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ECON Sachbuch Zum Buch: Dieses Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer für soziale Utopien, für die Emanzipation des Menschen und die Rettung der Natur nach dem – vorläufigen – weltweiten Sieg des Kapitalismus. Die Autorin zeigt Möglichkeiten der politischen Praxis für eine neue außerparlamentarische Opposition. Sie entwickelt Vorschläge für eine ökologische und feministische Wissenschaftskritik, für ein neues Verständnis internationaler Solidarität und für neue politische Bündnisse gegen die soziale und ökologische Zerstörung, die aus Europa kommt. Hand in Hand mit dem gigantischen Ausbau der Atomenergie und der nuklearen Eroberung des Ostens breitet sich ein neuer, gentechnologischer Rassismus aus. Wir erleben den Angriff auf die letzte Ressource, die menschlichen Gene. Während die Mehrheit der Menschen außerhalb Europas bestenfalls perspektivlos überlebt, flüchten sich viele EuropäerInnen in Konsum, in rassistische und neofaschistische Ideologien oder in spiritualistische Heilslehren. Sie entziehen sich den wachsenden sozialen Konflikten, ohne deren Lösung auch die Natur nicht zu retten ist. Doch das New Age der Esoterik ist so menschenverachtend, elitär und rassistisch wie das Dritte Reich der Nationalsozialisten. Neonazis arbeiten erfolgreich an der ökologischen Modernisierung des Faschismus, dem Ökofaschismus. Zum angeblichen Schutz der Natur plädieren inzwischen VertreterInnen aller bundesdeutschen Parteien, auch Grüne/Bündnis 90, für ökodiktatorische Lösungsstrategien (Grünhelme), für die Militarisierung der Ökologie. Die Autorin: Jutta Ditfurth, 1951 in Würzburg geboren, Diplomsoziologin und Journalistin, studierte auch Kunstgeschichte und Politik. Sie arbeitete in Forschung und Lehre, in der Atom- und Chemieindustrie, in Krankenhäusern und Banken. Seit 1979 Journalistin und Autorin. Zahlreiche Veröffentlichungen zu politischen und ökologischen Themen. Politisch aktiv seit Ende der sechziger Jahre, später in der Frauenbewegung und vor allem in der Anti-AKW-Bewegung. Mitbegründerin der Grünen, 1981–1985 Stadtverordnete im Frankfurter Rathaus, 1984–1988 Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen, Austritt aus den Grünen im Mai 1991. Gründung der Ökologischen Linken im Dezember 1991. Seit November 1989 im Bundesvorstand der Deutschen Journalisten-Union (dju), seit März 1992 eine von drei dju-Vorsitzenden und Mitglied im Hauptvorstand der IG Medien. Jutta Ditfurth arbeitet als freie Journalistin und Autorin und lebt in Frankfurt. Buchveröffentlichungen: Die tägliche legale Verseuchung unserer Flüsse und wie wir uns dagegen wehren können. Ein Handbuch mit Aktionsteil. Hamburg 1987; Träumen Kämpfen Verwirklichen. Politische Texte bis 1987. Köln 1988; Lebe wild und gefährlich. Radikalökologische Perspektiven. Köln 1991 V. 020205 unverkäuflich
Jutta Ditfurth
Feuer in die Herzen Plädoyer für eine ökologische linke Opposition
ECON Taschenbuch Verlag Ökologisch handeln: Dieses Buch ist gedruckt auf 100 Recyclingpapier, chlorfrei gebleicht Lizenzausgabe Stark erweiterte und aktualisierte Neuausgabe Veröffentlicht im ECON Taschenbuch Verlag GmbH, Düsseldorf und Wien, 1994 © 1992 by Carlsen Verlag GmbH, Hamburg Umschlaggestaltung: Molesch/Niedertubbesing, Bielefeld Titelabbildung: Foto Jutta Ditfurth: Kurt Steinhauser Satz: Lichtsatz Heinrich Fanslau, Düsseldorf Gesetzt aus der Aldus und Gill, Linotype Druck und Bindearbeiten: Ebner Ulm Printed in Germany ISBN 3–612–26157–6
Für Manfred Zieran und für alle Menschen, die sich ihre Utopie nicht rauben, ihre Analyse nicht dumm machen, ihre Kritik nicht denunzieren und sich in ihrer Handlungsfähigkeit nicht beschränken lassen. Ich bedanke mich bei denen, die mich bei diesem Buch mit Solidarität, Anregungen, Informationen und Kritik unterstützt haben.
Inhalt Vorwort zur erweiterten und aktualisierten Neuausgabe . . . . . . . . . . . . . 10 Feindbild Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
I.
Die letzte Ressource Destruktivkraft Gen- und Reproduktionstechnologie
Mörderische Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Alles, wirklich alles wird zur Ware . . . . . . . . . . . . 32 Die Entfremdung des Menschen von sich selbst . . . . 35 Mensch auf Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Biologistisches Dogma und zentraler Irrtum . . . . . . 45 Die Kolonisierung des weiblichen Körpers . . . . . . . 46 Selektionspflicht und faschistische Kontinuität. . . . . 50 Bioethik: Rechtfertigungstechnik für eine Wissenschaft ohne Menschlichkeit . . . . . . . . . 58 Die Propaganda der Menschenfresser . . . . . . . . . . 67 Krankheit als Legitimationsventil . . . . . . . . . . . . 71 Genmanipulierte Nahrung und gentechnische Freisetzungen . . . . . . . . . . . . 78
Weltkonzern Du Pont: Von Mausmenschen und Schweinehunden. . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Patente auf Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Selektion an der Rampe zum Arbeitsplatz . . . . . . . 89 Im Knast der Gene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Angriff auf die Emanzipation des Menschen . . . . . 107 Geld oder Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Die menschliche Zelle braucht den »Ariernachweis« . 113
II. Renaissance der Atomtechnologie Die gemeinsamen Wurzeln der Destruktivkräfte Gen- und Atomtechnologie . . . . . . . . . . . . 120 Geschmolzene Augäpfel. . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Keine Grenze, keinen Grenzwert . . . . . . . . . . . . 139 Der FRM II in Garching: Siemens baut den ersten bundesdeutschen Atomreaktor seit Tschernobyl . 153 Club of Rome, Club Atom . . . . . . . . . . . . . . . 134 Atomenergie zerstört das Klima . . . . . . . . . . . . 164 Wer ist der Club of Rome? . . . . . . . . . . . . . . . 171 Chronik eines angedrohten Konsenses . . . . . . . . 178 Das Recht gehört der Atommafia . . . . . . . . . . . 198
Rosa-grüne Wege zum atomaren Konsens . . . . . . . 211 Eine Energiecharta für die Eroberung des Ostens . . 227 »… und morgen die ganze Welt« . . . . . . . . . . . . .233 Der Angriff auf wiedererneuerbare Energien . . . . . 244 Alptraum Atomfusion – die letzte Reise der Menschheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .255
III. Ökofaschismus und Esoterik: Wege in die Ökodiktatur Die ökologische Modernisierung des Faschismus . . 278 Weinzierls Heimat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Der ökologische Wert der Armut .
. . . . . . . . . . . . . . . 309
»Juden, Zigeuner, deutsche Ossis und Russen aller Art werden uns auf den Straßen begegnen …« . . . . . . . . . . . . . . . 315 Explosives Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .319 Biologie als Schicksal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Was ist Faschismus, was Ökofaschismus? . . . . . . . 324 »Alle menstruierenden Frauen haben den Kreis zu verlassen«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Die faschistischen Wurzeln der Esoterik . . . . . . . .337 Die IdeologInnen des New Age. . . . . . . . . . . . . 342
Das New Age des Nationalsozialismus war das Dritte Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 Sexy Sadie – Gegenkultur und Esoterik seit 1945 . . 355 Rudolf Bahro und Rainer Langhans: Der »grüne Adolf« und der »neue Mensch« . . . 360 Die tiefe, ganz tiefe Ökologie des Fritjof Capra . . . . 378 Franz Alt, der Scheinheilige. . . . . . . . . . . . . . . .387 Rudolf Steiner, »Arier« und Waldorfschulen . . . . . 405 WSL: Weltbund zum Schutz der biologischen Substanz des deutschen Volkes . . . . . . . . . . 428 Braunes Müsli – der »Ernährungspapst« Dr. med. Max Otto Bruker . . . . . . . . . . . . . 435 Der Braungeist in der Pfandflasche: Ökologie in rechtsextremistischen und neofaschistischen Programmen . . . . . . . . . . 456
IV. Diese riesige, unnahbare Ordnung Fünfhundert wütende Jahre der alten Weltordnung . 474 Die Wachstumsfestung Europa rüstet für neue Schlachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 Der begrünte Stahlhelm. . . . . . . . . . . . . . . . . 506 Bevölkerungspolitik als Kampfbegriff . . . . . . . . . 532
Das rosa-grüne Band der Sympathie . . . . . . . . . 536 Eiskalt im Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 Die erstickende Harmonie der Bourgeoisie . . . . . . 548 Kauf mich, ich bin ein Umweltschützer! . . . . . . . 563 Weil der Mensch ein Mensch ist . . . . . . . . . . . . 575
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707
Vorwort zur erweiterten und aktualisierten Neuausgabe
Auf die erste Ausgabe dieses Buches reagierten verblüffend viele LeserInnen. Die meisten schrieben freundliche oder gar begeisterte Briefe. Viele schickten Informationen und Anregungen, andere setzten sich mit dem Buch kritisch auseinander. Wutausbrüche trafen ein, auch Haßtiraden und Drohungen. Manche hatten Erwartungen, die ein Buch nicht erfüllen kann: Wo sei das Rezept für politischen Erfolg? Aber eine Garantie, risikofrei emanzipatorische Politik zu betreiben, kann es nicht geben. Wo Menschen anfangen können, Politik zu machen? Die Augen aufmachen, diese Gesellschaft beobachten, ein bißchen Phantasie und keine Angst vor Fehlern und Erfahrungen. Und wenn sich ein Ansatz als falsch herausstellen sollte, daraus lernen. Eine emanzipatorische politische Perspektive entwickelt sich nur dann, wenn Menschen bereit sind, folgendes miteinander zu verbinden: Erstens: die vorhandenen Strukturen in Frage stellen, radikale, qualifizierte Kritik lernen, sich theoretisch mit den Hintergründen dieser Gesellschaft auseinandersetzen; Zweitens: die Bereitschaft, politisch zu handeln, eine Balance herzustellen zwischen Theorie und Praxis; Drittens: bereit 10
sein, sich aus dem eigenen Schneckenhaus zu entfernen und sich mit anderen, ähnlich denkenden Menschen zusammen zu organisieren – ob in einer Stadtteilinitiative oder in einer politischen Organisation. Rassismus sei doch ein Nebenthema, meinten einige aus der Ex-DDR. Viel wichtiger sei doch die soziale Lage der Ostdeutschen. Ist es nicht vielmehr so, daß unser Ziel ein selbstbestimmtes, würdiges Leben für alle Menschen sein muß, unabhängig von ihrem Paß oder vermeintlichen oberflächlichen, äußerlichen Unterschieden? In einigen Briefen prallte die alte Technik- und Fortschrittsgläubigkeit auf meine ökologische und feministische Wissenschaftskritik. »Verhaltensgenetik«, schimpfte ein Biomediziner, »ist … eine mit nüchternen Fakten untermauerte Wissenschaftsdisziplin, deren potentieller Mißbrauch auf einem anderen Blatt steht.« Als ob es nur an der gesellschaftlichen Anwendung einer Technologie läge, ob sie dem Menschen schadet oder nicht. Oft waren es männliche Leser, die an die Nützlichkeit jeder Technologie glauben wollen und denen die Wissenschaftskritik in diesem Buch zu radikal ist. Aber es gab jenen 50jährigen Katholiken und Öko-Aktivisten, der ein wenig selbstironisch mitteilt, daß er ob des »ungeheuer umfassenden Wissens und der guten Darstellung« in seinem »männlichen Stolz ein wenig gekränkt« sei. Aus intelligenter Kritik lernt eine Autorin am meisten. Manch eine Kritik wird jedoch hinter der Parole versteckt: »Das muß man doch differenziert sehen«. Damit ist dann 11
nicht gemeint: Analysiere genau und unterscheide, was zu unterscheiden ist. Sondern: Mache unscharf, verwässere Deine Kritik so lange, bis Du meiner Meinung bist! Überraschend, mit wie geringer Analysequalität sich die Differenzierungs-Forderer dann selbst zufrieden geben, sobald eine oder einer ihre Meinung teilt. Wenn ich zum Beispiel ausführlich begründe, weshalb ich die Gentechnik ablehne, erwarte ich die Auseinandersetzung mit meiner Analyse und meinen Argumenten. Statt dessen stieß ich, auf der Suche nach dem konkreten Gegenstand der Kritik, häufig nur auf irrationale Sehnsucht, auf neuen unkritischen Fortschrittsglauben, daß doch die neue Technik die Rettung sein möge. Wie viele Menschen sind so sehr von der eigenen Hoffnung auf politische Veränderungen enttäuscht, daß sie Zuflucht bei der scheinbaren Machbarkeit durch Naturwissenschaft und Technik suchen und aggressiv diejenigen abwehren, die ihnen diese falsche Hoffnung nehmen (müssen)? Ich freue mich darüber, daß in einigen Umweltverbänden, besonders in der Umweltjugendbewegung, die Diskussion über die soziale Frage endlich geführt wird und mensch sich endlich auch rechtem und ökofaschistischem Gedankengut – auch in den eigenen Verbänden – auseinandersetzt. Wer Gurus angreift, wird von ihren eifernden Jüngern attackiert. Vor allem die Attacken zur Rechtfertigung von Rudolf Bahro und den AnthroposophInnen waren für die Autorin lehrreich. Manch eine Verteidigung der Gurus bestärkte meine Kritik, wenn zum Beispiel geschrieben wurde: 12
»Bahros Gedanke, daß die Menschen ihrem Stamm stärker verhaftet seien als ihrer Klasse« sei »Überdenkenswert«, und der Briefschreiber habe so »viel mit Tieren und Zoologie zu tun gehabt«, daß er schon denke, »daß sich einige Arten (von Menschen) in Rassen aufteilen«. Eine mit Rudolf Bahro verbundene Lernwerkstatt in der Eifel verbreitete einen wutschäumenden Brief gegen dieses Buch, woraufhin zwei österreichische Wissenschaftler offenlegten, daß sie in ebenjener Bildungsstätte mit Schwärmerei für die »hohe Sterbekultur der SS« konfrontiert worden seien. (Auch dieser Konflikt ist neu in dieses Buch aufgenommen.) Manche Kritik traf Teile der Linken: Der Boom der Esoterik hat auch mit den Fehlern von Linken in Zeiten ihrer Stärke zu tun. Daß in vielen linken Organisationen Phantasie, politische Kultur und solidarischer Zusammenhang weniger lebendig waren als an Fließbandarbeitsplätzen hat sicher auch zu ihrem Zerfall beigetragen. Andererseits: Auch das freundlichste Kollektiv bewahrt eine/n nicht vor der Anforderung, sich politisch auseinandersetzen zu müssen. Der Umgangston in einer Gruppe mag noch so liebevoll und konfliktvermeidend sein, irgendwann kommt die Herausforderung, sich auch in miesen Zeiten den gar nicht mehr freundlichen Konflikten zu stellen, BündnispartnerInnen nach inhaltlichen Kriterien zu suchen, nicht (nur) nach Zuneigung. Da müssen Menschen dann politische Vernunft zeigen, widerstandsbereit sein und konfliktfähig, ohne jede Garantie auf Erfolg. Da hilft dann auch kein höheres Wesen. 13
Manche Verteidigung des Gurus Rudolf Steiner führte zur Erweiterung des Archivs der Autorin und dieses Buchs. Ein anthroposophischer Ministerialrat a.D. aus Bonn etwa empfahl wütend: Lassen Sie »in Zukunft derartige Äußerungen über etwas, von dem Sie nicht nur nichts, sondern offenbar das Gegenteil verstehen.« Andere AnthroposophInnen fanden die Darstellung der Überschneidungen zwischen Anthroposophie und Faschismus »verwerflich« und Teil jener »moralisch schmutzigen« Verhaltensweisen, die »die Erde ruinieren«. »Nur wer Anthroposoph sei«, so die ständige verquere Logik, »könne Steiner verstehen und dürfe ihn kritisieren«, meinten andere. Und »wer Steiner verstünde, brauche ihn ja nicht mehr zu kritisieren«. Wie praktisch. Opfer der anthroposophischen Sekte dankten der Autorin für die öffentliche Kritik und berichteten von okkulten Zwängen und von Rassismus gegen ausländische LehrerInnen und SchülerInnen an vielen Waldorfschulen. Ich erhielt historische Belege über die Kooperation der Anthroposophen mit den Nazis vor 1945 und anthroposophischer Beteiligung an Menschenversuchen in KZs. Auch darum ist dieses Buch erweitert worden. Esoterik ist die in diese Phase des Kapitalismus passende entpolitisierende und entsolidarisierende, leistungssteigernde Ideologie. »Sie säen Haß in die Herzen. Das Feuer, das in Ihrem Herzen brennt, ist eins, das Sie verbrennen, verzehren wird … zurück bleibt Asche«, schimpft eine Anhängerin des New Age. Asche? Nun, ich werde die fehlende Sympathie dieser Leserin verkraften. 14
Wo mein Wille bleibe, die »Mehrheit des Volkes« zu erreichen, fragt einer. Ich müsse doch nur klug taktieren! Wer so opportunistisch redet, den finden wir, auch in der Geschichte, irgendwann bei der Mehrheit, aber der herrschenden, der falschen. Ob ArbeiterInnenbewegung, Frauenbewegung oder Anti-AKW-Bewegung: Es waren immer zahlenmäßige Minderheiten, die radikale Reformen oder revolutionäre Veränderungen durchsetzten. Über ihren Erfolg, für den es keine Garantie gab, entschied, ob es ihnen gelang, gesellschaftliche Gegenmacht aufzubauen und auf diese Weise (begrenzte) Erfolge zu erkämpfen. Ein Vorwurf war: Ich hielte an »alten Forderungen« fest und an Werten wie: internationale Solidarität, Emanzipation oder gar Antikapitalismus. Solange es die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen gibt, bleibt die Forderung nach ihrer Aufhebung. Ist schon je ein Konzernaufsichtsrat von einem Reporter gefragt worden, weshalb er immer noch an der uralten Vorstellung der »Arbeitsplatzvernichtung« und der Selbstverständlichkeit, die Natur für Profit zu vernichten, festhält? Manche Zustimmung erreichte mich schweigend: Ich schlage eine politische Zeitung auf, lese in einer Zeitschrift oder einem Buch und erkenne plötzlich große Auszüge aus diesem Buch wieder, ohne jede Quellenangabe. Wenn’s der Aufklärung dient! Gefreut hat mich die Nachfrage aus dem Ausland, aus Österreich, der Schweiz, Griechenland, Japan, lateinamerikanischen Ländern und den USA. Es ist schön zu erfahren, daß mit »Feuer in die Herzen« Diskussionen 15
und politische Aktivitäten unterstützt und ausgelöst werden konnten. Manche Lesungen mit der Erstausgabe dieses Buchs gestalteten sich turbulent. Gelegentlich versuchten FaschistInnen zu stören: In Vlotho beispielsweise mußten die VeranstalterInnen vom Arbeitskreis Entwicklungspolitik (AKE) und die Autorin Neonazis aus dem Saal schicken. Der für die Finanzierung des AKE zuständige Landschaftsverband geißelte später die »Intoleranz« der Veranstalter: Will der AKE die Unterstützung des (sozialdemokratischen) Landes nicht verlieren, soll er künftig FaschistInnen bei Veranstaltungen dulden. Amüsiert hat mich hingegen die Reaktion auf meine Kritik an der rechten bis rechtsextremen ÖDP: Ihre Funktionäre verschickten wutschäumende Stellungnahmen, per Mailbox bot der Ex-ÖDP-Vorsitzende Ritter sogar »Argumentationshilfen« gegen die Autorin an. Aber nicht eine einzige wirkliche Richtigstellung aus ÖDP-Kreisen erreichte die Autorin. Nur: Herbert Gruhl sei nicht 1990, sondern schon 1989 aus der ÖDP ausgetreten. Eine wirklich bedeutende Korrektur, wenn mensch bedenkt, daß von Gruhl verfaßte Programme und seine ökofaschistischen Bücher noch im Wahljahr 1994 auf den Veranstaltungen der ÖDP angeboten werden! Nicht ein einziges ÖDP-kritisches Argument in diesem Buch ist zurückzunehmen, im Gegenteil, es kommen neue hinzu: Neuerdings versucht die ÖDP heftig, um junge WählerInnen zu buhlen. Als Aushängeschild dient ihr z. B. Franz 16
Alt, seine Fernsehpopularität und seine scheinbar christlichethische Position. Damit dies nicht so leicht gelingt, wurde dieses Buch um ein politisches Portrait von Franz Alt erweitert: sein Antisemitismus, seine Unterstützung eines neofaschistischen Kinder- und Jugenderziehungsheims, seine merkwürdigen Kooperationen. Schön ist, daß die Tarnmanöver der ÖDP nicht mehr so gut gelingen wie früher und daß sie inzwischen aus etlichen ökologischen und linken Bündnissen rausgeflogen ist. Manchmal gab es, zwischen Zustimmung und Kritik, auch falsche Zustimmung. Da folgt auf schwärmerisches Lob die Empfehlung, das intellektuelle Niveau zu senken, weniger Argumente zu verwenden, diplomatischer zu sein: »Du nimmst den Lesern ihre Ideale und Wurzeln. Du nimmst ihnen ihren Glauben an ihre Religion und geisteswissenschaftlichen Väter … Du bietest ihnen keinen Ersatz.« Gut so, denn erst jenseits des Glaubens ist Selbstbestimmung und Emanzipation möglich. Es schrieben SchülerInnen, die anderswoher keine Antworten erhofften, StudentInnen, die die unpolitische Enge der heutigen Universitäten umtreibt, alte KämpferInnen gegen Wiederbewaffnung und Notstandsgesetze, GewerkschafterInnen, die über Perspektiven jenseits der Einbindung in Kapitalinteressen diskutieren wollen, FeministInnen, Eltern, Beamte und Punks: »daß so gut wie keine andere Veröffentlichung in den letzten Jahren die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse so gut analysiert. Du schilderst die ›Hauptstoßrichtungen‹ des 17
Kapitals, ohne Dich in Nebensächlichkeiten zu verlieren oder zu abstrakt zu werden.« Und nach einer Lesung: »Es hat unglaublich gutgetan, einen Abend mit Menschen zu verbringen, die noch nicht das Gefühl haben, daß eh’ alles keinen Sinn mehr hat«; ein anderer: »… an diesem Abend habe ich so viel Neues erfahren, ganz andere Blickwinkel gezeigt bekommen, und dafür bin ich wirklich dankbar«. Neu ist in dieser stark erweiterten und aktualisierten Ausgabe sehr viel: Alle Kapitel wurden überarbeitet. Zusätzlich finden sich viele neue Abschnitte und neue Kapitel: z. B. über Bioethik und Organtransplantation, über den EuroAtomreaktor und das Atomkraftwerk in Garching, über Rudolf Bahro, Franz Alt und die Anthroposophen. Dr. med. Max Otto Bruker, der in der Erstausgabe nur mit wenigen Zeilen erwähnt war, hat versucht, die Erstausgabe des Buches vor Gericht zu verhindern. Was dann bei meiner mehr als einjährigen Recherche über den »Ernährungspapst« herauskam, war gleichfalls ein eigenes Kapitel wert. Von vielen gewünscht, ist dieser Ausgabe nun ein umfangreiches Personen- und Stichwortregister beigefügt. Ich wünsche viel Interesse und Vergnügen bei der Lektüre dieser Neuausgabe und warte neugierig auf Reaktionen, auf Zustimmung wie auf Kritik. Jutta Ditfurth
Frankfurt /Main, im Juli 1994
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Feindbild Mensch
Wir wissen nicht, ob am Ende der Auseinandersetzung um ein humanistisches Menschenbild der Mensch, wie wir ihn heute kennen, noch existieren wird: kreativ und widersprüchlich, lernfähig, fähig zu Reflexion, Selbstbestimmung und Emanzipation, neugierig und feige, solidarisch und egoistisch, unterwürfig und freiheitsliebend. Die Fronten in dieser außerordentlich politischen Auseinandersetzung um das, was der Mensch ist und was er künftig sein soll, scheinen verworren. Weder BündnispartnerInnen noch GegnerInnen verhalten sich, wie wir es von ihnen erwarten könnten. Der Mensch ist ein »Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse« (Marx), in denen er aufwächst, lebt, arbeitet, liebt, streitet und kämpft. Die gegensätzliche Vorstellung finden wir nicht nur in der traditionellen und herrschenden Auffassung der Medizin und der Biologie. Das Feindbild »Mensch«, die gewaltsame biologistische Beschränkung des Menschen auf Geschlecht, angebliche Rassen, auf »Begabungen« und »Anlagen« streut heute in alle Bereiche der Gesellschaft. Lose, oberflächliche Gedankenfacetten verbinden sich zu geschlossenen biologistischen Konzepten. Gedankenschrott und Bewußtseinsgifte wie die der Esoterik nähren menschenfeindliche, politische und wirtschaftliche Interessen. Und die organisieren sich erschreckend systematisch. 19
In »Deutschland«, wie die BRD plötzlich hemmungslos genannt wird1, wurde der Faschismus nie aufgearbeitet, weder von den Herrschenden in Kapital und Politik noch von den »kleineren« TäterInnen und MitläuferInnen. Wichtige Akteure2 überlebten das Ende des Nationalsozialismus und beteiligten sich nach 1945 an der »Gestaltung« von Nachkriegsdeutschland. Sie bestimmten die Strukturen, die Ausbildungsinhalte und das Bewußtsein in Wirtschaft, Politik, Justiz, Kultur, Bildung, Medizin. In den Wissenschaften, von der Medizin bis zu den Sozialwissenschaften, hat, von den Emanzipationsbewegungen der sechziger bis achtziger Jahre zeitweise an den Rand gekämpft, ein Menschenbild überlebt, das jedem und jeder einen festen Platz in der Gesellschaft zuweist. Wer oben ist, soll oben bleiben, wer unten ist, unten. Autoritäre Gesellschaften und Herrschaftsverhältnisse werden aus »biologischer« Ordnung abgeleitet. Ausbeutung, Erniedrigung und Perspektivlosigkeit erfahren ihre »natürliche« Begründung. Ob Biologie oder kosmisches Schicksal: Gen technokratInnen, ÖkofaschistInnen und AnhängerInnen des New Age gehen Hand in Hand in die Ökodiktatur. Wir werden feststellen, daß wir mitten im Prozeß der Enthumanisierung der Ökologie stehen und daß sie uns in vielfacher Gestalt als Kampfbegriff gegenübertritt. Die außerparlamentarische Opposition, linke und emanzipatorische Initiativen, die StudentInnen- und die Lehrlingsopposition, die Anti-AKW- und die Frauenbewegung, antimilitaristische und internationalistische Bewegungen 20
haben seit 1968, vielleicht 15 oder 20 Jahre lang, den stinkenden Mief nicht nur »unter Talaren« wegfegen können. VertreterInnen von Staat, Kapital, Kirche und etliche Besitzer der veröffentlichten Meinung treten seit einigen Jahren mit guter Hoffnung an, die Erfolge dieser begrenzten gesellschaftlichen Emanzipation auszuradieren. Haben sie Erfolg, wird dieses Land noch schwerer erträglich, als es sowieso schon ist. Es gäbe dann kaum noch Widerstand gegen die Eroberungsfeldzüge gegen Menschen und Natur. Mit einigen Managern läßt sich derzeit unverkrampfter als mit manchen ehemaligen Linken darüber diskutieren, daß wir im Kapitalismus leben und daß es der zentrale Antrieb des Kapitals ist, sich menschliche Arbeitskraft und Natur möglichst billig anzueignen, um die günstigsten Verwertungsbedingungen zu schaffen. Wer inzwischen von den Verhältnissen profitiert und deshalb keine anderen (mehr) will, leugnet diese Grunderkenntnis. Solche Leute erkennen wir gelegentlich daran, daß sie verharmlosend von »ökologischer und sozialer Marktwirtschaft« schwätzen und zusammenzucken, wenn eine/r statt dessen von »Kapitalismus« spricht oder »Profit« sagt statt »Gewinn«. Politische Erkenntnis und gesellschaftlicher Erfolg stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang. Wir sollten versuchen, schlechte politische Zeiten wenigstens ohne verblödeten Kopf zu überstehen. Einer der Erfolge der Linken in den 60er und 70er Jahren war, daß Menschen lernten: Wissenschaft und Technologie sind nicht wertfrei, sondern interessengeleitet, was bedeutet, 21
daß es in der Forschung viele Weichen gibt, an denen sich der weitere Weg entscheidet, zum Beispiel für Atomenergie und gegen eine ökologische und soziale Energieversorgung. Forschungsziele und Erkenntnisinteressen richten sich nach den spezifischen Kapitalverwertungsinteressen der jeweiligen Fraktion, die auf die wissenschaftliche Arbeit Einfluß nimmt. Im Fall der Atommafia ist dies nach wie vor das Interesse an Herrschaft und Profit durch Atombombenfähigkeit und Energieverschwendung. Für die Atomenergie wie für die Gen- und Reproduktionstechnologie gilt: Überprüfe, wer woran arbeitet, wer Forschung, Wissenschaftler und Wissenschaftlerin bezahlt und aus welchem ökonomischen oder politischen Interesse. Dann weißt du, was herauskommen soll, welchem Zweck es dient, welche Zusammenhänge, sozialen Interessen und welcher Teil der Realität vernachlässigt und geleugnet wird, welche alternativen wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen zerschlagen werden und welche politische Entwicklung uns droht.
I. Die letzte Ressource Destruktivkraft Gen- und Reproduktionstechnologie
Mörderische Ethik
Die Gen- und Reproduktionstechnologien bieten die wissenschaftlich legitimierte Möglichkeit, die Grenzen der Ausbeutung von Mensch und Natur zu erweitern, mehr aus dem menschlichen Körper herauszupressen als nur Arbeitskraft, mehr aus dem Boden als nur Uran oder Saatgut. Der Angriff der Gendiktatoren aus Kapital, Politik und Wissenschaft richtet sich auf die Ware aller Waren: den menschlichen Körper, die menschliche Zelle. Die Kapitaloffensive zielt auf die menschlichen Gene, auf den um alle seine sozialen Fähigkeiten enteigneten, biologisch reduzierten, gentechnisch zerlegten Menschen. Für die maximale Ausbeutung unseres Lebens stehen dem Gentechkapital noch einige Hindernisse entgegen: ein paar lästige Gesetze, wenige moralische Skrupel in Teilen der herrschenden Klasse und vor allem der Stand der gegenwärtigen Forschung. Während sie viele Milliarden US-Dollar und Mark in die Gentechnologie investieren, zielen die Betreiber auf die Beseitigung der 23
größten Barriere ihrer Pläne: den kulturellen Schranken des gegenwärtigen, brüchigen Wertesystems. Denn das Menschsein soll ein völlig anderes werden. Viele wissenschaftliche und technische Entwicklungen wurden nie gemacht oder nie weiterverfolgt, weil sie den Herrschenden weder ökonomischen noch politischen Nutzen versprachen. Es gibt Produktivkräfte, die unter allen gesellschaftlichen Bedingungen zu Destruktivkräften werden, wie die Atomenergie und die Gen- und Reproduktionstechnologie. Andere technologische Systeme haben oft einen ambivalenten Charakter. Ihre Brauchbarkeit für uns kann manchmal von den konkreten technischen und gesellschaftlichen Umständen abhängen, unter denen sie eingesetzt werden. In der chemischen Industrie beispielsweise finden wir Produktionsverfahren oder Stoffe, die mit Änderungen auch in einer künftigen humanen Gesellschaft nützlich sein könnten. Anderes, wie die gesamte Chlorkohlenwasserstoffproduktion, Pestizide oder chemische Kampfstoffe, ist unter allen Umständen zerstörerisch. In den Naturwissenschaften wurde nach der Physik die Biologie zur neuen Leitwissenschaft. In der Verbindung mit der Medizin und mit unbedingter Unterstützung der Informatik3 nimmt sie in Gestalt der Gen- und Reproduktionstechnologie den Spitzenplatz des gegenwärtigen Forschungsinteresses ein. Sobald die in der Gentechnologie liegenden ungeheuren Profitchancen den Kapitaleignern bewußt wurden, lenkten sie große Teile ihrer Forschungs24
und Entwicklungskapazitäten auf die Gentechnologie. Heute ist diese in ihrem Organisationsgrad allenfalls mit der Rüstung vergleichbar. In einer Gesellschaft wie der deutschen, in der Faschismus nicht aufgearbeitet, sondern mit Großmachtbildung »belohnt« wird, lebt der Rassismus, und als dessen spezifische Ausprägung der Antisemitismus4, um so heftiger weiter. Wie sollte gerade die Gen- und Reproduktionstechnologie von rassistischer und biologistischer Ideologie frei sein? Die Ideologie von der angeblichen Minder- und Höherwertigkeit menschlichen Lebens, die Eugenik5, ist, ganz im Gegenteil, in den Gen- und Reproduktionstechnologien bestens aufgehoben. Mit dieser Technologie kann sich die Eugenik weiter ausbreiten, das naturwissenschaftliche Menschenbild und bald das sozialwissenschaftliche dominieren und immer tiefer in alle Bereiche dieser Gesellschaft vordringen. Ein moderner Faschismus würde, gleichgültig wie ablehnend sich heute einige neofaschistische Organisationen gegenüber der Gentechnologie verhalten, ohne Gen- und Reproduktionstechnologien nicht mehr auskommen. Wie im Kapitalismus der Faschismus angelegt ist – als Möglichkeit, nicht als zwangsläufige Entwicklung –, ist der Gen- und Reproduktionstechnologie die Eugenik, die systematische Unterscheidung in »minder- und höherwertiges« Leben, immanent. Die internationale »WissenschaftlerInnengemeinde«, wie sie sich selbst verniedlichend nennt, behauptet, sie stimme darin überein, nicht in die menschliche Keim25
bahn einzugreifen. Bei diesem Eingriff wird fremde (etwa tierische) Erbsubstanz gentechnisch in die menschliche Eizelle eingebaut, mit dem Ziel der Weitervererbung dieser fremden genetischen Eigenschaften über mehr als eine Generation. Werden diese Verfahren perfektioniert und beschleunigt, steht am Ende der Mensch als ein Stück gentechnisch rekombiniertes Leben. »Wenn wir, sagen wir mal in zweihundert Jahren, die DNA maschinell herstellen können, dann könnten wir genau entscheiden, welchen Menschen, nach welchem genetischen Vorbild, wir haben wollen«, sagt Joshua Lederberg, Nobelpreisträger für Medizin und Physiologie.6 Möglicherweise wäre er einer derjenigen, die entscheiden würden, nach welchem Vorbild »wir« den Menschen haben wollen. 1966 schlug Lederberg vor, es doch einmal mit der Züchtung von »subhumanen Individuen« zu versuchen: gentechnische Kreuzungen aus Menschen und Affen für spezielle niedere Aufgaben; und andererseits die Klonierung (künstliche Herstellung genetisch identischer Kopien einer Zelle durch ungeschlechtliche Vermehrung) wertvoller menschlicher Erbgutträger. 1970 führte er vor dem Repräsentantenhaus in Washington die Notwendigkeit aus, durch vorgeburtliche Selektion und später durch gentechnischen Umbau »defekter Menschen« die Zahl der Belegungen von Krankenhaus- und Anstaltsbetten – und damit die Kosten – um ein Viertel zu senken. Lederberg kann sich mit seinem Menschenbild des Unmenschen in Gentechnologenkreisen höchster Zustimmung erfreuen, er ist wahrlich kein Außenseiter. 26
Später wurde er zum Chefberater der erfolgreichen Cetus Corporation (USA).7 Die WissenschaftlerInnengemeinde ähnelt einem Marionettentheater im Eigentum der multinationalen Konzerne (deren Begehrlichkeiten sie im eigenen Interesse voranzutreiben weiß). Zwischen der ersten Ausgabe von »Feuer in die Herzen« (1992) und dieser erweiterten Ausgabe (1994) lagen nur zwei Jahre. In dieser Zeit zerbrachen die GentechnologInnen ihren angeblichen Konsens, nicht in die menschliche Keimbahn einzugreifen. 1992 schrieb ich noch: »Sie (die WissenschaftlerInnengemeinde) wird ihre Übereinkunft, die heute mindestens experimentell andauernd unterlaufen wird, eines Tages auch offen sprengen. Noch ist der Kampf nicht ganz entschieden.«8 Nicht ganz entschieden? Während Gentechnikbefürworter und Ex-Bundespräsidenten-Kandidat Jens Reich noch bestenfalls naiv erklärt: »Die Keimbahntherapie ist verboten und dabei bleibt’s«, läuft die Entwicklung an ihm vorbei.9 US-Forscher der Universität von Pennsylvania in Philadelphia haben bei US-Behörden und beim Europäischen Patentamt (EPA) in München den Antrag gestellt, in die Keimbahn von Tieren gentechnisch einzugreifen. Der Antrag ist brisant, denn das Verfahren wäre, wie die Wissenschaftler Ralph Brinster und Jim Zimmermann eingestanden, auch beim Menschen anwendbar. Zuerst wird das spermaerzeugende Gewebe in den Hoden mit Chemikalien oder radioaktiver Strahlung zerstört, dann werden fremde Zellen, die gentechnisch 27
manipuliert sein können, »eingebaut«, die anderes Sperma bilden, »Designer-Sperma«, das genetisch nicht mit den Körperzellen übereinstimmt. Das »Ausgangstier«, das den Antragsunterlagen zufolge auch ein Mensch sein kann, wäre also mit seinem Nachwuchs nicht mehr verwandt, ein fremdbestimmter, genmanipulierter, staatlich genehmigter Mensch die mögliche Folge. Niemand weiß, welche biologischen »Nebenwirkungen« der Eingriff in die menschliche Keimbahn hat, welche Konsequenzen für die Evolution. »Frei von Sorge«, lesen wir im Patentantrag, wäre dann ein Mann, einen »Erbdefekt« auf seine Nachkommen zu übertragen.10 An vielen Orten reden sich Verkaufsstrategen hochbezahlte Köpfe heiß und entwerfen Kampagnen, wie die weitere Manipulation des menschlichen Erbgutes einer skeptischen Öffentlichkeit schmackhaft zu machen ist. Wer bereit ist, Lebewesen zu patentieren, will das Leben in seinen Besitz bringen und kommerzieller Nutzung zuführen. Wer mit Hilfe der Genomanalyse gesundheitlich gefährdete Arbeitssuchende selektiert, will nicht etwa gesundheitsschädliche Produktionsbedingungen verändern, sondern sucht nach giftresistentem »Menschenmaterial«. Wer die vorgeburtliche Diagnostik ständig um neue Prüfkriterien erweitert und zur Zwangseinrichtung machen will, will die Qualitätskontrolle für Embryonen und bereitet Menschenzüchtung vor. Wer den Menschen auf seine Gene reduziert, seiner sozialen Potenz beraubt, wer Eliten durchsetzt und die Oben-Unten-Ordnung, wird eines Tages menschliche Pro28
totypen durchsetzen wollen, den Kapitalinteressen perfekt angepaßte menschliche Lebewesen. Auf der internationalen CIBA-Konferenz 1962 in London waren gentechnisch verkrüppelte Menschen für die Raumfahrttechnik eine Idee, die nicht auf Ablehnung stieß. Heute reden die Gendiktatoren von anspruchslosen, giftresistenten Robotermenschen, profitablen biologischen Maschinen. Es ist das Ziel der Menschenzüchtung, die einzigartige menschliche Individualität fremdbestimmten Interessen zu opfern. Das Menschenbild der GentechnokratInnen ist seit vielen Jahren bekannt. Es setzt sich schleichend durch. Was sollten die Fraktionen von Kapital, Staat, Politik, Wissenschaft und Medien demnächst noch gegen Menschenzüchtung einzuwenden haben? Die Zurückhaltung ist vorzugsweise taktischer Natur. Die Gen- und ReproduktionstechnologInnen haben es verstanden, die Geschichte ihrer Wissenschaft zu verbergen, denn ein Grundstein der heutigen Humangenetik wurde in den faschistischen Vernichtungsanstalten und Konzentrationslagern gelegt. »Die besten Geister der Menschheit werden genetische Methoden entwickeln, die neue Eigenschaften, Organe und Biosysteme erfinden, die den Interessen, dem Glück und der Herrlichkeit jener gottgleichen Wesen dienen, deren dürftige Vorahnung wir elende Kreaturen von heute sind«, sagte der US-Eugeniker und Nobelpreisträger Hermann Joseph Muller. 1935 schlug er vor, das »stark befallene menschliche Material […] so gut wir können zusammen[zu-]setzen«.11 Man müsse eines 29
Tages auf der Suche nach den »Genen für Schwachsinn«, träumt Muller, »die gesamte Bevölkerung im Hinblick auf ihre möglichen ›Trägereigenschaften‹ gründlich untersuchen und bei einem Großteil die Fortpflanzung unterbinden«. Nur »Trägheit« und »Ignoranz« verhinderten die »Loslösung der Fortpflanzungsfunktion vom Liebesleben des Individuums«. Durch »Selektion männlicher Keime« sei es heute (1935!) schon möglich, daß 50 000 Kinder durch »künstliche Besamung« die »Anlagen eines als überragend einzuschätzenden Mannes« erben. Klar wurde, wer sich selbst für »überragend« hält: 80 Prozent allen Spendersamens stammen heute (Anfang der neunziger Jahre) von Medizinern und Medizinstudenten.12 Muller ist kein Sonderfall. Auf der genannten CIBAKonferenz redeten die Wissenschaftler noch Klartext. Etwa Nobelpreisträger Joshua Lederberg: Das Wesen des Menschen lasse sich auf »1,80 Meter einer besonderen Molekülsequenz«, die Länge seiner DNS13, zurückführen.14 Zuchtauswahl, die Entwicklung der Gesellschaft hin zur »freiwilligen« Eugenik (Auswahl »hochwertiger« Keimzellen, Verhinderung »minderwertigen« Lebens), Leihmütter, vegetative Vermehrung von sogenannter Genialität, Diskriminierung und Vernichtung von »genetisch Defektbelasteten« – Begriffe wie diese prägen die Sprache der GentechnokratInnen bis heute. Die Menschheit trägt eine »genetische Bürde«, und RassehygienikerInnen, SoziologInnen und GentechnologInnen sind nur da, um uns ein wenig von der Last des Lebens abzunehmen. Medizin-No30
belpreisträger F. H. C. Crick, heute einer der berühmtesten Gentechnologen, sagte 1962 in London: »Haben die Menschen überhaupt ein Recht, Kinder zu bekommen? Wie wir von Dr. Pincus […] hörten, wäre es für die Regierung nicht sehr schwierig, der Nahrung etwas beifügen zu lassen, was den Nachwuchs unterbindet. Außerdem könnte sie […] ein anderes chemisches Mittel bereithalten, das die Wirkung des ersteren aufhebt und das nur solche Leute erhalten, deren Fortpflanzung erwünscht ist. Das wäre keineswegs indiskutabel […] von der humanistischen Ethik sehe ich nicht ein, wodurch ein Recht auf Kinder zu begründen sein soll In frauenfreundlicher Pose plädieren Müller und seine Epigonen für eine Aufzucht des Embryos außerhalb des Mutterleibs, um die Frauen von der »oft unerträglichen Last ihres Geschlechts« zu befreien und die »unvorstellbare Tortur der Geburt zu mildern«. Worum es ihm eigentlich geht, sagt er deutlich: »Ein solcher Fortschritt in der Wissenschaft der Fortpflanzung würde uns die wertvolle Möglichkeit eröffnen, die Entwicklung des Embryos sehr viel unmittelbarer zu steuern«, und von noch größerer Bedeutung wäre die »Möglichkeit, Embryos mit überragenden Erbanlagen selektiv großzuziehen oder gar zu vermehren.«16 Im April 1992 gab die Medizinische Fakultät der Universität Tokio bekannt, daß in ihrer gynäkologischen (!) Abteilung erstmals eine Ziege in einer künstlichen Gebärmutter heranreife. Der zuständige Wissenschaftler Yoshinori Kuwabara hält die Übertragung der Methode auf Menschen für so machbar wie wünschenswert. Eine 31
italienische Arbeitsgruppe um Carlo Bulletti arbeitet in Bologna mit herausoperierten Gebärmüttern und sogenannten überzähligen Embryonen an dem gleichen Problem.17 Muller formulierte bereits in der Zeit des Faschismus, wovon GenetikerInnen Anfang der neunziger Jahre träumen: Menschenzucht, Macht über Fortpflanzung und Leben und die restlose Plünderung der biologischen Potenzen des Menschen zum Zwecke der Herrschaft über das Leben und des Profits. Es ist, als wäre Mein Kampf noch einmal geschrieben worden und als läse fast niemand das Buch und niemand nähme es ernst.
Alles, wirklich alles wird zur Ware Im Slum einer indischen Stadt betreut ein Team ausländischer Ärzte eine Gruppe von Frauen. Alle diese Frauen gehören zu den Ärmsten, und alle haben neugeborene Babys. Ihre Lage ist anders als die ihrer Nachbarn. Sie werden abwechslungsreich ernährt, sie erhalten Seife, saubere Kleidung, Wäsche und Trockenmilch für ihre Kinder. Dafür bezahlen sie mit ihrem Körper. Sie prostituieren sich nicht sexuell, sondern vermieten biologische Funktionen ihres Organismus an einen bundesdeutschen Chemiekonzern. Ihre Milchsekretionsdrüsen wurden von den Ärzten gentechnisch so manipuliert, daß sie einen wertvollen pharmakologischen Grundstoff produzieren, den sie mit der Muttermilch aus32
scheiden. Diese Milch zapfen die Forscher den Frauen ab und filtern in ihrem Labor den begehrten Wirkstoff heraus. Die Substanz wird sorgfältig in gläserne Sicherheitsbehälter verpackt, vakuumverschlossen und tiefgekühlt an die Forschungsabteilung des Chemiekonzerns geschickt. Der Konzern bezahlt die Ärzte gut, denn der aus den menschlichen Fabriken, den Frauen, gewonnene pharmakologische Wirkstoff läßt sich zu Höchstpreisen vermarkten. Diese Beschreibung bezieht sich auf die nächste Zukunft. Beim Europäischen Patentamt in München liegt seit April 1992 ein Antrag mit der Nummer EP 0279 582 A 3. Antragsteller und Nutznießer: Baylor College of Medicine in Houston, Texas, USA, und die Firma Granada Biosciences, Houston, Texas.18 Es ist ein Antrag auf »gene pharming«, ein gentechnisches Verfahren, mit dem Säugetiere durch gentechnische Manipulation dazu veranlaßt werden sollen, pharmakologische Wirkstoffe herzustellen. Unter Punkt achtzehn und neunzehn finden wir unter diesen Säugetieren das »Säugetier Frau«, deren Brustdrüse manipuliert und in den Privatbesitz der Antragsteller gelangen soll. Bisher wurde das Verfahren bei Nutztieren angewendet. Auch wenn dieser Antrag erst einmal abgelehnt werden sollte, wird er doch in wenigen Jahren, geht die Entwicklung so weiter, durchgesetzt sein. Einen positiven Vorbescheid erhielt ein australisches Institut, das ein Gen aus dem Eierstockgewebe einer schwangeren Frau patentieren lassen will. Dieses Gen steuert das menschliche Hormon Relaxin während der Geburt.19 33
Körper von Tieren dienen seit Jahren als Fabriken. Transgene Tiere, solche also, denen menschliche Gene ins Erbgut eingebaut werden, stehen für das Gentechnikkapital in Ställen in den USA, in Schottland, in den Niederlanden, in Finnland und anderswo. In allen Fällen sollen mit den manipulierten Tieren – unterschiedliche – pharmazeutische Wirkstoffe produziert werden. Vor allem aber der weibliche Körper ist für die WissenschaftlerInnen hochinteressant: Milchdrüsen, Eizellen, Eierstöcke, Gebärmutter. Das Ziel ist die Verfügungsgewalt über die menschliche Fortpflanzung mittels der Kontrolle und der Enteignung des weiblichen Reproduktionsapparates. Diese Verfügungsgewalt ist die Voraussetzung für Menschenzucht. VertreterInnen der gen- und reproduktionstechnologischen Wissenschaft, oft mit Nobelpreisen dekoriert, wollen die Fortpflanzungsorgane aus dem weiblichen Körper lösen. Die menschliche Fortpflanzung soll diesem gefährlichen, düsteren Ort, der weiblichen Gebärmutter, entrissen werden, Stück für Stück. Eizellen zum Beispiel können auch toten Frauen entnommen werden. Wer braucht in Zukunft eine ausgewachsene Frau mit lästigen sozialen Ansprüchen und Rechten, wenn ein zu diesem Zweck gezüchteter weiblicher Embryo die begehrten Eierstöcke besitzt, die man für die Produktion von Eiern herausoperieren und kultivieren können wird?
34
Die Entfremdung des Menschen von sich selbst
Die neue Form der Herrschaft des Menschen über den Menschen verlangt technische und ideologische Voraussetzungen. Neben der Veränderung des gegenwärtigen Bewußtseins der Menschen von sich selbst gibt es seit langem die Enteignung selbstbestimmter Sexualität und Fortpflanzung durch Abtreibungsverbot, Gebärzwang und die Kontrolle von Schwangerschaft und Geburt. Dieses alte System, das patriarchale Herrschaft20 seit Jahrtausenden stärkt, erfährt unter den Bedingungen wissenschaftlicher und technologischer Veränderungen einen Entwicklungssprung. Um über die reproduktiven Fähigkeiten jener Menschen verfügen zu können, die über sich selbst bestimmen wollen, muß ihnen das Selbst-Bewußtsein genommen werden. Die Frau, die abtreiben will oder abgetrieben hat, ist – sofern sie weiße Bewohnerin des reichen Nordens ist – Haßobjekt organisierter AbtreibungsgegnerInnen in Staat, Kapital, Kirche und Teilen der Medien. Die Frau, die entschieden hat zu gebären, wird zur kranken Frau gemacht. Nicht die Frau stellt durch eigene Beobachtung die Schwangerschaft fest, sondern ÄrztInnen. Vorgeschriebene Pflichtuntersuchungen machen sie zum staatlichen Kontrollobjekt. Die »verantwortliche« Geburt soll im Krankenhaus stattfinden, die Frau liegend, medizintechnischen Einrichtungen auch dann ausgeliefert, wenn der 35
Verlauf der Schwangerschaft keinen Anhaltspunkt für Komplikationen bietet. Monate vor der Geburt gucken Frauen mit Hilfe von Ultraschall »Fötenfernsehen«. Die Untersuchungen sollen ihr den Embryo als eigenständige Person vorführen, um sie von einer Abtreibung abzuhalten.21 Er tritt ihr vermeintlich losgelöst von ihrem Körper gegenüber. Das erleichtert es Legionen sogenannter LebensschützerInnen, als selbsternannte AnwältInnen im Namen der »Rechtsperson Embryo« ganz eigene bevölkerungspolitische Interessen gegen die selbstbestimmten individuellen Interessen der Frau durchzusetzen. Die GentechnokratInnen folgen. Wie peinlich, wenn sich die vermeintliche eigenständige Rechtsperson auf dem Ultraschallbild später als Zyste oder Darmschlinge entpuppt. Die Ergebnisse der vorgeburtlichen Untersuchungen werden zusammen mit den persönlichen Daten der Mutter, den späteren Daten der Geburt und der Abschlußuntersuchung im Mutterpaß erfaßt. Eine Kopie des Berichts wird vom behandelnden Arzt oder von der Ärztin an die kassenärztliche Vereinigung geschickt, ohne daß die Frauen gefragt werden.22 Für die Legitimation des Geburtsmedizinapparates ist es notwendig, daß die »Krankheit« Schwangerschaft zum immer größeren Risiko wird. Je größer das Risiko, desto mehr Gewinn durch teure Untersuchungen und um so mehr Kontrolle.23 Vorsorgeuntersuchungen dienen mehr und mehr der Kontrolle des »genetischen« Materials des möglichen künftigen Menschen und seines »fötalen Umfeldes«, der Frau. Mit jeder Schwangerschaft, 36
mit jeder Geburt wird die genetische Datenbank über die Bevölkerung vervollständigt. Ziel dieser Entwicklung einer eugenisch dominierten Geburtsmedizin ist weder die Selbstbestimmung von Frauen noch die Gesundheit des Embryos. »Seit Anfang 1990 wurden in der Uniklinik Mainz über 12 000 Neugeborene aus drei Kliniken untersucht, bei knapp 1000 wurde eine ›klinisch relevante Mißbildung‹« festgestellt. Die verwendeten Erhebungsbögen verraten, daß auch die kleinsten »Auffälligkeiten« erfaßt werden: angewachsene Ohrläppchen, Blutschwämmchen, ein von der angeblichen Norm abweichender Augenabstand oder zusammengewachsene Augenbrauen. Neben Daten über Schwangerschaftsverlauf und Geburt werden soziale Daten der Eltern miterfaßt: Rauchen sie? Drogen während der Schwangerschaft? Beruf? Berufsrisiken? Nationalität? Wie ist ihre »Rassenzugehörigkeit«? (!) Ist die Mutter alleinerziehend? Weitere Geburten, Fehlgeburten, Abbrüche? Projektleiter Jürgen Spranger und Mitarbeiterin Annette Queißer-Luft »verteidigen ihre Sammelwut mit dem hohen wissenschaftlichen Anspruch des Projekts«.24 International sei eben in Katalogen festgelegt, was eine Abweichung sei: »Und es gibt reichlich Normwerte, wo man für verschiedene Rassen, muß man sagen, also Schwarze, Weiße, Asiaten, Normwerte hat, wie weit die Augen nun auseinander sind, wie lang die Finger sind, wie groß die Menschen sind.«25 Das Verhältnis zwischen »Normvarianten« und »Anomalien« verschiebt sich bei einem derartig rassistischen 37
und biologistischen Normverständnis: Schon zeigen 5000 der untersuchten 12000 Neugeborenen angeblich »kleine morphologische Auffälligkeiten«. Ganz gierig sind die WissenschaftlerInnen nun auf die Feststellung angeblicher »Signalfehlbildungen«: kleine »Anomalien«, die Hinweise auf etwaige größere und erst später sichtbare Fehlbildungen geben sollen.26 Das Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Rassenhygiene ist offensichtlich aus dem Berlin der 30er Jahre nach Mainz und anderswohin umgezogen.
Mensch auf Probe Unkontrollierte Embryonen will die pränatale (vorgeburtliche) Diagnostik, eine weitere auf die Genomanalyse aufbauende Technik, verhindern helfen. Zu diesem Zweck werden bei der schwangeren Frau Blut-, Urin-, Fruchtwasser-, Enzym- und Proteintests gemacht. Dem Embryo wird Zellmaterial für Chromosomenuntersuchungen entnommen. Es gibt folgende Entnahmeverfahren: • Mit der Amniozentese wird durch die Bauchdecke der Frau in der 16. bis 20. Woche Fruchtwasser entnommen. Das Ergebnis über die genetische Qualität des Embryos liegt nach zwei bis vier Wochen vor. • Mit der Chorionzottenbiopsie wird dem Körper der Frau in der 7. bis 11. Schwangerschaftswoche Zellmaterial aus der Zottenhaut, dem vom Embryo gebildeten Teil der 38
Plazenta, entnommen. Das Ergebnis kann nach wenigen Stunden geliefert werden. • Mit der Fötoskopie wird der Embryo durch den Körper der Frau in der 15. bis 20. Schwangerschaftswoche mit Hilfe eines Endoskops betrachtet. Ihm wird Blut-, Hautoder Lebergewebe entnommen. Das Risiko für eine Fehlgeburt liegt bei der Amniozentese unter einem Prozent, das bedeutet bis zu eine Fehlgeburt auf hundert Untersuchungen. Bei der Chorionzottenbiopsie steigt das Risiko von 2 auf bis zu 10 Prozent. Dennoch wird diese Methode in den meisten Krankenhäusern bevorzugt. Ihre schnellen Ergebnisse über die angebliche Qualität des künftigen Menschen machen Abtreibungen aus eugenischen Gründen noch vor der Zwölfwochenfrist der Indikationsregelung oder Fristenlösung möglich. Die pränatale Diagnostik ist eine gentechnische Selektionsmethode zur Verhinderung von »minderwertigem Menschenmaterial«, das es nicht geben kann, weil alle Menschen gleichwertig sind. Ihre Aufgabe ist es, die Geburt möglicher und angeblich behinderter Menschen zu verhindern. Das führt dazu, daß Embryonen aus eugenischen Gründen abgetrieben werden, aus Gründen, die mit der Bewertung des embryonalen Genoms27 und der davon abgeleiteten vermeintlichen späteren menschlichen Qualität zu tun haben. Daß es sich dabei um eine Hilfe für selbstbestimmte Entscheidungen von Frauen handelt, ist schiere Propaganda. Frauen, die heute noch glauben, diese Methode helfe ihnen 39
in einer behindertenfeindlichen Gesellschaft die befürchteten Belastungen durch ein sogenanntes behindertes Kind zu vermeiden, werden morgen feststellen, daß sie erpreßt worden sind abzutreiben, weil ihre Embryonen den Qualitätsvorstellungen von Staat, Kapital und Wissenschaft nicht entsprechen. Der Preis für ihre subjektive Entlastung ist, daß sie sich und die Gesellschaft an ein eugenisches Menschenbild gewöhnen. Die Gründe für die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau für eine Abtreibung sollten nur in ihrem eigenen Leben liegen und nicht mit der eugenischen Qualität des späteren Kindes begründet werden. Die pränatale Diagnostik ist kein Hilfsmittel weiblicher Autonomie, geschaffen von frauenfreundlichen Wissenschaftlern in einer menschenfreundlichen Gesellschaft. Ihre Nutzung hilft bei der gesellschaftlichen Durchsetzung der menschenfeindlichen Eugenik. Ihr unkritisch zu begegnen, zeugt von Ignoranz und einem Weltbild, das die Wahrnehmungsgrenze von zweieinhalb Metern um die eigene Person herum nicht überschreitet.28 In Indien und China prallen High-Tech-Selektionstechniken auf patriarchal-feudale Reststrukturen. Wo früher unerwünschte weibliche Babies nach der Geburt ermordet wurden, nützt heute die neue Technik der vorgeburtlichen Geschlechtsbestimmung und die geschlechtsspezifische Abtreibung dem Femizid. In China kommt inzwischen noch ein »rassenhygienisches« Eugenikgesetz hinzu, das Menschen mit Erb- und Geschlechtskrankheiten Eheschlie40
ßung und Fortpflanzung verbietet. Zu diesen Krankheiten werden gezählt: Hepatitis, Schizophrenie, Psychosen, akute Infektionskrankheiten usw. Frauen, die »anomale« Kinder erwarten, sagt ein Sprecher des Ministeriums für Volksgesundheit, soll von den Ärzten die Abtreibung »nahegelegt« werden. Das Ziel sei die Verbesserung der »Qualität der Bevölkerung«. Schließlich habe China »10 Millionen Behinderte, die durch bessere Kontrollen hätten verhindert werden können«.29 Wie die gentechnische Manipulation des Menschen in den USA oder Europa wird auch die chinesische Selektion »Gesundheitsvorsorge« genannt. China betreibt, was in den kapitalistischen Zentren Herrschende gern ebenso offen täten und zumindest die Etablierung der Vorstellung von »lebensunwertem Leben« mit unterschiedlichen Handlungsgeboten wird auch auf staatlicher Ebene gefördert, abhängig von historischen Verbrechen und aktuellen öffentlichen Diskussionen in dem jeweiligen Land. Die pränatale Diagnostik ist eine Selektionstechnik. Die immer feineren Methoden der Früherkennung von Abweichungen von der herrschenden Norm als der Norm der Herrschenden bieten den humangenetischen Beratungsstellen30 die Möglichkeit, im Interesse der neuen deutschen Volksgemeinschaft Abtreibungen zum Wohle eines »gesunden Volkskörpers« mit High-Tech-Wissenschaft neu zu rechtfertigen. Im August 1993 waren in Humangenetischen Beratungsstellen wenigstens 24 Krankheiten oder »Anomalien« genanalytisch zu testen. 41
Die pränatale Diagnostik ist ein Einfallstor für gentechnischen Rassismus. Sie trägt dazu bei, diese Gesellschaft noch menschenfeindlicher zu machen. Jeder lebende sogenannte behinderte Mensch soll ein Selektionsversagen symbolisieren. Die Gesellschaft signalisiert: Solche wie dich rotten wir aus. Du hast kein Existenzrecht. Für den Ministerialrat im bayrischen Justizministerium, Günter Hirsch, und den Regierungsdirektor im Bundesjustizministerium, Dr. Wolfram Eberbach, ist es eine »Verlockung«, mit jedem nicht geborenen Behinderten durchschnittlich 7,3 Millionen Mark einzusparen, was bei 100 000 »Fällen« schon einen Betrag von 730 Milliarden Mark ausmache.31 Eine Gesellschaft mit Menschen nur nach ihrem Bild? Der US-Genetiker Bentley Glas spricht eine der Zielvorstellungen gentechnischer Manipulation klar und deutlich aus: »Kein Elternpaar wird in jener Zukunft das Recht haben, die Gesellschaft mit einem mißgebildeten Kind zu belasten.«32 In den USA gibt es schon die ersten Fälle von verweigertem Krankenversicherungsschutz für Eltern, die sich trotz latenter Erbkrankheit ein weiteres Kind wünschen. Die genetische Diskriminierung wächst. Wenn sich die angeblich wissenschaftlich festgestellte »Minderwertigkeit« mit Armut verbindet, werden Menschen ganz und gar in den Dreck gestoßen. Mit der Verhinderung von Behinderungen (nicht von behinderten Menschen), also der Hilfe für konkrete Individuen, hat die Selektionstechnik nicht einmal im Ansatz zu tun. Dauerhafte gesundheitliche Schäden werden von 42
Radioaktivität aus Atomanlagen und Atomwaffenversuchen, chemischen Giften in Luft, Wasser, Boden und Nahrungsmitteln, Pestiziden, Holzgiften usw., sozialen Gewaltverhältnissen, kaputtmachenden Arbeitsbedingungen, miesen Wohnungen, der Gewalt des Autoverkehrs, Medikamentenvergiftungen oder Sportunfällen verursacht, und »4 Prozent der Neugeborenen leiden zwar an genetisch bedingten Störungen, von diesen sind jedoch nur 0,5 Prozent vererbt, die restlichen 99,5 Prozent treten spontan als Neumutationen auf.«33 Drei Dinge gewährleistet die pränatale Diagnostik schon heute: erstens die genetische Erfassung von immer größeren Teilen der Bevölkerung schon vor der Geburt, zweitens die Durchsetzung von die Menschenzüchtung vorbereitenden Selektionstechniken und drittens die Vergiftung des Menschenbildes in unseren Köpfen. Rassistische, biologistische, eugenische Ansichten über Menschen verknüpfen sich mit frauenfeindlichen. Im Frühjahr 1990 kommt in Wiesbaden eine 28jährige Araberin mit Brustkrebs in die Klinik. Sie ist in der 25. Woche schwanger. Sie hat nur eine Chance zu überleben, wenn sie abtreibt. Sie will überleben. Ihr Ehemann, ein arabischer Geschäftsmann, will wissen, welches Geschlecht das künftige Kind haben wird. Die Wiesbadener Ärzte gehen auf sein Interesse ein und sind damit ebenso verantwortlich für das, was im folgenden geschieht. Der Test ergibt: aus dem Embryo würde ein Junge. Augenblicklich verweigert der Mann seine Zustimmung zur Abtreibung und teilt 43
mit: er entscheide allein in dieser Angelegenheit. Die Ärzte akzeptieren auch diese Entscheidung des Mannes. Das Ehepaar verläßt die Klinik. Die Frau stirbt im Wochenbett. Der wertvollere Sohn lebt.34 Niemand darf sich die Illusion machen, daß wir in dieser Gesellschaft freie Individuen sind, denen es erlaubt ist, umfassend selbstbestimmt und verantwortlich zu entscheiden. Wer setzt die Norm, was »lebenswertes« Leben ist? Nicht wir, sondern die Herrschenden in dieser Gesellschaft, die von ihnen so rasend nach rechts entwickelt wird. Sie versuchen, mit ihren menschenfeindlichen Werten auch in unsere Köpfe zu dringen. Würden wir – wegen der besonderen gesellschaftlichen Benachteiligung – eine Abtreibung wegen des »Qualitätsmerkmals« Trisomie35 befürworten, aber auf andere Möglichkeiten des »Qualitätsnachweises« für ein künftiges Kind freiwillig verzichten? Sie wollen unbedingt einen Sohn und fänden heraus, es wird ein Mädchen, was nun? Sie wollen nur ein Kind, und das soll ein Halbgenie sein, damit es dem Leistungsdruck standhält? Wie langewürden Sie Ihre Embryonen testen, bis das »Produkt« Ihren Ansprüchen genügt?36 Wann würden Sie merken, daß Sie begonnen haben, Ihre eigene Existenz in Frage zu stellen?
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Biologistisches Dogma und zentraler Irrtum Bei der Grundvoraussetzung der herrschenden gentechnologischen Wissenschaft handelt es sich um einen zentralen Irrtum: daß menschliche Fähigkeiten nach einem genetisch festgelegten Plan reifen und die menschliche Persönlichkeit nur geringfügigen sozialen Einwirkungen ausgesetzt sei. Dabei gibt es reversible, kompensierbare, unterdrückte, inaktive, sich unter verschiedenen sozialen und ökologischen Bedingungen völlig unterschiedlich entwickelnde, insgesamt von den gesellschaftlichen Verhältnissen des sozialen Wesens Mensch abhängige Möglichkeiten persönlicher Entwicklung. Die ungeheure Entwicklungsvielfalt des Menschen wird in kapitalistischen Gesellschaften gewaltsam auf Streichholzschachtelformat gepreßt. Veränderungen, zum Beispiel im Bildungswesen, sollen kleine FachidiotInnen produzieren, die, durch Konsumbeteiligung gezähmt, die Verhältnisse für unveränderbar halten und eine der für sie von Politik, Kirche und Kapital vorgesehenen Funktionen im Leben brav übernehmen. Solange in die Produktion menschlichen Lebens noch nicht systematisch eingegriffen werden kann, wird aus dem vorhandenen »Embryonen- und Menschenmaterial« ausgewählt, mittels gentechnischer Reihenuntersuchungen beim geborenen Menschen, mit der pränatalen Diagnostik bei Embryonen, mit der In-vitro-Fertilisation (Befruchtung im Reagenzglas) und der Entscheidung, welche Eizelle befruchtet wird und wachsen soll und welche nicht. 45
Die Kolonisierung des weiblichen Körpers Um zu lernen, wie in die Produktion des Lebens am besten eingegriffen werden kann, brauchen WissenschaftlerInnen Frauen, die ihnen für eine gewisse Zeit ihr Fortpflanzungssystem zur Verfügung stellen. Das patriarchal (durch männliche Herrschaft) erzeugte Minderwertigkeitsgefühl, ohne Kind keine »richtige Frau« zu sein, Aufklärung hin und Frauenbewegung her, hilft der Wissenschaft bei der Beschaffung des »menschlichen Materials« für Experiment und Erfassung. Künstliche Befruchtung, Embryonentransfer, In-vitro-Befruchtung – die meisten Manipulationsverfahren werden zuerst bei Tieren ausprobiert. Den Eingriff in die Fortpflanzungs»produktion« der Kuh beschreibt Gena Corea in Muttermaschine: Aufgetautes Sperma wird in eine Art Pistole geladen, eine vierzehn Monate alte Jungkuh in eine Box gezerrt und bis zur Bewegungslosigkeit festgebunden. Sie wehrt sich mit weit aufgerissenen Augen vergeblich: »Joey bewegte seine Hand im Darm der Kuh hin und her, dann fand er den Muttermund und packte ihn. Mit seiner rechten Hand führte er den Lauf im 45-Grad-Winkel in ihre Vagina. Ortete die Öffnung des Muttermundes. Schob und drehte den Lauf hindurch. Schoß die Pistole in ihr ab.«37 Das Leben der Kuh hängt davon ab, daß sie regelmäßig die Ware Kalb liefert. Durch lange historische Phasen und patriarchale Ideologien hindurch hing und hängt bis heute der Wert von Frauen von ihrer Fähigkeit ab, die »Ware« 46
Leben zu liefern. Ohne diesen fremdbestimmten Druck wären nicht so viele Frauen bereit, sich jahrelang reproduktionstechnologischen Quälereien auszusetzen, um ein »eigenes« Kind zur Welt zu bringen. Führen bei der Frau riskante Hormonzugaben, Tubendurchblasung (bei verklebtem Eileiter), nervtötender Geschlechtsverkehr nach Stundenplan und auch künstliche Befruchtung mit dem Samen des Partners oder eines anderen Mannes nicht zur Schwangerschaft, kommt das Invitro-Fertilisations-Programm (IVF) ins Angebot. Zuerst wird die Frau »superovuliert«. Mit Hormonen werden die Eierstöcke überstimuliert, damit viele Eizellen »geerntet« werden können. Signalisiert das Ultraschallbild mehrere Eibläschen, wird durch eine Hormonspritze der Eisprung eingeleitet. Spätestens nach 40 Stunden werden die Eizellen dem Körper der Frau entnommen. Zur besseren Sicht für die WissenschaftlerInnen wird, nach einem Einstich mit den entsprechenden Gerätschaften, die Bauchhöhle der vollnarkotisierten Frau mit Kohlendioxid aufgepumpt. Die reifen Eizellen werden mit einer Kanüle abgesaugt. Üblicherweise werden mit diesem Verfahren drei bis fünf Eizellen gewonnen. Mehr als sechs Eingriffe dürfen es nicht sein. Drei Frauen sind bisher an den Folgen laparoskopischer Eizellenentnahmen gestorben. Die reifen Eizellen werden auf ihre genetische Qualität geprüft und in einer Nährflüssigkeit aufgehoben. 1992 wurden allein etwa 50 Stoffwechselstörungen bei in-vitrokultivierten Embryozellen festgestellt. Die Computeraus47
drucke mit den menschlichen Fehlern und den Kriterien für lebenswertes Leben werden immer länger. Irgendwann würden auch wir mangels Qualität verworfen. Professor Hans Moravec von der Carnegie-MellonUniversität in.Pittsburgh sieht im Erhalt der Menschheit ohnehin keinen Sinn. Synthetische, künstlich konstruierte Wesen, die etwa ab dem Jahr »2030 eigenständig denken« können, um dieses störanfällige Wesen Mensch, vom »schwerfälligen Schritt der biologischen Evolution« gebremst und unfähig zu weitreichender Erkenntnis, etwa im Jahr 2050 abzulösen. Moravec: »Beim Weiterreichen der Fackel wird nicht viel verloren sein.«38 Das geprüfte und bearbeitete Sperma des Mannes, der sich mit Hilfe von Pornomagazinen in einem sterilen Klinikraum sexuell »befriedigt«, wird den Eizellen beigefügt und beides in einen Brutschrank getan. Nach 48 Stunden haben sich die befruchteten Eizellen vier- bis achtmal geteilt – falls alles gutgeht. Ansonsten muß die schmerzhafte, entwürdigende und teure Behandlung abgebrochen und gegebenenfalls wiederholt werden. Ist die extrakorporale (außerkörperliche) Befruchtung gelungen, wird der Embryo mit Hilfe eines dünnen Plastikschlauchs durch Scheide und Gebärmuttermund in die Gebärmutter eingespült. Die IVF-Behandlungszentren fälschen die Erfolgsquote zum Beispiel, indem sie die Zahl der positiven Schwangerschaftshormontests angeben. Aber nur in 1,5 bis 7,5 Prozent der Fälle führt die Behandlung zum Erfolg, der doch wohl nur an der Geburt eines Kindes gemessen werden kann. 48
»Kein anderer operativer Eingriff mit so geringen Erfolgsaussichten wird ohne akute Lebensgefahr der Patientin und noch dazu so häufig durchgeführt.«39 Schätzungsweise 80 Prozent der Frauen brechen nach dem ersten mißlungenen Versuch die IVF-Behandlung ab. Sie ertragen die physischen und psychischen Belastungen nicht oder haben sich inzwischen über die Risiken informiert: • »Überzählige« Embryonen im Körper schwangerer Frauen werden in manchen Kliniken mit einer Injektion Sekundenkleber (Auszug aus einer Gebrauchsanweisung: »Jeglichen Hautkontakt vermeiden«) getötet. »Überzählige« Embryonen außerhalb des weiblichen Körpers sind wirtschaftlich interessant für Transplantationen (Diabetes, Parkinsonsche, Huntington und Alzheimersche Krankheit) und für die pharmakologische sowie kosmetische Produktion. • IVF kann zu lebensgefährlichen Eileiterschwangerschaften führen. • Eileiter und Gebärmutter können bei den Eingriffen (chirurgische Entnahme der Eier, die Follikelpunktionen, Narkosen, Entnahme von Gebärmutterschleimhaut usw.) verletzt werden und sich (chronisch) entzünden. • Die Zahl der Kaiserschnitte wird erhöht und damit das bei der ganzen Behandlung erhöhte Risiko der chirurgischen Eingriffe, einschließlich der Vollnarkosen, für Herz und Kreislauf. • Massive Hormongaben können Brust-, Gebärmutterund Gebärmuttermundkrebs verursachen. 49
• Es besteht das – unerforschte – Risiko, daß die so geborenen Kinder durch den hohen Hormonbeschuß steril oder krank werden. Niemand weiß, welche Schäden die chemische Behandlung der weiblichen Eizelle, die die Hälfte des Erbmaterials des möglichen Kindes enthält, und ihre Bestrahlung in vielen Ultraschallbehandlungen im Ablauf eines Lebens oder über mehrere Generationen zur Folge haben wird. Es existiert der Verdacht auf mögliche Chromosomenschäden.
Selektionspflicht und faschistische Kontinuität Die Industrialisierung der weiblichen Fortpflanzungsfähigkeit wird betrieben ohne jedes Wissen über die möglichen Folgen. Der Auftrag der WissenschaftlerInnen ist so alt wie die menschenverachtende Ideologie, die so viele VertreterInnen ihres Berufsstandes prägt. 1926, in der Weimarer Republik, formulierte das Deutsche Zentralinstitut für Volksgesundheitspflege: »Wir müssen die schrankenlose Vermehrung des Minderwertigen eindämmen, möglicherweise verhindern, wir müssen dafür sorgen, daß die wenigen Kinder, die geboren werden, so hochwertig als möglich sind, damit der Geburtenrückgang nicht auch die Qualität unseres Volkes [Hervorhebung d. A.] verschlechtert.«40 Den Faschisten galten Menschen als minderwertig, die nicht »arisch« waren oder auf andere Weise ihren rassi50
stischen, erbbiologischen Normen nicht entsprachen. Sie schufen die Voraussetzungen für die systematisch organisierte Vernichtung allen auf diese Weise als minderwertig denunzierten menschlichen Lebens. »In der ersten Phase der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik von 1933 bis etwa 1935 wurde eine Reihe von Gesetzen erlassen, die eine erste Welle des Terrors gegen diejenigen ermöglichte, die durch die katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse bereits an den Rand der Gesellschaft gedrückt worden waren. Das ›Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‹ sorgte für die Sterilisierung von Anstalts- und Fürsorgeheiminsassen, von Hilfsschülern, Alkoholikern und allen, bei denen die Manifestation einer im Gesetz definierten Erbkrankheit aktenkundig geworden war.«41 Ab 1935 verbot das »Gesetz zum Schutz der Erbgesundheit des deutschen Volkes«, das sogenannte »Ehegesetz«, die Eheschließung von Erbbelasteten und beschloß ihre Aufnahme in Heil- und Pflegeanstalten und Psychiatrien. Als erbkrank galten nun auch gesunde entferntere Verwandte von tatsächlichen oder vermeintlichen Kranken sowie »Rückfallverbrecher«, Prostituierte, Alkoholiker und Menschen, die geringfügige Straftaten begangen hatten. Muller erklärte noch 1962 auf der erwähnten CIBA-Konferenz, daß mehr als 20 Prozent der Bevölkerung genetische Defekte haben. Diese Menschen dürften »entweder nicht bis zur Geschlechtsreife gelangen; wenn sie aber leben, so dürfen sie sich nicht fortpflanzen«.42 51
JüdInnen und Juden, KommunistInnen und SozialistInnen, Roma und Sinti, geistig und körperlich Behinderte, Verarmte, OstarbeiterInnen und Schwule wurden verstümmelt, vergiftet, erschlagen, verstrahlt, vergast. Die Väter der modernen Humangenetik, Wissenschaftler wie Otmar Freiherr von Verschuer (1896–1969) oder sein Mitarbeiter Josef Mengele, erhielten reiches „Forschungsmaterial aus den Vernichtungsanstalten und KZs: Blut, Gewebe, Skelette, Eizellen, Embryonen. Auf ihren Erkenntnissen beruht die heutige Humangenetik, die der US-Wissenschaft als vorbildlich galt – und von ihr finanziell unterstützt wurde – sowie zeitweise der sowjetischen Genetik unter Stalin. Die verantwortlichen Nazi-Wissenschaftler, die sich um die Kaiser-Wilhelm-Institute (KWI) für Anthropologie und Biologie scharten, konnten, sofern sie den Krieg überlebt hatten, am Aufbau der bundesdeutschen Medizin, Anthropologie, Biologie und deren Menschenbild mitarbeiten. Schon wieder sind 27 Prozent der Deutschen der Ansicht, sie seien »anderen Völkern« überlegen, 17 Prozent sind noch unentschieden.43 Nationalismus und Rassismus, verwachsen mit einem knochenreaktionären Frauenbild, prägen die Ausbildung von vielen WissenschaftlerInnengenerationen, einschließlich der gegenwärtigen. Natürlich, die Sprache hat sich verändert. Geschichte wiederholt sich nicht in gleicher Gestalt. Die Propaganda ist moderner, die Ausleseargumentation yuppifiziert, kalt, unmenschlich, kostenorientiert, »qualitätsbewußt«. Menschen werden auf coole, wissenschaftlich verbrämte Weise vollständig Objekt. 52
Es gibt Frauen, die die Enteignung ihrer Fortpflanzungsfähigkeit und deren Vermarktung bei anderen Frauen (etwa als Leihgebärmütter oder »BrüterInnen«) als »Befreiung« und »Autonomie« von biologischen Zwängen verklären. Ein rechter Teil der US-amerikanischen Frauenbewegung zum Beispiel trampelt mit diesen Argumenten in den Fußstapfen kolonialer Ausbeutung. Diese Auffassungen finden wir auch in der Bundesrepublik, wenn auch in (noch) geringerer Zahl. Ein derart pervertiertes, antisoziales Verständnis von »Autonomie« soll die profitable Ausbeutung von armen Frauen aus den kapitalistischen Zentren des Nordens oder des Trikont* als Babyfabriken begründen. Es gibt »Farmen« im Trikont, auf denen Babys und Kleinkinder ermordet und ausgeschlachtet werden, um ihre Organe teuer zu verkaufen. Über Jahre wurden (und werden) – etwa in Kolumbien – Arme auf der Straße und PatientInnen in psychiatrischen Kliniken ermordet, damit ihre Körper MedizinstudentInnen aus weißen reichen Familien als Forschungsgegenstand dienen. Alles, wirklich alles wird zur Ware. Der menschliche Körper wird in Einzelteile zerlegt und industriell ausgebeutet. Wer hofft, dies seien allgemein geächtete, verbrecherische Ausnahmen, kleinbürgerliche Gruselgeschichten, soll wissen: Zum Beispiel in Niedersachsen wird ein Transplan* Trikont = die drei von den kapitalistischen Zentren unterentwickelt gehaltenen Kontinente Asien, Zentral- und Sudamerika sowie Afrika Mit dem Begriff wird der Versuch gemacht, die Hierarchie im Begriff »Dritte Welt« durch eine neutrale Kategorie zu ersetzen
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tationsgesetz vorbereitet, welches das Ausschlachten von Organen für tot erklärter Menschen grundsätzlich erlaubt. Wer dies nicht will, muß zu Lebzeiten formgerecht und sehr deutlich Widerspruch einlegen und hoffen, daß sein Interesse dann auch von seinen ErbInnen durchgesetzt wird. Wie übereinstimmend die Positionen der großen Parteien sind, belegt die klammheimliche Übernahme des Transplantationsgesetz-Entwurfes der CDU durch die damalige SPD-Grüne-Landesregierung im Januar 1992 in Niedersachsen. Der CDU-Entwurf wiederum ist bis auf acht Worte identisch mit dem der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Transplantationszentren e. V, dem Interessenverband des Organbusiness. Für den Sozialethiker Hans Grewel aus Dortmund war das, »als würde die Formulierung des Kriegswaffenkontrollgesetzes der Rüstungsindustrie überlassen«.44 Von den damals an der »Regierungsverantwortung« beteiligten Grünen vernahmen wir keine Kritik. Der unter Federführung der Hessischen Landesregierung in Gestalt der Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Iris Blaul (Bündnis 90/Grüne), von den Gesundheitsministern der Länder erarbeitete Entwurf für ein Transplantationsgesetz soll als hessische Initiative noch vor den Bundestagswahlen 1994 in den Bundesrat eingebracht und verabschiedet werden. Danach muß der oder die Verstorbene zu Lebzeiten seine/ihre Zustimmung geben. Ist über eine solche Zustimmung nichts bekannt, sollen die Angehörigen das Recht haben, einer Entnahme zu widersprechen, nachdem sie über die Absicht aufgeklärt 54
wurden und mit ihnen eine Widerspruchsfrist vereinbart wurde. Die Verantwortlichen nennen dies Informationslösung. Sie ist ein »Kompromiß« aus Widerspruchslösung (Organe dürfen nur dann nicht entnommen werden, wenn dies der/die »Hirntote« zu »Lebzeiten« verweigert hat, die Organentnahme ist also grundsätzlich zulässig) und Zustimmungslösung (die »Organträger« bzw. ihre Angehörigen müssen zustimmen, die Organentnahme ist also grundsätzlich unzulässig). Der neue Bundestag soll durch Änderung des § 70 des Grundgesetzes die Ländergesetzgebungskompetenz für Organtransplantationen auf den Bund übertragen. Das Gesetz soll dann im Laufe des Jahres 1995 in Kraft treten. Ziel der Gesetzesinitiative ist es, die Zahl der verfügbaren Organe nach oben zu manipulieren. Es wird mit der Passivität aller spekuliert und vor allem mit der Unsicherheit der Angehörigen. Wer unterschreibt schon rechtzeitig eine Zustimmungserklärung? Die Entscheidung wird in den meisten der Fälle bei den Angehörigen liegen. Hier gilt aber nicht die Zustimmung, sondern der Widerspruch. Das Gesetz spekuliert mit dem Schockzustand in der besonderen Situation des Todes. Wenn die Angehörigen sich nicht melden, dürfen Organe entnommen werden. Die Bundesländer erhalten in diesem hessischen Entwurf zudem das Recht, eigenständige Regelungen zu treffen, die das »organisatorische Umfeld« der Transplantation verbessern, z. B. bessere Personalausstattung.45 Für die Kranken55
pflege? Nein, für Organentnahme und Transplantation. Das Ziel, mehr Organe »zu ernten«, hilft einem Wertewandel, der die Verfügbarkeit des Menschen als Rohstofflager und den Profit der Akteure befördert. »Das geplante Organtransplantations-Gesetz ist ein fauler Kompromiß«, schreibt Michael Emmrich in der Frankfurter Rundschau.46 »Es setzt die Bedürfnisse des Medizinbetriebes vor die Ansprüche des Individuums.« Die geplante Informationslösung gehe »von abstrakten Prinzipen aus«, die rein »formale Willensäußerung des Organeigentümers« würde in Wirklichkeit nur bei einigen vorliegen, dann »entscheiden andere«.47 Dieses Organbeschaffungsgesetz sieht auch Politkommissare, die sogenannten Transplantationsbeauftragten, für alle zur Organentnahme fähigen rund 1200 Krankenhäuser vor. Diese Transplantationskommissare sollen besonders kleinere Krankenhäuser, die bisher keine Organe entnommen haben, auf Linie bringen.48 Bundesminister Seehofer will, wenn die Länderinitiative Bundesgesetz wird, außerdem die Krankenhäuser verpflichten, zur Organentnahme geeignete »Verstorbene« an die Transplantationszentren zu melden.49 Wer sind diese »Verstorbenen«? Ende der 60er Jahre wurde eine neue Definition durchgesetzt: daß »hirntote« Menschen – Menschen, deren restliche Organe und Stoffwechsel leben – von nun an tote Menschen seien. So wurden menschliche Organe zur massenhaften Handelsware. Es
brauchte den »Fall Erlangen«, bis die Diskussion über die schrecklichen Folgen dieser bioethischen Neudefinition zögernd anlief. In Erlangen war bei einer für die Organentnahme vorbereiteten, hirntoten Frau festgestellt worden, daß sie schwanger war. Das ließ Mediziner und Bioethiker das Experiment »Eine Leiche bekommt ein Kind« viel interessanter finden. Bekanntermaßen starb der Embryo. Nur konnten die für dieses Menschenexperiment verantwortlichen Mediziner und Bioethiker der Öffentlichkeit einen gewissen Widerspruch nicht erklären: Wieso kann eine angeblich tote Frau ein Kind bekommen? Mit der Hirntod-Definition wird ein angeblich unumkehrbarer, nicht abgeschlossener Prozeß des Sterbens als abgeschlossener Prozeß definiert, um Organentnahmen zu rechtfertigen (oder teure Therapien zu verbilligen), die auf jeden Fall zum unwiderruflich »vollständigen« Tod des betroffenen Menschen führen. Es läßt sich nicht umdeuten: Mit der Organentnahme aus hirntoten Menschen werden diese (vorzeitig) getötet. Da nützt es auch nichts, wenn die evangelische und die katholische Kirche schwadronieren, die »Organspende« sei »die Möglichkeit, über den Tod hinaus sein Leben in Liebe für den Nächsten hinzugeben«.50 Die einzige Möglichkeit, diesen Konflikt zu entscheiden, kann nur darin liegen, daß ein Mensch zu Lebzeiten seine unmißverständliche, nach kritischer Aufklärung erfolgte, Zustimmung zur Organentnahme gibt und damit aus eigenem Willen seinen späteren Prozeß des Sterbens abzukürzen erlaubt, um vielleicht das Leben eines anderen Menschen
zu verlängern. Niemand, kein Arzt, keine Verwandte, hat das Recht, über die Organe dieses Menschen zu verfügen, wenn dessen unmißverständliche Zustimmung nicht vorliegt. Alle anderen Regelungen führen in die Barbarei. Es würde bei einer solch rigiden Zustimmungslösung schwer genug sein, beispielsweise demagogische OrganspenderInnenwerbung zu kontrollieren oder eine menschliche Behandlung von PatientInnen in Krankenhäusern durchzusetzen, die als OrganspenderInnen in Frage kämen, ihre Organe jedoch nicht zur Verfügung stellen wollen. Michael Emmrich: »Jeder muß für sich verbindlich klären können, ob die von ihm entworfene Idee des Menschen auch über seinen Tod hinaus gelten soll. Dies ist eine zutiefst intime Entscheidung, die der Staat zu respektieren hat.«51
Bioethik: Rechtfertigungstechnik für eine Wissenschaft ohne Menschlichkeit Welche Funktion die Bioethik für die Durchsetzung der Gen- und Reproduktionstechnologie hat, übersieht nur, wer es nicht wissen will oder tief in die Interessen der Genmafia eingebunden ist. So beispielsweise der Bioethiker Hans Martin Sass (Bochum und Washington D.C.): »Es wäre falsch, dann erst einen gesellschaftlichen Diskurs zu führen, wenn sich eine Technik durchgesetzt hat.« Soweit seine um Zustimmung buhlende Banalität. »Deshalb sollten 58
wir auch die möglichen Chancen und die mit Sicherheit bestehenden großen Risiken der Keimbahntherapie nicht ausklammern.« Für die Vorstellung, daß es eine Technologie geben kann, die so menschenfeindlich ist, daß sie verhindert werden muß, ist im Kopf des sogenannten Ethikers kein Platz. Der anständig vorneweg geführte »Diskurs« dient lediglich der höheren Akzeptanz einer Technik, die unmißverständlich durchzusetzen ist. Der Ethiker Sass mißbraucht Sympathie für den Trikont: »Das Problem unseres Verbotes liegt woanders«, wirbt er, die »Keimbahntherapieforschung« geschähe »in den Ländern, die verbrauchende Embryonenforschung treiben […]. Doch dürfen wir«, fragt der Ethiker voll tiefstem Mitgefühl, »ähnlich wie beim Ökodumping einfach unsere Probleme auslagern und exportieren« wie billige Waren »aus Asien, die unter elenden sozialen und ökologischen Bedingungen produziert werden? Könnten wir uns das ethisch erlauben?«52 Nein! ist mensch versucht aufzuschreien. Nein und nochmal nein: die armen Menschen in der »Dritten Welt«! Wir brauchen »ethische« Keimbahnexperimente hier bei uns. So wird die Zustimmung zur kriminellen Keimbahnmanipulation eine Sache der ethischen Verantwortung für den Trikont. Die Bioethik ist wirklich nichts als eine Akzeptanztechnik zugunsten der Gen- und Reproduktionstechnologien. Wer was auf sich hält, hält sich eine Ethik-Gruppe. Auch die Europa-Union (EU) hat eine mit einem klingenden Namen »Beratergruppe für ethische Implikationen der 59
Biotechnologie«. Die EU-Ethik-Gruppen-Präsidentin Noelle Lenoir klagt gelegentlich, ob die EU »der öffentlichen Meinung« in Sachen Gentechnik »nicht schon zu weit entgegengekommen ist«. Die vielen kritischen Bedenken belasteten die Wirtschaftskonkurrenz Europas gegenüber Japan und den USA doch sehr. Im übrigen sei das Rinderwachstumshormon BST »unbedenklich«, und die Patentierung von menschlichem Gewebe werfe »keine ethischen Probleme« auf. Verboten werden soll – erstmal – die Patentierung von menschlichen Körpern und Körperteilen sowie Techniken, die die »menschliche Würde untermininieren«. Wann geschieht das? Keine Auskunft. EU-Kommissionspräsident Jacques Delors ist mit der Gruppe hochzufrieden, er unterstreicht, daß die EU-Kommission bislang alle ihre Entscheidungen akzeptiert habe.53 Ein EU-Ministerratsbeschluß vom Dezember 1993 macht die Patentierung von Tieren und Pflanzen grundsätzlich möglich, verweigert jedoch scheinbar die Zustimmung zur Patentierung von Menschen oder Teilen des menschlichen Körpers. Das Schlupfloch: Sobald menschliche Gene dem Menschen entnommen sind, sind sie nicht mehr Teil seines Körpers. »Die belebte Natur, einschließlich des Menschen«, wird »zum Rohstofflager der industriellen Gentechnologie«, sagt die gentechnikkritische Organisation »Kein Patent auf Leben«.54 Am 28. Februar 1994 wurde in Bonn das »Institut für Wissenschaft und Ethik« gegründet. Träger des Instituts sind die Universitäten Bonn und Essen, das Kernfor60
schungszentrum Jülich und die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt. Das Geld kommt vom Gentechkapital, dem NRW-Wissenschaftsministerium (SPD), dem Bundesforschungsministerium (CDU) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.35 Ziel der Einrichtung ist es, eine neue Bioethik zur Rechtfertigung des Machbaren auf den Gebieten Organtransplantation, Humangenetik und Gentechnik durchzusetzen. »Das bislang intuitiv Plausible« könne in dieser Ethik »seine Tragfähigkeit verlieren«, heißt es in der Vorstudie zu dem neuen Institut. Also zielgerichtete Ethik: um vermeintliche negative Grundhaltungen und Tabus zu durchbrechen. »Das ›intuitive‹ Schaudern beim Anblick von CrashTests mit Kinderleichen, das Unverständnis darüber, daß in Erlangen eine hirntote Schwangere am Sterben gehindert wird, das ungute Gefühl, das viele überkommt, wenn sie in einen gentechnisch manipulierten Apfel beißen sollen, oder die Gänsehaut, die sich breitmacht, wenn nunmehr Pflanze, Tier und Mensch, wie sonst nur technische Erfindungen, patentiert werden können – all diese Empfindungen sind Sandkörner im Getriebe des technologischen Fortschritts. In diesem Institut sind viele Männer und eine einzige Frau angetreten, den ›Intuitionen‹ interdisziplinär den Garaus zu machen und den biologistischen bzw. gentechnischen Denkstil in unsere Köpfe zu setzen«, schreiben Erika Feyerabend, Ursel Fuchs und Wilma Kobusch in einem Papier über die Hintergründe der Institutsgründung und die Ideologie der beteiligten WissenschaftlerInnen.56 61
Die bisherigen Informationen über dieses Institut rechtfertigen harte Kritik: Transplantationschirurgen sinnieren über Transplantationsethik, Humangenetiker über Humangenetik-Ethik, und beteiligt sind auch die Philosophen Dieter Birnbacher und Hans-Martin Sass. Da wird z. B. der Tod transplantationsgünstig »ethisch« umdefiniert: »Dem Körper eines Menschen kommt nur insoweit ein moralischer Wert zu, wie er dazu dient, das Leben des Gehirns zu unterhalten.« Eine Anpreisung der Hirntoddefinition, die weitgehend akzeptiert sei, so das Institut.57 Aber eine Akzeptanz gibt es 1994 erst bei 10 Prozent der Bevölkerung.58 Der Tod ist zudem kein Akzeptanzproblem, sondern mensch kann ihn feststellen, ausgehend von der Einheit von Hirn/Geist und Körper, also vom Menschen. Das Institut hat ein kapitalabhängiges Wissenschaftsverständnis, das jeder PR-Agentur den Rang abläuft: »Im Gegensatz zur üblichen Auffassung tragen die neuen Techniken zur Artenbildung und -vielfalt bei.«59 Im Mai 1994 legte der Europarat eine Bioethikkonvention60 vor, die u. a. vom Bonner Institut für Wissenschaft und Ethik verfaßt wurde. Institutsleiter Prof. Paul Honnefelder behauptet, es ginge um den »Schutz von Menschenrechten« und um die »Freiheit der Forschung«. Aber die Konvention will vor allem erlauben, was bisher verboten war: die Forschung an In-vitro-Embryonen bis zum 14. Tag – diese scheinbare Beschränkung spiegelt nur den Stand der Forschung und Technik wider –; das genetische Screening 62
vor Einstellung von ArbeiterInnen, die Fahndung nach sogenannten Erbkrankheiten; die Keimbahntherapie solle in ein paar Jahren überdacht werden.61 »Die Formel ›Kein Organhandel‹ täuscht«, kritisiert das Genarchiv Essen, »vielmehr will die Medizin den Organmarkt für Transplantationen selbst bewirtschaften.« »Blut, Blutbestandteile, Eizellen, Sperma, embryonale und fetale Organe« werden vom Zusatzprotokoll zu Organtransplantationen ausgenommen. Anscheinend sollen in diesem Bereich schon bestehende Handelspraktiken, wie Verkaufsabkommen zwischen Rußland und USA geschützt, jeder Kontrolle entzogen werden.62 Der Vorentwurf der Bioethikkonvention erlaubt, daß bei bestimmten Menschen gentechnische Experimente gemacht werden dürfen: zum Beispiel bei Menschen, die legal entmündigt wurden und bei solchen, die, obgleich nicht entmündigt, nur eingeschränkt verstehen, was mit ihnen geschieht. So wie das deutsche Betreuungsrecht (wieder) die Sterilisation von geistig Behinderten ohne deren Einverständnis gestattet, so unterscheiden die BioethikerInnen nun eine noch größere Gruppe. Nach englischem Recht sind »incapacitated persons« keine vollgültigen »menschlichen Personen« mehr, sondern nur noch »menschliche Wesen« mit eingeschränkten Rechten: Behinderte, neugeborene, verwirrte alte Menschen, geistig Schwache, sehr alte Menschen, Rauschgiftsüchtige, AlkoholikerInnen usw. An ihnen sind Experimente auch ohne ihre volle Information und Zustimmung möglich.63 63
Die Berliner Philosphin Ursula Wolf (Freie Universität Berlin) sagt es mit Singerscher Brutalität: »Wie können Versuche an Tieren zulässig sein, wenn eine entsprechende Behandlung von Menschen, (…) die in ihren geistigen Fähigkeiten auf einer Ebene mit den Versuchstieren oder sogar darunter stehen, abgelehnt wird? (…) Versuche an schwachsinnigen Menschen sind in der Tat an und für sich moralisch zulässig.«64 Zwei Bioethiker an der Universität Kopenhagen, Peter Sandoe, auch Vorsitzender der dänischen Tierethikkommission, und Klemmes Kappel, verteidigen die neue Gestalt der Unmenschlichkeit ebenso offen: »Nach unserer Auffassung scheint es ganz natürlich zu sagen, daß die Organe lebendiger Personen lebenswichtige Gesundheitsressourcen sind, die wie alle anderen lebenswichtigen Ressourcen gerecht verteilt werden müssen. Wir könnten uns daher gezwungen sehen, darauf zu bestehen, daß alte Menschen getötet werden, damit ihre Organe an jüngere, kritisch kranke Personen umverteilt werden können, die ohne diese Organe bald sterben müßten. Schließlich benutzen die alten Menschen lebenswichtige Ressourcen auf Kosten von bedürftigen jüngeren Menschen.«65 Diese Denkweise – die Selektion, die Ausrottung »unwerten« oder »minderwertigeren« Lebens, die Betrachtung menschlichen Lebens unter dem Kosten-Nutzen-Kalkül –, ist Teil eines faschistischen Weltbildes. Die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) ziehen, wie erwähnt, vorsichtig nach: 64
»Die Kirchen sehen in der Organspende durchaus die Möglichkeit, über den Tod hinaus sein Leben in Liebe für den Nächsten hinzugeben.«66 (Hervorh. d. A.) Wird der materielle Reichtum dieser Erde umverteilt zugunsten der Armen? Nein, ihre Gene werden enteignet, katalogisiert, kommerzialisiert. Wird eingestellt, gestoppt, beendet, was Gesundheit und Leben vernichtet? Was vergiftet und verstrahlt? Nicht zuletzt ist die Bioethik dafür da, der Vernichtung von Mensch und Natur neue Kostüme zu verpassen. Werden die Chancen auf ein glückliches Leben gerecht verteilt? Haben alle den gleichen Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen? Nein, sie sind in privater Verfügungsgewalt auch derjenigen, an deren Leine die BioethikerInnen ihren Auftrag erledigen. Erarbeitet wurde die Konvention von acht Mitgliedern, die unter Ausschluß der Öffentlichkeit diesen Völkerrechtsvertrag vorbereiten und von dessen Konsequenzen rund 320 Millionen Menschen in Europa nicht die geringste Kenntnis haben.67 Stimmen auch nur zwei EU-Mitgliedsstaaten zu, tritt die Konvention in Kraft. Nationale Interessengruppen können sich dann auf einen »Europäischen Konsens« berufen und mit der Propaganda vom »Wirtschaftsstandort Deutschland« den Abbau der letzten Profithindernisse durchsetzen.68 Eine der wichtigsten Aufgaben der BioethikerInnen, dieser hochbezahlten Wissenschaftsmarionetten des Gentechnikkapitals, wird es in den nächsten Jahren sein, die gentechnischen Eingriffe in die menschliche Keimbahn 65
propagandistisch vorzubereiten. Schon fragt das Bonner Institut, was denn eigentlich der Unterschied zwischen einer genetischen Manipulation der Körper- und der Geschlechtszellen sei? Das Gentechkapital hat noch ein bißchen Zeit. Solange fremde Gene noch nicht zuverlässig und zielgerichtet in Zellen eingebaut werden können, lohnt die Manipulation der menschlichen Keimbahn noch nicht richtig. Es ist also ganz in ihrem Interesse, sich den Konflikt mit einer kritischen Öffentlichkeit jetzt noch nicht aufzuhalsen. Raffinierter ist, die Durchsetzung schleichend vorzubereiten. Eine Stufe zum Erfolg war die Durchsetzung des durch und durch verlogenen Begriffes Keimbahntherapie. Am Europarlament vorbei beschloß die EU-Komission, entlang der Interessen des Gentechkapitals, die Genehmigungsverfahren für gentechnische Versuche zu vereinfachen und Vorschriften abzubauen – zum Beispiel bei Freisetzungen und beim Umgang mit genmanipulierten Organismen in »geschlossenen« Anlagen. Die Risiken für Mensch und Natur seien viel geringer als angenommen. Ein Regelwerk für die Gentechnik sei für das Vertrauen der Öffentlichkeit notwendig, aber die wirtschaftliche Konkurrenz dürfe nicht beeinträchtigt werden. Die nächsten Schritte sollen sein: gentechnisch manipulierte Lebensmittel, Zusatzstoffe in der Nahrung, Produktion und Vermarktung von manipulierten Pflanzen und die Patentierung menschlicher Gene. Die SAGB, die Brüsseler Lobby-Organisation der Gentechmafia, kannzufrieden sein. Wie zufällig enthält ihr Papier vom Juni 1994 dieselben Forderungen. Hinter der SAGB 66
stecken multinationale Konzerne wie Hoffmann-La Roche, Monsanto, Bayer, Unilever und Ciba Geigy.69 »Schutz von Menschenrechten«? Vernichtung von Menschenrechten! »Freiheit der Forschung«? Freiheit für grenzenlosen Profit! Als die außerparlamentarische Opposition (APO) in den sechziger und siebziger Jahren Auftragsforschung an bundesdeutschen Universitäten als Kriegsforschung für die US-Army im Vietnamkrieg entlarvte, als die faschistische Traditionslinie der »Medizin ohne Menschlichkeit« (Alexander Mitscherlich), die Menschenversuche in den KZs, endlich ein Thema wurden, als der Mythos der Objektivität, Unabhängigkeit und Wertfreiheit endlich zu einem guten Teil gebrochen schien, da organisierten sich die Gegner dieser linken Wissenschaftskritik auch unter dem Slogan »Freiheit der Wissenschaft«. Die Freiheit der Menschen war nie damit gemeint.
