. Das ganze Städtchen war in Bewegung. Higgins kam in aller Frühe mit einer doppelläufigen Flinte hereingestürzt. Als er sah, daß es ein Kind war (wie er mich nannte), das ihn so arg mitgenommen, nahm er mich einfach nur am Ohr und ging dann fort; aber er erkannte seine Situation und verließ nachts die Stadt. Der Schneider kam mit Schere und Bügeleisen herbei, aber auch er verschmähte mich und reiste schon abends nach dem Süden. Die zwei verhöhnten Bürger erschienen mit Klageschriften, gingen jedoch ob meiner Unbedeutendheit unverrichtetersache fort. Der benachbarte Herausgeber stürzte am nächsten Tage mit einem Schürhaken versehen blutdürstig herein, doch das Ende war, daß er mir großmütig vergab und mich einlud, mit ihm zu kommen, um im nächsten Laden alle Bitterkeit mit einem Gläschen »Bittern« fortzuspülen. Das war sein kleiner Scherz. Als mein Oheim zurückgekehrt war, zeigte er sich nicht wenig ärgerlich, mit Unrecht, wie ich meinte, als ich in Betracht zog, welchen Aufschwung ich dem Blatte gegeben hatte, und als ich in Erwägung zog, ob er nicht vor allem froh sein sollte, daß er infolge seiner Abwesenheit verschiedenen Todesarten so glücklich entgangen war. Er wurde jedoch weicher gestimmt, als er sah, daß ich tatsächlich die unvergleichliche Zahl von dreiunddreißig neuen Abonnenten verzeichnen konnte, und als ich ihm die dafür eingegangenen Vegetabilien zeigen konnte, Kohl, Bohnen und unverkäufliche Rüben und Brennholz, genug, um eine Familie damit zwei Jahre durchzubringen.
Wie ich eine landwirtschaftliche Zeitung redigierte
I
ch übernahm die vorläufige Redaktion einer landwirtschaftlichen Zeitung nicht ohne Ahnungen – ebensowenig als ein Landbewohner das Kommando über ein Schiff ohne Ahnungen übernommen haben würde. Aber ich befand mich in Verhältnissen, welche ein Gehalt zu einem nicht zu verachtenden Gegenstande machten. Der regelmäßige Redakteur der Zeitung wollte sich irgendwo einige Erholung gönnen, und ich akzeptierte die Bedingungen, die er mir machte, und nahm seinen Platz ein. Das Gefühl, wieder an der Arbeit zu sein, war mir ein geistiger Hochgenuß, und ich arbeitete die ganze Woche hindurch mit unermüdlichem Vergnügen. Wir gingen zur Presse, und ich wartete einen Tag mit einiger Besorgnis, um zu sehen, ob meine Tätigkeit irgendwelche Aufmerksamkeit auf sich lenken würde. Als ich das Büro gegen Sonnenuntergang verließ, zerstreute sich eine unten an der Treppe stehende Gruppe von Männern und Knaben wie auf einen inneren Antrieb und machte mir Platz, und ich hörte zwei oder drei von ihnen sagen: »Das ist er!« Dieser Zwischenfall tat mir natürlich wohl. Am folgenden Morgen fand ich am Fuße der Treppe eine ähnliche Gruppe und zerstreute Paare sowie einzelne, hier und da auf der Straße herumstehende Personen, die mich mit Interesse beobachteten. Die Gruppe löste sich auf und trat zurück, als ich mich näherte, und ich hörte einen Mann sagen: »Sieh mal, seine Augen!«
