Wer schreibt wem? ... Könnt Ihr mir nicht dabei helfen, einen Brieffreund (auch -freundin) zu besorgen, der mit mir übe...
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Wer schreibt wem? ... Könnt Ihr mir nicht dabei helfen, einen Brieffreund (auch -freundin) zu besorgen, der mit mir über Abenteuerliteratur plaudert? Ich möchte gern auch einmal die Meinungen und Interessen anderer Menschen kennenlernen. Der Briefpartner soll 13 bis 15 J a h r e alt sein. Meine genaue Anschrift lautet:
BRAUNS BE DR A (Kreis Merseburg) PFÄNNERHÖHE 1 Den gleichen Wunsch haben
B R A N D E N B U R G (Havel) V E R E I N S S T R . 33 und GLAUCHAU (Sachsen) WALDENBURGER STR. 12/14
VERLAG NEUES LEBEN
BERLIN
Der Verlag der jungen Generation
PETER WIPP
VERLAG NEUES LEBEN BERLIN 1
1955
Alle Rechte vorbehalten Lizenz Nr. 303 (305/80/55) Umschlagzeichnung: Fritz Ahlers, Prieros (Mark) Gestaltung und Typographie: Kollektiv Neues Leben Druck: Karl-Marx-Werk, Pößneck, V15/30
HEISSE BETTEN Steve Cummings erwachte, und wie immer in diesen grauen Minuten der Dämmerung zwischen Tag und Nacht packten ihn das Elend und die Hoffnungslosigkeit seines Daseins. Die grellen, mißtönigen Geräusche der Straße drangen verworren in seine schmutzige Kammer. Steve wurde ganz wach, aber ein eigenartiges Dröhnen blieb in seinem Schädel zurück, die Stirn war fieberheiß. Voller Schreck stieß er das Bettzeug zurück; doch dann blieb er schwer atmend liegen, wie zerschmettert von der Gewißheit, daß er krank war. Das war in diesem Lande und in dieser Stadt für jeden Arbeiter schlimm, den siebzehnjährigen Steve aber schlug die Erkenntnis wie mit Keulen. Er mußte an seinen Bruder William denken; dem hatte er vor vielen Monaten das erbärmliche Leben auf der väterlichen Farm geschildert und dringend gebeten, ihn zu sich in die Pittsburger Fabriken zu nehmen. Ein kurzer Brief hatte ihn gewarnt; noch heute trug Steve das Stück Papier in der Brusttasche: „ . . . ein Maiskolben in der Hand ist besser als der ganze Misthaufen Pittsburg zusammengenommen. Hier herrschen die Mellons, da bleibt für den Arbeiter kein menschenwürdiges Dasein. Laß die Finger von dieser verdammten Stadt!" Steve hatte die Finger natürlich nicht davon gelassen. Dem Brief war eine Zehn-Dollar-Note beigefügt gewesen. Wo diese zehn Dollar übrig waren, da würde auch mehr übrig sein, hatte Steve gedacht, das Geld genommen und war nach Pittsburg gegangen, zu den Mellons - den Bruder hatte er gemieden. Entsetzt erinnerte er sich an die ersten arbeitslosen Wochen, ehe es ihm gelang, als Kesselarbeiter unterzuschlüpfen: an das Herumlungern und Frieren in den Parkanlagen, an den Hunger, an die Asyle der Heilsarmee. „Nein, nein", stöhnte er. „Nicht krank werden, nur das n i c h t . . . " 3
Hatte er so laut gestöhnt? Mrs. Bradford, die Vermieterin, steckte ihren struppigen Kopf in die Kammer. Ihr zerklüftetes Gesicht war bösartig. Sie sah ihn liegen und kam vollends herein; ihre schonungslosen und mißtrauischen Blicke trafen Steve. Der richtete sich mit einem verzerrten Lächeln halb auf. „Krank, was?" fragte die Alte. Steve biß sich auf die Lippen. „Nein, nein, Ma-am, mir ist nicht ganz gut, das ist alles. Ich stehe gleich auf." Die Frau beruhigte sich. Steve war ein ziemlich kräftiger Kerl, und er wußte, daß er in diesem Bett nicht krank sein durfte. „Es ist sechzehn Uhr!" sagte sie. „Ich weiß", antwortete Steve matt. „Lassen Sie mich noch 'ne Stunde liegen, Ma-am!" ,,'ne Stunde?" Sie überlegte unschlüssig. „Und wenn der andere kommt?" Steve hatte sein Bett um sechzehn Uhr zu räumen, das war vereinbart - es war ein „hot bed", ein heißes Bett, in den Nachtstunden gehörte es einem anderen. Steve kannte den anderen nicht, aber in diesem Augenblick haßte er ihn aus tiefstem Herzen. „Ich werde schon aufstehen, Ma-am, gleich j e t z t . . . " Die Bradford schlurfte davon. Steve kroch mühsam aus dem Bett. Das war mehr als eine einfache Erkältung; vor seinen Augen schwammen graue Schleier, immerfort mußte er sich nach einem Halt umsehen. Was half's! Arbeiten oder verrecken... etwas anderes gab es nicht in dieser Stadt. Voller Haß starrte Steve noch einmal auf das zerwühlte Bett, das er hatte räumen müssen; dann tastete er sich mit schwerem Kopf und schlenkernden Beinen durch den finsteren muffigen Flur und wankte die Treppen hinunter. Die Straße, in der Steve vor vier Monaten bei der ehrenwerten Mrs. Bradford das „hot bed" gefunden hatte, lag in der schmutzigsten Gegend von Pittsburg-und das will schon etwas heißen; denn in dieser Stadt troff selbst über den Villen der Millionäre der Himmel von Schmutz und Ruß. Aus rohem rotem Backstein, fünfund sechsstöckig, drängten sich die Häuser in einer wirren Anhäufung dicht bei dicht, ein Haus bald vom anderen erdrückt, das eine verdreckter, baufälliger als das andere. Die eisernen Feuerleitern krochen von Stockwerk zu Stockwerk, willkommene Haltepunkte für die unzähligen Wäscheleinen mit den flatternden Windeln, Unterhosen, Arbeitshemden und Kitteln. Alle diese Häuser 4
gehörten den Mellons und ihrer Sippe; selbst aus diesem beinah unbeschreiblichen Elend sogen die Stahlkönige noch ihren Profit. Der Brodem aus den Fenstern mischte sich mit dem Gestank der Gossen und vereinte sich mit dem niemals abreißenden Lärm der Straße zu einer erstickenden Sinfonie menschlichen Elends. Es war noch hell, als Steve schwankend ins Freie trat. Aber dieses Licht, das in den trüben, stinkigen Schacht der Straße fiel, enthielt keinen Trost. Es war, als hätte der Himmel eine Handvoll grauen, rußdurchsetzten Abfalls in die Schächte geworfen, gerade genug, die Menschen und-den Fluch, der ihnen aus den Augen brannte, allen sichtbar zu machen. McNuck, der alte Neger, der in einem der zahlreichen Woolworth-Läden als Packesel schuftete, kam Steve entgegen. Er sah so fahl aus wie alle Menschen dieser Straße. „Hallo, Steve!" grüßte er. Der Junge blieb stehen; aber im selben Augenblick begann die Straßenzeile um ihn zu schwanken und sich zu drehen. Er konnte sich noch mit einer Hand an der Hauswand halten, dann sackte er hilflos in sich zusammen. Erschrocken schleppte ihn McNuck ein paar Schritte seitwärts und setzte ihn auf die Steinstufen, die zu Tosellis Tomatenladen führten. „Steve, Junge, was is'n los?" Steve kam schnell wieder zu sich. Er legte den hämmernden Schädel an den kühlen Stein und netzte mit der Zungenspitze die trockenen, brandigen Lippen. Ein vages, elendes Lächeln kroch über sein Gesicht. „Hunger?" fragte der Neger. Das war die erste und letzte Frage in diesem Teil der reichen Stadt. Sie gehörte zum Stundenlauf der Tage und der Nächte, ebenso wie die Windeln auf der Wäscheleine und die Ratten in den Hinterhöfen dazu gehörten. Steve schüttelte sich. „Kann gar nichts essen, McNuck, keinen Bissen bringe ich über die Lippen. F i e b e r . . . da, faß mal an!" Er streckte seine Stirn vor, und der Alte legte die breite, zerschundene Handfläche darauf. Er erschrak. Der Junge war krank. Und Krankheit hieß in den Mellonschen Stahlbuden Arbeitslosigkeit, hieß Hunger, Vagabundieren, Betteln, Asyl. Die Mellons beherrschten das Geld, und sie kannten keine Gnade. Längst hatten sie die Gewerkschaften gekauft, abgewürgt, ihre Führer bestochen 5