Die Propaganda der Menschenfresser In einer Welt, in der sich der Kapitalismus – vorläufig – durchgesetzt hat, hat sich auch das Prinzip Profit weltweit durchgesetzt. Niemand ändert etwas daran, wenn er oder sie diesen Kapitalismus »Marktwirtschaft« nennt und mit »sozial«, »frei« oder »ökologisch« garniert. Das Kapital arbeitet nach der schlichten Logik, die beiden einzigen Quellen des Reichtums, die menschliche Arbeit und die 67
Natur, möglichst billig zu verwerten und sie sich vollständig zu unterwerfen. Der Mensch ist Träger einer milliardenfach existierenden profitablen Ressource. Seine biologische Potenz liegt vor dem Zielfernrohr von Kapital, Staat, Militär und Wissenschaft. Mit der Plünderung dieser letzten Ressource, der Natur des Menschen, durch die Gen- und Reproduktionstechnologie befindet sich der Kampf gegen unser Leben und gegen unsere sozialen Rechte auf einem neuen Höchststand. Eine Gruppe von WissenschaftlerInnen verschiedener kalifornischer Universitäten will Forschungsmittel, um die »Bushmen« Südafrikas, die »Hill People« von Neuguinea, afrikanische Pygmäen, die Yanomamis des Amazonas und die spanischen Basken unter die genetische Lupe zu nehmen. Ihre größte Sorge ist, sie könnten mit dem Studium des Genoms der »verschwindenden Ressourcen«, wie sie die Menschen nennen, nicht fertig werden, bevor diese ausgestorben sind.70 Inzwischen kam heraus, daß die US-Regierung beim Europäischen Patentamt beantragt hat, eine Zellinie der Guyami-Indianer aus Panama patentieren zu lassen. Zuvor waren 50 Guyami DNAProben entnommen worden.71 In den USA wurde ein Patent auf Zellen des Immunsystems einer Guyami-Frau aus Panama erteilt, die ausdrücklich erklärt hatte, daß sie nicht einverstanden sei. Sie wurde enteignet.72 Sie wollen Menschen katalogisieren, anstatt ihnen beim Kampf gegen die Ursachen von Malaria, Seuchen, Armut, Unterernährung, Demütigung, Fremdherrschaft, Naturzerstörung, 68
Verweigerung von Gesundheitsversorgung, Landraub und Militärgewalt zu helfen. Ein ÄrztInnenteam der James Cook Universität in Australien deckte 1987 auf, daß 60 Prozent der Aboriginesfrauen (australische UreinwohnerInnen) im Bundesland Queensland zwangssterilisiert worden waren, um ihre Zahl niedrig zu halten. Die Zwangssterilisierungen wurden gleich nach Kaiserschnitten durchgeführt. Aboriginesmädchen über 17 Jahren wird häufig das verbotene Langzeitempfängnisverhütungsmittel »Depot Provera« gespritzt. Als »Neben«wirkung sind Krebs und Unfruchtbarkeit möglich. Die Spritzen werden zum Beispiel als Rötelnimpfungen getarnt.73 »Mississippi-Blinddarmoperation« nannte mensch in den zwanziger Jahren die Zwangssterilisierung von rund 60 000 Frauen, fast ausschließlich »schwarze«, arme Frauen, in den USA.74 Heute steckt die UNO dreistellige Millionenbeträge in bevölkerungspolitische Programme: Lebensmittel und Arbeit gegen »freiwillige« Sterilisierung in Bangladesch, Nahrung, medizinische Versorgung nur bei »freiwilliger« Unfruchtbarkeit in Indien. Wir werden sehen, wie rassistische Bevölkerungsprogramme heute mehr und mehr mit der Rettung der Natur begründet werden. Sprache transportiert Bewußtsein. In den Auseinandersetzungen um die Atomenergie in den siebziger Jahren versuchte die Atomindustrie, aus Atomkraftwerken »Kernkraftwerke« zu machen. Damit sollte jede Assoziation mit Atombomben verhindert werden und die Vorstellungskraft der potentiellen Opfer sogenannter ziviler Atomanlagen 69
auf so Alltäglich-Friedvolles wie etwa Kirschkerne gelenkt werden. Niemand sagt zu Atombomben »Kernbomben«, weil hier die Gefahr seit Hiroschima und Nagasaki nicht zu leugnen ist. Heute wird der Versuch gemacht, aus der Atomfusion eine »Kernfusion« zu fabrizieren, als ob diese mit Radioaktivität nichts zu tun hätte. Ein vergleichbarer Versuch von Begriffsverwirrung geschieht heute mit der Vermengung von Biotechnologie und Gentechnologie, als sei der Reifungsprozeß von Käse oder das Zustandekommen eines Hefeteiges der gentechnischen Manipulation der menschlichen Keimbahn vergleichbar. Biotechnologie ist jede gezielte Ausnutzung biologischer Systeme unter vom Menschen geschaffenen kontrollierten Bedingungen zur Erzeugung bestimmter Produkte, zum Beispiel von Käse oder Brotteig. Die Gentechnologie hingegen arbeitet mit der Erbsubstanz. Mit ihren Methoden werden DNS und RNA aus lebenden Zellen gelöst und neu zusammengesetzt. Die Sprache der GentechnokratInnen ist orwellsch. Wenn sie »genetische Prävention« sagen, meinen sie nicht Gesundheitsvorsorge, sondern tödliche Selektion von möglicherweise behinderten Menschen. Sprechen sie von »(somatischer) Gentherapie«, meinen sie die Manipulation von Genen oder gar die Übertragung von fremdem genetischem Material in einen anderen Körper (Transgene) wie bei der erwähnten Manipulation der weiblichen Brustdrüsen. Propagieren sie »Keimbahn-Therapien«, meinen sie in Wahrheit keine Heilung, wie das Wort Therapie suggeriert, 70
sondern den höchst riskanten gentechnischen Eingriff in die menschlichen Erbanlagen mit dem Ziel, auch die künftigen menschlichen Generationen zu verändern. Ihr Ziel ist eine Qualitätssteigerung des menschlichen Zuchtmaterials; und was Qualität sein soll, und zu welchem gesundheitlichen, sozialen und kulturellen Preis sie beschafft wird, bestimmen sie.
Krankheit als Legitimationsventil Wichtigstes Element der gendiktatorischen Propaganda ist der menschliche Einzelfall. Das Gentechnikkapital hat frühzeitig aus den harten Konflikten mit der Anti-AKWBewegung und aus der öffentlichen Kritik nach der Chemiekatastrophe im italienischen Seveso »gelernt«. Umfragen haben den Gentechnikmultis vorgeführt, daß die größten Erfolge mit dem Versprechen lebensrettender Medikamente zu erwarten sind. Den skeptischen, schlecht informierten Menschen wird untergejubelt: Bist du gegen Gentechnik, bist du schuld, wenn Menschen leiden müssen. Seitenlang schildert etwa die Bayer AG in einer Firmenbroschüre die Alzheimersche Krankheit einer Frau, um den LeserInnen die Gentechnologie schmackhaft zu machen. (Dabei gibt es inzwischen Forschungen, nach denen die Alzheimersche Krankheit wesentlich auf Vergiftung durch Schwermetalle zurückzuführen ist.) 71
Zur legitimatorischen Wirkung trägt bei, daß es wenig öffentliches Wissen über die Ursachen von Krankheiten und alternative Therapieansätze gibt. Da taucht dann selten die Frage auf, weshalb oft so geringe Anstrengungen unternommen wurden, konventionelle oder alternative Heilmethoden gegen dieselben Krankheiten zu entwickeln, gegen die nun gentechnische Wundermittel versprochen werden. Der potentielle Absatzmarkt schien nicht profitabel genug. Wo Milliardengewinne leuchten, werden Heilsversprechen gebraucht, damit niemand die Entwicklung stört. In der Grundlagenforschung lange vernachlässigt, dient die eine und andere Krankheit nur als Legitimationsargument. Manche Vorwegpropaganda für versprochene gentechnische Pharmaka erscheint, als empfehle einer die Zustimmung zu einem Atomkraftwerk mit dem Hinweis, Radioaktivität lindere Halsschmerzen. Selbst wenn eines Tages mittels der Gentechnologie Medikamente hergestellt werden könnten, die tatsächlich heilen, wären damit nicht alle Folgen in Wissenschaft und Gesellschaft zu rechtfertigen. Praktisch ist nichts über die möglichen Auswirkungen durch gentechnisch hergestellte Medikamente bekannt. Was richten ihre Neben- und Abfallprodukte bei den Arbeitenden und in der Umwelt an? Wie wirken gentechnisch hergestellte Pharmazeutika langfristig im Körper des Patienten oder bei seinen Nachkommen? Humaninsulin war 1979 das erste gentechnische Produkt überhaupt. Ohne Insulin kommt es bei Zuckerkranken zu schweren organischen Störungen bis zum Koma. 72
Seit 1984 wird im gentechnischen Großverfahren Insulin hergestellt; es verdrängte seitdem das Insulin, das aus der Bauchspeicheldrüse von Rindern und Schweinen gewonnen wird. Der Hauptgrund für die gentechnische Herstellung ist der größere Profit für die Hersteller, wie etwa die Hoechst AG, und nicht etwa die besseren Behandlungsmethoden. Denn das Gentechprodukt kann schwere Folgen für die PatientInnen haben: Symptome der Unterzuckerung werden oft nicht rechtzeitig erkannt, Verwirrtheit, Konzentrations- und Koordinationsstörungen oder Antikörperreaktionen können die Folge sein. Eine Studie in acht Schweizer Krankenhäusern ergab dreimal so viele schwere Ohnmachtsanfälle wie bei der Verwendung von tierischem Insulin, Ohnmachtsanfälle, die zu Gehirnschäden führen können.75 PatientInnen, die wieder tierisches Insulin erhalten, leiden anschließend kaum noch unter vergleichbaren Nebenwirkungen. Der Pharmaindustrie ist es seit 1984 mit intensiver Werbung gelungen, 80 Prozent der 650 000 insulinspritzenden DiabetikerInnen in der BRD auf gentechnisch gewonnenes Insulin »umzustellen« mit Parolen wie: »Ein Traum wird Wirklichkeit«, »Nach dem Vorbild des Menschen«, »Humaner geht es nicht«. Um die Abhängigkeit und den Profit zu erhöhen, verdrängt die Pharmaindustrie tierisches Insulin zielgerichtet vom Markt. Es geht um viel Geld: Der bisherige Umsatz mit Humaninsulin beträgt 625 Millionen US-Dollar. Aber PatientInnen beginnen, sich zu wehren und organisiert vorzugehen. In der Bundesrepublik, der Schweiz und in 73
Großbritannien wollen PatientInnenvereinigungen gegen die Hersteller klagen. Im Mai 1994 bekam die Hoechst AG von den Regierungspräsidenten in Darmstadt und Gießen – dort »regiert« der Grüne Hartmut Bäumer – die Erlaubnis, gentechnisch gewonnenes Insulin zu produzieren. Die dafür gebaute Anlage ist die einzige dieser Art in der BRD. Die Hoechst AG hat bislang 200 Millionen DM investiert und kann nun jährlich 923 Kilogramm gentechnisches Insulin herstellen. Zu den Auflagen der ungemein tapferen Regierungspräsidenten gehört, daß die Abtötung gentechnisch veränderter Organismen »für jede Charge zu überprüfen ist«.76 Eine folgenlose Anordnung, die sich auf eine nicht existierende 100prozentige Sicherheitstechnik verläßt. Neben der Hoechst AG gibt es nur noch zwei Hersteller von Humaninsulin in den USA und Dänemark. Während ich dies schreibe, meldet der Hessische Rundfunk, daß in Frankfurt/Main Fässer mit gentechnischem Material aufgetaucht sind, von denen niemand wisse, woher sie kommen. Die Fernsehbilder zeigen Arbeiter in weißen Sicherheitsanzügen. Sie tragen Gesichtsmasken und behandeln mit ungenannten Chemikalien den Boden um die Fässer mitten in der Stadt.77 Auch andere gentechnisch produzierte Medikamente können lebensgefährlich oder tödlich sein: 30 Menschen starben an der in Japan gentechnisch hergestellten Substanz L-Tryptophan, die Bestandteil verschiedener Medikamente ist. 2000 Menschen in der BRD und den USA litten wegen 74
L-Tryptophan am sogenannten Eosinophilie-Myalgie-Syndrom (EMS) mit starken Gelenk- und Muskelschmerzen und Blutbildveränderungen. Der Stoff wird Nahrungsmitteln (zum Beispiel für Sportler zum Muskelaufbau) und Arzneimitteln (zum Beispiel Antidepressiva) zugesetzt und wurde zuvor nicht mit gentechnischer Hilfe hergestellt.78 Die sogenannten Gentherapien versprechen unvorstellbare Profite. Projekte wie das Human-Genomprojekt in den USA liefern die gewinnträchtigen Fragmente menschlichen Erbguts. Der US-Biotechnikfirma Amgen brachte z. B. das gentechnische Medikament Erythropoetin, das die Bildung roter Blutkörperchen fördert, im Geschäftsjahr 1992 mindestens 1,1 Milliarden US-Dollar ein.79 Was an Genen gefunden ist, wird vermarktet, sofern es irgendwie verwertbar zu sein scheint. Die möglichen Schäden? Interessieren nicht! Das Human-Genomprojekt sei »zu einer wahren Brutstätte des Kapitalismus geworden« entrüstet sich sogar das biedere Wissenschaftsmagazin Science über das schnelle Ausschlachten des registrierten Genmaterials. Da will auch die SPD nicht unbeteiligt bleiben: »Daß Therapieversuche in Deutschland dagegen erst 1994 beginnen«, schreibt Wolf-Michael Catenhusen (SPD), »kann nicht einer ›technikfeindlichen‹ Öffentlichkeit angelastet werden […] Die Entwicklung der somalischen Gentherapie wird in Deutschland auch nicht durch rechtliche Barrieren behindert. Anders als in den USA oder in Großbritannien ist bei uns nicht einmal die Zustimmung einer nationalen Ethickommission erforderlich.«80 Tatsächlich ist nur die 75
Keimbahn»therapie« verboten, gen»therapeutische« oder besser genmanipulierende Eingriffe in menschliche Körperzellen sind im Gentechnikgesetz nicht geregelt. 1994 wird es die ersten gen»therapeutischen« Versuche in der BRD geben.81 Der angebliche Gentechnikkritiker Catenhusen überholt das Gentechnikkapital noch und wirft ihm mangelnde Innovationsbereitschaft in Sachen Gentechnik vor. Goldrausch und Gründungsfieber: Weltweit wurden mit Genpharmazeutika 1992 zehn Milliarden DM umgesetzt. In den USA gibt es schon etwa 1300 Genfirmen, 253 davon holen sich Kapital von der New Yorker Börse82, 74 Gentherapiestudien sind in den USA genehmigt. In der Bundesrepublik sind inzwischen 22 gentechnisch erzeugte Medikamente zugelassen. Die Experimente, ob an KrebspatientInnen oder an anderen, häufen sich. Beim Bundesforschungsministerium liegen 183 Finanzierungsanträge auf Gen»therapie«projekte. In Freiburg, Hamburg, Berlin, Bonn, Düsseldorf finden die ersten Experimente an KrebspatientInnen statt.83 Das Bundesforschungsministerium (BMFT) verlangt mit dem neuen Haushalt 1995 jährlich 60 Millionen DM für Gen»therapie«, mehr als zehnmal soviel wie bisher. Es gab im Mai 1994 bereits 150 Antragsteller. Die Landesregierungen von Bayern und dem sozialdemokratischen Nordrhein-Westfalen buhlen um Gentechfirmen und bieten Standorte an wie warme Semmeln. Noch 1994 soll die erste Firma in der Bundesrepublik gegründet werden, die nach dem Venter-Prinzip arbeitet: sammeln, was das 76
menschliche Genom an Genen und Genabschnitten hergibt, vermarkten, vermarkten, vermarkten. Der US-Genforscher Craig Venter will noch 1994 die Hälfte aller menschlichen Gene in“ seiner Datenbank zusammenraffen.84 Kaum vorstellbare Kapitalmengen (»Risikokapital«) werden in den USA in die Gentechnik investiert, denn »keine Wissenschaft wird wichtiger für die Zukunft sein als die Erbgutforschung«, schwärmt der Investor Wallace Steinberg, Vorsitzender der Investitionsfirm Health-Care Investment Corp. Steinberg finanziert TIGR, die Gen-Firma von Venter. Auch die bundesdeutsche Gentechmafia wittert Morgenluft, spätestens seit der Begriff »Genmanipulation« so erfolgreich durch »Gentherapie« abgelöst wurde: »Die Zeiten, als Genforscher wie ich mit Polizeischutz durch die Lande fuhren, sind vorbei«, freut sich der Chef des Genzentrums in München, Prof. Ernst-Ludwig Winnacker. »Mit der Änderung des Gentechnikgesetzes im letzten Jahr haben wir von den Politikern ein deutliches Signal erhalten«, sagt Prof. Horst Dieter Schlumberger (Bayer AG).85 Wir erinnern uns, das Signal war überdeutlich, unter anderem wurde die Möglichkeit von Einwendungen und Erörterungsterminen abgeschafft. In den USA wurden die ersten grundsätzlichen, schwerwiegenden Probleme öffentlich: Der als »Pionier der Gentherapie« gefeierte Forscher Steven Rosenberg konnte massive Zweifel der zuständigen Behörden nicht ausräumen, die Gesundheitsbehörde (NIH) sperrte ihm sogar vorübergehend die Gelder: Seinen Versuchspersonen hatte Rosenberg 77
das Gen für den Tumornekrosefaktor (TNF) eingeschleust, konnte aber nicht gewährleisten, daß das extrem giftige TNF86 statt der Krebstumore gesunde Zellen und damit den Patienten tötete. Die fremden Gene werden mit Hilfe von Viren oder Retroviren in den Körper eingeschleust; wo sie »landen«, und was sie dort anrichten, ist nicht steuerbar. »Wir wissen nichts über die Schäden«, sagte einer der ersten Gen-»Therapeuten«, French Anderson (USA), zur Genmanipulation am Menschen im WDR.87 Die Menschenexperimente des Atomkapitals finden ihre Fortsetzung.
Genmanipulierte Nahrung und gentechnische Freisetzungen Niemand weiß, wie die menschliche Gesundheit mittel- und langfristig auf gentechnisch verdreckte Nahrung reagieren wird. Obst, Gemüse, Fisch und Milchprodukte enthalten bereits Wachstumshormone, die aus gentechnisch manipulierten Kolibakterien hergestellt wurden. Brot und Bier sind mit gentechnisch hergestellten Enzymen vergiftet. Daß ein Riesengeschäft winkt, ist sicher: Die US-Regierung fördert die gentechnische Manipulation von Lebensmitteln hemmungslos, weil bis zum Jahr 2000 ein Umsatz von 50 Milliarden US-Dollar erwartet wird. Mehr als hundert Feinschmeckerrestaurants in New York werben inzwischen zornig damit, daß sie mit »reinen«, 78
nicht gentechnisch manipulierten Lebensmitteln kochen. Aber schon ein Drittel der US-Käsesorten reifen mit dem gentechnisch produzierten Milchgerinnungsstoff Chimosyn. Seit 1988 ist in der Schweiz gentechnisch hergestelltes Chimosyn im Käse erlaubt, Käse, der vermutlich auch in die Bundesrepublik importiert wird – ohne Information der VerbraucherInnen –, sowie gentechnisch manipulierte Vitamine, Süßstoffe und Enzyme. Die EU schickt sich soeben an, die stoßfeste Tomate zu genehmigen.88 Eine Vorentscheidung gegen die Kennzeichnung gentechnisch manipulierter Lebensmittel ist auf EU-Ebene bereits gefallen. Ein Verbot ist nicht mehr in der Diskussion. Die Entwicklung geht rasend weiter: Anfang 1994 wurde die Pflanzen»schutz»firma AgrEvo gegründet von den Chemiekonzernen Hoechst AG und Schering. AgrEvo hat in der BRD die Genehmigung für gentechnische Freilandversuche mit genmanipuliertem Mais und Raps erhalten. AgrEvo ist die Nummer zwei auf dem Pestizid-Weltmarkt, nach Ciba-Geigy. Bis zum 31. Oktober 1996 sollen an vier Standorten in Wörrstadt (Rheinland-Pfalz), Gersten (Niedersachsen), Gersthofen bei Augsburg (Bayern) und in Friemar bei Gotha (Thüringen) diese genmanipulierten Pflanzen ausgesetzt werden. Forschungsziel ist, die Pflanzen gegen das Hoechst-Pestizid Basta widerstandsfähig zu machen. Basta vernichtet die gesamte natürliche Vegetation, das Aussterben von Pflanzen- und Kleintierarten wird beschleunigt, es entstehen Agrarwüsten. Die Abhängigkeit der Bauern von der Chemieindustrie wächst: Wer das Herbizid 79
kauft, braucht das passende resistente Saatgut vom selben Konzern und umgekehrt. Übrigens: Eine Erörterung von Einwendungen war nach dem neuen Gentechnikgesetz nicht mehr nötig.89 Seit 1988 erzeugt die Höchst AG in Kanada eine ganze Reihe von gen technisch manipulierten, Basta-resistenten Pflanzen: Raps, Rüben, Gelben Senf, Mais, Flachs, Kartoffeln, Reis, Luzerne und Soja. Die Pflanzen wurden in Kanada, Chile und Argentinien »im Feld« getestet, allein gentechnisch manipulierter Raps in 150 Großversuchen.90 An der Universität Freiburg laufen die ersten Versuche mit gentechnisch manipulierten Pappeln.91 Auch bei der Milch hat sich das Chemiekapital durchgesetzt: Nach jahrelangem Streit hat die EU-Agrarministerrunde das umkämpfte rekombinante Rinderwachstumshormon (rBST) ab 1995 zugelassen. Begründung war die Vermeidung von Handelskonflikten nach dem Abschluß des Welthandelsabkommens GATT. Die Freiheit des Handels, des Marktes steht wieder einmal gegen die Freiheit, gesund zu leben und Tiere nicht zu quälen. Während die Milchproduktion der EU eigentlich reduziert werden soll, hilft das BST die Milchproduktion um angeblich 30 Prozent zu steigern. Die Folgen: kranke Kühe, die früher sterben, die vor ihrem Tod wegen Euterentzündungen mit Antibiotika behandelt werden mußten, die wir dann in der Milch wiederfinden. Neben allergischen Reaktionen auf die Antibiotika sind die gesundheitlichen Folgen der Gen-Milch mit einem verstärkten insulinähnlichen 80
Wachstumsfaktor für die Menschen, die sie trinken, völlig offen. Währenddessen nimmt der Protest in den USA gegen die im November 1993 zugelassene BST-Milch zu. 80 Prozent der milchverarbeitenden Betriebe in Kalifornien haben ihre LieferantInnen angewiesen, auf BST-Milch zu verzichten, Im Februar 1994 schütteten VerbraucherInnen- und BäuerInnenverbände in zahlreichen Großstädten kannenweise Milch auf die Straßen. Einige Nahrungsmittelfirmen gehen aufgrund der heftigen Proteste dazu über, ihre Produkte als nicht genmanipulierte Ware zu kennzeichnen. Profitiert haben von dieser Entscheidung der Food und Drug Administration (FDA) die Chemiekonzerne Monsanto, American Cyanamid, Elli Lily und Upjohn mit jeweils eigener BST-Droge. Auf den US-Markt kam das BST erst am 4. Februar 1994. Der US-Kongreß hatte wegen der kontroversen Diskussion ein dreimonatiges Moratorium verhängt. Weder in den USA noch in EU-Europa gibt es eine Kennzeichnungspflicht für BST-Milch oder andere genmanipulierte Nahrung.92 Auch die Aussaat gentechnisch manipulierter Baumwolle ist in den USA seit 1994 erlaubt, obwohl Ernteschäden für nichtmanipulierte Baumwolle zu befürchten sind. Es wird die Nikotin-Junkies unter den LeserInnen kaum freuen: Gauloises und Gitanes und andere Zigaretten der französischen Firma Seita dürfen seit Juni 1994 mit gentechnisch manipuliertem Tabak hergestellt werden. Die EUKommission hat’s der Firma Seita erlaubt, nur Dänemark 81
hat dagegen gestimmt. Die Bundesregierung ist ohnehin fest im Griff des Chemiekapitals. Der Tabak ist gegen das Pestizid Bromoxynil unempfindlich gemacht worden, kann also diesem Gift besonders intensiv ausgesetzt werden. Die EU beschloß: kein Risiko für Mensch und Natur. Da war es dann auch egal, daß Bromoxynil im Tierversuch Fehlbildungen an neugeborenen Tieren verursachte.93 Seita war nicht der erste Tabakkonzern. Der US-Konzern Brown & Williamson hat vielen seiner Zigaretten seit Jahren zehn Prozent gentechnisch manipulierten Tabak beigemischt. Die so manipulierte Pflanze hatte einen doppelt so hohen Nikotingehalt wie normaler Tabak. Die Konzerne hätten den Nikotingehalt erhöht, um RaucherInnen abhängig zu machen, meint David Kessler von der US Food and Drug Administration. Der deutsche Teil des US-Konzerns, die BAT, schließt den Einsatz genmanipulierten Tabaks in ihren Marken nicht aus.94 Seit Mai 1994 sind in den Supermärkten der USA gentechnisch manipulierte Tomaten zu kaufen. Zwei Gene wurden eingeschleust: Eines hilft, die Produktion eines Enzyms zu verhindern, das fürs Matschigwerden der Tomate sorgt, wenn sie reif ist. Sie wird haltbarer, und alt kann für neu verkauft werden. Das zweite sorgt für Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin. Zweck: die manipulierten Nachkommen zu identifizieren. Mögliche »Nebenwirkung«: sich ins menschliche Erbgut einzuschleichen und beim Menschen (nicht nur) für Resistenz gegen das Antibiotikum zu sorgen.95 82
Im Wissenschaftsmagazin Science berichteten PflanzenvirologInnen, daß sich ins Genom von Pflanzen eingebaute Virusteile (virale Gene) in einigen Fällen mit anderen, natürlichen Viren zu einem neuen Virustyp rekombiniert haben. »Einem OECD-Bericht zufolge wurden bei fast zehn Prozent der 1300 weltweit durchgeführten Freisetzungsexperimente virusresistente Pflanzen verwendet, die mit viralen Genen ausgestattet waren.« Diese viralen Gene finden sich auch in den nun genehmigten, manipulierten Basta-resistenten Mais- und Rapspflanzen der HoechstSchering-Tochter AgrEvo.96 Alle diese Manipulationen greifen gewaltig in die Natur ein, vernichten auch Wildpflanzen, Biotope und Wälder. Neue Virusstämme können entstehen, die durch Insekten, Vögel und Pflanzen ungeahnte Verbreitung finden und Schäden anrichten, für die wir noch nicht einmal Namen haben.97 Längerfristig ist die Existenz der heutigen Natur mit ihrem »Teil« Mensch in Frage gestellt.
Weltkonzern Du Pont: Von Mausmenschen und Schweinehunden Am 13. Mai 1992 erteilte das Europäische Patentamt in München auf Antrag der Harvard-Universität (USA) und unter der Nummer EP 0169 672 ein Patent für alle auf be83
stimmte Weise gentechnisch manipulierten nichthumanen Säugetiere. Die Tiere werden genetisch so manipuliert, daß sie leicht Krebs bekommen und deshalb für Tests in der Chemieindustrie »verbraucht« werden können. Der Fall ging fälschlicherweise als Patent für die »Krebsmaus« durch die Medien. Alleiniger Nutznießer der Vermarktung des Verfahrens und Eigentümer aller tierischen Nachfahren ist der multinationale Konzern Du Pont. Jahresumsatz 1990: 40 Milliarden US-Dollar, allein bei den Pestiziden: 1,8 Milliarden US-Dollar.98 Du Pont darf nun in zehn europäischen Ländern für 20 Jahre alle nichtmenschlichen Säugetiere gentechnisch manipulieren, hat das Monopol auf deren Vermarktung, die entsprechenden Krebstests und auf alle natürlichen Nachkommen dieser transgenen Tiere und ihre Chromosomen. Natürlich will auch Du Pont lediglich Menschen helfen! Aber warum ist der Konzern dann der Welt größter Hersteller von Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) mit einer Jahresproduktion von mindestens 350 000 Tonnen voll- und teilhalogenierter FCKW? (Vor der Hoechst AG mit mehr als 61 000 Tonnen voll- und teilhalogenierter FCKW jährlich.) Teilhalogenierte FCKW zerstören die Ozonschicht viel weniger als voUhalogenierte. Sie heizen aber (wie zum Beispiel der teilhalogenierte Stoff F134 a (der Hoechst AG) den Treibhauseffekt bis zu 3200mal stärker an als Kohlendioxid. Warum weigert sich Du Pont seit 1975, seine FCKW-Produktion einzustellen? »Hautkrebs hat einen Namen: Du Pont«, sagt Greenpeace. Vielleicht 84
braucht der Chemiekonzern gentechnisch manipulierte, monopolisierte Lebewesen für Du-Pont-produzierten Krebs? Wer mit Zerstörung Riesenprofite scheffelt, kann dies ja auch mit Reparaturtechniken versuchen. In den neunziger Jahren machten US-Hersteller mit FCKW-Produkten einen Gewinn von 5,7 Milliarden US-Dollar.100 Zwei Drittel der FCKW werden in den USA vom Militär oder in dessen Auftrag verbraucht.101 Aufgrund einer weiteren fünfprozentigen Ausdünnung der Ozonschicht rechnet die US-Umweltbehörde EPA statt mit 500 000 Fällen von Hautkrebs mit zwölf Millionen in den nächsten 50 Jahren.102 Die Ursachen von Krebs sind heute weitgehend bekannt. Radioaktivität, Chemie, schlechte Ernährung, schwere psychische Belastungen lösen Krebs aus oder helfen bei der Schwächung der Immunabwehr. Elektrosmog103 bewirkt unter anderem, daß die menschlichen Zellen durchlässiger für chemische Schadstoffe werden und damit für Krebs. Bemerkenswerte, die Interessen der Energiekonzerne bedrohende Forschungsergebnisse werden seit Jahren unterdrückt. In der Hemmungslosigkeit seiner Gier unterscheidet sich Du Pont nicht von anderen Chemiekonzernen.104 In den dreißiger und vierziger Jahren unterstützte Du Pont (als Konzern in den USA) die Nazis mit Waffen, Chemikalien, Brennstoffen und Gas für Konzentrationslager.1051943 baute Du Pont das erste Atomkraftwerk106, beteiligte sich an der Produktion der ersten Atombombe, wurde in den sechziger Jahren durch schwere Asbestvergiftungen bei ArbeiterInnen und in den achtziger Jahren durch schwere Blei- und 85
Tetrachloräthylenverseuchungen von Wasser berühmt und verdient viel Geld mit dem krebsverdächtigen Pestizid Benlate DF (in der BRD: Benomyl).107 Du Pont war 1986 an ungenehmigten Freisetzungsversuchen von genetisch veränderten Mikroorganismen beteiligt108 und manipuliert Saatgut und Bäume gentechnisch, um die Herbizidresistenz zu erhöhen. Du-Pont-Vertreter nennen das »Wachsende Partnerschaft mit der Natur«. Jetzt will Du Pont einen roten Teppich für den Eroberungsweg nach Osten. Marc Schriber, Direktor der Osteuropaabteilung in der Genfer Europazentrale des Konzerns, verlangt zehn Jahre Steuerfreiheit, niedrige Löhne und nur hundertprozentigen Alleinbesitz, keine Joint-ventures. Der Multi ist verwöhnt, wo sich schon im Westen staatliche Subventionen auf 60 Prozent seiner Investitionen addieren.109 Inzwischen liegt eine Flut von Anträgen zur Patentierung transgener Tiere bei den zuständigen Behörden, allein in den USA sind es 250 Anträge. Nach der »Krebsmaus« der Harvard-Universität und von Du Pont gewährte das USPatentamt im Dezember 1992 drei verschiedenen US-Universitäten drei neue Patente für auf unterschiedliche Weise gentechnisch manipulierte Mäuse.110
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Patente auf Leben Gegenwärtig wird die Anzahl der menschlichen Gene in einem Zellkern auf rund 100 000 geschätzt. Ihre Erforschung verläuft immer schneller. Ziel des Human-Genom-Projektes in den USA, das unter Leitung der Gesundheitsbehörde begann, ist die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms bis zum Jahr 2005. Die Kosten werden zur Zeit auf etwa sechs Milliarden US-Dollar geschätzt. Das mehr als 200 000 Jahre alte Erbgut des Menschen soll erfaßt und über Patente privatisiert werden, die Voraussetzung für optimale Kommerzialisierung. Im Juli 1992 wurde das komplette Projekt privatisiert, das gesamte Wissenschaftlerteam wechselte zur neugegründeten Human Genome Sciences Inc. Mit einem Startkapital von 70 Millionen US-Dollar zielt das Unternehmen auf den Profit aus dem Verkauf von Patentlizenzen für die entschlüsselten Gene.111 Für die Analyse hat die US-Regierung drei Milliarden US-Dollar veranschlagt. Von 100 000 Genen sind 1994 bereits 3207 lokalisiert, zusätzlich 87 000 DNA-Abschnitte unbekannter Funktion.112 Schon im Juni 1991 hatte die US-Gesundheitsbehörde für 2300 Fragmente menschlicher Gene aus Gehirnzellen die Patentierung beantragt.113 Eifersüchtig und unter dem gleichen ökonomischen Interessendruck lassen sich die Genzentren Europas auf dieselbe Logik ein. Immer schneller werfen die Computer ihre Informationen aus. Jedes Genhäppchen wird patentiert, die Besitzer unserer Genabschnitte werden reich, wie wir 87
noch sehen werden. Die Gentechnologie wird zur Geheimwissenschaft im Besitz weniger. Nur eine kleine Zahl von transnationalen Konzernen wie Monsanto, Bayer, Du Pont, Nestlé, Merck, Hoechst, BASF, Ciba Geigy, Schering, Hoffmann La Roche, Sandoz und wenige andere könnten eines Tages den genetischen Reichtum des Lebens vollständig in Besitz haben und vermarkten. Vor kurzem sicherte sich der US-Chemiekonzern Merck für eine Million US-Dollar das Patent auf die gesamte genetische Vielfalt des Regenwaldes von Costa Rica, schätzungsweise 5 Prozent der genetischen Mannigfaltigkeit der Erde. Aktien an Teilen des costaricanischen Regenwaldes wurden in den letzten Jahren von Micky Maus (!), Tropica Verde e.V. und dem Deutschen Kinderregenwald e. V. verschenkt und verkauft.114 Konzerne sammeln Patente und wollen Trikontstaaten zwingen, jährlich genmanipuliertes Saatgut plus passende Düngemittel plus Pestizide (je herbizidresistenter das Saatgut, desto größer das Geschäft mit Pestiziden) zu kaufen. Patentiertes Saatgut darf nicht selbst vermehrt werden, es muß jährlich neu gekauft werden. Jeglicher fruchtbare Boden und die Nahrung der Armen gerät über Landraub und Gentechnologie vollständig in den Monopolbesitz der Reichen. Die Manipulation von Saatgut wird mit unfruchtbarem Land gerechtfertigt, mit größerer Ausbeute, mit dem Kampf gegen den Hunger. Nun, rund ein Viertel des fruchtbaren Bodens in Mexiko und Mittelamerika115 haben inländische und ausländische Großgrundbesitzer mit Pestiziden und schweren Maschinen unfruchtbar gemacht. 88
Mehr als zwei Drittel des fruchtbaren Bodens von Guatemala sind mit Kaffee bebaut. Kaffee hat keine einzige Kalorie, keinen Nährwert, und sein Export dient dem Reichtum der Großgrundbesitzer von Weltbanks Gnaden. Der Genreichtum der Welt und damit fast alle unsere Nahrungsmittel stammen aus dem Süden. 5000 Jahre lang haben Menschen im Trikont Pflanzen kultiviert – allein im indischen Distrikt Chhatishgarh fanden sich 18 000 verschiedene Reissorten.116 Bodenschätze wie Öl oder Gold gehören heute prinzipiell dem Land, auf dessen Boden sie gefunden werden. Die Ausbeutung durch den Norden erfolgt durch Kauf zu Dumpingpreisen oder Erpressung durch Verschuldung. Der genetische Reichtum jedoch wird einfach gestohlen und als patentierte Saat, kombiniert mit Pestiziden und Dünger zu Höchstpreisen an die Bestohlenen zurückverkauft. Wer sich das teure Saatgut nicht mehr leisten kann, verhungert oder zieht in die großen Städte. Die Gentechnologie wird die Slums bevölkern helfen und dem reichen Norden neue Schreckensbilder für ignorante bevölkerungspolitische Gewaltphantasien liefern. Millionen hungertoter Menschen werden die GentechnokratInnen auf dem Gewissen haben, wenn eines Tages die großen Lebensmittelmultis und die Händler nicht einmal mehr räuberische Niedrigpreise für Nahrungsmittel aus dem Trikont bezahlen und Kakao nicht mehr aus Malaysia, Vanille nicht mehr aus Madagaskar, Kaffee nicht mehr aus Kenia, Soja nicht mehr aus Brasilien, sondern dies alles aus der gentechnischen Retorte kommt. 89
Selektion an der Rampe zum Arbeitsplatz Sie sind arbeitslos und lesen die Stellenanzeigen. Eine Chemiefabrik in der Nähe Ihres Wohnortes sucht einen Facharbeiter. Sie rufen unter der angegebenen Telefonnummer an, es meldet sich die Personalabteilung, die Ihnen einen Termin gibt. Vor dem Gespräch schickt man Ihnen einen Fragebogen zu, in dem Sie ausführlich nach Ihren Krankheiten und denen Ihrer Verwandten befragt werden. Kleingedruckt steht unten, daß Sie mit einem medizinischen Test einverstanden sind. Nach dem Gespräch mit der Personalsachbearbeiterin wird Ihnen in den Räumen des Werksarztes eine Gewebs- oder Blutprobe entnommen. Wozu? Nur zu Ihrem Besten! Eine Woche später erhalten Sie einen freundlichen Brief: »Sehr geehrter Herr Soundso, zu unserem Bedauern müssen wir Ihre Bewerbung abschlägig bescheiden. Unsere genetische Untersuchung hat ergeben, daß Sie eine Disposition für Arthritis und Blasenkrebs haben. Mit Rücksicht auf Ihre Gesundheit müssen wir Ihnen daher leider absagen. Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute. Mit freundlichen Grüßen.« Diese »Rücksichtnahme« der Firma auf die Gesundheit des Arbeitssuchenden wird die Arbeitsbedingungen und die Produktion dieses Betriebes natürlich nicht verändern. Mit dem DNS-Test im Rahmen eines gentechnologischen Screenings (Reihenuntersuchung) will die Firma Kosten sparen, die entstehen, wenn giftige Arbeitsplätze Menschen 90
so krank machen, daß ein kausaler Zusammenhang und die Verantwortung der Firma nicht geleugnet werden kann und sie zahlen muß: Lohnfortzahlung, Schmerzensgeld, Rehabilitation, Ersatzarbeitskräfte. Oder sie will herausfinden, wer von ihren potentiellen Beschäftigten »genetische Anlagen für spät ausbrechende Krankheiten« hat. Und Sie? Sie hatten dummes Pech: Ihr genetischer Bauplan, wie ihn die herrschende Wissenschaft interpretiert, wurde als zu wenig giftresistent eingestuft. Sie sind zu teuer. An der Universität Mainz fördert das Bundesforschungsministerium mit mindestens 1,5 Millionen Mark ein Projekt, mit dem Routinetestverfahren für Krebsanfälligkeit bei Beschäftigten zum Beispiel in der chemischen Industrie entwickelt werden sollen. Es ist möglich, daß dies auch die Hoechst AG interessiert. Wolfgang Hien von der Universität Bremen hat nachgewiesen, daß seit »rund einem Jahrhundert […] bekannt [ist], daß aromatische Amine, die in der Farben- und Pharmaindustrie [zum Beispiel bei der Hoechst AG] eingesetzt werden, Blasenkrebs verursachen«.117 Und es gab auffällig viele Fälle von Blasenkrebs bei der Hoechst AG. Statt die Produktion zu verändern, werden genetische Tests vorbereitet, um »individuelle Anfälligkeiten«, also Beschäftigte herauszufiltern. Vielleicht werden dafür eines Tages Daten verwendet, die heute schon bei Chemiekonzernen wie der Hoechst AG gesammelt werden. Der leitende Werksarzt Dr. Fritz Schuckmann gab gegenüber der Frankfurter Rundschau zu, daß er über viele Jahre Daten 91
über Todesursachen und Krankheiten von Beschäftigten illegal gesammelt habe. Er habe ein Krebsregister angelegt, das – wie er einräumte – rechtswidrig (entstanden) sei.118 Weil »bei der Hoechst AG wie bei vielen Konzernen die werksärztliche Abteilung und die betriebliche Krankenkasse unter demselben Dach residieren, unter dem auch die Einstellungsuntersuchungen vorgenommen werden«, brauchen wir nicht viel Phantasie, um uns vorzustellen, wie die Selektion an der Rampe zum Arbeitsplatz – auch dank der Krankenversicherungskarte mit Speicherchip für alle – morgen aussehen wird. Eine gute Betriebsrätin könnte eines Tages wegen eines genetisch festgestellten 13,8prozentigen Blasenkrebsrisikos aus der Krankenversicherung wie aus dem Betrieb geschmissen werden, ganz unpolitisch und nur, um dem Konzern und der Gesellschaft Kosten zu ersparen. Bis die Selektion perfekt klappt, werden viele ausländische ArbeiterInnen in der Verarbeitung der aromatischen Amine beschäftigt. Auf ihre Angst und Anpassungsbereitschaft kann sich die Firma meist verlassen. Ganz in der Nähe der Hoechst AG, im Institut für Humangenetik des Frankfurter Universitäts-Klinikums, werden Neugeborene ausländischer Familien in Hessen einem genetischen Screening unterzogen, um einem bestimmten Enzymmangel (G–6-PD-Mangel) auf die Spur zu kommen, der angeblich das Blasenkrebsrisiko bei Kontakt mit Nitround Aminoverbindungen (!) »verursacht«. Menschen mit diesem Enzymmangel können außerdem auf bestimmte Medikamente mit einem hämolytischen Schock reagieren.119 92
Bevor die Medikamente vom Markt genommen werden, werden lieber die G–6-PD-»Defekten« auf die Liste der gefährdeten Embryonen gesetzt. Weltweit haben etwa 100 Millionen Menschen diesen Enzymmangel. Chemiekonzerne sind kooperationsfreudig. Sie sprechen sich ab. Sie teilen Märkte auf. Der eine kriegt den Vorrang bei Herz-Kreislauf-Medikamenten, die anderen bei Hormonprodukten oder Pestiziden. Die Kooperation funktioniert auch im Fall der Ablehnung Ihrer Bewerbung. Ihr endgültiges genetisches Urteil findet sich, versehen mit Ihren persönlichen Daten und einem digitalisierten Foto, auf Namenslisten wieder, die zwischen den Firmen ausgetauscht werden. Sie können nicht erwarten, daß ein Konzern die Verantwortung für Ihre defekte Erbmasse übernimmt. Sie müssen einsehen, daß das Ihr ganz privates Problem ist. Sie haben künftig so wenig Chancen, einen Job zu erhalten, wie eine oppositionelle linke Gewerkschafterin auf einer schwarzen Liste. Es ist hart genug, wenn wir einen Job nicht bekommen, weil wir angeblich zu alt oder zu jung, über- oder unterqualifiziert sind oder im Verdacht stehen, umgehend einen Betriebsrat wählen zu lassen. Die genetisch begründete Ablehnung unterscheidet sich davon grundlegend. Versehen mit dem Siegel »wissenschaftlich geprüft«, endgültig, lebenslänglich, ein individuell anscheinend nicht ausgleichbarer Defekt, kann sie zum sozialen Todesurteil werden. Unterstellen wir einmal, es gäbe so etwas wie ein »Krebs-Gen« – was ich bezweifle –, dann wäre es als 93
Möglichkeit, als genetische Disposition, bei vielen oder gar allen Menschen angelegt. Es hinge von den ökologischen und den sozialen Verhältnissen ab, in denen ein Mensch lebt, ob aus der Möglichkeit eine Tatsache wird. Das Wissenschaftsverständnis und das gnadenlose Menschenbild hinter der Gentechnologie definiert die Möglichkeit aber als unausweichliche Konsequenz. Der Gentest in der Arbeitswelt wird so nur für eines gebraucht: die Menschen zu selektieren, um gesundheitszerstörende Arbeits- und Lebensbedingungen nicht verbessern zu müssen. Bei der Selektion an der Rampe zum Arbeitsplatz wurden Sie zur falschen Seite geschickt. Man hat Sie als minderwertige Abweichung deklassiert, Abweichungen von einem Normmenschen, den es nicht gibt. Das isoliert Sie. Wenn Sie persönlich Glück haben, sind die Einstellungsbedingungen in einer anderen Firma etwas liberaler, sonst bleibt Ihnen nur eine geringe staatliche Sozialhilfe im Alter von 38 Jahren. Einsamkeit, Isolation und mangelnde Solidarität werden wachsen, wenn wir die Entmenschlichung der Gesellschaft durch die Gentechnologie nicht verhindern. Hoffentlich haben Sie genug Selbstbewußtsein, um Ihren Wert als Mensch notfalls gegen eine gesellschaftliche Mehrheit definieren und aufrechterhalten zu können. Meinen Sie, Sie schaffen das? Viel Glück! Science-fiction? »Der US-Chemiekonzern Dow [Chemical] hat mit Hilfe eines arbeitsmedizinischen Überwachungsprogrammes Arbeiter ausgesondert, die 94
als besonders ›krebsanfällig‹ galten. Zum Schutz ungeborenen Lebens‹ verlangten American Cyanamid und General Motors von ArbeiterInnen bestimmter Betriebe den Nachweis der Gebärunfähigkeit.«12 Natürlich sind diese Arbeitsbereiche auch für alle anderen in diesem Betrieb arbeitenden Menschen, Frauen wie Männer, gesundheitsgefährdend. Aber die Konzernleitung kalkuliert ein, daß langfristige Schäden an Erwachsenen weniger auffallen als bei neugeborenen Kindern von ArbeiterInnen. Bei gesundheitlich geschädigten weißen Kindern im Norden der Welt reagiert die Öffentlichkeit doch oft unangenehm aufgeregt. Unruhe dieser Art wünscht der Konzern zu vermeiden. Weil Erwachsene ihr Leben lang vielen unterschiedlichen Giften und deren höchst kompliziertem Zusammenwirken ausgesetzt sind, können alle Chemiekonzerne damit rechnen, daß sie die Zuordnung von Schuld für Gesundheitsschäden bei Erwachsenen meistens erfolgreich abwehren können. Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit, führt die BASF seit 1970 in Ludwigshafen Chromosomenanalysen bei MitarbeiterInnen bestimmter Arbeitsbereiche durch.121 In Schweden dient das Urin von ArbeitsplatzbewerberInnen Kapitalisten nicht nur zur Kontrolle von Drogengebrauch: »Heute ist es allein aufgrund einer einfachen Urinprobe möglich, nicht nur erbliche Krankheiten vorauszusehen, sondern beispielsweise das Streßvermögen eines Menschen zu messen«, erklärt Kurt Junesjö vom schwedischen Gewerkschaftsbund.122 95
Am 26. Mai 1994 legte der Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestages einen Bericht zu den »Chancen und Risiken« der Genomanalyse vor (12/7094). Der Bericht soll die Grundlage sein, über den Umgang mit der Genomanalyse zu entscheiden. Es soll weder durch Gesetz noch durch Verordnungen festgelegt werden, welche Krankheiten mit Hilfe der Genomanalye diagnostiziert werden dürfen und welche nicht. Der Bericht enthält zwei Optionen: das Verbot bei Einstellungsuntersuchungen und arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen einerseits und andererseits ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.23 Der Leser, die Leserin darf raten, was sich wohl durchsetzen wird. Der Referentenentwurf für ein neues ArbeitsschutzRahmengesetz im Bundesarbeitsministerium Norbert Blüms (CDU) sieht vor, daß die »Gesundheitsvorsorge« (!) am Arbeitsplatz künftig durch Untersuchungen auf Erbkrankheiten »verbessert« werden soll. Zwar sollen Genomanalysen zur bloßen Aufdeckung von »Erbkrankheiten« verboten werden – erst einmal. Aber auf »spezifische Risiken« ausgerichtete Genomanalysen werden erlaubt. Bevor ein Beschäftigter auf seine Erbanlagen untersucht werden könne, müsse er zuvor umfassend über die möglichen Erkenntnisse aus den Untersuchungen aufgeklärt werden.124 Die meisten Arbeitsplätze z. B. bei der Hoechst AG, BASF oder Bayer besitzen dieses »spezifische Risiko«. Es kann also so definiert werden, daß Arbeitsuchende in der Chemieindustrie – zu ihrem eigenen Nutzen, wozu sonst!? 96
– grundsätzlich einem solchen Risiko ausgesetzt sind. Der Gesetzentwurf sieht auch bei Einstellungsuntersuchungen kein grundsätzliches Verbot von Genomanalysen vor und läßt damit die biologistisch-rassistische Selektion von ArbeiterInnen und AngestelltInnen schon bei der Suche von Arbeitsplätzen zu. Das Eingangstor in die Genomanalyse wird 1994 mit diesem Arbeitsschutz-Rahmengesetz weit aufgerissen. Es paßt in diese Zeit und in diese Gesellschaft, daß die gentechnische Selektion ausgerechnet »Gesundheitsvorsorge« genannt wird. 1993 sind mehr als 350 Krankheiten und »Anomalien« durch Genomanalysen feststellbar, 1985 waren es erst 40. 1966 wurden lediglich 1487 Krankheiten und »Anomalien« als genetisch bedingt angesehen. 1990 stieg die Zahl auf knapp 5000. »Der enorme Zuwachs an Gencharakterisierungen, wie er mit dem weltweiten Human-Genom-Projekt gegeben ist – läßt Gewerkschaften befürchten, daß die breite Erfassung genetischer Daten und deren Nutzung zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen wesentlich rascher um sich greifen wird, als […] von ArbeitsmedizinerInnen zugegeben wird«, schreibt Manuel Kiper im Gen-ethischen Informationsdienst.125 Manchmal werden Gene auch heimlich analysiert. 1987 ließ Siemens/Kraftwerkunion (KWU) in Absprache mit der bayrischen Atomaufsicht den bei seiner Arbeit im Atomversuchszentrum Karlstein (Kreis Aschaffenburg) radioaktiv verseuchten Arbeiter Peter Eiter ohne dessen Wissen genetisch untersuchen. Die Tests wurden vom 97
Bundesgesgesundheitsamt (BGA) vorgenommen, das nicht nur gentechnisch manipulierte Lebensmittel befürwortet, sondern in diesem Fall auf die Zustimmung Peter Eiters keinen großen Wert legte. Das fehlgebildete Kind Eiters starb elf Tage nach der Geburt. Auch von der Chromosomenanalyse beim Säugling erfuhren die Eltern nichts. Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg hat das Ermittlungsverfahren gegen Siemens eingestellt.126 Schon heute steigt die Zahl der Berufskrankheiten, schon heute werden die Risiken einer zerstörerischen Produktionsweise auf die Arbeitenden abgewälzt. 1989 gab es die höchste gemeldete Anzahl von Berufskrankheiten seit 1950. Nur wurde 1950 noch jedem vierten Betroffenen eine Rente gezahlt, heute nur noch bei jeder zwölften Erkrankung.127 Auf dem siebten Weltkongreß für Arbeitsschutz im Mai 1990 in Hamburg berichtete der Generalsekretär des Weltkongresses, daß seit 1985 kaum noch Fortschritte bei der Bekämpfung von Arbeitsunfällen gemacht worden seien. Im Gegenteil, es wurde bekannt, daß eine Flut von immer neuen Chemikalien und die vielen neuen elektronischen Arbeitsplätze die Gesundheit der Menschen beeinträchtigen oder gar zerstören.128 Mit Gentests wird mehr getan, als »nur« die Kosten auf die betroffenen Menschen abzuwälzen: Die Schuldfrage wird entschieden. Verursacher sind Ihre Gene, die des gläsernen arbeitenden Menschen – was kann Ihr Arbeitgeber dafür? Die Entsolidarisierung wird vorangetrieben: Wenn Sie schuld sind, tragen Sie auch die Kosten allein, was denn 98
sonst? Auch in diesem Zusammenhang ist die (tendenzielle) Zustimmung von DGB-VertreterInnen zur Genomanalyse kriminell. Auf seinem 15. Bundeskongreß im Juni 1994 hat der DGB, in Zweifel gekleidet, der Gen- und Reproduktionstechnologie zugestimmt.129 Die »industrielle Nutzung« habe »Chancen und Risiken«. Das Anwendungsspektrum wird nur demagogisch beschrieben: Umweltschutz, pharmazeutische Produkte, Stoffumwandlung, Entsorgung, Ernährung – demzufolge weitgehend harmlos oder gar nützlich. Sorge macht sich der DGB allenfalls um den gentechnischen Eingriff in die Keimbahn (sobald die Gentechindustrie so weit ist, wird der DGB schon zustimmen), um die »Sicherheit« und die »kriminelle Nutzung«, den Mißbrauch also, nicht den Gebrauch. »Mitbestimmung«, »Technikfolgenforschung« und »Kennzeichnungspflicht« sind die technokratischen Vorschläge, die den Weg in die Manipulation begleiten, die Technik aber auf keinen Fall behindern sollen, da sei Rappes Pakt mit dem Chemiekapital vor! Schon die Offensive »Initiative Pro Gentechnik« des Chemiekapitals 1993 gegen das erst 1991 verabschiedete Gentechnikgesetz wurde ohne Einschränkungen von der IG Chemie und von deren Vorsitzenden Hermann Rappe unterstützt. Auch Roland Schneider, Leiter der Abteilung Technologie und Humanisierung der Arbeit beim DGB, hielt schon im Januar 1993 eine »Vereinfachung« des Gentechnik-Gesetzes für erforderlich, z. B. in der niedrigsten Sicherheitsstufe 1. Eine Anmeldung der Vorhaben hielt er 99
für ausreichend, das bedeutet die Abschaffung der Genehmigungsverfahren und der öffentlichen Kontrolle durch BürgerInnen, Verbände und Initiativen.130 Sein Wunsch sollte in Erfüllung gehen. Mit dem Inkrafttreten des geänderten Gentechnikgesetzes seit dem 1. Januar 1994 ist die Öffentlichkeit bei gentechnischen Vorhaben praktisch ausgeschlossen. Diese Gesetzesänderungen wurden im Bundesrat von einer großen Koalition SPD/CDU/CSU und FDP getragen. Die alte quantitative Wachstumslogik, koste es was es wolle, auch Menschenleben oder Naturkatastrophen, und die Arbeitsplatzlüge stehen hinter der SPD-Begründung »Sicherung des Wissenschafts- und Industriestandortes Deutschland«. Für die hessische Staatssekretärin für Bundesangelegenheiten, Ulrike Riedel (Bündnis 90/Grüne), ist das Ganze nur deshalb »kontraproduktiv«, weil so keine Akzeptanz für die Gentechnologie zu erreichen ist.131 Genehmigungsverfahren für die Sicherheitsstufe 1 wird abgeschafft und durch ein einfaches Anmeldeverfahren ersetzt, öffentliche Anhörungen für Forschung und Produktion entfallen für die Sicherheitsstufen 1 und 2. Damit sind etwa vier Fünftel der gesamten Gentechnikforschung der öffentlichen Kontrolle entzogen! Auch für Freisetzungsversuche, z. B. für gentechnisch manipulierte Pflanzen, wird jede öffentliche Beteiligung beseitigt, und das, obwohl trotz massenhafter Einwendungen das Bundesgesundheitsamt letztlich alle Freisetzungsversuche – genehmigt hat. BürgerInnenprotest und Widerstand sollen durch Geheimhaltung im Keim erstickt werden. Die Anhörungs100
verfahren, zumindest bei Freisetzungsversuchen, waren zu medienwirksam. Für die behördliche Bearbeitung von Anmelde- und Genehmigungsanträgen wurde die Bearbeitungsfrist von drei Monaten auf vier Wochen verkürzt. Fachliche Kontrolle entfällt weitgehend. Die »Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit« (ZKBS) wird bei Anträgen der Sicherheitsstufe 1 nicht mehr beteiligt, um die Selbsteinschätzung der AntragstellerInnen zu überprüfen. Auch bei Stufe 2 entfällt ihre Mitarbeit, wenn es schon eine vergleichbare genehmigte Arbeit gibt. 90 Prozent der Anträge betreffen diese zwei von vier Gefahrenstufen. Die Naturschutzverbände Deutscher Naturschutzring (DNR) und BUND haben bereits im November 1993 ihre Mitarbeit in der ZKBS aufgekündigt. Die Gewerkschaften sind weiter mit einem Sitz in der ZKBS vertreten. Diese Änderungen des Gesetzes hatte der DGB, anders als die IG Chemie, noch abgelehnt.132 Mit der Verabschiedung der Änderung des Gentechnikgesetzes Ende 1993/Anfang 1994 greift Rappe die gentechnikkritischen Teile der Gewerkschaften in der DGB-Zeitschrift »Die Quelle« an. Er schwingt den Hammer der Industrie- und Technologiefeindlichkeit und droht sogar, in dieser Frage werde die IG Chemie notfalls eigene Wege außerhalb des DGB gehen.133 Ein/e linke/r Gewerkschafterin hätte, bei vergleichbarer Äußerung, sofort ein Ausschlußverfahren wegen Gewerkschaftsfeindlichkeit am Hals, aber es war ja der SPD-Rechte Rappe. Der DGB ist unter dieser massiven Drohung und Erpressung im Juni 1994 deutlich von einer Sowohl-als-auch101
Position auf eine Pro-Gentechnik-Position eingeschwenkt. Das ist kaum verwunderlich. Nicht einmal das Verbot der Genomanalyse fordert der DGB, lediglich die »gesetzliche Regelung genetischer Analysen, die dem Persönlichkeitsschutz des einzelnen Rechnung trägt«. Nichtssagend, denn wo gibt es eine eindeutige Bestimmung von Persönlichkeitsschutz? Der DGB will die »Freiwilligkeit« in einem Wirtschaftssystem der (strukturellen) Gewalt; er will den Datenschutz im Zeitalter der Vernichtung der informationellen Selbstbestimmung; er will den menschenfreundlichen Umgang mit vernichtenden genetischen Daten in der Hand von Versicherungen (»nicht zu Differenzierung der Versicherungsbeiträge verwenden«) und Arbeitgeber (»Arbeitgeber darf nicht nach früheren genetischen Untersuchungen fragen«). Den genetischen Fingerabdruck in Strafverfahren will der DGB (»Ausnahme von der Freiwilligkeit«), die richterliche Anordnung soll vor Mißbrauch schützen, und die genetische Information darf nur zur »Personenidentifizierung« verwendet werden: »Darüber hinausgehende Informationen dürfen nicht erhoben werden.« Amen. In der ursprünglichen Begründung für das EU-Projekt »Prädiktive Medizin« von 1988 heißt es: »Da es höchst unwahrscheinlich ist, daß wir in der Lage sein werden, die umweltbedingten Risikofaktoren vollständig auszuschalten, ist es wichtig, daß wir soviel wie möglich über Faktoren der genetischen Prädisposition lernen und somit stark gefährdete Personen identifizieren können. […] prädiktive Medi-
zin [zielt] darauf ab, […] gegebenenfalls die Weitergabe der genetischen Disponiertheit an die folgenden Generationen zu verhindern.« Aufgrund öffentlichen Protests sah sich die EG-Kommission gezwungen, den Projektantrag neu zu formulieren. Ohne Änderung des wissenschaftlichen Programms wurde das Vorhaben Ende Juni 1990 vom EG-Ministerrat verabschiedet. Innerhalb von zwei Jahren sollten 30 Millionen Mark ausgegeben werden.134 Die Genomanalyse hilft nicht nur, menschliches Leben neu zu bewerten, sie hilft auch, der kapitalistischen Produktionsweise die Verantwortung für physische und psychische Krankheiten abzunehmen. Die Zahl der Anerkennungen von Berufskrankheiten wird drastisch sinken. Sie wird um so mehr sinken, je mehr verantwortungsbewußte Eltern (Verantwortung wird zur Selektionspflicht umdefiniert werden) dank der Gentechnologie die Chance hatten, den anfälligen, »minderwertigen« Embryo gegen einen genetisch wertvolleren zu tauschen.
Im Knast der Gene Die genetische Vielfalt des Menschen ist Resultat der extrem unterschiedlichen materiellen Bedingungen menschlicher Evolution, zum Beispiel des Klimas. Sie zu zerschlagen, nach rassistischer Norm auszurichten, könnte – einmal von der mörderischen Inhumanität der dazugehörigen 103
gesellschaftlichen Verhältnisse abgesehen – zur Zerstörung des menschlichen Immunsystems beitragen. TechnokratInnen können selten dialektisch denken, ihre mechanischen, von (auch rassistischen) Vorurteilen bestimmten Erklärungsversuche führen sie in Fallen. Unser Problem ist, daß sie nicht im Sandkasten spielen, sondern uns mit aller Gewalt ihre menschenverachtenden Werte oktroyieren wollen. Es gibt keinen Standardmenschen. Jeder Mensch hat Schwächen, Widersprüche, gesundheitliche (genetische) Dispositionen, deren Mehrzahl nicht ausbrechen muß, sondern sich in einem komplizierten Wechselspiel mit sozialen und natürlichen Umweltfaktoren befindet. Gleichgültig, welche Zeitschrift oder Zeitung wir aufschlagen, die Beiträge über »Entdeckungen« genetisch determinierter Krankheiten, Anlagen, Charaktereigenschaften füllen mehr und mehr Seiten. Selbst »risikoreiches« Verhalten wie »Glücksspiel« und »starker Alkoholkonsum« oder gar der »Seitensprung in der Ehe« sei genetisch bedingt, sagt der Professor für Psychologie und Soziologie Heinz Meyer aus Aachen.135 Wahrscheinlich trifft das auch auf die Lust an der Sportschau zu, und selbst Fernsehzeitschriften befriedigen nur einen genetischen Plan. Wer das absurd findet, soll wissen, daß US-WissenschaftlerInnen behaupten, daß die Menge des TV-Konsums bei Kindern genetisch geprägt sei.136 Ganz sicher ist das Lesen linker und gentechnikkritischer Zeitschriften wie E. coli-bri oder Gen-ethischer Informationsdienst137 abnorm und muß gentechnisch repariert werden. 104
Die neofaschistische Burenpartei »Afrikaaner« kündigte an, Südafrika »mit der Intelligenz zu regieren, die wir unseren rein weißen Genen verdanken.«138 Das sieht einer der einflußreichsten Abtreibungsgegner, Dr. Siegfried Ernst, Gründer und Vorsitzender der Europäischen Ärzteaktion (EÄA), ähnlich, denn »der durchschnittliche Intelligenzquotient [ist] nicht nur bei einzelnen Personen, sondern auch bei verschiedenen sozialen Schichten und einzelnen Rassen verschieden.«139 Manche »Weiße«, auch Linke und Linksliberale, fühlen sich äußerst großmütig, wenn sie sagen, die menschlichen »Rassen« seien zwar gleichwertig, aber doch verschieden. Sind Menschen wie Pudel oder Schäferhunde zu unterscheiden? »Rasse« ist kein wertfreier, wissenschaftlicher, sondern ein biologistischer und rassistischer Begriff. Menschen unterscheiden sich vor allem nach Geschlecht und sozialen Klassen. Das ist Unterscheidung und schafft Probleme genug. Es gibt keine menschlichen »Rassen«. Sie waren und sind ein rassistisches Konstrukt. Ernst, langjähriger hoher Funktionär in der evangelischen Kirche und der CDU Baden-Württembergs, denunzierte die Unterstützung der Anti-Apartheids-Bewegung durch bundesdeutsche Kirchengruppen als sentimentale, ideologische Kapitulation vor dem schwarzen Rassenhaß, plädiert für die Todesstrafe und für Soldatenopfer sowie ein an die Wehrpflicht gebundenes Wahlrecht, wettert gegen die »Bastardisierung« durch »Rassevermischung«, gegen Homosexualität, »entartete« Kunst, schlampige Frauen. 105
Und überhaupt, sagt der antisemitische Abtreibungsgegner: Das »Weltjudentum« – ein klassisches antisemitisches Konstrukt – sei doch in gewisser Weise für die Behandlung durch die Nazis selbst verantwortlich gewesen.140 Die GentechnologInnen unterstützen die biologistische Ansicht, daß Intelligenz kein Komplex vielfacher, sozialer, erworbener Eigenschaften sei, sondern angeboren: etwa die Pennsylvania State University mit Unterstützung des National Institute on Child Health and Human Development.141 Mal populär, mal tiefschürfend wissenschaftlich trieft das biologistische Gift in die Köpfe der Menschen. Ich blieb per Fernbedienung bei einer TV-Sendung bei einem Professor für Otologie (Ohrenheilkunde) hängen. Der trat in Margarete Schreinemakers SAT 1-Show auf und erläuterte im Plauderton, wie er an der Form der Ohrmuschel den kriminellen Charakter eines Menschen erkennen könne. Weil er seinen reaktionären Mist verständlich und witzig erzählte, johlte das Publikum und begann, sich gegenseitig mißtrauisch auf die Ohrläppchen zu schielen. Die Moderatorin kreischte vor Begeisterung. Der hohe »Unterhaltungswert« gewährleistet das Wohlwollen ihres Chefs sowie ihr hohes Honorar. Was kümmert sie, daß sie bei der Verbreitung von biologistischem Unsinn hilft? Es gab einmal eine Zeit, an die es in dieser Gesellschaft keine besondere Erinnerung mehr gibt, in der Menschen massenhaft ermordet wurden, weil sie jüdische Deutsche waren. Nazi-WissenschaftlerInnen vermaßen ihre Körper, um »nichtarische« äußerliche Merkmale zu konstruieren, 106
Unterschiede, die es nicht gibt, die aber zur Vorbereitung der Massenvernichtung benötigt wurden. In den USA werden Menschen auf der Basis genetischer Beweisführung zum Tode verurteilt, während sich Wissenschaftler in US-Fachzeitschriften wie Science noch über Fehlerhäufigkeit und Seriosität des Verfahrens so heftig auseinandersetzen, daß die Fetzen fliegen. Inzwischen stellte sich heraus, daß die genetischen Übereinstimmungen zwischen Menschen in geschlosseneren Bevölkerungsgruppen viel größer sind als gedacht und der genetische Fingerabdruck, dieses weitere Produkt der Genomanalyse, nicht zur Beweisführung taugt.142 Das wird einigen Menschen nicht mehr viel nützen. Die Grünen in Hessen sind nichtsdestotrotz auf dem Fortschrittstrip und bereit, den genetischen Fingerabdruck bei »klaren Regelungen« und nach Anordnung eines Richters zu erlauben.143
Angriff auf die Emanzipation des Menschen Alle Menschen sind gleichwertig. Kein Mensch ist »minderwertig«. Die Gleichheit der Menschen, ihr Recht auf gleiche Chancen, auf Menschenwürde, auf individuelle Selbstbestimmung ist bisher einer der höchsten Werte spätestens seit der Französischen Revolution. Sie wurde bisher nicht erreicht. Sie wird mit der Gentechnologie – maskiert als die Einlösung des Verlangens nach Gleichheit – aufgegeben. In 107
unsere Gesellschaft zieht eine modernisierte »Rassehygiene« ein, mit hoher gesellschaftlicher Akzeptanz. Dabei hilft die Bioethik. Mit der Gentechnologie setzt sich ein antihumanes Menschenbild durch, die Suggestion vom defektbehafteten, minderwertigen, fremdzubestimmenden Leben, das technisch einer fremdbestimmten Norm gleichzumachen sei. Die Rechtsentwicklung dieser Gesellschaft begünstigt diese strukturelle Unmenschlichkeit. Auf einem Symposium der Zeit zu Ehren Helmut Schmidts diskutierte auch Antje Vollmer (Grüne): »In der Bundesrepublik haben wir das Experiment der Egalität bis zum äußersten getrieben. Das hat mit der Sozialdemokratie zu tun, die ein bürgerliches Bewußtsein per Programm gar nicht erzeugen wollte […] wir brauchen eigentlich ein politisches Bürgertum […] Zu dieser bürgerlichen Kultur gehört, daß man etwas nicht nur hat, sondern daß einer auch weiß, daß sich daraus bestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten gegenüber dem Gemeinwesen ergeben. Man darf also nicht nur die Führung haben wollen, man muß auch Schulen gründen, Universitäten gründen, für ein Theater zuständig sein. Und man muß, wenn das Vaterland in Not ist […] eben wissen, daß das einen etwas angeht.«144 Herrschende und AusbeuterInnen müssen auch zeigen, daß sie ein Herz haben und kulturell zivilisiert sind. Wie hieß das früher? »Adel verpflichtet«! »Egalität bis zum äußersten«? Was bedeutet das? Äußerste Egalität, also soziale Gleichheit? Haben die Menschen alle gleiche Rechte und Chancen? Nein. Was wäre daran so furchtbar, daß sich die 108
Frau Pastorin Vollmer, Ex-Mitglied der maoistischen und vaterländischen KPD-AO, davor fürchten müßte? Wahrscheinlich, daß es dann keine »Elite« gäbe, der sie angehören könnte, »wenn das Vaterland in Not ist«. Element für Element setzt sich in dieser Gesellschaft ein unmenschliches Menschenbild durch. Es ist, als würden wir einer langsamen Gehirnwäsche unterzogen. Das – begrenzte – gesellschaftliche Wissen von Emanzipation, von der Lern- und Bildungsfähigkeit des Menschen, vom immensen Einfluß unserer sozialen Umwelt, von Befreiung und Aufklärung soll ausgelöscht werden. Hat dies Erfolg, degeneriert der Mensch zum Opfer seiner Gene und somit zum Objekt der GentechnokratInnen. Wäre die kollektive Gehirnwäsche erfolgreich und könnte das erkämpfte, verhaßte Bewußtsein der späten sechziger und der siebziger Jahre von Menschen als sozialem Wesen und als Subjekt von Emanzipation und Befreiung endlich ausgerottet werden, würde für die Herrschenden manches leichter. Es bestünde zum Beispiel keine besondere Notwendigkeit mehr, die Arbeitsbedingungen in der chemischen Produktion zu verändern. Die Befürworter von »Eliten«, von selektiver, klassenspezifischer Bildung und Ausbildung wären um eine pseudowissenschaftliche Argumentation reicher. Die herrschenden Verhältnisse von Ausbeutung und Vernichtung erhielten einen enormen, vermeintlich wissenschaftlich begründeten Legitimationsschub. Dieser ideologische Angriff auf unsere Vernunft soll einen immensen Markt vorbereiten. Denn je mehr genetisch deter109
miniert ist, desto mehr Geld können WissenschaftlerInnen und Wissenschaftseinrichtungen für die Entwicklung gentechnischer Therapien, Techniken und Produkte kassieren. Vermeintliche genetische Probleme erfordern gentechnische Lösungen. Vor den gierigen Augen des Gentechnikkapitals breitet sich ein vollständig neuer Markt aus: gentechnische Produkte gegen Hunger, Krebs, Aids, Hautkrankheiten, Sucht, Halsschmerzen und Menstruationsbeschwerden. Warum sollen Kinder noch Kinderkrankheiten bekommen? Ein gentechnischer Eingriff in den Embryo beseitigt auch dieses Problem wie die genetische Anlage für Dickdarmkrebs oder Akne. Klingt das nicht traumhaft? Gewiß, es sind längst nicht alle Gene entschlüsselt. Viele werden von GentechnologInnen für unbedeutend gehalten. Sie nennen sie »Junk«-Gene, Abfallgene. Zweifel? Sei kein Spielverderber, suche dein lichtes Heil im New Age und Think positive! Eines Tages werden die Gentechnikbetreiber die Folgen der Mißachtung »entdecken«. Sie werden sagen: Oh, das haben wir nicht gewußt. Aber sie handeln heute, und sie wissen nichts. Das Interesse des Kapitals an Herrschaftssicherung und Profit und das der WissenschaftlerInnen an hohen Einkommen und internationalem Renommee ist stärker als alle humane Vernunft. Ihre Antwort auf Schäden werden neue Reparaturtechniken sein. Das ist ihre Logik. Das einzige, was sie bremst, sind Aufklärung und Widerstand. Wir brauchen Zeit für ebendiese Aufklärung, damit mehr Menschen dieser unmenschlichen Wissenschaft den Kampf ansagen. 110
Geld oder Leben Ein Verbund von US-GenwissenschaftlerInnen hat mit dem Aufruf »The Pledge« erklärt, keine Pentagon-Forschungsgelder anzunehmen.145 Naiv und selbstbetrügerisch. Sämtliche gentechnologische Forschung ist abhängig vom Gentechkapital, auch in den USA und selbst wenn Steuergelder strömen. Es gibt keine reine akademische Forschung. Bis 1994 wird zum Beispiel der Konzern Monsanto (USA) die Gentechnikforschung der Washington University mit 100 Millionen US-Dollar fördern.146 Multinationale Konzerne – und damit auch Rüstungsmultis – entscheiden weltweit über Lehrstühle, Forschungspersonal, Methoden, Zeitpläne, Fragestellungen, Anwendungsgebiete. Widersprüche resultieren aus der Tatsache, daß es Interessenkollisionen zwischen den Genzentren innerhalb eines Landes und zwischen den Staaten gibt. Wenn das bundesdeutsche Gentechkapital (vor allem die Chemiemultis) jammert, es würde mit »fehlender Akzeptanz« (Wolfgang Hilger, Ex-Vorstandsvorsitzender der Hoechst AG) und bürokratischen Hemmnissen verdrängt, will es nur noch mehr Freiheiten für ökonomische Brutalitäten, und es will rechtfertigen, weshalb es sich überall auf der Welt ins Gengeschäft einkauft. Diese Branche nörgelt am lautesten und hat den meisten Erfolg damit. Allein die Bayer AG fuhr 1991 einen Gewinn von 3,2 Milliarden Mark vor Steuern ein.147 Hoechst verlagert immunologische Forschung nach Japan, produziert im Elsaß und finanziert 111
Forschungkooperationen mit US-Firmen. Bayer erwirbt über seine US-Tochter Miles vor allem Lizenzen. Schering baut ein riesiges Forschungszentrum in Richmond (Kalifornien) und kauft Firmen. Die BASF investiert 170 Millionen Dollar für ein Forschungszentrum bei Boston. Hoffmann La Roche kaufte sich mit über zwei Milliarden US-Dollar 60 Prozent der Aktien von Genentech (USA).148 Dabei hat Ex-Forschungsminister Riesenhuber, Freund der Chemie-, Atom- und Gentechnikindustrie, 50 Millionen Mark für fünf Jahre Forschung über die Nützlichkeit gentechnisch manipulierter Mikroorganismen in der Abfallbeseitigung lockergemacht.149 Auch die EU läßt sich nicht lumpen: Mit 262 Millionen Mark finanziert sie ein »Biomedizin-Programm«, das die DNS-Analyse (Genscreening), angebliche genetische Bedingungen von Krankheiten, die Analyse des menschlichen Genoms und – als Alibi – ein paar ethische Fragen zum Gegenstand hat.150 Das Gengeschäft übertrifft schon heute alle Rekorde: In nur 13 Monaten verschaffte sich die Gentechbranche 4,5 Milliarden US-Dollar über die US-Börse, 50 neue Firmen besorgten sich so ihr Kapital. Die US-Regierung erhöhte ihre Subventionen auf mehr als vier Milliarden US-Dollar jährlich. Der Markt wird durch Aufkäufe zentralisiert, kleinere erfolgreiche Firmen werden geschluckt. Weltweit wurde der Markt mit gentechnischen Produkten 1992 mit vier Milliarden US-Dollar veranschlagt. Hans-Josef Schuster von Boehringer Mannheim schätzt das »ökonomische« Potential der Gentechnik im Jahr 2000 auf mehr als 180 112
Milliarden DM.151 Schon 1995 werden die fünf umsatzstärksten gentechnischen Pharmazeutika einen jährlichen Umsatz von 2,3 Milliarden US-Dollar ausmachen (1992: 1,4 Milliarden US-Dollar). Im Juni 1992 legte Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) den Grundstein für das erste gentechnische Überwachungslabor der Bundesrepublik in Hamburg. Mit dem neuen Labor der Umweltbehörde will er ab 1994 »den Tiger reiten« und versuchen, die Gentechnik in ihrer Unaufhaltsamkeit ein »bißchen zu kontrollieren«.152 Schon abgeworfen, Fritz! Allein in Hamburg gibt es mehr als 100 Genlabors (bundesweit mehr als 1000), hinter denen ein enormes Kapital steckt. Vahrenholts Labor soll seit 1994 mit einer AssistentInnenstelle und einer WissenschaftlerInnenstelle ausgerüstet sein. Eine Alibieinrichtung.
Die menschliche Zelle braucht den »Ariernachweis« Hat das menschliche Leben keinen eigenständigen, von seiner konkreten Gestalt unabhängigen Wert, dann ist es ein Leben auf Probe, und die Entscheidung über sein Existenzrecht treffen andere. Das Lebendige wird den Herrschenden seine Qualität nachweisen müssen: Lebenswert? Oder nicht? Oder vielleicht nur reparaturbedürftig? Die menschliche Zelle benötigt künftig einen Ariernachweis. 113
Wenn wir, wie Marx empfahl, alle Verhältnisse umwerfen müssen, »in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«153, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Gen- und Reproduktionstechnologien uneingeschränkt abzulehnen. Zumindest deswegen, weil diese Wissenschaft in ihrer Gesamtwirkung unter den Bedingungen der herrschenden kapitalistischen Produktionsweise nur menschenfeindliche Resultate erzielen kann. Ein wie »erniedrigtes« Wesen ist ein Mensch, dem ein minderer Wert zugeschrieben wird? Wie »geknechtet« ist eine Frau, die ihre Fortpflanzungsfähigkeit fremdbestimmten Qualitätskontrollen unterwerfen muß, um einer Gesellschaft die Kosten für ein vermeintlich behindertes Kind zu ersparen? Oder weil sie als Angehörige des Trikont im Interesse des kapitalistischen Nordens nicht selbstbestimmt ein Kind austragen darf? Und ist ein vollständig asexuell gezeugtes und extrakorporal ausgebrütetes Kind nicht ein äußerst »verlassenes« Wesen? Schritt für Schritt verändert sich das Bild des Menschen von einem »Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse« zu einem biologistisch auf seine (fehlinterpretierten) Gene beschränkten Wesen, seiner sozialen Fähigkeiten enteignet, auf begrenzte, für die Herrschenden nützliche Funktionen reduziert. Möglicherweise aus Resignation über die real existierenden frauenfeindlichen Verhältnisse plädieren Teile der Frauenbewegung für die Aufhebung der Koedukation in 114
Schulen oder entwickeln eine Vorliebe für die sogenannte Differenztheorie. Die geht nicht von der »Differenz«, also der Unterschiedlichkeit der Individuen, aus, sondern fixiert Kollektividentitäten wie »Rasse« oder Geschlecht und wird damit so rassistisch wie sexistisch. Plötzlich wird das Frausein nicht mehr als soziales und kulturelles Konstrukt analysiert, sondern biologistisch bestimmt. Die Aufwertung des »weiblichen Andersseins« als Geschlechtscharakter berührt die Argumentationsstränge der RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen. Und diese Position stützt die antihumane Geheimwissenschaft Esoterik, wenn aus der »weiblichen Natur« nach einer diffusen Zivilisationskritik die Retterin der durch Männergewalt vom Untergang verurteilten Erde wird.154 Die Gen- und Reproduktionstechnologie ist eine Kampfansage an das gesellschaftliche Wesen Mensch, an seine Lernfähigkeit, an seine Befreiung, an seine Individualität, an sein Recht auf individuelle Unterschiedlichkeit, das sich nicht nach irgendeinem Verwertungsprinzip ausrichtet. Verlieren wir diesen Kulturkampf, ist dies ein Sieg von Hierarchien, Herrschaft, Profit. Der gentechnisch manipulierte und konstruierte Mensch wäre schlimmer dran als ein Sklave. Er würde zerlegt und wieder zusammengesetzt nach fremden Plänen. Seine Individualität würde im Innersten zerbrochen. Der Mensch verlöre seinen letzten Schutzbereich. Die Nazis rissen ihren jüdischen, polnischen, kommunistischen, schwulen Opfern in den KZs die Goldzähne 115
aus den Mündern, nachdem sie sie systematisch ermordet hatten, und machten Lampenschirme aus ihrer Haut. Sie experimentierten mit Zwillingen, operierten für medizinische Erkenntnis ohne Narkose, infizierten ihre Opfer experimenthalber mit grauenhaften Seuchen, sterilisierten Frauen und Männer mit radioaktiven Strahlen und verstümmelten sie. Der kapitalistische Weltmarkt – und einen anderen gibt es nicht – giert nach der optimalen Verwertung der Ware Mensch: Menschen als Pharmafabriken, genetisch hochwertige Embryonen, genomanalytische Selektionsmethoden, gentechnisch manipulierte menschliche Zellen und gentechnisch manipulierte Menschen, vom Menschen losgelöste (Fortpflanzungs-)Organe als Bausteine industrieller Menschenzüchtung und schließlich die Menschenzüchtung selbst, der Traum der Genetiker. Auch wenn der Versuch gemacht wird, die Geschichte der Gentechnologie im Nebel des Vergessens zu verwischen: Der Weg, den die Gen- und Reproduktionstechnologie von Beginn ihrer verdrängten Geschichte an eingeschlagen hat, läßt keinen Raum für menschenfreundliche Phantasie. Von dieser Wissenschaft ist ein modernisierter, wissenschaftlich verbrämter Rassismus nicht mehr zu trennen. Ob die Gen- und Reproduktionstechnologien erfolgreich durchgesetzt werden können, hängt auch davon ab, ob die Erkenntnisse linker ökologischer Wissenschaftskritik, wie sie in den sechziger und siebziger Jahren vor allem von der Opposition gegen den Krieg in Vietnam, gegen Atom116
anlagen und vom linken Feminismus erarbeitet wurden, bewahrt und weiterentwickelt werden können. Wird mit der Yuppifizierung des Denkens (Seichte, Schein, Zusammenhangslosigkeit und Entsolidarisierung), das aus der Veränderung sozialer Verhältnisse folgt, auch die Ablehnung der Atomenergie aufgegeben, bekommen Zynismus, Fortschrittswahn und Wissenschaftsgläubigkeit ihre heiß ersehnte Chance und mit ihnen die lebensverachtende Gentechnologie. Noch ist gegen sie kein breiter Widerstand organisiert. Wir haben gesehen, daß sich das Gen- und Reproduktionskapital nicht um die menschliche Gesundheit, die Heilung von Erbkrankheiten oder die Beseitigung des Hungers sorgt. Die Gen- und Reproduktionstechnologie ist eine Destruktivkraft. Unter keinen noch so demokratischen Verhältnissen – die Bundesrepublik halte ich für einen verkappt autoritären Staat mit formaldemokratischen Regelungen155 – ist die Gentechnologie human einsetzbar. Der Grund dafür liegt nicht nur im Gefahrenpotential durch die Manipulation am menschlichen Erbgut. Das Produkt der Gentechnologie ist das sich selbst vermehrende Risiko, der Eingriff in die Evolution durch gentechnisch manipulierte Mikroorganismen und Genpartikel (zum Beispiel Viren). Nur drei Fälle: • Das »Eis-Minus-Bakterium« (1983 produziert, 1985 illegale Freilandversuche in den USA, 1987 Freilandversuche auf Erdbeer- und Kartoffelfeldern in Kalifornien) soll Frostschäden an Pflanzen verhindern, beeinflußt aber 117
auch Klima und Regenbildung, verdrängt und manipuliert natürliche Bodenbakterien, bildet Geschwüre an Bäumen. • In Argentinien wurden Rinder mit gentechnisch hergestelltem Tollwutimpfstoff behandelt. Das Fleisch der Versuchstiere wurde später als Nahrungsmittel verkauft. Während des Versuchs wurde die Milch an Molkereien geliefert. MitarbeiterInnen des Versuchsprojektes wurden fahrlässigerweise mit manipulierten Viren infiziert. • 1987 wurde im ersten Freilandversuch der Bundesrepublik in Bayern ein Erbsenfeld mit zehn Billionen gentechnisch manipulierter Bodenbakterien (Rhizobium leguminosarum) »geimpft«. Ähnliche Versuche finanziert die EG in Großbritannien und Frankreich. Die Zusammenarbeit mit dem größten Bio- (und Gen)technologiezentrum der Welt in Puschkino (100 Kilometer von Moskau), dem Moskauer Schemyakin-Institut und der damaligen tschechoslowakischen Regierung lockt westeuropäische Gentechnikkonzerne. Billige Arbeitskräfte (in 130 sowjetischen mikrobiologischen Fabriken arbeiten 192 000 Menschen), Rohstoffe zu Dumpingpreisen, viel Land für Freisetzungsversuche, viele Arme für Menschenversuche, geringe öffentliche Kritik, lächerlich wenige Vorschriften und geringe bürokratische Hemmnisse verheißen traumhafte Geschäfte. Die Bedrohung wird vorstellbar: Gentechnisch veränderte Viren als Insektenbekämpfungsmittel, Pestepidemien durch Killermikroben, stickstoffoxidierende Bakterien, die 118
das Grundwasser verseuchen, Produktion neuer Schädlinge, explosionsartige Ausbreitung geklonter Arten und Zusammenbruch des natürlichen Abwehrsystems und vor allem: nichtrückholbare, genmanipulierte Organismen.156 Freisetzungsversuche greifen auf vollkommen unbekannte Weise in das Ökosystem ein. Die eigentlichen Versuchskaninchen sind Menschen in einem riesigen Freilandlabor, von dem das Gentechnikkapital meint, es müsse ihm zur Verfügung stehen wie das menschliche Genom. Das Atomkapital kannte die genauen Wirkungen der Atomenergie nicht und war begierig, sie kennenzulernen, zuerst in New Mexico, dann in Hiroschima und Nagasaki. Das Gentechkapital braucht menschliche Körper, tierische und pflanzliche Zellen und fruchtbaren Boden. Der Boom hat begonnen. Das sich selbst vermehrende Risiko Gentechnologie braucht »Lebensraum«. Wo das Gentechkapital die dereguliertesten Verhältnisse vorfindet, den geringsten Schutz für Mensch und Natur, da zieht es hin.
II. Renaissance der Atomtechnologie
Die gemeinsanen Wurzeln der Destruktivkräfte Gen- und Atomtechnologie Im August 1956 tagten zwei Kongresse in Kopenhagen. An den I. Internationalen Kongreß für Humangenetik schloß sich direkt der WHO-Kongreß Effect on Radiation on Human Heredity (Strahlenwirkung auf menschliche Erbanlagen) an. Die Wissenschaftler beider Kongresse kamen überein: »Wenn die öffentliche Meinung den Entwicklungen auf dem Gebiet der Kernenergie positiv gegenüberstehen soll, dann muß die Allgemeinheit darauf vertrauen können, daß die Forschungen, welche für ihre zukünftige Gesundheit und die ihrer Kinder wichtig sind, einen gleichrangigen Platz einnehmen.« Womit die vereinigten Wissenschaftler meinten, daß die »experimental-genetische und vor allem die humangenetische Forschung« dringend einer noch stärkeren Förderung bedürfe.157 Diese Aussage zeigt die eng miteinander verknüpften Interessen an der Atom- und der Gentechnologie. Erstens: Die Menschen sollen der Atomenergie »positiv gegenüberstehen«. Zweitens: Gesundheitsforschung, gemeint war 120
damit die humangenetische Forschung, soll einen »gleichrangigen Platz« neben der hochgeförderten Atomtechnologie einnehmen. Von der Gentechnologie erwarteten die Wissenschaftler die Reparatur des von der Atomtechnologie angerichteten Schadens an der menschlichen Gesundheit. Eine gefährliche Illusion, denn gentechnische »Reparaturen« sind keine Hilfe, sondern lösen neue biologische Kettenreaktionen aus. Für deren »Beherrschung« dürfen anschließend ruhmsüchtige, wissenschaftlichem Ehrgeiz skrupellos verfallene WissenschaftlerInnen neue vermeintliche Reparaturtechniken erfinden, zu ihrem Ruhm, für Nobelpreise und den Profit ihrer Geldgeber. 1933, im Jahr der Machtergreifung der deutschen Faschisten, erkannte Alfred Ploetz (1860–1940), der Begründer der »Rassenhygiene«, »radioaktive Niedrigstrahlung« als ernsthaftes genetisches Problem und plädierte für den Ausbau seiner Fachrichtung. Ploetz hatte in seinem Hauptwerk Grundlinien der »Rassenhygiene« bereits 1895 die Utopie einer inhumanen Gesellschaft entwickelt, in der im Namen des Fortschritts und auf der Basis der Vererbungslehre menschliches Leben nach eugenischen Kriterien zu selektieren sei. 1958 schrieb Otmar Freiherr von Verschuer im Vorwort der deutschen Ausgabe des Berichtes über den genannten WHO-Kongreß über die Wirkung von radioaktiver Strahlung: »Deutschland hat früher in der ganzen Welt als das klassische Land der Genetik gegolten […]. Auch die Humangenetik nahm ihren ersten Aufschwung in Deutschland. Die Genetik hat in den letzten Jahrzehnten in 121
Deutschland einen fast katastrophalen Rückgang erlebt.«158 Zu dieser Zeit, 1958, war Verschuer, einer der berühmtesten Rassenhygieniker Hitlers, bereits Direktor des Instituts für Humangenetik an der Universität Münster. Seine Datenbank zur Humangenetik wurde vom Atomministerium finanziert. Dieses Atomministerium veröffentlichte in der Reihe »Strahlenschutz« auch den erwähnten Bericht über den WHO-Kongreß. Karrieren wie Verschuers und die anderer NS-Rassenhygieniker in Münster (es gab und gibt sie an fast allen Universitäten) waren besonders leicht, wenn einer wie Professor Dr. Hermann Goecke 1962 zugleich Rektor der Universität, Direktor der Klinischen Anstalten und Direktor der Frauenklinik sein konnte. Im Faschismus war Goecke einer der Ärzte, die an der Universitätsklinik Münster mit Maßnahmen zur »Sterilisation durch Röntgen- und Radiumbestrahlung« beauftragt waren. Neben KZs machten NS-Ärzte Krankenhäuser und Heilanstalten zu Orten von Strahlenverbrechen an mehr als 250 000 Menschen, deren Fortpflanzung wegen ihrer angeblich minderwertigen Erbanlagen aus bevölkerungspolitischen Erwägungen nicht erwünscht war. Insgesamt wurden mehr als 400 000 Menschen zwangssterilisiert. Etwa 1000 geistig behinderte minderjährige Menschen werden jedes Jahr in der BRD sterilisiert. Die allermeisten sind Mädchen und Frauen; das jüngste, so veröffentlichte das Fernsehmagazin »Panorama«, war elf Jahre alt. 80 Prozent der Mädchen, schätzt Rolf Hendricks von der Lebenshilfe Hamburg, werden vor 122
der Zwangssterilisierung über den wahren Charakter der »Blinddarmoperationen« nicht aufgeklärt. Das Betreuungsgesetz (1988) erlaubt die Sterilisierung geistig Behinderter ohne ihre Zustimmung.159 Die Erkenntnisse aus der geheimen Mutationsforschung flossen 1935 in die erweiterte Novelle des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses ein. Eine »einschneidende Eugenik« war 1962 auf dem Kongreß der CIBA-Foundation der dringende Wunsch der Elite der Humangenetiker, unter ihnen die alten NS-Rassenhygieniker mit Macht und Einfluß, unangefochten in Ämtern und Würden. Die steigende Mutationsrate durch erhöhte Radioaktivität begründete die Forderung der Wissenschaftler – nicht nach Einstellung aller Atomtests und der Atomprogramme, die 1962 bereits seit rund 20 Jahren die Welt verseuchten –, sondern nach verschärftem Einsatz angeblicher gentechnologischer Reparaturtechniken.160 Die meisten Humangenetiker begrüßten wie Hermann Joseph Muller die Atombewaffnung und bekannten sich ausdrücklich zum atomaren Wettrüsten. Muller erhielt 1946 den Nobelpreis für den Nachweis der Erzeugung von Mutationen bei der Fruchtfliege durch Strahlung. Die Fruchtfliege, lateinisch Drosophila, war wegen ihrer großen Fruchtbarkeit und ihrer schnellen Generationenfolge zum verbreitetsten Objekt in der klassischen Genetik geworden.