Ich tat, als ob ich die Aufmerksamkeit, welche ich erregte, nicht bemerkte, aber im geheimen freute ich mich darüber und faßte den Vorsatz, meiner Tante einen Bericht darüber einzusenden. Ich ging die kleine Treppe hinauf und vernahm fröhliche Stimmen und schallendes Lachen, als ich mich der Tür näherte. Ich machte sie rasch auf und gewahrte zwei ländlich aussehende junge Leute, deren Gesichter weiß und lang wurden, als sie mich erblickten, worauf sie dann beide mit großem Gepolter zum Fenster hinaussprangen. Ich war überrascht. Nach etwa einer halben Stunde erschien ein alter Herr mit lang herabwallendem weißem Barte und mit einem feinen, aber ziemlich strengen Gesicht. Auf meine Einladung setzte er sich. Er schien etwas auf dem Herzen zu haben. Er nahm den Hut ab, stellte ihn auf den Boden und holte daraus ein rotseidenes Schnupftuch und eine Nummer unserer Zeitung hervor. Er legte die Zeitung auf sein Knie, und während er sich mit dem Schnupftuch die Brille putzte, sagte er: »Sind Sie der neue Redakteur?« Ich sagte, ich hätte die Ehre. »Haben Sie vor Ihrer jetzigen Tätigkeit jemals eine landwirtschaftliche Zeitung redigiert?« »Nein«, sagte ich; »dies ist mein erster Versuch.« »Das scheint so … Haben Sie irgendwelche praktische Erfahrungen in landwirtschaftlichen Dingen?« »Ich glaube nicht.« »Irgendein Instinkt hatte mich schon davon überzeugt«, sprach der alte Herr, indem er sich die Brille aufsetzte und mich über dieselbe hinweg streng ansah, während er seine Zeitung in eine passende Form faltete. »Ich möchte Ihnen das vorlesen, was mir jene instinktive Überzeugung gegeben hat. Es war dieser Leitartikel. Hören Sie zu, und dann sagen Sie mir, ob Sie ihn selbst geschrieben haben:
›Rüben sollten nie gepflückt werden; das schadet ihnen. Es ist viel besser, einen Knaben hinaufzuschicken und den Baum schütteln zu lassen.‹ Nun, was halten Sie davon? – denn ich glaube in der Tat, Sie haben das geschrieben?« »Was ich davon halte? Nun, ich halte dafür, daß das gut ist. Ich halte dafür, daß Sinn darin ist. Ich bezweifle nicht, daß jährlich Millionen und aber Millionen von Scheffeln Rüben in diesem Stadtteil bloß dadurch verderben, daß sie in halbreifem Zustande gepflückt werden, während, hätte man einen Knaben hinaufgeschickt, um den Baum zu schütteln – – « »Schütteln Sie Ihre Großmutter! Rüben wachsen nicht auf Bäumen!« »Ah, wirklich nicht, wirklich nicht? Nun, wer hat denn das behauptet? Das sollte ein bildlicher Ausdruck sein, ein vollständig bildlicher Ausdruck. Jeder, der überhaupt begreifen kann, wird sogleich merken, daß ich damit meinte, der Knabe sollte die Ranke schütteln.« Dann stand dieser alte Mensch auf, zerriß die Zeitung in lauter kleine Fetzen und stampfte mit den Füßen darauf herum, worauf er verschiedene Gegenstände mit seinem Stocke zerschlug und sagte, ich sei noch unwissender als eine Kuh. Darauf ging er fort und warf die Tür dröhnend hinter sich ins Schloß – kurz, er benahm sich in einer Weise, daß ich auf den Gedanken kam, er sei über irgend etwas unzufrieden. Da ich aber nicht wußte, was ihm in den Weg gekommen war, konnte ich ihm nicht helfen. Ein Weilchen später schoß eine lange, leichenblasse Kreatur mit dünnen, bis auf die Schultern herabhängenden Locken und mit Stoppeln, die aus den Hügeln und Tälern seines Gesichts wie Borsten hervorstanden, zur Tür herein und machte, einen Finger auf die Lippen gelegt und Kopf und Oberkörper in lauschender Haltung vorgebeugt, plötzlich wie angewurzelt halt. Kein Laut
