K. E. von Olshausen ] EKG-Information
K. E. von Olshausen
EKG-Information Vom Anfånger zum Profi ] ] ] ] ] ]
Grundl...
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K. E. von Olshausen ] EKG-Information
K. E. von Olshausen
EKG-Information Vom Anfånger zum Profi ] ] ] ] ] ]
Grundlagen Morphologische EKG-Interpretation Klinische Syndrome Rhythmusstærungen Schrittmacher- und ICD-EKG Tipps und Tricks
Mit 60 EKG-Beispielen zum Selbststudium auf CD-ROM
Achte, çberarbeitete und erweiterte Auflage Mit 520 Abbildungen
Autor der 1.±4. Auflage: Dr. med. Hans Hermann Bærger { Radolfzell Autor ab der 5. Auflage: Professor Dr. med. Dipl.-Ing. Klaus E. v. Olshausen Chefarzt III. Med. Abteilung ± Schwerpunkt Kardiologie/Pneumologie Allgemeines Krankenhaus Altona Paul-Ehrlich-Str. 1 22763 Hamburg
ISBN 3-7985-1408-9 Steinkopff Verlag Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Redaktion: Sabine Ibkendanz Herstellung: Klemens Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Zeichnungen: Gçnther Hippmann, Schwarzenbruck Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden SPIN 10864684
85/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort zur achten Auflage
Wåhrend der Vorbereitungen zur achten Auflage der von H. H. Bærger 1974 begrçndeten EKG-Information feierte das EKG seinen 100. Geburtstag. Um das Jahr 1900 zeichnete der niederlåndische Physiologe Einthoven das menschliche EKG zum ersten Mal auf. Trotz seines biblischen Alters bleibt das EKG jung und lebendig. Wenn es in der Inneren Medizin einen Preis fçr die einfachste, aussagekråftigste und kostengçnstigste technische Methode gåbe, dieser Preis stçnde ohne jeden Zweifel dem EKG zu. Paradoxerweise wird diese Tatsache bei der Ausbildung der Medizinstudenten in Deutschland stråflich vernachlåssigt. Wåhrend im medizinischen Staatsexamen die 9 Jones'schen Kriterien des rheumatischen Fiebers eine Standardfrage darstellen, obwohl der Autor dieses Krankheitsbild in seiner çber 30-jåhrigen Laufbahn nicht einmal gesehen hat, verfçgen die wenigsten angehenden Mediziner çber brauchbare EKGKenntnisse. Hier will die EKG-Information ± vom Anfånger zum Profi mit ihrer didaktischen Erfahrung aus sieben Vorauflagen und einem ¹Lebensalterª von çber einem Vierteljahrhundert helfen. Ziel ist es, sowohl dem Anfånger den erfolgreichen Einstieg ¹ins EKGª als auch dem erfahrenen Kollegen bei Fragen zu einem komplexen EKG durch Nachlesen die korrekte Diagnose zu ermæglichen. Das Farbleitsystem gliedert das Buch in verschiedene Kapitelblæcke: Die Grundlagen enthalten die unbedingt notwendige, aber kurz gefasste Theorie. Als wichtigstes Kapitel fçr den Anfånger beschreibt die Morphologische EKG-Interpretation praxisorientiert alle klinisch wichtigen EKG-Verånderungen mit Verweisen zu den Krankheitsbildern im Kapitel Klinische EKG-Syndrome. Zwei aktuelle Schwerpunkte sind erweitert worden: das akute Koronarsyndrom und die Herzrhythmusstærungen. Das schwierige Kapitel Rhythmusstærungen wurde noch einmal praxisorientiert çberarbeitet. Es umfasst alle wichtigen Arrhythmien des klinischen Alltags, die sich aus dem Oberflåchen-EKG diagnostizieren lassen. Das Kapitel Schrittmacher- und ICD-EKG wurde der stçrmischen technischen Entwicklung angepasst. Neu ist das Kapitel Tipps und Tricks: Hinweise zur systematischen EKG-Interpretation, auf Artefakte und auf die håufigsten Fehldiagnosen sollen dem Anfånger helfen, schnell in die EKG-Diagnostik einzusteigen. V
Vorwort zur achten Auflage
Aus Platzmangel lassen sich in einem EKG-Lehrbuch 12-KanalEKGs nur selten vollståndig abbilden. Um diesem immer wieder angesprochenen Mangel abzuhelfen, wurde der EKG-Information eine CD-ROM mit 60 instruktiven EKG-Beispielen inklusive kommentierter Befundung beigefçgt. Die EKG-Beispiele umfassen nahezu alle wichtigen Verånderungen und Rhythmusstærungen. Sie sind nach steigendem Schwierigkeitsgrad angeordnet. So hat der Leser die Mæglichkeit, an Hand typischer Beispiele seine frisch erworbenen Kenntnisse zu erproben. Was hat sich bewåhrt, was hat sich veråndert? Unglçcklicherweise gibt es bis heute immer noch keine international gçltige Nomenklatur der EKG-Interpretation. In Deutschland fristen noch einige obsolete, international nicht akzeptierte EKG-Begriffe ihr Dasein. Sie sind im Text gekennzeichnet und sollten in Zukunft keine Verwendung mehr finden. Wie in frçheren Auflagen habe ich mich an den 3 im Literaturverzeichnis zitierten internationalen Empfehlungen der WHO aus den Jahren 1978/9 orientiert. Auf die Angabe von Originalarbeiten wurde aus Platzmangel verzichtet. Das Literaturverzeichnis enthålt nur noch die WHO-Empfehlungen und weiterfçhrende, vom Autor empfohlene Lehrbçcher, deren Inhalte çber die EKG-Information hinausgehen. Die EKG-Registriergeschwindigkeit wird zurzeit in Deutschland von 50 auf 25 mm/s umgestellt. Hier passen wir uns der internationalen Entwicklung an. Diese Auflage enthålt jedoch aus praktischen Grçnden noch EKGs mit beiden Geschwindigkeiten. Zahlreiche EKGs, Tabellen, Schemata und Flussdiagramme sind hinzugekommen, åltere Aufzeichnungen wurden ausgetauscht. Die bewåhrte, von H. H. Bærger stammende Didaktik der EKG-Information blieb jedoch unangetastet. Wieder gilt mein herzlicher Dank Professor T. Pop, Chefarzt der 1. Medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Harburg, dem ich zahlreiche Ideen, Formulierungen, Tabellen und EKGs verdanke. Ohne unsere jahrelange, freundschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen unserer Seminare ¹Diagnostik und Therapie von Herzrhythmusstærungen im Oberflåchen-EKGª håtte die EKG-Information nicht ihr heutiges Aussehen. Herrn Dr. H. Schwacke, Oberarzt mit Schwerpunkt Elektrophysiologie in unserer Abteilung, danke ich fçr die kompetente Beratung bei der Abfassung des Kapitels Schrittmacher- und ICD-EKG. Dem Steinkopff Verlag, insbesondere Frau S. Ibkendanz und Frau Dr. A. Gasser, danke ich fçr die verståndnisvolle und groûzçgige Unterstçtzung bei dieser 8. Auflage der EKG-Information. H. H. Bærgers EKG-Information hat mich als jungen Mediziner seit ihrer 2. Auflage 1976 begleitet und mir ohne viel akademischen Ballast die Grundkenntnisse des EKG vermittelt. Wie kaum eine andere medizinische Methode, ist das EKG auch heute noch hochaktuell. Man muss es nur lesen kænnen. Und anders als beim Schachspiel, ist hier der Mensch dem Computer (noch) çberlegen. VI
Vorwort zur achten Auflage
Fassen Sie die EKG-Interpretation als intellektuelle Herausforderung auf, dann werden Sie wie der Autor çber Jahre viel Freude daran haben. Hinweise kritischer Leser, die zur Verbesserung des Buches in zukçnftigen Auflagen beitragen kænnen, werden mit Dank entgegengenommen. Hamburg-Altona, im Frçhjahr 2005
Klaus E. v. Olshausen
VII
Inhaltsverzeichnis
1
Grundlagen
1.1
Elektrophysiologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2 1.2.1
3
1.2.2 1.2.3
Automatie, Erregung und Reizleitung . . . . . . . . . . . . Automatisch und nicht automatisch tåtige Herzmuskelzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung und Ausbreitung der Erregung . . . . . . . . . Blutversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 4 6
1.3
Dipoltheorie: Das elektrische Feld des Herzens . . . . .
7
1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3
Vektortheorie . . . . . . . . . . . . . . . . Der Vektor der Einzelmuskelzellen Vektoren des Herzmuskels . . . . . . Der Summationsvektor im Verlauf der Kammererregung . . . . . . . . . . Vektorschleife . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.4
............... ............... ...............
8 9 10
............... ...............
10 12
1.5 1.5.1 1.5.1.1 1.5.1.2 1.5.1.3 1.5.1.4 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5
Ableitungsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extremitåtenableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standardableitungen nach Einthoven . . . . . . . . . . Extremitåtenableitungen nach Goldberger . . . . . . Logische Anordnung der Extremitåtenableitungen Bipolare Brustwandableitungen nach Nehb . . . . . Unipolare Brustwandableitungen nach Wilson . . . Úsophagusableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intrakardiales Elektrogramm (His-Bçndel-EG) . . . Reduzierte Spezialableitungen fçr Langzeit-EKG-Untersuchungen . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
1.6 1.6.1 1.6.1.1 1.6.1.2 1.6.1.3 1.6.2
Leitbilder zur vektoriellen Deutung P-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P dextroatriale . . . . . . . . . . . . . . . . P sinistroatriale . . . . . . . . . . . . . . . Retrograde Vorhoferregung . . . . . . Q-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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14 15 15 16 17 18 19 20 21
...
23
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24 24 25 26 26 27
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IX
Inhaltsverzeichnis
1.6.2.1 1.6.2.2 1.6.2.3 1.6.3 1.6.3.1 1.6.3.2 1.6.3.3 1.6.3.4 1.6.3.5 1.6.3.6 1.6.4 1.6.4.1 1.6.4.2 1.6.5 1.6.5.1 1.6.5.2
Fehlende Q-Zacken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypertrophie-Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infarkt-Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R(s)-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drehungen um die Sagittalachse (Lagetypen) Drehungen um die Transversalachse . . . . . . . Drehungen um die Långsachse . . . . . . . . . . . Hypertrophiebedingte Verånderungen . . . . . Schenkelblock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R-Zacke bei Vorderwandinfarkt . . . . . . . . . . ST-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angehobene ST-Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . ST-Senkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primår negatives T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundår negatives T . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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28 28 29 31 31 39 40 41 44 48 49 49 49 50 50 51
1.7 1.7.1 1.7.1.1 1.7.1.2 1.7.2 1.7.3 1.7.4
Physiologische EKG-Varianten Neurovegetative Einflçsse . . . . Sympathikotonie . . . . . . . . . . . Parasympathikotonie . . . . . . . Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . Kærperbau . . . . . . . . . . . . . . . Situs inversus . . . . . . . . . . . . .
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51 51 51 52 52 52 53
1.8 1.8.1 1.8.2 1.8.3
Das EKG im Kindesalter Neugeborenes . . . . . . . . . Såugling . . . . . . . . . . . . . Kindesalter . . . . . . . . . . .
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53 53 54 54
2
Morphologische EKG-Interpretation
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.7
P-Welle . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . P dextroatriale . . . . . . . . . . P sinistroatriale . . . . . . . . . P cardiale (biatriale) . . . . . . P fehlt oder nicht erkennbar P abgeflacht . . . . . . . . . . . . P negativ . . . . . . . . . . . . . .
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55 55 56 58 59 60 62 63
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.3.1
PQ-Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlångerte PQ-Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkçrzte PQ-Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PQ verkçrzt, QRS verbreitert, WPW-Syndrom
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63 63 64 65 65
X
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Inhaltsverzeichnis
2.2.3.2 Delta-Welle bei normaler PQ-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.3 PQ wechselnd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73 73
2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3
Q-Zacke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das pathologische, infarkttypische Q . . . . . . . Was bedeutet ein Q in den rechtspråkardialen Ableitungen V1±V2? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
...... ...... ......
77 77 78
......
79
2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4
QT-Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlångerung der QT-Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . Verkçrzung der QT-Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . QT-Dauer in Abhångigkeit von der Herzfrequenz
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80 80 80 82 82
QRS-Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intraventrikulåre Erregungsausbreitung . . . . . . . . Niederspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der elektrische Alternans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kammerhypertrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsherzhypertrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Linksherzhypertrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombinierte rechts- und linksventrikulåre Hypertrophie (biventrikulåre Hypertrophie) . . . . . 2.5.4.4 Widerstandshypertrophie ± Volumenhypertrophie 2.5.5 Intraventrikulåre Leitungsstærungen . . . . . . . . . . . 2.5.5.1 Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.2 Unspezifischer intraventrikulårer Block . . . . . . . . 2.5.5.3 Hemiblæcke (Faszikelblæcke) des linken TawaraSchenkels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.4 Linksschenkelblock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.5 Rechtsschenkelblock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.6 Bifaszikulårer Block . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.7 Trifaszikulårer Block . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.8 Bilateraler Schenkelblock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.9 Arborisationsblock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.10 Intermittierender Schenkelblock . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
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83 83 85 86 87 88 89
. . . . .
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91 92 94 94 96
. . . . . . . .
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96 98 99 101 102 103 104 104
2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.4.1 2.5.4.2 2.5.4.3
2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3
S-Zacke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . SI-QIII-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachschwankungen des QRS-Komplexes, Spåtpotenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.......... .......... ..........
115 115 116
..........
117
2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.2.1 2.7.2.2
ST-Strecke . . . . . . . . . . . . Die Erregungsrçckbildung ST-Streckensenkungen . . . Kammerhypertrophie . . . . Linksschenkelblock . . . . .
. . . . .
118 118 120 120 121
. . . . .
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XI
Inhaltsverzeichnis
2.7.2.3 2.7.2.4 2.7.2.5 2.7.3 2.7.3.1 2.7.3.2 2.7.3.3 2.7.3.4 2.7.3.5 2.7.3.6 2.7.3.7
Rechtsschenkelblock . . . . . . . . . . . Digitaliswirkungen . . . . . . . . . . . . Koronare Herzerkrankung . . . . . . ST-Streckenhebungen . . . . . . . . . . Akuter Herzinfarkt . . . . . . . . . . . . Prinzmetal-Angina . . . . . . . . . . . . Myokard-Aneurysma . . . . . . . . . . Frische Perikarditis . . . . . . . . . . . Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . Brugada-Syndrom . . . . . . . . . . . . Wie sind isolierte ST-Hebungen zu
....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... werten?
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121 121 122 123 123 125 125 126 126 126 127
2.8 2.8.1 2.8.2 2.8.2.1 2.8.2.2 2.8.2.3 2.8.3 2.8.4 2.8.5
T-Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . Das normale T . . . . . . . . . . . Das pathologisch hohe T . . . Volumenhypertrophie-T . . . . Erstickungs-T (¹T-en-domeª) Hyperkaliåmie-T . . . . . . . . . T abgeflacht . . . . . . . . . . . . . Biphasisches T . . . . . . . . . . . Negatives T . . . . . . . . . . . . .
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128 128 129 129 130 130 131 131 132
2.9
TP-Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135
2.10 U-Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.2 TU-Verschmelzungswelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135 135 137
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. . . . . . . . .
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3
Klinische EKG-Syndrome
3.1 3.1.1 3.1.1.1 3.1.1.2 3.1.1.3 3.1.2 3.1.2.1 3.1.2.2 3.1.3 3.1.3.1 3.1.3.2 3.1.3.3
Erworbene Klappenfehler . . . . . . Mitralklappenfehler . . . . . . . . . . . Mitralstenose . . . . . . . . . . . . . . . . Mitralinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . Mitralklappenprolaps-Syndrom . . Aortenklappenfehler . . . . . . . . . . . Aortenstenose . . . . . . . . . . . . . . . . Aorteninsuffizienz . . . . . . . . . . . . Kombinierte erworbene Herzfehler Kombinierte Mitralvitien . . . . . . . Kombinierte Aortenvitien . . . . . . . Kombinierte Mitral-Aortenvitien .
3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3
Kardiomyopathien . . . . . . . . . . . . . . . . Dilatative (kongestive) Kardiomyopathie Hypertrophe Kardiomyopathie . . . . . . . Restriktive Kardiomyopathie . . . . . . . .
XII
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139 139 139 141 141 142 142 144 146 146 146 146
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147 147 148 149
Inhaltsverzeichnis
3.2.4
Rechtsventrikulåre Dysplasie (arrhythmogene rechtsventrikulåre Erkrankung) . . . .
150
3.3
Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
151
3.4 3.4.1 3.4.2
Koronare Herzerkrankung (KHK) . . . . . . . . . . . . . Stabile koronare Herzerkrankung . . . . . . . . . . . . . . Akutes Koronarsyndrom (instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typische EKG-Verånderungen wåhrend des ST-Hebungsinfarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lokalisation des Myokardinfarkts . . . . . . . . . . . . . . Vorderwandinfarkt (anteriorer Myokardinfarkt) . . . Inferiore Infarkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Posteriorer Infarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Myokardinfarkt und Schenkelblock, Infarktrezidive Myokardinfarkt und Schrittmacher-EKG . . . . . . . . Hinweise fçr eine erfolgreiche Reperfusionstherapie bei Infarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnose infarkttypischer EKGVerånderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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152 152
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153
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. . . . . . .
156 160 161 167 169 174 179
..
179
..
179
EKG nach Herzoperation und Herztransplantation . .
180
3.4.2.1 3.4.2.2 3.4.2.3 3.4.2.4 3.4.2.5 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3
Belastungs-EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personelle, technische und praktische Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.4 Belastungsstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.5 Abbruchkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.6 Belastungsreaktionen im EKG . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.7 Falsch-positive Reaktionen (¹Pseudoischåmieª) . . . 3.6.8 Falsch-negative Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.9 Beurteilung bei pathologischem Vor-EKG . . . . . . . . 3.6.10 Aussagekraft des Belastungs-EKG (Bayes-Theorem)
.. .. ..
182 182 184
. . . . . . . .
. . . . . . . .
185 187 188 189 190 191 192 192
3.7 3.7.1 3.7.2
Cor pulmonale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akutes Cor pulmonale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronisches Cor pulmonale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
194 194 197
3.8
Perikarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
199
3.9
Myokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
201
3.10 Schilddrçsenfunktionsstærungen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1 Hypothyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.2 Hyperthyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
202 202 203
3.11 Stærungen des Kaliumstoffwechsels . . . . . . . . . . . . . . 3.11.1 Hypokaliåmie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.11.2 Hyperkaliåmie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
204 204 205 XIII
Inhaltsverzeichnis
3.12 Stærungen des Kalziumstoffwechsels . . . . . . . . . . . . . 3.12.1 Hypokalzåmie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.2 Hyperkalzåmie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
208 208 208
3.13
EKG-Verånderungen unter Digitalis . . . . . . . . . . . . . .
209
4
Rhythmusstærungen
4.1
Elektrophysiologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . .
213
4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5
Nomotope Erregungsbildung . . . . . Normaler Sinusrhythmus . . . . . . . . Sinustachykardie . . . . . . . . . . . . . . Sinusbradykardie . . . . . . . . . . . . . . Sinusarrhythmie . . . . . . . . . . . . . . . Syndrom des kranken Sinusknotens (Sick-Sinus-Syndrom) . . . . . . . . . . .
. . . . .
216 216 218 218 219
..............
220
4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4
Heterotope Erregungsbildungsstærungen . . . . . Junktionale Ersatzsystolen . . . . . . . . . . . . . . . . Junktionaler Ersatzrhythmus . . . . . . . . . . . . . . Kammerersatzsystolen, Kammerersatzrhythmus Multifokaler atrialer Rhythmus (¹Wandernder Schrittmacherª) . . . . . . . . . . . . .
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. . . . .
.....
226
4.4 4.4.1 4.4.2
Extrasystolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Supraventrikulåre Extrasystolie . . . . . . . . . . . . . . . . . Ventrikulåre Extrasystolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227 227 232
4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.2.1 4.5.2.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.5.6
Supraventrikulåre Tachykardie . . . . . . . . . . . Vorhofflimmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorhofflattern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorhofflattern der gewæhnlichen Form . . . . . Vorhofflattern der ungewæhnlichen Form . . . Atriale (Vorhof-)Tachykardie . . . . . . . . . . . . Multifokale atriale Tachykardie . . . . . . . . . . . AV-junktionale Reentry-Tachykardie (AVJRT) Seltene supraventrikulåre Tachykardien . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
242 244 250 251 255 256 259 260 265
4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5
Reentry-Tachykardien bei WPW-Syndrom . . . . . . . . Orthodrome WPW-Tachykardie . . . . . . . . . . . . . . . . Antidrome WPW-Tachykardie . . . . . . . . . . . . . . . . . Permanente junktionale Reentry-Tachykardie (PJRT) Vorhofflimmern bei WPW-Syndrom . . . . . . . . . . . . . Diagnostisches Vorgehen bei Tachykardien mit schmalem Kammerkomplex . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
267 267 268 269 270
.
274
XIV
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
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. . . . .
222 222 224 225
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. . . .
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. . . . . . . . .
. . . .
Inhaltsverzeichnis
4.7 4.7.1 4.7.2 4.7.2.1 4.7.2.2
Ventrikulåre Tachykardie (Kammertachykardie) . . . Monomorphe ventrikulåre Tachykardie . . . . . . . . . . Polymorphe ventrikulåre Tachykardie . . . . . . . . . . . Polymorphe VT ohne QT-Verlångerung . . . . . . . . . . Polymorphe VT mit erworbener QT-Verlångerung (Torsade de Pointes = Spitzenumkehrtachykardie) . . . 4.7.2.3 Polymorphe VT mit angeborener QT-Verlångerung (Romano-Ward bzw. Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom 4.7.2.4 Polymorphe VT bei Brugada-Syndrom . . . . . . . . . . . 4.7.3 Ventrikulåre Tachykardie bei arrhythmogenem rechten Ventrikel (rechtsventrikulåre Dysplasie) . . . . 4.7.4 Bidirektionale ventrikulåre Tachykardie . . . . . . . . . . 4.7.5 Akzelerierter idioventrikulårer Rhythmus . . . . . . . . 4.7.6 Diagnostisches Vorgehen bei Tachykardien mit breitem Kammerkomplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.7 Kammerflattern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.8 Kammerflimmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 4.8.1 4.8.2
. . . .
277 277 284 284
.
285
. .
287 288
. . .
290 291 292
. . .
293 299 300
.................. ..................
301 301
4.8.3 4.8.4
Pararhythmien . . . . . . . . . . . . Einfache AV-Dissoziation . . . . Interferenzdissoziation (inkomplette AV-Dissoziation) Komplette AV-Dissoziation . . . Parasystolie . . . . . . . . . . . . . .
.................. .................. ..................
303 303 304
4.9 4.9.1 4.9.2
Stærungen der Erregungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . Sinuatriale Blockierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Atrioventrikulåre Blockierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
306 306 309
4.10
Morgagni-Adams-Stokes-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . .
319
4.11
Karotissinussyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
321
5
Schrittmacher- und ICD-EKG
5.1
Indikationen zur Schrittmachertherapie . . . . . . . . . .
323
5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6
. . . . . .
325 325 325 326 329 330
5.2.7
Schrittmachertechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrittmacherelektroden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationaler Schrittmacher-Kode (ICHD) . . . . . Stimulationsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrittmacher-Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EKG unterschiedlicher Stimulationsarten . . . . . . . Rhythmusstærungen bei normaler Schrittmacherfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stærungen der Schrittmacherfunktion . . . . . . . . .
... ...
333 337
5.3
Kardioverter-/Defibrillator-Therapie . . . . . . . . . . . . .
342
. . . . . .
. . . . . .
XV
Inhaltsverzeichnis
6
Tipps und Tricks
6.1
Standardschema der EKG-Befundung . . . . . . . . . . . .
345
6.2
Håufige Fehler der EKG-Befundung . . . . . . . . . . . . . .
346
6.3
EKG-Artefakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
352
Weiterfçhrende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
357
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359
XVI
Abkçrzungen
Abl. ACS ASD aVR/aVL/aVF
Ableitung akutes Koronarsyndrom Vorhofseptumdefekt augmented voltage right arm/left arm/left foot = Goldberger-Ableitungen AV atrioventrikulår AV-Block, AVB atrioventrikulårer Block AVJRT AV-junktionale Reentry-Tachykardie BWA Brustwandableitungen CSD, CSM Karotissinusdruckversuch, Karotissinusmassage DD Differenzialdiagnose, differenzialdiagnostisch EG Elektrogramm EPU elektrophysiologische Untersuchung f Frequenz HBE His-Bçndel-Elektrogramm HOCM, HCM hypertrophische (obstruktive) Kardiomyopathie ICD implantierbarer Kardioverter/Defibrillator iLSB inkompletter Linksschenkelblock iRSB inkompletter Rechtsschenkelblock J-Punkt junction point = Ûbergangspunkt des QRS-Komplexes in die ST-Strecke KHK koronare Herzerkrankung KMP Kardiomyopathie LA linkes Atrium, linker Vorhof LAH linksanteriorer Hemiblock LCA linke Koronararterie LGL Lown-Ganong-Levine(-Syndrom) LPH linksposteriorer Hemiblock LQTS langes QT-Syndrom LSB Linksschenkelblock LV linker Ventrikel LVH linksventrikulåre Hypertrophie ms Millisekunde XVII
Abkçrzungen
mV NSTEMI OUP P PJRT PTCA QRS RA RCA RCX RIA RIP RSB RV RVH s SA SA-Block SKEZ SM SR SSS STEMI SVES SVT TdP WHO WPW VES VF VT W, Ws
Millivolt ¹non ST elevation myocardial infarctionª Myokardinfarkt ohne ST-Streckenhebung; Form des akuten Koronarsyndroms oberer Umschlagspunkt P-Welle permanente junktionale Reentry-Tachykardie percutaneous transluminal coronary angioplasty, Ballondilatation QRS-Komplex rechtes Atrium, rechter Vorhof rechte Koronararterie R. circumflexus der linken Herzkranzarterie R. interventricularis anterior der linken Herzkranzarterie R. interventricularis posterior der rechten Herzkranzarterie Rechtsschenkelblock rechter Ventrikel rechtsventrikulåre Hypertrophie Sekunde sinuatrial sinuatrialer Block Sinusknotenerholungszeit Schrittmacher Sinusrhythmus Sick-Sinus-Syndrom, Sinusknotensyndrom ¹ST elevation myocardial infarctionª Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung; Form des akuten Koronarsyndroms supraventrikulåre Extrasystole supraventriulåre Tachykardie Torsade de Pointes, Spitzenumkehrtachykardie Weltgesundheitsorganisation Wolff-Parkinson-White (-Syndrom) ventrikulåre Extrasystole Kammerflimmern ventrikulåre Tachykardie, Kammertachykardie Watt, Wattsekunde
Die Abkçrzungen dienen der Vereinfachung und Kçrzung des Textes. Zur leichteren Lesbarkeit sind sie jedoch nicht konsequent durchgehalten. XVIII
Elektrophysiologie
1 Grundlagen
1.1 Elektrophysiologische Grundlagen Voraussetzung fçr die Erregungsentstehung in der Herzmuskelzelle ist eine Membranaufladung, die als Ruhepotenzial bezeichnet wird. Ursache dieses Ruhepotenzials ist eine ± verglichen mit dem Extrazellulårraum ± um das 20±40 fach hæhere Kaliumanreicherung im Inneren der Herzmuskelzelle. Umgekehrt verhalten sich die Natriumionen: Sie weisen auûerhalb der Herzmuskelzelle eine etwa 10 fach hæhere Konzentration auf. Als Folge der selektiven Ionenpermeabilitåt der Herzmuskelmembran in Ruhe fçr Kalium kommt es zu einem Gleichgewicht zwischen den positiven elektrischen Ladungen (Kaliumionen) im Extrazellulårraum und den negativen elektrischen Ladungen (dazugehærige Anionen) im Zellinneren. Diese Potenzialdifferenz, das so genannte Ruhepotenzial, betrågt ±90 mV.
Verteilung der Na+- und K+-Ionen innerhalb und auûerhalb der Herzmuskelzelle
Ruhemembranpotenzial, hervorgerufen durch selektive Kaliumdiffusion (* + = Kaliumionen, Ð = Anionen) *
Die Erregung der Herzmuskelzelle beginnt mit einer Depolarisation, die bei Erreichen der Schwellenspannung (±70 bis ±60 mV) zu einer sehr schnellen Ent- und Umladung der Herzmuskelmembran infolge Natriumeinstrom mit anschlieûender Repolarisation durch Kaliumausstrom fçhrt. Dieser mit intrazellulåren Mikroelekt1
Elektrophysiologische Grundlagen roden registrierbare zeitliche Ablauf des Membranpotenzials wåhrend der Erregung heiût Aktionspotenzial. Die elektrophysiologischen Vorgånge und ihre Beziehungen zum Elektrokardiogramm sind vereinfacht in folgendem Schema synoptisch dargestellt:
Zeitlicher Ablauf der elektrophysiologischen Vorgånge, des Aktionspotenzials und des EKG
Erreicht das Ruhemembranpotenzial durch Spontandepolarisation oder durch einen externen Reiz (Aktionspotenzial der Nachbarzelle, mechanischer Stimulus, externer Schrittmacher) die kritische Schwellenspannung von ±70 mV (Phase 4), kommt es innerhalb weniger Millisekunden durch einen schnellen Natriumeinstrom zu einer Entladung und infolge eines ¹overshootª zu einer Spannungsumkehr (Depolarisation, 2
Automatie, Erregung und Reizleitung Phase 0). Das Membranpotenzial betrågt jetzt +20 mV. Diese Depolarisation fçhrt zum QRS-Komplex im EKG. Man beachte, dass der QRS-Komplex als Summationsmanifestation aller Depolarisationen wesentlich kçrzer ist als das Aktionspotenzial, das bis zum Ende der T-Welle reicht. Wåhrend der Phase 1 wird der ¹overshootª von 20 mV abgebaut, so dass das Membranpotenzial in der Plateauphase (Phase 2) etwa 0 mV betrågt. Wåhrend der Phasen 0±2 ist die Herzmuskelzelle gegençber einem weiteren Reiz absolut refraktår. In der Phase 3 (Repolarisation) wird durch einen massiven Kaliumausstrom aus der Muskelzelle bei fehlendem Natriumeinstrom das Ruhepotenzial wieder hergestellt. Damit ist das Aktionspotenzial beendet. Die ST-Strecke und die T-Welle entsprechen im EKG der Repolarisationsphase des Aktionspotenzials. Eine Herzmuskelzelle kann so lange nicht wieder erregt werden, bis das Membranpotenzial auf einen Wert von etwa ±60 mV zurçckgekehrt ist (absolute Refraktårperiode). Hat das Membranpotenzial den Wert von ±60 mV bis ±90 mV erreicht, lassen sich Aktionspotenziale wieder auslæsen, allerdings mit einer geringeren Anstiegssteilheit (geringeres dV/dt) und einem niedrigeren Potenzialçberschuss (relative Refraktårperiode; ¹vulnerableª Phase, Gefahr von Herzrhythmusstærungen) als wåhrend der Phase 0. Wåhrend der Phase 4 (elektrische Diastole) werden dank aktiver Stoffwechselleistungen der Herzmuskelzelle (Na-K-Pumpe) Na+-Ionen aus der Zelle herausgepumpt und K+-Ionen ins Zellinnere zurçckgeschleust. Diese Phase entspricht der TQ-Strecke im EKG.
1.2 Automatie, Erregung und Reizleitung 1.2.1 Automatisch und nicht automatisch tåtige Herzmuskelzellen Die nicht automatisch tåtigen Herzmuskelzellen (sog. Arbeitsmuskulatur) weisen wåhrend der gesamten elektrischen Diastole (Phase 4) ein stabiles Ruhemembranpotenzial von ±90 mV auf. Zu einer erneuten Erregung bedarf es eines externen Reizes (Depolarisation der Nachbarzelle, mechanischer Stimulus etc.), um das kritische Schwellenpotenzial von ±70 mV zu erreichen. Die automatisch tåtigen Zellen (Schrittmacherzellen) weisen dagegen kein konstantes Ruhemembranpotenzial auf. Zur spontanen Depolarisation befåhigt sind der Sinusknoten, das His-Bçndel sowie das spezifische ventrikulåre Erregungsleitungssystem (Purkinje-Fasern). Sofort nach Repolarisation kommt es aufgrund der Abnahme der Kaliumleitfåhigkeit zu einer erneuten langsamen diastolischen Depolarisation (Phase 4). Wird das Schwellenpotenzial erreicht, entsteht ein erneutes Aktionspotenzial. Da die Geschwindigkeit der diastolischen Depolarisation (Phase 4) vom Sinusknoten çber das His-Bçndel, die Tawara-Schenkel und das periphere Purkinje-Fasersystem in der Kammermuskulatur abnimmt, wird das jeweils tiefer gelegene Erregungszentrum von der Erregung des çbergeordneten Zentrums depolarisiert, bevor die langsamere diastolische Depolarisation ihrerseits eine Erregung hervorrufen kann. Auf diese Weise kann der Sinusknoten als Schrittmacher dem ge3
Entstehung und Ausbreitung der Erregung samten Herzen seinen Rhythmus aufzwingen, so dass eine koordinierte Herzarbeit mæglich ist. Erst bei einer wesentlichen Verlangsamung oder Verspåtung der diastolischen Depolarisation im çbergeordneten System kann es im untergeordneten Erregungszentrum zur Spontanerregung und damit zur Bildung eines Ersatzrhythmus kommen. Unter pathologischen Bedingungen (Kalium-, Digitalisintoxikation, Myokardinfarkt) kann auch das Arbeitsmyokard sein konstantes Ruhepotenzial verlieren, eine langsame diastolische Depolarisation und somit Schrittmachereigenschaften entwickeln.
1.2.2 Entstehung und Ausbreitung der Erregung ] Sinusknoten, Vorhæfe Der autonom arbeitende Schrittmacher des Herzens, der Sinusknoten, liegt in der Nåhe der Einmçndungsstelle der V. cava superior im rechten Vorhof, seine Långe betrågt 10±20 mm, seine Breite 3±5 mm, Ruhefrequenz 50±90/min. Entscheidend ist, dass die Sinusknotenfrequenz durch das Vegetativum, d. h. adrenerge und cholinerge Fasern beeinflussbar ist. Damit ist die Anpassung der Schrittmacherfrequenz an die Erfordernisse des Gesamtorganismus gewåhrleistet. Andererseits sind Fehlsteuerungen durch Funktionsstærungen des vegetativen Systems mæglich. Die Erregung pflanzt sich vom Sinusknoten aus çber beide Vorhæfe fort, wobei der weiter entfernt liegende linke Vorhof 20±30 ms spåter als der rechte erregt wird. Die Erregung erreicht auf mehr oder weniger gebahnten Wegen den AV-Knoten. Diese Bahnen unterscheiden sich nicht anatomisch, jedoch funktionell vom çbrigen Vorhofgewebe. Drei Muskelbçndel sind heute bekannt: Das anteriore Bçndel (1, Bachmann-Bçndel) ist das kçrzeste und wichtigste. Es besitzt auch Leitungsfasern, die den linken Vorhof aktivieren. Das mittlere (2, Wenckebach-) und das lange posteriore (3, Thorel-)Bçndel verzweigen sich nicht und sind fçr die internodale Leitung wahrscheinlich von untergeordneter Bedeutung (D Abb. Seite 5). Erregungsleitungsgeschwindigkeit der Vorhofmuskulatur: 0,3±0,4 m/s, der internodalen Bçndel: 1,5±1,8 m/s. ] AV-Knoten Normalerweise erreicht die vom Sinusknoten ausgehende Erregung den AV-Knoten nach 20±40 ms. Der etwa 6 ´ 3 mm groûe AV-Knoten liegt subendokardial auf der rechten Seite am Fuûe des interatrialen Septums in unmittelbarer Nåhe zur Trikuspidalklappe und zum Sinus coronarius. Im AV-Knoten wird die Erregung verlangsamt und erreicht das His-Bçndel 60±120 ms spåter. Der eigentliche AV-Knoten hat praktisch keine Schrittmacheraktivitåt. Jedoch lieûen sich in den kurzen proximalen und distalen Verbindungszonen vor und hinter dem AV-Knoten (AV-Junktion) diastolische Depolarisationen nachweisen. Eigenfrequenz dieser Verbindungszonen: 40±50/min. Erregungsgeschwindigkeit: 5±10 cm/s. Durch die physiologischen Leitungsverzægerungen im AV-Knoten wird sichergestellt, dass keine vital bedrohlichen Vorhoffrequenzen auf den Ventrikel çbergeleitet werden (Filterfunktion). 4
Reizleitung ] His-Bçndel Eigenfrequenz 40/min, Erregungsleitungsgeschwindigkeit: 2±3 m/s. Es verlåuft in der Pars membranacea des Kammerseptums und teilt sich nach 10±20 mm in beide Tawara-Schenkel.
] Rechter Tawara-Schenkel Die Tawara-Schenkel weisen eine unterschiedliche anatomisch-histologische Struktur auf. Der rechte Tawara-Schenkel verlåuft bis zu den Purkinje-Fasern in Begleitung von Bindegewebe, das ihn vom Myokard trennt, so dass normalerweise von hier aus das Kammerseptum nicht erregt wird. Da er långer ist als der linke TawaraSchenkel und sich çber eine långere Strecke nicht verzweigt, ist er leichter durch Ischåmie, Myokarditis oder intraventrikulåre Drucksteigerungen verwundbar. ] Linker Tawara-Schenkel Er ist nur in seinem kurzen Anfangsteil durch eine Scheidewand vom Myokard abgetrennt und verzweigt sich schon bald im Interventrikularseptum in zwei Faszikel; das linksanteriore verlåuft zur Vorderwand, ist långer, dçnner und vulnerabler als das hintere, welches sich als kçrzeres, kråftigeres ¹Kabelª bald in der Hinterwand aufzweigt (linksposteriore Faszikel). Das Septum wird vom linken Tawara-Schenkel erregt, also von links nach rechts. Leitungsgeschwindigkeit: 2±4 m/s. 5
Blutversorgung ] Purkinje-Fasernetz Die Tawara-Schenkel und ihre Verzweigungen enden beiderseits im Purkinje-Fasernetz, das von den Purkinje-Zellen gebildet wird. Eigenfrequenz: 20/min, Leitungsgeschwindigkeit: 2±4 m/s. Da in der rechten oberen Kammerwand die Purkinje-Zellen spårlich verteilt sind, erklårt sich die håufig anzutreffende Rechtsverspåtung der Erregungsausbreitung. Purkinje-Fasern sind vom Endokard bis ins innere Drittel der Ventrikelwand aufzufinden. Von hier aus breitet sich die Erregung sowohl in endokardialer als auch in epikardialer Richtung aus. Durch die hohe Leitungsgeschwindigkeit wird eine fast synchrone Kontraktion des Myokards beider Ventrikel erreicht. Die folgende Tabelle fasst noch einmal die Geschwindigkeiten der Erregungsleitung in den unterschiedlichen Strukturen des Reizleitungssystems zusammen: 7 Sinusknoten 7 Vorhof 7 AV-Knoten
0,05 m/s 0,3±0,4 m/s 0,05±0,1 m/s
7 His-Bçndel 2±3 m/s 7 His-Purkinje 2±4 m/s 7 Kammermuskulatur 0,3±0,4 m/s
Die unterschiedlichen Leitungsgeschwindigkeiten in den einzelnen Strukturen sind eine ganz wesentliche Voraussetzung fçr das Entstehen von Herzrhythmusstærungen.
1.2.3 Blutversorgung Die rechte Koronararterie versorgt in ca. 70% der Fålle den Sinusknoten, in ca. 90% der Fålle den AV-Knoten, ferner das His-Bçndel, den mittleren Anteil des rechten Tawara-Schenkels sowie das posteriore Bçndel des linken Tawara-Schenkels. Die linke Koronararterie versorgt in ca. 30% der Fålle den Sinusknoten çber den R. circumflexus, in ca. 10% den AV-Knoten, ferner das anteriore Bçndel des linken Tawara-Schenkels und çberwiegend den rechten Tawara-Schenkel. Periphere Anteile des rechten Tawara-Schenkels und des linksposterioren Faszikels werden je nach Versorgungstyp (Rechts- oder Linksversorgungstyp) versorgt.
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Dipoltheorie: Das elektrische Feld des Herzens
1.3 Dipoltheorie: Das elektrische Feld des Herzens Die intra- und extrazellulår abgeleitete Potenzialdifferenz einer erregten myokardialen Einzelzelle erzeugt ein monophasisches Aktionspotenzial (D Abb. S. 2). Im Gegensatz dazu wird die biphasische Kurve des EKG, die sich aus der Summe der Potenziale aller erregten Muskelfasern zusammensetzt, vom Extrazellulårraum abgeleitet. Dabei lassen sich der erregte und unerregte Teil einer Muskelfaser als elektrischer Dipol mit negativem und positivem Pol auffassen, der in einem leitenden Medium liegt. In Richtung der Achse der Muskelfaser entsteht somit eine Spannung, die in Richtung des Dipols vom negativen zum positiven Pol zeigt. Ein solcher Dipol wird von einem schalenfærmig sich ausbreitenden elektrischen Feld umgeben, dessen Spannungen an den so genannten Isopotenzialflåchen in der Peripherie abgeleitet werden kænnen. Die senkrechte Flåche, welche genau durch die Mitte des Dipols verlåuft, weist keine Potenzialdifferenz auf (Potenzial = Null). Das eine Ende des Dipols weist eine negative Ladung auf, das andere eine positive. In der Långsrichtung des Dipols sind die Spannungsdifferenzen daher am græûten.
Diejenige Ableitung, von der sich die Erregung entfernt, registriert den stårksten negativen Ausschlag, die Elektrode, auf die die Erregung hingerichtet ist, den stårksten positiven Ausschlag. Die çbrigen Elektroden registrieren je nach ihrer Lage zum elektrischen Feld mehr oder weniger starke positive oder negative Ausschlåge. Experimentell konnte nachgewiesen werden, dass das nichthomogene (aus verschiedenen histologischen Strukturen zusammengesetzte) Gewebe des menschlichen Kærpers die Isopotenziallinien nur unbedeutend veråndert.
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Vektortheorie
Extremitåtenableitungen. Hauptvektor auf Abl. II gerichtet: positiver Ausschlag in Abl. II, negativer Ausschlag in Abl. aVR
Brustwandableitungen. Vektor auf V6 gerichtet: positiver Ausschlag in V6 , negativer Ausschlag in V1
Dagegen hat die vielgestaltige Kærperoberflåche mit allen ihren interindividuellen Unterschieden einen erheblichen Einfluss auf die Isopotenziallinien, da diese immer senkrecht auf die Kærperoberflåche treffen. Im Rhythmus des elektrischen Erregungsvorganges baut das Herz aus der Gesamtheit seiner Faserdipole ein elektrisches Feld auf und ab, das an der Kærperoberflåche in Form der Summenkurve des EKG registriert werden kann.
1.4 Vektortheorie Es hat sich als zweckmåûig erwiesen, die elektrischen Wirkungen des Dipols als Vektor darzustellen. Man kann somit auf die Konstruktion des elektrischen Feldes verzichten. Da der erregte Teil der Herzmuskelzelle sich elektronegativ verhålt und der noch nicht erregte und der nicht mehr erregte Teil elektropositiv, kænnen diese elektrischen Dipole physikalisch als Vektoren mit bestimmter Richtung und Græûe definiert werden. Ein Vektor zeigt vom elektronegativen zum elektropositiven Teil der Einzelzelle bzw. des Herzens.
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Vektortheorie
1.4.1 Der Vektor der Einzelmuskelzelle 1. Ruhezustand: Keine Potenzialdifferenz zwischen A und B, keine gerichtete Spannungsgræûe (kein Vektor). 2. Erregungsbeginn (Depolarisation): Der Vektor verlåuft parallel zur Muskelzelle in Richtung der Erregungsausbreitung. Der unerregte Teil der Faser verhålt sich positiv. Die Spannungsdifferenz wird als Vektor dargestellt (mV = Långeneinheiten). Einer internationalen Ûbereinkunft gemåû ist die Vektorspitze mit der Richtung der positiven Spannung identisch. 3. Vollerregung: Es besteht keine Potenzialdifferenz mehr zwischen A und B und somit kein Vektor. 4. Erregungsrçckbildung (Repolarisation): Die Ausschlagrichtung (Vektor) kehrt sich um, da die Repolarisation bei der Einzelmuskelzelle dort anfångt, wo die Depolarisation begann. Es flieût auf der Auûenflåche der Muskelzelle ein Aktionsstrom in umgekehrter Richtung. Infolge des langsameren Ablaufs der Repolarisation ist die Potenzialdifferenz långerdauernd und kleiner, die zweite Phase der Kurve somit gedehnter und niedriger als die erste. Beide Ausschlåge sind jedoch flåchengleich.
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Vektortheorie
1.4.2 Vektoren des Herzmuskels Die Vorstellung von einer gerichteten Spannungsgræûe der Einzelmuskelzelle (Elementarvektor) ist leicht auf den gesamten Herzmuskel çbertragbar. Wåhrend der Herzaktion bilden mehrere Milliarden von Einzelmuskelzellen gleich viele Elementarvektoren, die sich allerdings, da sie in der Mehrzahl genau entgegengesetzt verlaufen, gegenseitig neutralisieren. Nur aus etwa 5% der auseinanderstrebenden Elementarvektoren bildet sich nach dem Parallelogramm der Kråfte ein Integral- oder Summationsvektor (1). In jedem Moment des Erregungsablaufs åndern sich Richtung und Græûe des so genannten Momentanvektors (2). Der græûte Momentanvektor entspricht der elektrischen Herzachse (Hauptvektor), welcher annåhernd in der Richtung der anatomischen Herzlångsachse verlåuft. Vektoren sind durch folgende Eigenschaften charakterisiert (3): 7 Græûe, 7 Polaritåt, 7 Richtung.
1.4.3 Der Summationsvektor im Verlauf der Kammererregung 1. Da der linke Tawara-Schenkel im Gegensatz zum rechten bereits im Kammerseptum verzweigt ist, kommt es zunåchst zu einer Erregung des Septums von links nach rechts und der Papillarmuskeln von kaudal nach kranial. Der Summationsvektor ist daher zunåchst nach rechts oben und vorne gerichtet. Er fçhrt daher in allen Ableitungen, deren Pluspol nach links oder kaudal gerichtet ist (Abl. I, II, III, V5, V6) zu einer kleinen negativen Zacke (Q-Zacke). 2. Durch die folgende Erregung der Herzspitzenregion und der spitzennahen Seitenwånde vom Endokard zum Epikard hin resultiert der spitzenwårts gerichtete Summationsvektor, welcher der R-Zacke entspricht.
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Vektortheorie 3. Es folgt die Erregung der Herzbasis, der Summationsvektor richtet sich nach rechts oben und hinten (S-Zacke). 4. Wåhrend der Erregung des gesamten Myokards besteht keine Spannungsdifferenz und somit kein Vektor, die Herzstromkurve verlåuft in der Null-Linie (STStrecke). 5. Die Myokardanteile der Herzspitze und die subepikardialen Partien verlieren zuerst ihre Erregung. Die Erregungsrçckbildung verlåuft vom Epikard zum Endokard, der Summationsvektor ist wiederum zur Herzspitze gerichtet, die T-Welle verhålt sich zu QRS konkordant.
Das Elektrokardiogramm (EKG) zeigt eine zur Richtung der Hauptschwankung konkordante T-Welle. Der Vektor der Repolarisationsphase weist in die gleiche Richtung wie derjenige der Depolarisationsphase, da das Aktionspotenzial in den zuletzt erregten subepikardialen Herzmuskelschichten kleiner und kçrzer ist als in den zuerst erregten subendokardialen Schichten. Die Auûenschicht ist also bereits wieder unerregt (elektropositiv), wåhrend die Innenschichten noch erregt (elektronegativ) sind.
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Vektorschleife Nur unter pathologischen Bedingungen kommt es am Herzmuskel zu einer homogenen Erregungsrçckbildung (Diskordanz der T-Welle zu QRS), z. B. bei Elektrolytstærungen, bei einer Hypertrophie oder nach einer Hypoxie, die zu partiellen Verånderungen der Aktionspotenziale fçhren, so dass die Erregung in den Innenschichten frçher abklingt als in den spåter erregten Auûenschichten.
Konkordante Diskordante T-Welle des Elektrokardiogramms (EKG)
1.4.4 Vektorschleife Werden in der Reihenfolge ihres Auftretens die Spitzen der zahlreichen Summationsvektoren durch eine Linie verbunden, so entsteht eine Vektorschleife. Sie wird so dargestellt, dass sie in einem Nullpunkt entspringt und endet. Sowohl fçr die Vorhof- als auch fçr die Kammererregung und Erregungsrçckbildung låsst sich eine ¹Umhçllungslinieª (Schleife) konstruieren oder ableiten (P-, QRS-, T-Vektorschleife).
Korrekte Darstellung
QRS-Vektorschleife
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Vektorkardiographisch çbliche Darstellung. Verlegung des negativen Pols an den ¹Nullpunktª
P-, T-Vektorschleife
Vektorschleife ] Beziehungen zwischen EKG und Vektorkardiogramm Die positive R-Zacke entsteht, weil die Vektorspitze bzw. die alle Vektorspitzen verbindende Vektorschleife auf den positiven Pol einer Ableitung zeigt, die Q- und S-Zacke, wenn die Vektorschleife am Anfang und am Ende der QRS-Gruppe auf den negativen Pol der Ableitung zeigt.
Momentanvektoren und Vektorschleife im Einthoven-Dreieck (Projektion einzelner Momentanvektoren auf Abl. III)
Brustwandableitungen: Projektion der horizontalen Momentanvektoren auf Abl. V2
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Ableitungsprogramme
1.5 Ableitungsprogramme In der klinischen Elektrokardiographie kann man sich darauf beschrånken, die Herzpotenziale indirekt von der Kærperoberflåche abzuleiten. Die im Rhythmus des Erregungsvorganges sich bildenden Vektoren werden in Form von Potenzialdifferenzen erfasst. Je nach Ableitungspunkt resultiert eine unterschiedliche Projektion der gleichen kardialen Vektoren. Die Brustwandableitungen vermitteln einen zusåtzlichen Einblick in die sog. Nahpotenziale, wåhrend die Extremitåtenableitungen vorwiegend eine Art ¹Fernblickª bzw. Ûbersicht çber die Summationspotenziale vermitteln. ] Bipolare Ableitungen. Ableitungen von 2 Punkten der Kærperoberflåche (Standardableitungen nach Einthoven, Brustwandableitungen nach Nehb).
] Unipolare Ableitungen. Eine differente Elektrode ist gegen eine sog. Nullelektrode geschaltet. Diese Nullelektrode (indifferente Elektrode, Sammelelektrode) entsteht durch den Zusammenschluss der Extremitåtenableitungen çber hochohmige Widerstånde (Extremitåtenableitungen nach Goldberger, Brustwandableitungen nach Wilson). In streng physikalischem Sinne ist die Unterscheidung zwischen bipolaren und unipolaren Ableitungen nicht exakt, da der durch die Zusammenschaltung mehrerer Elektroden gewonnene indifferente Abgriff keine wahre ¹Nullelektrodeª ist. In råumlicher Hinsicht erlauben die çblichen Ableitungen vor allem eine Beurteilung der Græûe und Richtung der Vektoren in der 7 Frontalebene (grçn) (Extremitåtenableitungen nach Einthoven und Goldberger), 7 Horizontalebene (rot) (Brustwandableitungen nach Wilson). 14
Extremitåtenableitungen
1.5.1 Extremitåtenableitungen 1.5.1.1 Standardableitungen nach Einthoven Herzfern, jeweils zwischen zwei Extremitåten (bipolare Ableitungen), werden die Spannungsdifferenzen in der Græûenordnung von 1±2 mV registriert. 7 Ableitung I: rechter Arm (roter Stecker, 1 Ring) ± linker Arm (gelber Stecker, 2 Ringe) 7 Ableitung II: rechter Arm (roter Stecker, 1 Ring) ± linkes Bein (grçner Stecker, 3 Ringe) 7 Ableitung III: linker Arm (gelber Stecker, 2 Ringe) ± linkes Bein (grçner Stecker, 3 Ringe). Die ¹Erdeª (schwarzes Kabel) wird am rechten Bein (herzfernster Punkt) angelegt.
Das sog. Einthoven-Ableitungsdreieck liegt in der Frontalebene des Kærpers. Der Dipol Herz liegt ungefåhr in der Mitte. Vektoren, die sich in der Frontalebene ausbreiten, werden am gçnstigsten auf die einzelnen Seiten des Dreiecks projiziert, nach vorn oder hinten strebende Vektoren werden dagegen verkçrzt dargestellt (z. B. bei Sagittalstellung des Herzens).
Einthoven-Dreieck: Lichtfolge der ¹Verkehrsampelª im Uhrzeigersinn: rot, gelb, grçn
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Goldberger-Ableitungen 1.5.1.2 Extremitåtenableitungen nach Goldberger Goldberger hat unipolare Extremitåtenableitungen entwickelt, die die Standardableitungen nach Einthoven ergånzen und die Frontalebene noch weiter unterteilen. Eine explorierende Elektrode registriert die Potenzialschwankungen gegençber einem ¹elektrischen Nullpunktª. Man benætigt also eine differente und eine indifferente Elektrode. Die differente Elektrode wird an der zu explorierenden Extremitåt angelegt. Das unipolar registrierte Potenzial erhålt die Bezeichnung aV (a = augmented [verstårkt], V = Voltage): aVR = Potenzial rechter Arm, aVL = Potenzial linker Arm, aVF = Potenzial linker Fuû.
Schaltschema nach Goldberger (im Beispiel Abl. aVF)
Die indifferente oder Sammelelektrode wurde zunåchst nach Wilson durch Sammelschluss aller 3 Extremitåtenkabel çber hochohmige Widerstånde (je 5000 Ohm) gewonnen. Die Ausschlåge waren jedoch zu klein. Goldberger lieû daher die Widerstånde fort und bildete die indifferente Elektrode durch Zusammenschluss der beiden anderen (nicht explorierenden) Extremitåtenelektroden. Durch diesen Kunstgriff wurden die Ausschlåge gegençber der ursprçnglichen Sammelelektrode nach Wilson um den Faktor 1,5 vergræûert (¹augmentedª). Die bipolaren Extremitåtenableitungen I±III sind bei gleicher Vektorrichtung aber immer noch 15% græûer als die Ableitungen nach Goldberger. Man darf deshalb die unipolaren Ableitungen nach Goldberger nicht (ohne Korrektur) mit den bipolaren Ableitungen nach Einthoven kombiniert zur Vektoranalyse verwenden. Auch die unipolaren Ableitungen nach Goldberger registrieren die Vektorprojektion in der Frontalebene. Sie ergånzen die Standardableitungen nach Einthoven, indem vor allem die Ableitung aVL die Diagnostik des Anterolateralinfarktes und die Ableitung aVF die des inferioren Infarktes erleichtern. 16
Extremitåten-Ableitungen 1.5.1.3 Logische Anordnung der Extremitåtenableitungen Durch Parallelverschiebung der Ableitungen des Einthoven-Dreiecks auf den Nullpunkt wird erreicht, dass alle 3 Ableitungen von einem Mittelpunkt ausgehen (triaxiales System). Die unipolaren Extremitåtenableitungen nach Goldberger lassen sich ebenfalls triaxial darstellen. Sie bilden mit den Seiten der Einthoven-Ableitungen jeweils einen Winkel von 30 8. Såmtliche 6 Extremitåtenableitungen kænnen in einem hexaxialen System (Cabrera-Kreis) vereinigt werden.
Goldberger-Ableitungen
Cabrera-Kreis
Der Cabrera-Kreis erlaubt eine schnelle Orientierung çber die Projektion des Hauptvektors auf die frontalen Ableitungen. Die parallel zum Hauptvektor verlaufende Ableitung registriert den græûten positiven Ausschlag. Je mehr sich der Winkel zwischen dem Hauptvektor und einer Ableitung 90 8 nåhert, desto kleiner wird der Ausschlag (QRS-Komplex) auf dieser Ableitung. Wird der Winkel zwischen einer Ableitung und dem Hauptvektor > 90 8, registriert diese Ableitung einen çberwiegend negativen Ausschlag. Abgesehen von der Vereinfachung der Lagediagnostik des Hauptvektors erleichtert der Cabrera-Kreis auch das Verståndnis fçr das vektorielle Geschehen, besonders wenn man bei der EKG-Aufzeichnung die historische Anordnung der Ableitungen, also zuerst ¹Einthovenª, dann ¹Goldbergerª, durch folgende Reihenfolge der Ableitungen ersetzt: aVL, I, ±aVR, II, aVL, III. Dabei ist die Ableitung aVR umgepolt worden (= ±aVR). Da die Ableitung aVR mit der Ableitung II einen Winkel von 150 8 einschlieût, zeigt das EKG in dieser Ableitung im Vergleich zu allen çbrigen Extremitåtenableitungen ein grundverschiedenes Bild des Erregungsablaufs. Auûer bei dem sehr seltenen çberdrehten Rechtstyp ist die R-Zacke stets negativ. Das Gleiche gilt fçr die T-Welle, deren Negativitåt in Ableitung aVR nicht zu folgenschweren Fehldeutungen verleiten sollte. Werden dagegen ± wie oben angegeben ± die Ableitungen innerhalb des CabreraKreises untereinander registriert, ergibt sich eine leicht verståndliche Einordnung des Hauptvektors und damit Bestimmung des Lagetyps. Voraussetzung ist, dass die Ableitung aVR umgepolt wird (= ±aVR), so dass der Hauptvektor bei normalem 17
Nehb-Ableitungen Lagetyp in Ableitung ±aVR positiv erscheint. Diese Anordnung entsprechend dem Cabrera-Kreis gestattet eine leichte Zuordnung einzelner EKG-Zacken und -Wellen in der Frontalebene, so dass mægliche Fehlerquellen bei der Interpretation eliminiert werden. Ist man jedoch die historische Anordnung seit jeher gewohnt, låsst sich natçrlich auch mit dieser Aufzeichnung eine EKG-Diagnostik durchfçhren.
1.5.1.4 Bipolare Brustwandableitungen nach Nehb Die von Nehb eingefçhrten Brustwandableitungen sind entstanden durch Verlagerung der bipolaren Extremitåtenableitungen nach Einthoven in Herznåhe (sog. ¹kleines Herzdreieckª). Die rechte rote ¹Armelektrodeª liegt am Ansatz der zweiten rechten Rippe am Sternum, die linke gelbe an der Projektionsstelle der Herzspitze auf dem Rçcken, die grçne ¹Fuûelektrodeª wird çber der Herzspitze angelegt. Somit entsprechen 7 Ableitung I der Ableitung Nehb dorsal (D bzw. ND), 7 Ableitung II der Ableitung Nehb anterior (A bzw. NA), 7 Ableitung III der Ableitung Nehb inferior (J bzw. NJ).
Das kleine ¹Herzdreieckª nach Nehb in Beziehung zum groûen Herzdreieck nach Einthoven
] Klinische Bedeutung. Die Ableitung Nehb D unterstçtzt die Ableitungen III und aVF bei der Erfassung von Potenzialverånderungen im Posterolateralbereich (Versorgungsgebiet des R. circumflexus). Bei klinischem Verdacht auf Myokardinfarkt, aber nicht eindeutigem EKG sollten deshalb immer zusåtzlich die Ableitungen Nehb D sowie V7±V9 registriert werden.
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Brustwandableitungen
1.5.2 Unipolare Brustwandableitungen nach Wilson Diese Ableitungen erfassen diejenigen Vektoren am besten, welche çberwiegend in der Horizontalebene verlaufen; ferner registrieren sie sog. ¹Nahpotenzialeª an umschriebenen Stellen, welche bei herzferner Projektion ¹verschlucktª werden kænnen. Infolge der Herznåhe der Elektroden sind die Ausschlåge græûer als die der Extremitåtenableitungen. Die indifferente Elektrode besteht aus einem Zusammenschluss der 3 Extremitåtenableitungen çber Widerstånde von je 5000 X, sog. Zentral- oder Sammelelektrode. Die differente Elektrode des Standardbrustwandprogramms wird an folgenden Ableitungspunkten angelegt [cave: erste Rippe nicht tastbar; 1. ICR also oberhalb der ersten tastbaren Rippe (= 2. Rippe)]: V1 rechter Sternalrand 4. ICR, V2 linker Sternalrand 4. ICR, zwischen V2 und V4, V3 V4 Schnittpunkt zwischen 5. ICR und linker MCL-Linie, in Hæhe von V4 in der vorderen Axillarlinie, V5 V6 in Hæhe von V4 in der mittleren Axillarlinie, V1, V2 parasternale Ableitungen, V5, V6 linkspråkordiale Ableitungen. Bei Frauen Brustwandableitungen V4±V6 auf die Mamma, nicht unter die Mamma setzen.
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Úsophagusableitungen Erweiterte Ableitungspunkte: V7 in Hæhe von V4 bis V6 in der hinteren Axillarlinie, V8 in Hæhe von V4 bis V6 in der Skapularlinie, V9 in Hæhe von V4 bis V6 in der Paravertebrallinie. Die erweiterten Ableitungspunkte V7±V9 ergånzen bei klinischem Infarktverdacht, aber nicht eindeutigem EKG die Erfassung von Potenzialånderungen im Posterolateralbereich (Versorgungsgebiet des R. circumflexus). ] Hohe Brustwandableitungen. 1±2 Interkostalråume hæher (bei Verdacht auf hochsitzenden Vorderwand- und Seiteninfarkt sowie bei Zwerchfellhochstand). Kennzeichen C (z. B. V2C2±3 = V2 zwischen der 2. und 3. Rippe, also im 2. ICR). ] Tiefe Brustwandableitungen. Um 1±2 Querfinger tiefer angelegte linkspråkordiale Ableitungen registrieren oft spitzennahe Infarkte. ] Rechtspråkordiale Ableitungen. Wertvoll zur Diagnose eines rechtsventrikulåren Infarktes, einer Rechtsherzhypertrophie, bei kongenitalen Vitien und bei Situs inversus (Kennzeichen: r): Vr3 = V3 rechtspråkordial, Vr4 = V4 rechtspråkordial.
1.5.3 Úsophagusableitungen
Úsophaguselektrode
Beurteilung von Nahpotenzialen der Herzhinterwand (Infarktnarbe?) und des linken Vorhofs (Differenzialdiagnose von Herzrhythmusstærungen, insbesondere von supraventrikulåren Tachykardien) durch unipolare Ableitung gegen die Wilson-Sammelelektrode. Die Elektrodenlage wird in cm von der Zahnreihe aus angegeben, z. B. V36 etwa çber dem linken Vorhof. ] Kontraindikation. farkt.
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Frischer
HerzinUnipolare Ableitung der Vorhof- und Kammerpotenziale çber eine Úsophaguselektrode
His-Bçndel-EG
1.5.4
Intrakardiales Elektrogramm (His-Bçndel-EG)
Das intrakardiale Elektrogramm ermæglicht die Beurteilung von Potenzialen des rechten Vorhofs und rechten Ventrikels, sowie des Reizleitungssystems, insbesondere des HisPurkinje-Systems. Die erste Ableitung von Potenzialen des His-Bçndels gelang Puech im Jahre 1957. Die Methode wurde von Scherlag 1966 technisch vervollkommnet und in die Klinik eingefçhrt. Sie gehært heute in kardiologischen Zentren zur Routinediagnostik.
Indikationen 7 Lokalisation von AV- und intraventrikulåren Leitungsstærungen, besonders zur Indikationsstellung einer Schrittmacher-Therapie (z. B. bifaszikulårer Block, drohender trifaszikulårer Block), 7 Differenzierung zwischen ante- und retrograder Erregungsleitung, Analyse des Mechanismus eines Pråexzitationssyndroms und einer aberrierenden Leitung, 7 Ortung ektoper Erregungen (z. B. bei paroxysmaler Tachykardie, bei Extrasystolie, Tachykardie mit breitem QRS-Komplex), 7 Bestimmung der sinuatrialen Leitungszeit bei Patienten mit Bradykardie-Tachykardie-Syndrom. Sicherung der Diagnose eines sinuatrialen Blocks, 7 Pharmakologische Beurteilung von Antiarrhythmikawirkungen auf die Erregungsleitung.
Technik Ein multipolarer Katheter mit 4±10 Ringelektroden im Abstand von 2±5 mm wird transkutan mittels Seldinger-Technik in die rechte Femoralvene eingefçhrt und bis in den rechten Ventrikel vorgeschoben (Ræntgenkontrolle). Dann wird der Katheter so weit zurçckgezogen, bis die Registrierung der biphasischen oder triphasischen Aktivitåt des His-Bçndels mæglich ist. Die Elektroden mçssen kurz unterhalb des septalen Segels der Trikuspidalklappe dem Ventrikelseptum anliegen. Gleichzeitig werden mittels weiterer Katheter intrakardiale Ableitungen und das Oberflåchen-EKG registriert, mit deren Hilfe exakt der frçheste Beginn der P-Welle und des QRS-Komplexes bestimmt werden kann. Aufzeichnungsgeschwindigkeit 100±200 mm/s. Supraventrikulåre Erregungen spielen sich vor dem His-Potenzial, intraventrikulåre Erregungen nach dem His-Potenzial ab. Eine Verlångerung des PA-Intervalls (Norm: 20±50 ms) spricht fçr einen intraatrialen Block, eine Verlångerung des AH21
His-Bçndel-EG Intervalls (Norm: 50±130 ms) fçr eine Verzægerung proximal des His-Bçndels und eine Verlångerung des HV-Intervalls (Norm: 30±55 ms) fçr eine Ûberleitungsverzægerung distal des His-Bçndels, also im His-Purkinje-System.
Einige wesentliche Ergebnisse der His-Bçndel-Elektrographie 7 Der AV-Block I. Grades beruht meistens auf Verånderungen im proximalen Anteil des AV-Knotens (Verlångerung des AH-Intervalls) oder auf intraatrialen Leitungsstærungen (Verlångerung des PA-Intervalls), seltener auf Stærungen im His-Bçndel oder peripher. 7 Beim AV-Block II. Grades (Typ Wenckebach) liegt die Leitungsstærung vorwiegend im AV-Knoten (zunehmende Verlångerung des AH-Intervalls), beim AV-Block II. Grades (Typ Mobitz) im His-Bçndel oder distalwårts vom HisBçndel. 7 Der AV-Block III. Grades beruht meistens auf einer distalen, trifaszikulåren Leitungsunterbrechung, seltener auf einer proximalen Leitungsstærung. Ein angeborener oder durch einen Hinterwandinfarkt bedingter totaler AV-Block liegt meistens im AV-Knoten oder im His-Bçndel.
22
Langzeit-EKG-Ableitungen
1.5.5 Reduzierte Spezialableitungen fçr Langzeit-EKG-Untersuchungen Fçr telemetrische Belastungs- und Langzeit-EKG-Untersuchungen werden die Elektroden am Thorax mæglichst an muskelarmen Stellen befestigt. Je nach Fragestellung (Frequenzbestimmung, Beobachtung von Rhythmusstærungen, der Endteilverånderungen oder der Vorhoftåtigkeit) benutzt man verschiedene Ableitungspunkte. Eine umfassende Information bietet am liegenden Patienten die Verkleinerung des Einthoven-Dreiecks: 7 Armelektroden çber dem Acromion scapulae oder dem distalen Ende des linken und rechten Schlçsselbeins, 7 Beinelektroden am Mittel- bis Unterbauch, 7 Die Brustwandableitungen werden wie çblich angelegt (V2, V4, V5 oder V6).
Folgende bipolare Brustwandableitungen haben sich besonders fçr Langzeitbeobachtungen bewåhrt: ] MC5 Da der græûte Informationsgehalt dann gegeben ist, wenn die Ableitungen parallel zur elektrischen Herzachse liegen, werden zu dieser Ableitung folgende Variationen entsprechend dem Lagetyp angegeben: 7 Bei Indifferenztyp: differente Elektrode in Hæhe des 5. ICR in der vorderen Axillarlinie, indifferente Elektrode çber dem Manubrium sterni. 7 Bei Linkstyp: Verlegung der indifferenten Elektrode nach kaudal. 7 Bei Rechtstyp: Verlegung der differenten Elektrode medialwårts (siehe Zeichnung).
23
Vorhofvektor ] MX Es herrscht græûte Stærfreiheit gegençber Muskelverzitterungen. Die indifferente Elektrode liegt çber dem Manubrium sterni (M), die differente Elektrode çber dem Processus xiphoideus (X). ] CC5 Die Elektroden liegen in der vorderen Axillarlinie beiderseits in Hæhe des 5. ICR, rechts die indifferente, links die differente Elektrode. Diese Ableitung entspricht in etwa der Ableitung X des orthogonalen Ableitungssystems und åhnelt der Ableitung I. ] Erdungselektrode Die Erdungselektrode kann in Hæhe des 2. ICR rechts parasternal angebracht werden.
1.6 Leitbilder zur vektoriellen Deutung Das normale Ruhe-EKG ist durch folgenden Verlauf gekennzeichnet:
P-Welle
Erregungsausbreitung in den Vorhæfen
QRS-Komplex
Erregungsausbreitung in den Ventrikeln
J-Punkt
junction point = Verbindungspunkt zwischen S-Zacke und ST-Strecke
T-Welle
Repolarisation der Ventrikel
U-Welle
Diastolische EKG-Welle ungeklårter Ursache
1.6.1 P-Vektor Der Vorhof-Hauptvektor ist bei normaler Lage und Græûe der Vorhæfe von oben nach unten und nach vorne links gerichtet. Er entspricht im Normalfall in etwa der Richtung des Hauptvektors der Kammer. Er entsteht als Resultante des Vektorparallelogramms des rechten und linken Vorhofs. Der Teilvektor des rechten Vorhofs weist nach unten, gering nach rechts und vorne (Ableitung III, aVF, II, V1). Der Teilvektor des linken Vorhofs weist nach links hinten (Ableitung I, aVL, V6). 24
P dextroatriale Die Vorhof-Vektorschleife ist nach links vorne unten gerichtet.
Vorhof-Vektorschleife Frontalebene Horizontalebene 1.6.1.1 P dextroatriale Infolge Hypertrophie bzw. Dilatation des rechten Vorhofs wird der Summationsvektor der Vorhæfe nach rechts und vorne gedreht. Er erscheint daher in den Extremitåtenableitungen II, III und aVF (Frontalebene) sowie den rechtspråkordialen Ableitungen V1/2 (Horizontalebene) als çberhæhte, spitzpositive P-Welle. Die P-Vektorschleife ist nach kaudal verlångert.
25
P sinistroatriale/retrograde Vorhoferregung 1.6.1.2 P sinistroatriale Eine Hypertrophie, Dilatation und Leitungsverzægerung des linken Vorhofs lenkt den Summationsvektor der Vorhæfe nach links und dorsal ab, so dass der zweite Anteil der P-Welle in V1 und aVF deutlich negativ ist. Linkspråkordial ist der Anteil des linken Vorhofs jedoch deutlich positiv (Abl. aVL, I, II, V5 und V6). Die insgesamt vergræûerte P-Schleife dehnt sich nach dorsal aus. Die P-Welle ist auf ³ 0,11 s verbreitert.
1.6.1.3 Retrograde Vorhoferregung Wenn der rechte Vorhof bei AV-junktionalem Rhythmus aus dem His-Bçndel oder bei ektopem Rhythmus aus dem unteren Vorhof retrograd erregt wird, verlåuft der Vorhofvektor entgegengesetzt zu seiner normalen Richtung. Er wendet sich von den Ableitungen II, III und aVF ab und hinterlåsst in diesen Ableitungen eine negative P-Welle. Je nach Position der negativen P-Welle zum QRS-Komplex sprach man frçher vom ¹oberen, mittleren und unteren Knotenrhythmusª oder ¹Sinus-coronarius-Rhythmusª. Der AV-Knoten besitzt jedoch keine spontan depolarisierenden Zellen. Bei negativer P-Welle vor dem QRS-Komplex kommt der Rhythmus aus dem unteren rechten Vorhof, bei fehlender P-Welle oder P-Welle nach dem QRS-Komplex aus dem His-Bçndel. Vorhofleitungsstærungen kænnen zusåtzliche P-Wellen-Verånderungen hervorrufen.
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Q-Vektor
Sehr selten ist ein Rhythmus aus dem linken Vorhof zu beobachten: Der Summationsvektor der Vorhoferregung weist von links hinten nach rechts vorn. Man findet daher in Ableitung V1 eine nur positive P-Welle, wåhrend die P-Wellen in Ableitung I, II, III, aVF sowie V4±6 negativ sind.
1.6.2 Q-Vektor Da der linke Tawara-Schenkel sich im Gegensatz zum rechten bereits nach seinem Ursprung in zahlreiche Einzelåste aufgliedert, werden das Septum interventriculare sowie das Papillarmuskelsystem des linken Ventrikels zuerst von hier aus erregt. Es kommt somit zu einem frçhzeitigen Teilvektor von links nach rechts, der etwa einen rechten Winkel zum Hauptvektor bildet. Infolge dieser rçcklåufigen Erregungsausbreitung findet sich daher beim Linkstyp (Einteilung der Lagetypen D S. 35) in Abl. I und aVL, beim Steiltyp in Abl. II, III und aVF und beim Indifferenztyp unter Umstånden in allen Extremitåtenableitungen eine kleine Q-Zacke.
In den Brustwandableitungen spiegelt sich dieser initiale Teilvektor in Abl. V1 als kleine R-Zacke und in Abl. V6 als kleine Q-Zacke wider. Bei einer Drehung des Herzens um die Långsachse nach links weist der Q-Vektor von der vorderen Brustwand weg in sagittaler Richtung, so dass in allen linkspråkordialen Brustwandableitungen deutlichere Q-Zacken auftreten. (Gelegentlich q in V1±3 bei LAH, Erklårung D Abschn. 2.3.3, S. 79). 27
Q-Zacke Normalerweise nimmt die R-Zacke kontinuierlich von V1 bis V5 zu; in Einzelfållen ist die R-Zacke in V4 græûer als in V5, vorausgesetzt, die R-Zacke in V6 ist kleiner als in V5. Øhnliches gilt fçr die S-Zacke in den Brustwandableitungen, die çblicherweise in V2 ihren græûten Ausschlag hat. Fçr einen Normalbefund wird somit vorausgesetzt, dass sich R- und S-Zacken von V1 bis V6 kontinuierlich åndern. Jede sprunghafte Ønderung (z. B. R-Zacke in V2/V3 kleiner als in V1, dann wiederum græûer in V4) ist auf einen pathologischen Befund verdåchtig.
Normalbefund: Kontinuierliche Ønderung der R- und S-Zacken in den Brustwandableitungen
1.6.2.1 Fehlende Q-Zacken Wenn das Septum interventriculare nicht angelegt ist, bei einem sog. ¹single ventricleª, fehlt die Q-Zacke. Ferner wird die Q-Zacke naturgemåû bei einer Blockierung des linken TawaraSchenkels im proximalen Anteil vermisst, da das Septum nicht mehr von links nach rechts erregt werden kann. Eine langsam verschwindende Q-Zacke kann sogar als Frçhzeichen einer beginnenden proximalen Linksverspåtung gedeutet werden.
1.6.2.2 Hypertrophie-Q Bei einer Hypertrophie des Ventrikelseptums und auch der septumnahen Papillarmuskel wird der septale Vektor in dieser Region verstårkt, so dass u. U. auffållig betonte Q-Zacken auftreten. 28
Q-Zacke Ungewæhnlich tiefe Q-Zacken in Abl. V(1, 2) 3±5 werden als Ausdruck einer Septumhypertrophie bei hypertropher Kardiomyopathie (D Abb. S. 30) oder bei andersartiger Erregungsausbreitung infolge Ventrikelseptumdefekt registriert. Diese Q-Zacken sind aber meist schlanker als die Infarkt-Q-Zacken.
1.6.2.3 Infarkt-Q Das sog. Nekrose-Q entsteht durch eine lokale Richtungsumkehr der Kammervektoren, da der Infarktbezirk sich elektrisch inaktiv verhålt. Es entspricht damit dem Prinzip der R-Reduktion bzw. dem R-Verlust. Beim Anterolateralinfarkt z. B. ist die Vektorschlinge nach hinten, teilweise etwas nach rechts gerichtet. Es kommt daher initial zu einem negativen Ausschlag in den linkspråkordialen Ableitungen V4±V6 sowie in den frontalen Ableitungen aVL und I (pathologisches Q). Beim inferioren Infarkt ist infolge des Potenzialausfalls im diaphragmalen Anteil des linken Ventrikels der Initialvektor kranialwårts gerichtet, so dass in den entgegengesetzten inferioren Ableitungen (besonders aVF und III) ein pathologisches Q entsteht.
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Q-Zacke
Inferolateraler Infarkt. Infolge der superioren Orientierung des Initialvektors erscheint in den inferioren Abl. im EKG (besonders Abl. aVF u. III) ein pathologisches Q
Hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) mit 24 mm Septumdicke. Man beachte die Q-Zacken in II, III, aVF sowie die tiefe S-Zacke in V2 (4,7 mV). ¹Pseudoinfarktbildª einer HOCM
Hypertropisch obstruktive Kardiomyopathie (HOCM). Q in Abl. V2±V6 als Ausdruck der Septumhypertrophie (Septumdicke im Echokardiogramm 18 mm)
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R-Zacke
1.6.3 R(s)-Vektor 40 ms nach Beginn der Kammererregung wird der Momentanvektor çberwiegend durch Erregung der Herzspitze und der Seitenwånde hervorgerufen. Er hat zu diesem Zeitpunkt sein Maximum und wird als ¹elektrische Herzachseª oder ¹Hauptvektorª bezeichnet. Seine Projektion auf die Seiten des Einthoven-Dreiecks verursacht die R-Zacke in den Extremitåtenableitungen I±III. Der Hauptvektor zeigt unter bestimmten Bedingungen Verånderungen seiner Græûe (z. B. Zunahme bei Hypertrophie, Verkçrzungen bei transmuralem Infarkt). Wesentlich ist die Bestimmung der Richtung des Hauptvektors. Drehungen des Herzens fçhren zu einer Verlagerung der Vektorschleife, so dass auch die Projektionsbedingungen fçr den græûten QRS-Momentanvektor veråndert werden. Unter normalen Bedingungen stimmt die Richtung des Hauptvektors in etwa mit der anatomischen Herzachse çberein. Unter pathologischen Bedingungen, z. B. bei Vorliegen eines Schenkelblocks oder nach Myokardinfarkt, kann der Hauptvektor seine Richtung so weit åndern, dass diese betråchtlich von der anatomischen Herzachse abweicht. Drehungen der Vektorschleifen sind um folgende Hauptachsen mæglich: 7 Sagittalachse (schwarz), 7 Långsachse (rot), 7 Transversalachse (grçn).
1.6.3.1 Drehungen um die Sagittalachse (Lagetypen) Durch Projektion des græûten Durchmessers der Vektorschleife auf die Frontalebene kommt in den Extremitåtenableitungen die elektrische Herzachse zur Darstellung. Sie definiert den sog. Lagetyp des EKG und ist durch Drehung der Vektorschleife um die Sagittalachse nach rechts und links variabel.
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R-Zacke
Das hexaxiale System: Projektion des græûten Momentanvektors R auf die einzelnen Ableitungen des Cabrera-Kreises
Die Ableitung, die der Richtung des græûten R-Vektors am nåchsten kommt, weist infolge der gçnstigsten Projektionsverhåltnisse die hæchste R-Zacke auf. Die Projektion des græûten R-Vektors in die Frontalebene bildet mit der horizontalen Ableitung I den Winkel a, der den Lagetyp des Herzens bestimmt.
Winkel a im dreidimensionalen Ableitungssystem
] Wie wird der Lagetyp ermittelt? Der Lagetyp wird in der Frontalebene ermittelt. Er ist definiert durch den Winkel a, den der Hauptvektor QRS mit der Horizontalen bildet, welche parallel zur Abl. I durch den Mittelpunkt des Cabrera-Kreises verlåuft. Voraussetzung fçr jede Bestimmung des Winkels bzw. der råumlichen Lage der einzelnen Vektoren ist, dass synchrone Punkte miteinander verglichen werden. Dies ist nur bei synchroner Registrierung der zum Vergleich herangezogenen Ableitungen mæglich, da z. B. die græûten Amplituden der Q- oder der R-Zacken von Abl. I, II und III nicht synchron zu liegen brauchen und theoretisch daher nicht zueinan32
Lagetyp/Cabrera-Kreis der in Beziehung gebracht werden dçrfen. Praktisch reicht es aber in den meisten Fållen aus, zunåchst die græûten R-Zacken der Extremitåtenableitungen zu betrachten. ] Geometrische Bestimmung des Winkels a Die geometrische Bestimmung des Winkels a erfolgt gewæhnlich mit Hilfe der beiden Extremitåtenableitungen, welche die græûten Ausschlåge aufweisen. Entsprechend der Abbildung werden die Ausschlaggræûen auf den zugehærigen Seiten des Einthoven-Dreiecks als Pfeile eingetragen. Der Schnittpunkt der Senkrechten beider Pfeilspitzen ergibt, vom Mittelpunkt aus betrachtet, die Richtung des Hauptvektors, dessen Winkel nunmehr auf dem Kreis abzulesen ist.
] Schåtzung des Lagetyps mit Hilfe des Cabrera-Kreises Fçr die klinische Routinearbeit ist die genaue Konstruktion oder Berechnung des Winkels a nicht erforderlich, da man die Lage der elektrischen Herzachse mit Hilfe des Cabrera-Kreises abschåtzen kann. Je mehr Ableitungen benutzt werden, desto genauer wird die Lagebestimmung. ] Methode 1. Aufsuchen derjenigen Ableitung des Cabrera-Kreises, welche einen wechselsinnigen QRS-Komplex zeigt, in dem die Summe der Flåchen der Q + S-Zacken in etwa der Flåche der R-Zacke entspricht; d. h. positive und negative Flåchen des QRS-Komplexes sind gleich groû. Die elektrische Herzachse steht dann senkrecht zu dieser Ableitung. 2. Findet sich kein derartiger diphasischer QRS-Komplex, so werden von den drei Extremitåtenableitungen I±III die zwei Ableitungen herausgesucht, die bei çberwiegend positivem QRS-Komplex die græûten simultanen R-Zacken aufweisen. Bei Links-, Mittel-, Steil- und Rechtslagetyp sind dies stets die zwei benachbarten Ableitungen I, II oder II, III. Aus dem Verhalten der R-Zacken zueinander (z. B. RI > RII) ergeben sich die unterschiedlichen Lagetypen. 33
Lagetyp
Ableitungen mit græûter R-Zacke
Winkel a
Lagetyp
I, II
RI > RII RI < RII
±308± +308 +308± +608
Linkstyp Mitteltyp
II, III
RII > RIII RII < RIII
+608± +908 +908± +1208
Steiltyp Rechtstyp
Ist RI = RII bzw. RII = RIII , so betrågt der Winkel a exakt 30 8 bzw. 90 8. Der Lagetyp wird als Mittel- bis Linkstyp bzw. Steil- bis Rechtstyp bezeichnet. Ist RI = RIII und RII > RI, RIII, so betrågt der Winkel a exakt 60 8 (Mittel- bis Steiltyp). 3. Der çberdrehte Links- bzw. çberdrehte Rechtstyp (> + 150 8) weist im Gegensatz zu den obigen Lagetypen stets zwei çberwiegende negative QRS-Komplexe auf: Ableitung mit R > S
Ableitungen mit neg. QRS (S > R)
Winkel a
Lagetyp
I II, III III
II, III (SII < SIII) I (SII < SI) I, II (SII < SI)
< ±308 +1208± +1508 > +1508
Ûberdrehter Linkstyp Ûberdrehter Rechtstyp Ûberdrehter Rechtstyp
4. Wurde der Lagetyp nach Punkt 2./3. bestimmt, so ist eine Kontrolle çber die Goldberger-Ableitungen bzw. nach Punkt 1. mæglich. Der græûte Ausschlag des QRS-Komplexes projiziert sich auch auf die Goldberger-Ableitung, die der Richtung des Hauptvektors am nåchsten kommt. Diejenige Ableitung des CabreraKreises, bei der die Flåchen der Q + S-Zacken der Flåche der R-Zacke in etwa entsprechen, steht senkrecht zum Winkel a des Lagetyps.