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Geschmolzene Augäpfel Die US-Atomkommission (Atomic Energy Commission, AEC), 1946 gegründet, war bis Ende der sechziger Jahre die Hauptfinanzierungsquelle der Humangenetik.161 Sie hatte die Oberaufsicht über die gesamte zivile und militärische Nutzung der Atomenergie. Ausgestattet mit gewaltigen Geldmengen, führte sie ab 1946 Atombombentests im Pazifik durch, etwa auf dem Bikini-Atoll. Ab 1951 holte sie die nuklearen Sprengungen in die näher gelegene Wüste von Nevada (USA) zurück. Bereits im ersten Jahr begann sie mit nicht weniger als 16 oberirdischen Atombombentests dieses Gebiet und die dort lebenden Menschen zu verseuchen. Im Dezember 1993 fand die US-Fernsehgesellschaft NBC heraus, daß die USA in den vergangenen dreißig Jahren in der Wüste von Nevada 204 geheime Atomversuche durchgeführt hatte, ein Fünftel aller Atomversuche der USA. Obwohl radioaktives Material in die Atmosphäre kam, wurde behauptet, daß Arbeiter nicht geschädigt worden seien.162 Etwa 250 000 Soldaten waren die Versuchskaninchen bei den Atomtests in der Wüste von Nevada. Mehr als 800 Atombomben detonierten bis heute allein in Nevada. Die US-Atomkommission verteilte in den fünfziger Jahren eine Broschüre, in der es heißt: »Wenn Sie in der Nähe der Nevada Test Site wohnen [und das betraf rund 700 000 Menschen], sind Sie in einem sehr realen Sinn ein aktiver Teilnehmer am Atomtestprogramm der Nation.«163 Auch die Kirche war auf Seiten der Bombenbauer. In einem 124
Propagandafilm beruhigte ein Pfarrer einen Soldaten: »Es gibt einen phantastischen Blitz, dann hörst du das Grollen und spürst die Wärme auf deiner Haut, und dann kannst du aufschauen und die wundervolle Pilzwolke sehen, die langsam in den Himmel wächst mit all ihren Farben des Regenbogens.«164 Wissenschaftler der Berkeley-Universität (an der wir viele Humangenetiker finden) in San Francisco gingen 1960 von »6000 mißgebildeten Neugeborenen« durch die Atomtests aus: »Doch diese Risiken muß man in Kauf nehmen angesichts des dringend erforderlichen Atomwaffen-Arsenals unseres Landes«.165 Kanadische WissenschaftlerInnen veröffentlichten 1992 in einer Studie der McMaster-Universität Hamilton (Kanada), daß die oberirdischen Atomversuche der fünfziger und sechziger Jahre in den USA und in Großbritannien den Tod von 320 000 Babys verursacht haben. Nach der Verlagerung der Tests unter die Erde habe die Sterblichkeitsrate wieder abgenommen (was die langfristige Wirkung nicht vergessen machen darf), sei aber Ende der siebziger Jahre wieder angestiegen, nach Meinung der Forscher durch zunehmende Störfälle in Reaktoren. Gestützt wird diese Untersuchung durch ein Memorandum von US-WissenschaftlerInnen vom 12. März 1992: Von 1950 bis 1980 seien allein in den USA 280 000 Babys infolge der Atomexplosionen gestorben. Millionen Menschen zwischen zehn und 45 Jahren seien gesundheitlich direkt durch die Atomtests geschädigt. Ein besonderes Problem sei das geschwächte Immunsystem vieler Menschen, da ihre 125
Mütter während der Schwangerschaft radioaktiven Strahlen ausgesetzt gewesen waren.166 Und immer gab es WissenschaftlerInnen, die nur an den Veränderungen der genetischen Substanz im Körper der Opfer interessiert waren. Von den vierziger bis in die siebziger Jahre testeten US-ForscherInnen die Wirkung von Radioaktivität auf das Erbmaterial auch bei unaufgeklärten zivilen Forschungsobjekten. Radioaktive Flüssigkeit wurde Kindern, Gefangenen, Armen und Alten eingeflößt.167 Im November 1993 berichtete die Albuquerque Tribune über die gelungene Identifizierung von fünf von achtzehn Krankenhauspatienten, denen im Rahmen des Manhattan-Projektes zwischen 1945 und 1947 ohne jede Aufklärung und ohne ihr Einverständnis Plutonium injiziert worden war. Alle sind tot.168 Erst nach dieser und weiteren Enthüllungen wurden die radioaktiven Menschenexperimente – die eigentlich spätestens seit 1980 bekannt waren – zu einem öffentlich diskutierten Thema. Mehr als 800 Menschen waren Opfer der Versuche geworden, vorwiegend Hilflose und Arme, Babys und Schulkinder, Hilfsarbeiter, Gefängnisinsassen, Schwerkranke, geistig Behinderte. Von 1946 bis 1965 servierte z. B. eine staatliche Einrichtung ihren geistig behinderten SchülerInnen zum Frühstück radioaktive Milch. Den Eltern wurde lediglich erklärt, daß ihre Kinder an einem ernährungswissenschaftlichen Experiment teilnahmen. 200 Babys aus armen und »schwarzen« Familien wurden in den 50er und 60er Jahren hohe Dosen radioaktives Jod gespritzt, angeblich um Diagnoseverfahren für Schilddrüsenkrank126
heiten zu entwickeln. Was aus den Kindern wurde, ist unbekannt, sie wurden nicht regelmäßig untersucht. Ende der 40er Jahre verordneten Ärzte an der Vanderbilt-Universität schwangeren Frauen radioaktive Pillen, angeblich eine Vorsorgeuntersuchung. Mehrere Kinder starben an Krebs. In Oregon wurden 1963 die Fortpflanzungsorgane männlicher Gefangener bestrahlt. Später sterilisierte man sie, um die Vergiftung der Bevölkerung mit »strahlungsbedingten Mutanten« auszuschließen. Noch 1974 wurde mit Schwerkranken in Tennessee experimentiert: 200 Patienten wurden einer wahren Strahlenflut ausgesetzt. Auftraggeber für alle Versuche war die US-Atomenergiekommission, die Vorgängerin des Energieministeriums.169 32 Millionen Seiten dicke Dokumente wurden zusammengetragen, und die CIA gab zu, viele Dossiers seien bereits vernichtet worden. Zur gleichen Zeit wurde bekannt, daß die USA mit 925 Atombombentests Menschen und Natur mit dem 150fachen der in Tschernobyl freigesetzten Radioaktivität verseucht hat.170 Wer auf Atomtechnologie setzt, will patriarchal-kapitalistische Herrschaft sichern, will Atombomben bauen können, will Profit mit einem unbeherrschbaren Energieträger machen, will und muß – in diesem Verständnis – die Menschen an die kapitalistischen Produktionsprozesse anpassen und nicht etwa Wissenschaft und Technik dem Menschen unterwerfen. Dieses »minderwertiges« Leben voraussetzende Menschenbild in Naturwissenschaft, Kapital und Staat hat mit Humanismus nichts, aber auch gar nichts zu tun, es 127
ist vielmehr Teil des beziehungsweise kompatibel mit dem Menschenbild des Faschismus. Das »1. Manhattan-Project« im Forschungszentrum in Los Alamos (USA) war die Entwicklung der Atombomben, die für den ersten großen »Lebendversuch« über Nagasaki und Hiroschima abgeworfen wurden. »2. Manhattan-Project« wird die größte Gendatenbank der Welt genannt. Hier wird genetisches Material der Opfer von Hiroschima und Nagasaki bis Tschernobyl gesammelt. Von Beginn an wurde intensiv untersucht, welche biologischen und genetischen Folgen radioaktive Strahlung hat und haben würde. Die Forschungen an dem toten, sterbenden oder qualvoll überlebenden »Menschenmaterial« von Hiroschima und Nagasaki wurden von den USA vor allem für die Festlegung sogenannter Grenzwerte bei Röntgenuntersuchungen, für die Arbeit in Atomanlagen und zur Verharmlosung der Atomenergie herangezogen. Die weitaus meisten Forschungsergebnisse blieben geheim. Die Atomenergie hat ausschließlich militärische Wurzeln. Als 1942 der erste Atomreaktor an der Universität Chicago in Betrieb genommen wurde, dachte niemand an Stromerzeugung.171 Strom wurde später zum zufälligen zivilen Abfallprodukt einer Militärtechnologie, bot die Möglichkeit für Extraprofite und zur Rechtfertigung der Atomenergie. Seit dem ersten Atombombentest am 16. Juli 1945 durch die USA auf dem Testgelände Alamogordo in New Mexico und den US-Atombomben auf Hiroschima am 6. August und auf Nagasaki am 9. August 1945 wurden 128
– mit Stand vom Juni 1992 – in 47 Jahren weltweit mindestens 1933 Atomwaffen gezündet, vermutlich mehr als 2000. Schätzungsweise 50 bis 150 Atomtests werden bis heute verheimlicht. Im Durchschnitt fand alle neun Tage ein Atombombentest statt. Den weltweit acht ersten Atombomben der USA folgte am 29. August 1949 die erste Atombombe der UdSSR. Die USA zündeten 940 Atombomben, die UdSSR 720, Frankreich 191, Großbritannien 45, China 36, Indien zündete bisher eine Atombombe. Bis heute bestreiten Israel und Südafrika einen gemeinsamen Atomtest. Allein 1991 explodierten 14 Atombomben: sieben US-amerikanische, sechs französische, eine britische.172 Mit der Sprengkraft aller Atombomben von mehr als einer Milliarde Tonnen TNT wurden bis heute unvorstellbare Mengen radioaktiven Materials in die Atmosphäre gebombt und in die Erde gesprengt. Auch andere Nationen wurden atombombenfähig, viele dank deutscher Hilfe. So gratulierte die KlöcknerHumboldt-Deutz AG (KHD) dem Pakistan Institute of Nuclear Science and Technology (Pinstech) 1992 in einer großformatigen Anzeige zum 25jährigen Bestehen. Das pakistanische Institut bereitet Pakistans Atombombenprogramm vor. KHD sei »stolz, Pakistan bei der Entwicklung der Atomforschung geholfen zu haben«. Pinstech arbeitete an einer Wiederaufarbeitungsanlage bei Rawalpindi mit, mit der »jährlich bis zu 20 Kilogramm des Bombenstoffs Plutonium gewonnen werden«. Das Auswärtige Amt gab zu, daß »das Pinstech langfristig entscheidende Impulse 129
durch eine Zusammenarbeit mit Deutschland« erhielt.173 Manche »Impulse« haben Bombenfolgen. Die US-Atomtests – Hiroschima und Nagasaki finden wir in einer Liste des Energieministeriums als »Versuche« wieder – finden heute in der radioaktiv verseuchten, belebten Wüste von Nevada statt. Die sowjetischen/russischen Atombomben wurden früher meist in Kasachstan (800 Atomtests) gezündet, heute vorwiegend auf der Eismeerinsel Nowaja Semlja, die französischen im polynesischen Mururoa (allein von 1975 bis 1984: 59 atomare Sprengkörper) und in Fangataufa. Von 1960 bis 1966 zündete Frankreich 17 Atombomben in der südalgerischen Sahara. Die chinesischen Atomtests finden meist in Lop Nor statt.174 Der Entwicklung von Wissenschaft und Technologie in Osteuropa und der Sowjetunion, aber auch in Ländern, die ihr Verständnis von Wissenschaft und Technologie von dort übernahmen wie Kuba, lag nie eine eigenständige sozialistische Logik zugrunde und demzufolge auch kein wesentlich anderer Umgang mit der Natur als im Kapitalismus. Ziel der wirtschaftlichen Planung war, die kapitalistischen Staaten zu überholen. Daß wissenschaftliche Forschung und technologische Entwicklung in einem angeblich sozialistischen Land stattfanden, sollte ihr menschenfeindliches Wesen wie durch Zauberei humanisieren. Als ob eine ähnliche quantitative Wachstumslogik wie im Kapitalismus, ein ähnlich vernichtender Beherrschungswille gegenüber der Natur und eine ähnliche Menschenverachtung im Stalinismus durch ein »sozialistisches Etikett« einen 130
humanen Charakter erhalten könnte. Diese Verdrehung ist eine Beleidigung des auf die selbstbestimmte Befreiung des Menschen gerichteten Grundgedankens des Sozialismus seit Karl Marx und Friedrich Engels – und nicht nur bis Rosa Luxemburg und Che Guevara. Sie alle hätten das, was sie unter Sozialismus verstanden, weder in der Stalinschen Perversion wiedererkannt noch in den osteuropäischen Staaten wiedergefunden. »Wir machen Berge dem Erdboden gleich, bringen Wasser in die Wüste und schlagen Schneisen durch den Dschungel. Wir bringen Leben, Glück und Wohlstand an Orte, auf die noch kein Mensch seinen Fuß gesetzt hat«, schwärmte 1951 Wladimir Wischinskij, einer der wissenschaftlich Verantwortlichen für das sowjetische Atomprogramm. Nicht anders Edward Teller, verantwortlich für die US-amerikanische Wasserstoffbombe und Verfechter des SDI-Programmes. Als Leiter des Lawrence Livermore Laboratory (LLL) wollte Teller 1952 mit Atomkraft das Wetter steuern, Zentralafrika bewässern und künstliche Diamanten erzeugen. Immer wieder stellten Atommafiosi in Staat und Wissenschaft größenwahnsinnige Pläne bei politischen Anlässen vor. Mal für einen 480 Kilometer langen Kanal vom Mittelmeer durch die Wüste Negev zum Golf von Akaba während der Suezkrise, ein anderes Mal, als die Verhandlungen über den Panamakanal stockten, quer durch Mittelamerika. Mit mehr als 120 Atomsprengungen in verschiedenen Teilen des Landes versuchte auch die Sowjetunion Flußläufe umzudrehen, 131
Stauseen anzulegen, Öl- und Gasquellen zu erschließen oder Brände zu löschen.175 »Pflugschar« hieß ein US-Atomtestprogramm, bei dem eine 140-Kilotonnen-Atombombe mit Namen »Sedan« (zehnfache Sprengkraft der Bombe, die über Hiroschima gezündet wurde) am 16. Juli 1962 einen 95 Meter tiefen und 350 Meter breiten Krater in die Wüste von Nevada sprengte. Die Druckwelle schleuderte 12 Millionen Tonnen Dreck und Gestein bis in zwei Kilometer Höhe. Plutonium wurde über 250 000 Quadratkilometer verteilt. Ein einziges Milligramm in der Lunge kann bereits Krebs erzeugen. Der Fallout wurde noch im Norden Kanadas gemessen, so wie sowjetische Atombombentests in Japan gemessen wurden. In Nevadas Nachbarstaat Utah wurde still und leise Milch mit radioaktiver Belastung von bis zu 30 000 Becquerel pro Liter vom Markt genommen. Zum Vergleich: Nach Tschernobyl lagen die Höchstwerte in Bayern bei 1500 Becquerel. »Pflugschar« sollte ein Test sein für »planetarische Leistungen« von »planetarischen Ingenieuren« (Teller vor dem US-Kongreß).176 Auf 500 000 Menschen nahe dem Testgelände bei Semipalatinsk (Kasachstan) fiel in vierzig Jahren der radioaktive Fallout von 15 000 Hiroschima-Bomben.177 Ob in Kasachstan oder in Nevada, wir finden Kinder ohne Arme, Beine oder Gehirn, Menschen mit Lungen, Lymphdrüsen, Magen, Nieren, Knochen voller Krebs, Chromosomenschädigungen, zusammengebrochenen Immunsystemen, so daß einfache Infektionen tödlich sind, chronisch blutenden Schleimhäu132
ten, Blindheit und Taubheit, Gefäßerkrankungen, geistige Behinderungen, abstürzender Lebenserwartung, eine hohe Kindersterblichkeit und eine radioaktiv verseuchte Natur, in der Menschen nicht mehr leben können.178 Die Kindersterblichkeit in Alma Ata (Kasachstan) ist wegen atomarer Verseuchung durch Atombombentests 430mal so hoch wie in der Bundesrepublik, veröffentlichte das NDR-Magazin »Panorama« im August 1993. In der Stadt Issyk, 50 Kilometer östlich von Alma Ata, habe jedes 50. Neugeborene Fehlbildungen. Bei totgeborenen Kindern seien »grauenvolle Mißbildungen« beobachtet worden.179 Verantwortlich seien vor allem die chinesischen Atomtests in Lop Nor, am östlichen Rand der Wüste Taklimakan, etwa 1200 Kilometer südöstlich von Alma Ata, welches in der Hauptwindrichtung von Lop Nor liegt. Um Lop Nor, in der chinesischen Provinz Sinkiang, ist das Risiko, daß Kinder fehlgebildet geboren werden, 100mal so hoch.180 Das kasachische Lop Nor-Komitee geht von 210 000 Toten durch radioaktiven Fallout aus, allein in Sinkiang. Seit 1964 zündete die chinesische Regierung dort oberirdisch, in der Atmosphäre, 22 Atombomben; erst 17 Jahre später (1980) als die USA und die Sowjetunion verlegten sie die Tests unter die Erde. Bis 1992 explodierten dort 38 Atombomben.181 Nach Angaben des kasachischen Umweltministeriums ist die radioaktive Verseuchung in Alma Ata heute doppelt so hoch wie im Gebiet um das ehemalige sowjetische Atomtestgebiet Semipalatinsk im Norden Kasachstans. Der strahlende Wind und Niederschlag aus Semipalatinsk trieb 133
mit vielen Krebstoten die Sterberate in den Bergen von Altai über die Höhe der Geburtenrate.182 Starker Wind peitschte im September 1976 den Fallout chinesischer Atombombentests über den Pazifik an die mehr als 10 000 Kilometer entfernte Ostküste der USA, wo der Fallout in wolkenbruchartigen Regenfällen niederging. Die Meßwerte waren dort so hoch, daß die Betreiber des AKW Peach Bottom bei Philadelphia ein Leck in ihrer Anlage vermuteten.183 Wieviel den Herrschenden ein Menschenleben wert ist, macht uns eine Änderung des US-Gesetzes »Radiation Exposure Compensation Act« (Public Law 101–426) vom 15. Oktober 1990 klar: Es ermöglicht im Einzelfall eine Entschädigung der Krebsopfer der Atomtests der fünfziger bis siebziger Jahre in Höhe von 75 000 US-Dollar.184 Viele Gräber werden damit lange gepflegt werden können. Eine Gruppe von britischen und australischen WissenschaftlerInnen schlug vor, in Zentralaustralien einen Zaun zu errichten, der Menschen und Tiere bis etwa zum Jahr 242 000 (das Zehnfache der Halbwertzeit von Plutonium) davon abhalten soll, ein durch britische Atomtests (1953 bis 1963) mit mehr als 20 Kilogramm Plutonium und ebensoviel angereichertem Uran radioaktiv verseuchtes Gebiet zu betreten. Der Zaun ist billiger als die 600 Millionen Mark, die es kosten würde, das vergiftete Erdreich abzutragen.185 Und wohin auch mit so viel strahlender Erde? Wegen steigender Kosten und wachsender weltweiter öffentlicher Kritik wurde 1963 von 60 Staaten ein internationales Teststoppabkommen unterzeichnet. Die internationa134
le Atommafia verlagerte von da an die Atomtests unter die Erde. Bis heute treten radioaktive Fallouts durch den Boden in die Atmosphäre aus. Mit den unterirdischen Atomtests, die nicht weniger gefährlich sind, wird das Problem auf künftige Generationen verschoben. Es gibt keinerlei Schutz gegen die sich anhäufenden Berge radioaktiver Erde.186 Wofür die Tests? Welche Wirkung die relativ kleinen Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki auf Menschen hatten, wurde oft beschrieben: »Hunderte und Aberhunderte flohen aus der Stadt, fast alle waren verletzt. Manchen waren die Augenbrauen abgesengt, Hautfetzen hingen ihnen von Gesicht und Händen. Einige erbrachen sich, während sie liefen. Viele waren nackt, bei manchen zeigte die verbrannte Haut ein Muster: Die Träger der Unterwäsche oder die Blumen des Kimonos hatten sich als Schattenrisse abgezeichnet.« So der US-Journalist John Hershey. Er fand eine Gruppe von Soldaten im Wald: »Ihre Gesichter waren vollständig verbrannt, ihre Augenhöhlen leer, die Flüssigkeit ihrer geschmolzenen Augäpfel war auf ihren Wangen geronnen, ihre Münder waren nur noch geschwollene eitrige Wunden.«187 Ob Tuareg und Berber, in der algerischen Sahara nach französischen Atomtests bei radioaktiven Abräumarbeiten eingesetzt, ob mehr als 500000 Menschen in Kasachstan verstrahlt wurden, wobei etwa 100000 starben, ob m Hiroschima und Nagasaki 350 000 Menschen getötet wurden (150 000 sofort, 200000 später) und wir heute dort die Opfer in der dritten Generation finden, ob Australien 135
10 000 Soldaten als Versuchskaninchen mißbraucht und ungezählte Aborigines verstrahlt hat, ob in Nevada 250 000 Soldaten als Testpersonen abkommandiert und die indianischen BewohnerInnen der Wüste, die Shoshone, vernichtet werden188: Die Atomtests gehen weiter. Die Vereinigung internationaler Ärzte gegen den Atomkrieg. (IPPNW) hat in einer Studie berechnet, daß allein die zwischen 1945 und 1980 oberirdisch gezündeten Atombomben bis zum Jahr 2000 weltweit mehr als 430 000 Menschen das Leben kosten werden.189 Manchmal trifft es auch Prominente. Jochen Vorfelder beschreibt in seinem Bericht im Greenpeace Magazin, daß John Wayne 1954, ein Jahr nach elf oberirdischen Atomtests in Nevada, in Utah den Film »Der Eroberer« drehte, in dem er Dschingis Khan darstellte: »Nach Abschluß der Außenaufnahmen brachten Techniker 60 Tonnen Sand für Nachdrehs ins Studio mit. Zwölf Jahre später waren 91 der 220 Mitglieder des ursprünglichen Drehteams an Karzinomen erkrankt, über 50 starben an Krebs, darunter John Wayne.«190 Anfang August 1992 stimmten 68 von 100 US-Senatoren einem Gesetzentwurf zu, der unter gewissen Bedingungen die Einstellung aller Atomtests nach dem 30. September 1996 voraussieht. Sie sollen zunächst für neun Monate ausgesetzt werden, danach sollen fünf Jahre lang fünf Atomtests pro Jahr erlaubt sein, je vier zur »Verbesserung der Sicherheit und einer zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der vorhandenen Atomwaffen«. Das ist insoweit Propaganda, 136
als die Atomtests fast immer nur der Weiterentwicklung des atomaren Waffenarsenals gedient haben. Falls andere Staaten in dieser Zeit der begrenzten US-Tests einer weltweiten Atomtesteinstellung zustimmen, wäre dies – so der Gesetzentwurf – auch das Ende der US-Atomtests. Die Tageszeitung jubelte unkritisch: »Abschied vom Atomtest«191. Aber schon arbeitet der mächtige militärischindustrielle Komplex der USA an der Aufweichung des Beschlusses. Ein Veto des Präsidenten gegen den Teststopp könnte nur von einer (unwahrscheinlichen) Zweidrittelmehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat überstimmt werden. Die US-Regierung versucht, jeden Atomteststopp zu unterlaufen. In den nächsten fünf Jahren sollen maximal sechs bis acht Bomben jährlich gezündet werden.192 1992 zündete die USA insgesamt sechs Atombomben in unterirdischen Versuchen, China zwei. Verteidigungsminister Richard Cheney verkündete, »die USA wollten, trotz der Abrüstungsvereinbarungen mit Rußland, an ihren unterirdischen Atomwaffenversuchen festhalten. Es gäbe keine verläßliche Alternative […] auch nach dem kalten Krieg bestehe weiterhin die Notwendigkeit atomarer Abschreckung […] auch für die Sicherheit und Verläßlichkeit [!, d. A.] des US-Atomarsenals seien die Atomtests, deren ›Umweltverträglichkeit‹ er hervorhob, unabdingbar.«193 »Der russische Energiemimster Viktor Michailow hält ›zwei bis vier‹ Atomexplosionen pro Jahr für notwendig, ›um die Verteidigungsfähigkeit Rußlands zu gewährleisten› 137
falls nicht die USA mit ihren Tests ebenfalls aufhörten.«194 Leonid Bolschow, Direktor des Moskauer Instituts für Reaktorsicherheit der Akademie der Wissenschaften, warnt vor den »negativen Folgen für die Sicherheit«, wenn die »vaterländische Kernenergetik abstirbt«.195 Aus taktischen Innenpolitischen Rücksichten – Stimmenverluste an Umweltparteien – versprach Francis Mitterrand ein Ende der französischen Atomtests Ende 1992. Ohne einen USTeststopp wird diese Position wohl kaum aufrechterhalten werden. Der britische Premierminister John Major will auch in Zukunft nicht auf Atomtests verzichten: Die »Erprobung der Sprengköpfe für die britische Trident in Nevada werde fortgesetzt«.196 Die britische Regierung besteht außerdem auf der Aufrüstung ihrer mit Atomraketen bestückten UBoote. 512 statt 192 Atomsprengköpfe sollen künftig die »Abschreckungsfähigkeit« Großbritanniens gewährleisten.197 Heute befinden sich mindestens 200 Tonnen Plutonium in Zehntausenden US-amerikanischer und sowjetischer Atomwaffen. Eine grapefruitgroße Plutoniummenge kann die gesamte Menschheit vernichten. Die einen brauchen Nuklearwaffen für die Vorbereitung neuer Kriege (»Verteidigungsbereitschaft«). Der Abwurf einer Atombombe wurde im Golfkrieg selbst von ehemaligen bundesdeutschen Linken erwogen, die damit auf die Seite der Barbarei wechselten. Andere wollen einfach ein Geschäft machen, wie sie es vom Kapitalismus gelernt haben: Die International Chetek Cooperation in Moskau bietet heute, fast 50 Jahre nach Hiroschima und Nagasaki, 138
ihre nuklearen Dienste an. Sie will für 450 bis 1900 US-Dollar pro Kilogramm Gift- und Atommüll auf der russischen Insel Nowaja Semlja mit Hilfe einer Atombombenexplosion in 600 Meter Tiefe einschließen. Mit einem ersten Test will sie 3000 Tonnen »Chemieabfälle von ausländischen Anlieferern ›mit einem einzigen Sprengsatz‹ behandeln«.198 Vor Nowaja Semlja liegt schon die »Lenin«. Das atomare Traumschiff der Sowjets, ein Eisbrecher, angetrieben von drei kompakten Druckwasserreaktoren, wurde 1967 schrottreif in der Karasee versenkt und liegt inmitten von mindestens 16 000 Tonnen radioaktiven Flüssigkeiten, die zwischen 1964 und 1986 in die Barents- und Karasee gekippt wurden.199
Keine Grenze, keinen Grenzwert Die Atomkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 scheint für Humangenetiker in aller Welt eine Art Sternstunde gewesen zu sein. Die Angst vor fehlgebildeten Kindern trieb Frauen, auch in der Bundesrepublik, in Scharen in die sogenannten humangenetischen Beratungsstellen, die bis dahin eher skeptisch betrachtet wurden und keine große Akzeptanz genossen. Die aus künstlichen Befruchtungen gewonnenen »überzähligen« Embryonen wurden unter anderem vom US-Arzt Robert Gale für Rückenmarktransplantationen von Tschernobylopfern verwendet.200 139
650 000 Menschen wurden als Helfer durch die »besondere« verstrahlte Dreißig-Kilometer-Zone geschleust und wochen- und monatelang erhöhter radioaktiver Strahlung ausgesetzt. »Bioroboter« wurden sie zynisch genannt, nachdem deutsche High-Tech-Roboter aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe auf dem Dach des zerborstenen Reaktors unter der Wucht der Strahlung »sofort ihr Leben aufgegeben haben« (Tschernosenko). Etwa 35 Millionen Menschen haben in der Sowjetunion eine grenzwertüberschreitende »Überdosis« an Radioaktivität erhalten. Aber wir müssen davon ausgehen, daß es keine noch so winzige Dosis Radioaktivität gibt, die für den Menschen unschädlich ist. Die Zahl der verstrahlten Menschen ist demzufolge in Wirklichkeit noch größer. Wladimir Tschernosenko, der wissenschaftliche Leiter der Aufräumarbeiten in Tschernobyl, sagt, etwa 10 000 Menschen seien bis 1991 infolge der Atomkatastrophe von Tschernobyl elend zugrunde gegangen.201 Alle medizinischen Untersuchungen bestätigen einen dramatischen Anstieg vielfältiger Krebskrankheiten bei Kindern und Erwachsenen. Die Zahlen steigen, je länger der Tag der Reaktorexplosion zurückliegt. Tschernobyl 1994: Laut IPPNW hat sich nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl die Zahl der genetischen Veränderungen in Weißrußland verdoppelt. Schwere Fehlbildungen von Säuglingen hätten seitdem um 80 Prozent zugenommen, und es werde ein »dramatischer Anstieg der Schilddrüsenkrebsfälle« verzeichnet.202 Laut Peter Jacob vom »Forschungszentrum Kind und Umwelt« erkranken 140
heute 20mal so viele Kinder an Schilddrüsenkrebs wie vor der Katastrophe.203 Weder die Regierung, die das Atomprogramm fortsetzen will, noch die IAEO (Internationale Atomenergiebehörde) haben Interesse an der Erforschung der wirklichen Folgen der Katastrophe. Die Ukraine läßt das AKW Tschernobyl mit jetzt drei Blöcken nicht nur weiterlaufen, sondern plant mit westlicher Hilfe, besonders aus der EU, sechs neue Druckwasserreaktoren sowjetischer Bauart.204 Die Tschernobyl-Union schätzt offiziell, daß »nur« 5000 Menschen an den Folgen der Katastrophe starben und 30 000 Menschen »berufsunfähig« geworden seien. Viele verstrahlte Überlebende sollen sich selbst getötet haben.205 Tschernosenko geht von mehr als 15 Millionen Toten durch die Tschernobylradioaktivität in den nächsten 10 Jahren aus, allein auf dem ehemaligen Gebiet der Sowjetunion. Hinzu kommen die Krebstoten durch Tschernobyl im Ausland. Bereits im Dezember 1986 dokumentierte Tschernosenko im Auftrag der sowjetischen Regierung mit Verstrahlungsplänen die Folgeschäden Tschernobyls bis ins 6000 Kilometer weiter östlich gelegene Nowosibirsk. Die Strahlungsmessungen werden, sagt Tschernosenko, bis heute geheimgehalten.206 Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben herausgefunden, daß sich in Tschernobyl jener angeblich unmögliche Super-GAU, die Kernschmelze, ereignet hat.207 Auch seien nicht 50 Millionen Curie Radioaktivität, wie die IAEO behauptet, sondern mindestens 141
zwischen 185 und 250 Millionen Curie entwichen, so die IPPNW.208 1900 starb in Mitteleuropa etwa jeder dreißigste Mensch an Krebs, 1930 jeder achte Mensch, heute mindestens jeder dritte bis vierte. Der im Juli 1994 verstorbene Physiker Prof. Jens Scheer von der Universität Bremen ermittelte 1989 eine um 35 Prozent höhere Säuglingssterblichkeit im süddeutschen Raum als Folge von Tschernobyl.209 Der Physiker Alfred Körblein bestätigte 1992 die in der Wissenschaftszeitschrift Lancet 1989 veröffentlichte Studie der Bremer WissenschaftlerInnen. Es wächst inzwischen auch der Verdacht, daß infolge von Tschernobyl die Zahl der Kinder mit Down-Syndrom in der Bundesrepublik gestiegen ist.210 Radioaktivität kennt keine Grenzen und ignoriert alle Grenzwerte. Wie in der ehemaligen Sowjetunion werden auch bei uns Menschen durch Zahlenmanipulationen vor radioaktiver Strahlung geschützt. »Die Moskauer Zeitung ›Iswestija‹ beschrieb, wie am 8. Mai 1986 neue Grenzwerte für die Aufnahme radioaktiver Strahlen beschlossen wurden, nachdem im Politbüro […] immer höhere Zahlen von Verstrahlten eingegangen waren. Aufgrund der Anhebung der Grenzwerte auf das Zehnfache des ursprünglichen Wertes ›erholten sich Tausende unserer Genossen auf einen Schlag […]‹, schrieb ›Iswestija‹«211 sarkastisch. Vergleichbares findet in der Bundesrepublik statt. Wie überall, sind auch in der Bundesrepublik Grenzwerte politische Zahlen. In Hessen galten bis zum 31. Mai 1986, 142
fünf Wochen nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl, Grenzwerte in Höhe von 20 Becquerel Jod 131 pro Liter Milch. Eine neue EG-Verordnung legt den Grenzwert auf 500 Becquerel radioaktives Jod in einem Liter Milch fest. Andere Lebensmittel durften 1986 200 Becquerel Jod 131 enthalten, die EG erlaubt für die nächste Atomkatastrophe 2000 Becquerel. In Hessen, und auch das war zu hoch, lag 1986 der Grenzwert für Nuklide wie Cäsium 137 bei 100 Becquerel pro Kilogramm, beim nächsten GAU muß weniger weggeworfen werden, die menschlichen Körper werden zum direkten »End«lager. Die EG erlaubt 1250 Becquerel Cäsium 137 und erstmalig Plutonium 239 und Americium 241 in einer Menge von 20 Becquerel pro Liter und 80 Becquerel pro Kilogramm.212 Bundesdeutsche Piloten haben eine Klage gegen Behörden eingereicht, nachdem US-WissenschaftlerInnen 1989 herausgefunden hatten, daß von 100000 Crew-Mitgliedern und Passagieren, die in 20 Jahren 98mal bei US-InlandFlügen in Höhen zwischen 9000 und 11000 Meter geflogen waren, 1000 Menschen an Krebs starben. Bei 37 Rund-umdie-Welt-Reisen stieg die Zahl sogar auf 1200 Krebstote. Es gibt – im Gegensatz zu den USA und anderen Ländern – in der BRD keine Strahlenschutzwerte für PilotInnen, Bordpersonal und Passagiere. StrahlenforscherInnen der Universitäten Gießen und Marburg, unter ihnen der Physiker Horst Kuni, errechneten im Auftrag der Pilotenvereinigung »Cockpit« für die Strecke Frankfurt – New York eine Bestrahlung von 400 bis 900 Millirem, »sofern sie im 143
Jahr zwischen 250 bis 600 Flugstunden in einer Höhe ab rund 10 000 Meter verbringen«. Die gesetzlich erlaubte jährliche Ganzkörperdosis für jeden von uns beträgt 60 Millirem, davon 30 Millirem in Gasform (Radioaktivität in der Luft) und 30 Millirem in flüssiger Form (im Wasser). Den jährlichen Grenzwert für gasförmige Radioaktivität in Höhe von 30 (kriminellen) Millirem pro Normalbürger können FlugzeuginsassInnen schon während eines einzigen Langstreckenfluges erreichen. Bei 500 Millirem, sagt selbst die Internationale Strahlenschutzkommission, liegt ein »deutlich erhöhtes Krebsrisiko«. Das sind nur knapp 17 Langstreckenflüge.213 PilotInnen, Stewards und Stewardessen sowie Passagiere werden aus Gründen der Kostenersparnis diesem lebensgefährlichen Risiko ausgesetzt, denn es kostete mehr Geld für Treibstoff, würden die PilotInnen der Strahlung durch niedrigere Flugrouten ausweichen. Und auch eine Strahlenschutzausstattung der Flugzeuge ginge an das Portemonnaie der Betreiber, privater Airlines, aber auch der staatlichen Lufthansa. Offen ist, wie hoch die zusätzliche Belastung der FlugzeuginsassInnen durch Begegnungen mit den Fallouts der Atombombentests und durch die häufige radioaktive Fracht (medizinische Güter) ist. 1994 hat der Münsteraner Strahlenbiologe Prof. Horst Traut die Untersuchungen von Kuni praktisch bestätigt. Bei Blutuntersuchungen von mehr als einem Dutzend Piloten und Stewardessen, die lange im Flugdienst arbeiten, fand er auffällige, strahlenspezifische Schäden im Chromosomensatz. Ihre jährliche Strahlendo144
sis berechnete Traut auf 10 Millisievert, das fünffache der durchschnittlichen Jahresbelastung von ArbeiterInnen in Atomkraftwerken. Horst Kuni meint, wenn die in anderen Berufen gültigen Strahlengrenzwerte auf die Flugkabinen übertragen würden, sei auch im Flugbetrieb ein Strahlenkontrollbereich einzurichten. Von 23 Millionen von der Lufthansa beförderten Passagieren würden jedes Jahr 141 an Krebs sterben. Französische Strahlenforscher maßen auf dem Langstreckenflug Paris-Tokio eine Bestrahlung von bis zu 20 Millisievert. Noch weigern sich alle Fluglinien, ihre Passagiere und Angestellten zu schützen. Bei der italienischen Alitalia konnte lediglich durchgesetzt werden, daß die besonders strahlenintensive Route über den Nordpol – die Radioaktivität ist über den beiden Polen um den Faktor 2 intensiver! – nicht mehr geflogen werden darf, nach Fernost fliegt Alitalia nun über Moskau. Für zusätzliche radioaktive Verstrahlungen sind Strahlungsquellen von Kobaltbomben bis Atombrennstoff für AKWs im Frachtraum verantwortlich. Allein die Lufthansa befördert jährlich zwischen 30 000 und 40 000 strahlende Versandstücke. Auf EU-Ebene wird an eine ganz schlichte Lösung gedacht: Das Flugpersonal soll künftig zur Gruppe der beruflich Strahlenbelasteten gerechnet werden. Von Schutzvorkehrungen ist nicht die Rede, schon gar nicht von strahlungssicheren Flugzeugen, da sei der Profit vor. Währenddessen zeigen neue Studien, daß das Flugpersonal tatsächlich überall vermehrt an Krebs erkrankt: Italienische Wissenschaftler fanden beim 145
Flugpersonal doppelt so viele Chromosomenschäden wie beim Bodenpersonal, Untersuchungen aus Kanada, Großbritannien und den USA verweisen auf eine Anhäufung von Hautkrebs und Gehirntumoren.214 Radioaktive Niedrigstrahlung zerstört die menschliche Gesundheit und kann töten. Dies gehört zu den größten Tabus in der Bundesrepublik. Ohne Atombombenexplosionen und Katastrophen wie in den Atomanlagen von Sellafield/ Windscale (Großbritannien 1957), Harrisburg (USA 1979) oder Tschernobyl (UdSSR 1986), ohne die vielen tausend kleineren »Störfälle« in Biblis, Neckarwestheim oder Grohnde gibt jeder Atomreaktor im ungestörten Normalbetrieb ständig radioaktive Niedrigstrahlung ab, an die Luft und an das Wasser. Im Gegensatz zur »reineren« Atombombe enthält ein Atomkraftwerk eine Vielzahl verschiedener radioaktiver Isotope, die sich in ihrer Wirkung verstärken können. Weil sie Alpha- oder Betastrahler sind, können sie in der Nahrungskette angereichert und im menschlichen Körper eingebaut werden. Aufgrund von Untersuchungen der Bremer Atomphysikerin Inge Schmitz-Feuerhake mußte das niedersächsische Sozialministerium zugeben, daß Menschen in der Nähe von Atomreaktoren höchst gefährdet leben. Bei vier von fünf untersuchten Erwachsenen wurden Chromosomenveränderungen zugegeben. Die Untersuchungen waren veranlaßt worden, nachdem in der Samtgemeinde Eibmarsch von 1989 bis 1991 sieben Kinder an Leukämie erkrankten. Zwei sind inzwischen gestorben. Die Samtgemeinde liegt in der 146
Nähe des AKW Krümmel.215 Den Jahresgrenzwert von 60 beziehungsweise 30 Millirem erhalten Menschen, die nahe an Atomkraftwerken leben, fast automatisch. Dieser Grenzwert ist kein Schutzwert. Er schließt eine bestimmte Anzahl von krebstoten Menschen ein, eine Zahl, die für politisch tragbar gehalten wird, damit das strahlende Geschäft weitergehen kann. An hochgiftigen chemischen Substanzen wie Dioxin darf – nach US-Grenzwerten – nicht mehr als einer pro 100000 Menschen sterben. Die kanadische Wissenschaftlerin Rosalie Bertell wies nach, daß – bezöge man diese Genehmigung zum Sterben auch auf Radioaktivität – »die Bevölkerung maximal einer jährlichen Dosis von 0,05 Millirem Strahlung ausgesetzt würde […] Das wäre ein Hundertstel der heutigen deutschen Grenzwerte.«216 Die Internationale Strahlenschutzkommission ICRP (International Commission on Radiological Protection) empfiehlt erst jetzt, die jährlich erlaubte Strahlenbelastung für AtomarbeiterInnen in Atomkraftwerken von 5 auf 2 Rem zu senken. Die EU erwägt die Übernahme dieses Grenzwertes. Ein Rem sind 1000 Millirem. Zum Grenzwert von 5 Rem für die Gesamtbevölkerung in 30 Jahren erklärte die Internationale Strahlenschutzkommission: »Die Kommission ist der Ansicht, daß dieser Wert [5 Rem pro Generation = 30 Jahre] einen vernünftigen Spielraum für die Atomenergieprogamme der absehbaren Zukunft schafft.«217 Das britische Amt für Strahlenschutz hat in einer Studie nachgewiesen, daß das Risiko für ArbeiterInnen in Atom147
anlagen, an Leukämie zu sterben, wesentlich über dem der übrigen Bevölkerung liegt. Die Untersuchung, die im März 1992 im British Medical Journal veröffentlicht wurde, stützt sich auf die Auswertung der Daten von 95 000 MitarbeiterInnen ziviler und militärischer Atomanlagen in einem Zeitraum von 16 Jahren. 6600 sind mittlerweile gestorben, 50 davon an Leukämie, 1800 sind krebskrank. Zwar mußte das Amt zugeben, daß das Risiko »doppelt so hoch liege, wie bislang angenommen«; die Grenzwerte zu senken, hielt das Amt nicht für nötig, weitere Untersuchungen sollen die Industrie erst einmal vor Konsequenzen schützen.218 Nachdem Untersuchungen lange Jahre keine auffälligen Veränderungen der Krankheitsstatistiken zeigten, liegt beispielsweise die Leukämierate der Atomarbeiter der US-Atombombenfabrik von Oak Ridge (USA) 1992, nach 16 Jahren, mehr als 63 Prozent über den Durchschnittswerten der Normalbevölkerung (die mittlerweile gleichfalls steigen).219 Radioaktives Wasser fließt aus der Wiederaufbereitungsanläge Sellafield, Großbritannien, an der englischen Westküste, nördlich Liverpool, gegenüber von Belfast. Sellafield wurde nach der Atomkatastrophe von 1957 der neue Name für Windscale. Wissenschaftler haben in der Region um Sellafield die äußerst seltene, auf einem Gendefekt beruhende Erkrankung der Augennetzhaut (Retinablastom) 20mal häufiger gefunden als anderswo. Drei der fünf erkrankten Kinder hatten Großväter, die in der Atomanlage Sellafield arbeiteten.220 1983 strömte radioaktiv verseuchtes Wasser 148
aus der Anlage direkt in die irische See. Der Strand mußte gesperrt werden, denn Kinder, die dort spielten, litten unter Hautverbrennungen. Im Mai 1992 wurde radioaktiv verstrahlter Tang in der irischen See vor Sellafield gefunden. Die Strände wurden nicht geschlossen.221 The business must go on. Seit Januar 1994 ist THORP, die Aufbereitungsanlage für nukleare Abfallstoffe, in Betrieb. Die Anlage steigert die radioaktive Verseuchung, die von Sellafield ausgeht. Schon vor der Eröffnung von THORP war die Zahl der Leukämiefälle in einem nahegelegenen Dorf 14mal höher als im nationalen Durchschnitt, Kinderkrebs allgemein ist in der Sellafield-Region Cumbria um das 6,5fache höher als im Landesdurchschnitt. Die Krebskrankheiten von SellafieldArbeiterInnen im Ruhestand liegen 30 Prozent über dem Landesschnitt. Greenpeace behauptet, daß das britische Amt für Strahlenschutz über Zahlen verfügt, wonach mit der Inbetriebnahme von THORP Sellafield jedes Jahr 205 Menschen der Tod gebracht wird.222 1994: Die Kapazität der atomaren Wiederaufbereitungsanlage (WAA) La Hague in Frankreich, nahe Cherbourg, wird auf Beschluß der französischen Regierung verdoppelt. Radioaktivität aus La Hague fließt z. B. mit dem Golfstrom in die Nordsee. Noch 1994 soll die neue, 10 Milliarden DM teure Plutoniumfabrik UP2–800 ihren Betrieb aufnehmen und bis 1996 ihre volle Leistung von 800 Tonnen im Jahr erreichen. Die erste Plutoniumfabrik UP 3 wurde nahezu nur mit ausländischem, auch deutschem Kapital gebaut. Die 149
deutschen Strommonopolisten sind neben den japanischen die größten Kunden. Die neue WAA soll nur für Frankreich arbeiten. Ein Vertrag über 8 400 Tonnen Brennstoff wurde vom staatlichen Stromkonzern Electricité de France (EdF) mit der WAA-Betreiberfirma Cogema geschlossen.223 In der Wissenschaft wird das Krebsrisiko durch radioaktive Niedrigstrahlung berechnet, indem mensch davon ausgeht, eine Bevölkerung von einer Million Menschen würde ein Jahr mit 1 Rem bestrahlt. Dann wird untersucht, wie viele Menschen zusätzlich (über den hohen Durchschnittswerten) an Krebs sterben (nicht nur krank werden). Die Entstehungsgeschichte des BEIR-Reports III von 1980224 vom Committee on the Biological Effects of Ionizing Radiations, einem von der US-Akademie der Wissenschaften eingesetzten Gremium, zeigt, wie Wissenschaft ökonomischen Interessen unterworfen ist. Das Gremium empfahl in einer Vorabinformation zum Abschlußbericht 1979 mehrheitlich die Anwendung der sogenannten linearen Dosis-Wirkungskurve, einer bestimmten, sehr üblichen Berechnungsform für die Folgen radioaktiver Niedrigstrahlung. Der daraus errechnete Risikofaktor lag bei 158 bis 501 zusätzlichen Krebstoten pro eine Million Menschen bei einer jährlichen Strahlenbelastung von 1 Rem. Daraufhin setzte der Präsident der Akademie für die Erstellung des Abschlußberichts die Wissenschaftlergruppe neu zusammen. Die benutzte das sogenannte linear-quadratische Modell der Internationalen Strahlenschutzkommission und kam auf »nur«, noch 67 bis 226 zusätzliche Krebstote.225 150
Nach den sehr vorsichtigen Berechnungsmethoden des BEIR-Reports (Vorbericht) gab es 1980 501 zusätzliche Krebstote und bis zu 1250 zusätzliche Krebskranke pro eine Million Menschen bei einer jährlichen Strahlenbelastung von 1 Rem. Das sind, bezogen auf etwa 78000000 Menschen in der Bundesrepublik: 39 078 zusätzliche Tote und 97 500 zusätzliche Krebskranke durch radioaktive Niedrigstrahlung.226 Politisch ist der Umgang mit radioaktiven Grenzwerten überall. Die britische Strahlenschutzkommission National Radiological Protection Board (NRPB) erhöhte als Konsequenz aus den immer wieder gestiegenen Krebsraten in Hiroschima und Nagasaki ihren Richtwert. Seit November 1987 gelten 300 Krebstote pro eine Million Menschen bei einer jährlichen Strahlenbelastung von 1 Rem als Richtwert statt der bisherigen 125.227 Wir sind beruhigt, unser Krebs liegt im Bereich des Normalen. Seit mehr als 20 Jahren erforschen kritische WissenschaftlerInnen das Risiko durch radioaktive Niedrigstrahlung: Ernest J. Sternglass (USA), Alice Stewart (Großbritannien), Inge Schmitz-Feuerhake und Horst Kuni (BRD) sind nur einige Namen. Angefeindet und bekämpft von der herrschenden Wissenschaft und dem Atomkapital, gelten ihre Forschungsergebnisse heute als zutreffend: Es gibt keine Schwelle, unterhalb derer Radioaktivität ungefährlich wäre, und radioaktive Niedrigstrahlung bedeutet schon in winzigen Mengen Leiden und Tod. Der Bremer Physiker Jens Scheer ging davon aus, daß sie bei kleinsten Mengen 151
eine überlineare Wirkung erzielt, das heißt, überproportional zu Krebs führt, um dann langsamer weiter zu steigen. K. Z. Morgan, der ehemalige Vorsitzende der Internationalen Strahlenschutzkommission ICRP, hat 1987 festgestellt: »Seit 1960 gibt es eine überwältigende Fülle von Daten, die zeigen, daß es für Krebserzeugung durch Strahlung keine Toleranzdosis gibt.«228 Radioaktive Strahlung wirkt zudem bei Menschen unterschiedlich. Sie schädigt Kinder anders als Erwachsene und Menschen, die chemischen Giften, Elektrosmog oder Streß besonders ausgesetzt sind, anders als Menschen in einer angenehmeren Lebenssituation. Die Erkenntnisse über radioaktive Niedrigstrahlung sind – neben einer Vielzahl weiterer Argumente – der vorrangige Grund der bedingungslosen Ablehnung der Destruktivkraft Atomenergie, ob in militärischer Gestalt oder in ziviler Verleidung. Wer Atomenergie herstellt und verbreitet, ist deshalb nicht nur möglicherweise ein Mörder. Um von dieser Erkenntnis abzulenken und ihre Pläne durchzusetzen, hat die Atommafia – in gebührendem zeitlichem Abstand zu Tschernobyl – eine propagandistische Offensive gestartet. Es droht die weltweite Renaissance der Atomindustrie.
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Der FRM II in Garching: Siemens baut den ersten bundesdeutschen Atomreaktor seit Tschernobyl In Garching, im Münchner Norden, soll ein neuer Atomreaktor entstehen. Für das Garchinger »Atom-Ei«, einen 1957 gebauten Forschungsreaktor, plant die Betreiberin, die Technische Universität München (TU), seit einigen Jahren Ersatz: den Forschungsreaktor München II (FRM II). Mit seinen 20 Megawatt soll er fünfmal soviel thermische Leistung bringen wie der alte Forschungsreaktor. Reaktorbauer Siemens kann sich freuen: Die Durchsetzung des FRM II beginnt mit einem Putsch zu seinen Gunsten. Noch vor den Landtagswahlen am 25. September 1994 will die bayrische CSU-Landesregierung das Projekt ohne lange Debatte durchsetzen. Der Haushaltsausschuß des Landtags soll in abschließender Sitzung über die Bauvorlage und den Generalvertrag mit dem Reaktorlieferanten Siemens entscheiden. Der Haushaltsausschuß soll außerdem Planungsmittel in Höhe von 21 Millionen DM freigeben. Darüber »muß« der Landtag dann nicht mehr abstimmen.229“ Der atomare Abrißmüll des alten kleinen Forschungsreaktors, bestehend aus viertausend Liter radioaktivem Wasser und 41 Kilogramm fester Substanz, soll als »Zuschlagstoff« zur Herstellung von Beton für Bauten der TU verwendet werden. Die bayrischen Landtags-Grünen halten die davon ausgehende Gefährdung für »gering«. Schätzungsweise 700 Millionen DM230 (plus 20 Millio153
nen DM geschätzte jährliche Betriebskosten230) soll der neue Atomreaktor FRMII auf der Kostenbasis Mai 1994 kosten. Die SPD-Landtagsabgeordnete Monica LochnerFischer hält Gesamtkosten in Höhe von einer Milliarde DM heute schon für realistisch. 240 Millionen DM zahlt das Bundesforschungsministerium231, davon 160 Millionen DM für die Baukosten und 80 Millionen DM als festen Zuschuß für die Betriebskosten in den ersten 10 Jahren. Von den restlichen Baukosten übernimmt das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) – gemäß dem Hochschulbauförderungsgesetz – 50 Prozent.232 270 Millionen DM kommen aus dem ansonsten soeben massiv gekürzten bayrischen Bildungsetat, weil die Technische Universität (TU) München der Antragsteller ist. Es kassiert die Siemenstochter KWU, die den Reaktor zusammen mit der TU baut. Die Regierung von Oberbayern hat das Raumordnungsverfahren für dieses Atomkraftwerk (AKW) positiv entschieden. Das Genehmigungsverfahren läuft (Stand: 1994). Bis ins Kleinste funktioniert die Verfilzung von Siemens mit den zuständigen Aufsichtsbehörden. Im April 1994 kam ans Licht, daß der Technische Überwachungsverein (TÜV) Hannover/Sachsen-Anhalt bei der Überprüfung eines Atomreaktors Angestellte der Siemens-Tochter KWU im Haus des TÜV »mitarbeiten« ließ. In anderen Fällen sollen Stellungnahmen für Behörden geschönt worden sein, Minderheitsvoten in Gutachten seien unterschlagen worden, Aufträge von Siemens/KWU, wie Ergebnisse auszusehen 154
hätten, seien direkt in der 100köpfigen Atomabteilung des TÜV gelandet. Dem TÜV-Sachverständigen Hartmut Bender, der intern auf derartige Mißstände hingewiesen hatte, wurde fristlos gekündigt. Der Versuch, den lästigen Kritiker mit einer Abfindung loszuwerden, scheiterte an dessen Weigerung, sich zum Schweigen zu verpflichten.233 Forschungsreaktoren wie das alte Atom-Ei und wie der geplante Atomreaktor FRM II dienen nicht, wie kommerzielle AKWs, der Energieproduktion, sondern liefern Neutronen für WissenschaftlerInnen. Ein Interesse an der Anlage finden wir in einer unveröffentlichten Schrift der TU: »Neben […] Vorteilen für einzelne Industriefirmen muß auch ein langfristiger Nutzen für die Kerntechnik gesehen werden […] zum Bau der Neutronenquelle wird viel von dem know how aus drei Jahrzehnten Kernenergieentwicklung benötigt und in das Projekt eingebunden. Besonders die Entwicklung der speziellen Experimentiereinrichtungen in unmittelbarer Nähe des Reaktorkerns, die in enger Wechselwirkung zwischen Auftraggebern (Forschung/Hochschule) und Auftragnehmern (Industrie) erfolgen muß, kann zur Erhaltung des technischen Spezialwissens beitragen.« Zur Jahrtausendwende soll der FRM II den WissenschaftlerInnen 800 Billionen Neutronen pro Quadratzentimeter und Sekunde für ihre Strukturuntersuchungen an Festkörpern, chemischen und biologischen Substanzen liefern, 16mal mehr als das alte Atom-Ei. Diese Forschungen sind auch ein wichtiger Baustein für die Atomfusion, der Zukunftshoffnung der Atommafia. In 155
Garching sitzt auch das Institut für Plasmaphysik (IPP) der Max-Planck-Gesellschaft (MPG). Am 28. Januar 1994 wurde im IPP der europäische Sitz der internationalen ITER-Planungsgruppe eröffnet.234 Mehr zu dem geplanten Atomfusionsversuchsreaktor ITER im Kapitel »Alptraum Atomfusion – die letzte Reise der Menschheit«. Für die neue Offensive wird alles nukleare Fachwissen gebraucht. Die Atommafia will keine technologische »Unterbrechung«. Denn wie überzeugend ist ein Exporteur von Atomanlagen, dem zu Hause nichts mehr genehmigt wird? Auch hier soll die Propagandalüge vom angeblichen Klimaschutz durch Atomenergie helfen. In der oben zitierten Schrift der TU heißt es: »Aus der Entwicklung der Klimabeeinflussung durch den Menschen und aus anderen Gesichtspunkten kann für die Zukunft eine größere als die augenblickliche Bedeutung der Kernenergie abgeleitet werden.« Diese »anderen« Gesichtspunkte sind die Profite des Atomkapitals: Siemens hat sich praktisch die gesamte Modernisierung und den Weiterbau von AKWs in den Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei vor der Konkurrenz von Brown Boveri gesichert. Allein für die Nachrüstung der sowjetischen AKWs errechnete Siemens ein Investitionsvolumen von 7 bis 8 Milliarden DM. Mit einem einheitlichen europäischen Stromverbund treibt die Atommafia den Atomausbau im osteuropäischen Hinterhof voran.235 Auch für einen Prototypen des von Siemens und 156
der französischen Framatome entwickelten Europäischen Druckwasserreaktors (EPR), des »Euroreaktors«236, wird derzeit in Bayern ein Standort gesucht. Anfang Mai 1994 war es soweit, die SPD-Spitze nahm ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Garchinger Atomreaktor zurück. Otto Schily (Ex-Grünen-Realo) und Peter Glotz denunzierten jede Kritik an der Sicherheit des FRM II als unseriös. Sie verkündeten, daß die SPD mit sich reden ließe, wenn die sichere Anlieferung von hochangereichertem Uran aus den USA gewährleistet würde. Glotz leugnet das Proliferationsrisiko des Reaktors, als ob hochangereichertes Uran kein Atombombenstoff wäre.237 Das Projekt FRM II wird auch vom angeblichen Ausstiegsbefürworter, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD), unterstützt, der im Gegenzug dem damaligen bayrischen Umweltminister Peter Gauweiler (CSU) zusicherte, ein Langzeit-Atomzwischenlager in Gorleben zuzulassen. Der FRM II in Garching wäre, wenn wir ihn nicht verhindern, die erste Atomanlage, die nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 in Deutschland gebaut wird. Alle Gefahren aus Atomanlagen drohen auch hier. Nach Berechnungen der Garchinger Bürgerinitiative gegen Atomanlagen würde täglich im Normalbetrieb aus den Schornsteinen des Atomreaktors Tritium-Dampf mit einer Aktivität von 76 Millionen Becquerel in die Umwelt gelangen: in den Boden, in das Grundwasser und über Obst und Gemüse in die Nahrungskette. Dazu kommt die 157
radioaktive Strahlung aus dem abgebrannten Brennmaterial und beim Transport der Brennstäbe. Die nicht vorhandene Endlagerungsmöglichkeit will die CDU/FDP-Bundesregierung durch eine Langzeitzwischenlagerung kompensieren. Außerdem ist durch den nahegelegenen Erdinger Flughafen die Gefahr von Flugzeugabstürzen größer als ohnehin. Verglichen mit kommerziellen AKWs birgt der geplante FRMII zusätzliche Risiken: In unmittelbarer Nähe zum Reaktorkern befinden sich ein explosionsgefährdeter Behälter mit flüssigem Wasserstoff sowie ein über 2 500 Grad heißer, brennbarer Graphitblock. Ein Graphitbrand hat übrigens die Tschernobyl-Katastrophe ausgelöst. Im Gegensatz zum alten »Atom-Ei« kann außerdem bei der geplanten neuen Anlage der Reaktorkern bei Ausfall der Kühlung schmelzen (siehe Unfall des AKW Three Mile Island, Harrisburg/USA im Jahre 1979). Der FRM II wäre außerdem der einzige Reaktor in der Bundesrepublik, der mit jährlich etwa 40 Kilogramm atombombenfähigem, hochangereichertem Uran als Brennstoff beladen wird; Uran, das zu 93 Prozent aus dem Bombenisotop U–235 besteht.238 Mit nur zwanzig Kilogramm hochangereichertem Uran kann ohne großen technischen Aufwand eine Atombombe vom Hiroschima-Typ gebaut werden. Der FRM II wird jährlich mehr als das Doppelte an waffenfähigem Material benötigen. Die TU München und der Atomkonzern Siemens unterlaufen mit dieser Atomanlage alle Anstrengungen, die Gefahr der Weiterverbreitung von atomwaffenfähigem 158
Material im Zusammenhang mit Forschungsreaktoren zu mindern. Im Gegenteil, mit dem FRM II kann das Uran-Bomben-Geschäft angetrieben werden. Nach dem Scheitern der Projekte Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Wackersdorf und Schneller Brüter Kalkar würde die BRD auf diese Weise erstmals über eine Atomanlage verfügen, die mit militärisch nutzbarem Uran arbeitet. Aus den USA kommt heftige Kritik: Das US-Energieministerium (DOE) hat bislang vergeblich versucht, Bonn und München von der künftigen Befeuerung mit Bombenuran abzuhalten. Die USA, Rußland und Großbritannien haben erklärt, daß sie kein hochangereichertes Uran für den FRM II liefern werden. Laut »Nuclear Fuel« versuchen die USA, auch französische und chinesische Quellen zu verschließen. Seit über 15 Jahren laufen internationale Anstrengungen, beginnend 1978 mit dem Programm des früheren US-Präsidenten Jimmy Carter »Reduzierung der Anreicherung von Forschungsreaktoren«. Ziel war, die Weiterverbreitung des Bombenstoffs zu verlangsamen, schließlich zu stoppen. Von 42 Forschungsreaktoren weltweit kommen 11 heute ohne waffenfähiges Uran aus, 27 befinden sich in der Umstellung, nur 4 nutzen weiter hochangereichertes Uran. 239 Den Widerstand in Garching selbst trägt seit Jahren allein die Bürgerinitiative. Viele EinwohnerInnen Garchings arbeiten bei der TU bzw. im Max-Planck-Institut, die SPD und der Bund Naturschutz in Garching befürworten deshalb den FRM II. Im Herbst 1992 begann die 1990/91 neu gegrün159
dete Ökologische Linke, im Anti-Atom-Bündnis gegen den FRM II zu arbeiten und seither zäh den Widerstand gegen den FRM II zu organisieren. Im Frühjahr 1994 konnten die WiderständlerInnen aus vielen Organisationen mit Einwendungen und durch gut vorbereitete Teilnahme an den Erörterungsterminen relatives Aufsehen erregen und mehr und mehr Unterstützung sammeln. Fast 50 000 Einwände von Menschen und Kommunen sind bis Ende 1993 gegen den Bau des FRM II erhoben worden, darunter auch solche aus Österreich, Großbritannien, Polen, der Tschechischen Republik und Japan. Im Mai 1994 haben sich auch mehr als 50 deutsche PhysikerInnen, auch aus anderen Kernforschungsanlagen, öffentlich gegen den Bau des FRM II gewandt.240 Beim Erörterungstermin für den FRM II im Mai 1994 zogen viele der EinwenderInnen unter Protest aus. Sie sahen sich mit ihren Bedenken nicht ernst genommen und von der Verhandlungsleitung schikaniert. Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Salzburg kritisierte beim Erörterungstermin, der FRM II »soll […] dazu dienen, die Atomkraft wieder salonfähig zu machen«. Er erinnerte daran, daß Salzburg nach Tschernobyl die am meisten verseuchte Region Mitteleuropas gewesen ist.241 Inzwischen hat sich die Stadt München aus dem atomrechtlichen Erörterungsverfahren zurückgezogen. Der Münchner Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne) begründet dies mit »überholten« Planungsunterlagen.242 Nicht nur die bayrischen Anti-AKW-Initiativen werden bald noch mehr zu tun bekommen: Ein Standortsicherungs160
plan der Bayrischen Staatsregierung weist Viereth oder Grafenrheinfeld als mögliche Standorte für den Euroreaktor von Siemens und Framatome aus.243
Club of Rome, Club Atom »Der Club, bisher als kernenergiefeindlich bekannt, [plädiert] für Erhalt und Ausbau der Kernenergie«, freut sich der Informationskreis Kernenergie, die Propagandaagentur der bundesdeutschen Atommafia, über den Club of Rome.244 Eine Fälschung? Der Club of Rome wird seit seinem Bericht Die Grenzen des Wachstums (1972) so überschätzt wie Herbert Gruhl mit seinem Buch Ein Planet wird geplündert, zu dem wir später noch kommen werden. Über den Club-Bericht von 1972 äußerte Ernest Mandel befriedigt und spöttisch, daß »diese Herren, die vom Marxismus unbeleckt sind und aus bürgerlichem Milieu stammen, jetzt mit 125 Jahren Verspätung – verglichen mit Marx – entdeckt haben, daß anarchisches, planloses, unbewußtes, ungesteuertes Wachstum nicht nur die Grundlagen des materiellen Wohlstandes, sondern sogar die physischen Voraussetzungen für das Überleben der menschlichen Zivilisation bedrohen kann«, sogar »der Spezies Mensch«. Mandel kritisiert, »daß sie den zugrundeliegenden Mechanismus […] noch nicht verstanden haben« und daher die »Schlußfolgerungen […] 161
die Lösungen, die sie vorschlagen, teils inadäquat und teils schlimmer [sind] als die Übel, die sie kurieren wollen«. Sie greifen »dieses zerstörerische Potential des kapitalistischen Wirtschaftswachstums« nicht an. Sie leugnen, daß »das Ziel wirtschaftlicher Aktivität […] die Maximierung der Einnahmen, ohne Rücksicht auf und unabhängig von Konsequenzen für Glück oder Unglück und die Entwicklung oder Verkümmerung menschlicher Talente ist«.245 Diese Kritik trifft heute noch mehr auf den Club of Rome zu als vor 20 Jahren. In seinem Bericht Die globale Revolution von 1991246 sagt der Club: »Unter solchen Umständen könnte die Kernspaltung die einzige Möglichkeit sein, die Situation wenigstens teilweise zu entschärfen […] Heute […] räumen wir widerwillig ein, daß die Verbrennung von Kohle und Öl […] wahrscheinlich noch gefährlicher ist als die Atomkraft. Darum gibt es triftige Gründe dafür, die nukleare Option offenzuhalten und schnelle Brüter zu entwickeln.«247 Es ist kein Zufall, daß der Club of Rome, obwohl ihm im Gegensatz zu normalen BürgerInnen unermeßlich viele Informationen zur Verfügung stehen, ausgerechnet mit der zentralen Propagandathese der internationalen Atommafia auf den Markt kommt. Auch die behauptet, daß das Klima nur zu retten, Hautkrebs nur abzuwenden und Überflutung küstennaher Tiefebenen nur zu vermeiden sei, wenn die Atomenergie ausgebaut würde. In einer Anzeige in der Quick vom 17. Juni 1992 tönen »Ihre Stromversorger«: Badenwerk (Karlsruhe), Bayernwerke (München), Elektromark (Hagen), EVS (Stuttgart), 162
Isar-Amper-Werke (München), Neckarwerke (Esslingen), PreussenElektra (Hannover), RWE Energie (Essen), TWS (Stuttgart) und VEW (Dortmund) ähnlich, wenn auch deutlicher als der feine Club aus Paris, der 1968 in Rom gegründet wurde: »Wir ersparen der Umwelt 140 Millionen Tonnen CO2 jährlich.« Sie schonten »die Umwelt und Rohstoffe, indem wir mehr als ein Drittel des deutschen Stroms aus Uran herstellen. Ohne die bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entstehenden Schadstoff-Emissionen.« Die Enquetekommission »Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre« des Deutschen Bundestages wollte sich in ihrem letzten Zwischenbericht ans Parlament noch auf keine einheitliche Empfehlung in der Frage Klima und Atomenergie einigen. Während sich die einen offensiv für die Nutzung der Atomenergie zur Vermeidung klimaschädlicher Emissionen aussprachen, wollten die anderen die Gefahren des Treibhauseffekts noch nicht »gegen die bekannten Risiken und Langzeitwirkungen der Atomenergie ausspielen« lassen. Die möglichen Auswege aus dem »Dilemma« sollen aber noch vor der Konferenz »in einem sachlichen und diskursiven Verfahren gefunden werden«.248 Gehen wir der Behauptung nach, mit der Atomenergie lasse sich das Klima retten, bevor wir uns der Frage zuwenden, welche Interessen eigentlich hinter der Tätigkeit des Club of Rome stecken.
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Atomenergie zerstört das Klima Es ist erstens töricht und verantwortungslos zu behaupten, daß ein auf Atomenergie begründetes Energiesystem weniger Kohlendioxid (CO2) produziert als eines ohne Atomenergie. Zweitens ist es falsch anzunehmen, ein Energiesystem ohne Atomstrom müsse einen ebenso hohen Verbrauch haben wie eines mit Atomenergie. Der dritte Irrtum ist, daß es Fortschritt bedeute und menschliches Wohlergehen, einen maximalen Überschuß an Energie zu produzieren. Tatsächlich stößt ein auf Atomenergie begründetes Energiesystem mehr CO2 aus als eines ohne Atomstrom. China zum Beispiel ist das bevölkerungsreichste Land der Erde.249 China hat – wie alle Länder des Trikont – ein Recht auf Entwicklung. Die Menschen in China müßten die Chance haben, selbstbestimmt, unter Berücksichtigung ihrer sozialen Lage und des Erhalts ihrer ökologischen Lebensgrundlagen, darüber zu diskutieren und zu entscheiden, welchen Charakter und welche Qualität diese Entwicklung haben müßte. Aber die chinesische Regierung plant, zur Freude ihrer westlichen, von jedem Massaker unbeeindruckten Verhandlungspartner, einen gewaltigen Entwicklungsschub nach kapitalistischem Vorbild. Was wäre die Folge, betriebe China eine Entwicklung wie von der Atommafia verlangt und selbst vom Club of Rome befürwortet? Um in China Elektrizität, wie in Frankreich, zu 70 Prozent mit Atomenergie zu decken, müßte deren Anteil an der 164
eingesetzten Primärenergie etwa 25 Prozent betragen. Die restlichen 75 Prozent der eingesetzten Primärenergie würden durch die Verbrennung fossiler Energieträger gedeckt. Primärenergie ist die in den Energieträgern Kohle, Gas, Erdöl, Wind, Erdgas, Wasser, Sonnenstrahlung, Biostoffe, Erdwärme vor der Umwandlung in Elektrizität enthaltene Energie. Die Deckung von 25 Prozent Primärenergie aus Atomenergie bedeutete für China: siebenhundert Atomkraftwerke mit je 1200 Megawatt250 elektrischer Leistung bei einer unrealistischen durchschnittlichen Laufzeit von zwanzig Jahren, denn real steigt die Störanfälligkeit von Atomreaktoren nach spätestens fünfzehn Jahren aufgrund von Materialermüdung. Schon aufgrund der längeren Betriebsdauer müßten jedes Jahr fünfunddreißig Atomkraftwerke hinzugebaut werden. Je größer ein Atomkraftwerk ist, desto größer muß das Ersatzkraftwerk sein, das bei Stillstand (Brennelementewechsel, Reparaturen, Störfälle, Katastrophen) ersatzweise angeschaltet werden kann, damit die Stromversorgung sichergestellt bleibt. Ein Programm für siebenhundert Atomkraftwerke würde China in tiefste Verschuldung stürzen und alle verfügbaren menschlichen Ressourcen für die Entwicklung angepaßter Technologien auf Jahrzehnte abschöpfen. Wir haben damit weder die Gefahren beim Uranabbau noch den Atommüll, weder Gesundheitsschäden noch Vegetationssterben erwähnt. Berechnungen von ökologischen WissenschaftlerInnen belegen seit Jahren: Würde in der Bundesrepublik der An165
teil der Atomenergie an der Stromerzeugung von 35 auf 70 Prozent erhöht, sänke der Einsatz anderer Energieträger um nur etwa 10 Prozent. Denn auch hier gilt: Gerät ein Reaktor vom Netz, muß ein in Reserve stehender Atomreaktor angeschaltet werden. Es gibt wirtschaftliche und soziale Gründe, die gegen den Einsatz von Atomenergie sprechen.251 Atomstrom ist der teuerste Strom: Keine andere Energieerzeugungstechnik hat vergleichbar hohe Fix- und Betriebskosten bei einer derartig geringen Zahl von (radioaktiv verseuchten) Dauerarbeitsplätzen, für deren Erhalt in inniger Übereinstimmung das Atomkapital wie die Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden werben. Einem Energiesystem, das auf Atomenergie beruht, ist immanent, daß sich die in die Atomenergie investierten Kapitalbeträge in der Logik kapitalistischer Produktion schnell und bald auszahlen müssen. Jede alternativ – etwa durch moderne Windenergieanlagen – erzeugte Kilowattstunde stört den Kapitalrückfluß. Und jeder in die Atomenergie investierte Geldbetrag fehlt für die Entwicklung von ökologischen Energiesystemen. Wie die Forschungsgelder aufgeteilt werden, zeige ich unten. »Neben der Möglichkeit, durch den Einsatz von Kernenergie zur Stromerzeugung fossile Energieträger zu substituieren, hat die Kernenergie auch ein nicht zu unterschätzendes Potential für nicht-elektrische Anwendungen und kann auch auf diesem Sektor wesentlich zur Minderung des CO2-Klimaproblems beitragen. Sie kann zum Beispiel eingesetzt werden, um Raumwärme zu liefern […]«, verlangt 166
das Deutsche Atomforum dreist und frech.252 In der Logik des Kapitalverwertungsinteresses des Atomkapitals liegt die Verschwendung von Strom wie die aggressive Eroberung neuer Absatzmärkte. Ein Beispiel für beide Strategien ist der Wärmemarkt. Verschwendung wie aggressive Eroberung finden statt, wenn für das Heizen eines Raumes auf eine Temperatur von 18 bis 22 Grad Celsius die teure, hochwertige Luxusenergie Strom verwendet wird, die üblicherweise mit hohem Einsatz von Primärenergie unter hohem Energieverlust gewonnen wird. Es darf nicht darum gehen, soviel Strom wie möglich zu verkaufen, sondern den wirklichen Bedarf von Menschen nach Licht, Transportmöglichkeiten und warmen Räumen ökologisch und damit auch wirtschaftlich zu decken. Rational wäre beispielsweise, das Bedürfnis nach warmen Räumen durch Kombination aus Wärmedämmung, solarer Architektur, Sonnenkollektoren, Wärmepumpen oder übergangsweise rationeller Kraftwärmekoppelung mit hohem Wirkungsgrad und geringer Verschwendung zu befriedigen.253 Wäre in der Bundesrepublik seinerzeit in effizientere Energienutzung investiert worden statt in Atomenergie, könnte die emittierte CO2-Menge heute um 370 Millionen Tonnen niedriger liegen, das ist etwa die Hälfte des heutigen jährlichen CO2-Ausstoßes und das Zehnfache dessen, was auf der Weltenergiekonferenz in Montreal 1987 die Bundesrepublik zu reduzieren gefordert hat. Wirklicher Fortschritt im Energiebereich läge im Übergang zu einer Kombination aus 167
Einsparung, rationeller Nutzung und einem sanften Einsatz regenerativer Energieträger wie Sonne, Wind und Wasser. Es gibt simple, höchst effiziente, kurzfristige Möglichkeiten des Energiesparens: Tempolimit, neue Technologien in der Industrie, bei Gebrauchsgütern wie zum Beispiel Haushaltsgeräten oder Baumaschinen, Verbesserung des Wärmeschutzes an Gebäuden und Verbesserung des Wirkungsgrades von Heizungsanlagen und Kohlekraftwerken usw. Wer außerdem das Klima retten will, soll die Produktion und Verarbeitung sowie teilhalogenierter Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) sofort einstellen sowie vergleichbarer klima- und ozonschichtzerstörender Spurengase. Um das Klima zu retten, muß der Import von Tropenholz strikt verboten, die Zerstörung der Regenwälder ebenso beendet werden wie die Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas in absehbarer Zeit; außerdem müssen wir endlich Abschied nehmen vom irrationalsten Transportsystem der menschlichen Geschichte, dem massenhaften individuellen Auto- und Lkw-Verkehr. Nicht zuletzt würde die vollständige Streichung der Schulden des Trikont weitere Wüstenausbreitung verhindern helfen. Dies alles sind Elemente des eigentlichen Ziels: die herrschende Logik des heutigen Wirtschaftens zu zerbrechen und die patriarchal-kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse abzuschaffen, die den Menschen erniedrigen, krankmachen, töten und die Natur vernichten. Der Treibhauseffekt durch alle Treibgase zusammen – wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Methan, Distickstoffoxid – ist mittlerweile so groß wie der von CO2 168
allein und steigt weiter an. Weshalb wohl besteht keine weltweite Einigkeit auf Seiten des Energiekapitals, diese Gase kurzfristig und drastisch zu reduzieren? Es geht um Geld – wie wir am Beispiel des Konzerns Du Pont gesehen haben. Und es geht darum, das CO2-Problem zu benutzen, um den Ausbau von Atomenergie voranzutreiben. Aber deren verstärkter Einsatz wird das Klima, das wir Menschen brauchen, noch mehr ruinieren. Das Öko-Institut hat analysiert,254 wieviel CO2 entsteht, wenn Strom vollständig aus Atomenergie gewonnen würde, einschließlich der Primärenergie zur Gewinnung von Uran und Uranerz, einschließlich des Baus von Atomreaktoren und der Folgen ihres Betriebes. Mit – auf die Bundesrepublik bezogenen – 54 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (elektrisch) produziert ein auf der Basis von Atomstrom arbeitendes Energiesystem mehr CO2 als alle Gasheizkraftwerke, Blockheizkraftwerke und Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Energien zusammen.255 Atomkraftwerke verseuchen die Luft auch mit dem radioaktiven Edelgas Krypton 85. Ständig dringt es unsichtbar aus Atomkraftwerken, aus Wiederaufarbeitungsanlagen und Atommüll»end«lagern. Es erhöht die Ionisationsrate in der Atmosphäre, so daß der elektrische Widerstand zwischen Ionosphäre und Erdoberfläche abnimmt: Wolkenbildung, Niederschlagshäufigkeit und Klima verändern sich. Krypton 85 wandelt Schwefel- und Stickoxide in ihre Säureradikale um und schädigt auch auf diese Weise Menschen, Tiere und Pflanzen. 169
Eine Voraussetzung für die Rettung des Klimas ist aus allen diesen und weiteren Gründen die sofortige Stillegung aller Atomanlagen, in Ost und West, in Nord und Süd. Damit befinden wir uns in direktem Widerspruch zur Atommafia und – zum Club of Rome. Ein Energiesystem ohne Atomstrom kann sich einen sehr viel niedrigeren Verbrauch leisten als eines auf der Basis von Atomstrom. Jeder in die Energieeinsparung investierte US-Dollar, berechneten USWissenschaftlerInnen, würde 50 Kilowattstunden (KWh) einsparen helfen. Gleichzeitig führt diese Investition dazu, daß trotz abnehmenden Energieverbrauchs die gleiche Energiedienstleistung erbracht wird. In Atomstrom angelegt, brächte ein US-Dollar hingegen nur ein Siebtel des Effekts, nur 7,4 Kilowattstunden.256 Mit der Atomenergie wird der Weg in eine Klima- und Atomkatastrophe geebnet, wird das Kapital und die wissenschaftliche Potenz verschluckt, die wir für Alternativen brauchten. Die Atommafia braucht zur Durchsetzung ihrer Interessen den Abbau von Demokratie: Mit der weiteren Nutzung der Atomenergie öffnet sich das Tor in die Ökodiktatur. Schon jubeln mit der Atommafia befreundete WissenschaftlerInnen wie Hans-Jürgen Schlosser von der Universität Münster, mit Blick auf die profitablen Märkte des Ostens, daß die »Technikkritik ohne Technikkompetenz«, die in den siebziger Jahren »die Kernenergie zum Sündenbock für wesentliche Probleme der komplexen Industriegesellschaft gemacht« habe, nur getragen sei von 170
einer »vom industriellen Alltag gänzlich abgehobenen Gebildetenattitüde«, die den »Bürgern Ostdeutschlands sowie Mittel- und Osteuropas fremd und kaum nachvollziehbar« erscheine.257 Es ist erstaunlich, wie plötzlich Kapitalvertreter die Fortschrittsgläubigkeit von Menschen aus einem »Unterdrückungssystem« für den Ausbau der Atomenergie meinen ausnützen zu können. Hat das Atomkapital hoffen können, für seine geplanten Raubzüge nach Osten einen so angesehenen Geschäftspartner wie den Club of Rome zur Seite zu haben?
Wer ist der Club of Rome? Berichte an den Club of Rome werden zu Berichten des Clubs, wenn alle Mitglieder des Club-Rates zustimmen. Das gelang bisher nur den Autoren des neuesten Berichtes Die globale Revolution (1991), Alexander King und Bertrand Schneider. Ein Farbfoto in der Veröffentlichung zeigt die beiden, kindisch grinsend, wie sie gemeinsam einen Globus in Händen halten. Wer also ist der Club? Er entstand 1968 in Rom und legte 1972 den Bericht Die Grenzen des Wachstums vor. Er besteht gegenwärtig aus 100 (ordentlichen) Mitgliedern aus 53 Ländern. Die einzige Frau, von der mensch im Zusammenhang mit dem Club je gehört hat, ist die einzige Festangestellte, die Sekretärin des Clubs in seinem Büro in 171
Paris. Auch Linke und AnhängerInnen von Befreiungsbewegungen wurden noch nicht als Clubmitglieder gesichtet, zu denen neben den Autoren des Berichts von 1991 vielmehr Kapitalvertreter gehören, wie Fiat-Chef Giovanni Agnelli oder Ex-VW-Vorstandsmitglied Daniel Goeudevert (der frühere Chef von Ford Deutschland), ehemalige Politiker wie der Schweizer Exbundesrat Kurt Furgler und Naturwissenschaftler wie der schottische Chemiker Alexander King. Nach eigenen Angaben sind alle Mitglieder »von Rang und Namen« und vorzugsweise Naturwissenschaftler. Der Club ließ verlauten, er sehe gern (noch) mehr Industrielle, Ingenieure und Politiker in seinen Reihen.258 Politiker im Ruhestand, Manager mit winzigen Zweifeln am eigenen lebenslangen Tun, WissenschaftlerInnen, die materiell oder ideologisch in den herrschenden Konsens eingebunden sind, neigen dazu, Lösungen für Krisen vorzuschlagen, die jene Übereinstimmung nicht brechen, sondern die real existierenden patriarchal-kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse stabilisieren. Aus dem Anspruch, die Welt zu retten, und aus dem Eingebundensein in herrschende Interessen entstehen höchst widersprüchliche Vorlagen. Hier und da begibt sich der Club in gewisse Gegensätze zu Bestrebungen einzelner Kapitalfraktionen, aber er sprengt nie deren Rahmen. Der Club gibt sich wertfrei und behauptet von sich, »keinerlei politische Ziele«259 zu verfolgen. Er nimmt für sich in Anspruch, die »komplexen Probleme einer Welt, in der die wechselseitige [Hervorhebung d. A.] Abhängigkeit 172
der Nationen kontinuierlich wächst, global zu betrachten«. Wechselseitige Abhängigkeit der Nationen? Sind die USA von Costa Rica wirklich so abhängig wie Costa Rica von den USA? Kaum, wie wir allein am Beispiel des Kaufs des gesamten Genreichtums des costaricanischen Regenwaldes durch den US-Konzern Merck beobachten konnten. Der Club will »Perspektiven« entwickeln, »längerfristige als Regierungen«, und ein »tieferes Verständnis der Wechselwirkungen der Gegenwartsprobleme [erreichen], Probleme politischer, wissenschaftlicher, sozialer, kultureller, psychologischer, technologischer und ökologischer Art aufzeigen«, ein Geflecht, das der Club »Weltproblematik« nennt. Zu deren Lösung entwickelt der Club natürlich »Weltlösungsstrategien«.260 Darunter läuft nichts. Da die Mitglieder des Clubs überwiegend zu den Herrschenden beziehungsweise zur herrschenden Technologie- und Wissenschaftsfraktion gehören, kennen sie weder Klassen noch soziale Schichten, was nicht bedeutet, daß sie Armut unerwähnt ließen. »Der Mensch ist der Verursacher der Weltproblematik«, und die besteht aus irgendwelchen »wirtschaftlichen Systemen und menschlichem Verhalten der Gegenwart«. Wichtigste Elemente sind »die Bevölkerungsexplosion im Süden und die erst kürzlich [!] erkannten globalen Auswirkungen menschlichen Tuns auf die Umwelt«. Das Problem Kapitalismus, imperiale Raubzüge, Ausbeutung, Verprassen von Rohstoffen im Norden und dessen Reichtum existieren nicht. Die Kritik an der Mensch und Natur zerstörenden kapitalistischen Wirtschaftsweise, 173
die von WissenschaftlerInnen und politischen Menschen seit 125 Jahren so grundsätzlich wie differenziert entwickelt wurde, wird eiskalt ignoriert. »Schuld an den Unzulänglichkeiten des Systems haben nationale Regierungen […] Behörden […] politische Parteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Bildungssysteme, nichtstaatliche Organisationen«261, nie aber die kapitalistische Produktionsweise, die das materielle Wohlergehen der Clubmitglieder so vortrefflich sichert, daß jeder die Arbeit für den Club unentgeltlich über eigene Büros und Referentenstäbe abwickeln kann (und muß). Arme Schlucker haben hier nichts verloren. Für den Club gibt es gewisse Fehlentwicklungen, aber keine grundsätzliche Kritik an der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung: »Daher ist zu erwarten, daß die Technik und ihre schöpferische Partnerin, die Wissenschaft, ein wesentliches Element der Weltlösungsstrategie sein werden.«262 »Die« Technik und »die« Wissenschaft gibt es nur als dem Kapitalverwertungsinteresse untergeordnete Bereiche. Eine Antwort auf die Frage, wie eine humane Wissenschafts- und Technologieentwicklung, die den Schutz der Natur mit einschlösse, aussehen könnte, ist vom Club nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Der Club, der sich so gern als wertfreie, objektive, über allen schwebende, völlig unpolitische Instanz sieht, verlangt im Kapitel »Methoden und Mittel« die »Entwicklung der Kernfusion« als Bestandteil der »Erforschung alternativer Energiequellen« und ist damit voll im politischen Geschäft des Atomkapitals.263 Der Club 174
erhebt mit dieser Aussage nicht nur eine neue zerstörerische Technologie, die Atomfusion, auf den Sockel »alternativer Energien«, er setzt auch auf den Ausbau des großtechnologischen atomaren Weges, den die internationale Atommafia insgesamt eingeschlagen hat. Welche Übereinstimmung in der politischen Zielsetzung! Sorge für die Umwelt führt den Club auch an anderen Stellen zu dramatischen gedanklichen Höhen: Die Steigerung des Pestizideinsatzes von 5 auf 26 Kilogramm je Mensch von 1950 bis 1986 veranlaßt ihn zur Überlegung, ob es »erstrebenswert« sei, »den Energieverbrauch in der Landwirtschaft zu drosseln«, und daß für die Antwort auf die Frage, »in welchem Umfang der gegenwärtige und künftige Nahrungsbedarf der Weltbevölkerung aus organischem Anbau‹ gedeckt werden« könne, »noch viel Denkarbeit geleistet werden« müsse. Der Club bedauert vielfach, daß das »spirituelle« Element vom materiellen unterdrückt wird. Möglicherweise sind das leise Selbstzweifel am lebenslangen Tun dieser älteren Herrschaften. Vom »großen Übergang«, dem »Entstehungsstadium einer neuen Weltgesellschaft«, ist die Rede, von der »Triebkraft dieses Wandels [...] der Mikroelektronik und […] der Molekularbiologie«264, einer »globalen Gesellschaft, auf die wir zusteuern« und die nur »Zustandekommen [kann], wenn sie von moralischen und spirituellen Werten getragen und geordnet wird. Den Menschen wohnt jenseits aller Kultur, Religion und Philosophie ein Durst nach Freiheit inne […] ein Streben nach 175
dem Überschreiten der eigenen Grenzen und ein Suchen nach dem Jenseits.265 Interessanter als die esoterisch gefärbte Sprache des Berichts – als sei Fritjof Capra Berater gewesen – ist die teilweise Übereinstimmung mit dem Menschenbild der Humangenetiker. Mullers »genetische Bürde«, von der er den Menschen durch Selektion, Genmanipulation und Zucht befreien wollte, heißt beim Club: »Unser genetisches Erbe verfolgt uns.« Der »Egoismus […] ist eine Eigenschaft aller biologischen Arten […] Gier, Eitelkeit, Wut, Angst und Haß sind Manifestationen der Brutalität unseres Egoismus.« Und der Club fragt sich: »Reichen die traditionellen Werte nicht aus, um mit den neuen Herausforderungen wie der Genmanipulation fertig zu werden, Herausforderungen, die das Gewissen der Menschen beunruhigen und sie verwirren?«266 Und der Freiburger Genetiker Carsten Bresch leitete auf einer Konferenz des Clubs in Hannover 1989 das Bevölkerungswachstum, das »zur Bedrohung für die Menschheit« geworden sei, aus der genetischen Prägung des Menschen ab, die es zu überwinden gelte. Wird sich ein nächster Bericht zufällig dem Thema Gentechnologie widmen, um unsere angebliche Technikfeindlichkeit überwinden zu helfen? Für kein einziges Clubmitglied existieren die über 500 Jahre Kolonialismus, Völkermord und Kulturvernichtung unter der Fahne »weißer« Herrschaft und des Christentums. In den Zentren des Kapitalismus wird – in den Augen des Clubs – auch nicht an neuen Raubzügen gearbeitet: »In 176
den westlichen Ländern gibt es […] gesetzliche Rahmenbedingungen, die das Wirken der Marktkräfte regulieren«, und »einen bestimmten Verhaltenskodex, der von der Geschäftswelt oft implizit akzeptiert wird.« So etwas ist notwendig, um das glatte Funktionieren der kapitalistischen Gesellschaft sicherzustellen, um den Betrug zu verhindern und die Arbeitskräfte und die Öffentlichkeit zu schützen.«267 Der schottische Koautor Alexander King verliert kein Wort über die Slums am Rande englischer und schottischer Großstädte, über Krankheitsepidemien aufgrund von Mangelernährung und grausamen Wohnverhältnissen, über Massenarbeitslosigkeit, Abbau von letzten sozialen Rechten im eigenen Land, über Rassismus und staatliche Gewalt, ob in Nordirland oder gegen die Organisation der ArbeiterInnenbewegung. Alles Kennzeichen für das »glatte Funktionieren der kapitalistischen Gesellschaft«. Der Club hatte ein ganz anderes Problem. Nach den Grenzen des Wachstums von 1972 machte keiner der mehr als ein Dutzend anderen Berichte – über Mikroelektronik oder die Zukunft der Ozeane – Furore. Erst mit Die globale Revolution sind die »müden Ruhestörer« (Frankfurter Allgemeine Zeitung) wieder in der Diskussion. Der Bericht ist eine marktgerechte Mixtur aus Besorgnis, viel Globalverantwortung, Zeitenwende-Esoterik, Apokalypse, »Wir-alle«Appellen und banalen Erkenntnissen über die Wirklichkeit, ohne die Grundlagen der herrschenden Verhältnisse je in Frage zu stellen. Vor allem anderen hilft der Club mit seiner demagogischen Offensive in Sachen »Klimaschutz durch 177
Atomenergie« beim Verstopfen der Legitimationslücke und damit bei der Durchsetzung neuer atomarer Entwicklungen, einschließlich der Atomfusion. Der neue Bericht des Club of Rome ist eine Bankrotterklärung bürgerlicher Wissenschafts- und Technologiekritik.
Chronik eines angedrohten Konsenses Irgendwann 1986, im Jahr von Tschernobyl, stritt ich mich mit Klaus Meyer-Abich (SPD), dem damaligen Wissenschaftssenator von Hamburg. Wir begegneten uns, auf Einladung der damals noch linken GAL, im Veranstaltungszentrum »Fabrik« in Altona, auf meiner Seite mein alter Freund, der Anti-AKW-Kämpfer, Lieder- und Theatermacher Walter Moßmann. Meyer-Abich galt damals als AKW-Gegner, weil er ein Buch geschrieben hatte (Die Grenzen der Atomwirtschaft), in dem er sich kritisch zur Atomenergie äußerte. Da saß er nun und verteidigte so gereizt wie demagogisch, warum die SPD in Hamburg nicht aus der Atomenergie aussteigen könne. Da gebe es dieses juristische Problem und jene bürokratische Hürde. Nach der Veranstaltung meinten Zuschauer, wir hätten den Armen in die Ecke getrieben, der sei sonst nicht so. Vier Jahre später, im März 1990, erklärte Klaus MeyerAbich: »Wir dürfen uns einer national eingegangenen, von uns gemeinsam zu verantwortenden Gefahr Atomenergie 178
nicht dadurch entziehen, indem wir andere Länder einer anderen Gefahr, der Klimagefahr, aussetzen.«268 MeyerAbich, Mitglied der Klima-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, forderte zur Bekämpfung der Klimakatastrophe nun auch den Ausbau der Atomenergie. Etwa zur selben Zeit outeten sich WissenschaftlerInnen in den USA als AtombefürworterInnen. In den USA wurde seit der Atomkatastrophe im AKW Three Mile Island bei Harrisburg 1979 zunächst kein AKW mehr gebaut. Doch 1990 appellierten 700 USWissenschaftlerInnen an Präsident George Bush, wegen des Treibhauseffekts den Ausbau des Atomprogramms voranzutreiben. Unter ihnen befand sich auch Amory B. Lovins, vielen bundesdeutschen AKW-GegnerInnen noch als Gleichgesinnter und Autor des Bestsellers Sanfte Energie269 bekannt. Für Lovins war die Atomenergie in den siebziger Jahren »am Ende«, überflüssig, gefährlich und das Gegenteil einer Zukunftstechnik. Ihre zivile Nutzung sei von der militärischen nicht zu trennen, und eine effektive Kontrolle und Sicherheit könne es niemals geben. Alle diese Argumente sind heute noch besser begründet als 1978, nicht nur wegen Tschernobyl. Was sich verändert hat, ist, daß Lovins seit Anfang der achtziger Jahre als Berater des US-Energieministeriums und der Industrie viel Geld verdient. George Bush erhörte das Flehen der WissenschaftlerInnen nach mehr Radioaktivität. Noch im selben Jahr wurden in den USA drei neue Atomkraftwerkblöcke in Betrieb genommen. Ein neues Atomener179
gieprogramm mit fünf weiteren AKWs im Bau und drei AKWs in Planung ist ein weiteres Ergebnis. Einige ehemalige AKW-GegnerInnen stehen heute offen auf der anderen Seite. Das muß diejenigen nachdenklich stimmen, die glaubten, der Kampf gegen die Atomenergie sei endgültig gewonnen. Ein Kampf wie dieser ist nie endgültig gewonnen, solange wir im Kapitalismus leben, dessen immanente Rücksichtslosigkeit stets nach neuen Quellen für seinen Profit sucht. Gewonnen haben wir erst, wenn die Produktion von der Kapitalverwertungslogik befreit ist. Widerstand sowohl gegen den Abbau sozialer Rechte und demokratischer Freiheiten als auch gegen die Vernichtung der Natur ist immer ein Prozeß. Erfolge gewähren manchmal Pausen, aber sie sind nicht von Dauer, sondern stets einem enormen ökonomischen Gegendruck von Seiten der Herrschenden ausgesetzt. Wenn wir zu lange ausruhen, verlieren wir, was wir erkämpft haben. Diesen andauernden Druck halten manche Menschen nicht aus, zumal die Gegenseite viel Phantasie an den Tag legt, Resignation, Anpassung und Korruption als normales menschliches Verhalten erscheinen zu lassen. 1989 war der Tiefststand bei der Neuinbetriebnahme von Atomkraftwerken erreicht: Nur drei Blöcke wurden weltweit in Betrieb genommen. Noch im Frühjahr 1991 war, schenken wir infas Glauben,270 die AKW-Gegnerschaft der Bundesdeutschen deutlich: 71 Prozent der Befragten waren gegen Atomenergie, und 64 Prozent hielten sie auch bei (von infas unterstellter) Vermeidung von Klimaproblemen für 180
nicht vertretbar. 15 Prozent wollen sofort und 61 Prozent mittelfristig aus der Atomenergie aussteigen. Die Mehrheit plädierte für die Energien der Zukunft: Sonnenenergie (73 Prozent), Erdgas (45 Prozent), Windkraft (42 Prozent), Wasserkraft (36 Prozent). Nur noch 23 Prozent der Befragten gaben der Atomenergie eine Zukunft. Gegen diese atomfeindliche Meinung fanden Regierung und Energiekonzerne mit der Klimapropaganda eine Methode zur Manipulation der öffentlichen Meinung. GentechnikkritikerInnen werden als MenschenfeindInnen denunziert. AtomkraftgegnerInnen sollen, so das Ziel der Kampagne, die moralische Verantwortung für die Überflutung von Bangladesch oder der Nordseeküste, für Erosion, Hunger und für Hautkrebs übernehmen. Der Informationskreis Kernenergie zeigte im Frühjahr 1992 in teuren Anzeigen in Spiegel und Frankfurter Rundschau vorsichtigen Optimismus: »Zwar hat sich in der Bundesrepublik die öffentliche Meinung mittlerweile zugunsten der Kernenergie gewandelt, insbesondere angesichts einer drohenden Klimakatastrophe, dennoch existieren immer noch große, in erster Linie politisch motivierte Widerstände.«271 Die Strategie, mit der die Renaissance der Atomtechnologie durchgesetzt werden soll, besteht aus vielen Schritten. Die Klimapropaganda zum Beispiel soll einen »neuen energiepolitischen Konsens« durchsetzen helfen. Konsenspartner sollen vor allem CDU und SPD werden (CSU und FDP natürlich auch), vermittelt über die SPD, aber 181
auch die Gewerkschaften und über die SPD und CDU die Medien. Der Begriff »Konsens« ist zwar nichtssagend, aber ebenso positiv besetzt wie Harmonie. Beides klingt gut, solange niemand prüft, wer da zu welchem Preis Konsens mit welchen Interessen hergestellt hat oder welche Art der Harmonie welche auszutragenden Interessengegensätze vernebeln soll. Ohne daß heute noch zu klären wäre, wer den energiepolitischen Konsens zuerst auf den Meinungsmarkt geworfen hat, ist er seitdem aus der Argumentation der Atomenergiebefürworter nicht mehr wegzudenken. Als Bundeswirtschaftsminister Möllemann (FDP) am 12. März 1991 erklärte, »in der Bundesrepublik einen energiepolitischen Konsens für die gemeinsame Nutzung von Kohle und Kernenergie wiederherzustellen«, warf Harald B. Schäfer (SPD), damals Bundestagsabgeordneter, heute Umweltminister in der baden-württembergischen CDU/ SPD-Regierung, ihm und Bundesumweltminister Töpfer (CDU) vor, »gemeinsam den Kurs in den Atomstaat einzuschlagen«.272 Wenige Tage später, am 22. März 1991, war die schleswig-holsteinische SPD-Landesregierung bereit, ihre angebliche Ausstiegsposition offen aufzugeben. Sie verschob den angekündigten Atomausstieg um 19 Jahre auf 2010.273 Umweltminister Töpfer betonte am 15. April 1991, wie sehr er um »einen solchen Konsens bemüht« sei, aber er »sehe […] derzeit wegen der Diskussion innerhalb von SPD und Grünen keine Basis dafür«.274 Töpfer hatte nicht aufgepaßt, denn im selben Monat sprach Möllemann in Sachen Konsens mit Oskar Lafontaine, Hans-Jochen Vogel, 182
Johannes Rau, Björn Engholm und Willy Brandt. Über den Inhalt der Gespräche wurde Stillschweigen bewahrt. Knapp drei Wochen brauchte Harald B. Schäfer, bis er die Zeichen richtig zu deuten begann. Am 16. April 1991 stimmte er »dem Versuch der Herstellung eines energiepolitischen Konsenses mit den Koalitionsparteien ausdrücklich zu«.275 Sechs Monate später, am 25. September 1991, war er reif für den ganzen Konsens. Er erklärte im Bundestag: »Wir Sozialdemokraten sind zu einem energiepolitischen Konsens bereit«. Unter der Bedingung, daß es weder einen Neubau noch einen Ersatzbau von Atomkraftwerken geben solle, gab er eine weitere Position auf: »Ob wir dann in 10 oder 15 Jahren das letzte Atomkraftwerk in der Bundesrepublik abschalten, ist sodann für uns nicht mehr die entscheidende Frage.«276 Seit 24 Jahren lief das AKW Obrigheim ohne endgültige Genehmigung. Bis der neue SPD-Umweltminister Harald B. Schäfer kam. Der genehmigte im August 1992 den Dauerbetrieb des Schrottreaktors. Gleichzeitig gab Schäfer zu, daß dieser Reaktor so unsicher sei, daß er heute nicht mehr genehmigt würde. Im Mai 1991 einigten sich SPD und FDP bei den Koalitionsverhandlungen für eine rheinland-pfälzische Regierung auf die folgende Klausel: »Die Koalitionsparteien haben unterschiedliche Auffassungen über Verantwortbarkeit und Dauer der Nutzung der Atomenergie zur Stromerzeugung. Die Landesregierung wird alle Entscheidungen nach Recht und Gesetz treffen.«277 Natürlich wissen beide Koalitions183
partner, daß das Atomgesetz ein Pro-Atomgesetz ist und daß mensch auf seiner Basis ausbaut und nicht aussteigt. Das Atomgesetz, das radioaktive Verseuchung legalisiert, verstößt gegen Menschenrechte, gegen – behauptete – Grundwerte der Verfassung. Es verletzt die Unversehrtheit und die Würde des Menschen. Hamburg: Jahrelang, während ihrer Koalition mit der FDP seit 1987, hatte der Mehrheitseigner SPD (73,6 Prozent hält die Stadt durch eine Holding) in den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW) mit dem Hinweis auf den widerspenstigen Koalitionspartner FDP die für den Atomausstieg notwendigen Satzungsänderungen vertagt. Erst im Juni 1992 wurde ein Gummibeschluß in Form einer Satzungsänderung gefaßt, der die Unternehmen verpflichten soll, »so zügig, wie dies rechtlich möglich und für die Gesellschaft wirtschaftlich vertretbar ist«, auf den Einsatz von Atomenergie zu verzichten. Der HEW-Vorstandsvorsitzende Roland Farnung beruhigte diejenigen, die dies für einen echten Ausstiegsbeschluß hielten: »Bis der Verzicht auf Kernenergie rechtlich möglich und wirtschaftlich vertretbar sei, müßten jedoch die vorhandenen Kernkraftwerke im sicherheitstechnisch gebotenen Rahmen weiterbetrieben werden.«278 Aus dem angeblichen Atomausstieg wird ein Konsens, wird die Zustimmung zum Betrieb von Atomkraftwerken noch über die von den Betreibern geplante Betriebsdauer hinaus einschließlich der entsprechenden Änderungen des Atomgesetzes, wie wir noch sehen werden. Was kümmert 184
die in der Landesregierung sitzenden und die in die Bundesregierung strebenden SozialdemokratInnen Materialermüdung von Atomreaktoren, radioaktive Niedrigstrahlung, Hunderte kleinerer und größerer Störfälle, Zehn- oder Hunderttausende von Krebstoten und die stets drohende Atomkatastrophe. Es kann nirgendwo die sogenannte Endlagerung geben. Kein Material der Welt hält die radioaktive Strahlung über Jahrzehntausende zurück. Radioaktiver Abfall ist nicht sicher lagerbar. Der Begriff »Entsorgung« soll Sicherheit suggerieren und bedeutet nichts anderes als eine zynische Verschleierung der Zeitbomben. Der schrittweise Konsens mit den Zielen des Atomkapitals ist Sozialdemokraten ein ernsteres Anliegen. Unter dem öffentlichen Druck nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl (April 1986) hatte die SPD auf ihrem Nürnberger Bundesparteitag (August 1986) einen wachsweichen Atomausstiegsbeschluß gefaßt. Eine Ausstiegsfrist von zehn Jahren – deren Beginn im Beschlußtext zudem trickreich an eine Mehrheit im Bundestag gekoppelt worden war – sollte unvereinbare Widersprüche versöhnen: die Atomenergiegegnerschaft von SPD-WählerInnen und die Profitinteressen der mit der SPD verfilzten Atomindustrie. Heute ist die SPD, was sie vor Beginn der AntiAKW-Bewegung Anfang der siebziger Jahre war: eine Pro-Atomkapital-Partei. Gewiß gibt es in der Partei noch AtomkraftgegnerInnen oder ZweiflerInnen. Aber die haben keinen Einfluß auf den Kurs der Partei oder auf sozialde185
mokratisches Regierungshandeln und ziehen selbst keine Konsequenzen. Andere Interessen, etwa Parteikarrieren, sind auch ihnen letztlich wichtiger. Eine SPD, die für die sogenannte Regierungsverantwortung, also die unbedingte Unterwerfung unter die herrschenden Verhältnisse, an die Regierung will, muß sich der Unterstützung der Gewerkschaften vergewissern. Bald konnte die Atommafia befriedigt feststellen, daß die ÖTVVorsitzende Monika Wulf-Mathies Ende Mai 1991 »die SPD aufforderte, den Kernenergie-Ausstiegsbeschluß von 1986 aufzuheben und die Chance zu nutzen, ihre Politikfähigkeit dadurch zu erhöhen, daß sie sich vom Datumsfetischismus trennt«.279 Noch im April 1991 erklärte ÖTV-Vorstandsmitglied Zimmermann, wer jetzt die Diskussion auf Standorte verkürze, ignoriere die Arbeiten und Empfehlungen der Klima-Enquete-Kommission des Bundestages.280 Diese hatte im März 1990 die Reduktion von CO2 durch folgende Maßnahmen empfohlen: 19 Prozent durch Energieeinsparungen, 4 Prozent durch Verringerung des CO2-Ausstoßes im Verkehr, 4 Prozent durch den Einsatz von alternativen Energien und 2 Prozent (!) durch den zusätzlichen Ausbau von Atomenergie. So wird eine zwischen den Kapitalparteien und dem Atomkapital ausgehandelte politische Zahlenkombination zum neuen, vermeintlich wissenschaftlich abgesicherten Dogma. Auf dem IG-Chemie-Kongreß am 27. Juni 1991 in Bonn appellierte nun auch der Vorsitzende Hermann Rappe an die SPD, nicht durch »irgendwelche Jahresfristen« für die 186
Stillegung von Atomkraftwerken einen »energiepolitischen Konsens« zu vereiteln. »Ausstieg« solle durch »Umstieg« ersetzt werden. Rappe: »Wenn eine Partei glaubt, die Kernenergie als solche heute und für alle Zukunft ablehnen zu müssen, dann hat sie die Zukunft nicht begriffen.«281 Die Aufgabe von Ausstiegsfristen und die Zustimmung zu längeren Laufzeiten lebensgefährlicher Atomkraftwerke sind nur zwei Elemente des »energiepolitischen Konsenses« zwischen Atomkapital, Bundesregierung, SPD und Gewerkschaften. Das dritte Element ist die Ermächtigung und die offene Aushebelung parlamentarischer Mehrheiten. Einen »Energiefrieden« bot das Deutsche Atomforum der SPD an. Was das ist, erklärte am 23. April 1991 Eberhard Wild für das Deutsche Atomforum: Die SPD müsse »die energiepolitischen Entscheidungen der jetzigen Bundesregierung auch in Zukunft respektieren.«282 Möchten Sie wissen, was das Deutsche Atomforum ist? Ein Lobbyunternehmen der Atommafia, dessen Aufgabe die Durchsetzung der Atomenergie um fast jeden Preis ist: Öffentlichkeitsarbeit, Kontakte zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Medien. Das Deutsche Atomforum ist gewissermaßen der organisierte Ausdruck des bundesdeutschen Atomfilzes, bei dessen näherer Betrachtung die Mafia vor Neid erblassen würde, eine Art Energie-Camorra. Der eben zitierte Dipl.-Ing. Eberhard Wild zum Beispiel, Mitglied des Forums, begegnet uns in der Propagandabroschüre Kernenergiereport 1992 des Informationskreises 187
Kernenergie als dessen Vorsitzender. Das genügt ihm noch nicht, er ist außerdem Vorstandsmitglied der Bayernwerk AG, München. Der Präsident des Deutschen Atomforums, Claus Berke, der zugleich Vorsitzender der Geschäftsführung der Interatom GmbH in Bergisch Gladbach ist, wurde am 16. Juni 1992 auch zum Präsidenten von Foratom gewählt,283 einer europäischen Organisation zur »Förderung der friedlichen Nutzung der Kernenergie«.284 Dieser Club von Atommafiosi will sich »stärker als Gesprächspartner der Europäischen Gemeinschaft […] profilieren«, um die Atomenergie als »unverzichtbare, wirtschaftliche und umweltfreundliche Säule der Stromversorgung«285 durchzusetzen. Was damit droht, sehen wir später. Foratom ist der Zusammenschluß der nationalen Atomforen, denen wiederum sämtliche Unternehmen, Beratungsstellen und Forschungseinrichtungen des Atomkapitals angehören. Oder Dipl.-Ing. Karl Stäbler, Mitglied des Vorstandes der Energieversorgung Schwaben AG, Stuttgart, der zugleich Mitglied des Deutschen Atomforums und des Kerntechnischen Ausschusses (KTA) beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ist. Überall treffen wir VertreterInnen der Parteien CDU/CSU/SPD/FDP beziehungsweise treffen wir die VertreterInnen der Atomwirtschaft als Abgeordnete von CDU/CSU/ SPD/FDP. Wir begegnen immer denselben Lobbyisten und Kapitalvertretern in Verbänden, Verbundgesellschaften, Forschungszentren, Gemeinschaftsprojekten.286 188
Aber zurück zum Angebot des Deutschen Atomforums, dem Energiefrieden. George Orwell hätte diesen verlogenen Begriff sicher gern in sein Buch 1984 aufgenommen, hätte er ihn gekannt. Selten ist das Wort »Frieden« abstoßender mißbraucht worden. Es gibt keinen Frieden mit der Atomtechnologie und keinen mit dem Atomkapital. Der Wunsch, »einen energiepolitischen Konsens über […] mehrere Legislaturperioden hinweg garantiert zu bekommen, ist der Wunsch nach einem Ermächtigungskonsens. Die Beschlüsse der gegenwärtigen CDU/FDP-Bundesregierung sollen auch dann gelten, wenn andere, vielleicht atomkraftkritischere Mehrheiten in den Bundestag gewählt werden. Eine solche Vereinbarung würde die letzten Spuren demokratischer Verfahren im Umgang mit dem Monopol weniger Energiekonzerne wegwischen. Ein solcher Frieden hebelte die wenigen Einfluß- und Entscheidungsmöglichkeiten der Parlamente aus. Wie wenig die bundesdeutsche Energieversorgung mit einer wirklich demokratischen Struktur zu tun hat, zeigt schon die Geschichte des »Gesetzes zur Wehrhaftmachung der deutschen Energieversorgung« aus dem Jahr 1935. Dieses Gesetz diente den Nazis zur Zerschlagung dezentraler Energiestrukturen, zur vollständigen, diktatorischen Zentralisierung der Energieversorgung im Rahmen der Kriegsvorbereitung. Bis heute kann sich die deutsche Energiewirtschaft auf dieses Gesetz (Energiewirtschaftsgesetz) stützen, das – geringfügig entnazifiziert – neun Energieversorgungsunternehmen, Monopole in aufgeteilten 189
Einflußgebieten, die Entscheidung darüber läßt, auf welche Weise in der Bundesrepublik Strom erzeugt, transportiert und verkauft wird, ohne diese Stromdiktatur gäbe es die Chance für eine ökologische Energieversorgung, ohne Niedrigstrahlung und ohne Bombenpotential.287 Organisiert sind die neun Monopolisten mit dem Ziel der »Förderung des Ausbaus der Verbundwirtschaft in der deutschen Stromversorgung« in der Deutschen Verbundgesellschaft e.V. (DVG) mit Sitz in Heidelberg. Ihre Namen: Badenwerk AG (Karlsruhe), Bayernwerk AG (München), Berliner Kraft- und Licht (Bewag) AG (Berlin), EnergieVersorgung Schwaben AG (EVS, Stuttgart), Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW, Hamburg), PreussenElektra AG (Hannover), RWE-Energie AG (Essen), VEAG Vereinigte Energiewerke AG (Berlin), Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW, Dortmund).288 Claus Berke, Präsident des Deutschen Atomforums und Geschäftsführer von Interatom – noch eine Funktion dieses ehrenwerten Mitglieds der bundesdeutschen Atommafia –, verschärfte auf der Jahrestagung Kerntechnik die Drohungen gegenüber der SPD. Wenn sich die SPD langfristigen, über Wahlperioden hinausgehenden AKW-Regelungen – »wie bei völkerrechtlichen Verträgen« – verschließen würde, fühle sich die Stromwirtschaft nicht länger an den Jahrhundertvertrag gebunden.289 Ein weiteres Instrument atomarer Erpressungsstrategie: Kohlepolitik. »Die Rolle der Kohle und damit der Zechengesellschaften ist mit dem Jahrhundertvertrag bis 1995 auf 190
eine bestimmte Verstromungsmenge festgeschrieben, diese Kohleförderung wird durch Regierungssubventionen und Abnahmegarantien der Stromkonzerne subventioniert. Dem liegt offiziell die Angst vor der Arbeitslosigkeit einer ganzen Menge Bergarbeiter als sozialem Sprengstoff zugrunde«, schreibt Atom, die Zeitschrift der Anti-AKW-Bewegung. Die Verhandlungen für ein neues energiepolitisches Konzept liegen bei Möllemann. Was in aller Welt hätte auch Umwelt mit Energie zu tun? Die Kommission Energiepolitik des Wirtschaftsrates der CDU findet die »ökologische Überfrachtung der Energiepolitik« sowieso schrecklich lästig.290 Ich wiederum finde die Befrachtung menschlicher Körper mit Radioaktivität, Chemie und Metallen unerträglich. Deutsche Kohle ist teurer als solche aus Polen oder Südafrika. Nicht nur deshalb will die bundesdeutsche Energiewirtschaft den sogenannten Drittelmix – die Anteile am Primärenergieeinsatz – zu Lasten der Kohle, zugunsten der Atomenergie verschieben. Die Investitionen in die Nachrüstung osteuropäischer Atomkraftwerke können etwa von Siemens/KWU vorfinanziert und mit der Lieferung von Atomstrom bezahlt werden. Die Drohung, von der teuren Inlandkohle weniger abzunehmen, verfehlt ihre Wirkung auf die Kumpel, ihre Angehörigen und auf die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) nicht. Bei jeder Drohung, etwa von Möllemann, den »Jahrhundertvertrag zur Kohleverstromung« in Frage zu stellen und den Mix neu zu berechnen,291 geht die IGBE im pawlowschen Reflex in die Knie. Sie verstand den Auftrag, die SPD, deren 191
WählerInnenpotential sie teilweise bindet, unter Druck zu setzen. Am Ende des IGBE-Kongresses im Mai 1991 appellierte, nach pflichtgemäßer Kritik am damaligen Wirtschaftsminister Möllemann, IGBE-Vorsitzender Hans Berger an die Parteien und die Energiewirtschaft, »den Konsens in der Energiepolitik auf der Basis des MikatGutachters wiederherzustellen, denn »auf absehbare Zeit« sei »kein Energieträger verzichtbar, auch die Kernenergie nicht«. Die Anteile müßten für einen energiewirtschaftlich sinnvollen Zeitraum, also für die nächsten 20 bis 25 Jahre festgeschrieben werden.292 Im Juli 1991 bestätigte der Vorstandsvorsitzende der Ruhrkohle AG, Heinz Horn, auf der Bilanzpressekonferenz die von Möllemann geforderte Kürzung der Koksbeihilfe von 1992 bis 1994 um 1,5 Milliarden Mark. Die »politisch Verantwortlichen« sollten die »Chance für ein ausgewogenes, langfristig tragfähiges Energiekonzept nicht […] verspielen«.293 Die CDU/FDP-Koalitionsspitze und das Bundeskabinett stellten die Entscheidung über die von Möllemann geforderten Subventionskürzungen unter den »Vorbehalt« einer »nach Verhandlungen mit allen Beteiligten« zu fällenden Entscheidung »über ein kohlepolitisches Gesamtkonzept«. Hans Berger (IGBE) zeigte sich befriedigt.294 Die neue Funktion der Gewerkschaften: Scharnier zwischen Bundesregierung, SPD und Energiewirtschaft zugunsten der Durchsetzung des Atomstaates? Im Oktober 1993 scheiterten die sogenannten Konsensgespräche offiziell, nachdem Grüne und Umweltverbände 192
die Runde bereits im Sommer 1993 verlassen hatten. Während des Sommers 1993 führten der niedersächsische Ministerpräsident Schröder (SPD) und Bundesumweltminister Töpfer (CDU) Gespräche. In diesen großkoalitionären Verhandlungen wurde – offensichtlich zum Zwecke der Profilierung der SPD – ein Konflikt um den »Euroreaktor« inszeniert, der scheinbar den Abbruch der »Konsensgespräche« verursachte. Seither verständigten sich CDU/CSU und SPD – entsprechend den Erwartungen der Atommafia – auf die nächsten Schritte, von denen einige im Frühjahr 1994 mit dem Artikelgesetz (»Siebentes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes«) umgesetzt wurden, natürlich gekoppelt mit dem Gesetz zur Subventionierung der Steinkohle. Die Gewerkschaften IG Bergbau und Energie und IG Chemie sind zufrieden: Der Energiekonsens mit der SPD wurde gefunden und wahlkampftaktisch für das Superwahljahr 1994 durch den Abbruch der Konsensgespräche im Oktober 1993 gut verschleiert. Die Verlogenheit der SPD in Sachen Atomausstieg (von Stillegung redet die SPD schon lange nicht mehr) mag eine Äußerung von Gerhard Schröder in einem Interview im Oktober 1993 bebildern: »Auf dieser Grundlage (einer realistischen Option auf eine neue Energiepolitik ohne Kernkraft) habe ich im März Bundesumweltminister Klaus Töpfer und Rexrodt zugesagt, auch über einen Optionsreaktor zu reden, für den Fall, daß spätere Generationen entscheiden sollten, Kernkraft kommerziell zu nutzen. Der allerdings – und das ist entscheidend – mit einer Technologie ausgestattet 193
sein muß, die ein völlig anderes Sicherheitsniveau garantiert als heute üblich.«295 Ganz neu, Wundertechnik, garantiert. Wie blöd darf sich ein SPD-Ministerpräsident ungestraft stellen? Das Resultat der Inszenierung namens »Energiekonsensgespräche« entspricht – auf dem Stand von 1994 – ziemlich genau dem Szenario, das die VDEW bereits im Mai 1990 in einem Strategiepapier für den Fall entwickelte, daß ein offener Konsens zugunsten der Atomenergie nicht durchsetzbar sein würde. Auch die Grünen haben die ihnen zugedachte Rolle ausgefüllt: Niemand konnte erwarten, daß die Partei, die fälschlicherweise immer noch für eine echte Anti-AKW-Partei angesehen wird, ihren zentralen Gründungskonsens im ersten Spielzug offen verrät. Unter dem Gesichtspunkt des rotgrünen WählerInnenfangs wäre dies auch machtpolitisch töricht gewesen. Die heftige Kritik an der Teilnahme der Grünen an diesen durchsichtigen Konsensgesprächen scheint fast vergessen, seit die Grünen noch vor der SPD aus den Gesprächen ausstiegen. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt ihre Taktik. Josef Fischer (Grüne) in einem Zeit-Interview: »Zeit: ›Ein solcher Ausstieg auf Raten würde bedeuten, daß bis weit ins nächste Jahrtausend Kernkraftwerke betrieben werden, wenn man von einer vierzigjährigen Regellaufzeit ausgeht.‹ Fischer: ›Vierzig Jahre sind das Einstiegsangebot der Stromunternehmen. Das ist wie bei Tarif Verhandlungen. Darüber wird hart verhandelt werden.«296 194
Fischer, der Herr und Meister über Leben und Tod, wie schwer wiegen schon ein Paar tausend – oder bei einem Super-Gau Millionen – Krebskranke und Tote mehr? Im Zusammenhang mit den Konsensgesprächen erklärte Josef Fischer, auch die Grünen müßten nun »Entsorgungsverantwortung« übernehmen. »Entsorgungsverantwortung«? So was wie die Verantwortung für Krieg? Oder für Katastrophen? Für Mordprogramme? Stinkt Scheiße weniger, wenn jemand auch noch »Verantwortung« für sie trägt? Das paßt in die Logik einer grünen Partei, deren RepräsentantInnen im Golf- und im Balkankrieg – wie etwa der heutige Europaabgeordnete Cohn-Bendit – Rüstungsexporte, Bombenabwürfe und Kampfeinsätze zur »Verteidigung der Menschenrechte« verlangten. Unzufrieden über den Verlauf der »Konsens«-Verhandlungen gab Umweltminister Fischer offen zu: »Dabei seien die Grünen ›mit großer Kompromißbereitschaft in die Gesprächsrunde gegangen: Sie hätten sogar ihr Ziel eines sofortigen Ausstiegs‹ aus der Kernenergie aufgegeben.« – Tja, was mensch einmal in politischen Verhandlungen aufgibt, kriegt mensch nicht mehr wieder.297 Hinter vorgehaltener Hand gibt sich Fischer für den Fall seiner Bundesregierungsbeteiligung bereits mit der Stillegung dreier Alt-AKWs zufrieden, auch nicht mehr als die Atommafia ohnehin demnächst abschalten müßte. Auch eine längere Laufzeit der AKWs kann sich Fischer vorstellen, wenn auch weniger als die vom Atomkapital vorgeschlagenen 40 Jahre. Wir wär’s mit 39 Jahren? Genügend
Zeit, um die Wahrscheinlichkeit einer radioaktiven Verseuchung der BRD dramatisch zu erhöhen. Fischers einziges Problem: »Um die Akzeptanz einer solchen Position wird hart gerungen werden müssen.«298 Ludger Volmer, derzeitig Bundesvorsitzender der Grünen/Bündnis 90 und dabei, sich eifrig für ein rotgrünes Ministeramt ins Gespräch zu bringen, ist inzwischen weg von der Forderung nach sofortiger Stillegung aller Atomanlagen. Er, der sich so gern links von Fischer profilieren möchte und in stets etwa gleichbleibendem Abstand die Rechtsentwicklung Fischers nachvollzieht, steht im Mai 1994 da, wo Fischer in den achtziger Jahren seine Unterwerfung unter Kaptalinteressen begann: beim »Ausstieg aus der Atomenergie binnen zwei Jahren«.2“ Ein Erfolg der angeblich gescheiterten »Konsens«gespräche: Die Grünen haben ihre Forderung nach sofortiger Stillegung aller Atomanlagen praktisch aufgegeben. Ein Riesenerfolg nach all den Jahren – für das Atomkapital. Während die Grünen für die Beteiligung an den Pfründen der Herrschenden zu fast allem bereit sind und ihre Phantasie statt in die emanzipatorische Veränderung dieser Gesellschaft in die Rechtfertigung ihrer Anpassung fließt, werden vielerorts Anti-AKW-Initiativen neu oder erneut aktiv. AtomgegnerInnen beteiligen sich an der Einwendungskampagne gegen den Versuchsreaktor FRMII in Garching bei München,300 sehr unterschiedliche politische Gruppen versammeln sich in der Siemens-Boykott-Kampagne, um den Konzern zum Ausstieg aus dem Atomgeschäft 196
zu zwingen. An vielen Orten laufen zum Teil militante Aktionen gegen Atomtransporte mit abgebrannten Brennelementen aus Brokdorf und Brunsbüttel, die zur Wiederaufbereitung nach Sellafield transportiert werden. Konrad Adam, Kommentator der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, kritisierte »die sogenannte Konsenstheorie« aus konservativer Sicht als eine Erfindung von »begabten Polemikern«, die sich »mit der Drohung, die Widerwilligen für bösartig oder für schwachsinnig zu erklären«, durchsetzen wollen. »Die deutschen Stromversorger haben sich auf die Antwort verständigt, ein Unfall solcher Art mit diesen Folgen (Windscale, Harrisburg, Tschernobyl) sei ›praktisch‹ ausgeschlossen […] schon heute [kann] jeder Mensch damit rechnen, einmal in seinem Leben zum Zeugen eines Unfalls zu werden […] Wie will man […] Verantwortung für etwas tragen, was man gar nicht kennt? […] Noch keiner von ihnen [den Versicherern] hat sich bereit gefunden, die mit der Kernkraft verbundenen Risiken zu angemessenen Konditionen […] zu übernehmen […] Man weiß, daß sich zwischen Geiseln und ihren Bewachern erstaunliche Beziehungen ergeben können […] Nur auf Konsens sollte man nicht rechnen. Einen Geiselnehmer liebt man nicht.«301 Was schließen wir aus all dem? Das Atomkapital will diktatorische Zustände: eine grundsätzliche Ermächtigung für den ungestörten Betrieb von atomaren Anlagen. Es will nicht mehr abhängig sein von so lästigen formal-demokratischen Erscheinungen wie Wahlen mit – ganz unwahrscheinlich in absehbarer Zeit – möglichen Regierungsmehrheiten gegen 197
Atomenergie. Es pokert cool und nennt die Ermächtigung einen neuen »energiepolitischen Konsens«. Daraufhin stimmt ein Pressechor an, und Parteien, vor allem die SPD, und Teile der Gewerkschaften verfallen in hektische, tief dienernde Beschlußfassungen. Was ist schöner, friedvoller als ein Konsens? Auch wenn er nichts anderes bedeutet als die Rekonstruktion angeschlagener diktatorischer Macht für das Atomkapital. »Konsens« heißt die Zustimmung zur radioaktiven Verseuchung von Menschen, zu ihrem Tod und dem ihrer natürlichen Umwelt aus Gründen des Profits. Zwischen Verseuchung und Nicht-Verseuchung, zwischen Pro-Atom und Anti-Atom gibt es keinen Konsens. Mensch kann nur auf der einen oder auf der anderen Seite stehen. Der Kampf gegen die Atomenergie geht weiter, der Ausgang ist noch nicht entschieden.
