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BEITRAGE ZUR GESCHICHTE UND QUELLENKUNDE DES MITTELALTERS
Herausgegeben von •
HORST FUHRMANN
BAND 16
JAN THORBECKE VERLAG SIGMA RINGEN 1994
FELICITAS SCHMIEDER
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DIE MONGOLEN IM URTEIL DES ABENDLANDES VOM 13. BIS IN DAS 15. JAHRHUNDERT
JAN THORBECKE VE RLAG SIGMA RINGEN 1994
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Schmieder, Felicitas: Europa und die Fremden: die Mongolen im Urteil des Abendlandes vom 13. bis in das 15.Jahrhundert / Felicitas Schmieder. - Sigmaringen: Thorbecke, 1994 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittel alters; Bd. 16) ISBN 3-7995-5716-4 NE: GT
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DES FÖRDERUNGS- UND BEIHILFEFONDS WISSENSCHAFT DER VG WORT
© 1994 by Jan Thorbecke Verlag GmbH
& Co., Sigmaringen
Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Werk unter Verwendung mechanischer, elektronischer und anderer Systeme in irgendeiner Weise zu verarbeiten und zu verbreiten. Insbesondere vorbehalten sind die Rechte der Vervielfältigung - auch von Teilen des Werkes - auf photomechanischem oder ähnlichem Wege, der tontechnischen Wieder gabe, des Vortrags, der Funk- und Fernsehsendung, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, der Übersetzung und der literarischen oder anderweitigen Bearbeitung. Dieses Buch ist aus säurefreiem Papier hergestellt und entspricht den Frankfurter Forderungen zur Verwendung alterungsbeständiger Papiere für die Buchherstellung. Gesamtherstellung: M. Liehners Hofbuchdruckerei GmbH & Co. Verlagsanstalt, Sigmaringen Printed in Germany . ISBN 3-7995-5716-4
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I.Fragen und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abriß der Geschichte der mongolischen Reiche und ihrer Kontakte mit dem Abendland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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9 22 •
11. Zu den Quellen und ihrer Rezeption durch die Zeitgenossen . . . . . .
43
1. Die Reiseberichte und ihre Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Verlorene und mündliche Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Rezeption der Informationen im Abendland . . . . . . . . . . .
44
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48 55
4. Individuelle Einflüsse auf Qualität, Umfang und Art der Darstellung der Mongolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abendländische Mongolenpolitik vom 13. bis ins 15. Jahrhundert
.. .
66 73
1.Feindselige Heiden aus dem Osten - die politische Einschätzung der Tartaren in den ersten Jahren nach dem »Sturm«
. . . . . . .. .
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2. Getaufte Alliierte oder Heidenbündnis ? - Die Atmosphäre der diplomatischen Kontakte zwischen Abendland und Mongolen in der
73
'/.
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2. Hälfte des 13. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Tartaren in den Kreuzzugsgutachten . ... . ... . . . .... .
109
4. Die Tartaren als Exemplum in der militärisch-politischen Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
122
. . . . . . . . . ,
128
6. Der Umgang der abendländischen Kaufleute mit den Tartaren . . . ,
152
7. Die Tartaren als politischer Faktor im 14. Jahrhundert . . . . . . . . ,
172
8. Die Tartaren im politischen Kalkül westlicher Mächte im 15. Jahrhundert . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
180
5. Praxis und Theorie der Mission unter den Tartaren
IV.Die Einordnung der Mongolen in das abendländische Wissen von der Welt . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Das Volk der Tartaren in den Augen des Abendlandes . . . . . . . . ,
89
t
198 201· 247
2. Die weltgeschichtliche Stellung und Aufgabe der Mongolen . .. . , a . Die mongolische Geschichte in der abendländischen Historio graphie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , b. Die Bedeutung der Tartaren für die Endzeit . . . . . . . . . . . .
258,
3. Das geographische Weltbild unter dem Einfluß der Öffnung Asiens .
285
248
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V.Epilog: Abendländische Mongolenurteile im späten Mittelalter . . .. .
323
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ANHANGE I. Gesandtenaustausch zwischen den Ilkhanen von Persien und dem Abendland 1262-1308 (1322) .. .. .. . . . . . ... .... .. . ..
328
II.Brief des Papstes Johannes XXII. an die Kommune von Genua, t. 80, fol. 31lvl312r . .. . . . . . . .. . . . . . . . ... ASV.Reg.Va.
336
Abkürzungen . . . . . . .. .. . .. .. .. . .... . . ... . . . .
339
Handschriftenverzeichnis . ... .. . . .. . . .. . . . .... .. . . 346 Quellen- und Literaturverzeichnis a.Quellen
. . . .. . .... .
b. Literatur . .... .. .. ..
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349 372
Register der Namen von Personen, Völkern, geographischen Begriffen und Quellen( autoren) . . ... .... .. . ......... . . . . . . ... .. 381
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I
VOlwOrt
Die vorliegende Arbeit wurde 1991 in Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Zu besonderem Dank für die Anregung sowie vielfältige Gesprä che bin ich vor allem meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Johannes Fried, verpflich tet; ebenso danke ich den Gutachtern, Herrn Prof. Dr. Heribert Müller, der mir viele wertvolle Hinweise gab, und Herrn Prof. Dr. Lothar Gall. Tiefe Dank barkeit und stilles Gedenken widme ich Frau Dr. Elsbet Orth, Frankfurt (t 16. 11. 1991), deren Ermutigung, Ansporn und Förderung mir von Beginn an auf dem Weg zum Abschluß dieser Arbeit eine entscheidende Hilfe waren. Ein Arbeit, die sich wie diese auf sehr zahlreiche Quellen aus den verschieden sten Gebieten stützt, ist auf vielfältige Hinweise und Kritik angewiesen. Unter den vielen Freunden und Kollegen, die meine Arbeit begleiteten und durch Hinweise und zahllose Diskussionen unterstützten und förderten, möchte ich schon vorab namentlich danken: Dr. Martin Bertram, Rom, Dr. Lorenz Bönin ger, München, Prof. Dr. Michael Borgolte, Berlin, Prof. Dr. Gunar Freibergs, Los Angeles, Dr. Patrick Gautier Dalche, Paris, Gundula Grebner, Frankfurt, Dr. Andrea von Hülsen, Göttingen, Dr. Reinhold Jandesek, Bamberg, Dr. Hans Heinrich Jansen, Frankfurt, Christian Kleinert MA, Frankfurt, Prof. Dr. Gert Melville, Münster, Priv. Doz. Dr. Folker Reichert, Heidelberg, Christiane Rode waldt MA, Berlin, Priv. Doz. Dr. Gerhard Rösch, Kiel, Michael Rothmann MA, Frankfurt, Prof. Dr. Brigide Schwarz, Hannover, Prof. Dr. Bernhard Töpfer, Berlin, Klaus Vogel MA, Göttingen, Dr. Gerrit Walther, Frankfurt, Dr. Char lotte Warnke, Wiesbaden. Ich habe versucht, alle Hilfen, die konkret in diese Arbeit eingeflossen sind, an Ort und Stelle zu vermerken. Besonderer Dank gilt darüber hinaus Herrn Prof. Dr. Arnold Esch und dem Deutschen Historischen Institut in Rom, die mir ein dreimonatiges Stipendium ebendort ermöglicht haben; ebenso fühle ich mich Herrn Prof. Dr. Horst Fuhrmann, München, verpflichtet, der die Arbeit kritisch geprüft und in die Reihe »Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters« aufgenommen hat. Der Fachbe reich Geschichtswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität zeich nete die Dissertation im Sommer 1992 mit dem Sperlpreis zur Förderung der Geisteswissenschaften aus; die Philosophische Promotionskommission belohnte die Mühe mit einem Druckkostenzuschuß: dafür habe ich zu danken. Ohne einzelne Namen nennen zu können, möchte ich auch die vielen Mitar beiter der Archive und Bibliotheken, die ich besucht habe, nicht vergessen: des Historischen Archivs der Stadt Köln, des Archivio Segreto Vaticano, der Biblio teca Apostolica Vaticana, der Biblioteca Marciana, Venedig, der Biblioteca Augu-
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VORWORT
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sta, Perugia, der Bibliotheque Nationale in Paris, der Staatsbibliotheken in Bamberg und München. Die freundliche Genehmigung, Abbildungen aus Manu skripten ihrer Bestände zu Drucken, erteilten die Biblioteca Estense, Modena, die Biblioteca Nazionale, Florenz, die Biblioteca Marciana, Venedig, die Biblioteca Apostolica Vaticana, Rom, die Bibliotheque Nationale, Paris, die British Library, London, das Corpus Christi College, Cambridge, die Österreichische National bibliothek, Wien und das Rheinisches Bildarchiv, Köln.Schließlich hätte das Buch kaum in dieser Form erscheinen können ohne die Bemühungen des Verla ges, insbesondere des Lektors Thomas Theise, und ohne die großzügige Druck kostenbeihilfe der V G WORT, München: auch dafür möchte ich meinen Dank aussprechen.
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I. Fragen und Ziele
Verum est quod quando pr imo sunt de montibus egressi omnes bestias comedebant, sed modo nonnisi bonas et sanas,
quia in multis cor rexerunt mores suos, quos in montibus habuer ant turpes, e t s u n t m o d o h o m i ne s c o m m u ne s. »Es ist wahr, daß sie, als sie zuerst aus den Bergen hervorkamen, alle Tiere aßen, doch bald nur noch gute und reine, weil sie in vielem ihre schändlichen Sitten, nach denen sie in den Bergen lebten, verbessert haben, und sie sind [nun] ganz normale Menschen« 1: So beurteilt ein Abendländer, der italienische Chronist Jacopo d'Ac qui, vor 1330 die Mongolen. Der Entwicklungs- und Lernprozeß, den Jacopo hier bei ihnen zu beobachten glaubt, hat zu einem erheblichen Teil bei den Abendlän dern selbst stattgefunden. Sie haben die Mongolen - oder Tartaren, wie sie sie meist
nennen2 -, seit diese »aus den Bergen hervorkamen« \ das heißt ins Blickfeld des
Abendlandes getreten sind, kennengelernt. Das Wissen über das fremdartige Volk hat sich verändert, deshalb hat sich das Urteil gewandelt, und die Mongolen können in der zitierten Weise ins abendländische Welt- und Menschenbild eingeordnet werden: Sie erscheinen nun, anders als zu Beginn, als »nolmale Menschen«.
.
Diese Entwicklung im Wissen und Urteil über die Mongolen ist Teil größerer Veränderungen im abendländischen Wissen von der Welt, die - mit der Kreuz zugszeit beginnend -letztlich das traditionell mittelalterliche Weltbild zu dem der »Moderne« wandeln 4. Aufgrund bestimmter Eigenschaften nehmen konkrete, persönliche und geistige Auseinandersetzungen des Westens mit den Mongolen nicht nur in einigen wichtigen Bereichen maßgeblichen Einfluß auf die genannten Veränderungen, sondern eignen sich auch besonders zur exemplarischen Beob achtung, Darstellung und Erklärung mancher Aspekte dieses Wandlungs- und Lernprozesses durch den Historiker. 1 ]acopo d'Acqui, Imago mundi, bis 1330, Sp.1558 (Hervorh. F. S.). 2 Zur mittelalterlichen abendländischen Benennung, die den asiatischen Volksnamen »Tatar« durch Assoziation umformte, S. 22/3. Ich bleibe beim zeitgenössischen Begriff, auch wenn die moderne wissenschaftliche Literatur meist von» Tataren« spricht. Die mittelalterlichen MongolenlTartaren sind mit dem modernen Volk der Tataren nicht identisch; vgl. auch S.212, N.77. 3 Die Vorstellung hat geographische und heilsgeschichtliche Implikationen, vgl. unten S. 285ff. u.258ff. 4 P. KLETLER, Die Gestaltung des geographischen Weltbildes unter dem Einfluß der Kreuzzüge, in: MIÖG 70 (1962) 294-322. Empirisches Forschen wird anhand der Mongolen eingeübt: dazu FRIED, Suche; auch HAMANN, Wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung; TELLENBACH, Frühgeschichte. - Zur weltgeschichtlichen Bedeutung historischer und gegenwärtiger Beschäftigung mit dem Orientbild Peter G.BrETENHoLZ, Pietro della Valle (1586-1652), BaselJStuttgart 1962, 1 H.
10
I. FRAGEN UND ZIELE
Warum und unter welchen Bedingungen kommt es nun zu diesen Wandlungen im abendländischen Weltbild, wie können sie aussehen, und welchen Platz nimmt das Kennenlernen und Beurteilen der Mongolen darin ein? »Mongolen« bezieht sich dabei auf das Volk wie auf die von diesem beherrschten Gebiete als Objekte der Beurteilung durch das Abendland. »Abendland« meint den Bereich des mittelalterlichen Europa, der durch die gemeinsame Wissenschaftssprache Latein eine kulturelle Einheit bildete 5, den lateinischen Westen also im Gegensatz zu Byzanz und zum Orient. Nicht eingeschlossen sind dementsprechend auch die religiös und kulturell von Byzanz geprägten Gebiete Osteuropas. Diese Ausgrenzung ist im Falle der Betrachtung des Mongolenbildes noch zusätzlich dadurch gerechtfertigt, daß zum Beispiel der Raum des Großfürstenturns Moskau und der von ihm dominierten Teilfürstentü mer fast im gesamten späten Mittelalter unter direkter Herrschaft der Mongolen stand und damit notgedrungen eine qualitativ völlig andere Beziehung zu ihnen entwickelte als der Westen Europas6• In einer Übergangs situation befanden sich die Länder am Ostrand des Abendlandes (Polen, Ungarn, Großlitauen etc.), die während der fraglichen Zeit zwar »frei« blieben, aber immer wieder unter mongolischen Einfällen zu leiden hatten. Der Einfluß dieser Lage auf das abendländische Tartarenbild wird zu berücksichtigen sein 7. Seit dem 12. Jahrhundert überschreiten - zunächst im Rahmen der Kreuzzüge die Abendländer in größerer Zahl und höherer Intensität als in den Jahrhunderten davor die Grenzen ihres Kulturkreises. Sie kommen dabei notgedrungen mit fremder, hier der muslimischen, Kultur in Berührung, mit der sie sich zunächst kriegerisch auseinandersetzen. Dadurch aber, daß sie sich im Heiligen Land dann auch ansiedeln, entwickeln sie eine dauerhafte »Kulturbeziehung« 8 zur ansässigen orientalischen (nicht nur muslimischen) Bevölkerung und beginnen, sich mit fremden Völkern auseinanderzusetzen 9. Anders als frühere derartige Kulturbe5 Grundsätzliche Überlegungen zur Frage der Einheit einer westeuropäischen Kultur z. B. bei Denis HAY, Europe: The Emergence of an Idea, Edinburgh 1957; W.K.FERGUSON, The Church in a Changing World: A Contribution to the Interpretation of the Renaissance, in: AHR 59 (1954) 1-18: Danach kann man vom 14.-16.Jh. als einer Periode in der gesamteuropäischen Kultur sprechen. 6 Allein schon, daß die russische Geschichte eine »mongolische Periode« kennt, zeigt den grundsätz lichen Unterschied zu Westeuropa. - Zum Selbstverständnis der Abendländer gegenüber Rußland, zur besonderen Stellung Rußlands außerhalb von Europa bis mindestens Mi. 15.Jh. E. KLUG, Das »Asiatische Rußland«. Über die Entstehung eines europäischen Voruneils, in: HZ 245 (1987) 265-89. 7 Zusätzlich werden einige Quellen aus dem Bereich vorderorientalischer Christen, speziell aus dem Königreich Kleinallllenien, wegen ihres großen Einflusses auf das abendländische Mongolenbild herangezogen, deren lokale Bedingtheit ebenfalls zu berücksichtigen ist (bes. unten S. 114ff. Haython; '!- S. R. BOASE [Ed.], The Cilician Kingdom of Allnenia, NYork 1978; anders Großannenien: Edouard DULAURIER, Les Mongois d'apres les historiens armeniens, in: JA 5. sero 16 [1860]273-322). 8 Zu dieser Kategorie kultureller Kontakte BnTERLI, unten N. 12. 9 Zur Entwicklung des abendländischen Bildes vom fremden Menschen Henri BAUDET, Paradise on Eanh. Some Thoughts on European Images of Non-European Man, trans!. E. Wentholt, N.Haven! London 1965; FeEpe FERNANDEZ-ARMESTO, Before Columbus. Exploration and Colonisation from
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GESCHICH TE DER M O N G O L I S C H E N R E I C H E
ziehungen bleibt diese nicht auf Randbereiche des Abendlandes beschränkt, sondern schließt personell und in ihren geistig-kulturellen Auswirkungen das ganze Abendland ein 10. Die Europäer wollen nicht von den Muslimen lernen oder ihre Kultur akzeptieren, doch ungewollt und unbemerkt kommt es beim Zusam 1 menleben zum Austausch, zu »kulturellem Lernen« \ zur Veränderung des überkommenen Wissens. Zur gleichen Zeit, als die Abendländer sich im Umgang mit fremder Kultur üben, entsteht fern im östlichen Zentralasien vom Westen unbemerkt der Kern einer Macht, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte halb Asien zu einem einzigen Machtgebilde vereinigt und schließlich den Ein zugsbereich des Abendlandes erreicht. Zwar verlaufen auch in diesem Fall die ersten Kontakte der Abendländer mit dem fremden Volk gewalttätig, doch bald entwickeln sich neben vereinzelten »Kulturberührungen« auch im Kontakt mit 12. den Mongolen auf Dauerhaftigkeit angelegte »Kulturbeziehungen« Die Tarta ren verhalten sich zwar christlichen Völkern gegenüber feindselig, selten aber gegenüber einzelnen Besuchern 13, und öffnen damit Kaufleuten und Missionaren den freien Zugang zu den riesigen Räumen Asiens. So entsteht bald auf abendlän discher Seite ein differenziertes Mongolenbild, das erlaubt, das fremde Volk und sein Land als erstrebenswertes Reiseziel zu betrachten oder sich dort sogar anzusiedeln. the Mediterranean to the Atlantic 1229-1492, Basingstoke/London 1987, u. unten S. 200, N.I0 ; F. GA GNON, La theme medievale de l'homme sauvage dans les premieres representations des Indiens d'Amerique,in: Aspects 82-103. 10 Nur wenige Beispiele evidenter Einflüsse seien genannt: neue orientalische Motive tauchen in der Dichtung auf, Karl der Große wird zum Kreuzfahrer nach Jerusalem, orientalische Sagenmotive, Prophetien (dazu S. 258 ff.) usw. dringen in die europäische Literatur ein. - Grenzbereiche zu anderen Kulturen wären die Iberische Halbinsel oder Sizilien. 11 Nicht in den Kreuzzügen selbst, sondern in den »Kulturkontaktsystemen«, zu denen sie unab sichtlich führen, beginnen die Abendländer zu lernen: Volker RI TTNER, Kulturkontakt und soziales Lernen im Mittelalter. Kreuzzüge im Licht einer mittelalterlichen Biographie,KölnIWien 1973,203, eine DarsteUung des Lernens anhand der Histoire de Saint Louis des Jean de Joinville, mit hervorra genden methodischen Vorbemerkungen. Besonderheiten der Kontakte im Heiligen Land: BI ETEN HOLZ, wie N.4,8. 12
Die Begriffe folgen den Definitionen von Urs BITTERLI, der sie an den wesentlich intensiveren und
vielfältigeren Kontakten der Abendländer mit fremden Völkern seit dem 16.Jh. gewinnt. Dennoch lassen sich einige davon durchaus auf das 12.-14.Jh. übertragen. Neben erster oder in weiten zeitlichen Abständen stattfindender »Kulturbecührung« kann es zwischen Abendländern und Fremden z�
dauerhaften »Kulturbeziehungen« kommen (Alte Welt - neue Welt. Formen des europäisch-übers�el sehen Kulturkontakts vom 15. bis zum 18.Jahrhundert, München 1986; die dort aufgeführte dntte FOIlIl des »Kulturzusammenstoßes« bezieht sich auf Eroberungen im Land der Fremden und kommt für die Kontakte mit den Mongolen kaum in Frage). Solche Beziehungen zu den Mongolen baue� z. B. Missionare und Kaufleute auf, die sich für immer oder doch für lange Zeit im Tartarenland me �r lassen. - BIHE RLI unterscheidet schon 1976 in: Die .. Wilden« und die »Zivilisierten«. Grundzuge
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einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung, München 19� 6, 161 ff. noch feiner. Der Begriff der »Kulturbeziehung. (1986) ist in »Kulturkontakt., .Akkulturat1on� und »Kulturverflechtung. untergliedert; die letzteren beiden Begriffe beschreiben Kontakte von großerer Intensität,als sie mit den Mongolen je zustande kamen. 13 Abendländische Erfahrungen unten S. 73 H.
12
1.
F R A G E N U ND Z I E L E
Einige der Gruppen, die schon der Aufbruch des 12. Jahrhunderts nach dem Orient in Bewegung gesetzt hat, werden zu Hauptträgern auch der Begegnungen mit den Mongolen 14. Westliche Kaufleute haben gerade begonnen, sich in der Levante zu etablieren, und erschließen nun ihrem Handel und ihrem Streben nach Gewinn den Schwarzmeerraum und zumindest für einige Zeit weite Gebiete Asiens, denn sie werden von den Mongolen besonders bereitwillig aufgenom men 15. Im frühen 13. Jahrhundert sind neue Mönchsorden entstanden, für die der Aufbruch und die Wanderschaft geradezu konstitutiv sind. Sie elwachsen aus der Bewegung ihrer Zeit und steigern ihrerseits wieder die Beweglichkeit, indem sie den Völkerkontakt - in seiner Qualität wie bei den Händlern durch ihre spezielle Aufgabe beeinflußt - als Missionare in die fernsten Weltgegenden tragen 16. Über die direkten Berührungen mit den Fremden hinaus wird für den zu untersuchen den Lernprozeß die Rückwirkung der Völkerbegegnungen auf die viel weiteren Kreise der nur mittelbar involvierten Abendländer besonders wichtig. Weil es auch ihnen gelingt zu lernen, weil sie sich Informationen verschaffen und sie in das abendländische Wissen von der Welt einordnen, verändert sich das Weltbild des Abendlandes nachhaltig 17. Gerade bei den ersten Mongolenreisenden zeigt sich, daß die Abendländer des 13.Jahrhunderts nur einen geringen Anstoß brauchen, um in die ferne Fremde zu reisen: Die Franziskaner, die 1245 in päpstlichem Auftrag nach Osten reisen, lassen sich von einem tartarischen Truppenführer zum anderen bis zum Groß khan nach Karakorum weiterschicken; die Brüder Polo weichen um 1260 auf Vorschlag eines Mongolen nach Osten aus, weil der Weg nach Westen versperrt ist l8• Zu solchem Handeln treibt die mutigen Reisenden unter anderem Gewinn streben, christlich-missionarisches Sendungsbewußtsein und auch politische Not14
Weniger wichtig für die Kontakte zu den Mongolen sind erobernde und siedelnde Kreuzfahrer
und Jerusalempilger; Angehörige beider Gruppen lernen aber im Heiligen Land und durch dessen Beziehungen zum persischen Mongolenreich Mongolen kennen. - Ausdruck der Beweglichkeit der Zeit ist z. B. die zunehmende Beliebtheit von Epen um fahrende Ritter, die oft in die Orient ziehen. 15 Kaufleute, so bemerkt Jean Froissart gegen Ende 14.Jh., sind überall willkommen, weil sie Gold und Silber und auch Handelswaren bringen: Xl S. 229; dazu unten S. 152 ff. 16 Vgl. S. 128ff. 17 Das Nachdenken der Daheimgebliebenen als Teil der Völkerbegegnung: J. OSTER HAMMEL, Distanzerfahrung. Darstellungsweisen des Fremden im 18. Jahrhundert, in: Der europäische Beobach ter, S. 9-42. Zur Verbreitung der Kenntnisse ausführlich unten S. 43 ff. 18 Milione c.IIl/IV(3/4) S. 4/5 (5-7); unten S. 167. - Dagegen verachtet im 14.Jh. der Marokkaner l b.n Battuta die Christen, rechnet ihre Herrscher nicht unter die sieben größten Herren der Welt (Ubers. GIBB S. 483; dazu H. MÖHRING, Konstantinopel und Rom im mittelalterlichen Weltbild der Muslime, in: Das geographische Weltbild um 1300, bes. 59-68): Vielleicht liegt darin, daß die Abendländer zwar auch die anderen geringschätzen, sie aber dennoch zunehmend kennenlernen wollen, eine Begründung dafür, warum sie und nicht z. B. die kulturell noch weit überlegenen Araber d,e ganze Welt vor allem kulturell erobert haben. Einige Uberlegungen bei Stephan SKALWEIT, Der Beginn der Neuzeit. Epochengrenze und Epochenbegriff, Darmstadt 1982, 50.
GESCHICHTE D E R MO NGO L I S C H E N R E I C H E
13
wendigkeit oder Machtstreben in verschiedenster Ausfonl1ung 1 9, die zweifellos wichtige Voraussetzungen für die Reisen und den daraus folgenden Lernprozeß sind. Noch mehr aber und in erster Linie zum Aufbruch in die zugänglich gewordene Welt und vor allem zu ihrer Erforschung werden die Abendländer von ihrer Neugier - oder weniger pejorativ: ihrem Wissensdurst - gedrängt 20. Welche Beweggründe auch immer im einzelnen für die Reisen und auch für die litera risch-wissenschaftliche Verarbeitung der Informationen im Westen zusammen kommen : Der Forscher bedarf vor allem einer nur auf die Freude an der Erkenntnis, am Wissen gerichteten Neugier. Damals wie heute fühlt er sich genötigt, diese Neugier vor der Umwelt zu rechtfertigen: Im Mittelalter ist das besonders problematisch, weil curiositas im menschlichen Denken und Handeln und in der Wissenschaft nicht als Wert anerkannt ist21• »Auch die Örtlichkeiten (Ioca), das heißt die Teile der Welt, gliedert man in drei Hauptteile, nämlich in Asien, Afrika und Europa, deren Grenzen zu beschreiben, wo sie beginnen und aufhören, ich eher für neugierig als für nützlich halte (maioris credo curiositatis quam utilitatis)« 22: mit dieser Formulierung qualifiziert 1288 der Kölner Domherr Alexander von Roes jeglichen Wunsch ab, Näheres über geographische Verhältnisse in Erfahrung zu bringen. Der Oxforder Franziskaner Roger Bacon - wegen seiner Überlegungen zum WeItende mit Mißtrauen betrachtet - führt dagegen um 1266/67 gewichtige Gründe an, um nicht bei seinem Plädoyer für eine möglichst exakte Erforschung der Welt, ihrer Gebiete und Völker in den Verdacht zu geraten, aus Neugier zu handeln. »Diese Kenntnis der Örtlichkeiten der Welt (cognitio locorum mundi) ist äußerst not wendig (valde necessaria) für die Gemeinschaft der Gläubigen, für die Bekehrung der Ungläubigen, um den Ungläubigen und dem Antichrist entgegenzutreten und 19 Politische Notwendigkeit besteht vor allem am Anfang, als der Westen noch nicht sicher ist, ob und wie man sich wird verteidigen müssen, vgl. S. 77/8 u. Zitat Plano Carpini unten 31/2. - Zu den Auswirkungen des militärischen, vorrangig aber geistlichen Machtstrebens im Sinne der päpstlichen Weltherrschaft unten 73ff. u. ö. 20 Manche Entdeckung ist deshalb vielleicht nicht »Ergebnis gelehrter Exploration, sondern einfa cher Neugier und des Zufalls« (HERDE, Geographisches Weltbild, 78), doch was wäre auch der moderne Forscher ohne seine gesunde, notwendige und weitgehend zweckfreie Neugier. Zudem sei bemerkt, daß auch die systematische gelehrte Erkundung bereits im 13. ]h. vorgekommen ist: unten S.199 u. 206 zum Fragenkatalog Papst Innocenz' IV.: FRIED, Suche, 287/89. Zum Problem Hans BLUME NBERG, Der Prozeß der theoretischen Neugier, Frankfurt a. M. 4. Aufl. 1988. Die Kirche warnt im gesamten Mittelalter die Christen, vor allem die Frauen, vor dem 21
Reisen, schickt aber auch viele Menschen auf den Weg: Das Positive überwiegt wohl, so ÜHLER, Reisen, 82; zur frühen Diskreditierung N. BROX, Zur Legitimität der Wißbegier (curiositas), in: Das antike Rom in Europa hg. v. Hans BUNGERT, Regensburg 1985, 33-52. Verbote weisen aber eher darauf, daß die Neugier auch dem mittelalterlichen Menschen sehr vertraut war. Jedenfalls sollte man nicht die Motive auch von Pilgern charakterisieren als »eine tiefe, noch mittelalterliche Religiosität, einen schon ganz und gar nicht mehr mittelalterlichen W issensdurst und eine nahezu neuzeitlich anmutende Neugier«: HIP PLER , Reise, 85. 22 Alexander v. Roes, Noticia seculi c. 4, S. 150. - Dagegen versteht sich sogar mancher Bericht von einer frommen Pilgerschaft im späten Mittelalter als Weltbeschreibung: RICHARD, Relations de pelerinages, 147.
•
14
I. FRAGEN UND ZIELE
für anderes.« Besonders Missionare bedürften genauer Kenntnisse der Welt, damit sie immer wüßten, unter was für einem Volk sie sich gerade befänden. »Wer schließlich die Örtlichkeiten der Welt nicht kennt, weiß nicht nur nicht, wohin er geht, sondern auch nicht, wohin er sich wenden soll, und deshalb muß er, ob er nun zur Bekehrung von Ungläubigen oder zur Erfüllung eines anderen Dienstes für die Kirche aufgebrochen ist, Riten und Lebensbedingungen (ritus et conditio nes) aller Völker kennen, damit er für ein bestimmtes Vorhaben den richtigen Ort aufsucht ... Zahlreiche der höchsten Aufgaben der Christen werden nämlich vereitelt, weil diese die Unterscheidungen der Regionen nicht kennen«23. Trotz der Notwendigkeit, edle Motive für die Forschungen anzugeben, heben aber manche Zeitgenossen doch ausdrücklich die Bedeutung hervor, die sie der Neugier dabei zuerkennen. Thomas von 5plit wendet sich, um Näheres über Natur und Habitus der Tartaren zu erfahren, an Leute, die diesen Verhältnissen »sehr neugierig (curiosius) nachgespürt haben«; Johannes von Marignolli beruft sich auf seine - wenngleich sündige - Neugier, um die Glaubwürdigkeit seiner Beobachtungen zu bekräftigen 24. Die welthistorische Konstellation ist im 13. Jahrhundert also ungemein günstig für den Aufbruch des Abendlandes nach Asien, der letztlich zur Eroberung der Welt führen wird. Die Mongolen öffnen die Weiten Asiens zu einem Zeitpunkt, da sich der Horizont relativ breiter Kreise im Westen bereits geweitet hat25• Die Abendländer bringen wirtschaftlich, religiös und mental die besten Voraussetzun gen mit, um die sich bietende Chance zu ergreifen und noch weiter dazuzulernen, sich weiter zu entwickeln. Ein beispielhafter Ausblick soll das erläutern. Im 13. Jahrhundert sind die Abendländer überzeugt, grundsätzlich die gesamte Welt aus der antiken, biblischen und literarischen26 Überlieferung zu kennen. 50 bedarf es geraumer Zeit und vieler Forschung, bis sich die Erkenntnis durchsetzt, daß man in Ostasien auch Neuland betritt, bis man lernt, zum Beispiel die neuen geographischen Informationen wissenschaftlich zu verarbeiten, die Weltbeschreibungen und -karten umzuschreiben beziehungsweise umzuzeich-
23 Roger Bacon, Op.Maius
I S. 301/2; zur Bedeutung der Weltkenntnis ab S. 287. Zu ihm und seinen
Zukunftsideen sowie zu Alexander unten S. 258ff. Zu frühen Begründungen des Nutzens der Tartaren-Forschung FRIED, Suche, 298 mit N. 53; umfassend zum Problem Christian K. ZACHER, Curiosity and Pilgrimage: The Literature of Discovery in 14th-Century England, Baltimore 1976; über die »guten Gründe«, die für Reise und Aufzeichnung angegeben werden, auch M. ZINK, Pourquoi raconter son voyage? Debuts et prologues d'une chronique de la croisade et de deux itineraires de Terre Sainte, in: Voyages, 237-54, bes.251. 24 Thomas S. 590, Z. 36/ 7 ; Joh. zit. unten S. 57 / 8; dort mehr zur Frage des Wissenwollens und auch -könnens. 25 JOHANEK, Weltbild, 99ff. Wie konkret das Wissen und vor allem das Verständnis für das Fremde gewesen ist, sei dahingestellt: Sicher jedoch ist das Bild des Orients z. B. in der Dichtung und damit auch bei ihrem Publikum reicher geworden. . 26 Besonders fiktive Dichtung: JOHANEK, Weltbild, 98/99.
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GE SCHICHTE D E R MO NG O L I SCHEN REI C H E
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nen27• Nur ein Ergebnis28 dieses Lernprozesses wird sein, daß im Jahre 1492 der Genuese Columbus mit der Ostasienbeschreibung des venezianischen Kaufmanns Marco Polo im Sinn nach Westen aufbricht, um in den Osten der Erde zu gelangen29• Er wird auch reisen in der erklärten Absicht, den Großkhan von Cathay (den Herrscher der Tartaren) als Herrn der indischen Inselwelt zu erreichen und ihm weise Männer zu bringen - solche hatte schon Kubilai Khan von den Polos erbeten 30. Columbus beschreitet, um A l t b ek a n n t e s zu errei chen, mit Vorbedacht einen n e u e n Weg, den der Florentiner Toscanelli nicht zuletzt aufgrund von Erkenntnissen der Ostasienreisenden im Voraus errechnet hat3!; daß er sich dabei verrechnete, spielt für das gewonnene Selbstbewußtsein, die Grenzen der Tradition überschreiten zu können, keine Rolle. Des Columbus Zeitgenossen sind darüber hinaus inzwischen darauf v o r b e r e i t e t, daß man auf einem neuen Weg auch g a n z N e u e s finden könne: und so helfen die asiatischen Erfahrungen bei der Einordnung der Neuen Welt. Dieses berühmte Beispiel wurde gewählt, weil an ihm besonders knapp und klar die weitreichenden Konsequenzen der Erforschung Asiens durch die Abendlän der verdeutlicht werden können, nicht hingegen, um - wie so oft - die Entdek kungszeit vor 1492 als bloße Vorgeschichte darzustellen. Denn zu verstehen ist sie nicht von ihren Folgen her, sondern nur aus sich selbst heraus : man arbeitete zwischen 1200 und 1500 nicht auf die Entdeckung Amerikas hin, sondern hatte andere schwerwiegende Beweggründe, die für sich betrachtet für die Geschichte menschlichen Lernens und Forschens von Bedeutung sind. Zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert haben die Abendländer gelernt, neue Informationen - nicht nur geographischer Art - als solche zu erkennen, zu sammeln, auszuwerten und 27 Vgl. S. 285ff. 28 Ein anderes: Die Wege an die Ränder der christlichen Welt und vor allem hinter die Türken sind den Abendländern schon bekannt, bevor die Türken und mögliche Verbündete gegen sie von existenziellem Interesse werden (vgl. S. 196/7). 29 Für den Gesamtrahmen BnTERLI, Alte Welt, wie N. 12, 25: europäische Welterfahrung durch Kontakt mit Mongolen und anderen Fremden fruchtbar zu machen für die Entdeckung neuer Welten in Übersee. - Ohne Schmälerung des Verdienstes der portugiesischen Entdeckungsfahrten des 15. Jh. ist auch bei ihnen der Mut, auf neuen Wegen alte Gegenden zu erreichen, nicht ohne den Lernprozeß seit dem 12.Jh. denkbar, ohne daß in diesem Fall die Mongolen direkten Einfluß genommen hätten. Allerdings verdanken die Abendländer viele Erkenntnisse über die geographischen Verhältnisse im Indischen Ozean, am Horn von Afrika gerade der Tatsache, daß die Mongolen einmal für Missionare und Kaufleute auch diese Gegenden zugänglich und attraktiv gemacht haben: unten S. 285 H. Zu den mentalen Voraussetzungen, der Erfahrung und dem Wissen kommen im 15.Jh. noch nautische Erkenntnisse, Fortschritte in der Schiffsbautechnik usw. 30 EI emperador dei Cataio ha dias que mand6 sabios que le enseiien en La Je de Cristo . : ed. Cesare DE L OLLls , Scritti di Cristoforo Colombo, Rom 1 894, parte I vol. II, 202. Zum Ziel: Korrespondenz mit Toscanelli, wie N. 3 1 . Bitte Kubilais: Milione VIII (7) S. 6 (9). - »Großkhan der Tartaren« unten S. 234/6. 3 1 Zu Toscanelli Gustavo UZIELLI, Paolo dal Pozzo Toscanelli iniziatore della scoperta d'America, Florenz 1892. Korrespondenz mit Columbus ed. N. SUMIEN, La correspondance du savant florentin Paolo dal Pozzo Toscanelli avec Christophe Colomb, Paris 1927. -
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I. FRAGEN UND ZIELE
die Instrumentarien zu entwickeln, um sie in ihr Weltbild im engeren geogra phischen wie darüber hinaus in einem weiteren geistigen Sinne einzuordnen. Für diesen Lernprozeß wie für die aus ihm notwendigerweise folgenden Veränderun gen des Weltbildes selbst hat die Auseinandersetzung des Westens mit dem Phänomen des fremden Volkes der Mongolen auf einigen Gebieten große und direkte Bedeutung gewonnen 32. In anderen Bereichen des Wandlungsprozesses - der in seiner Gesamtheit anhand des Mongolenbeispiels allein nicht zu erfassen sein wird - sind die Mongolen z war nur ein Volk unter anderen, das die Abendländer kennenlernen und einordnen müssen. Aber aufgrund besonderer Umstände eignet sich auch dann gerade ihr Beispiel gut zur Beobachtung durch den modernen Historiker. Denn die Mongolen sind im geschilderten ungemein günstigen Augenblick sehr plötzlich und unerwartet und als o b je k tiv b i s d a h i n v ö l l i g u n b e k a n n tes (und deshalb extrem fremdes) Volk ins Bewußtsein der Abendländer getreten. Was immer diese in der Folgezeit mit dem Namen tartari verbinden, haben sie entweder neu gelernt oder willkürlich aus ihrem traditionellen Wissen auf ihn übertragen. Anders als zum Beispiel im Falle der Sarazenen, mit denen sich lange vor der Entwicklung einer eigentlichen Kulturbeziehung schon festgelegte und schwierig revidierbare Vorstellungen verbinden33, können wir im Falle der Mon golen den Prozeß des Kennenlernens und der Einordnung v o n A n b e gi n n an beobachten. Die Mongolen verlieren sehr schnell an Macht, so daß sie für die Abendländer nicht wirklich bedrohlich sind, und leisten zudem - wie geschildert - bei aller Fremdartigkeit der Entwicklung freundlicher Beziehungen Vorschub. Deshalb kann sich ein differenziertes Bild entwickeln, ohne daß zuerst ein verhärtetes Feindbild überwunden werden mußte. Sie sind auf der anderen Seite mächtig genug, um - anders als andere damals neuentdeckte Völker - für den Westen längere Zeit interessant zu bleiben, von Reisenden besucht und ebenso intensiv von den Daheimgebliebenen in verschiedenstem Zusammenhang beach tet zu werden, sogar in literarische Werke einzugehen. Damit wird die Beobach tung von Entwicklungen im Mongolenbild über einen genügend langen Zeitraum möglich 34. Darum sollen in dieser Arbeit die folgenden Fragen zur Entwicklung von 32 Auch Zeitgenossen begründen ihre Beschäftigung mit den Mongolen ausdrücklich mit der Erkenntnis, daß diese sehr wichtig geworden seien, vgl. S. 247. 33 Dazu Richard W. SOUTHERN, Western Views of Islam in the Middle Ages, Cambridge/Mass. 1962; Eckhardt ROTTER, Abendland und Sarazenen, Berlin/NYork 1986 (Bhh. zum Islam. N.F. 11); Benjamin Z . KEDAR, Crusade and Mission. European Approaches towards the Muslims, Princeton 1984. NOIlilan DANIEL, The Arabs and Medieval Europe, London/Beirut '198 1 ; DERS., Islam and the West: The Making of an Image, Edinburgh 1960. 34 BEzzoLA - dem diese Arbeit ein solides Fundament für den weiten Ausgriff ins 14.Jh. verdankt konzentrien sich auf einen sehr kurzen Zeitraum, denn er kann damit den Zusammenprall und seine direkte Konsequenz, die Entstehung eines Mongolenbildes, besonders gut verdeutlichen (8/9). Der Gewöhnungs- und Einordnungsprozeß beginnt damit aber erst. Die Beobachtungschancen in der frühen Zeit der unmittelbaren politischen Aktualität: FRIED, Suche, 298/99.
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Kulturbeziehungen und zum Lernen im Umgang mit dem Fremden am Beispiel der Mongolen verfolgt werden. Wie begegnen die Abendländer den Mongolen, mit welchen vorgefaßten Meinungen treten sie dem fremden Volk gegenüber, welche Fragen stellen sie, welche Antworten finden sie - kurz, wie wirkt sich ihre kulturelle Prägung auf ihre Wahrnehmung der Mongolen aus ? 35 Denn menschliche Erkenntnis findet niemals im leeren Raum statt, sondern nimmt Bezug auf Bekanntes, setzt bestimmte Erwartungen, Fragen, einen theoretischen Hintergrund voraus 36 . Dadurch wird sie ermöglicht und zugleich begrenzt; völlig unbefangene Beobach tung ist unmöglich. Kulturell bedingte Vorstellungen beeinflussen demzufolge auch die lateinisch-christliche Wahrnehmungsweise der Mongolen 37. Der Stand vor allem des geo- und ethnographischen Wissens im mittelalterli chen Weltbild, also die Basis allen Sehens und Beurteilens, ist zum Zeitpunkt des Auftretens der Mongolen objektiv recht niedrig, wird aber von den Zeitgenossen für wesentlich höher gehalten. So ist aufgrund der schon zitierten Überzeugung der Abendländer, die ganze Welt und alle ihre Völker in der Tradition auffinden zu können, die Beobachtung der Tartaren von vornherein durch vermeintliches Vorwissen und Vorurteile belastet38• In diesem Zusammenhang ist folgender methodischer Grundsatz zu betonen: Diese Arbeit fragt nicht nach objektiven Verhältnissen, sondern nach der subjek tiven Realität der Zeitgenossen. Unter diesem Aspekt wäre es wenig sinnvoll, in den mittelalterlichen Reiseberichten und ihrer weiteren Verarbeitung zwischen »real« und »fiktiv« oder »imaginär« in unserem Sinne zu unterscheiden. Denn dazu fehlen den Zeitgenossen angesichts der Vielzahl ungewöhnlicher Figuren und Erzählungen in der Tradition und den neuen Erfahrungen weitgehend die Kriterien 39. Dementsprechend treten im 13. und 14. Jahrhundert neue Erkennt35 W. REI NHARD, Vorwort zu »Der europäische Beobachter« (neuzeitliche Themen). 36 So kann der mittelalterliche (und noch frühneuzeitliche) Abendländer mangels Kriterien selten zwischen Fabel- und tatsächlich existierenden Wesen unterscheiden: vgl. S. 59/60. Vgl. zum Problem der Wahrnehmung fremder Kulturen, verzerrt durch mitgebrachte Theorie, vgl. J. F RIED, Gens und regnum. Wahrnehmungs- und Deutungskategorien politischen Wandels im frühen Mittelalter. Bemer kungen zur doppelten Theoriebildung des Historikers, in: Jürgen MIETHKE/Klaus SCHREI NER (Hg.), Die Wahrnehmung sozialen Wandels im Mittelalter, Sigmaringen 1993/94. 37 Wichtig REICHERT, Begegnungen Kap. 11.4 (»Die Grenzen der Wahrnehmung«), bes. 128. Zum Problem der Fremdheit und Befangenheit RnTNER, Kulturkontakt, wie N. 1 1 , 204/6: »vier hauptsäch liche Hemm-Komplexe«; OSTERHAMMEL, Distanzerfahrung, wie N. 17, S. 19ff.; EULER, Begegnung; auch EscH, Anschauung. 38 Claude KApPLER, Monstres, demons et merveilles a la fin du Moyen Age, Paris 1980, 47 u. 54 fragt, wie die Reisenden vor dem intellektuellen und fabulösen Hintergrund ihrer Zeit reisten: »Ce qu'on cherche, c'est du 'connu' qu'on n'a jamais VU«. In ähnliche Richtung geht MOLLAT, Explora teurs, 115: Die Entdecker brachten je nach Herkunft, Vorbildung etc. eine Menge mit »de prejuges, de connaissances, de croyances, de certitudes, de sentiments, plus rarement de doutes«. 39 JOHA NE K, Weltbild, 104: »Der Historiker oder Literaturwissenschaftler unserer Tage vermag in vielen Fällen verhältnismäßig genau nachzuzeichnen, wie eine alte, aus der Antike stammende Tradition des Phantastischen in einem komplizierten, vielschichtigen Prozeß die fiktive Geographie in den Erzeugnissen der Epik beeinflußt und geformt hat. Für die Rezipienten der Epik im Mittelalter,
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I. FRA G EN U N D Z I EL E
nisse meist neben überkommene Vorstellungen, statt diese zu ersetzen, und auch die Möglichkeit von Fehlern in der Tradition wird nur äußerst selten angespro chen40• Als »real« hat deshalb im folgenden all das zu gelten, was die mittelalterli chen Menschen für wirklich hielten, eine »Verbesserung« ist nur das, was die Zeit selbst bewußt verbessert; man kann unterscheidend mit aller Vorsicht von »neu« und »traditionell« sprechen 41 . In diesem Sinne wird auch im folgenden oft von »Tartaren« die Rede sein, weil das der Name ist, mit dem die Mongolen von den Zeitgenossen meistens belegt werden42 . Neben ein festgelegtes Weltbild treten vor allem ein ebensolches Menschen bild, allgemeine gesellschaftliche Bedingungen und abendländisches Selbstbe wußtsein. So verbindet zum Beispiel der zitierte Jacopo d'Acqui bestimmte Vorstellungen mit »ganz normalen Menschen«. Die mittelalterliche abendländi sche Gesellschaft ging von der gottgewollten Richtigkeit ihrer Form, ihrer Ideologie etc. aus, was sich auswirkte auf die Einschätzung und Behandlung andersgearteter Sozietäten innerhalb einer Völkergemeinschaft43• Manches von dem, was die Abendländer unreflektiert für selbstverständlich halten, manche unbewußte Selbstspiegelung wird in unseren Quellen hin und wieder sehr deut lich. - So interessant es sicherlich ist, besonders die Reiseberichte über die Verhaltensmuster und die Mentalität abendländischer Reisender zu befragen 4\ will sich doch diese Arbeit in erster Linie mit dem Bewußtwerden, Verändern und Lernen (oder dem Fehlen dieser Entwicklungen) beschäftigen. Die Abendländer ordnen nicht nur durch Anpassung des Gesehenen an die eigenen Vorstellungen ein, sondern sie lernen auch d a z u. Sie übernehmen Informationen aus der fremden Kultur, bauen daraus ein eigenes Bild, das durchaus das vorhandene
auch in der Zeit um 1300, lasen sich die Dinge anders.« Beispiele für fließende Übergänge bei FRJED, Suche, 290, 324/25; H YDE, Real . . . Journeys. 40 Dazu bes. S. 58; JOHANEK, Weltbild, 98. - Zum »phantastischen« Mittelalter des Rückblicks Leo ÜLSCHKI, Asiatic Exotism in Italian Painting of the Early Renaissance, in: The Art Bull. 26 (1944) 95-106; Jurgis BALTRUSAITIS, Das phantastische Mittelalter. Antike und exotische Elemente der Kunst der Gotik, Frankfurt a. M./Berlin/Wien 1985 (frz. 1955); Rudolf WI TTKO WER, div. Aufsätze in: DERs., Allegorie und der Wandel der Symbole in Antike und Renaissance, Köln 1984 (engI. 1977); Götz POCHA T, Der Exotismus während des Mittelalters und der Renaissance. Voraussetzungen, Entwick lungen und Wandel eines bildnerischen Vokabulars, Stockholm 1970. 41 Diese BegriHe decken sich nicht mit »real« bzw. »fiktiw; bei »neu« wäre darauf hinzuweisen, daß nicht alles, was objektiv neu war, von den Zeitgenossen so empfunden wurde. 42 Vgl. S. 22/3. 43 Der moderne Begriff ist bewußt gewählt; das späte Mittelalter erlebt die Ausbildung des Bewußtseins, in einer solchen Gemeinschaft zu leben. 44 HARBSMEIER, Reisebeschreibungen als mentalitätsgeschichtliche Quellen (7: »Die Darstellung anderer und freI!.lder Verhältnisse und Verhaltensweisen funktioniert wie ein Spiegel«); auch die grundsätzlichen Uberlegungen bei J. RABA, Das Weltbild des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen russischen Reisenden, in: Forsch. zur osteurop. Gesch. 3 8 (1986) 20-41 . Diese mentale Bedingtheit der Darstellungen ist bei Nutzung der Reiseberichte als Quelle für die mongolische Wirklichkeit der Zeit zu berücksichtigen.
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Weltbild e r w e i t e rt; manchmal wird das Neue auch eingegliedert, eingefügt durch Verschmelzung mit Bekanntem45. Große Bedeutung für die Wahrnehmungsweise gewinnt die abendländische Wissenschaftskonzeption, die bereits hochentwickelte Scholastik, die eine sehr ausbaufähige, aber ebenso einschränkende Methode zur Verfügung stellt, um das Fremde zu befragen und systematisch unter den jeweils interessierenden Gesichtspunkten anzusehen und zu beschreiben. Grundsätzlich wollen die Abendländer erkennen, wollen Vorgaben anhand von Erfahrungen überprüfen, den Dingen auf den Grund gehen; sie sind »auf der Suche nach der Wirklich keit« 46 . In jedem Einzelfall muß aber gefragt werden, ob eine wahrhaftige Darstellung oder eine Überprüfung von Vorurteilen tatsächlich intendiert sind. Inwieweit die angewendeten kritischen Methoden den Lernprozeß befördern können, wird darzustellen sein. Dabei erheben sich die Fragen, wie überprüft wird, ob und welche Diskrepanzen die Beobachter feststellen, wie sie sie erklären, wie sie also lernen. Revidieren, ersetzen sie wenigstens manche alten Legenden und Klischees oder schieben sie sie alle nur beiseite, ordnen das Neue neben dem Alten ein, bilden vielleicht gar neue Topoi ? Dabei ist nicht entscheidend, wieviele Legenden bleiben - denn die haben wir bis heute -, sondern wieviel echtes Wissen hinzukommt: Die Betrachtung zeigt, daß die Wahrheit selten die Legende verdrängt, daß sie sich vielmehr neben sie schiebt und eine häufig dauerhafte Koexistenz aufgebaut wird. Schreiten darüber hinaus die Abendländer eventuell voran zu einer Relativierung der eigenen Maßstäbe, und inwieweit geschehen alle diese Maßnahmen b e wu ß t?47 Alle genannten Effekte der kulturellen Prägung werden verstärkt durch die Sprache, durch die die Beobachtungen notgedrungen vermittelt werden müssen und die ihrerseits Abbild abendländischen Denkens ist. So verbindet ein Abendländer zum Beispiel mit Begriffen wie imperator, rex, duces etc. für mongolische Würdenträger sicher falsche Vorstellungen. Schließlich können die Einflüsse von Persönlichkeit, Bildung und Vorwissen, Herkunft, Gruppenzuge hörigkeit, Biographie, Absicht der einzelnen Reisenden und Rezipienten auf ihr Wollen und Können beim Urteilen das Bild trüben. Da es in dieser Arbeit nicht nur um das Mongolenbild der Reisenden, sondern um die Beurteilung des fremden Volkes durch »das Abendland« geht, ist noch eine weitere Brechung in der Erkenntnis in Betracht zu ziehen. Nicht nur die Reisenden sehen das Fremde mit ihren eigenen, befangenen Augen, kommunizie ren darüber untereinander und geben es in der belasteten Begrifflichkeit einer 45 So bewegen sich westliche Legenden und das Neugefundene aufeinander zu, vereinigen sich und je nach Lernfähigkeit des einzelnen Autors verschiebt sich der Schwerpunkt weiter zum Neuen oder zur Tradition. 46 FRIED , Suche, mit ausführlicher Darstellung des Einflusses der Anwendung der damals modernen wissenschaftlichen Methoden auf die Mongolenforschung, bes. 298 H. 47 Methodisches zur Quellenbehandlung S. 43ff., zum Einfluß der Ausbildung bes. 67.
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I. FRAGEN UND ZIELE
europäischen - nicht mehr immer der lateinischen - Sprache wieder, sondern zu Hause werden die Informationen noch einmal von Abendländern aufgenommen, diesmal aus zweiter Hand und ohne die Korrektur durch das eigene Erleben. Es kommt zu Mißverständnissen und Fehlinterpretationen schon der Reisenden und erneut der Rezipienten, die das Bild beeinflussen und die Erkenntnismöglichkei ten nun des Historikers stören, andererseits aber auch äußerst aufschlußreich sind 48 . Trotz, zum Teil gerade wegen all dieser Schwierigkeiten läßt sich anhand der genannten Fragen an die Quellen ein Lern- und Einordnungsprozeß verfolgen, kann man beobachten, wie die Abendländer die Mongolen als Beispiel für ein ganz fremdes Volk dauerhaft in ihr Weltbild einfügen. Es wird sich dabei zeigen, daß die Auseinandersetzung mit den Mongolen manche Entwicklung in Gang bringt, manche ältere fortführt, daß aber auch Bereiche bleiben, in denen prak tisch keine Veränderung, kein Fortschritt festzustellen ist. Gewiß wird am Ende nicht »das« Mongolen-Urteil »der Abendländer« stehen - gibt es überhaupt ein einhelliges wie zum Beispiel das zitierte des Jacopo d'Acqui? -, aber auch nicht das nur ganz kleiner Gruppen. Durch Rückgriff auf eine typologisch breite Quellenbasis, auf Äußerungen von Zeitgenossen aus dem gesamten Bereich des Abendlandes, aus vielen sozialen Gruppen und Bildungsni veaus sowie auf Bildquellen sollen möglichst viele Facetten des Bildes untersucht werden. Die Mongolen tauchten in Osteuropa und im Vorderen Orient auf; die Reisenden besuchten danach große Teile der damals bekannten Welt. So fließen im Abendland im Laufe der Zeit Informationen aus verschiedenen Zeiten und Räumen zusammen. Deshalb muß einleitend zunächst noch als Orientierungs grundlage ein chronologischer Überblick über die Geschichte der mongolischen Reiche vom 13. bis ins 15. Jahrhundert sowie besonders der direkten Kontakte abendländischer Reisender mit dem fremden Volk gegeben werden. Zeitlich beschränkt sich die Arbeit in der Hauptsache auf das 13. und 14. Jahrhundert, wird aber, weil viele Entwicklungen nicht abbrechen, manches Mal ins 15. Jahrhundert ausblicken. Ein erster Hauptteil gibt eine Quellenkunde zur Vielzahl und Vielfalt der für die Frage nach dem abendländischen Mongolenurteil durch den Historiker nutzbar zu machenden Quellen : Welche Informationsmöglichkeiten hatten die Zeitgenossen, wie nutzten, verbreiteten, bearbeiteten, bewerteten, kritisierten sie sie ? Auf dieser Basis werden dann bei den inhaltlichen Auswertungen der Quellen die einzelnen Stränge des Lern- und Einordnungsprozesses gesondert und in sich chronologisch verfolgt; auf zeitlich parallele Entwicklungen kann nur durch Querverweise aufmerksam gemacht werden. Denn das breite Spektrum von 48 Gar nicht zu reden sei von der prinzipiellen Beeinträchtigung durch unsere eigene kulturelle Prägung, die wir noch dazu in der gleichen Wahrnehmungstradition wie die Objekte unserer Beobachtung stehen - wenngleich das keine Vorab-Entschuldigung der Autorin sein soll.
GESCHICHT E DER M O N G O LISCHEN RE ICHE
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Wissensgebieten, auf denen man sich mit den Mongolen beschäftigt und das Urteil eingeordnet wird, sowie der Detailreichtum in diesen Einzelbereichen verbieten den an sich sinnvollen, rein chronologischen Aufbau der Arbeit. Zunächst sind die verschiedenen Möglichkeiten, Mongolen»politik« zu betreiben (durch Diplomaten, Missionare, Kaufleute) oder sie theoretisch zu reflektieren, dargestellt. Dann folgt die literarisch-theoretische Beschäftigung mit dem Phäno men, die Einordnung ins ethnographische, historische und geographische Welt bild. Manche Quelle wird dabei nicht nur einem Bereich zuzuordnen sein, sondern muß aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Trotz aller Bemühungen sind sicherlich Quellen übersehen worden; eine vollständige Erfassung sämtlicher »MongolensteIlen«, so erstrebens wert sie mög licherweise wäre, kann auch nicht das Ziel einer solchen Arbeit sein: sie möchte einen repräsentativen Querschnitt der Meinungen und Urteile der Zeitgenossen, soweit sie heute noch faßbar sind, geben49• Deshalb wurde auf einigen Gebieten, so bei den Bildern und den mittelalterlichen Weltkarten, bewußt ausgewählt und nicht jede mögliche Quelle zitiert 50 . Die Quellenzitate sind grundsätzlich über setzt, um den Text durchgängig lesbar zu machen; Ergänzungen sind durch eckige Klammern, wörtliche Übernahmen aus dem Originaltext kursiv, Hervor hebungen der Autorin in den Anmerkungen gekennzeichnet (Hervorh. F. S.). Da es schon aus Platzgründen unmöglich ist, die Flut der Literatur zu den vielen einzelnen Themen, die im Rahmen dieser Arbeit berührt werden müssen, vollständig aufzuführen, ist jeweils auf grundlegende, möglichst neuere Werke verwiesen; die neueste relevante Literatur ist einzeln in den Fußnoten nachge wiesen 51 .
49 Allgemeines zur Zitierweise: Die Quellen sind nur dann mit Editor angegeben, wenn nach Quellenverzeichnis verschiedene Möglichkeiten bestehen. Fr. Riccardus, Julian von Ungarn und Peter von Rußland sind nach DÖRRIE zitiert, Joh. von Plano Carpini gemeinhin nach SINICA, Simon v. St-Quentin nach Buch, Kapitel und Seitenzahl der Ed. RICHARDS (die BuchzähJung weicht vom Druck Vinzenz, Douai 1624, ab), Marco Polo wie folgt: c. XXX (XXX) S. XXX(XXX), wobei sich die jeweils erste Ziffer auf die Edition BENEDETTOS, die zweite auf die RONCHIS bezieht. Sempad wie S. 80, N. 33. Literatur wird z. T. kurz zit. und im Literaturverzeichnis nachgewiesen; speziellere Werke sind in der Anm. vollständig zit.; nur bei Monographien wurde dann der Vorname des Verfassers ausgeschrieben. - Zu den modernen Transskriptionen orientalischer Namen: Ich habe mich weitge hend nach WEIERS, Mongolen, Register 563 ff., gerichtet und auf die Lautzeichen meist verzichtet. Dies und Uneinheitlichkeiten bitte ich, der Nicht-Orientalistin zu vergeben. 50 Nicht alle Bilder und Karten können reproduziert werden; für manche mußte auf möglichst leicht zugängliche Abbildungen verwiesen werden. Von den Karten wurden unter den zahlreichen, die die Tartaren überhaupt berücksichtigen, jene zur Untersuchung ausgewählt, die das Besondere dieser Rezeptionsweise gut erkennen lassen. 5 1 Ins Literaturverzeichnis sind nur die zum Thema grundlegenden und wichtige allgemeine Titel aufgenommen; die Spezialliteratur zu den einzenen Punkten findet sich an Ort und Stelle; für ältere Titel sei prinzipiell auf neuere Spezialwerke verwiesen. Info!mationen zu mehrfach zitierten Werken und Autoren sind grundsätzlich beim Haupteintrag zu finden; auf Querverweise wurde hier verzich tet, dafür diene das Autorenregister.
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I . FRAGEN UND ZIELE 1.
Abriß der Geschichte der mongolischen Reiche und ihrer Kontakte mit dem Abendland
Die reiternomadischen, viehzüchtenden Völker der Steppen Zentralasiens lebten in agnatisch konstituierten, militäraristokratisch organisierten Clans, in denen sich eine charismatische Persönlichkeit durch militärische Leistungen zum Anführer aufschwingen konnte. Je größer die Erfolge eines solchen Anführers, desto größer war auch seine Chance, andere Clans zur freiwilligen oder erzwun genen Anerkennung seiner Führerschaft zu bewegen 52. Im frühen 12. Jahrhundert bereits war unter dem Namen »Mongolen« im Gebiet zwischen den Flüssen Kerulen und Onon eine solche Konföderation von Clans entstanden, die Temü jin, der Enkel des Begründers, gegen Ende des Jahrhunderts durch Angliederung zum Beispiel der ähnlich strukturierten, zum Teil christlichen Naiman, Kereit, Tatar und Merkid ausweitete. Auf einer Versammlung der Stammesführer (quril tai) 1206 wählte man ihn zum Großkhan (Qayan) unter dem Namen Dschingis Khan 53. Mit Hilfe einer straffen Heeresorganisation und einer strikten Gesetzgebung schuf Dschingis Khan die Grundlage für die mongolischen Eroberungszüge der nächsten Jahrzehnte. Er fühlte sich vom Himmel zur Weltherrschaft berufen 54 und richtete - nach alter Steppentradition - die Expansion zunächst nach Süden gegen China, aber auch die Völker im westlich an das mongolische Siedelgebiet angrenzenden Bereich wurden unterworfen. Die Europäer bezeichneten die Gesamtheit der asiatischen Völker, die ihnen in einem einheitlichen Reichsverband entgegentrat, fast durchgängig als tartari, französisch tartres, deutsch tattem55• Offenbar hatte man schon früh den Namen des Volkes der Tatar gehört : »Damals«, so erklärt Wilhelm von Rubruk, »schickte dieser Chingis überall die Tartaren voraus, und so hob sich ihr Name hervor, weil man überall schrie: >Sieh, die Tartaren kommen«< 56. Eigentlich schriebe man korrekt - wie Johannes von Plano Carpini aufgrund besseren
52 V. VEIT, Die Mongolen : Von der Clanföderation zur Volksrepublik, in: WEIERS, Mongolen, 161-165. 53 H.-R.KÄMPFE, Cinggis-Khan, in: WEIERS, Mongolen, 183-186; MORGAN, Mongois 1986. - Das Stammgebiet vgl. Karte. 54 Zum universalen Anspruch und der Ideologie der Mongolen, den andere Nomadenvölker teilen: PELLIOT (Ed.), Les mongoles; G. MESSINA, L'Impero universale e i mongoli, in: CC 94,1 (1943) 23-32, 105-115; O. TURAN, The Ideal of Worid Domination among the Medieval Turks, in: Studia Islamica 4, Paris 1955, 77-90; GÖCKENJAN, Welt, wie S.225, N. 139. 55 ind die heischent in Latyne Tartari, ind in duytsche heischent sy Tattern: »Niederrh. Orientber.« S. 55. 56 XVII,6 S. 208. Zu den frühesten Nennungen des Namens in Europa unten; auch BEZZOLA 98 mit N.71.
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tattari 57. Aber der Name tartari ist sicher nicht zuletzt Wissens vermerkt deshalb übernommen worden, weil er und das Verhalten seiner Träger so sehr an den tartarus, die Hölle, erinnert, und so setzte sich die Korrektur des Johannes ebensowenig durch wie eine andere, auf der die Mongolen selbst bestanden zu haben scheinen 58. Sie hießen, so erfuhr man immer wieder in Europa, mongali, moal oder ähnlich und wollten nicht nach einem unterworfenen Volk bezeichnet werden 59. Doch trotz manchem Versuch in den westlichen Quellen, das bessere Wissen zu übernehmen 60, war die Gewohnheit stärker, und Erklärungen findet man auch für den üblichen Namen : »So ließen die Tartaren mit ihrem Land [Mangal] auch den ursprünglichen Namen Mangal zurück . . . und nennen sich alle bis zum heutigen Tage tartari« 6 1 . Wenn in der folgenden Darstellung von M o n g o l e n oder T a r t a r e n (dem zeitgenössischen Sprachgebrauch folgend) die Rede sein wird, so sind damit ohne genauere ethnische Unterscheidung alle asiatischen Völker oder Volksangehöri gen gemeint, die für die mittelalterlichen Europäer als in irgendeiner Weise zu den Mongolen gehörig erkennbar waren. Das heißt, der Begriff schließt nicht nur die oben erläuterte große Stammeskonföderation ein, sondern auch alle weiteren Völker, die von den Mongolen unterworfen waren 62. Ebensowenig nimmt der -
57 Salimbene berichtet davon und akzeptiert im folgenden die Korrektur (S. 206/8). Quam tartaros vocant, sed in hac [epistola] tattari vel tatari nuncupantur: Matthäus Parisiensis bemerkt den kleinen Unterschied bei Ivo v. Narbonne, CM IV S. 270 (Ivos Gewährsmann unten S. 207, N. 43). Möglicher weise geht die übliche deutsche Bezeichnung tattern auf den korrekteren Begriff zurück. 58 Tartaros vg!. S. 29 u. 258. - Rieher v. Sens meint, sie seien vielleicht nach (dem biblischen) Tharsis in Kilikien benannt (IV c. 20 S. 3 10). Identifikationen von Tarsis (die Stadt in Kilikien oder aber das asiatische Herkunftsland der heiligen drei Könige) und Tartaren: Ann. Capit. Posnan. S. 440; Gesta Trev. S. 403. Tharse in den Grandes Chr. de France VII S. 121, 131 übersetzt tartari des Guillaume de Nangis; inhaltlich deutlich : Geffroi de Paris (v. 3275 ff.), ebenso Philippe Mousket (v. 3023 1). BEz ZOLA 35 f. 59 Plano Carpini: terram . . . Mongalorum, quos nos Tartaros appellamus, IX,28 S. 1 16; Rubruk wie N. 56 und XVI,5 S. 205. Philippe de Mezieres wohl nach seinem Gewährsmann (unten S. 54) Songe I S. 23 1 : les mengoules ce soit les Tartres. Der Libro deI conosc. (c. 12 S. 571/2) nennt die Leute in der Tartaria: mogoles; Pegolotti benutzt zweimal den Begriff moccoli: S. 21, 29; Josse van Ghistele erwähnt die Tarters die men zeid Mongales, S. 33. 60 Fürsten : Edward v. England 1274, Jaime v. Aragon 1300 und 1307, Vermittlung durch Schreiben wie das aus Persien 1274: Anhang I u. S. 182, N. 572; auch Chronisten: Thomas v. Split S. 590 Z. 38 (ev. von Plano Carpini, unten S. 289, N. 469); Joh. v. Oxenedes S. 250 (moaI); William Rishanger S. 89; Ann. de Waverley S. 387; Ann. de Wigomia S. 473; Flores hist. III S. 43, 49, 69 (offenbar Tradition in der eng!. Chronistik); spät in Ungarn: Chr. Budense S. 467/8; Joh.de Thurocz ("" um 1435) 101, S. 137: mangali. 6 1 Jean LeLong, Chr. Sp. 684. Zum Land unten S. 297ff., eine Flußethymologie 297, N. 518. 62 Z. B. Uighuren, Kirgisen, Tanguten, Karakitai, Chinesen usw., dazu die Turkvölker des Kipt schak, vor allem Kumanen, und manchmal auch Iraner und andere vorderorientalische Völker. - Die Namen der unterworfenen Völker sind zwar bei den frühen Reisenden und ihren Rezipienten überliefert, werden aber darüber hinaus nicht unterscheidend verwendet: S. 293/4. - Die Trennung zwischen echten Tartaren und Verbündeten gelingt nur guten Kennern und ist selten so deutlich formuliert wie von Joseph de Cancy (übers. SANDERS S. 8). - Anders behandele ich getreu dem Prinzip die Abendländer im Dienste der Mongolen, denn sie wurden nicht verwechselt: dazu allerdings »mongo!. Gesandtschaft« unten S. 52/3.
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I . FRAGEN U N D Z I ELE
Begriff Rücksicht darauf, daß sich die Mongolen immer mehr mit den eroberten Völkern vermischten, vor allem zunehmend turkisiert wurden 63. Bis zu Dschingis Khans Tod im Jahre 1227 hatten er und seine Unterführer nicht nur die Eroberung Nordchinas eingeleitet, sondern auch das Chwarezm-Reich in Transoxanien zerschlagen und waren durch Aserbaidschan von Süden über den Kaukasus in die Kiptschak-Steppe eingedrungen. 1223 schlug ein mongolisches Expeditionscorps an der Kalka (nördlich des Asowschen Meeres) ein kumanisch russisches Heer. Es zog sich damals sogleich wieder zurück, da die Kräfte noch für die Eroberung Chinas gebraucht wurden, doch waren die Mongolen nun im Süden wie im Norden schon weit genug vorgedrungen, um in Europa wahrge nommen zu werden. Unter den Kreuzfahrern, die 1220 vor Damiette lagen, verbreiteten sich hoffnungsvolle Gerüchte vom Vordringen eines mächtigen christlichen König David aus dem Osten im Rücken der Sarazenen; diese Gerüchte verbanden sich mit der im 12. Jahrhundert im Abendland bekannt gewordenen Legende von einem sagenhaften Priesterkönig Johannes, der weit im Osten der Erde ein christliches Reich beherrsche 64. Über den vermeintlichen König David freuten sich die europäischen Juden - wohl weil sie für das Jahr 1240 (5000 jüdischer Zeitrechnung) den Messias erwarteten 65. Der Annalist von Marbach, der diese Freude verständnislos registriert, notiert außerdem voller Zweifel die Erklärung, daß jenes unbekannte Volk aufgebrochen sei, die Gebeine seiner Heiligen Drei Könige heimzuholen 66. Auch der Ungarnkönig bezeichnete 1223 offenbar einen König David, genannt Priester Johannes, als Anführer des - als christlich geltenden - Volkes, von dessen Eindringen in Rußland Caesarius von Heisterbach im gleichen Jahr 1223 ganz vage erfuhr 67• Richard von San Germano, der die substantiell hervorra genden osteuropäischen Nachrichten an der Kurie niederschrieb 68, zog aber noch keine Verbindung zum Vorderen Orient und kannte auch den Namen tartari nicht, der in Lettland und in Georgien schon früh kursierte 69. 63 So wird der Türke Timur als Mongole auftauchen, weil man ihn im Abendland so sah, Näheres unten. Im Gebiet der Goldenen Horde sei, so SPULER, seit Beginn des 14.Jh. bei zahlreichen Resten die mongolische Sprache weitgehend von der türkischen verdrängt gewesen (Horde, 287). 64 Zu den Entwicklungen diverser Legenden vor Damiette sowie der Frühgeschichte des abendländi schen Mongolenbildes B EZZOLA 1 3 ff.; zum Priesterkönig Joh. auch unten S. 248/9. 65 Dazu H . B RESSLAU, Juden und Mongolen, in : Zs. f. Gesch. d. Juden in Deutschland 1 (1 887) 99-102; D ERS., Ein Nachtrag, in: ebd. 2 ( 1888) 382/3. 66 S. 1 74/5, sicher vor 1241 aufgeschrieben. Zur Entstehung des Gerüchtes BEZZOLA 34-6. Philippe Mousket, um 1243, S. 69: die Mongolen zögen droit a Cologne: v. 30224. - Spätere Verbindungen der Könige mit den Mongolen unten S. 281/2. 67 X, 447: die Endzeit scheint ihm nahe. 68 S. 1 10. 69 Lettland : Heinrich, Chr. Livoniae (bis 1227), zu 1222 gut infollnierter Bericht über die Kalka Schlacht: tartari kämpfen gegen Schismatiker (B EzzoLA 37); ihre Gefährlichkeit wird unterschätzt. Georgien: von dort gelangte der Name vielleicht erstmals, in Briefen der Königin Russutana und ihres
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Das ganze Ausmaß des Vordringens der tartari unter König David ahnte erst Alberich von Trois-Fontaines, wie Caesarius Zisterzienser 70 . Alberich sammelte Nachrichten und verarbeitete sie frühestens 1232 zu seiner Chronik 7l; er versi chert, daß die Kumanen von d e m s e i b e n - nach wie vor christlichen - König David geschlagen worden seien, von dem man auch vor Damiette habe erzählen hören und der dann, weil Damiette verloren ging, wieder spurlos nach Osten verschwunden sei 72 . Nach jenem Vordringen nach Westen bis ins Jahr 1223 hatten sich die Mongolen zunächst nach Ostasien zurückgezogen, wo Dschingis Khan 1227 starb. Sein Reich teilte er unter seine vier Söhne Dschötschi, Tschaghatai, Ögödei und Tolui auf, wobei gemäß der Tradition der j üngste, Tolui, das »Herdfeuer«, also das Kernland um den Vorort Karakorum, erhielt. An den ältesten, Dschötschi - und damit, da auch er 1227 starb, an seinen Sohn Batu -, fielen die am weitesten entfernten Gebiete im Westen nahe Rußland, Tschaghatai und Ögödei teilten sich Zentralasien, und Ögödei folgte in der Würde des Großkhans. Genaue Grenzen wurden nicht bestimmt: Grundlage der zukünftigen ständigen Konkurrenz zwi schen den einzelnen Clans 73. Während im Osten Ögödei die Eroberung Nordchinas vollendete (1234), drangen seine Brüder und Neffen auch im Westen erneut weiter vor. Im Vorderen Orient wurden die eroberten Gebiete zunächst unter die Verwaltung einiger Unterführer gestellt, und Nachrichten vom verstärkten Druck erreichten wieder das Heilige Land und - in Briefen von dort her - auch Europa: der Name der Tartaren ist nun bekannt, das Volk selbst noch gänzlich unbekannt 74• Die Überlieferung solcher Briefe in abendländischen Chroniken belegt das Marschalls, die vor dem 12. 5. 1224 in Rom eintrafen, ins Abendland: ed. MGH Epp. s. XIII, 1 n.251 12 S. 178-180, BEZZOLA 30/1 mit N.77. 70 Die Zisterzienser sind offenbar frühe Träger unabhängiger Nachrichten, die sie über gute Verbindungen nach Osten (für Alberich BEZZOLA 60 N. 228) und ihre hervorragende ordensinterne Infrastruktur schnell bekommen : Caesarius, auch die Prophetie der Cedrus alta Libani (LERNER, Powers, auch unten S. 258, N. 323). Sie scheiden dann jedoch schnell aus, verzichten auch auf die Mission: F. WINTER nannte den Beschluß der Zisterzienser, für die Bettelmönche zu beten (ed. MID TA IV Sp. 1385 n. 12), die Abdankungsurkunde der Zisterzienser für die Mission: zit. nach ALTANER, Dominikanermission, wie S. 135, N. 295, 2. 71 Sein Werk ging durch mehrere Redaktionen und enthält möglicherweise spätere Einfügungen, BEZZOLA 57/8. Doch eine grundsätzliche Wandlung in seinem Tartarenbild (unten S. 26) spricht für verhältnismäßig frühe Niederschrift des zitierten Teils. Nicht zu klären ist hingegen z . B. der Zeitpunkt, zu dem der falsch eingeordnete (BEZZOLA 59) Armenier-Brief (S. 889) in die Hände Alberichs oder sonst eines Westeuropäers gelangte. - Zu den zwanziger Jahren in der späteren Geschichtsschreibung unten S. 254 mit N. 305. 72 S. 912. Identifikation mit Priester Joh. zu Damiette S. 911. 73 M. WEIERS, Von Ögödei bis Möngke - Das mongolischen Großreich, in: DERs., Mongolen, 194. 74 1237 Brief des Patriarchen v. Jerusalem (RICHARD [Ed.], Lettre); Ann. de BUTton S. 258. Der Dominikanerbruder Philipp, der im gleichen Jahr Erfolge der Mission, nicht Angriffe der Mongolen melden will, behandelt ihre Existenz wie selbstverständlich und fast nebenhin: Brief bei MP CM III S. 397 und bei Alberich S. 941/2.
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Echo, das sie zumindest bei den jeweiligen Chronisten fanden - wenn auch unsicher ist, ob die Einträge wirklich aus der Zeit vor der Wende von 1241 datieren 75 -, doch nur wenige zeigten in den dreißiger Jahren so großes Interesse, daß sie - wie Alberich von Trois-Fontaines und Matthäus Parisiensis in St. Albans systematisch begannen, Nachrichten über die Tartaren zu sammeln76• Wie schon in seinem Bericht zu 1223 weiß Alberich auch Ende der dreißiger Jahre nicht nur von den Ereignissen im Vorderen Orient, sondern gleichzeitig auch von der neuen Angriffs welle in Osteuropa. Dort drängte Batu Khan auf die EIweiterung seines Gebietes, der Goldenen Horde 77, und stieß seit 1236 mit seinen AImeen nach Westen vor; am 6. Dezember 1240 sollten die Mongolen schließlich die große Stadt Kiew erobern und einäschern. Alberich erkannte seinen Irrtum bei der Beurteilung der Ereignisse um das Jahr 1223 : Diese Völkerschaften waren keine hilfreichen Christen, sie hatten ihren guten Priester könig Johannes ermordet und kamen in böser Absicht - doch trotz dieser Einsicht unterschätzte er die Gefahr 78 . _
Verharmlosungen, die zur Unterschätzung führten, verbreiteten sich im Westen etwa mit der Erzählung des Bruder Riccardus über die Reise einiger ungarischer Dominikaner, unter ihnen Bruder Julian, die in den Liber censuum der römischen Kirche aufgenommen wurde 79• Julian war etwa um 1235 ins Wolgagebiet aufge brochen, um stammveIwandte Ungarn aufzufinden; er spürte schon die Unruhe, die das mongolische Vordringen verursachte, hatte sogar Tartaren getroffen 80 , doch sah er noch keine existentielle Gefahr für Europa heraufziehen. Als er aber
75 Die Inhalte der Nachrichten werden ausführlich auch an einigen anderen Stellen rezipiert, z. B. Chr. reg. Colon. ad a. 1237, doch ist es gerade bei Annalenwerken bekanntlich sehr schwer, den genauen Zeitpunkt der Eintragung festzustellen (N. 76). 76 Zu Alberich N. 71. Zu Matthäus ]. ].SAUNDERS, Matthew Paris and the Mongois, in : Essays in Medieval History pres. to B. Wilkinson, ed. T. A. SANDQUIsT/M. R. POWICKE , Toronto 1969, 116-132; Hans-Eberhard HIL PERT, Kaiser- und Papstbriefe in den Chronica majora des Matthaeus Paris, Stuttgart 1981, hier 153-171 : Tartarennachrichten seien meist erst nachträglich in die Chronik aufgenommen; dazu habe M. seiner Phantasie gelegentlich freien Lauf gelassen (164). 77 Weitere kleinere Horden (M. WEIERS , Die Goldene Horde oder Das Khanat Qyptschaq, in : DERS. , Mongolen, 347) haben die Westeuropäer kaum wahrgenommen. 78 Alberich gleicht seine so unterschiedlichen Infolmationen aus (S. 942); BEZZOLA 61. 79 Bericht des Riccardus S. 151-16 1, besonders 4,8 S. 157/8. Zur Rezeptionssituation BEZZOLA 38; zur Person GÖC KENJAN/SWEENEY (Übers.) 69. M. DIEN ES , Eastern Missionaries of the Hungarian Dominicans in the First Half of the 13th Century, in: Isis 27 ( 1937) 225-41. 80 Riccardus 4,10 S. 158. Gesucht hat er aber sicher noch nicht nach den Tartaren, wie Alberich, der S. 942 von ]ulians Reise spricht, behauptet, sehr wahrscheinlich ex eventu, zu einer Zeit, als die Tartaren schon alles andere an Bedeutung verdrängt hatten. Julian forschte nach jenen Ungarn, die, wie man in alten Chroniken gefunden habe, bei der Westwanderung in der alten Heimat geblieben waren. Tatsächlich fand er Menschen, mit denen er sich verständigen konnte (4,3 S. 157; schon der allererste Mönch: Riccardus 1,9 S. 152; noch Rubruk XXI,I-2 S. 219); T. v. BOGYAY, Das Schicksal der östlichen Ungarn des Julianus im Lichte moderner Forschung, in: Uralaltaische Jb. 50 (1 978) 25-30.
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1237/38 ein zweites Mal loszog, fand er alles verwüstet und mußte seine Reise abbrechen 81 Julian begriff nun die ungeheure Bedrohung für Osteuropa und hatte zusätz lich von den Geschehnissen im Vorderen Orient gehört. Der Schrecken ließ ihn den Priester Johannes oder König David vergessen; die Erwähnung von Ismaeli ten und Anspielungen auf die von Alexander dem Großen eingeschlossenen Judenvölker bereiteten statt dessen den Boden für verschiedene Versuche apoka lyptischer Interpretation 82 . Gerade der Schrecken veranlaßte Julian aber auch, möglichst genaue Informa tionen über die Tartaren zusammenzustellen 83; dazu überbrachte er dem ungari schen König eine Untetwerfungs-Aufforderung Batus und gab damit dem Abendland erstmals eine Ahnung vom mongolischen Weltherrschafts anspruch 84. Denn gemäß ihrem himmlischen Auftrag betrachteten die Mongolen alle Völker als potentielle Untertanen; wer sich nicht freiwillig untetwarf, galt als Aufständi scher und wurde gnadenlos bestraft 8s• Ob Batu zum Beispiel auch nach Polen solche Schreiben sandte, ist nicht bekannt ; im Falle Ungarns kam als erschwe rende »strafbare« Handlung des Königs hinzu, daß er die vor den Mongolen fliehenden Kumanen, also ungehorsame Untertanen Batus, aufgenommen hatte 86 • Erste Warnungen und Hilferufe nahm man im Abendland kaum recht ernst, wenn auch - offenbar bis nach England - die Ängste der an Osteuropa grenzen den Gebiete zu spüren und die Berichte aus dem Osten sehr wohl bekannt waren 87. »Lassen wir doch jene Hunde sich gegenseitig verschlingen, auf daß sie aufgerieben zu Grunde gehen«, riet der B ischof von Winchester 1238, als sich die verzweifelten Assassinen bis nach England um H ilfe gewandt haben sollen 88 . Doch Batu teilte schließlich seine Horden in zwei Heersäulen und ließ sie •
81 BriefJulians an den päpstlichen Legaten in Ungarn, S. 165-82. - Die beiden Quellen scheinen von drei Reisen zu berichten, darunter zwei des Julian, der nur beim ersten Mal das intakte, aber schon bedrohte Großungarn erreichen konnte. D. SINOR geht von nur zwei Reisen, davon eine des Julian, aus (Un voyageur du Be siede: le dominicain Julien de Hongrie, in: Bull. of the School of Orient. and Mrican St. 14 [1952] 589-602, hier 595-599), während DÖRRIE in der Edition sogar vier Reisen unterscheidet (S. 127/8; die 2. und 4. von Julian). Für unsere Fragestellung ist dieses Problem unerheblich. 82 1,1-2 S. 167; Juden BEZZOLA 44; Tradition der Ismaeliteninterpretation für eindringende Völker in Osteuropa und andere mögliche Ursprünge BEZZOLA 41 /3. Schon Caesarius hatte auf die Endzeit angespielt; zur weiteren Entwicklung der apokalyptischen Ideen unten S. 258 ff. 83 Kausalzusammenhang Prolog 1-2 S. 166. 84 Anklänge daran schon auf der ersten Reise: Riccardus 2,21 S. 154; 4,14 S. 159. 85 Der Führer der Tartaren nenne sich nuntius Dei und ziehe gegen gentes sibi rebelles: so registriert von Matthäus Parisiensis zu 1238 (CM III S. 488). 86 Julian 5,13/4 S. 1 79. 87 Matthäus Parisiensis glaubt, die Fischer aus Friesland und Gotland hätten 1238 aus Furcht vor den Mongolen nicht gewagt, zum Heringsfang auszufahren (CM III S. 488, dazu HILPERT, wie N. 76, S. 157). Ein Bericht aus Ungarn wurde in England gleich doppelt abgeschrieben: CM VI S. 75/6, und in den Ann. de Waverley S. 324/5. 88 MP CM III S. 489. - Ähnliche Einstellung auch, wenn schismatische Christen betroffen waren: BEZZOLA 37. - Die Assassinen waren als besonders mörderische muslimische Sekte bekannt.
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gegen Mittel- und Südosteuropa marschieren. Am 9. April 1241 wurde ein polnisches Heer unter Herzog Heinrich von Schlesien bei Liegnitz vernichtend geschlagen, der Herzog selbst fiel. Auf eine Lanze gespießt, trugen die schreckli chen Reiter seinen Kopf vor die Tore der Stadt 89• Über den Jablunka-Paß in den Kleinen Karpaten zogen die Mongolen nach Süden ab, um ihre Gefährten zu treffen. Diese hatten inzwischen am 11. April 1241 bei Mohi am Saj6 auch die Truppen des Ungarnkönigs Bela vernichtet; der Bruder des Königs, Prinz Kolo man, erlag bald seinen Verletzungen 90 . BeIa selbst konnte fliehen, von den Feinden bis zur Adriaküste gehetzt. Ganz Ungarn östlich der Donau wurde verheert, mit Hinterlist und Grausamkeit wurden unendlich viele Menschen hingeschlachtet, so daß sich das Land von dem Aderlaß lange nicht erholte 9 1 . Westlich der Donau waren die Verwüstungen nicht ganz so verheerend, aber Spähtrupps gelangten bis weit über Wien hinaus 92 . Nun brach Panik aus. Natürlich waren die Europäer gewarnt worden, aber wer hatte die Drohungen ernst genommen ? Auch in Ungarn waren Abwehrmaßnah men getroffen worden, wie immer gegen einfallende Völker: man kannte das, man war es gewöhnt und hatte noch immer gesiegt ! 93 Doch jetzt waren die christlichen Ritter geschlagen, wer sollte das Abendland beschützen ? Die nie gekannte Brutalität mongolischer Kriegsführung, die systematische Vernichtung ganzer Bevölkerungen, die Untreue trotz gegebenen Wortes erregten Angst und Schrek ken. Befürchtungen wurden laut, die Mongolen wollten nach Ungarn nun Böhmen, Deutschland und alle Länder der Christenheit überfallen, die Furcht griff nach Frankreich und Spanien über94• Schockierende Augenzeugenberichte, Nachrichten über Kannibalismus und Metzeleien, die nicht vor Kindern, Frauen und Greisen halt machten, durchdran gen Europa. War früher die Gefahr abgetan worden, weil die Tartaren gegen 89 Heftige Sprache in polnischen Annalen (neuestens A. RUTKOWSKA-PLACHCINSKA, L'image du danger tartar dans les sources polonaises de XlIIe-XIVe sieCles, in: HistOire et societe. Me!. G. Duby, Aix-en-Provence 1992, 87-95), aber im Westen kaum Resonanz auf die konkreten Ereignisse in Polen : F. SCHMIEDER, Der Einfall der Mongolen nach Polen und Schlesien - Schreckensmeldungen, Hilferufe und die Reaktionen des Westens, in: Wahlstatt 124 1 , hg. v. Ulrich SCHMILEWSKI, Würzburg 1991, 77-86 (ev. gab es doch einen Polen, der nach Westen berichtete: freundlicher Hinweis von G. Frei bergs auf seine demnächst erscheinende Edition der Descriptiones terrarum: unten S. 247 mit N. 273). Kämpfe Bild 1, vgl. S. 2 14 , N. 86. 90 MP CM VI S. 79. - Zu den genannten Orten die Karte. Alle mongolischen Bewegungen in Polen, Mähren und Ungarn Gustav STRAKoscH-GRAsSMANN, Der Einfall der Mongolen in Mitteleuropa in den Jahren 1241 und 1242, Innsbruck 1893, Karte III und Detailkarte IV. 91 Krasse zeitgenössische Schilderungen der Folgen z . B. Ann. Gotwic. Cont. Sancruc. 1/ S. 641 92 Schilderung der verheerenden Züge bei GÖCKENJAN/SWEENEY (Hg.), Mongolensturm, 48-55. Quellen z. B.Thomas v. Split S. 586ff., Ann. Admunt. S. 597. 93 Z . B. Thomas v. Split S. 585 Z. 42ff. Nachträglich zu 1239: Viele nahmen die Einfälle der Tartaren in Rußland quasi pro ludo (S. 585 Z. 8/9; 29). 94 Riccardus IV, 11 +13/4 S. 158/9, Julian 4,2 S. 178; Gregor IX. am 16. 7. 1241 (aus dem Konzeptbuch des Albert Beham Nr.2 S. 58); Ann. S. Pantal. S. 535. Richer v. Sens, um 1254/5, S. 3 10. - Zur Angst in Frankreich: Dialog zwischen Ludwig IX. und seiner Mutter bei MP CM IV S. 1 11 12.
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Sarazenen und Schismatiker kämpften, so herrschte nun überall die Angst; der Name schon sagte doch alles: Die fremden Horden kamen direkt aus dem Tartaros - war dies das Ende der Welt ? Waren Gog und Magog aus den vier Winkeln der Welt aufgebrochen, um den Jüngsten Tag einzuläuten ? Hatte man doch unmittelbar vorher eine Sonnenfinsternis beobachten können ! 95 Die gering fügigste Erklärung war noch, daß Gott die Verheerungen als Strafe und Mahnung für die sündige Christenheit geschickt hatte 96. »Im selben Jahr [1240] tauchte ein unbekanntes barbarisches Volk auf, das man Tartaren oder Ismaeliten nennt, die eine riesige Metzelei unter den Menschen anrichteten, vor allem unter den Christen, die zu verfolgen und deren Namen auszulöschen sie losgezogen waren. . . , Unter sie haben sich falsche Christen gemischt und eine Vielzahl von Häretikern, von denen angestiftet sie viele Klöster zerstört haben . . « 97 Daneben kursierten noch andere vermutete Motive, etwa das der Strafe; vielleicht hatten auch Boten des Kaisers - dem mancher solche Feindseligkeiten gegen die Christenheit zutraute -, die man im Heer der Tartaren gesehen haben wollte, diese aufgehetzt. Immer noch wurde erzählt, sie wollten die Heiligen Drei Könige aus Köln holen. Und dann war da auch jene verdächtige Freiide der Juden, die sogar Waffentransporte zur Unterstützung der Mongolen ausgerüstet haben sollen - hier klingt wiederum die Angst vor Gog und Magog an, denn seit Petrus Comestor im 12. Jahrhundert identifizierte man die eingeschlossenen Juden stämme Alexanders des Großen mit den Endzeitvölkern 98. Nicht weniger erschreckend aber war das wahre Motiv, das sehr bald bekannt wurde: Die Tartaren wollten die ganze Welt erobern! 99 Und kein Wunder, daß .
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95 Ann. Gotwic. Cont. Zwet. S. 655; Ann. Admunt. S. 592. 96 propter peccata der Ungarn: Ann. Gotwic. Cont. Sancruc. Il S. 641 (ähnlich 1259 in Polen: Ann. Capit. Posnan. S. 460). - Hier sind die Tartaren bereits als zwar schlimme, aber erklärliche Gefahr eingeordnet : unten S. 265/6: dort auch andere teleologische, für die Denkweise der Zeit typische Interpretationen, die auch bei Kenntnis ganz weltlicher Ursachen und Absichten der Mongolen nicht verstummten. 97 Ann. Scheftlar. Maior. S. 341 (Oberbayern, aber Nähe zum Geschehen war für die Reaktion offenbar ohne Bedeutung: BEZZOLA 91). Häretische, verstoßene Christen als Anstifter kennen auch MP CM VI S. 82, Gesta Trev. S. 404, Ann. Gotwic. Cont. Sancruc. Il S. 640. 98 Strafe : gegen Russen, gegen Ungarn (tatsächlich begründeten die Mongolen ihren Krieg gegen die Ungarn mit deren Aufnahme der Kumanen). Eine ganze Palette von Motiven, die alle von den Mongolen selbst stammen sollten, bot Ivo V. Narbonne an (in MP CM IV S. 270-277; unten S. 202, N. 14); zu all dem BEZZOLA 100-104. - Zu den Verdächtigungen des Kaisers unten S. 123. Der Kaiser soll den Kreuzzug, für den alle begeistert waren, verhindert haben : Ann. Gotwic. Cant. Sancruc. Il S. 640/1. - Zu den Juden N. 65, MP CM IV S. 131-133, Gesta Trev. Cont. IV S. 404. Zu Gog und Magog unten S. 259 ff. 99 Das weiß Z. B. Friedrich II. (MP CM IV S. 118) und teilt es seinen Standes genossen mit. Dieser völlig richtigen Erkenntnis nahe kommen die Ann. Gatwic. Cant. Sancruc. II S. 640. Der rex der T. sei überzeugt, der einzige Herr auf Erden zu sein: hier werden die Titulaturen der Unterwerfungsauffor derungen rezipiert. MP CM IV S. 276, 607/8, VI S. 114. - Vielleicht scheint in der Falkner-Anekdote Alberichs v. Trois-Fontaines auch ein wirklicher Brief mit Aufforderung zur Unterwerfung an Friedrich II. durch : S. 943.
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I . FRAGEN U N D Z I E L E 100.
ihre Angriffe Erfolg hatten, war doch die Christenheit in sich entzweit Die Mongolen hatten sich, so wußten die Chronisten zu berichten, erst dann ent schließen können, Ungarn anzugreifen, als sie erfuhren, wie zerstritten dieses Volk im Innersten sei: dahinter stand die letztlich unerschütterte Überzeugung die auch die Mongolen nach Ansicht der Christen teilten -, daß die christlichen Ritter die besten der Welt seien; ein Glaube, der bald wieder die Oberhand . 101 gewlllnen konnte . Die unmittelbar betroffenen Fürsten reagierten sofort; König Bela rief um Hilfe und bot dem Kaiser Lehnstreue, wenn er ihn rette; am 22. April 1241 tagte in Merseburg ein Reichstag, am 15. Mai ein Fürstentag in Eßlingen; schon im April 102 predigte der Mainzer Erzbischof das Kreuz und ließ Prozessionen veranstalten . Doch trotz aller gewonnenen Erkenntnisse, aller derartigen Bemühungen und mancher apokalyptischen Schreckensbotschaften, die einander jagten, organisier ten die europäischen Mächte keinen nennenswerten Widerstand. Die Zeit war ungünstig, der Konflikt zwischen Kaiser und Papst trieb seinem Höhepunkt entgegen. Der Kaiser rief in der Erkenntnis, die Lage unterschätzt zu haben, zur Einheit der Christenheit auf; an ihrer Spitze werde er gegen die Feinde ziehen wenn der Papst es nur zuließe. Gregor IX. war betroffen, doch außer Trost und Propaganda war auch von ihm nicht viel zu hören, und schon im August 124 1 starb er. Beide Herren stellten die eigene Auseinandersetzung über die Mongolen abwehr. 1242 aber verschwanden die Horden Batus wieder nach Osten - es schien wie ein Wunder Gottes, der die Christenheit nicht völlig vernichten wollte. In Ostasien war der Großkhan Ögödei gestorben, und Batu wollte auf seinen Einfluß bei der Nachfolgeregelung nicht verzichten. Er zog seine Truppen aus den westlichsten Positionen wieder ab, um sich in der Kiptschak-(Kumanen) Steppe festzusetzen; die Mongolen blieben in der Zukunft zwar weiterhin durch ständige Überfälle eine Gefahr für Osteuropa, aber die Expansion hatte ihre Grenzen erreicht. Im Abendland jedoch ahnte man weder, weshalb Batu umgekehrt war, noch ob und wann er zurückkommen würde. Wußte man doch kaum, mit wem man es 103 überhaupt zu tun gehabt hatte und warum dies alles geschehen war . In den 100 Z. B. Friedrich H., MP CM IV 5. 117. Auch Kenner wie Plano Carpini mahnen zur Eintracht. 101 Vgl. 5. 124. 102 Predigt 25. 4. 41, HB V, 1209-1213 vgl. 1213/4; Prozessionen: Ann. Wormat. 5.46. Der BE. v. Konstanz am 25. 5. (Exhortatio Heinrici); Chr. Erphora. 5. 657. Ann. S. Pantal. 5. 535 ( Chr. reg. Colon. 5. 281). Zur Kreuzzugssituation P. ]ACKSON, The Crusade Against the Mongois (1241), in: ]EH 42 (1991) 1-18; zu Belas Angebot unten 5. 123, N. 238. 103 Erst Plano Carpini konnte das Rätsel des Rückzuges lösen (VIII,5 5. 95). Man begriff auch nicht recht, warum man unterlegen war: ].RICHARD, Les causes des victoires mongoles d'apres les historiens occidentaux du Xnle siecle, in: DERs., Croises, Nr.XI ; dazu unten 5. 122/3 u. 229ff. Noch Thomas v. Cantimpre (t 1263/72, Bonum 1I,1, unfol.) erzählt, daß die Tartaren Brabant nicht hätten verwüsten dürfen, weil es dort zu viele Heilige gebe. =
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Traditionen suchte man vergebens eine sichere Antwort; die Bibel und die theologischen Schriften boten nur die zitierten apokalyptischen Interpretationen an; nach der traditionellen Geographie konnten die Tartaren vielleicht Skythen sein 104. Wie schon angedeutet, saß der Schrecken allerdings keineswegs so tief wie das christliche Selbstvertrauen, denn, so klagt mancher Annalist, kaum waren die Tartaren abgezogen, teilten die Herren und Bischöfe auch schon das unter Opfern reichlich gesammelte Kreuzzugsgeld unter sich auflos• Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen sah sich genötigt, mit drastischen Bildern seine Standesgenossen aufzurütteln, und das nicht zu Unrecht: Friedrich der Streitbare, Herzog von Österreich, nutzte die schwierige Lage König Belas aus, um an ihm Rache zu nehmen . . . 1 06 Nicht alle Herren aber sahen so kurz. Erst 1243 107 gab es wieder einen Papst; mit dem Genuesen Sinibaldo dei Fieschi bestieg als Innocenz IV. eine der größten Persönlichkeiten des 13. Jahrhunderts den Heiligen Stuhl. Der neue Papst ergriff sofort die Initiative gegen den Kaiser, behielt aber daneben die anderen Belange der Christenheit im Auge, so auch die Tartarengefahr. Bruder Julian hatte vor allem von Herkunft und Kriegswesen der Mongolen, nur wenig von Religion und Sitte zu berichten gewußt, Friedrich 11. 1241 die verfügbaren Nachrichten zu einem ungewöhnlich nüchternen Bild geordnet 1 08 . Doch wollte man auf weitere Angriffe vorbereitet sein, so bedurfte es genauerer Informationen. Innocenz entfaltete deshalb nicht nur vielfältige diplomatische Aktivitäten bei den christli chen Fürsten Osteuropas, forderte zum Burgenbau an den Ostgrenzen des christlichen Europa auf und sammelte alle Informationen, die er aus möglichst erster Hand erreichen konnte 1 09. Der Papst ging noch einen Schritt weiter; er schickte seine Gesandten zu den Mongolen nach Osteuropa - die Franziskaner Johannes von Plano Carpini und Benedikt von Polen - und in den Vorderen Orient - die Dominikaner Ascelin, Simon von St-Quentin und Andreas von Longjumeau : . . . um . . . die Wahrheit über deren [der Tartaren] Vorhaben und Absicht festzustellen und den Christen zu offenbaren, damit nicht jene [Tartaren] bei einem möglichen plötzlichen Einfall diese [Christen] unvorbereitet finden »
104 Zur skythischen wie anderen Vorschlägen zur Herkunft unten S. 287 ff. 105 Gesta Trev. Cant. IV S. 404; Ann. Warmat. S. 47. 106 Heinrich: in MP CM VI S0. 76-78. BeJas Schicksal : Rogerius v. Apulien, c. 32/3 S. 574-76 (unten S. 202, N. 14); dann Überfall auf Ungarn 1243 Ann. Gatwic. Cant. Sancruc. II S. 64 1 ; angebliche Erpressung des Kaisers : unten S. 123, N. 238. - Im Norden Rußlands fallen die Schweden und der Orden ein. 107 Der kurze Pontifikat Coelestins IV. blieb für die Mongolenfrage unwirksam. 108 Zu Julian BEZZOLA 4 1 ; Interpretation seiner mongolischen Geschichte 45-47. - Friedrich 11.: MP CM IV S. 112/19. 109 Vgl. S. 78 (mit N. 19; Sammlung: z. B. Peter v. Rußland auf dem Konzil von Lyon, zu ihm BEZZOLA 1 13).
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werden, wie das . . . bereits einmal geschehen ist« J lo . Die Gesandten fragten und beobachteten umfassend, ihre Nachrichten fanden ein großes Echo - und Europa wußte nun sicher, daß der EroberungswiUe der Mongolen ungebrochen war und JI. 1 man mit ihnen nicht verhandeln konnte, wollte man sich nicht unterwerfen Die Kontakte rissen nicht mehr ab, weitere Informationen flossen nach Europa; im Zusammenhang mit einem mongolischen Bündnisangebot erreichte 1248 ein Brief des kleinarmenischen Prinzen Sempad mit einem Bericht über den ersten Teil seiner Reise zum Großkhan ( 1247-1250) Zypern und dann Europa, im gleichen Jahr reiste Andreas von Longjumeau als Gesandter Ludwigs des Heiligen nach Karakorum, schließlich zog Wilhelm von Rubruk als Missionar in die 1 12 asiatische Steppe . Doch die Qualität der Beziehungen konnte sich erst verän dern, als sich die Verhältnisse unter den Mongolen selbst grundsätzlich gewandelt hatten. Johannes von Plano Carpini hatte In Karakorum die Thronerhebung von Ögödeis Sohn Güyük erlebt; Rubruk traf dort schon den Großkhan Möngke an, einen Sohn Toluis. In schweren Auseinandersetzungen um die Würde des Groß khans hatte sich der Clan Tolui gegen den Clan Ögödei durchgesetzt 1 1 3 . Die Folge war eine zunehmende Entfremdung der Tschaghatai-Khane und auch der Dschötschiden Batu (gest. 1256) und seines Bruders Berke in der Goldenen Horde, die die alte Großkhan-Linie unterstützt hatten, vom Zentrum in der Mongolei. Möngke sandte zudem 1255 seinen Bruder Hülägü in den Vorderen Orient, wo dieser wenig später das Ilkhanat von Iran begründete 1 14. Die ständigen Zwistigkeiten der folgenden Jahrzehnte zwischen dem Ilkhanat auf der einen, der Goldenen Horde und dem Tschaghatai auf der anderen Seite sind vor allem verursacht von der Konkurrenzsituation zwischen den vier Dschingiskhaniden Clans 115. Die wichtigste Folge dieser Gegensätze war eine faktische Auflösung des Groß reiches in immer noch riesige Teilreiche, die oftmals miteinander im Krieg lagen. 110 So Plano Carpini in seinem Prolog, c. 2 S. 28. - Zu einer weiteren Gesandtschaft M. RONCAGLIA, Frere Laurent de Portugal OFM et sa legation en Orient (1245-1248 env.), in: Boll. della Badia greca di Grottaferrata 7 ( 1953) 33-34. 1 1 1 Zu den Entwicklungen dieser Jahre S. 80, zum Echo ebd., auch 20 l . 1 12 Näheres zu all jenen S. 80 fE. 113 Unklarer Widerschein der Unruhen bei Rubruk XXIII,4 bzw. XXVII,6/8 S. 225, 24112. In der Übergangszeit kam Andreas v. Longjumeau nach Karakorum : XXXV,3 S.30 l . 1 14 Planungen seit Möngkes Thronbesteigung 1251. - Zur Gründung und zur Geschichte des Ilkhanats GROUSSET, Steppenvölker, 751 H. Zur Benennung »von Iran� WEIERS, Mongolen in Iran, wie N. 121, 300. 115 M. WEIERS, Das Khanat Tschaghatai, in: DERs., Mongolen, 294 (das Gebiet ist benannt nach dem Begründer des Clans). Diese Ursache war sicher wichtiger als die konkurrierenden Sympathien für Christentum oder Islam, wie ein armenischer Chronist es darstellt (GROUSSET, Steppenvölker, 491). Im Jahre 1305/16 feiern alle Dschingiskhaniden Frieden : ein Ereignis, von dem der I 1khan sogar Philipp v. Frankreich Mitteilung macht. .
G E SCHI CHTE D E R M O N G O LI S C H E N RE ICHE
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Anders als in Osteuropa, wo schon nach 1242 die Konsolidierung des Mongolen reiches der Goldenen Horde einsetzte, dem keine weitere Expansion mehr gelang, war der Vorstoß im Vorderen Orient noch keineswegs beendet. Hülägü kam dorthin mit dem Auftrag, weiter nach Westen vorzudringen. Zunächst sehr erfolgreich, eroberte er 1258 Bagdad und vernichtete das Khalifat, drang weiter nach Syrien vor, eroberte Aleppo (24. Januar 1260) und Damaskus (1. März) und verursachte damit panikartige Reaktionen der fränkischen Christen im Heiligen Land. Der kleinarmenische König Hethum war schon 1253/56 zu den Mongolen gereist und hatte sich freiwillig unterworfen; sein Schwiegersohn Boemund VI. von Antiochia folgte wohl 1259 seinem Beispiel : eine Aktion, die ihm die Exkommunikation durch den Bischof von Bethlehem als päpstlichem Legaten im Heiligen Land eintrug l 1 6 • Das Tartarenbündnis bot, solange die Mongolen im Vorderen Orient ein Machtfaktor blieben, den Armeniern immer wieder Hilfe gegen Übergriffe der ägyptischen Mamluken, aber nicht in dem Maße, wie König Hethum möglicher weise gehofft hatte. 1259 war Möngke im fernen Karakorum gestorben, und Hülägü ließ seine Truppen unter dem christlichen General Kitbuqa zurück, um 1 17 seinen Bruder Kubilai in den Nachfolgeauseinandersetzungen zu unterstützen . Da zerbrach am 3. September 1260 bei 'Ain Galut, an der Goliathsquelle, wo einst David den Goliath besiegt hatte, der Mythos von der Unüberwindlichkeit der Tartaren: ihre Truppen wurden von einem mamlukischen Heer unter dem späteren Sultan Baibars vernichtet. Eine weitere Niederlage folgte am 10. Dezem ber bei Hirns am Orontes - die Grenzen mongolischer Expansion waren auch in Syrien erreicht. Das Ilkhanat etablierte sich mit Zentrum um die Stadt Tabris in Aserbaidschan ; weitere großangelegte mongolische Vorstöße nach Südwesten 128 1 und 1299 konnten ihren Herrschaftsbereich nur kurzfristig erweitern. Die Gegenwehr der Mamluken wurde dabei gefördert durch ihr Bündnis mit der Goldenen Horde. Deren Khane lebten mit den Ilkhanen auf Grund der geschilderten Zerwürfnisse im mongolischen Großreich in zunehmender Feind schaft und eröffneten im Kaukasus, den sie als ihr unrechtmäßig enteignetes Erbteil betrachteten 118, eine zweite Front. Wenn sie das Gebirgsland auch erst nach dem Zusammenbruch des Ilkhanats im 14. Jahrhundert erobern konnten, so zwangen sie den Iran doch zur Aufteilung seiner Kräfte, oft noch unterstützt durch Angriffe der Tschaghatai-Khane an der Grenze zu Transoxanien. Neben dem Ende der Expansion aber brachte die Erfahrung der Niederlagen zusammen mit dem Zerfall der Reichseinheit ein Umdenken beim Ilkhan, der nun Vgl. S. 86/7; dort auch Näheres zu den Reaktionen 1258-1260. Ausführliche Darstellung der Situation, aber auch der Stimmung unter Christen und Muslimen bei JACKSON, Crisis, wie S. 86, N. 67, Die Mongolen im Vorderen Orient: P. M. HOLT, The Age of the Crusades. The Near East from the Eleventh Century to 1517, London/NYork 1986, bes. 86ft 117 V gl. S. 36/7. 1 1 8 Ursprünge der Streitigkeiten im Kaukasus : WEIERS, Horde, wie N. 77, 346. 116
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I . FRAGEN U N D Z I E L E
bereit war, auf fremde Kräfte zurückzugreifen. Die italienischen Seestädte waren aus Gründen der Konkurrenz untereinander früh bereit, auf der einen oder anderen Seite auch militärisch, vor allem mit Schiffen, über die die Mongolen nicht verfügten, einzugreifen : unterhielt Genua gute Beziehungen zu den Ilkha nen, so näherte sich Venedig der Goldenen Horde 1 19. Hülägü und seine Nachfol ger bemühten sich darüber hinaus immer wieder um Kontakte zu anderen europäischen Mächten, in denen sie wegen deren Erzfeindschaft mit Ägypten die geeigneten Verbündeten erblickten. Durch den nun beginnenden Gesandten austausch erreichten neue und genauere Nachrichten über die vorderasiatischen Mongolen das Abendland, getragen meist von syrischen Christen oder Europä ern, die sich lange Jahre bei den Tartaren aufgehalten hatten und sie dementspre chend gut kannten. Nachdem sich in Europa endlich die Erkenntnis durchgesetzt hatte, daß an beiden Fronten »die gleichen« Tartaren aufgetaucht waren, mußte man nun lernen, zwischen den Horden wieder zu trennen. Das so transportierte Wissen um die Feindschaft zwischen Ilkhanen und Goldener Horde, vom Bünd nis der letzteren mit Ägypten - die Goldene Horde kannte man in Europa ja auch als bleibende Bedrohung für das christliche Osteuropa - sowie von der christen freundlichen Haltung fast aller Ilkhane schuf allmählich auch im Abendland ein wachsendes Vertrauen zu diesen. Wenn es auch nie zum erhofften gemeinsamen Kampf kam, so hatten diese Kontakte und das Gedankenspiel mit dem Bündnis doch wichtige Folgen für das europäische Urteil nicht allein über die Mon 120 golen . Konnte von einem einheitlichen Reich der Mongolen auch bald keine Rede mehr sein, so hielten doch gerade die Ilkhane lange an dieser Fiktion fest und ließen ihre Herrschaft immer wieder vom Großkhan, der ja demselben Clan entstammte, bestätigen. Diese Illusion beeinflußte sicher auch die Zähigkeit, mit der abendländische Autoren bei aller Differenzierung, die manch einer in der direkten Auseinandersetzung mit den Fremden gelernt hatte, an der Darstellung des einheitlichen Mongolenreiches unter einem Großkhan festhielten. Erst Gha zan (seit 1295) ließ eigene Münzen prägen und verzichtet endgültig auf die 121. Bestätigung aus Ostasien Trotz der erwähnten freundlichen Haltung gegenüber dem Christentum, dem viele Mütter und Frauen der Ilkhane, zum Beispiel zwei griechische Prinzessinnen Maria als Gemahlinnen Abaqas und Öldscheitüs, angehörten, setzte sich im mongolischen Iran letztlich der Islam durch. Ob überhaupt je ein Ilkhan selbst 119 Vgl. S. 156/7; SPULER, Horde, 58 u. 70/1. Angebliche Einbindung der Mongolen ins europäische Mächtesystem unten S. 102, die diplomatischen Bemühungen 89ff. 120 Vgl. S. 108. 121 Die Verwandtschaft zu den Dschingiskhaniden in China war sehr weitläufig geworden; die Treue zum Clan wurde von den Realitäten überwunden. Neben den Hinweisen auf programmatisches Unabhängigkeitsstreben steht allerdings die Beibehaltung des Namens »Ilkhan«, der Unterordnung bedeutet (M. WEIERS, Die Mongolen in Iran, in: DERS., Mongolen, 302; zu Ghazan 326/7).
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22 1 Christ war, ist mehr als fraglich . Hülägü (bis 1265), sein Sohn Abaqa (1265-82) und seine Enkel Arghun (1284-91) und Ghaikatu (1292-95) waren wohl Buddhi sten; als Hülägüs Sohn Tegüder (1282-84) unter dem Namen Ahmad versuchte, den Islam, dem die Mehrheit der Untertanen angehörte, durchzusetzen, wurde er nicht zuletzt deshalb 1284 von einer konservativ-mongolischen Adelsopposition 2 gestürzt J 3• Knapp zehn Jahre später aber siegte Ghazan (1295-1304) im Kampf um den Thron gerade wegen seines Übertritts zum Islam; alle späteren Ilkhane waren dann Muslime. Jene Wandlung spiegelt die zunehmende Assimilierung der nomadischen Mongolen an die ansässige Kultur ebenso wie die Bautätigkeit der Ikhane in den Hauptstädten Tabris und SuItaniyah, wo sich Ghazan und sein Bruder Öldscheitü (1304-16) erstmals auch Mausoleen errichten ließen 124. Die religiöse Karriere des letzteren ist geradezu bezeichnend für die Windungen der Ilkhane, denn er gehörte im Laufe seines Lebens praktisch allen Religionen oder 2 1 Lehren des Vorderen Orients außer dem Judentum an 5 . Keinen Ilkhan aber - außer dem genannten Ahmad - hinderte sein Glauben an einer guten Behandlung oder gar Förderung anderer Religionen. Neben den europäischen Händlern, die in jedem Mongolenreich gerne gesehen waren und beschützt wurden, konnten sich auch katholische Missionare ohne Behinderung in Tabris und SuItaniyah niederlassen. Die gesamte religiöse Situation war unklar genug, um dem Abendland auch Anlaß für manches Mißverständnis - wie die ver herrlichende Legendenbildung um Ghazans Westfeldzug der Jahre 1299/1300 2 zu bieten 1 6. Dieser Feldzug weckte im Abendland Hoffnungen wie noch nie, wirkte anregend auf die Blüte einer ganzen Kultur von Kreuzzugsgutachten, bildete real aber den letzten Höhepunkt in den Expansionsbemühungen der Ilkhane nach Westen. Als der armenische Prinz Haython 1307 in seinem Gutachten die Vorteile eines Tartarenbündnisses in glühenden Farben ausmalte, war zwar Ilkhan Öldscheitü (gest. 13 16), im Abendland unter seinem persischen Namen 12 Carbenda wohlbekannt und ebenso ängstlich wie .hoffnungsvoll beobachtet 7, noch an konkreten Verhandlungen mit den europäischen Mächten interessiert. 122 Mancher war als Kind getauft worden, aber vor seiner Thronbesteigung konvertiert; Baidu (1295) wird von christlichen Quellen als Christ gezeichnet, kann aber ebenso Buddhist gewesen sein: sicher ist, daß er sich den Muslimen gegenüber wohl aus Gründen der Parteiung feindlich verhielt. 123 WEIERS, Mongolen in Iran, wie N. 121, 3 14. 124 WEIERS, Mongolen in Iran, wie N. 121, 336/7. Die Städte auf der Karte. 125 WEIERS, Mongolen in Iran, wie N. 121, 332/3, 336/7. 126 Zu Ereignissen und Legenden um den »King of Tars« vgl. S. 106 bzw. 219120, zu den Kaufleuten im Iran 152 ff., zu den Missionaren 128ff. Ein vorteilhaftes Bild zeichnet in seinem Kreuzzugsgutach ten noch 1 3 1 7 der Dominikaner Wilhe1m Adam (unten S. 1 1 7 ff.). 127 Vor allem die Überlegungen Ramon Lulls, unten S. 130/1. - Öldscheitü, genannt Harbandah Carbenda; sein persischer Beiname Eselstreiber: WEIERS (Hg.), Mongolen, 320; Khudabandah bei Ibn Battuta, übers. GIBB II S. 335; daher auch die Münzbenennung carpentanus, die sich BALARD (Romanie, 666) nicht erklären kann. Der Name ist im Abendland schon zu seinen Lebzeiten bekannt : Haython und Ramon Lull, sicher auch die Kaufleute und Missionare, kennen ihn. =
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I . FRAGEN UND Z I E LE 128
Seinem Sohn Abu Sa'id aber gelang 1323 der Friedensschluß mit Ägypten. Sein Tod 1335 bedeutete im Zusammenhang mit schon früher ausgebrochenen Wirren praktisch das Ende des Ilkhanats 1 29. Dennoch gelang es der Goldenen Horde erst 1356/57 und damit auf dem Zenit der eigenen Macht - für kurze Zeit, nicht nur den Kaukasus, sondern das ganze Kernland der Ilkhane zu erobern. -
Vor der Darstellung der Geschichte der Goldenen Horde, zu der das Abendland ununterbrochen bis ins 15. Jahrhundert Kontakt hatte, ist noch ein kurzer Blick auf das ost asiatische Gebiet zu werfen. Großkhan war seit 1260 ein weiterer Sohn Toluis, Kubilai, der Statthalter in China gewesen war und 1260 seine Hauptstadt von Karakorum nach Peking (mongol. Stadt Khan Baliq) verlegte. Sein Konkur rent um die Position des Großkhans war sein eigener Bruder Arigh Böke gewesen, der das nomadische Leben der Steppe der chinesischen Kultur vorzog. Dieser Gegensatz, in diesem Fall innerhalb des gleichen Clans aufgebrochen, trat dauerhaft zu dem alten innermongolischen Problem, dem Streit um die Deszend entenlinie, aus der der Herrscher stammen sollte, hinzu DO. Die Linie Ögödeis, aus der ursprünglich der Großkhan stammte, stand für die Steppentradition, die auch immer wieder vom Clan Tschaghatai unterstützt wurde; die Ilkhane im Iran und der Großkhan in Peking bevorzugten das Kulturland 13 1 . Die polemische Formu lierung des Gegensatzes bedeutete zwar nicht die sofortige Entnomadisierung der Mongolen in den Kulturländern, doch das langsame Aufgehen in der einheimi schen Bevölkerung. Demonstrativ lebte um 1400 Timur als Exponent der Steppe, mit deren Hilfe er zur Macht gekommen war, in Zelten vor den Toren seiner Stadt Samarkand - die er gleichwohl prachtvoll ausstattete 1 32 . Als Kubilai (1260-1294) zum Groß khan erhoben wurde, waren die Mongolen zwar Herren von Nordchina, dem Cathay der Europäer, aber die Eroberung Südchinas (Manzi) war erst 1279 abgeschlossen 1 33, und mit diesem Jahr beginnt in der konfuzianischen Geschichtsschreibung die Mongolen-Dynastie Yüan 134. Die Pracht und die einigermaßen geordneten Verhältnisse während der langen Regie128 Sein Name auf Münzen auch Busayid: WEIERS, Mongolen in Iran, wie N. 121, 338; ähnlichen Ursprung hat die päpstliche Bezeichnung Boyssethan (1322, Reg.Joh. XXII II Nr. 1456 Sp. 129). 129 Diese Situation schildert der afrikanische Reisende Ibn Battuta, übers. GIBB II S. 335-341. 130 R. TRAUZEIIEL, Die Yüan-Dynastie, in: WEIERS, Mongolen, 230/1. Marco Polo registriert den Akkulturationsprozeß in China: Die Tartaren, deren Sitten er gerade geschildert habe, seien noch die echten, nicht die in Cathay, die die dortigen Lebensgewohnheiten übernommen hätten: c. LXX (69) S. 56 (83/4). 131 In Khaidu, einem Enkel Ögödeis, erwuchs Kubilai und seinen Nachfolgern ein bis zu seinem Tode 1301 gefährlicher Gegner aus der Steppe. Er eroberte 1277 Karakorum, hielt es bis 1278 und war so bedeutsam, daß er auch vom Westen wahrgenommen und kontaktiert wurde (1289 Brief Papst Nikolaus' IV. an ihn: ed. LUPPRIAN Nr.55 S. 258-260). 132 Clavijo S. 265/6. - Im späten 14.Jh. berichtet ein abendländischer Reisender - vielleicht allerdings nach älteren Berichten - von der »beweglichen Stadt� des (in die Steppe zurückgekehrten, unten S. 37) Groß khans (unten S. 127/8, 224/5). 133 Ausgreifen der Mongolen in Ostasien: TRAuzEIIEL, Yüan-Dynastie, wie N. 1 30, 227/8. 134 »Uranfang� nennt Kubilai sein Reich ab 1271 : TRAuzETTEL, Yüan-Dynastie, wie N. 130, 220.
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rungszeit des Kubilai schildert Marco Polo, der 1271 mit Vater und Onkel an seinen Hof gereist war. Im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert erreichten mehrere europäische Kaufleute China; 'die Reise war relativ ungefährlich, solange ein Schutz des Großkhans auch in Zentralasien noch etwas galt. Die Kaufleute der italienischen Seestädte ließen sich von dessen Weltherrschaftsplänen nicht abschrecken, sondern verstanden vielmehr die für Händler stets nützliche Tatsa che, daß ein riesiges Wirtschaftsgebiet nur einen Herrn kennt, auszunutzen 1 35 . Doch nicht nur der Weg wurde mit der Zeit gefährlicher, auch in China selbst traten nach dem Tode Kubilais die Spannungen zwischen mongolischen und chinesischen Elementen und Streitigkeiten um die Thronfolge bei teils sehr kurzen Regierungszeiten immer mehr hervor 136 ; in den Berichten der europä ischen Missionare, die im Gefolge des Franziskaners Johannes von Monte Cor vino eine katholische Mission in China aufbauten, ist davon allerdings noch wenig zu spüren \37. Die Dynastie und die schmale mongolische Oberschicht hielten sich in China mit militärischer Überlegenheit immerhin noch bis 1368, als die natio nale Reaktion der Ming den letzten Großkhan Toyan Temür (1333-1368/70) zurück in die Steppe trieb. Dort im alten Stammland hielten Khane aus dem Clan Tolui in ständiger Rivalität untereinander den Anspruch auf die Position des Großkhans aufrecht 1 38 , waren aber völlig aus dem Blickfeld der Europäer ver schwunden. Das einzige mongolische Teilreich, das die Europäer kontinuierlich im Blick behielten, war das der Goldenen Horde im Gebiet des Kiptschak. Nach dem Rückzug aus Ungarn 1242 hatte sich dieses Reich um die Hauptstadt Sarai an der unteren Wolga konsolidiert 1 39. Trotz des Verzichts auf weitere Expansion blieben die Mongolen noch lange ein militärischer Machtfaktor für Osteuropa; immer wieder wurden Polen, die entstehende Großmacht Litauen und gelegentlich 135 Zu den Kaufleuten in der Zeit der in der Forschung oft sog. 'pax mongolica« unten S. 167. 136 TRAUZEITEL, Yüan Dynastie, wie N. 130, 235/41. 137 Unten S. 134; hesonders wichtig die Berichte der Franziskaner Q.4orich v. Pordenone (13 14/ 18-30, zur See über Indien und Südostasien) und Joh. v. Marignolli ( 1339-1352, durch Zentralasien hin, zurück auf dem südlichen Seeweg), der Dominikaner Joh. de Cori und Jordan v. Severac (der wohl nicht bis China selbst gelangte). Eine Ljste der Reisenden nach Ost- und Zentralasien 1242-1448 gibt REICHERT, Begegnungen, im Anhang. Zu den Kö-;;-takten der Missionare Asiens untereinander vgl. S. 148 mit N. 372. Unsicher ist das Erreichen Chinas im 15.Jh. bei Pietro Rombulo und Nicolo dei Conti (sein Bericht bei Poggio, Hist. IV S. 134). Zur Verbreitung Francis M. ROGERS, The Quest for Eastern Christians : TraveIs and Rumors in the Age of Discovery, Minneapolis 1962. Er könnte in China gewesen sein, Rombulo hingegen war es wohl nicht: Gerade Nicolos Bericht über den Großkhan und seine Stadt Cambaleschia fand jedoch weite Verbreitung als Augenzeugenbericht. 138 Imperiale Zentralisation gelang noch einmal dem Toluiden Batu Möngke Dayan Qayan (1470-1543), der zum Anspruch die Gefolgschaft der mongolischen Völker fügen konnte: v. VEIT, Die mongolischen Völkerschaften vom 15.Jh. bis 1691, in: WEIERS, Mongolen, 381 H. 139 Zur Geschichte GROUSSET, Steppenvölker, 536-537, AIt-Sarai (Sarai-Batu), später Neu-Sarai (Sarai-Berke; von Ö zbeg zur Hauptstadt gemacht); beides ergraben: BALoDIs, Alt-Sani, wie S. 296, N. 509. - Die Kiptschak waren an sich ein türkisches Volk, nach dem die ganze Steppe östlich des Dnjepr bis östlich der Wolga benannt wurde. •
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I . FRAGEN
UND
Z I ELE 140.
Ungarn während des 13. und 14. Jahrhunderts Opfer der Beutezüge der Horde Byzanz versuchte sich durch Verträge oder auch durch das Verheiraten seiner Prinzessinnen in die Horde abzusichern. Rußland gar konnte sich erst im Laufe des 15. Jahrhunderts allmählich vom »Tartarenj och« lösen und erst später ganz befreien. Bis dahin blutete das Land durch die jährlichen Tributzahlungen, mongolische Strafexpeditionen und häufig von den rivalisierenden russischen Fürsten selbst herbeigerufene Mord- und Plünderungszüge aus. Schon diese Ausführungen machen den Grund für das im Vergleich zum Westen so andere 14 1 . Tartarenbild Osteuropas ersichtlich Trotz aller Ängste, die in Osteuropa herrschten, ließen sich die italienischen Kaufleute nicht abhalten, einen sehr lukrativen Schwarzrneerhandel aufzubauen. Schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts setzten sie sich auf der Krim und an der Donmündung fest, und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als die übrigen Mongolenreiche durch den Türkeneinfall vom Westen abgeschnitten wurden, begann der Handel der Italiener von der Krim aus, wo sie inzwischen mit Zustimmung der Khane sogar Kolonien hatten gründen können, erst richtig zu 142. blühen Die Europäer zogen selbst bis zur mongolischen Hauptstadt Sarai an der unteren Wolga, doch vor allem waren ihre Niederlassungen Umschlagplatz für Waren, die der Zwischenhandel aus den Weiten der Steppe brachte, denn der Verfall des Großreiches brachte auch Gefahren für den fremden Handels reisenden. Schon 1259 unter Berke (1257-1267), einem Bruder Batus (gestorben 1255), wurde die Goldene Horde in Widerstand gegen Großkhan Kubilai praktisch zum unabhängigen Reich 1 43. Wenn sie sich auch nicht offen lossagten, bat doch kein Khan - wie die Ilkhane - um Bestätigung seiner Wahl aus Karakorum. Kubilai und seine Nachfolger hatten gar nicht mehr die Möglichkeiten, militärisch etwas dagegen zu unternehmen. Zwar schwächten nach dem Tode Berkes kurze Regie rungszeiten kraftloser Khane, wie sie im Ilkhanat sukzessive zum Untergang beigetragen hatten, und ständig wiederkehrende Morde innerhalb des Dschötschi den-Clans (»tale sistema era abituale nell'Orda d'Oro« 1 44 ) die Goldenen Horde. Doch der mächtige Emir Noqai ergriff zwischen 1270 und seinem Tod 1299 die Zügel und konnte die Horde nach innen und außen festigen 1 45. Noch fehlte der machtvolle äußere Gegner, der die unklare Situation hätte ausnutzen können. 140 Z. B. SPULER, Horde; Paul W. KNOLL, The Rise of the Polish Monarchy: Piast Poland in East Central Europe, 1320-1370, Chicago/London 1972. 141 Zum Mongolenbild von Byzanz, nicht Thema dieser Arbeit, A. GRAF, Die Tartaren im Spiegel byzantinischer Literatur, in: Jubilee Vol. in Hon. of B. Heller, Budapest 1941, 77-85. - Zur Sicht der russischen Quellen, die mir auch aus sprachlichen Gründen nicht zugänglich sind, vgl. S. 10. 142 Genaueres dazu unten S. 153 ff. 143 WEIERS, Horde, wie N . 77, 346/7. 144 SKRZINSKAJA, Storia, wie unten S. 157, N. 4 15, 14, zu einem Familien-Massenmord. 145 Noqais Bedeutung läßt sich auch daran ablesen, daß er wie sonst nur Khane namensbildens für eine Volksgruppe wurde: WEIERS, Horde, wie N. 77, 355.
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GESCHI CHTE D E R MONGO L I S C HEN R E I C H E
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Die Blüte der Horde hielt bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts an 1 46 . Immer wieder kam es dabei zu Auseinandersetzungen mit den immer selbstbewußter auftretenden und mit den Ilkhanen eng verbundenen Genuesen in Caffa auf der Krim 147. Trotz aller Machtentfaltung gelang es erst 1356/57, den so lange umkämpften Kaukasus zu erobern - nur zwei Jahre, bevor die Goldenen Horde in das Chaos fast zwanzigj ähriger innerer Kämpfe versank. In den Jahrzehnten der Blüte besuchten nicht nur europäische Kaufleute die Horde, sondern in ihrem Gefolge auch westliche Missionare; aus Briefen erfahren wir von der Anlage von Klöstern und Missionsstationen. Sie blieben einigerma ßen unbehelligt, obwohl zumindest die Khane schon seit der Zeit Berkes Muslime geworden waren 1 48 . Während die Ilkhane wegen ihrer schwankenden Haltung immer wieder die Vermutung seitens der Europäer, sie seien Christen, nähren konnten, kam ein solches Gerücht für die Goldene Horde nur einmal ganz zu Anfang auf 1 49• Das frühe Bündnis mit Ägypten förderte einen gewissen kulturel len Einfluß und damit eine frühe Islamisierung der Goldenen Horde, die im Gegensatz zu den anderen Mongolenreichen nicht in einer ansässigen Kultur aufgehen konnte 150 . Als in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Goldene Horde immer mehr in verschiedene Machtgrüppchen zerfiel, erstarkten gleichzeitig Polen und vor allem Litauen, das 1362 an den Blauen Wassern den ersten großen Sieg gegen . Tartaren der Horde erringen konnte. Bei ihrer Expansion gegenüber Rußland und in den Auseinandersetzungen untereinander und mit dem Deutschen Orden . konnte den Polen und Litauern die militärische Schlagkraft tartarischer Trupps, die gegen Beute bereit waren, für sie zu kämpfen, äußerst nützlich sein 1 51 . Mehr und mehr wurde das Reich der einstigen Vonnacht der Region zum Rekrutie rungsgebiet für Hilfskräfte der aufstrebenden osteuropäischen Mächte. Typisch für diese Entwicklung ist die Situation am Ende des 14.Jahrhunderts. Mit Hilfe Timurs, des neuen mächtigen Mannes in Transoxanien 152 , also einer auswärtigen Macht, war der Khan Tohtamysch seit 1377 in der Horde allein an die Macht gelangt. Er versuchte bald, sich von Timurs Einfluß zu emanzipieren, griff auf den Kaukasus aus und brachte so 1391 Timurs Rache über die Horde. Daraufhin bemühte er sich um Verbündete, mußte einen Beistandsvertrag mit Großfürst Witold von Litauen mit Gebietsabtretungen erkaufen und suchte 146 Unter den Khanen Tohtu (1291-1312), Ö zbeg (13 13-134 1 ; nach ihm benennen sich die Usbeken), Dschani Beg ( 1342-1357) und Berdi Beg (1357-1359). 147 Vgl. S. 34, 156/7, 158, auch 168. 148 Vgl. S. 1 19; J. RrCHARD, La conversion de Berke et les debuts de l'islamisation de la Horde d'Or, in: DERS., Orient, Nr. XXIX. 149 Unten S. 84 zur Mission Rubruks. 150 WEIERS, Horde, wie N. 77, 348. - Zum Bündnis mit Ägypten oben S. 33. 151 Sieg über die Tartaren: SPULER, Horde, 116/7. - Tartarische Hilfstruppen nicht unterworfener Fürsten z. B. gegen Litauen schon 1324 und 1336: SPU LER , Horde, 97. 152 VgI. S. 4 1 . •
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I . FRAGEN U N D Z I E L E
1393/94 auch wieder Kontakt zu Ägypten, zu dem die Beziehungen nach 1323 mit dem Frieden zwischen Mamluken und Ilkhanen eingeschlafen waren. Doch Timur vertrieb den Khan 1395 in einem Feldzug, bei dem er Sarai vernichtete; auch Tana, die italienische Niederlassung in der Donmündung, ging damals in Flammen aufls3. Tohtamysch floh - zu Witold, der gerne die Gelegenheit ergriff, sein Gebiet weiter nach Süden ausdehnen zu können. Obgleich die vereinigten Truppen 1399 geschlagen wurden und damit die Karriere des Khans beendet war, unterstützten mongolische Truppen das polnisch-litauische Heer in der Schlacht bei Tannen berg 1410, und Witolds Einfluß war auch in der Horde selbst vor allem nach Timurs Tod - 1405 ungebrochen: 1411/12 konnte Witold des Tohtamysch Sohn Dschalal ad-Din kurze Zeit als Herrscher der Goldenen Horde gegen Edigü, den letzten großen Emir dort, durchsetzen. Die Khane waren in Zukunft entweder russen- oder litauerfreundlich, die Horde hatte ihre Souveränität weitgehend eingebüßt, nach dem Tod Edigüs 1419 zerfiel sie endgültig l 54• -
Die Mongolen blieben im 15. Jahrhundert immer noch ein Faktor im politischen Spiel Osteuropas ; die italienischen Kaufleute handelten am Nordufer des Schwar zen Meeres, bis die türkischen Eroberungen gegen Ende des Jahrhunderts es unmöglich machten. Das bedeutet für das ganze 14. und auch noch 15. Jahrhun dert kontinuierliche Kontakte und einen entsprechenden fluß von Informationen nach Westen. Dennoch ging in jenen Jahrzehnten die Bedeutung der Mongolen ebenso wie . die der Mamluken für die abendländische Politik in dem Maße zurück, in dem die Türken nach Europa vordrangen; diese hatten 1354 erstmals auf dem europä ischen Kontinent Fuß fassen können und rückten auf dem Balkan seither bestän dig weiter vor. Gleichzeitig und wie einst Dschingis Khan von den Europäern zunächst unbemerkt errichtete aber Timur - oder Tamerlan, wie die Europäer ihn ISS gerne nannten - im Rücken der Türken noch einmal ein machtvolles Mongo lenreich, das wiederum in Europas Schicksal eingriff. Im südlichen Zentralasien machte er sich auf, das Reich Dschingis Khans zu erneuern. Das Khanat Tschaghatai, dem Transoxanien einst angehört hatte, war nie ein Reichsgebilde wie das Ilkhanat, Yüan-China oder auch die Goldene Horde geworden; die Mittellage und unklare Grenzen bei der Aufteilung durch Dschin gis Khan hatten stets das Hineinregieren benachbarter Khane ermöglicht. Ein deutliches Gefälle von Süden nach Norden, wiederum von Stadt- zu Steppenkul tur, hatte 1346/47 zur Abtrennung des südlichen Transoxanien geführt; das Reich •
153 Vgl. vor allem S. 1 80. 154 SPULER, Horde, 145ff.; zu Witolds Einfluß WEIERS, Horde, wie N. 77, 370/ 1 ; zu seiner Politik PFiTZNER, Großfürst, wie unten S. 188, N. 605, 145ff.; zu Tannenberg unten S. 188ff. 155 Nach dem Spottnamen seiner orientalischen Feinde, Timur lenk, Timur der Lahme.
G E S C H I C HTE D E R M O N G O L I S C H E N R E I C H E
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5 1 im Norden ging gegen Ende des 14. Jahrhunderts unter 6. Den schwierigen Verhältnissen entsprechend reisten die meisten Europäer höchstens durch das Tschaghatai hindurch; direkte Nachrichten verdanken wir nur einem Brief (1338) des franziskanischen Missionars Paschal von Vittoria 1 5 7 Obwohl Paschal von saraceni spricht, wurden die Khane erst spät und zunächst in Transoxanien Muslime; in der Bevölkerung, genannt Tschaghatai, europäisch Zagatai, vermischten sich die mongolischen Elemente immer mehr mit türkischen 158. Die Khane aus dem Stamme Dschingis Khans herrschten nur noch dem Namen nach, während die mächtigen Emire meist Türken waren. Auch der Emir Timur selbst war Türke und überzeugter Muslim, wurde nie Khan, doch er betrachtete sich als Nachkomme des großen Eroberers und wurde zumindest von den Europäern auch allgemein als Tartare angesehen. Timur drang schnell, nachdem er seine Macht im Stammland gefestigt hatte, bis nach Persien, Nordindien und - wie geschildert - Kiptschak vor und zog schließlich über Damaskus (erobert 1401) nach Kleinasien. 1402 vernichtete er bei Ankara das Heer des osmanischen Sultans Bayezid, der in Gefangenschaft 1403 starb. Auch das christliche Smyrna fiel ; das christliche Konstantinopel aber überlebte für weitere fünfzig Jahre, denn die Osmanen waren deutlich geschwächt, und Timur kehrte zunächst um. Bevor er hätte zurückkehren und in Europa eindringen können, starb er auf einem China-Feldzug Anfang des Jahres 1405 . Keiner seiner Nachkommen erreichte ihn, und so blieben seine Eroberungen, die in Indien die Herrschaft der Groß-Moguln begründeten, für Europa Episode - eine Episode aber, die sich mindestens ebenso tief einprägte wie der erste Mongolensturm. Das Abendland hatte aufgehorcht, wenn sich auch nur die unmittelbar Betroffenen wirklich bedroht gefühlt hatten 1 59. Und so entstand in den folgenden Jahren und Jahrzehnten, gemischt aus Informationen und Mär chen, die Reisende auch über Timur mitbrachten, der letzte Mongolen-Mythos 160. der europäischen Literatur Im Vorderen Orient aber erstarkten die Osmanen immer mehr; auch der turkmenische Herrscher im Iran und in Mesopotamien, U zun Hasan (1466-1478), den die venezianischen Gesandten Giosafat Barbaro und Ambrogio . '
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156 WEIERS, Khanat, wie N. 1 15, 296. J. PAUL, Scheiche und Herrscher im Khanat Cagatay, in: Der Islam 67 (1990) 278-321 . 157 S. 501-506: von seinem Martyrium im tschaghataischen Almalyq erfuhr päpstliche Gesandte J9�� v. Marignolli 1339 auf der Durchreise : S. 527/8. Martyriumsbericht auch SINICA S. 5 1 0/ 1 . . 158 Die Sprache in der Goldenen Horde : N. 63. Islam : WEIERS, Khanat, wie N. 1I5, 296. 159 Vgl. S. 180ff. 160 Darstellung der Taten Timurs und eine Weltbeschreibung des Missionsebf. Joh. v. Sultaniyah (1402); Schilderungen des Beltramo Mignanelli aus Siena ( 1416); Berichte von der Reise des kastili sehen Gesandten Ruy Gonzales de Clavijo und von der Gefangenschaft des Joh. Schiltberger (nach 1427). Zum Mythos vgl. S. 186/7.
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I . FRAGEN U N D Z I E L E 161 .
Contarini veranlassen konnten, die Türken im Rücken anzugreifen, scheiterte So verschwanden mit den Resten der Goldenen Horde die Mongolen im Laufe des 15. Jahrhunderts aus dem politischen Gesichtskreis der Abendländer - doch sie hatten Spuren hinterlassen, die für die Entwicklung und Ausbreitung der europäischen Kultur wichtig wurden und mit denen sich die folgende Arbeit beschäftigen wird.
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161 G. E. v. GRUNEBAUM, Der Islam Frankfun a. M. 1971, 55-57.
11.
Die islamischen Reiche nach dem Fall von Konstantinopel,
11.
Zu den Quellen und ihrer Rezeption durch die Zeitgenossen
»Es kam auch schriftliche Kunde mit soviel Text, wie etwa ein Psalterium enthält, an den Grafen von Leicester, Simon de Montfort, über Leben und Sitten der Tartaren und auch über ihre Stärke, ihre Kriegszüge und Eroberungen, die man falls jemand sie einsehen möchte - in St. Albans im Buch der Additamenta finden kann« 1 . Das Vordringen der Mongolen und die dadurch geschaffenen Rahmenbedin gungen für einen Aufbruch in neue Räume bieten den Abendländern Chancen, sich über das neue Volk und die neue Welt zu informieren. Entscheidend für die weitere Zukunft der abendländischen Kultur und ihrer welthistorischen Bedeu tung wird, daß die Menschen diese Chancen zu ergreifen wissen. Schon die Reiseberichte selbst zeugen vom Interesse für das Fremde, doch nicht nur die verhältnismäßig kleine Gruppe von Reisenden ist interessiert, sondern die Verfas ser der Berichte können auch mit einem Markt für ihr Wissen rechnen. »Weil viele Leute aus den verschiedenen Völkern und Ländern sich, wie ich es tat, daran erfreuen und Vergnügen daran finden, die Welt und die Dinge, die darin sind, zu sehen, und auch weil viele davon wissen wollen, ohne selbst hinzugehen, und wieder andere selber sehen, gehen und reisen wollen, habe ich dieses Büchlein, so gut ich konnte, geschrieben . . . « 2 Ähnliche Motive - zwar zum Topos geworden, aber wohl doch ursprünglich real - stehen am Anfang zahlrei cher Reise - und vor allem Pilgerberichte. Auch der anfangs zitierte Johannes von Oxenedes geht - offenbar zu Recht, wie noch ausführlicher zu zeigen sein wird vom Wunsch seiner Leser aus, sich noch mehr Kenntnisse, als er in seine Chronik übernehmen kann, anzueignen. Nicht nur das - zweifellos vorhandene - Vergnügen am Exotischen treibt hier an, sondern hinter dem eifrigen Forschen steht, wie bereits ausgeführt, ein echter Durst nach wahrem Wissen : Ich getorst sy nit schriben, wann ich gantze warhait darumb nit erfinden kund3, so entschuldigt der Konstanzer Bürger Ulrich von Richenthal nach 1 4 1 8 seine vorsichtigen Mitteilungen über die Tartaren. 1 Joh. v. Oxenedes (zu 1258) S. 217/18; zu 1250 S. 184; Additamenta nennt sich das 6. Buch der CM des Matthäus Parisiensis aus St. Albans, aber eine Identifikation des Textes ist mir nicht gelungen. Ähnliche Stellen MP CM V S. 655, 66 1 ; Alberich v. Trois-Fontaines empfiehlt in einem nachträglichen Einschub in seine Chronik (S. 946) die Yst. Tartarorum des Plano Carpini, die er selbst nicht mehr benutzte. 2 Gilles le Bouvier, Livre de la description des pays S. 29. 3 S. 52.
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1 1 . zu
D E N Q U E L L E N UND I H R E R R E Z EP T I O N D U R C H D I E Z E I T G E N O S S E N
Die Bedingungen für das Wissen und seine Erweiterung sowie den Willen dazu schafft die bereits einleitend bedachte lateinisch-christliche Wahrnehmungs weise als Grundlage für jegliche Fähigkeit der Abendländer zu beobachten, zu beschreiben, zu urteilen, Urteile zu überprüfen und wenn nötig zu verändern, weil Forschung, also gezielte Bemühung um Informationen, im abendländischen Wissenschaftskonzept 4 als Wert betrachtet wird 5. In welcher Weise wird nun konkret Forschung betrieben, welchen Prinzipien folgen die Abendländer dabei ? Wenn sich ein beliebiger Zeitgenosse (Reisender oder Rezipient) über die Mongolen informieren will - welche Möglichkeiten hat er, sich Kenntnisse zu verschaffen, in welcher Form sind die Informationen verfügbar ? Hat er die Auswahl zwischen verschiedenen Quellen ? Legt er Wert auf diese Auswahl ? Erkennt er Gefahren und Chancen bestimmter Quellentypen ? Mit Hilfe welcher Kriterien kann er ihre Qualität werten ? Werden diese Kriterien eventuell verändert oder neu gewonnen ? Wie also steht es um eine methodische Quellenkritik ? Die Fragen gelten übrigens - dies im Vorgriff auf individuelle Einschränkungen - grundsätzlich in der gleichen Weise für den Willen zur wahrhaftigen Darstellung wie für ein b e w u ß t verfälschendes Bild - auch dazu gehört ein Mindestmaß an Infonniertheit und Urteilsfähigkeit 6 • Diese Fragen sind im Vorfeld der Untersuchung zu beantworten, denn sie nehmen unmittelbaren Einfluß auf die Findung und die Wandlungen des gesuchten Urteils.
1 . Die Reiseberichte und ihre Verbreitung Grundsätzlich hatten es die Reisenden am leichtesten, sich Informationen zu verschaffen. Sie zogen - wie gesagt -, beeinträchtigt von Vorwissen oder gar Vorurteilen, in die Fremde und mußten oft selbst Urteils kriterien entwickeln 7. Ihre Auswahl an Informationen, die sie mündlich oder schriftlich in Form von Reiseberichten zu Hause mitteilten, bestimmte bereits die ersten Einschränkun gen der Auswahl durch die Rezipienten. Als Reisebericht soll in diesem Zusammenhang jede schriftlich hinterlassene oder mündlich vermittelte Äußerung über die Mongolen gelten, die den zeitge nössischen Lesern im Abendland Informationen aus erster Hand zu Verfügung stellte. Diese Definition umfaßt nicht nur im engeren Sinne die erzählenden Berichte von Reisenden, sondern zum Beispiel auch Briefe von im Orient weilenden Abendländern nach Hause. Die Grenze ist ohnedies fließend, wenn 4 Vgl. S. 1 9 ff. 5 Vgl. S. 13/4. 6 Die Feststellung, daß ein Bild objektiv falsch, nur subjektiv richtig sei, tut im Rahmen dieser Arbeit nichts zur Sache, denn sie entzieht sich der Kritik der Zeitgenossen. Zum Gesamtproblem vgl. die einschlägigen Kapitel bei REICHERT, Begegnungen. 7 Vgl. S. 55ff.
DIE REISEBERICHTE
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man bedenkt, daß zum Beispiel der besonders lange Bericht des Wilhelm von Rubruk der Form nach ein Brief an König Ludwig den Heiligen von Frankreich ist. Ebenso erfaßt sind Kre,uzzugsgutachten, soweit sie von Kennern des Orients stammen 8. Zum Kreis dieser Berichte' zählen aber auch Erzählungen von fiktiven Reisen wie die des Sir John Mandeville, die von den Zeitgenossen - auf deren Beurteilungsmöglichkeiten allein es hier ankommt - für echt gehalten wurden 9, ebenso das Hörensagen der Reisenden, also Wissen, das wiederum nur scheinbar aus erster Hand stammt 1 0 . Die Definition schließt bewußt auch die mündlichen Berichte ein, die nur sehr selten konkret faßbar sind, deren Anteil an der Nach richtenvermittlung aber kaum zu überschätzen ist. Im Prinzip darf man davon ausgehen, daß ein Reisebericht des späten Mittelalters, der in vielen, manchmal Hunderten von Handschriften überliefert ist und viel leicht dann noch im 15. Jahrhundert - eventuell mehrfach - gedruckt wurde, weit verbreitet, viel gelesen und wohl auch gerne in anderen Werken veIwertet wurde. Manchmal haben wir sogar direkte Zeugnisse dafür, wie schnell und begeistert ein solcher Bericht rezipiert wurde 1 1 . Ein Bericht jedoch, der diese Bedingungen nicht erfüllt, muß deshalb inhalt lich nicht unbedingt wesentlich weniger verbreitet gewesen sein. Ein Beispiel, das weiter unten noch ein wenig ausführlicher zu behandeln sein wird, ist der Flos historiarum terre orientis des kleinarmenischen Prinzen Haython von Gorhigos. Im Vergleich zu den 250 Handschriften der Travels des Sir John Mandeville oder auch den etwa 130 des Milione Marco Polos und den etwa 100 der Relatio des Odorich von Pordenone ist die Schrift sehr schlecht überliefert 12. Doch die Informationen über die Mongolen, die sie enthält, wurden so oft übernommen unter anderem eben von Mandeville -, daß sie sicherlich zu den weitverbreitetsten des späten Mittelalters gerechnet werden darf. Daneben gehört gerade Haythons Schrift auch zu jenen, die öfters ü b e r s e t z t wurden und Eingang in S a m m e l h a n d s c h r i f t e n fanden - beides Hinweise auf große Beliebtheit und Verbreitung eines Textes 1 3 •
8 Zu diesem Quellenbereich und auch zum Problem der Kennerschaft bes. S. 109H. 9 Zu dem diesbezüglichen quellenkritischen Problem des modernen Historikers (können w i r alle fiktiven von den echten Berichten unterscheiden ?), ebenso zum Grenzgebiet der zusätzlichen Rezep tion fremder Reiseberichte im eigenen, wird dennoch einiges zu sagen sein, vgl. S. 61 H. 10 Dieser Fall konnte schon im Mittelalter problematisiert werden, vgl. S. 57ff. 1 1 Handschriften von Marco Polos Mi/ione, verfaßt kurz vor 1300, wurden kurz nach 1300 nach Frankreich transportiert: nach ed. PAUTHJERS, 1865, S. LXXXIV erhielt Charles de Valois die ersten Exemplare der Reisebeschreibung. Wenig später entstand auch schon die erste Übersetzung ins Lateinische. 12 Zu den Zahlen DELuz, Livre 1988, wie S. 314, N. 628; REICHERT, Begegnungen, 172/3. 1 3 Sammelms. z. B. Ms. BN Paris franc. 2810: N. 20. - Übersetzt wurde auch Vinzenz Spec. hist. 1332 von Jean de Vignay (frz.), schon früher von Jacob Maerlant (niederld., in Versfortn); anderes unten S. 47. C. KNowLEs, Jean de Vignay. Un traducteur du XIVe siede, in: Romania 75 (1954) 353-386. •
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11.
ZU D E N QUE LLEN U N D I H R E R R E Z E P T I O N D U R C H D I E ZEITGEN O S S E N
Von den Briefen, von denen bekannt ist, daß sie aus dem Orient nach Europa gelangten, sind einige nicht erhalten, viele schlecht oder zufällig überliefert. Höchstens die Aufnahme in Chroniken oder in die schon genannten Sammel handschriften, in diesem Falle auch in Briefformelbücher, verschafften ihnen manchmal eine breitere handschriftliche Überlieferung 14. Dennoch wissen wir, daß diese Briefe oft durch zahlreiche Hände gingen und mit großem Interesse gelesen wurden. Der franziskanische Bischof Johannes von Monte Corvino adressierte einen Brief aus China an die Oberen des Minoriten- und des Prediger ordens sowie an alle Brüder beider Orden in Persien, und nicht nur die Franziska ner haben den Inhalt eifrig rezipiert 15. Ein anderer Brief eines Bischofs aus China gelangte in die Hände der Mönche eines südfranzösischen Franziskanerkonvents, an die er kaum ausschließlich gerichtet war 1 6 • Die Wirkung solcher Briefe auf die Urteils bildung des Westens, auf die Politik der Diplomaten, Missionare und Kaufleute konnte unmittelbar und auch längerfristig stärker sein als die einer noch so häufig überlieferten erzählenden Schrift, denn sie gaben für künftiges Handeln wichtige Hinweise in konkreten Situationen. Das heißt andererseits aber nicht, daß die erzählenden Berichte, die einem breiteren Publikum zugänglich wurden und wohl auch seinem Geschmack ent sprachen, nicht auch für politische Entscheidungen zu Rate gezogen werden konnten. Ein wichtiger Grund für das Abschreiben von Berichten und das Zusammenstellen von Sammelhandschriften, ja oft genug für die Abfassung der Werke sind Anfragen und Aufträge von Fürsten und Päpsten. Erinnert sei nur ganz kurz - der Bereich wird an gegebener Stelle näher untersucht werden müssen - an den Bericht des Johannes von Plano Carpini für Innocenz IV., des Wilhelm
14 Wiener Briefsammlung, Baumgartenberger Fonllularbuch. - Ein schönes Beispiel einer Sam melhs. gibt Reiner MORITZ, Untersuchungen zu den deutschsprachigen Reisebeschreibungen des 14.-16. Jahrhunderts, Diss. München 1970, 42 (Vat. Ms.lat. 73 17 (1458): statt 5717, lt. Verbesserungs hinweis von F. Reichert). Hier sind W.-v. Tripolis, Marco Polo, Ricold (Contra legern, Briefe), Ludolf, Poggio Bracciolini (Hist.) und einige andere enthalten. Mehr solche Handschriften dann aus dem 16. Jh. - Verlorene Briefe unten S. 49. Späte und dubiose Überlieferung dagegen kann Zweifel an der Echtheit wecken, wie im Falle des Briefes Peregrins v. Castello (ed. SINICA). 15 Adresse S. 35 1 . - Rezeption : beide »chinesischen« Briefe (des Joh.) sind aufgenommen bei Elemosina OFM (S. 131/2), Joh. v. Winterthur OFM (Paraphrase des Briefes 1305, einem deutschen Minoriten zugeschrieben, S. 233/4), aber auch vom Karmeliter Joh. v. Hildesheim (S. 299/300). Der erste Brief (nach 1291, S. 345 N.l) war zumindest dem italienischen Arzt Pett4s v. Abano (t 1315/8, Conciliator fol. 98r) bekannt. - 1335 schreibt Marino Sanudo dem Paulinus Minorita von Briefen aus der Tartarei, die 1335 über Ungarn, Ö sterreich, Venedig an die Kurie liefen und immer wieder vorgezeigt wurden : ed. DOREz/de la RONCIERE S. 38/9; vgl. John v. Winterthur S. 147. 16 Vat. Ms. Ross.753, fol. 55r. Vielleicht Konvent Aurillac ( BIGNAMI-ODIER, E tudes, wie S. 277, N. 419, 77); die Person des Schreibers scheint dem Berichterstatter unbekannt: aber unten N. 28; zudem ist der Brief möglicherweise mit großer Zeitverzögerung im Kloster eingetroffen: zur Datie rung N. 29. - Den Brief des kleinarmenischen Konnetablen Sempad mit Informationen über das Vordringen der Tartaren in Syrien gab der Empfänger Heinrich I. v. Zypern 1248 an Ludwig den Heiligen, der gerade ins Heilige Land ziehen wollte, und auch an den Papst (Innocenz IV.) weiter (unten S. 8 1 , N . 37).
D I E R EIS EB ER ICHTE
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von Rubruk für Ludwig IX., des Haython für Clemens V., des Johannes de Cori im Auftrage Johannes' XXII 1 7. Fürsten sammelten - in besonderen politischen Situationen 1 8 oder einfach aus Interesse - ganz gezielt Berichte: »Weil wir unbedingt eine Abschrift des Buches des Bruders Theodoricus über das, was er in Tartaria gesehen hat, haben wollen, deshalb bitten wir Euch dringend, uns eine Abschrift dieses Buches - sorgfältig am Original überprüft von unserem zuverlässigen Sekretär Petrus von Tarrega so schnell wie möglich zu übersenden.« 1 9 Ähnlich wie hier der Infant von Aragon (1374) vermutlich die Schilderung des Odorich (für Theodoricus) von Pordenone, ließ der burgundische Herzog die französischen Texte im heute sogenannten Livre des Merveilles zusammenstellen und illustrieren und schenkte sie dem als Bücherliebhaber bekannten Duc de Berry 20. Innozenz IV. nahm 1243 auf seiner Flucht nach Lyon 91 Briefe, die er für sein künftiges Handeln würde brauchen können, aus seinem Archiv mit und ließ sie sorgfältig abschreiben; darunter auch die Briefe des ungarischen Königs über den Mongoleneinfall. Ein anderer Papst, vermutlich Urban VI., ließ nach der Rückkehr von Avignon nach Rom Archiva lien über die orientalischen Völker, vor allem die Mongolen, gesondert zusam 21. menstellen Auch zukünftige Missionare informierten sich nicht nur durch Briefe ihrer Ordensbrüder aus dem Orient: Der Dominikaner Ricold von Montecroce schrieb zur Vorbereitung auf die eigene Missionstätigkeit bei den Muslimen De statu 17 Auch N. 11. - Vielleicht auch Jordan Catala v. Severac für Joh. XXII.: seine Mirabilia entstanden wohl 1329/30 bei seinem Aufenthalt in Avignon : C. V. LANGLOIS, Jordan Catala, missionaire, in: HLF 35 (1921) 260-77, hier 276, vgI.268/9; dazu M.-M. DUF EIL, Les »Mirabilia Descripta� de Jourdain deo Severac. Exemple du contexte missionaire de Bernard Gui, in: Bernard Gui et son monde, Toulouse 1981, 155-180, aber die Herkunft des einzigen Manuskriptes ist unklar (LANGLOIS 271) und mögli cherweise fehlt der Anfang des Textes, zumindest ist keine Widmung erhalten. - Der katalanische Infant Joan läßt 1379 einen Reisebericht anfertigen: ed. RUB I O y LLUCH Doc. I S. 279/80 Nr.303. 18 Z. B. ließ Philipp der Gute v. Burgund in Vorbereitung des Türkenkrieges mehrere Texte sammeln und z. T. übersetzen, unten S. 195/6; Heinrich IV. v. England: N . 2 1 . 19 Ed. RUBI O y L LUCH Doc. I S. 257 Nr. 274; REPARAZ, Sciences, 447 und DERS., Essai, bei des wie S. 312, N. 594. - Nachrichten wie diese sind verstreut; oftmals mag unser heutiger Informationsstand von der Editionslage abhängen - mehr als auf anderen Gebieten und schwieriger auszugleichen, weil man auf Zufallsfunde angewiesen ist. So sind bis heute nur positive Schlüsse aus dem vorliegenden Material zu ziehen, aus dem Fehlen von Hinweisen keine Begründungen, Motive abzuleiten. 20 Ms. BN Paris franc. 2810; Sammelhss. mit Übersetzungen des Jean Le Long von Marco Polo, Odorich, Haython, Boldensele, Briefe 1338, Joh. de Cori, Mandeville, Ricold (Itinerarium): D OUTRE PONT , Litterature, wie S. 196, N. 648, 260/1. Ein fürstliches Geschenk (1403 oder 13), sicher nicht nur wegen der Ausstattung. - Geschenk des katalanischen Königs an Kar! V. v. Frankreich : der Atlas Catalan (unten S. 3 1 1 /3). 2 1 Zu Innocenz IV.: B ATTELLI, Transunti, wie S. 74, N. 6. - Urban VI. : ASV. Reg. Vat.62 besteht ausschließlich aus solchen Abschriften, ist in einern Zuge geschrieben und mit einern Inhaltsverzeich nis versehen, MULDooN, Popes, 72-91. - Auch König Heinrich IV. v. England besaß eine ganze Sammlung von Briefen in den Orient (Ed. S. 421/28). - Vor allem aber die Päpste wurden zur Sammelstelle von Infoltllationen: intensiv Innocenz IV. (Genuese), daneben Clemens V. (für Kreuz zugsgutachten, unten S. 110); auch Eugen IV. (Venezianer) empfängt die Reisenden, die ihm berichten können, oder läßt sie holen : Nicolo dei Conti, Pero Tafur (Ed. S. 220, kein spezielles Interesse an der Tartarei), Pietro Rombulo. •
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11 . zu
D E N QU ELLEN UND I H R E R R E Z E P T I O N D U R C H D I E Z E I T G E N O S S E N
sarracenorum seines Ordensbruders Wilhelm von Tripolis ab; Ricolds eigene Nachrichten über die Mongolen kopierte der franziskanische Pilger Paul Walther von Guglingen vor oder nach seiner Reise ins Heilige Land22. Die auf diese Weise vervielfältigten und an ihr Publikum gebrachten Informationen in den Berichten wurden auch in zweiter Hand gerne weiter verwendet, und oft genug sind die Wege sehr gut zu verfolgen - dazu unten mehr. Es gehört aber daneben zu den großen Problemen einer Rezeptionsge schichte, die in irgendeiner Weise auf Vollständigkeit bedacht ist, daß wir nicht nur von zahlreichen Reisenden wissen, die ihre Erlebnisse niemals auf schrieben oder deren Berichte für uns nicht mehr greifbar sind, sondern dar über hinaus mit weiteren, namenlosen Reisenden zu rechnen haben, die zu Hause erzählten.
2. Verlorene und mündliche Berichte Über die Dominikanergesandtschaft von 1245-1248 in den Vorderen Orient verfaßte Simon von St-Quentin einen Bericht, der uns nur noch in den allerdings umfangreichen - Exzerpten Vinzenz' von Beauvais erhalten blieb 23. David von Ashby, ein englischer Dominikaner, der 1274 als Gesandter des persischen Ilkhans auf das zweite Lyoneser Konzil reiste, scheint Fais des Tatars abgefaßt und dem Konzil als Informationsschrift vorgelegt zu haben; nur noch Fragmente der bislang einzigen bekannten, leider 1904 verbrannten Turiner Handschrift konnte Brunel publizieren 24. Neben derartigen Hinweisen auf fast gänzlich verlorene Texte finden sich auch solche auf andere, zum Teil verlorene 22 Ricolds Abschrift Vat. Ms. Reg. lat. 3 14. Zu Wilhe1m und vor allem seinem Werk: M. VOERZIO, Fra Guglielmo da Tripoli, orientalista domenicano nel secolo XIII, in: Mem. Domenicane 7 1 (1954) 73-113, 141-170, 209-250; 72 (1955) 127-148. - Paul Walther hat in der einzigen Handschrift (Staatsarchiv Neuburg) die Texte hinter dem Pilgerbericht eingetragen : unklar ist, ob er sie zur Vorbereitung gelesen hatte oder nur zur Vervollständigung der eigenen Orientdarstellung. 23 Vielleicht ist es Simons Bericht, den eine Predigt des Federigo Visconti (EB v. Pisa ca. 1253-1277) erwähnt: predicatores hätten einen Bericht von ihrer Reise zu den Tartaren an Innocenz IV. nach Lyon geliefert (Robert DAVIDSOHN, Forschungen zur Geschichte von Florenz, 4. Teil : 13. und 14. Jahrhundert, Berlin 1908, 89, dazu 84). - Da Vinzenz seine Quellen sorgfältig angibt, konnte Jean RICHARD die von Simon stammenden Teile im Spec. hist. herausziehen und gesondert edieren, dazu G. G. GUZMAN, The Encyclopedist Vincent of Beauvais and his Mongoi extracts from John of Plano Carpini and of Simon of St. Quentin, in: Spec. 49 (1974) 287-307; DERS., Simon of St. Quentin and ihe Dominican Mission to the Mongois, 1245-1248, phi!. Diss. 1968, Ann Arbor 1984; DERS., Simon of St. Quentin and the Dominican Mission to the Mongoi Baiju: a reappraisal, in : Spec. 46 (1971) 232-249; DERS., Simon of Saint-Quentin as Historian of the Mongois and Seljuk Turks, in : MH ns. 3 (1972) 155-178. 24 Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Abfassung und Konzil ist nur zu vermuten (die Umstände der Gesandtschaft ROBERG, Tartaren, 289ff.; die vergleichbare Situation der Abfassung der sog. Memoire Joh. v. Sultaniyah unten S. 182). Der Verlust ist um so bedauerlicher, als der Bericht in eine Zeit fällt, in der das Abendland noch über vergleichsweise wenige Informationen verfügte, und weil der Autor vermutlich längere Zeit bei dem Mongolen gelebt hatte. =
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Versionen : »Doch weil jene, bei denen wir auf der (Rück)reise vorbeikamen, die oben erzählte Geschichte gern hatten, deshalb schrieben sie sie ab, bevor sie fertig war . . « Es ist nur möglich, daß uns eine dieser gewiß verkürzten, vielleicht auch sonst veränderten Versionen der Ystoria Mongalorum des Johannes von Plano Carpini erhalten blieb25 • Für Marco Polos Milione, von dem ohnedies eine Vielzahl von Varianten ganzer Kapitel oder gar des ganzen Textes bekannt ist, konnte sein Herausgeber Benedetto in sorgfältiger Untersuchung der Rezeption auf andere, verlorene Kapitel schließen 26 . Viele der Briefe, die wir aus dem Tartarengebiet besitzen, sind nur zufällig erhalten. Manch einer, der aus Osteuropa nach Westen gesandt wurde, um über die Tartaren zu berichten, ist aus rein stilistischen Gründen und völlig unabhängig von inhaltlichen Überlegungen in Briefsammlungen aufgenommen worden; Mis sionarsbriefe aus Ostasien gingen im vollen Wortlaut - neben manchen Aus zügen - zum Beispiel in eine Chronik ein, von der nur wenige Codices auf uns kamen 27 . Auf der anderen Seite erinnert sich der Franziskaner Johannes von Rupescissa, wie in seiner Jugend, etwa im Jahre 1335, in seinem Kloster ein Brief aus China von dem Bischof Geraldus Alboyini, der sich Bischof von Zayton nannte, eintraf 28• Da ein Mönch dieses Namens tatsächlich 1307 nach China gesandt wurde und Johannes zugunsten der Glaubwürdigkeit dessen, was er eigentlich versichern wollte, den Brief besser gar nicht erwähnt hätte, besteht kein Grund, die Nachricht von seiner Existenz anzuzweifeln 29 - erhalten blieb er nach derzeitigem Wissensstand nicht. Gerade Missionare, die ihr restliches Leben dem fernen Missionsgebiet wid men sollten, waren auf das schriftliche Medium angewiesen, wenn sie ihren Brüdern zu Hause ihre Erfahrungen vermitteln oder von ihrer Einsamkeit und ihrem Heimweh sprechen wollten 30. Der Zufall der Überlieferung sowie die Hinweise auf Verluste lassen eine gewisse Dunkelziffer von einst vorhandenen .
25 IX,52 S. 130. - Von der Ystoria sind mindestens zwei Versionen erhalten (c. LUNGAROTTI in Ed. DAFFINA u. a., 79ff.). Doch könnte die von Joh. selbst zusätzlich erwähnte Verkürzung auch in der Hyst. Tartarorum des C. de Bridia (nur eine Handschrift, dubios überliefert; rezipiert Joh. und Benedikt) erhalten sein, FRIED, Suche, 315 N. 134; C. H. KNEEPKENS, Randbemerkungen zum Text der »Hystoria Tartarorum« C. de Bridia monachi, in: Mittellat. Jb. 14 (1979) 273-277. 26 Jacopo d'Acqui (BENEDETTO, Ed. des Milione, CXCIV) zit. Marco mit sonst unbekannten Stellen : Sp. 1606/7; auch Rückgriff auf mündliche Erzählung wäre von den Lebenszeiten der beiden Autoren her denkbar. 27 Elemosina, Verbreitung der Briefe des Joh. v. Monte Corvino vgl. N. 15. - Sammlungen wie N. 14. 28 Ostensor, Vat. Ms. Ross. 753, fol. 55r (Text unten S. 279, N. 428). Daß der Brief nach Südfrank reich gelangt, mag auch damit zusammenhängen, daß Gerardus aus Rodez stammt (ruthenensis: diese Infollnation gibt J. zusätzlich zu WYNGAERTS Wissensstand: SINICA 375 N. 2). 29 Gerardus nach China: BFr V Nr. 86 S. 38. Joh. will beweisen, daß er das, was er 1332 in einer Vision erfuhr, nicht vorher gewußt haben kann, weil der Brief erst drei Jahre später eintraf. Die Existenz des Briefes ist glaubhaft, die Datierung nicht unbedingt: Denn für Joh.' Argumentation ist ein spätes Eintreffen notwendig, der Briefschreiber aber ist 1326 schon tot (SINICA 375); oben N. 16. 30 Vgl. S. 148/9. -
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SO
lI.
zu
D E N Q U ELLEN UND I H R E R R E ZE P T I O N DURCH D I E Z E IT G E N O S S E N
Berichten vermuten; dazu tritt die umfangreiche mündliche Informationsweiter gabe, die dem Historiker inhaltlich weitestgehend verschlossen bleibt. Auch das späte Mittelalter hat Teil an jenem Übergang von der oralen zur literalen Kultur. Bei der Frage nach den zu Verfügung stehend �Quellen ist deshalb mit der großen Wirksamkeit mündlicher Tradition zu rechnen, deren genaues Ausmaß nur sehr schwer einschätzbar ist, deren sicheres Vorhandensein aber immer zu berücksichtigen sein und das Urteil in manchem Punkt relativieren wird. Jeder Reisende konnte mehr erzählen, als er niedergeschrieben hatte, schon weil er bei Manchem Unglauben befürchten mußte. Odorich von Pordenone hat vieles weggelassen, was Leuten, die es nicht mit eigenen Augen gesehen haben, unglaubwürdig erscheinen könnte. Und Giosafat Barbaro weiß : Würde er einiges, das er sah, aufschreiben, so würden ihn die Leser, die selbst nie aus Venedig hinausgekommen sind, der Lüge zeihen 3 1 . »Ebenso schrieb Bruder Johannes [de Plano Carpi(ni)] ein großes Buch über die Taten der tattaren und andere Wunder der Welt, gemäß dem, was er mit eigenen Augen gesehen hat; und er gab [uns] das Buch zu lesen, so daß ich vieles hörte und sah, so oft er es unternahm, über die Taten der tattaren zu erzählen; und wo sich die Leser wunderten oder nicht verstanden, erklärte er und sprach über die Einzelheiten. « 32 Nicht nur Johannes hat auf seiner Rückreise immer wieder erzählen müssen : In Köln berichtete sein Weggefährte Benedikt von Polen viva voce, auch Odorich von Pordenone scheint im kleinen Kreise weiterberichtet zu haben, und die vielen anderen Reisenden werden kaum geschwiegen haben 33. Wenn bekannt wurde, daß jemand aus dem fernen Orient angekommen war, strömten die Neugierigen zusammen: »Ich war begierig, diesen [Nicolaus Vene tus] zu hören - viel Bemerkenswertes, das er erzählt hatte, hatte ich nämlich schon vorher vernommen - und habe mich im Kreise gelehrter Männer wie in meinem Hause sorgfältig nach vielem erkundigt, das der Mühe wert schien, es für die Erinnerung und die Niederschrift aufzubewahren« 3\ schreibt Poggio Brac ciolini. Der Dominikaner Pietro Ranzano suchte um 1450 in Neapel den Pietro Rombulo auf, der lange Jahre in Äthiopien zugebracht hatte, befragte ihn und 3 1 Odorich : XXXVIII, 6 S. 494; Barbaro: S. 86. Die Bemerkung ist ein Topos seit der Antike, nicht nur in venezianischen Reiseberichten, aber sie dürfte dennoch auch Wahrheit enthalten (Pero Tafur S. 80). Zur Erfahrung und Bekräftigung Marco Polos vgl. S. 57. 32 Salimbene v. Parma S. 207; zum Autor M. BIHL, Salimbene, in: EF 16 ( 1906) 520-532. 33 Benedikt: Ann. S. Pantal. S. 542; Odorich gedrängt von seinen Brüdern. Solche »Stammtischge spräche« zeichnete ein Zuhörer auf (vgl. La Franceschina 11, 27ft). - Eine venezianische Handschrift (Marciana X. 46, fol. 132v, teiled. als Anon. de Parma: S. 375) gibt Informationen wieder, die der Autor von einem Bruder, der sich viele Jahre in Persien, Bagdad, Indien und Caldea aufhielt, gehört hat. 34 Die Berichte des Venezianers Nicolo dei Conti nach dessen Rückkehr aus Südostasien um 1440 bilden das 4. Buch der Hist. des Poggio. Auch Pero Tafur befragte Conti, den er in Ägypten getroffen hatte: S. 95 ff.; C. DESIMONI, Pero Tafur, i suoi viaggi e il suo incontro col Veneziano Niccolo de'Conti, in: AttiLigure 15 (1881) 331-352.
VERLORENE UND MÜNDLICHE BERICHTE
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schrieb die Erzählungen nieder; Wilhelm von Rubruk traf 1255 im lateinischen Konstantinopel Balduin von Hennegau, der schon früher in der Tartarei gewesen sein will; Johannes Colonna hatte für seine Chronik (geschrieben nach 1340) noch einen betagten Teilnehmer der Gesandtschaft des Andreas von Longjumeau
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1248 für Ludwig den Heiligen nach Karakorum - befragen können35. 1394 hört
König Joan von Aragon von einem Mann, der nach vierzig Jahren aus der Tartarei und dem Land des Großkhans zurückgekehrt sei. Der König befiehlt, den Mann zu ihm zu bringen, damit er erzähle, was er dort gesehen habe36• Johannes von Sultaniyah übergab als Bote Timurs in England Briefe und ergänzte oraculo vivae vocis; Buscarello dei Ghisolfi, 1289 Bote des persischen Ilkhans Arghun, legte
zusätzlich zum mitgebrachten Brief des Khans weitere Informationen nieder, die solche Gesandten sonst mündlich weitergegeben haben könnten37• All dies sind Fälle, von denen wir nur deshalb wissen, weil sie wiederum einen schriftlichen Nachhall fanden ... Erschwerend kommt hinzu, daß die große Gruppe der Kaufleute, die schon aus Berufsinteresse gute, vergleichsweise realistische Kenntnisse und durch ihr Pendeln zwischen Europa und Orient noch dazu vielfältigste Möglichkeiten der Informationsweitergabe besaßen, ihr Wissen als Kapital betrachteten und keinen Wert auf allzu weite schriftliche Verbreitung legten 38. Statistisch auswertbare Zahlen sind in dieser Zeit zwar kaum zu finden, doch wenn wir uns die Beschreibungen und die Notariatsakten von Caffa, Tana, Soldaia und anderen italienischen Schwarzmeer-Kolonien betrachten, so lebten dort im Laufe der Zeit Hunderte von Abendländern im direkten Kontakt und täglichen Austausch mit Mongolen, kehrten wieder heim oder berichteten nach Hause. Wir haben vor allem in den italienischen Seestädten und auch bei den mit ihnen in Kontakt stehenden Menschen mit einer großen, selbstverständlichen Kenntnis der Tarta ren zu rechnen, mit einem gesicherten, wenn auch vielleicht nicht allzusehr reflektierten Tartarenbild, das wir höchstens ahnen können. Diese Menschen trugen, auch wenn sie vielleicht nur im kleinen Kreise erzählten, ein unwägbares Informationspotential in sich.
35 Ranzano teiled. in:
TRASSELLl,
Italiano (zum Umfeld jetzt MÜLLER, Burgund, wie S.196, N.645).
- Rubruk: XV,3 S.201 mit n. 2; XXIX,44 S. 268. Um 1240? Vgl. N.53; vgl. J. RICHARD, A propos de la mission de Bauduin d'Hainault: L'empire latin de Constantinople et les mongois, in: JS 1992, 115-121. - Colonna: ed. RHF S.118, wohl nur als Bestätigung, denn der Text beruht völlig auf Vinzenz (oder einer Zwischenstufe). Joh. war darüber hinaus offenbar selbst im Vorderen Orient:
Petrarca-Brief VI,3 an ihn (Francesco Petrarca, Epistolae de rebus familiaribus et variae, ed.J. FRACAs SEITI, Bd. 1, Florenz 1859, S. 332); G. GOLUBOVICH, Fr. Giovanni Colonna di San Vito, Viaggiatore in Oriente (ca.1260-1343/44?), in: AFH 11 (1918) 32-46. 36
Ed. RUBIO
y
LLUCH, Doc.I S. 382 Nr.428. Ähnliches Interesse des Königs: S.365 Nr.411. - Pero
Tafur wird 1439 vom Hz. v. Burgund und vom Papst befragt (oben N.21 u. Ed. S.249). 37 Joh.: Brief Heinrichs IV. S.56. - Buscarello: ed.CHABOT, Notes, 610-13. 38 Vgl. 5.152. Aus diesem Grunde ist auch die geringe handschriftliche Verbreitung einer Schrift wie der Pratica Pegolottis (für das Handelshaus der Bardi geschrieben) ohne Aussagekraft für die tatsächliche Verbreitung des Kaufmannswissens. Realismus vgl. S.159.
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JI.
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D E N Q U E L LEN UND IHRER REZEPTION DURCH DIE ZEITGENOSSEN
Nicht zu vergessen als Träger von Informationen, in ihrer eigenen Person wie sicher auch durch Erzählungen, sind die vielen mongolischen Sklaven in Süd europa seit der Mitte des 14. Jahrhunderts 39. Sie hatten ihren Einfluß auf das Bild, das sich die Abendländer von den Tartaren machten, sie wurden nicht einfach nach den landläufigen Klischees beurteilt, sondern der tägliche Umgang mit ihnen ließ die Herren auch eigene Erfahrungen formulieren. Die Tartaren galten von Beginn an als f a l s c h und h i n t e rl i s t i g gegenüber Europäern und anderen Fremden ; daneben kannte man auch ihren unbedingten Gehorsam gegen ihre Herren. Als Sklaven sind sie dreimal so teuer wie andere, weil sie besonders t r e u sind, weil eben keiner je seinen Herrn verrät40• So konnten die Zeitgenossen etwa seit 1350 zumindest in Italien oder anderen Mittelmeerländern - ganz abgesehen von Ostmitteleuropa - ohne Schwierigkeiten einen Tartaren zu Gesicht bekom men 4 1 . Der Florentiner Antonio Averlino Filarete (t 1469) stellt sicher nach eigenen Erfahrungen fest, die Tartaren sähen auf den ersten Blick alle gleich aus, und erst beim näheren Hinsehen erkenne man Unterschiede 42. Für die frühere Zeit ist eigenes Sehen wesentlich weniger wahrscheinlich. Immerhin gelangte 1287 Rabban Sauma als Gesandter Arghuns bis nach Rom, Paris und Bordeaux; er war ein nestorianischer Geistlicher und gebürtiger Uig hure, also Ostasiate. Wahrscheinlich haben ihn viele Menschen betrachtet, denn wenn etwas Fremdländisches zu sehen war, so liefen die Leute auf die Straße und die Chronisten registrierten es 43. Vorsicht hingegen ist bei den zahlreichen anderen Gesandtschaften der Il39 Marco Polo brachte sich bereits um 1300 einen Sklaven mit: Auszug aus seinem Testament bei M. BERTRAM, Mittelalter liche Testamente. Zur Entdeckung einer Que llengattung in Italien, in: QFIAB 68 (1988) 523, N.70. Es können au ß er S kl aven auch z. B. Kaufl eute gewesen sein, die ostasiatische Technologie in den Westen brachten (gegen L. WHITE, Medieval Borrowings from Further Asia, in: Medieval and Renaissance St. 5, ed. O. B. HARDISON jr., Univ. of N. Caro lina Pr. 1971, 3-26, hier 20). 40 Pero Tafur S. 162. - Treue und Dankb arkeit: Giosafat Barb aros Er fahrungen im persönlichen Umgang S. 78/80, 89/90; Treue al s Verbündete joseph de Cancy 1281, übers. SANDERS S. 8. - »Typisch Tartaren« unten S. 201 ff . 41 Näheres zu den Sklaven auch S . 2 12/3. - Bis nach Po len hinein waren Mongol en angesiedelt worden. Nachrichten aus dem 14. jh. für möglicherweise mongolische Knab en, die in Europa zu Mönchen erzogen werden sollten, unten S. 139. 42 E benso die Ä thiopier, die er zumindest in F l orenz während des Konzi ls gesehen haben dürfte, ed. FINOU/GRASSI S. 27. Ein Zwischenfall mit einem Tartaren, wohl keinem S klaven, au f dem Rial to wird noch aus dem jahre 1480 berichtet: Voyage de Saincte Cyte S. 15/16. Selbstverständ lickeit in Osteuropa: peitschenknallende Tartaren al s Unterhalter (H. BOOCKMANN, Spielleute und Gaukl er in den Rechnungen Jes Deutschordens-Hochmeisters, in: Feste und Feiern im Mittelalter, hg. v. Detlef ALTENBURG/Jörg jARNuT/Hans-Hugo STEINHOFF, Sigmaringen 1991, 217). 43 1291 sandte offenbar der Khan dem König v. Fran kreich ein Tier: Robert v. Sen lis bringt einen asinus silvestris (Onager?) mit, wie aus dem Passierbrief Karls II. v. Anjou hervorgeht (vgl . BRATIANU, Recherches, 186/7, N. 4); dieses Tier kam auch durch Parma: Chr. Parm. S. 62. Die englischen Gesandten von 1292 bringen einen Leoparden mit zurüc k, DESIMONI (Ed.), Conti, 611. Zu Orientalis men in der Kunst unten S.215. - Zu Rabb an Sauma CHABOT (Ed.), Histoire; E. LANGLOJS, Rabban Saurna, am bassadeur d'Ilkhan Argoun, et de la cathedrale de Veroli (1288) in: MEFR 70 (1958) 331-365. '-
VERLORENE U N D M U N D L I C H E BERI CHTE
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khane zu den abendländischen Herrschern geboten, denn die erzählenden Quel len sind wenig verläßlich, die Chronisten haben wohl selten die Boten selbst erblickt; sie sprechen normalerweise ohne jede Differenzierung von nuncii Tarta rarum. 1302 seien nach Rom Boten des Königs der Tartaren gekommen, so berichtet Eberhard von Regensburg, »in Sitten und Kleidung deutlich anders als wir« - es handelte sich um den Genuesen Buscarello dei Ghisolfi in Begleitung von Käkedei und Tümen, das heißt möglicherweise zweier Mongolen oder anderer Orientalen 44. Gemischte Gesandtschaften dürfte es häufiger gegeben haben, so zum Beispiel in Lyon 1274 (mindestens zwei Abendländer und vier Ungetaufte) oder 1285 beim Papst (zwei Abendländer mit Bogagoc und Mengilic), vielleicht auch 1262 in Frankreich (vierundzwanzig edle Tartaren in Begleitung zweier Dominikaner als Dolmetscher) 45. Von den Ilkhanen wurden gerne abendländische Boten gewählt, schon weil sie mehrsprachig waren - sie lebten oft schon lange im Orient und waren halbe Orientalen, was bei den Beobachtern Verwirrung hervorrufen konnte 46. Manchmal setzten die Ilkhane auch orientali sche Christen ein, die ebenfalls oft mehrsprachig waren 47. Ein Beispiel gibt Guillaume de Nangis, der die Gesandten 1276 in Paris selbst gesehen haben kann und bewußt differenziert : Die Boten seien »nach Herkunft und Sitten« keine Tartaren, sondern Georgier gewesen. Wenn er recht hat, ist um so interessanter, daß offenbar die gleichen Leute 1277 in England als sechs der Edelsten aus dem Volk der Mongolen mit ihrem Dolmetscher registriert werden 48. Nach all dem : Zogen 1307 tatsächlich sechs Tartaren durch Frankreich zu Clemens V. ? 49 Eine weitere Gruppe von Reisenden und damit potentiellen Erzählern wurde bisher noch kaum erwähnt : die der Abenteurer, der Verschleppten, der fahrenden Söldner - ja sogar der Vergnügungsreisenden S0. Ihre Zahl ist unabschätzbar, 44 S. 599. Wenn die Gesandtschaft 1299/1300 gemeint sein sollte: Auch da waren Abendländer dabei,
Anhang 1.
45 1274: ed. LUPPRIAN Nr.44 S. 228/30, ROBERG, Tartaren: David v. Ashby und der Notar Ricardus;
dazu wurden laut Protokoll vier Personen getauft: das können tatsächlich Mongolen oder auch orientalische Christen, also Schismatiker, gewesen sein: unten S. 95/7. - 1285: ed. LUPPRIAN Nr. 4 8 S. 246. - 1262: ehr. Erphord. S. 666. Der Bericht wirkt übertrieben (die Zahl ist nicht eindeutig überliefert und nicht ernst zu nehmen), aber durch seine Wiedergabe einer häufigen Konstellation nicht unglaubwürdig. J. RICHARD, Une Ambassade mongole a Paris en 1262, in: DERS., Croises, Nr. XIII, 299. 46 Abendländer, die im Orient geboren wurden oder zumindest große Teile ihrer Jugend dort zubrachten, sind häufiger festzustellen: S. ISS; dazu der Florentiner Bastari, der bei den Mongolen aufgewachsen war und Giovanni Villani von ihnen erzählte (VIII,35 t. II,37). Zum Be- oder Verkleiden als Tartaren unten S. 244/5. 47 Auch zu Ludwig dem Heiligen reisten 1248 nach Zypern Nestorianer, vgl. S. 80/2. 48 Guillaume: Gesta Phil. S. 510 (ehr. ed. RHF S. 565): keine Tartaren natione et moribus. Joh. v. Oxenedes S. 250: Zusammensetzung wiederum denkbar, s.N. 45. Die gleiche Gesandtschaft: Anhang -
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I S. 330. 49 S. Martialis ehr. S. 811. 50 Der kastilische Hidalgo Pero Tafur berührte bei seiner offenbar weitgehend zweckfreien Reise
rund ums Mittelmeer auch die Tartarei und hinterließ einen wertvollen Bericht.
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Ir. Z U D E N QUELLEN UND IHRER REZEPTIO N DURCH D I E ZEITGENOS S EN
schriftliche Berichte von ihrer Seite sind ebenso selten wie bei den Kaufleuten. Sie kamen aus allen Schichten der Bevölkerung, und wir können sicher sein, daß sie, nach Hause zurückgekehrt oder bei einem zufälligen Zusammentreffen mit anderen Abendländern im Orient, ungeheuer viel zu erzählen hatten. Die Mongolen nahmen von überall her Leute mit - vor allem Handwerker -, die sie gebrauchen konnten, zum Beispiel den kunstfertigen Goldschmied Willel mus Buchier aus Paris, den Wilhelm von Rubruk in Karakorum traPI. Entwur zelte aus Europa konnten bei den Tartaren Unterschlupf finden, wie entflohene Ketzer52 oder der Engländer, der 1241 dem christlichen Heer bei Wiener Neu stadt unter anderen Angehörigen der mongolischen Truppen in die Hände fieP3. Der junge bayerische Adelige Johannes Schiltberger geriet 1396 in der Schlacht von Nikopolis in türkische Hände, nach der Schlacht von Ankara 1402 in die Timurs, von wo er nach dreiunddreißigjährigem Aufenthalt im Orient entfliehen konnte - sein glücklicherweise schriftlich hinterlassener und dann im Druck verbreiteter Bericht ist ein Beispiel für die Informationen, die solch ein Mann weitergeben konnte. Wohl freiwillig verdingte sich der Franzose Jacques du Fay einige Zeit im Heer Timurs; ein vaillant homme d'armes war Jehan Bargadin aus Metz, der acht Jahre in CanbaleichlCambalech dem Großkhan gedient haben will und nach seiner Rückkehr zumindest Philippe de Mezieres mit Neuigkeiten versorgte 54. Fahrende Ritter kamen leicht mit der Tartarei in Berührung, wie Oswald von Wolkenstein oder Peter Suchenwirths Figur des Ritters Friedrich dem Chreutzpeck 55. 51 XXIX,3 S. 253, XXX,2 S. 276, XXXII,5 S. 287 (in Belgrad gefangen); Leo OLSCHKI, Guillaume Boucher. A French Artist at the Court of the Khans, Baltimore 1946. - Handwerker: Plano Carpini, VII,11/2 S. 9112; Simon XXXI,84 S. 48. 52 Über die Flucht von Ketzern in den Orient haben wir verschiedentlich Nachrichten: häretische Franziskaner in Tabris und in der Tartaria Aquilonaris GOLUBOVICH III, 443 (442ft); V 9112; WADDING VIII S. 371/2; die Gruppe um Angelo Clareno und Fra Liberato in Kleinarmenien (zuletzt R. MANSELLI, Spirituali missionari: l'azione in Atmenia e in Grecia. Angelo Clareno, in: Espansione, 271-291); Vermutungen zu Odorich v. Pordenone REICHERT, Version, wie N. 98, 536/7; RACHE WILTZ, Envoys, 184 Ooh. v. Monte Corvino Spiritualer?). 53 Die Rekonstruktion Gabriel RONAYS (The Tartar Khan's Englishman, London 1978) ist zu
optimistisch, doch denkbar ist ein solches oder ähnliches Schicksal. Ein möglicher Parallelfall BEZZOLA 39. - Rubruk hat von verschleppten Deutschen gehört, kann sie aber in der Steppe nicht aufsuchen (XXIII,2/3 S. 224/5, XXXI II,1 S. 289), er trifft aus Ungarn verschleppte Europäer und viele deutsche Sklaven (XXIX,2 S. 252/3; XXX,? S. 278, XXXV,ll S. 304, XXXVI,1 S. 305). 54 Jacques: Bericht Froissarts XV S.319/20: offenbar freiwillig. Dort auch Bericht von einem anderen Franzosen, der in türkischen Diensten gestanden hatte. - Bargadin: Philippe de Mezieres, Epistre S.500; Songe I S. 228, 485. Möglicherweise hat der Ritter diesen Dienst aber auch erfunden, falls nicht die Erlebnisse zur Zeit ihrer Aufzeichnung (1396, 1389) schon länger zurücklagen oder der Name Khan Baliq und der Zusammenhang mit Cathay eine ausmalende Ergänzung (Phi/ippes?) ist: Denn 1368 wurden die Mongolen und damit auch der Großkhan endgültig aus Peking und China in die Steppe zurückgetrieben. Die transportablen Städte allein könnte B. auch noch dort gesehen haben. - Ein solcher Ritter im Dienst des Khans will auch Mandeville gewesen sein (I S. 144): Vielleicht inspirierte er den Gewährsmann Philippes oder diesen selbst. 55 Oswald Nr.64, 107 S. 160, 244; Peter ed. PRIMlSSER 14 S. 46. Weit gereist auch sein Hans v. Chapell ed. FRIESS S. 12/3. Man denke auch an die Preußenreisen, bei denen es allerdings wohl selten -
D I E REZEPTION DER INFORMATIONEN I M ABENDLAND
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Auch die weitere Verbreitung der nun im Westen verfügbaren Nachrichten geschah nicht nur auf verschiedenen schriftlichen Wegen, die zum Teil schon beschrieben wurden, sondern wiederum auch mündlich. Manche Anekdote wurde zum Beispiel in Predigtexempla-Sammlungen aufgenommen, also der mündlichen Verbreitung zur Verfügung gestellt. Viele der gerade im 13. und 14. Jahrhundert vor allem im Predigerorden entstehenden Sammlungen nahmen erbauliche Tartaren-Exempla gerne auf, die neben Bekehrungswundern auch andere Züge des Tartarenbildes verbreiten halfen 56 . Wir haben überhaupt mit einer ausgeprägten Erzählkultur zu rechnen, dabei auch mit der Verbreitung von Dichtung mit ihren besonderen Bildern von den Mongolen, die die allgemeinen Vorstellungen in nicht geringem Maße geprägt haben dürfte 57.
3 . Die Rezeption der Informationen im Abendland Grundsätzlich bildeten alle Informationen, die in schriftlicher oder mündlicher Form aus dem Orient ins Abendland gelangten und dort verbreitet wurden, das Wissensreservoir für diejenigen, die zu Hause geblieben waren und sich dennoch kundig machen wollten. Welches waren nun die Kriterien, nach denen ein mittelalterlicher Autor seine Quellen beurteilte, ihnen Glauben schenkte oder nicht, ihre Informationen also übernahm oder verwarf ? 58 »Wir bitten alle, die den vorstehenden Bericht lesen, nichts wegzunehmen und nichts hinzuzufügen, denn wir haben a l l e s s o , w i e w i r e s g e s e h e n oder von anderen, die wir für glaubwürdig hielten, gehört haben, aufgeschrieben, ohne wissentlich etwas hinzuzufügen . . «, so beteuerte Johannes von Plano Carpini um .
zu engeren Kontakten mit den Tartaren kam: Werner PARAVICINI, Die Preußenreisen des europä ischen Adels, Teil 1, Sigmaringen 1989 (Beih. der Francia. 17/1) 202-206. Die Tartarei wird gerne in Zusammenhang mit Preußen genannt, z. B. Guillaurne de Machaut, Dite dou Lyon, vv.1449/50, 11 S. 210; Chaucer, Book of the Duchess v. 1025 S. 342; John Gower, Mirour v. 23895, I S. 264, Confessio v. 1631 11 S. 345; Hermann v. Sachsenheim, Sleigertüechlin S. 214. Osteuropa ohne die Tartaren: Spiegel S. 161. - Der Weltenbummler, der kein edler Ritter des Epos, sondern oft ein armer Kerl ist, wird zum literarischen Thema: Chaucer's Knight (Canterbury Tales, General Prologue, S. 24; T.]. HATTON, Chaucer's Crusading Knight, a Slanted Ideal, in: CR 3 [1968/69] 77-87) und Shipman (S. 29/30) kommen weit herum, wenn auch nicht ausdrücklich in die Tartarei. . 56 Z. B. Thomas v. Cantimpre, Bonum 11,43 unfol. 57 Mögliche Erzählungen kennen wir aus Boccaccios Decamerone, Sercambis Novelle oder Chaucers Tales, die alle in ihren Sammlungen auch orientalische, tartarische Exempla verwenden. Zur Dichtung allgemein unten S. 201 H. 58 Wenngleich für die vorliegende Untersuchung, wie S. 1 7 ausgeführt, allein diese Kriterien der mittelalterlichen Menschen ausschlaggebend sein sollen, muß im folgenden doch hin und wieder der modeme Maßstab angelegt werden, denn auch wir können Phänomene nur erkennen, wenn wir uns ihnen mit bestimmten Vorstellungen nähern. - Nicht systematisch wurde bei den Texten die Handschriftenlage und -glossierung berücksichtigt; methodisch Grundsätzliches dazu bei �EICHERT, Begegnungen Kap.111.3.
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II.
