Einsatzkommando Andromeda von Roland Rosenbauer ISBN:
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Einsatzkommando Andromeda von Roland Rosenbauer ISBN:
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PROLOG
Es ging Schlag auf Schlag! Zuerst war der Notruf von Kilnis II gekommen, einem Planeten, der zur Swift-Föderation gehörte. Der Lichtspruch war stark verstümmelt und brach unvermittelt ab. Die QUEEN JANIS patrouillierte im Gebiet der Ursa Minor, am Rand des terranischen Einflußgebiets. Ray III, der Kommandant des Patrouillenraumers, befahl den Anflug auf das Kilnis-System. Zwar konnte es dadurch später zu diplomatischen Verwicklungen kommen, doch das störte Ray jetzt nicht. Not ging vor Diplomatie. Kilnis war ein sehr junger Stern mit acht Planeten. Aber als die QUEEN JANIS dort eintraf, gab es das System nicht mehr. Der Stern war nicht zur Nova geworden. Ruhig wie ein Leuchtfeuer stand er im Raum. Die Planeten allerdings waren nicht mehr vorhanden. Nur Asteroiden, strahlende Staubwolken und Geröll zogen dort ihre Bahnen, wo eigentlich Planeten hätten sein sollen. Etwas Unvorstellbares mußte hier geschehen sein... Ray III gab sofort Gefechtsalarm, obwohl kein feindliches Raumschiff in der Nähe war. Eine unheimliche Stille breitete sich im System aus. Die Funkzentrale empfing keinen einzigen Impuls. Der Kommandant wollte eben seinen Bericht auf das Logband sprechen, als ein gewaltiger Stoß durch das Schiff ging. Die Umformer, die das Schirmfeld aufrecht erhielten, heulten alarmierend auf. Die Erschütterung warf Ray gegen ein Instrumentenbord. Er schrie unterdrückt auf. Plötzlich begann sein Arm unerträglich zu schmerzen. Als er ihn ansah, stellte er fest, daß er gebrochen war. Unvermittelt fiel sein Blick auf den Panoramaschirm. Der Androide erschrak, als er die drei pfeilförmigen Raumschiffe sah. Grüne Strahlenbündel gingen von den Schiffen aus und schlugen in die Schirmfelder der QUEEN JANIS ein. Aber die Orterzentrale hatte doch kein Schiff ausgemacht! Noch immer zeigten die Geräte nichts an. Die Reflektoren der Pfeilschiffe waren perfekt. Jay Romlus, der Erste Offizier, lag betäubt am Boden. Er hatte sich den Hinterkopf am Kartentank aufgeschlagen. Ray berührte den Kontakt des Interkoms. "Feuerleitzentrale! Sofort Feuer erwidern. Zeigt den Darts mal, was wir können!" Der Waffeningenieur bestätigte nicht. Statt dessen tasteten sich drei Energiefinger durch das All und hüllten die fremden Schiffe in farbige Energiekaskaden. Die Fremden feuerten ungestört weiter. "Hier Maschinenraum", tönte es aus dem Interkom. "Wir haben nicht genug Energie für die Schirmfelder. Entweder wir stellen das Feuer ein, oder die Schiffshülle fliegt uns um die Ohren!" Ray III zögerte. Konnte er den Rückzug verantworten? Welche neue Macht war da nur wieder aufgetaucht? Um Schiffe der Swifts konnte es sich nicht handeln. Die Echsenwesen flogen ausschließlich Diskusschiffe. Noch dazu so klapprige, daß die QUEEN JANIS Copyright 2001 by readersplanet
spielend mit einer kleinen Flotte davon fertig geworden wäre. "Feuer einstellen! befahl der Kommandant schweren Herzens. "Hyperspace-Triebwerke anlaufen lassen. Auf Fluchtgeschwindigkeit gehen!" "Hyperspace-Flug unmöglich", kam die prompte Antwort aus dem Maschinenraum. "Schirmfelder verbrauchen sämtliche Energien. Gegenwärtige Belastung bei fünfhundert Prozent!" In diesem Moment wurde die QUEEN JANIS von einer vollen Breitseite getroffen. Strukturlücken bildeten sich im Schirm. Zehn Prozent der Fremdenergie schlugen vernichtend auf die ungeschützte Hülle des Patrouillenraumers auf. Der Hyperspacewürfel am unteren Pol des Kugelraumers löste sich in seine Atome auf. Die QUEEN JANIS war nicht mehr überlichtflugtauglich. "Feuer im Hangardeck", kam die nächste Hiobsbotschaft über Interkom. Ray verschloß seinen Raumanzug und ließ den Helm in seinem Verschluß einrasten. Plötzlich implodierte der Panoramaschirm. Wie Geschosse flogen die Trümmer durch die Zentrale. Einer der Trümmer erwischte Romlus und schnitt ihm den Rücken auf. Ray beugte sich über seinen Ersten Offizier. Es war zu spät. Hier konnte er nicht mehr helfen. Der Androide wußte, daß er verloren war. Die QUEEN JANIS war nicht mehr zu retten. Da die Hangarsektion brannte, konnte er auch nicht in einem Beiboot fliehen. Ray bereitete sich seelisch auf den Tod vor. Die Pfeilschiffe feuerten noch immer. Ray hatte ihnen den Namen Darts gegeben, weil sie wie Wurfpfeile aussahen. Der Androide mußte sich beeilen, wenn er der Erde noch eine Nachricht zukommen lassen wollte. Vielleicht verblieb ihm noch genügend Zeit, eine ID-Matrix aufzunehmen und die neuen Daten mit einer Peilboje auszuschleusen. Er mußte es versuchen! Ray IV würde seinem Vorgänger für ein komplettes Erinnerungszentrum dankbar sein...
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1.
Shelly erwachte vom Miauen ihrer Katze. Ein flüchtiger Blick auf die Leuchtanzeige des Weckers sagte ihr, daß es bereits zehn Uhr war. Das Mädchen blinzelte. Dann rieb es sich den Schlaf aus den Augen. Das Zimmer war stockdunkel. "Fenster, öffne dich!" murmelte Shelly beschwörend und schickte einen Gedankenimpuls in Richtung Fenster ab. Sofort wurde es hell. Die Scheiben wurden transparent und glitten in die Wand. Der Tag war warm und klar - ein schöner Sommermorgen. Die Katze kratzte an der Tür, und das Mädchen öffnete mit einem kurzen Gedankenimpuls. Schnurrend schlich das Tier ins Zimmer. Shelly stand auf. Die Katze strich um ihre Beine. Das Mädchen streichelte ihr Lieblingstier mit dem Fuß. Das Fell fühlte sich weich und warm an. Mit einem schnellen Sprung war die Katze auf dem Bett und rollte sich in der Mulde zusammen. Shelly lächelte. Sie lief in die kleine Naßzelle und ließ sich von der Robotautomatik duschen, massieren und kämmen. Dann putzte sie sich telekinetisch die Zähne. Indessen wurde ihr Körper von der Automatik getrocknet. Beim Verlassen der Zelle konzentrierte sich das Mädchen auf ihre Kleider, die über der Lehne eines Sessels hingen. Ein kurzer Befehlsimpuls, und die Textilien flogen auf das Mädchen zu. Kurz darauf war Shelly angezogen. Sie warf einen letzten Blick auf die schlafende Katze und verließ das Zimmer. Die Robotküche befand sich eine Etage tiefer. Vor dem Garderobenspiegel verhielt das Mädchen einen Augenblick und betrachtete sich. Der Robotfriseur ihrer Reinigungszelle hatte ihr Haar etwas aufgehellt, so daß es jetzt wie Gold schimmerte. Die Maschine hatte das lange Haar gekonnt über Shellys Armstümpfe gelegt. Das Mädchen besaß keine Arme. Die Natur hatte Shelly aber durch die Gabe der Telekinese reichlich für die fehlenden Gliedmaßen entschädigt. Nur die Jungen wollten von Shelly nichts wissen... Sie hatte einen Brieffreund gehabt, mit dem sie sehr lange korrespondierte. Als der Junge jedoch Shelly eines Tages besuchte, um sie persönlich kennenzulernen, war die Freundschaft vorüber. Vielleicht hätte er die fehlenden Arme sogar noch verkraftet, aber die Gabe der Telekinese war ihm unheimlich gewesen. Nur Androiden durften PSI-Fähigkeiten besitzen. Menschliche Mutanten waren verpönt., Shelly verstand dies nicht. Schon öfters hatte sie ihren Vater gefragt, warum das so war. Er hatte nichts darauf geantwortete. Obwohl Ravis Hand terranischer Verteidigungsminister war, schien auch er nicht zu wissen, weshalb gerade menschliche Mutanten von der Gesellschaft geächtet wurden. Dabei waren die PSI-Androiden sogar sehr gern gesehen. Immer neue Züchtungen wurden entworfen. Warum haßte man dann aber menschliche Mutanten? Shelly passierte die schwarze Marmortreppe und betrachtete flüchtig das Spiel der Springbrunnen im Wohnzimmer. Auch Marmor war einmal weiß gewesen - in der Neuzeit Copyright 2001 by readersplanet
färbte man ihn schwarz. Es war verrückt. Aber vielleicht erwartete man von einem Verteidigungsminister Extravaganzen. An sich fand Shelly ihren Vater ganz normal. Mit Ravis Hand, ihrem Vater, verstand sich das Mädchen sehr gut. Er war der einzige Mensch, zu dem sie wirklich Vertrauen hatte. Die anderen begegneten ihr alle mit Mißtrauen und Verachtung. Lustlos nahm sie ihr Frühstück ein. Es wollte ihr heute nicht so recht schmecken. Daß sie aber auch jeden Tag an ihre Einsamkeit erinnert wurde! Doch was sollte sie daran ändern? Nach dem Frühstück wanderte sie ruhelos durch das Haus. Sie mußte noch ihre Tiere füttern. Sie waren das einzige, was sie wirklich hatte. Am Dachboden besaß sie einen richtigen kleinen Zoo. Der kleine Touwin, den ihr Vater einmal aus der galaktischen Eastside mitgebracht hatte, war ihr Lieblingstier - eine Kreuzung etwa aus Affe und Pinguin, nur mit einer türkisfarbenen Schuppenhaut. Der kleine Touwin war halbintelligent und durfte oft frei im Haus herumlaufen. Shelly würde ihn später auch wieder aus dem Käfig nehmen. Hoffentlich fing er nicht wieder an, die Katze zu ärgern. Aber er tat keinem anderen Wesen etwas zuleide. Nur schien es ihm einen Höllenspaß zu bereiten, andere Tiere zu erschrecken. Das Interessanteste an dem Touwin aber war, daß er Shellys Paragabe um das Dreifache verstärken konnte, wenn sie sich auf sein Gehirn konzentrierte. Das kleine Wesen war ein perfekter PSI-Verstärker. Außer Shelly wußte aber niemand davon. Nicht einmal ihrem Vater, dem sie sonst alles sagte, hatte sie davon erzählt. Ein unbestimmtes Gefühl hatte sie bisher immer davon gewarnt. Aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters tönte leises Stimmengewirr. Also hatte er wieder einmal Besuch. Sicher ging es um höhere Politik. Shelly wollte nichts davon wissen. "... die Darts überhand... werden Ray wecken müssen... starten Einsatzkommando Andromeda unter seiner Leitung..." Mehr hatte sie nicht aufgeschnappt: Aber sie konnte sich ohnehin vorstellen, worum es ging. Die Worte Darts und Andromeda hatten ihr genug gesagt. Sicher handelte es sich um die Roboterrasse, die die Galaxis mit ihren pfeilförmigen Raumschiffen überflutete. Es wurde gemunkelt, daß die Maschinenwesen aus Andromeda kamen. Die Roboter vernichteten erbarmungslos jede organische Lebensform. Die Rasse der Centers, die einst das Zentrum der Galaxis bevölkert hatte, war bereits fast vollständig ausgelöscht worden. Die verbündete Menschheit hatte den Vogelwesen nicht helfen können. Noch immer gab es keine Möglichkeit, die starken Schirmfelder der Dartschiffe zu durchbrechen. Man konnte nur hoffen, daß sie die Erde nicht früher entdeckten, als bis eine starke Waffe gegen die Roboter erfunden worden war. Nun hatte Shelly den Dachboden erreicht. Sie versorgte ihre Tiere und nahm den Touwin aus dem Käfig. Das Tier quietschte vergnügt, als Shelly es streichelte und dann laufen ließ. Shelly verschloß den Dachboden. Als sie den Impulsschlüssel einsteckte, sah sie, daß der Touwin mit größter Freude die Treppe hinabrollte. Das Wesen überschlug sich mehrmals, aber es schien ihm nichts auszumachen. Shelly öffnete die Tür und gab dem Touwin einen leichten telekinetischen Schubs, so daß er ins Freie sprang. Sie folgte ihm und setzte sich auf die Veranda. Dabei ließ sie ihre nackten Füße in den Swimmingpool hängen. Das Wasser war warm und lud zu einem Bad ein. Später, dachte sie und sah dem Touwin nach, der im Gebüsch des Parks verschwand. Wenn er Hunger bekam, würde er wieder zurückkommen. Sie konzentrierte sich auf ein Schiffsmodell, das am gegenüberliegenden Beckenrand schwamm, und ließ es auf sich zutreiben. Das Schiff bewegte sich wie ferngesteuert. Das Mädchen ließ es Kurven, Rechtecke und Kreise fahren. Sie war so in dieses Spiel vertieft, daß sie den Mann nicht bemerkte, der sich hinter sie stellte und ihr zusah. Copyright 2001 by readersplanet
Erst als sie seinen schwachen Schatten aus den Augenwinkeln wahrnahm, fuhr sie zusammen und drehte sich um. Ein sympathisches Gesicht lächelte sie an. "Hallo", sagte der Fremde. "Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu sehr erschreckt?" Sie schüttelte nur stumm den Kopf. "Wie machen Sie das?" fragte er und deutete auf das Schiff. "Fernsteuerung ist es doch nicht, oder?" Wieder schüttelte sie den Kopf. Shelly schluckte. "Telekinese", sagte sie schwach. "Dachte ich es mir doch", entgegnete er. "Sie machen das gut." "Danke", hauchte das Mädchen. Sie verstand gar nichts mehr. Wieso verschwand er nicht? Hatte er keine Angst vor ihr? Noch nie zuvor hatte sie so etwas erlebt. Plötzlich griff etwas nach ihrem Gehirn. Sie spürte es leicht, konnte aber die Ursache nicht ergründen. Ihr Gehirn schien etwas Unbestimmtes in sich aufzusaugen. Sympathie! Ja, es war Sympathie. Sie empfand plötzlich eine Art Verbundenheit mit diesem Mann. Ihn umgab eine Aura, die ihr sofort Vertrauen einflößte. "Sie sind. die Tochter des Verteidigungsministers, nehme ich an." Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. "Ja", antwortete sie. "Warum haben Sie keine Angst vor mir?" "Wegen Ihrer Paragabe?" "Ja." "Aber ich bitte Sie, das ist doch kein Grund, einen Menschen zu fürchten!" Wieder spürte sie diese Flut von Sympathie in ihrem Gehirn. "Alle anderen haben Angst vor mir!" "Mag sein. Die Menschen sind menschliche Mutanten eben noch nicht gewohnt. Sicher ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis es mehrere Menschen Ihrer Art gibt. Andro-Mutanten verachtet man schließlich auch nicht. Man hat erkannt, daß man sie braucht und hat sich an sie gewöhnt." "Haben Sie meinen Vater besucht?" wechselte sie das Thema. "Ja. Es ging wieder einmal um Politik. Kleine Mädchen wird das aber wohl nicht so sehr interessieren." Sie schnaufte auf. "Erstens bin ich siebzehn und somit kein kleines Mädchen mehr, und zweitens interessiere ich mich sehr wohl für Politik. Immerhin ist der Verteidigungsminister mein Vater!" "Entschuldigung." Ein feines Tasten in ihrem Gehirn verlieh diesem Wort einen unglaublichen Nachdruck. Im gleichen Augenblick hatte sie dem Fremden verziehen. "Wer sind Sie?" wollte Shelly wissen. "Nennen Sie mich Tim", sagte er und blickte auf seine Uhr. "Es ist schon spät", bemerkte er. "Ich muß jetzt gehen, aber ich komme wieder!" Er lächelte ihr zu und Shelly sah ihm nach, wie er die lange Promenade hinunterging und vor dem Eingangstor in einen Gleiter stieg. Das merkwürdige Sympathiegefühl klang noch immer in ihrem Gehirn nach. Ein seltsamer Mann, dieser Tim, dachte sie. Hoffentlich kam er bald wieder einmal vorbei.
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2.
Man schrieb den 28. August 4056, als Ray IV erweckt wurde.. Es handelte sich genaugenommen um eine Wiedergeburt. Die Peilboje mit der letzten ID-Matrix von Ray III war gefunden und geborgen worden. Es hatte ein halbes Jahr gedauert, bis sie endlich die Erde erreicht hatte. Inzwischen hatte man die Gefahr, die von den Darts ausging, längst erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen. Leider war bisher noch kein Angriff gegen ein Dartschiff von Erfolg gekrönt gewesen. Lediglich einmal konnte ein Überwachungskreuzer eines dieser Schiffe aufbringen, aber nur, weil es von vornherein beschädigt gewesen war. Die Ursache des Schadens war nicht bekannt. Im Schiff selbst fand man nur Roboter vor. Durch gespeicherte Positronikdaten waren interessante Fakten ans Tageslicht gekommen. Demnach handelte es sich um eine Roboterrasse, die ihren Ursprung in der Andromedagalaxis haben mußte. Man erwartete sich zwar einiges von Ray IV, rechnete aber nicht mit neuen Daten. Der Zusammenstoß der QUEEN JANIS mit einem Dartschiff war der erste dieser Art gewesen. Aber bei weitem nicht der letzte... Der Androide Ray wurde also zum vierten Mal geboren. Um einen Androiden zu erzeugen, benötigte man als erstes einen Menschen, der sich zur Verfügung stellte und einige lebende Zellen seines Körpers abgab. Oft wurden auch die Körper frisch Verstorbener verwendet, falls die Angehörigen nichts dagegen hatten. Anschließend wurde die Zelle mit dem potentesten Gen-Kode in eine genetisch neutrale Zellkultur eingebracht. Aus dieser Kultur entstand dann mit der Zeit ein Androide, indem der Kultur, nachdem sie sich zur spezifizieren begann, lebensfähiges Nervengewebe eingepflanzt wurde. Aus diesem Gewebe entwickelte sich dann das Nervensystem des künstlichen Menschen. Dieses Nervensystem blieb aber bewußtseinsneutral. Erst nachdem sich das Gehirn vollständig ausgebildet hatte, pflanzte man ihm positronische Erinnerungsdaten ein, die den Körper mit der Zeit beseelten. Bei einer Wiedergeburt des verstorbenen Androiden wurde ähnlich verfahren. An Stelle der positronischen Erinnerungsdaten erhielt ein wiedergeborener Androide die Informations-Bewußtseinsschablone des toten Vorgängers. Damit nahm er automatisch die tatsächlichen Erfahrungen des Toten auf, die dieser bis zum Tag der Aufzeichnung gemacht hatte. Alle sechs Monate wurde deshalb eine neue ID-Matrix erstellt und die vorhergehende vernichtet. Beim Tod eines Androiden sollten so wenig Daten wie möglich gelöscht werden. Ray IV war wohl der erste Androide, dessen Wissen bis kurz vor den unmittelbaren Todeszeitpunkt reichte. Die Informationsspulen liefen noch, als er erwachte. Das erste, was er empfand, war ein schmerzhaftes Ziehen im rechten Arm. Als er ihn sich ansah, merkte er, daß er gebrochen war. "Das Erbe meines Vorgängers", murmelte er und versuchte, sich an seine Stimme zu gewöhnen. In seinem Kopf dröhnte es, von abwechselndem Wissen unterbrochen. Die letzten brachliegenden Gehirnteile wurden mit Wissen gefüttert - Informationen, die den sterbenden Körper seines Vorgängers gerade noch rechtzeitig verlassen hatten. Im gleichen Augenblick erlebte er den Untergang der QUEEN JANIS noch einmal so intensiv mit wie Ray III kurz vor seinem Tod. Die ID-Matrix entstand zwischen dem Höllenfeuer aus den Dart-Kanonen und der brennenden QUEEN JANIS. Copyright 2001 by readersplanet
Es war ein Wunder, daß die Peilboje unbeschadet aus diesem Inferno hatte entkommen können... Das alles spielte sich im Zeitraum weniger Nanosekunden ab; obwohl Ray IV später das Gefühl hatte, als müßten Stunden vergangen sein. Als ein leises Klicken das Ende der Hypnoschulung ankündete, öffnete Ray erneut die Augen. Eine Regenerationsassistentin stand vor seiner Pneumoliege und lächelte ihn an. Er versuchte ebenfalls zu lächeln, brachte aber nur ein verzerrtes Grinsen zustande. Wie fühlen Sie sich? dachte das Mädchen. "Danke, gut", sagte er. "Ihre Paragabe funktioniert also auch noch", stellte sie fest. "Wie steht es um die Suggestionskraft?" "Keine Ahnung", antwortete er. "Ich werde es später ausprobieren." Sie nickte. "Lassen Sie sich nur Zeit, es eilt nicht. Wichtiger ist jetzt ihr Arm. Doktor Huelter erwartet Sie bereits."
* Der goldene Pfeil blieb auf dem Bildschirm. Es war keine Täuschung. Scheinbar bewegungslos stand er im Raum zwischen den spärlich gesäten Sternen, die den Rand der Milchstraße bildeten. "Da ist wieder einer!" Oberst Michael Saxon, der Kommandant des schweren Raumkreuzers MONTROSE, versuchte vergeblich, seiner Stimme einen gelassenen Klang zu verleihen. Sein Manöver wurde sofort durchschaut. Kein Wunder, denn die Hälfte der Besatzung bestand aus Andro-Mutanten. Von diesen waren wiederum elf Telepathen. "Diesmal dürfen wir ihn nicht verlieren, Sir. Solange er allein ist, haben wir vielleicht gute Chancen, seine Abschirmung zu durchbrechen." Saxon nickte. "Es ist ein Todeskommando. Hätten wir nicht diesen neuartigen Ortungsschutz, dann hätte er uns sicher schon geortet." "Die Terraner haben schnell gelernt", entgegnete Craamh, ein Androide, der zur Rasse der Swifts gehörte. "Früher vermochten wir einen Dart nicht einmal zu orten, und jetzt ist es schon umgekehrt. Vielleicht vertreiben wir die Robs doch noch aus unserer Milchstraße!" "Hoffen wir das Beste", erwiderte Saxon und wandte sich an den Navigationsoffizier: "Direkten Kurs, auf das fremde Objekt!" Plötzlich materialisierte ein hünenhafter Neger in der Zentrale, genau vor Saxons Kommandantensessel. "Die Teleporter sind bereit, Sir!" "Danke, Umubi VII. Ihr wollt es also wirklich wagen...?" "Wären wir sonst an Bord gekommen? Wir werden es heute schaffen", sagte er mit eindringlicher Stimme. "Ein PSI-Block aus zehn Teleportern, der noch dazu elf Telepathen als Rückendeckung hat, muß einfach durchkommen. Die PSI-Energien dieser Vereinigung sind nahezu unerschöpflich!" "Ich würde es gerne glauben", murmelte der Kornmandant. "Viel Glück!" "Danke. "Kritische Distanz erreicht, Sir", bemerkte der Navigator in diesem Augenblick. Michael Saxon nickte Umubi nur kurz zu, dann war der Teleporter auch schon entmaterialisiert. Finster starrte der Kommandant auf den Bildschirm. Er wollte nicht noch Copyright 2001 by readersplanet
mehr Leute verlieren. Obwohl die Androiden beliebig oft reproduzierbar waren, blieben sie für den Oberst Menschen, auch wenn sie in der Retorte geboren waren. Man durfte menschliches Leben nicht sinnlos verschwenden. Androiden waren keine Marionetten...!