oder ins Gefängnis werfen lassen; es gab unter dem grauen Pittsburger Himmel kein Recht für den Arbeiter. Das wußte der Alte so gut wie Steve. „Wird nicht so schlimm sein!" tröstete er matt. „Wird schon vorübergehen." Der Krämer Toselli schaute mißmutig aus der Ladentür und zeterte, daß Steve ihm die Kunden verjage. McNuck starrte ihn böse an. Schwerfällig rappelte sich Steve auf. „Ich bringe dich nach Hause, Steve, ins Bett!" sagte McNuck. Ins Bett? Steve mußte grinsen, so elend ihm war. Ins B e t t . . . Nicht mal ein Bett war für so einen wie ihn! „Ich habe bloß 'n heißes, McNuck, nur für den Tag. Da liegt jetzt schon 'n andrer drin." McNuck kraulte sich bekümmert den grauwolligen Schädel. Verdammt, auch er hatte nicht viel, er besaß weniger als wenig, aber dieser Junge da durfte nicht auf der Straße krepieren, das nicht. Er würde den Riemen ein wenig enger schnallen, wie schon so oft. „Komm, Steve!" sagte er und griff dem hilflos Schwankenden unter die Arme. Der sträubte sich nicht, fragte nicht nach einem Wohin; er wäre auch vor Toseliis Laden liegengeblieben, so gleichgültig war ihm alles. Wohin . . . ? Ach, egal, es gab keine Hilfe für ihn. FÜCHSE AUF DER SPUR Kaum hatte Steve das Haus verlassen, war Mrs. Bradford auch schon in der Kammer und durchkramte das zurückgelassene Gepäck. Sie mußte sich beeilen, jeden Augenblick konnte der zweite Benutzer des Bettes auftauchen. Gierig riß sie Steves Bündel auseinander. Wenn der Bursche ernstlich krank wurde oder gar auf der Strecke blieb, wollte sie gesichert sein. Keinen Cent würde sie an dem Hungerleider zusetzen. Unmutig betrachtete sie die paar Dinge, die Steves Hab und Gut ausmachten: ein Paar zerschlissene Hosen, ein Paar Socken, Taschentücher, ein altes Messer, Krimskrams. Das war keinen Dollar wert. Sie durchwühlte die Taschen des Leinenrockes und fand ein Kinobillett, die Fotografie eines Farmhauses, dem der Hunger schon aus den Fenstern sah, einen Brief. Die Alte ging zum Fenster und buchstabierte mühsam: „ . . . hier herrschen die Mellons, da bleibt für den Arbeiter kein 6
menschenwürdiges Dasein. Laß die Finger von dieser verdammten Stadt!" So dumm Mrs. Bradford auch in vielen Dingen sein mochte, sie war doch gerissen genug, um zu ahnen, daß sie hier etwas in Händen hielt, wofür andere Leute gegebenenfalls ein paar Dollars zahlen würden. Hastig barg sie den Brief im Ausschnitt ihrer verschmutzten Bluse und schnürte das Bündel wieder zusammen. Sie saß noch nicht lange wieder in ihrer Küche, als ein derbes Klopfen sie aufstörte. Der Mann vor ihrer Tür war klein und blaßgesichtig, seine Nase sprang spitz hervor und verlieh ihm einen listigen und verschlagenen Ausdruck. Mrs. Bradford musterte ihn mit einem leichten Erschrecken; sofort nach dem Öffnen hatte der Kleine geübt seinen Fuß zwischen Tür und Rahmen geschoben nun war sie ihm ausgeliefert. „Was wollen Sie?" fragte sie heiser. Der Mann tippte nachlässig an die Hutkrempe. „Mrs. Bradford", sagte er, „lassen Sie mich eintreten. Ich habe ein paar Fragen an Sie und vielleicht noch was anderes." Das klang verheißungsvoll. Die Alte war sich sofort darüber klar, daß sie hier einen der zahllosen Spitzel und Schnüffler aus den Mellonschen Betrieben vor sich hatte. Diese Leute waren nicht zu verkennen; auf den Straßen machten sich die Gassenjungen auf die Kerle aufmerksam, Sie griff sich unwillkürlich an die Brust, unter der Bluse knisterte der Brief; das war ein eigenartiges Zusammentreffen. „Kommen Sie!", sagte sie und ließ den Fremden in die Küche herein. Der sah sich mit raschen Blicken um und musterte die Alte mit einiger Befriedigung. Diese Typen kannte er, hier paarte sich Habgier mit moralischer Verkommenheit, bei denen hatte er leichtes Arbeiten. Die ließen sich für ein paar Cents kaufen, von jedem und für alles. Ohne Umschweife ging er auf sein Ziel los. „Sie haben einen Schlafgast hier, Mrs. Bradford, einen gewissen Steve Cummings?" Mrs. Bradford zuckte mit den Augenlidern - das konnte ein Ja aber auch ein Nein sein -, ihre dicken Finger spreizten sich. Der Kleine verstand die Bewegung wohl. Er grinste und schob eine zusammengerollte Dollarnote über die Tischplatte. Sie war schon im Blusenausschnitt der Bradford verschwunden, ehe der Mann nur Luft, holen konnte. „Was wollen Sie wissen?" fragte die Alte. 7
„Nicht viel. Der Bursche interessiert mich nicht. Aber er muß einen Bruder haben, William Cummings. Kommen die beiden zusammen?" Die Frau überlegte. Sie wußte nichts von diesem William Cummings, niemals hatte der junge Bursche ein Wort über einen Bruder verlauten lassen. Aber sollte sie das eingestehen? Wo ein Dollar über den Tisch gewandert war, konnte leicht ein zweiter folgen. „Es war mal einer hier", log sie, „morgens, der Junge kam von der Arbeit, es war noch dunkel. Da hat er einen mitgebracht, sie haben lange miteinander geflüstert." „Wie sah der andere aus?" fragte der Kleine rasch. Mrs. Bradford zuckte mit den Schultern. „Es war noch dunkel", wiederholte sie träge. Der Kleine wurde ungeduldig. „Reden Sie kein Blech", sagte er. „Ein Weib, so alt geworden und so klug wie Sie, kann auch im Dunkeln sehen. Also?" Wieder fiel eine Dollarnote auf die Tischplatte und verschwand blitzschnell. Mrs. Bradford dachte angestrengt nach. Jetzt hieß es klug antworten. Was konnten die Mellons für ein Interesse daran haben, diesem William Cummings einen Fuchs auf die Spur zu setzen? Keine Frage, da wurde ein Roter gesucht, ein Streikhetzer, ein Kommunist. Jäh fiel ihr der Brief wieder ein. Himmel, da hatte sie ja ihre Antwort. „Er war groß, stark", tippte sie aufs Geratewohl. „Und d a n n . . . " „ W a s . . . dann?" drängte der Kleine. „ D a n n . . . ja, ich weiß nicht, er hatte sowas in seinem Gesicht, s o w a s . . . vor dem hätte ich Angst. Ich kenne keine Roten, aber wenn ich mir einen vorstelle... der kann einer gewesen sein." Der Fremde verzog das Gesicht. Das war nicht viel, und vielleicht log die Alte auch. „Geflüstert haben sie?" „ 'ne ganze Weile. Und mit Papier geraschelt." Hm, das mochte stimmen. Der Kleine überlegte. „Wo ist der junge Bursche jetzt?" „Der ist 'ne halbe Stunde weg, sicher zur Arbeit. Der hat doch hier nur 'n Tagbett." „Gut. Sagen Sie ihm nichts von dem allem. Kein Wort. Ich komme bald mal wieder. Passen Sie gut auf. Sie sollen keinen Schaden davon haben!" 8
Er ging schnell davon; im dunklen Treppenhaus verhallten seine Schritte. Mrs. Bradford lauschte ihnen nach; dann griff sie zur Bluse und fühlte den Brief darunter. Guter Himmel, der war jetzt was wert, das war sicher!
