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Strandhaus der Leidenschaft von Pamela Burford
So wild wie die Wellen toben die Gefüh...
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Strandhaus der Leidenschaft von Pamela Burford
So wild wie die Wellen toben die Gefühle im idyllischen Strandhaus am Meer: Nur einen heißen Flirt wollen Molly und Quinn hier erleben. Doch von der erotischen Atmosphäre lassen sie sich zu hemmungsloser Leidenschaft verführen ...
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Kapitel 1 Ich habe noch nie eine nackte Frau im Freien gesehen! Der Gedanke kam Quinn Marshall allerdings erst später, weil im Moment sein Gehirn wie gelähmt war. Es war in dem Moment in Streik getreten, in dem er die Rückseite von Phils Strandhaus erreichte und die Fremde entdeckte. Sie stand unter der Dusche, die am Ende der rings um das Haus reichenden hölzernen Terrasse angebracht war. Die Frau bemerkte ihn nicht, fühlte sich offenbar sagenhaft wohl, hielt die Augen geschlossen und tanzte unter den kräftigen Wasserstrahlen. Dazu sang sie ziemlich falsch, aber fröhlich Gloria Gaynors „I Will Survive“. Auch darüber dachte Quinn erst zu einem späteren Zeitpunkt nach. Er hatte noch nie zuvor eine nackte Frau tanzen gesehen, schon gar keine, die sich völlig unbefangen und dann auch noch dermaßen ausgelassen gab. Phils Polterabend zählte dabei allerdings nicht. Was der Frau an stimmlichen Fähigkeiten fehlte, glich sie völlig durch Schwung und gutes Gefühl für Rhythmus aus. In jedem Disco-Film wäre sie der Spitzenstar gewesen, von den schwingenden Hüften bis hin zu den zuckenden Schultern und schwingenden Brüsten. Die Brustspitzen hatten sich so fest aufgerichtet, dass sie Quinn an rosarote Beeren erinnerten. Dieser Anblick löste bei ihm endlich wieder den ersten vernünftigen Gedanken aus, nämlich, dass das Wasser offenbar kalt war. Oder bei der Dame ging tatsächlich die Post ab. Er war nahe genug, um zu sehen, dass sie am ganzen Körper Gänsehaut hatte. Und er betrachtete diesen ganzen Körper sehr genau. Endlich meldete sich Quinns angeborener Anstand und beendete den kurzen Ausflug in die Welt der Voyeure. Verlegen zog er sich zurück, wobei er allerdings den Blick nicht abwenden konnte. Als er mit dem Po auf der Wiese landete, stieß er einen überraschten Schrei aus. Der Inhalt des Plastikeimers, über den er gestolpert war, rollte klappernd davon. „I Will Survive“ endete mit einem schrillen Misston. Dann verstummte auch das Rauschen der Dusche. Leise vor sich hinfluchend stemmte Quinn sich wieder hoch und versuchte, den Fuß aus dem Griff des Plastikeimers zu befreien. „Sie haben mich überrascht“, sagte die Fremde lachend, griff nach einem bunten Strandtuch, das auf der Terrasse lag, und trocknete das Gesicht ab. „Sie müssen mein Nachbar von unten sein.“ „Ich ... ja.“ Endlich gelang es Quinn, diesen grässlichen Eimer loszuwerden, aber gleichzeitig streifte er den Turnschuh ab. Während er den Schuh wieder über den nackten Fuß zog, suchte er verzweifelt nach passenden Worten. Was sagte man in einem solchen Fall? Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihre öffentliche Nacktshow ungewollt gesehen und genossen habe? „Ich bin erst heute Vormittag angekommen“, erklärte sie und drückte Wasser aus dem hüftlangen braunen Haar. „Ich habe die obere Wohnung für den Juli gemietet.“ Während sie sich völlig locker gab, fühlte Quinn, dass er tomatenrot anlief. Schwankend kam er auf die Beine und putzte den Sand von den Khaki-Shorts. Sie ging auf ihn zu und rieb dabei energisch Brust und Arme trocken. „Ich bin Molly. Wie lange bleiben Sie?“ fragte sie und reichte ihm die Hand, die er automatisch ergriff. Sie war eisig von der kalten Dusche. Ich schüttle einer nackten Frau die Hand. Da steht eine nackte Frau vor mir, und ich schüttle ihr die Hand! Er räusperte sich. „Quinn Marshall. Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ „Der Name ist toll! Willkommen, Quinn!“ Mollys Augen waren blau wie Saphire. Unterhalb des linken Auges hatte sie ein kleines Muttermal. Wegen der Was- sertropfen, die noch an den Wimpern hingen, blinzelte sie leicht. Es sah aus, als wäre sie soeben ausgiebig geliebt worden und wäre nun herrlich müde. Das alles wäre ihm gar nicht aufgefallen, hätte er ihr nicht heldenhaft nur in die Augen geblickt, um nirgendwo sonst hinzusehen. Sie bückte sich, um die Beine trockenzureiben, und blickte dabei erwartungsvoll hoch. Das erinnerte Quinn daran, dass sie ihn etwas gefragt hatte. „Ich ... also, ich habe alles für den ganzen Monat gemietet. Ja. Bis zum ersten August. Also, nicht alles, nur die untere Wohnung. Nicht die obere Wohnung. Ich meine, Sie wissen ja, dass Sie die obere Wohnung gemietet haben, nicht wahr?“ Halt doch bloß den Mund! befahl er sich. Klappe! Schnauze! „Ach, hören Sie, stört Sie das hier?“ Molly richtete sich auf und breitete die Arme aus, um seine Aufmerksamkeit ausgerechnet auf jene Körperteile zu ziehen, die er eifrigst ignorierte. Wassertropfen glitzerten noch zwischen ihren Brüsten und in dem dunklen Haar zwischen ihren Schenkeln. „Ach wo, nein!“ So gleichgültig wie nur möglich winkte er ab, um zu zeigen, dass allein schon die Vorstellung geradezu lächerlich war. „Wissen Sie, manchmal vergesse ich, dass die meisten Leute etwas verkrampft sind, was ihre Körper angeht.“ Während sie sprach, schlang sie das bunte Tuch um den Rücken, wickelte sich darin ein und verknotete die Enden im Nacken. Jetzt erinnerte es Quinn an eine griechische Toga.
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Er hatte zwar gewusst, dass im ersten Stock des Hauses jemand wohnte, aber wo hatte Phil bloß diese ungehemmte Exhibitionistin aufgetrieben? Zog man sich in dieser Kleinstadt in Cape Cod womöglich nur je nach Belieben etwas an, und niemand hatte ihn bisher darüber informiert? Hier gäbe es keine Ablenkung, hatten seine Freunde beteuert. Das wäre genau der Urlaub, den er brauchte. Einige Wochen allein sein, sich ausruhen, sich erholen, über seine Möglichkeiten nachdenken, seinen Lebenslauf überarbeiten und dann den nächsten Karriereschritt machen – hoffentlich mit besseren Ergebnissen als beim letzten Mal. Quinn hatte sich darauf verlassen. Was verstand er schließlich schon von Urlaub? Die freien Wochenenden in den letzten acht Jahren, in denen er sich im Werbegeschäft hochgearbeitet hatte, konnte er an einer Hand abzählen. Vor zwei Wochen war er unerwartet von der Karriereleiter gefallen. Er hatte die Stellung als Finanzmanager bei „Phil Owen and Associates“ verloren. Dass Phil ihn wegen eines Firmenzusammenschlusses entlassen musste, machte die Arbeitslosigkeit nicht leichter. Quinn war zwar erst vier Monate bei der Agentur gewesen, aber niemand hätte behaupten können, er hätte nicht fabelhafte Arbeit geleistet. Er hatte sich gehütet, hinter sich alle Brücken abzubrechen, und blieb seinem ehemaligen Chef weiterhin freundschaftlich verbunden. Trotzdem hätte er beinahe abgelehnt, als Phil ihm gratis das Erdgeschoß seines Strandhauses in Cape Cod für einen ganzen Monat anbot – vermutlich aus Schuldgefühlen heraus. Seine Freunde hatten ihn dazu überredet, eine Weile auszuspannen, ehe er sich um eine neue Stellung bewarb. „Abkühlen“ hatten sie es genannt. Was war dabei das Wichtigste? Keinerlei Ablenkung. Darauf hatten sie bestanden. Nun kannte er Molly erst seit ungefähr zwei Minuten, war jedoch noch nie in seinem Leben so abgelenkt gewesen. Sie ging an ihm vorbei und bog um die Ecke des Hauses, das mit verwitterten grauen Zedernschindeln verkleidet war und schon bessere Tage gesehen hatte. „Ich helfe Ihnen, Ihre Sachen ins Haus zu bringen.“ „Ach, danke, aber das ist nicht ...“ „Wow! Toller Wagen!“ Als er sie erreichte, stand sie neben seinem neuen Mercedes und strich mit der Hand über den schimmernden Kotflügel. Es war der einzige Wagen, der auf dem mit zerstampften Muscheln bestreuten Parkplatz stand. Quinn hätte gern gewusst, wo ihr Auto war. „Das ist exakt die Farbe von Butter!“ Sie beugte sich über die Motorhaube und streichelte das Fahrzeug wie einen Geliebten. „Ein ganz helles, cremiges Gelb. Perfekt. Klasse!“ Als sie sich aufrichtete, strich ihr langes feuchtes Haar über den frisch polierten Lack. Quinn reagierte darauf, als hätte sie seine nackten Schenkel und nicht seinen Wagen berührt. Rasch schloss er den Kofferraum auf und holte die Kleidertasche und den Koffer aus burgunderrotem Leder heraus. Molly kam zu ihm und griff nach dem Plastikkorb, in dem er Kaffee, Zucker und andere Sachen aus seiner Wohnung in Manhattan mitgebracht hatte. „Nein, nein, das schaffe ich wirklich allein“, versicherte er. „Sie sind verkrampft, Quinn“, bemerkte sie und ging zur Haustür voraus. „Ziemlich steif, wissen Sie?“ O ja, er wusste. Dank der weiten Shorts und des Polohemdes, das er locker darüber trug, merkte sie es vielleicht nicht, als er ihr mit dem Gepäck folgte. Die Toga verhüllte sie zwar züchtig bis zu den Knien, schmiegte sich jedoch so an ihren phantastischen Körper, dass es noch nackter wirkte. Molly klemmte sich den Korb unter den Arm und öffnete die Haustür, die dringendst neu gestrichen werden sollte. Dann wich sie zur Seite, damit Quinn die Diele betreten konnte. Links befand sich eine Tür, die offenbar in seine Wohnung führte. Vor ihm befand sich eine abgetretene hölzerne Treppe zum Obergeschoß, das Molly gemietet hatte. Die Tür am oberen Ende der Treppe besaß zwar ein Schloss, stand jedoch weit offen. Quinn stellte das Gepäck ab, holte aus der Tasche die Schlüssel, die Phil ihm gegeben hatte, und schloss seine Tür auf. Phil hatte von einem Strandhaus ohne jeden überflüssigen Komfort gesprochen und sich dabei absolut an die Wahrheit gehalten. Wohnzimmer und Essbereich waren mit praktischen, aber schäbigen Möbeln eingerichtet. Die braunen Plastikfliesen auf dem Fußboden lösten sich an den am meisten begangenen Stellen. An den imitierten Holzwänden hingen kitschige Meeresbilder. Innen war das Haus so heruntergekommen wie außen, aber es war wenigstens einigermaßen sauber, und Quinn konnte es im ganzen Juli gratis bewohnen. Einunddreißig Tage lang wollte er nur entspannen, nichts tun und überlegen, was er vom Leben erwartete. Ein ganzer Monat ohne Arbeit und ohne die Hektik der Großstadt stand ihm bevor. Keine Arbeit! Keine Freunde, die ihn ungebeten mit Ratschlägen überhäuften. Keine Arbeit! Wenn er gleich losfuhr, war er noch vor dem Abendessen wieder daheim ... „So schlimm ist es hier gar nicht.“ Molly hatte seine unglückliche Miene offenbar falsch gedeutet. „Es ist nicht toll, aber wenigstens
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braucht man sich keine Sorgen zu machen, man könnte etwas beschädigen, nicht wahr?“ Jetzt lächelte sie wieder so strahlend, als hätte sie nicht die geringsten Sorgen. Vielleicht traf das auch zu. Möglicherweise war das sanfte Molly-Mäuschen so oberflächlich und unkompliziert, wie es auf den ersten Blick schien. „Hey, Quinn, sehen Sie sich das mal an! Sie können sogar Musik machen!“ Damit ging sie zur massigen Anrichte und stellte die Kiste neben einen kleinen Plattenspieler. Es handelte sich um eines jener billigen tragbaren Modelle, die in einem Gehäuse aus Sperrholz eingebaut waren. Daneben lag ein Stapel alter LPs in Papphüllen, die mit vergilbten Klebestreifen zusammengehalten wurden. „Wir sind durch eine Zeitfalte gegangen“, murmelte Quinn. „Fünfziger und sechziger Jahre“, stellte sie fest, während sie die Alben durchsah. „Das ist noch zu früh für Disco, aber trotzdem sagenhaft. Die Supremes, Chuck Berry, Buddy Holly und die Crickets. Sieht ganz so aus, als hätte sich jemand im Urlaub einen CD-Spieler gekauft und diese alten Schätzchen zurückgelassen. Wie traurig! Jackson Five, James Brown, die Ronettes – ,Be My Baby‘. Ich liebe diesen Song. Jerry Lee Lewis und die Shirelles.“ Geradezu zärtlich betrachtete sie das Cover eines Albums. „Bill Haley and his Comets. Ich meine, wie kann man eine Gruppe mit einem solchen Namen nicht lieben? Die Isley Brothers, die Marvelettes. Wow, Little Richard!“ Molly holte die Platte aus der Hülle, legte sie auf den Plattenspieler und schaltete ihn ein. Sobald sie die Nadel aufsetzte, knisterte es im eingebauten Lautsprecher. Little Richard und Molly sangen gleichzeitig „Awahbahbaloomahed!“, die Einleitung von „Tutti Frutti“. Beim Singen ließ Molly zum Twistrhythmus die Hüften kreisen. Das Handtuch glitt dabei an ihren Schenkeln alarmierend hoch. In Musiksendungen im Fernsehen bekam man nie so viel zu sehen. Als Little Richard zu dem Girl namens Daisy kam, das ihn zum Wahnsinn trieb, ließ Molly ihn allein weitersingen. „Puh!“ Sie fächelte sich Luft zu. „Sie haben vielleicht unbeschreibliches Glück, Quinn!“ Sie griff nach dem Karton und trug ihn durch einen Türbogen in die angrenzende Küche. „Ich habe oben keine Musik“, rief sie zu ihm herüber. „Nur meine Trompete.“ Quinn hörte, wie sie Schränke und Schubladen öffnete und schloss. Besteck und Geschirr klapperten. Er kehrte in die Diele zurück, um sein Gepäck zu holen. Nur ihre Trompete? Ach ja, dachte Quinn, ich habe wirklich unbeschreibliches Glück. „Ihre Küche ist übrigens besser ausgestattet als meine!“ rief sie. „Und sie ist moderner. Bestimmt essen wir meistens hier unten.“ Er wollte soeben die Koffer hochheben und erstarrte mitten in der Bewegung. Wir? Als er das Wohnzimmer betrat, eilte Molly soeben durch den Korridor zu den Schlafzimmern. „Sind Sie allein hier?“ fragte sie. „Äh...“ „Ich auch. Auf jeder Etage gibt es drei Schlafzimmer. Sie nehmen bestimmt das am Ende des Korridors. Es ist am größten und hat ein eigenes Bad. Na ja, ein halbes Bad.“ Sie betrat das größte Schlafzimmer und warf sich auf das ungemachte Doppelbett. „Hier werde ich schlafen.“ Es dauerte einen Moment, ehe Quinn seine Stimme wieder fand. „Wie bitte?“ Molly deutete zur Zimmerdecke. „Oben. Ich habe das gleiche Zimmer genommen. Sie werden unter mir schlafen!“ Sie sah ihn forschend an. „Hoffentlich hat das nicht zweideutig geklungen“sagte sie. „Nein!“ beteuerte er und bemühte sich um einen überzeugenden Ton. Sie lächelte erleichtert. „Gut. Manchmal sage ich etwas, und gleich darauf fällt mir ein, dass man es falsch verstehen könnte.“ Sie hüpfte ein paarmal auf dem Bett auf und ab. „Sie haben zwar einen Melonenausstecher in der Küche, Quinn, aber ich liege besser. Dafür quietschen meine Sprungfedern wie verrückt.“ Sie sprang vom Bett auf und steuerte das Bad an. Mit der morbiden Faszination eines Sturmbeobachters, der einen tödlichen Tornado verfolgt, trat Quinn in die Tür und sah zu, wie sie das Bad inspizierte, das ungefähr die Größe einer Flugzeugtoilette besaß. Das weiße Porzellan wies Rostflecke auf, und am Schrank unterhalb des Waschbeckens waren die Angeln gebrochen. „Behaupten Sie jetzt nicht“, bat er, „dass Sie oben einen Waschtisch aus Marmor, einen Whirlpool und ein Bidet mit vergoldeten Armaturen haben.“ „Sie haben Humor!“ stellte sie freudig fest. Quinn holte tief Atem. „Molly ... also ... Was genau haben Sie damit gemeint ... wir würden meistens hier unten essen?“ „Na, wir beide. Wir sind doch nur zu zweit.“ Ohne Vorwarnung drückte sie sich an ihm vorbei durch die schmale Tür des Badezimmers. Er hielt den Atem an und lächelte verlegen. Gleichzeitig versuchte er, sich dünn zu machen, während er ihre Wärme fühlte und den Duft von Kokosöl und Meer auffing. Bauch an Bauch mit ihm blieb sie stehen. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, aber ich hasse es, allein zu essen.“ „Mir macht das gar nichts aus“, krächzte er. Sie zuckte die Schultern und schob sich lächelnd weiter. „Cool! Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie es sich anders überlegen.“ Er folgte ihr durch den Korridor und war enttäuscht, dass sie so leicht aufgegeben hatte. Und das war wiederum äußerst albern von ihm. Sicher hätte er nichts gegen eine Sommeraffäre einzuwenden
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gehabt, aber in diesem Fall hätte sich aus der Affäre eine Katastrophe entwickeln können. Er musste sich mit Molly dieses Haus einen ganzen Monat lang teilen. Das reichte, dass aus einem netten, harmlosen Vergnügen eine langweilige, aus allen Fugen geratene Beziehung wurde. Tränen, Wutanfälle und bittere Vorwürfe drohten. „Fatal Attraction“ à la Cape Cod. Während Little Richard im Wohnzimmer etwas Unverständliches kreischte, sagte Quinn sich immer wieder vor: Keine Ablenkung, keine Ablenkung! In der Tür drehte Molly sich um. „Den Sonnenuntergang dürfen Sie nicht versäumen. Alle kommen an den Strand, um die Sonne versinken zu sehen. Das ist wie auf Key West, nur nicht so überdreht wie dort.“ „Warten Sie! Sie sagten doch, Sie wären erst heute Vormittag hier eingetroffen.“ „Stimmt.“ „Woher wissen Sie dann über den Sonnenuntergang Bescheid?“ „Ach, Phil und ich waren hier, wann immer wir Zeit fanden, und wir haben keinen einzigen Sonnenuntergang versäumt. Dieses Haus stellt sicher nicht den höchsten Luxus dar, aber ich sage Ihnen, die Lage ist unübertroffen. Das Haus liegt ganz nahe am Strand. Bis zum Wasser geht man dreißig Sekunden. Was ist los?“ fragte sie neugierig, als Quinn schlagartig ein Licht aufging. „Sie sind Molly!“ stellte er fest. „Sagte ich das nicht?“ „Phils Molly!“ „Nun, jetzt nicht mehr. Sicher, ich bin Molly Lamb. Woher kennen Sie Phil? Ich dachte, Sie wären auf das Haus durch die örtliche Maklerin gekommen, mit der er zusammenarbeitet.“ „Ich arbeite für ihn ... habe für ihn gearbeitet“, verbesserte er sich. „Bis vor zwei Wochen.“ „Sie haben gekündigt?“ „Ich ... nein.“ „Dann haben wir etwas gemeinsam“, stellte sie überrascht lächelnd fest. „Mich hat er auch rausgeworfen.“ „Ja, ich weiß.“ „Stimmt. Vermutlich wissen alle Bescheid, nicht wahr?“ fragte sie in einem Ton, als würde sie sich über den neuesten Film unterhalten. Ging dieser Frau denn gar nichts nahe? „Es hat mich sehr gefreut, Sie kennen zu lernen, Quinn“, versicherte sie und legte ihm die Hand auf den Arm. „Ich weiß, dass Sie hier einen wunderbaren Urlaub verbringen werden. Dieses Haus ist geradezu magisch. Und das mit dem Sonnenuntergang habe ich ganz ernst gemeint. Sehe ich Sie dann?“ Er nickte steif. „Sehr gut.“ Noch ein freundschaftlicher Schlag auf seine Schulter, und sie verschwand und lief die Treppe hinauf. Quinn schloss die Wohnungstür hinter sich ab und ließ sich im Wohnzimmer auf das Sofa mit den kaputten Sprungfedern fallen, während Little Richard „Good Golly Miss Molly“ brüllte. Das Haus war groß, aber auch nicht allzu groß. Wie sollte Quinn einen ganzen Monat lang Phil Owens Braut, die den Bräutigam in der Kirche sitzengelassen hatte, ausweichen?