* Die zehn Mutanten standen auf der Kugelhülle der MONTROSE, in der Nähe des Nordpols. Das Polgeschütz zeichnete sich als schwarzer Schatten im Hintergrund ab. Die Massenanziehung der riesigen Kugel hielt die Androiden fest. Um sie herum war das All. Das Dartschiff war mit bloßen Augen nicht zu erkennen, aber die Telepathen standen mit den Gehirnen der Teleporter in Verbindung. Obwohl die Teleporter nicht senden konnten, vermochten sie doch telepathisch an sie gerichtete Sendungen zu empfangen. Die Mutanten konzentrierten sich. Sekunden vergingen in verstärkter nervlicher Anspannung! Dann kam der auslösende Gedankenimpuls: Worauf wartet ihr noch? Die Mutanten faßten sich an den Händen und bildeten jetzt einen psionischen Kreis. Die Energien flossen nicht weiter ab. Letzte Konzentration auf die laufenden Angaben der Telepathen - dann entmaterialisierte der Kreis der zehn. Sie wiederverstofflichten mitten in der Unendlichkeit. Die MONTROSE war verschwunden, irgendwo im All untergetaucht. Die Mutanten hatten ihr Ziel um einige Kilometer verfehlt. Das Dartschiff stand scheinbar bewegungslos vor ihnen, aber tatsächlich raste es mit der gleichen Geschwindigkeit durch den Raum wie sie. Erneute Konzentration - Teleportersprung... Eine Zehntelsekunde später war die Welt um die Mutanten herum in flammendes Feuer getaucht. Grelle Strahlen versuchten, ihre Augen zu blenden. Der Hyperraum streckte seine Finger nach dem PSI-Kollektiv aus. Die psionischen Energien der Teleporter erlahmten. Wie ein gigantischer Trichter war plötzlich der Hyperraum über ihnen und drohte sie in sich aufzusaugen. Allein konnten sie es nicht schaffen... Da griffen die Telepathen ein! Das Kollektiv wurde wieder aufgeladen. Die Konzentration der Mutanten steigerte sich ins Unermeßliche. Die grellen Strahlen verblaßten. Das Feuer erkaltete. Plötzlich stieß der Hyperraum das Kollektiv ab. Als sie die Augen öffneten, standen sie auf der Hülle des fremden Schiffes. Sie schalteten ihre Armbandfunkgeräte auf geringste Intensität, um die Abhörgefahr soweit wie möglich zu verringern. Tim IX beugte sich hinab, um das Metall der Hülle genauer in Augenschein nehmen zu können. "Genau wie bei dem anderen Schiff", wandte er sich an seine Kollegen. "Alles unbekannte Legierungen. Und alt, sehr alt. Das Schiff fliegt schon lange durchs All!" Tim hatte die Hand seines Nachbarn nicht losgelassen. Zu seiner Rechten stand Umubi VII, zu seiner Linken ein katzenförmiger Androide aus der Rasse der Weloifter: Raahmn. "Der Dart ist über hundert Meter lang", bemerkte der Weloifter mit gutturaler Stimme. "Die Ortergeräte wurden also doch getäuscht. Der Astrogator der MONTROSE errechnete nur eine Länge von sechzig bis siebzig Metern." "Vielleicht Wellenumlenkung", überlegte Umubi laut. "Aber lassen wir das Palaver. Ich bin dafür, daß wir ins Schiff eindringen." Das Kollektiv konzentrierte sich und entmaterialisierte. Copyright 2001 by readersplanet
Sie wiederverstofflichten in einem kugelförmigen Raum. Der Boden war begradigt und in der Mitte geteilt. Die Wände schimmerten in einem düsteren Rot. Hier brannte kein Licht. Trotzdem war es hell. Aus der Trennlinie in der Mitte des Bodens drang grelles Licht in den Vorraum. Die beiden Schotthälften des Bodens schoben sich auseinander. Das Licht wurde noch greller. Die Temperatur im Raum stieg rapide an. Das Rot der Wände strahlte intensiver. Es wurde unerträglich heiß. Die Mutanten hatten die Flugaggregate ihrer Kampfanzüge aktiviert, trotzdem sanken sie immer tiefer. Plötzlich drängte sich die folgenschwere Erkenntnis in Umubis Gehirn: Sie befanden sich in der Vorkammer zum Atomkonverter! Damit war die Energiefrage der Dartschiffe geklärt. Sie besaßen eine Einrichtung, die aus jeglicher Materie Energie gewinnen konnte. Man legte das vorhandene Material in die Vorkammer. Dort wurde es durch eine automatische Abtasteinrichtung untersucht und weitergeleitet. Was nicht verwertet werden konnte, wurde ausgestoßen. Die Luken über ihnen mußten Abfallschleusen sein. Der Rest wurde in den Konverter befördert, wo die Energieumwandlung stattfand. Jede Materie konnte umgewandelt werden. Auch organische! In Sekundenschnelle begriff Umubi, daß sie in eine Todesfalle geraten waren. Durch irgendeinen dummen Zufall waren sie hier materialisiert. "Zurück", schrie der Mutant in sein Funkgerät. "Raus hier - Konzentration auf die Schiffshülle!" Sekunden später standen sie wieder auf der Schiffshülle. "Das war knapp", stöhnte Tim IX auf. "Wir sollten sofort die Zentrale suchen. Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns trennen. Einzeln..." "Nein!" unterbrach Umubi die Überlegungen seines Kollegen. "Wir werden hier gar nichts mehr tun. Unser Auftrag lautete, daß wir versuchen sollten, den Schutzschirm des Dartschiffs zu durchdringen. Das haben wir erfolgreich geschafft, deshalb werden wir jetzt umkehren. Dem Einsatz der Einsatzgruppe Andromeda steht nun nichts mehr im Wege!" Fünf Minuten später befand sich das Einsatzkommando wieder unbeschadet an Bord der MONTROSE. Umubi meldete Kommandant Saxon die vollzählige Rückkehr der Mutanten. Kurz darauf ließ Michael Saxon den Rücksturz zur Erde vorbereiten. Der große Schlag gegen die Robotflotte konnte eingeleitet werden...
* Zwei Tage nach der Wiedererweckung war Rays Arm vollständig genesen. Die moderne Medizin des einundvierzigsten Jahrhunderts konnte fast alles in Rekordzeit heilen. Knochenbrüche waren für die Ärzte nahezu ein Kinderspiel. Das einzige, was der Galaktomedizin der Erde immer wieder Sorgen bereitete, waren aus dem Kosmos eingeschleppte Seuchen. So etwas trat seit knapp zweitausend Jahren regelmäßig auf, wenn auch nicht mehr so häufig wie im zweiundzwanzigsten Jahrhundert. Ray IV saß in seinem Zimmer im Regenerationszentrum und sah sich einen Videofilm an. Jemand klopfte an die Tür. "Herein", sagte der Mutant und schaltete das Videogerät aus. Es war Oberregenerator Ernest Allgore. Er hielt sich für den einzig Regenerationsbedürftigen im R-Center. Mit Leichenbittermiene schlich er immer durch die Gänge der einzelnen Sektionen.
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"Androiden sind eine besondere Art von Lebewesen", pflegte er stets zu sagen. "Ein Andro-Mutant zehrt an der körperlichen Substanz eines Regenerators." Allgore war aber wohl der einzige Arzt, der etwas ausgezehrt wirken mochte. Er war an die zwei Meter groß und ausgesprochen hager. Von seiner Gestalt her kam auch sein Spitzname: Altes Knochengerippe! Mit säuerlicher Miene betrat er das Zimmer des Mutanten. Nach einem flüchtigen Gruß sagte er: "Folgen Sie mir bitte, mein Herr. Da ist jemand, der Sie sprechen möchte - der Verteidigungsminister..." "Ich weiß", sagte der Mutant nur. Der Oberregenerator blickte seinen Patienten verwundert an. Ray lächelte. "Es steht in Ihren Gedanken", eröffnete er dem verblüfften Arzt. "Halten Sie mich nicht für einen Gedankenspion - Ihre Gedanken waren lauter als Ihre Worte...!" Der Regenerator errötete und versuchte vergeblich, seine geheimsten Gedanken zu verbergen. Unmöglich. Wenn dieser Mensch erfahren würde, was er gestern in der Demon-Bar alles... "Nicht daran denken"; sagte der Mutant. Wieder errötete der Regenerator und versuchte krampfhaft, seine intimsten Geheimnisse zu verbergen. "Folgen Sie mir", krächzte er. Seine Stimme versagte ihm fast den Dienst. "Sie haben doch tagtäglich mit Mutanten zu tun", bemerkte Ray IV verwundert. "Haben Sie es denn nie für nötig gefunden, sich mentalstabilisieren zu lassen?" Allgore schüttelte den Kopf. "Bisher nicht. Aber sicher werde ich das sehr bald nachholen!" Ray grinste. Das Büro des Oberregenerators war ein Musterbeispiel akademischer Phantasielosigkeit. Die Wände waren so weiß wie Allgores frischgereinigter Kittel. Der schwere Metallschreibtisch war mit Papierstapeln bedeckt. Auf der Ablage lagen die Röntgenbilder von wiedererweckten Androiden wahllos durcheinander. Das Nebenzimmer zum Büro war peinlichst aufgeräumt. Sogar einige Blumenstöcke standen in der Ecke. Hinter einem runden Glastisch in der Mitte des Raums saß Ravis Hand. Ray merkte sofort, daß der Verteidigungsminister mentalstabilisiert war. Trotzdem umgab den Mann eine seltsame Aura aus Sympathie und Würde, wie man sie sonst nur bei Telepathen und Empathen fand. Hand war aber kein Mutant. Ray schrieb die Aura der Persönlichkeit des Verteidigungsministers zu. Der Mann war ihm sofort sympathisch. "Guten Abend", sagte Hand. Dabei erhob er sich und reichte Ray die Hand. Der Mutant setzte sich dem Verteidigungsminister gegenüber. "Lassen Sie uns bitte ein paar Minuten allein, Mister Allgore", wandte sich Hand höflich an den Regenerator. Allgore zog sich widerspruchslos zurück. "Ihr Schicksal hat mich sehr interessiert", begann Hand, als Allgores Schritte im Gang verklungen waren. "Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir die ganze Geschichte zu erzählen? Außer dem spärlichen Bericht auf der Peilboje hat die Regierung noch keine Informationen erhalten." "Natürlich nicht", entgegnete der Androide und erzählte seine Geschichte. Als er geendet hatte, war das Gesicht des Verteidigungsministers sehr ernst. "So ähnlich hatte ich mir das vorgestellt", murmelte er. Nun begann Hand seinerseits, dem Mutanten einen genauen Bericht über die Lage in der Galaxis zu geben. Je mehr Hand erzählte, desto ernster wurde Rays Gesichtsausdruck. Copyright 2001 by readersplanet
"Es scheint aussichtslos", endete der Verteidigungsminister. "Jeden Tag vernichten die Dartschiffe Hunderte von Raumschiffen und bewohnten Planeten. Sie scheinen geradezu einen Haß auf das Organische entwickelt zu haben. Sonnen, Asteroiden und leere Raumstationen bzw. Raumschiffswracks lassen sie in Ruhe. Die Robs müssen eine Antenne für organische Lebewesen haben. Die galaktische Eastside zum Beispiel ist bereits völlig verwüstet. Lediglich die Welten der Freew-Kollektivgesellschaft blieben verschont, was wohl nur darauf zurückzuführen ist, daß die Freew Pflanzenwesen und den Organischen ebenfalls nicht wohlgesinnt sind. Die menschlichen Expeditionen scheiterten kläglich auf den Freew-Welten. Die Einsätze endeten damit, daß jedes Expeditionsmitglied in ein Pflanzenwesen verwandelt wurde..." "Ray I starb auch auf einer Freew-Welt", erinnerte sich der Androide. "Als Ray III habe ich mich intensiv mit den Pflanzenvölkern befaßt." "Der Fall Ray I ist mir bekannt", sagte der Verteidigungsminister. "Ich glaube, Sie sind geradezu prädestiniert für Risikoeinsätze. Die Abenteuer Ihrer Vorschablonen sind sehr interessant, zu studieren." "Die QUEEN JANIS flog einen ganz normalen Patrouilleneinsatz..." "... und kam in eine gefährliche Situation, mit der Sie verhältnismäßig gut zurechtgekommen sind. Ray III hat genau das Richtige getan, indem er die ID-Matrix anfertigte." "Immerhin ist er dabei gestorben", bemerkte der Androide. "Aber das Leben eines Androiden zählt ja wohl nichts. Wir sind doch nur Nummern, Zahlen die ins Endlose wachsen können! Und jede dieser Nummern läßt einen toten Androiden zurück. Bedeutet Ihnen das etwas?" Eisige Stille senkte sich minutenlang über den Raum. Nach einer Weile sagte Hand: "Sie müssen den Auftrag nicht annehmen, wenn Sie nicht wollen." Der Androide zögerte bei seiner Entscheidung. "Worum geht es denn überhaupt?" fragte er. "Wir wollen ein Mutantenkommando nach Andromeda entsenden. Der Auftrag der Mutanten lautet, sich genau umzusehen und eventuell eine Möglichkeit zu finden, wie die Invasion zu stoppen wäre. Das Volk, das die Roboter hierhergeschickt hat, muß gefunden werden. Vielleicht lassen sich doch noch diplomatische Verhandlungen einleiten. Da wir nicht wissen, was Sie in der Nachbargalaxis vorfinden werden, haben Sie völlig freie Hand in der Art Ihres Vorgehens. Nur der Erfolg zählt! Der Tod muß von der Milchstraße abgelenkt werden!" "Und wie kommen wir nach Andromeda?" wollte der Androide wissen. "In einem Dartschiff!" Ray runzelte die Stirn. "Wie?" "Sie haben schon richtig gehört", gab der Minister zur Antwort. "Die MONTROSE ist zur Zeit unterwegs und versucht, ein Dartschiff zu finden. Mit Hilfe eines Teleporterkollektivs will man den dichten Schutzschirm durchdringen. Wenn dieser Versuch gelingt, ist der Weg für die Einsatzgruppe Andromeda geebnet. Sie werden dann auf ein Dartschiff teleportiert und gewissermaßen als blinder Passagier reisen. Es gibt eine feste Route, auf der regelmäßig Rückkehrflüge der Darts in Richtung Andromedanebel beobachtet wurden." "Blinde Passagiere also", murmelte der Mutant. "Und wie haben Sie sich gedacht, - sollte die Einsatzgruppe aussehen?" "Vorläufig ist an ein Sechs-Mann-Team gedacht: zwei Terraner, ein Swift, ein Weloifter und zwei Oroumier. Die PSI-Fähigkeiten der Leute werden dabei so aufeinander abgestimmt, daß sie eine schlagkräftige Einheit bilden. Vom Telepathen bis zum Zeitteleporter wird fast alles vertreten sein." Ray war beeindruckt. "Haben Sie schon Leute ausgesucht und gibt es bereits feste Zusagen?" "Natürlich. Der Swift Roolfs, ein Zünder, und der Weloifter Craumn befinden sich bereits hier auf der Erde in der Ausbildung. Die Regierung der Vereinigten Oroumierwelten hat versprochen, zwei geeignete Androiden auszubilden und zu gegebener Zeit zur Erde zu entsenden. Als zweiter Terraner wird noch Tim IX dem Einsatzteam zugeteilt - ich glaube, Sie kennen ihn?" Copyright 2001 by readersplanet
Der Androide nickte. "Tim und ich haben alles geplant", fuhr Hand fort. "Vor drei Monaten lud ich ihn in mein Haus ein. Den größten Teil des Planes hat er allein ausgearbeitet. Der Einsatz startet, sobald der Flug der MONTROSE erfolgreich abgeschlossen ist. Tim IX weilt zur Zeit auf diesem Schiff. Ein Mutantenkollektiv will von dort aus die Schutzschirme eines Dartschiffs durchdringen. Wir können nur hoffen, daß die Versuche gelingen. . " Die beiden Männer schwiegen. "Vier Mutanten sind also bereits ausgewählt", sagte der Verteidigungsminister schließlich. "Sie wären auf meiner Liste der fünfte. Machen Sie mit?" "Um den organischen Intelligenzen der Galaxis zu helfen - ja!" "Gut." Hand schien ein Stein vom Herzen gefallen zu sein. "Dann werde ich Sie zu gegebener Zeit in meine Wohnung einladen, um Ihnen die letzten Instruktionen zu erteilen. Bisher war alles Theorie. Demnächst werden unsere Ausbilder erst einmal einen brauchbaren Agenten aus Ihnen machen." "Also gibt es bald Arbeit", sagte Ray IV und erhob sich. "Ich werde mich wieder in meine Kabine zurückziehen. Gibt es noch etwas Wichtiges zu sagen, daß Sie vielleicht vergessen haben?" Verwirrt schüttelte Hand den Kopf und sah dem Androiden nach, wie er das Zimmer verließ. Noch nie hatte sich jemand dem Verteidigungsminister gegenüber so verhalten. Bahnte sich etwa eine Rebellion der Androiden an? dachte er.
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3.
Es vergingen mehr als drei Monate, bis Shelly Tim zum zweiten Mal sah. Man schrieb den 2. September 4056. Die MONTROSE war vor einer Woche auf der Luna-Raumbasis gelandet. Es war ein kalter Herbsttag. Shelly war ausnahmsweise einmal sehr früh aufgestanden. Irgendein Zufall hatte sie nach sieben Uhr nicht mehr einschlafen lassen. Sie stand vor dem Fenster und spielte telekinetisch mit einigen Blättern, die sie mit ihren Kräften hoch in die Lüfte trug. Es war interessant, dem Flug zuzusehen und ihn beliebig zu beeinflussen. Während sie in ihr Spiel vertieft war, hielten zwei Gleiter vor dem Eingangstor des Parks. Zwei Extraterrestrier stiegen aus. Shelly musterte die beiden Wesen, die sich auf das Haus zu bewegten. Das eine war eine Echse mit ledriger Haut und einem vogelähnlichen Schnabel. Die vier Arme wirkten plump. Beim Gehen stützte sich die Echse ab und zu auf ihren breiten Schwanz. Shelly erkannte in der Echse sofort einen Swift. Er war nur einen Meter groß. Die Swift hielten sich für die einzige tatsächlich intelligente Rasse der Galaxis und arbeiteten nur unter dem Druck der Umstände mit den Terranern zusammen. Der zweite Außerirdische war ein Weloifter. Das Wesen war humanoid und besaß einen Kopf wie eine terranische Katze. Über seinem natürlichen Fell trug das Wesen eine gelbe Einsatzkombination. Der Weloifter weckte sofort Sympathien in Shelly. Unbewußt erinnerte er sie an ihre Katze, die sich wieder einmal in Shellys Bett zusammengerollt hatte und schlief. Die beiden Wesen unterbrachen die Lichtschranke vor dem Haus. Sofort war im ganzen Haus ein leises Klingeln zu hören, das die Ankunft der Gäste ankündigte. Ein Haushaltsroboter ließ die Besucher ein. Ravis Hand hatte seiner Tochter gegenüber erst gestern die heutige Konferenz kurz erwähnt. Soviel Shelly wußte, ging es um einen Einsatz gegen die Darts. Die beiden Besucher mußten also Fremdmutanten sein - Einsatzandroiden aus benachbarten Sternenvölkern. Shelly kümmerte sich nicht mehr um die Fremden und spielte weiter. Eine halbe Stunde später parkte ein weiterer Gleiter vor dem Tor. Zwei Männer stiegen aus. Shelly erkannte Tim sofort wieder und rannte hinunter. Die beiden Männer hatten die Lichtschranke noch nicht durchschritten, als Shelly bereits die Tür öffnete. Sie schaltete die Glocke ab und wartete. "Hallo", begrüßte sie Tim" als er näher gekommen war. "Guten Tag", sagte der andere Mann. Tim lächelte. "Hallo." "Mein Vater ist im Arbeitszimmer", gab Shelly bekannt. "Ich werde euch hinführen." Wieder spürte sie endlose Sympathie für diesen stillen Mann, der sich Tim nannte. Die beiden Männer folgten ihr schweigend. Shelly fragte sich, was diese Androidenkonferenz bei ihrem Vater wohl ergeben sollte, als sie plötzlich unbewußt stehenblieb. Androidenkonferenz? War Tim etwa auch ein Androide? Ein Mutant? Copyright 2001 by readersplanet
Ray, der das plötzliche Anhalten des Mädchens nicht hatte voraussehen können, stieß mit Shelly zusammen, so daß sie nach vorn die Treppe hochfiel. Ray vermochte sich gerade noch am Geländer festzuhalten. "Verzeihung", murmelte er und half ihr beim Aufstehen. "Das konnte ich nicht voraussehen." "Meine Schuld", sagte Shelly schnell und wandte sich dann direkt an Tim: "Tim, sind Sie eigentlich auch ein Androide?" "Ja", erwiderte er, und seine Miene wurde um eine Nuance ernster. "Wußten Sie das nicht?" "Nein", gab das Mädchen zur Antwort. "Welche Fähigkeiten haben Sie?" "Ich bin Teleporter, Empath und Telepath!" "Also deshalb . ..", murmelte sie und begriff plötzlich die Ursache der Sympathieimpulse in ihrem Gehirn. Trotzdem fühlte sie, daß sich an ihrer Zuneigung zu diesem Mann nichts geändert hatte. Was machte es schon aus, wenn er ein Androide war? War er nicht trotzdem ein Mensch? "Sie finden mich wirklich sympathisch?" fragte sie ihn direkt. "Oder senden Sie diese Impulse in jedermanns Gehirn?" "Sie haben es also gemerkt." Er schmunzelte. "Kein Wunder, bei Ihren Fähigkeiten." Zu Ray gewandt, erklärte er: "Die Kleine ist Telekinetin." Ray zeigte sich beeindruckt. "Gratuliere", sagte er. "Natürliche Parafähigkeiten findet man selten. Sie sollten Ihre Gabe nutzen." Inzwischen standen sie bereits vor dem Arbeitszimmer des Verteidigungsministers. "Ich werde darüber nachdenken", sagte Shelly, während sie die Tür öffnete. "Vielleicht kann ich euch einmal nacheifern..." Tim lächelte ihr aufmunternd zu, dann schloß er die Tür hinter sich. Shelly blieb stehen. Heute wollte sie ein einziges Mal ihrem Prinzip zuwiderhandeln und an der Tür lauschen. Hoffentlich wurde Tim nicht in einen zu gefährlichen Einsatz geschickt... Sie kam nicht ein einziges Mal auf den Gedanken, daß Tim bereits achtmal gestorben sein konnte . .