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1247 am Schluß seines Berichtes 59, und Johannes von Marignolli gab um die Mitte des 14. Jahrhunderts zu: »Und unglaublich, wenn i c h s i e n i c h t seI b s t g e s e h e n h ä tt e, wären die Fülle an allem . . . , die riesigen Städte . . . « 60 . Leser und Zuhörer wünschten offenbar wahre InfoImationen, und die Reisenden selbst waren sich der Unwahrscheinlichkeit mancher ihrer Erzählungen bewußt. Doch den eigenen Augen trauten sie und konnten als A u g e n z e u g e n offenbar auch bei ihrem Publikum auf Ve r t r a u e n in die Wahrheit ihrer Berichte rechnen - wenn 1 man ihnen ihre Augenzeugenschaft glaubte 6 . »Damit nicht bei irgendwem irgendwelcher Zweifel, daß wir [tatsächlich] bei den Tartaren waren, aufkommt, schreiben wir die Namen derer auf, die uns dort trafen« 62: Der schon zitierte Johannes von Plano Carpini sicherte sich ab, weil er von seinen Lesern kritischen Unglauben erwartete. Am Bericht des Venezianers Marco Polo wird gezweifelt, und er bekräftigt seine Augenzeugenschaft, als er auf dem Totenbett - seine Übertreibungen widerrufen soll: »Ich habe nicht die Hälfte dessen aufgeschrieben, was ich sah« 63. Auch der Florentiner Bildhauer und Architekt Filarete will nicht recht glauben, daß es in Kattai mehr als zwanzigtau send Brücken und auch sonst viele wunderbare Dinge geben soll, wie man es in Büchern von Leuten, die a n g e b l i c h dort gewesen seien, lesen könne64. Solche Fälle von Mißtrauen gegenüber Berichten wie dem des Marco Polo oder aber Vertrauen in objektiv unechte Reiseberichte wie den des John Mandeville haben aber nichts mit unkritischer Haltung des Publikums zu tun, sondern weisen nur auf von unseren abweichende Kriterien 65. Auch die Persönlichkeit des Augenzeugen scheint bei manchem Zuhörer eine Rolle gespielt zu haben : »Der genannte Bruder erzählte von vielen anderen Dingen, die alle Glaubhaftigkeit übersteigen würden, machte sie nicht seine Verläßlichkeit (auctoritas) glaubwürdig« 66. 59 IX, 52 S.129/30 (Hervorh. F.S.) (ähnlich unten N.68). - Im Text selbst versichert Joh. bei Wundergeschichten, daß seine Zeugen sie firmiter bestätigt hätten: v,n S. 60, 16 S. 62/3, 33 S. 74/5. 60 Mi. 14.Jh. Joh. v. Marignolli S. 536 (c.2) (Hervorh. F. S.). Ähnlich Joh. v. Sultaniyah, Ms. UB Graz 1221 fol. 86r. - Zum Problem der Glaubhaftmachung Marco Polo, Barbaro etc. oben S.50. 61 So gilt Marco Polo dem Giov. Villani als glaubwürdig, weil er lange in jenem Land lebte, von dem er berichtet (V,29 t. r,211). Eine zeitgenössische Glosse meint, Marco Polo habe sich auch getäuscht, wenn er nicht ex experimentis berichtete (c. WAGNER DUTSCHKE, Contemporary Views of Marco Polo: Fact or Fiction, in: Marco Polo and His Book, NT. 9, 21/2, ohne Herkunftsangabe). 62 IX, 49 S. 128. 63 Ed. BENEDETTO in seiner Einleitung zum Milione, CXCIY. Topos: oben N. 31. Zu möglicher weise mündlichen Erweiterungen für Jacopo d'Acqui oben N. 26. 64 Ed. u. übers. v. OETTINGEN S. 277. Enea Silvio distanziert sich: das Reich des Groß khans sei nostratibus '" pene incognitum (Cosmogr. S. 317). 65 Auch Zweifel an der Wahrheit eines Berichtes wegen zu weniger Mirabilien (WITTKOWER, unten N.82) würde kritische Prüfung am Wissen bedeuten, unabhängig davon, wie »naiv« das manchem modernen Historiker erscheinen mag. - Zur Entwicklung .moderner« Kriterien seit der frühen Neuzeit W. NEUBER, Die frühen deutschen Reiseberichte aus der Neuen Welt. Fiktionalitätsverdacht und Begla�igungsstrategien, in: Der europäische Beobachter, 43-64. 66 Matthäus Parisiensis über den Bericht des Andreas v. Longjumeau 1247 (CM VI S. 115).
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Konsequent r e c h n e t en auch schon die Reisenden selbst wie der zitierte Johannes von Plano Carpini mit d e r U n g l a u b w ü r d i g k e i t von Zeugen und legen Wert auf Ü b e r p r üf u n g, denn, wie Friedrich 11. in seinem Falkenbuch grundsätzlich zur Methode festhält : »Gewißheit (jides . . . certa) nämlich erhält man nicht aus dem Hörensagen (ex auditu)« 67. Johannes betont, wie zitiert, auch die Glaubwürdigkeit der Zeugen ; Marco Polo kündigt zu Beginn des Milione an, er wolle in seinem Buch genau unterscheiden zwischen dem, was er selbst sah, und dem, was er von Zeugen - immerhin citables et de verite hörte, denn er wolle ein wahres, kein Fabel-Buch schreiben 68• Selten teilen die Forscher ihre K r i t e r i e n f ü r j e ne Ü b e rp r ü f u n g der Glaubwürdigkeit mit; Odorich von Pordenone verläßt sich auf das, was »alle sagen«: » Ich, Bruder Odorich . . . versichere . . . daß ich all das, was oben beschrieben wurde, entwe der mit eigenen Augen gesehen oder von glaubwürdigen Menschen gehört habe. Die Volksmeinung jener Gegenden aber bezeugt als wahr, was ich nicht gesehen habe.« 69 Erst allmählich setzte sich bei allem Vertrauen in die Augenzeugenschaft das zitierte, von Friedrich 11. vertretene Prinzip durch, Traditionen und Autoritäten grundsätzlich zu überprüfen. Normalerweise verzichteten die echten Reisenden auf die Beschreibung von Mirabilia im landläufigen Sinne 70 - sie hatten sie nicht . gesehen und genügend neue, bemerkenswerte Dinge zu erzählen. Meistens schwiegen sie ganz davon; nur selten setzte sich einer so wie der Franziskaner Johannes von Marignolli mit dem Problem auseinander, daß er - der immerhin in Gegenden reiste, in denen man die Monstren zu erwarten gehabt hätte - nichts dergleichen bemerkt hatte. Er äußert sich » über die monstra, die die Geschichten und Erzählungen ersinnen und ausmalen, und von denen sie sagen, daß es sie in Indien gebe, an die auch der Heilige Augustinus, De civitate Dei Buch 16, erinnert . . . «: »Ich aber habe mit höchster Neugier alle Provinzen der Inder durchwandert, war eher neugierigen als tugendhaften Geistes, wollte wenn möglich alles wissen, wandte, wie ich glaube, mehr Mühe auf als irgendwer, von dem man liest oder weiß, um die mirabilia mundi zu untersuchen, und durch_
67 Friderici Romanorum imperatoris /1 de arte venandi cum avibus, Prologus, ed.C. A.WILLEMSEN, Leipzig 1942, Bd. 1 S. 1. 68 I (1) S. 3 (3). Auch Odorich kann veraciter berichten, weil er viel gesehen und gehört hat (1,1 S. 413). Vieles selbst gesehen, sonst glaubwürdige Zeugen: Rogerius v. Apulien, Carmen S. 551; Jordan v. Severac, Mirabilia bes. S. 120. - Joh. v. Sultaniyah verläßt sich auf Berichte der contemporanei des falschen Propheten des Islam: Libellus S. 97. 69 comunis locutio illarum contratarum: XXXVIII,6 S. 494. Vom Sprachlichen her kann man auch übersetzten »die Volksmeinung ü b e r jene Gegenden« (Hervorh. F. S.), doch verläßt sich Odorich mehrfach tatsächlich auf das, was die Einwohner der besuchten Gebiete uno ore erzählen (XIX,2 S. 458; XXIII,2 S. 464), diskreditiert hingegen mindestens einmal das, was offenbar in Europa pro certo dicitur (XXXII,1 S.483). - Plano Carpini hat Informationen von bei den Mongolen gefangenen Christen, die er für glaubwürdig hält (Prolog 3 S. 28; 4, 28). 70 Vgl. S. 201ff. - Jordanus v. Severac beschreibt zwar Mirabilia, gibt aber eine ganz realistische Darstellung der Verhältnisse in Asien. •
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querte die wichtigsten Weltgegenden . . . : Nirgends konnte ich als wahr finden, daß es solche Völker in der Welt gibt .. . « 7\ Solche Wege der Überprüfung standen für die asiatischen Verhältnisse aller dings nur Reisenden offen; die D a h e im g e b I i e ben e n waren auf andere, v a g e r e B e u r t e i l u n g s k r i t e r i e n für die Nachrichten angewiesen. Die Auswahl der Informationen erfolgte wohl nach bestem Wissen und Gewissen, aber die Quellenkritik war an vielen Punkten noch sehr wenig entwickelt. Gewiß schätzte man Zeugnisse von Reisenden hoch und versuchte, sie nach Möglichkeit zu benutzen. Ausdrücklich betont diesen Grundsatz zum Beispiel der Oculus fidei, ein allerdings seltenes und spätes Zeugnis : Er benutze Autoren, die ihre Gegen stände ex visu non ex auditu kennen würden 72 • Von wenigstens ebenso hoher Glaubwürdigkeit wie die Augenzeugenberichte sind aber nach wie vor die Schriften der traditionellen A u t o r i t ä t e n. Wenn es zu Widersprüchen zwischen Augenschein und Überlieferung kommt, so verläßt sich der Reisende, wie zitiert, auf seine Erfahrung. Schon um 1257 hat Wilhelm von Rubruk bei der Beschreibung des Kaspischen Meeres Isidor sogar diskreditiert: »Und es ist nicht wahr, was Isidor sagt, daß es eine Ausbuchtung des Ozeans sei« 73. Der Rezipient in der Studierstube steht vor größeren Schwierigkeiten. Zwar benutzen immer mehr Autoren - vor allem im 15. Jahrhundert - auch die Schriften der modemi74 oder verweisen sogar in Autorenkatalogen auf Marco Polo, Johannes von Plano Carpini, Mandeville oder Haython und andere zur weiteren Infonnation75• Und Domenico Silvestri bezeugt gegen Ende des 14. Jahrhunderts ein noch sehr junges Selbstbewußtsein, 71 Joh. v. Marignolli S. 545 (c. 6), 546 (c. 9). Es folgt eine natürliche Erklärung für die Leute mit einem großen Fuß. Pero Tafur fragte den Nicolo dei Conti, ob er in Indien cosas mostruosas en La forma humana gesehen habe (5. 106; Conti verneint). - Rubruk fragt nach den Monstern Isidors und Solinus', die aber keiner der Befragten kennt, was Wilhe1m auch sehr überrascht hätte (XXIX,46 S. 269; XIX,1 S. 21112; an neue Wundergeschichten glaubt er auch nicht: XXIX,47/9 S. 269/70); Odorich v. Pordenone gelangte ins Reich des Priesters Joh., von dem nicht der toOste Teil dessen, was man sich erzähle, wahr sei (XXXIl,1 S. 483). curiositas im Mittelalter: oben S. 13/4. 72 Wie N. 75. Vgl. S. 56 zur Aufsuchung von Augenzeugen. 73 XVIII,5 S. 211. 74 Zu diesem Komplex Näheres 5. 285ff. 75 Jean Adorno zitien Marco Polo wie selbstverständlich zwischen antiken Autoren (Itinerarium des Anse1m Adorno S. 28); Verweise: z. B. Giov. Villani V,29 t. I,120 und nach ihm Giov. Fiorentino S. 164/5. - Besonders ausführlich der sog. Oculus fidei, verfaßt ev. vom Karthäuser Henricus de �i!.o in Köln, Hs. um 1 470, Hist. Arch. Köln, GB fol. 132 (für den Hinweis auf diese Hs. habe ;�h' elflmal mehr F. Reichen zu danken). Fol. 63vb/64ra: sub imperio tartarorum et nubianorum prout hii sciunt qui solidas histonas desuper ex visu non ex auditu scriptas perlegerunt. haytonus, blondus [Flavio Biondo wohl als Augenzeuge für Nubier/Äthiopier, ed. NOGARA c. XXXII S. 19 ff.], nicoLaus de comitibus [dei Conti], marcus de venetiis, johannes de carpinis, benedictus polonus, odericus de aquiJeya [von Pordenone im Friaul], johannes mandavil . . . docebunt te desuper si dubitas .. . Bei der hochinteressanten, weil die Quellen intensiv verknüpfenden Zusammenstellung seiner ausführlichen Tartaren-Nachrichten (fol. 79v-84v) verwendet der Autor sicher Plano Carpini, Haython, Polo (z. B. fol. 80ralb oder unten S. 202, N. 14) und Odorich (eine charakteristische Geschichte fol. 82valb). Die Kölner Herkunft des Oculus macht eine direkte Benutzung Plano Carpinis und ..!\_e.!!.c;dilgs wahr scheinlich (B.'s Erzählung in Köln aufgezeichnet; möglich aber auch Benutzung von Vinzenz' -
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das allmählich persönliche Beobachtungen eigener Zeitgenossen in den Rang von Autoritäten erhebt: » . . . Isidor berichtet in De ymagine mundi . . . und wenn wir ihm glauben, warum sollten wir Marcus Venetus [Polo] nicht glauben ?« 76 Doch Silvestri fühlt sich offenbar genötigt, seine Vorgehensweise zu verteidi gen; Pierre d'Ailly übernimmt um 1420 zwar Passagen aus traditionellen und modernen Quellen, doch er weist nur die Alten namentlich nach. Die meisten dieser Autoren verzichten weder auf die Autorität noch auf neuere Erkenntnisse', widersprüchliche Aussagen stellen sie weitgehend unkommentiert nebeneinander und lassen die E n t s c h e i d u n g offen77• Nach welchen Kriterien hätten sie aber auch entscheiden sollen, wenn sich zwei gleich vertrauenswürdige Zeugen gegenüberstanden ? Bei der Bewertung der neu gewonnenen Informationen in den Reiseberichten konnte ihre Bestätigung durch einen weiteren Zeugen ins Gewicht fallen : »Einiges aber, was Marcus Polus erzählt, hätte ich in dieses Werk niemals eingefügt, wenn nicht der äußerst kluge Dionisius, genannt Johannes Nigrus, zusammen mit mir gehört hätte, wie der venezianische mi/es Fantinus, ein wackerer Mann, versicherte, daß [auch] er in Indien vieles davon gesehen habe.« 78 Nicht gefragt ist nach der Unabhängigkeit des anderen Zeugen, und das konnte zu Fehlurteilen führen, weil als besonders bekräftigt galt, was oft (ab)geschrieben wurde 79. Für die Entscheidungsfähigkeit der Zeitgenossen dürfen wir keine modernen Maßstäbe von Glaubwürdigkeit anlegen. Die Tatsache, daß ein Rezipient ver schiedene Dinge, die nach unserem Ermessen zum Teil wahr, zum Teil erfunden waren, vermischte, gestattet noch nicht anzunehmen, daß er das absichtlich, willkürlich getan habe, ihm also bewußte Verfälschung zu unterstellen 8 0. Wie sollte zum Beispiel ein mittelalterlicher Autor, der weder Einhörner noch Giraf fen je in natura gesehen hatte, erkennen, ob diese Wesen überhaupt oder welches Speculum, das Oculus fol.82vb nachträglich zitiert und das selbst S. 1286 den Namen des Benedikt
enthält). 76 De insulis . . . S.38. Silvestri ist selbst nicht ganz sicher und setzt sich im Prolog sehr vorsichtig mit dem Problem der Autoritäten auseinander, S. 30/1, er zitiert aber Haython (Anonius) und Odorich. 77 Vgl. S. 304; z.B. Pierre d'Ailly. - Einander widersprechende Quellenzeugnisse, auch aus der gleichen Epoche, aneinanderzureihen, manchmal mit unterschiedlicher Gewichtung, aber meist ohne diese zu begründen, war eine übliche Methode mittelalterlicher Kompilation: Jean LeLong fand vom Tod des Khalifen v. Bagdad 1258 drei Versionen und führt sie nacheinander auf, die erste in bevorzugender Ausführlichkeit, um dann zu schließen: »Doch wie immer es sei, der Khalif nahm ein schlimmes Ende« (Sp.736). Zum gleichen Ereignis, aber mit anderer Priorität Francesco Pipino OP ehr. l. XXVIII,41 Sp.710: Er verweist hier sogar seinen Hauptgewährsmann Marco Polo unter die alii. Die bevorzugte Version ist sensationeller und stammt auch von einem Reisenden und noch dazu Ordensbruder des Pipino, Ricold v. Montecroce. Ihre Quellen nannten die Autoren in beiden Fällen nicht. 78 Domenico Silvestri S. 3l. 79 Zum Problem der Rezeption auch in Reiseberichten und der Verkennung ihrer verfälschenden Einflüsse unten S. 61. 80 MOLLAT, Explorateurs, 124: Mandeville "a v o l o n t a i r e m e n t mele le vrai et l'imaginaire« (Hervorh. F. S.). Grundsätzlich zur mittelalterlichen Wahrnehmung von »wirklich« und "imaginär« oben S. 17.
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von ihnen wahrscheinlicher existierte. Die verschiedenen Leser oder Hörer waren ja nicht nur aus der Dichtung, sondern - wie beispielsweise Marignolli bekennt 81 auch aus den Kirchenvätern exotische Wesen gewöhnt; möglicherweise erwar tete das publikum die bekannten monstra der Tradition, und gerade ihr Fehlen nahm einer Reiseerzählung etwas von ihrer Glaubhaftigkeit 82• Neben Abwägun gen wie bei Marignolli standen im 14. Jahrhundert eben auch an Exotismen 'reiche »Reiseberichte« wie der Mandevilles, dessen Echtheit einschließlich der Wunder geschichten die Zeitgenossen nicht anzweifelten. Solange wir keinen vom moder nen Wahrheitskriterium unabhängigen Anlaß zum Zweifel haben, müssen wir deshalb bei rezipierenden mittelalterlichen Darstellungen des Orients, auch zum Beispiel bei Mandeville selbst, grundsätzlich den guten Glauben an die Qualität ihrer Quellen und den Willen zur wahrhaftigen Darstellung voraussetzen. _
Besonderheiten der zeitgenössischen Q u e l l e n b e n u t z u n g nahmen den vorhan denen Kriterien zusätzlich einiges von ihrer Wirksamkeit. Wie bei den Alten blieb auch bei den moderni ihre Zeitabhängigkeit weitgehend unberücksichtigt. Das führte bei der Benutzung von Reiseschilderungen des 13. und frühen 14. Jahrhun derts im 15. Jahrhundert zu A n a c h r o n i s m e n, weil Beobachtungen, die einer bestimmten historischen Situation angehörten, ganz ahistorisch behandelt wur den. So richtete sich Columbus bei seiner Reise zum Großkhan von Cathay nach den Werken Marco Polos und anderer spätmittelalterlicher Autoren, deren Informationen über diesen Herrscher längst von der Geschichte überholt waren. Domenico Bandinis Großkhan ist kurz vor 1400 nur einmal ausdrücklich »der Großkhan, der im Jahre 1289 regierte, zu der Zeit, als Marco Polo schrieb . « 83 .
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81 Zit. oben S. 57/8. 82 So vellJlutet Rudolf WIlTKOWER (Marco Polo und die Bildtradition des »Wunder des Ostens« (1957), wieder in: DERS., Allegorie, wie S. 18, N. 40, 151-179, hier 152/3), man habe Marco Polo nicht geglaubt, weil sein Bericht z u wenige Mirabilia enthalten habe; der Illustrator des Milione im berühmten Livre des Merveilles hätte dann das Fehlen der Fabelwesen mit seinen Bildern korrigiert. Zu den Wundern bei Polo P.-Y. BADEL, Lire la merveille selon Marco Polo, in: Rev. des sciences humaines 183 (1981) 7-16. - Bei allem Streben nach Augenzeugenscl;laftwurde nicht jeder Reisebe riclluezipiert, wobe.i jeweils unsicher bleibt, ob m!t A�.sicht_oder durch ungüllJtige_ Umst�E-de. So ist fast kein�reziQ�E�E.�e Benutzung des Itinerarium Wilhe/ms v:-Rubruk (1257) erkel1iib�r, obwohl es _ V()n lloher Q.'l:aJit�t. ist, in einer Zeit verfäßt wurde, inder man an den Tartaren sehr interessiert war -:-Wid imll!e!.� fünf H�iidschr;ft�� aus dem 13. bis 15.Jh. (z-weimal zusammen mit Plano Carpini: _ .. _SINICA S.15SY:h.ji- he!!!e_e.rll�en blieben: Eine direkte Benutzung ist aber nur durch seinen fast gleichzeitig schreibenden und ebenso wenig rezipierten Ordensbruder Roger Bacon zu beobachten. Der Text, ein Brief an Ludwig den Heiligen, stand neben Hofkreisen auch dem Franziskanerorden (Bacon; mittelbares Zeugnis unten S. 147) zur Verfügung. Vielleicht war Vinzenz reich genug an Infoiluationen und/oder wurde schnell zu sehr Autorität, als daß ein Bericht, der von den reinen �akten her wenig mehr zu bieten hatte, ihn hätte verdrängen oder ergänzen können: dazu die Uberlegungen unten S. 200, N.9. Es ist wohl kaum nur Zufall, daß von Rubruk einige Handschriften erhalten blieben, während der Reisebericht des Simon v. St-Quentin in direkter Überlieferung verloren ist, aber dennoch durch Rezeption weit verbreitet wurde. - Zu Rubruks Werk neuerdings M. F. AUZEPY, Guillaume de Rubrouck chez les Mongois, in: L'Histoire 100 (Mai 1987) 114-124. 83 Fons memorabilium universi, Vat. Ms. Urb. lat. 300, fol. 69va: Magnus Caham qui regnabat anno
domini 1289 quo tempore scripsit Marcus Polus venetus . . .
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Die Gestalt an sich beschreibt der Autor stets im Präsens. Selbst Geschichts schreiber historisieren die Geschehnisse und Bedingungen in weit entfernten Ländern nur manchmal, wie Jacopo Foresti da Bergamo, der gern Fäden von den historischen Ereignissen zu den Verhältnissen seiner eigenen Zeit zieht 84 Daneben gilt die Übernahme von ursprünglich originalen Nachrichten aus zweiter Hand nicht als problematisch. Auch Reisende selbst rezipieren und übernehmen fremde, frühere Darstellungen in ihre Schilderung. Dabei werden dann Gegenden beschrieben, die der Reisende selbst nicht besucht hat, oder aber Zusätze zum eigenen Erleben gegeben, so daß Mischungen aus Augenzeugen schaft und Rezeption entstehen 85. Die Absicht dabei ist normalerweise nicht die Verfälschung, der Betrug oder das Plagiat, sondern der Wunsch, vollständiger zu informieren, oder die Überzeugung, in fremden Worten treffender sprechen zu können: Übernahmen allein sind darum auch noch kein Beweis für grundsätzlich fehlende Augenzeugenschaft. •
Das Problem der Rezeption in Reiseberichten sei kurz am prägnanten Beispiel der Jerusalem-Pilgerberichte dargestellt. In unserem Betrachtungszeitraum nimmt der Strom der Pilger ins Heilige Land trotz des Verlustes der christlichen Herrschaft beständig zu ; es wird Mode, einen Bericht zu hinterlassen 86 . Dabei steht die persönliche Erzählung neben dem stereotypen Bericht : Viele Autoren kennen wohl schon vor der eigenen Reise die Texte anderer, übernehmen teils typische Züge, teils auch deren Wortlaut in die eigene Erzählung, denn sie wollen alles »richtig« beschreiben, auch wenn sie die Orte aus eigenem Ansehen schildern könnten. Die Pilger besuchen das Heilige Land, häufig auch noch das Katharinenkloster auf dem Sinai oder sogar Kairo und Alexandria. Kontakte mit den Mongolen sind dabei nur in Einzelfällen zustande gekommen, doch viele Berichte enthalten dennoch Bemerkungen über die Tartaren oder die Gegenden, die von ihnen bewohnt sind 87. Dadurch spiegelt das Genus des Pilgerberichts fast die ganze
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84 Supplementum I. XIII fol. 272v: Aufzählung der Länder, die die Tartaren nach 1203 eroberten: et hi nunc Usonem cassanum habent principem (was 1485 auch schon wieder, aber noch nicht lange, überholt war: unten S. 196/7). Zum Problem der I:!i.w.ill.iernllg. unten S. 255. 85 Nicht teilen kann ich die Einschätzungen von Mo RITZ, Untersuchungen, wie N. 14, 141/3: im späten Mittelalter habe eine Wendung zur subjektiven Berichterstattung stattgefunden, die erstens eine klare Abtrennung von Reisebericht und -roman und Fachprosa erlaube und zweitens (neu) erlebte Wirklichkeit beschreibe. 86 Auch die aufgeführten Motive für die Berichterstattung wiederholen sich, werden topisch: RICHARD, Recits; DERS., Relations de pelerinage; ZRENNER, Berichte. - Ich habe nicht alle, auch nicht alle gedruckten Pilgerberichte untersucht oder auch nur zur Kenntnis genommen: ihre Zahl wird, vor allem in späteren Jahren, fast unellneßlich. 87 Zu allen Zeiten konnten die Pilger in Ägypten Tartaren sehen, Sklaven, Soldaten und Kaufleute: Fr. Frederico (1409/11), nach NEUMANN, in: RÖHRICHT/ AMIRAN, Bibliotheca, 677; Felix Faber (1480, 1483/4) III S. 100 u. 40 (Sklaven); Frescobaldi (1384/5) S. 57, 79 (Soldaten). Kaufleute mit eigenem fondaco : Faber 111 S. 152, 164ff. (als Sklavenmarkt); Anse1m Adorno (1470/1) S. 166; Josse van Ghistele (143115) S. 176/7 (frz. S. I13); Ghillebert de Lannoy (ab 1414) S.118. Bis etwa 1320 und um
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Bandbreite der Möglichkeiten, in Reiseberichten über die Tartaren zu berichten : Die Pilger können Augenzeugen im reinen Sinne des Wortes sein, oder sie sind Ohrenzeugen; sie möchten Informationen über andere, nicht selbst besuchte orientalische Gebiete anfügen oder aber einfach Passagen aus älteren Berichten übernehmen, weil diese oft - wie die Struktur der Berichte selbst - bereits zum Topos geworden sind. So trifft der deutsche Dominikaner Burchard von Monte Sion 1283 quidam Tartari am Hof des kleinarmenischen Königs und hört, daß ein biblisches Schlachtfeld jüngst Schauplatz einer Schlacht zwischen Tartaren und Mamluken gewesen sei; Nicola de Martoni spürt 1394/95 in Kairo immerhin noch die Unsicherheit während der Abwehr gegen Tamburlanum regem et dominum Tartarorum 88• Ludolf von Suchern aber will über solche selbsterlebten Ereignisse hinaus auch das Tartarenland beschreiben, und sogleich zeigt sich eine Haupt gefahr bei der Übernahme von Informationen : » N i c h t w e i t (!) von Thauris [Tabris] liegt eine andere Stadt mit Namen Cambeleth [Khan Baliq], die ebenfalls dem Kaiser der Tartaren gehört, und man sagt, diese Stadt sei reicher und besser als das ganze Reich des Sultans« 89. Ludolf wählte beste Quellen aus und blickte weit über das Heilige Land hinaus nach Bagdad und Tabris bis zum fernen Peking, doch die rechte Vorstellung für die Entfernungen in Asien fehlt; man gelndes Erleben erzeugt Mißverstehen 90. Mißverständnisse, Interpretationen und Rezeption können aber auch dann in einen Augenzeugenbericht, der aus eigenem Erleben über bestimmte Gegenden 1400 sind die Tartaren in Persien auch für das Heilige Land ein politischer Faktor, man konnte ihnen begegnen oder von ihnen hören: Wilhe1m v. Boldensele S. 219; Odorich VII,2 S. 422 (Zerstörungen). 88 Burchard S. 90/1 u.51. Aus eigenem Wissen oder wohl eher nach Erzählung am Ort erinnert B. auch an die Schlacht von 'Ain Galut, die etwas über 20 Jahre zurücklag. Sein Bericht gehört zu den meist gelesenen und benutzten Pilgerberichten überhaupt; diese Tartaren-Erinnerung z. B. übernahm 1421 John Poloner S.27; vgl. A. G RAB OIS, Christian Pilgrims in the 13th Century and the Latin Kingdom of Jerusalem: Burchard of Mount Sion, in: Outremer, 285-296. - Nicola: S. 602. 89 Non remote . . . S.58 (Hervorh. F.S.). Unten S. 311. Quellen: z. B. Haython III,16/7 S. 296/9 für S. 56/8, Wilhelm v. Boldensele S.202 für S. 8, im Zusammenhang einer Beschreibung von Wegen ins Heilige Land, S. 3 H., die weite Räume im Blick hat. 90 Zum Problem REICHERT, Begegnungen, 165, 191/2. Zu den Vorstellungen von der Weite unten S.310/1. Auch Erweiterungen des üblichen, im 15.Jh. bereits topisch gewordenen Christenkatalogs (der leicht variierend die schismatischen orientalischen Christen, meist im Zusammenhang der Beschreibung Jerusalems, aufzählt) zeigen nur verschwommene Vorstellungen von der Ausdehnung Asiens: die Nestorianer »bewohnen Tartariam und maiorem Indiam .. Ihr Land umfaßt so viel wie Almania et Ytalia.« (Notes latines ... , frg., nach 1429, S. 242). Der Siedlungsbereich ähnlich beim anonymen Franziskaner von Rennes (1486) S.366 (jude le Majour dürfte verschrieben oder verlesen für lnde le Majour sein). »Niederrh. Orientber.« S. 14. Zu den Katalogen Anna Dorothee V. D. BRINK KEN, Die »Nationes Christianorum Orientalium« im Verständnis der lateinischen Historiographie von der Mitte des 12. bis in die 2.Hälfte des 14. Jahrhunderts, Köln/Wien 1973. Oft werden Cathay und Khan Baliq noch im späten 14. und im 15.Jh., als sie längst nicht mehr zugänglich waren oder wenigstens verändert gewesen sein müssen, vermutlich nach älteren Kenntnissen beschrieben (z. B. Bargadin v. Metz, wie N. 54, oder Nicolö dei Conti, wie N. 34). Nocb heute, so klagt der Florentiner Filarete um 1465, schreiben manche Autoren von Kattai wunderbare Dinge nach Hörensagen oder aus Büchern von Leuten, die angeblich dort gewesen sind: cd. .OEIIINGEN S. 277. .
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erzählt, eingeflossen sein, wenn der Reisende seinen Bericht einem anderen diktierte. Zum einen besteht die grundsätzliche Gefahr, daß der » Ghostwriter« unbewußt sein eigenes Verstehen in die Formulierungen einbringt, sie sogar stark prägt, wie möglicherweise der Dichter Rustichello von Pisa, der Marco Polos Milione schrieb 91. Es gibt aber auch bewußte, eigene Erklärungen und Meinungen des Schreibers, die nur selten so gut gekennzeichnet werden wie im Falle der Aufzeichnungen der Relatio Benedikts von Polen. Der wohl belesene hysto riarum non ignaro Kölner Kleriker schildert die Erlebnisse des Reisenden stets in der dritten Person und schaltet bei all den klassischen Deutungen vor allem im Bereich der Geographie ein ut credimus ein 92. Einen Sonderfall der Rezeption in Reiseerzählungen bilden schließlich die schon erwähnten fiktiven Berichte, die sich als echt gaben und auch dafür gehalten wurden. Während die Zeitgenossen zum Beispiel problemlos eine allegorische Weltreise, geleitet von der »Königin Wahrheit« oder von Solinus, als fiktiv erkennen konnten, hielten sie Berichte wie die Travels des Sir John Mandeville, die heute als fiktiv erkannt sind, durchaus für die Wiedergaben tatsächlicher Reisen. Bei manchen dieser Berichte handelt es sich denn auch um glänzende Fälschungen : Der »Mandeville« galt bis ins 19. Jahrhundert als echt, bei manchen Berichten streitet die Forschung noch heute 93. Wenn tatsächlich einmal der Verdacht aufkommt, der Autor eines Reiseberichtes habe von einem anderen abgeschrieben, so konnte die unausgebildete quellenkritische Methode zu Fehl schlüssen führen : dann galt zum Beispiel Mandeville, der tatsächlich für seine Darstellung Ostasiens weitestgehend die Relatio des Odorich von Pordenone verwertete, nicht nur als wirklicher Reisender, sondern auch mindestens einmal sogar seinerseits als Vorlage Odorichs 94. Selbst die bewußte Entscheidung für die B enutzung von Augenzeugenberich ten kann so den mittelalterlichen Bearbeiter objektiv in die Irre führen. Relativ gefahrlos ist nur die wortgetreue Kopie längerer Passagen ; schon kurze Texte in veränderten Zusammenhängen oder kleine Umformulierungen können Verzer rungen des ursprünglichen Sinn gehaltes hervorbringen. Die Zeitgenossen aber, an Kompilationen und Florilegiensammlungen gewöhnt, betrachten Kopie und eigentliche Augenzeugenschaft als gleichwertig, übernehmen beliebig Informatio nen und Texte aus Schriften, deren Autoren sie ihrerseits bereits abgeschrieben -
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91 Relativ geringe Wirkung erschließt C.T. GOSSEN, Marco Polo und Rustichello da Pisa, in: Philologica Romaniaca. E. Lommatzsch gewid., hg. v. M.BAMBECK/H. H. CHRISTMANN, München 1975, 133-143. Kritisch zu allen Argumenten REICHERT, Begegnungen, S.143 ff. 92 Ann. S. Pantal. S.542, unten S. 287/8. Ausdrücklich auch der ungarische Bf. (unten S.207). Odorich v. Pordenone schrieb nicht selbst; zu Nicolo dei Conti und Pietro Rombulo S. 50. 93 Z. B. beim Libro dei Conosc. (Mi. 14. jh.); auch die Mirabilia jordans v. Severac habe ich schon als fiktiv bezeichnet gefunden (FERNANDEz-ARMEsTo, Before Columbus, wie S.IO, N.9, 241). 94 Bemerkung in Odorich-Handschriften, nach A.BOVENSCHEN, Untersuchungen über johann von Mandeville und die Quellen seiner Reisebeschreibung, in: Zs. Ges. Erdk. Berlin 23 (1888) 177-306, hier 207. Solche Abhängigkeiten voneinander zog man nur höchst selten in Erwägung; der oben N.75 zitierte Oculus nennt beide nebeneinander als Reisende. •
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haben, in dritte Werke und bilden so ganze Rezeptionsketten. Erst allmählich beginnt man, die Gefahren solchen Handelns für die korrekte Wiedergabe von Tatsachen zu erkennen. Deshalb hätte man Mandeville nicht unbedingt weniger geglaubt, wenn man gewußt hätte, daß er seinen Bericht »nur« kompiliert hatte; das scheint die Beliebtheit zum Beispiel der Tartarenkapitel im Speculum histo riale des Vinzenz von Beauvais (1248/53) bei späteren Autoren zu zeigen. Denn Vinzenz zitiert bei vielen seiner Informationen ausdrücklich den Reisebericht etwa Simons von St-Quentin oder Johannes' von Plano Carpini 95 -, aus dem er sie übernommen hat, gibt sich also deutlich als Rezipient zu erkennen. Derartige Angabe von Quellen wird immer üblicher % und erleichtert auch der modernen Quellenkritik die Unterscheidung zwischen Übernahme und Augen zeugenschaft, die ganz ohne Zitat oft nur möglich ist, w�il die Vorlage bekannt, die Augenzeugenschaft aus dem Bericht evident oder nach den Umständen unglaubhaft ist. Denn wenn sogar längere Textstücke ohne Hinweis einfach übernommen werden, so ist die tatsächlich benutzte Quelle - wegen der geschil derten Rezeptionsketten, von denen auch Glieder verlorengegangen sein können, wegen der gleichzeitigen Benutzung mehrerer, möglicherweise ihrerseits vonein ander abhängiger Quellen, schließlich wegen der möglichen Zusammenarbeit mancher Autoren 97 nicht immer sicher feststellbar. Oftmals erweist sich eine allzu konkrete Suche nach den Quellen einer bestimmten Passage in der »verwer tenden« Literatur als wenig sinnvoll: manche Informationen, sogar wörtlich übereinstimmende, sind so allgemein, daß eine bestimmte Quelle kaum zuweis bar ist; das gleiche Problem gilt für übersetzte Stellen. Sogar ein gewisser Stand an »Allgemeinbildung«, die keiner eigenen Quelle mehr bedurfte, ist anzunehmen ; wir haben - wie gezeigt - mit verlorenen und mündlichen Quellen und endlich auch mit Interpretationen und Mißverständnissen zu rechnen 98. Alle genannten -
95 Joh.'s Ystoria wird direkt benutzt, aber häufiger über die ausführlichen Exzerpte des Vinzenz. 96 Vinzenz zitiert Plano Carpini und Simon sehr ausführlich; exakt sind die Chronisten Detmar, Helmann Korner, Heinrich v. Herford, Domenico Bandini u. a., besonders vorbildlich Dietrich Engelhus und Antonius v. Florenz, die sogar die jeweiligen Bücher des Speculum angeben. Gerade Autorenkataloge können auch absichtlich übertreiben, doch meist lassen sich die aufgezählten Autoren textlich fassen. - Autorennennungen bergen aber auch Probleme: So nennt Antonius v. Florenz zwar den Plano Carpini als Autor, wenn er die Stelle, an der Vinzenz ihn nennt, abschreibt (ehr. fol. 42rb), hat die Ystoria selbst aber wohl nicht benutzt. Zitierte Antonius nicht auch Vinzenz ausdrücklich, entstünde der Anschein direkter Benutzung. Die häufige Schreibweise Anthonius statt (h)aythonius (z. B. im Autograph der Documenti d'amore des Francesco Barberino, Vat. Ms.Barb. 4076) könnte ein schlichter Abschreiberfehler sein, oder die Frucht von Zweitbenutzung. 97 Bei Marino Sanudo und Paulinus Minorita sicher zu Recht angenommen, deren Gemeinsamkeiten nicht durch einseitige Benutzung des einen durch den anderen, sondern nur durch Wechselseitigkeit zu erklären sind: v. D. BRINCKEN, Nationes, wie N.90, 454-459. 98 Ein Beispiel für Informationen, deren Urheber wir kennen, von denen wir aber nicht wissen, wie sie in die Überlieferung gelangten, hat kürzlich F. REICHERT anhand der Reiseerzählungen des Odorich v. Pordenone ausgeführt: Eine unbekannte Version der Asienreise Odorichs von Pordcnone, in: DA 43 (1987) 531-573. - Zur Entwicklung von Klischees im Tartarenbild unten S. 245/6. Allgemeinbildung: man wandte z. B. viel Mühe auf, um di!' Quellen für die tartarischen Namen in
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Einschränkungen beeinträchtigen jegliche Aussage über die Intensität der Rezep tion, die einem bestimmten Autor zuteil wurde. All diese Schwierigkeiten kann der moderne Historiker berücksichtigen, aber dem Zeitgenossen des späten Mittelalters sind sie weitgehend unbekannt. Die mittelalterliche Quellenkritik bleibt vielfach in den Ansätzen stecken und beein trächtigt damit Bild und Urteil von den Mongolen. Auch eine spürbare Ahnung der Problematik blieb letztlich rudimentär: »Ich weiß nicht recht, wie ich es nennen soll : daß jener Venezianer . . . eine zusammenhängende Geschichte der Reiche und Könige der Welt zu schreiben versuchte, oder eher, daß er ein Annalen-Labyrinth und über die Verwirrung des Fakten hinaus oft Falsches statt Wahrem schrieb und zudem einiges möglicherweise Wahres ich weiß nicht welchen Autoren entnahm. Wenn es mir gelingt, aus seinem Werk etwas, was anderswo nicht zu finden ist, zu ziehen, so werde ich den Venezianer hinzuneh men, und ich will das kenntlich machen, sooft ich es tue«, so lautet das Urteil Boccaccios über den Quellenwert der Chronologia des Paulinus Minorita. Er fällt es im sog. Zibaldone Magliabechiano, den er als Materialsammlung historiogra phischer Fakten zur Verwendung in späteren Werken zusammenstellte - eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen wir so genau die Arbeitsweise eines Autors beobachten können 99. Der Vollständigkeit der Informationen halber exzerpiert offenbar Boccaccio trotz aller Vorbehalte den Paulinus ausführlich - und ver säumt bei einer tatsächlichen späteren Verwendung des Materials aus dem Zibal done die angekündigte gen aue Quellenangabe, die dem Leser doch wohl ein 100. eigenes Urteil hätte erlauben sollen Doch selbst w�nn Boccaccio zitiert hätte, wäre das kein Beleg für ein allgemein übliches Vorgehen gewesen. Hier mußten wie oft Einzelbeispiele dazu Chaucers Squire's Tale aufzufinden : unten S. 245 mit N. 266. - Interpretation ist möglicherweise Dantes Aussage über die unsterbliche Seele bei den Mongolen (Convivio 11,8 S. 94; unten S. 217); Mißverständnisse: Chaucer macht wohl aus dem Stadtnamen Cambalech den Personennamen Cam balo (Squire's Tale v. 31 S. 169); vielleicht fand er in einer seiner Quellen einen Satz wie Rex Cambalech hoc est Magnus cannis: so Genues. Weltkarte von 1457, S. 37, die selbst als Quelle zu spät ist; der Kartograph wußte es noch richtig (S. 53), verzichtete aber auf eine Genetiv-Form beim fremden Namen; auch unten S. 295, N. 500. Verwandt (und ebenfalls sehr aussagekräftig für den Kenntnisstand) sind Verwechslungen, die den Rezipienten unterlaufen: So verlegt ein franziskanischer Chronist das Martyrium von Tana in Indien in das bekanntere Tana am Don; so schildert Enea Silvio den bekehrten Litauerfürsten Wladislaus als Tartaren; unten S. 191, N. 62l. 99 Mi. 14.Jh., Ms. BN Florenz Banco Rari 50, ZM (urspr. Cod. Magliabecchiano 11, 11, 327). Inhalt: A. M. COSTANTINI, Studi sullo Zibaldone Magliabecchiano, in: Studi sul Boccaccio 7 (1973) 21-58, dort 53 das Zitat (fol. 171v); dazu Manlio PASTORE STOCCHI, Tradizione medievale e gusto umanistico nel »De montibus«, Padua 1963, 55. Sebastiano CIAMPI, Monumenti di un manoscritto autografo e lettere inedite di messer Giovanni Boccaccio, Mailand 2. Auf!. 1830; G. VANDELLI, Lo zibaldone magliabecchiano e veramente autografo del Boccaccio, in : Studi di filologia italiana 1 (1927) 69-86; A. T. HANKEY, Riccobaldo of Ferrara, Boccaccio and Domenico di Bandino, in: J.of the Warb.and Court. lnst. 21 (1958) 208-26. 100 De casibus virorum illustrium (zw. 1355 und 1360, neue Redaktion vor 1374) S. 833, 843 jeweils N.; Untersuchungen der möglichen Benutzung F. MACR1-LEONE, II Zibaldone boccaccesco della Magliabecchiana, in : Gior. stor.della letteratura ital. 10 (1887) 1-41, hier 34.
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dienen, Grundsätzliches andeutungsweise zu erkennen, immer in dem Bewußt sein, daß es sich um individuelle Aussagen mit ihrer ganzen Problematik handelt. Deshalb soll nun noch ein kurzer Blick auf die Einflüsse geworfen werden, die Persönlichkeit, Herkunft und ähnliches des Autors sowie seine Absicht bei der Niederschrift auf die Inhalte haben konnten.
4. Individuelle Einflüsse auf Qualität, Umfang und Art der Darstellung der Mongolen
Die Zeitabhängigkeit jedes Autors ist - für uns heute - selbstverständlich : Ein Reisender konnte um 1300 wesentlich leichter nach Ostasien gelangen als um 1400, ein Chronist um 1400 grundsätzlich mehr Quellen benutzen als um 1300. Ebenso nahm die Persönlichkeit des jeweiligen Autors in hohem Maße Einfluß auf seine Darstellung. Viele Fragen wurden nur gestellt und beantwortet, weil ein Reisender besonders neugierig und wissensdurstig war; mancher Brief, manche Information über die Mongolen kam nur durch das besondere Interesse eines Chronisten in weiteren Umlauf; ohne eifrige und aufmerksame Sammler wie Matthäus Parisiensis hätten schon die meisten Zeitgenossen wesentlich weniger über die Tartaren erfahren - ganz zu schweigen von der Nachwelt. Die geographische Herkunft eines Reisenden blieb im Verhältnis zur sozialen 1 1 (und mentalen) Gruppe, der er angehörte, unbedeutend 0 , konnte aber für die Rezeption von hohem Gewicht sein. Zwar ermittelte Bezzola für die Zeit des Mongolensturmes, daß die Entfernung vom Geschehen offenbar die Qualität und Intensität des Berichtes n i c h t beeinflußte 1 02, aber es war doch von Wichtigkeit, daß Matthäus Parisiensis bei allem Einfluß seiner spezifischen Persönlichkeit im auch räumlich gesehen königsnahen Kloster St. Albans lebte, die Erfurter Chroni sten an einem Wegekreuz und Guillaurne de Nangis im Königsland der Ile-de France. Entsprechendes gilt für bestimmte räumliche Vorteile zum Beispiel Venedigs und Genuas, aber auch anderer italienischer Städte, ebenso Roms und später Avignons. So lassen sich gewisse Rezeptionsräume beobachten, Gegenden, in denen aus irgendwelchen Gründen kontinuierlich Interesse an den Mongolen bestand. Einen Spezialfall mit großen Auswirkungen bildet eine Herkunft aus Ost europa. Schon einleitend wurde begründet, weshalb zum Beispiel das russische Mongolenbild in dieser Untersuchung unberücksichtigt bleibt. Das Bild, das in Ungarn, Preußen, Litauen, Polen und auch in den weiter westlich gelegenen Gebieten wie Böhmen oder Österreich geprägt wurde, kann nicht ausgelassen 101 Abgesehen von Randerscheinungen wie Haython oder Wilhe1m v. Tripolis, die im Vorderen Orient zu Hause waren. Vgl. aber grundsätzlich ESCH, Anschauung. 102 BEZZOLA 91.
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werden, denn es entstand im Bereich des christlichen Abendlandes und nahm durch den geistigen Austausch in diesem Bereich Einfluß auf das Bild auch Westeuropas. Wichtige Zeugnisse dafür werden in dieser Arbeit immer wieder begegnen. Dennoch ist hier festzuhalten, daß sich das Mongolenbild des abendländischen Osteuropa grundsätzlich von dem des restlichen Europa unter schied, ohne daß eine scharfe Grenze zwischen den Gegenden zu ziehen wäre. Die Länder Osteuropas waren während des gesamten Zeitraumes der Betrachtung beständigen Raubzügen und Mordüberfällen der Mongolen ausgesetzt; sie konn ten nur ein vorrangig feindliches Bild entwickeln. Andererseits aber blieben sie durch ihre Lage auch ununterbrochen an den Mongolen interessiert, als diese im Abendland insgesamt schon weitgehend in den Hintergrund getreten waren; und da man nicht zweihundert Jahre in ständiger Angst leben kann, mußten sie auch einen bestimmten modus vivendi entwickeln, der sich dann wieder auf die 103. Überlegungen Westeuropas auswirken konnte Sieht man einmal von Osteuropa - und auch von den Franken des Heiligen Landes, die ebenfalls einen Sonderfall darstellen 104 - ab, war wirksamer als die geographische Herkunft die soziale Gruppenzugehörigkeit JOs. Sie nahm Einfluß auch auf die Reisenden, denn man machte als Missionar, Kaufmann oder preußenreisender Ritter ja ganz unterschiedliche Erfahrungen mit den Mongolen. Zudem regelte die soziale Herkunft neben ihrem prinzipiellen Einfluß auf die Biographie nach wie vor weitgehend die M ö g l i c h k e i t e n des einzelnen, eine bestimmte Bildung zu erlangen. Mönche lernten üblicherweise andere Dinge als Kaufleute oder gar Ritter - auf den Einfluß zum Beispiel der s_cholastischen Meth.de auf die Wahrnehmung, Erforschung und Darstellungen der Mongolen wurde oben schon hingewiesen. Das heißt aber nicht, daß die Zugehörigkeit zu einem Orden eine bestimmte Bildung bereits garantierte, es konnte innerhalb des gleichen Ordens gravierende Unterschiede geben. So überrascht es nicht, daß ein scholastisch ausgebildeter Theologe wie der Franziskaner Wilhelm von Rubruk, der mit dem Sentenzenkommentar des Petrus Lombardus im Gepäcknach Asien reiste 1 06, anders - das soll nicht heißen in jedem Fall besser! - beobachtete, beschrieb und interpretierte als der schlichte Mönch Odorich von Pordenone, auch er Franziskaner. Sicherlich könnte man die angesprochenen Unterschiede mit Hilfe einer temporären Gruppe wie der der Pilger - das heißt einer Gemein schaft, die nicht sozial, sondern durch einen zeitlich begrenzten Zweck konstitu iert ist - verdeutlichen, indem man beispielsweise individuelle Berichte von /._._- ---
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103 Vgl. S. 188 ff. - Andere Voraussetzungen für das Zusammentreffen mit Fremden bringen auch die Bewohner der Iberischen Halbinsel oder gar der Insel Mallorca mit (unten S. 3 11/2). 104 Vgl. S. 73ff. 105 Zu gruppenbedingten Wahrnehmungsunterschieden innerhalb der abendländischen Kultur Wil liam J. BRANDT, The Shape of Medieval History . Studies in Mode of Perception, NHaven/London 1966. 106 XVI,3 S. 204.
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Pilgern verschiedenster sozialer Herkunft kollationiert, wie das Arnold Esch für vier ganz verschiedene Reisegenossen des Jahres 1480 vorgeführt hat 107. Nicht nur bei Pilgern, auch bei anderen Rezipienten ist die Gruppenzugehö rigkeit bedeutsam ; die Zugehörigkeit zu einem der Missionsorden verschaffte auch einem Chronisten von vornherein bessere Möglichkeiten, an bestimmte Informationen zu gelangen. Noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts . scheinen die Zisterzienser durch ihre intensive Präsenz im Osten Europas und ein dichtes Informationsnetz - wohl begünstigt durch die hervorragende Organisa tionsstruktur des Ordens - wichtige Informationsträger über die Tartaren gewe 1 sen zu sein 08 . Bald darauf wurden sie dann von den Dominikanern und Franzis kanern abgelöst. Vinzenz von Beauvais benutzte im Unterschied zu seinen Zeitgenossen für seine Tartarendarstellung nicht nur den verbreiteten Bericht des Franziskaners Johannes von Plano Carpini, sondern auch den seines Ordensbru ders Simon von St-Quentin, der nur dank der Rezeption durch Vinzenz über die Kreise des Ordens hinausdrang. Andere Reisenachrichten blieben innerhalb dieses Bereiches; Missionare wandten sich mit ihren Sorgen und auch Freuden botschaften vielfach an ihre Brüder. So konnte der Franziskaner Johannes Elemo sina in seine Chronik nicht nur einige sonst nicht erhaltene Briefe einfügen, sondern auch zahlreiche besondere Informationen über das Alltagsleben im asiatischen Missionsgebiet sammeln. Der Informationsvorsprung in den Mis sionsorden äußert sich in außergewöhnlicher Weise in den Schriften des Johannes von Rupescissa. Seine bemerkenswerten Prophetien weisen eine umfangreiche Kenntnis der Verhältnisse der Mongolenreiche im ersten Viertel des 14. Jahrhun derts aufl09• Ganz kurz sei schließlich an einem Beispiel erläutert, wie sehr unter Umständen die persönliche Biographie eines Reisenden sein Mongolenbild beeinflussen konnte. Der Dominikaner Ricold von Montecroce reiste gegen Ende des 13. Jahrhunderts als Missionar zu den Muslimen des Vorderen Orients, gelangte auch nach Persien und trat in Kontakt mit den Tartaren. Seine Missionstheorie prägten, wie noch zu sehen sein wird, interessante Erfahrungen und ein hohes Maß an Reflexion. Die Tartaren erscheinen ihm besonders fremd, grausam und unange nehm ; zu einer Zeit, da gerade die persischen Mongolen vielen Abendländern in durchaus vorteilhaftem Licht erscheinen, bringt er sie sogar wieder mit Gog und Magog in Zusammenhang llo• Die Tartaren gleichen in manchem »den höllischen Tartaren, das heißt den Dämonen, die sich eine Krone aus den Seelen der Sünder 107 A. ESCH, Gemeinsames Erlebnis - Individueller Bericht. Vier Parallelberichte aus einer Reise gruppe von Jerusalempilgern 1480, in: ZHF 11 (1984) 385-41 6. 108 Vgl. S.25, N. 70. 109 Vgl. S. 277ff. Ein Beispiel einer solchen ordensinternen Nachrichtenvermittlung gibt er selbst : S.49. - Joh. v. Winterthur erwartet prinzipiell, Nachrichten über die Ergebnisse der Gesandtschaft von 1338 zu erhalten: S. 170. 110 Vgl. S. 259/60; Missionstheorie 142, 147.
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machen, die ihnen dienen, indem sie i m m e r Schlechtes für Gutes den Freunden zurückgeben« l J I . Sollte er die Mongolen deshalb so hassen, weil sie ihn einmal 112 überfallen und verprügelt haben ? Abgesehen von all diesen Einflüssen der Person des Autors auf das gezeichnete Bild ist bei jeder einzelnen mittelalterlichen Schrift, die als Quelle für diese Arbeit herangezogen wird, die Gattung, der sie angehört, und damit die Darstellungsab sicht ihres Autors zu berücksichtigen, den Charakter des jeweiligen Mongolenbil des und die Tendenz des Urteils von vorneherein mitbestimmt. Bisher ging die Darstellung stets davon aus, daß die mittelalterlichen Rezipienten der Tartaren-Zeugnisse mit allen geschilderten Einschränkungen bei der Quellenkritik bestrebt waren, möglichst viele und hochwertige, vollständige und wahrheitsgetreue Informationen zu erhalten. Ob, in welcher Geschwindig keit und in welchem Maße diese aber in den einzelnen rezipierenden Werken wieder auftauchen, hängt davon ab, in welcher Absicht sie benutzt wurden, zu welchem Zweck auch das gesamte Werk verfaßt wurde. Entsprechend unter schiedlich werden auch die Wirkungen auf die Leser zu beurteilen sein. Die einzelnen Gattungen der rezipierenden Quellen bieten dem Historiker Probleme und Chancen. Einige davon sollen im folgenden Überblick über die in Frage kommenden Gattungen angesprochen werden, weiteres wird im Verlauf der Arbeit an geeigneter Stelle folgen. a. Mittelalterliche Geschichtsschreibung stellt vergangene Ereignisse grund sätzlich auf Zustände, Absichten und Meinungen der eigenen Gegenwart und Zukunft gerichtet dar. Sie kann zum Beispiel das Versagen bestimmter Machtha ber anprangern, die Leistungen eines Ordens hervorheben, das Nahen der Endzeit aus den Taten der Mongolen herleiten oder freundschaftliche Beziehun gen zu diesen propagieren. Die auf uns gekommenen Werke differieren entschei dend in Umfang und Qualität, aber sehr viele - auch die knappsten Annalen 1 13, einige andere tragen an bestimmten Stellen Nachrichten zu den Mongolen ein Chroniken zeigen sich in überdurchschnittlichem Maße am fremden Volk interesslert. b. Als eine Form mittelalterlicher Geschichtsschreibung sollte man wohl auch die Frage nach der Zukunft betrachten, denn auch sie suchte die historische Rolle •
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111 Itinerarium c.11 S. 119 (Hervorh. F.S.). Zu ihm u. a. A. D. V.D. BRINCKEN, Christen und Mongolen bei Ricold von Monte Croce, in: Jb. d. Akad. d. Wiss. Göttingen, 1978/9, 23-26; Ugo MONNERET DE VILLARD, Il libro della peregrinazione nelle parti d'Oriente di frate Ricoldo da Montecroce, Rom 1948. 112 Epist. III S. 284. - Schlecht behandelt wurde auch der päpstliche Bote Ascelin, der hochmütig war und Fehler im Auftreten machte, und entsprechend fällt das Bild seines Begleiters Simon au� : Vinzenz XXXI,40ff. S.1299/1300. Dagegen gerät der offenbar konziliantere Plano Carpini zwar mIt den mongolischen Anschauungen in Konflikt: �Doch da wir Boten waren und die Bräuche des Landes nicht kannten, ließen sie uns frei fortziehen« (111,14 S. 44). 113 Ein bestimmter Kanon entsteht, vgl. S. 254. •
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der Mongolen zu bestimmen. Prophetien und Apokalypsenkommentare wollen jedoch nicht geschehene Ereignisse darstellen, sondern aus ihnen, aus der daraus ersichtlichen Wesensart der Mongolen Erwartungen für die Zukunft, für die Endzeit interpretieren. Je nachdem, welche Rolle den Mongolen für die Endzeit zugeschrieben wird, gibt eine Schrift eine günstige oder ungünstige Interpretation 114 ihrer Verhaltensweisen und eine entsprechende Auswahl ihrer Eigenschaften . c. Enzyklopädische Werke rezipieren in ihrer Blütezeit im 13. Jahrhundert die Nachrichten über die Tartaren praktisch gar nicht, es sei denn in einem historio graphisehen Teil. Selbst wenn sie aber dort erscheinen, fehlen sie völlig im geographischen Teil, also in der Weltbeschreibung JJ5• Erst im späteren 14. Jahrhundert finden sie dort ihren Platz in sachlicher, auf Wahrhaftigkeit bedach ter Form. d. Auch rein geographische und kartographische Werke beginnen während des späten Mittelalters erst' zögernd, Darstellungen der Tartaren und ihres Landes 116. aufzunehmen e./f. Die Wirklichkeit wollen auch die Schriften zur Missionstheorie und die Kaufmannsbücher darstellen, denn ihr Zweck ist es, künftigen Reisenden eine Hilfe zu sein. Das jeweilige Bild ist dennoch vielfach von berufsspezifischen Erfahrungen oder sogar unabsichtlichen Verzeichnungen auf Grund falscher 1 1 7. Voraussetzungen geprägt g. Völlig andere Bedingungen bieten Propagandaschriften, deren Problematik bei der Geschichtsschreibung (und der prophetischen Literatur) schon angespro chen wurde. Der Autor muß zwar auf bestimmte vorhandene Meinungen in seinem Publikum zurückgreifen können, wird aber je nach Absicht das entste hende Bild gezielt und bewußt verfälschen, Tatsachen auslassen oder hinzuerfin den. Von Einfluß auf die Darstellung speziell der Mongolen ist es, ob sich die Propaganda ihrer bedient oder sie selbst das Ziel der Werbung oder Verunglimp 118 fung sind , denn gerade jene Darstellung, die sich des abendländischen Mongo 1 1 9. lenbildes nur bedient, läßt es besonders gut - weil unabsichtlich - erkennen h. Auch die Dichtung bedient sich, wenn sie mongolische Motive verwertet, ihrer meist nur, wenn sie auf der Suche nach einer Bereicherung ihrer orientali schen Bilderwelt ist. Sie greift einzelne, oft periphere Punkte des Mongolenbildes 114 Ausführlich S. 258ff. 115 So bei Vinzenz v. Beauvais. Sie fehlen auch in den Weltbeschreibungen von Chroniken, die sie im historiographischen Teil erwähnen. Zu diesem Komplex unten S. 307/8, auch S. 285. 116 V gl. S. 285 ff. 117 Bei der Missionstheorie vor allem durch Möglichkeiten der mittelalterlichen Christen, eine fremde Religion zu akzeptieren, vgl. S. 128 ff. 118 Mittel: Wenn ein bestimmtes Bild, das man von ihnen hat, absichtlich benutzt wird, um z. B. andere zu schmähen (in Fürstenspiegeln, Reformschriften, Reden, vgl. S. 122). Gar nicht hingegen, wenn sie in einem Exemplum mehr oder weniger zufällig erscheinen, wie öfters in der Predigtliteratur oder, ganz extrem, in Briefformelbüchern (S. 222, N.124). - Ziel: z. B. von Missions- oder Kreuzzugs propaganda (mit ihnen und gegen sie) S. 128ff.; 109ff. 119 Dazu S. 205.
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heraus und stilisiert sie bis hin zur Unkenntlichkeit oder zum Topos. Dennoch können auch diese Quellen wichtig sein, denn sie gehen wie die Propagandatexte von einer bestimmten Auffassung der Mongolen im Publikum aus und wirken 120. ihrerseits meinungsbildend i. Die Personen aus dem Westen, die in direkten Kontakt zu den Mongolen treten, beschäftigen sich mit ihnen nicht nur in Texten, die sie untereinander austauschen (wie Propaganda, Kreuzzugsgutachten, Missionstheorie, in bestimm tem Sinne auch Kaufmannsbücher), sondern auch im Kontakt mit dem fremden Volk selbst. Zur Beurteilung dieser Quellen muß die jeweilige historische Situa tion bedacht werden, aber grundsätzlich wird der diplomatische Schriftverkehr darauf bedacht sein, die mongolischen Herrscher möglichst geschickt zu behan deln: Man schreibt nicht unbedingt, was man denkt, zeigt aber dem modernen Betrachter dabei, inwieweit man die Mongolen kennt und tatsächlich mit ihnen 121. umzugehen versteht k. Schließlich werden manchmal die im Kontakt mit den Mongolen gewonne nen Erfahrungen auch theoretisch reflektiert. Das kann in den schon zitierten Kreuzzugsgutachten geschehen, die nicht nur der Propaganda allein, sondern auch der konkreten Handlungsanweisung dienen sollen. Die Überlegungen fin den ihren Niederschlag aber auch in kanonistischen Traktaten, die sich auch ganz allgemein mit der päpstlichen Weltherrschaft, der Jurisdiktionsgewalt von Heiden 122 oder der Möglichkeit von Heidenbündnissen befassen . Im Überblick über die verschiedenen Quellengattungen, die sich in irgendeiner Weise der Tartarennachrichten annahmen, wurden verschiedentlich schon die Lebensbereiche angesprochen, in denen diese rezipierenden Schriften entstanden und wirksam wurden. Diese Bereiche sollen im folgenden genauer beleuchtet werden im Hinblick auf die konkrete Bildung, Überprüfung und Veränderung des abendländischen Urteils über die Mongolen. An erster Stelle steht dabei der direkte Kontakt, die politische Auseinanderset zung und ihre theoretische Verarbeitung. Diplomaten, Missionare und Kaufleute standen von Anfang an und über einen recht langen Zeitraum vor der Notwendig keit, mit dem zunächst fremden Volk umgehen zu lernen. Reflexionen über diese Erfahrungen führten zu Theoriebildung oder deren Weiterentwicklung zum Beispiel auf den Gebieten des lateinisch-christlichen Völkerrechts, der Missions theorie oder in Kaufmannshandbüchern.
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120 Dazu S. 201; Dichtung als Quelle für »inoffizielle« Meinungen im Westen über Fremde, hier die Sarazenen: Norman DANIEL, Heroes and Saracens. An Interpretation of the Chansons de Geste, Edinburgh 1984. 121 Zum Bereich der diplomatischen Kontakte im engeren Sinne, also abgesehen von Kaufleuten und Missionaren: unten S. 152ff.; 128 ff. 122 Speziell unten S.74 ff., 191 H. sowie die in N. 121 genannten Kapitel passim. •
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DEN QUELLEN UND IHRER REZEPTION DURCH D I E ZEITGENOSSEN
Dabei lernten die Abendländer aber nicht nur viel über die politischen Gegeben heiten, sondern sie begannen auch, sich ein mehr oder weniger reflektiertes Bild des Volkes in seiner Gesamtheit oder in seinen einzelnen Abteilungen, seiner Eigenheiten und Verhaltensweisen zu machen. Neben dem Gesamtbild müssen hierbei zwei Spezialbereiche genauer betrachtet werden, weil sie besonders wich tig wurden: Für die Gegenwart der mittelalterlichen Menschen war es bedeutsam, den Platz der Mongolen in der Geschichte, speziell in der Endzeit, festzustellen; für die Zukunft der abendländischen Kultur war äußerst bedeutsam, daß sich infolge auch des Auftauchens der Mongolen eine wissenschaftliche Geographie zu entwickeln begann. Zunächst aber nun zu dem Teil der Urteilsbildung, der gleich von Anfang an am härtesten der Überprüfung in der Praxis ausgesetzt war, dem der politischen Auseinandersetzung.
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III.
Abendländische Mongolenpolitik vom
13.
bis ins
15.
Jahrhunden
In den folgenden Kapiteln wird der Begriff »Mongolenpoliti�« im Sinne der gezielten, al:!L�irekte J.(�I.t.1�� e geri.':ht.e�_����iei��§_ei����g�n von eInzelnen oder mehreren Abendländern mit den Mongolen verstanden. Er umfaßt die diplomatischen Aktivitäten abendländischer Machthaber ebenso wie die organi sierte Miss10n derRäp�te:-u-nd--·der Men(G��!lte.����.n .�nd die auf Beherrschung der Räume angelegte, wenngleich in hohem Maße auf persönliche Initiative gestützte Handelspolitik der Kaufmannsstädte. In diesem Rahmen kommen die Aktivitäten einzelner Personen - Boten, Missionare, Kaufleute - bei den Mongolen ebenso in den Blick wie die Auswertung der Erfahrungen. Diese kann in Form erneuter Anwendung · in der Praxis oder auch in theoretischen Überlegungen erfolgen. In den letzteren geht die praktische Auswertung in die rein gedankliche, auch wissenschaftliche Beschäftigung mit den Tartaren über, die Gegenstand des vierten Abschnitts der vorliegenden Arbeit sein wird. Dabei wird vorrangig zu fragen sein, ob und auf welchen Wegen die Abendländer Besonderheiten der Mongolen und ihres Landes kennenlernen und welche Beobachtungen sie für besonders wichtig halten; inwieweit Erkenntnisse und Erfahrungen später berücksichtigt werden; schließlich, ob und in welchen Bereichen alt�._ye_rhal!�ns - V(. " '" muster und Überzeugungen, die die Abendlii�d�r a;�;;;d�� � iib erprii (t und e�entuell ve�ändert �e�den, ob und wie es also geliI1gt, d�s ge�onI1�n� Wissen in di�· V��st;;-fi��g�·';�it uIlcl den Handlungsrahmen der Herrscher, Missionare und Kaufleute einzufügen, beide möglicherweise zu erweitern und das Gelernte über die unmittelbare Beschäftigung mit den Mongolen hinaus fruchtbar zu machen. 1 . Feindselige Heiden aus dem Osten - die politische Einschätzung
der Tartaren in den ersten Jahren nach dem »Stunn«
»Ich, der Khan, Bote des himmlischen Königs, der mir die Macht gab, auf Erden alle zu erheben, die sich mir unterwerfen, meine Gegner aber zu unterdrücken, wundere mich über Dich, Köni von U.�ß.�E!l (Königlein der Ungarn 1 ), weil Du, obgleich ich schon dreißigma Gesandte an Dich geschickt habe, mir dennoch keinen davon zurückgesandt hast, aber mir [auch] weder Deine Boten noch Briefe zurücksendest. Ich weiß, daß Du ein reicher und mächtiger König bist, viele I
Hungarorum regule:
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Krieger unter Dir hast und allein ein großes Reich beherrschst. Deshalb fällt es Dir schwer, Dich mir freiwillig zu unterwerfen, doch es wäre besser für Dich und heilsamer, wenn Du Dich mir [dennoch] freiwillig unterwürfest. « 2 Diese Worte aus dem Brief, den Bruder Julian um 1238 mit zurück nach Ungarn brachte, sprechen klarer als alle Gerüchte von der Absicht der Mongolen, sich die gesamte Welt zu unterwerfen3• Wie ernst das zu nehmen ist, erkennen die abendländische;;:-Fü;ste;;:-� i241, und · König Bela schildert in seinen Hilferufen nach Westen nicht nur die schreckliche Lage seines eigenen Landes. In Kenntnis der mongolischen Pläne versucht er, den Kaiser und den Papst aufzurütteln : » . • • sie rühmen sich, alle, und besonders die Christen, ihrer Herrschaft zu unterweden« (18. Mai 1241); »die genannten [Tartaren] . . . geben sich mit unseren Grenzen nicht zufrieden, sondern planen, alle Reiche der Christen mit wilder, ja diebischer Grausamkeit zu übedallen und die Kirchen Gottes zu zerstören, wenn 4 man sie läßt« ( 19. Januar 1242) . In Rom herrscht seit Mitte oder Ende des Jahres 1241 für fast zwei Jahre Sedisvakanz, und ��st mit dem Amtsantritt Innocenz' IV. (25. Juni J243) finden Belas Schreiben die ihnen gebühE�nde l\�fIIle!ks.aIllkeit 5. Innocenz muß bald aus Rom fliehen und nimmt nur wenige Dinge mit sich - kaum Wertsachen, aber einige wichtige Schriftstücke, die er in Lyon sorgfältig abschreiben läßt. Unter diesen sogenannten Transsumpten von Lyon sind auch die beiden Briefe Belas erhalten, denn Innocenz beabsichtigt, sich intensiv mit der Tartarengefahr ausein anderzusetzen 6. Der Papst kommt wie auch alle anderen abendländischen Fürsten nie auf den Gedanken, sich tatsächlich zu unterwerfen. Er kennt nun den Weltherrschaftsanspruch der Mongolen - und er setzt ihm den eigenen, päpstlichen entgegen. Der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden besitzt, darüber sind sich die meisten Kanonisten im 13. Jahrhundert einig, rechtlich, wenn nicht tatsächlich (de iure licet non de facto) die iurisdictio und potestas über alle Menschen. Das begründet seine Aufsichtspflicht auch über die Länder der Ungläubigen 7. -�-�
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2 Frater Julian 4,9 5. 179. Der englische Gewährsmann des Ivo v. Narbonne (MP CM IV 5. 24) soll zweimal als Bote in Ungarn gewesen sein. 3 1237: vgl. 5. 26; Gerüchte 24 ff. 4 18. 5.: ed. THEINER VMH I Nr. 335 5. 182; 19. 1 . : ed. HB VI 5. 902/4. Das wurde im Abendland allgemein bekannt, z. B. Friedrich II. 1241 bei MP CM IV 5. 118 (oben 5. 3 1). - Zu den Nachrichten, die den Kaiser u. a. aus Ungarn erreichen vgl. BEZZOLA 66/7. 5 Gregor IX. t 22. 8 . 124 1 ; Coeiestin IY. 25. 10-10. 1 1 . 124 1 . Zur päpstlichen Politik gegenüber den Mongolen insbesondere 50RANZO, Papato, und de RACHEWILTZ, Envoys. 6 Vgl. P. KEHR, Die Kaiserurkunden des Vaticanischen Archivs (1. Die Transsumte von Lyon vom }. 1245; 3. Die Rouleaux de Cluny), in : NA 14 (1889) 362-373; G. BATIELLI, I transunti di Lione del 1245, in: MIÖG 62 (1954) 336-364; RUDOLF, Tartaren. 7 50 Innocentius IV., Apparatus zu X.3.34.8, verba compensata (3)-(4); Hostiensis, Cammentaria in libros decretalium, Venedig 1581 (ND Turin 1965), pro defensiane fol. 128vb, Nr. 27. 5chon im 12. Jh. Bernhard v. Clairvaux, De cansideratiane II,2,8 (ed. J. LECLERCQ u. a., 5. Bernardi Op. Bd. 3, Rom 1963, 5. 423/4; insges. WILKS, Problem, 4 1 1 ff.). Für das 14.Jh. unten 5. 1 72/3; W. D. MCCREADY, Papal
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Dadurch werden Beziehungen zwischen Christen und Heiden notwendig, deren grundsätzliche Qualität Innocenz IV., einer der gelehrtesten Kanonisten seiner Zeit, als erster - ausgehend von der Frage nach der Berechtigung der Kreuzzüge diskutiert; er schafft so die rechtliche Basis für eine Theorie päpstlicher Beziehun gen zu nichtchristlichen Gesellschaften 8 . Innocenz IV. gesteht im Gegensatz zu seinem Schüler Hostiensis den Ungläu- \ \" bigen das Recht des sündenfreien Besitzes von iurisdictio, potestas und dominia zu, die sie bei der ursprünglichen, durch Naturrecht bedingten Aufteilung allen Landes und aller damit verbundenen Rechte durch Gott erhalten hatten 9. Ein Kreuzzug ist daher nur gegen Beherrscher von Gebieten, die - wie das Heilige Land - den Christen weggenommen wurden, gestattet 10, nicht aber gegen jedes beliebige Heidenvolk oder -land, während umgekehrt die Heiden christliche Länder nicht überfallen dürfen - auch nicht Europa, obwohl es einst heidnisch war, denn seine Konversion erfolgte freiwillig. Wenn aber ein heidnischer Herr scher gegen das Naturrecht handelt, also beispielsweise seine christlichen Unter tanen, die er durchaus rechtmäßig haben darf, bedrückt oder die christliche Missionstätigkeit in seinem Land behindert, verwirkt er seine Rechte 1 1 , und der Papst muß auf Grund seiner Fürsorgepflicht für alle Menschen und die Christen 12. im besonderen eingreifen In Konsequenz dieser Auffassung von der Welt und seinem Amt nimmt Innocenz Kontakt mit dem fremden Invasorenvolk auf J3; er bemüht sich sogleich _
Plenitudo Potestatis and the Source of Temporal Authority in Later Medieval Papal Hierocratic Theory, in : Spec. 48 (1973) 654-674; Wirkung außer auf die Mongolenfrage: J. MULDOON, Papal Responsibility for the Infidels : Another Look at Alexander's VI. Inter Caetera, in: CHR 64 (1978) 168-184; K.J. PENNINGTON, Bartolome de Las Casas and the Tradition of Medieval Law, in: Church History 39 (1970) 149-161. 8 MULDOON, Popes, 6; auch H. PATZE, Der Friede von Christburg vom Jahre 1249, in: Jb. f. d. Gesch. Mittel- und Ostdeutschlands 7 (1958) 39-91. 9 Innocentius IV., Apparatus, wie N. 7, (1)-(3); vgl. Johannes FRIED, Der päpstliche Schutz für Laienfürsten. Die politische Geschichte des päpstlichen Schutzprivilegs für Laien (11.-13.Jh.), Heidel berg 1980, 292; unten S. 188ff. zum Weiterwirken. 10 Apparatus (7). 11 Apparatus (9)-(10). 12 Im Brief, den Innocenz mit den tartarischen Boten, die Ascelin 1248 (s.u.) mit nach Westen bringt, zurücksendet, . ermahnt er unter Hinweis auf seine Fürsorgepflicht die Mongolen erneut zur Bekeh rung: Sie könnten sich nicht mehr entschuldigen, vom rechten Glauben noch nichts gehört zu haben (Reg. Inn. IV. 4682). Innocenz argumentiert im Grunde genau wie der Khan im anfangs zitierten Brief an Bela: Wenn der Gegenüber sich nicht unterwirft, sobald er von der Forderung weiß, begeht er Unrecht. 13 Keineswegs allerdings »zum mongolischen Khan«, wie man immer wieder in modernen Darstel lungen lesen kann. Von der Exislenz.�ines tIerr�chaftsz�n�T\lIl1s, Y9n 4.e!!l_ a!!.c:J::IeeE�_ ausgeschickt �aren, _w;lr zu diesem Zeitpunkt im W!'sten noch nichts bekannt, ebensowenig, wie _4it;)\e_a1ctio!1en der Mongolen �����ar !"!-!en: [nnocenz wandte sich an universitatem vestram (Brief wie N. 15). Damit unterscheidet sich diese Kontaktaufnahme in wichtigen Grundzügen eben doch von der üblichen Methode, Kontakt mit heidnischen Herrschern aufzunehmen, die Bereitschaft zeigten, auf Grund gegenseitiger Interessen mit den Christen eine Übereinkunft zu erzielen (gegen MULDOON, Popes, 30). Die Einschätzung, daß der Papst hier eine Praxis in einem Parallelfall anwandte, geht von heutigen Beurteilungsmöglichkeiten aus (41/2); 1245 konnte der Papst in Ermangelung genauerer
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um dessen Einfügung in die Weltordnung. Der Papst verschafft sich zunächst Gewißheit, daß 9ie_MQ!lgolen Gesandte freundlich aufn�.h'P�n; diese Frage nach der Haltung der Mongolen zum geltendenl VöIK.:�.ir�<;.hI� ist bereits der erste Schritt zu ihrer - modern gesprochen - Eingliederung in die Völkergemeinschaft; ihre positive Be�twort�!.lg rechtft:rtigt 1�4?._ vor den Lyoneser Konzilsvätern, daß der :rapst schon v�rher G�san.4!§E!I�.f.�(!n zu den verschiedenen mongolischen Horden ausgefertigt hat H. Die �..!!glt!i�s.d!!�i.I:>t.;!llü.L.
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Kenntnisse über die Mongolen nur experimentieren, nicht Siruationen vergleichen. - Um einen Parallelfall handelt es sich allerdings insofern, als die Päpste seit Innocenz ur. zunehmend von sich aus als Schiedsrichter in weltliche St�eitfälle eingriffen: vgl. W. MALECZEK, Das Frieden stiftende Papstrum im 12. und 13. Jahrhundert, Vortrag Reichenau 8 . 4. 1992, demnächst in: Johannes FRIED (Hg.), Träger und Instrumentarien des Friedens im hohen und späten Mittelalter, VuF. 14 Peter v. Rußland S. 194. Abweichende Informationen hatte der französische Templellneister Ponce d' Aubon wenig früher bekommen : Cant. Parisiensis Hist. Reg. Franc. S. 604/7. 15 Ed. LUPPRIAN 2 1 S. 147. - Das wäre besser gewesea: Rubruk Epilog c. 5 S. 331/32. -
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disqualifiziert sie dort gänzlich für die Herrschaft. Innocenz mahnt die Empfän ger zur Umkehr und droht im Bewußtsein päpstlicher Allgewalt mit der göttli chen Rache. Daneben enthält der Brief zwar keine Belehrung über den christlichen Glau ben 16, doch sendet Innocenz - offenbar selbst auf diLGef. die Empfänger zu brüskieren - statt hochrangiger Prälaten einfache Mönche, schriftgelehrte Männer, die schon lange in der Regel erfahren sind: zum Beispiel den sechzigjäh rigen Johannes, der noch ein Gefährte des Heiligen Franz selbst, des Protagoni sten der Heidenrnission, gewesen ist und sich große Verdienste bei der Ausbrei tung und Organisation seines Ordens in Deutschland erworben hat. Johannes und auch die in den Vorderen Orient gesandten Dominikaner, die ebenfalls von ihrem Ordensstifter zur Mission verpflichtet worden sind, können gewiß den Mongolen mehr »Nutzen und Gnade« bringen, denn sie haben die beste Chance, sie zu bekehren 17. Gegen die Auffassung, daß es sich bei Innocenz' Gesandtschaften a u c h um eine Missionsinitiative gehandelt hat, ist K. RUDOLF angegangen, indern er G. A. BEzZOLA vorgeworfen hat, dieser postuliere einen zu großen und damit unwahrscheinlichen Sprung von der Hilflosigkeit der Abendländer 124 1 /42 zum voll ausgebildeten Missionsgedanken 1245 18• RUDoLF übersieht, daß der Gedanke der Heidenrnission - auch bei einern gewalttätigen Gegner - nicht erst beim Auftauchen der Tartaren entstehen mußte, sondern zu der Zeit bereits voll ausgeprägt ist, einer Zeit der höchsten Virulenz der Ideen vor allem des Franz von Assisi, der sich nach Ägypten begab, um sogar dem Erzfeind der Christenheit zu predigen. Allein die Wahl von Mendikanten als Boten durch Innocenz darf als sicherer Hinweis darauf gelten, daß der Papst a u c h die Chance einer möglichen Bekehrullg _ nicht UI1g�I1U!zJJ
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Die Auswahl des klugen, erfahrenen Diplomaten Johannes hat neben dem missio narischen noch einen weiteren Grund: Die Kontaktaufnahme soll - zusätzlich zum übergreifenden Zweck der Einordnung der Tartaren ins Weltbild und ins päpstliche 16 Der zweite erhaltene Brief, der Lorenz v. Portugal OFM empfiehlt (zu dieser Person: M. RONCA GLIA, Frere Laurent de Portugal OFM et sa legation en Orient [1245-1248 env.], in: Boll. d. Badia greca di Grottaferrata 7 [1953] 33/4), enthält eine solche Belehrung (ed. LUPPRIAN 20). Falls es sich bei den Briefen um Fonllulare handelt, in denen zwei Namen zufällig stehen blieben, hat z. B. Joh. möglicherweise beide - die allerdings einen weitestgehend identischen Schluß haben - mitgenommen (M ULDOON, Popes, 42 geht offenbar von gemeinsamer Reise des Joh. und Lorenz aus). Lorenz ging allerdings möglicherweise, auch das könnte den ganz unterschiedlichen Tenor beider Briefe erklären, zu schismatischen Christen im Vorderen Orient. 1 7 Vgl. zum Mendikanteneinsatz L. P ISANU, L'attivita politica d 'Innocenzo IV e i Francescani (1243-1254), Rom 1957; DERs., Innocenzo IV e i Francescani, Rom 1968. Erste Pläne von Kirchenor ganisation bei den Mongolen durch Innocenz unten N. 298; sein Sprachlehrprojekt N. 338. 18 RUDOLF, Tartaren, 8 1 . •
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Weltherrschaftskonzept - noch viel unmittelbarer ihre Aufgabe innerhalb des umfangreichen ����t�s von !--_bw�E��naßnalrrn-en des Papstes erfüllen. Innocenz fordert die christlichen Herrscher im Osten zum verstärkten Burgenbau auf, knüpft Kontakte zu den schismatischen russischen Fürsten Osteuropas, widmet auf dem Konzil von Lyon einen der wenigen Tagesordnungspunkte allein der Tartarenfrage - und versucht über Johannes (und wohl auch die anderen Boten), �ie Motive _und konkreten weiteren Pläne der Mongolen herauszufinden 19. _ _ . .----.-,.. -�---
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Eine erfolgreiche Bekehrung der Tartaren hätte sie berechenbarer werden lassen und damit die Abwehr unterstützt, wenn nicht überflüssig gemacht. Doch das Gelingen ist unsicher, sogar zweifelhaft, und so muß man das fremde Volk zumindest kennenlernen, um sich besser wehren zu können. Und wieder denkt der Papst über den direkten Zweck hinaus, nutzt die Möglichkeit einer Einord nung der Tartaren ins Weltbild. Denn Johannes erforscht nicht nur als erfolgrei cher Spion die militärischen Möglichkeiten und Absichten der Mongolen. Er sammelt auch sorgfältig alle übrigen Informationen, die er über das Volk erhalten kann, ausgerüstet mit einem systematisch geordneten Katalog von Fragen des Papstes, dem der Aufbau seines Berichtes folgt und nach dem Innocenz offenbar noch öfter vorgeht20• Die Ergebnisse der ersten Gesandtschaften des Papstes sind zwar, wie oben bereits ausgeführt, von höchster Wichtigkeit für die Kenntnisse über die Mongo len, lassen aber jeden Gedanken an irgendwelche Gemeinschaft mit ihnen zurück treten. Der Dominikaner Ascelin, über dessen Reise in den Vorderen Orient sein Gefährte Simon von St-Quentin berichtet, bekommt durch sein hochfahrendes Verhalten auch den Hochmut, di� SeJJ�§-.!h(!rrlichkeit der MQn,gQlen und ihres Gener�ls Baidschu zu spüren; die Boten W"er�en . schlec�t a�fgenolIl_lIl�� und kommen nur knapp mit dem Leben da.von 21. Dagegen kann der anpassungsfähigere Johannes von Plano Carpini immerhin bestätigen, daß _�i<: J\'l:()_ngolen ._,'___. � "n'"
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19 Vgl. den S. 76 zit. Brief; noch deutlicher als das diplomatische Schreiben wird Joh. in seinem Bericht: Man will das nächste Mal auf der Hut sein. Osteuropa: oben S. 3 1 ; G. ROCHAU, Innocent IV devant le peril tatar: ses lettres a Daniel de Galice et a Alexandre Nevsky, in: Istina 6 (1959) 167-186; W. DE VRIES, Innocenz IV. und der christliche Osten, in: OstkSt 12 (1963) 113-131.; Lyon: Constitutio 4: De Tartaris ed. COD S. 297. PATZE sieht die Befriedung Preußens im Rahmen der Abwehrmaßnahmen als Folge des Berichtes des Joh. (wie N. 8, 84-87). 20 Joh. selbst über seine Aufgabe : ut cu n ct a perscrutaremur et videremus 0 m n ia diligenter (Prolog 3 S. 28; Hervorh. F. S.). Als Spion ist er ein glänzender Beobachter, der auch raten kann, wie man die Abwehr organisieren müsse: VIII,7-15 S. 96-101. - Zum Fragenkatalog unten S. 199 Der Papst scheint der geistige Urheber gewesen zu sein : Seinem etwas dubiosen Informanten Peter v. Rußland, den er auf dem Lyoneser Konzil zur Rechtfertigung seiner Politik (wie S. 76) auftreten ließ, legte er einen prinzipiell gleichen Katalog vor: dazu FRIED, Suche, 315/6, der die Vorgehensweise der Abendländer im ersten Zusammentreffen mit den Mongolen auf ein vorhandenes Einordnungsinstru mentarium hin untersucht. 21 Bericht erhalten in Auszügen bei Vinzenz v. Beauvais; Benehmen: Ascelin fragte z. B. arrogant: Wer seid ihr, daß ihr den Papst nicht kennt (XXXI,40 S. 1299)? Er weigert sich im Gegensatz zu Plano Carpini auch, zum Großkhan nach Osten weiterzureisen (XXXI,46 S. 1301).
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Ges�n��e �ut �l!fnehmen22. Sie unterdrücken zudem keine Religion, auch nicht I das Christentum - noch nicht, wie Johannes eher pessimistisch bemerkt 23. Die Überzeugung der Christen in der Umgebung Güyük-Khans, dieser stehe kurz vor dem Übertritt, denn er fördere das Christentum in ungewöhnlicher Weise, läßt Johannes unkommentiert stehen 24. Dieser schwache Hoffnungsschimmer bedeutet aber nichts neben einigen unumstößlichen, alle Zuversicht vernichtenden Feststellungen über die Intentionen der Mongolen. Hatte man schon früher gewußt, »daß sie mit keinem Menschen Frieden schließen, außer wenn er sich ihnen untetwirft, weil sie, wie gesagt, von Dschingis Khan den Auftrag haben, sich wenn möglich alle Völker zu untetwer fen« 2S, so waren sie doch andererseits 1242 nicht weiter marschiert, sondern aus Ungarn abgerückt. Johannes und Simon kennen die brutale, unverhüllte Wahrheit: Damals zogen sie sich zurück, weil ihr Herrscher gestorben war, doch nun haben sie wieder einen neuen Khan; dieser hat bereits das Kriegszeichen aufgerichtet gegen das Abendland 26. Eine Niederlage hätte schreckliche Folgen, darum müssen die Abendländer endlich zur Einheit finden; nur wenn alle zusammenstehen, haben sie eine Chance gegen die_Mongol�n - JOh<)lul_es weigert sich nicht zuletzt deshalJ),.. t
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22 Diesbezügliche Erlebnisse des Joh. z. B. IX,7 S. 105. 23 Vgl. S. 133. Wenn sie einst die ganze Welt beherrschen sollten, werden sie gewiß alle anderen zu ihrem Glauben zwingen: III,5 S. 39. 24 IX,43 S. 125. 25 Joh. VII,2, S. 84; V, 1 8 S. 64; VIII,2 S. 93; früher: s. o., auch Peter v. Rußland S. 192. 26 Joh. VIII,5 S. 95 bzw. 2 S. 93/4; Simon bei Vinzenz XXXI,34 S. 1297. Auch Andreas v. Longju meau, der dritte Bote, dessen Erzählung Matthäus Parisiensis mitgeschrieben hat, weiß vom bevorste henden Vorrücken (MP CM VI S. 114) u. schon der ungarische Bf. 1242, Ann. de Waverley S. 325. Zum Abzug oben S. 30. 27 VIII,6 S. 95/6. Ratschläge für konkrete Abwehrmaßnahmen N. 20. - Mahnungen zur Einigkeit schon früher: Bruder Jordan in MP CM VI S. 8 1 und 83. Zur Zwietracht Friedrichs II. Einschätzung 1241, MP CM IV S. 1 17; und Rubruk XXIX,11 S. 255. Ascelin dagegen nimmt Boten mit heim (wie N. 28). Joh. fügt zu den zitierten Bedenken hinzu : Würden solche Boten gar getötet, schritten die Mongolen sofort zur Bestrafung: IX,44 S. 125/6. 28 Benedikt v. Polen c. 13 S. 142/3; bzw. Simon (von Baidschu und vom Großkhan) XXXII,5 1/2 S. I13/5, 115/7. 29 VIII,3 S. 94, vgl. VII,12 S. 92; schon Peter v. Rußland S. 193. 30 VIII,5 S. 95. •
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Um so größer ist die Überraschung in der Umgebung E9!l_ig . ��.(hvigs des Heiligen v!?E.franl-:reicb..Lc:l�X_ID!B��.n:l:8 auf seinem ersten Kreuzzug auf Zypern Station macht, als dort zwei Boten des mongolischen Statthalters Eldschigidei vorsprechen und ein Schreiben überbringen : »Durch die Macht des höchsten ��k l�h!li>. ! gesandt vom Khan, dem Herrn der Welt (rex Gottes, Worte des C�� terre), an den großen König vieler Provinzen, den eifrigen Verteidiger der Welt, das Schwert der Christenheit, den Sieg der Religion der Taufe, den Verteidiger des Evangeliums, seinen Sohn (jilio), den König von Frankreich. Möge Gott sein Reich vermehren und es ihm noch viele Jahre bewahren . . . durch die Wahrheit der göttlichen Obhut der Menschen und aller Propheten und Apostel, Amen« 31. Der .f�r!s��ch.�. ..I2rJJall wird beibehalten; der mongolische General gibt seiner Hoffnung auf ein Zusammentreffen mit Ludwig Ausdruck, will die Macht der Kreuzfahrer gegen die ungläubigen Feinde stärken. Die Mongolen haben die Christen befreit, die Kirchen wiederaufgebaut - und auf Befehl des Khans 32 sei kein Unterschied (non sit differentia) zwischen Lateinern, Griechen, Armeniern, Nestorianern, Jakobiten und allen anderen christlichen Bekenntnissen zu machen. Der Brief könnte den Eindruck erwecken, er stamme von einem christlichen Herrscher, der es zwar mit der Orthodoxie nicht so genau nimmt, aber immerhin bereit scheint, den Kreuzfahrern beizustehen; er könnte aber ebenso das wohl fundierte Wissen der Abendländer um die mongolischen Herrschaftsambitionen ansprechen und bestärken, denn der KJ�!l_�i.rd als Herr der Welt, d�r. König als sein Sohn�.E.()��0l'hiert. Maßgeblich für die völlige Durchsetzung der ersten Alternative ist sicher die Kreuzzugsatmosphäre, vor allem aber einige Ereignisse und Gegebenheiten, die das Eintreffen der Gesandtschaft Eldschigideis begleiten. Nach Ludwigs Landung haben ihm König Heinrich von Zypern und Jean d'Ybelin, Graf von Jaffa, noch einen anderen Brief aus dem Orient präsentiert, den der kleinarmenische Konnetabel Sempad am 7. Februar 1248 in Samarkand auf der Reise nach Karakorum geschrieben hat33• Zweck dieser Reise ist die Vorbereitung der freiwilligen Ul)ter��rtuI1K9_��)<:öl!iKt:eich(!s von Kleinarmenien unter die Mongolen 3\ Sinn des Briefes ist nicht zuletzt die Rechtfertigung dafür vor den abendländischen Christen. Selbst die grausamen Zerstörungen und Metzeleien der Tartaren, deren Spuren Sempad überall an seinem Weg findet, haben ihr Gutes, denn sie haben die Christen, über die sonst alle nun getöteten Heiden hergefallen wären, gerettet. Ein rex Christianus in Indien - Ludwig muß 3 1 Odo von Chäteauroux S. 625/6; Vinzenz, Spec. hist. XXXI,91 S. 13 16; Guillaume de Nangis, Gesta S. Ludovici S. 358-361; Grandes Chr. de France S. 123/4. Cant. Guillaurne de Tyr (Rothelin) S. 69/71. 32 Ed. Odo transkribiert praecipue, wo der Druck des Speculum und die Ed. Guillaumes praecipit/ praecepit haben; ich habe keine Handschrift gesehen. 33 Odo S. 626, Vinzenz, Spec. hist. XXXI,92 S. 13 16/7; Guillaurne de Nangis, Gesta S. Ludovici S. 360-363 ; Grandes Chr. de France S. 124/8. 34 Dazu S. 33, 114ff.
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dabei an den Priesterkönig Johannes erinnert worden sein 35 - hat den Khan gegen die Sarazenen unterstützt; den Christen geht es gut im tartarischen Reich, sie leben unter dem Schutz des Khans, »und durch sie sind der Khan und alle die Seinen bald zu Christen geworden«36. Kurz nachdem der König diesen Brief zur Kenntnis genommen hat, treffen die Boten Eldschigideis ein; noch unbeeinflußt von späteren Ereignissen berichtet am ! 11_,_J�1.är_z Hj9 4er päpstliche Gesandte Odo von Chateauroux Innocenz IV. als Augenzeuge von der ��fr:azynK-4�r. g��an4Jen37. Offensichtlich steht der König unter dem Eindruck, der Khan sei Christ und wolle ihm helfen, fragt aber nicht nur nach der Größe des mongolischen Heeres, sondern auch nach den Gründen des mongolischen Vordringens und vor allem, weshalb Baidschu die früheren Gesandten - Ascelin ist ja, wie gesagt, gerade erst mit üblen Erfahrungen zurückgekehrt - so schlecht behandelt habe. Den Gesandten gelingt es, die Bedenken zu beschwichtigen; sie versichern erneut, der Khan sei Christ, leugnen, die Gründe des Vordringens zu kennen38, und berichten, Baidschu, der ein Heide (paganus) mit sarazenischen Beratern gewesen sei, habe inzwischen keine Macht o mehr. Ludwig läßt sich überzeugen, fertigt unter der Führung des bereits :1 erfahrenen Reisenden Andreas von Longjumeau eine Gesandtschaft an den Großkhan aus und gibt ihr kostbare Reliquien und andere christliche Utensilien I1 mit auf den Weg; der päpstliche Legat sendet ein Gratulationsschreiben 39. i j( Alles deutet darauf hin, daß nicht nur der Inhalt der Briefe, sondern auch die I Personen und Mitteilungen der Gesandten von maßgeblichem Einfluß auf die Entscheidung gewesen sind. Vinzenz von Beauvais muß zusätzlich zu Odos Brief noch eine weitere Quelle, möglicherweise einen weiteren Augenzeugen, zur Verfügung gehabt haben, denn er kennt weitere Details über die Boten 40. Einen _
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35 Selbst wenn es von armenischer Seite gar keine beabsichtigte Anspielung war, kann ein katholi scher Kreuzfahrer nur diese christliche Hilfe im Rücken der Muslime assoziiert haben. 36 Wie N. 33. Vor diesem Hintergrund wird klar, welche Interpretation der zweideutigen Antwort des Khans, der Papst möge kommen und sehen, ob die Tartaren Christen seien, die AlIllenier dem französischen König suggerieren wollten. In Wahrheit dürfte hinter dieser Antwort wiederum eine Unterwerfungsaufforderung stehen: die Fürsten, die sich unterwarfen, reisten an den Hof des Khans. Die Folgen der Gesandtschaft Ludwigs (unten S. 83/4) unterstützen diese Sichrweise. - Zum Brief Jean RICHARD, La lettre du connetable 5mbat et les rapports entre Chretiens et Mongois au milieu du XIIIe . siede, in: DERs., Croisades XIII. 37 Ed. D'A CHERY 3 5. 624-628. Noch vor der Rückkehr der königlichen Gesandten aus Karakorum, die die Stimmung umschlagen ließ. - Augenzeuge: interrogavit rex in presentia mea: ed. ebd. 5. 626. Odo schrieb für den stets interessierten Papst auch den mongolischen Brief ab (5. 625/6; grundsätzlich Elie BERGER, St. Louis et Innocent IV. Etude sur les rapports de la France et du Saint-Siege, Paris 1893); diesen Brief ließ König selbst ins Frz. übersetzen und sandte ihn nach Hause an seine Mutter Blanca v. Kastilien : MP CM VI S. 163-165; V S. 87; vgl. Jean Sarrazin in Cant. G. de Tyr S. 569-571. Odos Brief gelangte offenbar bald in die Hände Vinzenz v. Beauvais und über ihn in die Gesta Ludwigs des Guillaume de Nangis (damit in die Grandes Chr. de France; vgl. die Stellen N. 3 1 u. 33); Taufgerüchte im Abendland zu 1249 (rumores nescimus tamen si veri): MP CM V S. 80, 87. 3 8 Diese Antwort übergeht Vinzenz (5. 1317; absichtlich ?); sie steht nur in Odos Brief selbst (S. 627). 39 Ed. D' ACHERY S. 627. 40 Spec. hist. XXXI,90 S. 1316.
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von ihnen, David, hat Andreas von Longjumeau, der beim König auf Zypern weilte, bei seiner ersten Reise (1245) unter den Tartaren gesehen und kann so die Echtheit der Gesandten bestätigen. Die Boten scheinen Christen zu sein : " . . . sie waren mit ihm [dem König] bei der Messe, und, wie es schien, verhielten sie sich gut und gaben sich nach der Art von Christen.« Das hebt ihre persönliche Glaubwürdigkeit, bekräftigt ihre Aussagen zur Situation der Christen im Mongo lenreich und zur Religion des Khans, macht sie zu unabhängigen und verläßlichen Zeugen neben dem ebenfalls als christlich bekannten Sempad. Dennoch sprechen sie - jedenfalls in katholischem Sinne - nicht die Wahrheit, denn weder der mongolische Khan noch sein General Eldschigidei sind getaufte Christen 4). Allerdings leben die Christen unter der Herrschaft der Mongolen tatsächlich sicher, denn diese sind weder religiöse Eiferer noch akzeptieren sie Fanatismus zum Beispiel der Muslime gegen Christen, die unter muslimischer Herrschaft als Minderheit oft sehr leiden. Die mongolische Behandlung kommt im Vergleich zu früheren Verhältnissen tatsächlich einer Förderung gleich 42. Da sie sich in jedem Fall unterwerfen müssen, bevorzugen die vorderorientalischen Christen die Tartaren und haben demnach ein vitales Interesse an einem Sieg dieser über die Mamluken. Eine Beteiligung eines Kreuzfahrerheeres hätte die christliche Position nur noch verstärkt. Dagegen haben die militärisch hochüber legenen Mongolen schon von ihrer Selbsteinschätzung her eigentlich keinen Anlaß, sich nach Helfern umzusehen. Vieles spricht dafür, daß die Idee für die mongolische Gesandtschaft 1248 nach Zypern.v�m orientalisch�n Christen ausge ...s�Ke.� ist; solche hatten zur Unterstützung der Kreuzzugsidee im 12. Jahrhun dert und um 1220 auch die Legenden vom Priester Johannes und vom König David verbreitet43• Gerade sie legen besonderen Wert auf Gleichberechtigung mit den katholischen Christen, wie sie der Brief fordert44• Wahrscheinlich ist auch der Brief Sempads (auch er orientalischer Christ) nicht zufällig fast gleichzeitig mit der Gesandtschaft auf Zypern eingetroffen45• 41 Auch die orientalischen Christen scheinen sich Illusionen hingegeben zu haben: Darstellung der ostchristlichen Meinung über die Neigungen Hülägü-Khans bei GROUSSET, Steppenvölker, 488-491, 494. Vielleicht haben sich die orientalischen Christen unter dem Zwang der Umstände bereits daran gewöhnt, christenfreundliches Verhalten für so gut wie christlich oder sogar Meßbesuche oder ähnliches (wie S. 95) als quasi-formalen Schritt hin zum Christentum zu halten. 42 Auch Plano Carpini war auf solch eine Meinung unter den Christen im mongolischen Reich gestoßen (N. 24) ; Rubruk (s. u.) hält die Behandlung aber für verächtlich: Abendländische Christen stehen völlig verständnislos vor den Besonderheiten, die ein Leben als religiöse Minderheit mit sich bringt - ebenso unverständlich ist umgekehrt den orientalischen Christen die kompromißlose Haltung der Abendländer. 43 Bestes späteres Beispiel für :olche Propaganda in eigener Sache ist das Kreuzzugsgutachten des Armeniers Haython (1307), unten S. 114 H. 44 Das entspricht zwar auch mongolischer Politik (vgl. S. 92, Einsetzung des griech. Patriarchen v. Antiochia durch Hülägü), aber nicht Eigeninteresse. 45 Falls wir Kontakte der christlichen Minderheit im Vorderen Orient untereinander voraussetzen dürfen.
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Selbst wenn aber die Mongolen aus militärtaktischen Gründen ihre Angriffe gegen die Mamluken mit denen des Kreuzfahrerheeres abstimmen oder sicherge hen wollen, daß die Franken nicht gegen sie selbst ziehen, so haben sie sich doch sicher den christlichen Ton des Briefes von Christen in die Feder diktieren lassen. Sie haben es offenbar schon damals verstanden - wie später immer wieder -, sich der Christen unter ihrer Herrschaft zu bedienen 46. Ein christlicher Brief ist für die 4i i �h ll I1 � :tv10ngolen kein Problem, denn sie lassen alle Relig o en für si bet . D�g�gell. spricht auch nicht die Hervorhebung ihres Herrschaftsmandates, auf das sie vorläufig - keinesfalls verzichten wollten; aus dem Verhalten der ihnen bekannten vorderorientalischen Christen können sie ja nicht schließen, daß die Abendländer nicht nachgeben würden 48. Gibt doch wenig später ein nestorianischer Mönch in der Mongolei dem Franziskaner Wilhelm von Rubruk den Rat, wie er selbst dem Groß khan die Unterwerfung der Franken als Gegenleistung für seine Taufe zu versprechen 49. Die orientalischen Christen, für die die Unterwerfung unter fremde Herren das Normale und daher nichts besonders Schändliches ist, verfol gen hierbei wie auch im Falle des Briefes Eldschigideis ihre eigenen Interessen. Dessen verdächtigt auf Grund seiner Erfahrungen Wilhelm von Rubruk auch die armenischen Übersetzer des Briefes, den ihm der französische König als Empfeh lungsschreiben mitgegeben hat; aus Haß gegen die Sarazenen hätten sie eine Bitte des Königs um Unterstützung der Franken durch die Mongolen hineinüber setzt50• _
So politisch klug aber die Mongolen im Vorderen Orient möglicherweise auch , 1 \ Longjumeau bringt beleidigende Tributforderungen zurück, denn der Großkhan i i faßt die Au�ft!rtigung der Gesandtschaft als Unterwerfung auf, und Ludwigs.i .
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König sehr reute, Gesandte geschickt zu haben« 51. , Der König hätte es wissen können, warum achtet er nicht auf den Ton der! Briefadresse ? Warum läßt er sich als Sohn des Herrn der Welt bezeichnen, ohne
46 Vgl. bes. S. 64 ff. Daß Ludwig nicht gegen sie selbst zog, müssen sie ebenfalls von ihren christlichen Untertanen gewußt haben 47 Z. B. Rubruk XXVIII,16 S. 250 (mit N. 2). 48 Möngke z. B. verachtet die Nestorianer: Rubruk XXXIV,2 S. 298. Mandat: unten S. 93/4. 49 XXVIII,8 S. 246. SO XXVII,l1 S. 243. 51 Jean de Joinville, Hist. c. 490 S. 270, vgl. 268. Erwähnt J. deshalb mit keinem Wort die Reise Rubruks, der zwar nicht als Bote, aber mit Billigung Ludwigs reiste ? Auch der leise Zweifel, den Vinzenz' nach Bekanntwerden der Ergebnisse niedergeschriebene Schilderung des Verhaltens der tartarischen Boten umgibt - »wie es schien«, verhielten sie sich wie Christen -, mag von d�n enttäuschten Hoffnungen zeugen: Simon v. St-Quentin hält es schon vorher für möglich, daß die Tartaren hinterlistig Christentum vorgeben (XXXII,41 S. 98). - Später hingegen hat z. B. der ganz nüchtern berichtende Amalrich v. Beziers die Beleidigung vergessen : Die Gesandten seien cum honore, sed non cum effectu regis Franciae zurückgekehrt (Sp. 1774). •
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sich der nur zu gut bekannten Absichten der Mongolen zu entsinnen oder sie hinreichend ernst zu nehmen ? 52 Hier ist sicherlich in der speziellen Situation des Kreuzzuges der Wunsch der Vater des Gedankens, doch mehr noch ist zu ahnen, wie ungeheuer wichtig und vertrauensbildend eine tatsächliche Bekehrung der Mongolen sein würde 53. Ludwig legt keinerlei Wert auf weitere Beleidigungen seiner Majestät. Als der Franziskaner Wilhelm von Rubruk wenige Jahre später (1253) mit Wissen und Unterstützung des Königs als Missionar zu den Mongolen der Goldenen Horde reist, weist er möglichetweise deshalb von Anfang an jeden offiziellen Auftrag weit von sich, obgleich ihm das Nachteile bei den mongolischen Anführern bringt 54. Zweck der Reise des Franziskaners ist die Erfüllung seines persönlichen Wunsches nach Bekehrung der Tartaren, ihr Anlaß die Nachricht, der tartarische Prinz Sartaq, Sohn Batus, sei Christ geworden. Der fromme König unterstützt jede Taufhoff nung, wohl auch mit der Überlegung, die schon Innocenz IV. 1245 bewegt hat : die tartarische Gefahr durch Christianisierung wenn nicht zu neutralisieren, so doch berechenbarer zu machen, ihren Hochmut zu brechen. Rubruk aber zerstört die Illusion det:._�hr��ia.tP.�iel"\l'lg: Ein Khan wie Möngke weiß seinen eigenen Glauben gegen Überzeugungsversuche zu verteidigen, und die Mongolen wollen nicht Christen, sondern Mongolen sein; »den Name >Christen< nämlich halten sie für einen Volksnamen« 55. Sie seien undankbar und aufdringlich, weil sie sich für die Herren der Welt hielten, wenn aber ein Volk mit den Tartaren Frieden schließe, so richteten sie es zugrunde. Da sie sich benähmen, als wollten sie bald das Abendland überfallen, weigert sich der Mönch, ihre Boten mit in den Westen zu nehmen, weil er vermutet, daß sie dort nur spionieren sollen 56. 52 Die Zeit maß BrieffOlJJlularen große programmatische Bedeutung zu; Plano Carpini hatte den üblichen mongolischen Briefkopf entsprechend analysiert (VIII,2 S. 93). 53 Dazu ausführlich S. 104ff. 54 Unterstützung: das Begleitschreiben an Ludwig zum Bericht; er hat auch Geld (und seine schönen Bücher) vom König: 1,10 S. 170. Aber W. ist sehr vorsichtig, betont immer wieder, er sei weder Ludwigs noch sonst jemandes Gesandter: 1,6 S. 168, IX, 1 S. 1 88, XIX,5 S. 213. Er wird von Kaufleuten gewarnt, das nicht zu tun (1,6); er kommt nicht einmal richtig zu Wort, wenn er missionieren will, und das ist sein eigentliches Motiv für die Reise: XXXIV,4 S. 299. Zudem nützte das Verleugnen nichts : Eine Unterwerfungsaufforderung brachte er dennoch mit nach Hause: S. 307/9. Der Gesandte Plano Carpini kam viel schneller voran, profitierte vom häufigen mongolischen Pferdewechsel (IX,12.21.28 S. 107, 112, 116). 55 So belehren ihn die Untergebenen Sartaqs: XVI,5 (S. 205): zum Unverständnis der Mongolen gegenüber der dogmatischen Religion unten S . 9 1 . Möngke im berühmten Religionsgespräch an seinem Hof XXXIV S. 297ff.; dazu A. D. v. D . BRINCKEN, Eine christliche Weltchronik von Quaraqorum. Wtlhelm von Rubruk OFM und dt:r Nestorianismus, in: AKG 53 (1971) 1-19. Nikolaus v. Kues meint, daß sich die Tartaren trotz Glaubens nicht ausdrücklich dem Christentum zuwenden: sel7no 11 S. 25. 56 Herren der Welt: IX,3 S. 189; Frieden: XXXIII,3 S. 290; Überfall: XXVIlI,19 S. 25 1 : Rubruk fühlt sich ausgefragt; Boten: XXIX,l 1 S. 255, vgl. XXXIII,9 S. 293. Er selbst bekommt trotz aller Mühe keine mongolische Bewaffnung zu sehen: XXXVII,1 7 S. 3 1 7; vielleicht hielten umgekehrt die Mongolen ihn für einen Spion.
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Rubruk hat alles getan, um nicht als Gesandter zu gelten, und doch muß er eine Unterwerfungsauff9r�.e_Z:Il_ng
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57 Brief XXXVI,6-12 S. 307-309. 58 Epilog 5 S. 33112; was Rubruk nicht hindert, Ratschläge für spätere Missionare oder Gesandte zu geben: sie sollen viel Geld und gute Dolmetscher mitbringen : 1,9 S. 169, X,2 S. 189/90; ähnlich später Odorich v. Pordenone XXXVIII,4 S. 493. 59 Der Unternehmungsgeist der Kaufleute hingegen beginnt bereits, sich Zugang zu den tartarischen Reichen zu verschaffen : vgl. S. 152; auch die Mission begann trotz allem allmählich: 128. 60 XA.19.8. Bei Polygamie gilt die Verbindung mit der ersten Frau als die allein rechtmäßige. sacramentum verliert in der Übersetzung die Mehrdeutigkeit, mit der der Rechtssatz arbeitet: Den Ungläubigen wird keineswegs ein gültiges Ehesakrament im Sinne der christlichen Kirche zugestan den, sondern nur eine rechtlich vergleichbare gesellschaftliche Institution. 61 1. Kor. 7,10-16. 62 C.28.1 . 1 . 63 Ed. THEINER, VMH I, Nr. CCCCLIV, hier S. 240. Zur Bedeutung von sacramentum vgl. N. 60, zu fides N. 65. - Schändlichkeit des confederare und der Ehe mit Tartaren u. a. Ungläubigen: Nikolaus IV. an Kg. Ladislaus v. Ungarn 1288 (THEINER VMH I Nr. 577 S. 357/8). -
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Was hier für die Eheschließungs-Frage formuliert ist, .ilt K üb�r:h�1:!Pt J�r Vertrag und BÜI19:n!s rnit den MoIlg
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64 Bela zog ja auch pacis et unionis Jedem in Betracht (zit. N. 63). 65 X.5.7. 1 . Der Satz spielt ganz bewußt mit den verschiedenen Bedeutungen der Worte dubius und vor allem fides, was im Deutschen nicht nachvollziehbar ist. 66 1260, Bullen des Papstes nach England (Ann. de BUTton S. 497; RYMER (Ed.) 1,2 S. 60). Zur verbreiteten Überzeugung, daß die Tartaren keine Eide einhalten, unten S. 237 mit N. 223. 67 Vorwurf anderer Christen im Heiligen Land, die sich in ihrer Angst an Kar! v. Anjou um Hilfe wandten: ed. DELABoRDE, hier S. 213/4. Zum Zeitpunkt: vor dem Fall Aleppos, also dem 24. 1 . 1260 (ebd. S. 213). Vg!. ROBERG, Tartaren, 272. Zu den Ereignissen im Vorderen Orient zwischen 1258 und 1260 oben S. 33; P.]ACKSON, The Crisis in the Holy Land in 1260, in: EHR 95 ( 1980) 481-513, berücksichtigt auch die arabische Sicht ebenso wie die objektive Gefahr, die von den Mongolen ausging. Damit weist er den Vorwurf moderner Historiker an die Abendländer zurück, sie hätte mit ihrem unrealistischen Verhalten eine gute Chance vertan. 68 Nur die Aufhebungsanordnung an Bf. Paul v. Tripolis ist erhalten : 26. 5. 1263, Reg. Urb. IV II Nr. 292 S. 133/5 (genaues Datum d.!r Exkommunikation nicht bekannt); dazu ROBERG, Tartaren, 272 mit N. 179. 69 Zwischen April 1259 u. Herbst 1260: ROBERG, Tartaren, 274/5. Nicht nur zeitliche Gründe sp rechen für eine Ausfertigung der Gesandtschaft vor dem 3. 9. 1260 mongo!. Niederlage von ' Ain C alut. -
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vor, als noch nicht einmal Aleppo gefallen war, habe sich Antiochia unterworfen; das biete ein schlechtes BeispieFo. Denn - so gesteht Anfang März 1260 der Großmeister des Templerordens - die Christen des Heiligen Landes wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen; zwar hat sich Boe nd in eine schändliche Knecht schaft begeben, doch es geht die Rederzittern< oder >vor Schreck erstarren< bedeutet« - kurz : sie sind teuflisch, höllisch. Sie tränken die Erde mit Blut, denn der Tag des Herrn ist nahe. Sogar Antiochia hat sich unterworfen, nur Akkon und Tyrus halten aus : Europa muß unbedingt zu Hilfe kommen, sonst ist alles verloren. Denn der König der Tartaren hat einen �rief voller Gotteslästerungen - Gott hat Macht im Himmel, Mangakan aber auf Erden - geschrieben, in dem er denen Strafe androht, die sich wehren 73: Die , 70 Ed. DELABORDE S. 214. Zu früh: S. 2 13. 71 Ann. de Burton S. 492/3; Gui de Basainville S. 1 99/200. 72 Wie N. 69. 73 Menko S. 547-549: Brief des Thomas, Bf. v. Bethlehem, vom 1. 3. 1260: Die apokalyptische Stimmung ist typisch für die Äußerungen. Weitere Briefe: des Thomas zusammen mit anderen Christen des Heiligen Landes an Kar! v. Anjou, wie N. 67, des Templergroßmeisters Ann. de Burton S. 491-495. Der Ritterorden verbreitete die Nachricht intern weiter, vgl. Thomas' Brief im Bericht des Gui de Basainville S. 197-202; zu den Ereignissen des Jahres 1260 JACKSON, Crisis, wie N. 67. •
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Christen des Heiligen Landes sind von einer erneuten Unterwerfungsaufforde rung erschreckt worden. z.�,!Igi.g.lahre der diplomatischen Auseinandersetzung mit den Mongolen haben �icht den Eindruck hervorgerufen, daß man ihnen trauen könne, im Gegenteil: Taufhoffnungen haben sich zerschlagen, dies und der immer wieder bitter bestä tigte Weltherrschaftsanspruch machen den bloßen Gedanken an ein Bündnis unmöglich. Rubruk kann nicht zum Frieden mit den Mongolen raten; wenn er i dürfte, würde er sogar für den Krieg gegen sie werben 74 - zum al sie sich (hier ist i er optimistischer als seine Vorgänger), wenn sie erführen, daß der Papst zum Kreuzzug gegen sie aufruft, in die Steppe zurückzögen, aus der sie hergekommen sind, und dann wäre man sie, die nur noch Probleme, gar keine Hilfe mehr erwarten ließen, los 75. Das also war übriggeblieben von der Hoffnung auf Hilfe im Rücken der Sarazenen - als die Tartaren 1260 endlich von den Mamluken, dem alten Feind der Franken im Heiligen Land, vernichtend geschlagen wurden, jubelten die abendländischen Christen 76. Man hat im Abendland die Mongolen also besser kennengelernt und dabei nach einigen Näherungsversuchen und Rückschlägen festgestellt, daß sich tartari sche Y�rhalt.ensweisen und Vorstellungen nicht mit den abendländischen vertra ger.., Trotz aller Ausgleichsversuche durch vorderorientalische Christen, die zwischen den beiden einander so fremden Kulturen stehen und mit großer Intensität um Verständigung werben, konsolidiert sich im Abendland selbst zunächst ein ablehnendes Feindbild, das vorsichtigen Abstand wahrt. Entspre chende juristische Prinzipien für den Umgang mit Heiden scheinen die einzig richtigen Handlungsanweisungen zu sein. Statt weitere Annäherungsversuche zu wagen, setzt die abendländische Politik überwiegend auf Abgrenzung. ..
74 XXVIII,3 S. 244; vgL Plano Carpini, wie N. 20. 75 XIII,2 S. 195. Immerhin berichtete auch schon Plano Carpini, die Christen seien das einzige Volk, das von den Tartaren gefürchtet werde (VIII,2 S. 93). - Zum Selbstbewußtsein der Abendländer oben S. 30, unten 124.]ACKSON, Crisis, wie N. 67, 496 bemerkt, die Stärke der Franken sei unter den Muslimen des Vorderen Orients sprichwörtlich gewesen. Sogar in der Krisensituation von 1260 äußerten Christen des Heiligen Landes noch die Überzeugung, ev. Hoffnung, die Tartaren hätten Angst vor den Franken: ed. DELABORDE S. 214. 76 Viele Annalisten betonen, der Sultan habe magnifice und viriliter gesiegt (Chr. Marchiae S. 59f., Ann. S. lust. Patavini S. 191 (mit leicht kritischem Seitenblick auf die Christen, vor aUem Allllenien und Antiochia), Chr. Mon. Patavini, S. 73 1 /2, Ann. S. Rudberti Salisb. S. 795 (Deo dante siegt der Sultan). Auch Menko S. 549, Z. 49 (nach dem Brief des Thomas, wie N. 73, sehr sachlich). Zur Situation oben S. 33 u. im folgenden.
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GETAUFTE ALLIIERTE O D E R HEIDENBÜNDNIS ?
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2. Getaufte Alliierte oder Heidenbündnis ? -
Die Atmosphäre der diplomatischen Kontakte zwischen Abendland und Mongolen in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts »Denn, siehe, die zu Recht erregte göttliche Strenge ließ, wie es scheint, als Rächerin . . . den alten, grausigen Drohungen folgend nun den Tag ihres Schrek kens über die Erde hereinbrechen, und nach ihrem Ratschluß, in gerechtem Zorn entbrannt, brachen als Geißel allen Fleisches die [Scharen der] Tartaren grausamst hervor . . . , ergriffen wie Ysmael gegen alle Menschenkinder die Waffen . . . , und nun heißt es, schon hätten sie die Grenzen des Königreiches Jerusalem und die im Blute Christi, des Retters des Menschengeschlechtes, geweihten Plätze des Heiligen Landes erschüttert und wollten in jähen Stürmen barbarischer Grausamkeit die Reliquien des christlichen Glaubens ausmerzen oder zumindest unter das unerträgliche Joch der Ungläubigkeit zwingen.« 77 Nicht nur die Augenzeugen aus dem Heiligen Land, auch der Papst (Alexander IV,) malt 1260 die Gefahr, die von den Tartaren, den ungläubigen Feinden der Christenheit, für das Heilige Land ausgeht, in apokalyptischen Farben. Im Jahre 1300 aber meldet der Papst, nun Bonifaz VIII., dem englischen König voll Freude : »[Gott] . . . erweckte den Geist, rührte den Sinn und entzün dete das Herz des großartigen Herrschers des tartarischen Volkes, der, ohne die Wiedergeburt aus der Quelle der Taufe, noch nicht vom Lichte des rechten Glaubens erleuchtet, zum Ruhme und Lobe Christi die Waffen erhob . . . und gegen den Sultan, den Herrn des Volkes von Babyion, den vorrangigen Feind des christlichen Glaubens . . . feindselig vorzugehen beschloß.« 78 In beiden Fällen sind die Mongolen auf das Heilige Land zumarschiert. Aber inzwischen sind aus den unbekehrbaren Feinden - die in ihrem Weltherrschafts anspruch die Christenheit in Osteuropa wie im Heiligen Land bedrohen, gegen die ein wahrer Christ, weil er mit ihnen keine Gemeinschaft pflegen kann, das Kreuz nehmen muß, die glücklicherweise von den Mamluken geschlagen werden - z21l1indest im Heiligen Land Werkzeuge Gottes geworden, zwar Heiden, aber nicht mehr die eigentlichen Feinde des Glaubens. In den vierzig Jahren, die zwischen den beiden Äußerungen liegen, haben intensive diplomatische Kontakte zwischen Abendländern und persischen Mon golen - die man sehr wohl von den Tartaren der Goldenen Horde politisch zu trennen lernt - offenbar eine gewisse Vertrauensbasis geschaffen ; die Bedenken •
77 Kreuzzugsbulle Alexanders IV., verbreitet in einem Brief des Bf.s v. Marseille (25. 5. 1260), ed. DELORME, De praedicatione 5. 110 (lückenhafter Text, im zitierten Teil klar verständlich); ähnliche Bullen versandte Alexander im ganzen Abendland (vgl. Hermann v. Niederaltaich 5. 402): an den Ebf. v. Canterbury, Ann. de Burton a. 1260 5. 495; fast identisch an Prinz Edward v. England (RYMER [Ed.] I,2 5. 60/1); an Ludwig den Heiligen (Guillaurne de Nangis, Gesta S. Ludovici 5. 4 12/3). 78 Bonifaz VIII. an Edward v. England, Ann. Reg. Edw. I. 5. 466. Bonifaz benutzt das hier aufge baute Bild : unten 5. 126. Auch er wurde vom Patriarchen v. Jerusalem(!) in dieser Richtung infollniert (Brief kurz zuvor in der Quelle 5. 442ff.). •
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wegen des Herrschaftsanspruchs scheinen geschwunden oder in den Hintergrund getreten zu sein Immer noch ist den meisten abendländischen Herren schmerzlich, wie nicht nur der weitere Brief des Bonifaz beweist - das Heidentum der Mongolen bewußt, doch diese können immerhin als Werkzeug Gottes gegen den sarazenischen Erzfeind für die christliche Sache eintreten und haben damit einen Platz innerhalb der politisch-militärischen Überlegungen des Abendlandes gefunden. 79.
Diese Überzeugung bei den Abendländern zu wecken, ist das Ziel der mongoli schen Diplomatie dieser vierzig Jahre. �..wQlIe.n si�h .als geeignete Helfer PLii$J!l)Ji�J�f! in der Hoffnung, im Bund mit einem Kreuzfahrerheer die ägypti schen Mamluken in die Zange nehmen zu können - und in Verkennung der Bedeutung, die ihre Ungläubigkeit als Hindernis auf dem Weg zu wirklichem Vertrauen, tatsächlichem Bündnis und echter Gemeinschaft für die Abendländer besitzt. 1248 ist die Initiative zu Kontakten von den Tartaren ausgegangen, höchst w�hrscheinlich veranlaßt von orientalischen Christen 80. Nach ihrer Niederlage bei 'Ain Galut 1260 sehen sich die Mongolen nun tatsächlich nach Verbündeten gegen Ägypten um; vielleicht ist jene Gesandtschaft, die um 1260 aus dem Heiligen Land zu Hülägü gegangen ist, mit ein Anlaß für diesen, sich an das 81 Abendland zu wenden Der erste erhaltene Brief, den der Ilkhan Hülägü 1262 an Ludwig den Heiligen sendet, schließt fast nahtlos an jenen an, den Eldschigidei vierzehn Jahre früher nach Zypern geschickt hat. So ist zwar eine direkte Unterwerfungsaufforderung vermieden, doch der Brief verzichtet nicht auf die Erwähnung des Weltherr schaftsauftrags, ausdrücklich auch über die Völker des Westens einschließlich der Drohungen gegen renitentes 82. �ichts gibt Anlaß zu der Vermutung, daß die Mongolen ein B.Qp.dnis unter Gleichen im Sinn hatten. Hülägü umwirbt die Abendländer, den mächtigen König Ludwig, indem er von den vielen guten Werken der Mongolen an den orientalischen Christen berichtet. Sogar Jerusalem •
79 Eine erstaunliche Dichte von Dokumenten oder zumindest Nachrichten über Gesandtschaften zwischen dem Papst, den Königen v. Frankreich, England, Aragon einer- und dem I1khan v. Persien andererseits ist bis zum Jahr 1308 erhalten: Anhang I. Zum dem ganzen Komplex: PELLlOT, MongoIs; SORANZO, Papato; OE RACHEWILTZ, Envoys; J. A. BOYLE, MongoI World Empire; DERs., The 11Khans of Persia and the Princes of Europe, in : CAJ 20 (1976) 25-40; RrCHARD, Papaute. - Polit. Trennung: Ethnisch, religiös, ideell blieben �die Tartaren« weitgehend eins : unten S. 201 H. 80 Vgl. S. 82. 81 Vgl. S. 86. Hülägü selbst zum Beweggrund in seinem Brief von 1262 (s. u.), ed. MEYVAERT S. 257, vgl. RrcHARO, Ambassade, wie S. 53, N. 45, 299 (1979, Reaktion auf Meyvaert 1980); früher DERs., Le debut des relations entre la papaute et les mongoIs de Perse, in: DERs., Relations, Nr. XlV. 82 Ed. MEYVAERT S. 254/5. Völker d. Westens : 252/3.
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soll dem Papst zurückgegeben werden 83 - ein guter Ausgleich dafür, daß sich der Absender diesmal nicht den Anschein der Christlichkeit gibt. All das gesteht der Ilkhan zu, weil die Mongolen die Unterstützung der Franken von See her brauchen, um mit ihrem Landheer die Sarazenen vernichten zu können. Das Schwergewicht liegt auf der Betonung jenes Punktes, der in den Augen der Mongolen die eigentliche Grundlage für ein Zusammenwirken ist, der es nicht nur nahelegt, sondern geradezu aufdrängt : Es gilt, jede Zuflucht »der Feinde, die zugleich E u r e u n d u n s ere sind«, zu vernichten 84. Dieser Brief vereint bereits alle Argumente, die die Mongolen auch in Zukunft aufbringen werden, um die Abendländer zum Zusammengehen zu bewegen. Im Laufe der Zeit fällt sogar die Erwähnung des Weltherrschafts anspruchs in den Ilkhan-Briefen weg. Vielleicht geht er verloren, weil er tatsächlich immer weniger realisierbar wird, denn das Großreich beginnt bereits zu zerfallen. Wahrscheinlich aber vergessen die Mongolen ihre dahingehenden Ideen nicht so rasch, wie sie sie aus taktischen Gründen in den Briefen weglassen 85. Dieser Verzicht würde dann zeigen, wie sehr die Ilkhane den Abendländern entgegenkommen wollen; ein Bündnis erscheint machtpolitisch notwendig, deshalb machen sie,Zugeständnisse, wo sie können. Dabei haben sie offensichtlich hervorragende Informationen über das, was man im Abendland hören will - sie verstehen, die ihnen zur Verfügung stehenden Gewährsleute, orientalische Christen und nun wohl auch schon abendländische Kaufleute86, einzusetzen -, wie das Angebot der Rückgabe Jerusalems gleich im ersten Brief zeigt. Die Khane wollen auch darüber hinaus den Abendländern vor allem in der Religionsfrage so weit entgegenkommen, wie sie es vermögen. Dabei wird das grundsätzliche Unverständnis gegenüber der Einstellung des Abendlan des überdeutlich ; daß man nicht gerne unterworfen werden will, ist zu verstehen, den Sinn und die ungeheure Wichtigkeit der wiederholten Taufaufrufe können die Mongolen weder um 1260 noch dreißig Jahre später nachvollziehen : »Wenn man allein zum ewigen Himmel betet und wenn man so glaubt, wie es sich gehört, ist das nicht ebenso, wie wenn man zum Christentum (si/am) übergetreten wäre ? « 87 83 1260 soll Hülägü Boemund und Hethum tatsächlich Gebiete und Festungen zurückgegeben haben, vgl. GROUSSET, Steppenvölker, 496. Rückgabeversprechen: vgl. unten die Ereignisse der Jahre 1299/1300, vgl. N. 155. 84 Inimicorum vestrorum pariter et nostrorum: ed. MEYVAERT S. 259 (Hervorh. F. S.). Exakt die gleiche FOllnulierung findet sich z. B. im Brief Khan Abaqas an Prinz Edward v. England 127l. 8 5 N. 102. Auch die abendländische Erinnerung kann andauern: Joh. v. Winterthur (t 1348) S. 162. 86 Vgl. S. 163: Die Händler haben mit den Mongolen bessere Erfahrungen gemacht als mit den Mamluken nnd werben deshalb gern für eine Zusammenarbeit mit jenen. Zum Einsatz orientalischer Christen 82. Von ihnen geht offenbar auch prophetische Unterstützung der Bündniswerbung aus: unten S. 271. 87 Nach der Übersetzung des mongolischen Originals 1290 bei MOSTAERT/CLEAVES (Edd.), Trois doc. 450/1, zit. auch LUPPRIAN Nr. 57, S. 265/6. - 1246 formuliert der Antwortbrief, den Plano Carpini Innocenz IV. bringt, das Unverständnis angesichts der Taufaufforderung (Benedikt v. Polen c. 13 S. 143).
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Da schon das Prinzip fremd bleibt : Wie soll Hülägü erst begreifen, welchen Schaden er jeglicher Vertrauens bildung durch die Wiedereinsetzung des griechi schen - also schismatischen - Patriarchen in Antiochia zufügt und wie wenig ihm die Betonung seiner freundlichen Haltung gegenüber den häretischen Christen im Orient in den Augen der Abendlän der88 - die orientalischen Christen haben verständlicherweise kein Interesse, ihn in dieser Frage aufzuklären, während sie die absolut kompromißlose Haltung der westlichen Christen in Fragen der Konversion wohl selbst nicht verstehen 89. /
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�':,EiAe Antwort Ludwigs von Frankreich, den der genannte erste Brief anspricht, ist nicht erhalten, und es ist fraglich, ob er j e eine gab 90. Er und seine Umgebung müssen sich noch gut des früheren Debakels erinnert haben, wenn das, was offenbar über die Gesandtschaft in die Öffentlichkeit dringt, der Stimmung des französischen Hofes entspricht: »Der König der Tartaren sandte als feierliche Boten etwa vierundzwanzig edle Tartaren zusammen mit zwei Predigerbrüdern, die als Dolmetscher dienen sollten, an den König von Frankreich, [mit der Botschaft], dieser solle sich und das ganze Frankreich der Gewalt der Tartaren unterwerfen; andernfalls würden sie [die Tartaren] Frankreich in der nächsten Zeit angreifen.« 91 Der franziskanische Chronist von Erfurt ist wohl kaum in Paris dabeigewesen, sondern seine guten Infomationen über die Gesandtschaft und den Inhalt des Schreibens spiegeln das, was sich durch Hörensagen verbreitet hat 92: Kein Wort über das ausführliche Bündnisangebot, nichts über die Christen freundlichkeit, die der Ilkhan hervorheben will, nur die Drohung, die so deutlich gar nicht ausgesprochen worden ist, registriert man - zu frisch ist noch die Erinnerung an die »rasenden Feinde, die höchst grausamen Bedrücker aller Völker, die Tartaren«, die nach den Worten desselben Chronisten 1258 unter Vertreibung »sowohl der Christen als auch der Sarazenen« Jerusalem und Arabien erobert haben 93. Doch nicht nur König Ludwig, sondern auch Papst Urban IV. - als Patriarch von Jerusalem einer der Absender der Gesandtschaft von 1259/6094 - erhält 1262/63 eine Botschaft von Hülägü, und er nimmt das Kontaktangebot an. Die Vorausset88 Ed, MEYVAERT S, 256, Vgl. ed, DELABORDE S, 213, Schon Eldschigidei hatte ja befohlen, alle Christen gleichzuachten (oben S, 80), Eine typische Äußerung dieses Unverständnisses ist der Brief Arghuns 1290 (LUPPRIAN Nr.57). 89 Vgl. S. 82. 90 Wie Anhang I, N. I . Die Überlieferungslage allein sagt nichts aus, denn sie ist für die Briefe abendländischer Fürsten, vor allem der Franzosen, an die Mongolen extrem schlecht: vgl. S. 99, N. 126. 91 Chr. Erphord. S. 666; in Chr. S, Petn übernommen S. 251. 92 Falls wir, was in Anbetracht der Quellenlage wahrscheinlich ist, voraussetzen dürfen, daß es sich um den überlieferten und oben analysierten Brief handelt (vgl. N. 82). - Der Franziskaner verfügte offenbar über beste Kontakte nach Frankreich : dazu S. 99 der Eintrag zu 1269. 93 S. 664/5; ehr. S. Petn S. 249. 94 Vgl. S. 86.
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zungen für die Reaktion des Papstes sind allerdings ganz andere als beim König. Da die Gesandtschaft Hülägüs an den Papst von König Manfred von Sizilien abgefangen worden ist und nur Johannes Ungarus ohne Begleitschreiben bis zum Papst gelangt, bekommt Urban keinen Brief des Ilkhans, also auch keine erneute Bekräftigung des Weltherrschaftsanspruches zu Gesicht und ist auf die mündli chen Ausführungen des Johannes angewiesen 95. »Nun hat Johannes Ungarus (der beteuert, er sei in dieser Sache Dein Bote) uns eröffnet, daß Du Dein Streben auf das Heil richtest und sehnlichst wünschst, gemäß der wahren allgemeinen und evangelischen Lehre, die die Heilige Römische Kirche bekennt und predigt, im Wasser der Heiligen Taufe wiedergeboren zu werden . . . Zu diesem Zweck bat der Bote im Namen Deiner Hoheit, daß wir einen geeigneten Mann bestimmen sollten, einen guten Kenner der genannten Lehre, glänzend in der Reinheit seines Lebenswandels, der dich durch seinen heiligen Dienst zur Gnade der Taufe führt«. Der Papst will keinesfalls die neue Chance zur Bekehrung der Mongolen verstreichenlassen:; dodr alslntimer Kenner der Situation im Heiligen Land ist er dem unlegitimierten Boten gegenüber mißtrauisch; er bittet den Ilkhan, dem päpstlichen Boten völlige Sicherheit über seine Absichten zu geben 96. Urban selbst gewinnt wohl keine Gewißheit mehr (t 1264); seinen Nachfolger Clemens IV. erreicht 1267 ein Brief des neuen Ilkhans Abaqa, den der Papst nicht lesen kann, da er mongolisch geschrieben ist. Im Gegensatz zu Urban sieht Clemens offenbar keinen Grund, sich nicht auf die Versicherungen des Boten der nicht aus dem Mongolischen übersetzen kann oder will - zu verlassen : »Vor allem . . . danken wir Gott . . . der die Augen Deines Herzens erleuchtet hat, damit Du ihn erkennen und seinen eingeb9renen Sohn, gekreuzigt für das Heil der Menschen, demütig anbetest und das Zeichen seines Kreuzes achtungsvoll verehrst« 97 . Der Brief blieb nicht erhalten, so daß nicht bekannt ist, ob er noch das »Mandat des Himmels« enthielt 98; vielleicht hat hier der christliche Bote, unter stützt von einem erneuten Zufall99, seine Hand im Spiel, so daß der Papst nun
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95 Den Brief an Ludwig kannte er offenbar auch nicht, zumindest nicht, bevor er sein Antwort schreiben aufgesetzt hatte. Aus den Quellen ist der tatsächliche Hergang der Ereignisse um die persische(n) Gesandtschaft(en) nicht restlos zu kären, vgl. Anhang I. 96 Ed. LUPPRIAN Nr. 4 1, S. 217-2 19. Zum weiteren Inhalt unten S. 98. 97 Ed. LUPPRIAN Nr.42 S. 221. 98 Eher unwahrscheinlich, vgl. S. 91. Möglich, nicht wahrscheinlich wäre auch ein bewußtes Ignorie ren an der Kurie, um die Kontakte fortzuführen. - Zu den Formularen W. KOTWI CZ, Formules initiales des documents mongois aux XllIe et XIVe siecles, in: RocOr 10 (1934) 131-57. . 99 Der lateinische Schreiber des I1khans war gerade abwesend (LUPPRIAN Nr.43 S. 224), als die Gesandtschaft ausgefertigt wurde, nachdem vorher Manfreds Eingreifen gehoUen hatte. - Auffallend ist, daß die Mongolen im Gegensatz zu den Päpsten über Dolmetscher und Schreiber für Sprachen verfügen, die von unterworfenen oder zu unterwerfenden Völkern gesprochen werden, die also eigentlich die Sprachen von Unterlegenen, Niedrigeren sind: Dieses Phänomen beobachtet BORST schon bei den Hunnen und deutet den Verkehr in der Sprache des Partners als Zeichen von Kraft und Macht, weil es die Vielfalt der Sprachen und Völker unterstreicht, die sich unterwerfen : Turmbau II,I, 43 8. •
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schon zum zweiten Mal nicht den wahren und vollen Wortlaut eines mongoli schen Briefes zur Kenntnis nehmen kann 'und sich das bereits freun dlichere Klima der-Beiienungen weiter verbessert. Nicht nur die orientalischen Christen greifen bei der Übersetzung in den Inhalt von Briefen ein, wie Rubruk wohl zu recht 100 vermutete , auch Abendländer verstehen sich auf solche Ausgleichbemühungen zwischen den einander so fremden Partnern. Dem italienischen Gesandten Tho mas Ilduci ist nachzuweisen, daß er diplomatisch dem Brief des Ilkhans Öld scheitü, den er 1 307 nach Frankreich bringt, jede mögliche Mißverständlichkeit 101 nimmt : DerJJkhan fordert König Philipp IV. fast vorwurfsvoll auf, doch nicht weiterhin die Fortsetzung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Ilkhanen und Abendländern zu versäumen, sondern ihm Gesandte und Geschenke zu 102 schicken . In der zeitgenössischen Übersetzung, die auf der Rückseite des mongolischen Briefes erhalten blieb, erinnert Öldscheitü nur noch an die guten und will sie anscheinend selbst wieder aufnehmen : Den Hauch von Beziehungen . : -g!?��d��e!l��i::,.��fühl und Herrschaftsanspruch des mongolischen Briefes hat der .' Ubersetzer getilgt. . . " -'Öli'nuo" mit Nachhilfe seinerseits oder allein durch die Umstände bedingt : 1267 hat der Bote wieder einmal die Gelegenheit zu vermitteln, die religiösen Ambitionen Abaqas ins beste Licht zu rücken, weil er sehr gut weiß, daß diese Frage für die Päpste die entscheidende ist. Orientalische Christen, Franken des Heiligen Landes oder zwischen Ost und West pendelnde Lateiner: Sie haben ihre Interessen an freundlichen Verbindungen, eventuell sogar an einem Bündnis zwischen Kreuzfahrern und Mongolen. Sie gelten beiden Parteien zu Recht als wohlinformiert, und gewiß sind sie es, die immer wieder - vor allem aber in dieser ; frühen Phase - höchsten Einfluß auf die Entwicklung der Kontakte und die Bildung von Vertrauen gewinnen 1 03. Sie sind diejenigen, denen die Aufgabe zukommt, z:vischen zwei Welten auszugleichen. Die Ilkhane bemühen sich schon von sich aus, Christen als Boten auszuwäh len und damit ihre Christenfreundlichkeit zu demonstrieren; die Boten tun in Worten und Taten ein übriges : 1268 zum Beispiel sendet Abaqa den Salomon, einen custos »der heiligen Kirche Gottes an unserem Hof«, um 1300 registriert Eberhard von Regensburg - oder besser seine Gewährsleute -, daß die so fremdländisch wirkenden Boten des Ilkhans an der Kurie das Glaubensbekennt• .
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100 Oben S. 83. 101 Da der Gesandte Italiener ist und von den Mongolen kommt, darf ihm wohl die anonym " überli�ferte Ubersetzung zugeschrieben werden, Dazu u. zum Text Anhang I 1305/6. 102 Uberhaupt klingen die Briefe der Ilkhane, die erhalten blieben (vgl. Anhang I), selten nach gleichrangiger Partnerschaft, sie haben vielmehr oft einen ermahnenden, fast befehlenden Ton (so Arghun an Philipp IV. 1289), doch Interpretationen aus Übersetzungen sind hier wie oben immer problematisch. Vgl. den sonderbareIl Brief Ghazans an Edward 1., Ann. Reg. Edw. I. S. 446. . 103 Vgl. auch das Kreuzzugsgutachten des Fidentius v. Padua, des Provinzialvikars der Franziskaner Können im Heiligen Land schon um 1265 die Tartaren als im Heiligen Land, unten S. 111 H. Schicksalsgenossen gegen die Türken angesehen werden, wie sie der proven<;alische Dichter Ricaut Bonomel (zu ihm Ed. S. 222 N.) darzustellen scheint (2. 20 S. 223)? '
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nis fehlerfrei sprechen könnten 1 04. Buscarello dei Ghisolfi, der 1290 für den französischen König Erläuterungen zum Brief des Ilkhans schriftlich niederlegt, schmeichelt zunächst Philipps Eitelkeit, indem er die hohe Achtung betont, die 105 seine Macht im Orient genieße . Er gibt dann korrekt Arghuns Klage weiter, abendländische Gesandte würden ihn immer wieder ganz gegen mongolische Sitte bedrängen, sich taufen zu lassen - doch er hat die ernüchternde Wirkung wohlweislich durch die vorhergehende Erzählung von einem Meßbesuch des 106 Ilkhans abgemildert . Selten ist die Vermittlungstätigkeit der Gesandten der Ilkhane so konkret nachvollziehbar. Wir dürfen aber davon ausgehen, daß sie stets sehr wohl wissen, was jede Seite gerne hört. Durch diese Boten oder über andere Kanäle wird auch in Zukunft immer wieder die Bekehrung oder wenig stens christliche Neigung verschiedener tartarischer Herrscher suggeriert, deren gute Behandlung der Christen bekannt gemacht und von den christlichen Frauen 107 und anderen Angehörigen der Ilkhane erzählt . Diese stetige Infiltration des abendländischen Bewußtseins bereitet einen fruchtbaren Boden; bald hält man es im Abendland für möglich, ja wahrschein lich, daß die tartarischen Herrscher christliche Züge tragen könnten. 1274 tagt das zweite Konzil von Lyon; am 4. Juli wird während der dritten 108 Session eine Gesandtschaft des Ilkhan Abaqa offiziell empfangen . Sie über bringt ein Schreiben, verfaßt wohl vom lateinischen notarius Ricardus 1 0\ mit einem Bündnisangebot und der Versicherung der Christenfreundlichkeit des Herrschers. Bei der feierlichen Verlesung hören die Konzilsteilnehmer einmal
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104 Salomon : ed. LUPPRIAN Nr,43 S. 225; Eberhard: S. 599. Dabei wird völlig verkannt, daß es sich zumindest z. T. um abendländische Christen handelte: Anhang I 1299 bzw. 1302, 105 Ed. CHABOT, Relations, 610-13. 106 Dem König könnte diese Neigung anstatt einer Taufe genügt haben: unten S, 100. - Ein möglicher weiterer Fall p, PELLIOT, »Isoi« le Pisan, in : JA 11. sero 6 (1915) 495-497; J. RICHARD, Isol le Pisan: un aventurier franc gouverneur d'une province mongole ?, in: DERS., Orient, Nr, XXX; dazu vielfältige Möglichkeiten der Mund-zu-Mund-Propaganda zwischen Palästina und Europa: zu den Polos N. 107, dort auch zu Nikolaus IV 107 Nikolaus IV 1288 und 1291, an eine Witwe Abaqas und mehrere Frauen Arghuns : ed. LUPPRIAN 51, 52 U. 58, 59, N, verdankt seine genauen Informationen sicherlich auch seiner Zugehörigkeit zum Franziskanerorden. Suggestionen: Z. B. bei Nikolaus IH., ed. LUPPRIAN Nr. 47 (46): Großkhan Kubilai soll schon getauft sein und nach Missionaren verlangen, wie Nachricht der Brüder Polo an Gregor X. bei Marco Polo, VIII(7) S. 6 (8/9); dazu M.-H. LAURENT, Gregoire X et Marco Polo (1269-1271), in: MEFR 58 (1941/6) 132-144; Nikolaus IV an Kubilai 1289 ed. LUPPRIAN Nr.54. Einer der Boten war der berühmte nestorianische Mönch Raban Sauma, der 1287 als Bote Arghuns nach Rom, Paris und Bordeaux reiste und auf diese Art, wenn auch unabsichtlich, vielen Abendlän dern einen wirklich mongolisch - zumindest besonders fern und fremdländisch - aussehenden Christen vorführte (vgl. CHABOT [Ed.], Histoire). 108 Konzilsakten ed. FRANCHI S. 84, vgl. 111. 109 Er berichtet in der ersten Person: ed. LUPPRIAN Nr,44 S. 230; von Ricardus ist vielleicht auch Nr.43 S. 224 die Rede. - Ein anderes Mitglied der Delegation, der englische Dominikaner David v. Ashby, legt dem Konzil Fais des Tatars vor (frg., wie oben S. 48): D. gibt sich wenigstens den Anschein, Augenzeuge zu sein, war 1260 Bote der Christen des Heiligen Landes zu Hülägü, lebte und missionierte wohl seither in Persien. Das ganze Auftreten der Gesandtschaft und das späteren Verhalten D.'s vor König Edward L (unten S. 101) stützen jedenfalls die Vermittlungspolitik. ,
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mehr schöne, werbende Worte, die auf die Geschichte des Ilkhanats und seine Aktionen gegen die Sarazenen zurückblicken und die Übergabe Jerusalems nach gemeinsamer Eroberung in Aussicht stellen. Wie schon sein Vater Hülägü, dessen Tod allein seine Taufe verhindert habe, sei auch Abaqa den Christen in jeglicher Hinsicht zugeneigt - unausgesprochen, aber heraushörbar für alle Willigen ist seine kurz bevorstehende .ßekehrung . · , Schließlich wird am 16. Juli in A!lwesenheit des Papstes einer der Boten zusammen mit zwei Begleitern getauft ��,o. üb diese Taufe nun HerzensbedüTfnis oder gezielte Geste gegenüber den Abendländern gewesen ist - als Propagandamittel gerät sie zu einem Volltreffer von ungeheurer Wirksamkeit. Das Ereignis bleibt in Erinnerung, kaum eine zeitgenössische größere Chronik, die nicht zumindest in einigen Worten des Geschehens gedenken würde. Eine unmittelbare Fortsetzung der Chronik Mar tins von Troppau (t 1278), vielleicht noch von ihm selbst, berichtet : »Bei diesem [Konzil] waren feierliche Boten der Griechen und Tartaren anwesend . . . Die Boten der Tartaren aber wurde während des Konzils getauft und kehrten nach III Hause zurück. " Verbreitet wird hier die Taufnachricht, kein Wort dagegen fällt über das Bündnisangebot. Das registrieren nur ausführlicherere Chronisten : »Feierliche Gesandte der Tartaren, . . . mit goldbestickten Kleidern, waren auf dem Konzil, um zwischen der Kirche und den Tartaren ein Bündnis zu schließen; ein Fürst unter ihnen, der Sohn des Königs, wurde dort getauft; ihn hob der Papst selbst aus der , Taufe . . « Die Boten versprechen dem Papst und der Kirche umfangreiche Hilfe 1 12. gegen die Sarazenen, die der Chronist detailliert und sehr realistisch aufzählt Davon aber, daß der Getaufte tatsächlich ein Sohn des Ilkhans gewesen sei, wissen die offiziellen Konzilsakten nichts und hätten es doch kaum verschwiegen 11 3. Die mittelalterlichen Missionare streben oft danach, die Herrschenden zu taufen, damit die Untertanen ihrem Beispiel folgen würden. Kein Wunder, daß mancher Annalist den Irrtum elweitert und berichtet, das ganze Volk der Tartaren, oder doch wenigstens sein größter Teil, sei damals bekehrt worden 114. Mehr noch als die Hilfe •
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110 Ed. FRANCHI S. 96/7. 111 Martin v. Troppau, Chr. pont. imp. Cont. Ed. III S. 442. Über die weit verbreiteten Martinschro niken (vgl. v. D. B RIN CKEN , Studien, wie S. 252, N. 292) gelangt ein solcher oder ganz ähnlicher Wortlaut in unzählige, auch sehr knappe Geschichtswerke des 14./15.]h.; zur Bedeutung unten S. 254. 112 Chr. S. Petri S. 265; sehr interessant und nüchtern die Flores Hist., wie S. 100. Die Taufe habe große Freude erregt w e g e n des Nutzens für das Heilige Land : Dit dou Concil (Ms. um 1300) vv . 632/ 36, S. 941 . 113 Erst 1290 kam es unter der Patenschaft Nikolaus IV. zur Taufe des Ilkhan-Sohnes Öldscheitü, der aber als Muslim den Thron bestieg, ed. LUPPRIAN Nr. 61, auch 60; oben S. 34/5. Die Ann. Polon. wissen gar, der König, sprich Khan, sei selbst nach Lyon gekommen und habe die Taufe empfangen (S. 640/1). 114 Ann. Veterocel. (S. 44 zu 1275) bzw. Ann. Wormat. (S. 77 zu 1278); vgl. Giov. Sercambi, Croniche I, S. 40. Vorsichtig dagegen Ann. London. S. 83. - Bedeutung für die end zeitliche Einordnung der Tartaren unten S. 272 ff.
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für das Heilige Land liegt der Christenheit die Bekehrung des Heidenvolkes am Herzen; die stetigen Bemühungen der werbenden Vermittler können kaum stär ker Vertrauen bilden als jene eine Taufe. Gregor X. scheint allerdings nicht angesteckt worden zu sein von den durch die Taufe erregten Hoffnungen, die für die Gerüchte verantwortlich sind. Dieser Papst, der sich so sehr um einen neuen Kreuzzug bemüht hat - den ein getaufter Khan doch hätte unterstützen können -, antwortete erst im März 1275; recht kurz fordert er Abaqa zur Taufe auf und verspricht, ihn zu benachrichtigen, wenn ein Kreuzheer aufbreche. Wo die öffentliche Meinung den persischen Tartaren und ihren Bekehrungs chancen längst günstig gesinnt ist - so günstig, daß schließlich völlig überstei gerte Gerüchte geglaubt und mongolische Herrscher zu Legendengestalten wer 1 15 . den können -, bleiben vor allem die Päpste noch lange Zeit skeptisch Nach anfänglicher Unklarheit, nach Urbans Mißtrauen und Clemens' Illtum, ist den Päpsten bei all ihrer Bereitschaft, sich an Taufgerüchte zu klammem, in all den Jahren des diplomatischen Austausches völlig bewußt, daß ihre Verhand lungspartner, die Ilkhane, zwar äußerst christenfreundlich, aber noch nicht getauft sind; es geht kein Brief mehr nach Persien, der nicht eindringlich zur Taufe 1 16 . Ebenso prompt reagieren die Päpste auf Bitten seitens der Khane, auffordert Missionare zu schicken - nach Möglichkeit, denn nicht immer finden sich geeig nete und bereitwillige Mönche -, zumindest aber sorgen die Päpste selbst für eine 1 17 dem Umfang eines solchen Briefes entsprechend kurz gehaltene Belehrung . Auch an Familienmitglieder der Ilkhane, von deren christlichem Bekenntnis er gehört hat, wendet sich der besonders eifrige Missionarspapst - er ist Franziskaner IV. 1 18. - Nikolaus
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Knapp und treffend charakterisiert Jean RICHARD den Briefwechsel zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Ilkhanat : »Aux invites a une collaboration militaire qui
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115 Vgl. S. 104ff. zu den Ereignissen von 1299/1300. Legenden : z. B. das Bekehrungswunder bei Tho mas v. Cantimpre, Bonum 1I,4 unfol.; auch in L.J. FRIEDMAN, Joinville's Tartar Visionary, in : Medium Aevum 27 (1958) hier 2. Besonders eindrucksvoll die Legende vom King 0/ Tars, unten S. 219120. 116 An die regierenden Ilkhane sind zwischen 1263 und 1322 immerhin 11 Papstbriefe erhalten (in den 16 Jahren von 1275-1291 allein 8). Erst der letzte Brief (wie N. 123) fordert nur noch versteckt auf. 117 Missionare schon 1263: LUPPRIAN Nr. 4 1 . Mit den Polos: c. VIII(7) S. 6 (8/9), vgl. LUPPRIAN, Dep. 17 S. 286. An Kubilai 1278: ebd. Nr. 47, auch 46 (Entschuldigung); 1289: 54. Im 14.Jh. erfreute Reaktion Benedikts XII. auf die Bitten aus China: unten S. 1 76. - Kubilai wünscht von den Polos 100 gelehrte Missionare, doch Gregor X. kann ihnen nur zwei mitgeben, die ebenfalls lange vor Erreichen des Ziels der Mut verläßt. Um so bemerkenswerter sind jene Männer, die tatsächlich nach Asien zogen; zur Stimmung der Missionaren unten S. 148/9. - Belehrungen: z. B. 1288, Nr. 50. Vgl. zu diesem Komplex J. RICHARD, Le discours missionnaire: l'exposition de la foi chretienne dans les lettres des papes aux mongois, in: DERS., Croises, Nr. XVII. Zum Lehrschreiben des Aegidius Romanus für einen tartarischen Khan im Auftrag Bonifaz VIII. unten S. 145/6. 118 Oben die Frauen; 1291 Gratulation an den getauften Khanssohn Nikolaus, ed. LUPPRIAN 61 S. 272/73, wie N. 113. Aufforderungen, es ihm bei der Taufe gleichzutun, an seine Brüder: ed. LUPPRIAN 63/4 S. 277-279. •
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viennent du cote mongole, l'invitation a embrasser le christianisme repond du 119 cote ponu·f·lCale.« A
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Was aber ist aus diesem m o n g o l i s c h e n Hauptanliegen, der militärischen Koo peration gegen die gemeinsamen Feinde, im Bewußtsein der abendländischen Herrscher geworden - aus jener Bündnismöglichkeit, die von den wenigsten Chronisten des Jahres 1274 registriert worden ist ? Die Päpste fordern nicht nur immer wieder zur Annahme des Christentums auf, sie machen auch klar, daß die Taufe für sie die unabdingbare Voraussetzung jedes Zusammengehens ist. Urban IV. führt 1263 dem Ilkhan vor Augen, welche Stärkung er durch die Hilfe der Christen erfahren werde, wenn er getauft in den Kampf gegen die Sarazenen ziehe. Clemens IV. berichtet 1267 in der Überzeu gung, daß Abaqa Christ sei, diesem ausführlich von Vorbereitungen zu einem Kreuzzug, greift also gerne zu, sobald er die notwendigen Voraussetzungen für 120 . Abaqa reagiert auch prompt und verspricht, seinerseits Truppen sieht egeben g 121 zu schicken , doch die Kreuzfahrer ziehen schließlich nach Tunis. 1291 fallen Akkon und die übrigen letzten fränkischen Festlandsstützpunkte im Heiligen Land; kaum hat Papst Nikolaus IV. davon erfahren, da schickt er auch schon eine Gesandtschaft zu Arghun und schildert ihm in glühenden Farben und 12 2 » ausführlich die Bedrängnis der Christenheit . Und fester Glauben rät uns, daß dieses Unternehmen rasch den gewünschten Erfolg zeitigen wird, wenn es von Deinem machtvollen Arm unterstützt wird. Deshalb beschwören und ermahnen wir Deine Hoheit, wir bitten inständig und ersuchen vertrauensvoll darum, daß Du mit geneigtem und ehrerbietigem Sinn die Heilige Taufe empfangen mögest und mit göttlicher Zustimmung Deine Kräfte einsetzt und Dich an der schnellen Rücker oberung des genannten Landes und auch an der Vernichtung der Nichtswürdigkeit und des Hochmutes seiner Feinde beteiligst . . . « Sogar als die militärische Lage schnelles Handeln erfordert hätte, besteht der Papst auf vorheriger Taufe. Bei diesem Prinzip bleiben die Päpste. Erst Clemens V. betont 1308 nicht mehr ganz so deutlich die Taufe als unumgängliche Bedingung für eventuelles Zusammengehen. Er zieht schon 1307 gegenüber Karl 11. von Anjou zwar kein direktes Bündnis, aber doch eine Art mittelbare Kooperation mit den Tartaren in
119 Chretiens et MongoIs au Concile 1274: la papaute et les mongoIs de Perse dans la seconde moitie du XIIIe siede, in: DERs., Croises, Nr. XV, 35. 120 Urban : ed. LUPPRIAN Nr. 41, S. 219; mit Sicherheit hat der Papst auch vom Bündniswunsch des Ilkhans durch den Boten Joh. erfahren; zu Joh.' Rolle bei der mongolischen Initiative vgl. Hülägüs Brief an Ludwig IX., ed. MEYVAERT S. 257. Clemens: ed. LUPPRIAN Nr.42 S. 222; zu beiden oben S. 93/4. 121 Ed. LUPPRIAN Nr. 43. 122 Ed. LUPPRIAN 62 S. 275/6. - Wenn Venedig so schnell wie möglich Nachricht aus Kreta bekommt, so benötigt diese etwa einen Monat (vgl. das Beispiel unten S. 184, N. 580/81). Der Papst schreibt etwa drei Monate nach der Eroberung der beider:. Städte (18./19. 5.), am 23. 8., an den Ilkhan .
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EIwägung - sein Brief an Öldscheitü aber ist die letzte Antwort eines Papstes auf 12 3 . den letzten Brief eines Ilkhans nach Europa Bei aller Bedeutung und Verantwortung, die die Päpste zweifello s für die Durch führung eines Kreuzzuges haben, sind die Ansprechpartner der Ilkhane für die eigentliche militärische Kooperation die abendländischen Fürsten gewesen. Den französischen König hat die mongolische Reaktion auf seine G esandtschaft von 1248 vor den Kopf gestoßen, doch die oben geschilderte Überzeugungsarbeit der Vermittler, orientalischer wie abendländischer Christen, in den sechziger Jahren hat allem Anschein nach auch auf die Haltung Ludwigs IX. Einfluß genommen. Zum Jahr 1269 notiert der nach wie vor gut unterrichtete E rfurter Chronist: »Feierliche Boten des erwähnten Sultans von Babyion und feierliche Boten des Königs der Tartaren wurden an die christlichen Fürsten und beso nders an König Ludwig von Frankreich gesandt . . . Als die genannten Boten beim König von Frankreich eintrafen, wollte er die sarazenischen Gesandten d es Sultans weder sehen noch hören, die Boten aber des Königs der Tartaren . . . nahm der berühmte Ludwig, König von Frankreich, ruhmvoll und ehrenhaft auf, fertigte sie ab und beendete jene [beiden] Gesandtschaften in bemerkenswerter und nutzbringender 124 Weise.« Der Nutzen, den ein Helfer im Rücken der Sarazenen bring en kann und auf den auch der Erfurter Chronist hier anzuspielen scheint, leuchtet den abendländi schen Fürsten sofort ein. Auch andere Fürsten schalten sich eiD : seit etwa 1267 König Jaime 1. von Aragon, 1270 Prinz Edward von England (ab 1272 König), seit 1 25 spätestens 1276 Karl von Anjou . Der Gedanke an die militärischen Vorteile eines Bündnisses im Vorderen Orient scheint bei diesen Fürsten - soweit das aus den leider nur wenigen erhaltenen Briefen zu schließen ist 126 - im Vergleich zu
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123 1307 an Karl 11. (Reg. Clem. V. 2269): Planungen für die Befreiung des Heiligen Landes rechnen auch mit aller Vorsicht (und im Konjunktiv) mit dem Fall, daß »die Tartaren das . . . Heilige Land oder einen Teil davon aus den Händen der Sarazenen gewönnen und anböten, das erob erte, freie [Land] den Christen zurückzuerstatten, und der höchste Priester oder die römische Kirche es als sicher und nützlich beurteilten, diese Übertragung anzunehmen . . . « . 1308 an Öldscheitü, dessen Anschreiben verloren ist, aber existiert hat (vgl. Antwort; auch Anhang I). - Zu den beiden Briefe Joh.' XXII. an Abu Sa'id 1322 unten S. 175. - Wahrnehmung des Prinzips : schon MP HA III 5. 38/9, ähnlich CM V S. 37/8. 124 S. 678/9; Chr. S. Petri, S. 260; Dazu Anhang I 1268/9. - Zu den Kreuzzugsplanungen der Zeit jetzt J. RICHARD, La croisade de 1270, premier »passage general. ?, in: DERs., Croisades Nr. VI. 125 Jaime: Eigeninitiative oder mongolische Aufforderung, vgl. Anhang I 1268/9; Prinz Edward befand sich 1270 auf einem Kreuzzug und wurde möglicherweise von mongolischer Seite angespro chen, schickte aber sofort drei Boten zu Abaqa (Anhang I 1270). Neapel-Sizilie n liegt auf dem Weg; möglich ist früherer Kontakt auch hier (unvollständige Überlieferung der neapo litanischen Akten). 126 Leider ist die Überlieferungslage der Briefe an die und von den Fürsten wes entlich schlechter als im Falle der Päpste; vgl. Anhang I (3 Briefe nach und keiner aus Frankreich; 1 Brief nach und 5 aus England; keiner nach und 2 aus Aragon [ein dritter, 1269, referiert im 17.Jh.]); im Falle Neapels sIDd te Inhal der ur Frage Z ausschließlich Begleitbriefe des Königs für verschiedene Gesandte erhalten. z. B. N. 130. -
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anderen Erwägungen mehr und mehr an Gewicht gewonnen zu haben, denn die Mongolen erfüllen inzwischen zwei offenbar notwendige Voraussetzungen. Zum einen kann eine Unterwerfung unter die Mongolen keinesfalls akzeptiert werden; diese Forderung hatte 1248/50 Ludwig den Heiligen bei aller Nützlich keit, die ein gemeinsames Vorgehen gehabt hätte, gänzlich abgeneigt gemacht und wäre, bedenkt man das unveränderte abendländische Selbstverständnis, auch später ein unüberwindliches Hindernis gewesen. Man ist zunächst offenbar noch nicht frei von Mißtrauen. So formuliert Guillaume de Nangis, der dem französi schen Hof nahesteht, die wohl dort kursierende Frage, ob die Gesandten 1276 tatsächlich gekommen seien, um ein Bündnis zu schließen, oder eventuell als Spione 1 27. Doch spätestens seit 1271 enthalten die Briefe der Ilkhane keine Unterwerfungsaufforderungen mehr 128; vielleicht reagieren Karl I. von Anjou 1278 und Edward 1. 1289 darauf, als sie - wohl in der Hoffnung, daß sie nicht mehr als Tribute verstanden werden - Geschenke an d.�n Ilkhan senden, die dieser . . . 129 1 wie unter gleichrangigen Fürsten" crwidertl29• . - .. Zum anderen ist - offenbar im Gegensatz zu den Päpsten - für die christlichen Könige des Abendlandes, zumindest für König Edward I. von England, die Frage des religiösen Verhaltens der Ilkhane in hinreichender Weise geklärt l3O. Es ist wohl kaum ein Zufall, daß gerade die königsnahen englischen Flores Historiarum eine besonders nüchterne Einschätzung der Ereignisse auf dem Konzil von Lyon verzeichnen, nach der die mongolischen Boten (im Gegensatz zu den Griechen) »nicht aus Gründen des Glaubens, sondern um ein Bündnis zu schließen« angereist seien l3 1. Auch der Erfurter Chronist hatte das Bündnisange bot 1274 ausführlich notiert, doch in den Flores fehlt jeglicher Hinweis auf die Taufe, und die Auffassung der Mongolen von der Bedeutung der Religion scheint zudem klar erfaßt zu sein. Dies muß nicht genau den Erkenntnisstand des .
ehr. du Primat S. 99, ungenau übernommen in die 127 Gesta Phi!. S. 5 1O, ehr. ed. RHF S. 565 Grandes ehr. de France t. VIII S. 74. Guillaume lebt im Kloster St. Denis. 128 Aus diesem Jahr stammt der erste nach 1262 aus Persien erhaltene Brief: an Edward v. England (ed. STAPLETON S. 143); Abaqa scheint bereits klüger als sein Vater geworden zu sein (wenn der Thronwechsel auch den Wechsel in der Taktik brachte, hätte man auch für den Brief an Clemens 1267 keine derartige Aufforderung mehr anzunehmen). 129 Vgl. Anhang I zu 1278, 1289 und 129 1 ; man bewegt sich in dieser Hinsicht unter Gleichen. Auch der König v. Frankreich erhält ein Geschenk: oben S. 52, N. 43. 130 Möglicherweise läßt sich der Befund aus Edwards Briefen nicht verallgemeinern, sondern ist eine �igentümlichkeit dieses Königs, der zweimal ins Heilige Land zog. Bei anderen Fürsten läßt uns die Uberlieferung im Stich. Wahrscheinlich jedoch forderte auch Jaime 1. 1267 (?) und 1269 keine Taufe : die Briefe enthielten sicher militärische Themen (zum Inhalt Anhang I); über religiöse Fragen ist nichts berichtet, unsere Hinweise auf den Inhalt sind äußerst knapp. Die Briefe von 1300 und 1307 (?) stammen von Jaime II.; Rückschlüsse sind auch hier problematisch. Von den französischen Königen haben wir keinen Antwortbrief erhalten (verschiedene Nachrichten darüber Anhang I). 131 III S. 43. Die Flores dürften praktisch zeitgleich, also unter dem unmittelbaren Eindruck, geschrieben sein; sie wurden seit 1265 in Westminster fortgesetzt. - Eine ähnliche Erkenntnis in einer aragonesischen Chronik, zit. ABEL-REMUSAT (Ed.), Memoires, wie Anhang I, N. 2, 7 S. 341, aber es handelt sich um eine sehr späte Aufzeichnung, die durchaus ex eventu urteilen könnte. - Die griechische Gesandtschaft sollte über eine Kirchenunion verhandeln, kam also pro fide . =
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englischen Hofes spiegeln; doch neben diesem chronikalischen gibt es noch andere Hinweise, daß man dort wie an anderen abendländischen Fürstenhöfen die militärische Allianzbereitschaft von der Religionsfrage gleichsam abkoppelt 1 32 . Das ist jedoch nur möglich, weil Edward überzeugt wird, daß den Christen von den Mongolen kein Unheil drohe. Anfangs ist man wohl noch mißtrauisch gewesen: 1269 sollen Berater Jaime I. von Aragon vor der Wildheit (jiereza) der Tartaren gewarnt haben, dazu kommt die Bedrohung durch die allerdings vom Verhalten her ganz » anderen« Tartaren in Osteuropa 133. Wie den Päpsten versi chern die zwischen Persien und dem Abendland vermittelnden Boten auch den Königen immer wieder, daß zumindest die persischen Tartaren keineswegs Böses im Sinn hätten, daß sie vielmehr die Christen förderten, wo sie nur könnten. Diese wiederholten Bemühungen zeigen die Bedeutung dieser tartarischen Hal tung für die Könige, deren Antworten beweisen, daß sie überzeugt werden können. 1274 erfährt Edward I. von der »Leidenschaft« Abaqas für die christliche Sache, 1289 von der »tiefen Hingabe« Arghuns ; 1303 versichert man ihm »in lebendigen Worten« die Glaubwürdigkeit der Worte Ghazans; auch Jaime 11. von Aragon lobt 1300 und um 1307 des Ilkhans Werk für die Sache der Christen heit 1 34• Die Boten Ghazans in Paris 1300 sollen sogar versprochen haben, die Tartaren würden gerne Christen werden, wenn der König und seine Barone Truppen zur gemeinsamen Rückeroberung des Heiligen Landes senden würden 1 35. Edward - und wohl auch die anderen Fürsten, zumindest Jaime 11. im Jahr 1300 - betont immer wieder, daß man nur im Christentum selig werden könne und eine Vernichtung der ungläubigen Sarazenen ein Werk im Dienste Gottes sei, doch er geht auf Verhandlungen über Kooperationen ein, ohne auf vorheriger Taufe zu bestehen; die Bekehrung der Ilkhane betrachtet er - da nicht anzuneh men ist, daß er sie für Christen hielt, obgleich sein Sohn offenbar nicht wußte, daß Öldscheitü Muslim war 136 - weder als seine Aufgabe (sie kam dem Papst zu) noch als Bedingung für militärische Kooperation. Das Heidentum des potentiellen Partners sehen offenbar nur die Päpste als prinzipielles Hindernis; wenn er sich umgänglich verhält, ist die wichtigste Bedingung der weltlichen Herren für ein Bündnis in erster Linie der gemeinsame Feind, und auf dieser Ebene treffen sich zumindest Edward 1., Jaime 11. und Edward 11. mit den Ilkhanen 1 37. Im letzten
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132 Guillaume de Nangis registriert 1276 das Bündnisangebot und schweigt von Religion (Gesta Phi!. S. 510/1); ähnlich zu 1277 Joh. v. Oxenedes S. 250. 133 Jaime: späte Quelle; Bericht zit. Anhang I. Zu Osteuropa vgl. S. 10213. 134 Zu den Briefen Edwards und Jaimes Anhang I. 135 Guillaume de Nangis, Cont. Chr. ed. RHF S. 588. 136 Für beides spricht der Ton der Briefe; einmal schreibt E. in beleidigendster Weise von der ,.schmutzigen Sekte Mohammeds« (Anhang I). An den Sarazenen ließ kein Fürst ein gutes Haar und meinte normalerweise die Mamluken, den gemeinsamen Feind . 137 Inhalt sämtlicher Fürstenbriefe Anhang I. L. LOCKHART, The Relations between Edward I and Edward n of England and the MongoI li-khans of Persia, in: Iran 6 (1968) 23-3 1 ; H. C. LUKE, Visitors •
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Viertel des 13. Jahrhunderts, in dem sich die pragmatische Einstellung (auch der Mongolen) entwickelt und man sich aufeinander zu bewegt, beginnen auch die ersten Kreuzzugsgutachter, für ein Bündnis mit den persischen Mongolen zu 138. werben Die Zeitgenossen trauen Jaime I. 1269/70 - also in der Zeit, als er sich erstmals mit Abaqa in Verbindung setzte - soviel Pragmatik zu, daß ihm nachgesagt wird, er wolle eine Tochter mit dem Ilkhan oder dessen Sohn verheiraten, weil sie Feinde der Sarazenen seien. Ähnliches berichtet der gleiche, beiden Herrschern an sich nicht übelgesonnene Annalist auch von Alfons X. von Kastilien 139. Er habe sich 1271 durch Heiraten mit zahlreichen Gegnern Karls von Anjou verbinden und beispielsweise eine natürliche Tochter mit dem König der Tartaren vermäh len wollen, weil dieser ein Gegner des Königs von Ungarn - eines Verwandten Karls - sei. Vorstellbar sind solche Gedankenspiele - die noch nicht gleichbedeu tend mit einer Einbindung der Mongolen in das mittelmeerische Bündnisgeflecht wären -, für die Bela von Ungarn zehn Jahre zuvor trotz höchster Not vom Papst streng gemaßregelt worden war 140. Wie Bela liegt die Idee auch den beiden spanischen Fürsten möglicherweise deshalb nicht fern, weil sie alle in einem Grenzgebiet zwischen Christen und Heiden leben. Alfons 111. von Aragon muß ' 1290/91 auch eine Art Nichtangriffspakt mit Ägypten (bezogen unter anderem auf die Tartaren) zumindest geplant haben 141. Man kann auf das Vorbild von Byzanz - mit dem Alfons X. ebenfalls verbündet ist - zurückgreifen: dort ist die Verheiratung natürlicher Töchter an Barbarenfürsten, auch an Mongolen, schon lange ein Mittel der Diplomatie gewesen. Dennoch bedeutete vor allem das Projekt Alfons' X., falls es tatsächlich in Betracht gezogen wurde, eine für diese Zeit im Abendland ungewöhnliche Interessenpolitik, denn bei dem König der Tartaren, den Alfons an sich binden will, kann es sich nur um den Khan der Goldenen Horde handeln. Nach wie vor wüten die Tartaren der Goldenen Horde an den Grenzen Osteuropas gegen Christen. Nachrichten über Einfälle und Zerstörungen von Klöstern und Kirchen dringen immer wieder in west- und mitteleuropäische Chroniken, und die Päpste übersenden den betroffenen Fürsten Kreuzzugsbullen 142. Die katholischen Chri sten Osteuropas sorgen überdies dafür, daß niemand im Westen diese Tatsachen über die neue Freundschaft zu den persischen Mongolen vergißt: Bischof Bruno from the East to the Plantagenet and Lancastrian Kings, in: The Nineteenth Century and After 108 (1930) 760-769. 138 Vgl. S. 109ff. 13 9 Ghibellinische Ann. v. Piacenza, Jaime S. 536, 542; Alfons 553. Jaimes Sohn ist mit einer Tochter Manfreds vermählt, Alfons ist Urenkel Barbarossas und Feind Karls v. Anjou. 140 Oben S. 85/6. Bündniseinbindung nach Einschätzung SPULERS, Horde, 58. - 1281 soll es einen neuen ungarischen Heiratspl�n gegeben haben (Ann. S. Rudp. Salisb. S. 806), vgl. 1416 (PolenITürken) unten N. 144. 141 Ed. des arabischen Vertrag(sentwurf)s AMARI, Biblioteca, S. 548-568, hier 559/60 (für den Hinweis danke ich Prof. Dirlmeier, Siegen). 142 THEINER VMH I und VMP I.
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von Ölmütz sendet gerade an das zweite Lyoner Konzil die Mahnung, man solle nicht über die großen Bemühungen um das Heilige Land die Gefahr der Tartaren an der Ostgrenze vergessen 143. Ein Heiratsbündnis mit diesen bedrohlichen Mongolen mit dem Ziel, christliche Gegner zu besiegen, wäre nicht nur kirchen rechtlich (wie bei BeIa) ein Skandalon gewesen, sondern auch bei den Königen Westeuropas kaum auf Verständnis gestoßen; weniger wegen des Heidentums der Goldenen Horde als vielmehr wegen des Bündnisses g e g e n C h r i s t e n. Noch auf dem Konstanzer Konzil, als die christlichen Fürsten Osteuropas längst gewohnt sind, sich gegeneinander mongolischer Söldner zu bedienen, wird es dein polnischen König schwer werden, den Westeuropäern den Einsatz tartari scher Hilfstruppen gegen den Deutschen Orden in der Schlacht bei Tannenberg verständlich zu machen 1 44 . Ob Alfons von Kastilien 1272 aus machtpolitischen Gründen wirklich eine Verbindung mit der Goldenen Horde in Betracht zieht, also einen noch ganz außergewöhnlichen Gedanken verfolgt, kann wohl nicht sicher entschieden wer den 145. Es hätte zur Verwirklichung viele Hindernisse - nicht nur der Entfernung 6 1 4 - zu überwinden gegeben, und so kommt es wohl nicht einmal zu Kontakten . Doch auch im Vorderen Orient gelingt trotz einer wesentlich besseren Ausgangslage und objektiv größerer Chancen gemeinsamen Handelns keine gemeinsame militärische Aktion. Die Ilkhane teilen die Größe ihrer Heere und ihrer Ressourcen mit und schlagen konkrete Termine vor, doch der englische König muß meist bekennen, daß er nicht wisse, wann ein Kreuzzug zustande kommen werde, oder, wie im Falle der englischen Briefe von 1303 und 1 307, daß er wegen eines Krieges im Westen unabkömmlich sei. Jaime I. hat 1269/70 keinen Kreuzzug unternehmen können, weil das Meer zu unruhig gewesen sei. Beim König von Zypern beklagt sich Ghazan 1299, daß er nicht wie verabredet Ägypten angegriffen habe, als die Mongolen gegen Syrien loszogen 1 47. Umge kehrt muß Prinz Edward 1272 nach langem, vergeblichen Warten auf die Hilfe von Christen und Tartaren unverrichteter Dinge dem Heiligen Land den Rücken Für das gleiche Konzil hat Humbert v. Romans (unten S. 121, N. 233) in seinem Kreuzzugsgutachten die Gefährlichkeit der Goldenen Horde heruntergespielt (Op. Trip. 1,15 S. 195), allerdings nicht, um damit eine Bündnis zu befürworten: die abendländischen Theologen sind zu diesem Zeitpunkt noch längst nicht so weit. 144 Vgl. S. 188ff. Noch immer kann ein Heiratsplan ein Vorwurf sein: Der Generalprokurator des Deutschen Ordens berichtet 1416, der polnische König plane, seine Tochter mit dem T ür ke n sultan zu vermählen (Peter v. Wormditt Nr. 182 S. 367). 145 Für wahrscheinlich hält es offenbar SPULER, Horde, 55/6. 146 Es ist fraglich, ob die Goldene Horde auf ein solches Bündnis überhaupt Wert gelegt hätte, zumal Alfons trotz allem kaum bereit gewesen wäre, sich zu unterwerfen : Auf der Iberischen Halbinsel hatten die Christen das nicht mehr nötig. 147 Edward: wie Anhang I; Jaime: Ann. Placent. Gibel. S. 542. Brief Ghazans in einem veneziani schen Brief an den Papst erhalten: Andrea Dandolo, Chr. App. I S. 396/7; Gestes des Chiprois 615 ff. ed. RAYNAUD S. 303 ff. - Tel'luinprobleme: Arghuns Brief an Philipp IV. geht im Sommer 1289 ab, und Arghun will das Kreuzheer im Frühjahr 1291 bei Damaskus treffen: So schnell bringt selbst der eifrigste abendländische Fürst kein Kreuzheer zusammen und nach Syrien.
143 S. 21/2.
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kehren. Die Mongolen, so wissen die schon zitierten Flores Historiarum, seien von internen Schwierigkeiten abgehalten worden 1 48 . Die ungeheure Entfernung, Probleme bei der Terminabstimmung und der Logistik, innere Schwierigkeiten und wahrscheinlich der starke Rückgang an Begeisterung und Tatendrang für einen Kreuzzug lassen jedes mögliche Zusammengehen scheitern. Fränkische Ritter und Tartaren scheinen sich nur einmal zu einer gemeinsa men Aktion zusammengefunden zu haben, als 1280/8 1 Arghun mit großer Macht gegen die Mamluken zieht und sich neben verschiedenen orientalischen Christen die Hospitaliter beteiligen 149. Doch der Hospitaliter Joseph de Cancy muß König Edward I. berichten, daß selbst die im Heiligen Land ansässigen Europäer - und zwar keineswegs aus Mangel an Vertrauen auf fränkischer Seite - Abstimmungs schwierigkeiten mit den Mongolen haben 150. Einen gemeinsamen Kampf von Rittern und Mongolen 1280/81 registriert auch manche abendländische Chronik, ohne Lob oder Tadel und ohne eine Meinung über die Religion der Tartaren zu äußern 1 5 1 . Doch bei aller Geneigtheit der abendländischen Fürsten und vor allem der Christen in den Resten des Königreichs Jerusalem, sich mit den Mongolen zusammenzutun - wie denkt die » öffentliche Meinung« des Abendlandes über heidnische Hilfe für die Sache der Christenheit ? Im Oktober 1299 macht sich Abaqas Enkel Ghazan erneut auf, um endlich Syrien und das Heilige Land den Mamluken zu entreißen, schlägt diese am 23. Dezember auf dem erprobten Schlachtfeld von Hirns am Orontes vernichtend und treibt sie bis nach Ägypten zurück. Am 2. Januar 1300 zieht Ghazan in Damaskus ein, doch dann muß er nach Persien zurückkehren, um die eigenen Grenzen zu verteidigen. Einige mongolische Truppen, die am 4. Februar unter einem General zurückgeblieben sind, velwüsten im Laufe des Jahres 1300 ohne deutliche Erfolge Palästina bis nach Gaza, doch die meisten Eroberungen gehen, als eine neue Kampagne Ghazans im Frühjahr 1301 erfolglos abgebrochen werden 52 . muß, wieder verloren 1 Doch schon vorher sind die guten Nachrichten vom Sieg über die Sarazenen und von der Eroberung Damaskus' nach Zypern gelangt. Am 3. Februar, fast gleichzeitig mit Ghazans Rückkehr nach Persien, laufen Schiffe mit dieser Bot148 Flores Hist. III S. 29; Nicholas Trivet S. 284. Auch militärisch waren die Tartaren nicht immer abkömmlich : oben S. 33. 149 Dazu RÖHRICHT, Etudes, bes. 638. Ereignisse, auch um die Hospitaliter: Gestes de Chiprois 404ff. ed. RAYNAUD S. 208/10. Geffroi de Paris behauptet Ähnliches zu 1306 (vv. 33 15/6). - Zusam menarbeit der italienischen Handelsstädte und der Mongolen unten S. 156. 150 De Cancy, übers. SANDERS S. 7. Vertrauen: Briefe des Großmeisters des Hospitals, Nicole de Lorgne, ed. KOHLER/LANGLOIS, Lettres, 58-61, bes. 59; Charakterisierung des mongolischen Anfüh rers de Cancy S. 8 . 151 Z. B. Joh. v. Oxenedes S. 260. Ohne Erwähnung der Beteiligung der Hospitaliter, mehr oder weniger neutral über die Erfolge und die Niederlage der Tartaren: Grandes Chr. de France t. VIII S. 90. - Nur Hospitaliter Ann. Colmar. Maiores S. 208 (unabhängig davon, im nächsten Jahr, Erobe rung des seit 1268 mamlukischen Antiochia durch die Tartaren, S. 209). 152 Zu den Ereignissen 1299/1301 im Heiligen Land RÖHRICHT, Etudes, 643ff.; siehe auch Bild 15 . -
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schaft nach Venedig aus, von wo aus der Doge sofort Papst Bonifaz VIII. die 153 glücklichen Ereignisse ausführlich schildert : Es heiße, Ghazan wolle bis nach Babilonia, ins Zentrum Ägyptens, vorstoßen, und das Heilige Land stehe mit Hilfe des Himmels vor der Rettung. Nun müßten die Christen handeln, müßten dieses Gotteswerk vollenden helfen - in diesem Sinne gibt auch der Papst die Botschaft weiter, wie im zu Beginn dieses Kapitels zitierten Brief an Edward I. von England. Gott habe dem ungetauften Ilkhan große Siege verliehen, nun seien die christlichen Fürsten am Zuge! Dieser Meinung soll auch Ghazan gewesen sein. Er habe den König Von Zypern und auch den Papst aufgefordert, endlich Truppen zu schicken, die Jerusalem übernehmen könnten, »wenn er es für sie erobert habe« 154. Die Übergabe Jerusalems hatte Hülägü schon 1262 versprochen, zumindest Arghun hat dieses Versprechen 1289 gegenüber Philipp IV. wiederholt. Das glauben die Abendländer, und es ist an sich nicht unwahrscheinlich 155. Christliche Hilfsversu che aus Zypern kamen aber - wie stets - zu spät; aus dem Abendland hat nur Jaime 11. von Aragon 1300 auf Ghazans Siegesmeldung mit konkreten Angeboten geantwortet - doch bevor auch nur sein Bote beim Ilkhan ankommt, ist dessen 1 56. Vorteil schon wieder verloren Das reale Scheitern aber wird kaum beachtet; tatsächliches Geschehen, mon golische Pläne, Vermutungen und Gerüchte regen nun die Gemüter der Christen auf und an 157: »Im Jahre des Herrn 1299 . Das Heilige Land wurde erobert, soviel davon je rechtmäßig den Christen gehörte, von den Königen der Tartaren, Armeniens und Zyperns . . . Der König von Zypern aber wurde als König von Jerusalem eingesetzt vom großen Cassanus, dem Fürsten der Tartaren, der das ganze Land uneingeschränkt dem Christenvolk abtrat« 158 - »und am folgenden Osterfest feierten die Christen den Gottesdienst voll Freude in Jerusalem. « 159 Verläßliche Nachrichten erfahren Interpretationen, die die kühnsten Wunsch153 Die Schiffe erreichen Venedig am 17. 3., vom 19. 3. ist der Brief des Dogen datiert. 154 Augenzeugenbericht in den Ann. Caesar. S. 36; WATTENBACH (Ed.), Bericht. - Aufforderung an den Papst z. B. Eberhard v. Regensburg S. 599. 155 Man bedenke, daß dem Mongolen, auch wenn er inzwischen Muslim war, nicht so sehr viel an Jerusalem liegen konnte wie an Unterstützung gegen Ägypten, vor allem von See (vgl. S. 9 1 : Brief 1262). Zudem veIlllutet MORGAN, Mongois in Syria, 232, daß die klimatischen Bedingungen in Palästina für einen dauernden Aufenthalt der Mongolen nicht geeignet waren: Ghazan muß also an einer ihm ergebenen Verwaltung und Sicherung seiner Eroberungen interessiert gewesen sein. Mit Sicherheit hätte er die neuen Herren des Königreiches Jerusalem als Vasallen wie z. B. den König v. Kleinarmenien gesehen (auch Ed. MEYVAERT S. 258). 156 Zypern : RÖHRICHT, Etudes, 648/9. Zu Jaimes Brief Anhang I 1300. 157 Im folgenden nur ein möglichst charakteristischer Abriß der verschiedenen Gerüchte, die die Ereignisse hervorbrachten. Eine vollständige Übersicht bei RÖHRICHT, Etudes, bes. 648ff., und S. SCHEIN, Gesta Dei per Mongolos 1300. The Genesis of a Non-Event, in: EHR 94 ( 1979) 805-819 (ein schlecht den Zeitgenossen nachempfundener Titel, aber eine recht gute Darstellung). 158 Martin v. Troppau, Contt. Anglicae Fr. Min. S. 2 58 ; florentinische Inschrift bei CHIAPPORI, Riflessi, wie S. 2 13, N. 81, 284. Schon für das erste Vordringen der Tartaren behauptet das um 1300 der Orientreisende Ricold v. Montecroce OP (Itinerarium c. 12 S. 120, vgl. 13). 159 Gerard v. Fracheto Cont. Chr. S. 1 7. -
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träume offen legen : »Der Herr der Tartaren wollte nicht mit der Verfolgung der Sarazenen aufhören, bevor nicht die Fahne des Kreuzes und die seine in Babyion triumphiere«, so berichtet ein wohlinformierter Augenzeuge. Im Auftrag Gottes, den er in einer Vision empfangen hatte, »ließ [der König der Tartaren] das 160 Zeichen des Kreuzes auf seiner Standarte anbringen« . Am 8. August 1300, so schreibt der Patriarch von Jerusalem an den Papst, seien die Mongolen vor die Tore Babyions gezogen, nach drei Tagen sei die Stadt gefallen. Aus dem Plan der 161 Mongolen, von dem man sich erzählte, ist die vollendete Tatsache geworden . All diese Werke Gottes hat der »christlichste König« (rex christianissimus), der 1 62 »erst neulich zur Heiligen Taufe geführt« worden ist, vollbracht - denn solch große Dinge kann doch kein Heide geleistet haben. Das begreift auch Ghazan: » Cassanus aber, wissend, daß ihm der Sieg durch göttliche Kraft geschenkt 163 wurde, ist dort [in Damaskus] Christ geworden« . Gott hat ein Wunder getan : » Cassahan, der König der Tartaren, der auch der Großkhan genannt wird, ist auf wunderbare Weise, wie es heißt, zum Glauben bekehrt worden mit dem größten Teil seines Volkes, und das durch die christliche 164 Tochter des Königs der Armenier . . . « Ein Bekehrungswunder schließt sich an, das - vermutlich zu diesem Ereignis entstanden oder doch zum ersten Mal mit den Tartaren verknüpft - sich weit verbreiten, auf andere Ereignisse übertragen 165 und schließlich das englische Volksmärchen des King o[ Tars ausbildeten wird . Immer wunderbarer werden die Berichte, immer weiter verbreiten sie sich, nur 166 . wenige Chroniken bleiben bei den Realitäten Typisch für die Stimmung um 1300 ist die Begeisterung für die Tartaren, die auf apologetische Höhen treibt: »Der Herr, der den Tartaros zügelte und den Tartaros-Fürsten bekämpfte, hat nun aus allen Völkern den König der Tartaren auserwählt . . . Dann überschritt dieser Jordan, Euphrat und Nil . . . Dies sah vor langer Zeit schon Jesaias und 167 prophezeite es mit schallender Stimme . . . « 160 Ann. Frisiac. S. 67. Das wäre sogar denkb ar, denn die Mongolen hatten u.a. ch ristliche Truppen füh rer. Die Au ffassung der Ostchristen zur Kreuzesstandarte sch on 1259/60: GROUSSET, Steppenvöl ker, 494; ev. sch on 1221 Nah rung für Priester-Jo h .-Gerüchte: v. D. BRINCKEN, Mongol en, wie S. 203, N. 16, 120. - Münzen mit Kreuz od. ä. RÖHRICHT, Etudes, 649 N. 73; dazu WEIERS, Mongo len in Iran, wie S. 34, N. 121, 308: Abaqa ließ Münzen mit Kreuz sc hl agen. Gh azan h at solch es kaum verboten. 161 Viel leich t aus ih rerseits bereits üb ertrie benen Berich ten wie denen Ricob alds v. Ferrara (Com pendium S. 754), die Mongol en wären bis Babyion gekommen, wenn nicht die Wüste sie aufgehalten hätte. Geffroi de Paris (vv . 3275-3325) zu 1306: der roy de Tarse und der König v. AJInenien verfol gen mit Unterstützung der Hospital iter das paiennes genz b is in die Wüste Babyi ons und töten den Sultan. 162 Ann. Reg. Edw. I. S. 443/4. Er befand sich nich t in Jerusal em, h öch stens auf Zypern. 163 Hist. Anglicana S. 82. Gh azan wird noch in Damas kus Christ und zieh t dann weiter nach Babyion : dem Berich t könnte eine Sch ilderung äh nlich der im Brief des Patriarch en zu Grunde liegen. 164 Gerard v. Frach eto (t 1271), Cont. ehr. S. 1 7. 165 Unten S. 219120 ganz anderen Zeiten, Z. B. 1337: Gill es li Muisit, S. 1 14/5; dazu unten S. 220, N. 1 14. 166 Gui llaume de Nangis fügt an den pro bl ematisch en Stell en Oerusalem und Taufwunder) ein ut dicitur/aiunt ein (Chr. ed. RHF S. 581, ed. GERAUD S. 307/8). 167 Gesta Boemundi Archiep. Trever. S. 482.
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Die Palette der Urteile über die Ereignisse bei Ghazans Westfeldzug 1299/1300 zeigt, wie sich im Abendland Realismus, Hoffnung und Wunschdenken mischen. Dem brennenden Wunsch nach einem christlichen Jerusalem steht die Trägheit, die Unfähigkeit der Christenheit im späten 13. Jahrundert gegenüber, aus eigener Kraft die Sarazenen zu vertreiben. Gott aber hat sein Volk nicht verlassen, sondern sendet jenen starken Fürsten aus dem Osten, von dort, woher man im Abendland immer wieder die Rettung erhoffte. Doch der Triumph wäre nicht vollständig, die Freude getrübt, wenn dieser Herrscher zwar Jerusalem erobert und großzügig den Chri sten überlassen hätte, doch selbst nicht am Heil teilhaben dürfte. Deshalb wird er getauft, erlebt er ein Wunder an sich selbst : Auch hier ist jene grundsätzliche Überzeugung am Werk, daß nur ein Christ wirklich der Sache der Christen dienen darf. Gott kann einen Heiden erwählen - mit Gottes Hilfe haben nach Meinung vieler Abendländer zum Beispiel auch die Mamluken 1260 gesiegt - doch die Welt ist erst wieder in Ordnung, wenn die Bekehrung vollendet ist l68• Zudem haben sich die Abendländer nun seit langem daran gewöhnt, daß die Mongolen Christen sind oder sich wenigstens bald taufen lassen würden. Diese Hoffnung, in Lyon 1274 geweckt, erfüllte sich in Jerusalem 169. Von der Hoffnung weichen selbst die Realisten nicht ab : Papst Bonifaz weiß im April 1300 sehr n o c h nicht vom Licht des rechten wohl, daß Ghazan nicht getauft ist Glaubens erleuchtet« (Hervorh. F. S.). Der Papst ist über die Verhältnisse im Vorderen Orient zu gut informiert, um sich Illusionen hinzugeben, doch auch er 170. blickt optimistisch in die Zukunft -
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So stark aber der Wunsch nach Befreiung des Heiligen Landes ist - weshalb sich Bonifaz VIII. auch über einen Heiden als Werkzeug Gottes freuen kann -, so wenig haben die Päpste in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts das kanonisti sche Prinzip aus den Augen verloren, daß als direkter P a r t n e r der christlichen Streiter nur ein Christ in Frage kommt. Da ein Zusammengehen mit den Mongolen besonders aussichtsreich zu sein scheint, um das politische Ziel der Päpste im Heiligen Land zu verwirklichen, müssen sie zu Christen gemacht werden. Dabei verfolgt das Papsttum einen Weg weiter, den es schon ganz zu Beginn seiner Kontakte zu den Tartaren - mit Innocenz' IV. Initiative 1245 - als Alternative zum Kreuzzug gegen das fremde Volk beschritten hatte. Während in Osteuropa noch lange die Kreuzzugspolitik - neben auch dort beginnender
168 Vg l. S. 258 ff. die entsprec henden endzeitl ic hen Hoffnungen und Überzeugungen. - Maml uken : S. 88. 169 Sc hon b ald nach 1274 vermerkt Joh. v. Oxenedes auch die Rückero berungshoffnung als erfü llt (zu 1277/8, S. 252). 1 70 Er weiß aber 1301, daß der Ilkhan immer noch paganus ist: Reg. Bon. VII1.4384, über die Spende der genuesisch en Frauen, die aus Begeisterung für die Siege des Casanus einen Kreuzzug untersrützen wollen; RÖHRICHT, Etudes, 650 mit N. 79.
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Missionstätigkeit - dominiert, setzen die Päpste für die persischen Mongolen ganz 1 auf Bekehrung 71 • Demgegenüber legen die abendländischen Fürsten den mongolischen Herr schern zwar immer wieder die Taufe ans Herz, wichtiger aber ist ihnen die Anerkennung ihrer Gleichrangigkeit durch die möglichen Partnern : deshalb ist mit dem Ende der mongolischen Unterwerfungsforderungen militärisch-pragma tisches Zusammengehen für sie denkbar geworden. Wenn B. ROBERG also urteilt, der Gedanke der Mission unter den Mongolen sei im ganzen deutlich hinter dem des Zusammenwirkens mit ihnen zum Schutz des Heiligen Landes zurückgetreten 172, so gewichtet er die Position der Fürsten zu stark im Vergleich zur Einstellung der Päpste. Das Papsttum ist aber dasjenige Institut im christlichen Abendland, das in erster Linie die Aufgabe der Welt mission für sich beansprucht. Von den Fürsten wäre eine übergroße Betonung nicht unbedingt zu erwarten; einen Kaiser, der die Ausbreitung des Christentums in Konkurrenz zum Papsttum als Aufgabenbereich beanspruchte, gibt es in der . fraglichen Zeit nicht. Zudem ist zu bedenken, daß nur sehr wenige Fürstenbriefe erhalten geblieben sind, und wir deshalb mit einem starken Einfluß der einzelnen Persönlichkeiten rechnen müssen, für die entweder der Wunsch nach Heiden bekehrung oder der unbedingte Wille zur Eroberung des Heiligen Landes im Vordergrund stehen können 173 . Während die Päpste das christlich-kanonistische P r i n z i p konsequent vertreten, ein Bündnis mit den ungetauften Tartaren grund sätzlich ablehnen, aber zugreifen, sobald sich die Chance einer Bekehrung abzeichnet, geben sich die Fürsten nicht mit theoretischen Überlegungen dieser Art ab und neigen eher zu p r a g m a t i s c h e m Denken. Bei einer solchen differen zierten Betrachtung der Beziehungen stellt man fest, daß die Idee der Mongolen Missionierung von Beginn an, noch vor echten Bündnisüberlegungen, im Westen sehr deutlich vertreten worden ist. Wenn im frühen 14. Jahrhundert die Mission ihrem Höhepunkt zustreben wird und gegenüber der praktischen Bündnispolitik zu dominieren scheint, so nicht, weil sie erst jetzt in den Mittelpunkt träte, sondern weil die praktische Seite weitgehend fortfällt 174. 1260 waren die Abendländer zu dem Schluß gekommen, daß mit den Tartaren keinerlei politische Gemeinsamkeit möglich sei, weil das den praktischen Erfah rungen und zugleich den alten Denkmustern - den kanonistischen Prinzipien über den Umgang von Christen mit Heiden - entsprach. 1300 freut man sich über den mongolischen Sieg über die Sarazenen nicht zuletzt deshalb, weil man 171 Zu beid en Missionsgebieten unten S. 134 ff., b es. N. 291. 172 Tartaren, 243. 173 Eine Ausnahmegestal t gerade in dieser Hinsicht ist Ludwig der Hei lige; Edward v. England ist ein b esonders eifriger Kreuzfahrer. Die Aragonesen wiederum haben sich an den Umgang mit Heidenfürsten gewöhnen müssen, wie oben S. 102. 174 Vgl . S. 172 ff.