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Kapitel 2 Wieder ertönte dieses seltsame Klopfen. Molly hielt die Trompete zwar unverändert an die Lippen, lauschte jedoch. Das Klopfen unter ihr verstummte. Sie zuckte die Schultern, spielte weiter und improvisierte wieder über ihre liebsten Jazznummern aus New Orleans. Da! Das Klopfen ertönte erneut. Was machte Quinn denn da unten? Bauarbeiten? Der Fußboden des Wohnzimmers erzitterte unter ihren Füßen. Sie trat an die Treppe und rief nach unten: „Quinn!“ Erst jetzt fiel ihr ein, dass er seine Tür zugeschlossen hatte. Molly lächelte. Man merkte gleich, wenn ein Junge aus der Großstadt kam. Mit der Trompete in der Hand stieg sie die Treppe hinunter und klopfte. Drinnen hörte sie seine Schritte und ahnte, wie er auf der anderen Seite der Tür zögerte. Endlich klickte das Schloss, und die Tür öffnete sich einen Spalt. Ein himmlisches Aroma trieb ihr entgegen. Es roch nach Gewürzen und in erster Linie nach gedünsteten Zwiebeln und Knoblauch. Sie blickte in graugrüne Augen unter sinnlichen Lidern und dichten schwarzen Wimpern und verspürte das gleiche Kribbeln wie beim ersten Zusammentreffen. Das waren die schwülen Augen eines erfahrenen Gigolos oder eines mächtigen und unersättlichen Scheichs mit jeder Menge Sklavinnen, die ihm zu Willen waren. Das waren nicht die Augen eines verklemmten Werbemanagers auf Urlaub. Nun ja, Mutter Natur hatte sich vermutlich einen Scherz erlaubt. „Quinn, was machen Sie denn bloß mit der Zimmerdecke? Wollen Sie die Termiten mit einem Baseballschläger vertreiben?“ Durch den Spalt sah sie, dass er etwas in der Hand hielt. Einen Besen. Er hatte doch tatsächlich gegen die Decke geklopft. „Ach, Moment! Ging es vielleicht darum?“ fragte sie und hob die Trompete hoch. Die Tür öffnete sich ein Stück weiter, und Molly sah, dass Quinn barfuß war und nur eine dünne graue Trainingshose trug. Sein äußerst beherrschtes Gesicht verriet nur einen Hauch von Ärger. „Es ist schon nach Mitternacht“, erklärte er. Sie lehnte sich an den Türrahmen. „Ja, aber ich habe Sie hier unten rumoren hören und wusste, dass Sie noch nicht ins Bett gegangen waren. Hat mein Spiel Sie gestört?“ „Es ist etwas spät, um Trompete zu blasen, finden Sie nicht?“ „Nein, wenn Sie mich schon danach fragen“, erwiderte sie lachend. „Dieses Klopfen gegen die Decke ist ganz typisch für die Großstadt. Warum sind Sie nicht nach oben gekommen und haben mich gebeten aufzuhören, wenn es Sie stört?“ „Ich habe nicht gesagt, dass es mich ...“ Er wich ihrem Blick aus und fuhr sich durch das kurze schwarze Haar. „Sie spielen sogar ganz gut.“ „Danke, aber wenn ich aufhören soll ...?“ „Nein. Das ist albern.“ Reuig betrachtete er den Besen in seiner Hand. „Wahrscheinlich war es nur ...“ „Die Macht der Gewohnheit?“ „Ja, vermutlich.“ „Was kochen Sie? Das riecht wundervoll.“ Sie steckte den Kopf zur Tür hinein und drückte sie dabei weiter auf. „Chili con queso, Chili mit Käse.“ „Ehrlich?“ Sie drängte sich an ihm vorbei und ging in die Küche, in der goldgelber geschmolzener Käse mit roten Tomaten, grünen Jalapeños und braunen Zwiebeln in einer gusseisernen Pfanne blubberte. „Er hat Humor und kann kochen! Heiraten Sie mich, Quinn!“ „Es reicht wohl für zwei“, meinte er. „Möchten Sie etwas trinken?“ „Ach, ich bin schrecklich, dass ich Sie dermaßen überfalle. Bier, wenn Sie haben.“ Sie öffnete den Kühlschrank und inspizierte den Inhalt. „Ich dachte, Sie wären heute einkaufen gegangen.“ Er war weggefahren und mit einer Tüte aus dem Supermarkt zurückgekommen. „Ich habe Bier.“ Er öffnete einen Schrank und holte eine Tüte mit Tortilla-Chips und eine schwere Keramikschüssel heraus. Molly genoss es zu beobachten, wie er sich mit maskuliner Anmut bewegte. Schon bevor sie Quinn halbnackt gesehen hatte, wusste sie, dass er einen guten Körper besaß. Trotz des weiten Polohemds, in dem er angekommen war, hatte ihr Adlerauge feste Armmuskeln, einen flachen Bauch und sagenhafte Schultern ausgemacht. Jetzt bemühte sie sich, ihn nicht zu offen anzustarren. Sie stand auf Schultern. „Mehr haben Sie nicht besorgt?“ fragte sie. „Bier, Limonade, Wasser und einen Karton Milch. Machen Sie eine Flüssigkeitsdiät?“ „Sehen Sie in die Tiefkühltruhe“, forderte er sie auf, trug das Essen ins Wohnzimmer und fügte halblaut hinzu: „Wenn Sie schon dabei sind, Inventur zu machen.“ „Fertigmenüs? Quinn, draußen auf der Terrasse haben Sie einen Holzkohlengrill. Haben Sie den nicht gesehen?“ „In der Mikrowelle geht es schneller. Kommen Sie jetzt zum Essen?“ „Es ist nicht wichtig, dass es schneller geht. Wir haben Sommer. Nur darauf kommt es an. Wir sind in Cape Cod. Und Sie können auch noch kochen.“ Sie öffnete ihr Bier, kam zu ihm ins Wohnzimmer, legte die Trompete vorsichtig auf die Anrichte, ließ sich auf das Sofa fallen und streckte die Beine auf den Kissen aus. Auch sie war barfuß. Auf dem weißen Top mit den dünnen Trägern leuchtete vorne eine große Sonnenblume. Die Jeans war so kurz abgeschnitten, dass die Taschen unter dem ausgefransten Saum hervorlugten. Quinn setzte sich auf einen der abgewetzten Sessel. Seine steife Haltung bildete einen merkwürdigen Gegensatz zu seinem halbnackten Zustand. Molly griff nach einem Chip und tauchte ihn tief in die Käsemasse. „Vorsicht“, warnte er. „Es ist heiß.“ Sie blies auf den Käse, schob den Bissen in den Mund und nahm sofort einen Schluck kaltes Bier, als sie sich prompt den Mund verbrannte. „Ich bin zu ungeduldig“, erklärte sie, sobald sie wieder sprechen konnte. „Was meinen Sie? Ist es ein Zeichen
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von Unreife, wenn man auf Genuss nicht warten kann?“ Quinn überlegte, während er die Flasche mit Quellwasser öffnete. „Ich kenne Sie nicht gut genug, um das zu beurteilen. Halten Sie es denn für ein Zeichen von Unreife?“ Sie hatte nur einen Scherz gemacht, um ein Gespräch in Gang zu bringen. Mochte er auch Humor besitzen, so war er doch ein äußerst ernster Mann. „Was die Unreife angeht“, fuhr er fort, „gibt es deutlicher definierte Anzeichen, zum Beispiel Verantwortungslosigkeit. Dazu gehört auch, eingegangene Verpflichtungen nicht zu erfüllen.“ Er sprach nicht weiter, sondern richtete nur die Gigolo- Augen auf sie und griff nach einem Chip. Plötzlich verstand sie. Phil und die Hochzeit! „Ich weiß, was Sie gehört haben und was Phil über mich erzählt“, sagte Molly. „Er brauchte nicht viel zu erzählen. Ich war dabei.“ „Wo? In der Kirche?“ Quinn nickte. „Das hat schlimm ausgesehen, ich weiß.“ „Den Bräutigam vor dem Altar stehenzulassen?“ „Er stand noch nicht direkt vor dem Altar.“ „Nein, aber fast. Der Hochzeitsmarsch spielte schon, Molly, und Sie sind nicht erschienen.“ „Ich bin sehr wohl erschienen. Hat er den Leuten etwas anderes erzählt? Hat er behauptet, ich wäre nicht in die Kirche gekommen?“ Molly setzte sich gerade auf, schlug die Beine unter und wartete fasziniert darauf, was Phil über sie verbreitet hatte. Quinn wollte soeben einen Chip in den Käse tauchen, stockte jedoch. Mollys Interesse verwirrte ihn. „Nun, es hat so ausgesehen. Phil gab natürlich die Erklärung nicht persönlich ab. Sein Bruder Ron – er war der Beistand ...“ „Ron ist ein netter Kerl und ein verdammt guter Pokerspieler“, erklärte sie. „Er wollte mir beibringen, wie man blufft, aber ich bin darin nicht gut.“ „Ron hat jedenfalls dem Organisten abgewunken und den Gästen verkündet, dass die Hochzeit nicht stattfindet, weil die Braut es sich anders überlegt hat.“ Molly prostete ihm mit ihrem Bier zu. „Also, das stimmt. Das habe ich getan.“ „Wie können Sie darüber bloß so ungerührt reden?“ fragte er ungläubig. „Das ist schon vier Monate her, Quinn. Ich bin darüber hinweg.“ „Sie mögen darüber hinweg sein!“ Er beugte sich vor, und seine Miene verdüsterte sich. „Aber was ist mit Phil? Mit dem Kummer, den Sie ihm verursacht haben, und mit der Demütigung?“ „Möchten Sie meine Seite der Geschichte hören?“ „Nein.“ „Damit habe ich auch nicht gerechnet“, entgegnete sie lächelnd. „Die Leute sind immer mit dem zufrieden, was sie wissen ... was sie zu wissen glauben. Warum hat Phil Sie entlassen?“ Bei der unerwarteten Frage verschlug es ihm buchstäblich den Atem. Lieber Himmel, sie hatte ihn nicht in Verlegenheit bringen wollen. Warum musste sie immer gleich den Mund aufreißen? „Ich meine, Sie verstehen sich offenbar noch gut mit ihm“, fuhr sie fort. „Es ist wichtig, nichts nachzutragen. Zu viele Leute können ihren Stolz nicht überwinden, besonders Männer. Das Chili schmeckt einfach köstlich. Sie müssen mir zeigen, wie man es macht.“ „Es war eine rein geschäftliche Entscheidung“, sagte Quinn gepresst. „Ich wurde aus keinem persönlichen Grund entlassen. Bestimmt haben Sie von der Fusion mit Glacken and Ross gehört. Es kommt zu einer umfangreichen Neuorganisation. Ich gehörte eben zu denen, die ihren Arbeitsplatz verloren. Phil tat es sehr leid, aber es blieb ihm nichts anderes übrig.“ „Wie lange haben Sie in der Firma gearbeitet?“ „Vier Monate.“ „Offenbar sind Sie hingekommen, nachdem ich schon gegangen war. Die beiden letzten Wochen vor der Hochzeit habe ich mir für die Vorbereitungen freigenommen. Es sollte ein wahrgewordenes Märchen werden. Sie hätten mein Kleid sehen sollen! Ich fühlte mich wie Aschenputtel auf dem Königsball.“ Das galt allerdings nur bis zu dem Moment, an dem sie die Schleppe durch Schlamm und Schotter hinter sich herzerrte, den duftigen Traum aus elfenbeinfarbener Seide in den alten Honda ihrer Schwester Toni stopfte und mit quietschenden Reifen den Parkplatz der Kirche verließ. Tränen hatten ihren Blick getrübt. Neben der Straße hatte sie schließlich das Frühstück zwischen winterlich vertrockneten Forsythien erbrochen. Quinn betrachtete sie so eingehend, dass Molly sich fragte, ob er ahnte, in welche Richtung ihre Gedanken liefen. Bewusst verdrängte sie die Erinnerungen. Es kam nichts Gutes dabei heraus, wenn man zu oft an erlittenen Schmerz dachte. „Also“, sagte sie, „offenbar stehen Sie sich mit Phil unverändert gut, sonst hätten Sie nicht einen Teil seines Strandhauses für einen ganzen Monat gemietet.“ Quinn setzte an, wollte etwas richtig stellen, zögerte und meinte schließlich: „Wie Sie schon sagten, es hat keinen Sinn, nachtragend zu sein. Was Sie angeht ... Ich muss gestehen, dass es mich schon überrascht, dass Sie nach allem hier wohnen. Und es wundert mich, dass Phil einverstanden war.“ „Er weiß, wie sehr ich das Haus und das Kap liebe. Wir haben hier viel Zeit verbracht. Ich musste herkommen, um meine Gedanken zu sammeln und wieder zu mir zu finden. Das Haus hat mich geradezu gerufen. Es ist jeden Penny wert.“ „Wie viel berechnet er Ihnen?“ „Neunhundertfünfzig Dollar.“ „Ein günstiger Preis. Er mag Sie offenbar noch immer, Molly. Das Haus ist zwar heruntergekommen, aber er könnte wesentlich mehr als neunhundertfünfzig im Monat verlangen“, erwiderte er. „Ach, das ist pro Woche.“ Das Chili stockte jetzt so schnell, dass sie sich beeilte, einen Chip einzutauchen. „Moment! Phil verlangt neunhundertfünfzig in der Woche? Das ... das macht dreitausendachthundert im Monat!“ „Mehr sogar. Der Monat hat viereinhalb Wochen. Trotzdem komme ich noch gut weg. Normalerweise zahlen die Leute über tausend pro Woche.“ Hat er Ihnen das erzählt?“ „Ja. Wieso? Wie viel bezahlen Sie?“ Quinn griff nach der Flasche Quellwasser und trank. „Seien Sie mir nicht böse, aber ich spreche nicht über meine finanziellen
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Angelegenheiten.“ „Nur über die von anderen.“ Bei seinem scharfen Blick warf sie lachend ein Sofakissen nach ihm. „Das war nur ein Scherz! Sie müssen lockerer werden, Quinn. Sie machen doch Urlaub.“ „Sie waren in Phils Firma Redakteurin?“ Molly schob den Chip in den Mund und nickte. „Vermutlich haben Sie noch keine andere Stellung gefunden?“ „Es gibt zu wenige Stellenangebote. Falls ich nach der Rückkehr auch keine Anstellung finde, versuche ich es freiberuflich.“ Mit einem Chip kratzte sie die Reste des Chilis von den Wänden der Schüssel. „Aber haben Sie denn keine Ausgaben? Sie müssen doch Miete zahlen.“ „Lieb, dass Sie sich um mich Sorgen machen. Ich habe nichts mehr auf meinem Konto, aber dem Himmel sei Dank für das Plastikgeld. Ohne Kreditkarte wäre ich jetzt nicht hier.“ „Sie haben den Urlaub mit einer Kreditkarte finanziert?“ fragte er ungläubig. „Na und?“ Unbekümmert trank sie ihr Bier aus. „Und was kostet Sie das zusätzlich? Es kommen noch etwa einundzwanzig Prozent Zinsen dazu und ...“ „Sie gehen den Dingen auf den Grund. Manchmal muss man aber einfach den ganzen Alltagskram hinter sich lassen, der einen niederdrückt, und sich für das alles hier öffnen.“ Sie breitete die Arme weit aus, um anzudeuten, dass sie den Strand, die Bucht und das ganze wunderbare Kap von Falmouth bis Provincetown meinte. „Und wie wollen Sie das alles in Zukunft abzahlen, wenn Sie kein Geld auf dem Konto und keine Arbeit in Aussicht haben?“ „Ich wollte nun wirklich nicht, dass Sie sich auch noch darüber den Kopf zerbrechen“, wehrte sie ab. „Ich komme schon zurecht. Alles renkt sich irgendwie ein.“ „Was meinen Sie damit, dass ich mir auch noch darüber den Kopf zerbreche? Ich habe sonst keine Probleme.“ Quinn lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und seufzte tief. Dabei wirkte er so entspannt wie ein frischgebackener Schlangenbeschwörer, der zum ersten Mal auf eine Giftschlange traf. „Nun, Sie sind schließlich auch arbeitslos, oder nicht?“ fragte sie. „Aber nicht lange. Wäre ich daheim geblieben, hätte ich dieses Problem noch diese Woche gelöst. Es war nicht meine Idee, herzukommen und mich abzukühlen.“ Er trommelte hektisch mit den Fingern auf das Knie. „Auch wenn die Idee nicht von Ihnen stammt, ist sie gut. Warten Sie nur ab. Sie müssen alles auf sich zukommen lassen, Quinn, und das machen Sie im Moment nicht. Ich dachte zum Beispiel, Sie würden sich heute Abend mit allen anderen den Sonnenuntergang ansehen.“ „Das habe ich getan.“ „Ungefähr ganze zwei Sekunden.“ Er zuckte die Schultern. „Es war ein Sonnenuntergang. Wie lange kann man denn herumstehen und sich so etwas ansehen?“ „Das werden Sie schon noch begreifen“, meinte sie lächelnd. „Bevor Sie wieder nach Hause fahren, wird Ihnen bestimmt die Erleuchtung kommen.“ Sie stand auf. „Jetzt ist es bereits spät, und Sie haben kein Chili mehr.“ Sie stützte die Hände ins Kreuz, bog sich durch und stöhnte lustvoll, während sie sich streckte. Quinn hörte zu trommeln auf, verzog allerdings keine Miene. Unter seinem Blick begannen ihre Brustspitzen zu prickeln und richteten sich unter dem dünnen T-Shirt auf. Natürlich sah er das, und se- kundenlang kam sie sich wie eine dieser Sklavinnen vor, die dem Scheich vorgeführt wurden, damit er sie begutachten konnte. Dreh dich um! Zieh dich aus! Tanze für mich! Lieber Himmel! Sowohl ihr Mundwerk als auch ihre Einbildungskraft liefen heute Nacht auf vollen Touren! „Vielen Dank für das Chili“, sagte sie, um den Bann zu brechen. „Und für das Bier“, fügte sie hinzu und stellte das Geschirr zusammen. Er sprang auf und nahm ihr die Schale für die Chips aus den Händen. „Lassen Sie das. Ich kümmere mich darum.“ „Wir könnten morgen grillen. Ich habe Hot dogs und Hähnchen, Kartoffelsalat und alles, was man dazu braucht. Bringen Sie zwei Flaschen Bier mit, und wir sind versorgt.“ „Vielen Dank für das Angebot“, erwiderte er höflich, „aber ich esse lieber allein.“ „Oh.“ „Ich ... also, ich möchte einige Wochen ganz für mich sein.“ „Ach so.“ „Keine Verpflichtungen und keine ... Ablenkung.“ Sie wurde schrecklich verlegen. Der arme Mann wollte allein gelassen werden, und sie hatte ihn überfallen, sein Essen und sein Bier an sich gerissen und seine Lebenseinstellung kritisiert! „Alles klar“, versicherte sie, während sie zur Tür ging. „Gute Nacht.“ „Vergessen Sie das hier nicht.“ Er reichte ihr die Trompete. Molly stieg langsam die Treppe hinauf, zog sich ins Wohnzimmer zurück, warf sich aufs Sofa und drückte das Instrument an sich. Einunddreißig Tage. Wie sollte sie ihrem verschlossenen Nachbarn mit den Gigolo-Augen und den leckeren Schultern einen ganzen Monat lang ausweichen?