* Ravis Hand begrüßte die beiden Neuankömmlinge mit ernster Miene. "Setzen Sie sich", sagte er und deutete auf eine Couch. "Wir werden den Einsatz umdisponieren müssen!" Ray zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Nachdem sie sich gesetzt hatten, fragte Tim: "Was ist passiert?" "Das Raumschiff der beiden Oroumiermutanten wurde auf dem Weg zur Erde angegriffen und vernichtet. Damit entfallen für uns die einzigen Dimensionswandler, die es in der Galaxis gab: Sie allein hätten die Kräfte der elf Teleporter entwickeln können, die, wie wir heute wissen, erforderlich sind, um den Schirm eines Dartschiffs zu durchdringen. Nun müssen wir Ihren ersten Plan, Tim, doch noch verwirklichen. Ein Teleporterkommando wird Sie an Bord des Dartschiffs absetzen und ohne Sie wieder zurückkehren. Leider existierte von der Parafähigkeit der Oroumier keine Schablone. Die Struktur war zu kompliziert." "Ohne die Dimensionswandler werden unsere Chancen in Andromeda stark sinken", gab Roolfs, der Swift, zu bedenken. "Das ist mir klar", sagte Hand niedergeschlagen. "Aber wir können nicht mehr länger warten..." "Wenn wir unsere Beweglichkeit nur erhöhen könnten"; überlegte Craumn, der Weloifter, laut. "Ein Teleporter ist zu wenig!" "Und Sie, als Zeitteleporter?" Copyright 2001 by readersplanet
"Ich zähle nicht", entgegnete der Weloifter sachlich. "Zwar kann ich mich im Radius von plus-minus zehn Minuten in der Zeit, nicht aber im Raum bewegen!" "Ich kann jedenfalls keinen weiteren Teleporter mehr entbehren", erklärte der Verteidigungsminister. "Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, die Reichweite Tims zu erhöhen...!" "Unmöglich!" lehnte der Androide sofort ab. Unerwartet ging die Tür des Arbeitszimmers auf. "Aber keineswegs", erscholl eine laute Mädchenstimme aus dem Korridor. "Man kann Tims Fähigkeit sogar ums Dreifache erhöhen!" Plötzlich schoß ein türkisfarbenes Bündel Energie in den Raum und sprang auf einen leeren Sessel. Der Touwin quietschte vergnügt. "Da sitzt euer PSI-Verstärker", sagte das Mädchen, während es den Raum betrat. "Der Touwin verstärkt PSI-Energien um das Dreifache der normalen Stärke. Unter einer Bedingung dürft ihr ihn mitnehmen..." Ihre letzten Worte gingen in einem wirren Sprachdurcheinander unter. Shellys Auftritt war wie eine Bombe in die Einsatzbesprechung geplatzt. Jeder musterte den kleinen Touwin, der sich in seiner neuen Rolle äußerst wohl zu fühlen schien. Stolz reckte er seinen Pinguinkopf in die Höhe. Er schien zu wissen, wie wichtig er plötzlich geworden war. Der einzige, der sich nicht um den Touwin zu kümmern schien, war Ray IV. Er saß apathisch in seinem Sessel und schien angestrengt nachzudenken. Die anderen hatten sich bereits wieder beruhigt, als Ray heftig den Kopf schüttelte und durchatmete. "Es stimmt", stöhnte er, noch immer benommen. "Dieser kleine Wicht verstärkte meine Fähigkeit eben ins Unermeßliche. Sogar die Gedanken des Verteidigungsministers konnte ich klar und deutlich empfangen, obwohl er eindeutig mentalstabilisiert ist!" Ravis' Hand fuhr erschrocken hoch. Zuerst brachte er kein Wort heraus."Wie das?" fragte er dann leise. "Haben Sie etwa in meinen Gedanken spioniert?" "Nicht absichtlich", entschuldigte sich der Mutant. "Dieses Wesen verstärkte die Gedankenimpulse der hier Anwesenden in einer Weise, daß ich einfach von jedem etwas mitbekommen mußte. Unter anderem waren auch Fetzen von Ihren Gedankenwellen dabei, Sie dachten gerade an einen Eastsideplaneten, von wo sie das Tier mit zur Erde brachten..." "Stimmt genau", sagte Hand. "Und ich werde noch heute einen schweren Raumkreuzer nach Hanlon absenden. Wenn der Planet noch existiert, müssen sofort sämtliche Touwins evakuiert werden. Ich glaube, wir haben jetzt eine wirksame Waffe gegen die Darts..." "Nur, falls es Hanlon noch gibt", wandte Tim ein. "Die Darts haben in der Eastside unheimlich gewütet. Viel Hoffnung habe ich nicht..." "Wir werden sehen", meinte Ray. "Auf jeden Fall haben wir diesen Touwin. Er wird uns auf unserem Einsatz begleiten." "Die Fähigkeiten von vier Mutanten durch den Touwin verdreifacht, ergibt einen PSI-Faktor von zwölf", überlegte Hand laut und lobte dann seine Tochter: "Shelly, du hast das Problem gelöst!" Das Mädchen lächelte unergründlich. ;,Du hast mich vorhin nicht ausreden lassen, Dad. Der Touwin fliegt nur mit, wenn auch ich mitfliegen darf. Der PSI-Faktor würde dann fünfzehn betragen..." "Kommt gar nicht in Frage", fiel ihr ihr Vater ins Wort. "Was denkst du dir denn dabei? Du weißt ja gar nicht, worauf du dich da einläßt!" Wortlos nahm Shelly den Touwin an sich und schritt zur Tür. Kurz vor der Schwelle drehte sie sich noch einmal um und sagte: "Das war meine Bedingung. Wenn ihr den Touwin wollt, müßt ihr mich mitnehmen. Überlegt euch die Sache nochmals." Ohne eine Reaktion abzuwarten, schloß sie die Tür hinter sich. Copyright 2001 by readersplanet
4.
Wieder fiel die MONTROSE am Rand der Galaxis in den Normalraum zurück. Oberst Saxon wußte, daß es sich dieses Mal nicht um einen schlichten Routineeinsatz handelte. An Bord seines Schiffes befanden sich fünf Mutanten, darunter die Tochter des Verteidigungsministers und ein seltsames Wesen, das die Telekinetin als ihr Haustier betrachtete. Saxon fand aber, daß der Touwin mehr als ein Tier sein mußte. Das Wesen wirkte intelligent. Das Meldesignal der Orterzentrale schreckte den Oberst aus seinen Überlegungen. Saxon drückte den Sensorknopf. "Habt ihr einen, Jungs?" "Eine Formation von drei Darts schickt sich an, die Galaxis zu verlassen, Sir", berichtete ein junger Astrogator. "Wir sollten den Schiffen folgen - wer weiß, wann sich solch eine Gelegenheit ein zweites Mal ergibt." "Danke für den Tip." Saxon unterbrach die Verbindung und unterrichtete seinen Steuermann: "Verfolgung der georteten Objekte aufnehmen!" "Achtung: Mutantenkommando", rief der Oberst in ein Mikrophon des Interkomnetzes. "Ein Dartverband wurde soeben geortet. Einsatz vorbereiten!" "So wirst du also bald deine Feuertaufe erleben, Mädchen", sagte Tim drei Decks tiefer zu Shelly. "Bist du noch immer entschlossen, uns zu begleiten?" "Zweifelst du etwa an meinem Mut?" fragte sie bissig. "Ich dachte, dieser Punkt wäre bereits vor unserem Start geklärt worden...!" "Schon gut." Tim lächelte. "Ich meinte es nicht so." Shelly nickte. Kurz dachte sie an die letzten Tage vor dem Abflug zurück. Es war nicht leicht gewesen, ihren Vater zu überreden. Die Androiden hatten sich zudem noch äußerst neutral verhalten. Dabei wußte Shelly genau, daß sie das Verhalten des Mädchens billigten. Es war das erste Mal seit vielen Jahrhunderten, daß ein normaler Mensch sich an einem Einsatzkommando beteiligte. Bisher hatten die Androiden immer allein die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Schließlich hatte Hand seine Tochter nur unter der Bedingung gehen lassen, daß sie eine ID-Matrix von sich anfertigen ließ. Er wollte seine Tochter nicht gänzlich verlieren. Das Duplikat würde zwar eine Androidin sein, aber immerhin würde dann niemand mehr an der Paragabe Anstoß nehmen können. Shelly hatte diesen Wunsch gern erfüllt. Wer vermochte schon zu sagen, ob das Einsatzkommando je zurückkehren würde? Die Chancen standen achtzig zu zwanzig dagegen...! "Teleportieren wir in die Zentrale", schlug Craumn vor, nachdem jeder die Einsatzkombination angelegt hatte. "Dort können wir ohne Verzögerungen auf unsere Stunde warten. Der Oberst hat bestimmt auch noch andere Sachen zu tun, als uns laufend über den Stand der Verfolgung zu unterrichten." "Einer, der es gar nicht erwarten kann, bis es ihm an den Kragen geht", murmelte der Swift leise, aber gerade noch hörbar. "Daß ihr Katzenköpfe immer die ersten sein müßt, die sich ins Verderben stürzen!" Der Weloifter reagierte nicht auf die Anspielung. Offenbar vertrat die Echse noch immer die Ansicht, daß nur ein toter Weloifter ein guter Weloifter war. Der Krieg der katzenförmigen Humanoiden gegen die immer weiter expandierenden Swift lag zwar bereits über vier Jahrhunderte zurück, aber die Echsen hatten die Niederlage noch nicht vergessen. Copyright 2001 by readersplanet
Die Swift hatten einen galaktischen Krieg begonnen und verloren. Am Ende waren die Echsen so weit zurückgedrängt und dezimiert worden, daß sie sich bis heute noch nicht von der damaligen Niederlage erholt hatten. Lediglich der unvergleichliche Hochmut der Swift hatte überlebt. Diese Eigenschaft machte die Echsen zur unbeliebtesten Rasse der bekannten Galaxis. Jeder wußte, daß die Swift eigentlich verschlagen und feige waren. Niemand hätte unter normalen Umständen mit den Echsen kooperiert. Aber es herrschten eben keine normalen Umstände mehr... Tim nahm Ray und Craumn an der Hand und entmaterialisierte. Kurz darauf kam er zurück und holte Roolfs nach, dann kamen Shelly und der Touwin an die Reihe. Die Dreiecksformation der Dartschiffe wurde schnell größer. Bald verschwanden das vorderste und das linke Schiff aus dem Erfassungsbereich der Kamera. Der rechts fliegende Dart schob sich immer weiter in die Mitte des Bildschirms. "Das ist euer Vogel, Leute", sagte der Oberst zu den Mutanten. "Soll ich die MONTROSE noch näher ranbugsieren?" "Der Abstand dürfte genügen", meinte Tim nach einem Blick auf den Entfernungsmesser. "Wir machen uns bereit. Folgen Sie den Darts noch etwa fünf Minuten lang mit gleichbleibender Geschwindigkeit, dann drehen Sie ab. Zu diesem Zeitpunkt können Sie für uns nichts mehr tun. Entweder hängen wir im Schutzschild der Darts fest oder wir haben unser Ziel erreicht. Drücken Sie uns die Daumen." "Viel Glück", wünschte Saxon und sah, wie die Körper langsam durchscheinend wurden und schließlich verschwanden. Sie materialisierten an der Außenhülle. Wie bei Tims erstem Einsatz dieser Art, bildeten die Mutanten auch diesmal wieder einen Kreis. Tim und Shelly hielten den Touwin in ihrer Mitte. Der Dart war als kleiner Lichtpunkt sichtbar. Die beiden anderen Schiffe konnte man nicht sehen. "Dann wollen wir mal", sagte Tim und atmete tief durch. "Hoffentlich materialisieren wir nicht wieder im Müllschlucker...!" Diesmal ging alles glatt. Ehe sich die Mutanten versahen, standen sie auf der Hülle des Dartschiffs. Den Durchgang durch die starken Schutzschirme hatten sie kaum gespürt. Eine bessere Demonstration der Fähigkeit des Touwins hätte es nicht geben können. "Ich bin dafür, wir suchen einen Einstieg. Sicher gibt es hier einige Luken, die wir benützen können", sagte Tim. Es dauerte nicht lange, dann hatte Craumn die Umrisse einer Luke gefunden. Daneben befand sich ein Handrad. "Nicht berühren!" schrie Ray, als der Weloifter das Rad drehen wollte. "Es ist zu gefährlich. Sicher spricht in der Zentrale irgendeine Apparatur an, wenn wir einfach die Luke öffnen. Es genügt, wenn Tim uns in den dahinterliegenden Raum teleportiert!" "Einverstanden", meinte der Teleporter, legte seinen Arm um Shelly, nahm den Touwin bei der Hand und entmaterialisierte. Gleich darauf war er zurück. "Es ist ein Schleusenraum, völlig ungefährlich", erklärte er und war mit dem Weloifter verschwunden. Roolfs und Ray holte er zum Schluß. Die Schleusenkammer erwies sich als geräumig. "Keine Gedankenimpulse!" sagte Ray, als sie in der Kammer standen und die nächsten Schritte überlegten. "Ich spüre auch nichts", bekräftigte Tim die Aussage seines Kollegen. "Unheimlich!" "Wir verlassen besser die Schleuse", schlug Shelly vor. "Sicher gibt es irgendwo einen Raum, den wir ungestört als Operationsbasis einrichten können." Unschlüssig blieben die Mutanten im nächsten Korridor stehen. In fast gleicher Länge erstreckte er sich nach rechts und links. Ray erinnerte sich der Konstruktionszeichnung, die sie alle im Verteidigungsministerium gesehen hatten. Rechts mußte der Bug und die Copyright 2001 by readersplanet
Kommandozentrale liegen. "Gehen wir", schlug Tim vor und zog Shelly mit sich. Er hielt sich strikt links. Verschiedene Türen mündeten in den Gang. Die Mutanten liefen etwa fünfzig Meter und öffneten dann ein Schott. Der Raum war unbeleuchtet. Craumn ließ seine Handlampe aufflammen. Einige Kisten standen herum. Roolfs öffnete einen der Behälter. Er enthielt positronische Schaltelemente. Außer den Kisten war der Raum leer. "Hier bleiben wir", schlug Ray vor und legte seine Ausrüstung auf den Boden. "Irgendwelche Einwände?" Niemand hatte etwas dagegen. Tim legte die Sauerstoffbehälter auf den Boden und dichtete mit einem Kunststoffilm die Ritzen des Schottes ab. Dann öffnete er die Ventile. Wenig später herrschte eine Sauerstoffatmosphäre im Raum. Tim klappte seinen Druckhelm zurück. Die anderen folgten seinem Beispiel. Ray nahm einen Konzentratwürfel aus seiner Ration und begann zu kauen. "Jetzt heißt es warten", meinte Craumn. Der Weloifter legte sich auf den Boden und versuchte, einzuschlafen. "Sollten wir nicht erst einmal das Schiff erkunden, ehe wir uns hier häuslich einrichten?" fragte Roolfs. Tim überlegte kurz und schloß dann den Helm. "Also gut", stimmte er zu und sah Ray an. "Gib mir die Hand." "Ich werde gehen!" sagte der Swift und stieß Ray zur Seite. "Schließlich kam der Vorschlag von mir!" Tim zuckte resignierend die Schultern und ergriff einen Arm der Echse. Sie materialisierten in einem Raum, der ähnlich aussah wie der, in dem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten. Auch hier waren Kisten an der Wand aufgestapelt. Roolfs .öffnete die Tür, dann standen sie wieder auf dem Korridor. Er sah aus wie der Gang, den sie vorhin benutzt hatten. "Vielleicht sollten wir die Zentrale aufsuchen", meinte der Swift, doch Tim lehnte ab. Im Steuerzentrum des Schiffes hielten sich sicher eine größere Anzahl Roboter auf. Es war zu gefährlich. Das Risiko einer Entdeckung war zu groß. "Siehst du etwas?" fragte Tim den Swift. Die Echse wirkte konzentriert: Wenn Roolfs sich anstrengte, konnte er ohne größere Schwierigkeiten durch feste Materie blicken. "Nichts Besonderes", entgegnete die Echse. "Zwei Decks tiefer befindet sich der Konverter. Die Überwachungsanlagen für die Triebwerke liegen unmittelbar unter uns. Einige Roboter halten sich hier auf." "In der Hauptzentrale sieht es sicher nicht anders aus", überlegte Tim. "Vielleicht kehren wir besser um. Oder gibt es noch etwas, das wir uns ansehen sollten?" "Zum Umkehren ist es noch zu früh", meinte Roolfs leise. "Unter Umständen finden wir doch noch etwas Interessantes heraus." "Also gut." Tim faßte den Swift wieder am Arm und entmaterialisierte. Gleich darauf befanden sie sich direkt neben einem Antigravschacht in einer weitläufigen Halle. An der gegenüberliegenden Wand befanden sich einige Leuchtskalen. Tim konnte ihre Bedeutung nicht enträtseln. "Deckung!" schrie der Swift plötzlich. Tim wollte einen Arm der Echse fassen und entmaterialisieren, aber Roolfs befand sich außerhalb seiner Reichweite. Die Echse hatte die Anordnung der Skalen entziffern wollen. Eine Deckungsmöglichkeit gab es nicht. Warum hatte der Swift überhaupt geschrien?
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Tim brauchte diese Frage nicht mehr auszusprechen. Drei Roboter kamen um die Ecke. Die Maschinen blieben sofort stehen. Glücklicherweise handelte es sich um Arbeitsroboter. Sie trugen keine Waffen. Trotzdem mußten sie das Bild der Terraner bereits in ihrem Erinnerungssektor gespeichert haben. Tim rannte zu Roolfs hinüber, ergriff einen Arm der Echse und entmaterialisierte. "Shelly, schließe deinen Helm", rief Tim dem Mädchen zu, als sie in der Unterkunft rematerialisierten. Obwohl sie nicht wußte, worum es ging, befolgte sie die Anordnung sofort. Tim legte seinen Arm um sie. Im gleichen Augenblick befanden sie sich wieder in der Halle. Die Roboter standen noch immer bewegungslos herum. "Du mußt sie deaktivieren, Mädchen", erklärte Tim. "Traust du dir das zu?" Shelly antwortete nicht. Sie lief einige Schritte auf die Maschinenwesen zu und konzentrierte sich. Plötzlich fiel ein Roboter nach hinten um. Es schepperte nicht einmal, als er aufprallte. Alles geschah völlig lautlos. Nur kurz hatte Shelly in ihrer Konzentration nachgelassen. Doch das genügte. Die beiden anderen Roboter gerieten aus ihrer Kontrolle und bewegten sich auf das Mädchen zu. Tim erkannte das Ausmaß der Gefahr sofort. Shelly konnte sich höchstens auf einen beweglichen Roboter konzentrieren. Der Teleporter ergriff kurzerhand eine der Maschinen am Greifarm und teleportierte auf die Außenhülle des Schiffes. Er mußte die Maschine jetzt nur noch aus dem Anziehungsbereich der Schiffshülle bringen. Tim wußte ungefähr, wo sich der Schutzschirm der Darts befand. Er beförderte den Roboter bis kurz vor die kritische Distanz, gab ihm einen Schubs und teleportierte auf die Schiffshülle zurück. Den Blitz und die lautlose Detonation des Roboters hatte der Androide nicht erwartet. Die Schirme der Dartschiffe waren also beidseitig geladen. Dieser Punkt war Tim neu, und der Androide war froh, daß er auf diesen Sachverhalt aufmerksam geworden war. Er teleportierte zu Shelly zurück. Das Mädchen hatte den verbleibenden Roboter inzwischen auch außer Gefecht gesetzt. Um eventuelle Spuren zu verwischen, warf der Teleporter die deaktivierten Roboter ebenfalls in das Schirmfeld. Als Tim und Shelly wieder in der Unterkunft materialisierten, fanden sie einen tobenden Roolfs vor. Als der Swift Tim sah, kam er sofort auf den Teleporter zu. "Du hast wohl völlig vergessen, daß ich ein Zünder bin?" hielt er dem Androiden vor. "Hättest du nur eine Minute gewartet, dann hätte ich die Roboter in atomare Gaswolken verwandelt. Aber du mußtest ja unbedingt diese armlose Telekinetin holen... !" Tim Warf einen Blick auf Shelly, die schmerzverzerrt ihr Gesicht verzog. Sie hatte es nicht gern, wenn man auf ihr körperliches Handikap anspielte. "Du wolltest wohl unbedingt die restlichen Roboter auf uns aufmerksam machen?" fragte Tim mit gefährlich leiser Stimme. Anscheinend kennst du die Nebenwirkungen deiner eigenen Paragabe nicht. Außer den Robotern hättest du die halbe Schaltstation vernichtet!" "Unsinn!" sagte der Swift trotzig und zog sich in eine Ecke zurück. Ray und Craumn hatten sich ebenfalls hingelegt und schliefen. "Du legst dich besser auch aufs Ohr", schlug der Androide Shelly vor. "Ich werde zwei Stunden wachen und mich dann von Craumn ablösen lassen." Das Mädchen hatte keine Einwände.