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Lagetyp
Lagetyp
Winkel a
Merkmale und Vorkommen
7 Mittel- +308 typ bis +608 Synonyme: Indifferenztyp Normaltyp
Der QRS-Hauptvektor verlåuft nach links unten. Hæchster QRS-Ausschlag in Abl. II u. aVR±. In aVR+ ist R tief negativ, da der QRS-Hauptvektor nahezu entgegengesetzt gerichtet ist: RII > RI, RI > RIII Vorkommen: Normallage des Herzens beim gesunden Erwachsenen, bei Neugeborenen pathologisch
7 Steiltyp +608 bis +908
QRS-Hauptvektor verlåuft mehr distal zwischen Abl. II and aVF, in diesen Ableitungen daher græûter positiver Ausschlag von QRS. RII > RIII, RI < RIII Vorkommen: Jugendliche (Alter < 35 Jahre), schlanke Astheniker Bei Erwachsenen mitunter Hinweis auf eine Rechtsherzçberlastung (z. B. Mitralvitium, Emphysem)
7 Rechtstyp
Verlauf des QRS-Hauptvektors in Richtung Abl. aVF und III (græûter positiver Ausschlag). In den entgegengesetzten Ableitungen Kammerhauptschwankung negativ (in I und aVL biphasisch oder negativ). Vorkommen: Bei gesunden Kleinkindern normal. Mit zunehmendem Alter verdåchtig auf Ûberlastung der rechten Herzkammer (Mitralstenose, Cor pulmonale), Zustand nach groûem Lateralinfarkt oder linksposteriorem Hemiblock
+908 bis +1208
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Lagetyp
Lagetyp
Winkel a
Merkmale und Vorkommen
7 Linkstyp
+308 bis ±308 08 bis ±308 +308 bis 08
QRS-Hauptvektor verlåuft zwischen aVR± und aVL. In Abl. aVR±, I oder aVL daher græûte positive QRSAmplitude, in Abl. III und aVF daher negativer Ausschlag. RI > RII Vorkommen: Physiologisch bei Erwachsenen, besonders > 40 Jahre, Adipositas, Zwerchfellhochstand, linksventrikulåre Hypertrophie
7 Ûberdrehter Linkstyp
< ±308
QRS-Hauptvektor verlåuft fast parallel der Abl. aVL und zeigt daher hier seinen græûten positiven Ausschlag, in den entgegengesetzten Ableitungen III, aVF und II daher negativer Ausschlag Vorkommen: meist pathologisch. Links-anteriorer Hemiblock (LAH) nach Vorderwandinfarkt, Myokarditis. Der Linkstyp des Pyknikers wird unter Adipositas oder Hypertonie leicht zum çberdrehten Linkstyp, dabei aber immer DD LAH. Relative Niederspannung in den Extremitåtenableitungen bei Asthenikern bzw. Leptosomen (Variante des Sagittaltyps) Erworbene Herzvitien mit Linkshypertrophie und Myokardfibrose, Hinterwandinfarkt, WPW-Syndrom, ASD I
7 Ûberdrehter Rechtstyp
> +1208
QRS-Hauptvektor der Abl. I und bei a > 1508 der Abl. II abgewendet (daher negativ), Abl. aVR+ zugewandt, daher hier positiv Vorkommen: Immer pathologisch, Rechtsherzhypertrophie bei angeborenen (selten bei erworbenen) Herzvitien; groûer Lateralinfarkt; Dextrokardie; linksposteriorer Hemiblock (LPH)
7 Sagittal- a oft nicht bestimmbar typ SI-SII-SIIITyp
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Drehung um Transversalachse: Basis vorn ± Spitze hinten
Dominierende S-Zacken in I, II, III. In den Extr.-Abl. vorgetåuschte Niedervoltage (sog. ¹periphere Niedervoltageª). In den BWA betonte S-Zacken bis V6, keine Niedervoltage Vorkommen: meist pathologisch. Cor pulmonale, Rechtsherzhypertrophie, Trichterbrust
Lagetyp
Schematische Darstellung der Lagetypen in den Extremitåtenableitungen I±III
] Schwer zu bestimmender Lagetyp In einzelnen Fållen ist es fast unmæglich, den Lagetyp zu bestimmen, z. B. dann, wenn die Vektorschleife kreisfærmig verlåuft oder wenn sie durch einen Infarkt, eine Myokarditis oder einen Schenkelblock ihre Eiform verloren hat, z. B. beim Sagittaltyp. ] Physiologische Ønderung des Lagetyps Der Lagetyp des EKG ist grundsåtzlich im Zusammenhang mit dem Alter des Patienten zu bewerten, d. h. zu einem bestimmten Lebensalter gehært normalerweise ein bestimmter Lagetyp. Da die physiologische Rechtshypertrophie des Såuglings schnell ab- und die physiologische Linkshypertrophie des Erwachsenen langsam zunimmt, dreht sich mit zunehmendem Lebensalter die elektrische Herzachse gleichsinnig mit der anatomischen Herzachse von rechts vorne unten nach links oben. Ein Linkstyp im EKG eines 25-jåhrigen Patienten ist deshalb ebenso ungewæhnlich wie ein Rechts- oder Steiltyp bei einem 60-jåhrigen Ønderung der Lage des Patienten; beide EKG-Befunde sind zunåchst Hauptvektors in Abhån- als pathologisch zu bewerten und bedçrfen der gigkeit vom Lebensalter weiteren Abklårung. 37
Lagetyp
Lagetypen in den Extremitåtenableitungen
Sagittaltyp, S1-S2-S3-Typ: dominierende S-Zacken in allen 3 Extremitåtenableitungen. Die 2. ¹Zackeª von links ist die 1-mV-Eichzacke
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Rotation um die Transversalachse Der Linkstyp ist oft Folge eines Zwerchfellhochstands, z. B. bei pyknischem Habitus, Adipositas, Aszites, Graviditåt. Der Steiltyp ist oft Folge eines Zwerchfelltiefstands, z. B. asthenischer bzw. leptosomer Habitus, Lungenemphysem. Ein nur quergelagertes Herz dreht sich bei Inspiration (oft auch schon im Stehen) durch Tiefertreten des Zwerchfells nach rechts, so dass die Zeichen der Querlagerung verschwinden. Bei einer Linkshypertrophie dagegen bleibt der Linkstyp trotz Inspiration unveråndert.
Ønderung des QRS-Komplexes in Abhångigkeit vom Zwerchfellstand
1.6.3.2 Drehungen um die Transversalachse Entsprechend einem ¹Kippfensterª kann das Herz um seine Transversalachse gedreht werden, so dass die Herzspitze nach vorn und die Basis nach hinten oder die Basis nach vorn und die Spitze nach hinten verlagert wird. ] Herzspitze unten links ± Herzbasis rechts oben (Normalbefund). In den Extremitåtenableitungen I und II kleine Q-Zacken deutlich < 0,040 s Dauer und < Ü R Hæhe.
] Herzspitze vorn ± Basis hinten. Die Septumvektoren verlaufen çber die Frontalebene hinaus nach hinten. Es findet sich daher in den Standardableitungen I, II und III ein Q von < 0,040 s Dauer und < Ü R Hæhe.
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Rotation um die Transversalachse ] Herzspitze hinten ± Basis vorn. SISIISIII-Typ, Sagittaltyp: Die Standardableitungen weisen neben einer vorgetåuschten Niederspannung S-Zacken in den Abl. I, II und III auf, da die Vektoren nach rçckwårts çber die Frontalebene hinauslaufen. In den Brustwandableitungen V1 bis V6 betonte S-Zacken, keine Niederspannung. Persistierende S-Zacken bis V6 auch bei Rechtsschenkelblock, linksanteriorem Hemiblock (bei LAH aber SII < SIII). Vorkommen: Rechtsherzbelastung, Cor pulmonale, angeborene Missbildungen des Herzens, extrakardiale Ursachen (Trichterbrust, Straight-back-Syndrom).
1.6.3.3 Drehungen um die Långsachse Schaut man von der Herzspitze in Richtung der Herzlångsachse auf die Herzbasis, so sind zwei Rotationen um die Långsachse mæglich: nach rechts im ¹Uhrzeigersinnª sowie die gegenlåufige Rotation nach links im ¹Gegen-Uhrzeigersinnª. Rotationen um die Långsachse veråndern den QRS-Komplex der Extremitåtenableitungen in charakteristischer Weise:
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Hypertrophie ] Drehungen im Uhrzeigersinn Der linke Ventrikel wird nach hinten verlagert, so dass der Hauptvektor des linken Ventrikels von den Abl. I und aVL weglåuft, wåhrend der Q-Vektor die entgegengesetzte Richtung erhålt und sich von Abl. III entfernt (SI-QIII-Typ). In den Brustwandableitungen åndert sich die Ûbergangszone (d. h. die Brustwandableitung, bei der R = S), welche die Grenze zwischen der rechten und linken Herzkammer (Kammerseptum) spiegelt. Sie liegt normalerweise bei V3/V4. Bei einer Drehung im Uhrzeigersinn nach rechts verlagert sich die Ûbergangszone nach links bis V5/V6. Vorkommen: Chronisches und akutes Cor pulmonale (Lungenembolie!), Emphysem mit tiefem sagittalem Thoraxdurchmesser. ] Drehungen im Gegen-Uhrzeigersinn Durch Rotation des Herzens nach links wird die rechte Kammer stårker nach rechts hinten, die linke mehr nach vorne verlagert. Jetzt verlåuft der Initialvektor Q von Abl. I und der Kammer-Hauptvektor von Abl. III weg (QI-SIII-Typ). In den Brustwandableitungen Verlagerung der Ûbergangszone nach rechts (V1/2/3) wobei Q bis in Abl. V4, selten sogar in Abl. V3/2 nachweisbar sein kann. Vorkommen: Zwerchfellhochstand, Hypertrophie des linken Ventrikels (nicht zwangslåufig), Kyphoskoliose mit Verlagerung des Herzens nach links von der Wirbelsåule. ] Chronische Rechtsherzbelastung: Verlagerung der Ûbergangszone nach links. Chronische Linksherzbelastung: Verlagerung der Ûbergangszone nach rechts.
1.6.3.4 Hypertrophiebedingte Verånderungen Vermehrte Druck- und Volumenbelastung fçhren zu einer Umformung, Muskelmassenzunahme und Lageånderung des Herzens. Dabei geben die EKG-Verånderungen mehr çber die Dauer als çber den akuten Zustand der pathologischen Belastung Auskunft. Erst wenn die Hypertrophie einer Herzkammer einen bestimmten Schweregrad erreicht hat, zeigen sich im EKG Verånderungen, die diagnostisch verwertbar sind. Hypertrophiert die Muskulatur einer Kammer, werden die entsprechenden Momentanvektoren vergræûert, so dass die Vektorschleife, mit ihr der Hauptvektor und somit die elektrische Achse ihre Richtung åndern.
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Linksherzhypertrophie ] Linksherzhypertrophie Die Myokardfaser-Vektoren sind in dem hypertrophierten linken Ventrikel græûer als in dem nichthypertrophierten Myokard. Es kommt daher zu einer Græûenzunahme der aus ihnen resultierenden Momentanvektoren und somit zur Vergræûerung und Ausweitung des entsprechenden Vektorschleifenanteils. Die Vektorschleife ist insgesamt vergræûert und nach links hinten gerichtet. Der QRS-Summationsvektor ist dementsprechend verstårkt und weist ebenfalls nach links hinten: 7 hohe Amplituden von R in den linkspråkordialen Abl. V4 bis V6 , 7 tiefe S-Zacken in den rechtspråkordialen Abl. V1 bis V3 , 7 Sokolow-Lyon-Index der Linkshypertrophie (D S. 90): S in V1 + R in V5 > 3,5 mV, 7 in der Frontalebene: Linkstyp (+30 8 bis ±30 8); Neigung zur Diskordanz des Kammerendteils in den linksventrikulåren Ableitungen. ] 1. Index nicht verwertbar bei Schenkel- und Hemiblæcken. 2. Bei jugendlichen (schlanken) Patienten håufig falsch-positiver Index.
Dçnne dilatierte Muskelfasern leiten langsamer. Die vergræûerten QRS-Ausschlåge sind daher bei einem dilatierten linken Ventrikel (Aorteninsuffizienz, Mitralinsuffizienz, Aortenstenose im Spåtstadium) relativ breit. Frçhzeitige Erkennung der verzægerten Erregungsausbreitung ist durch Bestimmung des oberen Umschlagpunkts mæglich (OUP, D S. 84/85).
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Rechtsherzhypertrophie
Linksherzhypertrophie bei Aortenstenose Linkstyp und Linkshypertrophiezeichen (Sokolow-Index 6,2 mV), T diskordant negativ. Umschlagszone: V3
Linksventrikulåre Hypertrophie bei langjåhrigem Hypertonus. Abgeflachte T-Wellen links-pråkordial. Sokolow-Index: 3,9 mV
] Rechtsherzhypertrophie Durch Verschiebung des Muskelmassenverhåltnisses nach rechts wird die Vektorschleife nach rechts vorne, zuweilen auch nach rechts oben abgelenkt. Infolgedessen kommt es zu einer vergræûerten positiven Projektion in den rechtspråkordialen Brustwandableitungen (R oder R' in Abl. Vr3 V1 und V2). In den linkspråkordialen Ableitungen V5 und V6 resultieren tiefe S-Zacken (Sokolow-Lyon-Index fçr Rechtsherzhypertrophie: R in V1 + S in V5 > 1,05 mV, weniger zuverlåssig als der Sokolow-Index fçr die Linksherzhypertrophie). ] Bei Blockbildern Hypertrophie-Index nicht verwertbar. In den frontalen Ableitungen spiegelt sich vorwiegend die Rechtswendung der elektrischen Herzachse (Winkel a > 1108). 43
Schenkelblock ] Widerstandshypertrophie (z. B. Pulmonalstenose). Schmale R-Zacken in Vr3 und V1, diskordant negatives T rechtspråkordial. ] Volumenhypertrophie (z. B. Vorhofseptumdefekt mit Links-rechts-Shunt). Die endgçltige Abwendung des Summationsvektors von Abl. V1, der Beginn der græûten Negativitåtsbewegung ist çber 0,03 s verzægert (spåte R-Zacke rechtspråkordial, plumpe S-Zacke linkspråkordial).
Rechtsherzhypertrophie. Sinusrhythmus. Rechtstyp. Stærung der Erregungsrçckbildung rechtspråkordial. Schwere Pulmonalstenose
1.6.3.5 Schenkelblock Ein Schenkelblock ist definiert durch eine Verbreiterung des QRS-Komplexes auf ³ 120 ms. Er entsteht durch Verlangsamung oder vollståndige Unterbrechung der Erregung in einem der beiden Tawara-Schenkel. Ist der linke Tawara-Schenkel beeintråchtigt (Linksschenkelblock), erfolgt die Erregung des linken Ventrikels verzægert çber den rechten Faszikel transseptal. Ist der rechte Tawara-Schenkel beeintråchtigt (Rechtsschenkelblock), wird der rechte Ventrikel çber den linken TawaraSchenkel verzægert transseptal erregt. 44
Schenkelblock ] Linksschenkelblock Die Erregung des linken Ventrikels ist gestært. Er wird durch Impulse stimuliert, die vom rechten Tawara-Schenkel ausgehen: 1. Erregung der vorderen Anteile der rechtsventrikulåren Septumwand und der angrenzenden Teile der rechten Kammer. Die rasche Erregungsausbreitung in der relativ dçnnwandigen rechten Kammer kann im EKG untergehen. 2. Es folgt die transseptale Erregung der stårkeren linksventrikulåren Septumwand. Die Vektorschleife wendet sich in einer scharfen Kurve nach links hinten. 3. Stark verzægerte Erregungsausbreitung in der freien Wand des linken Ventrikels. Kurzfristig entsteht ein nach vorne links gerichteter Vektor. 4. Schlieûlich werden die basalen hinteren Anteile des linken Ventrikels erregt. Der Vektor weist nach hinten links oben. ] Charakteristika. In Abl. I, aVL, V5, V6 M-færmig deformierter, breiter, plumper QRS-Komplex (RR'), in V1 tiefer V-færmiger QRS-Komplex. ST meist diskordant zu QRS (sekundåre Repolarisationsstærung). ] Vektorschleife. Infolge der verspåteten Erregung der stark çberwiegenden Masse des linken Ventrikels weicht die QRSVektorschleife und somit der græûte QRS-Momentanvektor stark nach links dorsal und kranial ab. Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit im mittleren bis terminalen Schleifenanteil. Die T-Schleife zeigt dagegen nach rechts unten vorne. ] Rechtsschenkelblock Die Erregung des rechten Ventrikels ist gestært. Er wird transseptal durch den linken Tawara-Schenkel stimuliert. Dieser ¹Umweg der Erregungª geht, vereinfacht dargestellt, mit der Reihenfolge nachstehender Vektoren einher (D Seite 46): 1. normale Erregung des Septums von links nach rechts, 2. normale Erregung der Spitzenregion sowie der Vorder- und Seitenwand des linken Ventrikels von rechts nach links, 3. verlangsamte Erregung, vorwiegend auf muskulårem Wege, der rechten Kammer von links nach rechts. 45
Rechtsschenkelblock
] Charakteristika. In Abl. V1, V2, V3 und aVF M-færmig deformierter, plumper RR'-Komplex. In Abl. V6 und aVL breite, tiefe S-Zacken. ] Endteile ST-T. Die Endteile ST-T verhalten sich nur in den rechtspråkordialen Ableitungen diskordant (sekundåre Repolarisationsstærung), da beim Rechtsschenkelblock nur ein verhåltnismåûig kleiner Anteil der Gesamtmuskelmasse abnorm depolarisiert wird. Die normalerweise konkordanten ST-T-Abschnitte in den çbrigen Ableitungen sind daher fçr die Diagnose zusåtzlicher Einflçsse (Hypertrophie, koronare Herzerkrankung, Infarkt, Digitaliswirkung usw.) verwertbar. ] Vektorschleife. Die Vektorschleife verlåuft zunåchst normal nach vorne links unten. Zu einem Zeitpunkt, in dem die Erregung des linken Ventrikels im Wesentlichen abgeschlossen ist, wird sie nicht mehr durch die Potenziale des linken Ventrikels bestimmt. Sie spiegelt jetzt vorwiegend Potenziale der rechten Kammer wider und wird daher nach rechts hinten verlagert.
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Linksschenkelblock
Kompletter Linksschenkelblock: M-færmiger, breiter QRS-Komplex in I, aVL, V5±V6. V-færmiger QRS-Komplex in V1±V2
Kompletter Rechtsschenkelblock mit AVBlock I (PQ-Zeit 300 ms). In V1, V2 M-færmig deformierter, plumper RR'-Komplex, in I, aVL, V5, V6, breite, tiefe S-Zacken
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R-Zacke bei Vorderwandinfarkt 1.6.3.6 R-Zacke bei Vorderwandinfarkt Normalerweise nimmt die Hæhe der R-Zacke in den Brustwandableitungen von V1 bis V5 kontinuierlich zu. Die R-Zacke in Abl. V6 kann græûer oder kleiner als die R-Zacke in V5 sein. In Einzelfållen kann sogar die R-Zacke in V4 am græûten sein, vo- Verhalten der R- bzw. S-Zacke in den Brustwandableirausgesetzt RV4 > RV5 > RV6. Wichtig tungen bei normalem Herz (schwarz) und nach Anteist, dass die Hæhe der R-Zacke in roseptalinfarkt (rot) V1±V6 einen harmonischen Verlauf aufweist. Ein leicht erkennbares Zeichen eines durchgemachten transmuralen Vorderwandinfarkts ist deshalb eine R-Reduktion bzw. ein R-Verlust in den Brustwandableitungen. Durch den Verlust elektrisch aktiven Gewebes in der Vorderwand des Herzens weicht die Vektorschleife nach hinten ab, so dass hier initial ein negativer Ausschlag entsteht (R-Verlust). Frçhestens in Abl. V4, meist jedoch erst in Abl. V5 oder V6 findet sich ein positives R. Wenn sich die Vektorschleife initial nach hinten rechts bewegt, erscheint in den Abl. I und aVL eine kleine Q-Zacke. Demnach sollte jeder Verlust bzw. jede Reduktion der R-Zacke in den Brustwandableitungen an einen abgelaufenen Vorderwandinfarkt denken lassen.
Vorderwandinfarkt. Die QRS-Schlinge ist von Anfang an nach hinten, deutlich nach links orientiert. QS-Typ in V2±V3, qR in V4, R-Reduktion bis V5
R-Verlust in den BWA bei Zustand nach ausgedehntem Vorderwandspitzeninfarkt
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ST-Strecke
1.6.4 ST-Vektor Unter normalen Bedingungen besteht nach Beendigung der Depolarisation keine Potenzialdifferenz. An der Zellmembran finden zu diesem Zeitpunkt keine Ladungsverschiebungen statt. Dieser vektoriellen Ruhe entspricht der Verlauf der ST-Strecke in der Nulllinie. Sie beginnt am Punkt J und endet mit dem Beginn der T-Welle.
J-Punkt = junction point = Punkt, an dem der QRS-Komplex endet und die STStrecke beginnt
1.6.4.1 Angehobene ST-Strecke Im ersten Stadium des Myokardinfarkts kommt es aufgrund der çberwiegenden Auûenschichtlåsion zu einer Potenzialdifferenz, deren Vektor von innen nach auûen gerichtet ist. Typische EKG-Verånderung ist die monophasische Deformierung des EKG in Form der ST-Hebung. Im primåren Infarktstadium schlieût die vom absteigenden Schenkel der R-Zacke abgehende, konvexbogige oder plateaufærmige ST-Strecke die T-Welle mit ein. Auch die subepikardiale Låsion einer Perimyokarditis fçhrt zu dem EKG-Bild der Auûenschichtlåsion: gewæhnlich ist die ST-Hebung plateaufærmig und weniger ausgeprågt als im Falle des Myokardinfarkts. Sie geht meist, aber nicht immer, aus einer kleinen S-Zacke des QRS-Komplexes hervor.
Angehobene ST-Strecke bei Myokardinfarkt
Angehobene ST-Strecke bei subepikardialer Låsion, z. B. bei Perimyokarditis
1.6.4.2 ST-Senkung Die Innenschicht des Myokards ist gegençber håmodynamischen, aber auch metabolischen, toxischen oder vegetativen Einflçssen besonders empfindlich. Sie ist sozusagen die ¹letzte Wiese der Durchblutungª und reagiert als erste auf eine Erhæhung des intraventrikulåren Drucks. Eine Beeintråchtigung der endokardialen Durchblutung fçhrt in der Innenschicht zu einer Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit. Sie verhålt sich wåhrend der Vollerregung gegençber der Auûenschicht relativ positiv. Es entsteht somit zwischen Depolarisation und Repolarisation ein nach innen gerichteter Vektor, der sich von den frontalen und vor allem linkspråkordialen Brustwandableitungen abwendet und hier eine Senkung ( = Negativitåt) der STStrecke hervorruft. ST-Senkung bei Innenschichtalteration 49
T-Welle
1.6.5 T-Vektor Die T-Welle entsteht durch Rçckbildung der Erregung (Repolarisation). Diese verlåuft im Herzmuskelfaserverband ± im Gegensatz zur Einzelmuskelzelle ± inhomogen: Sie beginnt dort, wo die Erregungswelle endet, nåmlich in den epikardialen Bereichen des Muskels. Der T-Vektor verlåuft daher normalerweise etwa in der gleichen Richtung wie der græûte Vektor der Erregungsausbreitung. Die T-Vektorschleife liegt innerhalb der QRS-Schleife. T verhålt sich also zu QRS weitgehend konkordant. Der Differenzwinkel der R-T-Vektoren variiert jedoch und soll beim gesunden Erwachsenen nicht mehr als 60 8 betragen. Infolge dieser Variabilitåt gibt es in Abhångigkeit vom Lagetyp T-Abflachungen und Negativierungen ohne pathologische Bedeutung. In Abl. I und II verhålt sich T unter normalen Bedingungen stets positiv. Ein negatives T in Abl. I gilt immer als pathologisch. Bei einer Drehung der elektrischen Herzachse nach links wandert der T-Vektor ebenfalls nach links. Bei einer Wanderung der elektrischen Herzachse nach rechts bleibt der T-Vektor jedoch zurçck, so dass TIII sogar bei einem Rechtstyp flach bis angedeutet negativ sein darf.
1.6.5.1 Primår negatives T Zahlreiche Faktoren kænnen die Erregungsrçckbildung beeinflussen, ohne dass die Erregungsausbreitung gestært wird. Sowohl håmodynamische, degenerative, metabolische, elektrolytische, toxisch-infektiæse, medikamentæse als auch vegetative Einflçsse kænnen eine Abflachung und Inversion der T-Welle hervorrufen. Als håufigste Ursache mçssen Durchblutungsstærungen des Myokards berçcksichtigt werden. Die Hypoxie hat eine Verminderung des Aktionspotenzials zur Folge. Kommt es zu einer subendokardialen Hypoxie (Koronarinsuffizienz, erhæhter Kammerinnendruck bei Widerstandshypertrophie), dann erlischt die Erregung in den Innenschichten eher als in den spåter erregten Auûenschichten. Der T-Vektor verhålt sich dann wie bei der homogenen Erregungsrçckbildung der Einzelzelle. Er verlåuft in umgekehrter Richtung des græûten QRS-Momentanvektors. Es entsteht eine Diskordanz der Endteile zu QRS.
Spitz gleichschenkliges ¹koronaresª T
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Physiologische EKG-Varianten Beim sog. ¹koronaren Tª ( = spitz gleichschenklig, terminal negatives T) nach Myokardinfarkt zeigt der T-Vektor vom ischåmischen Myokard zum Nullpunkt, so dass in den darçber liegenden Ableitungen typische negative T-Wellen entstehen.
1.6.5.2 Sekundår negatives T Stærungen der Depolarisation (Schenkelblock, ventrikulåre Extrasystolen, WPWSyndrom) gehen mit einer Ønderung der Repolarisation einher. Der T-Vektor verhålt sich zu der Richtung des QRS-Hauptvektors nicht mehr konkordant, die T-Welle wird diskordant. Die Ursache liegt jedoch nicht in einer primåren Repolarisationsstærung, sondern in der intraventrikulåren Leitungsstærung selbst, die einen ¹Umweg der Erregungsrçckbildungª zur Folge hat.
1.7 Physiologische EKG-Varianten Sowohl durch Schwankungen des vegetativen Tonus als auch durch Lageverånderungen und andere, vorwiegend extrakardiale Einflçsse (z. B. Nahrungsaufnahme: T-Wellen-Abflachung) kænnen Verånderungen des EKG entstehen, die zu Fehlbeurteilungen verleiten kænnen.
1.7.1 Neurovegetative Einflçsse 1.7.1.1 Sympathikotonie ] Vorkommen. Kærperliche Belastung, Stress, Angst, Erregung, Hyperthyreose, Kaffee-, Tee-, Nikotingenuss. ] Merkmale 7 Sinustachykardie, 7 PQ-Intervall verkçrzt, P in Abl. II/III und aVF betont, 7 Drehung der Herzachse nach rechts (¹Uhrzeigersinnª), 7 aszendierende ST-Senkung, 7 QT-Dauer verkçrzt, 7 meist Abflachung der T-Welle. ] Nachweis. Partielle Sympathikolyse nach Gabe von Betablockern. Håufig Aufrichtung der T-Welle.
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Physiologische EKG-Varianten 1.7.1.2 Parasympathikotonie ] Vorkommen. Sportler, konstitutionell (Napoleon), Magenulzera, Hirndruck. ] Merkmale 7 Sinusbradykardie, 7 P in Abl. II/III und aVF abgeflacht und breit, 7 PQ-Zeit und QT-Dauer verlångert, 7 ST-Strecke nach oben konkavbogig leicht angehoben, 7 T-Welle evtl. hoch positiv, 7 QT-Dauer verlångert. ] Nachweis. Vagotoniebedingte Verånderungen verschwinden meist nach Gabe von Atropin oder nach kærperlicher Belastung. So kann z. B. die Frage geklårt werden, ob eine Verlångerung der PQ-Zeit (AV-Block I) durch Vagotonie oder andere Ursachen (KHK, Digitalis) bedingt ist.
1.7.2 Atmung Verlagerung der Herzachse durch Zwerchfellhoch- und -tiefstand (D Abb. S. 39): 7 Bei Inspiration stellt sich die Herzachse steiler, Drehung des Hauptvektors nach ¹rechtsª (Steil- oder Rechtstyp). 7 Bei Exspiration stellt sich die Herzachse mehr nach links, Drehung des Hauptvektors nach ¹linksª (Linkstyp). Ein lagebedingtes QIII, das zu der Fehldiagnose ¹Hinterwandinfarktª Anlass geben kænnte, verschwindet nach tiefer Inspiration. Die respiratorische Sinusarrhythmie (D S. 219) bei Jugendlichen, Sportlern, Vagotonikern ist immer physiologisch. Bei Inspiration Frequenzzunahme, bei Exspiration Frequenzabnahme.
1.7.3 Kærperbau 7 Zwerchfelltiefstand bei Asthenikern, Emphysem: Steil- bis Rechtstyp. 7 Zwerchfellhochstand bei Pyknikern, Adipositas, Aszites, Graviditåt: Linkstyp. Ein im Widerspruch zum Kærperbau stehender Lagetyp ist evtl. Folge einer pathologischen Ventrikelbelastung. Weitere Abklårung, z. B. durch Echokardiographie, erforderlich. 7 Trichterbrust, ¹Straight-backª-Syndrom: håufig QRS-Splitterung in den Extremitåtenableitungen und in Abl. V1/2, T in V1 bis V4 evtl. negativ. 7 Orthostase: Die Herzachse dreht sich mit dem Aufstehen nach rechts, Verånderungen wie bei Sympathikotonie: Frequenzzunahme, betontes P in II/III und aVF, T-Wellen-Abflachung.
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Das EKG im Kindesalter
1.7.4 Situs inversus Beim Situs inversus totalis zeigt der QRS-Hauptvektor von links oben nach rechts unten. Die Ausschlåge sind in Abl. I, II und aVL çberwiegend negativ. Durch Austauschen der Ableitungen I und II und Registrierung der Brustwandableitungen V2, V1 sowie der rechtspråkordialen Ableitungen Vr3±Vr6 erhålt man die Normalform des EKG.
1.8 Das EKG im Kindesalter Abgesehen von technischen Schwierigkeiten bei der Registrierung und extrakardialen Faktoren fçhren besonders håmodynamische Bedingungen und die hæhere Herzfrequenz (Såugling 120±140/min, Schulkind 90±100/min) zu Abweichungen des kindlichen EKG-Bilds, das daher nicht selten falsch interpretiert wird.
1.8.1 Neugeborenes Das Aortenblut entstammt zu gleichen Teilen der rechten und linken Kammer. Es besteht daher ein ungefåhr gleich starkes Muskelmassenverhåltnis zwischen der rechten und linken Kammer. Es resultiert eine ¹physiologische relative Rechtshypertrophieª im Vergleich mit dem Herzen eines ålteren Såuglings.
Situs inversus totalis: links bei unverånderter EKG-Ableitung, rechts nach Vertauschen der Abl. I und II sowie Registrierung der rechtsventrikulåren Abl. Vr3±Vr6
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Das EKG im Kindesalter ] Charakteristika 7 Rechtstyp (Winkel a oft zwischen +1208 und +1808), 7 tiefes S in Abl. I, aVL, V5 und V6, 7 hohes positives R in Abl. III und aVF, oft bis aVR+, ferner in Abl. Vr3, V1 und V2.
1.8.2 Såugling Mit Ausschaltung des fetalen Kreislaufs nach wenigen Stunden bis Tagen ¹physiologische Rçckbildungª der Rechtshypertrophie und Ûberwiegen des linken Ventrikels. ] Charakteristika 7 Steil- bis Mitteltyp, 7 Zunahme der Amplituden von R in Abl. aVL, I, II, V5 und V6, 7 S in Abl. aVF, III und aVR+ tiefer, beginnend auch in den Abl. Vr3, V1 und V2 .
1.8.3 Kindesalter Infolge von Wachstum auch des Herzens kommt es zu Lageverånderungen: Der physiologische Zwerchfellhochstand sowie der geringe Thoraxtiefendurchmesser des Kleinkinds fçhren zu einer Querlage des Herzens (RI-SIII-Typ), die Verlagerung des rechten Herzens nach vorne zu einer Drehung um die Långsachse im ¹Uhrzeigersinnª (SI-QIII-Typ). Im Schulalter gleicht sich das EKG immer mehr dem Erwachsenen-EKG an: Steilstellung des Herzens, Verlust der Rotation um die Långsachse, somit Steiltyp. Die T-Negativierung in V1/2 persistiert meist bis zum 25., bei Frauen bis zum 35. Lebensjahr. Zusammengefasst wandert der Hauptvektor im Laufe des menschlichen Lebens vom (çberdrehten) Rechtstyp zum Linkstyp, der Vektor der T-Welle dagegen entgegengesetzt von links nach rechts.
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P-Welle
2 Morphologische EKG-Interpretation
2.1 P-Welle 2.1.1 Allgemeines Die P-Welle repråsentiert die Erregungsausbreitung in beiden Vorhæfen. Die Vorhæfe werden nacheinander erregt, der linke Vorhof çber das Bachmann-Bçndel 20±40 ms nach dem rechten Vorhof. Der Ausschlag der Vorhofrepolarisation ist meist nicht zu erkennen, da er vom QRS-Komplex çberdeckt wird. P ist im Allgemeinen positiv, kann jedoch bei Linkstyp in Abl. III negativ sein. Gçnstigste Ableitungen fçr die Beurteilung der P-Welle sind die Abl. II, III und V1. ] Grenzwerte 7 Hæhe bis 0,25 mV, 7 Breite bis 0,10 s.
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P spitz und hoch ] Charakteristika 7 P setzt sich zusammen aus 2 Wellen: R: Erregung des rechten Vorhofs (rot) L: Erregung des linken Vorhofs (grçn) ± Eine Ûberlastung des rechten Vorhofs fçhrt zu einer Betonung des ersten Anteils von P. ± Eine Ûberlastung des linken Vorhofs fçhrt zu einer Betonung des zweiten Anteils und zu einer Verbreiterung von P. ± Eine Ûberlastung beider Vorhæfe fçhrt zu einer Betonung des ersten und zweiten Anteils und zu einer Verbreiterung von P. ± P in V1 ist gewæhnlich biphasisch (+/±). 7 Da die Vorhæfe nacheinander erregt werden, erscheint P oft zweigipfelig. 7 Im Allgemeinen entspricht die Richtung des Summationsvektors der P-Welle derjenigen des græûten Vektors der QRS-Phase. 7 Die Erregungsausbreitung in den Vorhæfen ist jedoch vegetativen Einwirkungen ausgesetzt: Vagusreize setzen die Amplitude von P herab (daher z. B. scheinbar linkstypisches P trotz Steiltyps). Sympathikusreize erhæhen die Amplitude von P (Verwechslung mit P dextroatriale).
2.1.2 P dextroatriale Die P-Wellen sind schmalbasig, spitz und eingipfelig (morphologische Diagnose!) bei einer Ûberlastung des rechten Vorhofs durch ein 7 akutes oder chronisches Cor pulmonale, 7 Trikuspidalvitium, 7 kongenitales Vitium mit Rechtsherzçberlastung.
spitz und hoch
Infolge der græûeren elektrischen Potenziale rechts weicht der Summationsvektor beider Vorhæfe nach rechts ab. ] Welche Amplitudenhæhe spricht fçr ein P dextroatriale? 7 Extremitåtenableitung > 0,25 mV, 7 Brustwandableitung ³ 0,15 mV, 7 Dauer £ 0,10 s. Ûberhæhte P-Wellen allein in V1/V2 sprechen nicht fçr ein P dextroatriale. 56
P dextroatriale ] In welchen Ableitungen findet man ein P dextroatriale? Im Allgemeinen in den Abl. II, III, aVF, V1. P verhålt sich hier also ¹rechtstypischª. Die Diagnose eines P dextroatriale richtet sich jedoch nicht nach dem Lagetyp, sondern nur nach der Form (!), denn es gibt bei angeborenen Vitien auch ein ¹linkstypischesª P dextroatriale, z. B. bei Fallot-Tri- und Pentalogie, Trikuspidalstenose, EbsteinAnomalie. Meist findet man dabei ein hohes P in allen 3 Extremitåtenableitungen, besonders in Abl. I. ] Welche zusåtzlichen Verånderungen sprechen fçr eine Ûberlastung des rechten Vorhofs? 7 Ein Rechts- oder Steiltyp, 7 Zeichen einer Hypertrophie der rechten Herzkammer, 7 negative T-Wellen in V1±V4 als Ausdruck einer akuten Ûberlastung der rechten Kammer beim akuten Cor pulmonale, 7 eine Senkung der PQ-Strecke (sehr selten); sie ist die ¹ST-Strecke der Vorhoferregungª und verhålt sich bei einer Vorhofhypertrophie åhnlich gegensinnig wie die ST-Strecke bei einer Kammerhypertrophie! ] Differenzialdiagnose des spitz-hohen P Der frçher gebråuchliche Terminus ¹P pulmonaleª ist irrefçhrend, da nicht allein pulmonale Faktoren zu einer Ûberlastung des rechten Vorhofs fçhren, sondern auch Herzvitien. Auûerdem wird auch ohne eine vermehrte Belastung des rechten Herzens eine Betonung der P-Welle beobachtet bei: 7 Sympathikotonie, 7 Tachykardie, 7 Arbeits- und Stehbelastung, 7 Hypoglykåmie, 7 Coma diabeticum, 7 Astheniker mit tiefstehendem Zwerchfell.
P dextroatriale bei schwerer COPD
Diese ¹weichenª Kriterien und die Vielzahl der mæglichen Ursachen eines P dextroatriale machen deutlich, wie unsicher die Diagnose eines çberlasteten rechten Vorhofs aus dem EKG ist. 57
P doppelgipfelig, verbreitert
2.1.3 P sinistroatriale Eine doppelgipfelige, auf ³ 0,11 s verbreiterte P-Welle, deren zweiter Gipfel betont ist, kann auf eine håmodynamische Ûberlastung des linken Vorhofs hindeuten, deshalb frçhere Bezeichnung ¹P mitraleª. In den meisten Fållen liegt aber dieser Form der P-Welle, die håufig bei ålteren Menschen ± und hier besonders in den Ableitungen V3 bis V5 ± gefunden wird, eine interatriale Leistungsstærung, also eine Vorhofleitungsstærung zugrunde, die durch eine Vielzahl von Ursachen hervorgerufen werden kann. Eine Vergræûerung und Druckerhæhung des linken Vorhofs wird eher selten gefunden, weshalb die Bezeichnung ¹P mitraleª verlassen worden ist.
doppelgipfelig, verbreitert
] Ursachen 7 Koronare Herzerkrankung, 7 hypertone Herzerkrankung, besonders bei ålteren Patienten, 7 Kardiomyopathien, 7 Mitralvitien (¹P mitraleª), Aortenvitien, 7 konstriktive Perikarditis. Bei Ûberwiegen und Verzægerung der Potenziale des linken Vorhofs weicht der Summationsvektor beider Vorhæfe nach links und dorsal ab. Die Erregungsspitzen beider Vorhæfe rçcken auseinander. Daher erscheint P doppelgipfelig und verbreitert. ] In welchen Ableitungen findet man Anhaltspunkte fçr ein P sinistroatriale? 7 Abl. I/II: P gekerbt und doppelgipfelig, P ³ 0,11 s; 7 Abl. III: P flach positiv, aufgesplittert oder biphasisch; 7 Abl. V1: P biphasisch, positive 1. Welle, breite, ausgeprågt negative 2. Welle; 7 Abl. V3±V5: evtl. långste P-Welle, Dauer ³ 0,11 s; 7 Ausschlaghæhe in I±II selten > 0,25 mV. ] Charakteristisch der ¹Linkstyp des 2. Gipfelsª Der Linkstyp des 2. Anteils ist besonders deutlich in den Extremitåtenableitungen. Es ist immer ratsam, das Verhalten des 2. Gipfels von P fçr sich zu betrachten.
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P sinistroatriale/biatriale
P sinistroatriale, Vorhofleitungsstærung, AV-Block I; Mitteltyp; Linksherzhypertrophiezeichen, Linksherzschådigungszeichen, U-Welle
2.1.4 P cardiale (biatriale)
biphasisch, breit
Eine Ûberlastung beider Vorhæfe ist im EKG durch das Mischbild eines P sinistroatriale mit einem P dextroatriale gekennzeichnet. ] Vorkommen. Mitralstenose, rechts-dekompensiertes Mitral- bzw. Aortenvitium; Hypertension kombiniert mit Rechtsçberlastung (etwa durch Emphysem); Pericarditis constrictiva; angeborene Herzfehler (z. B. Trikuspidalatresie).
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P fehlt/nicht erkennbar ] In welchen Ableitungen findet man charakteristische Verånderungen der P-Welle? 7 Abl. I, aVL, V5/6 : P linksbetont, verbreitert, 7 Abl. II, III, aVF: P rechtsbetont, hoch und spitz, 7 Abl. V1/2: P biphasisch, hohe Ausschlåge. Bei bestimmten angeborenen Herzfehlern, besonders bei einer Trikuspidalatresie, ist der dextroatriale Anteil besonders breit.
P biatriale; Mitteltyp; Rechtsschenkelblock; Mitralstenose III mit kombiniertem Aortenvitium II
2.1.5 P fehlt oder nicht erkennbar ] Vorhofflimmern. Dies ist die håufigste Rhythmusstærung. Trias: unruhige Grundlinie, wechselnde RR-Abstånde, P-Wellen nicht zu erkennen. In Ableitung V1/2 sind Flimmerwellen meist zuverlåssig zu erkennen. D Abschn. 4.5.1.
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P fehlt/nicht erkennbar ] SA-Block II. und III. Grades. Dies kommt selten vor. Sinusknotenstillstand oder Ûberleitungsstærung der Erregung vom Sinusknoten auf die Vorhæfe; selten funktionell, meist organische Herzerkrankung oder Medikamenteneinflçsse; ruhige Grundlinie, P-Wellen in regelmåûigen Abstånden mit plætzlichem, evtl. mehrfachem Ausfall. D Abschn. 4.9.1. ] Kammerextrasystolen und Kammertachykardien. Sie ¹verschluckenª oft die P-Wellen im QRS-Komplex. P-Wellen sind grundsåtzlich nie im QRS-Komplex zu finden, allenfalls unmittelbar vor oder nach dem QRSKomplex in der Nåhe der Isoelektrischen. Bei Vorliegen einer AV-Dissoziation lassen sich die P-Wellen ¹durchzirkelnª. D Abschn. 4.7.6. ] Blockierte atriale Extrasystole. Sie sind gar nicht so selten: Frçh einfallende atriale Extrasystolen, die ± nicht auf die Kammer çbergeleitet ± in den absteigenden Schenkel der T-Welle oder unmittelbar danach einfallen, werden leicht çbersehen, besonders wenn sie im Bigeminusrhythmus auftreten! Eine sorgfåltige Analyse der ST-Strecke aller 12 Ableitungen und der Vergleich mit der T-Welle davor und danach verhindert die nicht seltene Fehldiagnose eines ¹SA-Blocksª. D Abschn. 4.4.1.
Sinusrhythmus. Blockierte atriale Extrasystole (Pfeile) unmittelbar im Anschluû an die T-Wellen mit Herabsetzung der Kammerfrequenz
] Junktionaler Rhythmus mit retrograder Vorhoferregung. Dies kommt selten vor. Regelmåûige Erregung < 100/min aus dem His-Bçndel mit nahezu gleichzeitiger Erregung von Vorhof und Kammer. Ruhige Grundlinie. P-Welle im QRS-Komplex verborgen, deshalb nicht zu erkennen. D Abschn. 4.3.2.
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P abgeflacht ] AV-Block I. Die AV-Ûberleitung kann bis zu 1100 ms(!) betragen, so dass die P-Welle in der T-Welle oder sogar davor verschwinden kann; Abklårung mittels Karotissinusdruckversuch. D Abschn. 4.9.2. ] Sinustachykardie. Bei hohen Frequenzen, z. B. bei Lungenembolie, kann die P-Welle mit der vorangehenden T-Welle verschmelzen.
AV-Block I mit einer PQ-Zeit von 620 ms. Die P-Welle befindet sich in der ST-Strecke (Pfeile). Nach Karotissinusdruckversuch trat ein kurzzeitiger AV-Block III auf
2.1.6 P abgeflacht Eine Abflachung von P in allen Ableitungen findet sich bei: 7 Bradykardie, Vagotonie (PQ evtl. verlångert); Vorkommen bei Sportlern und bei vegetativer Dystonie (nach Belastung Normalisierung); 7 atrialen Leitungsstærungen; Vorkommen bei degenerativen und toxischen Herzerkrankungen (Frçhzeichen, D Abb. S. 58); 7 Myxædem; 7 Perikarditis.
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Abgeflacht
P negativ
2.1.7 P negativ
Negativ
Negative P-Wellen geben çber ihr Auftreten in den einzelnen Ableitungen einen gewissen Hinweis fçr die Lokalisation des Erregungsursprungs: 7 Abl. I (II), aVL: verpolte Ableitungen, Situs inversus, 7 Abl. I, II, III, nur positiv in V1: evtl. linksatrialer Rhythmus, 7 Abl. II, III, aVF: retrograde Vorhoferregung, z. B. bei AVjunktionalem Rhythmus aus dem His-Bçndel, ektopem Rhythmus aus dem unteren Vorhof, 7 Abl. III bei Linkslage: physiologisch.
2.2 PQ-Strecke 2.2.1 Allgemeines Das Intervall zwischen dem Beginn der Vorhoferregung und dem Beginn der Kammergruppe wird als PQ- oder AV-Zeit bezeichnet (atrioventrikulåre Ûberleitungszeit). Sie ist frequenzabhångig und zeigt eine physiologische Verkçrzung bei hæheren Frequenzen. Dauer: 0,12±0,20 s. ] Das ¹anatomische Substratª
Normal
Die Ûberleitungszeit setzt sich zusammen aus der Summe der Leitungszeiten: 1. der Vorhæfe, 2. des AV-Knotens, 3. des His-Purkinje-Systems bis zum ersten Erregungsçbergang auf die Arbeitsmuskulatur. ] Wo wird die Ûberleitungszeit gemessen? Das Maximum der Ûberleitungszeit findet sich meistens in der Ableitung II. Gewæhnlich wird sie hier zwischen dem Beginn der P-Welle und dem Anfang der Q-Zacke gemessen (PQ). Fehlt Q, so gilt als Bezugspunkt der Beginn der R-Zacke (PR). Als exakte Messung der AV-Ûberleitungszeit gilt die Zeit vom frçhesten Beginn von P bis zum frçhesten Beginn von QRS in den Extremitåtenableitungen.
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PQ verlångert
2.2.2 Verlångerte PQ-Strecke
Verlångert
] PQ konstant verlångert Eine Verlångerung der Ûberleitungszeit (AV-Block I. Grades, PQ-Zeit > 0,20 s) kann unter folgenden Bedingungen auftreten: 7 Vagotonie (Normalisierung unter Arbeitsbelastung sowie nach Gabe von Atropin), Leistungssportler, 7 koronare Herzerkrankung, Herzinfarkt, 7 Digitalis, Antiarrhythmika, Betablocker, 7 Infektionskrankheiten, z. B. Myokarditis, Borreliose, 7 Aortenvitien, 7 bei starker Verlångerung der Ûberleitungszeit kann P in oder sogar vor T der vorhergehenden Herzaktion liegen. Maximal mægliche AV-Zeit: 1100 ms. Mit Hilfe des His-Bçndel-EG (HBE) kann der Ort der Verzægerung aufgedeckt werden (intraatrial, im AVKnoten, innerhalb des His-Bçndels oder distalwårts). D Abschn. 1.5.4. Das AH-Intervall dauert normalerweise < 130 ms, das HV-Intervall < 55 ms. In der Abbildung betrågt das AH-Intervall 330 ms. Die AV-Leitung wird in diesem Fall also oberhalb des His-Bçndels verzægert. ] PQ zunehmend verlångert Eine zunehmende Verlångerung der PQ-Dauer bis zu einem Ausfall der Ûberleitung (AV-Block II. Grades, Wenckebach-Periodik) ist Ausdruck einer zunehmenden Ermçdung des Leitungssystems (= dekrementale Leitung; typische Leitungseigenschaft des AV-Knotens, D S. 311).
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PQ verkçrzt/WPW-Syndrom
2.2.3 Verkçrzte PQ-Strecke
Verkçrzt
] P normal, QRS normal 7 Sinustachykardie, Kinder (physiologisch), 7 Syndrom der kurzen PQ-Zeit (frçher LGL-Syndrom, D S. 71), 7 Håufig: falsche Bestimmung der PQ-Zeit in Ableitungen, die senkrecht zum Hauptvektor des rechten Vorhofes stehen. ] P negativ, QRS normal 7 Junktionaler Rhythmus mit vorangehender Vorhoferregung. Die Erregung stammt aus Zellen des unteren Vorhofs am Ûbergang zum AV-Knoten, die zur Spontandepolarisation befåhigt sind. Es kommt zu einer retrograden Erregung der Vorhæfe, so dass P in Abl. II, III und aVF negativ wird.
2.2.3.1 PQ verkçrzt, QRS verbreitert ] Wolff-Parkinson-White(WPW)-Syndrom Bei der klassischen Form des WPW-Syndroms werden Teile der Ventrikelmuskulatur çber eine akzessorische atrioventrikulåre Leitungsbahn vorzeitig erregt (Pråexzitation). Die EKG-Verånderungen umfassen 7 Verkçrzung der PQ-Zeit auf £ 120 ms, 7 Auftreten einer initialen Delta-Welle, 7 Verbreiterung des QRS-Komplexes auf ³ 120 ms, 7 sekundåre Repolarisationsstærungen der ST-Strecke und T-Welle. Das Vollbild eines WPW-Syndroms liegt vor, wenn die EKG-Verånderungen mit tachykarden Rhythmusstærungen einhergehen. Ansonsten spricht man von einer Antesystolie oder ventrikulåren Pråexzitation ohne Arrhythmien. Bei fast allen Menschen wird die Vorhoferregung çber die einzige Verbindung zwischen Vorhof und Kammer, nåmlich çber den AV-Knoten und das His-PurkinjeSystem zum Ventrikel geleitet. Beim WPW-Syndrom liegt eine zusåtzliche Verbindung in Form einer Muskelbrçcke, bestehend aus Ventrikelmuskulatur, zwischen Vorhof und Kammer vor. Diese Muskelbrçcke ist auf eine unzureichende perinatale Apoptose zurçckzufçhren. Sie wird auch als akzessorische Bahn oder Kent-Bçndel bezeichnet. Die akzessorische Bahn leitet schneller als der AV-Knoten, so dass die Kammererregung im Bereich der ventrikulåren Insertion der akzessorischen Bahn beginnt. Diese exzentrische Kammererregung manifestiert sich im OberflåchenEKG als Delta-Welle. Da die Erregungsausbreitung çber die Arbeitsmuskulatur der Kammer zweimal so langsam verlåuft wie çber das His-Purkinje-System, hat der Teil der Erregungswelle, der çber den AV-Knoten geleitet wird, ausreichend Zeit, die Kammer zu erreichen. Die Kammeraktivierung erfolgt jetzt rasch çber das His65
WPW-Syndrom
Beispiel fçr die unterschiedliche Pråexzitation eines sternalpositiven WPW-Syndroms im Abstand von 6 Tagen
Purkinje-System, so dass der zweite Anteil des QRS-Komplexes schmal ist. Die Kammergruppe beim WPW-Schlag ist somit eine Kombinationssystole, die sich aus 2 Komponenten zusammensetzt: 7 Die 1. Komponente ist langsam, fçr die Delta-Welle verantwortlich und Ausdruck der Erregung çber die akzessorische Bahn. 7 Die 2. Komponente ist schnell, fçr den schlanken Anteil der Kammergruppe verantwortlich und Folge der Erregung çber den AV-Knoten und das HisPurkinje-System. 7 Da es sich um eine Kombinationssystole handelt, ist die PJ-Zeit ( = Zeit vom Beginn der P-Welle bis Ende des QRS-Komplexes) beim gleichen Patienten unabhångig vom Ausmaû der Pråexzitation konstant.
66
WPW-Syndrom
Ausmaû der Delta-Welle im EKG in Abhångigkeit von dem Anteil der Ventrikelerregung çber die akzessorische Bahn. Die Zeit vom Beginn der P-Welle bis zum J-Punkt bleibt in A und B konstant. A 10% Ventrikelerregung çber die akzessorische Bahn, 90% çber die normale antegrade AV-Erregungsleitung. B 25% Ventrikelerregung çber die akzessorische Bahn, 75% çber die normale AV-Erregungsleitung. C 100% Ventrikelerregung çber die akzessorische Bahn, z. B. bei antidromer WPW-Reentry-Tachykardie
Die EKG-Verånderungen sind jedoch keineswegs konstant. Sie hången von den Leitungsverhåltnissen in den Vorhæfen und der akzessorischen Bahn, von der Leitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten und damit von adrenergen und vagalen Einflçssen ab. Diese Einflçsse erklåren das Auftreten eines intermittierenden WPWSyndroms, bei dem es von Schlag zu Schlag zu wechselnder Pråexzitation kommt. Je mehr Ventrikelmuskulatur çber das Kent-Bçndel erregt wird, desto ausgeprågter sind die Deformierungen des QRS-Komplexes und die sekundåren Erregungsrçckbildungsstærungen (D Abbildungen S. 69 und S. 70). Dies geht bei der antidromen WPW-Tachykardie so weit, dass beide Ventrikel komplett, d. h. zu 100% çber die akzessorische Bahn erregt werden. Die Leitungsfåhigkeit der akzessorischen Bahn in ante- bzw. retrograder Richtung ist unterschiedlich (sog. ¹Anisodromieª). 70% der akzessorischen Bahnen leiten antegrad, 95% retrograd. Daraus ergeben sich 3 Gruppen von akzessorischen Bahnen: 7 65% leiten sowohl antegrad als auch retrograd. 7 5% leiten ausschlieûlich antegrad. 7 30% leiten ausschlieûlich retrograd.
67
WPW-Syndrom
Leitungseigenschaften akzessorischer Bahnen
Bei antegrad leitenden Bahnen sprechen wir von einem manifesten WPW-Syndrom (mit Delta-Welle im EKG), bei ausschlieûlich retrograd leitenden Bahnen von einem verborgenen WPW-Syndrom (keine Delta-Welle im Ruhe-EKG). Das verborgene WPW-Syndrom låsst sich nicht aus dem Ruhe-EKG diagnostizieren. Beim manifesten WPW-Syndrom kænnen alle Kammerkomplexe eine Delta-Welle aufweisen (permanentes WPW-Syndrom) oder ± sehr selten ± nur ein Teil (intermittierendes WPW-Syndrom). Ob ein manifestes WPW-Syndrom sich als permanent oder intermittierend åuûert, hångt ± wie oben dargelegt ± von den Refraktårzeiten der akzessorischen Bahn ab. Beim intermittierenden WPW ist die Refraktårzeit der akzessorischen Bahn meist wesentlich långer als beim permanenten WPW-Syndrom. Entsprechend dem Verhalten der Antesystolie in den Brustwandableitungen V1 und V2 lassen sich nach Rosenbaum grob vereinfachend 2 Typen von Antesystolie abgrenzen: 7 Typ A: Delta-Welle in Abl. V1 positiv (sternalpositiver Typ). QRS åhnelt einem Rechtsschenkelblock. Die Pråexzitation erfolgt wahrscheinlich çber ein linksseitiges Kent-Bçndel. 7 Typ B: Delta-Welle in Abl. V1 negativ (sternalnegativer Typ). QRS åhnelt einem Linksschenkelblock. Die Pråexzitation erfolgt wahrscheinlich çber ein rechtsseitiges Kent-Bçndel. Akzessorische Bahnen kænnen den links- und rechtsseitigen AV-Ring praktisch an jeder Stelle çberqueren. Sie kænnen auch intraseptal liegen. Da die Erregung çber jede akzessorische Bahn auf die Ventrikelspitze zulåuft, ist die Delta-Welle in den linkspråkardialen Ableitungen V5 und V6 immer positiv. Dagegen kann eine negative Delta-Welle in den Abl. II, III und aVF ein pathologisches Q im Sinne eines inferioren Infarkts vortåuschen, so dass nicht selten ein Patient mit akzessorischer Bahn unter dem Verdacht eines Myokardinfarkts aufgenommen wird. Speziell das intermittierende WPW kann einen elektrischen Alternans (D Abb. S. 70), einen akzelerierten idioventrikulåren Rhythmus (D Abb. S. 69) oder spåt einfallende ventrikulåre Extrasystolen (D S. 241) vortåuschen.
68
WPW-Syndrom
WPW-Syndrom (Typ A). Sternalpositiver Typ. QRS in V1 åhnelt Rechtsschenkelblock. ¹Pseudohinterwandinfarktª in III, aVF
WPW-Syndrom (Typ B). Sternalnegativer Typ. QRS in V1 åhnelt Linksschenkelblock. ¹Pseudohinterwandinfarktª in III, aVF
Kein akzelerierter idioventrikulårer Rhythmus mit AV-Dissoziation, sondern intermittierendes WPW-Syndrom
69
WPW-Syndrom
Kein elektrischer Alternans, sondern intermittierendes WPW-Syndrom
70
Syndrom des kurzen PQ-Intervalls Die Pråvalenz des WPW-Syndroms liegt < 0,3½. Månner sind håufiger als Frauen betroffen. Im Laufe des Lebens kænnen sich die funktionellen Eigenschaften der akzessorischen Leitungsbahn veråndern. Deshalb verlieren Neugeborene und Kleinkinder mit zunehmendem Alter ihre antegrade Pråexzitation. Eine familiåre Håufung ist bekannt, besonders im Zusammenhang mit einem Mitralklappenprolaps und Morbus Ebstein. ] Komplikationen. Patienten mit WPW-Syndrom neigen zu Tachykardien durch kreisende Erregung. Die kreisende Erregung kann antegrad çber den AV-Knoten und retrograd çber die akzessorische Bahn laufen (orthodrome WPW-Tachykardie, schmale QRS-Komplexe). Bei entgegengesetzter Kreiserregung spricht man von einer antidromen WPW-Tachykardie. Die QRS-Komplexe sind bizarr verbreitert. Bei etwa 95% der Patienten mit WPW-Syndrom ist die Refraktårzeit des AV-Knotens in antegrader Richtung kçrzer und in retrograder Richtung långer als die der akzessorischen Bahn. Diese Refraktårzeitverhåltnisse zwingen die Erregungsfront, antegrad çber den AV-Knoten und retrograd çber die akzessorische Bahn zu laufen. Nur bei 5% der Patienten wird deshalb primår eine antidrome WPW-Tachykardie gefunden. Diese WPW-Reentry-Tachykardien sind nicht vital bedrohlich (D Abschn. 4.6). Patienten mit manifestem WPW-Syndrom, deren akzessorische Bahn eine Refraktårzeit < 270 ms aufweist, sind beim Auftreten von Vorhofflimmern vital bedroht (D Abschn. 4.6.4). ] Verborgenes WPW-Syndrom. Es liegt eine akzessorische Bahn zwischen Vorhof und Kammer vor, nur zur retrograden VA-Leitung befåhigt (unidirektionaler Block). Wegen der fehlenden Delta-Welle kann das verborgene WPW-Syndrom bei Sinusrhythmus nicht aus dem Oberflåchen-EKG diagnostiziert werden. Die allein mægliche orthodrome Reentry-Tachykardie erweist sich als Tachykardie mit schmalem QRS-Komplex und davon abgesetzter retrograder Vorhoferregung; Frequenz > 150/min. Es besteht keine Gefåhrdung durch Vorhofflimmern; seltene Tachykardie junger Menschen im årztlichen Notdienst. Nach Ende der Tachykardie ist das RuheEKG normal (D Abschn. 4.6.1). ] Permanente junktionale Reentry-Tachykardie (PJRT). Hierbei handelt es sich um eine sehr seltene, jedoch klinisch wichtige Sonderform des verborgenen WPW-Syndroms, die zu unaufhærlichen Tachykardien mit schmalem QRS-Komplex fçhrt (D Abschn. 4.6.3).
PQ verkçrzt, QRS normal ] Syndrom des kurzen PQ-Intervalls Eine frçhere Bezeichnung fçr dieses Syndrom war ¹Lown-Ganong-Levine (LGL)Syndromª: verkçrztes PQ-Intervall (< 120 ms) ohne Delta-Welle bei normalem QRSKomplex. Man geht heute davon aus, dass es sich bei der kurzen PQ-Zeit dieser Menschen um das untere Ende der Normalverteilung der PQ-Zeit handelt und nicht um eine akzessorische Bahn zwischen Vorhof und AV-Knoten (sog. atrionodale 71
Syndrom des kurzen PQ-Intervalls
Syndrom des kurzen PQ-Intervalls. Linkstyp, PQ = 0,11 s. Anamnestisch rezidivierende supraventrikulåre Tachykardien
Bahn oder James-Bçndel). Der AV-Knoten dieser Patienten hat eine geringe Erregungsverzægerung, die besonders håufig mit einer gçnstigen Weiterleitung vorzeitig einfallender atrialer Impulse einhergeht und gleichzeitig die Ûberleitung besonders rascher Impulsfolgen erlaubt. Anatomisch definierte Bypass-Strukturen dçrften eher die Ausnahme bilden. Die Zuordnung des LGL-Syndroms zu den Pråexzitationssyndromen ist also eher historisch als sachlich zu rechtfertigen. Wenn Patienten mit diesem Syndrom eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie entwickeln, bietet diese keine Besonderheiten im Hinblick auf die Herzfrequenz. Klinisch relevant ist lediglich die Tatsache, dass bei diesen Patienten aufgrund der guten Leitungseigenschaften des AV-Knotens Vorhofflimmern oder Vorhofflattern mit hohen Kammerfrequenzen einhergehen kann. Bei erheblicher klinischer Symptomatik wird man deshalb zu einer AV-Knoten-Modulation raten.
Beginn von Vorhofflimmern bei Syndrom der kurzen PQ-Zeit. Kammerfrequenz 250/min mit aberrierender Leitung
72
Delta-Welle bei normaler PQ-Zeit Viel håufiger ist jedoch bei Patienten mit kurzer PQ-Zeit ohne Tachykardien differenzialdiagnostisch eine Vorhofleitungsstærung mit initial isoelektrisch verlaufender P-Welle zu berçcksichtigen, die bei oberflåchlicher Betrachtung als verkçrzte PQ-Zeit interpretiert wird (D Abb. S. 76).
2.2.3.2 Delta-Welle bei normaler PQ-Zeit ] Mahaim-Syndrom Das Mahaim-Syndrom ist extrem selten. Es betrifft eine heterogene Gruppe von Patienten. Vier Typen einer rechtsseitigen akzessorischen Bahn kænnen vorliegen (Einteilung der Bahnen siehe unten). Diese sind jedoch extrem selten! Die viel wahrscheinlichere Diagnose ist ein manifestes WPW-Syndrom mit Leitungsverzægerung im Bereich beider Vorhæfe (Vorhofleitungsstærung, D Abschn. 2.1.3). Die noch seltenere Mahaim-Tachykardie (entstehend aus der mit 4 gekennzeichneten atriofaszikulåren Bahn mit akzessorischem AV-Knoten) ist eine antidrome Tachykardie mit dem Bild eines Linksschenkelblocks mit Links- oder çberdrehtem Linkstyp. Sie muss ± wiederum extrem selten ± bei der Differenzialdiagnose einer Tachykardie mit Linksschenkelblockbild Berçcksichtigung finden. Die Mahaim-Tachykardie kann mittels HF-Ablation kuriert werden.
AVK H 1 2 3 4
= = = = = =
AV-Knoten-Geflecht His-Bçndel Nodoventrikulåre Bahn Faszikuloventrikulåre Bahn Langsame atrioventrikulåre (Kent-)Bahn Atriofaszikulåre Bahn mit akzessorischem AV-Knoten
2.2.3.3 PQ wechselnd Im Gegensatz zum permanenten WPW-Syndrom, bei dem alle Kammerkomplexe eine Delta-Welle aufweisen, zeigen beim åuûerst seltenen intermittierenden WPWSyndrom nur ein Teil der QRS-Komplexe eine Delta-Welle. Ob sich ein manifestes WPW-Syndrom als permanent oder intermittierend åuûert, hångt von der Refraktårzeit der akzessorischen Bahn ab. Beim intermittierenden WPW-Syndrom ist sie långer als beim permanenten WPW-Syndrom. Die wechselnden Refraktårverhåltnisse der akzessorischen Bahn erklåren das Auftreten des Concertinaeffekts (¹Ziehharmonikaeffektª) mit von Schlag zu Schlag wechselnder PQ-Zeit (D Abb. S. 77 und 241). 73
74
Typische Form des WPW-Syndroms (*70% aller WPW-Syndrome)
Atrioventrikulår (100% antegrad; 95% auch retrograd); linkslaterale Bahn am håufigsten
< 120 ms (meist)
± Permanent: vorhanden ± Intermittierend: nicht immer vorhanden
± Permanent: < 0,3½ ± Intermittierend: selten
] Beschreibung
] Leitungseigenschaften der akzessorischen Bahn
] PQ-Zeit
] Delta-Welle
] Pråvalenz
] Antegrade ± Permanent: Refraktårzeit der kçrzer akzessorischen Bahn ± Intermittierend: långer
1. Manifestes WPW
Eigenname
Unendlich
Seltener als manifestes WPW
Fehlt
Normal
Nur retrograd: ventrikulo-atrial
*30% aller WPWSyndrome; im Ruhe-EKG nicht zu erkennen
2. Verborgenes WPW
Tabelle 2.1. Verschiedene Formen des Pråexzitationssyndroms
Unendlich
Sehr selten
Fehlt
Normal
Langsam retrograd leitende posteroseptale Bahn
Sehr seltene, aber klinisch wichtige Sonderform des verborgenen WPWSyndroms
3. Permanente junktionale ReentryTachykardie (PJRT)
Evtl. kurze Refraktårzeit des AV-Knotens
Relativ håufig
Fehlt
Kurz: < 120 ms
Schnell çberleitender AV-Knoten
Keine akzessorische Bahn, sondern schnell leitender AV-Knoten mit kurzer Refraktårzeit
4. Syndrom der kurzen PQ-Zeit (sog. ¹LGL-Syndromª)
Långer
Extrem selten
Vorhanden
Normal
Faszikuloventrikulår; nodoventrikulår; atriofaszikulår; atrioventrikulår
Heterogene Gruppe rechtsseitiger akzessorischer Bahnen
5. Mahaim-Syndrom
Formen der Pråexzitation
1. Manifestes WPW
Håufig; orthodrom (95%) antidrom (5%)
Bei Refraktårzeit der akzessorischen Bahn < 270 ms; keine Gefåhrdung bei intermittierendem WPW
Eigenname
] ReentryTachykardien
] Gefåhrdung durch Vorhofflimmern
Tabelle 2.1 (Fortsetzung)
Nein
Håufig; nur orthodrom
2. Verborgenes WPW
Nein, aber auf Dauer Gefahr der Tachykardiomyopathie
> 50% der Zeit langsam orthodrom
3. Permanente junktionale ReentryTachykardie (PJRT)
Bei kurzer Refraktårzeit des AV-Knotens kænnen hohe Kammerfrequenzen auftreten
Fast nie
4. Syndrom der kurzen PQ-Zeit (sog. ¹LGL-Syndromª)
Nein
Extrem selten; antidrome Tachykardie mit LSB
5. Mahaim-Syndrom
Formen der Pråexzitation
75
Formen der Pråexzitation
Beispiel fçr eine Vorhofleitungsstærung, die ein Syndrom der kurzen PQ-Zeit vortåuscht: Die reale PQ-Zeit betrågt 140 ms und låsst sich in den Ableitungen III und aVF erkennen
Kein Mahaim-Syndrom, sondern WPW-Syndrom mit Vorhofleitungsstærung. PQ-Dauer 0,20 s
76
Q-Zacke
Intermittierendes WPW-Syndrom mit Concertinaeffekt (¹Ziehharmonikaeffektª). Periodische Verkçrzung bzw. Verlångerung der PQ-Dauer mit Verbreiterung bzw. Verschmålerung des QRS-Komplexes durch die DeltaWelle. Ønderung der Repolarisation. Die PJ-Zeit bleibt konstant
Wechselnde PQ-Intervalle kænnen auch auftreten bei 7 respiratorischer Sinusarrhythmie, 7 erhæhtem Vagotonus, 7 AV-/Interferenzdissoziation, 7 AV-Block II/AV-Block III.
2.3 Q-Zacke 2.3.1 Allgemeines Das normale Q ist Ausdruck einer vorwiegend von der Herzspitze zur Basis gerichteten Erregungsausbreitung im Septum interventriculare und in den Papillarmuskeln. ] Grenzwerte Breite bis 0,03 s, Tiefe 0,2±0,3 mV (2±3 mm) (Ausnahme: aVR 0,2±0,9 mV, Nehb-D < 0,9 mV). QIII darf nicht tiefer sein als 14 der Hæhe des hæchsten R in den Extremitåtenableitungen.
Normal
] Auftreten des normalen Q Normalerweise tritt es auch nur in den Ableitungen mit stark positiven, also hohen R-Zacken auf: 7 Abl. I, aVL bei Linkstyp, 7 Abl. II, III, aVF bei Steil- bzw. Rechtstyp. In den Brustwandableitungen findet sich ein Q in V4±6, selten in V3 und nie in V1±2.
77
Infarkt-Q-Zacke
2.3.2 Das pathologische, infarkttypische Q ] Charakteristik 7 7 7 7
Tiefer als 14 der Amplitude von R, 0,04 s und breiter, in Abl. I, aVL und V2±V4/V5 bei græûerem Vorderwandinfarkt, in Abl. III und aVF bei inferiorem Infarkt.
] Diagnose Fçr die ¹Diagnoseª eines pathologischen QIII als Zeichen eines abgelaufenen inferioren Infarkts (Pardee-Q) gelten folgende Kriterien: 7 Mindesttiefe von QIII 25% der hæchsten R-Amplitude in den Extremitåtenableitungen, Breite vom Beginn bis zum tiefsten Punkt mindestens 0,03 s, 7 reiner QRS-Komplex (keine positive Zacke vor Q), 7 kein Rechtstyp. ] Differenzialdiagnose WPW-Syndrom, extreme Linkslage, hypertrophe Kardiomyopathie, massive Hypertrophie. ] Zusåtzliche Sicherung Deutliches QII; Q in aVF und Nehb-D tiefer als die Hålfte der folgenden R-Zacke; die der Q-Zacke folgende R-Zacke ist plump und gekerbt. Verhalten sich die Werte fçr Q an der oberen Grenze der Norm, so gilt Q als pathologisch, wenn es in einer vorhergehenden Aufzeichnung noch normal war oder wenn ein deformiertes R folgt. Die Frage, ob ein alter oder frischer Infarkt vorliegt, kann nur bei gleichzeitiger Betrachtung der Endteile beantwortet werden (D Abschn. 3.4.2).
78
breit und tief
Infarkt-Q-Zacke ] Wie kann ein alter inferiorer Infarkt von einem QIII bei Linkstyp unterschieden werden? Bei QIII Linkstyp: 7 çberschreitet die Dauer von QIII 0,03 s nicht, 7 fehlt in den Ableitungen II und aVF ein auffålliges Q, 7 wird das QIII bei tiefer Inspiration kleiner (keine vællig sichere Unterscheidung).
] Wann spricht ein pathologisches Q fçr ein Herzwandaneurysma? Wenn gleichzeitig eine çber Wochen persistente STElevation mit Ûbergang in ein negatives T besteht (D S. 125).
Extremitåtenableitungen I±III: Atemabhångiges QIII bei Linkstyp
2.3.3 Was bedeutet ein Q in den rechtspråkardialen Ableitungen V1±V2? Ein Q in den Abl. V1±V2 ist unphysiologisch. Morphologische Verånderungen im Septumbereich, die zu einer Ønderung des initialen Vektors der Erregungsausbreitung fçhren, kommen als Ursache in Frage: 7 abgelaufener Anteroseptalinfarkt (meist deutliche Q-Zacken), 7 Septumhypertrophie bei hypertropher Kardiomyopathie, 7 linksanteriorer Hemiblock (kleine Q-Zacken, selten!).
79
QT-Dauer verlångert
2.4 QT-Strecke 2.4.1 Allgemeines Die QT-Dauer entspricht der Gesamtdauer der Kammererregung, also der ¹elektrischen Systoleª, die verschiedenen Einflçssen unterliegt. Unter pathologischen Bedingungen kann sie sich abnorm verlångern oder verkçrzen. Gemessen wird vom Beginn der Q-Zacke (bzw. der R-Zacke bei fehlendem Q) bis zum Ende der T-Welle. Die QT-Zeit ist abhångig von der Herzfrequenz, sie nimmt bei Tachykardie ab und bei Bradykardie zu. Es muss also stets der ¹frequenzentsprechende Normwertª zugrunde gelegt und zur Beurteilung eine Tabelle (D S. 82/83) benutzt werden. Der Normbereich reicht von 90±115%. Zum Vergleich der QT-Dauer bei unterschiedlichen Frequenzen sollte die ¹frequenzkorrigierte QT-Dauerª
Normal
QT QTc p 60=f nach Bazett herangezogen werden (f = Frequenz). Oberer Normwert fçr QTc: 440 ms. ] Besonderheiten Bei TU-Verschmelzungswellen gilt der Schnittpunkt der Tangente des T-Wellenabfalls mit der Isoelektrischen als Ende der QT-Dauer. Exakt mçsste die QT-Dauer vom Beginn des frçhesten QRS-Komplexes bis zum Ende der spåtesten T-Welle in den 12 Ableitungen bestimmt werden. Fçr die tågliche Praxis beschrånkt man sich jedoch meist auf die QT-Dauer in einer Ableitung. Die Ableitungen V2±4 eignen sich besonders gut zur Bestimmung des Endes der T-Welle. Besteht eine absolute Arrhythmie, so mçssen die mittlere Frequenz sowie die mittlere QT-Dauer aus mindestens 10 Zyklen errechnet werden.
2.4.2 Verlångerung der QT-Dauer Erworbene Verlångerung der QT-Dauer 7 Zahlreiche Medikamente: Antiarrhythmika, trizyklische Antidepressiva, einzelne Phenothiazinabkæmmlinge, Terfenadine und viele andere Medikamente. QT-Verlångerung durch Verbreiterung von T; 80
QT-Dauer verlångert 7 Intraventrikulåre Leitungsstærungen: Hypertrophie, Dilatation, Schenkelblock; Verlångerung der QT-Dauer durch QRS-Verbreiterung; 7 Hypokalzåmie: Hypoparathyreoidismus, Vitamin-D-Mangel, Malabsorption, Uråmie: QT-Verlångerung durch Verlångerung der ST-Strecke bei unverånderter QRS- und T-Wellen-Breite (D S. 208); 7 chronischer Alkoholismus; 7 Ischåmie: Infarkt-Folgestadium, schwere KHK, akutes Cor pulmonale; 7 Dysproteinåmie: Amyloidose, Myelom, Sprue etc. mit kardialer Beteiligung; 7 Myokarditis, Perikarditis-Folgestadium; 7 Subarachnoidalblutung, Hirnmassenblutung; 7 Mitralklappenprolaps-Syndrom; 7 Hypokaliåmie: Scheinbare QT-Verlångerung durch TU-Verschmelzungswelle. Die QT-Dauer ist nicht direkt bestimmbar. Die extrapolierte QT-Dauer bleibt normal. Ende der T-Welle durch Tangentialkonstruktion oder Echokardiogramm (Aortenklappenschluss) ermitteln (D S. 204).
Angeborene Verlångerung der QT-Dauer (D Abschn. 4.7.2.3) ] Erbliche QT-Verlångerung (QT-Syndrom) Sie ist streng von der erworbenen QT-Verlångerung zu trennen. Sehr seltene, durch multilokulåren Gendefekt hervorgerufene, autosomal dominant vererbte QT-Verlångerung mit synkopalen Anfållen, ausgelæst durch polymorphe ventrikulåre Tachykardien und, in seltenen Fållen, mit plætzlichem Herztod infolge Kammerflimmern. Håufige Fehldiagnose: Epileptische Anfålle mit oft jahrelanger frustraner Therapie. Die ventrikulåren Tachykardien werden meist durch adrenerge Stimulation (plætzliche Aufregung, kærperliche Belastung) ausgelæst. Deshalb gilt Sportverbot.
Angeborenes QT-Syndrom mit Verlångerung der QT-Dauer auf 600 ms. Rezidivierende synkopale Anfålle, die nach AAI-Schrittmacher-Stimulation und b-Blockade sistierten
81
QT-Dauer Es gibt zwei Formen: 7 ohne begleitende Schwerhærigkeit (håufige Form): Romano-Ward-Syndrom 7 mit kongenitaler Taubheit (seltene Form): Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom.
2.4.3 Verkçrzung der QT-Dauer
verkçrzt
7 Hyperkalzåmie (chronische Niereninsuffizienz, Ostitis fibrosa generalisata, Hyperparathyreoidismus, Vitamin-D-Intoxikation, Plasmozytom): oft direkter Ûbergang der S-Zacke in die T-Welle (D Abschn. 3.12.2); 7 Digitalis (D Abschn. 3.13).
2.4.4 QT-Dauer in Abhångigkeit von der Herzfrequenz Berechnet nach der Formel QT = 0,39 nach Hegglin und Holzmann RR/s
HF/min
± 20%
± 10%
0,30 0,31 0,33 0,35 0,38 0,40 0,42 0,44 0,46 0,48 0,50 0,52 0,54 0,56 0,58 0,60 0,62 0,64 0,66 0,68 0,70 0,72 0,74
200 190 180 170 160 150 142 136 129 125 120 115 111 107 103 100 96 93 91 89 85 83 81
0,168 0,168 0,176 0,184 0,192 0,200 0,200 0,208 0,216 0,216 0,224 0,224 0,232 0,232 0,240 0,240 0,248 0,248 0,256 0,256 0,264 0,264 0,272
0,189 0,189 0,198 0,207 0,216 0,225 0,225 0,234 0,243 0,243 0,252 0,252 0,261 0,261 0,270 0,270 0,279 0,279 0,288 0,288 0,297 0,297 0,306
82
0,21 0,21 0,22 0,23 0,24 0,25 0,25 0,26 0,27 0,27 0,28 0,28 0,29 0,29 0,30 0,30 0,31 0,31 0,32 0,32 0,33 0,33 0,34
p RR Ô 0,04/s + 10%
+ 20%
0,231 0,231 0,242 0,253 0,264 0,275 0,275 0,286 0,297 0,297 0,308 0,308 0,319 0,319 0,330 0,330 0,341 0,341 0,352 0,352 0,363 0,363 0,374
0,252 0,252 0,264 0,276 0,288 0,300 0,300 0,312 0,324 0,324 0,336 0,336 0,348 0,348 0,360 0,360 0,372 0,372 0,384 0,384 0,396 0,396 0,408
QRS-Erregungsausbreitung
Berechnet nach der Formel QT = 0,39 nach Hegglin und Holzmann RR/s 0,76 0,78 0,80 0,82 0,84 0,86 0,88 0,91 0,92 0,94 0,96 0,99 1,03 1,07 1,11 1,15 1,20 1,25 1,30 1,36 1,43 1,50 1,73 2,00 2,40
HF/min 79 77 75 73 71 70 68 66 65 63 62 60 58 56 55 52 50 48 46 44 42 40 35 30 25
± 20%
± 10%
0,272 0,280 0,280 0,288 0,288 0,288 0,296 0,296 0,296 0,304 0,304 0,312 0,320 0,320 0,328 0,336 0,344 0,352 0,352 0,360 0,376 0,384 0,408 0,424 0,480
0,306 0,315 0,315 0,324 0,324 0,324 0,333 0,333 0,333 0,342 0,342 0,351 0,360 0,360 0,369 0,378 0,387 0,396 0,396 0,405 0,423 0,432 0,459 0,477 0,540
0,34 0,35 0,35 0,36 0,36 0,36 0,37 0,37 0,37 0,38 0,38 0,39 0,40 0,40 0,41 0,42 0,43 0,44 0,44 0,45 0,47 0,48 0,51 0,53 0,60
p RR Ô 0,04/s + 10%
+ 20%
0,374 0,385 0,385 0,396 0,396 0,396 0,407 0,407 0,407 0,418 0,418 0,429 0,440 0,440 0,451 0,462 0,473 0,484 0,484 0,495 0,517 0,528 0,561 0,583 0,660
0,408 0,420 0,420 0,432 0,432 0,432 0,444 0,444 0,444 0,456 0,456 0,468 0,480 0,480 0,492 0,504 0,516 0,528 0,528 0,540 0,564 0,576 0,612 0,636 0,720
Normbereich: 90±115%
Normal
2.5 QRS-Komplex 2.5.1 Intraventrikulåre Erregungsausbreitung QRS gilt als Ausdruck der Erregungsausbreitung in beiden Kammern. Den positiven Anteil nennen wir R-Zacke, den vorausgehenden negativen Ausschlag Q-Zacke, den nachfolgenden negativen Ausschlag S-Zacke. Nach einem Vorschlag der American Heart Association werden die groûen Amplituden durch groûe, die kleinen Amplituden ( < 0,5 mV) durch kleine Buchstaben gekennzeichnet. Eine zweite R-Zacke wird als R' bezeichnet. 83
QRS-Erregungsausbreitung ] Messwerte
Nomenklaturbeispiele
7 Dauer des QRS-Komplexes £ 0,10 s. Messung der långsten QRS-Dauer aller Ableitungen; meist in Abl. II oder Brustwandableitungen; 7 mittlere Amplitude in den Extremitåtenableitungen 1 mV; 7 mittlere Amplitude in den Brustwandableitungen 1±3 mV. ] Kerbungen oder Splitterungen Apikale Formunregelmåûigkeiten. ] Knotungen Basale Formunregelmåûigkeiten. In V1 sowie im Bereich der Ûbergangszone (Brustwandableitung mit gleichamplitudiger R- und S-Zacke, meist V3 oder V4) sind derartige Formånderungen physiologisch. Erst apikale Formånderungen in mehreren Ableitungen gelten, insbesondere bei einer Verlångerung der QRS-Dauer, als Ausdruck einer intraventrikulåren Leitungsstærung. So kænnen apikale Kerbungen in den inferioren Ableitungen II, III und aVF auf einen Vorhofseptumdefekt hinweisen. ] Beginn der endgçltigen Negativitåtsbewegung Der Augenblick, in dem die Vektorschleife endgçltig von einem bestimmten Ableitungspunkt wegdreht, ist an dem Umschlag der Aufwårts- in die Abwårtsbewegung des Kammerkomplexes zu erkennen. ] Synonyma 7 Oberer Umschlagspunkt (OUP), Beginn der endgçltigen Negativitåtsbewegung. 7 Gemessen wird die Zeit vom Beginn der Kammeranfangsschwankung bis zum oberen Umschlagspunkt.
OUP bei Rechtsschenkelblock
84
QRS-Niederspannung 7 Basisnahe Kerbungen des absteigenden R-Schenkels (;) werden nicht berçcksichtigt. ] Normalwerte des oberen Umschlagspunkts: 7 <0,030 s in V1/V2 (rechtspråkardial), 7 <0,055 s in V5/V6 (linkspråkardial). Eine Verspåtung des OUP gilt als Ausdruck einer Erregungsverspåtung bzw. einer ungleichmåûigen Erregungsausbreitung in den Kammern. Die Bestimmung des OUP ist zur Erkennung einer Hypertrophie und eines Schenkelblocks bedeutsam.
2.5.2 Niederspannung Bei Verminderung der elektrischen Potenziale sind die RS-Amplituden klein. Man spricht von einer Niederspannung (Niedervoltage, low voltage), wenn die QRS-Amplituden in den Extremitåtenableitungen nicht çber 0,5 mV (allenfalls in einer Ableitung 0,6 mV, die Absolutsumme der græûten QRS-Amplituden in I, II, III £ 1,5 mV) und in den Brustwandableitungen nicht çber 0,7 mV hinausgehen. ] Ursachen
Klein
] Myokardialer Potenzialverlust. Entzçndliche, toxische Myokardverånderungen, Hypothyreose, Amyloidose; schwere koronare Herzkrankheit, Kachexie. ] Perikardiale Potenzialverminderung (Kurzschluss durch Perikarderguss). P-Welle kaum betroffen, da Perikarderguss selten hinter den Vorhæfen. ] Extrakardialer Potenzialverlust 7 Vermehrte Kurzschlçsse durch Údeme, 7 erhæhter Leitungswiderstand (Emphysem, Pneumothorax, Adipositas, dickere Thoraxwand, Myxædem, Sklerodermie). ] Sagittalstellung der elektrischen Herzachse. Die Sagittalstellung der elektrischen Herzachse bewirkt, dass sich der Hauptvektor nicht oder nur wenig auf die Extremitåtenableitungen projiziert, wåhrend die Horizontalebene der Brustwandableitungen normal groûe Amplituden aufweist (Pseudoniederspannung, ¹periphereª Niedervoltage). Es handelt sich damit nicht um eine echte Niedervoltage (Sagittaltyp D S. 36). 85
QRS-Alternans
2.5.3 Der elektrische Alternans Es handelt sich um eine regelmåûige, 1 : 1 wechselnde R-Amplitude des QRS-Komplexes. Heterogene, z. T. noch nicht geklårte Ursachen. So kann es z. B. als Ermçdungsphånomen bei schwerer organischer Herzerkrankung infolge Leitungsstærungen in beiden Tawara-Schenkeln zu einer wechselnden Hæhe des Kammerkomplexes kommen.
Wechselnde Hæhe
] Vorkommen 7 Perikarderguss mit dynamischem Alternans infolge eines ¹swinging heart syndromeª, am besten in den BWA zu erkennen; meist Sinusrhythmus; Rçckgang des Alternans nach Perikardpunktion; 7 schwere Schådigung des Herzmuskels, z. B. hypertensive Herzerkrankung, dilatative Kardiomyopathie, KHK, Aortenvitien; 7 intermittierendes WPW-Syndrom; Sinusrhythmus, Delta-Welle (D Abb. S. 70); 7 orthodrome WPW-Tachykardie; die RR-Abstånde sind absolut konstant, QRS-Komplex schmal, keine Delta-Welle. Dieser Alternans ist pathognomonisch fçr die orthodrome WPW-Tachykardie (D Abschn. 4.6.1); 7 AV-junktionale Reentry-Tachykardie vom ¹Slow-fastª-Typ mit zwei langsam leitenden, antegraden Bahnen und einer schnell leitenden, retrograd genutzten Bahn; die zwei wechselnden RR-Abstånde unterscheiden sich je nach Leitungsgeschwindigkeit um 20±50 ms; sehr selten; 7 bei alternierend gegensinnigen breiten QRS-Komplexen, Frequenz > 130/min, vor allem bidirektionale Kammertachykardie (D Abschn. 4.7.4).