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zumindest hofft, daß sie sich bald bekehren würden - eine Hoffnung, die 1260 ebenfalls schon recht aussichtslos erschienen war. Veränderungen im politischen Verhalten der Tartaren haben dazu geführt, daß im Laufe von vierzig Jahren intensiver Kontakte zwischen I1khanen und Abendländern aus Ernüchterung und Ausgrenzung der Tartaren Hoffnung und Einbeziehung wenigstens der persi schen Tartaren in politische Überlegungen geworden sind. Man bewegt sich aufeinander zu; Abendländer, die zwischen den Völkern pendeln, übernehmen die Vermittlung, fördern vor allem zu Hause die Bereit schaft, neu über die Tartaren nachzudenken. Die genannten Prinzipien werden zwar'weiterhin betont, decken sich aber nicht mehr unbedingt mit den Erfahrun gen. Objektiv betrachtet »lernen« die Abendländer auch Dinge über die Tartaren, die nicht der Wirklichkeit entsprechen. Jegliche Erfahrung in praktischem Zusam mengehen bleibt aus, Mißverständnisse und Hoffnungen verzerren den realisti schen Blick auf das Gegenüber. Den Zeitgenossen aber gelingt aufgrund ihrer Sicht der Verhältnisse - gefördert vielleicht nicht zuletzt von den Irrtümern, denn vieles will man gerne glauben - die Einordnung der persischen Tartaren in die politische Welt, in den Handlungsbereich abendländischer Politik. Noch mehr als die diplomatischen Noten unterstreichen Kreuzzugsmemoranden, die seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstehen, wie sehr die Stimmung offenbar unabhängig vom betonten kanonistischen Prinzip umgeschlagen und die Einfü gung vollzogen ist.
3. Die Tartaren in den Kreuzzugsgutachten
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Der Gedanke, man könnte die Macht der Tartaren, die sich selbst anbietet, zur Rückeroberung des Heiligen Landes nutzen, hat bei abendländischen Fürsten, die einen Kreuzzug beabsichtigen, Anklang gefunden. Allerdings ist in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die große Zeit der Kreuzzüge vorbei. Der mit ihnen verbundene Ablaß und die Predigt sind zum politischen Propagandamittel der Päpste verkommen, von allgemeiner Begeisterung, die um 1 100 Massen bewegen konnte, ist nichts mehr zu spüren. Auch Fürsten setzen Kreuzzugsgelübde und -zehnt als Mittel zu ganz fremden Zwecken ein, fast immer fehlt ihnen der politische Wille, sich tatsächlich für die Befreiung des Heiligen Landes einzuset zen. Wenn aber doch ein König oder Prinz eine Überfahrt plant, so werden eng begrenzte Unternehmungen daraus, die ohne Feindberührung oder in bitteren Niederlagen erfolglos enden. So kann auch der Gedanke einer Kooperation mit den Mongolen niemals in die Praxis umgesetzt, auf seine Velwirklichbarkeit hin überprüft werden. Aber immer noch gilt die Befreiung des Heiligen Landes als höchstes Ziel des Papsttums oder eines christlichen Fürsten, und es ist wohl diese Überzeugung, die angesichts der geringen Aktivitäten gerade in der Zeit des Niederganges gegen ,
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III. ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
Ende des 13. und weit ins 14. Jahrhundert hinein eine Vielzahl von Gutachten für die Durchführung eines passagium, eines Kreuzzuges, entstehen läßt. Die Autoren, große Denker, orienterfahrene Mönche, hochrangige Diplomaten und Höflinge, überreichen zum Teil unaufgefordert Päpsten, Konzilien (besonders denen von Lyon 1274 und Vienne 1311 175) und Königen Memoranden, von denen einige d a s g e s a m t e Wi s s e n i h r e r Z e i t über den Vorderen Orient aussch·op · fen 176 . Zwar haben sie alle das gemeinsame Ziel der Befreiung des Heiligen Grabes sieht man einmal vom Werk De recuperatione Terre Sancte des Pierre Dubois ab, das unter dem Titel eines Kreuzzugsgutachtens dem französischen König den Weg zu höchster Macht und Herrschaft weisen will. Aber über das Ausmaß des geplanten Unternehmens - passagium generale oder begrenzte Truppengröße und die Methoden seiner Durchführung gehen die Meinungen auseinander. Man konzipiert eine allgemeine Friedensordnung als Absicherung für die Grenzen der kreuzfahrenden Herren und bedenkt die Organisation von Geldmitteln und . Materialien. Weiter beschäftigen Probleme der Logistik auf den ganz unterschied lichen vorgeschlagenen Anmarschwegen (meist konkurrierend über Kleinasien, Kleinarmenien oder Ägypten) und dann im Orient, und schließlich Fragen der militärischen Strategie. Manch ein Gutachter nimmt vor allem im Zusammenhang der beiden letztgenannten Punkte den Gedanken an eine wie auch immer geartete mögliche Unterstützung des Unternehmens durch die Tartaren aus Persien auf 177, denn die erste Blüte der Memoranden deckt sich zeitlich mit der intensivsten 175 Grundl egend bes. Joseph DELAVILLE LE RouLx, La France en Orient au XIVe siede, 2 Bde., Paris 1886; Aziz S. ATIYA, The Crusades in the Later Middle Ages, New York 2 1965; Sy lvia SCHEIN, Fidel es Crucis. The Papacy, the West, and the Recovery of the Holy Land 1274-13 14, Oxford 1991. A. LECOY DE LA MARCHE, La predication de l a croisade au 13e siede, in: RQH Jg. 25, Bd. 48 ns. 4 (1890) 1-28; G. 1. BRATIANU, Autour du projet de croisade de Nicolas IV. La guerre ou l e commerce avec l 'infidel e, in : RESEE 22 (1945) 250-255; Franz HEIDELBERGER, Kreuzzugsversuche um die Wende des 13. Jahrhunderts, Leipzig/Berlin 1912; M. HEBER, Gutachten und Reformvorsch läge für das Vienner Generalkonzil 1311/12, Diss. Leipzig 1896; Ludger THIER, Kreuzzugs bemühungen unter Papst Clemens V. (1305-1314), WerllWestf. 1973; N.]. HOUSLEY, Pope Cl ement V. and the Crusade of 1309-13 10, in: JMH 8 (1982) 29-43; auch DERS., Franco-Papal Crusade Negotiations of 1322-1323, in : Papers of the British School at Rome 48 (1980) 166-185; Gottfried DÜRRHOLDER, Die Kreuzzugs politik unter Papst Johann XXII. (1316-1334), Straßburg 1913. 176 Eine dat. Liste der Memoranden bis 1314 gi bt SCHEIN, Fidel es, wie N. 175, 269/70; dort feh lt: um 1300: Memoria Terre Sancte in frz. u. lat. Version; um 1 3 1 1 : Gui ll aume Le Maire v. Angers, Avis soumis par G. aux peres du Concil e de Vienne sur l es trois causes en discussion, l 'affaire des Templiers, l e passage d' outre mer et l a reforme ecdesiastique, ed. C. PORT, in: Mel anges hist. Doc. ined. 11, Paris 1877 S. 471-489; mahnend auch Thaddeus v. Neapel (SCHEIN 114 u. 283). Später: 13 16/ 33: Informationes des Duc de Bourbon, ed. A. DE BOISLISLE, Projet d e croisade du premier duc de Bour bon (1316-33), in : ABSHF 9 (1872) 230-55; um 1317: Wilhe1m Adam, De modo; nach 13 19: Garcias d'Ayerve v. Leon, Infonnacio; ca. 1320: Marino Sanudo, Secreta; 1329: Diligences Philipps v. Valois; um 1330: Guill el mus Durandus d.Jgr., Informacio; 1332: Directorium ad passagium faciendum; 1345 : Charte de depart du Dauphin Humbert [11.] (1345), ed.J. ROMAN in: AOL 1 (1881) 537-538. Zu späteren Schriften: Philippe de Mezieres unten S. 127 u. ö.; einige Türkenkreuzzugs Memoranden 195/6. 177 Nur unter diesem Aspekt sind die Gutachten im fol genden untersucht. =
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Phase der geschilderten diplomatischen Kontakte zwischen dem Abendland und dem Ilkhanat. Gemeinsame Voraussetzung für alle Formen der Berücksichtigung der Mon golen durch Kreuzzugsgutachter ist die grundsätzlich vollzogene Einordnung des ursprünglich ganz fremden und feindseligen Volkes in die politischen Vorstellun gen vom Orient, das heißt ein prinzipielles Urteil über ihre militärische Macht und ihre politischen Absichten, gewonnen entweder aus eigener Erfahrung beim Aufenthalt im Vorderen Orient oder geschöpft aus den Erkenntnissen, die im Westen vorliegen. Das breite Spektrum der Einschätzungen der Tartaren durch die Gutachter kann deshalb als Abbild der Meinungen unter jenen Zeitgenossen dienen, die über die praktische Bedeutung der Tartaren für die Welt reflektieren. Fidentius von Padua ist seit 1266 Provinzialvikar der Franziskaner im Heiligen Land und verfaßt wohl dort und noch vor dem Fall Akkons 1291 seinen Liber recuperationis Terre Sancte 1 78 . Offenbar überzeugt nicht nur vom Nutzen, son dern sogar von der Notwendigkeit einer Kooperation mit den Tartaren - für deren militärische Fähigkeiten Fidentius seine Bewunderung bis zur Begeisterung steigern kann 1 79 -, baut er auf ihre Mithilfe grundsätzliche Teile seines Planes auf. So dürfe der erste Angriff keinesfalls auf Ägypten gerichtet werden, denn dort stehe man allein, während bei einer Landung in Armenien oder Antiochia die 0. 8 Tartaren helfend eingreifen könnten 1 Der Khan aber habe versprochen, zu Hilfe zu eilen, und dieses Versprechen werde er erfüllen, wie Fidentius fest ifirmiter) glaubt : »Der Grund aber, weshalb der König der Tartaren den Christen gerne hilft, ist offensichtlich: denn als die Tartaren das ganze damaszenische Reich bis zur ägyptischen Wüste erobert hatten, zogen die Sarazenen aus Ägypten gegen die Tartaren, töteten sie und eroberten jenes Reich tapfer zurück, und so erlitten die Tartaren in jener Gegend großen Schaden. Und deshalb wünschen die Tartaren, daß die Sarazenen dieses Reich verlieren sollen, weil es die Tartaren 18 1 einst besaßen.« Rache also und Haß auf die Ägypter ist nach des Fidentius Überzeugung der Beweggrund der Mongolen, der sie des festen Vertrauens der Christen würdig machen muß. Den gemeinsamen Feind beschwören in der Tat auch die Briefe der Ilkhane immer wieder. Eine ähnliche Begründung für Bereitschaft und Verläß lichkeit der Tartaren werden in Zukunft viele Gutachter geben, und in ihr wird die beginnende Veränderung in der politischen Einstellung der Abendländer gegenüber den Tartaren deutlich. Kein Wort mehr bei Fidentius von der Proble178 Die gute Kenntnis der Bedingungen und eine gewisse Übernahme von Stimmungen, die noc h zu zeigen sein wird, mac hen eine Eingewähnungszeit im Orient wahrsc heinlic h ; mäglicherweise entstand der Text im Umfeld des Kreuzzugs konzils von Lyon 1274 (Ed. S. 4). 179 Er stellt sie oftmals al s militärisches Vorbild hin: unten S. 127. 180 Agypten: S. 53; Annenien: 57. 181 S. 57. ••
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matik der Andersgläubigkeit, mehr als auf die Treue von Glaubensgenossen verläßt er sich auf die Macht des Hasses. Sogar die Möglichkeit der Unterwerfung hat Fidentius in Betracht gezogen, falls er sie nicht in seinem Optimismus übersehen oder beiseite geschoben hat. Denn als zweite Begründung für die Feindschaft der Tartaren gegen die Sarazenen führt er den Weltherrschafts anspruch der ersteren an. Sie wollten sich nicht nur rächen, sondern alle Ägypter, die bis zum Euphrat, der sie von den Tartaren trennt, herrschten, als letzte Sarazenen verdrängen : es ist schwer zu sehen, wo hier noch Platz im Heiligen Land für die Christen als selbständige Macht übrigbleibt 182 . Möglicherweise hat sich bei Fidentius die pragmatische Einstellung der vorderorientalischen Christen durchgesetzt, die den König von Kleinarme nien und dann auch den Lateiner Boemund von Antiochia zur freiwilligen Unterwerfung unter den Ilkhan der Tartaren bewogen hatte: lieber unter der Oberhoheit der Mongolen zu leben, die das Christentum wenn nicht fördern, so doch beschützen, als von muslimischen Eiferern bedrängt zu sein 1 83. Für die übrigen Abendländer aber kommt - wie gesehen - Unterwerfung keinesfalls in Frage. Bei aller Einsicht in den möglichen Nutzen eines Bündnisses ist es gerade der Weltherrschaftsanspruch der Tartaren, der immer wieder zur Vorsicht mahnen läßt, wenngleich er längst aus den mongolischen Briefen ver schwunden ist l 84• Gerade in der Zeit um 1300, als die bloße Möglichkeit einer Eroberung Jerusalems durch die oder mit Hilfe der Tartaren das Gerücht auslösen kann, diese hätten das Grab des Herrn den Christen sogar schon zurückgegeben, warnt ein Kreuzzugsmemorandum eindringlich vor übergroßem Optimismus. Die anonyme lateinische Memoria Terre Sancte eine kürzere französische Bearbeitung desselben Textes ist wohl kurz vorher entstanden - befürwortet zwar eine Übereinkunft mit den Tartaren, wenn sie denn günstig erscheint 185. Doch sie will auch für die Zeit nach der Rückeroberung des Heiligen Landes Vorsorge treffen : man erinnere sich des Weltherrschaftsanspruches, der superbia der Mon golen, all des Unheils, das sie in der jüngeren Vergangenheit angerichtet hätten, und bedenke, daß man aus vor allem diesem Grunde sicher ebenso viele Leute brauchen werde, das Land zu halten, wie vorher, es zu erobern 186 . Der Begriff der superbia gibt hier neben dem Wissen um den Herrschaftsan-
182 S. 57, vgl . 56. 183 Die Einstellung d er Orientalen wie S. 82, 91/2, 268 ff. 184 O ben S. 93/4. 185 Französisch S. 429/30, d azu S. 43 1 ; lateinisch S. 453. Zu den Gerüchten ob en S. 104ff. 186 S. 446/8. Zur Datierung und Abfassungsreihenfolge vgl . d ie Überlegungen KOHLERS in der Einleitung zur Ed . : die französische Fassung nach 1291, die längere lateinische nach 1297. Die französische Fassung enthält die Warnung nic ht, und so scheint der unsicheren Dat. nach die Entwicklung nicht hin zu, sondern weg von d er Vertrauens bildung zu führen, ab er in d er Argumenta tion verschiebt sich nur die Gewichtung; all zu b egeistert un d gänzlich einverstand en sind beid e Versionen nicht. Aus beid en spricht eine recht gute Kenntnis des Heiligen Lan d es, und die Kenner wußten ja normalerweise, was wirklich geschehen w�r. -
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spruch noch immer, und noch lange, das Mißtrauen gegenüber einem Volk wieder, das eine andere Religion hat, andere Werte, Maßstäbe und Spielregeln also, mit dem sich keine Vertrauensbasis schaffen läßt. In der Memoria ist dieses Gefühl, auf dem auch das entsprechende kirchenrechtliche Prinzip aufbaut 187, offensichtlich schweren Herzens der Pragmatik geopfert worden, doch vor den möglichen Folgen wird gewarnt. Letztlich jedoch wird die Pragmatik siegen, und die zunehmende Bereitschaft, auch mit Nichtchristen ins Gespräch zu kommen, wird die zukunftsweisende Möglichkeit hervorbringen, die Gemeinsamkeit und damit die Basis des Zusammengehens nicht mehr unbedingt im gleichen Glauben, sondern in gemeinsamen Machtinteressen zu suchen. Vertrauen wird damit allerdings kaum geschaffen. Besonders am französischen Hof setzt sich seit Anfang des 14. Jahrhunderts 188 die pragmatische Haltung gegenüber den Tartaren durch . Zwei der Gutachten in einer Sammelhandschrift der Bibliotheque Nationale, in der Kreuzzugsmemo randen für einen französischen König, Philipp V. oder Karl IV., zusammenge stellt sind, befürworten zwar nicht ausdrücklich ein Bündnis, aber doch eine 189 nützliche Kooperation mit den Mongolen . Obgleich sie selbst gentiles seien, solle man »auf die Hilfe der Tartaren vertrauen (confitendum sit)« , denn sie haßten die Sarazenen wegen verschiedener Vorfälle mehr als die Christen ; davon ist auch der Bischof Garcias d'Ayerve von Leon (nach 13 19) in seiner Informacio 190 de pertinentibus ad passagium überzeugt . Deshalb könne man davon ausgehen, daß die Tartaren die Sarazenen ablenken würden, während sich die Kreuzfahrer im Heiligen Land festsetzen 1 91 . Auch die Ritter vom Orden der Hospitaliter - die ja sogar Erfahrung im gemeinsamen Kampf haben - glauben, wie sie versichern (si 187 Gl aube und Vertrauen heiß t fides: wie S. 86. 188 Unten S. 172 ff. Einstellung Philipps des Schönen, der intensiv den Kreuzzug pl anen ließ (1308 ed. FINKE, Papsnum 11, 117/9; dazu C.]. TYERMAN, Sed nihil fecit? The Last Capetians and the Recovery o f the Holy Land, in : John GILLINGHAM/J. C. H OLT, War and Government in the Middl e Ages, Essays in Honour o f ]. O. Prestwich, Wood bri dge 1984, 170-181), zum Heidenbündnis; Vorbildhaftig keit der Mongolen bei Pierre Du bois unten S. 127. Jaime II. v. Aragon plant einen Granada-Kreuzzug, kann die Mongo l en nic ht gebrauchen (1311 ed. FINKE, Papsttum II, 230-237). Andere Herrscher sehen in den Tartaren keine Bündner, wie Heinrich 11. v. Zypern und Kar! 11. v. Anjou, oder ü b erge hen sie stillschweigend, wie Daup hin Hum bert 11. und der Hz. v. Bourbon. Dieser will sich mit den Armeniern und deren faudores verb ünden: ev. ist an die Tartaren gedacht. 189 Ms. BN Paris lat. 7470, vgl . C. SAM ARAN, Projets fran<;ais de croisade de Philippe l e Bel a Philippe de Valois, in: HLF 41 (1981) 33-74, hier 66/7 ( für K. IV.); c.]. TYERMAN, Philip V of France, the Assem blies o f 1319-1320 and the Crusades, in : BuH . Inst. Hist. Researc h 57 (1984) 15-34 (für P. V.). Zur Problematik eines tatsächlic hen Bündnisses ob en S. 9112; auch unten 172/3. 190 Nac h Ms. BN Paris lat. 7470, 124r-129v. Das Gutac hten folgt in der Han d schrift auf die Informacio brevis de passagium futurum (fol. 1 1 7r-123r), die die Mongolen nicht erwähnt und die auf Grund der Ideen Guillaume Durand le J. zugeschrieb en wird (ed. DÜRRHoLDER, wie N. 175, datiert zwischen 1311 [Konzi l v. VienneJ und 1323, vgl. N. 189). 191 S. 115 ( fol. 127v/128r). Außerdem muß man sie au ffordern, die Tür ken von hinten anzugreifen, wenn die Kreuz fahrer d ie verweic hlic hten Griechen angreifen wollen, schon, damit nic ht diese die Tartaren zu Hilfe gegen die Christen holen können (S. 1 14/5, fo 1. 126v/7r; gemeint sein können nur die persischen Tartaren, denn nur diese kann man al s »den Türken benachbart« bezeichnen. Ed. 114, Z. 34: apparent ist durch appareret zu ersetzen).
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comme nous creons), daran, daß die Tartaren auf Aufforderung kommen und die
Sarazenen ablenken werden (1309/10) 1 92. Kenner des Heiligen Landes wie die Ritter und Personen wie der Bischof, die wohl aus zweiter Hand urteilen, kommen zum gleichen Ergebnis, weil immer mehr Informationen aus dem Orient nach Europa strömen. So selbstverständlich scheint die Bereitschaft der Tartaren auf der einen und die Akzeptanz des Zusammengehens auf der anderen Seite zu sein, daß knapper gehaltene Planungen, wie die Wilhelms von Nogaret (13 10), des engen Beraters Philipps IV., und der Plan Philipps von Valois (1329) 1 93 nur noch lapidar empfehlen, man müsse oder wolle sich um die Mongolen bemühen. Zu dieser Selbstverständlichkeit in Frankreich hat sicher die geschilderte diploma tische Entwicklung beigetragen, wahrscheinlich aber auch die wohl einflußreich ste Werbeschrift für den Kreuzzug, der Flos historiarum terre orientis, den der kleinarmenische Prinz und Prämonstratensermönch Haython von Gorhigos 1307 in Poitiers, vielleicht als Gast des französischen Königs, im Auftrag Papst Clemens' V. diktiert hae94• Ihre große Wirkung - nicht nur, ja nicht einmal in erster Linie - als Kreuzzugsmemorandum verdankt die Schrift dem Kenntnis reichtum ihres Autors. Daneben zeichnet sie sich durch ein klares Konzept der Propaganda aus : Haython ist der vielleicht bedeutendste Exponent der schon mehrfach angesprochenen Politik der vorderorientalischen Christen 1 95. Der Flos ist in vier Bücher eingeteilt, und nur das vierte enthält das eigentliche Kreuzzugsgutachten. Auf eine Landeskunde der regna Asiens (I) folgt die Geschichte der wechselnden Herrschaften über Asien (Il); das umfangreichste dritte Buch enthält die Herkunft und die Geschichte der Tartaren. Die ausführli chen Informationen über die Mongolen, ihre Länder und ihre Geschichte, in die der Armenier seine Empfehlungen für den Kreuzzug einbettet, unterstreichen seine Kennerschaft und werden zugleich zur notwendigen Wissensgrundlage für die folgenden Erörterungen 1 96 . Zudem sollen diese ersten Bücher vielleicht auch 192 Tractatus dudum habitus . . . S. 226. - Erfahrung: o ben S. 104 (1280). 193 Nogaret S. 205. - Zu Pierre Du bois vgl . S. 127. - Valois, Diligence S. 436. - An König Phi lipp (VI.) v. Valois ist auch das Directorium ad passagium faciendum gerichtet, von dem unten noch ausführlicher die Rede sein wird. Vgl . J. VIARD, Le projets de croisade de Philippe VI de Valois (1328-1350), in: BEC h 97 (1936) 305-3 16; c.J. TYERMAN, Philip VI and the Recovery of the Holy Land, in: EHR 100 (1985) 25-52. 194 Zu Haython und seiner Schrift vielfach in dieser Arbeit; W. GIESE, Asienkunde für den kreuz fahrenden Westen. Die »Flos historiarum terre orientis« des Hayto von Gorhigos (0. Praem.) aus dem Jahre 1307, in : Secundum regulam vivere. Fs. N. Backmund O. Praem., hg. v. Gert MELVILLE, Wind berg 1978, 245-264; zur Person vgl . Norbert BACKMUND, Die mal t. Geschichtsschrei ber des Prämonstratenserordens, Diss. München 1972, 292-307; P. PARIS, Haython, prince d'Armenie, histo rien, in: HLF 25 (1869) 479-507. König in Poitiers: Anhang I zu 1307/8. 195 Vgl. vor all em S. 82/4 u. 91/2. 196 Mit eine Landes kunde des Vorderen Orients und Osteuropas versorgt Marino Sanudo brieflich 1334 König Philipp VI. v. Frankreich (ed. KUNSTMANN S. 800/1). Landeskunde al s Grundlage für die Planungen eines Kreuzzuges will offenb ar auch d ie von Hayth on inspirierte Descriptio Europae orientalis sein: unten S. 298 mit N. 522.
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einen Anstrich von Wahrhaftigkeit verleihen, mehr noch jedoch geben sie delb Autor Gelegenheit zur »Geschichtsanpassung« - um nicht zu sagen »Fiil schung« - immer im Blick auf die Vorbereitung der Werbung für ein Tartaren _ bündnis im Gutachten selbst. Die Ereignisse der Jahre 1259/60 in Syrien und vor allem ihre unmittelbare zeitgenössische Einschätzung durch die lateinischen Christen im Heiligen Land und im Westen wurden bereits ausführlich geschildert 197: Das Vordringen d e r Mongolen versetzt in panikartigen Schrecken, ihre Niederlage gegen die Mamlu_ ken erregt Fre�de. A�f d�r anderen �eite hatt� der kleina�menische Köni g . . . Hethum schon m den funfzlger Jahren em Bundms zu mongolIschen Bedingun_ gen mit dem Großkhan und dem Ilkhan geschlossen und damit seine Existenz gesichert. Das Zustandekommen dieser Unterwerfung und die Qualität der getroffenen Abmachungen schildert Haython wie folgt : König Hethum reiste nach 1253 nach Almalech an den Hof des Großkhans Möngke (Mango Can), der sich sehr über diesen Besuch freute, weil ihn, seit die Mongolen losgezogen seien, noch kein großer Fürst aufgesucht habe 198. Der König äußert sieben Bitten, die von den Rezipienten des Flos ihrer Bedeutung entsprechend gerne vollständig aufgezählt werden und die Quintessenz von Haythons Werbung für ein vorteilhaftes Tartarenbild sind. Der Khan erkärt, sie alle erfüllen zu wollen, »weil der Köni g von Armenien von weit her in unser Reich gekommen ist, nicht gezwungen, sondern aus seinem guten eigenen Willen« 199. 1 . Der Khan möge sich mit all den Seinen taufen lassen; 2. ewige Freundschaft möge zwischen Tartaren und Chri sten herrschen; 3. alle Kirchen und Christen im Tartarenreich seien befreit VOn Lasten; 4. die Tartaren sollen bei der Befreiung des Heiligen Landes helfen und es den Christen zurückgeben; 5. der Großkhan möge sein Heer aussenden, Ulb Bagdad zu erobern und den Khalifen, das Oberhaupt der Sarazenen, zu stürzen ; 6. alle Tartaren sollen stets zum Schutz Armeniens bereit sein und 7. alle armenischen Gebiete, die sie von den Sarazenen zurückerobert haben, zurück geben. Sofort im Anschluß an die Verhandlungen, so erzählt Haython weiter, läßt sich der Großkhan taufen - man fühlt sich bei dieser objektiv falschen Behaup tung an die Versicherungen der Boten Eldschigideis 1248 gegenüber Ludwig delb
197 Oben S. 33 u. 86/7. 198 Die gesamte Episod e 111,16/7 (5. 296/9). - »Hethum« ist d ie heute gültige Umschrift desselben Namens, d er bes. im Mitte lalter »Haython« geschrie ben wur de : Für den Autor blei be ich aus Gründ en d er I d enti fikation beim zeitgenössischen Namen. 199 111. 17 5. 298: Das geschmähte Bün dnis hat groß e Vorteile. - Rezeption: Lud olf v. Suchern 5. 57 ; »Niederrhein. Orientb er.« 5. 58/9; Jean d 'Outremeuse, Myreur V 5. 317/8; Jean LeLong Sp. 728/30 ; Oculus, wie 5. 58, N. 75, fol . 80va-b . •
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Heiligen auf Zypern erinnert 2oo• Dann sendet Möngke seinen Bruder Hülägü aus, der erfolgreich gegen die Sarazenen kämpft und Bagdad sowie weite Teile des Heiligen Landes erobert; die Eroberung Sidons steht nur mehr da wie ein bedauerliches Mißverständnis. Für den Fall der Eroberung Jerusalems hatte Hülägü schon die Übergabe an die Christen befohlen - hier trifft sich die Darstellung wiederum mit den Angeboten in den Briefen der Ilkhane. Daß letztlich alle Bemühungen scheiterten, lag nicht am fehlenden Willen der Khane 20I• Nicht nur stellt Haython dabei die Ereignisse vorteilhaft dar, sondern der ganze Feldzug erscheint als Aktion eines mächtigen christlichen Fürsten aus dem fernen Osten - ein im Abendland bekanntes und beliebtes Bild -, der das Heilige Land befreien und die Sarazenen strafen will, und der dabei Versprechungen, die er den Christen gibt, getreulich erfüllt 202• Der Armenier plädiert im IV. Teil für ein Bündnis der Kreuzfahrer mit den Tartaren, ohne unbedingt die Vereinbarun gen zwischen Möngke und Hethum als vorbildhaft hinstellen zu wollen. Er will zwar sicher den armenischen König als wegen seiner guten Beziehungen geeigne ten Vermittler empfehlen, doch scheint Haython recht wohl zu wissen, daß die lateinischen Christen jede Vereinbarung, die auch in seiner Darstellung einer Unterwerfung gleichkommt, ablehnen würden 203• Über all diese Argumente hinaus sind die Tartaren nach Haythons Überzeu gung auch hervorragende Krieger, zudem ortskundig, und die Feinde haben Angst vor ihnen 204. Er verschweigt bei all dem nicht den Weltherrschaftsanspruch der Mongolen, betont ihn aber auch nicht sonderlich 205. Worauf er hingegen großes Gewicht - auch an anderen als der zitierten Stelle - legt, ist der gemein same Hauptfeind von Christen und Tartaren, ist die Christenfreundlichkeit und vor allem die Vertrauenswürdigkeit der Mongolen als politischer Partner 206 . Die Armenier hätten mit ihrer Schutzmacht immer wieder gute Erfahrungen gemacht; die Mongolen hätten mehrfach versprochen, das Heilige Land nach der gemeinsa men Eroberung den Christen zurückzugeben und sie würden diese Verpflichtung 200 Oben S. 8012. Doch Haython mag von der Wahrheit des Geschehensabl aufs, der ihm erzählt �rde, üb erzeugt gewesen sein: Mündliche Tradition paßt die Geschich te den Wünschen und U berzeugungen der Gegenwart an. 201 III,41 S. 320/1 ; Jerusalem: III,22 S. 303, all gemeiner 20 S. 301 ; Sidon: III,24 S. 304/5. 202 Schon 1260 soll es Gerüchte im lateinisch -christlich en Lager gegeben hab en, die Tartaren behandelten die Unterworfenen, Annenien und Antiochia, gut (oben S. 87). 203 Er empfiehlt ausdrücklich Üb ereinkünfte ohne servitus; vgl . im folgenden seine Rücksicht auf �ie christlichen Empfindlichkeiten und seine entsprechende Versicherung im Zusammenhang mit der Ub ergabe des Heil igen Landes. - Kleinarmenien soll te offenbar vermittelnd tätig werden, wie das schon die Memoria vorgeschlagen hatte (wie N. 185): Nur einmal erinnert Haython an einen direkten Kontakt zwischen Persien und dem Abendl and (S. 3 10). - Auch aus tartarischen Fehl ern kann man für die Zukunft lernen (III,42 S. 324). 204 Gute Krieger : 111,49 S. 337/8; ortskundig, Angst der Feinde: 1V,27 S. 361. 205 111,6 S. 287: an rech t versteckter Stell e in der Frühgeschichte des Dschingis, dem der Wei ße Reiter befiehlt, sich all e Länder zu unterwerfen, die er erreichen könne. 206 Gemeinsame Feinde : 1V,21 S. 357. Zur Zuverl ässigk�it unten S. 230/1.
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KREUZZUGSGUTACHTEN
auch einlösen : »Und ich, der ich die Bedingungen und Vorgehensweisen der Tartaren genügend g u t k e n n e, gl a u b e f e s t, daß die Tartaren gerne die Länder . . . den Christen frei und · ruhig und ohne Abgaben oder sonstige Unterwerfung übergeben werden.« 207 Trotz aller absichtlichen und vielleicht sogar intuitiven Verzerrung aus Gründen der Propaganda - vielleicht ist der Armeni er selbst überzeugt, daß Möngke damals Christ geworden ist 208 - stellt Haython, und das unterschei det ihn von den bisher betrachteten Gutachtern, die Mongolen, ihre Macht und ihr Verhalten sehr differenziert und nüchtern dar. Auf die Vertrauens würdigkeit haben schon die meisten der bislang zitierten Gutachter großen Wert gelegt. Doch Haythons Bericht enthüllt auch seine Illusionslosigkeit angesichts der unangenehmen Eigenheiten der Mongolen, die ihn zu folgender Empfehlung veranlaßt: Weil die Mongolen eben doch ganz anders seien als andere Völker, müßten im Umgang mit ihnen b estimmte Punkte beachtet werden. Da sie immer befehlen wollten und brutal zu Schwächeren seien, »was wiederum die Christen keinesfalls dulden können«, sollten die Heere getrennt marschieren : »und so wird zwischen Christen und Tartaren einträch tige Freundschaft durch die Entfernung voneinander bewahrt . . . « 209 Eine so differenzierte und realistische Kenntnis und Darstellung der wahren Verhältnisse im Vorderen Orient ist nur von einem Fachmann zu erwarten. Sie zeigt keine Veränderung des abendländischen Wissens, sondern die Ver fügbarkeit von Urteilen anderer Qualität. Von solchen wohlinformierten Ken nern der Situation stammen auch drei andere wichtige Gutachten des frühen 14. Jahrhunderts . Der Dominikaner Wilhelm Adam wirkt lange Zeit als Mis sionar im persischen Raum 2 !O, und auch der dominikanische Autor des anonymen, für König Philipp VI. von Frankreich verfaßten Directorium ad passagium faciendum war nach eigenen Aussagen viele Jahre im Orient in der Mission tätig 211 • Marino Sanudo schließlich, der 1321 sein Memorandum Papst Johannes XXII . überreicht, stammt aus Venedig , verfügt damit auch über das ganze Wissen der Kaufleute und ist als S ohn des Fürsten von Naxos 207 IV,21 S. 357 (Hervorh. F. S.). - Sie halten es in so heiß en Ländern gar nicht aus : S. 339, vgl . 111,41 S. 320. Versprechen : Ghazan 1300 (III,41 S. 3 19/20), früher sch on Hülägü, oben S. 90/ 1 ; gute Erfahrungen: z. B. III,28 ff. (S. 308 ff.). 208 Er war es sicher niemals ; dazu Rub ru ks Eindruck, unten S. 1 4 6/7; vgl . ob en N. 55. 209 IV,27 S. 361/2. Ganz anders : III,49 S. 337. 210 Er war schon lange im Vorderen Orient als Missionar täti g , wurde 1318 Suffragan des ne� en , latlfs ; re ents b Docum l h (Ed.), ER Erz istums Su taniya (unten S. 135) und 1322 selbst E bf. Vgl . KüHL H. OMONT, Guillaume Adam, missionaire, in : HLF 35 (192 1 ) 277-284. 211 Prolog S. 368. Die Identität d es Autors ist vielumstritten; für unsere Zwecke 1st es wohl kaum h anders noc oder ne d Etien b lh endig notw zu wissen, o er nun Brocard oder Wi e1 m Adam, Raymon heißt. Für Philipp VI.: o ben S. I 13 die anderen Schriften für den französischen Hof. Vgl . C . Ka HLER, Quel est l'auteur du Directorium ad Passagium faciendum ? in: ROL 12 (1909-191 2) 104-111. - Zur Rezeption im 15. Jh . unten S. 196. .
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III. ABENDLÄND ISCHE MONGOLENPOLITIK
zumindest im östlichen Mittelmeer, wahrscheinlich aber auch im Vorderen 21 2 . Orient wie zu Hause Ihnen allen gelten die persischen Tartaren, obgleich als heidnisch oder gar mus limisch erkannt, als verläßlich, es sei denn, so schränkt schon Haython ein und bedenkt auch Wilhelm Adam, sie hätten einen schlechten Khan, der sich den Wünschen der Franken entziehe 2 1 3. Den Grund für diese Vertrauenswürdigkeit sehen sie - wie schon andere vor ihnen - in der tiefen Feindschaft zwischen den verschiedenen Parteien im Vorderen Orient; der unterschiedliche Glaube und die Fremdheit der Mongolen sind kein Hinderungsgrund mehr. Dennoch zeigen die Beteuerungen der Zuverlässigkeit, daß die Diskussion darüber weiterhin geführt 1 2 worden ist 4. Bei allen Gemeinsamkeiten, die die drei genannten Gutachten nicht nur in der Tartarenfrage aufweisen, gehen sie doch sehr verschieden an ihre Aufgabe heran 21 5. Das wohl kühnste Kreuzzugsmemorandum, das in hervorragender Orts kenntnis die gesamte südwestasiatische Region in die Pläne einbezieht, verfaßt um 1317 Wilhelm Adam. In De modo Saracenos extirpandi setzt er erstmals - wohl wissend, daß es revolutionär ist 2 16 - die neuen geographischen Kenntnisse zu militärischen Zwecken ein. Die Handelsblockade, die Ägypten im Mittelmeer von den kriegsnotwendigen Gütern abschneiden soll, möchte er auch auf den Indi schen Ozean ausgedehnt sehen, weil dann Ägypten keine orientalischen Güter mehr anzubieten hätte und den ungetreuen abendländischen Kaufleuten der Anreiz, die Blockade zu brechen, genommen wäre 2 1 7• Verwirklicht werden könne dieser unerhörte Plan mit Hilfe der Mongolen in Persien. Einige Genuesen hätten schon einmal mit Hilfe Khan Arghuns versucht, von Bagdad aus mit zwei 212 Seine Mutter war möglicherweise eine Byzantinerin, die zweite Frau seines Vaters. Würd igung Sanudos als Kenner vor allem der gen auen politischen Situation in der Levante vgl. A. LAIOU, Marino Sanudo Torsell o, Byzantium and the Turk s : the Bac kground to the Antiturkish League of 1332-1334, in: Spec. 45 (1 970) 374; D.JACOBY, Catal ans, Turcs et Venitiens en Romanie (1305-1332): un nouveau remoignage de Marino Sanud o Torsello, in : StMed sec. 3, 15 (1945) 217-261 . Eine po litisc he Lagebe schreibung des Vord eren Orients liefert er auch in Briefen, so 1330 an Bf. Bertrand us v. Ostia und Velletri, ed . KUNSTMANN S. 755-789. c.]. TYE RMAN , Marino Sanudo Torse llo and the Lost Crusade: Lobbying in the Fourteent h Century, in: TRHS 5. Sec. 32 (1982) 57-73; F. CARDINI, Per un'edizione critica d e! »Li ber secretorum fid elium crucis« d i Marin Sanu do il Vecchio, in : Ricerc he Stor. ns. l (1976) 191-250. Zum Wissen d er Kaufleute unten S. 152ff. 213 Haython S. 35112; Wilh elm S. 553/4. 214 Grund sätz liches zum Probl em d er Politikfähigkeit von Heiden o ben S. 86. 215 Auch d ie Unterschied e bei Stand des Autors und Adressaten der Schrift sind zu bed en ken. 216 S. 550: Et quia hoc novum est, et nostris hic temporibus inauditum, per consequens incredibile videtur, aut certe impossibile . . . Wilhelm versichert, Indien selb st gesehen zu haben, S. 552. 217 S. 549 (unten S. 314). Maß nahmen für Mittelmeer-Blockade S. 532/3, gegen ungetreue Kaufleute auch S. 523-528. Äh nlich ken.1.t Sanud o d ie Wege d er Kaufleute gut genug, um vorzuschlagen, d aß man die Waren, d ie den Verkeh r mit Ägypten als Zwischen händler attraktiv machen, se lb er direkt aus Indien holen solle, ind em man d urch d ie Geb iete d er persischen Tartaren (die den Weg nicht, wie d er Su ltan, sperre!!) zieht: Viele Hän dl er h ätten d as sc hon getan (Secreta I. I,p. I , c . 1 S. 22/3). - Frühe Kl agen bei Karl 11. v. Anjou (mit Einleitung E d .); d azu unten S. 161.
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KREUZZUGSGUTACHTEN
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Schiffen den Euphrat hinab das indische Meer zu erreichen, und seien nur an ihren eigenen Streitereien gescheitert 218 • Außerdem könne der persische Kaiser die 2 Materialien, Häfen etc. zur Verfügung stellen 19• meisten notwendigen Da dieser Kaiser in ständigem Kampf mit seinen Hauptfeinden, den Nordtar taren und den Sarazenen von BabyIon, liege, die ihn umklammert halten, und in seiner Region keine geeigneten Verbündeten habe, würde er alles für ein Bündnis mit den Abendländern tun; »und das ist es, worum er sich mit allen Kräften bemüht, und was er mit seinem ganzen Geist erwünscht und zu gewinnen 220. trachtet« Diese Tartaren im Norden - gemeint sind die Mongolen der Goldenen Horde - gelten Wilhelm als Feinde, und auch der Venezianer Marino Sanudo rät 1321 ganz von einem Angriff auf Griechenland ab, weil man das Land wegen der 22 Nordtartaren doch nicht würde halten können 1 . Beide Gutachter wissen vom Übertritt der Khane dieser Mongolen zum Islam, doch nicht damit begründen sie in erster Linie ihre Warnungen, sondern mit Überlegungen rein machtpolitischer Natur. Denn diese Nordtartaren seien, das betont auch schon Haython, mit Ägypten verbündet, und zwar nicht so sehr deshalb, weil sie Muslime seien, sondern weil die Ägypter mit den persischen Tartaren verfeindet und diese wiederum die bittersten Konkurrenten der Nordtartaren im Kaukasusgebiet seien 222 . Diese Abendländer wissen, daß die Reichseinheit der Mongolen zerfallen ist, kennen die verhärteten Fronten zwischen den Teilreichen, und sie erkennen vielleicht auch den relativ geringen Stellenwert, den die Religion für die Mongolen hat. Der eben schon zitierte Marino Sanudo stützt sich in seinen Secreta fidelium crucis für Informationen über die Tartaren weitgehend auf Haythons Flos 223• Dementsprechend soll auch in seinem Werk die Vorteilhaftigkeit eines Bündnis ses mit den Mongolen mit Hilfe ihrer Rolle in der Geschichte des Heiligen Landes belegt werden. Sanudo, der in anderen Teilen des Gutachtens wesentlich selbstän diger arbeitet, wählt dabei die Argumente ganz gezielt in seinem Sinne aus. Für 218 S. 551. 219 S. 551-555. 220 desiderat et affectat: S. 534. 221 Brief ed . GOLUBOVICH III, 55; e d. KUNsTMANN S. 797/8 (1332), ähnlich im eigentlichen Gutach ten, den Secreta. Auch Haython hie lt wenig vom gefährlichen Weg durch Griechenland : Vie lleicht könnten jedoch die Tartaren d en Weg sichern (S. 359). 222 Wi lhe lm Ad am wi dmet dem Pro blem ein ganzes seiner fünf Kapitel : IV S. 530-48. Marino Sanud o warnt nicht im Gutachten, son dern in mehreren seiner zahlreichen Briefe, in d enen er für den Kreuzzug wirbt: ed . KUNSTMANN S. 779-781, 812, vgl . N. 2 12. Das Directorium (wie S. 120) führt zumin d est die Schwächung d es griechischen Reiches durch Tartaren un d Türken auf (S. 451 vg l. S. 449). - Haython 111,27 S. 306. Schon Marco Po lo erzählte vom Streit zwischen den Mongo len: c. I1I(3) S. 4 (6). 223 L. 111, p. 12, c. 6 S. 221 und weiter vor all em I. III, p . 13, c. 3-9 S. 234-24 1. - Von den Secreta existieren d rei Red aktionen, ihre Fortentwickl ung spiegelt noch an anderen Stelle einen Austausch von Argumenten, ein Eingehen auf an dere Gutachten, vgl . Analyse Arturo MAGNOCAVALLO, Marin Sanud o i l Vecchio e il suo progetto d i crociata, Bergamo 1901, 81-93. -
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IH. ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
die Schilderung der Sitten und Gebräuche nämlich, bei der Haython nach seinem Geschmack wohl zu wenig ins Detail geht, greift er stark auf Vinzenz von Beauvais und Johannes von Plano Carpini zurück 224• Haython hat auf vieles verzichtet, was vom eigentlichen Thema abgelenkt hätte, schon weil er kein Interesse daran hat, die Fremdartigkeit der Mongolen allzusehr zu betonen. Sanudo läßt sich zwar die Ausmalung des Ungewöhnlichen nicht entgehen, verwischt aber - sich selbst im Sinne der Absicht seiner Schrift widersprechend eine mögliche abschreckende Wirkung dadurch, daß er seiner Überzeugung Ausdruck verleiht, die Tartaren seien viel schwächer als die Christen und daher von diesen nicht zu fürchten 225. Diese selbstbewußte Meinung, die ähnlich Wilhelm Adam vertritt, die aber in Haythons Situation undenkbar wäre, hat sich unter den Abendländern nicht erst mit dem allmählichen Rückgang mongolischer Macht bald nach 1241 wieder durchgesetzt 226• Sie wird 1332 vom Directorium ad passagium faciendum geteilt: Die christliche, hier französische, Tapferkeit überrage alles, sogar die starken Tartan!n, die zudem verweichlicht seien, seit sie Sarazenen geworden seien 227. Trotz ihres neuen Glaubens würden die Tartaren aber den Sultan nicht unterstüt zen, da sie schon lange mit ihm verfeindet seien 228. Wieder greift der Dominikaner das Motiv des Hasses als Begründung auf, von dessen Stärke dagegen Marino Sanudo nicht mehr so sehr überzeugt gewesen zu sein scheint : Zwar setzt auch er seine Hoffnungen auf die Feindschaft der Tartaren gegen die Sarazenen, doch verlangt er ohne jeden Idealismus, ihre Triebkraft mit einigem Aufwand zu unterstützen ; die Ausgaben für Geschenke, mit denen die Tartaren bei Laune gehalten werden sollen, müßten im Gesamtbudget berücksichtigt werden 229. Dem dominikanischen Autor hingegen genügt der Haß. »Wenn deshalb der Tartare erführe, daß die Unsrigen gegen den Sultan, seinen Feind, ziehen, dann meine ich nicht, daß sie das irgendwie behindern würden, sondern versichere, daß sie uns eher helfen würden« 230 . Die hier zu beobachtende Abschwächung des Eintretens für ein Bündnis mit den Mongolen hat sicher nichts mit Mißtrauen gegen die Andersgläubigen zu tun. Der Autor macht sehr deutlich, daß er die Tartaren deshalb, weil sie nun Muslime sind, noch nicht für Freunde der Mamluken hält: Hilfe von Feinden unserer Feinde, so könnte man ihn paraphra sieren, können wir aber sowohl erwarten als auch annehmen. Daß hier nicht 224 L. III, p. 13, c. 9 S. 241. Auch Hayth ons Bericht von d er mongol isch en Ero b erung Bagd ad s ersetzt er durch eine sensationell ere Version aus and erer Quelle: I. III, p. 13, c. 7 S. 238 (wie S. 59, N. 77). And ererseits üb ernimmt er den Bericht ü ber d en Vertrag mit Möngke von Haython. 225 L. II, p. 4, c. 28 S. 95. 226 Unten S. 124. Wi lhel m: Ohne seine georgischen Untertanen hätte der persische Kaiser nie die Sarazenen besiegen können: S. 534/5. Kleinarmenien d agegen hat sich nicht nur unterworfen, sondern sieh t in d en Mongolen seine Schutzmacht. 227 Französ. Tapferkeit: 11,4 S. 515; Verweichlichung: 11,4 S. 510. 228 11,2 S. 502/5. 229 L. 11, p. 1, c. 3 un d 4 S. 36. 230 11,2 S. 504.
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KREUZZUGS GUTACHTEN
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prononcierter zum Bündnis geraten wird, liegt eher an der korrekten Wahr nehmung der Tatsachen. Das persische Ilkhanat war in den dreißiger Jahren des 14. Jahrhunderts nicht mehr in der Lage, irgend jemandem zu Hilfe zu kommen. Bei der Betrachtung der Kreuzzugsmemoranden ergibt sich ein einseitiges Bild, das nicht repräsentativ für die politische Einschätzung der Tartaren durch die Abendländer um 1300 ist. Denn fast ausschließlich jene Gutachter, die die Mongolen als Verbündete oder wenigstens Helfer einsetzen wollen, können zu Wort kommen. Wenn demgegenüber andere die Tartaren gar nicht erwähnen, kann man daraus nicht auf die konkreten Motive dafür, etwa prinzipielle Ablehnung des Zusammengehens mit Heiden, schließen. Die Meister der Templer und Johanniter wollen im Unterschied zu den Hospitalitern in ihren Kreuzzugsmemoranden von den Tartaren als Helfern offenbar nichts wissen, vielleicht aufgrund des Selbstverständnisses ihrer eige nen Stellung als Verteidiger des Heiligen Landes. Auch der Kreuzfahrerkönig von Zypern scheint die Fähigkeiten seiner Soldaten als ausreichend eingeschätzt zu haben 231. Humbert von Romans, General des Dominikanerordens, registriert zwar bereits 1266/68 die Anwesenheit der Tartaren in der Nähe des Heiligen Landes, spricht ihnen aber jeglichen Nutzen für die Christen aus drücklich ab m. Manch ein späterer Gutachter gesteht den Tartaren gerade noch zu, daß sie den Christen nützen, weil sie den Sarazenen schaden, will aber nicht den Schritt zu aktiver Kontaktaufnahme und direktem Zusammen gehen vollziehen 233. Ein wenig Mißtrauen zumindest gegen die Tartaren der Goldenen Horde ist schon in einigen der zitierten Denkschriften angeklungen. Andere Gutachter sind überhaupt noch mit der Frage eines Kreuzzuges gegen die Mongolen beschäftigt oder halten ihre Missionierung für vordringlich (ohne dabei aus drücklich zu sagen, daß ein Bündnis unter diesen Umständen in Frage 231 Jacques d e Molay, Fulko v. Villaret, Heinrich H. v. Lusignan; vgl . N. 176. Vgl. Ka r! Il. v. Anjou: Lob der Stärke e ben d er christlichen Ritter. 232 De predicatione erucis contra saracenos, Vat. Ms. lat. 3847 fol. Ir: Die Sarazenen können bis nach Akkon gelangen und d ie dortigen Christen können d en Platz nicht halten, wenn nicht bald Hilfe kommt: et videntes quod ex nulla parte potest venire eis auxilium nisi a nobis, qui sumus citra mare ab
occidente, cum a dextris sint eis egipti ab austro, a sinistns greci ab aquilone et alii multi scismatici et ab aquilone ad orientem tartan. Zu ihm vgl. Fritz HEINTKE, Hum bert von Romans, d er fünfte -
Ordensmeister d er Dominik aner, Berlin 1933 (HistSt. 222); E dwar d T. BRETT, Hum bert of Romans. His Life an views of 13th Century Society, Toronto 1984; Karl MICHEL, Das Opus Tripartitum d es Hum bertus d e Romanis OP. Ein Beitrag zur Geschichte der Kreuzzugsidee und der kirchlichen Unions bewegungen, Graz 2 1926. 233 Dieses Argument find et man dann kurz vor 1274 auch bei Hum bert v. Romans als eine der Begrün dungen, warum man gegen d ie Sarazenen, aber nicht gegen d ie Mongolen kämpfen müsse (1,5 S. 187); bei Ramon Lull (z. B. De fine S. 268); bei Heinrich H. v. Zypern (S. 125) un d auch b eim Franzis kanerprovinzial d es Heiligen Land es, Fi dentius v. Padua (S. 51/2).
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Irr. ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
käme) 234. Nicht allen Zeitgenossen ist zudem die Islamisierung auch der persi schen Mongolen so gleichgültig wie dem Dominikaner, der das Directorium verfaßte. Sein Ordensbruder Ricold von Montecroce, kein Kreuzzugsgutachter, aber ein Kenner des Vorderen Orients, blickt 1291 - damit allerdings vierzig Jahre früher und unter dem Eindruck des endgültigen Verlustes des Heiligen Landes voller Pessimismus nach Osten : Es nütze gar nichts, wenn die Tartaren kämen, um die Sarazenen zu vernichten, da sie doch selbst fast alle Sarazenen seien 235. Zwar kann die pragmatische Haltung, das zeigen diese Einschränkungen, nicht als allgemein vorherrschend oder für alle Abendländer im frühen 14. Jahrhundert gültig angesehen werden 236. Andererseits sind es die ausführlichsten und am stärksten nachwirkenden Gutachten der besten Kenner, die den Gedan ken eines möglichen Zusammenwirkens zwischen lateinischen Christen und Ungläubigen immer öfter mit gewichtigen machtpolitischen Argumenten unter stützen. Vertrauen baut in den zitierten Memoranden meist auf den gemeinsamen Feind statt auf den gemeinsamen Glauben; auf der Basis von sicherem Wissen über die geographischen und politischen Verhältnisse werben vor allem ein orientalischer Christ (Haython) und abendländische Wanderer zwischen den Kulturen, deren Rolle schon früher deutlich wurde, für eine Pragmatik, der die Zukunft gehören wird 237.
4. Die Tartaren als Exemplum in der militärisch-politischen Propaganda In den bisherigen Kapiteln wurde vor allem die unmittelbare Beschäftigung der Zeitgenossen mit den Mongolen, die praktische Auseinandersetzung und fol gende Verwertung der Ergebnisse in den Vordergrund gestellt. Im folgenden sei ein kleiner illustrativer Exkurs hin zur rein mittelbaren Benutzung des Wissens über die Mongolen zu politischen Zwecken gestattet, denn gerade hier zeigt sich, 234 Kreuzzug: Hum bert v. Romans lehnt d en Tartaren- zugunsten d es Sarazenen kreuzzuges ab : Die Tartaren seien so weit weg und d amit ungefährlich (Op. Trip. I c. 15 S. 195). Hum berts Meinung wirkte zumind est in seinem Ord en weiter: Bernard Gui exzerpierte u. a. die Tartaren kapitel, als er sich nach 1300 Auszüge aus dem Gutachten machte. - Missionierung: Der groß e Missionstheoretiker Ramon Lull diskutiert gar kein Bündnis mit hei dnischen Tartaren, vertritt al so ev. um 1300 still schweigend das Prinzip. Der wahrscheinlichere Grund für sein Schweigen ist seine Überzeugung, daß es bald gar keine hei dnischen Tartaren mehr ge ben wird , sondern sie entwed er Christen od er Sarazenen sein werd en (unten S. 130). Die Entscheid ung zwischen den Religionen wird von groß er Bedeutung auch für d ie Kreuzzüge sein: »Und wenn diese [Tartaren und Heid en] bekehrt sein werden, wird künftig kein Sarazene mehr wagen, vor d en Christen zu erscheinen. Doch wenn die Sarazenen jene bekehren, und sie haben schon viele . . . b ekehrt, wird kein Christ mehr sein Gesicht vor ihnen zeigen«: De fine S. 268; ähnl iche Stell en unten S. 130/ 1 ; Ad am GOTTRON, Ramon Lull s Kreuzzugsid een, Berlin/Leipzig 1912 (AMNG. 39). 235 Epist. S. 281 und vor all em 285. 236 Die Orientkenner, d ie die meisten zitierten Gutachten verfaßten, können zud em in d er Frage d er Hal tung gegen And ersgläu bige sicher nicht al s Durchschnittsabendländer gel ten. 237 Unten S. 188ff.
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MILITÄRISCH-POLITISCHE PRO PAGANDA
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in welcher Form und in welchem Maß einzelne Partien des Mongolenbildes im Laufe des Mittelalters zum festen Teil politischen Denkens wurden.
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Im April 1241 , als die Tartaren oft fast synonym für Gog und Magog stehen, schleudert der päpstliche Gesandte in Deutschland dem Kaiser den Vorwurf entgegen, man habe in jenem Heer des Antichrist seine Boten gesehen, die die Barbaren erst zum Überfall angestachelt hätten - dies ist fast gleichbedeutend mit der Beschuldigung, der Kaiser selbst sei der Antichrist ! 23 8 Friedrich setzt dagegen die Beschuldigung, der Papst predige gegen ihn statt gegen die Tartaren das Kreuz und halte ihn, der an der Spitze der versammelten Kräfte der christlichen Fürsten gegen die Tartaren, jene Feinde und Vernichter der Christenheit, ziehen wolle, durch seine Anfeindungen von diesem Segenswerk ab 2 39• Der schreckliche Feind aus dem Osten kommt den beiden Kontrahenten, denen doch in der Endphase ihrer Auseinandersetzung kein Anwurf des Gegners grob genug sein kann, gerade recht. Neben der Boshaftigkeit der Mongolen ist es vor allem ihre militärische Übermacht, die sich besonders einprägt und die nicht zuletzt die eschatologische Interpretation unterstützt. Welch ein Schicksalsschlag, so klagt die Erfurter Chronica S. Petri zu 1278, daß ein König wie Ottokar 1 1 . von Böhmen, »der selbst bei den Tartaren der eiserne König genannt wurde«, so fallen mußte 240 . Sie schätzen ihn, der sie geschlagen hat, hoch - das bringt ihm Ruhm auch bei den Abendländern ein, an 238 Alb ert v. Beham S. 28. Friedrich als Initiator d es Tartaren-Einfalls auch bei MP CM IV S. 119 und 298. Fried rich hab e auf diese Weise d ie Ungam zur Lehnestreue zwingen woll en, d och das sei, so Matthäus, ü ble Nachred e (298, vgl . 120). Friedrich habe d en Kreuzzug verboten, weil Be la sich geweigert hab e, zum Kaiser zu kommen : Ann. Gatwic. Cant. Sancruc. II, S. 640/1. Richer v. Sens sch loß Jahre später, d ie d ama lige Unterwerfung Belas sei Beweis für die Wahrheit d er Gerüchte (frühestens 1254/5; IV, c. 20 S. 3 10); in diesem Sinne Joh. v. Victring (um 1340), Liber cert. hist. I S. 91, vgl . S. 86: Fried rich Ir. hab e d ie Tartaren gegen Ungam aufgehetzt, wei l man ihm nicht gehorchen woll te. Man traut derartiges d em Kaiser zu, der so b efreun det mit dem Su ltan ist (vgl. MP CM IV S. 635). Ähnliches Leopold HELLMUTH, Die Assassinenlegen d e in der österreichischen Geschichts dichtung des Mittela lters, Wien 1988. Zu d em ganzen Komp lex BEZZOLA 78 N. 77. - Spätere ähnliche Vorwürfe an an d ere: unten S. 189/90 mit N. 616. 239 An d ie Könige v. England und Fran kreich: MP CM IV S. 1 16; noch nach dem Tod Gregors 124 1 : H. B. V,2 S. 1165-1167. Deutsche Bischöfe sollen in dieser Auseinandersetzung dem päpstlichen Vertreter in Deutsch lan d , Alb ert v. Beham, vorgeworfen hab en, er benehme sich im Auftrag des Papstes schlimmer als se lb st die unmenschlichen Tartaren (späte Üb erlieferung S. 42). - In eine ähnliche Richtung geht der Vorwurf d es polnischen Königs 1431, der litauische Gro ßfürst mi ß achte den Gesan dtenstatus, d er d och ü bera ll , auch (sogar) b ei d en hei d nischen Türken, Sarazenen und Tartaren geachtet werd e (CES XV II, Nr. 191 S. 261 ; zur Einschätzung d er Tartaren in Osteuropa um d iese Zeit unten S. 188 H.). Die Taten der eigenen Bürger abheben gegen sogar d ie schlimmen der Barbaren, Tartaren un d anderer wi ll woh l Ro landinus Patavinus, Chr. VII,13 S. 102. - Tartaren als Sünd en böcke im 15.jh. bei SOLDAN-HEPPE, Geschichte der Hexenprozesse, neu b earb . u. hg. v. M. BAUER, Hanau o.}. [ 1970J 1,23 1. 240 S. 285. Von d er Hochschätzung Ottokars durch d ie Tartaren weiß auch Franz v. Prag S. 542. Ungarische Que ll en berichten 1312 von einer so gro ßen Schlacht, wie sie seit der Zeit d er Tartaren nicht mehr geschlagen worden sei: z. B. Chr. Pictum u. Budense S. 488. -
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ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
den noch der Humanist Enea Silvio Piccolomini mehrfach erinnert 24 1• Nach dem Wegfall des eschatologischen Aspektes im allgemeinen Tartarenbild zielen hier die Vergleiche direkt auf die Kriegskunst der Mongolen 242 • Dementsprechend kann Karl 1 1 . von Anjou um 1291 in seinem Kreuzzugsplan die große Gefährlichkeit der Sarazenen vor allem dadurch unterstreichen, daß er von ihrem Sieg über die Tartaren berichtet 243. Andererseits hat aber gleichzeitig die Stärke der Tartaren hier auch den letzten Anflug von Absolutheit, von Unschlagbarkeit verloren. Die Abendländer sind, von einzelnen Schockerlebnissen abgesehen, eigentlich immer überzeugt, daß die Christen den Mongolen grundsätzlich überlegen seien und von diesen sogar gefürchtet würden. Typisch und bald weit verbreitet sind die Berichte Vinzenz' von Beauvais, die Tartaren hätten 124 1 erst dann gewagt, nach Ungarn einzudringen, als sie von der Zerstrittenheit des Lande gehört hätten, und sie hätten 1246 den päpstlichen Boten Ascelin eindringlich gefragt, ob der gefürchtete Kreuzzug Ludwigs des Heiligen schon begonnen habe 244• Die Überzeugung von der Überlegenheit der Christen finden wir später dann vor allem in der Kreuzzugspropaganda 24S, und sie wächst weiter, wie die Interpreta tion einer Episode aus Vinzenz' Speculum im späten 14. Jahrhundert zeigt. Vinzenz hat erzählt, die Tartaren hätten im Kampf gegen die Türken auch zwei Franken ergriffen. Weil sie gehört haben, daß die Franken tapfere Kämpfer seien, wollen sie sie gegeneinander antreten lassen, »weil sie ihre Kampfesweise gerne ansehen wollten, um sich daran zu erfreuen, wie sie sich gegenseitig mit eigenen Händen umbrächten«. Die Franken aber, da sie ohnehin sterben müssen, verständigen sich, stürzen sich gemeinsam auf die Feinde und erschlagen derer fünfzehn, bevor sie selbst getötet werden 246. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts gibt der Lübecker Chronist Detmar eine ganz andere Begründung für den Zweikampf: des weren etlike Thateren, de spreken zo: >desse Fransoyser mothen
doch sterven: wy hebben wal vornomen, dat alle Fransoyser sint grate vechter 241 Hist. Bohemica, Op. Om. S. 97/8. 242 Zu den heils geschichtlichen Überlegungen zur Rolle der Tartaren bis in 14.Jh. vgl . S. 258 ff. 243 S. 353. 244 124 1 : Spec. hist. XXX, 149 S. 1284. - Schon zu 1240 berichten die Annalen v. St. Trud bert (S. 294), die Tartaren seien umgekehrt, als sie von den Kreuzzugsvorbereitungen in Deutschland hörten. - 1246: XXXI,41 S. 1299/1300. Die Üb erzeugung, daß die Abend länder den Tartaren zumindest gewachsen seien, steht auch hinter der Schelte Pius' 11., keiner solle als Ausflucht vor einem Kreuzzug gegen die Türken ins Feld führen, diese würden von Tartaren und anderen unterstützt, denn auch in Europa geben es nicht nur ein Volk : Hier sind die Mongolen sogar nur noch ein Volk unter viel en (Oratio de clade, 1453, ed. Op. Om. Nr. 130, hier S. 686). Jordan v. Severac meint um 1330, der französische König könne ohne Hilfe die ganze Welt unterwerfen (Mirabilia S. 123). 245 Vgl . S. 109 ff .: vor allem Wi lh. Adam, Sanudo, Directorium; besonders prägnant Jacques de Molay (S. 147/8): Der tapferste a.1 ler Sultane traut sich zu, 30000 Tartaren, aber nur 1 5 000 christliche �tter zu besiegen. - Philippe de Mezieres Regel für seinen Passionsorden äußert 2. H. 14.Jh. die Uberzeugung, daß ein christlicher Ritter mit Gottes Hi lfe 1000 Türken und Tartaren wert sei, und sogar 20000 Sarazenen: (18) S. 57; Dat. vgl . IORGA, Philippe, wie N. 262, S. VIIIVIII. 246 XXX,146 S. 1282.
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MILITÄRISCH -POLITISCHE PROPAGANDA
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unde duchtich an deme stride; men late ze tosamende vechten, dat en den anderen morde, wente ze doch streven scholen; zo moghe wy ere wise seen unde fe r e n , wuuo wy moghen vechten an den stride,247. Auch hier drehen die Ritter den Spieß
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um ; wegen dieses und ähnlicher Ereignisse, das meint auch schon Vinzenz, fürchten die Tartaren die Christen. Die Tartaren bleiben die Stärksten unter den Heiden, und selbst wenn, wie nur selten 248, die Sarazenen einmal als stärker gezeichnet werden - immerhin historische Realität nach 1260 -, so zeigt das zwar einerseits die Abschwächung des Feindbildes, das sich die Abendländer von den Mongolen machen 249• Letzt lich leben aber gerade solche Darstellungen von der communis opinio über die riesige Kraft der Tartaren. Humbert von Romans, General der Dominikaner, hält es schon um 1274 für überflüssig, die Tartaren zu bekämpfen, denn sie seien weniger als die Sarazenen, weit weg und zudem noch schwer anzugreifen, weil sie keine festen Wohnsitze hätten - während andere Propagandisten gerade mit der großen Zahl· und gefährlichen Nähe für einen Tartarenkreuzzug werben 250. Für den Dominikaner sind die Tartaren bereits zum reinen Propagandaobjekt gewor den, die er je nach Zweck einsetzen kann. Er wünscht, daß die Christen den Kreuzzug auf das einzige Volk konzentrieren, bei dem er gar keine Bekehrung schancen sieht 25 1 , und er verstärkt die Wirkung seiner Werbung - vielleicht sogar bewußt - noch dadurch, daß er gerade gegen die Mongolen, einen Maßstab für Stärke, abhebt. Doch nicht nur die Kampfkraft der Tartaren genießt den Ruf ungeheurer Größe. Einst besaßen die Christen fast die ganze Welt, doch inzwischen sind nicht nur Afrika und Asien, sondern sogar schon Teile Europas dem Heidentum in die Hände gefallen, so soll schon Urban 11. 1098 in Clennont geklagt haben 252 . Seit die Existenz der Tartaren und ihrer Länder bekannt, die Welt also noch größer geworden ist, verringert sich der Anteil der Christen natürlich erst recht 253. 247 I S. 320 (Hervor h. F. S.); im 15.Jh. ü bernommen, mit Angabe Vinzenz als Que lle und unter Steigerung auf 30 Erschlagene, von Hermann Korner, Chr. S. 166. Plano Carpini fürchtete, Spione einzuschleusen, falls er Boten mit zurück nähme: Doch man hatte Mi. I3.Jh. sic her noc h nicht den Eindruck, daß die Tartaren es nötig hätten, von den gerade besiegten Abend ländern zu lernen, sondern daß sie angreifen wollten. 248 Typisc h sind noc h spät Aussagen wie die des Philippe, wie N. 245; Dic htung unten S. 23012. Sc hl i m m e r als die Tartaren nennt schon 1257 Matthäus Parisiensis die Assassinen (CM V S. 655). 249 Ausgenommen bl eib t hier immer Osteuropa. Das Feindbild blie b aber auch im Westen viru lent: unten S. 220ff. 250 Hum bert: Op. Trip. 1,5 u. 15 (S. 187 b zw. 195); auch Ru b ruk o ben S. 88. - Andere: wie S. 103; auc h N. 245, wo die Nähe der Tartaren wiederum Propagandamittel für andere Zwecke ist. 251 Bekehrung scheint weder durc h das Wort noch sel bst durch Gewalt möglich, und das entspricht der zeitgenössischen Erwartung für die Endzeit-Taufen (wie unten S. 273). 252 William of Malmes bury, De gestis regum Anglorum, ed. W. STUBBS, London 1889, RS 90, II S. 394/5: jedenfalls ist das Argument bereits denkbar. 253 Erkenntnis der Weite der Gebiete und konkrete Beschrei b ungen der Räume unten S. 285 ff., für die Überzeugung von der Ungeheuerlichkeit der Macht, verbunden oft mit Pracht und Reichtum, des Großkhans oder anderer Herrscher der Tartaren unten S. 232 H. •
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III. ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
Konsequent zählt Jean Gennain, Kreuzzugswerber für Philipp den Guten, 1452 die Tartarenreiche auch zu den ehemals christlichen Ländern, und schon viel früher rechnet Marino Sanudo (um 1320) nur noch etwa ein Zehntel der bewohnbaren Welt dem christlichen Bereich zu 254 - Grund genug, sich endlich auf Kreuzzug oder 255. · zu besmnen M·IssIOn · Erst die Zerrissenheit der Christen habe ja die Tartaren und die anderen Heiden zu ihrem so weiträumigen Vordringen ermutigt, so warnt schon Johannes von Plano Carpini 1247; erst die Spaltung der Christen im Schisma ermöglicht, das betont die Propaganda auf dem Konstanzer Konzil, weiteres Vordringen von Türken und Tartaren. Strafe Gottes für säumige Christen, flagellum Dei, sind die Mongolen 1241 oder 1260 und ist Timur um 1400 256• Rechtgläubige Fürsten aber sollten vor Scham erröten angesichts der Erfolge der ungläubigen Tartaren gegen die Sarazenen ! 257 »Nehmt Euch ein Beispiel !« Von hier aus ist es kein großer Schritt hin zu der Bereitschaft, diejenigen Eigenschaften der Mongolen, die man für die Erfolge verantwortlich macht, als Vorbild hinzustellen. Reisende, die die Tartaren ken nenlernen und in oft widerwilliger Bewunderung zurückkehren, beginnen damit, im 14. Jahrhundert sind dann auch reine Theoretiker dazu bereit 2S8• Schon Wilhelm von Rubruk hebt die völlige Genügsamkeit der Mongolen hart ab vom Verhalten der Abendländer : »Ich bin fest davon überzeugt, daß unsere Bauern - ich spreche gar nicht von Königen und Rittern -, wenn sie gingen, wie
254 Jean S. 319120 und 322. Er hat schon in seiner Mappemode spirituelle aus führl ich ü ber alle Völker des Erdkreises, d arunter auch die Tartaren, gearbeitet. - Sanudo: Briefe, ed . KUNSTMANN S. 78 1 ; Secreta 1 . 1, p. 5, c. 1 S. 32. Ähnlich Directorium S. 382: decima pars non sumus. Auf einen Christen kommen 100 od er mehr, d ie es nicht sind : Ramon Lull , Petitio ad Coelest. 1294 S. 373, De fine S. 268. Dieser Darstellung wi derspricht Burchard v. Monte Sion, S. 90/1, aus eigener Anschauung: Gebiete, di e Sarazenen od er Tartaren unterworfen seien, gälten als nichtchristlich, ob gl eich d och nur wenige And ersgl äubige unter viel en Christen lebten, d ie bl oß zu sch lechte Kämpfer seien, um sich zu wehren; vgl . Joh. v. Sul taniyah, Libellus S. 122. 255 Enea Si lvio nach d em 29. 5. 1453: Op. Om. S. 678 und ed . WOLKAN IV S. 2 1 1 für den Türken kreuzzug; auch die N. 254 genannten Werke dienten d er Kreuzzugs- und Missionspropagand a. - Mit der Bekehrung d er Tartaren wiederum betrie b der Minoritenorden Eigenwerbung (Ann. de Wigornia S. 540; extrem: Tau fe 1274 in Lyon als Leistung d es Ord ens bei El emosina S. 120, Chr. XXIV Gen. S. 352/7). 256 Joh. c. VIII,6 bes. S. 96. Zerrissenheit als Motiv für d as Eindringen in Ungarn ob en S. 30. Im Zusammenhang d er Nied erl age 1396: Relation . . . Nicolpol i II S. 440. - Konstanz: Dietrich v. Niem, Incitamentum ad unionem, Anf. Feb . 1415, ed . FINKE, ACC III, Nr. 18 S. 106; Andreas v. Escobar, Gubernaculum Sp. 1 8 1 ; vgl . Dietrichs Chr. S. 282. Die bekannte Mahnung, die Heiden stünden schon in Europa, hier auch im Refonnzusammenhang. - 1241/1260: wie S. 29/30, 89, 266; um 1400: 187. 257 So Bonifaz VIII., Bull e ad a. 1300 in d en Ann. Reg. Edw. I S. 466/7. So deutl ich werd en d ie Berichte zu 1299/1300 selten: oben S. 104/5. Spät Felix Faber I S. 338, II S. 60, 314/18. Auch dies zeigt die Nonnalisierung der tartarischen Gewaltigk eit: 1260 hatten die Ann. S. lust. Patavini in l eichter Kritik an d en Christen so d en Sul tan gelobt, S. 191. 258 Schon sehr früh Bewunderung Friedrichs 11. für d en absoluten Gehorsam der Tartaren ihren Herren gegenü b er (MP CM IV S. 115): zynisch und am ehesten Zeugnis für die ungewöhnliche Einstellung des Kaisers Ungläubigen gegenüber.
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die Könige der Tartaren herumlaufen, und mit den gleichen Speisen zufrieden wären, die ganze Welt erobern könnten.« 259 Gleich in mehrfacher Hinsicht empfiehlt Fidentius von Padua - der zwischen 1266 und 1291 im Heiligen Land seinen Kreuzzugsplan entwirft - die fast uneingeschränkt bewunderte mongolische Kriegskunst. Mehr noch als ihre Genügsamkeit 260 legt er den Kreuzfahrern ihre Disziplin und Strategie zur Nachahmung ans Herz. Das Lager ist sorgfältig gegen plötzliche Überfälle zu schützen und zu bewachen, wie das die Tartaren tun, bei denen nie ein unbefugter Besucher eindringt; ein Angriff im Winter ist, das lehren die Tartaren, zu vermeiden, und hat man eine ganze Reihe von Feinden zu besiegen, so sehe man darauf, keinen in den Rücken zu bekommen; mit Hilfe dieser Taktik hätten die Mongolen viele Reiche erobert 26 1 . Einen anderen eifrigen Kreuzzugswerber, Philippe de Mezieres, fasziniert gegen Ende des 14 . Jahrhunderts die eite portative des Großkhans der Tartarei aus Zelten und Pavillons - gemeint sind die transportablen Jurten des Nomadenvol kes - so sehr, daß er sie als Bild wählt: Der geplante neue Ritterorden soll die tragbare Stadt Gottes sein, überall einsatzbereit. Hier ist eine ursprünglich nicht in erster Linie militärische Einrichtung der ungläubigen Tartaren zum Vorbild für das Kriegswerk Gottes geworden 262 . Über das Militärische hinaus können sogar manche bei den Mongolen beob achtete politische Strukturen als Vorbild dienen. Pierre Dubois schlägt in seiner kurz nach 1300 für Philipp den Schönen entworfenen großartigen Herrschafts konzeption vor, der König solle sein Reich von einem festen Zentrum aus regieren, dort bleiben, sein Leben schonen und seine nahen Verwandten als Heerführer ausschicken. Wenn aber eingewendet würde, das widerspreche dem langerprobten Brauch und sei überhaupt noch nie dagewesen, so sei zu antwor ten, daß manche römische Kaiser es schon so gehalten hätten. Vor allem aber höre man von den Tartaren, daß ihr König sich so verhalte263 - und beide Völker, so liest man zwischen den Zeilen, haben ja nun wirklich Erfolg damit gehabt. Um ein
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259 Epilog c. 4 S. 33 1. Kriti k an Luxus und Au fwan d a bendl än discher Ritter an hand d er tartarischen Vorbilder: Philippe d e Mezieres, Sange II S. 210 u. 214/5. Beispielhaftigkeit d es Au fstiegs Timurs (und der Tür ken) im griec hisc hen Bereich : Bessarion 1443/46, referiert b ei J. DRÄSEKE, Plethons und Bessarions Den kschriften . Über die Ange legenheiten im Pe loponnes«, in: Neue Jbb . f. d . kl ass. Altertum, Gesch .u. d t. Lit. 27, ]g. 14 (1911) 109. 260 S. 38, unten S. 225/7; zur Datierung des Werkes N. 1 78. 261 Wache S. 32/3; Winter 53; Rücken 54 u. 32. Sogar aus mongo lisc hen Fe hl ern können die Ab endl änd er noch l ernen: 34. 262 Epistre (1395) S. 499/500; vg l. Sange I S. 228/9. - Zu den transportablen Häusern unten S. 224; Bild 24a. Zum Autor Nico la IORGA, Philippe d e Mezieres 1327-1405 et la croisad e au XIVe siede, Paris 1896. 263 Summaria S. 1 9120; vgJ. De recup. App. c. 9 S. 218. Vorbi ld auch auf d em Ge biet d er Strategie: e bd . c. 25 S. 130: Ernährung aus dem Feind esland (ähn lic h c . 5 S. 122/3 ohne Tartaren-Nennung). Zum Autor und seinem Ged ankengut bes. O. G. OEXLE, Utopisches Denken im Mitte lalter: Pierre Du bois, in: HZ 224 (1977) 293-339.
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IH. ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
guter Staatsmann zu sein, benötige ein so mächtiger Mann wie der Großkhan auch keine große Zahl von Beratern - wie sie manche abendländische Fürsten 2 64. offenbar für nötig halten Nachdem die Tartaren also zunächst der Maßstab alles Bösen, aber auch der militärischen Stärke gewesen sind und ihr Reich das Synonym für riesige Ausdeh nung gewesen ist, können sie, die Heiden, schließlich sogar zum Vorbild für den christlichen Herrscher aufsteigen. Als man sich direkt mit den Mongolen und ihrer plötzlichen Präsenz auseinandersetzen mußte, lieferte ihre Kriegskunst Argumente für den Krieg gegen sie, später auch mit ihnen gemeinsam. Mit einem Vetweis auf ihr Heidentum kann immer wieder für die Mission unter ihnen geworben werden. Noch deutlicher aber als in diesen direkten Anwendungen auf die Mongolen wird das abendländische Urteil über sie - in all seinen Spielarten und Varianten - in der Verwendung als Exemplum, das heißt hier in der Argumentation für andere, von den Mongolen selbst womöglich weitgehend unabhängige Ziele. Eine wie auch immer beispielhafte, vergleichende Verwendung eines Begriffs in der Propaganda erreicht ja nur dann ihren Zweck, wenn sie im Zielpublikum bestimmte Assoziationen weckt. Scheußlichkeit, kriegerische Stärke, räumliche Ausdehnung und Macht, alles in Verbindung mit ihrem Heidentum, und seltener - andere Eigenschaften der Mongolen erweisen sich als feste Begriffe; ihre Instrumentalisierung im Vergleich zeigt den hohen Bekanntheitsgrad bestimmter Urteile, die man sich gebildet hat und die bald topisch werden. Neben der Zahl und der Art der Kenntnisse über die Mongolen, deren Einfügung ins abendländi sche Weltbild man offenbar nach und nach voraussetzen kann, verdeutlicht der propagandistische Einsatz dieser Kenntnisse die Selbstverständlichkeit, mit der die Abendländer ihre eigenen Maßstäbe an das fremde Volk anlegen 265. Ganz spezielle, gut beobachtete Eigenheiten der Mongolen werden ebenso wie ganz allgemeine wahrgenommen und verstanden und an abendländische Bilder ange paßt, das heißt in die a b e n d l ä nd i s c h e Vorstellungswelt eingefügt.
5. Praxis und Theorie der Mission unter den Tartaren Am Beispiel der vielfältigen Verwendung der Tartaren als Exemplum in propa gandistischen Schriften konnten im vorhergehenden Kapitel stetig wachsende Kenntnisse und die Gewöhnung der Abendländer an den Umgang mit ihnen beobachtet werden. Hierzu trugen - wie maßgeblich auch zur Einbeziehung der Mongolen ins politische Kalkül - vor allem solche Abendländer bei, die sich 264 Philippe d e Mezieres, Songe I S. 503. Vorbildliche Herrscher der Mongolen: unten S. 231/2. Im 18.Jh . wird man, so BITIERLI (Die �Wilden., wie S. 11, N. 12, 56), aufgrund von Marco Po los Wer k den Tartarenstaat als Muster beispiel einer au fgeklärten Despotie heranziehen. 265 Vgl . S. 201 ff. -
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MISSION UNTER DEN TARTAREN
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zwischen den Kulturen bewegten und tatsächlich mit den Mongolen lebten, wie es Missionare und Kaufleute taten. Inwieweit gelingt es ihnen, ihre eigenen Vorstellungen und Erwartungen anhand der vorgefundenen Realitäten zu über prüfen und sie ihnen anzupassen ? Anders als bei klischeehafter Benutzung genügt hier nicht die Einfügung der Informationen in Bilder, die fast vollständig abendländisch sind; die Abendländer müssen sich, wollen sie nicht gänzlich scheitern, sondern sich etablieren, vor Ort und auch in der theoretischen Refle xion mehr auf die mongolische Wirklichkeit einlassen. Christliche Mission findet ihre Begründung im Aussendungsbefehl Christi an die Apostel und in der Überzeugung, daß alle Völker der Welt vor dem Jüngsten Tag getauft werden müßten 26(,. Diesen eschatologischen Aspekt betonen die Päpste seit Gregor IX. mit ihren Missionsbullen Cum hora (iam) undecima. Zur Erfüllung dieser Obhutsplicht gegen alle Menschen bedienen sie sich ausdrücklich der ungeheuren Kraft der jungen Bewegungen der Franziskaner und Dominika ner 267• Franz von Assisi hat die Welt, die seit den Kreuzzügen weiter geworden ist, gewinnen wollen und ist 1219 in Ägypten predigend vor den Sultan getreten. Sein Orden fühlt sich in seiner Nachfolge der Weltmission besonders verpflichtet, und auch die Brüder des Dominikus widmen sich bald dieser Aufgabe 268. Von Anfang an unterstützen die Päpste diese Initiativen oder betreiben ihrerseits aktiv die Mission, so daß das Zusammenspiel von apostolischer Autorität und mendi kantischem Eifer bald erfolgreiche Aktivitäten hervorbringt 269• Die erwähnten päpstlichen Bullen zählen in der Adresse eine große Zahl von Volksnamen auf - denn Christus sandte seine Jünger an a l l e Völker -, doch es sind die Tartaren, die zum besonderen Ziel der Mission werden 2 70. Auf ihrer 266 Mt. 28, 19120 Euntes ergo docete omnes gentes (vgl. Mk. 16,5; Lk. 24,47). Darauf beriefen sich erwartungsgemäß auch die Missionare des 13.Jh.: Dominikanergeneral Humbert v. Romans 1255, ed. REICHERT V S. 19. - Grundsätzliches zur christlichen Missionsaufgabe: Rubruk XXXIII,8, S. 292; Ramon Lull, Ars iuris, p. XIVb. Philippe de Mezieres Passionsorden (Ende 14.Jh.) hat die Aufgabe, den Glauben bis weit nach Indien, Nubien und in die Tartarei auszudehnen : S. 90. Endzeitbekehrung: Mt. 24, 14 und Römer 11,25/6; unten S. 272/3. Auch bei Humbert findet sich der Hinweis darauf: Op. Trip., für das Konzil 1274, I. I c. 15. 267 Exemplarisch Innocenz IV., oben S. 77. - Manchmal ist bei der Asienmission auch der Christen unter heidnischer Herrschaft gedacht: Ramon LuU, Blanquema S. 240; Philippe de Mezieres, Cheva S. 55. Für deutsche Christen, die in lerie (dat. IORGA, Philippe, wie N. 262, VIINIII) S. 15 Gefangenschaft leben, will Rubruk tätig werden: XXXIII,1 S. 289. 268 Z. B. K. ELM, Franz v. Assisi : Bußpredigt oder Heidenmission?, in: Espansione, 69-103 (mit Lit.); Berthold ALTANER, Der Heilige Dominikus, Breslau 1922. 269 Im Falle der Mongolenmission wenden sich die Päpste immer wieder direkt an die Khane; Taufaufforderungen an die Ilkhane im Rahmen der diplomatischen Kontakte oben S. 93 ff.; LUPPRIAN hat Briefe des 13.Jh. an die Khane der Goldenen Horde (40, Dep. 10,12), des Tschaghatai (55, Dep. ll) und an den Großkhan (47,54, Dep. 9) ediert. Zu den Aktionen der Päpste im 14.Jh. unten S. 150 mit N. 381, S. l72ff. 270 Auffällig ist, daß die Tartaren, die erstmals Innocenz IV. 1253 (23. 7., ed. THEINER VMH I 425 S. 223124) namentlich aufnimmt, zwar in allen Cum hora Bullen des 13.Jh. genannt werden, aber seit 1307 (23. 7., Clemens V., BFr V Nr. 84 S. 35/7) verschwinden. Offenbar werden sie in dem Moment, in dem die Mission bei ihnen den Höhepunkt erreicht, gezielt aus den a l l g e m e i n e n Bullen gestrichen, denn nun wird eine s p e z i e l l e Kirchenorganisation bei ihnen begründet (ebenfalls am 23. 7. 1307, =
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III. ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
Bekehrung ruhen ja auch die Hoffnungen auf ein militärisches Bündnis gegen die Sarazenen mit einem nach Möglichkeit christlichen Partner. Die Bekehrung der Mongolen ist nicht nur heilsnotwendig und politisch günstig, sie ist nach Ansicht des großen franziskanischen Missionstheoretikers Ramon Lull 27 1 geradezu lebensnotwendig für die Christenheit. »Es gibt drei Kaiser der Tartaren, von denen der höchste Großkhan genannt wird, und der zweite herrscht in Persien und heißt Carbenda . . . Carbenda ist mit seinem ganzen Volk Sarazene geworden. Und die Sarazenen versuchen, [auch] die größeren Kaiser zu verführen . . . Diese drei Kaiser [der Tartaren] besitzen viel mehr Land als alle Christen und auch alle Sarazenen; und wenn deshalb alle drei Sarazenen würden, was geschähe mit uns winzigen Christen ?,, 272 » wenn [die Tartaren] den Glauben [Mohammeds] von sich aus annehmen oder die Sarazenen sie zu ihrer Sekte verführen, wird die ganze Christenheit in höchster Gefahr schweben« 273. Denn da dieser Carbenda der Herr der Perser ist, könnte er mehr als irgendein anderer Mensch die Eroberung des Heiligen Landes behindern 274. Eigene Erfahrungen und vor allem diejenigen seiner Ordensbrüder sagen Lull, daß die Tartaren unmittelbar vor dem Übertritt zu einer der großen Religionen stehen. Wollen die Christen dem Islam zuvorkommen, müssen sie sich beeilen, denn schon hat der Islam einen Vorsprung gewonnen 2 75• Da der Malloreiner Lull .
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unten S. 135 mit N. 298). Auch Innocenz IV. überging die Tartaren 1245 in Cum hora (21./23. 3., BFr I NT. 80 S. 360/1), als er sie gerade gesondert in den Bück nahm: oben S. 74/5; aber ASV. Reg. Vat. 62 (das wohl nach 1362 in Rom Texte zur Orientmission zusammenstellt: ]ules GAY, Le pape Clement VI et les affaires d'Orient [1342-1352], Paris 1904, 8) faßt beide Cum hora-Bullen Clemens' V. und ]oh.' XXII. (23. 10. 1321, BFr V Nr. 443 S.211, vgl. BOP Nr. 33 S. 154) zusammen als "an die Franziskaner und Dominikaner im Reich der Tartaren«. 271 So sehr er bezüglich der Muslime seine Kreuzzugs- und Missionsideen variiert, von der Notwendigkeit einer raschen und erfolgreichen Mission bei den Tartaren ist er stets überzeugt. Zu ihm Eckhart-W. PLATZECK, Das Leben des seligen Raimund Lull, die ,. Vita coetanea« und ausgewählte Texte zum Leben Lulls aus seinen Werken und Zeitdokumenten übertragen und eingeleitet, Düssel dorf 1964; DERS., Raimund Lull, sein Leben, seine Werke und die Grundlage seines Denkens, 2 Bde., Düsseldorf 1962-4; M . BATLLORI, Teoria ed azione missionaria in Raimondo Lullo, in: Espansione, 187-211; zur Wirkung ]ocelyn N. HILLGARTH, Ramon Lull and Lullism in Fourteenth-Century France, Oxford 1971. 272 De conven. S. 575 (1304 (?); dazu GOLUBOVICH I S. 382). Sehr ähnlich De acquis. 1309 S. 129. Das Volk sei innumerabilis: Lull an die Universität Paris, CUP 11 p. 1, 611 S. 83. Unten S. 230. Carbenda ist eine Namensform des Ilkhans Öldscheitü: oben S. 35. 273 Quomodo TS (1292) S. 96. Wenn hingegen die Tartaren dem Christentum gewonnen werden, können sie eine große Hilfe sein: a. a. O. u. S. 106; dieses Argument kommt bei Lull immer wieder: Selbstzitat in Petitio ad Coelest. 1294 S. 374 u. ö., manchmal auch noch pathetischer, Zitat oben N. 234. Ähnlich wünschte Ricold v. Montecroce, die Tartaren kämen, um die Sarazenen zu vernich ten: aber sie seien ja selbst fast alle Sarazenen (Epist. III S. 285). 274 De acquis. S. 129/30. Schaden und möglichen Nutzen der Tartaren für die Kreuzzüge deutet er nur an: oben N. 234. 275 Bestätigung in der Praxis : Franziskaner müssen sich 1320 in der Goldenen Horde sagen lassen: wenn ihr zuerst gekommen wäret . . . (ed. BIHL/MoULE II S. 67/8). Lull geht davon aus, daß sich auch die anderen Religionen um die Tartaren, die noch keine eigene Religion haben (dazu unten S. 13 7), bemühen und sieht drei Möglichkeiten: Die Tartaren würden Muslime oder Juden oder per se sectam faciant, und bildeten auch dann eine Gefahr: Quomodo TS 1292 S. 105/6 (condere in CUP 1I p. 1, 6 1 1 -
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den Islam gut kennt, glaubt er zu wissen, was diese Religion für die Tartaren so attraktiv macht: die Sarazenen umwürben sie eifrig und gäben ihnen ihre Töchter, Schwestern und Güter. Der Glaube sei sehr verführerisch, weil er für das Leben nach dem Tode viele sinnliche Genüsse verspreche, wovon die Tartaren, weil sie noch rohe Menschen seien, getäuscht würden 2 76. Lull selbst ist im Orient gewesen und hat erfahren, daß der Tartarenkhan Cassanus eigentlich Christ werden wollte. Da er aber keine Gewißheit (certitudo) über das Christentum habe gewinnen können, sei er Muslim geworden 277. Wenn also Lulls Vorschläge nicht in kurzer Zeit verwirklicht würden, so mahnt er schon 1292 Papst Nikolaus IV., werde es sehr bald zu höchst schädlichen Entwicklungen kommen 2 78• Damit hat die Mongolenmission einerseits ihre ganz eigene Bedeutung und wird andererseits in den Dualismus zwischen Islam und Christentum, wie er seit der Kreuzzugszeit herrscht, eingebunden und bezieht daraus nicht geringe Antriebskraft. Zudem ist man sich im Abendland, wo gegenüber den Tartaren der Kreuzzugsgedanke fast immer schwächer ist als der der Mission, im 13. Jahrhun dert noch keineswegs einig, ob die Muslime bekämpft oder eher bekehrt werden sollen 279• Die Muslime aber befinden sich im Besitz des Heiligen Landes, und der unmittelbare Wert ihrer Bekehrung leuchtet sofort ein. Schon deshalb ist kaum ein Theoretiker der Mission ausschließlich an der Mongolenmission interessiert, sondern hatte die Bekehrung der Muslime mit im Blick. Während jedoch die islamischen Gewalten den Christen alle möglichen Hin dernisse in den Weg legen, ja ihr Leben bedrohen, unterstützen die tartarischen Khane, wie die Abendländer bald wahrnehmen, die christliche Mission eher noch. Nicht um des Glaubens willen, sondern um Land zu erobern, hätten sie die Christen angegriffen 2 80 . Tatsächlich erreichen das Abendland mindestens viermal
S. 83). Der prinzipielle Wunsch der Tartaren nach Bekehrung wird vorausgesetzt: in der Realität z. B. De fine S. 267, in der Utopie Blanquerna S. 160. 276 Quomodo TS 1292 S. 105/6. - Ähnliche Begründungen bei Joh. v. Sultaniyah (um 1400, Libellus S. 108: predigen delectabilia), etwas differenzierter Ricold v. Montecroce: Libellus S. 167/8, vgl. Itinerarium c. 10 S. 1 1 7 und 12, 121. Unten S. 143/4. 277 De fine S. 267. Grundlage des Gerüchtes ist wohl Ghazans christenfreundliche Haltung. Lulls zeitgenössische Vita berichtet sogar, er habe die Absicht, zum bekehrungswilligen Khan zu reisen, aufgegeben, als er erfuhr, daß dieser längst Muslim sei: Vita coetanea S. 166/7. Lull zu der Frage, wie man die Tartaren denn überzeugen solle, unten S. 144/5. 278 Quomodo TS S. 106. 279 Auch innerhalb der Mendikantenorden stehen Islammission und Kreuzzugspredigt nebeneinan der, so bei Humbert v. Romans : Epist. 8b (1256) ed. REICHERT V, S. 38ff.; Plädoyer für die Vernich tung der allzu verhärteten Sarazenen, bei denen eine Mission von vorneherein aussichtslos sei, Op. Trip. I S. 1 85-206. Ramon Lull, Disputatio (S. 321): Sarazenen, Türken und Tartaren sollen missioniert werden. Wenn sie nicht übertreten wollen, wende die Kirche ihr weltliches Schwert gegen sie. Auch dieses Konzept paßt zu eschatologischen Überlegungen : unten S. 272/3, bes. E. R. DANIEL, Apocalyptic Conversion: the Joachite Alternative to the Crusade, in: Traditio 25 (1969) 127-154; DERS., The Franciscan Concept of Mission in the High Middle Ages, Lexington/ Kent. 1975. 280 Humbert v. Romans, Op. Trip. I c. 6 S. 187/8. •
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IIl.
ABENDLÄNDISCHE MONGOLENPOLITIK
Aufforderungen aus China, Missionare zu schicken 281 . Bald meint man im Westen, die Tartaren seien dem Christentum leicht zu gewinnen, wie es um 1335 der Franziskanerchronist Johannes Elemosina, der über hervorragende Quellen direkt aus dem Missionsgebiet verfügt, formuliert: »Und nachdem die Tartaren viele Reiche . , . unterworfen hatten, wandelten sie sich, weil in ihnen durch Gottes Voraussicht eine natürliche Sanftmut lebte, so von ihrer rasenden Wildheit zur Güte, daß sie die Völker, die sie unterworfen hatten, in Liebe und Höflichkeit zu regieren und zu begünstigen begannen. Und sie erlaubten den Völkern, ihre Glaubensregeln zu bewahren und nach dem Ritus ihrer Ahnen zu pflegen und ihre Länder in Frieden zu besitzen, wenn sie nur dem Herrn der Tartaren gehorchten und ihm Abgaben entrichteten. Doch vor allem den Christen gestan den sie das zu, und behandelten sie mit großem Wohlwollen, indem sie ihnen gestatteten, den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus überall frei zu predi gen, und indem jeder, der Christ werden wollte, das frei tun konnte . . . « 2 82 Mit Gottes Hilfe wurden dann auch viele Tartaren bekehrt, und sogar ein großer König der Tartaren wurde getauft, der die Christen sehr förderte 283• Hier ist die religiöse Einstellung der schamanistischen Mongolen beschrieben, denen die Dogmatik und der Absolutheitsanspruch der Hochreligionen fremd sind - eine Stufe religiösen Fühlens, die in der modernen Forschung oft mit Toleranz veIwechselt und bezeichnet wird 284. Die Missionare beobachten das daraus resultierende Verhalten, können es aber nicht verstehen, weil sie es selbst von ihrem dogmatischen Glauben aus betrachten. Das Un- oder Mißverständnis läßt manchen Missionar die Mongolen ganz falsch behandeln 285 und kann auch verunsichern. »Und weil sie bei der Verehrung Gottes kein Gesetz befolgen, zwangen sie bisher, soweit wir erfahren konnten, niemanden, seinen Glauben oder sein Gesetz zu verleugnen. Was sie weiterhin tun werden, wissen wir nicht; einige nehmen aber an, daß sie, wenn sie die Alleinherrschaft gewonnen haben sollten, was Gott verhüten möge, dafür sorgen würden, daß sich alle diesem Irrglauben (ydolum) zuwenden.« 286 281 Mit den Polos: c. VIII(7) S. 6 (8/9); 1278 und 1289: LUPPRIAN 47 S. 237/4 1 ; 54 S. 255/7; 1338: unten S. 1 76 mit N. 533. 282 S. 120, vgl. 107; vgl. A. D. v. D. BRINCKEN, Der »Oriens Christianus. in der Chronik des Johannes Elemosyna OFM (1335-36), in: 18. dt. Orientalistentag. Vorträge hg. v. W. VOIGT, Wiesba den 1974 (Zs. d. dt. Morgenländ. Ges. Supp!. 2) 63-75. Jeder darf seinen Glauben behalten, solange er dem Khan treu bleibt: so etwa zur gleichen Zeit der Dominikaner Jacopo d'Acqui Sp. 1608; Johanca 1320, ed. BifiL/MoULE 1I S. 66. - Diese Situation kennt auch Ramon Lull und will sie ausnutzen: Petitio ad Coelest. S. 374. Vg!. Pro conv. ed. ATlYA S. 488: Hier liegt auch eine Gefahr, denn nicht nur die Christen, auch andere Missionare können frei predigen, unten S. 133. 283 Der christliche Khan unten S. 219, 280/t. 284 Man sollte den Begriff der Toleranz, der für uns durch die geistesgeschichtlichen Entwicklungen der Aufklärungszeit festgelegt ist, hier möglichst vermeiden. 285 Unten S. 146/7 Rubruks Disputations-Erfahrungen, vor denen er ratlos steht. 286 Plano Carpini III,5 S. 39. Seine Meinung zu den Aussichten der christlichen Mission oben S. 79. Befürchtungen als mongolische Prophetie: Libro dei conosc. (OFM, nach 1348) c. 12 S. 571. Mi. 15.Jh .
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MISSION UNTER DEN TARTAREN
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Johannes von Plano Carpini, der 1247 dieses frühe Urteil aufschreibt, hat Zwar im Gegensatz zu anderen erkannt, daß die Duldsamkeit gegen Andersgläubige im Wesen der mongolischen Religion begründet liegt, ist sich aber nicht sicher und sieht die Zukunft im Ungewissen. 1283 dagegen baut Ramon Lull ein Argument in seinem utopischen Roman Blanquerna auf das mongolische Prinzip auf, jede Predigt zu erlauben : Die Türken, Untertanen der Tartaren, verbieten das Predi gen in ihrem Land, doch der mongolische Herrscher zwingt sie, von einer 28 7. Gesandtschaft veranlaßt, es zuzulassen Noch mehr Optimismus und Ausblicke nach Art des Elemosina, der igno riert, daß prinzipiell die Vertreter aller Religionen bei den Mongolen frei predigen 288 dürfen, verbreiten sich . Ermutigungen durch Konversionsnachrichten treten Aussagen wie der Rubruks über die völlige Aussichtslosigkeit gegenüber, und jene setzen sich durch, weil sie dem Erwünschten entsprechen. Kurz vor 1274 hebt der Dominikanergeneral Humbert von Romans die Tartaren von den Sarazenen ab : »Bei den Tartaren unserer Zeit aber muß man noch Hoffnung 289 und diese Hoffnung bleibt in den haben; man muß noch nicht verzweifeln« nächsten zweihundert Jahren in der Mongolenmission lebendig. Wenn auch manch ein Missionar persönlich schlechte Erfahrungen macht oder mit ungeschicktem Verhalten Schwierigkeiten heraufbeschwört, so leben die meisten doch friedlich und nicht ohne Erfolge lange Jahre in ihren Missionsgebie ten 290. Fast völlig unbehelligt von den örtlichen Gewalten können die beiden großen Orden ihre Mission in der Tartarei ähnlich wie in den christlichen Ländern organisieren. Die konsequente Nutzung der günstigen Bedingungen bringt, immer gefördert von den Päpsten, bald ein systematisch sich ausbreitendes Netz von Missionsstationen hervor. Beide Mendikantenorden finden in den -
weiß Giosafat Barbaro, wie es ausgeht: Jeder war frei, zu glauben, was er wollte, bevor die Tartaren zum Islam übergetreten sind: S. 73. 287 S. 250/1. 288 Die Gewißheit, mit der offenbar mancher die freie Predigt ausschließlich auf die Christen bezieht, deckt sich mit dem päpstlichen Anspruch, von jedem Heidenfürsten eine solche Erlaubnis erwarten zu dürfen : dazu oben S. 74/5. 289 Op. Trip. 1,6 S. 188; auch 1,15, wie N. 266. Schon 1256 teilte er in einem Rundbrief über den Stand der Missionen allen Ordensbrüdern mit, die Missionare bei den Tartaren hätten nur Günstiges zu berichten: Opera de vita regulari S. 501l2. Hoffnung stiften auch die Berichte über christliche Frauen und Mütter der Khane (oben S. 34; Wirkung als Predigtexempel beim Dominikaner Thomas v. Cantimpre, Bonum II, 53) oder Bitten um Missionare wie die Kubilais (nach Marco Polo bei Jacopo d'Acqui OP, Sp. 1606, und Jean LeLong OP, Sp. 746). - Zu Rubruk: oben S. 84; dennoch optimistisch ist Roger Bacon, Op. Maius II S. 372 und 388. 290 Zu Ricold v. Montecroce oben S. 68/9. Ascelin droht der Tod, weil er die Mongolen brüskiert, indem er sich weigert, nach ihrer Sitte niederzuknien (Sirnon S. 98-102), während Rubruk, der eigentlich auch nicht vor Menschen knien will, nicht widerspricht, weil er keinen Streit anfangen will (XIX,7 S. 214). Sogar in Martyriums-Berichten aus den tartarischen Ländern geht die Verfolgung von Sarazenen aus (z. B. Bartholomäus v. Pisa, De conform. VIII S. 332-335, vgl. ehr. XXIV Gen . S. 510/11). Es gibt überhaupt wenige Märtyrer in den tartarischen Gebieten: Listen z. B. GOLUBOVICH II 72; Monumenta Franciscana; BIHL/MoULE I S. 105/6; Beispiele nennt der Brief von 1323 aus Kiptschak, ebd. S. 107/8.
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Riesenreichen der Tartaren nicht nur ein ausgedehntes Gebiet, um ihrem Mis sionsauftrag gerecht zu werden. Die welthistorische Konstellation des Zusam mentreffens einer starken friedlichen Missionsbewegung mit einem religiös dogmatisch nicht festgelegten heidnischen Großreich bietet auch die Gelegenheit, eine Missionsorganisation im Heidenland zu entwickeln und ausgedehnte prakti sche Erfahrungen zu sammeln, auf deren Grundlage sich Missionstheorie ausbil den kann. Über die Anfänge der Missionsbemühungen im 13. Jahrhundert haben wir wenige, nur vereinzelte Nachrichten, die aber beweisen, daß Rubruks Missions reise kein Einzelfall blieb 291 • Vor Ort werden die ersten Missionare, von denen wir keine Zahlen und nur wenige Namen kennen, vor allem durch abendländische Kaufleute unterstützt, die wohl noch schneller die Gunst der Stunde genutzt haben 292 • Um 13 1 8 zählt die Schrift De locis Fratrum Minorum et Predicatorum in Tartaria bereits achtzehn feste Ansiedlungen der Franziskaner und zwei der Dominikaner in der Tartaria Aquilonaris, vier der Franziskaner in Cathay und zwölf der Franziskaner und drei der Dominikaner in Persien auf 293; einige davon werden auf das 13.Jahrhundert zurückgehen. Die systematische Erfassung und Ausweitung beginnt um die Wende zum 14. Jahrhundert, als in beeindruckender Weise die abendländische Christenheit nach den ersten Vorstößen der Missionare organisatorisch Besitz von den noch kaum erschlossenen Gebieten ergreift. Die Orden entwickeln für die Mission in der Tartarei ganz neue Organisationsformen, und auch die baldige Einrichtung von Kirchenprovinzen zeugt von dem starken Willen einer expansiven Kultur. Die Franziskaner richten im Gebiet der Tartaren drei Vikariate, Vicaria Aquilonaris (vor 1287), Orientalis und Tartariae ( 129 1) ein, denen jeweils einige Kustodien mit Konventen auch tief im Missionsgebiet unterstehen 294• Die Societas Fratrum Peregrinantium der Dominikaner umfaßt die Konvente Caffa (gegründet 291 Die Nachrichten zusammengeklaubt haben zuletzt RICHARD, Papaute, 86ff.; FEDALTO, Chiesa, 510-526; vgl. Leonhard LEMMENS, Die Heidenrnissionen des Spätmittelalters, Münster 1919 (Fran. St . Beih. 5) 2 1 ff. 1260 erwähnt der Papst einen Frater, der einen Brief Berkes, des Khans der Goldenen Horde, überbracht habe (LUPPRIAN 40 S. 213 ff.), 1262 kommen Mönche als Briefboten offenbar auch aus Persien: wie S. 53. David v. Ashby, der wohl um 1259/60 als Bote aus dem Heiligen Land nach Persien zog, blieb wahrscheinlich bis 1274, als er als Gesandter des Ilkhans nach Lyon ging, in dessen Reich (oben S. 48 bzw. N. 109). In den 70er Jahren wird das Netz der Nachrichten dann langsam dichter. 292 Über Parallelen zwischen Missions- und Kaufmannssiedlungen und die gegenseitige Unterstüt zung in der Fremde unten S. 162/3. 293 Ed. GOLUBOVICH 11 S. 72 (dat. 1320/30), auch LOENERTZ I S. 73/4 (dat. mit guten Gründen spätestens 1 3 1 8) . Über die meist erfolglosen Versuche der Dominikaner, nach China zu gelangen, ebd. 47-50. 294 Der Begriff des Vikariats ist offenbar im Zuge der Orientmission entstanden: GOLUBOVICH II S. 262. Die genaue Beschreibung der Gebiete findet sich bei Bartholomäus v. Pisa 1385/90, De conform. IX,2 S. 556/7. Übersicht GOLUBOVICH II S. 260-274. Aquilonaris: Krim und Goldene Horde: ebd. S. 443 f.; Orientalis: Kern Persien (Tabris) aber auch Trapezunt und Konstantinopel, Konvente vor 1279 genannt. Tartaria : Gründung Entsendung des Joh. v. Monte Corvino; umfaßt Cathay und ganz Zentralasien. =
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1298), Pera (1299), Trapezunt (nach 13 15) und Chios (vor 1327), die den Generalvikar wählen und die Ausgangspunkte der Brüder zu den verschiedenen Missionsstationen bilden 295. Seit dem späten 14. Jahrhundert sind contratae belegt, in die das riesige Missionsgebiet, wohl ähnlich den franziskanischen Vikariaten, aufgeteilt ist 296 • Auf Grund der Erfolgsmeldungen des Franziskaners Johannes von Monte Corvino begründet Papst Clemens V. 1307 mit dem Erzbistum Khan Baliq die erste Missionskirchenprovinz, die alle Reiche der Tartaren und Indien, also mit geringfügigen Ausnahmen im Vorderen Orient ganz Asien, umfassen soll 297. Gleichzeitig weiht der Papst sechs Suffraganbischöfe und schickt sie auf die Reise; 1311 folgt die Ernennung drei weiterer 298. Den meisten Bischöfen wird noch keine civitas zugewiesen; denn oft fehlen die Kenntnisse, zumal es in einigen Gebieten wohl kaum Städte, die den lateinischen Ansprüchen an eine Bischofs stadt genügen würden, gibt. Da die erste Erzdiözese viel zu groß und der Erzbischof ein Franziskaner ist, gründet Johannes XXII. zum Ausgleich 1 3 1 8 ein zweites Erzbistum in Sultaniyah und besetzt es mit dem Dominikaner Franeo von Perugia 299• Der Papst grenzt die Provinzen voneinander ab ; die Orden, die von nun an alleinigen Anspruch auf die Besetzung des jeweiligen Stuhles haben, werden zur Zustimmung aufgefordert. So bleiben bei Khan Baliq das Reich von
295 Zur Lage vgl. Karte. Die Soc. Fr. Peregr. hätte man später, so LOENERTz (1, 1), als Kongregation, also Vereinigung einiger Konvente unter einem Generalvikar, bezeichnet. Zur Entwicklung der dominikanischen Missionsorganisation Berthold ALTANER, Die Dominikanermission des 13. Jahrhun derts. Forschungen zur Geschichte der kirchlichen Union und der Mohammedaner- und Heidenrnis sion des Mittelalters, Breslau 1924; DERS., Zur Geschichte der »Societas fratrum peregrinantium propter Christum«, in: ZMW 12 (1922) 116-118; LOENERTZ, Missions dominicains, 1-111; DERS., La Societe des Freres peregrinats. Etude sur l'Orient dominicain, I, Rom 1937, 1975. Zur genuesischen Ansiedlung Caffa auf der Krim, also im Gebiet der Tartaria Aquilonaris, unten S. 158ff. Pera: Genuesische Kolonie bei Konstantinopel; Trapezunt: auf dem Weg ins persische Missionsgebiet, unten S. 154. 296 Vgl. LOENERTZ I, 27. 297 Bulle Reg. Clem. V. 2300. Zu den Erfolgen N. EGAMI, Olon-süme et la decouverte de I'eglise catholique romaine de Jean de Montcorvin, in: JA 240 (1952) 155-167; Antonius VAN DEN WYNGAERT, Jean de Mont Corvin O. F. M. premier eveque de Khan Baliq ( 1247-1328), Lilie 1924; Regine MÜLLER, Jean de Montcorvin (1247-1328) - premiere archeveque de Chine, in: Neue Zs. f. Missionswiss. 44 (1988) 8 1-109, 197-217, 263-284. 298 1307: Bullen Reg. Clem. V. 2216-2221, vgl. 2300-230 1 ; darunter Andreas v. Perugia, Peregrinus v. Castello und Geraldus Alboyini (oben S. 49). - 1311 : Bullen Reg. Clem. V. 7480-7482. Wenigstens einer gelangte nach China : Joh. de Cori erwähnt um 1328/34 Peter de Florentia als Bf. v. Zayton. - Es scheint wenigstens zwei frühere Versuche gegeben zu haben, Bischöfe im Tartarenreich zu etablieren: durch Innocenz IV. 1253 (BFr I Nr. 468) und Nikolaus III. 1278 (BFr III Nr.68). Dieser gab den Auftrag, die Möglichkeiten für die Errichtung eines Bistums, einer civitas, in partibus Tartarorum zu prüfen. Zur Organisation im 14.Jh. J. RICHARD, Les papes d'Avignon et l'evangcHisation du monde non-Iatin a la veille du grand schisme, in : DERS., Croises Nr. XVI. Selten ist eine ausdrückliche Errichtung mit Gebietsbeschreibung erhalten wie im Falle des nahe genug gelegenen Bistums Caffa (BFr V 303 S. 142/3). Spätere Abgrenzungen CICO XI S. 14/5. 299 Bulle Redemptor noster vom 1 . 4. 1318 vollständig: GOLUBOVICH III S. 200-204. Sultaniyah war etwa seit Beginn des Jh. Hauptstadt des Ilkhanats (vgl. Karte). •
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Gazaria 300, das ganze große Reich von Cathay und das Land vom Ararat bis Pera (Konstantinopel). Zu Sultaniyah zählten das ganze Reich von Persien - das Ilkhanat -, Indien und Äthiopien und regna Doha seu Chado regnum, eine sehr unklare Bezeichnung für zentralasiatische Gebiete301 • Das transoxanische Bistum Samarkand zählt zum Beispiel zur Erzdiözese Sultaniyah, die wie Khan Baliq sechs Suffragane erhält 302 • Die missionarischen Aktivitäten der Mendikanten führen aber nicht nur zu Organisation, sondern auch zu dem noch früher ei,?setzenden Versuch, Gelerntes t h e o r e t i s c h zu erfassen und zu regelrechten Missionstheorien auszubauen. Schon in früheren Jahrhunderten haben Missionare Erfahrungen gemacht, Bekeh rungsverfahren ausprobiert und Handlungsanweisungen weitergegeben; gerade die Missionsmethoden stehen in einer langen Tradition303• Erst im 13. Jahrhun dert aber, als zunehmend Kritik an Kreuzzügen und Gewaltmission aufkommt30\ beginnt in den neuen Orden eine systematische Reflexion der Kenntnisse, durch die die größten Denker der Orden geeignete Voraussetzungen schaffen wollen, um optimale Erfolge erzielen zu können. Inwieweit eine echte Wechselwirkung zwischen Theorie und Praxis zustandegekommen ist, läßt sich selten sagen 305. Mönche mit praktischen Erfahrungen sind sicher die realistischeren Theoretiker geworden, während andere Theorien, die ganz vom Christentum aus gedacht sind, gänzlich unbrauchbar gewesen sein dürften. Ob je eine umfassende Theorie gezielt ausprobiert worden ist, erfahren wir aus den Quellen nicht306; sie spiegeln jedoch elwartungsgemäß einen regen Erfahrungsaustausch unter den Missiona ren 307 wider. 300 Entspricht in diesem Fall offenbar dem Vikariat Aquilonaris bzw. dem Reich der Goldenen Horde; von exakten Grenzbeschreibungen kann keine Rede sein. Gazaria steht sonst auch gern nur für die Krim, unten S. 297. 301 Dazu die Aufschlüsselungsversuche von GOLUBOVICH: III S. 1991200. Vgl. oben S. 40/1 . - 1333 schließt die Begründung des Erzbistums Vosprum auf der Krim (in terra Gazarie, que in terre Tartarorum vastitate consistit), Metropole von CaHa, Pera und anderen, die Kirchenorganisation in den mongolischen Landen ab (Bulle THEINER VMP 1,458 S. 348/9. Vosprum ist KerclKertch It. FED ALTO, Chiesa 1I, 238). Zu Indien, Äthiopien unten S. 286. 302 Tabris, die alte Hauptstadt der Ilkhane, aber auch Diözesen im heutigen Indien. Zu Samarkand, der späteren Hauptstadt Timurs, LOENERTZ I, 46. 303 Kirchengeschichte als Missionsgeschichte, hg. v. Heinzgünter FROHNEs/Hans-Werner GENS 1CHEN/Georg KRETSCHMAR, Bde. I, 1I,1, München 1974-1978, grundsätzlich Bd. I K. HOLL und E. MoLLAND. 304 Zur zunehmenden Diskreditierung auch in der Kanonistik vgl. S. 74H. u. 191 H.; zur Praxis aber N. 351. 305 Manche Methode findet sich fast gleichzeitig in der Anwendung und in theoretischen Vorschlä gen, ohne daß eine Verbindung, die über die gemeinsame Ordens zugehörigkeit hinausginge, festzu stellen wäre. Das Verhalten der Missionare bei den Mongolen, ihre Methoden, sind im Einzelnen nicht unbedingt neu, zeigen aber insgesamt ein Eingehen auf die spezifischen Verhältnisse. 306 Für die Mongolenmission fehlen Hinweise. Für den muslimischen Bereich vgl. die Wirksamkeit der Schrift des Wilhe1m v: Tripolis (oben S. 47/8). Ansätze der Durchführung von Vorschlägen verschiedener Theoretiker mag man an einzelnen Punkten zu finden glauben (unten S. 143). 307 Diese Kommunikation, die weitestgehend mündlich vor sich gegangen ist, läßt sich auch in einzelnen Missionarsbriefen greifen, oben S. 46. A. v. D. Wn:GAERT, Methode d'apostolat des mission
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MISSION UNTER DEN TARTAREN
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»Sie glauben gar nichts«, hat 1242 ein ungarischer Bischof festgestellt. Zumindest, so urteilt einige Jahre später Thomas von Split vorsichtig, bekennen sie sich weder 0 zur christlichen noch zur jüdischen oder sarazenischen Religion 3 8. Die Reisenden und Missionare des 13. Jahrhunderts begnügen sich nicht mehr allein mit der Feststellung, daß es sich bei den Tartaren um Heiden handelt, sondern sie versuchen, sich ein wenig genauer über die Art ihrer Religion klar zu werden selbst wenn sie sie verächtlich als bloßen schändlichen Aberglauben abtun 309 . »Sie glauben an einen Gott, von dem sie glauben, er sei der Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren . . . « Von ihm fertigen sie Idole aus Filz, denen sie opfern 310. Daneben verehren sie unter anderem Sonne und Mond und das reinigende Feuer, halten verschiedene Dinge traditionell für Sünde, so unter anderem, wenn jemand auf die Schwelle eines Hauses tritt, und vollziehen Riten und Kulte, die besonders Johannes von Plano Carpini sehr detailliert schildert3!!. All diese Beobachtungen unterstreichen, daß die Mongolen als Götzenanbeter (idolatrt) zu betrachten sind, und den Eindruck bestätigen spätere Reisende - bis etwa zum Beginn des 14. Jahrhunderts. Danach finden sich kaum mehr Äußerun gen über die mongolische Religion, die nun vielleicht als bekannt vorausgesetzt werden kann. Vor allem aber dürfte auch die zunehmende Islamisierung der Mongolen im näheren Einzugsbereich der Abendländer zu einem Desinteresse an deren ursprünglichem Glauben geführt haben. Für viele Missionare wird das 1 Tartarenbild immer mehr ein Sarazenenbild 3 2. _
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naires du Xllle au XIVe siecles en Chine, in: La France Franc. 1 1 (1928) 163-178; ganz allg. M. BRAUN, Missionary Problems in the 13th Century: A Study in Missionary Preparation, in: CHR 25 (1939/40) 146-159. 308 1242: Ann. de Waverley S. 324; Alberich v. Trois-Fontaines S. 946; Thomas v. Split S. 591 Z. 8/9; Cant. Guillaume de Tyr (Rothelin) S. 562. 309 Desinteresse verbunden mit Sensationslust: Simon XXXIl,74 S. 34. 310 Zitat: Plano Carpini III,2 S. 36. - Genauso Rubruk XXV,9 S. 232, vgl. 1l,6 S. 174; Filzbilder: Odorich XXXVI, 1 S. 483; Marco Polo zit. unten S . 2 1 7, der auch an anderer Stelle viel über die religiösen Gebräuche Zentralasiens berichtet, ohne sie auf die Tartaren zu beziehen. Rezeption der Filzbilder Berthold v. Regensburg I S. 36. Eine Variation von Monotheismus und Idolatrie kennt Ricold: Itinerarium S. 1 1 7. Über den einen Gott auch Haython IIl,49, S. 337, vgl. IIl,3 S. 285. Opfer im Übermaß: Rubruk II,8/9 S. 175/6. Opfergaben Peter v. Rußland S. 191/2; Plano Carpini III,3 S. 37. 3 1 1 Verehrung von Sonne, Mond, Erde, Wasser und Feuer Plano Carpini III,5 S. 39; Reinigung zwischen zwei Feuern Ders. III,4,7,10,15, IX,14 S. 38, 40, 41, 44/5, 109; Benedikt v. Polen 5 S. 136/7; Rubruk XXXV,3 S. 301. Schwelle: Plano Carpini III,7 S. 40 (vgl. IX,ll S. to7); Rubruk XV,5, XIX,5 S. 202, 213. In Ostrußland hörte schon Julian davon: 2,13 S. 175. - Eine lange Listen von detaillierten kultischen Vergehen bei Joh. Näheres zum Wissen der Abendländer unten S. 216ff. 3 12 Unten S. 223. Eine Ausnahme ist Nikolaus v. Kues (De pace XVI, wohl angeregt von Ramon Lull, wie N. 357; vgl. serma II S. 25). Vor 1300: Für Ricold v. Montecroce sind die Tartaren praktisch alle Muslime (Epist. III S. 276-289); differenzierter Marco Polo c. LXX(69) S. 56 (83/4). Später dann: Für Odorich ist Tabris fest in der Hand der Sarazenen (III,4 S. 418); Jordan v. Severac spricht von Tartan sarracenati (Mirabilia S. 111); im 15.Jh. im Vorderen Orient Muslime: Bertrandon de la Brocquiere S. 56, Anse1m Adorno S. 68. Josse van Ghistele S. 22 nennt sie unter Sarazenen, aber auch unter den gesondert aufgezählten infideli (S. 272), wie auch Nicolo da Poggibonsi 1l,66; Felix Faber III,103 . Paschal v. Vittoria reist 1338 durch das Gebiet der Goldenen Horde nach Zentralasien, kommt nach Sarai, einer »Stadt der Sarazenen«, und predigt nur noch Sarazenen oder schismatischen Christen (c. 3/ 4 S. 503); im 15.Jh. trifft Ghillebert de Lannoy sarazenische Tartaren in Osteuropa (S. 41, Fürsten 55/
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Die Theoretiker der Mission ziehen schon aus den frühen Nachrichten alle Informationen, die sie zur Beurteilung der Mongolen benötigen. Der Franziska ner Roger Bacon ordnet anhand des Wissens, das ihm Plano Carpini und Rubruk vermitteln, den Glauben der Mongolen in sein fein untergliedertes System von Religionen ein. Er unterscheidet sechs sectae principales unter den Weltreligionen, während alle anderen Mischsekten aus zwei oder mehr von ihnen seien 3 1 3. Zu diesen sechs Grundreligionen zählt auch die secta tartarica, deren hervorste chendstes Merkmal die Herrschsucht (libido dominandi) sei. Die Tartaren neh men, weil sie e i n e n Gott verehren, den dritten Rang über pagani und idolatri ein, stehen aber noch unter den Juden, denn sie neigen zur Idolatrie, weil sie das Feuer und die Türschwelle verehren 3 1 4• •
Bacon scheint zu erkennen, daß für die Missionsarbeit eine nuancierte Unter scheidung auch der Religionen, die gemeinhin unter den Begriff idolatri oder auch pagani subsummiert werden, notwendig ist 315• Er hätte immerhin Kriterien dafür an die Hand geben können - wäre er rezipiert worden. Einige andere Theoretiker bemühen sich zumindest um eine konkrete inhaltliche Beschreibung der fides tartarica, denn eine lex hätten die Tartaren nicht3 16• Aber Ramon Lull beginnt : »Die Tartaren, und so auch die anderen pagani . . « , und mangelnde Differenzie rung führt zu fehlerhafter Behandlung der speziellen Zielgruppe 3 1 7• .
Die Missionare, die ins Missionsgebiet ziehen, sehen sich zuerst mit dem schlich ten Problem der s p r a c h l ic h e n Verständigung konfrontiert. Weder beherrschen sie die Sprache der Tartaren, noch stehen ihnen geeignete Dolmetscher zur Verfügung. Wilhelm von Rubruk beklagt bitter, daß er mit einer Ausnahme 7, 61), ähnlich Pero Tafur (S. 167). Im Kiptschak zwang man die Mongolen, nach Kenntnis Giosafat Barbaros, offenbar erst um 1400, Muslime zu werden: S. 73. 313 ap. Maius II S. 367. Zur theologischen Einordnung Erich HECK, Roger Bacon. Ein mittelalterli cher Versuch einer historischen und systematischen Religionswissenschaft, Diss. Bonn 1 957. 314 ap. Ten. Frg. ed. DUHEM S. 173; bes. ap. Maius II S. 370; die ausführliche Diskussion der Religionen 370ff.; ein Beispiel der Unterscheidung von den idolatri 383. - Ganz konsequent ist Bacon nicht in seiner Systematik: 370 ist als 6. secta die lex Antichristi dazugekommen, während diese vorher (367) und nachher (387) der Islam war: dieser ist 371 nur eine Mischreligion (BEZZOLA 203/4 mit N. 13). - Wertung der tartischen, muslimischen und christlichen Könige anhand der Religionen noch Nikolaus v. Kues, Concord. III,7 S. 359. 315 Über die religionswissenschaftliche Exaktheit mag man streiten, der Wille aber ist da. Humbert v. Romans nimmt etwa zur gleichen Zeit wenigstens eine spezielle fides tartarica an (ap. Tert. 1,4). Eine Unterscheidung, wie sie z. B. Andreas v. Escobar trifft (Gubernaculum Sp. 1 79), will zeigen, wie schrecklich viele verschiedene heidnische Religionen es gibt, nicht inhaltlich trennen. Dennoch mag eine gewisse, dem 15.Jh . schon gewohnheitsmäßige Unterscheidung dahinterstecken. 316 So Ramon Lull, De fine S. 266, Petitio ad Coelest. (S. 374), Pro conv. (ed. ATIYA S. 488, ed. WIERUSZOWSKI S. 101); Libro dei conosc. c. 12 S. 571. nullam legern habent nisi nature: Ricold, Libellus S. 167, Itinerarium S. 115. 317 Lull: De fine S. 268. - Inhaltlich kommt er, wie auch Ricold (Libellus S. 167, aus eigenen Reiseerfahrungen schöpfend) nicht über die Reiseberichte und Bacon hinaus oder auch nur an sie heran. Fehler : dIe Glaubensbelehrungen vgl. S. 146/7.
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keinen Dolmetscher habe finden können, der seine Predigten einigermaßen übersetzen kann, sondern nur auf den Einwand getroffen sei : »Ich kann solche Worte nicht sprechen.« 3 18 Rubruks Erfahrungen bestärken Roger Bacon in seiner Überzeugung, daß den Heiden in ihren eigenen Sprachen gepredigt werden müsse 3 1 9. Fast gleichzeitig erkennt Humbert von Romans, daß der defectus linguarum die Mission bei Juden, Muslimen, Heiden, Barbaren und allen Völkern behindert 320 . Für Ramon Lull wird die Bemühung um einen organisierten Sprachunterricht für die Missionare zu einem der zentralen Punkte seiner Bemühungen. In seiner großartigen Vision der Kirchenreform, dem katalanisch geschriebenen Roman Blanquerna, breitet er die ausgearbeitete und durchdachte Idee einer weltumspan nenden Missionsorganisation aus 32 1 . Er predigt ein Modell, das fast parallel auch verwirklicht wird, die Idee, Einheimische aus den verschiedenen Ländern der Heiden in Klöstern zu versammeln, so daß sie und die Abendländer gegenseitig ihre Sprachen lernen könnten und die Heiden zu Christen erzogen würden. Diese böten dann ein ideales Potential für die Mission in ihren Heimatländern - im Roman hat diese Vorgehensweise bei den Tartaren großen Erfolg322 • Dem Franziskaner ist aber offensichtlich klar, daß er realistischere Forderun gen stellen muß, um seine Ideen durchsetzen zu können. Die Ursachen für die geringen Erfolge, die die Missionare aufzuweisen hätten, lägen vor allem an ihren 318 Nescio talia verba dicere XIII,6 S. 196. Und dann nimmt er einfach andere. Auch beim Glaubensbekenntnis, in der scholastischen Disputation und beim Gebet weigert sich der Übersetzter: unten S. 142. Die Ausnahme ist bezeichnenderweise ein Europäer: XXXIII,l3ff. S. 294 ff. Klagen auch Plano Carpini IX, II S. 107. 319 Op. Maius III S. 121 ; vgl. Op. Tert. S. 95. Dazu G. BREGOLA, Il valore delle lingue e delle scienze nell'apologetica di Ruggero Bacone, in : La Scuola Cattolica 65 (1937) 372-391. - Bacon als Rubruk Rezipient oben S. 60, N. 82. Zum gesamten folgenden Komplex : J. RICHARD, L'enseignement des langues orientales en Occident au Moyen Age, in: DERs., Croises, Nr. XVIII. 320 Rundbrief ed. REICHERT V n. V S. 19. Sprach ausbildung wurde im Dominikanerorden schon seit den 30er Jahren kontinuierlich gefordert und verwirklicht, vgl. unten N. 328. - Zur grundsätzlichen Bedeutung von Fremdsprachen für Mission und Union: Ricold Libellus S. 169; Pierre Dubois, De recup. c. 59 S. 15112: deshalb gab der Herr schon den Aposteln die Fähigkeit, in allen Zungen zu predigen : c. 65 S. 157. 321 Er schildert die Karriere eines Weltmannes, der zum Einsiedler und wegen seiner Weisheit zum Abt, Bischof und schließlich Kardinal wird. Die Karriere ähnelt in ihren Anfängen sehr den Erfahrungen Ramon Lulls selbst; als Papst verwirklicht Blanquema alle Ideen Lulls, der sich selbst an anderer Stelle als phantasticus bezeichnet hat: Disputatio. Zu diesen Ideen gehört auch eine systemati sche, vollständige Erfassung der Welt zum Zwecke der Mission: S. 219. - Der Roman soll von LuH selbst ins Lateinische (und Arabische!) übersetzt worden sein (GOLUBOVICH I S. 389); eine französi sche Übersetzung entstand noch zu Lulls Lebzeiten. Eine gewisse Wirkung ist demnach zu unterstel len. Lulls Ideen sind wohl nicht so sehr durch Vervielfältigung der Manuskripte als durch ihre beständige Wiederholung durch den Autor selbst verbreitet worden. 322 Blanquema, S. 220/ 1 ; Erfolg: S. 222. Zu der Idee, einheimische Missionare einzusetzen (die in der Missionsgeschichte immer wieder umgesetzt wurde), unten S. 142/3. Nur in einem utopischen Roman wie Blanquema konnte ein Papst hoffen, die Verschiedenheiten der Sprachen der Welt zu überwinden: S. 263; B . ALTAN ER, Die Heranbildung eines einheimischen Klerus in der Mission des 13. und 14. Jahrhunderts, in: ZMW 1 8 (1928) 193-208. •
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fehlenden Sprachkenntnissen 323. Wenn sie schon zu Hause oder wenigstens in den tartarischen Ländern die Fremdsprachen lernen könnten, wären sie besser vorbe reitet m. So fordert er die Universität Paris als Quelle göttlicher Wissenschaft auf, studia für Arabisch, Tartarisch und Griechisch zu begründen, »auf daß wir, in den Sprachen derer, die Gottes und unsere Feinde sind, ausgebildet«, diese bekehren können 325. Ergänzt werden solche Überlegungen durch die ebenfalls schon im 14. Jahrhundert belegte Idee, kleinen Kindern alle möglichen Sprachen, unter . 326 . anderen auch d·le tartansche, b elZU · bnngen · Die praktische Verwirklichung der Sprachschulen suchen wir für das Tartari sche vergebens 327. Während offenbar mit der Zeit die Möglichkeiten für das Arabische besser wurden 328, können die Missionare, die zu den Mongolen reisen, deren Sprache erst nach ihrer Ankunft lernen. Obwohl also das Streben nach Bekehrung der Muslime keineswegs selbstverständlich ist, obwohl über ihre 323 So aus drücklich in d er Disputatio S. 323. - Bernardino d e Bustis glau bt zu wissen, da ß die Ägypter sich bei d er Pred igt d es Alberto Sarteano sich er bekeh rt hätten, wenn sie nur die Sprache verstand en h ätten: Rosarium Sennonum, Venedig 1498, p. I, senno 111, fol . 1 5v-16r, zit. nach SCHWOEBEL, S ha dow S. 22l. 324 Zu Hause: Disputatio ( 1 3 1 1 ) S. 323. Beide Möglich keiten 1294: Petitio ad Coelest. S. 374; 1295/6: Pro conv. ed. ATlYA S. 487. 325 Epist. ad Univers. P., ed . CUP 11 p. 1, 6 1 1 S. 84; vgl . Lihre de Meravelles IV S. 107/8, d ort auch Appell an den französischen König wie im Liher natalis S. 70. Einen kleinen Erfol g mag Lu lls jahrzehntel anger Kamp f geh abt h aben: Das Konzil von Vienne besch äftigte sich 1 3 1 1 mit d er Frage der Juden- und Mus limmission: Dekret 24 in COD S . 3 79 (bestätigt in Basel : S. 483); B. ALTANER, Raymundus Lu llus und d er Sprach enkanon (can. 1 1 ) d es Konzil s von Vienne (13 12), in: HJb 53 ( 1933) 190-219. 326 Philippe d e Mezieres, Regula, nac h !ORGA, Phil ippe, wie N. 262, 459, N. 4 (in d er frz. Version scheint die Stelle zumind est in einem Ms. zu fehlen: E d . S. 80/1 [Konkordanz S. 40, N. 4]); früher schon, ohne ausd rück lich d as Tartarische zu nennen, Pierre Du bois, De recup. c. 61, 72 S. 154, 16l. 327 Was immer d as gewesen sei: J. RICHARD, La limite occid ental e de I'expansion d e I'al phabet ouigour, in: DERS., Relations Orient Occident, Nr. XIII. Marco Polo spric ht la tartaresce (unten S. 159); Joh . v. Su ltaniyah nennt um 1400 d ie thartharica lingua (Libellus S. 108); um 1422/29 meint ein französisch es Pamphlet, eine von zwölf Sprach en in Ungarn spräch en die Tartaren (neb en Kumanisch : Fluxo S. 1 76/7). Andreas v. Perugia schreibt, Zayton (in C hina) sei der Name seiner Bischofsstadt in der lingua persica (c. 3 S. 374); nach Pasch al v. Vittoria muß man in Zentral asien linguam camanicam et litteram viguricam erlernen (c. 2 S. 503). Kumanisch wird die Sprache auch in der Goldenen Horde oft genannt: Codex Cumanicus, ein lateinisch-persisch -türkisch es Gl ossar; RlCHARD, Papaute, 97/8. Uighuren: oben S. 23, N. 62. Man nehme d en Begriff ,.tartarisch « bei mir nic ht genauer als bei den mittelalter lichen Missionaren. - Ein (verwirklichtes?) Pariser Projekt b ei A. CAZENAVE, L'exotisme au temps d'Albert l e Gran d , in: Albert d er Große. Seine Zeit, sein Werk, seine Wirkung, h g. v. A.ZIM MERMANN, Berl in/NY 1981 (MM. 14) 141-154, hier 142/3 mit N. 3. 328 Hier sei nur an Ramon Lulls Schule für Arabisch in Miramar erinnert und an d iverse Aktivitäten vor allem d es Dominikanerord ens, dazu B. ALTANER, Sprachstu dien und Sprachkenntnisse im Dienste der Mission des 13. und 14.Jah rh underts, in: ZMRW 2 1 ( 1931 ) 1 13-135; DERs., Die fremd sprac hliche Aus bi ldung d er Dominikanellllissionäre wäh rend des 13.und 14.Jah rh und erts, in: ZMRW 23 (1933) 233-24 1 ; A. BERTHIER, Les ecol es d e l angues oriental es fonMes au XIIIe siede par les Dominicains en Espagne et en Afrique, in: Rev. africaine 73 (1932) 84-103; J. M. COLL OP, Escuelas d e lenguas oriental es en l os siglos XIII y XIV, in: AST 17 (1944) 1 15-138, 18 (1945) 59-89; A. CORTABERRIA BEITA, L'etud e des langues au Moyen Age ch ez l es d ominicains. Espagne, Orient, Raymond Maties, in: Mel . de l 'Inst. Dominicain d 'et. orient. du Caire 10 ( 1 970) 189-249; M. RONCAGLlA, I frati minori e 10 stud io delle lingue orientali nel sec. XIII, in: SF 50 (1953) 169-84.
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Notwendigkeit lange Zeit weniger Konsens besteht als über die der Mongolen und die Arbeitsbedingungen bei den letzteren günstiger sind, ist doch die Vorbereitung der Islam-Missionare besser. Die Begründung dafür dürfte vor allem darin zu finden sein, daß in der Praxis Lehrer für das Arabische im Westen zur Verfügung stehen, für das Tartarische hingegen kaum. Die Mönche, die oft jahrelang in Asien leben, lernen die Sprachen trotzdem. Der große franziskanische Missionar Johannes von Monte Corvino zieht Anfang der neunziger Jahre des 13. Jahrhunderts nach China, wirkt dort fast vierzig Jahre lang erfolgreich, die ersten zehn Jahre ganz allein, wird der erste Erzbischof von Khan Baliq (Peking) und lebt dort offenbar hochgeehrt bis zu seinen Tod in hohem Alter 1328/30. Er kann sich den Mongolen ebenso verständlich machen, wie Franco von Perugia, eine der herausragenden Figuren unter den dominikani sehen Missionaren, Gründer des Dominikanerkonvents in Caffa und erster Erzbischof von Sultaniyah, in der Landessprache predigt 329. 1332 versucht das dominikanische Generalkapitel, die Sprachlehre für die Tartarei immerhin in den Konventen in Pera (Konstantinopel) und Caffa (Krim) zu institutionalisieren und dort Brüder anzusiedeln, die andere, die in die Ferne reisen, in den notwendigen Sprachen unterrichten können 330. Der Franziskaner Paschal von Vittoria hält sich um 1338 auf dem Weg nach Zentralasien eine Weile in Sarai (Wolga) auf, um Kumanisch, das in allen diesen asiatischen Reichen gesprochen wird, zu erler nen 331. Die Franziskaner in der Tartaria Aquilonaris predigen 1323 in der Landessprache: »Bei uns sind aber einige ungarische Brüder, auch einige Deut sche und Engländer, die schon innerhalb kurzer Zeit ausreichend und angemessen die Sprache gelernt haben. Doch die Franzosen und Italiener lernen die Sprache fast gar nicht, ich weiß nicht wodurch behindert.« 332 Schon früher ( 1 320) hat man deshalb bei der Anforderung weiterer Missionare vor allem um Ungarn, Englän der und Deutsche gebeten m. Doch selbst die Kenntnis der Fremdsprachen behebt nicht das Problem, daß eine christliche Terminologie in ihnen erst hätte entwickelt werden müssen. Bei ihren Klagen über die Unfähigkeit der Übersetzer verkennen die meisten Missio nare, daß ein Volk, das keine abstrakten Religionsvorstellungen entwickelt hat, 329 Joh. c. 9 5. 350: competenter: Er kann die Bibel übersetzen und die Messe in der Volkssprac he l esen. Ihn loben aUe Ab endl änder, die ih n trafen oder von ih m h örten: Joh . de Cori (5. 68/9), Jo h. v. Marignolli (5. 526), wah rscheinl ich Odorich v. Pordenone (5. 493/4) ; lo bend auc h der Brief der A1anen an den Papst 1336 (BFr VI 5. 5819 N. 2). - Franco de Perusia: ed. LOENERTZ I, 67. - Sprachkundige Brüder im Vorderen Orient um 1305 (El emosina S. 132), im Gebiet Öz begs 1335 (Marino Sanudo ed. DE LA RONCIERE/DoREZ 5. 38). Sch on 1262 waren Dominikaner in der Lage, den Gesandten des I1khans nach Frankreich als Dolmetscher zu dienen: ehr. Erphord. 5. 666. 330 Ed. REICHERT IV, 220. 331 Epist. c. 2 5. 502/3. Er zähl t die Reich e (dabei Persien und Cat h ay) auf und erwäh nt auch die uigurische Schrift, die dort b enutzt werde : das ist für Zentral asien rich tig. - Zu den Sch riften Asiens Jo h . v. Monte Corvino, Epist. 111, c. 1 S. 352. 332 Ed. BIHL/MoULE I S. 109. 333 Ed. BIHL/MouLE 11 S. 67. ,
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auch nicht über die sprachlichen Möglichkeiten verfügt, diejenigen einer Hoch religion auszudrücken. Rubruk läßt »die Worte des christlichen Glaubens« übersetzten 334, zum Beispiel : »Gott ist unsichtbar, weil er intellectus und sapientia ist« 335 - danach ist der Dolmetscher müde ! Mit anderen Worten : Weder ist es selbst besten Kennern der mongolischen wie der jeweiligen abendländischen Sprache überhaupt möglich, die christlichen Termini ohne Weiteres ins Tartari sche zu übersetzen 336, noch verfügen andererseits die Missionare über die Fähig keit, ihren Glauben mit den Begriffen der einfacheren Religiosität zu vermitteln. Es ist Ricold von Montecroce, der - soweit ich sehe - als einziger das Problem so erkennt : »Es nützt gar nichts, mit Hilfe eines Dolmetschers zu predigen oder mit Fremden über den Glauben zu disputieren, denn die üblichen Dolmetscher kennen die Sprachen gut genug zum Verkaufen und Kaufen und normalen Zusammenleben, können aber nicht den Glauben und seine Inhalte (intima) mit eigenen und zutreffenden Worten ausdrücken und sagen verschämt >ich verstehe nicht< oder >ich kann das nicht sagen< und verdrehen deshalb die Worte und benutzen falsche (alia pro aliis) . « 337 Vielleicht hätte eine andere im Blanquerna propagierte Idee auf lange Sicht Abhilfe schaffen können. Ebenfalls wegen der Sprachkenntnisse fordert Ramon Lull die Ausbildung einheimischer Missionare, ein Plan, der sich spätestens seit Honorius III. als Programm der Päpste verfolgen läßt338• Das päpstliche Modell sieht die Ausbildung der pueri an den abendländischen Universitäten vor; sogar
334 X,5 S. 191. Sie steh en im Brief des Königs - was man sich darunter vorzustell en h at, wird aus den Briefen der Päpste kl ar: unten S. 145 mit N. 355. 335 XXV,8 S. 232. Ein anderes Mal ge ht der Missionar vorsich ts h alber nicht über Credo und Pater noster hinaus (XXVII,4 S. 240). 336 Das glaubt auch Ramon Lull offenbar im Libre de Meravelles (wie N. 357). Pionierar beit sch einen auch au f diesem Gebiet Joh . v. Monte Corvino und Franco v. Perugia geleistet zu h aben : Joh . berichtet 1305 aus Peking, er habe bereits das Neue Testament und den Psalter übersetzt (ep. 11 c. 9 S. 350; b ei Joh . v. Hildesh eim wird daraus die ganze Bi bel : S. 300), Franco schrie b von l ateinischen Schriften, die er übersetzt h abe (ed. LOENERTz I, 67). Leider sind die Üb ersetzungen wohl verl oren. Joh . klagt aber über zu wenige Büch er; aus dem Jahre 1338 ist eine päpstlich e Anweisung, für die neuen Gesandten nach Cath ay Büch er zu kaufen, überliefert (ed. SCHÄFER 11, 75). 337 Libellus S. 168/9. - Wenigstens verfügbar sein sollten Dolmetsch er für alle Sprach en der Welt : Pierre Dubois fordert das ausdrüc klich zumindest für das Königreich Jerusalem und den Papst (De recup. c. 59 S. 151 u. 152, vgl . c. 62, 155) - der tatsächlich 1267 den letzten Brief des persischen Ilkhans nich t h atte l esen können, da er nicht sicut alias l ateinisch gesch rieben gewesen sei (ed. LUPPRIAN 42 S. 22 1). Der I1kh an aber h at einen lateinischen Schreiber (ebd. 43 S. 224): vielleicht war d as jener Notar Ricardus, der 1274 auf dem Lyoneser Konzi l auftrat (eb d. 44 S. 230). Zu dem gesamten Probl em kreis B. ALTANER, Sprachkenntnisse und Dolmetsch erwesen im missionarischen und diplomatisch en Ver kehr zwischen Abend land (päpstlicher Kurie) und Orient im 13. und 14.Jahrhundert, in: ZKG 55 (1936) 83-126. 338 Lull , Blanquerna, 1283 S. 220/1, 222. Honorius III. in: Preuß . UB 1,1 Nr.23 S. 1 7 (1218); Innocenz IV. und einiger Nachfol ger: CUP I 180 S . 2 12; 324 S. 372; 527 S. 638/9; 11 857 S. 293/4. Aufforderung Joh .' XXII. nach Allnenien, einh eimische Dolmetscher auszubilden, ed. RAYNALDUS Ann. Eccl . 1318 n. 15/6. Dazu ALTAN ER, Heran bi ldung, wie N. 322.
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über die Finanzierung ist nachgedacht339• Möglicherweise als Folge dieser Überle gungen, sicher im Zusammenwirken von Orden und Kurie, leben 1 3 1 8 zumindest zwei tartarische Novizen, Nikolaus und Antonius, im Franziskanerkloster in Avignon und werden von der päpstlichen Kammer gekleidet34o• Die Idee, Angehörige des fremden Volkes zu Christen zu machen und dann später auch in der Mission einzusetzen, ist schon älter341 • Der franziskanische Theologe Johannes Duns Scotus fordert Ende des 13. Jahrhunderts, man solle die Kinder von Ungläubigen im christlichen Glauben erziehen. Ansätze zur Verwirk lichung dieser Idee lassen sich bei Johannes von Monte Corvino finden, der aus China berichtet, er habe kleine mongolische Kinder gekauft und erziehe sie nun im christlichen Glauben 342 . Auch die Franziskaner im Kiptschak berichten 1323, sie kauften Kinder und erzögen sie zu Klerikern, die sich hervorragend zur Mission eigneten, weil sie die Sprache nicht erst lernen müßten; vielleicht stammen aus dieser Schule auch die beiden Novizen in Avignon343• Wie ihre Karriere weiter verlaufen sein könnte, zeigt das Beispiel eines zwar nicht mongo lischen, aber tscherkessischen Knaben, der von Minoriten erzogen wurde, in den Orden eintrat, zum Priester und schließlich 1349 zum Bischof in seiner Heimat geweiht wurde. Die Begründung dafür ist, er kenne die Sitten jener Völker344• Diese letzte Überlegung greift weit über das bloße Sprachproblem, das sich weitgehend vor Ort lösen läßt, hinaus. Wilhelm von Rubruk hat einen Mann schon fast bekehrt, als der es sich anders überlegt, weil er gehört hat, den Christen sei es verboten, cosmos zu trinken; Johannes von Marignolli stellt fest, daß sich viele Tartaren erst taufen lassen wollen, wenn die Missionare schwören würden, 339 CUP I 181/2 S . 2 12/3; II 786 S. 237. Eine Stiftung zum Zwecke der Förd erung von griechisch sprachigen zukünftigen Missionaren mach te 1349 Daup hin Humbert II. (ed . BOURCHENU DE VAL BONNAYS· II S. 613/4). - Zum Gelingen h ättes es all erdings noch einiges meh r bed urft: einen Heiden einfac h auf die Universität zu schicken, l ehrt ihn noch nicht ab straktes Denken. 340 Expensae Camerae S. 538 SCHÄFER I, 205. 1325 sch ickt König Karl v. Ungarn zwei junge hiegsgefangene Tartaren nach Avignon, d amit sie im G l auben erzogen würd en (THEINER VMH 1,772 S. 501/2; Einklei dung SCHÄFER I, 222). - Hier kann man wie sel ten einen Ein bl ick in die Finanzierung der Mission neh men. 1369 l öst eine serb ische Gräfin ein Pil gervotum mit 1000 Go lddukaten a b, die d er Mission d er Franziskaner und Dominikaner in d er Tartarei zugute kommen soll en (CICO XI S. 298/9). 341 Z. B. H. LÖWE in: Kirch engeschich te, wie N. 303, n,l, 221. 342 Scotus (ca. 1265-1308): Lib. IV sententiarum, dist. IV q. 9. China: Sie lernen, d ie Messe zu singen un d Büc h er abzusch reiben : Joh. Epist. II c. 3 S. 347/8. Der Brief ist in franziskanisc hen Chroniken (insges. 3 Hss.) überliefert, d ie praktisch en Erfahrungen konnten im Or den also anregend wirken. Die Brü der, die direkt in der Mission tätig waren, erh iel ten die Informationen auch : der erste Brief aus China lief im Vord eren Orient in vielen Konventen beid er Ord en um (El emosina S. 132). 343 Üb erlegungen in E d . Expensae, S. 539. Epist. 1323 ed . BIHL/MoULE I S. 109. Auch Jo h. v. Hildesh eim (nach 1364) wei ß von vielleic ht weiteren Fäll en, in denen Franziskaner so vorgingen (S. 300). - Möglic herweise p lante sc hon Gregor der Gro ße für die Ange l sac h senmission äh nl ich es : K. SCHÄFERDlEK in: Kirch engeschichte, wie N. 303, II,l , 152. 344 Bu Ue ed . GOLUBOVICH V 4 1 : mores gentium earundem partium expertus. Ein Name wie de Tana od er de Montibus Caspiis (BFr VII 144 S. 44; 339 S. 115/6) garantiert noch nic ht für d ie tartarisch e Herkunft der Brü d er. =
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ihnen nichts Weltliches wegzunehmen345• Strenge, unverständliche und vor allem den gewohnten Lebensformen widersprechende Forderungen stoßen nur ab und nehmen dem christlichen Glauben seine Attraktivität346• Aus dieser Erkenntnis heraus legt Papst Nikolaus IV., ein Franziskaner, dem neu getauften tartarischen Prinzen Öldscheitü ans Herz, sein Leben nach außen hin (in habitus, vestes, victus) nicht zu verändern, um nicht auf Ablehnung bei seinem Volk zu stoßen das heißt, um nicht weitere Taufwillige abzuschrecken 347• Weil ein Einheimischer aber die Sitten und Gebräuche des eigenen Volkes am besten kennt und versteht, ist er als Missionar besonders geeignet348• Darüber hinaus wird er mit seiner Person von Beginn an Vertrauen wecken, und vor allem - und nun überschreiten wir die Grenzen der mittelalterlichen Erkenntnis - teilt er die Mentalität seiner Umgebung. Das kann ihm die notwen dige Aufbereitung der christlichen Glaubenslehre für das Verständnis der Heiden erleichtern 349. Denn dazu muß man die fremde Religion grundsätzlich akzeptie ren, sich intensiv mit ihr beschäftigen und bereit sein, auf sie und die Mentalität ihrer Anhänger einzugehen und sie wirklich verstehen zu lernen 350 . Erst dann ist wohl tatsächliche Überzeugungs arbeit möglich, die auf der der Zielgruppe ange messenen psychologischen und intellektuellen Ebene agiert. Dem mittelalterli chen abendländischen Christen liegt jedoch die Idee, daß eine fremde Gedanken welt von gleichrangigem Wert mit der eigenen sein könnte, fern. Immerhin hat sich die Erkenntnis, daß man den Ungläubigen überzeugen müsse, statt ihn mit Drohungen körperlicher oder geistlicher Art zur Taufe zu
345 Rubruk XXII,2 S. 193. Der Versicherung Rubruks glaubt er nicht, denn die Christen der Gegend sprechen anders (X,5 S. 191). Zum Kumis, der vergorenen Stutenmilch, unten S. 226. Joh . S. 550. 346 Da der christliche Missionar keine falschen Versprechungen macht, sind nach Meinung der Europäer in d ieser Hinsich t die Muslime ohnehin im Vorteil : o ben S. 131 Ramon Lul!. 347 Ed. LUPPRIAN 61 S. 273. Das scheint den mongolischen Auffassungen entgegenzukommen, und -
vielleicht sch öpft d er Papst aus Erfahrungen seines Ord ens: Prinz Sartaq b etont gegenü ber Rub ruk, man solle i hn nich t Ch rist nennen, denn er sei Mongol e (XVI,5 S. 205). - Die Versich erung an Taufwill ige, sie müß ten i hre Lebensformen wenigstens äuß erlich kaum änd ern, liest man sch on in den Responsa ad Bulgaros Papst Nikolaus' I. Wenn es jedoch an substantielle Fragen geht, ist die Kirche kompromißl os: MULDOON, Missionaries and Marriage, wie S. 228, N. 158. 348 Vorausgesetzt, er ist nicht schon als kleines Kind aus seiner Umgebung geholt und in Europa oh ne Koatakt zum Ursprungs lan d erzogen word en. Diese Überl egungen jed och wird man im 13.114.Jh., als nicht nur die Missions-, sondern auch die Erziehungstheorie gerade erst beginnt, noch nicht fotmul iert find en. 349 Eine Ahnung davon, daß ein tieferes Verständ nis des anderen d en Zugang erleich tert, liegt vielleicht in d er Bemerkung Ramon Lulls, d aß die schismatischen Christen des O r i e n t s , erst einmal zur Union gebrach t, gute Dienste bei d er Mongol enmission leisten könnten: Quomodo TS 1292 S. 102; äh nlich Petitio ad Coelest. 1294 S. 374; etwas ausführlich er noch Pro conv. 1295/6, ed . ATlYA
S. 488. 350 Die d ahingehend en Bemerkungen Ricolds beziehen sich bei näherem Hinsehen offensichtlich nur auf die Auseinand ersetzung mit schismatisch en C hristen (Libellus S. 169). Die Gründ e, wesh alb die Tartaren nicht in groß er Zahl bekehrt werd en, sind für i hn jed enfalls sehr äuß erlich , nich t wirklich rel igiös : ihnen sei die ch ristlich e Religion zu streng (S. 167).
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zwingen, bei den Theoretikern der Mission weitgehend durchgesetze51• Bei allen Bemühungen um ein Kennenlernen der fremden Religionen, dessen Not wendigkeit prinzipiell akzeptiert wurde, dient die Beschreibung der lides tarta rica in der mittelalterlichen Missionstheorie jedoch fast ausschließlich der Suche nach Unterschieden, Gemeinsamkeiten und vor allem dogmatischen Fehlern aus der Sicht des Christentums 352 . Speziell bei der Frage der Tartarenmission wird die Unfähigkeit deutlich, sich in andere Denkformen und in eine fremde Vorstellungswelt zu versetzen, sich auf eine andere intellektuelle Ebene zu begeben. Obwohl Ramon Lull bestimmte Schwierigkeiten der Glaubensvermittlung klar zu erkennen scheint, geht er bei den Lösungsvorschlägen doch am Ziel vorbei. Viele der Ungläubigen zögerten, zum Christentum überzutreten wobei er als selbstverständlich voraussetzt, daß dies der Wunsch aller Heiden sei -, weil sie die Art des Glaubens nicht - und deshalb falsch - verstünden 353. Lull hat festgestellt, daß es sich beim Glauben der Tartaren um einen roheren, primitiveren handele. Deshalb müsse man in der Disputation mit ihnen auf die Moralia, also Tugenden und Sünden, rekurrieren. Dennoch ist er sicher, daß gut geschulte Theologen den Glauben »mit überzeugenden Gründen« vermit teln und die Mission zum Erfolg führen können 354. Den hochgelehrten Theologen Aegidius Romanus beauftragt Bonifaz VIII. mit einer kurzen Darstellung des christlichen Glaubens, die er dem Großkhan der Tartaren übersenden will 355. Der große Gelehrte hat seine Aufgabe »glänzend« gelöst und beginnt gleich im ersten Artikel mit der Dreieinigkeit. Falls aber die
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351 Zwang war ein belieb tes Mittel, wenn es dem Missionar gelungen war, den Landesherrn von d er politischen Opportunität d es Übertritts zu überzeugen. Noch in Litauen d urch die Franziskaner unter d er Ägi de des Deutschen Ord ens : V. GIDZIUNAS, De missioni bus Fratrum Minorum in Lituania (saec. XIII et XIV) in: AFH 42 (1949) bes. 8 ff. Schon früher werd en Zwangstaufen kritisiert, vor allem seit dem 13.Jh., oben S. 136, aber noch im 13.Jh. nennt z. B. Ramon Lull als Alternative d ie Gewalt: B. ALTANER, Glau benszwang und G lau bensfreiheit in d er Missionstheorie des Raymundus Lullus, in: HJb 48 (1928) 586-610. 352 Angefüllt von Beispielen d ieser Art ist Ricold s Itinerarium, d er nur alles das, was die Tartaren n i c h t kennen, aufzählt (Libellus S. 167), und auch Vergleich bares ausschl ießlich an christlichen Maßstäben mi ßt: z. B. expectant quandam resurrectionem (Itinerarium S. 1 16). 353 Blanquerna S. 244. Ähnlich Ricold , Itinerarium c. 13 S. 1 2 1 : der christliche Glau b e ist zu schwierig, d eshalb werden die Tartaren lie ber Sarazenen (auch o ben N. 276). Allgemeiner Wunsch: De fine S. 267; auch im Liber Tartari S. 47-76. - Rubruk nannte eine Ausnahme bei seinem negativen Gesamturteil üb er d ie Fähigkeiten d er Dolmetscher, die bezeichnenderweise d er Sohn eines Pariser Gold schmied es war, d er am Hofe in Karakorum le bte. Der Sohn sprach nicht nur Ru bruks - a lso wohl d ie französische - un d die mongolische Sprache, er war wohl von seinem Vater auch, so gut d er es vermochte, christlich erzogen worden und verstand d eshal b zumind est selb st in Ansätzen, was Ru bruk überhaupt sagen wo llte. 354 Moralia: De acquis. S. 124. Cum rationibus probativis: De fine S. 266. Unerkannte Pro b lematik schon früher festzustel len: LÖWE in: Kirchengeschichte, wie N. 303, II,l, 219 355 Die Ru brica d er Schrift ed . BRUNI S. 313/4; vgl. E. DUPRE-THESEIDER, Bonifazio VIII e l'azione missionaria, in: G lau be, Geist, Geschichte. Fs. E. Benz, Leid en 1967, 506-5 12. - Einen l angen Brief mit Glau bensunterweisung sendet Joh. XXII. 1329 an den zentralasiatischen Khan Eld schigid ei, CICO VII,2 Nr. 20 S. 4 1 ; RICHARD, Discours, wie N. 117. -
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Schrift tatsächlich zu den Tartaren gelangt sein sollte, ist schwer vorstellbar, wer sie dem Khan auch nur hätte übersetzen sollen 356. Ramon Lull empfiehlt zur Vorbereitung der Mongolenmissionare seine eige nen Schriften und wählt für die Überzeugungsarbeit die Methode des Streit gespräches, wie er sie im Liber Tartari et Christiani darstellt357• Er setzt entspre chend seinen fiktiven Disputationen mit Juden und Muslimen einen hochgebilde ten - implizit auch der lateinischen Sprache vollständig mächtigen - Tartaren voraus 358. »Ein Tartare, . . , sehr weise und gelehrt in der Philosophie . . . dachte über seinen Zustand nach, daß er nämlich schon lange ohne Glaubensgesetz lebe, und wollte die Vorteile eines Gesetzes genießen« 359. Hier ist der realistische muslimische Gelehrte durch den fiktiven tartarischen ersetzt, und der Christ beweist in glänzender theologisch-logischer Manier die Wahrheit der christlichen Religion. Ein Streitgespräch, wie es Ramon Lull fordert, will fast fünfzig Jahre vorher sein Ordensbruder Wilhelm von Rubruk am Hofe des Großkhans Möngke in Karakorum mit Muslimen und idolatri geführt haben 360 . Möngke habe dazu aufgefordert, damit festgestellt werde, was die Wahrheit sei. Rubruk hat den Eindruck, vor allem den heidnischen Gegnern argumentativ weit überlegen zu sein und sie in Widersprüche zu verwickeln, aber offenbar weniger wegen seiner rudimentären Kenntnisse ihrer Religion als vielmehr auf Grund seiner scholasti schen Schulung. Sein Vorgehen wäre ganz in Lulls Sinne gewesen, und doch muß Rubruk, ohne den Grund recht zu verstehen, feststellen: » Alle hörten ohne jeden Widerspruch zu, aber keiner sagte: >Ich glaube; ich will Christ werden.«< 36! Möngke meint abschließend, wie Gott der Hand verschiedene Finger gegeben 356 Joh . v. Monte Corvino hätte es möglic herweise gekonnt, vgl . N. 329, wäre andererseits aber wohl nicht so ungeschic kt gewesen, es zu tun (unten S. 148). 357 Liber Tartan, um 1300. Empfehlung: im Libre de Meravelles IV S. 107/8 l äß t ein fiktiver Mann zum Nutzen der Kirch e Lulls Art demostrati (seine G l aub ensl ehre) ü bersetzen, um damit als tartres zu gehen und nac h ih r zu predigen. De acquis. S. 125 empfiehlt Lull seinen Liber gentilis (ed. SALZINGER 11 S. 2 1-114, empfo hlen auch De fine S. 267) und seine Disputatio R. et Hamari (ed. SALZINGER IV S. 431-477), zwei seiner th eol ogischen Disputationen, in denen er die Überlegenheit des ch ristlic hen G laub ens b eweist. Blanquema S. 244: Streitgespräch eines lateinischen und eines griech isc h en Ch ri sten vor einem Muslim mit der gleichen Ab sic h t. Auf Lull dürfte die Beteiligung eines Tartaren bei Nikol aus v. Kues, De pace XVI, zurüc kgehen; dazu E. COLOMER, Die Vorgeschic h te d es Motivs vom Frieden im G lau ben bei Raimund Llull , in: Der Friede unter den Re ligionen nac h Ni ko laus von Kues, Mainz 1984 (Mitteil .u. Forsch . beitr. der Cusanus-Ges. 16) 82-107. Wissensc haftlich e Disputation in Verb indung mit Sprachkenntnissen h ält auch Pierre Du b ois für die Lösung: De recup. c. 62 S. 155. 358 Lull fordert an anderer Stelle aber auch , daß die Büch er unserer Weisen in versch iedene Sprachen übersetzt werden soll en, damit die Ungläu bigen sie se lb st lesen und ih re eigenen Fehler erkennen können: Quomodo TS S. 102. - In seiner Heimat Mallorca konnte Lu ll viel e hervorragende jüdisc he und muslimisch e Gelehrte treffen, die in der Tat das intell ektuelle Niveau ch ristlich er Sc hol astik mühe los erreichten: vor diesem Erfahrungsh orizom h aben wir wohl die Vorschläge zu verstehen. 359 Liber Tartari S. 347. - Die Tartaren ha ben keine lex: o ben S. 137. 360 Aufforderung Möngkes XXXIII c. 7 S. 292; Vorbereitung und Disputation c. 1 1 H. (S. 293 H.). Roger Bacon empfiehl t die Methode trotzdem: Op. Tert. Frg. ed. DUHEM S. 173 . 361 XXXI II c. 22 S. 297. - Rub ruk »siegt« in dieser Disputation wie Ricold gegen Juden (Itinerarium c. 16 S. 124) vergeb ens: der erwartete Effe kt tritt nich t ein.
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habe, so auch den Menschen verschiedene Wege der Religion 362. Das ist das Ergebnis der gelungenen Beweisarbeit eines gut geschulten Theologen mit Hilfe der Disputation vor einem Mongolen ! Ramon LuH hat, wie gezeigt, zumindest theoretisch verstanden, daß man zu den verschiedenen Religionen unterschiedliche Wege beschreiten müsse. Diese Erfah rung schreibt auch ein Islammissionar des anderen großen Missionsordens, der Dominikaner Ricold von Montecroce, etwa in derselben Zeit nieder. Ricold hat im Unterschied zu LuH außer Muslimen auch orientalische Christen und Mongo len kennen gelernt 363 . »Aus Erfahrung« weiß er, daß die Tartaren am leichtesten, die schismatischen Christen aber am schwierigsten zu bekehren seien, weil die tartarische Religion der christlichen am fernsten stehe364. Doch wie soll sich der christliche Missionar dem tartarischen Heiden nähern ? Allmählich entwickelt sich besseres Wissen, die Abendländer lernen aus ihren Fehlern. Der Fehler Rubruks sei gewesen, so notiert um 1300 eine franziskanische Predigtexempla-Sammlung, eine Lehrschrift also, daß er vor den Khan getreten sei und sofort mit Höllenstrafen gedroht habe. In den Mund dieses Khans legt der christliche Autor die Anweisung, wie es besser zu machen sei. »Die Amme beginnt zuerst, Tropfen von Milch in den Mund des Kindes zu träufeln, damit es die Süße schmeckt und verlockt wird zu saugen, danach erst reicht sie ihm die Brust. So hättest Du mit uns, denen jene Lehre völlig fremd (omnino alieni) zu sein scheint, zuerst k l a r u n d v e r s t ä n d l i c h (plane et rationabiliter) sprechen müssen, doch Du hast sofort ewige Strafen angedroht.« 365 Wie die Missionare, die tatsächlich zu den Tartaren reisen, predigen, ob sie die Theorien kennenlernen und überprüfen, ist angesichts der Quellen höchstens zu vermuten. Sie erlernen die Landessprache und lernen, sich dem Leben in der Steppe oder in den Städten Chinas und Persiens anzupassen, wie sich schon in früheren Jahrhunderten Missionare äußerlich in die Lebenswelt der Heiden einfügen konnten. Sie vermeiden Verhaltensweisen, mit denen sie sofort Anstoß erregt hätten, wenn sie zum Beispiel bitten, auch gegen die Vorschriften der
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362 XXXIV c. 2 S. 298. - Ähnlich es hat An dreas v. Perugia über d ie religiöse Einstellung in C hina festgestellt: c. 5 S. 376. 363 Dabei h atte er nich t immer angenehme Erfahrungen gemach t, was sein Mongolen bild geprägt zu h ab en sch eint: dazu oben S. 68/9. In seinem Missionsge biet Persien waren zu seiner Zeit die meisten Tartaren wohl noch keine Muslime. 364 Libellus S. 163. Auch Roger Bacon (Op. Maius II S. 376 und Op. Tert. Frg. ed . DUHEM S. 1 73) will bei der Be keh rung, Ru bru k folgen d (XXXIII c. 11 S. 293/4), b ei den pagani un d idolatri b eginnen, die am leichtesten zu wid erl egen seien, wobei d ie and eren Hoch religionen auch noch mith elfen. 365 Liber exempl. Nr. 7 S. 217 (Hervor h . F. S.). Mit Ir. Guilleimus Flamincus dürfte Rubru k gemeint sein, mit dem Kh an Batu : vgl . Tbe Mission o f Friar Wi lliam of Rubruck , h g. v. P.]ACKSON/ D. MORGAN, London 1990, 282. Wenn der Missionar and ers vorgegangen wäre, h ätte er Gnad e vor d em König gefund en. Als Vermittl er d ieses Rates wird einmal mehr der armenisc he König genannt. Entsprech end e Erkenntnisse sin d sch on älter: LÖWE in: Kirch engeschic hte, wie N. 303, II,I, 220; äh nliche Empfehlung durch Gregor den Großen noch für d ie Zeit nach der Bekehrung SCHÄFERDIEK, ebd . 158. •
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Heiligen Kanones den seit der Islamisierung landesüblichen Bart tragen zu dürfen, damit es nicht scheine, als verachteten sie die Einheimischen 366. Im Kiptschak passen sie sich der Beweglichkeit der Horden an, würden es gerne noch mehr tun, wenn sie nicht zu wenige wären, denn das verspricht die größten Erfolge; weil es kaum Städte gibt, haben die Brüder in den west- und zentralasia tischen Gebieten loca tam immobilia quam mobilia367• Diese mobilen Klöster der Franziskaner, die auf Karren transportiert werden, wird man sich ebenso vorzu stellen haben, wie die Mönche die Wohnstätten der Einheimischen schildern : Zelte aus Filz oder Fellen, ausgekleidet mit Leinen (oder Seide) 368 . Manche Missionare scheinen mit der Anpassung ihres Verhaltens erfolgreich gewesen zu sein, denn sie werden zu gerngesehenen Honoratioren 369. Einige Franziskaner im Kiptschak identifizieren sich so sehr mit ihrer neuen Heimat, daß sie von » b e i u n s« im Gegensatz zum Westen schreiben können 370. Vor allem Johannes von Monte Corvino hat sich offenbar in den fast vierzig Jahren seines Lebens in China nicht nur Autorität zu verschaffen gewußt. Zwischen den Zeilen der beiden Briefe, die uns als einziges Selbstzeugnis seiner Tätigkeit in China erhalten sind, liest man vom hohen Maß seiner Fähigkeit, sich auch innerlich den Verhältnissen anzupassen 371. Doch das Leben in der Fremde ist hart, und selbst Johannes empfindet schmerzlich das Abgeschnittensein von Europa. 1306 hat er endlich einmal einen Brief erhalten; er schildert anschaulich den »Postweg« 372 . Vielen fällt das Leben im fernen, fremden Lande, wo sie sich wenig zuhause und vielleicht auch schlecht 366 Ne a moribus Grecorum abhorrere viderentur, ist es den Minoriten von Pera erl au b t, Bart zu tragen (WADDING VIII S. 2 1 1 ). Erlau bnis des Bartes für die Tartarei 1365 ed . GOLUBOVICH V S. 113. Julian v. Ungarn und seine Gefäh rten trugen Bart un d Haare wie die Barbaren (Riccardus 2,2, S. 152); Ricold v. Montecroce wi ll vor 1300 nicht al s Mönch er kannt werden, in dem er unter and erem einen Bart trägt (Epist. III S. 285); Paschal v. Vittoria trug 1338 einen Bart, oh ne d as zu rec htfertigen (c. 5 S. 505). - Auch die Kaufleute wuß ten, daß d as zu d en grundlegend en Notwend igkeiten gehörte: unten S. 166. 367 So 1385/90 Bart ho lomäus v. Pisa, De conform. XI,2 S. 557. Bei d er Anpassung h ilft d en Mönch en sich er die oh neh in erh öhte Mo bilität der Angehörigen d er neuen Orden gegenü ber z. B. Bened ikti nern. Erfo lge b ringt, so lehrt die experiencia, das castra sequi (Epist. 1320 ed . BIHL/MoULE II S. 67, vgl . 66; Epist. 1323: ebd. I S. 107 u. l09), denn d ie Mensch en le ben nicht in den wenigen Städ ten (S. 111). Päpstlich e Grund satzentsch ei dung zur Anpassung an die Gewoh nh eiten der Nomad en am Beispiel Ungarns : d ie Mönchen d ürfen weiterhin mit d en Kumanen umherzieh en und d ie Toten immer in der nächstgelegenen Pfarrkirche b egraben, oh ne Gebüh ren entrichten zu müssen (CICO XIII, 1 305 S. 137-140). 368 Ed . BIHLIMOULE I S. 111. Karren nennt ausdrücklich E lemosina S. 125 (vgl . 107); unten S. 224/5. 369 Elemosina berich tet in seiner Ch ronik, d ie Heiden l egten Wert d arauf, d ie Missionare, weil sie immer an christl ich en Hoch zeiten betei ligt seien, auch zu d en i hren einzuladen (S. 125, vgl . 107). 370 Zitat unten S. 244. 371 Die Leistungen dieses Mannes wurden in seinem Ord en auch durc h eifrige Rezeption anerkannt, wenn auch Joh . v. Winterth ur (S. 233/35) sein Wer k d em Arnoldus Al emannus, seinem Helfer, zuschreibt. Da er die Nach richten aber offen bar aus d em Brief des Joh . h at und nic ht aus unabhängiger QuelIe, liegt sich er eine Verwech slung vor. 372 Epist. III c. 1 S. 351/2. Dazu E lemosinas Bemerkungen zum Weg d es ersten Briefes aus Ch ina: S. 132.
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behandelt fühlen, eher schwer. Andreas von Perugia, Suffragan bischof des Johan nes, legt großen Wert auf den bequemen Unterhalt, den der Khan den Gesandten gewährt, und sichert ihn sich, bevor er sich bereit findet, als Bischof in die chinesische Hafenstadt Zayton zu gehen 373. Johannes von Marignolli wird vom Papst zusammen mit seinen Gefährten auf Ersuchen des Groß khans und seiner christlichen Untertanen um einen neuen Bischof und neue Missionare nach Cathay gesandt. Er will aber trotz mehrmaliger Bitte des Großkhans, der mit seinem Verweilen gerechnet habe, nach drei Jahren Aufenthalt um keinen Preis bleiben 374. Auch über die Erfolgsaussichten der Mission gibt es optimistische und sehr pessimistische Äußerungen von Missionaren. Der zitierte Andreas von Perugia schreibt aus China - wohl in realistischer Einschätzung der Lage -, es würden zwar viele Heiden getauft, doch seien sie keine richtigen Christen 375. Andere Brüder melden große Erfolge, malen eine noch glänzendere Zukunft aus - für den Fall, daß sie endlich ausreichend Verstärkung erhielten 376 . Auch in Ländern, in denen kaum Martyrien vorkommen, leisten die Mönche »ihren Tribut an die Natur«, sterben an Altersschwäche oder auch an Krankheiten 377. Zwar rufen die Päpste immer wieder mit dem Versprechen der Sündenvergebung zur Mission auf und senden auch Mönche aus 378. Doch daß diese alle abreisen und ans Ziel kommen, ist unwahrscheinlich, und wieviele es tatsächlich sind, ist nicht ohne weiteres überprüfbar; die Verbindungen sind schlecht, die Wege manchmal gefährlich 379. 373 Epist. 1326, c. 3 S. 375. Joh. v. Marignoll i S. 529 (c. 7). - Doch And reas hält durch; sein Grab stein (t 1332) wurd e in Zayton eingemauert gefund en : J. FOSTER, Crosses from the Walls of Zaitun, in: JRAS 1954, 17-20, Tafel 1 7. Wil he1m v. Villanova d agegen wurd e 1307 für China zum Bf. geweiht und mußte 1308 zur Reise ermahnt werden (BFr V 112 S. 5 1 ); 1318 ist er offenbar noch immer in Avignon (Antica leggend a d ell a vita e d ei miracoli di S. Margherita d i Cortona, Lucca 1793, 167/8; für d iesen Hinweis d anke ich Prof. And re Vauchez, Paris): sicher nicht ohne Anl aß entzog Joh. XXII. ihn 1323 der unter beständ igem Personal mangel leid enden Mission, um ihn nach Korsi ka zu transferrieren (BFr V 489 S. 247/8). 374 S. 529 (c. 9). 375 1326, c. 5 S. 376. 376 Erfolge : ganz and ers al s And reas Joh. v. Monte Corvino, bes. Epist. II c. 2 S. 347. Brief aus Kiptschak 1320: in manchen Geb ieten jetzt so viel e Christen, d aß kaum die Hälfte Heid en üb rig sind (BIHL/MoULE II S. 66, vgl . 1323, ebd . I S. 107). Zu den Herrschertaufen s. u. Gottes Wunder halfen ihnen: E lemosina S. 108. - Verstärkung: Kiptschak 1320 ed . BIHL/MoULE II S. 67 u. 70; 1323 ebd . I S. 107; für In dien Jord an v. Severac, Mirabilia S. 123. - Zu d en äuß eren Grün den d es Scheiterns : ALTAN ER, Dominik anelluission, wie N. 295, 234. 377 naturae debitum persolvisse: CICO XI S. 297. Andreas v. Perugia schreibt 1326 (c. 7 S. 377), nur er sei von den zu Joh. gesan d ten Brüd ern übrig. Auch WADDING VIII S. 280 f.; IX S. 125/6. Wei l zu wenige Brüder blei b en, fall en in der Aquilonaris viel e in d en alten Gl au ben zurüc k (Bulle Bonifaz' IX., 1392, BFr VII 1 0 1 S. 3 1/2). 378 Z. B. 1329/30: GOLUBOVICH III S. 350-259; 1334 27 Franzis kaner: BFr V 1057 S. 567. Für weitere Beispiel e d ie in N. 383 genannte Literatur. - Die Tartarei konnte auch Fluchtge biet für Ketzer sein: oben S. 54. Probl eme mit ab gefallenen Kl eri kern Joh. XXII. 1334 ASV. Reg. Vat. 106 fo1. 5r-v. 379 Wilhe1 m v. Tripo lis und Nicol ao d a Vicenza, d ie mit d en Polos nach China reisen soll ten, kehrten um, al s es gefährlich wurde : Marco Polo, c. XIII(12) S. 8/9 (12/3). Um kehrer: N. 1 1 7. Im Jahre •
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Erschwert wird die ganze Situation durch den Zerfall der mongolischen Reiche. Zentralasien war schon lange unsicher, Persien gerät im Laufe des 14. Jahrhunderts ins Chaos, die Verbindung nach China reißt 1368 ab 380• Nur das Reich der Goldenen Horde bleibt, das für die abendländische Diplomatie in den Hochzeiten der Beziehungen zum Ilkhanat immer nur Randgebiet gewesen ist. Es bedroht auch im 14. Jahrhundert noch die christlichen Länder Osteuropas und ist mit dem Erzfeind Ägypten verbündet. Für die Missionare jedoch war es immer schon ein über die italienischen Kaufmannssiedlungen am Schwarzen Meer gut zugängliches Gebiet, obgleich man sehr früh im Abendland wußte, daß sich die Khane meist zum Islam bekennen, und es wiederholt zu Zwischenfällen mit den Muslimen unter ihren Untertanen kam. Trotzdem versuchen die Päpste immer wieder, die Herrscher zur Taufe zu bewegen, ermutigt durch deren offensichtliche Unterstützung der Christen. Zahlreiche Briefe, vor allem an Özbeg und Dschani Beg, sind überliefert, in denen der Papst für konkrete Fälle des Schutzes der Christen gegen die feindseligen Muslime dankt38 1 • Offenbar macht der Islam die Tartaren noch nicht zu Eiferern, und auch einige Fälle von Prinzentaufen wecken Hoffnungen 382. Die Konvente 1346 bekräftigt C lemens VI. ein Ver bot d er Pontificalia auß erh alb der Diözesen für Bisch öfe aus d en Diözesen Kh an Baliq und Sultaniyah , d as Joh . XXII. ausgesproch en h atte (CICO IX S. 125; vgl . XIII,I N. 126m, 1403: Ernennung eines E bf. v. Kh an Bal iq cum obligatione residenti et prohibitione pontifualium extra suam civitatem vel dioecesim). Das spricht dafür, daß viele der asiatischen Bistümer in der Praxis nur noc h titul ar besetzt sind und die Amtsträger versuchen, als Wei hb ischöfe im Abendland unterzukommen (d ie Erkl ärungsmög lichkeit verdanke ic h Frau Prof. Brigi de Schwarz, Hannover). - Die Wege zu den Tartaren (Vord erer Orient) werd en gefäh rlic h : sch on Mi. 14.Jh . klagt Ludolf v. Such ern, die Wege von Konstantinopel ins Heilige Lan d seien es für Pil ger wegen Tartaren und Türken (S. 6). 1390: GOLUBOVICH II 272; nach Zentralasien : 1285/90 Barth o lomäus v. Pisa, De conform. XI,2 S. 557. Schon Joh . v. Monte Corvino, der den Weg über den Norden als den kürzeren und prinzipiell sich ereren empfiehlt, weiß , d aß er manc hmal durc h Kriege d er Tartaren gegeneinand er verunsich ert ist (II c. 6 S. 349). Desh alb mußte sch on früh die Brü der Polo bei ih rer ersten Reise nach Osten ausweich en: um 1260, c. III(3) S. 4/5 (6). 380 Persien: wir kennen allerd ings noch um 1400 E b f. Joh . v. Sul taniyah , d er d iesen Stu hl nich t nur al s Titu lar inneh atte (unten S. 181). - China: E bf. Carol us v. Kh an Baliq soll jed oc h , wie Jo h . XXIII. 1410 erfah ren h at, »in jenen Gegend en« (was immer d as h eißen mag) gestorben sein (CICO XIII,2 S. 184/5). - Für alle d iese Ge b iete sind nur wenige Papstbriefe erh alten, d ie für die gute Beh andl ung der Christen d an ken, neue Missionare empfehlen und die Hoffnung auf baldige Bekeh rung d es Khans ausd rücken. Nac h Persien 1321 (ed . BFr V 45 1 S. 214, vgl . GOLUBOVICH III S . 2 1 7 mit N. 2); nach Zentralasien 1329 un d 1338 (ed . BFr V 818 S. 406/7, dem Ton nach wie an einen ch ristl ich en Fürsten des Orients, meint RICHARD, Discours, wie N. 117, 262/3; BFr VI 90 S. 59/60, 97 S. 64); nach China Antworten (ebd . 88/9 S. 58/60) auf Sch reiben des Großkh ans und seiner christ lich en Untertanen (e bd . S. 58/9 N. 1-2): d iese Kontakte sind wie die nach Kiptsch ak (s. unten) ähnlich wie sch on die d es 13.J h . zu Ku bilai. Die d amit abgeh end e Gesan dtsch aft mit Jo h . v. Marignoll i (BFr VI 96-8 S. 62-66; Beric ht) ist d er letzte nachweisb are Kontakt mit Ch ina: TROLL, Ch inarnission. 381 1318-1343 ed . GOLUBOVICH III S. 178/9; BFr V 5 1 1 S. 254, VI 91 S. 60, 97 S. 63-65, 124-126 S. 77-:79, 214 S. 128. Der Tenor d er Briefe ist noc h d er �Ieich e, den sc hon ein Brief an Ber ke um 1260 aufwIes (ed . LUPPRIAN 40 S. 21 3/5). - 1314 erneuerte Oz beg ein Sch utzprivil eg für die Franziskaner (ed . BIHLIMoULE 11 S. 65). Äh n lich war d as Verh alten d er mus lim ischen I1khane gewesen, b esonders im Gegensatz zur Einste llung Timurs um 1400 (unten S. 1 82). 382 Gratul ationssch reiben Joh .' XXII. (ed . GOLUBOVICH III S. 210/1) mit der Aufford erung, nun die Untertanen bekeh ren zu h el fen: d as entspricht d er trad itione llen hohen Einsc hätzung von Fürstentau-
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im Gebiet der Goldenen Horde haben anscheinend noch bis ins 15. Jahrhundert geblüht, wie Pero Tafur um 1435/39 über Caffa erfährt 383 - die abendländischen Missionare geben trotz aller Ernüchterung im Westen niemals auf, solange sie nur in den tartarischen Gebieten geduldet werden. Danach aber verschwinden die Ansätze von katholischem Christentum in Asien wieder völlig - zum Beispiel in China werden die Jesuiten ganz neu anfangen müssen -, denn eine großflächige Bekehrung oder gar Konsolidierung von Gemeinden ist nie gelungen. Der tiefere Grund für das Scheitern liegt in der Einstellung, mit der die Missio nare den Mongolen begegnen. Es ist durchaus möglich, daß die Mönche zumin dest in Einzelfällen im praktischen Zusammenleben über die rein äußerliche Anpassung hinaus mehr Verständnis für die fremden Menschen, ihre Psyche und Mentalität entwickelt, ihre Vorstellungen besser kennengelernt haben und mehr auf sie eingegangen sind, als das in der theoretischen Reflexion geschieht. Ein grundsätzlicher Durchbruch zu neuem Denken gelingt, das ist an den diesbezüg lichen Schriften deutlich geworden, in der Mission des späteren Mittelalters nicht. Die Missionare haben vollkommen andere Vorstellungen von Religion als zum Beispiel die Mongolen, sie sind aber unfähig und auch unwillig, die eigenen Ideen zu relativieren oder auch nur zu überdenken, weil deren absolute Richtigkeit und Alleingültigkeit konstitutiv für das abendländisch-christliche Selbstverständnis sind. Deshalb ist die Religion des anderen per se falsch und muß durch Bekehrung zum Christentum vernichtet werden; nur zu diesem Zweck auch befassen sich Missionstheoretiker mit ihren Inhalten. Man sucht weiterhin ausschließlich nach geeigneten Ansatzpunkten für die Predigt, wie das schon früher in Gebieten weitgehend friedlicher Mission, etwa im germanischen Raum, geschehen ist, wenngleich die Grundsätze dieser Methode nun erstmals in größerem Umfang systematisch aufgezeichnet werden. Immerhin führen diese Überlegungen zu differenzierter und vergleichender Betrachtung der v e r s c h i e d e nen frem d e n Religionen. Grundsätzlich formu liert auch mancher Theoretiker schon die Erkenntnis, daß man verschiedenartige Religionen auch unterschiedlich zu behandeln habe und öffnet damit Wege zu konkreterer inhaltlicher Beschreibung des fremden Glaubens. Abendländer und Mongolen aber bleiben sich auf dem Gebiet der Religion grundsätzlich fremd, die Welten bleiben unvereinbar, ein Kennenlernen ist von seiten der Abendländer im Grunde nicht beabsichtigt und findet auch nicht statt. fen durc h die Christen. Weiter Beispiele ebd. 1I S. 73, III 5. 170/7, 182. Entsc heidend ist hierbei der G laube an die Wahrheit d ieser Nachrichten; oben 5. 80/1 (in Persien). Die Tartaren hassen die Sarazenen und lieben die Christen : Berichte aus Kiptschak 1320 und 1323, ed. BIHL/MoULE 1I 5. 66, 68, I 5. 109. 383 Pero Tafur S. 160; Zeitpunkt: vorausgesetzt, er hat es auf seiner Reise erfahren und nicht beim Verfassen seines Berichtes (1453/57) aus allgemeinem Wissen ergänzt. Caffa wurde erst 1475 von den Türken erobert. Zu den Einzelentwickl ungen bes. LOENERTZ I-IlI; RrcHARD, Papaute; FEDALTO, C hiesa, 527 ff. •
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6. Der Umgang der abendländischen Kaufleute mit den Tartaren Neben den Missionaren aus den beiden großen Mendikantenorden dringen vor allem abendländische Kaufleute, in erster Linie Italiener (Genuesen, Venezianer, aber auch andere), schon sehr früh in mongolische Herrschaftsbereiche vor. Wir wissen von einer großen Zahl solcher Händler, die im Laufe des späten Mittel alters die Goldene Horde, Persien und auch China besuchten, eine ganze Reihe von ihnen kennen wir sogar mit Namen, aber ihre Beurteilung der Mongolen können wir nur sehr selten direkt in unseren Quellen greifen, manchmal mittelbar erschließen 384. Für die Kaufleute macht ihr Wissen einen nicht unerheblichen Teil ihres Kapitals aus, so daß sie keinen Wert darauf legen, es allzuweit zu verbreiten. Die Kenntnisse über den Handel mit Ostasien bleiben auf die Familie, die Compagnie oder höchstens die eigene Stadt beschränkt; wenn sie niedergeschrieben werden, wie das im 14. Jahrhundert immer öfter geschieht, so kursieren solche Kauf mannsbücher sicher nur in entsprechend eng begrenzten Zirkeln 385. Außerdem enthalten mir sehr wenige dieser Schriften - wie übrigens auch die wenigen aus dem mongolischen Gebiet geschriebenen, erhaltenen oder erschlossenen Briefe von Kaufleuten 386 - mehr als die unmittelbar für den Handel notwendigen Informationen (über Wege, Zölle, Währungen, Maße und Gewichte), selten Bemerkungen über die fremden Menschen, mit denen man es zu tun haben wird. Die zunehmende Verschriftlichung des Handels, aber ebenso der Verwaltung der italienischen Städte und auch der Handelskolonien im Osten hat zahlreiche Notariatsakten über Rechtsgeschäfte, Statuten, Protokolle der politischen Gre mien hervorgebracht, aus denen zumindest an einigen Stellen Näheres über das übliche Verhalten gegenüber den Mongolen zu erfahren ist 387. Ausführlichere schriftliche Selbstzeugnisse von Kaufleuten über das Leben in der Fremde fehlen - so viel sie bei ihren Aufenthalten in der Heimat auch erzählt haben mögen 388 fast vollständig, obgleich sie sich durchaus für Land und Leute interessiert haben. Marco Polo - nicht in erster Linie als Kaufmann in Asien, aber in der Tradition der Handelsstadt Venedig erzogen - betont ausdrücklich, daß er sich überall umgesehen habe, und berichtet sowohl über die verweichlichten Mongolen in 384 Zu d en Quell en vgl . S. 5 1 . 385 Entsprechen d wenige Handschriften d er einzelnen Bücher sind erhal ten. E. MASCHKE, Das Berufs bewuß tsein d es mittel alterlichen Fernkaufmanns, zuerst 1964, wieder in: Carl HAAsE (Hg.), Die Stadt des Mittelalters III, Darmstadt 1973, 189, N.62 zum Informationsaustausch in bestimmten Kreisen. 386 Es mag sein, d aß in unerschl ossenen Privatarchiven ital ienischer Kaufleute noch Schätze verbor gen liegen. Zur Komp l iziert�eit des Brieftransportes aus Ostasien aber o ben S. 46. Nach manuali (unten S. 165) ist in letzter Zeit sehr intensiv gesucht word en (BAUTlER, Relations, 3 1 1 ) . 387 Normalerweise sind d ie Mongo len nur bei Zwischenfällen erwähnt. 388 Selten nur fand sich ein Poggio Bracciolini od er ein Pero Tafur, d ie d en Bericht des Nicol o dei Conti aufgeschrieb en haben: oben S. 50.
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China wie über fes droit Tartars389• Doch da sein B ericht eine der wenigen großen Ausnahmen ist, sind wir vielfach auf Berichte Dritter angewiesen, auf Missionars briefe, Chroniken etc. 39O Gleichzeitig sind die Kaufleute diejenigen Abendländer, die kontinuierlich Kontakte zu den Mongolen aufrechterhalten 391 und aus ökonomischen Gründen eine Menge damit verbundener Schwierigkeiten überwinden. Sie lernen also das fremde Volk besonders intensiv kennen und prägen das Urteil zumindest in Italien maßgeblich : Jacopo d' Acqui kann um 1330 die Tartaren, wie zitiert, als ganz normale Menschen bezeichnen 392 . So soll im folgenden versucht werden, aus den zur Verfügung stehenden Quellen möglichst viel über den Umgang der einzelnen Kaufleute und auch der Verantwortlichen in den großen Handelsstäd ten mit den Mongolen herauszufinden, über die Besonderheiten abendländischen Handels in tartarischen Ländern. Die italienischen Seerepubliken Venedig und Genua etablieren sich im Zuge der Kreuzzüge fest in der Levante 393• Mit der Eroberung Konstantinopels im Vierten Kreuzzug 1204 sichert sich Venedig den alleinigen Zugang zum Schwarzen Meer und die Vormacht dort, dehnt seinen Handel schon 1206 bis nach Soldaia auf der Krim aus394 und begründet dort in der Folgezeit möglichetweise auch schon eine Händlerkolonie. Zu diesem günstigen Zeitpunkt öffnet die Entstehung des mon golischen Großreiches in Asien, das Kaufleute gerne sieht und den Handelswegen für lange Zeit eine relativ hohe Sicherheit garantieren kann, die Wege in den
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389 C. XVI(15) S. 10 ( 15) bzw. c. LXX(69) S. 56 (83). Seine Beo bachtungen ü ber Land und Leute auch unten S. 201 H.; dazu A. CARILE, Territorio e am biente nel »Divisement dou monde« di Marco Polo, in: StVen ns. l (1977) 13-36; zur Motivation C. W. CONNELL, Marco Polo as Diplomat?: Motivation for the Writing of Il Milione, in: Marco Polo and His Boo k, 1 1/12. 390 Besonders italienische Chronisten verfügen immer wied er üb er se lbständige Nachrichten aus dem Kiptschak , so Tholomäus v. Lucca oder Giovanni Vil lani; unten S. 240 mit N. 234 die Nachrich ten ü ber die Herk unft der Pest. - Eine andere Ausnahme ist Giosafat Barb aro : unten S. 1 70/1. Das Zustandekommen sowohl von seinem als auch von Marcos Bericht ist noch dazu sehr b erufsunty pis eh : Marco Po l o fand im Gefängnis Muße, Giosafat Barb aro lä ßt Bemer kungen in einen Gesandt schaftsreisebericht einfließen. Sie geben al so keinen Anl aß zur Verwunderung, warum nicht mehr Fernhändler schriftlich erzähl ten (U. TUCCI, Mercanti veneziani in Asia lungo I'itinerario poliano, in: Venezia 1987, 317; aber BIETENHOLZ, wie S. 9, N. 4, 6/7): münd lich taten sie es sicher. 391 Kontinuität noch, al s nur die Schwarzmeerk olonien (dazu S. 169) üb riggeblieb en sind, die den Kontakt ins Hinterland so sehr pflegen, daß sie sogar gerügt werden (160). 392 O ben S. 9. 393 Pisa schied nach dem vernichtenden genuesischen Seesieg 1284 aus der Konkurrenz aus. Zu einzelnen Pisaner Kaufl euten in den mongo lischen Reichen vgl. PETECH, Marchands. 394 Dazu GlURESCU, Genoese, 588 mit N. 3. A bendl ändischer Handel im Schwarzen Meer vor dem Mongolensturm : BRATIANU, Recherehes, 155-196. Die italienische Kolonie bei Konstantinopel , Pera, hatte schon 1180 etwa 60 000 Einwohner, so J. BERNARD, Handel und Geldwesen im Mittelalter 900-1500, in: Europäische Wirtschaftsgeschichte, ed. Carlo CIPOLLA/K. B ORCHARDT, Stuttgartl NYor k 1978, 187; zu den Handelswaren im Schwarzmeerb eck en l77 ff. - Weg durch das Schwarze Meer bek annt: Fr.Jul ian reist von Ungarn aus nicht durch die Steppe, sondern ü ber Konstantinopel und das Schwarze Meer zu den »Großungarn«: unten S. 313.