MR. MELLON AUF DER JAGD Mr. Josuah Mellon starrte von der Veranda seines Jagdhauses aus träge in die grüne Wildnis des Waldes, der sich an dieser Seite des Hauses bis dicht an die Gatter des Grundstückes heranschob. Er hatte eine Doppelbüchse griffbereit liegen. Einmal schon war es ihm gelungen, von dieser Veranda aus ein Stück Rotwild zu erlegen; darauf war er stolz, und er mochte sich eine zweite Gelegenheit nicht entgehen lassen. Heute aber war er nicht recht bei der Sache. Seine Gedanken weilten noch in Washington, wo er vor ein paar Tagen ein besonders aufschlußreiches Gespräch mit Senator McCarthy geführt hatte. Dieser McCarthy interessierte ihn; das war ein Amerikaner von echtem Schrot und Korn. Mellon hatte keine Sekunde gezögert, den versteckt geforderten Hunderttausend-Dollar-Scheck auszuschreiben. Das Geld würde sich gut verzinsen, dessen war er sicher. Seine Dollars würden helfen, diesen verdammten Roten im Lande den Strick zu drehen, den sie schon lange verdient hatten. McCarthy war der geeignete Henker, nichts war sicherer. Ein Schuft war er, und kein kleiner, ein ausgemachter Hochstapler - gerade das machte ihn so brauchbar. Mellon schnaufte auf und griff zum Whiskyglas. Sein feistes und eitles Gesicht verzog sich. Er mußte an den letzten Streik in seinen Werken denken, und dieser Gedanke war alles andere als angenehm. Den Streik hatte er niederschlagen können, gewiß, das war ihm gelungen, aber der Kampf war diesmal härter gewesen, der Widerstand erbitterter. Von irgendwoher nahmen diese verdammten Arbeiter eine Kraft, die mit den gewohnten Maßen nicht meßbar war; Anklage, Verdächtigung, Terror, Gefängnis - nichts vermochte sie mehr zu erschrecken. An Steve Nelson, dem bekannten Arbeiterführer, hatte Mellon sich sozusagen einen goldenen Zahn ausgebissen. Mittels zahlloser gekaufter Zeugen war es ihm endlich gelungen, Nelsons Verurteilung zu fünfzehn Jahren Gefängnis durchzusetzen. Aber' die Beweisführung war zu durchsichtig gewesen, der Schwindel offenbar 9
geworden; wieder hatte Nelson entschlüpfen und seinen harten und gefährlichen Kampf weiterführen können. Mellon schüttelte erbittert den Kopf. Nein, mit den gewöhnlichen Mitteln, mit gekauften Zeugen, konstruierten Hochverratsprozessen und dergleichen, war diesen Burschen nicht mehr beizukommen. Nun wohl, es gab noch andere Wege, sichere Wege; im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten wurden sie durchaus nicht selten beschritten. Mellon griff nach einer kleinen silbernen Schelle und läutete. „Der zweite Sekretär!" befahl er dem Diener. Cap, der zweite Sekretär, erschien sofort; seit Stunden hatte er den Ruf des Allgewaltigen erwartet. Er war ein noch junger Mann von angenehmen Manieren; auch sein Gesicht hätte sympathisch wirken können, wäre in den zu klein geratenen Augen nicht jenes böse Flackern gewesen, das einen Menschen ohne Hemmungen und ohne Gefühl verrät. Er verneigte sich. Mellon hob nachlässig die fleischige Hand. „Wie steht es, Cap, haben Sie die Stinktiere nun ausgemacht?" Der Sekretär mußte verneinen. „Das ist nicht so einfach, Mr. Mellon. Edward Flinth und dieser Cummings sind wie vom Erdboden verschwunden. Wir haben alle bekannten Quartiere durchstöbert . . . nichts zu machen. Die Bande hält wie Pech und Schwefel zusammen." Mellon runzelte böse die Stirn. „Aber in Pittsburg sind sie noch?" „Das ist gewiß. Dafür haben wir sichere Beweise!" „Na und? Wem gehört Pittsburg? Uns oder diesen verdammten Läusen? Wollen wir warten, bis sie uns endgültig im Pelz sitzen? Haben Sie gar nichts erreichen können?" Cap zuckte verzweifelt mit den Schultern. „Einen Brief haben wir in Händen, den dieser Cummings einmal an seinen Bruder geschrieben hat. Darauf ließe sich eine Hochverratsklage..." Mellon lief kirschrot an; wieder mußte er an den mißglückten Prozeß gegen Nelson denken. „Papperlapapp! Hochverratsklage... was ist das für ein Gefasel! Haben Sie noch nicht begriffen, daß wir mit diesen Kindereien nicht weiterkommen? Nein, mein Lieber..." Wieder schnaufte er schwer, sein Gesicht war von unverhülltem Haß verzerrt. Unwillkürlich griff er zur Jagdflinte und um10
spannte deren Schaft. Diese Geste war bezeichnend, es bedurfte keines weiteren Wortes mehr. Der Sekretär zwinkerte mit den Augen. „Ich werde also das ,Büro für Wirtschaftsfragen' verständigen!" sagte er leise. „Wer macht das jetzt?" „Joe Harris, ein früherer Boxer..." „Hm. Ist er teuer?" „Nicht sehr. Etwas teurer als üblich. Er verfügt über ausgesuchte Leute." Mellon dachte kurze Zeit nach. Noch immer hielten seine Hände das Gewehr umspannt. Ja, das war entschieden der sicherste Weg. Jede Minute, die diese verdammten Roten noch für ihre Agitation hatten, konnte ihm später einmal das Genick brechen. Er stand auf. „Meinetwegen also", sagte er. „Richten Sie die Geschichte ein. Aber wenn Sie die Burschen haben, dann keinen Skandal. Arbeiten Sie genau, schärfen Sie das auch dem Harris ein. Kein Aufsehen. Und keiner, der dann noch reden kann. Und diese Stunde haben Sie schon vergessen!" Der Sekretär verneigte sich stumm.
STEVE ERLEBT EIN W U N D E R Steve richtete sich auf. Er lag auf einer eisernen Bettstelle, sorglich zugedeckt. In Griffnähe stand kalter Tee, auch ein Weißbrot war da, etwas Konfitüre und sogar Butter. Steve überlegte. Allmählich kam ihm das Gesicht des alten Negers in die Erinnerung. Seine Blicke gingen in die Runde: Da hing ein zerschlissener Rock des Alten. Kein Zweifel, er war in der Kammer des Negers. Heiße Scham ergriff ihn. Er kannte das Elend, in dem diese Neger leben mußten, nur zu gut. Und doch hatte der Alte ihn mit sich genommen und ihn versorgt! Keine Hilfe für mich? - Steve lachte befreit auf. Er wußte nichts von Solidarität, ja, er kannte nicht einmal das Wort. Aber in diesen Minuten war in ihm ein Gefühl, das ihn ahnen ließ: Das ist eine große, eine schöne und starke Sache, die den Menschen glücklich machen kann. Und das hatte ein alter Neger zustande gebracht! Beschämt und verwirrt schaute er auf den angeschlagenen Topf mit dem Tee, auf das weiße Brot, die B u t t e r . . . Vielleicht 11
hatte McNuck gehungert, um ihm diese Kostbarkeiten zu verschaffen! Langsam stand Steve auf; der Fußboden schwankte nicht unter seinen Füßen, sein Kopf war kühl und klar, das Fieber war gewichen. Er wußte nicht, wie lange er hier gelegen hatte - einen Tag und eine Nacht, zwei T a g e . . . ? Gleichgültig, die Hilfsbereitschaft des Alten hatte ihn wieder auf die Beine gebracht. Sicher arbeitete der Neger jetzt; er würde ihm nicht danken k ö n n e n . . . Nun, das ließ sich später nachholen. Er mußte zusehen, daß er so schnell wie möglich zu den Werken kam; vielleicht war noch nicht alles verloren, vielleicht hatten sie ihn noch nicht ganz abgeschrieben. Wenn ein Neger solche Güte besaß, mußte sie bei einem der Vorarbeiter doch auch zu finden sein! Seine Sachen lagen bereit; der Alte hatte sie sogar gereinigt und ausgeflickt. Schnell kroch Steve in den blauen Overall. Dann verließ er leise die Kammer; ein paar Sekunden später umgab ihn das gewohnte Getöse der Straße. Im Westen und Nordwesten erhoben sich düster, gewaltig und bedrückend die Stahl- und Hüttenwerke der Mellons, die Autofabriken, die Werkstätten und Waffenschmieden. Hier hing der Himmel schwer und dunkel über der Landschaft, hier hatte selbst die Natur das leiseste Lächeln verlernt. Steve erreichte das Fabrikgelände in der elften Stunde. In allen Hallen lief die Arbeit auf Hochtouren. Zwanzigtausend Männer, Frauen und Halbwüchsige werkten und schufteten hier. Das Fließband ließ ihnen keine Atempause; die bezahlten Kontrolleure hasteten mit der Stoppuhr durch die Hallen. Wehe dem Unglücklichen, der eine Minute seiner Zeit verlor. Steve Cummings hatte noch nie über all das nachgedacht, und in dieser Stunde bangte er um nichts weiter als um seinen Wochenlohn, um seinen Platz vor dem Kessel, um die Schweißtropfen, die er für Mellon und seine Familie vergießen durfte. Mit hängenden Schultern schlich er an den Hallen vorbei. Niemand beachtete ihn; hier kümmerte sich einer nicht viel um den anderen. An seinem Kesselloch aber, den ungefügen Schürhaken in den Händen, stocherte bereits ein Fremder: ein schmaler Kerl mit nacktem Oberkörper; Schweiß und Kohlenstaub hatten sein Gesicht entstellt, verfärbt. Steve beobachtete ihn; das Herz pochte ihm in den Schläfen, er hörte das Keuchen des Fremden. Du Hund! dachte er. Du Hund, mein Arbeitsplatz... 12