war zu vernehmen … Noch immer lauschte er … Kein Laut … Dann drehte er den Schlüssel im Schloß um und kam vorsichtig auf den Zehen bis auf Armslänge auf mich zu. Dann blieb er stehen, und nachdem er eine Zeitlang mit gespanntem Interesse mein Gesicht geprüft hatte, zog er eine zusammengefaltete Nummer unserer Zeitung aus der Brusttasche und sagte: »Da, das haben Sie geschrieben. Schnell, schnell, lesen Sie es mir vor! Erleichtern Sie mich. Ich leide.« Ich las, was folgt – und wie die Sätze von meinen Lippen fielen, konnte ich sehen, welche Erleichterung ihm das gewährte, konnte ich sehen, wie die gespannten Muskeln erschlafften und der ängstliche Ausdruck von seinem Gesichte wich und Ruhe und Frieden über seine Züge hinhuschten gleichwie das barmherzige Mondlicht über eine verödete Landschaft: »Der Guano ist ein herrlicher Vogel, aber er erheischt großer Sorgfalt beim Erziehen. Er sollte nicht eher als im Juni und nicht später als im September eingeführt werden. Im Winter sollte man ihm einen warmen Raum anweisen, wo er seine Jungen ausbrüten kann. Es kann kein Zweifel darüber obwalten, daß es für unser Getreide in diesem Jahr eine späte Ernte geben wird. Es wird sich deshalb empfehlen, daß der Farmer mit dem Setzen seiner Maiskolben und dem Pflanzen seiner Buchweizenkuchen im Juli statt im August beginnt. Über den Kürbis. – Diese Beere ist ein Lieblingsgetränk bei den Eingebornen im Innern von Neu-England, welche sie bei der Bereitung der Obstkuchen den Stachelbeeren vorziehen und welche ihr auch bei der Kuhfütterung den Vorzug vor der Himbeere geben, da sie mehr füllt als nährt. Der Kürbis ist die einzige eßbare Abart der Familie der Orangen, welche im Norden gedeihen wird, ausgenommen der Flaschenkürbis und ein oder zwei Varietäten des Turbankürbis. Aber die Sitte, ihn in den Hofraum
unter die Gesträucher zu pflanzen, ist in rascher Abnahme begriffen, denn es wird jetzt allgemein zugegeben, daß der Kürbis als schattengebender Baum nicht benutzt werden kann. Jetzt, wo das warme Wetter sich nähert und die Gänseriche zu laichen beginnen – – « Der aufgeregte Lauscher sprang auf mich zu, um mir die Hände zu schütteln, und sagte: »Das genügt! Ich weiß jetzt, daß ich meine fünf Sinne richtig beieinander habe, weil Sie es Wort für Wort geradso gelesen haben wie ich. Aber, Fremdling, als ich es heute morgen zuerst las, sagte ich zu mir: Niemals, niemals glaubte ich es bisher, trotzdem meine Freunde mich so strenge bewachten, aber jetzt glaube ich, daß ich wirklich verrückt bin; und damit stieß ich ein Geheul aus, daß Sie es zwei Meilen weit hätten hören können, und stürzte auf und davon, um jemand umzubringen – denn, müssen Sie wissen, ich wußte ja, daß es früher oder später dazu kommen würde, und so könnte ich ja ebensogut gleich damit beginnen. Ich las eine jener Stellen noch einmal durch, um mich ganz fest zu überzeugen, und dann steckte ich mein Haus an und stürzte fort. Ich habe verschiedene Leute zu Krüppeln geschlagen und einen Burschen auf einen Baum getrieben, wo ich ihn mir holen kann, wenn ich ihn nötig habe. Aber ich dachte, als ich hier vorbeikam, du willst doch hier mal eben vorsprechen und dich von dem Ding vollkommen sicher überzeugen; und nun ist es wirklich vollkommen sicher, und ich sage Ihnen, das ist ein Glück für den Burschen da auf dem Baume. Ich würde ihn auf dem Heimwege ganz bestimmt umgebracht haben. Leben Sie wohl, mein Herr, leben Sie wohl! Sie haben mir eine schwere Last von der Brust genommen. Mein Verstand hat die Probe eines Ihrer landwirtschaftlichen Artikel ausgehalten, und ich weiß, daß ihn jetzt nichts mehr zu Falle bringen kann. Leben Sie sehr wohl, mein Herr.«