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Kapitel 3 Im stillen Wasser der Bucht konnte man bei Flut viel leichter schwimmen als im Atlantik, der gleich auf der anderen Seite des Kaps lag. Für Quinn gab es auf dieser Seite der Bucht nur einen Nachteil, und das war der kräftige Geruch bei Ebbe. Nach einem oder zwei Tagen merkte er jedoch nichts mehr davon. Nach fünfundvierzig Minuten spürte er das Kraulen in den Schultern. In einem Pool hätte er die Entfernung berechnen können. Draußen auf dem Wasser konnte er sie nur schätzen, was er ärgerlich fand. Er änderte die Richtung und kehrte zum Ufer zurück. Hätten seine Freunde jetzt seine Gedanken gelesen, hätten sie ihn als hoffnungslosen Fall abgeschrieben. Das gleiche galt für Molly. Seine total entspannte Nachbarin und seine Freunde daheim fanden, er sollte sich „abkühlen“ und sich zu einem Strandmenschen entwickeln – oder was ihnen sonst noch Unsinniges vorschwebte. Dabei wäre er am liebsten sofort in die Stadt zurückgekehrt, um sich auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle zu machen. Zeitverschwendung war ihm schon immer ein Greuel gewesen. Auf dem heißen Sand ging er zu seinem Handtuch, bei dem er auch die Schlüssel, die Sonnenbrille und die Plastiksandalen zurückgelassen hatte. Da das Haus so nahe am Strand lag, brauchte man nicht mehr mitzubringen. Molly hatte recht gehabt. Die Lage war einfach ideal. Heute zogen nur wenige hauchdünne Wolken über den tiefblauen Himmel, und es war angenehm warm. Der Strand war schmal und wurde von einer Düne vom dahinterliegen- den Land getrennt. Außer Quinn hielten sich hier hauptsächlich Paare und Familien mit kleinen Kindern auf. Nachdem er sich abgetrocknet und die Sonnenbrille aufgesetzt hatte, ging er über den Strand zu dem kleinen Parkplatz, auf dem ein Eiswagen stand. Sandverklebte Kinder umdrängten ihn und winkten mit Geldscheinen. Quinn zog die Sandalen an, da er schon am ersten Tag gefühlt hatte, wie heiß Asphalt war, auf den die Sonne stundenlang gebrannt hatte. Während er den Parkplatz überquerte, nickte Quinn höflich dem Angestellten zu, der in einem Liegestuhl saß und von jedem fünf Dollar kassierte, der nicht in der Nähe wohnte. Das Haus stand gleich links, und wie jedesmal hielt Quinn zuerst Ausschau nach Molly. Wunschgemäß hatte sie ihn in der letzten Woche in Ruhe gelassen, obwohl sie sich unverändert fröhlich gab, wenn sie einmal zusammentrafen. Er hatte sie nicht gern darum gebeten, sich von ihm fernzuhalten. Es musste ihr peinlich gewesen sein, doch das war immer noch besser, als sich lange miteinander herumzuquälen ... und zwar für beide besser. Quinn war mit sich selbst ehrlich genug, um sich einzugestehen, dass er sich zu Molly Lamb körperlich hingezogen fühlte. Doch sie war eine überschäumende, ewig heitere und skrupellose Herzensbrecherin. Immerhin hatte sie vor vier Monaten ihre Hochzeit platzen lassen und einen der mächtigsten Männer im Anzeigengeschäft zum Narren gemacht. Quinn hatte sie natürlich täglich am Strand gesehen, wenn sie im Wasser herumplanschte, in ihren aufreizend knappen Badeanzügen Sonne tankte oder mit anderen Strandbesuchern plauderte. Während er mit den Leuten, die er täglich dort sah, keine zwei Worte gewechselt hatte, war Molly offenbar mit dem einen oder anderen schon befreundet. Sie brauchte Ewigkeiten, um an den Strand zu gelangen, weil sie ständig jemandem zuwinkte oder ein Kind küßte, als wollte sie sich um ein politisches Amt bewerben. Sie tauschte mit den Leuten Essen aus und passte auf die Kinder auf. Und heute Vormittag hatte sie sich doch tatsächlich von einem Kerl in einer knappen roten Badehose und mit einem blonden Pferdeschwanz den Rücken eincremen lassen! Mit dieser angeborenen Freundlichkeit und dieser kritiklosen Vertrauensseligkeit handelte sie sich garantiert einmal Schwierigkeiten ein. Quinn passte ein wenig auf sie auf, damit sie nicht zu Schaden kam. Vergeblich hatte er versucht, ihren lockeren Charme mit ihrem abscheulichen Verhalten Phil Owen gegenüber zu vereinbaren. Andererseits wusste man nie, was sich hinter der Fassade verbarg, ehe man jemanden genauer kennen lernte. Phil war zweifellos ohne sie besser dran. Diese ungeheure Miete war vermutlich Phils Rache. Sicher, das Haus war bestens gelegen, aber Phil hatte es verkommen lassen. An manchen Stellen waren die Terrasse und der Balkon verrottet, die Hälfte der Fenster und Schiebetüren ließ sich nicht öffnen, auf die Wasserleitungen war kein Verlas, die Fußböden wölbten sich, der Garten wurde von Unkraut überwuchert, und einige der verwitterten Zedernschindeln mussten erneuert werden. Und dann diese Möbel, die vom billigsten Trödelmarkt stammten! Mit geringen Mitteln hätte Phil eine Menge verbessern können. Unglaublich, dass sich seine zahlenden Hausbewohner nicht beschwerten. Eigentlich hätte Phil nicht mehr als siebenhundert pro Woche und Wohnung verlangen können, noch dazu in der Hauptsaison. Durch diese kleinliche Rache sank Phil in Quinns Ansehen. Andererseits hatte Phil ihm die Wohnung gratis zur Verfügung gestellt, obwohl Quinn es sich hätte leisten können, das ganze Haus einfach zu kaufen. Er überquerte die Straße und den Vorgarten und warf das feuchte Handtuch über einen wackeligen Liegestuhl. Die Dusche befand sich an der Hinterseite des Hauses. Von der Straße her hatte man keinen Einblick. Quinn hatte Molly seit dem ersten Tag nicht mehr unter der Dusche gesehen, aber mehrmals das Wasser gehört, wenn er in
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seiner Wohnung war. Er hatte außerdem mitbekommen, wie sie Donna Summers’ „Last Dance“ sowie „Staying Alive“ von den Bee Gees schmetterte, und dank seiner lebhaften Phantasie hatte er sie genau vor sich gesehen, wie sie sich einseifte, den Schaum wieder abspülte und dabei wild tanzte. Gerade zog er die Sandalen aus, als ein Fahrrad klingelte. Molly hatte eines gemietet und kam jetzt auf das Haus zu. Zwei prallgefüllte Plastiktüten waren in den Drahtkorb gezwängt, zwei Tüten hingen links und rechts am Lenker, eine weitere Tüte baumelte von ihrem Unterarm. Das Haar hatte sie zu einem langen, dicken Zopf geflochten, der unter dem hellblauen Fahrradhelm hervorlugte. Molly entdeckte ihn, wollte den freien Arm heben und ihm zuwinken, bog jedoch genau in diesem Moment von der Straße in die Einfahrt, die mit zerstampften Muscheln bedeckt war. Das Fahrrad wackelte heftig, und Molly griff zu spät wieder nach dem Lenker. Das Vorderrad rutschte weg, und Molly landete auf den scharfkantigen Muscheln, während die Tüten durch die Luft flogen und die Sachen nach allen Seiten wegrollten. Quinn war blitzartig bei ihr. „Nicht bewegen“, warnte er. „Liegenbleiben.“ Sie lag auf der Seite und wirkte leicht benommen. Zum Glück trug sie den Helm. Rasch untersuchte er sie, ob sie sich etwas gebrochen hatte, fand jedoch nichts. Das dünne gelbe Top und die abgeschnittene Jeans boten jedoch wenig Schutz. Sie hatte ziemlich viele Schrammen abbekommen. „Wow“, murmelte sie und löste mit bebenden Fingern den Verschluss des Helms. Quinn schob behutsam ihre Hände weg, nahm ihr den Helm ab und half ihr beim Aufsetzen. „Meine Sachen!“ rief sie, als sie die zerbrochenen Eier, den aufgeplatzten Milchbehälter und die zerquetschten Weintrauben entdeckte. „Wie kommen Sie bloß dazu, so viel auf einem Fahrrad zu transportieren?“ Er schämte sich auf der Stelle, als sie ihn völlig verzweifelt ansah. „Schon gut“, versicherte er und putzte vorsichtig die Muscheln von ihrer aufgerissenen Haut. „Wir machen das erst einmal sauber. Können Sie gehen?“ „Meine Sachen ...“ Sie starrte auf das aufgeschlagene Knie, das wie das Kinn, die Schulter und der Ellbogen stark zu bluten begann. „Ich bringe Ihre Sachen ins Haus, keine Sorge. Zuerst wollen wir Sie verarzten.“ Er holte die Schlüssel aus der Badeshorts, schloss die Türen auf, kam zurück und hob Molly hoch. Sie setzte zum Widerspruch an, lehnte sich dann jedoch an seine nackte Brust. Quinn verspürte schlagartig einen starken Beschützerinstinkt, für ihn fremd, erschreckend und erhebend zugleich. In den fast dreißig Jahren, die er nun schon auf diesem Planeten wandelte, war er stets nur für sich selbst verantwortlich gewesen. Er trug Molly ins Haus, legte sie jedoch nicht auf das kratzige Sofa im Wohnzimmer, sondern ging ins verhältnismäßig bequeme Schlafzimmer weiter. Dabei senkte er den Kopf, bis einige feine Haarsträhnen, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, über seine Lippen strichen. Er hatte gedacht, ihr Haar wäre braun, doch jetzt fand er darin goldblonde Strähnen. Behutsam ließ er Molly auf das Doppelbett sinken und schob ihr Kissen in den Rücken, damit sie angenehm lag. Sie betrachtete die straff gespannten Laken und die weiche, glatt gestrichene Decke, auf der sie lag. „Sie machen das Bett?“ „Ja, und?“ „Wer bekommt es denn zu sehen?“ „Heute Sie.“ Molly lächelte schwach. „Ich mache nur Blutflecke auf Ihre schöne saubere Decke, Quinn.“ „Lassen Sie das meine Sorge sein. Ich habe einen Erste- Hilfe-Kasten im Wagen. Rühren Sie sich nicht von der Stelle!“ Er ging zum Mercedes und sammelte auf dem Rückweg Mollys Einkäufe ein, soweit sie überhaupt noch zu retten waren. Die Möwen brauchten kein dermaßen extravagantes Zusatzmahl. Als er wieder ins Schlafzimmer kam, wirkte Molly etwas blass. Sie lag auf der rechten Seite und achtete darauf, dass die Wunden nicht die Decke berührten. „Legen Sie sich endlich bequem hin.“ Er setzte sich zu ihr und rollte sie auf den Rücken. „Wissen Sie, Molly, Sie sind richtiggehend verkrampft. Dagegen sollten Sie unbedingt etwas unternehmen, vielleicht Urlaub machen.“ Hatte er schon jemals etwas so Bezauberndes gesehen wie dieses kleine amüsierte Lächeln, mit dem sie auf seinen Scherz antwortete? Er öffnete den Erste-Hilfe-Kasten und sah die einzelnen versiegelten Päckchen durch. „Also ... Reinigungstücher mit Alkohol. Nein, nicht gut.“ „Was haben Sie denn noch alles?“ fragte sie und beugte sich zu ihm. „Jodgetränkte Tücher.“ „Jod?“ Sie rümpfte die Nase. „Das brennt doch.“ Was immer sie auch benützten, um die Wunden zu reinigen, würde unweigerlich als Wachmacher wirken. Das brauchte er ihr allerdings noch nicht zu verraten. „Hier, das ist es.“ Er holte etliche Päckchen heraus. „Antiseptische Reinigungstücher.“ „Klingt viel versprechend.“ Quinn riss eine Packung auf, betrachtete Molly und überlegte, wo er anfangen sollte. Sie hob den Kopf an und deutete auf das Kinn. Er faltete das feuchte Tuch auseinander und berührte damit die aufgerissene Stelle. Mit einem Schrei wich Molly zurück und stieß sich den Kopf am hölzernen Kopfteil. „Schon gut.“ Er hielt sie am Arm fest. „Ich weiß, das tut weh, aber wir müssen die Stellen reinigen, damit sie sich nicht entzünden.“ Molly hielt die Augen fest geschlossen und murmelte zahlreiche Wörter vor sich hin, von denen er nicht erwartet hätte, dass sie in ihrem Wortschatz vorkamen. Es war nichts mit dem sanften Molly-Mäuschen. Beinahe hätte er gelächelt. „So, sind Sie bereit?“ fragte er. Sie nickte, und er machte sich vorsichtig am Kinn zu schaffen. Sie holte tief Luft und spannte sich an, bewegte sich jedoch nicht. „Der nächste Patient.“ Quinn zog den schmalen Träger ihres Tops über die verletzte Schulter und wusste schon
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vorher, dass er darunter keinen BH-Träger finden würde. Innerhalb einer Woche hatte er an Molly noch keinen gesehen. Möglicherweise besaß sie gar keinen. Er öffnete die zweite Verpackung und kümmerte sich um die Schulter. Molly stöhnte und biss die Zähne zusammen. Er wollte sie gerade ablenken, doch bevor ihm etwas einfiel, fragte sie: „Was ist mit dem Rad? Ich möchte nicht die Kaution verlieren.“ „Werden Sie nicht. Wenn ich die Kette wieder aufziehe und den Lenker geraderücke, fällt niemandem der eine oder andere Kratzer auf.“ Molly besaß keinen Wagen. Jemand hatte sie zum Kap gebracht, und hier hatte sie das Fahrrad gemietet, um mobil zu sein. „Ich wusste nicht, dass Sie mit diesem Ding einkaufen wollten“, bemerkte er. „Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass ich Sie mitnehmen soll?“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, als er sich am liebsten die Zunge abgebissen hätte. Molly wich seinem Blick aus. Sie beide kannten die Antwort auf diese Frage. Keine Verpflichtungen und keine Ablenkung! „Ich meine, ich muss ja schließlich auch einkaufen“, fuhr er fort. „Warum sollten Sie mich da nicht begleiten? Ich ... also, wenn ich das nächste Mal in den Supermarkt fahre, sage ich Ihnen vorher Bescheid.“ Er widmete sich dem Ellbogen. Molly blickte weg, und nachdem sie einmal zusammengezuckt war, hielt sie still und ließ ihn arbeiten. Diese Selbstbeherrschung bewunderte er, weil es sicher höllisch schmerzte. „Es ist gut, Quinn“, sagte sie nach einer Weile. „Sie brauchen mich nicht zum Einkaufen mitzunehmen. Ich weiß, dass Sie lieber ungestört sind. Normalerweise komme ich mit dem Fahrrad klar. Nur heute sind die Pferde mit mir durchgegangen, und ich wollte zuviel nach Hause schleppen.“ Darauf fiel ihm keine Antwort ein. Wie konnte jemand bloß alles so locker angehen? Eigentlich sollte sie ihn doch dafür hassen, dass er ihr die kalte Schulter gezeigt hatte. Er hatte geradezu getan, als wären ihre freundlichen Annäherungsversuche mit dem Angriff der Killerbienen zu vergleichen. Alle außer Molly hätten ihm schon am ersten Tag empfohlen, sich zum Teufel zu scheren. Plötzlich verstand er, wieso Phil sich zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Das war eine Frau, die er beherrschen konnte, die ihn nicht herausforderte und nichts von ihm verlangte. Vermutlich hatte er sie erfreulich weich und lenkbar gefunden. Das wäre allerdings keine gerechte Beurteilung gewesen. Quinn hielt Molly nicht für lenkbar, sondern für ... heiter und sonnig. Offenbar war es gar nicht so schlecht, wenn man sich nicht alles zu Herzen nahm. Es hätte ihn nur interessiert, wie sie auf eine Krise reagierte. Was sagte das nun wiederum über Phil? Es war falsch gewesen, diesen Kerl zu mögen. Doch Quinn musste einen Mann nicht mögen, um ihn auf geschäftlicher Ebene zu respektieren und sogar zu bewundern. Jedenfalls war er sicher, dass sein ehemaliger Chef eine Frau wie Molly schätzte. Viel erstaunlicher war, dass sie sich in Phil verliebt hatte. Er hätte sie gern danach gefragt, wagte es jedoch nicht. Wie konnte er verlangen, dass seine Nachbarin seine Privatsphäre respektierte, wenn er es umgekehrt nicht tat? „Haben meine Hähnchenschnitzel überlebt?“ fragte Molly. „Leider nein. Das Päckchen ist aufgeplatzt. Der Krautsalat ist auch verloren. Den Hot dogs ist allerdings nichts passiert, und die Tüte mit den Kartoffelchips ist jetzt zwar flach, aber unversehrt. Das sind nun Diät-Chips. Sie können so viele davon essen, wie Sie wollen, ohne dick zu werden, weil sie sehr, sehr dünn sind.“ Sie sah ihm zu, wie er die letzte Packung öffnete, um ihr Knie zu versorgen, wandte jedoch den Blick wieder ab, bevor er zu arbeiten begann. Er fand das niedlich. „Heute Abend grille ich ohnedies nicht“, bemerkte sie. „Ich werde einfach eine Dose Thunfisch öffnen.“ Während Quinn das Blut von ihrem Knie tupfte, focht er einen inneren Kampf aus zwischen Vernunft und ... und was? Er wusste es nicht, aber letztlich siegte nicht die Vernunft. „Also, wenn Sie nichts gegen Hummer einzuwenden haben, können Sie gern hier unten essen“, sagte er, ohne die Tätigkeit zu unterbrechen. „Mit mir.“ Sie betrachtete ihn eingehend. „Quinn, ich weiß, Sie wollen nicht ...“ „Sagen Sie doch einfach ja, verdammt!“ Er fühlte, dass er rot wurde. „Ich bin schließlich kein Einsiedler!“ Sie lächelte und verzichtete auf jegliche bissige Bemerkung wie zum Beispiel: Doch, Quinn, Sie sind ein Einsiedler. Stattdessen fragte sie: „Meinen Sie echten Hummer? Ich habe schon Ewigkeiten keinen mehr gegessen! Die Hähnchenschnitzel sollten der Höhepunkt meiner Woche werden.“ „Sie können nicht das Kap besuchen und keinen Hummer essen, Molly. Ich glaube, das ist hier sogar gesetzlich verankert.“ Er holte Verbandszeug und eine desinfizierende Salbe hervor. Molly hatte noch nicht zugesagt. Und für sich selbst wollte er sich nicht die Mühe machen, einen Hummer zu besorgen. „Was habe ich Ihnen prophezeit?“ fragte sie mit einem wissenden Blick. „Es geht bereits los. Sie fangen an.“ „Womit fange ich an? Meinen Sie das lässige Leben auf Cape Cod mit Faulenzen am Strand, Sonnenuntergängen, Fahrradtouren und Hummeressen?“ „Genau.“ Er befestigte ein Pflaster an ihrem Kinn. „Für jemanden, der einen Gratis-Hummer an Land ziehen will, sind Sie ganz schön vorlaut.“ „Mit einem Maiskolben.“ „Jetzt will sie auch noch einen Maiskolben!“ Er griff nach dem nächsten Pflaster. „Und Muscheln! Einen ganzen Eimer voll. Mögen Sie Muscheln?“ „Nein, aber ich lasse mir nicht die Gelegenheit entgehen, Ihnen beim Essen zuzusehen.“ „Hummer!“ rief Molly begeistert, hüpfte auf dem Bett und störte ihn, als er ihren Ellbogen verbinden wollte. „Und danach sehen wir uns den Sonnenuntergang an – und zwar den ganzen Sonnenuntergang!“
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Kapitel 4 „Und ich sage Ihnen, dass ich keinen verdammten Schwan sehe!“ Quinn starrte angestrengt zum mondlosen Himmel hinauf. „Sie strengen sich viel zu sehr an. Benützen Sie doch Ihre Phantasie.“ „Ich habe keine.“ Molly lehnte neben Quinn am Geländer des Balkons im ersten Stock. Sie war ihm nahe genug, um seine Körperwärme sogar durch das Sweatshirt zu fühlen, das sie über das Top gezogen hatte. Sein einziges Zugeständnis an die frische Brise, die nach Salzwasser und Gras duftete, war ein langärmeliges T-Shirt. Die verwitterten Bretter fühlten sich unter Mollys nackten Füßen rau an. Die Lichter im Haus hatten sie ausgeschaltet, um die Sterne besser sehen zu können. Über ihnen spannte sich der nächtliche Himmel mit all seiner geheimnisvollen Pracht. „Konzentrieren Sie sich nicht auf das Bild“, fuhr Molly fort, „sondern lassen Sie es einfach ... aus dem Nichts heraus entstehen.“ „Ach ja, so geht das natürlich viel einfacher.“ Sie lächelte über seinen spöttischen Ton. „Also, Sie sehen die Milchstraße, ja?“ „Sicher.“ „Gut, und genau in der Mitte der Milchstraße, da oben ...“ Sie zeigte zum Himmel hinauf. „Das ist Deneb, ein blauer Riese, der hellste Stern im Sternbild Cygnus. Das ist Lateinisch für Schwan.“ „Ja, ich habe Deneb.“ „Jetzt gerade hinunter zum nächsten Stern und dann nach beiden Seiten wegen der Schwingen und noch einmal nach unten für den Körper.“ Während er zum Himmel hochblickte, betrachtete sie ihn von der Seite. Ob er auch nur die geringste Ahnung hatte, wie attraktiv er wirkte? Als er sie in sein Schlafzimmer trug und sie sich an seine breite Brust schmiegte, war sie von ihren Gefühlen überrascht worden. Es war schön gewesen, sich ihm zu überlassen und zu wissen, dass er sich um sie kümmern würde. Gleichzeitig hatte sie sich unweigerlich zu ihm hingezogen gefühlt. Seine Haut war sonnengebräunt, sein Körper schlank und muskulös. Die tiefe Stimme faszinierte sie ebenso wie sein überraschend trockener Humor. Und diese gefährlichen Augen! Man konnte nicht lange in diese Augen blicken, weil man sonst unweigerlich den Verstand verlor. Molly holte tief Atem und sah wieder zu den Sternen hinauf. Denk nicht einmal daran, warnte sie sich. Er war nicht interessiert. Und selbst wenn er es gewesen wäre, hätte sie ganz sicher nicht wieder einen steifen, verbissenen, zielstrebigen Manager gebraucht. Nein, jetzt beurteilte sie ihn nicht gerecht. Schließlich kannte sie Quinn gar nicht richtig. Und sie wusste nichts über seine Ziele. Er war allerdings von seiner Arbeit besessen. Das hatte er mit Phil Owen gemeinsam. Vielleicht war sie dazu verurteilt, immer wieder auf solche Typen anzuspringen. Sorglose Redakteurin trifft Manager, der seine Nasenspitze nie zu weit vorwagt, um sich nicht die Finger zu verbrennen, und schon fliegen die Funken und brechen die Herzen! „Helfen Sie mir“, verlangte Quinn. „Was macht denn dieser angebliche Schwan da oben?“ „Was er macht? Ach ... er fliegt.“ Sie flatterte mit den Armen, um ihre Worte zu unterstreichen. „Es ist ein fliegender Schwan.“ Er strengte sich noch mehr an, schüttelte schon den Kopf und stockte. „Jetzt sehe ich ihn ... glaube ich wenigstens.“ Auch er breitete die Arme aus, und Molly stellte sich vor, wie albern sie beide aussahen, wie sie hier auf dem Balkon standen, als wollten sie jeden Moment wegfliegen. Sie legte die Hand auf Quinns Rücken und fühlte das Muskelspiel, als er die Arme senkte. „Und Sie behaupten, Sie hätten keine Phantasie“, bemerkte sie. „Ach, manchmal entwickle ich ein wenig.“ Bei seinem Lächeln regte sich ihre eigene Phantasie und führte sie auf ein gefährliches Gebiet. Rasch zog sie die Hand zurück. „Was für ein Zeichen sind Sie?“ „Meinen Sie Sternzeichen? Sagen Sie jetzt bloß nicht, dass Sie daran glauben.“ „Ich bin für alles aufgeschlossen, aber deshalb habe ich nicht gefragt. Vielleicht finden wir Ihr Zeichen.“ „Krebs.“ „Krebs. Hey, da haben Sie ja jetzt Geburtstag! Wann denn? Ist er schon vorbei?“ Er lächelte. „Sie wollen es nicht verraten? Also, ich liebe Herausforderungen. Leider können wir im Sommer den Krebs nicht sehen. Dafür müssen wir bis zum Herbst und Winter warten. Ich bin Stier, aber den können wir heute auch nicht sehen.“ „Stier?“ wiederholte er. Sie lehnte sich gegen das Geländer. „Ich weiß, was Sie denken, und das passt auch. Ich bin wie ein Stier in Ihre Privatsphäre eingebrochen.“ „So sehe ich das nicht“, erwiderte er leise. „Nett, dass Sie das sagen, Quinn, aber es ist schon gut. Ich weiß, dass ich manchmal ziemlich ... aufdringlich sein kann.“ Er stützte sich neben ihr auf das Geländer. „So würde ich das nicht ausdrücken. Ich würde sagen, dass Sie freundlich und offenherzig sind.“ „Offenherzig?“ Molly lächelte. „Ja, das gefällt mir.“ Bildete sie es sich nur ein, oder kam er näher? „Aufgeschlossen und heiter“, fuhr er fort. „Unerschütterlich und nicht unterzukriegen.“ „Sie können jetzt aufhören.“ „Sorglos.“ „Schluss!“ Er lachte. Zum ersten Mal hörte sie ihn von Herzen lachen, und es freute sie, dass sie der Grund dafür war, auch wenn er sie aufzog. „Sorglosigkeit hat mir noch niemand vorgeworfen“, behauptete sie und boxte ihm gespielt empört gegen die Brust. Er hielt ihre Hand fest und überraschte sie mit seiner Schnelligkeit und der verhaltenen Kraft, die sie hinter dem sanften Griff fühlte. In der Dunkelheit schimmerten seine Zähne, als er lächelte, und jetzt war er so nahe, dass sein Atem über ihr Haar strich. Sie bekam kaum noch Luft, und er war ihr so nahe, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. „Es