Der andere drehte sich um, als hätte er die Gedanken gehört. „Nu?" fragte er. „Was stierst du wie eine Natter? Hab' ich dir was getan?" Er legte den Schürhaken aus der Hand und kam näher. Steve antwortete nicht und rührte sich auch nicht. Seine Fäuste zuckten in den Taschen. Was war zu machen? Der andere hatte ihm den Arbeitsplatz gestohlen, das war es. Deshalb haßte er ihn. Aber nun, als dieser noch näher kam, sah er das alte sorgenvolle Gesicht, roch den Schweiß, der über die Haut floß . . . „Was hast du?" fragte der Alte. „Nichts...!" sagte der Junge, sich abwendend, „nein, n i c h t s . . . laß mich", und ging. Der andere blickte ihm nach, die Augen verhangen. Er ahnte wohl, was hier los war. Aber was sollte er dagegen tun? Er war ja froh, daß er wieder einen Schürhaken fassen durfte. Ja, wenn der Flinth noch hier wäre! Oder der Cummings...! Steve ging weiter, ohne Hoffnung. In einer Bude sah er den Vorarbeiter, den „Schwarzen Dick". Das war ein muskulöser Zweizentnermann - Tätowierungen bedeckten seine nervigen Arme -, ein Treiber und übler Peitscher; kein sauberer und ehrlicher Kerl in den Hallen hielt es mit ihm. Steve wandte sich ab. Aber nun geschah ein Wunder. Der Schwarze Dick mußte ihn entdeckt haben. Eilig kam er aus der Bude und winkte ihn heran. „ H e . . . " , fragte er, „Bursche, wo warst du so lange? Keiner hat dich hier finden können!" Steve stotterte eine blasse Entschuldigung. Durfte er sagen, daß er krank gewesen war? Der schwarze Dick würde ihn hinausfeuern. Aber der winkte schon ab. „Nun, egal. Hast dich rumgetrieben, was? Kann mal passieren. Du sollst zum Hauptbüro kommen, die haben da so was wie 'ne Stelle für dich. Hier ist dein Loch schon besetzt." ,,'ne Stelle?" Fassungslos starrte Steve den Dicken an. Der nickte. „Wird schon so sein. Geh mal rüber. Die warten auf dich. Wird bestimmt 'n Job!" Mit weichen Knien ging Steve über die asphaltierte Werkstraße. In seinem Schädel summte es; nie hatte er daran geglaubt, daß Kindermärchen wahr werden könnten. Also nicht auf die Straße? Also 'ne wirkliche Stelle? . . . 'ne Stelle! 13
HAIFISCHE . . . In einem der vielen Stahlmöbelbüros des Meilonschen Verwaltungsgebäudes saß zu dieser Stunde der Sekretär Cap. Er war übler Laune. Obgleich er das Büro für Wirtschaftsfragen unter der Leitung des bewährten Joe Harris eingesetzt hatte, waren die Nachforschungen nach Flinth und Cummings bisher völlig ergebnislos geblieben. Selbst der Schlafgast der Mrs. Bradford, der junge Steve Cummings, war seit Tagen wie vom Erdboden verschluckt. Sollte er Verdacht geschöpft haben? Sollte er trotz aller gegenteiligen Beobachtungen doch mit dem älteren Bruder zusammenstecken? Ungeduldig hämmerte Cap mit dem Kopfstück seines silbernen Bleistiftes auf die Schreibtischplatte. Das alles waren Vermutungen. Es kam darauf an, den einen oder den anderen Burschen in die Finger zu bekommen, sonst würden sie noch lange im Dunkeln tappen. Dieses dreckige Pittsburg war ja wie ein Rattennest, eine ganze Armee konnte sich darin verbergen. Voller Unbehagen dachte Cap an die nächste Unterredung mit dem Boß . . . Der wollte Erfolge gemeldet haben. Und wo waren die? Er klingelte der Sekretärin. „Mr. Harris!" befahl er kurz. Der Chef des Büros für Wirtschaftsfragen hatte sich für einige Zeit im Verwaltungsgebäude häuslich niedergelassen. Er erschien bald, herkulisch und aufgeräumt; ein Grinsen war in dem Gesicht des früheren Berufsboxers, dieser Fratze mit dem unzählige Male zersplitterten Nasenbein. Cap betrachtete ihn angewidert, zwang sich jedoch, seine Gefühle zu verbergen. Die Industrie benötigte nun einmal die Hilfe dieser Gangster für die schmutzigste Arbeit, es ließ sich nicht anders machen. „Nun, Harris, noch immer nichts?" Harris kaute an einer langen hellbraunen Zigarre. „Nichts!" sagte er. „Das ist ja der verdammte Unsinn, daß Sie zu lange gewartet haben, Cap! Hätten Sie damals auf mich gehört, als der Flinth und der Cummings noch in den Werken herumstänkerten, die Sache wäre längst erledigt. Nun können wir Spürhunde spielen!" „Der Alte wollte keinen Skandal!" „Was heißt Skandal! Nun wird er ihn doch haben." Cap hob abwehrend die Hände. „Um Himmels willen, Harris, machen Sie keinen Mist. Unternehmen Sie nichts, was wir nicht 14
genau abgesprochen haben. Wenn ein Wort von Gewalt und . . . und..." „Mord", half Harris aus. Cap saß wie versteinert. „Das will ich nicht hören, nichts davon. Das ist eine Sache, die vornehm und diskret behandelt werden muß. Ein Unglücksfall! Sollte etwas laut werden, hätten wir mehr Schaden als Nutzen von der Aktion. Ich denke, das würden Sie schnell zu spüren bekommen, Harris." Der Boxer wehrte sich. „Aber..." „Kein Aber. Es kommt uns nur darauf an, daß diese beiden roten Verbrecher von der Bildfläche verschwinden, unauffällig und geräuschlos. Wie Sie das machen, das ist Ihre Sache. Schließlich vertreten Sie das Büro für Wirtschaftsfragen." Harris stieß den Zigarrendampf von sich. „Beruhigen Sie sich, Cap. Wenn wir die Vögel erst haben, werden sie auch leise und schnell genug davonflattern." Cap verzog zweifelnd das Gesicht. „Nun ja, dann sehen Sie zu..." Das Telefon schrillte. Er unterbrach sich und hob ab. Eine Quäkstimme gab eine Meldung durch. Caps blasse Stirn rötete sich plötzlich. „Wie?" fragte er. „Wirklich? Schicken Sie den Burschen sofort her!" Er legte auf. Langsam ließen seine Finger den Hörer los und schlössen sich dann nochmals wie eine Zange. Triumphierend blickte er auf den Boxer. „So leicht wie Sie möchte ich meine Dollars auch mal verdienen, Harris. Die Vögel kommen von selbst in den Käfig geflogen!" Joe Harris fiel beinahe die Zigarre aus dem Mund. Er reckte sich vor. „Wer von den beiden? Flinth . . . ? " Jetzt lachte Cap schallend auf. „Nein, mein Bester, das wäre denn doch des Guten zuviel. Es ist dieser Cummings, der Bruder, der seit einigen Tagen auch verschwunden war. Gleich ist er hier." Der Boxer schmatzte mit den Lippen. „Dann kann ich ihn ja gleich in die Mache nehmen", sagte er befriedigt. Aber Cap winkte ab. „Nicht so hastig. Der Bursche gehört erstmal mir. Im Gegenteil, ich möchte, daß Sie gar nicht in Erscheinung treten. Ich kann Sie heute noch nicht brauchen. Sie schlagen mir den Kerl nur zu Brei!" 15
Harris fuhr gereizt auf. „Na und? Was wäre dabei? Ein Spitzel, ein Roter! Er wird schon singen, der Kerl. Sie wollen ihn wohl mit Schokolade füttern, was?" Cap überlegte einen Augenblick und lachte dann heiser. „Vielleicht will ich das wirklich. Ja, ich glaube sogar, bestimmt. Lassen Sie mich machen, Harris, und hauen Sie ab!" Harris kannte diesen Ton. Knurrend suchte er seinen Hut und seine Handschuhe zusammen und schob sich mit gewölbtem Rükken zur Tür hinaus. „An meinen Spesen ändert das nichts, Cap!" warnte er mißtrauisch. Schon zwei Stunden hockte Steve unglücklich und beklommen in einem Stahlrohrsessel. Er fühlte, wie seine Gedanken sich immer mehr verwirrten und ihm zuweilen ganz entglitten; kaum vermochte er noch den Worten des eleganten Mannes hinter dem Schreibtisch zu folgen. Immer wieder suchten seine Augen die große grünweiße Karteikarte. Gestempelt, beschriftet, signiert und mit einem Lichtbild versehen lag sie auf der Glasplatte. Und das Lichtbild zeigte den siebzehnjährigen Steve Cummings, keinen anderen. Zu seinem maßlosen Erstaunen mußte Steve feststellen, daß er sein Leben doch nicht so unbeachtet gelebt hatte, wie es ihm immer erschienen war; diese Karte gab über ihn Auskunft, wie er selbst es kaum besser hätte tun können. Steve hatte wie verstört auf die Karte gestarrt. „So sorgen wir für unsere Arbeiter", hatte der Mann ihm gesagt. „Du siehst, mein Junge, welche Mühe du uns schon gemacht hast. Nun erweise dich mal ein bißchen dankbar dafür und erzähle mir, was ich von dir wissen will!" Nichts wollte Steve lieber als das, schon um seiner Beklemmung Herr zu werden; aber es dauerte doch geraume Zeit, ehe er im wesentlichen erfaßte, was der andere von ihm verlangte. Und auch dann waren ihm noch so viele Dinge unklar, daß ihm der Kopf schließlich schmerzte von den wirren Gedanken, die ihn bedrängten. Er sollte seinen Bruder William ausfindig machen, das war ihm klar geworden. Ja, aber mußte nicht die Verwaltung der Mellon-Werke am besten wissen, wo William zu finden war? Sicher besaß dieser Mann da auch von William eine solche Karteikarte, der Bruder hatte doch jahrelang in den Werken gearbeitet. Wieder stierte der Junge auf die Karte. IG