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Die nächsten Tagen verliefen ohne Schwierigkeiten. Verschiedene Erkundungsausflüge wurden unternommen. Die Roboter schienen dem Verschwinden ihrer drei Artgenossen keinerlei Bedeutung beigemessen zu haben. Fünf Tage später verlangsamte das Raumschiff plötzlich den Flug. Die Mutanten lasen dies an ihren Instrumenten ab, die Ray am Tag der Ankunft aufgestellt hatte. "Sie haben also eine Basis im Leerraum", kombinierte der Weloifter. "Wahrscheinlich werden die Schiffe hier ausgerüstet und in die Galaxis geschickt. Hoffentlich ist hier nicht Endstation!" "Du meinst, unser Dart fliegt wieder zurück?" fragte Shelly. "Kann sein", vermutete Craumn. "Vielleicht wird unser Schiff hier nur überholt. Dann werden wir ein anderes Schiff suchen müssen..." "Warten wir die Entwicklung ab", sagte Tim: Plötzlich ging ein Ruck durch das Schiff. Die leichten Vibrationen des Bodens und der Wände erstarben. Der Dart war gelandet. "Ich werde mal nachsehen", sagte Tim und verschwand. Fünf Minuten später kam er zurück und gab einen kurzen Bericht. Das Dartschiff war auf einer gewaltigen Plattform niedergegangen. Das Landefeld war etwa zwanzig Kilometer lang und ellipsenförmig. Am Ende jeder kleinen Kurve befand sich jeweils eine Kugel von zweihundert Metern Durchmesser. Die Plattform wimmelte nur so von Dartschiffen. "Es sind etwa fünfzig", schloß der Androide seinen Bericht. "Wenn die Unterseite der Plattform auch als Landefeld genützt wird, können wir dort in etwa die gleiche Anzahl von Schiffen annehmen. Ich habe einige Darts unter die Station fliegen sehen. Warum sollte es dort also kein Ladefeld geben." Ray nickte. "Um dieses Ding zu vernichten, brauchen wir eine Planetenbombe. Wir haben aber nur vier dabei..." "Nein", lehnte Tim ab. "Es genügt eine Thermobombe. Wenn wir das Ei im Waffenmagazin der Darts deponieren, fliegt ihnen die ganze Anlage um die Köpfe. Ich habe gesehen, wie einige Darts beladen wurden. Die haben schwere Kaliber hier..." "Worauf warten wir dann noch?" fragte der Weloifter. "Wer weiß, wann unser Schiff wieder startet." Sie schlossen ihre Anzüge, steckten einige Bomben ein und entmaterialisierten. Die Ausrüstung ließen sie vorläufig noch an Bord zurück. Sie wiederverstofflichten am Rand des Landefelds. Die Roboter schienen sich sehr sicher zu fühlen. Die Mutanten konnten nirgends einen Schutzschirm entdecken. "Ich glaube, wir können unseren Flug im alten Dart fortsetzen", sagte Shelly und deutete auf das Raumschiff, mit dem sie gekommen waren. Ein schwerer Kran löste mittels Traktorstrahlen die gesamte Triebwerkssektion aus dem Schiff und deponierte die Teile auf der Landefläche. Ein Lastengleiter brachte zwei nagelneue Konverter zum Schiff. "Wenn sie den Konverter austauschen, fliegen sie sicher weiter nach Andromeda", bekräftigte der Swift Shellys Vermutung. "Dort drüben wurde vorhin ein Dart mit Waffen versorgt", sagte Tim. "Sehen wir mal nach. Vielleicht finden wir ein Waffenmagazin." Sie materialisierten in einer Umformerstation. Von hier aus wurde ein Teil der Stromversorgung der Station geregelt. Sie war mit fünf Robotern besetzt. Wie von unsichtbarer Hand gelenkt, drehten sich die Maschinen gleichzeitig um. Leblose Linsenaugen starrten die organischen Wesen an. Eine Dreierreihe beleuchteter Bildschirme an der dem Eingang gegenüberliegenden Wand verstärkte für die Mutanten noch den Eindruck, daß sie aus Hunderten von Augen bösartig angestarrt wurden. Copyright 2001 by readersplanet
Sekunden verstrichen, ehe sich etwas ereignete. Roolfs faßte sich zuerst. Er bewegte seine vier Arme und deutete auf vier verschiedene Roboter. Seine Konzentration war nur kurz, dann vergingen die Roboter in grellen Entladungen. Der fünfte Robot wurde von zwei Explosionen gestreift und detonierte ebenfalls. "Weg!" schrie Tim und faßte seine Kameraden an den Händen. Hastig bildeten sie einen Kreis und materialisierten drei Decks tiefer. Zwei Minuten später fiel der Strom aus. Der Swift hatte ganze Arbeit geleistet. Wahrscheinlich tobten in der Umformeranlage jetzt die unkontrollierten Energien der Atomzündung. "Damit gibt es ein neues Rätsel für die Roboter", bemerkte Ray treffend. "Sicher werden sie die Ursache dieses Unfalls herauszufinden versuchen." "Gehen wir vier Decks tiefer, es ist ungefährlich", meinte der Swift. "Jetzt habe ich es", sagte er, kurz nachdem sie materialisierten. Es war noch immer stockfinster. "Das Lager ist gigantisch. So hätte ich es mir nicht vorgestellt!" Der Swift gab Tim die Koordinaten durch, dann teleportierten sie. Auch hier war es dunkel. Erst als Tim seine Helmlampe aufleuchten ließ, sahen sie, daß sie am richtigen Platz herausgekommen warn. Ray entdeckte einige Kartuschen der gefürchteten Implosionskanone, der die terranischen Raumschiffe nichts entgegenzusetzen hatten. Weiterhin gab es ganze Stapel der Antimateriebombe, mit denen die Darts bewohnte Planeten vernichteten. Außerdem waren noch andere Waffen zu sehen, deren Verwendungszweck den Mutanten nicht klar wurde. "Na, wenn hier eine Thermobombe nicht genügt...", sagte Ray und ließ den Rest des Satzes unausgesprochen. Jeder wußte, was der Telepath gemeint hatte. Eine Planetenbombe wäre hier Verschwendung gewesen. "Ich habe mir etwas überlegt", ließ Craumn sich wieder hören. "Ich bin dafür, daß wir die Bombe zehn Minuten in der Zukunft plazieren und zwar kurz vor dem Start unseres Dartraumers. Tim bringt euch jetzt am besten zurück ins Schiff. Ich werde hierbleiben, bis es soweit ist." "Die Bombe zehn Minuten in der Zukunft plus fünf Minuten Zeitzündung, das gibt uns eine Viertelstunde Zeit, zu flüchten", überlegte Ray laut. "Dein Plan ist gut. Es besteht also ein Unsicherheitsfaktor von fünf Minuten, in denen die Roboter die Bombe entdecken könnten. Wenn du unser Ei gut plazierst, kann nichts mehr schiefgehen." "Wird gemacht", versprach Craumn und sah, wie die anderen verschwanden. Der Touwin hatte sicher ungeduldig auf Shelly gewartet. Sie hatte ihn bei diesem Ausflug nicht mitgenommen. Der Weloifter glaubte zwar nicht, daß die Bombe entdeckt werden konnte, sah sich aber trotzdem nach einem geeigneten Versteck um. Sicher hatten die Roboter genug damit zu tun, die zusammengebrochene Stromversorgung wieder in Gang zu bringen. Doch Craumn irrte sich. Kaum hatte er sich hinter einem Stapel aus Antimateriebomben niedergelassen, da flammte auch schon das Licht auf. Der Weloifter zuckte zusammen und drückte sich dichter an den Bombenstapel. Zwischen den einzelnen Bomben gab es Zwischenräume. Craumn sah einen Robotwagen, der durch ein geöffnetes Schott in den Raum fuhr. Er hielt genau auf den Bombemstapel zu, hinter dem sich der Weloifter verborgen hatte. "Warum muß das Ding ausgerechnet diesen Stapel nehmen?" fluchte der Zeitteleporter leise. Noch wartete er ab. Erst als ein Feld aus Traktorstrahlen sich um den Stapel legte, entmaterialisierte der Weloifter. Sein Ziel lag zehn Minuten in der Vergangenheit.
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Als er die Augen wieder öffnete, war es dunkel. In unmittelbarer Nähe vernahm er Schritte und erschrak. War noch jemand hier? Doch dann grinste er. Er war vor sich selbst erschrocken. Natürlich hielt sich sein Vergangenheitsgegenstück ebenfalls hier auf. Er hätte den anderen Craumn jetzt warnen können, unterließ es aber vorsichtigerweise. Leise schlich er sich in den Hintergrund des Waffenarsenals. Nachdem er eine neue Deckung gefunden hatte, sprang er wieder zu seinem Ausgangspunkt im Zeitstrom zurück. Einen kurzen Augenblick lang sah er vor sich den Bombenstapel und einen weiteren Zeitbruder. Dann war der andere Craumn verschwunden. Von seinem sicheren Standpunkt aus beobachtete der Weloifter die Roboter, wie sie den Bombentransporter wieder aus dem Arsenal brachten. Hoffentlich kam Tim nicht in diesem Augenblick zurück, dachte Craumn. Der Teleporter würde sicher nicht vorbereitet sein. Aber alles ging gut. Die Roboter verschwanden, das Schott schloß sich, und das Licht ging aus. Craumn atmete auf. Er wartete weiter. In der Dunkelheit hatte er mit der Müdigkeit zu kämpfen. Schließlich schlief er ein. Ein dumpfes Geräusch weckte ihn. Ein Blick auf den Chronometer zeigte Craumn, daß er annähernd vier Stunden geschlafen hatte. Wieder vernahm er dieses dumpfe Rumpeln. Dann eine Stimme: "Craumn!" "Hier!" "Endlich. Ich dachte schon, man hätte dich verschleppt." Die Stimme gehörte Tim. "Beeile dich, und deponiere die Bombe. Der Dart startet gleich!" Der Weloifter konzentrierte sich und materialisierte zehn Minuten später in der Relativzukunft. Er stellte den Zünder der Bombe auf fünf Minuten und ließ das eiförmige Projektil einfach in den Zwischenraum der Antimateriebomben fallen. Das würde ein Feuerwerk geben... Wieder fädelte sich der Weloifter in den Zeitstrom ein. Tim wartete schon ungeduldig. Craumn reichte dem Teleporter die Hand, und sofort entmaterialisierten sie. Sie wiederverstofflichten auf der Oberfläche. Hundert Meter weiter entdeckte der Weloifter einen ausgezackten Krater. Tim brauchte seinen Kollegen nicht erst darauf aufmerksam zu machen, daß es sich dabei um die von Roolfs zerstörte Umformerstation handelte. Mit dieser Energiebank konnten die Roboter nichts mehr anfangen... Der Dart hatte bereits abgehoben. Nur die unmittelbare Nähe der Plattform hielt ihn noch davon ab, die Energieschirme einzuschalten. Tim zögerte nicht länger. Die beiden Mutanten teleportierten direkt in ihre Unterkunft. Die anderen hatten bereits ungeduldig gewartet. "Wir dachten schon, ihr kommt überhaupt nicht mehr", sagte Shelly. Sie war froh, daß Tim wieder bei ihr war. "Ich mußte unseren Zeitspringer erst wecken", spöttelte der Teleporter. "Aber ich kann es Craumn gar nicht verdenken, daß er einschlief. Immerhin haben wir ihn lange warten lassen." "Ich lege mich gleich wieder hin." Der Weloifter gähnte und ließ sich zu Boden sinken. Als Shelly sich zu ihm hinabbeugte, war er bereits eingeschlafen. "Fünfzehn Minuten sind um", bemerkte Tim nach einem Blick auf die Uhr. "Ich werde mal sehen, was die Station macht. Will jemand mitkommen?" Nur Shelly wollte. Copyright 2001 by readersplanet
Tim legte seinen Arm um das Mädchen und verschwand.
* Der Dart hatte erst eine relativ kurze Strecke zurückgelegt. Die Leerraumstation war noch deutlich als schwacher Lichtpunkt zu erkennen. Da keine Sonne in der Nähe war, konnte es sich bei dem Licht nur um die Scheinwerfer handeln, die die Oberfläche der Plattform ausleuchteten. Auf Tims Chronometer waren bereits zwanzig Minuten verstrichen, als es bei der Station plötzlich aufblitzte. Der Abstand vom Dartschiff zur Station mußte demzufolge bereits fünf Lichtminuten betragen. Der kleine Lichtpunkt vergrößerte sich rasch. Lichtblitze zuckten ins All und fielen wieder in sich zusammen. Als der murmelgroße Feuerball wieder kleiner wurde, ging das Dartschiff in den Hyperraum. "Ob die Robs in der Zentrale was gemerkt haben?" fragte Shelly und streichelte telekinetisch den Touwin. Der kleine PSI-Verstärker sah in seinem Raumanzug noch putziger aus als sonst. "Keine Ahnung", sagte Tim. "Hoffen wir, daß sie trotzdem weiter nach Andromeda fliegen. Aber auch wenn sie umkehren sollten, dürfte ihnen im Endeffekt nichts anderes übrigbleiben, als ihr ursprüngliches Ziel beizubehalten. Erstens sind sie das einzige Schiff, das das Inferno überlebt hat, und zweitens wären sie bei einer Umkehr in unsere Galaxis vollends von Andromeda abgeschnitten. Es gibt nur noch einen Weg. Unsere Roboter müssen ihre Artgenossen in Andromeda von dem Vorfall unterrichten." "Gehen wir", schlug Shelly vor. "Dieser sternenlose Himmel wirkt doch sehr deprimierend." Tim legte seine Hand auf die Schulter des Mädchens und teleportierte. Er brachte Shelly aber nicht gleich zur Unterkunft zurück, sondern rematerialisierte in der Triebwerkssektion. Ihn interessierten die neuen Konverter, die die Roboter eingesetzt hatten. Tim sah sich gründlich um und war erstaunt, als er weder Schweißnähte noch sonst etwas fand, das auf den Wechsel der Aggregate hingewiesen hätte. "Perfekte Arbeit", murmelte der Androide. "Solche Maschinen könnten wir als Arbeitsroboter brauchen." Shelly lächelte. "Würdest du einen rebellischen Arbeitsroboter kaufen?" "Darauf verzichte ich allerdings gern", erklärte Tim und lachte. Shelly wollte sich gerade an ihn schmiegen, als der Touwin von ihrer Schulter sprang und in einem Antigravschacht verschwand. Das Mädchen war viel zu überrascht gewesen, um ihr Maskottchen zurückzuhalten. "Touwin!" rief sie. "Komm sofort zurück!" Es war sinnlos. Der Schall leitete ihre Worte bis zum Helmmikrophon. Der Touwin besaß aber keinen Empfänger in seinem Helm, und das Vakuum leitete Shellys Worte nicht weiter. Tim teleportierte mit ihr zum Ende des Schachtes, aber auch hier war der kleine Kobold nicht mehr zu sehen. Sie suchten noch eine ganze Weile die Umgebung des Schachtes ab, aber der Touwin blieb verschwunden. "Bleib hier, ich hole Roolfs", sagte Tim und teleportierte. Shelly suchte indessen weiter. Sie war so vertieft, daß sie den Roboter nicht bemerkte, der vor ihr um die Gangbiegung kam.
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* "Jetzt soll ich auch noch das kleine Biest suchen?" schimpfte Roolfs. "Hätte deine armlose Freundin nicht besser aufpassen können?" Tims Gesicht lief rot an. Er verpaßte dem Swift einen Faustschlag, der die Echse in die nächste Ecke beförderte. "Wenn du noch einmal in Shellys Gegenwart ihr körperliches Handikap erwähnst, dann schlage ich dir den Schädel ein, Freund", drohte Tim. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?" "Überdeutlich", entgegnete die Echse. Ihre Augen funkelten boshaft. Der Swift würde diese Niederlage nicht vergessen, das war sicher. Während Roolfs Tim die Hand zur Teleportation reichte, sannen seine Gedanken auf Rache.
* Der Touwin rannte ziellos durch die endlos scheinenden Korridore des Raumschiffs. Eine schwache Strahlung, die von den Triebwerken ausging und für die Menschen nicht spürbar war, hatte das Wesen nervös werden lassen. Da Shelly auf sein Geschnatter nicht reagiert hatte, war er davongelaufen. Instinktiv hatte sich der Touwin von dem Antigravfeld nach oben tragen lassen. Zwar wußte er nicht, wo sich die Unterkunft der Mutanten befand, aber in den höheren Sektionen des Dartschiffs war die Strahlung nicht mehr spürbar. Das war für den kleinen Kerl ausschlaggebend. Der PSI-Verstärker sprang in einen weiteren Antigravschacht. Er schnatterte fröhlich, als ihn das Energiefeld in die Höhe trug. Ab und zu überschlug er sich, prallte immer wieder gegen die Wand und trieb weiter nach oben. Der nächste Schachtausgang kam in Sicht. Der Touwin sprang hinaus. Er befand sich in einer Schaltzentrale. Im Hintergrund der Halle bewegte sich etwas. Bei näherem Hinsehen erkannte der Touwin ein humanoid geformtes Wesen. Es strahlte keinerlei Gedankenwellen aus. Die Neugierde trieb den Touwin auf das Metallwesen zu. Ob es mit ihm spielen würde? Plötzlich fing der PSI-Verstärker zu rennen an, sprang mit einem Satz auf eine Schaltkonsole, berührte versehentlich verschiedene Sensorknöpfe und sprang den Roboter an. Als er auf der Schulter des Maschinenwesens saß, begann die Beleuchtung zu flackern. Im gleichen Augenblick legte sich ein Schirmfeld um die Schaltstation. Das Schutzfeld hatte sich aktiviert, als der Touwin die Sensoren berührt hatte. Der Alarmkode pflanzte sich bis in die Hauptzentrale des Dartschiffs fort. Die kommandierende Positronik befahl Gefechtsbereitschaft für das ganze Schiff. Die Orterstationen liefen auf Hochtouren. Die Instrumente konnten kein feindliches Raumschiff ausmachen. Aber warum hatte Zentrale SZ-IX dann Alarm gegeben? Die Positronik fragte zurück.
* Als Tim und Roolfs materialisierten, erkannten sie die Gefahr sofort. Copyright 2001 by readersplanet
"Zur Seite, Mädchen!" schrie Tim und zog seinen Desintegrator. Shelly wußte zwar nicht, worum es ging, aber sie reagierte umgehend. Keine Sekunde zu spät! Als sie zwei Meter weiter wieder auf dem Boden aufkam, begann der Bodenbelag unter ihr zu kochen. Der Roboter hatte das Feuer eröffnet. Tim eilte zu Shelly, legte seinen Arm um ihre Hüften und teleportierte das Mädchen aus der unmittelbaren Gefahrenzone. Als er zurückkam, hatte Roolfs das Maschinenwesen bereits vernichtet. Er reichte Tim eine Hand. "Ich habe nur den Versorgungsreaktor der Maschinen gezündet. Das Feuer wird sich nicht ausbreiten." "Im Vakuum sowieso nicht", meinte Tim und teleportierte den Swift zu Shelly. "Es ist nur dumm, daß die Roboter jetzt womöglich auf uns aufmerksam werden." "Vielleicht auch nicht", meinte Shelly. "Wir müssen den Touwin finden. Sonst entdecken ihn noch die Roboter!" Roolfs konzentrierte sich. Zwei Minuten später hatte er etwas entdeckt. "Die Roboter haben ein kugelförmiges Schirmfeld um eine Station gelegt", berichtete der Swift. "Ich kann nichts Genaueres erkennen. Wir müßten näher ran." "Wohin?" fragte Tim schnell. "Vier Decks über uns. Wir sollten aber nur drei Etagen überwinden. Ich kann die Grenze des Feldes nicht genau lokalisieren." Kurz darauf standen die Mutanten in einem stockfinsteren Raum. Die Schaltzentrale lag zwei Decks höher. "Jetzt erkenne ich etwas", ließ der Swift sich wieder vernehmen. "Der Touwin hält sich tatsächlich hier auf. Er sitzt auf der Schulter eines Roboters..." "Was?" rief Shelly erstaunt. "Es stimmt", schaltete Tim sich ein. "Ich fange seine verwirrenden Gedankenimpulse auf. Unser PSI-Verstärker möchte mit der Maschine spielen!" "Ich werde verrückt", meinte Shelly. "Tim, kannst du ihn nicht holen?" Ein klatschendes Geräusch ließ das Mädchen zusammenschrecken. Tim stöhnte auf. "Ich habe es eben versucht. Das Feld ist zu stark. Ich komme nicht durch!" Beklemmendes Schweigen senkte sich über die Mutanten. Der Swift beobachtete weiter. Plötzlich ging einer der Kontrollrobots auf einen Kommunikationsanschluß zu. Über dem Pult leuchtete das Symbol der Zentralpositronik vom Bildschirm. Der Robot war noch drei Meter vom Anschluß entfernt. Als der Touwin merkte, daß er mit dem Roboter doch nichts anfangen konnte, sprang er wieder herunter und lief auf den Antigravschacht zu. Als der PSI-Verstärker im Schacht verschwunden war, handelte Roolfs. Der Swift konzentrierte sich auf den Roboter. Die Maschine drückte gerade den Kommunikator ein, als Roolfs zündete. Das Maschinenwesen flog auseinander. Eine Stichflamme erfaßte den Kommunikator und zerriß ihn. Die Folge davon war, daß die energetische Einheit der Station auseinanderbrach. Bildschirme barsten, Splitter sausten durch den Raum, durchschlugen Decke und Boden und verglühten im Schirmfeld. Überladungsblitze zuckten in die Aggregate und verschmorten die Leitungen. Ein Energierückstau ließ die Sicherungen in der Hauptzentrale durchschlagen. Die Folge davon war, daß das Schirmfeld um die Schaltstation sofort zusammenbrach. Die Mutanten wollten sich eben zurückziehen, als die Decke über ihnen aufglühte. Tim teleportierte. Copyright 2001 by readersplanet
"Der Touwin!" schrie Shelly. "Was ist mit dem Touwin?" "Ich habe mit der Zündung gewartet, bis er im Antigravschacht verschwunden war. Vielleicht ist er noch dort." "Ich werde nachsehen", sagte der Teleporter und entmaterialisierte. Shelly setzte sich hin und wartete. Nach fünf Minuten kam Tim zurück. Er hielt ein schlaffes Bündel in den Armen. Shelly erkannte den Touwin. Das Mädchen sprang erfreut auf und lief auf Tim zu. Der Teleporter wirkte ungewöhnlich ernst. "Ich kam zu spät", sagte er leise. "Ein herumfliegender Splitter muß ihn getroffen haben." Shelly schluchzte. Dann drehte sie sich um und lief auf den Swift zu, der das Geschehen noch gar nicht richtig erfaßt hatte. "Du hast ihn getötet", warf sie Roolfs vor. "Mit einen Schlag hast du unsere Kampfkraft auf ein Drittel reduziert!" Die Echse antwortete nicht. Schweigend wandte der Swift sich ab. Das hatte er nicht gewollt. In den kleinen Höhlungen zwischen Augen und Nase bildeten sich winzige Kristalle. Sie strahlten in einem leuchtenden Blau. Shelly vermochte diese Erscheinung nicht zu deuten. Bei einem Swift war das der Ausdruck tiefster Trauer...
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5.