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hat Spaß gemacht, Ihnen beim Muschelessen zuzusehen“, sagte er leise. „Ich ...“ Molly musste sich räuspern. „Ich habe ziemlich viel Schmutz dabei gemacht.“ „Ich würde sagen, es war provozierend“, erwiderte er, streichelte ihr Handgelenk und löste damit wohlige Schauer aus. „Müssen Sie mir immer widersprechen?“ fragte sie und lachte nervös. Als er die Lippen auf ihr Handgelenk drückte, musste Molly sich an der Brüstung festhalten. „Danke, dass ich Ihnen beim Muschelessen zusehen durfte“, sagte er. „Danke, dass Sie mich gedrängt haben, mir den Sonnenuntergang anzusehen. Danke, dass Sie mir den Schwan gezeigt haben.“ „Danke, dass Sie meine Wehwehchen geheilt haben“, flüsterte sie. „Und danke, dass Sie mir einen zwei Pfund schweren Hummer gekauft haben.“ „Gern geschehen“, erwiderte er, und sein Lächeln schwand langsam. Jetzt war er wieder reserviert. Er hat sich daran erinnert, wer ich bin und was ich getan habe, dachte sie. Er hat in der Kirche auf eine Hochzeit gewartet, die nicht stattfand. Quinn ließ ihre Hand los und wich zurück. Molly wollte die Worte nicht aus seinem Mund hören. Deshalb sagte sie selbst: „Es ist schon spät. Wir sollten uns jetzt verabschieden.“ Sie backt, dachte Quinn, als er die Haustür hinter sich schloss und seine Wohnung aufsperrte. Wie üblich stand die Tür im ersten Stock weit offen, und ein himmlisch süßer Duft trieb ihm entgegen. Es ging auf neun Uhr zu. Draußen war es fast schon dunkel. Quinn war in der Stadt gewesen und hatte zwei Videokassetten und Nusseis besorgt. Fünf Tage waren vergangen, seit er Molly mit Hummer verwöhnt und einen Schwan am Himmel entdeckt hatte. Er war nicht oft mit ihr zusammengetroffen, war ihr aber auch nicht wie an den ersten Tagen ausgewichen. Auch wenn er sich nicht mehr strikt zurückhielt, existierte zwischen ihnen doch ein unsichtbares Hindernis, das so unüberwindlich wie die Berliner Mauer vor der deutschen Wiedervereinigung war. Die Vergangenheit dieser Dame sprach für sich. Mit nichts konnte sie überdecken, was sie Phil angetan hatte, dem Mann, unter dessen Dach Quinn im Moment wohnte und der in seiner beruflichen Sparte einen gewaltigen Einfluss besaß. Quinn hatte Phils Angebot mit dem Sommerhaus als Geste des guten Willens angenommen. Außerdem wollte er hinter sich keine Brücken abbrechen. Man konnte nie wissen, ob man nicht jemanden eines Tages in einer Position wieder sah, in der er einem beruflich helfen oder schaden konnte. In schwachen Momenten stellte Quinn sich ein erotisches sommerliches Abenteuer mit der ehemaligen Verlobten seines ehemaligen Chefs vor. Doch dann sah er in Gedanken eine aus Lianen und Bambusstangen geflochtene Brücke, die in Flammen aufging und deren brennende Trümmer in die bodenlose Tiefe eines mit wallendem Nebel erfüllten Abgrundes stürzten. Eines musste er Molly zugestehen. Sie hatte seine schlummernde Phantasie geweckt. Natürlich merkte sie seine Zurückhaltung. Sie wartete darauf, dass er ein Gespräch begann, und beendete es auch sehr schnell wieder, als wollte sie ihn nicht zu lange belästigen. Vor wenigen Tagen war er noch froh gewesen, dass sie ihn in Ruhe ließ. Jetzt schämte er sich nur noch für seine Haltung. Er hatte seine Meinung über sie deutlich ausgesprochen und ihr Verhalten und somit auch ihren Charakter verurteilt. Allerdings hätte er ihr gern erklärt, dass es nicht nur daran lag. Es ging auch um seine Karriere und diese BambusHängebrücke, die er in acht langen Jahren gebaut hatte. Das alles wollte er nicht aufs Spiel setzen, indem er ... Indem er was? Indem er mit ihr höflich umging? Es war ein gewaltiger Unterschied, ob er eine Frau wie eine Aussätzige behandelte oder sie bat, von ihm ein Kind zu bekommen. Vielleicht sollte er es mit einem Mittelweg versuchen. Das hätte er von Anfang an machen sollen. Er ging direkt in die Küche und legte unterwegs die Videokassetten auf den Wohnzimmertisch. Als er die Eiscreme auf die Arbeitstheke stellte, klopfte es an der Tür. Das konnte nur ein einziger Mensch auf der ganzen Welt sein. Molly stand in einem bunten Sommerkleid in der Tür und lächelte strahlend. Die Wunden von dem Sturz mit dem Fahrrad heilten gut, erinnerten ihn aber noch immer an einen Horrorfilm. Es dauerte einen Moment, ehe er merkte, was sie in den Händen hielt. „Alles Gute zum Geburtstag!“ rief sie. Es traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er stand nur da und starrte völlig entgeistert auf die Schokoladentorte, auf der brennende Kerzen die Ziffern 3 und 0 formten. Mollys Lächeln schwand allmählich. Quinn schluckte heftig und versuchte, dieses bemerkenswerte Ereignis verstandesmäßig zu verarbeiten. Es gelang ihm nicht. „Ach, könnte ich vielleicht hereinkommen?“ fragte sie. „Ich wollte das nur abgeben.“ „Sie haben mir eine Torte gebacken!“ Er erkannte seine Stimme kaum. „Warum?“ Sie sah ihn so betroffen an, dass er endlich wieder zu sich kam. „Ich meine ... Molly, noch nie hat mir jemand eine Geburtstagstorte gemacht.“ Sogar seine Mutter hatte sie stets in einer Bäckerei gekauft. Er sah ihr in die blauen Augen, und sie hielt seinem Blick stand. Zwischen ihnen wuchs in diesen Sekunden ein un- sichtbares Band. Seine Augen brannten, seine Kehle war wie zugeschnürt. Verdammt, er musste sich zusammennehmen! Und zwar schnell! „Dann war es höchste Zeit, nicht wahr?“ sagte sie sanft lächelnd. Offenbar sah sie ihm den inneren Kampf an, die offenliegende Seele, das Staunen und die Verwunderung, die er nicht verbergen konnte. Aber es machte nichts aus, weil er es mit Molly zu tun hatte. Seine Hände zitterten leicht, als er nach der Kuchenplatte griff. Es störte ihn nicht, dass Molly es sah. „Wow! Das ist einfach ... Ist das ein Zirkuszug?“ Die Torte war etwas schief und mit Schokoladen-Buttercreme überzogen. Mit leicht verwackelten Buchstaben war liebevoll „Happy Birthday Quinn“ mit gelbem
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Zuckerguss darauf geschrieben. Die Kerzen brannten schon herunter und neigten sich in verschiedene Richtungen. Entlang des Randes war ein winziger Zug aus buntem Zucker festgeklebt. In den Käfigwagen saßen breit grinsende Zirkustiere. Molly rückte den Bremswagen zurecht. „Richtig. Das ist ein Zirkus. Im Laden gab es nur eine begrenzte Auswahl. Zirkuszug oder Clowns.“ „Danke. Ein Zug ist doch wesentlich würdevoller.“ „Pusten Sie die Kerzen aus. Ach, vorher müssen Sie sich etwas wünschen.“ Für einen Moment packte ihn Panik. Was sollte er sich bloß wünschen? Dann lächelte er über seine Dummheit, schloss die Augen und formulierte einen bescheidenen Wunsch, in dem nicht einmal ein einziges Dollarzeichen vorkam. Danach pustete er die Kerzen aus. „Ich habe nicht alles selbst gemacht“, gestand sie. „Wissen Sie, ich habe eine Backmischung benützt.“ „Die Torte ist einmalig, Molly. Ich habe sie schon gerochen, als ich ins Haus kam, und ich habe mich gefragt, was Sie backen.“ „Ich bin nicht sonderlich geschickt.“ Sie deutete auf die wackligen Buchstaben. „Die Schrift ...“ „Ich mag die Schrift. Ich mag die ganze Torte!“ Er wich zur Seite, damit sie eintreten konnte. „Kommen Sie herein. Ich hole Teller.“ Molly machte einige zögernde Schritte, während er die Torte in die Küche brachte. „Ich wollte eigentlich nur die Torte abgeben. Sie brauchen nicht ...“ „Ich habe auch Eis“, rief er. „Nusseis. Das wird eine richtige Geburtstagsfeier. Haben Sie vielleicht auch diese spitzen Hütchen besorgt?“ Sie trat in den Durchgang zur Küche. Quinn erschien sie noch schöner als zuvor. Das lange Haar mit den von der Sonne ausgebleichten Strähnen fiel über die nackten Schultern. Ihr Lächeln war sanft, fast scheu. Als Antwort auf seine Frage schüttelte sie den Kopf. Er holte zwei kleine Teller aus dem Schrank. „Tröten?“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß nicht, Molly“, meinte er und spielte den Enttäuschten. „Was soll denn das für eine Party sein? Keine Tröten, keine Hütchen.“ Er holte das Eis aus der Tüte und nahm den Deckel des Behälters ab. Amüsiert lehnte sie sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme. Das drückte ihre Brüste leicht hoch und ließ das Dekolleté ihres Kleides noch viel interessanter werden. Quinn hatte sie bereits splitternackt gesehen. Wieso heizte ihm da der Anblick des V-Ausschnitts auf einmal dermaßen ein? Mit Mühe konzentrierte er sich auf seine Tätigkeit. Gabeln, Löffel, Schälchen und Servietten. „Kaffee?“ fragte er. „Schon zu spät für mich, oder haben Sie welchen ohne Koffein?“ „Tut mir leid, nein, nur den normalen.“ „Stehen Sie da nicht die ganze Nacht senkrecht im Bett?“ Bei den Gedanken, die er im Moment wälzte, wäre ihm dieser Zustand nicht einmal unangenehm gewesen, sofern seine Nachbarin mitspielte. „Kaffee hat mir noch nie etwas ausgemacht“, erwiderte er, „aber für mich allein mache ich jetzt keinen. Schneiden Sie schon die Torte an, während ich Partymusik aussuche.“ „Ich stimme für die Supremes.“ Wenig später saßen sie einander am Esstisch gegenüber. Quinn machte sich über das große Tortenstück her, das Molly ihm vorgesetzt hatte. „Wie haben Sie herausgefunden, dass ich heute Geburtstag habe?“ „Ich habe Cindy in der Agentur angerufen.“ „Cindy? Ach, die Büroleiterin.“ „Sie hat in Ihrer Personalakte nachgesehen und mir Ihr Geburtsdatum genannt. Dreißig! Das ist ein wichtiger Meilenstein, Quinn, und muss entsprechend gefeiert werden.“ „Wenn etwas gefeiert werden muss, ist es die Tatsache, dass ich die selbstgesteckten Ziele erreicht habe.“ Er seufzte. „Ich bin da, wo ich mit dreißig sein wollte, abgesehen davon, dass ich im Moment keine Arbeit habe.“ „Sie meinen berufliche Ziele.“ Quinn nickte. „Erreicht man sie, ergibt sich der Rest von selbst.“ „Und mit dem Rest meinen Sie ...“ „Das müssen Sie fragen? Geld und alles, was man damit kaufen kann.“ „Das ist die materielle Seite“, wandte sie ein. „Wie sieht es mit persönlichen Zielen aus?“ „Das hängt alles zusammen. Wenn man in seinem Beruf einen gewissen Status erreicht hat, folgt der Rest, wie ich schon sagte. Dazu gehören auch Respekt und Wertschätzung durch andere.“ Molly war mit ihrer Eiscreme fertig. „Also ... je mehr man beruflich erreicht, desto mehr Geld verdient man und desto mehr Freunde hat man auch?“ „Sie haben Eiscreme an der Nase“, sagte er und sah zu, wie sie zu lächeln aufhörte und nach der Nasenspitze schielte. Vergeblich versuchte sie, den Klecks mit der Zunge wegzulecken, und Quinn reagierte darauf, als hätte sie an seinem Körper einen verborgenen Schalter gefunden und betätigt. Endlich entschied sie sich für die wesentlich weniger anregende Methode mit der Papierserviette, doch der Schaden war bereits angerichtet. Das Bild, wie diese Zunge hartnäckig arbeitete, hatte sich Quinn für immer und ewig ins Gedächtnis eingebrannt. Er schob den Teller weg und lehnte sich zurück. „Ich möchte Sie etwas fragen“, begann er und war jetzt schon überzeugt, dass er es bereuen würde. Vielleicht aber auch nicht. Molly war nicht so seicht und unkompliziert, wie er sie beim Kennen lernen vor zwei Wochen eingeschätzt hatte. Sie war nicht so herzlos, wie Phil sie ihm in allen hässlichen Einzelheiten geschildert hatte. Hätte das auf sie zugetroffen, hätte sie die Zurückweisung durch ihn nicht so einfach weggesteckt. Dann hätte sie ihm nicht geduldig den nächtlichen Himmel gezeigt. Und ganz sicher hätte sie sich nicht die Mühe gemacht, seinen Geburtstag herauszufinden und ihm eine Torte zu backen. Eine Torte! Das hatte er noch immer nicht verkraftet. So viel Herzenswärme und Lebensfreude beeindruckten ihn zutiefst. „Warum haben Sie Ihre Hochzeit in letzter Minute platzen lassen?“
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Kapitel 5 Molly sah Quinn lange schweigend an, und er machte sich schon auf alles Mögliche gefasst, angefangen von einem Tränenstrom bis hin zu einem Heiterkeitsausbruch. Endlich lächelte sie schwach. „Wenn ich es Ihnen erzähle, werden Sie vielleicht trotzdem weiterhin Phils Standpunkt teilen. Die Geschichte ist nicht so einfach.“ „Nichts im Leben ist das. Was ist passiert? Sie waren schon in der Kirche“, drängte er. „Und Sie trugen Aschenputtels Hochzeitskleid.“ Sie holte tief Luft. „Ich wartete in dem Raum, der für die Braut vorgesehen ist, und war nervös. Glücklich, aber nervös. Vermutlich ergeht es allen Bräuten so. Meine Schwester Toni war bei mir. Sie war eine meiner Brautjungfern. Als die Trauung beginnen sollte, klopfte Phil. Ich wollte nicht, dass er das Kleid vor der Zeremonie sieht, aber er meinte, es wäre wichtig. Er kam mit seinem Bruder Ron und seinem Freund Jim herein.“ „Was wollte er?“ „Nur eine Kleinigkeit, versicherte er, etwas, das in letzter Sekunde noch erledigt werden sollte, bevor wir heiraten konnten. Er gab mir ein Dokument, das ich unterschreiben sollte. Es war ein Vertrag, absolut legal. Er benützte nicht den Ausdruck ,Ehevertrag‘, sondern sprach von einer ,Einigung‘.“ „Moment.“ Quinn setzte sich kerzengerade auf. „Er legte Ihnen einen solchen Vertrag vor, als Sie eigentlich schon auf dem Weg zum Altar sein sollten?“ Sie nickte. „Er behauptete, es wäre die Idee seines Anwalts gewesen. Ihm selbst wäre die Sache nicht weiter wichtig, aber sein Anwalt wäre äußerst hartnäckig. Ron und Jim sollten unsere Unterschriften bezeugen. Ich fragte Phil, warum er mir den Vertrag nicht schon früher gezeigt hätte. Er behauptete, es hätte Verzögerungen gegeben. Sein Anwalt hätte ihm die Papiere erst in der Kirche übergeben. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, und wandte mich an seinen Bruder.“ „Das ist der Kerl, der Ihnen beim Pokern das Bluffen beibringen wollte.“ „Richtig. Ron ist mein Freund, ein anständiger Mann. Ich weiß, wann er sein Pokergesicht macht. Und in diesem Moment machte er es, als er heldenhaft versuchte, seinen Bruder zu unterstützen. Als ich ihm aber direkt in die Augen sah und ihn zwang, mich anzusehen, gab er auf und blickte verlegen zur Seite. Da wusste ich ...“ Quinn erschrak, als ihre Stimme brach. Bisher hatte er sie nur von allem unberührt erlebt. „Da wusste ich, dass Phil log“, fuhr sie heiser fort. „Es war Taktik, mir den Vertrag erst in letzter Minute vorzulegen. Er dachte, ich würde nachgeben und unterschreiben. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Ich hörte die Gäste in der Sakristei. Die Orgel spielte schon. Der gewaltige Hochzeitsempfang war geplant und bezahlt, für die Flitterwochen war alles reserviert.“ Molly sprach ruhig, doch ihre Unterlippe bebte. „Was haben Sie getan?“ fragte Quinn sanft. „Ich sagte Phil, ich könne einen solchen Vertrag nicht unterschreiben, ohne ihn vorher von einem Anwalt prüfen zu lassen. Und ich hätte leider nicht wie er gerade einen dabei. Er erklärte, dafür wäre keine Zeit mehr. Der Vertrag müsste unterschrieben werden, bevor wir heiraten können.“ „Wie sahen denn die Bedingungen des Vertrages aus?“ Als ob er sich das nicht denken konnte! „Was glauben Sie wohl? Natürlich alles zu seinen Gunsten. Selbst wenn wir uns nach vierzig Jahren scheiden ließen, könnte ich nur mitnehmen, was ich in die Ehe mitgebracht hätte, also praktisch meine Zahnbürste. Ich würde keinen Anteil am Vermögenszuwachs während der Ehe haben, da er ja die Brötchen verdienen würde.“ „Dann sollten Sie also nicht arbeiten?“ „Nein. Phil und ich wollten sofort eine Familie gründen. Wir waren uns einig, dass ich daheim bleibe, die Kinder erziehe, das Haus führe und so weiter – und das ist meiner Meinung nach für eine Familie genauso wichtig wie das Finanzielle. Bei einer Scheidung hätten jedoch laut dieses Vertrages meine jahrelange harte Arbeit als Hausfrau und Mutter nicht gezählt.“ „Kein Anwalt würde Sie einen derartig einseitigen Vertrag unterschreiben lassen, Molly.“ „Phil wurde ziemlich hässlich, als ich mich weigerte. Wahrscheinlich dachte er, ich würde doch noch einlenken. Ich meine, ich bin unkompliziert, aber auch das hat Grenzen.“ Quinn unterdrückte ein Lächeln. Es hatte ihn interessiert, wie Molly in einer Krise reagieren würde. Offenbar hatte er es soeben herausgefunden. „Dann ließ Quinn die Maske fallen“, fügte sie hinzu. „Er sagte, entweder ich unterschreibe sofort, oder es würde keine Hochzeit geben.“ „Und Sie sind gegangen“, stellte er voll Bewunderung fest. „Ich bat Toni um die Schlüssel ihres Wagens und darum, dass sie Mom und Dad alles erklärt. Dann drehte ich mich um und ging hocherhobenen Hauptes hinaus. Er hat mich keine einzige Träne vergießen gesehen“, betonte sie stolz. Quinn merkte, dass ihre Augen feucht wurden. Vermutlich hatte sie später ziemlich viele Tränen vergossen. Phils hinterhältiges Verhalten hatte sie offenbar tiefer getroffen, als sie zeigte und sogar sich selbst eingestand. Er fand es toll, dass sie die innere Kraft und Selbstachtung aufgebracht hatte, diesem Mistkerl die Stirn zu bieten. Das sanfte Molly-Mäuschen steckte voller Überraschungen! Eine Frage lag ihm auf der Zunge. „Wieso sagten Sie, ich könnte trotzdem weiterhin Phils Standpunkt teilen? Ich weiß nicht, wie ich das verstehen soll.“ „Weil Sie beide so viel gemeinsam haben.“ Sie drückte die Lokomotive aus Zucker an die Lippen und leckte den daran klebenden Tortenguss ab. „Einen Moment!“ protestierte er. „Wir haben viel gemeinsam? Ich und dieser ... dieser ...“ „Es war nicht als Beleidigung gemeint“, wehrte sie ab. „Ach nein? Würden Sie es mir dann genauer erklären?“ Molly zählte an den Fingern mit.