Dynamischer Alternans bei Perikarderguss. Die wechselnde Hæhe des QRSKomplexes ist besonders ausgeprågt in den Brustwandableitungen V2±V4
86
QRS hoch und breit
2.5.4 Kammerhypertrophie Hohe R-Amplituden in V4±V6 kænnen besonders bei Asthenikern, Jugendlichen sowie bei Sympathikotonikern beobachtet werden, ohne dass ihnen eine pathologische Bedeutung beizumessen ist. Sie kænnen andererseits bei Patienten > 35 Jahre Ausdruck einer Kammerhypertrophie sein, die daher differenzialdiagnostisch bei klinischem Verdacht abgegrenzt werden muss (Anamnese, RR-Messung, Echokardiogramm). Das elektrokardiographische Vollbild einer Kammerhypertrophie wird vor allem durch folgende Vorgånge in charakteristischer Weise geprågt:
Hoch, breit
] Ausgeprågter Seitentyp Durch die erhæhten Potenziale der hypertrophierten Muskelfasern kommt es zu einer Lageånderung des Herzens, insbesondere durch Rotation um seine Långsachse. ] Hochspannung der RS-Amplituden 7 Durch Vergræûerung der Epikardoberflåche, 7 durch Zunahme der Muskelfaserdicke, 7 durch Verringerung des Abstands der verdickten Kammerwand von der Thoraxwand. ] Verbreiterung von QRS Durch Verlångerung des Weges der Erregungswelle (græûere Wanddicke, Anpassungsdilatation, sekundåre Verånderungen des Myokards, z. B. bei Ischåmie) meist noch < 0,11 s. ] Verspåteter Beginn der græûten Negativitåtsbewegung (OUP-Verspåtung) Durch Verdickung der Muskelwand und vor allem bei eingetretener Kammerdilatation. ] Endteilverånderungen 7 Der Ablauf der Erregung wird durch die Hypertrophie einzelner Herzabschnitte geåndert. Dadurch vergræûert sich der råumliche R-T-Vektor-Winkel.
87
QRS hoch und breit 7 Mit Ûberschreiten des kritischen Herzgewichts von 500 g entsteht eine Diskrepanz zwischen Muskelmasse und Kapillarnetz. Es kommt zu einem O2-Mangel auch des Kerns der hypertrophierten Muskelzelle durch Verlångerung der Diffusionsstrecke von der Kapillare zur Zellmitte. Wenn im Stadium der muskulåren Herzinsuffizienz der enddiastolische Druck ansteigt, wird der Kapillardurchfluss herabgesetzt. 7 Im Spåtstadium durch Myokardfibrose. Die beschriebenen Verånderungen geben kaum Hinweise auf akute Belastungen und treten erst in einem spåteren Stadium gemeinsam auf. Somit beobachtet man bei Kammerhypertrophie der Reihe nach folgende Verånderungen: 7 Vergræûerungen der QRS-Amplituden, 7 ausgeprågter Lagetyp, 7 Stærungen der Erregungsrçckbildung, 7 Stærungen der Erregungsausbreitung.
2.5.4.1 Rechtsherzhypertrophie Eine Hypertrophie des rechten Ventrikels findet sich unter folgenden Bedingungen: 7 bei primårer pulmonaler Hypertonie, 7 bei chronisch rezidivierender Lungenembolie mit sekundårer pulmonaler Hypertonie, 7 bei chronisch diffuser Lungenerkrankung mit sekundårer pulmonaler Hypertonie, 7 bei Mitralstenose, Pulmonalstenose, 7 bei Eisenmenger-Syndrom, Transposition der groûen Gefåûe. Da normalerweise der nur halb so dickwandige rechte Ventrikel elektrokardiographisch ¹im Schattenª des linken Ventrikels liegt, muss er schon sehr stark hypertrophiert sein, ehe es zu einer Abweichung des Summationsvektors nach rechts vorn und unten kommt. Beim Erwachsenen sind die Zeichen der Rechtshypertrophie daher oft durch die physiologische Linkslage oder durch eine gleichzeitige hypertoniebedingte Linkshypertrophie çberdeckt. Klassische Rechtshypertrophiekurven finden sich gewæhnlich nur bei bestimmten angeborenen Vitien. Rechtshypertrophien durch erworbene Vitien, beim chronischen Cor pulmonale und schlieûlich durch sekundåre Rechtsçberlastung bei chronischer Linksçberlastung sind seltener zu erkennen.
88
QRS hoch und breit ] Hinweise fçr Rechtshypertrophie 7 7 7 7 7
Steil- bis Rechtstyp, manchmal SI-SII-SIII-Typ, Hochspannung von QRS: In V1 hohes R, kleines S, Ûbergangszone nach links verschoben, Verbreiterung von QRS in V1±2 bis 0,11 s (selten), OUP > 0,030 s, 7 im Spåtstadium ST konvexbogig gesenkt, 7 T biphasisch bis pråterminal negativ (V1±3), 7 P dextroatriale, ] Sokolow-Lyon-Index fçr Rechtsherzinsuffizienz SV5 + RV1 > 1,05 mV (wird selten erreicht!).
Hypertrophie des rechten Ventrikels bei kombiniertem Mitralvitium mit çberwiegender Stenose und pulmonaler Hypertonie
2.5.4.2 Linksherzhypertrophie Eine Hypertrophie des linken Ventrikels kommt bei folgenden Erkrankungen vor: 7 Hypertension jeder Genese, 7 Aortenklappenstenose, 7 Aortenklappeninsuffizienz, 7 Mitralklappeninsuffizienz, 7 angeborene Herzvitien, wie Ductus arteriosus apertus (Frçhstadium), 7 Aortenisthmusstenose, 7 hypertrophe (obstruktive) Kardiomyopathie. Bei Erwachsenen betrågt das Gewichtsverhåltnis der rechten zur linken Kammer 1 : 2. Es besteht hier also eine physiologische ¹Hypertrophieª der linken Kammer. Eine pathologische Hypertrophie der linken Kammer, wie sie unter den oben angefçhrten Bedingungen zustande kommt, weist daher deutlichere Verånderungen im EKG auf als die der rechten Kammer.
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Linksherzhypertrophie ] Hinweise auf Linksherzhypertrophie 7 Linkstyp, çberdrehter Linkstyp 7 Hochspannung von R in Abl. I, aVL oder aVF und V4±6: > Abl. I 1,6 mV > Abl. aVL 1,1 mV (Linkstyp) > 2,0 mV (Steiltyp) Abl. aVF > 2,6 mV Abl. V4±6 7 Verbreiterung von QRS bis 0,11 s 7 oberer Umschlagspunkt (OUP) in V5±6 > 0,05 s (selten bei Widerstandshypertrophie) 7 ST in Abl. I, aVL, aVF, V5±6 gesenkt, rechtspråkardial angehoben 7 T in Abl. I, aVL, V5±6 zunåchst flach, dann biphasisch oder negativ 7 diskordanter Kammerendteil 7 P sinistroatriale ] Sokolow-Lyon-Index fçr Linksherzhypertrophie SV1 + (RV5 oder RV6) > 3,5 mV. Sowohl der Index fçr die Linksherzhypertrophie als auch ± mit noch græûerer Einschrånkung ± der Index fçr die Rechtsherzhypertrophie haben je nach Vortestwahrscheinlichkeit eine niedrige Sensitivitåt (deutlich < 50%), aber hohe Spezifitåt (80±95%). Sie eignen sich deshalb nicht fçr Vorsorgeuntersuchungen, sind aber im Einzelfall in der Lage, Progression und Regression einer Hypertrophie zu erfassen. Bei Personen unter 35 Jahren und bei Hemi- und kompletten Schenkelblæcken sind die Indizes nicht verwertbar. ] Lewis-Index Der Lewis-Index ist ein linksventrikulårer Hypertrophieindex, der sich aus den Extremitåtenableitungen I und III errechnet. Er ist noch weniger aussagekråftig als der Sokolow-Lyon-Index. RI + SIII±RIII±SI ³ 1,7 mV Selbst bei einer hochgradigen Linksherzhypertrophie kænnen vorwiegend infolge einer Myokardfibrose und zunehmender Rechtsherzbelastung derartige Index-Werte fehlen.
90
Biventrikulåre Hypertrophie 2.5.4.3 Kombinierte rechts- und linksventrikulåre Hypertrophie (biventrikulåre Hypertrophie) ] Vorkommen 7 7 7 7 7
Kombinierte Mitral- und Aortenklappenfehler, Mitralklappenstenose und Hypertonie, chronisches Cor pulmonale und Hypertonie, Endphase von Klappenfehlern des linken Herzens, angeborene Herzfehler.
Die ¹elektrokardiographische Diagnoseª einer biventrikulåren Hypertrophie ist erschwert, da meistens entweder die Linkshypertrophie çberwiegt oder die Vektoren des rechten oder linken Ventrikels sich gegenseitig aufheben. Elektrokardiographisch verwertbare Hinweise findet man nur in < 15% der Fålle. ] Die håufigste Konstellation 7 Linkshypertrophiezeichen in den Brustwandableitungen, 7 Rechts- bis Steiltyp in den Extremitåtenableitungen. ] Seltenere Hinweise 7 Verschiebung der Ûbergangszone stark nach links, 7 Rechts- und Linkshypertrophiezeichen in den Brustwandableitungen, 7 Zeichen einer Linkshypertrophie mit diskreten Zeichen einer Rechtshypertrophie (unvollståndiger Rechtsschenkelblock, R > Q in aVR). ] Was verstehen wir unter einem pathologischen Seitentyp? Diese im deutschsprachigen Schrifttum gebråuchliche Bezeichnung soll vor allem das fortgeschrittene Stadium der Hypertrophie kennzeichnen, in dem es bereits zu einer Stærung der Erregungsrçckbildung (Diskordanz der Kammerendteile zu QRS) und der Erregungsausbreitung (maximale QRS-Dauer 0,11 s, evtl. Verspåtung des OUP) gekommen ist. Es ist jedoch sinnvoller, bei einem ausgeprågten Lagetyp mit hohen R-Amplituden von einer reinen Kammerhypertrophie und bei einer Diskordanz der Endteile (ST, T, U) sowie bei einer Verånderung der QRS-Dauer von einer Hypertrophie mit Rechts- oder Linksverspåtung bzw. Repolarisationsstærung zu sprechen. Der Begriff darf nicht mit einem pathologischen Lagetyp wie linksanteriorer oder linksposteriorer Hemiblock verwechselt werden. Eine Diskordanz der Endteile kann auch ohne Hypertrophie auftreten, z. B. bei Zustand nach Infarkt, Myokarditis, Digitalisintoxikation, metabolischen Stærungen, vegetativen Einflçssen, toxischen Schåden.
91
Widerstandshypertrophie 2.5.4.4 Widerstandshypertrophie ± Volumenhypertrophie Nach pathogenetischen Gesichtspunkten aufgeteilt, unterscheidet man zwei Typen einer Kammerhypertrophie: die Widerstands- (Druck-) und die Volumenhypertrophie. Diese beiden Formen weisen besonders bei angeborenen Vitien typische elektrokardiographische Zeichen auf. Aber auch bei erworbenen Klappenfehlern oder definierten Herzbelastungen kænnen sie im Frçhstadium erkennbar sein. Bei einfachen, angeborenen Herzklappenvitien gelingt es meistens, eine Widerstandshypertrophie von einer Volumenhypertrophie zu unterscheiden. Diese Differenzierung ist jedoch bei komplexen Vitien und besonders bei erworbenen Vitien im Spåtstadium kaum mæglich. So kann z. B. bei einer Hypertension die Widerstandsbelastung in Folge einer Dekompensation durch eine diastolische Belastung (Volumenbelastung) kompliziert werden. Zur Volumençberlastung bei einem Vorhofseptumdefekt kann eine Widerstandsbelastung durch pulmonale Hypertonie hinzutreten. Auch kænnen viele andere Faktoren, wie Koronarstenosen, metabolische Stærungen usw. das Bild einer reinen Widerstands- oder Volumenbelastung verwischen. ] Widerstandshypertrophie Es handelt sich um die håufigste Form der Kammerhypertrophie, welche durch eine erhæhte Druckarbeit wåhrend der Systole bedingt ist. ] Ursachen. Ursåchlich sind Hypertonie im groûen oder kleinen Kreislauf, Aortenstenose, Aortenisthmusstenose, Pulmonalklappenstenose. ] Druckçberlastung. Die ¹Druckçberlastungª oder ¹systolische Ûberlastungª fçhrt zu einer konzentrischen Hypertrophie. ] Elektrokardiographische Merkmale 7 Hochspannung der R-Zacke: bei Linkshypertrophie in V5/6 bei Rechtshypertrophie in V1. 7 Abweichen der elektrischen Achse zur hypertrophierten Kammer hin: bei Linkshypertrophie nach links bei Rechtshypertrophie nach rechts (Standardableitungen). 7 Abflachung und schlieûlich Diskordanz von T (proportional zur Zunahme der QRS-Flåchen): Das pråterminal negative T, das zum Vollbild der Widerstandshypertrophie gehært, wird im Allgemeinen als Ausdruck einer Myokardschådigung gedeutet. Oft låsst es sich jedoch, z. B. bei Hypertonikern oder bei Patienten mit Aortenstenose, jahrelang ohne Anhalt fçr eine linksventrikulåre Dysfunktion nachweisen. 7 Senkung der ST-Strecke. 92
Volumenhypertrophie
Widerstandshypertrophie des linken Ventrikels: 50-jåhriger Mann mit arterieller Hypertonie. Sokolow-Lyon-Index fçr Linksherzhypertrophie: 4,5 mV
] Volumenhypertrophie Hierunter versteht man eine måûige Hypertrophie und gleichzeitige Dilatation einer Kammer durch eine erhæhte Volumen- oder diastolische Belastung. ] Ursachen. Ursåchlich sind Pendelblut (Klappeninsuffizienz), arteriovenæser Shunt (Septumdefekt, Ductus arteriosus). ] Elektrokardiographische Merkmale 7 Hochspannung von RS, 7 intraventrikulåre Leitungsstærungen (QRS 0,10±0,11 s): besonders Verspåtung der Negativitåtsbewegung infolge der Anpassungsdilatation. 7 Hochspannung von T (Volumenhypertrophie = ¹voluminæsesª T): T bleibt zunåchst positiv im Gegensatz zur Widerstandshypertrophie. 7 Håufig betonte Q-Zacken (wahrscheinlich durch Hypertrophie des Septums und der septumnahen Papillarmuskeln).
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QRS verbreitert, deformiert
2.5.5 Intraventrikulåre Leitungsstærungen 2.5.5.1 Allgemeine Vorbemerkungen Intraventrikulåre Leitungsstærungen kænnen in folgender Form auftreten: 7 Verzægerte Erregungsleitung: Die Erregung passiert die geschådigte Stelle des Reizleitungssystems verzægert. 7 Vollståndige Unterbrechung der Erregung: Die Erregung kann die geschådigte Stelle des Reizleitungssystems nicht passieren.
Unterbrechung im rechten Tawara-Schenkel, Verzægerung im Purkinje-Fasernetz des linken Tawara-Schenkels
Aus dem EKG låsst sich nicht erkennen, ob es sich um eine verzægerte oder komplett unterbrochene Reizleitung handelt. Schådigungen des ventrikulåren Reizleitungssystems werden verursacht durch: 7 akuten Myokardinfarkt, KHK, herzchirurgische Eingriffe, 7 Entzçndungen, Myokarditis, Perikarditis, 7 Druckbelastung, hypertensive Herzerkrankung, Lungenembolie, Aorten-, Mitralvitien, 7 Kardiomyopathien, Elektrolytentgleisungen, Intoxikationen, 7 degenerative Prozesse des Reizleitungssystems: 1% mit 50 Jahren, 17% bei Alter çber 80 Jahre.
Wird eine ganze Kammer wegen einer Leitungsstærung transmyokardial von der Gegenseite erregt, betrågt die QRS-Breite ³ 0,12 s. Man spricht von einem kompletten Schenkelblock: 7 Kompletter Rechtsschenkelblock (RSB): Der rechte Tawara-Schenkel ist gestært, die rechte Kammer wird komplett çber den linken Tawara-Schenkel erregt. 7 Kompletter Linksschenkelblock (LSB): Der linke Tawara-Schenkel ist gestært, die linke Kammer wird komplett çber den rechten Tawara-Schenkel erregt. Wird bei geringer Leitungsverzægerung die Gegenseite nur teilweise transmuskulår erregt, betrågt die QRS-Breite 0,10±0,11 s und man spricht von einem inkompletten Rechts- bzw. Linksschenkelblock. Da sich der linke Tawara-Schenkel in seinem Anfangsteil in einen anterioren und posterioren Faszikel aufteilt, fasst man die ventrikulåre Erregungsleitung als ein trifaszikulåres System auf und unterteilt dementsprechend:
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QRS verbreitert, deformiert 7 linksanteriorer Hemiblock (Faszikelblock): Leitungsstærung im anterioren Faszikel, 7 linksposteriorer Hemiblock (Faszikelblock): Leitungsstærung im posterioren Faszikel, 7 bifaszikulårer Block: Kombination des Rechtsschenkelblocks mit einem der beiden Hemiblæcke (Faszikelblæcke) oder kompletter Linksschenkelblock, 7 trifaszikulårer Block: bifaszikulårer Block mit zusåtzlicher Stærung in der 3. Leitungsbahn, 7 bilateraler Block: wechselseitiger Block im rechten und linken Tawara-Schenkel. Nach WHO-Empfehlungen sollte man besser vom linksanterioren/linksposterioren Faszikelblock statt Hemiblock sprechen. Da aber in der deutschsprachigen Literatur der Begriff Hemiblock durchweg anstelle des Begriffs Faszikelblock benutzt wird, haben wir uns dieser Bezeichnung angeschlossen. Nach ihrem zeitlichen Verlauf lassen sich unterteilen: 7 permanente (irreversible) Leitungsstærungen: gewæhnlich Folge eines Myokardinfarkts, von langjåhrigem Hypertonus, bei Kardiomyopathien, Aortenvitien, entzçndlichen oder toxischen Myokarderkrankungen; 7 vorçbergehende (reversible) Leitungsstærungen: z. B. nach Lungenembolie, Myokarditis, z. B. Borreliose; 7 Frequenzabhångige Schenkelblæcke: ± tachykardiebedingter Schenkelblock (Phase-IIIBlock): håufig z. B. als frequenzabhångiger Linksschenkelblock, bei aberranter Ûberleitung supraventrikulårer Tachykardien; ± bradykardiebedingter Schenkelblock (PhaseIV-Block): sehr selten; Schådigung des Schenkels bei gleichzeitiger Stærung der Automatie.
linksanteriorer Hemiblock
linksposteriorer Hemiblock
bifaszikulårer Block Rechtsschenkelblock mit linksanteriorem Hemiblock
trifaszikulårer Block
bilateraler Block
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Linksschenkelblock ] EKG-Kriterien des kompletten Schenkelblocks 7 Verlångerung der QRS-Dauer auf ³ 0,12 s durch Umleitung der Erregung. Der QRS-Komplex kann bis auf 0,20 s verbreitert sein. Ein unvollståndiger (inkompletter, partieller) Schenkelblock unterscheidet sich vom kompletten Schenkelblock durch seine QRS-Dauer von 0,10±0,11 s. 7 Abnorme Konfiguration des Kammerkomplexes, z. B. rSR' bei RSB, rS bei LSB; 7 Verspåtung des OUP: bei Rechtsschenkelblock in V1/2 > 0,030 s, bei Linksschenkelblock in V5/6 > 0,055 s. 7 Diskordanz von ST-T, da sekundår auch die Erregungsrçckbildung pathologisch verlåuft. Bei ventrikulåren Extrasystolen oder Kammerersatzrhythmus kommt die QRS-Verbreiterung und -Deformierung nicht durch die Blockierung des rechten oder linken Schenkels, sondern durch die Entstehung des Impulses aus einem tiefer gelegenen Zentrum zustande. Deshalb fehlt fast immer das Bild der ¹faszikulåren Blockierungª. Bei retrograder VA-Blockierung fehlt die Vorhoferregung.
2.5.5.2 Unspezifischer intraventrikulårer Block Geringe Deformierungen von QRS (Knotung oder Kerbung, D S. 107) mit normaler QRS-Dauer (bis 0,10 s) sind meist ohne pathologische Bedeutung. Eine genaue Zuordnung zu einer Kammer ist oft nicht mæglich. Man kann diese EKG-Phånomene beschreiben, sollte sie aber nicht mit Begriffen wie ¹ventrikulåre Leitungsstærungenª als pathologisch werten. In seltenen Fållen kænnen Kerbungen der R-Zacke in den inferioren Ableitungen III, aVF auf das Vorliegen eines ASD hinweisen.
2.5.5.3 Hemiblæcke (Faszikelblæcke) des linken Tawara-Schenkels Leitungsstærung nur im linken vorderen Faszikel (linksanteriorer Hemiblock [LAH]) oder im linken hinteren Faszikel (linksposteriorer Hemiblock [LPH]). Aufgrund der anatomischen Verhåltnisse und der Blutversorgung ist der linksanteriore Faszikel gefåhrdeter als der linksposteriore Faszikel. QRS ist nicht verbreitert, da die Leitungsumwege kçrzer als bei komplettem LSB sind und sich die terminale Erregung çber die schnell leitenden Purkinje-Fasern fortsetzt.
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Hemiblæcke (Faszikelblæcke) ] Linksanteriorer Hemiblock (LAH) (D Abb. S. 107) Håufig. Verzægerung/Unterbrechung und retrograde Erregung des vorderen oberen Faszikels des linken Tawara-Schenkels. Summationsvektor des Kammerkomplexes daher nach oben links gerichtet. Håufigste intraventrikulåre Erregungsausbreitungsstærung! KHK, Kardiomyopathie, Septum-primum-Defekt. ] Merkmale 7 Ûberdrehter Linkstyp, Hauptvektor < ±308, 7 QRS £ 0,11 s, 7 kleines Q, hohes R in I, aVL; tiefes S bis V6, 7 OUP in V5/6 ³ 0,015 s frçher als in aVL, 7 keine Q-Zacken in III, aVF (sonst DD: Hinterwandinfarkt!), sondern kleine R-Zacken in III, aVF, 7 T-Welle fast immer konkordant, selten negatives T in I/aVL, 7 gelegentlich ¹pathologischesª Q in Abl. V1±3 (Erklårung D S. 79). Kombination mit Rechtsschenkelblock håufigste Form des bifaszikulåren Blocks (gemeinsame Blutversorgung durch den R. interventricularis anterior). Zur Diagnose eines linksanterioren Hemiblocks mçssen andere Ursachen eines çberdrehten Linkstyps ausgeschlossen werden: 7 håufig: Hinterwandinfarkt (Q-Zacke in III, aVF; fehlendes S in V6), 7 selten: chronisches Cor pulmonale, WPW-Syndrom, Sagittaltyp, Thoraxdeformitåt. ] Linksposteriorer Hemiblock (LPH) (D Abb. S. 108) Sehr selten. Durch Verzægerung/Unterbrechung der Erregungsleitung im linksposterioren Faszikel zunåchst Depolarisation im vorderen Septumanteil und in den anterolateralen Bezirken der freien Wand des linken Ventrikels. Drehung des Hauptvektors in der Frontalebene nach rechts. KHK, Kardiomyopathien etc. ] Merkmale 7 Rechts-, çberdrehter Rechtstyp (meist > +1208), 7 QRS £ 0,11 s, 7 rS-Konfiguration in Abl. I und aVL, 7 qR-Konfiguration in Abl. II, III und aVF, 7 OUP in aVF > 0,045 s.
97
Linksschenkelblock Fçr die Diagnose eines linksposterioren Hemiblocks ist der Ausschluss einer Rechtsherzbelastung sowie eines physiologischen Rechtstyps (Jugendliche!) erforderlich. Eventuell Verlaufsdiagnose beim plætzlichen Auftreten eines linksposterioren Hemiblocks. Kombination mit einem Rechtsschenkelblock gilt als seltene Form des bifaszikulåren Blocks; findet man zusåtzlich AV-Ûberleitungsstærungen, droht ein trifaszikulårer Block. Prognose nicht eindeutig geklårt, sicher nicht schlechter als beim kompletten Linksschenkelblock.
2.5.5.4 Linksschenkelblock (LSB) H Infolge der Leitungsverzægerung oder -blockierung (im pråfaszikulåren Anteil oder in den beiden Faszikeln) des linken Schenkels wird das Septum vom rechten Schenkel aus erregt (Erregung von rechts vorne nach links hinten). Registriert wird eine positive Anfangsschwankung in Ableitung I, aVL und R5±6. Durch Entfernung der Erregung von V1 kann ein Q in dieser Ableitung auftreten. Anschlieûend normale Erregung der rechten - Kammer. Durch Entfernung der Erregung von Ableitung I, aVL, V5±6 entsteht eine geringe Kerbung der R-Zacke.
]
Der Erregungsimpuls wendet sich jetzt durch das Septum hindurch zur linken Kammer hin, sichtbar an einer 2. Zacke çber der linken Kammer. Durch Entfernung der Erregung von den rechtspråkardialen Ableitungen entsteht in den Ableitungen V1 und V2 ein tiefes, breites S oder QS. ] Kompletter Linksschenkelblock (D Abb. S. 109) ] Extremitåtenableitungen 7 Meistens Linkstyp; çberdrehter Linkstyp bei zusåtzlicher Stærung der intraseptalen Erregungsausbreitung oder bei noch teilweise erhaltenem linksposteriorem Faszikel mæglich; 7 Fehlendes S in Abl. I, fehlendes R in Abl. III bei Linkstyp; 7 QRS ist ³ 0,12 s verbreitert und deformiert (M-Form). ST-T meist diskordant. ] Brustwandableitungen 7 OUP in V5/6 verspåter (> 0,055 s), 7 R rechtspråkardial klein, S tief und verbreitert: QRS-Komplex V-færmig in Abl. V1 ; 98
Rechtsschenkelblock 7 Q fehlt linkspråkardial (Septumerregung von rechts nach links); Ausnahme: Vorderwandinfarkt; 7 ST-T diskordant (selten in Abl. I und V6 konkordant). ] Ursachen. Zahlreiche schwere Herzerkrankungen, insbesondere koronare Herzerkrankung, dilatative Kardiomyopathie sowie Faktoren, welche eine Hypertrophie und Dilatation des linken Ventrikels hervorrufen. Selten: Kompression durch altersbedingte Fibrosierung des Aortenrings und des membranæsen Teils des Septums oder Kalzifizierung bei Aortenstenose. Die Prognose ist ± entsprechend der Grunderkrankung ± meist ungçnstig. Eventuell erstes Zeichen einer dilatativen Kardiomyopathie. ] Inkompletter (unvollståndiger) Linksschenkelblock (D Abb. S. 109) 7 Nur geringgradige Stærungen der linken bifaszikulåren Leitungswege infolge Hypertrophie, myokarditischer oder ischåmischer Schådigung, 7 QRS £ 0,11 s, 7 R linkspråkardial hoch, wenig plump, jedoch mit Verspåtung des OUP, 7 ST meist konkordant. ] Prognose. Meist Folge einer Druckbelastung des linken Ventrikels, Linksherzhypertrophie. Gçnstigere Prognose als kompletter Linksschenkelblock, besonders bei rechtzeitiger Therapie.
2.5.5.5 Rechtsschenkelblock (RSB) H
Es besteht eine Leitungsverzægerung oder Blockierung des rechten Schenkels. Daher verlåuft die Erregungswelle zunåchst nur durch den linken Schenkel. Es kommt infolge der normalen Erregung des Kammerseptums von links nach rechts zu einer kleinen positiven Anfangszacke in V1 (r) und in V6 zu einer negativen Anfangszacke (q). - Die linke Kammer wird normal erregt, so dass in V5/6 eine hohe schlanke R-Zacke und in V1 eine allerdings wesentlich kleinere S-Zacke entstehen. Erst jetzt folgt die abnorme Erregung: Der Erregungsimpuls verlåuft durch das Septum hindurch von links nach rechts und erregt sekundår, also verspåtet, die rechte Kammer (R' in V1). Die sich von V5/6 entfernende Erregung zieht hier eine breite, plumpe S-Zacke nach sich.
]
99
Rechtsschenkelblock ] Kompletter Rechtsschenkelblock (D Abb. S. 110) (frçher: ¹Wilsonª-Block) ] Merkmale linksventrikulår 7 R schlank (I, aVL, V5, V6), 7 anschlieûend breites, håufig plumpes und tiefes S, 7 QRS-Breite ³ 0,12 s, 7 ST håufig gering angehoben, 7 T positiv, konkordant, 7 bei KHK, Infarkt, Linkshypertrophie zusåtzliche Endteilverånderungen. ] Merkmale rechtsventrikulår (Ableitungen V1/V2) 7 OUP > 0,030 s, 7 QR-Zeit ³ 0,08 s, 7 QRS M-færmig deformiert (rsR', RsR', rR'), 7 ST-T negativ. Kombination mit allen Lagetypen mæglich; bei Autreten eines Rechtsschenkelblocks mit çberdrehtem Linkstyp liegt wahrscheinlich ein bifaszikulårer Block vom linksanterioren Typ, bei Auftreten eines Rechtschenkelblocks mit Rechtstyp oder sogar çberdrehtem Rechtstyp ein bifaszikulårer Block vom linksposterioren Typ vor (D Abschn. 2.5.5.6). ] Ursachen. KHK, Rechtsherzbelastung, z. B. akute Lungenembolie, chronisches Cor pulmonale, Kardiomyopathien, Mitralvitien; aber auch ohne fassbare organische Herzerkrankung auftretend, dann meist angeboren. ] Prognose. Håufigste Form eines kompletten Schenkelblocks; Prognose deutlich gçnstiger als bei Linksschenkelblock; selten Ûbergang in AV-Block III. ] Der inkomplette (unvollståndige, partielle) Rechtsschenkelblock (D Abb. S. 111) Der inkomplette Rechtsschenkelblock unterscheidet sich vom kompletten Rechtsschenkelblock durch seine geringere Verbreiterung des QRS-Komplexes. QRS geht daher nicht çber 0,11 s hinaus. ] Merkmale 7 rSr' oder RSr' in V1±2 mit Verspåtung des OUP (çber 0,030 s), 7 ST verhålt sich unauffållig. Folgende Verånderungen sind nicht obligat: 7 S in Abl. I, aVL, V5/6 relativ breit 7 r' in Abl. aVR. 100
Bifaszikulårer Block ] Vorkommen. Bei Kindern und Jugendlichen, bei Sportlern sowie bei Vagotonikern ohne pathologische Bedeutung (sog. physiologische Rechtsverspåtung). Dann gçnstige Prognose. Der inkomplette RSB kann aber auch wichtiger Hinweis auf Volumen- oder Druckbelastung der rechten Kammer sein.
2.5.5.6 Bifaszikulårer Block Hierbei handelt es sich um eine Leitungsstærung oder -blockierung des rechten Schenkels mit einem der beiden Faszikel des linken Schenkels. Diese Bezeichnung ist nicht korrekt, hat sich aber im deutschen Sprachgebrauch eingebçrgert und findet deshalb hier Verwendung. ] Rechtsschenkelblock mit linksanteriorem Hemiblock In den Brustwandableitungen Bild des Rechtsschenkelblocks, in den Extremitåten als Lagetyp çberdrehter Linkstyp (D Abb. S. 112/113). ] Merkmale 7 QR in I, aVL, 7 RS in II, III, aVF, 7 persistierendes S in V5/6, 7 Rechtsschenkelblockbild (¹M-Form des QRSª) in V1. ] Ursache. KHK, Kardiomyopathie, ASD I, rechtsventrikulåre Druck- und Volumenbelastung. ] Prognose. Sie ist gçnstiger als RSB und LPH, abhångig von der Grunderkrankung; bei normalem HV-Intervall sehr selten Ûbergang in AV-Block III. ] Rechtsschenkelblock mit linksposteriorem Hemiblock In den Brustwandableitungen Bild des Rechtsschenkelblocks, in den Extremitåtenableitungen als Lagetyp (çberdrehter) Rechtstyp. Das Bild des Rechtsschenkelblocks bei dieser Form des bifaszikulåren Blocks wurde frçher oft ¹klassischer Rechtsschenkelblockª genannt (D Abb. S. 112/113). Wie beim linksposterioren Hemiblock muss vor der Diagnose eine rechtsventrikulåre Hypertrophie ausgeschlossen werden.
101
Trifaszikulårer Block ] Merkmale 7 S-Typ oder rS-Typ in I und aVL, 7 QR in II, III, aVF, 7 hohes, breites R in III, aVF, V1, 7 ST-T diskordant in V1±3, 7 ¹Spiegelbildª des Linksschenkelblocks in V1. ] Ursache. Schwere organische Herzerkrankung, KHK, Kardiomyopathien, Vitien. ] Prognose. Da der linksposteriore Hemiblock an sich schon selten auftritt, ist diese Form des bifaszikulåren Blocks noch seltener! Nur noch der linksanteriore Faszikel als verwundbarster aller drei Faszikel ist intakt! Die Prognose ist ernst. Falls man sich nicht zu einer prophylaktischen Schrittmacherimplantation entschlieût, ist eine elektrophysiologische Untersuchung angebracht. Bei noch normaler HV-Zeit kann man mit einem vertretbaren Risiko auf eine Schrittmacherimplantation verzichten. ] Linksanteriorer Hemiblock und linksposteriorer Hemiblock (bifaszikulårer Linksschenkelblock) Das EKG ist nicht vom EKG eines kompletten Linksschenkelblocks zu unterscheiden, bei dem unmittelbar nach der Bifurkation, also vor der Aufteilung die Erregungsleitung des linken Tawara-Schenkels gestært ist. Verdacht beim Ûbergang eines linksanterioren oder linksposterioren Hemiblocks in einem kompletten Linksschenkelblock. Die Prognose ist wie bei komplettem Linksschenkelblock.
2.5.5.7 Trifaszikulårer Block (D Abb. S. 114) Es liegt eine Verzægerung oder Unterbrechung der Erregungsleitung in allen drei Faszikeln des ventrikulåren Reizleitungssystems vor. Im EKG zeigt sich meist ein bifaszikulårer Block mit AV-Block I/II. Der Faszikel mit der geringsten Leitungsstærung bestimmt die Art des AVBlocks, wåhrend die stårker ausgeprågten Stærungen der beiden anderen Faszikel die Form des QRS-Komplexes und den Lagetyp hervorrufen. Die supraventrikulåre Erregung wird verzægert auf die Kammern çbergeleitet. Alternativ kann bei bifaszikulårem Block mit AV-Block I/II eine Leitungsstærung auf Vorhof- oder AV-KnotenEbene mit intaktem drittem Faszikel bestehen. Bei Leitungsstærung auf Vorhofoder AV-Knoten-Ebene fçhrt ein adrenerges oder vagolytisches Manæver (z. B. Belastung, Atropin) zu einer Verbesserung des AV-Blocks, bei Lokalisation der Stærung im dritten, noch leitungsfåhigen Faszikel zu einer Verschlechterung der Ûberleitung. In Zweifelsfållen (z. B. Indikation zur Schrittmacherimplantation) wird man sich frçh zur elektrophysiologischen Untersuchung entscheiden, insbesondere 102
Bilateraler Schenkelblock da eine beginnende Schådigung des dritten Faszikels auch mæglich ist, ohne dass das PQ-Intervall verlångert ist. Nur die verlångerte HV-Zeit kann dann die Schådigung des dritten Faszikels beweisen, die im Oberflåchen-EKG nicht zu erkennen ist. Bei Unterbrechung des rechten Schenkels und der beiden linken Faszikel liegt ein AV-Block III vor. Wegen der distalen Schådigung des His-Purkinje-Systems ist in diesem Fall der Kammerersatzrhythmus besonders unzuverlåssig, die Gefahr einer Asystolie hoch (D Abschn. 4.3.3).
2.5.5.8 Bilateraler Schenkelblock Es handelt sich um eine sehr seltene simultane Leitungsstærung in beiden TawaraSchenkeln. Immer besteht eine schwere organische Herzerkrankung. ] Inkompletter bilateraler Block Er entsteht durch Leitungsverzægerung in beiden Tawara-Schenkeln. ] Merkmale 7 QRS-Breite meist deutlich > 0,12 s, 7 evtl. Linksschenkelblockbild in den Extremitåtenableitungen, Rechtsschenkelblockbild in den Brustwandableitungen, 7 bei Alternieren von Rechts- und Linksschenkelblock ernste Prognose, Schrittmacherindikation.
] Kompletter bilateraler Block Totaler AV-Block infolge proximaler Blockierung des linken Faszikels mit Kammerersatzrhythmus < 35/min oder Asystolie; vom kompletten trifaszikulåren Block nicht zu unterscheiden. Der Begriff ¹bilateraler Blockª sollte zugunsten der exakten Beschreibung der Blockierung aufgegeben werden.
103
Intermittierender Schenkelblock 2.5.5.9 Arborisationsblock Dieser von der WHO abgelehnte, obsolete Begriff beschreibt folgendes Bild: 7 erhebliche Splitterung des QRS-Komplexes in den Extremitåtenableitungen, 7 QRS-Breite > 0,16 s, 7 Niederspannung mit QRS < 0,5 mV, 7 Lagezuordnung oder Schenkelblockangabe ist aus den Extremitåtenableitungen håufig nicht mæglich, 7 aus den BWA Schenkelblockangabe meist mæglich. ] Ursache. Es handelt sich um vorwiegend periphere Leitungsunterbrechungen im Purkinje-System bei schwerer Myokardschådigung. Die Prognose ist ernst. Der Ausdruck ist entbehrlich. Stattdessen sollte die QRS-Breite und der Schenkelblock beschrieben werden (D Abb. S. 115).
2.5.5.10 Intermittierender Schenkelblock Sowohl unter Belastung als auch in Ruhe kann ein frequenzabhångiger Schenkelblock (Phase-III-Block) auftreten. Zugrunde liegt eine pathologisch verlångerte Refraktårzeit des betroffenen Schenkels. Die Pråvalenz des intermittierenden Linksschenkelblocks ist mit 0,4% eines Klinik- und Ambulanzkollektivs eher gering. Der intermittierende Linksschenkelblock ist håufiger als der intermittierende Rechtsschenkelblock. Man beachte, dass nach Ûbergang des Schenkelblocks in den normalen QRS-Komplex ein gleichschenklig negatives T in den Brustwandableitungen als Ausdruck eines ¹memory of the heartª auftreten kann, ohne dass dies als Zeichen einer KHK oder Perikarditis gewertet werden darf (D Abschn. 2.8.5, D Abb. S. 110). In vielen Fållen, so bei nahezu allen Patienten mit intermittierendem Linksschenkelblock, liegt eine beginnende oder manifeste organische Herzerkrankung vor: 7 KHK, 7 hypertensive Herzerkrankung, 7 dilatative Kardiomyopathie etc. Der intermittierende Linksschenkelblock, weniger der intermittierende Rechtsschenkelblock, geht in der Folgezeit meist in einen kompletten Schenkelblock çber. Regelmåûige kardiologische Kontrolluntersuchungen sind deshalb erforderlich.
104
] Bifaszikulårer Block, RSB + LAH
] Inkompletter Rechtsschenkelblock ] Kompletter Rechtsschenkelblock (RSB)
] Kompletter Linksschenkelblock (LSB) + 308 bis ± 908
³ 120 ms
³ 120 ms
< ±308
Alle
100±110 ms Alle
³ 120 ms
+ 908 bis + 1508 100±110 ms + 608 bis ± 308
< ±308
< 120 ms
< 120 ms
Alle
90±100 ms
] Unspezifischer intraventrikulårer Block ] Linksanteriorer Hemiblock (LAH) ] Linksposteriorer Hemiblock (LPH) ] Inkompletter Linksschenkelblock
Lagetyp
QRS-Dauer
Bezeichnung
EKG-Kriterien
çLT; qR in I, aVL; S in V5/V6 çRT; rS in I, aVL; qR in II/III R hoch in I, aVL; kein q in I, aVL, V5/V6; OUP in V5, V6 > 55 ms V1: rS-Form; kein q in I, aVL, V5, V6; OUP in V5, V6 > 55 ms V1: rSr'/RSr' in V1; OUP in V1 > 35 ms
Geringe Verzægerung des rechten Schenkels Rechter Schenkel In V1: rSr'/RSr'Form; OUP > 35 ms; plumpes S in I, aVL, V5, V6 çLT; rS in II, III; Linksanteriorer rSr'/RSr' in V1 Faszikel und rechter Schenkel
Linker Schenkel
Linksanteriorer Faszikel Linksposteriorer Faszikel Geringe Verzægerung des linken Schenkels
Keine Lokalisation Knotungen, mæglich Kerbungen
Leitungsstærung
Tabelle 2.2. Formen intraventrikulårer Leitungsstærungen auf einen Blick
KHK, Vitien, KMP, Hochdruck, ASD 1
Herzgesunde, Sportler, dilatierter RV, ASD KHK, KMP, Vitien, evtl. angeboren
KHK, KMP, Vitien, Hochdruck
Herzgesunde, Vagotonie, Trichterbrust KHK, KMP, ASD 1, nicht physiologisch KHK, KMP, Vitien, nicht physiologisch Druckbelastung, Linkshypertrophie
Erkrankung
Håufig
Håufig Gçnstig, selten Ûbergang in AV-Block III Weniger gçnstig; abhångig von der Grunderkrankung
Håufig
Seltener als RSB
Seltener als inkompletter RSB
Håufigste Blockform Sehr selten
Håufig
Vorkommen
Gçnstig, evtl. physiologisch
Umstritten; ungçnstiger als LAH Unter adåquater Therapie gçnstiger als LSB; unphysiologisch Ungçnstig, immer pathologisch
Gçnstig
Fast immer gut; nicht pathologisch
Prognose
Schenkelblock
105
106
a
³ 120 ms
³ 120 ms
³ 120 ms
] Bifaszikulårer Block, RSB + LPH
] Trifaszikulårer Block
] Bilateraler Block
< ±308 oder > +908 Alle
> + 908
Lagetyp
Linker/rechter Schenkel + evtl. Vorhof/AV-Knoten Wechsel rechter und linker Schenkel
Linksposteriorer Faszikel und rechter Schenkel
Leitungsstærung
Schwere Herzerkrankung
KHK, Vitien, KMP, Hochdruck etc.
KHK, Vitien, KMP, Hochdruck
RS in I, qR in II, III, rsR' in V1 RSB + (LAH oder LPH)/LSB + PQ-Zeit > 200 ms Wechsel RSB/LSB
Erkrankung
EKG-Kriterien
Prognose abhångig vom Ort der AV-Leitungsverzægerung: Vorhof, AV-Knoten gut; His-Purkinje-System schlecht
QRS-Dauer
Bezeichnung
Tabelle 2.2 (Fortsetzung)
Umstritten; EPU des linksanterioren Faszikels oder SM-Implantation Abhångig vom Ort der AV-Leitungsverzægerung a Ernst; EPU oder SM-Implantation
Prognose
Sehr selten
Selten
Øuûerst selten
Vorkommen
Schenkelblock
Schenkelblock
Unspezifischer intraventrikulårer Block: Kerbungen und Knotungen in Abl. III, aVF, V3 und V4 ohne Krankheitswert
Linksanteriorer Hemiblock: çberdrehter Linkstyp, in den BWA persistierende S-Zacken bis V6
107
Schenkelblock
Alter Inferolateralinfarkt, der fålschlich fçr einen linksanterioren Hemiblock gehalten wurde. Fçr einen LAH fehlen kleine R-Zacken in Abl. II, III und persistierende S-Zacken bis Abl. V6. Fçr einen abgelaufenen Inferolateralinfarkt sprechen die Q-Zacken in Abl. II, III, aVF, V6 sowie die gleichschenklig negativen T-Wellen in Abl. V5/V6
Linksposteriorer Hemiblock: 65jåhrige Patientin ohne Rechtsherzbelastung. Gleichschenklig negative T in V6
108
Schenkelblock
Kompletter Linksschenkelblock: 71-jåhrige Patientin mit Zustand nach Vorderwandinfarkt; 50 mm/s Registrierung
Kompletter Linksschenkelblock: Sinusrhythmus, çberdrehter Linkstyp; 31-jåhriger Patient mit schwerer dilatativer Kardiomyopathie. 50 mm/s Registrierung
Inkompletter Linksschenkelblock: QRS = 0,11 s, Diskordanz der Endteile in V5/6 bei kombiniertem Aortenvitium. 50 mm/s Registrierung
109
Schenkelblock
Frequenzabhångiger Linksschenkelblock. Die Herzfrequenz betrågt 71/min, sie geht nach Belastung kontinuierlich zurçck. Die Refraktårzeit des linken Schenkels ist pathologisch und liegt bei 840 ms. Als Ausdruck des ¹memory of the heartª finden sich in V2±3 eine angedeutete gleichschenklig negative T-Welle
Rechtsschenkelblock. Plumpes S in I, II; typische M-Form des QRS-Komplex in V1. 35-jåhriger Patient ohne fassbare organische Herzerkrankung
110
Rechtsschenkelblock mit Steiltyp: Deutliche S-Zacken in I, II, aVF; typische M-Form des QRS-Komplexes in V1 mit entsprechenden Repolarisationsstærungen
Inkompletter Rechtsschenkelblock
Inkompletter Rechtsschenkelblock: P dextroatriale bei einem 65-jåhrigen Patienten mit einer chronischen Cor pulmonale nach ausgedehnter Thorakoplastik, QRS-Breite 0,11 s
Inkompletter Rechtsschenkelblock
111
Bifaszikulårer Block
Bifaszikulårer Block vom linksanterioren Typ: linksanteriorer Hemiblock bei çberdrehtem Linkstyp in Kombination mit Rechtsschenkelblock. Sinustachykardie, f = 100/min; gleichschenklig negatives T in V3±V6 mit QT-Verlångerung. 50 mm/s Registrierung
Bifaszikulårer Block vom linksposterioren Typ: Rechtsschenkelblock mit linksposteriorem Hemiblock. Rechtstyp; Ausschluss Rechtsherzhypertrophie. 50 mm/s Registrierung
112
Bifaszikulårer Block
Linksanteriorer Hemiblock und Rechtsschenkelblock. Zusåtzlich AV-Block I (PQ-Zeit 0,30 s). Q in V1/2: anteroseptale Narbe. Zur Abklårung der Schrittmacherindikation Bestimmung der Leitungszeiten erforderlich
Rechtsschenkelblock, linksposteriorer Hemiblock. AV-Block I mit PQ = 260 ms
113
Trifaszikulårer Block
Trifaszikulårer Block: Linksanteriorer Hemiblock und Rechtsschenkelblock. Zusåtzlicher AV-Block I (PQ-Zeit 0,22 s). His-Bçndel-Elektrogramm: HVZeit pathologisch auf 100 ms verlångert. Schrittmacherindikation
114
S-Zacke
Arborisationsblock: QRS-Breite > 0,20 s; Lagetyp aus den Extremitåtenableitungen nicht zu bestimmen. Linksschenkelblock in den BWA. 50 mm/s Registrierung
2.6 S-Zacke 2.6.1 Allgemeine Vorbemerkungen Die S-Zacke kennzeichnet gewæhnlich das Ende der ventrikulåren Erregungsausbreitung. An die Erregung der apikalen Abschnitte schlieût sich die Erregung der basalen Abschnitte an, wobei die basalen Abschnitte des rechten Ventrikels zuletzt erregt werden. Diese nach rechts oben gerichtete Erregungsfront fçhrt je nach Lagetyp in den Extremitåtenableitungen zu unterschiedlichen Ausprågungen der S-Zacke. Die S-Zacke ist nicht obligat. ] Extremitåtenableitungen 7 Rechts-, Steiltyp: S-Zacke in Abl. I, weniger ausgeprågt in II, evtl. aVL, 7 Mittel-, Linkstyp: S-Zacke in Abl. I, II, III und aVL (Linkstyp!).
Normal
Somit hat die S-Zacke in Abl. I bei einem normalen Kammerkomplex und bei Normal-, Rechts- bzw. Steiltyp keine besondere Bedeutung. Ist S in Abl. I tief und/oder breit (weniger in Abl. II und III), so kann ein inkompletter Rechtsschenkelblock vorliegen (D S. 100). ] Brustwandableitungen. In Abl. V1±V2 tief bis 2,5 mV, besonders in V2; in V3/V4 gleich oder kleiner als R, in V5±V6 deutlich kleiner als 115
SI-QIII-Syndrom R oder fehlend. Breite: rechtspråkordial < 80 ms, linkspråkordial < 40 ms. Kleine S-Zacken in V5±6 sind beim Steil- bzw. Rechtstyp normal. Tiefe S-Zacken in den linksthorakalen Ableitungen werden auf folgende Verånderungen zurçckgefçhrt: 7 Potenzialzuwachs rechtsdorsal durch Hypertrophie des rechten Ventrikels, 7 Verlagerung des Herzens bei Zwerchfellhochstand, Situs inversus, ausgeprågter Trichterbrust, hochgradiger Kyphoskoliose, nach Pneumektomie, 7 Richtungsånderung des QRS-Vektors bei komplettem und inkomplettem Linksschenkelblock, LAH, bei Rechtsschenkelblock gleichzeitig Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit im terminalen Bereich der QRS-Vektoren, 7 Potenzialausfall im Bereich des linken Ventrikels, z. B. bei anterolateralem Infarkt, 7 bei klinisch Kreislaufgesunden mit tiefen, linkspråkardialen S-Zacken finden sich elektrokardiographisch immer Anhaltspunkte fçr intraventrikulåre Leitungsstærungen.
2.6.2 SI-QIII-Syndrom Eine tiefe S-Zacke in Ableitung I und ein gleichzeitiges deutliches QIII sind beim Rechts- bzw. Steil- und Mitteltyp und gelegentlich beim Linkstyp physiologisch. Nur das plætzliche, flçchtige Auftreten gilt als pathologisch: Verdacht auf akutes Cor pulmonale, z. B. im Rahmen einer akuten Lungenembolie (in etwa 15% der Fålle wird ein SI-QIII-Typ gefunden). Weitere Hinweise auf ein akutes Cor pulmonale (D Abschn. 3.7.1): 7 Sinustachykardie, 7 Auftreten von Vorhofflattern, -flimmern, 7 ST in I, II und aVL gesenkt, 7 ST in III, aVF und V1±2 angehoben, 7 TIII spitz negativ, 7 T in V1±V3 negativ, 7 unvollståndiger Rechtsschenkelblock, 7 in den Brustwandableitungen Verschiebung der Ûbergangszone nach links, 7 selten P dextroatriale.
116
Spåtpotenziale
2.6.3 Nachschwankungen des QRS-Komplexes, Spåtpotenziale Sehr selten finden sich bei Patienten mit schwerer organischer Herzerkrankung, z. B. nach Infarkt, bei dilatativer Kardiomyopathie oder arrhythmogenem rechten Ventrikel (¹Epsilon-Zackeª) im Oberflåchen-EKG unmittelbar im Anschluss an den QRS-Komplex elektrokardiographische Potenzialschwankungen, die als Spåtpotenziale bezeichnet werden und nicht mit P-Wellen verwechselt werden dçrfen. Sie sind heute mit hochverstårkendem Signalmittelungs-EKG auch dann routinemåûig zu erfassen, wenn sie im Oberflåchen-EKG nicht zu erkennen sind. Sie sind håufig mit dem Auftreten ventrikulårer Arrhythmien assoziiert und deshalb als prognostisch ungçnstig zu werten.
Im Oberflåchen-EKG erkennbare Spåtpotenziale (Pfeil) eines Patienten mit Zustand nach Hinterwandinfarkt und rezidivierenden Kammertachykardien. 50 mm/s Registrierung
117
ST-Strecke
2.7 ST-Strecke Die ST-Strecke dauert vom J-Punkt bis zum Beginn der T-Welle. Sie entspricht dem kurzen Zeitraum der gleichmåûigen Kammererregung. Da wåhrend dieser Zeit keine wesentlichen Potenzialschwankungen auftreten, verlåuft die ST-Strecke im Idealfall ± besonders in den herzfernen Ableitungen ± in der Isoelektrischen.
2.7.1 Die Erregungsrçckbildung Fehler in der Beurteilung der Endteile (ST-T) gelten als håufige Ursache ¹iatrogener Herzerkrankungenª. Der Erfahrene wird sich daher davor hçten, Verånderungen der ST-T-Strecke çberzubewerten und prima vista als ¹Koronarinsuffizienzª oder als ¹Myokardschadenª abzustempeln. Eine åtiologische Deutung ist in den meisten Fållen nur unter Berçcksichtigung der Anamnese und der klinischen Befunde mæglich, da die verschiedensten Ursachen gleiche EKG-Formånderungen zur Folge haben kænnen. Der Ausdrucksarmut der Nachschwankung (etwa 15 verschiedene Formbilder) steht ein Katalog von mehr als 50 auslæsenden Faktoren gegençber, der den umsichtigen Interpreten zur Zurçckhaltung mahnt. Ohne klinische Angaben sollte sich der auswertende Arzt auf die Beschreibung der ST-Strecken-Verånderungen beschrånken. Nur die Hauptgruppen mæglicher Ursachen seien aufgezåhlt: 7 intraventrikulåre Erregungsleitungsstærungen durch Schenkelblock, Hypertrophie, Dilatation und Pråexzitation; jede Ønderung der Depolarisation zieht eine Ønderung der Repolarisation nach sich; 7 koronare Herzerkrankung; 7 Tagesschwankungen durch neurovegetative Temperatur- sowie Klimaeinflçsse, Orthostase, Schlafmangel; 7 Mineralstoffwechselstærungen, Dysproteinåmie, hormonelle Stærungen; 7 toxische Einflçsse durch Nikotin, Antiarrhythmika, Narkotika, Digitalis und andere Medikamente; 7 entzçndliche, degenerative, neoplastische Herzverånderungen; 7 Traumata. Die gleichen Faktoren, die die ST-Strecke veråndern, kænnen auch die Form der T-Welle beeinflussen. Daher mçssen beide Phasen der Nachschwankung, die hier nur aus didaktischen Grçnden getrennt dargestellt werden, gemeinsam bewertet werden. ] ST-Hebung und negatives T sind håufiger organisch bedingt als ST-Senkung und erhæhtes positives T.
118
¹Early repolarizationª ] Normvarianten 7 Senkung bis 1 mm unterhalb der PQ-Strecke in den Extremitåtenableitungen II, III und bis 0,5 mm linkspråkardial in V4±6. 7 Bei Tachykardie kann ein vertiefter Beginn der ST-Strecke beobachtet werden (aszendierende ST-Senkung), ohne dass eine Koronarinsuffizienz vorliegt. 7 Erhæhter Abgang der konkav aszendierenden ST-Strecke aus dem J-Punkt in den BWA (0,10±0,30 mV). Der absteigende Schenkel der R-Zacke mçndet vor dem J-Punkt meist in einer kleinen S-Zacke mit Kerbung. Diese Normvariante der STStrecke wird wahrscheinlich durch eine vorzeitige Repolarisation (¹early repolarizationª) hervorgerufen. Es handelt sich meist um jçngere månnliche Patienten mit vagotoner Reaktionslage. Pråvalenz £ 5% der Bevælkerung < 40 Jahre.
¹Early repolarizationª: Hoher Abgang der ST-Strecke aus dem J-Punkt in den BWA. Kerbung vor dem J-Punkt in V4/V5. Normvariante bei 35-jåhrigem Patient ohne fassbaren kardialen Befund
119
ST gesenkt
2.7.2 ST-Streckensenkungen ST-Streckensenkungen beruhen ± wenn sie nicht Folge einer intraventrikulåren Leitungsstærung sind ± auf Verånderungen im Bereich der subendokardialen Muskelschichten. Ihre Form erlaubt in begrenztem Maûe einen Rçckschluss auf die zugrunde liegende Øtiologie. Einige wichtige und typische ST-Streckensenkungen zeigen die folgenden Abbildungen:
2.7.2.1 Kammerhypertrophie In den Ableitungen çber dem hypertrophierten Bezirk ergibt sich ein direktes Kurvenbild: 7 QRS: vergræûerte Amplitude, evtl. breit, 7 ST konvexbogig gesenkt, 7 T pråterminal negativ. ] Linkshypertrophie: V5±6, I, aVL. ] Rechtshypertrophie (weniger typisch): V1/2, III, aVF.
120
ST gesenkt 2.7.2.2 Linksschenkelblock Direktes Bild çber der blockierten Kammer (V5, V6, I, aVL): 7 QRS verbreitert, erhæhte Amplitude, 7 ST konvexbogig gesenkt, 7 T negativ. In den spiegelbildlichen Ableitungen V1±V3 hoher Abgang der konkav aszendierenden ST-Strecke aus dem J-Punkt.
2.7.2.3 Rechtsschenkelblock Der Rechtsschenkelblock weist weniger typische ST-Verånderungen als der Linksschenkelblock auf. In den rechtspråkardialen Ableitungen V1, V2: hohes R, evtl. als R'. Konvexbogig gesenkte ST-Strecke. In den linkspråkardialen Ableitungen sind meist keine Erregungsrçckbildungsstærungen, so dass Aussagen zur Koronarinsuffizienz im Belastungs-EKG in diesen Ableitungen mæglich sind.
2.7.2.4 Digitaliswirkungen Bekannt ist eine konkavbogige (¹muldenfærmigeª) Senkung der ST-Strecke mit Verkçrzung der QT-Zeit, T-Abflachung oder T-Negativierung. Weitere Digitaliseffekte åuûern sich im EKG durch Stærungen der Erregungsbildung und der Erregungsleitung: 7 Sinusbradykardie, 7 Verlångerung der PQ-Zeit (AV-Block I. Grades). Als Zeichen einer Ûberdosierung bzw. Intoxikation gelten: 7 spitz-negatives T, 7 Vorhoftachykardie mit AV-Block, 7 AV-Block II. Grades, kompletter AV-Block, 7 (Polymorphe) ventrikulåre Extrasystolen, evtl. im Bigeminusrhythmus, 7 bidirektionale ventrikulåre Tachykardie, 7 faszikulåre ventrikulåre Tachykardie.
121
ST-Strecke bei KHK Die Verånderungen kænnen je nach Glykosid und Dosis bis zu 3 Wochen nach Absetzen des Herzglykosids anhalten. ] Richtzeiten fçr eine Glykosidpause: 7 Digitoxin 3±4 Wochen 7 Digoxin 7±10 Tage Bei Niereninsuffizienz sind fçr Digoxin långere Pausen notwendig (D auch Abschn. 3.13).
2.7.2.5 Koronare Herzerkrankung Die Diagnose einer stabilen koronaren Herzerkrankung ist ganz çberwiegend eine klinische. Sie stçtzt sich auf die typische Anamnese mit Angina pectoris und wird erhårtet durch ein positives Belastungs-EKG (D S. 182). Das Ruhe-EKG ist dagegen zur Diagnostik der koronaren Herzerkrankung nur wenig geeignet. Die Mehrzahl der Patienten mit gesicherter koronarer Herzerkrankung ohne durchgemachten Infarkt hat ein vællig normales Ruhe-EKG, die çbrigen Patienten haben uncharakteristische EKG-Verånderungen, aus denen sich die Diagnose ¹koronare Herzerkrankungª nicht sicher stellen låsst. Ein adåquat durchgefçhrtes Belastungs-EKG ist daher eine unverzichtbare Untersuchung der Diagnostik der koronaren Herzerkrankung. Anders sieht die instabile Situation eines akuten Koronarsyndroms mit pektanginæsen Beschwerden, mit/ohne Troponinerhæhung, aber ohne ST-Elevation aus. Hier kann es zu muldenfærmigen, horizontalen oder deszendierenden ST-Senkungen mit Abflachung bzw. pråterminaler T-Negativierung kommen. Eine schnelle Rçckbildung dieser Verånderungen am Ende des pektanginæsen Anfalls unterstreicht die Dynamik dieses Krankheitsbilds und wird die Entscheidung fçr ein invasives Vorgehen mittels Koronarangiographie beeinflussen. Ein gleichschenklig negatives T (terminales oder ¹koronaresª T, D S. 132) ohne Q-Zacken ist nach Stunden, wenn der Patient schon wieder beschwerdefrei ist, evtl. als einziger Hinweis auf die stattgehabte Ischåmie im EKG zu erkennen. Ein Belastungs-EKG ist bei akutem Koronarsyndrom kontraindiziert. Wegen der Unspezifitåt der ST-Strecken-Verånderungen im Falle einer koronaren Herzerkrankung empfiehlt es sich, diese Endteilverånderungen morphologisch zu beschreiben und die Diagnose einer koronaren Herzerkrankung dem Kliniker mit Hilfe der Anamnese, der Troponin-Bestimmung und des Belastungs-EKG zu çberlassen. 122
ST angehoben
2.7.3 ST-Streckenhebungen
Angehoben
ST-Streckenhebungen gelten ± bis zum Beweis des Gegenteils ± primår als pathologisch und sind allgemein gravierender als ST-Streckensenkungen zu bewerten. Sie kommen weit seltener als ST-Streckensenkungen vor. Sie sind Ausdruck eines Verletzungsstromes, dessen Låsionsvektor bei transmuraler (z. B. Myokardinfarkt) und subepikardialer (z. B. Perikarditis) Verletzung vom Nullpunkt auf die Verletzung hin zeigt. Als Folge låsst sich in den direkten Ableitungen eine gehobene ST-Strecke registrieren.
2.7.3.1 Akuter Herzinfarkt In den Ableitungen çber dem Infarktareal zeigt sich ein erhæhter Abgang der ST-Strecke aus dem absteigenden Schenkel der R-Zacke mit konvexbogigem oder plateaufærmigem Verlauf (¹ST-Streckenelevationª), in den die T-Welle einbezogen ist. In den rechtspråkardialen Ableitungen ist die T-Welle gewæhnlich noch abzugrenzen. Passt das klinische Bild, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen akuten, Minuten bis Stunden alten ST-Elevations-Myokardinfarkt (¹STEMIª), dem fçr wenige Minuten das ¹Erstickungs-Tª in den Brustwandableitungen vorausgeht, aber çblicherweise nicht registriert wird. Im weiteren Verlauf bewegt sich die T-Welle gegensinnig und wird negativ (negatives, ¹koronaresª T), wåhrend die ST-Strecke langsam zur Nulllinie zurçckkehrt. Die T-Welle richtet sich meist wieder auf. Als Zeichen des abgelaufenen Infarktes verbleibt eine pathologische Q-Zacke und eine R-Zacken-Reduktion. ¹Erstickungs-Tª und monophasische ST-Elevation sind im Gegensatz zum Nekrose-Q als Ischåmie- und Verletzungsreaktion prinzipiell noch voll reversibel. Der Ablauf der EKG-Verånderungen soll im Folgenden zusammengefasst behandelt werden.
Chronisches Stadium
123
ST angehoben ] Ablauf der EKG-Verånderungen bei Myokardinfarkt ] ¹Erstickungs-Tª, ¹T-en-Domeª. Sekunden bis Minuten nach Eintritt der Ischåmie ist eine hohe, positive, gleichschenklige T-Welle zu registrieren. Infolge der Ischåmie låuft die Erregungsrçckbildung (Repolarisation) der ¹letzten Wieseª (Innenschicht) langsamer ab als die der relativ besser durchbluteten Auûenschichten. Der Vektor der Repolarisation (T-Wellen-Vektor), der auch im Normalzustand auf eine epikardiale Elektrode gerichtet ist, wird daher verstårkt, so dass die positive T-Welle noch hæher erscheint. Die ST-Strecke (ST-Vektor) ist zu diesem Zeitpunkt entweder noch nicht (keine ¹Verletzungª, ¹Låsionª), evtl. leicht gesenkt (subendokardiale Låsion) oder sogar schon angehoben (transmurale Låsion, s. u.). Dieses ¹Erstickungs-Tª ist Zeichen einer akuten Myokardischåmie, wird elektrokardiographisch nur selten erfasst und ist voll reversibel, wie man z. B. wåhrend der Ballondilatation beobachten kann. ] ¹Verletzungs-STª, ST-Strecken-Elevation. Der akuten Ischåmie folgt die Myokardverletzung (¹injuryª) mit ihrem Verletzungsstrom (¹current of injuryª) besonders in den Randzonen des infarzierten Areals. Diese Myokardverletzung zeigt bereits histologische Verånderungen. Bei transmuraler Ischåmie çberwiegt der Verletzungsstrom der subepikardialen Infarktbezirke gegençber dem der subendokardialen, so dass netto eine åhnliche ST-Streckenverånderung wie bei einer subepikardialen Låsion resultiert. Es kommt zu einer vom absteigenden Schenkel der R-Zacke hoch abgehenden, konvexbogigen oder plateaufærmigen ST-Elevation. Anfangs schlieût die STElevation die T-Welle mit ein, so dass ST und T nicht auseinanderzuhalten sind. Erst spåter, mit Umkehr des T-Vektors (¹terminal negatives Tª), lassen sich ST und T wieder trennen.
124
Prinzmetal-Angina/Ventrikelaneurysma ] Das terminal negative T. Bei transmuraler Ischåmie zeigt der T-Vektor vom Zentrum der Ischåmie zum Nullpunkt: Daraus resultiert das gleichschenklig negative, terminale T als Zeichen des abgelaufenen Myokardinfarktes im Zwischenstadium. ] ¹Nekrose-Qª. Das nekrotische Gewebe ist elektrisch inaktiv und nimmt deshalb nicht mehr an der Bildung des Summationsvektors teil. Es çberwiegen die Partialvektoren des gesunden Myokards, so dass der Gesamtvektor vom nekrotischen Bezirk zum Nullpunkt hin zeigt. Damit kommt es in den Ableitungen çber dem Infarkt zu einer tiefen, breiten Q-Zacke und zu einer Reduktion bzw. einem Verschwinden der R-Zacke.
2.7.3.2 Prinzmetal-Angina Selten kommt es unter dem Bild eines Infarkt-EKG im akuten Stadium mit massiven monophasischen ST-Hebungen und pektanginæsen Beschwerden in Ruhe zu einer Variant-Angina, auch ¹Prinzmetal-Anginaª nach dem Erstbeschreiber genannt (1959). Die EKG-Verånderungen gehen nach dem pektanginæsen Anfall zurçck, die infarkttypischen Enzyme sind je nach Dauer des Anfalls gering bzw. måûig erhæht. Das Belastungs-EKG ist nicht selten negativ. Als Ursache dieser akuten EKG-Verånderungen wird ein Koronarspasmus angenommen. Die Mehrzahl dieser Patienten zeigt zusåtzlich koronarsklerotische Verånderungen (D Abb. S. 155).
2.7.3.3 Myokard-Aneurysma Charakteristisch ist eine monate- bis jahrelange Persistenz des Zwischenstadiums: 7 ST angehoben, 7 T negativ, 7 breite, tiefe Q-Zacken, evtl. als QS-Komplexe in den Brustwandableitungen, 7 håufigste Lokalisation: Vorderwandspitzeninfarkt (V2±V5). Diese Konstellation ist wenig sensitiv, aber hochspezifisch fçr ein Herzwandaneurysma.
125
ST angehoben 2.7.3.4 Frische Perikarditis Im Gegensatz zu dem Infarktbild verlåuft die gehobene ST-Strecke (selten > 0,2 mV) meist konkavbogig (jedoch nicht immer!) in allen Ableitungen (mit Ausnahme von aVR und V1). Abgang der ST-Hebung evtl. vom aufsteigenden Schenkel der ¹hochgezogenenª S-Zacke (Infarkt: absteigender Schenkel von R). Auûerdem fehlen ¹indirekte Verånderungenª wie bei einem Infarkt, ferner ein pathologisches Q sowie eine isolierte R-Reduktion; bei groûem Perikarderguss Niederspannung mæglich.
2.7.3.5 Lungenembolie Hierbei wird eine flçchtige, leichte monophasische STHebung (in V1 und V2) çber dem rechten Herzmuskel beobachtet (D S. 194). Weitere Kennzeichen: 7 SI-QIII-Typ, 7 inkompletter RSB, 7 rS-Typ bis V5/6, 7 T negativ in V1±3, 7 selten P dextroatriale, 7 Vorhofflattern, -flimmern.
2.7.3.6 Brugada-Syndrom Hierbei handelt es um ein typisches EKG-Bild bei meist månnlichen Patienten mit (Prå-)Synkopen, polymorphen Kammertachykardien und Gefåhrdung durch plætzlichen Herztod. Es wurde von den Brçdern Brugada erstmals 1992 beschrieben. ] EKG-Charakteristika in Ableitung V1±2 7 Rechtsschenkelblockbild, 7 angehobener J-Punkt, 7 persistierende, deszendierende oder sattelfærmige ST-Elevation, 7 weitere Merkmale des kompletten Rechtsschenkelblocks (z. B. hohes R; tiefes, plumpes S in I, aVL) liegen nicht vor.
126
Brugada-Syndrom Typisch ist die innerhalb kurzer Zeit variable Morphologie des QRS-Komplexes und der ST-Elevation in den Ableitungen V1±2, die die Diagnostik erheblich erschwert. Einzelheiten D Abschn. 4.7.2.4.
EKG eines Patienten mit nachgewiesenem BrugadaSyndrom. Typische Anhebung des J-Punkts und deszendierende ST-Elevation in den Ableitungen V1 und V2
2.7.3.7 Wie sind isolierte ST-Hebungen zu werten? Isolierte ST-Hebungen £ 0,2 mV in den Brustwandableitungen V2±V6 sind bei Jugendlichen mit vagotoner Reaktionslage nicht als pathologisch zu werten. Im Rahmen eines ¹early repolarization syndromeª (D S. 119) kann es sich um eine Normvariante handeln. Eine einzelne ST-Hebung £ 0,2 mV in den Brustwandableitungen, besonders V2, ist fast immer eine Normvariante, åuûerst selten Folge einer Pericarditis sicca oder eines akuten Koronarsyndroms.
127
T-Welle
2.8 T-Welle Die T-Welle ist Ausdruck der Erregungsrçckbildung in den Kammern. Wåhrend die Erregungsausbreitung vom Endokard zum Epikard verlåuft, bewegt sich die Erregungsrçckbildung vom Epikard zum Endokard. Die zuerst erregten Innenschichten werden also zuletzt repolarisiert (so dass die Papillarmuskeln, die die Segelklappen geschlossen halten, am långsten erregt bleiben). Zudem wird die Muskulatur der Basis langsamer repolarisiert als die der Herzspitze. Die Erregungsrçckbildung geht also mit erheblichen Potenzialschwankungen einher und dauert långer als die Erregungsausbreitung (QRS). Die vektorielle Achse der T-Welle entspricht jedoch gewæhnlich der QRS-Achse (durchschnittliche Abweichung ~ 20%).
2.8.1 Das normale T Die Form ist, besonders bei pråkardialen Ableitungen, asymmetrisch, d. h. die T-Welle steigt langsam an und fållt rascher zur Nulllinie ab (ein symmetrisches, spitzes T ist also nicht normal). Der Gipfel ist abgerundet. T positiv: 7 In Ableitung I, II (etwa 1/4±1/3 von R), 7 in Ableitung III positiv bei Steiltyp, Rechtstyp, 7 in V2±6 (linkspråkardial mindestens 1/8 von R). T negativ (spiegelbildlich zum positiven Typ): 7 In aVR, 7 rechtspråkardial bei Kindern, 7 in Abl. III bei Linkstyp, 7 in V1 bei Erwachsenen, 7 in V2 bei Månnern bis zum 25. Lebensjahr, bei Frauen bis zum 35. Lebensjahr.
128
Normal
T-Welle hoch, positiv/abgeflacht Wie erwåhnt, stehen ST- und T-Verånderungen nicht beziehungslos nebeneinander, so dass beide nicht getrennt bewertet werden sollten. Oft çberwiegen jedoch die abnorme Hæhe oder Tiefe, die Ausschlagrichtung und Gestaltung von T im Kurvenbild. Folgende Formbilder sind fçr die EKG-Praxis von besonderer Bedeutung:
] Unterschied zwischen pråterminal negativer T-Welle und terminal negativer T-Welle? Bei der pråterminal negativen T-Welle zeigt die Winkelhalbierende durch die Spitze der T-Welle in Richtung auf den zugehærigen QRS-Komplex. Bei der terminal negativen T-Welle zeigt die Winkelhalbierende durch die Spitze senkrecht nach oben oder sogar weg vom QRS-Komplex.
2.8.2 Das pathologisch hohe T 2.8.2.1 Volumenhypertrophie-T Das groûe, symmetrische, konkordante T kann Ausdruck einer Volumençberlastung des linken Ventrikels (Aortenklappeninsuffizienz, offener Ductus arteriosus) sein. Das groûe, konkordante T beobachtet man auch bei Vagotonie, Bradykardie, vegetativer Labilitåt und nach einer langen kompensatorischen Pause. In diesen Fållen ist es immer asymmetrisch und hat keine pathologische Bedeutung.
Hoch, positiv
129
T-Welle hoch/abgeflacht 2.8.2.2 Erstickungs-T (¹T-en-domeª) Hohe, positive, gleichschenklig spitze T-Wellen lassen sich gelegentlich unmittelbar zu Beginn eines Myokardinfarktes in den Infarktableitungen sowie bei einer Kohlenmonoxydvergiftung beobachten. Dieses sog. ¹Erstickungs-Tª gilt als frçheste Ischåmiereaktion, die oft bis zur EKG-Registrierung wieder abgeklungen ist (Erklårung D S. 156, Abb. S. 164).
2.8.2.3 Hyperkaliåmie-T Hohe, spitze, symmetrische, ¹zeltfærmigeª T-Wellen mit knickfærmigem Ûbergang von und zur Isoelektrischen besonders in den Brustwandableitungen treten bei Serumkaliumwerten çber 6 mval/l auf. Infolge der intraventrikulåren Erregungsleitungsstærung kommt es ferner bei zunehmender ¹Kalium-Intoxikationª zu einer Verbreiterung und Deformierung von QRS. In schweren Fållen treten supraventrikulåre und ventrikulåre Herzrhythmusstærungen auf. Einzelheiten D Abschn. 3.11.2.
Hyperkaliåmie-T bei einem 24-jåhrigen Mann mit chronischer Glomerulonephritis: Kalium im Serum 6,0 mval/l
130
T-Welle abgeflacht/biphasisch
2.8.3 T abgeflacht Bei der Beurteilung einer abgeflachten T-Welle muss zunåchst ein Projektionseffekt ausgeschlossen werden. Bei einem Indifferenz-, Steil- oder Rechtstyp ist das flache TIII unbedeutend.
Abgeflacht
Vorçbergehende Abflachungen, wie sie bei vegetativer Labilitåt, beim Trainingsmangel unter kærperlichen Belastungen und bei Tachykardien beobachtet werden, sind bedeutungslos. Sie dçrfen nicht als ¹Myokardschadenª interpretiert werden. Abflachungen der T-Welle sind vor allem unter folgenden Bedingungen zu beobachten: 7 Digitalisierung, 7 Hypokaliåmie, 7 Myokarditis, toxische Myokardschådigung, 7 Perikarditis (Zwischenstadium), 7 kardialer Beteiligung bei Amyloidose, 7 Koronarinsuffizienz (oft gleichzeitig ST-Senkung), 7 orthostatischer Dysregulation. Die Abflachung der T-Welle gehært somit zu den vieldeutigen, unspezifischen Erregungsrçckbildungsstærungen.
2.8.4
Biphasisches T
] Terminal negatives, biphasisches T
Biphasisch
Es kennzeichnet in Verbindung mit einer ST-Elevation hauptsåchlich das Zwischenstadium des Myokardinfarkts. ] Hinterwandinfarkt. Abl. II, III, aVF, Nehb D. ] Vorderwandinfarkt. Abl. I, aVL, V2±5. Es kommt selten bei abklingender Perikarditis, Myokarditis, Intoxikationen (Schlafmittel, Sublimat, Phosphor, Læsungsmittel, Dichlorethan) vor. ] Pråterminal negatives, biphasisches T Dies gilt, wenn es isoliert in Ableitung III auftritt, als normaler Befund, ebenfalls in der Ûbergangszone (V3, V4) bei 131
T-Welle biphasisch/negativ Adoleszenten, die in V1 und V2 noch ein negatives T aufweisen. Manchmal tritt es auch nach einer Arbeitsbelastung bei vegetativ labilen Patienten auf. Eine pathologische Minus-Plus-Diphasie von T wird besonders unter folgenden Bedingungen beobachtet: 7 Linkshypertrophie: mit zunehmender Belastung des linken Ventrikels Ûbergang in ein spitz negatives T, 7 Koronarinsuffizienz (Belastungsreaktion), 7 orthostatische Dysregulation, 7 Digitaliseffekt.
2.8.5 Negatives T Die terminal negative T-Welle ( = gleichschenklig negative T-Welle; Winkelhalbierende zeigt senkrecht nach oben oder sogar von QRS weg!) ist bis zum Beweis des Gegenteils als Hinweis auf eine durchgemachte Ischåmie des Herzmuskels im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms zu deuten. Anamnese, Klinik, Vor-EKG, Bestimmung der herzspezifischen Enzyme, Echokardiographie sowie Belastungs-EKG ermæglichen die Abklårung. Jedoch kommen differenzialdiagnostisch auch eine Reihe von anderen (kardialen) Erkrankungen in Frage: 7 akute Lungenembolie (in Ableitung V1/V2), 7 Perikarditis (Folgestadium), 7 Myokarditis, 7 hypertrophe Kardiomyopathie, 7 Zustand nach aortokoronarer Bypass-Operation, 7 Mitralklappenprolaps-Syndrom, 7 Herztumoren, 7 im Gefolge eines intermittierenden Linksschenkelblocks (meist in dem BWA, ¹myokardiales Gedåchtnisª, D Abb. S. 110), 7 bei Eigenrhythmus unmittelbar nach Schrittmacher-Stimulation (¹myokardiales Gedåchtnisª) (D Abb. S. 134). Auch primår nichtkardiale Erkrankungen kænnen çber zum Teil noch unklare Mechanismen negative T-Wellen hervorrufen: 7 zerebrovaskulåre Erkrankungen (intrazerebrale Blutung, Subarachnoidalblutung), 7 endokrine Stærungen (Phåochromozytom, Hypothyreose etc.), 7 neuromuskulåre Systemerkrankungen (z. B. Morbus Friedreich), 7 Kollagenosen, 7 Håmodialyse, 7 abdominelle Erkrankungen, insbesondere akute Pankreatitis. 132
T-Welle negativ Aus der Vielzahl der angefçhrten Erkrankungen wird deutlich, dass die terminal negative T-Welle nicht ohne weiteres als Hinweis auf eine durchgemachte ¹Ischåmieª zu deuten ist. Vielmehr mçssen Anamnese, Klinik und EKG-Verlauf zur Deutung herangezogen werden. Sind diese Informationen bei der EKG-Interpretation nicht bekannt, so sollte man sich auf die Beschreibung der EKG-Verånderungen beschrånken. ] Negatives T bei klinisch ¹Herzgesundenª? Eine Irregularitåt der Erregungsrçckbildung, die sich durch ein negatives T åuûert, gibt es auch bei ¹Herzgesundenª. Man darf sich nur nicht blind an diese Mæglichkeit klammern, sondern muss zuvor anamnestisch und klinisch jedes Verdachtsmoment fçr eine organische Herzerkrankung ausschlieûen. ] Kindliches und juveniles T in V1±V4. Es ist gelegentlich noch bei jungen Frauen nachweisbar. ] Hyperventilation. Normalisierung wird durch CO2-angereicherte Luft erreicht. ] Posttachykardie-Syndrom. Es handelt sich um eine T-Wellen-Negativierung, die auch nach Wiederherstellung einer normalen supraventrikulåren Aktivierung erhalten bleibt. Als Ursache kommt eine Anpassung der ventrikulåren Aktionspotenzialdauer an die wåhrend der Tachykardie bestandene Aktivierungsfrequenz des Myokards in Frage (¹memory of the heartª = ¹myokardiales Gedåchtnisª), ohne dass eine koronare Herzerkrankung vorliegt. Differenzialdiagnose: Bei klinischem Verdacht ist auch eine koronare Herzerkrankung auszuschlieûen. Die EKG-Verånderungen sind nach Stunden bis Tagen reversibel (D Abb. S. 110 und S. 134). ] Labile Endstreckenverånderungen. Vegetative benigne Endstreckenverånderungen lassen sich durch Tests, die mit einer Stimulation oder Hemmung des sympathischen Nervensystems einhergehen, normalisieren (Belastungs-EKG, Propranolol 80 mg oral, Orciprenalin 0,05 mg i. v.). Im Gegensatz zu pathologischen Endstreckenverånderungen des Koronarkranken, die mit und ohne Angina pectoris unter Belastung erst auftreten, ist bei den vegetativen T-Wellen typisch, dass sie sich unter Belastung normalisieren. ] WPW-Syndrom (D Abb. S. 69). Negative T-Wellen, die bei einem ausgeprågten WPW-Syndrom vorkommen, werden immer wieder als Infarktzeichen missdeutet.
133
T-Welle negativ
Myokardiales Gedåchtnis: Wechsel zwischen absoluter Arrhythmie bei grobem Vorhofflimmern (Eigenrhythmus) und VVI-Schrittmacherstimulation. Die gleichschenklig negativen T-Wellen des 2., des 5.±8. und des 10.±11. QRS-Komplexes in Abl. V3±V6 sind Ausdruck des ¹myokardialen Gedåchtnissesª (englisch: ¹memory of the heartª) und nicht Ausdruck einer Myokardischåmie. Diese Verånderungen sind bei fehlender Schrittmacherstimulation in Stunden bis Tagen reversibel
Terminal negative T-Wellen in V1±V4. Zustand nach aortokoronarer Bypass-Operation vor 10 Tagen. Ein Infarkt wurde ausgeschlossen, daher am ehesten ¹Postkardiotomie-Syndromª
134
Alter Vorderwandinfarkt. Jetzt: Bei apoplektischem Insult ausgeprågtes negatives T und QTVerlångerung in den BWA
U-Welle
Terminal negatives T in I, aVL, V2±V6 bei Zustand nach Tauchunfall (Caisson-Krankheit) mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit. 20-jåhriger Patient
Gleichschenklig negatives T bei 20-jåhrigem Patienten mit Friedreichscher Ataxie. Echokardiographisch keine kardiale Hypertrophie nachweisbar
2.9 TP-Strecke Die TP-Strecke entspricht der elektrischen Diastole. Sie wird gemessen vom Ende des T bis zum Anfang des P. Eine Verkçrzung der TP-Strecke wird bei Tachykardie sowie bei AV-Block beobachtet.
2.10 U-Welle 2.10.1 Allgemeines Die nicht regelmåûig der T-Welle folgende, niedrigamplitudige Potenzialschwankung wird U-Welle genannt. Ûber ihre Entstehung gibt es bis heute noch keine einheitlichen Vorstellungen. Mæglicherweise wird sie durch die Repolarisation der Purkinje-Fasern oder durch Areale verspåteter Repolarisation des relaxierenden Ventrikels hervorgerufen. Die normale U-Welle verlåuft im Allgemeinen positiv. Ausgeprågtere U-Wellen finden sich gewæhnlich in Ableitungen II, aVL, V2±V3. Die Form unterliegt zahlreichen Schwankun-
Normal
135
U-Welle gen. Wenn die U-Welle mit der T-Welle zusammenflieût, ist es schwierig, die QT-Dauer exakt zu bestimmen (siehe 2.10.2 TU-Verschmelzungswelle). Hohe U-Wellen treten unter folgenden Bedingungen in Erscheinung: 7 Vagotonie, Bradykardie, forcierte Inspiration; 7 nach kærperlichen Anstrengungen (BelastungsEKG); 7 Hypokaliåmie: gewæhnlich TU-Verschmelzungswellen. Daher wurde frçher fålschlich bei einer Hypokaliåmie eine Verlångerung der QT-Dauer angenommen; 7 Apoplexie, Subarachnoidalblutung, Hirntumor, Hypertonie.
Hoch, positiv
Eine prominente U-Welle ist çberproportional håufig mit dem Auftreten einer Torsade de Pointes vergesellschaftet. Negative oder biphasische U-Wellen sind stets pathologisch. Beispiele: 7 Linkshypertrophie: Hypertonie, Aortenvitien, insbesondere bei Aorteninsuffizienz, besonders in Abl. I, V4±6. 7 Ûberlastung des rechten Herzens: Abl. II, III, V1±2. 7 Belastungs-EKG (oft gleichzeitige ST-Senkung): Negative U-Wellen in den linkspråkardialen Ableitungen kænnen der einzige Hinweis auf eine Koronarinsuffizienz, insbesondere im Bereich des R. interventricularis anterior sein! 7 Folgezustand nach einem Herzinfarkt (Beteiligung des vorderen Papillarmuskels) und nach einer Lungenembolie.
136
Negativ, biphasisch
TU-Verschmelzungswelle
2.10.2 TU-Verschmelzungswelle So bezeichnet man die Ûberlagerung von T-Wellenende und U-Wellenbeginn. Wenn die T-Welle flacher wird und die U-Welle ansteigt, kann die TUVerschmelzungswelle ein ¹breites Tª und somit eine verlångerte QT-Dauer vortåuschen.
Ûberlagerung von T und U
] Kennzeichen. Einkerbung im absteigenden Schenkel der ¹scheinbaren T-Welleª. Der Schnittpunkt der Tangente am absteigenden Schenkel der T-Welle mit der Nulllinie gilt als Ende der QT-Dauer. ] Nachweis. Besonders in Abl. V1±V4 und Abl. II. ] Ursache 7 Metabolische Stærungen, insbesondere Hypokaliåmie, 7 gelegentlich nach Elektrokonversion, 7 bei zerebralen Insulten, insbesondere bei subarachnoidalen und intrazerebralen Blutungen.