Das Recht gehört der Atommafia Ende Mai 1991 berichtete der Spiegel, RWE-Chef Gieske und Veba-Chef Pütz hätten den »Verzicht auf Neubauten« beschlossen und zu ihrem vorrangigen Ziel erklärt, die »bestehenden Kernkraftwerke zu sichern«. Ihre neue Parole: Bis zum Jahr 2000 sei Zeit, Energie zu sparen und herauszufinden, ob man wirklich ohne Kernenergie auskomme. »Konsens« bedeute für die Energieversorgungsunternehmen (EVU), »eine Garantie zur ungestörten Ausbeutung 198
der Restlaufzeit ihrer Kernkraftwerke auszuhandeln, und dazu müßten auch die Sozis eingebunden werden. […] Nach 2004 aber sind dann Jahr für Jahr Großkraftwerke vom Typ Biblis reif zum Abschalten. […] Die Kernkraft, die dann eventuell zum Zuge kommen könnte, soll eine andere, sie soll ›inhärent sicher sein […] Die projektierten Größenordnungen liegen zwischen 100 und 300 Megawatt.«302 Der Verdacht, sich »klammheimlich« von der atomaren Stromerzeugung zu verabschieden, wird von den Energieversorgungsunternehmen prompt dementiert.303 Auch Bundesumweltminister Töpfer ergänzt, nach dem Jahr 2000 sei der Zubau von neuen Atommeilern mit verbesserter Technologie möglich.304 Darum geht es: Die Betriebsdauer der vorhandenen Atomkraftwerke im Westen verlängern, die Atomenergie im Osten ausbauen und Atomstrom von dort reimportieren, gleichzeitig einen neuen Reaktortyp auf den Markt bringen, regenerative Energieträger als für die Massenversorgung ungeeignet denunzieren, jede Entwicklung ökologischer Energietechnologien bekämpfen und langfristig auf die harte neue atomare Großtechnologie setzen, die Atomfusion, genannt Kernfusion. Der Durchsetzung dieses Plans dient der »Konsens«. Auf dem Weg dahin gibt es Zwischenschritte. Das Atomgesetz, auf dessen Basis die SPD angeblich den Ausstieg aus der Atomenergie probt, soll geändert werden. Knallharte Bedingungen, so hören wir, sollen zu Lasten der ächzenden Energiewirtschaft gestellt werden. Was ist 199
wirklich geplant? Ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung von Atomanlagen soll verankert, die Klagemöglichkeit für die BürgerInnen stark eingeschränkt und die Zuständigkeit für das Bau-, Immissionsschutz- und Wasserrecht von der Länder- auf die Bundesebene verlagert werden. Die Atommüllagerung soll privatisiert werden, womit das Tor für bundesdeutsch produzierte Radioaktivität in belgischen Flüssen und in polnischer Erde geöffnet würde. Zu einem Atomrechtssymposium von Umweltverbänden wie Greenpeace, BUND und IPPNW im Dezember 1991 kam die eingeladene SPD erst gar nicht.305 Im Juli 1991 hatte Töpfer sie aufgefordert, an der Novellierung des Atomgesetzes mitzuwirken. Die Begründung war ganz einfach: Da in der Bundesrepublik auf nicht absehbare Zeit Atomkraftwerke weiter betrieben würden, sei die Anpassung des Gesetzes von 1976 an die heutigen sicherheitstechnischen und wirtschaftlichen Bedingungen dringend erforderlich, meinte der Umweltminister.306 Neben ein paar Bonbons für frustrierte Sozis (Verpflichtungen für Sicherheitsüberprüfungen, Rücklagen für Störfälle usw.) dient die Novellierung ausschließlich dem wirtschaftlichen Interesse der Betreiber. »Neben die bisher angestrebte Wiederaufbereitung verbrauchter Brennstäbe soll gleichrangig die direkte Endlagerung unter die Verantwortung der Betreiber gestellt werden. Mit diesen Änderungen würde das Atomgesetz zu einem ›modernen Anlagensicherheitsgesetz‹ fortentwickelt«, sagte Töpfer. Das Atomgesetz schreibt vor, daß 200
die Voraussetzung für den Betrieb von Atomkraftwerken die sogenannte Endlagerung des Atommülls ist. Wie kann irgendwer einen Stoff wie Plutonium 239 »endlagern«, der in winzigster Dosierung tötet und eine Halbwertszeit von 24 110 Jahren hat? Eine sichere Endlagerung wird es nie geben. Und es gibt keine vom Atomgesetz als Betriebsvoraussetzung verlangte Wiederaufarbeitungsanlage in der BRD, und wenn es sie gäbe, wäre sie so lebensgefährlich und umweltverseuchend, wie dies Forschungsergebnisse für La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) zeigen. Ersatzweise soll das sogenannte direkte Endlager eingeführt werden, damit Atomkraftwerke unbehindert weiterbetrieben werden können, in denen bisher radioaktiver Abfall »zwischengelagert« wurde. Die ehemalige DDR-Atommülldeponie Morsleben soll das erste deutsche Endlager werden. Das Bezirksgericht von Magdeburg verbot im November 1991 den Weiterbetrieb der Deponie Morsleben in Sachsen-Anhalt, dicht hinter der Stadtgrenze von Helmstedt (Niedersachsen). Aber sowohl das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als auch Umweltminister Töpfer begehrten dieses Erbe der DDR, verlangten Revision. Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht will die in der DDR 1986 erteilte Genehmigung fortdauern lassen, denn für die Einigung Deutschlands sei die »Kontinuität der notwendigen wirtschaftlichen Tätigkeiten und der staatlichen Daseinsvorsorge« schon aus einigungspolitischen Gründen notwendig. Irgendwer muß vergessen haben, der Treuhand diese Logik für all die an201
deren Fälle von Betriebsstillegungen mitzuteilen.307 Im Juni 1992 hob der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts das Stillegungsurteil des Magdeburger Bezirksgerichts wieder auf und gab der Revision des Bundes in vollem Umfang statt. »Das Fehlen eines Planfeststellungsverfahrens mit ausreichender Öffentlichkeitsbeteiligung sei infolge der Übergangsregelung bis zum Jahr 2000 unerheblich«, meinte der Vertreter des Bundes.308 Die 21 Atomkraftwerke in der Bundesrepublik sind in den siebziger Jahren und Anfang der achtziger Jahre erbaut worden. Immer mehr Anlagenteile erreichen den sogenannten Erschöpfungsgrad 1. Was macht ein Atomfreund dann? Er schafft den Erschöpfungsgrad ab, nicht die Atomanlagen. Töpfer erklärte, wie er den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken erlauben kann, auch wenn die Reaktoren aufgrund ihres Alters Materialermüdungen zeigen: Wenn der Betreiber nachweist, daß keine Schäden auftreten können, werden heute schon Ausnahmeregelungen praktiziert. Jetzt sollen sie zur Regel werden. Das Atomgesetz wird zur automatischen Betriebserlaubnis von Atomkraftwerken verfeinert. Der Reaktorsicherheitskommission (RSK), die nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl keine besondere Gefährdung der Menschen in der Bundesrepublik feststellen konnte, und dem Kerntechnischen Ausschuß (KTA) genügen »geeignete betriebliche Überwachungsmaßnahmen«, die gewährleisten, »daß Schädigungen in sicherheitstechnisch zulässigen Grenzen gehalten werden«309. Im KTA sitzen unter anderem sämtli202
che Betreiber von Atomanlagen und entscheiden über ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen. Die Reaktorsicherheitskommission schloß eine vom Anlagenbetrieb ausgehende Gefährdung bis zum 30. Juni 2000 aus.310 Und die Erde ist wahrscheinlich eine Scheibe. 1994: Am 20. Mai fand das von der CDU/FDP-Mehrheit im Bundestag beschlossene »Gesetz zur Subventionierung der Steinkohle und über Sicherheitsanforderungen für neue Kernkraftwerke (Artikelgesetz)« im SPD-dominierten Bundesrat Zustimmung.311 CDU/FDP und SPD im ungehemmten Pro-Atomkonsens. Durch die Änderung des Atomgesetzes (Artikelgesetz) vom 20. Mai 1994 werden »für neue Reaktoren Sicherheitskriterien vorgeschrieben, nach denen Unfälle auf den Kraftwerksbereich begrenzt bleiben sollen«312. Auch der »als extrem unwahrscheinlich anzusehende Fall der Kernschmelze« dürfe dann »nicht mehr zu einer Freisetzung von radioaktiver Strahlung führen. Vorbeugende Maßnahmen zur Evakuierung der Bevölkerung im Umfeld von Kernkraftwerken könnten künftig dann entfallen«, schreibt Energiewirtschaftliche Tagesfragen.313 Bundestag und Bundesrat haben also beschlossen, daß Wunder zu geschehen haben. Die Unterstellung, daß es sichere Atomkraftwerke geben könne, soll helfen, die Modernisierung des Atomprogamms durchzusetzen. Die Option für einen »inhärent sicheren« Atomreaktor – gedacht ist an den »Euroreaktor«314 – solle offengehalten und von einer breiten Bundestagsmehrheit gebilligt werden, forderten 203
Friedhelm Gieske (RWE) und der inzwischen verstorbene Klaus Piltz (Veba) 1992 im Namen der Atommafia. Möglich geworden ist nun ein dreckiges Geschäft: unter dem Propagandatitel »sanfter Atomausstieg« werden vielleicht einige überalterte, besonders störanfällige Atomkraftwerke abgeschaltet – die »Entsorgungsverantwortung« (Fischer) übernehmen nun auch die Grünen. Der Preis: Zustimmung zu einem neuen »inhärent sicheren« Euroreaktor, als »Übergangsreaktor« vor dem angeblichen Ausstieg. Tatsächlich ist das ganze eine Riesenshow für den aktiven Wiedereinstieg in ein neues, modernisiertes Atomprogramm, dessen (über)nächster großer Sprung die Atomfusion sein soll. Das Theater wird begleitet vom Versuch, jedweden Antiatomwiderstand von vornherein zu zerschlagen, mindestens aber zu spalten. Auf genau dieser Nebenbühne spielen die Grünen die unangefochtene Hauptrolle – mit ihnen diejenigen (Teile der) Umweltverbände, die mit der SPD oder Rot-Grün aufs engste verfilzt sind. Mit dem Deal einher gehen Verständigungen über die Verlängerung der Restlaufzeiten bestehender Atomkraftwerke. Bisher waren rund 30 Jahre Betriebsdauer in den Berechnungen angesetzt. Gieske und Piltz hatten verlangt: Die bestehenden Reaktoren sollten mit unbegrenzten Laufzeiten am Netz bleiben. Aber unbegrenzte Laufzeiten gibt es technisch nicht, diese ›Zeitlosigkeit‹ war nur ein Teil des Pokers. Verständigt hat mensch sich nun offensichtlich auf bis zu 40 Jahren. Faktisch ist der Gieske/Piltz-Wunsch erfüllt. 204
Neben der Wiederaufbereitung ist nun die »direkte Endlagerung« als »Entsorgungsnachweis« für hochradioaktiven Müll durchgesetzt. Da es kein »Endlager« gibt – abgesehen davon, daß es für radioaktive Stoffe kein sicheres »Endlager« geben kann – bedeutet dies unter dem Etikett die »Zwischenlagerung« in Greifswald, Ahaus und Gorleben. Diese »Langzeitzwischenlagerung« wird als »Entsorgungsnachweis« anerkannt. Dieser Nachweis, den das Atomgesetz verlangt, war als Voraussetzung der Betriebsgenehmigung bislang eines der größten Ärgernisse der Atomindustrie. In Greifswald wird das größte Zwischenlager für schwach-, mittel- und hochradioaktiven Müll in der Bundesrepublik gebaut. Das neue Zwischenlager soll schon ab 1996 zur Verfügung stehen. Der Ort wurde auch ausgewählt, weil Widerstand hier unwahrscheinlich ist und Prozesse den Baufortschritt nicht aufhalten. Gebaut wird die Anlage von der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), die neben der PreussenElektra, den Bayernwerken und der RWE auch allen westdeutschen Stromversorgern gehört. 200000 Kubikmeter Fassungsvermögen hat die GNS für das 380 Millionen DM teure Atomlager beantragt. Finanziert wird das alles aus öffentlichen Mitteln, aus Steueraufkommen. Greenpeace fand heraus, daß im »Zwischenlager Nord« genug Platz sei, um den gesamten Atomschrott der BRD einzulagern. Allein die Halle 8 habe eine Kapazität für 2000 Tonnen abgebrannte Brennstäbe, mit den fünf 1990 abgeschalteten Reaktorblöcken des AKW Greifswald fielen aber »nur« 650 Tonnen an.3K 205
Heute schon ist Greifswald eine Adresse für lebensgefährliche Atomtransporte: radioaktive Abfälle aus anderen AKWs werden heute dort verdichtet und zurücktransportiert. Greifswald liegt in der ärmsten Region der Bundesrepublik. Es ist offensichtlich, daß das Atomkapital darauf spekuliert, dort ohne allzu großen Widerstand die zentrale Atommüllkippe zu errichten. Und möglicherweise bleibt es nicht dabei: Greifswald ist sowohl als Standort für neue Atomkraftwerke als auch für Atomfusionsreaktoren im Gespräch. Auch das »Endlager« für schwach- und mittelaktiven Atommüll im Schacht Konrad bei Salzgitter soll möglichst bald in Betrieb gehen. Bei der »direkten Endlagerung« bzw. der Zwischenlagerung wird der Atommüll in sogenannten Castor-Behältern aufbewahrt. Wissenschaftler von der Gruppe Ökologie Hannover haben sich im Auftrag von Greenpeace mit dieser Technik befaßt und massive Zweifel geäußert, ob die Castor-Behälter auch nur die 40 Jahre Zwischenlagerung gasdicht überstehen.316 Siemens geht noch weiter: Unter dem Namen »FUELSTOR« wird an einem »Zwischenlagerkonzept« für 100 Jahre gearbeitet.317 Die Grünen der neunziger Jahre fördern auf ihre Art die Atommafia: »Ein Sofortausstieg aus der Kernenergie ist politisch und wirtschaftlich nicht durchsetzbar, erklärten die bayrischen Grünen. Die jetzt betriebenen Atomkraftwerke sollten solange laufen, bis die Zwischenlager mit Brennelementen gefüllt sind. So könnte ein möglicher Kompromiß zwischen Atomindustrie und der Politik aussehen, sagte 206
Margarete Bause, die Landesvorsitzende der bayrischen Grünen« vorausschauend am 14. Dezember 1992, passend für die Energiekonsensgespräche.31* Damit dieses Nuklearpaket im SPD-dominierten Bundesrat durchgesetzt werden konnte, wurde die Kohleförderung daran gekoppelt. Der Kohlepfennig wurde auf 8,5 Prozent des Strompreises erhöht. Für die Ex-DDR wird er neu eingeführt und soll ab 1996 etwa 4,25 Prozent des Strompreis betragen. Allein aus dem Osten soll so 1 Milliarde DM, insgesamt jährlich 7 Milliarden DM (1996 maximal 7,5 Milliarden DM) in einen »Steinkohleverstromungsfond« fließen. NRW und das Saarland sind hieran besonders interessiert: Die dortigen SPD-Regierungen wollen traditionsgemäß ihr Wählerklientel im Kumpelmilieu nicht vor den Kopf stoßen. Das ist die Energiepolitik der SPD: Subventionen für die Kohle und die Unterwerfung unter die Interessen der Atomwirtschaft.319 Auch das US-Ministerium sucht nach einer Lösung für das Atommüllproblem. Abgebrannte, radioaktive Brennelemente aus mehr als 100 Atomkraftwerken müssen untergebracht werden, »vorübergehend« mehr als 10 000 Tonnen. Die US-Regierung nutzt die wirtschaftliche Not der Ärmsten. Jede Gemeinde, die bereit ist, den strahlenden, krebserzeugenden Dreck unterzubringen, soll eine bis mehrere Millionen US-Dollar erhalten. Die Dörfer werden zur Verseuchung aufgekauft. Sieben Gemeinden haben ihr Interesse bekundet, fünf davon liegen in Indianerreservaten.320 207
Seit 1990 ist der Superphénix, der schnelle Brüter im Rhonetal bei Creys-Malville (Frankreich), wegen verschiedener Defekte stillgelegt. Im Sommer 1977 hatte eine internationale Anti-Atom-Demonstration versucht, seinen Bau zu verhindern. Dabei wurde ein Demonstrant, der französische Lehrer Vital Michalon, durch eine Tränengasgranate der paramilitärischen Polizeieinheit CRS getötet. Einem anderen Demonstranten wurde der Fuß abgesprengt, unser internationales Widerstandscamp von der Polizei überfallen. Die französische Regierung will radioaktiven Abfall aus Atomkraftwerken im Superphénix verbrennen, darunter ab 1998 weltweit zum erstenmal Plutonium.321 Der Superphenix wird von einem europäischen Konsortium namens Nersa betrieben. Darin finden wir auch den deutschen Stromversorger Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk (RWE). Für Atommüll interessiert sich auch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO, engl.: IAEA) mit Sitz in Wien, der auch die Bundesrepublik angehört. Die 1956 gegründete Organisation ist eine der brutalsten Pro-AtomLobbyistenverbände der Welt. Generaldirektor Hans Blix bedauerte nach einem Kurzflug über Tschernobyl den »bestürzenden Anblick des Reaktors«, weil er »arbeitende und funktionierende Reaktoren lieber mag als zerstörte.322 Über zerstörte Menschen sagte Blix nichts. Leonard Bennett, ein IAEO-Mitarbeiter meinte: »Global gesehen sind selbst die Auswirkungen von Tschernobyl nicht übermäßig groß.«323 Die Funktion der IAEO nach Tschernobyl war, 208
der sowjetischen Regierung im Interesse der internationalen Atommafia beim Vertuschen der wahren Folgen der Atomkatastrophe zu helfen. So fehlten im Bericht der IAEO unter anderem die rund 650 000 radioaktiv verseuchten HelferInnen im Sperrgebiet und die mehr als 100000 Unfallopfer, die aus der Dreißig-Kilometer-Sperrzone evakuiert worden waren. In der Satzung der IAEO steht: »Ziel der Organisation ist es, in der ganzen Welt den Beitrag der Atomenergie zum Frieden, zur Gesundheit und zum Wohlstand zu beschleunigen und zu steigern.« (Artikel II) Trotz beziehungsweise wegen dieser kaum verschleierten harten Pro-Atomenergie-Position hat es die IAEO geschafft, als UN-Organisation eine quasioffizielle internationale Kontrollbehörde zu werden. Mit der IAEO ist die Atomtechnologie die einzige Energietechnologie, die in der UNO eine eigene Lobby hat. Eine der selbstgesetzten Aufgaben der IAEO ist die Überwachung sogenannter ziviler Atomanlagen, damit sie nicht militärisch genutzt werden können. Die Nuklearanlagen des Irak etwa wurden vor dem Golfkrieg im Rahmen eines Inspektionsprogramms der IAEO überwacht, angeblich ohne Anhaltspunkte für eine militärische Nutzung. Wie sehr die USA der IAEO vertrauten, zeigt die gezielte Bombardierung ebenjener Anlagen durch die US-Luftwaffe während des Golfkriegs. Seit einigen Jahren ist die IAEO unter anderem damit beschäftigt, internationale Vereinbarungen zu torpedieren, die darauf gerichtet sind, den Export radioaktiven Mülls 209
in die Länder des Trikont zu verbieten. Die Verwässerung verschiedener internationaler Konventionen über den Transport von chemischem und radioaktivem Müll veranlaßte die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) zu einer Reihe von Konferenzen, die im Januar 1991 in der Konvention von Bamako (einer Stadt im afrikanischen Staat Mali) mündeten. Diese Vereinbarung – das war das besondere Anliegen der afrikanischen Staaten – untersagt den Abfallimport auf afrikanisches Gebiet, einschließlich des radioaktiven Mülls. Die IAEO versuchte und versucht die Konvention zu Fall zu bringen. Sie drohte der OAU, sie gefährde »die Implementierung eines weltweit […] gültigen Rechtsinstruments«.324 Auch der Schutz der Meere liegt der IAEO am Herzen. Die International Maritime Organization (IMO) der UNO versucht sich an der Verschärfung der Sicherheitsbedingungen für den Transport von radioaktivem Abfall auf dem Meer. Dafür muß sie sich dreiste Briefe von Herrn Blix, dem IAEO-Chef, gefallen lassen. Er fordert die IMO »dringend« auf, »die […] ausgezeichnete Sicherheitsstatistik für den Transport radioaktiven Materials entsprechend zu berücksichtigen«. Blix nörgelt, »einer der wichtigsten Grundsätze […] der IAEO sei, radioaktive Materialien […] ohne jedwede Verzögerung zu transportieren«. Die Sicherheit sei »gewährleistet«.325 Hochradioaktiver Atommüll aus der Bundesrepublik, Japan, der Schweiz, Italien und Schweden wird über die Meere zu den atomaren Wiederaufarbeitungsanlagen von 210
Sellafield (Großbritannien) und La Hague (Frankreich) transportiert. Allein zwischen Japan und Europa sind es jährlich etwa zwölf solcher Transporte. Ab Herbst 1992 wird das japanische Schiff »Pazifischer Kranich« regelmäßig die 26 000 Kilometer lange Strecke von Japan zu den europäischen Wiederaufbereitungsanlagen antreten, beladen mit einer Tonne Plutonium, genug für 120 Atombomben. Das Plutonium stammt aus den 42 japanischen Atomkraftwerken, und es wird, ob in Japan, den USA, ob in der Sowjetunion, in Frankreich oder der Bundesrepublik, durch den ganz gewöhnlichen Betrieb »ziviler« Atomkraftwerke immer mehr davon hergestellt. Andere Transporte finden in ganz gewöhnlichen Personen- und Frachtfähren statt. Aber auch die Transporte in sogenannten Sicherheitscontainerschiffen gefährden die Meere, die Atmosphäre und die Menschen.
Rosa-grüne Wege zum atomaren Konsens »Dany Cohn-Bendit: ›Gestern warst du noch Berufsrevolutionär, heute bist du Bundestagsabgeordneter: Wie fühlst du dich in deiner neuen Funktion?‹ Joschka Fischer: ›Für mich ist das noch ein bißchen unwirklich. Ich wundere mich immer noch, daß ich jeden Tag mit den Verantwortlichen dieses Landes zu tun habe und man von gleich zu gleich miteinander umgeht.‹« (1985)326 211
Rosa Luxemburg spottete über den Sozialdemokraten Fendrich: »Worin die famose ›Gleichberechtigung‹ der badischen Sozialdemokraten im Landtag besteht, ist eigentlich schwer zu sagen. Offenbar darin, daß Fendrich in dem Landtag frei herumspazieren darf, ohne daß ihm jemand absichtlich auf die Hühneraugen tritt, und daß ihm der Präsident nicht zuruft, sobald er zu reden beginnt: Halten Sie doch den Mund, Sie dämlicher Sozialdemokrat! Das sind allerdings paradiesische Zustände. Nur ist Fendrich und seinen Kollegen das kleine Versehen passiert, daß sie sich selbst, sieben Mann, mit der badischen Arbeiterklasse verwechselt haben. Diese ist nämlich nicht ganz so ›gleichberechtigt im Staate wie ihre beneidenswerten Vertreter in der Kammer. Ihr tritt die Polizei sogar sehr oft auf die Hühneraugen, zum Beispiel wenn sie ihre Klassenfeier, den Ersten Mai, begehen will. Sie läßt der Staat nicht immer bei öffentlichen Angelegenheiten den Mund auftun. […] Sozialdemokratische Abgeordnete werden in den Landtag geschickt als Ausdruck des Protestes gegen die Entrechtung, die Versklavung, die Unterdrückung der Arbeiterklasse, sie treten in den Landtag und erklären: Es tut uns leid, wir sind ›in jeder Beziehung so gleichberechtigt, daß es uns unmöglich ist, dem kapitalistischen Staate ein Mißtrauensvotum zu geben! […] Hier haben wir wieder von einer neuen Seite die rein bürgerliche Auffassung des parlamentarischen Kampfes vor uns. Nicht die sozialen, nicht die politischen Verhältnisse im Lande, nicht die allgemeine Lage der Volksmasse sind maßgebend für die Haltung im 212
Parlament, sondern die formellen Verhältnisse innerhalb der Kammer selbst.«327 Seit Januar 1992 arbeitete eine Unabhängige Energiekommission des Bundestages. Großzügig wurde sie unter den Vorsitz des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden der Klima-Enquetekommission Reinhard Überhorst gestellt. Ihre Aufgabe war es, die Wege für einen energiepolitischen Konsens aufzuzeigen. Unter ihren sieben Mitgliedern war auch der inzwischen verstorbene VEBAChef Klaus Piltz als Vertreter der Atomlobby. Die Planung war kein Zufall: Die Kommission sollte bis zu den Bundestagswahlen 1994 ihre Ergebnisse vorlegen. Bis dahin – so die Absicht – sollte der Widerstand in den eigenen Reihen befriedet werden. Und da war auch noch das Erziehungsprogramm der Grünen abzuschließen. Denn die SPD will Ruhe im Land. Ex-SPD-Parteichef Björn Engholm erklärte: »Es wäre verhängnisvoll, wenn wir dort [in der ehemaligen DDR] eine neue Serie von Kernreaktoren errichteten und die alte Debatte über die Atomenergie wieder von vorne begänne.«328 Was wäre verhängnisvoller, der Bau oder die Debatte? Bei Antritt der rosa-grünen Landesregierung in Niedersachsen erklärte der neue Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) am 27. Juni 1990: »Diese Koalition ist angetreten, um die Fehlentscheidungen der Atompolitik zu korrigieren […] Die Landesregierung tut alles, was rechtlich möglich ist, um den Atomausstieg zu vollziehen und die Grundlagen für eine umweltverträgliche Energieversor213
gung zu schaffen.«329 Große Hoffnung steckten viele, eher bürgerliche AtomkraftgegnerInnen auch in die ehemalige Greenpeace-Aktivistin Monika Griefahn, die Umweltministerin in Niedersachsen. Im April 1991 überredete Griefahn vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg zwei Kläger gegen den Schrottreaktor Stade zum Rückzug ihrer Klage und ermöglichte auf diese Weise den vorläufigen Weiterbetrieb des Atomkraftwerks für das laue Versprechen, »das Atomkraftwerk […] entsprechend der Regierungserklärung zum rechtlich schnellstmöglichen Zeitpunkt stillzulegen«.330 Stade strahlt wieder. Die ursprünglichen Planungen sahen vor, in Gorleben eine Wiederaufbereitungsanlage (WAA) mit Brennelementezwischenlager, einer Brennelementefabrik, diversen oberirdischen Pufferläger für atomare Abfälle, einer Konditionierungsanlage zur Abfallbehandlung und Verfüllung des Salzstocks Gorleben-Rambow mit radioaktivem Müll zu konzentrieren. Der Widerstand in der Bevölkerung und die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg gegen dieses, von den Betreibern zynisch »Nuklearer Entsorgungspark« genannte Projekt »war Sprungbrett für die parlamentarische Arbeit einer grünen Europa-, einer grünen Bundestags- und eines grünen Landtagsabgeordneten«, schreibt das langjährige Bürgerinitiativen-Mitglied Wolfgang Ehmke im Februar 1992.331 Die Zuarbeit der grünen ParlamentarierInnen erwies sich »als eine Unterstützung des Kampfes«, und die Bürgerinitiative unterlag in ihrer 214
Politik »keinerlei parteipolitischen Zwängen beziehungsweise Rücksichten« (Ehmke). Das änderte sich mit Eintritt in die Landesregierung. Als Mitglied der Landesregierung gerieten sie »in Widerspruch« (Ehmke) zur Bürgerinitiative. Im Juni 1991 blockierten 200 bis 400 Menschen für fünf Tage das atomare Faßlager (Leichtbauhalle für radioaktive Abfälle) in Gorleben gegen die Einlagerung von Atommüll aus Mol. Die DemonstrantInnen wurden auf rosagrünen Befehl – und auf Anweisung von Umweltminister Töpfer – mit Polizeiknüppeln zusammengeschlagen und mit Polizeihunden gejagt. »Was wäre denn geschehen, wenn Niedersachsen der Anweisung des Atomministers nicht Folge geleistet hätte?«, fragte die damalige Bundestagsabgeordnete Jutta Braband (PDS/Linke Liste-Fraktion) im Bundestag. Und: »Hätte Herr Töpfer womöglich eine Erzwingungshaft für Frau Griefahn erwirkt? Wahrscheinlich nicht. Die Sache wäre vor dem Bundesrat verhandelt worden, und hier hätte sich die SPD nun endlich zu ihrer Forderung nach dem Ausstieg aus der Atomenergie praktisch bekennen müssen.«332 1994: Der Widerstand, nicht nur gegen die Atommüllagerung in Gorleben, geht weiter. Die SPD-Landesregierung hat die Zwischenlagerung von abgebrannten Brennstäben in »Castor«-Behältern in Gorleben genehmigt.333 Von Blockaden künftiger Atomtransporte und von anderen Anti-AKW-Aktionen soll durch die Bedrohung der materiellen Existenz der AktivistInnen abgeschreckt werden. So wird beispielsweise vom Bundesamt für Strahlenschutz, 215
stellvertretend für die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE), versucht, die Kosten der Behinderung des Bohrbetriebes in Gorleben im Jahr 1990 in Höhe von 126 901,10 DM von vierzehn TurmbesetzerInnen einzuklagen.334 Schon am 26./27. Oktober 1991 trafen sich VertreterInnen der niedersächsischen Anti-AKW-Bewegung und erklärten: »Nach 16 Monaten rot-grüner Landesregierung ziehen wir […] Bilanz: […] Die Hoffnung auf eine Wende in der Atompolitik wurde enttäuscht. Im Gegenteil, die Atombetreiber erfahren eine ungebrochene Unterstützung […] in der juristischen Auseinandersetzung zum Kompaktlager Esenshamm stellte sich die Landesregierung auf die Seite der Betreiber. Sie erteilte die Ausbaugenehmigung für die Brennelemente-Fabrik ANF in Lingen […] Das Genehmigungsverfahren für Schacht Konrad [sogenanntes Endlager] wird weitergeführt. Die PKA [Pilot-Konditionierungsanlage, eine Fabrik zur Verarbeitung von Atommüll] wird weitergebaut. Die Genehmigungsverfahren für die Einlagerung von hochradioaktiven Glaskokillen in der Asse [sogenanntes Endlager] werden vorbereitet. Selbst Unfälle beeinträchtigen den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken nicht, z. B. Grohnde. Auch das Atomkraftwerk Stade soll in nächster Zeit noch in Betrieb bleiben. […] Atomtransporte werden nicht öffentlich gemacht [Wahlversprechen], Gespräche mit Initiativen sind nicht zustande gekommen, die Beteiligung der BürgerInnen im Genehmigungsverfahren für Schacht Konrad 216
wurde nicht unterstützt.« Nach der Legitimationskrise von Tschernobyl verhülfen »rotgrüne Genehmigungsbehörden« den Atombetreibern zur »rechtlichen Absicherung« der umwelt- und menschengefährdenden Atomanlagen.335 Fehlerhafte Antragsunterlagen für den Ausbau der Brennelementefabrik der Siemens-Tochter ANF (Advanced Nuclear Fuels) in Lingen sowie illegale Atomtransporte und andere gefährliche Schlampereien hätten der Landesregierung selbst im Rahmen des Atomrechts die Möglichkeit gegeben, das gesamte Verfahren aufzurollen und Zeit zu gewinnen. Die Landesregierung aber erteilte die Genehmigung und legte die Genehmigungsunterlagen mitten in den Sommerferien öffentlich aus. Die Brennelementefabrik wird nun mit rosagrüner Genehmigung mit dem weltweit kaum erprobten Trockenkonversionsverfahren Uranhexafluorid in das zur Herstellung von Brennelementen für Atomkraftwerke benötigte Urandioxid verwandeln.336 Den Aussagen der rosagrünen Landesregierung trauen die Anti-AKW-Bürgerinitiativen nun nicht mehr. Monika Griefahn rechtfertigte sich: Die Genehmigung für die ANFBrennelementefabrik in Lingen habe sie bei Amtsantritt im Juni 1990 »unterschriftsreif«337 vorgefunden. Unterschriftsreife Verträge sind reif zur Unterschrift, aber eben noch nicht unterschrieben, und wer unterschreibt, trägt auch die viel beschworene Verantwortung. Tatsächlich aber erteilte Griefahns Umweltministerium als Genehmigungsbehörde die Genehmigung für Lingen am 17. Juni 1991, ein ganzes Jahr nach Amtsantritt der Ministerin. Schon zuvor war die 217
Lagerung fremden Atommülls im AKW Lingen II vom grünen Staatssekretär Peter Bulle genehmigt worden.338 Auch für die Konditionierungsanlage und Schacht Konrad habe Amtsvorgänger Werner Remmers (CDU) kurz vor seinem Abtritt »noch schnell die Weichen« gestellt, sagte Griefahn, und »im Streit um das Kompaktlager beim Atomkraftwerk Unterweser sei ein Kurswechsel des Ministeriums unterblieben, weil sie sich auf zu viele andere Aufgaben habe konzentrieren müssen«.339 Tatsache ist: Im Oktober 1981 erteilte die damalige CDU-Landesregierung die Genehmigung zur Erweiterung des Abklingbeckens im Atomkraftwerk Unterweser in Esenshamm zum Kompaktlager. Durch eine Klägerin aus Brake wurde die Genehmigung vorläufig ausgesetzt. Für den 6. März 1991 war der nächste Prozeßtermin vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angesetzt. In einem Vorgespräch sagte die beklagte SPD/Grüne-Landesregierung der Klägerin zu, während des Prozeßtermins eine Sicherheitsüberprüfung anzubieten und damit den Prozeß erneut zu unterbrechen. »Entsetzt mußte die Klägerin am Prozeßtag mitansehen, daß die beiden Vertreter der Landesregierung keine Miene machten, sich an die Absprachen zu halten, sondern offensiv die Interessen der AKW-Betreiberin vor Gericht vertraten.340 Die Klage wurde abgewiesen, eine Revision nicht zugelassen, das Kompaktlager war damit rechtskräftig genehmigt. Aus der US-Atomwaffenschmiede Hanford sollen 30 Glaskokillen mit hochradioaktivem Atommüll um die halbe 218
Erde nach Niedersachsen transportiert werden. Sie sollen im Endlager Asse II bei Wolfenbüttel eingelagert werden. Ziel ist der Nachweis, daß die sogenannte Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen möglich ist. Die Strahlungsintensität einer einzigen Glaskokille entspricht der Gesamtmenge des in Asse II eingelagerten Atommülls von 12 6000 Fässern. Monika Griefahn behauptete im Juni 1991, für die Einlagerung der 30 Glaskokillen läge noch kein Antrag vor. Die Bürgerinitiative »Aktion atommüllfreie Asse« (AAA) wies nach, daß der Antrag von den Betreibern bereits am 8. März 1991 eingereicht worden war.341 Ein Erfolg sei, so Griefahn, das geplante Gaskraftwerk (dessen umweltschädigender Pipelinebau durch den Naturpark Wattenmeer bis nach Skandinavien nun die Gemüter erhitzt) des VEBA-Konzerns, das ein Atomkraftwerk erspare. Aber wir wissen, daß das Atomkapital im Moment andere Pläne als solche zu einem Atomkraftwerk in Niedersachsen hat. Ein Erfolg sei auch, daß sich Niedersachsen bundesweit um einen Konsens (!) über andere Endlagerstandorte bemühe.342 So wird aus behaupteter AKW-Gegnerschaft die »konstruktive« Suche nach neuen Endlagerstätten, damit die radioaktive Produktion weitergehen kann. Im Juni 1992, zwei Jahre nach Amtsantritt, ist die »Atomkraft« für den Ministerpräsidenten nur noch eine »gefährliche Erzeugung von Energie«, die »Zentimeter um Zentimeter zurückzudrängen«343 sei. »Schröder hält es sich überaus zugute, daß er […] bei der Klientel von CDU und FDP und bei ›der Wirtschaft‹ gleichermaßen gut an219
kommt«, berichtet die Tageszeitung von einer Begegnung mit Schröder und zitiert die frustrierte CDU-Opposition: »Wenn eine Regierung nichts macht, kann sie auch nichts falsch machen.« Aber wer sagt’s denn, die rotgrüne Regierung handelt doch – ganz im Sinne der CDU-Opposition. Die niedersächsische Regierung hat den Weiterbau des EndlagerBergwerks bei Gorleben im April 1994 genehmigt. Obwohl noch nicht einmal das schriftliche Urteil vorlag, ist die Landesregierung der Aufforderung des Verwaltungsgerichtes Lüneburg, sich »bundesfreundlich« zu verhalten, eilfertig nachgekommen.344 Umweltministerin Monika Griefahn kündigte für den Fall einer rot-grünen Bundesregierung die Untersuchung »alternativer« Standorte und »neue« Atommüllösungen an.345 Sie vertritt, Schritt für Schritt, die Interessen der Atommafia. Eine andere Taktik verfolgt Josef Fischer, grüner Umweltminister in der rosa-grünen Landesregierung in Hessen. Er täuscht sehr viel geschickter AKW-Gegnerschaft vor, um dann doch nur gegen den auch innerhalb der Energiewirtschaft umstrittenen Plutoniumzweig der Atomtechnologie in kleinsten formalrechtlichen Schritten vorzugehen. Im Verbund mit SPD-nahen MedienvertreterInnen gelang ihm die Inszenierung des Schaukampfes »David-Fischer gegen Goliath-Siemens und den bösen Töpfer«. Die Aufführung gelangte inzwischen in Variationen zur Serienreife. Hinter ihr verschwand jahrelang die Bedrohung durch das Atomkraftwerk Biblis und die anderen Atombetriebe in Hanau. 220
Die beiden Druckwasserreaktoren A und B in Biblis wurden 1974 und 1976 in Betrieb genommen (Betreiber RWE 1968: Das wird das größte Atomkraftwerk der westlichen Welt346) und haben eine elektrische Leistung von zusammen 2500 Megawatt. Radioaktive Niedrigstrahlung, zum Teil schwere Störfälle (Block A: 111 Störfälle zwischen 1976 und 1984, 53 außerplanmäßige Abschaltungen), Lecks und zusätzliche Strahlung aus der Kompaktlagerung von Atommüll gefährden und verstrahlen seit rund 18 Jahren nicht nur die Rhein-Main-Region. Kein Anlaß für die SPD/Grüne-Landesregierung in Hessen, auch nur eine einzige politische Stillegungskampagne zu versuchen. Die Situation wirkt auf uns, als gäbe es nichtöffentliche Absprachen zwischen der Landesregierung und einem Teil der Atommafia. Die rechtlichen Auseinandersetzungen hat Fischer auf einen Teilausschnitt der hessischen Atomtechnologie beschränken können, vor allem auf die Verarbeitung von Plutonium zu Mischoxid-(MOX)-Brennelementen in Hanau in der ehemaligen Firma Alkem. Fischers Kritik an diesem Teil der Atomtechnologie teilt selbst die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS).347 MOX-Brennelemente bestehen zu 97 Prozent aus Urandioxid und zu 3 Prozent aus Plutoniumdioxid. Der Bombenstoff Plutonium entsteht beim Betrieb von Atomkraftwerken. Jährlich werden etwa 5 Tonnen Uranbrennstoff in Plutonium umgewandelt. Das ist eine Voraussetzung dafür, warum jeder, der sogenannte zivile Atomkraftwerke betreibt, Atombomben herstellen 221
kann, denn es gibt keine wirkliche Trennung von ziviler und militärischer Nutzung. »Noch in diesem Jahrzehnt«, schätzt der Energiefachmann Harold Feiveson von der Prmceton Universität in den USA, »wird die zivile Atomindustrie über mehr Plutonium verfügen, als in allen Atomwaffen der Welt steckt.«348 In den Wiederaufarbeitungsanlagen von Sellafield und La Hague wird das Plutonium aus den verbrauchten Uranbrennelementen gelöst und in die Bundesrepublik zurücktransportiert. Die Atomkraftwerke, die das Plutonium zuvor erzeugt haben und gegen deren Betrieb Fischer nicht vorgeht, sollen das in MOX-Brennelementen verpackte Plutonium verbrennen. Die Supergifte werden dabei vor allem in andere radioaktive Gifte verwandelt. Streit gibt es unter anderem, weil das Verfahren zwölfmal so teuer ist wie die Verwendung herkömmlicher Uranbrennelemente – so Lothar Hahn vom Darmstädter Öko-Institut. Selbst Teile der Atommafia, wie die GRS in ihrer Studie349, kritisieren dieses Verfahren. Die plutoniumhaltigen Brennstäbe seien aggressiver, strahlten im Reaktor länger, die Korrosion von Anlagenteilen würden beschleunigt, der Druck so erhöht, daß Hüllrohre leichter platzen und ihr hochradioaktiver Inhalt das Kühlwasser verseuchen könnte. MOX-Brennelemente beeinträchtigten die Wirksamkeit der Steuerstäbe und gefährdeten im Notfall das »sichere« Abschalten eines Reaktors. Zum ohnehin möglichen Super-GAU in Atomkraftwerken füge sich durch MOX-Brennelemente noch die Aussicht auf einen weiteren 222
Super-GAU: Selbst nach erfolgreicher Notkühlung könne der Reaktor – aufgrund der spezifischen Eigenschaften der MOX-Brennelemente – noch durchbrennen. »Ein Katastrophenszenario, das bei der Analyse von Kernschmelzunfällen bislang noch nicht untersucht wurde«, so der Spiegel in Auswertung der GRS-Studie. Dann untersagte selbst der ehemalige bayerische Umweltminister Peter Gauweiler (CSU) den Einsatz von MOXBrennelementen im AKW Grundremmingen.350 In Hamburg hingegen plante der SPD-Senat, den Einsatz in den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel zu erlauben. Betreiber sind die Hamburgischen Electricitätswerke, deren Aufsichtsratsvorsitzender Umweltsenator Fritz Vahrenholt ist. Qua Amt ist der Umweltsenator ohnehin zuständig. Die Kritik des ehemaligen schleswig-holsteinischen Sozialministers Günther Jansen (SPD), dessen Regierung den Atomausstieg bald auf das Jahr 2010 verschoben hatte, beantwortete der Hamburger Senat klassisch sozialdemokratisch: Es wachse die Gefahr, daß Plutonium für Waffen mißbraucht werde, deshalb sei die Vermischung von Plutonium mit Uran in MOX-Brennelementen »das kleinere Übel. Erst die Öffnung des Atomgesetzes für eine Endlagerung könne wirksam abhelfen.«351 In den Energiekonsensgesprächen hat Fischer 1993, neben anderen Angeboten, auch die Verarbeitung von Plutonium aus der Wiederaufarbeitung für begrenzte Zeit angeboten, um es für ein nicht existierendes Endlager endlagerfähig zu machen: Mit Fischer mehr ›geordnete‹ Radioaktivität in einer strahlenden Zukunft. 223
Und das AKW Grundremmingen soll 1994 nun doch seine MOX-Brennelemente aus Hanau bekommen.352 Die einzige Möglichkeit, dem ganzen Übel wirksam entgegenzutreten, besteht jedoch allein darin, sofort alle Atomanlagen stillzulegen und damit auch die andauernde Produktion von Plutonium zu beenden. Teile der Atommafia fordern verfahrenstechnische Veränderungen, die sogenannte Sicherheitsstrategie, um den Ausbau der Atomenergie auf der Basis einer erhofften größeren gesellschaftlichen Akzeptanz durchzusetzen. Denn die Verlängerung der Betriebsdauer von Atomkraftwerken ist leichter zu erreichen, wenn MOX-Brennelemente nicht verwandt werden. MOX-Brennelemente sollen den »Konsens« für neue Reaktortypen, den Raubzug nach Osten und die Atomfusion nicht stören. So selbstverständlich es ist, MOX-Brennelemente zu bekämpfen, so verlogen ist es, diese begrenzte Kritik als Anti-AKW-Widerstand zu verkaufen. Es ist eine Kritik ohne Folgen an Teilen der Plutoniumwirtschaft, mehr nicht. Aber wie sagt Fischer: »Ich betreibe diese Auseinandersetzung keineswegs unter dem strategischen Gesichtspunkt, die Kernkraftwerke stillzulegen.« Es gehe »einzig um die Eingrenzung des materiellen Risikos‹ der Hanauer Brennelementefabriken, und zwar streng mach Recht und Gesetz‹«.353 Verständlicherweise macht es Fischer und seinen sozialdemokratischen Medienfreunden Vergnügen, einer unkritischen Öffentlichkeit Klaus Töpfer mit formalrechtlichen Tricks vorzuführen. Es gelingt, dank der Ignoranz der 224
Medien gegenüber den Gefahren des gesamten Atomkomplexes in Hessen und dank ihrer partiellen Verwicklung in sozialdemokratische Regierungsinteressen, oft mit winzigen Schrittchen – sofern sich Töpfer nur ärgert – ein gewaltiges Rauschen im Blätterwald hervorzurufen. Fischer beschränkt sich auf ein einziges atomrechtliches Problem. Er schöpft seine juristischen Möglichkeiten nicht aus, um den Betrieb des Atomkraftwerks Biblis zu beenden. Mit seiner Praxis läuft er auf den proatomaren Konsens zu. Der Weiterbetrieb des bald 20 Jahre alten AKW Biblis produziert immer mehr radioaktive Niedrigstrahlung, immer mehr radioaktives Material wie Plutonium. Es gibt nirgends wenigstens eine rosa-grüne Verfassungsklage gegen die mörderische, menschenrechtsverletzende Atomenergie. Es gibt, jenseits nicht ausgeschöpfter rechtlicher Möglichkeiten, nicht den geringsten Versuch Fischers, eine politische Kampagne für die Stillegung aller Atomanlagen zu entfesseln. Mit allen medialen Mitteln der Aufklärung – der Gegenpropaganda, der Information über verborgene Entscheidungsstrukturen und die Pläne der Atommafia, über Gefahren und Alternativen – wäre es in diesem Land (noch) relativ leicht, jedem proatomaren Konsens den gesellschaftlichen Boden zu entziehen. Mit der vormaligen Grundsatzposition der Grünen, alle Atomanlagen sofort abzuschalten, hat Fischers Position nichts mehr zu tun. Es war nicht viel anderes zu erwarten, wenn wir uns erinnern, wie groß sein Drang nach dem Regierungssessel und wie ausdauernd seine Anstrengung 225
über viele Jahre hinweg war, in Vorbereitung rosa-grüner Koalitionen, den Stillegungsbeschluß der Bundesgrünen zu kippen. Josef Fischer wußte immer, daß das Aufgeben des ernstgemeinten Widerstandes gegen die gesamte Atomtechnologie die Voraussetzung für das Bündnis mit der SPD und für den grünen Ministersessel war. Den Preis hat er bezahlt. So wurde der grüne Minister, ob gewollt oder ungewollt, tragende Nebenrolle in einer sicherheitstaktischen Inszenierung der Energieversorgungsunternehmen (EVU). »Am liebsten würden die EVU-Chefs […] aus der kostspieligen Plutoniumwirtschaft aussteigen. Voraussetzung wäre der Verzicht auf Wiederaufarbeitung. Das Plutonium bliebe dann im abgebrannten Kernbrennstoff, der müßte direkt im Salz von Gorleben vergraben werden. Dieses Verfahren würde den EVU Milliarden sparen«, schreibt der Spiegel im Januar 1992.354 Erklärt dies – und das Interesse, die künftigen gewaltigen radioaktiven Abfallberge aus der Atomfusion in Gorleben einzulagern –, das merkwürdige Verhalten der rosa-grünen Landesregierung in Niedersachsen? Wird Gorleben als riesiges Atommüllager für die heutigen und die künftigen, neu geplanten Atomreaktoren einschließlich der Atomfusionsreaktoren gebraucht? Die Wege zum »energiepolitischen Konsens« für den Weiterbetrieb und für den Ausbau des bundesdeutschen Atomprogrammes sind, wie wir am Beispiel der rosa-grünen Regierungen in Niedersachsen und in Hessen gesehen haben, je nach Charakter der jeweiligen Atomanlagen und den unterschiedlichen Interessen des Atomkapitals, verschieden. 226
Wege aus der Nutzung der Atomenergie sind es nicht, sie führen genau in die entgegengesetzte Richtung.
Eine Energiecharta für die Eroberung des Ostens Wieder heißt der Plan »vom Atlantik bis zum Ural«. Dies bezeichnet heute die vorläufigen Grenzen eines Großraums, der erobert werden soll, vorerst ohne Waffen. Die Europäische Energiecharta steckt den rechtlichen Rahmen ab. Die Staaten Osteuropas und der ehemaligen Sowjetunion, um deren Ausbeutung es geht, drängen »freiwillig« auf entsprechende Vereinbarungen. Am 15. Juli 1991 tagte die Vorbereitungskonferenz für eine Europäische Energiecharta (EEC) in Brüssel. Regierungssprecher aus 35 KSZE-Staaten, aus den europäischen Staaten, aus Japan, Australien, Neuseeland und Abgeordnete zahlreicher internationaler Organisationen trafen sich, um den von einer EG-Kommission vorgelegten Entwurf zu beraten. Ihre Eckpunkte: Errichtung eines gesamteuropäischen Energiemarktes, Schaffung eines Stromverbundes, Festlegung der Bedingungen einer »langfristigen, verbindlichen Kooperation«. Am 17. Dezember 1991 wurde die Europäische Energiecharta in Den Haag von den VertreterInnen von 45 Ländern, einschließlich der Republiken der GUS, unterzeichnet. 227
Ist die mit der Europäischen Energiecharta verbundene Absicht wirklich das »Wohlergehen der Bürger«, die »Gewährleistung der sicheren Energieversorgung«, ein europäisches »Vertrauensklima« und vor allem die »Umweltverträglichkeit« der geplanten Maßnahmen?353 Entfernen wir die wohltönenden Absichtserklärungen und betrachten die Substanz der Charta. Es besteht »eine Komplementarität in Europa zwischen den Ländern, die über Ressourcen, und den Ländern, die über fortgeschrittene Technologien und Know-how verfügen, sowie den Absatzmärken«, beschreibt die EG-Kommission die Grundlagen des ökonomischen Reizes. Eine Charta wäre die »außenpolitische« Flankierung, die den »Austausch zu steigern« ermögliche. Ziel ist, den »Austausch zu liberalisieren […] und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhöhen«. Nationale Gesetze im Osten dürfen den Ausbeutungsdrang westlicher Konzerne nicht behindern, »diskriminierende« Regeln, die den Zugang zu Ressourcen erschweren, soll die Charta abschaffen.356 In der Charta selbst heißt es: »Die optimale Erschließung der natürlichen Reserven ist Voraussetzung für die Schaffung eines großen europäischen Energiemarktes. Die Unterzeichner kommen deshalb überein, Interessenten den Zugang zu den Ressourcen zu erleichtern. Zu diesem Zweck sorgen sie dafür, daß die Vorschriften über die Erkundung, Erschließung und den Erwerb von Naturschätzen einschließlich der Vorschriften über ausschließliches Eigentum an der Ressource […] nicht diskriminierend 228
gestaltet sind.«357 Im Artikel 1 des Protokolls heißt es: »Das Ziel dieses Protokolls ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen für eine verstärkte Kooperation zwischen den Vertragspartnern, um die ›benefits‹ [Vorteile, Wohltaten] der friedlichen Nutzung der Nuklearenergie zu vergrößern und die Risiken zu begrenzen.« Daß der Reichtum nicht im Osten bleibt, garantiert das unbedingte »Recht auf Repatriierung [Rückführung] der Gewinne und die Verwendung konvertibler Devisen«. Alle rechtlichen, technischen, administrativen Handelshemmnisse für westliche Konzerne müssen abgeschafft werden. Der Westen will nicht dem Osten helfen, sondern das Atomkapital sich selbst. Die Charta verschafft denen, die die ökonomische Macht haben, also westlichen Konzernen, »freien Zugang zu den vorhandenen und zukünftigen Energieressourcen und zu ihrer Ausbeutung mit langfristigen Rentabilitätsaussichten«. Die Ressourcen, um die es geht, liegen nicht im Westen, sondern vor allem in der ehemaligen Sowjetunion. Grenzenlose Energietransitrechte, die dazugehörige Infrastruktur, ein enges »europäisches Energienetz« machen den profitablen Verkauf etwa von Atomstrom aus osteuropäischen Kraftwerken, die von bundesdeutschen und französischen Energiekonzernen nachgerüstet oder neu gebaut wurden, auf vielen Märkten möglich.359 Die Gründlichkeit bei der Vorbereitung der Energiecharta vermittelt eine Ahnung von den Dimensionen der zu erwartenden Geschäfte und den hinter ihnen stehenden 229
Interessen. Allein der Aufbau eines Stromverbundnetzes ist ein Milliardenprojekt. Wenn es nach Töpfer geht, soll es spätestens 1997 verwirklicht sein.360 Schon zuvor soll, in einem ersten Schritt, für die Stromgroßabnehmer der Einkauf von Energie im EU-Verbundnetz möglich sein.361 Bis jetzt ist die Energiecharta ein politisches Grundsatzdokument, eine Art politischer Absichtserklärung. Mit der Basisvereinbarung und den Zusatzprotokollen des Jahres 1992 werden die Absprachen und Projekte auch juristisch festgeklopft. Der Bundesrat, in dem die SPD in mehreren FDP/Bündnis 90/Grüne-Kombinationen eine Mehrheit hält, hat in seiner Sitzung am 17. Mai 1991 den »Vorrang der freien unternehmerischen Entscheidung«, die »wirtschaftlichere Gewinnung, Verbreitung und Nutzung der europäischen Energieressourcen« und »grundsätzlich« »die Liberalisierung des Energieaustausches durch mehr Transparenz und Wettbewerbsgleichheit« »befürwortet«. Natürlich fehlen auch Alibiformulierungen nicht, daß etwa der »Umweltschutzgedanke« zu berücksichtigen, alternative Energien zu fördern und der »Ausstiegsdiskussion Rechnung« zu tragen sei.562 Die Bundesrepublik als hervorragende Vertreterin der Interessen der Atomindustrie bereitet einen Feldzug vor, dessen Sieger und Verlierer schon feststehen. Den Ablaufplan werden auch die Verlierer unterzeichnen. Mit der Charta wurde ein Rahmenplan für das größte Ostgeschäft des Energiekapitals nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Sie ist der vertragliche Rahmen für die vollständige 230
Kolonisierung Osteuropas im Energiebereich. Mit dem Abkommen diktieren die Energiekonzerne Westeuropas, allen voran die bundesdeutschen und die französischen, die Bedingungen, unter denen die GUS und die übrigen Staaten Osteuropas ihre Rohstoffressourcen zur Plünderung freizugeben haben. Die Gegenleistung ist die sogenannte Nachrüstung der Ost-Atomanlagen auf das miese und angeblich so sichere Niveau des Westens und die »Modernisierung des Energiesektors«. Durch diesen ökonomischen und technologischen Einmarsch wird jede Möglichkeit einer eigenständigen technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung der GUS-Staaten auf Jahrzehnte hinaus der Abhängigkeit vom Westen geopfert. Und vor allem wird jede Möglichkeit zerstört, durch einfache Energieeinsparmaßnahmen (zum Beispiel in der Produktion, in der Verarbeitung von Rohstoffen oder bei Heizkraftwerken) in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zwischen 20 und 40 Prozent der eingesetzten Primärenergie einzusparen, wie der Energieexperte Hermann Clement vom Osteuropa-Institut in München und ein finnisches Firmenkonsortium berechneten. Letzteres führte aus, daß bis 1995 in der GUS zwischen 5000 und 7000 Terawattstunden (1 Terawattstunde entspricht 1 000 000 000 Kilowattstunden) Energie einzusparen seien, ein Vielfaches der Energie aus den atomaren Zeitbomben.363 Den Mythos vom notwendigen Weiterbetrieb osteuropäischer Atomkraftwerke braucht allein die westliche Atommafia für ihre Geschäfte. Unterstützt wird sie von 231
Gesinnungsgenossen wie dem russischen Atomminister Wiktor Michailow. Der antwortete auf die Überlegung, russische Atomkraftwerke stillzulegen: »Ich bin […] ein Mann der Wissenschaft, Emotionen dürfen mich nicht interessieren. […] Sie fahren doch mit dem Auto. Wissen Sie, wie viele Menschen täglich in Moskau und im Land ums Leben kommen? […] Dann kommen wir dahin, daß Sie mich dazu aufrufen, in die Urgesellschaft zurückzukehren […].«364 Otto Graf Lambsdorff (FDP) hat ausnahmsweise recht: »Kein anderer Wirtschaftsbereich bestimmt die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes so nachhaltig wie der Energiesektor.365 Was sind die langfristigen politischen Folgen, wenn westeuropäische Energiekonzerne osteuropäische Länder mit Hilfe der Energiecharta dauerhaft unterwerfen? Ein Staat, dessen Energieversorgungssystem in Bau, Betrieb, Reparatur und bezüglich der Absatzmärkte vollständig von Westkapital abhängt, wird auch in seiner politischen Entwicklung von diesen bestimmt. Als der vom Westen gestützte und gehätschelte Diktator Saddam Hussein nicht mehr funktionierte, wie er sollte, konnte ein Staat wie der Irak binnen weniger Monate in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden. Um wieviel abhängiger wird die Politik der osteuropäischen Staaten und der zerfallenen GUS vom Westen sein? Fast scheint der Alptraum eines »tausendjährigen Reiches« wiedererstanden, wenn Umweltminister Töpfer das gesamteuropäische Energiekonzept »vom Atlantik bis an den Ural« vorstellt, 232
in das der deutsche »energiepolitische Konsens« eingepaßt werden soll. Spätestens am Beispiel der Europäischen Energiecharta entlarvt sich dieser Konsens als zentraler Baustein für ein aggressives, (öko)imperialistisches Vorhaben.
»… und morgen die ganze Welt« Handstreichartig versuchten RWE, PreussenElektra und Bayernwerk als Mehrheitseigner des ostdeutschen Verbundunternehmens VEAG Energiewerke AG Berlin sich die Energieversorgung in den fünf neuen Bundesländern unter den Nagel zu reißen. Mit den im August 1990 noch von Vertretern der DDR unterzeichneten Stromverträgen wollten sie als Nachfolger der ehemaligen DDR-Energiekombinate den Zugriff auf die gesamte Stromwirtschaft der ehemaligen DDR: Kraftwerke und Leitungen eingeschlossen. 146 Kommunen der ehemaligen DDR klagten gegen dieses Vorhaben beim Bundesverfassungsgericht. Zuerst erklärte sich die VEAG bereit, in Greifswald und in Stendal je einen 1300-Megawatt-Atomreaktor zu bauen. Dann, um die SPD unter Konsensdruck zu setzen, teilte das Unternehmen im Sommer 1991 mit, daß es die beiden geplanten Reaktoren erst einmal nicht bauen will. Das sei kein Rückzug aus der Branche, meinte der Vorstandsvorsitzende der Bayernwerk AG, Jochen Holzer, und auch der Plan für den Bau von Atomkraftwerken in den 233
neuen Bundesländern sei damit nicht aufgegeben. RWESprecher Erwin Mühl versicherte der Bevölkerung des AKW-Standorts Stendal, daß die Stromerzeuger am Bau des Atomkraftwerkes festhielten. Sobald die Bonner Parteien einen »energiepolitischen Konsens« gefunden hätten, der zudem über eine Legislaturperiode hinaus Bestand haben müsse, würden die Energieversorgungsunternehmen die entsprechenden Genehmigungsanträge stellen.366 Welche Bedeutung die Wiedervereinigung für die Energiewirtschaft hat, erklärt uns Adolf Hüttl, Leiter des Geschäftsbereiches nukleare Energieerzeugung der Siemens AG: »Nur durch die Wiedervereinigung ist ja überhaupt die kurzfristige Chance auf uns zugekommen, jetzt plötzlich schon vor Mitte der neunziger Jahre ein oder zwei neue Blöcke zu bauen. Wir hatten uns zuvor darauf eingerichtet, bis zum Ersatz oder notwendigen Zubau in der alten Bundesrepublik den Service für die im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke zu machen, bis hin zur Nachrüstung. Gleichzeitig wollten wir uns im Ausland um neue Projekte bemühen. Aber darum bemühen wir uns in jedem Fall.«367 Von Pierer, Chef der Kraftwerk Union AG (KWU, einer Tochter von Siemens), verlangt einen »Energie-MarshallPlan« für Osteuropa mit westlichen Atomkraftwerken und westlicher Sicherheitstechnik. Finanziert werden kann das Geschäft, meint Siemens, durch Stromlieferungen aus den Atomanlagen, die Siemens bauen beziehungsweise nachrüsten will. Die »neuen Impulse«, die sich »zur Ausdehnung 234
des westlichen Verbundnetzes nach Osten zwingend ergeben«, hat die Europäische Energiecharta in die passende politische Form gegossen. Für Atomfreund Riesenhuber war die Öffnung der osteuropäischen Märkte schlicht »die größte Herausforderung des Jahrzehnts«.368 Es geht um eine ganz außerordentliche Beute. »180 Milliarden Barrel Öl werden an unterirdischen Vorkommen vermutet, der größte Teil davon in Sibirien. 57 Milliarden Barrel sind bereits nachgewiesen. Zum Vergleich: Saudi-Arabien hat seit den 30er Jahren insgesamt 62 Milliarden Barrel Öl gefördert. 36 einschlägige Firmen haben in Erwartung eines Supergeschäfts mit dem ›schwarzen Gold‹ bereits Büros in Moskau eröffnet.«369 Die erste sichere Ostbeute – fern selbst von der (geringen) Gefahr eines atomfeindlichen Urteils des Bundesverfassungsgerichtes – ist die ehemalige Tschechoslowakei. Ihre Wirtschaft wird germanisiert. Schon 1991 hatte sich Siemens den Auftrag zur Nachrüstung des im Bau befindlichen AKW in Mochovce unter den Nagel gerissen. Ein Projekt, an dem inzwischen auch Electricité de France (EDF), PreussenElektra und Bayernwerk AG beteiligt sind.370 Zu den je vier Reaktoren in Bohunice (1760 Megawatt) und Dukovany (gleichfalls 1760 Megawatt) sollen in Mochovce vier Reaktoren mit noch einmal der gleichen Leistung hinzukommen. Der erste Block soll demnächst betriebsbereit sein.371 Auch der Auftrag zur Erstellung einer sicherheitstechnischen Expertise für die vier Atomkraftwerke in Bohunice ging an Siemens. Der Konzern bekam die Aufträge, obwohl mit VW 235
bereits ein weiterer deutscher Konzern einen tschechoslowakischen Betrieb, den Automobilkonzern Skoda, übernommen hatte und es mit dem Schweizer Konzern Asea Brown Boveri AG (ABB) einen Mitbewerber gab. In der damaligen Tschechoslowakei gab es eine heftige öffentliche Diskussion über die neue deutsche Eroberung, »ob nach Volkswagen denn wieder ein deutscher Partner für ein tschechoslowakisches Unternehmen gewählt werden sollte«. Resigniert hieß es nach dem Vertragsabschluß in Prag, »man sehe ein, daß der geographischen Nähe nicht zu entkommen sei.«372 Das »neue Protektorat Böhmen und Mähren« nehme allmählich Gestalt an.373 Allerdings stieß Siemens bei seinen ersten Kontakten mit Skoda im Jahre 1989 auch auf den erfreulichen Tatbestand, daß sich auch das frühere »Bürgerforum« von Vaclav Havel für Atomreaktoren aussprach.374 In Temelin werden zwei Reaktorblöcke mit je 1000 Megawatt elektrischer Leistung gebaut, die 1994 und 1996 in Betrieb gehen sollen. Bis zum Jahr 2000 soll der gesamte Strom in der Tschechoslowakei zu 50 Prozent mit Atomenergie gedeckt werden. Ein Konsortium tschechoslowakischer Unternehmen hat die AKW-Bauer Westinghouse, Nuclear Power International (NPI, Gemeinschaftsunternehmen von Siemens/KWU und Framatome seit 1989375), Asea Brown Boveri (ABB), Mitsubishi und das »tschechische« Unternehmen Skoda um Angebote für zwei Leichtwasserreaktoren gebeten. Wie tschechisch ist Skoda? Es wurde ein neues Energie236
Gemeinschaftsunternehmen konstruiert, in dem Skoda Pilsen AG und die Skoda Prag AG aufgehen und an dem die deutsche Siemens AG mit 67 Prozent die Mehrheit hält. Von diesen 67 Prozent wird Siemens 10 Prozent an den französischen Konzern und Geschäftspartner Framatome abgeben. Mit dem Energiesektor übernahm Siemens auch den gesamten nationalen Transportsektor des ehemaligen Staatsmonopolunternehmens Skoda. Nach der Übernahme von Skoda Energo verriet Wulf Bürkle (Siemens-Vorstand) einen Teil des Plans: »Von dort aus können wir zusammen mit dem Stammhaus jedes Sanierungsvorhaben bei Kernkraftwerken im früheren Ostblock angehen.«376 Die ehemalige DDR und die ehemalige Tschechoslowakei sind nur der Anfang. Für Ungarn gründete die Electricité de France (EDF) mit der RWE AG und der Bayernwerk AG eine Gesellschaft namens »Europäisches Projekt für Ungarn«, das den Bau mindestens eines Atomreaktors durchsetzen will.377 Gemeinsame Projekte von Energieunternehmen der beiden Atomstaaten soll es auch in Frankreich geben. Für den gemeinsamen Bau neuer Atomkraftwerke, auch im Westen, schlossen sich Electricité de France (EDF), RWE, Bayernwerk und PreussenElektra zu einer gemeinsamen Stromerzeugergesellschaft in Frankreich zusammen. Die eigentliche Beute wartet in der ehemaligen Sowjetunion: Uran, Öl, Gas, Metallerze, Gold, Land, billige Maschinen und billige Arbeitskräfte. Millionen neuer KonsumentInnen für billige Westgüter sollen den Boom zum Nutzen 237
der Westkonzerne verstärken. Nicht einkalkuliert sind die vielen Menschen, die sich nicht einmal die einfachsten Dinge für das tägliche Leben werden leisten können oder vielleicht sogar an Unterernährung und Mangelversorgung elend zugrunde gehen werden. Die absehbare Entwicklung wird alle selbstbestimmten, sozialen und ökologischen Ansätze von Polen bis Sibirien plattwalzen. Von Osten greifen Japan und die USA nach der GUS, von Westen sind es, als stärkste europäische Nationen, vorwiegend die Bundesrepublik und Frankreich. In Osteuropa stehen 58 Atomkraftwerke, 23 weitere sind bald betriebsbereit. Allein für die Nachrüstung errechnete Adolf Hüttl vom Siemens-Vorstand ein Investitionsvolumen von rund zwölf Milliarden Mark, das Europäische Atomforum Foratom erhöhte den Betrag auf 16 Milliarden Mark. Walter Fremuth, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Elektrizitätswirtschaft AG und seit zwölf Jahren Vorsitzender der sowjetisch-österreichischen Energiekommission, setzte eine Billion Mark an, »um die Elektrizitätswirtschaft der ehemaligen UdSSR auf Westniveau zu bringen«.378 Erst mal hat die EG unter dem Stichwort »Technische Hilfe« für die GUS-Staaten ein rasches Sofortprogramm im Wert von 230 Millionen Mark aufgestellt. Der Anteil für die Atomenergie ist Spitzenreiter mit 106 Millionen Mark. »Der größte Teil der EU-Gelder geht in Nachrüstungsmaßnahmen für sowjetische Atomreaktoren der Typen WWER und des Tschernobyl-Typs RBMK oder in Sicherheitstraining für das Personal der Atomkraftwerke. 238
Allein rund 60 Millionen Mark sind für die Reaktoren vom Tschernobyl-Typ eingeplant«.379 Um eines Tages mit der »Repatriierung« (Rückführung) von Investitionen – damit ist auch der Import von Atomstrom in den Westen gemeint – Profite einfahren zu können, wird ein Reaktortyp nachgerüstet, der selbst dem Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), Joachim Grawe, zu unsicher ist: »Dagegen erscheinen die 16 in der Ex-UdSSR arbeitenden RBMK-Reaktoren wegen grundlegender Konzept-Schwächen kaum nachrüstbar.«38° Die 21 Atomkraftblöcke auf bundesdeutschem Boden, sagt der russische Atomphysiker Wladimir Tschernosenko, »sind gigantische Minen mit Zeitzündern. Es müssen nur ein oder zwei Reaktoren auf deutschem Territorium in die Luft fliegen – dann braucht sich in den nächsten 100000 Jahren dort niemand mehr blicken zu lassen.«381 Statt den Krieg gegen Mensch und Natur in West und Ost zu beenden, wird aufgerüstet. Zivil verpackt und legal abgesichert. Während es in der Bundesrepublik noch keinen vollständigen Konsens über den Ausbau der Atomwirtschaft gibt, wird der Anteil an Atomstrom bei uns über den Umweg der neuen Transitleitungen erhöht. Während die direkten Opfer von Tschernobyl noch lange sterben, wird in unsere Stromleitungen Atomstrom aus Tschernobyl eingespeist werden. Mit der »Verlagerung der Kapazitäten«, meint die PreussenElektra so zynisch wie falsch, sei »zugleich eine Entlastung der Umwelt verbunden«.382 Die Produktion von Atomstrom in Osteuropa wird vor allem die Menschen 239
dort verseuchen, doch ein Teil der Radioaktivität wird in der Nahrung und der Atmosphäre zu uns kommen – auch eine »Repatriierung« von Investitionen, die in Kauf genommen wird. Die Schlagzeile »Bonn will sowjetischer Energiewirtschaft helfen« stieß in Rußland nicht nur auf Freude. Die GUS machte noch ein paar zaghafte Versuche und hatte »Bedenken […] bei der Verpachtung von Land und der Stärkung des Eigentumsgedankens.383 Sie wollte – vergeblich – mehr Unabhängigkeit, mehr Unterstützung der nationalen Energieprogramme, mehr eigenständige Entwicklungsmöglichkeiten. Der Widerstand ist gebrochen. Die Sieger, die westlichen marktbeherrschenden Konzerne, werden sich nur gelegentlich ins Gehege kommen. Sie sprechen sich in bewährter Manier ab. Die deutsche Ruhrgas AG, die niederländische Gasunie und die Gaz de France wollen das Gasgeschäft in die Hand bekommen. Shell AG (Niederlande) und British Petrol (BP) zum Beispiel wollen das Öl und ein Tankstellennetz384 auf dem neuen kolonialen Territorium kontrollieren. Der zu erwartende Konsens, die recht erfolgreiche Klimapropaganda, die neuen Freunde vom Club of Rome und das, lockende Ostgeschäft machen dem Atomkapital große Freude. Ein »Tauwetter in der Kernenergie-Diskussion« begrüßt Jochen Holzer, der Vorstandsvorsitzende der Bayernwerk AG. Klaus Pütz, der bereits erwähnte ehemalige VEBA-Chef, stellte eine »erfreuliche Nachdenklichkeit« bei »Kernkraftgegnern« angesichts »des Treibhauseffektes« fest. 240
»Der Phönix hebt seinen Kopf aus der Asche«, schreibt der Bonner Umwelt & Energie-Report. Bei der New York Times wird das »Tauwetter« zum »nuklearen Frühling«.385 Wolfgang Häfele, langjähriger Lobbyist des gestoppten Schnellen Brüters in Kaikar, plädiert für einen internationalen Kapitaleinsatz von vier Billionen US-Dollar in den nächsten zehn Jahren, um weltweit 2000 neue Atomkraftwerksblöcke zu bauen. Hans-Ulrich Fabian, Vorstandsmitglied der PreussenElektra, ist bescheidener. Mit zehn bis zwölf neuen Atomkraftwerken in der Bundesrepublik mit je 1300 Megawatt soll der Anteil des Atomstroms auf 70 Prozent hochgeboxt werden.386 Die Staaten mit den meisten Atomkraftwerken (Stand: September 1993. Quelle: Jahrbuch der Atomwirtschaft 1994.)
USA
Betrieb 109
Bau 0
Planung 6
Frankreich
57
4
0
Japan Rußland/ Kasachstan/ Ukraine
47 45
7 12
1 2
Großbritannien
35
1
Kanada BRD Schweden
22 21 12
0 0 0
0 0 0
Südkorea
9
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2
Indien
9
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Spanien
9
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1970 bis 1979 wurden weltweit 148 kleinere AKW-Blöcke mit einer Gesamtleistung von 546000 Gigawattstunden in Betrieb genommen. Von 1980 bis 1985 boomte die Atomwirtschaft: 92 Großreaktoren mit etwa 650 000 Gigawattstunden elektrischer Leistung nahmen – allein im Westen – den Betrieb auf. Die Gesamtzahl der AKW weltweit liegt 1994 bei etwa 425 Atomkraftwerken mit einer Gesamtleistung von mehr als 350 000 Megawatt. Nach einem kurzen Tief wird seit 1989 der Zubau beschleunigt.387 Eine mörderische Technologie erfährt ihre Renaissance. Seit dem ersten Halbjahr 1991 hat die Atomenergie in der Bundesrepublik mit einem Anteil von 32 Prozent die Spitzenposition unter den Energieträgern bei der Stromerzeugung erobert (Braunkohle 30 Prozent, Steinkohle 26 Prozent).388 Ex-Forschungsminister Riesenhuber ging in seinem »Bericht Energie und Klima« nicht nur davon aus, daß »die bestehenden Kernkraftwerke mit Nachrüstung weiter Energie produzieren« werden, sondern darüber hinaus gelte es für die Errichtung des »ehrgeizigen Ziels einer Kohlendioxid-Reduzierung um 25 Prozent« auch, den Neubau von Atomkraftwerken ins Auge zu fassen. Alles in bester Absicht: »Für die Reduzierung um 25 Prozent bis zum Jahre 2005 ist von 1997 an der Neubau von acht Kernkraftwerken mit jeweils 1300 Megawatt Leistung vorgesehen.«389 Eine Studie seines Ministeriums empfahl neben den erwähnten acht Atomkraftwerken weitere 16 Kohlekraftwerke.390 Ist das ein Resultat der Erpressung der Sozialdemokraten und der IGBE: Kohlekraftwerke gegen 242
Atomanlagen? Das Szenario steht in krassem Widerspruch zu allen Behauptungen, den Schutz von Gesundheit und Umwelt verbessern zu wollen. Siemens allerdings kann sich über diese indirekte Auftragsbestätigung für seinen neuen Atomreaktortyp freuen. Das Atomkapital plant ab der Jahrtausendwende den neuen Superatomreaktor, den »Euroreaktor«, der »inhärent« sicher sein soll. Inhärent sicher soll heißen, daß seine Konstruktion angeblich jedes atomare Risiko restlos ausschließt. Einen solchen Reaktor gibt es noch nicht einmal auf dem Reißbrett. Gemeinsam mit der französischen Konkurrenzfirma Framatome gründete Siemens 1989 die Nuclear Power International (NPI), an der beide Firmen zu 50 Prozent beteiligt sind. Siemens/KWU und Framatome versuchen, gemeinsam mit anderen bundesdeutschen und französischen Energievesorgungsunternehmen die Voraussetzungen für die Beantragung der atomrechtlichen Genehmigung zu erstellen. Der Euroreaktor mit einer Leistung von 1500 Megawatt391 soll als eine Weiterentwicklung der Druckwasserreaktoren entstehen. 1995 sollen Standortentscheidungen in Frankreich und Deutschland getroffen werden. Ein Standortsicherungsplan der Bayrischen Staatsregierung weist Vieroth oder Grafenrheinfeld als mögliche Standorte für den Euroreaktor aus.392 Ab 1998 soll der »Zukunftsreaktor« auf beiden Seiten des Rheins gebaut werden. Und wieder einmal versprechen uns »Ihre Stromversorger« in großen Anzeigen das goldene Atomzeitalter.393 243
Die europäische Energiediktatur setzt sich aus einem dichten Geflecht aus Verordnungen, Gesetzen, Übernahmen, Ermächtigungen, Manipulationen, Repressionen, Erpressungen zusammen. Die Laufzeiten von Atomkraftwerken werden verlängert. Das nukleare Risiko und der mögliche Widerstand werden exportiert, um Atomstrom aus Osteuropa – vielleicht eines Tages auch aus Tschernobyl – zu »repatriieren«. Die Eroberer bringen ihre Gewinne vom Feldzug in den Osten »heim ins Vaterland«. Für den Beginn des neuen Jahrtausends ist ein neuer Reaktortyp in Vorbereitung, noch auf der Basis von Atomspaltung. Das eigentliche Ziel weltweiter Forschung aber liegt in der Atomfusion. Einen ernstgemeinten Versuch, alternative, regenerative Energieträger zu entwickeln, gab es nie. Mit Solarzellen oder Windkraftwerken läßt sich der Bedarf an Strom und Wärme befriedigen, nicht jedoch die Gier nach Herrschaftssicherung durch Atomwaffen.