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Osten und erhöht damit die Attraktivität des Schwarzmeerraumes erheblich 395. Auch nach dem Zerfall des Gesamtreiches in einzelne Teilreiche bleiben die Wege trotz mancher Spannungen noch lange gesichert - erst der Zerfall dieser Reiche bringt zu hohe Risiken 396 - und erlauben den Aufbau und die Blüte wichtiger italienischer Handelskolonien. Vom Schwarzen Meer aus gehen die Handelsrouten nach Nordwesten, nach Kiew, Lemberg und weiter in den ostmitteleuropäischen Raum 397, sie verlaufen nach Nordosten über das mongolische Zentrum Sarai an der Wolga ans Kaspische Meer und weiter bis nach China398, und man gelangt auch von Trapezunt aus nach Südosten, zur mongolischen Hauptstadt Tabris und von dort in Richtung China und Indien 399. Diese letzteren Routen sind von besonderem Interesse, um das Handelsmonopol der feindlichen Mamluken in Ägypten - mit denen zu handeln die römische Kirche zudem strengstens verbietet4°O - für exotische Waren zu brechen. So gelangen im späten Mittelalter über den Schwarzmeerraum die exotischen Waren des Fernhandels - zum Beispiel die Seide - und die Produkte des eurasischen Grenzgebietes, nicht zuletzt - besonders lukrativ - Sklaven, nach 401 Italien und auf die abendländischen Märkte • In Tabris, dem Sitz der Ilkhane, besteht bereits 1264 - also zu einer Zeit, als 395 Schon 1247 trifft P lano Carpini in Kiew Venezianer, die per Tartaros aus Konstantinopel gekommen waren. IX,51 S. 129. Vgl. ABULAFIA, Asia, 457/60 zu den verheerend en Auswir kungen, die die Verlegung d er Hand elsrouten infol ge der mongol ischen Ero berungen auf den Irak hatte, während Anatolien gewinnen kann. Heftige Handels kriege entzün d eten sich zwischen Genua un d Venedig gerade um die Vorherrschaft im Schwarzen Meer: unten S. 156/7. 396 Vgl . S. 167 zum Weg Trapezunt-Tab ris; die Go ld ene Horde ist 1435/9 nicht mehr sicher, weil einze lne Trupps von Tartaren umherziehen (Pero Tafur S. 166); dazu unten die Versicherungen Pegol ottis. 397 Über d ie Moldau (Westküste des Schwarzen Meeres b is etwa Mi. 14.Jh. in tartarischer Hand ): P. P. PANAITESCU, La route commerciale de Pologne a la Mer Noire au Moyen Age, i n : Revista istorica romana, 3, fase. 2-3 (Bu karest 1933) 172-193; DELETANT, Genoese; das Beispiel aus d em Bericht des Plano Carpini, wie N. 395. Lem berg: wichtig um 1400 d as Buch des Ulman Stromer S. 103; HEERS, Genes, 383/4; nütz lich vor allem für die Route Nürnberg-Lem berg Fr. LÜTGE, Der Handel Nürn bergs nach d em Osten im 15.!16. Jahrhun dert, in: Beitr. zur Wirtschaftsgesch. Nürn bergs, I, Nürn berg 1967, 3 18-176. 1418 l äß t König Sigismund den Donau-Handelsweg zur Krim erkund en. Der König wen det sich auch an Caffa, weil er gemeinsam mit Genua eine Gesand tschaft zum Khan der Tartaren send en will, alles, um Venedig auszuspiel en : H. HEIMPEL, Zur Han d el spolitik Kaiser Sigismun ds, in: VSWG 23 (1930) 145-156, Ed . 154/6. Um 1475 weicht Giosafat Barb aro d en Türken aus, indem er von Persien durch die Tartarei ü ber Po len nach Vened ig heimkehrt (S. 100/1); d azu die Rückwegsb eschreibung Amb rogio Contarinis: Konstantinopel und auch Caffa sind inzwischen d en Türken in d ie Hän d e gefall en, aber man weiß sich zu helfen. 398 Vgl . S. 164. 399 Nach Ta bris auch vom kl einarmenischen La;azzo aus, vor allem, als die l etzten Küstenstütz punkte im Hei ligen Land , Antiochia, Tripol is und A kk on, gefallen waren. Zum Levantehandel immer noch wichtig: HEYD, Levantehand el . Von Tabris aus gehen d ie Wege nach Osten: so wei ß es um 1432 der Dichter des Paris et Vienne 5. 564. 400 Dazu unten 5. 16112 : d as hat zwar niemand en gehindert, aber offen bar d och gestört. 401 S klaven unten 5. 212. Seid e: die mongolische Route revolutioniert d en Sei d enhan d el , so HEERS, Genes, 367; unten 5. 2 1 1 . - 15.Jh.: der Ostasienhand el wird schwierig, aber d ie alten Prod ukte des Hinterlan des bleib en attraktiv: HEERS a. a. O. 367ff.
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gerade die ersten vorsichtigen diplomatischen Kontakte zwischen abendländi schen Fürsten und diesen Ilkhanen aufgenommen werden - eine abendländische Kaufmannskolonie von bemerkenswerter Größe402 • Etwa zur gleichen Zeit gelan gen als wohl erste abendländische Kaufleute um 1260 die Brüder Nicolo und Maffeo Polo über das nördliche Tartarenreich bis nach China. Dorthin oder nach Persien, Zentralasien und in die eurasische Steppe reisen in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Händler403; sie pendeln zwischen der Heimatstadt und den Mongolengebieten oder sie siedeln sich dort fest an. Marco Polo kehrt erst nach vielen Jahren Aufenthalt in China nach Venedig zurück; der Kaufmann Petrus de Lucalongo begleitet den Missionar Johannes von Monte Corvino 1291 von Persien nach China und kauft ihm dort 1305 ein Grundstück, ist also nach vierzehn Jahren noch oder wieder im Fernen Osten 404 . Oft nehmen die Kaufleute ihre ganze Familie mit - oder gründen vielleicht erst am Ort eine. Die Kinder wohl eines Kaufmannes, des Domenico de Vilioni, waren Katerina und Antonius, die 1342 und 1344 in China gestorben sind und deren Grabsteine - in die Mauern von Yangzhou verbaut - erhalten blieben 405. Isachus Venerius, Sohn des Venezianer Bürgers Johannes Venerius von Akkon, hat sich zur Zeit des Falls Akkons noch als in/ans, also doch wohl zusammen mit seinem Vater, vielleicht nach China (in ulteriores partes Tartarorum) begeben, von wo aus er 1328 zurückkehrt. Er wird als venezianischer Bürger anerkannt - die diesbezügliche Urkunde überliefert den Fall -, obgleich er nicht richtig Venezia nisch spricht und fremd wirkt, also wahrscheinlich all die fast vierzig Jahre im Tartarenreich verbracht hat406 • Sie alle lernen die Mongolen kennen und entwik keln besondere Formen des Zusammenlebens. 402 Das Testament des Venezianers Pietro Vioni in Ta bris trägt die Unterschrift von acht weiteren dort ansässigen Händlern. Marco Polo über die Lateiner in Tabris : c. XXX(25) S. 23 (30). Spätestens 1306 und 1320 hat sich Vene dig auch politisc h seiner Kau fl eute in Persien angenommen: Verträge mit den I lkhanen ed. DVL I, Nr. 26 S. 47/8 (Identifikation des Kh ans HEYD, Levante handel , 123/4) und DVL I Mr. 85 S. 173/6. 403 Einzel nachweise vor allem PETECH, Marc hands; R. S. LOPEZ, Nuove luci sugl i Ital iani in Estremo Oriente prima di Colom bo, in: Studi Colom biani, Bd. 2 Genua 1952, 337-338; DERS. (Ed.), Venezia; DERS., En 1343: une societe genoise pour l e commerce eurasien, in: Horizons marins - itineraires spiritueIs (Ve-XVIIIe siec l es), B d. II: Marins, Navires et affaires, ed. Henri DUBOIs/Jean-C laude HOCQUET/ Andre VAUCHEZ, Paris 1987, 183-188; R. MOROZZO DELLA ROCCA, Cathay, in: Mise. in onore di R. Cessi, I, Rom 1958, 299-303; BALARD, Genois en Asie (insges. se hr optimistisch, aber wic htig mit der Feststell ung, daß der Weg nac h China wir kl ic h erst 1368 abb rach, vg l . N. 476). 404 Epist. III, c. 2 S. 352/3. Dazu o ben S. 133 405 Grabsteine von Yangz hou, Abb . in: Kaogu 1963, Nr. 8, 449/450; ENOKI, Nestorian Christia nism; F. A. ROULEAU, The Yangchow Latin Tom bstone as a Landmar k of Medieval Christianity in China, in: HJAS 17 (1954) 346-365; R. S. LOPEZ, Nouveaux documents sur les marchands italiens en Chine a I'epoque mongo le, in: CRAIBL 1977, 445-458, hier 455/7. - Ed. LOPEZ, Trafegando: Bericht über die Erbstreitigkeiten um Jaco b de Ol ivero aus Genua, der 1346 in China gestorb en ist. 406 Ed. DVL I Nr. 106 S. 209/10; dazu der Gewährsmann des Giov. Villani, der b ei den Tartaren aufgewac hsen ist, und andere nach langer Zeit in der Fremde fremd wirkende Abendländer o ben S. 53. - Wahrsc heinlich wenigstens in Cathay bewandert: 1342 in Venedig ein Petrus <:;uliano dei Chataio (kandidiert am 28. 9. für das Amt eines der ze hn Meseti: ed. Deli berazioni). •
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Vor allem aber im Kiptschak - an der Nordküste des Schwarzen Meeres und speziell auf der Krim - treiben Italiener und andere Abendländer Handel und entwickeln sich bald blühende italienische Handelskolonien 407. Obgleich Venedig bis 1261 durch den Besitz Konstantinopels den Schwarzmeerhandel beherrscht und auch nach der byzantinischen Rückeroberung nur bis 1265 gänzlich ausge schlossen wird, sind es doch die Genuesen, die sehr schnell - nachdem sie vor 1261 versuchen mußten, den Kontakt nach Trapezunt zu Land zu wahren 408 - den ersten Rang jenseits des Bosporus, vielleicht bis hin nach China, einnehmen 409. Sie setzen sich mit Genehmigung des Khans der Tartaren an verschiedenen Punkten der Küste fest und begründen neben anderen vor allem eine Niederlassung in Caffa, dem antiken Theodosia, auf der Krim : »Les colonies de Crimee completa ient le cercle des etablissements qui transformaient la mer Noire en lac genois, . . . tout au mOllls au POlllt d e vue commerClaI . « 41 0 1288/90 weiß Venedig die Spannungen zwischen den Khanen der Goldenen Horde und Persiens um das Kaukasusgebiet, in denen Genua den Ilkhan auf dem Schwarzen Meer militärisch unterstützt 411, auszunutzen, um die Billigung des Kiptschak-Khans für eine eigene Ansiedlung zu gewinnen. Doch die veneziani schen Konkurrenzgründungen auf der Krim erreichen Caffa nie - für Ibn Battuta um 1332/33 einer der größten und bedeutendsten Häfen der Welt 4 12 - , und auch 407 Zu Vened ig im Sc hwarzen Meer NYSTAZOPOULOU, Venise; zu Genua d ie Werke BRATIANUS und BALARDS. - Vor al lem d ie Katal anen h ab en ne b en den Italienern Interessen (unten S. 182/3); wahrsch einl ich Hand el od er Handel spoliti k im Sch warzmeerraum betrei bt Arnaldus Mannarius, avis et mercator Massiliensis, der auf seiner Reise zum Kaiser von Trapezunt und zum König der Tartaren (Persien oder Gold ene Hord e?) 1266 einen Geleitb rief Kar ls v. Anjou erhäl t (Reg. Cancell eria Bd . 1 S. 32). 408 BRATIANU, Rech erch es, 159. 409 BALARD, Genois en Asie; M. LOMBARD, Caffa et la fin de la route mongol e, in: Annal es E. S. C. 1949, 100/3. Pegol otti gibt als Florentiner in seinem Handb uch auf d er ganzen Asienroute genuesisc he Gewichte an (HEERS, Genes, 366) und ist sich er verl äßl ic h, denn sein Buch so ll praktisch en Nutzen haben; allerdings berich tet d er zypriotische Kreuzzugsgutachter Philippe d e Mezieres gegen Ende 14.Jh ., im ganzen Orient werde ausschließlich venezianisch es Geld genommen (Sange 11 S. 371). Das Manual e Tarifa zoe naticia (wie N. 464) nennt für Caffa und Tana genues ische Maß e, vergl eich t in Tabris auc h un d in Trapezunt ausschließl ich d ie ein heimischen mit d en venezianischen Maßen (S. 18/9, 49/50). 410 BRATIANU, Rech erch es, 197. - Caffa: Ein Vertrag mit d em mongolisch en Herrsch er, den es gegeben ha ben d ürfte, ist nicht erhalten. Zu d en möglic h en Entwickl ungen ebd . 197 ff. Ersterwähnung Caffas in Akten aus Pera 1281, erste erhaltene Notariatsakten aus Caffa 1289/90; Giorgio Stell a kann für seine genuesisch en Annalen schon um 1400 nicht meh r h erausfinden, wann genau Caffa genuesisch wurde: Sp. l095. BALARD, Romanie, 114/18, 199-215; E. SKRZINSKAJA, Le col onie genovesi in Crimea. Teod osia (Caffa), in: L'Europa orient. 14 (1934) 1 13-1 5 1 . - Caffas Bestand an Gebäud en vor 1308 aufgefü hrt im Offiaum Gazarie 1316 (co!. 407). G. G. Musso, II tramonto di Caffa genovese, in: Misc. di Storia l igure in Memoria d i G. Falco, Genua 1966, 313-339. 411 BRATIANU, Rec herches, doc. 298 S. 271/2 u. S. 257; DERS., Venitiens, 12 mit N.2; o ben S. 34. Vened ig hiel t sich in d er Gold enen Horde die Optionen offen: mit den Kh anen und auch mit d em starken Fürsten Noqai stand man in Kontakt: Camill o MANFRONI, Storia d ell a marinara italiana d al trattato d i Ninfeo aHa cad uta d i Constantinopo li, B d . I, Livorno 1902, 192/3. 412 Travels, üb ers. GlBB, 11 S . 471. - Die Bedeutung Genuas für den Handel mit dem mongolisc hen Persien wird dadurch verdeutl icht, d aß Ras hid ad -Din Genua al s zentral en Ausgangspunkt der abendländischen Kaufleute in die Levante bezeich net (so KEDAR, Merchants, 11).
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abgesehen von dieser Stadt ist Genuas Position übermächtig. Sie kann nicht einmal ernsthaft gefährdet werden, als Caffa im wieder aufgeflammten Krieg zwischen den Seestädten von 1296 bis zum Frieden 1299 Venedig in die Hände fällt 413 . Erst nachdem Venedig in die Mündung des Don nach Tana ausgewichen ist, das - obgleich dort Genuesen und Venezianer gemeinsam siedeln - von den abendländischen Zeitgenossen meist als venezianische Stadt betrachtet wird, hat auch die Serenissima einen wirklich wichtigen Stützpunkt im Kiptschak erreicht. Im Bereich von Tana, das nach dem Don ( Tanais) benannt ist, hat es sicher schon im 13. Jahrhundert mehr oder weniger feste Niederlassungen genuesischer . und venezianischer Händlern gegeben 414, doch 1333 betreibt Venedig die rechtli che Konstituierung einer Kolonie mit Konsularverfassung und allen notwendigen Institutionen durch vertragliche Absicherung mit Özbeg415• Gewisse Kautelen in den Bestimmungen zeigen, daß eine Ansiedlung größeren Umfangs erst im Entstehen ist : Falls in der Stadt nicht genügend Adelige als Räte für den Konsul zu finden sein sollten, so soll er sein Regiment unter bestimmten Bedingungen allein durchführen 416. Auch das venezianische Bürgerrecht darf der Konsul bei Einwohnermangel verleihen, jedoch nur an Personen, die nach Herkunft und Sprache Lateiner sind 417. Offenbar siedelten auch Angehörige anderer Völker in Tana: Griechen, Armenier, Juden und andere sind immer wieder belegt. Auch nomadische Mongolen verkehren sicher regelmäßig in den italienischen Nieder lassungen, denn 1356 vereinbaren Venezianer und Tartaren für eine andere Stadt gemeinsame Gerichtsbarkeit, notwendig beim häufigen Zusammentreffen, und verschiedene Namen und Begriffe in den Akten der Massaria (Finanzbehörde) von Caffa weisen auf Tartaren (nacionis tartarorum), die sich offenbar angesiedelt haben 4 18. 413 Zu den Ereignissen dieses Handels krieges BRATIANU, Recherehes, 250 ff. 414 Für 1269 venezianischer Tanahandel : BRATIANU, Venitiens, 15 (34: frühere Be l ege). Besitzvertei lung an der Schwarzmeerküste in der Chronik des Daniele di Chinazzo (t 1428) S. 210. 415 Ed. DVL I Nr. 125, S. 243. Institutionen : ed. BRATIANU, Venitiens, 50-55 ( DVL I, Nr. 128 S. 249/53). Zur Geschichte Tanas E. SKRZINSKAJA, Storia della Tana, in: StVen 10 (1968) 3-46; M. BERINDEI/G. VEINSTEIN, La Tana-Azaq de l a presence italienne a I'emprise ottomane (fin XIIIe -milieu XVIe siede), in: Turcica 8,2 (1976) 110-201; üb er die Beziehungen Venedigs zu den Tartaren der Goldenen Horde vor der Gründung Tanas: Indices der Senatsakten (1293-1331, ed. GIOMO, mehr ist nicht erhalten). - Über den Betrie b im Tana der 1340er Jahre: Briefe an den Kaufmann Pignol Zucchello. 416 Ed. BRATIANU, Venitiens, 51. Der erste Namensb eleg stammt aus dem Jahre 1269, ebd. 15. Doch offenbar wuchs die Stadt rasch : 1342 THIRIET (Ed.), Reg.nr. 141, I S. 49. Groß e genuesische Familien in Caffa : Grab stein des Jacopo Cornaro (Corner), Konsu l v. Caffa, t 1362, ed. u. Rekonstruktion der historischen Zusammenhänge E. SKRZINSKAJA, Un am b asciatore veneziano all 'Orda d'Oro (analisi dell 'epitafio di Jacopo Cornaro - Tana, 1362), in: StVen 16 ( 1974) 67-96. 417 Ed. BRATIANU, Venitiens, 53. David JACOBY, Les Venitiens naturalises d ans I'Empire byzantin : un aspect de I'expansion de Venise en Romanie du XIIIe au mi l ieu du XVe siede, in: DERS., Studies on the Crusader States and on Venetian Expansion, London 1989 Nr. IX, 233-235, bes. N. 133. 418 Gericht: ed. GOLUBOVICH II S. 197. Massaria nach G. G. Musso, Note d'archivio sulla Massaria di Caffa, in: Sr. Genuensi 5 (1964/5) 62-98, hier 90, mehr 79ff. S. 83 : ev. ein Mongo le, jedenfall s ein Fremder Edilbey ferranus fillius (sie!) Colaffi factor bombardarum. Dazu DERS., G l i orientali nei =
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Für Caffa sind Einrichtungen der Kolonialverwaltung schon früher belegt, aber auch hier lange nach der ersten Ansiedlung von Italienern. Nachdem die Stadt nach der oben erwähnten Rückgabe 1299 durch Venedig 1308 in die Hände des feindlichen Khans Tohtu der Goldenen Horde gefallen ist419, entsteht ein umfang reiches genuesisches Statut mit Sicherungsmaßnahmen, das Officium Gazarie vom 30. August 1316420• Von ihrem rechtlichen Status her gehört die Kolonie Caffa, jedenfalls nach Meinung der Venezianer 1344 und Papst Urbans V. 1364 (und sicherlich auch des mongolischen Khans), wie auch andere Händleransiedlungen zum Reich der Tartaren, auf dessen Boden sie liegt, und ist Genua nur unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung gestellt worden. Denn Caffa leiste genau wie Tana eine dreiprozentige Abgabe auf die Handelsgewinne (comerclum) an den Khan, dessen Vertreter in der Stadt über alle Einwohner mit Ausnahme der genuesischen zu Gericht säßen 421 . Zudem zeige sich die iurisdictio der Tartaren über Caffa darin, daß »die Münze dieser Tartaren umläuft und . . . sich ihr Banner über den Mauern der Stadt Caffa erhebt« 422 . Die Genuesen hingegen steuern zum Ärger der Venezianer 1344 Caffa an, obgleich beide Städte ein gemeinsames HandeIsem bargo gegen das Reich des Dschani Beg vereinbart haben: in den Augen Genuas besitzt seine Kolonie einen exterritorialen Sonderstatus. Die venezianischen Niederlassungen rund um das Mittelmeer sind der Mutterstadt wesentlich enger verbunden als die Genuas, das seinen Kolonien weitgehende Selbstverwaltung gewährt. Diese grundsätzliche strukturelle Ver schiedenheit der beiden Kolonialreiche hat dazu geführt, daß sich die genuesi schen Kolonien trotz aller Krisen, von denen die Stadt Genua selbst im späten Mittelalter geschüttelt wurde, halten konnte. In Zeiten des Niederganges der Mutterstadt, so beschreibt Silberschmidt treffend die Zustände, liegt das Zentrum des Reiches eben in Pera oder Caffa, weil die Genuesen im Orient selbst Wurzeln geschlagen haben 423 . Weil Caffa das Zentrum ihres Lebens ist und nicht der Außenposten eines großen Reiches, und weil sie sich inmitten der fremden Tartarenhorden zuhause notai genovesi d i Caffa, in: Ricerche di Archivio e stud i storici in onOfe d i G. Costamagna, Rom 1974, 97-110 u. in : Archivi e cu ltura 7 (1973) S. 97-110, und M. BALARD, »Infidel es« ou Comans ? A propos des »sarraceni« d e Caffa, in: Storia dei Genovesi VIII, 9-16. 419 Die Geschehnisse ausführlich: ]acopo d a Varagine, Cont. Chr. I S. 479ff. Pro bleme mit der Gol denen Hord e gib t es spätestens, seit Genua den Feind aus dem Ilkhanat unterstützt hatte (wie S. 34). 420 E d . MHP 2,1, d azu BRATIANU, Recherches, 197 ff. Im 1 5 . ]h. erneut ein Statutum Caphe. 421 Venezian. Boten in Caffa, ed . MOROZZO DELLA RoccA (E d .), Notizie, 291. Zur Ab gab e unten S. 168. 422 So Papst Urb an V. 1364 zur Behebung offen bar weiterhin existierend er Zweifel (CICO XI S. 113/18). - Die genuesischen Kolonien sch l agen sel bst Münzen, aber nach d em Fu ß der mongoli schen, Z . B. d en aspre bancat (nach Berke) mit arabischer Umschrift und Khanssiegel auf d em Revers, auf d em Avers Z. B. Caffa mit Stad tbild : BALARD, Romanie, 558/68, und vor allem, mit Abb ild ungen, G. LUNARDI, Le monete delle colonie genovesi, Genua 1980 (Atti Ligure ns. 20,1=94,1); auch Rol and BONAPARTE (Ed .), Documents de l'epoque mongo le d es XlIIe et XIVe siecles, Paris 1895. 423 SILBERSCHMIDT, Orientalisches Pro blem, wie N. 585, 121/2.
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zu fühlen lernen, entwickeln die Caffenser ein ganz eigentümliches Lebensgefühl : Caffa, berühmter Hafen am skythischen Strande gegründet, sei, so lobt 142 1 der Caffenser Humanist Alberto Alfieri, allen eine sichere Zuflucht (tutum refugium), auch den einander bekämpfenden Kaisern der Skythen (= Tartaren), vor allem aber der höchste Schutz (tutamen) der Christenheit. Man möge diesen Ort, an dem verschiedenste Sprachen und Völker zusammenströmen, in der Not nicht der Vergessenheit anheimfallen lassen! 42 4 Den Ruf, ein Hort der Christenheit und die letzte Zuflucht (refugium singuLare) der Christen unter all den feindseligen, heidnischen Tartaren zu sein, genießt die Stadt schon im 14. Jahrhundert auch im . Westen, sie wird mehr als Tana oder andere Ansiedlungen zum Symbol 425 • Doch während diese Auffassung nur die Einsamkeit am Rande der Heidenwelt betont, hat die Stadt für den im Osten lebenden Alfieri durch ihre Lage ebensosehr die Bedeutung eines kulturellen Schnittpunktes 426• Dieses Lebensgefühl beruht nicht zuletzt auf der außerordentlichen Fähigkeit der Kaufleute, sich in ihre Umgebung einzufügen, die ihnen auch manche Schwierig keiten der Missionare erspart 427. Sie sind überall gern gesehen und reisen im Zweifelsfall sicherer als Mönche, denn ihr Verhalten können die Mongolen viel eher verstehen 428. Die beiden Brüder Polo kommen bei Berke Khan zu hoher Ehre, weil sie ihm Juwelen schenken - er beschenkt sie daraufhin doppelt so reich -, während die Khane nicht begreifen können, daß Rubruk mit leeren Händen vor sie hintritt429• Die für den Handelsverkehr notwendigen Sprachkenntnisse, die sehr viel geringer sind als die für eine Predigt, eignen sie sich wohl meist rasch an. Die Polos sprechen, als sie nach jahrelangem Herumziehen im tartarischen Reich nach Khan Baliq gelangen, die Sprache der Tartaren, La tartaresce, gut; bei fehlenden Sprachkenntnisse finden sich für den Handelsbetrieb leicht fähige Dolmetscher 430 .
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424 Ogdoas S. 3 14/17; zu Alfieris Identifikation von Tartaren und Skyth en unten S. 225. Mit bemerkenswertem Selbst bewuß tsein der immer noch mäch tigen Stadt prop hezeit A., es werde die Zeit kommen, da der Khan der Tartaren vom Dogen v. Genua bestimmt werde (S. 310). Pero Tafur schlie ßt um 1450 auf die Gefühle der Tartaren angesic hts Caffas: sie hatten den Genuesen einst Lizenz erteilt, dort zu wohnen, doch nich t gegl au bt, daß so viele kommen würden (S. 160). 425 1345 bittet C lemens VI. durc h Boten den Daup hin Hum bert v. Vienne, der gerade gegen die Türken zieh t, auc h das b edrängte Caffa zu befreien : Reg. Clem. VI. Fr II Nr. 2216 (äh nl ic h an Genua Reg. Clem. VI. autre Fr I Nr. 847). Papst Pius 11. 1459 (THEINER VMP II S. 118). Um 1400: est in maximum auxilium et favorem Christianorum, Joh . v. Sultaniya, Libellu> S. 107. - Caffa ist Ort diverser Mönchs konvente u. auch Bistum: wie S. 134. - Auch die Bürger von Tana fügen sic h in die Umgebung (unten S. 1 70/1), doch Caffa eignet sich vor allem wegen seines Sym bolcharakters als Beispie l. 426 Auch der im Orient le bende Joh. (wie N. 425) b etont die viel en Völker und Sprac h en. 427 Heimatgefühle bei Missionaren oben S. 148. 428 Zu Beginn der 1230er Jahre reist ein Dominikaner auf dem Weg ins Ural ge biet verkl eidet als Kaufmann: sub nomine mercatoris (Riccardus 1,8 S. 152); zu dem Unternehmen ob en S. 26/7. 429 Marco Po lo c. III(3) S. 4 (5); Ru bru k 1lI,1 S. 188, auch XV,5 S. 202 . 430 C. VII(6) S. 6 (8). Marco lernte die Sprache : c. XVI(15) S. 1 0 (14), dagegen die Erk enntnis des Missionars Rico ld v. Montecroce, oben S. 142. - Der venezianisc h e Konsul in Tana h atte einen festangestellten Dolmetsc her: Bestimmungen 1333, ed. BRATIANU, Venitiens, 51, e benso der von Caffa
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Die Mongolen - hier die persischen - können manchen Genuesen bis etwa 1300 so vertraut werden oder in so engem Kontakt mit ihnen stehen, daß diese ihren Söhnen die (italianisierten) Namen von Ilkhanen geben: vor allem in der Familie Doria heißt man mit Vornamen Alaone (Hülägü, lat. Halaon), Cassano (Ghazan), Abaga (Abaqa), bei den Ghisolfi Alaono und Argonus (Arghun) 43I. »Wegen der Verbrüderung und Verbindung (jraternitatem et coniunctionem), die die Bürger von Caffa oder ein Teil von ihnen haben und aufnehmen mit dem Kaiser der Tartaren und seinen Untertanen und Baronen erleiden diese Stadt Caffa und die Stadt Genua großen Schaden und Nachteil, vor allem, weil den Tartaren durch diese Bürger Geheimnisse verraten werden.« 432 Auch in der immer angespannteren Situation der Stadt im 15. Jahrhundert pflegen manche Caffenser offenbar ohne Rücksicht auf das Wohl ihrer Stadt enge Kontakte zu den Tartaren, so daß sich der Doge von Genua 1449 gezwungen sieht, allzu große Vertraulichkeiten zu unterbinden. Kein Bürger Caffas wage es deshalb in Zukunft, sich bestechen zu lassen, »einen solchen Tartaren« (talem Tartarum) in seinem Haus zu beherbergen 433 oder mit einem Gesandten des Khans Gespräche zu führen. Ganz anders reagiert dagegen in dieser Zeit der katholische Bischof von Caffa auf die Fremden und muß angehalten werden, die Vorsteher anderer Gruppen (Statutum Caphe c. xv S. 608/9). Aber Emmanuele Piloti traf 1404 in Alexandria einen Venezianer, der so lange bei den Tartaren gelebt hatte, d aß er die Sprache beherrschte (S. 188). Der sog. Codex Cumanicus (N. 327) steht nach Meinung BRATIANUS (Recherches, 231) im Zusammenhang mit der
Tätigkeit genuesischer Kau fleute. Pegolotti unten S. 164 ff . - Auch die Schrift beherrscht man: 1410 hat der Konsul v. Caffa einen scriptor litterarum ugarescharum (uighurisch): BALARD, Infideles, wie N. 418, 1 1 ; im Statutum Caphe (c. XVI S. 609) nur griechisch un d sarazenisch (die Tartaren werden z. T. arabisch geschrieben haben: Münzumschri ften ob en N. 422). 431 In Klammern stehen die mongolischen Namen; die ital ienischen Fonnen entsprechen denen erzähl ender oder dip l omatischer Quellen. Namen : Cesare IMPERIALE DI SAN T A NGELO Jacopo D'Oria e i suoi annal i. Storia di un'aristocrazia italiana nel duecento, Venedig 1930, geneal ogische Tafel im Anhang; Casanus de Auria mit Argonus Malonus: Jacopo da Varagine, Cont. Cron. I S. 484; Argonus de Guisulphis 1317, ed. in: AttiLigure 3 (1 864) C : Sohn des Buscarello, der mehrfach Bote Arghuns war, unten Anhang I ; Alaono Ghisolfi 1344 in Caffa (dort auch ein Cassanus Cigalla), ed. BALBI, Atti Nr. 10 und 47 S. 32/3 bzw. 93/4; Alaonus de Vivaldis 1386 in Caffa, Musso, Note, wie N. 4 18, 86; Tealdo Cazzano di Portovenere in BRATIANU, Actes, 320. Andere Orientalia: die Doria heiß en Assano (Hassan) und Aitone (Haython); Bratianu nennt einen Saladino und einen Soldano (S. 203, 237, 343). - Famil iennamen wie Suriano (in Venedig) können Kaufl euten, die hauptsächlich im Orient l eb en, beigel egt werden. Der Name Tartaro hat offenbar nichts mit den Mongol en zu tun, denn er ist spätestens Anf. 13.Jh. belegt; R. S. LoPEZ, Concerning Surnames and Pl aces of Origin, in : MH 8 (1954) 6-16. Schiffs namen z. B. lignus qui Tarterinus vocabatur: Ann. Genues. d. Jaco bus Auria (Doria) Ann. Genovesi V, S. 47; G. BALBI, I nomi di nave a Genova nei secol i XII e XIII, in: Mise. di Storia Ligure in memoria di G. Fal co, Genua 1966, 65-86. 432 Statutum Caphe c. XLVII S. 636/7. Gemeint sein dürften genuesische Büger; die Rechtsstellung der Angehörigen an derer Nationen oben S. 158. Ein Fall von Verrat 1455 unten N. 492. 1475 soll Caffa d urch Verrat in die Hände der Türken gefall en sein, so z. B. Jako b Unrest, Österreichische Chr. ed. K. GROSSM....NN, Weimar 1957 (MGH SS ns. 1 1 ) S. 49. 433 Das tun in der gleichen Zeit auch Bürger VOn Tana: Barbaro unten S. 170/1. ,
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besonders Griechen, Armenier und Juden - nicht weiterhin zu malträtieren 434. Die Kaufleute aber haben, anders als die Missionare und auch viele Fürsten, selten Skrupel wegen der unterschiedlichen Religion ihrer Handelspartner; sie sind sicher überzeugte Christen, aber sie ziehen nicht in die Welt, um zu missionieren, sondern um Gewinn zu machen (por gaagner et por fer leur profit435), was ihnen heftige Kritik und Anfeindungen im christlichen Lager einbringt. Aus reiner Gewinnsucht (propter lucrum) verkauften, so heißt es, die Händler tartarische und andere Sklaven als vorzügliche Soldaten an die Ägypter, die selbst zu verweichlicht seien zum Kämpfen 436. Katalanen, Pisaner, Venezianer und vor allem Genuesen, diese »Die. ner der Hölle, falsche Christen« (ministri infemi, falsi christianz), versorgen Ägyp ten auch mit allen anderen kriegsnotwendigen Materialien 437. Die hier zitierten Beschuldigungen beziehen sich allerdings auf den Handel mit Ägypten, und die Kaufleute entwickeln ihre Fähigkeiten im Umgang mit Fremden keineswegs nur gegenüber den Mongolen. Gerade am Beispiel der letzteren aber läßt sich das von italienischer Seite mögliche, unkomplizierte Verhältnis besonders gut beobachten. Denn einerseits lassen die Sarazenen nie mals eine so intensive Ansiedlungspolitik der Italiener zu 438. Zwar entstehen Händlerkolonien zum Beispiel in Alexandria, aber immer innerhalb einer in erster Linie muslimischen Stadt - was im mongolischen Herrschaftsgebiet nur dort möglich ist, wo vorhandene Stadtkulturen erobert wurden 439 -, nicht aber im Gebiet der Goldenen Horde, wo die Italiener am längsten tätig sind. Zudem sind die christlichen Händler seitens der muslimischen Bevölkerung oft Anfeindungen ausgesetzt; auch dazu neigen die Mongolen selten oder erst allmählich 440. Andererseits untersagt die Kirche unter strengster Strafandrohung jegliche Verhandlung kriegswichtiger Güter nach Ägypten 441. Die Verbote werden zwar
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434 Statutum Caphe c. XL S. 630/1. 435 Marco Polo c. II(2) S. 4 (5): desha lb brechen die beiden Pol os um 1250 von Konstantinopel auf, um die Wel t zu erkunden. Kaufleute sind ü berall willk ommen: ob en S. 12, N. 15. 436 Ramon Lu ll , De fine S. 281; Wilhelm Adam S. 523/4. 437 Wilh. Adam S. 523. Klage ü b er die Genuesen auch beim Kreuzzugswer ber Phi lippe de Mezieres, Sange I S. 296, 298; vgl. S. SCHEIN, From »milites christi« to »mali christiani«. The Italian Communes in Western Historical Literature, in : Gabrielle AIRALDI/Benjamin Z. KEDAR (Edd.), I comuni ita liani ne l regno crociato di gerusal emme, Genua 1986, 679-689. Die Kaufleute lie ßen sich vom Kreuzfahrer ethos ungern die Geschäfte verder ben: nach BRATIANUS Einl eitung zum Kreuzzugsp lan Karls v. Anjou hatten vor allem die Genuesen um 1291 (Fall d er letzten Festlandsb astionen im Hei ligen Land) beste Beziehungen zu Ägypten. - Der armenische König sol l allerdings gegen Ende 14.Jh. im Westen betont ha ben, daß , gäbe es nicht die Seeherrschaft der Genuesen - die all erdings mit Heiden Handel trie ben -, die Ungl äu b igen l ängst in Neape l , Rom . . . wären (nach Froissart XI S. 230/3 1). Gill es le Bouvier S. 79. 438 Andere al s mus l im ische Mächte stehen im Vergl eich zu den Mongo l en nicht zur Deb atte, weil and ere nicht in Gebieten mächtige Herren sind, wo sich Italiener niederlassen. 439 Z. B. Tabris, o ben S. 154/5. 440 Vgl . S. 133 mit N. 290. 441 3. Laterankonzil 1179: X.5.6.6, oft wiederholt: z. B. Ni kolaus IV. (Reg. I1 6784/88), Bonifaz VIII. (Reg. 1 1591, 1654), Benedikt XI. (DVL 1,9/10 S. 1912 1). - I n Kriegszeiten ü berhaupt alle Güter: X.5.6.12. Dazu Eliyahu ASHTOR, Levant Trade in the Later Middle Ages, Princeton 1983.
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umgangen, das beweisen die zitierten Beschimpfungen ebenso wie die immer wieder notwendige Wiederholung des Verbots durch die Päpste. Aber sie stören doch, denn zum Beispiel die Venezianer bemühen sich oft um Ausnahmegeneh migungen442 • Dem Handel mit den Tartaren aber steht nichts im Wege, nicht einmal sarazenische Gebiete, die auf dem Weg zu überwinden sind, hindern daran. Papst Johannes XXII. erteilt dazu 1326 den Genuesen eine generelle Genehmigung mit allen Kautelen. Da sie den Papst haben überzeugen können, daß sie Gefahr liefen, ihre Existenzgrundlage zu verlieren, erlaubt er ihnen, Gebiete, die dem Sultan von Babilonia untergeben seien, zu durchqueren, um sich mit ihren Waren »zu den Tartaren, Persern, Indern und anderen Völkern zu begeben, mit denen den Christen nicht verboten ist, Handelsverkehr zu haben« 443. Es ist fraglich, ob Johannes genügend Überblick hat, um die Tragweite dieser Entscheidung zu erkennen, denn die grundsätzliche Handelsgenehmigung ist nicht auf bestimmte Tartaren beschränkt444• Damit hat sich die Pragmatik der Kaufleute und wahrscheinlich auch der gute Ruf der I1khane durchgesetzt und die Genuesen haben ein Privileg in der Hand, das ihnen letztlich gestattet, mit der Goldenen Horde, auch wenn diese mit Ägypten im Bunde steht, Handel zu treiben. Unabhängig von möglichen Verboten haben Händler und Missionare im Tarta renland von Anfang an eng zusammengearbeitet. Landsleute oder zumindest Menschen aus dem gleichen Kulturkreis pflegen sich in der Fremde zusammenzu finden, und so sind es sehr häufig die Kaufmannsansiedlungen, in denen sich die Missionare, wohl aktiv von den Händlern unterstützt, niederlassen 445. Das enge Zusammenleben kann sogar einmal einen Kaufmann, wie 1339 in Zentralasien den
442 Z. B. DVL I, 144 S. 277f., HEYD, Histoire 11, 42, 44; d ie Venezianer verstehen d as Verbot so, d aß alle Waren erl aub t seien, die nicht aus drücklich verb oten sind : RegLC 1,166 S. 38 (1304); Kl ärungen durc h Joh . XXII. Libri Comm. II, 465 S. 272 (1326) usw. - Der Sultan lasse sich immer wieder Tartaren aus Caffa, einer Stad t der Genuesen, kommen, berichtet der Venezianer Emmanuel e Pil oti 1420 (S. 53/4, auch 143): er versc hweigt d en l ukrativen, a ber unfeinen S klavenhan del auch Tanas (d azu VERLINDEN, Col anie). 443 ASV. Reg. Vat.t. 80, ep. 890 A unten Anh ang 11. 444 Sollte dieser schlaue Papst tatsächlich nicht Beschei d gewu ßt haben, od er handelt er nicht eher politisch ? Die ab en dl än dischen Fürsten wissen i. A. von Unterschieden zwischen d en Tartaren, von der Isl amisierung Persiens und d er Goldenen Horde und vom Bünd nis der letzteren mit Ägypten (oben S. 33 ff. b zw. 89ff.). Zu Joh.' Takti k beim Heid en bünd nis unten S. 173. - Die Italiener, vor allem die Genuesen, mischen sich auch in die Streitigkeiten zwischen den Mongolenreichen : o b en S. 34. Schiffsdienst, wie er von genuesisc hen Schiffen für Arg hun geleistet wird , ist für die Sarazenen eb enfalls streng ver boten (X.5.6.6). 445 Nachrichten zum Zusammenspiel besond ers von Genuesen und Dominikanern hat LOENERTZ zusammengetragen (I-IH). Joh . v. Marignoll i rechnet zu den Nied er lassungen d er Franzis kaner in d er chinesischen Stadt Zayton um 1340 auc h ein Hand els kontor und ein depositorium, nicht ausd rüc klich, aber doc h wahrscheinlich , abend ländischer Händler (S. 536). Das war auch schon frü her so; für die gleiche Zeit und eine and ere Gegend S. ROWELL, Pagans, Peace and the Pope 1322-1324: Lithuania in the Centre of European Dip lomacy, in: AHP 28 ( 1990) 0-98, hier 81 mit N. 108. =
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Gulielmus de Mutina, unter die Opfer eines Martyriums geraten lassen 446. Der »Niederrheinische Orientbericht« und Johannes von Hildesheim gehen geradezu von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen Kaufmannsansiedlung und der Ankunft von Missionaren aus, wobei sie möglicherweise Einzelnachrichten ver allgemeinern447• Der Herr der Tartaren, der Kaiser von Cathagie, fördere die abendländischen Missionare, die neuerdings in seinem Land wirkten : »Denn die reichen Kaufleute aus der Lombardei und aus anderen Gegenden, die sich dort aufhalten und oft hinkommen, ziehen die Orden in jene Länder und gründen für sie mit Hilfe anderer Kaufleute Klöster . . . « 448 Tatsächlich hat der magnus mercator Petrus de Lucalongo um 1305 für Johannes von Monte Corvino in Khan Baliq ein Grundstück in der Nähe des Khanspalastes gekauft, damit der Missionar eine Kirche darauf bauen kann 449. Auf ihren Reisen gewinnen die Kaufleute sehr viele Kenntnisse über die geographischen Gegebenheiten und die Lebensverhältnisse und stellen sie vielfach Missionaren und darüber hinaus allen interessierten Abendländern zur Verfü gung450• Vor allem Händler bringen Nachrichten aus dem Orient und sind neben Mönchen bevorzugte Spione oder Gesandte orientalischer wie abendländischer Fürsten 451 . In erster Linie profitieren aber neben den Händlern selbst die Missio nare vom Kaufmannswissen. Venezianische Kaufleute expedieren den ersten Brief 446 Bericht 5. 5 1 1 . Man ist aufeinander angewiesen, auch in sc hwierigen Fällen: in Tabris h alten 1334 die genuesischen Kaufl eute d ie Franziskaner für so h äretisch , d aß sie bei ih nen nich t d ie Messe h ören woll en : GOLUBOVICH III, 443 (442 ff.). 447 Um 1350, 5. 56 bzw. 1364/8 5. 299/300 (A bh ängigkeit? Beid e berichten aus zweiter Hand ). Zusammenarbeit auc h : Mönche a ls Boten d er Kaufleute (MoRozzo DELLA ROCCA, Notizie, 278). Die Memoires Joh .' v. Sultaniyah (5. 459/60) sind ausdrücklich auch für Kaufleute gedacht, die Timur sehr willkommen wären. 448 5. 299/300. Vom Geld d er Kaufleute soll en auc h die Kin d er ge kauft werden, die d ie Missionare d ann erzie h en : o ben S. 140/1. Ein genuesischer Kaufmann h at in In dien einen Knaben Piraten abgekauft und taufen lassen (Marignolli nach 1340 5. 547). Auch o hne Kenntnis d er d amaligen Pekinger Grundstüc kspreise ist 449 Epist. III, c 2 5. 352/3. anzune hmen, d aß d afür ein sehr ordentlic her Gewinn aus d em Handel gesc häft und gute Beziehungen notwend ig waren. 450 Als Geheimwissen (o ben S. 152) sind vor allem die unmittelb aren Hand el skenntnisse zu b etrach ten. Sto lz auf die Kenntnisse: Zitat Barbaro unten 5. 287. Sprech end ist der Fall d es venezianisch en Kaufmanns Francesco Suriano, 2. H. 15.Jh ., d er mit 25 Jah ren in den Franzis kanerorden eintrat un d Orientmissionar wur de. 45 1 Informanten: Kaufleute bringen Ludwig d em Hei ligen d ie Nac hricht von der Ero berung Bagd ads Uean d e Joinville 5. 320); öfters in d en Gestes des Chiprois c. 608, 656, 697 ed . RAYNAUD S. 301, 315, 33 1; SCHÄFER III, Dez. 9 1365/66. Pierre Du bois (nach 1300) verd ankte viel e Informatio nen Kaufl euten: De recup. c. 69 5. 159. Eine Gesch ichte in Boccaccios Decamerone spiel t in Cath ay; Kaufleute sind die Gewäh rsmänner dafür: X,3 5. 848-855; vgl . Hermann v. Sach senh eim, Märin vv. 561/2. - Spione : d ie Könige v. Zypern müssen nac h Ph ilippe de Mezieres im 14.Jh. Kaufl eute gezielt al s Spione eingesetzt h a ben: Epistre S. 508. Offen bar eine wichtige Position als Gesand ter des I1khans h atte d er Genuese Buscarello dei G hisolfi erreic ht, d er auch Stimmung für die Tartaren zu machen verstand : Do kumente ed . CHABOT, Notes, 610-617. 1336 war And al<> d i Savignone Gesand ter des Großkh ans zum Papst: d azu LOPEZ, Nuove l uci, wie N. 403, 339/4 1. Ein Genuese, d och wohl ein Kaufmann, mach te auf d em Weg von Özbeg nach Avignon 1340 in Genua Station (BALARD, GSnois en Asie, 684 mit N. 20). Zu den Kaufleuten als Gesand te P ETECH Marchands. -
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des Johannes von Monte Corvino aus China gen Westen452 • Schon 1253 erfährt Wilhelm von Rubruk von Kaufleuten unter anderem Genaueres über das Schwarze Meer, das Marco Polo um 1300 nicht mehr schildern will, weil so mancher Kaufmann schon da gewesen und es deshalb allgemein bekannt sei 453. Sogar das Kaspische Meer befahren genuesische Schiffe schon im 13. Jahrhun dert·5\ und die Kartographie profitiert stark von dem Bedarf an und dem Vorhandensein von geographischen Detailkenntnissen 455. Zwei der studia, durch deren Einrichtung der Missionstheoretiker Ramon Lull die Missionare auf ihre Aufgabe vorbereiten will, plant er in Genua und Venedig, weil die Bürger dieser heiden Städte »sich mehr unter Sarazenen und Tartaren bewegen als andere Leute« .56. Die Kaufleute also stellen den Mönchen Schutz und Hilfe, materiellen Hinter grund, ihre Kenntnisse und sicher auch ihre gute Beziehungen zu den örtlichen Herren zur Verfügung, und schließlich sind es auch die Wege der Kaufleute, die die Missionare gehen. Nach Caffa reist man als Missionar zu Anfang des 14. Jahrhunderts über das Meer »und in Gesellschaft venezianischer Kaufleute« m. Den Missionsbischöfen, die der Papst 1329/30 aussendet, empfiehlt er für den Weg in den Kaukasus, nach Tabris, Samarkand und sogar Indien eine Route über Tana und Sarai (Wolga) 458. Man nimmt offenbar einen großen Umweg in Kauf, um die bekannten und bekannt sicheren Pfade zu benutzen ; jenen Weg, den nach Ausweis des berühmten Kaufmannshandbuchs des Florentiners Francesco Bal duccio Pegolotti (um 1340) die Kaufleute gehen, um nach China zu gelangen.
452 So berichtet Elemosina, Chr. S. 132. 453 Rubruk 1,1 S. 165. Sie wissen schon vor R.' eigenen schlechten Erfahrungen (ob en S. 84), daß man bei den Tartaren sagen muß , man sei Bote (1,6 S. 168); sie können raten, wie man sich am b esten in der Steppe fortb ewegt und was man mitnehmen soll (1,8/9 S. 169), erzählen aber auch Schauerge schichten (1,12 S. I71). Polo: c. CCXX/CCXXI ed. BENEDElTO S. 234; nicht in jeder Version üb erliefert: ed. RONCHI S. 298/9 (aber S. 644). - Um 1323/4 erfährt Jordan v. Severac von Kaufleuten, daß der Weg von Indien nach Äthiopien offen sei (Epist. 2 S. 77). 454 Zum Kaspischen Meer: c. XXIII(22) S. 17 (26); J. RICHARD, Les navigations des occidentaux sur l 'Ocean Indien et la mer Caspienne (XIIe-XVe siecles), in: DERs., Orient, Nr. XXXI. 1441 dann Unternehmungen einer Flotte in burgundischen Diensten: Jehan de Wavrin III S. 1 5 1-159; H. TAPA REL, Un Episode de la politique orientale de Philippe le Bon: les Bourgignons en Mer Noire (1444-1446), in: Annales de Bourgogne 55 (1983) 5-29; J. PAVIOT, La piraterie b ourguignonne en Mer Noire 11 la moitie du XVe siede, in: Horizons, wie N. 403, 203-14. 455 Zur Entwicklung der Portulan-Kartographie unten S. 305; der Einfluß von Kau fmannswissen auf die Weltkarten 310/2. 456 Quomodo TS 1292, S. 103. Zu den tatsächlichen Möglichkeiten, in Caffa od. ä. die Sprache der Tartaren zu lernen, oben S. 14i. 457 B IHL/Mo U LE I S. (1 101) 1 1 . 458 Analyse GOLUBOVICH III S. 351. Auch Paschal v. Vittoria - der 1341 nach Zentralasien will und bei dem die Nordroute deshal b nicht verwundert - zieht ähnliche Wege wie die Kaufleute: c. 4 S. 503/04, aufgenommen in das offizielle Chr. XXIV Gen. (1 369/74) S. 53213.
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Von Tana aus beschreibt Pegolotti den Weg über Sarai und das Nordufer des Kaspischen Meers, weiter nördlich des Aralsees nach Otrar und über Almalyq 459 nach China. Man kann auch einen Umweg von fünf bis zehn Tagereisen an das Südende des Aralsees machen, wo man in Urgentsch hervorragende Handelsmög lichkeiten antrifft 460. Der Einfluß, den die Existenz des Mongolenreiches auf den Handel nimmt, wird hier besonders deutlich ; der Weg führt sehr weit im Norden über den Kontinent, meist nördlicher als jenes Straßennetz, das als Seidenstraße bekannt ist461• Das Handbuch des Pegolotti gehört in die Gattung der manuali della merca tura, die sich seit etwa 1300 in Italien für den Handel in der Art der auch für andere Bereiche entstehenden taeuini entwickeln und das gesamte Wissen zum Beispiel einer Kaufmannscompagnie enthalten 462 . Man findet Umrechnungstabel len von Maßen, Gewichten und Währungen für die verschiedenen, von Händlern erreichten Gegenden, Listen von Waren und Häfen. Die manuali, die erhalten geblieben sind, stammen meist aus dem 15. Jahrhundert und befinden sich, da sie benutzbar sein mußten, auf einem für diese Zeit aktuellen Stand. Das mag ein Grund dafür sein, daß sie neben dem Mittelmeerraum, Nordafrika und Europa fast immer auch Caffa und Tana, oftmals Tabris und seltener Sultaniyah berück sichtigen 463. Zumindest bis nach Sarai scheinen noch die Kaufleute zu reisen, für die die Schrift Tarifa zoe notieia dy pexi e mexure di luogi e tere ehe s'adovra mareadantia per el mondo, entstanden nach 1345, verfaßt wurde 464. Die Asien route aber erscheint nur bei Pegolotti und offenbar einem Vorgänger um 1315 465, die ihre Handbücher zum Zeitpunkt der weitesten Ausdehnung des Handels in
459 Der Ort des Martyriums von Pascha l v. Vittoria und seinen Gefährten, bei d em auch ein Kaufmann d as Leben ließ , vgl . S. 105, N. 157. 46U Dort end ete die Straß e, die von In dien ü ber die afghanischen Pässe und Samarkan d od er Buchara nach Nord en führte. 461 Vor allem im Westen weicht die eigentliche Seid enstraß e stark ab , l äuft von Bag d ad sü dlich d es Kaspischen Meeres ü ber Buchara und Samarkand zum Tarim becken (von dort aus liegt, obwohl sich die Wege einander immer mehr nähern, Almalyq noch etwa 400 km im Nord en). Hans W. HAUSSIG, Die Geschichte Zentral asiens und d er Seidenstraß e in is l amischer Zeit, Darmstadt 1988. 462 Pego l otti z. B. steht im Dienst d es Hauses der Bardi in Florenz, un d weit ü ber diesen Kreis d ürfte sein Han dbuch nicht ge drungen sein (o ben S. 152). - Besond ers ausführliches Verzeichnis in einer Samme lhan dschrift, d em Zibaldone de Canal; zu der Entwicklung, wie sie sich in Re konstru ktion darstellt, F. C. LANE, Manua li d i mercatura e prontuari d i informazioni pratiche, in: Zib ald one d a Canal : manoscritto mercantile d el secolo XIV, ed . A. STUSSI, Vened ig 1967, XLV-LVIII 463 Zusammenstellung: P. SPUFFORD, Spätmittel alterliche Kaufmannsnotiz bücher al s Quell e zur Bankengeschichte. Ein Proje ktbericht, in: Michael NORTH (Hg.), Kred it im spätmitte l al terlichen un d frühneuzeitlichen Europa, Köl nIWien 1991, 103-120. 464 S. 18/9, Dat. S. 4. Caffa taucht in diesem venezianisch geprägten Werk nicht auf, d afür ab er Gazaria (S. 20), neben Tana. Zu Gazaria unten S. 297. 465 BAUTIEI<., Rel ations, 312: Pegolottis Que lle oder auf eine gemeinsame Quell e mit ihm zurückge hend ? •
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der Hochzeit der Mongolenherrschaft verfaßt haben 466 - danach gerät der Weg nach China in Vergessenheit467• Pegolotti hält bei der Beschreibung des Weges nach Asien neben Details über Preise, Maße, Gewichte, Zölle, Waren, Transport- und Ausfuhrbedingungen einige über das Übliche hinausgehende Informationen und Verhaltensmaßregeln für nötig, denn zu fremd sind die Länder, Leute und Sitten, die der Kaufmann zu sehen bekommen wird 468. Wieder zeigt sich, wie glänzend informiert und anpas sungsfähig der Händler sein kann und sein muß. Einen großen Bart lasse man sich stehen und nehme ausreichende Vorräte an bestimmten Lebensmitteln, die es dort nicht gebe, sowie genügend Kapital für Einkäufe und die Ausgaben auf der Reise - die genannte Summe ist ein Erfahrungswert - mit469• Besonders beunruhigen konnte anscheinend die Notwendigkeit, in Cathay das Münzgeld gegen Papier scheine mit dem Siegel des Herrn umzutauschen, der alles Edelmetall in seinen Schatz einsammele. Man könne aber, so versichert Pegolotti und beruft sich damit wiederum auf Erfahrungen, alles, was man wolle, dafür kaufen, im gleichen Wert wie für richtiges Geld, und alle Leute müßten dort das Geld annehmen 470 . Gleich zu Beginn der Reise sollten sich die Kaufleute, so rät Pegolotti, mit einem guten Dolmetscher versehen und dabei ja nicht sparen, um großen Schaden von sich abzuwenden. Frauen - die die Dolmetscher wohl bei sich haben - sollte man höchstens mitnehmen, wenn sie sprachkundig seien, besser jedoch nicht. Einige tartarische Begriffe gibt das Handbuch zudem seinen Benutzern selbst mit auf den Weg. Während die Italiener bei Maßen und Gewichten mit ihren eigenen Begriffen auszukommen scheinen und nur den Umrechnungsfaktor benötigen, sollten sie die tartarischen Worte für Zoll (tamunga) und die Wächter der Straßen (tantaullo) kennen. Beide Ausdrücke, offenbar üblich in allen mongolischen Reichen einschließlich Trapezunt, betreffen die örtlichen Behörden und Bereiche, in denen die Kaufleute am regelmäßigsten mit diesen in Berührung kommen 471 •
466 Auch die Pegol otti-Hand schrift stammt (wie die d er Vorgängerschrift) allerd ings aus d em 15.Jh., könnte al so aktualisiert sein (BAUTIER, Re l ations, 3 12); d aß d ie Chinaroute, d ie aus d em 14.Jh. stammen muß , erhal ten bl ie b, könnte ein Gl ücksfall sein oder für Abschrift aus antiquarischen Interesse sprechen. Die Angaben über Persien scheinen d em frühen 14. Jh. anzugehören : b ei Pegol otti l iegt TorisilTab ris in Cataria, was EVANS sicher korrekt mit Tartaria identifiziert: S. 399. 467 Ein Abschrei b er hält es für notwend ig, d en Namen Cathay zu erläutern, und tut d as fal sch : Ghattaio in Schiavonia (BAUTIER Relations, 3 13). Joh. v. Sultaniyah meint um 1400, der Weg von Moskau nach Cathay sei nicht weit (Libellus S. 105). Zu sol chen Irrtümern unten S. 310/l . 468 Üb erall am Weg trifft man mocholi . . . eioe huomini d'arme tarteri: ed . BAUTIER, Rel ations, 315; Pegol otti S. 2 l . 469 S. 21/2. Zu d er Notwendigkeit des Bartes o ben S. 148. 470 S. 23 (u. 21); BAUTIER, Rel ations, 316; Joh. d e Cori S. 66/7. - Um 1326 kennen sich genuesische Kaufleute mit d em chinesischen Zah lungswesen gut genug aus, um den Wert d er Natural ien-Rente, die d er Khan d em Missionar Andreas v. Perugia zu kommen l äßt, schätzen zu können: Epist. c. 3 S. 375/6. - Al te Scheine könne man ohne Un kosten gegen neue eintauschen, d as entnimmt auch der .Nied errh. Oriemb er.« seinen Quellen, S. 10. 471 Umrechnung S. 25; Begriffe S. 15 und 19; all e Reiche 5. 15. ,
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KAUFLEUTE B E I D E N TARTAREN
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Schließlich versichert Pegolotti, die Wege seien, zumindest im Nordreich, sicher, es sei denn, der alte Khan sei gerade gestorben und es gebe noch keinen neuen 472 . Die große Sicherheit auf den Handelsrouten der mongolischen Reiche ist von Beginn an eine wichtige Voraussetzung für die vorteilhafte Entwicklung im Kaufmannsverkehr gewesen. Dieser Zustand, von modernen Forschern gerne in Anlehnung ans römische Reich mit »pax mongolica« bezeichnet, hält gebietsweise sehr lange an, auch als das Großreich zerfällt 473 Schon die Polos brechen bei ihrer ersten Reise um 1260 vor allem deshalb nach China auf, weil der Rückweg zwar durch einen Krieg zwischen dem Khan der Goldenen Horde und dem Ilkhan abgeschnitten, die Straße nach Osten aber frei ist . Es ist unsicher, wann die Gefahren der Überlandreisen für Kaufleute überhand nahmen, wann also keine Zentralgewalt mehr da war, die die Ordnung noch wahren konnte. Geht man davon aus, daß Pegolottis Pratica für den Gebrauch bestimmt ist, so dürfte ihre Angabe über das Nordreich 1340 noch nicht allzu sehr veraltet, dasselbe also noch bereisbar sein. Für den Vorderen Orient dagegen registriert der Florentiner beginnende Schwierigkeiten, die im Zuge des Zerfalls des Ilkhanats schon in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts aufkom men 474. Als die Venezianer um 1370 auf dringliche Aufforderung eines neuen Herrschers in Persien versuchen, die Route Trapezunt-Tabris wieder zu begehen, geben sie wegen des allzu großen Sicherheitsrisikos auf475• Der Handelsverkehr mit China scheint bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts - vielleicht bis 1371 aufrechterhalten worden zu sein 476. Während der gesamte abendländische Ost- und Mittelasienhandel im Laufe des 14. Jahrhunderts zusammenbricht, erleben die italienischen Schwarzmeer kolonien in dieser Zeit ihre Hochblüte. Jahr um Jahr kommen die Schiffskonvois aus Genua und Venedig und dominieren den Handel im östlichen Mittelmeer bis hinauf zur Krim 477. Ebenso aber, und das ist für die Fragestellung dieser Arbeit •
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472 S. 22: sicurissimo; come per casa sua (es gibt noch Wächter d er Wege, denn wozu wäre es sonst gut, d en Aus druck d afür in tartarischer Sprache anzuge ben: S. 19). caminos ciertos mehr topisch als aktuell noch im Libro del conosc. eines spanischen Franzis kaners (nach 1348). 473 N. 396; zum Zerfall vgl. S. 32 ff. 474 S. 29. 475 Das Privilegium securitatis d es Sultan Uvais (Oweis Khan), Herr von Tabris, b eruft sich auf d ie Zeit d es Bonsaich (A bu Sa'id); d ie Venezianer aber antworten, sie warteten in Trapezunt schon 2 Jahre au f eine Karawane aus Tabris, d ie beweise, d aß d er Weg offen sei. 1372/3 (?) wird ein erneuter Schutzbrief und Genugtuung für offen bar vorgekommenen Rau b erteilt (DVL 11 Nr. 92/3, 97 S. 158/9, 163). Die A n s i e d l u n g allerdings (von Genuesen) in Tabris verhin dert S ol t a n v a y s : Clavijo S. 167/8; KEDAR, Merchants, 127/9. 476 BALARD, Genois en Asie, 686/7, belegt Chinahan d el b is kurz vor 1368; zu einem möglichen Nicolü 1371 REICH ERT Begegnungen, Anhang. 477 Die muda: d ie Regesten vieler Verhandlungen un d Beschlüsse vor all em d er venezianischen Gremien - in Genua ist leid er sehr vieles vernichtet - bei GIOMO (Ed .), Misti; THIRIET (E d .), Reg., Deli b.; TAFELffHOMAS, Doge And rea; THIRIET, O bservations N.t. - In Venedig ist wegen d er Tana Fahrt zwischen Juli und September das Geld knapp und teuer: Bruno DINI (Ed .), Una pratica d i mercatura in formazione, Florenz 1980, 62/4. Reisebeschreibung: Via sive iter (1404/7). -
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wichtiger, ist es ein Jahrhundert der Auseinandersetzung mit den Mongolen. »Am Rande der Welt und im Rachen unserer Feinde« (in confinia mundi et in faucibus inimieorum nostrorum 478) leben die Kolonien und ihre Bürger, in einem brüchigen Frieden, der jederzeit von kriegerischen Auseinandersetzungen abgelöst werden kann. Ein Beispiel soll die Probleme, die im Blick auf Caffa schon anklangen 479, illustrieren. Im Jahre 1342 erschlägt ein Venezianer im Streit einen Mongolen, was Khan Dschani Beg - der den alten Tana-Vertrag gerade erneuert hatte - zum Anlaß nimmt, alle Venezianer aus Tana zu vertreiben 480. Mit »schönen Worten« versu chen die Venezianer, den Khan mit Hinweis auf den Nutzen, den ihm der Handel 1 der Italiener bringe, umzustimmen 48 . Doch als er 1343 und 1346 auch Caffa belagert 482, finden Genua und Venedig in einer für die verfeindeten Städte so seltenen Einigkeit harte Worte gegen die infideles und beschließen als Druckmit tel eine Handelssperre gegen das Tartarenreich 483. Zwar kommt 1347 endlich ein neuer Vertrag mit dem Khan zustande - möglicherweise nur, weil die Mongolen inzwischen von der Pest geschwächt sind 484 , aber es ist »ein unzuverlässiger und unsicherer, von tartarischer Seite gewiß eher hinterhältiger Friede« (pax lieet ineerta et non seeura, ymo pocius sediciosa pro Tartarorum parte)485. Die Bedin gungen haben sich zudem deutlich verschlechtert, denn statt der bisher üblichen drei Prozent müssen die Kaufleute nun fünf Prozent Abgabe auf ihre Handels gewinne entrichten 486 . -
478 In den Misti des venezianischen Senats zu 1436, Regesten THIRIET (Ed.), Reg.nr. 2412, HI S. 5 1 . 479 Vgl. S. 158/9. 480 Erste Reaktion Venedigs und Ergänzungen aus der Historiographie in DVL I, Nr. 139 S. 266-268. Tana-Vertrag: DVL I, Nr. 135 S. 261/3. Man hatte Befürchtungen, daß es Probleme geben könnte: THIRIET (Ed.), Reg.nr. 138, I S. 49. 481 Gegenmaßnahmen Venedigs DVL I, Nr. 170 bes. 5. 321 ; mit pulcra verba sollen die Gesandten alles versuchen: ebd. S. 323/4. Ein venezianischer Bericht über die Ereignisse: Zusätze zu Raphaynus de Caresinis, ehr. S. 4. 482 DVL I, Nr. 148 5. 282. Giorgio Stella Sp. 1080. 1345 päpstlicher Ablaß für die Verteidigung Caffas : HOUSLEY, Avignon Papacy, wie N. 554, 36, N. 145. Z. B. 1344 fiel ein Italiener als Sklave in die Hand der Tartaren : die Akten des Notars Nie. Behrame in Caffa, ed. BALBI, Nr. 76 S. 136/7. 483 Vgl. S. 169. Unionen 1344 und 1345 DVL I, Nr. 148 5. 279-285 und 161 S. 300-305. Der Ton, in dem über die Tartaren gesprochen wird, ist im zweiten Dokument härter: der Khan und seine Untertanen werden zweimal als infideles bezeichnet, was sonst nie der Erwähnung wert schien. Die Einigkeit bestand nur auf dem Papier: ebd. 5. 331/2. 484 Diese Vermutung in einem Brief aus Caffa an den Dogen von Genua ca. 1349, ed. in : BALBI, Caffa e Pera, 226. Die Pest brach um 1346 im Reich der Goldenen Horde aus; italienische Schiffe brachten die verheerende Krankheit nach Europa: unten S. 220/1. 485 Brief aus Caffa, wie N. 484. 486 DVL I, Nr. 167 S . 3 1 1-313; ebenso im Vertrag mit Berdi Beg 1358: DVL II, Nr. 24 5. 47-5 1 . Auch später wurden immer wieder Boten zu den immer häufiger wechselnden und ihrem Machtbe reich immer schwerer zuzuordnenden Khanen geschickt. Vielleicht zeigt der fehlende Khansname in der Adresse eines venezianischen Briefes 1407, einer Zeit höchster Wirren im Nordreich, die Unsicherheit, wer gerade Khan ist oder wer sich durchsetzen wird und deshalb gewonnen werden muß (ed. IORGA Notes IV 5. 286). Auch die Akten aus Caffa lassen ständigen Kontakt mit der Horde erkennen (z. B. ebd. 5. 3 1 H.; es kann sich aber auch um ein FOlIllular handeln). - Zu den Zöllen und dem Wunsch nach Ermäßigung auch THIRIET (Ed.), Reg.n.-. 476, I S. 121.
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Während eines Krieges gegen die barbari bemühen sich die beiden großen Seemächte auch 1387 um Frieden miteinander - schon, damit die Rivalin nicht auf seiten des Feindes eingreift! 48 7 Kaum haben aber die Italiener um 1350 vor den Mongolen Ruhe und die Pest, die auch sie betroffen hat, überwunden, zerbricht die ungewöhnliche Gemeinschaft zwischen Genua und Venedig, die sich insge samt gegenseitig mehr Schaden zufügen als es die Tartaren vermögen 4 88 . In zwei erbitterten offenen Kriegen kämpfen sie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun derts um die Vorherrschaft. Von den Friedensvereinbarungen ist durch mehrjäh rige Handelssperren vor allem für Venedig auch der bedeutende Schwarzmeer. handel betroffen 489. Um ihn nach Ablauf der Sperre wieder aufnehmen zu können, sendet die Serenissima schon zu deren Beginn zu den Tartaren, damit diese die Stillegung nicht als Affront auffassen können: die jeweiligen Khane werden sofort von den Friedensbedingungen informiert, und nach Ablauf der Frist beeilen sich venezianische Gesandtschaften, die früheren Verträge zu erneuern 490. Mit Geschick können sich die Handelsrnächte trotz aller Widrigkeiten im Schwarzen Meer halten, und so blüht noch im 15. Jahrhundert der Handel weiter, obgleich geschmälert und behindert durch die türkische Eroberung der Meer engen 1453, bis schließlich Tana und Caffa 1463 beziehungsweise 1475 von den sie umgebenden Feinden erobert werden 491. Das Hinterland wird immer unsiche rer; für die Zeit um 1435 erzählt der kastilische Reisende Pero Tafur, eine Reise durch die Tartarei - gemeint ist wohl die nähere Umgebung der Schwarzrneerhä fen - sei gefährlich, da die Tartaren ständig in Bewegung seien und keinem Herrn gehorchten 492 . Doch trotz weiterhin schwelender Auseinandersetzungen mit den
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487 1387 RegLC III, Nr. 260 5. 187 und 264 5. 188. Das Motiv vermutet sicher zu Recht SILBER SCHMIDT, Oriental. Problem, wie N. 585, 3 1 . Es gibt sogar Beispiele, daß Venezianer bei internen Streitigkeiten - in Persien 1324 - die Tartaren gegen Genua ausspielten: DVL I, Nr. 93 S. 192/4. Sogar noch 1463 unterstützen die Caffenser die Türken gegen Venedig: HEERS, Genes, 3 7 1 ; S. ORI GONE, Genova e i genovesi tra la fine di Bisanzio e i turchi, in: Storia dei Genovesi V, 392. 488 Ständig wiederkehrende Probleme: DVL II, passim. Noch 1431, als die Lage alles andere als rosig war, kaperten Genueser eine Flotte der Venezianer: Frederic C. LANE, Andrea Barbarigo, Merchant of Venice 1418-1449, Baltimore 1944, 66. Viel über die Handelskriege im Schwarzen Meer bei Giovanni und dann Matteo Villani. 489 Der Friede von Mailand 1355 verbietet für drei Jahre die Fahrt nach Tana; dazu der Friede von Turin 1381 (MHP II Sp. 617/27; Sp. 858-906); S. PAPACOSTEA, »Quod non iretur ad Tanam«. Un aspect fondamental de la politique genoise dans la Mer Noire au XIVe siecle,in: RESEE 17 (1 979) 201-2 1 7. 490 Die Beschlüsse zu den vier Gesandtschaften in die Horde : THIRIET (Ed.), Reg. : 1355 Nr. 273, I 5. 77; 1258 Nr. 324, I 5. 87/8; 1281 Nr. 605, I S. 149; 1383 DVL II, Nr. 112 S. 1 88/90. 491 1453: Zur Organisation des 5chwarzmeerhandels durch die Bank von S. Giorgio in den proble matischen letzten Zeiten vor allem über Land HEERS, Genes, 382/3. - Ein genuesischer Augenzeugen bericht über die Eroberung Caffas wiedergegeben bei Giosafat Barbaro 5. 93 ff., bei Marino Sanudo d. Jgr., Vite 5. 59-66. 492 5. 166. »Tartarei« : unten 5. 297/9. - Zur Unsicherheit auch der Bericht, der 1433/4 über tartarische Übergriffe infolge der Ungeschicklichkeit eines Italieners an die venezianische Gesandtschaft auf dem Basler Konzil gelangt: Andrea Gatari, Diario, 5. 406/8. Die Brüder Senarega haben um 1455 in partibus Ponti eine Burg als Zuflucht für alle Christen der Region, die von den Tartaren bedrängt oder gefangen werden, werden dann aber von schlechten Christen verraten (ed. IORGA, Acte S. 32ff.).
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Mongolen, die, wie Pero Tafur bemerkt, keinem nützen 493, trotz anderer, natürli cher Hindernisse 1432 friert der Don zu, so daß die Schiffe nicht bis Tana fahren können 494 - leben die italienischen Kolonien keineswegs schlecht. -
Der Venezianer Giosafat Barbaro hat den größten Teil seines Lebens »in weit entfernten Gegenden bei barbarischen Völkern« verbracht 49S• 1436 kommt er für sechzehn Jahre nach Tana, besucht das weit umliegende Gebiet »zu Wasser und zu Land mit großer Sorgfalt und Neugier« 496 und schildert sehr anschaulich das Leben - in vielem ähnlich dem in Caffa 497 - in der Stadt am Rande der Welt, in jener Zeit des nahenden Untergangs. Der Leser erblickt eine Stadt, die in festen Mauern am Rande der Steppe liegt, immer auf Angriffe der Mongolen gefaßt, die ihre Tore schließt und deren Einwohner von den Mauern aus zusehen, wenn eine Horde mit allem Vieh und Troß vorüberzieht oder vielleicht auch angreifen will 498. Eine Anekdote verdeutlicht das Lebensgefühl : Giosafat betrachtet den Torturm und fragt einen Tartaren, der neben ihm steht, ob das nicht ein besonders schöner Turm sei. Der antwortet lachend : »Wer sich fürchtet, baut Türme. Und«, so sinniert der Autor, » er scheint mir wahr gesprochen zu haben« 499. In ruhigen Zeiten verkehren die Tartaren auch in der Stadt, der Handel mit ihnen ist eine Selbstverständlichkeit, ebenso offenbar die Kenntnis ihrer Spra ehe 500 . Man hat Gastfreunde, die man bei sich beherbergt oder in der Steppe besucht und so in ihrer ganzen Lebensart kennen- und schätzenlernt SOl . Zwar nimmt man die fremde Religion - meist die muslimische - zur Kenntnis 502. Man ist aber mit den Tartaren inzwischen so vertraut 503, daß man grundsätzliche Unterschiede zwischen der eigenen und der fremden Mentalität bemerkt, analy siert und vergleicht: Die Tartaren nennen einen tapferen Kämpfer tulubagator, was soviel heißt wie dumm und stark, und halten das für ein hohes Lob, wie wenn
Gefangene Italiener 1344 (Zusammenhang oben S. 168) ed. BALBI, Atti Nr. 27, 76. Umgekehrt fangen aber auch christliche Schiffe tartarische Kaufleute ab : Jehan de Wavrin 111 S. 156. Später Marino Sanudo d.Jgr., Vite S. 28. 493 S. 162. Die Tartaren sind unruhig, denn sie hätten nie gedacht, daß sich so viele Italiener dort ansiedeln würden (S. 160): diese Bemerkung beweist, daß Caffa um 1435/9 noch gut aussah. Aber 1459 mußte Pius 11. den Ablaß für Verteidiger Caffas erneuern : ed. THEINER VMP Nr. CLXIII S. 118. 494 Don: LANE, Barbarigo, wie N. 488, 7 1 . Vielfach beschäftigt man sich in Venedig mit den Problemen Tanas im 15.Jh.: THIRIET (Ed.), Delib. II und Reg. II+III. 495 Barbaro S. 67/8. 496 Barbaro S. 68. 497 Oben S. 158/9. 498 Barbaro S. 74-8. 499 Barbaro S. 83. 500 Barbaro übersetzt immer wieder tartarische Begriffe. 501 Barbaro S. 79/80. 502 Barbaro S. 73; die Tartaren nach Rußland hin sind noch weitgehend idolatri: S. 100. 503 Caffa: oben S. 160.
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wir, so Giosafat, sagen, jemand sei weise oder schön 504. Giosafat selbst hat einen treuen Freund über lange Jahre, einen hohen Herrn, dessen Freundschaft und Treue sich auch noch auf seinen Sohn überträgt 505. Auch langwährende D ankbar keit findet man bei den Tartaren. Als Giosafat 1455 auf dem Rialto zwei Tartaren aus der Sklaverei bei einem Katalanen befreit und der eine ihn wiedererkennt, dankt er ihm für die zweite Lebensrettung; die erste geschah vor vielen Jahren in Tana506 • Die Vorsicht der Gesamtheit des Volkes gegenüber hindert nicht daran, Einzelne sehr positiv einzuschätzen, doch man fühlt sich in der unmittelbaren Nähe der Tartaren nicht recht wohl507 und beschränkt die Zahl der Fremden, die sich zur gleichen Zeit in der Stadt aufhalten dürfen 508. Das Tana des 15. Jahrhun derts ist nicht mehr vergleichbar mit dem des 14., und auch das ist letztlich eine Folge seiner engen Einbindung in die Geschicke der Goldenen Horde509• 1395 nämlich ist der letzte (türkisch-)tartarische Eroberer Timur gegen den Khan im Kiptschak gezogen und hat auf diesem Weg auch Tana vollständig vernichtet51O• Trotz des Wiederaufbaus in wesentlich verkleinerten Dimensionen, aber stark befestigt 5Il, und fast sofortiger Wiederaufnahme der Tana-Fahrten 5 12 erholt sich die Stadt nie mehr ganz, ihre große Zeit ist wie die Caffas, wie die der Beherr schung des Orienthandels durch die ltaliener513 und wie die der Tartaren endgül tig vorbei. Beendet ist damit eine über zweihundert Jahre währende Völkerbegegnung, die ganz offenbar, das zeigen die wenigen persönlichen Äußerungen, zu echtem Kennenlernen, vielleicht in Einzelfällen sogar Verstehen geführt hat. Die Händler kommen mit relativ unbefangener Bereitschaft, die Gegebenheiten so zu nehmen und auszunutzen, wie sie sie vorfinden; sie können auf Veränderungen reagieren und treten den ansässigen Menschen mit einem Anliegen gegenüber, das diese verstehen können - Schwierigkeiten gibt es höchstens bei allzu machtbewußter
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504 Barbaro S. 8 1 : er findet es dumm, unvorsichtig mutig zu sein. Und nach Osten hin werden die Menschen roher: S. 9 1 12; unten S. 326. 505 Barbaro S. 78/80 und wieder S. 88 (amico). Er schätzt ihn sehr, auch wenn er sich im betrunkenen Zustand wie ein Affe benimmt: S. 79. Unten S. 210. 506 Barbaro S. 89/90. 507 1424: THiRIET (Ed.), Reg.nr. 1945, II S. 218. 508 1424: auf immerhin 300, was hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung eine noch recht große Stadt vermuten läßt: THIRIET (Ed.), Reg.nr. I928, II S. 214. 509 Innere Streitigkeiten der Tartaren erschüttern Tana: THIRIET (Ed.), Reg.nr. 2251, III S. 15. 510 Alle Dokumente verbrannten (THIRIET [Ed.], Reg.nr. 927, I S . 2 17) und eine venezianische Gesandtschaft fand 1396 nur noch Ruinen vor (Nr. 930, I S. 217). 5 1 1 Bitte um die Befestigungserlaubnis durch den Khan : THiRIET (Ed.), Reg.nr. 898, I S. 2 1 1 . 1411, nach einem erneuten Überfall, Klagen, daß es zu langsam gehe: Nr. 1403, II S. 96/7. 512 Eine interessante Beschreibung eines solchen viazo stammt von 1404/7 (Via sive iter); dazu die Einträge ins Libm dei Conti des Giacomo Badoer in Pera aus den Jahren 1436/40. 513 Abges>lng auf Venedigs Größe im Orient Giovanni Bembo, Autobiographie (16.Jh.), ed. Theodor MOMMSEN in: SB kgl. Akad. d. Wiss. Berlin 1861, Bd. 1,5 (auch separat). •
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Ansiedlung. Möglichetweise befinden sich unter den im Orient ansässig geworde nen Kaufleuten die einzigen Abendländer, denen es gelingt, sich dem fremden Volk der Mongolen so zu nähern, daß sie es nicht bloß in ihr Weltbild einordnen, sondern sich darüber hinaus im Tartarenland verwurzelt fühlen können. Einige von ihnen passen sich ihrer Umgebung offenbar so sehr an, daß sie in den Augen ihrer Landsleute und Berufsgenossen die notwendigen Bindungen an ihre identi tätsstiftende Heimatstadt aufgegeben zu haben scheinen 5 1 4. Unschätzbar sind die Impulse, die von solchen Menschen auf das abendländische Weltbild ausgehen konnten.
7. Die Tartaren als politischer Faktor im 14. Jahrhundert Kaufleute und Missionare halten, wie in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt wurde, das ganze 14. Jahrhundert über die Verbindung zu den Tartaren aufrecht, und im Zusammenhang damit pflegen auch die abendländischen Handelsmächte und die Päpste in Unterstützung ihrer Interessen politische Beziehungen zu den fremden Reichen. Genua und Venedig schließen weiterhin Handelsverträge und gehen darüber hinaus, wenn nötig, militärisch gegen Übergriffe der tartarischen Herren vor; die Päpste halten, zumindest bis zur Mitte des Jahrhunderts, die Kontakte zu den Khanen des Kiptschak wach, um die Missionare zu unterstützen und sich über Einfälle in Osteuropa zu beklagen 5 1 5. Die Verhandlungen über eine mögliche politisch-militärische Kooperation oder gar ein Bündnis gegen Ägypten, die von Päpsten und lateinischen Fürsten mit den persischen Ilkhanen im 13. Jahrhundert begonnen worden sind, erreichen um 1300 einen Höhepunkt. Trotz der prinzipiellen Überzeugung der Päpste, daß jeder Übereinkunft mit den Mongolen deren Taufe vorausgehen müsse, zeichnet sich die pragmatische Möglichkeit eines Zusammenwirkens von Heiden und Christen ab. Dann aber schwindet das Interesse der Ilkhane, deren Reich immer mehr in Unordnung gerät und die schließlich zu einem Friedensschluß mit Ägypten kommen können, und so brechen 1308 die Kontakte zwischen dem Abendland und Persien fast abrupt ab, ohne daß der Gedanke christlich-heidni schen Zusammengehens je wirklich in der Praxis erprobt worden wäre5 16• Theore tisch wird er allerdings von einigen wichtigen Kreuzzugsgutachten aufrechterhal514 Dazu jetzt Arnold ESCH, Viele Loyalitäten, eine Identität. Italienische Kaufmannskolonien im spätmittelalterlichen Europa, in: HZ 254 (1992) 58 1-608. 515 Die Klage ist allerdings nur ein Anhängsel an die Pflege guter Beziehungen: 1340 an Özbeg; zur Mission: oben N. 381. - Zum Bruch der Kontinuität unter Clemens VI. GAY, Clement, wie N. 270, 162. 516 Oben S. 109. Die einzelnen gemeinsamen Aktionen von Mongolen und Hospitaljtern (wie 104) oder Mongolen und GenuesenlVenezianern (wie 156/7) müssen wohl eher als Taten von in orientali sche Verhältnisse eingepalhen lateinischen Christen gewertet werden (zumal unklar ist, ob es sich um förmliche Bündrusse handelte; dies am ehesten bei den italienischen Handelsstädten).
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P O LITISCHER FAKTOR I M 14. JAHRHUNDERT
ten 5l7; er kann sich festsetzen und hat vielleicht begonnen, auch das päpstliche Prinzip aufzuweichen. Das halbe Jahrhundert des Kennenlernens ist gewiß nicht folgenlos geblieben. Denn als im Jahre 1334 König Philipp VI. von Frankreich bei Papst Johan nes XXII. anfragt, ob es diesem (für den Kreuzzug) förderlich erscheine, wenn der König »irgendeinen ungläubigen Fürsten ansprechen und mit ihm ein Bünd nis ifoedus) eingehen würde«, weicht der Papst aus. Er könne »im Augenblick« nicht antworten und müsse erst seine Kardinäle heranziehen, »damit sie darüber beraten, ob es nämlich erlaubt sei, und uns darstellen, was sie darüber denken« 518. Zwar hat diese Frage - nach Ausweis unserer Quellen - zumindest im 13. Jahr hundert noch niemand gestellt, aber es wäre schon sonderbar, wenn der hervorra gende Kanonist Johannes tatsächlich um eine Antwort verlegen gewesen sein sollte, weil ihm die Rechtslage nicht geläufig gewesen wäre. Man kann annehmen, daß dem Papst die Brisanz der geforderten Entscheidung wohlbekannt ist und daß sein Zögern zeigt, daß er schon ein wenig von Prinzip abgerückt, vielleicht zum Nachgeben bereit ist - vielleicht will aber Johannes auch nur dem französi schen König, unter dessen Schutz er in Avignon steht, keine brüske Absage erteilen und weicht aus 5l9• Eine prinzipielle Aussage über mögliche Rechtsbeziehungen zwischen lateini schen Christen und Tartaren ist auch dem Kriegstraktat De bello des bedeutenden Bologneser Juristen Giovanni da Legnano von 1360 nicht zu entnehmen, denn er erwähnt solche Beziehungen nur beispielhaft am Rande. »Es gibt aber auswärtige Völker, die den [römischen] Kaiser nicht als Herrn anerkennen, wie die Griechen, die sagen, ihr eigener Kaiser sei ihr Herr, ebenso die Tartaren, die den Großkhan (Grancanem) ihren Herrn nennen, und die Sarazenen, die sagen, sie hätten einen [eigenen] Herrn. Unter diesen aber ist zu unterscheiden, denn einige sind mit uns verbündet ifoederati), wie die Griechen gegen die Türken, mit einigen haben wir Frieden (pacem), wie den Tartaren, denn unsere Kaufleute ziehen zu ihnen und ihre zu uns, einige gibt es, mit denen wir gar nichts zu tun haben, wie die Juden, und mit einigen haben wir ständig Krieg, wie den Sarazenen und, gerade zur Zeit, den Türken.« 520
517 Vgl. S. 109ff. 518 ASV. Reg. Vat. t. 1 1 7 fol. CCra-b, gedruckt RAYNALDUS Ann. Eccl. 1334 XIII. Der König nennt keinen bestimmten Fürsten, könnte aber durchaus an die Tartaren gedacht haben, denn der wohl aus seinem Beraterkreis stammende Kreuzzugsplan ( 1329, oben S. 113) sieht eine Kontaktauf nahme mit den Tartaren vor. 519 Zur Rechtslage oben S. 85/6. E silentio könnte man auf ein solches Abrücken schon bei Clemens v. schließen: oben S. 98. 520 C. 13 S. 93. Der Jurist zählt nur Völker auf, die er rechtlich fassen kann, während alle mythischen Nachrichten ausgespart sind. Verbreitung der Schrift: J. P. MACCALL, The Writings of John of Legnano with a List of Manuscripts, in: Traditio 23 (1967) 434/5. -
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Die Hauptunterscheidung, die für den Argumentationszusammenhang wich tig wird 521 , trifft Giovanni zwischen Untertanen des römischen Kaisers und Auswärtigen; sie ist fast identisch mit der zwischen lateinischen Christen und Andersgläubigen. Die einzelnen, als erläuternde Beispiele aufgeführten auswärti gen Völker unterscheidet Giovanni nur durch ihr jeweiliges Rechtsverhältnis zu den Lateinern, nicht aber beispielsweise durch ihre Religion voneinander. Der Rückgriff auf konkrete, zeitgebundene Beispiele vermeidet von vorneherein prinzipielle Aussagen, und deshalb kann die Frage, ob Giovanni die unterschiedli chen Qualitäten von Rechtsbeziehungen zwischen Lateinern und anderen für austauschbar, auch die Tartaren also möglicherweise für bündnis f ä h i g hält, nicht beantwortet werden 522 . Klar wird dagegen, daß es Andersgläubigen grundsätzlich möglich ist, zu den lateinischen Christen in ein Vertragsverhältnis zu treten. Ebenso deutlich ist die Idee des orbis romanus aufgegeben, und die Rechts theorie trägt der realen Existenz mehrerer, auch ungläubiger Kaiser in der Welt Rechnung 52 3• Damit akzeptiert Giovanni da Legnano implizit den rechtmäßigen Besitz souveräner Herrschaftsrechte durch ungläubige Fürsten (wie zum Beispiel den Großkhan der Tartaren) 524, den - wie gezeigt - erstmals Innocenz IV. auf Grund naturrechtlicher Überlegungen anerkannt, den aber schon seit Innocenz' Schüler Hostiensis viele Kanonisten angezweifelt hatten und der auch im direkten Zusammenhang mit den Mongolen noch im 1 5 . Jahrhundert diskutiert werden wird 525. Auch Innocenz IV. ist aber wie die Kritiker seiner Auffassung über die Rechte der Ungläubigen überzeugt von seiner päpstlichen Fürsorgepflicht für alle Menschen, Christen wie Ungläubige, und von der - ebenfalls nicht unbestrittenen - grund sätzlichen Aufsichtspflicht der Päpste auch über ungläubige Herren, die weder 521 Papst und Kaiser dürfen gerechterweise Krieg erklären: welches sind nun die Kaiser, gegen die das erlaubt ist? Einpassung der Frage nach den Rechten Ungläubiger in den Rahmen des gerechten Krieges MULDooN, Popes, 21/3 . 522 Eigentlich zeitgebundene Verhältnisse können auch im kanonischen Recht zu Prinzipien wer den : so ist der Handel (bestimmter Güter) mit Sarazenen grundsätzlich verboten, wobei stillschwei gend davon ausgegangen wird, daß sie immer Feinde sind (und keine Freunde werden können ?): oben N. 44 1. 523 Konträr: in infidelibus numquam fuit vera respublica nec aliquis verus imperator (Guido Vernani, De potestate summi pontificis, 5. 128 n. 4); dazu WILKS, Problem, 415. Zur Ansicht unter Kanonisten, der Kaiser habe sich selbst auf die Christen beschränkt: Walther ULLMANN, Medieval Papalism: The Political Theories of the Medieva! Canonists, London 1949, 1 1 8/9; DERs., The Development of the Medieval Idea of Sovereignty, in: EHR 64 ( 1949) 1-33. 524 Oben 5. 74/5. - Dieser Aspekt übernommen und weiterverbreitet von Honore Bonet in seinem Arbre de Batailles, S. 90, dazu N. A. R. WRIGHT, The »Tree of Battles� of Honore Bouvet and the Law of War, in: Essays pres.to G. W. Coopland, Liverpool 1976, 12-31. 525 Unten 5. 191/2. Argumente der kanonistischen Diskussion bei SCHOLZ, Streitschriften, z. B. 18, 316; dazu WILKS, Problem, 1 4 1 H.; auch FRIED, Schutz, wie N. 9, 296/7 bes. N. 240. - Was immer die einzelnen Päpste über die Herrschaftsrechte der Tartaren denken: keiner spricht ihnen den Titel imperator oder rex ab, auch nicht gegenüber Dritten.
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ihre christlichen Untertanen bedrücken noch die Mission in ihrem Reich verbie ten dürfen 526 . Aufgrund dieser Überzeugung greifen die Päpste ein, wenn ihnen die schlechte Behandlung von Christen bekannt wird, was bei den Mongolen aller dings aus bekannten Gründen selten der Fall ist. Vom Ilkhan Boyssethan (Abu Sa'id) erwartet Johannes XXII. 1322 im Gegenteil sogar Hilfe für die armenischen Christen, als er sich an ihn in zwei Briefen unter Verweis auf die früheren guten Kontakte der Ilkhane zum Heiligen Stuhl und zum König von Frankreich wendet527• Der Papst hat erfahren, daß die Armenier sich in arger Bedrängnis befänden, und fordert den Ilkhan nun auf, nach dem Vorbild seiner Vorfahren , . die den Armeniern in langwährender Freundschaft immer wieder Schutz gegen ihre Feinde gewährt hätten, den Bedrängten zu Hilfe zu eilen528• Trotz fehlender Kontinuität der Kontakte bleiben die Tartaren offenbar für das Abendland ein bekannter und einbeziehbarer politischer Faktor im Vorderen Orient. Aus den Briefen spricht über dieses unmittelbare Anliegen hinaus das ganze Sendungsbewußtsein des Papsttums, das an der Spitze der Kirche steht, die den ganzen Erdkreis vereinigen soll. Der Papst rät väterlich dem Boyssethan, dessen Vodahren dem Heiligen Stuhl immer die - angemessene - ergebene Verehrung (devota reverentia) entgegengebracht hätten, seine Seele zu retten und das Sakra ment der Taufe entgegenzunehmen 529. Dahinter steht jenes Selbstverständnis, das Augustinus Triumphus (um 1326) im Geiste Innocenz' IV. formuliert: »Der Papst hat die Aufgabe, anstelle Christi dem gesamten Menschengeschlecht zu raten, was zum Heile notwendig sei 530. Im gleichen Sinne wenden sich die Päpste an Khane der Goldenen Horde, vor allem Özbeg: Besorgnis um das Seelenheil der Herrscher spricht aus den Briefen der Nachfolger Petri, die die Macht haben, auch für den Himmel zu binden und zu lösen 531 «
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526 Inn. unterscheidet die rechtliche und faktische Macht des Papstes: oben 5. 74, dazu WILKS, Problem, 414/5, FRIED, Schutz, wie N. 9, 292. plenari4 iurisdictio des Papstes über alle Länder: Aegidius Spiritalis de Perusio, Libellus contra infideles . . . nach SCHOLZ, Streitschriften, 105. Bestrit ten: der Papst habe nicht soviel Macht wie Christus, denn er sei caput solum hominum fidelium . . . ad . . . infideles non se extendit, inquantum infideles sunt, sed in quantum possunt fien fideles: Alexander de S. Elpidio, De eccles. potest. 1,4 ed. in: J. T. ROCABERTI, Bibüotheca Maxima Pontificia, Rom 1697-1699, II,7, S. 5. infideles . . . sunt foris ecclesiam: Durandus de S. Porciano, De iurisdict. ecclesiast. Paris 1506 unfol. Für omnia iura et libertates infidelium gilt: a potestate apostolici principatus regulariter eximuntur (William v. Occam nach SCHOLZ, a. a. O. 465, vgl. 393). 527 Reg.Joh. XXII. LS II,1456 Sp. 129/32. Nur auf den französischen König verweist der französi sche Papst in Avignon. 528 Nach RAYNALDUS, Ann. Eccl. 1322 XLI. Einer der Bedränger ist allerdings Tartare : Reg.Joh. XXII. LC II,1571 Sp. 198-207: Infolillation des französischen Klerus. 1434 werden die Armenier nicht wie beabsichtigt am Basler Konzil teilnehmen können, weil sie zu wenig Geld haben wegen der Besetzung vieler ihrer Gebiete durch Türken und Tartaren (ed. BECKMANN in : Concilium Basiliense V, Basel 1904, 98). Armenische Hilfsbitte wegen der Tartaren in Europa schon 1250/52 (MP CM V 5. 116, 340/1). 529 Wie N. 527. Zur devota reverentia auch Özbegs unten S. 1 76. 530 Nach WILKS, Problems, 412. Zur Datierung 6. 531 So 1313 an Özbeg, ed. GOLUBOVICH UI 5. 178/9.
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Abgesehen davon, daß sie immer wieder vergebens zur Taufe aufgefordert werden müssen, machen die Tartaren dem Heiligen Vater viel Freude. Die Khane der Goldenen Horde kommen ihrer Verpflichtung nach, die christliche Mission nicht nur zu gestatten, sondern sogar zu fördern, und ernten dafür Dank und Lob sowie die Ermutigung zur Fortsetzung dieser Politik532• 1338 erreicht den Papst, nun Benedikt XII., eine Gesandtschaft aus China, die Briefe des Großkhans und seiner christlichen Untertanen überbringt und den Wunsch nach einem neuen Erzbischof - Johannes von Monte Corvino ist schon 1328/30 gestorben äußert 533. Die kirchliche Organisation kann im Tartarenland, wie schon darge stellt, ungehindert voranschreiten ; nach dem Erzbistum Peking, das Clemens V. 1307 in Khan Baliq einrichtet, begründet Johannes XXII. die Metropolen von Sultaniyah/Persien (13 18) und VosprumlKrim (1333) 534. In der Mitte des Jahr hunderts aber, unter Clemens VI. (1342-1352), brechen die direkten Kontakte zwischen dem Heiligen Stuhl und den Mongolen infolge der politischen Verände rungen im Orient ab 535. Bei allem grundsätzlichen Interesse der Päpste am Orient und seiner Missionierung, vor allem auch an den Tartaren 53\ geben sie eine selbständig agierende Orientpolitik, sicher nicht unbeeinflußt durch das große Schisma, weitgehend auf, reagieren nur mehr auf Anfragen und Aufforderungen. Doch auch darin zeigt sich dann, daß die Tartaren ihren festen Platz im politi schen Weltbild zumindest der Päpste weiterhin einnehmen. All das gilt auch für den Bereich, in dem sich die weniger erfreuliche Seite der mongolischen Politik, speziell jener der Goldenen Horde, auswirkt. Zwar bescheinigt Papst Benedikt XII. 1340 dem Özbeg - wie 1322 Johannes XXII. den Ilkhanen - devotio und reverentia gegenüber dem Heiligen Stuhl537, aber 1341 muß er feststellen, daß dieser Khan angreifenden Gegnern des christlichen Polen 532 In sämtlichen Briefen: vgl. N. 381. 533 Anrwortbriefe Benedikts XII. BFr VI Nr. 97 S. 63/5 (Information an Kg. Philipp v. Frankreich Reg. Ben. XII. LCIFr 457 Sp. 285-289. Benedikt schickt wieder Franziskaner aus - dafür ist Persien den Dominikanern vorbehalten -, darunter denJoh. v. Marignolli : oben S. 37, N. 137; H. FRANKE, Die Gesandtschaft des Johann v. Marignola im Spiegel der chinesischen Literatur, in: Asien. Tradition und Fortschritt. Fs. H. Hammitzsch, Wiesbaden 1971, 1 1 7-134; DERs., Das »himmlische Pferd. des Johann v. Marignola, in : AKG 50 (1968) 33-40. Die Propaganda des Ordens rühmt sich, die Mongolen hätten ausdrücklich wieder einen Franziskaner angefordert: Flores tempo Sp. 1634; auch Chr. XXIV Gen. S. 531; Propaganda auch oben N. 255. 534 Oben S. 136 U. N. 301. 535 GAY, Clement, wie N. 270, 162; mit ausführlicher und einleuchtender Begründung anhand der Veränderungen in sämtlichen betroffenen Gebieten; vgl. auch Diana WOOD, Clement VI. The Pontificate and Ideas of an Avignon Pope, Cambridge 1989. Dann F. GJUNTA, Sulla politica orientale di Innocenzo VI, in: Mise. R. Cessi, Bd. 1, Rom 1958, 305-320. 536 Hierzu ASV. Reg. Vat. 62 mit dem Titel Litterae seu scripture tangentes negocia Tartarorum
parcium ultramarinarum et infidelium ac schismaticorum tempore Je. re. Clementis V, Johannis XXII, Benedicti XIl et Clementis VI per eosdem misse et recepte, zusammengestellt ev. unter Urban V.
(1362-1370); dazu GAY, Clement, wie N. 270; MULDOON, Popes, 72-9 1 (86: alle Ungläubigen, auch Kanaren und Lj�auer). 537 So BFr VI Nr. 124 S. 77/8.
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Truppen zur Verfügung stellt 538. Seit sie um 1241 zum ersten Mal über Europa hereingebrochen sind, haben die Tartaren Polen, Ungarn und noch mehr die Länder weiter im Osten immer wieder heimgesucht; seit dieser Zeit fordern immer wieder päpstliche Bullen zur Kreuzpredigt in Osteuropa auf, genehmigen den bedrängten Fürsten den Einzug des Kreuzzugszehnt und gewähren Ablaß für den Kampf gegen die infideles Tartari und andere pagani und auch schismatici539• 1345 ist das genuesische Caffa so sehr von den tartarischen Horden bedroht, daß Papst Clemens VI. auch für die Krim zum Kreuzzug aufruft und einen Ablaß für das Werk der Befreiung der Stadt verkündet 540 . Während die Päpste wohl grundsätzlich der Meinung sind, den Abwehrkampf gegen die Heiden zu unterstützen, werden die Kreuzzugsbullen für die christli chen Fürsten in Osteuropa, die sich um sie bemühen, immer öfter zum politi schen Mittel im Machtkampf gegeneinander. Zu militärischen Zwecken setzen sie im Laufe des 14. Jahrhunderts immer öfter tartarische Horden ein. Die zuneh mende Schwächung der mongolischen Macht durch inneren Zerfall nach dem Tod Özbegs und der Aufstieg mächtiger konkurrierender Reiche wie des christlichen Polen, des Gebietes des Deutschen Ordens und des zunächst noch heidnischen Litauen haben in Osteuropa zu einer Konstellation geführt, bei der grundsätzlich jedes christliche mit jedem heidnischen Volk gegen jedes andere christliche oder heidnische Volk verbündet sein kann 54 1 • Tartaren, einerseits nicht mehr erschrek kend gefährlich, andererseits aber noch von sehr wirksamer Stärke, kämpfen manchmal in beiden einander gegenüberstehenden Schlachtreihen. Als der Khan der Goldenen Horde, Tohtamysch, 1395 verdrängt wird, flieht er zum litauischen Großfürsten Witold, der daraufhin mit Unterstützung des Deutschen Ordens im Bunde mit den Tartaren des Tohtamysch zum Kreuzzug gegen die Tartaren auszieht, beflügelt von einem Kreuzzugsablaß Bonifaz' IX. 542 Bedenken wegen möglicher Einwände seitens des kanonischen Rechts haben in dieser realpolitischen Haltung wenig Platz ; aber auch sie können zu politischen Zwecken ausgenutzt werden : als 1410 tartarische Kontingente im christlichen 538 THEINER VMP I Nr. 566 S. 434. 539 Dazu manche Stellen in THEINER VMH I+II und VMP I für das 14.Jh. Fast nie sind die Tartaren allein die Zielgruppe (auch Litauer, Russen u. a.), aber oft das einzige konkret benannte Volk, sozusagen die typischen Heiden Osteuropas. 540 Kreuzzugsaufrufe wie N. 425. Die auffallend gefährliche Situation (Tana war schon gefallen) dürfte, wie wieder 1395 (unten S. 180 mit N. 561), für die ungewöhnliche Aktivität verantwortlich gewesen sein; vgl. oben S. 159. 541 Zu Polen bes. KNOLL, Rise, wie S. 38, N. 140, auch über die Beteiligung der Tartaren. BOOCKMANN, Orden, 154: Konstellation von »Macchiavellismus« geprägt; die Lage wurde kompli ziert durch die Schismatiker, d. h. die orthodoxen Christen. - Eine späte und parteiische, aber aussagekräftige Darstellung der Ereignisse bis ins 15.Jh. bei Jan Dlugosz. 542 Vom 4. 5. 1399: ed. THEINER, VMP 1,1041 S. 769/71. - Sehr prägnant dargestellt von BOOCK MANN, Orden, 174. Registriert z. B. auch in Lübeck : Rufuschr. (Khan: Mosathan) S. l1, danach Hermann Korner c. 1123 S. 356. Zu den Ereignissen SPULER, Horde, 131-147. - Dem Papst ist wohl zuzugestehen, daß er die Lage aus Mangel an Informationen nicht einzuschätzen vermochte. -
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Heer der vereinigten Polen und Litauer stehen, die den Deutschen Orden bei Tannenberg vernichtend schlagen, entbrennt vor den und für die Ohren der europäischen Öffentlichkeit, wie noch genauer darzustellen sein wird, ein heftiger PropagandakampP43. Während sich nämlich in Osteuropa aus der Notwendigkeit Formen des Umganges zwischen Heiden und Christen entwickeln und man mit den darin liegenden Problemen und Chancen umzugehen weiß, hört der Westen immer wieder von Angriffen der Tartaren, von Siegen und Niederlagen der christlichen Heere, wenig aber von den wahren Kräfte- und vor allem Bündnisverhältnissen, und entwickelt ein oft weitgehend undifferenziertes Feindbild 544. Schon einige der Kreuzzugsgutachten am Anfang des Jahrhunderts haben vor den feindseligen, sarazenischen Tartaren aus dem Norden gewarnt, und manche Chronik in Mittel und Westeuropa, in Deutschland, Italien oder auch England zeichnet entspre chende Nachrichten aup45. Schließlich ist man jederzeit bereit, Tartaren in einem heidnischen Heer zu erwarten 546; als mögliche Verbündete im Kampf gegen die Feinde der Christenheit betrachtet man sie zumindest im Westen nicht mehr547. Ebensowenig aber fühlt man sich dort noch von ihnen bedroht. Johannes von Winterthur (+ um 1348) berichtet von Kaiser Ludwig dem Bayern, dieser habe 1341 auf einen Hilferuf der Könige von Polen und Ungarn, über deren Länder die Tartaren hereingebrochen seien, nur zynisch geantwortet: »Wenn sie so mächtige und starke Könige sind, mögen sie sich doch selbst gegen den Überfall der Ungläubigen verteidigen« 548. Damit haben »die Tartaren« im 14. Jahrhundert, obwohl sie gleichzeitig ein immer festerer Begriff im Weltbild werden, die besonderen politischen Positio543 S. 188ff. Die zeitgenössischen Ann. des Franziskaners von Thorn registrieren empört, der Kaiser der Tartaren habe die Feinde mit unzähligen Truppen unterstützt: ed. SS rer. Prus. III S. 3 14. 544 Dabei verliert sich wieder jeder Unterscheidung, »Tartaren« wird zur Typenbezeichnung. Zur Vermutung, die Tartaren seien Feinde, unten S. 220/1. 545 Gutachten: oben S. 109ff.; Chronistik: in Italien hat man vor allem über die Kaufleute Nachrich ten (oben S. 153), in England bes. Thomas Walsingham (Ypodigma S. 343, 3 8 1 ; zu den Quellen V. H. GALBRAITHIV. HUNTER, Thomas Walsingham and the St. Albans Chronicle, 1271-1422, in: EHR 47 [1932] 12-30; DIES., The Histona Aurea of John, Vicar of Tynemouth, and the Sources of the St. Albans Chronicle [1327-1377], in: Essays presented to R. Lane Poole, ed. H. W. C. DAvIs, Oxford 1969, 379-398). In Deutschland registrieren z. B. das Chr. Moguntiacum, Matthias v. Neuenburg, Heinrich Surdus, Detmar, Joh. v. Victring, Joh. v. Winterthur (134112 S. 191 : imperator Tartarorum Canis Magnus und der Sultan haben sich gegen den Erdkreis verschworen) und einige andere eine bleibende Bedrohung Polens durch die Tartaren im 14. Jh. 546 Z. B. Thomas Walsingham, Hist. Angl. S. 301 ; unten S. 223. 547 Kontakte in die Tartarei vor Nikopolis? Wenn ja, zu welchem Zweck? 12. 3. 1393 erhält messire Jacques de Courtiambles 200 livres »pour avoir porte honorablement l'etendard du duc de Bourbon, chef et general de l'armee des Fran«ais qui fut a Gennes et de la en Tartarie«: zit. nach DELAVILLE LE RouLX, wie N. 1 75, 1,236 n. 1 . »Tartarei« wird wohl eher geographisch zu verstehen sein, vielleicht ist Caffa, genuesische Stadt, gemeint: Vorbereitung der geplanten Flottenunterstützung gegen die Türken ? 548 S. ( 1 8 1 1)82. Wenn die abendländischen Fürsten ihre unmittelbare Angst verloren haben, treten ihre persönlichen Interessen sofort wieder an erste Stelle, vgl. schon die bemerkenswerte Haltung Friedrichs v. Österreich gegenüber Bela oben S. 3 1 .
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nen, die sie im 13. Jahrhundert gewinnen konnten, größtenteils eingebüßt, sind meist zu Heiden unter anderen geworden 549. Das hängt sicherlich entscheidend damit zusammen, daß die tartarische Macht immer mehr schwindet, zum Teil ganz verfällt, und sich so immer weiter von Europa (ausgenommen der Osten) zu entfernen scheint 550. Zusätzlich aber tritt die Aufmerksamkeit vieler Lateiner für den Orient insgesamt im 14. Jahrhundert hinter internen Schwierigkeiten zurück. Ganz anders bei Venezianern und Genuesen, die ihre ökonomischen Interessen vor allem im Schwarzen Meer weiterhin verfolgen 55 1 . Schon 1340 schreibt Bene dikt XII. verwurfsvoll an König Philipp VI. von Frankreich, daß sich die heidnischen Fürsten, die christliche Länder bedrängen - der König von Marokko die Spanier, die Türken die Romania und andere christliche Gebiete, der Sultan die Armenier und die Tartaren Polen und Ungarn -, sehr an dem unseligen Krieg freuen könnten, den Philipp mit England führe 552 . Der Hundertjährige Krieg, dann das große abendländische Schisma 553, die Pestwellen, die seit 1347 Europa in regelmäßigen Abständen heimsuchen, und viele andere größere und kleinere Probleme lassen die Abendländer sich mehr auf sich selbst zurückziehen. Einzelne Kreuzzugsversuche bleiben Episode 55\ und erst 1396, als die Türken schon seit über vierzig Jahren in Südosteuropa vordringen, bringt der unmittelbar betroffene ungarische König Sigismund wieder einmal einen großen christlichen Kreuzzug zusammen. Er endet bei Nikopolis an der unteren Donau in einer Katastophe für die gesamte Christenheit, vor allem den abendländischen Hoch adelS55• Als im Jahre 1402 der mongolisch-türkische Eroberer Timur in Kleinasien auftaucht und den osmanischen Herrscher Bayezid bei Ankara schwer schlägt, warten die Abendländer erst einmal ab. Überall auf der Welt herrsche Krieg, so klagt die französische Dichterin Christine de Pisan um 1403, auch unter den Sarazenen zwischen Basac und Tamburlan 556 , die sich, so Gott es wolle, gegensei tig vernichten mögen, wenn sich schon kein Christ finde, es zu tun. Die Christen aber hätten wenig Lust darauf, fremde Länder zu erobern, sondern brächten sich lieber gegenseitig in tödlichem Kriege um 557. Obgleich die Zeitgenossen die Bedeutung der Schlacht von Ankara geringer 549 Dazu auch die Zielgruppen der Kreuzzugsbullen, vgl. S. 1 77; zum Weltbild Teil IV der Arbeit. 550 Persien, China: in Zentralasien entsteht zwar mit Timur eine neue Macht, doch diese wird vorläufig noch nicht wahrgenommen, vgl. S. 180 ff. 551 Vgl. S. 152ff.; für die Zeit um 1400 vor allem unten 183 ff. 552 Reg. Ben. XII LCIFr 763 S. 475. 553 Vgl. S. 176 sein vermutlicher Einfluß auf die päpstliche Orientpolitik. 554 Peter 1. v. Zypern ist in diesem Sinne kaum als westeuropäischer Fürst zu betrachten; die Aktionen des Dauphin und des Fürsten v. Savoyen bleiben vereinzelt. Zu den Orient-"Kreuzzügen« des 14.Jh. ATlYA, Crusades, wie N. 175, 281 H.; O. HALECKI, The Last Century of Crusades from Smyrna to Varna (1344-1444), in : Bull.of the Polish Inst.of Ans and Sciences in America 3 ( 1944/5) 300-307; Norman J. HOUSLEY, The Avignon Papacy and the Crusades 1305-1378, Oxford 1986. 555 Aziz S. ATlYA, The Crusade of Nikopolis, London 1934. 556 In den französischen Quellen die üblichen Namen für den Türken Bayezid und für Timur (Tirnur Lenk Tamerlan). 557 Christine, Chemin (geschr. 1402/3) vv. 346-354 S. 15/6. =
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werten als moderne Historiker, bringen sich mit ihr und mit dem Auftreten Timurs die Tartaren noch einmal als spezifischer politischer Faktor in Erinne rung. Sie werden auch im späteren 15. Jahrhundert durch ihre Rolle in Osteuropa und im weiteren Zusammenhang der nun immer stärker wahrgenommenen Türkengefahr ihren allerdings immer unbedeutenderen Platz im politischen Kal kül abendländischer Mächte einnehmen können. Dabei zeigt sich, inwieweit frühere Erfahrungen und die Reflexionen darüber nötigenfalls fruchtbar werden können.
8. Die Tartaren im politischen Kalkül westlicher Mächte im 15. Jahrhundert Kurz von 1400 beginnen die Eroberungen des mongolisch-türkischen Emirs Timur Gebiete zu berühren, die im Einzugsbereich abendländischer Reisender liegen 558. An den verschiedenen westlichen Reaktionen auf Timurs Auftreten und auf die Schlacht von Ankara, in der er 1402 den türkischen Belagerer Konstanti nopels, Bayezid, schlägt, läßt sich sehr gut das Maß und die Art des Interesses ablesen, das die verschiedenen abendländischen Mächte um 1400 für den Orient insgesamt und die Tartaren im besonderen aufbringen. Erkennbar ist, welche Fürsten gelernt haben, wie sie sich den Tartaren gegenüber verhalten müssen, denn Timur oder Tamerlan, wie er meistens genannt wird, ist Tartare, zumindest in den Augen der Abendländer des 15. Jahrhunderts SS9, und auch er selbst will als Nachkomme Dschingis Khans betrachtet werden S60. Timur ist seit 1380 aus Transoxanien, wo er sich zum mächtigsten Emir unter einem Marionetten-Khan aus dem Clan Tschaghatai aufgeschwungen hat, nach Westen zur Eroberung Persiens aufgebrochen, greift seit 1387 mehrfach militä risch in die Thronstreitigkeiten der Goldenen Horde ein und zerstört bei einer dieser Gelegenheiten 1395 auch die italienische Kolonie Tana in der Donmün dung. Diese Bewegungen bleiben bei Kaufleuten, Pilgern und Missionaren nicht unbemerkt, und so gelangen schon bald Nachrichten über Timurs Vorrücken im 1 Kiptschak, in Syrien und Kleinasien nach Europa 56 • 558 Vgl. S. 39/41. 559 Ausdrücklich und gleichzeitig: Nicola de Martoni (1394/5) S. 602; venez. Senats akten (1402) ed. IORGA, Notes IV S. 248; Joh. v. Sultaniyah (1403) Memoire S. 444 u. 445 (dazu: Timur hat ein tartarisches Gesicht, unten S. 213). Wenig später: Livre des faits (1409) S. 157; Jacopo da Sanseverino 17,5 S. 99 (Herr der Tartarei), und mehr. Oft fehlen direkte Aussagen oder man spricht, vielleicht ausweichend, vom »Volk Timurs« (Gilles le Bouvier, erst um 1450, S. 77). Timur als Herrscher über die Skythen : unten S. 304, N. 553. - Zum Wissen um die Namensfollnen Timur/Tamerlan und zum offenbar bewußten politischer Einsatz unten N. 572. 560 Denis SINOR, Inner Asia. History - Civilisation - Languages. A Syllabus, Bloomington 1969, 188: der Clan Barlas, dem Ttmur entstammt, sei offenbar türkisch gewesen, doch hätten er und seine weitgehend türkischen Truppen mongolische Sitten und Ziele nachgeahmt. 561 Schon 1403 weiß z. B. die französische Dichterin Christine de Pisan nicht nur über die Schlacht von Ankara Bescheid (oben S. 179), sondern auch über Timurs Angriffe auf Ägypten (Chemin
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Schon in dieser Zeit des Vormarsches stehen Timur und einer seiner Söhne in Verbindung mit abendländischen Fürsten, und zwar mit Frankreich und Kasti lien ; nach der Schlacht von Ankara im Juli 1402 wendet sich Timur mit der Siegesmeldung an Kastilien, Frankreich, England und Aragon 562 . Träger und wahrscheinlicher Initiator der Kontakte mit Karl VI. von Frankreich, Heinrich IV. von England und Martin I. von Aragon ist der Dominikaner Johannes, dritter Erzbischof dieses Namens in der Stadt Sultaniyah in Persien, also wieder wie im 13. Jahrhundert ein orienterfahrener Abendländer 563. Ähnlichkeiten zu früher finden sich auch in den Methoden und der Art der Werbung, die der Bote für seine Sache macht, sowie in der Argumentation, mit der er sie bekräftigt. So hat wahrscheinlich Johannes in den Brief Timurs an Karl VI. von Frank reich - der im persischen Original und in der zeitgenössischen lateinischen Übersetzung erhalten ist - eine Erinnerung an die alten Traditionen tartarisch abendländischer Diplomatie hineinübersetzt und den Ton des Briefes insgesamt gemildert, wie das schon wenigstens einem Boten eines Ilkhans nachzuweisen ist564• Auch mündlich wirbt Johannes - er betont wahrheitsgemäß, daß Timur vor allem Kaufleute besonders gern an seinem Hof sehe565 -, aber ganz so sicher, wie Johannes es zur Ermutigung der Abendländer darstellt, sind die Handelswege vv. 1325-1330 S. 57/8). Kaufleute: die venezianische Chronik des Antonio Morosini überliefert Briefe des Salamon Salvazo, der bei Tana dem Timur in die Hände fiel (BibI. Marciana, itaI. VII 2048 [= 8331] s. XIX). Pilger wie Nicola de Martoni, wie N. 559, der die Feindschaft Timurs gegen Ägypten registriert. Missionare: besonders Joh. v. Sultaniyah (Persien), der Timur als Bote dient, im folgenden. - Zu Timur: Tilman NAGEL, Timur der Eroberer und die islamische Welt des späten Mittelalters, München 1993. 562 Diese Kontakte sind sehr schlecht überliefert. Der Antwortbrief des englischen Königs Heinrich IV. auf die verlorene Botschaft Timurs von 1402 belegt einen verlorenen Brief, den der gleiche Bote wohl zu einer anderen Zeit, demnach vor 1402, nach Frankreich gebracht hat (ed. ELLIS S. 56); darauf dürfte der verlorene Brief des französischen Königs, den der Brief Timurs von 1402 an diesen erwähnt (ed. DE SACY S. 473/4), die Antwort gewesen sein. Kastilische Boten sind 1402 bereits bei Timur und reisen nach Spanien zurück in Begleitung eines Adeligen aus dem Umkreis Timurs: das notiert der Kastilier Ruy Gonzales de Clavijo (S. 3) im Bericht über seine eigene Gesandtschaft 1403/5, die wiederum diejenige Timurs (Brief in kastilischer Übersetzung in Clavijo-Ed. ARGOTE DE M OL lNA S. 2) beantwortet hat. Die Briefe an Aragon und England sind nicht erhalten, frühere meines Wissens nicht belegt; zu Aragon aber unten S. 182/3; zu den Kontakten mit dem Sohn, auch von seiten Genuas unten N. 571. 563 Oben S. 73 ff. Joh., 1398 in den Orient gereist, wurde nun zumindest nach Aragon, England und Frankreich gesandt. Ein anderer Dominikaner, Franciscus, begleitete ihn, wie aus dem Antwortbrief Heinrichs IV. hervorgeht (ed. ELLlS S. 56; mehr dazu unten N. 572). Vielleicht ist er identisch mit dem Boten Timurs, der 1401 nach Byzanz und Pera ging (ed. IORGA Notes IV S. 245). Initiator:.. Timurs Brief an Karl VI. v. Frankreich ist erhalten im persischen Original und in der lateinischen Uberset zung, der seines Sohnes nur lateinisch: ed. DE SACY S. 473/4 bzw. 478-480. Bezüge zu Kastilien sind nicht aufzufinden. - Dieser rührige Dominikaner könnte auch schon der Veranlasser seiner eigenen früheren Sendung nach Frankreich durch den Sohn Timurs gewesen sein, N. 562. 564 Ed. DE SACY S. 479; dazu N. 565 u. S. 94. 565 S. 459/60. Die Kaufleute sind auch im persischen Brief Timurs erwähnt (ed. DE SACY S. 474). Schon um 1370, noch vor Timurs Eroberung, versucht ein persischer Herrscher, die Italiener wieder auf die Handelsrouten zurückzubringen: oben S. 167. - Joh. warb viva voce: so berichtet im Brief Heinrichs IV. (ed. ELLIS S. 56). Die lateinische »Übersetzung« des persischen Briefes an den französischen König hat so wenig mit dem Original gemeinsam, daß der Editor zu der Überzeugung •
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wohl nicht 566, und ganz so begeistert und ehrenvo1l567 nimmt der überzeugte Muslim Timur Gesandte aus fernen Ländern wohl auch nicht auf. Daneben verfaßt Johannes eine ausführliche und wohlinformierte Schrift über Timurs Person, Aufstieg, Reich und Politik, in der der Mönch stets betont, Timur sei nicht nur ein vernichtender Feind der Sarazenen, obwohl er selbst ihrer Religion angehöre, sondern sogar ein Freund der Christen. Früher habe er zwar die Christen gehaßt, aber nun sei er ihnen, von den Missionaren über den Glauben aufgeklärt, sehr wohlgesonnen 568. Johannes suggeriert hier eine Besse rung Timurs, weil er offensichtlich weiß, daß man im Westen bereits über dessen Vorgehen gegen Christen informiert ist569• Auf den alten Wunsch der Lateiner nach einem christlichen Partner zielt der Bericht, einer der Söhne Timurs, sein designierter Nachfolger, neige gar dem Christentum stark zu 570. Johannes' Bemühungen haben Erfolg, denn die Fürsten wenden sich sowohl an Timurs Sohn, um ihn dem Christentum ganz zu gewinnen 571, als auch an Timur, dem gegenüber Taufaufforderungen vermieden werden 572. Ihm gratulie ren sie zum Sieg über Bayezid, denn er habe im gemeinsamen Interesse von Timur und den Abendländern gelegen (so ausdrücklich Heinrich IV.), und nehmen die Anregung von Handelskontakten dankend zur Kenntnis. An sich ist der Ton aller drei Briefe freundlich-ehrenvoll, doch könnte Martins I. Bemerkung, Bayezid habe geschlagen werden müssen, weil der Herr ungerechte Kämpfe und Schlechtigkeit gegen die Christen nicht lange zulasse, auch als versteckte Mahnung gedacht sein. Denn der König weiß sehr wohl über Rücksichtslosigkeiten Timurs gegenüber Christen bei seinen Eroberungen Bescheid, weil Timurs Zerstörung von Damaskus 1401 die katalanischen Kaufkommt, die lateinischen Briefe seien von Joh. verfaßt und die Gesandtschaft auch nur auf dessen Betreiben zustandegekommen (ed. DE SACY S. 515). 566 Oben S. 169/70. Aber Nicolo dei Conti erinnert sich um 1440 gegenüber Pero Tafur, daß zur Zeit Timurs alles sicher gewesen sei, weil dieser von Indien bis zum Schwarzen Meer geherrscht habe (S. 96). 567 Ed. OE SACY S. 451 . 568 Feind der Sarazenen: S. 45 1, 455; selbst Muslim: 462; Freund der Christen: 462. Die Ähnlichkeit mit dem Bild, das von Ghazan gemalt wurde, ist unübersehbar, ohen S. 104ff. 569 Unten S. 183. 570 Ed. OE SACY S. 446. 571 Heinrich IV.: ed. HINGESTON S. 425/6; Martin 1 . 1404: ed. RUBIO Y LLUCH, Dip!. S. 701. Aus Frankreich ist kein derartiger Brief bekannt. An ihn waren schon vor 1401 Gesandte Genuas gegangen (ed. IORGA Notes IV S. 238). - Auch N. 562. 572 Heinrich IV. ed. ELLIs S. 56/7; Karl VI. ed. OE SACY S. 52112; Martin I. ed. RUBIO Y LLUCH, Dip!. S. 700/1. Aus dem erhaltenen Entwurf des Briefes Heinrichs IV. ist der Satz, der Timur zur Konversion aufforderte, gestrichen worden - vielleicht wieder unter dem Einfluß des Ebf. (Ed. NJ); Karl VI. dankte nur für die gute Behandlung der Christen. - Martin 1., der den Tartaren Temorla, also Tamerlan (der Spottname, der Timur von seinen Feinden verliehen worden war) nannte, wenn er über ihn schrieb, sprach ihn hier Tamurbeo an. Eine Beleidigung scheint bewußt vermieden, auch die hierfür nötige ] nformation kann, muß aber nicht, von den Boten stammen. - Ähnliches Eingehen auf den mongolischen Sprachgebrauch schon im 13.Jh. in königlichen Briefen nach Persien: Edward I. v. England 1274, Jaime H . v. Aragon 1300 und 1307: mogols od. ä. statt Tartaren: Anhang I.
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leute in Alexandria, die wie Genuesen und Venezianer im Orienthandel engagiert sind, geschädigt hat573• Auch bei den Päpsten treffen schlechte Nachrichten ein : An Benedikt XIII. richtet Martin I. 1403 einen Briefbericht über die Schandtaten Timurs unter anderen gegen die Johanniter-Festung Smyrna (1402) 57\ Boni faz IX. erfährt 1401 wiederum durch Missionare oder Kaufleute von Timurs christenfeindlichem Vorgehen in der nördlichen Tartarei und unterstützt ein geplantes Flottenunternehmen zur Abwehr am Kaspischen MeerS75• So ist die Stimmung gegenüber Timur, der bei Ankara immerhin den türkischen Vernichter des christlichen Heeres bei Nikopolis (1396) geschlagen hat 57\ keineswegs bei allen christlichen Fürsten wohlwollend.
» Tamberlan kam in dieser Zeit nach Syrien (soria) und nahm Damascho und ganz Syrien ein. Und er hatte ein unzählbares Heer bei sich und eroberte mit großer Macht alles, wohin er kam, und durch seinen Einfall erlitten die Händler und Handelsgeschäfte der Venezianer große Schäden.« 577 Noch später im 15. J ahrhun dert erinnert sich der venezianische Chronist Zorzi DoHin vor allem dieser Auswirkungen der Umwälzungen im Vorderen Orient, über die auch Martin von Aragon geklagt hat. Sie betreffen die Kaufleute in besonderem Maße, da nichts den Handel mehr behindern kann als Unsicherheit oder gar Unfrieden 578. So verwundert es nicht, wenn man vor allem in Venedig eine gezielte Politik Timur gegenüber beobachten kann, wenn besonders dort wie auch in Genua und Katalonien 579 Timur und seine Tartaren nicht nur ein fernes Phänomen bleiben, 573 Ed. RUB J O y LLUCH, Dip!. S. 692/3; ed. AINAUD, Quatre docc. App. I und II. Auch in Venedig erfährt man von den Ereignissen in Syrien : 21. 7. 1401, ed. IORGA Notes IV S. 243. 574 1403 an den Papst, ed. RUB J O y LLUCH, Dipl. S. 695. Z. B . der Kommandant der zerstörten Johanniterfestung, Inigo d' Alfaro, scheint Katalane gewesen zu sein; dazu Dietrich v. Niem, De seismate III,30 S. 172/3. 575 Bulle GOLUBOVICH V, 33113, BFr VII 339 S. 11 5/7. Auch die Verwüstungen in Armenien und Georgien durch den filius perditionis tyrannus perfidus Tamburlang, den Feind der Christen, waren dt"m Papst bekannt (BFr VII, 257 S. 85, 1398). 576 Vgl. S. 179. 577 Venedig, Marciana ital. VII 749 (= 8503) fol. 268r C o m e t a m berlan prexe da mascho e
tu tta la so ria. EI tamberlan in questo tempo vene ne la soria et prexe damascho et tutta la soria. Et haveci cum lui innumerabil Zente et tutto conquestava con gran possanza dove lui andava e per questa sua imprexa venetiani ne rezevente grandissimi danni in le lor merchadantie e trafegi (Hervorh. F. S.). Ungünstiger Eindruck bei einem Sienesen noch 1416: Beltramo Mignanelli, Vita.
578 Trotz aller Vorteile, die kurzfristig durch die Schwächung von Sarazenen und Türken entstehen können: der Friedensvertrag, den Ägypten mit dem Johannitermeister auf Rhodos abschließt, begünstigt alle christlichen Kaufleute (Brief des Bonacorso Grimani, in Ms. Marciana lat. X.299 [= 3512] fol. 65r/v); im Gebiet der Türken erhält Venedig erstmals weitgehende Privilegierung: H. INALCIK, An Outline of Ottoman-Venetian Relations, in: Venezia 1977, 89/90. 579 In Genua kann man die Politik schon auf Grund der schlechten Überlieferung der Akten von Regierungsgremien (die in Venedig reichhaltig vorhanden sind) weniger greifen ; zudem ist die Stadt in ihrer politischen Bewegungsfreiheit gerade in der entscheidenden Zeit durch die französische Erobe rung stark behindert, aber der Statthalter ( 1401-1409) Bouciquaut betreibt systematische Politik mit genuesischen Mitteln. Anders als Venedig und Genua ist Aragon-Katalonien keine reine Handels rnacht und daher nicht in der Existenz bedroht, aber auch Martin I. weiß sich hervorragende
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sondern wirklich zum Faktor im politischen Kalkül werden. Papst Bonifaz IX. hat, wie zitiert, erst auf Hilferufe reagiert; aus den venezianischen Senatsakten geht hingegen hervor, daß die Serenissima Timurs Vorgehen schon längere Zeit vor 1402 sorgfältig beobachtet hat und sich gezielt bemüht, jeweils »so schnell wie möglich« die neuesten Nachrichten darüber zu erhalten 580 . Als im April 1402 klar ist, daß ein Angriff Timurs auf die Türken unmittelbar bevorsteht, schickt Venedig eine Flotte nach Tenedos, die jede Bewegung beob achten und einen eventuellen Übertritt der Türken nach Europa verhindern so1l58 1 . Entsprechend rasch weiß man am Rialto genau über die Schlacht von Ankara Bescheid, trifft Vorkehrungen, um Konstantinopel zu schützen, und ist sich mit dem byzantinischen Kaiser Manuel 1 1 . einig, daß zum Wohle der Christenheit »Timur [auf keinen Fall] die Meerengen überqueren darf« 582. Nachdem der Sieger feststeht, stattet der französische Statthalter von Genua, Bouciquaut, 1403 Jean de Chiteaumorand mit Generalvollmacht aus, damit er in Kleinasien mit Timur und allen anderen Fürsten, ob Christen oder Heiden, verhandele, Bündnisse abschließe oder ihnen Krieg erkläre, je nachdem, wie es gut erscheine 583. Bald darauf finden sich Genua, Venedig, Byzanz und der Sohn des Türken Bayezid zu einem militärischen Bündnis gegen den Tartaren zusam men584. Aufgrund von Nutzerwägungen ist hier einmal ein formelles Bündnis zwischen Christen und Heiden zustandegekommen, wie es nicht nur für Byzanz, sondern auch für Genua und Venedig nicht mehr ungewöhnlich ist, weil die Situation im Grenzgebiet der christlichen Welt zu pragmatischen Überlegungen zwingt 585. Nachrichten zu verschaffen. - Daß Byzanz intensive Politik entfaltet hat, gehört hier nicht zum Thema. 580 Quam celerius esse potent, ed. NOIRET, Doe. S. 1 14. Candia auf Kreta war der Ort, an dem die Informationen, einmal auch von einem Genuesen aus Pera (ed. IORGA Notes IV S. 245), zusammenlie fen (schon 1400: THIRIET (Ed.), Reg. II,994 S. 13). - Am 12. 2. 1401 Nachricht aus Alt-Phokäa nach Chios über einen Sieg Timurs gegen Truppen der Türken, der Baysith zum Abbruch seines Zuges gegen Konstantinopel veranlaßt (ed. IORGA, Aete S. [4/]5). 581 11. 4. Nachricht in Kreta notiert, am 1 8 . 4 . nach Venedig abgeschickt (ed. IORGA Notes IV S. 248/49); 20. 5. Reaktion des Senats (ed. NOlRET, Doe. S. 129/3 1). 582 Ne Timerbei transeat strictum: ed. IORGA Notes IV S. 264. Die Schlacht von Ankara fand am 20. 7. statt: dazu G. ROLOFF, Die Schlacht bei Angora (1402), in: HZ 1 6 1 (1940) 244-262; der Beschluß zur Verstärkung der venezianischen Flotte vor Konstantinopel datiert vom 22. 9. (ed. NOIRET, Doc. S. 138/40), Kaiser Manuel wird zum 9. 10. dringend zur Heimkehr aufgefordert (ed. THIRIET, Reg. 11,1074 S. 3 1 ). In Genua ähnlich, N. 571. 583 Ed. Commerce et exped. S. 1 72-177, vor allem 1 74. 584 Ed. Commerce et exped. S. 178-182 (= DVL 11, Nr. 159 S. 290/3). 585 Auch der Franzose Bouciquaut hat rasch gelernt. Verträge dieser Art sind selten; Byzanz war schon bis 1394 mit Bayezid verbündet gewesen, auch Venedig hatte Türkenpolitik betrieben: dazu Max SILBERSCHMIDT, Das orientalische Problem zur Zeit der Entstehung des türkischen Reiches nach venezianischen Quellen, Leipzig 1923, 49ff.; F. GABRIELI, Venezia e i mamelucchi, in : Venezia e l'Oriente 1966, 417-432. 1403 paßte die Hinwendung zu den Türken auch in den Rahmen der übrigen venezianischen Politik, als die Zusammenarbeit mit Ungarn zerfiel: 198 ff. Wahrscheinliche formelle Bündnisse zwischen den Tartaren und wenigstens Genu.: oben S. 156; zu Osteuropa unten 188ff. -
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Mit den Türken haben die italienischen Händler längst einen modus vivendi . gefunden 586; von T'Iffiur wel'ß man, seIt er 1395 Tana verwüstet und Caffa nur knapp verschont hat, daß man in ihm keinen Freund zu erwarten hat. Der Tartare hätte, so rechnen die Kaufleute, bei einem noch vollständigeren Sieg über die Türken diese in der Bedrohung Europas nur ersetzt 587; eine Verbesserung der Handelsbedingungen ist nicht zu erwarten, eine Verschlechterung zu befürchten, der Ausgang jedenfalls ungewiß. Dennoch hatten vor der Schlacht von Ankara Venezianer und Genuesen zur Sicherung ihrer Interessen diplomatischen Kontakt �uch mit Timur aufgenommen588 • Noch am 12. September 1402 meldet Kreta nach Venedig, man wolle (weiterhin) mit Timur verhandeln, denn der Frieden in der Gegend bedeute Wohl und Leben der Insel589• Noch 1403 hat Jean de Chateaumo rand ausdrücklichen Auftrag, mit a l l e n zu verhandeln. Doch erscheint es offenbar in der Situation nach der Schlacht von Ankara nützlicher, sich für die Unterstüt zung der Türken als des im Moment schwächeren der beiden heidnischen Gegner zu entscheiden, damit sich beide gegenseitig neutralisieren. In der modernen Forschung hat man »dem Westen« oft vorgeworfen, er habe die »einzigartige Gelegenheit . . . , die Türken aus Europa zu vertreiben«, 1402 verpaßt590• Keiner weiß damals jedoch, daß Timur schon drei Jahre später sterben und sein Reich zerfallen wird. Das Bündnis mit dem Sohn Bayezids 1403 ist deshalb nur aus der Kenntnis der Eroberung Konstantinopels durch die Türken fünfzig Jahre später eine verfehlte Politik, für die Zeit selbst muß es als völlig angemessen gelten. Verhandlungen werden mit allen Seiten geführt; das Zweck bündnis bedeutet keineswegs, daß man den Türken nun vertraut oder die Gefahr, Situation in Grenzraum : Türken flüchten 1403 vor Timur unter den Schutz der Venezianer: THIRIET (Ed.), Delib. II, 1 0 1 7 S. 95. Vorteile durch Schwäche der Muslime: oben N. 578. 586 Beltramo Mignanelli aus Siena schreibt 1416 für das Konstanzer Konzil, B ay e z i d habe die christlichen Kaufleute immer gütig und ehrenvoll behandelt ( Vita S. 140a). Zur Situation der Italiener, vor allem Genuesen, nach 1453 (Frage der Durchfahrt nach Caffa, Tana) G. PISTARINO, La caduta di Costantinopoli : da Pera Genovese a Galata Turca, in : Storia dei Genovesi 5, 7-47. Bündnis Caffas mit den Türken noch nach 1453: oben N. 487; Katalog "Venezia e i Turchi. Scontri e confronti di due civilta«, Venedig 1985, bes. Beitrag TuccI. 587 Martin I. v. Aragon warnte den Papst im März 1403, Timur dringe versus partes acciduas vor: ed. RUBJ O y LL UCH , Dip!. S. 695. Der Türke und der Tartare seien beide gleich schlimm: Infidelissimus ille Parthus, qui ab illa sibi simili perfida captus fuit, so Martin im Juni 1403 an Kaiser Manuel, ed. RUBIO y LLUCH, Dip!. S. 699. - Über Tana die Chronik des Antonio Morosini (Venedig, BM Ms. ita!. VII 2048 [= 833 1] vol. I, par. I). 588 Ed. IORGA Notes IV S. 228/9 und 238. - Giorgio Stellas spätere Behauptung, die genuesische Kolonie Pera bei Konstantinopel sei mit Timur verbündet gewesen (Ann. Sp. 1 194/5), dürfte wohl dem Reich der Märchen und der Idealisierung entstammen; problematisch die Rekonstruktion bei Roberto S. LOPEZ, Storia delle colonie genovesi nel Mediterraneo, Bologna 1936, 399/400. 589 Pax illarum partium . . . est salus et vita insule erete: ed. IORGA Notes IV S. 254. - Für Genua hatte Jean de CM.teaumorand ausdrückliche Weisung, mit a l l e n zu verhandeln. 590 Als ein Beispiel unter vielen Steven RUNCIMAN, Byzanz. Von der Gründung bis zum Fall, München 1976 (engI. 1932) 79. KEDAR (Merchants, 129/30) behauptet, die Italiener hätten sich die Chancen, die sich aus einer Vernichtung der Türken durch Timur mit ihrer Hilfe ergeben hätten, selbst verdorben, setzt aber bei ihnen das für sie sicher unmögliche Urteil voraus, Timur hätte Tana als Stadt der Goldenen Horde, nicht als italienische Handelsstadt zerstört.
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die sie darstellten, unterschätzt hätte 591 . Zumindest die Seemächte können gar nicht anders handeln und die Gelegenheit, die angeblich verpaßt worden ist, hat niemals bestanden ! Die politischen Realitäten spiegeln sich auch in der allgemeinen Einschätzung Timurs durch die Zeitgenossen. Praktisch sofort nach 1402 setzt eine Romantisie rung der unabsichtlichen Hilfe ein, die Timur den Christen geleistet habe. Noch kurz zuvor hat Froissart, gestützt auf einen glaubwürdigen Augenzeugen, berich tet, Timurs Tartaren hätten die Türken bei Nikopolis unterstützt 592 . Durch die Schlacht von Ankara aber schlägt die Stimmung bei manchem um. »Dieser Zusammenstoß (conf/ictus) [Timurs] mit den Türken geschah, wie klar zu erken nen ist, mit Gottes Willen, denn Bayezid schickte sich, bevor die Auseinanderset zung (discordia) mit Timur begann, gerade an, zum Verderben der Christen mit Land- und Seestreitmacht überzusetzen, um zuerst Konstantinopel anzugreifen und sich dann weit und breit auszudehnen.« 593 Timur habe Bayezid mit Gewalt gezwungen, die Christen in Ruhe zu lassen 594, und er habe Konstantinopel gerettet 59S• Wieder andere haben das Gefühl, Timur habe den Grafen von Nevers und die anderen Gefangenen von Nikopolis gerächtS96 ; er habe alle christlichen Gefangenen des Türken freigelassen. Das allerdings, so berichtet die anonyme französische Geschichte Karls VI., habe er nur getan, um Bayezid zu ärgernS97• Wenngleich der wahrscheinlich stark von Johannes von Sultaniyah beeinflußte Dietrich von Niem (nach 1410) sogar urteilen kann, die Johanniter seien selbst schuld daran gewesen, daß Timur ihre Stadt Smyrna zerstört habe (1402), weil sie
591 1403 wurden zwei venezianische Schiffsführer vor Gericht gestellt, weil sie nach der Schlacht von Ankara fliehenden Türken über die Meerengen geholfen hatten. Die Anklage lautete auch auf Erpressung der Menschen in der Notlage. Vor allem aber hatte die Postierung der Schiffe einen Übertritt der Türken gerade verhindern sollen : ed. IORGA Notes IV S. 272/3; oben S. 184. 592 XV S. 319/20. Der fragliche Teil der Chronik ist bis 1400 geschrieben; Froissart selbst um 1404 gestorben. Er jedenfalls hält Jacques du Fay auf Grund der Tatsache, daß er einst in Timurs Diensten stand und dann in Nikopolis dabei war, für einen glaubwürdigen Augenzeugen; dazu oben S . 54. Allerdings irren sich der Zeuge oder Froissart beim Namen des Sultans, denn Murad I. war schon 1389 gegen die Serben gefallen. 593 Jacob de Delayto, Ann. Estenses bis 1409 Sp. 973. - Wohl tatsächlich hat die Schlacht von Ankara dem christlichen Konstantinopel 50 Jahre des Überlebens geschenkt (oben N. 580 zum Abzug Bayezids); Klaus Peter MATSCHKE, Die Schlacht bei Ankara und das Schicksal von Byzanz. Studien zur spätbyzantinischen Geschichte zwischen 1402 und 1422, Weimar 198 1 . 594 So der Livre des faits, vollendet zwischen 1406/7 und 1409, S. 158 595 Dietrich v. Niem, De seismate, II c. 29 S. 172. Oben N. 588 das angebliche Bündnis Peras mit Timur bei Giorgio Stella. 596 Livre des faits S. 159. Diese Wiedergutmachung der Schande auch bei Enguerran de Monstrelet I S. 85. 597 in contumeliam Basite . . . Laptivos Christianos duleiter liberavit (Religieux de Saint Denis S. 84). Das mag der Einfluß von Berichten wie dem des Joh. v. Sultaniyah sein, der von Timurs christen freundlicher Politik gegen Bayezid erzählt (Libellus S. 104: me presente, versichert der Autor). - Joh. Schiltberger blieb damals allerdings Sklave (5. 24).
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sich nicht ergeben hätten 598, geht man doch nicht so weit, Timur zum Christen freund zu stilisieren. Zwar sehen die Zeitgenossen in Timur ein Werkzeug, eine Geißel Gottes 599, der Timurs Drang, die ganze Welt zu erobern, zur Rache an den Sarazenen nutzt; und die Schlacht von Ankara wird als wichtiger Schlag gegen die Türken registriert, aber man erfindet nicht, wie im Falle Ghazans, einen neuen » King of Tars«600. Wenn Gott dem Timur nicht Einhalt geboten hätte, wäre dieser, davon ist man überzeugt, über die Christen hergefallen 60 1 . Timur wird zum Bild des mächtigen und orientalisch-prachtvollen, grausamen und brutalen sarazenischen Tyrannen und Türkenfeindes, und als solcher wird er schon bald in die Literatur und Legende eingehen 602. Kaum haben weitere Kreise im Westen Timur zur Kenntnis genommen, da ist er auch schon wieder verschwunden, gestorben zu Beginn des Jahres 1405 auf einem Feldzug gegen China. Aber er hat einen tiefen Eindruck hinterlassen und sein Volk, die Tartaren, dem Abendland wieder näher gerückt. Nach 1410 berichtet Dietrich von Niem, nach der Schlacht von Nikopolis 1396 seien Christen über die Donau gen Norden geflohen. Die »weißen Tartaren«, deren Gebiet sie dabei durchquerten, hätten sie nicht angegriffen, sondern freigiebig versorgt, obgleich diese Tartaren Sarazenen seien, »weil dieser Tamerlanus auch damals Gegner und Feind des Siegers [von Nikopolis] Baisetus war« 603. Offenbar sind auch für einen an sich wohlinformierten Westeuropäer wie Dietrich die verschiedenen Gruppen von Tartaren nicht unbedingt voneinander zu unterscheiden 604. Auch in der 598 De scismate II,30 S. 172/3 (die Unterwerfungsaufforderung lag in der Tat vor: ATlYA, Crusades, wie N. 175, 298/9). Dietrich nennt als Gewährsmann einen Bischof, der lange bei Timur gelebt habe: a. a. o. III,42 S. 305/6. Das war wahrscheinlich wieder unser Joh. (vg!. S. 181), denn Dietrich kannte sicher dessen Libellus, das er als Quelle benutzt (unten S. 284), bekam ein Bild Timurs zu sehen und las auch seine Briefe. Zu ihm Hermann HEIMPEL, Dietrich von Niem (c. 1340-1418), Münster 1932. - Die Meinung Martins v. Aragon, der dem Papst 1403 die Eroberung Smyrnas gemeldet hatte (oben S. 1 83), blieb auch noch 1406 unverändert: ed. RUBIO Y LLUCH, Dip!. S. 713/14. 599 Das berichtete Joh. v. Sultaniyah (Libellus S. 112); angebliche Selbstaussage Timurs zit. unten S. 240. 600 Wichtiger Schlag: z. B. Antonius v. Florenz, unten S. 195 u. 257, N. 316. - Sogar Weltkarten des 15.Jh. tragen in ihrer noch nicht verlorenen Eigenschaft als chronikartige Karten (unten S. 304/5) die Schlacht von Ankara ein (Velletri-Karte: tamburlan devincit basac). Zu Ghazan oben S. 104 ff., zum »King of Tars« unten 2 18120. 601 Diese Interpretation des Sieges zuges und Todes Timurs im Livre des faits S. 157-159 (157: flayel de Dieu; gegen Christen 159, auch 234/5); Dietrich v. Niem, De seismate II,30 S. 1 73. Timur selbst hatte starkes Sendungsbewußtsein, tatsächlich im Sinne der Christenvernichtung. 602 Spätere frz. Chronisten sagen, er habe bei Ankara alle Türken köpfen lassen (Religieux de Saint Denis S. 48; Jean Juvenal, Hist. Charles VI. S. 423); Joh. v. Sultaniyah schildert Grausamkeiten, auch gegen Christen (S. 451 u. 453 ff. (z. T., so 455, übernommen von Dietrich v. Niem, De scismate II, c. 30, 1 73); Clavijo S. 138ff. 1475 war Timur in die Türkenhistorie des Abendlandes bereits wirr, aber fest verwoben: Jacopo de Promontorio über die Türken S. 72/3 u. 77/8. Unten S. 240/l. 603 Als Anhang zu De scismate S. 330. 604 Informiert: oben N. 598. Vielleicht hat Dietrich von Timurs Siegen gegen die Goldene Horde gehört; allerdings erwähnt er in De seismate nichts dergleichen, auch nicht die Zerstörung Tanas. -
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Zukunft wird man sich der »Nordtartaren« als möglicher Feinde der Türken entsinnen. Ebensowenig aber vergessen Dietrich und auch Spätere das Heidentum dieser Tartaren (bzw. ihr Bekenntnis zum Islam), das den Westeuropäern zudem nur wenige Jahre nach Timurs Auftreten und ganz unabhängig davon sehr nachdrücklich in Erinnerung gerufen wird. Für die in Osteuropa konkurrierenden katholischen Mächte - Ungarn, Polen, den Deutschen Orden und nach 1386 auch Litauen 605 - sind die Tartaren, wie geschildert, nicht nur seit ihrem ersten Auftauchen kontinuierlich präsent geblie ben, sondern allmählich militärisch-politisch einsetzbar geworden. Der Zerfall der Goldenen Horde in einander befehdende Gruppen läßt sie zu einem Rekrutie rungsgebiet für heidnische HiIfstruppen werden, die von Christen ohne Hem mungen gegen Christen eingesetzt werden 606 . Einige Tartaren werden zu direkten Untertanen des Königs von Polen und des Großfürsten von Litauen, die in ihren Reichen nach 1395 Gefolgsleute des »Kaisers der Tartaren«, des Khans Tohta mysch, ansiedeln 607. Daneben herrschen auch alle anderen osteuropäischen Mächte über Gebiete, die noch nicht vollständig christianisiert oder doch zumin dest von schismatischen Christen bewohnt sind 608• Der Einsatz von Heiden, speziell von Tartaren, gegen Christen entspricht infolge dieser Situation in Osteuropa der Pragmatik der Politik und ist nichts Außergewöhnliches, kann andererseits aber hervorragend als Vorwurf gegen den christlichen Gegner die nen, vor allem, um die Sympathien des der osteuropäischen Praktiken unkundi gen Westens zu gewinnen. Als der schon lange schwelende Konflikt zwischen Polen/Litauen und dem Deutschen Orden um die Existenzberechtigung des letzteren - nach der »Taufe« Litauens 1386 - am 15. Juli 1410 in der Schlacht bei Tannenberg offen zum Ausbruch kommt, stehen im siegreichen polnisch-litauischen Heer auch tartariVermutlich den Realitäten in Nikopolis entspricht die Feststellung des Senats von Venedig im April 1402, der walachische Fürst Mircea, Ungarn und Tartaren hätten gegen Bayezid ein Bündnis geschlossen: ed. IORGA Notes IV S. 248/9. - Die Reisenden können differenzieren und geben sich große Mühe, es zu tun, z. B . Clavijo S. 144. 60S 1386: Taufe des Litauerfürsten Jagiello/Wladistaw als Vorbedingung für seine Krönung zum König v. Polen; Union Litauens und Polens; auch der mächtige, mit seinem Vetter konkurrierende Großfürst Witold v. Litauen läßt sich bald darauf taufen: Darstellung BOOCKMANN, Orden, 1 70/3. Zu Witold Josef PFlTZNER, Großfürst Witold von Litauen als Staatsmann, Brünn u . a. 1930. 606 Zur Entwicklung im 14.Jh. vgl. S. 172ff. 607 Zur Flucht des Khans zu Witold oben S. 40; Ansiedlung sofort und weiterhin infolge des Scheiterns des Kreuzzuges 1399; PFlTZNER, Großfürst, wie N. 605, 151; BOOCKMANN, Falkenberg, 74 N.89, auch 1 6 1 : Witold kann sich brüsten, ganze Kaiserreiche beugten sich seinem Willen. Tartarische Untertanen des Litauers beobachtet Ghillebert de Lannoy um 1414, S. 4 1 . Mi. 14. Jh. sind die Verhältnisse nach Feststellung des frz. Dichter und Osteuropareisenden Guillaume de Machaut noch umgekehrt (1357, Confort d'Ami III S. 107). 608 Zum Frieden von Thorn 1411 BOOCKMANN, Falkenberg, 90. Gegen scismatici richteten sich im 14.Jh. die päpstlichen Kreuzzugsbullen wie gegen pagani, infideles, oben S. 177. Russen und Tartaren in der Zeit vgl. HB d. Gesch. Rußlands I, 614-620.
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sche Kontingente 609. Schon 1409 hatte der Orden vom ungarischen König Sigismund und von dessen Bruder, dem böhmischen König Wenzel, die Verur teilung jeglichen Einsatzes von Heiden gegen den Orden durch Polen und Litauen erlangt 610 . Nach der verlorenen Schlacht benötigt der Orden vor allem neuen Zuzug aus dem abendländischen Adel, und so verstärken er und seine Verbündeten ihre Propaganda im Westen gegen Polen zu einem wahren Feld zug 611 • Im Bunde mit Tartaren und anderen Heiden sei der König von Polen über die Vorkämpfer und Verteidiger des Christentums hergefallen. Diese Heiden zu denen hier der König von Polen gewissermaßen selbst gehört, begehen gräßliche Verbrechen : Des volczog ouch der koning in des ordens land, das her .
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herte und brante, di leute her fing und slug, iuncfrauwen bescheimete her, witwen und weisen dein und gros gemeinlichen mordeten und vortilgeten, kinder in den wigen b ritten u n d o s z e n, pristere noch keiner geistlichkeit schoneten, gewihete kirchin und gotes huser mit allen messen kirchen gereithe branten und weg furten, das heilige sacrament usschotten und mit eren sundi gen fusen traten 61 2 . Die Tartaren gelten als » b ek a n n t e Feinde und Verfolger des Kreuzes Christi und der ganzen christlichen Religion« 61 3; es sei sehr gefährlich, Heiden herbeizuholen, die dann, wie einst die Tartaren in Ungarn, das Christenland verwüsteten 61 4. Die zitierten Anschuldigungen bis hin zum Kanibalismus kön nen im Zusammenhang mit den Mongolen viele ungute Assoziationen wecken; Erinnerungen an die Erzählungen aus den Jahren 1241/42 und auch später sind immer wachgehalten worden 61 5. Deshalb erhebt die Propaganda des Ordens, die als Kernpunkt vor allem die Heidenfrage aufgreift, weil sie am meisten 609 Zur gesamten Entwicklung BOOCKMANN, Falkenberg c. III.5 +6. Unten Grundsatz-Diskussion um den Auftrag des Ordens zum Heidenkampf; zum Existenzproblem knapp und deutlich DERS., Orden, 1 72/3. 610 Zum Bündnis des Ordens mit Si gis mund bes. 1409, zum Schiedsspruch Wenzels 1409, der Partei für den Orden ergreift und von Polen nicht angenommen wird, sowie zum Eigennutz der Könige, die sich ihre Parteinahme gut bezahlen ließen: BOOCKMANN, Falkenberg, 86-89; dort auch die Quellen. Das Bündnis mit Ungarn sollte nur wirksam werden, wenn Polen Heiden gegen den Orden einsetze: das bedeutete, so stellt Boockmann fest, wegen der heidnischen Untertanen des Polenkönigs in der Praxis keine Einschränkung (87). 611 Zur Propaganda vor dem Schiedsspruch 1409 als Vorform der Propaganda 1410/15: BOOCK MANN, Falkenberg, 82; ebd. 92ff., und EKDAHL, Schlacht I, II,4 S. 156ff. und 6 S. 196ff. zeigen das ganze Ausmaß. Ziel der Anwürfe ist in erster Linien das christliche Polen, denn die Christlichkeit Litauens erkennt der Orden nicht an: BOOCKMANN, Falkenberg, 7J/2. 612 1412 ed. CEV Nr. 498 S. 237 (Hervorh. F. 5.); z. B. 1410 (weniger übertrieben) Brief des Hoch meisters Heinrich v. Plauen S. 396; wieder 1415: WEISE SS I S. 102. 613 20. 8. 1410, Kg. Sigismund an alle Fürsten, ed. SS rer. Prus. III S. 403 (Hervorh. F. S.): enthält, so EKDAHL, Schlacht, 182, bereits die wichtigsten Argumente der Ordenspropaganda. 614 Joh. Falkenberg ( ?), Wiener Traktat S. 114/5: möglicherweise spielt Falkenberg auf die Gerüchte an, die 1241 über die schlechten Christen, die die Tartaren aufgestachelt hätten, kursierten: oben S. 29. 615 Vgl. S. 222. Z. B . der Brief des Jordan, wie S. 266/7, N. 358 u. 363; zum Kannibalismus vor allem 226/7. Ähnlich in einer Fons. der älteren Hochmeisterchr., Anon. v. Lengnich, ed. SS rer. Prus. III S. 724. •
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Wirkung in der westlichen Öffentlichkeit verspricht, gerade die auch dort mit einem speziellen Negativbild behafteten Tartaren »in den Rang eines für die polnisch-litauische Kriegführung und Politik p a r a d i g m a t i s c h e n Kontingents« 616 . Schließlich wird sogar die Behauptung aufgestellt, der Hochmeister habe wahrhaftige Kunde, das der koning von Polan mit dem Taterisschen keiser sine
ding also bestalt hat, has h e r im w e dir die cris t e n h eit cz u h o lffe k o m e n w i l 61 7 Der Beschuldigung, er habe sich nicht nur mit Heiden verbündet, .
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sondern sich gar zum Schergen des tartarischen Kaisers bei einem von diesem ausgehenden aktiven Vernichtungskampf gegen die Christenheit gemacht, setzt der polnische König seinen Rechtsstandpunkt entgegen. Er habe ausschließlich seine und des Großfürsten Witold U n t e r t a n e n in die Schlacht geführt und niemals im Sinn gehabt »alle und a u s w ä rt i g e Barbaren zu unserer Hilfe zu rufen«. Sein Recht aber, auch heidnische Untergebenen einzusetzen, könne ihm »gerechterweise niemand (nemo legitime)« bestreiten, weil es auch viele andere christliche Fürsten, wie König Sigismund oder auch der Orden selbst, für sich in Anspruch nähmen, und »weshalb denn sollen wir gehindert werden, unser Recht auszuüben, das a l l e n a n d e r e n c h r i s t l i c h e n F ü r s t e n a u s z u ü b e n g e s t a t t e t i s t?« 61 8 Der polnische König argumentiert damit auf einer anderen Ebene als die Ordenspropaganda. Er bemüht sich zunächst nicht um eine möglichst polemi sche Widerlegung der VOIwürfe, die gegen ihn erhoben worden sind, sondern behauptet die allgemeine Akzeptanz anderer Legitimitätsvorstellungen und rückt in diesem Sinne die Tatsachen zurecht. Auch als die Auseinandersetzung in diesem Stadium vor die abendländische Öffentlichkeit des Konstanzer Konzils getragen wird, leugnet die polnische Seite nicht den Einsatz von Tartaren 6 1 9. Wenngleich sie nun deutlicher darauf hinweist, daß auch der Orden Heiden einsetze und darüber hinaus die Bekehrung der den Fürsten von Polen und Litauen untergebenen Tartaren stetig fortschreite, beharrt 616 BoocKMANN, Falkenberg, 74 (Hervorh. F. S.). Wirkung: EKDAHL, Schlacht I, 196/97 u. 198. Die angenommene enge Verbindung zwischen Polen und Tartaren spiegelt sich in einer sächsischen Sage, in der ein tartarischer Anführer von Geburt Pole ist (GRÄSSE, Sagenschatz, I 225). - Schon früher wurde mit dem Vorwurf, jemand stehe mit den Tartaren im Bunde, Politik gemacht: oben S. 123; 1260 beschuldigt nach der Cont. des Cosmas v. Prag der böhmische den ungarischen König, er habe sich mit den Tartaren gegen ihn verbündet; nach den Ann. Melliac. Cont. Florian. S. 748/9, standen 1290 im Heer des Königs Andreas V. Ungarn Tartaren und andere Barbaren und verheerten alles; 1322 sei Friedrich v. Österreich mit zahlreichen Hilftruppen, inter quos venit etiam eis in adiutorium quidam rex Tartarorum eum exercitu suo, qui in aseensu multas abhominaciones et see/era commiserunt, gegen Ludwig den Bayern gezogen (Chr. de gestis S. 92/3). 617 Aus dem zitierten Brief 1412: CEV Nr. 498 S. 243 (Hervorh. F. S.). 618 1410: CES XV III S. 499 (Hervorh. F. S.), ähnlich der Bf. V. Posen SS rer. Prus. III S. 428. BoocKMANN, Falkenberg, 91. 619 Öffentlichkeit: Schilderung des Ordensprokurators Peter V . WOlmditt, Nr. 114 S. 227/8. Zu bedenken ist dennoch, daß viele der im folgenden (nur kursorisch) angesprochenen Schriften die Adressaten nicht mehr erreicht haben : BoocKMANN, Falkenberg, 217; EKDAHL, Schlacht 1, 208. - Zu den Diskussionen in Konstanz insgesamt beide Werke 197ff. bzw. I,II.7 S. 205 ff.
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sie auf ihrem Recht, auch heidnische Untertanen gegen die christlichen Gegner einsetzen zu dürfen 620 . Diese Argumentation hat jedoch im Gegensatz zur Polemik des Ordens wenig Aussicht auf Popularität im Westen 62 1 • Da die vom König postulierte allgemein anerkannte Rechtsgrundlage in Wahrheit nicht exi stiert, hat er in den Augen des Westens seine Schuld eingestanden und damit der Ordenspropaganda in die Hände gearbeitet. Denn im westlichen Europa sieht man auf die Religion des Partners und ist sich, wie gezeigt, nicht einmal über die grundsätzliche Möglichkeit des Zusammengehens mit Heiden gegen andere Hei den schlüssig, während der Pole den Einsatz von Heiden sogar gegen Christen einzig mit dem rechtlichen Status dieser Heiden, völlig unabhängig von ihrem Glauben, begründet. Man redet aneinander vorbei ! Die Juristen des Ordens können mit breiter Zustimmung im Westen rechnen, wenn sie die Frage, »ob es göttlichem Recht gemäß sei (utrum Jas sit), daß gläubige Fürsten Ungläubige zur Vernichtung von Gläubigen beiziehen« 622 , verneinen. Mit ihnen hält zum Beispiel der Spanier Andreas von Escobar den Einsatz von Tartaren und anderen Heiden, ob Untertanen oder nicht, prinzipiell für verdammenswert ; Bischof Giacomo Balardi von Lodi verurteilt den Einsatz jeglicher Heiden, vor allem gegen den Orden als Vorkämpfer der Christenheit 623• Doch die polnischen Juristen halten dagegen, gehen zum Angriff über und können der Diskussion eine für den Orden ausgesprochen gefährliche, noch grundsätzlichere Dimension geben 624: Weil sogar Gott manchmal Heiden zur Bestrafung von Christen bestimme, müsse es auch christlichen Fürsten erlaubt sein, ihre heidnischen Untertanen für eine gerechte Sache gegen schlechte Chri sten einzusetzen 625 . Der Orden aber entreiße den Heiden mit Gewalt ihr Land, 620 Proposicio Polonorum contra ordinem, ed. CEV S. 1001-1018, die wie die Gegenschrift (CEV S. 1014-1033) dem Konzil vorgetragen wurde; auch der Orden ändert seine Position nicht. 621 Tartaren im polnischen Heer bei Tannenberg werden registriert und moralisch verurteilt; dazu EKDAHL, Schlacht 1, 183/87; 197 (z. B. Enguerrand de Monstrelet II S. 6 1 13). - Mögliche Spätwirkung: Enea Silvio nennt Mi. 15.Jh. den Litauer Jagiello, den polnischen König aus der Schlacht von Tannenberg, natione Tartarus (De viris S. 47). Das kann aber auch ein Beispiel der Verwechslungen sein, die zustandekommen, weil mehr als die Litauer die Tartaren die Heiden Osteuropas schlechthin sind: so schreibt die ehr. S. Petri S. 379, auch 393 zu 1348 eine Schlacht der Litauer gegen den Deutschen Orden den Tartaren zu; noch allgemeiner unten S. 223. - Der Einsatz von Tartaren bleibt üblich: Friedrich d. Große hält 1752 die Kalmücken und Tartaren für die einzig gefährlichen Kontingente der russischen Truppen : R. DIETRICH (Ed.), Die politischen Testamente der Hohenzol lern, KölnIWien 1986, 374/5 mit N.44. 622 Joh. Falkenberg (?), Wiener Traktat S. 98. Satira später noch grundsätzlicher, bes. S. 332 ff. 623 Andreas : Revoco S. 405. Giacomo: ed. WEISE SS I S. l13: Begünstigung von Heiden zum Schaden von Christen ist an sich verboten. 624 So BOOCKMANN, Falkenberg, 225. Auf die Darstellung Boockmanns sei auch für Chronologie, Inhalte und Argumentationsketten der verschiedenen Traktate verwiesen, auf deren vollständige und detaillierte Behandlung im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden muß. 625 Die Argumentation besonders des Stanislaw de Scarbimiria im Einzelnen bei BOOCKMANN, Falkenberg, 172/73. - Schon den Kanonisten Augustinus Triumphus (um 1326) zur grundsätzlichen Möglichkeit des Papstes, Feinde der Christenheit gegen christliche Rebellen einzusetzen (Summa, q. XLVIII S. 259/50). •
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über das diese, so argumentiert der gelehrte Krakauer Jurist Paulus Vladimiri gegen Hostiensis und mit Innocenz IV., von Natur aus rechtmäßig herrschten 626 . Der Heidenkampf, den der Orden als seine eigentliche Aufgabe zur Förderung des Christentums betrachtet, wird so zur Schädigung derselben umgedeutet. Der in die Defensive gedrängte und in seiner Existenzberechtigung angezwei felte Orden beruft sich dagegen auf Hostiensis und argumentiert, die prinzipielle Friedlosigkeit der Tartaren und anderer Heiden erfordere die Gewaltmission 627. Doch selbst eine Durchsetzung dieses Standpunktes legitimiert den Orden noch nicht, wenn sich neben ihm in Osteuropa noch andere anerkannte Kämpfer für das Christentum etablieren können. Auch diesen Punkt greifen die Polen früh an, als sie, wiederum unter Berufung auf das Beispiel der Tartaren, bereits im Rahmen der ersten Verteidigungen ihre uralte Feindschaft zu diesen Heiden betonen 628 • Jeder wisse, wieviel die Polen als Schutzschild der Christenheit gegen die tartarischen Einfälle schon erlitten hätten. So ist es kein Wunder, daß der Generalprokurator des Ordens, Peter von Wormditt, in Konstanz massiven Widerstand gegen jegliche Privilegierung Polens als Kreuzkämpfer gegen die Tartaren leistet 629• Die Tartaren, die im polnisch-litauischen Heer bei Tannenberg kämpften, sind ein wichtiger Anlaß für den Streit zwischen Polen und dem Orden gewesen. Zwar verliert die Frage nach dem Verhältnis zwischen Christen und Tartaren desto mehr an Gewicht - und wird allmählich zum reinen Propagandamittel 630 - , je prinzipieller die Auseinandersetzung wird, die an Umfang, Details und auch Themen viel reicher ist und hier nur knapp und in Ausschnitten betrachtet werden konnte. Aber wie schon früher haben besondere Eigenschaften, ein spezieller Ruf und die Umstände ihrer Präsenz die Tartaren zu einem geeigneten Paradigma gemacht, anhand dessen die Zeitgenossen viel weiterreichende Positio nen verdeutlichen können und der moderne Historiker Veränderungen im Den ken der Abendländer um 1400 beobachten kann. 626 Zu den Herrschaftsrechten der Heiden bei Hostiensis und vor allem Innocenz IV. oben S. 74/5 (u. 173/4). Paulus Vladimiri, Opinio Hostiensis II S. 864/84; dazu BOOCKMANN, Falkenberg, 225. Grundsätzlich: F. H. RUSSELL, Paulus Vladimiri's Attack on the Just War : a Case Study in Legal Polemics, in: Authority and Power. Studies on Medieval Law and Government, Fs. W. Ullmann, ed. Brian TIERNEy/Peter LINEHAM, Cambridge 1980, 237-254. 627 Wenn man die Tartaren und andere Heiden nicht angreife, würden sie es tun, weil es so in ihrer Natur liege: so der mit der Widerlegung Vladimiris beauftragte Joh. Urbach S. 298/300. In der Defensive greift man noch häufiger auf das Tartaren-Motiv zurück: EKDAHL, Schlacht I, 219. Gefährlich wird die Situation für den Orden auch dadurch, daß der römische König 1394 und vor allem der Papst ihm 1403 den Auftrag zum Heidenkampf offiziell entzogen haben: BOOCKMANN, Falkenberg, 87 bzw. 79. 628 EKDAHL, Schlacht I, 171/2 nach Jan Dlugosz. 629 1416: Nr. 182 S. 364/8. 1415 hat Polen ein Schutzprivileg gegen die Tartaren von Joh. XXIII. erhalten: CES XV Nr. 59 S. 71. - Gleichzeitig warnt Wormditt, der die möglichen Folgen der Entwicklung kommen sieht, seinen Hochmeister 1414 vor dem Schicksal der Templer (BOOCKMANN, Falkenberg, 112 mit N. 264a). 630 Insofern steht die Diskussion nach 1410 im Übergang zu jenem Fremdeinsatz des Tartaren Exemplum, der S. 122 ff. dargestellt wurde. Andereseits waren die Tartaren wenigstens an den Ereignissen beteiligt, dienen nicht nur dem Vergleich, sondern sind konkretes Streitobjekt.
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Wichtig ist aber auch, daß sich nicht nur der Orden, sondern dann auch die Polen beim propagandistischen Einsatz des Tartaren-Beispiels von diesem Feindbild offenbar zu Recht Wirkung auf das westliche Publikum versprechen, da es weierhin ungebrochen vorherrscht 631 . In dieser Grundstimmung beginnt der Westen Europas das Jahrhundert, in dem das türkische Vorrücken in Europa immer bedrohlicher, die Türkengefahr immer spürbarer wird. Wie zur Blütezeit der Sarazenen-Kreuzzüge hat man wieder einen ernsthaften und mächtigen Gegner im Vorderen Orient und jetzt sogar in Südosteuropa, der eine Koopera tion auch mit dessen heidnischen Feinden nahelegen könnte. In Osteuropa, wo alle Grundsatzdebatten nichts an der Bereitschaft und Praxis sämtlicher Fürsten, Heiden- und speziell Tartarenbündnisse einzugehen, geändert haben, fördert die unmittelbare Nähe der Türken diese pragmatische Haltung nur noch zusätzlich. 1423 so berichtet Andreas von Regensburg - trifft der ungarische König Sigismund mit zahlreichen osteuropäischen Fürsten zusam men, um über die Abwehr der Türken zu beraten. Auch der kayser von Tatray habe sein rat pey unserm herren dem kunig632 . Ob mit dem »Kaiser der Tartaren« ein Khan der Goldenen Horde oder vielleicht ein Sohn Timurs gemeint ist, bleibt unklar. 1428 zum Beispiel nahm Sigismund Kontakt sowohl mit Mohemethan (dominum Tartarorum de Ahorda) als auch mit Sahrohmerze ifilio Demerling, domino Tartarorum Chakatay) auf, die beide gegen die Türken nützen könn ten633• Doch die Türken drängen weiter vor; nachdem die Serben 1389 auf dem Amselfeld (Kosovo Polje) vernichtend geschlagen worden waren, erleiden 1444 die Ungarn und das letzte Kreuzfahrerheer bei Varna und 1448 die Ungarn wieder auf dem Amselfeld schwere Niederlagen. 1453 schließlich erobern die Türken Konstantinopel, und obgleich ihre frühe ren Siege sie schon weit nach Europa hineingeführt haben, ist gerade dieser von hohem symbolischen Charakter und erregt eine Welle von Emotionen im Abendland. Aus Osteuropa kommt in dieser Situation der pragmatische Vor schlag des polnischen Kardinals Sbignev, man solle die Tartaren zum Türken kampf gewinnen und in vorderster Front kämpfen lassen, »auf daß Hunde die Hunde besiegen (ut canibus canes vincerent)« 634. Möglicherweise versucht Papst Calixt IH. 1457 aufgrund einer solchen Anregung, unter anderen die Tartaren -
631 Man rechnet in Osteuropa wohl auch (und zu Recht, wie zu zeigen sein wird) mit anhaltend tartarenfeindlicher Stimmung: z. B. 1431 klagen die Polen vor Papst Eugen IV. den Orden an, sich sogar mit den Tartaren verbündet zu haben (CES XV II Nr. 199 S. 271/2; möglicherweise ist der Anklagepunkt aber auch stereotyp geworden). 632 S. 308/9. - Vgl. ähnlich zum Reichstag von Nürnberg 143 1 Endres Tucher (Memorial S. 22): unter den Anwesenden ein hertzog aus Tatern (auch RTA. Si. 3 S. 601). 633 Zitate W. v. STROMER, König Siegmunds Gesandte in den Orient, in: Fs. f. H. Heimpel, Bd. 2, Göttingen 1972, 591-609, hier 596 bzw. 594. Imperator Tartarorum 599 ohne genaue Zuordnung; Nachtrag 609: dominus Tartarorum Demurovich (Stromer: Demirovich; also ev. russ. Sohn Timurs ?). Auch zu Fürsten Kleinasiens hielt Sigismund Kontakt. 634 In einem Brief an Joh. Capistrano 1454, ed. WADDING XII S. 233.
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gegen die Türken aufzuhetzen 635. Aber solche aktiven Bemühungen um die Tartaren sind im Westen selten, wenngleich schon früher im Jahrhundert einzelne abendländische Mächte immerhin bereit waren, die mongolische Bewegungen gegen die Türken zu beobachten und möglicherweise auszunutzen, also auf mittelbare Hilfe seitens der Tartaren zu hoffen 636. Dagegen setzt sich gerade in der Anspannung nach 1453, im Bewußtsein höchster Gefahr wieder die mißtrauische Grundstimmung gegenüber den heidni schen Mongolen durch. Schon nach der Schlacht von Nikopolis war das Gerücht aufgekommen, Tartaren hätten im Heer der Türken gestanden; gerade um 1453 kommen aus Osteuropa wieder Nachrichten, daß die Tartaren mit dem Feind im Bunde seien 637. Die Katastrophenstimmung im Abendland nährt die Befürchtung, die Tartaren, dieses nach wie vor zahlreiche, mächtige und kriegerische Volk, würden eher noch die verderbliche Kraft der Türken vermehren als den Christen gegen sie beizustehen 638. Enea Silvio Piccolomini, der spätere Papst Pius 11., der solche Berichte sammelt und in seinen Briefen weitergibt, kommt zu dem Schluß, man müsse beide Heere getrennt schlagen, »denn wenn der Tartare sich [mit dem Türken] verbünden wird, wie der polnische Legat berichtet und der Regent von Ungarn bestätigt, wird [der Türke] ein fast unermeßliches Heer aufbringen« 639. 635 Das berichtet der Franziskaner-Chronist Nikolas Glassberger S. 376. Allerdings spricht die Erwähnung von Uzun Hasan (unten S. 196/7), der ebenfalls gewonnen werden soll, zu dem Zeitpunkt aber noch nicht herrscht, für eine späte und unzuverlässige Aufzeichnung. 636 Z. B. erfährt Filippo Maria Visconti 1426 von einem tartarischen Angriff auf die Türken, der diese von weiterer Schädigung der Christenheit abhalte, ed. G. ROMANO, Filippo Maria Visconti e i Turchi, in: Arch.stor.lombardo Jg. 17, fase. 3 (1891) 600, N. 3. Venedig beobachtet 1430 das Vorgehen eines Sohnes Timurs: unten S. 195, aber zum grundsätzlich anderen Verhalten der italienischen Seestädte 152ff. Sigismund von Ungarn handelt bei der Türkenabwehr zwar auch als römischer König, der er seit 1410 ist, aber mit den politischen Mitteln und Erfahrungen eines osteuropäischen Herrschers. - Bloßes Zusehen, wie andere sich aufreiben, mit einem ganz ähnlichen Bild wie oben Sbignev, empfiehlt schon vor 1241 der Bf. v. Winchester: »Lassen wir doch jene Hunde [Tartaren und Assassinen) sich gegenseitig verschlingen, auf daß sie aufgerieben zu Grunde gehen« (MP CM IH S. 489). 637 Nikopolis: vgl. S. 1 79. Um 1453: z. B. Enea Silvios Paraphrase der Meinung des polnischen Königs 1454: quoniam et Tartari et Turci una mente christianum nomen delere conarentur, fedusque invicem ferocissime illae gentis iniissent (De orig. Pruten. in: SS rer. Prus. IV S. 227 N. l); die Briefe Enea Silvios N. 639. Tatsächliche Kontakte gering, z. B. 1427/8: SPULER, Horde, 158/9. 638 Der Ruf des Volks, zahlreich, mächtig und kriegerisch zu sein, hat auch den Zerfall der Goldenen Horde überdauert und wird vor allem dann interessant, wenn man fürchten mußte, daß diese Macht den Türken zugute kommen könnte; dazu S. 229/30. 639 1454 aus Wiener Neustadt: IV S. 542, auch 467 und den auf die in N. 637 zitierte Stelle folgenden Text. Getrennt: Brief Sommer 1454, IV S. 526/7: die Polen, die den Tartaren am nächsten sind, wollen diese angreifen, damit sie den Türken nicht gegen die übrigen Christen helfen können), 562 (man muß die Türken in Grecia, die Tartaren in Muldavia sive in Walachia angreifen [in der Ed. sind zwei Kommata sinnentstellend gesetzt)). Zur Verbindung von Tartaren und Türken auch IV S. 315 (Okt. 1453); 501, 546 (Sommer 1454); Rede vor dem Reichstag in Regensburg in Anwesenheit des Herzogs v. Burgund, 16. 5. 1554, RTA. Si. 1 , S. 267, 269. Das war eine völlige Fehleinschätzung der tatsächlichen Verhältnisse : SPULER, Horde, 154/84 (»Der Zerfall der Horde«). - Zu Pius' H . Orient Quellen vgl. z. B. A. STRNAD, Studia piccolomineana, in : Enea Silvio Piccolomini Papa Pio H. Atti del Conv. per il 5. cent. della morte . . . , cd. D. MAFFEI, Siena 1968, 308/9.
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Unrealistisch und von weltfremdem Optimismus getragen erscheint dagegen die Vision des Leonardo Dati : Der Türke naht, doch die Heilige Jungfrau und alle Himmlischen sind mit Papst Nikolaus v., auf daß er Frieden schaffe in Europa. »Und die Waffen des Mars werden alle zugleich gegen den Türken gerichtet werden . . . es erhebt sich der wilde Skythe, und der Tartare steigt aus dem äußersten Indien herab . . . « 640 ; Germanien, die galli und angli, ganz Italien, schließlich der Priester Johannes werden gemeinsam das Heilige Grab befreien und auf der ganzen Welt den Triumph des wahren Gottes feiern. Doch auch in anderen Schriften des 15. Jahrhunderts zeigt die gezielte Auswahl oder sogar Kommentierung von Nachrichten über tartarische Erfolge gegen Tür ken, daß die Erinnerung an frühere Feindschaft zwischen beiden Völkern weiter lebt. Vinzenz' von Beauvais vielgelesenes und -rezipiertes Speeulum historiale enthält neben all seinen Tartaren-Notizen ausführliche Berichte über die erfolgrei chen Kämpfe der Tartaren gegen die Türken schon um 1241, und gerade diese Passagen wählt um die Mitte des 15. Jahrhunderts der Lütticher Chronist Cornelius Zantfliet vorrangig aus, um sie in seine eigene Chronik zu übernehmen 64 1 . Antonius von Florenz setzt die Berichte Vinzenz' sogar ausdrücklich in historische Bezie hung zu Timurs Türkensieg und der Eroberung Konstantinopels, als er zwischen seine ausführlichen Vinzenz-Exzerpte einen eigenen Exkurs einschaltet642 • Die Erinnerung besonders an das Wirken Timurs nährt noch manche Hoffnung. »Fürchten muß der Türke«, so betont 1442/43 der orienterfahrene Sienese Beltramo Mignanelli gegenüber Papst Eugen IV., » . . . auch die Enkel des Thomorlengh, der Damascus zerstörte, Syrien einnahm und den Beyzyd, des Türken Vorfahren, zerschmetterte, wie einen Knaben im Krieg gefangen nahm und wie ein Hündchen an die Kette legte« 643; schon 1430 erfahren die Venezianer von einem geplanten Angriff eines Sohnes Timurs auf die Türken, den sie auszunutzen gedenken 644• Solche mit Timur und seinen Nachkommen verbundenen Erwartungen setzen für den Westen die Tradition fort, die mit der Hoffnung auf den Priester Johannes im Rücken der Sarazenen begonnen hatte und von den tartarischen Ilkhanen konkretisiert und verstärkt wurde. Am burgundischen Hof, dem Zentrum der Planungen für einen Türkenkreuzzug um die Mitte des Jahrhunderts, häufen sich 640 . . . mavortiaque armal in thurcum simul invertent, hoc magnus hiberusl anxius expectat alteve
georgia terrel surgit scytta ferox: et qui descensit ab indis:1 Tartarus extremis, gelidos habitare trionesl nil aliud ruthenus avet . . . : Carmen ad pontificem maximum dominum Nicolaum papam V in Turcum Mahomet, dat. auf ca. 1453-1455, nach Vat. Ms. Chigi I V 194 fol. 25v (ZusJass. in Teiled.; bes. 5. 681
9; vgl. PERTUSI, Caduta III, 261). 641 Sp. 74-78; geschrieben zwischen 1445 und 1461. 642 Chr. III fol. 52vb. 643 Informatio 5. 85 (der Autor war 1416 Dolmetscher der Kopten in Konstanz). An Timur erinnert auch der ebenfalls orienterfahrene Venezianer Emmanuele Piloti, wie unten N. 646. 644 Paraphrasiert IORGA Notes VI 5. 86/7. Vgl. Brief aus dem Orient an Sigismund 1430/31 bei STROMER (Ed.), Dipl. Kontakte, 267/8.
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196
IH.
ABENDLÄ N D I S C H E M O N G O LENPOLITIK
derartige Erinnerungen besonders 645. Philipps des Guten umfangreiche Literatur sammlung zum Thema Kreuzzug enthält zum Beispiel die französische Version des KreuzzugsITlemorandums Emmanuele Pilotis aus Venedig, der sich bei man chen Vorschlägen wie frühere Gutachter auf Erfahrungen des Tartaren Timur beruft 646. Auf des Herzogs Veranlassung hin schreibt Bertrandon de la Brocquiere nach 1454 die Beobachtungen seiner zwanzig Jahre zurückliegenden Reise in den Vorderen Orient nieder - voll von Erinnerungen an Timurs Wirken und die Herrschaft seiner Nachkommen in Persien 647. Darüber hinaus zieht Philipp bewußt frühere Kreuzzugsmemoranden heran und vergleicht seine Situation mit der vor hundert bis hundertfünfzig Jahren; er besitzt die Schriften Haythons, Marino Sanudos und des Philippe de Mezieres. Schließlich läßt er 1455 durch J ean Mielot das Directorium ad passagium faciendum, das den Kampf im Bund mit den Tartaren zunächst gegen die Türken empfiehlt, ins Französische übersetzen 648 . Wenn solche Schriften die im Westen arg diskreditierten N o r dtartaren erwähnen, dann nur warnend 649 - die Tartaren aus dem persischen Raum aber stehen als immerwährende Feinde der Muslime, der Türken da. Und so wenden sich westeuropäische Planer des Kampfes gegen die Türken nach 1453 weniger an die Goldene Horde - das heißt deren Reste -, sondern an den neuen Herrn in Persien, den Turkmenen Uzun Hasan (1466-78) 650 . Von ihm soll 1460 ein Gesandter bei Papst Pius 11. gewesen sein, bei ihm hält sich 1475 auch ein Bote des burgundischen Herzogs, nun Karls des Kühnen, auf 65 1 ; mit ihm verhandeln vor 645 Ghillebert de Lannoy hat selbst die Verhältnisse in Osteuropa und die Kooperationen von Litauern und Tartaren beobachtet (N. 607; veröffentlicht erst nach Ghilleberts Tod 1462. A. BER TRAND, Un seigneur bourguignon en Europe de I'Est: Guillebert de Lannoy [1386-1462], in : MA 95 [1989] 293-309). Jean Germain benutzt u. a. Timur als Beispiel für die Uneinigkeit unter den Sarazenen S. 328/9. - Zur zentralen Stellung des Herzogs und seiner Berater innerhalb der Türkenkreuzzugs Planungen jetzt Heribert MÜLLER, Kreuzzugspläne und Kreuzzugspolitik des Herzogs Philipp des Guten von Burgund, München 1993. 646 S. 25, 240; das Argument endet leider vor Ende der Schrift; die allein und in einem einzigen Exemplar erhaltene französische Übersetzung stammt von 1441. 647 S. 1, 35-37, 75/6, 118; das Exemplar Philipps (Ms. BN Paris franc;. 9087 Inventar der Herzöge v. Burgund Nr. 1525) enthält z. B. auch Mielots französische Übersetzung der Descriptio Terrae Sanctae des Burchard v. Monte Sion (1456, so Ed. einleitend). 648 Georges DOUTREPONT, La litterature franc;aise a la cour des ducs de Bourgogne, Paris 1909, 260f. 649 Zwar nennen die Berater Philipps des Guten, die erwarten, daß die Türken von allen Sarazenen Hilfe erhalten werden, die Mongolen nicht ausdrücklich (ed. FINOT S. 184). Doch kann durchaus auch an sie gedacht sein, denn zum einen weiß man von ihnen inzwischen, daß sie Sarazenen wurden, und zum anderen entspräche das der allgemeinen Stimmung; Enea Silvio, Comm. 1. XIII, vol. lI S. 798: die Türken erwarten ex soldano Egypti, ex Tartaris vicinisque gentibus auxilia postulata. 650 Nachrichten über ihn gelangen wiederum über Pilger ins Abendland: unten S. 235, N. 205. 651 Pius 11.: Enea Silvio, Comm. LV, vol. I, S. 321/22 (vgl. Ludwig PASTOR, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. lI, Freiburg/Br. 3/41904, 224/25; für den Hinweis danke ich Christine Reinle, Bochum); den burgundischen Boten trifft der Venezianer Ambrogio Contarini in Tabris: Reisebericht S. 1 99/200. Nachricht des Kaisers von Trapezunt über seinen Heiratsbund (vgl. N. 652) mit Asambech (infidelis!) an den Herzog von Burgund schon 1459 RAYNALDUS Ann. Eccl. 1459 XLIX. Mit einem nicht-tartarischen Fürsten des Vorderen Orients verhandelte auch schon Sigismund, wie N. 633. =
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P O L ITISCHES KALKUL IM ••
15.
JAHRHUND ERT
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allem die Venezianer652, die verwandtschaftliche Beziehungen zu ihm haben, über einen Zweifrontenkrieg gegen die Türken. Der neue Hoffnungsträger sei ebenso stark wie der Türke und habe, so erfährt man im Westen, militärisch und ideell als Türkenfeind die Nachfolge Timurs angetreten 653. Sein Reich entspricht dem früheren der Tartaren, die »heute den Uson Cassanus als Herrn haben«. Obgleich man im Abendland sehr wohl weiß, daß Uzun Hasan kein Tartare ist, stellt man sich offenbar ganz bewußt in eine bestimmte Tradition, die mit dem Namen der Tartaren verknüpft ist 654• Kommunikationsschwierigkeiten über die weite Entfernung machen - wie schon um 1300 alle Ansätze eines Zusammenwirkens zunichte, denn als die veneziani sche Flotte 1474 die Türken ablenken will, kann Uzun Hasan, der schon im Vorjahr schwer geschlagen worden ist, an weitere Kämpfe nicht denken. Dennoch zeigt dieser sehr kursorische Ausblick ins 15. Jahrhundert, daß die diplomatischen Kontakte mit den Tartaren bei allen Einschränkungen von traditionsstiftender und zukunftsweisender Wirkung auf abendländisches politisches Verhalten gewesen sind. Es sind Venezianer und Genuesen - also gerade jene Abendländer, die sich als Kaufleute kontinuierlich unter den Tartaren und anderen Orientalen bewegt haben -, die auf Timurs Anmarsch reagieren. Bei allen Bedenken sind sie bereit, jedes mögliche Ergebnis des Vormarsches zu nutzen, weil der Vordere Orient zu ihrem unmittelbaren, vertrauten Einzugsbereich hinzugetreten ist. Auf der anderen Seite wirkt die Propaganda des Deutschen Ordens nach der Schlacht von Tannenberg im Westen deshalb, weil die Tartaren den meisten Abendländern weiterhin fremd und fern geblieben sind. Gewiß gehören sie der Landkarte an, doch das politische Urteil bleibt vage und letztlich eher ablehnend. Wenngleich der ökonomisch, religiös idealistisch, aber auch realpolitisch begründete Wunsch nicht stirbt, den Priesterkö nig Johannes, den vertrauenswürdigen christlichen Herrscher, aufzufinden - im 15. Jahrhundert umfahren die Portugiesen Afrika nicht zuletzt, um ihn zu erreichen 655 -, haben in zweihundert Jahren Zugang zum Orient zumindest einige Mächte gelernt, zusätzlich zu allen Wunschträumen pragmatische Politik zu betreiben. -
652 Zu den Hintergründen der Gesandtschaften des Giosafat Barbaro (oben S. 170/1) und Ambrogio Contarini die Einleitung der Ed.: verheiratet ist Uzun Hasan mit einer Tochter des Kaisers v. Trapezunt, deren Schwester nach Venedig geheiratet hat, S. 10/12 (vg!. N. 651 u. Marino Sanudo d.Jgr., Vite 5. 22 Anm.46). Die Genuesen von Chaffa im Bunde mit ihm und dem Herrn von Surchatti, genannt gran tartero della Tana bei Benedetto Dei, S. 155/57. Zu päpstlichen Kontakten angeblich schon 1457 oben S. 194 mit N. 635. 653 Um 1471 Itinerarium des Anselm Adorno S. 202/4: er hat einen Nachkommen Timurs besiegt; er ist ungeheuer mächtig und steht mit dem Westen in freundlichen Verhandlungen über einen Angriff auf die Türken. 654 Jacopo Foresti, Supplementum fol. 272v. - Der Großvater des Uzun Hasan, Qara Yuluq, wird zumindest vom Übersetzer seines Briefes, mit dem er sich an Sigismund gewandt zu haben scheint, an dessen Hof noch direkt als Korolock der Tatar bezeichnet: STROMER (Ed.), Dip!. Kontakte, 267, dort auch zur mög!. Unechtheit des Briefes. 655 Zur historisch-politischen Einordnung dieser Bemühungen vgl. MÜLLER, Burgund, wie N. 645. •
IV.
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Die Einordnung der Mongolen in das abendländische Wissen von der Welt
Das gewaltsame Eindringen der Mongolen in den Bereich der katholischen Christenheit hatte die Abendländer zu Reaktionen gezwungen. Über bloße Abwehrmaßnahmen hinaus erschlossen sich verschiedene Interessengruppen durch aktives Handeln das neue Volk und die von ihm beherrschten Räume zu den jeweils eigenen Zwecken. Fürsten, Diplomaten, Missionare und Kaufleute ordneten auf diese Weise das Unbekannte ihrem Aktionsradius und - reflektie rend - auch ihrem geistigen Horizont ein. Schon die allerersten Abendländer, die sich für die Mongolen zu interessieren begannen, weil diese so machtvoll nach Westen vordrangen, beschrieben nicht nur blind eine Gefahr, sondern sie fragten systematisch nach deren Hintergrün den. Der ungarische Dominikanerbruder Julian 1 erzählt etwa 1238 bei seiner Rückkehr aus der osteuropäischen Steppe von den Verwüstungen, die die schrecklichen Tartaren angerichtet hätten, aber er hat auch schon Nachrichten über ihre Absichten, ihre Geschichte und ihre militärischen Möglichkeiten und Gewohnheiten gesammelt. Zwar wollen die angstvoll-verzweifelten Hilferufe aus Osteuropa in den Schreckensjahren 1241/42 nicht eigentlich über die Mongolen informieren, wenn sie über ihre Herkunft, ihre kriegerischen Fähigkeiten und ihre Absichten berichten, sondern die Gefährdung ausmalen und unterstreichen. Doch mancher Empfänger im Westen registriert solche Beschreibungen in der gleichen Zeit bereits mit fast sachlichem Interesse. Wer wie der französische Templermeister Ponce d' Aubon nicht unmittelbar betroffen ist, kann offenbar trotz Erschreckens und Befürchtungen mit einem gewissen Abstand beobachten 2 • Kaiser Friedrich 11. will in seinem Brief an den englischen König Heinrich III. 1241 vor allem warnen und zugleich den Papst ins Unrecht setzen3• Er schildert wie andere die Zerstörungen in Osteuropa, die Absichten und kriegerischen Fähigkeiten der Mongolen. Das allein aber genügt ihm offenbar nicht zur Darstel lung des neu aufgetauchten Volkes. Er hat sich zur Abrundung seines Bildes weitere Informationen zu verschaffen gewußt und teilt sie auch dem englischen König mit. Auch sie, die zum Teil gar nicht unmittelbar militärisch relevant sind - wie 1 Zu ihm oben S. 26. 2 Enthalten in Cont. PaTis. Hist. Reg. Franc. S. 604/5; der Brief ist undatiert, doch offenbar noch aus der Situation der Jahre 1241/2 heraus entstanden. S. 605: Ganz sachlich trägt der Templer fragmentari sche Informationen zusammen, die er über politisches Verhalten, Taktik und Ausrüstung der Mongolen bekommen konnte. 3 Brief z. B. bei MP CM IV S. 112-119. - Antipäpstliche Propaganda oben S. 123.
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DAS VOLK DER TARTAREN
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Aussehen oder genauer geographischer Ursprung der Tartaren -, gehören für den Kaiser zu dem für ein Urteil notwendigen Wissen 4. Schon früh zeigt sich hier im Umgang mit den Mongolen ein typisches Verhalten der Abendländer, das auch spätere Reisende bestätigen werden. Man strebt nach immer vollständigeren Kenntnissen, mit Hilfe derer man ein Volk erst wirklich einordnen und ihm seinen angemessenen Platz im Weltbild zuweisen kann. Ein eventuelles Wiedererkennen in der Überlieferung, aber auch ein Kennen lernen wird erst durch möglichst umfassende und zuverlässige Informationen ern.,nnöglicht 5. >,viel Unglaubliches und gänzlich Unmenschliches haben wir über Ursprung, Gebräuche und Ernährung des genannten barbarischen Volkes gehört, was wir hier, weil es uns noch nicht völlig bekannt (nondum plene cognita) ist, aufzuschreiben unterlassen, bis uns die reine Wahrheit (mera veritas) darüber bekannt wird, die wir dann an einem geeigneten Ort niederschreiben wollen.« 6 Der zeitgenössische Annalist von St. Pantaleon in Köln kann 1241 noch nicht urteilen, weil er eben noch nicht alles und damit noch nicht die reine Wahrheit weiß. Er ist aber überzeugt, daß die Zukunft sichereres Wissen bringen wird, und seine Hoffnung erfüllt sich, weil auch andere Zeitgenossen das gleiche Bedürfnis nach Gewißheit verspüren. Innocenz IV. setzt für das allgemeine Konzil von 1245 in Lyon nicht nur die Tartarenfrage auf die Tagesordnung, sondern er sorgt auch - wie gezeigt - in vielfacher Hinsicht für Informationen. Die Zeit des Zusammentragens mehr oder weniger zufällig auffindbarer Nachrichten ist vorüber; an ihre Stelle tritt das systematische Forschen nach Informationen. Zu diesem Zweck hat der Papst offenbar einen nach modernsten wissenschaftlichen Prinzipien zusammengestellten Fragenkatalog entwickelt, der alle Bereiche der Existenz der Mongolen vollständig erfassen soll; der Wert der neuen scholastischen Methode für die Erkenntnis der Wirklichkeit muß sich bei der Betrachtung des ganz unbekannten Volkes erwei sen 7. Dieses Fragenraster legt Innocenz nicht nur auf dem Konzil seinem osteuro päischen Informanten vor, sondern er gibt es offenbar auch seinen Boten mit auf den Weg, die es je nach Fähigkeiten und Interessen ausfüllen 8.