Mir war etwas unbehaglich hinsichtlich der zu Krüppeln geschlagenen Personen und der Brandstiftung, womit dieser Mensch sich unterhalten hatte; denn ich konnte nicht umhin, zu fühlen, daß ich einigermaßen sein Mitschuldiger sei; aber diese Gedanken wurden rasch verbannt, denn der regelmäßige Redakteur trat herein. Da dachte ich bei mir: ›Na, wenn du nach Ägypten gegangen wärst, wie ich dir empfahl, so hätte ich vielleicht Gelegenheit gefunden, aus der Zeitung etwas Ordentliches zu machen. Aber da bist du schon wieder. Eigentlich erwartete ich dich.‹ Der Redakteur zeigte ein trauriges, bestürztes und trostloses Gesicht. Er überschaute die Verwüstung, welche der alte Lärmmacher und die beiden jungen Farmer angerichtet hatten, und sagte dann: »Das ist eine traurige Geschichte, eine sehr traurige Geschichte. Da sind die Flasche mit Pflanzenschleim und sechs Fensterscheiben und ein Spucknapf und zwei Leuchter zerbrochen. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Der gute Ruf der Zeitung hat einen herben Stoß erhalten – ich fürchte, für immer. Freilich, niemals war eine solche Nachfrage nach der Zeitung, und niemals ist sie in so hoher Auflage verkauft worden, niemals hat sie sich zu solcher Berühmtheit erhoben; aber wünscht man denn wegen Verrücktheit berühmt zu werden und durch seine Geistesschwäche zum Wohlstand zu gelangen? … Mein Freund, so wahr ich ein ehrlicher Mann bin, die Straße steht ganz voll Menschen, und andere kauern auf den Zäunen, in der Hoffnung, Sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen, da sie glauben, Sie seien verrückt. Und wohl sind sie dazu berechtigt, nachdem sie Ihre Leitartikel gelesen haben. Diese sind eine Schande für den Journalismus. Aber wie konnten Sie sich’s auch in den Kopf setzen, Sie seien imstande, eine derartige Zeitung
zu redigieren! Sie scheinen von den allerersten Anfangsgründen der Landwirtschaft keine Ahnung zu haben. Sie sprechen von einer Furche und einer Egge, als ob das ein und dasselbe Ding wäre; Sie schwatzen von der Mauserzeit der Kühe; und Sie empfehlen Zähmung des Stinktieres wegen seiner mutwilligen Gemütsart und seiner Kunstfertigkeit als Rattenfänger. Ihre Bemerkung, daß die Venusmuscheln still liegen würden, wenn ihnen Musik vorgemacht werde, war überflüssig – ganz und gar überflüssig. Nichts vermag die Venusmuscheln zu stören. Venusmuscheln verhalten sich allzeit ruhig. Venusmuscheln haben gar keinen Sinn für Musik. O Himmel und Erde, Freund, hätten Sie die Aneignung der Unwissenheit zum Studium Ihres Lebens gemacht, Sie hätten nicht mit größerer Ehre zum Doktor promoviert werden können als heute. Niemals habe ich etwas Ähnliches erlebt. Ihre Bemerkung, daß die Roßkastanie als Handelsartikel immer beliebter werde, ist einfach darauf berechnet, meine Zeitung zugrunde zu richten. Sie müssen Ihre Stellung aufgeben und gehen. Ich habe Ferien genug genossen – ich würde auch ohnehin kein Vergnügen mehr davon haben. Und ganz gewiß nicht, wenn Sie inzwischen auf meinem Redaktionsstuhle säßen. Ich würde fortwährend in Angst sein vor den Dingen, die Sie demnächst empfehlen könnten. Ich verliere jedesmal alle Geduld, wenn ich daran denke, daß Sie Austernparks unter dem Titel ›Landschaftsgärtnerei‹ diskutierten. Sie müssen gehen. Nichts auf Erden könnte mich bestimmen, mir noch einen Tag Ferien zu gönnen. Oh, warum sagten Sie mir nicht, daß Sie von der Landwirtschaft nichts verständen!