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„Sie sind beide in der Werbebranche, beide zielstrebig, erfolgreich und ehrgeizig. Und für Sie beide zählt nur das Materielle.“ Sie machte an der anderen Hand weiter. „Sie lassen sich nicht aufhalten, wenn Sie ein Ziel verfolgen. Persönliche Beziehungen sind lediglich der private Teil Ihres Berufslebens. Dunkles Haar. Deutsches Auto. Tolle Schultern.“ Sie hielt alle zehn Finger hoch. „Mein Taschenrechner ist voll. Ach ja, Sie tragen beide im Urlaub die gleiche Uniform – Polohemd und Khahi- Shorts.“ „Das ist ja einfach ... großartig!“ stieß Quinn hervor. „Wollen Sie mir auch nur in einem einzigen Punkt widersprechen?“ Sie stocherte in den Resten auf seinem Teller. „Wo ist der Bremswagen? Haben Sie ihn gegessen?“ „Könnten Sie einmal bei einem Thema bleiben? Nein, ich widerspreche Ihnen nicht, was die Vergleiche angeht, die Sie aufgezählt haben. Aber ich habe viel mehr aufzuweisen als materielle Interessen und ... und ...“ Tolle Schultern! „... und meinen Mercedes. Ich würde keiner Frau antun, was Phil mit Ihnen gemacht hat!“ „Ach, das weiß ich, Quinn. Ich halte euch beide nicht für Klons.“ „Wenigstens etwas.“ „Sie würden Ihrer Braut mehr Zeit lassen, den Vertrag durchzulesen.“ Tatsächlich? War er der Typ, der auf einer vorehelichen Vereinbarung bestand, falls er eine Frau heiratete, die nicht so reich war wie er? Molly glaubte es. Das Schlimme daran war, dass sie wahrscheinlich Recht hatte. Trotzdem würde er nie versuchen, seine Auserwählte um den ihr zustehenden Anteil am ehelichen Vermögen zu betrügen. Phil hatte ihm angeboten, einen ganzen Monat mit seiner Exverlobten zu verbringen, der er ein Unrecht angetan hatte. Hatte Phil denn nicht gefürchtet, sie könnten über ihn sprechen? War es ihm völlig gleichgültig, wenn er, Quinn, die Wahrheit erfuhr? Vermutlich nicht, aber Phil kannte ihn nur aus der Agentur, und da hatte er sich nicht von seiner privaten Seite gezeigt. Phil nahm wohl an, es mit einem Mann zu tun zu haben, der privat so knallhart war wie im Geschäft. Auf Phil traf das zu. Er hatte außerdem Horrorgeschichten über seine Exverlobte erzählt und damit gerechnet, Quinn würde Molly aus dem Weg gehen. Genau das hatte er auch getan und war alles andere als stolz darauf. „Phil hat tolle Schultern?“ fragte er. „Ihre sind toller.“ „Danke.“ „Sein BMW ist allerdings größer und hat mehr PS und mehr Leder.“ „Also, Phil und ich, wir schwimmen vielleicht in derselben Suppe“, erklärte Quinn, „aber Sie sollten uns trotzdem nicht in denselben Topf werfen. Ich bin empört, dass er Sie dermaßen hereinlegen wollte. Und ich kann mir vorstellen, dass Sie verbittert sind. Verbittert und wütend und rachedurstig. Haben Sie eine Ahnung, was Phil Schlimmes über Sie erzählt hat?“ „Ich kann es mir vorstellen, aber das ist nicht wichtig. Niemand mit einem Funken Verstand und auch nur dem geringsten Einfühlungsvermögen würde Phils Version der Ereignisse glauben.“ Quinn wäre am liebsten im Boden versunken. Genau das hatte er nämlich getan. Und er hatte Molly nicht einmal zugehört, als sie ihm erklären wollte, wie alles gewesen war. Offenbar erriet sie seine Gedanken, griff über den Tisch und drückte seine Hand. „Damit habe ich nicht Sie gemeint, Quinn. Sie haben mich da noch nicht gekannt.“ Verwundert schüttelte er den Kopf. „Sie sind unglaublich verständnisvoll und ... lieb. Ich an Ihrer Stelle hätte in der ,New York Times‘ eine ganze Anzeigenseite gekauft, damit die Welt erfährt, was Phil mir angetan hat. Nein, ich weiß etwas noch Besseres – einen offenen Brief an ,Advertising Today‘!“ „Da kann ich ja nur hoffen, dass Sie nie böse auf mich sind“, meinte sie lachend. „Wie kommt es, dass Sie ihm nichts nachtragen?“ „Phil hat sich so verhalten, wie es ihm entspricht“, erwiderte sie. „Er hat nach seinem Gefühl, seinem Selbsterhaltungstrieb gehandelt. Auf diese Weise ist er schließlich zum Eigentümer einer Agentur geworden, die heute viele Millionen wert ist.“ „Sie sprechen jetzt vom Geschäft. So sollte man aber nicht die Menschen behandeln, an denen einem etwas liegt.“ Sie lächelte wissend. „Ich dachte, das hängt alles irgendwie zusammen. Haben Sie das nicht selbst gesagt?“ „So habe ich das nicht gemeint“, wehrte Quinn ab. „Er wendet in seinem Privatleben die gleichen Grundsätze wie im Geschäftsleben an. Das habe ich allerdings erst bei der Hochzeit erkannt.“ „Jetzt sprechen Sie schon wieder so unbekümmert über diese Affäre.“ „Phil hat sich so verhalten, wie es ihm entspricht, und ich habe getan, was mir entspricht. Niemand ist zu Schaden gekommen.“ „Stimmt nicht.“ Er wartete, bis sie ihn ansah. „Sie sind verletzt, Molly. Wollen Sie das abstreiten?“ „Nein, aber ich komme darüber hinweg“, erwiderte sie ruhig. „Ich habe es fast schon geschafft. Weshalb sollte ich in Bitterkeit und Hass baden? Das frisst einen doch nur innerlich auf. Damit bestraft man sich selbst und nicht denjenigen, der einen verletzt hat.“ „Sagen Sie jetzt bitte nicht, dass Sie ihm verziehen haben.“ Ihr süßes Lächeln war Antwort genug. „O Molly!“ stöhnte er. „Ach, nun regen Sie sich nicht auf und hassen Sie ihn nicht an meiner Stelle.“ Aber jemand musste Phil hassen! Quinn zögerte nur zwei Sekunden, ehe er herausplatzte: „Sie sind vielleicht nicht nachtragend, Phil dagegen schon.“ Sie putzte ihren Kuchenteller mit der Gabel sauber. „Ich weiß. Er erzählt schreckliche Dinge über mich.“ „Er geht noch weiter, und Sie lassen es zu. Verdammt, Molly!“ Bei seinem schroffen Ton sah sie ihn mit großen Augen an. „Was habe ich denn getan?“ „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass neunhundertfünfzig Dollar pro Woche für diese Wohnung ein Sonderpreis ist!“ Er sah ihr deutlich an, wie sie allmählich begriff. Phils Bruder mochte sich ja sehr bemüht haben, aber niemand würde dieser Frau jemals das Bluffen beibringen. Quinn hatte ihr aus ehrlicher Überzeugung die Wahrheit gesagt. Wenn sie schon eine Heilige spielen wollte, sollte sie wenigstens alle Tatsachen kennen. Als er jetzt jedoch ihr Gesicht
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betrachtete, wünschte er sich, den Mund gehalten zu haben. Sie rang sich tapfer ein Lächeln ab. „Na schön, dann habe ich mich eben dumm verhalten, richtig? Glauben Sie, dass er sich über mich amüsiert?“ „Molly, es tut mir leid“, erwiderte er bedrückt. „Ich hätte nicht ...“ „Hören Sie auf. Ich bin froh, dass Sie es mir gesagt haben.“ Sie saß jetzt kerzengerade da und sprach sehr beherrscht, doch ihre Wangen hatten sich gerötet, und Quinn hatte bei ihr noch nie einen so harten Blick gesehen. „Darf ich fragen, wie viel Sie bezahlen?“ Das hast du dir selbst eingebrockt, dachte er. „Ich ... ich zahle gar nichts. Er ... also, er hat mir die Wohnung gratis angeboten.“ Sie tat, als würde sie das gar nicht überraschen. „Ich glaube“, fuhr er fort, „dass er von Ihnen ungefähr zweihundert Dollar pro Woche mehr verlangt, als er normalerweise bekommt. Die Konkurrenz durch Wohnungen, die sich in einem wesentlich besseren Zustand befinden, ist sehr groß.“ „Vielen Dank, dass Sie mir das gesagt haben, Quinn.“ Molly stand auf, sammelte rasch das Geschirr ein und trug es in die Küche. Er hörte, wie die Teller in der Spüle klapperten und Wasser mit voller Kraft rauschte. Er hätte ihr angeboten, ihre Miete zu übernehmen, wenn er geglaubt hätte, dass sie einverstanden war. Doch es ging im Moment gar nicht in erster Linie um Geld. Er hörte ein rhythmisches Kratzen und brauchte eine Weile, ehe ihm dämmerte, dass die Platte zu Ende war. Er ging ins Wohnzimmer, schaltete das Gerät aus und nahm die Platte vom Teller. In der plötzlich eingetretenen Stille drang ein fast unhörbares Geräusch zu ihm. Unterdrücktes Weinen. Er legte die Platte aus der Hand und eilte in die Küche. Molly stand an der Spüle und drückte einen nicht endenden Strahl Spülmittel ins Wasser. Sie merkte nicht einmal, dass der Schaum bereits überzufließen drohte. Tränen liefen ihr aus den Augen. Er drehte das Wasser zu und nahm ihr die Flasche mit dem Spülmittel aus der Hand. „Er musste das letzte Wort haben.“ Sie schlug mit der Faust auf die verkratzte Arbeitsfläche. „Beim ersten Versuch ist es ihm nicht gelungen, mich zu betrügen. Also hat er es ein zweites Mal versucht, und ich bin drauf reingefallen, weil ich so dumm bin!“ Tränen flossen ungehindert über ihre Wangen. „Molly, Sie sind nicht ...“ „Ich bin ein Fußabstreifer! Nach allem, was passiert ist, habe ich ihm vertraut! Ich bin ihm blindlings in die Falle gegangen!“ rief sie und schüttelte die Hand ab, die Quinn ihr tröstend auf den Rücken legte. „Wären Sie wirklich ein Fußabstreifer“, redete er ihr zu, „wären Sie mit Phil vor den Altar getreten. Dann wären Sie nämlich zu ängstlich oder verschämt gewesen, um die Hochzeit in letzter Minute platzen zu lassen. Wegen der Miete haben Sie ihm vertraut, weil Sie in Menschen nur das Gute sehen. Und Sie schaffen es, in Menschen das Gute zu wecken.“ „Wie zum Beispiel in Phil?“ „Sie können nichts wecken, was gar nicht vorhanden ist. Jetzt schieben Sie sich eine Schuld zu, die in Wirklichkeit er hat. Sie machen genau das, wovon Sie vorhin gesprochen haben, und bestrafen sich selbst und nicht die Person, die Sie verletzt hat.“ „Er ... er war immer so reizend, Quinn, wenn wir zusammen waren. Hingebungsvoll. Jetzt weiß ich, dass es nur gespielt war.“ Er trat näher, damit sie ihn ansah und erkannte, dass er es ernst meinte. Sie wollte sich abwenden, doch er hielt sie fest. „Sie haben das Gute in mir erkannt“, erklärte er. „Sie haben meine vielen Fehler ignoriert und sich auf meine wenigen Tugenden konzentriert, und sehen Sie mich jetzt an.“ Er blickte lächelnd in ihre traurigen Augen. „Wenn die Sonne untergeht, bin ich der erste am Strand und der letzte, der wieder weggeht. Man nennt mich schon den König vom Kap.“ Vergeblich versuchte sie, ihn von sich zu schieben. „Das sagen Sie nur, damit ich mich besser fühle.“ „Wie kommen Sie nur darauf? Habe ich das vielleicht vor zwei Wochen getan?“ Mit einer Papierserviette von der Theke wischte er die Tränen weg. Molly nahm sie ihm aus der Hand, putzte sich die Nase und warf die Serviette in den Mülleimer. Quinn ignorierte die innere Stimme, die ihn warnte, und kam noch näher. Molly blickte ihm in die Augen. Auch sie fühlte die Anziehung. Er sah es ihr an, als sie das Gesicht abwandte und schneller atmete. Ihre Brust hob und senkte sich und berührte ihn bei jedem Atemzug. Molly hielt den Atem an, als seine Lippen ihren Hals streiften. Unsicher hob sie die Hände. Wollte sie ihn festhalten oder drängen? „Molly“, flüsterte er, und sein Atem strich über ihren Hals. Er schob die Finger in ihr Haar. Es fühlte sich wunderbar an. Mit der anderen Hand streichelte er ihre Hüfte und ließ die Finger lockend höhergleiten. Sie atmete schneller, und er fühlte ihre wachsende Erregung und vielleicht auch einen Hauch von Panik. Als er ihre Brust berührte, drückte sie die Fingernägel in seine Schultern. Sie wehrte sich, aber nicht gegen ihn, sondern gegen ihr wachsendes Verlangen. In ihrem ausdrucksvollen Gesicht erkannte er ihre wahren Gefühle. Ihr Blick verriet Verlangen, ihre Lippen waren leicht geöffnet. Ohne zu überlegen, presste er seine Lippen auf ihren Mund und drückte sie dabei gegen den Kühlschrank. Es war ein fordernder, erobernder Kuss, aber Molly hielt sich noch immer zurück. Sie wehrte sich sogar noch, als er sie fester an sich zog. „Molly“, flüsterte er. „Gib auf! Du kannst nicht gewinnen.“ Mit den Händen auf ihrem Po zog er sie näher zu sich heran. Als sie nach Luft rang, nutzte er die Gelegenheit und nahm Besitz von ihrem Mund. Endlich stöhnte sie leise, gab nach und öffnete ihre Lippen. Triumphierend schob er die Hände auf ihre Brüste, fühlte die aufgerichteten Spitzen und streichelte sie sachte. Molly stöhnte kaum hörbar. Quinn löste seine Lippen sanft von ihren und betrachtete sie. Molly bot ein Bild der Sinnlichkeit. Sie atmete heftig und hielt die Augen halb geschlossen. Die Spitzen ihrer Brüste drückten sich durch den dünnen Stoff, und Quinn konnte an
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nichts anderes mehr denken, als sie auszuziehen und mit ihr ins Bett zu gehen. Voll Verlangen schob er die Hand unter den kurzen Saum ihres Rocks und streichelte den Schenkel. Die Haut fühlte sich noch seidiger an, als er es sich ausgemalt hatte. Und er hatte sich in den letzten zwölf Tagen sehr viel ausgemalt. Mit dem Knie drängte er ihre Beine auseinander und strich höher. Während sie nichts von BHs hielt, trug sie einen Slip, zwar aus Baumwolle, aber sehr schmal. Als er die Finger zwischen ihre Beine schob, fühlte er ihre Leidenschaft durch den dünnen Stoff hindurch. Benommen vor Verlangen blickte sie zu ihm hoch und öffnete die Beine weiter. „Schaffen wir es noch in dein Schlafzimmer?“ flüsterte sie. Quinn drückte sich so gegen sie, dass sie fühlen musste, wie sehr er sie begehrte. „Die Arbeitsfläche sieht doch nicht schlecht aus.“ Sie lachte leise. „Nichts dagegen einzuwenden, aber du hebst die Kondome vermutlich nicht zwischen den Frühstücksflocken auf.“ Alarm! „Ach ... Molly ... Schatz ... Ich habe gar keine Kondome.“ Keine Ablenkung! Darum war es doch grundsätzlich bei diesem Urlaub gegangen, oder etwa nicht? Wer packt schon Kondome ein, wenn jede Art von Ablenkung von Anfang an ausgeschlossen ist? Sie schüttelte den Kopf. Der Drugstore war bereits geschlossen. Doch wenn Quinn etwas in acht Jahren im Werbegeschäft gelernt hatte, war es, wie man eine gefährdete Präsentation rettet. „Weißt du“, meinte er, „ich habe erst vor kurzem entdeckt, dass ich äußerst einfallsreich sein kann. Man könnte mich sogar erfinderisch nennen.“ „Tatsächlich?“ fragte sie lächelnd. „Ja, tatsächlich, und ich würde dir gern meinen neuentdeckten Einfallsreichtum zeigen, ohne dass du dabei das geringste Risiko eingehst.“ Sie schlang die Arme um seinen Nacken. „Ich bin geradezu fasziniert.“ Er hob sie hoch und setzte sie auf die Arbeitstheke, schob dabei den Kuchenteller zur Seite und warf die Zuckerschale um. Während er sie leidenschaftlich küsste, schob er ihr Kleid hoch. Sie half ihm, den Slip abzustreifen. „Ich habe mich wirklich bemüht, in Verbindung mit dir nicht an Sex zu denken“, gestand sie. „Ich auch.“ Er zog den Slip über ihre Füße, die noch in Sandalen steckten, und warf ihn auf den Toaster. „Aber Phil braucht ja nichts zu erfahren.“ „Phil? Was hat das mit Phil zu tun?“ Er wollte ihre Beine wieder öffnen, doch sie presste die Knie zusammen, schob den Rock herunter und hielt Quinn zurück, als er sie zu küssen versuchte. „Quinn, was ist mit Phil?“ „Wir müssen es vor ihm verheimlichen. Ich bitte dich, Molly, das brauche ich dir doch nicht zu erklären, oder?“ „Vielleicht doch.“ Er wich ein Stück zurück. Sie betrachtete ihn jetzt nicht verlangend, sondern vorsichtig. „Phil stellt in der Werbebranche einen bedeutenden Machtfaktor dar. Das weißt du. Er kann mir helfen oder schaden, und zwar ganz beträchtlich. Falls er Wind davon bekommt, dass wir ...“ Er sprach nicht weiter, weil klar war, dass er die nächsten lustvollen Minuten meinte. Molly schüttelte den Kopf zum Zeichen, dass es keine lustvollen Minuten geben würde. „Ich hätte auf meinen Instinkt achten sollen“, sagte sie leise wie zu sich selbst. „Ich wusste, dass es ein Fehler war.“ Hastig griff sie nach dem Slip und schob ihn über die Beine, ließ sich von der Theke gleiten und zog ihn hoch. „Was hast du denn?“ Er folgte ihr ins Wohnzimmer. „Hier drinnen sind zu viele Leute, Quinn. Du und ich und der bedeutende Machtfaktor.“ Sie öffnete die Tür. „Findest du nicht, dass du zu empfindlich reagierst?“ Sie drehte sich zu ihm um und überlegte. „Mag sein“, räumte sie ein, „aber ich mag keine Geheimnisse. Ich verschweige nie, was ich mache, als müsste ich mich dafür schämen. Ich verstehe, dass du wegen deiner Karriere Bedenken hast, und das ist schon in Ordnung. So bist du eben.“ „Ach, du lieber Himmel!“ „Es geht einfach darum, dass Phil seit vier Monaten nicht mehr zu meinem Liebesleben gehört, und so soll es auch bleiben.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn wehmütig lächelnd auf die Wange. „Alles Gute zum Geburtstag, Quinn. Ich hoffe, dein sehnlichster Wunsch geht in Erfüllung.“ Damit verließ sie ihn und stieg die Treppe hinauf. „Er ist nicht in Erfüllung gegangen“, murmelte Quinn.