Langsam wurde Cap unwillig. „Dein Bruder hat uns verlassen, Steve Cummings. Wir wissen nicht, wo er sich jetzt aufhält. Ja, er hat uns die Wohltaten, die ihm hier erwiesen wurden, schlecht gelohnt. Aber wir tragen ihm nichts nach, im Gegenteil. Es geht darum, daß William Cummings hier einige Verbesserungen eingeführt hat, die wir gern allgemein übernehmen wollen. Nebenbei gesagt, das würde ihm eine nette Stange Geld einbringen. Aber wo steckt der Kerl?" Steve zuckte hilflos mit den Schultern. So ein Dummkopf, der William. Rannte einfach davon, und hier winkten die Dollars. Der Junge schüttelte den Kopf. „Ich verstehe das alles nicht", sagte er leise. „Mein Bruder ist doch nicht dumm." Cap blieb äußerlich noch immer ruhig. „Nein, mein Junge, dumm ist er bestimmt nicht. Aber er hat vielleicht Angst, und nun verbirgt er sich." „Angst? Wovor sollte er Angst haben?" „Er hat hier Schwierigkeiten g e h a b t . . . beim letzten Streik. Nichts Schlimmes. Aber schlechte Menschen, Kommunisten und solche Leute, haben ihn verführt und werden ihn nun einschüchtern." „Kommunisten? William ein Kommunist? Nein, Mister, das müßte ich doch wissen. Er hat, als er uns mal besucht hat, wohl auch über den Korea-Krieg gesprochen, er hat auch geschimpft. Aber Kommunist... nein, bestimmt nicht!" Cap machte sich einige Notizen. „Hm", sagte er, „also über den Korea-Krieg. Und geschimpft. Über die Mellon-Werke und so?" Steve dachte nach. „Wie man eben so schimpft", sagte er dann. „Nichts weiter, gewiß nicht." „Na, siehst du, mein Junge!" Cap lehnte sich zurück. „Und jetzt setzen ihn die Kommunisten sicher unter Druck, und hier gehen ihm seine Dollars flöten." Er pfiff durch die Zähne und betrachtete Steve nachdenklich. Dieser Lümmel war dumm wie die Sünde. Er konnte ihn unbeschadet auf die Fährte setzen, der würde nichts merken. Einen unauffälligeren Spürhund würde er in ganz Amerika nicht auftreiben. „Du wirst uns also helfen, Steve!" sagte Cap freundlich, aber bestimmt. Steve richtete sich steif auf, seine Augen wurden groß. „Gewiß,, Mister, aber ich weiß n i c h t . . . " 17
„Ach was, du wirst schon begreifen. Hör zu! Dein Bruder darf nicht wissen, daß wir ihn suchen. Du suchst ihn." „Aber..." „Still! Du suchst ihn. Und wenn du ihn gefunden hast, kein Wort von uns. Du mußt verstehen, die Kommunisten haben ihn in ihren Klauen, er redet vielleicht, und schon..." Cap griff sich mit den Fingern unmißverständlich an den Hals. Steve erschauerte* „Verstehst du?" fragte Cap. Steve nickte erblassend. Natürlich verstand er. Die Kommunisten machten kurzen Prozeß, in jeder Zeitung war's zu lesen. Armer William, in welchen Schlamassel bist du da hineingeraten! „Und wenn ich ihn finde..." „Dann kein Wort von uns, nicht das geringste. Das wäre fürchterlich für ihn. Deine Aufgabe ist dann nur, so schnell wie möglich zu uns zu kommen und uns seinen Schlupfwinkel zu sagen. Wir werden schon dafür sorgen, daß er den Roten entkommen kann. Traust du dir das zu? Schließlich geht es um das Leben deines Bruders!" Steve nickte und zitterte am ganzen Körper. Noch niemals in seinem Leben hatte er so schwerwiegenden Problemen gegenübergestanden. Und der Mann hinter dem Schreibtisch ließ nicht locker; wieder und wieder prägte er ihm die Aufgabe ein, immer wieder malte er ihm die Gefahren aus, die William bedrohten, s o bald er etwas verriet. O nein, er, Steve, würde nichts verraten, gar nichts. Und er würde William finden, ganz gewiß. Selbst in der Hölle würde er ihn suchen! Die Bereitschaft dazu stand in seinem Gesicht geschrieben. Cap lächelte endlich zufrieden. „Gut, mein Junge, du wirst sehen, daß wir uns nicht lumpen lassen!" Ein Bündelchen zusammengerollter Dollarscheine schob sich über den Schreibtisch. „Hier ist eine kleine Anzahlung für deine Arbeit. Das Doppelte wartet, wenn du deinen Bruder gefunden hast und alles in Ordnung ist. Einen Job wird es auch noch geben für einen flotten Kerl wie dich. Also mach dich auf die Beine. Hier ist eine Telefonnummer, die rufst du an, sobald du die Anschrift hast. Und dann kommst du zu mir. Verstanden!" 18
Cap stand auf; auch Steve erhob sich mit schmerzenden Gliedern. In seiner schweißfeuchten Hand zitterten die Dollars. So viel hatte er noch nie besessen!
BRUDER WILLIAM Steve fand seinen Bruder am Abend des zweiten Tages in der unteren Stadt, im Hinterzimmer einer kleinen Kneipe. Er war nicht planmäßig vorgegangen; in diesem Häusergewirr mußte jede planmäßige Suche von vornherein vergeblich bleiben. Er hatte sich mehr dem Zufall überlassen, vorsichtig hier und da herumgehorcht; überall stieß er auf eine merkwürdige Mauer verdrießlichen Schweigens und offenen Mißtrauens, sobald er den Namen des Bruders nur erwähnte. Erst seine heftigen Beteuerungen und mehr noch die unverkennbare Ähnlichkeit mit William lockerten einige Lippen; es gab da einen Hinweis, dort einen Ratschlag, doch nichts Genaues. Am zweiten Tage führte ihn ein schmalbrüstiger Arbeiter in einen 10-Cent-Store und hieß ihn dort warten. Steve ließ sich's nicht verdrießen, er wartete stundenlang... Der Arbeiter war erst zurückgekehrt, als es dunkelte. Er hatte Steve noch einmal gemustert und dann genickt. „Du bist wirklich der Bruder", hatte er gesagt. „Komm mit!" Der kleine Raum, in den er ihn führte, war nur matt erleuchtet; Steve war dankbar dafür; denn er fühlte, wie ihm unter den Blikken des Bruders das Blut ins Gesicht schoß. Sie begrüßten sich, wie es ihre Art war, kurz und schweigsam. William war gut einen Kopf größer als Steve, breit gebaut, seine Fäuste glichen zwei Schmiedehämmern. Die Augen unter dem dichten schwarzen Haar blickten klug und hell. Er zog Steve an den Tisch. „Du bist nun doch gekommen, Junge?" Steve nickte stumm. „Und nun? Arbeitest du?" „Ich war k r a n k . . . " , sagte Steve leise. William nickte. „Das wird jeder hier, der eine früher, der andere später. Das beste ist, du gehst nach Hause zurück. Ich kann dir jetzt nicht helfen." Steve antwortete nicht; er sah sich verstohlen im Zimmer um. Wo waren die Kommunisten, die den Bruder in ihrer Gewalt hatten? „Ich hatte es schwer, dich zu finden!" sagte er schließlich. 19
Das ist gut", William nickte. „Noch besser wäre, auch du hättest mich nicht gefunden. Aber nun ist es so. Was soll werden, Steve? Was willst du tun? Hast du Geld?" „Keinen Cent...", log Steve mit rauher Stimme. „Geh nach Hause, Steve!" bat William. „Geh wieder nach Hause. Du bist noch zu jung für diese Tretmühle. Vielleicht... in ein paar Jahren... vielleicht hole ich dich dann selbst." Er kramte in seinen Taschen, brachte einige Nickelmünzen und ein paar HalbdollarStücke zutage. „Das ist alles, was ich noch besitze." Er schob einige Münzen über den Tisch. „Nimm dies, Steve. Und dann geh; es ist gefährlich, mit mir zusammen zu sein. Versprich mir, nach Hause zu fahren. Dort bist du wenigstens nur im Elend gefangen, hier aber bist du ganz und gar ein Sklave der Mellons. Geh, Steve!" Steve würgte es im Halse. Er zog sein Taschentuch heraus und schneuzte sich, um das aufsteigende Schluchzen zu verbergen. Es gelang ihm nur schlecht. William strich ihm über den Kopf. „Laß gut sein, mein Junge. Wir werden es schon schaffen, daß es uns einmal besser geht. Eine ganze Welt kämpft mit uns!" Der Junge wollte aufschreien. Komm mit, William, komm mit! In den Werken wartet Geld auf dich, Anerkennung, gute Arbeit! Doch er brachte kein Wort über die Lippen; jedes einzelne konnte den Bruder gefährden. Die Roten machten kurzen Prozeß! Die Warnungen des Mannes hinter dem Schreibtisch klangen in ihm noch nach, sie erstickten jedes Wort. Fort, schnell fort, die Mellon-Leute würden dem Bruder helfen, so großzügig, wie sie ihm schon geholfen hatten. Nur das Schweigen war schwer, unerträglich schwer. Aber es mußte ja sein. Mit abgewandtem Gesicht reichte er seinem Bruder die Hand. „Ich werde dann gehen..." William schob ihm noch einen halben Dollar in die Tasche. „Ja, Kleiner, grüße zu Hause. Wenn meine Arbeit hier beendet ist, komme ich mal hin." Steve stürzte beinahe hinaus. Er drehte sich nicht mehr um. Die Münzen in der Tasche schienen durch Tuch und Fleisch zu brennen. Verwundert sah William ihm nach. Er schüttelte den Kopf. Was war mit dem Kleinen? Hatte ihn Pittsburg schon so zermürbt, daß er sich nicht zu beherrschen wußte? Unruhig ging er in dem 20