Der Angriff auf wiederverwertbare Energien Wenn es »pitsch« macht und Ihre Glühlampe knallt, sind Sie möglicherweise ein Opfer der »europäischen Harmonisierung« geworden. Heimlich wird zur Zeit überall die Spannung im Stromnetz von 220 Volt und 380 Volt auf 230 bis 240 Volt und 400 Volt erhöht. Da die Mehrheit der europäischen Länder zuvor 220 Volt hatte, hätte die »An244
gleichung« auch nach unten erfolgen können. Aber es geht nicht um Stromsparen, sondern um Verschwendung, damit die Energiewirtschaft noch höhere Profite einsteckt. Jede Lampe, jedes elektrische Gerät, jede Maschine verbraucht künftig in der gleichen Betriebszeit rund 9 Prozent mehr Strom. Glühlampen, Geräte und Maschinen gehen früher kaputt, und die erhöhte Spannung sorgt hie und da für Überhitzung mit dem Risiko von Bränden. Während Behörden die BürgerInnen zum Energiesparen ermahnen, knallt die Energiewirtschaft mit ihrem »GigaWatt-Coup« (Anti-Atom-Büro Dortmund) den Stromverbrauch in neue Höhen. Bei einer Spannungserhöhung von 10 Volt erhöht sich der Verbrauch bei rund 35 Millionen Privathaushalten um 1225 Millionen Kilowattstunden nur für die Beleuchtung. Dem entspricht ein Betrag in Höhe von 300 Millionen Mark allein für Lichtstrom im »Marktsegment Tarifkunden«, wie das Anti-Atom-Büro Dortmund394 ausgerechnet hat. Hersteller wie Osram und Philips erwarten allein für Glühbirnen einen Mehrumsatz von zwölf Millionen Mark. Die Rechtsgrundlage ist umstritten, aber wer braucht schon Gesetze, wenn er das Monopol besitzt, überreichlichen politischen Einfluß und die ökonomische Macht sowieso. Es gibt seit vielen Jahren hervorragende Berechnungen und Szenarien, die belegen, daß selbst ein kapitalistisches Zentrum wie die Bundesrepublik – heute einschließlich der ehemaligen DDR – ohne jeden Atomstrom auskommen kann.395 Das Institut für Energie- und Umweltforschung 245
(IFEU) in Heidelberg (1980), das Ökoinstitut in Freiburg (1986–1989) und Greenpeace (1991) haben wie andere WissenschaftlerInnen gezeigt, daß ein großer Teil des Strom- und Wärmebedarfs schon heute durch regenerative Energieträger wie Wind, Sonne, Wasser und Biomasse zu decken ist und fossile Verbrennung durch eine rationelle Energienutzung und -einsparung weitgehend ersetzt werden kann. Jede dieser Studien belegt detailliert, daß alle Atomanlagen sofort stillgelegt werden können, ohne daß die Lichter ausgehen oder Maschinen stillstehen müßten. Wobei ich der Meinung bin, daß die Atomenergienutzung wegen ihres tödlichen Charakters selbst bei wirtschaftlichen Problemen oder solchen der technischen Umstellung auf der Stelle beendet werden müßte. Weltweit wurden bereits bis 1977 mehr als 100 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung der »zivilen« Atomenergienutzung investiert, »mehr als in jede andere Technologie seit dem Aufbruch des Kapitalismus«, schrieb der Spiegel.396 »Noch immer«, so kritisierte das World Watch Institute in Washington, »werden für Forschung und Entwicklung der Atomindustrie fünfmal soviel Forschungsmittel ausgegeben wie für bessere Energieausnutzung, sechsmal soviel wie für erneuerbare Energien.«397 In der Bundesrepublik wurden bis 1988 rund 61,6 Milliarden Mark für die Atomenergie ausgegeben, kritisiert selbst die atomfreundliche Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE). Die Bundesregierung widersprach: Lediglich 25,5 bis 34 Milliarden Mark seien es gewesen.398 An246
dere Schätzungen für die staatliche Subventionierung der Atomenergie liegen bei mehr als 80 Milliarden Mark. Die Finanzierung der Atomenergie seit 1956 erfolgte zum Teil offen, zum Teil in unterschiedlichen Haushaltstiteln versteckt. Die Absichten sollten verschleiert, der Vergleich zu anderen Energietechnologien erschwert werden. Zwischen 1974 und 1983 gab die Bundesregierung beispielsweise für die Erforschung und Entwicklung von Wärmepumpenund Solaranlagen zum Heizen lächerliche 178 Millionen Mark aus, während sie zur gleichen Zeit sieben Milliarden in den Schnellen Brüter in Kaikar steckte. Die EG-Kommission, die Milliardenbeträge in die Atomkernspaltung und die Atomkernverschmelzung (Atomfusion) investiert, hat bis 1994 ganze 14 Millionen Mark für die Entwicklung von Solarzellen vorgesehen.399 Wissenschaftliche und technologische Entwicklungen, in die vergleichsweise geringe Finanzmittel investiert werden, haben natürlich schlechtere Ergebnisse als solche, deren Erforschung ernsthaft und nicht nur als Alibi betrieben wird. Zeitweise wurden in der Bundesrepublik fehlentwickelte regenerative Energieanlagen wie der Windkonverter Growian an der Nordseeküste sogar nur deshalb unterhalten, um den Nachweis einer angeblich untauglichen Technologie zu führen. Dem immensen Potential der regenerativen Energieträger und bestimmten politischen Entwicklungen wie in Kalifornien oder Dänemark ist es zu verdanken, daß die sanfte Nutzung von Sonne, Wind und Wasser heute trotzdem möglich ist. Wird Windenergie nach neuesten 247
Erkenntnissen gewonnen, ist sie längst wirtschaftlicher als Kohle und Gas. In den USA lag der Preis für Strom aus modernen Windkonvertern im Mai 1992 bei achteinhalb Pfennig pro Kilowattstunde. 9000 Windkonverter speisen in Kalifornien im Jahr soviel Strom ins Netz wie San Francisco mit 6o 0000 EinwohnerInnen im selben Zeitraum verbraucht. »Würde dieselbe Menge Strom aus Öl gewonnen, brauchte man dafür vier Millionen Faß oder eine Flotte von 30 000 Tankfahrzeugen«, sagt Robert Jans, der Direktor von US-Windpower. Die Windkraftanlagen ersparen der Erdatmosphäre im selben Zeitraum 1,4 Millionen Tonnen CO2.400 Ganz vorsichtig hat sich die sozialdemokratische Landesregierung in Schleswig-Holstein geäußert. Im Jahr 2010 will sie mit 2000 Windkraftanlagen mit einer Leistung von 1200 Megawatt 20 Prozent des Strombedarfs decken. 1992 seien – im windreichsten Gebiet der Bundesrepublik – 300 Windkraftanlagen mit zusammen 60 Megawatt Leistung im Betrieb.401 Warten auf sozialdemokratische Energiealternativen ist wie Warten auf Godot. Inzwischen wächst, laut Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Windenergie (DGW), der Absatz von Windkraftanlagen bundesweit nur langsam. Ende 1992 gab es 1133, ein Jahr später 1797 Anlagen. Die Megawattleistung stieg seit 1989 von 20 auf mehr als 334 Megawatt in 1993. Auch die Größe der Anlagen steigt: Galten 1990 250-kW-Generatoren als groß, sind heute 500-kW-Anlagen die Regel. Nicht nur Anzahl und Kapazität wachsen, auch Potentiale und der 248
Anwendungsbereich weiten sich aus: immer mehr Anlagen sind für windschwache Standorte geeignet.402 Aber immer noch blockieren die Energiekonzerne zusammen mit den etablierten, kapitalfreundliche Politikern das Wachstum der Windenergieanlagen. 334 MW Windenergie sind lediglich ein Viertel der installierten Leistung eines AKWs. Gehen wir einmal in die 70er Jahre zurück: In einer Studie der Kernforschungsanlage Jülich403 wurde für die Windenergie ein technisch nutzbares Potential von 220 Terawattstunden gleich rund 36 667 Megawatt berechnet, das sind mehr als 50 Prozent der elektrischen Energie, die in der Bundesrepublik im Jahr 1986 verbraucht wurden. Zu vergleichbaren Ergebnissen, die das enorme Potential der Windenergie auf dem damaligen Stand und perspektivisch berechneten, kam auch eine Studie des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) von 1976404 und eine Studie mit den unterdrückten Forschungsergebnissen von Professor Ulrich Hütter405 vom Institut für Windenergietechnik (FWE) in Stuttgart. In der mehrbändigen, nahezu 1000 kleinbedruckte Seiten dicken BMFT-Studie berechneten unter anderem Atomforschungszentren wie Jülich oder Karlsruhe die Potentiale und Perspektiven der regenerativen Energien. Sie kamen zu Ergebnissen, die die Propaganda »Ohne Atomstrom gehen die Lichter aus« lächerlich machen und beweisen, daß auch ein industriell hochentwickeltes Land weder Atomenergie noch die Verbrennung wertvoller fossiler Rohstoffe braucht. Mitten in den tobenden Auseinandersetzungen um die Atomen249
ergie während der großen Anti-AKW-Demonstrationen in Brokdorf, Grohnde und Kaikar (1976/1977) störte die Studie das Pro-Atom-Konzept der damaligen SPD/FDPBundesregierung. Sie wurde im Einvernehmen zwischen SPD/FDP und Atomwirtschaft unterdrückt. Die Studie war nie öffentlich erhältlich, nur über Beziehungen gelang es mir damals, ein vollständiges, einige tausend Seiten dickes Exemplar zu bekommen. Eine törichte, 165 Seiten dünne »Volksausgabe«, herausgegeben von Bundesforschungsminister Hans Matthöfer (SPD) verschweigt die wichtigsten Informationen und Zusammenhänge.406 Die intelligenteste ökologische Strategie liegt in der Nutzbarmachung des erneuerbaren, unschädlichen, verschwenderisch vorhandenen Energieträgers Sonne. Es gibt zur Zeit drei Möglichkeiten, Sonnenenergie umzuwandeln: Solarzellen für die direkte Stromgewinnung, Sonnenkollektoren für die Wärmegewinnung und Solarkraftwerke, die Elektrizität aus Wärme herstellen. Das Potential der Sonnenenergie, die in der Bundesrepublik zur Verfügung steht, entspricht theoretisch etwa dem Achtzigfachen unseres gesamten Energieverbrauchs, nicht nur des notwendigen Bedarfs an Strom.407 »Mit etwa 3000 Quadratkilometer Solarzellenfläche, knapp 1,3 Prozent der Gesamtfläche der BRD, könnte der gesamte heutige Strombedarf abgedeckt werden«, hat das Öko-Institut Freiburg 1989 berechnet. Zum Vergleich: Die »heute in der BRD genutzte Siedlungs- und Verkehrsfläche beträgt dagegen ca. 24 000 Quadratkilometer, d. h. 10 Prozent der gesamten Fläche der BRD«. Ein 250
relativ kleiner Teil der Dachfläche dieser Siedlungen reicht zur Installation der Solarzellen aus.408 Solarzellen könnten heute, wären sie mehr gefördert worden, auch in bezug auf ihre Kosten alle anderen Energiegewinnungstechniken vom Markt jagen. Trotzdem scheint 1994 auch bei den Kosten für die Herstellung von Solarzellen zur Stromerzeugung ein Durchbruch zu gelingen. Professor Martin Green von der Universität New South Wales (Australien) meint, daß die Kosten dank eines neuen Verfahrens in den nächsten 5 bis 10 Jahren um 80 Prozent gesenkt werden können und damit billiger wären als Energie aus Kohle. Voraussetzung dafür ist die Herstellung in Großserie. Diese Berechnungen sind für die heutigen profitorientierten Marktbedingungen erstellt und lassen gesamtgesellschaftliche Kosten-NutzenRechnungen außer acht. Angesichts der ökologischen und gesundheitlichen Schäden durch Kohle- und Öltechnologie ist bei dieser Rechnung neben der Windenergie jede Sonnenenergienutzung kostengünstiger.409 Das mit heutigen Techniken nutzbare Potential der Sonnenenergie für die Erzeugung von Wärme ist sehr groß. Mit einer Sonnenkollektorfläche von 4000 Quadratkilometern könnte heute der gesamte Wärmebedarf bis 100 Grad Celsius (Niedertemperaturbereich), das heißt Warmwasserproduktion und Heizung, gedeckt werden und damit 40 Prozent des gesamten privaten und industriellen Energieverbrauchs.410 Die auf geeigneten Flächen in Mittelmeerländern »prin251
zipiell installierbare solarthermische Kraftwerkleistung (12 000 Gigawatt) könnte das Vierfache des derzeitigen weltweiten Strombedarfs (1988: 11000 Terawattstunden) erzeugen«. 12 000 Gigawatt sind 12 Millionen Megawatt, und das entspräche unter Berücksichtigung von Auslastung und Verfügbarkeit der elektrischen Leistung von mehr als 5000 großen Atomkraftwerken vom Typ Biblis, sagt Jürgen Nitsch, der Leiter einer im Auftrag des Bundesforschungsministeriums erarbeiteten Studie über solarthermische Anlagen im Mittelmeerraum, an der auch die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR), Siemens und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstofforschung (ZSW) beteiligt waren. Versuchsanlagen und kommerziell betriebene Solaranlagen in anderen Ländern haben diese Ergebnisse längst bestätigt. Die Studie belegt, daß ohne diese schadstofffreien Solarkraftwerke die CO2-Emission im Mittelmeerraum wegen des zu erwartenden Wirtschaftswachstums in der Region um etwa 50 Prozent ansteigen wird.411 Die Nutzung der Sonnenenergie wäre neben rationaler Energienutzung und -einsparung die einzige Möglichkeit, die CGVEmissionen wirklich zu senken. Solarkraftwerke sind der harte, großtechnische Weg der Sonnenenergienutzung. Solarzellen sind – bei vergleichbarer Leistung – für eine dezentrale, unabhängige, sozial angepaßte Energieerzeugung (der sanfte Energiepfad) sehr viel besser geeignet. Mit Sonnenenergie läßt sich nicht nur in südlichen Ländern Strom erzeugen. Die Schweiz will alle ihre Bahn252
höfe mit Solarzellen mit einer Gesamtleistung von 24 000 Kilowatt ausrüsten. Eine Versuchsanlage, das größte Sonnenkraftwerk Europas, wurde im April 1992 in der Schweiz in Betrieb genommen. Die 500-Kilowatt-Anlage bei SaintImier kostet zehn Millionen Mark und kann tagsüber 200 Haushalte mit Strom versorgen.412 Voraussetzungen des Greenpeace-Szenarios sind die sofortige Stillegung aller Atomanlagen, die höhere Energieeffizienz zum Beispiel bei der Kraft-Wärme-Kopplung, die Energieeinsparung und der Ausbau und die Umstellung auf regenerative Energieträger. Der Primärenenergieverbrauch würde um 38 Prozent sinken und der CO2-Ausstoß um etwa 50 Prozent. Nach Greenpeace stellen im Jahr 2010 Wasserkraftwerke 30 Terawattstunden (TWh) Strom, Windkraftwerke 30 TWh, solare Photovoltaikanlagen 8 TWh und Biomasse etwa 41 TWh, zusammen 109 TWh Strom bereit. Legen wir eine jährliche Betriebsdauer von 6000 Stunden zugrunde, kommen wir auf eine elektrische Leistung von rund 18167 Megawatt (von regenerativen Energieträgern),413 dem Leistungsvolumen von rund 18 großen Atomkraftwerken. Regenerative Energieträger decken in der GreenpeaceStudie rund ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs und 40 Prozent der Kraftwerksleistung ab. Die Studie läßt allerdings einen Teil des Potentials außer acht. Der gesellschaftliche Druck und die Verächtlichmachung der regenerativen Energien wirken auch auf einige »alternative« WissenschaftlerInnen. Die Schere im Kopf und das alberne 253
Bemühen um eine falsche »Seriosität« gegenüber den falschen Leuten verführen zur Vernachlässigung von großen Energiepotentialen, die selbst die Energiewirtschaft in ihren Alternativenergiestudien von 1976 berücksichtigt. Übergangsweise brauchen wir noch eine Zeitlang die effiziente Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die kombinierte Erzeugung und Nutzung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken mit hohem Wirkungsgrad (95 Prozent statt 40 Prozent in Großkraftwerken). Wir brauchen eine Energieversorgung, die die gesellschaftlichen Kosten der Nutzung der jeweiligen Energieträger mit einrechnet. Noch nie sind die gesellschaftlichen Folgekosten für die Nutzung von Atomenergie (einschließlich der toten und krebskranken Menschen, der Immunkrankheiten, der Mutationen und des Vegetationssterbens durch Uranabbau, Niedrigstrahlung, Atommüll, Atomwaffen und Demokratiezerstörung) wirklich berechnet worden. Eine Rechnung mit Menschenleben, die niemals aufginge. Und auch die Kosten der Nutzung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Gas verlieren den umfassenden Vergleich mit Sonne, Wind und Wasser. Ziel der Anstrengungen ist eine ökologische Energieversorgung, die ohne gesundheits- und klimaschädigende Verbrennung fossiler Energien auskommt. Die Diskreditierung der regenerativen Energieträger macht einen Sinn. Sie sind umwelt- und gesundheitsverträglich, hocheffizient, dezentral zu betreiben, sperren sich dem Monopolbesitz in Händen weniger. Mit ihnen lassen sich keine Bomben 254
bauen, und ihre Nutzung bringt viele Arbeitsplätze ohne jedes Krebsrisiko. Eine Gesellschaft, die sich für ein ökologisches Energieversorgungssystem auf der Basis von Sonne, Wind, Wasser, maximaler Energieeffizienz und sinnvollen Einsparungen entscheidet, braucht keinen Überwachungs- und Polizeistaat.
Alptraum Atomfusion – die letzte Reise der Menschheit Ganz anders die Atomfusion, die von Betreibern und der Wissenschaft sogenannte Kernfusion. Da haben wir sie wieder, die Kirschkern-Sprache der sechziger und siebziger Jahre, die jede Assoziation an Atombomben verdrängen helfen soll. Zu den Atom(spaltungs)kraftwerken (AKW), wie wir sie kennen, sollen Atomfusionskraftwerke (AFKW), wie wir sie ehrlicherweise nennen sollten, hinzukommen. Für ihre Durchsetzung wird diese Gesellschaft noch weiter entdemokratisiert, werden die Finanzmittel verpraßt, die dann fehlen, um die Nutzung regenerativer Energien technologisch voranzutreiben. Noch immer wird uns die Atomfusion als »alternative Energie« angepriesen. Aber sie birgt Gefahren, die bis heute fast niemand kennt. Kurt Biedenkopf, CDU-Ministerpräsident von Sachsen, hat die Großtechnik im Griff. »Bei der Verschmelzung von 255
Wasserstoffatomen wird eine enorme Kraft freigesetzt, aber keine Radioaktivität«, versprach er 1986,414 nur zehn Wochen nach der Atomkatastrophe im AKW Tschernobyl, wo sich eine vergleichbare technologische Verheißung in einer radioaktiven Explosion auflöste. Atombefürworter, die das Ende der Plutoniumwirtschaft heranziehen sehen, setzen seit etlichen Jahren auf die Atomfusion. Riesenhuber arbeitete als Lautsprecher der Energiewirtschaft. 1986 verkündete er, es »bestehe berechtigte Aussicht« die Atomfusion als ›nahezu unerschöpfliche Energiequelle‹ zu erschließen«.415 Ganz ähnlich die Welt: »Sauber, ja problemlos und ›idiotensicher‹ sind die Energiespender [Fusionsreaktoren] allemal«, eine »schier unerschöpfliche Energiequelle«.416 Bei der Vorstellung des 3. Energieforschungsprogrammes der Bundesregierung schwärmte Riesenhuber im Februar 1990: »Die Kernfusion ist eine Langfristoption mit sehr großem Potential«.417 Offensichtlich ist der Mann Hellseher. Denn vor Mitte des nächsten Jahrtausends glaubt selbst die Gemeinde der Atomfusionswissenschaftler nicht an das erste Zünden eines Atomfusionsreaktors. Nein, auf keinen Fall könne die Atomenergie durch andere Energiearten ersetzt werden: »Die derzeitige Kerntechnik ist ein Übergang zu einer neuen, noch sichereren Kerntechnik«, sagte Christian Lenzer, der forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag 1988.418 Wissenschaftler wie der US-Physiker Glenn Seaborg halten einen GAU wie in Tschernobyl einfach für ausgeschlossen.419 256
Und die SPD? Sie wankt wie bei der Gentechnologie, die sie erst »kritisch« betrachtete, um dann auf den fahrenden Zug aufzuspringen, anstatt Gegenkräfte zu entfalten. WolfMichael Catenhusen (SPD), ehemaliger Vorsitzender der Enquetekommission des Bundestages zur Gentechnologie, ist Vorsitzender des Ausschusses für Forschung und Technologie. Er kennt viele gute Gründe gegen die Atomfusion, will aber nicht schnell urteilen. Woran erkennen wir heute eine klare ablehnende Haltung der Sozialdemokratie gegenüber einer menschenfeindlichen Technologie? Catenhusen verlangt »objektivierbare wissenschaftliche Kriterien zu entwickeln, die es der Politik und der Öffentlichkeit erleichtern, frühzeitiger bei Projekten wie der Fusionsforschung zu bewerten, was sie tatsächlich an Fortschritt für den Weg zu einem Fusionsreaktor erbringen«.420 Eine eigene Bewertung und die Ablehnung mit der Folge des Konflikts mit den Fusionsbetreibern findet nicht statt. Im Gegenteil, als Sozialdemokrat ist mensch immer getrieben vom Sachzwang. Catenhusen sieht den »nationalen Entscheidungsspielraum durch die EG eingeschränkt«.421 Alles Schicksal. Noch 1990 vertrat Catenhusen die Auffassung, daß die Fusionstechnologie auf der Basis von radioaktivem Tritium mit dem SPD-Ausstiegsbeschluß von 1986 kollidiere.422 Diese Sorge muß er sich nicht mehr machen. Der sogenannte Ausstiegsbeschluß ist politisch annulliert. Die Angst der SPD vor dem Vorwurf der Technikfeindlichkeit ist ebenso groß wie ihre Angst vor dem alten Vorwurf, »vaterlandslose Gesellen« zu sein. Das eine führt zu Atomspaltung und 257
Atomschmelze, das andere zur deutschnationalen Haltung und zum Einsatz deutscher Truppen überall in der Welt. Der Edward Teller (Entwickler und entschiedener Befürworter der Wasserstoffbombe) der Atomfusion in der Bundesrepublik ist Klaus Pinkau, der Leiter des Instituts für Plasmaphysik (IPP) der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) in Garching bei München: »Wir müssen heute Fusionsforschung betreiben, damit zukünftige Generationen entscheiden können, ob sie diese Energie wollen oder nicht.«423 Das ist, als ob einer sagt: Wir müssen alle Kapazitäten in eine neue atomare Großtechnologie stecken, von der wir zwar nicht wissen, ob sie jemals auch nur ein Watt Strom produzieren wird und wie risikoreich sie auch ist, aber wir wollen, daß künftige Generationen gar keine andere Entscheidung mehr haben. Pinkau träumt vom »point of no return«, wenn so viel Geld in die Atomfusion gesteckt sein wird, daß sich kein Politiker mehr traut, diese Technologie zu stoppen. Der Mythos der Atomfusion ist der Nachbau der Leben schaffenden Kraft der Sonne und die Kontrolle über die alles zerstörende Gewalt der Wasserstoffbombe. Die Verschmelzung der leichten Wasserstoffatomkerne setzt – wie die Spaltung sehr schwerer Atomkerne (zum Beispiel Uran) bei den heutigen Atomkraftwerken – gewaltige Energien frei. Wie bei der Spaltung von Atomkernen ist das Hauptmotiv bei deren Verschmelzung die militärische Nutzung. Die Gegner der Wasserstoffbombe, bei deren Zündung durch eine Atombombe der Fusionsprozeß unkontrolliert abläuft, 258
sollten mit der Aussicht auf den gezähmten Fusionsprozeß beschwichtigt werden. Schon während des Zweiten Weltkriegs interessierten sich Astrophysiker und Waffenbauer für die Atomfusion. Doch erst nach der Entwicklung der HBombe, ab 1954, widmete sich das US-Projekt »Matterhorn« der Verschmelzung von Atomkernen als einer möglichen zivilen Energiequelle.424 Bundesdeutsche Firmen liefern Technologie und Stoffe, die für die Herstellung der H-Bombe wichtig sind, in verschiedene Trikont-Staaten, zum Beispiel nach Pakistan und Indien. Ein Mitarbeiter des IPP in Garching baute eine nach Pakistan verschobene Tritiumanlage vor Ort auf. Die Kernforschungsanlage Jülich steht in engem Austausch mit Atomwaffenforschern im indischen Bombenzentrum in Trombay. Alle Geschäfte mit den beiden Ländern waren sowohl vom Wirtschaftsministerium als auch vom Außenministerium genehmigt worden. Die Forschung für die H-Bombe begann in Deutschland 1942. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der BRD von den Alliierten jede militärische Atomforschung verboten. Dr. Kurt Diebner, der ehemalige Leiter der H-Bombenforschung unter den Nazis und verantwortlich für den Generalplan für eine deutsche Atombombe, gehörte nach dem Krieg zu den Gründern des Atomforschungszentrums Geesthacht. Wissenschaftler, die schon im Faschismus kooperiert hatten, arbeiteten auch später zusammen. »Friedliche Wasserstoffbomben« nannte Diebner das Ziel seiner Forschung für eine deutsche H-Bombe, etwa für »Hafensprengungen«. 1979 259
veröffentlichte Winterberg, daß die Forscher in der BRD das Geheimnis der H-Bombe gelöst hätten. Eine chemisch gezündete Atomfusionsbombe, wie sie von Friedwardt Winterberg 1979 vorgestellt wurde, fiele in der BRD nicht einmal unter das löchrige Atomwaffensperrgesetz. Keiner der an der deutschen H-Bombe forschenden Wissenschaftler hat 1958 den Appell der Wissenschaftler für den Verzicht der Bundesrepublik auf Atomwaffen unterzeichnet. Seit der Ostermarschbewegung Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre wird die H-Bombe und die Atombombenforschung in der BRD im verborgenen betrieben. Immer wieder wurde der gut begründete Verdacht laut, daß die BRD längst ein atomwaffenfähiger Staat ist, der über internationale Kooperation – zum Beispiel mit Frankreich – am Atomwaffensperrvertrag vorbei entwickelte, was ihm offiziell verboten war. Eine Reihe von bundesdeutschen Firmen, wie Degussa, arbeiten eng mit französischen Konzernen zusammen, die an der Herstellung von Atomwaffen beteiligt sind. Andere, wie Nukem, arbeiteten mit Tritiumtechnologie, die für die H-Bombe gebraucht wird. Überall finden wir Fäden zwischen Konzernen, Forschungseinrichtungen, Militär und Ministerien.425 Auf Vorschlag der Expräsidenten Ronald Reagan und Michail Gorbatschow beschlossen die USA und die damalige UdSSR 1986, gemeinsam mit Europa und Japan einen Fusionstestreaktor zu bauen. Der Plan scheiterte eine Weile »am Widerstand des US-Verteidigungsministeriums – die Reagan-Administration fürchtete, daß die Sowjets dadurch
an militärisch wertvolles Know-how herankommen«.426 Die Produktion von Wasserstoffbomben in Fusionsreaktoren ist – nach einem Umbau – möglich. »Deshalb muß es, sollten eines Tages weltweit Fusionsreaktoren laufen, eine ähnlich regelmäßige Kontrolle geben, wie etwa den TÜV für Autos«, schlägt Dr. Günter Grieger, einer der Direktoren am IPP, vor.427 Dieser beeindruckende Vergleich wird wohl in der Praxis auf den Vorschlag hinauslaufen, daß die uns bekannte IAEO die Fusionsreaktoren inspiziert. Die IAEO hat bereits die Schirmherrschaft über den Atomfusionsreaktor ITER. Dann könnte sich, wie bei der Atomspaltung, auch die Atomfusionswirtschaft selbst »kontrollieren«. Was ist Atomfusion? Bei einer Temperatur von 100 bis 150 Millionen Grad Celsius und unter hohem Druck sollen Wasserstoffkerne zu Heliumkernen »verbrannt« werden. In einem ähnlichen Prozeß verschmilzt die Sonne pro Sekunde 700 Tonnen Wasserstoff zu Helium, von denen 4,3 Tonnen zu Energie werden und das Sonnensystem heizen. Die Sonne braucht allerdings »nur« 15 Millionen Grad, weil ihr Druck höher ist als der auf der Erde. Die Brennkammer des Atomfusionsversuchsreaktors JET ist ringförmig, in der Form eines überdimensionierten Autoreifens. Sie ist von riesigen Magnetspulen umgeben, die den 100 Millionen Grad heißen Wasserstoff im Plasmazustand ohne Wandkontakt im Zentrum des Rings zusammenpressen sollen, denn kein irdisches Material wäre solchen Temperaturen gewachsen. Im Plasma (heißes Gasgemisch aus frei beweglichen negativen und positiven Ladungsträgern, 261
den Atomkernen und Elektronen) selbst fließt noch ein hoher Ringstrom, der mit zum Magnetfeld beiträgt und in der Startphase auch das Plasma aufheizt. Magnete und Plasmaheizung fressen unvorstellbare Mengen an Strom, der in der frisierten Energiebilanz der Fusionsforscher zum Zwecke des Erwerbs von Forschungsmitteln meist einfach nicht angegeben wird.428 Der Prozeß der »kontrollierten« Atomfusion ist der gleiche wie bei Wasserstoffbomben: Bei der Verschmelzung eines Deuteriumatoms mit einem Tritiumatom entsteht ein Heliumatom. Dieser Vorgang produziert außerordentliche Energie: Bei jeder Fusion werden Neutronen freigesetzt, die 80 Prozent der Energie tragen und deren Wärme theoretisch zur Stromproduktion genutzt werden kann. Das für den Prozeß notwendige radioaktive Tritium wird aus Lithium erbrütet. Dabei entsteht Plasma, bei dem sich Atomkerne und Elektronen voneinander trennen. Neutronen nehmen einen großen Teil der freiwerdenden Fusionsenergie auf und transportieren sie aus dem Plasma zur Wand. In einem Mantel aus flüssigem Lithium wird die Energie abgegeben, und neue Kerne werden erbrütet: Tritium und Helium.429 Wie lauteten die Verkaufsargumente? Enorme Kraft, aber keine Radioaktivität (Biedenkopf), nahezu unerschöpfliche Energiequelle (Riesenhuber und Die Welt), noch sicherer als die Atomspaltung (Lenzer, CDU), Super-GAU ausgeschlossen (US-Physiker Seaborg). Klaus Pinkau behauptet, Energie aus Atomfusion werde billiger sein als Sonnenenergie und weniger riskant als Atom(spaltungs)energie. Ich 262
erinnere mich an die Versprechen der Atommafia aus den sechziger Jahren: Atomstrom werde eines Tages so unerschöpflich vorhanden und so billig sein, daß die Stromzähler abgeschaltet werden könnten. Heute ist Atomstrom – jenseits von Krebs und Vegetationssterben, Atommüll und Proliferation – die teuerste Energie. Der Physiker Benecke schätzt den Preis des Atomfusionsstroms, sofern es ihn jemals gäbe, auf das mindestens Zehnfache des bisherigen Atomspaltungsstrompreises.430 Pinkau sagt auch, Atomfusion sei gut für das Klima, denn »es entstünden keine Treibhausgase wie beispielsweise bei der Verbrennung von Kohle oder Erdöl.«431 »Auf dem Papier«, antwortet der Münchner Physiker, Professor Jochen Benecke, »auf dem Papier sieht es ganz sauber aus – der Dreck kommt bei der Realisierung.«432 Bei der extremen Arbeitstemperatur des Reaktors dringt das radioaktive Tritium um so leichter durch das mürbe gewordene Metall. Während das Plasma auf mindestens 100 Millionen Grad aufgeheizt werden muß, müssen hinter einer dünnen Wand Temperaturen um minus 270 Grad, nahe dem absoluten Nullpunkt, erreicht werden, um die supraleitenden Magnete zu betreiben. Es entsteht eine Spannung von etwa der zweihunderttausendfachen des Erdmagnetfeldes.433 Die bei der Atomfusion entstehende Neutronenstrahlung läßt sich durch Magnetfelder nicht aufhalten und prallt ungebremst gegen die Brennkammerwände. Selbst härtester Stahl hält diesem Trommelfeuer nur kurze Zeit stand. 263
Die ganze Reaktorkonstruktion, das gesamte Material, wird im Normalbetrieb unweigerlich radioaktiv verseucht. »Nach Normalbetrieb und Abschaltung des Kraftwerkes wird sich mehr radioaktiver Müll ansammeln als in einem LWR [Leichtwasserreaktor] vergleichbarer Leistung«, beschreibt das Kernforschungszentrum Karlsruhe, eine der drei einschlägigen bundesdeutschen Atomfusionsforschungszentren, in einer Broschüre eine Dimension der Gefahr durch die Atomfusion.434 Mindestens fünfmal soviel radioaktiver Müll wie in einem Atom(spaltungs)kraftwerk sieht Professor Kaufmann vom IPP entstehen.435 Bei jedem Auswechseln der Brennkammer (möglicherweise alle ein bis fünf Jahre) und beim Abwracken werden riesige Mengen von Atommüll, vorwiegend Metall und Beton, aber auch teure Legierungen, anfallen. Allein durch einen kleinen Fusionsreaktor von der Leistung eines AKWs entstünden 150 000 Kubikmeter radioaktiver Schrott, berechnete der Physiker Professor Kaufmann, »ein Würfel von 25 Meter Kantenlänge«.436 Was schlagen Forscher vor? Günstig sei der Salzstock von Gorleben oder riesige »Abklingfarmen«, wo das strahlende Gift 100 Jahre zwischengelagert werden könne, um dann wiederverwendet zu werden. Die gewaltigen magnetischen Kräfte, die zum Einschnüren des Plasmas notwendig sind, können Risse in der Reaktorkonstruktion verursachen. Tritium ist ein radioaktiver Wasserstoff und wandert durch jedes Material. »Tritium«, schreibt der Spiegel 1986, »ist ein so tückisches, radioaktives Umweltgift, daß auch nicht Spuren davon aus dem Reaktor 264
entweichen dürfen«.437 Weil Tritium chemisch wie Wasserstoff reagiert, ist es biologisch noch schädlicher als die meisten radioaktiven Spaltprodukte aus Atomkraftwerken. Weil sich Tritium chemisch wie Wasser verhält, nimmt es an den Stoff wechselvorgängen von Pflanzen, Tieren und Menschen teil. Der Mensch kann Tritium über die Luft, das Wasser, durch die Haut und über die Nahrung aufnehmen. Aus dem Atem oder dem Magen-Darm-Trakt wird tritiertes Wasser praktisch vollständig in den Blutkreislauf übernommen. Tritium ist ein Betastrahler, der leicht in jede Körperzelle und sogar direkt in die DNS eingebaut werden und in jeder menschlichen Zelle Strahlenschäden, wie Krebs oder Mutationen, auslösen kann. Aber wozu haben wir die Gentechnologie? Im Körper der Menschen strahlt das radioaktive Gift rund zwölf Tage mit voller Kraft (biologische Halbwertszeit), seine physikalische Halbwertszeit beträgt 12,3 Jahre. Erst nach dieser Zeit ist die Hälfte aller Atomkerne des radioaktiven Stoffes zerfallen, wiederum die Hälfte nach weiteren 12,3 Jahren und so weiter. Bei einem Leck im Atomfusionsreaktor kann Lithium austreten, das extrem aggressiv mit Luft, Wasser und Beton reagiert. Der mögliche Super-GAU könnte durch einen Lithiumbrand verursacht werden: Das gesamte radioaktive Material (fünf Kilogramm Tritium bei 1000 MW Leistung)438 könnte aus dem Reaktor in die Umwelt gelangen. Die Instabilität der in den Magnetspulen gespeicherten enormen Energien könnte sich in gewaltigen Lichtbögen 265
entladen und zu einem Lithiumbrand führen mit ähnlichen Folgen wie bei der Atomkatastrophe in Tschernobyl, die durch einen Graphitbrand ausgelöst wurde. Wissenschaftler des Instituts für Strahlenschutz in Neuherberg berechneten, daß ein Atomfusionskraftwerk (AFKW) im Normalbetrieb 1000mal mehr radioaktive Niedrigstrahlung abgeben wird als eines der heutigen AKWs.439 Tritium trägt übrigens, wie das radioaktive Krypton 85, zu Wald- und Vegetationssterben bei. Ein Atomfusionsreaktor wird wegen der unvorstellbaren Hitzeausstrahlung von Menschen nicht mehr betreten werden können. Roboter sollen Wartung und Reparatur übernehmen; die des Kernforschungszentrums Karlsruhe barsten in der Strahlungshitze auf dem Dach des Reaktors von Tschernobyl. Anschließend wurden »Bioroboter« in den Reaktor geschickt: Menschen. Es gibt bis heute kein Material, das die Hitze eines Atomfusionsreaktors aushalten kann. Karl-Heinz Schmitter, wissenschaftlicher Leiter des IPP, tanzte etwas aus der Reihe und beschrieb den Atomfusionsreaktor als »nuklearen Wasserkocher«, der »in GrundlastKraftwerken wenig geeignet« sei, da »die Investitionskosten […] sehr hoch und die Verfügbarkeit […] sehr niedrig sein werden«.440 Wenn ein Fusionsreaktor kaputtgeht, fällt er lange aus. Hat er die Grundlast gedeckt, muß die gleiche elektrische Leistung sofort zur Verfügung stehen. Ein AFKW zieht so das nächste nach sich. Die Ankündigung der USA, mit der Atomfusion die 266
»letzte Lösung für eines der drängendsten Probleme der Menschheit gefunden zu haben«, führte 1956 zu den ersten bundesdeutschen Experimenten und 1960 zur Gründung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP). 1985 verkündete dessen wissenschaftlicher Direktor, Klaus Pinkau, stolz, »daß die gesamte Konkurrenz aus dem Feld geschlagen sei« und die deutsche Fusionsforschung eine »Weltspitzenstellung« einnehme.441 Das Programm »Kernfusion« der Bundesrepublik ist in Gänze Bestandteil des entsprechenden EU-Programms. Die Bundesrepublik zahlte bislang jährlich 200 Millionen Mark, obwohl Ex-Forschungsminister Riesenhuber 1990 für einen kurzen Moment leichte Zweifel zu befallen schienen: »Ein generelles Scheitern der Bemühungen um die Realisierung kommerzieller Fusionskraftwerke« sei »nicht grundsätzlich auszuschließen«, allerdings »weder plausibel noch wahrscheinlich«, beeilte er sich zu erklären.442 Für 1992 wurde der Betrag auf 271,4 Millionen angehoben, jetzt sollen es jährlich bereits 313,9 Millionen Mark sein. Darin nicht enthalten sind Landesmittel und indirekte oder versteckte Finanzmittel. Von 1974 bis 1990 hat die Bundesrepublik mindestens drei Milliarden Mark für die Atomfusion ausgegeben.443 1993 steckte die Bundesregierung mit dem Programm »Energieforschung« neben einer Vielzahl indirekter und versteckter Subventionen 800 bis 850 Millionen Mark in Atomspaltung und Atomfusion und lächerliche 300 Millionen in die technologische Entwicklung, mit der erneuerbare 267
Energieträger wie Sonne, Wind und Wasser genutzt werden können, obwohl, gemessen am investierten Geld, mit ihnen die größten technischen Fortschritte erzielt wurden. Die IAEO hat einen Haushalt in Höhe von 160 Millionen USDollar. Die Bundesrepublik trägt acht Prozent der Kosten und damit auch die für ITER, den die IAEO »betreut«. Die EG finanzierte das Euratomprogramm »Kernfusion« von 1987 bis 1992 mit rund zwei Milliarden Mark. Sie betreibt zusammen mit dem Institut für Plasmaphysik der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) den bis 1992 laufenden Großversuch des »Joint European Torus« (JET) in Culham bei Oxford (Großbritannien). Seit elf Jahren arbeiten dort mehr als 600 WissenschaftlerInnen. JET wurde 1983 von Euratom für 500 Millionen Mark entwickelt und kostete bis 1986 schon zwei Milliarden Mark.444 Die JET-Anlage ist zwölf Meter hoch, hat einen Durchmesser von 15 Metern und ein Gesamtgewicht von mehr als 3500 Tonnen.445 JET soll über die geplante Stillegung 1992 hinaus bis 1996 weiterbetrieben werden, ab 1994 mit dem Radionuklid Tritium.446 Seit 1986 laufen die Vorbereitungen für »Next European Torus« (NET), dessen Forschungsergebnisse die ITERPlanungen befruchten sollen. Während JET mehr als zwei Milliarden Mark kostete, wird NET vermutlich acht Milliarden Mark kosten und ITER mindestens 17 Milliarden Mark. Ein EG-Gutachten schätzte auf der Basis der Daten von 1987 die gesamten Entwicklungskosten bis zu einem möglichen industriell nutzbaren Atomfusionsreaktor auf 268
100 Milliarden Mark.447 Vermutlich verdoppelt sich dieser Betrag rasch. Im Rahmen seines 1982 gegründeten Projektes Atomfusion entwickelt das Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK) sämtliche für den Bau eines Atomfusionskraftwerks (AFKW) notwendigen Schlüsseltechnologien. Die Atomfusion ist mit etwa 20 Prozent (1989) einer der größten Arbeitsschwerpunkte des KfK. Das KfK, die Kernforschungsanlage Jülich und das IPP Garching sind die drei Atomfusionsforschungszentren der Bundesrepublik und über die Entwicklungsgemeinschaft Kernfusion aufs engste miteinander verbunden. Nach eigenen Angaben deckte das KfK 1989 bereits ein Drittel des gesamten Atomfusionsprogramms der EG ab.448 Neben dem AKW Greifswald hat sich das KfK als bundesdeutscher Standort für den Testreaktor beworben, der ab 1997 gebaut werden soll. Aber auch Frankreich und Japan haben Interesse gezeigt. Denn nach JET und neben NET kam ITER: International Thermonuclear Experimental Reactor. Eine Gruppe von 50 WissenschaftlerInnen aus der EG, der damaligen Sowjetunion, den USA und Japan – den vier Trägern des Projektes – hat den Entwurf ausgearbeitet. Drei internationale Planungsgruppen sollen innerhalb von fünf Jahren den Bau des Versuchsreaktors vorbereiten. Als Sitz einer der Planungsgruppen (60 WissenschaftlerInnen) wurde im Juli 1992 das IPP in Garching festgelegt. Parallel dazu wird in den Laboratorien von Naka (Japan) und San Diego (USA) geforscht. Nach vorsichtigen Schätzungen von 1991 269
soll der Versuchsreaktor mindestens 17 Milliarden Mark kosten. Für den Fall, daß die Vorbereitungen für ITER die Hoffnungen nicht erfüllen, wird ab 1997 auf NET als zu bauendem Versuchsreaktor zurückgegriffen. ITER, so euphorische Prognosen, könnte im Jahr 2005 gebaut sein und dann 15 Jahre lang für Experimente zur Verfügung stehen. Anschließend, über die Lebenserwartung der meisten heutigen Atomfusionsforscher hinaus, soll ab etwa 2025 der Demonstrationsreaktor »Demo« gebaut und durch den kommerziellen Betrieb eines AFKW ab 2040 abgelöst werden.449 Geschickt wurde die Kritik an der Atomfusion in einem Papier des IPP in Garching in eine Begründung für die Finanzierung der Entwicklung von ITER umgewandelt. Die Entscheidung, zu welchem Preis die Atomfusion einst Strom liefern könne und welche Sicherheits- und Umwelteigenschaften sie habe, sei »erst sinnvoll in Verbindung mit einem Experimentalreaktor, der belastbare Vorgaben für solche Analysen liefert«.450 Damit wäre die ITER-Forschung bis zum Jahr 2020 einschließlich aller Kostensteigerungen gesichert. Die heutigen Fusionsexperimente verbrauchen erheblich mehr Energie, als sie produzieren können. Um die Energiebilanz der Atomfusion zu schönen, wird bei neueren Berechnungen die investierte Energie zum Betrieb des Reaktors mit Null angesetzt. Für eine erste kontrollierte Fusion eines Gasgemischs gelang es 1992 im JET in Culham, 1,2 Gramm Deuterium und 0,2 Gramm Tritium zu verschmel270
zen und dabei für ganze 2 Sekunden 2 Megawatt Energie freizusetzen. Um die mickrigen, kurzlebigen 2 Megawatt zu erzeugen, mußten bis zu 700 Megawatt Strom eingesetzt werden,451 die Leistung eines großen Kraftwerks. Physiker Jochen Benecke hört hin: Wenn die Fusionsanhänger sagen, sie hätten »noch« eine Reihe von Problemen zu lösen, »impliziert [die Formulierung], daß erstens die bekannten Probleme lösbar sind, zweitens die dabei zusätzlich und heute unbekannten Probleme ebenfalls lösbar sind und daß drittens, nach ihrer aller Lösung, die Sache schon funktionieren wird«.452 Geld bekommt, wer kommerzielle Verwertbarkeit verspricht. Die Entwicklung der Atomfusion kann künftigen Generationen als Musterbeispiel dafür dienen, wie eine gut organisierte WissenschaftlerInnengemeinde seit den fünfziger Jahren mit feinster Dosierung von Entwicklungsschritten und großen Verheißungen öffentliche Gelder in irrsinnigen Höhen abzockt. In den siebziger, dann in den achtziger Jahren, schließlich noch vor Ende des Jahrtausends sollte die Atomfusion den Traum auf unbegrenzte Energie erfüllen. Heute werden wir auf das Jahr 2040 vertröstet. Gut daran ist, daß wir mehr Zeit haben, diese technologische Entwicklung zu bekämpfen. Der Zeitpunkt, damit zu beginnen, ist nicht schlecht. Die Tritiumproduktion im Versuchsstadium startet bald. Mit immer den gleichen euphorischen Verkaufsargumenten (unendliche Energie der Zukunft, alle Bedürfnisse des Menschen stillen) wird eine Großtechnologie mit ato271
marem Vernichtungspotential angepriesen. Sie verschlingt Milliarden Mark und bindet Mittel sowie wissenschaftliches Potential, das wir für die Entwicklung eines ökologischen, regenerativen Energiesystems brauchen. Die Zweckpropaganda für die neue atomare Technologie kommt meist von denen, deren materielles Wohlergehen und berufliches Prestige von der Forschungsfinanzierung abhängt. Solche Interessen vertragen keine Zweifel. Aber selbst die Atomfusionseuphoriker kündigen das erste Watt erst für die Mitte des kommenden Jahrhunderts an. Überall in der Atomfusonsliteratur finden wir großsprecherische, selbstgefällige Absichtserklärungen. Die Wissenschaft wolle »Sternenglut im Fusionsreaktor […] entfesseln« und eine »Energieerzeugung, wie sie in der Sonne abläuft, auf der Erde nachahmen«. Wäre der Einfluß selbstgefälliger, mehr auf den eigenen Vorteil bedachter, menschenverachtender ForscherInnen nicht so groß, könnten wir über sie lachen. Wieviel antihumane Dummheit und wieviel geistige Beschränktheit stecken in der Absicht, die Natur nachzubauen, bedenkt man die Unfähigkeit, die einfachsten sozialen Probleme der Menschen zu lösen. Die Bedürfnisse der Menschen sind immer nur ein Verkaufsargument, nie aber Antriebskraft herrschender Wissenschaft. Wir haben heute 50 Jahre Erfahrungen mit der Atomspaltung. Wir kennen die Leiden verstrahlter Menschen von Hiroschima bis Tschernobyl, wir wissen, daß der Boden, auf dem wir gehen, die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken, seit 1945 radioaktiv verseucht wird. 272
Wir wissen, daß diese Strahlung zusammen mit chemischen Giften eine solche verhängnisvolle Wirkung entfaltet, daß vermutlich jeder dritte, bald vielleicht jeder zweite Mensch damit rechnen muß, an Krebs zu sterben. Atomkraftwerke und künftige Atomfusionskraftwerke sind Anlagen, von denen ihre Betreiber und Profiteure allerspätestens seit Tschernobyl wissen, daß sie den Tod von vielen tausend Menschen herbeigeführt haben und daß sie durch den Normalbetrieb, durch Störfälle und Katastrophen weitere Menschen töten werden. Wer Atomanlagen plant, finanziert, politisch unterstützt und betreibt, macht sich der Beteiligung an massenhaftem Elend und an Massenmord schuldig. Wenn die Gesetze unseres Landes dieses Urteil nicht hergeben, zeigt das nur zweierlei: daß das Recht dem gehört, der die ökonomische Macht hat, und demzufolge der profitable Betrieb von Atomanlagen ein höherer Wert ist als die Unversehrtheit menschlichen Lebens und das Recht auf ein Leben ohne Qual. Zu unserem Widerstand gegen den atomaren Genozid gehört die Beendigung der Gleichgültigkeit und auch der Angriff auf die herrschende Wissenschaft. Menschen müssen den falschen Respekt verlieren vor Leuten mit bedeutenden Titeln in weißem Kittel. Sie müssen sich auseinandersetzen: Wer bezahlt die ForscherInnen, Institute, Labors und Forschungsreisen? Wer bestimmt die Forschungsziele? Wem dienen die Entscheidungen darüber, welche Richtung eine Entwicklung nimmt? Wie können wir die Elfenbeinturmbewohner mit der sozialen Wirklichkeit 273
konfrontieren? Wie lösen wir Forschung und Technologieentwicklung aus dem Griff des Kapitals? Und wie befreien wir die verschütteten, unterdrückten, diskriminierten Alternativen zur gegenwärtigen Entwicklung? Die herrschende Wissenschaft ist dumm, mißt mensch Intelligenz an der Fähigkeit, die Lage der Menschen zu verbessern. Ausdruck von Intelligenz wäre es zum Beispiel, ein feinverzweigtes, den Bedürfnissen der Menschen wie dem Schutz der Natur angepaßtes ökologisches Energieversorgungssystem zu entwickeln. Die sanfte Nutzung der regenerativen Energien, die Erhöhung der Effizienz bei der vorläufig notwendigen Verarbeitung von Kohle und Gas, die Einsparungen durch die Veränderung der Architektur, des Transportsystems, von Geräten, Maschinen und Produktionsabläufen sind Elemente eines solchen Systems. Es scheint, als könnten die Gläubigen der Großtechnologie die differenzierte Intelligenz, das notwendige dialektische Denken nicht aufbringen, das für eine solche wirklich globale Aufgabe notwendig wäre. Das Bundesforschungsministerium, das ein eigenes Referat »Kernfusion« hat, ging schon unter Minister Riesenhuber und Referatsleiter Siegfried von Krosigk davon aus, daß die Atomfusion neben der »Solartechnik auf Wasserstoffbasis« und der »Schnellen-Brüter-Technologie« (da ist sie wieder) »eine der drei Hauptsäulen der Energieversorgung« sein wird.453 Spätestens jetzt wissen wir, auf welches Ziel hin heute ein »energiepolitischer Konsens« erpreßt werden soll. Nach der Verlängerung der AKW-Betriebs274
dauer, dem Ausbau der Atomenergie in Osteuropa und in der GUS, der Zerschlagung einer ökologisch angepaßten Energieversorgung und nach neuen weltweit verbreiteten AKW-Reaktortypen ist die Atomfusion der vorerst letzte Schritt. Für die GentechnokratInnen gibt es keine größere Faszination als die manipulative Nutzung von Menschen. Ihr Menschenbild und ihr Naturverständnis gleichen dem der Atomfraktion, sofern es nicht ohnehin dieselben Leute sind. Auch mit ihren Sprachbildern demonstrieren sie den Willen zur absoluten Beherrschung der Natur und die Unfähigkeit, ökologische Zusammenhänge zu begreifen. »Fusionsbrennstoff stünde praktisch so unbegrenzt zur Verfügung«, schwärmt US-Physiker Glenn Seaborg, »als besäße man 500 mit Benzin gefüllte Pazifische Ozeane«.434 Hätten wir auch nur einen einzigen mit Benzin gefüllten Ozean, gäbe es vermutlich kein menschliches Leben. Selbst in sich ist dieses Werbeargument für die Atomfusion verblendet. Was für einen Fortschritt hätten wir mit einer Technologie, die es dem Kapital ermöglicht, hemmungslos Benzin zu verbrennen? Wäre die explosionsartige Vermehrung von Verbrennungsprozessen angesichts der zerfetzten Ozonschicht wirklich ein Fortschritt? Ist nicht gerade dieses Argument für die Atomfusion ein Grund für ihre Ablehnung, weil die neue atomare Großtechnologie neben radioaktiver Verseuchung der Welt auch grenzenlose Verschwendung in den kapitalistischen Zentren garantieren soll, während Alternativenergien in den Trikont verkauft werden? 275
Anstatt die Sonne, die ein Vielfaches der Energie, die die Menschen verbrauchen, frei anbietet, mit klugen, sanften Technologien anzuzapfen, wird mit dem größenwahnsinnigen Versuch, ihre Energieproduktion auf der Erde nachzuahmen, in den kapitalistischen Metropolen und der GUS der Weg in eine großtechnologische atomare Zukunft eingeleitet. Können wir uns überhaupt vorstellen, welche Nebenwirkungen es haben kann, die Funktionsweise der Sonne auf der Erde zu rekonstruieren und in riesigen Reaktoren mehr als 100 Millionen Grad Celsius zu erzeugen? Was bedeutet eine elektromagnetische Spannung vom 2 0 000fachen der Erde für diese Erde? ITER heißt ein Testreaktor und »Iter« ist das lateinische Wort für Weg, Reise. 1958, bei der zweiten Genfer Atomkonferenz, versprachen die Atomfusionsexperten der USA »die letzte Lösung für eines seiner [des Menschen] drängendsten Probleme gefunden zu haben«.455 Vielleicht ist die Atomfusion, gegen alle Verheißungen, wirklich nur die letzte Reise der Menschheit. Manche New-Age-Gemeinden, wie die international einflußreiche Findhorngemeinschaft in Großbritannien, residieren mit voller Absicht in der Nähe von Atomanlagen. Die Geheimwissenschaft Esoterik, die wir im nächsten Kapitel untersuchen, geht von der Ankunft eines neuen Weltzeitalters aus. In diesem New Age soll ein Teil der Menschheit eine neue, höhere Stufe menschlicher Evolution erreichen. Einige New-Age-Führer fühlen sich von der Atomenergie inspiriert. Atomare Strahlen fördern ihrer 276
Ansicht nach den Kontakt zu höheren Lebewesen und beschleunigen die esoterische Evolution, die Herausbildung der sechsten, höherwertigen »Wurzelrasse« der Menschheit. Das New Age, sagen sie, kann auch durch einen Atomkrieg kommen. Der Sprung einer esoterisch trainierten Elite auf eine vermeintlich höhere Stufe der Zivilisation rechtfertigt, ihrer Ansicht nach, auch Völkermord.
III. Ökofaschismus und Esoterik Wege in die Ökodiktatur
Die ökologische Modernisierung des Faschismus »Antje Vollmer [ ] warb dafür daß ›es unsere Sache ist‹, den ›Bruch‹ mit den Wertkonservativen aus der ÖDP, die sich Anfang der 80er Jahre von den Grünen abgespalten hatten, »wieder zu kitten««1156 Die ökologische Modernisierung des Faschismus kommt auf vielen leisen Sohlen. Auf ihrer Spur finden wir an zahlreichen Orten in der Gesellschaft menschenverachtende, rassistische Positionen, die sich ökologisch verkleiden. Die CSU etwa hat auf Drängen ihres ehemaligen Umweltministers Gauweiler 1992 in ihrem Programm verankert: »Wer unser ohnehin dichtbesiedeltes Land zum Einwanderungsland machen will, gibt das umweltpolitische Ziel, den Flächenverbrauch zu begrenzen, auf.« Für Gauweiler und die CSU ist »Umweltpolitik […] Ordnungspolitik«.457 278
Rassismus und Neofaschismus mit Hilfe ökologischer Begründungen neu zu legitimieren und zu popularisieren, ist inzwischen ein relativ erfolgreiches Unternehmen. Einzelne ökofaschistische Argumentationsmuster sickern selbst in linke und linksliberale Kreise ein. Ohne bislang auf großen Widerstand zu treffen, konnten sie sich in der Ökologiebewegung und sogar in linken Bündnissen ausbreiten. Bis zum Frühsommer 1992 arbeiteten beispielsweise in einem Bonner Bündnis gegen den Weltwirtschaftsgipfel 1992, dem ClearingHouse, VertreterInnen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), der Grünen, der Netzwerk Friedenskooperative, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und dem Deutschen Naturschutzring (DNR) mit der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) zusammen. Die Kölner Anti-EG-Gruppe kritisierte diese Zusammenarbeit in einem längeren Text ausführlich und schrieb im Frühjahr 1992: »Eine Auseinandersetzung mit der gesamten in der Kampagne ’92 vertretenen Ökoszene scheint uns überfällig. Bei den Recherchen über die ÖDP stießen wir immer wieder auf Hinweise, die auf eine sehr viel engere Verzahnung der rechten bis rechtsextremen Szene mit bislang von vielen als akzeptabel angesehenen Ökologie-Gruppen schließen lassen, als dies bislang wahrgenommen wurde. So fand die ÖDP nicht nur Aufnahme im Clearing-House, sondern viele ihrer Vorstandsmitglieder (allen voran […] ihr Vorsitzender Hans-Joachim Ritter) sind auch Mitglieder beim BUND.«458 279
Es ist dem Engagement linker Strömungen in der Gründungsphase der Grünen zu danken, daß die damals drohende politische Besetzung der Ökologie durch die rechtsextreme und neofaschistische Szene vorläufig verhindert wurde. Nach einer langen politischen Auseinandersetzung mit der rechten grünen Fraktion um Baldur Springmann und Herbert Gruhl trat der größte Teil dieser Gruppierung (mehrheitlich ehemalige Mitglieder der Grünen Aktion Zukunft, GAZ) nach der Saarbrücker Bundesversammlung 1981 aus der Partei aus. Mit ihrer zunehmenden Anpassung an die gesellschaftliche Mehrheit und ihrem abnehmenden Interesse für antifaschistische Positionen haben die Grünen jedoch zur Schwächung der linken Opposition beigetragen, der sie selbst nicht mehr angehören. Antje Vollmer betreibt die Rehabilitation von ÖkofaschistInnen und ihre Wiedervereinigung mit den Grünen. Sie macht das Bündnis mit den ÖkofaschistInnen zu ihrer politischen Angelegenheit. Auf einer Versammlung des Bündnis 90 sagte Vollmer im Zusammenhang mit der Vereinigung mit den Grünen, es ist »unsere Sache«, den »Bruch« mit den »Wertkonservativen« aus der ÖDP, die sich Anfang der 80er Jahre von den Grünen abgespalten hatten, »wieder zu kitten«.459 Abgespalten hatten sich jedoch Ökofaschisten wie Gruhl und Springmann. Wer sind die neuen alten Freunde grüner FunktionärInnen und die neuen BündnispartnerInnen der Ökologiebewegung? Noch vor wenigen Jahren war es unter Linken selbstverständlich: Mit einer rechtsextremistischen 280
bis ökofaschistischen Partei wie der ÖDP gibt es keine Gemeinsamkeiten. Linke Organisationen, die noch bei der Bundestagswahl 1990 antifaschistische Aufkleber »Wehret den Anfängen! Keine Stimme für Reps, DVU, NPD und ÖDP!«460 verbreiteten, schweigen heute über ihre neuen BundesgenossInnen. Werden Bündnisse zum Schutz der Natur völlig beliebig? Was hat sich geändert? Vor allem wohl die PR-Arbeit der ÖDP. Seit Herbert Gruhl im Februar 1990 als Bundesvorsitzender der ÖDP zurück- und anschließend mit einer Reihe von Gefolgsleuten austrat, gilt die ÖDP nur noch als »linkskatholisch«, wie dies ein »Noch-ÖDP-Mitglied« in der Republikaner-nahen Zeitschrift Europa vorn von rechts kritisiert.461 Voraussetzung für diese Fehleinschätzung, die viele Linke teilen, sind mangelnde Information, unterentwickelte Kritik und Ignoranz gegenüber menschenfeindlichen Positionen im ökologischen Gewand. Über den Anlaß von Gruhls Austritt aus der ÖDP schreibt der derzeitige Vorsitzende Hans-Joachim Ritter in seiner kurzen Geschichte der ÖDP462: »Innerparteiliche Irritationen […] Auseinandersetzungen um die politische Positionsbestimmung, vermengt mit persönlichen Unverträglichkeiten im Bundesvorstand, führten zum Rücktritt des langjährigen Bundesvorsitzenden Dr. Herbert Gruhl […] Auf dem Bundesparteitag im Februar 1989 in Saarbrücken, wo es um Formulierungsprobleme [Hervorhebung d. A.] in einem Abgrenzungstext gegen die Rechtsparteien ging, fanden die Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt. 281
[…] In Saarbrücken wurde erneut eine Abgrenzung zu den Rechtsparteien beschlossen […] Anlaß […] waren Diffamierungen aus der linksextremen Szene, die gelegentlich von diesem oder jenem Redakteur unkritisch übernommen wurden.«463 Damit ist sowohl das taktische Motiv für den Beschluß als auch die geringe inhaltliche Distanz zwischen Gruhl und der ÖDP beschrieben. Der inzwischen verstorbene Herbert Gruhl konnte Widerspruch nicht ertragen und reagierte gern autoritär. Gruhl konnte sich in der ÖDP der inhaltlichen Zustimmung zu rechtsextremistischen bis ökofaschistischen Positionen stets sicher sein. Er wollte lediglich den formalen, einer kritischen Öffentlichkeit geschuldeten Beschluß gegen eine rechtsextremistische und neofaschistische Kooperation verhindern. Der Konflikt zwischen Gruhl und der ÖDP war nachweislich nicht grundsätzlicher Natur. Es bestand eine taktische Differenz zwischen Gruhl und der ÖDP, mehr nicht. Bis heute nämlich liefert Herbert Gruhl die ideologischen Grundlagen für die ÖDP. Das ist nicht nur daran zu erkennen, daß sich der bereits erwähnte Ex-ÖDP-Vorsitzende Hans-Joachim Ritter in seiner offiziellen Geschichte der ÖDP unter vier Büchern auf zwei allein vom Autor Herbert Gruhl stützt. Noch immer beruhen auch die Programme der 1982 gegründeten Partei auf Gruhls Ideologie. Nach wie vor werden Gruhls Texte und Richtlinien für die Politik der ÖDP vertrieben und innerparteilich befolgt. Und er hat nicht nur in Ritter unverändert einen großen Bewunderer. 282
Noch nach seinem Austritt bot die ÖDP Herbert Gruhl den Ehrenvorsitz an.464 Im Oktober 1991 erschien in ÖkologiePolitik, der Mitgliederzeitung der ÖDP, eine Hymne auf Gruhl anläßlich seines 70. Geburtstages. Autor Franz Alt, zu dem ich später noch kommen werde, lobt darin in einer Sprache reaktionären Kitsches die Gruhlsche Welt des »väterlichen Hofes in der Oberlausitz«, »die Frömmigkeit der Mutter« und die »Naturverbundenheit des Vaters« im »heimeligen Dorf«.465 Für Gruhl und die ÖDP ist Ökologie »die Erhaltung des Naturhaushaltes.466 Diese ist leicht ohne den Menschen möglich. Gruhl bezieht sich – in Kontinuität zu den Faschismus vorbereitenden Autoren wie Ernst Haeckel467 und Oswald Spengler468 – ideologisch auf eine Ökologie, die zugleich politischer Kampfbegriff wie mystisch und spirituell ist. Gruhls Sprache ist vollgepfropft mit »Transzendenz«, »unergründliche biologische Prinzipien«, »geheimnisvolle Schöpfungsordnung«. Er überträgt biologische Abläufe, oberflächliche Beobachtungen aus der Natur außerhalb des Menschen auf die sozialen Beziehungen der Menschen untereinander. Gruhls Begriff von Ganzheitlichkeit, der in der antihumanen Tradition des »Holismus« (eine die Ganzheit mehr oder weniger verabsolutierende Ideologie) steht, verlangt vom Menschen die vollständige Unterordnung unter die ehernen Gesetze der Natur. Das Überleben der menschlichen Art ist Gruhls Anliegen, allerdings nicht aller Menschen, sondern derjenigen mit höherer Kulturentwicklung, und die findet er nur in Europa. Gruhl: »Vor 283
etwa 10 000 Jahren kamen die menschlichen Kulturen, die alle untergegangen sind. Die europäische, die letzte Kultur ist etwas völlig Neues.«469 Wie nahe diese Äußerung beim Wurzelrassen-Rassismus der AnthroposophInnen, bei neofaschistischen und esoterischen Vorstellungen liegt, werden wir noch untersuchen. Gruhl interessiert sich an keiner Stelle für den Raubbau an der Arbeitskraft und an der Kreativität des Menschen. Wer die höherwertige, europäische, »arische Rasse« retten will, dem liegt nichts am Leben und Wohlergehen der einzelnen Menschen. In Gruhls ökofaschistischer Ideologie ist der Mensch kein soziales Wesen, sondern eines, das auf seine biologischen Fähigkeiten reduziert ist und das sich mit den Verhältnissen abzufinden hat, wie sie sind: »Der Schwan ist weiß, ohne daß ihn jemand künstlich reinigt. Der Rabe ist schwarz, alles ist von selbst an seinem natürlichen Platz. Das ist gut. All dieses Streben der Menschen nach gutem Ruf und organisierter Gerechtigkeit ist hoffnungslos.«470 In dieser biologistischen Vorstellung vom Menschen existiert kein Platz für Schwache: »In der Natur herrscht ständiger Anpassungsdruck wie auch angestrengte Wachsamkeit; die fortwährende Leistungsbereitschaft ist dort zwingend; denn das Leben steht immer unter hautnaher Todesdrohung. Die Natur kennt bei Verstößen keine Gnade.«471 Es ist absurd, der Natur außerhalb des Menschen, also Pflanzen und Tieren, Eigenschaften wie »Gnadenlosigkeit« anzudichten. Gnadenlos sind allerdings die Regeln und ökologischen Dogmen, die Gruhl aus einer so beschriebenen 284
Natur für gesellschaftliches Leben ableitet: »Das Geflecht der karitativen menschlichen Einrichtungen hingegen, die man heute als soziales Netz‹ bezeichnet, fängt auch noch den auf, der seine Lage selbst verschuldet hat. Darin liegt die große Verführung: Alle wiegen sich in einer Sicherheit, die ganz und gar unnatürlich ist.«472 Für Gruhl sind das Recht des Stärkeren, die unbedingte Leistung, Unterordnung und Eliten, Herrschaft und Ausbeutung, Tod und Vernichtung Naturgesetze, die sich eine ökologische Gesellschaft zu eigen machen muß. Gruhl schätzt Oswald Spengler, der vom natürlichen Rangunterschied zwischen Menschen, von der Höherwertigkeit der einen menschlichen »Rasse« (die es nicht gibt) über die anderen sprach und der für den Imperialismus als einem Sieg höherwertiger über alte und starr gewordene minderwertige Völker warb. Auf die Unzulässigkeit, Menschen nach Rassen zu unterscheiden, habe ich schon hingewiesen. In welcher geistigen Verwandtschaft sich Gruhl mit diesem Weltbild befindet, werden wir am Beispiel des Weltbundes zum Schutz des Lebens und der Anthroposophen später feststellen. Was versteht einer wie Gruhl, mit dem Antje Vollmer die Grünen versöhnen möchte, unter Umweltschutz? Gruhl fordert einen »Einwanderungsstopp aus ökologischen Gründen«, denn da sie hier frören und folglich viel heizten, belasteten Ausländer die deutsche Umwelt mehr als die Deutschen.473 Auch bei der Frage der Abtreibung treffen sich Gruhl und die ÖDE Der gesamten rechtsextremisti285
schen und neofaschistischen Szene ist die zentrale Frage des sogenannten Lebensschutzes gemeinsam. Lebensschutz bedeutet stets mehr oder weniger rigide Strafen für Frauen, die abtreiben, sofern sie deutsche oder mindestens weiße Frauen sind. Die Bevölkerungsentwicklung im Trikont ist für Gruhl wie für die ÖDP jedoch die Ursache der Umweltzerstörung und nicht etwa auch die Folge kolonialer, imperialistischer und kapitalistischer Vernichtungsfeldzüge seit Hunderten von Jahren. Rassistische Gewalt kündigt sich in der Sprache an. Gruhl spricht in nationalsozialistischen Bildern von »Menschenflut« und »Menschenlawinen«, malt als Bedrohung nicht Hunger, Ausbeutung und Verschuldung, sondern die »zunehmenden Milliarden von Menschen« an die Wand. Menschen werden in seiner und der ÖDP-Sprache zu Heuschrecken, die mit Gewalt dezimiert werden müssen. Die Drohung gegen das »minderwertige Menschenmaterial« ist eindeutig, die bestialische Grundregel wieder einmal der Natur abgeschaut: »Die einzige Währung aber, die hier gilt und in der Verstöße gegen die Naturgesetze beglichen werden können, ist der Tod. Der Tod bringt den Ausgleich, er schneidet alles Leben, das auf diesem Planet auswuchert, wieder zurück, damit der Planet wieder ins Gleichgewicht kommt.«474 Zum Schutz des Planeten und der Natur, aber nicht aller Menschen, müssen die notwendigen Maßnahmen mit Gewalt durchgesetzt werden, von den einen (höherwertigen) Menschen gegen die anderen, die Heuschrecken, denen kein vergleichbares Existenz- und 286
Selbstbestimmungsrecht zusteht. Weil nur die »Menschen des Abendlandes zur Geburtenkontrolle fähig«475 sind, droht Gruhl: »Es bleibt nur die Alternative: Untergang oder vorsorgliche Reduktion mit allen Mitteln.«476 Wem das nicht deutlich genug ist, für den zitiert Gruhl zustimmend René Dubos: »Für einige überfüllte Populationen mag dann Gewalt oder sogar die Atombombe eines Tages keine Drohung mehr sein, sondern Befreiung.«477 Das macht den Menschen im Trikont nicht so viel aus, ist Gruhl überzeugt: »Das rührt auch von ihrer völlig anderen Grundeinstellung zum Leben her; der eigene Tod wird wie der der Kinder als Schicksal hingenommen.«47S »Bevölkerungswachstum« wird bereits im Bericht des Club of Rome von 1972 als ein Hauptproblem bezeichnet. Hunger wird nicht analysiert als eine Frage der Verfügbarkeit über Boden oder Einkommen, sondern als das Ergebnis einer mathematischen Beziehung von Kopfzahl zu bebaubarem Land. Dem Unternehmer-Club stellte sich noch nie die Frage, was Landraub und Großgrundbesitz mit Hunger zu tun haben und warum multinationale Konzerne in Kenia Blumen oder im Sahel Erdbeeren in Monokulturen anbauen. Die Konzerne zerschlagen eine gemischte, für die Ernährung der Menschen im Trikont notwendige Landwirtschaft, um vom Luxusgenuß von Menschen in den kapitalistischen Zentren zu profitieren. Auch im Bericht des Clubs von 1991 finden wir den militaristischen, antihumanen Begriff der »Bevölkerungsexplosion«, wie wir ihn aus einer Vielzahl von Zeitungen 287
und Zeitschriften in der Bundesrepublik, allen voran Zeit und Stern, kennen. Die feinen Club-Herren drohen nicht wie Gruhl mit der befreienden Wirkung der Atombombe, sie haben einen anderen grandiosen Vorschlag: »Alle Menschen werden Opfer bringen müssen […] in den Industrieländern werden sich deshalb Lebensstil und Konsumverhalten ändern müssen, während in den Entwicklungsländern eine grundlegende Umstellung stattfinden muß, die zu Eigeninitiative, Disziplin und in jeder Hinsicht höheren Standards führen muß.«479 Hat der Club jemals dagegen protestiert, daß Bauern und BäuerInnen im Trikont von ihrem Land verjagt, daß GewerkschafterInnen trotz ihrer »Eigeninitiative, Disziplin und [ihres] in jeder Hinsicht höheren Standards« von Todesschwadronen ermordet werden, möglicherweise auch im Auftrag jener Konzerne, von denen der eine oder andere Club-Herr sein Gehalt bezieht? Auch die ÖDP glaubt, »die Bevölkerungsexplosion bedroht das Leben auf der Erde«.480 »Störungen des ökologischen Gleichgewichts […] gehen mit der Bevölkerungsdichte Hand in Hand.«481 Während sie deshalb den »Kinderreichtum der Armen«482 durch Kontrollmaßnahmen in den Griff bekommen möchte, vertritt die Partei für weiße deutsche Frauen eine andere Position: Als »wertkonservative« Partei ist sie »gegen die Tötung ungeborenen Lebens«483, Abtreibung dürfte nicht »öffentlich gefördert werden«, indem die Krankenkassen die Kosten übernehmen.484 »Die europäische Kultur, die in unserem Jahrhundert in der triumphalen, weltbeherrschenden und natur288
vernichtenden Technik kumulierte, [wird] nicht an der Degeneration ihrer Menschen untergehen wie frühere Hochkulturen, sondern aufgrund physikalischer Gesetze: an der alles überflutenden Masse Mensch auf gleichbleibender Erdoberfläche.« In der Dritten Welt »wird auch ohne Atomkrieg das große Sterben grassieren«. Von den »Ballungsgebiete[n]« der Trikont-Staaten, den »Hungerund Seuchengebiete[n] der kommenden Jahre«, gehen wahnsinnige Gefahren für die wertvollen Menschen aus, »wenn […] 500 Millionen Menschen aus der Dritten Welt nach Westeuropa kommen, dann bricht auch hier jegliche Ordnung zusammen. Dort allerdings schaffen selbst 500 Millionen Abgewanderter keine Entlastung, denn in nur sieben Jahren ist diese Lücke von 500 Millionen schon wieder ausgefüllt.« Es geht Gruhl um die Erde, die Natur, die europäische Kultur, die Ordnung. Gruhls Mitgefühl gilt in keinem einzigen Satz den Menschen. Mit dem in bürgerlichen Kreisen so beliebten Alterspessimismus, der so schön-schaurig Gänsehaut hervorruft, ist es für ihn »zur Umkehr zu spät«.485 Oder doch nicht? Gegen die Bedrohung des Planeten durch die falschen Menschenmassen braucht der Ökofaschist die Aufrüstung aus ökologischen Gründen. Gruhl plädiert für einen »starken Staat«, notfalls mit »diktatorischen Vollmachten« und bewaffnet. Er sagt sehr offenherzig, wessen Verteidigung seine diktatorischen und imperialistischen Konzepte gelten: »Für die Zukunft werden die Völker einen riesigen Vorsprung erreichen, denen es gelingt, ihren Rüstungs289
standard auf der höchsten Spitze, ihren Lebensstandard jedoch niedrig zu halten«, denn »die Kriege der Zukunft werden um die Teilhabe an der Lebensgrundlage überhaupt geführt werden, das heißt um die Ernährungsgrundlage und um die immer wertvoller werdenden Bodenschätze. Sie werden darum an Furchtbarkeit unter Umständen alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen.486 Gruhl scheint von der Vorstellung des Furchtbaren kaum erschüttert, vielmehr so fasziniert wie Ernst Jünger bei der Betrachtung seiner Käfersammlung, die der Kriegeverherrlicher, Antisemit und Wegbereiter des Faschismus stets mehr zu lieben schien als die Menschen.487 »Kulturgesellschaften«, sagt Gruhl, »sind stets von außen bedroht, weil ihr Wohlstand den Neid anderer Völker weckt. Also brauchen sie eine Streitmacht zu ihrer Verteidigung viel dringender als arme Völkerstämme.«488 Den Widerspruch, warum die »europäische Kultur« die letzte sei, da doch alle anderen Kulturen angeblich untergegangen sind, obwohl unverkennbar eine Reihe von Menschen in den nichteuropäischen Teilen der Erde lebt, klärt er nicht auf. Die letzte, ganz neue, höherwertige Kultur, die Spitze der menschlichen Zivilisation gewissermaßen, steht unter andauernder Bedrohung: »Wenn dagegen viele Kulturen in einem Raum zusammengemixt werden, so ergibt das entweder ein Neben- und Gegeneinander oder […] Entropie, also ein Gemisch, dessen Wert mit zunehmender Durchmischung sinkt, bis es letzten Endes keinen Wert mehr hat.«489 Auf die Frage, ob das nicht die These vom 290
»unwerten Leben« sei, antwortete Gruhl ganz ökologisch: »Das ist ein Gesetz der Entropie, das wir besonders in der Ökologie haben, und dieses Gesetz gilt auch für menschliche Kulturen.«49C Wie weit ökofaschistische Positionen etwa die Kulturdiskussion beeinflussen, zeigt die Sicht von Bazon Brock, Ästhetikprofessor an der Universität Wuppertal. Seiner Ansicht nach schreitet die »Slumbildung […] voran, wenn Kulturgemeinschaften zerfallen. Jeder vierte Frankfurter kommt schon aus dem Ausland […]. Ich sehe nicht, wie jemand aus einem Dritte-Welt-Land Interesse an unseren Häuserfassaden entwickeln soll. […] Sie können […] einem persischen Maler hier nicht beibringen, wie wir unsere Bilder sehen. Unsere Bildsprache ist ihm nicht eingängig.« Es gebe eine »europäische« Art der Bildbetrachtung, aber keinen Sinn, Künstlern aus anderen Ländern »unsere Fassaden nahe[zu]bringen«. Es gibt nicht die europäische Kultur, sondern die Kultur der Herrschenden, proletarische Kultur, Alltagskultur, Kultur von Frauen in bestimmten historischen und sozialen Situationen usw. Sich mit einem Menschen aus dem Senegal oder dem Iran über Hinterhofkommunikation verständigen zu müssen, wäre für Brock »die Aufhebung seiner Kultur«491, was nur noch von seinem Schmerz übertroffen wird, daß es in der Bundesrepublik keine richtigen Eliten mehr gibt. Zur Verteidigung der faschistischen Ideologie von der unbedingten Reinhaltung der hochwertigen »arischen Rasse« muß die Geschichte Europas und Deutschlands 291
gefälscht werden. Deutsche Kultur? Herrschende Kreise hatten im 19. Jahrhundert ein dringendes Interesse an der Herausbildung eines deutschen Nationalbewußtseins. Es sollte den Kriegen gegen den »deutschen Erzfeind« Frankreich und dem ökonomischen Ziel einer effizienten Weiterentwicklung des Kapitalismus in einer zentralisierten politischen Struktur dienen. Auch die berüchtigten »deutschen Dichter und Denker« halfen bei der Konstruktion deutscher Identität in einem Gebiet, dessen binnen- und Außengrenzen sich ständig änderten und dessen Menschen Produkte vielfacher Völkerwanderungen in alle Himmelsrichtungen waren. Furchtbares ist offenbar immer besonders furchtbar, wenn es Deutschen zustößt. Das utopische Prinzip der Gleichheit aller Menschen ist ein sozialer Wert, den wir in ökofaschistischen Kreisen nie finden werden. Die besondere Sorge für das deutsche Volk teilt die ÖDP mit Gruhl. Ganz besonders dem deutschen Volk drohen Waffen, existentielle Ernährungsprobleme und »Störung des ökologischen Gleichgewichtes und die Zerstörung der natürlichen Lebensräume«, die mit »der Bevölkerungsdichte Hand in Hand« gehen.492 Aber den Kampf des Stärkeren gegen den Schwächeren gibt es auch innerhalb einer Gesellschaft. Gruhls Vorbild Haeckel propagierte ein sozialdarwinistisches »Recht des Stärkeren«, war für »Rassenhygiene« und »Zuchtauswahl«. Und Gruhl sieht im »sozialen Netz« ein Hindernis für gesellschaftliche Selektion.493 Da »Deutschland […] auch nicht Zufluchtstätte für 292
die Flüchtlinge der ganzen Welt sein«, kann, will die ÖDP »Anreize für die Heimkehr ausländischer Arbeitnehmer« schaffen. So schützt die ÖDP Flüchtlinge und ImmigrantInnen vor Ausländerfeindlichkeit durch Abschiebung, denn »schon jetzt wächst in unserem [!] Land die Fremdenfeindlichkeit«;494 Abschiebung wird ökologisch begründet. Sie nützt dem in seiner »Rassereinheit« bedrohten deutschen Volk und der Natur. Es werden zwar dann in den Ländern, aus denen sie flohen und in die sie nun zurückkehren müssen, noch mehr Menschen gefoltert, dafür wird in Deutschland weniger geheizt. Neben Mordanschlägen auf Flüchtlinge und ImmigrantInnen als Teil der politischen Praxis der neuen alten Rechten (der Begriff »Neue Rechte« ist falsch, weil es praktisch kaum eine rechtsextremistische oder neofaschistische Organisation gibt, die ohne programmatische und personelle Rückgriffe auf den deutschen Faschismus [Nationalsozialismus] auskommt. Der Begriff stützt den Versuch, einen Neuanfang vorzutäuschen.) finden wir in den Programmaussagen vieler Organisationen den Rassismus als angebliche Toleranz gegenüber fremden Kulturen verschleiert.495 Auch die ÖDP schiebt vor die (soziale) Gleichheit aller Menschen, mit gleichen Rechten und gleichen Entwicklungsmöglichkeiten, den Erhalt der »Andersartigkeit und Vielgestaltigkeit der Völker«.496 Die Abschiebung von Flüchtlingen dient scheinbar menschenfreundlich dem Erhalt fremder Kulturen, vor allem aber der »rassischen Reinhaltung« des deutschen Volkes und 293
der Verhütung der »Bastardisierung« (Abtreibungsgegner Siegfried Ernst, Europäische Ärzteaktion). Die ÖDP sagt dies in ihren Programmen nicht ganz so deutlich. Die offen militante Formulierung rassistischer Positionen überläßt sie offen neofaschistischen Organisationen. Die ÖDP hat objektiv eine besondere Rolle: die ökologische Frage für die hegemoniale Besetzung durch Rechte und NeofaschistInnen zuzurichten und Rassismus, Militarisierung und Bevölkerungspolitik eine neue ökologische Legitimation zu verschaffen. Wir finden moderate, aber verwandte Positionen bei Exlinken wie Antje Vollmer, die politisch – und Häufung und Ähnlichkeit vergleichbarer biographischer Wandlungen machen stutzig – aus der dogmatischen KPD/AO kommt. In meinen undogmatischen linken Zusammenhängen der siebziger Jahre trugen die Mitglieder der »KPD-A-Null« den Spitznamen »Vaterlandsverteidiger«, und ihre vermeintlich proletarischem Verhalten künstlich angepaßte kleinbürgerliche Lebensführung war Ziel unseres undogmatisch-linken Spotts. Es wäre Gegenstand einer anderweitig zu führenden Untersuchung, weshalb so viele ehemalige Mitglieder der KPD/AO und des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) heute völlig unpolitisch und bürgerlich leben. Viele gehören zu den leitenden FunktionärInnen der rechtesten Strömungen bei den Grünen und bekämpfen Linke oft haßerfüllter als Liberale oder Wertkonservative. Neben Antje Vollmer war Erhard Müller bei der KPD/AO;
er managte auf seiten des Bündnis 90 als ehemaliger WestGrüner die Vereinigung mit den Grünen. Ralf Fücks, von dem wir in dessen Ägide als Funktionär des KBW in den siebziger Jahren als kleinbürgerliche Fortschrittsfeinde hart angegriffen wurden, weil wir gegen Atomkraftwerke demonstrierten, ist heute Umweltsenator in Bremen und hilft in der Ampelkoalition den Sozialabbau durchzusetzen. Seine Fraktion wollte es der DVU »ersparen«, wie die Grünen früher »an den Rand gedrängt zu werden«, und stimmte für ein Zählverfahren in den Ausschüssen der Bremer Bürgerschaft, das den DVU-Abgeordneten und NPD-Mitglied Karl-Heinz Vorsatz zum Sprecher der Kulturdeputation machte, zuständig unter anderem für die Arbeit mit ausländischen Jugendlichen.497 Winfried Kretschmanns Weg vom dogmatischen Funktionär des KBW führte die Grünen in Baden-Württemberg in Koalitionsgespräche mit der CDU. Ihre ideologischen Berührungspunkte mit rechtsextremistischen Positionen beschreibt Antje Vollmer selbst: »Vielleicht liegt dem Mißtrauen breiter Teile der Bevölkerung gegen das multikulturelle Konzept die vage Völkererinnerung zugrunde, daß – historisch gesehen – die einheimischen Kulturen den Einwandernden in der Regel unterlagen.« Was ist eine »Völkererinnerung«? Handelt es sich dabei um einen frisch entdeckten genetischen Defekt? Vollmer wohnt in Bielefeld. Stehen die Hunnen vor den Toren der Stadt? »Afrika ist«, schreibt Vollmer weiter, »nicht mehr in der Lage, sie [die Menschen] kulturell oder 295
identitätsbildend an sich zu binden […] Ob Osteuropa in dieser Hinsicht zu einem zweiten Afrika wird, ist die entscheidende Frage, über die die Politik Westeuropas in den nächsten fünf Jahren entscheiden wird […] Von daher ist der Stolz auf eine nationale und politisch kulturelle Identität trotz aller historischen Lasten zu fördern. Dieser vorsichtige Umgang mit Elementen der nationalen Identität als Möglichkeit, Menschen an ihr Land zu binden, sollte versucht werden.«498 Wenn das deutsche Volk eine volksgemeinschaftliche Vereinigung von Höherwertigen ist, sind diese mit einer »abwehrbereiten Demokratie« (ÖDP)499 und mit aller Kraft vor ihren Feinden zu schützen. Wo die ÖDP sonst angeblich für Dezentralisierung und sogenannten Lebensschutz kämpft, hält sie in ihren Programmen den zentralistischen Herrschaftskomplex EG für eine »große Errungenschaft«, befürwortet den Erhalt der NATO und unterstützt Rüstungsexporte. Allerdings dürfen diese Waffen nicht überall hingeschickt werden. Wer – wie die ÖDP – das wertvolle deutsche Volk verteidigen will, darf Waffen nur an deutsche Freunde exportieren. Alles andere wäre wirklich töricht. So dient »Lebensschutz« der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zum Schutz der deutschen Volksgemeinschaft.500 Das »ethische Gebot der Ehrfurcht vor der Schöpfung«, das die ÖDP für sich als »wertkonservative« Partei in Anspruch nimmt, gilt vor allem für den weißen, hochwertigen Nachwuchs deutscher Frauen. Wie fast alle sogenannten LebensschützerInnen meint die ÖDP mit dem Schutz des 296
Lebens nicht den Schutz der Asylsuchenden, die aus vermeintlichem Respekt vor ihrer Kultur längst abgeschoben wurden, schon gar nicht vor deutschen Waffen. Aus dem »Lebensschutz« der AbtreibungsgegnerInnen wird ein Gebärzwang für deutsche Frauen und ein völkischer Kampfbegriff gegen ein selbstbestimmtes Leben einschließlich einer selbstbestimmten Sexualität. Frauen, die Sexualität nicht an Fortpflanzung binden, die selbst bestimmen wollen, ob und wie viele Kinder sie bekommen, werden in dieser persönlichen Entscheidung im Programm der ÖDP den Moralvorstellungen einer politischen Partei und staatlicher Strafandrohung unterworfen: Abtreibung ist als »Tötung ungeborenen Lebens«501 unbedingt zu verhindern. Abtreibende Frauen vergleicht die ÖDP mit den größten Verbrechern: »Wenn Leben unwiderruflich zerstört wird, muß der Staat auch durch Gesetze handeln, ob es sich nun um Atomrüstung, Atomenergie, allgemeine Umweltzerstörung oder Abtreibung handelt.«502 Die sogenannte Lebensschutzfrage, also die militante Abtreibungsgegnerschaft und Feindschaft gegenüber jedweder reproduktiven Selbstbestimmung von »arischen« Frauen, und der Rassismus sind die traditionellen Scharniere zwischen den verschiedenen Fraktionen der RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen. Die Ökologie oder vielmehr der Umweltschutz wurde zum neuen Scharnier der meisten rechtsextremistischen und neofaschistischen Organisationen in neue gesellschaftliche Milieus. 297
Diese Scharnierstelle bleibt nicht abstrakt. Sie wird auch durch Personen repräsentiert. Wir treffen auf HansJoachim Ritter, den langjährigen Vorsitzenden der ÖDP, mit dem einige RepräsentantInnen linker Organisationen über Monate so harmonisch in Sachen Weltwirtschaftsgipfel zusammenarbeiteten. Ritter, der sich in Schriften der geschickten Bündnispolitik der ÖDP zwischen Kirchen, BUND und Grünen rühmt, ist auch in einer der zentralen LebensschützerInnenorganisationen aktiv, der »Aktion Lebensrecht für alle« (ALfa). Bei ALfa (etwa 11 000 Mitglieder) sammeln sich auch Mitglieder und VertreterInnen rechtsextremistischer Organisationen wie der »Aktion Leben« oder der »Europäischen Ärzteaktion« (EÄA). Gruhl, dem Ritter so freundschaftlich verbunden geblieben ist, hatte nach seinem Austritt aus der ÖDP viel zu tun. Neben Gastreden – wie schon während seiner ÖDP-Zeit – auf Schweizer Nazi-Veranstaltungen (Nationale Aktion)503 gründete er zuerst den »Arbeitskreis ökologische Politik«, den er im April 1991 schließlich mit der »Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Ökologen Deutschlands« vereinigte, ein Pakt auch mit ehemaligen Mitgliedern der NPD. In seiner Gründungsrede im April 1991 kritisierte er, daß »die Mitteldeutschen« nach der Wiedervereinigung nicht bereit seien, »auf marxistische Emanzipationsideale wie die Beschäftigung der Frau zu verzichten«.504 ÖDP-Mitglieder finden wir als AutorInnen in fast allen Zeitungen und Zeitschriften der Rechten wieder. Wenn Gruhls Unabhängige Ökologen sich bei nationalistischen Heimatveranstaltun298
gen treffen, wenn Vertriebenenfahnen wehen, ist oft auch die ÖDP vertreten, die 1992, zur gleichen Zeit, im Bonner Anti-WWG-Bündnis von Grünen, BUND und DGB mitarbeiten durfte. Eine selbstbestimmte Entwicklung des Trikont, die nicht zerstörerisch ist, aber ein Menschenrecht auf eine soziale und ökologische Entwicklung verwirklichen hilft, will sich der wohlsituierte Europäer Gruhl nicht vorstellen. Auf die Tagesordnung soll »die tödliche Vermehrung der Menschen«, und: »Die Völker müßten danach streben, sich klug einzuschränken und weisen Verzicht zu üben; sie müßten ein asketisches Leben führen. Beginnen müßte die Enthaltsamkeit bei der Fortpflanzung. Dazu sind 80 Prozent der Menschen gar nicht fähig […] das teuflischste Problem […] ist also die Vermehrung der Menschen«, die »Zeugungslust der Dritten Welt«, die »tagtäglich etwa 200000 Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt« werfe. Vor denen fürchtet sich der deutsche Herrenmensch: »Menschenmassen ohne Arbeit sind zu unberechenbaren revolutionären Aktionen bereit, und die Demagogen bedienen sich ihrer.«505 – Welche eigenen, gar nicht fremdbestimmten Gründe zum Aufstand gegen Gruhls »Hochkultur«-Europa, gegen die Plünderung durch die kapitalistischen Metropolen, könnten die Menschen auch schon haben?! In einer vorgeblich radikalen Kritik am Kapitalismus trifft er sich mit Bahro: »Das ganze Wesen der Industriegesellschaft besteht doch gerade darin, daß sie nur antiökologisch sein kann […] Retten könnte uns nur der 299
Ausstieg aus der Industriegesellschaft. Dafür befinden sich aber schon fünfmal zuviel Menschen auf diesem Planeten – und 30 Jahre weiter werden es bereits achtmal zuviel sein.«506 Der Begriff »Kapitalismus« kommt im umfangreichen Stichwortverzeichnis von Herbert Gruhls 1992 erschienenen Buch Himmelfahrt ins Nichts kein einziges Mal vor. Wir finden dort fünfmal den »Teufel‹, 13mal »Bevölkerungsexplosion«, und 22 Zitatstellen »Katastrophen‹ werden nur noch von »Deutschland« (23mal) und »Gott« (26mal) übertroffen. Der Punkt, der MilitaristInnen, BevölkerungspolitikerInnen, reaktionäre ÖkologInnen und ÖkofaschistInnen, New-AgerInnen, SpiritualistInnen und RassistInnen verbindet, heißt: Ein besseres Leben für eine elitäre, »arische«, weiße Minderheit ist auf diesem Planeten nur dann zu haben, wenn die Anzahl der Menschen im Trikont dezimiert wird und wenn die Ausplünderung weitergeht bis ins Innerste der Zelle, die menschlichen Gene. Die Vorstellungen, mit welchen Mitteln dieses bessere Leben für die »Hochwertigen« zu bewerkstelligen sei, triefen vor Gewalt: vom planvollen Hungertod und Völkermord durch unterlassene Hilfeleistung (zum Beispiel bei Aids in Afrika) über Zwangssterilisierung und Krieg bis zum Völkermord durch die Atombombe. Rund zweieinhalb Jahre nach seinem Wutausbruch über die formale Abgrenzung der ÖDP gegen Republikaner und NPD empfing Herbert Gruhl am 7. Oktober 1991 aus der Hand von Monika Griefahn, der ehemaligen Greenpeace300
Funktionärin und Umweltministerin der Landesregierung von Niedersachsen – deren steile Karriere von der Atomkritikerin zur Förderin der Interessen des Atomkapitals wir schon kennengelernt haben –, das Bundesverdienstkreuz. Die rosagrüne Landesregierung war gewarnt. Im SPDPressedienst Blick nach rechts vom Januar 1991 hätte sie lesen können: »Das damals erschienene Buch ›Ein Planet wird geplündert‹ wurde eher irrtümlich zum Bestseller […] Wer es las, fand darin knallharten Darwinismus mit einem fragwürdigen Demokratieverständnis, was den Vorwurf nach sich zog, Gruhl sei ein ›Ökofaschist‹.«507 Ritter, Ex-Vorsitzender der angeblich linkskatholischen bis wertkonservativen ÖDP, hatte jahrelang für Gruhls Bundesverdienstkreuz gekämpft und hielt bei den niedersächsischen Feierlichkeiten eine Laudatio auf den Geehrten. Gruhl sei doch nicht für seine Verdienste in irgendwelchen Parteien ausgezeichnet worden, sondern für seine Verdienste für den Umweltschutz, verteidigte eine Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums die Ordensverleihung. Als wäre »Umweltschutz« eine unpolitische, über allen Wolken schwebende Kategorie. Die Ideologie einer unpolitischen, sich nur um Tiere und Pflanzen kümmernden, von allen sozialen und ökonomischen Gewaltverhältnissen unbeeinträchtigten Naturschutzpolitik hat dazu beigetragen, Ökologie zur Okkupation durch ökofaschistische Positionen vorzubereiten. Der Mensch ist ein Teil der Natur und zugleich als ein 301
besonderer Teil mit Fähigkeiten ausgestattet, wie wir sie weder bei Tieren noch bei Pflanzen finden: nachzudenken, zu planen, zu träumen, sein Leben kreativ zu gestalten, für Selbstbestimmung zu kämpfen, zu lernen, sich in Auseinandersetzung mit seiner sozialen Umwelt zu entwickeln – wobei wir an dieser Stelle nicht über die politischen Verhältnisse reden, die diese Fähigkeiten einschränken, unterdrücken, ersticken. Wenn also dieses soziale Wesen Mensch ein Teil der Natur ist, dann muß ökologische Politik die sozialen Verhältnisse des Menschen berücksichtigen, sonst wird sie biologistisch und reaktionär. Weder die rosa-grüne niedersächsische Landesregierung noch das dazugehörige Umweltministerium unter Monika Griefahn stießen sich daran, mit Herbert Gruhl einen Autor der rechtsextremistischen Zeitschriften Mut, Nation Europa (der NPD nahestehend), Wir selbst (den Nationalrevolutionären nahestehend) und Junge Freiheit geehrt zu haben. Die neofaschistische Nationalzeitung zollte Gruhl Hochachtung, nur er könne eine Umweltschutzpartei seriöser Prägung aufbauen.508 Vor seinem Eintritt in die Grünen gründete Gruhl die Grüne Aktion Zukunft (GAZ), in der auch Mitglieder des rechtsextremistischen Weltbundes zum Schutz des Lebens (WSL) Aufnahme fanden. Zeitweise konnte die GAZ auch den inzwischen verstorbenen Zoologen Bernhard Grzimek, ehemaliges NSDAP-Mitglied und Vertreter der Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe, als Aushängeschild gewinnen. 302
Eine enge Zusammenarbeit gab es außerdem mit dem Lieblingsnaturwissenschaftler der rechtsextremistischen Szene, dem Nobelpreisträger Konrad Lorenz. Lorenz beantragte am 28. Juni 1938, gleich nach der Annektion Österreichs durch Hitler, die Mitgliedschaft in der NSDAP (Mitgliedsnummer 6170554). In seinem 1973 erschienenen Buch Die sieben Todsünden beschreibt er das »verderbliche Wachstum bösartiger Tumore« aufgrund des Versagens von »Abwehrmaßnahmen«, die gegen die »asozialen« Zellen schützen könnten. Er zieht selbst eine »Analogie« zum Menschen: »Ein Mensch, der durch das Ausbleiben der Reifung sozialer Verhaltensnormen in einem infantilen Zustand verbleibt, wird notwendigerweise zum Parasit der Gesellschaft […] Es ist nicht auszuschließen, daß viele Infantilismen, die große Anteile der heutigen ›rebellierenden‹ Jugend zu sozialen Parasiten machen, möglicherweise genetisch bedingt sind.«509 Es ist kennzeichnend für BiologistInnen aller Schattierungen, daß sie mit einer von ihren sozialen Interessen und ihrer ideologischen Position getrübten Sicht oberflächliche Beobachtungen äußerer Erscheinungsformen biologischer Abläufe anstellen. Sie belegen ihre »Beobachtungen« hochwissenschaftlich mit Begriffen aus der menschlichen Gesellschaft: Abwehrmaßnahmen, asozial, Parasit, Ordnung, Raubzüge, Hackordnungen, Hierarchie, Mutterinstinkt usw. und nehmen die so kategorisierten Verhaltensweisen als Beleg für nun »natürlich« begründete, angeblich festgelegte menschliche Verhaltensweisen und für gesellschaftliche 303
Ordnung. Diese Rückübertragung von wissenschaftlich übertünchten biologistischen Ansichten dient nur der »ökologischen« Legitimation rechter gesellschaftspolitischer Konzepte. Eine der AutorInnen des GAZ-Manifests war Christa Meves. Sie ist eine der einflußreichsten AbtreibungsgegnerInnen und BiologistInnen der rechtsextremistischen und neofaschistischen Szene. Sie referiert auf Seminaren der rechtsextremen »Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung« gemeinsam mit Mitgliedern der NPD, wie zum Beispiel 1976 mit Adolf von Thadden und Rolf Kosiek beim Stettenfels-Seminar. In ihren Büchern im katholischen Herder Verlag verbreitet sie ihren biologistischen Mist in millionenfacher Auflage. Wir finden ihre Bücher als offizielles Lehrmaterial auch an einigen Fachhochschulen für Sozialwesen.510 Meves wütet »gegen dieses Wahnsinnszerstörungswerk […] dieses Ausliefern der jüngeren Frauen an die Sexualität des Mannes, diese verderbliche Abkapselung des Triebes von der Liebe, diese Knospenverstümmelung bei gleichzeitiger Überbewertung qualvoll intellektualisierter Bildungsgänge«. Ausgeliefert an den »Dämon […] autonome Sexualität«511, die nicht Teil der weiblichen Natur sei, sei hingegen »das Besitzstreben des Menschen […] Teil seiner Natur«.512 Und: Die Frau hat von ihrer biologischen Aufgabe her ein natürliches Bedürfnis nach Unterwerfung, der Mann nach Eroberung und Beherrschung.« Eine »Mütterausbildung« soll den Mädchen, die biologisch bedingt, 304
wegen der anderen »Hirnstruktur«, viel mehr »praktisch« als theoretisch lernfähig seien, bei der Identitätsfindung und dem deutschen Volk bei dessen Vermehrung helfen.533 Diese deutsche Vermehrung macht Frau Meves große Sorge. Sexuelle Lust, nach Meves Zeichen für eine »infantile« Sexualität, lenkt ab vom Kinderkriegen. Der »Orgasmus der Frau« ist »in seiner nackten Form […] eine höchst künstliche Anpassung an das männliche sexuelle Erleben«. Nur Geduld, GeschlechtsgenossInnen, am »Ende der männlichen Erregung« kommt der Anfang der »Hoffnung« für die Frau, »ein Kind empfangen zu haben«.514 Katholisch ist sie geworden, weil dieser Papst eine »Gnadengabe« sei und Maria »uns [Frauen] […] vor unserer immer lauernden Hexenhaftigkeit befreien«515 kann. Für ihre »wissenschaftliche« Arbeit für Familie, Keuschheit, Patriarchat und deutsches Vaterland wurde Christa Meves reich belohnt: mit dem niedersächsischen Verdienstorden (1978), dem Konrad-Adenauer-Preis der Deutschlandstiftung (1979) und dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse (1984). In einem solchen Land leben wir.
Weinzierls Heimat Zu viele Linke überlassen es gelangweilt wenigen, sich politisch mit dem Thema Ökologie zu befassen. Wer sich mit Ökologie nicht auseinandersetzt, übersieht die massenhafte 305
Verbreitung biologistischen bis neofaschistischen Gedankengutes in allen Bereichen der Gesellschaft, was sich auch in Positionen der Parteien CDU/CSU/SPD/FDP/Bündnis 90/Grüne in unterschiedlicher Dosierung widerspiegelt und von dort auf die Gesellschaft zurückwirkt. Es erforderte zum Beispiel eine heftige Auseinandersetzung, angefacht von Karin Döpke und Peter Bierl von der Ökologischen Linken im lokalen Münchner Bündnis gegen den Weltwirtschaftsgipfel 1992, die ÖDP dort wenigstens als »unerwünscht« bezeichnen zu lassen. Zuvor hatte diese an einer Reihe von Sitzungen, unbeanstandet von linken Organisationen wie den Autonomen, der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) oder der DKP, teilnehmen können. Am Ende stimmten nur noch die Grünen für den Verbleib der ÖDP. Auch im bundesweiten TrägerInnenkreis für den AntiWWG-Kongreß, der schließlich trotz der Spaltungsversuche der Grünen und des BUND erfolgreich vonstatten ging, mußten in wochenlangen heftigen Diskussionen einige linke Organisationen davon überzeugt werden, daß Hubert Weinzierl, der Bundesvorsitzende des BUND, als einziger Referent für das Forum »Ökoimperialismus«516 (das zuerst »Umwelt und Entwicklung«, dann »Ökologie« heißen sollte) fehl am Platz war. In einem offenen Brief vom 13. April 1992 begründeten Karin Döpke und Henning Kühn (Ökologische Linke), weswegen sie sich strikt weigerten, Weinzierl als Referenten zu akzeptieren. Die ökologische Frage sei nur im Zusammenhang mit der sozialen zu lösen. Weinzierl 306
verwende eine rassistische Sprache gegen Asylsuchende und habe geäußert: »Nur wenn die Hauptsorge der Menschheit, die Eindämmung des Überbevölkerungsstromes, gewährleistet ist, wird es einen Sinn haben und wird eine Aussicht bestehen, an einer durchaus verbesserungsfähigen Umwelt zu bauen, unsere Zivilisationslandschaft zu gestalten, daß sie wert bleibt, Heimat genannt zu werden.«517 Im Oktober 1991 habe Weinzierl Peter Gauweiler zu einem Seminar des BUND über »die Folgen des Bevölkerungswachstums für die Umwelt« (nicht etwa der kapitalistischen Weltwirtschaft für Menschen und Natur) eingeladen und dort erklärt: »Jeder Naturschutz ende dort, wo die Menschenlawine alles überrollt.«518 Als Reaktion auf diese Kritik zog sich der BUND beleidigt aus dem Trägerkreis zurück, anstatt sich endlich mit der Ideologie seines Vorsitzenden zu befassen. Weinzierls ökofaschistisches Gedankengut ist keine Neuentdeckung. Auch Manfred Bissinger, der ehemalige Chefredakteur der Zeitschrift Natur, war entsetzt und entfachte eine wichtige Diskussion, nachdem Bernd Lötsch und Hubert Weinzierl Konrad Lorenz 1988 in einem Natur-Interview unbeanstandet hatten durchgehen lassen, daß er, Lorenz, wegen der »Überbevölkerung« eine gewisse Sympathie für Aids habe und daß die ethisch wertvollen Menschen nicht so viele Kinder bekämen wie die Gangster in der Dritten Welt, die sich hemmungslos vermehrten. Möglicherweise sieht der BUND deshalb keinen Anlaß, sich mit besagten Äußerungen auseinanderzusetzen, weil 307
biologistische Ideologie bereits zum Standardinventar der Gesamtorganisation gehört. Der Bund Naturschutz Starnberg (BN) hatte Sorgen, nein, nicht wegen der vielen Wohnungssuchenden oder der Vernichtung der Alpenvegetation. Man schrieb an den Starnberger Stadtrat, der solle Asylsuchende auffordern, bei einer »Ramadama«-Aktion mitzuwirken. Das bayrische »Ramadama« meint so viel wie »Laßt uns aufräumen!« und appelliert an die EinwohnerInnen, in einer Gemeinschaftsaktion ihren Wohlstandsmüll zu beseitigen. Im Brief des Naturschutzbundes steht: »Nach unserer Meinung ist der Bevölkerung schwer zu vermitteln, daß arbeitende Bürger dieser Stadt als Freiwillige am Ramadama teilnehmen, während von Sozialhilfe bzw. Arbeitslosenhilfe lebende Asylbewerber spazierengehend zuschauen, wie andere ohne Honorar den ›Wohlstandsmüll‹ wegräumen.« Durch den Brief der Starnberger Naturschützer wabert der Neid der unter Schweiß Müll sammelnden Deutschen auf die schlendernden Flüchtlinge. Wer selbst nicht am Wohlstand teilhaben darf, soll wenigstens den Müll wegräumen. Was interessiert solche Naturschützer die Angst von Menschen vor rassistischer Gewalt und Abschiebung, wenn es um Höheres wie saubere Straßen, getrennte Müllsammlung und den deutschen Wald geht? Ein menschenverachtendes Umweltschutzverständnis haben viele potentielle Bündnispartner des Naturschutzbundes. Auch nach Ansicht der RepublikanerInnen sind Verfolgte und Arme nur faul: »Empfänger von Sozial- und Arbeitslosenhilfe sollten ge308
meinnützige Arbeiten leisten, insbesondere bei der Altenund Behindertenpflege sowie beim Umweltschutz.