« »Warum ich Ihnen nichts sagte, Sie Maishalm, Sie Kohlkopf, Sie Ableger eines Bohnenstengels? Es ist das erstemal, daß ich eine solche gefühllose Bemerkung höre. Ich sage Ihnen, ich habe seit vierzehn Jahren mit Redaktionsgeschäften zu tun gehabt, und ich höre zum allererstenmal, daß man, um eine Zeitung
zu redigieren, irgend etwas wissen müsse. Ach, Sie Futterrübe! Wer schreibt denn die dramatischen Kritiken für die Zeitungen zweiten Ranges? Nun, ein Rudel vorwärtsgekommener Schuster und Apothekerlehrlinge, welche von einem Schauspiel und einer guten Aufführung gerad soviel und nicht mehr verstehen als ich von der Landwirtschaft. Wer rezensiert die Bücher? Leute, welche niemals eins geschrieben haben. Wer zimmert die schweren Leitartikel über finanzielle Dinge zurecht? Individuen, welche die herrlichste Gelegenheit gehabt haben, nichts davon kennenzulernen. Wer kritisiert die Feldzüge gegen die Indianer? Herren, welche ein Kriegsgeschrei von einem Wigwam nicht unterscheiden können und die niemals ein Wettrennen mit einem Tomahawk anzustellen oder aus den verschiedenen Gliedern ihrer Familien Pfeile herauszuziehen brauchten, um damit am Abend das Lagerfeuer anzuzünden. Wer schreibt die Mäßigkeitsaufrufe und jammert über die strömende Bowle? Leute, welche erst im Grabe ihren ersten nüchternen Atemzug tun werden. Wer redigiert die landwirtschaftlichen Zeitungen, Sie Yamwurzel? In der Regel Männer, welche Unglück gehabt im poetischen Geschäft, im Schauerromanhandwerk, in der Sensationsdramenbranche, in der großstädtischen Zeitungsschreiberei, und deshalb schließlich auf die Landwirtschaft verfallen als ein vorläufiges Schutzmittel vor dem Armenhause. Sie wollen mich über journalistische Dinge belehren! Herr, ich habe sie durchgemacht von Alpha bis Omaha, und ich sage Ihnen, je weniger man weiß, um so größeres Aufsehen macht man und um so höheren Gehalt kann man fordern. Der Himmel weiß, daß, wenn ich nur unwissend statt gebildet und unverschämt statt schüchtern gewesen wäre, ich mir einen Namen hätte machen können in dieser kalten selbstsüchtigen Welt. Ich nehme meine Entlassung, mein Herr. Nachdem ich behandelt worden bin, wie Sie mich behandelt haben, bin ich vollkommen bereit, zu gehen. Aber ich habe
meine Pflicht getan. Ich habe die Bedingungen meines Kontraktes erfüllt, soweit mir das gestattet war. Ich sagte Ihnen, ich hätte das Zeug dazu, Ihre Zeitung allen Klassen der Bevölkerung interessant zu machen, und das habe ich getan. Ich sagte, ich mache mich anheischig, die Auflage bis zu zwanzigtausend Exemplaren empor zu bringen. Und wären mir nur noch zwei weitere Wochen vergönnt gewesen, ich hätt’s fertiggebracht. Und ich würde Ihnen die beste Klasse von Lesern verschafft haben, welche eine landwirtschaftliche Zeitung jemals hatte – nicht ein einziger Landwirt darunter, ja nicht einmal ein vereinzeltes Individuum, welches einen Wassermelonenbaum von einer Pfirsichranke hätte unterscheiden können. Sie sind es, der bei diesem Bruch verliert, nicht ich, Sie Pastetenpflanze. Adios.« Damit schritt ich von dannen.