engen Raum auf und ab. Er hätte sich mehr um Steve kümmern müssen, so wenig Zeit ihm in den letzten Monaten auch geblieben war. Schließlich war es der B r u d e r . . . William zog nachdenklich die Stirn kraus. Ach, Steve, Kleiner, wir haben so viele Brüder, Millionen Brüder! Um alle müssen wir uns mehr k ü m m e r n . . . Da entdeckte er die Dollarscheine. Ein zusammengerolltes Bündelchen Dollarscheine. Es lag im Halbdunkel am Tischbein. Gerade an der Stelle hatte Steve gesessen! William hob die Banknoten auf; mechanisch zählte er: eins, zwei, d r e i . . . Er zählte bis dreiundzwanzig. Sein Gesicht verfärbte sich, es wurde aschfahl. Dreiundzwanzig Dollar. Das war ein kleines Vermögen für einen Pittsburger Arbeitslosen! Wie hatte der Kleine gesagt? „... keinen Cent." Er hatte gelogen! Kein Zweifel, daß er dieses Geld hier verloren hatte, niemand anders war im Raum gewesen. Er hatte gelogen! Der Kleine hatte ihn belogen! William stockte der Atem, der kalte Schweiß trat ihm auf die Stirn. Seine breiten Finger umpreßten die Scheine. Dreiundzwanzig Dollar... Die Scheine klebten schmutzig aneinander. Steve hatte gelogen! Das hieß... das hieß... William mochte den Gedanken nicht zu Ende denken, er sammelte sich mühsam, die Adern an seinen Schläfen traten heraus. Der eigene Bruder ein Spitzel im Dienste der Mellons! Wieder starrte er auf die Scheine in seiner Hand. Ach, was vermochte das Geld alles, dieses dreckige Geld! Er schleuderte die Dollars von sich; sie klatschten mißtönend an die Wand. Dann klopfte er leise gegen die Tür. Der Schmalbrüstige erschien sofort. Er sah William fragend an. „Mein... mein B r u d e r . . . ? " fragte William leise. „Der ist gleich los, hat sich nicht mehr umgesehen", erwiderte der andere. .William nickte düster. „Flinth ist oben, er wird jetzt schlafen. Aber wecke ihn. Auch wir müssen los, wieder einmal. Sie sind uns auf der Spur." Der Schmale hob erschrocken den Kopf. „Wer hat..." Er fragte nicht weiter. Die Augen William Cummings brannten auf. „Der eigene Bruder wird es tun!" Der andere griff sich an den Mund. Er überlegte schnell. Das war furchtbar, aber hier ging es um mehr. „Wir können ihn vielleicht n o c h . . . wenn wir alles mobilisieren..." William winkte schroff ab. „Nein. Nicht das. Es bleibt noch Zeit genug für uns. Hole Flinth." 21
STEVE MUSS LERNEN „Hailoh, hier ist Cap!" „Yes, hier Harris!" Eine Serie der unflätigsten Flüche schloß sich an, aus denen der Sekretär nur mit Mühe das Notwendigste entnehmen konnte. Der Boxer war außer sich, seine dröhnende Stimme schien die Hörmuschel des Telefons zu sprengen. Cap erblaßte und biß sich auf die Lippen. Noch wollte er nicht verstehen. Er gönnte dem erregten Partner einige Sekunden der Beruhigung; dann verlangte er eine Bestätigung. „Also, die Vögel sind ausgeflogen?" „Keine zwei Stunden, ehe wir anrückten. Das Nest ist leer, ratzekahl. Da hat einer gepfiffen, und nicht zu knapp. Und wer, he? Dreimal dürfen Sie raten!" Cap verstand, daß der Boxer jetzt auf den jungen Cummings anspielte, den er als seinen Trumpf so herausgestrichen hatte. Eine unbändige Wut packte ihn. Natürlich hatte der gepfiffen, das war so klar wie der Nachthimmel vor dem Fenster. Und er, mit allen Wassern gewaschen und von allen Hunden gehetzt, hatte sich von diesem Lümmel täuschen lassen! Er warf den Hörer, ohne noch ein Wort abzuwarten, in die Gabel. „He, Dick! Edwards!" brüllte er gegen die Tür. Nach ein paar Augenblicken standen zwei Burschen der Mellonschen Leibwache im Büro, verschlafen noch, stieren und trunkenen Blickes. Cap musterte sie zornig. „Wieder mal auf Vorschuß gesoffen, was? Wo habt ihr den Jungen?" „Der sitzt im Keller vom Kesselhaus, Mister. Ganz so, wie Ihr befohlen habt." „Wir Ihr befohlen habt!" äffte Cap nach. „Ich habe befohlen, daß im Dienst nicht gesoffen wird, verstanden! Laßt hier die Rolläden vor und bringt mir den Burschen, und Gnade euch Gott, wenn er nicht mehr da ist!" Steve lag wach in dem fensterlosen, stockfinsteren Keller des stillgelegten Kesselhauses; aber so uferlos diese Finsternis, so geräumig der Kellerraum auch war, seine Gedanken erhellten und sprengten ihn. Sofort, nachdem er angerufen und die Anschrift der kleinen Kneipe durchgegeben hatte, war ihm klar geworden, daß er einen Fehler begangen hatte. Er konnte sich nicht erklären, wie dieser 22
Fehler beschaffen war; er wollte an die Rechtlichkeit des Mannes hinter dem Schreibtisch glauben. Sobald er sich jedoch die Arbeitergesichter vergegenwärtigte, diese harten, sorgenzerfurchten, mißtrauischen Gesichter, die ihm auf seinem Wege zu William begegnet waren . . . und dann das verschlagene Gesicht Caps... Nein, es gab keine Frage mehr. Oder doch? Ach, Hunderte gab es, unzählige . . . Er hatte den schmerzenden Schädel einen Augenblick an einen eisernen Mast gelehnt; dann hatte er sich besonnen, war auf eine Tramway gesprungen, die zu den Mellon-Werken fuhr. Keine Furcht war mehr in ihm gewesen, auch keine Befangenheit. Er mußte Gewißheit haben, das war alles. Nur der Mann hinter dem Schreibtisch konnte sie ihm geben. Er hatte sie bekommen, diese Gewißheit. Wie ein Schlag ins Gesicht war allein der Anblick des Mannes gewesen, der ihn hinter seinem Schreibtisch angegrinst hatte. „Gewißheit über dein Brüderchen, Boy? Die sollst du bald haben!" Und dann ein Gebrüll: „Ihr roten Schweine, euch werden wir allesamt das Fell über die Ohren ziehen!" Alles andere hatte sich Schlag auf Schlag in einer bestürzenden Folgerichtigkeit ergeben. Sein Sprung gegen den Schreibtisch, die zwei Kerle, die von irgendwoher plötzlich da waren, die Schläge und sein Abtransport in diesen Keller, die Finsternis rundum und die klare Helle in seinem Schädel. Die Gedanken summten darin, als wäre dieser Schädel ein Bienenhaus. Alles war da: Die Warnungen Williams, dessen Flüche auf Pittsburg und die Mellons, die Plackerei vor den Kesseln, das „hot bed" der.Mrs. Bradford, Krankheit, Hunger, Furcht, das gute Gesicht des alten Negers . . . „McNuck!" Steve schluckte mit schmerzenden Kiefern. „Guter alter McNuck!" Steve verfluchte sich nicht wegen seines Verrats; noch war es ihm unmöglich, die Größe dieses Verrats abzuschätzen. Er wunderte sich nur maßlos über seine bisherige Blindheit; instinktiv erfühlte er, daß er nicht nur seinem Bruder Böses angetan, daß er allen anderen Arbeitern und auch sich selbst einen harten Schlag versetzt hatte. Obgleich es finster war wie in einem Rattenloch, legte er doch beide Hände vor das schmerzende Gesicht - er schämte sich. Und diese Scham war tief und heiß, und war doch wie ein reinigendes Bad. Dick und Edwards, die Wächter, rissen ihn aus seinen Gedanken und stellten ihn derb auf die Füße. „Los, Täubchen, der Boß 23
wartet nicht gern!" Sie stießen ihn voran, doch sie gelangten nur bis zur Tür. Dort stand der Experte für Wirtschaftsfragen, der Boxer Joe Harris, massig und schwerfällig, das Gesicht von Zorn und von Trunk gerötet. „Das ist also die Eule!" sagte er. Sein Mund verzog sich breit. Eine Handbewegung verwies Dick und Edwards in den Hintergrund. „Geht, Jungs, ich habe schon mit Cap gesprochen. Das ist eine persönliche Sache, die rote Melone da wollte mir meine Spesen klauen..." Er sah auf seine Hände und zog die gelbledernen Handschuhe aus. Die Schläge des Boxers fielen so hageldicht, daß Steve keinen Schmerz mehr verspürte. Er sank sogleich zu Boden. Joe Harris nahm das für eine Finte, er kniete auf ihm und schlug wieder und wieder zu. Schließlich rissen die beiden Leibwächter Harris von dem Liegenden los. „Du schlägst ihn ja tot!" Mit blöden, trunkenen Augen schaute er sich um und wischte sieh die Stirn; sofort war da ein roter Streifen, der sich im Schweiß verlief. Dann sah er auf den Liegenden. „Na und?" fragte er. „Schade drum? Eine rote Laus, nicht mehr! Meine Spesen wollte der mir klauen!" Das hatte er schon einmal behauptet. Selbst Dick und Edwards sahen jetzt, daß der Chef für Wirtschaftsfragen blau war und ohne Überlegung. Da sie die Abneigung Caps gegen den Gorilla kannten, drängten sie ihn nun unnachsichtlich hinaus. Zu zweien waren sie ihm noch gewachsen. Harris sah seine Unterlegenheit ein und fügte sich knurrend. „Na, der hat sowieso genug!" Er streifte seine gelbledernen Handschuhe wieder über, ging zur Tür hinaus und verschwand im Halbdunkel des Ganges. Edwards und Dicks warfen den regungslosen Steve auf einen Haufen alten Wergs und Putzwolle und verließen gleichfalls den Raum. Die Tür schlössen sie sorgsam ab. Sie war dreifach gesichert. . , . UND WIEDER McNUCK In der Kammer des alten McNuck wurde es auch in der schwärzesten Nacht nicht dunkel. Eine Bar gegenüber hatte als Wahrzeichen eine rotierende Weltkugel einbauen lassen. Das Ding schrie 24