Der ökologische Wert der Armut Die ÖDP ist am einflußreichsten im süddeutschen Raum, und sie entfaltet heftige Aktivitäten in der ehemaligen DDR. In Sachsen half sie der Zeitschrift Ökostroika mit Geld und Anzeigen. Die Ökostroika druckte, was als Mißverständnis entschuldigt wurde, nämlich eine Anzeige des Jahresweiserverlages, der auch neofaschistische Texte publiziert. In einem Interview in Ökostroika wurde die Frage aufgeworfen, ob »die Auseinandersetzungen innerhalb der schwarzen Bevölkerungsmehrheit nicht eigentlich eine späte Rechtfertigung für die Apartheidspolitik« seien. Aus Ökostroika und Bündnis 2000 wurde die Monatszeitschrift Quer, die ab Januar 1992 monatlich in Berlin erschien. Hier schrieben, neben dem ExChefredakteur von Ökostroika auch Leute von der ÖDP, der AL (dem Berliner Landesverband der Grünen), dem Bündnis 90 und dem Neuen Forum521, ein Bündnis, das über die Vereinigung der Grünen mit dem Bündnis 90 auch organisatorische Gestalt annahm. Müll und Armut spielen im Menschenbild von »Bürgerbewegten« eine besondere Rolle. Möglicherweise haben wir in unserer linken Blindheit bis heute eine wesentliche Seite an der »Marktwirtschaft« übersehen, wie die Bür309
gerbewegten den Kapitalismus neckisch nennen. Über den ökologischen Nutzen der Armut klärt uns Quer unter der Überschrift »Ökologisch nützlich – sozial geächtet« in einem ungewöhnlich zynischen Artikel auf. In Jakarta sammeln jeden Tag 37 000 Menschen auf Müllhalden Papier, Glas, Metall und Holz. »Sie verkaufen es an Händler und erhalten so ein Recyclingsystem, das jährlich mehrere Millionen Tonnen dieser Wertstoffe in die Produktion zurückführt. Ihr wirtschaftlicher Nutzen ist groß für die Stadt.« Quer bedauert nicht die elende Existenz, sondern die gesellschaftliche Ächtung, die die Menschen im Müll erfahren, wo sie arbeiten, um überleben zu können. Den indonesischen SlumbewohnerInnen fehlt nach Ansicht der deutschen Bürgerbewegten der echte Unternehmergeist: Die »Müllsammler« (Frauen kommen in der Sprache nicht vor), heißt es bedauernd, »geben […] ihr Geld aber zumeist nicht zukunftssichernd aus, sondern unterstützen Angehörige in den Heimatdörfern oder erwerben Konsumgüter.« Quer preist ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), das »Hilfe zur Selbsthilfe« leiste, Infrastruktur, effektivere Selektierung und Vermarktung des Mülls und Hilfe bei der Erhöhung der »Akzeptanz bei der Bevölkerung und den Behörden […], um die Müllsammler in die städtische Gesellschaft sozial zu integrieren«. Diese Akzeptanz ist nicht einmal ein Übergangsschritt in eine bessere Zukunft, die Armut wird gebraucht: »Die Eigeninitiative der Müllsammler verringert die sozialen und ökologischen Kosten des Staates erheb310
lich.«522 Manche Interessen lassen sich widerspruchsfrei vereinen: Während rechte NaturschützerInnen Armut aus ökologischen Gründen nützlich finden, brauchen Konzerne viele billige Menschen für die Produktion. Auf der Tagesordnung der Konferenz des Bündnis 90 im April 1992 in Berlin stand die geplante Vereinigung mit den Grünen. Eine große Gruppe von ÖDP-Gästen beobachtete interessiert die Versammlung. Vielerorts arbeitete das Bündnis 90 bereits eng mit der ÖDP zusammen. Das Image des Bündnis 90 als tapfere, aufrechte, selbstlos um Demokratie kämpfende politische Gruppe war schon damals ein Mythos. Auf dem Parteitag der Grünen vom 1. bis 3. Mai 1992 in Berlin beschlossen die Grünen die Vereinigung mit dem Bündnis 90 zu einem Projekt, das den »Geist von Bewegung atmet und die Kraft zur politischen Intervention besitzt«. Was für ein Geist? Konrad Weiß, Bundestagsabgeordneter des Bündnis 90, plädierte während des Golfkrieges für Rüstungsexporte nach Israel. Er setzt sich gegen offene Grenzen und für Kontingente für EinwanderInnen ein. Er forderte die Bundestagspräsidentin auf, den Anti-§–218-Antrag seiner damaligen Fraktionskollegin Christina Schenk nicht zuzulassen. Und er war vermutlich nicht unzufrieden über die Brandenburger Landtagsfraktion des Bündnis 90, die die ÖTV-Mitglieder im Frühjahr 1992 zum Abbruch des Streiks und zum Lohnverzicht aufrief.523 Das Bündnis 90 ist keine besonders soziale Partei – außer es geht um populäre Forderungen für die Ost-Deutschen. Wie sieht 311
es beim Naturschutz aus? Durch die Enthaltung der Brandenburger SPD/FDP/Bündnis 90-Regierung scheiterte die Einführung des Tempolimits von 120 Stundenkilometern im Bundesrat.524 Für den Riesenflugplatz »Berlin International«, ausgelegt auf 25 Millionen Passagiere (der Flughafen Tegel fertigt heute sieben Millionen Passagiere ab) bekam Ministerpräsident Stolpe natürlich auch die Zustimmung des Bündnis 90, ökologische Bedenken hin oder her oder gleich ganz vergessen. Es war nicht vorstellbar, daß die Grünen sich gegen die Vereinigung mit dem Bündnis 90 entscheiden würden. Dieser Vereinigung wurden die wenigen Reste vormals emanzipatorischer Politik zum Opfer gebracht, was dem größeren Teil der grünen Partei kein besonderes Bauchgrimmen verursachte. Ein bißchen Streit gab es noch um das Frauenstatut und die Mindestquotierung. Der Antikapitalismus war schon abgeschafft, Basisdemokratie schon lange. Die klassische Forderung der Grünen nach sofortiger Stillegung aller Atomanlagen wurde in der rosa-grünen Regierungspraxis ausgehebelt. Die Forderung nach offenen Grenzen für alle Flüchtlinge wurde abgelöst von der Kontingentierung von EinwandererInnen. Daniel Cohn-Bendit, der in Frankfurt gelegentlich den öffentlichen »Diskurs« mit der NPD pflegt, fand die im Mai 1992 letztmalig knapp bestätigte grüne Forderung nach offenen Grenzen »gemeingefährlich« und »kindisch-trotzig«.525 Mit dem Widerstand gegen Rassismus hatte das Bündnis 90, das die »freie Entfaltung wirtschaftlicher Eigeninitia312
tive« von der FDP abgeschrieben hat, nie was am Hut. In einem programmatischen Grundsatzbeschluß vom Mai 1992526 wird das gescheiterte »größte zentralistische Gesellschaftsexperiment« , der Sozialismus (der keiner war), erwähnt, mit keinem Wort aber die notwendige politische Aufarbeitung des Faschismus oder die Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen und neofaschistischen Gruppen. Wir lesen Vages über »die Weiterentwicklung […] unserer Ethik« (ausgerechnet unter dem Punkt »Stärkung der Organisationsstruktur«). Statt der Solidarität mit den Opfern des Rassismus finden wir eine Anerkennung des »Anderen als Anderen«. Weiß das Bündnis 90, wie dicht es mit dieser Formulierung bei den taktischen Positionen von RechtsextremistInnen liegt, die statt »Ausländer raus« nun das strikte, unvermischte, abgegrenzte »Nebeneinander« der »Völker« (das in Südafrika zur Apartheid gerann) als Respekt vor anderen »Kulturen« verkaufen? Ein nicht weiter ausgeführtes »Bewußtsein der eigenen Identität« (als Deutsche?) und die Absicht des Bündnis 90, sich »von moralischen und spirituellen Werten« leiten zu lassen, sind schon der schärfste Ausdruck seiner gesellschaftlichen Vision neben dem »Blick nach vorn: Teilhabe am Eigentum«. Günter Nooke, damals Mitglied im Landessprecherrat und zugleich Vorsitzender der brandenburgischen Landtagsfraktion des Bündnis 90, erklärte uns 1992, wie er sich von »moralischen und spirituellen Werten« leiten läßt. Unverantwortlich sei der kleine, noch teilweise linke grüne Landesverband in Brandenburg, »absurd und 313
wenig politikfähig« seine Vorstellung von offenen Grenzen, mit der »zwei Milliarden Menschen nach Brandenburg« eingeladen werden.527 Die Zeitung Junge Freiheit, deren Redaktion sich aus Republikanern, Aktivisten der neofaschistischen Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP) und Nationalrevolutionären zusammensetzt, steht als »Plattform für eine Ideologie zur Verfügung, in deren Mittelpunkt ›die europäische Zivilisation der Weißen‹ steht. Ihr biologistisches Weltbild geht davon aus, daß Kultur mit Nation gleichgesetzt wird, daß die in der genetischen Vielfalt wurzelnde Ungleichheit nicht aufhebbar sei.«528 Der »Ethnopluralismus«, die Formel der Rechtsextremisten und Neofaschisten für die Anerkennung »des Anderen als Anderen« (Bündnis 90), bedeutet nicht weniger, als daß Kultur mit Nation gleichgesetzt wird, daß die weiße europäische »Rasse« – und darin vor allem das deutsche Volk – unvermischt zu bleiben hat, daß jede »Bastardisierung«, jede Vermischung mit »minderwertigem Menschenmaterial«, mit Gewalt zu unterbinden ist. In Junge Freiheit verbreitet der österreichische Journalist Günther Nenning: »Das Nationale war immer ein wichtiger Bestandteil der europäischen Politik. Warum soll es das nicht wieder sein?« Ein »Menschenrecht« sei, »bei sich daheim zu sein, nicht überrollt zu werden, sondern das Seine behaupten zu dürfen«.529 1993 schrieb Günther Nenning in einer Kolumne in der österrreichischen Kronenzeitung von der »Meute der Hai314
der-Hasser«. »Meute«, antwortet Thomas Rothschild in der Frankfurter Rundschau, »nennt man gemeinhin eine Gruppe von Hunden, die einen wehrlosen Hasen jagt.« Nenning bekennt seine »perverse Vorliebe für Jörg, diesen Stachel im welken Fleisch der Dame Koalition.« Rothschild: »Wohin der Stachel zielt, scheint ihm gleichgültig zu sein.«53C Im Schlepptau des Bündnis 90 könnte die ÖDP mit zahlreichen VertreterInnen oder vielleicht ganzen Ortsverbänden in die Grünen einzusickern versuchen. Sie trifft zum Teil auf ihre eigenen Leute und auf ein vielerorts gut vorbereitetes Terrain, nicht nur in den Köpfen.
»Juden, Zigeuner, deutsche Ossis und Russen aller Arten werden uns auf den Straßen begegnen …« In Hamburg lobte die ÖDP die gute Zusammenarbeit mit der GAL, dem Landesverband der Grünen. Mitten im Wahlkampf 1991 zur Hamburger Bürgerschaftswahl lud die ÖDP ihre Mitglieder für den 28. Mai 1991, also fünf Tage vor der Wahl, »zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung mit Conny Jürgens, Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, Wahlkandidatin der Grünen/GAL, zum Thema ›Was bedeutet der grüne Neuanfang für die ÖDP?‹ […] Sie haben die Gelegenheit, die populäre Kandidatin der Grünen/GAL, die gleichzeitig Vorstandsmitglied des 315
Grünen Forums [einer rechten Abspaltung bzw. Fraktion der GAL] ist, zu den Chancen und Perspektiven, die sich durch den – von der Hamburger ÖDP unterstützten – Zusammenschluß von Grünem Forum und GAL […] ergeben, zu befragen. Die aktuelle Entwicklung der Grünen im Bundesgebiet, deren realpolitische Wendung von der ÖDP wohlwollend betrachtet wird, spielt dabei sicherlich auch eine Rolle.«531 Einige BesucherInnen berichteten, was die »populäre« grüne Kandidatin, die früher einmal Linke war, der ÖDP zu sagen hatte: »Es geht darum, alle ökologischen Kräfte zu bündeln. Dazu gehört auch die ÖDP.« Und: »Solche Schlagwörter wie Antifaschismus dürfen keine Rolle mehr spielen.«532 Für die GAL Hamburg, den grünen Landesverband, sitzen heute, seit der Bürgerschaftswahl 1991533, mindestens zwei Mitglieder des ÖDP-nahen Grünen Forums in der Hamburger Bürgerschaft, eben jene Conny Jürgens und Martin Schmidt. »In mehreren Bezirken sind ÖDPMitglieder Mitglied der Fraktion der Grünen Bezirksversammlungen beziehungsweise ihrer Ausschüsse (Altona, Harburg, Wandsbek). Die Mitarbeit der ÖDP-Mitglieder ist normaler Alltag unserer politischen Arbeit«, schrieb Peter Schwanewilms, Kreisvorstandsmitglied der Grünen Altona im Mai 1992 in einem Leserbrief an die Tageszeitung (taz).534 Nach der umstrittenen Vereinigung des ÖDP-nahen Grünen Forums mit der GAL Hamburg hatte die taz gejubelt: »Innerhalb weniger Wochen wurde aus einer starr dogmatischen, ja fast reaktionären Fundi-Festung ein normaler 316
grüner Landesverband […] das ist kein Rechtsruck, sondern neue Vielfalt […] Es ist bewundernswert, wie sie den neu eingeschlagenen Weg konsequent zu Ende geht.«535 Welche »konsequent« menschenverachtende, rassistische und antisemitische Sprache diesen »neuen« Weg begleitet, formulierte der grüne inzwischen wiedergewählte Bürgerschaftsabgeordnete Martin Schmidt, der auch eine Zusammenarbeit mit der CDU nicht ausschließen will,536 schon vor den Wahlen von 1991: »Was soll aus Hamburg werden? […] Die schönen Tage von Aranjuez sind jetzt vorbei: Hamburg wird nach allen Regeln der ökonomischen und politischen Entwicklung in den nächsten Jahren eine führende Stellung in Mittel- und Osteuropa einnehmen. Hamburg wird auch, als prosperierende Großstadt, ein vorzügliches Ziel für Einwanderer aus dem Osten werden. Juden, Zigeuner, deutsche Ossis und Russen aller Arten werden uns auf den Straßen begegnen. […] Hamburg muß die Auswanderungvon jungen Menschen in den Ostteil Deutschlands und nach Osteuropa fördern. Ostdeutschland und Osteuropa sind nicht zu reformieren ohne neue Menschen aus dem Westen.«537 Mit diesen Worten wird die aggressive Ausdehnung des deutschen Lebensraums nach Osten und das Plattwalzen des »minderwertigen«, kulturlosen, östlichen »Menschenmaterials« durch den hochwertigen, westeuropäischen »neuen Menschen« gutgeheißen. Die Grünen in Hamburg sind tatsächlich ein »normaler grüner Landesverband« (Tageszeitung), denn die grüne Normalität hat sich weit nach rechts verschoben. Während 317
Daniel Cohn-Bendit nach den Landtagswahlen in BadenWürttemberg im Frühjahr 1992 in Frankfurt erst Geheimgespräche mit der NPD führte und dann mit öffentlichen Gesprächen zu ihrer Gesellschaftsfähigkeit beitrug,538 stürzten sich die baden-württembergischen grünen Realos in Koalitionsgespräche mit der CDU. Diese Gespräche hatten 1992 erst einmal die Funktion, den Gedanken an eine Koalition mit der CDU in den Grünen zu etablieren. Das gelang. Nur ein einziger Redner auf der Bundesversammlung der Grünen im Mai 1992 in Berlin widersprach der Begeisterung über den Bericht aus Baden-Württemberg. Die damalige grüne Frauenministerin Waltraut Schoppe in Niedersachsen, der Landtagsabgeordnete Fritz Hertle in Hessen – viele sind inzwischen für schwarzgrüne Pfründe. Während die Grünen von einer unaufmerksamen Öffentlichkeit noch für einen bunten, alternativen Haufen gehalten werden, bestimmen mehr und mehr grüne Bündnisse mit RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen den Parteialltag der Basis. Für den Kreisvorsitzenden der Grünen im Unterallgäu, Gottfried Schwank, sind »die Klischees der achtziger Jahre«, die »von einer fundamentalistischen Minderheit geprägt« wurden, überholt. Das notwendige politische Gewicht für die Bundestagswahlen 1994 solle durch den Zusammenschluß mit dem Bündnis 90 erreicht werden, im Unterallgäu sei dazu auch ein Zusammengehen »unter einem Dach mit der ÖDP« denkbar. Schon 1990 stimmte eine grüne Stadträtin in Starnberg für den Republikaner Ernst Röhm (den Großneffen von SA-Röhm) als 318
Umweltreferenten. Im Herbst 1991 hielt die grüne Fraktion im Schwabinger Stadtteilparlament in München einen Republikaner für das Amt des Ausländerbeauftragten für geeignet. Im Kreistag von Mühldorf/Inn (Bayern) schlossen die Grünen Ende 1991 eine Listengemeinschaft mit den Republikanern. Nur so könnten, begründeten sie das grün-braune Bündnis, Sitze in einigen Ausschüssen gewonnen werden. Denn »es geht um die konkrete Arbeit«, und außerdem seien die Mühldorfer Republikaner »gemäßigt«, »die sitzen nur drin und sagen nichts«.539 Der Mühldorfer Kreisverband sprach, anstatt ein Ausschlußverfahren einzuleiten, den grünen Kreisrätinnen Birgit Schmidt und Edda Zimmermann das Vertrauen aus. Schon 1989 kungelte in Heilbronn der grüne Stadtrat Wolf Theilacker mit Alfred Degenbach, dem Sprecher der Republikaner, über die Besetzung von Ausschüssen.
Explosives Potential Seit den fünfziger Jahren wird von rechten IdeologInnen gezielt versucht, Ökologie in rechter Interpretation für eine Modernisierung des Faschismus und als ein ideologisches Scharnier der Organisierung der rechtsextremistischen und neofaschistischen Szene zu nutzen. 1958 gründeten ehemalige Mitglieder der NSDAP den Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL), der Lebensschutz und Umweltschutz 319
mit Rassismus und völkischer Ideologie verknüpfte. Mitte der siebziger Jahre formulierte die NPD ein »Ökologisches Manifest«. Ende der siebziger Jahre gründete der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Gruhl die Grüne Aktion Zukunft (GAZ) und beteiligte sich mit dem neofaschistischem Gedankengut verbundenen Biobauern Baldur Springmann539a am Aufbau der Grünen, verließ aber die Partei 1981 wegen ihrer Linksentwicklung. Teile der emanzipatorischen Gegenkultur der sechziger und siebziger Jahre, der StudentInnen-, Hippie-, Indianerund sogenannten Alternativbewegung, entpolitisierten sich und wandten sich okkulten, esoterischen Sekten zu. Eine der einflußreichsten Sekten, die AnthroposophInnen, bildeten einen starken rechten Flügel aus, der heute enge Verbindungen zur rechtsextremistischen bis neofaschistischen Szene entwickelt hat, aber auch VertreterInnen seines linken Flügels finden wir als AutorInnen »nationalrevolutionärer« Postillen wie Wir selbst. In den achtziger Jahren gewannen die sogenannten LebensschützerInnen und ökofaschistische Tendenzen innerhalb der Ökologiebewegung größeren Einfluß. Diese begann, durch die Anpassung der Grünen, teilweise auch durch den Einfluß der SPD und der CDU auf einige Umweltverbände, ihre soziale und antikapitalistische Orientierung aufzugeben. Die ökofaschistische Szene und ihre Vorfeldorganisationen sind für Außenstehende kaum durchschaubar. Unpolitische Szenen wurden und werden vereinnahmt. Früher verfeindete rechtsextremistische und neofaschisti320
sche Organisationen und Strömungen haben begonnen, sich anzunähern. Man braucht sich, man trifft sich, man schult gemeinsam. Es ist ein explosives Potential entstanden, nicht von der restlichen Gesellschaft getrennt, sondern mit seinen Wurzeln und ideologischen wie personellen Verästelungen tief in die Gesamtgesellschaft eingebunden. Biologistisches, rassistisches, emanzipationsfeindliches Gift hat sich längst in liberalen und linken Kreisen verbreitet. Wir finden es in der Alltagssprache, in Lehrinhalten und in den Medien. Es ist in den Kreisen der akademischen Mittelschicht sehr beliebt und wird Gegenstand der Werbung. Die Firma Esprit ließ auf Werbetafeln plakatieren: »Wir könnten alle in Harmonie mit der Natur leben, wenn die Überbevölkerung nicht wäre.«
Biologie als Schicksal Wer an einer Hamburger Schule ein Referendariat absolvieren wollte, mußte einen rassistischen Text unterschreiben: »Ich erkläre, daß ich deutscher Staatsangehöriger bin und meine Eltern und Großeltern nicht im Ausland geboren sind und auch nicht längere Zeit dort gelebt haben.« Der Text schloß nicht nur Nichtdeutsche aus und Menschen, deren Großeltern lange Auslandserfahrungen gemacht haben, sondern definiert das Deutschsein per Abstammung 321
und Blut, also biologisch und nicht sozial, etwa mit dem Ort des Aufwachsens. Hamburger Eltern konnten zufrieden sein. Ihre Kinder wurden von richtigen Blutsdeutschen unterrichtet, die sich beugen ließen, ein solches Papier zu unterzeichnen. Trotz öffentlicher Kritik wollte die Hamburger Schulbehörde nicht auf den Text verzichten. Anderes »würde zu einer nicht hinnehmbaren Vergrößerung des Personenkreises führen«. Rassistische Auslese unter einer sozialdemokratischen Alleinregierung.540 In den Schulen beginnt sich die Auffassung durchzusetzen, daß menschliches Verhalten angeboren und nur begrenzt erlernbar ist: Biologie ist Schicksal. Die Soziobiologie, deren Wurzeln in der Verhaltensforschung Konrad Lorenz’, in neueren Erkenntnissen der Physiologie menschlicher Gefühle und Verhaltensweisen und in der sogenannten Populationsgenetik liegen, führt letztlich zu der Konsequenz, daß es sich auch aus ökonomischer Sicht nicht lohnt, an den angeborenen, biologisch determinierten Fähigkeiten eines Menschen weiterzuarbeiten. Das Menschenbild des Faschismus erfährt seine Wiederauferstehung in modernem, wissenschaftlichem Gewand. Es kriecht in die Soziologie, die Psychologie und in die pädagogische Praxis. Schon werden hier und dort einzelne Familien und Menschen für »nicht therapierbar« erklärt.541 Eine Gesellschaft beginnt sich ihrer sozialen Verantwortung für Krankheit und sogenannte Abweichungen zu entledigen. Auf der anderen Seite haben sogenannte Eliten Konjunktur. Die Konsequenz liegt im Interesse des Staates 322
und des Kapitals. Der Abbau sozialer Hilfen verbilligt auch die Lohnnebenkosten: Der Mensch ist selbst schuld an seinem Elend. Biologistisches Gedankengut fiel auch in den fünfziger Jahren nicht vom Himmel, sondern hat eine – sehr deutsche – Geschichte. Wissenschaftler wie Konrad Lorenz oder sein Schüler Irenäus Eibl-Eibesfeldt lieferten und liefern die pseudowissenschaftliche Grundlage: Praktisch alle Verhaltensweisen des Menschen seien angeboren und genetisch bestimmt. Der Mensch sei unveränderlich aggressiv und egoistisch, er hasse »Fremde« und verteidige sein »Revier«. So sei es ganz natürlich, daß Männer Frauen beherrschen.542 Lorenz’ Position war seit 1940 weitgehend unverändert, nur seine Wortwahl paßte er der Zeit an. Durch das Bevölkerungswachstum komme es zu einer »Verhaustierung« (1940)543, die Menschheit degeneriere, weil »sozial Ausfallbehaftete« (1973)544 nicht mehr selektiert würden. Gegen die angebliche Überbevölkerung setzte Lorenz schon 1940 den »rassischen Gedanken«545 und 1988 seine »gewisse Sympathie für Aids«, wie wir vernommen haben. Das läßt uns ahnen, welche mörderischen Motive hinter der Gleichgültigkeit der europäischen Elite gegenüber der Lage der aidskranken Menschen in Afrika stekken könnten. Wenn Eibl-Eibesfeldt die Rolle der Frau als Mutter biologisch festschreibt und sie anderenfalls durch »gezielte Propaganda irregeführt« sieht, wenn er eine »Ethnie« für selbstmörderisch hält, die eine zu große »Zuwanderung« erlaubt, dadurch »Land […] ab[tritt]« und die »eigenen 323
Fortpflanzungsmöglichkeiten zugunsten eines anderen Volkes […] begrenzt«, wenn sogar die Marktwirtschaft »stammesgeschichtlich« erklärt wird,546 sind irgendwann auch Kapitalismus und Imperialismus genetisch bestimmt, und Ausbeutung ist Schicksal, »Karma«, wie EsoterikerInnen sagen würden.
Was ist Faschismus, was Ökofaschismus? Faschismus, wie zum Beispiel der deutsche von 1933 bis 1945, ist die extreme Herrschaftsform des Kapitalismus, in dem er als Möglichkeit, nicht als Zwangsläufigkeit angelegt ist. Faschismus ist die systematischste Form der Herrschaft von Menschen über Menschen. Er drängt danach, jeden Ansatz von Emanzipation einschließlich aller Organisationen der Arbeiterbewegung zu zerschlagen und die Produktion zu militarisieren mit dem Ziel der maximalen Ausplünderung und Unterwerfung der menschlichen Arbeitskraft für die Interessen des Kapitals. Faschismus beinhaltet die biologistisch begründete Definition von »unwertem« oder »minderwertigem« menschlichem Leben. Seine eugenische Definition von Leben führt zur Annahme von biologischen Eliten. Faschismus ist ohne Rassismus – und darin als besondere Erscheinung der Antisemitismus – nicht denkbar, und er kommt ohne starken, repressiven Staat nicht aus. Dieser will die totale Kontrolle über alle, auch die privatesten Le324
bensäußerungen. Die Formen können sich historisch bis zur Unkenntlichkeit verwischen: vom sichtbaren Blockwart bis zur unsichtbaren, legalisierten, vernetzten High-TechÜberwachung. Faschismus ist eine patriarchal-kapitalistische Herrschaftsform, die militant gegen Abweichungen von herrschenden Normen vorgeht. Opfer sind zum Beispiel Schwule, Lesben oder KünstlerInnen. Das faschistische Dogma vom unwerten Leben und der höherwertigen »arischen Rasse« oder europäischen Zivilisation verbindet sich mit der Kontrolle der privatesten Lebensäußerungen im Frauenbild des Faschismus. Faschistische Herrschaft verlangt die Steuerung der Bevölkerungsentwicklung, den Zugriff auf die menschliche Reproduktion, ob in Gestalt von Zwangssterilisierung, als »arische Menschenzucht« (»Lebensborn«) oder in der modernen Gen- und Reproduktionstechnologie. Was ist Ökofaschismus? Im Ökofaschismus, dem ökologisch modernisierten Faschismus, erkennen wir alle genannten Elemente faschistischer Herrschaftsform, zum Teil in ökologisierten Begründungszusammenhängen, wieder: Die größte Verantwortung für die Zerstörung der Natur durch die kapitalistische Produktionsweise tragen, nach Meinung der Ökofaschisten, die Opfer eben jener Produktionsweise, die Menschen im Trikont. Sie versauen durch ihre bloße Existenz das Klima der höherwertigen, zivilisierten, weißen Menschen in Europa. 325
Ökofaschisten kennen zwar Eliten und »unwertes Leben«, aber keine sozialen Klassen. In den Zentren sind »wir alle« angeblich gleichermaßen an der Zerstörung der Natur schuld. Der Mensch steht, nach Auffassung der Ökofaschisten, feindlich in der Natur und ist nicht ihr besonderer Teil. Andererseits sagen die Ökofaschisten auch, daß der Mensch kein soziales Wesen sei, sondern biologisch und genetisch bestimmt, also von den Regeln der Natur außerhalb des Menschen determiniert. Von diesen Regeln ist er angeblich so abhängig, daß die Einflüsse der sozialen Umwelt – und damit soziale Verantwortung – praktisch bedeutungslos sind. Ökofaschistische Ideologie verlangt die Ausrichtung der gesellschaftlichen Ordnung nach den vermeintlichen Regeln »der Natur«. Die herrschende Wissenschaft richtet sich nach den Gesetzen der Kapitalverwertung, wie wir nicht nur an den Beispielen der Gen- und Reproduktionsund Atomtechnologie sehen. NaturwissenschaftlerInnen sind damit in eine Logik eingebunden, die – wenn sich die ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse entsprechend entwickelt haben – auch die systematische Verwertung und Vernichtung von Menschen möglich macht. Ökofaschistische Dogmen entstehen aus oberflächlichen Beobachtungen in der nichtmenschlichen Natur und durch Übertragung dieser vermeintlich »natürlichen« oder »ökologischen« Regeln auf soziale Verhältnisse. Ökologie wird zur ordnungspolitischen Kategorie. Aus den Regeln der menschenlosen Natur, die soziale Prozesse 326
ausschließt, leiten Ökofaschisten ihre »Werte« ab. Aber im Gegensatz zum Menschen kennen Tiere und Pflanzen weder Selbstreflexion noch Selbstbestimmung oder gar Befreiung. Wesenselement des Ökofaschismus wird so die Unterwerfung unter die herrschenden Verhältnisse, verklärt als biologische Ordnung. Darin liegt einer seiner Berührungspunkte mit der Esoterik. Ökofaschismus heißt: Stabilisierung von oben und unten, Unterwerfung des Individuums unter patriarchal-kapitalistische Herrschaft und Ausbeutung. Naturschutz und Ökologie werden zum Kampfbegriff gegen die Emanzipation des Menschen. So sehr ÖkofaschistInnen den Raubbau an der Natur beklagen, so sehr ignorieren sie systematisch den Raubbau an der menschlichen Arbeitskraft. Der angebliche »Respekt« der ÖkofaschistInnen vor den verschiedenen menschlichen »Rassen«, vor der genetischen menschlichen Vielfalt, ist selbst blanker Rassismus und eine Voraussetzung für die Vernichtung menschlichen Lebens. Menschen unterscheiden sich nach sozialer Klassenzugehörigkeit, nach Geschlecht, nach vielfältiger Herkunft, durch ihre Geschichte, durch Erfahrungen. Das sind Unterschiede genug. Die Behauptung der Existenz verschiedener menschlichen »Rassen« war nie etwas anderes als ein ideologisch begründeter Mythos. ÖkofaschistInnen, so sanft, biologisch anbauend und dezentral sie auch auftreten mögen, wollen den starken Staat, Eliten und die Strafandrohung für »unnatürliches« abweichendes Verhalten (von der Abtreibung bis zur Ho327
mosexualität). Die aggressive, imperialistische Expansion der »biologisch Höherwertigen« wird als wehrhafte Verteidigung gegen angebliche Menschenfluten getarnt oder als militärischer Einsatz im Trikont zum angeblichen Schutz der Natur (zum Beispiel Grünhelme). Wer den Menschen als Feind der Natur sieht, minderwertige menschliche »Rassen« zu erkennen meint und die Natur vor »den Menschen« schützen will, verrät sich irgendwann mit der Sprache mörderischer Gewalt. Da werden Menschen zu »Asylantenfluten«, da bedrohen »Bevölkerungsexplosionen« und braune und schwarze »Menschenlawinen« die weiße Ordnung: biologische Elite und ökonomische Herrschaft. Der sogenannte Lebensschutz gilt stets nur für die »weiße, arische Rasse«. Gegen zu viele minderwertige Menschen hilft – im Namen des Naturschutzes – Bevölkerungspolitik mit Zwangssterilisation, Selektion, demnächst Menschenzucht mit Hilfe der Gen- und Reproduktionstechnologie und gelegentlich Völkermord, zum Beispiel durch die kaum bekämpfte epidemische Ausbreitung von Aids unter den Ärmsten in Afrika oder notfalls die Atombombe (Gruhl). Wer leugnet, daß der Mensch ein soziales Wesen ist, wer Emanzipation verachtet und vermeintliche biologische Regeln menschlichem Verhalten aufpfropft, wer an höherwertige Menschen glaubt und deren Vermehrung aggressiv durchsetzen will, braucht Bevölkerungspolitik und die Verfügungsgewalt über die weibliche Sexualität und damit den Zugriff auf die menschliche Fortpflanzung. 328
So sind im Ökofaschismus ein reaktionäres Frauenbild und der sogenannte Lebensschutz nicht voneinander zu trennen. Die Gesellschaftsform, die entstünde, setzten sich ökofaschistische Positionen durch, wäre eine auch ökologisch legitimierte faschistische Diktatur, modernisiert durch die Gen- und Reproduktionstechnologie und die modernen Kommunikationstechnologien.
»Alle menstruierenden Frauen haben den Kreis zu verlassen« Anja T. aus München fuhr zum »SommerCamp für Spiritualität, Ökologie und Politik – Lied der Erde – Tanz des Lebens« vom 1. bis 14. August 1988 im WassermannZentrum auf der Schwäbischen Alb. Mitveranstalterin war die sogenannte grüne Bundesarbeitsgemeinschaft »Spiritualität in Wissenschaft und Politik«.547 Auf dem Programm standen »Schamanisches Wissen«, Karl Everdings »Reinkarnationsseminar«, eine Menge »Höheres Selbst«, »Rebirthing«, »Ökosophisch-meditative Betrachtungen über Sonne, Mond, Planeten, Wetter« und »Die Erde als Leib«, »Feuertanz«, »Ökogarten«. Und als einer der Höhepunkte: Tom Yellowtales »Heil- und Sonnenaufgangszeremonien«. Deutlicher Hinweis im Programmheft: »Tom Yellowtale nimmt für seine Arbeit keine Bezahlung, sondern nur Geschenke an. Neben Findhorntänzen, Hopi- und Voodoo-Kult ste329
hen auch grüne ReferentInnen auf dem Programm: Karin Zeitler (ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete548), Eva Quistorp (ehemaliges Mitglied im Bundesvorstand der Grünen und ehemalige Europaparlamentarierin), Wolfgang Ehmke549 (grüner Amtsträger in Joschka Fischers hessischem Umweltministerium), Rainer Langhans und Rudolf Bahro. Anja T. schrieb550 mir, was sie dort erlebt hat: »Montag, 8. August 1988. Ich komme mittags im WassermannZentrum an […] Ein erster Kontaktversuch mit einer Frau, die neben meinem Zelt in der Sonne liegt, mißlingt: ›Stör mich bitte nicht, ich meditiere, und stell doch Dein Zelt woanders hin.‹ Schade. – 16.30 Uhr: Ich gerate durch Zufall in Karl Scherers551 Vortrag ›Der Krieger des Herzens – Ein Weg der Schönheit und des Mitgefühls‹, wo man/frau für 400 Mark dann ein paar nette Stories über indianische Erziehung […] erfährt.« Im Programm, das Anja mitgeschickt hat, lese ich: »Der Krieger des Herzens besitzt […] den Mut, alle Lebensumstände anzugehen, die zum Leid beitragen, und die Geduld, zu warten, bis das erfolgreich möglich ist.« Anja fährt fort: »Scherer vergißt auch nicht zu erzählen, daß es eine große Anstrengung für ihn war, heute ins WassermannZentrum zu kommen. Übermorgen müsse er in Mailand sein, und er komme gerade aus London, Rom, Paris, Brüssel usw. […] ein Terminkalender wie ein Manager […]. Karl Scherer ist Tom Yellowtales Assistent, d. h. sein ›Blutsbruder‹: […] ›es ist ja bekannt, die Welt geht nicht wegen der Kapitalisten unter, sondern wegen eines Tiefs, in dem sich alle Menschen befinden«. Ganz entgegen dem 330
Programmhinweis möchte Tom Yellowtale, schreibt Anja, »für seine Arbeit jetzt doch keine Geschenke (Schwierigkeiten beim Flugzeugtransport), und er bittet die Leute, je nach Vermögen 200–300 Mark zu zahlen. Entrüstetes Gemurmel, Gesprächsfetzen: ›[…] aber was sollen wir denn mit den Energiepyramiden, […] alle Steine umsonst gekauft. […]‹ Beim Abendessen (bei dem einige der männlichen Anwesenden ganz begeistert davon sind, daß sie ihren Teller selber spülen dürfen – ›dieses intensive Gefühl der körperlichen Aktivität‹ –, höre ich ein Gespräch von zwei Frauen, die beim Feuerlauf waren: Frau 1: ›Hast Du eigentlich auch lauter Brandblasen an den Füßen?‹ Frau 2: ›Ja schon, aber ich glaube, ich weiß wieso. Jedesmal, wenn uns dieser Typ fotografiert hat, hat er die Aura zerstörte Ich konnte mir das Lachen […] nicht verkneifen. Abends beim gruppendynamischen Teil […] erzählte mir eine Frau, die gerade in der Schwitzhütte war (100 bis 200 Mark, je nach Zahlungsfähigkeit), von ihren Erlebnissen: ›Eine Schwitzhütte dauert etwa 4 Stunden […] Zuerst wird im Kreis um die Hütte, einem igluförmigen Bau aus Zweigen und Decken, getanzt, wobei die Himmelsrichtung, in der später dein Platz in der Hütte ist, vom Guru festgelegt wird. Ausziehen, der Guru säubert deinen Körper mit Federn. Zu Trommelklängen kriechen die Menschen in die Hütte und kauern sich auf ihren Platz. Erste Runde: Der Guru spricht Gebete, singt. Zweite Runde: Steigerung der Hitze. In der Mitte befinden sich glühende Steine, deren Anzahl bei jeder Runde gestei331
gert wird. Jede und jeder schreit seine/ihre persönlichen Anliegen in die Hütte. Dritte Runde: Gebete für die Angehörigen und die, die man/frau liebt. Vierte Runde: Anrufen der Mächte durch gemeinsames Singen. […] Es wird in der Schwitzhütte eine unheimliche ›energy‹ frei, so daß zwar von Männern erwartet wird, daß sie durchhalten, Frauen die Hütte jederzeit verlassen dürfen.‹ Menstruierende Frauen dürfen überhaupt nicht teilnehmen, sie sind zu powerful und bringen die Kräfte durcheinander – so die indianische Weisheit, die von allen Frauen, die ich zu diesem Thema befragt habe, widerspruchslos akzeptiert wird.«552 Dienstag, den 9. August 1988. »Lightwork«. Im Programm, das Anjas Brief beiliegt, lese ich dazu: »Wo kommen wir her? Warum haben wir gewählt, auf diesen Planeten zu kommen? Wir arbeiten mit geführten Meditationen, Clearings (nach Rhe Powers) und Energiearbeit.« Anja beschreibt: »Zuerst Tanz, etwa eine Stunde, Musik aus den Siebzigern, man/frau soll sich austoben, ›alles loslassen‹. Dann eine Vorstellungsrunde: Wir lassen uns Zeit, […] die meisten berichten, auf welchen Seminaren, Workshops, Bioenergetic Kursen usw. sie schon waren. […] Die erste in der Runde wird vorgebeten, sie soll sagen, was ›in ihr ist‹. Sie sagt: ›Nichts‹. Die Kursleiterin darauf: ›Du lügst, besinne Dich‹. Die Frau wiederholt ihre Antwort. Der gleiche Wortwechsel dreimal. Die Frau bricht in Tränen aus, ist ein Häufchen schluchzendes Elend. Nachmittags Rebirthing bei Nicola Schlubbach-Graf, Diplom-Psychologin aus München. Nach einer kurzen 332
Einführung in Sinn und Zweck des Rebirthing (Trauma der Geburt, ähnlich vergrabene, tiefsitzende Erlebnisse sollen zum Vorschein kommen) teilen wir uns in Zweiergruppen. Eine rebirthed, der oder die andere hilft. Unter Nicolas Anleitung beginnt die erste Gruppe ihren jeweiligen Partner zu massieren und dadurch zum richtigen Atmen anzuregen […] Nach etwa fünf Minuten fangen einige an, zu stöhnen und zu keuchen, klingt wie bei einer Massenorgie. Ein Mann rastet total aus, schreit, kreischt, beschimpft seine Mutter als Schwein, Hure, dreckige Nutte, bäumt sich auf, tritt gegen einen Heizkörper. Nicola bekommt bei dem Versuch, ihn zu bändigen, ein blaues Auge. Berufsrisiko? Die Frau neben mir fängt an, hysterisch zu lachen, schreit, weint ›der Tisch, es ist kalt‹. Geburtstrauma? Bei fünf von acht Leuten ›klappt‹ das Rebirthen. Abends gerate ich zufällig (bei einem Gang zum ökologischdynamischen Bio-Klo mit Sägespänen und meditativer Musik) zu einer Gruppe von Menschen, die auf Tom Yellowtale, ›den obersten und rangältesten Sonnentanzhäuptling‹, warten, um mit ihm eine Heilzeremonie zu erleben. Sie warten bereits seit eineinhalb Stunden: ›Er wird schon kommen, wenn er es für richtig hält, Indianer haben keine westlichen Zeitnormen, man darf ihn nicht drängen‹ […] Endlich, nach einer weiteren Stunde, ich wollte gerade gehen, kommt er, begleitet von zwei ›Assistenten‹. Alle menstruierenden Frauen werden aufgefordert, die Runde zu verlassen. Die Armen, zweieinhalb Stunden umsonst gewartet, mehrere stehen auf, keine verlangt eine Erklärung. 333
Tom nimmt erst mal einen kräftigen Zug einer geheimnisvollen grünen Flüssigkeit und bittet die erste Kundin (wer Heilung will, muß zahlen), in die Mitte des nach Osten geöffneten Kreises (Verbindung mit den Außerirdischen) zu treten. Er fächert sie mit einem Federwisch ab, murmelt Gebete, fächert wieder, singt, das alles dauert ca. eine halbe Stunde, dann kann sie sich setzen. Ist sie geheilt? ›Der nächste bitte […]‹« Yellowtale behauptet, Mitglied des Elders Circle of all Indian Tribes zu sein, der nichts als eine Namenserfindung ist, die absichtsvoll auf Verwechslung mit dem einflußreichen und angesehenen Traditional Elders Circle zielt. Anja fährt fort: »Das Camp sollte zwar Verbindungen schaffen zwischen Spiritualität, Ökologie und Politik‹ (siehe Programm), was ich allerdings nirgends finden konnte, war die Politik«, beendet Anja ihr Schreiben. Renate Domnick von der »Gesellschaft für bedrohte Völker« protestierte am 20. August 1988 schriftlich beim Bundesvorstand der Grünen. Sie kritisierte, daß Grüne durch ihre Unterstützung des Wassermann-SommerCamps ausgerechnet europäisch vermarktete indianische Gurus unterstützen: »Swift Dear [der im SommerCamp auftrat] ist ein rechtsradikaler Meti und US-Chauvinist, der traditionellen Indianern auf übelste Art feindlich gesinnt ist, insbesondere dem Traditional Elders Circle, der sich gegen die kommerzielle Ausbeutung und Verfremdung ihrer Kultur und Religion durch Weiße wehrt. Dazu gehört auch der Sonnentanz, der nur an den heiligen Stätten ihrer 334
Stammesländer ausgeführt werden darf […] finden wir es mehr als bedauerlich, daß Grüne sich an der Unterminierung der Authentizität indianischer Kultur beteiligen […] es ist eine, wenn auch unbewußte Übernahme imperialistischer Haltungen zu glauben, daß die oft streng gehüteten Zeremonien indigener Völker jedermann zugänglich sein müßten […] die Aufführung von Sonnentänzen ist eher eine Sabotage als ein Akt der Solidarität.« Auf dem SommerCamp wurde geworben für den »keltischen Druiden Kaledon Naddair«, der in Workshops über »Druidentum, Schamanismus und Kraftplätze« referierte.553 Der »Frankfurter Ring« darf sich in der »spirituellen Stadtzeitung« Lichtnetz Frankfurt vorstellen. Der Ring unterstützt Veranstaltungen mit Fritjof Capra und ist der Meinung, daß das »Wesen der Frau […] mehr offen ist für die intuitiven Erfahrungen«. Daneben wirbt das Lichtnetz für die komplette esoterische Szene. Karl Everding, der im SommerCamp ein »Reinkarnationsseminar« anbietet: »Es geht nicht um die äußeren Lebensumstände, es geht um Deine innere Fähigkeit, Dein Leben so zu kreieren, wie Du es willst.« Zu dumm, wenn du arm oder krank bist. An vielen schönen teuren Orten macht Everding Reinkarnationstraining. Stufe eins: intrauterine Phase und frühere Leben; Stufe zwei: Rückführung zu Zeugung und Geburt einschließlich weiterer früherer Leben, Stufe drei: Hier »erlebst Du, weshalb Du Dir Deine Eltern gewählt hast […] Du wirst nur das erfahren, wozu Du bereit bist und was Du verkraften kannst«. 335
Glückliche Kunden schreiben an Everding: »Ich fühle mich leicht und gelöst […] ich genieße es sehr, hier in einem anspruchsvollen Hotel mit vielen Einrichtungen verwöhnt zu werden.« Wiedergeburt ist teuer, Everding ist ein guter Geschäftsmann. Er bildet zum Gruppenleiter aus (6000 bis 8000 Mark pro Jahr), bietet Gruppenreisen nach Griechenland (»Sonnenuntergänge bei klassischer Musik mit Gewichtskontrolle«: 1800 Mark), bietet zweitägige Reinkarnationsseminare (250 Mark), »Psychologische Gewichtskontrolle« (450 Mark, Arbeitslose: 350 Mark), einen Abend mit dem »großen« Lehrer Werner Erhard für 60 Mark (»wird den space im Seminar erheblich steigern«), am selben Wochenende sind auch noch Psychotherapien drin (50 Minuten zu 90 Mark) und Fußreflexzonentherapien (»nur« 50 Mark).554 In der Friedensbewegung blühte nicht nur linker Nationalismus auf (»Keine Raketen auf deutschem Boden«), sondern auch die Esoterikszene. Im Seminarraum der Pressehütte des Widerstandsorts Mutlangen gab es mindestens 1989 ein esoterisches Programm: »Fasten als Aktionsform, Heile Erde, Zen-Meditation, Hatha-Yoga, Gewaltlosigkeitstrainings«.555
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Die faschistischen Wurzeln der Esoterik Ein großer Teil der in der Alternativszene gelesenen Literatur über eine naturnahe Spiritualität ist mit reaktionären, völkischen oder gar nationalsozialistischen Inhalten verwoben. Neofaschistische und rechtsextremistische Positionen finden wir nicht nur in den unterschiedlichsten politischen – eben auch ökologischen – Gruppen, sondern auch, was weitgehend übersehen wird, in neuheidnischen, esoterischen beziehungsweise okkulten Zirkeln. Der inzwischen verstorbene evangelische Sektenexperte Friedrich W. Haack veröffentlichte 1984, daß im deutschen Sprachraum mehr als tausend Menschen pro Woche in okkulte Lehren eingeführt werden und jedes Jahr mit 52 000 neuen Angehörigen von okkulten Traditionen gerechnet werden muß.556 Unter Esoterik wird eine nach Innen gerichtete, vergeistigte Geheimlehre verstanden, die sich mit Übersinnlichem, rational nicht Erfaßbarem und okkultem befaßt. Ihre Bedeutung ist angeblich nur ihren AnhängerInnen zugänglich, sie entzieht sich der rationalen Auseinandersetzung. Statt zu lernen, werden ihre Ideologieelemente in Zeremonien und Ritualen »erfahren«. Die AnhängerInnen der Esoterik glauben, daß ein New Age, ein neues Zeitalter, bevorsteht und daß die Menschheit an der Schwelle des Übergangs vom Fische- zum Wassermannzeitalter steht. Das kommende Zeitalter wird die Menschheit auf eine höhere Bewußtseinsstufe katapultieren, zumindest die höherwertigen, zivilisierten Menschen, welche die elitären 337
esoterischen Regeln intensiv trainieren und fest an sie glauben. Esoterik und Faschismus überschneiden sich in der Entpolitisierung der Menschen, dem knallharten Egokult, dem elitären Führertum und einer vollständig antisozialen, antihumanistischen und antiaufklärerischen Orientierung. Mit New Age wird auch die aktuelle esoterische Szene bezeichnet, und die macht mit Gurus, Tarotkarten, teuren Seminaren, Psychotechniken, Büchern, Musik, Läden, Diskos, Zeremonien und Konsumartikeln weltweit ein Milliarden-Dollar-Geschäft. Etwa 20 Millionen Menschen zählt die New-Age-Ideologie allein in den USA, vorwiegend Angehörige der gutverdienenden Mittelschicht. Um zur Elite zu gehören und an der kosmischen Zeitenwende teilzunehmen, muß sich der Esoterikfan intensiv beschäftigen. Nicht mit seiner Umwelt, nicht mit seinen Mitmenschen, nicht mit Politik, nicht mit Armut, Elend und Naturzerstörung, sondern mit sich selbst! Er taucht tief in einen Sumpf aus ideologischen, religiösen und kulturellen Versatzstücken ein. Esoterische Ideologie ist ein übelriechender Eintopf aus geklauten, ihrem sozialen und kulturellen Zusammenhang entrissenen Elementen aus allen traditionellen Religionen, wie dem Buddhismus, dem Taoismus, dem Christentum, germanischen und keltischen religiösen Vorstellungen, Indianerreligionen sowie Schamanismus, Techniken wie Feuer- und Sonnentanz, Schwitzhütten-Workshops, Reinkarnationsübungen, Séancen mit Pendeln, Kristallen oder 338
Runen, bewußtes oder intuitives Atmen, Fasten, Meditieren, Astrologie und Spiritismus. New Ager klauen aus anderen Kulturen, sofern sich die Elemente vermarkten lassen und keinen lästigen sozialen Kontext mit sich herumschleppen. Die Bewunderung für Indianer oder afrikanische Traditionen ist Lug und Trug und Konsumgier und wird keinesfalls dadurch irritiert, daß ganze Ethnien aussterben. Es geht nicht um die Menschen, sondern um die Plünderung ihrer Kultur, um die Sinnleere der New Ager zu füllen. Zu diesem Zweck müssen die Reste der Kulturen ganz oder teilweise ausgerotteter Völker für die Kommerzialisierung zugerichtet werden. Ihre scheinbare Wiederbelebung dient ihrer Verwandlung in Geld und ihrer endgültigen Verwertung. Politisch bewußte und organisierte IndianerInnen, die sich gegen diese neokoloniale Plünderung wehren, erleben die Ignoranz und Aggressivität der EsoterikerInnen. Warum sich auch mit aussterbenden Völkern herumstreiten? Im Verständnis der verschiedenen esoterischen Strömungen einschließlich der AnthroposophInnen ist das Aussterben einiger weniger zivilisierter »Rassen« karmisch leider unvermeidbar. Was für lupenreine BiologistInnen die genetische Bestimmung des Menschen ist, ist für die EsoterikerInnen das Karma, das unabwendbare Schicksal, das in einem früheren Leben selbst verschuldet wurde. Unterdrückung und Ausbeutung sind Karma. Soziales und politisches Engagement gilt als Einmischung in ein fremdes Karma und ist tabu. Damit ist die esoterische 339
»Elite« frei, sich am knallharten kapitalistischen Geschäft zu beteiligen. Eventueller Völkermord ist esoterisch längst entschuldigt. Erhard F. Freitag, einer der führenden EsoterikerInnen aus der BRD, sagt: »Denken Sie nicht zu viel an die Welt, denken Sie an sich, denn Sie sind der Mittelpunkt dieser Welt.«557 Auch für private Gewaltverhältnisse empfehlen New-AgeManager wie Erhard Freitag »positives Denken«. »Eine von ihrem Mann verprügelte Frau suggeriert sich: ›Ich erfülle meine Aufgaben mit Freude und Harmonie. Ich bin behütet und geborgen in der Tiefe meines Wesens. Meine Liebe strömt auch zu meinem Mann. Vor meinem geistigen Auge sehe ich meinen Mann, der mir gütig und hilfsbereit entgegenkommt‹. Nach vier Wochen war sie ein anderer Mensch. Und ihre Güte und Freundlichkeit färbte auch auf ihren Mann ab.«558 Gedemütigte, Obdachlose, Kranke, Hungernde, Gefolterte haben – esoterischem Zynismus zufolge – alle nur ein Problem: Sie haben nie gelernt, positiv zu denken. Don’t worry, be happy! Und wenn dabei Menschen sterben. Esoterik und Demokratie schließen sich aus. Die ›spiritualistische Welt‹, der erträumte ›Gottesstaat‹, das matürliche Universum‹ entsprechen extrem hierarchischen bis diktatorischen Ordnungsvorstellungen. New Age wird gelegentlich als technologieskeptisch oder gar kapitalismuskritisch mißverstanden. Ganz im Gegenteil liefert die Esoterik die passende Ideologie für das gegenwärtige Stadium des High-Tech-Kapitalismus. Von der Gentechnologie erwarten sich New-Age-Gurus wie Rainer 340
Langhans den »neuen Menschen«, gewissermaßen die wissenschaftliche Beförderung ins Wassermannzeitalter. Andere – beileibe nicht alle – glauben tiefenökologisch an die Beschleunigung der esoterischen Evolution durch radioaktive Strahlung aus Atomkraftwerken oder sogar Atomraketenstandorten. Die einflußreiche Findhorngemeinschaft etwa wurde mit voller Absicht in die Nähe eines solchen Standortes verlegt. Das New Age kann, so viele AnhängerInnen, auch durch einen Atomkrieg kommen. Die Evolution des menschlichen Bewußtseins auf eine höhere geistige Stufe der Zivilisation rechtfertigt selbst Völkermord. Der unbedingte Egokult und die Entpolitisierung durch New Age helfen, Widerstand zu schwächen und die Ellenbogengesellschaft zu fördern. Während die einen New Ager sich ganz auf sich, ihre Zeremonien und kultischen Rituale zurückziehen, gehen esoterisch geschulte kapitalistische Manager geistig gereinigt, frisch und brutal ans Werk. Spiritualität, heutige sogenannte Hochtechnologie und Kapitalismus vereinen sich in tiefster Harmonie. Die Esoterik ist die ideale Ideologie für leistungsbewußte, durchsetzungsstarke Angehörige der herrschenden Schichten. Kein Esoterikkongreß leidet unter Geldmangel, Teile der Wirtschaft haben sich der Szene längst angenommen. Eine auserwählte Lichtrasse soll die Erde im neuen Zeitalter besiedeln, und die Euthanasiepositionen tragender New-Age-Führer wie David Spangler oder Sir George Trevelyan sind eine Bedrohung alter, kranker, eben »min341
derwertiger« Menschen. Die straffen, hierarchischen Strukturen rechtsextremistischer und neofaschistischer Organisationen könnten in den nächsten Jahren eine wachsende Attraktivität für entpolitisierte, autoritär strukturierte New Ager bekommen. Die New-Age-Bewegung ist (noch) nicht faschistisch. Aber wer ihr faschistisches Potential leugnet, hilft bei der Konstruktion eines spirituell wie ökologisch modernisierten Faschismus.
Die IdeologInnen des New Age Helena Petrowna Blavatzky (1831–1891) begründete die Theosophie mit ihrem Hauptwerk Geheimlehre (1888). Bis heute ist es das ariosophische Standardwerk. Noch vor Steiner beschrieb Blavatzky darin als höchstentwickelte menschliche »Wurzelrasse« die »Arier«. Ihre Geheimlehre ging ein in die germanentümelnde Thule-Gesellschaft und in die Gedankengänge von Naziführern. Die Theosophie wurde die wichtigste Wurzel der heutigen Anthroposophie und der New-Age-Szene. Blavatzky definierte Theosophie als »Weisheitsreligion oder göttliche Weisheit: die Grundlage und der Extrakt aller Weltreligionen und Philosophien, gelehrt und praktiziert von einigen Auserwählten, seitdem der Mensch zu denken begann«. Diese Auserwählten sind Teil jener »planetarischen Hierarchie« geheimnisvoller Meister, die von Theosophen gemeinhin auch als die zum Wohle 342
der Menschheit wirkende »Große Weiße Bruderschaft« bezeichnet wird. An ihrer Spitze stehen Krischna, Buddha und Jesus Christus. Blavatzkys Wurzelrassenlehre schätzte auch Adolf Hitler. Aus der Theosophie entwickelte Steiner die Anthroposophie. Eine besonders enge Beziehung besteht zwischen der Theosophie und der New-Age-Bewegung: Diese selbst wird von Theosophen verschiedentlich als die neue »sechste Unterrasse der fünften gleich arischen Wurzelrasse« gedeutet, und das »reine positive Denken« der »Großen Weißen Bruderschaft«, das wir als zentrale Botschaft des New Age kennen, dient der rein geistigen Weiterentwicklung der Menschheit.559 Pflichtlektüre für EsoterikerInnen ist das Buch Das grüne Gesicht von Gustav Meyrink (1868–1932), auch ein sogenannter Theosoph. Darin propagiert er die Herrschaft des »vergeistigten Menschen über die Natur und die Tiermenschen, wobei der Neger der Schlimmste ist, halb Raubtier, halb Mensch, hinter dem finstere Mächte stehen !«560 Julius Evola (1898–1974) übersetzte Meyrinks Werke ins Italienische, war Berater von Mussolini und Ideologe der rechtsextremistischen und neofaschistischen Szene in Frankreich und Italien. Sein Ziel war, die »moralische, humanistische Soße« zu überwinden. Magie ist für Evola die Loslösung des Ichs von der Erde und damit deren Beherrschung. Im privaten Eigentum an Grund und Boden sieht er die einzige Lösung der Umweltproblematik. Eigentum ist auch die Frau, deren »absolute Hingabe« an den Mann er verlangt, wozu auch die Witwenverbrennung 343
gehört. Sein Vorbild ist die Hierarchie der indischen Kastengesellschaft.561 Wer Sklave ist, muß sein Karma dafür verantwortlich machen. Das Aussterben von Völkern ist nicht Folge imperialistischer Gewalt, sondern natürlicher Ausdruck des Niedergangs ältester Völker und Kulturen, deren Lebensmöglichkeiten erschöpft sind. Gegen drohende Erhebungen niederer Völker und Schichten helfen sogenannte heilige Kriege.562 Für die Ariosophen wie den »Bund der Germanen« war die »arische« beziehungsweise germanische Rasse der Höhepunkt menschlicher Entwicklung. Ihre Grundidee ist die einer schicksalhaft vorbestimmten (Welt)Herrschaft der Germanen. Frauen sind für die Ariosophen rassezersetzende SünderInnen. AriosophInnen sind extreme AntisemitInnen. Zu den ariosophischen Organisationen, die in den zwanziger Jahren aus dem Boden schossen, gehörten beispielsweise der Wälsungen-Orden oder die Edda-Gesellschaft, die Ausgangspunkt der rechtsextremistischen LudendorfferBewegung wurde. Alle ariosophischen Verbände bejubelten die Machtübernahme der Nazis. Es ist kein Widerspruch dazu, daß die ariosophischen Vereinigungen von den Nazis infolge innerfaschistischer Auseinandersetzung später aufgelöst wurden. Die Ludendorffer- beziehungsweise ariosophische Bewegung, eine der Wurzeln des Weltbundes zum Schutz des Lebens (WSL), existiert immer noch. Ihr heutiges Interesse richtet sie, wie viele rechtsextremistische und neofaschistische Kreise, auf den sogenannten 344
Lebens- und den Umweltschutz. Die Vereinigten Grünen Österreichs (VGÖ) haben es fertiggebracht, sie als Vorreiter der Umweltschutzbewegung zu würdigen und immer mal wieder mit ihnen zu paktieren. Die bekannteste ariosophische Gruppierung ist die 1969 gegründete medienwirksam arbeitende Armanenschaft unter der Leitung von »Großmeister« Adolf Schleipfer und seiner Frau, der »Hohepriesterin« Sigrun SchleipferFriese. Mitte der achtziger Jahre versuchten sie die Rechten zu veranlassen, die Grünen zu unterwandern: »Löst doch den NPD-Haufen endlich auf! Was Besseres könnte gar nicht passieren! Geht in die Basis! Arbeitet bei Grünen, Alternativen, Nationalrevolutionären usw. mit. Bringt dort Euer Wissen ein […] Und wenn man Rechte dort nicht will, sagt ihnen, daß das Ziel ›grün‹ ist und nicht rot«563 Sie hassen die Forderung nach sozialer Gleichheit und fordern atomare Abrüstung, Ausländer raus, dezentrale Wirtschaft, »Heidentum« als staatstragende Religion sowie völkische Grundlagen des Staatswesens. Die AriosophInnen haben einigen Einfluß auf ökologisch orientierte Biobauern. Hermann Wirths (1885–1981) Hauptwerk ist Die heilige Urschrift der Menschheit. Er wollte eine »reine deutsche Geistigkeit« aus dem »Sumpf« der »liberalistischen Wissenschaft« befreien und mit der Erweckung der »arischnordischen Urkultur« die Befreiung der Menschheit vom Fluch der Zivilisation erreichen. Ohne Adolf Hitler, der den »Aufbruch Deutschlands herbeiführte«, wäre das deutsche Volk »ein Volk ohne Gottesleben mit einem siechenden 345
Körper« gewesen. Wirth haßte »die künstliche Lebenserhaltung der erbrassig Minderwertigen, die sich wahl- und schamlos vermehren dürfen, während die noch wertvollen gesunden jungen Menschen in einem verzweifelten Existenzkampf […] selber zugrunde gehen dürfen: darum weil sie […] keine Scholle [haben], kein Heim, das die Sippe, das Geschlecht sichert«. Wirth war NSDAP- und SS-Mitglied, Himmler unterstützte ihn. Nach 1945 stellte sich Wirth als politisch Verfolgter des Dritten Reichs dar, weil die Nazis nicht auch seine kultischgermanistisch-matriarchalischen Vorstellungen hatten übernehmen wollen.564 1956 erklärte Wirth vor dem Landesverwaltungsgericht Köln, »daß auch viel Gutes im nationalsozialistischen Reich gewesen wäre und daß dies noch heute meine Überzeugung sei«. In den frühen siebziger Jahren gewann Wirth einigen Einfluß auf die Indianerunterstützer-Szene und später auch auf bürgerliche Kreise. 1979 besuchte der SPD-Vorsitzende Willy Brandt den Titularprofessor und war von dessen Sammlung prähistorischer Symbole »beeindruckt«. Brandt versprach seine Unterstützung für ein Institut für Urgemeinschaftskunde, das durch heftige öffentliche Proteste gestoppt werden konnte. Auch Werner Haverbeck vom Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL) ist Wirth-Schüler.565 Bei einem Hermann-Wirth-Symposion im Mai 1985 im Collegium Humanum in Vlotho hielt Baldur Springmann ein Runenreferat mit praktischen Übungen. Wirth-Schüler Andreas Lentz, der auch die Armanenschaft der Schleipfers 346
verteidigt, trat am 1. September 1985 dem Worpsweder Kreis bei, einem Zusammenschluß von New-Age-Buchverlagen. Ihr Motto: »Kooperation statt Konfrontation«566, die Ideologie der Versöhnung mit dem Kapitalismus und Hermann Wirths Sprung ins New Age.567 Den alternativen Nobelpreis (Preisverleiher: Jakob von Uexküll) erhielt 1982 Sir George Trevelyan (geb. 1906). Bei ihm mischen sich Anthroposophie und Theosophie. Trevelyan verkündet beispielsweise: »Der Atomkrieg ist für die ›Spirituellen‹ eine Aussicht auf höchste Freuden, nur für ›Materialisten‹ wird es schrecklich werden.«568 David Spangler, der in Findhorn als Reinkarnation Jesu verehrt wird, übernahm zusammen mit der Psychologin Myrtle Glines die Aufgabe, Menschen aus der Hippie- beziehungsweise Alternativbewegung zu »disziplinierten, sauberen, ordentlichen, nicht mehr rebellischen« New Agern zu erziehen.569 Die New-Age-Szene will Herrschaft. Einige ihrer einflußreichsten Vertreter sitzen im Direktorium der »Weltbürger« (Planetary Citizens), einer 1972 gegründeten New-Age-Organisation. Einflußreiche New Ager wie der inzwischen verstorbene Peter Caddy, David Spangler und William I. Thompson sind Findhornianer. Die Weltbürger wurden offiziell als Unterabteilung der UNESCO anerkannt. Durch den Einfluß von Findhornianern wurde 1983 eine Meditationsgruppe in einer EG-Kommission in Brüssel gegründet. Das Ziel dieser politisch aktiven EsoterikerInnen ist eine UNO-Weltregierung. Peter Caddy, Major der britischen Royal Air Force (RAF), gründete 1962 die Findhorn-Gemeinschaft in Schottland 347
mit dem Ziel, gemäß der Lehre der Theosophen die »sechste arische Wurzelrasse« zu züchten, denn die »Führungsrasse«, die für die UNO-Weltregierung gebraucht wird, muß erst noch trainiert werden. Findhorn ist ein Schloß in einem »magischen Garten« in der Nähe von Atomraketenstellungen. In den Gebäuden sind z. B. eine Computerfirma, ein Design- und Tonstudio, ein Verlag, eine Töpferei, eine Apotheke, eine Weberei und eine Rudolf-Steiner-Schule untergebracht. Die guten Kontakte eines der FindhornFührer, Sir George Trevelyan zur Soil Association, eine mit dem englischen Königshaus verbundene anthroposophische Vereinigung, in der Adlige und Angehörige der herrschenden Klasse organisiert sind, befreite die Findhorn-Gemeinschaft offensichtlich von jeglichen Steuern. Etwa 4000 Besucher zählt die Gesellschaft jährlich. Zu den sprudelnden Einnahmequellen gehören auch extrem teure Seminare und Wirtschaftskonferenzen in Findhorn, an denen unter anderem Volvo, Shell, Rank Xerox, Philips und IBM teilnehmen, vermutlich nicht ohne finanzielle Beteiligung. In Nordrhein-Westfalen und in Bayern haben sich mittlerweile deutsche Ableger der britischen Gesellschaft gebildet.570 Marilyn Fergusons Roman Die sanfte Verschwörung gilt als zentrales New-Age-Werk. Ihre wichtigste Wurzel ist die Theosophie und ihre Praxis die enge Zusammenarbeit mit Managern, Militärs, UNO, Regierungen und Werbewirtschaft. »Der beste Führer ist der, der das Verhalten der Menschen verändert, ohne daß sie es merken! […] Sobald 348
man einmal die Macht, die der gemeinsamen Ausrichtung der Menschen innewohnt, erkannt hat, kann man nicht mehr in den alten Begriffen an die Zukunft denken.«571 1977 unterstützte sie ein »Hungerprojekt«, das von der UNO als regierungsunabhängige Organisation (NGO) anerkannt wurde. 1982 waren über 50 Prozent des Spendeneinkommens vermögensbildend angelegt. Weil aber laut Ferguson das Sprechen über den Hunger eine Wandlung der Psyche bewirkt, kann das wohl vernachlässigt werden. Gerd Gerken, Unternehmensberater und hochbezahlter Managertrainer des New Age, nimmt Wirtschaftsführern mit der Ideologie des »positiven Denkens« und der rein geistigen Veränderung soziale Verantwortung und schlechtes Gewissen ab. Etwa seit 1980 wird die Esoterik von Fraktionen des Kapitals auch finanziell stark gefördert, weil sie nicht nur Manager glücklich macht, sondern sich auch bei MitarbeiterInnen auf mittleren Ebenen der Reiz der Magie und des Übersinnlichen als enorm identifikationsstiftend (mit dem Unternehmen) und erfreulich leistungssteigernd herausgestellt hat. Gerken ist verantwortlich für das Manager-Magazin Radar für Trends, das New-Age-Philosophie in die Wirtschaft hineinträgt. In den USA gibt es bereits eine Reihe von Firmen, in denen den Mitarbeitern esoterische Seminare kostenlos angeboten werden. Gerkens New-AgeSeminar-Kartei enthielt schon im Januar 1985 folgende Firmennamen: Blendax, AEG, Maggi, Tchibo, Deutsche Bank, BMW, SEL, Wella, Daimler Benz, Esso, Otto-Versand, Hoechst und Karstadt.572 349
OkkultistInnen und ParapsychologInnen arbeiten in den USA auch in der Wirtschaft. Die Psychic Enterprises in Los Angeles vermieten OkkultistInnen an Firmen, die bei Ölbohrungen, in der Kriminalistik, beim Militär, in der Politik und im Bankwesen eingesetzt werden. Der Okkultismus hat sich fast vollständig zur profitorientierten Bewegung entwickelt.573 Dem moderat auftretenden, populärsten und am weitesten in bürgerliche Kreise hineinwirkenden Vertreter des New Age, Fritjof Capra, haben wir ein eigenes Kapitel gewidmet.
Das New Age des Nationalsozialismus war das Dritte Reich Germanenkulte waren bei großen Teilen der Arbeiterjugendbewegung wie der Naturfreunde- und der Freidenkerbewegung beliebt. Wir finden germanentümelnde Elemente in Reden, Texten und Ritualen.574 Sonnwendfeuer wurden in proletarischem Traditionsbewußtsein zu gewaltigen Zeremonien, die Bewegung traf sich in zahlreichen »okkult«sozialrevolutionären Gruppen unterschiedlichster Art. Gustav Landauer, Erich Mühsam und Gerhart Hauptmann etwa standen dem 1906 gegründeten Deutschen Monistenbund nahe, der einen mystischen, spirituell fundierten Sozialismus mit freier Religiosität und die »wilde Natur« 350
pries. Ursprünglich sozialrevolutionäre, ritualisch-naturmystische Gruppen wie zum Beispiel der Wandervogel gerieten ins Fahrwasser konservativ-nationaler, später nationalsozialistischer Kreise.575 Durch NSDAP-Parteikader wurde die Jugendbewegung den herrschenden Interessen unterworfen. Pfingsten 1933 feierte die Jugendbewegung ihr letztes »Fest der freien Bünde«. Das Fest endete mit der Selbstauflösung der beteiligten Gruppen. Gegen Ende der Weimarer Republik hatten die Organisationen der großen Jugendverbände mehr als 4 Millionen Mitglieder: Sportjugendverbände ca. 200 0000, Katholische Jugendverbände ca. 100 0000, Evangelische Jugendverbände ca. 600 000, Gewerkschaftsjugend ca. 400 000, Sozialistische Arbeiterjugend ca. 90 000 und der Kommunistische Jugendverband ca. 55 000 Mitglieder. Allein die Organisationen der Bündischen Jugend hatten etwa 70 000 Mitglieder. 1932 kam die Hitlerjugend demgegenüber lediglich auf 40 000 Mitglieder, war also allein den linken Jugendverbänden und der Bündischen Jugend (zusammen mehr als 600 000 Mitglieder)576 – eigentlich – drastisch unterlegen. Die Hitlerjugend trat das Erbe der Jugendbewegung an, pervertierte und zerstörte es. Spiritualität wurde gleichbedeutend mit Kult: Kult der Jugend, Kult der Arbeit, Kult des Volkes, Führerkult und Kult der Stärke.577 Biologischer Landbau verband sich magisch mit der heiligen »Mutter Erde«. Aus der Verbundenheit »mit der Scholle« konnte sich eine Wurzel von »Blut und Boden« entwickeln. 351
Die Wurzelrassenideologie der Theosophen und der Anthroposophen fügte sich nahtlos in nationalsozialistische Vorstellungen von der Reinhaltung der »arischen Rasse«. Die Angst der BürgerInnen und GroßbürgerInnen vor dem sozialen Abstieg ließ sie gierig Mystisch-OkkultesÜbersinnliches aufsaugen, was half, lästige Klassenkämpfe zu ignorieren, und die Ideologie der Vorherrschaft der eigenen Volksgemeinschaft nährte. Auch heute bilden Angst vor sozialem Abstieg, Sinnleere, Egokult, Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen im Trikont und der Armut in Europa den Nährboden für den wachsenden Einfluß der Esoterik. Esoterische Gruppen aller Schattierungen blühten und halfen, den Boden für den Faschismus zu bereiten. Zu den Mitgliedern des antisemitisch-völkischen Geheimordens Thule-Gesellschaft (1918 gegründet) gehörten beispielsweise NS-Funktionäre wie Alfred Rosenberg, Julius Streicher und Hans Frank, Industrielle, Theodor Morell, der spätere Leibarzt Hitlers, und eine ganze Reihe von Adligen.578 »Thule« nannten die Theosophen und Ariomystiker die vermeintliche geistige Urheimat der Arier, ein versunkener Kontinent, von dem alle »höheren« Kulturen abstammen sollten. Wie Konrad Lorenz wird heute der Psychologe C. G. Jung in Alternativkreisen unverdientermaßen verehrt. Wie Jungs analytische Psychologie trug Lorenz’ Verhaltensforschung zur Unterstützung neuer deutscher Herrschaftsansprüche bei. So wie Konrad Lorenz’ Buch Die sieben Todsünden der Menschheit nach dem Faschismus von seinem Schüler, 352
dem Zürcher Psychologieprofessor Norbert Bischof, seiner faschistischen Inhalte bereinigt wurde,579 wurde auch bei C. G. Jung Geschichtsfälschung betrieben. 1939 würdigte Jung Hitler als »Medizinmann, Seher und Prophet«, als »wahre[n] Führer«, der mit magischer Macht ausgestattet sei. Und: Sofern die »Eingebung« des Führers die Eroberung Europas bedeute, stehe eine »extrem interessante Periode« bevor. Jungs wissenschaftlicher Beitrag bestand darin, die »Verschiedenheiten der germanischen und jüdischen Psychologie« herauszuarbeiten. Jung ist mit seiner Archetypenlehre, die unter anderem auch Wotan, dem germanischen »Gott der Raserei«, eine besondere Rolle zuschreibt, zum »auserkorenen Liebling« und einem der »Väter« der modernen New-Age-Bewegung geworden, z. B. von Franz Alt. Seine nationalsozialistische Vergangenheit wird geleugnet. Das Blut, sowohl physisch wie mythisch begriffen, wurde zum Träger des Erbes der Germanen. Ariosophen wie Hans Wilhelm Hammerbacher (Vater der Armanenschaft-Chefin Sigrun Schleipfer) schrieb 1974: »Als im Jahre 1938 der Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich vollzogen wurde, war die Freude der Vorarlberger über die Vereinigung mit dem schwäbischen Nachbarland tief und echt«, denn es handelte sich, so Schleipfer, um die Vereinigung Germanenstämmiger gegen die »minderwertigen« Slowenen. Bis heute ist das Deutschsein im bundesdeutschen Grundgesetz an das »Blut« und nicht an den Wohnort gebunden. Heute kämpfen Neofaschisten auf der Seite Kroatiens gegen 353
Serben und haben sehr ähnliche »Begründungen«: »Jetzt kämpfe ich gegen die verdammten Serben. Wie mein Vater damals in der Wehrmacht«, sagt einer, und ein anderer ergänzt im Sommer 1992: »Die serbische Mörderbande muß beseitigt werden, die Kroaten sind fleißiger als die Serben. Die sind dem Deutschen ähnlicher.«580 Die subtil rassistische Botschaft vieler Medienberichte entfaltete ihre Wirkung. Hitler, der der Thule-Gesellschaft nahestand, hielt seine erste programmatische Rede »Warum sind wir Antisemiten?« auf einer NSDAP-Versammlung in München am 13. August 1920. Er sprach vom »tief-innerlichen Seelenleben« als Hort menschlicher Schöpferkraft, deren Träger in besonderer Weise »nordische Rassen« seien. Diesen stünden als Kulturzerstörer die »müßiggängerischen Südrassen«, insbesondere die Juden, gegenüber. Während erstere allerorts ihre »befruchtende Kraft« entfalteten, bezweckten letztere durch ihr Wirken den Niedergang der Menschheit, zum Beispiel durch die kapitalistische Wirtschaftsweise. Hitler forderte daher den erbarmungslosen Kampf gegen den »Materialismus und Mammonismus«, was er gleichsetzte mit der »Entfernung der Juden aus unserem Volke […] Unsere Sorge muß es sein, das Instinktmäßige gegen das Judentum in unserem Volke zu wecken und aufzupeitschen und aufzuwiegeln, so lange bis es zum Entschluß kommt, der Bewegung sich anzuschließen, die bereit ist, die Konsequenzen daraus zu ziehen.«581 Wesentlicher Bestandteil des Selbstverständnisses der frühen NSDAP war 354
der Wille, die Natur durch den Geist zu überwinden und okkult zu beherrschen. Sie glaubten an »Wurzelrassen«, an eine Weltverschwörung, und beschworen eine Endzeitmystik. Das New Age des Nationalsozialismus war das Dritte Reich, das tausend Jahre dauern sollte. Für die Behauptung ihrer angeblichen Höherwertigkeit und für tausendjährige Heilsversprechen unterwarfen sich Menschen der faschistischen Ordnung, meinten, ihr Leben so besser ertragen zu können, und wurden zu MittäterInnen. Auch heute, im Angesicht des sogenannten Wassermannzeitalters, soll niemand soziale Verantwortung tragen, nicht eingreifen, die herrschende Ordnung nicht stören, Erniedrigung und Naturverseuchung nicht aufhalten und jeden Gedanken an soziale Gleichheit und die Befreiung aller Menschen fallenlassen. Und wieder schwebt da ein Heilsversprechen: zu einer post»arischen« höherwertigen »Wurzelrasse«, einer Elite auf einer höheren Evolutionsstufe zu gehören, den meisten Menschen überlegen. Vermeintlicher Trost für Dumpfheit, Verrat, Unterwerfung und Sinnleere.
Sexy Sadie – Gegenkultur und Esoterik seit 1945 Die politische Indianerbewegung, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA entstanden war, als Hopi und Lakota anläßlich der US-Atombombenabwürfe auf Japan ihre 355
eigene Situation auf Uranabbaugebieten in den Reservaten öffentlich machten, verwandelte sich Ende der siebziger Jahre zum Teil in eine apolitische, romantisierende, magisch-kultische Indianerwelle. Daneben entstanden auch politische IndianerInnen-Solidaritätsorganisationen wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) oder die Münchner Big-Mountain-Aktionsgruppe. Aber auch in der Gesellschaft für bedrohte Völker scheint es merkwürdige Tendenzen zu geben. In der nationalrevolutionären, rechtsextremistischen Zeitschrift Wir selbst (1/1991) finde ich eine Anzeige der GfbV. Und auf einer streckenweise gemeinsamen Zugfahrt, 1987 oder 1988, verkündete ihr Vorsitzender Tilman Zülch, der schon früh für die Wiedervereinigung eingetreten war, Lenin (!) sei ein ebensolcher Massenmörder gewesen wie Hitler. Neben der politischen IndianerInnen-Unterstützerszene entstanden die Stadtindianer – wie die Göttinger Mescaleros.582 Sie stopften Indianer in positiv besetzte Klischees (weibliche Helden gab es nicht). Indianer waren wie Geronimo immer tapfere Krieger. Die Projektion der eigenen Sehnsucht nach dem Fremden, ganz in der Art Karl Mays, machte aus dem kolonialen Klischeebild des »wilden roten Teufels« ein alternatives; es blühen Schamanismus und Indianerkitsch. »So manche Nacht hatte ich im Schlafsack an verlassenen Stränden zugebracht und einsame Tage der Meditation hoch in den Hügeln, mit Castanedas ›Lehren des Don Juan‹ oder Hermann Hesses ›Steppenwolf‹ als einzigen Begleiter«, 356
trug Fritjof Capra auf einer Lesung vor.583 In manchem Selbsterfahrungsschwulst geht die Wahrheit unter. Carlos Castaneda, der Schriftsteller, der eine ganze Generation beeindruckt hat, ist ein erfolgreicher Blender. Seine ethnologische »wissenschaftliche Feldforschung« erwies sich als reine Schreibtischtätigkeit, und seine »historischen« Figuren sind nichts als Phantasiegestalten. Seine indianischen Schamanen haben keine soziale und politische Funktion mehr, und der politische Überlebenskampf und der Widerstand der indianischen Nationen gegen Zwangsumsiedlungen, Tiefflieger, Uranabbau, Wasserkraftwerke, goldschürfende Weiße oder Landraub werden in einer spekulativ-okkulten Traumwelt totgeschwiegen. Politischer war die karibische Rastafaribewegung ab etwa 1975, sie verband Naturreligion, Christentum und Marihuanakult mit politischen Zielen. Regionale Widerstandsbewegungen im Baskenland (Euzkadi), in der Bretagne, auf Sardinien, Korsika, in Okzitanien, Irland, Wales und Schottland lebten schon früher wieder auf, entdeckten und entwickelten ihre eigene politische und kulturelle Identität durch Geschichtsbewußtsein, Lieder, Sprache, Politik und – zum Teil bewaffnete – Militanz. Auch diese Bewegungen blieben, etwa ab 1980, nicht von einer unpolitischen, ökologisch-esoterischen Keltenwelle verschont, an die sich rechtsextreme, auch germanische Okkult-Gruppen anschlossen. Seit Anfang der achtziger Jahre boomt das Geschäft mit der naturreligiös-indianischkeltisch-germanisch-esoterisch-ariosophisch-spirituellen 357
Szene, die auch in Teile der feministischen Bewegung hineinwaberte. Wir finden ein spirituell-okkultes Naturverständnis etwa bei Rudolf Bahro und in Teilen der Frauenbewegung in den USA wie in der Bundesrepublik. Das Leben soll sich harmonisch in den Kreislauf der Natur einbetten (»Kreislauf« ist einer der vielen erfolgreichen, nicht hinterfragten Begriffe aus der Esoterikszene«), und über allem schwebt als Vertreterin der »Mutter Erde« die matriarchalische »Göttin«. Wo so viel Irrationalität grassiert, geben irgendwann autoritäre, emanzipationsfeindliche und rechtsextremistische Ideologen den Ton an. Gugenberger und Schweidlenka ziehen in ihrem hervorragenden wissenschaftlichen Grundlagenwerk Mutter Erde, Magie und Politik584 Parallelen zwischen der heutigen Esoterik und der Gegenkultur der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Die Nazis hatten es leicht, Symbole und Zeremonien der Esoterikszene zu vereinnahmen, zu zahlreich waren die Berührungspunkte der faschistischen und der esoterischen Ideologie. Diese bot den NS-Faschisten »bereichernde Kultur- und Kultelemente: mystisch inszenierte Massenversammlungen, Runen-SS-Symbole, Blut-und-Boden-Ideologie. Über das seit etwa 1900 in völkisch-nationalen Kreisen gebräuchliche Hakenkreuz sagte Hitler 1920: »Wir wissen«, daß den »arischen« Menschen, als sie ihre nördliche Heimat verließen und nach Süden zogen, »ein Zeichen gemeinsam blieb: das Zeichen der Sonne […] Es ist das Hakenkreuz dereinst von arischer Kultur gegründeten gemeinen Wesen.«585 358
Mitte der sechziger Jahre entdeckten Teile der Gegenkultur östliche Spiritualität. Die Beatles fanden im Guru Maharishi Maheshi Yogi ihren Meister, und der wurde weltberühmt. Das beschleunigte die Flucht aus der Politik, von den Straßen und Anti-Vietnam-Demonstrationen in die Aschrams. Irgendwann begriff John Lennon, wem sie da aufgesessen waren: »Als die Nachricht vom Tode Brian Epsteins kam, waren wir geschockt, völlig erschlagen. Wir gingen zum Maharishi und sagten: ›Brian ist tot!‹ Und er antwortete so auf die Art: ›Ah, so? Vergiß es, sei glücklich‹ – wie ein Vollidiot. Lächle, das sagte er – und wir haben es getan.«586 Als die Beatles dann vom Vergewaltigungsversuch des Gurus an Mia Farrow überzeugt waren, nahmen sie Abschied vom Maharishi und seinem »inneren Licht«: Wir »sagten: ›Wir hauen ab‹. Er fragte erstaunt, warum. Ich sagte: ›Wenn du so kosmisch bist, dann weißt du es sowieso.‹ Und da warf er mir einen Blick zu, der besagte: ›Ich bring’ dich um, du Hund!‹ Da wußte ich es, ich hatte ihn durchschaut. Ich hab’ dann das Lied ›Sexy Sadie‹ geschrieben […] Jetzt wißt Ihr es. Sexy Sadie, was hast Du getan, Du hast jeden zum Trottel gemacht.«587 Der Maharishi äußerte später, wer in Armut lebe, sei faul oder nicht intelligent genug. Ein großes Geschäft machte er, als Anfang der achtziger Jahre die ganze Belegschaft von General Motors sein Transzendentale Meditations (TM)-Programm kaufte. TM hat weltweit zwei Millionen Mitglieder, in der Bundesrepublik mehr als 100 000. Der Maharishi wurde so reich, daß er 1984 mit der Unterstüt359
zung des Diktators Marcos zwei philippinische Universitäten mit 60 000 StudentInnen für TM-Massenexperimente kaufen konnte. Sekten wie Scientology, Mun oder Universelles Leben sind besonders unter Jugendlichen, an Universitäten aber auch in allen anderen Bereichen der Gesellschaft auf dem Vormarsch, mit ihnen neofaschistische Gruppen wie die Europäische Arbeiterpartei (EAP), der seit längerem Kontakte zum Ku-Klux-Klan nachgesagt werden. Die objektive Aufgabe der Esoterik besteht heute wieder in der Umwandlung und der Anpassung gegenkultureller Bewegungen, die in Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse ausarten könnten, gegen den Kapitalismus und seine Verwertungsnotwendigkeiten. Es geht nicht um Naturbewußtsein, Magie und kosmische Paradigmenwechsel, sondern um Profit, Verblödung, Entpolitisierung, Anpassung und damit letztlich um ganz und gar nicht übersinnliche Herrschaftsstabilisierung.
Rudolf Bahro und Rainer Langhans: Der »grüne Adolf« und der »neue Mensch« »Wer den Nationalsozialismus nur als politische Bewegung versteht, weiß fast nichts von ihm. Er ist mehr noch als Religion, er ist der Wille zur neuen Menschenschöpfung«. Adolf Hitler588 360
Rudolf Bahro, 1935 geboren, schrieb 1977 Die Alternative, saß dafür zwei Jahre im DDR-Knast, kam zu den Grünen und verließ sie 1985 wieder. In seinem Buch Logik der Rettung (1987) kann er sich die Rettung der Umwelt schon nicht mehr anders als durch eine »Rettungsregierung« – beispielsweise bestehend aus Biedenkopf/Lafontaine/Schily – vorstellen. Dies ist jedoch nur eine so törichte wie moderate Vorstufe auf dem Weg zur eigentlichen politischen Konstruktion, einer »Weltregierung«, einem »Fürsten der ökologischen Wende«, »ein bißchen ›Ökodiktatur‹ sei angebracht«. Kritik an seinem »Ruf nach dem starken Mann« konterte Bahro auf einer Veranstaltung: »Ist es nicht wunderbar, wenn ein Land einen starken Mann hat wie Gorbatschow?! Er ist der Fürst, er wird sich durchsetzen.«589 Einige Zeit nach seinem Austritt aus den Grünen schloß sich Bahro der »Lebensgemeinschaft« und »Lernwerkstatt« in Niederstadtfeld in der Eifel an. Rund 14 Leute haben »sich zusammengefunden«, um unter dem Motto »Ganzheitliches Leben – ganzheitliche Politik« zu einer »spirituellen Neubegründung der Politik beizutragen«590 – was soll das im einzelnen sein? Wir finden Mozart, Beethoven und New Age, selbstgemachte Naturkosmetik, Tarot-Workshop, indianische Rituale, Vollwertkost, Tai Chi, auch wieder Franz Alt, selbstgefertigter modischer Schmuck, Kreistänze, adventlicher Apfelnachmittag, dazwischen als Minderheitenprogramm einmal einen Vortrag über die Verschuldung Lateinamerikas, Maria Mies als Referentin über Patriarchat und Kapital und Bahro selbst über Spiritualität und Politik, 361
zweimal. 1989 finden wir in den Programmen für Januar, Februar und März kein einziges politisches Thema mehr: benediktinische Lebenspraxis und Spiritualität, New Age, Frauensprache – Männersprache (noch das politischste Thema), Mutterrecht am Beispiel von Sumatra, Maria Magdalena – Gefährtin Jesu im Lichte feministischer Theologie, Schwarze und weiße »Magie« in der Pädagogik, Tief-Ökologie, Sexus – Eros – Liebe usw. Auf dem Programm der grünen Arbeitsgemeinschaft »Spirituelle Wege in Wissenschaft und Politik« in der Lernwerkstatt stand die Beschäftigung mit unterschiedlichen spirituellen Wegen und ihrem Verhältnis zu grüner Politik: dynamische Meditation nach Bhagwan Shree Rajneesh,591 verschiedene Arten Yoga, Sufismus, christlich-spirituelle Transformation, Buddhismus, Ökosophie, Anthroposophie. Einen Anhänger fand Bhagwan auch unter grünen Bundestagsabgeordneten. Wolfgang Daniels progagierte 1988 dessen Buch Die größte Herausforderung: Die goldene Zukunft mit den Worten: »Ich sehe hier eine Chance für großartige Veränderungen […] Die Sannyasins könnten ein Glied in der Kette der Grünen sein. Sie verkörpern eine Kultur, die unserer Partei abhanden gekommen ist.«592 In einem Interview der Bhagwans Ideologie nahestehenden Zeitschrift Connection sagte Bahro: »Das Wichtigste ist, daß sich die vernetzen, die den Weg ›zurück‹ gehen und auch weisen wollen in die Großen Gleichgewichte, in die Übereinstimmung der menschlichen Ordnung mit dem Tao des Lebens. Worüber ich nachdenke, ist das ›esote362
risch‹-politische Thema ›König und Königin der Welt‹, im Grunde gerade die Frage, wie sich Mann und Frau spirituell umfassend genug begreifen und engagieren sollen. Wer sich nicht zur Mitwirkung an der Weltregierung aufschwingt, verdient die Bescherung«.593 Besonders aktiv in Bahros Lernwerkstatt und in der grünen AG »Spirituelle Wege« ist Volker Buddrus aus Hamburg, der sich positiv auf die Findhorn-Gemeinschaft bezieht, die, wie gesagt, Major Caddy 1962 mit dem Ziel gründete, eine »Führungsrasse« für die Weltregierung zu züchten. Buddrus schwärmt: »In der Findhorn-Kommune (Schottland) sagen beispielsweise die Foculizer [eine Art Anführer] jeden Morgen, welche Arbeiten anliegen. Dann stehen die Kommunemitglieder im Kreis, fassen sich an, schweigen und spüren, was auf sie zukommt. So übernimmt der eine den Abwasch, der andere beispielsweise die Gartenarbeit. Sie fühlen sich zu ihrer Arbeit hingezogen, und am Ende geht alles auf.«594 Noch 1987 formulierte Bahro Kritik an der New-Age-Szene: »Meditation, die nicht auf ein anderes Alltagsleben und -handeln hinausläuft, ist eitel«, um gleich anschließend die Verschiebung von »Tiefenkräften« Richtung Moskau festzustellen.595 Er schimpfte eine Zeitlang auf »gesellschaftliche Unverbindlichkeit und Ziellosigkeit, gepaart mit gedanklicher Unscharfe, […] [als] das eigentliche Gebrechen der spirituellen Szene, des ganzen ›New-Age‹-Feldes, schlimmer noch als das kommerzielle Absahnen«. Formuliert Bahro damit wirklich nur eine Kritik oder vielleicht einen Ansatz, 363
die unpolitische New-Age-Szene politisch zuzuspitzen – und dies geht nur nach rechts, Richtung Ökofaschismus. 1987 schreibt er: »Kein Gedanke verwerflicher als ein neues anderes 1933? Gerade der aber kann uns retten. Die Ökopax-Bewegung ist die erste deutsche Volksbewegung seit der Nazibewegung. Sie muß Hitler miterlösen«.596 Was macht Bahro heute? Er hat einen Lehrstuhl für soziale Ökologie an der Humboldt-Universität in Berlin und gehört neben Rainer Langhans und anderen inzwischen zu den prominentesten Figuren der ökofaschistischem Gedankengut nahestehenden Esoterikszene. Auch Rainer Langhans beteiligte sich an der Lernwerkstatt. Langhans, früher Mitbewohner der Kommune I in Berlin, bezeichnet den Nationalsozialismus als ersten großen Versuch, Materie und Spiritualität zu verschmelzen. »Spiritualität in Deutschland heißt Hitler.« Denn die »Faszination, die ungeheure Vollständigkeit des Lebens in diesem faschistischen Staat bestand ja darin, daß erst mal auch der Tod mit hineingenommen wurde in das Lebenskonzept des Nationalsozialismus«. Was schaden schon Folter und Völkermord dem Zyniker, wenn es »den Ausstieg aus dem Körper gibt«, den »wir studieren müssen«. Wirklich schrecklich am Faschismus ist für Langhans, »daß sich hier ein Volk in einem rauschhaften Amoklauf auf eine Gottsuche gemacht hat, die alles wollte, was nur irgend an Schönem, Lichtem möglich war – und dabei in der tiefsten Hölle landet«.597 Die deutschen JüdInnen und Juden, die KommunistInnen und SozialistInnen, Roma und Sinti, Schwule und 364
andere Verfolgte scheinen für Langhans bis heute nicht Teil dieses Volkes zu sein, denn wo hätten sie sich im Faschismus vergleichsweise »rauschhaft« auf »Gottsuche« begeben? Von Hitler »muß man erst mal seine Vision verstehen und dann seine Fehler sehen […] Wir müssen sozusagen die besseren Faschisten werden«, sagte der Exkommunarde.598 Der Faschismus war für Langhans »nur die pervertierte Version des an sich richtigen Anliegens, einen neuen Menschen zu schaffen«.599 Und: Wir müssen uns »genau anschauen, was er [Hitler] Großes versucht hat«. Auf die Frage des Interviewers Mathias Bröckers, ob denn die Linke nicht berechtigt handle, wenn sie die Möglichkeit eines Rassismus im Laboratorium am Beispiel der Gentechnologie bekämpfe, beschreibt Langhans seinen Aussichtspunkt: »Wenn du weiter oben auf dem Baum sitzt […] siehst du den größeren Zusammenhang und siehst: Es ist gut.« Vom Baum aus sieht er, wie »diese rassischen Geschichten«, die die Nazis »durch Ausrottungs- und Züchtungstechniken« betrieben haben, »heute mit den feinen Methoden der Gentechnologie« erreicht werden. »Unsere Aufgabe müßte sein, hinter diesen ganzen Schrekkensbildern ihren utopischen Gehalt […] zu erkennen […] noch in den fürchterlichsten Verzerrungen das Schöne zu entdecken […] Was will die Gentechnologie? Sie will auf der grobstofflichen Ebene einen ›neuen Menschen‹ realisieren, so schön wie irgend möglich.« Sieh’ nach Innen, laß alles geschehen! Möglich ist, daß es in der Sowjetunion zu »Mord und Totschlag […] kommt«, aber das sei notwen365
dig, »um die trägen Bewußtseine […] zum Lernen und Handeln zu zwingen. Ich greife nicht ein […] Wir sollten erkennen, daß das Nichtstun das wahre Tun ist.«600 Diese vollkommen asoziale Haltung, diese absolute Amoral und Verantwortungslosigkeit außer für sich selbst bestimmt die Grundeinstellung der meisten FührerInnen und AktivistInnen der New-Age-Szene. StudentInnen von Bahro berichten, daß seine Veranstaltungen zweisemestrig sind und daß er im ersten Semester ostdeutsche StudentInnen mit seiner scheinbar linken radikalen Industriekritik fasziniere, die dann in der zweiten Hälfte in abstoßend völkisch-esoterische Positionen umkippe. Wir können das nachvollziehen, wenn wir Bahro lesen. Für ihn ist »die ökologische Krise« das Hauptthema, die ihn »von ihren Tiefenstrukturen her« beschäftigt und die »mit links und rechts nichts zu tun« hat. Er will herausfinden, warum die menschliche, »insbesondere die nördliche weiße Zivilisation zu diesem Charakter der Selbstvernichtung« kommt. Seine HauptgegnerInnen sind inzwischen Linke: »Es ist nun einmal so, daß das Stammesbewußtsein tiefer als das Klassenbewußtsein […] liegt.« Für Bahro »ist die nationale Frage eine objektive Realität von tieferen Gründen als die Klassenfrage«. Bei den Grünen »sah« Bahro »sehr wohl, daß Baldur Springmanns Erbhofbauernpsychologie was mit den Nazis zu tun hatte. Mich hat das aber im einzelnen nicht so sehr interessiert«. »Die Grünen« waren für Bahro »als Linkspartei […] eine Enttäuschung, weil sie dieses nationale […] völkische Moment nicht bedient [haben]. 366
Eigentlich ruft es in der Volkstiefe nach einem grünen Adolf. Und die Linke hat davor nur Angst, anstatt zu begreifen, daß ein grüner Adolf ein völlig anderer Adolf wäre als der bekannte.«601 Die Linke sei sich über die Notwendigkeit völkisch-autoritärer Strukturen nicht bewußt, weil sie die spirituelle Sicht ablehne und deshalb den deutschen Volksgeist »in sich« nicht realisieren könne. Deutsche Visionen würden sich mit den Positionen des Faschismus vereinen. Denn eigentlich sei die Nazibewegung eine idealistische Bewegung gewesen.602 Von Demokratie hält Bahro wenig. Er will einen neuen »Gottesstaat«,603 ein hierarchisches, autoritäres und diktatorisches Politikmodell. Bahro betrachtet die ökologischen Zerstörungen als Folgen eines »kranken« Geistes und predigt eine »Bewußtseinspolitik«, eine »geistig-seelische Veränderung« Mitteleuropas. Er fordert einen »Umbau der Staatsverfassung«, eine »Rettungsregierung« mit einem »Fürsten der ökologischen Wende« als dem neuen Führer. Auch Bahro sieht den Nationalsozialismus als eine spirituelle Bewegung, seine Gewalttätigkeit als Reaktion auf einen »übermächtigen Materialismus«. Diese spezifisch deutschen seelisch-spirituellen Bedürfnisse müsse die ökologische Wende berücksichtigen. Oft spricht Bahro auch von einer »Göttin«. Abgesehen davon, daß die Besetzung hierarchischer Strukturen – ob klerikal oder weltlich – durch weibliche Figuren ihren autoritären Charakter nicht verändert, konnte ich den Eindruck nie loswerden, daß Bahro mit der »Göttin« nur den Platz frei hält für einen anderen Ökodiktator und vielleicht von sich selbst träumt. 367
Einige Monate nach Erscheinen der Erstausgabe von »Feuer in die Herzen« erreichte mich ein »Offener Brief«604 der Lernwerkstatt Niederstadtfeld, unterzeichnet von zehn Leuten. Die Verfasserin Angelika Koch beschimpft mein ›Machwerk‹, behauptet, ich hätte falsch zitiert, und unterstellt: Du »hast […] die diffusen Ahnungen der Herren Gugenberger und Schweidlenka übernommen.«605 Tatsächlich war »Mutter Erde – Magie und Politik« von Eduard Gugenberger und Roman Schweidlenka eine wichtige Quelle für meine Auseinandersetzung mit Esoterik, New Age und Faschismus – unabhängig von politischen Differenzen die zwischen meiner antireligiösen Position und der Ansicht der beiden Autoren liegen, es könne eine positive politische Spiritualität geben. Die umfangreiche jahrelange wissenschaftliche Arbeit der beiden österreichischen Historiker als »diffuse Ahnungen« (Koch) zu disqualifizieren, ist eine Frechheit. Schweidlenka: »Eine sorgfältige Lektüre [von »Feuer in die Herzen«; d. A.] vor der polemischen, geistlosen Schaumschlägerei wäre seriös gewesen […] ›Machwerk‹ ist kein Argument gegen das spannende und erfreulich sorgfältig zitierende Buch von Ditfurth«.606 Koch im Brief an mich: »Immerhin, die [Schweidlenka und Gugenberger] waren hier, auch wenn sie die eigentliche kontroverse Diskussion zum Thema ›Zwischen Faschismus und Neuer Gesellschaft […] vermieden haben: sie verdrückten sich einfach in den Speiseraum. Sie werden ihre eigenen Gründe gehabt haben, der Diskussion auszuweichen.« 368
Tatsächlich waren Schweidlenka und Gugenberger im November 1990 als Referenten nach Niederstadtfeld eingeladen worden. Roman Schweidlenka berichtete damals in Aufrisse607: »Rainer Langhans, durch seine umstrittene NSInterpretation hinlänglich bekannt, versuchte sich – wenn er nicht gerade von der ›wahren Liebe‹ seiner drei platonischen Frauen sprach – mit einem Alternativangebot: Die Nazis und vor allem die SS hatten […] eine ›hohe Sterbekultur und waren uns armen Zeitgenossen im Bewußtsein der Notwendigkeit des Sterbens‹ haushoch überlegen. Die SS – nett wie sie war – wollte ihre hochgeistigen Einsichten lediglich weitervermitteln […] Auf meine Langhans-Kritik erklärte mir die Seminarorganisatorin Angelika Koch: ›Wenn Du Langhans kritisierst, bist Du faschismusanfällig. Man muß das doch zulassen.« Schweidlenka schließt seinen Bericht: »faschistische Selbsterfahrung‹ als neuester Hit der Esoszene möge uns erspart bleiben.«608 Drei Jahre später, als Reaktion auf Angelika Kochs Unterstellung, Schweidlenka und Gugenberger hätten damals »die eigentliche kontroverse Diskussion […] vermieden« und »sich einfach in den Speiseraum« verdrückt, schreibt Schweidlenka an Koch: »Diese Verniedlichung der Killertruppe des Dritten Reichs und andere Gedankenkrämpfe aus dem Mund des verblassenden Ex–68ers ist […] eine (pseudo) ›spirituelle Rehabilitierung des Nationalsozialismus‹.609 Es sei so unerträglich gewesen, daß er mit anderen SeminarteilnehmerInnen in den Speisesaal geflohen sei und diskutiert habe. Dort sei auch ein »politischer Beobachter« gewesen, 369
der über Subventionen für die Lernwerkstatt zu entscheiden hatte. Da »wurde ich von einer wichtigen Persönlichkeit der Lernwerkstatt wütend zur Rede gestellt: Dem gegenüber hätte ich mein Maul zu halten! […] Unverständlich ist, daß nach diesen Staub aufwirbelnden SS-Schwärmereien des Herrn Langhans keine Distanzierung der Lernwerkstatt von diesen bräunlichen Unkenrufen erfolgte und das Duo Bahro-Langhans offensichtlich noch einige Male gemeinsam auftrat […] Der wunde Punkt ist für mich die offensichtliche Solidarität der Lernwerkstatt mit Langhans.«610 Die Kritik an Rudolf Bahro löste auch anderenorts heftige Diskussionen aus. Rudolf Bahro sah sich plötzlich unter Erklärungsdruck. StudentInnen an der HumboldtUniversität, darunter eine neu gegründete »Ökofaschismus-AG«, setzten durch, daß Bahros Positionen endlich zum Thema wurden. Am 22. Juni 1993 schreibt er mir, ich sei daran schuld: »Mich traf das erste Auftrittsverbot an der Humboldt-Universität seit der Wende, und es war Dein Umfeld, von dem diese repressive Maßnahme ausging.« In Wahrheit wurde nicht Bahros Auftritt verboten, sondern der Vortrag zweier Bahro-Gäste, der ZEGG-Gurus Duhm und Lichtenfels, verhindert, aber dazu später. Bahro legt seinem Brief ein Paket Manuskripte und zwei Bücher bei, Bahros Rückkehr (1991) und einen knochenreaktionären rassistisch-esoterischen Schinken des Gurus Sri Aurobindo (Zyklus der menschlichen Entwicklung). In seinem zehn Seiten langen Brief wirft Bahro mir vor, ich würde ihn »als Anderes« nicht »erfassen«, wenn 370
ich seine Aussagen nicht »als Momente eines letztlich woanders als in der Faschismus-Antifaschismus-Matrix verorteten Ganzen nehmen« würde. Das sei zwar ein Teil »seiner Bezüge, aber ich passe als Insgesamt nicht rein«. Es gelte nicht »Anti« zu sein, sondern die »Energie«, das »verborgene Wahrheitsmoment« im »Stoff der Gegenseite« zu integrieren: »Das gilt gegenüber dem Faschismus, das gilt aber auch mir gegenüber, weil es eben für alle Fälle gilt.« Zum gleichen Thema sagt er an anderer Stelle: »Aber unter meinen Selbstdefinitionen kommt ›Antifaschist‹ nicht vor […] Und diese Art Antifaschismus wie er heute großteils betrieben wird […] ist eine Art Götzenkult.«611 Bahro fühlt sich mißverstanden: »Alle meine Äußerungen zur Machtfrage in der ökologischen Krise kreisen in Wirklichkeit darum, wie die Formierung von Braun und wie ein nur zu wahrscheinliches insgesamt ökodiktatorisches Regime vermieden werden könnte.«612 Nun, es gibt auch Formen vermeintlicher Besorgnis, die die falsche Lösung, etwa eine Ökodiktatur, geradezu herbeibetteln (»Rettungsregierung«). Was würde es zudem meiner politischen Anschauung und der politischen Aufklärung nützen, wenn ich meine grundsätzliche Kritik an ihm auf Falsches stützte? Nichts. Bahro liefert die Argumente gegen sich frei Haus. Wieder habe ich Bahro-Texte gelesen, alte und neue. Von meiner Einschätzung Bahros kann ich nichts zurücknehmen. Offensichtlicher geworden scheint mir, daß er stellenweise wie gespalten argumentiert: manchmal wirklich überzeugt zu sein scheint, mit rechtem Gedankengut nichts 371
zu tun zu haben, um direkt anschließend in ebenjenem ideologischen Kontext zu argumentieren. Wirr sind Bahros Erwiderungen zum »grünen Adolf«: Mal hat er es nicht gesagt, mal sei es ein nicht autorisiertes Interview gewesen (was nicht heißt, daß er es nicht gesagt hat), dann war es nur so: »[…] habe ich irgendwann 1990 bei einem Kücheninterview, das für einen innerlinken Diskussionsband gedacht war, gegen den Faschismuspopanz gesprochen, den sie aufblasen, und dabei fallengelassen, ein grüner Adolf wäre sehr was anderes als ein brauner […] Mein Vorschlag war: Erst mal das Volk verstehen, wenn seine Wünsche in diese Richtung gehen, und nicht bloß davor erschrecken.«6B Auch im Brief an mich bekräftigt er, »daß die Gesellschaft Führung braucht in der ökologischen Krise […] und daß insbesondere auch eine politische Autorität entstehen muß, die stärker als die Herrschaft der Techno- und Scientokratie sowie des Geldes ist.«614 In einem Interview erklärt er: »In der jetzigen Weltsituation wäre echte Autorität wichtig. Jetzt zu sagen, wir machen Basisdemokratie, unter uns Wölfen, ist Schickimicki.«m In einem Vorlesungsmanuskript von Bahro lese ich: »Ich war und bin der Meinung, daß das Braune nicht (nach Köpfen) ›isoliert‹, sondern daß die Träger dieser Mentalität über die in ihren Köpfen immer stärker auch vorhandenen grünen Bewußtseinsanteile integriert werden sollten, damit sie sich gar nicht erst extra sammeln.«616 Bahro hat kein Problem mit »Horde, Stamm, Volk, Na372
tion«617: »Wir waren in der DDR nie nationalnihilistisch, hatten keine Schwierigkeit, vom deutschen Volk zu sprechen und ihm auch noch was anderes zuzutrauen als braunes Ressentiment«.618 Seine antinationalen KritikerInnen sieht er psychisch gestört: »In meinen Augen ist die Abwehrneurose, wo es um Deutschland geht, bloß die Kehrseite des ›normalen‹ Nationalismus.«619 Für Bahro existiert ein »Nationalcharakter« und »damit also auch eine gewisse Vorhersagbarkeit nationalen Verhaltens«.620 Er geht von einer natürlichen Entwicklung des Menschen bzw. der Gattung aus: Sie verlaufe in vier Stufen über die Horde, den Stamm, das Volk bis schließlich zur Nation.621 »Was sollte falsch daran gewesen sein, nach dem Eigenen der Deutschen, nach ihrer Besonderheit, ihrem eigenen Auftrag im Konzert der Völker zu fragen? Daß sich Völker in der Moderne zur bürgerlichen Nation konstituieren, kann man keinem Volke zum Vorwurf machen, offenbar geschieht das einfach«,622 meint Bahro. Besonderheit? Organisch? Natürlich? Genetisch bedingt – oder wie? Daß Geschichte die Geschichte von Klassenkämpfen ist, von sozialen Auseinandersetzungen, hat der Ex-Sozialist vergessen. Daß das »besondere« Deutschnationale völkischrassistisch, Nicht-»Arisches« ausmerzend und aggressiver Imperialismus war, dürfte nach Kolonialismus, zwei Weltkriegen und NS-Faschismus nur schwer zu leugnen sein. Der deutsche Nationenbegriff steht damit im Gegensatz zu dem der bürgerlichen Revolution 1789 in Frankreich, der sich lediglich auf die EinwohnerInnen eines Territoriums 373
bezieht. Noch heute wird im Grundgesetz die deutsche Staatsangehörigkeit nach der Abstammung bestimmt. Nationalismus und Rassismus sind bürgerliche Herrschaftsinstrumente einer kapitalistischen Gesellschaft. Aber Bahro überspringt dreist die patriachal-kapitalistische Herrschaft, um in den Tiefen die Nation zu finden, obwohl er als Ex-Linker wissen müßte, daß Bürgerliche Nationenbildung an das Aufkommen der kapitalistischen Wirtschaftsweise gebunden ist. Er behauptet, »Das nationale Moment« habe »tiefere Wurzeln als der moderne Klassenkampf, der in der zuletzt hinzugekommenen Formation des historischen Prozesses spielt.«623 Und dann wieder ist Nationalismus bei ihm nur ein Neidproblem: »Nationalismus ist in der Regel eigentlich schon die Gegenreaktion von gegenüber den Fortgeschrittenen jeweils zu kurzgekommenen Völkern.«624 Das reicht Bahro aber noch nicht, vielleicht fühlt er die Schwäche seiner Konstruktionen, und so verlegt er die Nation in die Nähe der Religion. Zum Schluß fehlt nur noch die Verlegung in einen rein geistigen Energiestrahl, jeder Materie enthoben, ohne Anfang und Ende. Da wäre mensch, Bahro jeder Erklärung enthoben, die Erklärung würde sich endlich selbst erklären. Bahro: »Wenn es stimmt, daß es sich hier um ein anthropologisches Thema handelt, dann hat das Nationale seine Wurzeln auf Ebenen, auf denen es noch gar nicht national zugeht, auch noch nicht religiös in diesem spezifischen Sinne, in dem eine Religion die andere bekämpft.«625 Die »Stammesgeschichte 374
in unseren Seelen« führt uns dann doch tatsächlich zu der Ursprungsenergie: »In diesem ganzen Bezug geht es jetzt erst einmal um Wahrnehmung, nicht um ein Urteil, auch nicht über die heutigen Rechten und Braunen. Wir müssen wahrnehmen, was für Energie da aufsteigt. Wenn man das Ganze jetzt von unten, aus der anthropologischen Tiefe betrachtet, dann ist eben die eigentliche Frage, wie das mit der Programmierung der menschlichen Energie vom Ursprung her läuft.«626 Mit positiver Energie das Rechte und Braune integrieren, bloß nicht bekämpfen. Also ist der Kampf sinnlos in Bahros Logik, denn nicht hierarchische Strukturen, kapitalistische Produktionsweise stehen gegen Freiheit, schaffen Ausbeutung, Unterdrückung, Hunger, Mord und Naturvernichtung, nein, das Innere des Menschen vielmehr, seine »Ursprungsenergie« ist das Problem. Bahrosche Weltanschauung ist Herrschaftsideologie pur. Bahro weiß schon gar nicht mehr, ob alle Menschen zu einer Gattung gehören, denn »es gibt die Gattung Mensch so viele Male, wie es Ethnien gibt. Und mir ist gar nicht so klar, ob es Sinn macht, die Gattung davon abgelöst zu denken«.627 Bei den Deutschen ist er sich aber sicher: »In unserem Falle ist das tatsächlich Germanisch-Teutonische mit im Spiele, war und ist immer mit im Spiele, ob nun 1525 oder 1813, ob nun auf 1933 oder auf das Jahr 2000 hin.«628 Das ist rassistisches Denken, weit hinter die Aufklärung zurückfallend. Indem Bahro das Menschsein, das gemeinsame Menschliche in der Differenz bestreitet und von daher 375
die Gleichheit aller Menschen, teilt er die Menschen in »Rassen« auf, auch wenn er ersatzweise das Wort »Ethnien« benutzt. Die »Gattung Mensch« aufgeben, den Menschen, egal wo und wie er lebt, wie er aussieht und spricht, heißt allem Ein- und Ausgrenzenden, allen Einteilungen nach »minderwertig« und »höherwertig«, allen Rassismen die Grundlage zu bieten. Bahro will nicht nur »das Braune« integrieren,629 er verschafft ihm permanent Öffentlichkeit und propagiert es. In seinen Vorlesungen bezieht er sich z. B. positiv auf Sigrid Hunke, eine der wichtigsten IdeologInnen der »Neuen« Rechten und Verfasserin der Grundlagen der rechtsextremen Sekte »Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft« (DUR). Hunke ist eine der ChefideologInnen der »Neuen« Rechten. Sie promovierte 1942 bei dem SS-»Rassepsychologen« L. F. Clauß, war jahrelang Vize- und Ehrenpräsidentin der nazistischen DUR und ist inzwischen in den faschistischen Intellektuellen-Kreis beim »Thule-Seminar« aufgestiegen, zu dem auch Alain de Benoist, der »Führer« der französischen »Neuen« Rechten gehört.630 In der Berliner Zeitschrift Umbrüche631 findet sich ein Bericht des Studenten Jan aus Bahros Vorlesung: »Ich habe zweimal miterlebt, daß Rudolf Bahro von sich aus über die Vorwürfe gegen ihn zu sprechen begann, so auch am 24. 5. 1993 in seiner Hauptvorlesung. Jedesmal kam er dabei auf Sigrid Hunke zu sprechen. […] Bahro bezieht sich in ›Logik der Rettung‹ auf ihre Bücher und sagt ihr zu ihrer Entlastung ein besonderes ›Verständnis für andere Volks376
charaktere‹ nach. In beiden Fällen empfahl er ihr ›schönes‹ Buch ›Allahs Sonne über dem Abendland‹«.632 Dazu meint Bahro: »Sigrid Hunke, für deren Erwähnung ich gescholten werde, war sicher als junges Mädchen im damaligen Kontext ›braun‹. Darf ich deswegen ihr Buch ›Allah ist ganz anders‹ nicht loben, mit dem sie genau richtig liegt, was die Araber betrifft?«633 Tatsächlich hat Hunke eine »neu«rechte Definition von Kultur: sie sieht die Arabische Kultur als eine ›hochwertige‹, die befruchtend auf ›germanische Völker‹ einwirken könne. Kultur ist Trägerin der »Wesensart« eines angeblich homogenen »Volkes«.634 Bahro lud auch den »Unitarier« Wolfgang Deppert zu einer seiner Vorlesungen ein. Auch die Kritik an diesem Gast bügelt er ab: »Ich hab mich überhaupt nicht dafür interessiert, zu wem der Kontakt hat. Meine Methode ist nicht die der Abgrenzung oder Distanzierung. Deppert hat hier kein einziges Wort geäußert, das in irgendeiner Weise unter ›braun‹ fällt.«635 Was für ein Argument! Bedeutet dies Christian Worch, Ewald (Bela) Althans oder Franz Schönhuber wären in Bahros Lesungsreihe willkommen, wenn sie sich nur einen Abend verbal zusammenreißen? Eine andere Vorlesung platzte. Aufgrund von studentischer Kritik und Aktionsankündigungen untersagte die Universitätspräsidentin der Humboldt-Universität, Marlis Dürkop, Bahro, am 24. Mai 1993 in seiner Vorlesungsreihe Dieter Duhm und Sabine Lichtenfels von ZEGG auftreten zu lassen. Die Aufregung war nicht grundlos. Immerhin handelt es sich bei ZEGG um eine sexistisch-esoterische 377
Sekte, die z. B. Frauen, die vergewaltigt wurden, in ZEGGTexten in abscheulicher Weise unterstellt, sie seien dafür selbst verantwortlich. ZEGG liefert zusätzlich immer wieder Rechtfertigungen für den sexuellen Mißbrauch von Kindern. Unter der Fahne der »sexuellen Freiheit« sammelte ZEGG auch im Sommer 1994636 wieder Kundschaft auf Sommerfestivals. Bahro lädt sie (fast) alle ein, auch die AnhängerInnen und PropagandistInnen der sozialdarwinistisch-rassistischen, antisemitischen Freiwirtschaftslehre Silvio Gesells637 wie z. B. Margrit Kennedy; oder den scheinheiligen C. G. Jung-Epigonen Franz Alt, dem in diesem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet ist, und ähnliche mehr. Alles nur Mißverständnisse?