Wie dem Verfasser in Newark mitgespielt wurde
E
s ist selten angenehm, sich selbst in schlechtes Licht zu setzen, aber manchmal ist es einem eine Art Erleichterung, ein Bekenntnis abzulegen. Ich möchte jetzt meine Seele entlasten, und doch glaube ich fast, daß es mich mehr dazu treibt, weil ich danach verlange, einen andern verurteilen zu lassen, als weil ich Balsam auf mein verwundetes Herz zu träufeln wünsche. (Ich weiß zwar nicht, was Balsam ist, da ich niemals welchen gesehen habe, aber ich glaube, es ist der Ausdruck, den man in diesem Zusammenhange anwenden muß.) Der Leser erinnert sich vielleicht, daß ich vor einiger Zeit in Newark für die jungen Herren des *** Vereins eine Vorlesung hielt; genug, ich tat es. Am Nachmittag des betreffenden Tages unterhielt ich mich mit einem der genannten jungen Herren, und er erzählte, er hätte einen Onkel, der durch diese oder jene Ursache für immer aller Gemütsbewegung beraubt zu sein schiene. Und mit Tränen in den Augen sagte dieser junge Mann: »Oh, könnte ich ihn nur noch einmal lachen sehen! Oh, könnte ich ihn nur weinen sehen!« Ich war gerührt; der Verzweiflung konnte ich nie widerstehen. Ich sagte: »Bringen Sie ihn mir in die Vorlesung. Den will ich Ihnen aufmuntern.« »Oh, wenn Sie das könnten! »Wenn Sie das könnten – unsere ganze Familie würde Sie ewig segnen –, er ist uns so sehr teuer. O mein Wohltäter, können Sie ihn zum Lachen bringen?
Können Sie lindernde Tränen in diese ausgetrockneten Augenhöhlen locken?« Ich war tiefbewegt. »Mein Sohn«, sagte ich, »bringen Sie den alten Herrn nur her. Ich habe in dieser Vorlesung einige Späße, die ihn zum Lachen bringen, wenn überhaupt Lachen in ihm steckt; und wenn sie versagen, so habe ich ein paar andere, die ihn zum Weinen bringen oder ihn töten, eins von beiden.« Darauf segnete mich der junge Mann, weinte an meinem Halse und holte seinen Onkel. Er setzte ihn mir gerade gegenüber auf die zweite Bank, und ich fing an, ihn zu bearbeiten. Ich versuchte ihn mit milden Scherzen, dann mit scharfen; ich flößte ihm schlechte Späße ein und durchbohrte ihn mit guten; ich feuerte alte, abgedroschene Witze in ihn hinein und durchlöcherte ihn vorwärts und rückwärts mit rotglühenden neuen; ich wurde warm und bestürmte ihn von rechts und links, von vorn und hinten; ich dampfte und schwitzte und eiferte und tobte, bis ich heiser und krank und rasend und wütend war; aber ich rührte ihn nicht ein einziges Mal – ich bekam kein Lächeln und keine Träne aus ihm heraus! Noch nicht den Schatten eines Lächelns und nicht einen Verdacht von Feuchtigkeit! Ich war wie angedonnert. Ich beendigte schließlich die Vorlesung mit einem verzweifelten Aufschrei – mit einem wilden Ausbruch des Humors und schleuderte ihm einen Witz von übermenschlicher Gräßlichkeit gerade ins Gesicht! Dann sank ich verwirrt und erschöpft auf meinen Stuhl zurück. Der Präsident des Vereins kam zu mir, wusch mir den Kopf mit kaltem Wasser und fragte: »Warum regten Sie sich eigentlich gegen Ende so sehr auf?« Ich sagte: »Ich wollte diesen verwünschten alten Narren da, in der zweiten Reihe, zum Lachen bringen.« »Nun«, sagte er, »dann haben Sie sich umsonst angestrengt, denn er ist taubstumm und blind wie ein Dachs!«
War das nun hübsch von dem Neffen jenes alten Mannes, mich, einen Fremden und eine Waise, so zum besten zu haben? Ich frage dich, lieber Leser, als Mensch und als Bruder, ob das hübsch von ihm war?