nachtaus, nachtein, wie nur stumme Dinge schreien können, schrie in grellen buntfarbigen Blitzen und Stößen seinen Lockruf in den Nebel, in den Gestank der umliegenden Straßen und in die Fenster. Der Mann, der zu dieser Stunde auf der eisernen Bettstelle des alten Negers hockte, nahm die angeschlagene Teekanne von den Lippen und stellte sie auf den Stuhl. Ein paar Tropfen waren an seinem unrasierten Kinn hängengeblieben; als ein roter Blitz der Weltkugel sein Gesicht streifte, schimmerten sie wie Blutstropfen. Der alte Neger zuckte zusammen. „Soll ich das Fenster verhängen, Mr. Flinth?" Der Mann auf der Bettstelle sah auf. Er war etwa dreißig Jahre alt, eher schmächtig als stark, seine Augen lagen tief unter schweren Brauen und glichen in der Dämmerung schwarzen Gruben. „Warum?" fragte er lächelnd. Sein Mund öffnete sich ein wenig und zeigte zwei Reihen blitzender Zähne. Die Stimme war hell und kraftvoll wie die Stimmen von Baseballspielern, Jägern oder Siedlern. McNuck murmelte etwas. Er saß in der Ecke auf dem einzigen Stuhl und machte sich an seinem Leibriemen zu schaffen; aber es war klar, daß er mit seinen Gedanken nicht bei der Sache war. Immer wieder sah er verstohlen auf den Mann, der da auf dem Bettgestell saß; ja, er erwischte sich dabei, daß seine alten Augen naß wurden, und fuhr sich schnell mit dem gelbbraunen, wie abgeschliffen wirkenden Handrücken darüber. „Es ist gut, daß ich Ihnen helfen konnte, Mr. Flinth", sagte er. „Wie sind Sie gerade auf meine K a m m e r . . . ich meine, es gibt so viele Häuser..." Wieder lächelte der Mann auf dem Bett. „Wir kennen schon unsere Freunde, McNuck. Meinst du, wir wüßten nicht, wer während des Streiks unsere Flugblätter in alle Wohnungen geschmuggelt hat? Du bist gut bekannt bei uns, Alter!" Der Neger wiegte den Kopf. „Ach... ich, ein alter Nigger. Mein Haar ist schon weiß. Was kann ich noch viel helfen? Euer Kampf ist so groß. Und wir Neger, solange gedrückt und geschunden, wir sind so klein geworden." Nun lachte der Mann mit den blitzenden Zähnen. „Oho, jetzt phantasierst du aber, alter Vater! Denke an Paul Robeson, denke 25
an . . . ach, ich könnte sie dir gar nicht aufzählen. Überall in der Welt kämpfen deine Brüder, schwarze, braune, gelbe, w e i ß e . . . Was gilt die Hautfarbe?" Flinth stand auf und ging zum Fenster. Minutenlang sah er auf die rotierende Weltkugel. Blau . . . gelb . . . weiß . . . r o t . . . Nun schien sie ihm wie ein Symbol seines Kampfes. Er drehte sich plötzlich um. „McNuck", sagte er, „wenn sie uns hier erwischen, dann wirst du Ungelegenheiten haben, vielleicht arbeitslos werden!" Der Neger wehrte ab. „Was liegt an mir. Aber Sie und Mr. Cummings... sie werden euch für Jahrzehnte einsperren!" „Einsperren?" Flinth schüttelte den Kopf. „Nein, McNuck, das ist vorbei. Damit hält Mellon sich nicht mehr auf. Ich will's dir sagen: Er hat seine Banditen eingesetzt, seine Kopfjäger, die Gangster. Je mehr ihre Macht wankt, desto ärger wird der Terror, das ist eine Binsenweisheit!" McNuck stand auf und trat zu ihm. „Die Arbeiter werden euch schützen!" sagte er feierlich. „Gegen diese Banditen ist schon ein Kraut gewachsen!" Er ballte die alte Hand zur Faust, daß die Adern hervorsprangen. Flinth ergriff diese Faust und schüttelte sie herzlich. „Ich wußte, daß du dich nicht fürchtest, McNuck. Sie werden uns nicht bekommen, die Banditen nicht, und auch nicht diese Gerichte, die keine Gerechtigkeit mehr kennen. Wir werden' uns zu wehren wissen!" „Wo ist die Gerechtigkeit?" fragte der Alte. „Wo ist sie? Weshalb darf man euch jagen wie die wilden Tiere?" „Weshalb? Das ist einfach, McNuck. Weil sie die Wahrheit jagen. Weil sie auch den Frieden jagen. Auch dich haben sie gejagt, du wirst es in deinem Leben schon verspürt haben, Alter. Sie verdienen am Krieg, sie verdienen am Elend, sie verdienen an deinen Knochen. Selbst an deinen Ketten verdienen sie noch. Wir haben die Streiks in den Werken gemacht; das geht ihnen an die Nieren. Aber die Arbeiter werden wieder und wieder streiken. Es wird keinen neuen Krieg und keine neuen Profite für die Mellon-Werke geben. Die Wahrheit ist laut, McNuck, bald dröhnt sie in allen Straßen!" Er hatte sich in Erregung geredet, vergeblich legte McNuck ihm die Hand warnend auf das Knie. Die Blitze der Weltkugel 26
zuckten hin und her, her und hin, b l a u . . .gelb . . . weiß . . . r o t . . . Die Weltkugel war entzündet, das Licht drang in die elende Kammer eines alten Negers im Proletarierviertel von Pittsburg. Ein Schritt wurde im unteren Flur laut und tastete sich die dunkle Stiege hinauf. Der Alte legte den Gurt aus den Händen und lauschte. Als es dreimal sehr schnell hintereinander klopfte, atmete er auf. „Das muß er sein!" sagte er, ging zur Tür und schob den klobigen Riegel zurück. William Cummings trat schwarz und hoch ins Zimmer und legte unwillkürlich, als in diesem Augenblick grellweiß ein Blitz der Weltkugel durch den Raum zuckte, die Hand vors Gesicht. Dann besann er sich, lachte verlegen auf, und warf ein kleines Bündel in die Ecke. ' „Das ist alles von d e m . . . von Steve!" sagte er bitter. „Keiner hat ihn seit dem Tage gesehen." „Wo warst du?" fragte Flinth. „Bei seiner Wirtin, einer alten Hexe. Bradford oder so. Es hat noch einen kleinen Kampf gegeben um das Bündel." „Das war unvorsichtig!" William ließ sich ächzend auf der Bettstelle nieder. Er winkte mit der Hand ab. „Ach was, Flinth . . . ich muß dir sagen, ich habe dieses Versteckspielen satt! Laß sie nur kommen! Offener Kampf nach fairen Regeln, das wäre etwas!" „Sie kennen keine Fairneß, William!" „Das weiß ich doch. Mellon hat im Industrie-Club in seinem Suff geschworen, diesmal kurzen Prozeß zu machen. Sie haben alle Beifall gegrölt, diese atomirren Helden. Sie spüren nicht, daß ihre Zeit vorbei ist!" „Doch, William!" sagte Flinth ernst. „Sie spüren es. Sie spüren es ganz genau. Gerade darum grölen sie!" -. . . DIE SOLIDARITÄT Steve wußte nicht, wie lange er schon in dem Keller lag. Als er erwachte, brauchte er lange Zeit, sich über alle Geschehnisse klar zu werden; wie Mosaiksteinchen mußte er sie aneinanderfügen, eines zum anderen. Dann brannte die Flamme der Scham und der Empörung hell in ihm auf, ein jäher Haß packte ihn und 27
schüttelte ihn wie mit Fieberschauern. Er mußte an sich halten, um nicht lauthals in das lastende Dunkel hineinzuschreien; aber der heftige Schmerz, den er beim Aufrichten empfand, brachte ihn zur Besinnung. Ächzend ließ er sich wieder fallen, betastete vorsichtig die Gelenke. Alles schien heil zu sein. Steve atmete erleichtert auf; seine Gedanken belebten sich. Was mochten die Hunde mit ihm vorhaben? Hier würden sie ihn nicht gut lassen können. Er hatte seinerzeit an der Demontage des alten Kesselhauses mitgearbeitet und wußte, daß viele Menschen hier zur Zeit des Schichtwechsels die Straße passierten. Ob er bewacht wurde? Vorsichtig erhob er sich und kroch auf Händen und Füßen an der Wand entlang, bis ein frischerer Luftzug ihn die eiserne Tür ahnen ließ. Die Glieder schmerzten, als wäre er durch eine Mühle gedreht worden. Er mußte die Lippen fest aufeinanderpressen, um das Stöhnen zu unterdrücken. Plötzlich schien selbst sein Herzschlag zu verstummen. Er legte sich flach auf den Boden. Deutlich hörte er jenseits der Tür Schritte, dann ein Gähnen, eine Stimme: „Na, da bist du ja wieder, was hat der Boß rausgerückt?" Ein anderer lachte. Papier raschelte. „Donnerwetter! 'n Hunderter!" „Ja, mein Junge. Und wie vom Himmel gefallen! Dank der ehrenwerten Mrs. Bradford!" „Wie bist du denn auf das Weibsbild verfallen?" „Ach, ich war schon mal da, damals, wegen der jungen Eule, die wir hier im Nest haben." Schweigen. Steve hörte sein Herz wieder, jetzt hämmerte es in seinen Schläfen. Eng preßte er sein Ohr an den Spalt zwischen Tür und Mauer. Kein Wort entging ihm. „Haben sie denn die Burschen nun ganz sicher?" „Ganz sicher! Von der Bradford hab' ich die Anschrift. Die kampieren hier in der Nähe bei 'nem alten Nigger. Na, da wird ja heute nacht was gefällig sein. Die Bande von Harris säuft schon darauf!" „Wie wollen sie denn das Ding drehen?" „Weiß ich nicht genau. Sicher die übliche Masche - 'ne kleine Schießerei inszenieren. Dickie hat geprahlt: Ich nehme für'n Tausender drei Jahre Knast auf mich. Na, den Tausender stiftet der Boß gern, wenn er Flinth und Cummings los i s t . . . " 28