Normale U-Wellen in den Brustwandableitungen V2±V5 (Pfeile). Q-Zacke in Abl. III, auffållig tråge R-Progression in V1±V5
137
TU-Verschmelzungswelle
TU-Verschmelzungswelle bei Hypokaliåmie von 3,0 meq/l. Die U-Welle ist in V4±6 klar zu erkennen, wåhrend in V2 und vor allem in V3 die U-Welle nicht abzugrenzen ist
138
Mitralstenose
3 Klinische EKG-Syndrome
3.1 Erworbene Klappenfehler 3.1.1 Mitralklappenfehler 3.1.1.1 Mitralstenose Die heute seltene reine Mitralstenose fçhrt zunåchst zu einer Druckerhæhung im linken Vorhof. Spåter kommt es durch Rçckstau zu einer Lungengefåûverånderung mit ¹pulmonaler Hypertonieª und somit zu einer Druckçberlastung des rechten Ventrikels. Diese Entwicklungsstadien spiegeln sich im EKG wider. ] Stadium I. Widerstandshypertrophie des linken Vorhofs: 7 P sinistroatriale (ein gering ausgeprågtes P sinistroatriale spricht gegen eine schwere Mitralstenose), 7 Endteile normal, 7 Lagetyp altersentsprechend. ] Stadium II. Vermehrte Belastung des rechten Ventrikels: 7 Steiltyp, evtl. Rechtstyp, 7 beginnende Rechtsherzhypertrophiezeichen, 7 evtl. in rS versenktes r' (¹embryonale R-Zacke im Schoûe der S-Zackeª) in V1, 7 in den rechtspråkardialen Zusatzableitungen r'-Zacke in Vr3 oder rR' in Vr4, 7 Verbreiterung der Ûbergangszone. ] Stadium III. Durch zusåtzliche pulmonale Gefåûverånderungen Zunahme der Rechtsherzhypertrophie: 7 deutliches P sinistroatriale oder P biatriale, 7 Rechtstyp, evtl. Steiltyp mit ausgeprågten Rechtshypertrophiezeichen,
139
Mitralstenose 7 Sinusrhythmus mit atrialen Extrasystolen, evtl. Vorhofflimmern. In den Brustwandableitungen: 7 bei konzentrischer Rechtsherzhypertrophie vermehrtes Potenzial von R çber dem rechten Herzen, 7 håufiger: bei Dilatation Rechtsverspåtung. ] Stadium IV. Durch Zunahme der pulmonalen Gefåûverånderungen extreme Rechtshypertrophie: 7 R in V1 deutlich erhæht, inkompletter Rechtsschenkelblock, 7 rS in V6, 7 håufig Vorhofflimmern, 7 Rechtstyp. ] Bei ausgeprågtem P sinistro-/biatriale in Kombination mit Vorhofflimmern und Rechtshypertrophie stets Verdacht auf Mitralstenose !
Zustand nach Mitralklappenersatz wegen Mitralstenose. P sinistroatriale, Steiltyp, kompletter Rechtsschenkelblock Mitralstenose mit geringer postoperativer Mitralinsuffizienz. 22-jåhrige Patientin: Rechtstyp, vermehrtes Potenzial rechtspråkardial
140
Mitralinsuffizienz/Mitralklappenprolaps 3.1.1.2 Mitralinsuffizienz Linker Vorhof und linke Kammer leisten vermehrte Volumenarbeit, welche vorwiegend dilatieren und nur gering hypertrophieren; im Spåtstadium infolge der Lungenstauung Druckçberlastung des rechten Ventrikels. 7 P sinistroatriale (niedergespannt, oft breitbasig), 7 håufig atriale Extrasystolen, 7 frçhzeitig intermittierendes oder permanentes Vorhofflimmern, 7 Endteile lange Zeit normal, 7 beginnende Linkshypertrophiezeichen, 7 gelegentlich Linksverspåtung, 7 selten im Spåtstadium Zeichen einer Rechtsherzhypertrophie.
3.1.1.3 Mitralklappenprolaps-Syndrom Hierunter versteht man den Prolaps eines oder beider Mitralklappensegel in den linken Vorhof wåhrend der Systole; z. T. mit begleitender Mitralinsuffizienz. Es handelt sich um eine çberwiegend angeborene Mitralklappenanomalie, die < 3% der Bevælkerung betrifft. Auskultatorisch typisch ist ein mittelsystolischer Klick und ein spåtsystolisches hochfrequentes Geråusch çber der Herzspitze. Die Diagnose wird durch Echokardiographie (typische Verånderungen der systolischen Mitralklappenbewegung) gesichert. Die Mehrzahl der Patienten hat eine normale Prognose. Nur eine kleine Minderheit zeigt eine deutliche Mitralinsuffizienz, die z. T. mit erheblichen atrialen und ventrikulåren Arrhythmien einhergeht. In sehr seltenen Fållen wurde ein plætzlicher Herztod beschrieben, wahrscheinlich bedingt durch paroxysmale Kammertachykardien und Kammerflimmern. ] EKG-Verånderungen Bei etwa 40% der Patienten sieht man uncharakteristische Verånderungen der STStrecke, der T-Welle und verschiedene Herzrhythmusstærungen.
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Aortenstenose ] Unspezifische ST-T-Verånderungen 7 T-Welle abgeflacht, terminal negativ in den Ableitungen II, III, aVF und V5, V6, 7 positive U-Welle, 7 QT verlångert, 7 AV-Leitungsstærungen (selten), 7 atriale Extrasystolen, supraventrikulåre Tachykardien, Vorhofflimmern, 7 ventrikulåre Extrasystolen, Couplets, Salven. Die EKG-Verånderungen bei MitralklappenprolapsSyndrom kænnen fålschlich als Hinweis auf eine Ischåmie im Hinterwandbereich interpretiert werden. Insbesondere wåhrend des Belastungs-EKG kænnen die Repolarisationsstærungen zunehmen, ohne dass eine Koronarinsuffizienz vorliegt. Insofern ist das Wissen um das Vorliegen eines Mitralklappenprolaps-Syndroms von Bedeutung.
3.1.2 Aortenklappenfehler Im Vordergrund stehen Druck- und/oder Volumenbelastung des linken Ventrikels. 7 Aortenstenose: Widerstandshypertrophie, 7 Aorteninsuffizienz: Volumençberlastung.
3.1.2.1 Aortenstenose ] Stadium I 7 Normales EKG, 7 altersentsprechender Lagetyp, 7 evtl. leichte R-Erhæhung linksventrikulår, 7 abgeflachte T-Welle oder knickfærmiger Ûbergang der ST-Strecke zur abgeflachten T-Welle. ] Stadium II. Widerstandshypertrophie des linken Ventrikels: 7 Linkstyp, 7 linkspråkardial Hochspannung von R, 7 S rechtspråkardial tief, positiver Links-Sokolow-Index, ST konvexbogig gesenkt, 7 T wechselsinnig, pråterminal negativ in V5 /V6, 7 P kaum veråndert.
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Aortenstenose ] Stadium III 7 Linkstyp, Linksverspåtung, 7 extreme Linkshypertrophie, 7 positiver Links-Sokolow-Index, 7 ST konvexbogig gesenkt in V5/V6, 7 T negativ, zugespitzt gleichschenklig, in V5/V6, 7 P sinistroatriale. ] Stadium IV 7 Vermehrte Linksverspåtung, 7 LAH, Linksschenkelblock, 7 deutliches P sinistroatriale, evtl. P biatriale, 7 atriale Extrasystolen, Vorhofflimmern, 7 ventrikulåre Extrasystolen, Couplets, Salven.
Aortenstenose II.±III. Grades. 62-jåhriger Patient: Linkstyp, Hochspannung von QRS pråkordial, Links-Sokolow-Index 4,5 mV, T linkspråkordial bereits tief negativ, zugespitzt, diskretes P sinistroatriale
Aortenstenose III. Mitteltyp, hochpositiver Sokolow-Index, pråterminal negatives T in V3±V6 , P sinistroatriale
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Aorteninsuffizienz 3.1.2.2 Aorteninsuffizienz ] Stadium I. Volumençberbelastung des linken Ventrikels 7 R besonders in V4/5 çberhæht, 7 S rechtspråkardial tief, 7 angedeutete Linksverspåtung, 7 evtl. Q in V4/V5 tief, spitz (wahrscheinlich durch Septumhypertrophie und Hypertrophie der septumnahen Papillarmuskeln), 7 T positiv, konkordant. ] Stadium II 7 Linkstyp, 7 Zeichen einer vermehrten Linksverspåtung, 7 positiver Links-Sokolow-Index, 7 T flach, isoelektrisch oder biphasisch, 7 evtl. P sinistroatriale. ] Stadium III 7 Linkstyp, 7 Zunahme der Linksverspåtung, 7 Linksherzhypertrophie, 7 ST gesenkt, 7 T wechselsinnig, 7 P sinistroatriale, evtl. Vorhofflimmern. ] Stadium IV 7 Evtl. Ûbergang der Linksverspåtung in Linksschenkelblock, 7 Ûbergangszone tendiert nach links, 7 oft P cardiale, Vorhofflimmern, Rechtsverspåtung.
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Aortenvitien
Aorteninsuffizienz II. Grades. 61-jåhriger Patient: Linkstyp, beginnende Linksverspåtung, ST linkspråkardial gesenkt, T flach, pråterminal negativ, Verschiebung der Ûbergangszone nach links, angedeutetes P sinistroatriale
Aorteninsuffizienz III. Grades. Ûberdrehter Linkstyp, Verdacht auf LAH, P sinistroatriale, Ûbergangszone stark nach links verlagert
Kombiniertes Aortenvitium mit çberwiegender Stenose III. Linkstyp, pos. Links-Sokolow-Index 6,2 mV, deszendierende ST-Senkung, pråterminal negatives T V4±V6
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Kombinierte Vitien
3.1.3 Kombinierte erworbene Herzfehler 3.1.3.1 Kombinierte Mitralvitien Das EKG erlaubt u. U. eine Orientierung çber den Grad der Stenose bzw. Insuffizienz. ] Ûberwiegende Mitralstenose 7 Deutlicher Rechtstyp, 7 P biatriale, 7 vorwiegend Rechtshypertrophiezeichen. ] Ûberwiegende Mitralinsuffizienz 7 Linkstyp, deutlicher Rechtstyp allenfalls bei schwerer Mitralinsuffizienz, 7 breites P sinistroatriale, 7 Linksherzhypertrophiezeichen, 7 relativ frçhzeitig Vorhofflimmern, 7 relativ spåt Zeichen der Rechtsherzçberlastung.
3.1.3.2 Kombinierte Aortenvitien Elektrokardiographisches ¹Mischbildª, bedingt durch vermehrte Druck- und Volumenbelastung der linken Kammer. ] Widerstandshypertrophie. Sie zeigt Abflachung bzw. Negativierung von T linkspråkardial. ] Volumenhypertrophie 7 Starke Græûenzunahme von R, 7 deutliches Q linkspråkardial, 7 T-Welle eher erhæht oder wenig veråndert.
3.1.3.3 Kombinierte Mitral-Aortenvitien ] Aorten- und Mitralinsuffizienz. Durch vermehrte Volumenbelastung der linken Kammer und des linken Vorhofs entsteht: 7 Linkstyp, 7 hohe R und T linkspråkardial, Linksherzhypertrophiezeichen, 7 P sinistroatriale, Vorhofflimmern, 7 Linksverspåtung.
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Dilatative Kardiomyopathie ] Aorten- und Mitralstenose. Bei Ûberwiegen der Aortenstenose stehen Zeichen der Widerstandshypertrophie des linken Ventrikels im Vordergrund. Bei einer gleich schweren Aorten- und Mitralstenose ist ¹Doppelhypertrophieª mæglich (Widerstandshypertrophie des linken und rechten Ventrikels, P cardiale).
3.2 Kardiomyopathien 3.2.1 Dilatative (kongestive) Kardiomyopathie Sie ist die håufigste Form der Kardiomyopathie. Die Øtiologie der primåren Form ist noch nicht voll geklårt; Dilatation und Funktionseinschrånkung des linken, evtl. des rechten Ventrikels. Bei Vorliegen einer Lungenstauung spricht man auch von einer kongestiven Kardiomyopathie. In den Spåtphasen erscheint auch Dilatation des linken und rechten Vorhofs; relative Mitralinsuffizienz. Ausschlussdiagnose, d. h. alle anderen Ursachen einer Dilatation der Herzhæhlen wie hypertensive Herzkrankheit, KHK, Vitien etc. mçssen ausgeschlossen werden, was fast immer eine Herzkatheter-Untersuchung zur Diagnosesicherung erforderlich macht.
Dilatative Kardiomyopathie im Endstadium: Sinusrhythmus, atriale Extrasystolie. Noch kein Vorhofflimmern. Kompletter Linksschenkelblock mit QRS-Breite von 160 ms und verzægerter R-Progression in V1±V4. Infolge des Linksschenkelblocks Repolarisationsstærungen
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Hypertrophe Kardiomyopathie ] EKG 7 Keine pathognomonischen Verånderungen, 7 unspezifische Repolarisationsstærungen, 7 verzægerte R-Progression in V1 bis V4, evtl. Niedervoltage, selten Infarktbild, 7 kompletter Linksschenkelblock (bei noch normal groûem linken Ventrikel Verdacht auf ¹latente dilatative Kardiomyopathieª), 7 atriale Extrasystolen, spåter Vorhofflimmern/Vorhofflattern, 7 ventrikulåre Extrasystolen, Couplets, Salven, ventrikulåre Tachykardien. Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie haben von allen Herzpatienten die hæchste Inzidenz komplexer ventrikulårer Arrhythmien (im 24-h-Langzeit-EKG 40% ventrikulåre Salven, nichtanhaltende VT). Etwa die Hålfte dieser Patienten versterben am plætzlichen Herztod.
3.2.2 Hypertrophe Kardiomyopathie Muskulåre asymmetrische oder symmetrische Wandhypertrophie des Septums, des linken Ventrikels oder beider Ventrikel, meist mit Obstruktion der Ausflussbahn. Plætzliche Todesfålle sind durch Kammertachykardien bedingt.
] EKG 7 Fast immer pathologisch, doch keine pathognomonischen Verånderungen, 7 meistens unspezifische Stærungen der Erregungsrçckbildung, 7 linksseitige Kammerhypertrophie, 7 teilweise Verlångerung der QT-Zeit, 7 teilweise P sinistroatriale, im Spåtstadium Vorhofflimmern, Vorhofflattern, 7 pathologische Q-Zacken in den Ableitungen I, II, aVL, V4±V6, selten in V1±V3, aVF und III, 7 sehr selten Delta-Welle mit verkçrzter PQ-Zeit als Hinweis auf Pråexzitation, 7 håufig çberdrehter Linkstyp (V.a. LAH) oder kompletter Linksschenkelblock, 7 AV-Ûberleitungsstærungen, 7 polymorphe ventrikulåre Extrasystolen, ventrikulåre Tachykardien. Infolge der Q-Zacken und der Erregungsrçckbildungsstærungen kann das EKG ein Infarktbild vortåuschen. Die Lokalisation des ¹Pseudoinfarktsª ist dann mitunter wegen ungewæhnlicher Projektionen widersprçchlich.
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Restriktive Kardiomyopathie
Koronarangiographisch und bioptisch gesicherte hypertrophe nichtobstruktive Kardiomyopathie: deutliche Linksherzhypertrophie, erhebliche Erregungsrçckbildungsstærungen, QT-Dauer mit 400 ms noch normal
3.2.3 Restriktive Kardiomyopathie Sie ist eine sehr seltene Form der Kardiomyopathie: Die diastolische Funktion des linken Ventrikels ist durch Herzbeteiligung im Rahmen einer Amyloidose, Myelom, Makroglobulinåmie, Håmochromatose, Sarkoidose etc. eingeschrånkt. Klinisch imponiert eine Rechtsherzinsuffizienz, im Echokardiogramm normal groûer, strukturdichter linker Ventrikel mit normaler systolischer Funktion. Die Prognose quoad vitam ist ungçnstig. ] EKG 7 SA-/AV-Blockierungen, evtl. schrittmacherpflichtiger Sinusarrest, 7 uncharakteristische Repolarisationsstærungen (T-Senkung, -Abflachung), 7 Schenkelblockbilder, 7 ventrikulåre Arrhythmien, z. T. ventrikulåre Tachykardien, 7 Vorhofflimmern. ] Speziell bei Amyloidose 7 Niedervoltage in Extremitåtenableitungen trotz strukturdichtem linken Ventrikel (Echokardiographie!), 7 R-Reduktion V2/V3, so dass der Verdacht auf einen durchgemachten Vorderwandinfarkt aufkommt. Die letzten beiden EKG-Verånderungen sind fçr die kardiale Amyloidose so typisch, dass bei ihrem Zusammentreffen bis zum Beweis des Gegenteils immer der Verdacht auf eine Amyloidose geåuûert werden sollte. Differentialdiagnostisch sollte 149
Rechtsventrikulåre Dysplasie
Restriktive Kardiomyopathie bei kardialer Amyloidose: Sinusrhythmus, AV-Block I. Grades, f = 65/min, extreme Niedervoltage in den Extremitåtenableitungen. R ± Reduktion in V2±4
auch an EKG-Verånderungen im Rahmen einer Hypothyreose gedacht werden (D Abschn. 3.10.1).
3.2.4 Rechtsventrikulåre Dysplasie (arrhythmogene rechtsventrikulåre Erkrankung) Es handelt sich um eine sehr seltene progressive Degeneration des rechten Ventrikels mit Kammerdilatation und Reduktion der rechtsventrikulåren Auswurffraktion bei erhaltener linksventrikulårer Funktion; Degeneration der rechtsventrikulåren Muskelzellen mit Ersatz durch Fett- und Bindegewebe. Die Øtiologie ist unklar, wenigstens teilweise genetisch bedingt. Die meist jugendlichen, ansonsten gesunden Patienten sind durch ventrikulåre Tachykardien, evtl. mit plætzlichem Herztod, gefåhrdet. Die Tachykardien treten insbesondere bei kærperlicher Belastung auf (vgl. D Abschn. 4.7.3). ] EKG 7 Keine pathognomonischen EKG-Verånderungen, 7 bei fehlendem Rechtsschenkelblock: gleichschenklig negatives T in V2±V4, 7 ST-Strecken-Hebung in V2/V3, 7 r'-Zacke in V1 bei Verlångerung des QRS-Komplexes auf 110 ms (¹EpsilonZackeª), 7 zahlreiche ventrikulåre Arrhythmien, 7 linksschenkelblockartig konfigurierte ventrikulåre Tachykardie. ] Therapie. Eine kausale Therapie ist nicht mæglich. Da bei vital bedrohlichen Kammertachykardien eine Katheterablation kaum Erfolg verspricht, ist die ICD-Implantation die Therapie der Wahl. 150
Hypertonie
Ruhe-EKG bei rechtsventrikulårer Dysplasie: gleichschenklig negative T-Wellen in V2±V4. Verlångerung des QRSKomplexes auf 110 ms durch die ¹Epsilon-Zackeª (Ableitung V1, Pfeil)
3.3 Hypertonie Die arterielle Hypertonie ist die håufigste Ursache pathologischer EKG-Verånderungen. Ein jahrelang bestehender Hypertonus hat eine Widerstandshypertrophie des linken Ventrikels zur Folge, die in eine Linksherzinsuffizienz çbergehen kann. ] Beginnende Widerstandshypertrophie des linken Ventrikels 7 Tendenz zum Linkstyp, 7 beginnende Linksherzhypertrophie, 7 leichte ST-Senkung, flaches, pråterminal negatives T in Abl. I, aVL, V5, V6 und Nehb D.
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Stabile KHK ] Ausgeprågte Widerstandshypertrophie des linken Ventrikels 7 Linkstyp, 7 Linksherzhypertrophie, positiver Links-SokolowIndex, 7 ausgeprågter diskordanter Linkstyp (ST in Abl. I gesenkt, konvexbogig mit pråterminal negativem T, in Abl. III und aVR ansteigend zu positivem T), 7 konvexbogige ST-Senkung in Abl. V5 und V6 sowie in Nehb D mit pråterminal tief negativem T, Abflachung von T auch in Abl. II, V4, 7 P sinistroatriale, 7 Linksschenkelblock.
Essenzielle Hypertonie. 75-jåhrige Patientin: Seit 12 Jahren Hypertension bekannt. Diskordanter Linkstyp, Linksherzhypertrophie, Linksherz-Sokolow-Index 3,7 mV. P sinistroatriale
3.4 Koronare Herzerkrankung (KHK) 3.4.1 Stabile koronare Herzerkrankung Etwa 70% der Patienten mit stabiler Angina pectoris bei chronischer KHK ohne durchgemachten Myokardinfarkt zeigen im Ruhe-EKG keine nennenswerten Verånderungen. In den çbrigen Fållen findet man Zeichen, die nur im Zusammenhang mit der Anamnese oder stenokardischen Beschwerden als Ausdruck einer koronaren Herzerkrankung gedeutet werden kænnen. Besonders aussagekråftig ist ein wåhrend eines Angina-pectoris-Anfalls registriertes EKG oder ein Belastungs-EKG. ] Ein normales Ruhe-EKG schlieût eine koronare Herzerkrankung grundsåtzlich nicht aus! Die Hypoxie im Rahmen eines Angina-pectoris-Anfalls manifestiert sich primår in den linksventrikulåren subendokardialen Bezirken, im sog. Bereich der ¹letzten Wiesenª. Wenn im normal durchbluteten Teil des Herzens keine Potenzialdifferenz mehr besteht (ST-Strecke isoelektrisch), verhålt sich der hypoxische, subendokardiale Bezirk noch elektropositiv, so dass der ST-Vektor in Richtung auf die Låsion abweicht und die ST-Strecke gesenkt wird. 152
Akutes Koronarsyndrom ] Håufige Verånderungen 7 Deszendierende, horizontale oder muldenfærmige ST-Strecken-Senkung, besonders in Abl. V5±V6, Nehb D, je nach Lagetyp in Abl. I, II oder II, III, 7 Abflachung der T-Welle, gleichschenklig negatives T (bis zum Beweis des Gegenteils Hinweis auf stattgehabten Myokardinfarkt!), 7 negative, biphasische U-Wellen in den Brustwandableitungen, 7 ventrikulåre Extrasystolen in Kombination mit ST-Strecken-Senkung, 7 als Zeichen eines durchgemachten Myokardinfarktes çber dem infarzierten Areal: ± Q-Zacken, Ausbildung von QS-Komplexen, ± R-Amplitudenreduktion, R-Verlust, ± gleichschenklig negative T-Welle, Aufrichtung des T nach Wochen, ± persistierende ST-Hebung (Aneurysmaverdacht). ] Differenzialdiagnose (vgl. auch D Abschn. 3.4.2) 7 ST-Senkung bei Digitalismedikation, Sympathikotonie, anhaltender Tachykardie, z. B. AV-junktionaler Reentry-Tachykardie (kein Hinweis auf Myokardischåmie!), 7 horizontal gesenkte oder deszendierende ST-Strecke bei Druckbelastung infolge Hypertonieherz, Linksherzhypertrophie u. a. ] Wenn bisher kein Myokardinfarkt eingetreten ist, kænnen nur dynamische EKGVerånderungen im Zusammenhang mit Angina-pectoris-Beschwerden als Ausdruck einer akuten Myokardischåmie gewertet werden. Wenn irgend mæglich, empfiehlt es sich daher, ein Vor-EKG zum Vergleich heranzuziehen. Bei stabiler KHK mit eingeschrånkter Koronardurchblutung kænnen unter kærperlicher Belastung Endstreckenverånderungen auftreten. Bei normalem Ruhe-EKG und Verdacht auf koronare Herzerkrankung wird daher unter Berçcksichtigung der Kontraindikationen zur Diagnostik einer Koronarinsuffizienz ein Belastungs-EKG abgeleitet (D Abschn. 3.4.6). Dagegen ist das Ruhe-EKG in der Notfallsituation des akuten Koronarsyndroms (instabile Angina pectoris, akuter Myokardinfarkt) von hoher diagnostischer Bedeutung. Von der frçhzeitigen elektrokardiographischen Diagnose des Myokardinfarkts hångt das weitere therapeutische Vorgehen mit zeitnaher Thrombolyse oder mechanischer Rekanalisation des verschlossenen Koronargefåûes ab.
3.4.2 Akutes Koronarsyndrom (instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt) Dem Herzinfarkt liegt eine Myokardnekrose mit nachfolgender Vernarbung innerhalb von Wochen bis Monaten infolge unzureichender Blutversorgung eines Myokardbezirks zugrunde. Ûblicherweise ist der akute Gefåûverschluss bedingt durch 7 Plaque-Ruptur, Thrombose einer rupturierten sklerotischen Kranzarterie (sehr håufig), 7 hochgradige Stenose oder akute ædematæse Intimaquellung ohne Thrombose (selten), 153
Akutes Koronarsyndrom 7 Gefåûspasmus bei meist vorgeschådigter Kranzarterie (selten), 7 sehr selten: Koronarverschluss infolge Entzçndung (z. B. Koronariitis bei Periarteriitis nodosa) oder Verschluss durch Koronarembolien (z. B. bei intrakavitåren Thromben oder Vorhofmyxom). Das akute Koronarsyndrom umfasst die ¹instabile Angina pectorisª und den Myokardinfarkt. Beide Begriffe haben in den letzten Jahren einen Bedeutungswandel erlebt, da gemåû aktueller Definition der europåischen Kardiologengesellschaft der Herzinfarkt als Nachweis eines typischen Ablaufs von herzspezifischen Nekrosemarkern (d. h. Troponin) bei Vorliegen einer prolongierten Ischåmie oder im Zusammenhang mit einer Koronarintervention definiert wird. Die frçher sog. ¹Troponin-positiveª instabile Angina pectoris wird somit heute auch als Herzinfarkt eingestuft. Wegen des zeitnahen therapeutischen Managements sollte das akute Koronarsyndrom einer der folgenden Kategorien zugeordnet werden: 7 ST-Hebungsinfarkt (STEMI = ¹ST elevation myocardial infarctionª) mit ST-Hebungen > 1 mm in 2 benachbarten Extremitåtenableitungen (> 2 mm in 2 benachbarten Brustwandableitungen) oder wahrscheinlich neuem Linksschenkelblock ist durch das aktuelle EKG zu diagnostizieren. Diese Gruppe umfasst etwa 30±40% aller Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Sie profitieren am meisten von einer sofortigen Reperfusionstherapie. Bei entsprechender Symptomatik sind weitere diagnostische Maûnahmen vor Einleitung einer Thrombolyse oder Koronarangiographie/PTCA in der Regel nicht notwendig. Bei diesen Patienten ist das Risiko eines plætzlichen Kammerflimmerns hoch und die rasche Verfçgbarbeit eines Defibrillators oft lebensrettend. 7 Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI = ¹non ST elevation myocardial infarction; EKG ohne ST-Hebungen; Angina-pectoris-positiv; Troponin-positiv; 25±40%) und instabile Angina pectoris (EKG ohne ST-Hebungen; Angina-pectoris-positiv; Troponin-negativ; 25±35%) bilden bezçglich Pathogenese, Risiko und Management ein Kontinuum. Diese Patienten kænnen meist erst nach stationårem Therapiebeginn durch Verlaufsbeobachtung von Symptomen, EKG und Troponin differenziert werden. Sie weisen im EKG Absenkungen der STStrecke oder weniger spezifisch Negativierungen der T-Welle auf. Mitunter findet sich auch ein vællig normales EKG, wobei Zweifel an der Diagnose eines akuten Koronarsyndroms aufkommen sollten, wenn ein normales EKG unter Beschwerden registriert wurde. Nicht selten finden sich im initialen EKG auch unter Anwendung von Spezialableitungen (V7±V9, V4R, Nehb D), die bei jedem unklarem Befund regelmåûig abgeleitet werden sollten, keine signifikanten ST-Hebungen. Insbesondere bei Verschluss des R. circumflexus zeigt das EKG in > 50% einen Normalverlauf oder lediglich ST-Senkungen. Das Fehlen von EKG-Verånderungen garantiert jedoch kein niedrigeres Risiko! 7 Patienten mit Angina pectoris und/oder positivem Troponin bei vorbestehendem Linksschenkelblock oder Schrittmacherstimulation: Sie lassen sich in diese Kategorien nicht einordnen, haben aber aufgrund ihrer vorbestehenden Herzerkrankung oft ein Risiko, das noch hæher liegt als bei Patienten mit STHebungsinfarkt. 154
Akutes Koronarsyndrom
Akutes Koronarsyndrom: a Zustand nach altem Posterolateralinfarkt mit Beteiligung der hohen Hinterwand (hohes, breites R in V2). Jetzt: deutliche horizontale ST-Senkung in V2/V3; b 20 min nach i.v.-Gabe von Glyceroltrinitrat: Normalisierung der ST-Strecke im Anteroseptalbereich. Rçckgang der pektanginæsen Beschwerden. Im Verlauf keine CK-Erhæhung. Angiographisch: Verschluss der RCA, hochgradige RIA-Stenose
Prinzmetal-Angina bei einem 55-jåhrigen Patienten. Massive ST-Elevationen in fast allen Brustwandableitungen. Ein ventrikulåres Couplet. Rçckgang des Anfalls und der EKG-Verånderungen innerhalb von 5 min. Keine CKErhæhung. Koronarangiographie: maximal 50%ige proximale Stenose des RIA
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ST-Hebungsinfarkt 7 Seltene Sonderform: Prinzmetal- (Variant-) Angina, vasospastische Angina: pektanginæser Anfall in Ruhe, aus dem Schlaf heraus mit z. T. extremen ST-Elevationen. Håufig verbunden mit ventrikulåren Arrhythmien. Nach Ende des meist wenige Minuten dauernden Anfalls Rçckgang der EKG-Verånderungen. Je nach Dauer und Schwere des Anfalls positiver Troponin-Nachweis. Fålle mit plætzlichem Herztod sind beschrieben worden. Das Belastungs-EKG ist negativ. Ursache: Koronarspasmus bei meist arteriosklerotisch verånderten, aber auch normalen Koronararterien ohne Plaqueruptur und damit ohne Thrombus.
3.4.2.1 Typische EKG-Verånderungen wåhrend des ST-Hebungsinfarkts Der Kammerkomplex, ST-Strecke und T-Welle åndern sich im Verlauf eines Myokardinfarkts in typischer Weise. Die elektrophysiologischen Vorgånge, die zu den charakteristischen Verånderungen fçhren, wurden bereits auf S. 123 besprochen. Das EKG ermæglicht die Abschåtzung von Infarktstadium, Infarktausdehnung und Infarktlokalisation. Die Verånderungen hången vom Ausmaû der Nekrose ab: Das Auftreten einer Q-Zacke charakterisiert einen ausgedehnten Infarkt (Q-Zacken-Infarkt, auch ¹transmuraler Infarktª genannt), wåhrend das Fehlen einer Q-Zacke (Nicht-Q-Zacken-Infarkt, auch ¹nichttransmuraler, subendokardialer oder intramuralerª Infarkt genannt) eher ein kleineres Infarktausmaû anzeigt (D S. 158). Kleinere Infarkte wie z. B. Verschlçsse im Bereich des R. circumflexus oder septaler Øste bilden sich håufig im EKG nicht ab oder sind nur durch o. a. Spezialableitungen zu erfassen. Direkte Infarktzeichen werden çber dem Infarktareal abgeleitet, indirekte Infarktzeichen (z. B. spiegelbildliche STStrecken-Senkungen) çber dem Areal, das dem Infarktareal gegençberliegt.
] Akutes Stadium, Initialstadium (Minuten bis Tage) ] T hoch positiv, Erstickungs-T, ¹T-en-domeª. In den ersten Minuten kann als Ausdruck der subendokardialen Ischåmie eine flçchtige Ûberhæhung der T-Welle auftreten. Die ST-Strecke ist in diesem Stadium meistens etwas angehoben oder gesenkt. Diese Verånderungen werden bei akutem Myokardinfarkt selten registriert, sind aber wåhrend der PTCA håufig zu erkennen und bei Wiederherstellung der Perfusion reversibel. 156
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ST-Hebungsinfarkt ] ST-Elevation. In dem anoxischen Bezirk ± besonders in den Randzonen ± entsteht ein ¹Verletzungsstromª, welcher zu einer monophasischen, konvexen oder plateaufærmigen ST-Hebung in den Ableitungen çber dem Infarktareal fçhrt. Die ST-Hebung geht typischerweise aus dem absteigenden Schenkel der R-Zacke hervor und umfasst die gesamte T-Welle. Die ST-Hebung bildet sich nach Tagen bis zu einer Woche zurçck. Eine Persistenz der STStrecken-Elevation wird bei Ausbildung eines Ventrikelaneurysmas beobachtet. Als indirekte Infarktzeichen: ST-Strecken-Senkungen in den Ableitungen, die dem infarzierten Areal gegençberliegen. ] Zwischenstadium und Folgestadium (Stunden bis Wochen) ] T-Wellen-Inversion. Mit der Rçckbildung der ST-Verlagerung wird die T-Welle gleichschenklig, spitz negativ. Die T-Inversion ist gewæhnlich nach 1±3 Wochen voll ausgeprågt und bildet sich meist innerhalb von Monaten zurçck. ] R-Amplitudenreduktion, R-Verlust. Besonders bei Vorderwandinfarkt Rçckgang der R-Zacke, was bei komplettem R-Verlust zu einem QS-Komplex fçhren kann.
Infarktstadien (modifiziert nach E. Cabrera)
] Pathologisches Q (Pardee-Q). QRS erfåhrt mit Eintritt der Muskelnekrose Verånderungen, welche im Vergleich zu den Verånderungen der ST-Strecke/T-Welle oft dauerhaft sind. Die Muskelnekrose verhålt sich elektrisch inaktiv. Die Vektoren des umgebenden Gewebes bestimmen das Verhalten des Summationsvektors. Ûber der nekrotischen Zone werden Q-Zacken, QR- und QS-Komplexe abgeleitet. Die Q-Zacke bleibt meist als einziger Hinweis auf den frçheren Infarkt zurçck. Sehr selten nimmt der QRS-Komplex nach einem Infarkt wieder seine ursprçngliche Form an. Q-Zacken kænnen sich schon 2 h nach Infarktbeginn ausbilden, nach 12 h haben sie meist ihre endgçltige Form erreicht. ] Charakteristika der pathologischen Q-Zacke 7 ³ 0,04 s in den Extremitåtenableitungen, ³ 0,03 s in den BWA. 7 ³ 25% der Amplitude der nachfolgenden R-Zacke in Abl. III und aVF sowie V2±V6; bei QIII muss die R-Zacke in Abl. III > 0,5 mV sein. 7 Bei QIII darf in Ableitung I keine S-Zacke vorhanden sein. Es darf kein Rechtstyp vorliegen. 7 QIII soll bei tiefer Inspiration nicht kleiner werden (Differenzialdiagnose zu Qm bei Linkslagetyp).
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Nicht-Q-Zacken-Infarkt Der Myokardinfarkt ist die håufigste Ursache einer pathologischen Q-Zacke. Seltenere Ursachen umfassen Kardiomyopathien, Lungenembolien, akzessorische Leitungsbahnen, Hypertrophie und Thoraxdeformitåten (D Abschn. 2.3.2). ] Chronisches Stadium, Endstadium, Ventrikelaneurysma In den meisten Fållen verbleibt die Q-Zacke als Hinweis auf den durchgemachten Myokardinfarkt lebenslang, die STStrecke normalisiert sich; evtl. Aufrichtung der T-Welle, sehr selten kommt es zur Rçckbildung des normalen QRSKomplexes. Ûber 4 Wochen persistierende ST-Strecken-Hebungen mçssen als Hinweis auf ein mægliches Aneurysma des linken Ventrikels gewertet werden. Dieses Zeichen ist relativ spezifisch, aber wenig sensitiv (< 25%). Insbesondere bei Zustand nach Hinterwandinfarkt schlieût ein Fehlen dieser EKG-Verånderung ein Aneurysma nicht aus; zur Beståtigung des EKG-Befunds Echokardiographie (D Abb. S. 178). ] EKG Hinweise 7 Ausgedehnter Myokardinfarkt, 7 persistierende ST-Elevation çber dem infarzierten Areal, 7 tiefe, breite Q-Zacken, evtl. QS-Komplexe çber dem infarzierten Areal, 7 evtl. Provokation der ST-Strecken-Elevation mittels Belastung mæglich, 7 T negativ, evtl. T-Wellen-Umkehr unter Belastung. ] Mægliche Komplikationen 7 Kammertachykardien, 7 Linksherzdekompensation, 7 kardioembolischer Insult (Antikoagulation?), 7 Ventrikelruptur. ] Nicht-Q-Zacken-Infarkt (¹nichttransmuraler Infarktª) Bis vor wenigen Jahren glaubte man, einen ¹transmuralenª von einem ¹nichttransmuralenª Myokardinfarkt mit Hilfe der Q-Zacke abgrenzen zu kænnen. Diese Annahme hålt jedoch einer kritischen pathologisch-anatomischen Prçfung nicht stand. Wåhrend ein fehlendes pathologisches Q einen transmuralen Infarkt nicht ausschlieût, weisen andererseits zahlreiche Patienten mit nichttransmuralem/subendokardialem Infarkt Q-Zacken im EKG auf. Im angelsåchsischen Sprachraum haben sich deshalb die deskriptiven Begriffe ¹Q-wave-infarctionª und ¹Non-Q-Waveinfarctionª durchgesetzt, ohne damit Anspruch auf eine pathologisch-anatomische Klassifizierung zu erheben.
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Nicht-Q-Zacken-Infarkt Der gegençber dem Q-Zacken-Infarkt meist weniger ausgedehnte Nicht-Q-Zacken-Infarkt zeigt definitionsgemåû keine pathologischen Q-Zacken, dabei aber folgende EKG-Verånderungen: 7 R-Zacken-Reduktion, 7 Transiente ST-Elevation mit nachfolgend gleichschenklig negativen, terminalen T-Wellen, 7 ST-Strecken-Senkung.
EKG-Verånderungen bei Nicht-QZacken-Infarkt im Vorderwandbereich
Diese Verånderungen werden meist in mehreren Ableitungen gefunden. Sie kænnen sich innerhalb von Tagen und Wochen wieder normalisieren. Bei positivem Troponin liegt ein Infarkt, bei negativem Troponin ± sehr selten ± eine instabile Angina pectoris vor. In beiden Fållen muss von einem spontan rekanalisierten, kurzzeitigen Gefåûverschluss, einer rupturierten Plaque mit in die Peripherie verschlepptem Thrombus und/oder einer betråchtlichen Kollateralisierung ausgegangen werden. Die Klassifizierung eines Infarkts anhand der Q-Zacke hat folgende klinisch-prognostische Bedeutung: 7 Patienten mit Q-Zacken-Infarkt haben einen ausgedehnteren Infarkt und somit eine ungçnstigere Kurzzeitprognose als Patienten mit Nicht-Q-Zacken-Infarkt. 7 Die Reinfarktrate und die Håufigkeit der Postinfarkt-Angina ist bei Patienten mit Nicht-Q-Zacken-Infarkt hæher. 7 Die Langzeitprognose ist infolge der hæheren Reinfarktrate bei Nicht-Q-Zacken-Patienten bei beiden Infarkttypen gleich. Aus diesen Grçnden sollte bei jedem Patienten mit Nicht-Q-Zacken-Infarkt eine umgehende koronarangiographische Abklårung erwogen werden.
159
Myokardinfarkt 3.4.2.2 Lokalisation des Myokardinfarkts Durch Zuordnung der EKG-Ableitungen mit direkten Infarktzeichen zu den zugehærigen Arealen des Herzens ist eine grobe Lokalisation des Infarkts und des wahrscheinlichen Infarktgefåûes mæglich. Die Variabilitåt des Koronararterienverlaufs machen es insbesondere bei inferiorem Infarkt schwierig, zuverlåssig das verschlossene Koronargefåû anzugeben. Der R. interventricularis anterior (RIA) ist in 44±56%, die rechte Herzkranzarterie (RCA) in 27±35% und der R. circumflexus (RCx) in 15±21% der Fålle betroffen. Unglçcklicherweise liegt bis heute keine international verbindliche Infarktnomenklatur vor, so dass im Folgenden der in Deutschland çbliche Sprachgebrauch so weit wie mæglich der angelsåchsischen Nomenklatur angeglichen wird. Die EKG-Verånderungen mit ihren direkten und indirekten Infarktzeichen werden im Folgenden den einzelnen Infarktlokalisationen bzw. den zugehærigen Gefåûverschlçssen zugeordnet. Zur Orientierung dienen die Schemazeichnungen:
Man beachte beim Schnitt durch den linken (LV) und rechten Ventrikel (RV), dass die das Septum versorgenden Gefåûe R. interventricularis anterior (RIA) und R. interventricularis posterior (RIP) direkt çber- bzw. unterhalb des Septums angeordnet sind. Das rechte Schema der Koronaranatomie zeigt einen ¹Rechtsversorgerª, d. h. das inferiore Areal des Herzens (im Deutschen unglçcklicherweise meist ¹Hinterwandª genannt, obwohl dieser Teil des Herzens korrekterweise die ¹Unterwandª repråsentiert) und Teile des Septums werden vom R. interventricularis posterior (RIP) aus der rechten Herzkranzarterie (RCA) versorgt. Beim ¹Linksversorgerª entspringt dieses Gefåû dem R. circumflexus (RCx), so dass ein inferiorer Infarkt sowohl durch Verschluss der rechten Herzkranzarterie (80%) als auch durch Verschluss des R. circumflexus (20%) hervorgerufen werden kann.
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Vorderwandinfarkt Tabelle 3.1 Infarkttyp
Direkte Infarktzeichen
Verschlusslokalisation
1. Vorderwandinfarkt (anteriorer Myokardinfarkt, Versorgungsbereich des RIA) 7 Ausgedehnter Vorderwandinfarkt V1±V6, I, aVL Proximaler RIA 7 Anteroseptalinfarkt V1±V3, (V4) Distaler RIA 7 Anterolateralinfarkt V4±V6, I, aVL Mittlerer RIA 7 Lateralinfarkt I, aVL Diagonal-, Marginalast 7 Apikaler Infarkt V3±V4, II, III, aVF Distaler RIA 7 Hauptstammverschluss aVR, evtl. V1, III Hauptstamm diffuse ST-Senkung 2. Inferiorer Infarkt (engl.: ¹inferior infarctionª, deutsch oft unglçcklicherweise Hinterwandinfarkt; die deutsche Bezeichnung ¹Hinterwandinfarktª ist irrefçhrend, da die Hinterwand topographisch eigentlich das posteriore Areal des linken Ventrikels darstellt; çberwiegend Versorgungsbereich der RCA) 7 Inferiorer Infarkt 7 Inferolateralinfarkt 7 Inferiorer Infarkt mit rechtsventrikulårer Beteiligung
III, II, aVF, Nehb D III, II, AVF, V5±V6 III, II, aVF, Vr3±Vr6
80% RCA, 20% RCx Dominante RCA, RCx Proximale RCA
3. Posteriorer Infarkt (= eigentlicher Infarkt der ¹Hinterwandª, Versorgungsbereich des RCx) 7 Posteriorer Infarkt Hohes R in V1, V2 R. circumflexus
3.4.2.3 Vorderwandinfarkt (anteriorer Myokardinfarkt) ] Ausgedehnter Vorderwandinfarkt (D Abb. S. 164) Durch proximalen Verschluss des R. interventricularis anterior der linken Herzkranzarterie sind die linksventrikulåre Vorderwand, die Seitenwand sowie der obere Abschnitt des Ventrikelseptums bis zur Herzspitze betroffen. 7 Direkte Infarktzeichen: V1±V6, I, aVL, Nehb A, I 7 Indirekte Infarktzeichen: III, aVF
161
Vorderwandinfarkt Fçr die Diagnose des ausgedehnten Vorderwandinfarkts sind die BWA die wichtigsten Ableitungen. Besonders bei alten Vorderwandinfarkten zeigen die Ableitungen I und aVF oft keine Infarkthinweise mehr. Patienten mit neu aufgetretenem Rechtsschenkelblock, LAH oder beidem, mit Herzinsuffizienz und/oder AV-Block II Typ Mobitz haben eine deutlich eingeschrånkte Prognose. ] Anteroseptalinfarkt Die Bezeichnung ¹Anteroseptalinfarktª ist irrefçhrend. Bei direkten Infarktzeichen in Ableitung V1±V3 liegt ein Verschluss des RIA im mittleren oder ± håufiger ± distalen Drittel vor. Das Septum ist selten involviert, wåhrend die Herzspitze praktisch immer betroffen ist. Im deutschen Sprachraum wird deshalb treffender die Bezeichnung ¹supraapikaler Vorderwandinfarktª verwandt. Er wird allein aus den BWA diagnostiziert. Die Kontraktionsstærung ist meist oberhalb, vor allem aber an der Herzspitze lokalisiert. Rein septale Infarkte sind extrem selten und entziehen sich der EKG-Diagnostik. 7 Direkte Infarktzeichen: V1±V3, (V4), 7 Indirekte Infarktzeichen: keine. ] Anterolateralinfarkt (D Abb. S. 165/166) Der Anterolateralinfarkt entsteht durch Verschluss des R. interventricularis anterior im mittleren Drittel, so dass durch Verschluss diagonaler und septaler Øste sowohl die Lateralwand und Teile des Septums beteiligt sind. Er projiziert sich ebenfalls vorwiegend in die horizontale Ebene und wird daher auch aus den BWA diagnostiziert.
7 Direkte Infarktzeichen: V4±V6, I, aVL, 7 Indirekte Infarktzeichen: keine.
162
Vorderwandinfarkt ] Lateralinfarkt Dem Lateralinfarkt liegt meist ein Verschluss eines kråftigen Diagonalastes des R. interventricularis anterior, sehr viel seltener der Verschluss eines hoch abgehenden Marginalastes des R. circumflexus zugrunde. Der Infarkt manifestiert sich nur in Abl. I und aVL und entgeht nicht selten der flçchtigen EKG-Durchsicht. Im Ventrikulogramm erkennt man meist eine eindeutige Kontraktionsstærung der vorderen Lateralwand. 7 Direkte Infarktzeichen: I, aVL, 7 Indirekte Infarktzeichen: keine. ] Apikaler Infarkt Diese Infarktbezeichnung beschreibt den Verschluss des distalen R. interventricularis anterior, wenn dieser ± çber die Ventrikelspitze hinausgehend ± auch apexnahe Anteile der Hinterwand mit versorgt. Es handelt sich also um einen anterioren-inferioren Infarkt. Dieser Begriff ist nicht unumstritten und wird verschiedenen Autoren unterschiedlich ausgelgt. Er sollte deshalb nur mit Vorbehalt benutzt werden. 7 Direkte Infarktzeichen: V3±V4, II, III, aVF, 7 Indirekte Infarktzeichen: keine. ] Hauptstammverschluss (D Abb. S. 166) Patienten mit Hauptstammverschluss haben eine åuûerst ungçnstige Prognose und erreichen das Herzkatheterlabor håufig im kardiogenen Schock. Das Ruhe-EKG von Patienten mit (subtotalem) Hauptstammverschluss zeigt meist kaum direkte Infarktzeichen. Typisch ist eine ST-Elevation von ³ 0,1 mV in aVR und ST-Elevation in aVR > V1; evtl. ST-Strecken-Senkung in II/III und V3±V5. Eine Summe der ST-Strecken-Verånderungen ³ 18 mm aus allen 12 Ableitungen des Ruhe-EKG spricht mit einer Sensitivitåt von 90% fçr eine Hauptstammerkrankung. 7 Direkte Infarktzeichen (çberraschend wenig!): ST-Elevation in aVR hæher als in V1, 7 Indirekte Infarktzeichen: II/III, V3±V5.
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Vorderwandinfarkt
Akuter ausgedehnter Vorderwandinfarkt: ST-Hebungen in V2±V6 und aVL. Indirekte Zeichen (ST-Senkungen) in III, II und aVF. Proximaler Verschluss des RIA vor dem ersten Diagonalast
Verlauf eines akuten Vorderwandinfarkts (proximaler RIA-Verschluss) mit erfolgreicher Thrombolyse. Sinusrhythmus, çberdrehter Linkstyp. a Monophasische ST-Hebungen in V1±V4, aVL zu Beginn des Status angionosus, ¹T-en-Domeª b Vier Stunden nach Beginn der Thrombolyse: Q-Zacke in V2, noch monophasische ST-Elevation in V2/V3 c Drei Tage nach Thrombolyse: R-Reduktion in V2, jedoch kleines R in V1 und V3
164
Vorderwandinfarkt
a Schwerer Angina-pectoris-Anfall, Erstickungs-T in Abl. V3/V4 b Vier Stunden spåter: gleichschenklig negatives ¹koronares Tª und unverånderter QRS-Komplex in V2±V5 als Zeichen eines Nicht-Q-Zacken-Infarkts im Vorderwandbereich. CK-Anstieg auf 250 U/ml. Koronarangiographisch: subtotale proximale RIA-Stenose
Chronisches Stadium eines ausgedehnten Anterolateralinfarktes. Rechtstyp als Folge des Myokardverlusts. QSKomplex in I, aVL, V1±V5. Gleichschenklig negatives T in Abl. V4±V6
Nicht-Q-Zacken-Infarkt im Anterolateralbereich im Zwischenstadium. Gleichschenklig negatives T in I, aVL, V2±V6 bei erhaltenem QRS-Komplex. Angiographisch proximale 90%ige RIA-Stenose
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Vorderwandinfarkt
Chronisches Stadium eines Anterolateralinfarkts. Linksstyp, Linkshypertrophie, QS in V1±V3. Muldenfærmige ST-Senkung V5±V6 als Digitalisfolge
Residuen eines 3 Jahre alten Anterolateralinfarkts. 78-jåhriger Patient: Pathologisches Q in Abl. I, II, aVL, V3±V6. Flache T-Wellen in V4±V6
Hauptstammverschluss: ST-Elevation in aVR > V1, ST-Senkung in II/III und V3±V6; Summe aller ST-Senkungen 18 mm; Sinustachykardie 120/min, kardiogener Schock
166
Inferiorer Infarkt 3.4.2.4 Inferiore Infarkte ] Inferiorer Infarkt (diaphragmaler Infarkt, ¹Hinterwandinfarktª) (D Abb. S. 171±173) Er entsteht durch Verschluss der RCA bei Rechtsversorger (80%) oder des RCx bei Linksversorger (20%). Er projiziert sich wegen seiner entgegengesetzten Lage nicht direkt in die Brustwandableitungen. 7 Direkte Infarktzeichen: III, II, aVF, Nehb D; evtl. V7±V9, 7 Indirekte Infarktzeichen: I, aVL; V1±V4. Eine vorçbergehende ST-Senkung in aVL ist ein sensitives Frçhzeichen fçr einen akuten inferioren Infarkt. Die ST-Strecken-Senkungen in den Ableitungen V1±V4 sind keine ¹echtenª indirekten Zeichen, da sie in der Horizontalebene auftreten. Sie sind aber ein wertvoller Hinweis, da sie in den Routineableitungen auftreten. Sie werden zuweilen irrtçmlich als Vorderwandischåmie gedeutet. Da sie fçr eine groûe Ausdehnung des inferioren Infarkts sprechen, gelten sie ebenso wie ein AVBlock III, eine rechtsventrikulåre Beteiligung und zusåtzliche ST-Hebungen im Lateralbereich als prognostisch ungçnstig. Etwa 20% der Patienten entwickeln einen AV-Block II Typ I oder AV-Block III, der sich immer, evtl. nach Wochen, zurçckbildet. Es besteht meist ein zuverlåssiger junktionaler Ersatzrhythmus. Zur Frage des pathologischen QIII D S. 157. Ob die RCA oder der RCx verschlossen ist, låsst sich aus dem Oberflåchen-EKG beantworten: Ist die ST-Elevation in Ableitung III > Ableitung II und findet sich eine ST-Strecken-Senkung > 1 mm in I oder aVL, ist die RCA verschlossen. Eine STHebung in V1 oder Vr4 spricht fçr einen ganz proximalen RCA-Verschluss mit rechtsventrikulårer Beteiligung (s. unten). Ist die ST-Strecken-Elevation in Ableitung II > Ableitung III und liegt eine ST-Elevation in I, aVL, V5 und V6 sowie eine ST-Strecken-Senkung in V1±V3 vor, muss man von einem RCx-Verschluss ausgehen.
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Inferiorer Infarkt ] Inferolateralinfarkt (D Abb. S. 170, 173) Die Ausdehnung des inferioren Infarkts (III, II, aVF) auf die hintere Seitenwand mit direkten Infarktzeichen in V5±V6 infolge einer verschlossenen dominanten rechten Herzkranzarterie oder infolge eines Verschlusses des R. circumflexus bei Linksversorger kennzeichnet den Inferolateralinfarkt. 7 Direkte Infarktzeichen: III, II, aVF, V5±V7, Nehb D, 7 Indirekte Infarktzeichen: V1±V3.
] Inferiorer Infarkt mit rechtsventrikulårer Beteiligung (D Abb. S. 171) Isolierte rechtsventrikulåre Infarkte sind extrem selten. Jedoch zeigen etwa 30% aller inferioren Infarkte zusåtzlich eine rechtsventrikulåre Beteiligung, bedingt durch einen proximalen RCA-Verschluss. Sie haben damit eine schlechtere Prognose. Eine frçhzeitige Diagnose ermæglicht die adåquate Intensivtherapie: ausreichende Volumenzufuhr, bei AV-Block II/III passagere sequenzielle Vorhof-Kammer-Stimulation. Deshalb sollten bei jeder Aufnahme eines Patienten mit inferiorem Infarkt die rechtsventrikulåren Ableitungen registriert werden. Die Beteiligung des rechten Ventrikels bei inferiorem Infarkt sollte zusåtzlich echokardiographisch gesichert werden, da die EKG-Verånderungen in Vr4 flçchtig sind (< 12 Stunden). 7 Direkte Infarktzeichen: III, II, aVF, Vr3±Vr5; ST-Hebung > 0,1 mV in Vr4 sensitiv und hochspezifisch fçr rechtsventrikulåre Beteiligung; selten: abnehmende ST-Elevation in V1±V3, 7 Indirekte Infarktzeichen: keine.
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Posteriorer Infarkt 3.4.2.5 Posteriorer Infarkt (D Abb. S. 173/174) Der posteriore Infarkt ist relativ selten. Er ist meist bedingt durch den Verschluss des R. circumflexus. Im 12-Kanal-EKG ist er schwierig zu erkennen, da keine echten ¹posteriorenª Ableitungen vorhanden sind. Etwa 50% der Patienten mit RCxVerschluss weisen nichtdiagnostische EKG-Verånderungen auf. Die Diagnose gelingt am ehesten durch Registrierung von V7±V9 und Nehb D oder Beachtung der indirekten Infarktzeichen in den rechtspråkardialen Ableitungen V1±V2. Voraussetzung ist das Fehlen eines Rechtsschenkelblocks sowie der Ausschluss einer rechtsventrikulåren Hypertrophie. 7 Direkte Infarktzeichen: V8±V9 (V7, Nehb D) 7 Indirekte Infarktzeichen: gesenktes ST, hohes spitzes T in V1±V2; R/S-Relation > 1,0; R-Zacke ³ 0,040 s in V2/V3; ¹R-Amplitudensturzª > 50% zwischen V4/V5 oder V5/V6.
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Inferiorer Infarkt
Akuter Inferolateralinfarkt bei Vorhofflimmern und AV-Block III. Ersatzrhythmus aus dem His-Bçndel. ST-Elevation in II, III, aVF sowie V4±V6; Indirektes Infarktzeichen (ST-Senkung) in V2
Akuter Inferolateralinfarkt bei dominanter rechter Herzkranzarterie, die auch Teile der Lateralwand versorgt. Monophasische ST-Hebungen in II, III, aVF, V6±V3. Atriale Extrasystole folgt der Sinuserregung in den BWA
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Inferiorer Infarkt
Akuter inferiorer Infarkt mit ST-Elevation in II, III und aVF. Bei rechtsventrikulårer Beteiligung mit groûem rechtsventrikulåren Ast abnehmende ST-Elevation von V1 nach V3 (selten!). Dieser Befund darf nicht mit einem Anterolateralinfarkt verwechselt werden. Dreikanalaufzeichnung
Akuter inferiorer Infarkt mit Rechtsherzbeteiligung und AV-Block III: ST-Hebung und angedeutetes Q in II, III, aVF; endståndig negatives T in III, aVF. In den rechtspråkardialen Abl. Vr3±Vr6. ST-Hebung als Zeichen der rechtsventrikulåren Beteiligung. Als seltener Hinweis auf die rechtsventrikulåre Beteiligung: ST-Hebung in V1
171
Inferiorer Infarkt
Akuter Verschluss eines kaliberstarken Ramus circumflexus bei Linksversorgungstyp: Akuter inferiorer Infarkt. Geringe ST-Hebung in II, III, aVF, V5, deutlicher in V6. Massive indirekte Zeichen (ST-Senkung) in V1±V3
Akuter inferiorer Infarkt. a Direkte Zeichen: ST-Elevation in Abl. II, III, aVF, indirekte Zeichen: ST-Senkung in V1 bis V6. b 11 Tage spåter Q in II, III, aVF, beginnend koronares T in II, III, aVF, V4±V6
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Inferiorer Infarkt
Akuter Inferolateralinfarkt. 76-jåhriger Patient: pathologisches Q, ST-Elevation in Abl. II, III, aVF, V6, Nehb D. Indirekte Infarktzeichen: ST-Senkung in Abl. I, aVR, aVL, V1±V3, Nehb J
Chronisches Stadium eines inferioren Infarkts. Verschluss einer dominanten rechten Herzkranzarterie, die çber die Herzspitze reicht. Q in Abl. II, III, aVF, aber auch in V6±V4
¹Nicht-Q-Zacken-Infarktª im inferioren Bereich. Kleines Q in Abl. III, angedeutet in II und aVF. Gleichschenklig negative T-Wellen in II, III, V6±V5 bei erhaltenem QRS-Komplex
Chronisches Stadium eines inferioren Infarkts (Q in II, III, aVF) mit Beteiligung der hohen Hinterwand (strikt posteriorer Infarkt: R/S-Relation > 1,0 in V2, R-Zacke ³ 40 ms in V2, ¹R-Amplitudensturzª V4±V6)
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Myokardinfarkt und Schenkelblock
Chronisches Stadium eines koronarangiographisch gesicherten posterioren Infarkts: klinisch keine Rechtsherzbeteiligung. R/S-Relation > 1,0 in V1, V2, R-Zacke > 40 ms in V2, ¹R-Amplituden-Sturzª in V4±V6. Die Q-Zacken in II, III, aVF sind allein nicht als pathologisch zu werten
3.4.3 Myokardinfarkt und Schenkelblock, Infarktrezidive Im Zeitalter der Reperfusionstherapie ist das Auftreten eines Schenkelblocks bei akutem Myokardinfarkt auf 2±5% zurçckgegangen. Der rechte Tawara-Schenkel und der linksposteriore Ast verfçgen çber eine doppelte Blutversorgung durch RIA und RCA, wåhrend der linksanteriore Ast ± nur çber die septalen Øste des RIA versorgt ± anfålliger ist. Håufigkeit: 7 linksanteriorer Hemiblock: 2±4%, 7 kompletter Linksschenkelblock: < 1,5%, 7 kompletter Rechtsschenkelblock: < 2%, 7 Rechtsschenkelblock mit linksanteriorem Hemiblock: 1%, 7 Rechtsschenkelblock mit linksposteriorem Hemiblock: < 1½. Zugrunde liegt meist ein ausgedehnter Vorderwandinfarkt mit proximalem Verschluss des RIA. Ein neu aufgetretener Schenkelblock ist bei inferiorem Infarkt selten, in Kombination mit einem alten Vorderwandinfarkt (Mehrgefåûerkrankung) jedoch håufiger. Selbst bei Patienten mit dem håufig auftretenden linksanterioren Hemiblock ist die Prognose gegençber Infarktpatienten ohne Schenkelblock eingeschrånkt. Bei 10% der Patienten mit intraventrikulåren Leitungsstærungen muss mit einem AV-Block III gerechnet werden, wobei der linksanteriore Hemiblock fast nie, neue bifaszikulåre Blockierungen in 30% bei Rechtsschenkelblock mit linksanteriorem Hemiblock und in 40% bei Rechtsschenkelblock mit linksposteriorem Hemiblock in einen AV-Block III çbergehen. Der neu aufgetretene Rechtsschenkelblock kennzeichnet somit bei Vorderwandinfarkt eine schlechte Prognose. Bei Erkennung eines Infarkts bietet der vorbestehende Schenkelblock zusåtzliche Schwierigkeiten. 174
Myokardinfarkt und Schenkelblock ] Vorderwandinfarkt und Rechtsschenkelblock (D Abb. S. 177) Ein Rechtsschenkelblock behindert die Diagnose einer Q-Zacke kaum, da der Rechtsschenkelblock çberwiegend ST-Strecke und T-Welle beeinflusst. ] Extremitåtenableitungen. 7 Infarkt-Q in Abl. aVL, I. ] Brustwandableitungen 7 Infarkt-Q in Abl. V1±V4 (qR-Zacke), 7 q manchmal noch linkspråkardial, 7 ST-Strecken-Hebung in Abl. V2±V4, 7 Spåter koronares T çber der Vorderwand.
] Inferiorer Infarkt und Rechtsschenkelblock Der Rechtsschenkelblock beeintråchtigt die Diagnostik eines inferioren Infarkts kaum. Wie bei Patienten ohne Rechtsschenkelblock finden sich infarkttypische Verånderungen in den Ableitungen III, aVF und II. Isolierte Q-Zacken in Ableitung III ohne Q-Zacken in Ableitung II und aVF sind nur mit Vorsicht als Zeichen eines abgelaufenen Infarkts zu werten. Anders stellt sich die Situation bei posteriorem Infarkt dar: Die ausgeprågten R-Zacken des Rechtsschenkelblocks kænnen die in den Ableitungen V1±V2 zu erwartenden hohen R-Zacken des posterioren Infarkts maskieren. In diesem Fall sollten die direkten Infarktzeichen in den Ableitungen V7±V9 unbedingt herangezogen werden. ] Myokardinfarkt und linksanteriorer Hemiblock (LAH) Der linksanteriore Hemiblock als håufigster Astblock bei akutem Myokardinfarkt 7 kann die Diagnose eines Infarkts erheblich erschweren. Dies gilt insbesondere fçr die Kombination LAH und inferiorer Infarkt. Statt des qR- oder QRKomplexes in Ableitung III bei inferiorem Infarkt kommt es zu einem rSKomplex in Ableitung III, II und aVF, wobei im Gegensatz zum LAH die R-Zacke in Ableitung III am græûten und in Ableitung II am kleinsten ist. Ûblicherweise sind die R-Zacken bei alleinigem LAH in Ableitung II und III etwa gleich groû, die Q-Zacke < 0,04 s. 7 Er kann das Bild eines abgelaufenen Lateralinfarkts imitieren: Kleine, initiale Q-Zacken in Ableitung I und aVL gehæren zum Bild des linksanterioren Hemiblocks und sollten nicht auf einen Lateralinfarkt schlieûen lassen. 175
Infarktrezidiv ] Myokardinfarkt und kompletter Linksschenkelblock (D Abb. S. 177) Bei einem kompletten Linksschenkelblock stæût die Diagnose eines Myokardinfarkts auf erhebliche Schwierigkeiten. Kleinere Infarkte fçhren håufig zu keinen Verånderungen. Von den zahlreichen in der Literatur angegebenen Kriterien haben sich in der Praxis die Punkte 1.±3. als relativ zuverlåssig erwiesen, so dass mit diesen Zeichen die Diagnose Myokardinfarkt bei Linksschenkelblock unter Berçcksichtigung der Klinik mit groûer Vorsicht bei diesen meist ålteren Patienten gestellt werden kann. Verdachtsmomente sind: 7 Ønderungen des QRS-Komplexes bzw. der ST-Strecke bei EKG-Verlaufskontrollen innerhalb der ersten 24±48 h; 7 ST-Strecken-Elevation ³ 1 mm konkordant mit dem QRS-Komplex oder > 5 mm diskordant zur Kammeranfangsschwankung (spricht fçr Vorderwandbzw. inferioren Infarkt); 7 ST-Strecken-Senkung in ³ 1 mm in V1±V3; 7 Hinweise fçr Vorderwandinfarkt: neue, kleine initiale Q-Zacke in V5, V6; neue, kleine initiale R-Zacke in V1, V2; 7 breite Knotung im aufsteigenden Schenkel von S in V3±V5; spricht fçr Vorderwandinfarkt.
] Infarktrezidive Infarktrezidive im Bereich eines abgelaufenen Myokardinfarkts sind keine Seltenheit. Ein primår eræffnetes Gefåû (Spontanlyse, Thrombolyse oder PTCA) verschlieût sich erneut. Dies fçhrt zum Untergang noch vitalen Restmyokards in der Randzone des ersten Infarkts. Das EKG zeigt entweder keinerlei Verånderungen gegençber dem Vor-EKG (insbesondere, wenn es sich um einen ausgedehnten Erstinfarkt handelte) oder es wiederholt sich das akute Bild und der Ablauf des ersten Infarkts. Der Verschluss eines weiteren Gefåûes (Mehrgefåûerkrankung) fçhrt zu einem Mischbild der Infarktresiduen (z. B. bei altem inferiorem Infarkt Q-Zacke in Ableitung III, II und aVF) mit frischen Verånderungen (z. B. ST-Elevation in V2±V4 bei frischem Vorderwandinfarkt: Wenn mæglich sollten in dieser Situation Vor-EKG zum Vergleich herangezogen werden. In sehr seltenen Fållen kænnen sich Infarktbilder sogar gegenseitig neutralisieren. 176
Infarkt und Schenkelblock
Akuter Vorderwandinfarkt bei komplettem Linksschenkelblock, monophasische ST-Elevation >2 mm in V2±V5
Akuter Vorderwandinfarkt und Rechtsschenkelblock: a abnormes Q in Abl. V1±V4, ST-Elevation in Abl. I, aVL und Abl. V2±V6 b 4 Wochen spåter c 4 Monate spåter weiterhin ST-Elevation in V3±V5, Verdacht auf Vorderwandaneurysma
177
Vorderwandaneurysma
Alter Vorderwandinfarkt mit Verdacht auf Vorderwandaneurysma (QS-Zacken und persistierende ST-Elevation in V1±V6) und frischer inferiorer Infarkt: Q-Zacke und frische ST-Elevation in II, III und aVF
Alter Vorderwandinfarkt mit Verdacht auf Vorderwandaneurysma (Q-Zacken und persistierende ST-Elevation in V1±V6) und alter inferiorer Infarkt: Tiefe Q-Zacke in II, III und aVF
178
Differenzialdiagnose Infarkt
3.4.4 Myokardinfarkt und Schrittmacher-EKG Elektrosystolen maskieren wie Schenkelblockbilder EKG-Verånderungen im Falle eines Infarkts. Bei Infarktverdacht kann man aus diagnostischen Grçnden folgendermaûen kurzfristig die Aktivitåt des Schrittmachers abstellen: Ûber dem Aggregat des Schrittmachers werden Elektroden angebracht, welche mit einem externen Schrittmacher verbunden sind, dessen hæhere Frequenz den internen Demandschrittmacher inaktiviert. Wåhrend dieses Manævers kænnen ggf. Eigenaktionen des Herzens im EKG registriert werden. ] Cave: Långer dauernde Asystolie (D Abb. S. 338).
3.4.5 Hinweise fçr eine erfolgreiche Reperfusionstherapie bei Infarkt Eine ausbleibende ST-Strecken-Normalisierung im Rahmen einer Thrombolysetherapie bei akutem Myokardinfarkt sollte 90 min nach Therapiebeginn Ûberlegungen bezçglich einer Notfall-PTCA aufkommen lassen. Eine ³ 70%ige Normalisierung der maximalen ST-Strecken-Elevation ist ein prognostisch gçnstiges Zeichen, ebenso wie eine T-Wellen-Inversion innerhalb der ersten 4 h nach Infarktbeginn. Eine T-Wellen-Inversion, die mehr als 4 h nach Beginn der Reperfusionstherapie auftritt, gehært zu den normalen Infarktverånderungen und ist kein Zeichen fçr einen Reperfusionserfolg. Bei erfolgreicher Reperfusion ist das Auftreten eines akzelerierten idioventrikulåren Rhythmus mit einer Frequenz von 60±120/min nicht selten. Diese Rhythmusstærung ist gutartig, verschwindet spontan und sollte nicht medikamentæs behandelt werden (D Abschn. 4.7.5). Polymorphe Kammertachykardien oder Kammerflimmern sind bei Reperfusionserfolg åuûerst selten und sollten eher den Verdacht auf ein weiter verschlossenes Gefåû nåhren.
3.4.6 Differenzialdiagnose infarkttypischer EKG-Verånderungen Eine Reihe von Erkrankungen kann im EKG zu Verånderungen im Sinne eines ¹Pseudoinfarktsª fçhren, die zu Fehldiagnosen Anlass geben kænnen. Sie seien deshalb abschlieûend noch einmal zusammengefasst: 1. Eine R-Zacken-Reduktion in den rechtspråkardialen Brustwandableitungen wird auch gefunden bei: 7 chronischer Lungenerkrankung, 7 Spontanpneumothorax, 7 linksventrikulårer Hypertrophie. 2. Eine Q-Zacke findet sich bei folgenden Erkrankungen: 7 hypertropher Kardiomyopathie, 7 dilatativer (kongestiver) Kardiomyopathie, 7 sekundåren Kardiomyopathien, wie z. B. bei Amyloidose, Sklerodermie, Friedreichsche Ataxie, progressive Muskeldystrophie, 7 linksanteriorem Hemiblock in I, aVL; kompletter Linksschenkelblock mit breitem QS-Komplex V1±V3 (abgelaufenen Myokardinfarkt ausschlieûen!), 179
EKG nach Herzoperation, -transplantation 7 Pråexzitationssyndrom, 7 akuter Lungenembolie. 3. Erkrankungen, bei denen ST-Segment- und T-Wellen-Verånderungen (nichttransmurale) Infarkte vortåuschen kænnen: 7 Hyperkaliåmie, 7 Subarachnoidalblutung, intrazerebrale Blutung, selten bei Hirntumoren, 7 Perikarditis/Myokarditis, 7 traumatische Myokardverletzung, wie z. B. Myokardkontusion, 7 primåre/sekundåre Herztumoren, 7 intermittierender Linksschenkelblock. Bei der Differenzialdiagnose infarkttypischer EKG-Verånderungen sind auch Verånderungen der Herzachse zu beachten: 4. Die Entwicklung eines Hinterwandinfarkts ist håufig verbunden mit der gleichzeitigen Entwicklung eines çberdrehten Linkstyps. Differenzialdiagnostisch ist hiervon der linksanteriore Hemiblock durch noch vorhandene kleine R-Zacken in Abl. II, III abzugrenzen. 5. Die Entwicklung eines Anterolateralinfarkts ist håufig verbunden mit der Entwicklung eines çberdrehten Rechtstyps. Dies ist eine Folge des Myokardverlusts im Rahmen des Infarkts und ist kein Hinweis auf die Entwicklung eines linksposterioren Hemiblocks.
3.5 EKG nach Herzoperation und Herztransplantation EKG-Verånderungen nach operativen Eingriffen am Herzen sind variabel und daher wenig spezifisch. Da inzwischen die aortokoronare Bypassoperation zu den håufigsten Operationen çberhaupt gehært, ist es erforderlich, dass die meist geringen Verånderungen auch vom nachbetreuenden Arzt erkannt und nicht çberbewertet werden. Zu diesen Verånderungen gehæren der Håufigkeit nach 7 Rhythmusstærungen, 7 Erregungsrçckbildungsstærungen, 7 Verånderungen des QRS-Komplexes, 7 Stærungen der Reizleitung und sehr viel seltener der Reizbildung. Um die Verånderungen korrekt deuten zu kænnen, sind Anamnese und ein pråoperatives EKG von groûer Bedeutung. Noch wåhrend des stationåren Aufenthalts treten bei 30±40% der kardiochirurgischen Patienten Vorhofflimmern, Vorhofflattern oder ± weit seltener ± eine atriale Tachykardie auf. Die hæchste Inzidenz besteht am 2. und 3. Tag, am 6. postoperativen Tag haben nur noch 3±6% der Patienten neu aufgetretene Vorhofarrhythmien. Als Ursachen kommen altersbedingte degenerative Verånderungen des Vorhofmyokards, Elektrolytstærungen, eine inadåquate Kardioprotektion und die perioperative mechanische Reizung in Frage. Sollten diese Arrhythmien långer anhalten und der Patient darunter symptomatisch werden, sind sie medikamentæs oder elektrisch 180
EKG nach Herzoperation, -transplantation leicht in den Sinusrhythmus zu çberfçhren. Eine pråoperative Betablockergabe reduziert das Auftreten dieser Rhythmusstærungen um etwa 50%. Bei stabilem Sinusrhythmus sollte eine etwaige antiarrhythmische Therapie frçh postoperativ abgesetzt werden. Auch ventrikulåre Extrasystolen treten vermehrt auf, sind aber ganz çberwiegend nicht behandlungsbedçrftig. Erregungsrçckbildungsstærungen wie z. B. flçchtige ST-Strecken-Elevationen oder nachfolgend gleichschenklig negative T-Wellen sind håufig bei postoperativen Patienten zu beobachten. Sie sind nur sehr selten im Sinne eines perioperativen Infarkts zu deuten, sondern ± besonders bei fehlenden Q-Zacken ± als perioperative Auûenschichtalteration. Verånderungen des QRS-Komplexes im Sinne von neu aufgetretenen Hemi- oder Schenkelblæcken sind besonders nach Klappenoperationen zu beobachten. Dabei wird der Linksschenkelblock am håufigsten angetroffen, sehr viel seltener kommt es zu einem schrittmacherpflichtigen AV-Block. Unter der Operation kann eine bislang latent vorhandene Sinusknotendysfunktion manifest werden, so dass bei symptomatischem Patienten eine Schrittmacherimplantation erforderlich wird. Unmittelbar nach orthotoper Herztransplantation sind im EKG zwei verschiedene Vorhoferregungen zu erkennen. Dabei hat die Vorhoferregung des Empfångerherzens keine Beziehung zum QRS-Komplex und fçhrt zu keiner Kammerdepolarisation, wåhrend die P-Welle des Spenderherzens in einem festen Verhåltnis zum Kammerkomplex steht. Die Vorhoferregung des Empfångerherzens hat eine reduzierte Amplitude in Ableitung V1, zeigt nicht selten tachykarde, aber unerhebliche Vorhofarrhythmien und ist evtl. nach Monaten nicht mehr nachzuweisen. Die Mehrzahl der Arrhythmien nach Herztransplantation sind gutartig und bedçrfen keiner antiarrhythmischen Therapie. So haben z. B. > 60% der Patienten postoperativ atriale und ventrikulåre Extrasystolen, die klinisch kaum von Bedeutung sind. Das Auftreten folgender Arrhythmien ist jedoch im Zusammenhang mit der klinischen Situation zu beurteilen: 7 Eine frçh-postoperative symptomatische Sinusknotendysfunktion kann operationsbedingt sein und sollte ebenso wie ein hæhergradiger AV-Block, wenn dieser nicht durch eine Abstoûungsreaktion bedingt ist, eine Schrittmacherimplantation in Erwågung ziehen lassen. 7 Anhaltendes Vorhofflimmern oder -flattern lange nach der Transplantation ist håufig ein Zeichen einer Abstoûungsreaktion. 7 Komplexe ventrikulåre Arrhythmien oder hæhergradige SA/AV-Blockierungen kænnen entweder im Rahmen einer chronischen Abstoûungsreaktion auftreten oder weisen auf schwere Transplantatvaskulopathie hin.
181
Belastungs-EKG
Extremitåtenableitungen eines 58-jåhrigen Patienten mit schwerster KHK, einen Tag nach orthotoper Herztransplantation. In Ableitung II sind die Sinusaktionen des Empfångers (durch Pfeile gekennzeichnet) und die Sinusaktion des transplantierten Herzens jeweils vor dem QRS-Komplex zu erkennen
3.6 Belastungs-EKG Durch kontrollierte dynamische Belastung wird eine Steigerung des Herz-Zeit-Volumens und des O2-Verbrauchs hervorgerufen. Dies fçhrt bei Herzgesunden zu keinen pathologischen EKG-Verånderungen. Bei Koronarpatienten kann die myokardiale Sauerstoffversorgung unzureichend werden und sich in pektanginæsen Beschwerden und/oder pathologischen ST-Strecken-Verånderungen manifestieren. Im Gegensatz zur Koronarangiographie, die morphologische Verånderungen der Koronargefåûe erfasst, dokumentiert das Belastungs-EKG funktionelle Einschrånkungen (Dynamik der Stenosen, Ausmaû der Koronarreserve, Kollateralversorgung). Es ist jedoch im Gegensatz zum Infarkt-EKG und zur verbreiteten Vorstellung nicht in der Lage, einen lokalisierten Ischåmienachweis zu fçhren. Die aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft fçr Kardiologie zur Durchfçhrung von Ergometrien, auf die sich die folgende Darstellung stçtzt, sind unter www.dgkardio.de abrufbar. Eine Ûberarbeitung ist fçr das Jahr 2005 vorgesehen.
3.6.1 Indikationen Vor Einsatz des Belastungs-EKG sollte der Arzt çber die Wertigkeit der individuellen Indikation Rechenschaft ablegen. Die Empfehlungen der American Heart Association und des American College of Cardiology von 1997 teilen diese Indikationen in 3 Klassen ein. Dabei wird unterschieden in Patienten ohne/mit bekannter KHK, 182
Belastungs-EKG nach Myokardinfarkt, nach durchgefçhrten Revaskularisationsmaûnahmen und unter Arrhythmiebehandlung bzw. belastungsinduzierten Arrhythmien. Die Indikationsstellung ist heutzutage wesentlich differenzierter als noch vor wenigen Jahren. ] Klasse I (gesicherte Indikation mit genereller Akzeptanz) 7 Patienten mit måûigem Risiko fçr eine KHK (auch Patienten mit komplettem Rechtsschenkelblock und ST-Strecken-Senkung < 1 mm im Ruhe-EKG); 7 Patienten mit Verdacht auf KHK oder bekannter KHK, besonders bei Verånderung des klinischen Bilds; 7 nach Myokardinfarkt zur Beurteilung von Prognose, kærperlicher Aktivitåt und Medikation (symptomlimitiert nach 2±3 Wochen); 4±6 Wochen nach Entlassung, wenn ein frçh durchgefçhrter Belastungsversuch submaximal war; 7 Ischåmienachweis vor Revaskularisation; 7 Patienten mit rezidivierenden Symptomen nach Revaskularisation; 7 Einstellung frequenzadaptativer Schrittmacher-Systeme. ] Klasse II a (mægliche Indikation mit çberwiegend positiver Beurteilung durch Experten) 7 Vasospastische Angina pectoris, 7 nach Koronarrevaskularisation zur Beurteilung der Leistungsfåhigkeit und Festlegung der kærperlichen Aktivitåt, 7 bei hohem Restenoserisiko 1 Monat nach Revaskularisation, 7 Reproduktion belastungsabhångiger Arrhythmien, 7 Beurteilung therapeutischer Verfahren (medikamentæs, Ablation) bei belastungsinduzierten Arrhythmien, 7 Ausschluss proarrhythmischer Effekte nach Beginn einer antiarrhythmischen Therapie, 7 Beurteilung chronotroper Kompetenz. ] Klasse II b (mægliche Indikation, aber çberwiegend negative Beurteilung durch Experten) 7 Patienten mit sehr hoher/sehr niedriger Wahrscheinlichkeit fçr eine KHK (nach Alter, Symptomen und Geschlecht), 7 ST-Strecken-Senkung < 1 mm im Ruhe-EKG unter Digitalis-Medikation, 7 linksventrikulåre Hypertrophiezeichen und ST-Strecken-Senkung < 1 mm im Ruhe-EKG, 7 nach Myokardinfarkt und Koronarangiographie zur Beurteilung der myokardialen Ischåmie, 7 Patienten nach Myokardinfarkt und mit abnormen EKG-Befunden im RuheEKG: ± WPW-Syndrom, ± permanente Schrittmacherstimulation, ± ST-Strecken-Senkung > 1 mm im Ruhe-EKG, ± kompletter Linksschenkelblock, ± Linksherzhypertrophie, ± Digitalistherapie, 183
Belastungs-EKG 7 7 ± ± ±
Untersuchungen von Personen mit mehreren Risikofaktoren, Untersuchungen von Månnern > 40 Jahre: vor kærperlichem Training, bei sicherheitsrelevanten Berufen (Pilot, Busfahrer), mit hoher Wahrscheinlichkeit fçr KHK (chronische Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus), 7 Untersuchungen von asymptomatischen Frauen > 50 Jahre vor kærperlichem Training, 7 regelmåûige Beurteilung des Status bei asymptomatischen Patienten mit hohem Risiko fçr Restenose, Bypass-Verschluss oder Progression der KHK, 7 Patienten mittleren Alters mit und ohne KHK mit isolierten ventrikulåren Extrasystolen. ] Klasse III (keine Indikation, generelle Ablehnung) 7 Abnormer Befund im Oberflåchen-EKG: ± WPW-Syndrom, ± permanente Schrittmacherstimulation, ± ST-Strecken-Senkung > 1 mm im Ruhe-EKG, ± kompletter Linksschenkelblock (QRS-Breite > 120 ms), 7 Routine-Untersuchung von asymptomatischen Personen, 7 Lokalisation der Ischåmie zur Festlegung der Interventionsart, 7 Routine-Untersuchung nach PTCA/Bypass-Operation ohne spezifische Indikation, 7 asymptomatische junge Patienten mit isolierten Extrasystolen.
3.6.2 Kontraindikationen Grundsåtzlich sind in der Praxis strengere Kriterien fçr die Kontraindikationen anzuwenden als in der Klinik. Die Kontraindikationen werden auch beeinflusst durch die Erfahrung des untersuchenden Arztes sowie durch die Mæglichkeit, bei Komplikationen adåquat eingreifen zu kænnen. Bei Vorliegen relativer Kontraindikationen kann ein Belastungs-EKG durchgefçhrt werden, wenn der Nutzen der Untersuchung das Risiko çbersteigt. ] Absolute Kontraindikationen 7 Akuter Myokardinfarkt, 7 instabile Angina pectoris, 7 Herzrhythmusstærungen mit Symptomatik und/oder eingeschrånkter Håmodynamik, 7 symptomatische schwere Aortenstenose, 7 dekompensierte Herzinsuffizienz, 7 akute Lungenembolie, 7 akute Myokarditis/Perikarditis/Endokarditis, fieberhafter Infekt, 7 akute Aortendissektion, 7 frische thromboembolische Prozesse. 184
Belastungs-EKG ] Relative Kontraindikationen 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7
Hauptstammstenose, Klappenerkrankungen måûigen Schweregrads, bekannte Elektrolytstærungen, arterielle Hypertonie (RR > 200 mmHg systolisch, > 110 mmHg diastolisch), Tachy-, Bradyarrhythmie, Hypertrophie, Kardiomyopathie und andere Formen der Ausflussbahnobstruktion, hæhergradige AV-Blockierungen, physische und/oder psychische Beeintråchtigungen, schwere pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale, hohes Alter, schlechter Trainingszustand.
3.6.3 Personelle, technische und praktische Voraussetzungen ] Der Untersucher Da das Belastungs-EKG nicht risikofrei ist (letale Komplikationen < 0,03%, nichttædliche Myokardinfarkte < 0,09%, Gesamtmorbiditåt < 0,5%), sollte es nur in Anwesenheit eines Arztes, der mit Notfallmaûnahmen vertraut ist, angefertigt werden. Der Belastung muss eine Anamnese (frçhere und jetzige Beschwerden, Belastungstoleranz, Alter, Risikofaktoren, kardiale Erkrankungen usw.) und klinische Untersuchung (Herz-, Lungenbefund, Blutdruck etc.) vorausgehen. Der erhobene Befund (u. a. Ræntgen, Echokardiographie, Ruhe-EKG), die Vormedikation (Digitalis, Betablocker, Nitrate, Antiarrhythmika) sowie die Fragestellung mçssen dem Untersucher bekannt sein. ] Der Patient Der Patient sollte ausgeruht sein, 2 h vor der Untersuchung måûig gefrçhstçckt haben (Nikotin-, Kaffee-, Tee-Verbot) und çber den Untersuchungsvorgang aufgeklårt sein. Kleidung: mæglichst Turnhose und Sportschuhe. ] Der Ergometrie-Messplatz 7 Drehzahlunabhångige Fahrradergometrie in sitzender oder liegender Position, Umdrehungszahl 50±60/min, alternativ Laufbandergometer, 7 6-Kanal-, besser 12-Kanal-EKG-Schreiber fçr alle Extremitåten und Brustwandableitungen, mæglichst mit EKG-Mittelungsmæglichkeit, 7 Klebe- oder Saugelektroden, 7 Monitor mit Herzfrequenzanzeige zur kontinuierlichen Ûberwachung des EKG-Verlaufs, 7 Blutdruckmessgeråt, 7 Mæglichkeit zur Defibrillation und Schrittmachertherapie, Notfallmedikation, 7 Infusionsbesteck, Sauerstoffinsufflations- und Intubationsmæglichkeit, 7 Raumtemperatur 18±22 8C, nicht unter 16 8C Luftfeuchtigkeit < 60%. 185
Belastungs-EKG ] EKG-Ableitung Ischåmische ST-Strecken-Senkungen manifestieren sich meist in den linksventrikulåren Ableitungen V4±V6, da diese Ableitungen die hæchste R-Amplitude aufweisen. Fçr die Fahrradergometrie werden die Ableitungen V1±V6 sowie modifizierte Extremitåtenableitungen verwendet: Die Armelektroden werden im Bereich des linken und rechten Schultergelenks, die Beinelektroden im Bereich des linken und rechten Unterbauchs fixiert. Bei dieser Elektrodenanordnung ist allerdings die Beurteilung der Herzachse und der Q-Zacken nicht mæglich. Man kann also kein korrektes Ruhe-EKG schreiben. Sorgfåltige Oberflåchenpråparation der Haut mit Alkohol setzt den Hautwiderstand erheblich herab. Kontinuierliche Monitorçberwachung aller EKGAbleitungen; in Ruhe, im Liegen bzw. auf dem Fahrrad im Sitzen vor der Belastung jeweils ein AusgangsEKG; wåhrend der Belastung Registrierung der EKGAbleitungen jede Minute; in der Erholungsphase fçr 5±10 min Registrierung der Ableitungen jede Minute, bis der Ausgangszustand wieder erreicht ist. ] Blutdruck Blutdruckmessung erfolgt vor Beginn der Belastung und am Ende jeder Belastungsstufe; Ablesen des diastolischen Drucks in Ruhe beim Verschwinden der KorotkoffTæne, wåhrend der Belastung beim Leiserwerden der Korotkoff-Tæne. Bei Belastung findet sich ein kontinuierlicher Blutdruckanstieg mit systolischen Spitzenwerten von 160±200 mmHg. Der diastolische Blutdruck zeigt eine geringere Schwankungsbreite von + 10 mmHg im Vergleich zum Ausgangswert. Als Faustregel unter Belastung gilt: bei 100 Watt sollte der Blutdruck 200/100 mmHg (Sitzen) und 210/105 mmHg (Liegen) bei einem 30- bis 50-Jåhrigen nicht çberschreiten. Unzureichende systolische Blutdruckanstiege (maximaler systolischer Blutdruck < 120 mmHg) und ein signifikanter Blutdruckabfall unter den Ausgangswert sind als Zeichen einer schweren Pumpfunktionsstærung und/oder einer koronaren Mehrgefåûerkrankung zu werten. Ein abrupter Blutdruckabfall nach Belastungsbeginn kann auf eine Hauptstammstenose hinweisen. Einem çberhæhten Blutdruck unter Belastungsbedingungen (> 230/115 mmHg) kommt nicht unbedingt eine pathologische Bedeutung zu, wie der håufig verwendete Terminus ¹Belastungshypertonieª impliziert. Ein çberhæhter Blutdruck kann aber ein Hinweis auf eine bereits vorliegende oder sich entwickelnde arterielle Hypertonie sein.