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4 Aussehen S. 1 15; bemerkenswerte Überlegungen zur geographischen Herkunft der Tartaren S. 1 12 u. unten 287. 5 Ausführlicher zur Problematik des Wiedererkennens unten S. 291/2, auch 258. 6 Ann. S. Pantal. S. 535/6, auch Chr. Reg. Colon. S . 2 8 1 . 7 So fOlIlluliert FRIED, Suche, 298/9; der Fragenkatalog in seinem Wesen als Ergebnis scholastischen Denkens und in seiner Funktion erkannt 315/6; zu seinem konkreten Inhalt unten S. 206. 8 Der Fragenkatalog, den die Ann. de Burton für die Befragung Peters Y. Rußland in Lyon ausdrücklich zitieren, taucht in etwas erweiterter Form bei Joh. Y. Plano Carpini wieder auf (FRIED, Suche, 316). Joh. wendet ihn höchst systematisch an; am Anfang jedes seiner Kapitel steht das Thema und eine knappe Inhaltsangabe. - Auf Grund der Überlieferungslage der Berichte von 1245/8 kann man keine Sicherheit darüber gewinnen, ob auch Andreas Y. Longjumeau und Simon Y. St-Quentin den gleichen Katalog ihren Informationen zu Grunde legten. Jedoch scheint bei aller Knappheit das Referat der Erzählungen des Andreas bei Matthäus Parisiensis dem Katalog zu folgen (jede Frage ist, wenn auch oft sehr kurz, beantwortet; selbst die Reihenfolge ist gegenüber den Ann. de Burton nur wenig verschoben). Geht man von dem langen ersten Zitat des Simon bei seinem Rezipienten und •
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IV. EINORDNUNG I N DAS WISSEN VON D E R WELT
Dank der Durchdachtheit der ersten Untersuchungen stehen sehr früh hervor ragende und alle Lebensbereiche erfassende Informationen über das Volk der Tartaren zur Verfügung. Bedenkt man das in den Annalen von St. Pantaleon formulierte Bedürfnis, so verdanken die ersten Berichte es sicher dieser befriedi genden Qualität, daß sie weithin und immer wieder rezipiert werden, ohne daß eine Überprüfung für notwendig gehalten wird. Nur wenige spätere Berichte finden ähnliche Verbreitung und werden alternativ, zur Verbesserung oder zur Ergänzung herangezogen 9. Die ersten Informationen werden höchsten durch Berichte von späteren Ereignissen oder durch Beobachtungen religiöser Verände rungen eIweitert, die sie naturgemäß noch nicht enthalten konnten. Bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts kann die Sammlung von Informationen der Abendländer über die Mongolen bis auf wenige Ausnahmen als abgeschlossen betrachtet werden; aus ihr werden fast alle späteren Darstellungen schöpfen. Die auch in modernem Sinne hohe Qualität der Beschreibung läßt dieses Manko auf der einen Seite gering erscheinen. Auf der anderen Seite aber werden so bestimmte Urteile, die die Reisenden unbewußt oder ganz willentlich in ihre Beschreibungen einfügen, unmodifiziert vervielfältigt, erhalten dauernde Gültig keit und verengen den Blick 10 . Bei manchen Bedingungen des mongolischen Lebens, die historischen Wandlungen unterworfen sind, schleichen sich durch die Stagnation der Information später Fehler ein I ' . Aus den trotz der genannten Einschränkungen vielfältigen Informationen, die die Reisenden mitgebracht haben, setzt sich, soweit sie aufgenommen und reflektiert werden, das Wissen des Abendlandes über die Mongolen zusammen. Die Entstehung solchen Wissens durch Reflexion haben wir bereits anhand der Theoriebildung von Missionaren, Kaufleuten und Diplomaten beobachtet. Sie alle schöpfen aus den vorhandenen Informationen und bereichern die Gesamtheit des Wissens. Diese Gesamtheit - das, was der Westen über die Mongolen wußte und was man von ihnen dachte - soll im folgenden dargestellt werden. Sie zeigt sich nicht Traditor Vinzenz v. Beauvais aus (XXIX,69 ff. S. 1209-1215), so scheinen auch hier mindestens die ersten ca. 16 Kapitel in das Raster zu passen. Bei Simon und bei Andreas wie bei Peter v. Rußland fehlt die Beschreibung von Land und Klima, die offenbar Joh. in eigener Initiative hinzufügte. 9 Vielleicht liegt hier mit ein Grund für die geringe Rezeption des Itinerarium Wilhelms v. Rubruk. Seine Informationen gehen vom reinen Gehalt her selten über die eines Plano Carpini hinaus und sind wesentlich situations bezogener, unsystematischer angeordnet (Begründung des unsystematischen Berichtes im Prolog). Er hat die gleichen Fragen, gibt sich aber nicht so sehr wie Joh. Mühe, immer auch Umstände, die er nicht sieht, zu erfragen. Von dieser Warte aus war er nicht als Alternative oder gar Ersatz geeignet; die Mühe der Kompilation zweier Berichte zu so ähnlichen Themen machte sich selten ein Zeitgenosse (Ausnahme: Vinzenz v. Beauvais ergänzt an mancher Stelle Simon durch Plano Carpini; wer sonst zwei oder mehrere Berichte benutzt, wählt normalerweise solche, die sich weithin . nicht überschneiden). 10 Unten manche Bilder, die sich festsetzen, vgl. oben S. 43 ff. - Zur Qualität der Beobachtungen in ethnologischer Sicht aber F. FERNANDEZ-ARMESTO, Medieval Ethnography, in: J. of the Anthropolo gical Society of Oxford 13 (1982) 275-286. 11 Oben S. 60; allgemeiner unten 248 H.
DAS VOLK DER TARTAREN
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nur im bewußten Nachdenken über die Mongolen und in der beabsichtigten Darstellung des Volkes. Ebenso wichtig als Quelle sind die mittelbaren Benut zungen. Kenntnisse von den Mongolen werden als Beispiele, als Vergleich und Kontrast angewendet, werden zu Klischees und bis auf Topoi reduziert. Es entsteht ein facettenreiches abendländisches Mongolenbild, vielleicht besser: eine Sammlung von Bildern verschiedenster Färbung. In den Fundus des Wissens gehen die Reflexionen der Praktiker ebenso ein, wie sie ihrerseits daraus schöpfen können. Vor allem aber bietet er die Grundlage für die Einordnung der Mongolen in abstraktere Bereiche des mittelalterlichen Weltbildes, besonders die Geschichte und die Geographie. Die mittelalterliche Weltchronistik bemüht sich, alle Völker zu umfassen und einzubinden. Zudem nimmt die Auffassung von Weltgeschichte einen Anfang an und ein Ende, auf das die Welt zustrebt. Alle Geschehnisse in der Zeit können als mehr oder weniger konkrete Zeichen für das Herannahen des Endes verstanden werden. Ein Volk, das wie die Mongolen machtvoll und unerwartet auftritt, muß auf seine Geschichtswirksamkeit hin untersucht werden; seine Aufgabe in der Geschichte muß festgestellt werden. Weit über die Aspekte hinaus, die oben schon in manchen Werken der Missionstheorie beleuchtet wurden, entwickelt die Eschatologie auf Grund von Wissen über die Mongolen Theorien und Modelle der Einordnung. Während die Endzeitbetrachtung vielseitig genug ist, um den Mongolen verschiedene passende Plätze zuweisen zu können, stößt die mittelalterliche Erdbeschreibung an ihre Grenzen. Die Einzelinformationen müssen, reflektiert und im Zusammenhang gesehen, den traditionell vorgegebenen Rahmen sprengen und das Bild vom Aussehen der Erde verändern. Am Ende der Auseinanderset zungen mit den neuen Nachrichten, die sich nicht zuletzt veranlaßt durch die Mongolenreisen dem Abendland aufdrängen, entsteht eine neue Geographie. Zunächst jedoch sei versucht, das gesamte Spektrum des abendländischen Wissens über die Tartaren auszubreiten, jenen Fundus also, der die Grundlage und den Rahmen aller Einfügungen in das Weltbild und für dessen Veränderun gen bildete.
1. Das Volk der Tartaren in den Augen des Abendlandes Welches Bild macht man sich im spätmittelalterlichen Abendland von den Tarta ren? 12 Die Reisenden vermitteln die Grundlage dafür durch mündliche und schriftliche, in bestimmter Weise ausgewählte und verstandene Informationen. Unter der Einwirkung zahlreicher, anfangs geschilderter Faktoren, wie vor allem Im folgenden soll keineswegs behauptet werden, a lle Abendländer hätten alles das gewußt. Es ist immer an das gedacht, was m a n wissen k o n n t e und was e i nzelne konkret wußten. 12
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
einer grundsätzlich von kultureller Prägung beeinflußten Wahrnehmung, von Vorwissen und Vorurteilen, persönlichen Erfahrungen, Fähigkeiten und Inter essen sowie der jeweiligen Darstellungsabsicht, bestimmt die Gesamtheit aller Reiseberichte den Kenntnisrahmen für die Beschäftigung aller interessierten Abendländer mit den Mongolen13• Aus den so verfügbaren Nachrichten wählen die Benutzer der Berichte zu Hause im Westen ihrerseits zu bestimmten Zwecken und beeinflußt von ihrer Verständnismöglichkeit aus. Die letztere ist mehr als bei den Reisenden beeinträchtigt, weil die Überprüfung durch eigene Erfahrung fehlt, die Entscheidung zwischen Vorwissen und Neuem erschwert ist und außerdem oft Informationen auch aus zweiter oder dritter Hand übernommen werden. In all diesen Beschreibungen der Beobachter selbst und ihrer Rezipienten wiederholen sich manche Beobachtungen immer wieder, andere sind selten, werden kaum beachtet. Urteile verbreiten sich, setzen sich durch oder treten wieder in den Hintergrund, manches Thema ist beliebter und bekannter als andere. Frühe Informationen durch allererste Reise- und Augenzeugenberichte, zum Teil in Form von Briefen, gelangen nach Westen, finden in Sammlungen und in die Geschichtsschreibung Eingang und können so weiterhin wirksam wer den 14. In späterer Zeit verfügen vor allem Missionare, Kaufleute, Fürsten und Diplomaten und auch manche Chronisten, zum Beispiel aus italienischen Städten oder den Missionsorden, über besondere eigene Quellen 15. Im großen und ganzen aber greift die Rezeption von Tartaren-Nachrichten weitgehend immer wieder auf die gleichen wenigen Reiseberichte zurück, während andere vernachlässigt werden. Johannes von Plano Carpini und Simon von St-Quentin prägen, so kann man ohne Übertreibung sagen, mit ihren Berichten maßgeblich das gesamte abendlän dische Mongolenbild, soweit und nicht zuletzt weil Vinzenz von Beauvais sie in sein Speculum historiale (mehrfach redigiert zwischen 1244 und 1253) aufnimmt, 13 Zur Definition der »Reiseberichte« vgl. S.44. 14
Augenzeugen: fr. Riccardus (1230er Jahre); fr.Julian (nach 1238). Rogerius »v. Apulien« oder »v. Torre Maggiore« fiel 1243 in Ungarn den Tartaren für ein Jahr in die Hände, schrieb 1244 sein Carmen
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miserabile, dessen Einleitungsbrief in einem späten Druck erhalten blieb. Einen Engländer im Dienste der Mongolen zitiert Ivo v. Narbonne (der selbst, flüchtiger Ketzer, den Mongolen nur knapp entging; MP CM IV S.270/77, etwa 1241: unten N.43); ein ungarischer Bf. (1242) bei MP CM VI S. 75/6 und Ann. de Waverley S. 324; unten S. 207. Frühe Briefe, z. T. nach Hörensagen, vor allem bei MP CM V I S.76-84; HORMAYR-HoRTENBURG, Goldene Chr.; BÖHMER, Briefe. Dazu S.22ff., auch Peter v. Rußland (1245); Chroniken: Alberich v. Trois-Fontaines (ab 1232); Matthäus Parisiensis (vor 1259); später Thomas v. Split (t 1268; BEZZOLA 91: Chr. vor 1245/7, weil Anklänge an die päpstlichen Boten fehlten; Thomas, z.T. Augenzeuge, könnte jedoch den Bericht des Plano Carpini, der 1250 Bf. in Dalmatien wurde, gekannt haben; unten N.469; vielleicht war Joh. auch 1247 in Ungarn, vgl. D. SINOR, John of Piano Carpini's Return from the Mongois. New Light from a Luxemburg Manuscript, iri: J. of the R.Asi�t.Soc. of Great Britain and Ireland 1957, 193-206). Dazu kommen zahlreiche selbständige Nachrichten in zeitgenössischen Chroniken; Analyse des gesamten frühen Bildes mit Übersicht über die Quellen BEZZOLA 90-104. - Sammlungen: Additamenta des MP, aber auch die Transsumpte von Lyon oder der Liber Censuum der römischen Kirche (oben S.74, bzw. 26). 15 Grundsätzlich S. 66 ff.; passim die fraglichen Kapitel im III. Teil der Arbeit.
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das zu den weitverbreitetsten und meistbenutzten Schriften des späten Mittelal 16 ters gehört und auch ganz früh ins Französische übersetzt wird . Ähnliche Beachtung und Verbreitung finden nur noch wenige Berichte17: das Buch des Venezianers Marco Polo (um 1300), des Armeniers Haython Flos historiarum terre Orientis ( 1307 in Frankreich geschrieben), die Relatio Odorichs von Porde none (um 1330), die Travels des Sir John Mandeville (spätestens 1371) und schließlich im 15. Jahrhundert der Bericht Johannes Schiltbergers aus München über Timur (um 1427) 18. Alle anderen, auch großen Berichte haben unterschiedli che, relativ geringfügige eindeutig feststellbare Spuren hinterlassen, stehen aber den Zeitgenossen prinzipiell zur Verfügungl9• Sie müssen schon deshalb hier berücksichtigt werden, weil viele der Aussagen rezipierender Schriften über das Volk der Tartaren keiner konkreten Quelle zugewiesen werden können. Das ist nur möglich, wenn ein Autor seine Quelle(n) angibt oder aber ganze Passagen 20. über Sitten, Gebräuche etc. der Tartaren weitgehend wortgetreu übernimmt Umfangreiche Informationen über die Tartaren geben vor allem viele Weltchroni sten des 14. und 15. Jahrhunderts, die anläßlich der ersten Nennung des Volksna mens mehr oder weniger ausführliche und vollständige Exkurse über Herkunft, Geschichte, Sitten und Gebräuche der Tartaren einschalten, daneben aber auch einzelne Enzyklopädisten und Geographen. Solche Rezipienten benutzen sehr oft 2 mehrere Quellen, die einander ergänzen 1 •
Dieses wichtigste Handbuch des Mittelalters blieb noch in der Renaissance beliebt (Druck 1624). Zur Datierung A.D. v.D. BRINCKEN, Die Mongolen im Weltbild der Lateiner um die Mitte des 16
13.Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des »Speculum Historiale« des Vincenz von Beauvais OP, in: AKG 57 (1975) 117-140, bes. 126/7; zu Vinzenz DIES., Geschichtsbetrachtung bei Vincenz von Beauvais. Die Apologia Auctoris zum Speculum Maius, in: DA 34 (1978) 410-99. Vgl. noch N.9. Zu Joh. und Simon vgl. S.78/9. S. ist nur von Vinzenz überliefert; Joh. wurde auch an anderen Stellen rezipiert (oben S.50), direkt bei C. de Bridia (1247). 17 Details zur Zahl der Handschriften und auch zur Rezeption entnehme man den Editionen und der Spezialliteratur. 18 Zu Mandeville N.26. 19 »Feststellbare Spuren« sind zunächst direkt nachweisbare Rezeption; berücksichtigt sind auch die Anzahl der überlieferten Handschriften. Dazu die Berichte Benedikts v. Polen OFM und Andreas' v. Longjumeau OP (1247/8); der Brief des Armeniers Sempad (1248; zit.nach Vinzenz, S.1316/7); Rubruks OFM Itinerarium (1255); Davids v. Ashby OP Fais des Tatars (wohl 1274); das Itinerarium Ricolds v. Montecroce OP (um 1300); Jean de Joinville's Vita Ludwigs IX. (persönliche Tartarener fahrungen c. 489 S. 268 wohl lange vor der Niederschrift nach 1300); die Mirabilia descripta des Jordan v. Severac OP (1324/30; nur 1 Ms. erhalten); der Livre de lestat du grant Caan vermutlich des Joh. de Cori OP (1328/34); die in eine böhmische Chronik verwobenen Schilderungen des Joh. v. Marignolli OFM (nach 1352); Joh.' v. Sultaniyah OP Schriften über Timur (um 1402); die Reiseberichte des Kastiliers Pero Tafur 1453/57, des Venezianers Giosafat Barbaro 1487, des Burgunders Ghillebert de Lannoy 14l4 ff.; die Volksbeschreibung im Ogdoas des Genuesen aus Caffa Alberto Alfieri, der
Skythen und Tartaren identifiziert. Dazu kommen viele Briefe von Missionaren (ab 1305), ganz zu . schweigen von mündlichen Berichten (oben S. 48ff.).
20 Vgl. S.63/4. 21 Ausdrückliche Begründungen für die Einfügung von informativen Exkursen G.Villani: »Wir haben viel von den Sitten der Tartaren erzählt, um denen, die ihre Taten nicht kennen, die Unwissenheit zu nehmen« (VIII,35 t. 11 S. 38). Zum Selbstverständnis der Weltchroniken unten S.251;
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IV. EINO RDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
So beschreibt z. B. der Venezianer Paulinus Minorita (um 1320/30) in seinen Chroniken das Volk nach Vinzenz und ergänzt die Geschichte nach Haython; die weitverbreitete Chronik des Florentiners Giovanni Villani (bis 1348) nimmt zu einigen Schilderungen Haythons einen mündlichen Augenzeugenbericht hinzu22. Übersetzer von Reiseberichten können diese auch als Quelle für eigene Werke nutzen, wie Jean LeLong für seine Chronik von St-Bertin23• Ein Beispiel beson ders verwirrenden, offenbar phantasiereichen und damit hochinteressanten Quel lengebrauches bietet Jacopo d' Acqui, der Marco Polo und andere, vielleicht auch mündliche Quellen benutzt24• Der sogenannte Niederrheinische Orientbericht (deutsch, um 1350) greift aus erster oder zweiter Hand vor allem auf Haython zurück25, aber auch auf Erzählungen von Kaufleuten; Sir John Mandeville benutzt Vinzenz, Haython 6 2 und Odorich . Der Songe du vieil pelerin des franko-zypriotischen Kreuzzugs werbers Philippe de Mezieres dürfte weitgehend auf mündlicher Erzählung beruhen 27. Marco Polo ist Quelle für das Tartaren -Wissen im Libro di varie storie des Florentiners Antonio Pucci ( 1362), für den Enzyklopädisten Domenico Bandini aus Arezzo, der auch Vinzenz zitiert, und unter vielen anderen für den zu einem auch hier berührten Teilbereich solcher Exkurse WITZEL, Exkurs, wie N. 569. - Rezipienten sind auch Übersetzer und Autoren, die ganze Bücher einfach abschreiben. Sie bleiben hier unberück sichtigt, wenn sie nichts Neues, erkennbare Wertung oder Interpretation, nicht einmal durch kritische Sichtung, bringen. Der Übergang von reiner Abschrift über die großer Passagen bis hin zur echten Auswahl ist allerdings fließend. 22 Paulinus, Chronalagia Magna (2 Mss.) und Satyrica (unten S.253/4; ev. in Zusammenarbeit mit Marino Sanudo: oben S. 64 mit N.97), mit geringer Verbreitung (aber zum Traktat De Mappa Mundi unten S. 300). - Wenn im folgenden Stellen aus Plano Carpini und Simon zitiert werden, so sind diese meistens bzw. immer durch Vinzenz übernommen und über ihn verbreitet worden. - Villani empfiehlt auch Marco Polo (V,29/VIII,35 t. I,S. 210/11,38). Zahlreiche Handschriften sind erhalten, dazu Bearbeitungen
(lat.:
Venedig,
BM
Ms.lat.XIV
266;
anderer
Dialekt:
Vat. Ms.lat. 4601,
fol.25r-160v). V. wird wiederum von Antonius v. Florenz (15.Jh.) ergänzend zu Vinzenz benutzt; A. fügt zu späterer Zeit einmal auch eigenes(?) Wissen k o m m e n t i e r e n d ein: dazu unten N.316, oben S. 195. 23 Er übersetzte u.a. Vinzenz, Haython, Marco Polo und Ricold von Montcroce ins Französische (das berühmte Livre des Merveilles, oben S. 47). - Francesco Pipino aus Bologna hat nicht vor 1309/10 (so REICHERT, Begegnungen, 159) Marco Polo ins Lateinische übersetzt und benutzt ihn in seiner Chr. (etwa 1314) intensiv. 24 Möglicherweise benutzt er auch Haython: unten N.68, und ev. auch mündliche Zusätze Marco Polos; unten S.255. Zu ihm D.BIANCHI, Jacopo d'Acqui, in: St.Med. 2.ser.1 (1923) 138-43. 25 Er kennt ev. nur den Haythonrezipienten Ludolf v. Suchern (Pilger im Heiligen Land um 1340, Bericht um 1360); dazu vielleicht Joh. v. Hildesheim. Bemerkenswert sind die geographischen Vorstellungen: unten N. 605. 26 Neben anderen, denn es handelt sich zwar um einen »Reisebericht« (oben S.44), der aber im Wesentlichen kompiliert ist. Jean d'Outremeuse (der ev. mit Mandeville identisch ist) zitiert ausdrück lich Ayta, Jahain de Plain de Campin und frere Benait (111 S. 587; unten S.254 mit N. 303). 27 Zu dem Gewährsmann oben S. 54. Philippe besaß als Kanzler und enger Berater König Peters v. Lusignan auf Zypern gute Informationsmöglichkeiten über den Orient, griff zudem möglicherweise auf »floating knowledge« seiner Zeit· zurück (Ed. I, S. 120; der Sange ist eine Reformschrift in Form einer Phantasiereise, verlaßt 1389; zum Werk Dora M. BELL, Etude sur le songe du vieil pelerin de Philippe de Mezieres [1327-1405] d'apres le manuscrit fran<;ais B. N.22542. Document historique et morale du regne de Charles VI, Genf 1955).
•
DAS
VOLK
DER TARTAREN
205
Kölner Oculus Fidei28• Eine Zusammenschau all dieser gezielten Mongolendar stellungen ergibt bereits ein umgemein reiches Bild vom Urteil über das fremde Volk, läßt sich aber bestätigen, relativieren und ergänzen durch eher zufällige Informationen dazu. So mugen wir ze bilde nemen29: Indem mittelalterliche Autoren Kenntnisse über
die Tartaren ganz bewußt als Beispiele zu von diesen völlig unabhängigen Zwecken einsetzen, teilen sie oft unbeabsichtigt ihr eigenes Wissen und Urteil über das Volk mit. Erzählungen mongolischer Verhaltensweisen oder Lebensver hältnisse werden in einen bestimmten abendländischen Urteilszusammenhang gestellt; knappe Erwähnungen, oft Anspielungen weisen auf den Hintergrund, den die Autoren bei ihrem Publikum voraussetzen können. Der Florentiner Dichter Francesco da Barberino kommt in seinem Lehr gedicht über die Sitten der Frauen auf die Dienerin zu sprechen, die streben solle, frei zu werden. Denn Knechtschaft sei unnatürlich und zuerst von Noah wegen des Weines eingeführt worden. »Deshalb«, so liest man, »gibt es ein Land, wo es viele Diener gibt - im Gebiet von Cathay -, die aus diesem Grund den Wein zum Feind haben und ihn weder trinken noch sehen wollen.«3o Von Johannes von Plano Carpini weiß Francesco da Barberino, daß die Tartaren, die Cathay beherrschen, keinen Wein trinken und »keiner unter ihnen frei« ist3!. Er hat offenbar - das ist nicht beweisbar, aber plausibel - diese ganz unabhängig voneinander aufgeschriebenen Nachrichten zu einer ihm aufgrund seines abendländisch geprägten Verständnisses einleuchtenden Kausalkette vereinigt. Kenntnisse über die Tartaren können als Vergleich, als Illustration eingesetzt werden und, wie oben für den begrenzten Bereich der militärisch-politischen
28 Pucci, Zeitgenosse Boccaccios, will mit dieser ähnlich einer Enzyklopädie aufgebauten Geschich ten-Sammlung unterhalten und belehren. Im Unterschied zu einer Predigtexempla-Sammlung, die das Mongolenthema zu fremden Zwecken benutzt, übernimmt Pucci die Nachrichten über die Tartaren, um über dieses Volk selbst zu erzählen. Philippus v. Ferrara z. B. benutzt Marco Polo als Quelle für Exempla: R. CREYTENS, Le manuel de conversation de Phi/ippe de Ferrare Q. P. (t 1350?), in: AFP 15 (1945) 107-135, bes. 125/6, TartarensteIlen: c1m 16126 fol. llva/b; 48ra-va; 71 vbSra. Berthold von Regensburg benutzt wohl nach Plano Carpini die Tartaren: I S. 125, II S. 45ff. - Bandini (t 1418): seit vor 1374 mehrere Bearbeitungen, unediert, disparate Überlieferungslage, hochinteressant: unten S. 308/9. - Oculus: oben S. 58, N. 75 die vielfältige Rezeption. 29
Heinrich v. Beringen: unten N. 230. Zur indirekten Benutzung in der Dichtung, in Propagan daschriften, in Predigtexemplasammlungen auch oben S. 70/1. 30 Reggimento e costumi di donna, parte 14 S. 197. Dem gebildeten zeitgenössischen Leser ist die Anspielung auf diese Begründung der Unfreiheit in Noahs Trunkenheit und Verspottung (1. Mos.9,25-27) verständlich. 31 Cathay: das kann Barberino entweder von Plano Carpini oder von Haython wissen (die er in seinen früheren Documenti d'Amore beide zitiert). - Wein: unten N. 149. - Das letztere als Ausdruck der Beobachtung mit a b e n d l ä n d i s c h e n Augen: J. FRIEO, Über den Universalismus der Freiheit im Mittelalter, in: HZ 240 (1985) 313-315; vgl. DERS., Einleitung, in: DERS. (Hg.), Die abendländische Freiheit vom 10. zum 14. Jahrhundert, Sigmaringen 1991 (VuF.39) 7-16.
206
IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
Propaganda schon zu sehen war32, zur Kritik westlicher Sitten und Aktivitäten eingesetzt werden. Die interpretierende, manchmal mißverstehende Verwendung der Beispiele zeigt aber über den Umgang mit dem Wissen hinaus oft eine Selbstspiegelung der Abendländer, ihre Fähigkeit oder Unfähigkeit, fremdes Verhalten zu verstehen und mit einem anderen als dem eigenen Maß zu messen33• Hinter Francesco da Barberinos Aussagen über die Leute von Cathay lassen sich, obgleich sie schon sehr verkürzt sind, noch spezifische tartarische Informa tionen auffinden. Neben wesentlich ausführlicherem exemplarischem Zitat findet man aber auch knappere Anspielungen, in denen nur noch vage ein Kern von konkreter Kenntnis zu erkennen oder zu vermuten ist. Echte Eigenheiten der Tartaren können zudem Erinnerungen an bekannte Topoi wecken - wie die kriegerischen Frauen an die Amazonen 34 -, so daß der Übergang zur untypischen, auswechselbaren Benutzung des Volksnamens für alles, was sich mit dem mittel alterlichen Begriffsfeld »orientalisch« verbindet, fließend ist. Die folgende Nachzeichnung des abendländischen Wissens über die Mongolen hält sich, so gut es geht, an den oben beschriebenen Fragenkatalog Papst Innocenz' IV. in der Ausformung durch Johannes von Plano Carpini3\ auch um zu zeigen, zu welch umfassender Darstellung des mongolischen Volkes schon dieser frühe Ansatz imstande war. Veränderungen im Umfang und in den Details werden nur bei Verlagerungen der thematischen Schwerpunkte in veränderten historischen Situationen notwendig 36. Meine verkürzte Berührung einzelner Punkte, wie Geographie, Geschichte, Religion oder politisches Verhalten, erklärt sich aus der gesonderten Behandlung an anderen Stellen dieser Arbeit. Grund sätzlich hält sich das Kapitel an folgende Themenreihe: Land und Klima, Ausse hen der Menschen, Kleidung, Glaube und Kult, Lebensformen, Ursprung der Herrschaft und Geschichte, Kampfverhalten (Volksgröße, Waffen, Taktik, Herr scher), Verhalten gegen andere Völker (Ziele, Verträge, Gesandtenbehandlung), schließlich Wildheit, Grausamkeit, Macht und Pracht37• .' ., '
32 Vgl. S.122 ff. Auch die konkrete Einfügung der Mongolen in die Endzeiterwartungen wird oft von der Benutzung zur moralischen Ermahnung, die in den Prophetien fast immer mitschwingt, nicht zu trennen sein: S. 258 ff. 33 Markante Beispiele neben Barberino vgl. S.227, 228. Zum Mißverstehen S.238/9. 34 Vgl. S.238, auch: Gesta Treverorum Cont. IV S.404; BEZZOLA 69.
35 Der Ystoria Mon galorum liegt
DAS VOLK DER TARTAREN •
207
»Ich fragte sie, wo ihr Land sei; sie antworteten, daß es jenseits einiger Berge liege und in der Nähe eines Volkes, das Gog genannt werde ...«38 Die Frage nach der geographischen Herkunft der Tartaren, die hier ein ungarischer Bischof im Jahre 1242 zwei kriegsgefangenen Mongolen stellt, brennt den Abendländern von Beginn an auf der Seele. Der Ungar kann die Tartaren, was immer die Gefangenen auch genau gesagt haben mögen, auf Grund seines Verständnisses der Antwort in seinem Erdbild wiederfinden: » und ich glaube daß jenes Volk Gog und Magog ist«. Gog und Magog haben ihren festen Platz nicht nur in der christlichen Apokalyptik, sondern ebenso in der mittelalterlichen Geographie, und die räum liche Zuordnung kann unabhängig von endzeitlichem Beiklang verwendet werden39. Daneben schlagen die Zeitgenossen andere Lokalisierungen vor. Mancher vermutet, die Tartaren seien hinter den Kaspischen Bergen40 oder den Mäotischen Sümpfen aufgebrochen, aus Skythien oder schlicht aus dem Osten oder Norden gekommen 41. Man sucht unter den bekannten Bestimmungsmöglichkeiten die richtige, weil zunächst nicht anzunehmen ist, daß die Tartaren ein ganz unbe kanntes, nirgends in der Tradition auffindbares Volk sein könnten. Die allmähli che Entwicklung dieser Erkenntnis führt in der Konsequenz zu einer völligen Neuformulierung des Erdbildes42• Erst die geographischen Nachrichten, die seit Johannes von Plano Carpini und Benedikt von Polen - von denen wir als den ersten Abendländern sicher wissen, daß sie bis ins mongolische Kernland vordrin gen und zurückkehren43 - nach Westen strömen, legen die Basis für eine Neubeschreibung Asiens. Genügte bis dahin das traditionelle Erdbild allen Erfordernissen, so nötigen die von nun an kontinuierlich fließenden Informatio nen zu dessen allmählicher Veränderung und schließlich zur Entwicklung einer wissenschaftlich fundierten Geographie. Vorläufig aber, in der Mitte des 13. Jahrhunderts, weiß man, wie der Annalist von St. Pantaleon erkannt hat, noch viel zu wenig, um die Frage der Zuordnung endgültig zu klären 44. Deshalb beschreiben wissensdurstige Forscher zunächst •
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38 Ann. de Waverley S. 324. Der Bf. nennt an der zitierten Stelle n i c h t die Tartaren Gog und Magog. In der anderen überlieferten Version der bischöflichen Befragung (bei MP CM V I S.75) werden hingegen die 39
Tartaren, die in der Nähe des Flusses Egog leben, selbst mit Gog und Magog identifiziert. Doch auch geographische Identifikationen dieser Art verraten noch nicht automatisch eschatologische Hinterge
danken. Zum Problem der Assoziationen mittelalterlicher Autoren bei Nennung der Namen Gog und Magog unten S. 259 ff.; rein geographische Zuordnung 290. 40 Auch sie mit möglichem eschatologischem Beiklang, vgl. S.289. 41 Die verschiedenen Zuordnungen durch die Zeiten vgl. S.287. 42 43
Dazu S. 285 ff.
Der Engländer, der bei Wiener Neustadt 1241 (vgl. BEZZOLA 82) dem christlichen Heer in die
Hände fiel, mehrere Jahre unter den Mongolen gelebt und gedient hatte und nun Ivo v. Narbonne als Gewährsmann für seine Darstellung der Gefahr dient, erreichte zumindestens die asiatische Steppe, ohne daß Genaueres zu bestimmen wäre: MP CM IV S. 274-276; zu ihm (mit manchmal allzu mutigen
Schlüssen) RONAY, Englishman, wie S. 54, N.53. 44 Annalist zitiert oben S. 199.
208
IV. EINORDNUNG IN DAS W ISSEN VON DER WELT ,
einfach das Herkunftsland der Tartaren. Als die Gesandten Innocenz' IV. 1245 aufbrechen, können sie nur vage von östlichen Steppen und Bergen, die sie umgeben, gehört haben; je weiter sie jedoch nach Osten vordringen, desto mehr Wissen über die Tartaren finden sie vor45• »Das [Land] ist zu einem Teil überaus gebirgig und zum anderen eben, fast überall mit meist sandigem Kies vermischt. In einem Teil des Landes gibt es einige nicht allzu große Wälder, der Rest aber ist ganz ohne Holz ... Das geschilderte Land ist nicht zum hundertsten Teil fruchtbar, und es kann auch keine Frucht tragen, wenn nicht das Flußwasser darauf geleitet wird, doch es gibt dort nur wenige Wasser und Flüßchen, Flüsse aber äußerst selten ... Und obgleich es ansonsten unfruchtbar ist, eignet es sich, wenn auch nicht sehr, zur Aufzucht von Vieh. Das Klima darin ist bemerkens wert uneinheitlich ... Und wenn ich kurz die Bemerkungen über dieses Land zusammenfassen soll: es ist groß, aber ansonsten ... ist es viel wertloser, als wir beschreiben können.« 46 Mit Hilfe solcher Beschreibungen der weiten asiatischen Regionen, die durch Plano Carpini und auch andere Reisende und deren Rezipienten verbreitet werden47, gewinnen interessierte Abendländer ein Bild der Gegend. Anhand seines Wissens vom rauhen Land der kriegerischen und mächtigen Tartaren findet Enea Silvio Piccolomini im 15. Jahrhundert sogar ein Prinzip der Geschichte bestätigt: Immer wieder hätten ärmere Völker die reicheren beherrscht; auch der grausame Timur, der so viele Provinzen Asiens erobert habe, sei aus dem unwirtlichen und armen Skythien - hier mit der Tartarei im weitesten Sinne identisch - hervorgebrochen48. Nach Osten hin wird aber nicht nur das Klima rauher, sondern, wie die Reisenden immer wieder und manchmal schmerzlich feststellen müssen, auch die Menschen werden roher49• Zwar verzichten die Reiseberichte weitgehend auf Hundsköpfe, Troglodyten und andere jener monströsen Fabelgestalten, die die Ränder mittelalterlicher Weltkarten bevölkern und die das Publikum wohl auch
45 Plano Carpini IX,2+5 S.102+ 104. 46
Plano Carpini 1,4-6 S.30/2. Im Kern ähnlich, aber viel knapper schon der erste Augenzeuge bei Ivo v. Narbonne (MP CM IV S. 275). 47 Verbreitung Plano Carpinis über Vinzenz XXXI,3 S.1286/7; Paulinus, Satyrica Vat. Ms.lat. 1960 fol. 105v/106r; Jean LeLong Sp.684; Antonius v. Florenz t.19 c.8 17 fol. 52vb-53ra. Oculus weitge hend nach Plano Carpini (wie S.58, N.75, fol.80ra, 83ra). - In späteren Reiseberichten und der
Rezeption findet sich selten (abgesehen von geogr.Werken) eine Landesbeschreibung; vgl. Polo c.LXIV(63) S. 50 (74) (saftige Weiden, breite Flüsse, niemals Wassermangel: die »Heimat der Tarta ren« ist zu unbestimmt, die Beschreibung deshalb widersprüchlich); Philippe de Mezieres (Sange I S. 228) spricht von großen Ebenen. Ein Franziskaner 1323 aus Caffa: wo wir sind, ist die Erde reich an Weiden, sumpfig, nur halb kultiviert, aber zur Bebauung geeignet ... in weiten Gegenden frostig (ed. BIHL/MoULE I, S. 110). Aus CaHa auch Alfieri S. 312.
48
Germania 11,30 S.67/8. Zur Identität Skythiens und der Tartarei unten S. 300 H. Enea Silvio kann
in Anbetracht seiner guten Beziehungen nach Osteuropa auch Augenzeugen selbst gehört haben. 49 Rubruk unten S. 224; Giosafat Barbaro S.91/2.
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Kampf der Tartaren gegen die Christen:
Chronicon Pictum, Budapest, Szechenyi NB Clmae 404, 1358 (Faks. Hanau 1968, Bd. I) fol. 64vb
Kumanen ermorden den Ungarnkönig: Chronicon Pietum, fol. 65rb 2
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3 Manessische Liederhandschrift, "Kristan von Luppin, ein Thüring« (erster Nachtragsmaler, vor 1330) (Codex Manesse, Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift, hg. v. Ingo F. Walther, Frankfurt a,M. 1988, T. 73)
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7 Atlas Catalan von 1375, Khan Iambech von Sarra nördlich des Kaspischen Meeres (Faks. Freiesleben)
10 a Marino Sanudo, Illustration zu den Secreta
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Fidelium Crucis
( 13 16/ca. 1330): Bib!. Apost. Vat. lat. 2971 1321/22 fo!. 7v 10 b Marino Sanudo: Vat. lat. 297 1 1321/22 fo!. 14r 11 Wasservasscher Kalvarien berg (um 1420), Ausschnitt rechte Seite, Wallraff-Richartz Museum Köln (Rheinisches Bildarchiv WRM 65)
8 Grabmal Heinrichs II. von Schlesien, 14. Jh., Breslau, Museum für Schlesische Geschichte (urspr. Franziskanerkirche St. Vinzenz; Abb. nach Abguß, jetzt in Wahlstatt im 199 1 eröffneten Museum; Foto: F. Schmieder)
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9 Pisanello, um 1438, Figur für die Georgskapelle in S. AnastasiaNerona (M. Fossi Todorow [Ed.], I disegni del Pisanello e della sua cerchia, Florenz 1966, Abb. 15)
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13 Ghazan Khan unter seinen Großen: Haython, Flos historiarum Terre orientis, Wien, ÖNB, MS.2623 (3. Viertel 14. ]h.), fol.48v (Bildarchiv cl. Österr. Nationalbibliothek, Wien)
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14 Dschingis Khan und seine Mongolen brechen hinter den Bergen auf, BibI. Apost. Vat. Ms. Chigi L.VIII.296 ( Hälfte 14. Jh.) fol.67v
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15 Ghazan Khan besiegt 1299 die Sarazenen, BibI. Apost. Vat. Ms. Chigi L.VIII.296 (2. Hälfte 14.Jh.) fo1. 16:
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16 Matthäus Parisiensis, Chronica Maiora, menschen fressende Mongolen, Cambridge, CCC Ms. 16 (ca. 1236-1259) fol.166r 17 Grabmal Heinrichs 11. von Schlesien, 14.Jh., Breslau, Museum für Schlesische Geschichte (urspr. Franziskanerkirche St. Vinzenz; Abb. nach Abguß, jetzt in Wahlstatt im 1991 eröffneten Museum; Foto: F. Schmieder) 18 Velletri-Karte ( Borgia- Karte, 15.Jh.) Detail, kämpfende Tartaren (Nordenskiöld, Periplus, Tafel XXXIX) =
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20 Martin Schongauer, 2 . Hälfte 15.Jh., Kreuz tragung (M.S. und seine Zeit [Ausstellungskatalog hg. v. Karin Groll, Karlsruhe 1992, Kat. 26, hintere Umschlagklappe)
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21 Pisanello, um 1438, Pferd mit Knoten im Schwanz (M. Fossi Todorow (Ed.), I disegni del Pisanello e della sua cerchia, Florenz 1966, Abb,31)
22 Meister E.S. (Mitte 15.Jh.), Kupferstichalphabet, Buchstabe E (Alle 320 Kupferstiche, ed. Horst Appuhn, Dortmund 1989, Abb. 302)
23 Rudimentum Noviciorum, Lübeck 1485 (UB Ffm. Inc. fol. 118) Bd. I fol. 74v-75r
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Detail, reitende Tartaren in Zentralasien (Faks. Kimble sheet 11)
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Henricus Martellus Germanus, ptolemaische Weltkarte 1489 (Landon BM Ms. Add. 15760, foI.68v-69)
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DAS VOLK DER TARTAREN
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erwartet 50. Doch allzu weit von solchen Monstern entfernt scheinen manchem auch die Mongolen nicht zu sein 51. »Sie haben . .. eine harte und kräftige Brust, magere und bleiche Gesichter, kräftige gerade Schultern, verwachsene und kurze Nasen, ein vorstehendes spitzes Kinn, niedrige, tiefliegende Wangenknochen
(? superiorem mandibulam), lange,
wenige Zähne, Augenlider, die sich von den Haaren bis zur Nase erstrecken, unstete schwarze Augen, einen scheelen, finsteren Blick, knochige und sehnige Gliedmaßen, auch dicke Schenkel, aber kurze Beine, dennoch eine Statur, die der unsrigen ähnelt; was ihnen nämlich an den Beinen fehlt, das wird durch den Oberkörper ausgeglichen« 52; »ein Bart wächst fast allen kaum . . . Über dem Scheitel des Kopfes haben sie Tonsuren nach Art der Kleriker ... die übrigen Haare aber lassen sie wie Frauen wachsen, machen daraus zwei Zöpfe und befestigen sie hinter den Ohren« 53 . Diese frühesten abendländischen Beschrei bungen treffen sofort, so oder ganz ähnlich schildern die Augenzeugen immer wieder die mongolische Physiognomie, manchmal noch detaillierter oder aber weniger wertend und ab und zu vom Haß verzerrt 54. Besonders der mongolische Gesichtsschnitt fällt auf, lädt zu sorgfältigen Beschreibungen wie der zitierten ein und bleibt in Erinnerung. »Zwischen den Augen nämlich und den Wangen sind sie breiter als andere Menschen«, und sie
breyde antzlitze ind cleyne ouge, ind wan sy lachent, so en syt men in der ougen nyet, oder . treten auch in der Dichtung »mit breiten Gesichtern« auf55; sie haben
einfach »Schlitzaugen« 56.
50 Dazu S. 60 mit N. 82. Plano Carpini gibt die eine oder andere wunderbare Geschichte wieder, die man ihm erzählt hat; C. de Bridia übernimmt sie in seinem viel knapperen Bericht ungekürzt alle. Der Bericht Benedikts v. Polen enthält z. B. Hundsköpfe (c. 7 S. 138): doch vielleicht griff der gelehrte Kleriker, der den Bericht niederschrieb und kommentierte (oben S. 63), mit Nachfragen auf Grund seiner Erwartungshaltung ein. 5 1 Schreckliches Volk, monstruosus: Ricold, Itinerarium c. 9 S. 114. 52 Der Engländer des Ivo v. Narbonne, in MP CM IV S. 275 (oben N. 43). Körpermaße ähnlich in Heinrich v. Neustadt (um 1300), Apollonius vv 2958/60 S. 51. 53 Plano Carpini H,2 S. 32/3. Vinzenz übernimmt des Joh. Personenbeschreibung (S. 1287); nach ihm z. B. Jean Le Long, Sp. 684. Zöpfe findet man häufiger auf Darstellungen orientalischer Personen (z. B.die Bilder Andrea Buonaiutis [da Firenze] in der Spanischen Kapelle von S. Maria Novella in Florenz: bes. Kreuzweg und Pfingstbild [fragl. Ausschnitt CHIAPPORI, Riflessi, wie N. 81, Abb. 296] oder BALTRUSAITIS, wie S. 18, N. 40, S. 230), ohne daß eine genaue Bestimmung der Nationalität möglich oder gewollt wäre (vgl. S. 215; der Chinesenzopf wurde in China übrigens erst im 17.Jh. eingeführt). 54 Thomas v. Split S. 591 Z. l1/13; Alberich v. Trois-Fontaines S. 946; der ungarische Bf. Ann. de Waverley S. 324; Sempad S. 1316. Auch später immer wieder ähnlich: 15.Jh. Joh. v. Sultaniyah, Memoria S. 452; Pero Tafur, Andacas (1453/7) S. 167. - Bertrandon de la Brocquiere (Reise 1432, Bericht nach 1453) schreibt dem türkischen Sultan in Adrianopel eine tartarische Physiognomie zu: S. 181. Landgraf Heinrich Raspe v. Thüringen sah nicht selbst Tartaren und schildert sie wertend: MP CM IV S. 77. Ganz kurz und abwertend: facie quidem sordidi: Richer v. Sens IV,20 S. 3 10; vgl. Heinrich v. Neustadt, Apollonius vv 2969 ff. S. 51. 55 Plano Carpini H,2 S. 32 bzw. tutti Tarteri con grande faccie: Andrea da Barberino, Reali n,l S. 231 56 "Niederrh. Orientber. « wohl aus zweiter Hand S. 55, bzw. latas facies et oculos parvos, quasi f i s s uras: Ricold, Itinerarium c. 9 S. 114 (Hervorh. F. S.). .
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
Sie sehen aus und benehmen sich wie Affen und sind mit Sicherheit die häßlichsten Menschen des Orients 57, zumindest »in unseren Augen« 58. »Und wenn Du sagst«, so schreibt in einem Roman des späten 14. Jahrhunderts Lionida dem Ajo/fo, »ich sei ein Tartare, so sieht man schon an unserer Schönheit, daß das nicht wahr ist« 59. Obgleich tartarische Sklavinnen aber häßlicher und ungeschlif fener sind als zum Beispiel Russinnen, sind sie wegen ihrer Unermüdlichkeit eher 0 zu empfehlen 6 . Die Tartaren sehen so fremd aus, daß man sie auf den ersten Blick nicht voneinander unterscheiden kann 61 . Ihr Aussehen sei, so charakterisiert es 2 6 Johannes von Plano Carpini 1247, »ganz anders als das aller anderen Menschen« - aber sie sind für ihn unbestritten Menschen. Manchmal dagegen, vor allem zu Beginn des Kennenlernens und später bei den Dichtern, verschwimmen die Grenzen zwischen Tartaren und Monstern. Die Tartaren sind für Matthäus Parisiensis (zu 1240) »unmenschliche und bestialische Männer, eher Monster als Menschen zu nennen« 63. Andrea da Barberinos Romanheld Guerrino il Meschino (Ende des 14. Jahrhunderts) trifft auf seiner Reise zu den Sonnenbäumen im Osten nacheinander verschiedene Tartaren, die immer mehr zu Ungeheuern werden; der König der Tatten im Reinfrid von Braunschweig hat offenbar in seinem Gefolge auch volc, das schneller als jedes Tier laufen kann, das nur ein Bein oder nur ein Auge mitten auf der Stirn hat, und andere, aus den Legenden wohlbekannte Figuren 64 . NonnaleIweise aber bleibt das eigentliche Wunderland der Dichter auch des späten Mittelalters das Indien des Alexanderromans und des Briefs des Priester königs Johannes 6 5; die Einordnung der Mongolen in das Bild von Asien ver schiebt die Monster eher weiter nach Osten, Süden oder Norden, nicht in die
57 Wie Affen vor allem die Alten: Ricold, Itinerarium c. 9 S. 114; vgl. Giosafat Barbaro S. 79. Häßlich um 1484 beim Pilger Felix Faber OP, III S. 40; zu ihm Herbert FEILKE, Felix Fabris Evagatorium über seine Reise in das Heilige Land. Eine Untersuchung über die Pilgerliteratur des ausgehenden Mittelalters, Frankfurt a. M./Bern 1976. 58 Diese seltene Relativierung der abendländischen Sicht bei Rubruk X,3 S. 190. 59 Andrea da Barberino, Ajo/fo c. 33 I S. 62. 60 Alessandra Macinghi, 1465, S.474/5. Vgl. Simon XXXII,71 S . 3 1 . 61 So urteilt der geschulte Künstlerblick des Bildhauers Antonio Averlino (genannt Filarete), bei dem Augenzeugenschaft aber nicht sicher ist: Architekturtraktat, ed. FINOLI/GRASSI S. 27. 62 Plano Carpini II,2 S. 32. Ebenso Simon: durch die Kleidung, XXXII,79 S. 42; Ricold, Itinerarium c. 9 S.114: in Person, Sitten und Ritus. In Benehmen und Sitten: Haython III,49 S. 337. 63 MP CM IV S. 76 zu 1240. 64 Guenino il Meschino; vgl. Ajolfo S. 70; Reinfrid vv.19306-9333 S. 562/3. Ähnlich ein Gedicht aus dem Willeham-Zyklus S. 140: und waTend doch under den heydenen mören und Tatten und gehümt lüt; und aus dem Karlszyklus ebd. S. 99: ein unmesig her mit Imgewonnen lütten: moren, Tatten, hunczhöpteT. Christine de Pisan (um 1400) erwartet im Land des Großkhans (der Tartaren oder von Cathay? Unten S. 234) Schlangen: Chemin (1402/3) vv. 1375/6 S. 60. Vgl. Ludolf v. Suchern, ed. NEUMANN S. 362. 65 Die meisten Dichter übergehen die Tartarei ganz; die zitierten Stellen gehören zu den wenigen, die zu finden waren. Gewisse Überschneidungen drohen bei Indien und seiner Inselwelt als Teil des Reiches des Großkhans .
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Tartarei selbst, sondern nur in ihre Nachbarschaft 66: "Wisset, König, daß zwi schen Tartari a und lndi a ein Meer liegt, so heiß, daß es kocht wie Wasser über dem Feuer . . . « 67 Die Tartaren gelten eben trotz allem, was man ihnen zutraut, nicht als Monster, sondern sie sind »ganz normale Menschen (homines communes« ) 68 . Nicht nur die Gesichter, auch die Kleidung der Tartaren steigert ihre Fremd artigkeit 69. Im Winter tragen die Mongolen Pelze gegen die Kälte, im Sommer Seidenstoffe, die sie aus Cathay und anderen Gegenden des Orients beziehen70. Die Gewänder der Frauen und Männer sind von gleichem Schnitt, nur tragen die verheirateten Frauen einen besonderen Kopfschmuck71; es sind vor allem die Kopfbedeckungen der Mongolen, die vielen Reisenden besonders auffallen72. Der tartaricus habitus, den die Diener des J ohannes von Plano Carpini auf der Rückreise durch Deutschland 1247 tragen, wird als solcher erkannt; die Männer werden beinahe gesteinigt, obgleich es sich offenbar um Europäer handelt73• Die feindselig reagierenden Deutschen mögen selbst Tartaren gesehen haben oder kennen doch sehr genaue Beschreibungen, denn sie leben am Rande der 1241 verwüsteten Gebiete. Sie kennen die Kleidung, aber es scheint, als hätten sie niemals einem Tartaren ins Gesicht gesehen74. Trotz aller Beschreibungen haben 66 Meist auch noch über Cathay hinaus, z. B. schreckliche Tiere in der Nähe von Cithaie: John Gower, t 1408, Mirour vv. 107/18 S. 125. - Dieses Wegrücken der Wunder stellt auch Enea Silvio, allerdings für das bekanntere Nordwesteuropa, mit leicht skeptischer Ironie fest: »Wir mußten lernen, daß die Wunder sich in immer weitere Ferne verflüchtigten« (didicimus miracula se semper remotius fugere: Hist. Europa S. 443). 67 Amadis de Gaula (bekannte Version von 1492) c. 56, 11 S. 469. 68 Jacopo d'Acqui Sp. 1558, zit.oben S. 3. - Jacopo könnte hier eine Bemerkung Haythons interpre tieren: Fr ü h e r , als die Tartaren noch hinter den Bergen gelebt hätten, seien sie bestiales gewesen (111,1 S. 283). Ausgehend von dieser Einschätzung eines früheren Zustandes sähe Jacopo eine Entwick lung der Tartaren hin zu normalen Menschen. 69 Zu den hier bei Joh. folgenden Ehebräuchen vgl. S. 228. 70 Pelze Rubruk V,5-6 S. 181, VI,2-3 S. 182/3. Ganz anders offenbar im wärmeren Persien: Ricold, Itinerarium c. 9 S. 115. Die Lederkleidung, die in manchem frühen Bericht auftaucht (z. B. MP CM IV S. 76/7), dürfte die Rüstung gewesen sein: unten S. 230. panni serici et aurei: Rubruk V,5 S. 181; nur reiche Leute: Marco Polo c. LXX(69) S. 54 (82). Zur Seide als bald vornehmlich mit den Tartaren in Verbindung gebrachtes Produkt unten S. 244. 71 Plano Carpini II,4-5 S. 33/5. Exakte Beschreibung der Kleidung Simon, XXXII,79 S. 42. 72 Filzhüte mit Elsterfeder schildert der »Niederrh. Orientber.« S. 56; zwei verschiedene mongoli sche Legenden zur Begründung der Uhu-Federn auf dem Kopf aller Tartaren bei Haython 11I,4� 5 . S. 286/8 u. Ricold, Itinerarium c. ll S. 119. R. 's Interpretation des Frauenkopfschmucks zeigt sem Gefangensein in christlich-abendländischem Denken : bei aller Verehrung der Frauen demonstrierten die Tartaren die Unterordnung unter die Männer (denn die Haube habe die FOlln eines Fußes) und folgten damit intuitiv der natürlichen Weltordnung Gottes : ebd. c. 9 S. 116 (die Darstellung ohne Erklärung Odorich XXVI,4 S. 473). 73 Plano Carpini IX,44 S. 125. . . 74 Nur Reisende haben genügend Zeit, genau hinzuschauen : Simon berichtet, die Haartracht sei bel allen Völkern im tartarischen Heer gleich, doch die Gesichter seien verschieden (XXXI,71 S. 31); hierzu Haython 1,9 S. 268 (die AJlllenier hätten sich wegen der langen Unterwerfung den Tartaren in Pferden, Waffen und Kleidung angepaßt). Ricold berichtet, der hl. Dominicus habe sich für seine Predigt unter den Muslimen einen Bart stehen lassen (Epist. S. 268). -
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IV. EINORDNUNG I N DAS WISSEN VON DER WELT
wir auch später immer wieder Hinweise, daß Europäer in mongolischer Kleidung als Tartaren bezeichnet, vielleicht für solche gehalten werden - man achtet möglicherweise weniger auf das Gesicht als auf die Kleidung, die man offenbar erkennen kann 75. Erst etwa seit der Mitte des 14. Jahrhunderts kann man zumindest für das südliche Europa, vor allem Italien, mit immer verbreiteterer Kenntnis der Gesich ter rechnen, denn aus den Kolonien im Schwarzmeerraum bringen Handelsschiffe immer neue Sklaven76• Von 339 zwischen 1366 und 1397 in Florenz verkauften Sklaven sind 259 Tartaren, meist Frauen77 . Sie sind begehrt, weil sie Heiden 7 8 und vor allem leicht zu haben sind. Denn die Tartaren verkaufen notfalls ihre Kinder, und die zahlreichen Auseinandersetzungen innerhalb der Goldenen Horde brin gen Kriegsgefangene ein79• Im 15. Jahrhundert rechnen Reisende offenbar damit, 75 Zur Frage der fremdartigen Kleidung, die auch Europäer wie Tartaren wirken lassen kann, schon einmal S. 52/3; Überlegungen CHIAPPORI, Riflessi, wie N. 81, 282. - Unter den Botschaftern bei der Krönung Karls V. 1521 gli schiavoni dei kovernatore di Carinthia gente molto superba a vedere sopra bravissimi cavalli tartareschi, e gli abiti erono a l'usanza de' Tartarj, ma richamente fregiati . (Areh. di Stato Florenz, ms. 754, fol. 124r; für Hinweis und Transskription gilt herzlicher Dank Lorenz Böninger, München). 76 Zur Möglichkeit der Abendländer, einen Tartaren zu Gesicht zu bekommen, vgJ. S. 52; zu Sklaven in Europa und ihrer Volkszugehörigkeit VERLINDEN, Esdavage, u. a. Relativ selten nur dürften Bilder aus dem Orient, die Mongolen zeigen, nach Europa gelangt sein: Dietrich v. Niem, De scismate III,42 S. 306, bekam ein Bild Timurs übersandt. Allerdings können bildliehe Darstellungen auf Handelswa ren, Stoffen oder Gefäßen, gewesen sein: vg!. E . R. KNAUER, Einige trachtgeschichtliche Beobachtun gen am Werke Giottos, in: Scritti di storia in onore di R. Salvini, Florenz 1984, 173-181, hier 176/7, mit Abb. 3. 77 Agostino ZANELLI, Le schi ave orientali in Firenze nei secoli XIV e XV, Florenz 1885; I. ORIGO, The Domestic Enemy: The Eastern Slaves, in : Spec. 30 (1955) 321-366; R. DELORT, Quelques pn:cisions sur le commerce des esdaves a Genes vers la fin du XIVe siede, in: MEFR 78 (1966) 215-250; G. PISTARINO, Tra liberi e schiave a Genova nel Quattrocento, in : Anuario de estudis medievales 1 (1964) 353-374; Domenico GIOFFRE, Il mercato degli schiavi a Genova nel secolo XV, Genua 197i. Vor allem in den letzten Jahren sind verstärkt Notariatsakten u. a. aus Caffa publiziert worden, darunter immer wieder Verkaufsverträge, auch mit genauen Rassebeschreibungen. - In Italien werden Sklavenkinder geboren, vielfach Mischlinge: R. LIVI, La schiavitu domestica nei tempi di mezzo e nei moderni, Padua 1928, reflektiert über die Auswirkungen auf die italienische Bevölke rung anhand von Geburtenverzeichnissen und Findelhaus-Registern; vgl. Jacques HEERS, Esclaves et domestiques au Moyen Age dans le monde mediterraneen, Paris 1981 , 2ll-232. Probleme mit freigelassenen Sklaven um 1401 in Aragon RUBIO y L LucH , Dip!. 662 S. 688. - Zur Frage der genauen Herkunft der Sklaven: die Akten aus Italien sprechen fast immer von Tartaren, jene aus Tana und Caffa oft auch von Mongolen, ganz selten sogar von Leuten de gente Cataynorum. VERL IN DEN , der dabei bewußte rassische Unterscheidung seitens der italienischen Notare und Kaufleute annimmt, geht wohl zu sehr von den bis heute entstandenen deutlichen ethnischen Unterschieden zwischen Tartaren und Mongolen aus (Colonie, 17; vg!. LOPEZ, Frontiere, 48 n. 12). 78 Ein Christ darf grundsätzlich keinen christlichen Sklaven haben, so daß der Besitz von Heiden jedenfalls sicherer war. Vor allem in Italien tragen die Sklaven aber oft christliche Namen - wenn das auch, wie VERLINDEN einwendet, kein ausreichender Beweis für Taufe war (Colonie). 79 Kinder z. B. Alfieri S. 3 12. Männliche Gefangene wurden weitgehend nach Ägypten verkauft (als Soldaten, Mamluken; Kaufmannskritik oben S. 161), die Frauen und mehr noch Mädchen, die vor allem bei Plünderungen gefangen wurden, nach Italien. Venedigs Versuch, den Transport männlicher Sklaven nach Italien aus Sicherheitsgründen ganz zu verbieten, scheitert (z. B . t36R THIRIET Reg. I S. 120 Nr. 468) . .
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daß die Charakterisierung der Physiognomie Timurs oder auch eines türkischen Sultans als » tartarisches Gesicht« verstanden wird - und sei es nur pej orativ, als besonders fremd und teuflisch 80. Wie stellt sich der Leser oder Hörer einer solchen Passage das vor ? Wenn ein Künstler einen Tartaren zeichnen oder malen soll, wie tut er das ? 81 Erkennt schließlich der Betrachter eines Bildes einen dargestellten Tartaren als solchen ? Der italienische Illustrator der Chronik des Giovanni Villani (Vat. Ms. Chigi L VIII 296) steht in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gleich zweimal vor der Aufgabe, Tartaren zu malen . Weder die Mongolen, die unter der Führung des Dschingis Khan aus den Bergen hervorkommen, noch Ghazan Khan, der 1299 mit der Siegespalme inmitten seines Gefolges steht, unterscheiden sich von den Darstellungen christlicher Fürsten und Ritter. Die 1299 fliehenden Sarazenen tragen dagegen Bögen und Turbane82• Deutlich voneinander unterscheiden sich hingegen Tartaren und Christen in der Darstellung der Schlacht von Liegnitz im Hedwigscodex (1353). Die Tartaren schießen mit Pfeil und Bogen und tragen Hüte mit steifen oder gebogenen Spitzen 83. Ohne Zweifel hat man im polnischen Raum im 14. Jahrhundert mehr Erfahrungen mit mongolischen Kriegsscharen als in Italien 8\ doch schon zwischen 1316 und 1321 bemüht sich auch der Veneziani sche Erstillustrator der Secreta des Marino Sanudo um eine gewisse Detailtreue :
80 J. v. Sultaniyah, Memoire S. 463 bzw. Betrandon de la Broquiere, wie N. 54 (ung pou Le visage
Large sur La phiLosomie de Tartre).
81 Diese Fragen stellen sich auch beim Verkleiden als Tartaren, wie in England um 1330, unten S. 244/5. In schriftlich überlieferten Fällen ist unklar, w o r a n man die Tartaren erkannte. - Über die zitierten Bilder hinaus vgl. die Abb. bei M. G. CHIAP PORI, Riflessi figurativi dei contatti Oriente Occidente e dell'opera poliana nell'arte medievale italiana, in: Marco Polo. Venezia e l'Oriente, ed. A.ZORZI, Mailand 1981, 281-288, und REICHERT, Begegnungen, dort auch 239ff. 82 Bild 14 zu V,29, Bild 15 zu VIII,35. Zum Vergleich: viel »tartarischer« wirkt Ghazans Gefolge im Haython-Ms., Bild 13, wie N. 86. (Sieben weitere Miniaturen aus dieser Hs. in der Plano Carpini Übers. von BECQUET/HAMBIS; vgl. J. A. BOYLE, Il-Khans, in: DERs., Mongoi World Empire Nr. XII, 562), nicht aber Ghazan selbst, der wie öferts die Khane wie ein ganz normaler europäischer Herrscher gezeichnet ist: vgl. Abb. 26-28 bei REICHERT, Begegnungen. Ghazan gilt bei Villani als Christ, Dschingis nicht. Beide Miniaturen fehlen im Teilfaksimile von Luigi MAGNANI, La cronaca figurata di Giovanni Villani. Ricerche sulla miniatura fiorentina del trecento, Citta del Vaticano 1936 (Codices e Vaticanis selecti. 24). Bart des Dschingis Khan: vgl. nur T. XLV (Faks.). Sarazenen tragen öfters Turbane; auf Weltkarten des 14. und 15. Jh. tragen auch Khane Turbane (z. B. Bild 7, vgl. N. 87): das kann der durch Kaufleute, die häufigen Informanten der Kartographen (unten S. 310), übellnittelten veränderten Realität entsprechen, kann aber auch beliebig-orientalisch sein, vgl. S. 215. Turban ähnliche Kopfbedeckungen von Tartaren im Marco-Polo-Ms. Roy. 19. D . l der British Library: Michael CAMILLE, The Gothic Idol. Ideology and Image-making in Medieval Art, Cambridge 1989, Abb. 82, 84; Dank für den Hinweis an Andrea von Hülsen, Göttingen). Ich meine auch nicht, daß der durch Beischrift gekennzeichnete Mongole in einem MP-Ms. »c1early belongs to the same tribe« wie die menschenfressenden Tartaren im selben Ms. (Bild 12 bzw. 16; Zitat LEWIS, Art, 407/8). 83 Faks. fol. 11r. 84 Der Mongole zu Füßen Heinrichs 11. v. Schlesien auf dessen Grabmal in Breslau ( 14 . Jh., Bild 8, vgl. 17) scheint allerdings nicht sehr typisch, trotz Kenntnis der Mongolen in diesem Raum : keine deutliche mongolische Physiognomie (vgl. N. 88), zu Hut und Waffen N. 86 bzw. 172.
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sein bogenschießender Mongole trägt ein langes Gewand und einen spitzen Hut 85. Wenn ein Künstler einen Mongolen darstellen will, so stehen ihm offenbar gewisse spezifische Details zur Kennzeichnung zur Verfügung. Meint aber des halb jede Darstellung von Menschen mit langen Gewändern und spitzen Hüten, die im Orient angesiedelt ist, definitiv Tartaren ? Zwar erscheinen manche der abgebildeten Hüte im Vergleich mit traditionellen mongolischen Trachten recht realistisch 86, aber zum Beispiel im berühmten Livre des Merveilles (Anfang des 15. Jahrhunderts) sind ständig Figuren mit spitzen Hüten und langen Gewändern abgebildet, ob es sich nun um das Gefolge des Groß khans in Khan Baliq, um Südchinesen, Südseeinsulaner oder die Assassinen des »Alten vom Berg« han delt87• Deutlich mongolische Gesichtszüge sind bei aller Darstellungskunst und -absicht auf keinem der bisher zitierten Werke zu erkennen. Sie neben anderen Attributen zu verdeutlichen, bemüht sich hingegen der Maler des thüringischen Ritters und Minnesängers Kristan von Luppin in der Manessischen Liederhand schrift (vor 1330) 88. Vollkommen getroffen hat die Physiognomie dann Pisanello in seinem Silberstiftentwurf und dessen Verwirklichung in der Georgskapelle in 85 Bild 10a (auch in Parallelmss., offenbar der Erstillustration folgend, vgl. B. DEGENHART/ A. SCHMITT (Ed.), Corpus, Bd. 1, Kat. 636/637, Bd. 3, T. I/II). Die allegorischen Löwenreiter sind im Text als Tartaren aufgeschlüsselt (I,V, c. 2 S. 32), tragen aber nicht an allen möglichen Stellen in demselben Ms. spitze Hüte (vgl. Bild lOb). 86 Vgl. nur Die Mongolen I, S. 73, 76. Die Hüte auf den mittelalterlichen abendländischen Abbildun gen variieren stark zwischen realistischen und stilisierten. Relativ realistische Hüte (d. h. mit hochge stelltem Rand und steifer - oder auch geschwungener - Spitze) bei ausdrücklich als Tartaren bezeichneten Figuren finden sich im ungarischen Chron. pictum (Bild 1 ), im Hedwigscodex (wie N. 83), in der Maness. Liederhs. (Bild 3, wie N. 88), auf dem Grabmal Heinrichs von Schlesien (Bild 8, wie N. 84), in einer Wiener Haython-Hs. (Bild 13) sowie auf Genues., Modena- und Velletri Weltkarte (Bild 27, 29, 24b), mit Einschränkungen in einer Cambridger MP-Hs. (Bild 12, 16) und in Mss. des Marino Sanudo (Bild 10a, wie N. 85). Realistische Hüte finden sich aber ebenso auf nicht klar als Mongolen bezeichneten Figuren (BALTRUSAITIS, wie S. 18, N. 40, S. 230; dazu die N. 89, 91-93 zit. Bilder; vgl. noch z. B. CHIAPPORI, wie N. 81, Nr.290). 87 Oft abgebildet; für oben vgl. REIcHERT, Übers. des Reiseberichts Odorichs von Pordenone, S. 100, 109 (Turbane beim Fest des Großkhans), 127 bzw. 118 (Südchina), 102 (Südsee), 120 (Assassinen). Gesamtfaksimile Henri OMONT, Livre des Merveilles. Reproduction des 265 miniatures du manuscrit fran<;. 2810 de la Bibliotheque Nationale, 2 Bde., Paris 1907. Realistische Mongolenhüte (vgl. N. 86) finden sich sogar bei ausdrücklich nicht als Tartaren gezeichneten Figuren (Chran. pictum Bild 2 : Kumanen und Ungarnkönig tragen dieselben Hüte wie die Mongolen in dieser Hs.). Einen Spitzhut ähnlich einigen in der Oberkirche von Subiaco (Bild 4, dazu in Ed. [wie Bildtext] Abb. 128 [rechte Seite] u. Abb. 143 [Träger einer der aus dem Tor Reitenden]; vgl. N. 9 1 ) trägt sogar Papst Innocenz IV. im Ms. BM London Roy. 14. C. VII (ca. 1250/59) fol. 138v (LEWIS, Art, Abb. 167). Schon OLSCHKI, Asiatic Exotism, bezweifelt die Eindeutigkeit der Abbildungen; für KNAUER, wie N. 76, sind Hüte wichtige Anhaltspunkte, doch auch sie spricht vorsichtig von der Bemühung, Angehörige von unter mongolischer Herrschaft lebenden Volksgruppen darzustellen. 88 Bild 3 : in diesem Fall ist wohl ein Mongole gemeint u n d dargestellt. Allerdings kann sogar solcher scheinbarer physiognomischer Realismus täuschen: die Kumanen und der Ungarnkönig tragen im ungarischen Chran. pictum Mongolenhüte, und besonders der König hat ein echt tartarisches Gesicht (Bild 2). Wilde Bogenschützen, die nach Kopfbedeckung und Physiognomie Tart..ren sein könnten oder monstrenähnliche Reiter mit Spitzhut und Pfeil und Bogen z. B. REICHERT, Begegnungen
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S. Anastasia (Verona, um 1438) 89. Während aber der thüringische Ritter wohl tatsächlich in Verfolgung eines Mongolen begriffen ist, dürfte es sich bei dem Begleiter des Heiligen Georg ganz allgemein um einen Orientalen handeln. Der Künstler malt, und die italienischen Betrachter des 15. Jahrhunderts erkennen einen Tartaren, der hier wohl stellvertretend für »die Orientalen« detailgenau gezeichnet ist. Möglicherweise sind die Mongolen so bekannt geworden, daß sie als Inbegriff der Menschen des asiatischen Ostens dargestellt werden können 90. Zu solchen Stellvertretern für »den Heiden« können Mongolen auf Bildern werden, die mit den Franziskanern und Dominikanern in Verbindung stehen, denn für die Mission werden die Tartaren, wie gezeigt, äußerst wichtig. Anschei nend unverkennbar mongolische Züge, zum Teil sogar recht realistische Mongo lenhüte tragen so einige Figuren auf dem Martyriums-Fresko des Ambrogio Lorenzetti für S. Francesco in Siena sowie mehrfach in der spanischen Kapelle der großen Florentiner Dominikanerkirche S. Maria Novella (Andrea Buonaiuti, ab 1365) 9 1 . Die Kirche umfaßt theoretisch alle Völker der Welt, und so werden sie auch immer wieder gern auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz versammelt. Auch manche Figur, die in einzelnen Details oder als ganze an einen Tartaren erinnern könnte, taucht in mancher spätmittelalterlichen Darstellung aup2 - die Tartaren Abb. 2 1 ; LEWIS, Art, Abb. 1 1 5 ; MEIss, wie N. 92, Abb. 91 (Sebastian-Martyrium nach 1348, Florenz, Dom). 89 Zeichnung Bild 9; Verwirklichung: REICHERT, Begegnungen Abb. 9. - An den Kapitellen des venezianischen Dogenpalastes unter den Völkern der Welt befindet sich auch ein Mongole, und ev. mongolische Physiognomie ist bei den Tartaren im Feuerkessel festzustellen, wo die Mongolen stellvertretend für Heiden ständen (REICHERT, Begegnungen, Abb. 1 1 bzw. 20). 90 Das gen aue Gegenteil vgl. S. 245 mit N. 264. Als Inbegriff dienen sie möglicherweise, weil sie, ähnlich wie Mohren, aber anders als Türken oder Sarazenen, sehr fremd aussehen. 91 Siena Abb. REICHERT, Begegnungen, dort Abb. 5, 6 (vgl. Chiara FRUGONI, Pietro und Ambrogio Lorenzetti, Florenz 1988, Nr. 69; Enzo CARL!, La pittura Senese dei Trecento, Venedig 1981, Abb. 219); Florenz: in diesem Buch Bild 5, 6 (vgl. dazu bes. Subiaco, N. 92), REICHERT, Begegnungen Abb. 19 (nur die Züge; vgl. z. B. die Gestalt im Baptisterium von ParlIla Bild 19; zur ihrer Waffe N. 172; vielleicht die Züge und Pfeil und Bogen : Andrea Mantegna bei REICHERT, Begenungen Abb. 10). Zur Unverkennbarkeit allerdings N. 88. Gemeinhin wird das Sieneser Fresko als Martyrium von Ceuta bezeichnet, ist aber möglicherweise auf das Marryrium im indischen Tana zu beziehen (Odorich VIII S. 424ff.). Entweder hätte dann der Künstler Indien im weiten mittelalterlichen Sinne verstanden, oder das indische Tana mit dem im Westen in der Tat bekannteren am Schwarzen Meer verwechselt. Eine solche Verwechslung hat es tatsächlich innerhalb des Ordens gegeben: vgl. Bartholomäus v. Pisa, De conform. S. 332/3; auf die Möglichkeit der Verwechslung verweist SPULER, Horde, 235 ff.; Bekanntheit des Schwarzmeergebietes: Marco Polo wie S. 164. Vielleicht soll auch . einfach der Typus des Martyriums von Franziskanern bei den Heiden dargestellt werden. Die mongolischen Gesichtszüge einiger Beteiligter, vor allem des Herrschers, entsprächen dann nur der erwähnten übermächtigen Bedeutung gerade der Tartaren-Mission für den Orden. - Auf der Grabplatte des Odorich v. Pordenone sind dagegen Ostasiaten gemeint (REICHERT, Begegnungen, Abb. 1), die jeder Betrachter, der die Lebensgeschichte des Seligen kannte, erkennen konnte. 92 Vergleichbar mit den Fresken Lorenzettis und Buonaiutis (wie N. 91, auch da eine Kreuzigung) ist die Darstellung eines der Soldaten, die um Christi Kleider würfeln, auf der Kreuzigung in der Oberkirche von Subiaco: Physiognomie, Hut und Gewand treten zusammen (Bild 4, vgl. aber N. 87). - Die Kopfbedeckung eines Reiters auf dem Kölner Kalvarienberg der Familie Wasservas (Bild 1 1 )
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IV. EINOR DNUNG IN DAS WIS SEN VON DER WELT
stehen unter den Heiden, aber sie scheinen dem Kreuz nahe. Eindeutigkeit wie in den vorgenannten Beispielen wird jedoch nur selten festzustellen sein. Gewißheit, ob ein Künstler einen Mongolen malte und sein Publikum ihn erkannte, ist nicht zu gewinnen. Oft wird mit einzelnen Attributen variierend und kombinierend gespielt93, so daß, wie auch in der Dichtung zu beobachten sein wird, einzelne mehr oder weniger typische Züge des abendländischen Tartarenbildes in das Gesamtbild des exotischen Orients Aufnahme finden 9 4. Von vorrangigem Interesse für die Abendländer beim Zusammentreffen mit den Mongolen ist die Frage nach der Religion. Sie wird, wie bereits verdeutlicht, tatsächlich zur » Gretchenfrage« der politischen Beziehungen, ist von zentraler Bedeutung für die Missiona�e und steht ganz allgemein im Mittelpunkt des Lebens eines jeden Christen. Die ersten Gesandten, die gleichzeitig auch die ersten Mongolenmissionare sein sollten, hatten nähere, im Grundsätzlichen über einstimmende Infomationen über die Religion und den Kult der Tartaren nach Hause mitgebracht, nüchtern - manchmal erstaunt - beschreibend oder auch voller Ablehnung95• Auch Abendländer aus dem Laienstande, wie den Kaufmann
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ähnelt der der mongolischen Kämpfer im Hedwigscodex (wie N. 83). Sein Pferd trägt zudem einen Knoten im Schwanz, was ebenfalls gerne als typisches Mongolen-Attribut verstanden wird (für den Hinweis auf das Bild und die Überlassung eines Vortragsmanuskriptes habe ich Herrn Prof. Fritz, Heidelberg, zu danken. Seine Einschätzung der Identifizierbarkeit des Mongolen und aller anderen orientalischen Figuren erscheint mir allerdings zu optimistisch : z. B. Knoten auch beim Pferd eines Turbanträgers am unteren Bildrand: Bild 1 1 ) . Solche Knoten in Pferdeschwänzen sind u . a. auch zu sehen auf der zit. Kreuzigung von Subiaco (I monasteri benedettini di Subiaco, ed. Claudio GIUMELLI, Mailand 1982, Abb. 128, vgl. Detail Abb. 135), in der spanischen Kapelle Buonaiutis in S. M. Novella (Kreuzweg; vgl. Millard MEIss, Painting in Florence and Siena after the Black Death, Princeton 1951, Abb. 96 [Kalvarienberg], links und ev. rechts [Reiter mit Spitzhut] oberhalb des Rundbogens der Altarnische) einem Kalvarienberg des Meisters E. S. (Alle 320 Kupferstiche, ed. Horst ApPUHN, Dortmund ·1989, Abb. 34; gerade er verwendet aber den Knoten beliebig: Ed.wie Abb.verz. Nr. 274, 294), einer Kreuztragung Martin Schongauers (Bild 20) sowie schließlich einer Studie PisaneIlos (Bild 21). Er taucht später immer wieder und immer öfter auf. Die eindeutige Erkennbarkeit des Mongolen pferdes ist aber nicht zu sichern, denn der Typus ist älter und unverbindlicher (vgl. den triumphieren den christlichen Reiter in einer Hs. des 10.Jh.'s: John WILLIAMS, Manuscrits espagnols du Haut Moyen Age, NY 1977: Gerona Beatus of 975, fol. 134v (PI. 30); diesen und den Hinweis auf Subiaco verdanke ich Andrea v. Hülsen, Göttingen). 93 Der zit. Kalvarienberg des Meisters E. S. (wie N. 92) zeigt einige Gestalten mit Spitzhüten, bei denen mongolische Physiognomie erkennen kann, wer mag. In seinem berühmten Figurenalphabet aber variiert der gleiche Künstler diese Typen und ihre Attribute völlig willkürlich, so daß er selbst offenbar nicht an eine eindeutige Zuweisung an ein bestimmtes Volk dachte (Bild 22 [»Mongolen« Hut«]; dazu Ed. wie N. 92 Abb. 300, 303, 3 12; vgl. REICHERT, Begegnungen Abb. 7). 94 Ganz fremde Gestalten ohne Zuordnungsmöglichkeit wie im Figurenalphabet und wohl auf mancher Kreuzigung (vgl. Florenz, A. Buonaiuti, Kreuzweg; vgl. Nardo di Cione bei REICHERT, Begegnungen Abb. 13/14); in diesem Zusammenhang vgl. zum Problem der mongolischen oder gar chinesischen Zöpfe N. 53. »Mongolische« Schrift als Vorlage in Giottos Ornamentik erkennt H. TAN AKA, The Mongolian Script in Giotto's Paintings at the Scrovegni Chapel at Padua, in: Akten des XXV. Int. Kongd. Kunstgeschichte, Wien u . a. 1986, VI, 167-172. Allg. zur Darstellung von Orienta lia in der abendländischen Kunst oben S. 18, N. 40; zur Problematik der Identifizierung unten S. 244; zu den Parallelen in der Dichtung 245/6. 95 Vgl. S. 137ff. ausführlich .
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Marco Polo, interessiert der Glaube der Tartaren: »Ihr müßt wissen, daß ihr Glaube so ist, daß sie einen Gott haben, den sie Natigai nennen . . . Sie widmen ihm große Verehrung und hohe Ehre . . . denn sie fertigen diesen Gott aus Filz und Stoff und haben ihn in ihrem Haus« 96. In Ausübung ihrer Religion vollziehen die Mongolen manche klar heidnischen Kulte und Riten, die im Westen verschiedenste Aufnahme und Interpretation finden können 97. So heißt es, sie mäßen Wahrsagern hohe Bedeutung zu, und so stehen sie bald im Ruf, der Zauberei und der schwarzen Magie anzuhängen 9 8. »Vom ewigen Leben und der ewigen Verdammnis wissen sie nichts. Sie glauben dennoch, daß sie nach dem Tod in einer anderen Welt leben . . « 99 Deshalb begraben sie ihre Toten mit zahlreichen Beigaben, »und oft kommen . . . die Frauen zusammen, um Knochen für die Seelen der Menschen zu verbren 100 nen« . Aus solchen oder ähnlichen Nachrichten muß Dante darauf geschlossen haben, daß die Religion der Tartaren mit allen anderen der Welt in der Frage der 1 01 . Unsterblichkeit der Seele übereinstimme Wo hingegen der Ursprung einiger Anspielungen des Boccaccio auf mongoli sche Sitten in seinem Kommentar zu Dantes Inferno zu suchen ist, bleibt wohl dunkel. Dantes berühmter veltro, der Retter der Welt, der »den Geiz in Freigie 10 bigkeit« 2 verwandeln soll, wird geboren werden zwischen Filz und Filz, tra feltro e feltro 103. Dies, so Boccaccio, deute für manche Kommentatoren auf eine Geburt im Reiche der Tartaren hin. Denn wenn der unglaublich reiche tartarische Kaiser sterbe, trage ein Diener eine Lanze mit einem Stückehen Filz umher und rufe: » Seht her, solch ein Kaiser ist gestorben und nimmt dies von allen seinen Schätzen mit. Und«, so fährt Boccaccio fort, »nachdem der Rufer umhergegangen .
96 Milione c. LXX(69) S. 54 (81). Gott und Natur verbunden: Ricold, Itinerarium c. 9 S. 115; Alfieri S. 312. 97 Die Meinung der Missionstheoretiker über die fides tartarica 137. Riten unbeschreiblich: Sempad S. 1316, vgl. Ricold, Itinerarium c. 9 S.l14. 98 Wahrsagen : Plano Carpini 111,10 S. 41/2; Rubruk oft. Magie: Simon XXXIl,74 S. 34; Roger Bacon, Op. Maius 11 S. 387 (vgl. 1 40112); zum Zusammenhang unten N. 325. - Auch später noch: Timur hat, so erfuhr Dietrich v. Niem, seine Töchter zu Magierinnen ausbilden lassen (De scismate Il,30 S. 1 73/4). 99 Plano Carpini III,9 S. 41 100 Plano Carpini III,12 S. 42/3; sehr ähnlich Ricold, Itinerarium c. 10 S. 116/7; vgl. Rubruk VIII,4 S. 184/5; Polo c. LXIX/LXX(68/9) S. 53 u. 57 (79/80 u. 85). 101 Convivio (1304/7) 1I,8 S. 94. Ricold, Itinerarium c. 10 S. 116/7, meint, der Auferstehungsglaube ähnele sehr dem der Sarazenen und Juden; über die Möglichkeit mündlicher Quellen oben S. 48 ff. Dantes Landsmann und Zeitgenosse Francesco da Barberino bezieht sich auf Plano Carpini über die Tartaren : Et credunt omnes in alio seculo vivere post mortem et alia facere que hic faciunt (Documenu d'amore, Komm.zu doc.22 , I, S. 251, als Quelle zu spät). Ähnlich, aber noch mehr der christlichen Vorstellung angepaßt, der Oculus fidei, oben S. 58, N. 75, fol. 80ra: Credentes animam humanam esse immortalem et a deo iuxta sua merita vel demerita in vitam vel mortem etema vindicandam. Auch Nikolaus v. Kues vergleicht bei Glaubensdingen: sermo Il S. 25. 102 Boccaccio, Comento I, S. 194 (zum vellro vgl. C. T. DAVIS, Veltro, in: Enciclopedia Dantesca V [1976] 908-912). 103 Divina Comedia Inf. I vv. 101-105.
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IV. EIN O R D N U N G I N DAS WISSEN VON DER WELT
ist, wickeln sie in diesen Filz den toten Körper des Kaisers; und so, ohne irgendeinen anderen Schmuck, begraben sie ihn. Und deshalb sagen jene [Kom mentatoren] folgendes: Dieser Veltro, das heißt der, bei dem sich die Effekte jener Konstellation zuerst zeigen werden, wird geboren werden in der Tartarei zwi schen Filz und Filz, das heißt während einer dieser Kaiser regiert zwischen dem Filz, mit dem der Tod seines Vorgängers bedeckt wurde, und dem, der über ihn 1 4 selbst nach seinem Tod gedeckt werden wird« 0 . In der Tat gelten die Großkhane im Abendland als ungeheuer reich - und mit dementsprechend reichen Beigaben werden sie den meisten Reisenden zufolge auch begraben to5. Doch immerhin, »wenn jemand unter [den Tartaren] auf den Tod erkrankt, stellt man eine Lanze auf, und um diese herum wird schwarzer Filz gewickelt, und deshalb wagt kein Fremder, die Grenzen der Behausung zu 106. Neben dieser Information des Johannes von Plano Carpini überschreiten« verbreitet Vinzenz von Beauvais auch in ganz anderem Zusammenhang den Bericht Simons von St-Quentin, daß ein neuer Großkhan auf Filz erhoben 1 werde 07 - nirgendwo jedoch habe ich bisher finden können, daß der Großkhan in Filz gewickelt begraben werde. Will man nicht eine Lücke in der Überlieferung postulieren, muß man wohl annehmen, daß sich hier irgend jemand von verschie denen Aussagen zu einer heidnischen, exotischen und damit wahrscheinlich glaubwürdigen Darstellung der mongolischen Begräbnissitten hat inspirieren 108. lassen Dem Heidenbild, das sich die Abendländer auf Grund der zitierten Reise berichte machen müssen, steht die Hoffnung gegenüber, die Tartaren doch dem Christentum gewinnen zu können, oder sogar die aus dem Wunschdenken geborene Überzeugung, mancher tartarische Khan sei bereits Christ. Vor allem während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, in Einzelfällen auch noch darüber hi.naus, werden 104 Camenta I S. 194/5. 105 Zum Reichtum des Großkhans der Tartaren vgl. S. 243/4. Beigaben Plano Carpini III,12 S. 43; Simon XXXII,86 S. 50; Ricold, Itinerarium c. 10 S. 117; Jordan v. Severac S. 121. Rubruk konnte nicht feststellen, daß sie Schätze mitgeben (VIII,4 S. 186); Polo erwähnt nur Menschenopfer beim Khansbe gräbnis : c. LXIX(68) S. 53 (79/80). 106 Plano Carpini m,ll S. 42; danach Vinzenz XXIX,86 S. 1214; Paulinus Minorita c. 229 p. 15 Vat. Ms.lat. 1 960 fol. 244ra; Simon XXXII,86 S. 50/1. 107 XXXII,32 S. 9 1 ; über Vinzenz Schrift sehr stark verbreitet; so auch Haythons Flas, die 1I1,2 S. 284/5 ebenfalls diese Thronerhebungssitte schildert. Vgl. Alfieri S. 314. 108 Wenn es nicht Boccaccio selbst war, der seine eigene im Anschluß an den zitierten Text sehr geschickt moralisierend eingesetzte Interpretation anderen zuschob, weil sie eben doch sehr weit hergeholt ist. - Mehr zu den verschiedenen Überlieferungen der disparaten Elemente in der Legende A. BASSERMANN, Veltro, Groß-Khan und Kaisersage, in: NHeidelberger Jb. 11 (1902) 28-75, dessen VellIlutung, Dante könne tatsächlich die Tartaren im Sinn gehabt haben, aber wohl fehlgeht. Vgl. H . MATROD, Le Veltro de Dante et son DXV, Khan et Can, in: EF 31 (1914) 61-81 . C. RIESSNER, Dante und das geographische Weltbild seiner Zeit, in: Dante-Jb. 55/56 (1980/81 ) 242-285. Die Tartaren als Exoten unten S. 245/6. 109 Beispiele und Varianten bei HORNSTEIN (wie N. 113; vor allem 404/5 mit Nn.) zeig�n die Vielfalt der ähnlichen Bekehrungslegenden, die sich um die Tartaren rankten. Vgl. gleich Thomas v. Can•
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Höhepunkt findet diese Entwicklung im Zusammenhang mit den geschilderten Ereignissen im Vorderen Orient um 1300 und den darauf folgenden Reaktionen abendländischer Chronisten, die den erfolgreichen Ilkhan vielfach zum wunder bar bekehrten Christen stilisieren 1 1 0 . Legenden ranken sich rasch um diese Taufe, und unter verschiedenen Versio nen verbreitet sich vor allem im englischen Raum eine, die das Bekehrungswunder auf Ghazan selbst oder oft auch - offenbar unter der Voraussetzung, Ghazan sei schon Christ - auf dessen Bruder bezieht ! ! !: »Bemerkenswert ist darüber hinaus der Grund für die Bekehrung der Tartaren zu dieser Zeit. Der heidnische Bruder ihres großen Königs Cassanus verliebte sich in die christliche Tochter des Königs von Annenien, die er vom Vater zur Frau begehrte. Der König von Armenien aber lehnte ab, falls jener nicht den Irrtum des H eidentums ablege und Christ würde. Doch jener, stärker an Kräften, Reichtümern und Macht, bedrohte ihn mit Krieg. Und der andere holte Rat ein, beschloß, daß eine Hochzeit besser sei als ein Krieg, stimmte den Forderungen zu und bat um die Zustimmung des Mädchens. Sie aber ging für das Wohl ihres Volkes, wie eine zweite Hester, im Vertrauen auf Gott. Schließlich empfing sie und gebar unter den Tartaren einen Knaben, borstig und haarig; als er dem Vater gebracht wurde, sagte dieser, er sei nicht sein Kind, und befahl, ihn zu verbrennen. Die Mutter jedoch widersprach, nahm das Kind und ließ es taufen, und sogleich nach dem dreimaligen Eintauchen ins Heilige Wasser fiel alle Häßlichkeit von ihm ab, und es erschien weich und wunderschön. Kaum hatten sie das gesehen, glaubten der Vater und sein ganzes Haus und ließen 1 12 sich taufen. « Dieser häufig wiederkehrende Wunderbericht wird noch im späten Mittelalter . zur Vorlage für den englischen Roman des King 0/ Tars, in dem dieser christliche 1 König mit Hilfe seiner Tochter den Sultan von Damaskus bekehrt 1 3. Die ursprünglichen historischen Bezüge - vom Namen des Ilkhans über die mongoli schen Erfolge im Heiligen Land bis hin zu den tatsächlich engen Verbindungen timpre; unten N. 119 Henry Knighton. - Später oft die Überzeugung, der Großkhan sei Christ: unten S. 234 u. 280/l. 110 Vgl. S. 104ff. 1 1 1 Die Person ist austauschbar; später setzt sich der »König v. Tars« durch, vgl. unten. 112 Diese zweifellos verbreitetste Version nach Flores Hut. III S. 107/8 (ich wähle diese Quelle für das Zitat, weil sie sehr zeitnah und in England aufgezeichnet ist). Auf sie spielen viele Chroniken wenigstens an, wenn sie das Ereignis nur kurz berühren. Auch im deutschen Sprachraum unmittelbar zeitgenössische Übernahme: Ottokars Reimchr. vv. 19097ff. S. 253-256 (hier wird der König selbst bekehrt). Vor allem spätere Aufzeichnungen malen noch weiter aus: die Prinzessin ist besonders schön, und die Taufe des Kindes ist ihr letzter Wunsch vor ihrer eigenen Hinrichtung (z. B . G. Villani VIII,35 t. II S. 36/7: Ghazan selbst). Daneben erzählte man sich z. B ., daß der einäugige Khan durch die Taufe selbst geheilt worden sei (Ann. de Wigornia S. 250 zu 1298) und ähnliches. - Zur möglichen Anknüpfung an die Ereignisse 1274 auf dem Konzil vgl. GEIST, wie N. 113. 113 Zur Legendenbildung L. H. HORNSTEIN, The Historical Background of »the King of Tars., in: Spec. 16 (1941) 404-414; R. GEIST, On the Genesis of the King of Tars, in: J. of the Engl. and Germanic Philol. 42 (1943) 260-268. - Noch um 1500 dagegen mit historischem Bezug Novelle M. Bandellos, ed. G. B ROGNOLIGO, Bari 1912, t. V, p. IV, Nov. 12 (13).
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT 1 14
sind völlig verlorengegangen. Entstanden ist eine zum armenischen König Legende ohne individuelle Züge, und nurmehr der Name erinnert uns an die 1 1 5. In dieser wie in anderen Bekehrungslegenden sind bei allem histori Tartaren schen Bezug schon von Beginn an die Grundzüge der Erzählung wenig spezifisch, so daß Umwidmungen stets naheliegend und unproblematisch sind. üb der Khalif von Bagdad oder der König der Tartaren bekehrt wird, weil von ihm bedrohte orientalische Christen mit Gottes Hilfe einen Berg versetzen, bleibt sich 1 16 letztlich gleich . Doch spiegeln solche Übertragungen von Legenden auch Meinungen über die Tartaren; sie zeigen, wie das Abendland vom 13. bis ins 15. Jahrhundert in bestimmten historischen Situationen EIwartungen, schwankend zwischen Hoffen und Bangen, an das Wissen und das Hörensagen über die Tartaren knüpft. Um 1346 brach vermutlich in Zentralasien die Pest aus; auf genuesischen Schiffen scheint sie von der Krim aus nach Europa eingeschleppt worden zu sein. Bald wurde dort bekannt, daß auch manche asiatische Region, die Tartarei, Indien, ja 117 Cathay betroffen waren . Zu Beginn des 1 5 . Jahrhunderts erzählt Hermann Korner in Lübeck von A lbessessu von Vellemare, dem König der Tartaren. Dieser erfährt beim Besuch seines Straßenbaus durch die UIwälder in Richtung »genue sische Stadt« von einem Boten, daß der Khan seiner Stadt kaum den Rücken 118 gekehrt habe, als ein großes Sterben ausgebrochen sei . Der Khan ruft erstaunt -
114 Bekannt war auch, daß die Khane oft christliche Frauen hatten: vgl. S. 34. LEMAITRE sucht für die Chr. des Gilles le Muisit, der die gleiche Legende zu 1337 einordnet, offenbar in Unkenntnis der Tradition einen konkreten Fall (Heirat Özbegs mit einer griechischen Prinzessin, S. 1 14 N.l). Vielleicht steckt sogar, doch das ist nur eine Vermutung, hinter der Zuschreibung des Wunders an den Bruder des Ilkhans die Erinnerung daran, daß Öldscheitü, der Bruder Ghazans, einst getauft worden war (oben S. 144). 115 Selbst bei ihm haben die Zeitgenossen wohl eher an das biblische Tarsis gedacht als noch an die Mongolen: Ei!le vergleichbare Sinnentleerung eines Namens könnte Jacopo da Sanseverino unterlau fen sein, wenn er den Basiche (doch wohl Bayezid; vgl. Namensform Basite oben S. 1 86, N. 597) zum Sohn des Timur, der eigentlich sein Feind und Besieger war, macht (21,1 S. 108). - Die Umwidmung der Legende ist sicherlich kein Hinweis auf eine im Abendland verbreitete Meinung, die Tartaren seien inzwischen Christen; vielmehr sprechen gerade die Dichter-Zeugnisse im späten Mittelalter eine deutlich andere Sprache: unten S. 223. 116 Marco Polo um 1300, c. XXVI-XXIX(26-29) S. 20-22 (30-33). Übernommen bei Philippus v. Ferrara, De introductwne I. IIl, clm. 16126 fol. 48vaff. bzw. 200 Jahre später Felix Faber III S. 64. Jean Herolts Version (15.Jh.) beleuchtet den möglichen Übertragungsweg: unter F caliphus rex tharta rorum. Vgl. ein weiteres prinzipiell austauschbares Bekehrungswunder in der Exemplasammlung des Thomas v. Cantimpre (II,53, unfol.): ein mongolischer Prinz, der eine christliche Mutter hat, wird durch eine Vision bekehrt. Auch hier sind die realen Anknüpfungspunkte, wie die christliche Mutter (hier unter eindeutigem Bezug auf die Tochter des Priesters Joh., die im Westen als Frau oder Schwiegertochter Dschingis Khans zum festen Bestandteil der mongolischen Geschichte wurde: unten S. 249) oder die Missionsbemühungen Ludwigs des Heiligen in eine typische Bekehrungslegende eingefügt worden (FRIEDMAN, Joinville, wie S. 97, N. 115). 117 Vgl. S. 239/40. 118 C. 507/749 S. 56 bzw. 260/ 1 : ad civitatem ianuensem oder versus urbem ianuensem: nach der genuesischen Stadt Caffa ? Vielleicht in Kenntnis von Berichten über die Belagerung wie nächste N. Doch vielleicht meint Korner in Unkenntnis der Geographie auch Genua selbst, hat seine Quelle mißverstanden. -
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aus, es sei der Wille Gottes, daß sie Christen würden. Da aber kommen Schiffe und berichten, es herrsche große Sterblichkeit auch unter den Christen : »Als er das hörte, änderte der Khan seinen Vorsatz und sagte, er wolle nicht getauft werden, weil die Christen dadurch nicht vor anderen Völkern bevorzugt seien.« Die Veränderungen in der Legende spiegeln die Entwicklung von Hoffnung zu Ernüchterung, die die abendländische Einschätzung der religiösen Situation bei den Tartaren im 14. Jahrhundert nimmt l l9• Hat 1299 noch der wunderbar bekehrte Ilkhan für die Christen mit Gottes Hilfe Jerusalem befreit, so kursieren um die Mitte des 14. Jahrhundert auch wieder legendenhafte Erinnerungen an manchen Schaden, den die Mongolen anrichteten, und an Gottes Strafen dafür: » Und eines Tages eroberten die Tartaren einen Teil des Heiligen Landes und nahmen Jerusalem ein . . . Als sie die so wunderschöne Goldene Pforte sahen, wollten sie sie von ihrem Platz nehmen und sie in ihr Land bringen, zum Großkhan. « Das Tor läßt sich aber nicht bewegen, und je tiefer gegraben wird, desto tiefer reicht es in die Erde. »Als sie sahen, daß sie es nicht haben konnten, befahl ihr Anführer, es anzuzünden . . . doch kaum hatten sie das Feuer entzündet, da schlug es auf sie zurück und viele 1 20. von ihnen verbrannten« Mit der sinkenden Hoffnung auf Bekehrung verblaßt offenbar die Erinnerung an die kurzfristigen freundlichen Kontakte im Heiligen Land, und das alte Bild vom zerstörerischen, feindlichen Heiden aus der Zeit des Mongolensturms lebt 119 Korner (oder eine unbekannte Quelle) kombiniert zwei Legenden, die im 14. Jh. im Zusammen hang mit Pestberichten kolportiert worden sind (Detmar, die Quelle Korners auch an dieser Stelle, kennt nur die Version vom König der Barbaria, wie folgt). Der flämische Chronist Gilles le Muisit . berichtet, daß die Tartaren, als sie bei der Belagerung einer genuesischen Stadt, vermutlich Caffas (wurde 1346 belagert), von der Pest überfallen werden, Einlaß in die Stadt begehren, um Christen zu werden : doch da sie die Christen ebenso krank und dezimiert vorfinden, verzichten sie (S. 195/6). Beim englischen Chronisten Henry Knighton (ehr. bis 1395) will der tartarische König zwecks Bekehrung nach Avignon ziehen : S. 58. Man fühlt sich wiederum an die Gerüchte um die Tartaren taufe beim zweiten Lyoneser Konzil erinnert: oben S. 96. Andere Chronisten erzählen, daß der König Albochesen von Belamari, Herr von fast der ganzen Barbaria, Gottes Gericht erkennt und beschließt, Christ zu werden, als er beim Besuch seines Straßen baus nach Indien von Boten erfährt, daß in seinem Volk das große Sterben ausgebrochen sei (oder Albochasen/Albochexen aus Bel/amari/Bellamarina. Einen heidnischen König Belmarinus kennen an ganz anderer Stelle 1364 Chroniken aus St. Albans : ehr. Angliae [gegen Ende 14. Jh.] S. 56; Thomas Walsingham, Hist. 1, S. 301). Als er aber hört, daß die Christen ehenfalls krank werden, ändert auch er seine Pläne. Mit Ausnahme von G. Villani (der eine noch viel knappere Version hat) und zwei der Bologneser Chroniken kennen alle unten N. 503 genannten Quellen diese Geschichte, wobei die Namen bei Franz v. Prag und der Oberrheinischen Chr. fehlen. ehr. Angliae S. 27 berichtet von einer aus dem gleichen Grunde fehlgeschlagenen Sarazenen-Bekehrung. 120 Niccolo da Poggibonsi (1346/50) I S. 192/4; Andeutung einer ähnlichen, vollzogenen Versetzung eines Tores durch die Tartaren 11 S. 22/3; ev. ist bei der Geschichte noch an 1299 gedacht, doch wahrscheinlich hat sie längst jeden konkreten Zeitbezug verloren. Ein später Chronist, ebenfalls aus der Toskana, brachte beide Stimmungen zu 1299 durcheinander: zur Freude über den tartarischen Sieg kommen die Übeltaten der Tartaren, u. a. ihre Absicht, das Goldene Tor wegzuschleppen: er. Senese S. 79. - Die Tartaren sollen bei der Eroberung Jerusalems die Grabeskirche zerstört haben: Felix Faber (1484) I S. 338.
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IV. EINORDNUNG IN DAS WIS SEN VON DER WELT
wieder auf. Zwar erinnert im späteren 14. und im 15. Jahrhundert noch mancher 121 Chronist an die erfolgreiche armenisch-tartarische Kooperation , doch zeigt ein kleiner Übersetzungsfehler, daß man sich eher Krieg als Verhandlungen mit den Mongolen vorstellen kann. Boccaccio hatte in seiner Schrift De casibus virorum illustrium vom in Tartaros iter, der Reise zu den Tartaren, des armenischen 122 Königs Hethum berichtet . War das lateinische Wort iter noch doppeldeutig, so hält Laurent de Premierfait gegen Ende des 14. Jahrhunderts die eindeutige 123 Übersetzung guerre contre fes tartarois für angemessen . Europa hat die blindwütigen und grausamen Untaten der Mongolen in Polen und Ungarn nie vergessen. Predigten und Heiligenlegenden halten die Erinnerung 12 \ an Gefahren wach, die zudem in Osteuropa ja noch nicht überstanden sind immer neue feindselige Nachrichten dringen in die westlichen Chroniken und werden nun nicht mehr von hoffnungsvollen Meldungen aus dem Vorderen Orient übertönt. So suchen und finden die Abendländer im 14. Jahrhundert immer öfter die Mongolen auf der Seite der Gegner christlicher Heere, auch wenn
121 Noch Josse van Ghistele (1481/85) S. 33. Sogar Verbesserung: 1271 erwartete Edward v. England vergebens die Hilfe der Tartaren (oben S. 103), doch Jean LeLong berichtet im 14. Jh., E. hätte sie gerufen und sie seien sofort, mit großem Erfolg, gekommen (Sp. 750, vgl. 756). 122 S. 842; dazu oben S. 1 15. Schon er brachte hier einiges in seinen Quellen durcheinander: so reiste Hethurn I. zu den Tartaren, Hethum 11. aber, um den es hier geht, nach der Chronik Haythons nach Konstantinopel (III,44 S. 328/9). 123 Zit.nach Ms. SB München Gall. 6, fol. 337ra. Auch der englische Übersetzer John Lydgate (nach 1400) hat geyn Tartarynes . . . werre, S. 977, doch hat er wohl kaum die Version Laurents eigens am lateinischen Original überprüft. Das lateinische Wort iter bedeutet Weg, Reise, Feldzug, wie auch das deutsche Wort Reise im Mittelalter für Feldzug stehen kann (vgl. die Preußenreisen; dazu BOOCK MANN, Orden, 151). - Ähnliche Verzerrungen bei der Geschichte vom Perserkönig Maumeth und seinem Widersacher Argon (Haython 111,34 S. 313), in der schon Boccaccio jede Erinnerung an die mongolische Volks zugehörigkeit der Beteiligten tilgte (S. 832; Laurent fol. 334rb, Lydgate S. 971). Zu Laurent R. C. FAMIGLIETTI, Laurem de Premierefait, the Career of a Humanist in Early Fifteenth century Paris, in: JMH 9 (1983) 25-42; Carla BOZZOLO, Manuscrits des traductions fran�aises d'reuvres de Boccacce, Padua 1973; P. M. GATHERCOLE, Laurent de Premierfait's Des cas des nobles hommes et femmes, Chapel Hili 1968. 124 Der Exempla-Sammlung des Thomas v. Cantimpre z. B. kann mancher Prediger Geschichten von erschlagenen Brüdern und verwüsteten Klöstern vor allem in Ungarn entnehmen (Bonum, 11,1, 43, 48, vgl. 56, unfol.). - Legenden in Polen um die Heilige Hedwig, die Mutter des bei Liegnitz gefallenen Herzog Heinrich (herausragend der Hedwigscodex von 1353 mit Legenden und Heiligspre chungsakten). Weitere hagiographische Quellen im Zusammenhang mit den tartarischen Einfällen in Polen wertete aus: B. SZCZENSNIAK, Hagiographical Documentation of the MongoI Invasion of Poland in the Thirteenth Century. I : The Preaching Friars, in: Mem.of the Research Department of the Toyo Bunko 1 7 (1958) 167- 195. Die Texte des 14. und 15. Jh. sind sicher aussagekräftig für die Stimmung ihrer eigenen Zeit, weniger für die des 13.Jh. Heilige in Mähren 1241 vgl. STRAKOSCH-GRASSMANN, Einfall, wie S. 28, N. 90, 62/3. - Auch in Briefformelbücher sind einige Schreiben mit Rufen um Hilfe gegen die Tartaren ei�gegangen; solche Sammlungen, an sich unabhängig vom Gegenstand nur zum Zwecke stilistischer Ubungen zusammengestellt, werden immer wieder gebraucht und beeinflussen die Meinungen ihrer Benutzer wohl um so wirksamer, als es unbewußt geschieht (Baumgartenberger Fotmelbuch bes. S. 348; Wiener Briefsammlung S. 7/8, vgl. 242; nicht nur 1241/2. Versreckt aber auch die Erinnerung an diplomatische Kontakte: Conradi summa S. 423) .
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DAS VOLK D E R TARTAREN
125 .
die Schlachten im Vorderen Orient stattgefunden haben sollen Die Tartaren gelten, als seit der Mitte des 14. Jahrhunderts allmählich die Türkengefahr deutlicher wird, auch manchmal als deren Verbündeten und werden immer mehr zu erklärten Feinden Christi : »im Rachen unserer Feinde« leben die veneziani 26 1 schen Kolonisten in Tana! Die Bilder der Dichter - und auch anderer Rezipienten - entsprechen denen der Chronisten : Andrea da Barberino läßt einen Tartarenfürsten den Ajolfo 2 schmähen, weil er ein Christ sei 1 7. »Laßt uns Krieg führen«, so rät im Roman Paris et Vienne der Papst Innocenz, »gegen die, die Feinde Gottes und der Heiligen Kirche sind, wie die Sarazenen, Türken, Tartaren, die nicht an die heilige 128. christliche Lehre glauben« Die traditionellen epischen Heereskataloge, die die Tartaren im späten Mittelalter aufgenommen haben, zählen sie auf der Seite der Heiden auf; die Identifikation mit den Sarazenen wird, wie schon früher bei 129. manchen Reisenden und Missionaren, möglich Im Bericht des Chronisten Enguerran de Monstrelet, demzufolge 1428 neben anderen Heiden auch Tartaren gegen die Portugiesen gekämpft hätten 130, hat sich der Begriff verselbständigt : Hier ist nicht mehr von Mongolen die Rede, sondern »Tartaren« steht für Ungläubige, Christenfeinde an sich : Im Bewußtsein der Menschen in Europa setzt sich für die fremden Mongolen letztlich das Feindbild durch131. Der auf religiöse und militärische Hoffnungen gegründete Optimismus verschwindet mit seinen Grundlagen, und das immer vorhandene natürliche Mißtrauen gegen das Fremde siegt.
125 Z. B. 1364 Thomas Walsingham, Hist. (bis 1422) S. 301 (in Verwirrung der Schauplätze Osteu ropa und Vorderer Orient); in eng!. Übersetzung John Capgrave 5. 223. - Offensichtlich eine Ausnahme bildet die sächsische Sage bei GRÄSSE, Sagenschatz I, 224-226: die Tartaren aus Skythien sind als ärgste Feinde der Sarazenen dargestellt; ihr Anführer ist milde, denn er ist gebürtiger Pole. 126 THIRIET, Reg.nr. 2412, III S. 5 1 zu 1436. Caffa: AUieri S. 3 12. - Im Bunde mit den Türken : oben S. 194. Vg!. Dietrich v. Niem, Viridanum S. 14, Cronica S. 148 (unterdrücken Christen), S. 282. Sie sind den Türken sehr ähnlich: Ludolf S. 29. Feinde: Felix Faber III S. 467/8; sie wollen immer gegen Christen kämpfen: Pero Tafur S. 167. 127 C. 52 S. 99-1 01. S. 130: Tartarenbund gegen König Ludwig; vgl. S. 160ff. Reali 11,1 S. 80 (Gegner der Herren v. Pangi vor Rom: Sarazenen, Tartaren u. a. Barbaren). 128 S. 566. Ähnlich z. B. Philippe de Mezieres, Sange 11 S. 296. 129 Kataloge z. B. Octavian vv. 13 15/6 (soll allerdings vor 1244 geschrieben sein; zufälliger Gleich klang? Vgl. unten N. 327 zur Hist. de preLiis); Antoine de la Salle (t 1461), Jehan de Saintre: de La partie des Sarrasins (ab S. 2 12) schließlich auch die Leute aus Tartane; GaLiens Li Restares (Karlsz yklus) S. 1 8 1 ; Leopold Stainreuter (2. H. I4.Jh.) S. 159/60. - Zu diesem Thema vg!. auch d! e Meinungen zum tartarischen Kriegswesen, unten S. 230/1 u. oben 123/5 H. - Sarazenen : Der Kömg Aroffle/Esroffle (od. ä.) aus der Enfance Vivien ist stets ein Muslim ; in zwei Hss. der Prosafassung stammt er ausdrücklich de Tartarie, S. 279. - Vgl. Relation . . . Nicopoli S. 466 (S. 481, 485 unter den heidnischen Feinden allgemein: es versteht sich wohl von selbst). - Zu den Reisenden oben S. 137; zu den eschatologischen Auswirkungen unten 277/9. 130 IV S. 297. 131 Vgl. 5. 215: Pisanello malt »Tartaren« und meint »Orientalen«.
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IV. EINORDNUNG I N D A S W I S S E N VON DER WELT
»Nachdem wir aber von Soldaia abgereist waren, fanden wir am dritten Tag Tartaren, und als ich unter sie trat, schien es mir gerade so, als beträte ich eine andere Welt.« 1 32 Als Wilhelm von Rubruk 1253 dann den ersten Trupp Tartaren hinter sich gelassen hat, kommt es ihm gar vor, als sei er den Händen von Dämonen entkommen; die Landenge, über die er die Krim nach Norden verläßt, gleicht ihm einem Tor zur Hölle (unam portam injerni) lJ3. Der Franziskaner schildert ein Gefühl, das wohl höchstens Missionare, Kaufleute oder andere Personen, die sich über längere Zeiträume bei den Mongolen aufhalten, überwin den können. Trotz aller Annäherungen haben die Mongolen für die Europäer ihre grundsätzliche Fremdheit - und damit Unheimlichkeit - nie verloren. Man trifft die Tartaren in der Steppe an, denn sie bewohnen keine Städte oder befestigten Siedlungen, sieht man vielleicht von Karakorum ab 1 34. Stattdessen . ziehen sie unter Mitnahme ihres gesamten Besitzes, mit ihren zahlreichen Herden, mit Frauen und Kindern immerwährend umher 1 35. »Sie haben runde, zeltartige . Behausungen, aus Ruten und dünnen Stäben zusammengefügt. Oben in der Mitte aber haben diese ein rundes Fenster, wodurch das Licht eindringt, und damit der Rauch abziehen kann, weil sie in der Mitte immer ein Feuer machen. Die Wände aber und die Dächer sind mit Filz bedeckt, auch die Türen sind aus Filz gefertigt « 136 Das eigentlich und besonders Bemerkenswerte dabei ist offenbar die Tatsa che, daß die Mongolen diese Häuser bei ihren Wanderungen immer mitnehmen. »Manche werden rasch auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt und von Lasttieren getragen; manche sind nicht zerlegbar, sondern werden auf Karren transportiert.« 137 Die cite portative des Großkhans der Tartaren fasziniert gegen •
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132 Dieser berühmte Ausspruch Rubruks 1,14 S. 171, wiederholt IX,I S. 187. Vgl. Jordan v. Severac, Mirabilia S. 1 12: et incipit in hac prima India quasi alter mundus. 133 Dämonen: IX,3 S. 189. Hölle: XII,3 S. 193. 134 Plano Carpini (nur Karakorum) 1,4 S. 30; Benedikt v, Polen c, 8 S. 139; Botenbericht 1248 bei Vinzenz S. 1317; Rubruk 11,1 S. I72; Polo c. LXIV(63) S. 50 (74), Wanderungen nach Jahreszeit LXIX(68) S. 53 (80); Ricold, Itinerarium c. 9 S. 1 14 (hassen Städte, denn sie zerstören alle); vgl. Pero Tafur S. 167. 135 Herdenreichtum MP CM III S. 488; Plano Carpini II,7 S. 36; Velletri-Karte Bild 24b. - Rubruk stellt fest, daß die ganz im Norden lebenden Tartaren reine Jäger ohne Viehhaltung seien (XXIX,45 S. 269). - Männer und Frauen bei den Nomaden vgl. Plano Carpini IV,IO S. 50 vgl. S. 5 1 ; Simon XXX I I,71 S. 32; Polo c. LXIX(68) S. 53/4 (80); vgl. Ann. de Wigornia ad a. 1300 S. 546; später G. Villani VIII,35 t. II,37; Alfieri S. 3 1 1 . - Neben Tartaren auch Türken: Ludolf v. Suchern S. 29. Zur Beschreibung des nomadischen Lebens s. u. Paulinus Minorita, Satyrica c. 229 p. 13, 136 Plano Carpini 11,6 S. 35 (Vinzenz XXXI,4 S. 1287a Vat. Ms.lat. I960 fol. 243vb). Vgl. Thomas v. Split S. 591 Z.34; Rubruk II,2 S. 172; Polo c. LXIX(68) S. 53 (80); Franziskaner aus Caffa 1323 ed. BIHL/MoULE I S. 111. GhiUebert de Lannoy kennt offenbar diese Häuser, mit denen er Behausungen in Ägypten vergleicht: S. 112. - Joh. ordnet die Beschreibung schon bei der Bekleidung ein; in diesem Falle habe ich einmal seine Reihenfolge der Systematik meiner Darstellung geopfert. 137 Plano Carpini (und Vinzenz); ähnlich Rubruk (ausführl.), Polo, alle wie N. 136. 15.Jh.: besonders schöne Darstellung Bild 24a; Giosafat Barbaro S. 78. Elemosina, der besten Zugang zu Informationen aus dem Missionsgebiet hat, kennt ebenfalls die portabiles domos der Mongolen (um 1335, S. 107/8. Vgl. Phänomen der mobilen Konvente in der tartarischen Steppe, oben S. 148 . ,
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DAS VOLK D E R TARTAREN
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Ende des 14. Jahrhunderts Philippe de Mezieres so sehr, daß er in ihr das Bild für 1 38. seinen Kreuzzugsorden, die transportable Stadt Gottes, sieht Immer wieder in der Geschichte sind Abendländer mit Nomaden in Berüh rung gekommen, deren Existenz grundsätzlich nicht nur in Osteuropa bekannt ist. Dort gehören sie allerdings zum unmittelbaren Erfahrungshorizont; die Ungarn zum Beispiel sind erst seit kurzer Zeit seßhaft geworden und haben kurz vor dem Einfall der Mongolen nomadisierende Kumanen in ihren Grenzen aufgenommen 139 . Im westlichen Abendland beschränken sich die Kenntnisse dagegen auf die Erinnerungen an meist lang zurückliegende Erfahrungen mit Völkern, die wieder verschwanden, vernichtet oder seßhaft wurden. Erst durch das Eintreffen der Mongolen und die Kontaktaufnahmen mit ihnen, die wesent lich aktiver geschieht als jemals vorher, wird es für viele Westeuropäer nötig, sich mit nichtseßhaften Völkern auseinanderzusetzen, eventuell zu arrangieren, das theoretische Wissen zu verifizieren oder zu korrigieren 140 . So ist zum Beispiel von den Skythen traditionell bekannt, daß sie nomadisch leben. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts schildert der humanistisch gebildete Alberto Alfieri, Genuese in Caffa, die Lebensgewohnheiten jener Völker, die im Land um die Stadt herum leben, also der Tartaren. Er aber nennt sie Skythen, die seit Urzeiten j ene Steppen bevölkerten und niemals ihr Leben gewandelt hätten; eine zwar nicht ethnisch, aber vom Augenschein her korrekte Identifikation von 1 einem Mann, der die Mongolen aus eigener Erfahrung kennt 14 . Wer als Abendländer zu den Tartaren reiste, mußte ihre Lebensgewohnheiten, vor allem ihre Nahrung teilen. Welche Gefühle mögen in der Brust eines Johannes . von Plano Carpini erwacht sein, wenn er bei seiner Abreise nach Asien die Gerüchte bedachte, die über die Speisen und Getränke der Mongolen kurz nach dem »Sturm« kursierten. Die Tartaren, so erzählte man sich, essen ohne Unter schied, was sie bekommen können, Hunde, Frösche, Schlangen und anderes Getier, sie verzehren das Fleisch roh und verschlingen manchmal sogar Men-
138 Epistre (1 395) S. 499/500; vgl. Sange I S. 228/9: oben S. 127. 139 Ihre Lebensgewohnheiten unterscheiden sich in der Schilderung nicht von denen der Tartaren: Rogerius, Carmen c. 8 S. 557; Ann. Gotwic. Cont. Sancruc. Il S. 640; schon zu 1222 Heinrich v. Lettland S. 181. - H. GÖ CKENJAN trägt einige abendländische Aussagen zu früheren Steppenvölkern zusammen: Die Welt der frühen Reiternomaden, in : Die Mongolen und ihr Weltreich, ed. Arne EG GEBRECHT, Mainz 1989, 7-43. Vieles konnte schon bei früheren Nomaden beobachtet werden; dennoch keine ausdrücklichen Vergleiche durch die Zeitgenossen. 140 Hierzu die Anpassungen der Missionare vgl. S. 147/8. - Will man Krieg gegen Nomaden in deren eigenem Gebiet führen, so stößt die abendländische Taktik an Grenzen, wie Humbert V. Romans feststellt: sie sind nicht seßhaft und deshalb auch nicht zu greifen: Op. Trip. 1, 15 S. 195; ähnliche Erkenntnis steht hinter Rubruks Überzeugung, bei Angriffen zögen sie sich in die Steppe zurück: XIII,2 S. 195. 141 Ogdaas S. 310-3 1 7. Zur Problematik unten S. 255 u. 302l3.
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IV. EINORDNUNG IN DAS WI S SEN VON DER WELT
schenfleisch 1 42; sie trinken Wasser, Milch vom Vieh, vor allem von Pferden, aber auch Blut 143. Manches dieser Details mag dem Historiker wie ein traditioneller Topos klingen, doch die ersten Reisenden müssen feststellen, daß die Erzählungen nur wenig übertrieben sind ! »Ihre Nahrung besteht aus allem, was man essen kann. Sie essen nämlich Hunde, Wölfe, Füchse und Pferde, und in Notlagen Menschen fleiseh.« 144 Nur noch wenig können die Dichter hinzufügen, wenn zum Beispiel der tartarische Gegner des Ajolfo geschworen hat, die Hände des Besiegten zu essen : Denn die Tartaren essen Menschenfleisch 145. Bei manchem Reisenden wird der Ekel und die Überwindung deutlich, die es kostet, nicht zu verhungern oder zu verdursten 146. Wilhelm von Rubruk ist dagegen mißtrauisch und neugierig zugleich: Die Würste, die die Tartaren aus den . Eingeweiden von Ochsen und pferden zubereiten, schmecken besser als Schweinswürste 1 4 7 . Der cosmos, die vergorene Stutenmilch, sticht auf der Zunge wie Wein, schmeckt wie Mandelmilch und verschafft ein angenehmes Gefühl im Inneren, macht allerdings Leute, die wenig vertragen, leicht betrunken und ist stark harntreibend : kein Zweifel, Rubruk hat davon probiert 148. Außer Milch, vergoren oder frisch, trinken die Mongolen Wasser und Fleischbrühe, haben aber keinen Wein 149. Dank des genannten Kumis hindert sie das jedoch nicht, sich 142 MP CM III S. 488, vgl. IV S. 76, 273 (Ivo v. Narbonne, maßlos übertrieben, vgl. HILPERT, Matthaeus, wie S. 26, N. 76, S. 161/2), Bild 16; ungarischer Bf. in Ann. de Waverley S. 324; Peter v. Rußland S. 191. - Menschenfresserei kann auch einem Reisenden gefährlich werden, aber entweder glaubte man den Gerüchten nicht, oder man vertraute auf die Versicherungen der Achtung des Diplomatenstatus. 143 MP CM IV S. 76/7; Ann. de Waverley S. 325; Peter v. Rußland S. 191; Haython 1II,49 S. 338; G. Villani VIII,35 t. II,S. 38. Menschenblut ausdrücklich noch Simon XXXII,77 S. 39. Pferdemilch Heinrich v. Neustadt, Apollonius v. 2996 S. 52. 144 Plano Carpini IV,7 S. 47. Vom Kannibalismus, der in dieser Form tatsächlich vorkam, hat Joh. nur gehört, aber gesehen hat er, wie Läuse (pediculos) und Mäuse verzehrt werden: IV,7 S. 48. Simon XXX II,77 S. 38/9 (nicht nur aus Not); Thomas v. Split S. 591 Z. 23; Rubruk I1I,1 S. 176, V,I-2 S. 180; Polo c. LXIX(68) S. 54 (80); Jordan v. Severac, Mirabilia ( 1329/30) S. 120/1; alles Tote (wie Rubruk) Alfieri S. 311. - Das Trinken von Blut findet bei Polo eine vernünftige Erklärung: auf Kriegszügen, wenn sie nichts anderes haben, lassen sie ihre Pferde zur Ader: c. LXX(69) S. 56 (83); vgl. Alfieri S. 311/2. 145 Andrea da Barberino, Ajo/fo c. 52 S. 99-101; Heinrich v. Neustadt, Apollonius vv. 2993/4 S. 5 1 . Rudimentum noviciorum 1485 fol. 385r: vor allem Fleisch von Christen. - Tartaren essen alles : Joinville 487 S. 266; rohes Fleisch : G. Villani VIII,35 t. II,S. 37; Andrea da Barberino, Reali 11,2 S. 231. Daran dürfte noch unsere Speisebezeichnung Tartar erinnern. - Joinville um 1300 (489 S. 268) und Pero Tafur im 15.Jh. (S. 164) berichten auch vom berühmten Garreiten des Fleisches. 146 ]oinvitte vergeht der Appetit beim Geruch, der aus dem Speisesack eines Tartaren dringt: 489 S. 268. 147 111,1 S. I77. 148 IV,3 S. 178; genaue Herstellung IV S . 177/9; Simon XXXII,78 S. 40 (kamous); Thomas v. Split S. 591 Z.24 (zum Blut vgl. N. 143/44); Polo c. LXX(69) S. 55 (82) (eingetrocknete Milch zum Auflösen S. 56 bzw. 83); Alfieri S. 3 1 1 . 149 Getränke: Plano Carpini IV,8 S. 49; Andreas v. Longjumeau in MP CM VI S . 114/5. Wein : Plano Carpini IV,8 S. 49 bzw. V,24 S. 69: oben S. 205; Apollonius vv. 3669/72 S. 62. Lieben ihn aber, wenn sie ihn kriegen können: Simon XXXII,78 S. 40 .
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DAS VOLK DER TARTAREN
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immer wieder hemmungslos zu betrinken, wie sie überhaupt beim Essen überaus schmutzig sind 150 . Trotz dieses einen Mankos ist ihre Genügsamkeit unvorstell 1 1 bar, sie wird geradezu sprichwörtlich 5 Besonders eindrucksvoll für die Abendländer, vor allem jene, die das Tarta renland niemals selbst zu Gesicht bekommen, ist offenbar das völlige Fehlen des gewohnten Grundnahrungsmittels, des Brotes. Kaum ein Reisender, der nicht gesondert vermerkte : »Brot haben sie keines ! « 152 Johannes von Plano Carpini sieht das Land und weiß, weshalb kein Getreide wächst; für andere stellt es den Gipfel der Kasteiung dar, denn : Wie kann man ohne Brot leben ? Wie selbstver ständlich im Westen offenbar das Essen von Brot war, wie sehr es für das Überleben schlechthin stand, zeigt das Mißverstehen der mongolischen Lebens weise durch einen englischen Franziskaner: Bei der Frage, ob man längere Zeit ohne Essen, ohne panis materialis, überleben könne, verweist er auf die Tartaren, die kein Brot äßen 153. •
Von den Speisen geht Johannes' von Plano Carpini Schilderung über auf die Gesellschaftsordnung, die Gesetze und die Rechtspflege der Tartaren. Unterein ander - so betont er vor allem im Hinblick auf das völlig gegenteilige Verhalten gegenüber Fremden - sind sie ohne Neid und ehrlich 15\ sie verabscheuen die Lüge und strafen gerecht und streng. Auf Diebstahl steht die Todesstrafe wie auf Ehebruch, zu dem es aber selten kommt, weil die Frauen treu und keusch sind 1 55. Kein Herrscher darf sich Befehlsgewalt anmaßen, ohne gewählt zu sein, dafür aber herrscht er dann völlig unumschränkt mit absoluter Verfügungsgewalt, kennt keine Aufstände seiner treuen Untertanen, die trotz ihrer Trunkenheit friedlich sind 156. Die Schwierigkeiten, die ein Abendländer mit dem Nachvollzug ,
150 Plano Carpini IV,6 S. 47; Simon XXXII,71,78 S. 32, 40; Jordan v. Severac, Mirabilia S. 111. Trunkenheit: Plano Carpini IV,6 S. 47 (vgl. 3 S. 46); ausschweifend Haython III,49 S. 337. Rubruk erlebt immer wieder die Gelage (bes. 11,8 S. 175) in den Jurten der Khane und ihrer Frauen; um 1400 ähnliches bei Clavijo am (muslimischen) Hofe Timurs (S. 260/66). 151 MP CM IV S. 115; Plano Carpini IV,2 S. 46; Thomas v. Split S. 591 Z. 21/4; später Alfieri S. 3 1 1 und 312. - Der Nutzen im Krieg leuchtet ein : unten S. 231, vgl. Fidentius v. Padua: kein Wein auf Kriegszügen, oben 127. 152 Plano Carpini IV,8 S. 48; Simon XXXII,71 S. 32; Joinville 487 S. 266; G. Villani VIII,35 t. II,S. 37; Alfieri S. 3 1 1 . 153 William Woodford, um 1373/4 Kommentar zu Matthäus, uned. (die fragliche Stelle ed. ]. 1. CATfO, Guillaume du Pre et les Tartares, in : AFH 60 [1967] 2 1 1 , nach Ms. Cambridge UL. Add. 3571 fol. 107v-108r). 154 Plano Carpini IV,2 S. 45/6. Fremde unten S. 236. 155 Strafen: Plano Carpini IV,9 S. 49; Prügel 49/50. Differenzierter noch zum Strafsystem Rubruk VIII,I-2 S. 185/6. Strenge, ja Todesstrafen: Ivo v. Narbonne in MP CM IV S. 275; Peter v. Rußland S. 194; Andreas v. Longjumeau in MP CM VI S. 114; Polo c. LXX(69) S. 56 (84); Alfieri S. 3 1 1 ; Tod auf Ehebruch Berthold v. Regensburg I S. 68. Gute Gesetze Joinville 478 S. 262. Andere beobachtet Ricold, Itinerarium c. 9 S. 1 15. Frauen: Plano Carpini IV,3 S. 46; Polo c. LXIX(68) S. 54 (80/1); Ricold, Itinerarium c. 9 S. 1 16. 156 Gewählt: Plano Carpini IX,29 S. 116; unumschränkt: V,24 S. 69; unten S. 231 u. oben 205 zur Freiheit; Treue: IV,2/3 S. 45/6.
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IV. EINORDNUNG IN D A S WISSEN VON DER WELT
fremder Gesellschaftsformen haben kann, läßt Ricold von Montecroce bei seiner 1 . Beurteilung der polygamen Strukturen bei den Tartaren erkennen 5 7 Die Mongo len hätten zwar mehrere Frauen, doch nur eine, die erste und höchste, betrachte ten sie als legitim, ebenso wie ausschließlich ihre Kinder. Die Hierarchie unter den Frauen eines Mannes, die der Missionar entdecken kann, erklärt er sich mit 1 8. den ihm selbstverständlichen Normen der römischen Kirche 5 Zur Zeit der frühen Reisenden haben sich die Mongolen noch kaum von der Tauschwirtschaft entfernt; Wilhelm von Rubruk leidet sehr darunter, daß sie kein Metallgeld nehmen wollen, weil er über ihre bevorzugten Zahlungsmittel, Stoffe, nicht verfügt. Bald aber gewöhnen sie sich an das Metall; die Prägung der Khane 1 der Goldenen Horde zum Beispiel bestimmt die Münze von Caffa 59. Vielleicht denkt Hermann von Sachsenheim an dieses mongolische Geld, vielleicht an das· Khanssiegel auf dem chinesischen Geld, wenn es ihm in seiner Mörin (Maurin) auch nur dazu dient, seinen allegorischen orientalischen Schauplatz auszumalen: als Währung kenne man dort den wertvollen tartarischen nobel, der mit dem schilt 160 des Kaisers von Tartarien und Kartag gekennzeichnet sei . Tartarisches Geld ist hier etwas Außergewöhnliches, möglicherweise nur deshalb, weil die Mongolen als reich gelten. Vielleicht spielt aber auch das Wissen um jenes sonderbare Geld hinein, das die Abendländer im östlichsten der 1 61 . Tartarenreiche kennenlernen In den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts, 162 als Pegolotti seine Anweisungen für den Asienhändler niederschreibt , muß man an der chinesischen Grenze das Metall in Papier umwechseln ; eine Vorgehens weise, die im Westen nur schwer verständlich zu machen ist und wenig Vertrauen weckt : Pegolotti versichert, daß man bei der Ausreise den genauen Gegenwert auch bestimmt wieder zurückgetauscht bekommt. Aus der Ferne hat schon Rubruk vom Papiergeld in Cathay gehört; Marco Polo lernt es erstmals richtig 157 Vielehe bei den Mongolen : Plano Carpini IV,9 S. 50. Er erwähnt die mongolischen Ehebräuche nicht bei den Lebensfolillen, sondern bei der Personenbeschreibung; dort Genaueres zu den Ver wandtschaftsgraden sowie der Witwenversorgung durch Wiederverheiratung mit Bruder oder Sohn des verstorbenen Mannes (betont: niemals heiratet ein Sohn oder Bruder seine leibliche Mutter oder Schwester): 11,3 S. 33, vgl. 6 S. 39. Früher z. B. Peter v. Rußland S. 191; auch Simon XXXII,76 S. 37/8; später Polo c. LXIX(68) S. 54 (81); Haython III,49 S. 337; Alfieri S. 3 13; Nikolaus v. Kues, De pace XVI S. 50. 158 Ricold, Itinerarium c. 9 S. 1 16; zu der strikten Einstellung der katholischen Kirche gegenüber den Ehen der Ungläubigen, die Ricold hier teilt, vgl. J. MULDOON, Missionaries and the Marriages of Infidel s : The Case of the MongoI Mission, in: The Jurist 35 (1975) 125-141. - U. a. nach den abendländischen Berichten (Ricold fehlt): P. RATCHNEVSKY, La condition de la femme mongole au 12e/13e siede, in: Tractata Altaica. Fs. D. Sinor, Wiesbaden 1976, 509-530 159 Vgl. S. 158. 160 Mörin vv. 557, 560/1 , vgl. 2845. Kartag=Cathay unten N. 501. Schlüsselgedicht aus dem Schick salsjahr 1453. Siegel erwähnt ausdrücklich Pegolotti, wie S. 166. 161 Allerdings gibt es Papier- (oder Leder-)geld tatsächlich nur in China; der Versuch, es in Persien einzuführen, beschwört 1249 eine schwere Wirtschaftskrise herauf (WEIERS, Mongolen in Iran, wie S. 34, N. 121, 324). - Ob Boccaccio, Decamerone VI, 1 0 S. 563 mit dem Geld, das er nach der Passage der Meerengen erwähnt, an ungewöhnliches tartarisches Geld erinnert, ist mehr als fraglich. 162 Vgl. S. 164ff. •
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kennen 1 63. Der D ominikaner Johannes de Cori findet eine bemerkenswerte Begründung für die Ausgabe des Papiergeldes, die er sich sonst nicht erklären kann: Der Khan lege Wert darauf, seinen Schatz an edlen Metallen immer mehr zu vergrößern 1 64 . Wesentlich früher als das Geld fällt im Abendland die Sprache und die völlig unleserliche Schrift der Mongolen auf, denn beide könnten bei der Identifikation des fremden Volkes helfen. Wären sie hebräisch, so böten sie eine Bestätigung der These, daß es sich bei den Tartaren um die von Alexander dem Großen hinter den Kaspischen Bergen eingeschlossenen Judenstämme handelt, also wohl um Gog und Magog 1 65 . Während diese Auffassung von der Sprache sehr bald aufgegeben wird, da man sie als ganz verschieden von j eder anderen erkennt, sind erste Interpretatoren der Schrift überzeugt, daß es sich um hebräische Schriftzüge handelt 1 66 . Doch die Reisenden räumen mit dieser Vermutung schnell auf: Die Schrift haben die Mongolen, die früher keine eigene kannten, von den Uighuren 1 7 übernommen 6 . Mit all diesen Dingen müssen sich die Abendländer auseinandersetzen, weil die Tartaren eines Tages aus jenem Land fern im Osten aufgebrochen sind, um, wie sie selbst sagen, die ganze Welt zu erobern. Viele Völker haben sie schon unterworfen, und die frühen Reisenden werden nicht müde, davon zu berichten : Ihre militärische Tüchtigkeit ist bedrohlich, frappierend für die an ritterliche Kriegführung gewöhnten Abendländer, sogar zu propagandistischen Zwecken einsetzbar l 68• Von Beginn an steht bei allen Betroffenen die Frage nach Bewaff nung, Taktik und ähnlichem im Zentrum des Interesses an den Tartaren.
163 Rubruk XXIX, 50 S. 271 ; Polo c. XCVII(95) S. 9 1 /3 (126/8); auch Haython berichtet davon (1,1 S. 262), vgl. »Niederrh. Orientber.« S. 10, 57; Jordan v. Severac, Mirabilia S. 120. Papier- und Ledergeld Philippe de Mezieres, Songe I S. 229. 164 S. 66. Diese volkswirtschaftlich nicht haltbare Begründung paßt sehr gut in das Bild vom reichen Großkhan: unten S. 243/4. 165 So der ungarische Bf. 1242 nach Befragung tartarischer Gefangener (Ann. de Waverley S. 324). Unten S. 258 ff. auch die spätere Zeit. 166 Zu 1240 MP CM IV S. 78 bzw. zu 1238 ebd. III S. 488. Simon ist einer der wenigen Reisenden, denen der Klang der Sprache und des Gesangs der Tartaren (unangenehm) auffällt : XXXII,71 S . 3 1 12. Mögliche Rezeption bei Heinrich von Neustadt, Apollonius vv. 2978/9 S. 51. Zur Notwendigkeit des Erlernens der Sprache oben S. 138 H. 167 Plano Carpini V,8 S. 56; Rubruk XXV,5 S. 231 (Roger Bacon, Op. Maius 11 S. 383: lngures); viele, auch fiktive Alphabete bei Mandeville. 168 Propaganda vgl. S. 122 ff. Aufbruch fern im Osten S. 207 u. unten 290/1; zur Aufbruchszeit 253 ff. Die Namen der unterworfenen Völker stehen zwar in den Reiseberichten und werden auch von Rezipienten, die ganze Passagen übernehmen, wie Vinzenz oder Paulinus Minorita, notiert. Doch je weiter im Osten sie leben, je unbekannter sie sind, desto weniger nimmt man im Westen in größerem Maße davon Notiz. Der Oculus fidei registriert v i e l e fremde Völker: dort tangoth etc. wie in Deutschland suevi, bavari, thuringi, lotringi renenses etc. (wie S. 58, N. 75 fol. 79vb).
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auflösen, um so erfolgreicher über die Feinde herzufallen 1 74. In Länder, die sie überfallen wollen, schicken sie eine Vorhut 175, um den Weg zu sichern, zu spionieren, Angst und Schrecken zu verbreiten und ihren Untetwerfungsaufforde rungen Nachdruck zu verleihen. Auch Städte erobern sie mit großer Ausdauerl76 . In ihrem sorgfältig organisierten Heer leben die Krieger in strenger Disziplin, so sehr, daß mancher abendländische Führer eines Lehnsheeres geneigt ist, sehnsüchtig nach Osten zu blicken 177. Unvorstellbare Genügsamkeit 178 und das Ertragen schlimmster Strapazen 179 verbinden sich mit absolutem, nirgendwo sonst auf der Welt zu findendem Gehorsam ihren Herren gegenüber 180 . Obwohl die Tartaren Heiden sind, folgen sie hier dem Gesetz der Natur und der MoraP81 ; »keiner unter ihnen ist frei« 182. Tartarische Sklaven sind in Caffa dreimal so teuer wie andere, weil niemals einer seinen Herrn verrät 183• Auch die Tapferkeit der Tartaren kann der Abendländer, der mit ihnen zusammentrifft und versucht, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen 1 8\ nur preisen : »Der sechste, Taubarin, der König der Tartaren, war kühn und gefürch tet und ein tapferer und wagemutiger Ritter« 185 . Dieses Bild sticht deutlich von jenem Feindbild ab, das sich am Ende für »die Tartaren« durchsetzt. Trotzdem bleibt Raum für den edlen Fürsten der Tartaren, der Heide ist, doch höfische
174 Von der Scheinflucht weiß praktisch jeder Reisende zu berichten: Julian 6,7 S. 182; MP CM IV S. 115; Rogerius, Carmen c. 20/1 S. 564/5; Plano Carpini VI,13 S. 8 1 ; Simon XXXII,81 S. 44; Haython III,49 S. 338; Polo c. LXX(69) S. 56 (83). Dabei können sie nach hinten schießen: Flores Hist. III S. 452. - Weitere Hinterlistigkeiten z. B. Rogerius c. 27 S. 568/9, c. 38 S. 583/4. 175 Plano Carpini VI,11 S. 80; Ivo v. Narbonne MP CM IV S. 276. Sicherung langer Strecken Polo . c. LXX(69) S. 55 (83). Zur mongolischen Strategie exemplarisch H. GÖCKENJAN, Der Westfeldzug (1236-1242) aus mongolischer Sicht, in: Wahlstatt 1241, wie S. 28, N. 89, 35-75. 176 Nur Julian berichtet, soweit ich sehe, daß sie Städte nicht erobern würden, sondern das Land rings umher verwüsteten, um so zur Übergabe zu zwingen (3, tl S. 177). Diese Taktik fand sich aber wohl auch noch an anderen Stellen oder wurde beschrieben, falls Pierre Dubois sie nicht tatsächlich direkt von J. übernommen hat (oben S. 110). 177 Vgl. S. 126/7, vor allem N. 258. 178 Vgl. S. 227; vor allem die schon zitierte Mahnung Rubruks an die Abendländer 126/7. 179 Plano Carpini IV,2 S. 46; Rubruk Epilog 4 S. 33 1 ; Polo c. LXX(70) S. 55/6 (82/3). 180 Plano Carpini IV,2 S. 45, vgl. V,22 S. 68; MP CM IV S. 115; Polo c. LXX(69) S. 55 (82); Haython III,3 S. 285/6 u. 49,337; Ricold, Itinerarium c. 9 S. 115; G. Villani V,29IVIII,35 t. I,S. 2101II,S. 37; »Niederrh. Orientber.« S. 56; Joh. de Cori S. 60. Unterwürfigkeit nennt es der ungarische Bf. 1242 (Ann. de Waverley S. 325). - Bewunderung, Vorbildcharakter: die Zitate oben S. 126/8 u. unten. - Ein Verräter wird gekocht und verspeist: Zwei Versionen wahrscheinlich der gleichen mongolischen Erzählung Haython II1,29 S. 309 und Ricold a. a. o. S. 1 16. . 181 Philippe de Mezieres, Songe I S. 484/5; vgl. Alfieri S. 3 1 1 . Unfreundlicher kann man sagen, sIe leben nach Instinkt wie die Tiere: Ricold, Itinerarium c. 9 S. 115. 182 Plano Carpini V,24 S. 69. 183 Pero Tafur (1453/7) S. 162. Preis auch Emmanuele Piloti (1420) S. 53/4. 184 Haßerfüllte Berichte dagegen (wie S. 236) schieben die mongolischen Erfolge meist auf feige List. 185 Floriante et Florete ( 1250/75), vv. 3055-58. Lob z. B. ausdrücklich Thomas v. Split S. 591 Z .6-8; Alberich v. Trois-Fontaines S. 946; Polo c. LXX(69) S. 56 (83). Vgl. ]oseph de Cancy ( 1280/1), übers. SANDERS S. 8 über Mangudamor als starken, tapferen und treuen Ritter.
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IV. EINORDNUNG I N DAS W I S S E N VON D E R WELT
Qualitäten ausweisen kann wie Chaucers Cambyuskan »in Sarai, im Lande Tartarei« 186 . In solch einer Figur können Erinnerungen an Gestalten wie Ghazan-Khan oder Marco Polos Kubilai 187 wirksam sein; hinter dem Namen des Cambyuskan scheint sich jedoch ganz konkret der des Dschingis Khan zu verbergen : Vom ersten Herrscher der Tartaren, Chingis, hören von Anfang an fast alle Reisen 1 den 88 ; Haython überliefert dann die Namensform C(h )anguis Can 189, aus der andere schließlich Cangius(Can) - Cambyuskan lesen 1 90. Zudem könnte auch die Vorstellung, die im Westeuropa des 14. Jahrhunderts von Dschingis Khan ver breitet ist und mit deren Kenntnis Chaucer bei seinem Publikum rechnen muß, zu seinem Herrn von Sarai passen. »Es geschah«, so berichtet Marco Polo, »daß im Jahre 1187 [nach der Fleischwerdung Christi] die Tartaren einen König erwählten, der in ihrer Sprache Cinghis Can hieß. Er war ein Mann von großer Stärke, hohem Sinn und großer Klugheit . . . Und dieser Cinghis Can herrschte gut und entschlossen.« 191 Um diesen starken, klugen und guten Herrn windet sein Volk Legenden, von denen Eaython im Westen zu erzählen weiß 1 92. »Und während die Tartaren noch unter der Herrschaft ihrer Nachbarn standen . . . geschah es, daß ein armer Mann unter ihnen, ein Eisenschmied, im Traum eine Vision hatte, einen Ritter in weißer Rüstung auf einem weißen Pferd, der ihn mit seinem Namen ansprach und sagte : Changuis, der Wille des unsterblichen Gottes ist es, daß Du von nun an Lenker seist und Herr über alle Völker der Mongolen (moglorum), und daß sie von Dir 186 Chaucer, Squire's Tale (vor 1400) vv. 9-12 S. 169. Unten S. 245/6. 187 Ghazan oben S. 104ff. - Giov. Villani (vor 1348) charakterisiert ihn: virtudioso, savio, pro di sua
persona, avveduto in guerra, eortesissimo e largo donatore, amico gradissimo de'cristiani . . . si Ieee . . . battezzare .'. (VIII,35 t. II S. 36). - Kubilai unten nach der Schilderung Marco Polos. 188 Chingis bei Plano Carpini (V,3 S. 52), Rubruk (VIII,4 S. 1 86); Benedikt v. Polen nennt Cyngis Chan (c. 13 S. 143), Marco Polo z. B. Cinghis Kane neben leicht abweichenden Formen c. LXV (64) S. 50 (75). Auch Zingiton (ungar. Bf. 1242, MP CM V I S. 76; Heinrich Raspe, ebd. S. 77) dürfte Dschingis meinen; entsprechend dem Churehitan der Ann. de Waverley (S. 325): dann auch Chyreanl Chiarthan oder CurthieanlChuri-ean (Peter v. Rußland S. 189; vgl. aber N. zur Ed. ) ? 189 Lat. III,1 S. 284 bzw. frz. III,l S. 148. Ähnlich Marignolli Cingwis Caam (S. 543, c. 1). Ricold (Itinerarium c. 12 S. 1 19) verschleift schon zu Camiustan. 190 G. Villani, nach ihm Giov. Fiorentino. Fazio degli Uberti verkürzt zu Cusean (Belegstellen vgl. N. 349,356). Mandeville hat u. a. Changuys, Jean d'Outremeuse Canguis Cam (I, S. 147 bzw. IV, 588; zu beiden N. 628), Oeulus (wie S. 58, N. 75) Cangius. Der i-Strich im Ms. sorgt für eindeutige Lesart. In den .
anderen Fällen wurde mcht an den Mss. überprüft, ob sich schon die mittelalterlichen Abschreiber oder erst die modernen Editoren bei der i-u-Folge verlasen, aber sicher kann der Fehler gerade bei einem Namen so leicht unterlaufen, daß die Namen Canguis und Cangius als identisch zu betrachten sind. 191 C. LXV(64) S. 50 (75). Camiustan herrscht klug über die gehorsamen und einträchtigen Tartaren: Ricold, Itinerarium c. 12 S. 119/20 (Eintracht : eigene Version der Geschichte von den zerbrochenen Pfeilen aus Haython III,7 S. 288/9). Weiser Mann: ohne Namensnennung Joinville 475 S. 260. 192 Fraglich ist, inwieweit die Legende bereits antik-abendländisch interpretiert ist; vgl. N. 472. Zur abendländischen Adaption gewisser mongolischer Geschichten vgl. S. 248 H. Über die göttliche Verehrung, die die Mongolen Dschingis Khan zukommen lassen, berichtet schon Plano Carpini 111,3 S. 37. Simon XXXII,74 S. 34, Alberich v. Trois-Fontaines S. 964 .
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aus der Knechtschaft ihrer Nachbarn . . . befreit werden.« 193 Noch mehrere Visionen bestätigen die göttliche Berufung des Dschingis, der sich als großer 4. und geber herr t kluger Gesetz Kriegs erweis 19 Im 14. Jahrhundert werden die Bücher Haythons wie Marco Polos viel gelesen ; das positive Urteil und die Legenden stehen der Rezeption zur Verfü gung. Der Aragonese Juan Fernandez de Heredia zum Beispiel fügt in seine Gran Cronica de los Conquiridores eine Vita des Eroberers Dschingis Khan nach Haython ein 195. Der Florentiner Giovanni Villani und nach ihm Giovanni Fior entino im 14. Jahrhundert und der Kölner Oculus Fidei im 1 5 . Jahrhundert zeichnen das Bild vom armen Schmied mit Namen Canguis als erstem Herrscher der Tartaren, »klug und hochbegabt« (prudens et valde ingeniosus) 196. Für Phi lippe de Mezieres schließlich hat die göttliche Vorsehung den armen - und alten Schmied Canguiscan zum mächtigen Herrn gemacht, der weise nach seinen Gesetzen regiert 197 . Es ist dies das Bild, das Chaucer wohl bei seinem Publikum erwarten kann und muß - wenngleich er die Legenden selbst nicht gekannt haben muß. Vor allem Marco Polo überträgt sein Lob des ersten Khans auf die Person des Großkhans Kubilai, dessen Befähigung und Gerechtigkeit niemand übertreffen könne. Der Name geht verloren, die Figur bleibt: Der Großkhan im Osten wird zum hervorragenden Fürsten über ein wohlorganisiertes Staatswesen voller 193 II1, 1 S. 284. Danach Jean d'Outremeuse IV S. 588. - Dschingis als Schmied erwähnt schon Rubruk ganz nebenbei, ohne daß klar ist, ob er die Legende, die Haython erzählt, unterschlug oder nicht kannte (XVII,4 S. 208). Der Schmied übernommen auch in den »Niederrh. Orientber.« S. 55, bei Joh. v. Hildesheim c. 44 S. 298; zum Kontext unten S. 265. 194 Das Gesetzeswerk der Yasac (III,7 S. 289) nennt auch Mandeville (I S. 147), vgl. Haython III,6 S.289. Dazu G. VERNADSKY, The Scope and Contents of Chingis Khan's Yasa, in: HJAS 3 (1938) 337-360. - Berufung: Der weiße Reiter erinnert sehr an einen Engel Gottes (vgl. GIESE, Asienkunde, wie S. 75, N. 194, 261). Christlich-visionär versteht Jean de Joinville (Histoire 481-486 S. 262/6) die wohl im Orient gehörte Aufbruchslegende. 195 Heredia (seit 1377 Großmeister der Johanniter) übernimmt einfach das gesamte dritte Buch des Flos, in dem nur die ersten acht (von 49) Kapitel von Dschingis Khan handeln: unediert; wenige Mss. vor allem in Spanien. Klarheit verschafft die Kapitelübersicht, die Alfred MOREL -FATIO in der Einleitung zu seiner Ed. (1 885) des Libro de los [echos et conquistas dei principado de la Morea des Heredia S. XLVI-XLVII gibt. Zur Person des Heredia: J.VIVES, Juan Fernindez de Heredia, Gran Maestre de Rodos, Barcelona 1927; zu seiner Übersetzertätigkeit J. J. NITTI, Juan Fernandez de Heredia, Aragonese Version of the Libro de Marco Polo, MadisonlWisc. 1980. 196 Oculus, wie S. 58, N. 75, fol. SOra. Der Autor, der zahlreiche Quellen benutzt und auch bearbeitet, könnte hier Haythons Bild knapp zusammengefaßt oder z. B. Marco Polos Bericht hinzugenomen haben. Wichtig für die Verbreitung auch Mandeville I S. 146. [eciono per divina visione loro imperadore e signore uno [abbro di povero stato . . . molto valoroso e savio (Villani V,29 t. I, S.210; Pecorone II S. 163/4). Um allerdings die darauf aufbauende Geschichte Fazio degli Ubertis zu verstehen, muß das Publikum die Legende kennen (unten S. 265 mit N. 356). - In anderen Schriften bleibt außer dem Namen des armen, manchmal auch alten Schmiedes nicht viel übrig. 197 Wohl nach eigenen Quellen (oben S. 204): Songe II S. 507. - Göttliche Berufung auch Villanil Fiorentino (wie N. 196); Dschingis Khan rückte aus, um in göttlichem Auftrag die Welt zu .reinigen: Marignolli S. 543 (c. 1). Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur kurz an manche frühen Außerun gen über die Absichten der Mongolen (oben S. 24ff. od.unten 258ff.) und an Timur (oben 180ff.). -
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IV. E I N O RDNUNG IN D A S WISSEN VON DER WELT
Gerechtigkeit 198. Die Christen leben sicher und beschützt unter diesem Herrn, den manch ein optimistischer Interpret der Missionarsberichte gern zum christli chen Herrscher stilisiert 199. »Gute und schnelle Gerechtigkeit« übt der »Groß khan der Tartarei«, und daran kann sich sogar mancher christliche Fürst ein Vorbild nehmen. Es bedarf keiner lang sich hinschleppenden Prozesse wie in Frankreich, denn die Untertanen des Großkhans sind zwar zahlreich, doch sehr gehorsam, so daß die Streitigkeiten ohne lange Plädoyers geschlichtet werden können 200 . Bemerkenswerte Eigenschaften für den Herrscher über die zunehmend wieder als Feinde betrachteten Tartaren - doch was assoziiert der gebildete Abendländer des späten Mittelalters, wenn er nicht von Dschingis Khan, sondern vom Groß khan hört : Steht dieser überhaupt noch allgemein für den Herrn der Tartaren ? Seit Marco Polos Milione ist der "Großkhan von Cathay« ein fester Begriff. Doch er bleibt bei Marco der Herr der Tartaren, wie es seine Vorgänger waren, die noch in der Steppe selbst herrschten und mit denen Johannes von Plano Carpini und Wilhe1m von Rubruk zusammentrafen; über das Speculum historiale des Vinzenz vo:-. Beauvais wurde der »Großkhan der Tartaren« weithin bekannt20 1 • Bis 1368, bis zur Vertreibung der Mongolen, ist China ja tatsächlich ein mongolisches Reich202, herrschen die Tartaren dort, wie auch nach Marco Polo immer wieder Reisende bestätigen können. In der rezipierenden Literatur des 14. und 1 5. Jahrhunderts ist immer wieder einmal die Rede von einem Großkhan, manchmal ganz ohne Zusatz203• Oftmals nennt man ihn »von Cathay«, doch gerade bei den Dichtern müssen wir wohl annehmen, daß der Autor selbst überfragt gewesen wäre, hätte man von ihm zu erfahren verlangt, ob er den Can di Gattaia mit den Tartaren in Verbindung
198 Wichtig für die Verbreitung eines solchen Bildes ist seine Übernahme bei Mandeville (wie N. 196); dann Off the Grete Caan .. . Vgl. Jordan v. Severac, Mirabilia S. 120; Joh. de Cori S.61/2; Andreas v. Perugia c.3 S.375. Zu Jacopo da Sanseverino REICHERT, Begegnungen, 206/7. 199 Christenbeschützer bei Joh. v. Hildesheim u. a., vgl. Christine de Pisan, Mutacian vv. 3578/9 I S. 131, unten S. 280H. und die Gerüchte 1299/1300. Immer möglich: Vermischung mit im Osten gewußten christlichen Fürsten wie dem Priester Joh. (unten S. 248 ff.). 200 Philippe de Mezieres, Sange I S.484/5. Gerechtigkeit: vgl.Joh. de Cori S.60/1; dagegen Gilles le Bouvier: Grund der Gerechtigkeit die Schlechtigkeit der Tartaren S. 78. Zum Vorbildcharakter oben S. 126/8; vgl. die mögliche, wenngleich dann sekundäre Anknüpfung des Scaliger-Namens Can grande: O.HÖFLER, Cangrande von Verona und das Hundesymbol der Langobarden, in: Brauch und Sinnbild. E. Fehde z. 60. Geb. hg. v. F. HERRMANN/W . TREUTLEIN, Kadsruhe 1940, hier 10112. 201 Plano Carpini erlebte die Erhebung Güyüks (IX,32 S. 1 18/9), Rubruk hatte mehrere Audienzen bei Möngke (passim). Carpinis Bericht wiederum bei Vinzenz v. Beauvais (XXXI,31, S. 1296). 202 Aber nach Die Mongolen und ihr Weltreich, 96 dürften die Tartaren für den m i t t e l ahe r l i c h e n Menschen eher und vor allem in Osteuropa gelebt haben. 203 Z.B. Groß khan (devers le soleil levant) liegt immer im Krieg mit dem Priester Joh., der ein gut katholischer Herrscher ist: Bertrandon de la Brocquiere 5.143 . •
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bringe; dieser wird für Dichter zunehmend zu einer der märchenhaften Gestalten 4 0 des 0 rients 2 . Nur selten aber trennt ein Autor so ausdrücklich wie Arnold von Harff (1496/99) zwischen Großkhan und dem heren van Tartarijen oder gar, wie Jacopo da Sanseverino, zwischen Grancane, dem inperadore del Gattaio, Tan burla als dem Herrn der Tartarei, Usbech und offenbar sogar noch dem Tartero Grande 205. Auf der anderen Seite weiß ebenso selten jemand wie der Florentiner Bildhauer Filarete (um 1465), daß Kattai in der Tartarei liegt 206; der Dichter Hermann von Sachsenheim spricht wie manche Kartographen vom Kaiser von Tartarien und Cathay207. Und mindestens ebenso oft wie der von Cathay taucht in unseren Quellen auch der »Großkhan der Tartaren« auf, auch und gerade bei Autoren, die von Cathay gehört haben. Der Großkhan, »das ist der Herr der Tartaren«208 , erklärt Jacopo d'Acqui in seinen Exzerpten aus Marco Polo. Der schon zitierte Philippe de Mezieres erzählt von Cathay, sein Großkhan ist ausdrücklich der Herr der Tartarei209, doch Saray -liegt in Cathay: er scheint gar nicht zu trennen. »In Catania wohnt der große Tatar«, so berichtet ein Orientpil ger um 1411 2 10 • Diesen Titel - doch wohl vom » großen Khan« abgeleitet - mit all seiner Erinnerung an die Zusammenhänge konnte man also noch im 15. Jahrhun dert aus dem Orient mitbringen. Auf eine noch engere Bindung des Großkhans an die Tartaren könnte man aus der Ablösung des Titels von Cathay und seiner Übertragung auf andere Tartaren204 Luigi Pulei, Morgante (1466/70) XX v. 60. Andere Stellen und zur Märchenhaftigkeit unten S. 244/5. Giov. Fiorentino versetzt den Großkhan ausdrücklich und anders als seine Vorlage G. Villani nach Indien (Il S. 165; Villani V,29 t. I,S. 21 1.) - Nicht von einem Dichter und nicht märchenhaft: Poggio schreibt nach dem Bericht des Nicolo dei Conti über Cathay (von der Tartarei spricht Conti nicht), es werde vom Großkhan (id est eorum lingua Imperator) beherrscht: Hist. 5.134, vgl. 148. 205 Arnold : S. 110: hier Uzun Hasan (oben 5. 196/7); nur sein Name im Reisebuch der Familie Rieter (Sebald, 1479/80) S. 113. Jacopo: 15,2 S.96/ 17,5 5. 99/ 9,5 S. 87. Untergebener früher des Herrn von Gattaio, heute des Grancane (die Feinde sind : 15,2) ist Us(i)bech: 16,1 S. 97. - Trennung zwischen König/Kaiser der Tartaren und König/Kaiser v. Cathay, aber ohne Zuweisung des Großkhan-Titeis Pietro Ranzano, 15.Jh., S. 195; 1402/3 Joh. v. Sultaniyah, Memoire S. 460/1: le grant empereur de Tartarie ist Freund, der empereur de Cathay Gegner Timurs. Aber im Libellus 5.105 spricht Joh. vom
magnus cay sive imperator Tartarorum.
206 Ed. V. OETTINGEN S. 277, vgl. Josse van Ghistele (1481/85) S. 279. Zum konkreten Begriff der Tartarei und Cathays unten S. 295 ff. 207 Vgl. S.228 bzw. Velletri-Karte (bei REICHERT, Begegnungen Abb. 4; cathay civitas sedes magni canis imperatoris Tartarorum), Martellus Bild 32. - Jean d'Outremeuse ersetzt manchmal den Großkhan der Tartaren, den er in seiner Vorlage Haython findet, durch empereur de Cat(h)ay (z. B. V S. 312). 208 Text bei BENEDETIO S. CXCV; Ms.spätes 14.Jh. 209 Songe I S. 227/8. Ähnlich Giov. Sercambi, Novelle (nach 1485) I 5. 298; Andrea da Barberino, Ajo/fo S.182; das Land des Großkhans der Tartaren Gilles le Bouvier (1451/4) S. 76 u. 78/80; Großkhan Name des Kaisers der Tartaren bei Ulrich v. Richenthal (um 1418) S.203. 210 Fr. Frederico nach NEuMANN, Beiträge, in: RÖHRICHT/AMIRAN, Bibliotheca, 676. Vom »großen Tartaren. spricht auch Jordan v. Severac (schon 1. H. 14.Jh.; Mirabilia S. 120/1); von il Tartaro della Gazzeria e Russia G. Villani IX,241 t. II, S. 293; von einem schwer lokalisierbaren Tartero Grande (wie N. 205) Jacopo da Sanseverino 9,5 S. 87. =
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IV. E I N ORDNUNG IN D A S WISSEN VON DER WELT
herrscher schließen. Nicht nur eine Bologneser Chronik - deren Autor ja möglicherweise die Umstände am Schwarzen Meer nicht so gut kennt und einem Mißverständnis unterliegt - nennt den Herrn von Tana an der Donmündung den Cane grande segnore di Tartari2 1 1 • Auch Reisende und genuesische Akten spre chen eindeutig vom Großkhan als dem Herrn der Goldenen Horde, so wie um 1300 auch Ghazan manchmal als Großkhan bezeichnet worden ist212• So denkt wohl mancher an den Herrscher der Tartaren, wenn das geschilderte Idealbild des Großkhans gezeichnet wird, doch für andere ist und bleibt der Kaiser der Tartaren »ein übel veranlagter Mann, und die Seinen sind noch übler, . unsere schl'Immsten F emd e« 213 . Die frühen Reisenden haben einen deutlichen Unterschied festgestellt: U n t e r e i n a n d e r halten sich die Tartaren zweifellos an ein strenges Recht214• »Aber«, so setzt Johannes von Plano Carpini dagegen, »Menschen töten, fremde Länder überfallen, fremdes Eigentum rauben auf jedwede unrechte Weise, huren, anderen Menschen Gewalt antun, gegen Verbote und Vorschriften Gottes handeln: das alles gilt ihnen nicht als Sünde. « 2Is Gegen andere Menschen, die keine Tartaren sind, verhalten sie sich hochmütig und verächtlich, sind zornig, gierig, lügnerisch und verschlagen 216, So sehr sie einander und vor allem ihren Herren die Treue halten, so wenig zuverlässig sind sie im Verkehr mit anderen Völkern. Auch ihre Kriegsführung, so setzen einige Beobachter jenen entgegen, die die Tartaren für tapfer halten, baut eher auf List und Verschlagenheit als auf Mut, ist eher feige2! 7, Daneben mehren sich aber auch Stimmen, die von anderen Erfahrungen zeugen: Mancher Abendländer im Heiligen Land oder auch in der Tartarei im Norden lernt im Umgang mit den Mongolen ihre Treue und auch Dankbarkeit gegen Freunde und Verbündete anderer Nationen schätzen2l 8, Die frühen Beobachter berichten: Hat sich jemand unterworfen, so verachten sie ihn und traktieren ihn mit größter Rücksichtslosigkeit, lassen Fürsten kom211 Cron. Bononiae Fassung B ad a. 1350 S. 612/3. In der Dichtung: Guillaurne de Machaut, Confort d'Ami (1357) vv. 3044/5 III S. 107/8: dem Khan der Tartarei ist Litauen tributpflichtig. 212 Goldene Horde: Pero Tafur (1453/7) S. 167; Akten der Massaria von Caffa vgl. Musso, Note d'archivio, 80. Ev. nannten sich die Khane, vom Großkhan in Ostasien längst unabhängig und selbst immer schwächer, also profilierungsbedürftig, selbst so. - Ghazan: Guillaurne de Nangis, Chr. ed. RHF S, 581. Jacopo Foresti nennt Timur Großkhan (Supplementum fol. 358r). 213 1434, AGOSTO, Due lettere 2, 516. - Zum Herrschertypus Timur unten: er ist bekannt, aber mit bösen Zügen. Nicht immer wird er, vor allem in späterer Zeit, als Tartare begriffen. 214 Vgl. S. 227 gerade des Joh. Ausführungen über die Rechtsordnung der Tartaren. 215 Plano Carpini III,8 S. 41. 216 Plano Carpini IV,4 S. 46; 6 S. 47. Ähnliches um 1241 bei lvo v. Narbonne (MP CM IV S. 275); Simon XXXII,73 S. 33; sogar Haython 111,49 S. 339. Übernommen vom ,>Niederrh. Orientber. � S. 56; vgl. G . Villani VIII,35 t. Il, S. 37. Freunden vergelten sie stets Gutes mit Schlechtem : Ricold, Itinerarium c. 11 S. 119. Falsch und schlecht: Gilles le Bouvier S. 78 2 1 7 Deutlich z. B . Jordan (wie N. 169) S. 83; Simon XXXII,77 S. 39. 218 Joseph de Cancy im Heiligen Land um 1280 übers. SANDERS S. 8; Giosafat Barbar<> im 15. Jh. in Tana und Umgebung S. 78/80, 89/90. Oben S. 170/1. •
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men und behandeln sie dann abschätzig; Gefangene wie unterworfene Hilfstrup pen lassen sie in den Schlachten in vorderster Front kämpfen 219. Marco Polo (um 1300) dagegen beteuert, sie hätten keinen Besiegten je mißhandelt; der Armenier Haython, der sich auf langjährige Erfahrungen seiner Heimat als unterworfener Verbündeter der Mongolen berufen kann, schildert 1307 die ehrenvolle Behand lung, die dem König Hethum am Hofe Möngkes zuteil geworden sei 220 . Andererseits werden zwar auch Gesandte anderer, (noch) nicht unterworfe ner Völker recht gut aufgenommen 22 1 , doch abschätzig behandelt. Denn die Mongolen sind eben überzeugt, alle Welt beherrschen zu müssen, »allein ihret wegen, glauben sie, sei alles geschaffen« 222. Friedensschluß und Unterwerfung ist für sie identisch, dann aber halten sie keine Versprechungen ein223. Wie gesehen, gelingt es persischen Mongolen und orientalischen Christen im Laufe des späte ren 13. Jahrhunderts, dieser Position Hoffnung und Vertrauensgewinn entgegen zusetzen, und auch der eben zitierte Haython beschwört die Abendländer geradezu, ihm zu glauben, daß man sich getrost mit den Mongolen verbünden könne224• Trotz aller Beschwichtigung in so weit verbreiteten Werken wie dem Milione und dem Flos historiarum terre Orientis jedoch scheint die Untreue der Mongo len auch in der Zeit höchsten Vertrauens, auch (oder gerade) für Kenner dieses Volkes fast sprichwörtlich zu sein: Der griechische Kaiser, so schreibt um 1 3 1 7 Wilhelm Adam, orienterfahrener Kreuzzugsgutachter und B ef ü r w o r t e r des Mongolenbündnisses, gebe sich alle Mühe, selbst Türken und Tartaren an Treu-
2 19 Unterworfene: Plano Carpini VII,4 S. 86; dazu einige Informationen über die Behandlung russischer Fürsten (z. B. VII,5 S. 86). Gefangene: neben Plano Carpini (VI,14 S. 82) z. B. schon Julian v. Ungarn 3,6 S. 1 76. 1260 Flores Hist. II S. 452. 220 Marco c. LXV(64) S. 50 (75/6); Haython wie 5.115; dazu Pietro Ranzano, 15.Jh., S. 195/6. 221 Der Reisegeschwindigkeit Plano Carpinis kommt der offizielle Pferdewechsel an den Poststatio nen zugute (IX,12 S. 107), die Rubruk beobachtete, aber nicht benutzen konnte (XXVII,3 S. 239). Hungern müssen beide Franziskaner, ob Boten oder nicht (Plano Carpini V,23 S. 68 vgl. IX,38 S. 122; Rubruk mehrfach). Aber Simon findet die ungeliebten Mongolen gastfreundlich beim Mahl (XXXII,75 S. 36; so auch Haython III,49 S. 337) und am Hofe der chinesischen Mongolenkhane scheint das Leben mit Diplomatenstatus erstrebenswert zu sein: Andreas v. Perugia 1326 c. 3 S. 375, auch Marignolli S. 529 (c. 7/8). - Gegen positive Versicherungen (wie S. 76, 78/9) früh Negatives : Ponce d'Aubon S. 604/5; Thomas v. Splü (die Tartaren würden weder um Krieg noch um Frieden Gesandte weder empfangen noch aussenden) S. 591 Z.10/11. 222 Der englische Augenzeuge Ivos v. Narbonne (1241 ) in MP CM IV S. 275; früh auch Ponce d'Aubon S. 605; Ricold, Itinerarium c. 9 S. 114/5; Simon XXXII,74 S. 34; Joh. v. Winterthur (bis 1348) S. 162. - Die gleiche Verächtlichkeit werfen die Tartaren den lateinischen Christen vor: bei Benedikt v. Polen c. 13 S. 143. 223 Plano Carpini VII,2 S. 84/5 und 3 S. 85 (vgl. Thomas v. Split S. 591 Z.9I10: kein Eid ist ihnen heilig). Später aus immer noch leidvoller Erfahrung in Polen Ann. Cap. Posnan. S. 460. 224 IV,21 S. 357. Vielleicht haben die Tartaren mit abnehmender Übermacht ihr Verhalten tatsäch lich verändert, oder die orientalischen Christen sind eben nicht so empfindlich bei superbia: denn Haythons Anweisung, man solle vorsichtshalber nicht das fränkische mit den tartarischen Heer vereint ziehen lassen, um Mißverständnisse zu vermeiden, spricht Bände. Zu Haythons Tartarendar stellung oben S. 114/7; zum 13. Jh. 89ff.
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IV. EINORDNUNG I N DAS W I S S E N VON D E R WELT
losigkeit (perfidia) und Schlechtigkeit (malicia) zu übertreffen12S• Wieder einmal stehen die Tartaren als schlechte Menschen da. Wie die Tartaren so heranstürmen, fremde Erscheinungen in exotischen Rüstun gen, auf schnellen Pferden mit tödlichem Pfeilhagel226, erscheinen sie wie unge zähmte Krieger, Wilde. Die Wildheit der Tartaren ist ebenso sprichwörtlich wie ihre Treulosigkeit; um 1450 nennt Hermann von Sachsenheim ein Schicksal so bedauernswert, daß selbst ein wilder Dauer sich erbarmen würde! 227 So wild sind die Mongolen, daß sich sogar ihre Frauen in den Kampf werfen: »Außerdem sagt man, daß ihre Frauen kriegerisch sind wie sie selbst, Pfeile schießen und auf Pferden und Vieh sitzen wie Männer, und in der Schlacht noch ungestümer sind als die Männer« 228 . Kein Beobachter läßt diese schreckliche Eigenschaft aus, die Kenntnis von ihr verbreitet sich weit und trägt das ihre zum allgemeinen Tartarenbild bei. Als gegen Ende des 13. Jahrhunderts der Dominikanerprediger Jakob von Cessoles das Schachspiel zum Bilde nimmt für die menschliche Gesellschaft, stößt er auf eine Schwierigkeit: »Es fragt sich aber, weshalb die Königin den Kämpfen au::.gesetzt wird, da doch die Konstitution der Frauen schwach ist und zerbrech lich - falls wir nicht vielleicht annehmen wollen, daß hier die Sitte jener [Völ ker229] gemeint ist, bei denen die Männer, wenn sie in den Krieg ziehen, Frauen und Gattinnen mit der ganzen Familie mit ins Feldlager nehmen. Die Tartaren nämlich tun das, und obgleich [die Frauen] den Bogen benutzen, können sie doch eher die Feinde behindern als mit ihrer Körperkraft niederstrecken. « 23 0 Das Wissen um die Verhältnisse bei den Tartaren ist vorhanden und kann verwendet 225 De modo S. 548. 226 Schilderung der Gefährlichkeit der Pfeile und Effizienz der Kämpfe Haython III,49 S. 338. 227 Spiegel vv. 36/7 S. 162; vgl. Angelo Clareno, Hist. VII tnb. II S.305: die Verfolger der Franziska nerspiritualen im eigenen Ordens übertreffen noch Sarazenen und Tartaren an sevicia und feritas. Wildheit als bezeichnende Eigenschaft der Tartaren auch in der Mönn des Helmann v. Sachsenheim, v. 708 S.64, ähnlich sein Spiegel S. 162 (auch die Riussen sind wild : S. 133). - In das Bild paßt die oben beschriebene Nähe zu den Monstern (S. 208/9). 228 Julian v. Ungarn 6,6 S.182; vgl. Peter v. Rußland, S. l92; MP CM IV S.77, VI S.84; Plano Carpini IV,l1 S. SOll; Thomas v. Split S.588 Z. 43/5; Simon XXXII,71 S.31; Flores Hist. (zu 1 260) II S.452; Joinville 488 S. 266; »Niederrh. Orientber.« S. 56. Sie haben damit schon einmal ihr Heer gerettet: Ricold, Itinerarium c.9 S. 116. - Es überrascht nicht weiter, daß in manchem humanistisch gebildeten Abendländer Erinnerungen an die antiken Erzählungen von den Amazonen wach werden (z.B. Alfieri, S. 3 1 2, baut sie in die Geschichte der Skythen ein, deren letzte Ausformung die Tartaren sind). 229 Nach Ed. ergänzen einige Hss. mulierum, doch besser: gentium. 230 Solacium ludi scac. Sp.769/70; weit verbreitet, oft übersetzt (vgl. Antonius VAN DER LINDE, Geschichte und Literatur des Schachspiels, Berlin 1874 I, Beilage II, 104ff.); eine Redaktion der Gesta Romanorum fügt nach Cessoles ein stark gekürztes Kapitel über das Schachspiel ein, dabei auch die Anekdote von den kämpfenden tartarischen Frauen (ed. OESTERLEY c.166 S.552). Einige der zahlreichen Bearbeiter (Prosa wie Versform) der Predigt übernehmen die Mongolen ebenfalls: Pfaffe zu Hechte S. 263 (genaue Übersetzung); Heinrich v. Beringen, Schachgedicht, v.10136 S. 334 (aus drücklich die Wildheit der Tartaren betont). - Gebrauch des Bogens in den Gesta bezweifelt: non eingefügt . •
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werden, aber die Verhaltensweisen bleiben im Grunde unverstanden und bedür fen einer zurechtrückenden Erklärung, die dem abendländischen Frauenbild entspricht. Dabei paßt das Kämpfen der Frauen, ihr sogar noch heftigeres Wüten ganz ins wilde Bild; es ist fast so unvorstellbar wie die ungeheuerliche Grausamkeit, mit der die Mongolen ihre Kriege führen. Gnadenlose, blutrünstige Brutalität velwü stete 1241/42 Ungarn, so daß man bei der Lektüre der Augenzeugenberichte den Eindruck gewinnt, kein Stein sei auf dem anderen geblieben, kein Mensch noch Tier habe überle bt231• Das Wüten macht nicht vor Kindern, Frauen oder Greisen halt, die Tartaren hinterlassen eine Spur von Leichen und geschändeten Jung frauen - das Bild wird in Osteuropa immer wieder aufgefrischt und kann deshalb propagandistisch, wie im Zusammenhang der Schlacht von Tannenberg und des Konstanzer Konzils deutlich wurde, ausgenutzt werden232• Alle erdenklichen und auch unvorstellbare Grausamkeiten sind den Mongolen ausnahmslos zuzutrauen: Bei Belagerungen schleudern sie das verflüssigte Fett getöteter Menschen auf die Befestigungen, denn es brennt nahezu unauslösch lichm. Johannes von Plano Carpini erlebte keine solche Belagerung mit, doch er, der seinen Gewährsleuten nur sehr maßvoll Unvorstellbares glaubt, hält diese Taktik offenbar für durchaus denkbar. Wahrscheinlich haben die Mongolen wirklich so gehandelt, wie man es sich ähnlich auch in der Mitte des 14. Jahrhunderts im Westen erzählt: Im Jahre 1346 haben sie Caffa auf der Krim mit einem ungeheuren Heer eingeschlossen, und nur die Versorgung über See läßt noch hoffen. Da ergreift plötzlich eine Krankheit die Pest, die sich von da an über Europa ausbreiten sollte - das gesamte Belagerungsheer. »Weil die Tartaren von einem solchen Schlag und der verderbli chen Seuche zermürbt waren, wie erstarrt und gänzlich überrascht, daß sie so untergingen, und ohne Hoffnung auf Rettung dem Tode entgegenblickten, befahlen sie, die Leichen auf ihre Wurfmaschinen zu legen und in die Stadt Caffa hineinzuschleudern, damit sie die unerträgliche Ansteckung (infector Färber) völlig loswürden. So schienen Berge von Toten geschleudert zu werden, und die Christen konnten sich nicht verbergen, nicht fliehen, sich nicht von einem solchen Abgrund befreien, obwohl sie so viele der Toten, wie sie konnten, in den Fluten des Meeres versenkten. Und bald war die ganze Luft angesteckt und das Wasser vergiftet, verdorben von Fäulnis, und so großer Gestank erhob sich, daß kaum von tausend einer die Besatzung zu verlassen und zu fliehen versuchte, der dann =
231 Vgl. die Texte bei GÖCKENJAN/SWEENEY. 232 MP CM IV S. 76/7, 273, 275 (Ivo v. Narbonne), VI S. 174; extrem Thomas v. Split S. 588/9. Oben S. 188ff. 233 VI,15 5. 83. - Beispiel für Freude an Grausamkeit: Ricold, Itinerarium c. 13 5. 1 2 1 ; vgl. Simon XXX II,77 S. 38/9; Alfieri 5. 3 13.
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selbst vergiftet in anderen Städten überall Gift verbreitete und allein durch seinen Anblick alles, Orte wie Menschen, mit der Krankheit infizierte.« 234 Erst um 1400 aber scheint die tartarische Grausamkeit ihrem Höhepunkt zuzu streben, erhält in Westeuropa eigentlich erst jetzt ihren Namen: Tamerlan der Schreckliche ! Der Eroberer Timur, in seinen eigenen wie in den Augen des Westens ein Tartare, Erbe des Dschingis Khan 235, nimmt nur kurz politischen Einfluß auf das Abendland, begleitet von großer Furcht und wenig Hoffnung. Kaum hat er die Türken besiegt und gedroht, alle Christen zu vernichten, da versinkt sein Stern auch schon wieder hinter dem Horizont. Was bleibt, sind Türme von Schädeln, sind Episoden voller List, Grausamkeit, Reichtum und riesiger Macht, im Laufe des 15. Jahrhunderts aufgezeichnet für den Westen von Augenzeugen wie Bel tramo Mignanelli und vor allem Johannes Schiltberger236• Der gnadenlosen Ver nichtung von Damaskus, des Röstens der Damaszener gedenken die Abendländer noch lange237• Auf seine Grausamkeit von einem genuesischen Vertrauten ange sprochen, soll Timur mit verzerrtem Gesicht geantwortet haben: »Du glaubst, ich sei ein Mensch, doch Du täuschst Dich : Der Zorn Gottes bin ich und der Verwüster des Erdkreises ! « 238 Auch Timurs Macht und sein riesiges Reich bleiben im Orient und Okzident sprichwörtlich. Die Bilder der Pracht seines Hofes, dessen Spuren in seiner Stadt Samarkand bis heute sichtbar sind, ver binden sich mit orientalischen Motiven, die ja immer leicht auf die Tartaren übertragen worden sind 239. Vor allem aber bleibt der Türkensieg, der schon 234 Gabriel de Mussis, Hist. de morbo 5. 48/9. - Die Pest und die Tartaren sind auch bei einem mißlungenen Bekehrungswunder verbunden (oben 5. 220/1); die Erzählung des Gilles le Muisit (Abt in Tournai bis 1352), nach der das Wunder durch den Ausbruch der Krankheit während der Belagerung Caffas ausgelöst wird (5. 195/6), zeigt die Vielfalt der Ausprägung der Gerüchte und möglicherweise einen Weg, zu ihrem Ursprung zu gelangen (zum Autor bes. Bernard GUENEE, Entre l'Eglise et l'Etat, Quatre vies de prelats fran<;ais a la fin du Moyen Age [XIIIe-XVe s. ], Paris 1987, 87-124). Vgl. V. DERBES, De Mussis and the Great Plague of 1348. A Forgotten Episode of Bacteriological Warfare, in: J. of the American Medical Association 196,1 (1966) 59-62; N. BuLST, Der Schwarze Tod. Demographische, wirtschafts- und kulturhistorische Aspekte der Pestkatastrophe von 1347-1352. Bilanz der neueren Forschung, in: Saeculum 30,1 (1979) 45-67. L. LANGER, The Black Death in Russia. Its Effects Upon Urban Labor, in: Russian Hist. lHist. Russe Bd. 2, Pittsburgh 1975, 52-67. 235 Zeitgenössisch betrachtet ist Timur Tartare: vgl. 5. 1 80. 236 Mignanelli, Vita Tamerlani; Joh. Schiltberger, Reisebuch (zurück 1427, wenige Hss., aber sehr schnell und oft gedruckt). Noch zu Lebzeiten Timurs oder unmittelbar danach: J. v. Sultaniyah, Memoria; Clavijo, Vida. 237 Emmanuele Piloti 5. 239; die Zerstörung von Damaskus bei Jacopo da Sanseverino (nach 1416/18; 18,1 5. 101) und noch bei Josse van Ghistele (1481/85) 5. 240. - Gnadenlosigkeit: Beispiel bei Jacopo Foresti fol. 314r. - Nur eine Heuschreckenplage soll ihn von der Eroberung Jerusalems abgehalten haben: Dietrich v. Niem, De scismate II,30 5. 1 73 . 238 So im 15. Jh. Enea Silvio, Hist. ed. Op. Om. 5. 313 und dann Jacopo Foresti, Supplementum fol. 314r. Als flagellum Dei: oben s. 187. 239 Augenzeugen schildern Macht und Größe; Chroniken wissen, daß Timur Truppen aus Gebieten von der Türkei bis Indien aufbieten kann (Religieux de St. Denis, bis 1422, 5. 46); noch Anfang 16. Jh. erwähnen Indienfahrer Timurs Einfluß auf das Land (Brief 1513 ed. Angelo DE GUBERNATIS, Memoria
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kurz nach Timurs Tod zur gottgewollten Rettungstat für das Abendland stili 240 siert wird . So stellt Enea Silvio Piccolomini den Timur in eine Reihe mit anderen erfolgreichen heidnischen Kriegsherren und Eroberern der Geschichte - Herku 241 les, Hannibal, Caesar und Attila . Poggio Bracciolini gar erkennt nicht nur die heidnische Geißel Gottes als großen Helden an, sondern er stellt ihn als Vorbild zumindest in kriegerischer Hinsicht - auf eine Stufe mit allen, auch den christli chen, Kriegshelden aller Zeiten: »Ausgelöscht und fast schon zerstört ist der Ruhm, obgleich er noch keine fünfzig Jahre währt, jenes hervorragendsten Kaisers, den sie Tambellanus nannten, dessen Werke so berühmt und außeror dentlich waren, daß sie mit denen jedes früheren Führers oder Kaisers wahrhaftig 242 verglichen werden könnten« . All dieser Erinnerungen bemächtigt sich die Legende; Timur der Tartare, der Sarazene bleibt im 1 5 . Jahrhundert präsent, als er längst schon tot und sein Reich zerfallen ist. Und noch im 16. Jahrhundert und später, als die Türkengefahr immer drängender wird, erinnert man sich der Schlacht von Ankara: Die Ereig nisse von 1402, vor allem der Sieg Tamerlans über Bayezid, können als Aufhänger f�r eine unterhaltsame, romantische und sehr europäische Geschichte das Inter esse des venezianischen Opernpublikums wecken; die wohl bekannteste Ausfor 2 mung des Stoffes wird Händels »Tamerlano« sein 43 . intorno ai viaggiatori italiani nelle Indie Orientali dal secolo XIII a tutto il XV, Florenz 1867, 169/70). Als orientalischer Herrscher z. B. bei J. v. Sultaniyah, Memoire, S. 450/1. Bekanntheit, aber ungenau, bei Jacopo da Sanseverino (gereist in den Vorderen Orient und nach Indien 1416/18; für den Hinweis auf das Werk habe ich F. Reichert zu danken): er kennt Tanburla/Tanbur/ano (20,2 S. 105), den Herrn der Tartarei, den er als Sohn (18,3 S. 102; Beiname lstrioco ev. Shah-Rukh, so S. 153) des Zerstörers von Damaskus, Timilei/Timilbei, bezeichnet, der in Samarkand begraben liegt (18,1 S. 101). 240 Die Romantisierung der Hilfe für die Christen unmittelbar nach Timurs Tod vgl. S. 186/7. Spätere kritische Würdingungen Timurs in diesem Sinne: Matthäus Palmerius (ad a. 1402); Laurentius Bonincontri (Sp. 67, bes. 88). 241 Im Brief an den türkischen Herrscher Mohammed, ed. Op. Om. S. 879; vgl. Hist. S. 313. Hannibal: Jacopo Foresti, Supplementum fol. 314r. - Das Heidentum stört wie bei den großen Antiken auch bei Tamerlan nicht. 242 1436 an Leonello v. Este: Briefe I. V, ep. 9. Die reichhaltige Hofhistoriographie Timurs ist dem Autor unbekannt. - Zum Khan als vorbildlichem Helden oben S. 232 ff. 243 Seit dem 16. Jh. 11 Gran Tamerlano des Giulio Cesare Corradi 1689: A. L. BELLINAlB. BRIZI/ M. G. PENSA, 11 Pasticcio Bajazet: La »Favola« dei Gran Tamerlano nella messinscena di Vivaldi, in: Nuovi studi Vivaldiana. Edizione e cronologia critica delle opere, ed. A. FANNA/G. MORELLI I, Florenz 1988, 185-272 (für den Hinweis auf dieses musikwissenschaftliche Phänomen habe ich Norbert Dubowy, Rom/München, zu danken). Grundlage ist sicher u. a. das Nachleben Timurs in �er italienischen Chronistik des 15. Jh., so bei Matthäus Palmerius (Liber de tempo ad a. 1402), LaurentlUs Bonincontri (Annales Sp. 88) oder Marino Sanudo dem Jgr. ( Vita dei Dogi, ed. MURATORI, Sp. 785, 791). - Elisabethanische Zeit: Christopher Marlowes Tamburlaine the Great. - Präsent: 1477 nennt man in Parma der Jeronimus Bernerius el gram Tamberlano (ehr. Lombard. S. 6). - Assoziativ 1955 Rene de Obaldias Roman »Tamerlan des Coeurs«. - Der Bericht Clavijos wird in Spanien zum Drama: »comedia de rumbo, tropel, boato y grandeza, 0, corno se dice hoy, de e s p e c ta c u l o: . . . Gran Tamorlan de Persia, historia de Gonza tes de Clavijo« (Hervorh. F. S.) J. HURTADO Y J I MENEZ DE LA SERNAIA. GONZALES PALENCIA, Historia de la literatura espaiiola, Madrid 4. Aufl. 1940, 654: Dramen von Luis Velez de Guevara (1579-1644). =
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IV. E I NO R D N U N G I N DAS W I S S E N VON DER WELT
Timur ist so mächtig, wie es einem tartarischen Herrscher geziemt. Denn mit Grausamkeit, Disziplin und militärischer Schlagkraft haben die Tartaren es fertiggebracht, sich fast alle Völker Asiens zu unterwerfen. Unvorstellbar groß ist ihr Reich, ungeheuer ihre Macht. Die Reisenden, die seit dem 13. Jahrhundert bis nach Karakorum, später nach Peking reisen, erfahren selbst die riesigen Weiten. Der Armenier Sempad berichtet 1248, er sei schon acht Monate unterwegs und habe erst die Hälfte hinter sich; Wilhelm von Rubruk ist beeindruckt und glaubt feststellen zu können, daß die Mongolen selbst mit ihrem ungeheuren Machtbe reich beeindrucken wollen 244. Wat is nu alle Tateren fant?, ruft der König von Osterland aus, als er die Reliquien der Heiligen Drei Könige verloren hat. Einen stärkeren Vergleich als die Größe dieses Reiches für die Größe des Verlustes findet der Dichter nicht245• Neue Reiseberichte steigern zu Beginn des 14. Jahrhunderts eher noch den abendländischen Eindruck von der Größe der mongolischen Macht. »Es ist nämlich so große Macht unter [des Großkhans] Herrschaft vereinigt - gemäß dem, was der Venezianer Marco Polo . . . schreibt -, daß er bei weitem größere Macht hat als der christliche Kaiser mit allen christlichen und sarazenischen Ki'nigen zusammen.« 246 Ebenso ist der Missionar Johannes von Monte Corvino überzeugt, daß kein Herrscher auf der Welt dem Großkhan gleichkommt247• Das Ausmaß der abendländischen Vorstellungen von der mongolischen Macht wird noch deutlicher, wenn die Rezeption die schon gewaltigen Nachrichten der 244 Sempad S. 1316. Ähnliche Entfemungs- bzw. Weitenangaben unten S. 311. Rubruk XXVII,10 S. 243. Viele Länder sind ihnen tributpflichtig: XXXVIII,7 S. 324/5. - Matthäus Parisiensis hat erfahren, daß die Tartaren die halbe Welt beherrschen (CM V S. 661), vielleicht, weil Asien nach dem traditionellen Weltbild der halben Welt entspricht. 245 Zeno v. 1 144 S. 1 20: dat. auch aus philologischen Gründen auf die 2. H.d. 13.Jh.; der historische terminus ante. quem ist, wie gleich zu sehen sein wird, nicht haltbar (ebd. S. 80/1). Aus dieser Zeit auch die weite, große Tartarei im Jüngeren Titurel v. 6085 ed. HAHN S. 598. 246 Domenico Bandini, Fons memorabilium, 1 . V,I de viris claris nach Urb. lat. 300 fol. 68vb-69ra: Diesen Eindruck muß man in der Tat von Marco Polos Kubilai gewinnen. Haython 1I1,46ff. S. 335 ff.; Gilles le Bouvier S. 78. - Seit etwa 1300 ist der mächtige Khan nicht mehr immer ausdrücklich Tartare (oben S. 234/6): Cathay ist vielleicht noch mächtiger als Timur G. v. Sultaniyah, Memoire S. 400). Der Groß khan v. Cathay ist einer von vier mächtigen Herren der Welt: Item der Soldan, als man uns sagt,
schickt alle jar vier mechtigen Fürsten presentt von walsam, nemlich dem grossen Kam von Katthay, dem prister Johann, dem Usukassan und dem grossen Turcken, an dy vier herrn seine landt rüren:
Amold v. Harff (1499) S. 1 10; früheste Nachricht wohl Sebald Rieter (Reise 1479, Uzun Hasan 1467-1478) S. l 13; Felix Faber (1484) III S. 16 (ev. nach Rieter: vgl. I S. 328). - Drei reiche oder mächtige Herren zählen Rosenplüt (in seinem Weinsegen den keyser von Constantinopel, den grosz kaen von kathey und den briester Johann, zit. nach H. v. TSCHARNER, China in der deutschen Dichtung, in : Sinica 9 [1934 ] 29/30) und Christine de Pisan (den Priester Joh., den Großkhan und den Sultan, Mutacion, um 1400, vv. 3571-3584 S. 130/1. Zu ihrem Werk J. BLANCHARD, Christine de Pizan: les raisons de l'histoire, in: MA 91 [1986 ] 417-436; N. MARGOLIS, Christine de Pizan: the Poetress as Historian, in: JHI 47 [1986 ] 361-375). 247 Epist. II,9 S. 350/1, vgl. III,5 S. 353. Ähnlich Andreas v. Perugia, 2 S. 374. Marignolli schweigt lieber vor der Größe: S. 528, c. 6. Vgl. Jaime 11. 1300, ed. FINKE, Acta 111 S. 91/2; »Nieder rhein. Orientber.« S. 58; Jean d'Outremeuse, Mireur VI S. 389; Poggio (nach Nicolo dei Conti) Hist. S. 148; Modenakarte Nr. 29, S. 195.
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Reisenden noch übersteigert. Sechs Monate benötigt Odorich von Pordenone zur Durchquerung von Cathay; John Mandeville macht sieben Jahre daraus248• Statt der vier Tartarenreiche, deren Entstehung im Westen seit dem beginnenden 14. Jahrhundert allmählich bekannt wird249, weiß der Konstanzer Bürger Ulrich von Richenthal um 1418 von sieben Kaisertümern und (?) neun christlichen Königreichen, die in der Tartarei lägen. Der Franziskaner Johannes von Winter thur spricht vor 1348 gar von fünfzig Herrschaften im Besitz des Kaisers der Tartaren, deren geringste gut mit dem Königreich Böhmen vergleichbar sei 250. Der Großkhan beherrscht viele Völker und hat den Priesterkönig Johannes ebenso wie den mächtigen »Alten vom Berg«, das Haupt der Assassinen-Sekte, besiegt25 1 . Der Dürre Baum, von dem man im Orient sagt, er sichere seinem Besitzer die Weltherrschaft, steht im Reich der Tartaren und wird gut bewacht 252• Bei solch einem mächtigen Fürsten aus dem Osten rechnen die Abendländer auch mit Reichtum und Prunk, denn seit der Antike lebt im Westen das Bild des mächtigen und prachtvollen orientalischen Fürsten 253. In die Erzählung des Frater Julian vom wundervollen Palast des Herrschers der Tartaren schon um 1238 dürfte wohl mehr Erwartungshaltung als tatsächliche Information eingegangen sein254. Auf dem Hintergrund dieses Wunschbildes muß die Begegnung mit dem Nomadenfürsten in einer Jurte, so prachtvoll sie auch ausgestattet gewesen sein mag, also enttäuschen. Und wenn auch Johannes von Plano Carpini vom Reichtum der tartarischen Großen an Edelmetallen und -steinen zu berichten weiß, ist Wilhelm von Rubruk vom Palast des Steppenherr schers in Karakorum eher enttäuscht. » Über die Stadt Caracaron sollt Ihr wissen, daß sie, abgesehen vom Palast, nicht so gut ist wie die Siedlung von St. Denis, und das Kloster des Heiligen Dionysius ist zehnmal mehr wert als dieser Palast!« 255 D�e Pracht und das prunkvolle Leben im Palast von Khan Baliq, den Marco Polo und Odorich von Pordenone beschreiben, entspricht da schon eher den Vorstel248 XXVI,12 S. 476 bzw. 1 S. 160 Z. 9/10. 249 Vor allem über Haython. Deutlich vor allem in den synchronistischen Tafeln des Paulinus Minorita, unten S. 252/3. Das Wissen ist da und kann verwendet werden: Joh. v. Rupescissa, unten S. 277/9. - Bei der Größenangabe verschätzt sich Jordan v. Severac trotz Orientkenntnis gewaltig: vier Reiche, so groß wie Frankreich (S. 120). 250 Ulrich, Tagebuch vom Konstanzer Konzil S. 50/1. Joh., ehr. S. 161. 251 Polo c. XLIII(42) 5. 34/5 (51); Haython m,18 5. 299; Odorich c. 35 5. 488/9. In der Dichtung dann: Giov. Sercambi, Novelle (nach 1485) 1 5. 300; re de're bei Boiardo, Orlando Innamorato 1,10,9 S. 198. 252 Vgl. S. 270 mit N. 378 Belegstellen und eschatologische Interpretationsmöglichkeiten . . 253 Bewahrt wird das Bild des prächtigen Orient z. B. durch den Alexanderroman, belebt z. B. 1m 12. Jh. vom sog. »Brief des Priesterkönigs Joh.� (unten N. 277). Daß Dschingis Khan ihn besiegte, unterstützte vielleicht eine Übertragung von Vorstellungen. 254 2,9-12 5. 175. Zu orientalischen Palästen in der abendländischen Vorstellung G. MELVILLE, Herrscherturn und Residenzen in Grenzräumen mittelalterlicher Wirklichkeit, in: Fürstliche Residen zen im spätmittelalterlichen Europa, hg.v. Hans PATzE/Werner PARAVICINI, Sigmaringen 1991 (VuF. 36) 9-73; nur die Macht bestätigt: 36/7. 255 XXXI,l 5. 285. Joh. zum Reichtum H,8 S. 36.