Sie lachten. „Eigentlich 'n schönes B r o t . . . " „Na, ich weiß nicht. Drei J a h r e . . . " „Drei Jahre? Das werden keine drei Monate! Da hält doch der Boß seine Hand zwischen. Das gibt 'n schönen Notwehrakt, mein Lieber!" Steve preßte die Hand vor den Mund; das Blut rauschte ihm in den Ohren. Hier war die Gewißheit. Nun war keine Zeit zum Nachdenken mehr. Jetzt hieß es handeln. Er kroch zurück und lehnte sich an die kühle Wand. Krampfhaft schloß er die geschwollenen Lider und überlegte. Er skizzierte im Geist die Lage des Kesselhauses und jede Einzelheit, die ihm bei seiner damaligen Arbeit aufgefallen war. Nichts, nichts! Verzweifelt tastete er die Wände ab und suchte mit den Fingern eine Vertiefung. Nichts! Er stöhnte vor Wut. Er mußte raus, raus! Einen Augenblick dachte er daran, gegen die Tür zu schlagen und nach dem Öffnen über seine Wächter herzufallen. Aber er verwarf den Gedanken wieder. Sie würden ihn niederknallen, ehe er noch die Hand erhoben hatte. Nichts! Er warf sich auf den Boden, und, im Bewußtsein seiner Ohnmacht schlug er die Stirn gegen die Steine. N i c h t s . . . Nichts! Wieder kroch er an den Wänden entlang, tastete, griff, fühlte. Kalter Stein, kaum eine Fuge im Gemäuer. Kesselhäuser sind fest gebaut. Er stierte ins Schwarze. Hier komme ich nicht raus, niemals! Sie werden William töten. Und den anderen! Und viele noch, immer wieder werden sie t ö t e n . . . Er weinte lautlos. Die Tränen liefen über sein geschwollenes, blutverkrustetes Gesicht. Und auf dieses Naß traf plötzlich ein winziger frischer Luftzug. Steve reckte den Kopf. Er war wieder bei seinem Werghaufen angelangt, die Tür lag jenseits. Wo kam der Luftzug her? Er riß die Augen weit auf, aber die Dunkelheit war undurchdringlich. Dann jäh, so jäh, daß er die Augen schloß, wußte er: der Kamin! In Übermannshöhe fand er die Klappe. Er brach sich die Fingernägel ab, das Blut spritzte darunter hervor. Die Klappe war so klein, daß ein Kind Mühe gehabt hätte, einzusteigen. Steve kam hinein. Wo ein Kopf hindurchkam, mußte der Körper folgen können. Sein Leib brannte, als würde er in tausend Höllenfeuern geröstet. Doch was tat das - er stak im Kamin. Er wußte nicht, daß er immer noch weinte, vor Trotz, vor Wut, vor Schmerz. Er spürte nur die Luft, die frischer und frischer werdend, ihm die Tränen aus dem Gesicht strich. 23
Dann war er oben. Er atmete nicht einmal auf, es war keine Zeit, noch nicht. Er sah sich um. Es war Abend, zur linken Hand dröhnte und atmete Pittsburg, rechts dröhnten und brodelten die Werke. Lohen flammten hier wie dort, der Himmel war gelbrot. Vor ihm lag breit und schwer das Bürogebäude, nur wenige Fenster waren erhellt. Der Mond stand über den Häusern, Wolkenfetzen umstrichen ihn wie eine Schafherde. Der Schornstein war etwa zwanzig Meter hoch, dazu noch mit einer Steigleiter versehen. Jetzt atmete Steve auf . . . Joe Harris tauchte um dreiundzwanzig Uhr im „Goldenen Zeitalter" auf, bereits angetrunken. Sein zerhauenes Gesicht glühte, aber die kleinen Augen waren noch klar. Er trank einen doppelten Whisky; erst dann begann er seine Zählung. Zufrieden nickte er. Sie waren alle da: dreiundzwanzig Helden, dreiundzwanzig Kämpfer für das freie Amerika. Da saßen sie an den Tischen, den Brandy, den Whisky vor sich, breit in den Schultern und schlagbereit in den Fäusten, mit narbigen Gesichtern, und Augen, die nichts Gutes verhießen. Harte Kämpfer! Harris musterte sie fachgemäß, wie ein Boxtrainer seine Mannschaft vor entscheidenden Kämpfen mustert. Er war stolz auf sich. Das waren sie, die Angestellten seines Wirtschaftsbüros, ein jeder von ihnen erstickte mit seinen Fäusten mehr Aufsäßigkeit, als hundert Schreiber mit ihren Füllhaltern es jemals vermochten. Diese Nacht würde wieder einmal den Beweis erbringen . . . Er ließ sich noch einen Whisky einschenken, dann winkte er einem kurzgewachsenen Mann zu. Der stand auf. Nun sah man erst, wie breit er in der Brust war. Der Mann war wie eine Kiste. „Ist alles klar, Dickie?" fragte Harris. „Klar!" sagte der und schielte nach dem Whisky. „Habe ich Sie jemals enttäuscht, Boß?" Harris sagte nichts. Er griff in die Tasche und ließ wie zufällig eine Papierrolle fallen. Dickie hob sie dienstbeflissen auf. „Das ist 'n Vorschuß, Dickie!" sagte Harris durch die Zähne. „Du nimmst alle beide auf dich, du bist der Sicherste. Der Boß holt dich nach drei Monaten raus. Wir haben nur diese beiden umzulegen, sonst nichts. Die andern wissen Bescheid, die schießen hoch. Kennst du sie?" 30
Dickie lächelte. „Die Karteikarten sind genau, Boß!" „Nu gut!" Harris tippte an die Hutkrempe und sah zur Uhr. „ . . . 'ne halbe Stunde noch. Sauft nicht zuviel!" Auch Dickie tippte an die Krempe. „Aber Capt'n, wer wird denn so sein! Geben Sie noch einen a u s . . . für die Solidarität!" . Aus rohem rotem Backstein, fünf- und sechsstöckig, drängten sich die Häuser. Das war die Straße der Mrs. Bradford, das war die Straße des Gemüsehändlers Toselli, das war die Straße des alten Negers. Die eisernen Feuerleitern standen wie Gitterstäbe vor dem zerfetzten Nachthimmel, dazwischen wehten die Windeln, die Unterhosen, die Arbeitskleider. Sie wehten Tag und Nacht, die Weltkugel drehte sich, Betrunkene lärmten. Es gab keinen Feierabend in dieser Straße. Mrs. Bradford schaute aus dem dritten Stock. Ihr Körper stand dick und ungeschlacht gegen das erleuchtete Fenster, selbst als Schatten noch unschön anzusehen. Harris trank in der Bar „Zur Weltkugel" seinen dreizehnten Whisky; vier seiner Leute waren bei ihm, brutale Kerle, die sich ähnlich sahen wie ein Ei dem anderen. Sie tranken reinen Whisky. Dickie jedoch durfte keinen Whisky trinken. Er stand, von drei Mann begleitet, in einem Haustor. An seiner Brust lauerte die Maschinenpistole, ein kurzes Ding. Aber sie schoß vierundzwanzig Schuß ziemlich geräuschlos; er streichelte sie. Sein Hemd knisterte; auf dem Hemd war die Freiheitsstatue abgebildet. Dickie war stolz auf das Hemd; er war auch stolz auf seine Freiheit. Aus dem Hauseingang schielte er zur „Weltkugel". Von dort mußte das Zeichen kommen. Aber das Zeichen kam nicht. Die Arbeiter kamen, von Steve alarmiert, harte, graugesichtige Männer mit schweren Fäusten und entschlossenen Herzen. Sie tauchten auf wie vom Sturmwind in die Straße getrieben. Die Gangster standen wie versteinert. Harris hatte kaum Zeit, einen schrillen Warnruf auszustoßen schon hingen sie an seinem Hals. Das Letzte, was er sah, ehe er im Hospital erwachte, von allen guten Geistern und von der Gnade Mellons verlassen, das waren zwei harte Fäuste und ein Gesicht, das er kannte. Dieses Gesicht, von einer kräftigen Wut erfüllt, hing über ihm, und dieses Gesicht hatte Hände, die Hände schlugen zu . . . des alten Boxers Nasenbein brach zum neuntenmal. Selbst 31
die Gedanken an die Dollars entschwanden... er sackte in sich zusammen, unsägliches Erstaunen in den gläsernen Augen. William Cummings lachte und nahm seinen Bruder in die Arme. Hunderte füllten jetzt die enge Straße. „Wenn du nicht rechtzeitig gekommen wärst, S t e v e . . . " Steve wurde rot, er preßte seinen Kopf gegen die breite Brust des Bruders. Auch sein Blick schweifte durch die nachthelle Straße. Die Arbeiter füllten sie, Kopf an Kopf, sie alle waren gekommen, dem Terror die Faust zu bieten. Soeben wurden die Gangster abtransportiert; gewiß, sie würden heute noch ein mildes Urteil haben. Aber nicht mehr lange! Nicht mehr lange! Flinth tauchte auf, er lachte. „Nun, hast du den verlorenen Bruder wieder, William?" William lachte zurück. „Nicht nur einen!" sagte er. Mit leuchtenden Augen schaute er auf die Kameraden: „Tausend und einen ...!"
WER K O M M T MIT? Wir reisen nach dem hohen Norden. Unser Ziel ist Kamtschatka. Vulkane, undurchdringliche Sümpfe, blendende Schneeflächen, die nachts im Widerschein geschmolzener Lavamassen geheimnisvoll aufleuchten, prägen das Gesicht der Landschaft. Wir bewundern die schwere Arbeit der „Amazone" Seid. Aufregend und abenteuerreich ist hier das Leben der Menschen, die ihr Recht auf den Fischfang gegen Überfälle und Intrigen japanischer Fischräuber behaupten müssen. Dies und noch vieles andere mehr erleben wir mit P. Daletzki in
„Konzession auf Kamtschatka" und stellt euch vor: für nur 69 Groschen.