186
Belastungs-EKG ] Herzfrequenz Die Herzfrequenz steigt unter Belastung linear an, bedingt durch sympathische und parasympathische Innervation des Sinusknotens sowie durch zirkulierende Katecholamine. Wenn medikamentæse Einflçsse ausgeschlossen sind, kann ein verzægerter Herzfrequenzanstieg und/oder das Nichterreichen des angestrebten Herzfrequenzmaximums Zeichen einer Sinusknotenfunktionsstærung und/oder einer eingeschrånkten LV-Funktion sein. Ein çberschieûender Herzfrequenzanstieg findet sich demgegençber vor allem bei Trainingsmangel, Inaktivitåt, Hypovolåmie, Anåmie oder eingeschrånkter LV-Funktion.
3.6.4 Belastungsstufen Um die Belastung grob abzuschåtzen, ergeben sich folgende Analogien zu Tåtigkeiten in Beruf oder Freizeit: 7 25±30 Watt: Spaziergang in der Ebene, 7 75±125 Watt: Gartenarbeit, Schaufeln, Treppensteigen, Radfahren mit måûigen Steigungen, 7 150 Watt: Dauerlauf, Radfahren bei Gegenwind oder bergauf. Fçr Belastungsuntersuchungen wurde von der WHO ein Schema vorgeschlagen, mit dem sich bei den meisten Patienten eine hinreichende Ausbelastung erzielen låsst. Dieses Schema sieht eine Belastungssteigerung um jeweils 25 Watt alle 2 min vor, beginnend mit 25 oder 50 Watt bis zum Erreichen der submaximalen Ausbelastungsfrequenz, falls keine Abbruchkriterien eintreten. Bei Patienten, die die Belastung anfangs mçhelos tolerieren, kann die Belastungsstufe im Einzelfall auch um 50 Watt gesteigert werden. ] Ausbelastungsfrequenz = maximale Frequenz = 220 minus Lebensalter Der zuverlåssige Ausschluss einer KHK ist nur mæglich, wenn der Patient zumindest submaximal belastet wird. Falls kein Grund dafçr besteht, die Belastung vorzeitig abzubrechen, kann sie nach Erreichen der altersabhångigen submaximalen Herzfrequenz (= 85% der maximalen Herzfrequenz) fçr 1±3 min fortgesetzt werden. Der Test ist umso aussagekråftiger, je hæher die Belastung ist! Tabelle 3.2. Maximale und submaximale Herzfrequenz fçr verschiedene Altersgruppen Altersdekade (Jahre) 20±29
30±39
40±49
50±59
60±69
7 Maximale Herzfrequenz
190
182
179
171
164
7 85% der maximalen Frequenz
165
155
151
154
139
187
Belastungs-EKG Herzkranke werden grundsåtzlich nur submaximal belastet. Bei Patienten mit pektanginæsen Beschwerden sowie bei Patienten unmittelbar nach Infarkt (bei unkompliziertem Infarkt ³ 1 Woche) erfolgt der Beginn mit 25 Watt. Fçr sehr leistungsfåhige Patienten hat sich das Schema des Bundesausschuss fçr Leistungssport bewåhrt, das initial von 50 Watt, bei månnlichen Sportlern von 100 Watt ausgeht. Die Leistung wird bei diesem Protokoll alle 3 min um jeweils 50 Watt gesteigert. Die Belastungsdauer richtet sich nach dem Erreichen der submaximalen Ausbelastungsfrequenz. Es schlieût sich eine Beobachtung der Erholungsphase von 5±10 min an, in der noch Ischåmiereaktionen und Rhythmusstærungen auftreten kænnen.
3.6.5 Abbruchkriterien Unterschieden werden absolute und relative Abbruchkriterien. Vereinzelte ventrikulåre Extrasystolen oder das Auftreten eines Links- oder Rechtsschenkelblocks sind keine Abbruchkriterien, wenngleich diese Befunde zur Vorsicht fçhren sollten. ] Absolute Indikationen 7 ST-Strecken-Senkung ³ 3 mm, 7 ST-Streckenhebung ³ 1 mm, 7 RR-Abfall > 10 mmHg im Vergleich zum Ausgangsblutdruck mit Zeichen der myokardialen Ischåmie (ST-Strecken-Senkung, Angina pectoris), 7 måûige bis schwere Angina-pectoris-Symptomatik (trotz normalem Belastungs-EKG), 7 schwere Dyspnoe, 7 klinische Zeichen einer Minderperfusion (Zyanose), 7 anhaltende (Dauer > 30 s) ventrikulåre Tachykardie, 7 Erschæpfung des Patienten, 7 technische Probleme (Monitorausfall, defekte EKG-Registrierung). ] Relative Indikationen 7 Hypertensive Fehlregulation (RR systolisch 230±260 mmHg, diastolisch ³ 115 mmHg), 7 RR-Abfall > 10 mmHg im Vergleich zum Ausgangsblutdruck ohne Zeichen einer myokardialen Ischåmie (keine ST-Strecken-Senkung, keine Angina pectoris), 7 polymorphe ventrikulåre Extrasystolie, ventrikulåre Couplets und Salven, 7 supraventrikulåre Tachykardien, 7 Bradyarrhythmien, 7 Auftreten von Leitungsstærungen (hæhergradiger AV-Block, Schenkelblock), 7 verstårkte Angina-pectoris-Symptomatik.
188
Belastungs-EKG
3.6.6 Belastungsreaktionen im EKG ] Normale Belastungsreaktionen 7 P betont, gelegentlich verbreitert; PQ gering verkçrzt (um 10±40 ms); Achsendrehung nach rechts; 7 geringgradige Senkungen der ST-Strecke (£ 0,10 mV) und des J-Punkts, besonders bei aszendierendem ST-Strecken-Verlauf (> 1 mV/s); 7 T-Welle flach bis isoelektrisch, U-Welle betont und verlångert. ] Pathologische Belastungsreaktion 7 Typische, wåhrend der Belastung auftretende pektanginæse Beschwerden, die nach Gabe von Nitrospray reversibel sind, sprechen fçr eine KHK, auch ohne ST-Strecken-Verånderungen (positiver Belastungsversuch). 7 Horizontale oder deszendierende ST-StreckenSenkung > 0,1 mV gegençber der Isoelektrischen (= PQ-Strecke) 60±80 ms nach dem J-Punkt (60 ms fçr Frequenz > 120 ms). Ist der ST-Strecken-Verlauf ansteigend, wird eine ST-StreckenSenkung von ³ 0,15 mV 80 ms nach dem J-Punkt als pathologisch angesehen. Bei einer schon im Ruhe-EKG vorliegenden ST-Strecken-Senkung gilt der Belastungs-Versuch dann als pathologisch, wenn sich die ST-Strecke um zusåtzlich ³ 0,1 mV senkt. 7 ST-Strecken-Senkungen ³ 0,2 mV, deszendierender ST-Strecken-Verlauf, ST-Strecken-Senkung in ³ 5 Ableitungen und Persistenz der ST-StreckenSenkung werden als Zeichen einer koronaren Mehrgefåûerkrankung mit ungçnstiger Prognose gesehen. Allgemein gilt: Je mehr Ableitungen belastungsabhångige ST-Strecken-Senkungen aufweisen, desto græûer ist das ischåmische Myokardareal. 7 Die ST-Strecken-Senkung erlaubt keine Lokalisation des Ortes der kardialen Ischåmie. Das Auftreten von ST-Strecken-Senkungen ist bei komplettem Linksschenkelblock nicht als Zeichen einer kardialen Ischåmie zu verstehen. Das Auftreten von linkspråkardialen ST-Strecken-Senkungen bei komplettem Rechtsschenkelblock kann Ausdruck einer myokardialen Ischåmie sein. 7 Hebungen der ST-Strecke ³ 1,0 mm werden nach Q-Zacken-Infarkt relativ håufig beobachtet (nach 189
Belastungs-EKG Vorderwandinfarkt * 30%, nach inferiorem Infarkt * 15%). Sie gelten als Ausdruck linksventrikulårer Wandbewegungsstærungen, sehr selten als Ausdruck noch funktionsfåhigen Restmyokards. Bei Patienten ohne Q-ZackenInfarkt sind ST-Strecken-Hebungen ³ 0,1 mV extrem selten und mçssen als pathologisch angesehen werden (vor allem proximale RIA-Stenose, Prinzmetal-Angina). 7 Das Aufrichten einer negativen T-Welle (T-Wellen-Inversion) ist ohne sichere diagnostische Bedeutung. Die seltene T-Wellen-Abflachung oder Negativierung ist ebenfalls unspezifisch und allein kein Zeichen fçr eine KHK. 7 U-Wellen-Negativierung ist selten isoliert und meist kombiniert mit ST-Senkung in Abl. V5/V6: evtl. Hinweis auf proximale RIA-Stenose oder Stammstenose. 7 QRS-Verbreiterung: Ein frequenzabhångiger Linksschenkelblock tritt in £ 0,4% auf. Der frequenzabhångige Rechtsschenkelblock ist noch seltener und bei hoher Frequenz Ausdruck einer physiologischen aberrierenden Leitung, da im Allgemeinen der rechte Tawara-Schenkel eine långere Refraktårzeit als der linke Schenkel aufweist; Verdacht auf Koronarinsuffizienz nur bei Angina pectoris und/oder pathologischer ST-Strecken-Senkung. Dagegen ist der frequenzabhångige Linksschenkelblock und linksanteriore Hemiblock (extrem selten) fast immer als pathologisch zu werten, z. B. als erstes Zeichen einer beginnenden dilatativen Kardiomyopathie. ] Pathologische Herzrhythmusstærungen 7 AV-Blockierungen (u. a. relative Verlångerung der PQ-Zeit, fehlende Verkçrzung einer in Ruhe verlångerten PQ-Zeit); 7 Vorhofflimmern, Vorhofflattern; 7 ventrikulåre Extrasystolen, Bigeminus, Couplets: prognostische Bedeutung sicher geringer als ST-Strecken-Senkung; nicht sicher reproduzierbar; håufiger bei Zustand nach Infarkt, Mehrgefåûerkrankung, schlechter LV-Funktion; sowohl funktionell als auch organisch bedingte Extrasystolen kænnen unter Belastung verschwinden; 7 Kammertachykardie, Kammerflimmern.
3.6.7 Falsch-positive Reaktionen (¹Pseudoischåmieª) 7 ST-T-Verånderungen schon in Ruhe. Bei vorliegender ST-Strecken-Senkung wird das Belastungs-EKG als pathologisch angesehen, wenn sich die ST-Strecke weiter um ³ 0,1 mV senkt. 7 Zahlreiche Pharmaka: Digitalis fçhrt bei 25±40% der Gesunden zu pathologischen ST-Strecken-Senkungen. Wåhrend sich unter Digitalis bei Personen ohne KHK das Ausmaû der ST-Strecken-Senkung mit zunehmender Belastung håufig vermindert, wird bei Patienten mit KHK bei steigender Belastung meist eine zunehmende ST-Strecken-Senkung beobachtet, so dass auch unter Digitalis bei diesen Pa190
Belastungs-EKG
7 7 7 7 7 7 7 7
tienten das Belastungs-EKG nicht ohne Bedeutung ist. Falls vertretbar und erforderlich, Glykosidpause: Digoxin 7±10 Tage, Digitoxin 3 Wochen. Antiarrhythmika: Vor allem fçr Flecainid und andere Klasse Ic Antiarrhythmika ist das Auftreten belastungsinduzierter ventrikulårer Tachykardien beschrieben worden. Das Belastungs-EKG kann als Test zur Sicherheit einer antiarrhythmischen Medikation genutzt werden. Antidepressiva, Alpha-Methyl-Dopa. Hypokaliåmie unter Diuretika und Laxanzien. Thoraxdeformierung. Bei asymptomatischen Frauen mittleren Alters håufig falsch-positive Reaktion, wahrscheinlich durch eine hæhere Katecholaminausschçttung wåhrend der Belastung und andere Faktoren, z. B. Hormonpråparate, bedingt. Linksherzhypertrophie, Klappenfehler (Aortenvitien, insbesondere Aortenstenose), WPW-Syndrom, Mitralklappenprolaps, Vorhofflimmern. Linksschenkelblock: keine Beurteilung mæglich. Rechtsschenkelblock: Beurteilung von V4±V6 mæglich. Nicht koronarbedingte Hypoxie: z. B. Anåmie, Herzklappenfehler mit niedrigem Auswurf. Thyreotoxikose, Myxædem. ST-Strecken-Senkungen ohne Belastung, z. B. im Rahmen von supraventrikulåren Tachykardien (AVJRT, atriale Tachykardie), dçrfen keinesfalls als Ischåmiereaktion gewertet werden.
3.6.8 Falsch-negative Reaktionen 7 Ein unauffålliges Belastungs-EKG schlieût eine KHK nicht aus (z. B. bei ausreichender Kollateralversorgung, bei Hauptstammstenose, bei Eingefåûerkrankung, z. B. des R. circumflexus). 7 Zu geringe Belastung. 7 Unzureichendes Ableitungsprogramm. 7 Zu kurze Dauer der Nachbeobachtungsphase. 7 Tagesschwankungen: Zu verschiedenen Tageszeiten/Tagen kann das Ausmaû der ST-Strecken-Senkung unter gleichen Belastungsbedingungen schwanken. Bei klinischem Verdacht auf KHK und negativem Belastungs-EKG ist eine Kontrolluntersuchung zu einem anderen Zeitpunkt angezeigt. 7 Betablocker fçhren wegen der nicht maximalen Belastungsfåhigkeit zu einer Einschrånkung der Aussagekraft des Belastungs-EKG; je nach Wirkungsdauer 6±48 h ausschleichend absetzen. 7 Kalziumantagonisten verlångern das Zeitintervall bis zum Auftreten von Angina pectoris und/oder ST-Strecken-Senkungen. 7 Nitrate haben keinen Einfluss auf Verånderungen der ST-Strecke, verlångern aber das Zeitintervall bis zum Auftreten von Angina pectoris und/oder STStrecken-Senkung. Nitropråparate 2±4 h vor Belastungs-Untersuchung absetzen.
191
Belastungs-EKG
3.6.9 Beurteilung bei pathologischem Vor-EKG 7 Bei Linksschenkelblock oder WPW-Syndrom ist eine Zunahme der ST-Strecken-Senkung unter Belastung nicht zu verwerten. 7 Bei Rechtsschenkelblock kann eine pathologische ST-Strecken-Senkung in Ableitung V4±V6 als Ischåmiereaktion gewertet werden. 7 Bei Linksherzhypertrophie nehmen die ST-Strecken-Senkungen unter Belastungstachykardie zu (Verkçrzung des QT-Intervalls). Rçckschlçsse auf eine Koronarinsuffizienz sind daher unzuverlåssig. 7 Bei schon vorhandener ST-Strecken-Senkung ist eine weitere Senkung um ³ 0,1 mV als pathologisch zu werten. ] Belastungs-EKG-Verånderungen bei Zustand nach Myokardinfarkt 7 Bei Zustand nach Myokardinfarkt kann man unter Belastungsbedingungen im nekrotischen und vernarbten Gebiet keine Ischåmiereaktion hervorrufen, evtl. jedoch in deren Randzone. 7 Eine Ischåmiereaktion in Ableitungen ohne Infarktabgriff spricht fçr eine Stenose eines weiteren Koronargefåûes oder mehrerer Koronargefåûe. 7 Negativierung einer normalisierten T-Welle gilt eher als nicht pathologisch. 7 Aufrichtung einer infarktinduzierten negativen T-Welle bei submaximaler Belastung ist als Zeichen einer nicht ganz vollståndigen Vernarbung des Infarktareals zu werten. 7 ST-Strecken-Anhebung bei Nicht-Q-Zacken-Infarkt gilt als Ischåmiereaktion.
3.6.10 Aussagekraft des Belastungs-EKG (Bayes-Theorem) Fçr die Zuverlåssigkeit der Aussagekraft des Belastungs-EKG spielt die Pråvalenz der KHK im untersuchten Krankengut eine entscheidende Rolle. Das Bayes-Theorem verknçpft die Wahrscheinlichkeit eines richtig-positiven Tests nicht nur mit dessen Sensitivitåt fçr diese Erkrankung, sondern auch mit der Pråvalenz dieser Erkrankung in dem untersuchten Patientengut. Das heiût, dass ein positives BelastungsEKG bei einem Hochrisikopatienten (z. B. zahlreiche Risikofaktoren, Angina-pectoris-Symptomatik) mit hoher Wahrscheinlichkeit fçr das Vorliegen einer KHK spricht, wåhrend ein positives Belastungs-EKG im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung (z. B. Piloten) wesentlich håufiger falsch-positiv ausfållt. Zur Beurteilung der Aussagekraft des Belastungs-EKG ist deshalb die Erfassung des individuellen Risikos fçr eine KHK durch eine sorgfåltige Anamnese von græûter Wichtigkeit.
192
Belastungs-EKG
Positives Belastungs-EKG (2 min 50 Watt): proximale subtotale RIA-Stenose
55-jåhriger Patient, stabile Angina pectoris. Unspezifische Repolarisationsstærungen in Ruhe. Unter Belastung am Fahrradergometer (2 min 75 Watt) Angina-pectoris-Anfall und Ischåmiereaktion in den BWA
193
Cor pulmonale
ST-Elevation und T-Umkehr unter Belastung. 42-jåhriger Patient mit Zustand nach Vorderwandinfarkt vor 3 Jahren. Vor allem Randgebietischåmie, DD: Vorderwanddys-, -akinesie
3.7 Cor pulmonale 3.7.1 Akutes Cor pulmonale Die massive akute Drucksteigerung im kleinen Kreislauf fçhrt zu einer sofortigen Druckbelastung und Dilatation des rechten Ventrikels und daher zu einer Rotation des Herzens im Uhrzeigersinn. ] Ursachen 7 Am håufigsten Lungenembolie, sehr selten Fett-, Luftembolie, 7 schwere Pneumonie, 7 Status asthmaticus, Spontanpneu u. a.
194
Cor pulmonale ] EKG-Verånderungen Extremitåtenableitungen: 7 in < 15% SI-QIII-Lagetyp, evtl. auch SI-SII-SIII-Typ, 7 gleichschenklig negatives T in Ableitung III, 7 P dextroatriale, 7 Sinustachykardie, Vorhofflattern, Vorhofflimmern. Brustwandableitungen: 7 inkompletter bis kompletter Rechtsschenkelblock, 7 gleichschenklig negatives T und evtl. ST-Elevation/ Senkung in V1±V3, 7 Verschiebung der Ûbergangszone nach links, rSKomplex in V5±V6, 7 hochspezifisch, aber selten: Qr-Komplex in Ableitung V1; in Kombination mit negativen T-Wellen in V2 und V3 Hinweis auf komplizierten Verlauf. ] Differenzialdiagnose Die Vielzahl der aufgefçhrten EKG-Verånderungen macht deutlich, dass kein Zeichen spezifisch ist. Am håufigsten treten die ST-Strecken-Verånderungen in den rechtspråkardialen Ableitungen auf. Da die Ønderungen meist flçchtiger Natur sind, werden sie nur selten komplett im EKG aufgezeichnet. Auch zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegençber dem akuten Myokardinfarkt wird man deshalb Elektrokardiogramme in kçrzeren Abstånden ableiten. Die Bestimmung der herzspezifischen Enzyme und der D-Dimere unterstçtzt die Differenzialdiagnose. Negative D-Dimere schlieûen eine Lungenembolie nahezu 100%ig aus. Ûblicherweise normalisieren sich die EKG-Verånderungen innerhalb von Stunden bis Tagen, am långsten persistiert die T-Negativierung und die STStreckensenkung in den rechtspråkardialen Ableitungen. Die wichtige Differenzialdiagnose zum akuten Hinterwandinfarkt fasst die folgende Tabelle zusammen.
195
Cor pulmonale Tabelle 3.4. Differenzialdiagnose: Akutes Cor pulmonale ± akuter Hinterwandinfarkt Akutes Cor pulmonale
Akuter Hinterwandinfarkt
7 SI-QIII-Lagetyp
7 Spitzes Q in Abl. III, II und aVF, Q in II und III meist identisch
7 7 7 7 7 7 7 7
Kein Q, aber tiefes S in Abl. I und II ST-Elevation in aVR (In-)kompletter Rechtsschenkelblock Verschiebung der Ûbergangszone nach links, rS in V5±V6 Frçhzeitig ST-Elevation und T-Inversion in V1±V3 Qr-Komplex in Abl. V1 (selten) P dextroatriale Flçchtiger Ablauf
7 ST-Elevation in III, II und aVF 7 Keine Verschiebung der Ûbergangszone 7 ST-Senkung in V1±V3 7 Anhaltende Verånderungen, Zwischenstadium
Akute Lungenembolie: Vorhofflattern mit 2 : 1-Ûberleitung; kompletter, im Verlauf rçcklåufiger Rechtsschenkelblock
196
Cor pulmonale
21. 10. 1982
10. 11. 1982
EKG-Verlauf bei akuter Lungenembolie einer 67-jåhrigen Patientin am 10. 11. 1982: neu aufgetreten im Vergleich zum Vor-EKG vom 21. 10. 1982: SIQIII-Typ, P dextroatriale, kompletter Rechtsschenkelblock. Bis auf R-Reduktion in V2±V4 rçcklåufig am 16. 11. 82
16. 11. 1982
3.7.2 Chronisches Cor pulmonale Eine lang andauernde Hypertonie im kleinen Kreislauf fçhrt zu einer Lageånderung und einer Hypertrophie sowohl des rechten Ventrikels als auch des rechten Vorhofs. ] Ursachen 7 Lungenemphysem, 7 chronische Bronchitis,
7 ausgedehnte Lungenfibrose, 7 rezidivierende Lungenembolien, 197
Cor pulmonale 7 7 7 7
Asthma bronchiale, Silikose, Bronchiektasen, Thoraxdeformierung,
7 primår pulmonale Hypertonie, 7 medikamentæs bedingte pulmonale Hypertonie.
Im Frçhstadium ist das EKG bei mehr als der Hålfte der Patienten noch normal, evtl. weist die ausgeprågte S-Zacke in allen Extremitåtenableitungen (durch Drehung um die Herzlångsachse im Uhrzeigersinn, SI-SII-SIII-Typ) auf das beginnende Cor pulmonale hin. Brustwandableitungen sind noch indifferent. Das ausgeprågte Stadium (Pulmonalarterienmitteldruck > 40 mmHg) ist durch folgende Verånderungen gekennzeichnet: 7 Steil- bis Rechtstyp, evtl. SI-QIII-Typ; evtl. SI-SII-SIIITyp (Sagittaltyp), 7 P dextroatriale, Niedervoltage in den Extremitåtenableitungen, 7 Verschiebung der Ûbergangszone nach links, 7 rs-Komplex in den Brustwandableitungen, 7 (in-)kompletter Rechtsschenkelblock, 7 Sinustachykardie, multifokale atriale Tachykardie, selten Vorhofflattern, -flimmern.
Chronisches Cor pulmonale. 63-jåhriger Patient mit pulmonaler Hypertonie: Sinustachykardie, P dextroatriale, SI-QIII-Typ, Rechtsverspåtung, S-Zacken bis Abl. V6
198
Perikarditis
Chronisches Cor pulmonale. 62-jåhriger Patient mit langjåhriger Emphysembronchitis. Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, Sagittaltyp. Kompletter Rechtsschenkelblock. Kammerfrequenz ca. 70/min
3.8 Perikarditis Da im Verlaufe der Perikarditis meistens nicht nur das Perikard, sondern auch die åuûere Myokardschicht (Perimyokarditis) betroffen ist, finden sich in etwa 60±80% der Fålle elektrokardiographische Verånderungen im Sinne einer diffusen Auûenschichtalteration (ST-Strecken-Elevation). Ein Begleiterguss im Perikard fçhrt zur Spannungsabnahme, evtl. zur Niederspannung (Echokardiographie!). ] Erstes Stadium (Stunden bis Wochen): 7 Geringe monophasische, çberwiegend konkavbogige ST-Elevation in Ableitung I±III; aVL, aVF sowie in V2±V6; ST-Senkung in aVR und V1; 7 im Gegensatz zum Infarkt nicht dem Versorgungsgebiet einer Koronararterie allein zuzuordnen; 7 ST-Abgang meist nicht vom absteigenden R aus, sondern vom angehobenen J-Punkt der S-Zacke; 7 T-Welle meist abgrenzbar; 7 bei begleitendem Perikarderguss evtl. Niederspannung mit elektrischem Alternans (¹swinging heartª der Echokardiographie) (D Abb. S. 86). ] Folgestadium (Tage bis Monate): 7 ST-Elevation rçcklåufig, 7 T-Wellen-Abflachung, dann negatives T in I±III, aVL, aVF und V2±V6. Die EKG-Verånderungen sind variabel. So sind durchaus nicht alle angegebenen Ableitungen betroffen, auch plateaufærmige ST-Elevationen sind mæglich. Das Zwischenstadium kann sich in den einzelnen Ableitungen unterschiedlich schnell ausbilden. 199
Perikarditis ] Panzerherz (Pericarditis constrictiva) 7 7 7 7
QRS-Niederspannung, T-Welle abgeflacht oder negativ, ST-Senkung, P-Welle breit und gekerbt, Vorhofarrhythmien.
] Was spricht fçr eine Perikarditis und gegen einen Myokardinfarkt? 7 Nur geringe, einer Infarktlokalisation nicht eindeutig zuzuordnende ST-Elevationen; 7 konkavbogiger ST-Verlauf, keine ST-Senkung in den gegençberliegenden Ableitungen, keine indirekten Infarktzeichen; 7 Abgang der ST-Strecke aus dem angehobenen J-Punkt der S-Zacke; 7 im Folgestadium fehlen Q-Zacken, keine Reduktion der R-Zacke. ] Was spricht fçr ein ¹early repolarization syndromeª und gegen eine Perikarditis? (D S. 119) 7 In der Form durchaus åhnliche ST-Elevation, aber fast nur in Ableitung V2±V4; 7 meist çberhæhte T-Wellen in den Brustwandableitungen; 7 gilt nur fçr Ableitung V6: das Verhåltnis der Hæhe der ST-Elevation unmittelbar nach QRS zur Amplitude der T-Welle (Quotient A/B) ist < 0,25 im Falle eines ¹early repolarization syndromeª, jedoch > 0,25 im Falle einer Perikarditis; 7 sowohl klinisch als auch serologisch keine Entzçndungszeichen.
200
Myokarditis
Typischer Verlauf einer Perikarditis: a Aufnahme-EKG: geringe monophasische ST-Hebungen in I, II, V2±V5; in V2 Abgang der monophasischen ST-Hebung vom aufsteigenden Schenkel von S b EKG 12 h nach Aufnahme: geringer Rçckgang der ST-Hebungen in den BWA c EKG 60 h nach Aufnahme: jetzt zweites Stadium mit gleichschenklig negativem T in V2±V6, II, III, aVF
3.9 Myokarditis Die Myokarditis ist ganz çberwiegend eine klinische Diagnose. Es gibt keine pathognomonischen EKG-Verånderungen, welche nur bei einer Myokarditis vorkommen kænnen. Andererseits kann ein typischer EKG-Verlauf die Diagnose einer Myokarditis erhårten. Die EKG-Verånderungen sind unspezifisch, sie geben auch keinen Aufschluss darçber, welche Art einer Myokarditis (rheumatisches Fieber, Borreliose, Scharlach, Sepsis, Pneumonie, Mononukleose, Poliomyelitis oder andere Viruserkrankungen) vorliegt. Insgesamt wird die Diagnose ¹Myokarditisª wohl zu håufig gestellt. Nur bei typischen EKG-Verånderungen und EKG-Verlauf und bei eindeutigem klinischen Korrelat (z. B. AV-Blockierungen bei rheumatischem Fieber) sollte deshalb die Diagnose Myokarditis aus dem EKG gestellt werden.
201
Hypothyreose ] EKG-Hinweise 7 AV-Blockierungen bis zum totalen AV-Block, besonders håufig bei Borreliose, 7 QRS-Aufsplitterung, 7 passagerer Schenkelblock, 7 ST-Senkung, 7 T-Abflachung, 7 T pråterminal oder terminal negativ (infarktåhnliche Bilder mæglich, evtl. Folgestadium), 7 Sinustachykardie/Sinusbradykardie, 7 Supraventrikulåre oder ventrikulåre Extrasystolen, oft salvenartig 7 Vorhofflattern und Vorhofflimmern.
3.10 Schilddrçsenfunktionsstærungen 3.10.1 Hypothyreose
Perimyocarditis rheumatica. 22-jåhrige Patientin: T in Abl. V1±V5 terminal negativ
] Merkmale (Vollbild) 7 Bradykardie, evtl. AV-junktionaler oder ventrikulårer Ersatzrhythmus, 7 Niederspannung in allen Ableitungen (durch Myxædem des Myokards, Perikarderguss sowie durch peripheres Údem und erhæhten Hautwiderstand), 7 T abgeflacht oder negativ, 7 PQ-Dauer und QT-Dauer verlångert, evtl. AV-Blockierungen,
Hypothyreose: Sinusbradykardie, f ~ 50/min, periphere Niederspannung, T-Wellen in den Extremitåtenableitungen abgeflacht, negativ in V4±V6. Deutliche U-Welle in V2±V4
202
Hypothyreose 7 leichte Formen zeigen evtl. nur eine Abflachung von T, 7 die Verånderungen sind durch eine ausreichende Hormonsubstitution meist reversibel. 7 Das EKG-Bild åhnelt dem der kardialen Amyloidose (D Abschn. 3.2.3, S. 149)
3.10.2 Hyperthyreose Die EKG-Verånderungen beruhen ganz çberwiegend auf einer Wirkung der Schilddrçsenhormone am Herzmuskel selbst. ] Merkmale 7 Sinustachykardie (Digitalis fçhrt nicht zu einem Frequenzabfall) bei erhaltenem Tag/Nacht-Frequenzunterschied; 7 P-Wellen betont; 7 ST-Senkung und Abflachung von T, evtl. negatives T (sehr selten); 7 Auch çberhæhte T-Formen werden beobachtet, besonders charakteristisch in Abl. II und III, V5, V6; 7 nicht selten Rhythmusstærungen, besonders supraventrikulåre Extrasystolen, Vorhofflimmern; seltener Vorhofflattern; geringe Zunahme der ventrikulåren Extrasystolen; 7 nach Operation oder konservativer Behandlung der Hyperthyreose sind die elektrokardiographischen Zeichen reversibel.
Sinustachykardie mit einer Frequenz von 125/min bei massiver Hyperthyreose. Betonte P-Wellen in II, III; STSenkung und T-Wellen-Abflachung in II, V4±V6
203
Hypokaliåmie
3.11 Stærungen des Kaliumstoffwechsels Eine feste Korrelation, die einem Serumkaliumspiegel bestimmte EKG-Verånderungen zuordnet, gibt es nicht. Die Verånderungen hången nicht nur vom transmembranæsen Kaliumgradienten, sondern auch von der Serumkonzentration anderer Elektrolyte wie z. B. Kalzium oder Magnesium ab. Deshalb kann eine EKG-Interpretation die Messung der Serumelektrolytkonzentration nicht ersetzen, ist jedoch in der Lage, eine unmittelbare klinische Gefåhrdung durch eine Hyperkaliåmie auszuschlieûen.
3.11.1 Hypokaliåmie ] Ursachen 7 Chronische Diuretikatherapie, 7 Chronische Diarrhoe, Laxanzienabusus, Erbrechen, Anorexie, 7 Hyperaldosteronismus (Leberzirrhose, Leberkoma, Conn-Syndrom), 7 Kortisonbehandlung, 7 Insulinbehandlung bei diabetischem Koma, 7 Kaliumverlustniere, 7 Extrem selten: familiåre periodische Låhmung unter Hyperthyreose. ] Cave. Unter Hypokaliåmie (< 3,5 mval/l) erhæhte Gefahr fçr 7 digitalisinduzierte Arrhythmien (D Abschn. 3.13) 7 Kammertachykardien/-flimmern bei akutem Koronarsyndrom, 7 Auftreten von Torsade de Pointes, besonders bei zusåtzlicher, medikamentæs bedingter QT-Verlångerung, z. B. durch Sotalol, Chinidin und andere Antiarrhythmika (D Abschn. 4.7.2.2). ] EKG-Verånderungen mit zunehmender Hypokaliåmie 7 T-Wellen-Abflachung, T-Welle isoelektrisch bis negativ, 7 ST-Senkung und pråterminal negative T-Welle, Ûberhæhung der U-Welle, 7 durch Ûberlagerung des Endes der T-Welle und des Beginns der U-Welle Auftreten einer TU-Verschmelzungswelle (D Abschn. 2.10.2). Diese Verånderungen sind in den Ableitungen I und II bei Linkstyp, in den Ableitungen II und III bei Steil- und Rechtstyp und in den Brustwandableitungen V2±V5 besonders ausgeprågt. Die QT-Dauer bleibt normal; durch die TU-Verschmelzungswelle kann eine QT-Verlångerung vorgetåuscht werden (D Abschn. 2.10.2). Nur in Kombination mit einer Hypokalzåmie besteht eine tatsåchliche Verlångerung der QT-Zeit. Hypokaliåmische EKG-Verånderungen findet man in seltenen Fållen auch bei Dys- und Paraproteinåmien ohne wesentliche Absenkung des Serumkaliumspiegels.
204
Hyperkaliåmie
Hypokaliåmie (Kalium im Serum 2,75 mval/l): 69-jåhrige Patientin, Coma diabeticum. Positive U-Welle, T negativ (TU-Verschmelzungswellen, besonders in Abl. V2, V3)
3.11.2 Hyperkaliåmie ] Ursachen 7 Terminale Niereninsuffizienz, chronische Håmodialyse, 7 Therapie mit kaliumsparenden Diuretika, ACE-Hemmern, AT1-Blockern, 7 Hypoaldosteronismus, z. B. Morbus Addison, 7 Håmolyse, 7 Azidose, 7 zu schnelle Kaliuminfusion (von begrçndeten Ausnahmen abgesehen, immer < 30 mmol/h). Die Zunahme des Serumkaliumspiegels bestimmt neben dem Absolutwert die Auswirkungen der Hyperkaliåmie. ] EKG-Verånderungen mit zunehmender Hyperkaliåmie 7 Hohe, spitze, zeltfærmige, schmalbasige T-Welle (besonders in V2±V5) (D Abb. S. 207). 7 Bei vorbestehender ST-Strecken-Senkung und T-Wellen-Abflachung kommt es zu einer Normalisierung der T-Welle und Verschwinden der U-Welle. 7 Auftreten atrialer, atrioventrikulårer und ventrikulårer Leitungsstærungen: QRS-Verbreiterung, Zunahme der PQ-Zeit, AV-Block, P-Wellen-Verbreiterung und Abflachung (verschwindet evtl. ganz). 7 Bei hochgradiger Hyperkaliåmie Auftreten bizarrer, breiter, meist nur biphasischer Kammerkomplexe ohne abgrenzbare Nachschwankung, evtl. in Form einer auffållig langsamen ¹sinusoidalenª Kammertachykardie, Ûbergang in Kammerflimmern mæglich. 205
Hyperkaliåmie Das EKG ist aufgrund dieser eindeutig erkennbaren Verånderungen das am besten geeignete Verfahren, um klinisch die unmittelbare Gefåhrdung durch eine Hyperkaliåmie zu beurteilen.
EGK-Verånderungen in Abhångigkeit vom Serumkaliumspiegel
206
Hyperkaliåmie
Hyperkaliåmie mit Serumkaliumspiegel von 8,1 mval/l; Vorhofleitungsstærung, AV-Block I, spitz hohe T-Wellen
Auffållig langsame ¹sinusoidaleª Kammertachykardie (HF = 108/min); Dialysepatientin mit Hyperkaliåmie von 9,3 mval
207
Hypo-/Hyperkalzåmie
Hyperkaliåmie mit Serumkaliumwert von 9,2 mval/l bei einer 50-jåhrigen Dialysepatientin. Sinusknotenstillstand, ventrikulårer Ersatzrhythmus mit bizarr verbreiterten QRS-Komplexen
3.12 Stærungen des Kalziumstoffwechsels 3.12.1 Hypokalzåmie ] Ursachen 7 Hypoparathyreoidismus, 7 Sprue, schwere Durchfålle, Erbrechen, 7 Rachitis, Spasmophilie, 7 Uråmie, 7 hepatisches Koma. ] EKG-Verånderungen 7 ST-Verlångerung (und somit auch QT-Verlångerung).
3.12.2 Hyperkalzåmie ] Ursachen 7 Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrçsenadenom), 7 Vitamin-D-Intoxikation, 7 osteolytische Metastasen oder Knochentumoren (Lymphosarkom, Myelom, Bronchialkarzinom). 208
EKG-Verånderungen unter Digitalis ] Cave. Erhæhte Digitalissensitivitåt unter Hyperkalzåmie. ] EKG-Verånderungen 7 ST-Verkçrzung (und somit QT-Verkçrzung), 7 T geht ohne ST-Strecke aus dem abfallenden Schenkel von QRS hervor, 7 selten: AV-Blockierungen.
3.13 EKG-Verånderungen unter Digitalis Digitalis verursacht unterschiedliche, sehr individuelle EKG-Verånderungen. Wåhrend das Alkaloid bei normalem EKG bzw. bei Herzgesunden auûer einem AVBlock I fast keine Verånderungen hervorruft, kænnen die Verånderungen bei vorgeschådigtem Herzen, pathologischem EKG, bei Hypokaliåmie und in hohem Alter schon bei niedriger Digitalisdosis so ausgeprågt sein, dass sie oft gegençber Verånderungen infolge Hypertonie, KHK, entzçndlichen, toxischen oder metabolischen Einwirkungen nicht sicher abzugrenzen sind. Deshalb ist der Effekt einer Digitalisierung nicht aufgrund des Digitalisspiegels, sondern anhand des EKG und mehr noch der Klinik zu beurteilen. Wegen der unterschiedlichen Ansprechbarkeit auf Digitalis kænnen die klinischen Manifestationen einer Ûberdosierung (primår gastrointestinale, spåter zentralnervæse Symptome wie Farbensehen) schon bei einem Digoxinspiegel von 2,0 lg/dl auftreten, wåhrend andere Patienten Spiegel von > 3,0 lg/dl durchaus tolerieren. Seit Digitalisintoxikationen durch niedrigere Dosierungen und die Mæglichkeit der Spiegelbestimmung seltener geworden sind, werden sie gelegentlich çbersehen. Die EKG-Verånderungen betreffen die 7 Repolarisation (z. B. muldenfærmige ST-Strecken-Senkung), 7 Reizleitung (z. B. SA-, AV-Block), 7 Reizbildung: vor allem in hoher Dosis çbt Digitalis folgende proarrhythmische Effekte aus: Sinusknoten: Unterdrçckung der Automatie; AV-Knoten: Unterdrçckung der Reizleitung; Vorhof, Kammer und His-Purkinje-System: Steigerung der Automatie. ] EKG-Verånderungen im therapeutischen Bereich 7 Muldenfærmige ST-Strecken-Senkung, meist in Ableitung II, III und V4±6, 7 T-Welle abgeflacht, evtl. pråterminal negativ; U-Welle evtl. çberhæht, 7 QT-Dauer verkçrzt; PQ-Zeit verlångert, AV-Ûberleitung verzægert, 7 Sinusbradykardie.
209
EKG-Verånderungen unter Digitalis
EKG-Verånderungen bei therapeutischem Digoxinspiegel: muldenfærmige ST-Strecken-Senkung in Abl. I, II, V2±V5, T-Wellen-Abflachung in Abl. V3±V6
EKG-Verånderungen bei Digitalisçberdosierung, -intoxikation ] Repolarisationsverånderungen 7 Zunahme der o. a. Verånderungen im therapeutischen Bereich. ] Verånderungen der Reizleitung 7 Sinusbradykardie, Sinusarrest, 7 SA-Block II, 7 AV-Block I±III, mit Ausnahme des AV-Block II Typ Mobitz. ] Proarrhythmische Verånderungen 7 Håufig: ventrikulårer Bigeminus, evtl. mit wechselnder Kammermorphologie, Couplets, Salven. Ein Bigeminus mit unterschiedlicher Kammermorphologie ist fast pathognomonisch fçr eine Digitalisçberdosierung. Die Extrasystolieschlåge sind relativ schmal, da sie bei Digitalisçberdosierung aus den Purkinje-Fasern stammen und relativ schnell Anschluss an das intraventrikulåre Reizleitungssystem finden (D Abb. S. 212). 7 Håufig: atriale Tachykardie mit AV-Block. Diese Tachykardie beginnt transitorisch und nicht paroxysmal. Deshalb ist bei jeder atrialen Tachykardie eine Digitalisçberdosierung auszuschlieûen (D Abb. S. 212). 7 Sehr selten: nichtparoxysmale junktionale Tachykardie, bei HF < 100/min auch als akzelerierter junktionaler Rhythmus (D S. 266). Karotissinusdruckversuch ohne Erfolg. 7 Selten, aber klinisch wichtig: bidirektionale Kammertachykardie (D Abschn. 4.7.4). 210
EKG-Verånderungen unter Digitalis
Digitalisçberdosierung: absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, Linksherzhypertrophie, massive muldenfærmige ST-Strecken-Senkung in II, III, V3±V6. T-Welle abgeflacht bis pråterminal negativ. U-Welle in II, III, V2, V3
7 Øuûerst selten, aber klinisch wichtig: Faszikulåre Kammertachykardie mit Ursprung in den Tawara-Schenkeln oder den Østen des linken Schenkels. Da die QRS-Dauer oft nur leicht verlångert ist, wird diese Tachykardie leicht als supraventrikulår mit aberrierender Leitung gedeutet. Hilfreich ist das Erkennen einer (håufig auftretenden) AV-Dissoziation. ] Folgende Rhythmusstærungen werden praktisch nie durch eine Digitalisçberdosierung hervorgerufen 7 Parasystolie, 7 AV-Block II, Typ Mobitz, 7 multifokale atriale Tachykardie, 7 Vorhofflimmern, 7 Vorhofflattern, 7 Schenkelblock. Alle digitalisinduzierten Reizbildungs- und Leitungsstærungen kænnen nebeneinander auftreten. Deshalb ist bei Wechsel zwischen den typischen Rhythmusstærungen, insbesondere bei çberraschendem Wechsel zwischen tachykardem und bradykardem Rhythmus oder bei simultanem Auftreten z. B. einer infranodalen Tachykardie mit Sinusbradykardie oder atrialer Tachykardie zunåchst immer an eine Digitalisçberdosierung zu denken. ] Bei Patienten mit digitalisinduzierter Tachykardie kann eine Kardioversion irreversibles Kammerflimmern auslæsen. Daher gilt der Kardioversionsversuch bei diesen Arrhythmien als Kunstfehler. 211
EKG-Verånderungen unter Digitalis
Ventrikulårer Bigeminus mit unterschiedlicher QRS-Morphologie bei bradykardem Vorhofflimmern und Digitalisçberdosierung
Digitalisintoxikation: a Ektope, atriale, nichtparoxysmale Tachykardie mit AV-Block (Digoxin-Serumspiegel 3,5 ng/ml) (D vgl. S. 256) b AV-Block I. Grades nach Digitalispause (Digoxin-Serumspiegel 1,1 ng/ml) und Kaliumsubstitution
] Therapie 7 Kein Stress oder Erregung, 7 keine kardiale Elektrostimulation mit plætzlichem Absetzen, 7 kein Karotissinusdruckversuch, 7 keine Kardioversion, 7 auch bei normalem Kaliumspiegel Kaliumsubstitution; Phenytoin und evtl. Lidocain als Antiarrhythmikum, in lebensbedrohlichen Situationen DigitalisAntikærper. 212
Elektrophysiologische Grundlagen
4 Rhythmusstærungen
4.1 Elektrophysiologische Grundlagen Das Herz verfçgt çber 3 Automatiezentren, die aufgrund ihrer Spontandepolarisation zur regelmåûigen Impulsbildung in der Lage sind: 7 Sinusknoten: Ruhefrequenz 50±90/min, 7 His-Bçndel: Ersatzfrequenz 40±60/min, 7 Purkinje-Fasern: Ersatzfrequenz 20±30/min. Die Erregungsausbreitung bei Sinusrhythmus unterdrçckt wegen ihrer hæheren Frequenz die Erregungsbildung im His-Bçndel bzw. in den Purkinje-Fasern. Entgegen landlåufiger Meinung ist der Kern des AV-Knotens nicht zur Spontandepolarisation befåhigt. Mit AV-Junktion wird die Verbindung der Erregungsleitung zwischen Vorhof und Kammer, bestehend aus AV-Knoten-Geflecht und His-Bçndel, bezeichnet. Leitungseigenschaften des AV-Knotens und His-Purkinje-Systems: 7 Grundsåtzlich kænnen alle Erregungsleitungssysteme in beide Richtungen leiten. 7 Unterschiedliche Leitungseigenschaften werden Anisodromie genannt. Der unidirektionale Block ist die maximale Ausprågung der Anisodromie. 7 Das AV-Knoten-Geflecht verfçgt çber dekrementale Leitungseigenschaften: Bei hoher Impulsfolge wird die Leitung von Impuls zu Impuls langsamer, bis eine Ûberleitung ausfållt und das AV-Knoten-Geflecht die Mæglichkeit hat, sich zu erholen (Wenckebach-Periodik). Die antegrade Leitung ist meist besser als die retrograde Leitung (Anisodromie). 7 Das His-Purkinje-System leitet nach dem ¹Alles-oder-nichts-Gesetzª wie ein isoliertes Kabel mit ¹Wackelkontaktª. Dekrementale Leitungseigenschaften fehlen. Bei gesundem His-Purkinje-System sind die Leitungseigenschaften in beide Richtungen gleich gut. Das His-Bçndel ist zusåtzlich zur Spontandepolarisation befåhigt. Die Frequenz der Schrittmacherzentren ergibt sich aus der Anstiegssteilheit der jeweiligen Spontandepolarisation. Das Expertenkomitee der WHO hat eine Frequenz > 100/min als Tachykardie, eine Frequenz < 50/min als Bradykardie definiert. Ein QRS-Komplex < 120 ms gilt als schmal, ein QRS-Komplex ³ 120 ms als breit. Rhythmusstærungen, die oberhalb der Bçndelstammteilung entstehen, haben çberwiegend einen schmalen QRS-Komplex und werden deshalb als supraventrikulår, Rhythmus213
Elektrophysiologische Grundlagen stærungen mit Ursprung unterhalb der Bçndelstammteilung haben einen breiten QRS-Komplex und werden als ventrikulår bezeichnet. 7 Extrasystole: vorzeitige ektope Erregung. 7 Ersatzschlag: spåter als bei normalem Rhythmus einfallende Erregung. 7 Absolute Refraktårphase: Intervall vom Beginn der Depolarisation bis zum Beginn der relativen Refraktårphase in Phase 3 (Repolarisation). In dieser Phase ist die Herzmuskelzelle unerregbar. 7 Relative Refraktårphase: Intervall vom Ende der absoluten Refraktårphase bis zur Phase 4. In dieser Phase kann das Myokard nur durch stårkere Impulse abgeschwåcht stimuliert werden. Sowohl relative als auch absolute Refraktårzeit des Reizleitungssystems sind abhångig von der Zyklusdauer des vorausgehenden RR-Intervalls. Die Refraktårzeiten des Reizleitungssystems in Vorhof, His-Purkinje-System und Kammer nehmen wie die QT-Zeit mit Verkçrzung des vorausgehenden RR-Intervalls ab, die des AV-Knotens zu. Auf diese Weise wird z. B. bei Vorhofflimmern der Ventrikel vor einer zu hohen Impulsfolge geschçtzt. Die Abhångigkeit der Refraktårzeit des ventrikulåren Reizleitungssystems vom vorausgegangenen RR-Intervall ist ± neben dem kurzen Kopplungsintervall ± auch verantwortlich fçr das Auftreten des 7 Ashman-Phånomens: es handelt sich um die aberrante Ûberleitung einer supraventrikulåren Erregung (meist unter dem Bild eines Rechtsschenkelblocks) mit kurzem Kopplungsintervall bei vorausgehender besonders langer Zykluslånge (¹long-short-cycle-sequenceª). Das Ashman-Phånomen tritt håufig bei Vorhofflimmern mit stark wechselnden RR-Abstånden auf (D S. 231). 7 Verborgene Leitung (¹concealed conductionª): die Folgen des Eindringens der Erregungswelle in eine Struktur des Reizleitungs- oder Reizbildungssystems, ohne diese jedoch vollståndig zu passieren. Die Erregungswelle bleibt in dem Teil des Reizleitungssystems ¹steckenª. Nur an der Ønderung der Erregungsleitung oder -bildung ist die Wirkung der verborgenen Leitung zu erkennen. Sie erlaubt es, unerwartete, paradox erscheinende EKG-Phånomene zu erklåren. So kann z. B. eine retrograd in den AV-Knoten eingedrungene ventrikulåre Erregung eine verzægerte Ûberleitung der Vorhoferregung auf die Kammer bewirken, erkennbar an der verlångerten PQ-Zeit (D Abb. S. 234 unten). 7 Einfangschlag (¹capture beatª): vorzeitig einfallende, normal çbergeleitete Erregung nach einer AV-Dissoziation mit vorausgehender P-Welle. So gelingt es ± allerdings selten ± bei Kammertachykardie der supraventrikulåren Erregung, die AV-Junktion zu passieren und den Ventrikel auf normalem Wege zu erregen (D Abschn. 4.7.6). ] Ursache bradykarder Herzrhythmusstærungen Bradykarde Herzrhythmusstærungen entstehen bei Stærung der 7 Erregungsbildung z. B. kranker Sinusknoten, 7 Erregungsleitung z. B. SA-Block, AV-Block.
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Elektrophysiologische Grundlagen ] Ursache tachykarder Herzrhythmusstærungen 7 Fokale Genese: gesteigerte Automatie, abnorme Automatie, getriggerte Aktivitåt. 7 Kreisende Erregung (Reentry): Makro-Reentry, Mikro-Reentry. ] Gesteigerte Automatie. Dies ist die Zunahme der Spontandepolarisation eines Schrittmacherzentrums unter pathologischen Bedingungen (z. B. Hyperthyreose, Medikamentençberdosierung). ] Abnorme Automatie. Es handelt sich um die pathologische Spontandepolarisation auf dem Boden eines erniedrigten Membranpotenzials einer geschådigten Myokardzelle. Je nach Geschwindigkeit der Spontandepolarisation kommt es zu einer Parasystolie (selten; Eintrittsblock erforderlich) oder Tachykardie (håufig). ] Getriggerte Aktivitåt. Hierunter versteht man die Auslæsung von pathologischen Erregungen durch Nachdepolarisationen von wenigen mV zum Zeitpunkt der Repolarisation (Phase 3) des Aktionspotenzials (¹early afterpotentialsª) oder nach Beendigung der Repolarisation (Phase 4; ¹delayed afterpotentialsª). Erreicht eine Nachdepolarisation das Schwellenpotenzial, wird eine fortgeleitete Erregung und damit eine Extrasystole ausgelæst. Hypoxie, hohe Katecholaminspiegel und repolarisationsverzægernde Medikamente begçnstigen frçhe Nachpotenziale. Im Oberflåchen-EKG sind Nachpotenziale als Spåtpotenziale nur mittels hochverstårkendem Signalmittelungs-EKG 20±40 ms nach dem QRS-Komplex nachweisbar. Sie eignen sich nicht zur Steuerung einer antiarrhythmischen Therapie.
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Sinusrhythmus ] Reenty (kreisende Erregung, Umkehrerregung). Drei Voraussetzungen sind fçr eine kreisende Erregung als Ursache zahlreicher Rhythmusstærungen erforderlich: 1. Pråformierter oder nichtpråformierter Erregungskreis, z. B. pråformierter Makro-Reentry bei orthodromer WPW-Tachykardie oder Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ; pråformierter Mikro-Reentry im AV-Knoten bei AV-junktionaler Reentry-Tachykardie; nichtpråformierter Makro-Reentry in der Randzone der Infarktnarbe bei monomorpher Kammertachykardie nach Myokardinfarkt. 2. Inhomogene Erregungsleitung, z. B. unidirektionaler Block oder unterschiedliche Leitungsgeschwindigkeiten und Refraktårzeiten bei Långsdissoziation einer Leitungsbahn wie z. B. bei AV-junktionaler Reentry-Tachykardie. 3. Ausreichend langsame Erregungsleitungsgeschwindigkeit, um einer anfangs blockierten Leitung ausreichend Zeit zur Erholung zu geben. Diese Voraussetzungen sind in seltenen Fållen auch bei Herzgesunden erfçllt. So kann eine atriale Extrasystole den pråformierten Erregungskreis einer AV-junktionalen Reentry-Tachykardie vom gewæhnlichen Typ im AV-Knoten anstoûen (D Abschn. 4.5.5).
4.2 Nomotope Erregungsbildung 4.2.1 Sinusrhythmus Der Sinusknoten liegt an der Einmçndung der oberen Hohlvene in den rechten Vorhof. Hier entsteht die normale Erregungsbildung des Herzens mit einer Frequenz von 45±95/min (Spodick 1992; WHO: 50±100/min). Die Erregungsimpulse gelangen von hier strahlenfærmig zum rechten und linken Vorhof und zum AV-Knoten, von dort çber das His-Bçndel, die beiden Tawara-Schenkel und die Purkinje-Fasern zu den Kammermuskelfasern. Zur Erlåuterung des Erregungsablaufes ist das unten dargestellte ¹Leiterdiagrammª von groûem didaktischem Nutzen. Ûblicherweise werden 3 oder 4 Zeilen benutzt, die die Erregungsleitung im sinuatrialen Ûbergang (S-A), im Vorhof (Atrium = A), im AV-Knoten (A-V) und im Ventrikel (V) darstellen sollen. Die Zeitachse 216
Sinusrhythmus zeigt wie bei der EKG-Registrierung nach rechts. Hohe Leitungsgeschwindigkeiten sind dementsprechend durch steile Striche, verzægerte Erregungsleitungen durch weniger steil angeordnete Striche gekennzeichnet. Die Abbildung macht deutlich: 7 Die Erregung des Sinusknotens ist dem Oberflåchen-EKG nicht zu entnehmen, sie findet unmittelbar vor der P-Welle statt. 7 Die frçheste dem EKG zu entnehmende Erregung ist die Vorhoferregung in Form der P-Welle. 7 Die PQ-Zeit umfasst die Zeit der Erregungsleitung vom Beginn der Vorhoferregung bis zum Beginn der Ventrikelerregung: Die Erregung durchlåuft in dieser Zeit zahlreiche Strukturen: den rechten Vorhof, den AV-Knoten, das His-Bçndel und die Tawara-Schenkel. Bei einem AV-Block I kann die Blockierung prinzipiell in jeder dieser Strukturen lokalisiert sein, sie findet sich aber zu 70% im AV-Knoten.
Frequenzabhångiges Verhalten von Refraktårzeiten
Leiterdiagramm
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Sinustachykardie, -bradykardie
4.2.2 Sinustachykardie ] Definition. Ûberschreiten der Frequenz des Sinusrhythmus > 100/min. ] Vorkommen. Bei erhæhtem Sympathikotonus durch kærperliche Anstrengung, Emotionen, bei orthostatischem Blutdruckabfall, hyperkinetischem Herzsyndrom. ] Toxisch. Atropin, Adrenalin, Ephedrin, Kaffee, Tee, Nikotin, Nitrite, Alkohol, Phenothiazine ± Hyperthyreose ± Bakterientoxine ± Schock ± Fieber ± Anåmie, Anoxie ± Herzerkrankungen: Infarkt, Periendomyokarditis, Herzinsuffizienz, Klappenerkrankungen, Cor pulmonale ± physiologisch beim Kind. ] EKG. Frequenz çber 100/min. TP-Strecke verkçrzt ± evtl. TP-Verschmelzungswelle (durch Verkçrzung der Diastole) ± P betont ± QRS-Achse stellt sich steiler ± ST aszendierend gesenkt; flaches (oder hohes) T, AV-Intervall verkçrzt (bis 0,12 s). ] Differenzialdiagnose. Sinusknoten-Reentry-Tachykardie: abruptes Auftreten und Sistieren der Tachykardie im Wechsel mit normalem Sinusrhythmus (bei Sinustachykardie allmåhlicher Frequenzanstieg und -abfall, ferner reflektorische Einflçsse durch Atmung und Belastung). AV-Zeit bei Sinusnoten-Reentry-Tachykardie gegençber Sinusrhythmus unveråndert (D S. 265).
Sinustachykardie. Frequenz 140/min. TP-Verschmelzungswelle durch Verkçrzung der Diastole (Abl. II und III). 42-jåhriger Patient mit schwerem Asthmaanfall
4.2.3 Sinusbradykardie ] Definition. Abfall der Frequenz des Sinusrhythmus unter 50/min. Bei Abfall unter 40/min springt meistens ein junktionaler Ersatzrhythmus ein. ] Vorkommen. Konstitutionell ± Erhæhter Vagotonus (Karotis-Druckversuch, erhæhter Liquordruck), vasovagaler Reflex (Bezold-Jarisch-Reflex), Sportler, Schlaf, Schockzustand. ] Toxisch. Digitalis, Antiarrhythmika, Myxædem, Uråmie. Ansonsten: Koronare Herzerkrankung, Herzinfarkt, Myokarditis ± Sinusknotenerkrankung. Relative Bradykardie bei Typhus und Morbus Bang ± Psychisch. 218
Sinusarrhythmie ] EKG. Frequenz unter 50/min ± P flach ± PQ obere Norm ± T hoch positiv, ST oft etwas angehoben. ] Differenzialdiagnose. Sinusrhythmus mit blockierten atrialen Extrasystolen im Bigeminusrhythmus. Herzfrequenzen bis ³ 20/min werden kurzfristig vom Menschen toleriert.
Sinusbradykardie bei koronarer Herzerkrankung: Frequenz 41/min, PQ 0,2 s, Vorhofleitungsstærung, ST in II und III angedeutet gesenkt, T abgeflacht, positive U-Wellen
/
Sinusrhythmus mit blockierten atrialen Extrasystolen im Bigeminusrhythmus ( ). Kammerfrequenz 41/min. Wegen einer vermeintlichen Sinusbradykardie wurde der Patient zur Schrittmacherimplantation eingewiesen
4.2.4 Sinusarrhythmie ] Respiratorische Sinusarrhythmie ] Definition. Atmungsinduzierte Schwankung der Sinusfrequenz um < 15%. Zunahme der Frequenz bei erhæhtem venæsem Rçckfluss im Inspirium (Bainbridge-Reflex). Durch Druckanstieg im Exspirium Reizung der Karotissinusdepressoren und daher Abnahme der Frequenz. Es handelt sich um eine ¹physiologische Rhythmusstærungª, da die Herzfrequenz dem wechselnden Blutangebot angeglichen wird.
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Sick-Sinus-Syndrom ] Vorkommen. Håufig bei Jugendlichen, Sportlern, Vagotonikern, besonders nach Belastung und bei vegetativer Labilitåt, Rekonvaleszenz. Sie fehlt bei Sinustachykardie (Hyperthyreose), Rechtsherzbelastung, z. B. durch Links-rechts-Shunt. ] EKG. Frequenzzunahme (und håufig Rechtsdrehung der QRS-Achse) im Inspirium, Frequenzabnahme im Exspirium, P-Form zeitweise schwankend.
Respiratorische Sinusarrhythmie: Frequenzabnahme im Exspirium (links), Frequenzzunahme im Inspirium (rechts), (16-jåhriger asthenischer junger Mann)
] Atmungsunabhångige (regellose) Sinusarrhythmien Sie kommen bei Zerebral- und Koronarsklerose, Hypertension und (selten) bei vegetativer Labilitåt, ferner nach Scharlach, Diphtherie, fieberhaften Infekten und bei Digitalisintoxikation vor. Sie sind meistens Ausdruck einer Sinusknotenschådigung und -dysfunktion.
4.2.5 Syndrom des kranken Sinusknotens (Sick-Sinus-Syndrom) ] Definition. Unter Sinusknotensyndrom versteht man Rhythmusstærungen, die mit einer transitorischen Abnahme der Sinusfrequenz < 50/min einhergehen. Es beruht auf einer Stærung der ¹Generatorfunktionª des Sinusknotens infolge Schrittmacherzellschwund auf weniger als 10%. ] Ursache. Typische Erkrankung des ålteren Patienten. Meist degenerativer Schrittmacherzellschwund, selten infolge Arteriosklerose der Sinusknotenarterie im Rahmen einer KHK. Zustand nach kardiochirurgischen Eingriffen, Myokarditis, Diphterie, Scharlach, Borreliose, Myopathien u. a. Reversibel bei Hypothyreose, Betablocker, Kalziumantagonisten, Methyldopa, Clonidin, Lithium u. a. ] Systematik. Dem Sinusknotensyndrom werden folgende 3 Formen zugeordnet: 7 Persistierende Sinusbradykardie < 40/min mit inadåquatem Frequenzanstieg unter kærperlicher Belastung, Fieber oder Vagolyse mit Atropin (chronotrope Inkompetenz). Stellt die leichteste Form des Sinusknotensyndroms dar.
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Sick-Sinus-Syndrom 7 Sinuatrialer Block (SA-Block, schwerere Form): Typ 1 Wenckebach (sehr selten): charakterisiert durch eine zunehmende Verkçrzung des Abstands zwischen den P-Wellen. Dem kçrzesten P-P-Abstand folgt eine Pause, deren Dauer kçrzer ist als 2 hintereinander folgende P-P-Intervalle (D Abb. S. 307). Typ 2 Mobitz (håufiger): gekennzeichnet durch eine plætzliche, unerwartete Pause, deren Dauer das Doppelte oder ganzzahlige Vielfache des vorausgehenden P-Intervalls ausmacht. Långer anhaltende SA-Blockierungen werden auch als Sinuspause oder Sinusarrest bezeichnet (D Abb. S. 308). 7 Brady-Tachykardie-Syndrom: Wechsel zwischen persistierender Sinusbradykardie/SA-Block und Vorhofflimmern/-flattern. Fålschlicherweise wird gelegentlich der Wechsel zwischen Vorhofflimmern mit schneller und langsamer Kammerfrequenz als Bradytachykardiesyndrom bezeichnet. Typisch fçr das Bradytachykardiesyndrom ist die lange pråautomatische Pause nach Beendigung einer Episode von Vorhofflimmern/-flattern (verlångerte Sinusknotenerholungszeit > 1,5 s). Die Patienten werden (prå-)synkopal und berichten, dass nach schnellem unregelmåûigem Herzschlag und wenigen Sekunden anhaltender Bewusstlosigkeit der Herzrhythmus dann aber regelmåûig gewesen sei. Wåhrend die persistierende Sinusbradykardie und der SA-Block die isolierte Erkrankung des Sinusknotens darstellen, ist das Bradytachykardiesyndrom als ¹Vorhoferkrankungª mit Sinusknotendysfunktion und Vorhofflimmern/-flattern zu werten. ] EKG 7 Sinusbradykardie < 40/min, kein Frequenzanstieg unter Belastung oder Atropin 0,5±1,0 mg i. v. (chronotrope Inkompetenz), 7 sinuatrialer Block, Sinusknotenstillstand mit junktionalem Ersatzschlag/rhythmus, 7 tachykardes Vorhofflimmern/-flattern im Wechsel mit Sinusbradykardie, verlångerte Sinusknotenerholungszeit, 7 Unfåhigkeit des Sinusknotens zur Aufnahme seiner Schrittmachertåtigkeit nach Kardioversion, auch nach Absetzen bradykardisierender Medikamente. ] Therapie. Die persistierende Sinusbradykardie als leichteste Form des Sinusknotensyndroms wird in den seltensten Fållen eine Synkope hervorrufen. Mçdigkeit und Schwåche kænnten die Folgen der chronotropen Inkompetenz sein. Eine medikamentæse Therapie ist meist unbefriedigend. Nach Prçfung der AV-Ûberleitung empfiehlt sich bei nachgewiesen symptomatischen Patienten am ehesten eine AAISchrittmacher-Implantation. Die Lebenserwartung wird dadurch jedoch nicht verbessert. Wegen der Mæglichkeit långer anhaltender Asystolien kænnen der SA-Block und das Bradytachykardiesyndrom Synkopen hervorrufen, die bei symptomatischen Patienten eine DDD-Schrittmacherimplantation notwendig machen. Nach Eintritt permanenten Vorhofflimmerns ist der Schrittmacher beim Bradytachykardiesyndrom eigentlich nicht mehr erforderlich. 221
Junktionale Ersatzsystole
Brady-Tachykardie-Syndrom: Ûbergang von Vorhofflimmern in Sinusrhythmus mit einer pråautomatischen Pause von 5 s. Das Vorhofflimmern bricht am Pfeil zusammen, danach wird der Vorhof fçr > 4 s von keinem Impuls erregt (¹silent atriumª)
4.3 Heterotope Erregungsbildungsstærungen Bei Verlangsamung oder Ausfall der Sinuserregung bzw. Blockierung der AV-Ûberleitung çbernehmen physiologischerweise das sekundåre (His-Bçndel) oder das tertiåre Automatiezentrum (Purkinje-Fasern) die Schrittmacherfunktion. Je nach Dauer des Ausfalls kommt es zu Ersatzsystolen oder zu einem Ersatzrhythmus. Physiologischerweise sollte das sekundåre vor dem tertiåren Automatiezentrum einspringen.
4.3.1 Junktionale Ersatzsystolen ] Vorkommen. Sinusknoten-Dysfunktion, AV-Block, ausgeprågte Sinusbradyarrhythmie. ] Ursache. KHK, Myokardinfarkt, Antiarrhythmikatherapie, Digitalisçberdosierung, Infektionskrankheiten, abrupt sistierende Vorhoftachykardie, Vorhofflimmern/-flattern sowie ausgeprågte Vagotonie. ] EKG. Da die Erregung der Kammer antegrad auf normalem Wege erfolgt: 7 QRS und T gegençber Normalschlag unveråndert, 7 verspåteter Einfall der junktionalen Ersatzsystole nach dem letzten normal çbergeleiteten QRS-Komplex, 7 fehlendes oder negatives P nach dem QRS-Komplex in Abl. II, III, aVF (retrograde Erregung der Vorhæfe). Junktionale Ersatzsystolen stammen aus dem His-Bçndel, da der AV-Knoten selbst keine diastolische Spontandepolarisation aufweist.
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Junktionale Ersatzsystole
Junktionale Ersatzsystole bei SA-Block II/Typ II. Die Sinusfrequenz betrågt 65/min, die Pause vor der Ersatzsystole 1850 ms. Der Vorhof wird im Gegensatz zum Ventrikel vom Sinusknoten erregt, wie an den positiven P-Wellen unmittelbar vor der Ersatzsystole in Abl. II, III ersichtlich. Registrierung 25 mm/s
Junktionaler Rhythmus mit vorangehender Vorhoferregung: negatives P in II, III, aVF
Junktionaler Rhythmus mit nachfolgender Vorhoferregung: negatives P in Abl. I, aVR, II, aVF, III
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Junktionaler Ersatzrhythmus
4.3.2 Junktionaler Ersatzrhythmus ] Vorkommen. Bei långerem Andauern der Ursachen, die zum Auftreten einer junktionalen Ersatzsystole fçhren (D S. 222), çbernimmt das His-Bçndel oder sehr viel seltener der untere Vorhof am Ûbergang zum AV-Knoten mit einer Eigenfrequenz von 40±60/min physiologischerweise die Schrittmacherfunktion. ] EKG 7 Regelmåûige antegrade normale Kammererregung, Frequenz 40±60/min, 7 QRS und T sind unveråndert gegençber dem Normalschlag, 7 fehlendes oder negatives P vor, im oder nach dem QRS-Komplex in Abl. II, III und aVF als Zeichen der retrograden Vorhoferregung, 7 bei retrograder VA-Blockierung: Erregung des Vorhofs durch den Sinusknoten. Der junktionale Ersatzrhythmus entsteht sehr selten im rechten unteren Vorhof (atrionodale Ûbergangsregion) oder ± viel håufiger ± im His-Bçndel. Die frçher çbliche Bezeichnung ¹oberer, mittlerer, untererª AV-Knotenrhythmus ist physiologisch nicht korrekt, da die Zellen des AV-Knotens nicht zur diastolischen Spontandepolarisation befåhigt sind. Form und Position der P-Welle hången nicht allein vom Reizentstehungsort, sondern auch von den (retrograden) Leistungsverhåltnissen ab. Bei junktionalem Rhythmus mit vorangehender Vorhoferregung entsteht die Erregung im unteren rechten Vorhof am Ûbergang zur AV-Region. Der ¹obere Knotenrhythmusª ist tatsåchlich ein unterer Vorhofrhythmus.
Bei junktionalem Rhythmus mit gleichzeitiger Vorhoferregung ist die P-Welle im QRS-Komplex versteckt. Die Erregung entsteht im His-Bçndel und hat bis zum unteren Vorhof und Ventrikel etwa gleiche Laufzeiten. Der ¹mittlere Knotenrhythmusª ist tatsåchlich ein His-Bçndel-Rhythmus.
Bei junktionalem Rhythmus mit nachfolgender Vorhoferregung entsteht die Erregung im His-Bçndel. Die Reizleitung zum Vorhof dauert långer als zum Ventrikel. Der ¹untere Knotenrhythmusª ist tatsåchlich ein His-Bçndel-Rhythmus.
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Kammerersatzrhythmus
Junktionaler Ersatzrhythmus, aus dem unteren Vorhof, Frequenz = 63/min bei 67-jåhrigem Patienten mit krankem Sinusknoten. Der Ersatzrhythmus wird von unregelmåûig einfallenden Sinusschlågen unterbrochen. Registrierung 50 mm/s
4.3.3 Kammerersatzsystolen, Kammerersatzrhythmus ] Vorkommen. Bei Ausfall der sekundåren Automatie, infrahisårer Blockierung, trifaszikulårem Block sollte das Kammermyokard als tertiåres Automatiezentrum mit einer Eigenfrequenz von 20±40/min die Schrittmacherfunktion çbernehmen. Je nach Dauer des çbergeordneten Schrittmacherausfalls kommt es zu einzelnen Kammerersatzsystolen oder zu einem meist regelmåûigen, langsamen Kammerersatzrhythmus. ] EKG 7 Nach långerer pråautomatischer Pause einfallender, deformierter, verbreiteter Kammerkomplex, danach langsamer, regelmåûiger Ersatzrhythmus, 7 QRS und T gegençber Normalschlag veråndert, 7 rechtsschenkelblockartige Deformierung spricht fçr ein Schrittmacherzentrum im linken Ventrikel, 7 linksschenkelblockartige Deformierung spricht fçr ein Schrittmacherzentrum im rechten Ventrikel.
Kammerersatzrhythmus mit einem RR-Abstand von 2200 ms entsprechend einer Herzfrequenz von 27/min. AV-Block III, Vorhoffrequenz 125/min. Registrierung 50 mm/s
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Multifokaler atrialer Rhythmus Da das tertiåre Automatiezentrum fast immer zu langsam und zudem unzuverlåssig ist, ist umgehend eine Schrittmacherimplantation erforderlich.
4.3.4 Multifokaler atrialer Rhythmus (¹Wandernder Schrittmacherª) ] Definition. Vorhoffusionsschlåge unterschiedlichen Grades zweier nahezu gleichschneller Schrittmacherzentren: Sinusknoten, AV-Junktion. Frçhere, obsolete Bezeichnung: Wandernder Schrittmacher. ] Øtiologie. Wahrscheinlich rhythmische Vaguswirkung. Keine klinische Bedeutung, gute Prognose. Meist bei Kindern, Jugendlichen und Sportlern mit hohem Vagustonus.
] EKG. Gleitende Verånderung der PQ-Dauer, der P-Form, der Frequenz (< 100/min), QRS und Endteile im Allgemeinen unveråndert. Erregungsursprung in der Nåhe des AV-Knotens: PQ verkçrzt, P negativ, Frequenz niedrig. Erregungsursprung in der Nåhe des Sinusknotens: PQ långer, aber im Normbereich, P positiv, Frequenz schneller.
Wandernder Schrittmacher (Langzeit-EKG-Aufzeichnung): Mit abnehmender Herzfrequenz Inversion der 4.±8. P-Welle, bei zunehmender Herzfrequenz Wiederaufrichten der P-Welle und Zunahme der PQ-Zeit von 0,18 auf 0,20 s
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Supraventrikulåre Extrasystolen
4.4 Extrasystolen Extrasystolen sind vorzeitige Herzaktionen, die ihren Ursprung auûerhalb des Sinusknotens haben. Man unterscheidet 7 supraventrikulåre, 7 ventrikulåre Extrasystolen.
4.4.1 Supraventrikulåre Extrasystolen Die supraventrikulåren Extrasystolen haben ihren Ursprung oberhalb der Bçndelstammteilung und kænnen somit im 7 Vorhof (Vorhofextrasystolen, atriale Extrasystolen; håufig!) oder 7 His-Bçndel (junktionale Extrasystolen; sehr selten!) entstehen. Der Kern des AV-Knotens besitzt keine spontan depolarisierenden Zellen, daher ist der Begriff ¹Knotenextrasystoleª physiologisch nicht korrekt. Bei atrialen Extrasystolen geht die P-Welle (evtl. negativ) dem QRS-Komplex voraus. Atriale Extrasystolen weisen eine von der Sinus-P-Welle abweichende Morphologie und eine evtl. unterschiedliche PQ-Zeit auf. Bei junktionalen Extrasystolen ist die P-Welle im QRS-Komplex verborgen, folgt ihm unmittelbar oder fehlt, falls keine VA-Leitung mæglich ist. Der QRS-Komplex supraventrikulårer Extrasystolen ist allenfalls gering deformiert, er entspricht dem Kammerkomplex des Grundrhythmus. Die postextrasystolische Pause ist gewæhnlich nicht voll kompensierend, da der Sinusknoten durch die Vorhoferregung vorzeitig depolarisiert wird. Der nåchste Sinusschlag wird dadurch vorverlegt. Das postextrasystolische Intervall ist somit græûer als die normale Periodendauer, aber kleiner als zwei P-P-Abstånde. Bei Extrasystolen aus dem His-Bçndel ist jedoch die VA-Leitung håufig blockiert, was eine kompensatorische Pause zur Folge hat, d. h. der Sinusrhythmus geht ununterbrochen weiter. Zu unterscheiden von der Extrasystole ist die Ersatzsystole (Ersatzschlag: D S. 214). Diese tritt bei Ausfall bzw. Fehlen des zeitgerechten Schlages nach dem normalen RR-Abstand auf. ] Vorkommen. Es handelt sich um eine Rhythmusstærung des ålteren Patienten; KHK, hypertensive Herzerkrankung, Kardiomyopathien, Mitralvitien, Hyperthyreose, Genussgifte; oft auch keine organische Erkrankung fassbar; Trigger fçr das Auftreten tachykarder Vorhofarrhythmien; junktionale Extrasystolen bei Digitalisçberdosierung.
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Supraventrikulåre Extrasystolen
Vorhof-Extrasystole: 3. P-Welle vorzeitig, deformiert, verbreitert. QRS normal geformt. Nicht voll kompensierte Pause
] Blockierte atriale Extrasystole (D Abb. S. 219, 231). Bei besonders vorzeitiger Vorhoferregung ist der AV-Knoten noch absolut refraktår, der P-Welle folgt daher kein QRS-Komplex. Wenn die Erregungswelle auch den Sinusknoten nicht erreicht, entsteht eine voll kompensatorische Pause mit Fehlen einer Kammergruppe, die einen SA-Block vortåuschen kann (D Abb. S. 231 und 351 unten). Blockierte Vorhofextrasystolen machen mehr als 70% der im Langzeit-EKG diagnostizierten ¹SA-Blockierungenª aus. SA-Blockierungen sind selten, blockierte Vorhofextrasystolen håufig! Deshalb ist eine sorgfåltige Analyse der ST-T-Strecke aller Ableitungen Voraussetzung fçr die Diagnose eines SA-Blocks. ] Atriale Extrasystole mit aberrierender Ûberleitung (D Abb. S. 232). Eine Vorhofextrasystole kann auf die Kammer mit dem Bild eines Schenkelblocks (sehr selten eines Astblocks) çbergeleitet werden. Unterschiedlich lange Refraktårzeiten beider Schenkel sind die Voraussetzung. Dieses physiologische Phånomen wird als aberrierende Leitung bezeichnet. Wåhrend sich die aberrierende Leitung bei Herzgesunden meist als Rechtsschenkelblock (d. h. die Refraktårzeit des rechten Schenkels ist långer als die des linken) manifestiert, çberwiegt bei Vorliegen einer organischen Herzerkrankung das Bild des Linksschenkelblocks. Zwei Faktoren begçnstigen das Auftreten dieses Phånomens: 7 Ein kurzes Ankopplungsintervall: Je kçrzer das Ankopplungsintervall, desto græûer die Chance, dass die Erregungswelle auf eine noch refraktåre Leitungsbahn trifft. 7 Das frequenzabhångige Verhalten der Refraktårzeiten der Leitungsbahnen (D S. 217). Ein langes, dem extrasystolischen Schlag vorausgehendes RR-Intervall verlångert die Refraktårzeit des Purkinje-Systems in den Schenkeln (evtl. Østen).
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Supraventrikulåre Extrasystolen
Aberrante Ûberleitung in Abhångigkeit der Refraktårzeit des rechten und linken Tawara-Schenkels
] Ashman-Phånomen. Das Zusammenspiel beider Faktoren wird auch als AshmanPhånomen oder ¹long-short-cycle-sequenceª bezeichnet (D vgl. S. 214). In dem o. a. Schema trifft die nach 300 ms einfallende atriale Extrasystole auf eine komplette Blockierung beider Schenkel (¹bockierte atriale Extrasystoleª). Die nach 370 ms einfallende atriale Extrasystole fçhrt zu einer aberrant rechtsschenkelblockartig çbergeleiteten Extrasystole und die nach 450 ms einfallende atriale Extrasystole zu einem normalen Kammerkomplex. Fçr die einzelne, breite Extrasystole ist es klinisch meist unerheblich, ob sie supra- oder ventrikulåren Ursprungs ist. Wichtig ist diese Differenzierung jedoch bei dem Problem ¹Tachykardie mit breitem QRS-Komplexª, das oft in der internistischen Notaufnahme oder Intensivstation angetroffen wird (D vgl. Abschn. 4.7.6). Folgende EKG-Kriterien favorisieren eine aberrierende Leitung und sprechen gegen einen Schlag ventrikulåren Urspungs (d. h. gegen eine ventrikulåre Extrasystole): 7 Eine dem breiten Kammerkomplex vorausgehende P-Welle. 7 QRS-Dauer < 0,14 s bei rechtsschenkelblockartig verformten Schlågen bzw. < 0,16 s bei linksschenkelblockartig verformten Kammeraktionen. 7 Der Initialvektor des aberrant çbergeleiteten Schlages åhnelt dem Normalvektor. Ein çberdrehter links- oder rechtstypischer oder ein Vektor im rechten oberen Quadranten (¹northwest regionª oder ¹no man's landª) sind Hinweise auf einen ventrikulåren Ursprung. 7 Triphasische Aktionen in V1 mit einem initialen r-Gipfel kleiner als der terminale R-Gipfel (rSR'-Komplexe). Mono- und diphasische Aktionen in V1 oder V2, z. B. das so genannte ¹Kaninchenohrª (¹rabbit earª, D Abb. S. 280), sprechen fçr einen ventrikulåren Ursprung. 7 Bei Vorhofflimmern folgt dem aberrant geleiteten Schlag keine postextrasystolische Pause. Bei ventrikulårer Extrasystolie dringt die Erregungswelle aus der Kammer mehr oder weniger tief in den AV-Knoten ein und hinterlåsst refraktåres Gewebe. Die nachfolgenden Impulse des Vorhofflimmerns kænnen fçr eine långere Zeit den AV-Knoten nicht passieren, zumal sich die Refraktårzeit zuletzt im oberen Teil des AV-Knotens zurçckbildet. Das Auftreten einer postextrasystolischen Pause nach ventrikulårer Extrasystolie bei Vorhofflimmern ist wiederum ein Beispiel fçr eine verborgene Leitung. 7 Das Auftreten eines Einfangschlags (capture beat) spricht bei einer Tachykardie mit breitem QRS-Komplex fçr einen ventrikulåren Ursprung (D S. 281, 293). 229
Supraventrikulåre Extrasystolen ] Therapie atrialer Extrasystolen. Ûblicherweise keine Therapie erforderlich. Bei anhaltender Bradykardie infolge blockierter atrialer Extrasystolen im Bigeminusrhythmus ist ein Versuch mit Digitalis oder Betablockern gerechtfertigt.
In den Extremitåten-Ableitungen eine Vorhof-Extrasystole mit deformierter und verlångerter P-Welle mit nicht voll kompensierter Pause. In den Brustwandableitungen zwei Vorhof-Extrasystolen: Am Ende der ersten T-Welle ist die P-Welle der Vorhof-Extrasystole mit P1 gekennzeichnet; in der ST-Strecke des zweiten QRS-Komplexes findet sich die zweite Vorhof-Extrasystole (P2). Man beachte die Zunahme der AV-Ûberleitungszeit von der ersten zur zweiten Vorhof-Extrasystole infolge Refraktåritåt der schnell leitenden AV-KnotenBahn. Die Erregung wechselt auf die langsam leitende AV-Knoten-Bahn, die eine kçrzere Refraktårzeit besitzt (D vgl. Abschn. 4.5.5)
230
Supraventrikulåre Extrasystolen
Blockierte atriale Extrasystolen (Pfeil), die einen SA-Block II vortåuschen. Der RR-Abstand zwischen dem 1. und 2. QRS-Komplex betrågt exakt das Doppelte des RR-Abstands zwischen dem 3. und 4. QRS-Komplex
Absolute Arrhythmie infolge Vorhofflimmern: aberrante Ûberleitung des 4. QRS-Komplexes mit dem Bild eines Rechtsschenkelblocks. Der lange Abstand A zwischen dem 2. und 3. QRS-Komplex verlångert die Refraktårzeiten (B) beider Tawara-Schenkel nach dem 3. QRS-Komplex, so dass der rechte Schenkel bei Ûberleitung des 4. QRS-Komplexes noch refraktår ist (¹long short cycle sequenceª = Ashman-Phånomen)
Sinusrhythmus mit atrialer Extrasystolie im Bigeminus-Rhythmus aus dem unteren Vorhof. Retrograde Vorhoferregung
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Ventrikulåre Extrasystolen
Verschiedene Formen der Ûberleitung bei Vorhof-Extrasystolie: ; = Vorhof-Extrasystole, P deformiert, keine voll kompensierte Pause ;; = Aberrierende Ûberleitung bei Vorhofextrasystolie: Rechtsschenkelblockartig deformierter QRSKomplex ;;; = Blockierte (frustrane) Vorhofextrasystole. Der Vorhoferregung folgt kein QRS-Komplex ;;;; = Nach långerer Pause einfallender AV-Ersatzschlag mit AV-Dissoziation
4.4.2 Ventrikulåre Extrasystolie ] Definition. Ventrikulåre Extrasystolen (VES) sind vorzeitige Herzaktionen, die ihren Ursprung in den Kammern oder in den Purkinje-Fasern haben. Eine Sonderform sind die sog. faszikulåren Extrasystolen, die aus den Tawara-Schenkeln oder den linken Faszikeln stammen. ] Vorkommen. Praktisch jeder Mensch hat ± mit zunehmender Tendenz im Alter ± ventrikulåre Extrasystolen. Bei kardial Gesunden gelten < 100 VES/24 h als noch normal. Eine deutlich hæhere Zahl, insbesondere verbunden mit Couplets oder Salven sollte bis zum Beweis des Gegenteils an eine organische Herzerkrankung denken lassen: 7 KHK, 7 hypertensive Herzerkrankung, 7 Kardiomyopathien, 7 Klappenerkrankung, 7 Myokarditis, 7 extrakardiale Ursachen: Digitalis, Antiarrhythmika, Genussgifte, Elektrolytstærungen, Niereninsuffizienz u. a.
232
Ventrikulåre Extrasystolen ] EKG. Vorzeitig einfallender, ³ 0,12 s breiter, meist schenkelblockartig deformierter QRS-Komplex ohne regelhaft vorausgehende P-Welle; sekundåre Stærung der Erregungsrçckbildung. ] Sinusrhythmus. Fçr das Verhalten des Sinusrhythmus nach einer ventrikulåren Extrasystole gibt es je nach Vorzeitigkeit und den retrograden Leitungsverhåltnissen verschiedene Mæglichkeiten: 1. Kompensatorische postextrasystolische Pause: Die ventrikulåre Extrasystole blockiert retrograd die AV-Ûberleitung. Der Sinusknoten kann zwar die Vorhæfe depolarisieren, findet die Ûberleitung aber refraktår. Er wird in seinem regelmåûigen Grundrhythmus nicht unterbrochen. Die Summe der RR-Intervalle vor und nach der ventrikulåren Extrasystole entspricht der Summe zweier RR-Intervalle des Grundrhythmus. 2. Nichtkompensatorische postextrasystolische Pause: Erreicht die ventrikulåre Erregung retrograd çber das AV-Leitungssystem und den Vorhof den Sinusknoten, so wird dieser vorzeitig depolarisiert. Die Vorhæfe werden retrograd erregt. Nach der Depolarisation von auûen nimmt der Sinusknoten seine Tåtigkeit wieder auf. Die Summe der RR-Intervalle vor und nach der ventrikulåren Extrasystole ist kçrzer als die Summe zweier RR-Intervalle des Grundrhythmus. 3. Interponierte ventrikulåre Extrasystole: Bei langsamem Grundrhythmus, sehr frçhzeitigem Einfall und retrograder AV-Blockierung læscht die ventrikulåre Extrasystole den Sinusknoten nicht. Aufgrund des sehr frçhzeitigen Einfalls der Extrasystole sind die atrioventrikulåren und ventrikulåren Leitungswege bei der nåchsten Sinusknotenaktion nicht mehr refraktår. 4. Interponierte ventrikulåre Extrasystole mit nachfolgend verzægerter Ûberleitung: Findet nach einer interponierten ventrikulåren Extrasystole die nåchste Sinusaktion durch retrogrades Eindringen der ventrikulåren Erregung in den AV-Knoten (¹verborgene Leitungª) diesen partiell refraktår vor, so verlångert sich die Ûberleitung, wåhrend der Sinusgrundrhythmus unbeeinflusst bleibt.