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Kapitel 6 Molly hatte gehofft, der Regen würde um die Mittagszeit nachlassen, doch jetzt regnete es noch heftiger. Wind war aufgekommen. Sie stand an der Schiebetür zum Balkon und beobachtete, wie sich das hohe Gras zwischen dem Haus und dem Strand im Wind bewegte. Schaumbedeckte Wellen rollten durch die Bucht. Mit jeder Minute wurde der Himmel dunkler. Nun, wir können uns nicht beklagen, dachte sie. Einundzwanzig Tage lang war das Wetter wundervoll gewesen. Wir können uns nicht beklagen? Molly lächelte. Seit wann dachte sie nicht nur an sich, sondern auch an Quinn? Erging es ihm wie ihr? Wahrscheinlich. Die beiden Wochen seit seinem Geburtstag waren völlig anders verlaufen als die ersten spannungsgeladenen Tage. Jetzt teilten sie sich das Haus ganz locker und lässig. Ohne es extra vereinbart zu haben, schlossen sie die Türen nicht mehr ab. Jeder ging bei dem anderen ein und aus. Meistens aßen sie zusammen, teilten sich das Strandtuch, gingen in Fischrestaurants und stöberten in Antiquitätenläden. Fanden sie das stille Wasser in der Bucht zu langweilig, fuhren sie zur anderen Seite des Kaps, um die hohen Wellen des Atlantiks zu genießen. Quinn hatte sogar ein Rad gemietet, um mit ihr Touren unternehmen zu können. Zweimal waren sie im Kino gewesen, um sich einen typischen Sommerfilm anzusehen. Und als Molly herausfand, dass Quinn noch nie beim Bowling war, hatte sie ihn trotz aller Proteste auf die nächste Bowlingbahn geschleppt. Er hatte behauptet, in seinen Augen wäre das ein Pseudosport für gelangweilte Hausfrauen und Kerle mittleren Alters mit Bierbauch und ohne athletische Fähigkeiten. Diese Prahlerei hatte den ersten Abend für ihn noch demütigender werden lassen. Molly hatte über zweihundert Punkte gemacht. Quinn hatte sich geweigert, die Halle zu verlassen, bevor er endlich über hundert Punkte kam. Seither hatten sie es noch ein paar Mal versucht, und er hatte sich rasch verbessert. Jetzt wollte er seine Technik durch Bücher und Videos perfektionieren und die beste Ausrüstung kaufen. An den meisten Abenden waren sie allerdings im Haus geblieben, hatten Poker gespielt, Videofilme angesehen oder Musik gehört und miteinander geredet. Manchmal bat Quinn sogar, dass Molly die alten Platten auf der Trompete begleitete. Dann machte er so lange Scherze über Trompetenbläserinnen, bis sie vor Lachen aufhören musste. Unlängst hatte sie alle weibliche Überredungskunst und ein paar starke Margaritas eingesetzt, damit er mit ihr tanzte. Vielleicht lag es am Tequila, Quinn hatte jedenfalls zu den alten Rocknummern sein Bestes gegeben bei den erotischen, lockeren Bewegungen ein überraschend gutes Rhythmusgefühl gezeigt. Molly machte sich nichts vor. Sie beide waren mehr als Freunde, seit sie sich auf Quinns Küchentheke beinahe geliebt hätten. Seither hatte sie sich allerdings strikt zurückgehalten. Sie verstand, dass Quinn sich wegen seiner Karriere sorgte. Trotzdem hatte sie keine Lust zu Heimlichkeiten, schon gar nicht hinter dem Rücken ihres ehemaligen Verlobten. Die Wuchermiete, die er von ihr verlangt hatte, stellte eine schmerzliche Lektion dar, die ihr jedoch endgültig die Augen über ihren Ex-Verlobten geöffnet hatte. Phil Owen war jetzt total und für immer aus ihrem Leben verschwunden. Sie würde nicht zulassen, dass er es in irgendeiner Form kontrollierte, nicht einmal indirekt. Und dazu gehörte, dass sie Lust und Leidenschaft nicht wie ein schmutziges Geheimnis verbergen wollte. Quinn bestand noch immer auf Geheimhaltung, obwohl er mittlerweile einen Grund mehr hatte, Phil zu verachten. Anfangs hatte er geglaubt, dass Phil ihn wegen der Fusion mit Glacken and Ross entlassen musste. Doch nach Mollys Enthüllung über die voreheliche Vereinbarung hatte Quinn einige Erkundigungen eingezogen. Einen Tag nach seinem Geburtstag hatte er erfahren, dass sein Posten mit einem nahen Verwandten Phils besetzt worden war. Die Stelle war gar nicht durch die Fusion der beiden Firmen weggefallen. Jetzt war klar, dass Phil die freie Benützung des Hauses nur angeboten hatte, damit Quinn stillhielt, sollte er herausfinden, dass er seine Arbeit durch Vetternwirtschaft verloren hatte. Quinn bestätigte, dass diese jüngste Entdeckung seine Meinung über seinen ehemaligen Chef weiter verschlechtert hatte. Trotzdem war Phil unverändert ein bedeutender Machtfaktor. Molly blickte zum Horizont, an dem Himmel und Meer grau in grau miteinander verschmolzen, als plötzlich eine dunkle Gestalt vor ihr auftauchte und heftig gegen die Glasscheibe klopfte. Mit einem Aufschrei prallte Molly zurück und erkannte im nächsten Moment den Mann, der im Wolkenbruch auf dem Balkon stand. Quinn deutete auf den Türriegel. „Mach auf!“ Sie schloss auf. Quinn drückte von außen, und die Tür glitt mit einem Ruck zurück. Er kam herein und schob sie wieder zu. „Du bist klatschnass“, stellte Molly fest. Er blickte auf die Pfütze hinunter, die sich zu seinen Füßen bildete. Das schwarze Poloshirt und die olivfarbene lange Hose klebten ihm am Leib. Als er sich durch das nasse Haar strich, stand es wie schwarze Stacheln hoch. Er sah so verlockend aus, dass Molly erst gar nicht versuchte, ihm zu widerstehen. Sie wollte ihm nur einen flüchtigen Kuss geben, doch seine Lippen fühlten sich kühl an und waren nass. Die Bartstoppeln kratzten leicht. Und plötzlich fiel ihr Kuss gar nicht flüchtig, sondern sehr heftig aus. Und dabei seufzte sie leise und gab genussvolle Laute von sich. Er stöhnte kurz, doch ehe er reagieren konnte, änderte sie die Taktik und leckte die
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Regentropfen von seinen Lippen wie ein Kätzchen, das über einen Topf Milch herfiel. Quinn stieß einen überraschten Ruf aus und wollte sie festhalten, doch sie wich lachend aus und leckte noch ein paar Mal über seine Lippen, ehe er sie packte. Er presste sie gegen seine nasse Kleidung. Sie lachte, während nun er sie küsste, und wand sich, konnte sich jedoch nicht befreien. Er drückte sie nur noch fester an sich. Als er sie endlich losließ, stolperte sie einen Schritt rückwärts und lachte atemlos. „Da hast du es!“ rief er triumphierend. „Leg dich bloß nicht mit mir an, du Hexe!“ „Du hast mich ganz feucht gemacht!“ „Ach ja?“ fragte er unverschämt lächelnd und richtete den Blick auf ihre Brüste. Sie sah an sich hinunter. Das hellblaue T-Shirt war so nass, dass es fast durchsichtig war und wie eine zweite Haut an den Brüsten klebte. Die Spitzen richteten sich unter dem Stoff auf. Natürlich hatte er sie schon splitternackt gesehen, doch bei Männern wirkte nichts besser als eine aufreizende Hülle. Was für seltsame Wesen Männer doch sind, ging es Molly durch den Kopf. Allerdings in den meisten Fällen liebenswert. Außerdem roch die überwiegende Anzahl verlockend und schleppte schwere Gegenstände, ohne sich zu beklagen. Nicht einmal der Reinfall mit Phil hatte Mollys Meinung von der Gattung Mann beeinträchtigt. Sie zog das T-Shirt von der Haut weg. Als sie es losließ, klebte es wieder am Körper. „Wieso warst du bei diesem Regen draußen?“ „Ich habe die Gartenmöbel ins Haus gebracht. Im Erdgeschoß bin ich schon fertig. Es zieht ein Hurrikan herauf“, erklärte er, als sie ihn fragend ansah. „Nein!“ „Hast du es nicht in den Nachrichten gehört?“ „Ich hatte den Fernseher den ganzen Tag nicht eingeschaltet. Sollten wir nicht so schnell wie möglich von der Küste verschwinden?“ „So schlimm wird es nicht“, versicherte er. „Wir müssen nur alles verriegeln.“ „Was soll ich machen?“ „Also, es wurde eine ärztliche Warnung durchgegeben. Wer ein nasses T-Shirt trägt, muss es auf der Stelle ausziehen.“ „Guter Versuch.“ „Wie du meinst, aber gib nicht mir die Schuld, wenn du dir etwas holst, zum Beispiel ... Hurrikanfieber.“ „Sollten wir nicht Bretter vor die Fenster nageln?“ erkundigte sie sich. „Das wäre am besten. Aber wenn du denkst, dass ich in meinen Wagen springe, eine Holzhandlung suche und ein Haus absichere, dessen Eigentümer es verfallen lässt, hast du dich geirrt.“ „Da hast du nun auch wieder recht.“ „Ich habe Klebeband im Wagen. Wir befestigen es auf allen Scheiben. Wenn eine bricht, fliegen wenigstens nicht überall Scherben herum.“ Er deutete zu ihrem Balkon. „Ich muss die Sachen hereinholen, sonst fliegen sie durch die Glasscheiben. Du könntest alle Behälter, die du auftreibst, mit Wasser füllen, falls das Trinkwasser verseucht wird. Und sieh nach, ob irgendwo Kerzen sind. Der Strom könnte ausfallen.“ „Gute Idee. Ist das aufregend!“ Quinn lächelte über ihre Begeisterung und öffnete die Schiebetür. Sofort prasselten die vom Sturm gepeitschten Regentropfen gegen ihn. Während er den Tisch, die Stühle und den Holzkohlengrill ins Haus brachte, zog Molly ein frisches Top und eine grüne Shorts an. Dann füllte sie alle verfügbaren Behälter mit Wasser und durchwühlte die Schränke, fand jedoch nur eine nach Zitrone riechende Kerze und eine Taschenlampe mit leeren Batterien. Quinn hatte die Gartenmöbel in einer Ecke des Wohnzimmers übereinander gestellt. Auf dem Weg nach unten zog er schon die nassen Sachen aus und kam kurz darauf in einer trockenen Shorts und einem T-Shirt zurück. Molly hatte es ihm in einem Army-Laden gekauft, um ihn von seiner steifen „Urlaubsuniform“ wegzubringen. Auf dem grauen Shirt war eine Hummel mit grimmigem Gesichtsausdruck zu sehen. Sie trug eine Mütze der Marine und hielt Werkzeug und ein Gewehr in den Händen. Quinn hatte aus dem Wagen das Klebeband und eine große und funktionierende Taschenlampe geholt. Außerdem hatte er unter der Küchenspüle einen fast vollen Karton mit vier Dutzend weißen Kerzen gefunden. Unterdessen hatte Molly im Wohnzimmer Platz gemacht und einen dicken Quilt und mehrere Sofakissen auf den Fußboden gelegt. Von diesem gemütlichen Nest aus konnten sie das Toben von Mutter Natur beobachten. Die Sicht wurde nur durch das Kreuz aus Klebeband auf der Glasschiebetür behindert. Quinn sicherte innerhalb weniger Minuten auch alle übrigen Scheiben im Haus. „Fertig.“ Er warf das restliche Klebeband auf einen Lampentisch. „Mehr können wir nicht tun.“ „Komm zu mir.“ Molly klopfte neben sich auf die Decke, auf der sie mit untergeschlagenen Beinen saß. Durch die Schiebetür beobachtete sie den rasch an Stärke zunehmenden Sturm, öffnete eine Flasche Burgunder und goss den Wein in zwei Saftgläser. Quinn streifte die Turnschuhe ab, setzte sich zu ihr und nahm ein Glas entgegen. „Ich hätte wissen müssen, dass du auch einen Hurrikan in einen Riesenspaß verwandeln kannst.“ „Wir sollten alle Lampen ausschalten, um besser sehen zu können.“ Wie auf Stichwort flackerten die Lichter. Molly lachte und streckte herrisch den Arm aus. „Mächte der Finsternis, hört auf meinen Befehl!“ Der Strom fiel aus, und Molly reckte die Faust hoch. „Ja! Ich besitze die Macht!“ Quinn stellte das Glas weg, stand auf und streckte Molly die Hand hin. „Falls es der Hohepriesterin der dunklen Mächte nicht zuviel Mühe bereitet, einige Kerzen anzuzünden, könnte ich Hilfe brauchen.“ Sie verteilten ein Dutzend Kerzen im Zimmer, wobei sie Kaffeetassen und kleine Teller als Kerzenhalter benützten. Im Freien war es jetzt fast so dunkel wie am späten Abend. Das Wasser war bei Flut über die Dünen gestiegen, und mächtige Wellen bedrohten die Häuser direkt am Strand. Quinn war überzeugt, dass das Wasser sie nicht erreichen würde. Molly war nicht so sicher. Aber auch ohne Flutschäden wurde das Haus gewaltig mitgenommen. Die Schiebetür klapperte im Rahmen. Wind pfiff durch alle
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Ritzen und ließ die Kerzenflammen flackern. Quinn und Molly saßen schweigend auf den Kissen, tranken Wein und lauschten dem Heulen der Sturmböen. Die Scheibe wurde zum Spiegel und zeigte sie beide lässig hingegossen im Kerzenschein vor dem Hintergrund des Tobens der Natur. Was für Gegensätze, dachte Molly und sah zu, wie sie das Saftglas an die Lippen hob. Quinn beobachtete sie und füllte die Gläser nach. Sie sollte ihn fragen, ob er hungrig war. Es war eigentlich Zeit für das Abendessen, doch sie wollte nichts essen. Es hätte den Zauber zerstört, der sie beide umhüllte. Molly wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war ... eine Stunde, vielleicht zwei. Das Leben, das sie beide außerhalb dieses kleinen Raums führten, existierte nicht mehr. Sie waren Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel, abgeschnitten durch heulenden Sturm und Regen. Die Mächte der Finsternis hielten sie gefangen. Bei dem Gedanken musste sie lächeln. Quinn betrachtete sie in der Glasscheibe. Er hätte gern gewusst, warum sie lächelte, fragte jedoch nicht, um den Bann nicht zu brechen. Minutenlang hielten sich ihre Blicke gefangen. Endlich stellte er sein Glas weg. Molly bekam aus Vorfreude Herzklopfen. Ganz langsam nahm er ihr das Glas aus der Hand und stellte es neben seines. Als er sich ihr wieder zuwandte, küsste er sie, schob die Finger in ihr Haar und rollte sich halb über sie. Die Wärme und der Druck seines Körpers trieben ihr Verlangen in nie gekannte Höhen. Ihre Lippen waren wie füreinander geschaffen. Molly strich voll Sehnsucht über seine Schultern und seinen Rücken, während er ihren heißen Mund eroberte. Die Beine mit seinen verschlungen, bog sie sich ihm entgegen, stöhnte leise und sehnte sich nach mehr. Er streichelte die nackte Haut an ihrem Rücken oberhalb des Tops, und als er die Hand an ihre Brust legte, unterbrach sie den Kuss. Ihr wurde schwindelig. Hastig holte sie tief Atem. Bei Kerzenschein wirkten Quinns Augen noch faszinierender, geradezu gefährlich und unwiderstehlich. Er löste die im Nacken gebundenen Träger des Tops, und Molly hielt seine Hand fest. Der Wind heulte, der Regen trommelte gegen die Scheiben, doch ganz wurde die warnende innere Stimme nicht übertönt. „Schüchtern?“ flüsterte er und blickte ihr in die Augen. „Ich habe dich schon nackt gesehen, und da warst du alles andere als scheu.“ Sie wollte bluffen, doch er durchschaute sie mühelos. Sie konnte vor ihm nicht verbergen, wie sehr sie sich nach ihm sehnte. Er hielt seinerseits ihre Hände fest und löste die Schlaufe der Träger. Seine Finger strichen zu ihrer Taille und zogen auch dort an den Bändern. Das Top war offen. „Zieh es aus“, verlangte er und ließ ihre Hände los. Molly musste lachen. Quinn sah sie fragend an. Zieh dich aus und tanze für mich ... Der Scheich, der seiner Sklavin Befehle erteilte ... „Vielleicht erkläre ich es dir irgendwann“, versprach sie und entfernte das Top. Die Luft strich kühl über ihren nackten Oberkörper. Quinns Blick war dafür um so heißer. Er streckte sich neben ihr aus und stützte sich auf einen Ellbogen. Sein Atem strich erregend über ihre Haut. Seine Finger glitten leicht über ihren Bauch und erreichten den Nabel, der oberhalb der Shorts zu sehen war. Molly erbebte wohlig, als er mit den Fingerspitzen ihre Brust berührte. Atemlos sah sie zu, wie er langsam den Kopf senkte und die Lippen über der Spitze schloss. Der Atem blieb ihr weg, und sie drückte ihn an sich, als er sie mit der Zunge verwöhnte. In der Scheibe waren sie beide zu sehen – sein Kopf an ihrer Brust, ihre Finger in seinem dunklen Haar. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich das heftige Verlangen ab, das sie so lange zurückgehalten hatte. Er hob den Kopf, und in seinem Blick erkannte sie es, bevor er die Worte aussprach: „Es ist Zeit.“
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Kapitel 7 Quinn zog Molly auf die Knie hoch und hielt sie an sich gepresst. „Sieh nur!“ Er deutete auf das Spiegelbild und drückte einen Kuss auf ihre Schulter. „Ich schwöre dir, dass ich noch nie etwas so Schönes gesehen habe.“ Molly betrachtete sich selbst im Kerzenschein. Sie war bis zur Taille nackt. Das lange Haar hing offen und zerzaust herunter. Quinns Hände lagen auf ihren Brüsten, die er streichelte und deren Spitzen er so sanft umschmeichelte, dass sie es kaum aushielt. Sie schloss die Augen. „Sieh hin, Molly“, drängte er. „Du bist so schön.“ Doch sie öffnete die Augen nicht, bis er ihre Beine auseinanderdrängte. Einen muskulösen Arm hielt er um ihre Mitte geschlungen. Seine gebräunte Haut hob sich dunkel von ihrer helleren ab. Wie gebannt sah sie zu, als er die Finger der anderen Hand unter den Saum ihrer Shorts und in den Slip schob. Und sie zuckte zusammen, als er das Zentrum ihres Verlangens erreichte. Er hielt sie fester. „O nein, zusehen“, flüsterte er, als sie die Augen wieder schließen wollte, und sie gehorchte. Ihr Körper wand sich unter dem erfahrenen Spiel seiner Finger, die sich abwechselnd schneller und langsamer bewegten und kreisten. Plötzlich drang sein Finger tief in sie ein, und sie stieß den Atem aus und hielt sich an seinem Arm wie an einem Rettungsring fest. Sie rang im Rhythmus seiner Bewegungen nach Luft, bis die herrliche Folter den Höhepunkt erreichte und sie nur noch von der süßen Erfüllung beherrscht wurde. Quinn flüsterte ihr ins Ohr, was er in diesen Momenten fühlte, und seine Worte steigerten ihre Lust so, dass sie leise aufschrie. Tief befriedigt ließ sie sich gegen ihn sinken. Doch Quinn zog ihr die Shorts und den Slip rasch herunter und holte eine flache Packung aus der Tasche. Sekunden später drang er von hinten in sie ein. Molly stöhnte laut auf. Sein Blick war im Spiegelbild der Scheibe unverwandt auf sie gerichtet, während er sie mit starken Armen festhielt und sich langsam in ihr bewegte. Auf jede seiner Bewegungen antwortete sie mit einem lustvollen Stöhnen, das sein Verlangen noch mehr steigerte. Er hielt die Hände keinen Moment still, während er sie liebte, und als sie schließlich den Gipfel erreichte, musste sie darum kämpfen, die Augen nicht zu schließen. Dafür konnte sie Quinns Gesicht sehen, als er die höchste Lust erlebte. Gemeinsam sanken sie auf die Decke. Durch sein TShirt hindurch fühlte sie Quinns Herz hämmern. Es dauerte Minuten, bis sie wieder das Heulen des Sturms hörte. Quinn stand kurz auf, kam mit einer weichen Decke zurück und wickelte sie darin ein. „Das ist nicht fair“, murmelte sie schläfrig und zwang sich, die Lider zu heben. „Was ist nicht fair?“ fragte er leise. „Ich habe dich noch nicht ein einziges Mal nackt gesehen, aber du mich schon zweimal.“ Sie zog am Bund seiner Shorts. „Zieh alles aus.“ Lachend fügte sie hinzu: „Tanze für mich!“ Während sie sich auf den Rücken rollte und sich wohlig streckte, zog er das T-Shirt aus. Er stand auf und entledigte sich der Shorts. „Ich tanze gern für dich, aber ohne Schleier?“ Nachdem er den Slip weggeschleudert hatte, streckte er die Arme seitlich weg und präsentierte sich ihrem prüfenden Blick. Molly verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ließ sich nichts entgehen. Quinn war phantastisch gebaut – und schon wieder erregt. „Schleier sind überflüssig“, versicherte sie. „Ich dachte mehr an Hula-Hula.“ „Ich weiß nicht recht. Diese Baströckchen kratzen schrecklich.“ Nachdem er zu ihr unter die Decke gekrochen war, zog er sie an sich. Zum ersten Mal spürten sie einander völlig nackt. „Was hältst du davon, wenn wir Hula ohne alles versuchen?“ „Das meinte ich eigentlich nicht, als ich sagte, Sie sollen sich hier wie zu Hause fühlen.“ In Quinns Unterbewusstsein schrillte ein Alarm. Sogar im Schlaf wusste er, dass er nicht die Stimme eines anderen Mannes hören sollte, während er mit Molly auf ihrem Bett lag. Sie hatten nur eine dünne Decke über die nackten Körper gezogen, nachdem sie sich bis zur völligen Erschöpfung geliebt hatten. Jetzt zwang er sich dazu, aufzuwachen und ein Auge zu öffnen. Phil Owen lächelte über Quinns gemurmelte Verwünschung. Es war kein nettes Lächeln. Quinn blickte zu Molly. Die Decke verhüllte sie nur von der Taille abwärts, doch wenigstens lag sie auf dem Bauch. Phil wusste zwar, wie sie aussah, doch Molly gehörte jetzt Quinn. Er zog ihr die Decke bis zum Hals hoch, setzte sich auf und sah sich nach seiner Kleidung um. Phils Lächeln wurde noch eine Spur unangenehmer. „Ihre Sachen liegen im Wohnzimmer.“ „Was machen Sie hier?“ „Ich wollte überprüfen, ob der Hurrikan Schäden angerichtet hat. Niemand hat geöffnet, als ich klopfte. Ich brauche ja wohl nicht zu fragen, was Sie hier oben machen.“ Er sah gezielt auf Molly, die sich räkelte. Sie hob den Kopf, blickte über die Schulter und runzelte verwirrt die Stirn. „Phil?“ Benommen setzte sie sich auf und dachte gar nicht daran, sich zu verhüllen. Erst als sie einen finsteren Blick von Quinn auffing, zog sie die Decke wieder hoch. Quinn stand auf und setzte sich Phils bohrendem Blick aus. Splitternackt fühlte er sich schutzlos. Sein ehemaliger Chef stand in „Urlaubsuniform“ vor ihm – weißes Poloshirt und lange Hose mit Bügelfalte. Trotzdem dachte Quinn gar nicht daran, sich zu setzen und zu Phil aufzublicken. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sie einen kurzen, typisch männlichen Blick miteinander tauschten. Molly stand auf und wickelte sich dabei in die Decke. „Hast du auf der Herfahrt gefrühstückt, Phil? Ich mache Kaffee.“ „Er will keinen Kaffee“, sagte Quinn grimmig. „Aber sicher will ich welchen“, erwiderte Phil trügerisch freundlich. „Molly weiß genau, wie ich ihn am liebsten trinke.“ „Wenig Koffein“, sagte