Eine Woche verging in ereignisloser Monotonie. Die Roboter schienen trotz der vernichteten Schaltstation keinen Verdacht geschöpft zu haben. Fünf Tage nach dem Tod des Touwins war das Schiff wieder völlig in Ordnung. Die Roboter hatten ganze Arbeit geleistet. Der Touwin war im All bestattet worden. Nach zwei Tagen standen die Schirmfelder wieder. Tim hatte ständig anhand von Abfallpäckchen getestet, ob das Schirmfeld wieder existierte. Als der Unrat verglühte, wußte er Bescheid. Eine Woche lang unternahm das Einsatzkommando nichts. Wach- und Schlafperioden wechselten in gewohnter Regelmäßigkeit. Erst als das Schiff wieder verzögerte, wurde die Routine der Mutanten unterbrochen. Der Dart flog einen weiteren Weltraumbahnhof an. Tim stand an der Außenhülle und betrachtete den leuchtenden Punkt, der langsam größer wurde. "Bald wird es ernst", sagte Craumn. Der Weloifter hatte Tim begleitet. Der Teleporter schwieg. Dann gab er sich einen Ruck und reichte Craumn die Hand. "Gehen wir", sagte er. Der Teleporter sprang nicht direkt in die Unterkunft zurück, sondern erst in einen Korridor, um sich dort neu zu orientieren. Das wurde ihnen heute zum Verhängnis. Am oberen Ende des Ganges erschienen drei Roboter mit schweren Energiestrahlern in den Greifarmen. Tim drehte sich um. Auch am unteren Ende des Ganges waren Roboter, mindestens ein halbes Dutzend. Die Mutanten standen genau in der Mitte. Craumn warf sich auf den Boden und zog noch im Fallen seinen Desintegrator. Ruhig visierte er sein Ziel an und feuerte auf die Roboter weiter oben. Er wußte genau, daß er keine Chance hatte, wenn er alle drei gleichzeitig unter Beschuß nahm, deshalb konzentrierte er sich auf einen von ihnen. Der Waffenarm der Maschine wurde sofort in seine atomare Bestandteile aufgelöst. Der Weloifter peilte den nächsten Roboter an. Tim wollte teleportieren, um Roolfs als Verstärkung zu holen. Der Mutant wurde brutal zurückgeworfen. Die Roboter hatten gelernt. Ein Anti-PSI-Feld war um den Kampfplatz gelegt worden. Sie hatten also doch Verdacht geschöpft! Nun schien die Stunde der Maschinen gekommen zu sein. Tim massierte die schmerzenden Glieder. Glücklicherweise hatte er sich nichts gebrochen. Sobald er sich wieder einigermaßen sicher bewegen konnte, zog er eine Mikrobombe aus der Gürteltasche. Die anderen Roboter waren jetzt fast auf Schußweite herangekommen. Der Teleporter wartete nicht lange und warf die Bombe. Unwillkürlich zog er den Kopf ein. Die Explosion riß ein Loch in den Boden des Decks. Copyright 2001 by readersplanet
Fünf Roboter stürzten in die Tiefe. Den sechsten schaltete der Androide mit seinem Desintegrator aus. Nun eröffneten die beiden Maschinen am oberen Gangende das Feuer. Tim wurde getroffen und hochgewirbelt. Einen Augenblick lang schien er schwerelos in der Luft zu hängen. Sein Körper glühte auf und wirkte transparent. Nur der Individualschirm hatte dem Mutanten das Leben gerettet. Das Aggregat hatte sich automatisch aktiviert. Der Weloifter vernichtete einen weiteren Roboter. Tim fiel wieder zu Boden, rutschte ein paar Schritte weit davon, kam zum Liegen und brachte seinen Desintegrator erneut in Anschlag. Der Roboter nahm indessen den Weloifter unter Punktbeschuß und achtete nicht mehr auf Tim. Das wurde ihm zum Verhängnis. Der Androide machte kurzen Prozeß. Die beiden Mutanten erhoben sich. "Geschafft", stöhnte der Weloifter müde. "Kehren wir zurück." "Du vergißt das Schirmfeld, Bruder", erinnerte Tim den Weloifter. "Hast du nicht gesehen, wie ich zurückgeworfen wurde?" Craumn überlegte einen kurzen Augenblick, dann leuchteten seine Augen plötzlich auf. "Wie lange hat der Kampf gedauert, was meinst du?" "Zwei bis drei Minuten, warum?" Als Craumn seine Hand nahm, begriff der Teleporter, was der Weloifter vorhatte. Doch da war es auch schon geschehen. Sie standen noch immer auf dem Korridor. Nur die Spuren des Kampfes waren noch nicht vorhanden. Sie befanden sich zehn Minuten in der Vergangenheit. "Wir könnten unsere Zeitbrüder jetzt warnen", schlug Tim vor. "Zu gefährlich", entgegnete Craumn hastig. "Verschwinden wir endlich." Sie materialisierten im Triebwerksraum. Zehn Minuten später kehrten sie unbehelligt in die Unterkunft der Mutanten zurück.
* Kurz vor der Landung entdeckten die Roboter die Unterkunft der Mutanten. Niemand hätte später sagen können, woher die Maschinen die Information hatten. Irgendein Umstand mußte sie jedoch auf den Lagerraum aufmerksam gemacht haben. Die Mutanten hatten gerade ihre Ausrüstungsgegenstände zusammengepackt, als die Tür zum Korridor aufglühte. "Es sind mindestens zwei Dutzend", sagte Roolfs betroffen. "Wie ist das möglich?" "Sinnlos, darüber zu debattieren. Wir müssen verschwinden!" Tim entmaterialisierte. Er wollte erst einmal testen, ob die Roboter nicht ein paramagnetisches Abschirmfeld aufgebaut hatten, ehe er jemand mitnahm. Der Androide hatte sich nicht geirrt. Er wurde brutal zurückgeworfen. Roolfs stiftete indessen heillose Verwirrung unter den Robotern, als er einige der Maschinen zündete. Herumfliegende Teile steckten weitere Roboter in Brand. Trotzdem gaben die Maschinen nicht auf. "Bliebe noch der Weg durch die Zeit", überlegte der Weloifter laut. "Bist du bereit, Tim?" "Gleich", stöhnte der Teleporter. "Einen Augenblick noch."
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"Der Teleportationsversuch war völlig sinnlos", eröffnete der Swift den anderen. "Ich hätte euch gleich sagen können, daß sie ein Anti-PSI-Feld aufgebaut haben." "Wie weit reicht das Feld?" erkundigte sich Ray bei der Echse. "Ein Deck nach unten, eins nach oben und zehn Meter nach beiden Seiten. Es handelt sich um ein Kugelfeld." "Dann teleportieren wir vor dem Zeitversuch erst noch ein Deck höher", schlug Craumn vor. "Gut." Tim erhob sich und beförderte Craumn und Roolfs eine Etage höher. Auch hier gab es einen Lagerraum, der ähnlich wie ihre Unterkunft ausgestattet war. Eine Sauerstoffatmosphäre war natürlich nicht vorhanden. "Du kannst deinen Versuch gleich beginnen", sagte Tim zu Craumn. Nach einem flüchtigen Seitenblick auf den Swift meinte er: "Roolfs kann den Schirm ja sehen, falls es einen geben sollte." Dann teleportierte er. Die beiden anderen Mutanten verschwanden fast zur gleichen Zeit. Der Teleporter holte erst Shelly und Ray herauf, dann sprang er noch ein weiteres Mal, um die Ausrüstung zu holen. Kurz vor seiner Rückteleportation vernichteten die Roboter die Tür endgültig. Als Tim oben ankam, waren Craumn und Roolfs bereits wieder zurück. "Es ist aussichtslos", berichtete der Weloifter. "In der Vergangenheit steht der Schirm bereits." Ray setzte sich resignierend auf den Boden. Plötzlich erzitterte der Boden unter ihm. Roolfs hatte wieder einige Roboter vernichtet. "Vorläufig haben wir Ruhe", sagte der Swift. "Wahrscheinlich ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis man uns hier oben aufspürt. Ich sehe übrigens gerade, daß wir gelandet sind." Ray erhob sich wieder. Es war nicht die Landung, die ihn überraschte, sondern etwas ganz anderes. "Du kannst durch den Schirm sehen?" fragte er ungläubig. "Wie ist das möglich?" "Auch der Schirm ist für einen Seher durchlässig", eröffnete der Swift seinen erstaunten Kameraden. "Phantastisch", sagte Ray. "Kannst du dann auch etwas zünden, das hinter dem Schirmfeld existiert?" "Natürlich", gab die Echse zu. "Die Zündimpulse werden von meinen Sehwellen getragen. Ich kann also eindringende Roboter einige Zeit von uns abhalten. Aber irgendwann werde auch ich erschöpft sein." "Wie wäre es, wenn du einen Konverter zünden würdest?" fragte Ray. "Den Konverter, der das Abschirmfeld mit Energie versorgt", grübelte der Swift leise vor sich hin. "Ich denke, das ließe sich machen." Zehn Minuten lang geschah nichts. Der Swift saß nur stumm am Boden und regte sich nicht. Doch dann ging unvermittelt ein heftiger Ruck durch das Schiff. Die Mutanten wären durch den Raum geflogen und hätten sich womöglich verletzt, wenn Shelly nicht mit ihren telekinetischen Kräften eingegriffen und ihre Kameraden aufgehalten hätte. "Ich habe es geschafft", keuchte die Echse. "Der Schirm existiert nicht mehr." Dann sprang der Swift plötzlich auf und rief: "Wir müssen weg! In den unteren Sektionen wütet ein Atombrand. Das Feuer kann jeden Augenblick auf einen anderen Konverter übergreifen!" Tim reagierte sofort. Zuerst verschwand er mit Shelly und dem Swift. Gleich darauf holte er Ray und Craumn nach. Sie standen am Landefeld, als der Teleporter auch noch ihre Ausrüstung barg. Keine Sekunde zu früh. Als Tim wiederverstofflichte, ging am anderen Ende der Raumplattform eine kleine Sonne auf. "Wir sind noch immer zu nah!" rief Ray. "Wir müssen so schnell wie möglich auf ein Schiff, das sich von hier entfernt!" Copyright 2001 by readersplanet
"Leichter gesagt als getan", murmelte Tim. "Siehst du etwas, Roolfs?" "Das einzige Schiff, das ich ausmachen kann, befindet sich zwei Lichtminuten weit im Raum. Es entfernt sich in Richtung Andromeda. Schirmfelder wurden noch nicht aktiviert." Auf der Raumplattform gab es eine Kettenreaktion. Der explodierte Konverter hatte das erste Dartschiff bereits vollständig vernichtet. Nun griff der Brand rasch auf die anderen Schiffe über. Die Vernichtung der Plattform war nur noch eine Frage der Zeit. "Wenn der Brand ein Waffenarsenal erreicht, ist es vorbei", sagte Tim. "Wir verschwinden aber gleichzeitig und zusammen." Jeder schnallte sich einen Teil der Ausrüstung um, dann bildeten sie wieder ihren PSI-Kreis. Tim und Ray hielten Shelly in ihrer Mitte fest, dann materialisierten sie auch schon im All. Unter ihnen war das Landefeld bereits in grelles Feuer getaucht. Nach vier weiteren Sprüngen hatten sie das Dartschiff erreicht. "Andromeda, wir kommen", rief Ray in überschwenglicher Freude aus.
* Der Flug verlief langsam und ereignislos. Aus den Erlebnissen auf dem ersten Dartschiff hatten die Mutanten gelernt. Sie verhielten sich still und warteten die Ankunft auf einem Zielplaneten ab. Es dauerte über zwei Wochen, ehe der Dart ein Sonnensystem anflog. Aus kurzen Erkundungssprüngen, die Tim ab und zu an die Schiffsoberfläche unternahm, wußten die Mutanten, daß sie sich bereits seit langem in der Andromedagalaxis befanden. Das Sonnensystem, das der Dart nun anflog, befand sich bereits in der Nähe des galaktischen Zentrums. Roolfs berichtete, daß das Dartschiff tiefer ging. Dichter Dschungel erstreckte sich unter ihnen. In der Ferne erkannte Swift ein tropisches Meer. "Seltsam", meinte die Echse. "Diese Welt verlangt nur so nach Leben, doch ich kann keine organische Wesen entdecken. Weder Vögel noch Säugetiere, Lediglich im Wasser halten sich ungeheuer viele Fische auf. Insekten scheint es auch zu geben." "Also wie erwartet, eine relativ unbewohnte Welt", ließ Craumn sich wieder vernehmen. "Diese Roboter müssen ja einen ungeheuren Haß auf organische Intelligenzen entwickelt haben. Ich frage mich nur, wie die Herren der Maschinen aussehen." "Um das herauszufinden, sind wir schließlich hier", sagte Ray. "Mit dem Haß liegst du aber sicher falsch. Diese Maschinen lassen sich nicht von Gefühlen leiten. Hinter dem ganzen Vernichtungsfeldzug steckt ein handfester Auftrag. Jemand hat die Roboter in seinem Sinne programmiert." "Dann muß dieser Jemand einen unwahrscheinlichen Haß auf alles Organische haben", bemerkte Shelly. "Fast sollte man daraus folgern, daß die Herren der Darts nicht organischer Natur sind." Shelly kam nicht mehr dazu, dieses Gedankenexperiment weiterzuführen. Roolfs schaltete sich wieder ein und gab die kurz bevorstehende Landung des Raumschiffs bekannt. Die Basis der Roboter war kreisförmig angeordnet. Der Durchmesser der Station samt Raumhafen betrug rund hundert Kilometer. Eine halbkreisförmige Energieglocke wölbte sich über der Anlage. Sie erlosch für einen kurzen Augenblick, um den Dart durchzulassen, dann stabilisierte sie sich wieder. Die Mutanten verspürten den leichten Ruck, der das Aufsetzen des Schiffes anzeigte. Niemand sagte ein Wort. Erst fünf Minuten später brach Shelly das Schweigen: "Was machen wir jetzt? Bleiben wir hier oder sehen wir uns die Station an?" Copyright 2001 by readersplanet
"Wir bleiben", ordnete Tim an. "Ich vermute, daß der Dart hier nur kurze Zeit verweilt und bald wieder startet. Wie es in der Station aussieht, kann uns Roolfs berichten." Das Schiff stand mindestens eine Stunde auf dem Landefeld, ohne daß etwas geschah. Doch dann erschienen unvermittelt ganze Kolonnen von Robotern vor dem Dartschiff. Wenig später hatten sie den Raumer durch die unteren Schleusen betreten. "Ob die uns bemerkt haben?" fragte Shelly. "Das glaube ich kaum", antwortete der Swift. "Sie demontieren die Triebwerke. Offensichtlich werden auch hier die Konverter ausgetauscht." Roolfs irrte sich. Die Roboter fuhren keine Ersatzaggregate zum Schiff. Jedes Teil, das die Roboter von dem Dart abmontierten, verschwand in dem kugelförmigen Gebäude. Der Dart wurde vollkommen demontiert. Die Mutanten begriffen diesen Sachverhalt erst zwei Stunden später. Es war fast zu spät, als sie endlich flüchteten. Ein Maschinenraum in der Station wurde ihre neue Unterkunft. Glücklicherweise brauchten sie dieses Mal keine Sauerstoffatmosphäre aufzubauen. Die Planetenatmosphäre war in jeden Raum gedrungen. Über die ganze Anlage spannte sich noch immer der Hochenergieschirm. Das Einsatzkommando war gefangen.
* Das grüne Pflanzenmeer ragte wie ein unregelmäßig strukturierter Wandteppich in die Höhe. Es roch nach Erde und verwesenden Pflanzen. Außer dem Rauschen der Baumwipfel und dem Summen einiger Insektenarten blieb es still. Kein Brüllen, kein Vogelzwitschern, keine Tierschreie. Auf dieser Welt gab es kein höheres organisches Leben. Die drückende Hitze legte sich schwer auf die Gemüter der fünf Lebewesen. Der Dschungel dampfte. Sie befanden sieh nun schon acht Monate auf dieser Dschungelwelt. Nachdem vor einer Woche die Lebensmittelvorräte zur Neige gegangen waren, waren die Mutanten aufgebrochen. Das Dartschiff war vollkommen zerlegt und die Teile in die Planetenbasis eingebaut worden. Die Mutanten kannten die Station wie ihre Westentaschen. Es handelte sich um eine Anlage, die noch nicht fertiggestellt war. Einzelne Roboter beuteten die Erzvorräte des Planeten aus und verwendeten die Metalle zur Fertigstellung der Station. Ab und zu landeten vereinzelte Dartschiffe, die jedesmal vollkommen zerlegt wurden. Das Einsatzkommando aus der Milchstraße war an einem toten Punkt angelangt. Vorläufig sah es nicht so aus, als würden sie jemals diesen Planeten wieder verlassen können. Sie waren am Ufer eines seichten Tropenmeers materialisiert und hatten dort erst einige Tage kampiert. Shelly war glücklich, als sie endlich wieder einmal ein Bad nehmen konnte. Die Desinfektionsduschen, die zur Ausstattung jedes Schutzanzugs gehörten, hatte sie schon gründlich satt gehabt. Auch die anderen hatten sich erfrischt. Raubfische gab es in der Lagune nicht. Roolfs hätte seine Kameraden auch rechtzeitig gewarnt. Die Vegetation stand sehr dicht. Exotische Blumen leuchteten zwischen saftigen Lianen. Die Früchte vereinzelter Bäume hingen bis zum Boden herunter. Sie leuchteten nicht nur verführerisch, sondern schmeckten außerdem auch noch hervorragend. Verhungern würden die Mutanten in diesem Urwald jedenfalls nicht. Ein kleines Gerät in Rays Ausrüstung gab stets über die chemischen Bestandteile der Früchte Aufschluß. Mit diesem Hilfsmittel wurde die Gefahr einer möglichen Vergiftung auf Null reduziert.
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Nachdem sie sich in der Lagune erholt hatten, brachen sie in den Urwald auf. Tim teleportierte immer wieder in die Nähe der Robotbasis zurück, um nachzusehen, ob nicht wieder ein Schiff gelandet war. Den nächsten Dartraumer wollten sie kapern, ehe die Roboter ihn abmontieren konnten. Das Schirmfeld der Station stand nicht mehr. Als die Mutanten aufgebrochen waren, hatten sie erst einmal sämtliche Umformeranlagen vernichtet, die es in der Basis gegeben hatte. So konnten sie jederzeit zurückkehren, falls das nötig werden sollte. Ray ging voraus und bahnte mit dem Desintegrator eine Gasse durch das Dickicht. Die Mutanten waren nervös. An sich war dieses Herumirren im Dschungel völlig sinnlos. Wahrscheinlich würden sie ohnehin nichts Interessantes finden. Aber sie mußten einfach etwas tun. Die Nervosität steigerte sich zu unerträglicher Spannung. Tim wurde das unangenehme Gefühl nicht los, daß ihre Gruppe seit geraumer Zeit beobachtet wurde. Aus logischer Sicht erschien ihm diese Vermutung als völlig unbegründet. Wenn es hier etwas gab, dann müßte er doch die Gedankenimpulse auffangen, sagte er sich immer wieder. Und doch... Er konnte mit Sicherheit sagen, daß die leuchtenden Punkte im Unterholz keine Tieraugen waren. Jedes Knacken im Geäst ließ den Teleporter zusammenzucken. Nur Ray und der Weloifter hielten ihre Strahlwaffen in den Händen. Roolfs war ebenfalls auf der Hut. Er würde bei Gefahr sofort seine unheimliche Fähigkeit einsetzen. "Hier kommen wir nicht weiter", sagte Ray. Vor ihm tauchten einige Mammutbäume auf. Nicht einmal der Desintegrator kam gegen diese Giganten an. Ray ließ sich von dem Weloifter an der Spitze ablösen. Craumn versuchte, den Mammutbaum zu umgehen und veränderte die Richtung um neunzig Grad. Kurz darauf stand er übergangslos auf einer Lichtung. Es war nicht klar, was den Dschungel dazu bewegt hatte, ausgerechnet diesen schmalen Landstreifen nicht ebenso mit Vegetation zu überziehen wie die ganze Gegend hier. Der Boden bestand aus hellrotem Sand von feinster Struktur. Unvorsichtigerweise trat der Weloifter einen Schritt vor. Der Sand geriet sofort in Bewegung und zog an seinen Beinen. Von dem Mammutbaum hing eine Liane herab. Der Zeitteleporter griff danach, aber es half nichts. Seine Beine waren bereits vollkommen verschwunden. Plötzlich spürte er einen kräftigen Ruck. Wie von Titanenhänden fühlte er sich in die Höhe gehoben. Ehe er sich's versah, schwebte er einen Meter über dem Feld. Kurz darauf spürte er wieder festen Boden unter den Füßen. "Das nächste Mal paßt du gefälligst auf, wo du hintrittst", sagte Shelly schelmisch. "Jetzt kannst du dir erst mal den Sand aus der Hose schütteln." Der Weloifter grinste. "Danke", sagte er nur, dann ging er den Weg zurück, den sie gekommen waren. Er zog seine Beinkleider aus und schüttelte sie kräftig durch. Als dies erledigt war, ging er nicht sofort zu seiner Gruppe zurück. Er sah keine Gefahr darin. Immerhin konnten ihn Tim und Ray jederzeit telepathisch auffinden. Im Unterholz raschelte es. Einen flüchtigen Augenblick lang glaubte der Weloifter eine Bewegung im Gebüsch ausgemacht zu haben. Möglicherweise hatte er sich aber auch getäuscht. Craumn beschloß, nachzusehen. Die Waffe in der Rechten, drang er ein paar Meter weit in den Dschungel ein. Die Luft war heiß und feucht. Ein eigenartiger Geruch hing in der Luft. Craumn blieb vor dem schlanken Stamm eines palmenähnlichen Gewächses stehen. Die Blätter oder Wedel wurden erst in großer Höhe ausgebildet. Doch bereits dicht über dem Boden drangen aus dem Stamm kurze Halme, etwa einen halben Meter lang, An ihrem Ende hing eine leuchtende Blüte. In der Mitte befand sich eine schillernde Knospe. Sie war Copyright 2001 by readersplanet
ellipsoid und besaß ein Muster, das an ein menschliches Auge gemahnte. Der Weloifter sah sich um. Erst jetzt erkannte er, daß diese Dschungelgewächse den größten Teil der hiesigen Dschungelvegetation ausmachten. Wieso hatte er das aber vorhin noch nicht bemerkt? Der Mutant fand nichts dabei, noch einige Schritte weiterzugehen. Die Stämme standen hier ungewöhnlich weit auseinander, so daß sie kein Hindernis bildeten. Solange seine vier Freunde noch diesen Lärm machten, befand er sich in relativer Sicherheit. Verirren konnte er sich jedenfalls nicht. Der Weloifter stolperte über eine Wurzel und schlug hin. Vor seinem Auge tauchte plötzlich eine der Blüten auf. Das Auge in ihrer Mitte schien zu blinzeln. Aus dem Halbdunkel des Waldes schnellte eine Liane auf ihn zu. Sie wickelte sich um Craumns Körper, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Alles geschah mit unheimlicher Schnelligkeit und Präzision. Die seltsame Blüte schob sich auf Craumns Gesicht zu. Der merkwürdige Duft wurde immer intensiver. Plötzlich fühlte sich der Weloifter merkwürdig leicht und beschwingt und abrupt hochgehoben. Sterne tanzten vor seinen Augen. Mit letzter Kraft sandte er einen telepathischen Hilferuf an die Freunde. Dann verließen ihn die Sinne.