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Ventrikulåre Extrasystolen
1. Kompensatorische postextrasystolische Pause
2. Nichtkompensatorische postextrasystolische Pause
3. Interponierte ventrikulåre Extrasystole
4. Interponierte ventrikulåre Extrasystole mit nachfolgend verzægerter Ûberleitung (¹verborgene Leitungª)
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Ventrikulåre Extrasystolen ] Ursprungsorte der ventrikulåren Extrasystolen 7 Rechter Ventrikel: Bild des Linksschenkelblocks
7 Linker Ventrikel: Bild des Rechtsschenkelblocks
Die Deformierung der ventrikulåren Extrasystole ist umso stårker, je vorzeitiger die Extrasystole einfållt und je weiter der Ursprungsort der ektopen Erregung von den Tawara-Schenkeln entfernt ist. Apikal ausgelæste VES sind in den Ableitungen I±III, aVF çberwiegend negativ, basal ausgelæste dagegen positiv. Bei septal direkt unter dem His-Bçndel ausgelæsten VES ist der QRS-Komplex nur gering deformiert, die Kammerendteile håufig sogar normal. Faszikulåre Extrasystolen, die aus dem linken hinteren Ast stammen, bieten das Bild eines Rechtsschenkelblocks und çberdrehten Linkstyps, da die Versorgungsbereiche dieser Faszikel spåter erregt werden als das Versorgungsgebiet des linken hinteren Astes. Die QRS-Komplexe sind relativ schmal, da die Erregungswelle ausschlieûlich çber das His-Purkinje-System auf die
Faszikulåre ventrikulåre Extrasystole aus dem linken hinteren Faszikel mit dem Bild eines Rechtsschenkelblocks und çberdrehten Linkstyps
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Ventrikulåre Extrasystolen Kammer geleitet wird. Eine faszikulåre Morphologie findet sich nicht nur bei einfachen ventrikulåren Extrasystolen, sondern auch bei 7 der ventrikulåren Parasystolie (D Abschn. 4.8.4), 7 dem akzelerierten idioventrikulåren Rhythmus (D Abschn. 4.7.5). ] Monomorphe VES. Gleiche Konfiguration der VES. ] Monotope VES. Gleiche Konfiguration durch gleichen Erregungsursprung. Die Monomorphie der VES spricht fçr die Monotopie. ] Polymorphe VES. Ungleiche Konfiguration. Bei fixer Kopplung kein Beweis fçr verschiedenen Erregungsursprung (Teilrefraktåritåt, Leitungsstærungen). ] Polytope (multifokale) VES. Ungleiche Konfiguration, wechselndes Kopplungsintervall = Verdacht auf verschiedenen Erregungsursprung. Diese Regel ist jedoch nicht zuverlåssig, da auch monotope ventrikulåre Extrasystolen bei wechselndem Kopplungsintervall Verånderungen aufweisen kænnen.
] Glossar: Ventrikulåre Extrasystolen Kombinationssystole (Fusionssystole): Hierunter versteht man die gleichzeitige Erregung der Ventrikel durch normale Sinuserregung und einen ektopen Fokus in einem noch unerregten Ventrikelbezirk; im Anschluss an die P-Welle bei verkçrztem PQ-Intervall Mischbild sowohl der normalen Sinus- als auch der extrasystolischen Erregung. Umkehrsystole: Wenn die Erregung einer ventrikulåren Extrasystole retrograd in den supraventrikulåren Bereich penetriert und von dort erneut nach Verzægerung im AV-Knoten den Ventrikel depolarisiert, spricht man von einer ¹Umkehrsystoleª. Diese kann sich in Form eines normalen oder aberrant çbergeleiteten QRS-Komplexes manifestieren. Dieser Mechanismus kann auch zur Umkehrtachykardie fçhren, ist insgesamt aber sehr selten. Vorzeitiger Kammerschlag mit kurzer QRS-Dauer bei Sinusrhythmus mit vorbestehendem Schenkelblockbild (D Abb. S. 237): Hierbei kann es sich ausschlieûlich um eine ventrikulåre Extrasystole handeln. Bei supraventrikulårem Ursprung mçsste die QRS-Dauer genauso lang oder sogar långer als die der Sinusschlåge sein. Die Abnahme der QRS-Dauer im Fall einer ventrikulåren Extrasystole setzt zwei Bedingungen voraus. 7 Die Extrasystole stammt aus dem Gebiet des blockierten Schenkels distal des Blocks. 7 Der Block ist unidirektional, d. h. nur in ortho-, nicht aber in retrograder Richtung. Bei Sinusschlågen wird die blockierte Kammer çber das interventrikulåre Septum und somit çber die Kammermuskulatur erreicht. Diese leitet 5-mal so langsam wie das His-Purkinje-System. Im Fall einer distal der Blockierung entstehenden ventri236
Ventrikulåre Extrasystolen kulåren Extrasystole erfolgt die Erregung der anderen Kammer bedeutend schneller çber das noch relativ gut leitende His-Purkinje-System. Deshalb ist die QRS-Dauer der ventrikulåren Extrasystole kçrzer als die des Sinuskammerschlags.
Ventrikulåre Extrasystole mit verkçrzter QRS-Dauer bei vorbestehendem Linksschenkelblock: Der schmale 6. und 9. QRS-Komplex ist eine ventrikulåre Extrasystole, die aus der Region unterhalb des Linksschenkelblocks stammt und den unidirektionalen Block des linken Tawara-Schenkels retrograd penetriert. Der schmale QRS-Komplex resultiert aus der nahezu zeitgleichen Erregung des rechten und linken Ventrikels çber das normale Reizleitungssystem
Salvenextrasystolen: Serie aufeinanderfolgender tachykarder Extrasystolen; so z. B. die seltene, benigne Form der ventrikulåren Tachykardie, Typ Gallavardin: im Wechsel mit Sinusrhythmus ventrikulåre Salven von 3±20 QRS-Komplexen mit einer Frequenz von 120±140/min. Gçnstige Prognose (D S. 283). Bigeminus: Nach jedem Normalschlag eine Extrasystole. Ein ventrikulårer Bigeminus mit unterschiedlicher Kammermorphologie ist fast pathognomonisch fçr eine Digitalisçberdosierung (D S. 212). 237
Ventrikulåre Extrasystolen Couplet: Zwei ventrikulåre Extrasystolen hintereinander, RR-Abstand < 600 ms. Triplet: Drei ventrikulåre Extrasystolen hintereinander, Frequenz > 100/min. Trigeminus: Nach jedem Normalschlag zwei Extrasystolen. 2 : 1-Extrasystolie: Eine Extrasystole nach jedem zweiten Normalschlag (angloamerikanisch: Trigeminus). Fixe Kopplung: Konstantes Intervall zwischen Extrasystolen und vorausgehenden Normalschlågen. Gleitende Kopplung: Inkonstantes Intervall zwischen Extrasystolen und vorausgehenden Normalschlågen. R-auf-T-Phånomen: Frçhzeitige, in die vulnerable Phase (ansteigender und Spitze der T-Welle = Zeit der græûten Inhomogenitåt wåhrend der sation) des vorausgehenden Kammerkomplexes einfallende ventrikulåre tole; fçhrt bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt besonders leicht merflimmern oder -flattern.
Schenkel RepolariExtrasyszu Kam-
Ventrikulåre Extrasystolie in konstanter Bigeminusform: 47-jåhriger Patient mit Linksherzinsuffizienz
238
Ventrikulåre Extrasystolen
Polytope ventrikulåre Extrasystolen mit kompensatorischer Pause (61-jåhriger Patient, koronare Herzerkrankung)
] Spåt einfallende ventrikulåre Extrasystolen Wenn eine ventrikulåre Extrasystole unmittelbar nach Beginn der P-Welle einfållt, kann diese ein (intermittierendes) WPW-Syndrom vortåuschen. Die Abgrenzung einer spåt einfallenden ventrikulåren Extrasystole gegençber einem WPW-Schlag ist relativ einfach, wenn man sich den Entstehungsmechanismus eines WPW-Schlags vor Augen fçhrt (D Abschn. 2.2.3.1). Der QRS-Komplex beim WPW-Syndrom ist ein Kombinationsschlag aus der Erregung çber die akzessorische Bahn (¹Delta-Welleª) und der normalen Erregung çber das AV-Knoten-His-Purkinje-System. Wenn die Vorhoferregungswelle çber die akzessorische Bahn frçher die Kammer erreicht (kçrzere PQ-Zeit), mçssen Delta-Welle und QRS-Komplex breiter werden, da mehr Kammergewebe çber die Arbeitsmuskulatur der Kammer erregt wird, d. h. PQ kçrzer ? QRS breiter. Dieses Phånomen wird auch Concertina- oder Ziehharmonika-Phånomen genannt (D Abb. S. 77). Mit Verbreitung des QRS-Komplexes (Zunahme der Delta-Welle) nehmen auch die Stærung der Erregungsrçckbildung und die Endteilverånderungen zu. Im Sinusrhythmus ist die Erregungswelle mit Beginn der P-Welle sichtbar und endet mit dem J-Punkt. Beim WPW-Syndrom åndert sich die Dauer dieses Vorgangs nicht: Beim WPW-Schlag wird nur der Beginn der Kammererregung vorgezogen, das Ende der Kammererregung wird wie beim Sinusschlag durch die normale Erregung çber den AV-Knoten und das His-Purkinje-System bestimmt. Daraus låsst sich fçr das WPW-Syndrom die Formel PJ-Abstand = konstant 239
Ventrikulåre Extrasystolen herleiten. Das Intervall vom Beginn der P-Welle bis zum J-Punkt ist beim WPWSchlag und normalem Sinusschlag gleich lang. Die geschilderten Merkmale treffen naturgemåû fçr eine spåt einfallende ventrikulåre Extrasystole nicht zu (D Abb. S. 240). Fçr ein intermittierendes WPW-Syndrom sprechen folgende Merkmale (D Abb. 241): Mit Verkçrzung der PQ-Zeit kommt es zu einer 7 Zunahme der Delta-Welle sowie Verbreiterung des QRS-Komplexes, 7 Zunahme der Repolarisationsstærung, 7 fehlenden Ønderung der PJ-Dauer (PJ-Dauer = konstant). Schlieûlich: Spåt einfallende ventrikulåre Extrasystolen sind håufig; ein intermittierendes WPW-Syndrom ist extrem selten und hat wegen der langen Refraktårzeit der akzessorischen Bahn immer eine gute Prognose.
Spåt einfallende ventrikulåre Extrasystolen: Mit Verkçrzung der PQ-Zeit keine Ønderung der QRS-Breite und der Repolarisation. PJ-Zeit von Schlag zu Schlag inkonstant
240
Ventrikulåre Extrasystolen
Intermittierendes WPW-Syndrom: Mit Verkçrzung der PQ-Zeit Zunahme der QRS-Breite und der Repolarisationsstærung. PJ-Zeit von Schlag zu Schlag konstant
] Therapie ventrikulårer Extrasystolen Die Indikation zur antiarrhythmischen Therapie ventrikulårer Extrasystolen ist heute åuûerst kritisch zu stellen. Nicht zuletzt seit der CAST-Studie ist bekannt, dass eine prophylaktische Therapie mit Antiarrhythmika die Inzidenz des plætzlichen Herztodes nicht zu senken vermag. Bei einer Proarrhythmierate der Antiarrhythmika von 2±5% pro Jahr wird man den Nutzen einer antiarrhythmischen Therapie gegençber dem mæglichen Schaden bis hin zum proarrhythmiebedingten plætzlichen Herztod kritisch abwågen und besser auf sie verzichten. Ein Versuch mit Betablockern ist mæglich, meist aber nicht sehr erfolgreich.
241
Supraventrikulåre Tachykardie
4.5 Supraventrikulåre Tachykardie (SVT) ] Definition. Sekunden bis Monate anhaltende Tachykardie mit meist schmalen QRS-Komplexen. Erregungsursprung oberhalb der Bçndelstammteilung: 7 Sinusknoten (extrem selten), 7 Vorhof, 7 AV-Knoten, 7 His-Bçndel (sehr selten). Meist liegt eine Reentry-Tachykardie, seltener eine abnorme Automatie vor; håufig anfallsweise (paroxysmal), dann generell eher gçnstige Prognose; falls transitorisch (= nichtparoxysmal), liegt meist eine organische Herzerkrankung oder eine Digitalisçberdosierung zugrunde. Eine Sonderform liegt bei den Reentry-Tachykardien des WPW-Syndroms vor, die in Abschn. 4.6 behandelt werden. ] EKG 7 QRS-Komplex meist normal konfiguriert; evtl. aberrante Ûberleitung, dann Schenkelblockbild des Kammerkomplexes (D S. 229). Bei vorbestehendem Schenkelblock bleibt der Schenkelblock erhalten. 7 Vorhoffrequenz 100±360/min. Die Vorhoffrequenz ermæglicht eine grobe Unterteilung der supraventrikulåren Tachykardien (D Abb. S. 244). 7 Lage und Form der P-Welle richten sich nach dem Ursprung der Erregung und ermæglichen die Differenzialdiagnose der supraventrikulåren Tachykardien (D Abb. S. 273 unten). 7 Eine absolute Arrhythmie (keine Diagnose, sondern ein Palpationsbefund!) ist bei den 4 der 6 wichtigsten supraventrikulåren Tachykardien mæglich, die zur Aufrechterhaltung der Tachykardie nicht auf die Passage des AV-Knotens angewiesen sind: Vorhofflimmern, Vorhofflattern, unifokale und multifokale atriale Tachykardie. Zwei der wichtigsten supraventrikulåren Tachykardien kennen keine absolute Arrhythmie: AV-junktionale Reentry-Tachykardie (AVJRT) und orthodrome/antidrome WPW-Tachykardie. 7 Ein ¹Warming-upª-Phånomen, d. h. eine Frequenzzunahme zu Beginn der SVT z. B. bei atrialer Tachykardie, spricht fçr ein ektopes Erregungszentrum. 7 Diagnostische Hilfen sind æsophageale und intrakardiale Ableitungen, Vorhofechokardiographie sowie der Karotissinus-Druckversuch, der nie ohne vorherige Auskultation der Karotiden durchgefçhrt werden sollte. Der Karotissinus-Druckversuch (CSD) verlångert die Refraktårzeit von Sinus- und AV-Knoten. Drei Reaktionen sind mæglich: 1. Keine Reaktion auf CSD: Entweder ist die vagale Stimulation nicht ausreichend oder es handelt sich bei einer Tachykardie mit breitem Kammerkomplex um eine VT, die ohnehin nicht durch vagale Stimulation beeinflusst werden kann. 2. Die Tachykardie bricht zusammen: Entweder handelt es sich um eine Sinusknoten-Reentry-Tachykardie (sehr selten), um eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie oder eine Reentry-Tachykardie mit akzessorischer Bahn. 242
Supraventrikulåre Tachykardie 3. Die der SVT zugrunde liegende atriale Rhythmusstærung wird durch den CSD demaskiert: Atriale Tachykardie, Vorhofflattern, evtl. -flimmern lassen sich so leicht diagnostizieren. Repolarisationsstærungen wie ST-Streckensenkung und T-Inversion werden oft Sekunden bis Tage nach Ende einer SVT im Ruhe-EKG gefunden, ohne dass diesen Verånderungen eine pathologische Bedeutung zukommt. Als Ursache vermutet man eine persistierende Modulation der myokardialen Erregungsrçckbildung nach Ønderung der Aktivierungssequenz (Posttachykardie-Syndrom, ¹myokardiales Gedåchtnisª, D vgl. S. 133).
Wirkung des Karotissinus-Druckversuchs auf Tachykardien (nach Senges/Lengfelder) Links: Demaskierung atrialer Tachykardien Mitte: Zusammenbruch derjenigen Tachykardien, bei denen der AV-Knoten im Reentry-Kreis liegt Rechts: Kammertachykardien bleiben unbeeinflusst
] Einteilung der supraventrikulåren Tachykardien. In diesem Abschnitt erfolgt aus didaktischen Grçnden die Einteilung der supraventrikulåren Tachykardien nach der Håufigkeit im klinischen Alltag: Tabelle 4.1
Vorhofflimmern Vorhofflattern Unifokale atriale Tachykardie Multifokale atriale Tachykardie AV-junktionale Reentry-Tachykardie Orthodrome/antidrome WPW-Tachykardie Sinusknoten-Reentry-Tachykardie u. a.
Abschnitt
Håufigkeit
4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.6.1 4.5.6
90±95% < 6% 2±3% 2% 1±2% < 1½ 1½
243
Vorhofflimmern Ursprungsort supraventrikulårer Tachykardien: a) paroxysmale Sinusknotenreentrytachykardie b) atriale Tachykardie c) AV-junktionale Reentry-Tachykardie d) multifokale atriale Tachykardie
Frequenzspektrum supraventrikulårer Tachykardien: Die Vorhoffrequenz erlaubt eine grobe Einteilung. So ist eine Vorhoffrequenz > 320/min fast nur beim Vorhofflattern der ungewæhnlichen Form anzutreffen, wåhrend die multifokale atriale Tachykardie meist Vorhoffrequenzen < 150/min aufweist
4.5.1 Vorhofflimmern ] Definition: Hochfrequente arrhythmische Vorhofaktionen mit arrhythmischer Ûberleitung auf die Kammer, Kammerfrequenz meist < 150/min. ] Charakteristik 7 4±10 Mikroreentries auf Vorhofebene, die sich gegenseitig aufrechterhalten. Jeder Mikroreentry benætigt einen Mindestanteil an Vorhofmyokard. Sinkt die Anzahl der Reentry-Kreise < 4, droht das Vorhofflimmern zusammenzubrechen (D Abb. S. 245). Auslæsung håufig durch Ektopien aus dem Bereich der Pulmonalvenenmçndungen. Ûberwiegend Rhythmusstærung des linken Ventrikels. 7 Trias des Vorhofflimmerns: ± fehlende P-Wellen, ± grobe/feine Flimmerwellen 300±700/min (II, V1), ± unregelmåûige RR-Abstånde (¹absolute Arrhythmieª). ¹Flimmerflatternª, d. h. das gleichzeitige Auftreten von Vorhofflimmern und Vorhofflattern gibt es praktisch nicht. In diesen Fållen, in denen man grobe, aber doch nicht ganz regelmåûige Flimmerwellen in Ab. V1 erkennt (mit dem Zirkel exakt abmessen!), liegt ¹grobes Vorhofflimmernª mit wenigen Mikroreentry-Kreisen vor. 244
Vorhofflimmern 7 Blockierung der AV-Ûberleitung durch die zahlreichen Vorhofimpulse, so dass nur selten einem Vorhofimpuls die Passage des AV-Knotens gelingt (Beispiel fçr verborgene Leitung); deshalb Kammerfrequenz 80±150/min. 7 Øtiologie: ± KHK, hypertensive Herzerkrankung, Kardiomyopathie; ± Mitral-, Aortenvitium; ± Hyperthyreose (oligosymptomatisch im Alter!); ± Genussgifte (Alkohol, Kaffee, Tee); ± idiopathisch (¹lone atrial fibrillationª); ± keine Voraussetzung fçr einen kranken Sinusknoten. 7 Derzeitige Einteilung (3 P): ± paroxysmales Vorhofflimmern: sistiert binnen Stunden bis Tagen spontan; ± persistierendes Vorhofflimmern: sistiert nach Tagen nicht spontan; ± permanentes Vorhofflimmern: kann nicht in Sinusrhythmus çberfçhrt werden. 7 Falls der Ûbergang von Vorhofflimmern auf Sinusrhythmus aufgezeichnet wird (D Abb. 222): Die Dauer der pråautomatischen Pause (långster RR-AbVorhoferregung bei Sinusrhythmus und Vorhofflimmern
245
Vorhofflimmern stand der ersten 10 Sinusschlåge) kann als Hinweis auf eine normale bzw. pathologische Sinusknotenerholungszeit (SKEZ) gewertet werden (normal bei Sinusfrequenz von 60±90/min < 1,5 s). Ist die Sinusknotenerholungszeit verlångert und ist der Patient symptomatisch, liegt ein Brady-Tachykardie-Syndrom vor (D S. 221). 7 Bradyarrhythmischer Kammerrhythmus < 40/min bei Vorhofflimmern ist ein Problem des AV-Knotens und kein Zeichen eines Brady-Tachykardie-Syndroms. 7 Ein AV-Block III ist bei Vorhofflimmern/-flattern bei diesen meist ålteren Patienten gar nicht so selten: In diesem Fall fehlen der ¹Trias des Vorhofflimmernsª die unregelmåûigen RR-Abstånde. Der auffållig langsame junktionale/ ventrikulåre Ersatzrhythmus zeigt trotz Vorhofflimmerwellen z. B. in V1 regelmåûige RR-Abstånde (D Abb. S. 248 unten). Hier besteht Schrittmacherindikation! ] Paroxysmales Vorhofflimmern. Es kann sowohl vagal als auch adrenerg induziert sein, da die Refraktårperiode des Vorhofmyokards sowohl durch starke Vagusaktivitåt als auch durch einen gesteigerten Sympathikustonus verkçrzt wird. Je ausgeprågter die organische Herzerkrankung, desto weniger ist diese Trennung jedoch aufrechtzuerhalten. Die folgende Tabelle fasst die grundsåtzlichen Unterschiede bezçglich Diagnostik und Therapie zusammen: Paroxysmales Vorhofflimmern
Vagusvermittelt
Sympathikusvermittelt
Inzidenz Geschlecht Altersgruppe Herzerkrankung Tageszeit des Auftretens Auftreten ± wåhrend Belastung ± nach Belastung/Mahlzeit Herzfrequenz vor Beginn Therapie
Selten Månnlich 30±50 Jahre Selten Nachts, morgens
Håufig Keine Bevorzugung > 50 Jahre Håufiger Tagsçber
Nein Ja Niedrig Z. B. Flecainid
Ja Nein Hoch Betablocker, Digitalis
] Therapie 7 Tachykardes Vorhofflimmern: Normalisierung der Kammerfrequenz durch Verlångerung der Refraktårzeit des AV-Knotens mittels Betablocker, Digitalis oder Kalziumantagonisten vom Verapamil- bzw. Diltiazemtyp. 7 Wiederherstellung des Sinusrhythmus: Innerhalb von 48 h nach Beginn des Vorhofflimmerns ist die medikamentæse oder elektrische Kardioversion ohne vorherige 4-wæchige Antikoagulation zulåssig. Sofortiger Heparinschutz. Medikamentæse Konversion mit Klasse-IC-Antiarrhythmika (Flecainid, Propafenon) ± wenn irgend mæglich ± unter Monitorkontrolle, danach Stabilisierung des Sinusrhythmus mittels Betablockertherapie. Wir bevorzugen in der Kli246
Vorhofflimmern nik die elektrische Kardioversion. Erhalt des Sinusrhythmus nicht erzwingen, 1 bis maximal 2 Konversionsversuche. Wenn mæglich und sinnvoll, Erhaltungstherapie nach vagal oder adrenerg induziertem Vorhofflimmern differenzieren. 7 Antikoagulation: 48 h nach Beginn des Vorhofflimmerns Kardioversion nur nach vorheriger 4-wæchiger Antikoagulation mit Ziel-INR 2,0±3,0 oder nach transæsophagealer Echokardiographie. Nach Kardioversion Antikoagulation nach aktuellen Studien auch bei persistierendem Sinusrhythmus eher långer, z. B. 6 Monate aufrecht erhalten, bei permanentem Vorhofflimmern lebenslang. Ausnahme: Patienten mit ¹lone atrial fibrillationª unter 60 Jahren: ASS 100 mg/Tag. 7 Schrittmacherimplantation: Symptomatische Patienten mit Brady-Tachykardie-Syndrom mçssen mit einem Schrittmacher versorgt werden. Die Stabilisierung des Sinusrhythmus mittels Vorhofschrittmachern oder Vorhofablationsverfahren bleiben als experimentelle Techniken kardiologischen Fachabteilungen vorbehalten.
Absolute Arrhythmie bei grobem Vorhofflimmern: Indifferenztyp, Kammerfrequenz 70±95/min; unregelmåûige, grobe Vorhofflimmerwellen, Vorhoffrequenz um 350/min. Die Ableitungen V2 und V3 sind bei der Registrierung vertauscht worden
247
Vorhofflimmern
Brachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern. Långster RR-Abstand 1700 ms, mittlere Kammerfrequenz 48/min
Langzeit-EKG-Aufzeichnung des Ûbergangs einer Tachyarrhythmia absoluta (f = 130±180/min) bei Vorhofflimmern in Sinusrhythmus, f = 40±70/min. Pathologische Sinusknotenerholungszeit von 3,0 s (pråautomatische Pause); Registrierung 25 mm/s. Brady-Tachykardie-Syndrom. Bei symptomatischem Patienten Schrittmacherindikation
Vorhofflimmern, AV-Block III, vorbestehender Linksschenkelblock. Die vællig regelmåûige, bradykarde Kammeraktion schlieût eine Bradyarrhythmia absoluta infolge Vorhofflimmern aus. Junktionaler Ersatzrhythmus
248
Vorhofflimmern
Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern mit einer mittleren Kammerfrequenz von 105/min und z. T. aberrant çbergeleiteten QRS-Komplexen. Fçr einen supraventrikulåren Erregungsursprung sprechen: QRSKomplex < 0,14 s, Linksschenkelblockbild, Diskordanzphånomen V1±V6, kurzes Kopplungsintervall des aberrant çbergeleiteten QRS-Komplexes, Fehlen einer kompensatorischen Pause. Bei Zustand nach Vorderwandinfarkt haben die aberrant çbergeleiteten Schlåge eine Linksschenkelblock-Morphologie. 25 mm/s Registrierung
Kurze Phase von Vorhofflimmern mit aberranter Ûberleitung im Langzeit-EKG. Die mit Verkçrzung des Ankopplungsintervalls zunehmende Verbreiterung des QRS-Komplexes, die Frequenzvariabilitåt der Tachykardie mit breitem QRS-Komplex (> 10%) und der Linksschenkelblock sprechen fçr einen supraventrikulåren Ursprung (am ehesten Vorhofflimmern mit aberranter Ûberleitung) und gegen eine monomorphe Kammertachykardie
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Vorhofflattern
Paroxysmales Vorhofflimmern mit 8 aberrant çbergeleiteten Schlågen. Langzeit-EKG mit 3 Ableitungen. Linksschenkelblockmorphologie, Frequenzvarianz > 15%. Die Refraktårzeit des linken Schenkels nimmt nach Auftreten des Vorhofflimmerns ab und ist nach dem 8. breiten QRS-Komplex kçrzer als die Zykluszeit. Deshalb wird die Erregung jetzt normal çbergeleitet. In der Mitte der Aufzeichnung ist Vorhofflimmern eindeutig zu erkennen. Der drittletzte QRS-Komplex wird im Rahmen eines Ashman-Phånomens noch einmal aberrant çbergeleitet
4.5.2 Vorhofflattern Vorhofflattern beginnt definitionsgemåû bei einer Vorhoffrequenz > 220/min, obwohl in seltenen Fållen auch Vorhofflattern mit einer Frequenz von 200±220/min angetroffen wird. Månner sind håufiger als Frauen betroffen. Man unterscheidet zwei Formen des Vorhofflatterns: Vorhofflattern der gewæhnlichen und der ungewæhnlichen Form, deren Unterscheidung therapeutische Konsequenzen hat.
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Vorhofflattern 4.5.2.1 Vorhofflattern der gewæhnlichen Form 7 Rhythmusstærung des rechten Vorhofs: regelmåûiger linksdrehender MakroReentry von der oberen Hohlvene entlang der Crista terminalis und des Ostiums der unteren Hohlvene; kritische Verzægerung im Isthmusbereich (zwischen Trikuspidalklappenring, Mçndung der unteren Hohlvene und des Ostiums des Koronarsinus); Rçckkehr zur oberen Hohlvene entlang des interatrialen Septums. 7 ¹Morphologische Diagnoseª: sågezahnfærmige negative P-Wellen in Abl. II/III (langsamer Abstieg, schneller Anstieg), fehlende Isoelektrische in Abl. II/III; meist gut erkennbare, positive P-Wellen und Isoelektrische in V1 = linksdrehender Makro-Reentry im rechten Vorhof: Vorhofflattern der gewæhnlichen Form im Gegenuhrzeigersinn (D Abb. S. 252/253). 7 Sehr viel seltener (< 1%): Sågezahn mit positiven P-Wellen in Abl. II/III (langsamer Anstieg, schneller Abstieg), positive P-Wellen und Isoelektrische in V1 = rechtsdrehender Makro-Reentry im rechten Vorhof: Vorhofflattern der gewæhnlichen Form im Uhrzeigersinn (D Abb. S. 253). 7 Diagnostischer Tipp: Bei beiden Kreiserregungen låsst sich der typische Sågezahn in Abl. II/III besser erkennen, wenn man die QRS-Komplexe mit einem Bleistift, einem Zirkel oder einem kleinen Stçck Papier abdeckt. Der Sågezahn ist besonders schwierig bei 2 : 1-Ûberleitung zu erkennen, Abl. V1 genau anschauen! 7 Vorhoffrequenz meist 240±330/min, selten (unter Antiarrhythmika wie z. B. Flecainid) 200±240/min; Vorhofflattern ist åuûerst frequenzstabil. Deshalb ist bei Patienten, die çber Stunden eine konstante Tachykardie zwischen 120±150/min aufweisen, an Vorhofflattern mit 2 : 1-Ûberleitung zu denken. 7 Meist physiologischer AV-Block II. Grades mit regelmåûiger 2 : 1- bis 5 : 1-Ûberleitung, aber auch absolute Arrhythmie bei unregelmåûiger Ûberleitung. Bei den seltenen geraden Blockierungen wie z. B. 6 : 2 oder 10 : 4 muss man einen ¹Two-level-blockª auf AV-Ebene postulieren. So ergeben ein 2 : 1-Block auf der oberen Ebene und ein 3 : 2-Block auf der unteren AV-Knoten-Ebene einen 6 : 2-Block (D Abb. S. 254).
Reentry der Erregungswelle bei Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ
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Vorhofflattern 7 Eine 1 : 1-Ûberleitung ist eine Raritåt, meist bei Vorhoffrequenzen < 220/min und dann iatrogen bedingt (z. B. Chinidin ohne gleichzeitige Digitalismedikation; flecainidinduzierte Verminderung der Vorhoffrequenz < 220/min, D Abb. S. 254). 7 ¹Flimmerflatternª: Vorhofflimmern und Vorhofflattern sind sowohl pathophysiologisch als auch therapeutisch zwei unterschiedliche Arrhythmien und treten fast nie zusammen, wohl aber hintereinander auf. 7 Øtiologie: fast immer organische Herzerkrankung; kein Zeichen einer Digitalisintoxikation. 7 Vorhofflattern mit AV-Block III: auffållig bradykarder, regelmåûiger Ersatzrhythmus, Vorhofflatterwellen in Abl. II/III, V1 zu erkennen. Schrittmacherindikation!
Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ im Gegenuhrzeigersinn mit 2 : 1-Ûberleitung
Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ im Gegenuhrzeigersinn. Vorhoffrequenz 235/min, wechselnde AVÛberleitung 2 : 1 bis 3 : 1. Man beachte die typischen Flatterwellen ohne Isoelektrische in Abl. II, III und die positiven P-Wellen in Abl. V1
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Vorhofflattern
Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ im Gegenuhrzeigersinn. Vorhoffrequenz 280/min, regelmåûige 2 : 1Ûberleitung, somit regelmåûige Kammerfrequenz mit 140/min. Durch Abdecken des QRS-Komplexes in Abl. III erkennt man den typischen ¹Sågezahnª
Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ im Uhrzeigersinn mit regelmåûiger 2 : 1-Ûberleitung. In Abl. II/III ist der ¹Sågezahnª nach Abdecken des QRS-Komplexes zu erkennen
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Vorhofflattern
Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ im Gegenuhrzeigersinn mit einer Vorhoffrequenz von 280/min. Periodische 6 : 2-Blockierung infolge ¹Two-level-blockª mit 2 : 1-Blockierung im proximalen und 3 : 2-Wenckebach-Blockierung im distalen Anteil des AV-Knotens
Einkanal-Langzeit-EKG-Aufzeichnung: Ûbergang von Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ mit 2 : 1-Ûberleitung und einer Vorhoffrequenz von 200/min in eine 1 : 1-Ûberleitung mit Aberranz unter 900 mg Propafenon/Tag
] Therapie 7 Falls passager, Ûbergang in Vorhofflimmern, seltener Sinusrhythmus. Vorhofflattern kann aber auch eine långere Zeit anhaltende Rhythmusstærung sein. Nur Vorhofflattern mit schneller, z. B. 1 : 1-Ûberleitung ist eine unmittelbar behandlungsbedçrftige Rhythmusstærung. 7 Bei hoher Kammerfrequenz Verlångerung der Refraktårzeit des AV-Knotens mit Digitalis, Verapamil, Diltiazem, Betablocker. 7 Da Makro-Reentry des rechten Vorhofs, Entrainment oder Burst-Ûberstimulation mittels Elektrokatheter. In 50±70% gelingt es, den Sinusrhythmus wiederherzustellen. Ansonsten konvertiert Vorhofflattern unter Ûberstimulation in Vorhofflimmern. 7 Elektrokonversion mit niedriger Energie (³ 50 Ws). 254
Vorhofflattern 7 Die pharmakologische Terminierung ist weniger Erfolg versprechend: Sotalol (1 mg/kg i. v. in 10 min) oder Amiodarone (5 mg/kg i. v. in 10 min) unter Monitorkontrolle wegen Gefahr der Torsade de Pointes. Pråvention der auslæsenden atrialen Extrasystolen mit Betablockern. Bei Einsatz von Antiarrhythmika der Klasse IA oder IC besteht die Gefahr, dass die Flatterfrequenz herabgesetzt und damit eine 1 : 1-Ûberleitung mæglich wird. Zusåtzlich besteht das Risiko einer Torsade de Pointes. 7 Kardioembolisches Risiko wegen der noch vorhandenen Vorhofkontraktion geringer als bei Vorhofflimmern (30±50%). Patienten mit rezidivierendem Vorhofflattern sind meist herzkrank und haben auch Episoden von Vorhofflimmern, so dass sich schon aus diesem Grund die langfristige Antikoagulation mit einem INR 2,0±3,0 empfiehlt. Plazebokontrollierte, randomisierte Studien existieren bis heute zu dieser Frage nicht. 7 Bei rezidivierendem, symptomatischem Vorhofflattern ist heute die Hochfrequenzablation des Isthmus des rechten Vorhofs die Therapie der Wahl. Sie wird mit geringem Risiko und hoher Erfolgsrate in kardiologischen Spezialabteilungen durchgefçhrt.
4.5.2.2 Vorhofflattern der ungewæhnlichen Form Vorhofflattern der ungewæhnlichen Form ist sehr viel seltener als Vorhofflattern der gewæhnlichen Form (< 3% aller Formen von Vorhofflattern). Der Pathomechanismus ist vielfåltig, nicht in allen Fållen eindeutig geklårt und auch nicht unmittelbar aus dem Oberflåchen-EKG zu ersehen. Meist liegt ein Mikro-Reentry im rechten, selten linken Vorhof ohne wesentliche erregbare Lçcke vor, so dass eine elektrische Ûberstimulation im Gegensatz zu Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ fast immer ohne Erfolg ist; ansonsten tachykarder ektoper Vorhofrhythmus, der ebenfalls kaum durch Ûberstimulation zu beenden ist. 7 Hæchste Frequenz aller regelmåûigen supraventrikulåren Tachykardien: 280±380/min. 7 Meist kraniokaudale Vorhoferregung, deshalb positive, nicht sågezahnfærmige, abgegrenzte P-Wellen bei erhaltener Isoelektrischen in Abl. II/III; positive P-Wellen in Abl. V1; bei Erregung aus dem unteren Vorhof negative P-Wellen in Abl. II/III. 7 Øtiologie: immer organische Herzerkrankung. 7 Physiologischer AV-Block II mit 4 : 1- bis 7 : 1-Ûberleitung. Wegen der hohen Vorhoffrequenz wird eine 1 : 1-Ûberleitung nie und auch eine 2 : 1-Ûberleitung åuûerst selten gesehen. Die Patienten sind fast immer stabil, kænnen aber eine absolute Arrhythmie aufweisen. 7 Differenzialdiagnose: atriale Tachykardie; jedoch hat die atriale Tachykardie eine niedrigere Vorhoffrequenz. Morphologisch und auch nach den Pathomechanismen ist das Vorhofflattern der ungewæhnlichen Form die ¹hochfrequente Schwesterª der atrialen Tachykardie (D Abschn. 2.5.3). 7 Therapie: instabile Rhythmusstærung bei meist stabilen Patienten; Ûberstimulation ohne Erfolg; am ehesten zuwarten, bis die Tachykardie in Vorhofflattern der gewæhnlichen Form, Vorhofflimmern oder Sinusrhythmus zu255
Atriale (Vorhof-)Tachykardie rçckspringt; im Notfall medikamentæse Verlångerung der Refraktårzeit des AV-Knotens. Eine Kardioversion wurde in unserer Abteilung bisher nie benætigt; Antikoagulation entsprechend dem vorherrschenden Rhythmus.
Vorhofflattern der ungewæhnlichen Form: Vorhoffrequenz 288/min, Kammerfrequenz bei regelmåûiger 4 : 1Ûberleitung 72/min. Man beachte in Abl. II, III die positiven P-Wellen, verbunden durch die Isoelektrische
4.5.3 Atriale (Vorhof-)Tachykardie Im klinischen Alltag ist sie eine recht håufige, meist nicht lang anhaltende Tachykardie der Vorhofmuskulatur ohne Beteiligung des Sinus- und AV-Knotens. Sie tritt håufig nach kardiochirurgischen Eingriffen auf. Etwa 80% der Patienten haben eine organische Herzerkrankung, 10±20% der Patienten sind herzgesund. Die Pathomechanismen sind meist ein oder mehrere kleinere Reentry-Kreise im rechten, seltener linken Vorhof. Eine abnorme Automatie oder getriggerte Aktivitåt ist als Ursache weit seltener. Die Patienten sind meist wenig symptomatisch. ] EKG 7 P-Welle in Abl. II/III meist positiv, nur leicht deformiert. Die P-Welle geht dem QRS-Komplex voraus, die Isoelektrische ist erhalten. Positive P-Welle in V1. Selten kann das Erregungszentrum von Tachykardie zu Tachykardie wechseln. 7 Bei Erregung aus dem unteren Vorhof negative P-Wellen in Abl. II/III. 7 Vorhoffrequenz 100±250/min. Da weder der AV-Knoten noch der Ventrikel zur Aufrechterhaltung der Tachykardie erforderlich ist, ist håufig ein AVBlock zu beobachten. Das Auftreten eines AV-Blocks schlieût differenzialdiagnostisch eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie (D Abschn. 4.5.5) und eine orthodrome WPW-Tachykardie (D Abschn. 4.6.1) aus. Bei unregelmåûiger Blockierung Bild der absoluten Arrhythmie. 256
Atriale (Vorhof-)Tachykardie 7 Bei Patienten ohne Herzerkrankung ist die atriale Tachykardie meist paroxysmal und kurz, ansonsten nichtparoxysmal, davon < 40% digitalisinduziert. 7 Selten ¹Warming-upª-Phånomen, d. h. Frequenzzunahme zu Beginn der Tachykardie infolge abnormer Automatie. 7 Die digitalisinduzierte atriale Tachykardie ist nichtparoxysmal und zeigt håufig einen AV-Block II. Grades. Sehr selten besteht zusåtzlich ein ventrikulophasisches Phånomen, d. h. die PP-Abstånde, die einen QRS-Komplex einschlieûen, sind kçrzer als die PP-Abstånde, die keinen QRS-Komplex einschlieûen. Diese Tachykardie kann schon bei geringer Digitalisçberdosierung auftreten, evtl. in Kombination mit anderen, digitalisinduzierten Arrhythmien z. B. AV-Block III und nichtparoxysmaler junktionaler Tachykardie (D Abb. S. 212)! 7 Extrem selten ist die permanente (¹incessantª) atriale Tachykardie: abnorme Automatie, selten Reentry. Frequenzzunahme unter Belastung, Gefahr der Tachykardiomyopathie, d. h. Kardiomegalie mit Herzinsuffizienz infolge anhaltender Tachykardie. ] Therapie 7 Kontrolle des Digitalisspiegels. 7 Falls Akuttherapie notwendig, Verlångerung der Refraktårzeit des AV-Knotens: Betablocker, Diltiazem, Verapamil, evtl. Adenosin. 7 Bei wenig symptomatischen Patienten, normaler Kammerfrequenz und ansonsten tolerabler Håmodynamik zuwarten, die Rhythmusstærung hært oft spontan auf. 7 Die Erfolgsraten der Langzeittherapie mit Betablockern, Kalziumantagonisten, Adenosin oder Klasse-I- oder -III-Antiarrhythmika werden unterschiedlich beurteilt. Randomisierte Studien liegen nicht vor. Die pharmakologische Prophylaxe ist meist wenig befriedigend. 7 Die Hochfrequenzablation der Vorhoftachykardie ist mæglich. Sie hat aber eine deutlich niedrigere Erfolgsrate als die Ablation der AV-junktionalen Reentry-Tachykardie oder des WPW-Syndroms. Besonders bei Patienten nach herzchirurgischen Eingriffen oder mit mehreren Foci ist das Aufsuchen der Ablationsorte erschwert. Bei Patienten mit unaufhærlicher Vorhoftachykardie ist die Hochfrequenzablation die Therapie der Wahl.
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Atriale (Vorhof-)Tachykardie
Ektope Vorhoftachykardie mit Block bei Digitalisçberdosierung: Vorhoffrequenz 220/min; wechselnde AV-Ûberleitung (2 : 1 bis 4 : 1); inkonstante PQ-Zeit bei çbergeleiteten Vorhoferregungen
Atriale Tachykardie aus dem unteren Vorhof. Negative P-Welle in Abl. II/III vor QRS. Vorhofund Kammerfrequenz 140/min. Zustand nach Bypass-Operation
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Multifokale atriale Tachykardie
Zweikanal-Langzeit-EKG: ¹Warming-upª-Phånomen einer ektopen atrialen Tachykardie. In Folge der Frequenzzunahme Wechsel von 1 : 1- auf 2 : 1-Ûberleitung. Damit Abnahme der Kammerfrequenz bei Zunahme der Vorhoffrequenz
4.5.4 Multifokale atriale Tachykardie (MAT) Dies ist eine eigenståndige, klinisch wichtige, ganz çberwiegend durch Rechtsherzbelastung hervorgerufene niederfrequente arrhythmische ektope Vorhoftachykardie. Frçhere, jedoch nicht mehr von der WHO empfohlene Bezeichnung: chaotischer Vorhofrhythmus; arrhythmische Erregung der Vorhæfe durch mehrere heterotope Ektopiezentren. ] EKG 7 Mindestens 3 atriale Ektopiezentren, 7 unterschiedlich geformte P-Wellen mit wechselnden PP-Abstånden, absolute Arrhythmie, 7 wegen der niedrigen Frequenz fast immer 1 : 1-Ûberleitung, 7 Isoelektrische zwischen den P-Wellen, 7 niedrige Vorhoffrequenz: 100±160/min, 7 Arrhythmie des rechten Vorhofs, degeneriert selten frçh zu Vorhofflimmern.
] Øtiologie. Ûber 80% der Patienten mit multifokaler atrialer Tachykardie haben ein chronisches Cor pulmonale, ansonsten eine andere schwere organische Herzerkrankung; nie bei Gesunden; ernste Prognose. Bei Vorliegen einer multifokalen atrialen Tachykardie sollte deshalb primår ein Cor pulmonale ausgeschlossen werden. ] Therapie. Behandlung des Grundleidens; Elektrolytausgleich; Vorsicht mit Digitalis, keine Antiarrhythmika. Ein Versuch mit Kalziumantagonisten endet meist unbefriedigend. Trotz der relativ hohen Kammerfrequenz sollte den Patienten mit COPD die antiobstruktive Medikation nicht vorenthalten werden. 259
AV-junktionale Reentry-Tachykardie
Multifokale atriale Tachykardie. 68-jåhriger Patient mit Cor pulmonale. Wechselnde Vorhofkonfiguration, Vorhoffrequenz 105±150/min mit 1 : 1-AV-Ûberleitung; nach der 5. Vorhoferregung am ehesten spåt einfallende ventrikulåre Extrasystole
4.5.5 AV-junktionale Reentry-Tachykardie (AVJRT) Sie ist eine typisch paroxysmal beginnende supraventrikulåre Tachykardie, çberwiegend bei jungen Menschen. Bei den meist ansonsten gesunden Patienten besteht eine erhebliche klinische Symptomatik mit Jugularvenenpulsation infolge nahezu zeitgleicher Erregung von Vorhof und Kammer (engl. ¹frog-positiveª). Mikro-Reentries im AV-Knoten infolge funktioneller Långsdissoziation des AV-Knoten-Geflechts in ein oder mehrere langsam leitende Bahnen mit kurzer Refraktårzeit und eine schnell leitende Bahn mit långerer Refraktårzeit sind typisch. Die unterschiedlichen Leitungsgeschwindigkeiten und Refraktårzeiten ermæglichen diesen Mikro-Reentry; åuûerst selten abnorme Automatie, dann transitorisch beginnend.
Moderne Vorstellung der Anatomie der Leitungswege der AV-Junktion
] Gewæhnliche Form der AV-junktionalen Reentry-Tachykardie (> 95%, Typ ¹slow-fastª) Ûblicherweise erreicht der Sinusimpuls çber die schnelle Bahn das His-Bçndel. Gleichzeitig wird die langsame Bahn retrograd penetriert. Die von oben und unten kommenden Impulse læschen sich in der langsamen Bahn. Trifft eine atriale Extrasystole auf den AV-Knoten zum Zeitpunkt, zu dem die schnelle Bahn noch refraktår, die langsame Bahn aber schon wieder erregbar ist, erreicht die Erregung çber die langsame Bahn das His-Bçndel und kann jetzt die wieder erregbare schnelle Bahn retrograd passieren. Deshalb beginnt die ¹Slow-fastª-Tachykardie mit einer atrialen Extrasystole mit verlångerter PQ-Zeit. 260
AV-junktionale Reentry-Tachykardie
Pathomechanismus der AV-junktionalen Reentry-Tachykardie
] EKG 7 Beginn durch atriale Extrasystole mit verlångerter PQ-Zeit; 7 meist retrograde 1 : 1-Vorhoferregung mit heftigen Jugularvenenpulsationen (¹frog-positiveª), sehr selten 2 : 1 Ûberleitung auf die Ventrikel; 7 Frequenz 130±220/min; 7 P-Welle negativ in II, III und aVF; 7 die negative P-Welle findet sich unmittelbar im Anschluss an QRS (> 75%), dann als Pseudo-r'-Zacke in V1 oder als Pseudo-s-Zacke in den inferioren Ableitungen; ansonsten verborgen im QRS-Komplex (20%); 7 Intervall vom Beginn QRS bis Ende der P-Welle £ 140 ms; 7 çblicherweise schmale Kammerkomplexe, sehr selten aberrante Ûberleitung.
] Ungewæhnliche Form der AV-junktionalen Reentry-Tachykardie (< 5%, Typ ¹fast-slowª) Sie beginnt meist mit einer ventrikulåren Extrasystole. Der ventrikulåre Impuls penetriert die langsame Bahn retrograd, die schnelle Bahn antegrad (¹fast-slowª). 7 Negative P-Welle in Abl. II/III und aVF abgesetzt vor QRS, 7 RP-Abstand PR-Abstand, 7 Frequenz wie bei ¹slow-fastª-Tachykardie 130±220/min, 7 instabile Rhythmusstærung, selten von långerer Dauer, 7 die Patienten sind ¹frog-negativeª wegen der zeitlichen Versetzung von Vorhof- und Kammerkontraktion. 261
AV-junktionale Reentry-Tachykardie ] Gemeinsamkeiten beider Formen 7 Frequenz 130±220/min, 7 paroxysmaler Beginn, 7 ganz çberwiegend 1 : 1-Vorhof- und Kammererregung. ] Øtiologie 7 Meist gesunde Menschen mit Neigung zu atrialen Extrasystolen, 7 typische Tachykardie des jungen Menschen im årztlichen Notdienst, 7 Patienten berichten çber frçhere Anfålle, 7 Frauen > Månner, 7 erhebliche klinische Symptomatik, 7 Patienten sind nie vital gefåhrdet. ] Therapie 7 Vagale Manæver: Karotissinus-Druckversuch, Bauchpresse, Eiswasser trinken, 7 beruhigendes Zuwarten, 7 Digitalis, Betablocker, Verapamil i. v., Adenosin i. v., 7 bei erheblicher, rezidivierender klinischer Symptomatik: Hochfrequenz-Ablation der langsamen Bahn in einem kardiologischen Zentrum. ] Differenzialdiagnose der gewæhnlichen Form 7 Vorhofflattern der gewæhnlichen Form mit 2 : 1-Ûberleitung. Die typischen Flatterwellen sind in Abl. II/III meist unverkennbar. 7 Orthodrome WPW-Tachykardie mit schnell leitender akzessorischer Bahn: Die negative P-Welle ist vom QRS-Komplex abgesetzt, findet sich in den Brustwandableitungen evtl. in der T-Welle oder unmittelbar im Anschluss daran (RP-Abstand < PR-Abstand). 7 Sinustachykardie mit Frequenz > 140/min und Maskierung der P-Welle durch die T-Welle, z. B. infolge Lungenembolie bei jungen Menschen. ] Differenzialdiagnose der ungewæhnlichen Form (D Abschn. 4.6.5).
262
AV-junktionale Reentry-Tachykardie
Beginn einer AVJRT vom gewæhnlichen Typ: Die erste atriale Extrasystole (erster Pfeil) leitet noch çber die schnelle Bahn des AV-Knotens auf den Ventrikel çber (PQ-Dauer 210 ms). Die zweite atriale Extrasystole (zweiter Pfeil) leitet çber die langsame Bahn (PQ-Dauer 400 ms). Die schnelle Bahn wird jetzt retrograd penetriert und eine ¹Slow-fastª-AVJRT in Gang gesetzt. Die Pseudo-r'-Zacken in V1 weisen ebenfalls auf die AVJRT vom gewæhnlichen Typ hin
a AV-junktionale Reentry-Tachykardie vom gewæhnlichen Typ: Frequenz 150/min, P-Welle unmittelbar im Anschluss an den QRS-Komplex ( = Pseudo-r'-Zacke, bei SR nicht mehr nachweisbar). Registrierung 25 mm/s :
b Nach Karotissinus-Druckversuch SR, Frequenz 65/min, AV-Block I8 mit PQ-Zeit von 0,32 s a
b
263
AV-junktionale Reentry-Tachykardie
Links und Mitte: AV-junktionale Reentry-Tachykardie vom gewæhnlichen Typ, Frequenz 180/min. P-Welle im QRS-Komplex versteckt. Die Kerbung im Anschluss an den QRS-Komplex in V1 ist keine P-Welle, sie ist auch in V1 bei Sinusrhythmus (rechts) vorhanden. Rechts: Nach Karotissinus-Druckversuch Sinusrhythmus, Frequenz 84/min Karotissinus-Druckversuch
AV-junktionale Reentry-Tachykardie vom ungewæhnlichen Typ (¹fast-slowª): Frequenz 120/min, negative P-Welle vor dem QRS-Komplex in Abl. II/III. Durch Karotissinus-Druckversuch Wiederherstellung des Sinusrhythmus, Frequenz 60/min
264
Sinusknoten-Reentry-Tachykardie
4.5.6 Seltene supraventrikulåre Tachykardien ] Sinusknoten-Reentry-Tachykardie Es handelt sich um einen åuûerst seltenen Mikro-Reentry im Bereich des Sinusknotens (< 0,5½ aller SVT). Sie spielt im klinischen Alltag keine wesentliche Rolle; abrupter Beginn und plætzliches Ende; zufålliger Befund bei der elektrophysiologischen Untersuchung oder im Langzeit-EKG. Kritische Voraussetzung ist eine Leitungsverzægerung im Sinusknoten und der benachbarten Umgebung, d. h. auf engstem Raum. Der Pathomechanismus wird kontrovers diskutiert. Sie gilt als Hinweis auf eine sinuatriale Erkrankung. ] EKG 7 P-Welle mit Sinus-P-Welle nahezu identisch, 7 PQ-Zeit nicht frequenzabhångig und damit nicht verkçrzt; keine reflektorischen Einflçsse, 7 kurze Phasen mit Frequenzen < 180/min, 7 der Karotissinus-Druckversuch beendet die Tachykardie. Eine Blockierung der AV-Ûberleitung beeinflusst die Tachykardie nicht. ] Differenzialdiagnose 7 Sinustachykardie bei Gesunden; 7 Syndrom der inadåquaten Sinustachykardie = Patienten mit idiopathischer Sinustachykardie: PQ-Zeit verkçrzt, keine Unterbrechung durch KarotissinusDruckversuch, kein paroxysmaler Beginn; 7 atriale Tachykardie aus dem oberen rechten Vorhof. ] Therapie 7 Karotissinus-Druckversuch, zuwarten, Adenosin i. v., 7 chronische Therapie: Betablocker, Digitalis, Verapamil, 7 in hochsymptomatischen Fållen sind Patienten erfolgreich mittels Hochfrequenzablation behandelt worden.
Sinusknoten-Reentry-Tachykardie unter Karotissinus-Druckversuch: Frequenzabfall von 138/min auf 92/min. Die PQ-Zeit bleibt trotz dieser Frequenzånderung konstant (Ableitung D). Nehb'sche Ableitungen
265
Nichtparoxysmale junktionale Tachykardie ] Nichtparoxysmale junktionale Tachykardie (NPJT) Dies ist eine sehr seltene, langsame, nicht paroxysmal beginnende Tachykardie mit schmalem QRS-Komplex aus dem His-Bçndel. Bei der langsamen Frequenz gibt es praktisch nie eine aberrante Ûberleitung. Bei einer Frequenz < 100/min spricht man von einem akzelerierten nichtparoxysmalen junktionalem Rhythmus. Diese Rhythmusstærung ist typisch fçr eine Digitalisçberdosierung und wird deshalb heute kaum noch beobachtet. Eine massive Ûberdosierung ist fçr ihr Auftreten allerdings nicht erforderlich. Sehr viel seltener findet man sie nach Myokardinfarkt, Kardiochirurgie oder rheumatischem Fieber. Eine Hypokaliåmie wirkt begçnstigend. Als Ursache kommen abnorme Automatie und eine getriggerte Aktivitåt (spåte Nachdepolarisationen) aus dem His-Bçndel in Frage. Adrenerge Stimulation beschleunigt die Tachykardie, die durch Elektrostimulation weder initiiert noch beendet werden kann. ] EKG 7 Langsame (80±140/min) Tachykardie mit schmalem QRS, fast nie Aberranz; 7 nichtparoxysmaler Beginn; 7 håufig AV-Dissoziation, evtl. AV-Block III durch Digitalisçberdosierung; dann evtl. noch weitere durch Digitalis induzierte Arrhythmien, z. B. zusåtzliche Vorhoftachykardie; 7 retrograde HA-Leitung < 20%; wenn HA-Leitung erhalten, dann mit retrogradem P vor, innerhalb oder unmittelbar nach dem QRS-Komplex; 7 Einfangschlåge, antegrader Exitblock oder Resetting des junktionalen Erregungszentrums kænnen einen unregelmåûigen ventrikulåren Rhythmus hervorrufen. ] Therapie 7 Sistiert håufig spontan, zuwarten, 7 Digitalisentzug, Kaliumsubstitution, 7 kein Karotissinus-Druckversuch, 7 etwaige Myokardischåmie behandeln, 7 evtl. Betablockertherapie.
Akzelerierter nichtparoxysmaler junktionaler Rhythmus: Digitalisçberdosierung mit Kammerfrequenz 95/min, AV-Dissoziation und Vorhoffrequenz von 60/min (Pfeile)
266
Tachykardien bei WPW-Syndrom
4.6 Tachykardien bei WPW-Syndrom Die klinische Bedeutung des Pråexzitationssyndroms liegt in seiner seltenen Neigung zu zum Teil lebensgefåhrlichen Tachyarrhythmien. Von Natur aus mit einer normalen und einer akzessorischen Leitungsbahn ausgestattet, ist das Herz eines WPW-Patienten der klassische Modellfall fçr Makro-Reentry-Tachykardien. Dabei zeigen die beiden Leitungsbahnen unterschiedliche Leitungseigenschaften: Die akzessorische Bahn hat eine weit hæhere Leitungsgeschwindigkeit als der AV-Knoten, çblicherweise aber eine etwas långere Refraktåritåt. Zwei Formen der Makro-Reentry-Tachykardie sind mæglich:
4.6.1 Orthodrome WPW-Tachykardie (håufige Form, > 95%) Antegrade Ûberleitung çber den AV-Knoten, Erregung des Ventrikels auf normalem Wege, retrograde Ûberleitung çber das akzessorische (Kent-)Bçndel, retrograde Vorhoferregung. Wegen der normalen AV-Ûberleitung ist der QRS-Komplex schmal und zeigt keine Delta-Welle. Negative, > 140 ms vom Beginn des QRS-Komplexes abgesetzte P-Wellen finden sich in den inferioren Abl. II, III, aVF; positive, von QRS abgesetzte P-Wellen vor allem in Abl. V1. RP-Intervall < PR-Intervall. Frequenz 150±220/min. Diese Form der WPW-Tachykardie findet sich sowohl bei manifestem als auch bei verborgenem WPW-Syndrom (verborgenes WPW-Syndrom D S. 71). Keine ausgeprågten Jugularvenenpulsationen (¹frog-negativeª). Nahezu pathognomonisch fçr die orthodrome WPW-Tachykardie sind zwei seltene Phånomene: 7 Ein in seiner Ursache bisher ungeklårter elektrischer Alternans, am besten in den Abl. V2±V4 zu erkennen. Voraussetzung: Dauer der Tachykardie > 10 s. Je hæher die Frequenz der orthodromen WPW-Tachykardie, desto wahrscheinlicher das Auftreten eines Alternans. 7 Auftreten eines Schenkelblocks mit gleichzeitiger Zunahme der Zykluszeit bzw. Abnahme der Frequenz. Die Lage des Schenkelblocks gibt die Lage der akzessorischen Bahn an. So handelt es sich z. B. beim Auftreten eines Linksschenkelblocks mit Frequenzabnahme um eine linkslaterale (= ipsilaterale) akzessorische Bahn, beim Auftreten eines Rechtsschenkelblocks mit Frequenzabnahme um eine rechtslateral gelegene Bahn. Das Auftreten eines Schenkelblocks bei orthodromer WPW-Tachykardie ohne Frequenzabnahme kennzeichnet eine kontralaterale akzessorische Bahn. ] EKG (D Abb. S. 271) 7 Schmaler QRS-Komplex, keinerlei Delta-Welle (Stichwort: 0% Delta-Welle); 7 P-Welle nach QRS-Komplex, abgesetzt, evtl. in der T-Welle, RP-Abstand < PR-Abstand; 7 QRS-Alternans, spåter als 30 s nach Tachykardiebeginn beginnend (pathognomonisch, aber nicht immer vorhanden); 7 pathognomonisch, aber sehr selten: Frequenzabnahme bei Auftreten eines ipsilateralen Schenkelblocks; 7 Frequenz 150±220/min; 267
Tachykardien bei WPW-Syndrom 7 95% aller WPW-Tachykardien: sowohl bei manifestem als auch bei verborgenem WPW-Syndrom mæglich; 7 klinisch: ¹frog-negativeª. Dadurch, dass der Erregungskreis bei jedem Umlauf sowohl Vorhof wie auch Kammer einbezieht, schlieût eine blockierte P-Welle (z. B. AV-Block II. Grades) eine orthodrome WPW-Tachykardie aus.
4.6.2 Antidrome WPW-Tachykardie (seltene Form, < 5%) Antegrade Erregung çber die akzessorische Bahn, retrograde Vorhoferregung çber die AV-Junktion. Regelmåûige, bizarr geformte, bis auf 200 ms verbreiterte QRSKomplexe. Da der Ventrikel in diesem Fall vollståndig çber die akzessorische Bahn erregt wird, entsprechen die bizarr geformten QRS-Komplexe einer 100%igen DeltaWelle. Die in Abl. II, III, aVF negativen P-Wellen sind eindeutig vom QRS-Komplex abgesetzt, wegen der fast immer fehlenden Isoelektrischen jedoch schwer zu erkennen. Frequenz wie bei orthodromer WPW-Tachykardie 150±220/min. Keine ausgeprågten Jugularvenenpulsationen (¹frog-negativeª). Das bedrohlich erscheinende EKG-Bild, das leicht mit einer VT verwechselt wird, steht in auffålligem Kontrast zu dem relativ stabilen Befinden der meist jugendlichen Patienten. Diese Form der WPW-Tachykardie findet sich nur bei manifestem, nicht bei verborgenem WPWSyndrom. ] EKG (D Abb. S. 272) 7 Regelmåûige, extrem breite, bizarr geformte QRS-Komplexe, ¹100% DeltaWelleª, 7 Frequenz 150±220/min, 7 meist P-Welle unmittelbar vor dem QRS-Komplex z. B. in V1 erkennbar, 7 nur bei manifestem WPW-Syndrom mæglich. ] Differenzialdiagnose der ortho- bzw. antidromen WPW-Tachykardie 7 Vagusstimulation: Karotissinus-Druckversuch, Valsalvamanæver; dadurch kann ein akuter Anfall einer WPW-Tachykardie beendet werden; 7 die vom QRS-Komplex abgesetzte Lage der (retrograden) P-Welle; 7 elektrischer Alternans, Frequenzabnahme bei Auftreten eines Schenkelblocks bei orthodromer WPW-Tachykardie; 7 das Fehlen eines AV-Blocks II. Grades. ] Therapie 7 Vagusmanæver: Karotissinus-Druckversuch, Bauchpresse, Eiswasser trinken, 7 Flecainid, Propafenon, Ajmalin i.v., 7 kein Digitalis, kein Verapamil, kein Adenosin i.v., 7 bei symptomatischen Patienten und falls Refraktårzeit der akzessorischen Bahn < 270 ms: Hochfrequenzablation.
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Tachykardien bei WPW-Syndrom
Ausbreitung der Tachykardien bei WPW-Syndrom
4.6.3 Permanente junktionale Reentry-Tachykardie (PJRT) Sie ist eine extrem seltene, jedoch klinisch wichtige Sonderform der orthodromen WPW-Tachykardie bei verborgenem WPW-Syndrom. Der Tachykardie liegt eine langsam und nur retrograd leitende, meist linksposteroseptal gelegene akzessorische Bahn zugrunde. Sie beginnt in > 50% der Zeit einfach aus dem Sinusrhythmus heraus, d. h. es ist keine Extrasystole erforderlich, um die Tachykardie in Gang zu setzen. Die Patienten kænnen infolge der jahrelangen Tachykardie eine Tachykardiomyopathie entwickeln, d. h. eine Herzinsuffizienz infolge Ventrikeldilatation, die nach Ablation der akzessorischen Bahn in vielen Fållen reversibel ist. Es sind aber auch Fålle von 50 Jahren persistierenden, relativ langsamen PJRT beschrieben, ohne dass eine Ventrikeldilatation aufgetreten ist. Obwohl sehr selten, hat die frçhe Diagnose dieser Rhythmusstærung fçr den einzelnen Patienten eine schicksalshafte Bedeutung. ] EKG (D Abb. S. 272) 7 Tachykardie mit schmalem QRS-Komplex, > 50% der Zeit, 7 ohne atriale Extrasystole aus dem Sinusrhythmus beginnend, sistiert nur fçr kurze Zeit, 7 negative P-Wellen in Abl. II/III, aVF, V5 und V6 vor QRS, 7 Frequenz 90±150/min, ] Therapie 7 Hochfrequenzablation, 7 eine erfolgreiche medikamentæse Therapie ist nicht bekannt.
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Vorhofflimmern bei WPW-Syndrom
4.6.4 Vorhofflimmern bei WPW-Syndrom Gefåhrdet sind die Patienten mit manifestem WPW-Syndrom nicht durch die Reentry-Tachykardien, die gewæhnlich erstaunlich gut toleriert werden. Dagegen kann das bei diesen Patienten vermehrt auftretende Vorhofflimmern oder -flattern aufgrund der schnellen Ûberleitung bei kurzer Refraktårzeit der akzessorischen Bahn zu bedrohlichen Kammerfrequenzen von 250±350/min fçhren. Besonders Patienten mit RR-Intervallen < 250 ms (entsprechend einer Refraktårzeit der akzessorischen Bahn < 250 ms), mit anamnestisch symptomatischen Tachykardien, mehrfachen akzessorischen Bahnen und einer Ebstein-Anomalie haben ein hohes Risiko. Ein gehåuftes Auftreten von plætzlichen Herztodesfållen wird in Familien mit vererbtem WPW-Syndrom beobachtet, aber derartige Familien sind extrem selten. Ein intermittierendes WPW, das Verschwinden der Delta-Welle bei niedriger Herzfrequenz im Belastungs-EKG sowie ein Alter > 35 Jahre bei bisher asymptomatischen Patienten gelten als nichtinvasive Hinweise fçr eine långere Refraktårzeit der akzessorischen Bahn und damit einer geringeren Gefåhrdung. Der Ajmalintest ist unzuverlåssig. In Zweifelsfållen sollte eine EPU die Anzahl und Refraktårzeiten der akzessorischen Bahnen bestimmen. Alle symptomatischen Patienten mit WPW-Syndrom sollten untersucht werden, selbst wenn die Tachykardie nicht dokumentiert werden konnte. ] EKG bei Vorhofflimmern bei WPW-Syndrom (D Abb. S. 273) 7 Hochfrequente Ventrikelerregung (200±360/min), die fålschlich fçr eine VT gehalten wird; 7 Fast, Broad, Irregular = FBI: Fast: Kammerfrequenz bis 360/min, RR-Abstånde bis < 200 ms, Broad: schmale und ± håufiger ± breite, bizarre Kammerkomplexe bis 0,2 ms QRS-Komplex-Breite, Irregular: RR-Variabilitåt bis 100%, was bei VT nie gesehen wird; 7 gelegentlich schmale QRS-Komplexe bei intermittierender Ûberleitung çber den AV-Knoten; 7 bei Vorhofflattern kænnen die Abstånde regelmåûig sein; 7 trotz hoher Frequenz oft çberraschend gut toleriert, Diskrepanz zwischen EKG und Klinik; 7 potenziell lebensbedrohliche Situation, bei Refraktårzeit < 270 ms Gefahr des Ûbergangs in Kammerflimmern; 7 Notfalltherapie: Ajmalin, Flecainid, Propafenon i. v., Kardioversion, kein Digitalis, kein Verapamil, kein Adenosin; 7 selten, aber Blickdiagnose. ] Therapie im Notfall. Klasse-IC-Antiarrhythmika (Ajmalin, Flecainid, Propafenon) i. v., im Notfall Elektrokonversion. Digitalis, Verapamil und Adenosin sind kontraindiziert. ] Therapie der Wahl im Intervall. Hochfrequenzablation der akzessorischen Bahn.
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Tachykardien bei WPW-Syndrom
Orthodrome WPW-Tachykardie mit Alternans: Kammerfrequenz 190/min. P-Wellen in Abl. V1, V3 und V4 190 ms nach Beginn des QRS-Komplexes (Pfeile). Alternans in Abl. V3 und V4. Manifestes WPW-Syndrom mit Delta-Welle wåhrend Sinusrhythmus
Orthodrome WPW-Tachykardie mit Schenkelblock: Die Tachykardie wird durch eine Vorhofextrasystole initiiert und beginnt mit einem linksschenkelblockåhnlichen Bild. Die Zykluszeit betrågt anfangs 380 ms bzw. die Frequenz 158/min. Beim Verschwinden des Blockbilds verkçrzt sich die Zykluszeit auf 360 ms, und die Frequenz steigt auf 167/min an. Ursache ist ein funktioneller Schenkelblock zu Beginn der Tachykardie auf der Seite der akzessorischen Bahn (= ipsilaterale akzessorische Bahn). In der vorliegenden Langzeit-EKG-Registrierung muss der Reentry-Kreis wåhrend der Blockierung des linken Tawara-Schenkels den rechten Tawara-Schenkel und das Septum als ¹Umwegª benutzen, um Anschluss an das linkslateral gelegene Kentsche Bçndel zu gewinnen. Dadurch verlångert sich die Zykluszeit um 20 ms, die Frequenz fållt auf 158/min. Die Patientin hatte ein verborgenes WPW-Syndrom
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Tachykardien bei WPW-Syndrom
Antidrome WPW-Reentry-Tachykardie: Auf 200 ms verbreiterte, bizarr geformte, regelmåûige QRS-Komplexe. Kammerfrequenz 200/min. In Abl. I erkennt man eine negative P-Welle unmittelbar vor dem QRS-Komplex als Hinweis auf die retrograde Vorhofaktivierung
Permanente junktionale Reentry-Tachykardie (PJRT): Unaufhærliche Tachykardie mit schmalem QRS-Komplex, Frequenz 110/min. Aus dem SR spontanes Anspringen der Tachykardie. P-Wellen in Abl. V2±V6 negativ. PR-Intervall ist kçrzer als das RP-Intervall. Nach Ablation einer posteroseptalen Bahn Sistieren der Tachykardie. Der Patient hatte noch keine Tachykardiomyopathie entwickelt
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Tachykardien bei WPW-Syndrom
Vorhofflimmern bei manifestem WPW-Syndrom: Vorhofflimmern mit schneller Ûberleitung auf die Kammer çber eine akzessorische Bahn. Kammerfrequenz 180±360/min. Man beachte die unterschiedlich breiten QRS-Komplexe und die Frequenzånderung um 100%, d. h. von 180 auf 360/min. Der 18-jåhrige Patient war bei Aufnahme kaltschweiûig und schockig, jedoch nicht synkopal, so dass noch Zeit fçr ein 6-KanalEKG blieb. Im Intervall Katheterablation der akzessorischen Bahn Differenzialdiagnose der supraventrikulåren Tachykardien an Hand der P-Welle in Ableitung II/III
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DD Tachykardien mit schmalem QRS Auch Anfang und Ende einer SVT kænnen Hinweise auf die Art der Tachykardie geben: 7 Der Beginn einer regelmåûigen SVT mit einer Vorhof-Extrasystole und einer verlångerten AV-Ûberleitung spricht fçr eine AV-Knoten-Långsdissoziation und damit fçr eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie. 7 Im Gegensatz dazu spricht die Initiierung einer regelmåûigen SVT durch eine Vorhof-Extrasystole ohne Verlångerung der AV-Ûberleitung fçr eine orthodrome WPW-Tachykardie. 7 Falls der Beginn einer regelmåûigen SVT durch eine einzige ventrikulåre Extrasystole hervorgerufen wird, so spricht dies am ehesten fçr eine orthodrome WPW-Tachykardie. 7 Falls eine VES eine SVT beendet, liegt am ehesten eine orthodrome WPWTachykardie vor. Eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie wird nur ganz selten durch eine VES beendet. Gefåhrdungsgrad und Therapie bei supraventrikulåren Tachykardien
4.6.5 Diagnostisches Vorgehen bei Tachykardien mit schmalem Kammerkomplex ] Liegt ein vollståndiges EKG vor? Was sagen Anamnese und Klinik? 7 Komplette 12-Kanal-Registrierung mit 25 mm/s und 50 mm/s, da bei 25 mm/s die P-Welle besser zu erkennen ist. Registrierung eines langen Streifens mit 25 mm/s; 7 Abschåtzung der Wahrscheinlichkeit einer supraventrikulåren Tachykardie nach Anamnese, Klinik und evtl. bekannter Grunderkrankung. Im ambulanten Notdienst sind bei ansonsten gesunden jungen Patienten AV-junktionale Reentry-Tachykardien oder WPW-Tachykardien gar nicht so selten, bei COPD-Patienten tritt håufig die multifokale atriale Tachykardie auf. 274
DD Tachykardien mit schmalem QRS ] Unregelmåûiger Kammerrhythmus? Vorhofflimmern låsst sich fast immer an der Trias 7 unruhige Grundlinien, 7 fehlende P-Wellen, 7 wechselnde RR-Abstånde, erkennen. Bei Vorhofflattern und Vorhoftachykardie sind bei unregelmåûiger Ûberleitung rhythmische P-Wellen in Abl. V1 eindeutig abgrenzbar; zur Klårung evtl. Karotissinus-Druckversuch. ] Wie verhålt sich die P-Welle? 7 Aufsuchen von Vorhoferregungen in allen 12 Ableitungen von links nach rechts; die P-Wellen erkennt man am besten in Abl. II, III und V1, aber auch in Abl. aVR und Ableitungen mit kleinem QRS-Komplex. Fçr diese Analyse bewusst Zeit investieren, keine oberflåchliche Durchsicht! Glaubt man eine P-Welle identifiziert zu haben, ist von oben nach unten zu prçfen, ob sich diese P-Welle auch in den anderen Ableitungen findet. 7 Øndert sich die Form der P-Welle? Wechselt das PP-Intervall (multifokale atriale Tachykardie?)? Flimmerwellen in Abl. V1? 7 Frequenz der Vorhoferregung? (D Schema S. 244). 7 Sågezahnfærmige Grundlinie in Abl. II/III? Abdecken der QRS-Komplexe zum besseren Erkennen des Sågezahns der Grundlinien in Abl. II/III. 7 Versteckte P-Wellen im QRS-Komplex (AVJRT?) oder z. B. am Ende der T-Welle (orthodrome WPW-Tachykardie, atriale Tachykardie?)? 7 Bei ¹P-Wellenª in umittelbarer Nåhe von QRS: Breite des QRS-Komplexes in den anderen Ableitungen çberprçfen; evtl. ist die vermeintliche P-Welle Anfang oder Ende des QRS-Komplexes. Eine P-Welle befindet sich nie innerhalb des QRS-Komplexes, sondern allenfalls unmittelbar davor oder dahinter in der Nåhe der Isoelektrischen. 7 Pseudo-r'-Zacken in V1 oder Pseudo-S-Zacke in den inferioren Ableitungen als Hinweis auf AVJRT? Altes EKG zum Vergleich heranziehen! 7 Falls die P-Welle exakt in der Mitte zwischen zwei QRS-Komplexen liegt, muss eine weitere, im QRS-Komplex verborgene P-Welle z. B. mittels Karotissinus-Druckversuch ausgeschlossen werden. 7 Prçfen, ob ein spontaner AV-Block II vorliegt; falls nicht, nach Auskultation der Karotiden Karotissinus-Druckversuch oder andere, den Vagus stimulierende Manæver unter gleichzeitiger EGK-Registrierung (Ausnahme: Tachykardie bei Verdacht auf Digitalisintoxikation). 7 Das Auftreten eines AV-Block II schlieût eine WPW-Tachykardie und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie aus. Bei AV-Block II spricht eine Vorhoffrequenz > 250/min und eine sågezahnfærmige Grundlinie in Abl. II/III fçr Vorhofflattern und eine Frequenz von < 200/min mit isoelektrischer Grundlinie fçr eine atriale Tachykardie. Im Frequenzbereich 200±250/min muss nach P-Wellen-Morphologie und Grundlinienform entschieden werden (siehe unten).
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DD Tachykardien mit schmalem QRS 7 Falls kein AV-Block II: prçfen, ob ein QRS-Alternans mit konstanten RR-Abstånden vorliegt. Ist dies der Fall, liegt eine orthodrome WPW-Tachykardie vor. Einem Alternans mit periodisch um 20±80 ms wechselnden RR-Abstånden liegt eine AV-junktionale Reentry-Tachykardie mit einer schnellen und zwei langsam leitenden Bahnen mit unterschiedlicher Leitungsgeschwindigkeit zugrunde und keine orthodrome WPW-Tachykardie. Bei dieser AVJRT låsst sich kein AV-Block II auslæsen. 7 Falls kein AV-Block II: Frequenzabnahme bei Auftreten eines Schenkelblocks? Ist dies der Fall, liegt eine orthodrome WPW-Tachykardie mit ipsilateraler akzessorischer Bahn vor. 7 Ansonsten muss die Form und Lage der P-Welle zum QRS-Komplex weiterhelfen (D Schema S. 273). 7 Von Bedeutung ist die Situation ¹negative P-Welle in Abl. II, III und aVF vor QRSª. Drei differentialdiagnostische Mæglichkeiten: ± Am håufigsten: Atriale Tachykardie aus dem unteren Vorhof. CSD demaskiert die Rhythmusstærung, unterbricht sie aber nicht (D Abschn. 4.5.3). ± Selten: AV-junktionale Reentry-Tachykardie der ungewæhnlichen Form. Regelmåûige Tachykardie, die meist nur kurz anhålt. CSD unterbricht diese Tachykardie endgçltig (D Abschn. 4.5.5). ± Extrem selten: permanente junktionale Reentry-Tachykardie (PJRT). CSD unterbricht die Tachykardie nur kurze Zeit, sie springt spontan aus dem Sinusrhythmus ohne atriale Extrasystole wieder an (D Abschn. 4.6.3). Differenzialdiagnose Tachykardie mit schmalem Kammerkomplex
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Ventrikulåre Tachykardie (Kammertachykardie)
4.7 Ventrikulåre Tachykardie (Kammertachykardie) Es handelt sich um eine anfallsweise oder dauerhaft auftretende, rhythmische Folge von mindestens 4 Kammerextrasystolen mit einer Frequenz > 100/min. Man spricht willkçrlich von einer nichtanhaltenden (¹non-sustainedª) VT bis zu einer Dauer von < 30 s, von einer anhaltenden (¹sustainedª) VT bei einer Dauer von > 30 s. ] Ursprung. Distal der Bçndelstammteilung; meistens Makro-Reentry aus dem linken Ventrikel, z. B. nach Narbenbildung im Rahmen eines Myokardinfarkts, Schenkelblock-Reentry bei dilatativer Kardiomyopathie; selten abnorme/gesteigerte Automatie, getriggerte Aktivitåt (frçhe oder spåte Nachdepolarisationen). ] Charakteristika 7 Fast immer Zeichen einer strukturellen Herzerkrankung: Myokardinfarkt, KHK, Kardiomyopathien, Vitien, Myokarditiden etc.; 7 iatrogen im Rahmen proarrhythmischer Effekte; 7 angeboren: langes QT-Syndrom, arrhythmogener rechter Ventrikel, BurgadaSyndrom; 7 aber auch bei Patienten ohne strukturelle Herzerkrankung, dann mit gçnstigerer Prognose.
4.7.1 Monomorphe ventrikulåre Tachykardie Die monomorphe ventrikulåre Tachykardie ist mit > 50% aller VT die håufigste anhaltende Kammertachykardie. Sie kann çber Stunden stabil bleiben und wird dann von den Patienten erstaunlich gut toleriert. Andererseits kann sie auch nach kurzer Dauer in Kammerflimmern degenerieren. Auf jeden Fall handelt es sich um eine abklårungsbedçrftige Notfallsituation. ] EKG 7 Regelmåûige, gleichfærmige, breite Kammerkomplexe, meist > 0,14 s. Frequenz 120±250/min, selten 100±120/min, dann evtl. unter Antiarrhythmikamedikation (z. B. Amiodaron); Frequenzvariabilitåt < 10%. 7 Sehr selten (< 2%) periodisch 1 : 1, 2 : 1 oder 3 : 1 wechselnde RR-Intervalle mit Zykluszeit-Differenzen von 30±100 ms. Unterschiedliche Reentry-Kreise mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Refraktårzeiten verursachen diese Periodik. Dabei kann die QRS-Morphologie gering variieren, die Lage des Hauptvektors bleibt aber konstant. 7 Kammerendteile çberwiegend diskordant. 7 P-Welle ist oft nicht zu erkennen. Bei retrograder VA-Blockierung låuft der Sinusknoten weiter (AV-Dissoziation, bei Vorhofflimmern fehlend). Bei erhaltener VA-Leitung kann es im Anschluss an jeden Kammerkomplex zur retrograden Vorhoferregung mit negativen P-Wellen in Abl. II/III und aVF kommen. Unter Karotissinus-Druckversuch sollte die negative P-Welle verschwinden. 277
Monomorphe Kammertachykardie 7 Falls es der supraventrikulåren Erregung gelingt, den Ventrikel wåhrend der VT einzufangen, spricht man von einem Einfangschlag (¹capture beatª), einem sicheren Hinweis fçr eine VT. Die QRS-Breite nimmt ab. Der Kammerkomplex entspricht dem QRS-Komplex im Normalrhythmus. Voraussetzung ist eine AV-Dissoziation und eine niedrige Tachykardiefrequenz (Einfangschlag D S. 293). 7 Wegen der relativen Stabilitåt der Tachykardie gute Interventionsmæglichkeiten, evtl. Hochfrequenzablation. 7 Ursache: ventrikulårer Makro-Reentry, ausgehend von der Randzone eines Infarktgebiets; Schenkelblock-Reentry (¹bundle-branch-reentryª) bei dilatativer Kardiomyopathie. Sehr viel seltener abnorme Automatie, ektoper Fokus. Getriggerte Aktivitåt bei faszikulårer Tachykardie unter Digitalisçberdosierung. Bei idiopathischer VT getriggerte Aktivitåt oder abnorme Automatie bei Erregung aus dem rechtsventrikulåren Ausflusstrakt oder inferior-posterioren linken Ventrikel. 7 Nach Ende der VT oft lang anhaltendes ¹Posttachykardiesyndromª, d. h. bei Sinusrhythmus nach VT reversible Kammerendteilverånderungen, denen kein morphologisches Korrelat zugrunde liegt (= ¹memory of the heartª, D S. 133). 7 Prognose: abhångig von der Grunderkrankung, bei Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung meist ernst. ] Therapie der monomorphen VT bei organischer Herzerkrankung 7 Notfall: Ajmalin i. v., Amiodaron i. v., Betablocker i. v., Kardioversion, 7 Langzeittherapie: Betablocker, Amiodaron, 7 bei stabiler VT evtl. Hochfrequenzablation, 7 bei Patienten nach Synkope/Reanimation oder bei Patienten mit schlechter LV-Funktion nach Infarkt: ICD-Implantation. ] Idiopathische monomorphe ventrikulåre Tachykardie Sie ist eine seltene (< 3%) Sonderform der monomorphen VT bei meist jungen Patienten. Voraussetzung der Diagnose: Sicherer Ausschluss einer strukturellen oder angeborenen Herzkrankheit mit allen zur Verfçgung stehenden Mitteln. QRS-Dauer meist £ 140 ms. Zwei Formen lassen sich abgrenzen: 7 Linksschenkelblock bei Indifferenz- bis Rechtstyp (* 80%): Ursprung aus dem rechtsventrikulåren Ausflusstrakt. Die kurz anhaltende Form ist als repetitive monomorphe VT (Gallavardin 1922) mit benignen, wiederholt auftretenden, meist langsamen (< 160/min) ventrikulåren Salven bekannt. Die anhaltende VT spricht auf Betablocker, evtl. auch auf Verapamil an (D Abb. S. 283). 7 Rechtsschenkelblock bei çberdrehtem Linkstyp (* 20%): Ursprung aus dem inferior-septalen Anteil des linken Ventrikels; fast immer långer anhaltend. Diese Form spricht ausnahmsweise auf Adenosin und Verapamil an (D Abb. S. 283).
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Monomorphe Kammertachykardie Der Beginn ist meist paroxysmal, die Tachykardien sind selten lang anhaltend. Synkopen werden beobachtet, Fålle von plætzlichem Herztod sind nicht berichtet worden. Die Kenntnis dieser seltenen idiopathischen monomorphen Tachykardien ist wichtig, da die meisten dieser jungen Patienten heute durch Katheterablation kurativ behandelt werden kænnen.