Die tiefe, ganz tiefe Ökologie des Fritjof Capra »Der reale Humanismus hat in Deutschland keinen gefährlicheren Feind als den Spiritualismus oder den spekulativen Idealismus, der an die Stelle des wirklichen individuellen Menschen ›das Selbstbewußtsein‹ oder den ›Geist‹ setzt und mit dem Evangelisten lehrt: ›Der Geist ist es, der da lebendig macht, das Fleisch ist kein Nütze.‹ Es versteht sich, daß dieser fleischlose Geist nur in seiner Einbildung Geist hat.« Friedrich Engels und Karl Marx638 378
Voraussetzung für menschliches Bewußtsein ist, daß ein Mensch geboren wird, daß er atmet, ißt und trinkt. Nicht der Gedanke schafft den Körper, sondern der Körper, die Materie, ist Voraussetzung für das Bewußtsein. Spiritualisten wie Capra (Wendezeit) leugnen diese Erkenntnis, wenden sich kosmischen Dimensionen zu und behaupten, ein vom Bewußtsein der Menschen losgelöster, mystischer »kosmischer Geist«639 schaffe die Materie. Und nicht etwa ökonomische Interessen, sondern »falsche Werte«, von »uns allen«, produzieren radioaktive Energie, plündern Rohstoffe, vergiften Wasser und Luft. Wir hätten vor allem eine »Krise der Wahrnehmung«.640 Capra leugnet Herrschaftsstrukturen und somit den Unterschied zwischen denen, die entscheiden, und denjenigen, über die entschieden wird. Die Weltbank folgt in Capras Logik nicht den Profitinteressen ihrer eigentlichen Auftraggeber, den Banken und transnationalen Konzernen, sondern einem »falschen Geist«. Folgerichtig genügt ihm zur Behebung aller Probleme ein abstrakter Wertewandel. Das macht spiritualistische Ideologien in Managerkreisen so attraktiv. – Einzugreifen in konkrete gesellschaftliche Kämpfe, etwa in Gestalt ökologischer Initiativen gegen großtechnische Anlagen, liegt Capra so fern wie praktische Solidarität mit Streikenden. Ganz abscheulich und »übertrieben« ist die »Rolle von Kampf und Konflikt.«641 Er kritisiert Marx, der historische Entwicklung als einen Prozeß von Konflikten und Klassenkämpfen dargestellt habe. Was Marx zutreffend analysierte, will Wohlstandsbürger Capra mit seiner 379
Kritik ausblenden: die störende gesellschaftliche Realität. Konflikte, predigt Capra, sollen »mehr der Weltanschauung des [chinesischen] I Ging als der marxistischen folgend, […] in Zeiten gesellschaftlichen Wandels möglichst niedrig gehalten werden«. Es sei besser, »sich gewisser Formen von Aktivität zu enthalten […] die nicht mit dem fortlaufenden kosmischen Prozeß harmonisiert«.642 Aber ohne Kämpfe und Konflikte wie den Widerstand der AntiAKW-Bewegung gegen die Interessen der Atomindustrie gäbe es heute in der Bundesrepublik fast 70 Atomkraftwerke mehr, ohne Streiks weder den Achtstundentag noch das Frauen Wahlrecht. Statt auf Befreiung und Emanzipation setzt Capra auf Kosmos und Jenseits. Der freie Wille des Menschen (»nur ein spezieller Faden im Gewebe des Lebens«643) gilt ihm nichts. »Wenn ich eins bin mit dem Universum, ist der freie Wille relativ.«644 Freiheit existiert nur als »Freiheit unserer inneren Welt der Begriffe«.645 Capras »Deep Ecology« steht in den USA in erklärter Gegnerschaft zu einer mit der sozialen Lage der Menschen vermittelten »Social Ecology« (bekanntester Vertreter: Murray Bookchin). Wie beurteilen wohl eine Chemiearbeiterin, ein Obdachloser, ein Slumkind des Autors Ideal gesellschaftlichen Wandels: »Es ist also eine natürliche Bewegung, die sich von selbst ergibt. Darum ist die Umgestaltung des Alten auch ganz leicht. Altes wird abgeschafft. Neues wird eingeführt, beides entspricht der Zeit und bringt daher keinen Schaden.«646 Ideologien, die tatsächlich die Harmonie von Unterdrück380
ten mit Unterdrückern verlangen, dienten historisch stets als ideologische Grundlage autoritärer Systeme. In allen seinen Büchern (auch im Tao der Physik oder Wendezeit im Christentum) wie auch im neuen Wendezeit-Film (wir warten noch auf das Wendezeit-T-Shirt) ist des Gurus Schlüssel zu den Köpfen und Brieftaschen seiner AnhängerInnen die Auflistung leichtfüßig erklärter banaler Einsichten: Kritik an Schulmedizin, Wissenschaftsmoral, am Zustand der Natur und dem der »Dritten Welt« usw. Mit der Schere durch Geschichte und Philosophien hüpfend, verklebt Capra Versatzstücke von Buddhismus, Quantenphysik, Christentum, Taoismus usw. mit seiner »neuen« Systemtheorie. Aber die Systemtheorie ist nicht neu. Sie ist eine mathematische Theorie und Grundlage zum Beispiel der Regeltechnik bei Computern. Im Gegensatz zu denjenigen mechanischen Wissenschaften, die das Ganze in Teile zerlegen, geht sie vom Ganzen aus, dessen Teile sie als feste Unterfunktionen betrachtet. »Leben und Geist […] [sind] Manifestationen derselben Gruppierung von Systemeigenschaften […] Es gibt höhere Manifestationen des Geistes, in denen unser individueller Geist nur ein Untersystem darstellt.«647 Nichts ist in Capras Systemtheorie wichtiger als der störungsfreie Ablauf aller Teilfunktionen, die Unterordnung zum Zwecke des Systemerhalts. Was ist mechanistischer? Capra tritt auf wie einer, »der zum ersten Mal auf einen Berg steigt und meint, er hätte soeben den Alpinismus erfunden«, schrieb ein Kritiker.648 Alles, was er als »neu« 381
anbietet, haben schon andere vor ihm geschrieben: der Jesuit Pierre Teilhard de Chardin über Mystik und Wissenschaft, der amerikanische Mathematiker Norbert Wiener, der Wissenschaftshistoriker Thomas Kuhn und andere. »So schlägt Capra fremdes geistiges Eigentum mit ein paar eigenen Ansichten locker zu Schaum und backt es bei milder Inspiration zum Soufflé. Die nicht eben verwöhnte Esoterikszene löffelt das Gebilde voll Dankbarkeit«, schreibt Jörg Albrecht im ZEIT-Magazin.649 Auf den Vorwurf, er habe sein Yin-und-Yang-Weltbild geklaut, reagiert Capra beleidigt, nein, er hat alles selbst erfühlt: »Eines Nachmittags im Spätsommer saß ich am Meer; ich sah, wie die Wellen anrollten und fühlte den Rhythmus meines Atems, als ich mir plötzlich meiner Umgebung als Teil eines gigantischen kosmischen Tanzes bewußt wurde […] Ich ›sah‹ die Atome der Elemente und die meines Körpers als Teil dieses kosmischen Energietanzes; ich fühlte seinen Rhythmus und ›hörte‹ seinen Klang, und in diesem Augenblick wußte ich, daß dies der Tanz Shivas war, des Gottes der Tänzer, den die Hindus verehren.«65° Wer so schwebt, hat am Kapitalismus, der solche Träume möglich macht, nicht viel auszusetzen. Capra ist lediglich ein bißchen unzufrieden mit dem »anhaltend schlechten Management unserer Volkswirtschaft«.651 Er leugnet das in dessen Wesen angelegte soziale und ökologische Zerstörungspotential der kapitalistischen Produktionsweise und legt sich nicht mit den Schuldigen an. Ersatzweise benötigt Capra als Buhmann das mechanistische Weltbild Descartes’, 382
auf welches er einprügelt. Nun, selbst die konservativsten Technokraten halten die Natur heute nicht mehr für eine Maschine oder gar ein Uhrwerk. Für den dringenden Nachweis, daß mit Descartes die Ursache fast allen Übels über die Welt hereinbrach, fälscht er die Geschichte Europas vor dem französischen Philosophen und Naturwissenschaftler (gestorben 1650). Da gab es »Glaube an die Heiligkeit der Natur; moralische Verurteilung des Geldverleihens gegen Zinsen; die Forderung nach ›gerechten‹ Preisen; die Überzeugung, daß man dem Streben nach persönlichem Gewinn und dem Horten von Gütern entgegentreten sollte«.652 Vergeblich suchen wir im Capra-Kitsch die imperialistischen Kreuzzüge, den habgierigen Hansehandel, die blutige Eroberung und Ausraubung Amerikas und anderer Weltteile, die ausgebeuteten Bauern und Leibeigenen, Bauernkriege, Antisemitismus und Hexenverbrennungen. Soziale Ignoranz und Geschichtsfälschung kann sich nur leisten, wer von den sozialen Verhältnissen profitiert. Wie in allen patriarchalen Gesellschaften wurden und werden auch in der chinesischen Kultur menschliche Eigenschaften geschlechtsspezifisch zerteilt, Emotionalität und Rationalität weiblich und männlich aufgespalten und auf diese Weise deformiert. Capra übernimmt diese biologistische Trennung: Yin, sagt er, ist »weiblich, bewahrend, empfänglich, kooperativ, intuitiv, nach Synthese strebend«, und Yang ist »männlich, fordernd, aggressiv, wettbewerbsorientiert, rational, analytisch«.653 Yin und Yang aber als ideologische Grundlage des chinesischen Patriarchats zu 383
betrachten sei »eine moderne westliche Interpretation«.654 Er begreift nicht, daß schon die geschlechtsspezifische Zuordnung dieser Eigenschaften Ausdruck patriarchalen Denkens ist. Fast tausend Jahre lebten ChinesInnen mit verkrüppelten Füßen in vollständiger Abhängigkeit von Männern in Staat und Familie. Völlige Rechtlosigkeit, Frauenhandel, Mädchen- und Frauenmord waren keine »westliche Interpretation«, sondern grausame Realität für Millionen von Menschen. Capras vermeintlicher Respekt vor anderen Kulturen entpuppt sich als zynische Gleichgültigkeit gegenüber den weiblichen Opfern des chinesischen Patriarchats. »Der spirituelle Gehalt der ökologischen Weltanschauung findet seinen idealen Ausdruck in der von der Frauenbewegung befürworteten feministischen Spiritualität, was angesichts der naturgegebenen Verwandtschaft zwischen Feminismus und Ökologie, die in der uralten Gleichsetzung von Frau und Natur wurzelt, zu erwarten ist. […] Mit der Wiedergeburt der Vorstellung von einer weiblichen Gottheit schafft die feministische Bewegung auch ein neues Selbstbildnis für die Frauen, zusammen mit neuen Denkformen und einem neuen Wertsystem.«655 Neben der dreisten Vereinnahmung »der« feministischen Bewegung für das hierarchische Vorbild »Göttin« und der Orientierung aller Hoffnungen aufs Jenseits will Capra uns davon abhalten, Verstand und Gefühl zusammenzubringen, denn mit der dogmatisch als linear definierten Rationalität drohe die Übernahme böser, zerstörerischer, angeblich männlicher 384
Werte. Capra ordnet den Frauen die irrationalen Eigenschaften zu. Zum Lohn sind sie die besseren Menschen, bewahrend, gebärfähig, erdverbunden, naturgleich. Sie werden für den Übergang des Geistes in den nächsten kosmischen Weltzyklus gebraucht, als HeilerInnen männlicher Unvollständigkeit. Befreiung? Emanzipation? Capras Frauenbild erinnert an jenes der katholischen Kirche: Maria, solange unbefleckt, auf Platz vier, die anderen Frauen ganz unten, bodennah und erdverbunden. Capras Spiritualismus ist patriarchale Ideologie pur. Nichts liegt ihm ferner als die Emanzipation des weiblichen und des männlichen Menschen von Ausbeutung und Erniedrigung. Seine Ideologie bewirkt, daß alles so bleibt, wie es ist und somit schlimmer wird. Sie ist die passende Heilslehre für Angehörige der wohlhabenden Mittelschichten im reichen, weißen Norden. Damit diese nicht in einer verwirrenden Welt für soziale Gerechtigkeit kämpfen müssen, sondern profitierend und meditierend warten können, bis die Welt »per Geist« gut wird. Lukas Beckmann, ehemaliger grüner Bundesvorstandssprecher, anthroposophischem Gedankengut wenigstens nahestehend und einer derjenigen, die 1988 mit einem erfundenen Finanzskandal den linken Bundesvorstand der Grünen stürzen halfen, betrieb Politik stets am liebsten »okkult«: undurchsichtig und mit starkem Drall nach rechts. Sein sehnlichstes Ziel seit grünen Gründungszeiten waren nur zwei Dinge: Macht über Menschen, die Beförderung eines elitären Menschenbildes »besonderer Personen« und 385
die Vertreibung der Linken aus den Grünen. Zu seinen engsten Vertrauten gehörten Petra Kelly, Antje Vollmer und Otto Schily, Letzterer selbst Anthroposoph und der festen Überzeugung, einer Elite anzugehören. Beckmann schwärmt für Capra. Auf einer Veranstaltung mit seinem Guru 1988 in Köln sagt er zur Einführung: »Ich hoffe, daß heute abend hier das neue Denken durchbricht.« Mittendrin: »Ich habe geradezu eine Sehnsucht danach, neu zu denken.« Und am Ende: »Ich sehe, daß es keine Alternative zum neuen Denken gibt.«656 Die Internationale Szene der New-Age-Schickeria traf sich mit FreundInnen 1985 auf einem Kongreß in Amsterdam. Luxushotel und teure Eintrittspreise garantierten, daß nur die richtigen kamen. Darunter: Robert Muller (Vizesekretär der UNO und ihr New-Age-Philosoph), Rodrigo Carazo Odio (Ex-Regierungschef von Costa Rica, Gründer der UNO-Friedensuniversität), verschiedene Zen-, Yoga-, Tantra-, Tai-Chi-Lehrer, Benediktinermönche, ein Rabbi, der ehemalige Privatsekretär des Dalai-Lama, Fritjof Capra, Marilyn Ferguson, Jakob von Uexküll657 und Monika Griefahn, heute niedersächsische Umweltministerin. Veranstalter war die Organisation Agape (Freiburg). Der Kongreß war straff auf die Gurus ausgerichtet, autoritär durchorganisiert bis hin zu Prügelszenen, wenn es darum ging, die Interessen etwa politischer IndianerInnen zum Schweigen zu bringen. Nach dem Kongreß gründete Mitveranstalter Frank Köchring die New-Age-Zeitung Die Neue Zeitung. Die 386
wissenschaftliche Beratung erfolgt durch Fritjof Capra, Rudolf Bahro und Franz Alt. Speziellen Wert legt das Blatt auf die Bedeutung des New Age für den Kapitalismus. Heute ist Die Neue Zeitung mit dem New-Age-Magazin 2000 vereint, das im Mai 1987 für den Witwenverbrenner Julius Evola warb.
Franz Alt, der Scheinheilige Franz Alt, geboren am 17. Juli 1938 in Untergrombach bei Bruchsal als Sohn eines Maurermeisters (über die Mutter gibt es in den Archiven, wie so oft, keine Angaben), studierte Politologie, Theologie, Geschichte und Philosophie in Freiburg und Heidelberg und promovierte über »Adenauers erste Regierungsbildung 1949« zum Dr. phil. 1962 trat Alt in die CDU ein, 1988 wieder aus. Beim breiten Fernsehpublikum wurde er als Moderator und Chef von »Report BadenBaden« bekannt. Aber er machte und macht sich auch unter dem Künstlernamen Francesco Altini als Zauberer beliebt. Alt ist seit 1966 mit Brigitte, geborene Mangei, verheiratet, aus dieser Ehe gibt es zwei Töchter.658 Erst mit der zweiten Anti-AKW-Bewegung, der nach Tschernobyl, da war Franz Alt bereits 48 Jahre alt, wandelte er sich zum Atom-Gegner: »Es brauchte Tschernobyl als Schlag auf den Kopf, der mich aufweckte«.659 Nach seinem Engagement in der Friedensbewegung Anfang der 387
achtziger Jahre kam er erneut heftig mit seiner Partei und den Fernsehoberen ins Gemenge und sammelte nun auch in der Ökologiebewegung Pluspunkte. Schon 1983 bekam er wegen seines Engagements in der Friedensbewegung arbeitsrechtliche Schwierigkeiten. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen mit dem Intendanten des Südwestfunks Willibald Hilf (CDU) gab Franz Alt 1991 die Report-Moderation schließlich ab und übernahm 1992, zusammen mit dem damaligen HR-Chefredakteur Wilhelm von Sternburg, die Leitung der futuristischen Sendereihe »Zeitsprung«.660 Soweit das, was bei großzügiger Betrachtung vielleicht noch für ihn sprechen mag. Der »Pazifist«, wie er sich auch 1994 noch selbst nennt,661 stellte sich dann im Golfkrieg 1991 auf Seiten der »Bellizisten«. Die Waffen und Raketen, gegen die er in der Friedensbewegung noch »im Namen der Schöpfung« wetterte, waren nun geeignete »Friedensbringer«. Auch sonst wird er von Widersprüchen gebeutelt. Franz Alt: »Wir haben immer die Politiker, die wir verdienen. Die Gewalt oben ist nur der Ausdruck der alltäglichen Gewalt unten und umgekehrt. Deshalb gibt es einen tiefen inneren Zusammenhang zwischen Abtreibung, das heißt Gewalt gegen die Ungeborenen, und Aufrüstung, das heißt Gewalt gegen die Geborenen.«662 In der Frage von Abtreibung und § 218 steht Alt auf Seiten der organisierten, rechten, frauenfeindlichen Abtreibungsgegner. Alt verharmlost auf entsetzliche Weise Auschwitz, indem er die selbstbestimmte Entscheidung von Frauen, abzutreiben, mit 388
der Vernichtung der JüdInnen und Juden im Faschismus gleichsetzt: »Nach 1933 wurde ›lebensunwertes Leben beseitigt, heute ›störendes Leben‹ […] 40 Millionen Abtreibungen pro Jahr« – Franz Alt nennt das »Holocaust«: »Das sind über 100 000 jeden Tag – etwa soviel wie die Bombe in Hiroshima sofort getötet hat. Jeden Tag Hiroshima – lautlos – wie lange können unsere Seelen diese Katastrophe ›verkraften‹?«663 In seinem Buch »Liebe ist möglich« schwadroniert er über weite Strecken über die angeblichen seelischen Krankheiten von Frauen, die abgetrieben haben. In Wahrheit seien häufig abtreibungsbedingte Neurosen die Ursache ihres Todes664 und nicht Krebs, Herzinfarkt oder was immer auf dem Totenschein einer Frau stehen mag. Alt läßt keine moralische Erpressung gegen Frauen aus, die seiner höchstpersönlichen Einstellung in Sachen Abtreibung – die ihm unbenommen bleibt – zuwiderhandeln. Es gibt faktisch kein Argument der rechtsextremistischen Abtreibungsgegnerszene, das wir nicht bei Alt wiederfinden. Zum übelsten gehört die Anlehnung an die Definition des Lebens durch einen Arzt namens Blechschmidt. Franz Alt: »Bei einem 24 Tage alten Embryo, schreibt der Embryologe Erich Blechschmidt, sind alle Organsysteme ›mit denen des Erwachsenen vergleichbar‹«.665 »Vergleichbar« heißt nichts und ist von Alt absichtlich vage gewählt. Tatsächlich ähnelt ein 24tägiger Embryo allen möglichen Tierembryonen mehr als einem »Erwachsenen«. Aber bei Alts Behauptung geht es um Wichtigeres: Erich Blechschmidt, der furcht389
bare Medizinprofessor, wurde 1942 Chef der Anatomie der Universitätsklinik Göttingen, einem NS-Zentrum für medizinische und eugenische Experimente an Frauen, z. B. Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisierungen. Blechschmidt stellte Embryonen-Modelle in jeder Entwicklungsstufe her. Die Beschreibungen seiner Experimente beweisen, daß er auch mit lebenden Embryonen experimentierte. Das Material, die »vermehrt anfallenden Frauenleichen«, kamen z. B. aus der Hinrichtungsstätte Wolfenbüttel, aus Heil- und Pflegeanstalten oder von der Gestapo. Es ist unwahrscheinlich, daß die ganz jungen Embryonen von zufällig eingelieferten toten Frauen stammten. Zumal es Anfang der 40er Jahre wissenschaftlich noch nicht möglich gewesen wäre, die Embryonen toter Frauen lange »frisch zu halten«. Woher hatte Blechschmidt die Embryonen? Blechschmidt konnte den Verdacht nie ausräumen, daß er auch mit lebenden Frauen, möglicherweise solchen aus Konzentrationslagern, experimentierte.666 Nach 1945 wurde Blechschmidt, der Hofprofessor der Abtreibungsgegner, Ex-SA- und NSDAP-Mitglied, pauschal entnazifiziert und blieb bis zu seiner Emeritierung Direktor des Anatomischen Institutes mit dem Hauptarbeitsgebiet Humanembryologie. 1975 beteiligte er sich an der Gründung der rechtsextremistischen Abtreibungsgegnerorganisation Europäische Ärzteaktion (EÄA).667 Die organisierten militanten Abtreibungsgegner arbeiten weltweit mit dem demagogischen Propagandafilm »Der stumme Schrei«, der in Tempo, Ton, Bildeinstellungen und 390
Erläuterungen gefälscht ist. So kam selbst ein Expertenkreis beim Bayrischen (!) Staatsministerium für Unterricht und Kultur, dem Mitarbeiter von Gesundheitsämtern, kirchlichen Arbeitskreisen und Ärzte angehören, zu dem Schluß: »daß der Film […] nicht […] für die breite Bildungsarbeit geeignet ist […] Der Film enthält sachlich falsche Aussagen.« Franz Alt empfiehlt den Film: »Der Film, den der New Yorker Gynäkologe Dr. Bernhard Nathanson von Kollegen drehen ließ, um endlich die Wahrheit zu zeigen, heißt ›The silent scream‹«.668 Mit der Wahrnehmung der Wirklichkeit hat er seine Schwierigkeiten: »1982 waren wir (! d. A.) schwanger«,669 schreibt er über sich und seine Frau. Was er nicht schreibt: 1978 war ›er‹ schon einmal heftig schwanger. Sein biologistisches Credo: »Wir brauchen mehr Frauen. Allein durch ihre Gebärfähigkeit stehen sie dem Leben näher als Männer«670 hatte Folgen. Seine außerehelichen Kinder, ein Zwillingspaar, wurden im August 1978 geboren. Nun sind mir die Sexualität, die sexuellen Affären und die private Lebensform eines Franz Alt höchst gleichgültig. Von Interesse ist allerdings die Doppelmoral eines Predigers, der seine verquaste Moral anderen notfalls mit Gewalt aufzwingen will. In seinem Buch »Jesus – der erste neue Mann« zitiert Alt die Bergpredigt zustimmend: ›»Ihr wißt auch, daß es heißt: Zerstöre keine Ehe! Ich aber sage euch: Wer die Frau eines anderen auch nur ansieht und sie haben will, hat in Gedanken schon ihre Ehe zerstört.« (Mt5, 27–29) Darüber können sich 391
christliche Männer halbtotlachen, oder sie nehmen diese Worte Jesu nicht ernst […] Wenn es ernst wird mit dem wirklichen Jesus, dann lachen oder kneifen sie.«671 Und dann kniff der »erste neue Mann« Franz Alt selbst: Er verweigerte der Mutter der beiden Kinder, einer verheirateten Rundfunkreporterin und Historikerin, lange Jahre jegliche Alimentezahlungen. Erst 1988 stellte er sich einem Vaterschaftstest und gab die Vaterschaft dann zu. Der vielfache Millionär zahlte zu wenig Unterhalt und mußte auf Nachzahlung verklagt werden. Auf die rückwirkende Alimente-Zahlung wurde Alt 1993 eine Reduktion von einer halben Million auf 200 000 DM gewährt, weil, wie es damals hieß, »seine Bücher kaum noch verkauft werden.«672 Aber allein die Hunderttausender-Auflagen seiner Bücher »Frieden ist möglich« und »Liebe ist möglich« könnten ihm 1 bis 2 Millionen DM Honorar eingebracht haben. Er wurde verurteilt, 2500 DM Unterhalt im Monat zu bezahlen. Eines der beiden Kinder, zu denen Alt nach eigener Aussage keinen Kontakt hat,673 ist geistig behindert und lebt in einem Heim. Den erfahrenen Fernsehmann hindert keine private Krise an großen Träumen: »Im Moment sehe ich es nicht, daß ich der Gorbatschow oder der Walesa des Westens werde. Aber ich will das nicht ausschließen für die Zukunft.« (1993)674 Vorerst bleibt der Eindruck, daß er anderen, ebenso durchsichtigen Zielen entgegeneifert: »Jesus war der Traum von einem Mann. Deshalb waren und sind vor allem Frauen von ihm begeistert.« (1990)675 392
Ein Herzinfarkt mit 41 Jahren war Anlaß für den Beginn einer mehrjährigen Analyse nach C. G. Jung bei der heute 84jährigen Psychotherapeutin und Jung-Schülerin Hanna Wolff. »Sie ist eine wirkliche Jesus-Nachfolgerin. Ihre Heilkraft bezeugt es. Wer heilt, hat recht […] nur Heile können heilen«, schwärmt Franz Alt.676 Von da an beschäftigte sich der erfolgreiche Journalist intensiv mit sich selbst. Seine in den darauffolgenden Jahren veröffentlichten Äußerungen legen nahe, daß er aufsog wie ein Schwamm, was Hanna Wolff ihm im Gewand der Psychoanalyse an Ideologie bot. Er wurde nicht nur offen für die Esoterik, den neuen alten Irrationalismus, sondern auch für den diesem verwandten christlichen Antijudaismus. Alt zitiert Wolff zustimmend: »›Im Lichte der Tiefenpsychologie‹ konstatiert Hanna Wolff den Juden ihren ›Golgatha-Komplex‹ und uns Christen in Deutschland einen ›Holocaust-Komplex‹ […] Die heute 84jährige Hanna Wolff mit reicher Erfahrung als Pädagogin, Theologin und Psychotherapeutin: ›Wo autonome Komplexe [damit meint sie Dämonen; d. A.] regieren, da ist in Ehen, Familien, einzelnen Parteigruppen, Völkern, unter allen Völkern, immer Holocaust.‹«677 Der »Holocaust-Komplex« ist eine außerordentlich verschlüsselte, psychoanalytisch verkleidete Metapher für eine Vorstufe zur faschistischen »Auschwitz-Lüge«. Um nicht mißverstanden zu werden: Franz Alt leugnet Auschwitz nicht, er zeigt sich entsetzt über die Verbrechen des NS-Faschismus. Zu seinen Widersprüchen gehört jedoch, daß er Thesen des christlichen 393
Antijudaismus verbreitet und modernisiert. Und dieser Antijudaismus, ob im alten oder in Alts neuem Gewand, ist eine der Hauptwurzeln des Antisemitismus. Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler in Heidelberg, selbst »Bellizist« und ehemaliger grüner Stadtverordneter in Frankfurt/Main sagt es derb: »Franz Alts ›Jesus‹ ist der erste antisemitische Bestseller seit 1945. Im Gewande von Befreiung und Liebe werden Haß und Angst gesät.«678 Die Grundzüge des Altschen Antisemitismus seien in aller Kürze skizziert (und die grundlegend antireligiöse Einstellung der Autorin vorausgeschickt): In ÖkoLinX Nr. 13679 analysiert der Bielefelder Sozialwissenschaftler Heinz Gess Franz Alts Anlehnung an C. G. Jung. Gess beobachtet in der Bundesrepublik ein »Wiederaufleben eines religiös motivierten Antisemitismus«, der schon auf dem Weg zum Faschismus eine »verhängnisvolle Rolle« gespielt habe: »Daß die Juden Jesus ans Kreuz geschlagen hätten, galt häufig als Rechtfertigung dafür, Unrecht an Juden als gerechte Vergeltung anzusehen«. C. G. Jung, der Psychotherapeut, dessen Schülerin Hanna Wolff ist und auf den sich Alt in seinen Büchern positiv bezieht, habe tatkräftig mitgeholfen, solchen religiös und kulturell begründeten Antisemitismus zu verbreiten. Schon 1918 spricht Jung vom Judentum und jüdisch infiltriertem Christentum als einem dem wahren Selbst des deutschen Volkes aufgepfropften Trieb, den es herauszureißen gelte. 1933 schreibt Jung: »Die tatsächlich bestehenden und einsichtigen Leuten schon längst bekannten Verschiedenheiten der germanischen 394
und der jüdischen Psychologie sollen nicht mehr verwischt werden.«6801934 hetzt C. G. Jung, auf den sich die esoterische Szene heute wieder begeistert bezieht: »Das jüdische Problem ist ein Komplex, eine schwärende Wunde, und kein verantwortlicher Arzt könnte es über sich bringen, daran ärztliche Vertuschungsmethode zu üben.«681 So wurde Auschwitz vorbereitet: als quasi lebensnotwendige Operation am Patient »deutsche christliche Volksgemeinschaft«, als »Entgiftung des Christentums«, wie Franz Alt es heute vielleicht nennen würde. »Einer der ›Deutschen Ideologen‹«, der mit der Jungschen Lehre das »ihr innewohnende antisemitische Ticket« übernimmt, ist Franz Alt. Klassisch für den christlichen Antijudaismus ist, Jesus nicht als Juden zu sehen, die sind ja »Christusmörder«. Endlos ist die historische religiöse Auseinandersetzung darüber, daß der böse Rachegott des Alten Testaments der jüdische Gott sei, der verheißungsvolle, befreiende jedoch der christliche. Dieses antijüdische Klischee macht sich Franz Alt exzessiv zu eigen. Auch er bestreitet, daß Jesus Jude war: »Mit dieser neuen ganzheitlichen Spiritualität«, so Alt, »hatte der Jude Jesus aufgehört, Jude zu sein«.682 Der böse jüdische Gott steht bei dem sich der Frauenbewegung anbiedernden Franz Alt für »Patriarchalismus« und Nationalismus, für die Sprengung des »Ganzheitlichen«. Die Despotie des männlichen, kriegslüsternen, jüdischen Rachegottes lasse sich nur brechen, wenn der Jude aufhört, ein Jude zu sein. »Klar für Alt, daß die von ihrem ›krank395
machenden Gottesbild‹ beherrschten Juden, nachdem sie Jesus aus dem Weg geräumt haben, sich dann auch daran machen, die ›lebendige Religion‹, die Jesus vorgelebt hat, mit dem ›Gift‹ ihres krankmachenden Geistes zu infiltrieren und ›judenfreundlich‹ umzugestalten, mit der Folge, daß ›das Christentum nie wirklich aus dem Schatten des Judentums herausgetreten (ist). Das ist seine Schuld. Das ist seine Tragik […]«. So fallen dann alle Verbrechen des Christentums in die Verantwortung des Judentums. Indem sie das Christentum vergiftet haben, sind die Juden an dem, was ihnen in dessen Namen angetan wurde, immer selbst schuld. Alt stützt sich in seinen Veröffentlichungen auch auf die Religionslehrerin Christa Mulack, die sich als »Radikalfeministin« bezeichnet und sich als feministische Theologin versteht. Das Judentum gilt Mulack, so Brumlik,683 als »Inbegriff einer patriarchalischen Machtergreifung, einer welthistorischen Machtergreifung, die endlich zum Nationalsozialismus und schließlich zur atomaren und ökologischen Katastrophe führte«. Gess weist der Darstellung Franz Alts bis ins historische und religionsgeschichtliche Detail nach, daß und wie er Geschichte und religiöse Theorien verfälschen muß, um sein antisemitisches Klischee des bösen Juden zu konstruieren und daß die Aussagen Alts nicht das geringste mit einer historisch-kritischen Analyse des Christentums und des Judentums zu tun haben. Gess: »Mag Alt auch glauben, durch Jung zur lebendigen Religion‹ gefunden zu haben, die 396
nicht ›Opium‹, sondern ›Dynamit‹ ist, so vergißt er doch, daß auch Dynamit als ›Opium des Volkes‹ fungieren kann und die Verbindung von Religion und Dynamit, wenn sie zudem noch mit einer unmittelbaren Schuldzuweisung und Identifizierung des vermeintlichen Sündenbocks verbunden ist, noch niemals in der Geschichte der Menschheit zu etwas Gutem geführt und zur Emanzipation der Menschen aus dem alten Herrschafts-, Unrechts- und Schuldzusammenhang beigetragen hat. Solches Denken führt aus solchen Zusammenhängen, auch wenn es sich als ›neu‹ verkauft, nicht hinaus, sondern immer wieder nur noch tiefer hinein.« Im Dezember 1990 veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft Sozialpädagogik und Gesellschaftsbildung in Düsseldorf ein Streitgespräch »Schlug christlicher Antijudaismus in rassistischen Antisemitismus um?«. Alt weigerte sich, auf Kritik an ihm einzugehen und schrie statt dessen seine Thesen ins Publikum. Im »Unterbewußtsein« sitze »der Hitler in uns« – ohne daß wir es merken, und das seit 2000 Jahren. »Das Böse ist in uns.« Einzige Rettung sei der neue Gott, zu dem man »Pappi« sagen könne.684 Auch über die Rettung der Welt hat Alt eine dezidierte Meinung. Wie im rassistischen Deutschland üblich, sei die Hauptursache der Naturvernichtung – neben so pflichtgemäßer wie ungenauer Überflußkritik am Norden – die »Bevölkerungsexplosion«.685 Alt: »Nicht der Mensch, das Leben muß im Mittelpunkt stehen […] Wir müssen Abschied nehmen von unserem anthropozentristischen Weltbild, so 397
wie unsere Vorfahren einst Abschied nehmen mußten von der Vorstellung, die Erde sei der Mittelpunkt des Alls. Heute wissen wir, daß wir, wie eine Stecknadel im Heuhaufen, nur ein Teilchen im großen All sind […] Ich glaube schon, daß wir Menschen einen besonderen Auftrag zu erfüllen haben und nicht rein zufällig auf dieser Erde sind.«686 Was ist nun dieser Auftrag? »Die Naturgesetze stehen noch über dem Grundgesetz«,687 sagt Alt und erinnert uns an den von ihm so heftig verehrten Herbert Gruhl, der, ich zitiere es in diesem Buch, überzählige menschliche »Populationen« notfalls, ganz ökologisch, mit der Atombombe auslöschen will. Darauf angesprochen, will Alt weder die ökodiktatorischen Ergüsse Gruhls in »Ein Planet wird geplündert« noch die atomare Drohung in »Himmelfahrt ins Nichts« kennen, sich aber gern erkundigen.68S Wie kann er denn für einen Herbert Gruhl schwärmen, sich auf dessen ökologische Werke ausdrücklich beziehen, wenn er dessen beide Hauptwerke angeblich gar nicht kennt? Wie kann er sich als angeblicher Pazifist an einem orientieren, der in Verteidigung der angeblich überlegenen europäischen Kultur (Gruhl) Militär und ›Verteidigungsgemeinschaft‹ gegen die ›armen Volksstämme‹ zu benötigen behauptet? Widersprüche über Widersprüche. Franz Alt ist immer noch einer der besten Werbeträger für die ÖDP (siehe auch S. 229–259). Zur Europawahl 1994 war wieder eine Wahlkampftournee für die ÖDP fällig, am 19. April 1994 war er zu diesem Zweck in Frankfurt/Main: Alt äußert sich zur Energiewende, macht unproblematische 398
Ausführungen, kann sich dann aber auf Fragen aus dem Publikum nicht ganz zurückhalten. Den Herbert Gruhl, der das Buch »Ein Planet wird geplündert« geschrieben hat, verehrt er. Daß Gruhl in diesem Buch bereits für die Ökodiktatur eintritt, will er am 7. Juni 1994 in einer TV-Sendung des WDR nicht wissen. Auch die Propagandistin der sozialdarwinistisch-rassistischen und antisemitischen Freiwirtschaftslehre Silvio Gesells, Margrit Kennedy, schätzt er und will mit ihr und den Freiwirtschaftlern zusammenarbeiten. Der Frankfurter Kreisverband der ÖDP läßt sich in diesem Abend im April 1994 nicht lumpen: Nicht nur Bücher von Silvio Gesell, Margrit Kennedy, Herbert Gruhl und Franz Alt werden einträchtig und werbewirksam präsentiert, sondern auf dem Materialtisch der ÖDP, neben dem Europaprogramm, liegt ein sechsseitiges Faltblatt der ÖDP »Leitlinien zu einer neuen Wirtschaftspolitik«, verfaßt von Herbert Gruhl. Auf der Rückseite dieses Faltblattes wird auf einen ÖDP-Bundesparteitagsbeschluß verwiesen, der diesen Leitlinien Programmcharakter gibt. Beide Seiten, Alt und ÖDP, sind sich einig über ihre ökofaschistischen bzw. rassistischen Bezugstheorien und -personen. In Frankfurt liegt auch ein ÖDP-Faltblatt »Was die ÖDP von den Grünen unterscheidet« aus. Im Punkt »2. Familien- und Frauenpolitik« verteidigt die ÖDP den schwulenfeindlichen § 175. Die CDU/FDP-Regierung beseitigte diesen diskriminierenden Paragraphen 1994, wenn auch nicht ersatzlos. Am 29. Juni 1993 meinte der Bundesvorstand der ÖDP, er müsse die ÖDP gegen die Angriffe wegen Rechtslastig399
keit, Ökofaschismus und Rassismus verteidigen. Wählerschwund und Imageschaden drohen. Den Kronzeugen für konservative Linkslastigkeit soll Franz Alt spielen, »ein Freund der ÖDP«. Franz Alt wurde von der ÖDP geehrt. Die ÖDP schreibt dazu: »Undenkbar, daß sich diese Persönlichkeiten von einer Partei ehren lassen würden, wenn diese auch nur einen Hauch von Rechtslastigkeit hätte.« Wer ist da Belastung für wen? Franz Alt erweitert rechte ökologische Vorstellungen um psychotherapeutische und esoterische Kategorien: »Die Ursachen der ökologischen Krise […] reichen tief in die individuelle und kollektive Psyche. Die Umweltzerstörung ist das Ergebnis einer vorausgegangenen kollektiven Innenweltzerstörung […] Wir sind fast alle Opfer und Täter […] Die überlebensnotwendige Transformation heißt: Was bisher im Namen der Menschen geschah, soll künftig im Namen der Natur geschehen.« Er bezieht sich auf das »neue ethische Grundverständnis« eines Rudolf Bahro, dessen ›völkisches Stammesbewußtsein‹ und dessen ökodiktatorisch-esoterische Positionen ich an anderer Stelle in diesem Buch kritisiere.689 Angeregt vom Berliner CDU-Umweltstaatssekretär Professor Dr. Lutz Wicke initiierte Franz Alt gemeinsam mit Joschka Fischer (Umweltminister von Hessen, Bündnis 90/Grüne), Jo Leinen (Umweltminister des Saarlandes, SPD) und Wolfgang Rauls (Umweltminister des Landes Sachsen-Anhalt, FDP) den »Ökologischen Marshallplan«: »eine neue Koalition querbeet zu den herkömmlichen 400
Strukturen«.690 Auch dieser Plan dient selbstverständlich nur dem Glück der Menschheit. Das Bündnis dieser Helden von Wicke bis Fischer verdeckt, um was es in Wahrheit vor allem geht: um die Akzeptanzförderung für eine rigide Bevölkerungskontrolle im Trikont. Sie nennen es militaristisch »Bevölkerungsexplosion« und proklamieren es als ihre (! d. A.) Verantwortung, »Bevölkerungsstabilisierungspläne« für den Süden zu entwickeln (Alt).691 Wohin der Mainstream der gutmeinenden, ständig lächelnden Scheinheiligen auch strömt, Franz Alt ist schon da. Keiner spielt wie er auf einer so breiten Klaviatur esoterisch-religiös-antiemanzipatorischen Zeitgeists. Auf dem 14tägigen Kongreß »Management 2001 – Der Mensch im Mittelpunkt« auf Lanzarote leitete Franz Alt einen Workshop. Der Kongreß wurde vom »Esoterischen Zentrum Etora Lanzarote« veranstaltet. Die versammelten Manager zahlten pro Nase 6000 bis 8000 Mark. Referent Alt kam über die Vermittlung seines TV-Kollegen, des EsoterikModerators und gelegentlichen »Etora«-Referenten Rainer Holbe, zuständig für Ufos und andere Idiotien.692 Franz Alts futuristische Sendung »Zeitsprung« gibt ihm die Möglichkeit, neue Mythen und Fortschrittsgläubigkeit zu verknüpfen. Ciba-Geigy habe eine Methode entdeckt, ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten wiederzuerschaffen: »Die haben ein befruchtetes Ei einer Regenbogenforelle vier Tage lang in ein elektrostatisches Feld gelegt. Dadurch erinnert sich die Aura der Regenbogenforelle daran, wie sie vor 150 Jahren aussah.«693 Entstanden sei daraufhin ein 401
doppelt so großer und doppelt so nahrhafter Uralt-Fisch. »Das ist der erste Beweis für die Existenz der morphogenetischen Felder […] Die Wissenschaftler haben mir gesagt: ›Wir können uns vorstellen, daß wir auch die Dinosaurier wieder hinkriegen.‹ Aber die Konzernleitung hat dann die Forschungen eingestellt, weil die alten Tier- und Pflanzenarten ohne Chemie auskommen würden.«694 Er zieht aus solchen »Entdeckungen« ganz praktischen Nutzen: »Ich habe gerade die erste Kamera in Auftrag gegeben, mit der man die Aura eines Menschen filmen kann.«695 Wir können sicher sein, daß Franz Alt geschäftstüchtig genug ist, um sich seine Absatzmöglichkeiten für seine Bücher nicht zu versauen. Der entscheidende Faktor für seinen Einfluß sind seine Fernsehauftritte. Dort paßt er meist besser auf als in seinen Büchern oder Artikeln, und wir finden seine Positionen in moderaterer Form. Sein antijudaistisch-antisemitisches Weltbild und seine Unterstützung rechtsextremistischer Personen wie Einrichtungen findet nur, wer seine Bücher liest und ein gewisses Hintergrundwissen besitzt. Zum Beispiel Salem: In seinem Buch »Liebe ist möglich« propagiert Alt über fast zwei Seiten das Erziehungsmodell der Kinder- und Jugendheime der Bruderschaft Salem. »Einen Weg aus der Sackgasse (der ökologischen Zerstörung)« zeige der Gründer der Salem-Kinder-Dörfer Gottfried Müller. In seinen Heimen fänden Kinder und Jugendliche »eine bleibende Heimat«. Zu den »wichtigsten Grundsätzen« gehörten »giftfreie biologische Nahrung«, »körperliche 402
Gesundheit«, »Erziehung im Geist der Zehn Gebote und der Bergpredigt – religiöse Gesundheit […] Nahrung für die Seele«. Alt lobt die Aktivitäten Salems gegen Abtreibung und faßt zusammen: »Das ist praktizierte Bergpredigt heute. Die Wege natürlichen Lebens, die jungen Menschen hier wieder gezeigt werden, könnten Vorboten eines neuen natürlichen Zeitalters sein.«696 Nun, die »giftfreie biologische Nahrung«, darunter Dr. Max Otto Brukers Frischkornbrei, wird notfalls mit Prügeln durchgesetzt. Die »körperliche Gesundheit« wurde in einem »Arbeitsdienst« trainiert, den Salem-Chef Müller ausdrücklich in Tradition des Reichsarbeitsdienstes der NS-Faschisten sieht. »Nahrung für die Seele«? In seiner Salem-Zeitung teilte Gottfried Müller stolz mit, daß die Kinder in seinen Heimen abends für das Wohlergehen und die Befreiung seiner SS-Freunde, der Kriegsverbrecher Herbert Kappler und Walter Reder zu beten haben (siehe Seite 350 ff.). Kappler und Reder waren nach der Befreiung vom NS-Faschismus in Italien als Kriegsverbrecher zu jahrzehntelanger Haft verurteilt worden. SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler, der »Gestapochef von Rom«, hatte mit seiner Truppe im März 1944 in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom 335 Geiseln mit Genickschuß ermordet. SS-Hauptsturmführer Walter Reder ließ im Oktober 1944 fast die gesamte Zivilbevölkerung des italienischen Dorfes Marzabotto, bei Bologna, 1836 Menschen, massakrieren. »Praktizierte Bergpredigt«? Selbst hartnäckig antireligiöse 403
AutorInnen wie ich sind in der Lage zu begreifen, daß mit der Bergpredigt in der Ideologie des Christentums wohl anderes gemeint ist. Schon 1979, sechs Jahre vor Franz Alts Empfehlungen für die Terrorheime von Salem, entschieden die Berliner Jugendämter, keine Kinder mehr in die Salemschen Einrichtungen einzuweisen, weil die Kinder dort rechtsreaktionär indoktriniert würden, Prügelstrafe herrsche und ein Arbeitsdienst. Einige große Zeitungen und Zeitschriften berichteten darüber, darunter der Stern und die Zeit. Den Journalisten Franz Alt, zu dessen Beruf die gründliche Recherche gehört, hat das alles – im besten Fall – nicht interessiert. Warum nicht? Zur besonderen Eigenart Franz Alts gehört, daß er in der WDR-Sendung im Juni 1994, angesprochen auf Salem, mit andauernd lächelndem Gesicht zusichert, dies nachprüfen zu wollen. Die Situation der Kinder im Heim berührte ihn nicht. Gegen die verbreitete Annahme von der wohlmeinenden Naivität Franz Alts spricht seine stahlharte, mit einem ewigen Lächeln maskierte, gleichgültige bis kalthöfliche Reaktion auf jede Entdeckung seiner Kooperation mit AntisemitInnen, Öko- oder NeofaschistInnen. Franz Alt ist nicht naiv. Er ist mindestens auf hemmungslose Art geschäftstüchtig. Er verschafft Akzeptanz. Er ist die meist lächelnde Vorhut dessen, wovon er sich immer mal wieder zu distanzieren behauptet.
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Rudolf Steiner, »Arier« und Waldorfschulen »… kurz, alle Geisteszweige und Hexenbinsen werden hier, mit wahrhaft enzyklopädischer Konfusion ausgerissen und zum Strauß gebunden« Ernst Bloch »Etwas spitz formuliert könnte man sagen: Der Schwindel ist so geschickt als Original-Menschenliebe getarnt, daß man an ihm jahrelang vorbeigehen kann, ohne die Fälschung zu erkennen« Ledder/Brenner697 »Dann herrscht Steiner; geschwatzig und viertelsgebildet, hat Geheimes zu versenden« Ernst Bloch In einer Frankfurter Kneipe lag das anthroposophische Mitteilungsblatt Trigonal698 aus. Darin schreibt ein Helmut Kirchner699 gegen den Vorschlag eines Einwanderungsgesetzes, den wir von links kritisieren, weil er in rassistischer Manier Menschen aus dem Trikont nach ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit kontingentiert. Kirchner kritisiert von rechts: »Einem apokalyptischen Rassen- und Klassenwahn« solle »nach dem Willen« der »kafkaesken achtundsechziger Bewegung […] nun alles Deutsche ausgemerzt werden«, das bedeute »die Beseitigung von Deutschland und den Deutschen als selbständige politische Größe«. 405
Anthroposoph Kirchner meint wahrscheinlich die Konzentrationslager und zwei Weltkriege, wenn er schreibt, wie die Geschichte zeige, hätten die Deutschen einen Fehler: Sie seien zu gutmütig, die »betreiben eine gute Sache [Humanität] so gründlich, daß daraus eine böse Sache wird«. »Dies Land kann daher weder menschlich noch ökologisch auf Dauer schon nicht mit der vorhandenen Bevölkerung auskommen.« Notfalls muß das deutsche Volk sich mit Gewalt schützen, denn »mit welchem Recht will man den hier Lebenden ihren Wohlstand nehmen und dieses demokratisch und nicht von oben herab?« Es drohe eine »Deutschendämmerung«, wenn »sämtliche ökonomischen Mittel und geistigen Kräfte des Landes […] in Anspruch genommen [würden], so daß für Selbstbesinnung und kulturelle Impulse keine Kraft mehr wäre«. Denn Kultur gibt es offenbar nur rasserein, »ethnopluralistisch« – wie bei den Neofaschisten. Die Sekte der AnthroposophInnen ist einflußreich, reich, hat etwa 60 000 Mitglieder und beruht ideologisch fast ausschließlich auf der Lehre von Rudolf Steiner, der 1913 die Anthroposophische Gesellschaft gründete. Es ist ihnen gelungen, in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen Fuß zu fassen: durch die 1920 von Steiner gegründeten Waldorfschulen (heute mehr als 140), den biologisch-dynamischen Landbau, seine Demeterprodukte und Drogeriewaren der Marke »Weleda«, durch Krankenhäuser wie Herdecke und eine sich als »Christengemeinschaft« bezeichnende Kirche bis hin zur Freien Hochschule für 406
Geisteswissenschaften in Dornach bei Basel. In die Waldorfschulen flossen reformpädagogische Ansätze vom Beginn des Jahrhunderts ein, die anthro-posophische Ideologie verschleiern sollen. Aber führen die AnthroposophInnen nicht die Waldorfschulen, wo Kinder ohne Leistungsdruck und betont musisch ausgebildet werden? Zur Ideologie von WaldorfpädagogInnen wie dem bayrischen grünen Landesvorsitzenden und Bundestagskandidaten Gerald Hafner gehört, daß die Anthroposophie, wie es sich für eine richtige Geheimwissenschaft gehört, in den Unterricht nur möglichst geschickt einfließt: »Gewisse Teile der Geheimkunde können allerdings auch heute nur solchen mitgeteilt werden, die sich den Prinzipien der Einweihung unterwerfen«, sagt Steiner. Die anthroposophische Ideologie verwirft Rationalität und zielt auf Dumpfheit: »Es kommt nicht darauf an, die Lehren der Geisteswissenschaft verstandesmäßig zu beherrschen, sondern Gefühl, Empfindung, ja das ganze Leben mit ihnen zu durchdringen.«700 Was fließt da in die Köpfe? Rudolf Steiner entwickelte die Anthroposophie in enger Anlehnung an die Theosophie Blavatskys, die auch den deutschen Faschisten von Nutzen war. Menschen unterscheidet er nach »Wurzelrassen«. Es gibt sieben aufeinanderfolgende menschliche »Wurzelrassen«, die sich während der Zeitenrunde planetarischer Existenz auf einem Planeten entwickeln. Jede dieser »Wurzelrassen« zerfällt in sieben »Unterrassen«, die evolutionär aufeinanderfolgen und eine Kette menschlicher Entwicklung bilden. Nach der 407
»Wurzelrassen«-Ideologie gibt es noch ein paar Reste niederer Menschenrassen, »die jetzt auf Erden durch ein paar elende, aussterbende Stämme und die großen menschenähnlichen Affen repräsentiert sind.«701 Blavatsky in ihrer Geheimlehre, Band II: »Ein Decimierungsvorgang findet über die ganze Erde statt unter jenen Rassen, deren Zeit um ist […] Es ist ungenau zu behaupten, daß das Aussterben einer niederen Rasse ausnahmslos eine Folge der von den Kolonisten verübten Grausamkeit oder Mißhandlungen sei. […] Rothäute, Eskimos, Papuas, Australier, Polynesier usw. sterben alle aus […] Die Flutwelle der inkarnierten Egos ist über sie hinweggerollt […] und ihr Verlöschen ist daher eine karmische Notwendigkeit […]« In dieser Logik liegt, daß Alice Ann Bailey, eine Anhängerin Rudolf Steiners, 1949 die Ermordung von sechs Millionen Juden im Nationalsozialismus als »Feuer der Reinigung« rechtfertigte. Denn wer ermordet wird oder im sozialen Elend lebt, ist selber schuld, weil er in seinem früheren Leben irgendein Vergehen begangen hat: schlechtes oder gar kein Karma. Steiner erklärt die karmische Notwendigkeit des »Hinsterbens« der indianischen »Rasse« beispielsweise so: »Nicht etwa deshalb, weil es den Europäern gefallen hat, ist die indianische Bevölkerung ausgestorben, sondern weil die indianische Bevölkerung die Kräfte erwerben mußte, die sie zum Aussterben führten.«702 Wer Steiner liest, muß sich mühsam durch gedanklichen Schrott kämpfen. Grundlage des anthroposophischen Weltbildes ist die »Wurzelrassenlehre«, wie sie rassistischer und 408
menschenverachtender kaum sein kann. Nach den ersten beiden menschlichen »Wurzelrassen« kamen die »Lemurier«, die vergaßen immer alles, handelten instinktiv, weil sie kein »eigenes Vorstellungsvermögen« entwickelten. Dann die »Atlantier«, die hatten eine solche »Lebenskraft«, daß sie durch Gedankenkraft »Korn zum Wachsen« bringen konnten und sich selbst in geringer Höhe [in] über den Boden schwebenden Fahrzeugen, mit »Pflanzensamen angeheizt«, fortbewegten.703 Aus den besten »Atlantiern« wuchsen die »Arier«, die fünfte »Wurzelrasse« der Menschheit, der noch zwei folgen werden.704 Demnächst soll die sechste »Wurzelrasse« auftreten, deren Entstehungsort die USA und deren Ausgangspunkt die New-Age-Bewegung sein könnte. Aber zurück zu Steiner, dem Guru der Anthroposophen. Auch Steiners »Wurzelrassen« haben sieben »Unterrassen«, die natürlich nicht gleichwertig sind. Sein Rassismus entwickelt sich ganz »natürlich«. »Nur hat man sich das nicht so vorzustellen, als ob eine Unterrasse gleich verschwinden würde, wenn eine neue sich entwickelt. Es erhält sich vielleicht eine jede noch lange, wenn neben ihr andere sich entwickeln. So leben immer Bevölkerungen auf der Erde nebeneinander, die verschiedene Stufen der Entwicklung zeigen.«705 So kommt es, daß die Mongolen als siebte »Unterrasse« der was-weiß-ich-wievielten »Wurzelrasse« ein bißchen minderwertiger als andere sind. Steiner gesteht ihnen schon die »Denkkraft« zu, aber auch – typisch für »Unterrassen«, einen »unmittelbaren naiven Glauben.«706 Erst die fünfte »Unterrasse« der fünften »Wurzelrasse«, die 409
»Arier«, haben »die vollständige Ausprägung der denkenden Kraft mit allem, was dazugehört«.707 Von Gruhl über neofaschistische Organisationen bis zu Steiner – alle sind sich darin einig, daß die höchstentwickelten Menschen, deren Territorium und materiellen Interessen im höchsten Maße und mit Gewalt zu verteidigen sind, die europäischen »Arier« sind. Wohin die volle anthroposophische »Denkkraft« führt, sehen wir in der Lehre des Chefideologen Rudolf Steiner: »Diese Schwarzen in Afrika haben die Eigentümlichkeit, daß sie alles Licht und alle Wärme vom Weltenraum aufsaugen. Sie nehmen das auf. Und dieses Licht und diese Wärme im Weltenraum, die kann nicht durch den ganzen Körper hindurchgehen, weil ja der Mensch immer ein Mensch ist, selbst wenn er ein Schwarzer ist. Es geht nicht durch den ganzen Körper durch, sondern hält sich an der Oberfläche der Haut, und da wird die Haut dann selber schwarz. […] Überall nimmt er Licht und Wärme auf, überall. Das verarbeitet er in sich selber. Da muß etwas sein, was ihm hilft bei diesem Verarbeiten. Nun sehen Sie, das, was ihm hilft bei diesem Verarbeiten, das ist namentlich sein Hinterhirn. Beim Neger ist daher das Hinterhirn besonders ausgebildet. Das geht durch das Rückenmark. Und das kann alles das, was da im Menschen drinnen ist an Licht und Wärme, verarbeiten. Daher ist beim Neger namentlich alles das, was mit dem Körper und dem Stoffwechsel zusammenhängt, lebhaft ausgebildet. Er hat, wie man sagt, ein starkes Triebleben, Instinktleben. Der Neger hat also ein starkes Triebleben. Und weil er eigentlich 410
das Sonnige, Licht und Wärme, da an der Körperoberfläche in seiner Haut hat, geht sein ganzer Stoffwechsel so vor sich, wie wenn er in seinem Innern von der Sonne selber gekocht würde. Daher kommt sein Triebleben. Im Neger wird das drinnen fortwährend richtig gekocht, und dasjenige, was dieses Feuer schürt, das ist das Hinterhirn. […] Und wir Europäer, wir armen Europäer haben das Denkleben, das im Kopf sitzt. […] Daher ist Europa immer der Ausgangspunkt für alles dasjenige gewesen, was nun das Menschliche so entwickelt, daß das zur gleichen Zeit mit der Außenwelt in Beziehung kommt. […] Wenn die Neger […] nach dem Westen auswandern, da können sie nicht mehr so viel Licht und Wärme aufnehmen wie in ihrem Afrika. […] Daher werden sie kupferrot, werden Indianer. Das kommt davon her, weil sie gezwungen sind, etwas von Licht und Wärme zurückzuwerfen. Das glänzt dann so kupferrot.« Und nicht Kolonialisierung und imperialistische Raubzüge sind das Problem, sondern ihre »Natur«. »Das [kupferrote Glänzen] können sie nicht aushalten. Daher sterben sie als Indianer im Westen aus, sind wiederum eine untergehende Rasse, sterben an ihrer eigenen Natur, die zu wenig Licht und Wärme bekommt, sterben an dem Irdischen. […] Die Weißen sind eigentlich diejenigen, die das Menschliche in sich entwickeln. Daher sind sie auf sich selber angewiesen. Wenn sie auswandern, so nehmen sie die Eigentümlichkeiten der anderen Gegenden etwas an, doch sie gehen, nicht als Rasse, sondern mehr als einzelne Menschen, zugrunde.« Die Natur des Europäers zwingt ihn gewissermaßen zur 411
Eroberung der Welt: »Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.«708 Auch VertreterInnen des sogenannten linken Flügels der Anthroposophie gehen unbefangen mit den rechtsextremistischen Nationalrevolutionären um. In deren Zeitschrift Wir selbst finden wir neben den vermutlich nichtanthroposophischen Autoren Konrad Buchwald, Günter Kießling, Arno Klönne und Lutz Rathenow auch die AnthroposophInnen Josef Beuys, Rhea Tönges und Johannes Stüttgen und häufig den – nichtanthroposophischen – Nationalisten Alfred Mechtersheimer, den die Grünen Baden-Württembergs einmal in den Bundestag hievten.709 Die AnthroposophInnen hatten noch nie Probleme mit Geld. Einerseits, weil sie meist dem wohlhabenden Bürgertum angehören, andererseits finanzieren Konzerne wie Siemens (seit vielen Jahren) und Bertelsmann, das Bankhaus Trinkaus & Burckhardt, die Hussel Holding AG und viele andere anthroposophische Projekte. AnthroposophInnen befinden sich auch als Teil der Esoterikszene auf geistigem Beutezug in der ehemaligen DDR. Viele Gruppen kommen sich auf ihrem missionarischen Feldzug gelegentlich ins Gehege. Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß innerhalb der bürgerbewegten Gruppe Neues Forum, die im Juni 1994 zu den Europawahlen kandidierte, einflußreiche esoterische Gruppen arbeiten. 1990 wurde eine Fachgruppe »Neues Bewußtsein« gegründet. Beobachter vermuten, daß innerhalb der Organisation zwei Sekten, Sannyasins und AnthroposophInnen, 412
um ihren Einfluß kämpfen. Möglicherweise existieren auch Verbindungen zur völkisch-rechtsextremistischen anthroposophischen Partei »Neues Bewußtsein«. Diese Partei scheint sehr viel Geld zu haben. Es besteht der Verdacht, daß sie aus Wirtschaftskreisen verschwenderisch finanziert wird. Sie begründet »spirituell«, weshalb Unternehmensgewinne nicht gekürzt, Löhne und Renten jedoch für einige Zeit ausgesetzt werden sollten.710 Das »neue« Bewußtsein ist das brutale alte, andauernde kapitalistische Bewußtsein. Die Reaktionen auf die Kritik an Steiner in der Erstausgabe von »Feuer in die Herzen« gehörten zu den wütendsten. Seine AnhängerInnen füllten meinen Briefkasten und mein Archiv. Da war der Ministerialrat a. D. aus Bonn, der empfahl, daß ich »in Zukunft derartige Äußerungen über etwas, von dem Sie nicht nur nichts, sondern offenbar das Gegenteil verstehen«, lassen solle. Da schrieb eine, die mich als Botin der schlechten Nachricht von den Überschneidungen zwischen Anthroposophie und Faschismus anprangerte (statt die Nachricht): Meine Kritik sei »verwerflich« und Teil jener »moralisch schmutzigen« Verhaltensweisen, die »die Erde ruinieren«. Fast alle bestritten jedem Nichtanthroposophen das Recht auf Kritik: Nur wer Anthroposoph sei, könne Steiner verstehen, wer ihn verstünde, brauche ihn ja nicht mehr zu kritisieren«. Opfer der anthroposophischen »Sekte […] mit relativem Masseneinfluß«711 dagegen freuten sich über ein wenig kritische Öffentlichkeit nach langer Heimlichkeit. Ich erfahre von einem iranischen Lehrer, der sich an einer Hamburger 413
Waldorfschule um eine freie Stelle bewarb. Man nähme nur »Mitteleuropäer und nur Christen« lautete die Ablehnung. Andere Waldorfschulen nehmen keine türkischen und keine »schwarzen« Kinder auf. An vielen Waldorfschulen scheint es üblich zu sein, Kinder als »Problemkinder« aufzufassen, wenn sie kritische Fragen stellen, fluchen oder über Sexualität reden wollen: sie werden subtil unter Druck gesetzt, physisch bestraft, offen schikaniert, aus der Schule gedrängt usw. Andere berichteten von der Kollaboration der AnthroposophInnen mit den Nazis im Faschismus, über Ausgrenzungen und Ausschlüsse von NazigegnerInnen aus anthroposophischen Lehrerkollegien und Zusammenkünften biologischdynamischer Landwirte vor 1945. »Zunächst ist festzustellen«, schreibt der Anthroposoph Thomas Höfer in seiner Rezension der Erstausgabe von »Feuer in die Herzen« über das obige Zitat Steiners über »den Neger«, »daß der Vortrag Steiners korrekt wiedergegeben ist. Die Auslassungen sind exakt gekennzeichnet, und eine Überprüfung des Originaltextes zeigt, daß nichts weggelassen wurde, was den Sinn entstellen würde. Auch der Zusammenhang, in dem diese Äußerung steht, läßt sie nicht in einem anderen Licht erscheinen.«712 Damit geht Höfer immerhin weiter als einige Besucher von Lesungen, die schlichtweg »Lüge, Lüge!« schrien, so etwas habe Steiner niemals gesagt! Höfers Absicht ist es aber, AnthroposophInnen Argumente zur Verteidigung von Steiner an die Hand zu geben. Diese Argumente sind zum Teil skurril. Steiner: »[…] wenn 414
die schwangere Frau sagen wir, in den ersten Monaten der Schwangerschaft in den Wald geht und ihr das Unglück passiert, daß sie just in dieser Zeit einen Erhängten, einen, der an einem Baume sich erhängt hat und schon tot ist, findet – wenn er zappelt ist es noch schlimmer –, wenn sie den dort trifft, so schrickt sie furchtbar zusammen. Das wird in ihr ein Bild, und wahrscheinlich […] wird sie ein Kind gebären, das bleich ist, das ein spitziges Kinn hat, das seine Glieder dünn hat und sich nicht recht bewegen kann. Bei einer schwangeren Frau genügt ein einziger solcher Anblick.«713 Höfer verteidigt exakt diesen grandiosen Schwachsinn mit folgenden Worten: »Viele Aussagen Rudolf Steiners beruhen auf übersinnlicher Erkenntnis und sind daher nicht oder nur sehr schwer nachprüfbar.«714 Da ist es wieder, das anthroposophische Kritikverbot. Nein, nein, sagt Höfer, natürlich habe sich Steiner gegen ein »einfaches Lesen und Nachplappern« verwahrt und gefordert, »daß die Anthroposophen ›sich die Dinge wirklich innerlich aneignen, sie zum Inhalt und zur Richtschnur ihres Lebens machen.‹«715 Sich seine Lehre aneignen, sie zum Inhalt des Lebens zu machen: diese Wortwahl meint allerdings das Gegenteil von kritischer Ablehnung der anthroposophischen Lehre. Auch das folgende Zitat könnte mich veranlassen, mitleidig zu sagen: Steiner hatte schwere psychische Probleme, lassen wir ihn in Ruhe! – Wenn er nicht Chefideologe einer Sekte wäre und heute viele tausend Kinder seiner Lehre gemäß in Waldorfschulen indoktriniert würden: »[…] wir 415
geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, in der ersten Zeit der Schwangerschaft namentlich, wie sie heute ja gerade solche Gelüste machmal entwickeln können […] da braucht gar nicht dafür gesorgt zu werden, daß Neger nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen; da entsteht durch rein geistiges Lesen von Negerromanen eine ganze Anzahl von Kindern in Europa, die ganz grau sind, Mulattenhaare haben, die mulattenähnlich aussehen werden.«716 Am Ende seiner Rezension entlarvt mich Höfer als Linke, was gewiß die meisten LeserInnen meiner Bücher überraschen wird. Tja, es stimmt: die okkulten Wahnvorstellungen eines Rudolf Steiner einschließlich seiner »geistigen Welt, bevölkert von geistigen Wesen«717 mag ich mir nicht als »Inhalt« meines Lebens »aneignen«. Nun will ich der Leserin, dem Leser, aber nicht mein derzeitiges Lieblingszitat von Steiner vorenthalten: »Das, was wir heute als Kopf an uns tragen, das ist der umgestaltete Leib aus der früheren Inkarnation, im früheren Erdenleben. Dabei erstrecken die Beine sich als Sehfühlfäden aus den Augen heraus […], um da höchst beweglich auf die Farbe zu treten, während die Arme so ätherisch geworden [sind], daß sie sich jetzt bei den Ohren heraus erstrecken und die Töne berühren.«718 Über Rudolf Steiners (1867–1925) Kindheit ist wenig bekannt, auch er selbst verrät nur Ungenaues: »Ich war ein Fremder im Dorf«, ein »Fremdling im Elternhaus«.719 Er zog sich zurück zu Bäumen und Steinen, spielte kaum mit 416
anderen Kindern. Steiner über sich selbst als Zehnjährigen: »Wochenlang war meine Seele ganz erfüllt von der Kongruenz von Dreiecken, Vierecken, Vielecken; ich zergrübelte mein Denken mit der Frage, wo sich eigentlich die Parallelen schneiden, der pythagoreische Lehrsatz bezauberte mich […] Rein im Geist etwas erfassen zu können, das brachte mir das innere Glück. Ich weiß, daß ich an der Geometrie das Glück zuerst kennengelernt habe.«720 Steiner studiert Naturwissenschaften, bricht das Studium ab, studiert Philosophie und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. 1890 bis 1897 ist er Mitarbeiter im Goethe-Schiller-Archiv in Weimar. 1907 zieht er nach Berlin und wird dort in die Theosophische Gesellschaft (TG) eingeführt (siehe Ausführungen über Helena Blavatzky). Steiner schreibt nun sein Standardwerk »Die Theosophie«, hält Vorträge in ganz Europa, gründet seine eigene Zeitschrift Luzifer und ist im allgemeinen hin- und hergerissen zwischen Askese und Ausschweifungen, die er in seinen Werken und Arbeiten hart anprangert.721 1913 kam es zum Konflikt mit der Theosophischen Gesellschaft (TG), weil Steiner den als Reinkarnation Jesu Christi gefeierten Hinduknaben Jiddu Krishnamurti aus rassistischen Gründen nicht akzeptieren wollte.722 Es sei eine »Absurdität«723 und er könne diejenigen, die den »Hinduknaben« erwählt hatten, ganz »unmöglich […] in die deutsche Sektion« hereinnehmen.724 Steiner und seine Anhänger wurden ausgeschlossen. Er gründete die Anthroposophische Gesellschaft und begründete die Anthroposophie, eine modifizierte Form der 417
Theosophie, einschließlich der Wurzelrassenlehre und des Reinkarnationsglaubens. 1919 gründet Steiner den Bund für die Dreigliederung des sozialen Organismus, der Freiheit des Geisteslebens, Gleichheit im Rechtsleben und Brüderlichkeit in der Wirtschaft fordert. Steiner agitiert radikal in Arbeitervorträgen unter Zuhilfenahme marxistischer Termini.725 Seine Forderungen gehen freilich in eine ganz andere Richtung, sieht er doch das größte Problem seiner Zeit in der Entgeistigung, die den von ihm verhaßten Materialismus nach sich zieht. Der Kapitalismus »wird zu einem berechtigten Kapitalismus, wenn er vergeistigt wird«. (Steiner)726 Von Steiners antroposophischen Ideen sehr angetan war der Besitzer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, E. Molt. Molt bat Steiner, eine Volksschule für die Arbeiterkinder seiner Fabrik zu gründen. Molt: »Bald nach dem Umsturz [gemeint ist die Novemberrevolution 1918; d. A.] setzten diese Bemühungen für meine Waldorf-Leute ein, moralisch gefordert durch die aus dem Krieg zurückflutenden Arbeitskräfte und durch die infolge des Rohstoffmangels verminderte Arbeitszeit. Ich sagte mir, daß es auf viele dieser Leute mit der Zeit allmählich demoralisierend wirken und sie mit der Zeit arbeitsscheu machen müßte, wenn sie arbeitslos auf der Straße liegen. Durch die Gelegenheit zu geistiger Arbeit, zum Lernen auf bisher fremden Gebieten sollte das kompensiert werden«.727 »Steiner und sein Lehrerstab versuchten, die Kinder durch eine auf anthroposophischen Prinzipien beruhen418
den Pädagogik zu erziehen. Das heißt, die Kinder wurden gelehrt, daß die Welt und die Natur von ›Geistern‹ bewegt und belebt ist, sie mußten Eurythmie betreiben, eine ballettähnliche Körperübung, in der der Körper ›vergeistigt‹ bewegt werden soll, und sie wurden nur mit den schönen und guten Seiten des Lebens konfrontiert. Mythen, Märchen und Sagen, die in den Kindern Moral erwecken sollten, waren (und sind) bevorzugte Unterrichtsmittel.«728 Im ersten Jahr wurden 191 Kinder aus ArbeiterInnenfamilien gemeinsam mit 62 Kindern aus bürgerlichen, anthroposophischen Familien unterrichtet.729 Die ersten Waldorfpädagogen kamen mit der rauhen Wirklichkeit nicht klar: Obszönitäten an der Klotür, mangelnde ›Ehrfurcht‹, Diebstähle, Saufereien, Drogen: »Ein Mädchen etwa, das keine Märchen mochte (eine Art Todsünde für Anthroposophen) wurde von Steiner einfach zu einem Rechenfehler im Kosmos, zu einem Naturdämon erklärt!«730 Die Zahl der Arbeiterkinder sank im dritten Jahr auf unbedeutende Anteile, »hingegen interessierten sich die höheren Schichten zunehmend für die Waldorfschule, so daß es 1931 bereits zehn dieser Schulen gab«.731 1925 starb Steiner. »Sein Dreigliederungsbund wurde von den Nazis als ideologische Konkurrenz« (eben nicht als etwa antifaschistische Bedrohung; d. A.) »angefeindet«. 1935 wurde die Anthroposophische Gesellschaft aufgelöst, die letzte Waldorfschule wurde erst 1941 geschlossen. Die Waldorfschulen wurden keine frühen Opfer der Nazis – so ein beliebtes anthroposophisches Märchen –, sondern sie 419
konnten sich relativ lange im NS-Faschismus halten: »Die Sprecher des Bundes der Waldorfschulen, René Maikowski und (ab 1934) Elisabeth Klein, die Mitbegründerin der Dresdner Rudolf Steiner-Schule, suchten und fanden persönlichen Zugang zu Entscheidungsträgern des NS-Staates wie zu dem führenden Pädagogen Prof. Bäumler im Amt Rosenberg, das für weltanschauliche Fragen der NSDAP zuständig war.«732 Beispielsweise wurde die Konzession für die Waldorfschule Stuttgart ab 1935 »mit einem Wohlverhalten gegenüber dem neuen Staat erkauft.«733 Selbst angestrengte Versuche, durch (begrenzte) Zugeständnisse anthroposophischer Verfehlungen im NSFaschismus die Anthroposophie selbst reinzuwaschen, können nicht gelingen. Auch wenn vielleicht die Hälfte der AnthroposophInnen im Faschismus ›nur‹ geschwiegen und nicht paktiert hätte, wäre die Ideologie der Anthroposophie nicht antifaschistisch, sondern bliebe mit dem Faschismus in Teilen kompatibel. Das bedeutet nicht, daß alle AnthroposophInnen Faschisten sind (einige aber waren und sind es, wirklich viele denken rassistisch), sondern daß die Anthroposophie eine derjenigen Weltanschauungen ist, die auf vielfältige und durchaus widersprüchliche Weise dazu beitragen, Faschismus vorzubereiten und zu stützen. Hochachtung gilt den (wenigen) AnthroposophInnen, die antifaschistischen Widerstand leisteten. Bis heute wird der Nationalsozialismus unter AnthroposophInnen als Folge des Wirkens der das Böse verkörpernden Geister Ahriman und Luzifer erklärt. Für einige 420
AnthroposophInnen waren die Jüdinnen und Juden selbst schuld an Auschwitz, sie wurden bestraft für Verbrechen, die sie in einem früheren Leben begangen haben sollten (Reinkarnationsglaube). Die Kritik wohlmeinender AnthroposophInnen an dieser grauenhaften, antisemitischen Schuldzuweisung gerät peinlich: »Die schlimme Auffassung von der Selbstverschuldung des Leidens des jüdischen Volkes in diesem Jahrhundert könnte ja auch nur dann auf den individuellen leidbelasteten Menschen bezogen werden, wenn man annähme, dieser sei auch schon in seinem letzten bzw. einem der letzten Leben ein Jude gewesen. Nach der anthroposophischen Geisteswissenschaft aber muß es fast ausgeschlossen werden, daß sich ein Mensch innerhalb von zwei oder drei Inkarnationen im selben Volkszusammenhang inkarniert«, schreibt Arfst Wagner.734 Wagner kann gewiß als ›linker‹ Anthroposoph gelten. Er gibt sich mit den von ihm mitherausgegebenen Flensburger Heften redlich Mühe, die unwillige Mehrheit der AnthroposophInnen davon zu überzeugen, daß sie sich mit ihrer Geschichte im NS-Faschismus beschäftigen müssen. Aber: Auch Wagner glaubt an die Reinkarnation, auch Wagner spricht von den Juden als eigenem »Volkszusammenhang«. Steiner hat nicht nur den Menschen nach seiner »vierfachen Natur« aufgeteilt, seinen physischen Körper, den »ätherischen Körper«, den »Astralleib« und das »Ego«735. »Engel und Erzengel, die er bestimmten Planeten zuordnet […] führen die Menschen, Völker und ›Rassen‹ und bestim421
men ihr Schicksal und ihren Charakter. Den unsinnigen Begriff des Volkscharakters erweitert Steiner zu dem der ›Volksseele‹«.736 Steiner weist »in seiner Anthropologie den Juden eine Sonderstellung« zu. »Der jüdische Volksgeist ist nicht inspiriert durch einen Planeten, sondern durch Jahwe, der in Steiners System für den Mond steht.«737 »Somit gehören die Juden keiner der von ihm beschriebenen Rassen an, sind unter den Völkern eine Ausnahmeerscheinung.«738 Es gibt viele Vorstufen offen antisemitischer Positionen; notwendig ist immer eine angebliche, aber nicht sichtbare Besonderheit von JüdInnen und Juden im Unterschied zu nichtjüdischen Menschen zu konstruieren. Aber auch das darf sicher nicht kritisiert werden, weil nicht versteht, wer nicht zu den Eingeweihten gehört: »Das geheime Wissen«, vermittelt von und Bindeglied zu »Engeln« und »Erzengeln«, konstituiert eine Elitetheorie, die Menschen nicht nur nach »Rassen« und »Volksseelen«, sondern auch nach »Eingeweihten und gar nicht oder weniger Eingeweihten unterscheidet. Daraus folgt nahezu zwingend, daß Menschen unterschiedlicher Bewußtseinsstufen auch unterschiedlichen Einfluß und Befehlsgewalt haben, da es eine Hierarchie in der Erkenntnis der Welt und der ihr zugrundeliegenden Mächte gibt.«739 Die Studie des Quellenmaterials läßt mich zu dem Schluß kommen: Daß AnthroposophInnen (so viel später als andere, linke oder jüdische Bildungseinrichtungen) im NS-Faschismus überhaupt Unannehmlichkeiten mit den Nazis bekamen, hatte mehr mit ideologischer Konkurrenz 422
und internen Meinungsverschiedenheiten der Nazis zu tun als mit den Inhalten der Anthroposophie oder gar der antifaschistischen Standhaftigkeit ihrer AnhängerInnen, zumal »man in Rudolph Heß, der sich für den biologisch-dynamischen Anbau begeisterte, einen Fürsprecher gefunden hatte.«740 Auch z. B. die Theosophische Gesellschaft (TG), die die Machtübernahme der Nazis begeistert begrüßt hatte, wurde verboten. SS-Hauptsturmführer Siegfried Rascher741 war in seiner Eigenschaft als Stabsarzt der Wehrmacht an Menschenexperimenten im KZ Dachau beteiligt. Rascher war Waldorfschüler, sein Vater ein bekanntes Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft und Mitglied der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach. Rascher verwendete »naturheilkundliche Frostschutzcreme im Rahmen seiner Unterkühlungsversuche«. Die Creme stammte von der anthroposophischen Firma Weleda AG. Die Unterkühlungsversuche, über die Rascher an Himmler berichtet, sind durch Alexander Mitscherlichs Buch »Medizin ohne Menschlichkeit« zu trauriger Berühmtheit gelangt. Ein Foto zeigt den Arzt Rascher neben einem Wasserbecken, in dem sich ein angebundener Gefangener in eiskaltem Wasser befindet. Ziel der Forschung war herauszufinden, wann ein Mensch stirbt, der über einen bestimmten Zeitraum in Wasser (er)friert.742 In Dachau arbeitete auch der ehemalige Obergärtner von Weleda, Franz Lippert, verantwortlich für die Naturkräuterplantagen der SS. Jüdische Gefangene, dann vor allem 423
norwegische, holländische und deutsche Theologen, waren die Arbeiter: »Sie starben auf dem Felde, auf der Plantage, nachts auf dem Block. Wer bis zum Morgen lebte, ging nach dem Appell wieder zur Arbeit, auch wenn er dort zu leiden hatte und langsam dahinsiechte«.743 (Siehe auch das Kapitel über Max Otto Bruker) Auch heute noch schicken kritisch denkende Eltern ihre Kinder in Waldorf schulen. Ihre berechtigte Kritik an den staatlichen Schulen ist das eine, ihre mangelnde Auseinandersetzung mit der okkulten Ideologie, der sie ihre Kinder mit der Anthroposophie aussetzen, ist ihnen vorzuwerfen. Sie betrachten nur die Oberfläche: scheinbar geringer Leistungsdruck, Platz für Phantasie, musische Ausbildung – aber Steiners Anthroposophie ist der »heimliche Lehrplan« (Rudolph) der Schulen. Seine Bilder hängen überall, Konferenzen werden mit Steiner-Zitaten eröffnet.744 Aus anthroposophischer Sicht ist die Welt das Wirkungsfeld eines Schöpfergeistes, diverser Erzengel und ihrer Gegenspieler Ahriman und Luzifer. Aufgabe der Lehrer ist es, sich in die Reihen des Guten einzugliedern, um, im Sinne der Reinkarnation, unter sich Stehende zu retten. Steiner selbst ist Gottes Stellvertreter, auserwählt durch sein Karma und erleuchtet durch die anthroposophische Lehre.745 In Anlehnung an Charlotte Rudolphs Kritik an der »Versteinerung der Waldorfschulen« faßt Thomas Divis zusammen: »Die Waldorfschule ist in erster Linie eine moralisierende Schule, in der die Seele gepflegt werden soll. Um den rechten Zugang zur Seele zu finden, wird 424
versucht, die Kinder von der Außenwelt abzuschotten. Moral wird durch Märchen, Legenden, Gleichnisse, Fabeln, biblische Erzählungen und Mythen transportiert, die bis zur fünften Klasse das Fundament des Lehrplans stellen. Auch Natur, Technik, Geschichte wird über das Wirken von Geistern erklärt. In der Oberstufe müssen die Kinder den staatlich vorgegebenen Lehrplan nachholen – vielen fällt es aber schwer, zwischen Realität und Anthroposophie zu unterscheiden. Kindliche Neugier am eigenen Körper und Sexualität gelten als unanständig bzw. einer gesunden Entwicklung hinderlich. «746 Und: »Von der Pubertät sollen die Jugendlichen durch Geistiges abgelenkt werden. Mitarbeit der Eltern wird vehement gefordert, Mitentscheidungsrecht haben sie jedoch keines. Das Kind muß auch im Elternhaus anthroposophisch erzogen werden (spezielle Kleidung, Essen, Tapeten, Spielzeug etc.). Wer sich nicht fügt, wird rausgeschmissen – da es sich um Privatschulen handelt, ist das kein größeres Problem.«747 1986 wurde von Waldorfschulgeschädigten in der BRD der Distelbund, der auch in Österreich existiert, gegründet.748 Der Anlaß waren Kindesmißhandlungen an Waldorfschulen. Charlotte Rudolph beschreibt sie: »Festkleben von Händen auf dem Tisch. In der Ecke stehen, gegebenenfalls bis zum Einnässen […] Ohrenverdrehen, Prügeln.« Thomas Divis ergänzt: »Ein Kind moralisch zu verurteilen, und es allein vor die Gesamtkonferenz zu bestellen, scheint zu den eher üblichen Maßregelungen zu gehören. Ehemalige Waldorf SchülerInnen können sich 425
auch an rituelle Strafformen erinnern. Mir wurde z. B. von rhythmischen Schlägen mit frommen Sprüchen erzählt. In einer westdeutschen Waldorfschule mußte ein Schüler auf einen Stuhl steigen und wurde von seinem Lehrer so lange angeprangert, bis er sich übergeben mußte. Wieder woanders lernen die Kinder geradestehen, indem sie in die Höhe gehoben werden und, bis sie weinen, von oben herunter fallengelassen werden.«749 Eine Waldorfschülerin, die sich an die Klassenlehrerin wandte, weil sie von ihrem Vater sexuell mißbraucht wurde, wurde mit der karmischen Antwort zurückgewiesen: ›Du hast dir deine Eltern selber ausgesucht‹. Kürzlich wurde einem Jungen der Mund mit Seife ausgestrichen, weil er schmutzige Worte benutzte. Aber nicht etwa in hilfloser Wut, sondern nach langem Nachdenken. Auch Rudolf Steiner strafte Schüler brutal,750 das hindert seine Jünger nicht, ihn als fünften Evangelisten zu feiern.751 »Nur ein undemokratisches Staatswesen könnte am Ende dieses ausgehenden Jahrhunderts einen pädagogischen Sinn in der Waldorfpädagogik erkennen«,752 schreibt Charlotte Rudolph. So gesehen, paßt die Waldorfpädagogik zur gegenwärtigen politischen Entwicklung. Steiners rassistische Äußerungen seien nur aus ihrer Zeit heraus zu verstehen, damals hätten viele so gedacht, sagen einige zu seiner Verteidigung. Viele? Gilt der Meister denn nicht als besonders vergeistigt und erleuchtet? Also doch nur Vertreter des ganz gewöhnlichen, widerwärtigen rassistischen Mainstreams der 20er Jahre? »Aus ihrer Zeit 426
heraus«? Von Rosa Luxemburg, die etwa zur selben Zeit lebte, ist kein vergleichbarer rassistischer Dreck überliefert. Und sie ist nur eine von vielen Beispielen, zu denen auch Marx und Engels gehören, die noch vor ihr lebten.753 Und was ist heute? Eine kleine Zeitung in Berlin berichtete im Juni 1994 über die Veranstaltung in der anthroposophischen Volkshochschule Forum Kreuzberg: »Rassismus – Nationalismus – Vorurteile der Zeitgenossen und ihre Überwindung durch die Anthroposophie Rudolf Steiners«. Hauptreferent des Wochenendeminars war Rainer Schnurre. »Was da […] rüberkam, war nichts anderes als der Abklatsch einer nationalsozialistischen RassenkundeUnterrichtsstunde.« Schnurre fragte nach »Rassebegegnungen« und »welche Unterschiede es denn zwischen den Rassen geben würde?« Die angeblichen Rasseeigenschaften von ChinesInnen wurden charakterisiert. Schnurre meinte: »Ein typisches Merkmal des Afrikaners sei seine andersartige Beweglichkeit, sie haben einen anderen Gang – sie laufen und bewegen sich anders als wir.« »Folglich könne gesagt werden, daß die Schwarzen etwas Kindliches an sich hätten.« Nicht genug: »Gibt es etwas Typisches in […] den Augen von Schwarzen?«754, fragte Schnurre die TeilnehmerInnen. Eines ist sicher: »Typisch« Rassistisches in Theorie und Praxis der Anthroposophie gibt es überreichlich.