* Tim und Ray fuhren gleichzeitig hoch. Die beiden Telepathen hatten den stummen Hilferuf ihres Freundes vernommen. "Ich sehe nach", erbot sich Tim sofort. Als er gerade teleportieren wollte, hielt Ray den Freund am Arm zurück. "Nimm Shelly mit", schlug der Telepath vor. "Vielleicht brauchst du die Hilfe einer Telekinetin." Tim nickte, ging zur Telekinetin hinüber und legte seinen Arm um sie. Dann waren beide verschwunden. Ray versuchte indessen, weitere Gedankenspuren des Weloifters aufzuspüren, doch vergebens. Es dauerte etwa zehn Minuten, bis Tim und Shelly endlich die Spur des Weloifters fanden. Die Fußstapfen Craumns endete vor einer auslaufenden Wurzel. Tim erkannte sofort, daß der Weloifter hier gestürzt sein mußte. Da er aber an dieser Stelle nichts mehr finden konnte, teleportierte er zweihundert Meter weiter. Der Pfad existierte immer noch. Ansonsten gab es keine Hinweise. Erst ein weitere Sprung brachte Klarheit über das Schicksal des Weloifters. Die beiden Mutanten trauten ihren Augen kaum, als sie wieder materialisierten. Eine lange Prozession merkwürdiger, grünhäutiger Geschöpfe zog vor ihnen den Pfad entlang. Daran, daß es sich hier um Pflanzen handelte, bestand kein Zweifel. In der Mitte des Zuges erkannte Shelly den Weloifter. Zwei Pflanzenwesen hatten ihn mit ihren Stengelarmen umschlungen und trugen ihn in ihrer Mitte. "Fleischfressende Pflanzen können es unmöglich sein", überlegte Tim laut. "Da es auf dieser Welt keine organischen Lebewesen gibt, können sie den Pflanzen auch nicht als Nahrung dienen. Aber warum entführen sie dann den Weloifter?" "Vielleicht sind fleischliche Organismen etwas völlig Neues für sie", mutmaßte Shelly. "Diese pflanzlichen Organismen könnte man auch als organische Wesen bezeichnen. Vielleicht Copyright 2001 by readersplanet
sollten wir doch nicht immer nur zwischen den Begriffen organisch und pflanzlich unterscheiden. Immerhin sind Pflanzen auch nicht anorganischer Natur!" "Einverstanden", sagte Tim und wechselte das Thema. "Aber das ist wohl im Augenblick nicht unser Problem. Sollen wir den Weloifter gleich befreien, oder warten wir erst ab, wohin sie ihn bringen?" Shelly antwortete nicht. Fasziniert betrachtete sie die fremdartigen Geschöpfe. Sie hatten wenig Menschenähnlichkeit, und doch bewegten sie sich auf zwei Beinen. Von Armen konnte man allerdings nur im weitesten Sinne reden. Jedes der hochgewachsenen Wesen besaß sechs bis acht Lianen. Ihr Rumpf war von ungewöhnlicher Schlankheit. Der Durchmesser betrug sicher nicht mehr als zwanzig Zentimeter. Noch dünner waren die Beine, kaum unterarmstark und in der Mitte mit einem Gelenkversehen. Die Substanz, aus der das ganze Wesen bestand, schien sehr flexibel zu sein. Einen Kopf besaßen die fremden Wesen allerdings nicht. Knapp unter den Palmwedeln am oberen Ende befand sich eine größere Öffnung. Shelly vermutet, daß es sich dabei um den Mund handelte. Die Augen befanden sich in den Blütenkelchen und waren bei jedem Individuum in verschiedener Anzahl vorhanden. Tim wunderte sich nicht, daß der Weloifter die Fremden nicht entdeckt hatte. Sicher hatte er sie für Pflanzen gehalten. Sie sahen den Gewächsen des Dschungels auch tatsächlich zum Verwechseln ähnlich. Die Aufmerksamkeit des Teleporters wurde plötzlich abgelenkt. Die Pflanzenwesen waren zum Stillstand gekommen. Fast gleichzeitig drehten sie sich um und liefen auf die beiden Mutanten zu. Die beiden Wesen mit dem gefangenen Weloifter hielten sich im Hintergrund. Tim dachte nicht daran, zu verschwinden. Wenn es gefährlich werden sollte, konnte er sich und Shelly immer noch in Sicherheit bringen. Erst wollte er abwarten, was die Fremdwesen zu unternehmen gedachten. Die Pflanzengeschöpfe kamen unerwartet schnell näher. Tim trat einen Schritt zurück. Da sah er, wie sich der Mund des vordersten Wesens öffnete. Er traute seinen Ohren nicht, als aus der Öffnung ein langgedehnter Laut drang. Tim brach die Gedankenverbindung zu Ray ab und konzentrierte sich auf das Fremdwesen. Seine Bemühungen waren vergebens. Die Pflanze schien nicht zu denken. Tim kam eine phantastische Hypothese in den Sinn. Konnte es sein, daß diese Wesen in Wellenbereichen dachten, die sein Parasinn nicht aufzuspüren vermochte? War seine telepathische Gabe doch nicht so vollkommen, wie er bisher immer geglaubt hatte? "Träume nicht!" schreckte Shelly den Teleporter auf. "Sie hätten uns schon längst gepackt, wenn ich sie nicht telekinetisch zurückhalten würde. Verschwinden wir!" Tim stellten den körperlichen Kontakt zu Shelly her und entmaterialisierte. Er sprang aber nur zehn Meter weit nach hinten. Die Reaktion der Fremden interessierte ihn. Die Pflanzenwesen ließen sich nicht verwirren. Als sie spürten, daß sie nicht mehr aufgehalten wurden, liefen sie weiter zielstrebig auf die Mutanten zu. Tim wartete ruhig ab. Gerade als die Pflanzenwesen wieder herangekommen waren, spürte Tim einen schmerzhaften Druck in seinem Gehirn. Dann vernahm er die Stimme: "Hilfe - Verdammt, Tim, hörst du nicht?" "Das war Ray", sagte er laut. Shelly wußte nicht, worum es ging. "Nach dem Abbruch der Gedankenbrücke habe ich nicht weiter auf ihn geachtet. Da muß etwas passiert sein...!" Er wollte grade seinen Arm um Shelly legen, doch dann besann er sich wieder. Ruhig deutete er auf die stillstehenden Pflanzengeschöpfe. "Kannst du sie noch weiter aufhalten?" Shelly nickte nur stumm. Die Konzentration trieb Schweißperlen auf ihr Gesicht. "Verschwinde", sagte sie in äußerster Anstrengung. "Ich halte die Stellung schon!" Wieder vernahm Tim den telepathischen Notruf: Hilfe! Copyright 2001 by readersplanet
Ohne zu zögern, entmaterialisierte er. Der Anblick des schreienden Telepathen brachte Tims Atem zum Stocken. Roolfs war nirgends zu sehen. Nur der Sand kräuselte leicht seine Oberfläche. Was war geschehen? Ray hing an drei gelben Pflanzensträngen in der Luft. Gab es doch fleischfressende Pflanzen in diesem Urwald? Ohne zu zögern, riß Tim den Desintegrator aus dem Halfter und begann zu feuern. Er unterbrach den Strahl erst dann, als er die Stränge vollständig abgetrennt hatte. Die abgerissenen Pflanzenreste fielen von dem Telepathen ab, dafür begann er jetzt langsam abzusinken. Tim wollte eben teleportieren, um Shelly zu holen, doch da wurde er selbst von einem der gelben Stränge gepackt und in die Höhe gerissen. Noch einmal feuerte er seinen Desintegrator auf das Dickicht ab. Als das nichts half, entmaterialisierte er einfach. Er wiederverstofflichte etwa fünfzehn Meter über Shelly. Die Pflanzenwesen hatten das Mädchen inzwischen nahezu eingekreist. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie das Mädchen ergreifen konnten. Tim kam keine Minute zu früh. Shelly hätte die Stellung nicht mehr länger halten können. Tim sprang zu ihr hinunter und brachte sie sofort aus der unmittelbaren Gefahrenzone. Die beiden Mutanten keuchten vor Anstrengung, als sie neben dem Treibsandfeld materialisierten. Ray war bereits bis zum Hals versunken. Shelly atmete tief durch und konzentrierte sich dann auf den Telepathen. Sie vermochte ihn etwa einen halben Meter in die Höhe zu ziehen, dann ließ sie ihn wieder los. "Ich kann nicht", stöhnte sie auf. "Meine Kräfte - sie... Sie sind wie weggeblasen!" "Der naturgemäße Erschöpfungszustand", stellte Tim fest. "Kannst du nicht wenigstens versuchen, seinen Kopf über der Sandoberfläche zu halten? Du mußt es versuchen!" "Tue ich ja", keuchte sie. "Es klappt!" Sie saßen wohl an die zwanzig Minuten so da, bis Shelly sich endlich wieder gefaßt hatte und den Telepathen mit einem Ruck herauszog. Ray war inzwischen vor Anstrengung ohnmächtig geworden. "Wenn das hier vorbei ist, bringe ich euch wieder in die Robotstation zurück", sagte Tim nach Rays Rettung zu Shelly. "Ich habe den Urwald jedenfalls gründlich satt." "Erst müssen wir den Weloifter retten", gab die Telekinetin zu bedenken. "Auch das dürfte nicht leicht werden." Ray stöhnte und bewegte sich langsam. Doch dann wurde er übergangslos wach. "Roolfs", murmelte er schwach. "Ihr müßt den Swift retten. Als er mir helfen wollte, ist er ausgeglitten und in den Sand gestürzt!" "Zu spät", antwortete Tim betroffen. "Seine Gedankenimpulse sind erloschen. Er muß bereits tot gewesen sein, als ich hier ankam." Shelly erbleichte. "Ich frage mich nur, ob wir überhaupt noch etwas gegen die Darts ausrichten können..."
* Die Mutanten verweilten noch zwei weitere Stunden neben dem Treibsandfeld, das Roolfs Grab geworden war. Als Ray wieder einigermaßen in Form war, brachen sie auf. Als sie dort materialisierten, wo Shelly vorhin die Pflanzengestalten aufgehalten hatte, war der Platz leer. Die seltsamen Wesen waren mit ihrer Beute weitergezogen, Die Schneise, in der sie jetzt standen, wurde weiter oben vom Dach des Dschungels bedeckt. Aus der Luft war dieser Weg also nicht einsehbar. Copyright 2001 by readersplanet
Sie teleportierten in kurzen Abständen die Schneise entlang, vermochten die Prozession der Pflanzenwesen aber nicht mehr einzuholen. Eine halbe Stunde später fanden sie die Stadt. Die Ruinen waren deutlich auszumachen. Auch wenn das meiste davon unter Moos und Gräsern verborgen lag, erkannten sie doch die Umrisse von umgeknickten Funktürmen und verfallenen Hochhäusern. Tim teleportierte gleich in die Stadt. Am äußeren Rand befand sich ein größerer Platz, der unmittelbar in jene Schneise überging, auf der sie die Pflanzenwesen verfolgt hatten. Tatsächlich entdeckte Tim auch sofort eine größere Anzahl der Wesen. Sie standen regungslos auf dem Platz. Der Weloifter war nirgends zu sehen. "Ich spüre Craumns Impulse", flüsterte Ray. "Der Weloifter kommt gerade zu sich. Seine Gedanken werden immer deutlicher." Tim nickte. "Jetzt spüre ich es auch. Er liegt in einer Höhle." Der Teleporter nahm Ray bei der Hand. Der Telepath hielt Shelly bereits umklammert. Die Mutanten sprangen direkt in die Höhle. Es war stockfinster. Tim wühlte einige Zeit in seinen Ausrüstungsgegenständen, dann hatte er endlich gefunden, was er suchte. Die Handlampe leuchtete auf. Auf den ersten Blick erkannten die Mutanten, daß sie sich in einem verfallenen Gebäude befanden. Der Fußboden war von Kunststofffliesen bedeckt. Ein Abwasserrohr hing von der Decke. Dann fiel der Strahl der Handlampe auf den Weloifter. Er lag auf einem Bett aus weichen Dschungelpflanzen. Craumn richtete sich gerade auf und rieb sich blinzelnd die Augen. Als er seine Freunde sah, schmunzelte er: "Nett, daß ihr mich noch nicht vergessen habt. Es war langweilig ohne euch." "Das glaube ich gern." Tim lachte, doch dann stutzte er plötzlich. "Da sind doch weitere Gedankenimpulse", stellte er unvermittelt fest. "Aus dem Nebenraum..." Ray eilte zu dem Viereck, in dem noch eine verrottete Tür hing, und leuchtete hinein. Das Erstaunen konnte Tim bereits aus seinen Gedanken erkennen. "Das ist unmöglich!" stöhnte der Telepath auf. "Da drinnen liegt ein Oroumier!"
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6.
Ravis Hand sah aus dem Fenster seines Arbeitszimmers. Shelly spielte mit ihrem Touwin. Die Sonne brannte heiß auf den Park hinunter. Der Garten grünte und blühte. Man schrieb den 14. August 4057. Der Verteidigungsminister sah seiner Tochter nach, wie sie dem Touwin nachrannte. Eine kleine Verfolgungsjagd durch den Park bahnte sich an. Shelly erreichte den Touwin nicht. Der PSI-Verstärker war schneller. Meine Tochter, dachte der einsame Mann. Kann ich dieses Geschöpf überhaupt als Tochter bezeichnen? Seit sechs Monaten lebte nun die Androidin in diesem Haus. Sie sah Shelly so ähnlich. Eigentlich war sie auch Shelly - und doch handelte es sich bei der Androidin um ein ganz anderes Geschöpf. Zum einen besaß die Androidin Shelly ein paar Arme - und zum anderen war sie keine Telekinetin. Shelly II war eine perfekte Androidin, mehr aber auch nicht. Hand hatte keine neue Mutantin in seinem Haus gewollt. Heute bereute er diese Entscheidung. Die erste Shelly war als Mensch nicht akzeptiert worden, weil sie eine PSI-Begabung besaß. Im Gegensatz dazu wurde die zweite Shelly nicht für voll genommen, weil sie keine parapsychischen Fähigkeiten besaß. Also war sie andererseits doch keine perfekte Androidin. Der Verteidigungsminister dachte an den Risikoeinsatz der Flotte zurück. Vor acht Monaten waren viertausend Raumschiffe in die galaktische Eastside aufgebrochen und hatten den Planeten Hanlon hermetisch vom Raum aus abgeriegelt. Die Evakuierung der Touwins war gerade in vollem Gange gewesen, als ein Pulk Dartschiffe aus dem Hyperraum gekommen war und übergangslos zu feuern begonnen hatte. Die terranischen Schiffe hatten sich erst aus dem System zurückgezogen, als auch der letzte Touwin geborgen worden war. Die Vernichtung Hanlons konnte nicht mehr verhindert werden. Über tausend ausgeglühte Terrakreuzer blieben im System zurück. Zusammen mit den Bruchstücken des Planeten umkreisten sie eine einsame Sonne. Die Touwins hatten im System von Barnards Stern eine neue Heimat gefunden. Erst jetzt war die Stunde der PSI-Androiden gekommen. Mit Hilfe der kleinen PSI-Verstärker vermochten sie erstmals gegen die Dartschiffe vorzugehen. Jedes Robotschiff, das von Androiden aufgespürt worden war, konnte vernichtet werden. Und dann hatten die Darts plötzlich keine Verstärkung mehr erhalten. Bereits zwei Wochen nach dem Abflug des Einsatzkommandos Andromeda hatte sich die Zahl der ankommenden Dartschiffe drastisch verringert. Eine Woche später war das letzte aus der Nachbargalaxis kommende Robotschiff gesichtet worden. Seitdem waren die Darts in der Galaxis von Andromeda abgeschnitten. Ravis Hand hätte nicht mit einem so schnellen Erfolg des Einsatzkommandos gerechnet. So war das Opfer seiner Tochter also doch nicht vergebens gewesen... Er rechnete nicht mehr mit ihrer Rückkehr. Der Verteidigungsminister ging zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich hin. Gedankenverloren stützt er den Kopf in die Hände. Copyright 2001 by readersplanet
Die Bilder verschwammen vor seinen Augen. Plötzlich mußte er an Riverside denken. Damals war er noch Bürgermeister dieser Stadt gewesen. . . Als die Zzimph angriffen, stand Shellys Geburt kurz bevor. Das Mädchen war in der Atomhölle von Riverside zur Welt gekommen...
* "Die sechste Flotte kommt zu spät", eröffnete Crawsy dem übermüdeten Bürgermeister. Der Weloifter war der militärische Standortkommandant in der Stadt. "Die Flotte der Insekten steht schon im System." "Dann leiten Sie die Evakuierung ein", ordnete Hand an. "Schicken Sie die Leute durch den Transmitter." Dem Bürgermeister fielen die Augen zu. Als er sie wieder öffnete, stand der Weloifter noch immer an seinem Platz. "Warum gehen Sie denn nicht?" fuhr Hand den Katzenköpfigen an. "Jede Sekunde zählt. Worauf warten Sie noch?" "Sie sollten auch gehen", schlug der Standortkommandant vor. "Holen Sie Ihre Frau. In einer Stunde brauchen wir keinen Bürgermeister mehr." "Ich bleibe", sagte Hand mit fester Stimme. Der Weloifter drehte sich um und ging zur Tür. "Wie Sie wollen", murmelte er, "aber denken Sie wenigstens an das Kind." Hand sah dem Katzenkopf nach und zuckte die Schultern. Was konnte er schon mit dem Kind machen? Es war doch erst seit sieben Monaten in der Babykammer. Er konnte es doch nicht einfach aus der Brutwabe nehmen... Ruhelos ging er im Zimmer auf und ab. Sein Gewissen quälte ihn lange. Als er eine halbe Stunde später zum Videoschirm hinüberging, um seine Frau anzurufen, erschütterte ein heftiger Stoß die Stadt. Hand taumelte. Also fielen bereits die ersten Bomben! Der Visiphonanschluß war tot. Die Verbindung existierte nicht mehr. Erst jetzt ging dem Bürgermeister die ganze Tragweite des Geschehens auf. Die mickrigen Insekten aus dem Nachbarsystem hatten es also tatsächlich gewagt. Ein Volk von Niemanden griff einen Föderationsplaneten an. Die Zzimph besiegelten ihren eigenen Untergang. Aber vorher würde Riverside fallen... In der Stadt wüteten bereits die ersten Brände. Eine hysterische Menschenmenge kämpfte sich panikerfüllt durch die Straßen, um die Transmitterstation zu erreichen. Eine vorher nie gekannte Gleichgültigkeit übermannte den Bürgermeister. Ruhig ging Hand auf den Zentralschacht des Rathauses zu und ließ sich in die unterirdischen Regionen der Stadt tragen. Die Rohrbahn zur Stadtmitte war völlig leer Alles flüchtete in entgegengesetzter Richtung. Niemand achtete auf den einsamen Mann, der in den Zug einstieg. Die Rohrbahnstation befand sich genau unter der Klinik. Hand betrat das Gebäude und ließ sich nach oben tragen. Keine Menschenseele war zu sehen. Die Mediziner waren also auch bereits ausgeflogen, dachte der Bürgermeister. Hoffentlich hatten sie nicht abgeschlossen. Hand hatte das Ende des Antigravschachts fast erreicht, als ein weiterer Stoß die Gemäuer der Stadt erschütterte. Fast gleichzeitig erlosch das stabilisierende Antigravfeld. Nur seine schnelle Reaktion rettete Hand vor dem Absturz. Mühsam kletterte er die Notleiter empor. Copyright 2001 by readersplanet
Im Brutzentrum war es seltsam still. Die Notbeleuchtung erhellte trüb die durchsichtigen Brutzellen. Der Bürgermeister mußte sich gewaltsam auf sein Ziel konzentrieren: Zelle siebzehn! Mit Entsetzen bemerkte Hand, daß die Kontrolleuchten der Babykammern nicht mehr brannten. Also war die Energieversorgung der Behälter auch schon zusammengebrochen. Alles schien so sinnlos. Mußten diese Kinder hier sterben, ehe sie überhaupt geboren waren - und nur, weil die kriegerische Insektenrasse aus dem Nachbarsystem das Geheimnis des Überlichtflugs früher entdeckt hatte, als die Computer der Föderation errechnet hatte? Nun war die Invasionsflotte bereits im System - im Orbit um Riverside. Hand mußte diese Gedanken gewaltsam verdrängen. Er hatte Zelle siebzehn erreicht, aber die Kammer ließ sich nicht öffnen. Er zog seinen Taschenstrahler und schweißte die Panzerplastwand auf. Endlich hatte er es geschafft. Mit einem Ruck zog er die Wand weg. Mit nervösen Fingern löste er die Versorgungskabel vom Körper des Kindes und nahm es aus dem Behälter. Gottlob - es atmete. Er wickelte den kleinen Körper in seinen Umhang und eilte auf den Antigravschacht zu. Der Abstieg war eine einzige Tortur. Als er unten angekommen war, mußte er sich erst orientieren. Die Rohrbahn war außer Betrieb. Müde lief er die unterirdischen Gleiterstraßen entlang. Fünf Stunden später erreichte er die Außenbezirke der Stadt. Als er zur Ebene des Raumhafens gelangte, erstarrte er. Alles war vergebens gewesen. Die Transmitterkuppel existierte nicht mehr. Auf dem Landefeld standen bereits die ersten Raumschiffe der Zzimph. Er spürte nicht mehr, daß ihn ein Paralysestrahl traf. Zwei Insektenwesen hoben seinen schlaffen Körper auf und trugen ihn auf ein Raumschiff zu.
* So schnell wie die Schatten der Vergangenheit erschienen waren, so rasch verschwanden sie auch wieder. Ravis Hand fand sich schweißgebadet in seinem Arbeitszimmer wieder. Seine Hände zitterten. Er dankte dem Schicksal dafür, daß er die schlimmsten Stunden der Vergangenheit nicht auch noch einmal erlebt hatte. Nur mit Schrecken erinnerte sich Hand an seine Entführung nach dem Planeten Zzimph. Die Insekten hätten das Baby, seziert, wenn nicht noch rechtzeitig die sechste Föderationsflotte über der Insektenwelt erschienen wäre und mit der Vernichtung des Planeten gedroht hätte. So waren der Bürgermeister, seine Tochter und etwa fünftausend Einwohner der Stadt Riverside freigegeben worden. Aber die Insekten hatten dem Baby bereits beide Arme entfernt gehabt und es mit Strahlen beschossen, so daß der Körper des Mädchens jegliches Fremdgewebe abstieß. Aus diesem Grund hatte Shelly nie neue Arme bekommen können. Ob die Gabe der Telekinese allerdings auch auf die Einwirkung der Strahlen zurückzuführen war oder ob es sich hierbei um eine natürliche Gabe handelte, war nie geklärt worden. Hand hatte es als eine glückliche Fügung empfunden, daß seine zweite Shelly normale Arme bekommen hatte. Die Zellen ihres Körpers waren also doch reproduzierbar gewesen. Wenn Shelly zurückkam, würde er eine neue Untersuchung erwirken. Vielleicht konnte sie doch noch Arme bekommen - wenn sie jemals zurückkam. Wenn...!