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sie und gähnte. „Nur ganz wenig entrahmte Milch und dazu ein Tütchen Süßstoff, allerdings habe ich keinen ... Quinn übrigens auch nicht. Nimmst du ausnahmsweise Zucker?“ „Aber sicher.“ Quinn sah sie fassungslos an. „Wieso machst du ihm nicht gleich Eier mit Speck? Pfannkuchen wären auch nicht schlecht.“ Jetzt war sie wieder das sanfte Molly-Mäuschen und merkte nicht einmal, dass er es ironisch meinte. „Sicher, wenn er möchte. Du könntest schon mal mit den Vorbereitungen anfangen, während ich schnell dusche.“ Was machst du da, wollte er sie anschreien. Das ist doch der Mistkerl, der dich belogen und betrogen hat! Wie konnte sie sich mit Phil so freundlich unterhalten, als wäre nichts geschehen? Phil sah ihr nach, als sie den Raum verließ und die Decke langsam herunterrutschte. Mit einem wissenden Blick betrachtete er alle falschen Stellen – oder besser gesagt die richtigen Stellen. Es kam nur darauf an, von welchem Standpunkt aus man das betrachtete. Eindeutig wollte er Quinn reizen. Nicht nötig. Der war schon gereizt. Und wie. Quinn ging ins Wohnzimmer und griff wortlos nach seiner Shorts, während Molly ihre Sachen von der Decke auf dem Boden aufsammelte. Dabei wich er bewusst ihrem Blick aus. Er wollte ja nicht die Beherrschung verlieren. Allerdings wusste er nicht einmal, auf wen er wirklich wütend war. In den vergangenen Wochen hatte er Mollys unbekümmertes Wesen schätzen gelernt, doch es war höchste Zeit, endlich auch einmal Schneid zu zeigen! Als sie an Phil vorbeiging, legte er die Hand auf ihre nackte Schulter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die beiden lächelten einander zu, ehe Molly im Bad verschwand. Dieser verschlagene Teufel machte eine unbeschreiblich zufriedene Miene, als er zu Quinn ins Wohnzimmer zurückkam. Bestand sein Spiel darin, einen Keil zwischen sie beide zu treiben, indem er zuckersüß zu der Frau war, die er bei anderen schlecht machte? Phil begutachtete die übereinander gestapelten Balkonmöbel und die Klebestreifen auf den Glasscheiben. Dann betrachtete er besonders eingehend die Decke und die Sofakissen auf dem Fußboden. Als er sich Quinn wieder zuwandte, lächelte er nicht mehr, sondern sah ihn hasserfüllt an. Und er fragte, wie lange Quinn und Molly es schon miteinander trieben, wobei er sich der vulgärsten Ausdrücke bediente, die man sich vorstellen konnte. Quinn dachte gar nicht daran zu antworten. Molly hatte recht. Phil hatte keinen Anspruch mehr auf sie. Daher gab es auch keinen Grund zur Geheimhaltung. Was sich zwischen ihnen beiden abspielte, ging Phil absolut nichts an. „Halten Sie mich meinetwegen für naiv“, sagte Phil, als er keine Antwort erhielt. „Ich hätte nur nie gedacht, dass Sie sich an meine ehemalige Verlobte heranmachen würden. Ich meine, diese Frau ist pures Gift. Das ist Ihnen nicht unbekannt. Wenn Sie nur Ihren Spaß haben wollten, hätten Sie sich doch eine von diesen Strandmiezen aufreißen können. Oder ein Mädchen aus der Stadt. Die sind leicht zu haben.“ „Ich begreife nicht, wie Molly einen so phantastischen Mann wie Sie verlassen konnte“, entgegnete Quinn. „Eines würde mich interessieren. Wie lange haben Sie den Ehevertrag zurückgehalten, um ihn ihr in letzter Minute vorlegen zu können?“ „Man passt immer den günstigsten Zeitpunkt ab.“ Phil schüttelte bekümmert den Kopf. „Quinn, ich habe Sie für klug gehalten, für einen Aufsteiger. Wären Sie allerdings wirklich klug gewesen, hätten Sie sich nicht mit meiner Exverlobten eingelassen!“ schrie er plötzlich los und wurde rot vor Zorn. „Begreifen Sie, wie sehr Sie sich damit selbst geschadet haben?“ Nachdem nun der schlimmste Fall eingetreten war, den er gefürchtet hatte, konnte Quinn nur noch darüber staunen, wie engstirnig er gewesen war. Beinahe hätte er laut gelacht. Was waren die Drohungen dieses widerlichen, verschlagenen Kerls im Vergleich zu dem, was er bei Molly gefunden hatte? „Wissen Sie“, fuhr Phil fort, „was ich machen werde, sobald ich nach New York zurückkomme? Ich werde einige Anrufe erledigen und mit jeder wichtigen Werbeagentur sprechen. Lernen Sie lieber so schnell wie möglich, Hamburger zu braten, mein Freund.“ „Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf“, erwiderte Quinn lässig. „Ich glaube nämlich nicht, dass Sie in der Branche tatsächlich so viel Einfluss besitzen. Das dachte ich einmal, aber jetzt nicht mehr.“ Phil zitterte vor Wut, als er einen Schritt näher kam. „Sie glauben nicht, dass ich Sie einfach vernichten kann?“ „Ich riskiere es.“ Für Molly hätte Quinn noch viel mehr riskiert. „Verschwinden Sie auf der Stelle aus meinem Haus!“ Damit hatte Quinn schon gerechnet. Molly war noch unter der Dusche. Er hörte das Wasser laufen. Wortlos griff er nach T-Shirt und Slip, zog die Schuhe an und ging nach unten. Als Phil auf der Schwelle erschien, hatte Quinn schon alles in die Koffer gelegt. Rasch machte er noch eine Runde durch die Räume und warf die restlichen Sachen in den Plastikkorb, den er mitgebracht hatte. Nur die Lebensmittel ließ er zurück. Phil sah stumm zu und hielt die Arme verschränkt. Nachdem Quinn das Gepäck im Kofferraum seines Wagens verstaut hatte, wollte er zum Haus und zu Molly zurückgehen. Bestimmt wollte sie zusammen mit ihm abreisen. Phil versperrte ihm den Eingang und streckte die Hand aus. „Schlüssel!“ „Molly!“ rief Quinn. War sie noch unter der Dusche? „Wenn Sie nicht innerhalb von zehn Sekunden von meinem Grundstück verschwunden sind, rufe ich die Polizei. Geben Sie mir die verdammten Schlüssel!“ Quinn löste die beiden Schlüssel für das Strandhaus von seinem Schlüsselring und schleuderte sie über das Dach von Phils silbergrauem BMW in die dahinter wachsenden Brennnesseln. Phil fluchte wütend. Molly kam die Treppe herunter und zog den Reißverschluss an ihrem kurzen Jeansrock zu. Das nasse Haar flatterte um ihre Schultern. „Quinn!“ rief sie und drängte sich an Phil vorbei. „Was
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ist hier los?“ „Ich wurde gebeten, das Grundstück zu verlassen. Ich fahre, Molly.“ Sie wandte sich verwirrt an Phil. „Meinetwegen? Ich dachte nicht, dass dir noch so viel an mir liegt.“ Phil berührte ihre Wange. „Mir wurde das auch erst bewusst, als ich dich mit einem anderen Mann sah.“ „Ich glaube es einfach nicht“, murmelte Quinn. Phils Theater hatte nichts mit zärtlichen Gefühlen für Molly zu tun, sondern entsprang rein männlichem Besitzdenken. Phil wollte sie nicht, ertrug es aber auch nicht, dass sie mit einem anderen glücklich war. Dass sie das nicht erkannte, frustrierte und ärgerte Quinn. „Bist du zufrieden, Molly?“ fragte er gereizt. „Verstehst du jetzt, warum ich auf Verschwiegenheit Wert gelegt habe? Es wird dich sicher freuen zu hören, dass er mich auf die schwarze Liste bringen will. Ich wusste es ja.“ Sie war sichtlich verletzt. Phil legte den Arm um ihre Schultern. Sie schüttelte ihn nicht ab. Das war Quinn zuviel. Dieser selbstgefällige Kerl berührte sie, als hätte er ein Recht dazu, und sie erlaubte es ihm! „Du brauchst dir wegen deiner Karriere keine Sorgen zu machen, Quinn“, sagte sie. „Ich habe dir etwas noch nicht gesagt...“ „Würde ich auf dich hören, würde ich mir wegen nichts Sorgen machen“, wehrte Quinn ärgerlich ab. „Mein Leben würde einfach ziellos dahinplätschern. Zum Teufel mit meinen Träumen, meinen Zielen und allem, wofür ich mich jemals angestrengt habe!“ „Quinn, hör mir doch zu, damit ...“ „Das kannst du dir sparen. Ich muss mich jetzt um einen Job kümmern, Molly, und keine von deinen nutzlosen Plattitüden kann mir dabei helfen.“ „Du bist aufgeregt, Quinn, und deshalb gehst du auf mich los“, sagte sie ganz ruhig. „Das verstehe ich.“ „Weißt du was?“ Er ging um den Mercedes herum. „Ich will dein Verständnis nicht. Du bist mir nämlich etwas zu verständnisvoll.“ „Ich glaube auch nicht“, bemerkte Phil mit einem hinterhältigen Lächeln, „dass er hinter deinem ,Verständnis‘ her war, Molly.“ Sie wandte den Blick nicht von Quinn, als er sich hinter das Steuer setzte und den Wagen startete. Er hatte damit gerechnet, dass sie etwas unternahm, wenn sie sah, dass er tatsächlich wegfuhr. Doch sie rührte sich nicht von der Stelle. Er wollte sich nicht dadurch demütigen, dass er sie bat, mit ihm zu kommen. Hätte sie es gewollt, hätte sie es auch getan. Man musste ihr lassen, dass sie keine Spielchen trieb. Ob sie Phil jetzt wieder aufnahm? Ließ sie sich von ihm vormachen, dass er sie noch haben wollte? Ließ sie sich erneut von ihm missbrauchen? Vermutlich. Auf Quinn machte es jedenfalls den Eindruck, als würden sich Molly und ihr Ehemaliger sehr gut verstehen. Er wendete mit quietschenden Reifen und steckte noch einmal den Kopf aus dem Fenster. „Hey, Phil! Grüßen Sie Ben von mir!“ „Welchen Ben?“ „Ben Curran, Sie Scherzbold! Ihren Cousin mütterlicherseits, der meinen Posten bekommen hat. Er ist etwas unerfahren und inkompetent, wie ich gehört habe. Jedenfalls haben Sie mich seinetwegen hinausgeworfen, wie Sie sich bestimmt erinnern.“ Phil sah aus, als wollte er alles andere, nur nicht sich erinnern. Molly wirkte nicht verstört, sondern nur resigniert. Hätte sie auch nur eine einzige Träne vergossen, oder hätte Quinn ihrem ausdrucksvollen Gesicht angesehen, dass er ihr etwas bedeutete, wäre er geblieben und hätte um sie gekämpft. Vielleicht hätte er sogar darauf bestanden, dass sie mit ihm fuhr. Doch sie ließ sich nichts anmerken. Quinn gab Gas.
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Kapitel 8 Molly blickte dem Mercedes nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Quinn kam bestimmt zurück und musste nur eine Weile allein sein. Bisher hatte sie sich ausschließlich auf ihn konzentriert und merkte erst jetzt, dass Phil den Arm um ihre Schultern gelegt hatte. Rasch wich sie von ihm zurück. „Hast du wirklich gedroht, ihn auf die schwarze Liste setzen zu lassen?“ „Das war keine Drohung, Molly. Gleich morgen früh hänge ich mich ans Telefon.“ Sie seufzte. „Nun, du musst tun, was du tun musst. Es ist deine Art, aggressiv zu reagieren. Ich verstehe das.“ „Ich bewundere deine Fähigkeit, alles zu verstehen, Molly, wirklich. Das ist der Unterschied zwischen mir und Quinn.“ „Ach, zwischen dir und Quinn bestehen noch viel mehr Unterschiede! Das ist mir nicht gleich aufgefallen, aber jetzt weiß ich es.“ „Besser spät als nie. Allerdings sollte es mich nicht überraschen, dass du dich zu einem Mann hingezogen gefühlt hast, der dich an mich erinnert. Nach allem, was wir zusammen erlebt haben!“ Er kam näher, aber sie wich ihm wieder aus. „Du hast vorhin erwähnt, dass du telefonieren willst“, sagte sie. „Ich habe in der letzten Zeit auch einige Ferngespräche geführt. Keine Angst, ich habe die Gebühren mit meiner Kreditkarte bezahlt. Sie werden nicht auf deiner Rechnung auftauchen.“ „Ach, das war doch nicht nötig“, versicherte Phil großmütig. „Ich möchte dich nicht ausnützen, weißt du?“ Als er wieder nach ihr greifen wollte, drehte sie sich um und ging vorsichtig barfuß durch den Garten, in dem an vielen Stellen Brennnesseln wuchsen, zu der alten rostigen Schaukel, ließ sich auf den Plastiksitz sinken und schaukelte lässig. Im Sonnenschein blinkte etwas auf der Erde. „Sind das deine Schlüssel?“ fragte sie. „Ja. Hättest du etwas dagegen, sie mir zuzuwerfen?“ „Sie liegen genau zwischen den Brennnesseln. Klar habe ich etwas dagegen.“ „Dann lass sie da liegen, verdammt noch mal!“ Familien mit kleinen Kindern, die dieses Haus für ihren Urlaub mieteten, taten ihr leid. Schon oft hatte sie mit Phil darüber gesprochen, dass die Veranda und der Balkon verrottet waren, die Schaukel Auseinander fiel und die Brennnesseln jegliches Spielen unmöglich machten. Jedes Mal hatte er ihr versprochen, alles herrichten zu lassen. „Darf ich fragen, mit wem du telefoniert hast?“ erkundigte er sich. „Mit Leuten, die eventuell eine Redakteurin einstellen könnten.“ „Und? Ist etwas dabei herausgekommen?“ „Allerdings“, erwiderte sie. „Kennst du Randall Harkin?“ „Randy Harkin. Sicher. Er ist der Chefredakteur von ,Advertising Today‘.“ Sie strahlte. „Lieber Himmel, du kennst dich in der Sparte wirklich gut aus, nicht wahr?“ Er warf sich in die Brust. „Ich bin nicht bis an die Spitze gekommen, indem ich den Kopf in den Sand gesteckt habe.“ „Das kannst du laut sagen! Randy findet deinen beruflichen Werdegang geradezu faszinierend.“ „Wirklich? Ihr habt über mich gesprochen?“ „Und ob! Du warst unser Hauptthema.“ „Seit Jahren ist in ,Advertising Today‘ über mich kein Bericht erschienen“, meinte Phil erregt. „Vielleicht sollte ich Randy anrufen und ...“ „Das kannst du dir sparen. Die Sache steht bereits fest. Und ich spreche nicht von einer einzigen Spalte, sondern von einem ganzen Leitartikel! Ich habe Randy davon überzeugt, dass du es wert bist.“ Phil betrachtete sie voll Dankbarkeit und tat sogar einen Schritt auf sie zu, zog sich jedoch schnell wieder aus dem Morast des Gartens zurück. „Das hast du für mich getan?“ Sie lächelte engelsgleich. „Hey, das ist doch das mindeste nach allem, was du für mich getan hast.“ „Und wer schreibt den Artikel?“ „Die Autorin sitzt vor dir!“ verkündete sie stolz. „Du?“ „Randy hat mich eingestellt!“ „Was denn?“ fragte Phil erstaunt. „Telefonisch?“ „Nein, nein, wir haben uns getroffen. Er wollte das vorletzte Wochenende in Nantucket verbringen, und ich habe ihn gefragt, ob ich mich dort mit ihm treffen könnte. Quinn fuhr mich nach Hyannis Port, und dort habe ich die Fähre genommen. Randy ist ganz reizend, Phil. Wusstest du, dass er Meister im Hochseeangeln ist? Wir fuhren mit seiner Jacht hinaus, und er fing einen gewaltigen ...“ „Warte! Immer langsam! Du schreibst diesen Artikel über mich?“ „Ich habe ihn schon fertig. Randy hat mich als Redakteurin eingestellt, aber ich darf auch Artikel schreiben. Ach, und jetzt rate, was ich herausgefunden habe, als ich in der Gegend herumtelefonierte. So gut wie jede Agentur bezahlt ihren Mitarbeitern mehr als du. Wie findest du das? Die anderen könnten noch von dir lernen, wenn es darum geht, die Kosten zu senken, nicht wahr?“ Er bewegte die Lippen, brachte jedoch kein Wort hervor. „Willst du nicht wissen, was in dem Artikel steht?“ erkundigte sie sich. „Komm schon! Ich weiß doch, dass du vor Neugierde vergehst.“ „Nun ... also ... ich ... Vermutlich schreibst du über meine vielen Jahre in der Branche und über die Preise, die ich gewonnen ...“ Molly winkte ab. „Das ist der öffentliche Phil Owen, jener Phil Owen, den bereits jeder kennt. Ich dachte, die Leser würden sich viel mehr für deine wahre Persönlichkeit interessieren, für den Mann hinter dem Marmorschreibtisch und den Anzügen für tausend Dollar das Stück. Insider-Informationen, verstehst du?“ Phil sah sie sekundenlang fassungslos an. „Worüber hast du geschrieben?“ „Über den einseitigen Ehevertrag in letzter Minute. Über die krasse Vetternwirtschaft. Über einige deiner ... sagen wir mal ... ungewöhnlichen Geschäftspraktiken. Steht alles in dem Artikel. Dazu kommen viele enthüllende Zitate. Ich habe telefonisch Interviews mit Leuten geführt, mit denen du im Lauf der Jahre zu tun hattest. Alle haben mir überaus bereitwillig verschiedene Anekdoten erzählt. Und weißt du, was am
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allerbesten ist? Du wirst es nicht glauben, aber du kommst auf das Titelblatt! Randy hat den Artikel gelesen und ist geradezu ausgeflippt!“ Phil riss die Augen auf und wurde erschreckend rot im Gesicht. Molly war froh, dass sie durch Brennnesseln voneinander getrennt waren. „Das hat er dir eingegeben“, sagte er. „Wer? Quinn? Nein. Er weiß, dass ich eine Stellung gefunden habe, aber von dem Artikel hat er keine Ahnung. Ich hatte meine Gründe, darüber zu schweigen. Er machte nur einmal eine Bemerkung über einen offenen Brief. Das hat mich inspiriert.“ Phil nahm sich zusammen. „Du wirst diesen Artikel zurückhalten, Molly!“ „Einverstanden.“ „Was?“ fragte er verblüfft. „Es ist noch genug Zeit, um ihn zurückzuziehen, wenn du das wirklich willst.“ Er atmete erleichtert auf, sah sie jedoch gleich darauf misstrauisch an. „Wie viel?“ „Na bitte!“ Sie klatschte in die Hände. „Es überrascht mich nicht, dass du annimmst, hier würde es um Geld gehen. Du bist immer direkt auf den Kern der Sache gekommen. Ist es da ein Wunder, dass du hoch oben an der Spitze stehst?“ „Lass den Unsinn, Molly. Was muss ich tun, um diese Enthüllungsgeschichte zu verhindern?“„Es geht nicht darum, was du tust, sondern was du nicht tust. Erstens wirst du Quinns Karriere nicht durchkreuzen. Ich weiß, dass du das tief in deinem Herzen gar nicht willst.“ Er überlegte und betrachtete sie dabei, als hätte sie sich innerhalb des letzten Monats von einem Wesen ohne Rückgrat in eine Löwin verwandelt. Ich war eben bisher noch nie verliebt ... Phil verschränkte die Arme. „Es gibt gar keinen Artikel und keine Anstellung bei ,Advertising Today‘. Du bluffst.“ „Ich bluffe?“ rief sie lachend. „Ich kann nicht bluffen. Frag deinen Bruder.“ „Also gut.“ Phil holte tief Atem. „Ich werde niemanden anrufen. Ich werde mich in keiner Weise in Quinns Karriere einmischen. Darauf gebe ich dir mein Wort.“ „Es bedeutet mir unglaublich viel, dass du mir dein Wort gibst. Weißt du, manchmal vergessen die Leute allerdings, worauf sie ihr Wort gegeben haben. Ich weiß, dass du in der Vergangenheit bereits Opfer eines solchen Gedächtnisverlusts geworden bist. Darum werde ich diesen Artikel aufbewahren und laufend auf den neuesten Stand bringen. Nur für den Fall ... du weißt schon.“ In Wahrheit wollte Molly gar nicht Phils Ruf zerstören. Als sie Randy den Artikel zeigte, hatte sie gehofft, ihn nicht veröffentlichen zu müssen. Er diente nur als Absicherung, falls Phil tatsächlich Quinns Karriere zerstören wollte. Und er hatte seinen Zweck erfüllt. „Wenn ich jetzt darüber nachdenke“, fuhr sie fort, „könntest du doch etwas tun.“ Er nickte. „Bring dieses Haus in Ordnung. Ich meine, renoviere es innen und außen. Und dann lass den Garten herrichten, damit man hier gehen und spielen kann. Überlege doch! Wenn du diesen Besitz in einen tadellosen Zustand bringst, kannst du viel mehr verlangen als die üblichen sechshundertfünfundsiebzig pro Wohnung und Woche.“ „Woher weißt du ...?“ Er stockte. „Ich habe die Maklerin am Ort angerufen, die für dich arbeitet. Sylvie war sehr überrascht, als sie hörte, wie viel du von mir verlangt hast. Sie möchte mit dir ein Wörtchen wechseln. Sehr nett, diese Sylvie. Wusstest du, dass ihre Tante Thea die Maniküre von Elvis war?“ „Vermutlich ist das der nächste Punkt auf deiner Erpresserliste.“ Phil hörte sich sehr erschöpft an. „Ich soll dir die Miete zurückzahlen.“ „Lieber Himmel, tausend Dank! Daran habe ich ehrlich nicht gedacht, aber wenn du es mir schon anbietest, warum nicht?“ Sie nickte lächelnd. „Gib es ruhig zu. Du fühlst dich schon besser, weil du weißt, dass du jetzt alles richtig machst.“ „Nein.“ „Hoffentlich siehst du es eines Tages ein, Phil. Ich glaube, dass in dir mehr steckt, als du zeigst. Mehr ... ich weiß nicht ... mehr Menschlichkeit.“ „Du glaubst das wirklich, nicht wahr?“ fragte er beeindruckt. „Trotz allem.“ „Im Lauf der Jahre habe ich ein paar Mal einen flüchtigen Blick auf deine wahre Persönlichkeit erhascht“, erwiderte sie betrübt. „Du kannst mich nicht davon überzeugen, dass das alles nur gespielt war.“ Er schüttelte den Kopf, und in diesem Moment entdeckte sie an ihm eine Spur der Menschlichkeit, die sie erwähnt hatte. „Mit diesem Ehevertrag habe ich alles verdorben, nicht wahr?“ „Es ist schon gut. Es hat eben nicht sollen sein.“ „Nein, vermutlich nicht.“ Er sah sich im Garten um. „Ich beauftrage sofort einen Landschaftsgärtner.“ Danach wandte er sich dem heruntergekommenen Haus zu. „Und was das andere betrifft ... Nächste Woche gehe ich auf Safari nach Kenia. Vorher veranlasse ich, dass das Haus renoviert wird.“ Phil sah sie nicht mehr an, als er seine Schlüssel holte und zu seinem BMW ging. „Du kennst den Mietvertrag. Ich erwarte, dass du bis zum einunddreißigsten zwölf Uhr mittags von hier verschwunden bist."