Monomorphe ventrikulåre Tachykardie mit AV-Dissoziation
Paroxysmale monomorphe ventrikulåre Tachykardie im Langzeit-EKG: 155/min. Breite (> 0,14 s) monophasische QRS-Komplexe. AV-Dissoziation, durchlaufende P-Wellen (*). Die P-Welle nach dem letzten QRSKomplex der Tachykardie ist noch blockiert. Sinusfrequenz 100/min mit Linksschenkelblock
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Monomorphe Kammertachykardie
Monomorphe ventrikulåre Tachykardie mit einer Frequenz von 187/min. QRS-Breite 160 ms, Hauptvektor zeigt nach ¹no man's landª, Diskordanz der QRS-Komplexe in den BWA, QS-Komplex in V6, ¹rabbit earª in V1 (Kreis)
Anhaltende monomorphe ventrikulåre Tachykardie: Frequenz 190/min. Das Kriterium Nr. 1 nach Brugada ist erfçllt: In den Brustwandableitungen findet sich kein einziger RS-Komplex. Die negative Konkordanz in den Brustwandableitungen schlieût auch eine antidrome WPW-Tachykardie als Ursache der Tachykardie aus. Der Hauptvektor zeigt nach ¹no man's landª. 68-jåhrige Patientin mit altem Vorderwandinfarkt
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Monomorphe Kammertachykardie
Monomorphe ventrikulåre Tachykardie mit einer Frequenz von 120/min. Bei dem 2. und 7. QRS-Komplex handelt es sich um einen Einfangschlag. Dem Einfangschlag gehen jeweils P-Wellen voraus (;). AV-Dissoziation. Die Einfangschlåge zeigen den normalen QRS-Komplex (ålterer posteriorer Myokardinfarkt)
Monomorphe ventrikulåre Tachykardie mit einer Frequenz von 150/min. Die AV-Dissoziation ist in Ableitung aVR am besten zu erkennen (;). Die Brugada-Kriterien Nr. 1 und 2 sind negativ
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Monomorphe Kammertachykardie
Tachykardie mit breiten Kammerkomplexen: RS-Abstand > 110 ms (V4, V5), QRS-Breite > 160 ms, Hauptvektor <± 90 8 ? monomorphe ventrikulåre Tachykardie
Monomorphe Bundle-Branch-Reentry-Tachykardie mit Linksschenkelblockmorphologie und Linkstyp (Schenkelblock-Reentry-Tachykardie). Kammerfrequenz 210/min, QRS-Komplex 200 ms; Patient mit schwerer dilatativer Kardiomyopathie. VT mit pråformiertem Reentry: die Tachykardie penetriert antegrad den rechten Tawara-Schenkel, findet transseptal Anschluss an den linken Schenkel, der retrograd erregt wird. Ûber das His-Bçndel findet die Erregung wieder Anschluss an den rechten Schenkel
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Monomorphe Kammertachykardie
Idiopathische monomorphe ventrikulåre Tachykardie aus dem rechtsventrikulåren Ausflusstrakt: Linksschenkelblock bei Steiltyp. Frequenz 190/min, QRS-Komplex < 140 ms. AV-Dissoziation in Abl. V4 und V5 (;) als sicherer Hinweis fçr eine VT
Monomorphe idiopathische Kammertachykardie aus dem linken Ventrikel. Rechtsschenkelblock bei çberdrehtem Linkstyp. QRS 140 ms
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Polymorphe Kammertachykardie
4.7.2 Polymorphe ventrikulåre Tachykardie Die polymorphen ventrikulåren Tachykardien teilen sich in 4 Untergruppen auf. Diese Unterteilung ist vor allem wegen der Differenzialtherapie von klinischer Bedeutung: 7 polymorphe VT ohne QT-Verlångerung, 7 polymorphe VT mit erworbener QT-Verlångerung (¹Torsade de Pointesª = Spitzenumkehrtachykardie), 7 polymorphe VT mit angeborener QT-Verlångerung (Romano-Ward- bzw. Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom), 7 polymorphe VT im Rahmen eines Brugada-Syndroms.
4.7.2.1 Polymorphe VT ohne QT-Verlångerung Dies ist eine instabile VT, die håufig und schnell zu Kammerflimmern degeneriert. Zugrunde liegt immer eine bedeutsame strukturelle Herzerkrankung mit instabiler Situation, meist ein akutes Koronarsyndrom, Linksherzinsuffizienz; typische VT der Intensivstation, die wegen ihrer kurzen Dauer und vitalen Bedrohung meist nur als Monitoraufzeichnung dokumentiert wird. ] EKG 7 QRS-Morphologie variiert in mindestens einer Ableitung innerhalb von Sekunden, 7 QTc-Intervall normal, 7 Einleitung der VT oft durch ein R-auf-T-Phånomen, kein Long-short-Phånomen (dieses ist typisch fçr die ¹Torsade de Pointesª, D Abschn. 4.7.2.2), 7 frçhzeitige Degeneration zu Kammerflimmern. ] Therapie 7 Kardioversion; Betablocker, Antiarrhythmika; Besserung der Håmodynamik, Behandlung der Grunderkrankung, z. B. PTCA bei Koronargefåûverschluss. 7 Prognose ernst; auûerhalb des Krankenhauses kaum Chancen zur Reanimation.
284
Torsade de Pointes
Beginn einer polymorphen ventrikulåren Tachykardie ohne QT-Verlångerung. ST-Senkung in Abl. V4±V6 als Hinweis auf die akute Myokardischåmie. Beginn mit einem R-auf-T-Phånomen (;)
4.7.2.2 Polymorphe VT mit erworbener QT-Verlångerung (Torsade de Pointes = Spitzenumkehrtachykardie) Es handelt sich um eine håufige, meist nicht lang anhaltende Sonderform der polymorphen VT mit hoher Frequenz (150±300/min); sistiert meist spontan; ansonsten Gefahr der Degeneration in Kammerflimmern; Frauen * 70%. ] EKG 7 Græûe des Hauptvektors nimmt periodisch ab und zu; ¹der Hauptvektor schraubt sich um die Isoelektrische herum.ª 7 Langsamer EKG-Grundrhythmus: Sinusbradykardie, AV-Block III, Ersatzrhythmus. 7 Beginn meist mit einem Long-short-Phånomen; auf ein langes RR-Intervall folgt ein Normal- oder Ersatzschlag, danach wird die Torsade durch eine in die T- oder U-Welle einfallende VES ausgelæst. 7 Im Ruhe-EKG QT-Verlångerung > 450 ms, in 75% > 500 ms; eine sichere untere Grenze, unterhalb der Torsaden nicht mehr auftreten, ist jedoch nicht bekannt. 7 Ausgeprågte U-Wellen, TU-Alternans. ] Ursache 7 Håufigste Ursache: iatrogen infolge medikamentæser QT-Verlångerung durch Antiarrhythmika, insbesondere Chinidin (¹Chinidin-Synkopeª), Disopyramid, Flecainid, Sotalol, in geringerem Maûe Amiodaron. Aber auch andere Medikamentengruppen kænnen bedrohliche QT-Verlångerungen auslæsen: Antidepressiva, Antihistaminika (z. B. Terfenadin), Phenothiazine, Makrolide, Serotoninantagonisten, Bactrim, Haloperidol, Chloraldurat, Ketokonazol, Antimalariamittel, Probucol und viele andere. 285
Torsade de Pointes 7 Ûberdosierung, Intoxikation, unachtsame Kombination zweier repolarisationsverlångernder Medikamente (z. B. Sotalol und Maprotilin), Hemmung des Metabolismus (z. B. Cytochrom P450 3A4 durch Grapefruitsaft). 7 Zusåtzliche Gefåhrdung durch Hypokaliåmie, Hypomagnesiåmie. 7 Selten bei Hypothyreose, Anorexia nervosa, zerebralem Insult. 7 Pathophysiologie: frçhe Nachpotenziale, die eine getriggerte Aktivitåt auslæsen. Im elektrophysiologischen Labor ist diese Tachykardie nicht reproduzierbar. 7 Pflicht zur årztlichen Aufklårung bei Einsatz repolarisationsverlångernder Medikamente: Patienten auf mægliche Warnsignale wie (Prå)-Synkopen hinweisen.
] Therapie 7 Beseitigung der auslæsenden Ursache; 7 Magnesiumsulfat: 2 g als Bolusinjektion, evtl. mehrfach wiederholen oder Magnesiuminfusion; 7 Kaliumspiegel anheben; 7 falls erforderlich, Kardioversion; 7 Bradykardie vermeiden, Kammerstimulation mit f > 80/min; 7 konventionelle Therapie mit Klasse-I-Antiarrhythmika kann den Patienten gefåhrden; 7 Prognose nach Beseitigung der auslæsenden Ursache gut.
Spitzenumkehrtachykardie (¹Torsade de pointesª), Frequenz 210/min. Beginn der Tachykardie mit einem Long-short-Phånomen. Langzeit-EKG-Registrierung, 25 mm/s. QT-Dauer 620 ms
286
Kammertachykardie bei langem QT-Syndrom 4.7.2.3 Polymorphe VT mit angeborener QT-Verlångerung (¹Romano-Wardª- bzw. ¹Jervell/Lange-Nielsenª-Syndrom) (D vgl. Abschn. 2.4.2) Sie ist ein extrem seltenes (1 : 10 000 bis 1 : 15 000), erbliches Krankheitsbild mit Mutationen, die den schnellen Natrium- bzw. Kaliumkanal beeintråchtigen; meist nicht anhaltende, kurze VT, die jedoch aufgrund ihrer hohen Frequenz zu Schwindel, Synkopen, plætzlichem Herztod fçhren kann. Die VT sistiert fast immer spontan. 7 Jugendliche Patienten, Schwindel, Synkopen seit Kindheit bekannt; evtl. in neurologischer Behandlung wegen Verdacht auf Anfallsleiden. 7 Romano-Ward-Syndrom: QT-Verlångerung ohne Taubheit; autosomal-dominant vererbt; 5 unterschiedliche genetische Mutationen (LQTS1±LQTS5) bis heute bekannt. 7 Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom (seltener als das Romano-Ward-Syndrom): QTVerlångerung mit Taubheit; autosomal-rezessiv vererbt; bisher 2 Mutationen bekannt. ] EKG 7 Polymorphe, meist kurze VT ohne einleitendes Long-short-Phånomen, 7 meist nicht zu çbersehende QT-Verlångerung im Ruhe-EKG (D Abb. S. 81), 7 unter Belastung inadåquate QT-Verkçrzung, 7 Auftreten bei gesteigerter sympathischer Stimulation, Stress-Situationen, kærperliche Belastung. ] Therapie. Die Therapie des angeborenen LQTS unterscheidet sich grundlegend von der Therapie des erworbenen LQTS. Sie wird individuell je nach Art des langen QT-Syndroms durchgefçhrt und bleibt spezialisierten kardiologischen Zentren, z. B. der Kardiologischen Klinik der Universitåt Mçnster/W., vorbehalten: 7 Sportverbot, 7 Betablockertherapie, falls von der Frequenz her tolerabel, 7 Kaliumsubstitution bei LQTS2, bei LQTS3 evtl. Mexiletin in Kombination mit Betablockade, 7 Frequenzanhebung durch AAI-Stimulation in Kombination mit Betablockertherapie, 7 ICD-Implantation, evtl. in Kombination mit den obigen Maûnahmen. ] Differenzialdiagnose. Das angeborene und das erworbene lange QT-Syndrom unterscheiden sich bzgl. Pathomechanismus, Ruhe-EKG, Anamnese, Diagnostik und Therapie ganz erheblich. Deshalb sind die wichtigsten Punkte beider Krankheitsbilder in der folgenden Tabelle noch einmal zusammengefasst:
287
Brugada-Syndrom Tabelle 4.4. Differenzialdiagnose ¹Langes QT-Syndromª Angeborenes QT-Syndrom
Erworbenes QT-Syndrom
Sehr selten
Håufig
Multilokulårer Gendefekt
Meist iatrogen
Junger Patient
Alle Lebensalter
Autosomal-dominant-rezessiv
Nicht vererbt
Sinusrhythmus
AV-Block III, Bradykardie
Beginn: Stress
Beginn: Bei Auftreten der Risikofaktoren
Kein Long-short-Phånomen
Torsade de Pointes mit Long-short-Phånomen
Therapie: Individuell, bei symptomatischen Patienten ICD
Therapie: Ursache beseitigen, Magnesium i. v. als Bolus
Polymorphe ventrikulåre Tachykardie bei angeborenem langen QT-Syndrom (LQTS). QT-Verlångerung im Ruhe-EKG. Beginn der Tachykardie ohne ¹Long-shortªPhånomen (Einkanal-LangzeitEKG-Aufzeichnung)
4.7.2.4 Polymorphe VT bei Brugada-Syndrom Im Jahre 1992 publizierten die Brçder Brugada eine Zusammenfassung von 8 Patienten, die bei Fehlen einer strukturellen Herzerkrankung eine reanimationspflichtige Synkope oder einen arrhythmiebedingten plætzlichen Herztod erlitten hatten. Das Ruhe-EKG dieser Patienten zeigte çbereinstimmend einen Rechtsschenkelblock mit Anhebung des J-Punkts sowie deszendierende ST-Elevationen in den Ableitungen V1 und V2 (D Abb. S. 126). Dieses sog. Brugada-Syndrom ist aller Wahrscheinlichkeit nach ± besonders in Sçdostasien ± fçr einen Teil der plætzlichem Herztodesfållen bei jungen Menschen verantwortlich. Håufigkeit dieser EKG-Verånderungen nach japanischen Lebensversicherungsangaben: 0,16%. Månner sind wesentlich håufiger betroffen als Frauen. Es handelt sich um einen genetischen Defekt des schnellen Natriumkanals. Die Ursache sind multiple Mutationen des Gens SCN5A in der Nåhe des LQTS3. ] EKG 7 Rechtsschenkelblock und Anhebung des J-Punkts in V1/V2, mit deszendierender oder sattelfærmiger ST-Elevation. 288
Brugada-Syndrom 7 Erhebliche Tageszeit- und tagesabhångige Variationen der ST-Elevation in V1/V2, die bis zur Normalisierung der ST-Strecke gehen kænnen (¹ChamåleonEffektª). 7 Deshalb bei allen unklaren, reanimationsverdåchtigen Synkopen vor allem junger Patienten Ajmalin-Test als Provokationstest unter Intensivbedingungen: 1 mg Ajmalin/kg KG unter EKG-Kontrolle in 5±10 min langsam i. v. Kommt es zu einer typischen ST-Elevation in den Ableitungen V1/V2, liegt der Verdacht auf ein Brugada-Syndrom nahe. Eine genetische Analyse ist heute mæglich. 7 Arrhythmie: Polymorphe hochfrequente VT mit der Gefahr der Degeneration in Kammerflimmern. Nach der VT kann sich die ST-Strecke normalisieren.
] Therapie. Bei symptomatischen Patienten oder bisher asymptomatischen Patienten mit hoher genetischer Belastung ICD-Implantation. Das Vorgehen bei asymptomatischen Patienten ohne genetische Belastung wird noch kontrovers diskutiert.
Positiver Ajmalin-Test bei einem jungen Patienten mit einer Synkope ungeklårter Ursache und nicht fçr ein Brugada-Syndrom typischem EKG. Typische ST-Elevation in V1 und V2 (Kreis). Die genetische Analyse war positiv
289
Rechtsventrikulåre Dysplasie
Einkanal-Langzeit-EKG-Aufzeichnung einer polymorphen Kammertachykardie einer 47-jåhrigen Frau mit Brugada-Syndrom, die ihre erste Synkope mit 20 Jahren erlitten hatte. Man beachte die Normalisierung der ST-Elevation nach der Tachykardie (¹Chamåleon-Effektª). (Bjerregaard P. et al. Am Heart J 1994; 127:1426±1430. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Mosby-Year Book, Inc. St. Louis, USA)
Die meisten Autoren empfehlen derzeit bei diesen Patienten eine abwartende Haltung.
4.7.3 Ventrikulåre Tachykardie bei arrhythmogenem rechten Ventrikel (rechtsventrikulåre Dysplasie) Es handelt sich um ein sehr seltenes, schon in der Jugend beginnendes Krankheitsbild mit progressiver myxæmatæser Degeneration des rechten Ventrikels und Reduktion der rechtsventrikulåren Auswurffraktion. Bei jungen Patienten mit VT ungeklårter Ursache ist wegen der Mæglichkeit eines arrhythmogenen rechten Ventrikels bei der Herzkatheteruntersuchung zusåtzlich immer eine rechtsventrikulåre Angiographie durchzufçhren; ansonsten kardiales MRT oder Echokardiographie des rechten Ventrikels (D vgl. Abschn. 3.2.4). ] EKG 7 Monomorphe, linksschenkelblockåhnliche Kammertachykardie. 7 Bei rechtsventrikulårem Ursprungsort der Tachykardie zeigt der Hauptvektor nach inferior oder superior. 7 Bei fehlendem Rechtsschenkelblock evtl. gleichschenklig negatives T in V2±V4; evtl. ST-Strecken-Hebung in V2/V3. 7 Typisch, aber nicht immer vorhanden: r'-Zacke in Abl. V1 bei Verlångerung des QRS-Komplexes auf 110 ms (¹Epsilon-Zackeª = Spåtpotenzial des rechten Ventrikels). ] Therapie Bei symptomatischen Patienten ernste Prognose, deshalb ICD-Implantation.
290
Bidirektionale Kammertachykardie
Monomorphe ventrikulåre Tachykardie (links) und Sinusrhythmus (rechts) bei arrhythmogenem rechten Ventrikel. Morphologie der VT: Linksschenkelblock und Rechtstyp. ¹Epsilon-Welleª in Ableitung V2 (Pfeil)
4.7.4 Bidirektionale ventrikulåre Tachykardie Diese seltene, aber klinisch wichtige Tachykardieform mit alternierend gegensinnigen, schenkelblockartig konfigurierten QRS-Komplexen ist bis zum Beweis des Gegenteils auf eine Digitalisçberdosierung der meist ålteren Patienten zurçckzufçhren. ] EKG 7 Tachykardie mit schenkelblockartig konfigurierten QRS-Komplexen, die zwischen ±608 bis ±908 (çberdrehter Linkstyp) und +1208 bis +1408 (çberdrehter Rechtstyp) in den Extremitåtenableitungen regelmåûig alternieren; 7 in den BWA Rechtsschenkelblockbild; 7 Blickdiagnose! 7 Kammerfrequenz eher niedrig: 100±180/min, QRS-Dauer < 0,16 s; 7 meist nur kurz anhaltende Arrhythmie; 7 evtl. in Kombination mit anderen digitalisinduzierten Arrhythmien, z. B. atriale Tachykardie. ] Ursache 7 Hauptursache: Digitalisçberdosierung bei vorgeschådigtem Myokard mit wechselnden Impulsen aus dem linken anterioren und linken posterioren Faszikel. Eine massive Digitalisçberdosierung ist fçr das Auftreten der bidi291
Akzelerierter idioventrikulårer Rhythmus rektionalen Tachykardie jedoch nicht erforderlich; ansonsten schwere strukturelle Herzerkrankung. ] Therapie 7 Ernste Prognose: Digitalis absetzen, Kaliumspiegel anheben; Phenytoin, Lidocain i. v.; bei Digitalisintoxikation Digitalisantikærper. 7 Elektrokonversion wegen der Gefahr des irreversiblen Kammerflimmerns kontraindiziert.
Bidirektionale ventrikulåre Tachykardie mit Frequenz um 170/min: Extremitåtenableitungen (Digitalisintoxikation)
4.7.5 Akzelerierter idioventrikulårer Rhythmus Benigne ventrikulåre Rhythmusstærung durch Steigerung der Frequenz ventrikulårer Schrittmacher. Typische Reperfusionsarrhythmie. Von der WHO nicht mehr empfohlene Bezeichnung: Idioventrikulåre Tachykardie. ] EKG 7 Ektoper Kammerrhythmus > 3 QRS-Komplexe, f = 40±100 (120)/min; 7 Beginn mit långerem Kopplungsintervall; Ende durch Absinken der ektopen Kammerfrequenz bzw. Zunahme der Vorhoffrequenz; 7 håufig leicht zu identifizierende AV-Dissoziation; 7 faszikulåre Morphologie; Fusionsschlåge, Einfangschlåge; 7 selten anhaltend, çberwiegend selbstlimitierend; 7 gute Prognose, kein Marker fçr Kammerarrhythmien; 292
DD Tachykardie mit breitem QRS 7 Differenzialdiagnose: langsame monomorphe VT, evtl. unter Antiarrhythmikabehandlung, z. B. Amiodaron; 7 Differenzialdiagnose: intermittierendes WPW, D Beispiel S. 69. ] Therapie 7 Im Rahmen der Thrombolysetherapie/Akut-PTCA bei akutem Infarkt håufig als ¹Reperfusionsarrhythmieª; 7 keine antiarrhythmische Therapie erforderlich, allenfalls Atropin zur Steigerung der Sinusfrequenz. Gçnstige Prognose.
Akzelerierter idioventrikulårer Rhythmus unter dem Bild eines linksanterioren Astblocks, Frequenz um 90/min. AV-Dissoziation in Abl. II zu erkennen. Der 10. und 11. QRS-Komplex von links sind Fusionsschlåge, danach çbernimmt wieder der ektope ventrikulåre Schrittmacher die Fçhrung
4.7.6 Diagnostisches Vorgehen bei Tachykardien mit breitem Kammerkomplex ] Der ventrikulåre Einfangschlag (Capture Beat) Bei Tachykardien mit breitem Kammerkomplex ist das Auftreten eines sog. ventrikulåren Einfangschlags (engl. ¹capture beatª) beweisend fçr deren ventrikulåren Ursprung. Bei langsamer (< 150/min) Kammertachykardie mit kompletter AV-Dissoziation werden in < 10% Einfangschlåge oder Kombinationsschlåge beobachtet. Beim Einfangschlag wird der Ventrikel ein- oder mehrmalig vorzeitig durch die çbergeleitete Vorhoferregung bei fortlaufender Kammertachykardie antegrad erregt. Bei einem Kombinations- oder Fusionsschlag wird die Kammer gleichzeitig vom ventrikulåren Reentry/ektopen Fokus und dem çbergeleiteten Vorhofimpuls erregt. Der Einfang-/Fusionsschlag ist çblicherweise schmaler als der QRS-Komplex der Kammertachykardie. Er zeigt den normalen QRS-Komplex, an dem sich auch håufig die Ursache der Kammertachykardie, z. B. eine alte Infarktnarbe erkennen låsst. Den ventrikulåren Einfangschlag erkennt man also sehr einfach an einem oder zwei schmalen vorzeitigen QRS-Komplexen innerhalb einer Tachykardie von breiten QRS-Komplexen. Dem Einfangschlag geht eine P-Welle voraus. Drei Voraussetzungen fçr das Auftreten eines Einfang- oder Kombinationsschlags wåhrend einer Kammertachykardie sind erforderlich: 7 Kammerfrequenz < 150/min, 293
DD Tachykardie mit breitem QRS 7 Vorhandensein einer AV-Dissoziation, 7 keine retrograde VA-Leitung, da sonst die antegrade Leitung blockiert ist. Da diese 3 Voraussetzungen nur selten gleichzeitig erfçllt sind, ist es erklårlich, warum der diagnostisch so wertvolle Einfangschlag so selten gesehen wird (Abb. S. 281).
Pathophysiologie des Einfangschlags: Die Kammern werden von einer Reentry-Tachykardie um eine Infarktnarbe herum erregt. Einmal gelingt es der Sinuserregung, wåhrend der erregbaren Lçcke der Reentry-Tachykardie die Ventrikel auf normalem Weg zu erregen
] Tachykardie mit breitem Kammerkomplex Die Differenzialdiagnose der Tachykardie mit breitem Kammerkomplex ist ein klinisch wichtiges Problem der Notfallversorgung, da sich die Differenzialtherapie nach dem Ursprung der Tachykardie richtet. Ursåchlich kommen in Frage: Tabelle 4.5 Rhythmusstærung
Håufigkeit in der Notfallversorgung
Monomorphe ventrikulåre Tachykardie
75±85%
SVT mit Schenkelblock ± vorbestehend ± funktionell (aberrierende Ûberleitung)
15±25% (Abschn. 4.4.1)
Supraventrikulåre Tachykardie bei Pråexzitation ± antidrome WPW-Tachykardie (Abschn. 4.6.2) ± ventrikulåre Tachykardie bei Vorhofflimmern (Abschn. 4.6.4)
< 1%
Wenn der Zustand des Patienten es erlaubt, sollte ein 12-Kanal-EKG abgeleitet werden. Låsst sich nåmlich in der spåteren elektrophysiologischen Untersuchung keine Tachykardie auslæsen, stellt das 12-Kanal-EKG die einzige Grundlage fçr das weitere therapeutische Vorgehen dar. Auûerdem låsst sich in 90% eine korrekte Diagnose aus dem Oberflåchen-EKG erstellen. Finden sich in der Anamnese oder im Ruhe-EKG Hinweise fçr einen abgelaufenen Myokardinfarkt, so lautet die richtige Diagnose mit > 90%iger Wahrscheinlich294
DD Tachykardie mit breitem QRS keit ¹Kammertachykardieª und nicht SVT mit Schenkelblockaberration. Das jugendliche Alter eines herzgesunden Patienten mit jahrelanger Anamnese paroxysmaler Tachykardien spricht eher fçr eine SVT mit Schenkelblockaberration, beweist diese aber nicht. Auch eine idiopathische Kammertachykardie ist bei jungen Menschen mæglich (D Abschn. 4.7.1). Die Frequenz der Tachykardie sowie die Beschwerdesymptomatik kænnen in die Irre fçhren: Auch bei relativ langsamen, håmodynamisch gut tolerierten Frequenzen < 140/min kann es sich um eine VT handeln, die evtl. zu Kammerflimmern degeneriert. Bei auffållig langsamen, ¹sinusfærmigenª Tachykardien muss man auch an die Mæglichkeit einer Hyperkaliåmie denken (D Abschn. 3.11.2). Unregelmåûige Tachykardien mit > 60 ms Unterschied der RR-Abstånde sprechen eher fçr Vorhofflimmern/-flattern mit unregelmåûiger Ûberleitung. Bizarr breite, unregelmåûige QRS-Komplexe mit Frequenzen > 250/min sollten zunåchst immer an Vorhofflimmern bei WPW-Syndrom denken lassen. Falls keine regelmåûige antidrome WPW-Tachykardie (sehr selten! Symptomatik diskrepant zum bizarr verånderten EKG; Differenzialdiagnose zur VT D S. 298) vorliegt, sprechen folgende 6 EKG-Kriterien fçr eine Kammertachykardie und gegen eine supraventrikulåre Tachykardie mit Schenkelblockaberration: 7 1. Kriterium nach Brugada: In keiner der 6 Brustwandableitungen (die Extremitåtenableitungen bleiben unberçcksichtigt) findet sich ein RS-Komplex, sondern es finden sich nur QS- oder QR-Komplexe.
Brugada-Kriterium Nr. 1: In allen 6 Brustwandableitungen finden sich R- oder allenfalls QR-Komplexe, jedoch keine RS-Komplexe. Positive Konkordanz aller Brustwandableitungen. Ventrikulåre Tachykardie
7 2. Kriterium nach Brugada: Falls das 1. Kriterium nicht zutrifft, wird der långste Abstand vom Beginn der R-Zacke bis tiefstem Punkt der S-Zacke in den 6 Brustwandableitungen vermessen. Falls der långste Abstand > 110 ms, spricht dies fçr eine VT. 295
DD Tachykardie mit breitem QRS
Brugada-Kriterium Nr. 2: Beispiele fçr Vermessung des RS-Komplexes. In beiden Beispielen finden sich in den 6 BWA RS-Komplexe, somit ist das 1. Brugada-Kriterium nicht erfçllt. Der Nadir der S-Zacke ist der tiefste Punkt der S-Zacke. Bei der Vermessung im linken Beispiel maximal 95 ms, somit nicht hinreichend fçr die Diagnose einer VT, jedoch ¹rabbit-earª in Abl. V1. Im rechten Beispiel RS-Dauer maximal 150 ms, somit Diagnose einer VT
7 Einfangschlåge, Fusionsschlåge: Suchen nach einem QRS-Komplex, der schmaler als die QRS-Komplexe der Tachykardie ist. Eine P-Welle muss diesem Schlag vorausgehen. 7 Das Auftreten einer AV-Dissoziation (mehr QRS-Komplexe als P-Wellen, selten!). Ist die Auskultation des Patienten mæglich, spricht eine wechselnde Intensitåt des ersten Herztons und der Jugularvenenpulsationen fçr eine AVDissoziation und damit fçr eine ventrikulåre Tachykardie. 7 Negative Konkordanz in den Brustwandableitungen (positive Konkordanz kann auch bei antidromer WPW-Tachykardie auftreten). Dieses Kriterium deckt sich weitgehend mit dem Kriterium Nr. 1 nach Brugada. 7 Hauptvektor der Tachykardie zeigt nach ¹so man's landª oder ¹north west regionª, d. h. < ±308 oder > +1208 oder spezifischer < ±908 bis ±1808. Trifft keines dieser 6 Kriterien zu, ist eine VT nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlicher. Die folgenden Kriterien sprechen ebenfalls fçr eine VT, sind aber weniger spezifisch und deshalb als ¹Mosaiksteineª zur weiteren Differenzialdiagnose zu betrachten: 7 Breite des QRS-Komplexes > 140 ms, bei Linksschenkelblock > 160 ms, 7 positive Konkordanz in den BWA (Cave: antidrome WPW-Tachykardie), 7 Auftreten eines Kaninchenohrs (¹rabbit earª) in Abt. V1/V2 (Beispiel Abb. oben und S. 280), 7 bei Rechtsschenkelblockmorphologie: In Abl. V1 mono- oder nur biphasische QRS-Komplexe (qR, QR, RS), 7 bei Linksschenkelblockmorphologie: jede Q-Zacke in Abl. V6, 7 Bei Vorhofflimmern: Postextrasystolische Pause nach Ende einer VT (D S. 229). 296
DD Tachykardie mit breitem QRS 7 Falls noch nicht durchgefçhrt: CSD zur Differenzialdiagnose. Das folgende Flussdiagramm fasst die eben erærterten Kriterien noch einmal zusammen.
297
DD Tachykardie mit breitem QRS ] Differenzialdiagnose Monomorphe Kammertachykardie vs. Antidrome WPW-Tachykardie Neben dem EKG hilft die Anamnese bei der Differenzialdiagnose. Fçr eine Kammertachykardie und gegen eine antidrome WPW-Tachykardie sprechen: 7 çberwiegend negative QRS-Komplexe in den Abl. V4±V6. Bei der antidromen WPW-Tachykardie wird der Ventrikel von basal nach apikal erregt. Folglich låuft die Erregung auf die Brustwandableitungen V4±V6 zu, die QRS-Komplexe mçssen çberwiegend positiv sein (D Beispiel Abb. S. 272). 7 QR-Komplexe in den Abl. V2±V6. Wegen der Erregung von basal nach apikal bei der antidromen WPW-Tachykardie sollte eine Q-Zacke in den Brustwandableitungen nicht vorkommen. 7 AV-Dissoziation (mehr QRS-Komplexe als P-Wellen). 7 Schlieûlich: Die antidrome WPW-Tachykardie ist selten, die Kammertachykardie ist håufig. Die WPW-Patienten sind meist jung. Die massiven EKG-Verånderungen mit den breiten, bizarr geformten QRS-Komplexen sind schwer mit dem relativ guten Befinden der Patienten in Einklang zu bringen.
298
Kammerflattern ] Allgemeine Hinweise fçr das Verhalten bei Tachykardie mit breitem QRS-Komplex 7 Da die VT prognostisch und therapeutisch die ungçnstigere Arrhythmie darstellt und wesentlich håufiger auftritt, sollte bis zum Beweis des Gegenteils von einer VT ausgegangen werden. 7 Die fålschliche Beurteilung einer supraventrikulåren Tachykardie mit aberranter Ûberleitung als Kammertachykardie ist fçr den Patienten weit weniger gefåhrlich als umgekehrt. 7 Bei stabilem Patienten kann durchaus zugewartet und der Patient in die Klinik begleitet werden. 7 12-Kanal-EKG-Dokumentation sichern! Bei Vorliegen eines 12-Kanal-EKG ist eine korrekte Diagnose in > 90% der Fålle mæglich. 7 Bei Myokardinfarkt in der Anamnese und erstmaligem Auftreten einer Tachykardie mit breitem QRS-Komplex nach dem Infarkt ist eine VT sehr wahrscheinlich. 7 Vor der Gabe von Verapamil i. v. (z. B. Isoptin¾) bei einer Tachykardie mit breitem QRS-Komplex kann nur gewarnt werden. Bei Vorliegen einer Kammertachykardie kann die Therapie mit Verapamil fatale Folgen haben. Verapamil i. v. hat deshalb bei der Tachykardie mit breitem QRS-Komplex keine Indikation. 7 Falls die Diagnose nicht aus dem EKG gestellt werden und keine spezifische Therapie eingeleitet werden kann, empfiehlt sich in der Notfallsituation Ajmalin 1 mg pro kg Kærpergewicht. Injektion in 5±10 min, wenn mæglich unter Monitorkontrolle. 7 Immer Defibrillator bereitstellen.
4.7.7 Kammerflattern ] EKG 7 Gleichmåûige, ¹haarnadelfærmigeª Kammerkomplexe hoher Amplitude, 7 Frequenz 200±300/min, 7 keine isoelektrische Grundlinie, 7 keine abgrenzbaren Anfangs- oder Nachschwankungen. ] Ursache 7 Wie bei Kammertachykardie: Ventrikulårer Reentry oder schneller ektoper Fokus, 7 meist durch ventrikulåre Extrasystole eingeleitet, 7 die Unterscheidung zur Kammertachykardie mit hoher Frequenz ist nur von akademischem Interesse. ] Differenzialdiagnose 7 Vorhofflattern mit 1 : 1-Ûberleitung und funktionellem Schenkelblock, jedoch Frequenz meist < 220/min, 7 Vorhofflimmern/-flattern mit Ûberleitung çber eine akzessorische Bahn mit kurzer Refraktårzeit. Im Gegensatz zu Kammerflattern wird der Ventrikel bei 299
Kammerflimmern Vorhofflimmern bei WPW-Syndrom unregelmåûig erregt, bei Vorhofflattern bei WPW-Syndrom jedoch regelmåûig. Jede Tachykardie mit breitem QRS und einer Frequenz > 250/min sollte an diese Mæglichkeit denken lassen.
4.7.8 Kammerflimmern ] EKG 7 Arrhythmische, ungleich hohe, grobe und feine, wellen- und zackenfærmige Oszillationen, 7 Frequenz > 400/min, 7 keine QRS-Komplexe oder geordneten Aktionen zu erkennen, 7 entsteht aus Kammerflattern, Kammertachykardie oder auch direkt nach einer VES in die vulnerable Phase (¹primåres Kammerflimmernª), 7 spontanes Ende von Kammerflimmern extrem selten, praktisch nur durch Defibrillation zu beherrschen. ] Vorkommen 7 Schwere organische Herzerkrankung, 7 langes QT-Syndrom, Brugada-Syndrom, 7 Elektrolytentgleisungen, Intoxikationen, Elektrounfall. ] Therapie 7 Defibrillation, Reanimation.
Kammerflattern mit einer Frequenz von 260/min, ausgelæst durch eine in die vulnerable Phase einfallende ventrikulåre Extrasystole (R-auf-T-Phånomen). Langzeit-EKG-Aufzeichnung, 25 mm/s
300
Pararhythmien
Primåres Kammerflimmern, ausgelæst durch R-auf-T-Phånomen. Langzeit-EKG-Aufzeichnung eines Patienten mit KHK zum Zeitpunkt des Sekundenherztodes (25 mm/s)
4.8 Pararhythmien Unter Pararhythmie oder Doppelrhythmus versteht man das Auftreten von zwei selbståndigen Schrittmachern, die entweder nebeneinander tåtig sind oder sich in ihrer Schrittmacherfunktion abwechseln. Die Situation wird als ¹Wettstreit zweier Automatiezentrenª charakterisiert. Auch die bei AV-Block auftretenden Simultanaktivitåten zweier Erregungszentren sind Pararhythmien, die jedoch ausfçhrlich in D Abschn. 4.9 besprochen werden. Die 4 wichtigsten Formen sind: 7 Einfache AV-Dissoziation: frequenzbedingter, kurzdauernder Wettstreit um die Schrittmacherfçhrung zwischen Sinusknoten und AV-Junktion bei erhaltener AV-Ûberleitung. 7 Interferenz-Dissoziation = inkomplette AV-Dissoziation: Sonderfall der AV-Dissoziation: ein schneller AV-junktionaler oder ventrikulårer Rhythmus wird fçr 1, 2 Schlåge durch eine vorzeitig einfallende Sinus- oder Vorhoferregung unterbrochen (ventrikulårer Einfangschlag). Voraussetzung: retrograder VA-Block. Wåhrend des Einfangschlags ist die AV-Dissoziation unterbrochen. 7 Komplette AV-Dissoziation: Vorhof und Kammer werden unabhångig voreinander vom eigenen Erregungszentrum gefçhrt. 7 Parasystolie: zweites schutzblockiertes Zentrum (Eintrittsblock).
4.8.1 Einfache AV-Dissoziation ] Definition. Kurzfristige eigenståndige Erregung der Vorhæfe und Kammern bei ungestærter AV-Ûberleitung. Voraussetzung: geringe Frequenzdifferenz zwischen den langsameren Sinusknoten und dem AV-junktionalem Schrittmacher. ] Ursache. Die Frequenz des Sinusknotens sinkt kurzfristig und nur gering unter die der AV-Junktion ab, welche als Schrittmacher fçr die Kammer einspringt. Die Vorhæfe gehorchen der etwas niedrigeren Sinusknotenfrequenz. Da die AV-Leitung nicht blockiert ist, kommt es bei Frequenzanstieg des Sinusknotens wieder zu einer normalen Ûberleitung. 301
AV-Dissoziation ] EKG 7 Fehlende Relation zwischen P-Welle und QRS-Komplex, 7 PQ-Dauer wechselnd, normal bis abnormal kurz, 7 Frequenz der P-Welle etwas niedriger als die des AV-junktionalen Rhythmus, 7 P kann im QRS-Komplex verschwinden oder sogar unmittelbar danach auftauchen, 7 P bleibt in Abl. II/III positiv, da der Vorhof vom Sinusknoten erregt wird. ] Vorkommen. Meist gutartige, flçchtige, nicht behandlungsbedçrftige Stærung, welche durch Schwankungen des vegetativen Tonus hervorgerufen wird; selten organische Herzerkrankung.
Langzeit-EKG-Aufzeichnung (25 mm/s) einer einfachen, sinusbradykardiebedingten AV-Dissoziation. Links AV-junktionaler Rhythmus mit einer Frequenz von 42/min, rechts bradykarder Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 36/min, ungestærte AV-Ûberleitung
302
AV-Dissoziation
4.8.2 Interferenzdissoziation (inkomplette AV-Dissoziation) ] Definition. Unabhångige Erregung der Vorhæfe und der Kammern mit retrograder VA-Schutzblockierung der Vorhæfe. Die Frequenz des zweiten Automatiezentrums (AV-Junktion, Ventrikel) liegt deutlich hæher als die der Vorhæfe. Daher bleibt die Interferenz çber einen långeren Zeitraum erhalten. Es gelingt der Vorhoferregung nur selten, die Kammern auf normalem Weg zu erregen (ventrikulårer Einfangschlag, D S. 281 oben). Es kommt dann zu einer extrasystolenartigen Kammererregung. ] Beispiele. Kammertachykardie mit ventrikulåren Einfangschlågen, VVI-Schrittmacherstimulation bei erhaltener AV-, aber blockierter VA-Leitung. ] EKG 7 Frequenz der Vorhæfe deutlich langsamer als die der Kammern, 7 ventrikulåre Einfangschlåge, Fusionschlåge, 7 PQ-Zeit bei normal çbrgeleiteten Erregungen evtl. verlångert, 7 QRS-Komplex meist unveråndert, nur bei ventrikulårer Erregung oder vorbestehendem Schenkelblock verbreitet.
4.8.3 Komplette AV-Dissoziation ] Definition. Långer dauernde Dissoziation der Vorhof- und Kammererregung bei meist deutlich unterschiedlicher Sinus-, AV-junktionaler und Kammerfrequenz. ] Vorkommen. Im Gegensatz zur einfachen AV-Dissoziation liegt fast immer eine organische Herzerkrankung vor. 303
Parasystolie ] EKG 7 P-Wellen und QRS-Komplexe treten regelmåûig, aber unabhångig voneinander auf. 7 P-Wellen sind meist vor oder hinter den QRS-Komplexen zu finden. 7 Ûberleitungen zwischen Vorhof und Kammer treten nicht auf. ] Beispiel. Ventrikulåre Tachykardie mit kompletter AV-Dissoziation oder ventrikulåren Einfangschlågen (D Abb. S. 281), AV-Block III (D Abb. S. 318).
4.8.4 Parasystolie ] Definition. Unter Parasystolie versteht man einen Rhythmus, der durch ein ¹geschçtztesª ektopes Zentrum hervorgerufen wird. Das ektope Zentrum wird durch einen ¹Eintrittsblockª vor der Depolarisation durch den physiologischen Herzrhythmus (in der Regel Sinusrhythmus) bewahrt. Es ¹feuertª daher ungestært mit einer intrinsischen Frequenz von 35±50/min (Frequenzbreite parasystolischer Zentren 20±400/min). Ein parasystolisches Zentrum kann sich im Vorhof, in der AV-Junktion und ± weitaus am håufigsten ± in den Kammern befinden. Die ventrikulåre Parasystolie verhålt sich wie ein V00-Schrittmacher. Auch dieser çbt seine Funktion unabhångig vom Grundrhythmus aus. Jedesmal, wenn der Schrittmacherimpuls ansprechbares Ventrikelgewebe vorfindet, kommt es zu einer vorzeitigen Erregung der Kammer. Da zwischen der Frequenz des Grund- und des Parasystolierhythmus keine feste Beziehung besteht, liegt ein wechselndes Ankopplungsintervall vor. Folge des Eintrittsblocks ist die Tatsache, dass das interektope Intervall dem einfachen oder ganzzahligen Vielfachen der Zykluszeit des Parasystoliezentrums entspricht. Wenn das Parasystoliezentrum relativ spåt wåhrend des Grundrhythmus feuert, kommt es zu Fusionsschlågen. ] EKG 7 Wechselndes Ankopplungsintervall, 7 das interektope Intervall entspricht dem einfachen oder ganzzahligen Vielfachen der Zykluszeit des Parasystoliezentrums, 7 Auftreten von Fusionsschlågen, 7 håufig faszikulåre Morphologie der parasystolischen Kammerkomplexe, 7 sehr selten Austrittsblock des parasystolischen Zentrums: Trotz ansprechbaren Myokards fehlt der parasystolische Kammerkomplex. ] Klinik. Die Parasystolie kann sowohl bei Herzkranken als auch bei Herzgesunden auftreten. Eine medikamentæse Behandlung ist nicht erforderlich. Ohnehin ist die medikamentæse Suppression des Parasystoliezentrums nur ausnahmsweise erfolgreich. Die Parasystolie weist enge Beziehungen zum akzelerierten idioventrikulåren Rhythmus auf (D Abschn. 4.7.5). Dieser kann auch als ein parasystolischer Rhythmus angesehen werden, allerdings ohne Eintrittsblock (D Abb. S. 293). Auch hier haben die Kammerkomplexe meist eine faszikulåre Morphologie.
304
Parasystolie
Ventrikulåre Parasystolie. Fortlaufende 3-Kanal-Registrierung. Wechselnde Ankopplungsintervalle. Im unteren Abschnitt ist das interektope Intervall zweimal so lang wie im oberen Abschnitt. Der zweite vorzeitige Kammerkomplex oben ist ein Kombinationsschlag
305
SA-Blockierung
4.9 Stærungen der Erregungsleitung Erregungsleitungsstærungen lassen sich einteilen nach der Lage: 7 Sinusknoten ± rechter Vorhof: sinuatrialer Block, 7 Vorhof ± Kammerleitungssystem: atrioventrikulårer Block, 7 im Kammerleitungssystem: Block im His-Purkinje-System, Schenkelblock, Astblock nach dem Schweregrad: 7 Block 1. Grades: verzægerte Erregungsleitung, 7 Block 2. Grades Typ 1: zunehmende Verlångerung der Erregungsleitung bis zum Ausfall (¹dekrementale Leitungseigenschaftenª), 7 Block 2. Grades Typ 2: plætzlicher, unvorhergesehener Ausfall der Erregung, 7 Block 3. Grades: komplette Unterbrechung der Erregungsleitung nach der Dauer der Blockierung: 7 paroxysmaler, intermittierender, transitorischer, reversibler Block, 7 permanenter, irreversibler Block.
4.9.1 Sinuatriale Blockierung Die drei Formen des Sinusknotensyndroms werden in D Abschn. 4.2.5 ¹Syndrom des kranken Sinusknotensª unter besonderer Berçcksichtigung des Brady-Tachykardie-Syndroms besprochen. Im Folgenden wird nur auf die zweite Form des kranken Sinusknotens, nåmlich auf die Systematik der sinuatrialen Blockierungen eingegangen. Sinuatriale Blockierungen sind ganz çberwiegend auf eine Degeneration des Sinusknotens bei ålteren Menschen zurçckzufçhren. Der Sinusknoten hat > 90% seiner Generatorzellen eingebçût, man spricht deshalb auch von einer Sinusknotendysfunktion. Auch dem SA-Block II liegt eine Stærung der ¹Generatorfunktionª zugrunde. Die Vorstellung, beim SA-Block II liege eine komplette Blockierung des perisinusoidalen Gewebes vor, låsst sich pathophysiologisch nicht halten. Durch Verlust nodaler Zellen kommt es aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer unzureichenden Depolarisation und damit zu dem Bild eines ¹Austrittsblocksª. ] Vorkommen der SA-Blockierungen. Ûberwiegend degenerativ, KHK, hypertensive Herzerkrankung, Vitien, Zustand nach herzchirurgischen Eingriffen, Infektionen wie Borreliose, frçhere Diphtherie, Scharlach, Myopathien. Nur wenige Krankheitsbilder sind reversibel, wie z. B. bei Hypothyreose oder pharmakologischer Suppression des Sinusknotens mit Digitalis, Betablockern, Kalziumantagonisten, Antiarrhythmika, Clonidin, Lithium etc. Die medikamentæse Behandlung der degenerativen Form ist unbefriedigend, es bleibt bei symptomatischen Patienten nur die Schrittmacherversorgung. 306
SA-Blockierung ] SA-Block I. Grades Es handelt sich um eine konstant verzægerte Erregungsleitung vom Sinusknoten zum rechten Vorhof. Da sich der Sinusknoten im Oberflåchen-EKG nicht darstellt, ist dieses Intervall im EKG nicht messbar. Der SA-Block 1. Grades ist daher im Oberflåchen-EKG nicht zu diagnostizieren. ] SA-Block II. Grades, Typ 1 (Wenckebach-Periodik des SA-Blocks) Dieser Typ ist sehr selten; zunehmende Verzægerung der SA-Leitung bis zum totalen Ausfall. Da die Zunahme der SA-Leitungsverzægerung bis zum Ausfall çblicherweise kontinuierlich abnimmt und die PQ-Zeit konstant bleibt, findet sich beim SABlock II Typ 1 eine zunehmende Verkçrzung der PP- und RR-Intervalle bis zum totalen Ausfall. Danach hat das Gewebe Zeit, sich zu erholen. Die entstehende Pause ist gewæhnlich kçrzer als 2 PP-Intervalle. ] Differenzialdiagnose. Blockierte Vorhofextrasystole, Sinusarrhythmie.
Das Leiterdiagramm veranschaulicht, warum es beim SA-Block II. Grades Typ 1 trotz Zunahme der SA-Leitungsverzægerung (von 80 çber 120 auf 140 ms vor Ausfall der Ûberleitung) zu einer Abnahme der PP-Abstånde kommt: Bei einer Sinusfrequenz von 60/min (= 1000 ms Periodenlånge) betrågt der erste PP-Abstand 1120±80 ms = 1040 ms, der zweite PP-Abstand 1140±120 ms = 1020 ms. Voraussetzung ist, dass die Zunahme der SA-Leitungsverzægerung bis zum Ausfall kontinuierlich abnimmt
SA-Block II Typ 1 (Wenckebach). Extremitåtenableitungen. Kontinuierliche Abnahme der PP-Intervalle vor der Pause
307
SA-Block III ] SA-Block II. Grades, Typ 2 (Mobitz-Block des SA-Blocks). Er ist sehr viel håufiger als Typ 1, aber immer noch relativ selten; plætzliche, unerwartete Pause, deren Dauer das Doppelte oder ganzzahlige Vielfache des vorausgegangenen PP-Intervalls ausmacht. P-Welle und QRS-Komplex fallen aus. Bei etwa 70% der ¹SA-Blockierungen Grad II Typ Mobitzª, die im Langzeit-EKG diagnostiziert werden, handelt es sich in Wirklichkeit um einen Sinusrhythmus mit blockierten atrialen Extrasystolen (D Abb. S. 231 oben).
SA-Block II, Typ 2: Die dritte SA-Ûberleitung fållt aus, P und QRS fallen aus
SA-Block II. Grades Typ 2 mit Ausfall einer Herzaktion (P und QRS)
] SA-Block III. Grades Es liegt eine Unterbrechung der SA-Leitung vor; Asystolie, bis ein sekundåres oder tertiåres Schrittmacherzentrum einspringt; im EKG vom Sinusknotenstillstand (Sinusarrest) nicht zu unterscheiden; ruhige Grundlinie in Abl. II/III und V1: Bild des ¹silent atriumª; långster im Langzeit-EKG dokumentierter Sinusknotenstillstand ohne Synkope oder Krampfanfall: 19 s Dauer.
SA-Block III. Grades: Nach 2 Normalschlågen Unterbrechung der SA-Leitung, Einspringen eines AV-junktionalen Ersatzrhythmus
308
AV-Blockierung
Sinusarrest nach plætzlichem Zusammenbruch des Vorhofflimmerns (;). Langzeit-EKG-Aufzeichnung, 25 mm/s. Nach dem Pfeil ist keine Vorhoferregung zu erkennen (¹silent atriumª). Es folgt ein AV-junktionaler Ersatzschlag mit retrograder Vorhoferregung
4.9.2 Atrioventrikulåre Blockierung Dank His-Bçndel-Elektrokardiographie verfçgen wir heute çber umfangreiche Kenntnisse zur Lokalisation der Leitungsstærung bei den verschiedenen Formen des AVBlocks. Die His-Bçndel-Elektrokardiographie erlaubt die Zerlegung des PQ-Intervalls in 3 Abschnitte (D vgl. Abschn. 1.5.4): 7 PA-Intervall (35±50 ms): internodale oder rechtsatriale Leitung, 7 AH-Intervall (55±100 ms): intranodale Leitung, 7 HV-Intervall (30±55 ms): intraventrikulåre Leitung. Tabelle 4.6 gibt die Håufigkeit des Orts der Leitungsstærung bei den verschiedenen Formen des AV-Blocks wieder. Tabelle 4.6 PA
AH
His-Bçndel
HV
AV-Block I. Grades
(+)
++
(+)
+
AV-Block II. Grades ± Typ 1 ± Typ 2 ± Hæhergradig
0 0 0
++ 0 +
(+) + +
(+) ++ ++
AV-Block III. Grades
0
+
+
++
] AV-Block I. Grades ] Definition. Verzægerung der Erregungsleitung zwischen Vorhof und Kammer > 200 ms. ] Ursache. Der AV-Block I ist die einzige Form der AV-Leitungsstærung, die auf eine Verlångerung der Vorhofleitung zurçckgefçhrt werden kann. Der håufigste Ort dieser Leitungsstærung ist der AV-Knoten. Je långer die PQ-Zeit, desto wahrscheinlicher ist die Stærung im AV-Knoten lokalisiert. Bei > 300 ms ist der AV-Knoten prak309
AV-Block I tisch immer beteiligt. Die Gefahr einer Asystolie ist bei Stærung im AV-Knoten gering, da das unbeteiligte His-Bçndel als sekundåres Zentrum zuverlåssig einspringt. Die AV-Ûberleitung kann bis 1100 ms verlångert sein, die P-Welle çberlagert dann die T- und U-Welle. Eine gleichzeitige Stærung der AH- und HV-Ûberleitung ist selten. Selten kann bei normalen oder nur gering verlångerten AV-Ûberleitungszeiten eine Schådigung im His-Purkinje-System (verlångertes HV-Intervall!) vorliegen. Die Prognose dieser Stærung ist ungçnstiger, da sich das Ersatzzentrum in einem geschådigten Gewebe befindet. Bei diesen Patienten ist ± falls sie symptomatisch sind ± eine Schrittmacherimplantation erforderlich. Man sollte deshalb nicht zægern, bei Patienten mit typisch kardialer Synkope und normaler oder nur gering verlångerter AV-Ûberleitungszeit im Oberflåchen-EKG die intrakardialen Leitungszeiten zu messen. ] Vorkommen. Vagotonie (physiologisch, verschwindet bei Belastung), degenerativ, KHK, hypertensive Herzerkrankung, Myokarditis, Borreliose, Medikamente wie Digitalis, Antiarrhythmika u. v. a.
AV-Block I. Grades. PQ-Zeit 0,28 s. Sinusrhythmus, Frequenz 85/min, inkompletter Rechtsschenkelblock
310
AV-Block II ] AV-Block II. Grades Typ 1 (Wenckebach- oder engl. Mobitz-I-Block) Infolge zunehmender Ermçdung bis zur Erschæpfung (sog. ¹dekrementale Leitungª) der AV-Leitung periodenweise Zunahme der PQ-Dauer bis zum Ausfall einer Ûberleitung. Die anschlieûende Pause ist kçrzer als zwei Normalintervalle und gibt der Leitungsbahn Gelegenheit, sich zu erholen. Im Falle einer typischen WenckebachPeriodik kommt es bei konstantem PP-Intervall bis zum QRS-Komplex-Ausfall zu einer zunehmenden Verkçrzung des RR-Abstands. Das erste PQ-Intervall nach der blockierten P-Welle ist das kçrzeste aller PP-Intervalle, oder anders ausgedrçckt: das erste wieder çbergeleitete PQ-Intervall muss kçrzer sein als das letzte çbergeleitete PQ-Intervall. ] Lokalisation des Blocks. Zu 98% im AV-Knoten, sehr selten im His-Bçndel oder Tawara-Schenkel (doppelseitiger Schenkelblock; trifaszikulårer Block). ] Vorkommen. Funktionell, Vagotonie (z. B. im Langzeit-EKG am frçhen Morgen), Sportler. Inferiorer Infarkt, immer mit Tendenz zur Rçckbildung. KHK, entzçndliche Herzerkrankung. Da das Ersatzzentrum sich in einem nicht geschådigten Gewebe befindet, ist die Prognose ohne Schrittmacher gut.
AV-Block II. Grades Typ 1 (Wenckebach). Zunahme der PQ-Zeit von 0,17 s auf 0,26 s, danach Ausfall der Ûberleitung. Die nachfolgende Pause ist kçrzer als 2 Perioden. Die erste wieder çbergeleitete PQ-Zeit ist mit 0,17 s kçrzer als die vorausgehende PQ-Zeit (0,26 s). Die dann folgende 2 : 1-Blockierung låsst sich aufgrund der vorausgehenden Episode als AV-Block II Typ 1 (Wenckebach) identifizieren
311
AV-Block II
SA-Block II. Grades Typ 2 und AV-Block II Typ Wenckebach. Nach dem dritten QRS-Komplex fehlende P-Welle und fehlender QRS-Komplex (SA-Block II Typ 2). Zunehmende PQ-Zeit bis zum Ausfall der P-Welle. Die letzte PQ-Zeit ist långer als die erste, wieder çbergeleitete PQ-Zeit (AV-Block II, Typ Wenckebach). Binodale Schådigung!
] AV-Block II. Grades Typ 2 (Mobitz- oder engl. Mobitz-II-Block) Es handelt sich um einen plætzlichen, unvorhergesehenen einoder mehrmaligen QRS-Komplex-Ausfall bei sonst normalem oder konstant verlångertem PQ-Intervall; Blockierung ausschlieûlich im His-Purkinje-System, nie im AV-Knoten; in 85% mit Schenkelblockbild kombiniert, dann Blockierung im 3. Faszikel; in 15% ohne Schenkelblock, dann Blockierung im His-Bçndel. Die PQ-Zeit vor und nach der blockierten P-Welle ist konstant. ] Einzelner AV-Block. Unvorhergesehener Ausfall eines QRSKomplexes nach einer P-Welle bei gleichbleibender PQ-Zeit; bei schmalem Kammerkomplex Verdacht auf Intra-His-Block, bei breitem Kammerkomplex d. h. vorbestehendem Schenkelblock infrahissåre d. h. trifaszikulåre Blockierung. ] Regelmåûiger AV-Block. Nur jede 2. oder 3. Vorhoferregung wird çbergeleitet (2 : 1-Block, 3 : 1-Block). Zwei differenzialdiagnostische Mæglichkeiten mçssen unterschieden werden: 7 AV-Block II Typ Wenckebach mit Lokalisation im AV-Knoten mit gçnstiger Prognose, 7 AV-Block II Typ Mobitz mit Lokalisation im His-Purkinje-System mit ungçnstiger Prognose. ] Vorkommen des AV-Block II Typ Mobitz. Immer schwere organische Herzerkrankung; keine Folge einer Digitalis-, Betablocker- oder Kalziumantagonistençberdosierung. ] Prognose. Ohne Schrittmacherimplantation ungçnstig, da der Ersatzschrittmacher (Purkinje-Fasern) in erkranktem Gewebe liegt und unzuverlåssig ist; håufig Ûbergang in AV-Block III; prophylaktische Schrittmacherimplantation auch bei asymptomatischen Patienten. 312
AV-Block II
AV-Block II Typ 2 mit infrahisårer Blockierung
AV-Block II. Grades Typ 2: Anfangs 3 Aktionen mit normaler PQ-Ûberleitung, dann nach jeder zweiten P-Welle QRS-Komplex-Ausfall. Aus dieser Registrierung låsst sich der Mobitz-II-Block diagnostizieren. Ursache: Bei komplettem Linksschenkelblock kommt es intermittierend zum Ausfall des rechten Tawara-Schenkels, somit trifaszikulårer Block
] AV-Block II. Grades mit 2 : 1-Ûberleitung (engl. High-grade-AV-block) Ein AV-Block II mit anhaltender 2 : 1-Ûberleitung kann nur dann als AV-Block II Typ Mobitz klassifiziert werden, wenn der blockierten P-Welle mindestens einmal 2 mit normaler PQ-Zeit çbergeleitete P-Wellen nacheinander vorausgehen. Ansonsten muss ein hæhergradiger AV-Block II diagnostiziert werden, der weiter differenziert werden muss. Die Entscheidung zwischen Typ 1 (Wenckebach) und 2 (Mobitz) beruht auf dem Ort der Leitungsstærung. Beim AV-Block II Typ 1 (Wenckebach) ist der Block fast immer (98%) im AV-Knoten, beim Typ 2 (Mobitz) ausschlieûlich im His-PurkinjeSystem lokalisiert. In 15% der Mobitz-Blæcke handelt es sich dabei um einen IntraHis-Block (im EKG schmaler Kammerkomplex), in 85% um einen doppelseitigen Schenkelblock oder einen trifaszikulåren Block (im Ruhe-EKG vorbestehender Schenkelblock). Tabelle 4.7 gibt die physiologischen und morphologischen Grundlagen an, die fçr die Manifestation beider Blockformen entscheidend sind:
313
AV-Block II Tabelle 4.7
Struktur Architektur Histologie Aktionspotenzial Leitungscharakteristik Vagaler Einfluss Zustand des Ersatzzentrums Prognose ohne SM
Wenckebach AV-Block II/1
Mobitz AV-Block II/2
AV-Knoten Geflecht Nodale Zellen Langsam Dekremental Ja Gesund Gut
His-Purkinje-System Bçndel Purkinje-Zellen Schnell Alles oder nichts Nein Krank Ernst
Die Abgrenzung beider Blockformen ist aus prognostischen und therapeutischen Grçnden von Bedeutung: 7 Ein AV-Block II Typ Wenckebach geht nur ausnahmsweise mit Synkopen einher, kann sich zurçckbilden (z. B. nach inferiorem Infarkt oder Medikamentençberdosierung) und ist nur in Ausnahmefållen eine Indikation zur Schrittmacherimplantation. 7 Ein AV-Block II Typ Mobitz geht mit Synkopen einher, hat einen progredienten Charakter und stellt somit auch bei fehlender Symptomatik eine Indikation zur Schrittmacherimplantation dar. Da Digitalis, Betablocker und Kalziumantagonisten das His-Purkinje-System nicht beeinflussen, muss die Entscheidung zur Schrittmacherindikation nicht bis zum Abklingen dieser Medikamente verschoben werden. Auch ohne Ableitung eines His-Bçndel-Elektrogramms kann mit nichtinvasiven Maûnahmen der Ort der Leitungsstærung ausgemacht werden: 7 Wird ein långerer Streifen registriert, kann gelegentlich der Ûbergang in einen AV-Block II Typ 1 (Lokalisation: AV-Knoten) oder AV-Block II Typ 2 (Lokalisation: His-Purkinje-System) beobachtet werden. 7 Durch Karotissinus-Druckversuch nimmt der Blockierungsgrad bei AV-Knotenblock zu (aus 2 : 1 wird 3 : 1 oder 4 : 1). Beim Block im His-Purkinje-System kann durch Senkung der Sinusfrequenz vorçbergehend eine 1 : 1-Ûberleitung wiederhergestellt werden (D Abb. S. 316). 7 Nach Atropininjektion oder kærperlicher Belastung verbessert sich die Leitung im AV-Knoten: Ein 2 : 1-Block kann in eine 1 : 1-Ûberleitung çberfçhrt werden (Blockierung im AV-Knoten, D Abb. S. 315). Beim Block im His-Purkinje-System nimmt sie durch Steigerung der Sinusfrequenz zu (aus der 2 : 1-Blockierung wird eine 3 : 1- oder 4 : 1-Blockierung). Tabelle 4.8 fasst die Maûnahmen zur Differenzialdiagnose beim AV-Block II mit 2 : 1-Ûberleitung zusammen.
314
AV-Block II Tabelle 4.8 Maûnahme
AV-Knoten-Block
His-Purkinje-System-Block
7 Langer Streifen
AV-Block II Typ 1
AV-Block II Typ 2
7 Karotissinus-Druck
Leitungsverschlechterung
Leitungsverbesserung
7 Belastung oder Atropin
Leitungsverbesserung
Leitungsverschlechterung
Die folgenden 3 EKG wurden nacheinander registriert:
AV-Block II. Grades mit 2 : 1-Ûberleitung mit normaler PQ-Zeit (0,16 s). Aus dem vorliegenden EKG ist nicht zu entscheiden, ob es sich um einen AV-Block II Typ Wenckebach oder Mobitz handelt
Zur Differenzialdiagnose ± AV-Block II Typ 1 oder Typ 2 ± wurde eine Belastung mit 50 W durchgefçhrt.
Unter Belastung Sinustachykardie, AV-Block I mit einer PQ-Zeit von 0,21 s. Somit Nachweis, dass die Blockierung im AV-Knoten lokalisiert ist. Es handelt sich um einen AV-Block II Typ Wenckebach
In den Extremitåtenableitungen zeigt sich ein AV-Block I. Grades (PQ 0,2 bis 0,21 s) bei Sinustachykardie. Somit Nachweis, dass es sich bei AV-Block II. Grades mit 2 : 1-Ûberleitung um einen Typ 1 (Wenckenbach) gehandelt hat. In den folgenden Brustwandableitungen nach Ende der Belastung AV-Block II. Grades Typ 1 (Wenckenbach):
Nach Ende der Belastung in der Erholungsphase zeigt sich die typische Wenckebach-Periodik mit Zunahme der PQ-Zeit bis zum Ausfall
315
AV-Block III
Ûberfçhren eines AV-Blocks mit 2 : 1-Ûberleitung in eine 1 : 1-Ûberleitung durch Karotissinus-Druckmassage (CSM). Vorbestehender Rechtsschenkelblock. Die CSM senkt die Sinusfrequenz, so dass der linke TawaraSchenkel ausreichend Zeit hat, sich zu erholen. Damit handelt es sich bei den nicht çbergeleiteten P-Wellen um eine trifaszikulåre Blockierung, d. h. Block im His-Purkinje-System, AV-Block II Typ Mobitz, Schrittmacherindikation
] AV-Block III. Grades (totaler AV-Block) ] Definition. Vollståndige Unterbrechung der AV-Leitung. Lokalisation: 7 Suprabifurkaler proximaler AV-Block im AV-Bereich oder im His-Bçndel (1, eher selten), 7 infrabifurkaler distaler AV-Block unterhalb des His-Bçndels (2, trifaszikulårer Block, håufig). ] Charakteristik. Vorhæfe und Kammern schlagen im eigenen Rhythmus unabhångig voneinander. Als Vorbote des trifaszikulåren Blocks gilt ein bifaszikulårer Block, wobei der seltene Rechtsschenkelblock mit einem linksposterioren Hemiblock am ehesten in einen trifaszikulåren Block çbergeht. ] EKG 7 P-Welle und QRS-Komplex schlagen ohne Verknçpfung, 7 bei normalem Sinusrhythmus finden sich mehr P-Wellen als QRS-Komplexe, 7 in 10±20% findet sich Vorhofflimmern, -flattern oder eine atriale Tachykardie, 7 Form und Frequenz der regelmåûigen Kammerkomplexe richten sich nach dem Ursprungsort der Erregung (sekundåres oder tertiåres Automatiezentrum).
316
AV-Block III
] Sekundåre Automatie. Ûberleitung im AV-Knoten unterbrochen, Ersatzzentrum im His-Bçndel; Kammerfrequenz 40±50/min. Der QRS-Komplex ist normal breit und regelrecht geformt, es sei denn, es liegt ein vorbestehender Schenkelblock vor. Die Prognose ist relativ gut, da das sekundåre Schrittmacherzentrum meist stabil ist; AV-junktionaler Ersatzrhythmus bei Vorhofflimmern und AV-Block III (D Abb. S. 248 unten). ] Tertiåre Automatie. Distaler His-Block oder ± håufiger ± trifaszikulårer Block; Ersatzzentrum in den Purkinje-Fasern, Frequenz 20±30/min; breite QRS-Komplexe; ungçnstige Prognose, da tertiåres Schrittmacherzentrum instabil; Schrittmacherindikation. ] Pråautomatische Pause. Zeit vom Beginn des AV-Blocks III bis zum Beginn des Ersatzrhythmus. Eine besonders lange pråautomatische Pause kann einen AdamsStokes-Anfall auslæsen. ] Vorkommen. Hypertensive Herzerkrankung, KHK, Vitien, Myokarditis, Borreliose, Len gre-Erkrankung. Der angeborene AV-Block III ist vorwiegend im AV-Knoten lokalisiert. Der AV-Block III bei Hinterwandinfarkt ist ebenfalls im AV-Knoten lokalisiert und praktisch immer reversibel. Der AV-Block III bei Vorderwandinfarkt liegt meist unterhalb des His-Bçndels und ist prognostisch besonders ungçnstig.
317
Antiarrhythmika bei AV-Blockierung
AV-Block III. Grades mit tertiårer Automatie. Vorhoffrequenz 72/min. Kammerfrequenz 35/min
] Antiarrhythmika bei AV-Leitungsstærungen Antiarrhythmika haben unterschiedliche Wirkungen auf den AV-Knoten und das His-Purkinje-System. Wie die Abbildung zeigt, kænnen bei Stærungen im AV-Knoten nur Antiarrhythmika der Klasse IB (z. B. Mexiletin) gegeben werden. Alle anderen Antiarrhythmika verschlechtern die Leitungsverhåltnisse im AV-Knoten. Anders sieht es bei Stærungen im His-Purkinje-System aus: Die Leitungsverhåltnisse, z. B. ein bestehender Schenkelblock, werden durch die Gabe von Betablockern, Kalziumantagonisten oder Digitalis nicht verschlechtert. Aus diesem Grunde kann im Falle eines AV-Block II Typ Mobitz die Indikation zur Schrittmacherimplantation sofort gestellt werden, auch wenn Betablocker, Kalziumantagonisten oder Digitalis gegeben wurden. Das Abklingen der Wirkung dieser Medikamente muss nicht abgewartet werden. Antiarrhythmika der Klassen I und III verschlechtern dagegen die Leitungseigenschaften des His-Purkinje-Systems. Hat der Patient diese Medikamente bekommen, muss vor einer Schrittmacherentscheidung das Abklingen ihrer Wirkung auf das His-Purkinje-System abgewartet werden.
318
Morgagni-Adams-Stokes-Syndrom
4.10 Morgagni-Adams-Stokes-Syndrom ] Definition. Ausfallsymptome einer flçchtigen zerebralen Minderdurchblutung infolge einer akuten Herzrhythmusstærung. ] Charakteristik. Grad und Dauer der Symptome hången ab 7 von dem Funktionszustand der Zerebralgefåûe, 7 von dem Funktionszustand des Herzens, 7 von der Dauer der Herzrhythmusstærung: 5±7 s ± flçchtiger Schwindel, 10±20 s ± Bewusstseinsverlust, Synkope, 25±30 s ± Kråmpfe, 60 s ± Atemstillstand, 3±4 min ± Exitus letalis. Die dem Anfall zugrundeliegende Rhythmusstærung kann nur im EKG diagnostiziert werden. Die Unterscheidung zwischen bradyarrhythmischer und tachyarrhythmischer Form hat erhebliche therapeutische Konsequenzen, deshalb bei Auftreten einer (Prå-)Synkope sofortiger Palpitationsversuch der A. carotis oder A. femoralis. Die elektrokardiographische Dokumentation der zugrunde liegenden Rhythmusstærung ist åuûerst wichtig (unverzçglich EKG schreiben, Langzeit-EKG!). Falls seltene Anfålle, Rhythmusçbertragung per Telemetrie oder implantierbarem Langzeit-EKGGeråt (z. B. Reveal¾) verwenden. ] Bradyarrhythmische Form 7 Totaler AV-Block mit bradykardem oder unzuverlåssigem Ersatzrhythmus (< 20/min) oder langer pråautomatischer Pause, 7 Sinusstillstand oder sinuatrialer Block mit langer pråautomatischer Pause. ] Tachyarrhythmische Form 7 7 7 7 7 7
Ventrikulåre Tachykardie, Torsade de Pointes Tachykardien, paroxysmales Vorhofflimmern mit hoher Kammerfrequenz, Vorhofflimmern bzw. -flattern bei WPW-Syndrom, Vorhofflattern mit 1 : 1-Ûberleitung, zahlreiche, frequent aufeinander folgende Extrasystolen, ¹Schrittmacherrasenª (åuûerst seltene Komplikation bei ålteren Schrittmacheraggregaten), 7 kritische Kammerfrequenz > 200/min. Der Adams-Stokes-Anfall ereignet sich håufig zu Beginn der Tachykardie. Er kann infolge einer kompensatorischen Erhæhung des peripheren Widerstands abklingen, obgleich die Tachykardie andauert.
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Morgagni-Adams-Stokes-Syndrom Die bradyarrhythmische und die tachyarrhythmische Form kænnen auch gemischt auftreten (z. B. AV-Block mit Salven von Extrasystolen, Brady-TachykardieSyndrom).
Kontinuierliche Einkanal-Langzeit-EKG-Aufzeichnung eines Morgagni-Adams-Stokes-Anfalls (asystolische Form). Anfangs Sinusrhythmus, 60/min; SA-Block III, Asystolie fçr etwa 45 s; AV-junktionale Ersatzschlåge, Wiederaufnahme des Sinusrhythmus mit 60/min. Patient hat çberlebt und war nach Schrittmacherimplantation beschwerdefrei
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Karotissinussyndrom
4.11 Karotissinussyndrom ] Definition. Unter einem Karotissinussyndrom versteht man das Auftreten von Schwindel oder Synkopen infolge symptomatischer Bradyarrhythmie bzw. Asystolie, hervorgerufen durch einen hypersensitiven Karotissinus. Fçr die Diagnose ist die Dokumentation des ursåchlichen Zusammenhangs mit dem hypersensitiven Karotissinus erforderlich (Provokation in typischer Situation, Karotissinus-Druckversuch, mehrfache Langzeit-EKG-Untersuchungen). Die lokale Reizung eines meist durch Atherosklerose und/oder arterielle Hypertonie çberempfindlichen Karotissinus kann 2 oder 3 unterschiedliche Reflexe zur Folge haben: 7 Kardioinhibitorische Reaktion = Typ I (håufigste Form): Durch gesteigerte Reflexantwort der Barorezeptoren kommt es zu einer Hemmung des Sinusknotens, der SA- und der AV-Ûberleitung. Meist tritt eine sinuatrial bedingte Bradykardie bzw. Kammerasystolie mit Blutdruckabfall auf, seltener ein partieller oder vollkommener AV-Block. Infolge zerebraler Minderdurchblutung treten Schwindel, Kollaps und u. U. Adams-Stokes-Anfålle auf. 7 Vasodepressorische Reaktion = Typ II (seltene Form): paroxysmaler Blutdruckabfall bei geringer Frequenzabnahme, evtl. Adams-Stokes-Anfålle. 7 Primår zerebrale Reaktion = Typ III (umstritten): direkte Atemlåhmung, Bewusstlosigkeit ohne wesentlichen Frequenz- und Blutdruckabfall. ] Vorkommen. Das typische Karotissinussyndrom mit Schwindel und synkopalen Zustånden ist sehr selten und wird zu håufig diagnostiziert. Folgende Anlåsse kænnen einen pathologischen Karotissinusreflex hervorrufen: 7 plætzliches Kopfwenden (z. B. beim Autofahren oder auf dem Operationstisch), 7 abrupte Drehung des Kopfes nach oben (z. B. beim Rasieren), 7 enger Kragen, 7 Tumoren der Halsregion. ] Therapie (nur bei typisch symptomatischen Patienten). Schrittmacherimplantation, wobei in vielen Fållen ein VVIR-Aggregat ausreicht. ] Karotissinus-Druckversuch. Starke artefizielle, manuelle Vagusreizung. ] Falls anamnestisch oder nach Auskultation Hinweise auf Karotisstenosen oder ein zerebrales Gefåûleiden vorliegen, sollte der Karotissinus-Druckversuch nicht durchgefçhrt werden (vorher Dopplersonographie der zufçhrenden Hirngefåûe). Auch eine Digitalisintoxikation ist eine Kontraindikation. ] Indikationen. 7 Diagnostik und Therapie von Tachykardien mit schmalem Kammerkomplex, 7 Diagnostik und Therapie von Tachykardien mit breitem Kammerkomplex, 7 Diagnostik bradykarder Rhythmusstærungen, z. B. zur Lokalisation der Leitungsstærung bei AV-Block II Typ 2 mit anhaltender 2 : 1-Ûberleitung, 7 Verdacht auf hypersensitiven Karotissinus, 321
Karotissinussyndrom 7 Prçfung der AV-Ûberleitung, 7 Abklårung persistierender Schwindelanfålle, auch nach Schrittmacherimplantation. ] Vorgehen. Patient liegt flach. Kopf gestreckt, entspannt. Unter ståndiger EKGKontrolle zunehmende, maximal 10 s dauernde vorsichtige Massage des rechten, danach des linken Karotissinus gegen die Wirbelsåule. Dabei darf der Karotispuls nicht unterdrçckt werden. Niemals beide Seiten gleichzeitig massieren! Bei Ineffektivitåt kann die Massage nach einer Minute unter etwas hæherem Druck wiederholt werden. Das kardiale Risiko ist sicher niedriger als das Risiko fçr die zerebrale Zirkulation. Bei Gesunden ist ein Frequenzabfall £ 25 % zu erwarten. Eine Asystolie > 4±5 s infolge SA- oder AV-Blockierung gilt als pathologisch.
Karotissinus-Druckversuch bei Vorhofflattern vom ungewæhnlichen Typ mit einer Vorhoffrequenz von 300/min und 2 : 1-Ûberleitung. Pause von 2,6 s, welche das Vorhofflattern demaskiert
Falsch-positive Ergebnisse sind besonders bei ålteren Patienten nicht selten. Die Rate falsch-positiver Ergebnisse des Karotissinus-Druckversuchs wird bei asymptomatischen, 60- bis 80-jåhrigen Patienten mit 25±35% angegeben. Deshalb sollten unbedingt auch andere Ursachen einer (kardial?) bedingten Synkope abgeklårt werden.
322
Schrittmacher- und ICD-EKG
5 Schrittmacher- und ICD-EKG
5.1 Indikationen zur Schrittmachertherapie Die Indikation zur permanenten Schrittmachertherapie beruht ganz çberwiegend auf der klinischen Symptomatik (symptomatische Indikation). Die prognostische Indikation ohne Symptomatik stellt mit < 5% die Ausnahme dar. Eine typisch kardial bedingte Synkope, ein bradykardiebedingter Schwindel sowie eine bradykarde Herzinsuffizienz stellen eine Schrittmacherindikation dar, sofern die Symptomatik nachweislich oder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf bradykarde Herzrhythmusstærungen zurçckzufçhren ist. Je uncharakteristischer die Symptomatik, desto sicherer muss der kausale Zusammenhang sein. Differenzialdiagnostisch helfen eine exakte Anamnese, Auskultation, Pulspalpitation und ein EKG zum Zeitpunkt der Symptomatik sowie ein oder mehrere Langzeit-EKG mit genauer Protokollfçhrung. Andere mægliche Ursachen sind mit groûer Sorgfalt auszuschlieûen (Neurologe, HNO-Arzt, tachykarde Rhythmusstærungen). In Einzelfållen ist eine invasive Abklårung mittels EPU erforderlich. Die Indikationen verteilten sich im Jahre 2002 in der BRD wie folgt: 7 Sick-Sinus-Syndrom 24% 7 AV-Block III 22% 7 Bradyarrhythmie bei Vorhofflimmern 18% 7 Bradykardie-Tachykardie-Syndrom 15% 7 AV-Block II 12% 7 Andere 9% 7 hypersensitives Karotissinussyndrom < 1% ] Symptomatische Indikationen 7 Sinusknotenfunktionsstærungen, spontan oder infolge unverzichtbarer Medikation mit eindeutigem Zusammenhang zur klinischen Symptomatik. Bei vermutetem Zusammenhang ist die Indikation åuûerst streng zu stellen und eher auf eine Schrittmacherimplantation zu verzichten, bis die Diagnostik eindeutig ist. 7 Symptomatische chronotrope Inkompetenz infolge Sinusknotendysfunktion. 7 AV-Block III, permanent oder intermittierend. 7 AV-Block II permanent oder intermittierend, bei symptomatischer Bradykardie, ungeachtet der anatomischen Lokalisation. 323
Schrittmacher-Indikation 7 Bradyarrhythmia absoluta infolge Vorhofflimmern mit langsamer Kammerfrequenz < 40/min oder Pausen > 4 s und eindeutigem Zusammenhang mit Symptomen einer zerebralen Minderdurchblutung oder einer Herzinsuffizienz. 7 Hypersensitives Karotissinussyndrom mit rezidivierenden Synkopen in eindeutigem Zusammenhang mit durch Alltagsbewegungen auslæsbarer Reizung des Karotissinus, die bei leichtem Karotisdruck zu einer reinen oder çberwiegend kardioinhibitorischen Reaktion fçhren (Pause > 4 s). 7 Nach Herztransplantation: symptomatische Sinusknotenfunktionsstærung nach dem ersten postoperativen Monat. 7 Biventrikulåre Stimulation bei Patienten mit medikamentæs therapierefraktårer Herzinsuffizienz NYHA III/IV auf dem Boden einer dilatativen oder ischåmischen Kardiomyopathie mit Linksschenkelblock und QRS-KomplexBreite > 130 ms. ] Prognostische Indikation 7 Persistierender AV-Block II/III oder bifaszikulårer Block im Rahmen eines akuten Vorderwandinfarkts (zunåchst passagere Schrittmacherimplantation). Der AV-Block im Rahmen eines akuten inferioren Infarkts bildet sich praktisch immer innerhalb von 3 Wochen zurçck. 7 AV-Block III mit schmalem/breitem QRS-Komplex bei asymptomatischem Patienten. 7 AV-Block II Typ Mobitz bei asymptomatischen Patienten. 7 AV-Block II Typ Wenckebach auf intra- oder infrahisårem Niveau als Zufallsbefund einer EPU (der Wenckebach-Block befindet sich zu > 97% im AV-Knoten). 7 Rechtsschenkelblock im Wechsel zwischen linksanteriorem und linksposteriorem Hemiblock. 7 Wechselnder Schenkelblock zwischen Links- und Rechtsschenkelblock. ] Keine Indikation 7 Asymptomatische Sinusknotenfunktionsstærungen (Herzfrequenz < 40/min, Pausen > 3 s). 7 Asymptomatischer AV-Block II Typ Wenckebach. 7 Bifaszikulårer Block mit oder ohne AV-Block I bei asymptomatischen Patienten, auch vor operativen Eingriffen. Eine Indikation besteht, wenn bei der invasiven Untersuchung des HV-Intervall ³ 100 ms ist. In diesem Fall sind aber die meisten Patienten bereits symptomatisch. 7 Asymptomatische Bradyarrhythmia absoluta infolge Vorhofflimmern, auch wenn die Frequenz < 40/min oder einzelne RR-Intervalle > 4 s. 7 AV-Block mit zu erwartender Rçckbildung und niedrigem Rezidivrisiko (z. B. bei Intoxikation oder Lyme-Borreliose). 7 Asymptomatischer nåchtlicher AV-Block infolge Hypoxie bei unbehandeltem Schlaf-Apnoe-Syndrom. 7 AV-Block II/III ohne Schenkelblock bei akutem Hinterwandinfarkt. 7 Linksanteriorer Hemiblock bei transientem AV-Block II/III bei akutem Myokardinfarkt. 7 Hypersensitiver Karotissinusreflex ohne spontane Symptomatik oder mit ausschlieûlich vagaler Symptomatik wie Benommenheit. 324
Schrittmachertechnik
5.2 Schrittmachertechnik 5.2.1 Schrittmacherelektroden Die Implantation der Schrittmacherelektroden erfolgt çblicherweise transvenæs çber die rechte oder linke V. cephalica oder subclavia. Die Kammerelektrode wird im Trabekelwerk der rechten Ventrikelspitze verankert (passive Fixation) oder verschraubt (aktive Fixation). Die Vorhofelektrode wird in der Regel im rechten Vorhofohr oder an der Lateralwand des rechten Vorhofs verschraubt und ist wegen des fehlenden Trabekelwerks dislokationsanfålliger als die Ventrikelelektrode. Man unterscheidet 7 unipolare Elektroden: Der Strom flieût von der Elektrodenspitze çber den Kærper zum Aggregatgehåuse zurçck, 7 bipolare Elektroden: Der Strom flieût zwischen der Spitze der Elektrode (Minuspol) und einem Elektrodenring wenige Millimeter proximal der Elektrodenspitze. ] Vorteile bipolarer Elektroden 7 Keine Stærung der Sensingfunktion durch Muskelpotenziale oder elektrische Felder, damit weniger Artefakte, 7 weniger Wahrnehmung von ¹Far-fieldª-Signalen, 7 weniger Muskel- und Zwerchfellzucken, 7 bei antitachykardialen Systemen zur sicheren Signalerkennung unabdingbar. ] Nachteile bipolarer Elektroden 7 Etwas dicker und steifer, 7 Gefahr fçr Isolationsdefekte hæher, geringere Bruchsicherheit, 7 erschwerte Reparaturmæglichkeit, 7 Schrittmacherspikes im EKG oft nicht zu erkennen, 7 Sensing-Probleme, wenn die Erregung senkrecht auf die elektrische Achse der Elektrode trifft.
5.2.2 Internationaler Schrittmacher-Kode (ICHD) Zur einheitlichen Kennzeichnung der Schrittmachertypen wird heute der international gçltige Herzschrittmacher-Kode der ¹Inter-Society Commission for Heart Disease Resourcesª (ICHD) benutzt. Position
1.
2.
3.
Bedeutung
Ort der Stimulation
Ort der Detektion
Betriebsart
Buchstaben
V = Ventrikel A = Vorhof D = Dual (A + V)
V = Ventrikel A = Vorhof Dual (A + V) O = keine
T = getriggert I = inhibiert Dual (I + T) O = keine, starrfrequent
325
Schrittmachertechnik Ein ¹Rª als 4. Buchstabe bedeutet ¹rate responseª, d. h. dieser Schrittmacher passt sich mittels Frequenzadaptation der kærperlichen Belastung an. Ein 5. Buchstabe wird nur noch selten bei antitachykarden Systemen verwendet. Danach stimuliert ein VVIR-Schrittmacher im Ventrikel, detektiert die Spontanerregung des Ventrikels und wird durch diese inhibiert. Zusåtzlich ist er in der Lage, seine Frequenz der unterschiedlichen kærperlichen Belastung anzupassen.
5.2.3 Stimulationsarten Jåhrlich werden etwa 60 000 Schrittmacheraggregate in Deutschland implantiert, davon etwa ein Drittel Einkammer- und zwei Drittel Zweikammerschrittmacher. Die Lebensdauer eines Schrittmachers betrågt 7±12 Jahre. Alle Schrittmacher sind heute elektromagnetisch transkutan programmierbar. Grundfrequenz, Dauer und Hæhe des Schrittmacherimpulses, Empfindlichkeit, Refraktårzeit, Hysterese und insbesondere die Frequenzanpassung kænnen bedarfsgerecht programmiert werden. Die meisten Ein- und Zweikammersysteme haben heute ohne wesentlich hæhere Kosten eine R-Funktion (¹rate responseª, frequenzadaptives System), die bei Bedarf aktiviert werden kann. Im Schrittmacher eingebaute Sensoren tasten Signale ab, die Aufschluss darçber geben, welche Herzfrequenz fçr die jeweilige Belastung erforderlich ist. Als ¹Signaleª haben sich bewåhrt: 7 mechanische Bewegung, registriert durch einen piezoelektrischen Kristall, 7 das Atemminutenvolumen, registriert als Impedanzånderung zwischen der Spitze einer Elektrode und dem Schrittmachergehåuse. Die R-Funktion sollte bei einer Schrittmacherkontrolle nach Einheilung der Sonden den Bedçrfnissen des Patienten angepasst werden. ] Einkammerschrittmacher Der Einkammerschrittmacher wird als VVI- oder AAI-Schrittmacher betrieben. Das Aggregat misst çber die Elektrode fortlaufend die Kammer- oder Vorhoffrequenz (Sensing-Funkion). Unterschreitet die Eigenfrequenz die vorprogrammierte Grundfrequenz, beginnt das Schrittmacheraggregat mit der Stimulation (DemandFunktion), wird aber bei Eigenaktionen mit einer Frequenz çber der Grundfrequenz inhibiert. VVI-Schrittmacher sind kostengçnstig, einfach zu implantieren und zu kontrollieren. Sie haben ihre Indikation bei 7 symptomatischer bradykarder Kammerfrequenz infolge Vorhofflimmern/-flattern ohne/mit AV-Block, 7 selten auftretendem hypersensitivem Karotissinussyndrom als einfaches Back-up-System mit Hysterese. VVI-Systeme sind nicht bei Sinusknotensyndrom oder AV-Block indiziert, da in diesem Fall bei synchroner Vorhof- und Kammererregung ein Schrittmachersyndrom (D S. 341) mit Schwindel und Blutdruckabfall auftreten kann. Die AAI-Stimulation (Implantationshåufigkeit < 3%) kommt bei der Sinusknotenerkrankung als kostengçnstigere Alternative in Betracht, wenn intakte AV-Leitungs326
Schrittmachertechnik verhåltnisse vorliegen (Wenckebach-Punkt > 120/min, kein Schenkelblock). Es wird nur eine Elektrode implantiert, unnætige rechtsventrikulåre Stimulationen werden vermieden und der physiologische Kontraktionsablauf von Vorhof und Kammer bleibt erhalten (Vorhofbeitrag zur Herzleistung: 10±15%). Bei spåteren AV-Blockierungen (Håufigkeit 0,9±2,4%/Jahr) ist allerdings keine Therapie mæglich.