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
lungen 256 • Im 14. Jahrhundert weiß nicht nur der oben zitierte Boccaccio, daß die tartarischen Herrscher die reichsten sind, die es auf dieser Erde gibt257• Unzweifelhaft prächtig für abendländische Augen ist von Anfang an die Seidenkleidung der reicheren Tartare n. Nur Europäer, die schon lange Zeit in der Tartarei gelebt haben, erkennen die Relativität dieser Anschauung, wie der franziskanische Missionar, der 1332 aus Caffa über Seidenstoffe berichtet, »die, obgleich bei Euch höchst wertvoll, bei uns (!) doch von geringem Wert sind«258 . Nach üblicher abendländischer Einschätzung ist Seide aber etwas außergewöhn lich Kostbares. 1274 treten die mongolischen Gesandten in Lyon in prachtvollen golddurchwirkten Gewändern auf25\ und es ist das tartarische Herrschaftsgebiet, aus dem die Kaufleute die wertvollen Seidenstoffe importieren 260 . Neben den Warennamen seta treten immer stärker Begriffe wie panni tartarici, die in Testamenten, Schatzverzeichnissen und sehr verbreitet bei Dichtern zu finden 2 sind 61 . Reichtum und Pracht treten zu Wildheit, Fremdheit, Grausamkeit hinzu und runden das Bild ab, bieten aber auch immer mehr Gelegenheit zur Verallgemeine rullg. Wie stellt sich nun der Abendländer des 14. Jahrhunderts einen Tartaren vor? Am 22. September 1331 reiten anläßlich einer Feierlichkeit der englische König und ausgewählte Ritter durch London, »alle mit glänzendem Staat angetan und als Tartaren verkleidet (ad similitudinem Tartarorum larvati)« ; mit ihnen 256 Polo LXXV(74) S. 62/5 (92/6); Übernahme wieder bei Domenico Bandini, wie N. 246; Odorich schildert vor allem die Feste: XXV,7-XVI,lff. S. 471 H. (zum Vgl. dazu Rubruk XXX, 1 S. 27; in diesen Veränderungen schlägt sich die Akkulturation der Mongolen nieder); auch Marignolli c. 529 (c. 7). 257 Boccaccio oben S. 2 17/8. Vgl. Haython 1II,46 S. 334/5; Joh. de Cori oben N. 161. Der reiche tartarische König Taubarins in Floriante et Florete ( 1250/75), v. 3218 vgl. 3055-3059. - Karte des Fra Mauro Faks.nr. XXXVIII: templum dei chataio mit unglaublichen Schätzen darin (unten S. 320/1) 258 Ed. BIHL/MoULE I S. 108 (Hervorh. F. S.). Zur Kleidung oben S . 2 1 l . 259 Chr. S. Petri S. 265. Ev. sind es Europäer in mongolischer Gewandung: oben S. 52/3. 260 Philippe de Mezieres, Songe I S. 538: un [in drap de blanche saye, sam ouvrage, venu de Tartarie. Alle möglichen Herkunftsorte, China und vor allem Persien und das Kaspische Meer, und entspre chende Warennamen vgl. P. RACINE, Le marche genois de la soie en 1288, in: Rev. des etudes sud-est europeennes 8 (1970) 403-417; vgl. K. REYRSON, Medieval Silks in Montpellier: the Silk Market ca. 1250-<:a. 1350, in: JEurEcHist 1 1 (1982) 1 1 7-140. LOPEZ, Nouveaux documents, wie S. 155, N. 405, 446, 448. 261 Beispiele : SCHÄFER I S. 25112; Anon. Romanus, Cronica (14.Jh.), ed. G. PORTA, Mailand 1979, 1337H., S. 35 Vedese tributi venire . . . Drappi [ranceschi, tartareschi; S. 59 La sala . . . Moiti panni tartareschi ta sparzi erano; S. 83 regali de panni tartareschi. Grandes Chr. de France: Chr. . . . Jean II: I, S. 28 (Königskrönung 1350): les Lombars . . . [urent tous vestus d'unes robes parties de deux tartares de soye . . . - Dichter: ausgehend von Dantes Vers Inf. XVII,17 (non [er mai drappi Tartari ne Turchi) hat P. TOYNBEE 1900 zahlreiche Belegstellen zusammengetragen (Tartar Cloths [Inferno, XVII, 14-17], in : Romania 29 [1900] 559-564). Sie lassen sich problemlos vermehren, z. B. Wars o[ Alexander v. 1547 S. 85, ähnlich 4673 S. 244; zudem auch noch andere als die von Toynbee zitierten Dantekommentare (viele ed. BlAGI/PASSERINI/RoSTAGNO). Vgl. G. BERTUCCIOLI, Tartari, in: Enci elop. Dantesca V (1976) 525. - Man muß für Dantes Gebrauch des Begriffs nicht auf Marco Polo verw�isen: er war allen Orient-Kaufleuten geläufig .
DAS VOLK DER TARTAREN
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gehen schöne und edle Damen, »und jeder Ritter führte mit der Rechten eine Dame an einer silbernen Kette«262. Tartaren sind prächtig und fremd, vielleicht auch brutal, wenn sie die Frauen an der Kette führen. Man will und kann offenbar Tartaren als solche erkennbar darstellen. Über fünfzig Jahre später, 1389 , machen die Bürger von Paris ihrem König, der Königin und anderen Adeligen reiche Geschenke. Die Überbringer kleiden sich nach dem Bericht Froissarts wie »wilde Menschen« oder »sehr reich« und bringen vornehmlich Gold- und Silbergeräte : » Das dritte Geschenk wurde ähn lich in das Zimmer der Herzogin von Touraine getragen von zwei Männern, verkleidet als Mauren, mit geschwärzten Gesichtern und sehr reich gekleidet, weiße Tücher um die Köpfe gewickelt, als wären es Sarazenen oder Tarta ren . . . « 263 Auch hier verbindet sich Pracht mit den Tartaren, doch dabei sind sie austauschbar, Heiden wie die Sarazenen auch. Die Tartaren können Turbane tragen, und nicht einmal die Trennungslinie zu den schwarzen Mohren scheint klar gezogen� Hier wie öfter bei Froissart, anderen Chronisten und vielen Malern und Dichtern gehören die Tartaren nur noch unter anderen zu den orientalischen, ungläubigen Völkern 264. Bei einer solchen Benutzung des Tartaren-Motivs ist der individuelle Anknüp fungspunkt an typisch tartarische Eigenschaften oder Lebensumstände kaum mehr oder gar nicht zu erkennen. Die orientalische Herkunft der Tartaren allein macht sie zu geeigneten, aber vollkommen austauschbaren Figuren in den exoti schen Gemälden spätmittelalterlicher Dichtung. Chaucer verlegt in seinem schon zitierten Squire's Tale eine Geschichte, die vom Inhalt her eher in eine abendlän dische als in die mongolische Umgebung paßt265, in die nicht nur Kaufleuten und Missionaren wohlbekannte mongolische Stadt Sarai 266 und an den Hof eines auch im Westen legendären mongolischen Herrschers, bemüht sich also wenigstens um 262 Ann. Paulini S. 354/5. Die Dame des Königs ist seine Schwester Eleonore. Zu diesem Text vgl. P. J OHANEK, Weltbild, 105; D. A. BULLOUGH, Games People Played: Drama and Ritual as Propaganda in Medieval Europe, in: TRHS 5. ser. 24 (1974) 97-122. 263 Froissart XIV S. 1 9/20. 264 Froissart z. B. XI S. 230/1 u.ö. - Zu den Malern oben S. 214/6, zu den Dichtern 2 10. Die Übertragung allgemeiner orientalischer Klischees auf die Tartaren ist das genaue Gegenteil von Pisanellos Stilisierung des Tartaren zum typischen Orientalen (oben 215). 265 Es handelt sich um das Ritterepos C/eomades, das Adenet li Rois (1282) in Spanien spielen läßt und das Girard d'Amiens Ende des 13.Jh. in seinem Meliacin bereits nach Großatmenien verlegt hat: vgl. die überzeugende Quellenuntersuchung bei W. F. BRYAN/Germaine DEMPSTER, Sources and Analogues of Chaucer's Canterbury Tales, London 1941, 364ff. Vgl. R. W. V. ELLIOTT, Chaucer's Reading, in : Chaucer's Mind and Art, ed. A. C. CAWLEY, Edinburgh/London 1969, 46-68, 199. 266 civitas imperialis in Tartaria Aquilonaris: z. B. Joh. v. Winterthur S. 147. Vgl. unten S. 296. - Zur Kenntnis Chaucers von Sarai vgl. die Überlegungen von J. M. MANLY, Marco Polo and The Squire's Tale, in: PMLA 1 1 (1 896) SO.349-362, die wesentlich sinnvoller sind als die verzweifelte Suche nach einer bestimmten schriftlichen Quelle. Vgl. G. STILLWELL, Chaucer in Tartary, in : The Rev. of Engl. St. 24 (1948) 1 77-188; J. P. MACCALL, The Squire in Wonderland, in: CR 1 (1966/7) 103-109; C. JORDAN, Soviet Archeology and the Setting of the Squire's Tale, in: CR 22 (1987/8) 128-40; dort jeweils ältere Literatur.
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN V O N D E R WELT
inhaltlich sinnvolle Anknüpfung267• Doch selbst auf solches Lokalkolorit kann verzichtet werden. Angelica, die berühmte Magierin, die schöne Heidin des Matteo Maria Boiardo und Ludovico Ariosto, ist die Tochter des Großkhans von Cathay, und auch die Tartarei vergessen die Dichter neben all den anderen exotischen Ländern nicht268• Wie allgemein, wie untypisch das Bild.auch ausfällt, immer wieder werden auch die Tartaren genannt. Sie haben ihren festen Platz im Weltbild des Abendlandes und werden von Weltreisenden, die um 1400 in allegorisch-fiktiven Erzählungen die Erde überfliegen, besucht269• Sie gehören zu den Völkern der Welt, unter denen sie nicht immer, aber regelmäßig aufgezählt werden 270 . Sieht man von den wenigen ganz extremen Beispielen ab, so knüpft auch die geschilderte Banalisierung des Mongolenbildes fast immer an irgendwelche Kenntnisse über das tatsächliche Volk an. Selbst die Topoi werden vielfach n e u gebildet und neben die alten eingereiht, dem fabulösen Orientwissen hinzugefügt. So verbrigt sich hinter den neuen Klischees oft erstaunliches Wissen, verfügen die Dichter im 14. Jahrhundert oft über eine modernere Geographie als zum Beispiel die Enzyklopädisten 271 . 267 Der Rahmen zumindest ist mongolisch, wenn schon nicht die Geschichte. Zum König oben S. 232/3. CambaLo, der Sohn des Königs, scheint nach der Stadt CambaLuc!Khan Baliq benannt zu sein, und auch die anderen Name sollen zumindest fremd klingen. Zur abendländischen Verarbeitung mongolischer Legenden oben N. 72 u.unten S. 247ff. 268 Boiardo, Orlando Innamorato (vor 1486); Ariost, Orlando Furioso (1505/15), ed. M. TURcHII E. SANGUINETI, 2 Bde. Mailand 1974. Vgl. S. CARAMELLA, L'Asia nell'.Orlando Innamorato«, in: BSGI ser. V, 12 (1923) 44-59, 127-150. - Tochter des Gran Cane ist auch Lavinia in einer Novelle Giov. Sercambis (Nr. 144 11 S. 680/9). Vgl. insgesamt: R. BEZZOLA, L'Oriente nel poema cavalleresco dei primo Rinascimento, in: Venezia 1966, 495-510; F. CARDINI, L'avventura cavalleresca nell'ltalia tardomedievale: modelli letterari e forme concrete, in: Mediterraneo Med. I, 243-288. 269 Vgl. nur Philippe de Mezieres (Songe), Christine de Pisan (Chemin): unten N. 573. Die seit der Kreuzzugszeit verstärkt in abendländische Epik einfließenden orientalischen Bilder nehmen allmäh lich auch tartarische Motive auf; man vergleiche die Dichterzitate in diesem Kapitel: wenige, wie der Herzog Ernst, zeigen sich auch in den spätmittelalterlichen Überarbeitungen völlig resistent. - Die großen Novellensammlungen des 14.Jh., des Boccaccio, Sercambi, Chaucer enthalten jede ihre tartarische oder Cathay-Novelle (um 1500 M. Bandello). 270 Völker- (bzw. Länder-)kataloge: Die Wars of ALexander (nach 1400) bedürfen weiterer Völker, um die Liste auf Alexanders Thron alliterierend zu vervollständigen und greifen auf die bekannten Tartaren zurück (v. 5665 S. 276), die 1420 zum universo mundo gehören, der sich Hermann Korner zufolge im Krieg befindet (c. 1345b S. 434). Friedrich n. ist auf der ganzen Welt berühmt, so auch bei Lo grande Tartaro, bei Saladin und dem Priester Johannes (Brunetto Latini, Frg. des Tesoro S. 35). Ulrich v. Richenthals Weltbeschreibung zeugt zwar von etwas wirren geographischen Vorstellungen, doch die große Tartarei ist selbstverständlich in Asien verzeichnet (um 1418; S. 158). Eustache Deschamps (t 1407) hat die ganze Welt betrachtet, darunter auch die Tartarei, um etwas Schöneres als Paris zu finden (n. 169, I S. 301). Überall auf der Welt Guillaume de Machaut, Dit dou Lyon (1342) v. 1437ff. S. 209/10; Chaucer (t 1400), Book of the Duchess v. l025 S. 342; Andrea da Barberino, Aspramonte S. 79; auch Oswald v. Wolkenstein (t 1445) 64, S. 160, 107 S. 244 (und einige Länderlisten ohne Tartarei). - Kaufleute »aller Nationen«, auch aus der Tartarei, kommen nach Damaskus : Josse van Ghistele ( 1481185) S. 240. Felix Faber (1484) 11 S. 8; wunderschön die Heidenwelt III S. 439. Unten S. 308. 271 Vgl. S. 307ff.
WELTGESCHICHTLICHE STEL L U N G U N D AUFGABE
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Ausgezeichnete Beobachtungen stehen früh zur Verfügung, zusammengestellt, w e i l man aus politischer Notwendigkeit die W i r k l i c h k e i t herausfinden will, von zumindest einem Beobachter, der sich um Objektivität bemüht und mit einem systematischen Katalog von Fragen das fremde Volk beschreiben will. Andere Beobachter tragen eigene Bilder bei und können sich zum Teil nicht des Hasses, der Verachtung oder auch der erstaunten Hochachtung enthalten. Von vornherein sehen zudem abendländische Augen und wird ein abendländisches Fragenraster angelegt. Anhand allein der abendländischen Quellen ist es schwie rig, genauer zu fassen, welche Bereiche mongolischen Lebens dabei möglicher weise übersehen worden sind. Dagegen wurden an einzelnen Punkten die Ein flüsse deutlich, die die genannte lateinisch-christliche Wahrnehmungsweise kon kret nehmen konnte. Insbesondere direkte Erklärungen für mongolische Verhal tensweisen oder deren Einfügung in einen interpretierenden Kontext zeigen, wenn sie auch nach modernen Kriterien irrig sind, das zeitgenössische Verstehen von objektiv hervorragenden Informationen auf der Grundlage des abendländi schen Weltbildes. Man gewinnt im Abendland während des 14. Jahrhunderts eine Vorstellung von den Tartaren, die bis in die Details der Wirklichkeit abgesehen ist, aber diese abendländisch interpretiert hat und deshalb vor allem abendländi sche Weltsicht wiedergibt.
2. Die weltgeschichtliche Stellung und Aufgabe der Mongolen Warum sind die Tartaren auf der Welt, und weshalb haben sie sich so gewaltsam der abendländischen Weltsicht aufgedrängt ? Eine der ersten Fragen, die sich angesichts des verderbenbringenden Überfalls im Westen erheben, sucht nach Absichten und Motiven der Mongolen und weitergehend nach dem tieferen Sinn ihres Vordringens 272• Kein solcher Einbruch einer großen Macht in die Existenz der Christenheit kann nach dem teleologischen Geschichtsbild des Mittelalters ganz ohne Bedeutung sein. »Wir haben von ihrem Ursprung und ihrer Geschichte (nascimento e movimento) erzählt, weil in so kurzer Zeit nie ein Volk so große Eroberungen machte, noch ein Volk oder eine Sekte so viel Herrschaft (signoria), Macht und Reichtum besitzt.« 273 272 Das breite Spektrum der Möglichkeiten in den Quellen vor allem um 1241 vgl. S. 24 H. 273 G. Villani, vor 1348, V,29 t. I S. 210. Roger Bacon Op. Maius I S. 367. Ebenso die Begründung für die Descriptiones terrarum (3. Viertel 1 3 . Jh.) c. 28/9 S. 725/6; dazu K. GORSKI, The Author of the »Descriptiones Terrarum«: A New Source for the History of Eastern Europe, in: SEER 61 (1983) 254-258. Für den Hinweis auf diesen Text sowie vorab mitgeteilte Erläuterungen bin ich Herrn Prof. G. Freibergs, Los Angeles, sehr zu Dank verpflichtet, der eine neue Edition unter dem Titel De ortu Tartarorum (der dem Zweck der Schrift in der Tat eher entspräche; das Ms. trägt keinen Titel) plant. Er stellt sicher zu Recht einen geistigen Zusammenhang zum methodischen Fragen besonders Papst Innocenz' IV. her und vermutet mit Gorski, daß der Text direkt für den Papst, nun Alexan der IV., bestimmt gewesen sein könnte.
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
Wo also liegt der Ursprung der Tartaren, woher kommen sie und warum jetzt ? »Erstens nämlich erscheint es verwunderlich, wer denn dieses Volk sei, von so unendlicher Zahl und Menge, über das offenbar nichts in den heiligen (divinis) Büchern oder den alten Geschichten zu finden ist, und wie ein so großes Volk hat verborgen bleiben können.« 274 Entweder versucht man doch, die Tartaren in der Tradition zu finden275, oder aber man wird Stellung und Aufgabe einer als neu erkannten historischen Kraft bestimmen müssen. Deshalb bemüht man sich schon, kaum daß die Mongolen am Horizont des Abendlandes auftauchen, noch kaum zu sehen, höchstens zu ahnen sind, sie oder ihren Anführer mit Hilfe der Geschichte zu identifizieren, das heißt in einem Volk oder einer Gestalt der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft - denn Weltgeschichte bedeutet im Mittelalter immer Heilsgeschichte vom Anfang bis ans Ende - zu entdecken 276. Immer wieder gelingt es, die Tartaren im Schatz der christlichen Legenden und Prophetien aufzuspüren oder sie zumindest daran anzuknüpfen. Je besser die Abendländer sie kennenlernen, desto mehr korrigieren sie Vorurteile und nutzen ihr Wissen über Geschichte, Sagenwelt und Eigenheiten der Mongolen, um sie in die Weltgeschichte einzufügen.
a. Die mongolische Geschichte in der abendlä'ndischen Historiographie Noch bevor der mongolische Vormarsch im Westen selbst zu spüren ist, kommen zu Beginn der zwanziger Jahre die ersten Erklärungen für das Auftauchen lanciert offenbar von orientalischen Christen - Kreuzfahrern und Osteuropäern, zu Ohren. Weit im Osten, so heißt es, sei ein christlicher König David aufgebro chen, um machtvoll den Franken vor Damiette zu Hilfe zu eilen und den Islam im Rücken anzugreifen. Ähnliche Hoffnungen hatte schon im 12. Jahrhundert der berühmte Brief des Priesterkönigs Johannes erweckt, und so verwundert es nicht, daß der neue König David bald mit dem Priester in Verbindung gebracht wird 277. 274 So formulien, stellvenretend für seine Zeitgenossen, der Dominikaner Ricold v. Monte Croce um 1300 (Itinerarium c. 10 S. 118). 275 Auch Ricolds Worte leiten den Versuch ein, den Platz in der Überlieferung vielleicht doch zu finden: unten S. 258/60 für die Anknüpfung an die Zukunft, aber auch z. B. N. 491, die Einfügung in die Apostelgeschichte bei Jean Gel'lllain. BORST betont, anders als andere Steppenvölker habe man die Mongolen sofort in der Bibel wiedergefunden (Turmbau 11,2, 767): aber man kam, wie zu zeigen sein wird, an diesem Punkt zu keinem einhelligen Urteil. 276 Bestimmung der Wirklichkeit des Objektes durch seine historische Einordnung FRIED, Suche, 289. Zur �Weltgeschichte« unten S. 251/2. 277 Brief ed. Friedrich ZARNCKE, Der Priester Johannes, in: AbhLeipzig 7 (1879) 829-1028, 8 ( 1883) 3-186; separat Hildesheim/NYork 1980, Kap. 11. Für den Berg an Literatur über den Priesterkönig vgJ. KNEFELKAM P, Suche. Verknüpfung im Kreuzheer: Jacques de Vitry (zum Identifizierungsprozeß BEZZOLA 2 1-25); in Osteuropa offenbar greifbar in einem Brief des ungarischen Königs (Richard v. San Germano S. 1 10), zu den frühen Legenden auch oben S. 24; ausführlicher zur ganzen Frage der Damiette-Prophetien etc. BEZZOLA 13-28. - Auch später werden von Reisenden mitgebrachte prophetische Legenden aus dem Orient rezipiert, ins abendländische Legendengewebe eingefügt: dazu im folgenden Rubruk und nach ihm Roger Bacon, auch Joh. v. Sultaniyah . -
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WELTG E S C H I CHTLICHE STELLUNG U N D AUFGABE
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Kurz vor dem Hereinbrechen des Unheils über Europa wird das Bild beim Näherkommen der Mongolen klarer, die Vorstellungen werden anhand der Geschehnisse revidiert. Alberich von Trois-Fontaines ist sicher, daß diese bruta len, grausamen Eroberer nichts Gutes für die Christenheit im Sinne haben. Sie müssen ihren König David ermordet haben und sind nun auf dem Weg, auch die katholische Christenheit anzugreifen. Diese und andere Vermutungen kursieren im Abendland 278 , als die päpstlichen Gesandten von 1245 im Rahmen ihrer Forschungen bei den Tartaren auch der Frage nach deren Ursprung mit großem Interesse nachgehen. Im Jahre 1202, so beginnt Vinzenz von Beauvais nach dem Bericht des Simon von St-Quentin 279, haben die Tartaren ihren Herrn, den König David, Sohn des vormaligen Königs und Kaisers von Indien, des Priesters J ohannes, ermordet. Der kluge Cingischam, der ihnen geraten hatte, sich einmütig zu erheben, wurde zu ihrem neuen Herrn und nahm die einzige überlebende Tochter des König David 280 zur Frau . Abendländisches Wissen und mongolische Auskünfte beginnen sich zu ver schränken. Simon hat sicherlich eine Variation jener Ursprungs erzählung gehört, die die »Geheime Geschichte der Mongolen« überliefert. Um das »Schweine Jahr« 1203 ist Toyril wang, der Ong Khan der nestorianischen, also christlichen Kereit, der anerkannte Herr im Lande, und er behandelt Temüjin, den späteren Dschingis Khan, wie einen Sohn. Dieser bittet für seinen Sohn Dschötschi um die Tochter des Ong Khan, doch dessen Sohn Senggüm lehnt ab. »Da dünkte sich Senggüm sehr groß und sagte : >Wenn einer unserer Angehörigen zu ihnen geht, steht er an der Tür und blickt nur zum Ehrenplatz. Wenn einer ihrer Angehörigen zu uns kommt, sitzt er auf dem Ehrenplatz und blickt zur Tür.< So sprach er, sich selbst erhaben dünkend und uns [die Mongolen] geringschätzend.« Es kommt zum Zerwürfnis, zum Kampf, Dschingis Khan siegt und der Ong Khan wird schließlich auf der Flucht ermordet. »So hat er das Volk der Kereyit niedergewor fen . . . Weiter verfügte Cinggis Qahan folgendes . . . Der jüngere Bruder des Ong 278 S. 942. - Zwischen Hoffen und Bangen schwebt die Vermutung, die Mongolen wollten nach Köln ziehen, um die Reliquien der Heiligen Drei Könige zu holen, von denen einer einst ihr Herrscher war: Nicht ganz klar wird, ob sie gewaltsam einen Raub zurückholen wollen oder sich der Heiligkeit des Königs gemäß freundlich verhalten werden. Die Autoren, die die Drei-Königs-Erklärung aufneh men, scheinen eher Negatives zu assoziieren: oben S. 24,29; später z. B. Leopold Stainreuter �. 142 (unsinnige Datierung); bes. Joh. v. Hildesheim, unten S. 28 1 12. Zu einigen anderen frühen IdentIfIka tionsversuchen s. unten. 279 Diese Quelle des Vinzenz, der wiederum Quelle für Martin v. Troppau ist (beide sorgen �ü� weiteste Verbreitung), vermutet auch RICHARD (Ed. Simon S. 27), vgl. unten N. 290. Plano Carpml assoziiert den Priester Joh. ebenfalls als Herrn Indiens, doch innerhalb einer ganz anderen mongoli schen Erzählung (V,12 S. 59). Seine Darstellung der mongolischen Frühgeschichte folgt offenbar streng und ohne abendländische Interpretationen dem in Asien Gehörten (I. V). Haython (III,lff. S. 283ff.) unterläßt jegliche Erwähnung des Priesters, aber sein Benutzer G. Villani interpretiert ihn hinzu (V,29 t. I S. 210; auch unten N. 349). - Eine eigenständige Vorgeschichte (orientalischen Ursprungs ?) erzählt Joh. v. Hildesheim c. 45 S. 301l2. 280 Die ganze ausführliche Darstellung Vinzenz XXIX,69, S. 1209, Simon S. 27/9. .
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IV. EINO RDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
Qan hatte zwei Töchter. Die ältere von ihnen . . . nahm Cinggis Qahan selbst, die jüngere . . . gab er Tolui.« Dschingis Khan besiegt weitere Völker, und »nachdem sie auf diese Weise die Völker in den Filzwandzehen zu Getreuen gemacht hatten, versammelten sie sich im »Tiger-Jahr« ( 1206) an der Onan-Quelle, pflanzten die neunzipflige weiße Fahne auf und gaben dort dem Cinggis Qahan den Titel 281 Qan. « Diese und ähnliche Versionen der Geschichte passen andere Reisende immer mehr in die abendländische Tradition ein, binden die neuen Erkenntnisse ganz natürlich an das abendländische Wissen von Asien an. So berichtet Wilhelm von Rubruk 1255 vom Une Khan und dessen Bruder, dem König Johannes der christlichen Naiman, und Dschingis Khans Sohn heiratet die Tochter des Une 282. Marco Polo weiß darüber hinaus auch noch von der Abweisung der Khan Werbung Dschingis Khans, ohne aber den Priester Johannes mit einer bestimmten 3 28 Figur der mongolischen Geschichte zu identifizieren . Der König David, der niemals so fest wie der Priester in der abendländischen Gedankenwelt Fuß gefaßt hat, ist rasch wieder vergessen. Vereinfachend, aber sichtlich nicht ohne mongoli schen Ursprung setzt sich im Abendland schließlich in verschiedenen Spielarten die Überzeugung durch, Dschingis Khan oder sein Sohn habe um 1202 die 284. Tochter des besiegten Priesters Johannes geheiratet Für die Figur des Priesters Johannes bedeutet diese Einbindung ihres Lebens und auch Sterbens in einen datierbaren Prozeß eine an sich ungewöhnliche 281 Geheime Geschichte der Mongolen. Herkunft, Leben und Aufstieg Cinggis Qans, übers. M. TAUBE, München 1989, 164-202, S. 86-136; mit Zitaten 165, S. 87/8, 186, S. 1 1 1 und 202, S. 136. Zur Person Toluis oben S. 25; zu den Ereignissen z. B. MORGAN, MongoIs, 55-61. 282 Die Legendenversion bei Rubruk (XVII,3-5 S. 207/8) ähnelt darüber hinaus in noch mehr Details der mongolischen. - Zum Volk der Naiman oben S. 22. - Rubruk schreibt Namen auf, die er bei den Mongolen neu kennengelernt hat: er kennt auch den noch früheren Coir Gur Cham: XVII,1 S. 205, da auch N. 2; von ihm hat schon fr.Julian irgendwie gehört: Fürst Gurgutam 1,4 S. 167. Der Chyr Khan (Chiartan) Peters v. Rußland soll dagegen wohl Dschingis sein (S. 189 vgl. 191), aber die Identifikation der Namen ist problematisch; vgl. oben N. 188. Das Stamm gebiet der Mongolen heißt bei Rubruk Onankerulen (XVII,6 S. 208; oben S. 22). 283 C. LXIV-LXVIII(63-67) S. 49-52 (74-79). Das Grab des Une Khan auf der Karte des Fra Mauro, Faks.nr. XXXIX. Eine Identifikation mit einem tatsächlichen Herrscher nennt auch Joh. v. Monte Corvino II,4 S. 348. 284 Ricold, Itinerarium c. 12 S. 120. Weil der erste König die Tochter des Priesters Joh. geheiratet hat, ist der derzeitige ihr Sohn: so Andreas v. Longjumeau in MP CM VI S. 115. Ähnlich diesem Reisenden (wohl kaum ihm folgend) überspringen auch die Ann. S. Rudp. Salisburg. (S. 790; ad a. 1249, zu den Ereignisse auf Zypern) eine Generation und nennen die Mutter Güyük Khans die Tochter des Priesters Joh.; die gleiche Quelle überliefert zu 1280 eine Version der Legende vom »King of Tars« (oben S. 219/20), in der die Mutter der Mißgeburt die Tochter des Priesters Joh. ist (S. 806). - Moderne Antworten auf die Frage, wo in Asien oder Indien denn der Priester Joh. zu finden sei, ähneln denen Marco Polos oder Rubruks. - Nur den Sieg der Tartaren kennen Joinville 474, 479/80 S. 260, 262, und Philippe de Mezieres, Sange I S. 223. In der frühen Darstellung des Plano Carpini hat der Priester gesiegt: V,12 S. 59; bzw. er siegt gegen andere mit Hilfe der Tartaren (unten S. 281/2). - Grundsätzlich zu diesen Legenden ZARNCKE, wie N. 277, Kap. IV,V. - David vergessen: eine Ausnahme bildet die ungewöhnliche Version in dem von einer Wiener Sammlung überlieferte Brief des David (Nr. 245) und in den Ann. Mantuani (vgl. Zitat N. 337), beide dat. zu 1285 . =
WELTGESCHICHTLIC H E STE L L U N G U N D AUFGABE
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Historisierung. Eigentlich ist der Priesterkönig als Typus seit dem 12. Jahrhun dert eine feste Größe im abendländischen Orientbild; er lebt immer und zu jeder Zeit, auch im 13. und 14. Jahrhundert, im Osten 285. Mancher Autor versteht seinen Name deshalb als Titel, wie Marco Polo, der neben der einmaligen Heirat um 1202 auch eine Art Heiratsbund kennt : der Priester Johannes nehme stets eine Tochter des Großkhans zur Frau 286 . Die geschichtliche Einmaligkeit eines bestimmten Priesters im Zusammenhang mit den Mongolen bleibt so Episode und ist nur ein Nebenprodukt der notwendigen historischen Einordnung der Mongolen, die mit ihrem Aufbruchsdatum 1202 - errechnet sicherlich aus Anga ben der ersten Reisenden wie »aufgebrochen vor zweiundvierzig Jahren« - an die christlich-abendländische Geschichte angegliedert werden und damit in die Welt chronistik Eingang finden können 287. Christliche Weltchronisten schreiben von ihrem Selbstverständnis her ein univer sales und umfassendes Werk288• Sie nehmen die gesamte Zeit von der Schöpfung bis zum Jüngsten Tag, organisiert in Epochen, in den Blick, sind damit auf ein Ziel gerichtet und deuten die Geschichte entsprechend 289. Ebenso wie die gesamte Zeit versuchen sie, alle Völker der Welt in die göttliche Heilsgeschichte einzuordnen, vor allem im Hinblick auf die Beziehung dieser Völker zum Zentrum der Welt, zur römischen Christenheit. Deshalb bemüht sich Vinzenz von Beauvais in seiner 285 Jean d'Outremeuse, der sich der Historizität z. B. des Reiches Cathay durchaus bewußt ist (unten N. 546), versetzt den Priester ohne weiteres in die Karolingerzeit. Zur »Überzeitlichkeit« des Priesters, die »beliebig in eine historische Realität« umzusetzen sei, MELVILLE, Herrschertum, wie N. 254, bes. 26, auch 14, 2 1 /22, 33/35: auch als Herrscher über Gog und Magog ist die kontinuierliche Wiederholbarkeit, die fehlende feste historische Fixierung, symptomatisch. 286 LXXIV(73) S. 60 (89), ev. danach Marino Sanudo d. Jgr., Vite S. 55; so auch Odorich v. Pordenone XXXII,1 S. 483; Joh. v. Hildesheim c. 45 S. 302: er erklärt den Namen ausdrücklich als erblichen Titel (c. 34 S. 258); der Zusammenhang unten S. 28112. Ewiges Leben des Priesters: vgl. MELVILLE, Herrschertum, wie N. 254, 29. 287 Die Datierungen kommen dabei vielfach objektiv der Realität sehr nahe. Veullutliche Berech nungsgrundlage: Plano Carpini V,19 S. 64 berichtet 1245, sie hätten 42 Jahre gekämpft; der ungarische Abt v. Marienberg bei MP CM VI S. 79 meint um 1242, sie seien vor 42 Jahren aus den Bergen, in denen sie clausi waren, aufgebrochen. - Andere Rechnungen oder Datierungen, die sich nicht oder nur selten durchsetzten: Peter v. Rußland, S. 190, um 1245: 34 Jahre seit dem Aufbruch aus der Wüste; Andreas v. Longjumeau S. 114: um 1245/7 seien 25 Jahre seit dem Sieg über die Chorasmier vergangen. Marco Polo unten N. 250. Ramon Lull arbeitet nur mit Größenordnungen: Aufbruch vor 70 (De fme, 1305) oder 80 Jahren (De conven. 1304/8; De acquis. 1309). 288 Vgl. v. D. BRINCKEN, Die Lateinische Weltchronistik, in: Alexander RANDA (Hg.), Mensch und Weltgeschichte. Zur Geschichte der Universalgeschichtsschreibung, Salzburg/München 1 969, 47/57; K. H. KRÜGER, Die Universalchroniken, Turnhout 1976 (Typologie des sources. A-1.2,fasc. 16); P. CLASSEN, Res Gestae, Universal History, Apocalypse. Visions of Past and Future, in: Robert L. BENsoN/Giies CONSTABLE (Ed.), The Renaissance of the 12th Century, Oxford 1983, 398-403 (für das 12.Jh.: die prägenden Chroniken des Sigebert v. Gembloux, Frutolf v. Michelsberg u. Otto v. Freising). . 289 Eine besondere Ausformung findet die Geschichtsdeutung in Chroniken, vor allem aber m �er eschatologischen Literatur, die seit dem 13.Jh. in der Nachfolge Joachims v. Fiore versucht, auf eme große Zahl von Daten der Vergangenheit gestützt, die Endzeit - der eine konkrete Zeitlichkeit eingeräumt wird zu berechnen: unten S. 26112. -
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IV. E I N ORDNUNG I N DAS WISSEN V O N D E R WELT
Universalchronik, dem Speculum historiale, um die genannte Anknüpfung auch der mongolischen Frühgeschichte an die christliche Zeitrechnung 290 . Deshalb auch wird die Gegenwartsgeschichte der Tartaren weiterverfolgt und zu bestimm ten Zeitpunkten in die Weltgeschichte eingefügt. Um die ganze Breite gleichzeitiger Ereignisse an verschiedenen Orten zu bewältigen, nehmen Historiographen seit dem 12. Jahrhundert die antike Methode der S y n c h r o n i s t i k wieder auf29\. Der Dominikaner Martin von Troppau (ca. 1268/78) zum Beispiel wendet sie konsequent auf die Papst-Kaiser Chronistik an, indem er diejenigen Ereignisse aus der Kaiser- und Papst Geschichte, die sich zeitlich entsprechen, auch optisch parallelisiert 292. Dem Anspruch der Weltchronistik aber würde erst eine Erfassung der gesamten Welt gerecht, und so versucht der Franziskaner Paulinus Minorita um 1323/3 1, das zweisträngige synchronistische Schema auf alle Reiche der Welt auszudehnen. Um die Übersicht bei dieser Vielfalt zu ermöglichen, stellt er an den Anfang seiner Chronik mehrere Seiten synchronistischer Tafeln 293. In diese trägt er in bis 290 Vinzenz kann die Jahreszahl schon bei Simon vorgefunden (vgl. N. 279) oder sie aus einer Zahlenangabe (ähnlich denen in N. 287) selbst berechnet haben, um ein Inkarnationsjahr zu bekom men. Ein festes Jahr und nicht nur die wahrscheinlich von den Mongolen genannten Anzahl von Jahren nennt auch Marco Polo, kann sich aber nicht mehr durchsetzen: bis 1 1 87 leisteten die Mongolen Tribute: c. LXV(64) S. 50 (75) (das rezipiert die Modena-Karte Nr.46, S. 208; Oculus, wie S. 58, N. 75, fol. 80ra: 1 1 88). - Mittelbare Anknüpfung sogar an biblische Genealogie in einem Ms. des Tresor Brunetto Latinis (S. 30, N.13). - Das grundsätzliche Streben nach räumlicher Umfassendheit bezweifelt an zentralen Beispielen des 12. Jh. H.-W. G OETZ, On the Universality of Universal History, in: L'historiographie medievale en europe, ed.Jean-Philippe GENET, Paris 1991, 247-261. 291 V. D . B RINCKEN, Zur Herkunft und Gestalt der Martinschroniken, in: DA 37 (198 1 ) 694-735, hier 701 H.: Sigebert v. Gembloux nimmt des Hieronymus System auf. 292 Ereignisse der Papstgeschichte auf einer verso-, die der Kaisergeschichte auf der gegenüberlie geJ;1.den recto-Seite. Auch die einzelnen Jahre (i. A. 50 pro Doppelseite) sind streng einander zugeord net, wobei längere Einträge auf der einen durch Freiräume auf der anderen Seite ausgeglichen werden (gutes Beispiel Vat. Ms.lat. 6028). V. D. BRINCKEN beschreibt das bewußt eingerichtete Konzept, das die meisten Kopisten und Fortsetzer ebenso wie die MGH-Edition verkannten: In una pagina ponendo pontifices, in alia pagina imperatores. Das Kopieren der tabellarischen Papst-Kaiser-Chronik des Martin von Troppau OP (t I278), in: Rev. d'hist. des textes 18 ( 1988) 109-136; auch D IES., Herkunft, wie N. 29 1 ; Studien zur Überlieferung der Chronik des Martin von Troppau (Erfahrungen mit einem massenhaft überlieferten Text) in: DA 41 (1985) 450-531 ; Studien zur Überlieferung der Chronik Martins von Troppau, 2. Teil in: DA 45 ( 1989) 55 1-591. 293 P. versucht offenbar in zwei verschiedenen Redaktionen, das System möglichst günstig anzu wenden. In der Chronologia Magna sind die Tafeln, in denen stets die Herrschernamen mit Köpfen oder Kronen illustriert sind, selbst mit nur wenig Text versehen, und aufgeteilt im Werk wiederholt: waagerecht über dem Text eine Leiste mit Ausschnitten aus mehreren parallelen Spalten oder senkrecht am Rand ein Abschnitt einer Spalte (vgl. Ms. BN Paris lat. 4939). In den Satyrica (vgl. Vat. Ms.lat. 1960) sind die Tafeln selbst schon mit mehr Informationen versehen, dafür aber werden sie im Text nicht mehr wieder aufgenommen. Besonders in die Satyrica sind in der Tafel Eintragungen über Stärke, geographische Lage und Sitz der Herrscher aufgenommen: Vat. Ms.lat. 1 960 fol. 1 1 v. Zu Einzelheiten und Gesamtbedeutung vgl. v. D. B RINCKEN, Ut describeretur, wie N. 535, 272; enger dagegen Martin: D IES., Geographisches Weltbild und Berichtshorizont in der Papst-Kaiser-Chronik des Martin von Troppau, in: Ex ipsis rerum documentis. Fs. H. Zimmellllann, hg. v. Klaus H ERlIERS u. a. Sigmaringen 1991, 91-101. - Zur Datierung des P. H. S IMONSFELD, Studien zu Marino Sanudo dem Ä!teren, in: NA 7 ( 1882) 43-72, hier 59; zum Werk v. D. B RINCKEN, Herkunft, wie N. 291, 729/30 . •
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WELTGESCHI CHTLICHE STELLUNG U N D AUFGABE
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zu sechsundzwanzig auf jeweils zwei Folio-Seiten nebeneinander angeordnete Spalten die verschiedenen Reiche mit ihren Dynastien ein, so daß zu jeweils einem der von oben nach unten aufgetragenen Jahre die gleichzeitigen Herrscher in allen Reichen abgelesen werden können. Dabei beginnt der Chronist ganz links mit dem Osten der Welt und geht nach Westen, beginnt also seit dem 13. Jahrhundert mit den vier Reichen der Tartaren, über die er Haythons Werk nähere Informa!Ionen entmmmt. Das Einarbeiten der mongolischen Geschichte in die fortlaufende historische Erzählung ist ungleich schwieriger. Wünschenswert wäre es, alle bekannten Daten - einschließlich einer Volksbeschreibung294 - an den jeweils chronologisch richtigen Stellen einzufügen. Für die mongolische Frühgeschichte bis etwa 1241 295 verfügen die Abendländer jedoch nur über eine relative Chronologie, weil diese Geschichte ganz unabhängig von den gleichzeitigen europäischen Ereignissen geschah, und die Tartaren - so sagt Haython - sie selbst nicht genau datieren können 296 - um so wichtiger wird die Festsetzung von Anknüpfungsjahren wie 1202. Zudem enthalten die Reiseberichte für die frühe und dann die weitere Geschichte der Mongolen so ungeheuer viele Informationen, daß diese den Rahmen jeder Weltchronik zu sprengen drohen. Einige Chronisten versuchen dennoch, möglichst nichts auszulassen, und spielen verschiedene Lösungsmög lichkeiten durch. Vinzenz von Beauvais erwähnt die Tartaren in seinem Speculum historiale (1244/53) erstmals zu 1202 und fügt bei dieser Gelegenheit eine mehrseitige Volksbeschreibung ein 297. Zu 1220 und 1240-1243 folgen jene Taten der Mongo len, die das Abendland oder zumindest den Vorderen Orient betroffen haben und somit datierbar sind 298 . Anläßlich des Berichtes über die päpstlichen Gesandt schaften 1245/47 holt ein Rückblick die gesamte mongolische Geschichte seit 1202 en bloc und ohne Angabe von Jahreszahlen nach 299. Paulinus Minorita gibt seiner Volksbeschreibung ebenfalls den sinnvollen Platz im Zusammenhang der Ersterwähnung der Tartaren 1202. Während er in der früheren Version seines großen chronikalischen Unternehmens, der Chronologia magna 300, weitgehend •
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Zur Person Alberto GHINATO, Fra Paolino da Venezia OFM, Vescovo di Pozzuoli (t 1344), Rom 1951 ; D. FRANCESCHI, Fra Paolino da Venezia oJ.m., t 1344, in: Atti Torino 98 (1963/4) 109-152. 294 Vgl. S. 203 mit N. 2 1 . Volksbeschreibung: Exkurs über Aussehen, Verhalten und Gebräuche eines Volkes. 295 Dh. die Eroberungen der Mongolen in Asien bis hin zu ihrem Vordringen nach Europa. . 296 III,5 S. 287: Er könne keine genauen Zeitangaben machen, »da ich, obgleich ich von vielen die Wahrheit zu wissen verlangte, doch niemanden finden konnte, der mich darüber gänzlich .hätte belehren können«. Die Entschuldigung Haythons zeigt zugleich erneut den Wunsch des Christen, genau zu datieren. 297 S. 1209-12 15. Quellen sind die Berichte des Plano Carpini und Simon v. St-Quentin. 298 Korrekt über Georgier und Armenier XXX,95/8 S. 1265/6; XXX, 139-151 (152 = Ende des Buches) S. 1280/85. Späterer Einzeleintrag dieser Art zu 1248 XXXI,90/4 S. 13 16/8. 299 Weitgehend nach Plano Carpini, XXXI,2-52, S. 1286-1303. 300 Ms. BN Paris lat. 4939.
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IV. EINO RDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
auf die Frühgeschichte verzichtet hat und relativ knappe Einzelnachrichten zu den meist späteren Jahren einträgt, wählt er in der Endredaktion, den Satyrica, ' den Vorgriff, um alle verfügbaren Informationen unterzubringen. Schon zu 1202, im Anschluß an die Volks beschreibung, folgt die gesamte mongolische Geschichte bis 1307 in einem langen Exkurs, auf den er in der restlichen Chronik immer wieder in knappen Sätzen zurückverweisen kann 30 1 . Beide Lösungen umgehen geschickt die fehlenden Zeitangaben und bemühen sich gleichzeitig um ein möglichst hohes Maß an chronologischer Verschränkung in der Darstellung der mongolischen und abendländischen Geschichte 302. Wie sehr solche Ver schränkung das Ziel der Weltchronistik ist, beleuchtet 1395/98 der Lütticher Chronist Jean d'Outremeuse in seinem Myreur des Histors. Um auch die mongo lische Frühgeschichte einzufügen, unterteilt er sie in relativ knappe Einzelbe richte, datiert sie willkürlich und fügt sie zum jeweiligen Jahr in seine Chronik ein 303. All diese Probleme ersparen sich jene vielen Chronisten, die ähnlich wie Martin von Troppau oder ihm folgend nur einige wenige knappe Notizen zu Ereignissen der mongolischen Geschichte, die abendländische Belange unmittel bar betreffen, einfügen304. So bildet sich allmählich eine Art Kanon der »Tartaren Einträge« für die Geschichtsschreibung des späten Mittelalters heraus. Das Jahr 1202 als Ursprung von allem darf ebensowenig fehlen wie 1241 (»Sturm«), 1274 (Zweites Konzil von Lyon) und dann 1299/1300 (Ghazans Feldzug), seltener 122 1 /24 (Aufbruch nach Westen), 1260 ('Ain Galut), 1280/81 (Tartaren und Hospitaliter), 1285 (Ungarn), 1338 (Khans brief aus China), 1348 (Pest) und schließlich 1402 (Ankara) und 1410 (Tannenberg) 305. 301 Vat. Ms.lat. 1960 fol. 243rb-245va, überdimensionale Folioseiten, eng in zwei Spalten beschrie. ben; die Geschichte pars 17ff. = fol. 244rb-45va. Rückverweise anläßlich der Jahre 1220, 1222, 123 1, 1240/1, 1253, 1274, 1275, ca. 1280, 1290, 1310 (verteilt über fol. 253va-263va). 302 Paulinus hat einmal versucht, in die Tartarenerzählung ein gleichzeitiges abendländisches Ereignis einzuschieben: fol. 245ra (Ende p. 22) eodem anno (1264) rex Ungarie . . . Vinzenz seinerseits schiebt in die tartarischen Taten 1240-1243 nur zweimal abendländische Ereignisse ein (5. 1283, 1285). 303 <. 1338, t ca. 1400, Chronik bis 1340. Zur Verknüpfung mit Mandeville unten N. 628. Da er auf eine Volks beschreibung verzichtet, sind seine Einträge alle relativ kurz, z. B. 1202 IV S. 588, 1208 V S. 2-3, 1209 V S. 5, 1219 V S. 185 (Tod des Dschingis Khan), 1222 V S. 192/94 (Aufbruch der Horden nach Westen vielleicht zufällig relativ korrekt datiert. Die Ereignisse von Ungarn und Polen ordnet der Chronist zu 1246 [V S. 274], wohl weil sie bei Haython erst nach dessen erstem Datum 1244 für die Aktionen in der Türkei folgen) usw. Die Datierungen sind objektiv falsch, doch deutlich wird die Absicht der völligen Parallelisierung. - Besondere Form der Einfügung bei Joh. v. Marignolli, vgl. A. D. v. D. BRINCKEN, Die universalhistorischen Vorstellungen des Johannes von Marignola OFM, in: AKG 49 (1967) 297-339; W. GIESE, Tradition und Empirie in den Reiseberichten der Kronika Marignolova, in: AKG 56 (1974) 447-456. 304 Martin erwähnt die Tartaren zu den Jahren 1202, 1239 (statt 1241) auf der »Kaiser-«, 1274 auf der »Papstseite« . 305 1241 oder ein ähnliches Jahr, denn gerade hier schwankt die Datierung extrem: Martin führt die Zahl 1239 ein, Abschreiber seiner Chronik verfälschen auf 1230 (Tholomäus v. Lucca, Ann. 5. 1 17). Besonders das Jahr 1274 scheint, wie vielleicht die vier meistgenannten überhaupt, auch für die Eschatologie von Bedeutung zu sein: unten 5. 274. 1299/1300: oben S. 104ff. Mancher Humanist verzichtet im 15. Jh. auf 1202 und alles, was damit zusammenhängt und ordnet die ersten tartarischen
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Im Laufe der Zeit kommen so ganz verschiedenartige Nachrichten über die Tartaren in einem Geschichtswerk zusammen. Völlig unterschiedliche, oft einan der widersprechende Bewertungen stehen nebeneinander 306 . In so vielen Jahren ihrer Geschichte haben sich die Tartaren verändert, und die meisten Reisenden registrieren das auch. Marco Polo bemerkt den Abstieg von den »richtigen Tartaren« zu denen seiner Tage, Haython setzt zum Beispiel den »früheren«, fast tierischen Zustand der Tartaren vor ihrem Aufbruch in Kontrast zu späterem Verhalten307• Alberto Alfieri schließlich identifiziert um 1421 in Caffa (Krim) die Tartaren mit den Skythen, die über fünfzehnhundert Jahre immer gleich und so mächtig geblieben seien, daß nicht einmal Timur sie habe besiegen können. Erst in jüngster Zeit hätten Zwietracht und Bürgerkrieg das skythische Volk fast ganz 308. vernichtet Viel seltener wird erkennbar, daß ein Chronist eine historische Entwicklung bei dem fremden Volk so bewußt beobachtet, daß er versucht, Widersprüche, die durch den unverbundenen Zeitablauf in seinem Werk auftreten, zu begründen oder zu harmonisieren. Ausnahmen sind hier Johannes Elemosina (1335/36), der die Wandlung von der Feindseligkeit der Tartaren zur Christenfreundlichkeit be schreibt und zu erklären versucht, oder Jacopo d'Acqui (bis 1330), der wohl Haythons Differenzierung von früher und heute übernimmt und zu Ende denkt 309• Diese Betrachtung einzelner Geschehnisse im Zusammenhang der mon golischen Geschichte ist bereits ein Schritt von der Geschichtsbeschreibung hin zur kritischen Beurteilung. Die Einschätzung der Größe der Gefahr, der Stärke des Einflusses des mongoli schen Vordringens auf die Geschichte des Abendlandes um 1241 divergiert bei Verwüstungen zu ca. 122114: Platyna S. 230 zu 1221, Bernardino Corio S. 324/5 zu 1223/4. Solche . Einträge schon im 13.Jh. (oben S. 24), aber dazwischen sehr selten. 1260 nennen meist zeitnahe Chroniken (oben S. 86/7), später entfällt es weitgehend. 1280/81 bei bes. Interesse am Heiligen Land (oben S. 104), vor allem bei Zeitgenossen. 1285 mit Erinnerung an den schweren Einfall in Ungarn in vor allem zeitlich und nicht nur räumlich nahen abendländischen Chroniken. 1338 wird nicht nur, aber vor allem im Franziskanerorden notiert, denn eine Gesandtschaft der Tartaren an den Papst bittet um einen neuen Bischof für Khan Baliq, und zwar einen Franziskaner (Propaganda des Ordens in eigener Sache oben S. 1 76, N. 533). Zu 1348 oben S. 220 u. unten 295/6; zum Echo der Schlacht 1402 im Abendland oben 180ff.; tartarische Beteiligung an der Schlacht 1410 findet überregionales Interesse, oben 188ff. 306 Z. B. Flores Hist. II S. 229 und später; ehr. S. Petri S. 249/51. - Darüber hinaus werden geographische Besitzverhältnisse in längst vergangene Zeiten zurückprojeziert (unten S. 302). Identifi kationen können zu ahistorisch-statischer Betrachtung der Verhältnisse führen (so N. 308). 307 Polo c. LXX(69) S. 56 (83/4), vgl. S. 152/3; Haython III,1 S. 283 registriert Kultwandel (III,10 S. 292) und begründet die Diskrepanz zwischen Macht der Tartaren und Dürftigkeit der Thronerhe bungen mit der Tradition aus früherer, ällnlicherer Zeit (III,2 S. 284/5). 308 Ogdoas S. 313: es gibt zu viele iuvenes imperiales; 1500 Jahre gleich: S. 312. Hier treffen die Statik in der abendländischen Tradition und der Identifikation von Skythen und Tartaren (unten S. 303) auf hervorragende zeitgeschichtliche Kenntnisse. 309 Elemosina zitiert oben S. 132. Jacopo: oben S. 9. - Im 15.Jh. registrieren Enea Silvio und Jacopo Foresti Wandlungen der Skythen im Reich des Großkhans, ohne daß Zweifel an der Identifikation auftauchen: unten N. 547. Zum komplexen Problem der Historisierung der Mongolen als geogra phische Größe unten S. 302/3.
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IV. E I N O R D N U N G I N D A S W I S S E N VON DER WELT
den Historiographen. Ludwig der Heilige, so berichtet im 15. Jahrhundert Platyna, plante mit Unterstützung des Papstes einen Kreuzzug, doch dieser wurde durch den tartarischen Überfall verhindert31O• Damals drangen die Tarta ren nach Ungarn vor, »und wäre nicht die Donau gewesen«, so wäre der Schaden größer geworden als es die Angst war: So ist Fazio degli Uberti überzeugt, daß große Gefahr drohte. Dagegen scheint Giovanni Villani die Gerüchte ins Nach hinein für übertrieben zu halten, da Ungarn doch so weit weg sei : »Fern von uns« richteten die Tartaren viel Unheil unter Christen an. »Und es verbreiteten sich solche Gerüchte, daß man bis in unser Land sehr fürchtete, sie könnten bis nach Italien vordringen«. Zwei Florentiner beurteilen hundert Jahre nach dem Tarta Jl1 ren-Einfall seine wahre Bedeutung völlig unterschiedlich . Warum, so fragen die Geschichtsschreiber, halten die Sarazenen Anfang des 14. Jahrhunderts noch immer das Königreich Jerusalem besetzt? 1258/60 drangen die Tartaren gegen die Sarazenen vor, und dem Heiligen Land erblühte neue Hoffnung, doch da die Christen untätig blieben, fielen die Tartaren vom Chri stentum ab und wurden Sarazenen 312. Besser informiert, doch mit ähnlichem Urteil wie hier sein Ordensbruder Jean LeLong (t 1383) schätzt Tholomäus von Lucca OP um 1313/17 die Geschehnisse der Jahre 1299/1300 ein: Gott läßt die Tartaren die Sarazenen für ihr Morden an Christen strafen 313• »Wenn die lateini schen Christen Hilfe geschickt hätten, wie es die Tartaren erbaten . . . wäre schon das ganze Gelobte Land in christlichen Händen . . . « 314 Noch über solche kritische Sichtung von Einzelereignissen mongolisch-christ licher Geschichte hinaus gehen Autoren, die versuchen, einzelne Taten der Tartaren oder schließlich das ganze Phänomen ihres Auftauchens innerhalb des Gesamtzusammenhangs der Weltgeschichte, endlich der Heilsgeschichte, darzu stellen und zu verstehen . Wo schon Gideon gegen Madian, Saul gegen die Philister und Achab gegen die Syrer antrat, kämpften »in unseren Tagen« (modernis diebus, geschrieben nach •
310 Liber de Vita S. 236. Platyna (Banolommeo de'Sacchi aus Piadena, Bibliothekar der Vaticana, t 1481); Chronik nach Päpsten geordnet, hier bei Innocenz IV. (1243-1254). - Ein wenig kraus ist Leo pold Stainreuters Behauptung zu 1241, doch sie zeigt die Bedeutung, die dem Einfluß der Tanaren zuge messen wird: Marchfrid veltraib die Tatrer. Daru m b belaib er chünig ze Pullen (S. 1 16; Hervorh. F. S.). 3 1 1 Fazio degli Ubeni, Dittamondo Il,27 v. 25-30, I S. 165; G. Villani VI,28 t. I S. 250. Solch ver zeichnete Einschätzung, die ev. die Bedingungen der eigenen Zeit als Grundlage nimmt, erscheint auch in der Danziger Ordenschr. (Mi. 15.Jh.; sie will zudem den Erzfeind Polen verunglimpfen): Ganz friedlich, um einmal die christlichen Länder zu sehen, karnen Batu, seine Frau und seine Leute nach Schlesien. Don ausgeraubt, fallen sie aus gerechter Rache über das Land her (ed. SS rer. Prus. IV S. 367/70). 3 12 Jean Le Long Sp. 736. 313 Hist. Sp. 1220. - Ganz ähnlich Joh. Colonna, ed. RHF S. 112: 1240 rächt Gott vergossenes Christenblut durch die Tartaren an den Türken. 314 Hist. Sp. 1224 (zu 1304): So aber haben sich Tanaren und Sarazenen geeinigt. Kritik an Christen und dazu Apologie des Heidensieges Gesta Boemundi S. 482, bes. Z. 16-19. - Platyna hingegen weist im 15.Jh. niemandem, am ehesten noch den Tanaren, die Schuld zu, am allerwenigsten dem Papst (Benedikt XI.), der die Tartaren immer wieder durch Briefe und Boten zur VollendUl'g der Eroberung des Heiligen Landes aufgefordert habe, S. 262 .
WELTGESCHI CHTLI C H E STELLUNG U N D AUFGABE
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1280) Tartaren gegen Sarazenen3I5• Dreimal in der Geschichte, so notiert gegen Ende des 15. Jahrhunderts Felix Faber OP, wurde Jericho zerstört: von Josua, von den Römern und zum dritten Mal von den Tartaren 3 1 6 . Der Anschluß an große Ereignisse der Geschichte ist vollzogen. Timur endlich, eine der größten Gestalten der Weltgeschichte, ist seit Alexander unerreicht, Hannibal und allen großen Führern oder Kaisern, die es je gab, zumindest vergleichbar3 1 7• Timurs Taten bringen die Abendländer wie die ersten Überfälle der Tartaren ursächlich oft mit göttlichem Ratschluß in Zusammenhang, die göttliche Vorse hung ließ den armen Dschingis Khan zu einem der mächtigsten Herrscher der Welt aufsteigen 318. Der Aufbruch der Tartaren nimmt im göttlichen Heilsplan eine wichtige Stellung ein: Als strahlendes Gegengewicht zum schweren Morden im Osten, so erkennen Vertreter der beiden großen Bettelorden um 1300, sind im Westen die beiden Heiligen Franziskus und Dominikus erschienen3J9• Im 15. Jahrhundert dann mißt auch die astrologische Geschichtskonstruktion dem Zusammentreffen des Beginns der Tartarenherrschaft, der Geburt der Mendikan tenorden und anderer wichtiger Ereignisse epochemachende Bedeutung zu 320 . Schon zum Jahre 1250 notiert der englische Chronist Matthäus Parisiensis (vor 1259), die letzten fünfzig Jahre seien so voller Vorzeichen (prodigia) gewesen - an erster Stelle nennt er die Verwüstungen der Tartaren unter Gläubigen und
315 Burchard v. Monte Sion OP zur Ebene an der Goliathsquelle (oben 5. 33) 5. 5 1 . 3 16 II S. 60. - Den Bericht über das Vordringen der Tartaren in die Türkei im 13.Jh. nimmt Antonius v. Florenz im 15.Jh. zum Anlaß für einen Ausblick auf das weitere Vordringen der T ü r k e n bis 1402 und dann 1453 (Chr. III fol. 52vb). 317 Als bisher letzter großer Herrscher des 6. Weltalters : Filarete, Architekturtraktat 5. 306; wie Alexander Dietrich v. Niem, De scismate (nach 1410) III,42 5. 305; wie Hannibal Jacopo Foresti, Supplementum fol. 3 13v-314r. Andere antike Helden: Enea 5ilvio, wie 5. 241 ; wie alle großen Herrscher Poggio 1436, Epist., 1. V, ep. 9 (Zitat oben 5. 241). - Poggio nimmt im ersten Buch Hist. Bayezids Niederlage gegen Timur als Beispiel für die großen Wandlungen des Schicksals; vgl. Tartaren-Beispiel Boccaccios in ähnlichem Zusammenhang (De casibus S. 832 [revoluti quidam], oben N. 123). 3 1 8 Vorsehung bei Timur 5. 126 u. 240 bzw. Ghazan 89: meist Geißel Gottes; bei Dschingis Philippe de Mezieres, Sange II 5. 507; dazu oben 5. 232/3. - Im Orient wird die Vorhersage eines großen Sturmes für 11 86 auf Auftreten oder Geburt des Dschingis gedeutet: H. GRAUERT, Meister Johann von Toledo, in: SB München 1901, 2, 202-213. 319 Ricold v. Montecroce OP, um 1300: Die Tartaren behaupten deshalb zu Recht, sie seien von Gott gesandt (Itinerarium c. X 5. 118); Petrus Joh. Olivi OFM, Postilla in Apocalipsim, vor 1298, Vat. Ms.lat. 4264 fol. 86va: Preterea in initio ordinis francisci . . . et tartari publice subverterunt et
ceperunt plurimas teTras et subversiones in oriente et aquilone ita quod ungariam terram christianorum circa XXXmum annum nostri ordinis intraverunt et fere dissipaverunt (vgl. unten 5. 275/6); Angelo Clareno OFM, Hist. VII trib. 5. 137 (seltene Ed. GHINATO 5. 197/8; vgl. Lydia v . Auw, Angelo Clareno et les spirituels franciscains, Lausanne 1948). Vergleichbare Bedeutung für die Heiligen bei Alexander Minorita, Expositio 5. 436. 320 Pierre d'Ailly, De concordia astronomice veritatis et narrationis hystorice, c. 56, Elucidarium, c. 11. Sehr spät (für Kaiser Maximilian) Joh. Trithemius, De septem secundeis id est intelligentiis sive spiritibus orbes post Deum moventibus libellus sive Chronologia mystica, in: Opera historica . . , Omnia, Frankfurt a. M. 1601 unfol. (ordo 19: In der Periode 1 171-1525 begann u . a. die Herrschaft der Tartaren, die Ungam und Polen überfielen). Dazu Fr. BEzoLD, Astrologische Geschichtskon struktionen im Mittelalter, in: DZG 8 (1892) 29-72.
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IV. E INORDNUNG I N DAS WISSEN VON D E R WELT
Ungläubigen - wie noch niemals vorher ein solcher Zeitraum. Deshalb erwarten die Zeitgenossen angstvoll für die Zukunft noch größere Zeichen 321 .
b. Die Bedeutung der Tartaren für die Endzeit Wie aber ist das Auftauchen der Tartaren als Zeichen für die Zukunft zu deuten, und zu welchen Aufgaben hat Gott sie in der Welt berufen ? Auch zur Beantwor tung dieser Frage geben mongolische Verhaltensweisen und Aussagen den Zeitge nossen Hinweise. Das zerstörerische, wahrhaft apokalyptische Vordringen legt es früh nahe, im reichen Prophezeiungs- und Legendenschatz mittelalterlicher Eschatologie nach Identifikationsmöglichkeiten zu suchen. Die Zeit ist ohnehin aufgeregt; immer wieder werden in den folgenden Jahrzehnten häretische Ideen aufkommen und ketzerische Lehren sich verbreiten, die sich gegen die herr schende Lehre, die Kirche, die Mächtigen richten. Weite Kreise sind von Reform ideen, der Kritik der üblichen Lebensführung und nicht zuletzt der Verbreitung der Berechnungen des Joachim von Fiore erfaßt, nach denen im Jahre 1260 das Weltende nahe sei. »The menace of Tartar attack at that time must have made all :,uch prophecies of crisis seem immediately relevant. 322 Eine ganze Reihe von Interpretationsideen wird durchgespielt, zum Beispiel stellt Matthäus Parisiensis unmittelbar vor seiner Sammlung von frühen Briefen mit Katastrophenmeldun gen aus Osteuropa wie zur Einleitung eine Reihe bekannter Endzeitprophezeiun gen zusammen 323• Wie bei der Anpassung der Legende vom Priester Johannes suchen die Zeitgenossen immer wieder nach der Bestätigung durch die bekannt werdenden Fakten; Vorschläge werden sorgfältig überprüft und auch verworfen. Schon der Name, der den Mongolen vorangeht, drängt aUe möglichen Asso ziationen geradezu auf. Als tartari, besser tartarei kommen sie aus dem Tartaros, . aus der Hölle, sind sie Helfershelfer des Teufels (satellites diaboli) 324 . Oder sie «
321 MP CM V S. 191. Zu Matthäus' eschatologischen Ü berlegungen gleich mehr; vgl. H. E. HILPERT, Zu den Prophetien im Geschichtswerk des Matthäus Paris, in: DA 41 (9185) 175-91. - Tholomäus v. Lucca i n t e r p r e t i e r t um 1317 (Hist. XXI,4 Sp. 1121): Vinzenz schreibe zu 1202, es habe damals viele nO'1Jitates in der Welt gegeben: Das aber steht im Speculum, zumindest nach der vorliegenden Druck Ausgabe, drei ganze Seiten vorher zu 1 198 (XXIX,51 S. 1206). 322 REEVES, Influence, 46. Vgl. H. M. SCHALLER, Endzeiterwartungen und Antichrist, in: Fs. H. Heimpel z. 70. Geb., Bd. 2, Göttingen 1972 (VMPIG.36,2) 934: In �breiten Schichten« war damal� "das Bewußtsein einer Zeitenwende lebendig«. 323 Ubersicht MP CM VI S. 497 mit N. 1, dazu Martin HÄUSLER, Das Ende der Geschichte in der rr.tittelalterlichen Weltchronistik, Köln 1980 (AKG Beih. 13) 60; lt. REEVES, Influence, 49 vor 1256. Ahnlich ein Ms. aus Ottobeuren, dat. 1241, heute UB Innsbruck Ms. 187: ,enthält fol. 2r die Cedrus alta de Libano-Prophezeiung (dazu LERNER, Powers, 12) und 8r/v eine Aristoteles-Prophezeiung über ismaelitische Zerstörungen im Zusammenhang mit Mongolennachrichten. 324 So um 1241 die Franziskaner Jordan und A. (Provinzialvikar in Polen und Böhmen bzw. custos Pragensis), MP CM VI S. 84. 1241 Friedrich IL (MP CM IV S. I13; ähnlich früh Jordan OFM MP CM VI S. 80, vgl. IV S. 76, VI S. I 72; Carmina de reg. Ung. S. 601l4); 1260 z. B. Bf. Thomas v. Bethlehem zit. oben S. 87; mehrere Schreiben Pp. Alexanders IV., zit. oben S. 89. Keinerlei ausdrücklicher Bezug allerdings zum joachitischen Jahr. - Tartan abgeleitete vom Fluß Tatar od.ä. unten N. 518. - Um 1306 bezeichnet Arnald v. Villanova den populus Tartarorum als infernus (Expositio S. 102); Mi. 14.Jh .
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WELTG ESCHICHTLICHE STELLUNG UND AUFGABE
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sind gar satellites antichristi, die Scharen des Antichrist - als sie kommen, »haben gelehrte Männer die alten Schriften durchforscht und vor allem aus den Prophe zeiungen des Märtyrers Methodius ermittelt, daß sie jene Völker seien, die vor der Ankunft des Antichrist kommen müßten.« 325 Das aber sind die Völker, die Alexander der Große hinter die Kaspischen Berge einschloß, sind die Endzeitvöl ker Gog und Magog, die Hezekiel und Johannes prophezeiten 326 - und wenn sie kommen, steht das Jüngste Gericht unmittelbar bevor. Die Erinnerung an gerade diese Legende wurde nicht zuletzt auch deshalb nahegelegt, weil die jüngste Version der Alexandergeschichte (Historia de preliis Alexandri Magni J3) - möglicherweise zufällig, aber dennoch wirkungsvoll - die eingeschlossenen Völker, darunter eben Gog und Magog, mit dem Sammelbegriff der tartari belegtem. Auch von anderen Namen, die die Mongolen selbst nennen, wird die Interpretation der Tartaren als Gog und Magog gestützt. Der schon nennt Joh. v. Rupescissa (unten S. 277/9) sie zusammen mit, vielleicht als Steigerung zu, den höllischen Dämonen: Oraculum (1345/49) Ms. BN Paris lat. 2599 fol. 69v. 325 Thomas v. Split, gegen 1250, S. 591 Z.42/4. Vgl. die Bemerkung in den Flores Hist. unten N. 337. Antichrist: Ivo v. Narbonne um 1243, MP CM IV S. 273. Sie helfen ihm durch Verführung und Magie: Roger Bacon, Op. Maius I S. 40112 (zu seiner Eschatologie unten mehr). Helfer eines Messias, der aber wohl der Antichrist sein soll, in einem sonderbaren Brief, angeblich an Friedrich 11. (Text bei Franz KAMPERS, Kaiserprophetien und Kaisersagen, München 1895, 103, N. l (in der im malt. Teil stark verkürzten 2. Auflage Die deutsche Kaiseridee in Prophetie und Sage, München 1896 N. 12 zu 80 auf 200); Verbindung mit Balthasar Salimbene S. 580; vgl. drei Könige (oben S. 24, 29; unten 28112). 326 Ps.-Methodius (Ende 7.Jh., aus dem Syrischen) c. 13 S . 9 113 und c. 8 S. 74; Hesek. 38/39; Off. 20,7ff. Zu den Verknüpfungen verschiedenster Traditionen, aus Bibel, Alexanderroman, griechisch orientalischer Prophetik, die hier nicht im Einzelnen aufgelöst werden können : F. PFISTER, Gog und Magog, in: LexDtA 3 (1930) Sp. 910-918; auch J. A. BOYLE, Alexander and the Mongois, in: CAJ 24 (1980) 18-35; R. MANSELLI, I popoli immaginari: Gog e Magog, in: Popoli 2, 487-517; A. D. v. D. BRINCKEN, Gog und Magog, in: Mongolen 11, 27-29. Schon die Tradition bietet ein oft . widersprüchliches Gewirr von Assoziations- und Argumentationsmöglichkeiten, ausreichend Mate rial, um alles zu beweisen oder in Widersprüche zu verstricken und zu widerlegen. 327 Ed. STEFFENS S. 1 74 Z. 24/5. - Zufälligkeit: BEZZOLA 44. Die Version J3 ist sicher vor 1236 (als sie von Quilichinus v. Spoleto in ein Gedicht umgewandelt wurde) entstanden. Das wäre in der Tat sehr früh für eine bewußte Anspielung auf die Mongolen. Dennoch ist sie möglich. Seit den 20er Jahren ist der Name tartari im Abendland im Prinzip zugänglich (oben S. 24). Wenn PFISTERS (Gog und Magog, wie N. 326, Sp. 918 mit N. 45; geht ohne Kommentar von einer frühen Tartarenerwähnung aus) Schluß, ein Jude müsse der Verfasser der Version J3 sein, zutrifft, könnte dieser Verfasser schon sehr früh Kenntnis vom Herannahen der Tartaren gehabt haben. Die Juden haben das Kommen der Tartaren offenbar zeitig wahrgenommen und begrüßt, weil sie sie, unter ihrem König David, für Glaubensgenossen hielten (oben S. 24; zur jüdischen Tradition der eingeschlossenen Völker vgl. A. NEUBAUER, Where are the Ten Tribes ?, in: Jewish Quarterly Rev. 1 (1889) 14-28, 95-114, 184-201, 408-423). Auch die eingeschlossenen Völker galten ja seit dem 12.Jh. als Juden und wären hie: als Tartaren, die Juden sein sollten, identifiziert worden. Ein Jude hätte nicht allzu lang vor 1236 emen Volksnamen kennen können, den Quilichinus nicht kannte: er spricht von tartara turba, also einfach höllischer Schar (v. 3275 S. 164). - In den zeitlichen Zusammenhang der Entstehung von J3 scheinen Mirabilia Mundi zu gehören, die GAUTIER DALCHE/BuRNETT einzuordnen versuchen: Attitudes, 157. Wenig später die Epistola prudenti viro, ed. BURNETT. - Spätere Bearbeitungen der Hist. de preliis übernehmen, so weit sie auf J3 beruhen, die Tartarenidentifikation aus einem autoritativen Text. Sie verbreiten sie damit erneut, sind aber keine Zeugnisse für ihr Fortleben (vgl. J. STOROST, Studien zur Alexandersage in der älteren italienischen Literatur, Halle/Saale 1935 z. B. 3 8 Domenico Sco lari I. 3 142).
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IV. E I N O R D N U N G I N DAS W I S S E N V O N D E R WELT
früher zitierte ungarische Bischof erfährt 1242, daß sie in der Nähe eines Flusses Egog oder eines Volkes Gog leben; der Name ihres Khans, Güyük, erinnert . Simon von St-Quentin um 1248 an die Prophezeiungen Hezekiels 328• Schließlich schlägt der Dominikaner Ricold von Montecroce gegen Ende des Jahrhunderts vor, der Name Mogoli, den die Mongolen bevorzugen, sei doch sicher verderbt aus Magogoli 329• Und wenn die Namensähnlichkeiten allein nicht genügen zumal, wie gegen Ende der vierziger Jahre der Franziskaner Alexander Minorita betont, die Übereinstimmungen so genau nun auch nicht sind -, so geben die Mongolen und ihr Verhalten wiederum selbst genügend weitere Hinweise auf ihre Identität, die man diskutieren kann 330. Nach eigenen Aussagen sind die Mongolen hinter Bergen aufgebrochen 33 1 , möglicherweise hinter den Kaspischen Bergen. Sie essen Menschenfleisch und trinken Tierblut, zudem essen sie alle möglichen unreinen Tiere, genau wie die eingeschlossenen Völker bei Pseudo-Methodius332• Petrus Comestor, durch dessen Historia scholastica sich die Prophezeiung des Methodius seit dem 12. Jahrhundert im lateinischen Westen weithin verbreitet hat, verknüpft die eingeschlossenen Völker mit den verbannten Judenstämmen aus dem ersten Buch der Chronik333• Die Tartaren aber werden offenbar von den J Jden für ihresgleichen gehalten 334; ihre Sprache und vor allem ihre Schrift wirken auf manchen Beobachter hebräisch und scheinen von jüdischen Priestern vermit telt worden zu sein 335. Trotz aller Ähnlichkeit von Schrift und Sprache sind die Tartaren allerdings, so argumentiert um 1300 Ricold von Montecroce, von den Juden völlig verschieden in Religion, Aussehen und Sitten 336 . Matthäus Parisiensis dagegen meinte schon um 1250, daß sie zwar die hebräische Sprache, die mosaische Religion und die jüdischen Einrichtungen und Gesetze nicht kennen. 328 Bf.: Zitat oben S. 207 mit N. 39: Die Version des Matthäus Parisiensis identifiziert deutlich Gog und Magog und die Mongolen; in den Ann. de Waverley ist der Zusammenhang nicht ganz so . deutlich. Simon S. 92, vgl. Vinzenz XXXI,34 S. 1297. 329 Itinerarium c. X S. 118. - Die Mongolen sind keineswegs die einzigen, die im Mittelalter auf Grund ethymologischer oder auch anderer Ü berlegungen mit Gog und Magog identifiziert worden sind: Besonders der Name der Goten legte dies nahe: Ambrosius, De fide IL XVI (138/495), MPL 16 Sp. 612, ed. O. FALLER, Wien 1962 (CSEL.78.8) S. 105: Gog iste Gothus est . . . (Hezekiel 39,16 auf die Gotenkriege gedeutet). Magog: Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae I 6,1 ( 123 ) ed. F. BLATT (The Latin Josephus I : Introduction and Text, Antiquities Books I-V, Kopenhagen 1958) S. 139; Isidor Hispalensis (v. Sevilla), Etymologiarum sive originum libri XX, ed. W. M. LINDSAY, 2 Bde. Oxford 1911, IX,II,89. - Früher Skythen: Hieronymus : Judaei et nostri Judaizantes putant Gog gentes esse
Scythicas, immanes et innumerabiles, quae trans Caucasum montem, et Maeotidem paludem, et prope Caspium mare ad Indiam usque tendantur (Comm. in Ezechielem, 11,38 (444); MPL 25 Sp. 356). 330 Alexander S. 451, hält es mit Augustinus, der die Identifikation mit tatsächlich in der Barbarica lebenden Völkern vermeiden will: De civ.dei XX,ll. Von der Identität der Tartaren mit den eingeschlossenen Völkern seien auch die Sarazenen überzeugt: MP CM IV S. 77. 331 V gl. S. 207. 332 Oben S. 259; Ps.-Methodius S. 92. 333 5,26; Comestor MPL 198 Sp. 1498. 334 MP CM IV S. 131/3; die frühen Berichte über die Freude der Juden oben S. 24, 29. 335 Sprache/Schrift oben S. 159, N. 430. Priester nur beim ungarischen Bf. 1242, MP CM VI S. 75 bzw. Ann. de Waverley S. 324; zu dieser frühen Identifikation BEZZOLA 54/6. 336 Itinerarium c. X S. 1 1 8 .
WELTGE S C H I CHTLICHE S T E L L U N G UND AUFGABE
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Doch die Judenstämme wurden ja bestraft, weil sie sich abwandten und fremden Göttern dienten. Infolgedessen sind sie von jedem Volk ungekannt, ihr Herz und ihre Sprache sind verwirrt. Matthäus läßt das Ende offen, wie Ricold auf eine Auflösung des Problems verzichtet 337. Kann Ricold sich nicht entscheiden, oder ist er nur vorsichtig? Trotz seiner grundsätzlichen Vertrautheit mit der eschatologischen Diskussion seiner Zeit, in die er sich einschaltet, verweist er mit keinem Wort auf die eigentliche Problema tik der Identifizierungsfrage338• Wenn die Mongolen nämlich als Gog und Magog hervorgebrochen sind, wo bleibt dann der Antichrist ? Oder, ins Grundsätzliche gewendet: Kann man dann etwa den genauen Zeitpunkt des Weitendes berech nen ? An diesem Punkt wird jede Aussage innerhalb der theologisch-endzeitlichen Auseinandersetzung gefährlich; gerade definitive chronologische Äußerungen zum Kommen des Antichrist sind spätestens seit dem Verbot des joachitischen Introductorius in Evangelium Eternum des Gerard von Borgo San Donnino (1255) unklug. Vor allem der Franziskanerorden, innerhalb dessen sich die joachitischen Strömungen besonders stark ausbreiten, muß vorsichtig sein339• Dem Oxforder Franziskaner, Theologen und Naturwissenschaftler Roger Bacon droht wohl infolge seiner Zukunftsüberlegungen ein Veröffentlichungsver bot durch den eigenen Orden. Er hatte sich nämlich intensiv mit der Frage nach dem Weitende beschäftigt, die ihm auf der Forscherseele brennt; die Notwendig keit ihrer Beantwortung sei einer der Gründe, warum man die Gebiete im Osten, wo jene Portae Caspiae lägen, aus denen die Helfer des Antichrist hervorbrechen würden, erforschen müsse (so 1266/67)340 . An einen Asien-Forscher, an seinen 337 Matthäus CM IV S. 78; zur Datierung seiner Chronikeinträge oben S. 26, N. 76. - In den bis 1249 wohl von ihm verfaßten Flores Hist. meint er lapidar zu 1243: »Die Prophezeiung des Methodius s c h i e n wahr zu werden« (II S. 267; Hervorh. F. S.). Ricold : Solucionem relinquo, c. X S. 119. Er wird rezipiert, doch diese Diskussion hat keine feststell baren Auswirkungen. Auch die Descriptiones terrarum, wie N. 273, müssen die Frage offenlassen. - Die Priester Joh.-Verbindung der Mongolen kann ebenfalls zu Gog und Magog führen, denn der Priester gilt als Herrscher über die 10 Judenstämme: Brief des Pr. c . 4 1 ed. ZARNCKE, wie N. 277, I, 915. Gesteigert ist das Durcheinander noch in den Ann. Mantuani (1285) S. 29 (ohne eschatologischen Anklang, zu diesem Phänomen unten S. 317/8): Et eo anno quidam DavidJohanes rex Tharsiis et Tartarorum et gentis incluse intravit Hun-
gana . . . •
338 Möglicherweise steht auch er der eschatologischen Konsequenz im Grunde fern, vgl. unten. 339 B. SMALLEY, John Russell OFM, in : Recherches de theologie ancienne et med. 23 (1956) 302, zitiert einen englischen Anonymus (2. H. 13.Jh.), der ausdrücklich aus Vorsicht nicht über die Identität von Gog und Magog spekulieren will: Nos autem magis volumus glosis sanctorum adherere quam aliquid temere diffinire. E. R. DANIEL, A Re-Examination of the Origins of Franciscan Joachitism, in: Spec. 43 (1968) 671-676. Zur Ausbreitung M. W. BLOOMFIELD, Recent Scholarship on Joachim of Fiore and His Influence, in: Prophecy, 21-52; DERs.lM. E. REEVES, The Penetration of Joachism into Northern Europe, in : Spec. 29 (1954) 772-93. 340 Op. Maius ( 1266/67) I S. 301. Zu Bacons Eschatologie, zu seiner Stellung auch zum Joachimis mus REEVES, Influence, 399; D. BIGALLl, Giudizio escatologico e tecnica di missione nei pensatori francescani : Ruggero Bacone, in : Espansione, 151-86. - Da Bacon einer der wenigen Forscher ist, der verschiedene heilsgeschichtliche Aufgaben für die Mongolen vorgeschlagen hat, die Aufteilung nach
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selten gelesenen Ordensbruder Wilhelm von Rubruk, wendet sich Bacon denn . 34 1 . · zu geWInnen auch, um KIarhelt Was nun in diesem Zusammenhang das Auftreten der Tartaren betrifft, ist auch Bacon unsicher. Zweifellos lebten die Tartaren hinter diesen Pforten und haben sie durchschritten - insgesamt dreimal betont er das an verschiedenen Stellen seines Opus Maius und beruft sich auf Wilhelm von Rubruk342• Anderer seits ist Bacon überzeugt, daß in jenen Gegenden, in denen die Tartaren die Pforten bereits zerbrochen haben, Gog und Magog eingeschlossen sind 343. Es scheint, als seien die Tartaren ein ganz anderes Volk als Gog und Magog, und als gebe das Überwinden von Bergen allein noch keine Sicherheit. Es sind, so weiter Roger Bacon, aus »jenen Gegenden« schon häufiger Völker hervorgebrochen, »und deshalb reicht der Auszug der Tartaren nicht aus, um die Zeit der Ankunft des Antichrist zu bestimmen, sondern anderes ist erforderlich . . . « 344 Wo Bacon noch zweifelt, sieht der Oxforder Theologe Heinrich von Harclay ein halbes Jahrhundert später (13 13) keine Frage mehr. Er wendet sich gegen jeden Versuch, überhaupt die Endzeit zu berechnen, denn das sei nicht möglich und höchstens Ketzerei 345. Was solche Zeichendeutungen überhaupt wert seien, zeige sich schon daran, daß sie immer wieder - und immer wieder falsch vorgenommen und durch die Zeit überholt würden. Denn oft werde behauptet, die Tartaren hätten die Tore Alexanders durchbrochen und damit das Ende der Welt angekündigt. Aber das habe vor siebenhundert Jahren schon Isidor von den Typen in diesem Kapitel aber sinnvoller erschien als die rein chronologische Abhandlung, werden Bacons Auffassungen noch an mehreren Stellen auftauchen: unten S. 272, 274. 341 Zur Ausnahmestellung Bacons bei der Rezeption Rubruks vgl. S. 60, N. 82. 342 Op. Maius I S. 268; 302/3; 364. Rubruk folgt der rationalen, uneschatologischen Erklärung des Josephus (Bell.Jud. 7,7,4) für die Wälle Alexanders : Sie sollten die wilden Völker der Steppe vom Überfall auf die kultivierten Städte abhalten (XXXVII,20 S. 3 1 9). 343 Op . Maius I S. 364/5. - Anders der zitierte Brief eines Messias (oben N. 325): Gog und Magog olim montanis: vgl. J. RICHARD, L'Extreme Orient legendaire au Moyen Age. Roi David et Pretre Jean, in: DERS., Orient, Nr. XXVI, 235 344 Op. Maius 11 S. 234 bzw. 235. Aber auch er nennt eine Verbindung der Tartaren mit dem Antichrist: oben N. 325. - Aus jenen Gegenden am Kaspischen Meer, wo Gog und Magog einge schlossen sind, kamen schon viele Völker: so Alexander Minorita (S. 451), der die Tartaren hier nicht nennt und ihnen überhaupt keine endzeitliche Rolle zuzuweisen geneigt ist (oben N. 330). - Die Probleme, die ihm das Zusammentreffen von Prophetie und zunehmenden geographischen Kenntnis sen bereitet, formuliert Thomas v. Pavia OFM in anderem Zusammenhang: Es sei zweifelhaft, ob man die Weissagungen der erithreischen Sibylle wörtlich oder im übertragenen Sinne zu nehmen habe; vgl. E. LONGPRE, Les .Distinctiones« de Frere Th., in: AFH 16 (1923) 27 (distinctio antichristus). 345 Utrum astrologi vel quicumque calculatores possint probare 2m adventum Christi. Harclay disqualifiziert die gesamte Argumentation: »Jene Meinung ist häretisch, wie auch alle anderen, die versuchen, den sicheren Zeitpunkt der Ankunft Christi zu bestimmen (asserere)« (S. 59/60). Man kann es gar nicht wissen (S. 69); die angeblichen Propheten, die behaupten, es zu können, sind Lügner: »Ich glaube, wenn der .Magister« [Arnald v. Villanova] im vorhergesagten Jahr 1356 lebte und sähe, daß jenes [Prophezeite] sich nicht erfüllt hätte, würde er eine neue Jahresberechnung erfinden . . . (S. 68). Vgl. B. HIRSCH-REICH, Heinrichs v. Harclays Polemik gegen die Berechnung der zweiten Ankunft Christi, in: RTAM 20 (1953) 144-149. Zu Arnalds Ä ußerungen N. 324, 413; nichts gefunden habe ich in Vat. Ms.lat. 3824, fol. 50v-78v : De tempore adventus antichristi. «
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WELTGESCHICHTLICHE STELLUNG U N D AUFGABE
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»Hunnen, die bald Ungarn genannt wurden, behauptet, und auch bei denen traf es nicht zu, obwohl sie doch bis Frankreich vorgedrungen und also viel mächtiger waren, als die Tartaren es heute sind« 346 . Diese Argumentation setzt den Schluß punkt unter eine grundsätzliche, an die Substanz der Glaubenswahrheit reichende Auseinandersetzung, die an sich zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr aktuell gewesen ist347. Nicht für alle Zeitgenossen aber sind im 13./14. Jahrhundert offenbar Gog und Magog noch so eng, wie es die biblische und eschatologische Tradition verlangt hätte, mit dem Weltende verbunden. Der Franziskaner Johannes Elemosina erzählt um 1335 vom Aufbruch der Tartaren, von denen man sage, sie seien Gogs und Magogs aus der expositio Apocalipsis. Damals seien sie wild gewesen, doch nun habe Gott ihre n at ü r l i c h e S an f t m u t (mansuetudo naturalis) zum Vor schein kommen lassen348 . Hier ist nicht mehr die Rede von den gnadenlosen Scharen des Antichrist, sondern von einem wilden, aber menschlichen Volk. Vor einem ähnlichen Bedeutungshintergrund schreibt der Florentiner Giovanni Vil lani vor 1348 : »Im Jahre 1202 verließ das Volk, das sich die Tartaren nennt, die Berge von Gog und Magog, lateinisch monti di Beigen genannt; sie waren, wie man sagt, Nachkommen jener Stämme Israels, die der große Alexander . . . wegen ihres schrecklichen Lebens in diese Berge einschloß . . . « 349 346 S. 73. - Diese Relativierung der Macht der Tartaren im Vergleich zu den Hunnen schon früher Rubruk XXI,2 S. 219. - Es sei auch von der Zeit überholt, daß die am Kaspischen Meer eingeschlosse nen Juden zum Weitende hervorbrechen würden, denn die Tartaren, die man zu diesem Volk rechnet, sind schon längst hervorgekommen: Harclay zitiert hier nicht den Einschluß durch Alexander, sondern einen durch Artaxerxes (Rückgriff auf 1. Chron. 5,26 ?), dessen endzeitliche Bedeutung er offenbar ganz ablehnt. An dieser Stelle scheint damit der Tartarenaufbruch zur Widerlegung einer ganzen Prophetie, nicht nur ihrer Deutung, zu dienen. 347 So denken die Hauptwerke joachitischer Endzeitberechnungen um 1300 nicht mehr an die Tartaren als eingeschlossene Völker, wenn sie ihrer überhaupt gedenken. Distanziert äußert sich Pierre d'Auvergne (Petrus de Croc de Alvernia, t 1302) über zu den Prophetien über Gog und Magog: hec
autem omnia videntur convenire tartaris qui ex parte aquilonari indie in magna multitudine exierunt multa regna sibi subiugaverunt veneruntque ad terram israel et multam stragem fecerunt obviabunt igitur antichristo et vocabunt eum dominum dominorum. imbrevi igitur ut utrum veniet antichristus
(Quodlibet 15, Ms. BN Paris lat. 14562, fol. 72rb). Fol. 73rb nimmt er den Vergleich leicht verkürzt wieder auf und schließt zweifelnd: hoc tamen de futuro indeterminate demum est nec exprimitur
aliquod futurum determinatum et ideo videtur concordare cum eo quod tenet ecclesia de antichristo quod scilicet sit venturus sed quando sicut incertum relinqui sicut hec deductio videtur relinquere. Ablehnend soll sich nach Ernst BENz, Ecclesia Spiritualis. Kirchenidee und Geschichtstheologie der franziskanischen RefoIlnation, Stuttgart 1934, 458, auch Petrus Aureoli in seinem Apokalypsenkom mentar geäußert haben. - Die Meinungen vieler Reisender, die jedoch nicht mehr eschatologisch denken, unten S. 317/8. Der Wiener Arzt Heinrich von Neustadt gibt um 1300 den (besiegbaren) Gegnern Gog und Magog des Apollonius von Tyrland Aussehen und Lebensweisen der Tartaren, ohne ausdrücklich zu identifizieren (oben Kap. IV. 1 mehrfach). 348 Oben S. 255, Zitat 132. - Ohne Kommentar oder Diskussion notiert Tholomäus v. Lucca (13 13/ 17), die Tartaren seien aus den Kaspischen Bergen gekommen, wo einst Alexander die zehn tribus der Israeliten eingeschlossen habe (Hist. XXI,4 Sp. 1121). 349 V,29 t. I, S. 209/10 (Bild 14). Darauf folgt eine wohl aus dem Orient stammende Geschichte von der Überwindung der Sperre durch die Tartaren unter ihrem Herrn Cangius (dem Dschingis), einem
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IV. E I N O RD N U N G I N
DAS
WISSEN VON
DER
WELT
Wie dem Johannes Elemosina offenbar die Namen Gog und Magog schlicht zur ethnischen Identifikation des bis dahin unbekannten Volkes der Tartaren dienen, gebraucht Villani den Namen »Berge von Gog und Magog« zur näheren Erläuterung des mons belgian, den er in seiner Quelle findet, also zur geogra phischen Einordnung der Tartaren 350. Im Laufe des Mittelalters sind zu dem prophetisch-allegorischen Bild von Gog und Magog fast unabhängig davon ganz konkrete ethnische und geographische Komponenten hinzugekommen. Sie gehö ren auf die Karten von Asien und können deshalb wie alle traditionell bekannten Landschaften dort der Identifizierung der Tartaren dienen. Schon deshalb suchen auch die meisten Asienreisenden nach Gog und Magog, das heißt, sie versuchen, die vorgeschlagene Gleichsetzung der Tartaren mit diesen Völkern zu überprüfen oder zu verifizieren. Für die meisten von ihnen kommt eine Identität nicht mehr in Frage; hat es doch die Tartaren, so Marco Polo - wieder in Erkenntnis der Eingebundenheit dieses Volkes in geschichtliche Abläufe - zu jener Zeit, als Alexander die Völker einschloß, noch gar nicht gegeben 35 1 . Doch auch wenn jemand die Kaspischen Tore nicht mehr geschlossen, sondern offen findet352, wenn die Identität der Tartaren mit Gog und Magog nicht verworfen, sondern akzeptiert wird 353, bedenkt selten ein Reisender oder Chro nist, daß der Aufbruch von Gog und Magog aus den Bergen, in die sie einge schlossen waren, eigentlich inzwischen Folgen gehabt haben müßte354; sie unter suchen eine Prophezeiung, ohne wirklich ihre Erfüllung mit Auswirkung auf das annen Schmied, der aufgrund einer Vision zum Herrscher wurde (fast wörtlich gleich Giov. Fiorentino, PeCOTone Ir S. 162/5). Die Aufbruchslegende selbst entnimmt Villani nicht, wie den Beginn und Schluß (dazu oben S. 232/3) der Passage Haythons (der eine ganz andere erzählt), doch die Quelle ist unklar: Die Erzählung ähnelt der des Ricold v. Montecroce (c. XI S. 119), weicht aber in entscheidenden Punkten ab, ist ausführlicher. An anderer Stelle zieht Villani einen orienterfahrenen Florentiner Gewährsmann ergänzend zu Haython heran (oben S. 53, N. 46). Zum ganzen Komplex . Andrew R. ANDERS ON, Alexander's Gate, Gog and Magog, and the Inclosed Nations, Cambridgel Mass. 1932, 83/5. - Eine interessante Parallele zum fliehenden Hasen, der bei Ricold und auch Villani den Tartaren zur Flucht verhalf, ist der Fuchs, der sich nach Mandevilles (I S. 178) Infollllationen am Ende der Zeiten durch Alexanders Sperren graben wird, um Gog und Magog den Weg zu weisen: Ist das eine erneut orientalische Version, von Mandeville von den Tartaren weg und auf Gog und Magog übertragen (denn er trennt beide Gruppen deutlich), oder eine im Abendland gängige Erzählung, die die Übernahme der mongolischen Ausbruchslegende durch Villani noch verständlicher machen würde (zum Fuchs vgl. GAUTIER DALCHE/BURNEIT, Attitudes, 162)? 350 Bereits Haython, die Quelle, hat auf A1exander verwiesen; dazu S. 289 und zur geographischen Verarbeitung der Tartaren allg. das folgende Kapitel. 351 XXlIr(22) S. 16/7 (25). Die Namen Gog und Magog weiß Marco darüber hinaus zu interpretie ren: unten S. 318; historische Einbindung oben 254. 352 Si mon v. St-Quentin (1248) bringt wenig heraus, doch eine der Kaspischen Pforten sei durchbro ehen (S. 55; oben S. 260); Plano Carpini (1247) erfährt, daß die Tartaren selbst sich erinnern, gegen die in den Kaspischen Bergen eingeschlossenen Völker sogar gekämpft zu haben; ein Berg sei dabei aufgebrochen worden (V,15 S. 61/2). Joh. selbst nennt die Namen Gog und Magog nicht, doch z. B. sein Benutzer C.de Bridia (oben S. 49, N. 25) versteht die Umschreibung und ergänzt dementspre chend die Namen (c. 12 S. 9, ähnlich c. 15 S. l 1 ) . Simon und Joh. bei Vinzenz (XXXI,t2 bzw. XXX I ,34, S. 1290 bzw. 1297). 353 Eher in Chroniken als von Reisenden (zu diesen unten S. 290 bzw. 3 1 8). 354 Auch Ricold diskutiert zwar die Identitätsfrage, nimmt aber die Folgen nicht in den Blick. •
WELTGESCHICHTLICHE STELLUNG UND AUFGABE
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eigene Leben in Betracht zu ziehen. Entweder rechnen diese Personen im Gegensatz zu anderen Zeitgenossen nicht konkret mit dem unmittelbaren Bevor stehen der Endzeit, oder aber sie trennen eben gedanklich die verschiedenen Bedeutungen, die »Gog und Magog« traditionell haben können, vollkommen voneinander. Dabei kann die Frage nach den ausbleibenden Konsequenzen durchaus zeitge nössisch sein ! Zumindest der Dominikaner Jacopo d' Acqui (Chronik bis 1330) fragt sich offenbar, weshalb die Zeit des Antichrist trotz des Aufbruchs der Tartaren nicht angebrochen sei. Er legt sich eine Lösung zurecht, die Überlegun gen wie die Bacons, . daß das Durchbrechen der Berge allein noch nicht die Identität mit Gog und Magog beweise, zu Ende denkt: » . . . sie befanden sich nämlich in einem riesigen, von Bergen abgeschlossenen Gebiet, in alter Zeit auf wunderbare Weise eingeschlossen vom großen makedonischen König . . . Und von dort brachen zu jener Zeit einige hervor und einige blieben zurück. Jene aber, die . . . herauskamen, nennt man Tartaren . . . Die andere, größte Menge blieb dort zurück, weil es ihnen besser geht und sie fester eingeschlossen sind . . . Zur Zeit des Antichristen aber, der unter ihnen geboren werden wird, werden sie, so heißt es, alle von dort ausbrechen.« 355 Wie sehr dagegen die Namen Gog und Magog für andere Zeitgenossen an eschatologischem Bedeutungsgehalt verloren haben, zeigt erst die überspitzende Verkürzung wohl jener oben zitierten tartarischen Aufbruchslegende, die Gio vanni Villani erzählt, fast gleichzeitig durch Fazio degli Uberti, auch er Florenti ner. »In jener Zeit [vor 1241] . . . kamen Gog und Magog, die Alexander eingeschlossen hatte . . . aus den Bergen hervor . . . mit dem Schmied Cuscan [Dschingis] . . « 356 Anscheinend können die Endzeitvölker inzwischen ein legen denhaftes orientalisches Volk unter vielen geworden sein. Höchstens noch ein Gruseln haftet ihnen an, doch ihr Aufbruch hat keine konkreten Folgen mehr für die Existenz der Welt. Menschen der gleichen Zeit, aus dem gleichen Land .
355 Sp. 1557. Zu Bacon oben S. 261/2. - Auch Jean LeLong könnte noch die eschatologische Bedeutung Gogs und Magogs im Blick haben, wenn er die Identifizierung als Idee schlichter Gemüter belächelt, Sp. 648; unten N. 625. 356 Dittamondo II,26 vv. 61-66, I S. 163. Cuscan entspricht Dschingis: oben S. 232. Abhängigkeit des Uberti von Villani ist prinzipiell denkbar. Das Postulat einer gemeinsamen, verlorenen o der noch . nicht aufgefundenen Quelle könnte aber auch die Lücke (vgl. N. 349) zu den erhaltenen VersIOnen der Aufbruchslegende schließen: Irgendetwas fehlt auf alle Fälle, und sei es mündliche Traditio�. Umgekehrt überspitzt Andrea da Barberino, noch ein Florentiner: Sein Guerrino Mesch�no � rrelcht die Berge, in die Alexander Tartaren, nicht Juden (so ausdrücklich) einschloß (5. 96). Ahnhch auf einigen relativ modernen spätmittelalterlichen Karten, z. B. Porte ferri ubi Alexander Tartaros zncluszt (Genues. Weltkarte 1457, 5. 33); Muntanyes des Caspis dens les quais Allexandri . . . e� cloy . . . l�s Tartares Gog e Magog (Atlas Catalan 1375, Abb. vgl. Faks. FREIESLEBEN; vgl. Velletrl-Ka�e wie N. 207, Andrea Bianco Bild 30 [Detail REICHERT, Begegnungen Abb. 3], Henricus Martellus Bild 32); unten S. 3 1 8 u. bes. N. 625. Diese Tartaren sind noch eingeschlossen, während anderswo Könige der Tartaren eingezeichnet sind. Falls die Einordnungen reflektiert sind, zeichnen die Kartographen entweder nach mittelalterlicher Tradition ungleichzeitige Zustände ein oder trennen ähnlich wie Jacopo d'Acqui.
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IV. E I N O RDNUNG IN DAS WISSEN VON D ER WELT
können die gleichen Worte benutzen und doch völlig unterschiedliche Gedanken und Gefühle damit verbinden. Ganz unvereinbare Bewußtseinsebenen existieren in dieser Zeit des geistigen Umbruchs nebeneinander. Während Gog und Magog als ethnische oder geographische Begriffe ihre Bedeu tung noch lange beibehalten, ist die Identifikation der Tartaren mit ihnen bald nicht mehr haltbar. Andere Vorschläge haben mehr Aussicht auf Erfolg, sind flexibler auf die tatsächlichen historischen und politischen Entwicklungen und Veränderungen anwendbar. Seit den ersten Reaktionen auf den fürchterlichen Mongoleneinfall nach Osteuropa - in Briefen 1241/42 und in ersten Beurteilungen der Chronisten bezeichnet man im Westen die Tartaren immer wieder als Bedrängnis und Verfolgung (tribulatio, persecutio) der Kirche Christi. Inhaltlich können diese und ähnliche Begriffe ein recht breites Spektrum von Bedeutungen annehmen. Gemeint sein kann eine Bestrafung Gottes für begangene Sünden zum Zwecke der Ermahnung zur Besserung aufgrund ganz konkreter Vergehen oder wegen der allgemeinen Sündhaftigkeit der Menschheit357• Ebenso kann an eine konkrete prJphezeite Verfolgung oder Bedrängnis gedacht sein, die dann wiederum aus drücklich in unmittelbar endzeitlichem Zusammenhang steht, ohne indessen so sehr wie Gog und Magog, wie der Antichrist das irreversible Ende zu repräsentie ren : »Gefahren, seit alters in der Heiligen Schriften vorhergesagt, kommen nun . . . über uns« 358. Die Jünger Joachims von Fiore zum Beispiel erwarten eine 357 Die Sünden des ungarischen Königs Chr. mon. Patav. S. 718; der Ungarn Ann. Gotwic. Cont. Sancruc. II, S. 64 1 . Offenbar ohne Endzeitbezug: die persecutio tartarorum nach geheimem Ratschluß Gottes (Stephan de Salaniaco/Bernard Gui, vor 1291-1314, S. 27). Emphatisch der Planctus destruct. (vv. 111 ff. S. 605); nuntius dei . . . in pestem hominum MP CM III S. 488, vgl. VI S. 8 1 . 1257 der proven..alische Dichter Guilhem de Montanhagol XIV,1 S. 133; Rutebeuf 1,20 S. 425. Auch Roger Bacon nennt die Tartaren einmal ein mögliches Mittel für die Reinigung der Welt von der malicia der Menschen, gleichsam als Alternative zur endgültigen Reinigung durch den Antichrist (Compendium, etwa 1272, S. 403/4), vgl. Chr. Lanercost S. 47, Ann. de Burton S. 258. Ähnliche Gedanken stehen hinter der Erzählung des Thomas v. Cantimpre, die Tartaren könnten Brabant nicht verwüsten, da es dort zu viele Heilige gebe (Bonum II,1 unfol.). Die Tartaren sind von Gott als Strafe gesandt und fordern König Ludwig IX., von dessen Gerechtigkeit sie gehört haben, auf, sie zu unterstützen (Liber exempl. S. 2 1 7). Noch 1323, fast floskelhaft: »Wieder kam die Zuchtrute Gottes über die, die ihm nicht Freund sind« (G. Villani IX,241 t. II S. 293). Vgl. Joh. v. Hildesheim zum Vorgehen der Tartaren gegen die Nestorianer und den Priester Joh. (c. 44/5 S. 298 und 30112). - Die propagandistische Verwendung der Tartaren, um zur ReforIIl, zur Besserung zu mahnen, bedient sich oft des eschatologischen Vokabulars, doch die Übergänge zu sehr weltlichen Mahnungen sind fließend: oben S. 122ff. 358 Heinrich Raspe, MP CM IV S. 1 10; ähnlich der Franziskaner Jordan: diu praescita et praedicta (MP CM VI S. 80). Bei H. Raspe (MP CM IV S. 77) klingt die Apokalypse an: persecutio ab Aquilone et mari venerit inaudita (das Tier aus dem Meer Off. 13,1; aus dem Norden mehrfach Jeremias). Unklar spielt auch Friedrich 11. auf Prophezeiungen der Endzeit an (MP CM IV S. 112) u. das erste Gedicht der Carmina de reg. Ung. (S.601/4; dazu BEZZOLA 105/9); später (nach 1268) Chr. rhythmicum. - Caesarius v. Heisterbach sieht schon die osteuropäischen Gerüchte von 1222 im Lichte der heraufziehenden Endzeit (X,47 S. 250/5 1). Abgrenzend hebt dagegen Alexander Minorita 1249 hervor, daß die Kirche von Tartaren und anderen nicht endgültig besiegt werden k(;nne, denn das werde erst zur Zeit des Antichrist geschehen (S. 433) .
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bestimmte Zahl von sieben tribulationes, die über die Christenheit hereinbrechen werden, bevor das letzte Friedensreich kommen wird ; der Prophet Jeremias hat den Einbruch eines Volkes aus dem Norden vorhergesagt 359. Eine andere Mög lichkeit der Konkretisierung stellt die eschatologische Tradition mit der Verfol gung durch die Ismaeliten in der schon genannten Prophezeiung des Pseudo Methodius, verbreitet wiederum durch Petrus Comestor, zur Verfügung360• Diese letztere Identifizierungsidee kommt schon mit den Tartaren aus Osteu ropa, wo sie in griechischer Traditon wesentlich verbreiteter ist als im Westen 361 . Die Ismaeliten, Nachkommen des Ismael, des Sohnes Abrahams mit der Dienerin Hagar, sind ein umherstreifendes Volk ohne feste Wohnsitze und werden norma lerweise mit den Sarazenen gleichgesetzt. Irgendwann in der Zukunft werden sie den ganzen Erdkreis untelwerfen, bis sich ein griechischer oder römischer König erhebt, sie besiegt und ein glückliches Reich des Friedens errichtet362• Vorher aber werden sie morden und zerstören, »an heiligen Stätten werden sie die Priester töten, sie werden dort mit Frauen schlafen, an den Gräbern der Heiligen werden sie ihr Vieh anbinden genau wie das die Tartaren in Polen und Ungarn getan haben363• Die Tartaren selbst »wollen jetzt Ismaeliten genannt werden«, erfährt schon in den dreißiger Jahren in Osteuropa Frater Julian, dem offenbar der unbekannte, von den Tartaren bevorzugte Namen moal am ehesten wie Ismael klingt364• Auch in den Jahren nach dem großen Einfall bleibt die Überlegung, daß eventuell die Tartaren mit den prophezeiten Ismaeliten gemeint sein könnten, noch lebendig. Erneut erinnert sich mancher Zeitgenosse daran, als in den Jahren 1259/60 der erfolgreiche Vorstoß der Tartaren im Vorderen Orient große .
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359 Die Tartaren könnten die sechste tribulatio sein; die ersten fünf sind von Joachim festgelegt worden, die siebte ist zugleich die letzte, das Ende. Vgl. zu all dem REEVES, Influence. - Gog und Magog kommen, wenn man die Apokalypse wörtlich nimmt, erst nach dem Friedensreich. Bf. Tho mas v. Bethlehem (wie S. 87, N. 73) zitiert 1259/60 Jeremias : Ecce populus venit de terra aquilonis, gens magna, consurgens de finibus terre, sagittam et scutum anipiens . . . (S. 547). - Erinnerung an Jeremias' Klage angesichts der Verwüstungen um 1240 im Chr. rhythmicum (nach 1268), S. 360, Z. 5 1 8 ff.; vgl. N. 358. 360 Ps.-Methodius c. 13 S. 9 1 ; Comestor Sp. 1096/7. Daneben sehr ähnliche Konkretisierungen der Verfolgungserwartung: unten S. 277 Visio fr.Johannis. 361 BEZZOLA 41. 362 Sarazenen bei Comestor Sp. 1096. Zusammenhang mit der bunten Legende vom Endkaiser, den Methodius nicht so nennt, vgl. KAMPERS, Kaiserprophetien bzw. Kaiseridee, wie N. 325. 363 Comestor Sp. 1097. Ausdrücklicher Bezug durch den Abt v. Marienberg aus Ungarn (MP CM VI S. 78/9); ohne Nennung der Ismaeliten, aber fast wörtlich nach Comestor die Franziskaner Jordan und A. aus Böhmen in : MP CM VI S. 84; Thomas v. Split S. 591 Z.43/4; Gesta Trever. S. 403/4 (ad a. 1239), Zitate BEZZOLA 101 mit N. 183. - Auch Heinrich Raspe (MP CM VI S. 78) identifiziert die Tartaren mit den Ismaeliten des Methodius, nachdem er vorher (S. 77) unklare Endzeitanspielungen vorgebracht hat, die fast besser auf Gog und Magog zutreffen könnten: Betont werden soll der eschatologische Kontext, nicht die Erfüllung einer bestimmten Prophezeiung. Gog und Magog u n d die Ismaeliten: GAUTIER DALCHE/BURNE'II, wie N. 327. 364 So sehr einleuchtend BEZZOLA 4213: auch hier also gibt es wie bei Gog und Magog eine ethymologische Erklärung: oben S. 259/60; zu Julian 26.
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IV. EINORDNUNG I N D A S WISSEN VON D E R WELT
Befürchtungen auslöst365• Die heilsgeschichtlich geprägte Ritterepik des Jüngeren . Titurel (um 1270) nimmt das Bild ebenso auf wie Jakob von Maerlant (t 1278) in seiner Alexandergeschichte: Papst und Kleriker meinen, die Tartaren, die Asien mit Gewalt bezwungen hätten, seien die Ismaeliten, denn niemand könne ihnen widerstehen 366. Danach aber treten die Sarazenen wieder in ihre Rechte ein, die ausdrückliche Gleichsetzung von Tartaren und Ismaeliten verschwindet, und Heinrich von Harclays Einwand dagegen trifft 1313 wie der gegen die Identifika tion mit Gog und Magog keine aktuelle Praxis 367. Dennoch werden die Zeitgenos sen immer wieder einmal endzeitliche Rollenbeschreibungen für die Tartaren finden, die der für die Ismaeliten sehr ähnlich sind 368. In den ersten zwanzig Jahren nach dem Mongolensturm sind die endzeitlichen Interpretationen und die politische Einschätzung der Tartaren weithin Hand in Hand gegangen - die Tartaren gelten als gefährliche Feinde. Viele der zitierten eschatologischen Äußerungen stammen ja aus Texten, die unmittelbar politischen Zwecken dienen sollen. Die Politik verändert sich, wie gesehen, nach 1260; der Westen beginnt allmählich, in den Mongolen, zumindest jenen in Persien, poten tielle Verbündete zu sehen. Das paßt schlecht zu den immer noch virulenten Gedanken, die die Tartaren in die Nähe von Gog und Magog oder den Ismaeliten rücken. Entfernen sich also nach 1260 Endzeitüberlegungen und Realität vonein ander, oder besser: Verharren jene, während die Politik sich bewegt ? Das wäre an sich verwunderlich, wenn man bedenkt, daß jede eschatologische Schrift um ihrer Wirkung willen stets um Aktualität bemüht ist. Diese Prophetien sind ja keineswegs Hirngespinste weltabgewandter Tagträumer, sondern sie geben die Einschätzung konkreter Tagesereignisse, die Zukunftsängste und -hoffnungen einzelner und von Gruppen zu dem bestimmten Zeitpunkt, zu dem sie verfaßt sind, wieder369• Entsprechendes Interesse finden sie, wie man an der raschen Verbreitung und auch Kommentierung einzelner Schriften beobachten kann 370 . Sie spiegeln, auf die Mongolen bezogen, also nicht nur allgemeines Wissen von diesen, sondern auch ihre Präsenz in der täglichen Diskussion über die Geschehnisse in der Welt. Und tatsächlich bewegt sich auch die Prophetie, übernehmen die Mongolen neben den alten auch neue Rollen in der eschatologischen Zeitdeutung. •
365 Briefe aus dem Heiligen Land und päpstliche Reaktionen, z. T. zitiert oben S. 86ff. Ausdrücklich auf die Ismaeliten nimmt Papst Alexander IV. Bezug (zit. S. 89). 366 Titurel vv. 6083-6085 ed. HAHN S. 598; Jacob v. Maerlant VII,1180-1202 S. 256/7. 367 S. 57; oben S. 262/3. Wie im Falle Gogs und Magogs wendet Heinrich sich wohl eher prinzipiell gegen berechenbare Identifikationen anhand besonders markanter, weil seiner Meinung nach durch die Zeit überholter und damit leicht widerlegbarer Beispiele. 368 Unten Sidrac; vor allem Visio fr.Johannis unten S. 277. 369 RUSCONI, Attesa, 133. - Marino Sanudo mahnt in seinem ganz praxis bezogenen Kreuzzugsgut achten, die Kirche möge Prophetien beachten: Secreta L I, p. 5, c. 1 S. 31/2. 370 Zur Verbreitung jeweils bei den einzelnen Texten; die Hss.-Zahlen zeigen oft eher die Langzeit wirkung. Prophetien sind sicher auch von Hand zu Hand gegangen, weitererzählt und diskutiert word.!n (vgL nur Salimbene v. Parma S. 236) . •
WELTGESCHICHTLICHE S T E L L U N G U N D
AUFGABE
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Etwa um das Jahr 1260 muß die bald weit verbreitete abendländische Version des wohl ursprünglich syrischen Buches Sidrac, der Fontaine des toutes siences entstanden sein 371 . Es handelt sich um eine Art prophetischer Enzyklopädie, bestehend aus einer großen Zahl von Fragen, die lange vor Christi Geburt der heidnische König Bocus dem berühmten Weisen Sidrac stellte372• Auch die (Heils-)Geschichte wird - in einer typischen ex eventu-Prophetie - genau vorher gesagt. Dem Verfasser sind die orientalischen Ereignisse etwa bis in die Jahre 1258/60 offenbar bekannt, denn von da an bewegen sich die Dinge unklar, wenn auch mit einer erkennbaren Linie, auf das Kommen des Antichrist zu 373. Sidrac prophezeit zunächst die Entstehung des Islam und die Kreuzzüge. Die Lateiner (eil de ponent) werden das Heilige Land erobern und wieder an die Sarazenen verlieren. Doch nach einiger Zeit kommt ein wildes Volk aus zwei Bergen (des Il montagnes), die Tartaren (noch ungläubiger als die Sarazenen), nimmt den Sarazenen den ganzen Osten ab und tötet ihr Oberhaupt, den Khalifen 374 . Noch einmal fällt ein sarazenischer König erfolgreich über die Christen her375, dann aber führt ein Kreuzzug das prophezeite endgültige Ende ,
371 Auch andere Titel; dazu RENAN/PARIS, HLF 3 1 (= Teil Ed.), LANGLOIS, Connaissance. Zur Verbreitung z. B. K. D. BÜLBRING, Sidrac in England, in : Beitr. zur roman. und eng!. Philo!. Festgabe für W. Foerster, Halle 1902, 443-478. Zum Ursprung die Diskussion bei LANGLOIS a . a. 0. 198-210. Für Syrien oder den Vorderen Orient spricht die guten Ortskenntnis (unten N. 377), die offensichtli che Verwendung östlicher Traditionen (unten S. 270) und auch der Vergleich der eschatologischen und der politischen Einstellung (vg!. S. 274/5) . Im Abendland ev. zuerst im proven<;alischen Bereich, so Benedetto SOLDATI, La poesia astrologica nel quattrocento, Florenz 1906, 53, und LANGLOIS a. a. O. Auch später kommen immer wieder Prophetien aus dem Orient: zur eschatologischen Bearbeitung Timurs unten S. 284. 372 Zwischen 388 und über 1200 Fragen, wobei nicht klar ist, welche Version älter ist, ob Fragen wegfielen oder hinzukamen. Der hier interessierende historische Teil findet sich, mit leichten Abweichungen, überall. 373 In allen Handschriften, die ich gesehen habe, sind die handelnden Personengruppen nur angedeutet und dann ist wie nachträglich erklärend ein Name dazu gesetzt, über der Zeile oder farblieh bzw. durch Einschluß in Punkte abgehoben. Es ist manchmal ein wenig schwierig, den Ereignissen zu folgen; der moderne Leser nimmt daher dankbar zur Kenntnis, daß auch der italienische Übersetzer spätestens des J4.jh. den Wunsch nach größerer Klarheit verspürte und mit seinem Verständnis oft den zögernden modernen Interpretator bestätigt und ermutigt. 374 Der Passus mit der Eroberung Bagdads (1258) scheint in den allerfrühesten Hss. zu fehlen (Datierungen nach BN Paris-Katalog): Ms. BN franc. 1159 fol. 163rb (s. XIII/XIV) z. B. hat ihn nicht, franc. 1160 fol. 108vb (s. XIV) dagegen sehr wohl; die Editoren in der HLF, die .� ach franc. 24395 (s. XIV), 1160 und dem Druck Verards zitieren, lassen ihn kommentarlos aus. Uberhaupt ersetzt dieser Abdruck des geschichtsprophetischen Textes leider nicht das Handschriftenstudium, denn der Wortlaut beider angegebenen Hss. weicht stellenweise deutlich ab (den Text Verards hatte ich nicht in der Hand). Die italienische Übersetzung (Ed. nach einigen florentinischen Handschriften) kennt Bagdads Eroberung ebenso wie ihre vermutliche französische Vorlage (Florenz, Cod. Riccardiano 2758). Möglich ist, daß wird hier die Spuren verschiedener Bearbeitungen des Textes vor uns haben, doch die Textgeschichte muß einer kritischen Edition überlassen bleiben. 375 Ca. 1260; danach ist es nicht mehr möglich - sieht man von den unmittelbar folgenden (möglichen, dann falsch datierten) Anspielungen auf 1204 ab (HLF 308; franc. 1 160, fol. 109ra, franc. 1159, fo!. 163va) -, historische Ereignisse mit der Prophetie in Übereinstimmung zu bringen.
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IV. EINORDNUNG I N DAS W I S S E N VON DER WELT
des Islam herbei 376. In der folgenden Zeit wogen die Kämpfe zwischen Christen und Tartaren, die nur noch durch einen fluß (Aigues lroides 377) getrennt sind, und . sogar Griechen mit wechselndem Erfolg hin und her. Schließlich, in der härtesten Schlacht der Welt, werden die Tartaren geschlagen und bis zum Dürren Baum getrieben. Die Christen beherrschen das ganze Land, bekehren oder töten die Menschen, besiegen die Tartaren noch einmal und treiben sie bis zu einem zweiten, dem großen Dürren Baum 378. Die Unterlegenen fliehen, die einen in das Land ihrer Nation, andere dorthin, woher sie kamen, und wieder andere gehen in der Wüste verloren. An Ostern wird der Papst eine Messe am zweiten Dürren Baum, der im äußersten Osten der Welt steht, abhalten; der Baum beginnt wieder zu grünen. Nach einigen weiteren Kämpfen 379 werden endlich Tartaren und Lateiner gute Freunde werden; unter allen Herren der Welt herrscht Frieden unter lateinischer Vorherrschaft, bevor schließlich nach einiger Zeit der Antichrist kommt. Getreu der tatsächlichen historischen Entwicklung beginnen die Tartaren als feindselige Heiden. Ihr prophetischer Deckname, ceux des II montagnes, muß jeden Leser an Gog und Magog erinnern, obgleich die Trennungslinie zum Antichrist scharf gezogen ist380• Betonter jedoch ist die Rolle der Tartaren als Gegner von Papst und Kaiser vor Errichtung des Friedensreiches, die Rolle also, die Methodius den Ismaeliten zuweist. Nach östlicher, vor allem griechischer Tradition - der sowohl Methodius als auch Sidrac ursprünglich zugehören - sind es eindeutig die Ismaeliten, die zum Dürren Baum getrieben werden sollen 381 . 376 Im folgenden sind deshalb unter dem Herrscher v. Babyion und seinem Volk Christen zu
verstehen. Nimmt man das nicht zur Kenntnis, ist der Text nicht zu verstehen. Die italienische Übersetzung bestätigt (S. 508 oben): una nobile donna cristiana, donna dei Caire e di Babilonia. Dem französischen Text fehlt das Attribut »christlich«, aber wenig später siegen »die von Babilon« mit Gottes Hilfe. 377 Die geographische Angabe zeigt Ortskenntnis : vgl. Gestes des Chiprois 404 ed. RAYNAUD S. 208 . 378 Zur Legende vom Dürren Baum und ihren Variationen vor allem im Zusammenhang mit den Tartaren unten S. 270, N. 381. Die zwei Dürren Bäume gehören zu den in dieser Prophezeiung üblichen steigernden Vermehrfachungen. 379 Inder und Nubier sind verwickelt, denn man befindet sich weit im Osten. 380 Die Version, die HLF druckt, ergänzt nach der Schlacht am großen Dürren Baum, wenn Teile der Feinde in das Land ihrer Nation zurückkehren, Got und Magot. Das allerdings habe ich in Hss. der BN Paris, soweit ich sie daraufhin ansah, nicht gefunden; dort steht gorganie od. ä.; der italienische Text hat giorgiani, also doch wohl Georgier. Diese Versionen nehmen der Ergänzung ihre eschatologi sche Brisanz. 381 Die Ismaeliten werden besiegt, bevor Gog und Magog losbrechen : Ps.-Methodios S. 89/91. Wohl auch im 13. Jh. nennt eine griechische Daniel-Apokalypse die Tartaren im engen Zusammenhang (aber ohne Identifikation!) mit den Ismaeliten, die zum Baum getrieben werden: S. 118 Z. 73/4; frz. S. 314; vgl. W. BoussET, Beiträge zur Geschichte der Eschatologie, in: ZKG 20 (1899/1900) hier 261 H. Auf die Tradition, aus der dieses Werk schöpfte, geht sicher auch die Prophezeiung zurück, die Kreuzfah rer vor 1188/89 aus Byzanz mitbrachten (Benedict v. Peterborough, ed. STUBBS, London 1867, RS. 49, 2, S. 52/3; Radulf de Diceto, ed. STUBBS, London 1876, RS. 64,2, S. 60). Hier sind die Ismaeliten durch die Türken ersetzt und die Prophezeiung diesem Volk selbst zugeschrieben. Auch die Dreiteilung ist typisch für orientalische Ismaeliten-Tradition: im Sidrac, in der Daniel-Apokalypse, 1 188/89; ähnlich die Sergius-Vision, ebenfalls aus dem griechisch-orientalischen Raum, die Joh. v. Rupescissa zitiert
WELTGE S C H I C H T L I C H E S T E L LU N G UND AUFGABE
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Wenngleich dieser Zusammenhang im Westen kaum bekannt ist, so kann doch auch der lateinische Christ wenigstens die Parallele zu den Ismaeliten ohne Schwierigkeiten ziehen. Trotz all dieser Assoziationen eines Feindbildes hat sich die Bedeutung der Tartaren für die Heilsgeschichte bei Sidrac jedoch grundsätzlich gewandelt. Während sich nämlich die Tartaren als Ismaeliten - oder als jede ähnliche stets in erster Linie gegen die Christen wenden, läßt sie Sidrac tribulatio zunächst die Sarazenen bekämpfen. Am Ende, vor Anbruch des Friedensreiches, werden nach Methodius die Ismaeliten gänzlich geschlagen, die Tartaren Sidracs aber werden zumindest in Teilen zu Freunden der Christen. Die Mongolen sind zwar Ungläubige, doch sie bekämpfen trotz all ihrer Grausamkeiten die ärgsten Bedrücker im Heiligen Land, das daraufhin von den Abendländern befreit werden kann. Dies ist genau die Konstellation, für deren Ausnutzung die orientalischen Christen schon vor 1260 bei jeder Gelegenheit im Westen werben, als die Abendländer noch unsicher sind, ob sie nicht eher muslimische Siege über die Tartaren bejubeln sollen 382• Auf demselben Weg, auf dem Überzeugungs arbeit für eine neue politische Einschätzung der Tartaren durch die Abendländer geleistet wird, verändert sich auch das heilsgeschichtliche Mongolenbild. Orientalische Christen - oder schon westliche Gesandte, die ja ebenfalls in den 60er Jahren zu vermitteln beginnen 383 wählen offenbar auch die Weissagung als Mittel ihrer Propaganda für eine Annäherung an die Mongolen. In diesem Medium kann man darüber hinaus die Verhältnisse gemäß christlichen Wunschvorstellungen ein wenig zurechtrücken und gleichzeitig für den Westen akzeptabel machen: Die entscheidenden Siege, die oberste Gewalt am Ende erringen Christen 384. Die Gesamt-Tendenz der orientalisch-christlichen Politik wie Prophetie ist jedenfalls deutlich: Lieber die ungläubigen Tartaren, die letztlich unsere Freunde werden könnten, als weiter unter dem Joch des Islam, des wahren Feindes der Christenheit. -
und auslegt : unten S. 280/1. Aufteilung der S a r a z e n e n auch im pseudojoachitischen Jesaias-Kom mentar, wie unten N. 394, 1517 fol. 46r. - Näheres zur Tradition eines Dürren Baumes schon in der Bibel; und schon einmal, so hat Marco Polo im Orient gehört, gab es eine entscheidende Schlacht am Dürren Baum zwischen Alexander und Darius; dazu N. 445. Zum Problem einer Endschlacht: vgl. PEUCKERT im LexDtA 2 (1930) Sp. 815ff. (seine unscharfe Trennung zwischen Gog und Magog und den Ismaeliten im Abschnitt 2 verwirrt allerdings eher). 382 Vgl. S. 82 ff. . 383 Vgl. S. 94 ff. : Gesandte, Kaufleute oder lateinische Christen des Heiligen Landes mögen auch dIe Sidrac- Prophetie nach Westen vermittelt haben. 384 Die notgedrungene Akzeptanz der Unterwerfung der syrischen Christen unter die Tartaren stößt bekanntlich im Abendland auf keinerlei Verständnis. Die Betonung der w e s t l i c h e n Vormacht mag ein zusätzliches orientalisches Zugeständnis oder bereits Spur der abendländischen Bearbeitung sein. Die N. 381 zit. griechische Daniel-Apokalypse läßt u. a. Völkern auch die Franken geschlagen werden.
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IV. E I N O R D N U N G I N DAS W I S S E N VON DER WELT
Den Abendländern aber bleibt die Idee, daß Ungläubige bei der Vernichtung des Erbfeindes behilflich sein könnten, daß zum Beispiel mit der Auslöschung des . Khalifats durch die heidnischen Tartaren das Gotteswerk schon begonnen haben könnte, letztlich fremd 385. Mancher Fürst hält mongolische Hilfe angesichts der eigenen Stärke für überflüssig386 ; im eschatologischen Denken verläßt man sich noch mehr auf den geweissagten Endsieg der Christenheit. Nur für ganz kurze Zeit und sehr sporadisch scheinen die Ideen aus dem Vorderen Orient in westliche eschatologische Schriften Eingang gefunden zu haben. So hat Roger Bacon in sein Opus Maius (1266/67) eine armenische Prophetie aufgenommen, die schon Wilhe1m von Rubruk mit nach Hause gebracht hatte. Demnach soll von Norden ein bogenschießendes Volk kommen, das sich den gesamten Osten unterwirft, schließlich aber von Fürsten aus dem Westen geschla gen wird. Hinterher werden alle Völker bekehrt und es wird überall Frieden sein. Beide Autoren werden allerdings kaum rezipiert387• Zwischen 1260 und 1266 entsteht in Süditalien unter dem Namen des Joachim von Fiore ein Kommentar zum Propheten Jesaias, der weiter verbreitet ist als Bacon und Rubruk, allerdings seinerseits der Kommentierung bedarf388• Der moderne Leser, dem für das Verständnis zudem noch die Zeitgenossenschaft fehlt, nimmt dankbar zur Kenntnis, daß offenbar schon Benutzer des 13. Jahrhun derts diese Notwendigkeit empfanden und zwei Manuskripte mit Glossen gerade zu den Interpretationen des Zeitgeschehens versehen haben 389. In Kommentar und Glossen wird prophezeit, daß die höllischen Tartaren die Ägypter besiegenJ90 und daß sie sogar zusammen mit Christen gegen die Sarazenen ziehen werden 39 1 . 385 Vgl. S. 104ff.: 1299/1300. Eine einzigartige Ausnahme ist die Begeisterung, mit der Boemund v. Trier die Siege des ungläubigen Tartaren-Königs feiert, die Jesaias geweissagt habe (Gesta S. 482/83). . Khalifat: Roger Bacon, Op. Maius I S. 266, kürzer II S. 389/90 über eine angeblich von den Sarazenen selbst stammenden Prophezeiung über ihr baldiges Ende. - Zur Entwicklung der antimuslimischen Prophezeiungen im Mittelalter vgl. MCGINN, Visions, 149ff. 386 Vgl. S. 121. 387 Op. Maius I S. 363; Rubruk XXXVIII,3 S. 322. Bezeichnenderweise zählt gerade eine solche Prophetie zu den Stellen, die Bacon aus Rubruk übernimmt. Für B. dürften die Alternativangebote für die heilsgeschichtliche Rolle der Mongolen ein willkommener Ausweg aus seiner Unsicherheit wegen Gog und Magog gewesen sein : Diese Völker können niemals Freunde der Christen sein. Zur Rezeption oben S. 60, N. 82. - Armenische Prophetien dann auf Timur: unten S. 284. 388 Dazu K. FRIDERICH, Kritische Untersuchungen der dem Abt Joachim von Fiore zugeschriebe nen Kommentare zu Jesaias und Jeremias, in : Zs. f. wiss. Theol. 2 (1859) 349-363, 449-5 14. 8 Hss. (REEVEs, Influence, 521). Mindestens in Joachiten-Kreisen verbreiten sich solche Schriften. Entste hung nach dem joachitischen Schicksalsjahr 1260 und vor dem Tod König Manfreds 1266: TÖPFER, Reich, 137. Ev. durch die Herkunft gute Informationen aus dem Heiligen Land (unten N. 395); mögl. orientalischer Einfluß oben N. 381. 389 Vat. Mss. lat. 4959 und Ross. 552; vgl. REEVES, Influence, 77, die allerdings nur einen Bruchteil vor allem der die Tartaren betreffenden der Glossen gedruckt hat. 390 sceptrum egypti recedet per gentes tartareas de aquilonis finibus erumpentes: Venedig 1517 fol. 47r; 44v: höllische Völker aus dem Norden Tartaren (lt. Glosse Vat. Mss. lat. 36ra/Ross. 35va). 1 5 1 7 fol. 56r; Glosse: Nota 391 per gentes innumeras et immundas et militias etiam christianas =
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sectam maometicam atterendam a tartaris et christianis et deinde ad facinus mulw forciuslamplius surrecturam (Vat. Mss. 58rb/Ross. 60vb) .
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W E L T G E S C H I C H T L I C H E S T E L L U N G U N D AUFGABE
Am Ende werden die Tartaren, zumindest zum Teilm, zusammen mit allen Völkern 393 sogar den übriggebliebenen Sarazenen 394 - getauft werden. Sowohl die genannte armenische Prophezeiung als auch der Jesaias-Kommen tar akzeptieren offenbar die Möglichkeit heidnischer Hilfe, der letztere spricht möglicheIweise sogar von einem Z u s a m m e n g e h e n von ungläubigen Tartaren und Christen 395. Trotzdem enthalten die Weissagungen zum Beispiel gegenüber dem Buch Sidrac ein weitergehendes, nun der abendländischen eschatologischen Tradition ureigenes Element, das manches Unbehagen ausgeglichen haben mag. Nicht allein Freundschaft der Tartaren steht am Ende, sondern ihre Bekehrung sowie die aller übriggebliebenen Heiden 3%. -
Auf Prophezeiungen Christi und des Apostels Paulus geht die christliche Über zeugung zurück, daß alle Heiden - schließlich auch die Juden - vor dem Ende der Welt bekehrt werden müßten 397; Joachim von Fiore ergänzte die Rückkehr der Griechen in den Schoß der Heiligen Kirche. In der westlichen Christenheit ist man zudem seit den Kreuzzügen davon überzeugt, daß die Ismaeliten normaler weise mit den Sarazenen gleichgesetzt, vernichtet werden müssen, da sie zu verstockt, zu feindselig seien 398. Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts erhebt sich gegen diese Einschätzung immer vernehmlichere Kritik, nicht zuletzt in der Prophetie 39'1 . Die Tartaren aber nimmt man, wenn man sie nicht mehr für Gog und Magog oder eben Ismaeliten hält, in die Schar der Heiden auf, denen die »apokalyptische Konversion« 400 zugute kommen soll. So sind sie selten im Heilsplan Gottes als Helfer vorgesehen, wesentlich öfter aber zählen sie nun, auch in Prophezeiungen, in denen die Sarazenen vernichtet werden sollen, zu den Heiden, die am Ende gerettet werden. Sehr früh schon, nach dem ersten Konzil von Lyon, als andere die Tartaren 392 1517 fol. 53r: [Insernus(?)] autem secta utique tartarorum partem dabit perfidie reliquam fideique
catholice reservabit. 393 post extenninium secte maometice repugnantis ad fidem confluent cum ceteris gentibus adhuc in cordis cecitate relictis: 1517 fol. 53v; Glosse: Nota exterminium sarracenorum per tartans et converslonem tartarorum ad dominum (Vat. Mss. lat. 55vb/Ross. 57vb). 394 tam de maometica quam de tartarica secta dominus multos ad fidem evangelicam evocavit: 1 5 1 7 fol. 56r; Glossen : Nota de tartaris et sarracenis multo/s ad fidem catholicam reversuros (Vat. Mss. •
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lat. 58rb/Ross. 61ra). 395 Zwar enthält der Kommentar schon früher eine Stelle, an der die Tartaren getauft werden, doch immundus ist kaum Charakteristikum Getaufter. - Das könnte eine sehr rasche Reaktion auf die Ereignisse um 1260 sein, vielleicht sogar eine Verteidigung des süditalienischen Autors für den NOlmannen Boemund v. Antiochia (oben S. 86/7). 396 Im Sidrac könnte man höchstens Andeutungen aus einigen Passagen herauslesen. 397 Mt. 24,14 (oben 5. 129, N. 266) bzw. Röm. 11,25/6. 398 Die Idee der Sarazenen-Vernichtung kommt aus dem Orient über Ps.-Methodius, der nicht zuletzt deshalb gerade im 12.Jh. in die Hist. scholastica aufgenommen wird. . 399 In der Tradition des Heiligen Franz wollen bes. die Franziskanerspiritualen auch Mushme bekehren. 400 E. R. DANIEL, Apocalyptic Conversion: the Joachite Alternative to the Crusade, in: Traditio 25 (1969) 127-154.
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
noch für gefährlicher als ein ganz gewöhnliches Heidenvolk halten, tröstet der Oxforder Franziskaner Adam Marsh den Papst, der von vielen Übeln, darunter. dem Überfall der Tartaren, bedrängt wird. Bald schon werde sich nach dem Plan Gottes alles zum Besseren wenden, die Sarazenen vernichtet, die Tartaren bekehrt und die Griechen heimgeführt werden 40 1 . Vielleicht ist auch diese optimistische Ankündigung der bevorstehenden Tartarentaufe getragen von jener Hoffnung, die Innocenz IV. 1245 veranlaßt, Missionare als Gesandte zu schicken 402 - erst später aber trägt, wie geschildert, die Relativierung des Feindbildes zur Verbrei tung dieser Hoffnungen bei. »Es ist prophezeit seit vierzig Jahren . . . , daß es in diesen Zeiten einen Papst geben wird . . . Und wegen dieses Papstes Güte, Wahrheit und Gerechtigkeit wird eintreffen, daß die Griechen in den Gehorsam der römischen Kirche zurückkeh ren, die Tartaren zum größeren Teil bekehrt und die Sarazenen vernichtet werden; und es wird eine Herde und einen Hirten geben . . . « 403 Dieser Papst, davon ist Roger Bacon um 1267 überzeugt, wird Clemens IV., der Empfänger des Opus Tertium, sein. Auch vor der Wahl Gregors X. (1271) haben sich ähnliche Erwartungen an den neuen Papst in Form von Prophezeiungen mit deutlichen Anspielungen auf Griechenunion und Sarazenensieg, allerdings nicht auf die Tartaren, verbreitet404• Das Konzil von Lyon 1274 scheint die Erfüllung zu bringen: Ein Kreuzzug wird geplant, die Griechen finden zur römischen Kirche zurück - viele Beobachter spüren das Nahen der Endzeit405• Auf dem Konzil treffen auch Boten der Tartaren ein; einige davon lassen sich taufen. Neben der Griechenunion ist es genau dieses Ereignis, nicht etwa das Bündnisangebot, das ungeheuer viele Chronisten wahrnehmen, übertreiben und mit Begeisterung der Nachwelt überliefern 406. Wahrscheinlich hat nicht zuletzt die eschatologische Stimmung im Umfeld des Konzils, die Hoffnung auf die .Endzeit-Konversion den unbedeutenden Taufen einiger mongolischer Boten solche Aufmerksamkeit gesichert407• Ausdrücklich setzt um 1288 die eschatologi401 S. 426, 428. 402 V gl. S. 77. 403 Op. Tert. S. 86. 404 Fassung 1271 bei L. DELISLE, Not. Ex. Ms. BN 38,2 (1906) 739/40; eine wenig spätere überliefert Salimbene v. Parma, der angesteckt ist von der joachitischen Stimmung in seinem Orden: Interpreta tion des genannten Gedichtes S. 492-495. Eine Version des 14.Jh. bei O. HOLDER-EGGER in : NA 30 (1905) 384ff. - Das Op. Trip. des Humbert v. Romans, in dem er, ohne die Absicht direkter eschatologischer Argumentation, die Taufe u. a. der Tartaren befürwortet, weil es prophezeit sei, daß alle Völker getauft werden müßten, liegt wohl auch dem Konzil 1274 vor. 405 Bes. Friedrich BAETHGEN, Der Engelpapst, in: Sehr. d. Kgsbg. Gel. Ges. Geisteswiss. Klasse 10,2 (1933) 75-119 (auch separat Halle 1933), hier 80. Die Figur eines Engelpapstes verbreitet sich, genährt von Prophezeiungen wie den zitierten, vor allem in Spiritualen-Kreisen. 406 V gl. S. 100/1. 407 Die Öffentlichkeit des Konzils oder eben die eschatologische Stimmungslage mögen der Taufe ihren großen Bekanntheitsgrad gesichert haben; eine ähnliche Taufe zweier Gesandter des Ilkhans, offenbar 1290 an der Kurie (Brief Nikolaus' IV. an Edward v. England, ed. CH;\BOT S. 617; vgl. Anhang I), wird dagegen in keiner Chronik registriert. ,
WELTGE S C H ICHTLIC H E STELLUN G UND AUFGABE
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sche Noticia seculi des Kölner Domherrn Alexander von Roes die Tartarentaufe von Lyon in Bezug zur Endzeit408• Zwar will Alexander damit, daß in Lyon alle reges mundi - die der Juden, Griechen und Tartaren - die päpstliche Herrschaft anerkannt haben, vor allem beweisen, daß das Ende des Papsttums, das auf dem Höhepunkt seiner Macht angelangt sei, unmittelbar bevorstehe. Doch wählt er sicher nicht ohne Absicht Völker - vor allem Juden und Griechen, aber eben auch Tartaren - mit denen sich für sein Publikum auch die Assoziation der Endzeit Bekehrung verbindet. Die historisch-politische Entwicklung hat offenbar auch bei manchen Escha tologen Hoffnungen geweckt. Selbst wenn das end zeitliche Verständnis des Tartareneintrags der Chroniken zu 1274 zu weit gehen sollte, so deckt sich doch grundsätzlich in den Tauf-Vorhersagen die endzeitliche Notwendigkeit mit dem politischen Wunsch und den realen Erwartungen der Zeit. Die letzten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts sehen verstärkte Missionsbemühungen und auch den Beginn einer Missions-Organisation bei den Tartaren 409. Wie die endzeitlichen Schriften auf die Missionare, so setzte mancher Missionar in Asien seine letzte Hoffnung auf die Bekehrung am Ende der Zeiten 410 . Doch ebenso wie Fürsten und Diplomaten bei aller Freude nicht die Vorsicht vergessen, behalten auch die endzeitlichen Schriften andere Aspekte der tartarischen Beziehungen zum Abendland, aus der Vergangenheit wie für die Zukunft, im Auge. Für Alexander von Roes gehören die Mongolen zwar zu den Völkern, die die Macht der Kirche anerkannt haben, doch sie haben auch - Mahnung Gottes an die Christenheit - vor ganz kurzer Zeit erneut Ungarn und dann Polen heimge sucht41 1• Auch für die Zukunft erwartet der Franziskaner Petrus Johannes Olivi, dessen Postilla in Apocalipsim (vor 1298) vor allem in Spiritualen-Kreisen auf großes Echo stieß, Gefahren von den Tartaren, die schon früher die Welt erschütterten412, doch die Mission des Ordens wird schließlich zum Erfolg 408 C.8 S. 154. Die Noticia, in Italien geschrieben, ist dorr ganz im Gegensatz zu Deutschland kaum rezipiert worden. Vgl. B . HIRSCH-REICH, Zur »Notitia Saeculi« und zum »Pavo«. Mit einem �xkurs über die Verbreitung des pseudojoachimitischen Büchleins »De semine scripnl:�arum«, in: MIOG 38 (1920) 571-610; DIES., Alexander v. Roes' Stellung zu den Prophetien, in: MIOG 67 (1959) 306-316; F. KAMPERS, Zur »Notitia Saeculi« des Alexander von Roes, in: Fs. K. Th. Heigel z. Vollend.seines 60. Lebensj., München 1903, 105-124. 409 Vgl. S. 134/6. 410 Paschal v. Vittoria (t 1339), c. 7, S. 506: er predigt den Heiden, um möglichst viele Seelen zu retten, denn Jesus Christus selbst sagte: »Wenn das Evangelium in der ganzen Welt gepredigt worden sein wird, wird das Ende der Welt kommen«. 411 C. 7 S. 152/3. 412 Postilla in Apocalipsim, Vat. Ms. lat. 4264 fol. 46rb; einen kleinen Auszug aus der Stelle, der glossiert ist, druckt VIAN, Codici vaticani, 246/7 (die TartarensteIle 242 ist keine: in den drei :at. I:Jss. ist eindeutig tortoribus zu lesen). Schon früher: fol. 86va. - Erst mit dieser seiner letzten Schnft relh�e sich Olivi (t 1298), der bis dahin eher einer ausgleichenden Richtung angehangen hatte, unter dl� Spiritualen ein. Inhaltlich zu ihr Raoul MANSELLI, La »lectura super Apocalipsim« di Pietro Giovanm Olivi. Ricerche sull' escatologismo medioevale, Rom 1955 (St. stor. 19-21). Die Postilla ist unedierr (außer bei VIAN u. N. 413; zu den Mss. auch P. VIAN, I codici fiorentini e romano della »Lectura super Apocalipsim« di Pietro di Giovanni Olivi [con un codice di Tedaldo della Casa ritrovato], in: AHF 83
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
führen. »Und dieser Engel wird spüren, daß er nicht so erfolgreich bei der verweltlichten (carnali) Kirche der Lateiner sein wird wie bei Griechen und Sarazenen und Tartaren und endlich bei den Juden. « 4 1 3 Wenn solche Schriften beides enthalten, Hoffnung und Furcht, stehen sie auf der Höhe der aktuellen politischen Einschätzung der Tartaren und spiegeln sie in scharf kontrastierender Form. Beide Traditionen werden sich im 14. Jahrhundert halten; die Tartaren können ebenso Bedränger der Kirche sein wie zu jenen Heiden zählen, die sich bekehren werden 414. Das Gesamtbild allerdings aus den eschatologischen Texten um 1300 wie auch später - soweit man in Anbetracht der schlechten Editionslage eines gewinnen kann 41 5 - vermittelt den Eindruck, der Name der Tartaren habe doch überwiegend Befürchtungen hervorgerufen. Sogar die oben behandelten Identifi kationen der Tartaren mit Gog und Magog oder den Ismaeliten sind nicht völlig vergessen, denn sie werden durch Zitierung in der akademischen Diskussion immer wieder ins Gedächtnis gerufen, ohne allerdings in den aktuellen pro phetischen Schriften noch präsent zu sein 416. Oftmals aber sehen diese Schriften die Tartaren in der Rolle von Verfolgern der Kirche, ohne das glückliche Ende die Bekehrung - anzukündigen, obgleich sich doch Erfolgsmeldungen der Missio[1990] 463-489). Gelegentlich findet man als Editionsangabe in drei Bänden das Werk von Warren LEWIS (Peter John Olivi: Prophet of the Year 2000. Ecclesiology and Eschatology in the »Lectura super Apocalipsim«: Introduction to a Critical Edition of the Text, 2 Bde. masch., Diss. Tübingen 1975) zitiert; ein dritter Band (der die Edition enthalten müßte) liegt aber weder der Hochschulschrif tensammlung der Deutschen Bibliothek Frankfurt noch laut Auskunft des Dekanats dem fraglichen Fachbereich (Evang. Theologie, Univ. Tübingen) vor. 413 Postilla, Vat. Ms. lat. 4264 fol. 124r. Dieser Satz klassischer spiritualer Kirchenkritik wurde als häretisch verurteilt und deshalb im Bericht der Untersuchungskomission 1 3 1 8 zitiert; dort 39. Artikel, S. 266 (für die Spiritualen ist nicht ein Engelspapst oder gar ein Endkaiser der Täufer, sondern ihr . eigener Orden, meist personifiziert im seraphischen Gründer Franciscus selbst). - Für Alexander v. Roes oder Roger Bacon stehen die Tartaren geradezu paradigmatisch für die Heiden der Endzeittaufe neben unierten Griechen, bekehrten Juden und vernichteten Sarazenen. Bei Olivi und anderen Spiritualen kommen, sofern sie nicht allgemein von infideles sprechen, manchmal die Sarazenen, später auch die Türken, zur Taufe hinzu: Zeichen nicht einer veränderten Haltung gegenüber den Tartaren, sondern gegenüber den Sarazenen (wie S. 273). Arnald v. Villanova, ein spanischer Laie, der mit seinen prophetischen Schriften höchsten Einfluß auf die Spiritualen nahm (auch oben N. 345), läßt um 1306 Tartaren neben anderen Orientalen getauft, die Sarazenen (Spaniens und Afrikas !) aber vernichtet werden (Expositio S. 2 16). 414 Späte Beispiele: Heiden, die über die Christen kommen werden, in der Vision des Joh. v. Florenz, 1361, S. 198; zu taufende Heiden in einer kleinen umbrischen Prophetie, Ende I4. Jh., Strophe LVI(-LVIII), S. 466. Auch im berühmten Buch des Telesphorus tauchen die Tartaren noch in dieser Rolle auf, doch ist die jüngste erhaltene Version zu sehr interpoliert, als daß sie noch sichere Rückschlüsse für das späte 14. Jh. zuließe (vgl. dazu E. DONCKEL, Studien über die Prophezeiung des fr. Telesphorus von Cosenza, in: AFH 26 [1933] 29-104, 282-3 14). 415 Gerade die eschatologischen Schriften sind in beklagenswert geringem Umfang gedruckt; wichtigste Werke sind nach wie vor nur in Mss. zugänglich. 416 Akadem. Diskussion vgl. S. 262/3 u. 268. Fast allen Schriften nennen Gog und Magog, deutlich getrennt von jedem anderen Volk in der Welt. 1349 wird Joh. v. Rupescissa schließen, Gog und Magog seien noch niemals vorher in der Welt aufgetreten (Liber secret. event., 1349, Ms. BN Paris lat. 3598 fol. 97v) . •
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AUFGABE
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nare und Kriegsberichte aus Osteuropa zunächst die Waage halten. Möglicher weise nennen sie die Tartaren eher als Bedränger, weil diese in Osteuropa eine spezifische Rolle ausfüllen, während sie anderswo bald nur noch als ein - unter zahlreichen anderen - Heidenvolk gelten. Auf Osteuropa bezogen können die Tartaren auch weiterhin einen besonde ren Platz in den letzten Ereignissen der Welt nach Art der Ismaeliten einnehmen mehr als nur eine unter anderen Verfolgungen wie bei Olivi oder Roes. Die kleine Visio seu prophetia fratris Johannis, entstanden nach 1298, spricht nicht von Ismaeliten : »Ungarn, Polen und manche anderen Provinzen Deutschlands wer den von einigen ungläubigen Völkern verwüstet, denn ein König der Tartaren wird sich mit anderen ungläubigen Königen verbünden, die in der Nachbarschaft jener Gegenden herrschen. Und sie werden mit großer Macht und in ungezählter Menge kommen und niemanden schonen : die Fürsten werden sich wie Hunde verhalten (ut canes reputabunt), und sie werden viel Übel anrichten. Doch am Ende werden sie von einem Fürsten mit Hilfe der Fürsten Deutschlands und Frankreichs bekämpft und vertrieben werden« - danach wird Frieden sein, und anschließend naht der Antichrist 417. Die endzeitliche Rolle der letzten großen Herausforderung an die Christenheit vor dem Ende, der Bedrängnis, die ein Endkaiser noch einmal überwinden wird, ist hier - in ausgezeichneter Kenntnis der Verhältnisse Osteuropas - den Tartaren anstatt den Ismaeliten übertragen. Die Weissagung bewegt sich auf der Höhe der politischen Erfahrung der Zeit und verbreitet sich sicher nicht zuletzt deshalb. Eine Übersetzung ins Niederländische ist erhalten, und ebenso zitiert sie eine der schillerndsten Gestalten unter den Propheten des späten Mittelalters, vielleicht der interessanteste für die Einord nung der Tartaren : der Franziskaner Johannes von Rupescissa (lean de Roquetail 1 lade) 4 8. Der Südfranzose ist ein großer Visionär und spiritualer Prophet, dessen Mahnungen äußerst unangenehm für die betroffenen, die kritisierten Personen sind. Die letzten rund zwanzig Jahre seines Lebens verbringt er in den Gefängnis sen der Päpste oder des eigenen Ordens, stets schwebt das Damoklesschwert der Häresieverurteilung über ihm 4J9• Offenbar hat ihn aber nicht nur niemand 417 S. 374; Antichrist S. 377. Aufgeschrieben von Robert de Rupi Alta OSB, vgl. P. C. VAN DER EERDEN, Eschatology in the Boec van der Wraken, in: The Use and Abuse of Eschatology in the Middle Ages, ed. Werner VERBEKE/Daniel VERHELSTIAndries WELKENHUYSEN, Leuven 198�, 425-440. Datierung: DONCKEL (Ed.) vermutet 1302103: S. 365. Die Ereignisse werden, vom angebli chen Datum der Vision (1293) aus gesehen, eindeutig in der Zukunft stattfinden. DONCKEL N. 7 1 h�t sicher nicht recht, sie auf 1241/2 zu beziehen: immer wieder kamen die Tartaren nach Osteuropa; die Gefahr ist auch 1293 noch nicht ausgestanden. 418 Niederländisch: Boec van den wraken (Rache) S. 435; oben N. 417; Joh., Ostensor (1356), Vat. Ms. Ross. 753 fol. 56v. 419 Er stammt aus der Nähe von Aurillac, geb. um 1310, t etwa 1365. Leben : Jeanne BIGNAMI ODlER, Etudes sur Jean de Roquetaillade, Paris 1952; wieder in: HLF 41 (198 1 ) 75-284 (danach zitiert): 75-104. Er ist eingesperrt seit 1344, trotz Freispruchs vor dem Inquisitionsgericht. -
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gehindert, seit 1345 seine zahlreichen Auslegungen eigener und überlieferter Visionen aufzuschreiben, sondern seine Schriften sind gesucht und finden zum Teil eine bemerkenswerte Verbreitung 420 . Der Franziskaner ist ein hervorragen der Kenner der eschatologischen Tradition und teilt mit seinen Brüdern den weiten Horizont des über Asien ausgebreiteten Missionsordens ; sein Bild der Mongolen setzt sich in allen seinen Schriften aus einer bemerkenswerten Mischung von Tradition und hervorragenden Kenntnissen zusammen, aus Hoff nungen und Enttäuschungen auf Grund neuer, ganz spezieller Informationen und Urteile. Fast alle RoUen, die die Tartaren nach dem endzeitlichen Schrifttum der vergangenen hundert Jahre haben spielen sollen, nimmt Johannes wieder auf421 und erweitert das Spektrum noch. Ein klares Bild, eine durchgängige Linie ist nicht zu erkennen; sie würde auch nicht zu seinem Werk passen, das weitgehend aus assoziativ zusammengestellten Prophetien und Interpretationen besteht. Nor malerweise übernehmen die Tartaren ganz übliche Funktionen, zum Teil mit wenig individuellen Zügen, doch immer wieder bringt der Prophet auch eigen ständige, faszinierende Varianten ins Spiel. So gehören die Tartaren wieder ganz allgemein mit Sarazenen und Türken zu den tribulationes in dieser Welt 422. Wenn Johannes jedoch die »Tartaren des Nordens« (tartari aquilonis) als Feinde des guten christlichen Königs von Ungarn, Ludwigs von Anjou, über Osteuropa herfallen läßt, so nimmt er konkret Stellung zu aktueller Politik423• Eschatologische Nutzung relativ neuer Informa tionen spiegelt auch die Feststellung im Ostensor (1356), daß fast alle tartarischen
420 1345 ist das vermutliche Anfangsdatum seiner frühesten erhaltenen Schrift; Datierungen , BIGNAMI-ODIER, Etudes, wie N. 419, 10617. Verbreitet sind vor allem sein Vademecum in tribulatione und sein Liber secret. event. (eigene Visionen): Hss. ebd. 231-237 bzw. 225-228; zwei weitere R. E. LERNER, The Black Death and Western European Eschatological Mentalities, in : AHR 86 (1981) 533-552. Zur Verbreitung des Gesamtwerkes BIGNAMI-ODIER passim. Zu Joh. Schriften inhaltlich auch E. F.]ACOB, John of Roquetaillade, in: BJRUL 39 (1956/7) 75-96. An der Ecole Franc;ais de Rome ist man dabei, die Schriften unter der Ägide von Andre VAUCHEZ zu edieren; erst kurz vor der Drucklegung meiner Arbeit erschien: Les textes prophetiques et la prophetie en Occident (XIIe-XVle siede), in: MEFRM 102,2 (1990, ersch. 1992), bes. 297-401 = Figures de prophetes aux derniers siecles du Moyen Age: autour de Jean de Roquetaillade. 421 Abgesehen von Gog und Magog, aber unten die Nähe zum Antichrist. Noch zu kurz greift L. BOISSET, Visions d'Orient chez ]ean de Roquetaillade, in: Textes, wie N. 420, 391-401. 422 Verschiedene Ausfollnungen Oraculum, Ms. BN Paris lat. 2599 fol. 64r, 69v, 80r-81 v; Liber secret. event. Ms. BN Paris lat. 3598 fol. 18v, 29r; Vademecum (1356), int. 6 und 13, S. 500 bzw. 503. 423 Alle guten Könige des Abschnitts stammen vom französischen Königshaus ab. Ostensor Vat. Ms. Ross. 753 fol. 35v/36r: . . . quia flos id est regnum franeorum et regnum apulie ac regnum ungarie, ,
que sunt tria regna de sanguine benedicto francorum, quibus ecclesia suscitur. devincetur scilicet regnum francorum a proditoribus et ab emulis vicinis et regnum apulie a suis propriis et agente sine capite, sicut est hodie, regnum autem ungarie a tartaris conteretur in brevi. (36r) hec enim tria regna franeorum erant in auxilium ecclesie romane. Regnum francorum contra tirannos imperii romani, Regnum apulie contra filios persequtoris (statt persecutoris) friderici secundi regnum ungarie contra tartaros aquilonis. Ungarn vgl. Oraculum Ms. BN Paris lat. 2599 fol. 81 v u. oben N. 417. ,
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Könige inzwischen Sarazenen geworden seien 424. Diese Möglichkeit hatte Petrus Johannes Olivi schon vor 1300 als drohende Gefahr beschworen. Ein Glossator seines Werkes bemerkt : »Das hat sich schon zum Teil erfüllt, weil das Volk, das Tartaren heißt, den Glauben des Mahomet zur Zeit Johannes' XXII. angenom men hat« 425. Wieder ist die Eschatologie um Aktualität bemüht und korrigiert alte Bilder durch neueste Erkenntnisse, die Missionare und Reisende aus dem Vorde ren Orient und der Goldenen Horde mitgebracht haben426 • Von den Mongolen ist unter diesen Voraussetzungen nichts Gutes zu erwar ten. Der sechste Engel der Apokalypse Johannis wird die vier Engel, die am Euphrat gebunden sind, befreien, und sie werden mit vieltausendmal tausend Reitern ein Drittel der Menschheit töten (Off. 9, 13-16). Die große Zahl des Volkes, die wütende Vernichtung: Vielleicht, so schlägt Johannes von Rupescissa vor, bedeuten die vier Engel die vier Reiche der Tartaren 427. In jungen Jahren habe er darüber hinaus, so erzählt er an anderer Stelle, geträumt, daß der Antichrist in Zayton, ganz im Osten der Welt, geboren worden sei428• Tief schöpft der Minorit 424 Vat. Ms. Ross. 753 fol. SOr, vgl. N. 431. - Mit anderen Feinden Christi (contra ihesum Christum induratt) werden sie deshalb auch, so e i n e Meinung des Joh., am Ende geschlagen werden: a.a.O. fol. 146r, vgl. 37v und Liber seeret. event. wie N. 422. 425 Text und Glosse VIAN, Codici vaticani, 247. 426 Vgl. S. 137. 427 Oraculum Ms. BN Paris lat. 2599 fol. 82r. 428 Ostensor Vat. Ms. Ross. 753 fol. S5r: Concordia secunda est michi stuporosa utpote illi qui de facto
vidit visionem valde convenientem concordie supradicte. Et sunt duo quae me stupere cogunt. Nam anno prima noviciatus mei ad ordinem scilicet anno domini MCCCXXXII in estate in sompnis (statt somniis) hora meridiei vel citra vidi me esse cum notabili multitudine fratrum minorum iuvenum ultra mare in rippa (statt ripa). et cum descendissemus ad terram, audivimus rumores publicos dicentes antichristum fore natum in oriente in civitate que zayton dicebatur. Et dixi sociis meis: sequeretur me 'quicumque voluerit quia ibo ego et videbo eum. Et ivi apud zayton et sequti (statt secutt) sunt me socii et vidi ipsum puerum sedentem in lecto et loquentem nobis verba ineredibilis deceptionis et quia visionem deseripsi in libro visionum ad plenum qualiter coram eo quasi muti eramus de thesauris suis infinitis, de carbunculo inestimabilis luminis pendente coram eo, de nostra predicatione contra ipsum, de redditu nostro et fuga in occidentem, de predicatione nostra in ytalia et in curia romana, de conflictu meo contra ipsum presencialiter et de mea decapitatione ab eo visionem causa brevitatis aliter hic non seribam. Primo ergo cogit me stupere et mirari quod testis est michi deus tunc nesciebam nec umquam audiveram fore zayton civitatem in mundo, sed post tercio anno, cum legerem litteras, quas quidam sanctus frater ruthenensis nomine Geraldus alboyni, qui per Clementem papam quintum missus in oriente fuerat et se frater nominaret episcopum zayton in dictis litteris, fui subito quasi in extasim conversus quia audivi in veritate fore civitatem illam ad literam in mundo. Et ex tune, quia visio illa diuma mihi indelebiliter impressa fuerat, cepi cogitare quid deus facere vellet et ad quam finem visio deveniret et cepi nimium admirari, publice quidem multis fratribus enarravi cum legerem literas memoratas qui mecum admirari ceperunt. Secundo miror . . (es folgt eine Auseinandersetzung mit gängigen Endzeit-Berechnungen). Joh. zitiert seine eigenen Visiones, in denen er ausführlicher über den Traum geschrieben habe. Im einzigen dafür in Frage kommenden erhaltenen Werk, dem Liber seeret. event., habe ich nichts davon finden können (Vat. Ms. Reg. lat. 1964, Ms. BN Paris lat. 3598). .
Die Tartaren sind an dieser speziellen Stelle nicht genannt, also auch nicht ausdrücklich mit dem Anti christ in Berührung gebracht; an einer anderen Stelle, wie N. 422, scheinen sie allerdings schlimmer als höllische Dämonen zu sein; man fühlt sich an die satellites antichristi erinnert, vgl. S. 258/9. - Die Stadt Zayton in China ist aus der Missionsgeschichte wohlbekannt: oben S. 149, unten 294. - Joh. versichert, er habe den Traum gehabt, bevor er je etwas von Zayton gehört habe: dazu oben S. 49. - Zur Datierung
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aus der Quelle der reichen Erfahrungen, profitiert vom weiten Horizont seines Ordens, der die Ostasienmission in der Hand hält, und bereichert so den eschatologischen Bilderschatz durch viele neue Farben. Ganz so ausschließlich unvorteilhaft aber, wie es bis hierher erscheinen mag, stehen die Tartaren im Weltbild des Franziskanerordens gar nicht da. Johannes' Assoziationen können ihn auch in die umgekehrte Richtung führen, verschiedene Traditionen und Informationen stehen unvereinbart nebeneinander. Während im einen Zusammenhang Türken, Sarazenen und Tartaren als Feinde Christi schließ lich geschlagen werden, werden dieselben Heiden an anderer Stelle wie selbstver ständlich am Ende gerettet 429• In wieder anderem Kontext, mitunter jedoch in der gleichen Schrift, können die Tartaren auch als einzige getauft, die Sarazenen aber und vor allem die Türken vernichtet werden 430. Die Türken beginnen hier, jenen Platz in der eschatologischen Literatur einzunehmen, der ihnen auf Grund ihrer wachsenden Macht und Bedeutung für das Abendland zukommt. Bei den Tarta- . ren überlagern sich Tradition und Aktualität, alte und jüngere Urteile. >>>Danach sah ich einen Mann, angetan mit einem grünen Kleide, der aus dem Osten kam. Und ich sagte zum Engel : Wer ist das, mein Herr? Das ist das Reich, das am Ende des Reiches der Ismaeliten, der Kinder des Ismael, anbrechen und sie vertilgen wird. Es wird nämlich ein König aus dem Osten kommen, dessen Kleidung wird grün sein, und in seinem Reich wird Ruhe herrschen für die Kinder der Kirche. Und er wird die Kirchen und Klöster wiederaufbauen, und die Feste werden wieder gefeiert werden. Und er wird offen die Wahrheit verkündi gen und die Gläubigen werden ihm zujubeln, weil er kommt, um die Kinder Ismaels zu vertilgen. Sie nämlich werden sich gegen ihn zusammenrotten und er wird sie verfolgen bis zu jenem Ort, von dem aus die Stämme der Kinder Ismaels aufg�brochen sind, wo zuerst Teile von ihnen gelebt haben . . . Ich«, so fährt Johannes nach diesem Zitat eines Propheten Sergius fort, »interpretiere nach meiner Meinung, daß jener König, der angetan mit einem grünen Kleide aus dem Osten kommt, ein christlicher König sein wird. Und weil der große König der Tartaren, der heute in der großen Stadt Cambalech herrscht, ein Christ ist, deshalb meine ich, daß er derjenige sein wird, den Gott gewählt hat, um die Sarazenen in den Ländern des Ostens zu vernichten . . . « 43 1 wenn es erlaubt ist, <
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vor allem der Geburt des Antichrist R. E. LERNER, Refreshment of the Saints : The Time after Antichrist as a Station for Earthly Progress in Medieval Thought, in: Traditio 32 (1 976) hier 138/40. 429 Geschlagen : oben N. 424; gerettet Oraculum BN Paris lat. 2599 fol. 205v; Vademecum int. 1+2, S. 498. 430 Vademecum, Einleitungsbrief und int. 12, S. 494 bzw. 502. 43 1 Ostensor Vat. Ms. Ross. 753 fol. 50r: Upost hec vidi virum indutum veste viridi venientem de
oriente. Et dixi angelo: quis est hic, domine mi? Hoc est regnum quod veniet in fine regni hismahelitarum filiorum hismael et evellet eos. veniet enim rex ab oriente, cuius vestimentum erit viride, et in regno eius erit tranquillitas filiis ecclesie. Et rehedificabuntur ecclesie et altal'ia monasteria (die in der 6. Vision zerstört worden sind: fol. 43r). Et renovabuntur festivitates. Et aperte annunciabi tur veritas et ei applaudent fideles, quia venit ad evellendum filios hismael. Cong�egabuntur enim contra eum et confringet eos et persequetur eos usque ad locum, a quo egressi sunt tribus filiorum
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die Parallele von Sergius zu Methodius zu ziehen, so ist in dieser Auslegung der Groß khan der Tartaren doch sehr nahe an den Endkaiser herangerückt432! Näher ist nie ein mongolischer Herrscher einem der großen guten Helden der Endzeit gekommen. Obgleich niemals ein Großkhan Christ wurde, haben doch alle die Religionen ihres Reiches, auch das Christentum, gefördert und beschützt. Mißverständnisse dieses Verhaltens führen im Abendland mancherorts zu der Überzeugung, der Khan sei bekennender Christ, so daß die orientalische Idee der Tartaren-Hilfe bei der Vernichtung der Sarazenen nun ohne Vorbehalte aufge nommen werden kann - im Geiste der alten Hoffnung auf einen Priester Johannes4J3• In so einem zumindest christenfreundlichen Klima im äußersten Osten der Erde - wo Johannes von Rupescissa 1332 aber eben auch den neugeborenen Antichrist gesehen haben will 434 -, nämlich ultra Tartaros, läßt der Karmeliter William of Bloomfield 1348 jenen Knaben geboren sein, der einst zum Endkaiser heranwachsen wird 435. Ein anderer Karmeliter nutzt wenig später das Wissen um die Christenfreundlich keit des tartarischen Großkhans zu einem großangelegten Plan für den Frieden in der Welt. Johannes von Hildesheim fügt in seine um 1364 verfaßte, rasch ungemein weit verbreitete Dreikönigslegende 436 folgenden Abschnitt ein : Eines hismahel, in quo habitaverunt prima partes eorum. /llos autem, qui remanserint ex illis infidelibus, premet iugo furoris. Et prohibebit illos a circumcisione. Et regnabit super civitates, in quibus accipiebant censum capitis propterque multi dimiserunt fidem rectam et sequti (statt secuti) sunt fidem filiorum hysmael. Veh tibi pastor cameloru m, quia prophete convertentur in furorem contra te, eo quod populos errare feceris post te. Et complebitur super illis quod scriptum est. Veh illis qui negaverunt Christum. (U-U im Text unterstrichen) Explicit visio septima. Ego diffinio (sic !) secundum opinionem meam quod iste rex veniens ab oriente indutus viridi veste erit rex christianus. Et quia magnus rex tartarorum, qui dominatur hodie in civitate magna cambalech, christianus est, poro estimo istum fore, quem deus inunget ad delendum sarracenos de partibus orientis. Quoniam ipse timetur ab omnibus aliis regibus tartaroru m lieet sint sarTaceni . . Das Zitat stammt aus einer Serie von Visionen eines Sergius, die U
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jeweils von einem Engel erläutert werden. Vision und Erläuterung gemeinsam bilden dann die Grundlage für des Joh. Auslegung. Das Jagen dorthin, woher ein Volk kam, scheint in der orienta lisch-griechischen Tradition beliebt zu sein: oben S. 269 zu Sidrac. Der von Joh. zitierte Mönch Sergius weist auch in den Osten als Ursprungsgebiet. Joh. setzt wieder ausdrücklich Ismaelit.en un� Sarazenen gleich; ihr Verführer in der Sergius-Vision, der pastor camelorum, ist ausdrücklIch mit Mohammed identifiziert. 432 Vgl. Ps.-Methodios' Darstellung des Sieges über die Ismaeliten S. 89/90, dazu oben N. � 72. . 433 Wirksam werden günstig auslegbare Berichte wie die Briefe des Joh. v. Monte COfVmo, die Gesandtschaft 1338, vor allem aber Haythons Nachricht von der Taufe der Großkhans Möngke (rezipiert Mi. 14. Jh. z. B. von G. Villani VI,59 t. I,S. 281), dessen Name in der Rezeption entfallen kann. Dazu oben S. 115, Vorbehalte 271. 434 Vg!. S. 279. . 435 Ed. LERNER, Black Death, wie N. 420, 552. Im Osten der Erde liegt vieles, z. B. auch das Irdische Paradies; die Tartaren sind hier zum geographischen Begriff geworden (unten S. 285 ff.). - Auch Boccaccio siedelt die Geburt des veltro, Dantes Weltretter, bei den Tartaren an: Zitat oben S. 2 1 7/8. Zumindest seine Interpretation dieser bis heute umstritten gedeuteten Gestalt ist eher säkular denn eschatologisch. 436 Hist. II1 regum: die lat. Ed. HORSTMANN (1 1at., 2 eng!. Hss.) bietet eine sehr vollständige Version; stark verkürzt dagegen die Versionen des lat. Volksbuches. 1364: die Schrift ist Florenz v.
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Tages fielen die Nestorianer von ihren Herren, dem Priester Johannes und dem Patriarchen Thomas, ab in schlimme Häresie. Da sandte Gott gegen sie » rohe und niedrige Menschen, die im Gebiet jener Nestorianer als Hirten lebten . . . , die sich Tartaren nannten und sich einen Schmied zum Anführer wählten« 43 7. Diese besiegten die Häretiker, wobei die Heiligen Drei Könige mehrfach eingriffen 438, und beherrschen h e u te aB ihr Land. » Und sie eroberten Cambalech und . . . Baldach . . und auch Thauris . . . und die Stadt Thauris hieß seit alters Susa . und in dieser Stadt steht im Tempel der Tartaren der D ü rre B a u m, von dem in der ganzen Welt viel erzählt wird. « Er wird wohl bewacht, »denn seit alters und noch heute herrscht überall im Orient folgender Brauch : Wenn ein König oder Herr oder Volk so mächtig wird, daß er [oder es] seinen Schild (scutum vel clipeum) machtvoll an jenem Baum aufhängen kann, dann gehorchen [alle] diesem König oder Herrn in allem und überall . . . Und heute wird der Herr der Tartaren in jenen Gegenden Großkhan, Kaiser von Cathay (magnus canis Imperator Catha gie) genannt, und heute gibt es keinen mächtigeren, größeren und reicheren Herrn auf der ganzen Welt. « 439 Dieser Kaiser der Tartaren aber begünstigt die Christen und das Christentum sehr, und jener Kaiser, der 1341 herrschte, ein Mann von kleiner Gestalt, demütig und fromm, bekannte sich zum unsterblichen Gott (deus immortalis). » Er machte und erließ ein Gesetz in aB seinen Ländern und Reichen, daß jeder Mensch jedem beliebigen Glauben oder Kult anhängen dürfe, solange er nur keine Götzen (ydola) anbete, sondern den unsterblichen Gott.« 440 Die Passage ist nur ein Beispiel dafür, wie Johannes die abendländische Tradition der Legende von den drei orientalischen Königen mit einem Hinter grund versieht, der aus dem neuen Wissen über Asien geformt ist, wie er die verschiedenen Überlieferungen aneinanderpaßt und ineinanderfügt. Zu Motiven, die die Abendländer schon länger kennen, wie dem Priester Johannes, dem Apostel Thomas als Missionar Indiens und den Königen selbst, treten neugewon nene Bilder, wie die Legende vom Schmied, die Macht und die Christlichkeit des tartarischen Herrschers. Zudem führt Johannes eine orientalische Erzählung vom Dürren Baum in Tabris und seiner Bedeutung ein und kann und muß wohl gerade .
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Wevelinghoven gewidmet, ehemaligem Kölner Domkanoniker, ev. zum 200.Jahrestag der Übertra gung der Königsreliquien nach Köln; E. CHRISTERN, Johannes von Hildesheim, Florentius Weveling hoven und die Legende von den Heiligen Drei Königen, in : Jb. d. köln. Gesch.vereins 34/5 (1960) 39-52. Zur Tradition des Werkes Hugo KEHRER, Die heiligen drei Könige in Literatur und Kunst, 2 Bde., Leipzig 1 908/9; Ugo MONNERET OE VILLARO, Le leggende orientali su i Magi Evangelici, Rom 1952. 437 C. 44 S. 298. Zur Geschichte vom Schmied oben S. 232. 438 Ausführlicher zur Rolle der auch bei den Tartaren verehrten (c. 43 S. 297) Könige c. 45 S. 30112. Schon vor 1241 hörte man Gerüchte, die Tartaren wollten aus dem Abendland die Gebeine ihrer heiligen Könige heimholen: N. 278. 439 S. 299 (Hervorh. F , S.). Es folgt eine Aufzählung der beherrschten Gebiete. 440 S. 300. Hier kann man den Weg erahnen, den die Mißverständnisse vielleicht nahmen: oben N. 432, dazu S. 132/3. In diesen Zusammenhang sind die Missionsleistungen der Franziskaner gestellt (S. 299/300); auch 163, N. 448. ,
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an dieser Stelle zusätzlich mit Assoziationen aus der eschatologischen Tradition bei seinem Publikum rechnen 441 . Etwa hundert Jahre früher ist mit dem Buch Sidrac eine mögliche Rolle des Dürren Baumes in der Endzeit verbreitet worden 442; andere, abendländische Orientberichte geben Zeugnis davon, was sich ein lateinischer Christ beim »Dürren Baum« auch noch denken kann : Ludolf von Suchern hat um 1340 ebenfalls gehört, daß der Dürre Baum in Tabris stehe443 - jener Baum, so ergänzt er, »von dem man sagt, daß der Kaiser der Römer an ihm seinen Schild aufhängen müsse« 444. Diese Erklärung nimmt Bezug auf die Legende vom Endkaiser, der nach der Vernichtung Gogs und Magogs seinen Schild in Jerusalem aufhängen soll 445. Johannes von Hildesheim verweist nicht auf diesen eschatologischen Zug, will offenbar nicht ausdrücklich den mächtigen christlichen Großkhan in die Nähe des Endkaisers rücken. Er betont die Macht - von der auch Rupescissa in zweiter Linie sprach 446 - und vernachlässigt die Eschatologie; dennoch haben er und Rupescissa letztlich das gleiche Ziel : Frieden auf der Welt unter christlicher Herrschaft. Denn Johannes von Hildesheim fährt kurz nach der zitierten Stelle fort: »Zu der Zeit, die Gott gefällt, wird es einen klugen und mächtigen Erzbischof von Köln geben, von Gott dazu auserwählt, eine Eheverbindung zwischen dem Sohn und der Tochter des Kaisers der Römer und des Kaisers der Tartaren zu schließen, die Gott dazu bestimmte; und durch diesen Vertrag und diese Freundschaft wird den Christen das Heilige Land zurückgegeben und alles wird dort zum früheren Zustand zurückkehren und zurückgebracht werden.« 447
441 Zwar velmeidet er bewußt Anspielungen darauf, doch er muß sie kennen: Er spricht von Bekanntheit des Dürren Baumes in aller Welt und kennt wohl auch den Bericht Ludolfs (s. u.). 442 Oben N. 378 : Marco Polo berichtete uneschatologisch wie Joh. von einer vergangenen Schlacht um die Weltherrschaft am Dürren Baum. 443 Dieselbe Information bringt, unkommentiert, auch Odorich mit: IrI,1 S. 417. 444 S. 58; danach Josse van Ghistele (148115) S. 275; ähnlich der »Niederrhein. Orientber.« S. 60/1, der nicht auf Ludolfs Ergänzung verzichten möchte. Zu den Quellen Ed. S. 4/5; daß er von Joh. abhängen könnte, ist mit den üblichen Datierungen (Bericht um 1350, Joh. 1364/68) nicht vereinbar. 445 Ursprünglich soll er, Ps. Methodius zufolge, seine Krone am Kreuz zu Golgatha niederlegen, doch Engelbert v. Admont (um 1250-1331), der sich auch auf Method beruft und ihn falsch zitiert, ersetzt hier das Kreuz durch den Dürren Baum (De ortu et progressu, statu et fine Romani imperii, ed. in: M. GOLDAST, Politica Imperialia, Ffm. 1614 S. 772); vgl. Joh. v. Winterthur zum Jahr 1348, S. 280. Die Einführung des Dürren Baumes wird unterstützt durch biblische Reminiszenzen vor allem an das Kreuzesholz (Sproß des Seth, dazu Text ZARNCKE, wie N. 277, Ir S. 127/8), vgl. Reinhold RÖHRICHT, »Der dürre Baum«, in: DERS., Beiträge zur Geschichte der Kreuzzüge, Bd. 1, Berlin 1874, Beilage D, 111112; Quellen knapp und insgesamt vollständig PEUCKERT, »Dürrer Baum., in: LexDtA 2 (1830) Sp. 505-513. Leider stecken in diesem Artikel wie auch s. v. »Antichrist. und .Endschlacht« vIele irreführende Fehler im Detail bei der inhaltlichen Wiedergabe der Quellen. 446 Ostensor Vat. Ms. Ross. 753 fol. 50r, wie N. 43 1 : Den Großkhan fürchten alle anderen - saraze nischen! - Tartarenkönige. 447 C.45 S. 303. Der Ebf. v. Köln verdankt seine hervorragende Rolle dem Zweck der Schrift. - Zu Rupescissas Friedesvision Zitat oben S. 280.
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IV. E I N O RD NUNG IN DAS W I S S E N VON D E R WELT
Auch er träumt den Traum vom mächtigen Herrscher aus dem Osten : Bei ihm verbündet sich dieser mit einem ebenso mächtigen Fürsten aus dem Westen, so . wie das schon in zwei endzeitlichen Legenden, die 122 1 vor Damiette den Kreuzfahrern bekannt wurden, geschah 448. Ziel ist immer die Rückgewinnung des Heiligen Landes, die Wiederherstellung des guten alten Zustandes als Ausweis des Weltfriedens. Welche Ausprägungen die Legenden auch erfahren, ob sie den eschatologischen oder den machtpolitischen Aspekt stärker betonen, an den Mongolen kommt im 14. Jahrhundert keiner vorbei, der Frieden auf der Welt schaffen will. Auch der Reformer Philippe de Mezieres will gegen Ende des Jahrhunderts mit dem Sultan und dem Großkhan darüber verhandeln449• Die Tartaren gelten als so mächtig, daß man sie nicht übergehen kann. Aber diese Macht nimmt stetig ab. Schon zur Zeit des Johannes von Hildesheim sind die Tartaren in ihrer Bedeutung eigentlich weithin von den Türken, die gefährlicher und damit politisch interessanter werden, verdrängt worden. Nur noch einmal gelingt es dem »Tartaren« Timur, endzeitliche Zeichen zu setzen, die zumindest von einigen Abendländern als solche wahrgenommen werden 450. »Und von diesem Tamerlanus hat, so wollen einige wissen, ein gewisser heiliger Gregorius . . jene großartigen Taten und Kriegszüge vorhergesagt, die er voll brachte, und hinzugefügt, daß innerhalb kurzer Zeit nach dem Tod dieses Tamerlanus die Religion des genannten Machometus verschwinden werde und die Christen jene Länder zurückerobern müßten. ,, 45 1 . Dietrich von Niem, der geneigt ist, Timurs Macht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Ankunft des Anti christ zu setzen 452, gibt hier kurz eine armenische Prophetie wieder, die Erzbi schof Johannes IH. von Sultaniyah nach 1402 nach Westen mitgebracht hat453• Die orientalischen Christen haben Timurs Vormarsch über längere Zeit aus nächster Nähe beobachten können und viele Erwartungen mit ihm verbunden; für den Westen jedoch versinkt sein Stern zu rasch nach dem Türkensieg wieder, um dauerhaft Hoffnungen für die Eschatologie zu wecken. .
448 Die beiden Herren aus dem Westen und dem Osten siegen in ihrem Weltteil und treffen sich in Jerusalem (so weit Jacques de Vitry, ed. R. B. C. HUYGENS, Leiden 1960, 152) am D ü r r e n B a u m , der wieder grünt (Prophetie de Hannan, ed. R. RÖHRICHT in: Quinti Belli sacri scrip tores minores, Genf 1879, 213; grünen wird der Baum auch bei Sidrac wieder, wenn der Papst bei ihm eine Messe hält; vgl. Mandeville I S. 44/5). Auch hier sind Zusammenhänge mit den Traditionen, die Joh. v. Hildesheim verarbeitet hat, denkbar, auch Assoziationen möglich gewesen. 449 Songe 11 S. 426. 450 Weniges über die Einschätzung Timurs als Geißel Gottes hinaus: vgl. S. 257 mit N. 318. 451 Dietrich von Niem, De scismate 1 1 ,30 S. 1 76. 452 Vgl. Kapitelfolge De scismate I. III: c. 40 über die Verderbtheit der Päpste, c . 4 1 Anzeichen für die Ankunft des Antichrist, c. 42 über Reich und Macht der Tartaren und ihres berühmten Herrschers Tanberlan, c. 43 über den Zusammenbruch des Glaubens und des Reiches. 453 Libellus S. 98/9, vgl. UB Graz ms. 122 1 fol. 85v/86r (uned.): vor allem in Bezug auf Timur sei schon fast alles WOItwörtlich eingetroffen. Die Prophetie spricht vom �bogenschießenJen Volh, wie jene, die schon Rubruk mitbrachte, oben S. 272 . •
DAS G E O G RA P H I S C H E WELTBILD
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Im 15. Jahrhundert sind die Mongolen fast völlig aus dem eschatologischen Schrifttum verschwunden, haben jedoch längst, das wurde oben schon gezeigt, ihren Platz in der Weltgeschichte gefunden. Denn weil sie nun einmal aufgetaucht sind, und da recht bald die Diskrepanz zwischen ihrer Existenz und der Überlieferung auffällt, ist die ganze Geschichte ihrer historischen Einordnung gezeichnet vom Bemühen um Auflösung des den einzelnen Auto ren mehr oder weniger bewußten Widerspruchs. Die Tartaren müssen wie alles auf der Welt in der Geschichte ihren Platz haben, und da die Tradition weitgehend versagt, wird alles Wissen, das mit der Zeit über das fremde Volk nach Westen gelangt, dafür eingesetzt. Man versucht, abendländisches Legen den-Vorwissen anzuwenden, das dabei vor allem durch die Reisenden r e v i d i e r t wird. Was von den vorgefundenen Realitäten überholt erscheint, wird b e i s e i t e g e s c h o b en oder v e r ä n d e r t, v e r b e s s e r t anhand mongoli scher Erzählungen. Auf der anderen Seite i n t e r p r e t i e r t man neu bekannt werdende tartarische Legenden a b e n d l ä n d i s c h. Synthesen, Verschmelzun gen gelingen, deren Schwergewicht je nach Offenheit des Autors - Reisende haben dabei durch ihr eigenes Erleben Vorteile vor Rezipienten - sich mehr zur abendländischen oder zur orientalischen Seite neigt. Besonders eschatolo gische Interpretationen der Tartaren, die ja als für die Zukunft bedeutsam angesehen werden, ü b e rp r ü ft man immer wieder, korrigiert sie mit bemer kenswerter Flexibilität und paßt sie den gerade gängigen - zum Beispiel poli tischen - Urteilen ür.er die Tartaren an. Dadurch gewinnt die endzeitliche Darstellung der Tartaren mit der Zeit äußerst eigenständige Züge. Diese ernsthaften Bemühungen um die Integration der Tartaren in die Welt auf einem sehr wichtigen Gebiet zeigen die Bereitschaft und die Fähigkeit der Abendländer zu lernen, wenngleich die ganze Fragestellung, der Rahmen, in den eingeordnet wird, rein lateinisch-christlich ist und bleibt.
3. Das geographische Weltbild unter dem Einfluß der Öffnung Asiens Das zunehmende Wissen und die Zugänglichkeit von Asien haben die Tartaren für die Praktiker oft zu Partnern gemacht und gelehrt, mit ihnen umzugehen; sie ließen die Abendländer die Eigenheiten dieses Volkes kennenlernen und es als historisches Phänomen einordnen. In all diesen Bereichen gab es grundsätzlich Raum für Neues oder wenigstens für weitgehende Variationen von Erwartetem oder Bekanntem. Größere Schwierigkeiten macht das geographische Weltbild, abgeschlossen und festgefügt in bestimmten Formen im ganzen wie im einzelnen, an denen sich die Zeitgenossen, je mehr Informationen schon seit der Kreuzzugs zeit aus Asien (und Afrika) nach Westen gebracht worden sind, immer öfter stoßen und die sie mit der Zeit zu verändern lernen müssen.
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IV. E I NORDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
»Ich sah dort [beim Khan in Karakorum] auch Boten eines Sultans von Indien . . . Als ich sie über Indien befragte, wo es von jenem Ort aus liege, zeigten sie selbst es mir gen Westen. Und jene Boten sind mit mir fast drei Wochen lang immer nach Westen zurückgereist.« 454 Wilhelm von Rubruk findet sich unversehens jenseits der Grenzen des mittelalterlichen Erdkreises wieder, in dessen äußerstem Osten Indien liegt ! Dieser orbis der Erde ist nach der Tradition rund, mit einer vom Oceanus umgebenen Landrnasse, die zur Hälfte von Asien, zu je einem Viertel von Europa und Afrika eingenommen wird. Im sogenannten T-Schema der Welt - beliebt neben der Möglichkeit, die Welt in Klimazonen einzuteilen - grenzen drei Gewässer - das Mittelmeer, der Don (Tanai's) und der Nil - die Erdteile voneinander ab 455. Im Zentrum dieser Welt liegt Jerusalem, im äußersten Osten das Irdische Paradies, ganz in dessen Nähe die drei Indien (mit denen die Abendländer nicht zuletzt auch bestimmte, von der phantastischen Dichtung genährte Vorstellungen verbinden) 456. Afrika zieht sich oft weit nach Osten, so daß der Indische Ozean zu einem schmalen Sund und Äthiopien zum dritten Indien werden kann 457. Die Namen der Völker und Länder der Welt liegen gesammelt in Katalogen vor, die vor allem auf die antiken Geographen und Isidors Etymologiae zurückgehen, seither kaum verändert wurden und extrem konservativ sind und von Enzyklopädisten und Chronisten - vor allem im Zusammenhang von Noahs Weltaufteilung - bis weit ins späte Mittelalter hinein immer wieder abgeschrieben werden 458. Noch in der Kreuzzugszeit sind die Abendländer überzeugt, sich stets auf Gebiet zu bewegen, das ihnen aus der Bibel und den antiken Geographen bekannt ist; je weiter sie aber nach Asien vordringen, desto mehr wissen sie Diskrepanzen zwischen den Beobachtungen und dem erlernten Wissen im großen wie im Detail festzustellen. Bereits das Auftauchen der Mongolen hat viele Betrachter im 454 Rubruk XXXVI,3 S. 306. 455 Damit bilden sie, schematisiert, die Form eines ,.T_ : z. B. Dati, Sfera III, l1 S. 30; BAGROW/ SKELTON, Meister, 49/50; es kann leicht verschoben sein: Descriptiones terra rum (wie N. 273) 1 S. 72 1 . - Klimazonen: BAGROW/SKELTON, a. a. O. 55/6 (Pierre d' Ailly); vgl. A. D. V.D. BRINCKEN, Die Klimakarte in der Chronik des Johannes von Wallingford - ein Werk des Matthäus Parisiensis ?, in : Westfalen 51 (1973) 47-56. Dazu gleich das Zitat von Matthäus Parisiensis. 456 Zwei oder drei Indien kennt das mittelalterliche Weltbild, z. B. Jordan v. Severac, Mirabilia S. l1l ff. Zur kartographischen Darstellung s. u. Der im Mittelalter wohlbekannte Alexander erreichte in Indien den östlichsten Punkt; zu Indien als Wunderland im Osten oben S. 2 10/1 ; zu den Wundern z. B. KApPLER, Monstres, wie S. 17, N. 38; B. Roy, En marge du monde connu : les races de monstres, in: Aspects 70- 8 1 ; JOHANEK, Weltbild. Noch heutige geographische Benennungen gründen in den damaligen Vorstellungen (Indonesien, Indochina, Hinterindien). Wohlbekannt ist des Columbus' Wunsch, nach Indien als dem Osten der Erde zu gelangen; zur Beharrung bestimmter Namen unten S. 288/9. 457 Auch noch auf späten Karten, z. B. Andrea Bianco (Bild 30 ) . 458 Beispielhaft Honorius Augustodunensis (12. Jh.), De imagine mundi, MPL 172 Sp. 115; noch spät, auch in Werken, die an sich Veränderungen gegenüber offen sind: z. B. Pierre d'Ailly, Ymago mundi S. 254. - Noah unten S. 3 1 7. •
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DAS GEO GRAP H I S C H E WELTBILD
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Westen nachdenklich gemacht, denn jenes Volk, das man »Tartaren« nennt, hat im traditionellen Weltbild keinen Platz. »Und weil die ganze Welt sieben Klimata umfaßt, nämlich das der Inder, der Äthiopier oder Mauren, der Ägypter, der Jerusalemitaner, der Griechen, der Römer und der Franken, und in unserer ganzen bewohnbaren [Welt] keines davon so weit entfernt ist, daß es die Kaufleute nicht zu Schiff aufsuchen würden , weshalb der Dichter Horaz sagt : >rührig fährst Du, Kaufmann, bis ins äußerste Indien< - wo haben sich dann so viele und solche [Menschen] bis heute verbor gen ?« Matthäus Parisiensis (bis 1259) zitiert hier das überkommene Weltbild, so wie das ähnlich noch um 1300 auch Ricold von Montecroce tut, wenn er fragt, wie denn die Tartaren offensichtlich den Alten, sogar den heiligen Büchern entgehen konnten 459. Daneben aber beruft sich Matthäus auch auf jüngere, eigene abendländische E rf a h r u n g, auf die Fernhändler als diejenigen Abendländer, die ü b e r a l l hin kommen. Nicht zu Unrecht stehen die Kaufleute in diesem Ruf, denn sie sind es, die, wie gezeigt, als erste ein neu zugängliches Gebiet erschließen. Im 15. Jahrhundert wird ein Venezianer selbstbewußt formulieren : »Weil sich das römi sche Reich nicht mehr wie einst über die ganze Welt erstreckt . . . wäre der größte Teil jenes winzigen Bereichs, der heute bewohnt wird, u n b e k a n n t, wenn nicht die venezianischen Händler und Seeleute ihn g e ö ff n e t hätten.« 46o Aber, und auch das stellen Matthäus wie Ricold fest, obwohl es eigentlich unmöglich ist, s i nd die Tartaren da und h a b e n sich offenbar verbergen können. Das erregt nicht nur Verdacht wegen ihrer Absichten 461, sondern es schafft tiefe Verunsicherung über ihre Identität und Herkunft: Sie sind, wie abwartend formuliert wird, ein »unbekanntes Volk«, von dem man nicht, n o c h nicht, wisse, woher es gekommen sei462. In der Anfangszeit werden nur Vermutungen über die Herkunft geäußert : die Tartaren kommen aus dem Osten oder Norden, vielleicht auch ursprünglich aus dem Süden, sie sind von Inseln aufgebrochen oder hinter Bergen 463. »Wie man sagt«, so gibt der Annalist von St. Pantaleon in Köln kurz 459 MP CM IV S. 120. Das ganze Ricold-Zitat wörtlich oben S. 248. - Zur Einordnung der Mongolen in Geo- und Kartographie vgl. neuerdings A. D. v. D. BRINCKEN, Fines Terrae, bes. Kap. 111.9. 460 Giosafat Barbaro S. 67 (Hervorh. F. S.); die lat. Übers. d. 17.Jh. ergänzt: aperuissent a t q u e illustrass e n t (durchstreift; S. 441 ; Hervorh. F. S.). 461 Der Zusammenhang des Matthäus-Zitats sind die Überlegungen zu den Verdächtigungen gegen Kaiser Friedrich 11., mit dem geheimnisvollen Volk im Bunde zu sein, vgl. auch S. 123 mit N. 239. 462 gens ignota: Macchäus Parisiensis an der zitierten Stelle; dazu z. B. Ann. Scheftlar. Maiores S. 341; Ann. Admunt. S. 597. - Nichtwissen: Z. B. Friedrich 11. in MP CM IV S. 112. - adhuc ignoratur unde: Richer v. Sens um 1256 IV c. 20 S. 310 (Hervorh. F . S.). 463 ab ortu solis: Ann. Gotwic. Cont. Sancruc. 11 S. 640. Norden: auch gleich die Berge; Süden, von dort aus über den Norden nach Europa: Friedrich 11., MP CM IV S. 112. - de insulis ebulliens: Chr. Bury St. Edmunds (um 1265) zu 1239, S. 10; Joh. V. Tayster S. 588. - a regione sua montibus circumvallata: MP CM IV S. 76. Vgl. den ungarischen Bf., wie S. 207. - Überwindung einer riesigen Sandwüste Marignolli S. 528. de cavemis (Ann. de Theokesberia S. 118): Mißverständnis des Vergleichs der Ann. de Burton S. 258? -
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IV. E I N O R D N U N G I N DAS W I S S E N V O N DER WELT
nach 1241 eine Meinung wieder, »ist dieses Volk aus den äußersten Gebieten Skythiens, von weit jenseits der Mäotischen Sümpfe ausgezogen«. Jedoch, so fährt · er wenig später fort, vorläufig weiß man bei weitem noch nicht genug über diese Tartaren, um Definitives sagen zu können 464. Um Klarheit über das »unbekannte Volk« zu erlangen, werden spätestens seit den vierziger Jahren des 13. Jahrhunderts eifrig möglichst viele zuverlässige Informa tionen über die Mongolen und ihre Herkunftsorte gesammelt; im Jahre 1245 sendet Papst Innocenz IV. seine Kundschafter aus, die sich auch über den Ursprung der Tartaren erkundigen sollen 465. Sie und spätere Reisende - auch solche, die nicht in eigener Person bis nach Ost asien vordringen - sammeln bei den Mongolen selbst Nachrichten über deren Herkunftsland und ergänzen damit die im Westen verfügbaren früheren Informationen. Was beobachten nun die Reisenden, und wie benutzen sie und ihre Rezipienten diese Beobachtungen zur Klärung der geogra phischen Einordnung der Tartaren ? Johannes von Plano Carpini lokalisiert treffend das Kernland der Mongolen, zu dem er nach langer Reise gen Osten gelangt, dort, »wo sich, wie wir glauben, der Osten mit dem Norden vereinigt« 46\ und beschreibt es detailliert : Im Osten liegt das Gebiet der Kitai und das der Solangi, im Süden das der Sarazenen, im Südwesten das der Huii und im Westen das der Naimani; im Norden schließlich wird das Tartarenland vom Oceanus umgeben 467. Diese Beschreibung einer Region durch die umliegenden Gebiete ist eine ganz übliche Methode der mittelalterlichen Weltbeschreibung, doch erklärt sie in diesem Falle Unbekanntes weitestgehend mit Unbekanntem. Zwar sind der nördliche Ozean 468 und die Sarazenen ein Begriff dafür aber fehlen andere Namen aus der traditionellen Geographie Asiens, die die abendländischen Zuhörer und Leser des J ohannes wohl eigentlich erwartet hätten . •
464 Ann. S. Pantal. S. 535 bzw. Zitat oben S. 199. Diese antike Benennung taucht im 13.Jh. (im Gegensatz zu humanist. Schriften des 15.) noch selten auf, vgl. Rubruk II,l S. l72. Gerade an dieser Stelle ist die korrekte Wiedergabe des Textes Albert Behams (S. 42) durch den Humanisten Aventin unsicher. Mäotische Sümpfe: nach der antiken Geographie oft mit dem Asowschen Meer gleichzuset zen, N. 5 14. Gilles le Bouvier aber schreibt um 1450 von den mares de Motilde zwischen Preußen und der Tartarei (S. 80, 99); vgl. Karte des Andreas Walsperger 1448 (Ausst.-Kat. Biblioteca Palatina, Heidelberg 1986, Bildbd. S. 236). - Zu Skythien vgl. unten. 465 Zur Aktion des Papstes vgl. S. 31 /2 u. 74/8; zu früherem Interesse 198. Befragt werden Augen zeugen (wie 56ff.); auch Mongolen selbst (207). - Ob bei der Suche nach Identifikationen die mögliche end zeitliche Bedeutung, die ethnisch-geographische Einordnung oder eine Mischung aus beidem das Ziel ist, läßt sich, vor allem in der Anfangsphase der Kontakte, nicht immer trennen. Noch in den 60er Jahren wird Roger Bacon geographische Untersuchungen zum Zwecke eschatologischer Klärungen fordern (oben 26 1/2), doch bei anderen Autoren ist zu dieser Zeit bereits recht eindeutiges Interesse an einer der Möglichkeiten erkennbar. 466 1,3 S. 29. Genauso Vinzenz v. Beauvais XXXI,3 S. 1286; ev. danach Jean LeLong Sp. 684. Wahrscheinlich unabhängig Franziskaner in Caffa 1323, ed. BIHL/MoULE I S. 110: inter orientem vergens et aquilonem. Zur Beschreibung des Joh. oben S. 208. 467 1,3 S. 29, ebenso Vinzenz. 468 Oculus übernimmt und deutet: der gleiche Ozean, an den auch Norwegen und Rußland grenzen, oben S. 58, N. 75, fol. 82vb-83ra). Tartaren am Nordrand der Welt N. 524 .