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Kapitel 9 Molly berührte den winzigen Muschelanhänger an der goldenen Halskette. „Danke, dass du mir den Schwan gezeigt hast“, hatte Quinn in der Nacht auf ihrem Balkon gesagt. Danke, dass du mir gezeigt hast, wie es ist zu lieben, dachte sie. Selbst wenn es nicht von Dauer war und Quinn ihre Liebe nicht erwidert hatte. Es war der 31. Juli, ein Uhr nachts. Molly hatte gepackt, was nur ging. Bettwäsche und Toilettenartikel mussten noch warten. Bis mittags musste sie das Haus verlassen. Ihre Freundin Claire, deren Freund in Boston wohnte, hatte sie bei einer ihrer Fahrten zu ihm auf dem Kap abgesetzt. Claire sollte an diesem Vormittag wieder vorbeikommen und mit ihr nach New York zurückfahren. Molly fand keine Ruhe, holte eine karierte Wolldecke aus einem halb gepackten Karton und ging die Treppe hinunter. Die Nachtluft war kühl und feucht. Wolken verhüllten den Schwan und die anderen Sternbilder. Sie legte sich die Decke um die Schultern und ging barfuß zum nahen Strand. Nachdem sie die Straße überquert hatte, fühlte sie den kühlen Sand unter den Füßen. Diese Gegend hier würde ihr fehlen. Wann immer sie in Zukunft daran dachte, würde sie sich fragen, wo Quinn war, was er tat, mit wem er zusammen war und ob er glücklich war. Sie wünschte ihm Glück und Liebe und dass er alle seine hochgesteckten Ziele erreichte, die ihm so viel bedeuteten. Quinn war nicht zu ihr zurückgekommen. Nach drei Tagen musste sie sich eingestehen, dass sie sich verrechnet hatte. Vielleicht hätte sie mit ihm fahren sollen, doch sie wollte sich nicht wieder in sein Leben drängen. Hätte er sie bei sich haben wollen, hätte er sich inzwischen schon bei ihr gemeldet. Sie hätte Quinn schon vor zwei Wochen von dem Artikel für „Advertising Today“ erzählen können, als sie ihn zu schreiben begann. Doch zu dem Zeitpunkt hatte sie abwarten wollen, wie sich ihre Gefühle füreinander entwickelten. Jetzt war sie froh, dass niemand sie am Strand störte. Doch als sie einen Blick nach hinten warf, tauchte eine einsame Gestalt aus der Dunkelheit auf. Also hatte sie sich zu früh gefreut. Geh weg, dachte sie. Das ist keine gute Nacht für einen Spaziergang. Er setzte jedoch seinen Weg fort. Einen Moment ärgerte sie sich, dann erkannte sie diesen fließenden, weit ausholenden Gang. Selbst in der Dunkelheit und auf diese Entfernung wusste sie, dass es Quinn war. Seine Rückkehr konnte alles und nichts bedeuten. Vielleicht hatte er nur etwas vergessen. Mit den Händen in den Hosentaschen wartete sie auf ihn. Im Mondschein konnte sie sein Gesicht erst erkennen, als er direkt vor ihr stand. Doch dann stockte ihr der Atem. Sein Blick glitt zärtlich über sie – über ihr Haar, ihren Mund, ihre Augen. Langsam hob er die Hand und strich über ihre Wimpern. „Tränen?“ fragte er sanft. „Ach, Molly ...“ Sie holte bebend Luft. „Du bist zurückgekommen. Ich ... ich habe nicht gedacht ...“ Er lächelte und wandte den Blick nicht von ihr ab. Diese Gigolo-Augen, in die sie ein Leben lang blicken konnte! „Nein, ich habe nicht gedacht. Oder ich habe zuviel gedacht. Ich weiß es nicht. Mein Stolz stand mir im Weg. Vielleicht bin ich tatsächlich wie Phil.“ „Nein, du hast gar nichts mit ihm gemeinsam, Quinn. Das hätte ich sofort erkennen sollen, aber ich war vorsichtig.“ „Wer könnte dir das verübeln?“ „Bist du nicht mehr böse auf mich, weil Phil alles herausgefunden hat?“ „Molly.“ Er streichelte ihre Wangen. „Ich habe dir nie die Schuld daran gegeben. Was ich sagte, habe ich nicht so gemeint. Ich hätte dich packen und in den Wagen setzen müssen, damit du gleich mit mir fährst. Mein Instinkt hat mich davon abgehalten, aber ich hätte es tun sollen.“ Sie lächelte gerührt. „Wir beide haben den Fehler begangen, auf unseren Instinkt zu hören.“ „Ich bin ein Dummkopf.“ „Sag das lauter. Ich möchte, dass es alle hören.“ Er legte den Kopf in den Nacken und schrie: „Ich bin ein Dummkopf! Quinn Marshall ist ein ...“ Molly hielt ihm den Mund zu, und er drückte einen Kuss in ihre Handfläche. „Ich dachte, das Schlimmste, was mir passieren könnte, wäre, Phil zu verärgern“, erklärte er. „Als es dann passierte, wurde mir klar, dass nichts wichtig ist, so lange ich dich habe.“ Molly biss sich auf die Unterlippe, um nicht vor Freude und Erleichterung zu weinen. Er legte die Arme um sie und genoss ihre Nähe und Wärme. „Warum bist du weggefahren?“ fragte sie endlich. „Ich weiß, dass Phil dich hinausgeworfen hat, aber warum bist du nicht zurückgekommen?“ Er küsste sie auf die Stirn. „Ich dachte, du würdest dich mit Phil versöhnen.“ Sie konnte ihn nur sprachlos ansehen. „Ich sagte doch schon, dass ich ein Dummkopf bin. Dann begann ich, in der Gegend herumzutelefonieren, um mich um eine Stellung zu bewerben. Dabei stieß ich auf eine sehr interessante Geschichte. Es sieht ganz so aus, als wäre mein sanftes Molly-Mäuschen sehr unternehmungslustig gewesen.“ „Sanftes Molly-Mäuschen?“ Sie ließ sich den Ausdruck durch den Kopf gehen und nickte schließlich zustimmend. „Weiter.“ „Viele Leute aus der Branche, mit denen ich sprach, waren von einer charmanten und sehr netten jungen Frau angerufen worden, die an einem Artikel über Phil Owen für ,Advertising Today‘ arbeitete. Stell dir vor, diese Reporterin gab offen zu, dass sie mit dem Kerl verlobt gewesen war. Und sie brachte alle Leute dazu, ihr die miesesten Erfahrungen mit ihm zu verraten.“ „Man erntet eben, was man sät.“ „Es hieß, der Artikel wäre zurückgezogen worden. Und dann stellte sich auch noch heraus, dass Phil seine Drohung, mich zu ruinieren, nicht ausgeführt hat. Merkst du etwas? Sogar ein Dummkopf wie ich begreift,
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was sich hier abgespielt hat.“ „Und was hat sich abgespielt?“ „Das sanfte Molly-Mäuschen hat die gar nicht so sanfte Kunst der Erpressung gelernt.“ Sie zuckte die Schultern. „Er hat den Mann, den ich liebe, bedroht.“ Quinn blickte ihr in der Dunkelheit tief in die Augen. „Du bist mir zuvorgekommen. Ich wollte es als erster aussprechen.“ „Genau genommen habe ich es gar nicht ausgesprochen“, meinte sie lächelnd. „Wenn man es sich überlegt – nein.“ Sanft drückte er die Lippen an ihr Ohr. „Ich liebe dich, Molly“, flüsterte er. „Ich liebe dich so sehr, dass es mir angst macht.“ „Ich liebe dich auch“, hauchte sie. „Und mir macht es überhaupt keine Angst.“ Lächelnd streichelte er ihre Wangen und küsste sie, und sie schlang die Arme um ihn. Die Decke begann zu rutschen. Molly griff danach, doch Quinn hielt sie fest und schlang sie wieder um ihre Schultern. „Ist darunter auch Platz für zwei?“ fragte er. Daraufhin legte sie ihm die Decke um die Schultern und wurde sofort dafür belohnt. Er zog sie an sich, strich ihr durch das Haar und küsste sie so hingebungsvoll, dass sie sehr froh darüber war, von ihm gestützt zu werden. „Drei Tage“, sagte er leise und raubte ihr mit Küssen auf den Hals fast den Verstand. „So lange will ich nie wieder von dir getrennt sein.“ Sie merkte erst, dass er ihre Jeansbluse geöffnet hatte, als kühle Luft über ihre Brüste strich. Dafür waren seine Hände um so wärmer. Sie stöhnte hilflos vor Lust. Der Reißverschluss ihrer Jeans kam als nächstes an die Reihe, während sie versuchte, ihm das Sweatshirt über den Kopf zu ziehen. Beide verloren das Gleichgewicht, als sie sich der Jeans, Slips und Schuhe entledigten. Endlich drückte er sich nackt an sie und sandte heiße Schauer der Lust durch ihren Körper. Jetzt gab es für sie nur noch Quinn, der sie hier am Strand lieben wollte. Der Sand unter der Decke war uneben, doch sie merkte es kaum. Quinn reizte sie mit den Händen und verwöhnte sie mit den Lippen, und sie kam ihm entgegen, weil sie für ihn bereit war und ihn brauchte. Völlig ungehemmt flüsterte sie es ihm zu. „Vertrau mir“, bat er, küsste sie und ließ die Lippen über ihren Körper wandern. Sie klammerte sich an ihn, als er ihre Beine weiter öffnete und ihr mit einem intimen Kuss einen unterdrückten Lustschrei entlockte. Mit Lippen und Zunge stellte er Dinge an, die sie sich nicht einmal hätte träumen lassen. Und während ihres Höhepunktes erinnerte sie sich nebelhaft daran, dass Quinn sich selbst als „erfinderisch“ bezeichnet hatte. Er hob den Kopf. „Was bin ich?“ „Ich habe nicht mit dir gesprochen.“ Quinn lächelte wissend, glitt über sie und drang in sie ein. Er schob die Hände unter sie, und sie erwiderte seine Zärtlichkeiten und kam ihm entgegen, bis sie beinahe den Gipfel erreichten. Lächelnd sahen sie einander an, und Quinn gab alle Zurückhaltung auf. Gemeinsam erlebten sie den wunderbarsten Höhepunkt. Hinterher lagen sie mit heftigem Herzklopfen im Sand. Molly seufzte, streichelte Quinns Rücken und küsste ihn auf die geschlossenen Augen. Er brummte zufrieden und gab ihr blindlings einen Kuss, der seitlich an ihrer Nase landete. Ein Tropfen traf ihr Auge, dann noch einer ihren Arm und einer den Fuß. „Es regnet.“ Er murmelte nur etwas Unverständliches und wich auch nicht, als sie sich aufrichten wollte. Leise lachend versuchte sie, ihn von sich zu schieben. „Quinn, es fängt zu regnen an. Steh auf!“ Langsam öffnete er die Augen, und sie hatte noch nie ein so sündig provozierendes Lächeln bei einem Mann gesehen. Sogar als es richtig zu regnen anfing, blieb er auf ihr liegen. „Du solltest wesentlich lockerer sein, zum Beispiel wie ich“, sagte er und hielt sie fest, als sie hilflos lachte und die Augen zum Schutz vor dem Regen schloss. Plötzlich stützte er sich auf einen Ellbogen. „O nein!“ „Was ist?“ „Wir haben kein Kondom benutzt.“ „Ich habe nicht einmal daran gedacht.“ „Ich auch nicht. Das ist mir noch nie passiert, Molly.“ Nach einem Kuss stand er auf und sammelte ihre Sachen ein. „Tut mir leid.“ Nachdenklich zog er Slip und Hose an. „Stimmt nicht. Ich meine, wenn du schwanger würdest. Also, das würde mir nicht leid tun.“ Er seufzte. „Ich drücke mich unmöglich aus.“ Nur halb bekleidet trat sie zu ihm, ohne sich an dem kühlen Regen zu stören, legte die Hände auf seine Schultern und wartete, bis er sie ansah. „Du drückst dich sehr gut aus, Quinn“, versicherte sie und küsste ihn. „Ich liebe dich, und du liebst mich. Ein gemeinsames Kind könnte nur ein Glück sein, oder?“ „Damit wollte ich dich aber nicht so bald belasten“, erwiderte er und streichelte ihre Arme. „Ich wollte dich nicht verschrecken.“ Er holte tief Atem und hielt sie fest. „Ich will dich heiraten, Molly.“ In ihre Augen schossen Tränen und sie bekam kaum noch Luft. „Ich weiß, dass du auf dem Gebiet schlechte Erfahrungen gemacht hast“, fuhr er fort. „Ich werde dich daher nicht drängen.“ Zärtlich lächelnd berührte er ihren Bauch. „So lange es keinen Grund dafür gibt“, fügte er hinzu. „Aber das sind meine Absichten, und du hast ein Recht darauf, Bescheid zu wissen.“ Sie setzte zum Sprechen an. „Und bevor du fragst“, erklärte er, „ich unterschreibe keinerlei Ehevertrag. Gib dir also gar keine Mühe.“ „Was denn! Soll ich dir etwa mein gewaltiges Vermögen anvertrauen?“ scherzte sie. „Ich habe herausgefunden, dass ich ziemlich altmodisch bin, was die Ehe angeht. In guten wie in schlechten Zeiten gehören wir zusammen. Außerdem könnte so ein vorehelicher Vermögensvertrag zum Bumerang werden.“ Er grinste frech. „Immerhin bist du diejenige mit einer gutbezahlten Arbeitsstelle.“ „Du hast noch keine neue Arbeit gefunden?“ wollte sie wissen. „Ich suche erst seit einigen Tagen. Bisher haben sich zwei Möglichkeiten geboten, aber es ist nichts Festes.“ Er zog das Sweatshirt über den Kopf. „Es war schon unglaublich dumm von mir, dir eine Predigt wegen deiner finanziellen Lage zu halten, und jetzt hast du diese tolle Stelle an Land gezogen, ohne auch nur das
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Haus zu verlassen.“ „Ich bin immerhin mit der Fähre nach Nantucket gefahren.“ „Nimmst du alles so wörtlich?“ Sie stöhnte frustriert, als sie sich abmühte, die Arme in die nassen Ärmel ihrer Bluse zu schieben. „Gib dir keine Mühe.“ Quinn nahm ihr das Hemd weg und wickelte sie in die feuchte, raue Decke. „Ich würde sie dir ohnedies bald wieder ausziehen.“ Sie gingen über den feuchten Strand zum Parkplatz hinauf. Das Haus kam in Sicht. Hinter den Fenstern im ersten Stock brannte Licht. Impulsiv rannte Molly darauf zu und ließ Quinn mit der Decke zurück. Von der Taille aufwärts nackt lief sie über den Parkplatz und mitten auf der Straße weiter und lachte nur über Quinns Rufe, während er versuchte, sie mit der Decke einzuholen. Als ob jemand in dieser verregneten Nacht ihre Brüste sehen würde! Sie blieb stehen, vollführte einen kleinen Siegestanz im Regen und stieß einen Freudenschrei aus. Quinn hielt sich gar nicht erst mit der Decke auf, sondern legte sich Molly über die Schulter, trug sie zum Haus und zählte dabei laut jene Körperteile auf, die nur noch er zu sehen bekommen durfte, jetzt, wo sie verlobt waren. „Sind wir das denn?“ fragte sie schelmisch. Noch war sie nicht bereit, zuzustimmen und ihn aus seinem Elend zu erlösen. Schon jetzt freute sie sich darauf, wenn er sie tage- oder sogar wochenlang auf seine unnachahmliche Weise überreden würde. Er stieß die Haustür auf und stieg die Treppe hinauf. Dann sind wir eben so gut wie verlobt“, stellte er fest. “Das reicht.“ In diesem Moment beschloss Molly, diesen Mann mit den Gigolo-Augen nie mehr loszulassen. – ENDE –
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