Einkammerschrittmacher: Unipolare Stimulation
Einkammerschrittmacher: Bipolare Stimulation
] Zweikammerschrittmacher Bei zwei Drittel der Patienten wird ein DDD-System implantiert. Dem Schrittmacheraggregat wird sowohl eine Elektrode aus dem Vorhof als auch aus der Kammer zugefçhrt. Der Schrittmacher erfasst die Vorhofimpulse und stimuliert nachfolgend die Kammer, falls im programmierten AV-Intervall keine ventrikulåren Eigenaktionen vom Schrittmacher detektiert werden. Bei Vorhofeigenaktionen wird die atriale Stimulation inhibiert. Fållt die Vorhofeigenaktion aus, wird nach einem vorprogrammierten Intervall der Vorhof und nachfolgend die Kammer stimuliert. Mit dieser Stimulationsart ist eine Frequenzerhaltung und eine sequenzielle Kontraktionsfolge von Vorhof und Kammer mæglich. Eine physiologische Kontraktion beider Ventrikel erfolgt jedoch nicht, da der linke Ventrikel transseptal erregt wird (Linksschenkelblock). Deshalb sollte jede unnætige Ventrikelstimulation vermieden und die Grundfrequenz so niedrig wie mæglich eingestellt werden. Bei Belastung kommt es durch die Vorhoffrequenzsteigerung zu einer Steigerung des Herz-Zeit-Volumens, durch die aktive Vorhofkontraktion zu einer verbesserten Ventrikelfçllung. Vorhofpfropfungen werden vermieden. Zweikammerschrittmacher erfordern einen etwas hæheren Aufwand sowohl bei der Implantation als auch bei der Nachsorge. Durch die Vorhofsonde besteht eine hæhere postoperative Dislokationsrate (5±10%). 327
Schrittmachertechnik Ein Zweikammerschrittmacher låsst sich problemlos im VVI-Modus nutzen. Modeswitch-Algorithmen sind bei DDD-Stimulation unbedingt erforderlich. Die Indikation zu einem Zweikammerschrittmacher besteht bei 7 AV-Block; bei selten auftretendem, intermittierendem AV-Block und Patienten > 74 Jahre ist die VVI-Stimulation eine Alternative, 7 Sinusknotenerkrankung und defekter AV-Leitung, 7 Zweiknotenerkrankung, 7 Karotissinussyndrom mit neurokardiogener Synkope. Eine bei AV-Block selten genutzte Form der sequenziellen ventrikulåren Stimulation ist der Einelektroden-VDD-Schrittmacher. Voraussetzung fçr seinen Einsatz ist der Nachweis einer intakten Sinusknotenfunktion inklusive chronotroper Kompetenz. Ûber eine Schrittmachersonde, die zusåtzlich zur Spitzenelektrode auf der Hæhe des rechten Vorhofs zwei Ringelektroden im Abstand von wenigen Zentimetern trågt, wird das Vorhofpotenzial detektiert und der Ventrikel nach einem programmierten AV-Intervall stimuliert. Der VDD-Modus ist bei sorgsamer Indikationsstellung dem DDD-Modus nicht unterlegen. Die korrekte Positionierung der Schrittmachersonde ist besonders wichtig. Es wird nur eine Elektrode implantiert, die Operationszeit ist kçrzer und die Komplikationsrate geringer. Bei Auftreten einer Sinusknotenerkrankung wird diese Therapieform allerdings suboptimal.
Zwei-Kammer-System. Unipolare Stimulation
] Biventrikulåre Stimulation Die innovative kardiale Resynchronisationstherapie mit Hilfe der biventrikulåren Schrittmacherstimulation fçhrt bei geeigneten Patienten zu einer Verbesserung der Håmodynamik und Belastbarkeit. Voraussetzungen sind 7 medikamentæs optimal behandelte Herzinsuffizienz NYHA III/IV, 7 Erregungsausbreitungsstærung (Linksschenkelblock), 7 QRS-Dauer > 130 ms. Als Ursache liegt meist eine ischåmische Herzerkrankung oder eine dilatative Kardiomyopathie mit einer Auswurffraktion < 35% zugrunde. Zusåtzlich zur konventionellen DDD-Stimulation wird der linke Ventrikel zeitgleich mit dem rechten Ventrikel çber eine transvenæse Koronarsinuselektrode, die sich im Bereich der posterola328
Schrittmachertechnik teralen Wand befindet, stimuliert. Zur Implantation der Koronarsinuselektrode wird wie bei einer PTCA die laterale Vene mittels Fçhrungsdraht sondiert. Ûber den Fçhrungsdraht wird die Koronarsinuselektrode vorgeschoben und passiv verankert. Inzwischen bietet die Industrie ICD-Systeme an, die zusåtzlich zu den konventionellen Fåhigkeiten eines ICD-Systems auch die biventrikulåre Stimulation ermæglichen. Diese Therapie ist zurzeit noch kardiologischen Zentren vorbehalten.
5.2.4 Schrittmacher-Glossar ] AV-Intervall. Bei Zweikammerschrittmachern programmierbares Zeitintervall zwischen detektiertem Vorhofsignal bzw. Vorhofstimulation und Ventrikelstimulation. Die Zeit liegt in der Regel zwischen 120 und 250 ms. Sie kann bei Vorliegen eines AV-Block III frequenzadaptiv eingestellt werden. ] Empfindlichkeit. Wahrnehmungsfåhigkeit der detektierenden Funktion des Schrittmachers. Die Empfindlichkeit wird im mV-Bereich eingestellt. Je empfindlicher die detektierende Funktion programmiert wird, desto eher besteht die Gefahr, dass Stærsignale, z. B. Muskelpotenziale, fçr Eigenaktionen gehalten werden. ] Exit-Block. Fehlende Antwort des Vorhof- oder Kammermyokards auf einen Impuls. ] Hysterese. Frequenzunterschied zwischen der Stimulations- und Interventionsfrequenz eines Schrittmachers. Wird z. B. als Stimulationsfrequenz 60/min, als Interventionsfrequenz 50/min programmiert, interveniert das Aggregat erst ab einer Eigenfrequenz < 50/min. Nach dem ersten Interventionsstimulus stimuliert das Aggregat mit seiner Grundfrequenz von 60/min. Dadurch wird erreicht, dass es bei Eigenfrequenzen um 60/min nicht zu einem andauernden Wechsel zwischen Eigenrhythmus und Schrittmacherstimulation kommt, was meist als unangenehm empfunden wird. ] Impulsamplitude, Impulsbreite. Die Impulsbreite entspricht der Dauer eines Schrittmacherimpulses und betrågt je nach Programmierung 0,2±2,0 ms. Die Impulsamplitude wird çblicherweise doppelt so hoch wie die Reizschwelle eingestellt und liegt bei 2,5±7,5 Volt. Durch Anpassen der Impulsamplitude an die aktuelle Reizschwelle bei der Schrittmacherkontrolluntersuchung wird Energie gespart und die Lebensdauer des Aggregats verlångert. ] Mode Switch. Automatischer Betriebsartwechsel bei atrial getriggertem Modus. Wird im DDD-Modus von der Vorhofsonde eine unphysiologische Tachyarrhythmie detektiert, schaltet das Schrittmacheraggregat in einen nicht atrial getriggerten Modus um (meist VVI oder DDI). Dadurch wird verhindert, dass es im atrial getriggerten Modus zu einer schrittmacherinduzierten Tachykardie kommt. Die ModeSwitch-Funktion wird z. B. bei Patienten mit erhaltener Sinusknotenfunktion und intermittierendem Vorhofflimmern aktiviert. 329
Stimulationsarten ] Refraktårzeit. Zeitintervall nach Detektion oder Stimulation, in dem ein erneutes Eingangssignal keine Auswirkungen auf das Auslæse- und Stimulationsintervall des Aggregats hat. ] Reizschwelle. Mindestwert an Spannung (V) oder Strom (mA), der erforderlich ist, um bei vorgegebener Impulsbreite eine Myokardkontraktion auszulæsen. Ûblicherweise wird die Stimulationsamplitude auf die doppelte Reizschwelle eingestellt. ] Sensing-Defekt. Ausfall der Wahrnehmungsfunktion beim Demand-Schrittmacher.
5.2.5 EKG unterschiedlicher Stimulationsarten Der Schrittmacherimpuls geht in Form eines Spikes der Vorhof- und Kammererregung voraus: 7 unipolare Stimulation: groûer Spike, 7 bipolare Stimulation: kleiner, evtl. nicht zu identifizierender Spike, 7 biventrikulåre Stimulation: je nach Programmierung gehen ein oder zwei (Abstand < 50 ms) groûe (unipolare Stimulation) oder kleine (bipolare Stimulation) Spikes dem Kammerkomplex voraus. Bei atrialer Stimulation ist die schrittmacherinduzierte P-Welle wegen der durch den Spike bedingten Verschiebung der Isoelektrischen meist schwer zu erkennen. Bei ventrikulårer Stimulation åhnelt der nachfolgende QRS-Komplex einem Blockbild: 7 Elektrodenlage im rechten Ventrikel: QRS linksschenkelblockartig deformiert, 7 Elektrodenlage im linken Ventrikel (Fehllage): QRS rechtsschenkelblockartig deformiert, 7 biventrikulåre Stimulation (Elektrode im rechten Ventrikel und im Koronarsinus posterolateral): Die Form des QRS-Komplexes hångt vom Zeitpunkt der Stimulation des einzelnen Ventrikels ab. Bei vorbestehendem Linksschenkelblock kann eine zeitgleiche Stimulation beider Ventrikel zur Abnahme der QRS-Dauer fçhren. Falls bei Elektrodenlage im rechten Ventrikel rechtsschenkelblockartige QRS-Komplexe auftreten, muss an eine Perforation des Septums oder der Ventrikelwand durch die Elektrode gedacht werden.
330
Stimulationsarten
Starrfrequente Simulation (V00). Bei Magnetauflage oder Batterieerschæpfung. Parasystolie mit Eintrittsblock: Auûerhalb der Refraktårphase folgt jedem Spike ein QRS-Komplex Ventrikel-Demand-SM (VVI). Der Schrittmacher gibt bei ventrikulåren Eigenaktionen oberhalb der Interventionsfrequenz keinen Impuls ab. Stimulation nur bei Ventrikelfrequenz < Interventionsfrequenz Vorhof-Demand-SM (AAI). Der Schrittmacher gibt bei atrialen Eigenaktionen oberhalb der Interventionsfrequenz keinen Impuls ab. Stimulation nur bei Vorhoffrequenz < Interventionsfrequenz. Voraussetzung: Intakte AV-Leitung DDD-SM (AV-universeller Modus). Atriale und ventrikulåre Bedarfsstimulation bei Detektion von Vorhof und Kammer. Alle Mæglichkeiten in einem Aggregat: Reine Vorhofstimulation mit langer SM-AV-Zeit bei intakter AVÛberleitung (AAI-Stimulation). AV-sequenzielle Stimulation mit P-Wellen synchronisierter Ventrikelstimulation (VAT-Stimulation) oder Stimulation von Vorhof und Kammer nach programmiertem AV-Intervall (DDD-Stimulation)
VAT-Modus
DDD-Modus
Unipolare Stimulation (VVI-Mode) bei AV-Block III. Jedem Schrittmacherspike folgt ein linksschenkelblockartig deformierter QRS-Komplex. Stimulationsfrequenz: 70/min. Vorhoffrequenz (*): 83/min. Die 6. P-Welle verschwindet im 5. QRS-Komplex, eine ¹Vorhofpfropfungª ist bei dem 6. QRS-Komplex zu erwarten. Bei Auftreten eines Schrittmacher-Syndroms wåre eine Umrçstung auf ein Zweikammersystem zu erwågen
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Stimulationsarten
Unipolare VVI-Stimulation. SM-Frequenz: 76/min. Wechsel zwischen Eigenrhythmus (abs. Arrhythmie bei Vorhofflimmern, QRS-Komplexe 2, 6, 7), SM-induzierten QRS-Komplexen (1, 3, 8) und Kombinationssystolen (QRS-Komplexe 4, 5). Beim 2. QRS-Komplex handelt es sich um eine ¹Pseudofusionssystoleª: Der Schrittmacherspike fållt zwar noch in den QRS-Komplex, hat jedoch an seiner Depolarisation keinen Anteil
VAT-Stimulation eines DDD-Schrittmachers. Der Sinusrhythmus des Vorhofs von 69/min wird sequenziell mit dem Bild eines Linksschenkelblocks auf die Kammer çbergeleitet. AV-Block III. Bipolare Stimulation
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Rhythmusstærungen bei normalem SM
Biventrikulåre VAT-Stimulation bei Linksherzinsuffizienz NYHA III und komplettem Linksschenkelblock. Links EKG vor Schrittmacherimplantation, rechts EKG nach Implantation eines biventrikulåren Schrittmachers. Verkçrzung des QRS-Komplexes. Vor dem QRS-Komplex rechts sind vor der endgçltigen Programmierung noch zwei Spikes zu erkennen
5.2.6 Rhythmusstærungen bei normaler Schrittmacherfunktion Trotz normaler Schrittmacherfunktion kænnen Rhythmusstærungen auftreten, die nicht als Zeichen einer Fehlfunktion des Systems interpretiert werden dçrfen. Die Behandlung dieser Arrhythmien richtet sich nach den allgemeinen therapeutischen Grundsåtzen. Auch eine elektrische Kardioversion ist bei Schrittmachertrågern nicht kontraindiziert. Man muss allerdings mit in der Regel vorçbergehenden Funktionseinschrånkungen rechnen. Nach Kardioversion sollte deshalb umgehend eine Schrittmacherkontrolle durchgefçhrt werden. ] Ventrikulåre Parasystolie, V00-Modus Dies ist ein unverknçpftes Nebeneinander von Eigenaktionen des Ventrikels und starrfrequenter Schrittmacherstimulation. Die Refraktårverhåltnisse des Myokards bestimmen, welcher Stimulus eine Ventrikeldepolarisation auslæst; Vorkommen bei Magnetauflage oder Batterieerschæpfung; wegen der sehr seltenen Gefahr des Kammerflimmerns infolge eines R-auf-T-Phånomens Defibrillator bei Magnetauflage bereithalten.
333
Rhythmusstærungen bei normalem SM
Parasystolie (starrfrequente Stimulation)
Testung des Schrittmacheraggregats durch Magnetauflage: Starrfrequente Stimulation (V00) mit 100/min (Registrierung: 25 mm/s). Parasystolie. Die ersten 2 SM-Spikes fallen in die Refraktårperiode, deshalb keine Kammerantwort. Nach 3 SM-induzierten QRS-Komplexen folgen 2 Kombinationssystolen (*). Vorletzter QRS-Komplex: ventrikulåre Extrasystole. Regelrechte Schrittmacherfunktion
] Vorhofflimmern, Vorhofflattern Das Auftreten von Vorhoftachyarrhythmien wie Vorhofflimmern/-flattern beeinflusst die Ventrikelstimulation nur bei erhaltener AV-Leitung oder im DDD-Modus. Die Mode-Switch-Funktion schaltet bei DDD-Stimulation und Auftreten von Vorhoftachyarrhythmien automatisch auf einen nicht atrial getriggerten Modus, z. B. DDI um. ] Ventrikulåre Extrasystolie Håufige Rhythmusstærungen bei Patienten mit Schrittmacherstimulation. Verschwindet evtl. bei hæherer Stimulationsfrequenz. Infolge eines ventrikulåren Bigeminus kann es zur håmodynamisch wirksamen ¹Bradykardieª kommen, die den Patienten erheblich beeintråchtigt.
Ventrikulåre Extrasystolie (Bigeminus, ventrikulårer Demand-Schrittmacher)
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Rhythmusstærungen bei normalem SM ] Ventrikulåre Tachykardie, Kammerflimmern Das Auftreten einer Kammertachykardie oder von Kammerflimmern infolge eines Schrittmacherimpulses wåhrend der vulnerablen Phase der T-Welle ist eine åuûerst seltene, am ehesten wåhrend eines akuten Infarkts auftretende Komplikation. Ein Exit-Block mit långerer Pause kann evtl. zum Auftreten einer Torsade de Pointes fçhren (D vgl. Abschn. 4.7.2.2). Bei Patienten, die nach Schrittmacherversorgung noch çber Schwindel oder Synkopen klagen, finden sich in 10±25% nichtschrittmacherinduzierte Kammertachykardien als Ursache. Falls sich diese Tachykardien nicht aus dem Speicher des Aggregats identifizieren lassen, sind Langzeit-EKG-Kontrollen erforderlich.
Kammertachykardie bei starrfrequenter Stimulation
Auslæsung einer ventrikulåren Tachykardie bei starrfrequenter V00-Stimulation durch Magnetauflage im Rahmen einer Schrittmacheraggregat-Kontrolle. Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Der erste Schrittmacherspike (Pfeil) fållt in den abfallenden Schenkel der T-Welle
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Rhythmusstærungen bei normalem SM ] Kombinationssystolen (Fusionsschlåge) Hierunter versteht man ein harmloses Zusammentreffen einer Eigenaktion (Normalschlag, Extrasystole, Parasystole) mit einem Schrittmacherimpuls. Je nach zeitlichem Zusammentreffen entsteht ein Mischbild beider Erregungen. Eine Eigenaktion mit Rechtsschenkelblockbild kann bei einer Schrittmacherkombinationssystole infolge der rechtsventrikulåren Stimulation das Bild eines nahezu normalen QRSKomplexes ergeben.
Kombinationssystole
] Retrograde Vorhoferregung Die Elektrosystole der Kammern erregt retrograd die Vorhæfe çber eine noch intakte VA-Leitung. In Abl. II/III folgt der Elektrosystole eine negative P-Welle. In Einzelfållen kann es zur schrittmacherinduzierten Tachykardie kommen. Ob die Vorhæfe retrograd vom Ventrikel oder antegrad vom Sinusknoten erregt werden, entscheiden die Frequenzverhåltnisse.
Retrograde Vorhoferregung (VVI-Stimulation)
VVI-Stimulation mit erhaltener VA-Leitung. Retrograde Vorhoferregung. Jedem SM-induziertem QRS-Komplex folgt eine negative P-Welle in Abl. II und III (*)
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Schrittmacherfunktionsstærungen ] T-Wellen-Inversion nach ventrikulårer Stimulation Nach ventrikulårer Stimulation kann es zu Verånderungen der T-Welle kommen. Eine långere Schrittmacherstimulation kann bei Rçckkehr zum Eigenrhythmus mehr oder weniger tiefe, gleichschenklige T-Wellen-Inversionen hinterlassen, die nicht als Hinweis auf einen Nicht-Q-Zacken-Infarkt gedeutet werden dçrfen. Diese Verånderungen kænnen çber Stunden bis Tage anhalten (D vgl. S. 133, D Abb. S. 134).
5.2.7 Stærungen der Schrittmacherfunktion ] Frequenzabfall Je nach Hersteller kann ein Abfall der Grundfrequenz ebenso wie ein Abfall der starren Frequenz nach Magnetauflage (V00-Mode) ein Zeichen fçr eine Batterieerschæpfung sein. Ein Aggregataustausch ist dann erforderlich. ] Ausfall von Schrittmacherimpulsen Hierunter versteht man das Fehlen von Schrittmacherimpulsen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Impulse zu erwarten gewesen wåren. Ursache: Sondendefekt, Kontaktfehler, Aggregatdefekt, Oversensing. Zunåchst çberprçfe man, ob die HystereseFunktion aktiviert ist.
Ausfall von Schrittmacherimpulsen
] Fehlende Impulsantwort (Exit-Block) Dies ist ein ineffektiver Schrittmacherimpuls auûerhalb der Refraktårperiode. Die Schrittmacherspikes sind zu erkennen, ihnen folgt aber keine Vorhof-/Kammerantwort. Ursache: Reizschwellenerhæhung, Elektrodendislokation oder -bruch, Flottieren der Sonde, zu geringe Stromstårke und/oder Impulsbreite.
Fehlende Impulsbeantwortung
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Schrittmacherfunktionsstærungen
VVI-Schrittmacher: Fehlende Impulsbeantwortung (Exit-Block) und defekte Sensing-Funktion bei MikroElektrodendislokation. AV-Block III. Schrittmacher-Stimulationsfrequenz 70/min. Die erste Spontandepolarisation (*) wird detektiert, die zweite (***) nicht; der nachfolgende SM-Spike fållt zu frçh ein. Der zweite QRS-Komplex (**) ist der einzige Kammerkomplex, der durch eine SM-Stimulation hervorgerufen wird
Inaktivierung eines implantierten VVI-Schrittmachers (Stimulationsfrequenz 66/min) durch 2 çber dem Aggregat aufgeklebte externe Elektroden mittels Stimulation mit hæherer Frequenz (86/min) eines externen VVI-Schrittmachers. Bei Nichteinspringen sekundårer oder tertiårer Automatiezentren 7 s dauernde Asystolie (D Abschn. 3.4.4)
] Polaritåtswechsel des Schrittmacherspikes in mehr als einer Ableitung Einen Polaritåtswechsel der Schrittmacherspikes findet man gelegentlich trotz einwandfreier Schrittmacherfunktion in einer Ableitung, auf die sich der Spike-Vektor senkrecht projiziert. Findet sich jedoch ein derartiger Polaritåtswechsel in mehreren Ableitungen, z. B. mehreren Extremitåtenableitungen, so låsst dieser Polaritåtswechsel auf einen Isolationsdefekt der Schrittmacherelektrode schlieûen.
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Schrittmacherfunktionsstærungen
Polaritåtswechsel des Schrittmacherspikes in den Extremitåtenableitungen II, III
] Ûberempfindlichkeit der Sensing-Funktion (¹oversensingª) Insbesondere Muskelpotenziale des M. pectoralis major kænnen bei unipolaren Systemen fålschlicherweise als QRS-Komplex interpretiert werden. Dadurch kommt es zur zeitweiligen Verlångerung des RR-Abstands. Andere Ursachen: Elektroden-Isolationsdefekt, Wackelkontakt; sehr hohe T-Wellen, die als QRS-Komplexe fehlinterpretiert werden (selten). Therapie: Empfindlichkeit reduzieren; bei Implantation auf hohe Eigensignale achten. Verlångerung der Refraktårzeit bei T-Wellen-Sensing, Umprogrammierung auf bipolare Detektion.
Inhibierung eines VVI-Schrittmachers durch Muskelpotenziale
] Unzureichende Sensing-Funktion (¹undersensingª) Das Aggregat ist nicht in der Lage, intrakardiale Eigenpotenziale zu detektieren. Dadurch kommt es zum Auftreten von starrfrequenten Schrittmacherspikes. Ursache: Abnahme des intrakardialen Potenzials an der Elektrodenspitze durch Granulationen, Infarktnarbe, Mikrodislokation, zu geringe Empfindlichkeit etc.
Unzureichende Sensing-Funktion
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Schrittmacherfunktionsstærungen
Defekte Sensing-Funktion eines VVI-Schrittmachers. Die Stimulationsfrequenz ist auf 60/min eingestellt. Nach dem 3. und 6. QRS-Komplex kommt es zum vorzeitigen Auftreten von Schrittmacherspikes innerhalb des vorprogrammierten RR-Abstandes mit (3. QRS-Komplex) und ohne (6. QRS-Komplex) Kammerantwort
DDD-Schrittmacher-Dysfunktion: AV-Block III mit einmaliger AV-Ûberleitung (*). Defektes Vorhof-Sensing, ineffektive Vorhofstimulation. Kammerstimulation mit 60/min. Einmalig retrograde Vorhoferregung (**). Bipolare Elektroden
] Schrittmacherbedingte Reentry-Tachykardie Es handelt sich um eine durch einen Zweikammerschrittmacher induzierten MakroReentry auf Vorhof-Kammer-Ebene. Die Erregung einer frçhzeitig einfallenden ventrikulåren Extrasystole wird retrograd çber die VA-Leitung auf den rechten Vorhof zurçckgeleitet. Dort wird sie von der Vorhofelektrode als supraventrikulårer Impuls interpretiert. Nach AV-Verzægerung erfolgt die Stimulation der Kammer, deren Erregung wieder auf den rechten Vorhof zurçckgeleitet wird. Diese Schrittmacherkomplikation war in der Frçhphase der Zweikammerschrittmacher nicht ungewæhnlich. Zur Verhçtung der schrittmacherbedingten Tachykardie verfçgen die heutigen Schrittmacher çber verschiedene Algorithmen. In Notfållen låsst sich die Tachykardie durch Magnetauflage unterbrechen.
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Schrittmacherfunktionsstærungen
Reentry-Tachykardie unter DDD-Stimulation infolge Sensing-Defekts der Vorhofelektrode. Bei P1 Vorhoffusionssystole; bei P2 und erst recht P3 Vorhof-Sensing-Defekt. Frustrane Vorhofstimulation, da der Vorhofimpuls in die Refraktårphase des Vorhofes fållt. P4 = Vorhofspontandepolarisation, die nicht detektiert wird. P5 = retrograde Vorhofaktivierung, die detektiert wird. Wegen der programmierten oberen Ventrikelfrequenz von 125/min wird die nachfolgende Ventrikelstimulation jedoch so verzægert, dass eine Kammerfrequenz von 125/min resultiert. Durch die erneute retrograde Vorhofaktivierung wird die SM-Reentry-Tachykardie aufrechterhalten. Moderne DDD-SM-Aggregate haben fçr solche Fålle spezielle Algorithmen, z. B. die Verlångerung der postventrikulåren atrialen SM-Refraktårphase nach einigen tachykarden QRS-Komplexen
] Schrittmachersyndrom Als ¹Schrittmachersyndromª bezeichnet man bei VVI-Stimulation ein Krankheitsbild, bei dem der Patient çber Jugularvenenpulsationen, Schwindelgefçhl, Mçdigkeit und Kreislaufschwåche klagt. Ursåchlich sind verantwortlich: 7 Retrograde Vorhoferregung bei Ventrikelstimulation. Es kommt zu einer ¹Vorhofpfropfungª, d. h. der Vorhof kontrahiert gegen die geschlossenen AVKlappen. 7 Auch ohne retrograde VA-Leitung kænnen die Vorhæfe gegen die geschlossenen AV-Klappen kontrahieren. Aufgrund der fehlenden AV-Koordination geht ihr Beitrag zur Ventrikelfçllung verloren. Bei håufigem Wechsel zwischen Sinusrhythmus und ventrikulårer Stimulation kann dies zu erheblichen Blutdruckabfållen fçhren (D Abb. S. 342). Bei Patienten mit erhaltenem Sinusrhythmus und AV-Block ist deshalb die Implantation eines VVI-Schrittmachers kontraindiziert.
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Kardioverter-/Defibrillator-Therapie
Beispiel fçr die håmodynamischen Auswirkungen einer fehlenden sequenziellen Vorhof-Kammer-Kontraktion: VVI-Stimulation mit geringer unterschiedlicher Vorhoffrequenz. Bei sequentieller Vorhof-Kammer-Kontraktion infolge Sinusrhythmus (*) steigt der Aortendruck auf 120/65 mm Hg an; bei fehlender Vorhofkontraktion fållt der Aortendruck auf 80/50 mm Hg. Schwindelsymptomatik, ausgeprågtes Schrittmachersyndrom
5.3 Kardioverter-/Defibrillator-Therapie ] Indikationen zur Defibrillator-Therapie Die Implantation des ersten automatischen Defibrillators durch Mirowski im Jahre 1980 initiierte eine der rasantesten technischen Entwicklungen der Kardiologie. Aber erst die Entwicklung einer zuverlåssigen transvenæsen, schrittmachersondenåhnlichen Defibrillatorelektrode Anfang der 90iger Jahre und die schrittmacheråhnliche Implantationstechnik fçhrten zum klinischen Durchbruch dieser bis dahin zurçckhaltend eingesetzten Technik. Die Aggregate konnten so verkleinert werden, dass eine subpektorale Implantation mæglich wurde. Sie verfçgen heute neben verschiedenen Ûberstimulations- und Schocktherapien auch çber Modi zu Pråvention ventrikulårer Tachyarrhythmien (z. B. durch ¹Frequenzglåttungª). Es werden inzwischen Zweikammeraggregate angeboten, die neben der çblichen DDDR-Stimulation auch die Mæglichkeit zur biventrikulåren Stimulation mittels Koronarsinussonde bei Patienten mit Herzinsuffizienz NYHA III/IV und Linksschenkelblock ermæglichen. 342
Kardioverter-/Defibrillator-Therapie Zurzeit gelten als gesicherte Indikationen: 7 Herzkreislaufstillstand aufgrund von Kammertachykardien/Kammerflimmern (VT/VF) nach Ausschluss reversibler Ursachen, 7 spontan anhaltende Kammertachykardien, 7 unklare Synkopen mit bei der elektrophysiologischen Untersuchung induzierbaren håmodynamisch signifikanten VT/VF, wenn die medikamentæse Therapie ineffektiv, intolerabel oder nicht bevorzugt wird, 7 nichtanhaltende VT bei Postinfarktpatienten mit schlechter LV-Funktion mit induzierbaren, medikamentæs nicht supprimierbaren VTs in der EPU. Diese Indikationen wurden noch einmal wesentlich durch die MADIT-II-Studie erweitert: Unter Einschluss von 1200 Postinfarktpatienten mit einer Auswurffraktion < 30% konnte unter Ausschluss jeglicher Rhythmuskriterien gezeigt werden, dass der ICD die Prognose dieser Patienten gegençber der konventionellen Therapie verbessert. Eine Umsetzung dieser primårpråventiven Therapie nach Myokardinfarkt håtte weitreichende soziale und gesundheitsækonomische Konsequenzen. ] Arrhythmieerkennung, Schockabgabe Komplexe Detektionsalgorithmen sollen die Zahl unnætiger Schockabgaben minimieren. Neben der Tachykardiefrequenz und QRS-Breite spielen die Frequenzstabilitåt und ein plætzlicher Frequenzsprung eine wichtige Rolle. Unmittelbar vor Schockabgabe erfolgt noch einmal eine Ûberprçfung des Herzrhythmus. Die Schockenergie betrågt 2±40 J. Je nach Tachykardiefrequenz kænnen unterschiedliche Schockenergien abgegeben werden. Kommt es unter niedriger Energieabgabe nicht zur Beendigung, sondern zur Akzeleration der Tachykardie, wird fçr den nåchsten Schock eine hæhere
Postoperative Testung eines ICD-Systems im elektrophysiologischen Labor. Durch Applikation von hochfrequentem Wechselstrom im Ventrikel wird Kammerflimmern ausgelæst. Der ICD identifiziert das Kammerflimmern einwandfrei und terminiert es mit einer 30 J Schockabgabe. Im Anschluss an die Defibrillation erkennt man nach einem Hysterese-Intervall eine VVI-Stimulation durch den ICD
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Kardioverter-/Defibrillator-Therapie Energie bereitgestellt. Vor einer Schockabgabe wird meist versucht, die Tachykardie durch Ûberstimulation zu beenden. Die Ûberstimulation kann ohne die Verzægerung durch die Kondensatoraufladung einsetzen und ist fçr den Patienten weit weniger traumatisch. Unmittelbar nach Schockabgabe kann eine mægliche Asystolie durch eine sofort einsetzende Schrittmacherstimulation çberbrçckt werden, wie ohnehin heute alle Geråte zur VVIR- oder DDDR-Stimulation befåhigt sind. Die Programmierung des Aggregats erfolgt unmittelbar nach Implantation unter Berçcksichtigung der dokumentierten und klinisch wichtigen Kammertachykardien. Bei spåteren Nachuntersuchungen ermæglicht die Holter-Funktion des Aggregats, stattgehabte Arrhythmieereignisse abzufragen, um die einwandfreie Funktion des Geråts zu dokumentieren und andererseits durch Umprogrammierung die Therapie zu optimieren. Im Ruhe-EKG ist ein ICD mit VVIR- bzw. DDDR-Funktion nicht von einem normalen Schrittmacher zu unterscheiden. Im Gegensatz zum Schrittmacher fçhrt jedoch die Magnetauflage bei einem ICD nicht zu einer V00- oder D00-Stimulation, sondern in der Regel zum passageren Abschalten der antitachykarden Funktion. Die Indikationsstellung sowie die Implantation und Programmierung des Kardioverters/Defibrillators sollte zurzeit noch kardiologischen Spezialabteilungen vorbehalten bleiben.
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Standardschema der EKG-Befundung
6 Tipps und Tricks
Sowohl fçr den Anfånger als auch fçr den Fortgeschrittenen enthålt dieses Kapitel Tipps und Tricks fçr die tågliche EKG-Befundung. Basierend auf den Kapiteln 1±5 wird in Abschn. 6.1 ein Standardschema der EKG-Befundung vorgestellt, deren håufigste Fehler in Abschn. 6.2 zusammengefasst sind. Der abschlieûende Abschn. 6.3 befasst sich mit Artefakten der EKG-Aufzeichnung, die zu Fehlinterpretationen Anlass geben kænnen.
6.1 Standardschema der EKG-Befundung Die Befundung des Standard-EKG beginnt mit den folgenden drei Bestimmungen: 7 Rhythmus 7 Frequenz 7 Lagetyp. 1. Nur bei Sinusrhythmus gelten die Kriterien fçr die normale P-Welle; nur bei supraventrikulårer Erregung gelten die Normalkriterien des QRS-Komplexes, der STStrecke und der T-Welle. 2. Der zweithåufigste Rhythmus nach dem regelmåûigen, allenfalls respiratorisch arrhythmischen Sinusrhythmus ist das absolut arrhythmische Vorhofflimmern. 3. Ist die Herzfrequenz im Normbereich von 50±100/min? Abweichungen von der Normalfrequenz bedçrfen der klinischen/elektrokardiographischen Klårung (bradyoder tachykarde Rhythmusstærung?). 4. Der Lagetyp muss mit dem Alter des Patienten çbereinstimmen. Normalbereich des Hauptvektors bei Erwachsenen: +908 bis ±308. Es besteht eine altersabhångige Linksrotation; in der Jugend Steiltyp, im Alter çberwiegend Linkslagetyp. Jede Abweichung von dem zu erwartenden Lagetyp bedarf einer klinischen/elektrokardiographischen Erklårung. 5. Ûberprçfung des PQ-Intervalls. Falls die PQ-Zeit <120 ms ist, erfolgt Ausschluss einer Pråexzitation durch akzessorische Bahn. Zur Pråexzitation gehæren kurze PQ-Zeit, Delta-Welle und ST-Strecken-Verånderungen. Bei Vorliegen einer Pråexzitation gelten die Normalkriterien des QRS-Komplexes, der ST-Strecke und der T-Welle nicht mehr.
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Håufige Fehler der EKG-Befundung 6. P-Welle: Hæhe und Dauer der P-Welle sollten 2,5 mm bzw. 100 ms in Ableitung II nicht çberschreiten. Die Flåche des zweiten, negativen Anteils der P-Welle in Ableitung V1 sollte nicht græûer als der erste positive Anteil sein. 7. Dauer des QRS-Komplexes: Sie sollte 100 ms nicht çberschreiten. Ab einer Dauer von 120 ms liegt bei supraventrikulårer Erregung ein komplettes Blockbild vor. Bei einer QRS-Dauer von 105±115 ms: inkompletter Block, Hemiblock. 8. Morphologie des QRS-Komplexes in den Extremitåtenableitungen: Eine etwaige q-Zacke in den Ableitungen II, III und/oder aVF sollte < 0,04 s und < 25% der nachfolgenden R-Zacke sein. 9. Morphologie des QRS-Komplexes in den Brustwandableitungen: Die Umschlagszone sollte zwischen den Ableitungen V3/4 liegen und die R-Zacke von V1 bis V4/5 kontinuierlich ansteigen. Ableitung V1 sollte einen rS-Komplex, Ableitung V6 einen qR-, selten auch R-, Rs- oder qRs-Komplex aufweisen. Prçfung der Hypertrophie-Indizes unter Berçcksichtigung der Ausschlusskriterien. 10. ST-Strecke: Die ST-Strecke sollte nicht mehr als Ô1 mm von der Isoelektrischen abweichen. Fçr die ST-Strecke in den Ableitungen V1/2 gilt dies weniger streng. Bei spontanen Tachykardien kann es schwer oder sogar unmæglich sein, die Lage der Isoelektrischen zu bestimmen. Dabei kænnen z. T. massive ST-StreckenSenkungen auftreten, die ohne klinisches Korrelat nicht als Hinweis auf eine Koronarinsuffizienz gedeutet werden dçrfen (D Abschn. 6.2). 11. T-Welle: Die Achse der T-Welle in den Extremitåtenableitungen sollte weniger als Ô458 vom Hauptvektor abweichen. Sie sollte in den Ableitungen V3±5 positiv sein. Ihre Hæhe sollte 20±60% der zugehærigen R-Zacke betragen. 12. U-Welle: Die U-Welle sollte in all den Ableitungen positiv sein, in denen die T-Welle positiv ist. Ihre Hæhe sollte < 25% der zugehærigen T-Welle betragen. Eine U-Welle, die græûer als die zugehærige T-Welle ist, gilt immer als pathologisch. 13. QT-Intervall: Bestimmung unter Berçcksichtigung der Herzfrequenz (D vgl. Tabelle S. 82/83). Dabei sollte jede U-Welle ausgeschlossen sein (beachte das Auftreten einer TU-Verschmelzungswelle!). Die EKG-Befundung sollte mit einer vorsichtigen klinischen Beurteilung abschlieûen (¹Der Befund ist vereinbar mit . . .ª), den EKG-Unkundigen aber auch auf mægliche pathologische Befunde hinweisen (¹der Lagetyp ist fçr das Alter ungewæhnlich und vereinbar mit . . .ª). Bei Notfallsituationen ist eine telefonische Unterrichtung erforderlich.
6.2 Håufige Fehler der EKG-Befundung Die håufigsten Fehler ergeben sich naturgemåû bei Patienten mit Herzrhythmusstærungen. Aber auch bei Sinusrhythmus kann das Ruhe-EKG erhebliche Fallstricke beinhalten.
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Håufige Fehler der EKG-Befundung ] Falsche Einschåtzung der Herzfrequenz Die normale Herzfrequenz des Erwachsenen betrågt nach WHO-Ûbereinkunft 50±100/min, liegt aber nach wissenschaftlichen Studien etwa 5 Schlåge niedriger, also 45±95/min (D vgl. Abschn. 4.2.1). Demnach ist eine Ruheherzfrequenz unter 50/min noch kein Grund zur Beunruhigung und erst recht kein Grund, eine Schrittmacherimplantation in Erwågung zu ziehen, solange der Patient asymptomatisch ist. Frequenzen von 20±25/min werden kurzzeitig ohne zerebrale Schåden toleriert. ] Aufsuchen von P-Wellen im QRS-Komplex P-Wellen sind aufgrund ihrer geringen Ausschlåge niemals im QRS-Komplex zu erkennen, sondern allenfalls unmittelbar vor oder nach dem QRS-Komplex auf Hæhe der Isoelektrischen, wie z. B. bei der AVJRT (D vgl. Abschn. 4.5.5), oder innerhalb einer T-Welle, wie z. B. bei blockierten Vorhofextrasystolen (D vgl. Abschn. 2.1.5).
Sinusrhythmus, bifaszikulårer Block vom linksanterioren Typ. AV-Block I mit 260 ms Ûberleitungszeit. Die eingekreisten Kerbungen in den Ableitungen I±III dçrfen nicht mit P-Wellen verwechselt werden. P-Wellen sind im QRS-Komplex grundsåtzlich nicht zu erkennen
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Håufige Fehler der EKG-Befundung ] Interpretation einer Vorhofleitungsstærung als ¹P mitraleª Bei der frçher mit ¹P mitraleª, jetzt mit ¹P sinistroatrialeª bezeichneten Morphologie der P-Welle mit doppelgipfligem P und einer Dauer >110 ms in Ableitung II handelt es sich sehr selten um ein Mitralvitium und meist um eine verzægerte Vorhofleitung, eine sog. ¹Vorhofleitungsstærungª (D vgl. Abschn. 2.1.3). ] ¹Early Repolarizationª Diese ST-Strecken-Elevation in Abl. V2±4, bekannt als Normvariante bei jungen Menschen ohne Krankheitswert, wird oft ± insbesondere in Zusammenhang mit nicht ganz typischen Beschwerden ± als Perikarditis oder sogar ST-Hebungsinfarkt (STEMI) fehlgedeutet (D S. 119). Selbstverståndlich sind die o. a. Krankheitsbilder bei Vorliegen dieser EKG-Variante sorgfåltig auszuschlieûen, bevor der Patient entlassen wird. ] Persistierende Endteilverånderungen als ¹Koronarischåmieª interpretiert Dies ist wahrscheinlich die håufigste EKG-Fehlinterpretation. Persistierende Endstreckenverånderungen kænnen zahlreiche verschiedene Ursachen haben, die håufigste ist sicher die jahrelange arterielle Hypertonie. Man sollte diese Verånderungen beschreiben (z. B. ¹Linksherzschådigungszeichenª), die Interpretation aber dem Kliniker çberlassen oder sich auf Formulierungen wie ¹. . . ist vereinbar mit . . .ª beschrånken. Eine ¹Koronarischåmieª ist ein dynamischer Vorgang. Sie ist mit wechselnden ST-Strecken-Verånderungen und meist auch klinischer Symtomatik verbunden (D vgl. Abschn. 2.7.2). ] Tachykardieinduzierte Endteilverånderungen als ¹Koronarinsuffizienzª interpretiert Im Gegensatz zum Belastungs-EKG kænnen ST-Strecken-Senkungen wåhrend einer spontanen Tachykardie (z. B. bei AV-junktionaler Reentry-Tachykardie, D s. Abb. S. 264 oben) nicht als Hinweis auf eine kritische Koronarstenose gewertet werden. ] Gleichschenklig negative T-Wellen (¹terminale T-Welleª) als Zustand nach nichttransmuralem Infarkt interpretiert Ein akutes oder abgelaufenes Koronarsyndrom ist zwar die håufigste Ursache des frçher als ¹nichttransmuraler Infarktª bezeichneten EKG-Bilds (D vgl. Abschn. 2.8.5). Es existieren aber noch etwa 50 weitere, zugegebenermaûen seltenere klinische Krankheitsbilder, die zu diesem EKG-Befund fçhren kænnen, so z. B. eine abgelaufene Perikarditis (D vgl. Abschn. 3.8) oder eine Rçckbildungsstærung im Rahmen eines Posttachykardiesyndroms oder ¹Memory of the Heartª. Das Auftreten einer gleichschenklig negativen T-Welle, meist in den Abl. V2±5 als benigne Folge eines frequenzabhångigen Linksschenkelblocks, einer Schrittmacherstimulation oder einer långer anhaltenden Tachykardie darf deshalb nicht mit anderen, håufig prognostisch ungçnstigeren Ursachen fçr das Auftreten einer gleichschenklig negativen T-Welle verwechselt werden (D S. 110). 348
Håufige Fehler der EKG-Befundung ] Lokalisation einer Koronarstenose aus dem Belastungs-EKG Im Gegensatz zum EKG des ST-Hebungsinfarkts ist es nicht mæglich, aus der STStrecken-Senkung des Belastungs-EKG auf die Lokalisation einer kritisch stenosierten Koronararterie zu schlieûen (D vgl. Abschn. 3.6). Das Belastungs-EKG ist global pathologisch veråndert, ohne Aussage zu einer bestimmten Gefåûregion. Weitere Aufschlçsse lassen sich mittels Myokardszintigraphie oder Stress-Echokardiographie gewinnen. ] EKG-Verånderungen bei WPW- oder Mahaim-Syndrom Diese EKG-Syndrome geben zu zahlreichen Fehlinterpretationen Anlass: So kann das Bild eines Hinterwandinfarkts imitiert werden (Q-Zacke in Ableitung III, meist jedoch nicht in Ableitung II). Die QRS-Breite wird als Blockbild, die Endstreckenverånderungen werden als ¹Koronarinsuffizienzª interpretiert (D vgl. Abschn. 2.2.3.1, S. 65). Ein intermittierendes WPW-Syndrom kann einen ¹Alternansª simulieren oder von den viel håufigeren, spåt einfallenden ventrikulåren Extrasystolen imitiert werden. Das Syndrom der kurzen PQ-Zeit (frçher ¹LGL-Syndromª genannt) ist sehr selten und wird håufig durch eine Vorhofleitungsstærung oder nicht richtig im EKG dargestellten P-Wellen imitiert. Das Mahaim-Syndrom ist extrem selten und wird viel zu håufig diagnostiziert. Meist handelt es sich um eine verzægerte Vorhofleitung (¹Vorhofleitungsstærungª) bei WPW-Syndrom (D vgl. Abschn. 2.2.3.2, S. 73). ] ¹Flimmer-Flatternª Das gleichzeitige Auftreten von Vorhofflimmern (z. B. im linken Vorhof) und Vorhofflattern (z. B. im rechten Vorhof) kommt wahrscheinlich extrem selten vor. Meist handelt es sich um grobes Vorhofflimmern (D vgl. Abb. S. 350), das als Vorhofflattern fehlgedeutet wird. Die fçr das Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ typischen sågezahnfærmigen Flatterwellen mit ihren negativen P-Wellen lassen sich praktisch nie in Ableitung V1/2 nachweisen, sondern nur in Ableitung II/III. Bei Vorhofflattern findet man in Ableitung V1 meist gut erkennbare, abgesetzte, regelmåûige P-Wellen. Sind diese nicht vorhanden, handelt es sich meist um grobes Vorhofflimmern.
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Håufige Fehler der EKG-Befundung
Absolute Arrhythmie infolge grobem Vorhofflimmern. Kammerfrequenz 65±75/min. Die groben Vorhofausschlåge in Ableitung V1, die bei genauem Nachmessen nicht regelmåûig sind, kænnten zu der Fehldiagnose ¹Vorhofflatternª Anlass geben. Es fehlen aber in den Ableitungen II und III die regelmåûigen, sågezahnfærmigen negativen P-Wellen, die durch den Makroreentry im rechten Vorhof bei Vorhofflattern vom gewæhnlichen Typ hervorgerufen werden. Auch fehlen in Ableitung V1 die abgegrenzten P-Wellen (D vgl. Abb. S. 252)
] Muskelpotenziale bei Morbus Parkinson Muskelpotenziale bei Morbus Parkinson, die die Grundlinie verzittern, werden evtl. fçr Vorhofflimmern gehalten (D vgl. Abb. S. 356). ] Differenzialdiagnose Kammertachykardie ± aberrante Ûberleitung bei supraventrikulårer Erregung Bei dieser schwierigen, klinisch wichtigen Differenzialdiagnose (D vgl. Abschn. 4.7.6) wird oft nicht bedacht, dass eine Ønderung des Hauptvektors durch die Tachykardie nur bei einer Kammertachykardie, nicht jedoch bei supraventrikulårer Erregung mit aberranter Ûberleitung auftritt. ] Artefakte als Kammertachykardie Bei Zweikanal-Langzeit-EKG-Aufzeichnung kænnen Bewegungsartefakte, wie z. B. durch Zåhneputzen, fçr Kammertachykardien gehalten werden. Hier hilft das ¹Durchzirkelnª der QRS-Komplexe.
350
Håufige Fehler der EKG-Befundung
Wackelartefakte (¹Zåhneputzenª) wåhrend einer Zweikanal-Langzeit-EKG-Aufzeichnung. Die Bewegungsartefakte wurden irrtçmlich als Kammertachykardie interpretiert, der Patient antiarrhythmisch mit Amiodarone behandelt. Die R-Zacken des QRS-Komplexes lieûen sich zwanglos ¹durchzirkelnª, worauf die antiarrhythmische Therapie abgesetzt werden konnte
] ¹Oberer, mittlerer, unterer Knotenrhythmusª In Wirklichkeit handelt es sich um Erregungen aus dem His-Bçndel oder ± seltener ± dem unteren Vorhof. Der AV-Knoten besitzt keine spontan depolarisierenden Zellen. Die Leitungsverhåltnisse und der Ursprungsort der Erregung bestimmen, ob die negative P-Welle in Ableitung II und III vor, im oder unmittelbar nach dem QRS-Komplex auftritt (D Abschn. 4.3.2). ] Blockierte Vorhofextrasystole als vermeintlicher SA-Block II Typ 2 Bei etwa 70% der primår als ¹SA-Block II Typ 2ª identifizierten Pausen handelt es sich in Wirklichkeit um blockierte atriale Extrasystolen, die sich auf der T-Welle
Sinusrhythmus, 78/min, Rechtstyp. Blockierte atriale Extrasystole, die offensichtlich nicht zu einem Resetting des Sinusrhythmus gefçhrt hat. Dadurch betrågt der PP-Abstand der Pause exakt zwei PP-Abstånde des Sinusrhythmus. Bei oberflåchlicher Betrachtung ± ohne Erkennen der blockierten atrialen Extrasystole ± kænnte man einen SA-Block II Typ 2 diagnostizieren
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EKG-Artefakte
Sinusrhythmus mit atrialer Extrasystolie (Pfeile) im Bigeminusrhythmus. Kammerfrequenz 35/min. Der Patient wurde unter der Verdachtsdiagnose einer Sinusknotendysfunktion zur AAI-Schrittmacherimplantation eingewiesen
oder in deren Nåhe finden. Ein Vergleich mit den Schlågen vor oder hinter der Pause låsst die P-Welle meist eindeutig erkennen. Blockierte Vorhofextrasystolen im Bigeminusrhythmus kænnen eine Sinusbradykardie vortåuschen. ] AV-Block II mit 2 : 1-Ûberleitung als AV-Block II Typ Mobitz interpretiert Diese selbst in aktuellen EKG-Lehrbçchern immer noch zu findende Fehlinterpretation wird auf D S. 313 abgehandelt. Ein AV-Block II mit 2 : 1- oder 3 : 1-Ûberleitung zwingt zur weiteren Abklårung, ob der Block im AV-Knoten (Wenckebach-Block, gçnstige Prognose, bei asymptomatischen Patienten keine Schrittmacherindikation) oder His-Purkinje-System (Mobitz-Block, ungçnstige Prognose, prophylaktische Schrittmacherindikation) lokalisiert ist. Fçr die Diagnose eines Wenckebach-Blocks aus dem Ruhe-EGK ist es zwingend erforderlich, dass die letzte AV-Ûberleitung vor dem QRS-Komplex-Ausfall långer ist als die erste AV-Ûberleitung nach dem QRSKomplex-Ausfall. Dazu kann eine långere Registrierung hilfreich sein.
6.3 EKG-Artefakte Die heute eingesetzten, digitalisierten EKG-Registriergeråte weisen praktisch keine konstruktionsbedingten Mångel auf, die bei normalen åuûeren Bedingungen die einwandfreie Registrierung eines 12-Kanal-EKG beeintråchtigen kænnten. Die elektrischen Potenziale der Kærperoberflåche von ~ 1 mV werden çber stabile Eingangsdifferenzverstårker mit hoher Gleichtaktunterdrçckung verstårkt, mit Taktfrequenzen von 128±256/s amplitudendigital gewandelt und digital gespeichert. Nach EKGRegistrierung von 10±20 s wird das gesamte EKG meist çber Thermokammschreiber oder Laserdrucker auf Papier dokumentiert. Dabei sollte die Registriergeschwindigkeit ± wie inzwischen weltweit çblich ± auch in Deutschland 25 mm/s 352
EKG-Artefakte betragen, weil bei dieser Registrierung die P-Wellen besser zu erkennen sind. Die Frequenzcharakteristik etwaiger ålterer mechanischer Teile in der Aufzeichnungskette (z. B. Dçsenschreiber) muss gelegentlich kontrolliert werden, um çberschieûende Amplitudenausschlåge und zu starke Dåmpfungen zu vermeiden. Moderne EKG-Geråte bieten eine rechnergestçtzte Erstauswertung des aufgezeichneten EKG an. Diese Erstauswertungen sind heute durchaus in der Lage, pathologische EKG-Verånderungen zu erkennen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Rhythmusanalyse, weil hierbei das Aufsuchen der kleinkalibrigen P-Welle nur selten zuverlåssig gelingt. Grundsåtzlich gilt, dass jedes EKG nach einer Rechner-gestçtzten Erstauswertung von einem EKG-kundigen Arzt schriftlich mit Name, Datum und Uhrzeit nachbefundet und gegengezeichnet werden sollte. Folgende Stærquellen kænnen die EKG-Registrierung beeintråchtigen: 7 Bedienungsfehler des medizinischen Personals, 7 Umgebungseinflçsse, 7 Erschwernisse bei der Registrierung, die vom Patienten ausgehen. Im Folgenden werden die wichtigsten Stæreinflçsse besprochen: ] Falsche Eichung Die Eichzacke von 1 mV entspricht einer Ausschlaghæhe von 10 mm. Sie ermæglicht eine exakte Messung der EKG-Amplituden. Eine ungençgende Eichung fçhrt zu Amplitudenverzerrungen. ] Normale Dåmpfung: Die Eichzacke steigt senkrecht an, bildet einen nahezu rechten Winkel und fållt im rechten Winkel glatt ab. Das EKG wird nicht verzerrt. ] Zu starke Dåmpfung: Die Eichzacke ist am Beginn oder Ende abgerundet. Infolgedessen werden die Q- und S-Zacken gedåmpft. ] Zu geringe Dåmpfung: Rascher Anstieg der Eichzacke mit çberschieûender Amplitude. Die QRS-Zacke wird vergræûert.
353
EKG-Artefakte ] Schwankungen der Null-Linie ] Merkmal: Phasische oder sprunghafte Wanderung der Null-Linie.
] Ursachen 7 Lose Elektrodenkontakte, 7 Elektrode unter Zug eines Patientenkabels, 7 Atemexkursionen, 7 Husten, 7 Extremitåtenbewegungen, 7 Kabelbruch. Kurzfristige Abhilfe: ¹Blockª-Taste drçcken! ] Wechselstrom ] Merkmale: regelmåûige sågezahnåhnliche Zacken mit einer Frequenz von 50 Schwingungen/s, d. h. bei einer Aufzeichnungsgeschwindigkeit von 50 mm/s eine Zacke pro Millimeter-Kåstchen. ] Ursachen 7 mangelhafte Erdung, 7 mangelhafte Elektrodenhaftung, 7 stærende Geråte (Ræntgengenerator, Lifte, Staubsauger, Ventilatoren, Heizkissen, Neonleuchten, Kurzwellengeråte etc.), 7 ungçnstige Fçhrung der Elektrodenkabel. Falls bei einer Dreikanalaufzeichnung der Extremitåtenableitungen zwei Ableitungen Wechselstromçberlagerungen zeigen, låsst sich daraus auf die schlecht leitende Elektrode schlieûen: 7 Wechselstromçberlagerung in Abl. I, II ? rechte Armelektrode, 7 Wechselstromçberlagerung in Abl. II, III ? linke Beinelektrode, 7 Wechselstromçberlagerung in Abl. I, III ? linke Armelektrode.
354
EKG-Artefakte ] Myotone Einflçsse (D Abb. S. 356) ] Merkmale: Kleine Schwingungen mit unterschiedlicher Amplitude und Frequenz. ] Ursachen 7 Falsche Lagerung des Patienten, 7 Angst des Patienten, 7 ungençgende Muskelentspannung, 7 niedrige Raumtemperatur, 7 nass-kaltes Elektrodenpapier, 7 zu stramme Elektroden, 7 Hyperthyreose, 7 Morbus Parkinson (græbere Schwingungen mit hoher Amplitude). ] Falsch gepolte Ableitungen Durch Vertauschen der Elektroden des rechten und linken Arms treten negative P-Wellen und Kammerkomplexe in den Abl. I und aVL auf (Vortåuschung eines Anteroseptalinfarkts oder eines Situs inversus). Bei Vorliegen eines Rechtstyps wird der QRS-Komplex in diesen Ableitungen positiv. Durch Vertauschung des grçnen mit dem gelben Kabel der Nehb-Ableitungen tritt in Ableitung Nehb J das Bild eines pathologischen Q und eine negative Kammerendschwankung auf, welche einen Infarkt vortåuschen kænnen. Durch Vertauschen des V2-Kabels mit dem V3-Kabel kann die dann eintretende R-Reduktion in V3 einen alten, umschriebenen Anteroseptalinfarkt vortåuschen.
Kontinuierliche Einkanal-EKG-Registrierung wåhrend eines epileptischen Anfalls. Massive Muskelpotential- und Bewegungsartefakte. Registrierung 25 mm
355
EKG-Artefakte
Relativ regelmåûige Muskelartefakte. Die P-Welle des Sinusrhythmus ist in Abl. III, V4±6 zu erkennen
Muskelartefakte eines Parkinsonpatienten. Die konstanten RR-Abstånde und die P-Wellen in Abl. II, V5/6 sprechen gegen Vorhofflimmern. Sinusrhythmus, Frequenz 95/min
356
Weiterfçhrende Literatur
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357
Sachverzeichnis Stichworte sind in der Regel als Substantive aufgefçhrt, zugehærige Adjektive folgen den Substantiven; z. B. Tachykardie, atriale; aber: Vorhoftachykardie. Fett gedruckte Seitenzahlen verweisen auf die Stelle, an der das Stichwort ausfçhrlich beschrieben wird.
A AAI-Schrittmacher 221, 326 Aberranz, aberrierende Leitung 228 Ableitungen 8, 14ff. bipolare 14, 23 Brustwand 8, 14, 19 Einthoven 15 erweiterte 20 Extremitåten 8, 14ff. falsch gepolte 355 Goldberger 16 linkspråkordiale 19 Nehb 18 æsophageale 20 rechtspråkordiale 20 Standard 15 unipolare 14, 19 Wilson 19 Abstoûungsreaktion 181 Achse s. Hauptvektor, Lagetypen Adams-Stokes-Anfall 319 Adipositas 39, 52, 85 Afterpotentials 117, 215 AH-Intervall 22, 64 Ajmalintest 289 Aktionspotenzial 2, 7 Aktivitåt, getriggerte 215 Alkohol 245 Alter und EKG 37, 53 Alternans, elektrischer 68, 70, 86, 267 Amyloidose 81, 149, 179 Aneurysma s. Herzwandaneurysma Anfall, epileptischer 355 Angina pectoris 153ff. Anisodromie 67, 213 Ankerelektrode 325 Antesystolie 65 Antiarrhythmika bei AV-Leitungsstærungen 318 Aorteninsuffizienz 144 Aortenstenose 142 Aortenvitien, kombinierte 146 Apoplex 136, 180 Arborisationsblock 104, 115 Arrhythmie absolute 242
respiratorische 219 Artefakte 350, 352ff. ASD s. Vorhofseptumdefekt Ashman-Phånomen 214, 229 Astheniker 52 Asystolie 308f., 309, 319 Atmung 52 Austrittsblock s. Exitblock Auûenschichtlåsion 49 Automatie 3, 213 abnorme 215 primåre 3 sekundåre 3, 317 tertiåre 3, 317 AV-Block I. Grades 22, 62, 64, 309 AV-Block II. Grades Typ 1 (Wenckebach/engl. Mobitz I) 22, 311 Typ 2 (Mobitz/engl. Mobitz II) 22, 312, 352 Hæhergradiger/2 : 1-Block 313, 352 AV-Block III. Grades (totaler AV-Block) 22, 246, 248, 316 AV-Dissoziation einfache 301 inkomplette 303 komplette 303 AV-Intervall, AV-Zeit s. PQ-Zeit AV-Junktion, AV-Knoten 4, 213, 260 AV-Knoten-Rhythmus, oberer, mittlerer und unterer 224, 351 AVJRT s. Tachykardie, AV-junktionale Reentry
B Bachmann-Bçndel 4, 55 Bahn, akzessorische 65, 267ff. Batterieerschæpfung 333, 337 Bayes-Theorem 192 Bazett-Formel 80 Befundungsschema 345 Belastungs-EKG 182, 349 Abbruchkriterien 188 Ableitungen 186 Ausbelastungsfrequenz 187 Auswertung 189 Belastungsdauer, -stufen 187
359
Sachverzeichnis Blutdruck 186 Indikationen 182 Kontraindikationen 184 Rhythmusstærungen 190 ST-Strecken-Senkung 189 Voraussetzungen 185 Belastungsreaktion falsch negative 191 falsch positive, Pseudoischåmie 190 normale 189 pathologische 189 Bezold-Jarisch-Reflex 218 Bigeminus atrialer 213 ventrikulårer 210f., 237 Block intraatrialer 21, 58, 309 atrioventrikulårer s. AV-Block bifaszikulårer 95, 101, 105 bilateraler 95, 103, 106 frequenzabhångiger 104 infra-His- 312 intermittierender 104 sinuatrialer s. SA-Block trifaszikulårer 95, 102 unidirektionaler 71, 213 unspezifischer intraventrikulårer 96 Blutung, cerebrale 136, 180 Blutversorgung, Reizleitungssystem 6 Borreliose 202, 310 Bradyarrhythmia absoluta 246 Bradykardie 213f., 218 Brady-Tachykardie-Syndrom 221, 245 Brugada-Kriterien bei VT 295 Brugada-Syndrom 126, 288 Brustwandableitungen 14, 19f. hohe 20 tiefe 20 Bundle-Branch-Reentry 278, 282 Bypass-Operation, aortokoronare 132, 180 C Cabrera-Kreis 17, 33 capture beat 214, 229, 278, 281, 293 concealed conduction s. Leitung, verborgene Concertina-Phånomen 73, 77, 239 Cor pulmonale 41, 194ff. akutes 194 chronisches 197 Couplet 238 D DDD-Schrittmacher 221, 327, 329 DDI-Funktion 329 Defibrillator-Therapie 342ff. Delta-Welle 65, 67, 239 Depolarisation 2ff., 9
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Diastole, elektrische 3 Dextrokardie s. Situs inversus Digitalis 121, 209ff. Glykosidpause 122 Ûberdosierung 210 Dipoltheorie 7 Diskordanz 12 Dysplasie, rechtsventrikulåre 150, 290
E early repolarization 119, 127, 200, 348 Ebstein-Anomalie 57, 71 Echoschlag s. Umkehrsystole Eichung 353 Einfangschlag s. capture beat Einkammerschrittmacher 326 Einthoven-Dreieck 13, 15ff. Eintrittsblock 304 Elektrode differente 16, 19 indifferente 14, 19 Elektrogramm, intrakardiales 21 Elektrolytstærungen 204ff. Elektrophysiologie, Grundlagen 1ff., 213 Empfindlichkeit 329 Emphysem s. Lungenemphysem Endstreckenverånderungen, labile 133 Epsilon-Zacke 117, 150, 290 Erregung, kreisende s. Reentry Erregungsbildung ektope (heterotope) 222 nomotope 216 primåre 213 sekundåre 3f., 213 Erregungsleitungsgeschwindigkeit 6 Erregungsleitungsstærung atriale 4, 21, 26, 58, 309 intraventrikulåre 21f., 94ff., 309 Erregungsleitungssystem 4ff. Erregungsrçckbildung s. Repolarisation Ersatzrhythmus junktionaler 224 ventrikulårer 225 Ersatzschlag, Ersatzsystole 214, 227 junktionaler 222 Erstickungs-T 130, 156 escape beat s. Ersatzschlag Exit-Block 329, 337f. Extrasystole 214, 227, 232 atriale 227 blockierte 61, 228, 351 mit Aberranz 228 junktionale 227 supraventrikulåre (SVES) 227 ventrikulåre (VES) 61, 232ff. faszikulåre Morphologie 235 interponierte 233 multifokale 236
Sachverzeichnis monomorphe 236 monotope 236 polytope 236 spåt einfallende 64, 239 mit verkçrzter QRS-Dauer 236 Extremitåtenableitungen 8, 14 ff. Einthoven 14 Goldberger 14, 16 F Faszikelblock s. Hemiblock Fallotsche Tri- und Pentalogie 57 Fehler der EKG-Befundung 346 Feld, elektrisches 7 Flimmer-Flattern 244, 252, 349 Friedreichsche Ataxie 132, 135, 179 Frontalebene 14ff. Fusionsschlåge, -systole 66, 236, 336
Horizontalebene 14f. HV-Intervall 22, 64 Hyperkaliåmie 205ff. T-Welle bei 130, 205 Hyperkalzåmie 208 Hyperthyreose 202f. Hypertonie 151 Hypertrophie 41, 56ff., 87 ff., 120 atriale 56ff. biatriale 59 biventrikulåre 91 linksatriale 58 linksventrikulåre 42, 89 rechtsatriale 56 rechtsventrikulåre 43, 88 Hypertrophie-Q 28 Hypokaliåmie 81, 136, 204 Hypokalzåmie 81, 208 Hypomagnesiåmie 286 Hypothyreose 202 Hysterese 329
G Gallavardin-Tachykardie 278 Gedåchtnis, myokardiales 132f., 243, 348 Goldberger-Ableitungen 16 Glykosidpause 122 Graviditåt 39 H Håmochromatose 149 Hauptstammverschluss 163 Hauptvektor 10, 17, 31 Hemiblock (Faszikelblock) 95 linksanteriorer (LAH) 36, 95ff., 175 linksposteriorer (LPH) 35, 95ff. Herzachse 31 Herzdreieck, kleines 18 Herzerkrankung, koronare 122, 152ff. instabile s. Koronarsyndrom akutes stabile 122, 132, 152ff. Herzfrequenz 213, 244, 347 Herzinfarkt s. Myokardinfarkt Herzoperation 180 Herzschrittmacher s. Schrittmacher Herztod, plætzlicher 284, 287 f., 300 Herztransplantation 181 Herztumor 132 Herzwandaneurysma 79, 125, 158 Hinterwandinfarkt s. Myokardinfarkt Hirntumor 136 His-Bçndel 4ff., 21 f., 213 Block 22 Elektrogramm 21, 64 Potential 22 His-Purkinje-System 21f. Blockierung 22, 312 Hochfrequenzablation 255, 269, 270, 279 Holter-EKG s. Langzeit-EKG
I ICD s. Defibrillator-Therapie Impulsamplitude, -breite 329 Indifferenztyp 35 Infarkt s. Myokardinfarkt Infarktrezidiv 176 Infarkt-Q s. Myokardinfarkt, Nekrose-Q Infra-His-Block 22, 312 Inhibition (eines Schrittmachers) 325f. Inkompetenz, chronotrope 220 Innenschicht-Ischåmie 49, 153 Interferenzdissoziation (inkomplette AV-Dissoziation) 303 Ischåmiereaktion 49, 153f. Isthmusablation 255 J J-Punkt (junction point) 55 Elevation 119, 126, 199 James-Bçndel 72 Jervell/Lange-Nielsen-Syndrom 82, 287 Jugularvenenpulsation 261 K Kabelbruch 337 Kaliumkanal 4 Kaliumstoffwechsel 204f. Hyperkaliåmie 205 Hypokaliåmie 204 Kalziumstoffwechsel 208 Kammerersatzrhythmus, -systole 214, 225 Kammerextrasystole s. Extrasystole, ventrikulåre Kammerflattern 299 Kammerflimmern 300, 335
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Sachverzeichnis Kammerhypertrophie 87, 120 Kammertachykardie s. Tachykardie, ventrikulåre Kaninchenohr (¹rabbit earª) 229, 280, 296 Kardiomyopathie dilatative (kongestive) 147 hypertrophe 132, 148 restriktive 149 Karotissinus-Druckversuch 242f., 321 Karotissinussyndrom 321 Katheterablation 255, 270, 279 Kent-Bçndel 65 Kinder-EKG 53 Knotenrhythmus oberer, mittlerer, unterer 26, 224, 351 Kollagenose 132 Kombinationssystole 66, 236, 336 Konkordanz 12 Kopplung fixe 56, 238 gleitende 238 Kopplungsintervall 238 Koronarinsuffizienz, Koronarischåmie 49, 136, 153f. Koronarsinus 4, 251, 328 Koronarspasmus 125, 156 Koronarsyndrom, akutes 122, 153ff. NSTEMI 154 STEMI 154 Troponin-positives 154 Kærperbau 52 L Låsionsvektor 124 Lagetypen 31ff. Indifferenztyp s. Mitteltyp Linkstyp 34, 36 f. çberdrehter 34, 36 f. Mitteltyp, Normaltyp 34f., 37 Rechtstyp 34f., 37 çberdrehter 34f., 37 Sagittaltyp 36, 38, 40, 85 schwer zu bestimmender 37 Steiltyp 34f., 37 Långsachse 40 Långsdissoziation des AV-Knotens 260 Langzeit-EKG 23 Lateralinfarkt s. Myokardinfarkt Lebensalter 37, 53 Leiterdiagramm 216 Leitung aberrierende s. Aberranz akzessorische 65, 367 ff. dekrementale 64, 213 verborgene (concealed conduction) 214, 234, 245 Leitungsgeschwindigkeit 6 Leitungsstærung intraatriale 21f., 58, 309 intraventrikulåre 94
362
Tabelle 105 Leitungsverzægerung, physiologische 4 Leitungszeiten 21f. Lewis-Index 90 Linksherzhypertrophie 42, 89 Sokolow-Lyon-Index 90 Linksschenkelblock (LSB) 45, 98, 121 bifaszikulårer 102 frequenzabhångiger 104 inkompletter 99 kompletter 98 und Myokardinfarkt 176 Linkstyp 34, 36f. çberdrehter 34, 36f. lone atrial fibrillation 245, 247 long-short-cycle-sequence (Ashman-Phånomen) 214, 229 Lown-Ganong-Levine (LGL)-Syndrom 71, 74 Lungenembolie 126ff. Lungenemphysem 39, 41 Lungenfibrose 197 M Magnetauflage 333f., 344 Mahaim-Bçndel 73ff., 349 Makro-Reentry-Kreis 216 Membranpotenzial 3 memory of the heart s. Gedåchtnis, myokardiales Mitral-Aortenvitien 146 Mitralinsuffizienz 141 Mitralklappenprolaps-Syndrom 71, 132, 141 Mitralstenose 139 Mitralvitium, kombiniert 146 Mitteltyp 34f., 37 Mobitz-I/II-Block 311ff. Mode Switch 329 Momentanvektor 10 Morgagni-Adams-Stokes-Syndrom 319 Muskelartefakte, Muskelpotentiale 339, 350, 355f. Myokardinfarkt 123ff., 153ff. akuter 123, 153ff., 196 Anterolateralinfarkt 29, 161f. Anteroseptalinfarkt 162 apikaler 163 chronisches Stadium 158 Differentialdiagnose 179, 196 Erstickungs-T 124, 130, 156 Folgestadium 157 Hauptstammverschluss 163 Hinterwandinfarkt s. inferiorer Infarkt Infarktgefåû 160 Infarkt-Q s. Myokardinfarkt, Nekrose-Q Infarktrezidiv 176 Infarktzeichen, direkte/indirekte 156f. inferiorer Infarkt 29f., 36, 161, 167f., 175 mit rechtsventrikulårer Beteiligung 168 bei Rechtsschenkelblock 175 Inferolateralinfarkt 168
Sachverzeichnis intramuraler Infarkt 156 Lateralinfarkt 35f., 163 mit linksanteriorem Hemiblock 175 mit Linksschenkelblock 176 Lokalisation 160 Nekrose-Q, Infarkt-Q, Pardee-Q 29, 78f., 125, 157 Nicht-Q-Zacken-Infarkt (nichttransmuraler Infarkt) 156f. posteriorer Infarkt 169 Pseudohinterwandinfarkt 30, 69 mit Rechtsschenkelblock 175 Rezidiv 176 R-Verlust 48, 157 Schrittmacher-EKG 179 subendokardialer Infarkt 156f. ST-Strecken-Elevation 124, 157, 159 Stadien 124f., 156f. terminal negatives T 122, 132f. transmuraler Infarkt 156f. T-Wellen-Inversion 123, 132f., 159 Ûbergangsstadium 123, 157 Vorderwandinfarkt 36, 161, 175 bei Rechtsschenkelblock 175 Zwischenstadium 123, 157 Myokardischåmie 123f., 156f. Myokarditis 132, 201 Myxædem 202 N Nachpotentiale 215 Nahpotential 14, 19 Natriumkanal, Natrium-Kalium-Pumpe 1ff. Narkotika 118 Negativitåtsbewegung, endgçltige 84, 87 Nehb D-Ableitung 18, 169 Nekrose-Q 29, 78f., 125, 157 Nicht-Q-Zacken-Infarkt 156ff. Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) 154 Niederspannung, -voltage 85 periphere 36, 85 Normaltyp 34f., 37 Normalwerte im EKG 55 Nullelektrode, elektrischer Nullpunkt 14 Nulllinienschwankungen 354 O Orthostase 52, 118 Úsophagus-Ableitungen 20 Ostium-primum-Defekt 36, 44, 97 OUP (oberer Umschlagspunkt) 84, 87 Oversensing 339 overshoot 2
P P-Vektor 24ff. P-Welle 55ff. P abgeflacht 62 P cardiale (biatriale) 59 P dextroatriale 25, 56 P mitrale 58, 348 P negativ 26, 63 P pulmonale 57 P sinistroatriale 26, 58 PA-Intervall 22 Pankreatitis 132 Pararhythmie 301 Parasympathikotonie 52 Parasystolie 304 ventrikulåre 333 Pardee-Q 29, 78f., 125, 157 Pause kompensatorische 233 nichtkompensatorische 233 postextrasystolische 233 pråautomatische 221, 317 Perikarderguss 86 Perikarditis, Perimyokarditis 126, 132, 199 f. constrictiva 200 permanent junctional reciprocating tachycardia (PJRT) 71, 269 Phånomen, ventrikulophasisches 257 Phase-III-Block, Phase IV-Block 95, 104 Phase, vulnerable 3, 238 PJ-Zeit 66, 239 Plateauphase 3 Posttachykardiesyndrom 133, 243, 278, 348 PQ-Intervall, Syndrom des kurzen 71 PQ-Strecke, PQ-Zeit 63, 217, 329 verkçrzt 65 verlångert 64 Pråexzitationssyndrom 65ff., 267 Prinzmetal-(Variant-)Angina 125, 156 Proarrhythmie 210, 285 Pseudoinfarktbild 30, 69 Pulmonalstenose 44 Purkinje-Faser 3, 6, 213 Q Q-Vektor, -Zacke 10, 27, 77 atemabhångig 79 fehlend 28 Hypertrophie-Q 28 Infarkt-Q 29, 78f., 125, 157 Q rechtspråkordial 79 QRS-Komplex 83ff. QT-Dauer, QT-Zeit 80f. frequenzabhångig 80f. Verkçrzung 82 Verlångerung 80ff. QT-Syndrom, langes 81, 288
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Sachverzeichnis R R-Vektor 31 R-Zacke 13, 28 rabbit ear 229, 280, 296 Ramus circumflexus (RCx) 160 Ramus interventricularis anterior (RIA) 160 R-auf-T-Phånomen 238, 285 RCA (right coronary artery) 160 Rechtsherzhypertrophie 43, 88 f. Sokolow-Lyon-Index 43, 89 Volumenhypertrophie 44 Widerstandshypertrophie 44 Rechtsschenkelblock (RSB) 45, 99f., 121, 175 inkompletter (unvollståndiger, partieller) 100 kompletter, vollståndiger 100 mit linksanteriorem Hemiblock 100 mit linksposteriorem Hemiblock 101 mit (çberdrehtem) Rechtstyp 101 und Myokardinfarkt 175 Wilson-Typ 100 Rechtstyp 34f., 37 çberdrehter 34f., 37 Rechtsverspåtung 100f. Reentry (kreisende Erregung) 216 schrittmacherbedingter 340 Refraktårphase, -zeit 3, 214, 330 absolute 3, 214 frequenzabhångiges Verhalten 217, 228 relative 3, 214 Reperfusionstherapie, erfolgreiche 179, 293 Reizleitungssystem 3, 21 Reizschwelle 330 Repolarisation (Erregungsrçckbildung) 9, 118, 128 vorzeitige (early repolarization) 119, 348 Repolarisationsphase 3, 11 Resynchronisationstherapie 328 Rhythmus akzelerierter idioventrikulårer 68, 292 atrialer 61 aus dem linken Vorhof 27 AV-junktionaler 26, 61, 224 multifokaler atrialer 226 Sinus-coronarius 26 Rhythmusstærungen 213ff. supraventrikulåre 227ff. ventrikulåre 232ff. Romano-Ward-Syndrom 82, 287 R-Reduktion, R-Verlust 48, 157 Ruhe-EKG, normales 24 Ruhefrequenz 4f. Ruhemembranpotential 3 Ruhepotential 1 S S-Zacke 115 SA-Block 221, 306 I. Grades 307
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II. Grades Typ 1 (Wenckebach) 61, 221, 307 Typ 2 (Mobitz) 61, 221, 308 III. Grades 61, 308 Sagittalachse, -stellung 31 Sagittaltyp 36, 38, 40, 85 Salvenextrasystolen 237 Sammelelektrode 14, 16 Sarkoidose 149 Schenkelblock (s. auch Rechts-, Linksschenkelblock) 44, 94ff., 174 f. bilateraler 103 frequenzabhångiger 95 bradykardiebedingt (Phase-IV-Block) 95, 104 tachykardiebedingt (Phase-III-Block) 95, 104 intermittierender 95, 104 ipsilateraler 267 irreversibler (permanenter) 95 reversibler (vorçbergehender) 95 Schraubelektrode 325 Schrittmacher 4, 213, 323ff. AAI-Schrittmacher 221, 326 biventrikulårer Schrittmacher 328 DDD-Schrittmacher 221, 327, 329 Einkammerschrittmacher 326 frequenzadaptives System (rate response) 326 Indikation 323 Schrittmacher und Myokardinfarkt 179 wandernder s. multifokaler atrialer Rhythmus 226 VDD-Schrittmacher 328 VVI-Schrittmacher 326 Zwei-Kammer-Schrittmacher 327 Schrittmacherelektroden 325 Schrittmacherfunktion Demand-Funktion 326 Empfindlichkeit 329 exit block 337 Frequenzabfall 337 oversensing 339 Parasystolie 331, 333 Polaritåtswechsel 338 Rhythmusstærungen 333 Sensing-Funktion 326 Sensing Defekt 330 undersensing 339 ventrikulåre Parasystolie 333 Schrittmacher-Kode (ICHD) 325 Schrittmacherspikes, Polaritåtswechsel 338 Schrittmacherstimulation bipolare 325 biventrikulåre 328 unipolare 325 VDD-Stimulation 328 Schrittmachertachykardie 340 Schrittmachertherapie, Indikation 323 Schrittmachersyndrom 341 Schrittmacherzellen 3
Sachverzeichnis Schwankungen der Nulllinie 354 Schwellenpotential 1ff. Seitentyp, pathologischer 91 Septum-primum-Defekt 36, 44, 97 S1-Q3-Syndrom (McGinn-White-Syndrom) 116, 126, 195f. S1-S2-S3-Typ s. Sagittaltyp Sick-Sinus-Syndrom 220ff. single ventricle 28 sinuatrialer Block s. SA-Block Sinusarrest 222, 308, 319 f. Sinusarrhythmie 219ff. atmungsunabhångige (regellose) 220 respiratorische 52, 219 lagebedingtes QIII 52 Sinusbradykardie 218, 220 persistierende 220 Sinus coronarius Rhythmus 26 Sinusknoten 4, 6, 213, 216 Sinusknotendysfunktion 180, 220 Sinusknotenerholungszeit (SKEZ) 221, 246 Sinusknotensyndrom 220, 306 Sinusknoten-Reentry-Tachykardie 218, 265 Sinusrhythmus 216 Sinustachykardie 62, 218 Situs inversus (Dextrokardie) 20, 53 Sokolow-Lyon-Index Linksherzhypertrophie 90 Rechtsherzhypertrophie 89 Sondendislokation 325 Sotolol, Proarrhythmie 286 Spåtpotenziale 117, 215 Spitzenumkehrtachykardie s. Torsade de Pointes Spontandepolarisation 2 Standardableitungen 14ff. ST-Elevations-Myokardinfarkt (STEMI) s. Myokardinfarkt Steiltyp 34f., 37 Stimulation s. Schrittmacherstimulation straight-back-Syndrom 40, 52 ST-Strecke 3, 11, 118ff. Elevation 49, 123, 157 Normvarianten 119 Senkung 49, 120 Subarachnoidalblutung 132, 136 Summationsvektor 10 SVES s. Extrasystole, supraventrikulåre swinging heart syndrome 86 Sympathikotonie 51 Syndrom der inadåquaten Sinustachykardie 265 Syndrom des kranken Sinusknotens 220 Syndrom des kurzen PQ-Intervalls 71 Systole, elektrische 80 T T-en-Dome 124, 130, 156 T koronares s. T-Welle, terminal negative T-Vektor, T-Welle 128
Diskordanz 12 gleichschenklig negativ 122, 132 Konkordanz 12 koronare 122, 132 pråterminale negative 129 terminal negative 50, 123, 129, 132 Tachyarrhythmia absoluta 244ff. Tachykardie 213 arrhythmogener rechter Ventrikel 290 atriale 256 digitalisinduzierte 257 incessant, permanente 257 multifokale (MAT) 259 AV-junktionale Reentry 260 gewæhnliche Form (slow-fast) 260 ungewæhnliche Form (fast-slow) 261 mit breitem Kammerkomplex 293 idioventrikulåre 68, 292 junktionale ektope 266 nichtparoxysmale junktionale (NPJT) 210, 266 permanente junktionale Reentry (PJRT) 71, 269 Reentry bei Pråexzitation 267 mit schmalem Kammerkomplex 274 Sinusknoten-Reentry 265 Spitzenumkehrtachykardie (Torsade de Pointes) 136, 285 supraventrikulåre 242ff. Frequenzspektrum 244 Gefåhrdungsgrad 274 Therapie 274 Ursprungsort 244 ventrikulåre (VT) 61, 277ff., 335 anhaltende 277 Artefakte 350 bidirektionale 210, 291 Differentialdiagnose 293 faszikulåre 211 idiopathische 278 monomorphe 277 idiopathische 278 nichtanhaltende 277 polymorphe 284ff. Brugada-Syndrom 288 mit angeborener QT-Verlångerung 287 mit erworbener QT-Verlångerung 285 ohne QT-Verlångerung 284 Tachy-Bradykardie-Syndrom s. Brady-Tachykardie-Syndrom Tagesschwankungen 51, 191 Tawara-Schenkel 5f., 10 Tipps und Tricks 345 Thorel-Bçndel 4 Torsade de Pointes (Spitzenumkehrtachykardie) 136, 285 TP-Strecke 135 TQ-Strecke 3 Transversalachse 39 Trichterbrust 36, 40, 52 Trigeminus 238
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Sachverzeichnis Trikuspidalklappe 4 Triplet 238 TU-Verschmelzungswelle 80, 137, 204 Two-level-block 251 U U-Welle 135 bei Hypokaliåmie 206 Ûbergangszone 41 Ûberleitung, aberrante s. Aberranz Ûberleitungszeit 63 Umkehrerregung 216 Umkehrsystole 236 Umkehrtachykardie s. Reentry Umschlagspunkt, oberer (OUP) 42, 84 Undersensing 339 Untersuchung, elektrophysiologische 21 V Vagusreizung s. Karotissinus-Druckversuch VDD-Schrittmacher 328 Vegetativum 51 Vektorschleife 12f. Vektortheorie 8 Ventrikel, arrhythmogener rechter 290 Ventrikelaneurysma s. Herzwandaneurysma Ventrikelseptumdefekt 29 Verapamil (Isoptin¾) 262, 299 Verkehrsampel 15 Verletzungsstrom 157 Versorgungstyp 6 Verzweigungsblock (Arborisationsblock) 104, 115 Volumenhypertrophie 93 Vorderwandinfarkt s. Myokardinfarkt Vorhæfe 4, 55ff. Vorhoferregung, retrograde 26, 336 Vorhofextrasystole s. Extrasystole, atriale Vorhofflattern 250 gewæhnlicher Typ 251 ungewæhnlicher Typ 255 Vorhofflimmern 60, 244 adrenerges 246 und AV-Block III 246 bradyarrhythmisches 246 grobes 244, 349 Therapie 246 vagales 246
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bei WPW-Syndrom 270 Vorhofleitungsstærung 58 Vorhofpfropfung 261, 341 Vorhofrhythmus, chaotischer 259 Vorhofseptumdefekt (ASD) 36, 44, 97 Vorhofstillstand 221f., 308 Vorhoftachykardie s. Tachykardie, atriale VVI-Schrittmacher 326 W Warming-up-Phånomen 242, 257, 259 Wechselstrom 354 Wenckebach-Block s. AV-Block II Typ 1 Wenckebach-Bçndel 4 Wenckebach-Periodik 64, 213 Widerstandshypertrophie 92 Wilson-Block s. Rechtsschenkelblock Winkel a 32f. Wolff-Parkinson-White-(WPW-)Syndrom 36, 65ff., 133, 267 ff., 349 akzessorische Bahn 65, 267f. Concertina-Phånomen 73, 77, 239 Delta-Welle 65, 239, 267 intermittierendes 67f., 239 Komplikationen 71, 267 ff. manifestes 68 permanentes 68 Pseudohinterwandinfarkt 30, 69 Schenkelblock bei WPW 271 sternalnegativer Typ (Typ B) 68 sternalpositiver Typ (Typ A) 68 Tachykardie antidrome 67, 71, 268, 289 orthodrome 71, 267 permanente junktionale Reentry-Tachykardie (PJRT) 71, 269 verborgenes 68, 71, 271 Vorhofflimmern 270 Z Zeitintervalle, intrakardiale 22 Zellen, automatische 3 Ziehharmonika-Phånomen s. Concertina-Phånomen Zweikammerschrittmacher 327 Zwerchfellhochstand, -tiefstand 52