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7.
Das Einsatzkommando Andromeda hatte sich wieder in die unterirdischen Sektionen der Robotanlage zurückgezogen. Der Dschungel war ihnen auf längere Sicht doch zu gefährlich erschienen. Der Oroumier gehörte zu den beiden Dimensionswandlern, deren Schiff auf dem Flug zur Erde von Darts angegriffen worden war. Ehe der Verbindungskreuzer vernichtet werden konnte, hatten sich die beiden Oroumiermutanten so schnell es ging in andere Dimensionen zurückgezogen. Dabei war Totaskx, so der Name des Oroumiers, den die Mutanten gefunden hatten, von seinem Gefährten Ulksakx getrennt worden. Achtzig Jahre lang hatte sich der Oroumier quer durch die Dimensionen bewegt, bis er endlich die richtige Zeitebene gefunden hatte. Anschließend hatte es noch ein weiteres Jahrzehnt gedauert, bis der Dimensionswandler den Andromedanebel gefunden hatte. "Ich habe Vergangenheit und Zukunft gesehen", eröffnete er gerade den gebannt lauschenden Mutanten. "Nunmehr weiß ich genau, woher die Roboter kommen und welche Kraft sie dazu treibt, alle höheren Organismen zu vernichten. Ich habe lange auf euch gewartet. Gemeinsam wird es uns gelingen, das Zentralgehirn der Roboter zu deaktivieren." "Zentralgehirn?" fragte Ray erstaunt. "Stecken keine intelligenten Wesen hinter diesen Maschinen?" "Heute nicht mehr", erklärte Totaskx. "Die Roboter haben ihre Erbauer vernichtet. Vor dreihunderttausend Jahren gab es in dieser Galaxis einmal zwei Völker, die technisch und militärisch völlig gleichstark waren. Allerdings hatte jeder Angst vor dem anderen und fürchtete den Ausbruch eines galaktischen Krieges. Dann hatte irgendwann einmal ein Wissenschaftler des einen Volkes die glorreiche Idee, einen Planeten im Zentrum der Galaxis mit einer Roboterrasse zu kolonisieren. Das Zentralgehirn, das auf dem Mond des Planeten errichtet wurde, bekam den Auftrag, im Falle eines galaktischen Krieges erbarmungslos einzugreifen und jede Art von fleischlichen Organismen zu vernichten. Durch diese bewußte Drohung, die auch den Regierungsvertretern des anderen Volkes bekannt gemacht wurde, hoffte man, jeden Krieg unmöglich zu machen. Natürlich handelte es sich hierbei um einen kalkulierten Bluff. Eine Superrasse aus Maschinen, die so überwindlich ist, daß sie beide Gegner zerstören kann, würde niemand ignorieren. Zumindest dachten das die Telkonter... Die Wahrheit sah anders aus. Irgendwann kam einmal der Zeitpunkt, an dem sich die beiden Rassen, die Telkonter und die Wauhl, versöhnten und zu einem einzigen Volk verschmolzen. Da die Roboter somit keine Existenzberechtigung mehr besaßen, ja, von vielen Wesen bereits als Gefahr betrachtet wurden, brach eine kleine Flotte zum Zentrum der Galaxis auf, um die Roboter zu vernichten. Und hier wurde die Situation tragisch. Als die ersten Hitzestrahlen die Werften der Roboter zu zerstören begannen, sah das Zentralgehirn seine Stunde gekommen. Von den galaktischen Völkern unbemerkt, hatte es den Mond, in dem es eingebaut war, in ein Raumschiff verwandelt. Außerdem gab es nicht nur in diesem System Roboter - nein, die Dartschiffe hatten sich bereits in ganz Andromeda verteilt. Das Zentralgehirn hatte berechnet, daß im Kriegsfalle als erstes die Darts angegriffen würden. So verstand die Positronik den Angriff auf das System falsch und sah den Kriegsfall für gekommen. Der Feldzug der Roboter begann..." Copyright 2001 by readersplanet
"Dann ist der Andromedanebel also vollständig entvölkert", bemerkte Tim nach einer Weile des Schweigens. "Schrecklich." "Uns bleibt nun die Aufgabe, den Zentralroboter zu vernichten", nahm Totaskx den Faden wieder auf. "Sobald der Mond nicht mehr existiert, ist es auch mit den Robotern vorbei. Sie werden dann automatisch deaktiviert." Tim grinste. "Schön und gut", meinte er. "Aber was nützt uns das, wenn wir erstens nicht wissen, wo sich dieses Mondraumschiff gerade aufhält? Und wie sollen ausgerechnet wir es schaffen, an dem zwei galaktische Rassen scheiterten?" "Ich weiß, wo sich der Roboter befindet", eröffnete der Oroumier den Mutanten. "Daß uns das Unternehmen gelingen wird, steht mit einer Wahrscheinlichkeit von sechzig zu vierzig fest. Ich habe mehrere Zukunftsebenen besucht, um diese Wahrscheinlichkeitsberechnung zu stellen. Die Wauhl und die Telkonter besaßen keine Mutanten, deshalb konnten sie den Roboter nicht stoppen." "Was hält uns dann noch hier?" fragte Tim. "Du kennst doch sicher auch einen Weg durch die Dimensionen, der uns genau an Bord des Roboters führt - oder irre ich mich da?" "Keineswegs", sagte der Dimensionswandler. Und ehe die Mitglieder des Einsatzkommandos sich's versahen, wurden sie von einem rotleuchtenden Energiefeld umschlossen. Plötzlich verschwamm die Wand des Maschinenraums und machte einer zähflüssigen Masse Platz, die das Energiefeld vollständig umhüllte. Wie Kaugummifäden zogen sich einzelne Tentakel die Transparentwand entlang. Der Oroumier strahlte immer greller. Die Mutanten mußten bereits die Visiere ihrer Raumhelme vorschieben, um nicht geblendet zu werden. Die Szene hinter dem Schirmfeld wechselte immer häufiger. Einmal schien sich die Blase am Grund eines Ozeans zu befinden, dann wieder im Zentrum einer Sonne. Die Mutanten kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Fünf Minuten später schien das Energiefeld langsam transparenter zu werden. Der rote Farbton verblaßte immer mehr, bis die Blase schließlich nur farblos schillerte. Sie befanden sich im offenen Weltraum. Die Sternbilder waren fremd und unbekannt. Die Silhouette eines zerklüfteten Asteroiden tauchte unter ihnen auf. "Das ist das Mondraumschiff", erklärte der Oroumier. "Macht euch für den Einsatz fertig!" Die Energieblase glitt langsam tiefer. Kurz darauf befanden sich die Mutanten in einem Ersatzteillager. Das Dimensionsfeld erlosch. "Nun müßt ihr allein sehen, wie ihr weiterkommt", sagte Totaskx leise. "Viel Glück." "Reicht es nicht, wenn wir eine Planetenbombe hier deponieren und wieder verschwinden?" fragte Tim befremdet. "Wo sollen wir überhaupt hin?" "Ihr müßt die innere Schale des Roboters erreichen. Die Energie einer hier abgelegten Planetenbombe würde die Schirmfelder der Maschine mühelos kompensieren. Das wahre Übel liegt in der Inneren Schale!" Die Stimme des Dimensionswandlers wurde schwächer. "Aber warum bringst du uns dann nicht dorthin?" wollte Shelly wissen. "Ich bin zu erschöpft", gab der Oroumier zu. "Also dann los", drängte Tim. "Wir kommen wieder hierher zurück. Laß dich von den Robotern nicht schnappen, Totaskx." "Keine Angst, ich werde schrumpfen." Mit geweiteten Pupillen sahen die Mutanten, wie der Dimensionswandler immer kleiner wurde, bis er kaum mehr zu sehen war. Nur ein kleiner Staubfussel am Boden erinnerte noch an den Oroumier. "Bei dem ist man wohl nie vor Überraschungen sicher!" sagte Ray. "Verschwindet der Kerl doch glatt in den Mikrokosmos...!"
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"Mir wird schlecht", sagte Shelly nach der siebten Teleportation. "Du darfst jetzt nicht schlappmachen, Mädchen", hielt ihr Tim vor. "Wir müssen gleich die Schirmfelder erreichen. Ohne dich können wir den Mechanismus nicht lahmlegen." Ray stieß eine Verwünschung aus. "Was ist los?" erkundigte sich der Weloifter. "Verlierst du auch die Nerven?" "Schon möglich", meinte der Telepath. "Ihr werdet doch nicht krank?" In der Stimme des Weloifters schwang jetzt Besorgnis mit. Auch Tim griff an seine Stirn und taumelte. "Ich spüre einen starken Drang in mir, sofort umzukehren", sagte der Teleporter schwach. "Dieser Wunsch wird immer stärker. Ich weiß nicht, wie lange ich ihn noch unterdrücken kann." "Reiß dich zusammen!" Der Weloifter rüttelte den Teleporter heftig an der Schulter. "Das ist sicher nur ein Hypno-Feld. Versuche, deine Emotionen zu unterdrücken." Der Weloifter legte seinen Arm um Shellys Körper und nahm Ray bei der Hand. Dann legte er die andere Hand des Telepathen auf Tims Schulter. "Jetzt!" schrie der Katzenköpfige. "Du mußt teleportieren!" Schweißperlen traten auf die Stirn des Androiden. Seine Konturen verschwammen, dann wurde er wieder sichtbar. Plötzlich befanden sie sich in einem anderen Raum. Schreiend ging Ray zu Boden. Gleich darauf verlor Tim das Bewußtsein. Ein dunkles Energiefeld wölbte sich vor ihnen in die Höhe. Shelly griff sich an die Stirn. "Die Panikstrahlung ..." stöhnte sie. "Craumn - spürst du nichts? Das Feld! Es will uns verjagen." Der Weloifter spürte die Impulse nur ganz schwach, vernahm die Stimme in seinem Unterbewußtsein. Er konnte sie nicht verstehen. "Kannst du die Schaltanlage des Schirmfelds aufspüren?" versuchte Craumn, das Mädchen aus ihrer Apathie zu reißen. "Versuche es wenigstens!" Shelly setzte sich auf den Boden und schloß die Augen. Craumn stellte sich hinter sie und legte seine Hände auf ihre Schultern. Vorsichtig konzentrierte er sich auf ShellysGehirn und versuchte, seine asionischen Energien auf sie zu übertragen. ,Jetzt wird es heller", flüsterte das Mädchen. "Der Leuchtknopf! Ich muß den Leuchtknopf drücken!" Der Zeitteleporter verkrampfte seine Hände. Übergangslos begann das Schirmfeld zu flackern, dann fiel es in sich zusammen. Shelly verlor das Bewußtsein. An dem leisen Flüstern in seinem Unterbewußtsein erkannte der Weloifter, daß das Panikfeld noch existierte. Also hatten sie nur den Schutzschirm des Roboters abgeschaltet, nicht aber die Hypnomaschine. Benommen richtete Craumn sich auf, dann zog er seine Kameraden nacheinander in den anderen Teil des Raumes. Wer konnte schon sagen, wann die Roboter das Schirmfeld wieder aufbauen würden? Ein zweites Mal wollte er diese Anstrengung nicht mehr durchmachen. Tatsächlich stabilisierte sich der Energieschirm fünf Minuten später wieder. Der Weloifter suchte indessen nach einem Hinweis auf die Hypnomaschine, konnte aber nichts finden. Craumn ging zu Tim zurück und kniete neben dem Teleporter nieder. Copyright 2001 by readersplanet
Tatsächlich fand er auch schnell die kleine Vertiefung in Tims Schutzanzug. Wenn Craumn diesen kleinen Knopf eindrückte, bekäme der Teleporter ein kreislaufstabilisierendes Mittel gespritzt, das ihn in wenigen Minuten aufwecken würde. Der Weloifter zögerte. Konnte er es verantworten, den Teleporter zu wecken? Was war, wenn Tim wahnsinnig würde? Craumn wußte nicht, wie das Panikfeld auf die Psyche eines Terraners wirkte. Schließlich erhob er sich wieder. Er konnte das Risiko nicht eingehen. Craumn zog seine Freunde hinter einen Computerblock, so daß sie nicht so einfach zu entdecken waren. Dann machte er sich wieder auf die Suche nach dem Ursprung des Hypnofelds. Erst zwei Decks tiefer spürte er, wie die Impulse langsam schwächer wurden: Entfernte er sich bereits wieder von der Maschine, oder war sie etwa gerade hier in der Nähe aufgebaut? Zwei Gangbiegungen weiter sah er eine riesige Konsole auf dem Gang stehen. Das Gerät summte leise. Später vermochte er nicht mehr zu sagen, was ihm an dem Gerät aufgefallen war. Vielleicht war es auch nur eine Regung seines Unterbewußtseins gewesen, die ihn wie folgt handeln ließ: Erst deponierte Craumn zwei Mikrobomben am Fuß des Aggregats. Dann zog er sich zwanzig Schritt zurück und begann mit dem Desintegrator zu feuern. Sofort baute sich ein Schutzfeld um das Gerät auf. Darauf hatte der Weloifter gewartet. Er wußte, daß die Sekundärenergie des Schirmfelds seine Bomben zünden würde. Er hatte noch knappe drei Minuten Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Bereits eine Etage höher begann er wieder die Ausstrahlung des Panikfelds wahrzunehmen. Craumn rannte den Nottreppenschacht hoch. In diesem Augenblick spürte er die Erschütterung der Explosion. Der Weloifter mußte sich krampfhaft an eine Stufe klammern, um nicht die Treppe hinunterzustürzen. Dann war wieder alles vorbei. Erst nachdem er seine Benommenheit abgeschüttelt hatte, spürte er die Veränderung: Die Stimmen in seinem Unterbewußtsein flüsterten nicht mehr. Der Zeitteleporter hatte das Panikfeld vernichtet. Am Schachtausgang prallte Craumn erschrocken zurück, als ein halbes Dutzend Roboter den Korridor hinunterliefen. In der Ferne erkannte der Weloifter einen ausgezackten Krater. Die Explosion war stärker gewesen, als er erwartet hatte. Vorsichtig sah sich der Zeitteleporter um, dann rannte er den Korridor entlang. Am anderen Endes des Ganges waren die Roboter gerade damit beschäftigt, die Trümmer zu beseitigen. Zwei der Maschinenwesen sprühten eine plasmaähnliche Masse über das Loch. Ehe die Maschinenwesen ihn entdecken konnten, verschwand der Weloifter wieder hinter einer Gangbiegung und lief auf das Versteck seiner Freunde zu. Ray war bereits wieder erwacht. "Wo warst du?" fragte der Telepath. "Ich hörte die Erschütterung." "Später", entgegnete Craumn und weckte den Teleporter. "Lies es in meinen Gedanken. Wir müssen so schnell wie möglich weg. Spätestens jetzt weiß die Positronik, daß Fremde in ihren innersten Bereich eingedrungen sind." Als Tim und Shelly wieder munter waren, unterrichtete der Weloifter sie rasch über die letzten Ereignisse. Tim fühlte sich erholt und voll einsatzfähig. Er wollte den Auftrag nun so schnell wie möglich erledigen. "Stellt den Kontakt her", sagte er hastig. "Wir haben schon viel zuviel Zeit verloren." Zwei Teleportationen später gab es den nächsten Rückschlag. Die Mutanten waren in einem Schirmfeld gefangen. Copyright 2001 by readersplanet
* Ein brennender Schmerz ließ die Mutanten wie aus einem Munde aufschreien. Überall um sie herum waberte wogende Energie. Der Weloifter versuchte trotz seiner Schmerzen einen Zeitteleportationsversuch. Doch auch er scheiterte kläglich. "Aus", sagte Ray resignierend. "Hier kommen wir nicht wieder 'raus." "Abwarten", entgegnete Tim ruhig. "Wenn die Roboter uns erschießen wollten, muß die Positronik das Schirmfeld abschalten. Die Energien dringen von draußen nicht herein." "Wenn überhaupt Roboter kommen", meinte Shelly. "Es wäre doch viel einfacher für das Robotgehirn, wenn es uns einfach hier verhungern ließe." "Dann haben wir immer noch Totaskx", beruhigte der Teleporter das Mädchen. "Der Dimensionswandler wird sich nach seiner Erholungspause sicher auf die Suche nach uns machen. Ich glaube nicht, daß ihn ein Parafeld aufzuhalten vermag." Eine halbe Stunde verging, dann erschienen die ersten Roboter hinter der Energieblase. Ihre Waffenarme hingen herab. Sie schienen keine feindlichen Absichten zu hegen. In diesem Moment erlosch das Schirmfeld. Tim reagierte eine Minute zu spät. Gerade als er den körperlichen Kontakt zur Teleportation ermöglicht hatte, erscholl eine monotone Stimme in ihren Helmlautsprechern: "Halt!" Erschrocken drehten sich die Mitglieder des Einsatzkommandos um, aber außer den Robotern war niemand zu sehen. Die Maschinen standen noch immer völlig bewegungslos herum. "Was sucht ihr in meinem unmittelbaren Einflußbereich?" fuhr die Stimme fort. Befremdet erkannten die Mutanten, daß sie das galaktische Standartidiom sprach. "Nur meine Erbauer sind jemals so weit vorgedrungen." Also sprach die Positronik direkt zu den Mutanten. Tim trat zwei Schritte vor. Sofort hoben die ersten Roboter ihre Waffenarme. Erschrocken blieb der Teleporter stehen. "Habt ihr mir etwas zu sagen?" fragte die Stimme weiter. "Wir befinden uns tatsächlich in deinem innersten Bereich?" fragte Tim dagegen. "So ist es", gab das Robotgehirn zur Antwort. "Was sucht ihr hier?" "Wir wollen dich über einen großen Irrtum aufklären", improvisierte der Teleporter. "Du hast den Krieg gegen die Organischen völlig ungerechtfertigt begonnen." Während er dies sprach, ging Tim langsam zurück. Gleich darauf senkten die Roboter ihre Strahlwaffen wieder. "Ich griff meiner Programmierung gemäß in den galaktischen Krieg ein", rechtfertigte sich das Robotgehirn. "Von einem Irrtum zu sprechen, wäre unlogisch." "Und trotzdem ist es so", bekräftigte Tim seine Worte, während er langsam den körperlichen Kontakt zu den anderen herstellte. "Es gab nämlich nie einen galaktischen Krieg. Die Raumschiffe, die deine Planeten angriffen, gehörten deinen Erbauern. Die Nachkommen dieser Wesen hatten die Existenz der Deaktivierungsschaltung vergessen. So gab es für sie keinen anderen Ausweg, als dich durch Raumschiffe zu zerstören. Es war ihr Pech, daß ihnen dies nicht gelang." "Meine Programmierung..." "... besagte ebenfalls nicht, daß du nach Unterjochung dieser Galaxis dein Gericht auf die Nachbargalaxis ausdehnen solltest", fiel Tim der Maschine ins Wort und entmaterialisierte. Wenige Sekunden später kreuzten die Energiebahnen der Roboter die Stelle, an der die Mutanten eben noch gestanden hatten.
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* Sie rematerialisierten auf einem Rundkorridor, von dem mehrere Gänge abzweigten. Da ihnen die Positronik bestätigt hatte, daß sie sich bereits im innersten Bereich aufhielten, suchten sie sofort ein Versteck für die Bomben. "Wir sollten die Planetenbomben an unterschiedlichen Plätzen verstecken", schlug Ray gerade vor. "Wenn eine entdeckt werden sollte, haben wir noch immer eine Chance, daß die zweite unbemerkt bleibt." "Einverstanden", sagte Tim und untersuchte die Wand. Endlich hatte er gefunden, was er suchte. Mit einem kleinen Magnetschraubenzieher löste er einen Teil der Wandverkleidung ab. Dahinter befand sich ein Kabelschacht. Wortlos reichte Ray seinem Freund eine Bombe, dann verschloß Tim die Öffnung wieder. "Das war Nummer eins", bemerkte Tim, "und nun die andere Bombe." Sie liefen etwa fünfundzwanzig Meter den Korridor entlang, dann öffneten sie eine Tür. Im Raum war es dunkel. An den Wänden standen gewaltige Schaltpulte. Die Bildschirme waren deaktiviert. Tim durchquerte den Raum und ließ sich vor einem Kontrollpult nieder. Flink schraubte er auch hier die Verkleidung ab, dann kletterte er in den Kasten. Vorsichtig ließ er die Bombe in eine Ecke rollen. Gleich darauf kroch er wieder hervor und beseitigte seine Spuren. "Das wäre erledigt", meinte er. "Die Zünder sind auf zwei Stunden eingestellt. Das müßte genügen, um zu dem Oroumier zurückzufinden. Gehen wir." Ray drehte sich um und lief auf die Korridortür zu. Er zog sich jedoch sofort wieder in den Raum zurück. Für seinen Rückzug gab es nur eine Erklärung: Draußen im Korridor waren Roboter aufgetaucht. Der Telepath zog zwei Mikrobomben aus dem Gürtel und warf sie in den Gang. Die Explosionen erschütterten die Wände. Vibrationen durchliefen den Boden. Ray durchquerte den Raum mit wenigen Schritten. Die anderen hatten bereits hinter verschiedenen Konsolen Deckung gesucht. Der Telepath verschanzte sich hinter einem Kartentank. Sekundenlang war es völlig still. Die Stille irritierte die Mutanten. Gerade, als Ray sich erheben wollte, um nachzusehen, ob auf dem Gang die Luft rein sei, erschienen die Roboter. Der Telepath ging sofort wieder in Deckung. Gleich darauf zuckten die ersten Strahlblitze über ihn hinweg. Ray warf sich auf die Seite und ließ eine Bombe über den Boden rollen. Sie explodierte in Höhe der Roboter. Die vordersten drei Maschinen wurden zerrissen. Ray sprang auf und warf sich unter ein Schaltpult. Der letzte Roboter schickte weitere Energiebündel auf den Telepathen zu. Der Individualschirm begann bereits durch die Überlastung zu flimmern. Doch da schossen sich Tim und Craumn abwechselnd auf die Maschine ein. Gerade als der Roboter detonierte, erschienen zwei weitere Maschinen in der Tür. Tim vermutete zwar, daß wieder ein Schirmfeld um ihre Position aufgebaut worden war, versuchte aber trotzdem eine Teleportation. Seine Verblüffung war grenzenlos, als der Versuch gelang. Schnell kehrte er an den Schauplatz des Kampfes zurück, warf sich über die am Boden liegende Shelly und entmaterialisierte. Gleich darauf holte er Craumn nach. Sie befanden sich nun fünf Decks über dem Kampfplatz. Noch einmal kehrte Tim zurück. Er entmaterialisierte zehn Meter von Ray entfernt hinter einer Konsole. Der Kampf war bereits wieder in vollem Gange. Tim sah keine Möglichkeit, augenblicklich zu seinem Freund vorzudringen. So sandte er nur einige beruhigende Gedankenimpulse in seine Richtung. Die Roboter hatten sich auf den Telepathen eingeschossen. Das Schaltpult, unter dem er lag, verglühte. Der Teleporter legte seinen Desintegrator an und feuerte auf drei weitere Maschinen, die eben den Raum betraten. Ein Roboter wurde fast vollständig desintegriert, dann begannen die verbleibenden beiden zu feuern. Der Raum schien unter der sich ausbreitenden Energie zu bersten. Copyright 2001 by readersplanet
Rays Lage wurde immer kritischer. Tim konnte sich nicht um die beiden Roboter kümmern, die den Telepathen bedrängten. Am Eingang kamen immer mehr der Maschinen nach. Verflüssigtes Plastikmaterial tropfte auf Rays Individualschirm und wurde verdampft. Es war nur noch eine Frage kurzer Zeit, wann der Schirm endgültig zusammenfallen würde. Geblendet von den unaufhörlich einschlagenden Energieschüssen, richtete sich Ray auf. Er wollte zu Tim hinüberrennen, da der Teleporter nicht herauskonnte. Um den körperlichen Kontakt bei der Teleportation herzustellen, war es unbedingt erforderlich, die Schutzschirme zu deaktivieren. Der Telepath stand zwischen den zerstörten Kontrollen, den Oberkörper leicht nach vorn gebeugt. Nach zwei Schritten brach sein Schirmfeld zusammen. Die Explosion, mit der er verpuffte, ging im Lärm der Entladungen unter. Ray IV existierte nicht mehr. Tim hatte dem Vorgang mit Entsetzen zugesehen. Der telepathische Aufschrei, der Rays Ende begleitet hatte, hallte noch immer in seinem Gehirn nach. Der Teleporter konnte nicht begreifen, daß sein Freund nicht mehr lebte. Tim vernichtete noch einen weiteren Roboter, dann teleportierte er sich zu den anderen zurück.