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Thomas von Split, der des Johannes Bericht wahrscheinlich kennt und die Ortung zwischen Osten und Norden übernimmt, holt das Versäumnis nach: »Man sagt aber, daß ihr Land an das äußerste Indien grenze« 469. Auch Simon von St-Quentin, der zwar selbst nach Asien reiste, jedoch nicht über den Vorderen Orient hinausgekommen ist, interpretiert offenbar das Ergebnis seiner Erkundi gungen im Lager der Mongolen dahingehend, daß ihr Ursprungsland in der Nachbarschaft Indiens liege 470 . Noch so genaue Schilderungen tatsächlicher geo graphischer Verhältnisse bleiben unverständlich, solange sie nicht in irgendeiner Form in das überkommene Bild der Erde eingebunden werden können, und deshalb sind die geographisch interessierten Abendländer fast immer bestrebt, Bekanntes in jenem Unbekannten, von dem die Reisenden bei den Mongolen erfahren, aufzufinden. Die Mongolen selbst erzählen zum Beispiel, sie seien hinter Bergen aufgebro chen. »Die Region der Tartaren liegt jenseits des großen Berges belgian«, so berichtet 1307 der Armenier Haython 471 . Ein Nachsatz fügt erklärend hinzu: »Dieser Berg wird im Buch Alexanders erwähnt, wo von den wilden Menschen, die er gefunden hat, die Rede ist« . Ob Haython selbst Alexander erwähnt hat, ist ungewiß, denn für ihn sind Bezugnahmen auf in der abendländischen Tradition bekannte Legenden ganz untypisch, sein Werk aber wurde von einem Abendlän der redigiert472• Sicher jedenfalls bedarf die mongolische Beschreibung des Her kunftsortes der abendländischen Interpretation, um verstehbar, vorstellbar und damit brauchbar zu werden. Den Berg aber oder die Berge aus dem Alexanderroman kennt jeder Abendländer : Es sind, wie Giovanni Villani vor 1348 die Andeutung bei Haython erläutert, die montagne di Gog e Magog, hinter die Alexander die zehn Stämme der Juden einschloß und die oft montes Caspiae genannt werden 473. Um die Erzählung seiner mongolischen Gewährsleute, auf die er sich ausdrücklich bezieht, zu verstehen, vollzieht J ean de Joinville offenbar eine ähnliche Identifika469 S. 590 Z. 39. Z.37/8 zitiert Thomas wohl die Lokalisation des Plano Carpini: regio illorum in ea parte orbis sita, ubi oriens coniungitur aquiloni. Zum Indienbegriff oben S. 286. 470 XXX,69 S. 27. 471 rn,1 S. 147 bzw. 283 (vgl. 7 S. 153 bzw. 288). Für Haythons Quellennähe spricht dieser Name, der das Gebirge Burqan am Rande des mongolischen Ursprungsgebietes meinen dürfte (Geheime Geschichte, übers. TAUBE, wie N. 281, Karte des Stammgebietes im Anhang). 472 Auch der Priester Joh. fehlt völlig. Der Armenier übergab sein Werk 1307 in Poitiers dem Papst; entstanden ist es unter maßgeblicher Beteiligung des Nicole Falcon aus Toul, der es erst französisch nach Diktat niederschrieb und dann ins Lateinische übersetzte (so S. 253 bzw. 363). Wieviele Eingriffe er sich erlaubte, ist nicht auszumachen; gerade an dieser Stelle könnte man einen vermuten: die frz. Hss. haben die Ergänzung durchgängig, in manchen lat. fehlt sie. Haythons Berichte bedürfen auch an anderer Stelle des identifizierenden Vergleichs mit dem abendländischen Weltbild: unten S. 300 Paulinus Minorita. - Manche abendländische Legende wird auch in anderen Werken fast verzweifelt verifiziert und erfährt bemerkenswerte Veränderungen: unten N. 623 zu Marco Polo. 473 G. Villani V,29 t. I S. 209. Zur Entstehung und Bedeutung dieser Interpretation, zum Legenden zusammenhang vgl. 5. 259/60. - C. de Bridia erläutert durch .Gog und Magog« Plano Carpinis Bemerkungen zu den Kaspischen Bergen: oben N. 352. -
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tion: »[Die Tartaren] sind von einer großen Sandebene gekommen . . . Diese beginnt an riesigen wunderbaren Felsen, die im Osten am Ende der Welt liegen und die noch niemals ein Mensch überschritt, wie die Tartaren bezeugen, und sie sagen, dort seien die Völker Gog und Magog eingeschlossen worden . . . « 474 Zwar bleibt, wie im vorhergehenden Kapitel gezeigt, jede zu enge Beziehung zwischen den Tartaren und den Endzeitvölkern Gog und Magog - während Joinville deutlich trennt, identifizieren andere, wie auch Villani, nicht nur die Berge, sondern auch die Völker - wegen der endzeitlichen Bedeutung der letzteren umstritten 475. Doch wie sogar die Volksnamen Gog und Magog bei Villani und anderen, wie ebenfalls schon oben zu sehen war, einer vom eschatolo gischen Sinn weitestgehend unabhängigen ethnischen Erklärung dienen kön nen 476, so haben besonders die Berge ihre rein geographische Bedeutung. Aller dings kommen dem modernen Beobachter Zweifel, ob den Zeitgenossen die genaue Lage dieser Berge ganz klar gewesen ist, denn während Joinville vom äußersten Osten spricht, erklärt Tholomäus von Lucca: » . . . andere sagen, daß [die Tartaren] aus den Kaspischen Bergen hervorkamen, die Parthia, die Nachbarpro vinz Indiens, von Assyria scheiden, und wo Alexander . . . die zehn Stämme des israelitischen Volkes . . . einschloß. « 477 In der Zeit selbst jedoch sind die fraglichen Berge, unabhängig von der konkreten Vorstellung, unumstritten ein bekannter Ort im überkommenen Weltbild, den der Abendländer grundsätzlich lokalisieren kann - genauso wie die montes Indiae oder die hyperborei montes, mit denen die mongolischen Berge an anderer Stelle identifiziert werden 478 . Solche prinzipielle Bekanntheit vor allem traditioneller geographischer Begriffe ohne sichere Ortsbestimmung479 - über die sich die Zeitgenossen aller dings meist keine Rechenschaft ablegen - mag dazu beigetragen haben, daß unter den Abendländern des späten Mittelalters keine rechte Einigkeit darüber . herrschte, wie weit im Osten das Tartarenland anzusiedeln sei. Neben die oben zitierte Information des Plano Carpini, daß östlich der Mongolen weitere Völker zu finden seien, tritt die Überzeugung, die Tartaren stammten »aus dem äußersten
474 Histoire (1305/6), 473 S. 258 Ooinville ist selbst im Orient gewesen, oben N. 19). Im Gegensatz zu Plano Carpini und Simon sind die Berge eindeutig noch verschlossen (wie auch in den kartographi schen Beispielen N. 356). So auch, wenn wie meist die Völker Gog und Magog getrennt von den Tartaren erscheinen (z. B. Mandeville I S. 176/8; Christine, Chemin vv. 1467/70). 475 Vgl. S. 262. Nicht recht zufrieden scheint z. B . Richer v. Sens im N. 462 zitierten Zusammenhang. 476 Die Übergänge sind zwar sicher fließend, doch sind einzelne Zitate (wie S. 263/4) nicht anders zu verstehen. 477 Tholomäus v. Lucca zu 1202, Hist. XXI,4, Sp. 1121. Äußerster Osten: vgl. N. 474. 478 montes Indiae, vor allem im Zusammenhang mit der Legende vom indischen Priesterkönig Joh. (wie S. 248/5 1 ) : Martin v. Troppau (S. 471) und weitgehend auch seine Nachfolger, u. a. Tholomäus v. Lucca, wie N. 477. hyperborei montes: Jakob v. Maerlant, Alexander VII,1296 S. 261; Karten z. B. Velletri wie Nr. 207; Fra Mauro Bild 3 1 ; ähnlich MP CM 111 S. 488 zu 1238 (sub montibus borealibus). - Zum Weg, den die Tartaren genommen haben sollen, im folgenden; dort montes H.iphei. 479 Dazu S. 300 der Begriff »5kythien« . •
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Osten« der Welt 480 . Selbst die Herstellung der geographischen Verbindung zwischen dem Tartarenland, den westlichen Gebieten Asiens und Europa kann die Genauigkeit der Abgrenzung nach Osten nicht erhöhen, weil auch die Vorstellungen von Maßen und Entfernungen in Asien, auf die noch ausführlicher zurückzukommen sein wird, höchst unklar sind. Eine örtliche Verknüpfung des Landes der Tartaren mit den westlichen Regionen der bekannten Welt ist mit Hilfe der Wegbeschreibungen der Reisenden - sei es nun ihres eigenen Reiseweges oder des Eroberungszuges der Tartaren 481 möglich, denn an irgendeinem Punkt müssen sie einmal von bekannten Gebieten ausgehen oder diese erreichen. Ein schönes Beispiel dafür, wie ein in der über kommenen Geographie bewanderter Zuhörer einen Reiseweg in sein Weltbild einzubetten versucht, bietet der Bericht des Benedikt von Polen. Der gelehrte Kleriker, der Benedikts Reiseerzählung 1247 in Köln aufzeichnet, macht seine eigenen Interpretationen kenntlich : An der Grenze von Kumanien »fanden sie [= Benedikt und seine Begleiter] . . . viele Sümpfe . . . , von denen w i r glauben, es seien die Mäotischen Sümpfe«, und im Lande der Karakitai »fanden sie ein Meer zur Linken, das w i r für das Kaspische Meer halten« 482. Die Tartaren ihrerseits haben einst ihre Heimat, unbestimmbar weit im Osten »jenseits aller Caldäer« 483 - auch das ein » bekanntes« Volk oder Gebiet verlassen, doch eines Tages gelangten sie bei ihrem zerstörerischen Vordringen nach Georgien und Armenien 48\ Rußland und Kumanien, sie haben, um es mit den Begriffen der antiken Geographie zu sagen, die vor allem das 15. Jahrhundert benutzen wird, die Ripheischen Berge oder die Mäotischen Sümpfe übelwunden und sind über Transsylvanien oder Pannonien nach Ungarn und Polen eingefal_
480 Ulrich v. Richenthal aus Konstanz spricht um 1417 von Groß- und Kleinindien, das 10 Tage retro Tartaria, ubi Tartaria finem habet liege (S. 203). Wenn hingegen William Bloomfield 1348 erzählt, der Knabe, der einst zum Endkaiser heranwachsen werde, sei ultra Tartaros geboren, so liegt möglicherweise auch eine gedankliche Verknüpfung mit dem Irdischen Paradies, im traditionellen Weltbild ganz im Osten, vor: oben N. 435. Karte des Andreas Walsperger: im Osten das Paradies, das Reich des Priesters Joh. und anderes (wie N. 464; vgl. S. 3 16). ab extremis finibus orientis fälschlich für die Boten des persischen Ilkhans 1276 in Paris (Guillaume de Nangis, Chr. ed. RHF S. 565). Ganz bewußt der Oculus, der Plano Carpini oder Vinzenz sehr wohl kennt (oben S. 58, N. 75): die Tartaren haben alles bis ans Ende der terra habitabilis erobert, so daß nun östlich von ihnen kein Volk mehr lebt (fol. 80ra): obgleich hierbei auch das zunehmende Wissen über Cathay (Haython 1,1 S. 262, den Oculus kennt: nulla est ulterius habitatio gentium) als Tartarenreich mitgespielt haben mag, sind doch weite Kreise davon überzeugt, daß das Tartarenreich bis ganz nach Osten reicht: dazu unten. - Zwar lokalisiert man die Wunder, die man an den Rändern der Welt vermutet, selten in der Tartarei, sondern noch weiter außen (oben S. 210/1); verschoben wird jedoch meist eher nach Süden. 481 Reiseweg z. B. Plano Carpini IX,19 S. 111112. Eroberungszug: z. B. ebd. V S. 5 1 H.; verbreitet über Vinzenz (XXXI,8ff. S. 1288 ff.) u. Paulinus Minorita (Vat. Ms.lat. 1960 fol. 244rb/va). 482 C. 8 S. 138 bzw. c. 8 S. 139 (Hervorh. F. S.): das Kaspische Meer nach dem alten Weltbild, als Ausbuchtung des Nordmeeres. Zum Kleriker oben S. 63. 483 So ortet ein weitgereister Engländer (vgl. N. 43) 1241 das Herkunftsland der Mongolen: MP CM IV S. 275. Die Lokalisierung von Tarsis, unter der Herrschaft der Tartaren, noch »jenseits� von Persien: Jean LeLong Sp. 650. 484 Zwar glaubt Matthäus Parisiensis, die Lage des Landes erklären zu müssen (es liegt nicht weit von Jerusalem und reicht bis Indien), aber der Name ist prinzipiell bekannt (CM V S. 341). -
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len 48S• Damit sind auch alle Gebiete, die die Mongolen vorher durchstreift haben und die in manchem Bericht aufgezählt werden, an Europa angeknüpft, und auch fremde Namen können wiederum abendländisch interpretiert werden, wie es Platyna (t 1481) tut: »[122 1 ] haben [die Tartaren] . . . nach Aufbruch aus den Bergen Indiens, nach Verwüstung von Parthia, Media, Persia, Assyria und Armenia schließlich die Sarmaten erreicht und sich nicht weit vom Mäotischen 6 8 . d ergeIassen.« 4 Sump f . . . me Immer wieder versuchen die Abendländer also, durch Anknüpfung an Begriffe des gängigen geographischen Weltbildes oder Identifizierung mit diesen, die neuerforschten Gebiete in dieses einzufügen. Diese Bemühungen sind - ganz unabhängig von der objektiven Richtigkeit ihrer jeweiligen Ergebnisse - wie oben bereits betont für das Verstehen und Erlernen des Neuen unbedingt notwendig, damit dieses nicht sinnlos unverbunden im Raum stehen bleibt. Es hätte auch heute wenig Sinn, zum Beispiel in der vorliegenden Arbeit ausschließlich mit der mittelalterlichen Terminologie zu operieren : Die unbekannte Begrifflichkeit bliebe ohne Identifikationen mit der bekannten unverständlich. Demgegenüber fällt auf, wie zurückhaltend und vorsichtig die Reisenden, gerade die am weitesten gereisten, mit dem Gebrauch bekannter Namen sind, wie selten sie sich mit der Tradition direkt auseinandersetzen 4 87. Dieses Zögern entspricht der zu Anfang dieses Kapitels anhand des Beispiels Rubruks geschilderten Verunsicherung über die Stimmigkeit des Weltbildes. Je weiter ein Abendländer nämlich in den Osten Asiens gelangt, desto mehr stößt er in Gebiete vor, die er aufgrund seiner traditionellen geographischen Kenntnisse nicht erwarten konnte, immer weiter dehnen sich die Entfernungen. Allerdings bedeutet der vorsichtige Umgang mit der Überlieferung kein . Verwerfen von deren Gültigkeit, noch keine klare Erkenntnis, daß man tatsäch lich an einigen Stellen auf Neuland vorgestoßen ist, daß man wirklich bis dahin unbekannte Regionen entdeckt hat. Zweifel mögen vielen Reisenden gekommen sei, und manch einer zieht Konsequenzen aus eigenen Erfahrungen. Wilhelm von Rubruk hat das Kaspische Meer im Norden und Westen, ein anderer Bruder im Süden und Osten umschritten, und Rubruk stellt fest: » es ist nicht wahr, was Isidor sagt, daß es nämlich eine Ausbuchtung des Ozeans sei.« 4 88 Selten jedoch •
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485 Ripheische Berge, qui dividunt Asiam Maiorem ab Europa: Andrea Dandolo S. 289; Flavio Biondo, Hist. ed. NOGARA S. 280, Bernard de Corio S. 324 und viele andere; Mäot. Sümpfe schon oben die Ann. S. Pantal. wie S. 287/8; Transsylvanien: Biondo a. a. 0.; Pannonien: Corio a. a. o. Vorher durch die ungarischen Marken, quale loro chiamano le selve (offenbar nach Dandolo a. a. O. od. ä.). 486 Platyna, Liber de vita S. 230. Ganz ähnlich zu 1202 Matthäus Palmerius (Mi. 15. Jh.) S. 100 und Jacopo Foresti (Ende 15.) fol. 272v. 487 Plano Carpini erwähnt kommentarlos gelegentlich Isidor (V,33 S. 74/5); die Interpretationen im Bericht Benedikts stammen, wie es scheint, alle vom Schreiber. 488 XVIII,5 S. 2 1 1 : kritisch, aber zu Recht nicht durchweg verwerfend: Rubruk verifiziert auch Angaben Isidors (wie N. 544); unten S. 304 Pierre d' Ailly. Schon antike Tradition berichtet von einem Binn�nmeer, aber Rubruk beruft sich ausdrücklich nicht auf Autoritäten, sondern seine Erfahrung.
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formuliert ein Ostasienreisender - ganz abgesehen von den Rezipienten zu Hause - die Erkenntnis, daß er in einen Bereich vorgedrungen sein könnte, der im bisherigen Bild der Erde tatsächlich noch nicht vorgekommen ist. So sehr entsprechende Einsichten auch vorhanden gewesen sein mögen, hier setzt das geschilderte Zögern ein. Nur wenige Aussagen sind überliefert, hinter denen man mit Recht ein Bewußtsein des Bruches mit dem Altbekannten vermuten darf. Da Christus seine Jünger aussandte, um das Evangelium in aller Welt (in universo orbe) zu verkündigen, weist die mittelalterliche Tradition jedem Apostel einen Weltteil zu und deckt damit die ganze bekannte Erde ab 489. Wenn deshalb Johannes von Monte Corvino 1305 aus Peking schreibt, »in dieses Land nämlich gelangte weder irgendein Apostel noch ein Schüler der Apostel« 490 , so sagt er damit auch, daß sich das Land außerhalb des bisherigen Weltbildes befinde 491 . Auch Johannes von Marignolli akzeptiert, daß es Gegenden in der Welt geben könne, die man früher nicht kannte: Er kam an eine große Wüste, jenseits derer niemand »vor dem Auftauchen der Tartaren« (ante Thartaros) überhaupt noch Land, geschweige denn bewohnbares, erwartet hatte492• Unabhängig jedoch davon, wie sich die Reisenden gegenüber der Tradition verhalten, gleichgültig auch, ob sie tatsächlich ins Herkunftsland der Tartaren oder nur bis in eroberte Länder weiter im Westen vordringen, wo sich während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die neuen Tartarenreiche etablieren: sie alle bringen zahlreiche Namen mit, die zum großen Teil nie vorher an abendländi sche Ohren gedrungen sind. Gerade fremde Namen, wie sie zum Beispiel der oben zitierte Johannes von Plano Carpini oder Marco Polo sammeln, werden Binnenmeer bei Herodot, AristoteIes, Ptolemaios; Busen bei Plinius, Strabo, Arrian, Plutarch; 14.Jh.: Busen z. B. im Dottrinale des Jacopo Alighieri, ed. G. CROCIONI, Citta di Castello 1895, 109; Binnemeer bei Boccaccio, De montibus, Wilhe1m v. Boldensele S. 202 (zu ihm jetzt C. DELUZ, La >geographie« dans le Liber de Guillaurne de Boldenseie, pelerin de Terre Sainte, in: Vogayes 25-40; danach Ludolf v. Suchern S. 8). Mandeville (I S. 1 76/7) zieht Konsequenzen aus der Erkenntnis des Binnenmeeres. 489 Mt. 24,14 Et praedieabitur hoe evangelium regni in universo orbe in testimonium omnibus gentibus et tune veniet consumatio (dazu S. 129, N. 266). 490 11,1 S. 347; das schreibt Joh. v. Winterthur S. 234 ab. Monte Corvino will vor allem das Christentum der Nestorianer verunglimpfen, doch ihm ist zuzutrauen (oben S. 14l ff.), daß er die Formulierung im Bewußtsein ihrer Bedeutung für das Weltbild wählte. Inwieweit China tatsächlich außerhalb lag, ist für den Wert der Erkenntnis unerheblich (unten N. 544 antike Seres- Tradition und die Identifikationen). 491 Zur Möglichkeit, noch im 15.Jh. mit Hilfe einer Apostelzuteilung auch an die Tartaren diese ins Weltbild einzubeziehen: Jean Gennain S. 319/22. - Ähnliche Erkenntnis von Neuheit liegt vielleicht in der Ä ußerung eines Franziskaners 1323 aus Caffa: Das Land, in dem er lebe, gehöre zu keinem der bekannten Klimata (ed. BIHL/MoULE I S. 110; dazu die Bemerkung des Matthäus Parisiensis, oben S. 287). In diese Richtung geht die zit. Bemerkung Giosafat Barbaros, das römische Reich umfasse nicht mehr, wie früher, die ganze Welt (oben S. 287), denn auch hier treffen ein altes und ein modernes Weltmodell aufeinander; vgl. die Erkenntnis, daß es viel weniger Christen als geglaubt auf der Welt gibt, oben S. 125/6, 130. 492 S. 528 (c. 6) : nun aber sind die Mongolen durch die Wüste gedrungen, und auch Marignolli zweimal; zu der offenbar mongolischen Erzählung Joinville, oben S. 289/90.
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besonders angesichts der genannten Unsicherheit für ein Erfassen des Fremden als wichtig empfunden 493. Von den vielen unbekannten Worten werden nur sehr wenige allmählich zu Begriffen und gehen ins aktive Wissen 494 des Abendlandes ein, das heißt sie werden bekannt, verbreiten sich und treten gleichberechtigt wenn sie auch je nach Benutzer unterschiedlich beliebt sind - neben die überlie ferten Bezeichnungen im geographischen Weltbild, in das sie schließlich nach einer der beschriebenen Methoden eingefügt werden können. Viele der von den Tartaren eroberten Gebiete sind den Abendländern schon lange bekannt, bei anderen ist man unsicher; für manche behält man die althergebrachten Namen bei, für wieder andere setzen sich neue durch. Im Vorderen Orient besteht kein Anlaß, an die feststehenden Landschafts namen zu rühren, von denen man weiß 49\ wo man sie zu suchen hat, und nur manche Stadt wird besser oder neu bekannt. In T(h)aurisium und Soldania zum Beispiel als den Hauptstädten der Ilkhane siedeln sich abendländische Klöster und Handelskolonien an, in deren mündlichem oder schriftlichem Verkehr mit dem Westen die Namen immer wieder genannt werden4%. Für die weiten und schwierig identifizierbaren Regionen Ost- und Mittel asiens übernehmen die Reisenden vielfach die Bezeichnungen, die sie am Ort hören. Ganz im Osten liegen Mangi 497, das Südchina Marco Polos, Odorichs von Pordenone und anderer, oder die Hafenstadt Zayton, Sitz eines lateinischen Bischofs iuxta mare Occeanum 498. Manche geographischen Quellen registrieren noch Caracarum 499, den Hauptort der ersten Khane, doch im 14. Jahrhundert 493 Sie können der Identifikation dienen; die Begründung für die große Zahl liegt vielleicht auch in der magischen Bedeutung, die gerade das Mittelalter der Kenntnis oder Unkenntnis der Namen fremder Dinge zumißt: der Name verleiht Macht über den oder das andere (man denke nur an das . Märchen vom Rumpelstiltzchen). 494 Zwar schreibt z. B. Vinzenz v. Beauvais die lange Namensliste des Plano Carpini ab und damit auch jeder Rezipient des Vinzenz, jedoch muß man deshalb nicht annehmen, daß diese Namen wirklich bekannt gewesen wären und zur Verfügung gestanden hätten. Ähnlich verhält es sich mit den chinesischen Städtenamen aus Marco Polo, die der Atlas Catalan (vgl. Faks. FREIESLEBEN ) oder Fra Mauro (Bild 3 1 ) nennen. 495 »Wissen� meint im folgenden immer Bekannheit im Sinne des alten Weltbildes; inwieweit konkrete Vorstellungen von der Lage vorauszusetzen sind, sei dahingestellt. 496 Thaurisium, auch Toris, Toris(s)i, Taurissi = Tabris (Turigi ?: CIANO [Ed.] c. 16t); Stadtbeschrei bung bei Marco Polo c . XXX(25) S. 22/3 (29/30); Pegolotti S. 26. Auf den Karten ist manchmal die Stadt eingezeichnet, oft nur der »König v. Tauris«, wie Bomayt (Abu Sa'id) dominus de tauris et de tota perssia (Dulcert 1339, in : Portulane Nr. 7; auf der Genues. Weltkarte Bunsa (S. 31); zur Verbreitung des Namens oben S. 282; auch 136, N. 302; N. 117, 125. - Soldaia = Sultaniyah, auf weni gen Karten, wie Dulcert 1339 (a.aO.), Atlas Catalan (südlich des Kaspischen Meeres), Fra Mauro (Faks.nr. XX-VII); dazu S. 136, auch 35, 181. 497 Auch Manzi, Mantri. Auf Karten : Genues. Weltkarte (S. 52), Fra Maure (Bild 3 1 , Faks.nr. XXVI) und Behaim (S. 92). Identifikation mit altem Weltbild: unten N. 544. 498 Andreas v. Perugia c. 3 S. 374; auch (:aitum, Zaiton; eher selten auf Karten, so auf dem Atlas Catalan (vgl. Faks. FREIESLEBEN), der Modena-Karte (S. 191, Fra Mauro, Faks.nr. XXV und Martin Behaim (S. 98). Oben S. 149; zur Verbreitung bes. 279. 499 Auch Caracoroll u. ä. Karakorum, das als Hauptstadt von Khan Baliq abgelöst wird. Plano Carpini und Rubruk waren dort, Marco Polo berichtet wohl als letzter davon: LXIV(63) S. 49/50 =
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weiß man allgemein, daß Cambalec500 der Sitz des lateinischen Erzbisch ofs uod 5 1 vor allem des Groß khans von Cat(h)ay (oder Cathagium) 0 ist. Dieses weithin bekannte Land ganz im Osten der Erde - es gilt gemeinhin als östlichstes Reich der Tartaren - ist berühmt geworden in den Schilderungen von Pracht un d Merkwürdigkeiten Marco Polos und Odorichs von Pordenone, doch sicher auch durch die Kaufleute und Missionare, die es bis zur Mitte des 14. Jahrhundens besuchten 502 . Kaufleute sind es auch, von denen italienische Chronisten beir11 Ausbruch der großen Pest 1348 erfahren, die Seuche sei im Osten, zwischeß Persien und Cathay, ausgebrochen 503, nach Caffa übertragen und dann auf genuesischen Schiffen bis nach Europa transportiert worden - solche Berichte
(74/5), doch die Stadt ist auf einigen spätmittelalterlichen Karten eingezeichnet, wie der Modena-Karte (S. 195), Fra Mauro (Faks.nr. XXXVIII, ganz im Nordosten) und auch Martin Behaim (S. 91). 500 Khan Baliq (Peking); auch C(h)ambaliech, Cambaleschia, Canbalu(c) etc.; Canbalecco/Gama� lecco Pegolotti S. 22 bzw. 2 1 ; Canbelletta }acopo da Sanseverino 13,1 S. 92; Erzbistum: ubi est summd sedis orientis: Marignolli S. 528 (c. 6); oben S. 135. Stadtbeschreibung bei Marco Polo XCVI(94) S. 90/1 (125/6), danach Domenico Bandini, wie S. 204/5, bei Odorich v. Pordenone (XXV,7ff. S. 471 ff.), nach Nicole, dei Conti bei Poggio Bracciolini (Hist. S. 134; dazu Waldemar SENS BURG, Poggio Bracciolini und Nicole, de'Conti in ihrer Bedeutung für die Geographie des Renaissancezeitalters, Wien 1906) und Jacopo Foresti (fol. 358r); zum Palast oben S. 243/4. Auf fast allen Weltkarten, die nur einigetmaßen ins Detail gehen, ganz im Osten: Bild 28, 3 1 ; Atlas Catalan vgl. Faks. FREIESLEBEN; Velletri wie N. 207; aber unten S. 311 die Entfernungsvorstellungen Ludolfs v. Suchern. Aus Eintragungen ähnlicb der der Genues. Weltkarte (S. 37): rex Cambalech hoc est magnus cannis (d.h. der König v. Cambalech . . . ) mag Chaucers Fürstenname Cambalo (wie oben N. 267) hervorgegangen sein. Philippe de Mezieres, Songe I S. 227; den Dichtern bekannt: Guillaurne de Machaut, Confort d'ami (1357) v. 3715 S. 132. 501 Nordchina. Auch Cata(i)(um), Kat(h)ay, Kattay, Cataia, Catayo, Gattaio (Pegolotti S. 2 1 ff.; Jacopo da Sanseverino 1 5,2 S. 96 u. ö.) etc.; Kathagium, Kartagio, Kartag vor allem deutsch, »Nie derrh. Orientber.« (um 1350) S. 57; Oberrhein. Chr. zu 1348, S. 37; Hetmann v. Sachsenheims Mönn, oben N. 160; Cathagia z. B. Velletri-Karte wie N. 207. Identifikation mit Seres unten N. 544. 502 Zur möglichen Abgrenzung von den zentralasiatischen Gebieten unten. Bei Giov. Sercambi herrscht der Großkhan im Südosten der Welt (Novelle I S. 298). - Zur Frage, ob der Großkhan v. Cathay im ganzen Mittelalter als Großkhan der Tartaren gedacht wird, oben S. 234/5. - Di� Einwohner werden, wenn überhaupt, als Tartaren bezeichnet; selten ist die Bezeichnung Cathaynt, die dann offenbar direkt aus orientalischer Quelle stammt (Haython I, I S. 26 1 ; bei Sklaven [oben N. 77] am Schwarzen Meer vermutlich nach Angabe der Verkäufers). . 503 Der Bericht könnte trotz aller Eigenheiten der Versionen auf eine gemeinsame Quelle, möglt cherweise eine mündlich kursierende Erzählung zurückgehen : erzählt und aufgeschrieb en von Ka�f leuten : Libm de! Polistore Sp. 806, Gesamtbericht 806/7; verschiedene, untereinander abhängige Bologneser Chr. S. 584, 589, Ges.ber. S. 583/5, 589/90. Schon Giov. Villan i, selbst ein Opfer der Pest, kennt eine sehr ähnliche Version (XII,84 t. IV S. 132/3). Weitere, auch spätere und nicbt nur italienische Quellen : Chr. Estense S. 160, Oberrhein. Chr. S. 36/7, Franz v. Prag, Cont. d. Königsaaler Chr. S. 595/6, Detmar-Chr. S. 506-508. Genuesische Schiffe Cr. Senese S. 552/3. Von Cathay spricht Gabriel de Mussis in seiner aus unabhängigen Informationen geschöpften Hist. de morbo (S. 48/�0; z� den Ereignissen oben S. 239). Viele Pestberichte zeigen insgesamt eine wachsende Vertrautheit mit Begriffen der Geographie Asiens, woher die Seuche wohl tatsächlich kam: von den Tartaren z. B. Raphaynus de Caresinis S. 4/5, die Hist. Cortus. Sp. 926. Ausgebrochen in partibus ultramarinis inter paganos (typisch Heinrich Surdus S. 75; Joh. de Cornazanis Sp. 746 u. die Flores temp., ed. MEUSCHEN, 138/9); in Indien, bei den Türken und Sarazenen (z. B. Breve Chr. Clenci anon. (aus Flandern) S. 14, Roben V. Avesbury S. 406). ,
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verbreiten den Namen eines Landes Cathay, können aber auch zeigen, daß genauere Vorstellungen von dessen Lage oft fehlen 504. Weiter nach Zentralasien hin kennt man im Abendland dank der Missionare und Kaufleute Amalech (»mitten im Reich der Meder im Vikariat Cathay«) 505, Samargante, die Hauptstadt Timurs 506, und die bedeutende Handelsstadt Urganth (»an der Grenze [in fine] des Reiches der Tartaren und des Reiches der Perser«) 507. Noch weiter gen Westen folgt das mare Caspium, auch mit moder nem Namen als mar de sara 508 bezeichnet nach der Stadt Saray an der unteren Edillltyl (Wolga), der wohlbekannten Residenz der Khane der Goldenen Horde, Missionsstation und wichtiger Punkt auf der Handelsroute nach Ostasien 509. Am Nordrand des Schwarzen Meeres endlich, über das Marco Polo nicht sprechen will, weil es allzu bekannt sei 5 10, liegen die italienischen Kaufmannssiedlungen im 504 Durch eine Verkürzung des Berichtes im Libro dei Polistore Sp. 806 fahren die genuesischen Schiffe in den Gewässern von Cathay; Ghattaio in Schiavonia bzw. Cataria für Tartaria verschreiben Kopisten von Kaufmannshandbüchern : oben S. 166, N. 466/67; der Name ist am Hof König Sigis munds nicht mehr ganz klar (HEIMPEL, Handelspolitik, wie S. 154, N. 397, 155/6): Chatan im Brief, Hathan/y im Entwurf. Ausführlich zum China- oder Cathay-Bild der Abendländer im Mittelalter RKCHERT, Chinas Beitrag, und DERS., Begegnungen. 505 Paschal v. Vittoria c. 6 S. 506, mit Bezug auf die Missionsprovinz. Auch Armaleeh, Emalech, Armalecco in Zentralasien; Pegolotti S. 21. Residenz Möngke Khans bei Haython 111,16 S. 297; Fra Mauro, Faks.nr. XXXVIII, als Sitz des rey Chabech im Reich Medeis auf dem Atlas Catalan (vgl. Faks. FREIESLEBEN). Libro dei Conosc. c. 1-3 S. 566/7; oben S. 165 mit N. 459. 506 Auch Semiscant Samarkand: in der Sfera des Dati IV,35 S. 51; SamacanteiSacamante: Jacopo da Sanseverino 18,1 S. 99; auf wenigen Karten, wie Fra Mauro, Faks.nr. XXXVIII, Leardo (falls es mit Samaria im Osten identisch ist: Nr. 122/133). Bf.sitz: LOENERTZ I, 46; Beschreibungen als Hauptstadt bei Clavijo und Joh. Schiltberger. 507 Pascha! v. Vittoria (1338) c. 4 S. 504, vgl. 6 S. 506; auch Organ,i u. ä.= Urgentsch; Pegolotti S. 21 ff.; oben S. 165. Norgancio: Libro dei Conosc. c. 5 S. 568; Dati, Sfera IV,35 S. 51, auf zahlreichen Karten (die vor allem aus Handelskreisen stammen): Atlas Catalan (Bild 7), Modena- (Nr. 49, S. 2 1 1 ) und Velletri-Karte (wie N. 207), Fra Mauro (Faks.nr. XXXVIII) und Leardo (Nr. 120). 508 Auch de Sarra e de Bacu (Atlas Catalan, Bild 7, Modena-Karte S. 211, Bild 28); abachu: Leardo Nr.250; Dati, Sfera 111,20/1, IV,35 S. 33/4; 5 1 ; Pegolotti S. 380; außerdem hyrkanisches Meer: Behaim S. 90; alle Möglichkeiten Vesconte Bild 26; Zee van hircanen, van Caspien oft van Tartarien: Josse van Ghistele 1481 /85 S. 274, auch 271. Es ist auf den Karten stets ein Binnenmeer (oben S. 58). 509 Auch Sarai, Sara, Sarra, Salta: Dati, Sfera 111,20 S. 33; Pegolotti, S. 21 ff.; Boldensele S. 202; Chaucer wie S. 232. Ort eines Franziskaner-Martyriums 1334: Chr. XXIV Gen. S. 515; zur Lage oben S. 38, unten 299. F . BALODIS, Alt-Sarai und Neu-Sarai, die Hauptstädte der Goldenen Horde, in : Latvijas Universitates Raksti. Acta Universitatis Latviensis 13 (Riga 1926) 3-82; M. MALOWIST, Sarai la Nouvelle, capitale de la Horde d'Or, in: Wirtschafts kräfte und Wirtschaftswege. Fs. H. Kellenbenz, hg. V.]. SCHNEIDER, I : Mittelmeer und Kontinent, Bamberg 1978, 15-30. - Wenn Genuesen und Venezianer mit dem Khan der Goldenen Horde verhandeln wollen, reisen sie in Lordo zu seinem Gefolge (Venedig: DVL I, Nr. 128 S. 253; Caffa: ed. IORGA Notes IV S. 44/5; Begriff orda bei Plano Carpini IX,l 1 S. 107, Rubruk XIX,4 S. 213, Benedikt c. 8 S. 139; daher unser Begriff z. B. der Goldenen Horde). Auch das kann als Stadtname verstanden werden : Ulrich v. Richenthal, S. 203 (Ordo), Leardo Nr. 602 und Genues. Weltkarte, S. 12/3, dort auch Lordo Rex; Kaiser de Lourdo bei Ghillebert de Lannoy, 142 1, S. 63. Oftmals wird der Ort des Khanssitzes mit einem Herrschernamen verbunden, z. B. hic dominatur usbech dominus de sara: Dulcert 1339, in: Portulane Nr. 7; sedes iambec imperator: Velletri-Karte (wie N. 207); Atlas Catalan Bild 7; mehrere Kaiser Behaim S. 80; allg. Modena-Karte Nr. 49, S. 2 1 1 . 510 Oben S. 164: meist Mar Maggior oder Mare Ponticum . =
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Tartarenland, Caffa auf der Krim (Gazaria oder - antikisierend Gothia511 ) und Tana512 kurz vor der Mündung des (antiken) Tanais51 3 in den Palus Meotida 51 4, in Richtung der montes Rifei515, beides ebenfalls traditionelle Bezeichnungen. -
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Einen Namen indessen haben die Lateiner selbst aus ihrem eigenen Wort für das Volk der Mongolen abgeleitet und auf einen geographischen Bereich übertragen : Tartaria. Diese B ezeichnung ist weit verbreitet und sicher allgemein bekannt. Doch welchen konkreten Inhalt verbinden die Abendländer des späten Mittelal ters mit ihr, und wie haben sie sie schließlich mit dem überkommenen Weltbild in Verbindung gebracht ? Mongal, das Kernland der Mongolen nach Johannes von Plano Carpini, ist für Vinzenz von Beauvais um 1244/53 identisch mit Tartaria und liegt in partibus Orientis516• Zunächst kann wohl alles Land der Tartaren Tartaria heißen5t7• In diesem Sinne schreibt Marino Sanudo 1335 »von der Tartaria gegen die nördliche Hemisphäre zu, das Land, das Husbecco (Özbeg) beherrscht« 5 1 8. 5 1 1 Auch Cassaria, Gazzaria, Gazarie. Meist ist die Krim gemeint (Rubruk beschreibt sie als dreieckig, 1,2 5. 165), aber manchmal nimmt man es mit der Beschränkung nicht so genau : DLV 11 5. 70 Tana in Gazaria; Jordan v. Severac nennt das Reich des Osbet Gatzaria: Mirabilia S. 122. Gothia: Via sive iter (1404/7) S. 12; Libri Commemoriali 1II,79 5. 17, aber Vesconte Bild 26. 512 Z. T. als Latana wie Caffa auf zahlreichen Karten, auch auf den Portulanen (unten 5. 305); Entree d'Espagne c. DXC v. 1 3860, 11 S. 214 (mer de Latan); Tenne z. B. Gilles le Bouvier S. 64 (Latanne 5. 78/9), vgl. N. 5 14. Zu Caffa und Tana oben S. 156ff. 5 13 Der Don. Die überquerten Flüsse behalten ihre Namen, die meist aus der Tradition bekannt sind; von den Paradiesflüssen steht der unidentifizierte Phison für Interpretationen zur Verfügung (Gyon wird meistens mit Nil gleichgesetzt, Euphrat und Tigris sind ohnedieses bekannt). Zu den Bergen im Land der Tartaren oben 5. 289; zu den Inseln 309. 514 Diese antike, u. a. ptolemaische Identifikation des Asowschen Meeres z. B. Via sive iter 5. 12, auch auf der Velletri-Karte, wie N. 207; oben N. 464. mar de Letana im Libro dei Conosc. c. 5 5. 568; mare de La Thenne Guillaume Fillastre, Introd. 25, 5. 361 ; mar de la Zebache Giosafat Barbaro S. 69; canal della Tana in Datis Sfera IV,35/6 5. 5 1 12. 515 Andrea da Barberino, Ajo/fo c. 373 S. 264/5. 516 Joh. z. B. V,2 5. 5 1 ; so auch, wahrscheinlich nach ihm, die Descriptiones Terrarum, wie N. 273, 2 5. 721 (auch die Lagebeschreibung ähnelt der des Joh. 1,3 5. 29); Vinzenz XXXI,3 S. 1286, so auch Paulinus Minorita Vat. Ms.lat. 1960 fol. 244m. 517 Differenzierungen für die Menschen : Die Bezeichnung tartari orientales (so z. B. zu 1283 im Corpus Chr. Bonon., Chr. A 5. 215; Martin v. Troppau Cont. Romana 478,28-31) für die Beherrscher des persischen Raumes blickt offensichtlich von Europa aus, statt die Verhältnisse der Tartarenreiche zueinander zu beschreiben. Dieser Blick ist auch dem weitgereisten Marco Polo selbstverständlich und führt zu Diskrepanzen: Hülägü ist Herr der Levante : 111(3) 5. 4 (6), die Polos aber gelangen auf der Reise nach Osten an die Grenze delle signorie dei Ponente, d. h. Berkes Reich. Anders blickt offenbar Jordan v. Severac, Bf. v. Colombo in Indien, Mirabilia 5. 1 1 1 : Tartari occidentales atque orientales. 518 An Paulinus Minorita (zu ihm unten), ed. D OREZ/DE LA RON CIERE 5. 38. terra Tartarorum für die Goldene Horde in der Via sive iter; auch der Begriff tartari wird zur geographischen Abgrenzung benutzt: Descriptio Europae orientalis, wie N. 522. - regio Tartara: Martin V. Troppau (um 1270) 5. 471; hier mag noch der Gedanke an den Tartaros mitspielen; Elemosina (um 1335) S. 120. lnsula Taraconta: Marginalie zu MP CM IV S. 109 N. 2. Mancher leitet den Namen der Tartaren von einem Fluß Tatar ab, der von ihren Bergen herabfließe: MP CM III 5. 488, IV S. 78; Jgr. Titurei (um 1270) v. 6085, ed. HAHN 5. 598; Jean LeLong (t 1383, unter anderen Alternativen) Sp.684; Ocuius, wie S. 58, N. 75, fol. 79vb. Vielleicht seien sie auch nach Tharsis in Kilikien benannt: Richer V. Sens IV,20 5. 3 10; oben 5. 219120 King of Tars; Tarssia oft weiter in Asien, als Herkunftsland der Heiligen Könige: auch hier
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IV. EI NORDNUNG I N DAS WISSEN VON D E R WELT
Immer öfter aber verwendet das 14. Jahrhundert den Begriff Tartaria ohne erläuternden Zusatz, und fast immer bezieht er sich auf das Gebiet der »nördli chen Tartaren« im Osten Europas 5 1 9• In vielen Fällen erübrigt der Zusammenhang jedes Attribut; wahrscheinlich trägt auch das Zurücktreten anderer Tartarenrei che, die teils zerfallen, teils unzugänglich werden, zu der Konzentration des Namens auf eine Region bei 520. In der Tartarei liegen die italienischen Siedlungen am Schwarzen Meer, in die Tartarei gelangt mancher echte oder erdichtete Weltenbummler über Preußen und Litauen 521 . Geographische Beschreibungen Osteuropas schließen vielfach im Osten gen Asien mit Tartaria oder - selten - mit Mangalia, Mongal ab 522. Allerdings wird das Tartarenland auch charakterisiert durch seine Lage in den kalten nördlichen Bereichen Asiens 523; und für den Blick aus Westen liegt die Tartaria zwar am Rande Europas, zum Beispiel im Osten oder im Norden von Ungarn (sogar im Süden von Russia), doch ihre östliche Begrenzung ver schwimmt meist in der Ferne 524. Tartarie die witen, die schon um 1270 der Dichter des Jüngeren Titurel besingt, liegt au c h weiter im Osten, kann sich hinziehen bis zu den äußersten Bereichen des asiatischen Kontinents, denn das Reich des Großkhans der Tartaren umfaßt, wie es heißt, ein Viertel der Erde525• gibt es Verknüpfungsmöglichkeit (oben S. 281/3), doch sehr oft sind solche Begriffe ausdrücklich getrennt. 519 tartari aquilonares z. B. in Kreuzzugsgutachten, oben S. 119. - Obgleich auch Timur über Tartaren herrscht, ist für Clavijo um 1400 Tohtamysch der Herr der Tartaria (z. B. S. 166). 520 Ghillebert de Lannoy drückt die Zergliederung der Goldenen Horde um 1421 auch damit aus, daß er die Tartaren �dieser Tartarei« von denen des Kaisers unterscheidet (S. 63). 521 Oswald v. Wolkenstein, Friedrich dem Chreutzpeck, wie S. 54; oben N. 270. Tana vel Tartaria macht keinen Unterschied für die Entfernung von Konstantinopel aus : Jordan v. Severac, Mirabilia, um 1330, S. 122. Vor allem im 15.Jh. häufiger Bezeichnungen wie Caffa/Tana in Tartaria: Josse van G\listele 1481/85 S. 42, 291; Gilles le Bouvier (um 1450) S. 64. Hübsch die Via sive iter S. 12: wir lassen die Krim zur Linken liegen, und zu unseren beiden Seiten breitet sich Tartarenland aus. 522 Oder mit den Tartaren, die als Reichs- oder Landesbegriff gebraucht werden: Descriptio Eumpae Orientalis, S. 6, S. 5 1 (um 1308, versteht sich als Ergänzung zu Haythons Asienbeschreibung); Enea Silvio 1453 an Nikolaus V., IV S. 191. - Mangalia u.ä.: Simon de Keza S. 146 (ubi Europa terminatur; spät ähnlich Chr. Budense S. 253), bzw., ein wenig problematisch, Descriptiones terrarum, wie N. 273, 2 S. 721. Mogolin: Libro deI Conosc. c. 12 S. 572. Solche Begriffe haben kaum Durchsetzungskraft, wie auch der Name Mongolen : oben S. 22/3. 523 Nördlich der Hyperboreischen Berge: Jakob v. Maerlant (um 1259/60), Alexanders geesten VII,1294-1301 S. 261 ; in der kalten Zone im Norden von Großasien: Dati, Sfera III,20 S. 33. Kalt: Gilles le Bouvier S. 78. - Weiter im Norden wilde Menschen oder Monster: Libro dei Conosc. c. 13 S. 572; vor allem die Karten. 524 Ausnahmen Giosafat Barbaro S. 68/9: im Osten reicht die pianura de Tartaria bis zur Wolga; Paschal v. Vittoria über die Lage von Urgentsch, wie S. 296. Ungarn: im Osten (greco) in einer Beschreibung von 1459/70 (ed. IORGA, Acte S . 3 7), im Norden Descriptio Europae Drientalis S. 5 1 ; Russia: Barbaro S. 68/9; Joh. v. Sultaniyah, Libellus S. 106, aber 105 im Osten. 525 Titurel v. 6085, ed. HAHN S. 598. Joh. v. Sultaniyah, Libellus S. 106: per maxima spacia (vgl. unten). A u c h im Osten: Die Reisenden in Philippe de Mezieres Songe erreichen zweimal Tartarie, einmal im Osten von Indien aus, einmal im Osten Europas von Konstantinopel, I S. 227 und 235; die Tartarei liegt im Osten Persiens und nördlich des Schwarzen Meeres bis nach Rußland: Gilles le Bouvier S. 76+78, 79/80, 89, vgl. 1 16/7. Ludolf v. Suchern S. 25. - Die Tartarei neben P.:rsien, Medien u. a. als iernes Reich : Relation . . . Nicopoli (1395), S. 466, 485. Viertel: Gilles le Bouvier S. 78; Libm
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Einigkeit über den Begriff scheint es nicht zu geben; die Kartographen des 1 5 . Jahrhunderts, die sich auf Grund ihres Mediums entscheiden müssen, kom men zu unterschiedlichen Ergebnissen : die Modena- (1450) und die Velletri-Karte (15.Jahrhundert) zeichnen die Tartarei in astasien ein, Martin Behaim ( 1492) und Henricus Martellus Germanus (1489) breiten sie aus zwischen Don und äußer stem Osten, Fra Mauro (1459) schließlich bezeichnet damit ein Gebiet in Osteu ropa nördlich des Schwarzen Meeres 526. Tartaria kann eng begrenzt sein und auch ganz weit, so daß sie schließlich sogar Cathay einschließt S27• Die Unklarheiten werden sicher dadurch verstärkt, daß die Zeitgenossen oft nicht sauber zwischen einer Region und einem Reich trennen; beides kann als regnum bezeichnet werden S28• Nicht nur kann der »Großkhan der Tartaren« in Cathay und Tartaria herrschen, sondern auch der »Großkhan von Cathay« in Caffa 529 und der »Groß khan der Tartarei« um 1389 in Cambalech, das ebenso wie Saray in Cathay, einem Teilgebiet der Tartaria, liegt 530. Um 1400 entsteht der Libellus de noticia orbis Johannes' IH., Erzbischofs von Sultaniyah (Persien), der tatsächlich im Reich Timurs gelebt hat und gute Kennt nisse der asiatischen Geographie vorweisen kann S31 • Trotzdem ist auch sein Tartaria-Begriff nicht völlig eindeutig: » Thartaria magna oder Comania . . . erstreckt sich über weite Räume bis nach Cathay; im Osten reicht sie bis zum Reich Corasme und zu einer Wüste.« 532 Johannes entnimmt hierbei die Definition von Cumania der im folgenden noch genauer zu betrachtenden Tradition der Asienbeschreibung Haythons 533, nach der dieses Land offenbar dem Reich der
dei Conosc., nach 1348: die Kaspischen Berge schließen Tartaria, die ein Viertel der Welt bedeckt, von Meer zu Meer ein (c. 9, 12 S. 570, 571). Das kann heißen halb Asien, denn Asien ist die halbe Welt : oben S. 286. - Oben S. 290/1 die Frage, ob im Osten noch andere Völker lebten. 526 Modena-Karte Nr. 21, S. 105, Bild 29, Velletri wie N. 207; Behaim: insgesamt l l mal ist der Name zwischen Don und Ostrand Asiens eingetragen : S. 9 1 ; Martellus (Bild 32 mehlmals, Tartaria per totum); Fra Mauro, Faks.nr. XXXIV (Bild 3 1), Zentralasien nennt er (:agatai = Tschagatai (Faks.nr. XXXVIII ; oben S. 40ff. ). Viele Karten der frühen Neuzeit zeigen die Tartarei dann nur noch auf der Grenze zwischen Europa und Asien. Zum Entscheidungszwang unten S. 304/5. 527 Im 15.Jh. Filarete und Josse van Ghistele: wie S. 235 mit N. 206. 528 Auch S. 302/4. Unterscheidungen zwischen regnum und provincia scheinen sich eher auf die Größe als die Qualität der geographischen Einheit zu beziehen. 529 Josse van Ghistele 148 1/85 S. 300: hier allerdings deutlich jurisdiktioneIl gemeint. 530 Das passiert einem wohlinformierten Mann, dem zypriotischen Kreuzzugswerber Philippe de Mezieres: Songe I S. 227. Noch größere Verwirrung, auch bei den Entfernungen : unten S. 3 10/1. 531 Joh. wird, weil er versichert, Kontakt zu den dortigen Christen zu haben, vom Papst Goh. XXIII.) zum Verwalter der Erzdiözese Cambaliensis bestimmt (1410, CICO XIII,2 S. 1 84/5). 532 S. 106. - Corasme meint Chwarezm, das von den Mongolen vernichtete Großreich im Raum Transoxanien. 533 1,1-5 S. 261-265. Ob sich Joh. auf Haython selbst oder die Rezeption durch Vesconte/Paulinus/ Sanudo (wie gleich unten) stützt, ist nicht gewiß, in diesem Zusammenhang aber auch ohne Relevanz. Die Schreibweise Corasme folgt jedoch eher Haython als den anderen (Corasmie; wurde aber nur für Paulinus an Vat. Ms.lat. 1960 überprüft), und eine Benutzung der Rezipienten würde einen bewußten Verzicht des Joh. auf den Begriff �Skythien« bedeuten.
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IV. E I N O R D N U N G I N DAS W I S S E N V O N D E R WELT
Goldenen Horde entspricht534 und zwischen ihm und Cathay neben Corasme noch andere regna liegen. Zugleich hat er mit seiner »großen Tartarei« eine Art Sammelbegriff für fast das ganze nördliche Asien Haythons geschaffen. Ein anderer, vergleichbarer Sammelbegriff, der diesmal auch noch Cathay ein schließt, den Namen Tartaria allerdings nirgends einfügt, wird schon um 1320 über Haythons Reihe der regna Nordasiens gesetzt, ohne daß der geistige Urheber klar auszumachen wäre. In De mappa mundi des Paulinus Minorita wie in den Secreta fidelium crucis des Marino Sanudo folgt in der Erläuterung zu einer Weltkarte, die vom Genuesen Pietro Vesconte stammen dürfte (1320/30) 535, auf eine Beschreibung Skythiens nach antiken Quellen : »Über die a n d e r e Einteilung von scithia. Heute unterteilt und benennt man scithia anders (moderni scithiam aliter dividunt et nominant) w e g e n der Herrschaft der Tartaren. Als erstes nämlich setzt man das Reich cathay, in dessen Osten der Ozean liegt, im Süden die Inseln des Ozeans, im Westen das Reich tarse, im Norden die Wüste von beliam. Dann kommt das Reich tarse, das in seinem Osten das Reich cathay hat, im Süden eine ungeheuer reiche Provinz, genannt sym, im Westen das Reich tdrquesten und im Norden eine Wüste. Das Reich turquesten aber hat im Osten das Reich tarse, im Süden das Ende der indischen Wüste, im Westen das Reich persia, im Norden das Reich corasmie. Das Reich corasmie hat im Osten eine Wüste, die sich hundert Tagereisen ausdehnt, im Süden das Reich turquesten, im Westen das Kaspische Meer, im Norden das Reich cumania. Im Osten aber des Reiches cumania liegt das Reich Corasmie, im Süden ein Fluß mit Namen Maius, im Westen das Schwarze Meer (mare maius) und der Tanais (tanay), im Norden das Reich russia; der Sitz des Reiches aber ist in sara. Das Reich Georgien . . . Über �ie Herrschaft der Tartaren vergleiche Kapitel ccxxix, Teil vi. « 536 534 Die Hauptstadt ist Saray. Auch andere Autoren benennen den Bereich nördlich des Schwarzen Meeres nach dem zeitgenössischen Volk der Kumanen, z. B. Wilhelm v. Boldensele (1333, S. 202), die Karten des Angelino Dulcert 1339 (Portulane Nr. 7) und der Atlas Catalan 1375 (Bild 7). Fra Mauro vergißt bei der Vielfalt seiner Benennungen auch Cumania nicht (Bild 3 1 ; Faks.nr. XXX IV). 535 Im folgenden zitiert nach Paulinus, Vat. Ms. lat. 1960 13raff., Transskription auch A. D. V.D. B RINCKEN, »Ut describeretur universus orbis�. Zur Universalkartographie des Mittelalters, in: MM 7 (1970) 249-278, hier 262/3. - Marino Sanudo oder Paulinus Minorita könnten jeder des anderen Quelle sein, ebenso kann jeder von beiden oder Vesconte Urheber der Weltbeschreibung sein. V. D. BRINCKEN, a. a.O. N.54; K . KRETSCHMER, Marino Sanudo der Ältere und die Karten des Petrus Vesconte (mit Tafeln 8 und 9), in: Zs. Ges. Erdk. Berlin 26 (1891) 352-370; A. MORI, Le carte geografiche della Cronaca di Fra Paolino Minorita, in : Atti de! VIII Congr. Geogr. haI., Bd. 4, Florenz 1921, 263-270; T. LEWICKI, Marino Sanudos Mappa Mundi und die Weltkarte von Idrisi, in: RoeOr 38 (1976) 169-198. 536 De mapa mundi, Vat. Ms. lat. 1960 fol. t7ra (Hervorh. F. S.). - beliam: Haython 1,1 S. 262 als belgian (wie der mons, N. 471); quod vocatur maius: Haython schreibt flumen maius, d.h. ev. nur größerer Fluß. Vielleicht ist bei dem Namen an das mare Maius, das Schwarze Meer gedacht. Bei Georgien fehlt erstmals ein direkter Anschluß, aber es folgen die Gebiete südlich der beiden genannten Meere. - Antike Beschreibung vor dieser Passage: »21. Ü ber Skythien von Seres aus. Scythia erstreckte sich einst vorn äußersten Osten . . . , wo der Oceanus sericus liegt, bis an die Grenzen Germaniens . . . im Westen bis zum Kaspischen Meer, im Süden bis an den Kaukasus, und subiacet ea yrcania . . . Ü ber ,
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Diese »moderne Skythienbeschreibung« faßt knapp die Angaben zusammen, die Haython über die geographischen Zusammenhänge macht. Darüber hinaus versieht sie Haythons weitgehend wirklich »modernen« Länderkatalog mit einer Überschrift, die ihn in das überkommene Weltbild interpretierend einordnet (nach einer Methode, die schon bei der Frage nach dem Herkunftsland und ab und zu bei den neuen Namen deutlich wurde). Offenbar bedürfen die Informatio nen des Orientalen wiederum, wie bei den B ergen der Tartaren, der Interpreta tion, um im abendländischen Sinne verständlich zu werden 537. Allerdings meint »Skythien« seit der Antike jenes riesige, unscharf umrissene Gebiet im Osten und Nordosten von Europa, von dem aus die Tartaren aus der Sicht des Westens tatsächlich über Polen und Ungarn hergefallen sind 538 . Aber ebenso wie beim Begriff Tartaria um den Bogen zurückzuschlagen - scheint die Ostgrenze undefiniert, kann »Skythien« ganz im Gegensatz zur oben angenom menen Ausdehnung auch als Teil Europas betrachtet werden 539. Wenn deshalb Jean Adorno nach 1471 Scithia mit Tartaria identifiziert 540, so hilft das gar nichts für eine Klärung der Terminologie, aber sicher hat sich jeder Leser sein Teil gedacht, und der Bezug zum Bekannten ist hergestellt. -
Seres . . . im Folgenden verarbeitet und zitiert : Isidor, Solinus, Orosius; 22. über Baktrien, 23. über Hyrkanien, 24. über Armenien, 25. über Kappadokien: De mapa mundi, Vat. Ms. lat. 1 960 fol. 16vb/ «
17ra. 537 Oben S. 291/2; Villani hat auch den Priester joh. in Haythons Bericht hineininterpretiert: N. 279. - Offenbar noch früher kollationiert in ähnlicher Weise der Liber de divisione orbis terrarum (Ende 13. jh.) antike Traditionen mit Bezeichnungen der moderni: einige Provinzen, die Isidor nenne, seien dort verbunden, ubi est hodie monarehia Tartarorum et Tauricium eapud civitas . . . ; statt Namen, die odie non sunt in usu setzt er neue für das Gebiet, in dem die Tartaren leben (sie odie voeatur i/la provineia, ubi Tartari habitant) : der äußerst wichtige Text ist uned.; Ed. in Vorbereitung von P. GAUTIER DALCHE, der mir freundlicherweise eine provisorische Transskription der die Tartaren betreffenden Stellen zur Verfügung stellte. Er plant für die Zukunft weitere wichtige Editionen geographischer Texte des 14.Jh., auch mit Informationen zu den Tartaren. In diesem Zusammenhang ist hinzuweisen auf seinen Aufsatz über geographisches Wissen im Mittelmeerraum im 13. Jh. (mir lag die Vortragsfassung vom Friedrich-II.-Kongreß Erice 1990 vor, ersch. ital.), sowie auf die angekün digte Ed. eines geographischen Textes des 14. jh. in der Fs. Cinzio Violante. Ich bin dem Editor herzlich dankbar für Hinweise und bereitwillige Unterstützung. 538 Bei den frühen Reisenden ist das Ursprungsland der Tartaren dann weiter im Osten zu suc�en, wohl zu unterscheiden vom entstehenden abendländischen Begriff Tartaria: vgl. S. 297ff. Annke: Herodot IV, 40-120. Die Griechen nennen alle Völkergruppen nördlich des Kaukasus und des Schwarzen Meeres Skythen, doch sie schenkten niemals fremden Barbarenvölkern besondere Auf merksamkeit. Skythen heißen die Tartaren im byzantinischen Raum, z. B. Nikephoras Gregoras, ed. ScHoPEN, Bonn 1830 11, 683/87; auch GRAF, Tartaren im Spiegel, wie S. 38, N. 141. 539 Ohne antike Autoren zu bemühen : Regino v. Prüm (9.Jh.), ehr. ad a. 889, ed. F. KUR.ZE Hannover 1890 (MGH SS rer. Germ.) S. 131 (im Rücken liegt Asien); Simon de Keza (13. ]h.), ZItat N. 522. - Domenico Bandini spricht von zwei Skythien, deren einer, europäischer Teil mit Tartana identisch sei (unten N. 576). Ostgrenze undefiniert : Rubruk 11,1 S. I72 (von der Donau bis Sonnenauf gang). 540 Bericht über die Pilgerschaft des Anselm Adorno, 1470/1, S. 202. Das fragliche Gebiet liegt im Norden von Medien etc. ,
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
Trotz aller Unklarheit, die den Zeitgenossen wohl nicht bewußt gewesen ist, wird gerade die Identifikation mit dem antiken Skythienbegriff vor allem im Zuge der humanistischen Antikenrezeption sehr beliebt. Allerdings heißt es meist Scithi sive Tartan, man spricht von den »Skythen, die heute Tartaren genannt werden« 54 I , und dabei wird eine Problematik deutlich, die mit der mittelalterlichen Methode der Gleichsetzung, der wiedererkennenden Einordnung verbunden sein kann. R e g i o n e n bleiben fest, tragen nur zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Namen, und die Identifikation älterer und neuerer Benennungen des gleichen Gebietes ist nicht nur möglich, sondern auch sehr sinnvoll und zur vollkomme nen Einordnung ins Weltbild notwendig. Wegen des Einfalls der Tartaren, so die oben zitierte »moderne Skythienbeschreibung«, haben sich Veränderungen in Asien ergeben, die neu erfaßt werden müssen542. Allerdings werden die namentli chen Veränderungen, deren Beachtung schon zu Beginn des 13.Jahrhunderts Gervasius von Tilbury als methodischen Grundsatz der Weltbeschreibung for dert54\ auch im späteren Mittelalter erst allmählich ausdrücklich registriert. So ist es eher ungewöhnlich, wenn ein Autor dieses Prinzip zum Beispiel auf Ostasien anwendet, wenn er in Cathay oder Manci (wie Rubruk) das antike Gebiet der S'?res oder (wie J ohannes von Marignolli) die maxima India wiedererkennt 544. Das Normale ist die Benutzung der alten o d e r der modernen Namen, wobei unklar bleibt, ob die Identität er- oder verkannt wird. V ö l k e r hingegen bewegen sich im Laufe der Geschichte, steigen auf und verschwinden wieder. Wenn nun die Namen verschiedener Völker, die zu ver schiedenen Zeiten in einem Gebiet gelebt haben, gleichgesetzt werden, somit die Völker wie Regionen, die ihre Namen wechseln können und gleichbleiben, behandelt werden, kommt es leicht zu Verzerrungen. Hinter der verkürzenden Bezeichnung Scythi sive Tartari könnte sich auch der gedachte Satz : »Wo früher die Skythen lebten, leben heute die Tartaren«, verbergen. Doch während derartige 541 Enea Silvio (t 1464), Hist. Europa S. 393. Hist. Erid. S. 32/3: Tartari, qui et Scythae dici possunt (Hervorh. F. S.). Poggio, Hist. IV (nach 1442) S. 148. Jacopo Foresti, Supplementum fol. 358r: Scythas . . . qui a nobis Tartari nuncupantur. Scitha vel Tartarus: Laurenti de Monacis Chronieon de rebus venetis, nach Morozzo della Rocca, Notizie S. 267. - Die antiken Skythen beschreibt für das Mittelalter Isidor, Etymologiae IX,2. - Auch in Byzanz spricht man von Lxu{tm und LX\J{ttx6�, vgl. Nikephoras Gregoras über Caffa, oben N. 538. 542 Bei aller Erkenntnis verschwimmen hier wie an anderer Stelle (vgl. S. 299) die Grenzen zwischen »Reich« und »Region«. - Vielleicht steckt in der Formulierung auch die Ahnung, daß es die Öffnung Asiens durch die Mongolen gewesen ist, die den Abendländern die Erkenntnis der Veränderungen ennöglichte. 543 Text bei v. D. BRINCKEN, Ut describeretur, wie N. 535, 259. 544 Rubruk (1255) XXVI,8 S. 236: Cathaia . . . antiquitus ut credo . . . Seres (zum weiterhin gebräuch lichen antiken Begriff Francesco Petrarca, Prose, ed. G. MARTELOITI u. a., Mailand/Neapel 1955 S. 700/2, 11 16, auf Karten z. B. Fra Mauro, Bild 3 1 , Faks.nr. XXXII); Marignolli (nach 1352) S. 536 (c. 2): Manzi que olim maxima lndia vocabatur (Indien bleibt gemeinhin unter der Herrschaft des Großkhans: Columbus, oben S. 15); Guillaume Fillastre, Introd. c. 24, S. 316: Turquia que olim non nominabatur sie. - Rubruk identifiziert auch Isidors Alania: XII,6 S. 194/5; der Kölner Verfasser der Reiseerzählung Benedikts v. Polen ( 1247, oben S. 63) interpretiert die antiken Or.sangaben hinein (z. B. l:. 4 S. 136 [Wolga, Don], c. 6 S. 137 [credimus], c. 8 S. 138/9) .
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Formulierungen kaum zu finden sind, schreibt Enea Silvio Piccolomini (Mitte des 15. Jahrhunderts) von den »östlichen Skythen, die dem Großkhan (so nämlich nennen sie ihren Herrn) unterworfen sind« 545. Genauso, nur in die umgekehrte Richtung, denkt ein Bologneser Chronist, der den römischen Kaiser Trajan im Jahre 100 gegen Kolcher, Tartaren und andere Völker ziehen läßt 546. Alberto Alfieri aus Caffa, der 1421 das Leben des »alten ebenso wie modernen (sive veteris sive modernae) Volkes der Skythen« nördlich des Schwarzen Meeres, die sich in fünfzehnhundert Jahren nicht verändert hätten, beschreibt, nimmt damit gar ausdrücklich eine historische Stagnation dieses Volkes an 547. Offenbar ist es keineswegs selbstverständlich, daß Völker vergänglich sind. Zumindest aber wird oft nicht in Frage gestellt, daß sie viele Jahrhunderte unverändert bleiben. Dabei registrieren die Zeitgenossen normalerweise durch aus, daß die R e i c h e dieser Völker entstehen und untergehen 548, daß Regionen nacheinander von verschiedenen Völkergruppen bewohnt und beherrscht wer-
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545 Cosmogr. S. 288, unmittelbar nach der Serica- Identifikation. Aber Enea weiß es eigentlich besser: mutatis temporibus gentes quoque situs et nomina mutant, Cosmogr. S. 303. 546 Corpus Chr. Bonon. 1 S. 130. Dagegen läßt Jean d'Outremeuse die Hunnen aus dem L an d Cathay (das er als Reich historisiert) aufbrechen (Myreur II S. 18). Beim Versuch, die historischen Ereignisse in eine moderne Geographie zu setzen, kann die Behandlung des Volksnamens als geographischer Begriff deutlich werden. Eher Rückschlüsse aus der gegenwärtigen p o l i t i s c h e n Lage zieht dagegen Andreas v. Escobar (1417) über Osteuropa 1 1 70 (Revoco S. 397). - Von ganz anderer Qualität - die aber eben nicht erkannt wird - ist dagegen die Schilderung historischer Ereignisse mit Hilfe moderner Ländernamen, die dem Verständnis der Zeitgenossen dient (wie oben S. 291/2). Joh. v. Marignolli benutzt sein historiographisches Werk, um die Gebiete, die er selbst besucht hat, an geeigneter Stelle der Geschichte zu beschreiben. Pero Tafur meint, Kar! d. Gr. sei nach Jerusalem aus Sicherheitsgründen über Rußland und Tartaria gezogen (Pero war in der Tartarei und hat eine konkrete Vorstellung, eng!. S. 147). Jean d'Outremeuse läßt seinen Helden Ogier bei dessen Asienzug nicht nur Indien, sondern auch das Reich von Cathay erobern: Neben der exotischen Färbung historisiert d'Outremeuse ganz bewußt: Cathay, heute eines der größten Reiche der Welt, war damals klein (Myreur III,63 = ed. GOOSSE S. 170). 547 Ogdoas S. 3 14; 3 1 1 : das »uralte Volk der Skythen«, oben S. 225. Selbst wenn Alfieri bei dieser ethnischen Identifikation - er setzt nur implizit gleich, bezeichnet das Volk, das um Caffa lebt, Skythen gedacht haben sollte, so zeigte auch diese kommentarlos als Skythen - an »Nomaden« Verschleifung, daß die Frage der tatsächlichen ethnischen Gleichheit nicht gestellt ist. Der Begriff gens scythica dagegen könnte eher Lebensraum und -form v e r g l e i c h e n (Biondo, Hist. ed. NOGARA S. 280). Enea Silvio und Jacopo Foresti stellen trotz des Wandels der Lebensfonuen, den sie bei den Skythen in Cathay registieren müssen, die Identifikation nicht in Frage: Cosmogr. S. 291 (magna profecto morum mutatio) bzw. Supplementum fo!. 358r (urbanitas). Sogar für den persischen Raum, dessen Benennung sich bis heute gehalten hat, meint Domenico Bandini: Tartari sunt h o die, quos hacten us Persas dicimus (Fons, Vat. Ms. Pa!. lat. 923 fo!. 1 83vb; Hervorh. F. S.). 548 »Reiche behalten nicht dauernd ihre Grenzen, sondern sind durch die Wechselhaftigkeit des Schicksals mal groß, mal klein.« Enea Silvio stellt diese Tatsache (Cosmogr. S. 291) für das Skythen reich ebenso klar fest wie die Unüberprüfbarkeit der Verhältnisse im Reiche des Großkhans im 15.Jh , : . weil es »unzugänglich und fast unbekannt« sei (ebd. S. 317, deshalb Aussagen mit Fragezeichen, wie unten N. 55l. Filarete, Traktat [um 1465], übers. v. OETTINGEN S. 277). Jean d'Outremeuse nimmt die Veränderlichkeit des Reiches von Cathay an und schildert es für die Zeit Kar!s d. Gr. ganz klein (t vor 1400; Myreur III S. 63). Gerade Cathay und der Großkhan werden dennoch im 15. Jh. für unverändert mächtig gehalten, da die Abendländer den Zusammenbruch der Mongolenherrschaft nicht registrie ren. Reisende wie Nicolo dei Conti (ca. 1439/42), der vermutlich gar nicht in Cathay war, frischen den Eindruck der Größe immer wieder auf. =
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON DER WELT
den, sich diese Völker also von einer Region zur anderen bewegen. Die Tartaren sind aufgebrochen, um andere Völker zu unterwerfen 549, sie haben zum Beispiel das Kumanenreich erobert550 und im Westen gewütet wie vor ihnen Goten und Wandalen 55 1. Marco Polo historisiert dementsprechend die Tartaren, die es zu der Zeit, da Alexander Gog und Magog einschloß, noch gar nicht gegeben habe 552. Daneben aber behandeln die zitierten Autoren, die davon ausgehen, daß die Tartaren=Skythen immer in jenem Land an der Ostgrenze Europas gelebt hät ten553, bei ihrer Suche nach der notwendigen Identifikation die Völker wie rein geographische Einheiten. Bei der »modernen Skythienbeschreibung« tritt dieses Problem nicht auf, denn sie identifiziert Gebiete miteinander. Dabei stellt sie konkurrierende Mög lichkeiten, alt und modern, nebeneinander, ohne jedoch eine durch die andere zu ersetzen oder auch nur die Notwendigkeit einer Entscheidung zu formulieren554• Zumindest dies tut etwa hundert Jahre später Pierre d'Ailly (der für Skythien auf die »moderne Beschreibung« zurückgeht), indem er den Widerspruch zwischen den verschiedenen Konzepten feststellt; aber auch er lehnt es ab, ihn aufzulösen : » . . . zu bestimmen aber, welche von diesen Meinungen die richtige ist, ist nicht . meme Au fgabe« 555 . Zu einem Urteil vielfach gezwungen sind hingegen Kartographen, wenn sie ein aktuelles geographisches Weltbild darstellen wollen. Das ist noch im 13. Jahrhun dert keineswegs selbstverständlich; bis ins hohe Mittelalter hinein ist das karto graphische Bild »für praktische geographische Informationsbedürfnisse völlig 549 Martin v. Troppau (um 1270) S. 471. - Moderne Mächte herrschen auch über traditionelle Völker: Ann. S. Iustine Patavini zu 1260, S. I92; die Meder standen einst unter Tamerlan und jetzt unter dem Großkhan (Enea Silvio, Cosmogr. S. 3 1 7). 550 Ann. Mediolan. (bis 1402) Sp. 646. 551 Richer v. Sens, um 1256, IV c. 20 S. 310; Enea Cosmogr. S. 307/8. Vgl. Tartaren-Hunnen oben S. 262/3. Z. B. Albania wurde nach Enea Silvios Informationen nacheinander von den Persern, Makedonen und Römern beherrscht und untersteht jetzt vielleicht dem Großkhan (a. a. o. S. 297); Chaldea und Alt-Babylon heute (um 1333) unter dem Khan: Wilh. v. Boldensele S. 2 19. 552 C. XXIII(22) S. 17 (25). Zum Zusammenhang oben S. 264 u. unten 317/8. Ähnlich der Liber de div. terr. (wie N. 537): die Skythen hätten Sitten gehabt, wie man sie heute von den Tartaren berichte. 553 Z. B. Alfieri ist immerhin konsequent, denn er betont auch die Dauerhaftigkeit des Skythen r e i ches. - Andere Möglichkeiten der antiken Identifikation: Hyrcanier nennt um 1241 Albert v. Beham S. 28, Sarmaten z. B . Jacopo Foresti fol. 277r, Timur Tartarorum seu Parthorum rex ebd. fol. 313v; Enea Silvio, Cosmogr. S. 313. Timur als Skythe Enea Silvio, Hist. Europa z. B. S. 395. 554 V. D. BRINCKEN, Ut describeretur, wie N. 535, 263 wertet den Verweis auf das zugehörige Kapitel im Geschichtswerk als Bevorzugung der modernen Lösung. 555 Ymago mundi S. 454. Enea Silvio, Cosmogr. S. 303 (dazu N. CASELLA, Pio II tra geografia e storia: la »cosmographia«, in: ArchRom 95 [1 972J 35-112, hier 83). Fra Mauro (unten S. 32012) trifft Entscheidungen. - Aillys Zeitgenosse Guillaume Fillastre mischt in seiner Introductio in Pomponii Melae Cosmographiam sowie den Epitome tabularum Ptolemaei die vorgefundenen antiken mit modernen Namen. hodie Tartaria liegt ganz in Asien, wird identifiziert (Epit. tercia Asie tabula S. 355; moderne Namen vor allem auch 7./8., S. 377/8), aber nicht mit Skythien (beschrieben Introd. c. 28, S. 36112; P. GAUTIER DALCHE habe ich zu danken für die vorzeitige Überlassung seines Manuskripts) .
DAS GEO GRAPH I S C H E WELTBILD
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unbrauchbar« 556 und ist stattdessen eine Art gemalte Weltchronik557• In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entwickelt sich vor allem bei den Handels mächten Genua und Katalonien, besonders Mallorca 558, die Technik der Portul ankarte, das heißt der Darstellung zunächst der Küstenumrisse des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres, später auch der europäischen Atlantikküste mit ihren Hafenplätzen auf der Basis von exakten Entfernungs- und Richtungsangaben zum praktischen Gebrauch der Seeleute. Bald darauf559 fügen die Kartographen auch einzelne Angaben wie Berge, Flüsse und Städte aus dem Binnenland hinzu; im Hinterland der wichtigen Häfen Caffa und Tana, das bis Sara reicht, wie am östlichen Rand der Karte neben dem Heiligen Land zeichnet zum Beispiel Angelino Dulcert auch tartarische Herrscher, usbech (Özbeg) und bonsayt (Abu Sa'id), ein 560 . Zwar ist es dem mittelalterlichen Kartographen unmöglich, die fernen Gebiete Asiens, für die just jene exakten Angaben, auf denen die Portulane beruhen, fehlen, entsprechend genau wiederzugeben, aber die Idee einer möglichst realisti schen Darstellung der aktuellen Geographie ist geboren und nimmt seit dem 14. Jahrhundert allmählich auch Einfluß auf die Anfertigung von Weltkarten561 . Nach Meinung des Paulinus Minorita (um 1320/30) ergänzt eine gezeichnete Weltbeschreibung eine schriftliche dadurch, daß sie im Gegensatz zu dieser die Grenzen der Regionen nach Himmelsrichtungen ganz gen au so darstellt, als
556 HAMANN, Historische Kartographie, 752/3. - Modernisierungsschübe z. B. aus der sog. Kloster neuburger Schule: dazu Dana B. DURAND, The Vienna-Klosterneuburg Map Corpus of the 15th Century, Leiden 1952; für Asien REICHERT, Begegnungen, 262/3. 557 A. D. v. D. BRINCKEN, Mappa Mundi und Chronographia. Studien zur imago mundi des abendländischen Mittelalters, in: DA 24 (1968) 1 1 8-186, bes. 168; Ebstorfer Weltkarte und Hereford. Map aus dem 13. Jh., beide in: Die Ebstorfer Weltkarte, hg. v. B. HAHN -WOERNL E, Ebstorf o.J. [1989]. - Bewußt ausgelassen habe ich die Auseinandersetzung mit der gefälschten(?) "Vinland Karte«. 558 Beide stritten bis in unsere Zeit um den Vorrang: H.-C. FREIESLEBEN, Die Entstehung der Portolankarten noch immer ungeklärt (Bericht), in: Kartenhist. Coll., 91-96; Th. FISCHER, Sammlung mittelalterlicher Welt- und Seekarten italienischen Ursprungs, Venedig 1886; dazu: C. DESIMONI, Le carte nautiche italiane del medio evo. A proposito di un libro del prof. Fischer, in: AttiLigure 19 (1887) 225-266; H. WINTER, Das katalanische Problem in der älteren Kartographie, in : Ibero Amerikanisches Arch. 14 (1940/1) 89-126. Venedig tritt offenbar erst später hinzu. 559 Als erste Karte dieser Gattung ist die "Pisaner Karte« von Ende 13.Jh. erhalten; Portulane Nr. ld. 560 Portulane Nr. 7. Er tritt so und als Angelo Dalorto auf, ist entweder Genuese, der nach Mallorca, oder Katalane, der nach Genua auswanderte oder dort lernte. Mit den eingezeichneten Namen ist er für einen Kartographen sehr aktuell; andere folgen früheren Vorbildern, wie noch Mecia de Viladeste 1413 (Portulane Nr. 12) Usbech nennt (allerdings ist noch für Jacopo da Sanseverino um 1416/18 Us[ijbech ein zeitgenössischer Herrscher: 16,1 S. 97). Der Atlas Catalan trägt 1375 Iambech (ev. Dschani Beg, 1342-1357) als Herrscher der Goldenen Horde ein (Bild 7): genauso noch die Velletri Karte im 15.Jh. (wie N. 207); die Modena-Karte Nr. 49, S. 2 1 1 folgt wohl vielfach dem Atlas, hier jedoch nennt sie keinen Namen. 561 Z. B. zeichnet man Handelsrouten ein: unten u. S. 163.
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IV. E I N O R D N U N G I N DAS WISSEN VON D E R WELT
könnte der Betrachter sie in Wirklichkeit mit eigenen Augen sehen 562 - also sozusagen aus der Vogelperspektive. Petrus Vesconte, dessen Weltkarte in den Schriften des Paulinus Minorita und Marino Sanudo zu der schriftlichen mappa mundi mit der »modernen Skythienbeschreibung« tritt, ist ein erfahrener Portul anzeichner. Der Mittelmeerraum seiner Weltkarte hat denn auch die Form einer solchen Küstenlinienkarte, und für die restliche Welt sucht der Genuese einen Weg, sein aktuelles Wissen in das überkommene Bild einzuordnen, indem er unter den - im Vergleich zu traditionellen Weltkarten - relativ wenigen Namens einträgen alte und moderne mischt. Diese Methode der Aktualisierung nun zwingt zum Urteil; der Kartograph muß sich entscheiden, ob zwei Begriffe das gleiche bedeuten oder nicht, ein »vielleicht« gibt es nicht und auch nicht zwei unabhängig voneinander vorge schlagene Beschreibungen ein und desselben Gebietes. Ob die Kartographen einen Namen durch einen gleichbedeutenden ersetzen, zwei Namen auf der Karte gleichsetzen oder unverbunden nebeneinanderstellen (womit sie die Entscheidung am ehesten umgehen) 56J: in jedem Fall geben sie ihren Wissensstand zu erkennen. Ebenso entschließen müssen sie sich zu e i n e r Lage eines Gebietes und seiner Ausdehnung im Rahmen der gewählten Umrisse der Erde 564. Weil aber die um Aktualität bemühten spätmittelalterlichen Weltkarten mehr Fragen beantworten müssen als die beschreibenden Texte, werden sich besonders an ihnen im folgen den manche Eigenheiten der spätmittelalterlichen geographischen Vorstellungen, ihre Unklarheiten und Wandlungen, oft fast überspitzt zeigen lassen. Vescontes Karte zeigt zwar seine Bereitschaft, Neues aufzunehmen. Doch als »vogelperspektivische« Ergänzung der Weltbeschreibung enttäuscht sie. Skythien reicht zwar wie im Text vom äußersten Osten - der getreu der Tradition oben liegt565 - bis hin nach Europa, aber nur ganz wenige der Namen aus der . Asiendarstellung, der traditionellen wie der modernen, sind in die Karte einge zeichnet. Als Regionenbegrenzung könnte man höchstens jene Stelle ansehen, wo »das Reich Cathay beginnt« 566 ; die Himmelrichtung, in die es sich ausdehnt, ist aber allein aus der Karte nicht erkennbar. Als Hilfe zur besseren Vorstellung der in der Weltbeschreibung geschilderten Gebiete taugt diese Karte nicht. Das Instrument der traditionellen Weltkarte ist eben nicht für den Zweck der realisti schen Darstellung der Natur im Sinne der heutigen topographischen Karten, 562 ut quasi ad oculum conspici valeant: aus des Paulinus einleitenden Worten zum Text De mappa mundi, der im folgenden auch die "moderne Skythienbeschreibung« enthält; Text bei v. D. BRINCKEN, Ut describeretur, wie N. 535, 26 1. 563 Gleichsetzen durch sive: Fra Mauro; nebeneinander verteilt Henricus Martellus Ende 15.Jh. auf einer Karte nach ptolemaischem Muster die Begriffe Tartaria und Scithia locker über Nordasien (Bild 32). 564 Zu verschiedenen Möglichkeiten und Traditionen unten. 565 Ponulankarten hingegen haben keine Richtung, sind drehbar und die Beschriftungen sind nicht alle von der gleichen Seite lesbar. 566 Bild 26 . •
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sondern für die genannte chronikalische Abbildung geschaffen; es versagt sich dem um Modernisierung bemühten Kartographen vorerst noch. Vielleicht steht der Eindruck dieser Diskrepanz hinter der Bemerkung des Paulinus, mit der er seine Begründung der Vorzüge des Kartenbildes ergänzt und ihr strenggenom men widerspricht: Wie der Text der Erläuterung durch das Bild, so bedürfe dieses der Erläuterung durch jenen, da es sonst die Reiche und Regionen verwirrt (confuse) zeige 567• Weil sich aber der Zweck und die gedankliche Grundlage der Weltkarten verän dert haben, werden Wege der Modernisierung gesucht und mit der Zeit, wie noch zu zeigen sein wird, auch innerhalb der alten Formen gefunden. Vielleicht noch zäher verweigern sich weite Teile einer anderen, schon früher zu geographischen Zwecken gedachten Form der Weltbeschreibung, die man nach der häufig in den Quellen gewählten Überschrift als divisio orbis bezeichnen könnte, jedem Ein griff568• Eine solche divisio besteht aus einer festen Liste mehr oder weniger ausführlich geschilderter Regionen, die meist als Exkurs an geeigneter Stelle von Weltchroniken oder als geographischer Teil in EnzykJopädien oder Kosmogra phien eingefügt ist 569• Auch noch im 14. Jahrhundert tasten lateinische wie volkssprachige Werke dieser Art, selbst wenn sie auf beiliegenden Weltkarten oder, wie die Chroniken, im Laufe der historischen Erzählung die neuentdeckten Länder und Völker rezipieren, diesen völlig zum topischen Bestandteil geworde nen Kanon praktisch nicht an 570 • .
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567 Zitat N. 562. 568 Zu den Eigenarten mittelalterlicher geographischer Werke HYDE, Real . . . Journeys. 569 In Chroniken bei Noahs Weltaufteilung unter seine Söhne, anläßlich der Aussendung der Apostel in alle Welt (z. B. Jacopo Foresti) oder der Weltvetmessung durch Caesar (Eulogium, bis 1366). Variationen sind höchstens innerhalb des Kanons üblich. Eine Ausnahme bildet Roger Wendover (t 1236), der, wie B ORST festgestellt hat, anläßlich der Beschreibung der babylonischen Sprachen verwirrung eine moderne geographische Beschreibung einfügt (Turmbau 11,2, 780). Hans Joachim WITZEL, Der geographische Exkurs in den lateinischen Geschichtsquellen des Mittelalters, Diss. masch. Frankfurt a. M. 1952. - Kosmographien beschreiben den gesamten Kosmos, nicht nur die bewohnbare Erde. W. GÖTZ, Die Enzyklopädien des t3.Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Entstehung der Laienbildung, in: Zs. f. Geistesgesch. 2 (1936) 227-250; P. MICHAUD- QUANTIN, Les petits encyclope dies du XIIIe siede, in: Cahiers d'hist.mondiale 9 (1966) 580-595; G. STEER, Imagines mundi-Texte als Beitrag zur Ausfollnung eines laikaIen Weltbildes im Spätmittelalter, in: Wissensorganis . . . . Literatur, 23-33; C. BAUFELD, Zur Widerspiegelung des mittelalterlichen Weltbildes in Enzyklopädien des Mittelalters, in: Jb. f. Gesch. d. Feudalismus 12 (1988) 5 1-75. 570 Vinzenz v. Beauvais (oben S. 202/3) übergeht die Tartaren im ersten Buch des Spec. hist. ; die Weltchronik des Ranulf Higden gedenkt um 1350 nur in der Ereignisgeschichte und auf manchen Exemplaren der beigefügten Karte der Tartaren O. TAYLOR, The Universal Chronicle of Ranulf Higden, Oxford 1966); noch im späten 15.Jh. Entsprechendes beim enzyklopädischen Rudimentum noviciorum (1485, unten N. 575). Vielleicht wird der Katalog hin und wieder als Wiedergabe eines historischen Zustandes betrachtet, doch wahrscheinlicher besteht kein Anlaß, an dieser Stelle die feste Tradition anzugreifen. Eine frühe Ausnahme ist die schon mehrfach zitierte Mappa mundi in den Werken des Paulinus und Marino Sanudo; sie fügt jene _moderne Skythienbeschreibung« ein, wohl vor allem deshalb, weil die neuartige Beschreibung Asiens in Haythons Etos, der Quelle beider Autoren, es verlangt. Auch die Form der Mappa mundi als praktisch selbständige Schrift ist
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IV. E INORDNUNG I N DAS WISSEN VON DER WELT
Nicht mehr ganz so unbeugsam sind im 13. Jahrhundert die »Völkerkataloge« (die auch Länderkataloge sein können) der Dichtung, die schon vor der Mitte des 13. Jahrhunderts infolge der Kreuzzüge moderner geworden sind 571 . Im Rahmen vor allem von Heereskatalogen oder den beliebten Orientreisen fahrender oder irrender Ritter nehmen immer mehr Dichter im Laufe des späteren Mittelalters auch die Tartaren zur Kenntnis 572. Außerdem entstehen in wachsendem Maße moderne Welt- (oder Regional-)beschreibungen n e b e n den erstarrten »Auftei lungen der Welt«, oft in Form von fiktiven Reiseberichten oder einem allegori schen Flug über die Welt 573. In diesen Schriften ist die Berücksichtigung der Tartaren, des Landes Cathay und vieler anderer neuentdeckter Völker und Gegenden weitgl:hend selbstverständlich. Vielleicht trägt nicht zuletzt ihre Existenz dazu bei, daß gegen Ende des 14. Jahrhunderts Domenico Bandini aus Arezzo die riesige Enzyklopädie Fons memorabilium universi zusammenstellt, in deren geographischen Teilen die neuen Erkenntnisse an vielen Stellen verwertet werden 574. Losgelöst von den traditionellen Listen entsteht so ein Nachschlagewerk, das in alphabetischer ungewöhnlich; zu späteren Ausnahmen unten. - Traditionelle Werke der Zeit: Enzyklopädien: lat. Thomas v. Cantimpre, über de natura rerum, ed. H. BOESE, Berlin 1973; Compendium Piloso phiae, ed. M. DE BOÜARD, Paris 1936; volksspr. Brunetto Latini, II Tesoro (Li livres du tresor; aber oben N. 270 u. 290); II tesoretto, Straßburg 1909; Ristoro d'Arezzo, Composizione dei mondo, ed. E. NARDUCCI, Mailand 1864; Jacopo Alighieri, Dottrinale, wie N. 488; unverändert bleiben Ü berset zungen wie die des Bartholomäus Anglicus durch Vivaldo Balcalzer oder des Thomas v. Cantimpre durch Konrad v. Megenberg; Kosmographien : Cecco d'Ascolis Kommentar zur Sphaera des Sacro bosco, ed. L. THORNDlKE, in: Johannes Sacrobosco, Sphaera und Kommentare, Chicago 1949; auch Albertus Magnus, De natura locorum, übers. nach Ms. in: Sister Jean Paul TILMAN OP, An Appraisal of the Geographical Works of Albertus Magnus and His Contributions to Geographical Thought, Ann Arbor 1971. 571 Ausführlich dazu BORST, Turmbau II,2, 734 (H.). 572 N. 270; dort auch denen der Dichter nur ähnliche Kataloge. - Besonders italienische Dichter beginnen, mit den Motiven der epischen Dichrung zu spielen und ihr gesamtes Wissen hineinzupak ken: Andrea da Barberino steht als Vorreiter des Boiardo, Pulei und Ariost, so F. CARDlNI, Avventura, wie N. 268, S. 274, auf dem Übergang »fra enciclopedismo medievale volgarizzato a cultura umanistica«. Heinrich HAWICKHORST, Ü ber die Geographie des Andrea de'Magnabotti, Diss. Halle 1901, auch in: RomF 13 (190112) 689-784; R. PETERS, Ü ber die Geographie im .Guerrino Meschino., in : RomF 22 (1906/8) 426-505. 573 Mehr oder weniger großer Regionen seit Gerald v. Wales; Fiktion der Libro dei Conosc. eines kastilischen Franziskaners ; dazu HYDE, Real . . . Journeys, 146: »With all its faults the Libro . . . marks a significant step in the drawing together the world of merchants and missionaries and that of literarure«. Allegorie: Christine de Pisan; Philippe de Mezieres, der durch die diesseitige Welt von der Königin Wahrheit wie Dante durch das Jenseits von Vergil und Beatrice geführt wird. Fazio degli Uberti, der um 1345 die Welt ebenfalls in einer allegorischen, von Solinus geführten Reise beschreibt, läßt hingegen Tartaren u.a. weg, vielleicht wegen seines antiken Führers. 574 Zitiert hier nach Vat. Mss. Pal. lat. 923, verglichen mit Reg.lat. 1 140, Chigi C VIII 235, Ross. 1156, lat. 2028; zur Methode REICHERT, Begegnungen, 258; zur sehr komplexen Handschriftensirua tion A. T. HANKEY, Tbe Library of Domenico de Bandino, in: Rinascimento 8 (1957) 177-207; DIES., Riccobaldo of Ferrara, Boccaccio and Domenico di Bandino, in: J. of the Warburg and Courtauld Inst. 21 (1958) 208-226; DIES., Tbe Successive Revisions and Surviving Codices of the »Fons Memorabi lium Universi. of Domenico di Bandino, in : Rinascimento 1 1 (1960) 3-49 . •
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Reihung575 zum Beispiel in Teil IV,l (de provinciis et regionibus) Cathay und Tartaria neben Scithonia, das zweigeteilt und in seinem europäischen Teil wie derum mit Tartaria identifiziert wird, und auch neben dem Irdischen Paradies aufweist 576 . Das »höchst bekannte und mächtige Volk« der Tartari taucht in Teil IV,5 (de populis et eorum moribus) neben Perse und Scithae, die beide mit ihm in Verbindung gebracht werden, auf; Baldach das »in unserer Zeit« »Alau, der König der östlichen Tartaren«, eroberte - steht in IV,3 (de civitatibus) neben Cambaleth seu Cambalu, der Hauptstadt des Reiches der Tartaren 577. Bandini betont, er habe eine Vielzahl von Büchern gelesen, um in mühevoller Arbeit für den Leser das Wissenswerte knapp zusammenzustellen 578; er zitiert sorgfältig unter anderen Vinzenz von Beauvais und Marco Polo. Auf den letzteren - neben Odorich und Haython - beruft sich auch Dome nico Silvestri aus Prat0 579• Sein Werk De insulis et earum proprietatibus (1385/ 1406), begonnen, um De montibus etc. des Boccaccio, dem gerade die Inseln fehlen, zu ergänzen, habe sich als schwieriger erwiesen als ursprünglich angenom men, weil es so unendlich viele Inseln gebe, vor allem im Osten der Erde in Indien und unter der Herrschaft der Tartaren 580 . Silvestri verteidigt zwar seine Benut zung der zeitgenössischen Reiseberichte, hält es aber offenbar für geboten anders als sein Vorbild Boccacci058 1 -, alle Inseln nach neuestem Wissensstand einzubeziehen. Solche Berücksichtigung neuer Erkenntnisse findet sich schließ lich im 15. Jahrhundert häufiger, zum Beispiel in der schon zitierten Imago mundi des Pierre d'Ailly, die an mehreren Stellen traditionelles und modernes Wissen zusammenstellt, den Länderkatalog Asiens aber ganz antik hält582, oder auch in -
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575 Alphabetisch aufgebaut ist auch der entsprechende Katalog im enzyklopädische Rudimentum noviciorum aus dem späten 15.Jh., der zwar Vinland enthält, aber nicht die Tartaren oder die Tartarei, obgleich es zum Jahre 1202 einen ausführlichen Exkurs über die Mongolen einschiebt und auf der beiliegenden Karte die regio tartarea verzeichnet ; 1202: I fol. 385r H.; Karte Bild 23 (auf sie folgt der Länderkatalog). 576 Cathay 24va; Tartaria 36va; Scithia duplex est, una est in asya et altera in europa . . . hodie dicitur tartaria: fol. 36ra-b. Paradies fol. 43ra; er scheint es, seiner Begründung zufolge, vor allem aufzuneh men, weil er es bei den Kosmographen findet. 577 tartari: notissimi populi et adeo potentes , , . : fol. 183vb; Scitharum gens duplex est, una septentrio nalis que hodie appellatur tartara: fol. 18Ovb; Perser fol. 175rb (Identifikation fol. 183vb, wie oben N. 547); Bagdad: nostris vero temporibus; alau rex tartarorum orientalium (nach M. Polo, oben N. 539): fol. 63va; Khan Baliq: caput regni Tartarorum: fol. 65vb--66ra. Dort residiert a�ch der mächtige Großkhan, der neben antiken und zeitgenössischen Helden in Teil V, 1 vorgestellt Wird (De viris claris; oben S. 242). 578 Fol. llra. 579 Oben S. 58/9; P. G. RICCI, Per una monografia su Domenico Silvestri, in: Ann.della scuola nOIJllaie superiore di Pisa sero 2,19 (1950) 13-24. 580 S. 29/30. Boccaccio: Druck in: Genealogiae, Venedig 1494, ND New YorkiLondon 1976; PASTORE STOCCHI, wie S. 65, N. 99. 581 Allerdings will Boccaccio ein geographisches Nachschlagewerk zu den antiken Poeten erstellen, in dem neuere Namen in der Tat keinen Platz haben. 582 S. 24; aber Nilüberschwemmungen: Vergleich mit der Wolga, Berufung auf Leute, die bei den Tartaren waren (S. 464); Kaspisches Meer und Skythien wie oben N. 555. - Aus Mi. 15. Jh. der Liber de figura seu ymagine mundi mit modernen Einfügungen ; vgl. Ed, Guillaume Fillastre.
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der gereimten sfera, also Kosmographie, des Leonardo Dati (vor 1424), die von der Tartarei spricht - zudem ist es inzwischen den Kartographen gelungen, das neue Wissen auf die alten Weltkarten aufzutragen. Diese Weltkarten zeigen wie auch die des Petrus Vesconte zu einem großen Teil den »Erdkreis« in der altbekannten runden Form. Bei den Karten fällt sofort ins Auge, daß die traditionelle Vorstellung von der Erde als Ganze Bestand hat, und bei näherem Hinsehen zeigt sich, daß auch die Weltbeschreibungstexte die Gesamtform weitgehend unberührt lassen. Daß das bei allen Erkenntnissen, bei aller Veränderungsbereitschaft möglich ist, liegt in bestimmten Eigenheiten der Erkenntnisse und ihrer Formulierung sowie des Weltbildes selbst begründet. Zum einen fehlen, wie oben schon gesagt, die exakten Vermessungen, die eine Kartographie nach Art der Portulane auch für Ostasien ermöglicht und nahege legt hätte. Durch die Reiseberichte und vor allem die Erfahrungen der Kaufleute wissen zwar die italienischen und katalanischen Kartenzeichner recht wohl, daß Asien sich in ungeheuren Weiten ausdehnt, und das Handbuch des Pegolotti kann die Entfernungen zwischen verschiedenen Städten in Tagesmärschen angeben. Doch damit ist noch nichts für die exakte Lokalisierung der einzelnen Punkte ausgesagt und ebensowenig Konkretes über die Gesamtausdehnung Asiens. Also verzichtet zum Beispiel der Verfertiger der Velletri-Karte auf eine Veränderung der herkömmlichen Ausmaße, zeichnet östlich des Kaspischen Meeres Urgentsch und am Ostrand der Karte Cathay ein und notiert zwischen beiden Orten: » . . . von organti nach cathagium gelangen die Kamele in vier Monaten« 5 83. Auch beim besten Willen der Kartographen wären Angaben dieser Art nicht hinreichend für eine halbwegs realistische Darstellung der Ausmaße Asiens. Darüber hinaus übersteigen diese Ausmaße die Vorstellungskraft vieler Zeitge nossen, vor allem solcher, die selbst nicht gereist sind, wie auch wir heute noch Schwierigkeiten haben, aus unseren engen europäischen Verhältnissen heraus die Größe einiger asiatischer Staaten nachzuvollziehen. Vor allem Reiseberichte bemühen sich im späten Mittelalter immer wieder, die Größenverhältnisse durch Vergleich mit Bekanntem zu illustrieren - »so weit ich es einschätzen kann«, wie Rubruk einschränkend bemerkt 584. So ist Khan Baliq größer als Rom, die Städte des Tartarenreiches größer als Toulouse; die Wolga viermal so breit wie die Seine 585. In ähnlicher Weise empfiehlt Johannes von Monte Corvino den Nord583 Wie N. 207: Ostrand links, denn die Karte ist, entgegen der abendländischen und eher nach arabischer Tradition, gesüdet. Ähnliche Aufschrift Modena-Karte Nr. 43, S. 207, Bild 29: aquesta
ciutat es apellada lop, en laqual venam alguns mercades de la tana . . . que portan . . . per vi meses fins a la dita ciutat e puys se partexen de qui per altres vi meses fins al cathay (ed. KRETSCHMER; Handelsstadt Bagdad n. 30); A tlas Catalan, unten S. 31112. 584 secundum quod possum estimare: XXI,6 S. 220 (seine Tagereise = Strecke Paris-Orleans).
Wichtig dazu jetzt ESCH, Anschauung. 585 Haython 111,12 S. 294; It. N. des Ed. muß Jong Khan Baliq entsprechen. - Jordan v. Severac, Mirabtlia S. 121 (Odorich vergleicht die Städte in China mit Treviso, Vicenza, Venedig, Bologna,
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weg zu Land durch Asien nach China, denn der andere sei »äußerst lang und gefährlich ; er enthält zwei Seereisen, von denen die erste der Entfernung zwischen Akkon und der Provence, die zweite aber der zwischen Akkon und England entspricht« 586 . All diese Bemühungen, auch Übertreibungen mancher Rezipienten, schützen nicht vor Unterschätzungen durch andere: Man weiß, daß es weit ist, aber Ludolf von Suchern meint um 1340 doch, daß Cambaleth non remote von Tabris seiS87• Auch an der Ortskenntnis Johannes' III. von Sultaniyah beginnt man zu zweifeln, wenn er vom kurzen Weg von Moskau nach Cathay spricht588 - und hätte Paolo del Pozzo Toscanelli nicht den Umfang der Erdkugel unterschätzt, so wäre Columbus wohl kaum nach Westen aufgebrochen 589! Die Ferne bleibt fremd; sogar der venezianische Senat kann 1436 Tana bildhaft als am Rande der Welt gelegen bezeichnen. Für Guillaurne de Nangis (um 1300) kommen die Boten des 0 persischen Khans aus dem äußersten Osten der Erde59 • Zudem sind alte Vorstel lungen bei vielen Zeitgenossen tief verwurzelt. Gilles le Bouvier berichtet, man müsse von Flandern nach latanne (Tana), also quer durch Europa, die halbe Welt durchschreiten 591 : Er denkt offensichtlich in den Maßen der traditionellen Auftei lung, nach der Europas Durchmesser dem Radius der Erdscheibe entspricht. Im Jahre 1 375 entsteht auf der katalanischen Insel Mallorca ein Weltatlas, der nicht nur den Größenverhältnissen Asiens eher gerecht zu werden, sondern auch das Weltbild zu sprengen scheint592• Er besteht aus sechs großen Blättern, die viel Platz für die Ost-West-Ausdehnung der Welt bieten, die Nord-Süd-Richtung dafür aber stark einzwängen. Man mag annehmen, daß hier den Erkenntnissen der Kaufleute S93 über die Weiten Asiens Rechnung getragen wird, wenngleich
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Padua, Ferrara . . . , XIXff. S. 458 ff.). - XVIII,4 S. 210: maior meint wohl nicht die Länge, sondern die Breite. Der Don ist dort, wo Rubruk ihn überquert, so breit wie die Seine in Paris: XIII, 10 S. 197. 586 1I,6 S. 294. 587 Ludolf, hier S. 58, gelangte selbst nur bis in den Vorderen Orient. Es ist weit: Nikolaus v. Curbio, Vita Inn. IV. S. 92 : der Herrscher der Tartaren ist schwer zu erreichen, weil er so weit weg lebt; oben S. 290/1 die Gedanken zu den Tartaren »im äußersten Osten«. Ein wenig hilflos die Angaben des Konstanzer Bürgers Ulrich v. Richenthal um 1418 über die Entfernungen zwischen der Tartarei und Indien (S. 203). Übertreibung oben S. 243. 588 S. 105. Er besaß vielleicht doch keine rechte Vorstellung von Cathay, oben N. 531. 589 So aber entsprach die angenommene Entfernung Europa- Cathay etwa der tatsächlichen Europa Amerika. 590 Venedig: in confinia mundi . . , : Misti, THIRIET Reg,nr, 2412, 111 S, 5 1 ; Guillaume, ehr, ed. RHF S, 565, 591 S, 79, Oben N. 525 (Nordasien = V, der Welt) und unten 618 zur Weltaufteilung Dsching!s Khans nach Noahs Vorbild. Vielleicht steckt der Gedanke an ganz Asien hinter der Bemerkung, dIe Mongolen hätten die halbe Welt erobert (MP CM V S. 661 ; falls das nicht nur eine Redensart ist). 592 Zwei Faks. Edd. 1977; nur Text CORDIER, auch BUCHONffASTU. H. C. FREIESLEBEN, Map of the World or Sea Chart? The Catalan Mappamundi of 1375, in: Navigation 26 (1979) 85-89. - Der Atlas war ein Geschenk des katalanischen Königs an Kar! V. v. Frankreich, liegt deshalb in der BN Pans. Zur folgenden Darstellung der Traditionen ARENTZEN, Imago, bes. 276/7. 593 Der Atlas bezieht sein Wissen sicher von Händlern, deren Wege er einzeichnet. Am Nordrand Asiens eine Karawane: aquesta caraiana es partida dei imperio de sarra per anar al catayo (Bild 25).
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noch immer nicht realistisch. Allerdings kommen die Verhältnisse, nach denen das Land östlich und westlich von Jerusalem oder vom Ostrand des Mittelmeeres verteilt ist, jenen sehr nahe, die Ptolemaios im zweiten Jahrhundert nach Christus auf seinen Weltkarten verwandte. Zwar gelangt die »Geographie« des Griechen erst mit ihrer Übersetzung ins Lateinische 1409/10 im Abendland in Umlauf. Doch könnten am Entstehungsort des Atlas, der Insel Mallorca, die damals erst seit etwa hundert Jahren aus arabischer Hand zurückerobert war, die notwendi gen Informationen zur Verfügung gestanden haben. Zudem sind die Zeichner Abraham und Jafuda Cresques Juden, stehen auch dadurch zwischen den Kultu ren und sind nicht an christliche Denkschemata gebunden 594. So gehört wohl auch der Atlas zu den Kartenwerken, die eine alte Form mit modernem Leben erfüllen. Genau das werden auch die lateinischen Rezipienten des Ptolemaios im 15. Jahrhundert tun, nachdem für eine kurze Zeit die konse quente Übernahme der antiken Namen die ersten abendländischen ptolemaischen Karten seltsam humanistisch-modern/unmodern gemacht hatte. Henricus Mar tellus Germanus (1489) zum Beispiel zeichnet gegen Ende des 15. Jahrhunderts ptolemaische Karten, auf denen Tartaria und Cathaio, der Groß khan und viele andere moderne Begriffe zu finden sind; ja er übernimmt den Priester Johannes und sogar die eingeschlossenen Juden 595. Diesem Erbe lateinisch-mittelalterlicher Legenden, den eingeschlossenen Endzeitvölkern Gog und Magog, räumt auch der Atlas Catalan viel Platz ein5%. Gleichzeitig trägt er die Spuren der modernen Portulane, denen er nicht nur die Form des Mittelmeerraumes, sondern auch die Drehbarkeit, das heißt die unein heitliche Ausrichtung der Schriftzüge verdankt 597• Der Tradition der chronikarti gen Karten des Mittelalters, aber auch der fortentwickelten Portulane entspricht die Bebilderung, die auf vielen runden Karten des 15. Jahrhunderts ebensowenig wie auf der Genuesische Weltkarte (1475) in ptolemaischer Tradition fehlen darf598• Mittelalterliche Praxis des Atlas ist es ebenso, die vielen modernen Namen
594 Jafuda wird 1420/7 an den portugiesischen Hof in die Dienste Heinrichs des Seefahrers gehen: nur ein Beweis für die Versammlung allen verfügbaren Wissens dort; unten Fra Mauro. E. T. HAMY, Cresques 10 Juheu, note sur un cartographe juif catalan de la fin du XIVe siecle, in: DERS., Etudes, 105-109 mit Erg. 448-51 (zuerst: BGHD 1891, 218-222); G. REPARAZ, Essai sur I'histoire de la geographie de I'espagne de I' Antiquite au XVe siecle, in: Annales du Midi 52 (1940) 137-189; D ERS . , Les sciences geographiques et astronomiques au XIVe siecle dans le nord-est de la peninsule Iberique et leur origine, in: Arch. Int. d'Hist.des Sciences 1 (1947) 434-465, hier 305ff.; P. YOELl, Abraham and Yehuda Cresques and the Catalan Atlas, in: The Cartographical J. 7 (1970) 17-27. 10 gran savi Tolomeu ist auf der Karte zitiert, jedoch mit seiner Astronomie (bei Tauris). Auch der indische Raum könnte nach ptolemaischen Maßstäben gezeichnet sein, aber Sicherheit ist in Anbetracht der Raumver knappung am südöstlichen Rand nicht zu gewinnen. 595 Bild 32; die letzten sind nicht �modern«, aber auch nicht antik. 596 Er rückt sogar die Tartaren in ihre Nähe: dazu, zu den Völkern und ihrem Verlust der eschatologischen Bedeutung oben S. 263/4 u. unten 3 1 8 . 597 Oben N. 565. 598 Die Modena- und Velletrikarte (Bild 28 bzw. wie N. 207), Andrea Bianco (Bild 30) und Walsper ger (wie N. 464) bebildern wie Portulane, die das Inland berücksichtigen: vgl. S. 305; Genues. Karte:
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mit ausführlichen Textlegenden zu versehen 599. Mit dieser Methode können die Kartographen am ehesten der zitierten Forderung des Paulinus, die Lage der Länder zueinander zu verdeutlichen, gerecht werden, obgleich genaue Kennt nisse über die Grenzen fehlen. Das wurde schon beispielhaft in der oben geschilderten Unklarheit über den Begriff Tartaria deutlich; der Atlas versucht zumindest an einigen Stellen, so gut es geht Regionen abzugrenzen 600•
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Neben dem Wissen um genaue Grenzen und die Einzelabmessungen fehlt viel fach . der Überblick über die größeren Zusammenhänge der Welt. Die Abendländer beginnen ja im 13. Jahrhundert gerade erst, sich die Räume im Osten Europas, die sie ausreichend zu kennen glaubten, empirisch zu erschlie 0 6 ßen 1 . Noch um 1236/37 wundert sich Frater Riccardus, der immerhin in Ungarn lebt, über die Kürze des neuen Rückweges der Dominikanerbrüder aus dem Uralgebiet über Rußland und Polen nach Ungarn ; den Hinweg hatten sie über Konstantinopel genommen 602. Erst infolge der Öffnung Asiens gewinnen einige wenige Abendländer für manche Bereiche der Erde Übersicht über Zusammenhänge, während andere bemerkenswert wirre Ideen wiedergeben. Der gelehrte Mediziner Petrus von Abano (t 13 15/18) aus Padua verurteilt den Versuch der Brüder Vivaldi, 1291 auf einer Fahrt ins Ungewisse an der afrikanischen Westküste nach Süden und dann nach Indien zu gelangen, als überflüssig, denn nun sei doch der Zugang offen »durch die großen Tartaren«, indem man erst nach Norden gehe und sich dann nach Osten und Süden wende 603• Diesem Überblick stehen zum Beispiel die Vorstellungen Leopold Stainreuters (t urn 1400) gegenüber. In seiner »Österreichischen Chronik von den 95 Herrschaften« nimmt er die den geographischen Realitäten entspre chende Idee auf, der christliche König in Äthiopien am Oberlauf des Nil könnte diesen ableiten, um Ägypten auszutrocknen 604. Der König von Ethiopia (in Morenland) habe 1291 die Eroberungen im Heiligen Land am Sultan rächen wollen. Durch Ägypten fließe einer der Paradiesflüsse, der Eu/rates. Den fluß habe nun der König auf Rat der Weisen abgraben und einen Teil in die TartaBild 27 (mit schönen Tartarengestalten um Schwarzes und Kaspisches Meer). Ihre Linsenfolln könnte auch auf ovale Karten zurückgreifen, die das Mittelalter ebenfalls kannte: z. B. die verschiedenen Karten des Ranulf Higden : MILLER, Mappae Mundi, H. III, 94 ff. 599 Das tun ebenso viele der Rundkarten (vgl. S. 304/5). Der Atlas findet durch seine gedrück�e Höhe kaum Platz, um die Legende zu Cambalech einzutragen: sie rutscht in die Nordostecke (die gleiche schreibt die Modenakarte Nr. 27, S. I92 zur Stadt). 600 Er nennt finis fndie und Ciutat de Caynam ari finis Catayo (vgl. Faks. FREIESLEBEN). Dazu oben S. 306 Vesconte. 601 Im Vorderen Orient hatten sie damit im Rahmen der Kreuzzüge im 12.Jh. begonnen. 602 5,5 S. 160; Hinweg: 2,1 S. 152; zu Riccardus und den Reisen oben S. 26/7. 603 Conciliator, Diff. LXVII fol. 98v. RICHARD, Recits, 76. Die Vivaldis kehrten von diesem Versuch nicht zurück. 604 S. 162. Diese Idee z. B. 1485/6: bei Georges Lengherand, Mayeur de Mons en Haynaut, Voyage a Venise, Rome, Jerusalem, le Mont Sinay et le Kayre (1485-1486), ed. Marquis DE GODEFROY MENINGLAISE, Mons 1861, S. 185.
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rei (Tatrey) und abwärts nach Bulgarien (Pulgerey), den anderen nach Griechen land abfließen lassen 60S . Besser als Leopold, der wohl selbst die fraglichen Gegenden nie bereiste, kennt sich der Dominikaner Wilhelm Adam, Missionar in Persien, aus. Er nutzt um 1317 sein Wissen und den damit verbundenen geographischen Überblick über den Vorderen Orient für eine großartige geostrategische Konzeption gegen Ägypten 606 . Fünf verschiedene Bereiche sieht er, in denen der Kirche Schaden zugefügt und den Mamluken in Ägypten genützt werde, darunter die abendländischen Kaufleute, die immer wieder die Handelssperre gegen Ägypten durchbrächen. Um ihnen den Anreiz dafür zu nehmen, müsse man durch Ausdehnung der Blockade auf den Indischen Ozean die Anlieferung der exotischen Waren nach Ägypten unterbinden. Der Vorschlag möge neu klingen, so argumentiert Wilhelm mit dem Selbstbewußt sein des Kenners aus eigener Erfahrung, aber die früheren Autoren hätten dieses Mittel nur noch nicht gekannt 607 - er dagegen kenne tatsächlich die Zusammen hänge zwischen Persien (dem Tartarenreich), Ägypten und dem Weg nach Indien. Den Indischen Ozean, den er wie andere Abendländer 608 erreicht hat und dessen Gegebenheiten so günstig für den Aufbau einer Sperre seien, charakteri siert Wilhelm folgendermaßen : »Man muß, um das besser zu verstehen, wissen, daß ein Arm (brachium) des Ozeans in Richtung Süden das Land zerteilt, der unzählige Provinzen und Städte an seinen Ufern hat und in seinem Busen (sinum) eine unendliche Zahl von kleinen und großen, wunderbaren und elenden Inseln umschließt und enthält, und dieser Arm wird mare Indicum genannt. Man bestätigt, daß es größer sei als unser Mittelländisches Meer« 609. Die vorgeschla gene Nutzung des Wissens ist in der Tat, wie Wilhelm betont, neu. Seine Beschreibung des Meeres aber kann, auch von den angegebenen Größenverhält nissen her, ebensogut auf die traditionelle mittelalterliche Vorstellung, nach der der Indische Ozean ein schmaler Sund mit vielen Inseln ist 610 , zutreffen wie auf die den realen Gegebenheiten nahekommende, die Ptolemaios vertreten hat. 605 Selbst für den Euphrat wäre das problematisch. - Dem Autor des �Niederrhein. Orientberich tes. (um 1350) dürfte hingegen bei der Behauptung, Indien liege westlich von Jerusalem, lediglich ein Intum unterlaufen sein (S. 9, mit N.); alle anderen Gebiete ortet er korrekt in Bezug auf Jerusalem als Mittelpunkt der Erde (5. 8). Bemerkenswert ist aber die Beschreibung, Armenien liege ,.rechts« von Damaskus bis Antiochia (S.20). - Eine wesentlich ausführlichere Beschreibung der ganzen Welt mit demselben Ausgangspunkt um 1500 beim Franzikaner-Guardian von Jerusalem, Francesco Suriano (S. 87/8; eine erbaulich-belehrende Schrift für Surianos Schwester und ihre Mitschwestern). 606 Kreuzzugsgutachten De modo sarracenos extirpandi, oben S. 118/9. Wilhe1m wird 1318 Suffrag anbf. (v. Smyrna) Francos v. Perugia (oben S. 135), 1322 EBf. v. Sultaniyah (bis 1324; t 1337/41). 607 S. 550. Aus Erfahrung (experientia) könne er die Leute auf den Inseln beurteilen, S. 554. 608 Heimweg Marco Polos (1295 in Venedig) und Reise nach China des Joh. v. Monte Corvino (um 1290; seine Empfehlung, einen anderen Weg zu bevorzugen, oben S. 3 10/1); später reist auch Odorich v. Pordenone . zu Schiff nach Hinterindien. Jordan v. Severac hat erfahren, daß man ganz leicht von Indien nach Athiopien gelangen könne: Brief übers. YULE 111,77 609 S. 549. 610 Oben S. 286; zur Anschauung die Karte des Andrea Bianco Bild 30. Eine Marco-P01o-Glosse bei WAGNER DUTSCHKE, wie oben S. 56, N. 61, Nr. 9 S. 22 . •
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Da dieser Kenner der Gegend offenbar keine Notwendigkeit sieht, sich angesichts seines Wissens mit traditionellen Ideen auseinanderzusetzen, bleibt das Gesamtbild, das sich Wilhelm Adam vom Indischen Ozean macht, unklar 61 1 . Schon am Ende des 15. Jahrhunderts argumentiert dagegen der rheinische Pilger Arnold von Harff ( 1496/99) a u s d r ü c k l i c h mit seinem Wissen von der Weite des Indischen Meeres. Dieses trenne doch den Nil - so führt er an in Kritik der mittelalterlich-biblischen Vorstellung, dieser Fluß entspringe zusammen mit drei anderen im Irdischen Paradies (an dessen Existenz er nicht zweifelt) - weit von den anderen Paradiesflüssen ab 6 t2• Im Gegensatz zu dieser Auffassung scheint bei näherem Hinsehen der allegorische Reisebericht des Philippe de Mezieres (1389) von einer s c h m a l e n Wasserstraße überzeugt zu sein. Sein vieil pelerin fliegt mit der royne verite und ihren Begleiterinnen über die ganze Erde; von Ägypten über Nubien gelangt er unmittelbar nach Indien, zur Amazoneninsel und nach Cathay in Tartarie613; nur mit dem alten Bild des Indischen Ozeans ist das zu erklären. Die schriftlichen geographischen Darstellungen verraten ihre genauen Ansichten oft nur, wenn sie sie ausdrücklich formulieren; dagegen sind es wieder die Zeichner der Weltkarten, die ihr Bild auf den ersten Blick preisgeben, weil sie sich entscheiden müssen. Kein Zweifel über die Vorstellung vom Ausse hen des Indischen Ozeans kommt dem Betrachter bei der in traditionellem Stil gehaltenen Weltkarte des Andrea Bianco ( 1436) oder aber bei der ptolemaischen Karte des Henricus Martellus Germanus (1489) 6 1 4. Eine geschriebene Schilderung der Welt hat es auch leichter, ihre Unsicher heit bei der Darstellung von großen Zusammenhängen zu verbergen. Jordan von Severac, Dominikanerbischof in Indien, schildert Mirabilia Mundi besonders aus Asien und geht dabei von Region zu Region vor, ganz ohne Richtungen oder Entfernungen anzugeben; erst in einem gesonderten Kapitel (de terrarum spatiis) •
611 Man sollte meinen, daß ein Kenner einen registrierten Widerspruch zum erlernten Weltbild (von der Kenntnis dürfen wir wohl bei einem Dominikaner um 1300 ausgehen) auch founuliert hätte. Sicherheit läßt sich aus einem solchen argumentum e silentio nicht gewinnen. Jordan v. Severac, Ordensbruder Wilhelms, schreibt um 1323/4 Briefe von der Westküste Indien (in unserem Sinne) nach Europa. Von lateinischen Kaufleuten habe er gehört, daß Äthiopien offenstehe für fruchtbare Mission; man solle Brüder hinschicken, die es von dort, wo Jordan sei, nicht weit hätten. Diese Bemerkung legt nahe, bei Jordan die alte Vorstellung des schmalen indischen Meeres zu vermuten : auch ein Abendlän der in Indien kann Täuschungen unter dem Einfluß seiner Vorurteile unterliegen (zit. nach YULE, Cathay rn, 77, 79). 612 S. 148/5 0. Arnold glaubt, die Berge zu kennen, aus denen der Nil entspringt, u";d ,weist m,it �em Argument des breiten Meeres auch den Einwand zurück, bis dorthin könnte der Nt! Ja untenrdlsch vom Paradies aus geflossen sein. Zu den Paradiesflüssen auch N. 5 13. Das Paradies verlegt er nach Jerusalem, in den Mittelpunkt der Welt: unten S. 318. - Weite des Meeres ev. auch bei Pietro Ranzano, 15. Jh., S. 195. 613 I S. 222ff.; für den Zusammenhang Synopse des Werkes S. 117ff. . 614 Bianco Bild 30; Modena- Bild 28, Velletri-Karte wie N. 207, und Andreas Walsperger Abb. wie N.464; Martellus Bild 32; Genues. Weltkarte Bild 27, Fra Mauro Bild 31 (dazu unten S. 320/2). Unsicher hingegen ist die ptolemaische FOlln beim Atlas Catalan, der den Südosten zu sehr zusammendrängt.
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holt er es nach. Die Entfernung von Konstantinopel nach Tana gibt er in Meilen, die Größe der asiatischen Regionen verständlicherweise in Tagereisen an. Nach einer höchst detaillierten Definition Persiens durch die umliegenden Gebiete wird Jordan weiter nach Osten hin sehr wortkarg; nach Indien beschreibt er Cathay und dann Äthiopien : Zufällige Reihung oder Unsicherheit bezüglich der genauen Lage der Gebiete zueinander ? 6 15 - Christine de Pisan, die 1402/03 einen Phanta sieflug über die Erde dichterisch beschreibt, geht nach Überquerung von Europa, Ägypten und dem Sinai vor dem Weiterflug nach Osten von detaillierter Schilde rung über zu zusammenfassender Erzählung einzelner Phänomene, da sie die Darstellung nicht zu sehr ausufern lassen wolle. Der Verdacht liegt nahe, daß dieser Kunstgriff die mangelnde Übersicht über die genaue Lokalisierung der geschilderten Bereiche kaschieren so11 61 6. Auch dem Kartographen Andreas Walsperger fehlt 1448 diese Übersicht, doch er ist gezwungen, allen erwähnten Orten einen bestimmten Platz zuzuwei sen. So liegen Sarai am Don statt an der Wolga, Samarkand weit im Norden, Quinsai statt am Chinesischen am Kaspischen Meer (das immerhin ein Binnen meer ist), valdach (Bagdad) ersetzt Cambalech als Hauptstadt des Großkhans. A,uch sein Gesamtbild von der Welt muß Walsperger offenlegen : Im Zentrum des Erdkreises erhebt sich Jerusalem, weit im Osten auf einer eigenen Halbinsel das prachtvolle Irdische Paradies, aus dem vier Ströme fließen, einige davon in den 1 6 schmalen Sund des Indischen Ozeans 7. Das alte Weltbild hält sich offenbar insgesamt oder in Teilen auf Karten und in Texten noch lange, und das nicht so sehr aus trotzigem Konservativismus der fraglichen Autoren. Schon am Beispiel des kritischen Arnold von Harff, bei Rubruks Beschreibung des Kaspischen Meeres und wohl auch bei Wilhelm Adam ist deutlich geworden, daß bei aller Empirie ein Zurechtrücken von Einzelheiten, eine Kritik am Detail nicht bedeutet, daß der jeweilige Zeitgenosse alle Züge des gewohnten Weltbildes aufgegeben oder es gar von Grund auf verworfen hätte. Es hat für erstaunlich viele Erfahrungen und Erkenntnisse Platz und kann sie sich 615 S. 122; oben N. 6 1 1 . Diese Beobachtungen mögen für die Fiktivität des Berichtes sprechen: oben S. 63, N. 93. 616 Chemin vv. 1367-1372 S. 59: Wollte sie alles erzählen, müßte sie ein neues Buch schreiben. So berichtet sie gesammelt über Länder, Berge etc. An manchem Einzelpunkt werden Irrtümer dennoch deutlich: Christine spricht von der Isle de Cathay, v. 1399 S. 6 1 ; oft wurde die Indische Inselwelt (die auch Columbus zu erreichen hoffte) als dem Großkhan untertan geschildert: Lagedarstellung der »modemen Skythienbeschreibung«. Dazu S. GOMPERTZ, Le voyage allegorique de Christine de Pis an, in: Voyages, 195-208. 617 Abb. wie N. 464; vgl. K.-H. MEINE, Zur Weltkarte des Andreas Walsperger, Konstanz 1448, in: Kartenhist. Coll., 1 7-30; Beschreibung K . KRETSCHMER, Eine neue mittelalterliche Weltkarte der Vatikanischen Bibliothek, in: Zs. d. Ges. f. Erdkunde zu Berlin 26 (1891) 371-406, T. I0. - Der fiktive Reisebericht des Libro dei Conosc. hat nicht umsonst zahlreiche Kommentatoren zu der Vermutung veranlaßt, es handele sich um eine Reise mit dem Finger auf einer Karte wie z. B. dem Atlas Catalan: nur so ist der Weg von Java über das Reich von Amalech nach Cathay sinnvoll .
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einfügen, zumal es - wie schon gezeigt - viele Identifikationen ermöglicht, die ihm wiederum zur Bestätigung dienen. So ist zum Beispiel die Dreiteilung der Welt selbst ja objektiv noch nicht überholt; an den seit alters festliegenden Größenverhältnissen 618 muß sich selbst ein Mann wie Johannes von Marignolli, der um die Mitte des 14. Jahrhunderts bis nach China gelangt ist, nicht unbedingt stoßen. Der Franziskaner, der seine Reiseerfahrung in einer Weltchronik verarbeitet, weicht bei der Aufteilung der Welt durch Noah zwar von der traditionellen divisio orbis ab, aber nicht vom überkommenen Maß für Asien : »Sem also . . . erhielt die Hälfte des Erdkreises, nämlich ganz Groß asien, das vom Weißen Meer jenseits von Ungarn, wo heute die Walachen (Olachi) leben, auf einer geraden Linie über das ganze Reich des Usbec, Katay, Indien, Äthiopien bis zum Ende der Welt reicht. « 6 1 9 Korrektur dagegen kann nicht nur in ausdrücklicher Revision, sondern infolge allmählicher Gewöhnung an neue Erkenntnisse auch oft stillschweigend gesche hen. Der Ulmer Pilger Felix Faber OP modifiziert etwa 1483 die überkommenen Größenverhältnisse der drei Kontinente, ohne das als Änderung zu vermerken: »Dieses Europa nimmt größeren Raum ein als Afrika und kleineren als Asien«620; Nikolaus von Kues nimmt an, Europas Größe betrage nicht ein Viertel von Asien 1 und nicht die Hälfte von Afrika 62 . Solche Kritik kann mangels konkreter Daten nicht allzu deutlich werden und erlaubt es, das Weltbild seinerseits sanft dem Neuen anzupassen. Für Faber bleibt dennoch Jerusalem der geographische Mittelpunkt der Welt. Trotz ausführlicher Diskussion zahlreicher antiker und christlicher Quellen hält er es für ganz unzweifelhaft, daß die vier Paradiesflüsse einschließlich des Nil im Irdischen Paradies ihren Ursprung haben - und daß sie hinterher außerordentlich verschlungene Wege nehmen, um zu jenen Orten zu gelangen, an denen er sie kennt 622. Auftretende Widersprüche müssen - abgestuft je nach dem in Frage stehenden Faktum und der Empfänglichkeit des Beobachters - schon sehr deut lich sein, um zu Modifikationen oder grundsätzlicheren Änderungen zu führen. Denn man sucht ja nach wie vor nicht nach Neuigkeiten, sondern nach Bekann tem, das man hin und wieder gezielt, fast gewaltsam zu entdecken versucht. Das könnte die Erklärung für die besondere Form sein, in der Marco Polo (um 1300) die Endzeitvölker Gog und Magog in Asien aufgefunden haben will, indem 618 Vgl. S. 286. Die biblische Einteilung ist noch dazu fest im Bewußtsein verwurzelt: die »ganze Welt« hat Noah unter seine Söhne aufgeteilt; als Dschingis Khan "die ganze Welt« unter seine Söhne aufteilte, gab er ihnen, so die Memoria Terre Sancte, Afrika, Europa und Asien (S. 447; um 1300, oben S. 112/3). 619 S. 542 (c. 2). - Auch die Descriptiones terrarum beginnen mit der klassischen Dreiteilung durch Noah (ohne Maßangabe) und füllen diese dann mit modernen Namen (S. 720; den Hinweis auf Te� t und Zusammenhang verdanke ich Herrn Prof. Dr. G. Freibergs, Los Angeles, oben N. 273). Abwei chung von der divisio als Ausnahme: oben S. 307. 620 III S. 274. 621 Concord. III,6 S. 358: deshalb ist Europa am dichtesten besiedelt. 622 III S. 123/4. Jerusalem I 3 16.
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IV. EIN ORD N U N G I N D A S WISSEN VON DER WELT
er die Legende bis zur Unkenntlichkeit nach bei den Mongolen vorgefundenen Verhältnissen uminterpretiert - fast so, als habe er nur auf Nachfrage zum Beispiel des Rustichello, dem er den Milione diktierte, eine Erklärung gesucht 623• Es gibt den Platz, »den wir Gogo und Magogo nennen, aber sie nennen ihn Ung und Mungul. Und in jeder dieser Provinzen lebte ein Volk : in Ung waren die Gog und in Mungul leben die Tartaren« 624. Schon um 1320 kursiert daneben eine Auslegung, die Gog und Magog zu Burgen macht, die den Zugang zur - immerhin von Bergen umschlossenen - Tartarei bewachen 625• Diese Deutungen können zwar mit Hilfe geographischer Erkenntnisse die Namen der eingeschlossenen Völker erklären, weil sie oder eher ihr Publikum sie in Asien zu finden erwarten. Aber sie sind dabei gänzlich ihres ursprünglichen Sinnes entkleidet worden. Andere Phänomene des alten Weltbildes werden in ihrer ursprünglichen Bedeutung gehalten, obgleich diese bei konsequentem Durchdenken neuer Erfah rungen eigentlich obsolet sein müßte - offenbar empfindet man keinen Wider spruch. Der Mittelpunkt der ganzen Erde, nicht nur in geistlicher, sondern in ganz konkret geographischer Bedeutung, liegt nach der Tradition in Jerusalem. Noch am Ende des 15. Jahrhunderts lassen auch Kritiker überkommener Meinun gen, wie der zitierte Mönch Felix Faber und der rheinische Ritter Arnold von Harff626 diese Überzeugung unangetastet - und das zu einer Zeit, da Martin Behaim in Nürnberg seinen Globus angefertigt hat und Columbus seine Fahrten auf seinen Glauben an die Kugelform der Erde gründet. Aber nicht einmal die Erkenntnis, daß die Erde eine Kugel sei, muß von der Überzeugung abbringen, daß Jerusalem den Mittelpunkt ihrer Oberfläche bilde. Schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts versichert Sir John Mandeville in seine Travels, es sei möglich, das ganze Land und die See zu umfahren und wieder am Ausgangspunkt anzukommen, denn die ganze Erde sei von runder Form. Das beweist er ausführlich mit Hilfe vor allem diverser Sternbeobachtungen und versichert, deshalb stünden die Menschen im Süden genau mit den Füßen gegen die im Norden; uns entgegengesetzt aber sei das Land des Priesters Johannes 627 dies ist die klassische Vorstellung von den Antipoden, die nur bei einer kugelför mi gen Erde denkbar ist. 623 Der Dichter Rustichello v. Pisa, Marcos Mitgefangener in Genua, steht überhaupt im Verdacht, sich einige Selbständigkeiten erlaubt zu haben und könnte nachgehakt haben (oben S. 63). Marco über den Priester Joh. oben S. 250. - Das wäre ein Eingriff von Seiten der nicht gereisten Zuhörer, wie wir ihn schon für Haython vermutet haben (oben N.472). 624 C. LXXIV S. 61, vgl. c. 73 S. 90. Oben S. 259ff.; auch unten 321. 625 Burgen schon Petrus Vesconte (wie S. 306, Bild 26); Libro dei Conosc. S. 567/71 (Got und Magot, die Kaspischen Berge; auch Flußnamen: S. 570; oben S. 290). Nach der Alessandreia in Rima (um 1440, bei STOROST, Studien, wie N. 327, 203) trifft Alexander die wilden Völker in der Tartarei. Für Gog und Magog hielten sie einige, weil sie, so erklärt Jean LeLong (t 1383; Sp. 684), angeregt wohl von Plano CarpinilVinzenz, aus dem Land Mongal kämen, das rundum von Bergen eingeschlossen sei. Die Tartaren hinter Bergen eingeschlossen, vor allem auf Weltkarten: oben S. 265 mit N. 356. 626 S. 150/51 . Oben N. 605 Francesco Suriano. 627 S. 119-121. •
DAS G E O G R A P H I S C H E WELTBILD
3 19
Mandevilles Reise ist bis ins 19. Jahrhundert hinein für echt gehalten worden; danach haben ihn die so lange getäuschten Literaturwissenschaftler gerne rachsüchtig als Lügner bezeichnet und sein Werk als völlig wertloses Plagiat. Zweifellos handelt es sich um eine Kompilation aus verschiedenen Reiseberichten, aber sie ist in oft selbständiger Art zusammengefügt und zeugt von einem bemerkenswerten Überblick über das ungeheure Wissen über Asien und die ganze Welt auf der Höhe der Kenntnisse ihrer Zeit und wird so zu einem volkssprachigen Nachschlagewerk über Asien mit fast enzyklopädischem Cha rakter628 • Mandeville kann also mit Fug und Recht zu den gebildetsten und doch zu den unbefangensten Zeitgenossen gezählt werden. Dieser Mann nun fügt zu seinem ausführlichen Beweis der Kugelform der Erde hinzu, daß man deshalb nach Jerusalem immer aufwärts gehe, denn es liege, wie altbekannt und bewiesen sei, in der Mitte der Welt629• Auch er kann bei all seiner Erkenntnis noch Reste des alten Bildes bewahren; noch immer scheinen Dinge, die sich aus unserer Sicht offenbar widersprechen, zusammenzupassen. Auch die Wiederentdeckung des schon zitierten ptolemaischen Weltbildes im 15. Jahrhundert führt zwar hin und wieder zu einzelnen Veränderungen am alten Bild; ein bewußter und grundsätzlicher Vergleich zweier konkurrierender Ansätze findet jedoch selten statt 630. Zudem ist auch dieses neue alte Bild dem kritischen Betrachter kein überzeugender Ersatz, denn es enthält vor allem im Osten manche Irrtümer, über die das empirische abendländische Wissen um 1 400 63 1 . schon hinaus ist, und deshalb muß auch Ptolemaios korrigiert werden Schließlich treten zu den Forschungsergebnissen aus Asien die portugiesi schen Entdeckungen an Afrikas Westküste und revidieren die überkommenen Vorstellungen Zug um Zug. So wird das mittelalterliche und das ptolemaische Weltbild an vielen Stellen zurechtgerückt, immer mehr erhöht sich die Bereit schaft zur Veränderung, ganz sachte wächst aus zwei alten Weltbildern und ,
628 Im späten Mittelalter erheben verschiedene, gerade Pilger-Reiseberichte den Anspruch, Weltbe schreibungen zu sein: RICHARD, Relations de pelerinage, 147. HOWARD, World: insofern ist Ma�de ville ein gelehrter Enzyklopädist. Maßgeblich jetzt Christiane DELUz, Le livre de Jehan de MandevIlle. Une »geographie« au XIVe s., Louvain-la-neuve 1988; dort auch die ältere Literatur; kurz DIEs . Le . livre de Jean de Mandeville (1356), plagiat ou reecriture ?, in: CRAIBL 1989, 394-403; zur RezeptIon DIEs., Le livre Jehan de Mandeville, autorite geographique a la Renaissance, in: Voyager 205-220, bes. 212 (Weltumrundung); C. W. R. D. MOSELEY, Behaim's globe and Mandeville's Travels, in: Imago Mundi 33 (198 1 ) 89-91. - In diesen Zusammenhang gehört auch die Diskussion über die mögliche Identität zwischen dem Autor der Travels und dem in dieser Arbeit schon häufiger zitierten Jean d'Outremeuse (Myreur; A. GOOSSE, Jean d'Outremeuse et Jean de Mandeville, in: Fs. W. v. Wartburg . zum 80. Geb., hg. v. K. BALDINGER, Bd. 1, Tübingen 1968, 235-250): in der Tat liegt, wenn Olcht Identität, dann eine intensive Benutzung des Werkes des einen durch den anderen vor; man könnte sogar Zusanunenarbeit wie bei Marino Sanudo und Paulinus Minorita (oben S. 64 mit N. 97) vellnuten. 629 S. 121/2. Wieder ist es der Kartograph Martin Behaim, der ausdrücklich die Formen ändert, weil er eindeutig sein muß. 630 Normalerweise wird das ptolemaische Bild entweder gar nicht oder aber vollständig, nicht am früheren Bild überprüft, zur Kenntnis genommen; Einzelkorrekturen z. B. unten Fra Mauro. 63 1 Die Karte des Henricus Martellus Germanus Bild 32, und unten Fra Mauro. Dazu P. GAUTI ER DALCHE, L'ceuvre (mit Ed. Guillaume Fillastre, vgl. Quellenverz.). ,
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IV. EINORDNUNG IN DAS WISSEN VON D E R WELT
empirischen Forschungen ein Wissen zusammen, das schließlich ein neues Bild der Erde hervorbringen wird. Bis dahin jedoch - und auch später noch - werden manche der alten Ideen nur langsam aufgegeben, werden nicht sofort alle Konse quenzen aus den gewonnen Erkenntnissen gezogen. Deshalb ist eine wirklich m i tt e 1 a l t e r l i c h e S y n t he s e aller geographischen Erkenntnisse wohl die Weltkarte, die der Venezianer Fra Mauro 1459 in Murano im Auftrag des portugiesischen Hofes anfertigt 632. Fra Mauro, der dank dieses Auftraggebers über die neu esten Erkenntnisse aus der Erforschung der afrikani schen Westküste verfügt, verbindet diese mit einer ptolemaischen Karte, einem Portulan und dem gesammelten Wissen von Reisenden - wiederum wohl vor allem Kaufleuten 633 - über Asien innerhalb des weiten Rundes des mit bunten Bildern und zahlreichen längeren Texten 634 ausgestatteten mittelalterlichen Erd kreises, der wie eine arabische Karte gesüdet ist. Der weite Trichter des Indischen Ozeans z. B. folgt trotz einiger Abweichungen deutlich dem ptolemaischen Vorbild 635; das Mittelmeer hat die Form wie auf einer Portulankarte, und Jerusalem ist aus dem Mittelpunkt der Welt leicht nach Westen verschoben. Die Städte Saray, Samargante, Almalech und Cambalech sind mit guter Kenntnis lokalisiert; neben Mongul, dem Ursprungsland der Tartaren im äußer sten Nordosten mit Characoracum und dem Grab der Kaiser 636 bleiben die drei Indien ebenso erhalten wie Ama(onia und » Tharse, woher die Magi gekommen sind«. Da ist Rossia gleich Sarmatia, India tertia entspricht India Cin; Parthia, Media, Assyria, Scithia und Serica stehen neben Tartaria, (;agatai, Chatajo und Mangi. Begriffe aus der Überlieferung werden neben moderne gesetzt, aber zum Teil auch b e w u ß t weggelassen. Ptolemaios nenne zahlreiche Provinzen, auf die er, Fra Mauro, verzichte, weil sich ihre Namen inzwischen verändert hätten, und er selbst stattdessen andere genannt habe 637. Die alten Länder- und Völkerkata632 Ausgezeichnete, detaillierte Faksimile-Ed. von T. GASPARRINI LEPORACE. Der bei BAGRow/ SKELTON, Meister, 89/90, vertretenen Hervorhebung des "Richtigen« gegenüber dem "Verwirrenden« setze ich bewußt den Begriff der Synthese entgegen. Die Qualität der Karte sollte nicht nach ausgesuchten Einzelheiten gewertet werden, sondern liegt im Gesamtbild des Alten und Neuen, des Zukunftsweisenden wie der Rudimente eines älteren Bildes. Schwerpunkt auf die Schwankung zwischen ptolemaischer Tradition und Empirie legt W. IWANCZAK, Entre I'espace ptolemai'que et I'empirie: les cartes de Fra Mauro, in: Medievales 18 (1990) 53-68. 633 Zwischen Persien und Mangi den Karawanenweg von Indien nach Cathay; auch an vielen anderen Stellen derartige Wege (Abkürzungen, Brücken, Straßen). 634 Chronikartige Karte: dazu die Velletri-Karte, wie oben S. 187, N. 600. 635 Martellus Bild 32; er rezipiert auch die neuen Erkenntnisse über den Verlauf der afrikanischen Küste. Andre BERTHELOT, L'Asie ancienne centrale et sud-orientale d'apres Ptolemee, Paris 1930. 636 Faks.nr. XXXVIII; dazu Grabmal des Ung-Khan Faks.nr. XXXIX (auch Modena-Karte, Nr. 47, S. 209) und jenes Jate per Tamberlam Faks.nr. XXXIII (sowie die sepultara (sie !) real ebd. und sepultura imperial Faks.nr. XXXIV). 637 Nota ehe tolomeo mete algun provincie in questa asia e albania, iberia, bactria . . . de le qual tute
non ne Jafo nota perehe sono cambiati e corropti queli nomi per ho pUD bastar ehe 1,0 notado altre provineie de le qual tolomeo non ne paria. (Faks.nr. XXVI; Hervorh. F. S.)
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DAS G E O G RA P H I S C H E WELTB I L D
loge haben ihre Unantastbarkeit endgültig verloren. Das Irdische Paradies ver drängt der Venezianer aus der Welt und bildet es nur noch außerhalb des Erdkreises ab638 • Auch unter den überlieferten Mirabilien wählt Fra Mauro nach Glaubwürdigkeit aus639• Wo ihm etwas unwahrscheinlich vorkommt, da bekennt er sich zu seinem persönlichen Unglauben. Zu der von Bergen umgebenen Ausbuchtung des nördlichen Ozeans, die auf anderen Karten oft als Kaspisches Meer bezeichnet worden ist, bemerkt er lapidar: »Einige glauben, diese Berge seien die monti caspii, aber diese Auffassung ist nicht richtig« 640 . Ebenso bezweifelt Fra Mauro, daß sich von dem knapp westlich liegenden, von Alexander eingeschlossenen Land hung e mongul der Karte zufolge von Tartaren bewohnt und mit einem wunderschönen Tor ver schlossen - die Namen Gog und Magog ableiten 64 1 . Nördlich des wirklichen Kaspischen Meeres, in Organ�a, notiert der Kartograph schließlich auf der Karte, daß die Auffassung, dort lebten die eingeschlossenen Völker, »offensichtlich irrig und durch nichts haltbar« sei. Denn eine solche Zahl von Menschen hätte nicht bis heute in einer Gegend, in der Abendländer wie Orientalen, zum Beispiel Tartaren, ständig vorbeikämen, verborgen bleiben können: »Sie wären uns schon bekannt geworden« 642. Die Idee, daß die Tartaren etwas mit Gog und Magog zu tun haben könnten, liegt dem Venezianer offensichtlich erst recht völlig fe rn. Fra Mauro unterzieht das alte Weltbild einer gründlichen Revision; Diskre l panzen zu neuen Erkenntnissen werden namhaft gemacht und diskuc iert 64 , schließlich oft einer Entscheidung unterworfen. Fra Mauro verläßt sich bei seiner Prüfung auf e i g e n e E rf a h r u n g e n. Für den Fall, daß ihn jemand rügen s ollte, weil er nicht in allem dem Claudio Tolomeo gefolgt sei, gibt er ausdrücklich zu -
638 Faks.nr. XXXVIII. 639 Alguni smveno ehe in queste Indie sono molte diversita de monstri si de homeni eome de �nimali,.
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ma perehe a queste cosse p o eh i dan o fede qui non ne far;o nota salvo ehe pur aeerto de algunl. ammalt eome sono serpe le qual se diee haver VII teste; aneora de qui sono formige grandissime e quasI �he qUI dir non ardiseo pareno come eani. Questo pUD esser ehel sia tal specie de animali ehe sia simzle a le formige (Faks.nr. XX ; Hervorh. F. S.). 640 Alguni credeno ehe questi monti siano i monti easpii ma questa opinion non e vera (Faks .nr.
XXXVIII). Zu den mittelalterlichen Lokalisierungsproblemen der Berge oben S. 290.
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641 De qui e vulgo ehe questi populi reehiusi per alexandro in questo paexe de hung e mongul denva el
credo. non io opinion qual nome aul da hi do paexi ditti i qual tra nui se ehiamia gog e magog ala und en Na I). XXXVII m Mongul questo per la . . . parte e habitado per xente tartara (Faks.nr.
Einordnung folgen Marco Polo und dessen Rezipienten: oben 5. 318. odo . m algun per to sostenu 642 Ma eerto questa oplmon manifestamente e erronea e da non esser
ehe le b l pos e non sz ehel monte perehe eerto le si nota da diversita de le nation ehe habitano circa quel er es er p ge domeste � assai sono tanta numerosita de populi ne fosse ignoti eum sit ehe tute quale parte rcass l annini, ce , mingreli er], [Georgi frequentade si da nostri eome da altre nation ehe sono r;orr;ani popu I que se de n set U eamin. quel mente eontinua fano tartari e molte altri generation de populi i qual III ; (Faks.-nr. )(� noti nui a seriano anehora ha notieia vesse credo queli fosse de li re ehiusi ne ehe
�
Hervorh. F. 5.). - Zum Argument mit den vielen verborgenen Menschen Zitate vgl. 5. 248: DIe Welt ist nun viel größer, die fragliche Gegend genau bekannt. 643 Wie die Welteinteilung in einem Text auf der Grenze zwischen Asien und Europa, Faks.nr. XXXIV.
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IV. E I N O RD N U N G I N DAS W IS S E N VON D E R WELT
bedenken: Der große Kartograph habe nicht seine ganze Kosmographie selbst überprüfen können, doch in der langen Zeit seither sei vieles möglich gewesen : »Ich habe mich in meinem Leben bemüht, die Schrift mit Hilfe der Erfahrung zu verifizieren, habe viele Jahre lang geforscht und glaubwürdige Leute befragt, die mit eigenen Augen das, was ich hier aufzeichne, gesehen haben.« 644 Die ganze Karte, vor allem aber die Darstellung Asiens, das sich weit nach Norden und nicht ganz so weit nach Osten ausdehnt, bietet das Bild der aus hervorragendem Wissen genährten Koexistenz antiker und moderner Namen, traditioneller und neuer Formen, von Fortschritt und Verharren: den Höhepunkt zugleich des mittelalterlichen Forschens und Lernens wie der Integrationskraft des abendländischen Weltbildes.
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644
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. . ehe eerto non e possibile al intellecto humana senza qualche superna demostrativo verifiear in
tuto questa eosmographia over mapamundi, de ta qual se pUD haver qualehe noticia piu a degustation eha supplimento dei desiderio. Unde se algun eontradira a questa perehe non ho seguito claudio tolomeo si ne ta forma eome etiam ne le sue mesure ler longefa 0 per targefa non vogli piu euriosamente defenderlo de quel ehe lui proprio non se defende. el qual nel seeondo libro eapitulo prima diee ehe quele parte de le qual se ne ha eontinua pratica se ne puo partar coTTetamente. ma de quale ehe non sono eussi frequentado non pensi algun sene possi partar eussi correctamente. Pero intendando lui non haver possudo intuto verificar ta sua eosmographia, si per ta cossa longa e difficile e per la vita breve e lexperim e n t o faltace. resta ehel eonciede ehe cum longenfa de tempo tal opera se possi meglio descriver over haverne piu eerta noticia de quel habuto lui. Per tanto dieo ehe io n e l t e m (po) m io ho soltieitado v erifiear la serip tu ra eum la exp erien tia investigando p e r mo lti a n n i e pra tiean do e u m persone deg n e di fede le q u a l hano veduto a d oehio q u elo ehe (q ui) s u s o fedelm e n t e demos tro. (Text Faks.nrr. [XL] + XLVI ; Hervorh. F. S.) .
v. Epilog: Abendländische Mongolenurteile im späten Mittelalter
Als der Konstanzer Bürger Ulrich von Richenthal in seiner tagebuchartigen Schilderung des Konstanzer Konzils (14 14/18) über die Umbildung der vier nationes und die Einrichtung einer fünften, der englischen, berichtet, da fällt ihm auf, daß sehr viele Völker unberücksichtigt geblieben sind, daß nicht einmal alle Christen den nationes zugeordnet wurden. So unternimmt er es, all die übrigen Völker, die er auf der Welt kennt, hinzuzufügen: Ytalici. Das ist Römerland . . .
die küng von der großen und mindern Türggye, was dan kristen ist und was da wonet in aller Tartarye. Darinn sind syben kayserthumb. Wer darinn sitzet und cristan ist, der höret zu den Ytalici . . . A n g lici, das ist Engeland, das da nüws ze Costentz ain nacion ward erworben. Dazu höret in ir küngrich, das küngreich zu Hibernia, das ist Schottenland; das küngrich von Arabia enend dem mer; das küngrich Medorum; das küngrich Persarum; die zway India, das minder und das mer, das priester Johanns besitzet; das küngrich von Etthiopia, da die moren inn sitzend; das küngrich von Egypten; das küngrich von Ninefee; die alle nit cristen sind, dann allain Schotten und Engelsehen. Was aber cristanlüt, layen oder pfaffen, darinn sitzen, die sind zu inn getailt und maint man, das noch by nün küngrichen syen, die zu inn gehören, die [enentj der Tartarye gelegen sind . . Richenthal empfindet es offenbar als selbstverständlich, daß jenseits des orbis christianus noch sehr viele Völker leben und weite Gebiete liegen. Über diese .
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Erkenntnis hinaus zeigt sich auch bei dem Bürger, der wohl anläßlich des Konzils erstmals mit der großen Politik in Berührung gekommen ist, das lateinisch christliche Bestreben, die Welt zu erfassen, vom Abendland als Zentrum aus zu organisieren - jenes Streben, aus dem heraus einst Papst Innocenz IV. seine Boten zu den Tartaren sandte2 und das seit dem 15.116. Jahrhundert zur tatsächlichen Eroberung der Welt führte. Unter die Völker der Welt zählt Richenthal dabei keinerlei monströse Wesen und andere Mirabilia, die allmählich, wie z. B. bei Fra Mauros Karte zu beobach ten war), an den Rand oder aus dem eigentlichen Erdkreis herausgedrängt werden können. Mit den Tartaren aber lebt man wie mit anderen heidnischen, aber
1 S. 50, 51 (Hervorh. F. S.). W. MArrHIEssEN, Ulrich von Richentals Chronik des Konst�n�er Konzils. Studien zur Behandlung eines universalen Großereignisses durch die bürgerliche Chromsuk, in: AHC 17 (1985) 71-191, 323-455 (problematisch bei Tartaren-Stellen : so 380 ordo wie oben S. 296 N. 509). Mehr zur Einordnung Asiens bei Ulrich: REICHERT, Begegnungen, 228/29. 2 Oben S. 74ff. 3 Oben S. 320/2.
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V.
ABENDLÄ N D I S C H E M O NG O LENURTEILE
menschlichen Völkern in einer g e rn e i n s a m e n We I t. Die Mongolen und ihr Land haben darin zudem ein hohes Gewicht, wenngleich die Zeiten vorbei sind, da sie, wie noch 1332 \ neben Christen und Sarazenen als eine von drei großen nationes (hier gemeint: Religionen) der Welt betrachtet werden konnten. Trotz der selbstverständlichen Einordnung in die Welt aber bleiben die Tartaren fre m d a r t i g. Im Jahre 1407 sind in den Hildesheimer Stadtrechnungen tateren, die vorgesprochen hätten, registriert s. Aus einer Schilderung des Lübecker Chro nisten Hermann Korner zum Jahr 1 4 1 7 könnte deutlich werden, weshalb man wohl die Fremdlinge, bei denen es sich kaum tatsächlich um Tartaren gehandelt haben kann, als solche identifizierte. »Eine fremde und nie vorher erblickte, vagabundierende Menschenschar kam a u s d e m O s ten (de orientalibus partibus) nach Deutschland und durchzog es ganz bis zu den Gebieten am Meer . . . Sie zieht als Gruppe und übernachtet a u ß e r h a l b d e r S t ä d t e a u f d e n F e l d ern, weil sie sich zu sehr dem Diebstahl hingibt und fürchtet, in den Städten ergriffen zu werden. Es waren aber etwa dreihundert Menschen beiderlei Geschlechts . . . , ä u ß e r s t h ä ß l i c h an Gestalt, d u n k e l w i e Tar t a r e n (nigri ut tartari), und sie nannten sich secanos.«6 Von den Tartaren, die zweihundert Jahre früher selbst noch erklärungsbedürftig gewesen sind, hat man inzwischen ein so gutes Bild, daß man die fremden Ankömmlinge, bei denen es sich wohl um die ersten in Deutschland auftauchenden Zigeuner handelt 7, auf Grund ihres Aussehens und Verhaltens für Tartaren halten oder doch mit ihnen vergleichen kann 8. Der Vergleich bezieht sich sicher auf einzelne bekannte Verhaltensweisen, betont wird dabei vor allem die U n t e r s c h i e d l i c h k e i t der beiden fremden Völker auf der einen von den Abendländern auf der anderen Seite. Eine Art von Andersartigkeit will wohl auch ein Tartaren-Vergleich verdeutli .chen, den ein Genuese im Kerker von Kairo gegenüber einem Ägypter gebraucht haben soll, als er die abendländischen Völker charakterisierte. Die Deutschen besäßen ein riesiges Land, seien ungeheuer zahlreich und kriegerisch 9 ; sie zögen schnell das Schwert und wälzten (sguazzare) sich im Blut; sie liebten die Töne, 4 Directorium S. 385. 5 I 5. 318. 6 C.1 l85 S. 409 (Hervorh. F. 5.). - Alben Krantz, Saxonia, Ffm. 1580, XI,2 S. 285 (14 17) bestätigt für die Neuankömmlinge: Tartaros vulgus appellat. Die Begründung für das Lager auf dem Feld verrät übrigens auch in diesem Fall rein abendländisches Verstehen. 7 Lukrezia ]OCHIMSEN, Zigeuner heute, Stuttgart 1963, 1 ; Joachim S. HOHMANN, Geschichte der Zigeunerverfolgung in Deutschland, Frankfun a. M .lNYork 198 1 ; auch R. PISCHEL, Beiträge zur Kenntnis der deutschen Zigeuner, in: Fs. zum 200. Jubiläum der Universität Halle/Wittenberg, Halle 1894. 8 Ob man in Hildesheim tatsächlich annahm, mit Tartaren zu tun zu haben, ist nicht klar. - Oben S. 213: das Gesicht eines Türken durch das Adjektiv »tanarisch« erklän: Das kann ein echter Vergleich sein, aber auch "fremd« oder »teuflisch« heißen. 9 Aufgezeichnet um 1340, al'Umari (Ibn Fadl Allah al'Umari), Condizioni degli stati cristiani dell'Occidente secondo una relazione di Domenichino Doria da Genova, ed. u. tra'!. M. AMARI, in: Rendl\cadLincei 11 (1883) 67-103, hier S. 74. Zu dieser Anekdote KEDAR, Merchants, 13 . -
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ABENDLÄ N D I S C H E M O N G OLENURTEILE
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den Gesang und das Betrinken 10; kurz: » . . . wir könnten diese Deutschen die Tartaren der Franken nennen« 11. Wenn dieser Vergleich tatsächlich aus dem Mund des Genuesen stammt und ihm nicht von dem Araber hineingelegt wurde, dann hat ein orienterfahrener Abendländer auf sein reiches Wissen über die Tartaren zurückgegriffen, um die Deutschen als im Grunde nicht völlig zivilisier tes Randvolk darzustellen, das man in Italien - zwar respektvoll angesichts der Macht - ein wenig belächelt, von dem man sich jedenfalls deutlich unter 12 . scheidet Trotz aller unterscheidenden Fremdartigkeit wird dabei aber ebenso deutlich, daß viele Verhältnisse und Gewohnheiten der Tartaren etwas mit solchen im Abendland g e m e i n s am haben, ihnen vergleichbar sind. Im Heerlager der Tartaren befinden sich Menschen verschiedener Sprache, aber gleicher Religion, 13 etwa so, wie es unter den Christen Franzosen und Deutsche gibt . Im Land der Tartaren leben viele verschiedene Völker wie das auch »bei uns in Deutschland« (apud nos in almania) der Fall ist 14• Der schon genannte Ulrich von Richenthal erkennt Ähnlichkeiten zwischen den Verfassungen der Tartaren und des Römi schen Reiches : sie wählen ihren Kaiser ebenso wie erst die Trojaner, dann die Römer und schließlich heute die Kurfürsten des Römischen Reiches I S . üb die U n t er s c h e i d u n g oder die G e m e i n s a m k e i t betont wird: Verg l e i c h b ar k e i t ist jedenfalls gegeben. Die Tartaren sind »normale Menschen«, als die sie vor 10 S. 76: I popoli di schiatta alemanna, quantunque sieno tanto sdegnosi e pronti a metter mano alla
spada e sguazzare nel sangue, e quantunque teman tanto la vergogna, ehe sentendosi ingiurati, non lascian riposar una sola notte la lama nel fodero, pur [amano appassionamente} i suoni, i canti e chi ne fa: la musica li rapisce, [quasi} li tormenta, li inebbria, li spossa. 11 S. 74: [Potremmo chiamar} cotesi [Alemanni} i Tartari dei Franchi. Zwar folgen Teile der
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Eigenschaften erst nach dieser Charakterisierung, doch wenn das Bild bewußt gewählt ist, gehören auch sie noch dazu. - Vielleicht gehört auch noch die hohe Gerechtigkeit des Herrschers ins Bild : S. 77. 12 Andersartigkeit und an anderer Stelle stolze Gemeinsamkeit? Nach einer deutschen Quelle des 15.Jh. haben Deutsche, Türken und Tartaren den gleichen Stammvater: Text und Erklärungsversuch H. KÄSTNER, »Der grossmächtige Riese und Recke Theuton«: Etymologische Spurensuche nach dem Urvater der Deutschen am Ende des Mittelalters, in: Zs. f. dt. Philologie 110 (1991) hier 88-92 (Hinweis J. Fried). 13 Simon v. St-Quentin XXXII,73 S. 33. 14 Der Kölner Oculus fidei, oben S. 58, N. 75, fol. 79vb/80ra: . . . et habent illi populi plures nationes
. . . sicut enim apud nos in almania aliqui dicuntur suevi, aliqui australes, aliqui bavari, aliqui turingi, . aliqui lotringi aliqui venenses etc. sie aliqui tartari dominus tebet, aliqui tangoth, aliqui eurath, alzqul ialair, aliqui sonith, aliqui mongli, aliqui mecrithll aliqui ykamongali (Mischung aus Haython III,1
S. 284/3 und Plano Carpini V,2 S. 5 112). 15 S. 203. Immer wieder benutzen die Abendländer z. B. auch die TellIlini der lateinischen Sprache und damit Denkweise, ohne sich der Problematik bewußt zu sein, die in der Notwendigkeit liegt, auch Fremdes mit der eigenen Sprache beschreiben zu müssen (imperator z. B. auch beim Juristen Giovanni da Legnano, wie oben S. 173). - Eine Brieflehre schreibt eine Absenderangabe, wie sie auch Iud�i, Tartari, Sarraceni, Barbari, aliique infideles machen, wenn sie Briefe an die Christen schreiben und die Christen an sie (Conradi summa de arte prosandi S. 423/4): Nicht nur Verhaltensweisen sind vergleichbar, sondern Kontakte sind selbstverständlich. Berthold v. Regensburg versichert, bei d�n Tartaren lebten die Nachkommen wie die Vorfahren, wie das die Natur vorbilde und es auch In Europa üblich sei: II S. 46.
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V.
A BENDLÄN D I S C H E MONGOLENURTEILE
Jacopo d'Acqui bezeichnet 16 und als die sie auch in anderen Darstellungen erscheinen. 1330
Gerade die vergleichenden oder erklärenden Aussagen über die Tartaren zeigen neben der Gewöhnung an sie und ihrer Einbeziehung ins abendländische Welt bild, die nach Ausweis unserer Quellen bis hin zur Selbstverständlichkeit gelingt, wie sehr die Abendländer ohne Bedenken ihre eigenen Fragen an die Mongolen herantragen, in welchem Maß sie ihre eigenen Antworten finden. Sie fragen methodisch und umfassend und spiegeln dabei immer wieder 1 7 sich und ihr eigenes Verständnis; die Methode oder das Ergebnis werden nicht hinterfragt. Man ist sich der Prägung und Subjektivität der eigenen Wahrnehmung von Fremdem offensichtlich nicht bewußt und denkt nicht daran, die eigenen Maß stäbe zu relativieren. Der eine oder andere mag im Laufe der Zeit nachdenklich geworden sein; schriftlichen Niederschlag hat ein auf dieser Ebene stattfindender Lernprozeß nicht gefunden. Nicht alles aber läßt sich ohne weiteres abendländisch erklären, und so bleibt neben aller Annäherung, neben allem Kennenlernen und Einordnen viel Fremd heit zwischen den Völkern bestehen. Ob der italienische Dichter Andrea da Barberino gegen Ende des 1 4 . Jahrhunderts absichtlich sein Tartarenbild so zeichnet, daß es die Abstufungen innerhalb der abendländischen Beziehungen und Gefühle gegenüber dem fremden Volk zu spiegeln scheint ? Sein Held Guerrino il Meschino reist immer weiter nach Osten. Zuerst trifft er auf ein Tartarenvolk von Händlern 18 ; je weiter er aber vordringt, desto wilder werden die Menschen 19, akzeptieren keine Händler mehr, sind ungeschlacht, wild und von riesiger Körpergröße. Dann soll es aber auch noch Tartaren geben, die die Köpfe von Hunden haben. Die Mongolen tragen für die Abendländer vertraute und ftemdartige Züge und vielleicht in sich doch auch ein wenig von den orientali schen Monstergestalten. Weitgehend hat man im 14 . Jahrhundert ja gelernt, die Mirabilien beiseite zu schieben, die Tartaren als Menschen von exotischen Zwit tergestalten zu unterscheiden, aber ein wenig spielen manche Dichter doch mit alten Topoi und neuen Klischees dieser Art20• Denn neben dem der Menschlich keit fließt immer wieder ein schwarzes Bild der Grausamkeit und Unerträglich keit ein, kontinuierlich beigesteuert vor allem vom Osten Europas, wo man das Volk der Tartaren in seiner ganzen Brutalität und Mordlust und ohne Ehre, also mit fremden Normen, nur zu gut kennenlernt. Für die meisten Abendländer bleiben die Tartaren fern, nur manchen werden sie in einigen Bereichen vertraut, für andere hingegen bleiben sie so verschwom16 17 18 19 20
Die ganze Stelle oben S. 9. Dazu besonders oben S. 122ff. u. 201 H. Das sind dann wohl die Mongolen um Caffa und Tana herum, oben S. 160, 170/1. Nach Osten werden die Menschen roher: auch oben S. 208. Aber oben S. 20 t ff.
327
ABENDLÄNDISCHE MONGO LENURTEILE
men, daß es nicht einmal gelingt, zwischen unterschiedlichen Machtbereichen politisch und geographisch zu unterscheiden. Auf vielen Gebieten bleiben die Mongolen unheimlich oder werden negativ dargestellt, deshalb fehlt insgesamt das Vertrauen. Es ist ein kluger Rat, den der Armenier Haython den Abendlän dern gibt: Man verfolge einen gemeinsamen Zweck in »Freundschaft aufgrund von Abstand« (amicitia per distanciam) ein Prinzip, nach dem bald und bis heute ideologisch verfeindete, einander fremde und mißtrauende Mächte Welt politik betreiben können. Im späten Mittelalter bleiben die Tartaren den meisten politisch Verantwortlichen im Westen letztlich doch fremd, geben ihnen jedoch mehrfach Gelegenheit, sich mit dem Gedanken des Heidenbündnisses intensiv auseinanderzusetzen. Nur einige wenige, zum Beispiel die Venezianer, gewöhnen sich sogar so an ihn, daß sie, als die Türkengefahr wächst und der reale Weg hinter den Rücken der Feinde geographisch wie mental bekannt und offen ist, nicht nur vom christlichen Partner träumen, sondern den heidnischen suchen 2 1 Während es den Kaufleuten gelingt, in fremden Erdteilen heimisch zu werden und ihre Niederlassungen am Schwarzen Meer zu Knotenpunkten von Kultur beziehungen zu machen, bleiben bei anderen Abendländern Mißverständnisse und Distanz vorherrschend. Neben bewußter Prüfung geographischer oder ethni scher Verhältnisse aus der zunehmenden Erkenntnis von Diskrepanzen zwischen Beobachtung und überkommenen Vorstellungen heraus steht bleibende Ver ständnislosigkeit und nur oberflächliches Lernen in religiöser Hinsicht; neben mehr oder weniger starke abendländische Interpretationen von Geschehen, Gese henem und Gehörtem treten Revisionen, Veränderungen im geo- und ethnogra phischen Vorwissen und in den Vorurteilen : So verändert sich, fast unmerklich und vielfach unbemerkt, das abendländische Weltbild. Nicht nur Columbus greift für seine Fahrt nach Westen Erkenntnisse der Mongolen-Erkundung auf; auch die Portugiesen streben seit Anfang des 15 . Jahrhunderts nach Osten in Räume, die durch die Reisen zu den Tartaren konkret bekannt geworden sind. Im Rahmen des Aufbruchs nach Asien beginnt man im Westen erstmals, sich für Osteuropa zu interessieren22; ethnologische Erkenntnisse des späten Mittelalters werden in den neuen Welten zum Vergleich herangezogen werden können - man hat vieles gelernt, was erst später Früchte tragen wird, und ist in Zukunft darauf vorbereitet, weiteres Neues zu lernen 23. -
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21 Europas »Vorliebe für Persien« seit den Mongolen bis ins 18.Jh. BIETENHOLZ, wie S. 9, N. 4, 13. 22 Descriptio Europae orientalis für französische Interessenten, oben S. 114, N. 196. 23 FERNANDEZ-ARMESTO, Before Columbus, wie S. 10, N. 9, 223ff.: "The Mental Horizon«, macht auf das Lernen anhand der Kanaren, aber auch der Mongolen aufmerksam und nennt konkrete Beispiele (5. 241, 243).
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Anhänge
1. Gesandtenaustausch zwischen den Ilkhanen von Persien
und dem Abendland 1262-1308 (1322) T.
=
Text erhalten, ed . . . . �) = nach Persien ( = nach Europa
1 2 62
+-<
Gesandtschaft des Ilkhans Hülägü (notarius Ricardus u. a.) an den Papst und alle europäischen Fürsten (LUPPRIAN Nr. 44 S. 230); die Boten sind 1262 in Paris (24 edle Tartaren und zwei Dominikaner als Übersetzer: Chr.Erphord. S. 666) und ein Brief erreicht Ludwig den Heiligen (T. MEYVAERT); Johannes Ungarus gelangt ohne Brief zum Papst (vgl. LUPPRIAN Nr. 41 S. 217) 1 . 1 2 6 3 /4 ) Urban IV. an Hülägü (T. LUPPRIAN Nr. 41) durch den Patriarchen v. Jerusalem.
1 Der Ablauf der Ereignisse ist ein wenig unklar: Hülägü schickte eine Gesandtschaft an Urban IV. (1261-1264) und andere Herren im Abendland, die von Kg. Manfred abgefangen und gezwungen wurde, in den Orient zurückzukehren (Bericht der mongolischen Gesandtschaft 1274, ed. LUPPRIAN Nr.44, hier S. 230). Nur ein Johannes Ungarus erreichte den Papst, hatte aber kein Beglaubigungs schreiben bei sich - vermutlich durch Manfred verloren (was der Papst allerdings dann nicht erwähnt hätte, aber Johannes ist auch im Brief an Ludwig genannt! ed. MEYVAERT S. 257). Eine große Gesandtschaft mit einem Schreiben des Ilkhans erreichte aber 1262 Paris (oben S. 90, N. 82). Möglicherweise gab es zwei Gesandtschaften : die erste wurde 1261 abgefangen, ging zurück und eine neue war 1262 in Paris. Doch warum wäre sie dann nicht auch zum Papst gegangen (dessen Antwort auf einen Gesandten ohne Beglaubigungsschreiben erst 1263: RICHARD, Debut, wie S. 90, N. 8 1 ), und warum hätten die Boten 1274 nur den Mißerfolg erwähnt? Das gilt auch für die Lösung RICHARDS, der vermutet, daß 1 . Johannes nach Paris und Rom ging und 2. nach seiner Rückkehr die dann abgefangene Gesandtschaft reiste (Ambassade, wie S. 53, N. 45, 301). Zudem : hätte nicht Ludwig den Johannes als Boten des Khans beglaubigt? Die einzige halbwegs plausible Lösung scheint mir die folgende zu sein: 1262 reiste eine Gesandtschaft von Persien zuerst nach Paris (mit Kg. Ludwig hatte man schon Kontakt gehabt, wie der Brief [S. 257] betont), danach, ev. zur See Richtung Rom, wobei sie von Manfred abgefangen und in den Orient verbracht wurden; nur Johannes entkam, ging ohne Beglaubigungsschreiben zu Urban, der 1263 ein Antwortschreiben aufsetzte. Das Fehlen einer möglichen französischen Antwort - die aber wahrscheinlich nie existiert hat (man bedenke Ludwigs Erfahrungen, wie oben S. 83/4) - ginge dann auch auf das Konto Manfreds; 1274 wäre das tatsächliche Erreicnen von Paris wegen des Mißerfolges verschwiegen worden.
1. GESANDTENAUSTAUSCH
1266 ?
329
�(
1265 stirbt Hülägü; sein Sohn und Nachfolger Abaqa antwortet wohl 1266 auf die Gesandtschaft des Papstes (vgl. LUPPRIAN Nr. 42, S. 221). 1267 ) Clemens IV. an Abaqa (T. LUPPRIAN Nr. 42); Jaime I.v. Aragon jetzt oder früher an Abaqa durch Jaime Alarich v. Perpignan (späte Nachricht bei ABEL-REMUSAT, wie N. 2, 7, 342; Rückschluß auf den Inhalt aus Brief Abaqas an Clemens 1268, s. dort) 2 . 1268/1269
�(
1268: Abaqa sendet Salomon und Nekpei an Clemens (T. LUPPRIAN Nr. 43); 1269 sind Gesandte des Ilkhans bei Kg. Jaime3 (ABEL-REMUSAT, wie N. 2, 7, 341/2), der eine Gesandtschaft zurückschickt (Referat ebd. 342); ebenso reist eine Gesandt schaft über Genua nach Frankreich (Aufenthalt in Genua vgl. R. BLEcK \ bes. 23 mit N. 62; ehr. Erphord. S. 678/79). 1 2 70 ?
)
Prinz Edward v. England, wohl bei seinem Aufenthalt im Heiligen Land, an Abaqa durch Reginald Gossei, Gottfried de Waus und Johannes le Parker (STAPLETON 143; vgl. LocKHART, Relations, 24). 1271
�(
Abaqa an Prinz Edward (T. STAPLETON 143), der sich bis Sept. 1272 im Heiligen Land aufhält; eine Antwort ist nicht bekannt. ,
1 2 74
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Abaqa sendet an den Papst auf dem Konzil von Lyon David v. Ashby, den notarius Ricardus u. a. (T. LUPPRIAN Nr. 44, dazu ROBERG, Tartaren; Konzilsak ten und viele Nachrichten in Chroniken, wie oben S. 95/6); David auch zu Edward, der dem Ilkhan antwortet (T. RYMER 1,2 S. 144). 2 J.-P. ABEL-REMusAT, Memoires sur les relations politiques des princes chretiens et particulierement des rois de France aves les empereurs mongoIs, in: MAIBL 6 (1822) 396-469, 7 (1824) 335-438. R. RÖHRICHT veJlnutet darin die Antwort auf eine Gesandtschaft Abaqas an Jaime, die 1267 in Perpignan eingetroffen sei (Der Kreuzzug König Jacobs L von Aragonien [1269], in: MIÖG 11 [1890] 373), 3 Abaqa nennt Jaime in seinem Brief an Clemens als künftigen Verbündeten: LUPPRIAN Nr.43 S. 225. 4 Ein oberrheinischer Palästina-Kreuzzug 1267, in: BZGA 87 (1987) S, 5-27.
-
•
330
••
ANHANGE
1275 ) Gregor X. an Abaqa (T. LUPPRIAN Nr. 45); außer denen des Papstes und Edwards sind keine weiteren Antworten bekannt 5. Parallel an Edward Hilferufe der Großmeister des Hospitals und des Tempels (T. KOHLERILANGLOIS, Lettres, 53-56). Ev. Schreiben des Ilkhans an Peter v. Aragon, vgl. 1276. 1 2 76
�(
Abaqa schickt Johannes und Jacobus Vassalli (kein Brief erhalten) an den Papst, den Kg. v. Kastilien und den Kg. v. England, wie die beiden dem letzteren schriftlich mitteilen (T. KOHLER/LANGLOIS, Lettres, 56f.). Beide besuchen auf dem Weg Karl v. Anjou (vgl. MONTI 22). - Weg: offenbar von Neapel nach Viterbo, von dort Boten ausgesandt: über Frankreich (Guil. de Nangis ehr. S. 565; es sollen Georgier sein ; der Weg wird von Guillaurne bezeugt, also wären die Angaben der Vassalli unvollständig. Vielleicht in diesem Zusammenhang Serafadino, Bote des Kg. der Tartaren nach Frankreich, Reg. Cancelleria 1,16 S. 166) nach England (Begleitbrief der Vassalli ed. KOHLER/LANGLOIS, Lettres, 56/7; März '77 dort: hier sollen es sechs edle Mongolen samt Übersetzer sein : J. de Oxenedes S. 250); nach Kastilien (im Brief an Edward). Nun warten sie auf Antwort. - An Kg. Peter v. Aragon sind Boten des Ilkhan (? magni canis domini Tartarorum 6) gegangen : einer verstarb in Genua, der andere wird, wie Peter am 12. 2. weiß, in Montpellier fest gehalten (BoFARuLL, Procesos VI Nr. 54 S. 193/94). 1278 ) Viele Gesandtschaften und kurze Papate verzögern offenbar die Rückkehr schon 1f77; Jacobus und Johannes Vassalli reisen über Neapel zurück (Erlebnis dort 1277: Reg. Cancelleria 1,16 S. 27, vgl. 168), zumindest von eigenen Boten Karls begleitet (an Abbiegue, Vassalli : T. MONTI 23 n. 1 ; Falken-Geschenk 26, auch Reg. Cancelleria 1,19 S. 70; GuilleImus de Omnibene (= [?]Adebona, Didelone) und Robert de Vallictis (de Melun vallectus): ebd. 1,18 S. 381, 1 8 S. 1 50, 245); wohl sie nehmen ein Schreiben Nikolaus' III. mit (T. LUPPRIAN Nr.46). 1280
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J. v. Oxenedes (S. 256), Barth. Cotton (S. 160/1) und Chronik Bury St. Edmunds (S. 72) melden 1280 Boten des Khans in England : vom Termin her denkbar, denn Erfolge des Khans in Syrien (oben S. 104). Der englische Kg. will auf dem Laufenden bleiben (vgl. Joseph de Cancy, übers. SANDERS S. 7) und wird infor5 Möglicherweise war die getrennte Sendung an den englischen Kg. eine Spezialinitiative des Englän ders David v. Ashby. 6 Es ist möglich, daß der Ilkhan als Großkhan bezeichnet wird (oben S. 236), wahrscheinlicher jedenfalls, als daß Peter eine Gesandtschaft des Großkhans aufsuchte .
I.
33 1
GESANDTENAUSTA U S C H
miert, vor allem von seiten der an den Kämpfen beteiligten Hospitaliter (neben de Cancy der Großmeister Nicole de Lorgne, T. KOHLERILANGLOIS, Lettres, 58/61), aber auch vom Bischof Geoffroi (T. RYMER 1,2 S. 188/9).
1285
�(
Arghun schickt Thomas Anfossi, Ugueto, Bogagoc und Mengilic (zwei Mongo len ?) zum Papst (T. LUPPRIAN Nr. 49). (1 286 ) vielleicht Antworten nach Persien) 1287
�(
Raban Sauma zus. mit Anfossi, Ugueto und Sabadino (nach LUPPRIAN Nr. 5 7) nach Europa, nach Neapel (MoNTI S. 26/8), zum Papst, nach Frankreich und zum englischen Kg. nach Bordeaux (allg. CHABOT, Histoire). 1288 ) Auf dem Heimweg nimmt Raban Sauma Briefe Nikolaus IV. mit (Antwort T. LUPPRIAN Nr. 50 u. 53; auch an Mitglieder der Familie); er wird vermutlich begleitet von einer Gesandtschaft Philipps v. Frankreich unter Leitung Goberts de Helleville (CHABOT, Supplemene) mit einem Brief Philipps v. Frankreich (vgl. HAENISCH, wie N. 8, S. 220) . •
1289
�(
) Arghun sendet Buscarello dei Ghisolfi zum Papst (T. LUPPRIAN Nr. 57, vgl. 60 und päpstl. Geleitbrief, s. u.), Buscarello und den Köcherträger Müskeril zu Philipp (T. HAENISCH 8 S. 220, zuletzt MosTAERT/CLEAvEs, Les lettres, 17/8), nach England (Geleitbrief des Papstes T. CHABOT S. 614; dort sind Gesandte lt.
Ann.de Wigornia).
7 P. PELLIOT, Goben de Helleville, Gesandter Philipps des Schönen 1288 zu Arghun, in: TP 27 (1930) 205-206. 8 E. HAENISCH Zu den Briefen der mongolischen Ilkhane Arghun und Öljeitü an den Kg. Philipp den Schönen v. Frankreich (1289 und 1305), in: Oriens 2 (1948) 216-235. Buscarello ist genuesischer Orientkaufmann mit Interessen auch in Caffa: Actes, ed. BRATIANU Reg. 322. ,
-
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332
••
ANHANGE
Antwort Edwards I. (T. CHABOT, Notes, 61 5/6; dort überhaupt der ganze Vorgang der Gesandtschaften); wohl Antwort Philipps durch Robert v. Senlis (s. 1291 ; vgI. PELLlOT, Rezension BRATIANu, Recherches, 206). - Ev. Antwort Nikolaus, wenngleich eigentlicher Anlaß: Begleitbrief für Joh. v. Monte Corvino (T. LUPPRIAN Nr. 56). 1290
�(
Arghun sendet Chaganus an Nikolaus IV., der leitet weiter an Edward (T. Lup PRIAN, Nr. 57 nach der Übersetzung von MOSTAERT/CLEAVES, Trois documents, S. 450/2; vgI. LUPPRIAN 60; Nachricht darüber: T. CHABOT, Notes, 617/8), nach Frankreich (s. 1291; zusätzliche Notizen Buscarellos für den Kg. T. CHABOT, Relations, 610-613), 1291
�( )
über Neapel, 1291 in Frankreich (Passierbrief Karls 11. v. Anjou für den mit einem asinus silvestris als Geschenk zu Kg. Philipp zurückkehrenden Robert v. Senlis, T. BRATIANU, Recherches, 1 86/7, n. 4; oben S. 52, N. 43), in England (an Papst, Kge. v. England und Frankreich: Chr. Bury St. Edmunds S. 97); aus England geht 1291 eine Gesandtschaft nach Persien (Ausgabenverzeichnis erhalten : T. DESIMONI, Conti : sie bringen als Geschenk für ihren Kg. auf dem Rückweg einen Leoparden mit, Edward hatte 1289 girofalci geschickt9); Nikolaus IV. sendet Guillelmus de Chyerio OFM und Matthäus de Theatina an Arghun (T. LUPPRIAN Nr. 60 u. 62) . •
( 1 2 9 8 ? ) [( ?] Ein Bote Ghazans an Philipp v. Frankreich, Verabredung gemeinsamer Aktion: das muß nicht bedeuten, daß Philipp geantwortet hat, sondern kann auch heißen, daß Ghazan ihm seine Termine mehr als Diktat denn als Vorschlag übersandt hat lO [vgI. Ghazans Brief an den Kg. v. Zypern, 1299].)
9 Falken gehören zu den begehrten Geschenken des I1khan : Arghun an Philipp IV. 1289. 10 Arghuns Brief an Phi/ipp 1289 scheint auf eine allgemeine Erklärung Phi/ipps, man solle den Feind in die Zange nehmen, mit exakten Terminvorschlägen zu antworten, von denen er envartet, daß der Kg. auf sie eingehen werde.
I.
1299
GESANDTENAUSTAU S C H
333
�(
Ghazan sendet zu Heinrich v. Zypern 1 1 und beklagt sich, daß dieser nicht wie verabredet die Sarazenen angegriffen habe (T. Andrea Dandolo, ehr. App. I S. 396/7; der Brief gelangte über Venedig mit späteren Nachrichten 1300 an den Papst). Wohl noch im Dez. 1299 geht eine Gesandtschaft Ghazans aus Syrien mit der Nachricht der mongolischen Erfolge an den Papst 1 2; Gesandter ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein gewisser Viscardus (er berührte auf dem Rückweg Neapel, das ist am 25. 5 . 1301 Vergangenheit; dazu Brief T. KÜHLER, Documents inedits, 37) 1 3 ; die Nachricht gelangt, nicht unbedingt durch eine Gesandtschaft des Ilkhans, auch an Jaime 1 1 . v. Aragon (s. 1300); weitere Benachrichtigungen abendländischer Fürsten unbekannt, doch die Nachrichten von den Ereignisse verbreiten sich weithin (oben S. 104/6). 1 3 00 ) Jaime 11. v. Aragon sendet den P. Solivera zu Ilkhan Ghazan (T. FINKE, Acta 111, S. 9112); weitere Antworten von ev. angesprochenen europäischen Fürsten (s. 1299) nicht bekannt ; Antwort des Papstes 1300 oder 1301 (s. 1301).
•
11 Wenigstens zweimal, doch die Briefe nach Zypern gehören nicht hierher: die Kreuzfahrer Christen des Heiligen Landes und dann Zyperns haben eine grundsätzlich andere Haltung gegenüber den Mongolen (oben S. 86/7). 12 Der Bericht der englischen franziskanischen Martinsfortsetzung, es habe sich um zwei Minoriten gehandelt, spricht pro domo und enthält auch sonst viel Legendäres (S. 258); oben S. 126, N. 255. 13 Giovanni Villani hat seine Kenntnisse über die Ereignisse von 1299 in Syrien offenbar von einem Florentiner aus dem Hause der Bastari, der als Gesandter zum Papst gereist sei; weder den Vornamen noch den genauen Zeitpunkt der Reises dieses Mannes gibt er an (VIII,35 t. II, S. 37). PETECH (Marchands, 565/6) verweist auf eine späte florentinische Legende, nach der ein gewisser Florentiner Guicciardo de'Bastari 1300 als Gesandter des Khans beim Papst gewesen sein soll. Petech identifiziert auf Grund dieser Legende den Viscardus (ohne Zunamen) mit dem Florentiner Bastari (ohne Vornamen) als Guicciardo de'Bastari; die Identifikation ist auf Grund des eventuellen chronologi schen Zusammentreffens möglich, aber nicht gesichert; die Legende ist sehr spät, in einer abweichen den Version auch 1294 (Thronbesteigung Bonifaz' VIII.: PETECH Anm. 71) datiert, ist sehr florenzbe zogen und steht in unklarem Verhältnis zu der ebenfalls nicht zeitgleich mit den Ereignissen geschriebenen Stelle beim Florentiner Villani. Petech kann die undatierte Nachricht FrNKE, Acta 11 S. 746/7 nicht heranziehen, denn eine Gesandtschaft zum Papst, die in Montpellier Station macht, ist wohl kaum nach Rom, sondern nach Avignon, also frühestens 1305, gereist. In jedem Fall beweist die vage Identifikation nichts für die Wahrheit der Legende von den 12 florentinischen Rittern, unabhän gig von der Bedeutung, die diese Legende für die Einschätzung der Mongolen um 1400 und später haben mag (zum Wahrheitsgehalt übertrieben HOLMES, Florence, Rome . . . Oxford 1986, 36; die vermutlich älteste Ü berlieferung der Legende noch aus dem späten I4.Jh. kennt er gar nicht: L. BÖNINGER [Benedetto Dei on Early Florentine History, in: Florence and Italy. Renaissance Studies in Honour of Nicolai Rubinstein, ed. P. DENLEY/C. ELAM, London 1988, N. 1 8], dem ich für die Hinweise und den Text Ms. Sächs. LB Dresden Ob. 44 zu Dank verpflichtet bin. Vgl. auch CHJAPPORI, Riflessi, wie S. 213 N. 8 1 ).
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33 4 1301
ANHANGE ••
�)
Wohl Antwort Bonifaz' VIII. (wenn nicht schon 1300), denn die Gesandtschaft Ghazans 1302 (s. dort) bestätigt den Eingang einer päpstlichen Gesandtschaft (Eberhard v. Regensburg S. 599). 1 3 02
+--<
Ghazan durch Buscarello dei Ghisolfi an Bonifaz VIII. (T. MosTAERT/CLEAvEs, Trois documents, 470/1); mit der gleichen Gesandtschaft auch Schreiben nach England, wohl auch nach Frankreich (s. 1303). 1303 )
Eine Gesandtschaft Ghazans an Philipp IV. ist in Frankreich (Cant. Chr. Guil. de Nangis S. 588), eine Antwort des Kg. ist nicht erhalten; Buscarello (s. 1302) ist Anfang 1303 in London, Edward I. antwortet Ghazan (T. RYMER 1,4, S. 22: widersprüchliche Datierungen in Ed., aber 1302 wohl Irrtum). 1 305/6
+--<
Nach dem Thronwechsel in Persien (1304) sendet Ilkhan Öldscheitü an Phi lipp IV. (T. zuletzt MosTAERT/CLEAvEs, Lettres, 55-57 1 4) und an den Papst den Mamal[a]y (ital. Übers. Mama/ac) und Thomas Ilduci 1 5 mit der Nachricht vom Friedensschluß der Dschingiskhaniden untereinander 16 und mit einem Bündnis angebot 17; Brief an Philipp datiert 1305 in Persien, zeitgenössische italienische Übersetzung auf der Rückseite (T. ebd. S. 6 N. 23) 1306: möglicherweise reist die Gesandtschaft von Persien erst verspätet ab : sie ist erst 1307 im Westen nachge wiesen. Brief offenbar auch an Edward v. England (s. 1307/8); an Jaime v. Aragon 18 ? 1 3 0 7/ 8
)
Die Gesandten gelangen wohl 1307 (über Neapel ?, kein Nachweis bekannt) über M o n tp e l l i e r (dort vor dem 4. 8 . : aragonesische Nachricht an Kg. Jaime : ohne 14 HAENISCH wie N. 8. �5 Tuman im Brief des Ilkhans an Philipp, Tomaso Iulduci in der zeitgenössischen italienischen Ubersetzung dieses Briefes ; Tomas Ilduci im Antwortbrief Clemens' von 1308 (s. 1307/8). 16 So der einzige erhaltene mongolische Brief dieser Gesandtschaft an Philipp; ein solcher ging auch an Edward v. England (s. 1307/8 dessen Antwort) 17 Ein solches ging sicher an den Papst (s. 1307/8 dessen Antwort) und offenbar auch an Philipp (s. 1307/8 Nachricht über die Gesandten in Poitiers) und an Edward (s. 1307/8 dessen Antwort). 18 5. 1307/8: Er erhält wenigstens zweimal von Aragonesen aus Frankreich Nachricht über die Anwesenheit der Boten, könnte aber unabhängig davon auch eigene Boten empfangen haben: Jedenfalls antwortet er dem Khan, allerdings nicht so, als hätte er direkte Nachri<..ht von diesem erhalten.
335
I . GESANDTENAUSTAUSCH
Jahr, FINKE, Acta 11 S. 746/7) nach A v i g n o n (dort nachgewiesen ununterbrochen zwischen 16.123 . 6. und 29. 7.14. 8. 1307 (in allen Wochen-Endabrechnungen vom 23. 6.-4. 8 . ; Expensae Camerae, Reg. Clern . V. App. 1 S. 32-43 1 9), P o i t i e r s , wo sich die Kge. Philipp v. Frankreich und auch Alfons v. Kastilien 20 aufhalten (FINKE, Papsttum 11 Nr. 25 S. 38; sie sind dort offenbar am 26. Juli, also wohl von Avignon aus oder es handelt sich um eigene Boten) und E n g l a n d , wo am 16. 10. und 30. 1 1 . Edward 11. Antwortschreiben ausfertigt (T. RYMER, 1,4, S. 93 bzw. 1 00/ 1 ; Edward I. tJuli); auf dem Rückweg in A v i g n o n Brief Clemens' V. vom 1 . 3 . 1308 (T. Reg. Clem. V 3549). Jaime 11. erhält entweder selbst Boten, vielleicht eine gesonderte Abordnung, und schickt seinen eigenen Boten Pere des Portes mit ihnen zurück, oder er sendet diesen vielleicht nach Avignon, damit er mit nach Persien reise (undatierter Brief Jaimes an Öldscheitü; T. DE NAVARETIO App. XVIII S. 175, dat. 1293, danach N. D'OLWER S. 155; Berichtigung ABEL REMUSAT, wie N. 2, 7, 402/3 [Bote Pierre Desportes]; dafür, daß er tatsächlich 21. reist, gibt es keinen Beleg) =
1 322 ) zwei Briefe Johannes' XXII. an Abu Sa'id (T. RAYNALDUS 1322, XLI); Aufforde rung zur Taufe und Versuch der Aufnahme der alten guten Beziehungen, um den bedrängten Armeniern Hilfe zu leisten. Keine Antwort bekannt.
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19 THIER, Kreuzzugsbemühungen, 83 mit Anm. 18. 20 Zwischen Persien und Kastilien sind keinerlei frühere Kontakte bekannt; es gibt vage Hinweise auf Beziehungen Alfons' X. zur Goldenen Horde, oben S. 102. Zum Aufenthalt in Poitiers zit. H. MO RANVILLE, Les projets de CharIes de Valois sur l'Empire de Constantinople, in: BECh 5 1 (1890) 79: Pour II chevaus donnez au message le Roy de Ta rse qui estoient venuz l'an CCCVll a Poitiers, desquiex il hi ot un des coursiers monseigneur, CL.pforz (Hervorh. F. S.). 21 Der einzige erhaltene mongoI. Brief an Philipp beruft sich auf die Beziehungen früherer Ilkhane -
zu mehreren europäischen Fürsten, wird also kaum nur an Philipp gegangen sein. Da es sich um den . gleichen Boten handelte und offenbar um Briefe ähnlichen Inhalts, die allerdings fast alle verloren smd, spräche nur die zeitliche Diskrepanz zwischen der Ausfertigung des Briefes 1305 und dem Eintreffen der Gesandten in Frankreich 1307 für die Annahme zweier Gesandtschaften, die nacheinander stattfanden, für die es sonst aber keinerlei Hinweise gibt. Und selbst die genaue Abreisezeit wird durch die abweichende Datierung in der zeitgenössischen italienischen Übersetzung (s.o.) in Frage gestellt: es gab höchstwahrscheinlich nur eine Gesandtschaft.