* Eine Stunde später näherten sich die drei Mutanten bereits wieder den äußeren Sektionen des Mondschiffs. Es hatte in der Zwischenzeit noch einige Begegnungen mit Robotern gegeben, die von Shelly jedoch mittels Telekinese schnell ausgeschaltet worden waren. Die Energieumwandler für die Trennschirme waren vom Einsatzkommando gesprengt worden. Neue Hindernisse hatte es seitdem nicht mehr gegeben. Kein weiteres Schirmfeld hielt die Mutanten auf. Ihnen verblieben nun noch knapp vierzig Minuten, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Oroumier wartete bestimmt bereits auf sie. Die Mutanten erreichten gerade einen Kreuzgang und wollte nach rechts abbiegen, als plötzlich eine humanoide Gestalt vor ihnen materialisierte. Sie trug einen Kampfanzug. Die Montur wies überall Brandflecken auf. Das Wesen taumelte auf sie zu und brach dann zusammen. Tim beugte sich über den leblos daliegenden Humanoiden und prallte dann zurück. "Nein", stöhnte er. "Das ist Craumn!" Der Weloifter erschrak. Er kniete nieder und betrachtete das Katzengesicht hinter der Helmscheibe. "Tatsächlich", murmelte er. "Es kann sich nur um einen Zeitbruder handeln. Aber was will der hier? Ich nehme an, er kommt aus der Zukunft!" Craumn drückte den kleinen Wiederbelebungsknopf am Arm des Kampfanzugs ein. Sein Zeitbruder würde nun ein kreislaufstabilisierendes Mittel gespritzt bekommen. Kurz darauf kam Craumn II zu sich. "Vorsicht . . ", stöhnte der Weloifter. "Nicht diesen Gang nehmen... eine... eine Falle!" "Immer ruhig bleiben", riet Craumn seinem Zeitbruder. "Die Roboter haben uns am Ende dieses Ganges eine Falle gestellt, richtig?" Der Weloifter nickte schwach. "Ich", keuchte er, "ich habe meine Ka-Kapazität überschritten... Sprung über - über fünfzehn Minuten gemacht. Ich konnte... vermochte mich nicht mehr zu koordinieren...!" Copyright 2001 by readersplanet
Craumn erbleichte. Wenn sein Zeitbruder einen Sprung über fünfzehn Minuten gemacht hatte, dann war es unweigerlich aus mit ihm. Zehn Minuten war die äußerste Distanz, die er seinem Körper zumuten konnte. Nach fünfzehn Minuten konnte der Körper sich nicht mehr regenerieren. Der Erschöpfungszustand würde sich in ein Dahindämmern verwandeln, an dessen Ende unabänderlich der Tod stehen würde. Mitleidsvoll betrachtete Craumn sein Zeitgegenstück. Er selbst hätte es bisher nie gewagt, seinem Vergangenheits-Ich gegenüberzutreten. Nun war es also doch geschehen. Ein Craumn hatte die Vergangenheit gewarnt. Sicher würde sich dies auf der Ebene, wo sie sich augenblicklich befanden, vorteilhaft für das Einsatzkommando auswirken. In jener Zukunftsdimension, aus der der andere Craumn gekommen war, waren die Würfel aber bereits gefallen. Dort konnte sich die Warnung nicht mehr auswirken. Es gab stets mehrere Zukunftsebenen. Eine davon war die Ebene, aus der Craumn II stammte. Dort war das Einsatzkommando in eine Falle gelaufen und vernichtet worden. Die zweite Ebene war die, die sie selbst in zehn oder fünfzehn Minuten erreichen würden. Hier wären sie der Falle entronnen. Eine zweite Zukunftsebene manifestierte sich und wurde zur Gegenwart. Der Körper des anderen Weloifters wurde schlaff. Craumn glaubte, bereits, sein Zeitbruder wäre gestorben, als sich dieser doch noch einmal aufrichtete. Seine Augen weiteten sich und wurden glasig. Die Schnurrbarthaare des Katzenkopfs vibrierten. "Du weißt, was du zu tun hast", sagte Craumn II zu seinem Zeitgegenstück. Sein Körper bäumte sich auf und zuckte nervös hin und her. Kurz darauf lag er still. Der Besucher aus der Zukunft lebte nicht mehr. "Was machen wir mit ihm?" fragte Tim nach einer Schweigeminute. "Lassen wir ihn liegen", schlug der Weloifter vor. "Vielleicht gibt er den Robotern einige Rätsel auf. Für uns würde seine Leiche nur unnötigen Ballast bedeuten." "Also berücksichtigen wir seine Warnung", meinte Shelly. "Nehmen wir den anderen Gang." Schweigend liefen sie weiter. Die bedrückte Stimmung des Weloifters schlug sich auf die Gemüter seiner Kameraden nieder. Keiner sprach ein Wort. Das Erlebnis von eben gab jedem zu denken. Schließlich gesellte sich Shelly zu Craumn und lief eine Weile neben ihm her. Craumn schien sie nicht einmal zu bemerken. Der Weloifter schien von einem bestimmten Problem geplagt zu werden. "Eine grausame Sache, wenn man seinen eigenen Tod miterlebt, nicht", meinte Shelly nach einer Weile. "Noch dazu aus einer fast unbeteiligten Position heraus." Craumn nickte nur schwach. "Mir geht nicht aus dem Kopf, was er gesagt hat. Du weißt, was du zu tun hast. Wahrscheinlich weiß ich es tatsächlich. Ich müßte unsere Vergangenheitsexistenzen warnen." "Du bist verrückt", konnte sich Tim nicht verkneifen zu sagen. "Die Vergangenheitsebene kann doch ruhig anders aussehen, das stört uns doch nicht." Craumn schüttelte den Kopf. "Das Phänomen Zeit ist noch immer nicht richtig erforscht. Es könnte leicht sein, daß wir mit dem Tod unserer Vergangenheitsexistenzen auch das Leben verlieren. Natürlich ist da noch die Dimensionstheorie, die diesen Punkt eindeutig verneint. Ich selbst halte die Dimensionstheorie auch für einzig fundiert und wahr. Trotzdem - ich kann nicht einfach wissentlich Lebewesen in ihr Verderben rennen lassen. Auch dann nicht, wenn sie in der Vergangenheit leben..." "Du könntest dabei das Leben verlieren", wollte Tim einwenden, doch der Weloifter winkte nur lächelnd ab. "Wer einmal starb, lebt entweder ewig oder ist schon lange tot. In diesem Sprichwort meines Volkes liegt viel Wahrheit." "Trotzdem...", versuchte Shelly einten letzten Einwand vorzubringen, doch der Weloifter ließ sie gar nicht mehr zu Wort kommen. "Ihr braucht nicht zu warten", sagte er. "Wenn ich zurückkehre, werde ich euch nachfolgen. Lebt wohl." Seine Konturen verblaßten, dann war er verschwunden. Copyright 2001 by readersplanet
,,Gehen wir", sagte Tim zu Shelly. "Warten hat keinen Sinn." Trotzdem drehte sich der Teleporter immer wieder um, um zu sehen, ob der Weloifter etwa schon wieder aufgetaucht wäre. Doch Craumn blieb verschwunden. Sie hatten noch fünfundzwanzig Minuten Zeit.
* Der Raum, in dem der Oroumier zurückgeblieben war, war leer. Von dem Dimensionswandler war keine Spur zu entdecken. "Noch sieben Minuten", bemerkte Tim nach einem Blick auf sein Armbandchronometer. "Ob Totaskx noch im Mikrokontinuum weilt?" überlegte der Teleporter laut. "Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen." "Wenn er nicht bald auftaucht, wird uns was zustoßen", sagte Shelly. "Sind wir wirklich im richtigen Raum?" "Zweifellos. Dort drüben liegen doch noch unsere Proviantbehälter." Shelly verspürte plötzlich ein nagendes Hungergefühl. Sie wußten, daß die Behälter leer waren. Vor der Rückkehr in die Milchstraße müßten sie erst noch auf einer Sauerstoffwelt Zwischenstation machen. Die Früchte auf der Dschungelwelt hatten wirklich hervorragend geschmeckt. "Vier Minuten", murmelte Shelly. "Warten wir das Ende ab." Tim schwieg. Plötzlich hörte er in der Ferne die charakteristische Entladung eines Desintegrators. "Du bleibst hier!" rief er Shelly zu, dann rannte er auch schon den Korridor hinunter. Shelly setzte sich auf den Boden. Sie wollte nicht mehr an eine Überlebenschance glauben. Fast hatten sie bisher zuviel Glück gehabt. Das Mädchen konnte Rays Tod nicht vergessen. Der Telepath war ihr immer sympathisch gewesen. Und dann der Opfergang Craumns - war nicht alles so sinnlos gewesen? Mit einer Kurzteleportation beförderte sich Tim schnell an die Gangbiegung. Was er sah, erschreckte ihn einerseits, andererseits fühlte er unsagbare Erleichterung in sich aufsteigen. Sieben Roboter lieferten sich ein hartes Feuergefecht mit einem Einzelwesen. Zwei Maschinen lagen bereits vernichtet am Boden. Der Weloifter war also doch zurückgekommen... Tim eröffnete das Feuer auf die Roboter. Als die erste Maschine geborsten war, wechselte er die Stellung. Drei weitere Roboter vernichtete er auf diese Weise, dann stand er neben dem Weloifter. Craumns Individualschirm glühte vor Überlastung dunkel auf. "Hinter die Gangbiegung!" rief Tim dem Kameraden zu. "Deaktiviere dort deinen IV-Schirm. Ich komme gleich nach!" Der Weloifter reichte Tim seine Waffe, dann spurtete er los. In jeder Hand eine Waffe, trat Tim den Robotern entgegen. Die drei Maschinen hatten sich immer näher herangeschoben. Sie konzentrierten ihr Feuer jetzt auf einen Punkt. Tims Schirm mußte gleich zusammenbrechen. Der Teleporter warf sich nach hinten. Craumn war gerade hinter der Gangbiegung verschwunden. Tim teleportierte. Kurz darauf standen sie wieder neben Shelly. "Noch eine Minute", sagte Tim. "Wahrscheinlich haben wir trotz allem verloren." Shelly schwieg. Der Weloifter hatte sich zur Tür begeben und sah den Gang hinunter. "Die Roboter kommen", gab er leise bekannt. Copyright 2001 by readersplanet
Sie bereiteten sich nicht mehr auf die Abwehr vor. In diesem Moment war ihnen alles egal. Die Maschinen kämen so oder so zu spät. "Wenigstens ist es schnell vorbei", hauchte Shelly tonlos. In diesem Augenblick schien ein merkwürdiges Wesen aus dem Boden zu wachsen. Gleichzeitig baute sich die Dimensionsblase um die Mutanten auf. Kurz darauf hatte der Oroumier seine normale Größe erreicht. "Tut mir leid", keuchte der Dimensionswandler. Ich bin aufgehalten worden. Als ich auf einem Planeten im Mikrokosmos Lebensmittel besorgte, kamen plötzlich einige Wesen, die das gar nicht gern sahen. Aber nun ist ja alles gut." "Nichts ist gut", bemerkte Tim nach einem Blick auf das Chronometer. "Die Planetenbombe muß eben detoniert sein, vielleicht sogar beide." "Das stört uns doch nicht", meinte der Oroumier amüsiert. "Die Energien der Bombe können meiner Blase nichts anhaben." Wie zur Bestätigung erschienen in diesem Augenblick die drei Roboter in der Tür. Sie begannen sofort auf die Blase zu feuern. Die transparente Blase verfärbte sich leicht ins Grünliche, sonst geschah nichts. Wenige Sekunden später blieben die Maschinen wie deaktiviert stehen. Das könnte nur bedeuten, daß die Zentralpositronik bereits vernichtet war. Die Waffenarme der Roboter hingen schlaff nach unten. "Wir müssen weg", drängte Shelly. "Der Atomfraß muß uns bald erreicht haben. Ich möchte die Stabilität deiner Blase nicht testen." "Abwarten", sagte Totaskx ruhig. "Schließlich wollen wir doch in die Galaxis zurück, oder?" Shelly zuckte die Schultern. Hoffentlich wußte der Dimensionswandler, was er tat. Ansonsten würde es bald vorbei mit ihnen sein. "Die Sauerstoffatmosphäre ist aufgebaut", sagte der Oroumier nach einer Weile. "Ich habe dort drüben etwas Eßbares mitgebracht. Nehmt eure Helme ab und laßt es euch schmecken." Das ließen sich die Mutanten nicht zweimal sagen. Gerade als Shelly in eine melonenartige Frucht biß, veränderte sich die Szene um die Dimensionsblase schlagartig. Die drei Roboter verglühten, noch ehe sich die Wände rot färbten. Ein Magmastrom schien kurz darauf auf die Blase zuzufließen und sie in sich einzuschließen. Die Dimensionsblase wechselte ihre Farbe. Schließlich leuchtete sie in einem tiefen Rot. Von der Einrichtung des Mondschiffs war nichts mehr zu sehen. Überall wogte jetzt Energie. Das Magma veränderte seinen Aggregatzustand und wurde gasförmig. Jetzt schien die Energieblase im Zentrum einer Sonne zu schweben. Langsam stieg das seltsame Transportmittel höher. "Ich denke, das reicht", ließ sich der Oroumier wieder hören. "Die Blase mußte nämlich erst genügend Energien speichern, um den Flug in die Galaxis auch durchstehen zu können", erklärte Totaskx endlich. "Nur aus diesem Grund ließ ich die Blase noch etwas in dieser Hölle schmoren. Hoffentlich habt ihr euch nicht zu sehr gefürchtet." "Anfangs schon", gab Shelly zu. "Aber jetzt nicht mehr." Die Dimensionsblase verließ den glühenden Mond mit immer größer werdender Geschwindigkeit. Das Mondschiff ähnelte nun tatsächlich einer Sonne. Die Gefahr für die Galaxis war gebannt. Bald wechselte die Dimensionsblase in ein anderes Kontinuum über. Beim Rückflug in die Galaxis traten die bekannten Verzerrungseffekte auf. Die psychedelische Farbenpracht der Dimensionskette schien noch stärker zu leuchten als beim ersten Mal. Das lag daran, daß der Weg dieses Mal auch viel länger war. Die Blase schien zu platzen. Schwärze breitete sich aus. Die Mutanten waren ins normale Raum-Zeit-Kontinuum zurückgekehrt. Neben der Schutzblase schwebte ein Dartschiff. Copyright 2001 by readersplanet
* Antriebslos fiel der Dart durch das All. Die Armbandinstrumente des Weloifters zeigten keine Energieemissionen an. Langsam lenkte der Oroumier die Blase auf den Dart zu. Kurz darauf durchdrang das Energiefeld die Hülle des Robotraumers. Tim und Craumn schlossen ihre Helme. Shelly wollte zurückbleiben. Die beiden Mutanten näherten sich der Wand der Blase. Totaskx ließ hinter ihnen eine Trennwand entstehen. Der Dimensionswandler wollte verhindern, daß zuviel Sauerstoff entwich. Die vordere Energiewand erlosch. Im Dartschiff wirkte alles tot und leer. Die Konverter arbeiteten nicht mehr. Nur die Helmlampen der beiden Männer erhellten trüb die nähere Umgebung. In der Zentrale standen mehrere deaktivierte Roboter herum. In diesem Zustand wirkten die Maschinen noch unheimlicher als sonst. Der Deaktivierungsimpuls schien sie mitten in der Arbeit getroffen zu haben. Die beiden Mutanten hegten ein ungutes Gefühl. Fast sah es so aus, als müßten die Roboter jeden Augenblick wieder zum Leben erwachen. "Kehren wir um", schlug Craumn vor. Dabei warf er einen letzten Blick auf die deaktivierten Bildschirme. Tim nahm seine Hand. Sie rematerialisierten in der Dimensionsblase. Wieder ließ Totaskx eine Wand hinter ihnen entstehen. Die vordere Wand erlosch. Die Mutanten befanden sich wieder in der Blase. Tim klappte seinen Helm zurück und holte sich eine Frucht. Nachdem er sie genüßlich verzehrt hatte, fragte er den Oroumier nach dem Grund der Deaktivierung. "Es ist so, wie du vermutest", gab der Dimensionswandler zur Antwort. "Durch die Deaktivierung des Zentralgehirns wurde eine Hyperfunkanlage in Betrieb gesetzt, die allen Darts die Stillegung der energetischen Anlagen befahl." Er ließ seine Worte kurz wirken und fuhr nach einer Pause fort: "Normalerweise hätte der Spruch unsere Galaxis noch gar nicht erreicht. Ich habe aber während meiner neunzigjährigen Suche genug Zeit gehabt, eine Dimensionsverbindung zwischen uns und einem Makrokosmos zu errichten. Dabei habe ich sowohl in der Milchstraße als auch in Andromeda einige Dimensionstore geschaffen. Über diese Tore konnte der Spruch übertragen werden." "Ist das nicht gefährlich?" warf Craumn ein. "Störst du damit nicht das energetische Gleichgewicht zwischen den einzelnen Dimensionen?" Der Oroumier nickte. "Das ist die Gefahr. Ich werde in einigen Wochen wieder aufbrechen müssen, um die Tore zu schließen. Sonst könnte es wirklich passieren, daß unser Universum zusammenbricht..." Nun begann die Blase wieder stärker zu pulsieren. Fast unmerklich nahm sie Fahrt auf und ließ das Dartschiff hinter sich. Erneut verzerrte sich die Umgebung zu einer phantastischen Irrealität aus Formen und Farben. "Ich bringe euch auf die MONTROSE", eröffnete der Dimensionswandler den erstaunten Mutanten. "Ich sehe, daß das Schiff gerade in der Nähe des Wega-Systems patrouilliert. Der Kommandant kennt euch. Demnach wird es kaum Schwierigkeiten geben, wenn ich mitten in der Zentrale materialisiere." Erstaunt neigte Shelly den Kopf. "Wie machst du das nur?" wollte sie wissen. "Besitzt du auch seherische Fähigkeiten?" Der Oroumier wurde verlegen. "ich hoffe, ihr verübelt es mir nicht, wenn auch ich mir meine kleinen Geheimnisse bewahre", sagte er leise. Im selben Augenblick materialisierten sie auf der MONTROSE. Oberst Saxon staunte nicht schlecht, als so plötzlich das Einsatzkommando auf seinem Schiff auftauchte. Schließlich hatte er selbst diese Leute vor mehr als einem Jahr verabschiedet. Copyright 2001 by readersplanet
Erst jetzt kam Shelly zu Bewußtsein, daß der Dimensionstransport über ein Vierteljahr gedauert haben mußte. Demnach wäre ein Dartschiff sogar schneller gewesen. Das Mädchen drehte sich um. Gerade wurde der Oroumier wieder transparent. Kurz darauf war er so geheimnisvoll verschwunden, wie er erschienen war.
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EPILOG
Ravis Hand starrte in den klaren Nachthimmel. Ein neues Jahr war angebrochen. Seit zwei Minuten schrieb man den ersten Januar 4058. Was würde dieses Jahr wohl bringen? Das vergangene hatte ihm zwei Töchter geraubt. Shelly war mit dem Einsatzkommando nach Andromeda aufgebrochen. Ihre Androidenschwester war zwei Tage vor Weihnachten von einem Lastengleiter erfaßt und schwer verletzt worden. Im Krankenhaus war sie gestorben. Hand hatte sich bisher noch nicht entscheiden können, eine zweite Androidin anfertigen zu lassen. Die Erlebnisse mit Shelly II hatten ihm gezeigt, daß er durch eine Androidin nur noch mehr an seine verschollene Tochter erinnert wurde. Außerdem war eine Androidin doch kein vollwertiger Ersatz für eine Tochter. Wieder richtete der Verteidigungsminister seinen Blick nach oben. Einer der Sterne glitzerte besonders hell. Unter dieser Sonne war Shelly geboren worden im Atomfeuer von Riverside. Der Planet existierte nicht mehr. Wie auch Shelly wahrscheinlich nicht mehr lebte. Plötzlich glaubte Ravis Hand zu wissen, daß er seine Tochter niemals mehr wiedersehen würde. "Im Inferno geboren - im Inferno gestorben", murmelte er und ging ins Haus zurück. Es war kalt hier draußen. Der Wind wehte die ersten Schneeschauer über den Park. Aufgeregt schnatternd tanzte der Touwin um die Füße des einsamen Mannes. Hand reagierte nicht auf die Aufmunterungsversuche des Tieres. Als der Verteidigungsminister sich ein Glas Punsch einschenken wollte, leuchtete die Empfangstaste des Videophons auf. Hand schaltete ein. "Ein Funkspruch von der MONTROSE, Sir", erklang die Robotstimme wohlmoduliert. "Kategorie eins!" "Also dringend", murmelte Hand und dachte an die Robotinvasion. Was mochte wohl nun schon wieder passiert sein? Er warf einen letzten Blick auf die Schneeflocken vor dem Terrassenfenster. "Nicht einmal am Neujahrsmorgen lassen sie einen in Ruhe", murmelte er ungehalten. "In Ordnung", sagte er dann zu dem Kommunikationsrobot. "Du kannst den Spruch durchstellen."
ENDE
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