•
336
••
ANHANGE
11. Brief des Papstes Johannes XXII. an die Kommune von Genua (11. 4. 1326)
über die Möglichkeit, Handel mit Ungläubigen zu treiben. 22 312r ep. ASV. Reg. Vat. t. 80, fol. 3 1 1 v/3 12r ep. 890 A, fol. 390 B (B : venerabili fratri archiepiscopo ianuen. vel eius vicario in spiritualibus salutern, ist bis auf den Schlußteil (noch einige Spezialanweisungen an den Bischof als Kontrollinstanz wegen der Strafen und Instrumente der Übelwachung) text gleich, abgesehen von der Veränderung der 2. Person Plural in die dritte) Dilectis filiis Comuni et intrinsecis civibus civitatis Januen. salutem Devocionis vestre sinceritas quam ad nos et Romanam habetis ecclesiam necnon presentis temporis qualitas et locorum orientalium consideracio nos inducunt, ut peticionibus vestris suadentibus iustis causis favorabiliter annuamus. Sane peticio vestra nobis exhibita continebat quod agricultura vestra quodammodo dudum erat conversatio et comercum orientalium regionum ex quibus civitas vestra populosa faciente domino fuit reddita et ditata et quod ad presens dante causam turbatione Guerrarum et malitia temporis faciente sic erat exhausta opibus consueto diu cessante navigio et malorum continuatione quassata pro eo quod ad aliquas partes dictarum regionum et specialiter ad Constantinopolitanum impe rium quod est locus in comerciis optimus et per quod ad alia loca orientis patet accessus declinare commode more solito non potestis, quod nisi prestetur vobis licentia per partes alias orientalis tractus navigium exercendi civitas vestra magna incurreret detrimenta. Nos igitur super hiis vobis paterno compacientes affectu vestrisque volentes ob predictas causas per vos nobis expositas dispendiis preca vere vestris supplicationibus inclinati vobis ac sequacibus et districtualibus vestris vobis obedientibus et sub vestro regimine consistentibus de fratrum nostrorum . consilio quod non obstantibus quibuscumque prohibitoriis constitucionibus a predecessoribus nostris Romanis pontificibus vel a nobis editis et processibus quibuscumque super hoc auctoritate apostolica habitis positis per partes Laoditie soldano Babilonie subditas dummodo illuc inibi dimittenda arma ferrum seu lignamina non portetis cum aliis rebus et mercibus vestris trans ire et exinde cum rebus vestris huiusmodi ad Tartaros persas Indos et naciones alias cum quibus non est prohibitum christianis habere comercium vos conferre et per idem (B : inde redire) libere sicut fuerit oportunum. Ita tarnen quod in dictis terris eidern soldano subditis nullum per vos comercium valeat exerceri nisi de hiis que declinantibus vobis ad locum ipsum pro transitu vestro et familiarium vestrorum sine fraude fuerint oportuna usque ad duos annos libere auctoritate presencium concedimus facultatem. Volumus autem quod si qui super his fraudem commiserint vel contra premissa fecerint in penas que per constitutiones predictas et processus ipsarum 22 Besonders herzlicher Dank gilt Manin Benram, Rom, für die kritische Überprüfung der
Transkription .
I . BRIEF JOHANNES
,
XXII
337
talibus inferuntur incidant ipso facto. Quodque nichilominus concives et distric tuales vestri predicti videlicet patroni seu domini navium vel galearum seu aliorum vasorum navalium sub vestra obedientia et regimine ut premittitur consistentes ad partes illas cum suis navigiis accessuri venerabili fratri nostro archiepiscopo Ianuensi vel eius vicario in spiritualibus sub certa pena de qua eidern archiepis copo vel eius vicario videbitur quod ipsi per se predicta omnia et singula observabunt et quantum in eis fuerit per nautas et alios transvectos in eorum navigiis facient observari prestare debeant fideiussoriam et eciam iuratoriam ydoneam caucionem. Alioquin huiusmodi per nos eisdem concessa facultas quoad non prestantes premisso modo caucionem predictam nullius penitus sit momenti. Dat. Avinion. III idus aprilis .
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Abkürzungen
Abh. AbhHeideiberg AbhLeipzig AbhMünchen
= Abhandlung(en) = Abhandlungen der Heidelberger Akad. d. Wiss. Phil.hist. Kl.
= Abhandlungen der königlich sächsischen Akad . . . . Leipzig Phil.hist. Kl. = Abhandlungen der königlich Bayerischen Akad. ' " München Phil.hist. Klasse ABSHF = Annuaire-Bulletin de la Societt: de l'histoire de France AcadLincei = Academia Nazionale dei Lincei D'AcHERY = D'AcHERY, Luc (Ed.), Spicilegium sive collectio veterum aliquot scrip torum qui in Galliae bibliothecis delituerant, 3 Bde., Paris 21723, ND 1968 = Analecta Franciscana sive chronica aliaque varia documenti ad historiam AF fratrum minorum spectantia, ed.a patribus Collegii S. Bonavenrurae, Quaracchi I (1885), II (1887), III (1897), IV (1906), V (1912) = Archivum Franciscanum Historicum AFH = Archivum Fratrum Praedicatorum AFP = Annuarium Historiae Conciliorum AHC AHR = American Historical Review = Archiv für Kulturgeschichte AKG ALKG = Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte des Mittelalters AMNG = Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte Ann. = Annales, Annali etc. AnnaliPerugia = Annali della facolta di Lettere e Filosofia deli' Universita di Perugia = Archive(s) de l'Orient Latin AOL = Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters FreiAQ herr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Reihe A. Arch. = Archiv, Archivio Archivio storico per le provincie Napoletane ArchNap = Archivio della Reale Societa Romana di Storia Patria ArchRom = Archivio Veneto ArchVen = asiatisch, asiatic, asiatique etc . aSiat . AST = Analecta Sacra Tarraconensia ASV. Reg. Vat. Archivio Segreto Vaticano, Registrum Vaticanum AttiPalermo = Atti della Acad. di Scienze, Lettere e Ani di Palermo AttiLigure Atti della Soc. ligure di Storia Patria AttiMemEmilia/Romagna = Atti e Memorie della Reale Deputazione di storia patria per l'Emilia e la Romagna 1 (1936) - 9 (1943/5) = Atti e Memorie della Reale Deputatione di storia patria per le provincie di AttiMemRomagna Romagna, bis ser. IV, Bd. 25 (1934/5) und ab NS 1 (1948); vgl. AttiMem Emilial Romagna = Atti deli'Accademia delle scienze di Torino. H. Classe di scienze morali, AttiTorino storiche e filologiche = Australasian Univesity. Modern Language Association Melbourne AUMLA = Bibliotheques des ecoles fran<;aises d'Athenes et de Rome BAR BECh = Bibliotheque de I'Ecole des Chanes = Beiheft(e) Beih = Beitrag, Beiträge Beitr. BEZZOLA = G. A. BEzzoLA, Die Mongolen vgl. Literaturverzeichnis BFr = Bullarium Franciscanum, ed. Johannes Hyacinthus SBARALEA/cont. Con rad EUBEL, 7 Bde., Rom 1759-1904 =
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ABKURZUNGEN
Bulletin de Geographie historique et descriptive = Bibliothek, bibliot(h)eca, bilbliotheque etc. = DIE55., De duabus . . . vgl. Literaturverzeichnis = DIE55., Tria . . . vgl. Literaturverzeichnis = Bulletin of the John Rylands University Library = Bibliothek des Litterarischen Vereins Stuttgart = British Museum = British Library = Etienne Baluze, Miscellanea Sacra, ed. Giovanni Domenico MANSI, Lucca II (1761), IV (1764) = Bibliotheque Nationale, Biblioteca Nazionale BN = Bolletino della Reale Deputazione di storia patria per l'Umbria BoliUmbria = Bullarium Ordinis Praedicatorum 8 Bde. Rom 1729-40 BOP = Bolletino della Sociera geografica italiana BSGI = Bulletin Bull. = Baseler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde BZGA = Central Asiatic Journal CAJ = Civilta Cattolica CC = Joseph-Jean SMET (Ed.), Collection de chroniques belges inedites. Corpus CCF Chronicorum Flandriae II-III, Brüsse1 1841-1856 = Corpus Christianorum, Continuatio Medievalis CCCM Coll. Doc. Hist. Fr. MH = Collection des documents inedits sur I'histoire de France. Melanges historiques Coll. Doc. Hist. Fr. HP = Collection des documents inedits sur I'histoire de France. Ser. 1 : Histoire politique Codex Epistolaris Saeculi decimi quinti, II (1382-1445), III (1392-1501), CES XV ed. Anatoli LEWICKI, Krakau 1891/4 (MMHP.l2. l4) CEV Codex Epistolaris Vitoldi magni ducis Lithuaniae 1376-1430, ed. Antonius PROCHASKA, 2 Bde. Krakau 1882 (MMHP.6/1-2) CHR = The Catholic Historical Review Chr. = Chronik, Chronica, Chronique, Cronika ChrDtSt Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert CICO = Pontificia comissio ad redigendam corpus iuris canonici orientalis, Fontes Ser. III, vol. I-XIII, Rom 1943-1970 = Conciliorum Oecumenicorum Decreta, ed.J. ALBERIGO/]. A. DOSSETTI/ COD P.-P.JOANNOU/C. LEONARDI/P. PRODI unter Mitarbeit von H. JEDlN, Bologna 31973 COIR = Collezione di opere inedite 0 rare Coll. = Collection, collezione etc. Congr. = Congresso, Conges Cont. = Continuatio Conv. = Convegno ConvTodi = Convegni del Centro di Studi sulla spiritualita medievale, 1 H. Todi 1957 (1959)ff. CR = The Chaucer Review. A Journal of Medieval Studies and Literary Cristicism, The Pennsylvania State Univ. Press CRAIBL = Comptes rendus de I'Academie des Inscriptions et Beiles Lettres CSFS = Collana storica di Fonti e Studi CSS = Collected Studies Series CUP = Chartularium Universitatis Paris DA = Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Diss. = Dissertatio(nes) doc. = documents, documenti etc. Dok. = Dokumente DRE = Documents et recherches sur I'economie des pays byzantins islamiques et slaves et leur relations commerciales au Moyen Age DTM (+N. F.) = Deutsche Texte des Mittelalters BGHD BibI. BIHL/MoULE I BIHL/MoULE II BJRUL BLV BM B/M
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ABKÜRZU N G E N
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EdF EETS. Extr. Ser. EETS. Orig. Ser. EF EFR EHR eng!. Et., et. europ. fasc. FINKE, Acta
FINKE, ACC
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FontRerAust Forsch. ForschDtGesch Fr. franc., franz. FS Fs. FSI FSt FSV FWG Geogr., geogr., Geogr., geogr. Ges. Gesch. Gior. GJ GOLUBOVICH I-V
GRLMA GZ H. B. HaklSoc HB Hist., hist. HistSt HJAS HJb HLF
341
= Diplomatarium Veneto-Levantinum sive Acta et Diplomata res venetas graecas atque levantis illustrantia, ed. Georg Martin THoMAs ONOLDINUS, I : 1300-1350, Venedig 1 880; II: 1351-1454, Venedig 1899 (MonStorVen. 1.2/4) = Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaften = Johannes Georg VON ECCARD (Ed.), Corpus Historicum Medii Aevi sive Scriptores res in orbe universo, praecipue in Germania, a temporibus maxime Caroli M. imperatoris usque ad finem saeculi post C . n. XV.gestas enarrantes aut illustrantes, 2 Bde., Leipzig 1723 = Erträge der Forschung = Early English Text Society, Extra Series = Early English Text Society, Original Series = Etudes Franciscaines = Ecole fran�aise de Rome = English Historical Review = english = etudes etc. = europäisch, european etc. = fasciculum = Heinrich FINKE (Ed.), Acta Aragonensia. Quellen zur deutschen, italieni schen, französischen, spanischen, zur Kirchen- und Kulturgeschichte aus der diplomatischen Korrespondenz Jaimes 11. (1291-1327), 3 Bde., Berlin 1908-1922 = Heinrich FINKE (Ed.), Acta Concilii Constantiensis, Bde. 2-4, Münster 1923-1928 = Fontes rerum Austriacarum, ed. Österr. Akademie Wien = Forschungen = Forschungen zur deutschen Geschichte = französisch, fran�ais = franciscaine, francescano, franciscan, franziskanisch = Franziskanische Studien = Festschrift = Fonti per la Storia d'ltalia = Fonti e studi = Fonti per la storia di Venezia = Fischer Weltgeschichte = Geographie, Geography, geografia, geographisch, geographical, geografico, Geographie, geographique etc. = Gesellschaft = Geschichte = Giornale = Geographical Journal = Girolamo GOLUBOVICH (Ed.), Biblioteca Bio-Bibliografica della Terra Santa e dell'Oriente Francescano, 5 Bde., Quaracchi 1906-1927 = Grundriß der romanischen Literaturen des Mittelalters, hg. v. Hans Robert JAuss/Erich KÖHLER t/Hans Ulrich GUMBRECHT/Ulrich M ÖLK = Geographische Zeitschrift = HUILLARD-BREHOLLES, J.-L.-A. (Ed.), Historia Diplomatica Friderici secundi, 6 Bde., Paris 1852/61 = Hakluyt Society = Handbuch, Handbücher = historisch, historique, historical, History, Histoire, hist6rica, historicus = Historische Studien = Harvard Journal of Asiatic Studies = Historisches Jahrbuch = Histoire Litteraire de France
ABKÜRZUNGEN
342 HT
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IORGA Notes 4-8
ita!. J. JA JAH JAOS Jb . JEconH JEH JEurEcHist JHI JMH JMRS JRAS JRCAS JS lat. LexDtA LexMA
LOENERTZ 1-111
LRG LUPPRIAN
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MAIBL malt. M/D AC M/D TA med., med MEFRM Me!. Mem., Mem. MemTorino MF MGH DC MGH Epist. saec. XIII MGH QGG MGH SS •
History Today = Historische Zeitschrift = Italia medioevale e umanistica = Institut(um), Institute etc. = international etc . = IORGA, Notices et extraits in : ROL 4-8 = italienisch, italian, italiano, italien etc. = Journal = Journal Asiatique = Journal of Asian History = Journal of the American Oriental Society = Jahrbuch, Jahrbücher = Journal of Economic History = Journal of Ecclesiastical History = Journal of European Economic History = Journal of the History of Ideas Journal of Medieval History = Journal of Medieval and Renaissance Studies = Journal of the Royal Asiatic Society = Journal of the Royal Central Asian 50ciery = Journal des savants = lateinisch, latin, latino etc. = BÄCHTOLD-5TÄUBLl, Hanns (Hg.), Handwörterbuch des dt. Aberglau bens = Lexikon des Mittelalters = Raymond LOENERTZ, Les missions dominicaines en Orient au XIVe siede et la Societe des Freres Peregrinants pour le Christ, in : AFP 2 (1932) 5. 1-83, 3 (1933) S. 1-55, 4 (1934) 5. 1-47 = Lites ac Res Gestae inter Polonos Ordinemque Cruciferorum, Bd. 2, 21892 = Kar! Ernst LUPPRIAN (Ed.), Die Beziehungen der Päpste zu islamischen und mongolischen Herrschern im 13. Jahrhundert anhand ihres Brief wechsels, Citta del Vaticano 1981 (5tT.291) = Le Moyen Age = Melanges d'Archeologie et d'Histoire de l'Ecole Fran"ais de Rome; ab 83 (1971) MEFRM (bzw. -Antiquite) = Memoirs de l'lnstitut de France. Academie des Inscriptions et Belles Lettres = mittelalterlich = Edmond MARTENE /Ursin DURAND, Veterorum Scriptorum et monumen torum historicorum, dogmaticorum, moralium Amplissima Collectio, 9 Bde., Paris 1724-1733, ND New York 1968 = Edmond MARTENE/Ursin DURAND, Thesaurus Novus Anecdotorum, 5 Bde., Paris 1717 = medi(a)eval, medievale, medieval etc. = Melanges de l'Ecole Fran"ais de Rome, Moyen Age. Temps modernes (Titel der MEFR seit 83/1971) = Melanges . . = memone, memOires = Memorie della R. Accad.di 5cienze di Torino = Miscellanea Franciscana = Monumenta Gellllaniae Historica, Scriptores. Deutsche Chroniken = Monumenta Gelluaniae Historica, Epistulae saeculi XIII et regestae pontificum Romanorum selectae = Monumenta Gennaniae Historica, Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters = Monumenta Germaniae Historica, Scriptores 34 Bde. 1826-1980 =
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343
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AB K U R Z U N G E N
MGH SS n.s.
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(1.)
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Monumenta Gennaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum, Nova Series Monumenta Gellnaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usu scholarum Monumenta Gellnaniae Historica, Staatsschriften des späten Mittelalters Mediaevalia et Humanistica Monumenta Historiae Patriae 19 Bde., Turin 1836-1901 Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Miscellanea Mitt(h)eilungen Miscellanea Mediaevalia Monumenta Medii Aevi Historica Res Gesta Poloniae illustrantia Münstersche Mittelalterschriften Monumenta Monumenti storici publicati della Deputazione Veneta di Storia patria, ser. I : Documenti Matthäus Parisiensis, Chronica Maiora, vgl. Quellenverzeichnis Matthäus Parisiensis, Chronica Anglorum, vgl. Quellenverzeichnis Ludovico A. MURATORI, Antiquitates 6 Bde. Mailand 1738-1742 Ludovico A. MURATORI, Rerum Italicarum Scriptores . . . 28 Bde. Mailand 1723-1751 (MURATORI2 s. RIS) neu, nouveau, nuovo, new etc. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde national, nationale etc. Neue Folge Il Nuovo Ramusio. Raccolta di viaggi, testi e documenti relativi ai rapporti fra l'Europa e l'Oriente a cura dell'lstituto italiano per il medio ed estremo Oriente, I-VII, Rom 1950-1973 nova series, new series, Neue Serie, nuova serie etc. Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften . . . Göttingen Notices et extraits des manuscrits de la Bibliotheque Nationale Niedersächsische Jahrbuch für Landesgeschichte Orientalia Christiana Periodica oriental( es), orientalia Ostkirchliche Studien Philologie, Philology, philological, philologisch, philologique . . Publications of the Medieval Language Association Library of the Pelestine Pilgrims' Text Soc. Publications de la Societe de l'Orient Latin Publikation, Publication, pubblicazione, etc. Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheke� Giovanni Battista RAMUSIO, Navigationi et Viaggi, 3 Bde. VenedIg 1563-1606 ND Amsterdam 1967-1970 Registres des papes, Abkürz. der Einzelbände vgl. Quellenverz. Libri dei Commemorali, Regesti, ed. R. PREDELLI, 8 Bde. Venedig 1876/ 78/83/96/1901103/07/14 (MonStorVen. I . 1 .3.7.8.10. 1 1 . 13 . 17) Religion, religiös, religieux, religious, religiosi etc. Rendiconti deli'AcadLincei, Cl. discienze morale, storiche e filologiche Rendiconti deI (Reale) Istituto Lombardo di scienze e lettere Revue des etudes sud-est europeenes Revue, Review Revue historique Recueil des historiens de croisades, documents armeniens, pub I. par les soins de I'academie des Inscriptions et Belles-Lettres
Reg. RegLC Rel., re!. RendAcadLincei RendLomb RESEE Rev. RH RHCdoc.ann.
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344 RHCocc. RHE RHF RHM RHR RIS2 RocOr ROL RomF RQ RQH RS RSI RTA RTAM SATF SB München SB Wien SCHÄFER I
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THEINER VMH
ABKÜRZUN GEN
= Recueil des historiens de croisades, Historiens occidenteaux, pub!. par les soins de l'academie des Inscriptions et BeHes-Lettres = Revue de I'Histoire Ecclesiatique Recueil des historiens de France et de Gaule, comm. de Martin BOUQUET, 24 Bde. ed. sous la direction de Leopold DELISLE (1-19 nouv. ed.) Paris 1869ff. = Römische Historische Mitteilungen = Revue de l'histoire des religions Rerum Italicarum Scriptores Rocznik Orientalistyczny, Warschau = Revue de I'Orient Latin Romanische Forschungen = Römische Quartalsschrift = Revue des questions historiques = Rerum Britannicarum Scrip tores, RoHs Series = Rivista storica italiana = Deutsche Reichstagsakten ; Abkürz. der Einzelbde. vg!. Quellenverz. = Recherches de Theologie ancienne et medievale = Societe des anciens textes fran�ais Sitzungs berichte der bayerischen Akademie der Wissenschaften Mün chen Sitzungsberichte der phi!.-histor. Klasse der kaiser!ichen/österreichischen Akademie der Wissenschaften Wien SCHÄFER, Kar! Heinrich (Ed.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter Johannes XXII. nebst den Jahres bilanzen von 1316-1357, Paderborn 1911 (VQGPH.2) = SCHÄFER, Kar! Heinrich (Ed.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter Benedikt XII., Klemens VI. und Innocenz VI. (1335-1362), Pader born 1914 (VQGPH.3) = SCHÄFER, Kar! Heinrich (Ed.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter den Päpsten Urban V. und Gregor XI. (1362-1378), Paderborn 1937 (VQGPH.6) = Schrift(en) Slavonic and East European Review = Settimane di studio del centro italiano di studi sull'alto medioevo, 1 H., Spoleto 1953 (1954) H. = Studi Francescani = Sinica Franciscana, Bd. I : Itinera et Relationes Fratrum Minorum saeculi XIII et XIV, ed. P. Anastasius VAN DEN WYNGAERT OFM, Quaracchi 1929 Sammlung = Societe, Society, sociera, societas etc. = Societe de l'histoire de France Scriptores Rerum Hungaricarum tempore ducum regumque stirpis Arpa dianae gestarum, ed. Emerich SZENTPETERY, 2 Bde., Budapest 1937/38 = Speculum Scriptores rerum Danicarum, ed. LANGEBEK, 8 Bde. + Index Hafniae 1772-1878 Scriptores rerum Prussicarum, 5 Bde., Leipzig 1861-1874 = Studien, studia, Studies, etc. = vg!. Arnald Fitz-Thedmar, Quellenverz. = stonco, stonCl etc. = Studi e testi/Studies and texts Studi e testi francescani = Studi Veneziani = THEIN ER, Augustin (Ed.), Vetera Monumenta historica Hungariam sacram illustrantia, Bde. 1-2, Rom 1859-1860 =
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Theol., theol. TP TRHS Univ. Vat. Verf.lex. Verf.lex. 2 Veröff. VjSWG VMPIG VorrefForsch VQGPH WADDING WEISE SS
WEISE SV Wiss., wiss. YES ZdA ZfG ZHF ZKG ZMRW ZMW Zs. ZHistTh ZOstf •
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= THEINER, Augustin (Ed.), Vetera Monumenta Poloniae et Lithuaniae gentiumque finitimarum historiam illustrantia, 4 Bde., Rom 1860-1864 = Theologie, theologisch = T'oung Pao = Transactions of the Royal Historical Society = University, Universität, universid etc. = Vaticana, -um Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, ed. W. STAMMLER/K. LANGOSCH, 5 Bde., Berlin u . a. 1933-1955 2., völlig neubearb. Auflage des Verf.lex., New York 1977ff. Veröffentlichung(en) = Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte = Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte in Göttingen = Vorreformationsgeschichtliche Forschungen, ed. Heinrich FINKE = Vatikanische Quellen zur Geschichte der päpstlichen Hof- und Finanzver waltung 13 16-1378 = Luca WADDING, Annales Minorum, 3 . Bearbeitung Bde. I-XV (1208-1515) + XVII (Index), Quaracchi 193 1-1933 = WEI SE , Erich (Ed.), Die Staatsschriften des Deutschen Ordens in Preußen im 15. Jahrhundert, Bd. 1 : Die Traktate vor dem Konstanzer Konzil (1414-1418) über das Recht des Deutschen Ordens am Lande Preußen, Gättingen 1970 = WEISE, Erich (Ed.), Die Staatsverträge des Deutschen Ordens in Preußen im 1 5 .Jahrhundert, Bd. 1, Marburg 2 1970 = Wissenschaft, wissenschaftlich etc. = Yearbook of English Studies = Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur = Zeitschrift für Geschichtswissenschaften = Zeitschrift für historische Forschung = Zeitschrift für Kirchengeschichte = Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft ab 19 (1929) (vorher ZMW) = Zeitschrift für Missionswissenschaft, ab 19 (1929) ZMRW = Zeitschrift Zeitschrift für historische Theologie = Zeitschrift für Ostforschung =
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Handschriftenverzeichnis Arras, Bibliotheque Municipale ms. 138, fo!. 83r-106v Liber de Flore Bamberg, Staatsbibliothek Hist. 4/1,2 (ant. E III 10/11) Paulinus Minorita, Satyriea historica Budapest, Szechenyi NB clmae 404 Chronicon Pietum (1358) Cambridge, Corpus Christi College Ms. 16 Matthäus Parisiensis Florenz - Arehivio di stato ms. 754, fo!. 124r zu den Krönungsfeier!ichkeiten für Kar! V. - Biblioteca Medicea Laurenziana Convv.soppr. 135 Petrus Aureoli, Apokalypsen-Kommentar Convv.soppr. 382 Petrus Johannes Olivi, Postilla in Apocalipsim Plut. XXVIII sin. 9 Thomas von Pavia, Distinctiones - Biblioteca Nazionale Cod. II-III,169 Marino Sanudo, Secreta fidelium crucis Portolano 1 Genues. Weltkarte 1475 Graz, Universitätsbibliothek ms. 1221 Johannes IU.von Sultaniyah, Libellus de notieia orbis Heidelberg, Universitätsbibliothek cpg 463 Jakob von Cessoles, Schachbuch deutsch epg 848 Codex Manesse Innsbruck, Universitätsbibliothek Ms. 187, fo!. 1r-8v 1241, Mongolenbriefe, Prophezeiungen Köln, Historisches Archiv GB fo. 132 Oeulus Fidei London British Library Ms. Add. 15760 Weltkarte des Henricus Martellus Gelmanus Mailand, Biblioteea Ambrosiana A 275 info Galvaneus Flamma, Chronicon extravagans D 526 info Jacopo d' Acqui, Imago Mundi Modena, Biblioteca Estense C. G. A. I Katalanische Weltkarte lat. 455 (olim VI,H,9) Francesco Pipino, Chronik München, Bayerische Staats bibliothek cgm 764 Jakob von Cessoles, Schachbuch deutsch clm 16126 Philippus von Ferrara, Liber de introductione loquendi clm 18531b, fo1. 229-301 Humbert von Romans, de abundantia exemplorum, de donotimoris Gal!. 6 Laurent de Premierefait, frz. übers. de casibus virorum illustrium Neuburg/Donau, Staatsarchiv (könig!.) Studienseminar Pilgerbericht des Paul Walther von Guglingen Paris, Bibliotheque Nationale ( BN) espagnol 30 Atlas Catalan franc. 762 Fontaine des toutes sciences des Sidrae franc. 1157 Fontaine des toutes sciences des Sidrac franc. 1 159 Fontaine des toutes sciences des Sidrac franc. 1 160 Fontaine des toutes sciences des Sidrae franc. 1161 Fontaine des toutes seien ces des Sidrae franc. 24395 Fontaine des toutes sciences des Sidrac •
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HANDSCH RIFTENV E R Z E I C H N I S
(vgl. franc. 1094, 1158, 1543, 12444, 19186) lat. 2599 Johannes von Rupescissa, Oraculum Cyrilli lat. 3598 Johannes von Rupescissa, Liber secretorum eventuum lat. 4907 Adam Claromontensis, Flores historiarum lat. 4912 Giovanni Colonna, Mare historiarum lat. 4939 Paulinus Minorita, Chronologia Magna lat. 4940 Paulinus Minorita, Satyrica historica lat. 7470 Sammlung von Kreuzzugsgutachten für Philipp VI. lat. 14562 Pierre d'Auvergne, Quodlibets Cartes et Plans Res Ge AA 566 Mecia de Viladeste Cartes et Plans Res Ge B 696 Angelino Dulcert Perugia, Biblioteca Comunale Augusta E. 40 cart. Sammelms. von kleinen Prophetien und Visionen Rom - Biblioteca Apostolica Vaticana ( Vat.) Barberino 4076 (ant. XLVI -18) Francesco da Barberino, Documenti d' Amore Borghese 38 Petrus Johannes Olivi, Postilla in Apocalipsim Borgia XVI (galerie) Velletri-Karte Chigi I V 194, fol. 19v-26r Leonardo Dati, Callnen ad pontificem maximum Chigi I VII 262 s. XVII, Sammelhandschrift zur Orientmission Chigi L VIII 296 Giovanni Villani, Cronica Chigi C VIII 235 Domenico Bandini, Fons memorabilium universi Pal. lat. 701 Briefbuch König Sigismunds Pal. lat. 923 Domenico Bandini, Fons memorabilium univers i Pal. lat. 960 Philippus von Ferrara, Liber de introduetione loquendi Reg. lat. 3 14 Wilhelm von Tyrus, De statu saracenorum, kop. V. Ricold von Montecroee Reg. lat. 548 Marino Sanudo, Secreta fidelium crueis, illustriert Reg.lat. 1 140 Domenico Bandini, Fons memorabilium universi Reg.lat. 1964, fo1. 183r-195v Johannes v. Rupescissa, Liber secretorum eventuum Ross. 552 Uoaehim von Fiore], Kommentar zu Jesaias Ross. 753 Johannes de Rupescissa, Liber Ostensor Ross. 1156 Domenico Bandini, Fons memorabilium universi Urbinas lat. 300 Domenico Bandini, Fons memorabilium universi Vat. lat. 1305 Arnald von Vilanova, Exposicio super apoealypsi Vat. lat. 1960 Paulinus Minorita, Satyrica historica Vat. lat. 2028 Domenieo Bandini, Fons memorabilium universi Vat. lat. 2042 Martin von Troppau, Chronica pontificum et imperatorum Vat. lat. 2958 Martin von Troppau, Chronica pontifieum et imperatorum Vat. lat. 2959 Martin von Troppau, Chronica pontificum et imperatorum Vat. lat. 2971 Marino Sanudo, Secreta fidelium crucis, illustriert Vat. lat. 2972 Marino Sanudo, Secreta fidelium crucis, illustriert Vat. lat. 2976 Marino Sanudo, Secreta fidelium crucis Vat. lat. 3824, fol. 50v-78v Arnald von Vilanova, de tempore adventus antichristi Vat. lat. 3840 Gerardus de Arvernia, Historia figuralis ab origine mundi . . . ad . . . 1272 Vat. lat. 3847 Humbert von Romans, de predicatione crucis contra saracenos Vat. lat. 4264 Petrus Johannes Olivi, Postilla in Apocalipsim Vat. lat. 4601, fol. 25r-160v Chronik nach Giovanni Villani Vat. lat. 4959 Uoachim von Fiore], Kommentar zu Jesaias Vat. lat. 5740 Arnald von Vilanova, Exposicio super apocalypsi Vat. lat. 7709 Petrus Johannes Olivi, Postilla in Apocalipsim - Archivio Segreto Vaticano ( ASV) Vat. Reg. t. 80 Oohannes XXII.) Vat. Reg. t. 1 1 7 Oohannes XXII.) Venedig, Biblioteca Marciana ( BM) ital. VII 169 (= 81 86) venezianisches Gesandtenverzeichnis (später Rückblick) ital. VII 794 ( 8503) Zorzi Dolfin, Cronica =
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Q U ELLEN- U N D LITERATUR VERZE I C H N I S
ital. VII 2048 (= 833 1 ) Chronik des Antonio Morosini ital. Z. 76 (= 4783) Weltkarte des Andrea Bianco 1436 lat. X 299 ( 3512) Slg. venez. Briefe zu Türken, Tartaren, Ussun Hassan lat. XIV 266 (= 4502), fol. 311 ,-b Origo Tartarorum qui et Zacathai dicuntur Weltkarte des Fra Mauro, 1459 Wien, Österreichische Nationabibliothek Ms. 2623 Haython, Flos Historiarum Terre Orientis =
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Quellen- und Literaturverzeichnis
a. Quellen V�rna�en sind grundsätzlich in ihrer deutschen Schreibweise aufgenommen, also Henry, Henricus . bel Hemnch ; Jacopo, Glacomo, Jacobus, Jacques bel Jacob; John, Jean, Giovanni bei Johannes . Guillelmus, Guilhem, Gulliaume, William bei Wilhe1m. A u s nahm e: Gilles/Egidio bei Aegidius ; eingeordnet: Giosafat, Josse; Neudrucke von Büchern jünger als ca. 1800 wurden nicht aufgenommen; ebenso sind moderne Ubersetzungen grundsätzlich übergangen. Mittelalterliche Weltkarten sind unter ihrer in dieser Arbeit verwendeten Bezeichnung einge ordnet. Zur Zitierweise all. vgl. Kap. I Anm. 63.
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Q U E L L E N - U N D LITERATURVER Z E I C H N I S
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Q U E LLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
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Annales S. Iustinae Patavini, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS XIX, S. 148-193 Annalen von Loch Ce (Irland), ed. W. M. HENNESSY, London 1871 (RS. 54) Annales Londonienses, ed. in : William STUBBS (Ed.), Chronicles of the Reigns of Edward I and Edward II, Bd. 1 , London 1882 (RS. 76,1 ), S. 1-251 Annales Mantuani, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS XIX, S. 19-31 Annales Marbacenses, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS XVII, S. 142-180 Annales Mediolanenses 1230-1402, ed. Muratori 1 XVI, Sp. 635-840 Annales Mellicenses, Cont. Lambacense (1197-1348 ), ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS IX ' S. 559-561 Annales de Oseneia, ed. in: Henry Richards LUARD (Ed.) , Annales monastici IV, London 1 869 (RS. 36,4), S. 3-352 Annales S. Pantaleonis Coloniensis, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS XXII, S. 529-547 (vgl. Chr. Reg. Colon.) Annales Paulini, ed. in : William STUBBS (Ed.), Chronicles of the Reigns of Edward l and Edward II, Bd. l, London 1 882 (RS. 76,1 ), S. 345-355 Annales S. Pauli Londoniensis, Auszüge ed. Reinhold PAuu/Fritz LIEBERMANN, MGH SS XXVIII, S. 548-551 Annales Placentini Gibellini, ed. Georg Heinrich PERTZ U. a., MGH SS XVIII, S. 457-58 1 Annales S. Crucis Polonici, ed. Georg Heinrich PERTZ U. a., MGH SS XIX, S. 677-687 Annales Polonorum, ed. Georg Heinrich PERTZ U. a., MGH SS XIX, S. 609-663 Annales Capituli Posnaniensis, ed. Georg WAITZ U. a., MGH SS XXIX, S. 431-469 Annales Regis Edwardi Primi, ed. in : Henry Thomas RILEY (Ed.), Chronica Monasterii S. Albani, Bd. 2, London 1 865 (RS. 28,2), S. 437-472 Annales S. Rudperti Salisburgenses, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS IX, S. 758-810 - Cont. Weichardi de Polhaim, ebd. S. 810-818 Annales Scheftlarienses Maiores, ed. Georg Heinrich PERTZ U. a., MGH SS XVII, S. 335-343 Annales Silesiaci Compilati, ed. Georg Heinrich PERTZ U . a., MGH SS XIX, S. 536-540 Annales Theokesberia, ed. in: Henry Richards LUARD (Ed.), Annales monastici I, London 1864 (RS. 36, 1 ), S. 43-180 Annales St. Trudberti, ed. Georg Heinrich PERTZ U. a., MGH SS XVII, S. 285-294 Annales Veterocellenses, ed. Georg Heinrich PERTZ U. a., MGH SS XVI, S. 4 1-47 Annales de Waverley, ed. in: Henry Richards LUARD (Ed.), Annales monastici II, London 1865 (RS. 36,2), S. 129-411 Annales de Wigornia, ed. in: Henry Richards LUARD (Ed.), Annales monastici IV, London 1 869 (RS. 36,4), S. 355-552 Annales Wormatienses, ed. Georg Heinrich PERTZ U . a., MGH SS XVII, S. 34-73 Anonymus, Les voyaiges et pardons qui sont en Jherusalem et en la Terre Sainte . . . , ed. H. MORANVILLE, Un pelerinage en Terre Sainte et au Sinai au XVe siecle, in : BECh 66 (1905), S. 70-106 Anonymus de Parma OP, Chronik, ed. nach Venedig S. Marco X,46 Leopold DEusLE, Notice sur la chronique d'un dominicain de Parme, in : Not. Ex. Ms. BN 35,1 (1896), S. 359-387 Anonymus von Rennes, ed. Beatrice Dansette, Les pelerinages occidentaux en Terre sainte : une pratique de la »Devotion moderne�. Relation ined. d'un pelerinage effectue en 1486, in: AFH 72 (1979), S. 330-428 Anse1m Adorno, Itineraire d'A. en terre Sainte (1470-1471), ed. et trad. Jacques HEERs/Georgette DE GROER, Paris 1978 (Sources d'hist.med.) Antonio Averlino detto il Filarete, Trattato di architettura, ed. Anna Maria FINou/Liliana GRASSI, Mailand 1972; vgl. A. A. Filaretes Tractat über die Baukunst nebst seinen Büchern von der Zeichenkunst und den Bauten der Medici, ed. U. bearb. von Wolfgang VON OETTINGEN, Wien 1890 (Quellensehr. für Kunstgesch. und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit. NF.3) Antonius von Florenz, Chronicon sive Summa historialis ab OC- 1437, 3 Bde., Nürnberg 1484 (UB Ffm. Indol. 1 82) Antoine de la Salle, Le Petit Jehan de Saintre, ed. Jean MISRAHI/Charles A. KNUDSON, Genf 1965 Antonio Pucci, Libro di varie storie, ed. Alberto VARVARO, in : AttiPalelmo IV,16,2,2 (1957) Arnald Fitz-Thedmar, De antiquis legibus liber. Cronica maiorum et vicecomitum Londoniarum et quedam, que contigebant temporibus illis ab anno 1 1 78 ad annum 1274, ed. Thomas STAPLETON, London 1 846 (Pub!. of the Camden Soc. 1,34)
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352
QUELLEN- UND L I T E RATURVE R Z E I C H N I S
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QUELLEN- UND LITERATURYER Z E ICHNIS
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353
Boec van den Wraken, ed. in : Ferdinand-Augustin SNELLAERT (Ed.), Nederlandsche gedichten uit de veertiende eeuw van Jan van Boendale, Hein van Aken en anderen naar her Oxfordsche Handschrift, Brüssel 1 869 BÖHMER, Friedrich (Ed.), Briefe über den Anmarsch der Mongolen gegen Deutschland im Jahre 1241, in : Neue Mitt. aus dem Gebiete historisch-antiquarischer Forschungen 4,2 ( 1899), S. 105-117 BOFARULL Y MASCAR6, Pr6spero de (Ed.), Pro ces os de las antiguas cortes y parlamentos de Cataluna, Aragon y Valencia, custodiados en eI Archivio General de la Corona de Arag6n, Bd. VI, Barcelona 1850 BorSLlSLE, A. de (Ed.), Projet de croisade du 1 er duc de Bourbon (1316-33), in : ABSHF 9 ( 1872), S. 230-255 BORGHEZIO, Gino (Ed.), Un episodia delle relazioni tra la Santa Sede e i Mongoli, in: Atti deI IV congr. naz. di St. Romani, Bd. 1 , Rom 1938, S. 319-33 1 BORLANDI, Antonia (Ed.), 11 manuale di mercatura di Saminiato de'Ricci, Genua 1963 BORLANDI, Franco (Ed.), El libro di marcatantie et usanze de'paesi, Turin 1936 (Doc. e st. per la storia deI commercio e del diritto commerciale ital. VII) BOURCHENU DE VALBONNAYS, Histoire du Dauphine, Bd. 2, Genf 1 721 BOYLE, John Andrew (Ed.), The Journey of He'tum 1., King of Litde Armenia, to the Court ofthe Great Khan Möngke, in: CAJ 9 (1964), S. 1 75-189; wieder in: DERS., MongoI World Empire, Nr. X - Kirakos of Ganjak on the MongoIs, in : CAJ 8 (1963), S. 199-214; wieder in: DERS., MongoI World Empire, Nr. XIX BRATIANU, Georges (Ed.), Actes des notaires genois de Pera et de Caffa de la fin du XIIIs. (1281-1299), Bukarest 1927 (Acadernie Roumaine, Etudes et recherches. 2) C. de Bridia monachus, Hystoria Tartarorum, ed. Alf ÖNNERFORS, Berlin 1967 (Kleine Texte f. Vorlesungen und Übungen. 1 86) Brunetto Latini, Li livres dou tresor, ed. P. CHABAILLE, Paris 1 863 (danach zit.); ed. F.]. CARMODY, Berkeley 1948; ital. Il Tesoro, 2 Bde., Venedig 1839; Frammento deI Tesoro . . . ed. in: MicheIe AMARI, Altre narrazioni deI vespro siciliano, Mailand 1 887, S. 22ff. Bruno von Olmütz, Relatio Episcopi Olmucensis in Alemanni ad papam (Gregor X.) super deliberandis concilio, ed. Constantin HÖFLER, Analecten zur Geschichte Deutschlands und Italiens, in : AbhMünchen 3.ser. Bd. 4, 3. Abt. ( 1846), S. 15-28 Burchard von Monte Sion, Descriptio Terrae Sanctae, ed. LAURENT (wie unten), S. l-toO BURNETT, CharIes (Ed.), An Apocryphal Letter from the Arabic Philosopher AI-Kindi to Theodore, Frederick II's Astrologer, Concerning Gog and Magog, the Enclosed Nations, and the Scourge of the MongoIs, in : Viator 1 5 (1984), 152-167 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculorum, ed. Joseph STRANGE, Bd. 2, Köln/Bonn/Brüssel 1 85 1 Canonicus Sambiensis, Epitome Gestorum Prussie, ed. SSrerPrus. I, S. 272-290 Calillina de regno ungariae destructo per Tartaros, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXIX, S. 600-607 Caspar Weinreich, Danziger Chronik, ed. SSrerPrus. VI, S. 725-800 Cassiere della bolla ducale. Grazie - Novus Liber (1299-1305), ed. Elena FAVARO, Venedig 1962 (FSV. ser. I : Arch. publici. 2) CHABOT, Jean Baptiste (Ed.), Histoire du Patriarche Mar Jabalata IIl. et du moine Rabban Cauma, in: ROL 1 ( 1 893), S. 567-610, 2 ( 1894), S. 73-142, 235-305, App. 11, S. 630-643; als Supplement zwei Rezensionen in : ROL 4 (1 896), S. 414-421 - Notes sur les relations du roi Argoun avec l'Occident, in: ROL 2 (1 894), S. 566-629 Chaucer, Geoffrey, The Riverside Chaucer, ed. Fred Norris ROBINsoN/Larry D. BENSON, Oxford 3 1987 Chaucerian and other pieces Being a Supplement to the Complete Works of Geoffrey Chaucer (in six volumes, Oxford 1 894), ed. Walter W. SKEAT, Oxford 1 897 Christian I. von Dänemark, Brief an Alfons von Aragon, ed. LANGBEK, SSrerDan. VIII, S. 367/69 Christi ne de Pisan, Le Chemin de Long Estude, ed. Robert PÜSCHEL, Berlin/Paris 1 8 8 1 - Le Livre de la Mutacion de Fortune, ed. Suzanne SOLENTE, 3 Bde., Paris 1959-1966 (SATF) Chronique d'Amadi et de Strambaldi, ed. Rene COMTE DE MAS LATRIE, Paris 1 891 (CoI!. Doc. Hist. Fr. HP) Chronicon Angliae (1328-88), ed. Edward Maunde THOMPSON, London 1 874 (RS. 64) Chronicon Anonymi Cadomensis, Excerpta ed. RHF XXII, S. 21-26
354
QUELLEN- U N D LITERATURV ER Z E I C H N I S
Chronicon Anonymum S. Martialis ad annum M . CCc. XX continuatum, ed. RHF XXI, S. 807-814 2 Albano SORBELLI, Bde. 1 H., Bononiensium, ed. Citta di Castello Chronicorum 1939 ff. (RIS • Corpus 18/1) Chronicon Budense, ed. Alexander DOMANOVSZKY, in : SRH I, S. 217-505 Chronicle of Bury St. Edmunds, ed. Antonia GRANSDEN, London 1964 Breve Chronicon Clerici anonymi, ed. CCF III, S. 1-30 Chroniques de St. Denis ( Übersetzung der Chronik und Cont. des Guillaume de Nangis), ed. RHF XX, S. 654-724 Chronicon Estense cum additamentis usque ad annum 1478, teiled. Giulio BERToNI/Emilio Paolo VICINI, Citta di Castello 1908-1937 (RIS2 . 1 5/3) Chronica de gestis principum, ed. Georg LEIDINGER, Chronicae Bavaricae saec. XIV, Hannover! Leipzig 1918 (MGH SS u.s. 19) Cronica gestorum in partibus lombardiae et reliquis italie (aa. 1476-1482), ed. Giuliano BONAZZI, Citta di Castello 1904 (RIS2.22/3) Les Grandes C h r o n i q u e s de France, ed. Jules VIARD, 10 Bde., Paris 1920-1953 (SHF.395.401.404. 415.418.423.429.435.438.457) Chronicon Hanoniense quod dicitur Balduini Avennensis, ed. Georg WAITZ U. a., MGH SS XXV, S. 414-467 Chronik aus Kaiser Sigismund's Zeit bis 1434 (mit Fortsetzung bis 1441), ed. in : Theodor VON KERN (Ed.), Die Chroniken der fränkischen Städte. Nürnberg I, Leipzig 1862, S. 313-414 (ChrDtSt. l) Chronicon de Lanercost, ed. ]. STEVENSON, Edinburgh 1838 (Bannatyne Club. 65) 2 Chronicon Marchiae Tarvisinae et Lombardiae, ed. L. A. BOTTEGHI, Citta di Castello 1916 (RIS .8/3) Chronica monasterii de Melsa, ed. Edward Augustus BOND, 3 Bde., London 1866-1868 (RS. 43,1-3) Chronica universalis Mettensis, ed. Georg WAITZ U. a., MGH SS XXIV, S. 502-526 Chronica Minor Minoritae Erphordensis, ed. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1899 (MGH SS u.s. 42) Chronicon Monacense, ed. Alexander DOMANOVSZKY, in : SRH II, S. 53-86 Chronicon Monachi Patavini de rebus gestis in Lombardia precipue et marchia Tarvisina ab a. 1207 usque ad a. 1270, ed. MURATORI ' VIII, Sp. 661-734 Chronicon quod conservatur in Monte S. Georgii, ed. Bela PUKANSZKY, in: SRH II, S. 273-287 Chronicle of Nowgorod, trans!. Robert MIcHELL/Nevill FORBES, London 1914 (Camden Soc. 3rd. ser. XXV) Chronicon Pa�lI�nense ab anno 1038 usque ad annum 1338, ed. Giuliano BONAZZI, Citca di Castello 1902/04 (RIS2 . 9/9) Cronica S. Petri Erfordensis moderna, ed. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1899 (MGH SS . u. s. 42) Chronicon pictum (Vindobonense) Kepes-Chronik des Markus Kilt, ed. Alexander DOMANOVSZKY, in: SRH I, S. 217-505; C. p. Chronica de Gestis Hungarorum. Wiener Bilderchronik, Bd. 1 : Faksimiledruck nach dem Orig. in der Szechenyi Nat. Bib!., Budapest (Clmae 404), Budapest (Hanau) 1968 Chronicon pontificum et imperatorum ex Codice Florentino, ed. Georg WAITZ U. a., MGH SS XXIV, S. 837-840 Chronicon Posoniense, ed. Alexander DOMANOVSZKY, in : SRH II, S. 7-51 Chronique du Primat, trad. par Jean de Vignay, ed. RHF XXIII, S. 1-106 Chronica regia Coloniensis, ed. Georg WAITZ, Hannover 1880 (MGH SS u. s. 18) Chronique des regnes de Jean II et de Charles V, ed. Roland DELACHENAL, 3 Bde., Paris 1910/20 (SHF.348.375.391) Chronicon rhytmicum anonymi, ed. Georg Waitz u.a., MGH SS XXV, S. 349-368 Chronique rimee attribuee a GeHroi de Paris, ed. RHF XXII, S. 87-166 Cronaca Senese, ed. in: Alessandro LISINI/Fabio IACOMETTI (Ed.), Cronache Senesi, Bologna 1939 (RIS2 . 1 5/6), S. 39-172 Chronicon Uronense, ed. RHF XVIII, S. 290-320 Chronicon Varadiense vg!. Chronicon Zagrabiense Chronica XXIV Generalium ordinis fratrum minorum, ed. AF III Chronicon Zagrabiense cum textu Chronici Varadiensis coJlatum, ed. Emerich SZENTPETERY, in: SRH I, S. 195-215 =
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Q U E LLEN- UND LITERATURVER Z E I C HN I S
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CIAMPI, Sebastiano (Ed.), Monumenti di un manoscritto autografo e lettere inedite di messer Giovanni Boccaccio, Mailand 2 1830 CIANO, Cesare (Ed.), La pratica di mercatura Datiniana, Mailand 1964 (BibI. della Rivista Economia e storia. 9) Codex Cumanicus Bibliothecae ad Templum divi Marci Venetiarum, ed. Geza KUUN, Budapest 1880 . Faksimile: Cod. Cum. Cod. Mare. lat. DXLIX, ed. Kaare GR0NBECH, Kopenhagen 1936 (Mon: linguarum Asiae maioris. I) COLKER, Marvin L. (Ed.), America Rediscovered in 13th Century?, in: Spec. 54 ( 1979), S. 713-726 Commerce et expeditions militaires de la France et de Venise au Moyen Age, ed. Jacques Marie Joseph Louis COMTE DE MAS LATRIE, Paris 1880 (Coll. Doc. Hist. Fr. MH. III, p. 1) Conrad Bitschin, Chronik, ed. SSrerPrus. lII, S. 472-51 8 Continuatio parisiensis historiae regum franciae, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXVI, S. 603-610 Cornelius Zantfliet, Chronik, ed. M/D AC V, Sp. 67-504 Cosmas von Prag und Contt., ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS IX, S. 1-209 Griechische Daniel-Apokalypse, ed. in: Erich KLOSTERMANN, Analecta zur Septuaginta, Hexapla und Patristik, Leipzig 1895, Anhang; nach einer weiteren Hs. ed.: I?ERS., Zur Apokalypse Daniels, in: Stad es Zs. f. alttestamentliche Wiss. 15 (1895), S. 147-150; frz. Ubers. Frederic MACLER, in: RHR 17.Jg. 33 (1896), S. 309-3 16 Daniele de Chinazzo, Cronica de la guerra da Veniciani a Zenovesi, ed. Vittorio LAZZARINI, Venedig 1958 (MonStorVen.ns. l 1 ) Dante Alighieri, Convivio, ed. Piero CUDlNI, Mailand 1980 - La Divina Comedia, ed. Emilio PASQUINI/Antonio QUAGLIO, Mailand 1987; frühe Kommentare: La Divina Commedia nella figurazione artistica e nel secolare commento, ed. Guido BIAGI/ Giuseppe LANDO PASSERINI/E. ROSTAGNO, 3 Bde., Turin 1924/31/39; Faksimile: La Commedia col Commento di Jacopo della Lana dal Codice Francoforte Arci-ß, ed. Friedrich SCHMITZ-KNATZ, Frankfurt a. M. 1939 Dati vgl. Leonardo . . . Dati David von Ashby ed. Clovis BRUNEL, D. d' Ashby, auteur meconnu des »Faites des Tartares«, in: Romania 79 (1958), S. 39-46 DEGENHART, Bernhard/ScHMITT, Annegrit (Ed.), Corpus der italienischen Zeichnungen 1300-1450, Teil 2 : Venedig 1300-1450. Addenda zu Süd- und Mittelitalien, 4 Bde., Berlin 1980-1982 - (Ed.), Marino Sanudo und Paolino Veneto. Zwei Literaten des 14. Jahrhunderts in ihrer Wirkung auf Buchillustrierung und Kartographie in Venedig, Avignon und Neapel, in : Röm.Jb. f. Kunstgesch. 14 (1973), S. 1-137 DELABORDE, Henri-Fran"ois (Ed.), Lettre des Chretiens de terre-Sainte a Charies d' Anjou, in: ROL 2 (1894), S. 206-215 DEL GIUDlCE, Giuseppe (Ed.), Codice diplomatico del regno di Carlo I e II d'Angio ossia collezione di leggi, statuti e privilegi. P. I: Carlo I., 3 Teile, Neapel 1 ( 1 863), 2,1 (1869), 2,2 (1902) Deliberazioni del consiglio dei XL della repubblica di venezia, ed. Antonino LOMBARDO, Bd. 1, Venedig 1957 (MonStorVen.ns. 9) DELORME, Ferdinand (Ed.), De praedicatione cruciatae saec. XIII per Fratres Minores, in : AFH 9 (1916), S. 99-1 17 Descriptio Europae Orientalis, ed. als .Imperium Constantinopolitanum, Albania, Serbia, Bulgaria, Ruthenia, Ungaria, Polonia, Bohemia« a. 1307 exarata, ed. Olgierd G6RKA, Krakau 1916 (danach zit.); ed. lat.lrumänisch ed. G. POPA-LlssEANu, Bukarest 1934 DESIMONI, Cornelio (Ed.), I conti dell'ambasciata al Chan di Persia nel 1292, in: AttiLigure 13,3 (1877-1884), S. 537-698 Detmar, Chronik, ed. in: Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Lübeck, 2 Bde., Leipzig 1884-1899 (ChrDtSt. 19.26) Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich III., V. Abt., 1 . H. 1453-1454, hg. v. Helmut WEIGEL/ Henny GRÜNEISEN, Göttingen 1969 (RTA. XIX/ I ) (zit. als RTA. F. III.5. 1 ) Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Sigmund, 1. Abt. 14 10-1420, hg. v. Dietrich KERLER, München 1878 (RTA. VII) (zit. als RTA. Si. 1); 3. Abt. 1427-1431, hg. v. Dietrich KERLER, Gotha 1887 (RTA. IX) (zit. als RTA. Si. 3) Dietrich Engelhus, Chronik, ed. in: Gottfried Wilhe1m LEIBNIZ (Ed.), Scriptorum Brunsvicensia illustrantium tom. II, Hannover 1710, S. 977-1143
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Q U E LLEN- U N D LITERATURVER Z E I C H N I S
Dietrich von Nie(hei)m (Theodoricus de Nyem), De Scismate, ed. Georg ERLER, Leipzig 1890 - Viridarium imperarotum et regum romanorum, ed. Alphons LHoTsKy/Karl PIVEC, Stuttgart 1956 (MGH Staatsschr. 5/1 ) - Chronica, ed. Katharina COLBERG/Joachim LEUSCHNER, Stuttgart 1980 (MGH Staatsschr. 512), S. 143-292 Diligences que li roys a faites pour le sainte voyage, ed. E. BOUTARIC, in : Rev. des Societes savantes des departements, ser. 4, 5 ( 1 867), S. 434-436 Directorium ad passagium faciendum, ed. RHCdoc. arm. 11, S. 368-51 7 Dit du concile de Lyon, ed. L. CAROLUS-BARRE/J . Ch. PAYEN, in : 1274 (wie unten), S. 91 5-967 Domenico Silvestri, De insulis et earum proprietatibus, ed. Carmela PECORARO, in : Atti PaletIllo IV,14,2,2 (1954) DONCKEL, Emil (Ed.), Visio seu prophetia fratris Johannis. Eine süditalienische Prophezeiung aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts, in : RQ 40 (1932), S. 361-379 DÖRRIE, Heinrich (Ed.), Drei Texte zur Geschichte der Ungarn und Mongolen: Die Missionsreisen des fr. Julian OP ins Uralgebiet (1234/35) und nach Rußland (1237) und der Bericht des Erzbischofs Peter über die Tartaren, Göttingen 1956 (NachrGöttingen. 6) DUCHESNE, Andre (Ed.), Historiae Francorum scrip tores coaetanei, ab ipsius gentis origine an nostra usque tempora, 5 Bde., Paris 1636-1649 Eberhard, Archidiakon von Regensburg, Annales, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS XVII, S. 591-605 Eberhart Windecke, Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Zeitalters Kaiser Sigismunds, ed. Wilhe1m ALTMANN, Berlin 1893 Elemosina vg!. Johannes Elemosina ELLIS, Sir Henry (Ed.), Original Letters Illustrative of English History, Bd. 111, 1 : Eastern Correspon dence, London 1846 Emmanuele Piloti, Traite de E. P. sur le Passage en Terre Sainte (1420), ed. Pierre-Hetman Dopp, Löwen/Paris 1958 (Pub!. de j'Univ. Lovanium de Leopoldville) Endres Tucher, Memorial, ed. Karl v. HEGEL, Leipzig 1 864, S. 9-30 (ChrDtSt. 2) Enea Silvio Piccolomini (Pius 11.), Opera quae extant omnia, Basel 1551, ND Frankfurt a. M. 1967 - Ausgew. Texte aus seinen Schriften, Festgabe der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel an die Univ., hg. u. übers. Berthe WIDMER, Basel/Stuttgart 1960 - Germania, ed. Adolf SCHMIDT, Köln/Graz 1962 - Pii 11. Commentarii rerum memorabilium, quae temporibus suis contigerunt, ed. Adriano VAN HECK, 2 Bde., Citta del Vaticano 1984 (StT 3 12/3) - Historia rerum Friderici tertii Imperatoris, ed. Straßburg 1685 '- Hist. Europa In Europam sui temporis varias continentem historias, ed. in : Opera Omnia, . S. 387-471 - Cosmographia Historia rerum ubique gestarum locorumque descriptio (Asia, Europa), ed. in : Opera Omnia, S. 281-386 - De viris illustribus, Stuttgart 1 842 (BLV. l,3) - Der Briefwechsel des E. S. P., ed. Rudolf WOLKAN, 4 Bde., Wien 1909-1918 (Font RerAust. 2 . Abt.: Diplomataria und Akten, 61.62.67.68) (61 : 1 . Abt.: Briefe aus der Laienzeit [143 1-1445], Bd. 1 : Privatbriefe; 62: Bd. 2: Amtliche Briefe; 67: 2. Abt. : Briefe als Priester und als Bischof von Triest [1447-1450]; 68: 3. Abt.: Briefe als Bischof von Siena, Bd. 1 [1450-1454]) - (Brief an Mohammed), ed. Giuseppe TOFFANIN, Neapel 1953 Enfance Vivien. Chancon de geste, pub!. pour la l ere fois d'apres les mss. de Paris, de Boulogne-sur mer, de Londres et de Milan, ed. Carl WAH LUND/Hugo VON FEILITZEN, Uppsala/Paris 1 895 Enguerran de Monstrelet, Chronique, ed. L. DouET D'A RcQ, 6 Bde., Paris 1857-1862 (SHF.91.93. 99.105. 108.1 13) L'Entree d'Espagne. Chanson de geste franco-italienne, ed. Antoine THOMAS, 2 Bde., Paris 1913 (SATF. I07. 108) Eudes de Rouen, Register, trans!. S. M. BROWN/J. F. O'SULLIVAN, New York/London 1964 Eulogium historiarum sive temporum, ed. Frank Scott HAYDON, Bd. 2, London 1858-1863 (RS. 9,1-3) Eustache Deschamps, CEuvres completes, ed. LE MARQUIS DE QUEUX D E SAI NT HILAIRE, 11 Bde., Paris 1878-1903 (SATF.l l . I 8 .25.33,41,48.52.58.59.81 .83) =
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNI S
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Exhortatio Henrici episcopi Constantiensis ad Fratres Minores ut crucern contra Tartaros praedicent a. 1241, ed. Livarius OLIGER, in: AFH 11 (1918), S. 556-557 Expensae Carnerae apostolicae pro missionibus Fratrum Minorurn inter tartaros an. 13 18-1353, ed. Odolphus VAN DER VAT OFM, in: AFH 3 1 (1938), S. 538-540 Fazio degli Uberti, 11 dittarnondo e le rime, ed. Giuseppe CORSI, 2 Bde., Bari 1952 FEIER, György (Ed.), Codex diplomaticus Hungariae ecclesiasticus ac civilis, 11 Bde., Budae 1829-1 844 Felix Faber, Evagatorium Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem, ed. Conrad Dietrich HASSLER, 2 Bde., Stuttgart 1843-1849 (BLV.2.3.4.); frz. Teilübers. Jacques MASSON SJ, Le voyage en Egypte de F. F. 1483, 3 Bde., Paris 1975 Fidentius von Padua, Liber recuperationis Terre Sancte, ed. GOLUBOVICH 11, S. 1-60 Filarete vg!. ANTONIO AVE RLI NO FINKE, Heinrich (Ed.), Papsttum und Untergang des Templerordens, Bd. III: Quellen, Münster 1 907 (VorrefForsch. 5) FINoT, Jules (Ed.), Projet d'expedition contre les Turcs prepare par les conseillers du duc de Bourgogne Philippe-Ie-Bon Ganvier 1457), Lille 1890 (Mem. de la Soc. des sciences) Flavius Biondus Foroiuliensis, Historiarum ab inchinatione Romanorum !ibri XXXI, Basel 153 1 ; 4. Dekade, Liber 11, ed. B. NOGARA, Scriti inediti e rari di Flavio Biondo, Rom 1928 (StT.48) Flores historiarum, ed. Henry Richards LUARD, 3 Bde., London 1890 (RS. 95,1-3) Flores temporum, ed. ECCARD Corp. I, Sp. 155 1-1640 Flores temporum seu chronicon universale ab o. C. ad a. C. 1349 (Hermann Gygas OFM), ed. Johann Georg MEUSCHEN, Lugduno Batavorum 1743 Floriant et Florete, ed. Francisque MICHEL, Edinburgh 1 873 (Roxburgh Club) Florio Bustron, Chronique de l'i1e de Chypre par F., ed. Jacques Marie Joseph Louis COMTE DE MAs LATRIE, Paris 1 886 (Coll. Doc. Hist. Fr. MH. V) Flower and Leaf, ed. in: Walter W. SKEAT (Ed.), Supplement to the Works of Geoffrey Chaucer, Oxford 1897 Fluxo biennali spacio, ed. Nicole PONS, in: »L'honneur de la couronne de France«. Quatre libelles contre les Anglais (vers 1418-vers 1429), Paris 1990, S. 141 ff. FORCHERI, Giovanni (Ed.), Navi e navigazioni a Genova nel trecento. 11 Liber Gazarie, Genua 1 974 (Collana storica dell'oltremare ligureA) FORSTREUTER, Kurt (Ed.), Die Berichte der Generalprokuratoren des Deutschen Ordens an der Kurie, Bd. 1 : Die Geschichte der Generalprokuratoren von den Anfängen bis 1403, Göttingen 1961 (Veröff. d. Niedersächs. Arch.verwaltung. 12) Francescani Thorunensis, Annales Prussici (941-1410), ed. SSrerPruss. I1I, S. I3-388 La Franceschina. Testo volgare umbro del secolo XV scritto dal P. Giacomo Oddi di Perugia, ed. Nicola CAVANNA, Bd. 2, Florenz 193 ( Francesco Balduccio Pegolotti, La pratica della mercatura, ed. Allan EVANS, Cambridge/Mass. 1936 (The Med. Academy of America. Pub!. 24) Francesco da Barberino, Documenti d'Amore, ed. Francesco EGID!, 3 Bde., Rom 1905-1924 (Docu menti di storia letteraria a cura della Societa Filologica Romana) - Reggimento e costumi di donna, ed. Giuseppe E. SANSONE, Turin 1957 (Coi!. di Filologia romanza. 2) Francesco Pipino, Tractatus de locis Terre Sancte, ed. in: Titus TOBLER, Dritte Wanderung nach Palästina im Jahre ( 1 857), Gotha 1859, S. 400-412 - Chronik, ed. MURATORI 1 IX, Sp. 587-752 Francesco Suriano, Trattato di Terra Santa e dell'Oriente, ed. Girolamo GOLUBOVICH, Mailand 1900 FRANCHI, Antonio OFM (Ed.), 11 concilio 11 di Lione (1274) secondo la »Ordinatio Concilii Generalis Lugdunensis«, Rom 1965 (StTfr. 33) Franz von Prag, Chronik, in: Die Königsaaler Geschichtsquellen, ed. Johann LOSERTH, Wien 1 875 (FontRerAust. I . Abt. SS. VIII) Frescobaldi vgl. Lionardo di Niccola Frescobaldi Froissart vgl. Jean Froissart Gabriele Capodilista, ltinerario, ed.in: A. L. MOMIGLIANO LEPSCHY (Ed.), Santo Brasca (wie unten) Gabriel de Mussis, Historia de morbo sive rnortalitate quae fuit anno domini 1348, in : Heinrich HAESER, Arch. f. d. gesamte Medizin, Bd. 2: Dokumente zur Geschichte des Schwarzen Todes, ed. A. W. HENSCHEL, Leipzig 1 843, S. 26-59 (danach zit.); ed. A. G. TONONI, La peste del 1348
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QUELLEN- U N D LITERATURVERZEICHNIS
( Historia de morbo sive mortalitate que fuit anno Domini MCCCXLVIII), in: Gior. Ligustico 1 1 =
[1884], S. 139-152) Galeazzo e Bartolomeo Gatevi, Cronaca Carrarese confronta con la redazione di Andrea Gatari (aa. 1318-1407), ed. Antonio MEDIN/Guido TOLOMEI, Citta di Castello 1931 (RIS2. 1 712) Galiens li Restores, ed. Edmund STENGEL, Marburg 1890 (Ausgaben und Abh. aus dem Gebiet der romanischen Philo!. 84) Garcias d'Ayerve, Bf. von Leon, Infonnacio alia de pertinentibus ad passagium, et primo agitur de dominio regni Jerosolimitani et de passagiis hactenus factis et per quos et per quas et quales partes et quid ibi fecerunt, ed. in : DÜRRHoLDER, Kreuzzugspolitik (wie unten), S. 1 10-1 1 7 Gaufrid de Collone, Chronicon, Teiled. RHF XXII, S. I-11 Genuesische Weltkarte: Genoese World Map 1457. Facsimile and Critical Text Incorporating in Free Translation the Studies of Professor Theobald Fischer Revised with the Addition of Copious Notes, ed. Edward Luther STEVENSON, New York 1912 (Pub!. of the Hispanic Soc. of America. 83) Geoffrey Chaucer vg!. Chaucer Giorgio Stella, Annales genuenses ab 1298-1409, ed. MURATORI 1 XVII, Sp. 945-1226 Gerard von Fracheto, Vitae fratrum OP necnon cronica ordinis ab a. 1203 usque ad 1254, ed. REICHERT, Mon. I (wie unten) - Chronik + Cont. ed. RHF XXI, S. 1-70 Geschichte wegen eines Bundes, ed. SSrerPruss. IV, S. 71-211 Gesta Boemundi archiepiscopi Treverensis, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXIV, S. 463-488 Gestes des Chiprois ( Le Templier de Tyr), ed. RHCdoc.alln. 11, S. 651-872; nach einer weiteren Hs.ed. in: Gaston RAYNAUD (Ed.), Les G. Recueil de chroniques fr. ecrites en Orient aux 13e et He siecles, Genf 1887 (PSOL. Sero Hist. V) Gesta Henrici archiepiscopi Treverensis, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXIV, S. 456-463 Gesta Romanorum, ed. Hermann OESTERLEY, Berlin 1872; ed. Wilhelm DIcK, Erlangen/Leipzig 1890 (Erlanger Beitr. zur eng!. Philo!. 7) Gestorum Treverorum Cont. IV, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXIV, S. 390-404 Ghillebert de Lannoy, <Euvres de G., voyageur, diplomate et moraliste, ed. Ch. POTVIN, Löwen 1 878 Gilles vg!. Aegidius GIOMO, Giuseppe (Ed.), I Misti del senato della republica veneta, Indices, Venedig 1 887 Giosafat Barbaro, Cose vedute ed udite in due viaggi fatti, uno alla Tana ed uno in Persia, ed. in: L. L OCKHART/R. MOROZZO DELLA ROCCA/M. F. TIEPOLO (Ed.), Viaggi in Persia degli ambasciatori veneti Barbaro e Contarini, Rom 1973 (NRamusio.7), lat. Übers. in: Petrus BIZARUS (Ed.), Rer. persicarum Historia, Frankfurt a. M. 1601, S. 440-483) - Lettere al Senato Veneto di G., ambasciatore ad Usunhasan di Persia, tratte da un codice originale dell'Imp. R. Biblioteca di Vienna, ed. Enrico CORNET, Wien 1852 GÖCKENJAN, Hansgerd/S wEENEY, James R. (Übers.), Der Mongolenstunn. Berichte von Augenzeugen und Zeitgenossen 1235-1250, GrazlWien/Köln 1985 (Ungarns Gesch.schreiber. 3) Ruy Gonzales de Clavijo, Vida y Hazafias del gran Tamorlan con la descripcion de las tierras de su imperio y sefiorio, ed. ARGOTE DE MOLINA, Sevilla 1582 (mit Brief Timurs an den kastilischen König); ed. (und russ. Übers.) I. SREZNEVSKJ, London 1881, danach z i t . ; eng!. : Clements Roben MARKHAM, Narrative of the Embassy of C. to the Court of Timour at Samarkand, A. D. 1403-1406, London 1859 (HakISoc. Sero 1 .26) Grässe,Johann Georg Theodor (Ed.), Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band I, Dresden 2 1874 GRUNDMANN, Herbert (Ed.), Liber de Flore. Eine Schrift der Franziskanerspiritualen aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts [Teiled.], in: HJb 49 (1929), S. 33-91 Gui de Basainville, [Brief aus dem Heiligen Land an Franco de Borno], ed. in : Mon. Boica XXIX,2, S. 197-202 Guido Vernani, De reprobatione monarchiae composita a Dante, teiled. Thomas KAEPPELI, in: KAEPPELI, Der Dantegegner G. von Rimini, in: QFIAB 28 (1937/8), S. 123-146 Hartmann Schedel, Weltchronik, ND der Inkunabel von 1493 Dortmund 1978 Haython von Gorhigos, La Flor des estoires d'Orient/Flos historiarum terre orientis, ed. RHCdoc. arm. II, frz. S. 1 1 1-253, lat. S. 255-363; frz. Version des Jean LeLong ed. Louis DE BACKER, L'Extreme Orient d'apres les manuscrits d'un flamand de Belgique, moine de Samt-Bertin a Saint Omer et d'up prince d' Armenie, moine de Premontre a Poitiers, Paris 1877 =
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QUELLEN- UND LITERATURVER Z E I C HNIS
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Der Hedwigs-Codex von 1353. Faksimile und Text, 2 Bde., ed. Wolfgang BRAUNFELS, Berlin 1972 Heinrich 11. von Lusignan, Kg. von Zypern, Informatio ex parte nunciorum regis Cypri pro subsidia Terre Sanete et consilium regis Cypri pro passagio faciendo, ed. in: Jacques Marie Joseph Louis COMTE DE MAS LATRIE, Histoire de l'ile de Chypre sous le regne des princes de la maison de Lusignan, Paris 1 852-1861, Bd. 11, S. 1 1 8-125 Henry IV. von England, Royal and Historical Letters, ed. Francis Charles HINGESTON, London 1 860 (RS. 18, 1 ) Heinrich von Beringen, Schachgedicht, ed. Paul Z IMMERMANN, Tübingen 1883 (BLY. 166) Heinric� von Harclay, Die Quaestio des H . über die zweite Ankunft Christi und die Erwartung des baldigen Weitendes zu Anfang des 14. Jahrhunderts, ed. Franz PELSTER, in : Arch. ital. per la storia della pieta 1 (195 1 ), S. 25-82 . Heinrich von Herford (Henricus de Hervordia), Liber de rebus memorabilioribus sive Chronicon, ed. August POTTHAST, Göttingen 1859 Henry Knighton, Chronicon, ed. Joseph RAWSON LUMBY, London 1889-1895 (RS. 92,1-2) Heinrich von Lettland, Chronicon Livoniae, ed. Georg Heinrich PERTZ, Hannover 1 874 (MGH SS u.s. 3 1 ) Heinrich von Mügeln, Ungarnchroniken; deutsche Chronik ed. Eugenius TRAVNIK, in: SRH 11, S. 87-223 - Chronicon rhythmicum, ed. Alexander DOMANOVSZKY, in : SRH 11, S. 225-272 Heinrich von Neustadt, Apollonius von Tyrland, ed. Samuel S INGER, Dublin/Zürich 2 1967 (DTM.7) Heinrich von Plauen, [Brief an die Stände des Reiches vom 14. 12. 1410], in: Jahrbücher Johannes Lindenblatts oder Chronik Johannes von der Pusilie, Officials zu Riesenburg, ed.Johannes VOIGT/ Friedrich Wilhe1m SCHUBERT, Königsberg 1 823, Beilage 3, S. 395-399 Heinrich der Taube [Surdus] von Selbach, Chronica, ed. Harry BRESSLAU, Berlin 1 822, S. 1-120 (MGH SS ns. 1 ) HENNIG, Richard (Übers.), Terrae Incognitae, 4 Bde., Leiden 1936 Hermann Altahensis (von Niederaltaich), Annales, ed. Georg Heinrich PERTZ u. a., MGH SS XVII, S. 38 1-407 Hermann Korner, Chronik, ed. ECCARD Corp. lI, Sp. 43 1-1344; ed.J. SCHWALM, Göttingen 1895 (danach zit.) HellIlann von Sachsenheim, DieMörin, nach der Wiener Hs. ÖNB 2946 ed. u. komm. v. Horst Dieter SCHLOSSER, Wiesbaden 1976 (DTM. NF.3); - Der Spiegel/Das SJeigertüechJin u. a., ed. in : W. HOLLAND/A. KELLER (Ed.), Meister Altswert Stuttgart 1 850 (BLY.21) Hermann von Wartberge, Jüngere Livländische Chronik, ed. SSrerPruss. 11, S . 2 1-116 Historia Cortusiorum 1256-1364, ed. MURATORII XII, Sp. 757-954 Historia de preliis Alexandri Magni, Rezension h ed. Kar! STEFFENS, Meisenheim a. d. Glan 1975 (Beitr. z. klassischen Philo!. 73); Synoptische Edition der Rezensionen des Leo Archipresbyter und �er . interpolierten Fassungen Jr, J2 , J3 (Buch I und 11), ed. Hermann-Josef BERGMEISTER, Meisenheim a. d. Glan 1975 (Beitr. z. klassischen Philol. 65); ed. Friedrich PFISTER, Die H. de Pr. und � as Alexanderepos des Quilichinus, in: München. Museum für Philo!. d. Mittelalters und der RenaiS sance 1 (1911), S. 249-301 ; vgl. Quilichinus von Spoleto Honore Bonet, Arbre des Batailles, ed. Ernst Nys, Brüssel u. a. 1 883 Honorius Augustodunensis, De imagine Mundi, ed. MPL 1 72, S. 1 1 5-188 " HORMAYR- H oRTENBURG, Joseph Frhr. v., Die Goldene Chronik von Hohenschwangau, Munchen 1842, Anhang 2 . . HUDSON TURNER, M. T. (Ed.), Unpublished Notice of the Time of Edward I. Especlally of HIS Relations with the Mongoi Sovereigns of Persia, in: The Archeological J. 8 ( 1 85 1 ), S. � 5-51 . Humbert von Romans, Opusculum Tripartiturn, ed. in: Edward B ROWN (Ed.) , AppendiX ad Fascl culum rerum expetendarum et fugiendarum 11, London 1690, S. 1 85-229 - Opera de vita regulari, ed. Joachim Joseph BERTHIER, Bd. 2, Rom 1 889 HURMUZAKI, Ludoxiu de (Ed.), Documente privitoare la Istoria Romanilor, Bd. I,1 (1199-1345), 2 ( 1346-1450), 11,1 (145 1-1575), 2 (1451-1517), Bukarest 1 887-1890 Ibn Battuta, Travels AD. 1325-1354, eng!. übers. Hamilton A. R. GIBB, 3 Bde., Cambridge 1958-1971 (HakISoc. Ser. 2 . 1 1 . 1 17. 141) Innocentius IV., Apparatus in V libros decretalium, Frankfurt 1570
QUELLEN- U N D LITERATURVERZEI C H N I S
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Jean Froissart, CEuvres, ed. Kervyn DE LETTENHOVE, 25 Bde., Brüssel 1870-1877 Jean Germain, Le discours du voyage d'oultremer au tres victorieux roi Charles VI, prononce, en 1452, par J. G., eveque de Chalon, ed. Charles SCHEFER, in : ROL 3 (1895), S. 303-342 John Gower, Confessio Amantis, ed. in : G. C. MACAULEY (Ed.), The Complete Works of J., Bde. 2-3, Oxford 1901 - Mirour de I'omme, ed. ebd., Bd. 1, Oxford 1899 Jean Herolt, Promptuarium exemplorum, Brescia 1504 (Vat. Racc. 1. V. 1358, unfo!.) Johannes von Hildesheim, Historia tri um regum, ed. lat. und mitteleng!. C. HORSTMANN, London 1 886 (danach zit.); lat. Ernst KÖPKE, Brandenburg 1878 (Mitt. aus den Handschriften der Ritter Akademie zu Brandenburg. A. H . Beigegeben dem XXII. Jahresbericht über die R.); mhd. (nieder rhein.) ed. Max BEHLAND, Die Dreikönigslegende des J., München 1958; frühneuhochdt. ed. Marion MILLER LEE (zwei Handschriften transskrib.), Univ. Kansas 1971 Jean de Joinville, Histoire de Saint Louis, ed. et trad. par Natalis OE WAILLY, Paris 1874 Jean Juvenal des Ursins, Histoire de Charles VI, ed. in : Joseph Fran�ois MICHAUo/Jean Joseph Fran�ois POUJOULAT (Ed.), Nouvelle Collection des Memoires pour servir a I'Histoire de France, Bd. 2, Paris 1836, S. 333-569 Giovanni da Legnano, Tractatus de bello, de repressaliis et de duello, ed. Thomas E. HOLLAND, Oxford 1917 Jean le Long, Chronica sive Historia monasterii sancti Bertini, ed. M/D TA IH, Sp. 441-776 John Lydgate, Fall of Princes, ed. Henry BERGEN, 4 Bde., London 1924-1927 (EETS. Extr. Ser. 121-4) John Mandeville, Travels : älteste, frz. Version ed. Malcolm LETTs, 2 Bde., London 1953 (HaklSoc. Sero 2.101/2), Bd. 2; alteng!.: Bodleiana-Ms. ed. Makolm LETTs (wie oben), Bd. 1 ; ed. Maurice CharIes SEYMOUR, Oxford 1963 (World's Classics); Egerton-Ms. ed. George WARNER, London 1 889 (Roxburghe Club); ed. u. komm. Paul HAMELlUS, 2 Bde., London 1919/23 für 1916 (EETS. Orig. Ser. 153/4) ( d a n a c h z i t . ); Cotton-Ms. ed. Maurice Charles SEYMOUR, Oxford 1967; Verse ed. Maurice CharIes SEYMOUR, The Metrical Version of Mandeville's Travels, Oxford 1973; lateinisch: BM-Ms. Royal 1 3 E. IX ed. Maurice CharIes SEYMOUR, Oxford 1963 (wie oben); dt.: Otto VON DIEMERINGEN: ed. Sven MARTINSSON, Itinerarium orientale. M.'s Reisebeschreibung in mittelnie derdeutscher Übersetzung, Lund 1918; Michel Velser: ed. Eric John MORRALL, Berlin 1974; toskanisch: I viaggi di Giovanni da Mandavilla, ed. Fr. ZAMBRINI, Bologna 1870 Johannes von Marignolli, Cronica Boemorum, Teiled. mit den Passagen über Asien SINICA, S. 515-559 Johannes von Monte Corvino, Epistolae, ed. SINICA, S. 335-355 Jean de Noyal, Fragments ined. de la Chronique de J., ed. Auguste MOLINIER, in: ABSHF 20 (1883), S. 246-275 Jean d'Outremeuse, Le myreur des histors, chronique de Jean des Preis dit d'Outremeuse ed. Ad. BORGNET/St. BORMANS, 7 Bde., Brüssel 1864-1887 (Corps des Chroniques liegeoises) (danach zit.); dazu: ed. Andre GOOSSE, Jean d'Outremeuse, Ly myreur des Histors, Fragment du second livre (annees 794-826), Brüssel 1965 (Acad. Roy. de Belgique, Col!. des anciens auteurs belges. ns. 6) Johannes von Oxenedes, Chronica, ed. Henry ELLIS, London 1859 (RS. 13) Johannes von Plano Carpini, Ystoria Mongalorum, ed. SINICA, S. 3-130 (danach zit.); wieder: Storia � ei Mongoli, neu ed. Paolo DAFFINA, Claudio LEONAROI, Maria Cristina LUNGAROTTI, Ennco MENESTO, Luciano PETECH, Spoleto 1989 (Biblioteca dei »Centro per iI collegamento degli st. med. umanistici nell'Universita di Perugia«.I); Un manuscrit de I'Ystoria Mongalorum de Jean de Plancarpin, ed. Louis HAMBIS, in: Scriptorium 30 ( 1976), S. 47-52; Une version abregee de 1'»Historia Mongalorum« (Metz BMun.ms. 651), ed. Clement SCHMITT, in: AFH 65 ( 1972�, S. 369-388; Übers. : Histoire des mongois, trad. et anno Jean BE cQ uET/Louis HAMBIS, Pans 1965 John Poloner, Description of the Holy Land (ca. H21 A. D.), eng!. A. STEWART, London 1894 (PPTS. VI,4) Johann von Posilge, Chronik, ed. SSrerPrus. IH, S. 13-397 Jean Quidort s. Johannes Parisiensis Johannes Rothe, Thüringische Weltchronik, ed. R. von LILIENCRON, Jena 1859 (Thüringische Gesch. quellen. 3) Johannes de Rupescissa Oean de Roquetaillade), Vademecum in tribulatione, ed. in: Edward BROWN (Ed.), Fasciculum rerum expetendarum et fugiendarum, Appendix, London 1690, S. 496-508 Hans Schiltberger, Reisebuch, ed. Valentin LANGMANTEL, Tübingen 1885 (BLV.I 72)
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QUELLEN- UND LITERATURVERZ E I C H N I S
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Q U ELLEN- U N D
LITERATURVE R Z E I C HN I S
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QUELLEN- UND L I TERATURVERZ E I C H N I S
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refForsch. 12), Anhang B, Nr. IV, S. 693-697; und ed. Helene WIERUSZOWSKI, in: DIES., R. Lull et I'idee de la Cite de Dieu. Quelques nouveaux ecrits sur la croisade, in : Estudis franciscans 47 (Barcelona 1935), S. 103-109 - Quomodo Terra Sancta recuperari potest. Tractatus de modo convertendi infideles, ed. Jacqueline RAMBAUO-BuHOT, in : Opera latina (Mallorca), Bd. 3, S. 93-112 - SUGRANYES OE FRANCH, Ramon (Trad.), Raymund Lulle docteur des missions, avec un choix de textes traduits et annOtes, Schöneck-Beckenried 1954 (NZs. f. Missionswiss./NRev. des sciences missionaires. Supp!. V) - Beati Raymundi Lulli Vita [= Vita Coetanea], ed. B. DE GAIFFIER SJ, in: Analecta Bollandiana 48 (1930), S. 130-178 Ranulf Higden OSB, Polychronicon, ed. Churchill BABINGTON/Joseph Rawson LUMBY, 9 Bde., London 1865/86 (RS. 41,1-9) Raphaynus de Caresinis Cancelarius Venetiarum, Chronica 1343-1388, ed. Ester PASTORELLO, Bologna 1922 (RIS2.12/2) RATTI VIDULICH, Paola (Ed.), Duca di Candia. Bandi (1313-1329), Venedig 1965 (FSV. sez. I : Arch. publici. 3) RAYNALDUS, Odoricus (Ed.), Annales Ecclesiastici ab anno 1 198 ubi desinit Card. Baronius, neu von Giovanni Dominico MANSI, 15 Bde., Lucca 1747-1756 Registres des papes du 13eme siecle (BAR.ser. 2) ALEXANDER IV (1254-1261), ed. Bourel DE LA RONCIERE/j. DE LOYE/A. COULON u . a., 3 Bde., Paris 1895-1953 (Reg. Alex. IV) - Boniface VIII ( 1294-1303), ed. Georges DIGARD/Maurice FAUCON/Antoine THoMAs, 4 Bde., Paris 1884-1939 (Reg. Bon. VIII) - Gregoire X (1271-1276), ed. Jean GUIRAUD, Paris 1892 (Reg. Greg. X) - Innocent IV ( 1243-1254), ed. Elie BERGER, 4 Bde., Paris 1884-1911 (Reg. Inn. IV) - Nicolaus III (1277-1280), ed. Jules GAY, Paris 1938 (Reg. Nik. III) - Nicolaus IV (1288-1292), ed. Ernest LANGLOIS, 2 Bde., Paris 1886-1891 (Reg. Nik. IV.) - Urbain IV (1261-1264), ed. Jean GUIRAUD, 4 Bde., Paris 1 899-1906 (Reg. Urb. IV) Registres des papes du 14eme siecle (BAR.ser. 3) - Benoit XII (1334-1342): Lettres closes et patentes interessanteS les pays autres que la France, ed. J.-M. VIDAL/G. MOLLAT, Paris 1950 (Reg. Ben. XII LCI); Lettres closes, patentes et curiales se rapportant 11 la France, ed. Georges DAUMET, Paris 1899-1920 (Reg. Ben. XII LCIFr); Lettres communes, ed. J.-M. VIDAL, 3 Bde., Paris 1902-1911 (Reg. Ben. XII LCom) - Clement V (1305-1314) pub!. par les Benedictins, 8 in 9 Bde., App. I, Index, Rom 1 885-1892/1948 (Reg. Clem. V) - Clement VI (1342-1352) Lettres closes, patentes et curiales interessant les pays autres que la France, ed. Eugene DEPREZ /G. MOLLAT, Paris 1960 (Reg. Clem. VI autre Fr); Lettres closes, patentes et curiales se rapportant 11 la France, ed. Eugene DEPREZ/G. MOLLAT, 3 Bde., Paris 1901-1959 (Reg. Clem. VI Fr) - Gregoire XI (1370-1378) Lettres secretes et curiales re!. 11 La France, ed. L. MIROT/H. JosSENIN u. a., Bde. 1 H., Paris 1935ff. (Reg. Greg. XI LSFr); Lettres secretes et curiales interessant les pays amre que la France, ed. G. MOLLAT, Paris 1962 (Reg. Greg. XI LS) - Innocent VI (1352-1362) Lettres closes, patentes et curiales se rapportant 11 la France, ed. Eugene DEPREZ, Bd. 1 H., Paris 1909ff. (Reg. Inn. VI Fr); Lettres secretes et curiales, ed. Pierre GASNAULTI M.-H. LAURENT, Bde. 1 ff., Paris 1959 (Reg. Inn. VI LS) - Jean XXII (1316-1334) Lettres communes, ed. G. MOLLAT, Introd. + 16 Bde., Paris 1904-1947 (Reg. Joh. XXII LC); Lettres secretes et curiales, ed. Auguste COULoN/Suzanne CLEMENCET, Bde. I H., Paris 1900 H. (Reg. Joh. XXII LS) - Urbain V ( 1362-1370), Lettres secretes et curiales se rapportant a la France, ed. Paul LECACHEUX, Paris 1902 (Reg. Urb. V LS); Lettres communes, ed. M.-H. LAURENT u. a., 12 Bde., Paris 1954-1989 (Reg. Urb. V LC) Registri della Cancelleria Angoina, ricostruiti da Riccardo Filangeri, Bde. I-37, Neapel 1950-1987 (Testi e documenti di storia Napoletana. ser. I,I-37) REICHERT, Benedictus Maria OP (Ed.), Monumenta Ordinis Fratrum Praedicatorum Historica, Bde. I-13, Rom 1 896-1900 (erster Band als volumen unicum erschienen) Reinfrid von Braunschweig, ed. Kar! BARTSCH, Tübingen 1871 (BLV. 109)
Q UELLEN- UND LITERATU RVERZEICHNIS
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Relation de la Croisade de Nicopoli par un serviteur de Gui de Blois, ed. KERVYN DE LETTENHOVE, in: Froissart (wie oben), Bd. 15/6 Religieux de St-Denis, Chroniq ue contenant le regne de Charles VI, de 1380 a 1422, ed. et trad. L. BELLAGUET, 6 Bde., Paris 1839-1852 (Coll. Doc. Hist. Fr. HP) Ricaut Bonomel, ed. Vincenzo DE BARTHOLOMAEIS, in: Poesie provenzali storiche relative all'ltalia, Bd. lI, Rom 1931 (FSI.72), Nr. 160, S. 222/24 Richard von S. Gellnano, Chronika, ed. Carlo Alberto GARUFI, Bologna 0.J. (RIS2.7/2) RICHARD, Jean (Ed.), Une lettre concernant I'invasion mongole ?, in : BECh 119 (1961), S. 243-245 Richer, Gesta Senonensis Ecclesiae, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXV, S. 249-345 Ricobald von Ferrara, Compendium Romanae Historiae, ed. A. Teresa HANKEY, 2 Bde., Rom 1984 (FSI.t08,1-2) - Pomarium Ravennatis Ecclesiae sive Historia universalis ab anno circiter 700 usque ad annum 1297 (Historia Imperatorum Romano Germanorum, Historia Pontificum Romanorum, Compilatio Chronologiae), ed. MURATORI I XXI, Sp. 97-144, 147-192, 193-262 Ricold von Montecroce, Itinerarium, ed. LAURENT (wie oben), S. 103-141 - Libellus ad nationes orientales, ed. in: Antoine Dondaine, Ricoldiana. Notes sur les ceuvres de Ricold da Monte Croce, in : AFP 37 (1967), S. 119-179 - Lettres, ed. Reinhold RÖHRICHT, in: AOL 2,2 (1884), S. 258-296 Rieter, Das Reisebuch der Familie R., ed. Reinhold RÖHRICHT/Heinrich MEISNER, Tübingen 1884 (BLV.168) ROBERG, Burkhard (Ed.), Die Tartaren auf dem 2. Konzil von Lyon 1274, in: AHC 5 (1973), S. 241-302 Robertus de Avesbury, De gestis Edwardi 111., ed. Edward Maunde THOMPSON, London 1 889 (RS. 93) Rogerius von Apulien (von Torre Maggiore), Carmen miserabile, Begleitbrief, ed. Ladislaus JUHAsZ, in: SRH 11 S. 543-588, danach zit.; lat.ldt. ed. Helmut Stefan MILLETICH, Eisenstadt 1979 Roger Bacon, Opus maius ad C1ementem papam, ed. John Henry BRIDGES, 3 Bde., Oxford 1 897-1900; Moralis philosophiae ( Teil 7 des Op. Maius), ed. Eugenio MASSA, Zürich 1953 - Opus tertium/Opus minus/Compendium philosophiae, ed.J. S. BREWER, London 1 859 (RS. 15,1); Un fragment inedit de l'Opus Tertium de R. B., precede d'une etude sur ce fragment, ed. Pierre DUHEM, Quaracchi 1909 Li Romans de Claris et Laris, ed. Johann ALTON, Tübingen 1884 (BLV. 169) RUBIO Y LLUCH, Antonio (Ed.), Diplomatari de l'Orient catala (1301-1409), Barcelona 1947 - Documents per l'historia de la cultura catalana migeval, 2 Bde., Barcelona 1908-1921 Rubruk vgl. Wilhelm von Rubruk Rudimentum noviciorum epitome sive systema historiae universalis auctore incerto confecta et in sex aetates divisa ab OC-1473, 2 Bde., Lübeck 1475 (UB Ffm. Inc.fol. l18) Rufus-Chronik, ed. in: Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Lübeck, Bd. 3, Leipzig 1902 (ChrDtSt. 28) Rutebeuf, CEuvres complets, ed. Edmond FARAL/Julia BASTIN, 2 Bde., Paris 1959 RYMER, Thomas (Ed.), Foedera, conventiones, litterae et cuiuscumque generis acta publica inter reges Angliae et alios quosvis imperatores, reges, pontifices, principes vel communitates ab ineunte saeculo duodecimo, viz. ab anno 1101 ad nostra usque tempora habita aut tractata, 10 Bde., La Haye 3 1739-1745, ND Farnborough 1967 . DE SACY, Silvestre (Ed.) , Memoire sur une correspondence inedite de Tamerlan avec Charles VI, In: MAIBL VI (1822), S. 470-522 Salimbene von Parma (Adam), Chronica, ed. Oswald HOLDER-EGGER, MGH SS XXXI I SANDERS, William Basevi (Übers.), Two Letters of Sir Joseph de Cancy and King Edward I. of England (1281 /82), London 1 896 (PPTS. V,5) Santo Brascha, Viaggio in Terrasanta di S. B. 1480, ed. Anna Laura MOMIGLIANO LEPSCHY (con I'itinerario di Gabriele Capodilista 1458), Mailand 1966 . Sanudo vgl. Marino Sanudo der Ältere SCHNEIDER, Fedor (Ed.), Ein Schreiben der Ungarn an die Kurie aus der letzten Zeit des Tartareneinfal les (2. Feb. 1242), in: MIÖG 36 (1915), S. 661-670 SCHOLZ, Richard, Unbekannte kirchenpolitische Streitschriften aus der Zeit Ludwigs des Bayern (1327-1354), Bd. 2, Rom 1914 Sempad, Konnetabel von Allnenien, Chronik, trad. Gerard DEDEYAN, Paris 1980 (Doc. rel. a I'hist. des croisades. 13) =
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QUELLEN- U N D LITERATUR VERZEICHNIS
Das Buch S i d ra c h frz.: Teiled. Ernest RENAN/Gaston PARIS, La Fontaine de Toutes Sciences du philosophe Sidrach, in: HLF 31 (1893), S. 285-318 ; ital.: ed. Adolfo BARTOLI, I1 libro di Sidrach. Testo inedito del secolo XIV, Bologna 1868 (Opere inedite 0 rare dei primi tre secoli della lingua. 25); mittelniederdt. : ed. H. JELLINGHAUS, Das Buch Sidrach nach der Kopenhagener mittel niederdeutschen Handschrift V. J. 1479, Tübingen 1904 (BLV.2 35) Sifrid de Balnhusen, Compendium Historiarum, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXV, S. 679-718 Simon de Keza, Gesta Hunnorum et Hungarorum, ed. Alexander DOMANOVSZKY, in : SRH I, S. 129-194 Simon de St-Quentin, Histoire des Tartares, ed. Jean RICHARD, Paris 1965 (Doc. rel. a I' hist. des croisades. 8) Simone Sigoli, Reisebericht, eng\. in: Visit to the Holy PIaces (wie oben Lionardo di Niccolo Frescobaldi) Somnium Viridarii de iurisdictione regia et sacerdotali, ed. Melchior GOLDAST, Monarchia, Bd. l, S. 58-229 SPULER, Berthold (Übers.), Geschichte der Mongolen nach östlichen und europäischen Zeugnissen des 13. und 14. Jahrhunderts, Zürich 1968 Statuto di Caffa, ed. in : AttiLigure 7,2 (1879), S. 567-680 Stephanus de Salaniaco et Bernardus Guidonis, De quatuor in quibus deus praedicatorum ordinem insignivit, ed. Thomas KuPPELI, Rom 1949 (Mon. ordinis fratrum praedicatorum hist. 22) STEVENSON, Edward L. (Ed.), Atlas of Portolan Charts (Egerton Ms. 2803), New York 1911 von Stromer, Wolfgang, Diplomatische Kontakte des Herrschers vom weißen Hammel, Uthmann, genannt Qara Yuluq, mit dem Deutschen König Sigismund im September 1430-März 143 1 zu gemeinsamem Vorgehen mit dem Timuriden Shah-Ruch gegen die Türken, in: Südost-Forschungen 20 (1961), 267-272 TAFEL, Gottlieb Friedrich LukaslTHoMAs, Georg M. (Ed.), Des Dogens Andrea Dandolo und die von demselben angelegte Urkundensammlung, in : AbhMünchen 8,1/1 (1856), S. 1-167 Tarifa zoe noticia dy pexi e mexure di luogi e terre che s'adova merdadantia per el mondo, publ. dal R. Ist. Superiore di Scienze economiche e commerciali di Venezia (celebrandosi I' XI cent. dell'Univ. di Pavia, 2 1 . 5. 1925), Venedig 1927 Telesphorus von Cosenza, De magnis tribulationibus et statu ecclesiae, in: Abbas Joachim magnus propheta . . . , Venedig 1516 Le Templier de Tyr vgl. Gestes des Chipois THIRIET, Freddy (Ed.), Deliberations des assemblees venitiennes concernant la Romanie, 2 Bde., Paris 1966-1971 (DRE .8 . 1 l ) - (Ed.), Duca di Candia. Ducali e lettere ricevute (1358-1360; 1401-1405), Venedig 1978 (FSV.ser. I: Arch. publici. 6) - (Ed.), Regestes des d'liberations du Senat de Venise concernant la Romanie (1 329-1463), 3 Bde., Paris 1958-1961 (DRE . 1 .2.4) Tholomäus von Lucca, Annalen, in doppelter Fassung nebst Teilen der Gesta Florentinorum und Gesta Lucanorum ed. Bernhard SCHMEIDLER, Berlin 1930 (MGH SS ns. 8) - Determinatio compendiosa de iurisdictione imperii auctore anonymo ut videtur Th. Luc. OP, ed. Marius KRAMMER, Hannover/Leipzig 1909 (Fontes iuris german.antiqui. 1 ) - Historia Ecclesiastica, ed. MURATORI1 XI, Sp. 753-1242 Thomas von Cantimpre OP, Bonum universale de apibus, Köln um 1473 (UB Ffm. Inc.qu. 1151, Inc.qu. 1078 Nr.2). Thomas Ebendorfer, Chronicon Austriae, ed. Alphons LHOTSKY, Berlin/Zürich 1967 (MGH SS ns. 13) Thomas de Spalato (von Split), Historia Pontificum Salonitanorum et Spalatinorum, ed. Georg WAITZ u. a., MGH SS XXIX, S. 568-598 Thomas Walsingham, Historia Anglicana, ed. Henry Thomas RrLEY, 2 Bde., London 1863 (RS. 28,1,1+2) - Ypodigma Neustriae, ed. Henry Thomas RILEY, London 1876 (RS. 28,7) Tisserant, Eugene (Ed.), Une lettre de I'II-khan de Perse Abaqa adressee en 1268 au pape Clement IV, in: Melanges Lefort Museon 59 (1946), S. 547-556 Tractatus dudum habitus ultra mare per magistrum et conventum hospitalis et per alios prob os viros qui diu steterunt ultra mare: qualiter Terra Sancta possit per Christianos recupera�i, ed. Benjamin Z. KEDARISylvia SCHEIN, Un projet de »Passage particulier� propose par I'ordre de l'hopital 1306-1307, in: 3ECh 137 (1979), S. 211-226 =
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QUELLEN- UND LITERATU RVER Z E I C H N I S
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TRASSELLI, Canllelo (Ed.), Un italiano in Etiopia nel XVo secolo. Pietro Rombulo da Messina, in:
Rassegna di st. etiopici 1 (194 1 ), S. I 72-202 Ulman Stromer, Püchel von meim geslechet und von abentewr' 1349-1407, ed. K. HEGEL, in : D. Chron. d. fränkischen Städte. Nürnberg I, Leipzig 1 862, S. 1-106 (ChrDtSt. l ) Ulrichs von Richenthal Chronik des Constanzer Conzils 1414-14 18, ed. Michael Richard BUCK , Tübingen 1 882 (BLV. 158) Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt (Codex Diplomaticus Moenofrancofurtanus), ed. Johann Friedrich BOEHMER, neub. v. Friedrich LAU, Bd. l (794-13 14), Frankfurt a. M. 1901 Schlesisches Urkundenbuch, bearb. von Winfried Irgang, Bde. 2-4, Wien/Köln/Graz 1977-1988 Urkundenbuch der Stadt Hildesheim, Bd. 5 : Hildesheimer Stadtrechnungen, Bd. 1 , ed. Richard D O EB NER, Hildesheim 1 893 VERLINDEN, Charles/SCHMITT, Eberhard (Ed.), Die mittelalterlichen Ursprünge der europäischen Ex pansion, München 1986 (Dok. zur Gesch.der europ. Expansion. 1 ) Via sive iter a civitate venetiarum usque ad tanaim sive tana, ed. Nicola IORGA, in : Arch Yen ser. 2,11,1 ( 1896), S. 5-13 VIAN, Paolo (Ed.), I codici vaticani della lectura super Apocalipsim di Pietro di Giovanni Olivi, in: Mise. Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 1 (1987), S. 229-257 VIGNA, A. (Ed.), Codice diplomatico delle colonie tauro-liguri, in : AttiLigure VII,2 ( 1 881), S. 575-680 Villani, Giovanni, Cronica, ed. Franc. Gherardi DRAGOMANNI, 4 Bde., Florenz 1 844-1845 Villani, Matteo, Cronica, ed. Franc. Gherardi DRAGOMANNI, 2 Bde., Florenz 1 846 (CoII. di storici e cronisti ital. Editi e inediti. 5/6) Vincentius Bellovacensis (Vinzenz von Beauvais), Speculum maius, Bd. 4 Speculum historiale. Douai 1624, ND Graz 1965 VOEGELIN, Eric (Ed.), The Mongoi Orders of Submission to European Powers 1245-1255, in: Byzantion 15 (1940/41 ), S. 378-413 Le Voyage de la Saincte Cyte, ed. CharIes SCHEFER, Paris 1882 (Rec. de voyages et de doc. pour I'hist. de la geogr. 2) WATTENBACH, Wilhe1m (Ed.), Ein Bericht über die Schlacht bei Hems am 23. Dec. 1299, in: NA 4 (1879), S. 207/8 - (Ed.), (Brief über die Verwüstung Polens 1259 durch die Tartaren), in: NA 2 (1876), S. 625/6 - (Ed.), Zum Mongolenstullll, in : ForschDtGesch. 12 (1872), S. 643-648, 16 ( 1876), S. 370 Die sogenannte Weihenstephaner Chronik, ed. Sigrid KRÄMER, München 1972 (München. Beitr. z. Mediävistik und Renaissance-Forsch. 9) Eine Wiener Briefsammlung, ed. Oswald REDLICH, Wien 1 894 (Mitt. aus dem Vatikanischen Arch. 2) VON WIESER, Franz R. (Ed.), Die Weltkarte des Albertin de Virga aus dem Anfange des Xv. Jahrhun derts in der Sammlung Figdor in Wien, Innsbruck 1912 WiJhelm Adam, De modo Saracenos extirpandi, ed. RHCdoc.arm. lI, S. 519-555 Wilhe1m von Boldenseie, Liber de quibusdam ultramarinis partibus et praecipue de Terra Saneta, ed. Christiane DELuz, Diss. masch. Paris 1974 William Caxton, The Game of Chess. A FacsimiJe Reproduction of the First Work Printed in England from the Copy in the British Museum, London 1 862 Guillaurne Durand le Jeune, Infollilacio brevis super hiis, que viderentur ex nunc fore providenda quantum ad passagium divina favente gracia faciendum, ed. in: DÜRRHOLDER, Kreuzzugspolitik (wie unten), S. 103-110 Wilhe1m von Egmont, Chronik, ed. Antonius MATTHAEUS, Veteris Aevi Analeeta seu vetera aliquot monumenta quae hactenus nondum visa, Bd. 4, Leiden t 700, S. 1-329 Guillaurne Fillastre, Introductio in Pomponii Melae Cosmographiam/Epitome tabularum Ptolemaei, ed. Patrick GAUTIER DALCHE, L'reuvre du Cardinal Fillastre (t 1428). Representation du monde et perception de la carte a l'aube des decouvertes, in : Arch. d'hist. doctrinale et litteraire du Moyen Age 1992, 3 19-383, Text 355 ff. William Langland, Will's Vision of Piers Plowman and Dowell, Version A: ed. George KANE, London 1960, Version B : ed. George KANE/E. Talbot DONALDSON, London 1975, Version C: ed. A. G. MIT CHELL/G. H. RUSSELL, London 1978; früher schon ed. Walter W. SKEAT, 5 Bde., London 1 869 (EETS. Orig. Ser. 28. 38.54.67.81) Guillaurne de Machaut, CEuvres, ed. Ernest HOEPFFNER, 3 Bde., Paris 1908/21 (SATF.97.104.1l0) =
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Guilhem de Montanhagol, Les poesies de G., ed. Peter T. RICKETIS, Toronto 1964 (pontif. Inst. of Med. St. StT.9) Guillaurne de Nangis, Chronicon, ed. RHF XX S. 543-82; Cont., ed. RHF XX, S. 583-647; wieder ed. Hercule GERAUD, Chronique latine de G. de N. de 1113 a 1300 avec les continuations de cette chronique de 1300 a 1368, 2 Bde., Paris 1843 (SHF.33.35) Gesta Sancti Ludovici, ed. RHF XX, S. 3 12-465 - Gesta Philippi tertii, ed. RHF XX, S. 466-539 Guillaurne de Nogaret, Memoire sur la possibilite d'une croisade (= Quae sunt advertenda pro passagio ultramarino et quae sunt petenda a papa pro persecutione negocii, ed. Edgar BOUTARIC, in: Notices et extraits des documents inedits relatifs a l'histoire de France sous Philippe le Bel (in: Not. Ex. Ms. BN 20,2 [1862], S. 199-505), Nr. XXXVII, S. 199-205 Wiltiam Rishanger, Chronica, ed. in: Henry Thomas RILEY (Ed.), Chronica Monasterii S. Albani, Bd. 2, London 1865 (RS. 28,2), S. 1-232 Wilhelm von Rubruk, Itinerarium, ed. SINICA, S. 147-332; trad. et com. Claude et Rene KApPLER, Paris 1985 (Bibliotheque hist.); trans!. and comm. Peter ]AcKsoN/David MORGAN, London 1990 (HakISoc. Ser. 2. 1 73) Wilhelm von Tripolis, Tractatus de statu Sarracenorum, ed. in : Hans PRUTZ, Kulturgeschichte der Kreuzzüge, Berlin 1883, S. 573-598 Guiltelmi de Tyr, Continuationes de 1229 a 1261 dite du Manuscrit de Rothelin, ed. RHCocc. 11, S. 483-639; l'Estoire de Erades empereur et la conqueste de la terre d'Outremer, ed. RHCocc. 11, S. I-481 Yangzhou, Grabsteine, Abb. in: K'eng Chian-T'ing, Two Latin Tomb Inscriptions of the Period of Yüan found from the City Walls of Yang-chou, in: Kaogu 1963, Nr. 8, S. 449/50 (chines., Titel It. ENOKI, Nestorian Christianism [wie unten], S. 65 Anm. 89) YULE, Henry (Übers.), Cathay and the Way Thither, 2 Bde., London 1866 (HaklSoc. Ser. 1 .36.37); neued. 4 Bde., Henri CORDIER, London 1915 (HakISoc. Sero 2.33.37.38. 4 1 ) Zeno oder die Legende von den Heiligen Drei Königen, ed. Anna ARFWIDSSON, Lund/Kopenhagen 1940 (Lunder Germanistische Forsch. 10) _
b. Literatur •
Verzeichnis der allgemeineren und der häufiger zitierten Literatur ABULAFIA, David : Asia, Africa and the Trade of Medieval Europe, in: Cambridge Economic History 11 (Trade and Industry in the Middle Ages), Cambridge 2 1987, S. 402-473 ARENTZEN, ]örg-Geerd: Imago Mundi Cartographica. Studien zur Bildlichkeit mittelalterlicher Welt und Ökumenekarten unter besonderer Berücksichtigung des Zusammenwirkens von Text und Bild, München 1984 (MMS. 53) Aspects de la marginalite au moyen age, Montreal 1975 L'Attesa dell'eu nuova nella spiritualita della fine deI Medioevo, ConvTodi 3, 1960 (1962) BALARD, Michel : Les Genois en Asie Centrale et en Extreme-Orient au XIVe siede: un cas exceptionel ?, in : Economies et societes au Moyen Age. Me!. off. a Edouard Perroy, Paris 1973, S. 682-689 - : La Romanie Genoise (Xlle-debut du XVe siede), 2 Bde., Genua bzw. Paris 1978 (= AttiLigure ns. 1 8 = 92 = BAR.235) - : 11 sistema portuale genovese d'Oltremare (secc. XIII-XV), in: 11 sistema portuale delta repubblica di Genova. Profili organizzativi e politica gestionale (secc. XII-XVIII), Genua 1988, S. 329-350 (AttiLigure ns. 28=102) BALLETIO, Laura: Genova Mediterraneo Mar Nero (secc. XIII-XV), Genua 1976 (Civico Ist. Colom biano. StT-Ser. Storica. 1 ) BARATIER, E . : L'activite des Occidentaux en Orient au Moyen Age, in : Societes et Compagnies (wie unten), S. 333-341 •
Q U E LLEN- UND LITERATURVERZEI CHNIS
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Q U E L LEN- U N D LITERATU RVERZEICHNIS
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auf der Ebstorfkane, in: Text und Bild. Aspekte des Zusammenwirkens zweier Künste in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Christel MEIERlUwe RUBERG, Wiesbaden 1980, S . 5 52-593 RUDoLF, Karl: Die Tartaren 1241/42. Nachrichten und Wiedergabe: Korrespondenz und Historiogra phie, in : RHM 19 (1977), S. 79-107 RuscONI, Robeno : L'attesa della fine. Crisi della societa, profezia ed Apocalisse in Italia al tempo dei grande scisma d'Occidente (1378-1417), Rom 1979 - : Millenarismo e centenarismo fra due fuochi, in : AnnaliPerugia ns. 8 (1984/5), S. 49-64 SAUNDERS, John Joseph : The Decline and Fall of Christianity in Medieval Asia, in: J. of Relig. Hist. 5 (1968/69), S. 93-1 04; wieder in: DERs., MUSLIMS AND MONGOLS. ESSAYS ON MEDIEVAL ASIA, CHRISTCHURCH/NZ 1977 (UNIV. OF CANTERBURY PUBL. 24), S. 77-98 SCAMMELL, G. V.: The Wor/d Encompassed. The First European Meritime Empires c. 800-1650, LondonlNew York 1981 SCHMITT, P. Clement OFM: L'europa francescana nell'impero mongolo nei secoli XIII-XIV, in: Venezia e l'Oriente 1987 (wie unten), S. 379-408 SCHRAMM, Percy Ernst: Sphaira, Globus, Reichsapfel, Stuttgan 1958 SCHWOEBEL, Roben : The Shadow of the Crescent: The Renaissance Image of the Turk (1453-1517), Nieuwkoop 1967 VII centenario della nascita di Marco Polo, Venedig 1955 SEIION, Kenneth Meyer (Ed.): A History of the Crusades, Bd. 11-111, Univ. of Wisconsin Press 1 962/75 - : The Papacy and the Levant in 1204-1571, Bd. 1, Philadelphia 1976 SINOR, Denis : Inner Asia and Its Contacts with Medieval Europe, London 1977 (CSS. 57) - : Le MongoI vu par l'Occident, in : 1274 (wie oben), S. 55-72 - : The MongoIs and Western Europe, in: SETTON (Ed.), (wie oben) 111, S. 513-544 - : Les relations entre MongoIs et l'Europe jusqu'a la mort d' Arghoun et de Bela IV., in: Cahiers d'histoire mondiale 3 (1956), S. 39-62 SKELTON, Raleigh Ashlin/MARsTON, Thomas E.lPAINTER, George Duncan: The Vinland Map and the Tartar Relation, New Haven/London 1965 SLESSAREV, Vsevolod: The Great Sea of the Tartars and the Adjacent Islands, in: Proceedings Vinland (wie oben), S. 105-107 Societes et compagnies de commerce en orient et dans I'ocean indien Actes du 8. Colloque int. d'Histoire maritime, Beyrut 1966, ed. Michel MOLLAT, sec. I : Antiquite et MA, Paris 1970 (BibI. generale de l'Ecole pratique des Hautes Et. 6.sect.) SORANZO, Giovanni : 11 papato, l'Europa cristiana e i Tartari. Un secolo di penetrazione occidentale in Asia, Mailand 1930 (Publ. della Univ. cattolica deI Sacro Cuore. Sero 5: scienze stor. 12) SPULER, Bertold: Die Außenpolitik der Goldenen Horde, in : Jb. der Gesch. Osteuropas 5 ( 1 940), S. I-75 - : Le christianisme chez les mongoIs aux XIIIe et XIVe siecles, in: Tractata Altaica. Fs. Denis Sinor, Wiesbaden 1976, S. 621-63 1 ; wieder in : 1274 (wie oben), S. 45-54 - : Geschichte der islamischen Länder. Die Mongolenzeit, Leiden/Köln 1953 ( D ERS (Hg.), HB der Orientalistik. VI,2. Abschnitt) - : Die Goldenen Horde. Die Mongolen in Rußland 1223-1502, Wiesbaden 2 1955 (zit. Horde) - : Die Goldene Horde und Rußlands Schicksal, in : Saeculum 6 (1955), S. 397-406 - : Die Mongolen im Iran. Verwaltung und Kultur des Ilchanzeit 1220-1350, Berlin 3., verb. U. erw. Auf!. 1968 - : Die Religionspolitik der Mongolen, in: Beiträge zur ostdeutschen und osteuropäischen Kirchen�e schichte. Fs. Bernhard Stasiewski, hg. V. Gabriel AORIANYI und Joseph GOTTSCHALK, KölnIWIen 1975, S. 1-12 La storia dei Genovesi. Atti deI Convegno di studi sui ceti dirigenti nelle istituzioni della Repubblica di Genova, bisher 8 Bde. (1980-1987), Genua 1981-1988 STREIT, Roben, u.a.: Bibliotheca Missionum IV: Asiatische Missionsliteratur 1245-1599, Aachen 1928 STROMER, Wolfgang von: Nuremberg in the International Economics of the Middle Ages, in: Business History Review 44 ( 1970), S. 210-225 SURDICH, Francesco : Gli esploratori genovesi del periode medievale, in : Misc. di storia delle esplorazioni, ed. F. SURDICH, Bd. 1, Genua 1978 (St. di storia delle esplorazioni. l) S. 9-1 1 7 SUIIO, Claude : L'image du monde 11 la fin du moyen ige, in : Aspects de la marginalite au moyen age, Montreal 1975, S. 58-89 =
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Q UELLEN- U N D L I TERATU RVERZEICHNIS
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Register der Namen von Personen, Völkern, geographischen B egriffen und Quellen(autoren) Verzichtet wurde auf die Stichworte �Mongolen«, »Tartaren «, �Abendland«, »Europa« (außer "Osteuropa«), »Orient« (außer "Vorderer Orient«). Die mittelalterlichen Personen sind grundsätzlich unter ihrem Vornamen eingeordnet, und zwar alphabetisch am Ort ihrer deutschen Schreibweise soweit vorhanden. '
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Abaqa, Sohn Hülägüs, I1khan im Iran 1265-82 (Abbiegue, Abaga) 34-6, 91, 93-102, 104, 106, 160, 329f. Abraham - Cresques 312 -, Erzvater 267 Abu Sa'id, Sohn Öldscheitüs, I1khan im Iran 1317-35, (Busayid, Bunsa, bonsayt, Bonsaieh, Boyssethan) 36, 99, 167, 1 75, 294, 305, 335 A(c)hab 257 Adam Marsh OFM 274 Adenet li Rois 245 Adriaküste 28 Adrianopel 209 Aegidiusl Gilles - le Bouvier 43, 161, 230, 234-6, 242, 288, 297f., 311 - li Muisit 106, 220f., 240 - Romanus 97, 145 - Spiritalis de Perusio 1 75 Afrika 13, 15, 125, 165, 197, 276, 285 f., 3 13, 317, 319f. Ägypten, Ägypter, ägyptisch (Egypten) 33 f., 36, 39f., 51, 61, 77, 90, 102-5, 110-2, 1 1 8 f., 121, 129, 140, 150, 154, 161 f., 172, 180f., 183, 196, 212, 224, 272, 287, 3 1 1 , 313-6, 323f. Ahmad Tegüder, Sohn Hülägüs, I1khan im Iran 1282-84 35 'Ain Galut 33, 62, 86, 90, 254 Akkon 87, 98, 111, 121, 154f., 302, 311 Alanen 141 Albania 304, 320 Alberich v. Trois-Fontaines OCist 25f., 29, 43, 137, 202, 209, 231 f., 249 Albrecht v. Scharfenberg vgl. Titurel Albert(us)1 Alberto - Alfieri 159, 203, 208, 212, 217, 223-8, 239f., 238 f., 255, 303f. - Beham 28, 123, 288, 304 - Magnus 307 - Sarteano 140 =
Albessessu von Vellemare (Albochesen von Belamari u. ä.) 220f.
Aleppo 33, 8M. Alessandra Macinghi 210 Alessandreia in Rima 3 1 8
Alexander - IV., Papst 1254-61 85 f., 89, 247, 258, 268 - de S.Elpidio 1 75 - d. Große (Alexanderroman) 27, 29, 210, 229, 243 f., 246, 257, 259, 262-5, 268, 271, 286, 289f., 298, 304, 3 18, 321 - Minorita OFM 257, 260, 262, 266 - v. Roes, Kölner Domherr 1 3 f., 275-7 Alexandria 61, 160f., 183 Alfieri vgl. Albert Alfons - III., 1285-91 Kg. v. Aragon 102 - X. d. Weise, 1252-84 Kg. v. Kastilien 10lf., 335 Almalyq (A[lJmalech, A[r]malech, Annalecco, Emalech), Stadt in Zentralasien 41, 115, 165, 296, 3 16, 320 al'Umari 324 Amafonia, Amazonen 206, 238, 3 15, 320 Amadis de Gaula 211 Amalrich v. Beziers 83 Ambrosius/Ambrogio - Contarini 41, 154, l%f. - Lorenzetti 215 -, HI., v. Mailand 260 Amerika 311 Amselfeld (Kosovo Polje) 193 Andalo di Savignone 163 Angelica 246 Angelo - Clareno 54, 238, 257 DalortolAngelino Dulcert 294, 296, 300, 305 Angelsachsen 143 AndreaslAndrealEndres - III., 1290-1301 Kg. v. Ungarn 190 - Bianco 265, 286, 3 12, 314 f. - Buonaiuti 209, 2 1 5 f. - da Barberino 209 f., 223, 226, 230, 235, 246, 265, 297, 308, 326 - Dandolo 103, 292, 333 - Gatari 169 - Mantegna 215 - Tucher 193 - v. Escobar OSB 126, 138, 191, 303 - v. Longjumeau OP 31 f., 51, 79, 81-3, 199f., 203, 22M., 230, 250 f. _
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R E G I ST E R
v. Perugia OFM 135, 140, 147, 149, 166, 234, 237, 242, 294 - v. Regensburg 193 - Walsperger 288, 291, 3 12, 315f. Ankara, Schlacht 1402 41, 54, 179-87, 241, 254f. Annales - Admuntenses 2 8 f., 287 - Caesarienses 105 - Capituli Posnaniensis 23, 29, 237 - Colmarienses maiores 104 - de Burton 25, 86f., 89, 199, 266, 287 - de Waverley 23, 27, 79, 137, 202, 207, 209, 226, 229-32, 260 - de Wigomia 23, 126, 2 19, 224, 331 - Estenses 1 86 - Frisiacenses 106 - Gotwicenses 28 f., 31, 123, 225, 266, 287 - Londonienses 96 - Mantuani 250, 261 - Mediolanenses 304 - Melliacenses 190 - Paulini 245 - Placentini Gibellini 102 f. - Polonici 96 - Regis Edwardi I 89, 94, 106, 126 - S.Iustinae Patavini 88, 126, 304 - S.Pantaleonis Coloniensis 28, 30, 50, 63, 199, 230, 287, 292 - S.Rudperti Salisburgenses 88, 102, 250 - S. Trudberti 124 - Scheftlarienses Maiores 29, 287 - Theokesberia 287 - Veterocellenses 96 - W01matienses 3 0 f., 96 Anonymus - Romanus 244 .:. v. Lengnich 189 - v. Rennes OFM 62 Anselm Adorno 58, 61, 137, 197, 301 Antichrist 13, 123, 138, 259, 261-3, 265f., 269f., 277-81, 283 f. Antiochia 82, 87f., 92, 104, 111, 116, 154, 314 Antipoden 3 1 8 AntoniuslAntoniolAntoine - Averlino Filarete 52, 56, 62, 2 10, 235, 257, 299, 303 - de la Salle 223 - de Vilioni 155 - Morosini 181, 185 - Pisano 214, 216, 223, 245 - Pucci aus Florenz 204 - v. Florenz 64, 187, 195, 204, 208, 257 -, Franziskanernovize 143 Apulien (Pullen) 256, 278 Arabien, Arabisch 12, 86, 92, 102, 139-4 1, 158, 160, 3 12, 320, 323 Aragon, Aragonese, Aragonesisch 47, 90, 99f., 108, 181, 183, 2 12, 233 f. _
Aralsee 165 Ararat 136 Arghun, Sohn Abaqas, Ilkhan im Iran 1284-91 (Argonus, Argun) 35, 51 f., 92, 94f., 98, 101, 103-5, 118, 160, 162, 222, 33 1 f. Arigh Böke, gest.1266, jüngster Sohn Toluis 36 Ariost vgl. Ludwig Aristoteies 258, 293 Armenien, Armenier, A,menisch, Kleinarmenien (armim) 10, 25, 32f., 46, 54, 62, 80-3, 86, 88, 105 f., 110-7, 120, 142, 147, 154, 157, 161, 175, 179, 183, 203, 211, 219f., 222, 242, 245, 253, 272f., 284, 289, 29l f., 301, 314, 321, 335 Arnold( us)1Arnald - Alemannus 148 - Marinarius aus Marseille 1 56 - v. Harff 235, 315f., 242, 3 1 8 - v. Vilanova 258, 262, 276 Arrian 293 Artaxerxes 263 Ascelin OP 31, 69, 75, 78f., 81, 124, 133 Aserbaidschan 24, 33 Asien, Asiate, Asiatisch (einschl.Ost-, Zentral ete., auch Kleinasien; asia) 9, 11-15, 21-3, 25, 30, 32, 34, 36f., 40f., 50-52, 57f., 62-4, 66-8, 97, 110, 114, 118, 125, 129, 134-7, 140f., 145, 148, 150-6, 162, 164-7, 179f., 1 84, 193, 20n, 210, 215, 220, 225, 228, 236, 242, 246, 249f., 253, 261, 264, 268, 275, 278, 280, 282, 2 85-307, 309-13, 3 15-23, 327 Asowsches Meer 24, 288, 297 Assassinen 27, 125, 194, 2 14, 243 Assyria 257, 290, 292, 320 Äthiopien, Äthiopier, Äthiopisch (Ethiopia, Et thiopia) 50, 52, 58, 136, 164, 286f., 3 13, 316f., 323 Atlantikküste 305 Atlas Catalan 47, 265, 294-6, 300, 305, 310-3, 315 f. Attila 241 Augustinus - Triumphus 175, 178, 191 -, Hl., v. Hippo 57, 260 Aurillac 277 Avignon 47, 66, 143, 149, 163, 173, 175, 221, 333, 335, 337 Babyion 304, 307, vgl. Kairo Bagdad (Baldach, valdach) 33, 50, 59, 62, 87, 1 15 f., 118, 120, 163, 165, 220, 269, 282, 309f., 316 Baibars, mamluk. Sultan v. Ägypten 1260-77 33 Baidschu, mongol. Statthalter im Vorderen Orient bis 1247/8 78f., 8 1 Baidu, Ilkhan im Iran 1295 35 Baktrien (bactria) 301, 320 Balduin v. Hennegau 51 Balthasar, Hl. Kg. 259
R E G I ST E R
Bandello, Matteo 219, 246 Bardi, Handelshaus in Florenz 51, 165 Bartholomäus/BartolomeofTholomaeus - Anglicus 308 - Cotton 330 - de'Sacchi vg!. Platyna - v. Lucca OP 153, 254, 256, 258, 263, 290 - v. Pisa 133f., 148, 150, 215 vg!. Ptolemaios Basel, Konzil 169, 175 Bastari, florent. Familie 53, 333 Batu, 1207-55, Sohn Dschötschis, Khan der Gol denen Horde ab 1229 25-7, 30, 32, 37f., 84, 147 Batu Möngke Dayan Qayan, 1470-1543, mongo!. Khan 37 Baumgartenberger Formelbuch 46, 222 Bayern, bavari 29, 325 Bayezid (Bejazid), 1398-1403 osman. Sultan (Bai
setus, Basac, Beyzyd, Baysith, Basiche, Basite)
41, 179-80, 182, 184, 1 86-8, 195, 220, 241, 257 Beatrice 308 Behaim vgl. Manin Bela IV., 1235-70 Kg. v. Ungarn 24, 27f., 30f., 73-5, 85 f., 102f., 123, 178 belgian, Berg 264, 289 Belgrad 54 beliam, Wüste 300 Beltramo Mignanelli aus Siena 41, 195, 183, 185, 240 Benedikt - XI., Papst 1303-04 161, 256 - XII., Papst 1334-42 97, 176, 179 - XIII., Papst 1394-1409 1 83 - v. Peterborough 270 - v. Polen OFM 31 , 49f., 58f., 63, 79, 91, 137, 203 f., 207, 209, 224, 232, 237, 291, 296, 302 Berdi Beg, Khan der Goldenen Horde 1357-59 39, 168 Berke, Sohn Dschötschis, Khan der Goldenen Horde 1257-67 (baricat) 32, 37-9, 134, 150, 158 f., 297 Bernard Gui 122, 266 Bernhard/Bernardino - Corio 255 - de Bustis 140 - v. Clairvaux 74 Berry, Duc de 47 Benhold v. Regensburg 137, 207, 227, 325 Benrandon de la Brocquiere 137, 196, 209, 213, 234 Bertrandus, Bf. v. Ostia u. Velletri ( 1330) 118 Bessarion, Kardinal 127 Bethlehem 33, 86 f. Bibel, biblisch 14, 3 1 , 62, 141 f., 220, 248, 252, 259, 263, 270, 283, 286, 315, 3 1 7 Biondo vg!. Flavio Biondo Blanca v. Kastilien, Muttel Ludwigs d. H!. 8 1
383
Boccaccio vg!. Johannes Bocus, heidnischer Kg. 269 Boec van den wraken 277 Boemund VI. v. Antiochia 33, 86f., 91, 112, 273 Bogagoc, mongo!. Bote 53, 331 Böhmen, Böhme, böhmisch 28, 66, 1 90, 203, 230, 243, 258, 267 Boiardo vg!. Matthäus Boldensele vg!. Wilhelm Bologna 173, 236, 303, 310 Bonacorso Grimani 183 Bonifaz - VIII., Papst 1294-1303 89f., 97, 105, 107, 126, 145, 161, 333 f. - X., Papst 1389-1404 177, 179, 183f. Bordeaux 52, 95, 331 Bosporus 156 Bourbon, Hz. v. 178 Brabant 266 Breslau 2 1 3 Brocard 1 1 7 Brunetto Latini 246, 252, 307 Bruno, Bf. v. Ölmütz 102 Buchara 165 Bulgarien, Bulgare (Pulgerey) 144, 3 1 4 Burchard v. Monte Sion OP 62, 126, 196, 257 Burgund 47, 51, 164, 195f., 203 burqan, Gebirge 289 Buscarello dei Ghisolfi 51, 53, 95, 160, 163, 331, 332, 334 Byzanz, Byzantiner, byzantinisch 10, 38, 102, 118, 156, 181, 184, 270, 301 [ Caesar 241 Caesarius v. Heisterbach OCist 24f., 27, 266 Caffa (Theodosia, Chaffa) 39, 51, 134-6, 141, 151, 154, 156-60, 164f., 168-71, 177f., 185, 197, 203, 206, 212, 220f., 223-5, 228, 231, 236, 239 f., 244, 255, 288, 293, 295-9, 302 f., 305, 236, 331 C(h)aldea, Caldäer 50, 291, 304 Calixt IlI., Papst 1455-58 193 Candia vg!. Kreta Cangrande v. Verona 234 Ca,.,nina de regno Ungariae 258, 260, 266 Cathay (Cathagie, Catania, Chatan, Cathagiela,
Cathagium, Cat[h]aio, Cata[l1[um], Cataia, Chatajlio, Catayo, Cithaie, Gattaia/o, G[h]at taio, Kartag, Kat[h]ay, Katt[h]aily, kathey, Kathagium, Kartagio, Kartag) 15, 36, 54, 60,
62, 134, 136, 149, 163, 166, 205f., 210f., 220, 228, 234f., 242-4, 246, 25 1, 282, 291, 293-6, 299f., 302, 306, 308-12, 3 15-7, 320 C. de Bridia 49, 203, 209, 264, 289 Cecco de Ascoli 308 Cedrus alta de Libano 25, 258 Ceuta 215
,
384
REGISTER
Chado regnum 136
Chaganus, mongoI. Bote 332 China, chinesisch 22, 23-5, 36f., 40f., 46, 49, 54, 97, 132, 134f., 14o f., 143, 147-156, 162, 164-7, 176, 179, 187, 209, 2 14, 216, 228, 234, 237, 244, 254, 279, 294, 3 1 0 f., 3 14, 3 1 7 - Chinesisches Meer 316 Chios 135, 1 84 Christine de Pisan 1 79f., 210, 234, 242, 246, 290, 308, 316
C(h)ronical Chroniconl Chroniclel Chroniques - XXIV generalium OFM 126, 133, 164, 176, 296
- Angliae 221 - Anonymum S.Martialis 53 - C'arum Bononiensium Corpus 221, 236, 295, 297, 303
-
•
Breve Clerici Anonymi 295 Budense 23, 123, 298 de gestis principum 190 de Lanercost 266 du Primat 100 Erphordensis vgI. Chr. Minor Minoritae Erphordensis Estense 295 gestorum in partibus Lombardiae. . . 241 Grandes C. de France 23, 80 f., 100, 104, 244 Marchiae Tarvisinae et Lombardiae 88 Minor Minoritae Erphordensis 30, 53, 92, 141 Moguntiacum 178 Monachi Patavini 88, 266 of Bury St.Edmunds 287 Parmense 52 Pictum 123, 214, 230 rhythmicum 26M. Senese 221, 295 S.Petri Erfordensis modema 92, 96, 99, 191, 244, 255
- regia Coloniensis 26, 30, 199, 230 Chwarezm (Corasmeli, corasmie) 24, 251, 299f.
Cigalla, genuesische Familie 160 Clavijo vgI. Gonzalez Clemens - IV., Papst 1265-68 93, 97f., 100, 274, 329 - V., Papst 1305-09 47, 53, 98 f., 110, 114, 129f., 135, 173, 1 76, 279, 334f. - VI., Papst 1342-52 150, 159, 172, 176f. Clermont 125 Codes Cumanicus 140, 160; vgI. Kumanen Coelestin IV., Papst 1241 31, 74 Colombo/Indien 297 Columbus 15, 60, 286, 302, 311, 3 16, 318, 327 Comestor vgI. Peter Compendium philosophiae 308 Cornelius Zantfliet 195 Cosmas v. Prag 190
Dalmatien 202 Damaskus (Damascho) 33, 41, 8 7, 103f., 106, 111, 182f., 195, 24Of., 246, 314 Damiette 24 f., 248, 284 Daniel/Danieie - di Chinazzo 157 Apokalypse 270f. Dante Alighieri 65, 217 Danzig 256 Darius, Perserkg. 270 f. Dati vgl. Leonardo di Staggio David - bibI. Kg. 33 - Bote der Mongolen 82 - Kg., Sohn des Priesterkönigs Johannes 24f., 27, 82, 248-50, 259, 261 - v. Ashby OP 48, 53, 95, 134, 203, 329 f. Descriptio Europae orientalis 1 14, 297f., 327 Desmptiones terrarum 28, 247, 261, 286, 297f., 317 Detmar 64, 124, 178, 221, 295 Deutschland, Deutscher, deutsch (almania) 22, 28, 46, 54, 62, 77, 123 f., 129, 141, 178, 204, 211, 2 19, 222, 229, 275, 277, 295, 324f. - Deutscher Orden 31, 39, 103, 145, 177f., 188-93, 197 Dietrich - Engelhus 64 - v. Niem 126, 183, 1 86-8, 2 12, 217, 223, 240, 257, 284 Dionisius/Dionysius -, genannt Johannes Nigrus 59 -, Hl. 243 St.Denis vgl. Paris di Portovenere, genuesische Familie 160 Directorium ad passagium faciendum 1 10, 114, 117, 119f., 122, 124, 126, 196, 324 Dit dou Concil 96 Dnjepr 37 Doha regna 136 Dominikus/Domenico - Bandini aus Arezzo 60, 64, 204f., 242, 244, 295, 301, 303, 308f. - Scolari 259 - Silvestri aus Prato 58 f., 309 - de Vilioni 155 -, HI. 129, 211, 257 Dominikaner 25f., 31, 35, 37, 47f., 50, 53, 62, 68, 77-9, 86, 95, 117, 120-2, 125, 129 f., 132-5, 139-41, 143, 147, 159, 162, 176, 181, 198, 21 5, 229, 238, 248, 260, 265, 313, 3 15, 328 Don (Tanais, tanay) 38, 40, 65, 157, 170, 180, 236, 286, 297, 299f., 302, 3 1 1, 316 Donau 28, 154, 179, 187, 256, 301 Doria, genuesische Familie 160 Dschalal ad-Din, Sohn des Tohtamysch 40 Dschani Beg, Khan der Goldenen Horde 1342-57, Bruder Özbegs (iambec(h]) 39, 150, 158, 168, 296, 305 Dschingis Khan Temüjin, 1167?-1227, seit 1206 Khan eines Verbandes von Steppenvölkern un-
=
R E G I STER
ter mongoI. Führung (qh]anguis Can, Cam
byuskan, Cangius[Can], Canguilys, Canguis can, Changuis, Chingis, Cinggis, Cingwis, Cinghis CanlKane, Cingischam, Camiustan, Cyngis-Chan, Zingiton, Cuscan, ev.: Churchit an, Curthican, Churican, Chiarthan, Chyrcan)
22, 24f., 32, 40f., 79, 116, 180, 2 13, 220, 232-4, 240, 243, 249f., 254, 257, 263, 265, 311, 317, 334 Dschötschi, ca. 1 180-1227, ältester Sohn Dschingis Khans 25, 32, 38, 249 Dürrer Baum 243, 270f., 282-4 Dulcen vgl. Angelo Durandus de S.Porciano 1 75 Eberhard v. Regensburg 53, 94, 105, 334 Ebstorfer Weltkarte 305 Edigü, Emir in der Goldenen Horde um 1400, gest.1419 40 Eduardl Edward - I., 1272-1307 Kg. v. Eng land 23, 89, 91, 94f., 99-105, 108, 182, 222, 274, 329-35 - II., 1307-27 Kg. v. England 101, 334f. Eldschigidei - , gest.1251, mon goI. Statthalter im Vorderen Orient ab 124718 (Erchalchai) 80-3, 90, 92, 115 - zentralasiatischer Khan, um 1329 145 Elemosina vgl. Johannes Eleonore v. England 245 Emmanuele Piloti 160, 162, 195f., 231, 240 Enea Silvio Piccolomini, Papst Pius II. 1458-64 56, 65, 124, 126, 159, 170, 191, 194, 196, 208, 211, 240f., 255, 257, 298, 302-4 Enfance Vivien 223 Engelbert v. Admont 283 England, Engländer, englisch (angli, Anglici, En gelsehen) 27, 48, 5 1-4, 74, 86, 90, 95, 99, 100-3, 106, 123, 141, 178-8 1, 195, 202, 207, 209, 213, 219, 221-3, 227, 237, 244, 257, 261, 291, 311, 323, 330-5 Enguerrand de Monstrelet 1 86, 191, 223 Entre de l'Espagne 297 Epistola de prudenti viro 259 Erfurt 66, 92, 99 f., 123, 328, 329 Eritreische Sibylle 262 Eßlingen 30 Eugen IV., Papst 1431-47 47, 193, 195 Eulogium 307 Euphrat (Eufrates) 106, 112, 119, 297, 3 1 3 f. Eurasien 154, 155 Eustache Deschamps 246 Exhortatio Heinrici 30 Expensae Camerae 143, 335 Faber vgl. Felix Fantinus, miles 59 Fazio degli Uberti 232 f., 256, 265, 308 Felix Faber OP 61, 126, 137, 210, 220f., 223, 242, 246, 257, 317f.
385
Ferrara 311 Fidentius v. Padua, seit 1266 Provinzialvikar der Franziskaner im Hl.Land 94, 111 f., 121, 127, 227 Flandern 295, 311 Flavius/Flavio - Biondo 58, 292, 303 - Josephus 260, 262 Florenz v. Wevelinghoven 281 f. Florenz, Florentiner 15, 52f., 56, 62, 105, 156, 164-7, 204f., 212, 215, 233, 235, 256, 264f., 333 S.Maria Novella, Dominikanerkirche, spanische Kapelle 215 f. Flores - Historiarum 23, 96, 100, 104, 219, 231, 237f., 255, 259, 261 - Temporum 176, 295 Floriante et Florete 230 f., 244 Franco v. Perugia (de Perusia) OP 135, 141 f., 314 Franken, fränkisch 33, 67, 83, 88, 91, 94, 98, 104, 118, 124, 204, 248, 271, 287, 325 Frankreich, Franzose, französisch (gallI) 22, 28, 45-7, 49, 53 f., 76, 81, 90, 92, 94, 99f., 112-4, 117, 120, 123f., 139-41, 145, 175, 179-84, 186, 195f., 198, 203f., 234, 243f., 263, 269f., 277f., 289, 325, 32� 328-35 Franzl Franciskusl Francesco - Balduccio Pegolotti 23, 51, 154, 156, 160, 164-7, 228, 294-96, 310 - da Barberino 64, 205 f., 2 1 7 . - Petrarca 51, 302 - Pipi no 59, 204 - Suriano 163, 3 14, 318 - v. Assisi 77, 129, 257, 273, 276 - v. Prag 123, 221, 295 -,frater OP 181 Franziskaner 12f., 31, 37, 41, 46, 4 8 f., 54, 57, 60, 62, 65, 67f., 84, 92, 94f., 97, 111, 121, 129f., 132, 134f., 138f., 141, 143-5, 147-9, 162 f., 167, 176, 1 78, 194, 208, 215, 224, 227, 230, 237f., 243 f., 255, 257f., 261, 263, 266, 273-80, 282, 288, 293, 296, 308, 3 14, 3 1 7 Frescobaldi vgl. Leonardo Friaul 59 Friedrich/Frederico/Federigo - I. Barbarossa, Kaiser 1152-1190 102 II., Kaiser 1220-50 29-31, 57, 74, 79, 123, 126, 198 f., 246, 258f., 266, 287 II. d. Streitbare, Hz. v. Österreich 1230-46 31, 178, 190 - H. d. Gr., 1740-86 Kg. v. Preußen 191 - dem Chreutzpeck 54, 298 - Visconti, Ebf. v. Pisa 48 -,frater 235 Friesland 27 Froissan vgl. Johannes Frutolf v. Michelsberg 251 Fulko v. Villaret 121 _
_
,
386
R E G I STER
Gabriel de Mussis 240, 295 Garcias d'Ayerve, Bf. v. Leon 1 10, 113 Gaza 104 Gazaria, Gazzaleriale, Casaria 136, 156, 158, 165, 235, 297; vgl. Krim Genua, Genuese, genuesisch (ianua) 15, 31, 34, 39, 47, 53, 66, 107, 118, 135, 152-65, 166-9, 172, 177-9, 1 8 1-5, 197, 203, 22Of., 225, 236, 240, 295f., 300, 305 f., 318, 324f., 329-31, 336f. - Genuesische Weltkarte 65, 214, 265, 294-6, 3 12, 315 Georg/Georges/Giorgio - Lengherand 313 - Stella 156, 168, 1 85 f. -, Hl. 215 - S.Giorgio, genuesische Bank 169 Georgien, Georgier, georgisch (georgia, forfa m) 24, 27, 53, 120, 1 83, 195, 253, 270, 291, 300, 321, 330 Gerald(us) - Alboyini OFM, Bf. v. Zayton 49, 135, 279f. - v. Wales 308 Gerard/Girard - v. Borgo San Donnino OFM 261 - v. Fracheto 105 f. - d'Amiens 245 Gennanien, germanisch 1 5 1 , 195, 300 Gervasius v. Tilbury 302
GestalGestes - Boemundi Archiepiscopi Treverensis 106, 256, 272 - Romanorum 238 - Treverorum 28 f., 3 1 , 206, 267 - des Chriprois 103 f., 163, 270
•
Ghazan, Sohn Arghuns, Ilkhan im Iran 1295-1304 (Cassahan, Cassano, Cas[s]a nus) 34f., 94, 101, 103-7, 1 1 7, 131, 160, 1 82, 1 87, 213, 219f., 232, 236, 254, 257, 332-4 Ghisolfi, genuesische Familie 160; vgl. Buscarello Giacomo - Badoer 1 7 1 - Balardi, Bf. v. Lodi 191 Gideon, bibI. Richter 257 Giotto di Bondone 2 12, 216 Ghillebert de Lannoy 61, 137, 188, 196, 203, 224, 296, 298 Gobert de Helleville 331 Gog und Magog (gotlmagot, hung e mongul) 29, 68, 123, 207, 229, 251, 259-73, 276, 278, 283, 289f., 304, 3 12, 3 17f., 321 Goldene Horde 24, 26, 32-4, 36-42, 84, 89, 102f., 1 1 9, 121, 129f., 134, 136f., 140, 1 50-2, 154, 156-8, 161 f., 167f., 1 71 , 1 75-7, 180, 185, 187f., 193 f., 196, 212, 228, 236, 279, 296f., 300, 305, 318, 335 Golgatha 283 Goliath(squelle) 33, 257 Ruy Gonzales de Clavijo 36, 41, 167, 181, 1 88, 227, 240f., 296, 298
Goten/Gothia 260, 297, 304 Gotland 27 Gottfriedl Geffroil Geoffrey - Chaucer 54 f., 65, 232 f., 245 f., 295 f. - de Paris 23, 104, 106 - de Waus 329 -, Bf. 331 Gregor/Gregorius - d. Gr. 143, 147 - IX., Papst 1227-41 28, 30, 74, 123, 129 - X., Papst 1271-76 95, 97, 274, 330 -, HI. 284 Griechenland, Grieche, griechisch 80, 82, 87, 92, 96, 100, 113, 1 19, 121, 127, 140, 143, 146, 148, 157, 160f., 1 73, 194, 220, 237, 259, 267, 270, 273-6, 280, 287, 301, 3 12, 314 Gui de Basainville 87 Guicciardo de'Bastari vgl. Bastari Guido Vernani 1 74 Güyük, Sohn Ögödeis, Großkhan 1246-48 32, 79, 234, 250, 260 Gyon, Paradiesfluß 297 Hagar 267 Hannan, Prophetie 284 Hannibal 241, 257 Haython v. Gorhigos, kleinarmenischer Prinz, Prämonstratenser 10, 35, 45, 47, 58, 62, 66, 82, 114-22, 137, 160, 196, 203-5, 2 1 0 f., 2 1 3 f., 2 1 8, 222, 228-33, 235-8, 242-4, 249, 253-5, 263 f., 281, 289, 291, 295f., 298-301, 307, 309f., 3 1 8, 325, 327 Hebräisch 260 Hedwig, HI. 214, 216, 222 Heiliges - Grab 1 10, 1 12, 195 - Land 10, 25, 33, 35, 46, 48, 61 f., 67, 75, 85-90, 93-101, 103-5, 107-9, 1 11-6, 119, 12 1 f., 127, 13of., 134, 150, 154, 161, 204, 2 10, 219, 22 1, 236, 255 f., 268 f., 271 f., 283 f., 305, 3 1 1, 3 13, 329, 333 Heinrich/Henricus/Henry - I. Lusignan, 1218-53 Kg. v. Zypern 46, 80, 86 - 11. Lusignan, 1285-1324 Kg. v. Zypern 103, 105, 1 13, 121, 332f. - 11., Hz. v. Schlesien 28, 213 f., 222, 230 - III., 1216-72 Kg. v. England 198 - IV., 1399-1413 Kg. v. England 47, 51, 1 8 1 f. - de Piro aus Köln, Karthäuser vgl. Oculus fidei - d. Seefahrer 312 - Knighton 219, 221 - Martellus Germanus 235, 265, 299, 306, 3 12, 315, 319 f. - Raspe, Lgf. v. Thüringen 3 1 , 209, 230, 232, 266f. - Surdus 1 78, 295 - v. Beringen 205, 238 - v. Harclay 262, 268
R E G I STER
- v. Herford 64 - v. Lettland 24, 225 - v. Neustadt 209, 225f., 229f., 263 - v. Plauen, Deutschordens-Hochmeister 1 89 -, Bf. v. Konstanz 30 Hereford-Karte 305 Herkules 241 Hermann - Korner 64, 125, 177, 220f., 246, 324 - v. Niederaltaich 89 - v. Sachsenheim 55, 163, 228, 235, 238, 295 Herodot 293, 301 Herzog Ernst 246 Hester 219 Hethum - I., 1226-69 Kg. v. Kleinarmenien 33, 91, 1 1 5 f., 222, 237 - H., bis 1306 Kg. v. Kleinarmenien 222 Hezekiel 259 f. Hibernia (hiberus) 195, 323 Hieronymusl]eronimo - Hl. 252, 260 Bernerius aus Parma 241 Hildesheim 324 Hirns 33, 104 Historia - Cortusiana 295 - de preliis 223, 259 - regum Franciae 76, 198 Honorius/Honre - HI., Papst 1216-1227 142 - Augustodunensis 286 - Bonet 174 Horaz 287 Hospitaliter 104, 106, 1 1 3 f., 121, 172, 254, 330, 331 Hostiensis 74f., 1 74, 192 Huii, asiatisches Volk 288 Hülägü, 1218-65, Sohn Toluis, erster Ilkhan im Iran (Alau, Alaone, Alaono, Halan) 32-5, 82, 86f., 90-3, 95 f., 98, 105, 11M., 160, 297, 309, 328, 329 Humbert - H., Dauphin v. Vienne 110, 113, 143, 159 - v. Romans, Dominikanergeneral 103, 121 f., 125, 129, 131, 133, 138 f., 225, 274 Hunnen 93, 263, 303 f. Hyperboräische Berge (hyperborei montes) 290, 298 Hyrkanien (hyrcania) 296, 300f. vgl. Kaspisches Meer -
Iberia, asiatische Provinz 320
Iberische Halbinsel 64, 103 Ibn Battuta 12, 35 f., 156 Ilkhanelllkhanat v. Iran 32-40, 48, 52f., 90-9, 103, 105, 107, 109, 1 1 1, 121, 129, 134-6, 141 f., 150, 1 54-6, 158, 163, 167, 172, 175, 220, 274, 291, 294 Ile-de-France 66
387
Indien, Inder, indisch (India Cin, India tertia, mare Indicum, montes Indiae, Indischer Oze an, Indisches Meer) 15, 37, 4 1 , 50, 57-9, 62, 65, 80, 1 1 8 f., 129, 135 f., 149, 154, 162-5, 1 82, 195, 21Of., 215, 220f., 224, 230, 235, 24Of., 249f., 259f., 263, 270, 282, 28M., 289-92, 295, 297f., 300, 302, 309, 3 1 1-7, 320f., 323, 336 Indochina 286 Indonesien 286 Inigo d' Alfaro, ]ohanniter 183 Innocenz - Papst 223 - III., Papst 1 198-1216 76 - IV., Papst 1243-54 (Sinibaldo dei Fieschi) 13, 31, 46f., 74-8, 8 1 , 84, 91, 107, 129f., 135, 142, 174f., 192, 199, 206, 208, 214, 223, 247, 256, 274, 288, 323 Iran 23, 32-34, 41 Irdisches Paradies 281, 286, 291, 309, 3 15-7, 321 Isachus Venerius 155 Isidor v. Sevilla 58 f., 260, 262, 286, 292, 30t f. Islam 32, 34f., 39, 41, 57, 119, 122, 130f., 133, 137f., 141, 147f., 150, 162, 248, 269-71 Ismael/Ismaeiiten 27, 29, 89, 267f., 270f., 273, 27M., 280 f. Israeliten 263 Istrioco vgl. Sahrohmerze Italien, Italiener, italienisch (Ytalia, Ytalia) 9, 34, 37f., 40, 46, 5 1 f., 62, 66, 94, 104, 141, 150, 152-4, 156-8, 160-2, 165-72, 1 78, 180f., 1 85, 194f., 202, 212f., 215, 241, 256, 259, 269, 272f., 275, 295f., 298, 308, 3 10, 323, 325f., 334f. Ivo v. Narbonne 23, 29, 74, 202, 207-9, 22M., 230 f., 23M., 239, 259 ]ablunka-Pass (Kleine Karpaten) 28 ]afuda Cresques 312 ]agiello,Gfst. v. Litauen 1 377, 1 386-1434 Kg. v. Polen 65, 181, 188, 191 ]akobl]acob(us)l]acopol]acquesl]aime - I. d. Er oberer, 1213-76 Kg. v. Aragon 99, 100-3, 329 - H. d. Gerechte, 1291-1327 Kg. v. Aragon 23, 100f., 105, 1 13, 1 82, 242, 333-5 - Alarich v. Perpignan 329 - Alighieri 293, 307 - Auria (Doria) 160 - Cornario (Corner) 157 - d'Acqui, OP 9, 18, 20, 49, 56, 132 f., 153, 204, 2 1 1 , 235, 255, 265, 326 - da Varagine 158, 160 da Sanseverino 180, 220, 234f., 240f., 295f., 305 - de Courtiambles 178 - de Delayto 186 - de Molay 121, 124 - de Olivera 155 - de Promontorio 1 87 - de Vitry 248, 284 _
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R E G I STER
- du Fay 54, 1 86 Foresti da Bergamo 61, 197, 236, 240f., 255, 25� 292, 295, 302-4, 307 - Unrest 160 - Vassalli 330 - v. Ces soles 238 - v. Maerlant 45, 268, 290, 298 Jakobiten 80 Java 316 Jeremias 87, 266f., 272 Jericho 257 Jerusalem 1 1 f., 25, 61 f., 86-92, 96, 104-7, 1 12, 116, 142, 221, 240, 256, 283f., 286f., 291, 303, 3 12, 314-20, 328 Jesaias 106, 271-3 Jesuiten 1 5 1 Jesus Christus 275, 297 Joachim v. Fiore 251, 258, 261, 266f., 271-3 Johanca OFM 132 Johann(es), Hans/Jan/Jean, Jehan/Gian/Giovan ni/John/Juan/Joan - XXII., Papst 1316-34 36, 47, 99, 117, 130, 135, 142, 145, 149f., 162, 173, 175 f., 279, 335 f. - XXIII., Papst 1410-15 150, 192, 298 - I., 1387-95 Kg. v. Aragon 47, 5 1 - III. v. Sultaniyah OP 41, 48, 51, 56f., 126, 131, 140, 150, 159, 1 8 1 f., 186f., 203, 209, 235, 240f., 284, 298 f., 3 1 1 - Adorno 58, 301 - Aventinus 288 - Bargadin v. Metz 54 - Bembo 1 7 1 - Boccatcio 55, 65, 163, 205, 21 7f., 222, 228, 244, 246, 257, 281, 293, 309 . - Bouciquaut, le Meingre frz. Statthalter v. Genua 1401-1409 183f. - Capgrave 223 - Colonna OP 51, 256 - da Legnano 1 73, 1 74, 325 - de Capistrani 193 - de Chateaumorand 184f. - de Cori OP 37, 47, 135, 141, 166, 203, 229, 231, 234, 244 - de Cornazanis 295 - de Joinville 1 1 , 83, 163, 203, 226f., 232 f., 250, 289, 290, 293 - de Thurocz 23 - de Vignay 45 - de Wavrin 164, 170 - Dlugosz 1 77, 192 - d'Outremeuse 1 15, 204, 232 f., 235, 242, 251, 254, 303, 319 - Duns Scotus OFM 143 - d'Ybelin, Gf. v. Jaffa 80 - Elemosina OFM 46, 49, 68, 126, 132f., 141, 143, 148f., 164, 224, 255, 263f., 297 _
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Falkenberg 189, 191 Fiorentino 58, 232 f., 235, 264 Francesco Bracciolini vgl. Poggio Bracciolini Froissart 12, 54, 161, 1 86, 245 Germain 126, 196, 245, 248, 293 Gower 55, 2 1 1 Fernandez de Heredia 233 Herolt 220 Juvenal des Ursins 187 LeLong 23, 47, 59, 1 15, 133, 204, 208f., 222, 256, 265, 288, 291, 297, 3 1 8 - le Parker 329 - Lydgate 222 - Mandeville 45, 47, 54, 56, 58-60, 63, 64, 203 f., 229, 232-4, 243, 254, 264, 284, 290, 293, 3 1 8 f. - Mielot 196 - Nigrus (Dionisius) 59 - Ohnefurcht, 1396 Gf. v. Nevers, 1404-19 Hz. v. Burgund 1 86 - Poloner 62 - Sacrobosco 308 - Sarrazin 81 - Schiltberger 41, 54, 186, 203, 240, 296 - Sercambi 55, 96, 235, 243, 246, 295 - Trithemius 257 - Ungarus 93, 328 - Urbach 192 - Vassalli 330 - Venerius v. Akkon, Bürger von Venedig 155 - Villani 53, 56, 58, 153, 155, 169, 20H., 213, 219, 22 1, 224, 226f., 230-4, 236, 247, 249, 256, 263-6, 281, 289f., 295, 301, 333 - v. Chapell 54 - v. Florenz 276 - v. Hildesheim, OKaunel 142f., 148, 163, 204, 233f., 249, 251, 266, 281-4 - v. Marignolli OFM 14, 37, 41, 46, 56-8, 60, 135, 141, 143, 148-50, 155, 162-4, 166, 176, 203, 232f., 237, 242, 244, 254, 287, 293, 295, 302 f., 3 1 7, 332 - v. Monte Corvino OFM 37, 46, 49, 54, 134, 141-3, 146, 149f., 242, 250, 281, 293, 3 10, 314 - v. Plano Carpini OFM 13, 2 1-3, 30-2, 43, 46, 49f., 54-8, 60, 64, 68 f., 76-9, 82, 84, 88, 91, 120, 125 f., 132 f., 137-9, 154, 199f., 202-11, 213, 2 1 7 f., 224-32, 234, 236-9, 243, 249-51 , 253, 264, 288-94, 296f., 318, 325 - v. Oxenedes 23, 43, 53, 101, 104, 107, 330 - v. Rupescissa OFM (de Rocquetaillade) 49, 68, 243, 259, 270, 276-81, 283 - v. Tayster 287 - v. Victring 123, 178 - v. Winterthur OFM 46, 68, 91, 1 78, 230, 237, 243, 283; 293 -, Bote der Mongolen 98
R E G I STER
-, Evangelist 259 -, Kg. der christlichen N aiman 250 -, Priesterkönig 24 f., 26f., 58, 81 f., 106, 195, 197, 210, 220, 234, 242f., 246, 248-51, 258, 261, 266, 28l f., 289-9 1 , 301, 3 12, 318, 323 -, Visionär vgl. Visio Ir. Joh. Johanniter 121, 1 83, 186, 233 Joinville vgl. Johannes Jordan - v. Severac OP 37, 47, 57, 63, 124, 137, 149, 164, 203, 218, 224, 226f., 229, 234f., 243, 286, 297 f., 310, 3 14-6 258, -,frater OFM 79, 189, 230, 236, 26M. . Jordan, Fluß 106 Joseph/Josse/Giosafat - Barbaro 41, 50, 52, 56, 133, 138, 153 f., 160, 163, 169-71, 197, 203, 208, 210, 224, 236, 287, 293, 297f. - de Cancy 23, 52, 104, 231, 236, 330f. - van Ghistele 23, 61, 137, 222, 235, 240, 246, 283, 296, 298 f., 3 1 1 Josua 257 Juden, jüdisch 24, 27, 29, 35, 130, 137-40, 146, 157, 161, 173, 217, 229, 259-61, 263, 265, 273, 275 f., 289, 3 12, 325 Julian v. Ungarn OP 26f., 31, 74, 198, 202, 230f., 237f., 243, 250, 267 Kairo (Caire, Babilonia, Babylon) 61 f., 89, 99, 105f., 1 19, 162, 270, 324, 336 Kalka 24 Kalmücken 191 Kanaren 1 76, 327 Kappadokien 30 I Karakitai, (Kitai) 23, 288, 291 Karakorum (Caracarum, Caracoron, Characora cum) 12, 25, 32 f., 36, 38, 51, 54, 80f., 145 f., 224, 242 f., 286, 294, 320 KarllCarolus - V., Kaiser 212 - IV., 1322-28 Kg. v. Frankreich 113 - V., 1364-1380 Kg.v. Frankreich 47, 212, 311 - VI., 1 380-1422 Kg. v. Frankreich 1 8 1 f., 186 - 1. v. Anjou, 1266-1285 Kg. v. Neapel 86f., 99f., 102, 156, 161, 330 - 11. v. Anjou, 1285-1309 Kg. v. Neapel 52, 98 f., 113, 11 8, 121, 124, 332 - I. Robert, 1310-42 Kg. v. Ungarn 143 - d. Gr. (Karlszyklus) 1 1 , 210, 223, 303 - d. Kühne, 1467-1477 Hz. v. Burgund 196 - v. Valois 45 -, Ebf. v. Khan Baliq 150 Kallneliter 46, 281 Kärnten (Carinthia) 212 Karolinger 251 Karpaten 28 Karthäuser 58
389
Kaspische Berge (montes Caspiae, montes caspii, Kaspische Tore, Portae Caspiae) 143, 207, 229, 259-61, 263-5, 289f., 299, 318, 321 Kaspisches Meer (mare Caspium, de Sarra e de Bacu, abachu, Zee van hircanen) 58, 154, 164 f., 183, 244, 259f., 262-4, 291 f., 294, 296, 300, 309 f., 313, 3 16, 321 Kastilien, Kastilier, kastilisch 169, 1 8 1 , 203, 308, 330, 335 Katalonien, Katalane, katalanisch 1 39, 156, 161, 171, 182 f., 305, 310, 3 1 1 Katerina de Vilioni 155 Katharinenkloster, Sinai 61 Kaukasus (Caucaso) 24, 33, 36, 39, 1 19, 156, 164, 59, 300f. Kereit/Kereyit, zentralasiatisches Volk 22, 249 Kerulen, Fluß 22 Khaidu, gest. um 1303, Enkel Ögödeis 36 Khalif, Khalifat 33, 59, 87, 1 15, 220, 269, 272 Khan Baliq (Cambaleth, Cambeleth, Cambalulo,
Canbalu[c], Canbaleich, C[h]ambaliech, Cam balech, Cambalec, Cambaleschia, Canbalecco, Gamalecco, Canbelletta) 36f., 54, 62, 135f.,
141, 150, 1 59, 163, 176, 2 14, 243, 246, 255, 280, 282, 294f., 299, 309-1 1, 3 13, 3 1 6, 320 Kiew 26, 154 Kilikien 23, 297 King 01 Tars 35, 97, 106, 1 8 7, 2 19 f., 250, 297 Kiptschak 23 f., 30, 37, 41, 133, 138, 143, 148f. 151, 153, 15M., 171 f., 180 Kirgisen 23 Kitbuqa, Naiman-Prinz, Heerführer im Vorderen Orient, gef. 1260 33 Kleinarmenien vgl. Allnenien Klosterneuburg 305 Kökedei, mongoI. Bote 53 Köln 13, 24, 29, 50, 58, 63, 205, 2 15, 233, 249, 275, 282 f., 291, 302, 325 - St. Pantaleon 199f., 207, 287 Koloman, Bruder Kg. Belas IV. v. Ungarn 28 Könige, Hle. Drei 23 f., 29, 242, 249, 259, 281 f., 297 Konrad/Conradus - v. Megenberg 308 Autor einer Summa de arte prosandi 222, 325 Konstantinopel 12, 41, 51, 134-6, 141, 150, 153 f., 156, 161, 180, 184-6, 193, 195, 222, 242, 298, 3 13, 316, 336 Konstanz 30, 43, 243, 291, 3 1 1 Konzil 103, 126, 185, 190, 192, 195, 239, 243, 323 Kopten 195 Korsika 149 Krantz, Albert 324 Kreta 98, 184f. - Candia 184 Krim 38 f., 1 34-6, 141, 153 f., 156, 167, 177, 220, 224, 239, 255, 297 f. _,
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R E G I STER
Kubilai, 1215-94, Sohn Toluis, Großkhan 1260 15, 33, 36-8, 95, 97, 133, 150, 232 f., 242 Kumanien, Kumanen, Kumanisch (Comania, Cumania, cumanicus) 23-5, 27, 29f., 14Of., 148, 214, 225, 291, 299f., 304
- Pulci 235, 308 Lull vgl. Raymundus Lüttich 195, 254 Lyon 47f., 74 - 1 . Konzil 1245 31, 74, 76, 78, 199, 273 - 2. Konzil 1274 48, 53, 95 f., 100, 103, 107, 110f., 126, 134, 142, 219, 221, 244, 254, 274f., 329
Ladislaus IV., 1272-90 Kg. v. Ungarn 85 Lajazzo 154 Laodicea (Laoditie) 336 Lateiner, lateinisch 10, 17, 20, 22, 44f., 51, 62, 71, 77, 80, 94 f., 1 12, 115 f., 122, 135, 146, ISS, 157, 1 72-4, 179, 181 f., 222, 247, 256, 260, 263, 269-71, 276, 283, 285, 294 f., 297, 307, 3 12, 323, 325 Lavinia 246 Leardo, Kartograph 296 Lemberg 154 Leonardo/Lionardo - di Staggio Dati 286, 296-8, 310 - di Piero Dati 195 - di Niccolo Frescobaldi 61 Leonello v. Este 241 Leopold Stainreuter 223, 249, 256, 313 f. Liber - Censuum 202 - de divisione orbis terrarum 301, 304 Liberato, Fra 54 Libri Commemoriali 162 Libro - dei Conoscimiento 23, 63, 132, 138, 167, 296, 298f., 308, 316, 3 18 - dei Polistore 295 f. Liegnitz, Schlacht 1241 28, 213, 222 Litauen, Litauer, litauisch 10, 37, 39f., 65 f., 123, . 145, 176-8, 1 88-92, 196, 236, 298 Livre des Merveilles 47, 2 14 Lombardei 163 London 244, 334 - St.Albans, Kloster bei London 26, 43, 66 Lorenz/Laurentius/Laurent - Bonincontri 241 - de Monacis 302 - de Premierfait 222 - v. Portugal 77 UJtringi 325 Lübeck 124, 1 77, 220, 324 Ludolf v. Suchern 46, 62, 115, 150, 204, 210, 223 f., 283, 293, 295, 298, 3 1 1 Ludwig/Ludovico/Luigi - IV. d. Bayer, 13 14-47 röm. Kg., Ks. 1328 178, 190 - IX. d. Heilige, 1226-70 Kg. v. Frankreich 28, 32, 45-7, 51, 53, 60, 80f., 83-5, 89f., 92f., 98-100, 108, 1 15, 124, 163, 220, 223, 256, 266, 328 - I. d.Gr. v. Anjou, 1342-82 Kg. v. Ungarn 278 - Ariosto 246, 308
Mähren 28 Mailand 169 Mainz 30 Maius, Fluß 300 Makedonien, makedonisch 265, 304 Mallorca 67, 130, 146, 305, 3 1 1 f. Maloni, genuesische Familie 160 Mamluken 33, 40, 62, 82 f., 88-91, 101, 104, 107, 1 15, 120, 154, 3 14 Mamaly (itaI.Transskr. Mamalac) 334 Mandeville vgl. Johannes Manessische Liederhandschrift 214 Manfred, 1258-66 Kg. v. Sizilien (March frid) 93, 102, 256, 272, 238 Mangudamor, mongolischer Heerführer 1280/81 231 Manuel H., byzantinischer Kaiser 184f. Manzi (Südchina, Manci, Mant;i, Mangi) 36, 294, 302, 320 Mähren 28 Mäotische Sümpfe (Palus Meotida, mares de Mo tilde) 207, 259f., 288, 291 f., 297 Marco Polo 15, 21, 36f., 45-7, 49f., 52, 56-60, 63, 95, 1 1 8 f., 124, 126, 128, 133, 137, 140, 149, 152f., ISS, 159, 161, 164, 203-5, 208, 211, 213, 217f., 220, 224, 226-35, 237, 242-4, 250-2, 255, 264, 271, 283, 289, 293-6, 304, 309, 314, 3 1 7 f., 321 Maria, byzantinische Prinzessin 34 Marienberg, ungar. Kloster 251, 267 Marignolli vgl. Johannes Marino Sanudo - d. Ältere 46, 64, 110, 114, 117, 119 f., 126, 141, 170, 196, 204, 213, 268, 297, 299f., 307, 319 - d. Jüngere 169, 197, 24 1, 251 Marlowe, Christopher 241 Marokko 12, 179 Mars, griech. Kriegsgott 195 Marseille (Massilia) 89, 156 Martellus vgl. Heinrich Martin - 1., 1395-1410 Kg. v. Aragon 181-3, 185, 187 - Behaim 294-6, 299, 3 1 8 f. - Schongauer 216 - v. Troppau OP 96, 105, 249, 252, 254, 290, 297, 304, 333 Matthäus/Matteo/Maffeo - de Theatina 332 - Maria Boiardo 243, 246, 308
- Vosprum (Kerc/KertSch) 136, 176 Kristan von Luppin 214
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REGISTER
- Palmerius 241, 292 - Parisiensis 23, 25-31, 43, 56, 66, 74, 79, 8 1 , 99, 123, 125f., 1 75, 194, 198f., 202, 207-t t, 213f., 224, 22M., 229-32, 236-39, 242, 25Of., 257-61, 26M., 28M., 290f., 297, 3 t t - Polo 12, 155, 159, 167 - ViJlani 169 Matthias v. Neuenburg 1 78 Mauro, Fra 244, 250, 290, 294-6, 299 f., 302, 304, 306, 3 12, 315, 3 19-21, 323 Maximilian 1., röm. Kg. 1486-1519, Ks. 1508 257 Mecia de Viladestes 305 Medien (Media) 292, 296, 298, 301, 304, 320, 323 Mehmet vgl. Mohammed Meister E.S. 216 Memoria terrae sanctae 1 10, tt2f., 1 16, 317 Mengilic, mongoI. Bote 53, 331 Menko 87f. Merkid, zentralasiatisches Volk (mecrit) 22, 325 Merseburg 30 Mesopotamien 4 1 Messias 259, 262 Methodius, Pseudo 259-61, 267, 27Of., 273, 281, 283 Midianiter (Madian) 257 mingreli 321 Mirabilia Mundi 259 Mircea, Fst. der Walachei 1 88 Mittelmeer 52, 102, 1 1 8, 158, 165, 167, 286, 305f., 3 12, 3 14, 320 Moal 267 Modena-Karte 214, 242, 252, 294-6, 299, 305, 3 10, 3 12, 315, 320 Mohammed - , Prophet 130, 273, 279, 281 Mehmet 11., 1451-81 osman. - (Mahomet) Sultan 241 - Mohemethan, mongoI. Khan der Goldenen Horde 193 - Maumeth, Perserkönig 222 Mohi am Saj6 28 Mohren 210, 215, 245 Moldau (Mu/oldavia) 154, 194 Möngke, 1208-59, Sohn Toluis, Großkhan 1251 (Mangakan, Mango Can) 32f., 83 f., 87, 115-7, 120, 146, 234, 237, 281, 296 =
Mongolia (Mangalia, Mongal, Mongul, Mungul,
Ursprungsland der Mongolen) 297f., 318, 320f. Montpellier 330, 333 f. Morea 233 Moskau 10, 166, 3 1 1 Murano 320 Müskeril, mongoI. Bote 331 Murad 1., 1359-89, osman. Sultan 1 86
Muslim 10-2, 33, 35, 39, 4 1 , 47, 68, 81 f., 88, 96, 105, 101, 112, 118-20, 130f., 138-4 1 , 144, 14M., 150, 161, 170, 182, 185, 196, 223, 271-3 Naiman (Naimani), zentralasiatisches Volk 22 , 250, 288 Nangis vgl. Wilhe1m Nardo di Cione 216 Naxos 1 1 7 Neapel 50, 99, 161, 330-4 Nekpei, mongoI. Bote 329 Nestorianer 52 f., 62, 80, 83, 249, 266, 282 Nikolaus/Nicola(0)lNicolo/NicolelNic(h)olas - 1 . , Papst 858-67 144 - 111., Papst 1277-80 95, 135, 330 - IV., Papst 1288-92 36, 85, 95-8, 1 3 1 , 144, 161, 274, 331 f. - V., Papst 1447-55 195, 298 - Beltrame, Notar in Caffa 168 - da Poggibonsi 137, 221 - da Vicenza 149 - de Lorgne, Großmeister der Hospitaliter 104, 331 - de Martoni 62, 1 80f. - dei Conti (Nicolaus Venetus) 37, 47, 50, 58, 62f., 152, 1 82, 235, 242, 295, 303 - Falcon 289 - Glassberger OFM 194 - Polo 12, 155, 159, 167 - Trivet 104 - v. Curbio 3 1 1 - v. Kues 84, 137f., 146, 2 1 7, 228, 3 1 7 -, Chinareisender 1371 167 -, Franziskanernovize 143 -, Khanssohn Öldscheitü 97 Niederländisch 277 »Niederrheinischer Orientbericht« 22, 62, 1 15, 163, 166, 204, 209, 211, 229-31, 233, 236, 238, 242, 283, 295, 314 Nikephoras Gregoras 301 f. Nikopolis, Schlacht 1396 54, 178 f., 183, 186-8, 194 Nil 106, 286, 297, 309, 313, 315, 3 1 7 Ninive (Ninefee) 323 Noah 205, 286, 307, 311, 3 1 7 Noqai, gest. 1299, General in der Goldenen Horde 38 Nordmeer 291 NOllnannen 273 Norwegen 288 Nubien, Nubier 58, 129, 270 Nürnberg 154, 193, 3 1 8 =
Oberrheinische Chronik 295, 329 Octavian 223
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392
REGISTER
? der Karthäuser Henricus de Piro aus Köln 58 f., 63, 1 15, 205, 208, 229, 232 f., 252, 257, 288, 291, 325 Odorich v. Pordenone OFM (Theodorieus, de Aquileya) 3 7, 45, 47, 50, 54, 57f., 62-4, 67, 85, 137, 141, 203f., 2 1 1 , 214f., 243, 251, 283, 294f., 309f., 314 Off the grete Caan 234 Officium Gazariae 158, 156 vgl. Gazaria Ögödei, 11 86-1241, dritter Sohn Dschingis Khans, Großkhan 1229 25, 30, 32, 36 Öldscheitü, Sohn Arghuns, Ilkhan im Iran 1304-16 (Carbenda, earpetanus) 34f., 94, 96f., 99, 101, 130, 144, 220, 334f. Olivi vgl. Peter Ong Khan ( Une Khan) 249f. Onon (Onan) 22, 250 Orleans 3 1 0 Orontes 33, 104 Orosius 301 Osmanen, osmanisch 41, 1 79 Osteuropa, osteuropäisch 10, 20, 24, 26-8, 30f., 3 3 f., 37-40, 49, 52, 55, 66-8, 76, 78, 86, 89, 1 01-3, 1 07, 1 14, 123, 125, 137, 150, 154, 172, 1 77-80, 184, 1 88, 191-4, 196, 198f., 222, 225, 239, 248, 258, 266f., 277f., 298 f., 301, 3 13, 326, 327 Österreich 46, 66, 160, 3 1 3 Oswald v. Wolkenstein 54, 246, 298 Otrar, Stadt in Zentralasien 165 Otto/Odo - v. Chäteauroux, päpstI. Gesandter auf Zypern 1248 80 f. -, Bf. v. Freising 251 Ottobeuren 258 Ottokar - 11., 1253-78 Kg. v. Böhmen 123 , Dichter 2 1 9 Oweis Khan (Uvais, Soltanvays), Herr v. Tabris um 1370 1 67 Oxford 13, 261 f., 274 Özbeg, Khan der Goldenen Horde 13 13-41 (Husbeeeo, Us[z1bec(h], Osbet) 37, 39, 141, 150, 157, 163, 1 72, 175-7, 220, 235, 29M., 305, 317 Ozean (mare Occeanum, Oeeanus) 58, 286, 288, 292, 294, 300, 3 14, 321
Oeulus Fidei
=
'-
P.Solivera 333 Padua 3 1 1 , 313 Palästina 95, 104f., 329 Pannonien 292 Paradiesflüsse 313, 315, 317 Paris (parigz) 52-4, 92, 95, 101, 145, 223, 245 f., 291 , 31of., 328 - St.Denis, Kloster 100, 243 vgl. Religieux - Universität 140 Paris et Vienne 154
Parma 52, 25 1 , 241 Parthia, parthus 185, 290, 292, 304, 320 Paschal v. Vittoria OFM 41, 137, 140f., 148, 164 f., 275, 296, 298 Paul(us)/Paulinus/Paolo - del Pozzo Toscanel li 15, 3 1 1 - Minorita OFM 46, 64f., 204, 208, 218, 224, 229, 243, 252-4, 289, 291, 297, 299f., 305-7, 3 13, 319 - Vladimiri, gelehrter Krakauer Jurist 192 - Walther v. Guglingen OFM 48 -, Apostel 85, 273 -, Bf. v. Tripolis 86 Peking 36, 54, 62, 141 f., 163, 176, 242, 293, 295 Pera 135 f., 141, 148, 153, 158, 171, 181, 1 84-6 Peregrinus de Castello 46, 135 Persien, Perser, persisch (per[s]sia) 23, 35, 41, 46, 48, 50f., 62, 68, 89f., 95, 97, 100-2, 104, 108-10, 116-9, 12t f., 130, 134, 136, 140f., 147, 150-2, 154-6, 160, 162, 16M., 169, 1 72, 176, 1 79-82, 196, 228, 237, 244, 268, 291 f., 294-300, 303 f., 309, 311, 314, 3 16, 320, 323, 327f., 331 f., 334-6 Peter/Petrus/Pierre/Pietro/Pero - 111. d. Gr., 1276-85 Kg. v. Aragon 330 - I. von Lusignan, 1 359-69 Kg. v. Zypern 1 79 - Aureoli 263 - Comes tor 29, 260, 267, 273 - Croc de Alvernia (d'Auvergne) 263 - <;:uliano del Chataio 155 - d'Ailly 59, 257, 286, 304, 309 - de Abano 46f. - de Florentia, Bf. v. Zayton 135 - de Lucalongo 155, 163 - Desportes (Pere des Portes) 335 - Dubois 1 10, 1 1 3 f., 127, 139, 142, 146, 163 - Johannes Oliv i 257, 275-7, 279 - Lombardus 67 - Ranzano OP 50f., 235, 237, 315 - Rombulo 37, 47, 50, 63 - Suchenwirth 54 - Tafur 47, 50-3, 58, 138, 151 f., 1 54, 159, 169f., 1 82, 203, 209, 223f., 226, 231, 236, 303 - Vesconte 296f., 299f., 306, 310, 313, 3 1 8 - Vioni 155 - v. Abano 313 - v. Rußland 21, 23, 76, 78f., 137, 199f., 204, 226-8, 230, 232, 238, 250 f. - v. Tarrega 47 - v. Wormditt 103, 190, 192 Petrarca vgl. Franz Pfaffe zu Hechte 238 Philipp(us)/Philippe/Filippo - IV. d. Schöne, 1285-1314 Kg. v. Frankreich 32, 94f., 103, 105, 1 1 3 f., 127, 331 f., 334f. - VI. Valois, 1328-50 Kg. v. F.ankreich 110, 1 14, 1 1 7, 173, 176, 179
REGISTER
- de Mezieres 23, 47, 54, 110, 124f., 127-9, 140, 156, 161, 163, 196, 204, 208, 223, 225, 229-3 1, 233-5, 244, 246, 250, 257, 284, 295, 298f., 308, 315 - d. Gute, 1419-67 Hz. v. Burgund 126, 196 - Maria Visconti, Hz. v. Mailand 194 - Mousket 23 f. - v. Ferrara 205, 220 -, frater OP 25 Philister 257 Phison, Paradiesfluß 297 Phocäa 184 Pignol Zucchello 157 Pisa 48, 153, 161 - Pisaner Karte 305 Pisanello vgl. Antonio Pisano Pius II., Papst 1458-64 vgl. Enea Silvio Piccolomini
393
Quilichinus v. Spoleto 259 Quinsai 316 Qara Yuluq (Koroloek der Tatar) 197
Raphaynus de Caresinis 168, 295 Rashid ad'Din 156 Raymundus/Ramon/Raymond - Etienne OP 117 - Lull OFM 35, 121 f., 126, 129-3 1, 133, 137-40, 142, 144-7, 161, 164, 251 Reginald Gossel 329 Regino v. Prüm 301 Reinfrid von Braunsehweig 210 Religieux de St.Denis 18M. Rheinländer (renenses) 229 Rhodos 183 Riaho 52, 1 71, 184 Richard/Ric[c]ardus/Ricaut - Bonomel 94 - v. San Germano 24, 248 -,frater OP 21, 26-8, 148, 159, 202, 313 -, notarius 53, 95, 142 Richer v. Sens 23, 28, 123, 209, 287, 290, 297, 304 Ricobald v. Ferrara 106 Ricold v. Montecroce OP 46-8, 59, 68, 105, 122, 130f., 133, 137-9, 142, 144-8, 159, 203f., 209-11, 217f., 224, 227f., 230-2, 236-9, 250, 257, 260f., 264, 287 Rieter, Nürnberger Familie 235; vgl. Sebald Ripheische Berge (montes Rifel) 290-2, 297 Ristoro d'Arezzo 308 Robert - de Rupi Aha OSB 277 - de Vallictis (de Melun val/eetus) 330 - v. Avesbury 295 - v. Senlis 52, 332 Rodez (ruthenensis) 49, 279 Roger/Rogerius - Bacon OFM 1 3 f., 60, 133, 138f., 14M., 217, 229, 247f., 259, 261 f., 265f., 272, 274, 276, 288 - v. Apulien 13, 57, 202, 225, 231 - Wendover 307 Rolandinus Patavinus 123 Rom, Römer(land) 12, 25, 47, 52 f., 66, 74, 95, 130, 161, 179, 223, 257, 278, 287, 304, 3 10, 323, 325, 328, 333 Rosenplüt 242 Rubruk vgl. Wilhelm Rudimentum noviciorum 226, 307, 309 Rufuschronik 177 Rustichello v. Pisa 63, 3 1 8 Rußland, Russe, russisch (Ro/ussia, ruthenus) 10, 24f., 2 8 f., 31, 38-40, 66, 78, 1 70, 177, 188, 191, 193, 195, 210, 235, 237f., 288, 291, 298, 300, 303, 3 13, 320 Russutana, georgische Königin 24 Rutebeuf 266
Raban Sauma, Uighure, mongoI. Bote 52, 95, 331 Radulf v. Diceto 270 Ranulf Higden 307, 3 1 3
Sabadino, mongoI. Bote 331 Sachsen 223 Sahrohmerze (Istrioeo), Sohn Timurs (Demuro vieh) =? Shah Rukh (Mirza) 193, 241
•
•
Planetus destruetionis regni Hungariae per Tar taros 266
Plano Carpini vgl. J ohannes Platyna (Bartolomeo de'Sacchi aus Piadena) 255f., 292 Plinius 293 Plutarch 293 Poggio Bracciolini 37, 46, 50, 152, 235, 241 f., 257, 295, 302 Poitiers 114, 289, 334f. Polen, polnisch 10, 27-9, 37, 39, 40, 52, 66, 102f., 123, 154, 176-9, 188-94, 213, 222f., 230, 23� 254, 256-8, 26� 275, 27� 291, 301, 3 13 Polo 15, 95, 97, 132, 149f., 161 ; vgl. Marco, Matteo, Nicolo Pomponius Mela 304 Ponce d' Aubon, frz. Templermeister 76, 198, 230, 237 Portugal, Portugiesen, portugiesisch 15, 197, 223, 319f., 327 Posen 190 Prag 258 Preußen, preußisch 54f., 66f., 78, 142, 288, 298 Prophetie de Hannan 284 Provence 266, 269, 3 1 1 Ptolemaios (Claudio Tolomeo) 293, 304, 3 12, 314f., 319-22 - Tholomaeus vgl. Bartholomaeus Pulci vgl. Ludwig
394
REGISTER
Saj6 28 Saladin 246 Salimbene de Adam v. Parma 23, 50, 259, 268, 271, 274 Salomon/Salamon - Salvazo 181 -, mongoI. Bote 94f., 329 Samarkand (Samargante, Samacante, Sacamante, Semiscant) 36, 80, 136, 164f., 240f., 296, 316, 320 Sarai (sar[r]a, Saray, salla) 37f., 40, 137, 141, 154, 164f., 232, 235, 245, 296, 299f., 305, 3 16, 320 Sarazenen, sarazenisch 16, 24, 29, 41, 48, 71, 81, 83, 87f., 90-2, 96, 98 f., 101 f., 104, 106-8, 11 1-26, 13of., 133, 137, 145, 151, 160-2, 164, 173f., 1 78 f., 1 82 f., 187f., 193, 195f., 213, 217, 221, 223, 238, 24l f., 245, 25M., 260, 267-9, 271-4, 276, 278-81, 283, 288, 295, 324f., 333 Sarmatia, Sarmaten 304, 320 Sartaq, Sohn Batus, 1256/7 Khan der Goldenen Horde 84, 144 Saul, bibI. Kg. 257 Savoyen 1 79 Sbignev, poln. Kardinal 193 f. Scaliger 234 Schiavonia, schiavoni 166, 212, 296 Schlesien 256 Schotten 323 Schwarzes Meer (mare maius, Mar Maggior, zee van Maremajor, Mare Ponticum) 12, 38, 40, 51, 150, 153 f., 15M., 164, 167, 169, 1 79, 1 82, 212, 215, 236, 296, 298-301, 303, 305, 311, 313, 327 Schweden 3 1 Sebald Rieter 235, 241 Sebastian, HI. 215 Seidenstraße 165 Seine 310f. Sem, Sohn Abrahams 3 1 7 Sempad, kleinarmcnischer Prinz und Konnetabel, Bruder Kg. Hethums I. 21, 32, 46, 80, 82, 203, 209, 2 1 7, 230, 242 Senarega, Brüder 169 Senggüm, Sohn des Ong Khan 249 Serafadino, mongoI. Bote 330 Serben 186, 193 Seres, Serica 293, 295, 300-3, 320 Sergius, Prophet 270, 281 Seth 283 Sidon 87, 116 Sidrac 268-71, 273, 281, 283 f. Siena 41, 183, 185, 195, 215 - S.Francesco 2 1 5 Sigebert v. Gembloux 251 f. Sigismund, 1387-37 Kg. v. Ungarn, röm. Kg. 1410, Ks. 1433 154, 179, 189, 190, 193-7, 296 •
Simon - de Keza 298, 30 I - de Montfort, Gf. v. Leicester 43 - v. St-Quentin OP 21, 31, 48, 54, 60, 64, 68 f., 78f., 83, 133, 137, 199f., 202, 204, 2 10, 21 7f., 224, 226, 228-32, 236-9, 249, 252 f., 260, 264, 290, 325 Sinai 61, 316 Sizilien 11, 99 Skythien, Skythen, skythisch (Scithae, Scithi, Scythi, scithia, Scithonia, scytta) 31, 159, 180, 195, 207f., 223, 225, 255, 259f., 288, 290, 299-304, 306, 309, 320 Smyrna 41, 183, 18M., 314 Societas Fratrum Peregrinantium 134 Solangi, asiatisches Volk 288 Soldaia (Krim) 51, 153, 224 Solinus 58, 63, 301, 308 Spanien, Spanier, spanisch 28, 102, 167, 179, 181, 191, 233, 276 Stanislaw de Scarbimiria 191 Statutum Caphe 158-60; vgl. Caffa Stephan de Salaniaco 266 Strabo 293, 301 Südsee 214 Subiaco 214-6, 292 suevi 325 Sultaniyah (Soldania) 35, 117, 135 f., 141, 150, 165, 176, 181, 294, 299, 314 Susa 282 Sym, Land in Asien 300 Syrien, Syrer, syrisch (soria) 33 f., 46, 103f., 1 15, 180, 183, 195, 257, 259, 269, 330, 333 Tabris (7th]auris/cium, 7th]auris, Toris[s]/i, Tau rissi, Turigi ?) 33, 35, 54, 62, 134, 13M., 154-7, 161, 164-7, 196, 282f., 294, 301, 3 1 1 f. Tana - (latanne, Latan[a], Letana, 7th]enne), venez. Kolonie in der Donmündung 40, 51, 65, 143, 156-60, 162-71, 177, 18o f., 185, 187, 197, 212, 215, 223, 236, 297, 305, 3 1 o f., 316, 326 -, Stadt in Indien 65, 215 Tanguten, zentralasiatisches Volk (tangoth) 23, 229, 325 Tannenberg, Schlacht 1410 40, 103, 178, 188, 191 f., 197, 239, 254 Taraconta insula 297 Tarifa zoe noticia 156, 165 Tarimbecken 165 Tarsis vgl. Tharsis Tartarei (Tartaria, Thartaria, Tartarie, Tartarien,
Tatrey, Tatray, Tartarye, Tartaria Aquilona ris) 47, 51, 54, 127, 133-5, 141, 169, 183, 193,
208, 211, 218, 220, 228, 232, 234-6, 243-6, 291, 297-301, 309f., 312f., 31 8, 320, 323 Tartaros 23, 29, 106, 258 Tatar, zentralasiatisches Volk 22
395
R E G I STER
Taubarin, Kg. der Tartaren 231
Tegüder Ahmad 35 Telesphorus v. Cosenza 276 Templer 76, 87, 121, 198, 330 Temüjin = Dschingis Khan 9, 22, 249 Tenedos 184 Thaddeus v. Neapel 110 Tharsis, Tarsis (Tars, tarse, Tharse, Tarssia) 23, 220, 291, 297, 300, 320 Thomas - Agni, Bf. v. Bethlehem, päpstI. Legat 86 f., 258, 267 - Anfossi 331 -, Apostel und Indienmissionar 282 - Ilduci 94, 334 - indischer Patriarch 282 - Ugueco, mongoI. Bote 331 - v. Cantimpre 30, 55, 97, 133, 218-20, 222, 266, 308 - v. Pavia 262 - v. Split 14, 23, 28, 137, 202, 209, 22M., 23M., 237-9, 259, 267, 289 - Walsingham 1 78, 223 Thorn 178, 188 Thüringen (turingi) 215, 325 Tigris 297 Timur, 1336-1405, letzter tartarischer Eroberer (Timerbei, Timilbei, Timilei, Tamurbeo, Ta merlan, Tamerlanus, Tamerlano, Tamberlan, =
Tambellanus, Tamburlan[gJ, Tanberlan, Tam burlanum, Tanburlano, Tanburla, Thomor lengh, Temrola, Demerling) 24, 36, 39-41, 51,
54, 62, 12M., 136, 150, 163, 171, 179-88, 193-7, 203, 208, 2 1 2 f., 2 1 7, 220, 227, 230, 233, 235f., 240-2, 255, 257, 269, 272, 284, 296, 298 f., 304, 320 vgl. Sahrohmerze Titurel 242, 268, 297f. Toyan Temür, Großkhan 1333-1368/70 37 Toyril wang 249 Tohtamysch, gest. 1406/7, Khan der Goldenen Horde 1377-95 39f., 177, 188, 298 Tohtu, Khan der Goldenen Horde 1291-1312 39, 158 Tolui, ca. 1190-1232, jüngster Sohn Dschingis Khans, Vater Möngkes, Kubilais und Hülä güs 25, 32, 36 f., 250 Toskana 221 Toul 289 Toulouse 310 Touraine 245 Tournai 240
Traetatus dudum habitus ultra mare per magistrum et eonventum hospitaiis 114
Trajan, römischer Kaiser 303 Transoxanien 24, 33, 39-41, 136, 180, 299 Transsylvanien 292 Trapezunt 134f., 154, 156, 16M., 196
Treviso 310 Tripolis 154 Troglodyten 208 Trojaner 325 Tschaghatai, gest. 1242, zweiter Sohn Dschingis Khans, Eponym für das mongolische Teilreich in Zentralasien (Zagatai, <;agatai, Chaka tay) 25 , 32 f., 36, 40 f., 129 , 180 , 193 , 299, 320 Tscherkessen (cereassi) 321 Tümen, mongoI. Bote 53 Turin 48, 169 Türkei, Türke, türkisch (Türggye, Turquia, Turcken, thurcus, Turehi) 15, 24, 37f., 40-2, 47, 54, 94, 102f., 110, 1 13, 1 19, 123 f., 12M., 131, 133, 140, 150f., 154, 159f., 169, 171, 1 73, 175, 178-81, 183-8, 193-7, 213, 223 f., 237, 240-2, 244, 254, 25M., 270, 276, 278, 280, 284, 295, 302, 323-5, 327 Turkestan (turquesten) 300 Turkmenen 41, 196 Turkvölker 23 Tyrus 87
Uighuren, uighurisch (viguricus, ugaresehus, ingures) 23, 52, 140f., 160, 212, 229 Ulm 3 1 7 Ulman Stromer 154 Ulrich v. Richenthal 43, 235, 243, 246, 291, 296, 311, 323, 325 Umbrien 276 Une Khan (Ong Qahan) 249f. Ungarn, ungarisch 10, 23, 26-30, 37f., 46, 54, 63, 66, 74, 79, 85f., 102, 123f., 126, 137, 140f., 148, 153, 1 77-9, 184, 188f., 193 f., 198, 202, 207, 209, 2 14, 222, 225, 229-3 1, 239, 248, 251, 254-7, 260, 263; 26M., 275, 277 f., 287, 291 f., 298, 301, 3 13, 3 1 7 Ural 159, 313 Urban 11., Papst 1088-99 125 - IV., Papst 1261-64 8M., 92f., 97f., 328 - V., Papst 1362-70 158, 176 - VI., Papst 13 78-89 47 Urgentsch (Organ�a/i, organti, Urganth, Nor gancio), Stadt in Zentralasien 165, 296, 298, 310, 321 Uzun Hasan, turkmenischer Herrscher in Meso potamien 1466-78 ( Uson Cassanus, Usukassan, Asambeeh) 41, 61, 194, 19M., 235, 242 -
Varna, Kreuzfahrerniederlage 1444 193 Velez de Guevara, Luis 241 Velletri-Karte 187, 214, 224, 235, 265, 290, 295-7, 299, 305, 310, 3 12, 315, 320
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REG ISTER
Venedig, Venezianer, venezianisch 15, 34, 41, 46f., 50, 52, 56, 59, 65f., 98, 105, 117, 119, 152-64, 167-72, 179, 183-5, 188, 194-7, 203 f., 212f., 2 15, 223, 241 f., 287, 296, 305, 3 1 0 f., 3 14, 320f., 327, 333 Vergil 308 Verona, S.Anastasia, Georgskapelle 2 1 5 Vza sive iter a civitate venetzarum. . . 167, 171, 197 f., 297 f. Vicarza - Aquilonaris 134, 149 - Orientalis 134 - Tartarzae 134 - Cathay 296 Vicenza 3 10 Vienne, Konzil 1 3 1 1 1 10, 113, 140 Villani vgl. J ohannes Vinland 309 -Kam 305, 309 Vinzenz v. Beauvais 21, 45, 48, 51, 58-60, 64, 68-70, 78-81, 83, 120, 124f., 195, 200, 202, 204, 208f., 2 1 8, 224, 229, 234, 249, 251-4, 258, 260, 264, 288, 291, 294, 297, 307, 309, 318 Viscardus, mongol. Bote 333 Visio fratris Johannis 267f. Viterbo 330 Vivaldi, Brüder 3 1 3 -, genuesische Familie 160 Vivaldo Balcalzer 308 Vorderer Orient 20, 23-7, 3 1-3, 35, 41, 48, 51, 66, 68, 77f., 83, 86, 88, 99, 103, 107, 1 1 0 f., 1 14, 1 17f., 122, 135, 141, 143, 150, 175, 183, 193, 19M., 2 19, 222f., 241 , 253, 267, 269, 272, 279, 289, 294, 314 - vorderorientalische Christen 10, 34, 53, 77, 82f., 88, 90-2, 94, 99, 104, 112, 1 14, 122, 147, 220, 237, 248, 271, 284 Voyage de Saincte Cyte 52 Walachei, Walachen (Walachza, Olachi) 188, 194, 3 1 7 Wandalen 304 Wars of Alexander 244, 246 Wasservas'scher Kalvarienberg 215 Weißes Meer 3 1 7 Wenzel, Kg. v. Böhmen 1363-1419 189 Wien 28, 263 -er Briefsammlung 46, 222, 250 -er Neustadt 54, 194, 207 Wilhelm/William/Willelmus/Guillelmus/Guil laume/Guilhem
- Adam OP 25, 110, 1 1 7-20, 124, 161, 237, 3 14-6 - Buchier 54 - de Chyerio OFM 332 - de Machaut 55, 1 88, 236, 246, 295 - de Montanhagol 266 - de Mutina 163 - de Nangis 53, 66, 80f., 89, 100f., 106, 236, 291, 311, 330, 334 - de Omnibene (=[?]Adebona, Didelone) 330 - de Tyr 80f., 137 - Durandus d.Jgr. 1 10, 113 - Fillastre 297, 302, 304, 309, 3 19 - Le Maire v. Angers 1 10 - Rishanger 23 - v. Bloomfield, Karmeliter 281, 291 - v. Boldensele 47, 62, 293, 296, 300, 304 - v. Malmesbury 125 - v. Nogaret, Kanzler Kg. Philipps des Schönen 114 - v. Occam 1 75 - v. Rubruk OFM (Flamincus) 22 f., 26, 32, 45 f., 51, 54, 58, 60, 67, 76, 79, 82-5, 88, 94, 117, 125f., 132-4, 137-9, 142-7, 159, 164, 200, 203, 208, 21Of., 217f., 224-34, 237, 242-4, 248, 250, 262f., 272, 286, 288, 292, 294, 29M., 301 f., 3 10f., 316 - v. Tripolis OP 46, 48, 66, 136, 149 - v. Villanova 149 - Woodford 225 - Willeham 210 Winchester 27, 194 Witold, Gfst. v. Litauen 39f., 1 77, 188, 190 Wladislaus vgl. Jagiello Wolga (Edil/ltyl) 26, 37f., 141, 154, 164, 296, 298, 302, 309f., 316 Yangzhou 155 Yüan-Dynastie, mongolische Dynastie in China seit 1279 36, 40 Zayton (Zaiton, (:aitum) 49, 135, 140, 149, 162, 279, 294, 299 Zeno 242 Zibaldone de Canal 165 Zigeuner 324 Zisterzienser 25, 68 Zorzi Dolfin 183 Zypern 32, 46, 53, 80, 82, 90, 104-6, 116, 156, 163, 204, 250, 333