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WSL: Weltbund zum Schutz der biologischen Substanz des deutschen Volkes Zum Wesen der Anthroposophie gehört ihre enge Verbindung zum Faschismus. 1989 erschien ein Buch von Werner Georg Haverbeck: Rudolf Steiner – Anwalt für Deutschland. Haverbeck, der im Hause des Führerstellvertreters Rudolf Heß der Anthroposophie zum ersten Mal begegnete,753 ist ein einflußreicher Ideologe, der zum Aufbau und zur Vernetzung der ökofaschistischen Szene beiträgt. Haverbeck wurde am 28. Oktober 1909 geboren. Als Jugendlicher wurde er Mitglied der Bündischen Jugend, die Lagerfeuerromantik mit der Glorifizierung soldatischen Seins und der »Volksgemeinschaft« verband. 1928 trat er in die SA. ein und war von 1929 bis 1932 Mitglied der Reichsleitung der NSDAP-Studentenschaft und der Reichsjugendführung der Hitlerjugend, daneben war er noch Reichsamtsleiter in der NS-Organisation »Kraft durch Freude«. 1933 wird sein Ausweis von Rudolf Heß mit dem Vermerk ausgestattet: »Dieser Mann darf nicht verhaftet werden.« Damit entging er der innerparteilichen Säuberung anläßlich des »Röhm-Putsches«. Im selben Jahr berief ihn Heß zum Leiter der Reichsmittelstelle für Volkstumsarbeit. Diese Stelle war maßgeblich an der Organisierung des Nürnberger Parteitages und der Großveranstaltungen im Berliner Sportpalast beteiligt. Haverbeck wurde 1937 Referent im Stab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß und promovierte gleichzeitig, sein Doktorvater war der Grün428
der des SS-Instituts »Deutsches Ahnenerbe«, Hermann Wirth, von dem wir schon gehört haben. Rechtzeitig zu Kriegsbeginn erhielt Haverbeck die Zuständigkeit für die deutsche Rundfunkpropaganda in Dänemark und wurde 1942 Referatsleiter für ganz Südamerika. Haverbeck meldete sich später freiwillig zum Fronteinsatz und war bei Kriegsende Offizier.756 Ab 1950 studierte er Theologie und wurde Pfarrer der anthroposophischen Glaubensgemeinschaft (»Christengemeinschaft«) in Marburg. Seit 1960 arbeitete er in der Erwachsenenbildung. 1963 gründete er das Collegium Humanum (CH) in Vlotho/Nordrhein-Westfalen. 1973 wurde er Professor für angewandte Sozialwissenschaften an der Fachhochschule Bielefeld757 und 1974 zum Präsidenten des Weltbundes zum Schutz des Lebens (WSL) gewählt. Er bleibt bis 1982 im Amt. 1975 gründet Haverbeck zusammen mit Gustav Heinemann den Deutschen Rat für Umwelt und Lebensschutz. 1978 beruft ihn Erhard Eppler in die GustavHeinemann-Initiative, die heute mit der Friedrich-EbertStiftung und den IG Medien kooperiert. 1979 wird Haverbeck Berater von Egon Bahr in Umweltschutzfragen.758 Haverbeck engagierte sich gegen Atomkraftwerke und für die Ostermarsch- und Friedensbewegung, was ihn manchen Leuten sympathisch macht. Aber es gibt auch rechte und rechtsextremistische Gründe gegen Radioaktivität und Krieg: Der nächste Krieg werde besonders das deutsche Volk dezimieren, und Radioaktivität schade auch »arischem« Erbgut, so die Argumentationsstränge in 429
diesen Kreisen. 1981 gehörte er zu den Erstunterzeichnern, möglicherweise zu den Autoren des rassistischen »Heidelberger Manifests«, in dem vermeintlich ökologisch-wissenschaftlich die Notwendigkeit der »Ausländerbegrenzung« propagiert wird. In Haverbecks Interpretation werden der Erste und der Zweite Weltkrieg zu einem dreißigjährigen Verteidigungskampf des deutschen Volkstums gegen ausländische Aggressoren. Hauptgegner ist das »Weltherrschaftsstreben der angelsächsischen Rasse«,759 hinter dem die »dem altjüdischen Bewußtsein entsprechenden intensiven Vorstellungen von einer Berufung zur Weltherrschaft«760 stecken. Der »Verzichtpolitiker« Hitler761 sei durch Polen und die USA762 zum Krieg genötigt worden. Daß es »Massenvernichtungslager« gegeben habe, bezeichnet Haverbeck als »historische Lüge«, »Feindpropaganda«, als »Greuelpropaganda« der Alliierten ‚ und erfüllt mit seinem Antisemitismus und der Verharmlosung des Faschismus wesentliche Voraussetzungen einer neofaschistischen Position. Rußland, Opfer in zwei Weltkriegen, wird zum Aggressor; die Ermordung von über 20 Millionen Russen durch die Truppen Hitlers geschah »zum Heile beider Völker«.765 Haverbeck meint, die Unterarten des Menschen seien ebenso wie die Pflanzen und Tiere einem jeweiligen Ökosystem zugeordnet. Umweltschutz sei deshalb Völkerschutz, Schutz der biologischen Substanz, beziehungsweise der nationalen Identität vor Überfremdung.764 Auch für die RepublikanerInnen ist die »Überbevölkerung« Deutsch430
lands mit Flüchtlingen und MigrantInnen schuld an der Umweltzerstörung Umweltschutz ist für sie die »Erhaltung des deutschen Volkes, seiner Gesundheit und seines ökologischen Lebensraumes« Wer steckt nun hinter dem Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL)? Gründungspräsident des deutschen WSL war der Medizinalrat Dr. Walter Gmelin. Gmelin schrieb 1965 m der Zeitschrift Erbe und Verantwortung. Eugenische Rundschau, daß »Intelligenz eine Sache der Erbmasse sei«. Gmelin war im Faschismus Arzt an der berüchtigten Vernichtungsanstalt Grafeneck bei Münsingen im heutigen Baden-Württemberg. Bis zu seinem Tode im Jahr 1974 gehörte er zum »wissenschaftlichen Beirat« der rassistischen und ausländerfeindlichen Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung (GfbAEV), die rassistische Forderungen, darunter die nach einem Verbot von »Mischehen«, erhebt. Dort treffen sich auch Jürgen Rieger, »Neonazi in Anwaltsrobe« (Die Zeit), Alain de Benoist, Vordenker der französischen »Neuen Rechten« und Rolf Kosiek, ehemaliger NPD-Landtagsabgeordneter. Gmelins Nachfolger im Amt des WSL-Präsidenten wurde Helmut Mommsen, Mediziner und Professor in Frankfurt.765 Mommsen referierte gelegentlich auf Tagungen der Neonazizeitschrift Bauernschaft, die von Thies Christophersen herausgegeben wird, der mehrfach wegen neonazistischer Straftaten vorbestraft und Verfasser der Broschüre über »die Auschwitzlüge« ist. Mommsen gehört wie Gmelin zum 431
wissenschaftlichen Beirat der gemeinsam mit südafrikanischen Buren gegen die »Rassenmischung« kämpfenden GfbAEV.767 1970 folgt Beck, Professor für Geographie in Bonn. 1971 Max Otto Bruker, Arzt und Klinikleiter in Lahnstein. Auch er sitzt im wissenschaftlichen Beirat der GfbAEV und ist eine schillernde Figur in der ökofaschistischen Szene (siehe nächstes Kapitel). 1974 wird Werner Haverbeck Präsident und bleibt auch nach dem Ende seiner Amtszeit bis heute die zentrale Figur des WSL und des Collegium Humanum. 1982 wird Bruker noch einmal kurzzeitig Präsident. Von 1983 bis 1989 ist Ursula Haverbeck-Wetzel Präsidentin, die Frau von Werner Haverbeck: »Ich bin aus religiösen Gründen nicht bereit, mich von irgendeinem Menschen zu distanzieren, auch nicht von Adolf Hitler.«768 Sie schreibt zum Beispiel im antisemitischen, rechtsextremistischen Blatt Sieg und in der nationalrevolutionären Zeitschrift Junges Forum. Für sie ist »der Nationalsozialismus […] nicht gleich Judenverfolgung und Vergasung«.769 Die »positiven Seiten« des Nationalsozialismus sind in ihren Augen das Streben nach Gesundheit, die Tendenz, Überkommenes wie Bauerntum, Volksbräuche, Naturschönheiten zu pflegen und zu verehren. Der heutige Präsident, seit 1989, ist Ernst Otto Cohrs, Versandhändler für biologisch-dynamischen Gartenbau in Rorhenburg an der Wümme. Cohrs besaß früher einen Verlag, in dem er Bücher wie Es gab keine Gaskammern oder Der Auschwitz-Mythos herausbrachte. Er arbeitet mit 432
der rechtsextremen Zeitung Sieg zusammen, und wir finden seine Verlagsanzeigen in Zeitungen wie Bauernschaft des in Dänemark lebenden Faschisten Thies Christophersen.770 Der WSL ist eine der etabliertesten und einflußreichsten Umweltschutzvereinigungen. 1983 legte auch der reiselustige Papst Johannes Paul II. seinen Katholiken den WSL, der ein zutiefst religiöses Anliegen habe, das die volle Unterstützung der Kirchen verdiene, ans Herz. Die Bildungsstätte des WSL, das Collegium Humanum (CH) in Vlotho, ist ein Zentrum ökofaschistischer Schulung. Es wurde auf Initiative von Werner Haverbeck 1963 als Verein gegründet. Entgegen dem Anspruch im Programm, »eine Bürgerinitiative des freien Geisteslebens« zu sein, die »sich um eine vorurteilslose Urteils- und Bewußtseinsbildung gegenüber allen gesellschaftlichen Fragen« auszeichnet, finden wir im Zusammenhang mit dem Collegium jede Menge Personen und Organisationen aus der rechtsextremistischen und neofaschistischen Szene mit dem Schwerpunkt Ökofaschismus. Das Collegium Humanum ist eine rechtsextremistische Bildungs- und Koordinationsstelle, die gemäß dem Erwachsenenweiterbildungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen lange Jahre staatlich gefördert wurde. Zu den Organisationen und Veranstaltungen im CH gehören: Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten des 100. Geburtstags Adolf Hitlers, Sonnwendfeiern mit Gästen unter anderem aus der FAP, den Goden und dem Bund der heimattreuen Jugend (BHJ), einer militanten, rechtsextre433
mistischen Jugendorganisation. Ehemaliger Mitarbeiter war Michael Kremer, ein Vertrauter von Michael Kühnen und Autor im österreichischen Hetzblatt Sieg, der seine Artikel mit »Heil Deutschland« unterzeichnet. In letzter Zeit fällt auf, daß Seminare mit Titeln wie »Heilsame Berührungen« (Therapeutic Touch), Angebote zur »Lichtmassage« oder über Anthroposophie im Programm zu finden sind. Das CH wird zum ideologischen Scharnier und zur Bildungszentrale zwischen neofaschistischer, ökofaschistischer, esoterischer, völkischer, anthroposophischer, germanisch-urheidnisch-urreligiöser Szene ausgebaut. Einrichtungen wie diese brauchte der Ökofaschismus für die Verschärfung seiner gesellschaftlichen Sprengkraft. Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Neofaschismus werden ökologisch geschminkt. Im WSLInfo Nr. 1 lesen wir: »Nicht nur die Natur muß vor einer ökologischen Überanspruchung geschützt werden, auch der Mensch kann in eingeengtem Umraum nicht gedeihen, und schließlich müssen auch die ›autochthon‹, d. h. ›aus ihrem Umraum gewachsenem und in ihrer Eigenart zu verstehenden Völker vor einer Entfremdung der ihnen angeborenen Eigenart gegenüber geschützt werden.«771 Da haben wir ihn wieder, den Ethnopluralismus des Neofaschismus. Zur deutschen Eigenart gehöre der Agrarstaat, daß das nicht so ist und daß Atomkraftwerke das deutsche Volk bedrohen, erklärt Professor Haverbeck damit, daß keine sechs Millionen Juden vergast worden seien. Die Zahl sei künstlich festgelegt, um die acht Milliarden Mark Reparationszahlungen 434
rechtfertigen zu können. Die wiederum machten es nötig, daß die BRD ein Industriestaat und kein Agrarstaat wurde. In einem Agrarstaat, der dem deutschen Wesen entspreche, gebe es auch keine Atomkraftwerke.772
Braunes Müsli – der »Ernährungspapst« Dr. med. Max Otto Bruker Vor Gericht traf ich Dr. med. Max Otto Bruker zum ersten Mal 1993: Ein kleiner, weißhaariger, 84jähriger Mann, schwarzrandige Brille, weinrotes Sakko. Seine blonde Begleiterin, Ilse Gutjahr, die Geschäftsführerin des EMUVerlages, in dem Brukers Bücher erscheinen, attackiert mich mit wütenden Blicken. Wir stehen in Frankfurt vor Gericht. Bruker versucht, die erste Ausgabe von »Feuer in die Herzen« zensieren zu lassen.773 Er leugnet, was zu beweisen ist: Der Arzt und Bestsellerautor war lange Jahre eine Scharnierstelle zwischen Ökologie und Naturkostbewegung auf der einen und Neonaziszene auf der anderen Seite. Mit seiner Klage hat er mich auf die Idee gebracht, mich umfassender mit ihm zu beschäftigen. Und so bringt Brukers Versuch, sich die braunen Flecken vom Gewand zu kratzen, letztendlich immer neue rechte Verbindungen ans Licht. Bruker überreicht dem Gericht ein Schreiben, das ihn entlasten soll. Ein gewisser Gottfried Müller, Vorsitzender 435
der »Bruderschaft Salem« und verschiedener anderer Salem-Vereine, schreibt ihm: »… danke ich Ihnen sehr herzlich dafür, daß Sie beim Aufbau unseres Kinder- und Jugendhilfswerks […] als treuer […] Berater in Ernährungsfragen mitgeholfen haben, daß aus diesen Anfängen heraus das heutige weltweite Salem-Hilfswerk mit der Salem-Vollwerternährung entstehen konnte.«774 Aber Salem, nicht zu verwechseln mit dem Internat am Bodensee, ist keine harmlose, karitative Einrichtung. Salem-Chef Gottfried Müller hat furchtbare Freunde. Zum Beispiel den Ex-SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler. Der »Gestapochef von Rom«775 pflegte in den 40er Jahren an vielen Vormittagen sein Büro zu verlassen, um die Wirkung von ihm befohlener Folterungen zu beobachten. Im März 1944 knieten 335 Menschen in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. Kappler und seine Truppe ermordeten sie einen nach dem anderen per Genickschuß.776 Kappler wurde 1948 in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt. Er konnte 1977 fliehen.777 Im Oktober 1944 ließ SS-Hauptsturmführer Walter Reder die Zivilbevölkerung des italienischen Dorfes Marzabotto, nahe Bologna, ermorden.778 1836 Menschen wurden Opfer von Reders Rache für die erfolgreiche Flucht antifaschistischer Partisanen in die Berge. Reder vergewaltigte Frauen, bevor sie ermordet wurden, und ließ zu, so beschreibt ein Gericht später, »daß seine Offiziere und Truppen [Frauen] vergewaltigten, die erst kurz zuvor aus den Haufen der Leichen niedergemetzelter Eltern, Verwandter und Freun436
de herausgezogen worden waren«. Die SS-Mörder warfen Säuglinge in die Luft und erschossen sie wie Tontauben. Ein 17jähriges Mädchen wurde vor den Augen seiner Familie vergewaltigt, dann rammte man ihr einen Pfahl in den Unterleib und ließ sie sterbend liegen.779 SS-Reder wurde 1951 in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt und 1985 vorzeitig entlassen. Gottfried Müller, Chef der Kinder- und Jugendheime Salem – für Franz Alt die »praktizierte Bergpredigt«780 –, schrieb an den inhaftierten SS-Kappler: »Du sollst wissen, daß mir Dein und Deines Mitgefangenen Walter Reder Schicksal sehr am Herzen liegt. Auch unsere Salem-Kinder haben Euch in’s Herz geschlossen und beten zu Gott, daß ER Euch nach 30jähriger Gefangenschaft bald die Freiheit schenke.«781 Als Kappler 1977 befreit wird, jubelt die SalemZeitung: »Unser Freund und Bruder ist nun wieder in seiner geliebten deutschen Heimat«. Wir »sind glücklich, daß wir uns seit Jahren zu Euren engsten Freunden zählen dürfen […] Aufgrund unserer Befreiungs-Aktionen […] und ständiger Hinweise auf das an […] Dir begangene Unrecht […] gelang nach Gottes Ratschluß die Befreiung.«782 Brokers Ernährungsratschläge, schreibt SS-Freund Müller in dem Brief, den Bruker 1993 dem Frankfurter Gericht vorlegt, hätten dazu geführt, »daß aus den bei uns von den Jugendbehörden untergebrachten Kindern mit niedrigem Intelligenz-Quotient bald ein Kinderorchester mit Blasmusik entstehen konnte«.783 Müllers Pädagogik bewerteten die Berliner Jugendämter 1979 völlig anders. Sie stoppten die 437
Einweisung von Kindern in die drei Salemdörfer in Bayern (Stadtsteinach und Hochheim) und Niedersachsen (Kovahl). In den Publikationen der »Bruderschaft« werde ein rechtsreaktionärer bis faschistischer Ton angeschlagen, die Personalausstattung sei zu niedrig, die Geschäftspraktiken und Verwendung von Spendengeldern undurchsichtig, ein ›Arbeitsdienst« sei eingerichtet worden.784 Tatsächlich finde ich in der Salem-Zeitung (Auflage: 500 000) vom Oktober 1977 folgenden Aufruf: »Salem Arbeitsdienst. […] Bei Salem entstand ein solcher freiwilliger Arbeitsdienst, wie er früher (! d. A.) schon einmal existierte. Junge, ordentliche Menschen, Nichtraucher, melden sich in unserer Salem-Zentrale«. Im nach dem Vorbild des NSReichsarbeitsdienstes (RAD) errichteten »Dienst« sollen nur »tadellose Elemente« mitarbeiten. Zur Rettung der »sauberen, gesunden, tüchtigen Jugend« will Müller vor der »hereinbrechenden Vernichtungsflut«, dem »Verfall von deutscher Sitte und Moral«, einen »dauerhaften Damm« aus Spenden errichten.785 »Bedenkt uns«, bettelt Müller seine LeserInnen und Leser an, »auch über den Tod hinaus. Vergeßt nicht, uns in Euer Testament aufzunehmen.«Jährlich fließen Millionenbeträge in Salems Kassen. Immer wieder sind Gerichte damit beschäftigt, die tatsächliche Verwendung der Spendengelder zu untersuchen.786 Bruker, dem Müller so innig für die Aufbauhilfe dankt, wird im Impressum der Salem-Zeitung, z. B. in den Jahren 1973 bis 1979, als Mitglied des »Kuratoriums des Kinder- und Jugendhilfswerks Salem« genannt. Bruker bestreitet diese 438
Mitgliedschaft lange und behauptet, ohne sein Wissen im Impressum als Kuratoriumsmitglied genannt worden sein – sieben Jahre lang. In den Jahren der Kuratoriumstätigkeit des Salem-Aufbauhelfers Bruker herrscht unter den SalemKindern die nackte Angst vor fortwährenden Schlägen. Brukers Vollwertkost und die HJ-Pädagogik Gottfried Müllers werden mit Gewalt durchgesetzt. Kindern, die heimlich Süßigkeiten oder Wurst essen, drohen Prügel. Erzieher, die mit den Kindern ins Kino (»Möwe Jonathan«) gehen, werden entlassen. Fernsehen und Pop-Musik sind Teufelswerk. Lange Zeit sind Puppen, Stofftiere, Bilder an der Wand und Haarspangen verboten.787 Salem-Erziehung ist Pädagogik in NS-Tradition.788 Wenn Dr. med. Max Otto Bruker heute Vorträge hält (etwa »Ärztlicher Rat aus ganzheitlicher Sicht«), sind viele Säle voll und sein Publikum lauscht dem »meistgelesenen deutschen Arzt« mit gläubigem Blick. Meine Recherche führt mich in zahlreiche Buchhandlungen. Stichworte Medizin, Ernährung, Naturheilkunde, Ökologie. Manche Läden führen zwei Dutzend verschiedene Bücher des »Ernährungspapstes«. Seine Empfehlungen wirken bis in Manager- und Angestelltenkreise, auch wenn sie geringes Interesse an »Öko« haben. Bruker schreibt über Diabetes, Rheuma, Herz- und Kreislaufkrankheiten und vieles mehr. Immer wieder sind Klagen von Patienten zu hören, daß Dr. Brukers Frischkornbrei und Vollwertrohkostmenüs in ihrer dogmatischen Ausschließlichkeit nicht von allen Patienten vertragen werden. Nach 439
Brukers Auffassung sind die Patienten schuld. Vielleicht haben sie heimlich von teuflischem Zucker gegessen? Krankheit, so das Dogma Brukers, ist ausschließlich die Folge persönlichen Fehlverhaltens: »Vor drei Generationen kannte nämlich niemand die Krankheiten, die zivilisationsbedingt«789 sind. »Essen Sie bitte in Ihrem eigenen Interesse nichts, was nicht auch Ihr Urgroßvater zu sich genommen hat. Vor hundert Jahren war die Welt nämlich noch in Ordnung.«790 Unabhängig davon, daß z. B. Kinderarbeit, Sozialistenverfolgung und Kolonialismus nicht »in Ordnung« waren, ignoriert Bruker auch heute die sozialen Verhältnisse, die Menschen krankmachen: miese Wohnungen, vergiftete Luft, Lärm, entfremdete Arbeit, Erwerbslosigkeit. Alles unwesentlich, glaubt Bruker. Ernährten sich nur alle nach seinen Anweisungen, sei »aus ganzheitlicher biologischer und geisteswissenschaftlicher Sicht« selbst »Krebs kein Problem mehr.«791 »Diese vollendete Krankheit« sei die Strafe, wenn gegen die Naturgesetze verstoßen wird. Wenn das »Menschengeschlecht« die »Warnsignale gegen die Eingriffe in die Schöpfungsgesetze« nicht mehr erkennt, »[…] wird der fortschrittliche Teil der Menschheit in einem Akt der ausgleichenden Gerechtigkeit durch Krankheit, insbesondere durch Krebs, liquidiert«.792 Sein Frischkornbrei soll der Vermehrung des »deutschen Volkes« dienen: »Bei einer biologisch vollwertigen Kost« bringen »auch 15 Schwangerschaften, die hintereinander folgen, ebensowenig Gesundheitsschäden mit sich […] wie 440
dies bei im Freien lebenden Tieren der Fall ist«,793 sagt Dr. med. Max Otto Bruker. Mißtrauisch gibt er Ratschläge für die Kontrolle der Zuchtbereitschaft der Frau: Der »Wahrheitsgehalt« der »Beteuerung einer Frau, daß sie fest im Glauben und ganz auf christlichem Boden stehe«, könne an ihrer Bereitschaft zu mehr als einer Schwangerschaft »geprüft« werden: »Wenn sie ein zweites Kind strikt ablehnt, sind ihre Beteuerungen als leere Worte entlarvt.«794 Will eine Frau weder Kinder kriegen noch sich à la Bruker ernähren, droht des großen Müslimeisters Strafe: »Myome«795 und andere Plagen sind die »Protestreaktionen« der »Natur«, an denen auch der »Unterleib der Frau« beteiligt sei. So strafe die Natur die »Trägerin der Fortpflanzung«, gefährde die sich verweigernde Frau doch »das Weiterbestehen der Art«. »Äußerst sinnvoll« sei, daß Frauen, die durch Verhütungsmittel oder falsche Ernährung ihren Körper »schädigen«, »durch Beschwerden an den Fortpflanzungsorganen an ihre Verantwortung für die nachfolgenden Generationen gemahnt«796 werden. Aber nicht jede deutsche Frau soll Kinder kriegen dürfen: Will sie Kinder, mag aber Biokost nicht, wünscht Bruker – Strafe muß sein -, daß ihr »die Fähigkeit zur Fortpflanzung verlorenginge, damit deren Nachkommen nicht die Folgen ihrer gesundheitsschädlichen Lebensweise797 büßen müssen«. Der gnadenlose Arzt hat noch weitere merkwürdige Bekannte. Um sich gegen mich zu verteidigen, zieht sein Anwalt an diesem Gerichtstag im Juli 1993 noch einen anderen Brief aus der Tasche. Absender ist Jürgen Rieger (48), 441
Staranwalt der militanten Nazi-Szene.798 Rieger bestätigt Bruker, daß dieser »nie Mitglied in der Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V.« (GfbAEV) gewesen sei. Riegers Vorgänger habe Bruker »seinerzeit in den Beirat der Gesellschaft aufgenommen, ohne dazu Ihr Einverständnis einzuholen«.799 Rieger dementiert eine Behauptung, die ich nicht gemacht habe: daß Bruker Mitglied in der GfbAEV gewesen sei. Nun gibt die GfbAEV aber eine Zeitschrift mit Namen Neue Anthropologie heraus. Die Impressa der Neuen Anthropologie nennen Bruker von 1972 bis 1982 als Mitglied des »Wissenschaftlichen Beirates« der GfbAEV. Nach der Salem-Zeitung will Bruker jetzt auch noch im Impressum der »Neuen Anthropologie« ohne sein Wissen genannt worden sein. Diesmal elf Jahre lang. Beim Versuch, die Lügengespinste zu durchdringen, stoße ich auf ein Interview mit Bruker im Jahre 1985. Seinen Kritikern empfiehlt er dort: »Jeder, der um Wahrheitsfindung bemüht ist, hat es jetzt leicht. […] Er findet mein Lebenswerk zusammengefaßt dargestellt in dem Buch ›Lebensgespräche‹ […] verfaßt von einem objektiven wahrheitsliebenden Journalisten, Eberhard Cölle«.800 Der »objektive« Cölle fragt schon 1983: »Doch gewiß sind Sie noch in weiteren Gremien aktiv«? Bruker antwortet: »Ferner werde ich im wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung geführt, die vor 15 Jahren von Herrn Weis im Rahmen des WSL gegründet wurde.«801 Antwortet so einer, der »ohne 442
Einverständnis« wissenschaftlicher Beirat genannt worden sein will? Bruker behauptete nun vor Gericht: Der »objektive, wahrheitsliebende Journalist« habe sich geirrt, der Fehler sei nachträglich richtiggestellt worden. Damit wäre er fast durchgekommen. Aber etwas an der Sache bleibt mir im Hals stecken. Ich suche weiter. Nach 14 Tagen Suche finde ich im Mai 1994 Pfarrer Günther Heipp, den Vorsitzenden des WSL Saar. Bis 1973 versuchte er die »neonazistische Unterwanderung« des WSL zu verhindern und rückgängig zu machen. Immer wieder schreibt er an den Präsidenten Bruker. Dem fällt der hartnäckige, antifaschistische Kritiker sichtlich auf die Neven: »Ihre vagen Angriffe gegen die Deutsche Gesellschaft für Erbgesundheitspflege – es ist nicht sicher auszumachen, ob Ihr Ausdruck ›Neonazis‹ auf diese Gesellschaft gemünzt ist oder auf andere Personen – sind übrigens heute gegenstandslos, da die Gesellschaft heute einen anderen Namen trägt (sie heißt nun Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung‹ und wird heute von Herrn Jürgen Rieger, 2 Hamburg-Blankenese, Isfeldstr. 7 geleitet). Ich lege Ihnen den wissenschaftlichen Beirat und die Mitarbeiter in Kopie bei und bitte Sie, nun ganz konkret dem Präsidenten mitzuteilen, welcher Mitarbeiter in Ihren Augen ein Neonazi ist.«802 Derselbe Bruker, der im Juni 1994 in einem weiteren Prozeß vor dem Landgericht Frankfurt/Main behauptet, er habe 1982 entdeckt, daß er fälschlicherweise als Beirats443
mitglied genannt worden sei und das sofort habe korrigieren lassen, schreibt rund zehn Jahre zuvor einen Brief an Heipp, dem er die Liste der »Wissenschaftlichen Beiräte und Mitarbeiter« beilegt. Schauen wir uns doch einmal »ganz konkret« an, wer auf dieser Liste verzeichnet ist: Ich finde den Euthanasiearzt Gmelin, den NPD- Chefideologen und Landtagsabgeordneten Rolf Kosiek, den französischen Neurechten-Führer Alain de Benoist, viele andere Neonazis und – Max Otto Bruker selbst. Bruker lügt, weil er einiges zu verbergen hat. Die GfbAEV wurde 1962 (nicht 1968, wie Bruker behauptet) unter dem Namen »Deutsche Gesellschaft für Erbgesundheitspflege« gegründet.803 1971 stellt sie die rhetorische Frage: »Wer begeht biologischen Verrat?‹«, um zu antworten: »Jeder, der das Erbe seiner Vorfahren, seine Erbgesundheit […] durch Verzicht auf Nachkommen vertut. […] Den Kampf gegen solchen ›Verrat‹ führt die Deutsche Gesellschaft für Erbgesundheitspflege (GfE), e. V.«.804 Menschenverachtendes Denken in der Tradition der NS-Rassenhygiene zieht sich bis heute, ohne Unterbrechung, durch die Gesellschaft und ihre Zeitschrift. Der Rassenwahn scheint 1994 überall hoch im Kurs zu stehen. Der Psychologieprofessor Richard Lynn von der nordirischen Universität Ulster will der Frage nachgehen, ob es von der »Rasse« abhängt, welche Auswirkungen die Ernährung auf die Intelligenz hat. Der rechtsextreme »Pioneer Fund« mit Sitz in New York finanziert diese Forschungen mit 50 000 US-Dollar. Die Organisation wurde 1937 zur 444
Förderung der Forschung über Rassen und »Rassehygiene« gegründet. In der Gründungscharta stand noch der heute gestrichene Hinweis auf die Hautfarbe, die »Verbesserung der weißen Rasse«. Die beiden Gründer, die US-Wissenschaftler Harry Loughlin und Frederick Osborn bekamen von der Universität Heidelberg 1936 die Ehrendoktorwürde verliehen, wegen ihrer Verdienste um die Nazi-Eugenik. Die Sterilisierungspolitik der Nazis war für Osborn ein »höchst aufregendes Experiment«. Die StudentInnen der Universität Ulster fordern den Rücktritt des Professors Lynn.805 All die Jahre listete die Neue Anthropologie feinsäuberlich alle Mitglieder des »Wissenschaftlichen Beirates« der GfbAEV auf. Elf Jahre lang, von 1972 bis 1982, finde ich neben Bruker Alain de Benoist, Rolf Kosiek und rund zwei Dutzend andere. Im Jahr 1975, Bruker ist als »Wissenschaftlicher Beirat« verzeichnet, veranstaltet die GfbAEV einen Kongreß, auf dem Kosiek seine rassistischen Thesen vorträgt: »Das Seelische ist rassisch bedingt […] Das Volk hat eine Seele. Tödlich für ein Volk ist es, wenn es seine Seele, seine Symbole, seine Aufgabe verliert, wie es seit Jahrzehnten hier geschieht.«806 Briefschreiber Jürgen Rieger war jahrelang Vorsitzender der GfbAEV. Der »Nazi in Anwaltsrobe« (Die Zeit) sagt 1986 der Nationalzeitung, welche geschichtlichen Leistungen er bewundert: »die der Wehrmacht und der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg«.807 Brukers Kumpel Rieger war auch Kopf der »Nationalistischen Front« (NF), die bei Pogromen gegen Flüchtlinge und ImmigrantInnen in vorderster Reihe 445
aktiv war. 1985 in Bielefeld gegründet und Ende 1992 vom damah gen Innenminister Seiters (CDU) verboten, war sie zugleich eine der tragenden Organisationen der sogenannten Revisionismus-Kampagne.808 »Revidiert« werden soll die Geschichte des »Dritten Reichs«. Ziel ist, den millionenfachen Mord an den deutschen und europäischen JüdInnen und Juden in den Gaskammern zu leugnen. Faschisten wie Ewald (Bela) Althans, juristischer Berater: Jürgen Rieger, der englische »Historiker« David Irving, Thies Christophersen, Michael Kühnen (inzwischen gestorben), Christian Worch und andere militante Vertreter von NS-Traditionen wollen Nazi-Deutschland als angebliches Opfer fremder (jüdischer und alliierter) Mächte entschulden. Eines der Flugblätter von Jürgen Riegers »Nationalistischer Front« schreit die Schlagzeile: »Schluß mit den Holocaust-Vorwürfen! Deutscher, willst Du ewig zahlen?«809 1981 erklärt Rieger als Verteidiger des ehemaligen SS-Offiziers Wigand, der Grund für die Errichtung und Absperrung des Warschauer Ghettos sei das Bestreben gewesen, den Flecktyphus einzudämmen und es sei »durchaus fraglich, ob auch nur ein Jude an Hunger im Ghetto gestorben wäre, wenn es mehr Solidarität unter den Juden gegeben hätte.«810 Von den fast 450 000 JüdInnen und Juden in Warschau überlebte fast niemand. Sie verhungerten, wurden zu Tode gequält, erschossen oder vergast. Ab 1942 deportierte die SS täglich bis zu 12 000 Juden aus Warschau in die Gaskam446
mern von Treblinka, weitere 50 000 starben während und nach dem Aufstand im Ghetto. Die Neue Anthropologie propagiert 1981 die verstärkte Vermehrung von »intelligenten Menschen«, »zumal bei Asozialen Kinderreichtum oftmals unverhältnismäßig groß ist.«811 (Rieger) 1986 erklärt Rieger, ein »verstärkter Zuzug« von Asylsuchenden müsse »zu verstärkter Rassenmischung führen, was angesichts der damit verbundenen vermehrten Krankheiten […] vom anthropologischen Standpunkt aus abzulehnen ist.«812 Mit der GfbAEV will die bundesdeutsche Naziszene die »wissenschaftlichen« Grundlagen für »Rassereinhaltung« der »deutschen Volksgemeinschaft/ germanischen Rasse« beweisen. »Rassevermischung« soll strafgesetzlich verfolgt werden. »Die sozialökonomisch niedrige Stellung der Neger in den USA ist nicht für ihre mindere Intelligenz verantwortlich«, schreibt Rieger schon 1969, »sondern ihre mindere Intelligenz für die sozialökonomisch niedrige Stellung.«813 Gegen Europa sprächen die Auswirkungen der »Bastardisierung«814 durch Rassenvermischung: »Eine Verbindung zwischen Schweden oder Flandern und Deutschland […] ist begrüßenswert, eine zwischen Deutschland und den romanischen Ländern muß kompromißlos bekämpft werden.«815»Mischehen« müßten in Deutschland »gesetzlich verboten werden. Dem individuellen Egoismus zweier Menschen kann nicht das Glück aller kommenden Generationen geopfert werden.«816 Wie sich der Vorsitzende der GfbAEV ein gesundes Volk 447
vorstellt, sagt er uns: »Wecken wir die Kräfte unserer Rasse, die unter der genormten Zivilisationsfassade verborgen schlummern. ›Die weißen Riesen kommen!‹, dröhnten die Trommeln vor der Kampftruppe des Oberst Hoare im Kongo. Erweisen wir uns dieses Namens als würdig!«817 Rieger verteidigt Nazi-Mandanten, formuliert faschistische Texte und organisiert die Nazi-Szene. Wo immer sich die militanteste braune Szene zu Aufmärschen und Versammlungen trifft, ob 1991 beim »Rudolf-Heß-Gedenkmarsch« in Bayreuth oder anderswo, die NF war dabei und Rieger meist mittendrin.818 Die NF schulte Kader und bildet militärisch aus, z. B. die neofaschistische »WikingJugend«.819 Die NF sieht sich als Nachfolger des Strasser-Flügels der NSDAP, der sogenannten Nationalrevolutionäre.820 Es gibt immer wieder Leute, die Fraktionskämpfe innerhalb der NSDAP zu antifaschistischen Widerstandsaktionen umdichten. Die Fäden des braunen Netzwerks, auf die ich während meiner monatelangen Recherche stoße, haben keine Enden, führen mich zu immer neuen Verbindungen. Zu meiner Verblüffung stoße ich auf einige Anarchisten, Alternative und einzelne Grüne, die sich positiv auf Strasser beziehen. So geht die Rechnung der »Nationalrevolutionäre« um Siegfried Bublies Schritt für Schritt auf: seit der Hippiebewegung der 60er und 70er Jahre die Köpfe der unpolitischen Teile der Alternativbewegung für neofaschistisches Gedankengut zu öffnen. Heute ist eine Einstiegsdroge die sogenannte »nationale Frage«. Und auch bei der 448
Verabreichung dieser »gesunden« Kost hilft Dr. med. Max Otto Bruker. Was ist von der Beziehung zwischen dem Faschisten Jürgen Rieger und Max Otto Bruker zu halten: - wenn die »Deutsche Gesellschaft für Erbgesundheitspflege« laut Auskunft des Bruker-Vorgängers Prof. Dr. Beck imAugust 1971 dem WSL »korporativ angeschlossen ist undgleichzeitig einen Arbeitskreis bildet«;821 - wenn auf Beitrittserklärungen der »Deutschen Gesellschaft für Erbgesundheitspflege« diese auch als »Abt. Genetik imWeltbund zum Schutz des Lebens, Sektion Deutschland« bezeichnet wird; - wenn Jürgen Rieger Vorsitzender der GfbAEV ist, während diese korporatives Mitglied des WSL ist, dessen Präsident zurgleichen Zeit Bruker ist? - wenn Bruker noch 1985 behauptet: »Herrn Rieger kenne ich nicht«,822 während er ihn zu diesem Zeitpunkt seit mindestens 14 Jahren kennt, denn es scheint nicht glaubwürdig, daß der Vorsitzende und der Präsident, die eine so enge politische Kooperation eingehen, für die beide auf ihrer Verbandsseite verantwortlich sind, sich nicht kennen!? Und warum schreibt Rieger noch 1993 offensichtlich unwahre, entlastende Briefe für Max Otto Bruker? Ich frage Bruker an jenem Gerichtstag im Juli 1993 (der zweite Prozeß begann im Mai 1994) nach seinen braunen Kontakten. Bruker bestreitet jeden braunen Kontakt (ein Jahr später wird er die meisten zugeben müssen). Groß scheint seine Angst, sein neues Buch könne sich schlecht 449
verkaufen. Nie, nie habe er Nazi-Kontakte gehabt! Da sei bloß einmal eine Frau in den Vorstand des »Weltbund zum Schutz des Lebens« (WSL) gekommen, die habe so NaziZeug geredet und die sei dann gegangen. Mein Anwalt Winfried Seibert aus Köln, eigentlich ein gelassener Mensch, bekommt einen Zornesausbruch. Dieser »Weltbund zum Schutz des Lebens«, dessen Präsident Max Otto Bruker zweimal war, sei »eine faschistische Organisation«, das habe er, Seibert, bereits früher, ganz unabhängig von seiner Mandantin, feststellen müssen. Da hat er recht, ich komme später auf den WSL zurück und hoffe, die geneigten LeserInnen mit meinen Skizzen aus diesem braunen Spinnennetz nicht zu verwirren. Bruker, der behauptet, »nie, nie« Kontakte zu Neonazis gehabt und sich nie parteipolitisch betätigt zu haben, saß am 2. März 1979 mit Nazis an einem Tisch. Eingeladen hatte die »Wählergemeinschaft Grüne Liste Rheinland-Pfalz« zu einer Podiumsdiskussion nach Koblenz unter dem Titel »Die Grünen stellen sich«.823 Einer der sechs Referenten ist Max Otto Bruker. Neben ihm: Helmut Schmitz, Landesvorsitzender der NPD Rheinland-Pfalz.824 Die Diskussionsleitung hat der »Nationalrevolutionär« Siegfried Bublies, damals Funktionär der »Jungen Nationaldemokraten« (JN), der Jugendorganisation der NPD. Hinter der Veranstaltung steckt das Konzept von JN-Kadern, eine braune grüne Partei aufzubauen. Es ist ein Kampf um neue Einflußbereiche, und dafür braucht man eine erfolgreiche rechte Deutung der Ökologie. Aus dieser »Wählergemeinschaft Grüne Liste 450
Rheinland-Pfalz« geht schließlich bei den rheinland-pfälzischen Landtagswahlen die »NPD-Grüne Liste« hervor.825 Als Vertreter des Landeskoordinationsausschusses der »Wählergemeinschaft Grüne Liste Rheinland-Pfalz«826 hatte Bruker bereits im April 1978 zur Gründung einer rechten »Grünen Liste« in seine Klinik in Lahnstein eingeladen. Bei der Konstituierung des Landeskoordinationsausschusses im Oktober war dann gleich ein ganzes Bündel von Vertretern rechtsextremistischer und Neonazi-Organisationen vertreten: NPD, Junge Nationaldemokraten (JN), Vereinigung Verfassungstreuer Kräfte (VVK), 5 -Block usw. Bruker, der parteipolitisch nie engagiert gewesen sein will, ist nicht zum ersten Mal Aktivist für eine rechte Partei. Schon bei der Bundestagswahl 1969 kandidierte er auf der Liste der rechtsextremen »Freisozialen Union« (FSU). Die FSU wurde von Anhängern der Freiwirtschaftslehre Silvio Gesells gegründet. Als Kandidat und stellvertretender Vorsitzender des »5 -Blocks«827 versuchte Bruker auch 1976 in den Bundestag zu gelangen. Zur Unterstützung dieses »5 -Blocks« trat auch Erwin Schönborn mit seiner neofaschistischen »Vereinigung Verfassungstreuer Kräfte (VVK)« an.828 Der ehemalige NS-Reichsarbeitsdienstführer Schönborn ist zugleich Vorsitzender des 1975 gegründeten »Kampfbundes Deutscher Soldaten« (KDS). Der KDS leugnet die Massenvernichtung von Juden829 und hetzt in einem Flugblatt: »10 000 DM Belohnung zahlen wir für jede einwandfrei nachgewiesene ›VERGASUNG‹ in einer ›GASKAMMER‹ eines deutschen KZ’s. Wir akzeptieren 451
keine KZ-Zeugen aus Polen, Israel oder den USA, die wie in den NS-Prozessen, MEINEIDE geschworen haben, ohne dafür belangt werden zu können.«830 Nie Kontakte zur NPD? Ich finde ein Flugblatt der NPD-nahen »Bürgerinitiative Ausländerstopp« von 1981, den »Aufruf der fünfzigtausend: Ausländerstopp jetzt!«. Man wolle sich die »Überflutung mit Ausländern nicht mehr länger gefallen lassen«, gegen die angebliche »Flut von Scheinasylanten« hetzt das Pamphlet, gegen kriminelle Ausländer und gegen die »Einschmelzung der Ausländer in das deutsche Volk«. 12 Jahre später wird der Bundestag mehrheitlich diesem Druck nachgeben. Unter den Unterzeichnern finde ich, neben zahlreichen NPD-Funktionären und Jürgen Rieger, Dr. med. Max Otto Bruker. Bruker, der gern den ehrenwerten, menschenfreundlichen Arzt mimt, war über lange Jahre eine zentrale Scharnierstelle zwischen dem rechten Teil der Ökologiebewegung und der Neonazi-Szene. Zu seinem braunen Netz gehört auch der bereits erwähnte »Weltbund zum Schutz des Lebens« (WSL), dessen Präsident Bruker von 1971 bis 1974 und 1982 war. Gegründet von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern wie Prof. Günter Schwab oder dem NS-Euthanasie-Arzt Walter Gmelin blühte unter Brukers Präsidentschaft der braune Sumpf im WSL. Nur der saarländische Landesverband um Pfarrer Günther Heipp kämpfte gegen die immer rechtere Orientierung. Heipp greift im Oktober 1973 die herrschende Riege um Bruker an. Es geht immer noch um den WSL-»Arbeitskreis 452
Humangenetik«, identisch mit der »Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung«. Die Leitung des bundesdeutschen WSL habe sich, kritisiert Heipp weiter, ausdrücklich hinter Jürgen Rieger und Dr. Rolf Kosiek gestellt. Heipp scheitert mit seinen Demokratisierungsversuchen und tritt mit seinem Landesverband Saar aus. Man wolle »sich mit diesen Tendenzen«, mit »Rassenhetze, Volksverhetzung, Aufforderung zu und Anwendung von Gewalt in der Politik« nicht identifizieren. Auch auf Initiative Brukers wird Heipp schließlich aus dem WSL ausgeschlossen, obwohl er mit dem Landesverband Saar bereits ausgetreten ist. »Biologische Medizin« nannten die Nazis z. B. die Versuche des Herstellers für biologische Heilmittel, der Firma Madaus und des »Biologischen Instituts Dr. Madaus« in Dresden-Radebeul.831 Diese Versuche hatten das (nicht mejir erfolgreiche) Ziel, Millionen Menschen medikamentöspflanzlich zu sterilisieren: Kriegsgefangene, Roma und Sinti, alle, die als Arbeitskräfte ausgebeutet wurden, sich aber nicht fortpflanzen sollten.832 Die Förderung der Naturheilkunde durch Naziführer wie Streicher, Himmler oder Heß lag nicht an deren persönlicher Vorliebe, sondern an der Nützlichkeit der Funktionalisierung der Naturheilkunde für NS-Interessen: Die persönliche Verantwortung für die Gesundheit des einzelnen wurde zum Kampfbegriff gegen soziale Verantwortung und gegen die Solidarität mit den Schwachen. Gesundheit und individueller Leistungswille waren »deutsche« Pflicht gegenüber Vaterland und Führer. Heil453
pflanzen sollten dem NS-Staat Kosten sparen helfen für die Kriegsproduktion, Anbau und Verwendung »deutscher Heilpflanzen« die Autarkie, die kriegsnotwendige Unabhängigkeit vom Ausland fördern und die kriegswichtige chemische Industrie entlasten helfen. »In vier Jahren muß Deutschland in allen jenen Stoffen vom Ausland gänzlich unabhängig sein, die irgendwie durch die deutsche Fähigkeit beschafft werden können«, proklamierte Adolf Hitler auf dem Reichsparteitag 1936.833 »Reiner Natur-Bienenhonig aus den Heilkräuterkulturen Dachau« lautet die Schrift auf einem Stempel mit Biene und Blümchenschnörkel.834 Himmler selbst hatte die Heilkräutergärten in Schleißheim und Dachau seit 1937 anlegen lassen. Der Obergärtner der anthroposophischen WeledaHeilmittel-werke, Franz Lippert, der der SS angehörte, wurde 1941 als Obergartenmeister an die Heilkräuterplantage im KZ-Dachau versetzt.835 Die Gefangenen waren profitabel, denn sie waren billige Arbeitskräfte, erst »Schutzhäftlinge«, dann KZ-Insassen. »Jedes Stück Boden war besudelt mit dem Blut geschlagener und erschlagener Häftlinge«, heißt es in dem Bericht eines Überlebenden.836 Bis 1941 starben jüdische Menschen auf der Plantage, danach waren es vor allem Priester und Theologen. Es entstand ein Ausbildungs- und Forschungszentrum in Sachen »Volksmedizin«. SS-Mannschaften wurden teilweise biologisch-dynamisch ernährt und mit Naturheilmitteln kuriert.837 Die heutige Umweltbewegung ist sich kaum bewußt, daß sie höchst unterschiedliche Traditionslinien hat, eine 454
verschüttete linke oder soziale und eine konservative bis faschistische. Die Lebensreform- und Naturschutzbewegung der Weimarer Republik hatte Millionen Mitglieder und AnhängerInnen. Der größere Teil ließ sich widerspruchslos in den NS-Faschismus integrieren. Daß dies geschehen konnte, lag auch daran, daß Träger einer sozial engagierten Naturheilkunde von den Nazis ermordet oder, wie der Arzt Friedrich Wolf, ins Exil getrieben wurden.838a Brukers braune Geschichte begann nicht erst in den 60er Jahren. Während der NS-Zeit arbeitete er an der Bremer Klinik für homöopathisch-biologische Medizin. Und schließlich, Wochen nach dem ersten Gerichtstermin, finde ich Brukers NS-Akte im Archiv des »Berlin Document Center«. Das Dokument belegt: Dr. med. Max Otto Bruker war Mitglied der SA838b und Anwärter für den Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund (NSDÄB). Während die meisten sozial engagierten Naturheilkundler den Faschismus nicht überlebten, bestimmen NS-Täter und -Mitläufer wie Bruker heute weitgehend, was wir unter gesunder Ernährung und Lebensführung verstehen sollen. Die Beschäftigung mit Bruker, dem Mann an der Nahtstelle zwischen Ökologiebewegung und Neonazis, sollte wenigstens eine Erkenntnis wert sein: Die Verantwortung für die soziale und die ökologische Lage aller Menschen ist nicht zu trennen. Müsli ist nicht gleich Müsli.
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Der Braungeist in der Pfandflasche: Ökologie in rechtsextremistischen und neofaschistischen Programmen839 Die Programme von RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen aus rund zehn Jahren zu lesen, befördert zwei Erkenntnisse: Erstens hat die rechtsextremistische und neofaschistische Szene den Umweltschutz – mit vielfältigen Widersprüchen – längst für ihre Interessen vereinnahmt und verformt. Zweitens haben sich fast alle Parteien, und damit ein großer Teil der bundesrepublikanischen Gesellschaft, rechtsextremistischen und neofaschistischen Vorstellungen in nur zehn Jahren auf erschreckende Weise angenähert. Der Erfolg der extremen Rechten läßt sich nicht nur m Wahlergebnissen messen, sondern liegt vor allem in ihrem erfolgreichen Kampf um kulturelle Hegemonie. Nationalrevolutionäre Ideologen wie Henning Eichberg oder Günter Bartsch vermischen germanisch-keltischindianische Kulte mit völkisch-nationalem Gedankengut zu einer neuheidnischen Mixtur, die bis weit in die Alternativszene hinein Anklang findet. Ihre Achse in die Friedensbewegung war die Forderung nach Abschaffung aller Atomwaffen, die die Nationalrevolutionäre mit der Forderung nach der deutschen Wiedervereinigung einschließlich Österreichs und ehemals deutscher Ostgebiete verbanden. Sie erhielten zeitweise Zulauf von frustrierten Ex-Kommunisten und Ex-Anarchisten, beteiligten sich am 456
Aufbau der Grünen und wurden erst Mitte der achtziger Jahre hinausgeworfen. Wir wissen nicht, ob endgültig. Christentum, Kapitalismus und Marxismus zerstören – so Eichberg – die ökologische Balance und die Identität der Völker. Gegen den Internationalismus setzen Nationalrevolutionäre, ähnlich wie die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP), einen »nationalen Sozialismus«. Eichbergs Plädoyer für eine neue »nationale Identität« ähnelt in Argumentation und Begrifflichkeit dem von Antje Vollmer, die den »Stolz auf eine nationale und politisch kulturelle Identität trotz aller historischen Lasten […] fördern« will.840 1983 organisierte die Arbeitsgemeinschaft »Deutschlandpolitik« der Alternativen Liste Berlin einen Vortragsabend mit Eichberg, der erst nach heftigen Protesten ausfiel. Wo Rudolf Bahro von »Stammesbewußtsein« und »deutscher Volkstiefe« spricht, gibt sich die FAP mit »Deutsche Arbeitsplätze für deutsche Arbeiter« und »Gemeinschaftssinn statt Klassenkampf« zufrieden,841 was in Göttingen unter Leitung des niedersächsischen Landesvorsitzenden Karl Polacek auch lebensgefährliche Anschläge auf ausländische Menschen und Linke einschließt. Die FAP will – wegen des »gestörten Verhältnis[ses] des Menschen zur übrigen Natur« – eine »ökologische Revolution«. Marxismus, Liberalismus, Christentum hätten den »Menschen aus seinem Eingebundensein in die natürlichen Kreisläufe unserer Erde herausgerissen«. Gegen »die sich abzeichnende ökologische Katastrophe« genüge kein »technischer Umweltschutz«. Eine »radikale Bewußtseinsrevolution« 457
müsse die »Wiedereinordnung des Menschen in das Gesamtgefüge des irdischen Lebens« herbeiführen.842 Noch ein Bündnispartner für’s New Age. Die NPD versuchte bereits 1973, die Stimmung der Gegenkultur aufzufangen: »Die verschmutzte und verseuchte Umwelt des zur Masse degradierten und in zunehmender Vereinsamung lebenden Menschen ist nur das hervorstechendste Symptom des zerstörten Gleichgewichts [das nie näher bestimmt wird] von Natur und Mensch.«843 1988 spinnt sie den Faden zur Esoterikszene weiter: »Zur Wiedererlangung […] lebensnotwendigen Umweltbewußtseins ist zuerst eine innere Revolution des menschlichen Denkens erforderlich. Nicht das unbegrenzte Anhäufen materieller Güter und ein hemmungsloser Konsum gibt den Menschen Lebenssinn und Glück, sondern das Erlebnis der Natur, die Pflege kultureller Werte, die soziale Geborgenheit in Familie und Volk.«844 Rechtsextremistische und neofaschistische Gruppen legen Waffendepots an (»materielle Güter«) und meinen mit der »Pflege kultureller Werte« und der »sozialen Geborgenheit im Volk« offensichtlich mörderische Angriffe auf Flüchtlinge in Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen, Mannheim, Magdeburg und anderswo. Sie knüpfen auf verschiedene Art und stets diffus an Unzufriedenheit und Sinnleere an, um dann auf völkische Ideologie umzupolen. In der gesamten extremistischen und neofaschistischen Programmatik werden Werte wie selbstbestimmtes Leben und Arbeit, Freiheit von Ausbeutung, Rassismus und 458
Sexismus, internationale Solidarität, kulturelle Freiheit, Gleichheit aller Menschen, Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise zur Rettung von Mensch und Natur stets aufs äußerste bekämpft. Umweltschutz sei vor allem eine nationale Frage, oberstes Ziel die Rettung des »deutschen Industrievolkes«, dessen »gefährdeter Bestand«845 gesichert werden müsse. Unter »Gesundheit« versteht die extremistische Rechte stets »Erbgesundheit«, das heißt die rassische Reinhaltung vermeintlich hochwertigen »arischen« Erbgutes und die brutale Selektion von »erbkrankem Menschenmaterial«. Die Umweltschutzforderungen etwa von Republikanern (vorrangiges Staatsziel wie bei der DVU die »heile Umwelt«) und FAP ähneln sich wie ein Müllcontainer dem anderen. Umweltschutz ist als »Sicherung der Existenzgrundlagen unseres Volkes auch eine patriotische Aufgabe«, sagen die Republikaner. Der gesunde Bestand der Deutschen ein »höherer Wert als kurzsichtiges Gewinn- und Wohlstandsstreben«. Nichtssagend und niemals an die Wurzel – die kapitalistische Produktion – gehend, ihre Liste von Umweltschutzwünschen: »zukunftssichere Umweltpolitik […] langlebige Güter […] [gegen] Verschwendung von Energie und Rohstoffen […] umweltverträgliche Verfahren […] Verursacherprinzip […] Wiederaufarbeitung gebrauchter Rohstoffe […] ökologisches Müllkonzept […] Pfand- und Mehrwegsysteme […] verantwortungsbewußte Energiepolitik« usw. Statt eines ökologischen Verkehrssystems genügt den Republikanern »bleifreies Benzin in ganz Europa«.846 459
Sie haben Angst ums Wasser, wollen aber das Kapital nicht mit wirksamen Eingriffen in die Produktion verschrecken, was bleibt, ist der »Ausbau von Kläranlagen«.847 Ebenso banal und kapitalfreundlich die FAP: »Die ökologischen Belange […] mit einer funktionierenden Wirtschaft in Einklang gebracht werden […] Senkung der […] Schadstoffwerte […] Erhöhung des Strafmaßes bei Umweltschutzverbrechen […] technisch beste Filteranlagen […] dauerndes Wirtschaftswachstum […] gedrosselt […] Abbau des Profitstrebens […] Abklingen des übersteigerten Konsums […] Umdenkprozeß […] Entwicklung alternativer Energiegewinnung […] optimale Rohstoffrückgewinnung […] Kreislaufsystem der Natur soll […] in […] Wirtschaftsbereichen übernommen werden […] Grün- und Parkanlagen […] Gesundheitsaufklärung […] gesundes Ernährungsbewußtsein […] Gesundheit – nicht Geld und Profitsucht […] im Vordergrund auf dem Weg zu einer neuen Ordnung.«848 Auf dem Weg zu dieser »neuen Ordnung« gibt es viele potentielle Bündnispartner, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden. Wie fast alle rechtsextremistischen und neofaschistischen Organisationen lösen auch die Republikaner ihren Widerspruch zwischen technokratischem Fortschrittsglauben und völkischer Romantik nicht auf. Bedrohlich »einseitig« sei die »These ›weg von der Kulturlandschaft – hin zur Naturlandschaft«, denn »wir dürfen das Erbe unserer Väter«, also die Kulturlandschaft, »nicht verschleudern«. Man bekennt sich »zu einer neuen Ethik, die Mensch, Tier 460
und Natur als Einheit erfaßt. Das Tier ist keine Sache«, sondern »ein Freude und Schmerz empfindendes Lebewesen, das unseres Schutzes bedarf«, eine Wertvorstellung, die bei »Menschen aus fremden Kulturen […1 zu fördern«849 sei. Während ein Mensch aus Angola von deutschen RassistInnen aus dem Fenster geworfen wird oder eine Frau aus Vietnam durch Messerstiche von Skinheads stirbt, bringt man ihnen noch rasch nahe, wie wertvoll den Deutschen der Schäferhund ist. Auch die Nazis begründeten die vermeintliche Hochwertigkeit der »arischen Rasse« mit ihrer besonderen »germanischen« Naturverbundenheit und vermeintlichen Tierliebe. Nur wie geht das zusammen mit der unbedingten Bewahrung des schützenswerten Kulturgutes »deutsches Waidwerk« durch die Republikaner? Dieses »Waidwerk«, die Jagd, sei »angewandter Naturschutz« und keinesfalls – Achtung, Klientelkollision! – ein »Gegensatz zum Tierschutz«.850 Da wird – Peng! – am Ende stolz die Strecke abgeschritten. Manchmal kombinieren sich rechtsextremistische Positionen auch anders. Als ich vor einigen Jahren sagte, daß ich abgetrieben habe, demonstrierte der Jagdkritiker und Harburger Grüne Georg Fruck, wie sich bei Rechtsextremisten Menschenverachtung und Lebensschutz paaren: »Jutta Ditfurth gehört in Vorbeugehaft, damit sie in den nächsten Jahren nicht noch mehr Leben zerstört.«851 Vermutlich bis zu den Wechseljahren? »Deutschland soll deutsch bleiben«852, »Deutsche Wohnungen vorrangig für Deutsche!«853, »Nationale Identität 461
und Selbstbestimmung«854 will auch Gerhard Freys neofaschistische Deutsche Volksunion (DVU). Umweltschutz heißt für sie vor allem »schärfere Gesetze gegen Umweltverschmutzer« sowie »strenge Untersuchung importierter Nahrungsgüter und Futtermittel«, die »Einschränkung der Tierversuche« und ein »härteres Vorgehen gegen Tierquäler«.855 Bleibt die Frage, wie die Sache mit den Jägern zu lösen ist? In allen Texten finden wir nur einen völkisch-national beschränkten Umweltbegriff, primitiven Fortschrittsglauben und technokratische Reparaturvorstellungen auf niedrigstem Niveau. Nirgends eine ökologische Forderung, die geeignet wäre, die Natur zu retten. Nach den Programmen der Rechtsextremisten und Neofaschisten laufen Atomanlagen und gehen radioaktive Verseuchung weiter, Gentechniklabors und die Manipulation des Lebens, Dioxinproduktion, Pestizidexport, Rohstoffverschwendung, Klimazerstörung, Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten und die Vergiftung des Menschen als eines Teils der Natur. Für die NPD ist Raumordnung Lebensraumordnung, und die Verkehrspolitik ist ihr »unterzuordnen. Sie muß neue Siedlungs- und Wirtschaftsräume erschließen.« Polen oder erst Österreich? Ex-Verkehrsminister Krause (CDU) lag im Jahr 1992 ganz auf der Linie des Verkehrsprogramms der NPD von 1973: Die »bestehende[n] Verkehrswege« sind auszubauen. Ein »Generalverkehrsplan« soll »neuen Verkehrsbedarf […] wecken. Hierfür ist der beschleunigte Ausbau eines modernen Straßennetzes von den Autobah462
nen bis zu den Kommunalstraßen […] unerläßlich.«856 Neben Polizisten, Bauern, Jägern, Rassisten, Abtreibungsgegnern und Umweltschützern wollen die Republikaner auch die Autofahrer befriedigen: »Das Kraftfahrzeug hat […] Freiheit und Lebensqualität des Menschen wesentlich erhöht.« Darauf folgt: kein Tempolimit.857 Ein tatsächlich ökologisches Verkehrskonzept ohne Auto, bestehend aus dichtvernetztem Schienenfernverkehr, öffentlichem Personennahverkehr, bequemen und sicheren Rad- und Fußwegen usw. finden wir in keinem Programm. Einige RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen lehnen die Atomenergie ab, weil die vermeintlich höherwertige deutsche Erbsubstanz bedroht sei. Die Republikaner haben nichts gegen Atomenergie, wenn der Energiebedarf nicht anders zu decken und »die Endlagerung« sichergestellt sei.858 Es geht schließlich um die »Sicherung unserer Energie- und Rohstoffversorgung«.859 Auf dem Weg nach Osten wird man 1990 noch atomenergiefreundlicher: »Das Störfallrisiko deutscher Kernkraftwerke ist unter Abwägung aller Kriterien verantwortbar.« So sind Schönhubers Republikaner der SPD nur um einen kleinen Stechschritt voraus. Sechs Millionen ermordete JüdInnen und Juden? Die neofaschistische NPD hat ein anderes Problem: »Zwei Kriege innerhalb einer Generation […] haben an der gesundheitlichen Substanz des deutschen Volkes gezehrt«, wie sich auch die Umweltzerstörung »nachteilig […] auf die Volksgesundheit« auswirkt. »Anomale und krankhafte 463
Auswüchse« sind vom deutschen Volk fernzuhalten, ebenso wie »chemische Farbstoffe« und »immer mehr Erbkranke«, die durch die Künste der Medizin »zur Fortpflanzung kommen«. Weil die Euthanasie noch nicht durchsetzungsfähig ist, soll in den Schulen über Erbschäden aufgeklärt und sollen Geschlechtskranke – unter Strafandrohung – namentlich erfaßt werden.860 Wer Aids hat, für den verlangen auch die Reps »Meldepflicht«. »Gesundheit ist ein sozialer Begriff, genau wie das organische Dasein der Menschen, als Menschen, insgesamt. So ist sie überhaupt erst sinnvoll steigerbar, wenn das Leben, worin sie steht, nicht selber von Angst, Not und Tod überfüllt ist«, schreibt Ernst Bloch im Prinzip Hoffnung861 und stellt diesen Wert eines gesellschaftlichen Begriffs von Gesundheit dem rassistischen Volks- und Erbgesundheitsbegriff der extremistischen Rechten entgegen, den diese mit Gewalt durchsetzen wollen. Individuelle Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten und ein Recht auf physische, psychische und soziale Gesundheit im Sinne Blochs sind Werte, die Rechtsextremisten hassen. »Volksbewußtsein und Umweltbewußtsein sind nicht voneinander zu trennen«, sagt die NPD, denn »Millionen Fremde […] werden eingeschleust« und bedrohen »unser Volk in seiner Existenz«; so geht es auch anderen völkischen Gütern: die »Gefährdung der Eichen« nimmt zu.862 In bezug auf die ehemalige DDR war die Forderung nach Freizügigkeit selbstverständlich. Da ging es um Deutsche. Für Europa bedeutet Freizügigkeit in der Sprache der Republikaner »Kriminellen-Import«, 464
»soziale Spannungen« und »finanzielle Belastungen«,863 und bei der FAP bricht der dumpfe Haß auf den »humanistisch gebärdenden Kosmopolitismus vollends hervor.«864 Als »Gemeinschaft deutscher Patrioten« setzen sich die Republikaner »für die Erhaltung des Bestandes des deutschen Volkes, seiner Gesundheit und seines ökologischen Lebensraums als vorrangiges Ziel der Innenpolitik« ein. »Diesem Zweck wird […] auch der Umweltschutz dienen.«865 Wer den alltäglichen Härtetest in der Leistungsgesellschaft nicht besteht, hat Pech, wegen »der Grenzen des Sozialstaates« wollen die Reps »die Überprüfung des Leistungskataloges einleiten«. Ökologie in rechter Interpretation ist eine lebensgefährliche Kampfansage an Schwache und Kranke und hat eine direkte Verbindung zum Utilitarismus (etwa: Bewertung von Menschen nach ihrem ökonomischen Nutzen) der sogenannten Bioethiker um Peter Singer, die neu und wissenschaftlich verbrämt diskutieren, was unwertes Leben sei.867 Die Republikaner sind rechtsextremistische TechnokratInnen. Voller Fortschrittsglauben schwärmen sie von der »großen Segnung« Transplantationsmedizin, um gleich darauf, vielleicht als Angebot an andere Bündnispartner, »Lehrstühle für Naturheilkunde« zu fordern und der Homöopathie wie der Anthroposophie innigste Sympathie zu bekunden. Sie ahnen, wie nützlich die Gentechnologie für ihren völkischen Rassismus einmal sein könnte. Die »unabsehbaren Nebenwirkungen« der »kontrollierten Eingriffe 465
in die Erbanlagen«, die »für die Menschheit großen Nutzen bringen« könnten, sollen – wie tröstlich – international »geprüft und abgestimmt« werden. 1983 und 1987 empörten die ausländerfeindlichen Positionen der Republikaner eine linksliberale Öffentlichkeit. Letztere gibt es 1992 praktisch nicht mehr. Statt eines »Ausbeutungs«- oder gar »Kapitalismusproblems« haben wir angeblich ein »Asylproblem«, und das menschenverachtende Wort »Asylant« für Flüchtling oder Immigrantin ist fester Bestandteil bundesdeutscher Mediensprache. Wer die Programme und Beschlüsse der Parteien vergleicht, wird feststellen, daß sich die SPD heute ausländerfeindlicher artikuliert als die – vorsichtig formulierenden – Republikaner von 1983 und 1987. Mit der »Türkeninvasion 1986 aufgrund der EG-Freizügigkeitsklausel«868 hinkt die FAP der pogromevorbereitenden Sprache der bürgerlichen Parteien und Medien von 1992 hinterher: »Menschenflut«, »Asylantenstrom« und »Bevölkerungsexplosion«. Getrennte Müllsammlung, Pfandflaschen, Sammellager und Zwangsarbeit: Wie der Bund Naturschutz in Starnberg und die Republikaner will auch die FAP die »gesetzliche Einführung eines Arbeits- und Sozialdienstes für gemeinnützige Aufgaben« wie die »Beseitigung von Wald- und Flurschäden […] Rohstoffrückgewinnung«, wofür »notorische Arbeitslose dienstverpflichtet werden« können.869 Die »Arterhaltung« des »deutschen Volkes« (NPD) und seine aggressive Expansion verlangen gebärfreudige deutsche Mütter. Gegen die »Abwertung und Zerstörung der 466
Familie«, der »biologischen und kulturellen Grundgemeinschaft, die Lebenszelle von Volk und Staat« ist anzukämpfen. Ein Mittel ist die schulische »Familienkunde« und das Mutter-und-Hausfrau-Training für die »weibliche Jugend«. Der »biologische liestand unseres Volkes« ist durch Abtreibung »bedroht«, die (l;irum unter Strafe zu verbieten ist.870 Da können die Republikaner im wesentlichen zustimmen. Früher drei (1983: Gefahr für die Mutter, Vergewaltigung, mögliche Mißbildung des Kindes), 1987 und 1990 nur noch zwei Ausnahmen (Gefahr für die Mutter, Vergewaltigung) eines rigiden Abtreibungsverbots zeigen, wie eine Programmkorrektur unangenehme Debatten erspart, weil durch die Reproduktionstechnologie die Qualitätskontrolle von Embryonen gesellschaftlich weitgehend durchgesetzt ist. Als kleines Zugeständnis an berufstätige RepublikanerInnen betonen die Reps, daß Frauen und Männer trotz ihrer Wesensunterschiede von gleichwertiger Tüchtigkeit im Leben und Beruf« sind. »Insbesondere der Frau« aber sei es »gegeben, durch Wärme und Hingabe ein Klima der Geborgenheit zu schaffen, in welchem Familie und Kinder gedeihen können. Hier liegt die besondere und von keinem ›Hausmann‹ oder Kollektiv erfüllbare Berufung der Frau«.871 Eine zentrale Forderung der Republikaner von 1990 wird 1992 von CDU/CSU/SPD und FDP erfüllt: zentrale Sammellager für Flüchtlinge. Während Menschen unter demütigenden Lebensbedingungen in Sammellagern auf ihre gewaltsame Deportation zurück zu Folter, Krieg und 467
Hunger warten sollen, stehen deutsche »Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung«. Damit die Volksgemeinschaft kein hochwertiges »arisches« Erbmaterial verplempert, sollen Frauen ungewollte Schwangerschaften zum Zwecke der Adoption austragen müssen.872 Bis in die Wortwahl haben rechtsextremistische und neofaschistische »Lebensschützer« (mensch möge die Bundestagsdebatte zum § 218 vom Juli 1992 im Wortlaut nachlesen) die Bundestagsfraktionen CDU/CSU/SPD/ FDP/Grüne und Bündnis 90 in der »Lebensschutzfrage« auf ihren Kurs gebracht, ein wesentlicher Schritt zur Eroberung der kulturellen Hegemonie in der BRD durch rechtsextremistische und (öko)faschistische Kräfte.873 »Lebensschutz« heißt für die DVU: »Schluß mit dem Abtreibungs-Mißbrauch« 874 und Kampf »gegen jede Diskriminierung und Entrechtung der Frontsoldaten, einschließlich der Waffen-SS«.875 Auch die Lebensschützer von der FAP halten Abtreibung für ein »Verbrechen gegen die Gesetze einer gesunden Natur und gegen Gott«. Konsequenterweise wird im übernächsten Satz gefordert: »Das Alemente-Zahlen wird abgeschafft oder nur noch symbolisch mit ca. 50 DM gefordert«876 (Originalschreibweise der FAP). Lebensschutz à la FAP heißt demzufolge: 50 Mark Zeugungsgebühr, Unterstützung des SDI-Programms der USA, so viele deutsche Waffen, daß »kein Durchkommen« mehr ist, Bewunderung des deutschen Soldatentums, dessen »Leistung« in zwei Weltkriegen »noch in Jahrtausenden Beachtung und Bewunderung« fänden. Elsaß-Lothringen, 468
Südtirol und Österreich sollen zurück ins Reich. Wie sie die Prioritäten des Lebensschutzes setzt, verrät uns die FAP auch mit der (berechtigten) Forderung nach Abschaffung der Käfighaltung für Hühner bei gleichzeitiger Einführung der Todesstrafe für Menschen. Die »heutigen Atomkraftwerke sind für das dichtbesiedelte Deutschland ungeeignet«. Vor allem aber hat die Autofahrerpartei FAP ein Problem: »Jeder Autobahnparkplatz muß sofort eine Toilette bekommen. Wo sind wir denn!«877 Für deutsche Sicherheitsinteressen müssen die Menschen im Trikont, nicht die Armut reduziert werden. Wegen der »Bevölkerungsexplosion und der wachsenden Umweltgefährdung« besteht Entwicklungshilfe »in erster Linie« aus »konsequenter Familienplanung der betreffenden Staaten«, nicht aus selbstbestimmter Familienplanung der Individuen. Wer »diese Maxime« mißachtet, bekommt nur noch Hilfe bei »Naturkatastrophen und Hungersnöten«.878 Nicht weniger menschenverachtend und unhistorisch ist die Mentalität derjenigen, die heute für Grünhelme plädieren. Umweltschutz muß notfalls militärisch durchgesetzt werden. Gemeint ist damit bei rechtsextremistischen, neofaschistischen und bürgerlichen Parteien stets die ökologische Rechtfertigung von Kapitalinteressen. Schon 1973 formulierte die NPD, worin ihr ab 1991 VertreterInnen aller Bundestagsparteien einschließlich der Grünen und außer der PDS/ Linke Liste prinzipiell folgen werden.879 1992 wollen VertreterInnen von CDU/CSU/SPD/FDP/ Grünen und Bündnis 90 Grünhelmtruppen in alle Welt 469
schicken. Die NPD von 1973 gibt sich erst einmal mit Ersatzdienstleistenden für die »Pflege der von Verkarstung und Versteppung bedrohten Kulturlandschaft« zufrieden und verlangt den Ausbau des »Deutschen Jugenddienstes […] zu einer idealistischen Volksbewegung«,für die »Arbeit an Feld, Flur und Gewässern« zur Sicherung des »Bestandes unseres Lebensraumes«, um den »Kern Europas gesund [zu] erhalten«.880 Nur neun Jahre früher als Umweltminister Klaus Töpfer (CDU), Freimut Duve (SPD) oder Udo Knapp (Grüne/ Bündnis 90) haben die Republikaner 1983 die »Wehrbereitschaft« des deutschen Volkes zugunsten der Natur geschärft: »Großräumige Düngungsversuche mit Hubschraubern der Bundeswehr sind als flankierende Maßnahme dringend erforderlich.« Sie bleiben im Grad der Militarisierung und der territorialen Ausdehnung noch weit hinter dem ökologisch-verkleideten Eurochauvinismus von Duve, Knapp & Co. zurück,881 denn die wollen, wie wir sehen werden, deutsche Grünhelme in aller Welt. Die Militarisierung der Ökologie setzt voraus, daß die Schuld des kapitalistischen Zentrums Europa für mehr als 500 Jahre Ausbeutung des Trikont geleugnet oder sogar gutgeheißen wird. Es wird absichtlich ignoriert, daß aus dieser ursprünglichen Akkumulation von Kapital (Ausplünderung der eroberten Kontinente) weltwirtschaftliche Strukturen entwickelt worden sind, später unter Beteiligung der USA und Japans als der beiden anderen kapitalistischen Zentren, welche die Chancen auf eine eigenständige 470
Entwicklung des Trikont zerschlugen, manipulierten, zum Spielball der Interessen des reichen Nordens machten. Und daran soll sich nichts ändern. Unterstützt werden sollen nur solche Länder, »die eine umweltbewußte Politik betreiben, damit deutschen Lungen nicht die Luft ausgeht. Ansonsten müssen »unsere Beziehungen zu den Ländern der ›Dritten Welt‹ […] mit unseren außen-, sicherheitsund wirtschaftspolitischen Zielen synchron laufen«, sagen etwa die Republikaner. Befreundete Trikontstaaten, sprich solche, die sich den Interessen der BRD unterworfen haben, dürfen auf die Hilfe eines der reichsten Staaten zählen: »Pionierbataillone der Bundeswehr, z. B. zur Hilfe beim Straßenbau« oder Verteilung »landwirtschaftliche[r] Überproduktion im Rahmen der EG durch Ausbildungsflüge für die Transportgeschwader der Luftwaffe«.882 Die von der Armee massakrierten guatemaltekischen IndianerInnen könnten einiges erzählen über Hochlandstraßen, die mit deutscher Hilfe gebaut wurden, und es nun dem Militär ermöglichten, ihre Zufluchtsorte zu stürmen. An keinem Punkt der Betrachtung kann auch nur die Vermutung entstehen, daß RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen Mensch und Natur retten wollen. Trotz gelegentlicher so großspuriger wie nebulöser Kapitalismuskritik verehren sie allesamt die »sozialökologische Marktwirtschaft« (Republikaner), den Kapitalismus, und damit die Grundlagen von Elend und Raubbau. Ihre »radikale Bewußtseinsrevolution« meint, ähnlich wie bei Fritjof Capra, nichts als Unterordnung unter die bestehenden 471
Herrschaftsverhältnisse, unter Eliten, mit neu-alter mystisch-völkisch-ökologischer Begründung. Kultur wurde der neue Code für Rassismus, Ökologie der Schlachtruf zur gentechnischen oder bevölkerungspolitischen Reduktion von Menschen, Identität bestimmt sich nicht individuell, sozial oder human, sondern national oder eurochauvinistisch und legt die Wurzeln für Rassismus. Auch Selbstbestimmung wird national verstanden, rechtfertigt imperialistische Angriffe und hat mit der Freiheit etwa der Auswahl von Lebensformen, selbstbestimmter Arbeit oder sexueller Selbstbestimmung nichts zu tun. Gesundheit wurde in die völkische Kategorie der Erbgesundheit des Volkskörpers transformiert und begründet eugenische und gentechnische Selektion und rassistische Anschläge. Aus verschlampten, kaum sozial verteidigten, positiv besetzten Begriffen wurden Kampfbegriffe der Rechten für einen drohenden neuen wissenschaftlich und ökologisch modernisierten Faschismus. Dieser wird wenig zu tun haben mit dem historischen Nationalsozialismus. Geschichte wiederholt sich allenfalls als Farce (Marx). Während faschistische und rassistische Deutsche Flüchtlinge jagen und totschlagen, entwickeln die Herrschenden auf der europäischen Ebene politische Strukturen, die in eine parlamentarisch verkleidete europäische bürokratische Regierungsdiktatur führen werden.
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IV. Diese riesige, unnahbare Ordnung »[…] das Unheimliche sei nicht in den Schreckensgeschichten zu sehn, diese könnten sich, in unendlicher Folge, bis zu immer unvorstellbarer werdenden Grausamkeiten variieren lassen, das Unheimliche sei vielmehr das ein für alle Mal Feststehende, diese riesige, unnahbare Ordnung, die kaum etwas Beunruhigendes von sich gibt, die einfach nur da ist, mit Selbstverständlichkeit fortwirkt und all das bestimmt, was uns dann schließlich, auf weit verzweigten Umwegen, erwürgt und vernichtet. Das Unheimliche […] ist nicht das Grauenhafte, das wir doch, wenn wir uns anstrengen, zu sehn vermögen, sondern unsere Unfähigkeit, das banale, kompakt Unverrückbare zu erkennen. […] war nicht die Geschichte der Menschheit eine Geschichte des Mordens, waren nicht Menschen seit jeher in dem Dezimierungsprozeß, wo die Stärkeren die Schwächeren auslieferten, zu Hunderttausenden, zu Millionen versklavt, abgeschlachtet worden, […] unterm Vorzeichen höchsten Herrschaftsrechts, heiligster Führungsansprüche, zumeist zu Ehre von Göttern, oft begleitet von humanistischen, ja demokratischen Anschauungen, verurteilt zu Minderwertigkeit, Wertlosigkeit, […] waren die Mörder nicht immer und überall bereit gewesen, Hunderttausende und Millionen auszutilgen, nicht weil sie sie haßten, sondern nun weil es so sein mußte. War dieses Wüten aus Überheblichkeit, abgesehn von den gewöhnlichen, zur Tagesordnung zählenden Kriegen, nicht Bestandteil unseres Lebens. Und der Sinn […] dieses Tränkens der Erde mit Blut ist, daß die Herrscher ihre Gefolgschaft durch die gemeinsam begangenen Verbrechen noch fester an sich binden.« Peter Weiss883
Fünfhundert wütende Jahre der alten Weltordnung Soweit die Informationen, die Transportmittel und die Waffen reichten, blieb in Hunderten von Jahren kein Landstrich innerhalb und außerhalb Europas vor der Gier der Herrschenden des »alten« Kontinents sicher. Aufgabe ihrer Propagandaabteilungen war es, den organisierten Raubzügen die bestmögliche Legitimation nach Innen wie nach außen zu verschaffen. Selten fanden sie Geeigneteres als die christliche Religion. Im Namen des Kreuzes und im Namen des Goldes zogen Armeen nach Jerusalem, nach Amerika und Afrika. Sie plünderten die Kunstschätze des Orients, Gold und andere kostbare Metalle der Maya und Azteken. Sie ermordeten in nur 150 Jahren etwa 100 Millionen amerikanische UreinwohnerInnen. Sie massakrierten und raubten 50 bis 100 Millionen Menschen Afrikas als SklavInnen für ihre sogenannte Neue Welt, die doch seit Jahrtausenden entdeckt und bewohnt war. Sie rodeten und verbrannten bereits im letzten Jahrhundert Zentralamerikas tropische Regenwälder für Zuckermonokulturen, zerrissen die Erde auf der Suche nach Nickel, Kupfer und Kohle. Sie verseuchten Flüsse. Sie töteten, plünderten, vernichteten Kulturen und Wissen. Sie häuften so viel Reichtum an, daß der beraubte und gequälte Teil der Welt keine Chance mehr auf eine eigenständige Entwicklung hatte. Aus dieser ursprünglichen Akkumulation (Anhäufung) von Kapital entstanden die weltwirtschaftlichen Strukturen, in denen 474
Europa, das neue Amerika, das auf das vernichtete alte gebaut wurde, und schließlich Japan die neuen Herren wurden. Für etwa 70 Jahre wollte ein Teil Osteuropas und Asiens mit dem Namen Sowjetunion dem Kapitalismus eine befreite Gesellschaft entgegenstellen. Ihre anfänglich humane sozialistische Grundanschauung erstickte am eigenen Versagen und an den äußeren weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Ihre Existenz bot gleichwohl dem geknebelten Teil der Welt gewisse Spielräume für eine begrenzte eigene Entwicklung. Das Experiment scheiterte. Noch im Rausch über ihren Sieg planen die kapitalistischen Weltmächte ihre »neue Weltordnung«. Die neue Weltordnung ist die alte Weltordnung. Ihre Herrscher – Europa, die USA und Japan – machen Milliarden Menschen zum Spielball der Interessen des reichen Nordens. Sie stabilisieren ihre patriarchal-kapitalistische Weltordnung, in der die meisten Menschen kein Recht auf Entwicklung, auf Selbstbestimmung, auf soziale Gleichheit haben. Diese »riesige, unnahbare Ordnung« (Peter Weiss), die einfach nur da ist, sich fortwebt, um zu erwürgen und zu vernichten, diese Normalität ist der Wahnsinn. Die meisten Menschen werden geboren, um nach einem verkürzten elenden Leben zu sterben. Sie haben nie eine Chance, die Lust am Leben, andere Menschen, ihre vielfältigen Fähigkeiten zu entdecken und zu entfalten. Das Wüten, das Sterben, das Nicht-wirklich-Leben, die Unfreiheit, die Fremdbestimmung, der Krieg als überaus logisches Mittel herrschender Politik – alles geht weiter. 475
Ihr eigenes fremdbestimmtes, sorgenvolles Leben ist für viele Menschen in der Bundesrepublik so demütigend, daß ihnen die Kraft fehlt, solidarisch zu handeln. Andere, denen es besser zu gehen scheint, macht das tägliche Schlachten in sicherer Entfernung ein wenig mitleidig. Die meisten verweigern wirkliches Wissen und humane Verantwortung, damit ihre kleinen und großen Geschäfte mit den Mördern – die normale Ordnung bundesdeutschen Lebens – nicht gestört werden. Ein freies, selbstbestimmtes, wirklich menschliches Leben kann sich nur entfalten, wo soziale Kämpfe den Herrschenden den gesellschaftlichen Raum für dieses andere Leben entreißen. Die menschliche Gesellschaft wird nie von allein besser. Es gibt keinen automatischen Fortschritt, nur weil sich die Gestalt der Ausbeutung des Menschen oder der Raubplünderung der Natur ändert. Während der christlichen Inquisition und der Hexenverfolgung verbrannten Millionen von Menschen auf Scheiterhaufen, und sie starben in Folterkellern. Vor kaum 50 Jahren ermordeten die NS-Faschisten sechs Millionen europäische JüdInnen und Juden, Hunderttausende von KommunistInnen und SozialistInnen, sie töteten Roma und Sinti, Schwule und sogenannte OstarbeiterInnen, meistens BürgerInnen der Sowjetunion und PolInnen. Rassismus, vor allem Antisemitismus, nationalistischer Dünkel, obrigkeitsstaatliches Denken, staatlich geschürter Haß und die Finanzierung der NSDAP durch das Kapital ermöglichten den größten bekannten Massenmord der Geschichte und 476
einen Krieg, in dem Deutsche allein mehr als 25 Millionen Menschen in der Sowjetunion umbrachten.
Die Wachstumsfestung Europa rüstet für neue Schlachten Der Kapitalismus ist keine natürliche soziale Ordnung, sondern ein menschengemachtes, historisch beschränktes, mörderisches System. Heute hat sich die auf nichts als auf Profit zielende kapitalistische Verschleiß- und Verschwendungswirtschaft – vorläufig – weltweit durchgesetzt. Weder deutsche Raubritter noch englische Kreuzritter, noch die spanischen Conquistadores reichen den Raubzügen des 20. Jahrhunderts das Wasser. Es gibt keine Aufarbeitung, keine Konsequenzen aus dem Faschismus in der Bundesrepublik Deutschland. Es ist vielmehr, als ob sich die Ziele der Täter zum Ausgang dieses Jahrhunderts in dem Bemühen um eine neue Qualität von Vernichtung und Ausbeutung bündelten. Nie zuvor wurde die Mehrheit der Menschen durch ökonomische Feldzüge, ergänzt durch militärische, so vollständig um die Perspektiven ihres einzigen Lebens gebracht. Die offizielle Zahl der Hungernden ist in nur zwei Jahren um 100 Millionen auf 1,2 Milliarden Menschen gestiegen. Unter dem Existenzminimum leben noch weit mehr Menschen. Die Dunkelziffern von Hunger und Armut 477
sind unbekannt. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen haben keine gesundheitliche Versorgung. Täglich sterben mehr als 80 000 Kinder an Armut und Krieg. 4,3 Millionen Kinder starben 1990 allein an Lungenentzündung, die leicht heilbar ist, wenn es eine medizinische Betreuung gibt.884 Bis zu 100 Millionen Menschen leben, laut Newsweek, weltweit in Sklaverei,885 unter ihnen eine steigende Zahl von Frauen, die mit physischer und struktureller Gewalt (Armut) zur Prostitution gezwungen werden. Hier und da erreichen uns heute erste Informationen, daß Prostituierte in Südostasien, deren bundesdeutsche Verbraucher zahlreich sind, von ihren Zuhältern systematisch und in großer Zahl ermordet werden, wenn sie ihren Warenwert durch Aids, Drogen, mangelnde Attraktivität oder Alter verlieren. Nie zuvor wurden die natürlichen Elemente, Luft, Wasser und Boden, so unwiderruflich vernichtet und verseucht. Menschengemachte Wüsten breiten sich um die halbe Erde aus, vom Nordwesten Afrikas bis zur Wüste Gobi in der Mongolei. In Japan kam UV-dichte Kleidung auf den Markt.886 Mit 17,5 Millionen Quadratkilometern im Oktober 1991 wuchs das Ozonloch über dem Südpol in zehn Jahren um das Dreizehnfache.887 Die Menschen werden sich im Süden wie im Norden des Planeten in naher Zukunft nur noch nach Stundenplan der Sonne aussetzen können. Die Erdatmosphäre ist durchtränkt mit Radioaktivität, und doch erfährt der Bau von Atomanlagen einen neuen Boom, und die US-amerikanischen, russischen, chinesischen, briti478
schen und französischen Atombombenversuche erreichten inzwischen die Zahl 2000. Sehen wir uns nach politischem Widerstand um, der geeignet wäre, mit dieser Entwicklung zu brechen, finden wir nicht viel. Aber wir stellen fest, daß die Herrschenden dabei sind, sich neu zu formieren. Ihre neue Weltordnung meint, daß sie sich darauf vorbereiten, um die Verteilung noch nicht geplünderter Ressourcen zu kämpfen. Ihre künftigen ökonomischen und militärischen Feldzüge verlangen die Durchsetzung einer geeigneten Ordnung der Gesellschaften der Weltmächte. Die Wachstumsfestung Europa wird geschlossen. Die Besitzer der Burg haben die Verwalter angewiesen, die Falltore herabzulassen und äußerst genau, mit allen Mitteln der Überwachung und Gewalt, zu kontrollieren, wer Einlaß begehrt. Die Opfer vergangener, andauernder und künftiger Schlachten sollen den inneren Frieden der Festung nicht stören. Innerhalb der europäischen Mauern lernen die armen Verwandten aus Osteuropa sich einzupassen. Auch die BewohnerInnen des europäischen Randes werden noch begreifen, wie sie sich am vorteilhaftesten in die herrschenden Wertvorstellungen und ökonomischen Strukturen »integrieren«. Sie stehen in Konkurrenz zu den Lohnarbeitenden in den Produktionsstätten der Festung selbst, zu einer verelendenden Reservearmee, die in miesen Wohnungen oder unter Brücken lebt. Nur noch in geringer Zahl erreichen Flüchtlinge und ImmigrantInnen aus dem Trikont die Tore der Burg. Hineingelassen wird, nach erniedrigenden Verfah479
ren der Eignungsprüfung, wer den Verwertungsinteressen des Kapitals nützt. Die aufeinandergehetzten Armen und Lohnarbeitenden aus West-, Ost- und Südeuropa und aus dem Trikont dienen dem Kapital auf dem Weg in die Vereinigten Staaten von Europa als Rammböcke gegen die in Jahrzehnten erkämpften Löhne und sozialen Rechte. Jeglicher Versuch, die neue europäische Ordnung formaldemokratisch zu verkleiden, scheitert an ihrer so offensichtlich diktatorischen Wirklichkeit. Der Ermächtigungsparagraph 189 des EWG-Vertrags erlaubt dem EUMinisterrat, dem je ein Minister der zwölf Mitgliedsstaaten angehört, und der EU-Kommission, die aus 17 nationalen Spitzenbeamten besteht, »Recht [zu] formulieren und erzwingen«.888 Zwei zentrale Spielregeln parlamentarisch verfaßter bürgerlicher Demokratien, die Entscheidung des Parlaments bei Gesetzen und das Recht, Gesetzesvorschläge einzubringen, wurden nicht zuletzt mit den Verträgen von Maastricht verhindert. Das Parlament darf nicht mehr als zweimal nein zu einem Gesetz sagen, und wenn es dann keine Einigung gibt, entscheidet der Ministerrat. Was im besten Fall bleibt, ist eine negative Blockpolitik. Das EU-Parlament kann dem Gesetz nur ganz zustimmen oder es ablehnen. Eine dritte Lesung gibt es nicht. Es ist nicht anzunehmen, daß dieses Vetorecht oft in Anspruch genommen wird. Es gilt zudem nur für bestimmte Bereiche wie die Anerkennung von Diplomen und Berufsausbildungsgängen von Jugendlichen, für Freizügigkeit und Niederlassungsrecht, für Infrastrukturmaßnahmen, Forschungsprogramme, 480
Gesundheitspolitik. Die zentralen ökonomischen und politischen Entscheidungen sind längst gefällt worden – am Europaparlament und an den nationalen Parlamenten vorbei. Das bundesdeutsche Grundgesetz, über dessen Charakter ich mir auch ohne die Beseitigung des uneingeschränkten Menschenrechts auf Asyl keine Illusionen mache, verbietet in seinem Artikel 79, Absatz 3, die »Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden«. Der Artikel 20 garantiert: Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Bindung an die Verfassungsordnung. Alle grundlegenden Entscheidungen müssen laut Grundgesetz dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Aber die bürokratische Eurodiktatur macht, daß »alle Staatsgewalt« nicht einmal mehr formal »vom Volk aus« geht, sondern von zwölf Ministern und 17 beamteten Kommissaren, berufen von nationalen Regierungen. Die real existierende Konstruktion Europa dient den Verwertungsinteressen des Kapitals und sichert Herrschaft. Der EU-Binnenmarkt wird zur Beseitigung von nationalen politischen, rechtlichen, bürokratischen und institutionellen Beschränkungen gebraucht. Das Kapital will diese Fliegen auf seinem Arm abschütteln, diese heute schon geringen, aber lästigen Behinderungen ohne Reibungsverluste. Es will herumziehen, Märkte aufbauen und 481
demontieren, konzentrieren und monopolisieren, forschen und produzieren, was immer seinem Profit dient. Es will den Reichtum der Welt billig: natürliche Rohstoffe wie menschliche Arbeitskraft zu Elendspreisen. Dafür müssen Lohnkosten, Sozial- und Umweltausgaben auf das niedrigst mögliche Niveau gesenkt werden. Der Entwurf für eine Europäische Sozialcharta enthielt nicht einmal mehr die Forderungen nach Mindestlohn und Mindesturlaub. Die Chancen für eine schnelle Zerschlagung erkämpfter sozialer und demokratischer Rechte waren in den Staaten des alten Europa bis zum Untergang der Sowjetunion etwas geringer. Nationale Gesetze, Streiks, politische Kämpfe, ein durch die organisierten ArbeiterInnen und andere soziale Bewegungen geschaffenes gesellschaftliches Bewußtsein für soziale und demokratische Errungenschaften bremsten das Tempo. Die Konstruktion einer bürokratischen Eurodiktatur war der einzige strategische Hebel, die Interessen des Kapitals in einem nur wenige Jahre dauernden, streckenweise fast heimlichen Putsch durchzusetzen. Bei einer gemeinsamen Währung müssen die ökonomisch schwächeren EG-Länder mit erheblichen Leistungs- und Handelsbilanzungleichgewichten und mit hoher Arbeitslosigkeit rechnen, weil sie Produktivitäts- und Wettbewerbsnachteile nicht durch eine Währungsabwertung ausgleichen können. Diese kommende europäische Massenarbeitslosigkeit erhöht den Druck auf Löhne und soziale Rechte. Durch die gezielte Kontingentierung von Flüchtlingen und ImmigrantInnen und vor allem durch 482
Industrieansiedlungen in den europäischen Niedrigstlohngebieten wird der Druck auf die Löhne und Rechte zu einer systematischen Erpressung, die Standards in der Sozial-, Arbeits- und Gesundheitspolitik bedroht, die wir schon fast für selbstverständlich gehalten haben. Flüchtlinge, sofern sie die Mauern Europas überhaupt erreichen, können nur noch in einem einzigen Land einen Asylantrag stellen (»one-chance-only-Prinzip«). Wird der Antrag abschlägig beschieden, gilt die Ablehnung für ganz Europa, und die AsylbewerberInnen werden abgeschoben. Nur die Niederlande wollen vielleicht eine zweite Chance geben. Polizei und Militär, Computerüberwachung und Druck auf Luftfahrtunternehmen sorgen schon heute dafür, daß Flüchtlinge die Flugzeuge nach Europa gar nicht erst betreten, die Bundesrepublik nicht erreichen und so das angeblich noch vorhandene Menschenrecht auf Asyl nicht beanspruchen können. Dabei hilft auch das Abkommen von Schengen, ein Staatsvertrag, den die Mehrheit der EU-Staaten, darunter die BRD, unterzeichnet haben. Schengen ist auch die erste vertragliche Grundlage für eine geplante europäische Polizei nach dem Muster des amerikanischen FBI (Helmut Kohl).889 Diese zentralisierte Polizei könnte ihre Arbeit schon heute auf eine enorme Menge an personenbezogenen Daten stützen, die zwischen den Repressionsapparaten und den Behörden der europäischen Staaten frei fluktuieren, abgefragt, kombiniert, abgeglichen und gespeichert werden. 483
Vor allem Flüchtlinge, ImmigrantInnen, Streikende, DemonstrantInnen, sozialistische, kommunistische, anarchistische, antikapitalistische, radikalökologische und feministische Linke werden Objekt ihrer repressiven Tätigkeit sein. Die europäische Polizei wird eine politisch agierende Polizei sein, deren formale Grundlagen in kleinen Geheimzirkeln geplant und entschieden werden. Mit der früheren kommunalen Polizei, die gelegentlich in Widersprüche verwickelt werden konnte, weil sie die sozialen Probleme vor Ort kannte, hat eine künftige europäische Polizei so wenig zu tun wie die Ereignisse in George Orwells 1984 mit denen in einem Roman von Hedwig CourthsMahler. Je zentralistischer eine Polizei organisiert ist (daher der Wandel von einer kommunalen zur Länderpolizei), desto härter und konformer kann sie für die herrschenden Interessen eingesetzt werden. Eine Bundespolizei wird auf Befehl einer zentralen Kommandostelle arbeiten, ohne nationale Widersprüche, ohne Widersprüche in einzelnen Landesteilen der europäischen Staaten. Während eine europäische Polizei vorbereitet wird, wird der Bundesgrenzschutz (BGS) zur Bundespolizei umgeformt. Schon längst arbeitet er auf Flughäfen und Bahnhöfen. Die Bahnpolizei, eingerichtet gegen die Armutsdiebstähle nach dem Ersten Weltkrieg, wurde vom Bundesgrenzschutz übernommen. Seine veränderten Aufgaben wurden mit dem »Gesetz zur Übertragung der Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit auf den Bundesgrenzschutz (BGS)«im April 1992 legalisiert. Bun484
desbahn und Flughäfenbetreibei wurden mit einem Schlag die Kosten für die Beamten los. Mehr als 90 Prozent der Bahnpolizisten und Fahnder, insgesamt 2409 von 2609, wechselten zum BGS. Für einen teilweise paramilitärisch organisierten Bundesgrenzschutz wurde nach der Wiedervereinigung und vor den offeneren Grenzen innerhalb Europas ein neues Betätigungsfeld gefunden, im Übergang zu seiner eigentlichen Aufgabe, das einer Bundespolizei. Der Bundesrat stimmte mit den Stimmen der rosagrünen Regierung in Hessen im Dezember 1991 den Plänen der Bonner Regierung zu – gegen die Stimmen von NordrheinWestfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem Saarland. Mit der zusätzlichen Gegenstimme von Hessen hätte die Sache mindestens ausgesetzt werden können. Zu verführerisch, vermutet die Tageszeitung, sei die Aussicht gewesen, die horrenden Kosten für die Sicherung am Frankfurter Flughafen auf den Bund abwälzen zu können.890 Was zählen da grundsätzliche Überlegungen demokratischer Entwicklung? Im Juni 1994 wurden die Befugnisse des BGS erneut mit dem Bundesgrenzschutzgesetz (BGS-G) erweitert: Der BGS darf – was er bisher ohne legale Grundlage tat – z. B. für das Bundesamt für Verfassungsschutz den internationalen Funkverkehr überwachen, um Funkaktivitäten ausländischer Geheimdienste abzuhören. Eine jahrzehntelange Praxis wird nachträglich legalisiert: »Die hochgerüstete und streng geheime Horchgruppe des BGS mit ihrer Zentrale in Swisttal-Heimerzheim bei Köln und Außenstellen etwa in 485
Lübeck arbeitet schon seit 1955 im Dienst der Spionageabwehr.«891 Indem der BGS bespitzeln darf und zugleich mit dem BGS-Gesetz Polizei des Bundes geworden ist, wurde für ihn die Trennung von Geheimdiensten und Polizei aufgehoben. Beim BGS handelt es sich darüber hinaus um eine Organisation, die zwar Polizei sein soll, nach Ausbildung, Ausrüstung, Bewaffnung und Mentalität aber eine militärische Truppe ist, ausgebaut, gehätschelt, finanziert für den Bürgerkrieg nach Innen. Der BGS wächst. 1994 werden 3700 Polizeibewerber neu eingestellt. 1996 soll die BGS-Truppe über 29 000 Beamte verfügen.892 1990 fanden sich bei der Kommunalwahl in Lübeck gleich sechs BGS-Beamte auf der Liste der Republikaner. »Der stellvertretende REP-Landesvorsitzende Thomas Schröder war damals Oberkommissar und stolz darauf, daß ›zwanzig Prozent unserer 600 Landesmitglieder […] aus den Sicherheitskräften‹ kommen. Mindestens zwei Drittel aller BGSler zählte er zu den Sympathisanten.«893 Immer mehr BGS-Sheriffs dürfen immer mehr Repressalien ausüben. Sie dürfen Daten erheben und sammeln. Sie dürfen Menschen bis zu vier Tagen in Haft nehmen, »um die Fortsetzung von Straftaten des Landfriedensbruchs und der gemeinsam begangenen Nötigung zu unterbinden.« Vorbeugehaft für DemonstrantInnen, Streikende, SitzblockiererInnen.« An den Ostgrenzen der BRD zieht der BGS mit Wärmebild- und Nachtsichtgeräten, mit Hilfsgrenzschützern und 486
Schnellbooten den High-Tech-Wall gegen Flüchtlinge. Seit Mitte Februar 1993 sind vor allem die Grenzschutzämter Frankfurt/Oder, Pirna und Schwandorf mit sogenannten Wärmebildgeräten ausgerüstet.895 Wer dort wohnt und verdächtig scheint, z. B. als SympathisantIn von Flüchtlingen, darf jederzeit mit dem Eindringen des BGS in seine/ihre Privaträume rechnen. 30 Kilometer ragt die Grenze schon ins Land, auf der der BGS Flüchtlinge aufgreifen und unmittelbar zurückschieben darf. Rückübernahmeabkommen in osteuropäische Länder, die wiederum Verträge mit Herkunftsländern abschlossen, sorgen dafür, daß Flüchtlinge in unmenschliche Verhältnisse zurückgezwungen werden, aus denen sie kamen.896 Aber auch jenseits der dreißig Kilometer, in der Bundesrepublik, wird die Lage für Menschen, besonders für solche im politischen Widerstand, immer gefährlicher: Im neuen Sächsischen Polizeigesetz findet selbst Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einzelne Festlegungen wie die Einführung des »finalen Rettungsschusses« (polizeilicher Todesschuß) sowie eine Verlängerung der Vorbeugehaft von bisher vier auf 14 Tage verfassungsrechtlich »äußerst bedenklich«.897 Ebenso »bedenklich« ist der große Lauschangriff, der beamtete Spitzel und der unbegrenzte Einsatz von technischen Überwachungsmitteln wie Video und Tonband. Der sächsische Datenschutzbeauftragte Thomas Giesen hält das ganze Gesetz für »verfassungswidrig«.898 Der Ausnahmezustand wird zum gesetzlichen Normalmaß. 487
Die Repression frißt sich europaweit in die letzten Nischen demokratischer Freiheiten. Das französische Kabinett verabschiedete im Juni 1994 einen Gesetzentwurf zur »inneren Sicherheit«, der das Demonstrationsrecht einschränkt und gleichzeitig mehr Geld für die Polizei vorsieht. Die Willkür erhält ihre Ordnung: »Gewalttätige« DemonstrantInnen können mit einem dreijährigen Demonstrationsverbot belegt werden.899 Wer dann von der herrschenden Politik, den Medien und der Justiz für »gewalttätig« gehalten wird, ob der faschistische Demonstrant oder die linke Streikende, fällt in die willkürliche Interpretation politischer Justiz. Außerhalb des Strafgesetzbuches werden auf diese Weise für bestimmte Menschen Bürgerrechte abgeschafft. Totalverweigerer sind nicht nur in der Bundesrepublik mit Strafverfolgung und Gefängnis bedroht. In Spanien will die Regierung mit einer Verschärfung des Strafgesetzbuches die »Unbeugsamen« (Insumisos), wie die Totalverweigerer genannt werden, besonderen Repressionen aussetzen. Auch ihnen soll, wie im französischen Beispiel, ein Teil ihrer Bürgerrechte aberkannt merden: Mindesten zehn bis vierzehn Jahre sollen sie von jeder staatlichen Unterstützung ausgeschlossen sein: keine Sozialhilfe, keine Studienstipendien, keine Subvention, selbst an den Führerscheinentzug denkt die Regierung.900 Das Besondere: diese Strafen treffen die Ärmeren, denn Reiche(re) brauchen weder Stipendien noch Sozialhilfe. Das am 20. Mai 1994 von der Bundestagsmehrheit aus 488
CDU/CSU und FDP verabschiedete Verbrechensbekämpfungsgesetz und der SPD-Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität werden die bundesdeutsche Gesellschaft weiter entdemokratisieren. Mit der demagogischen Begründung, die »innere« Sicherheit sei bedroht, wird zerschmettert, was an demokratischen Rechten hart erkämpft war. Das Verbrechensbekämpfungsgesetz enthält Maßnahmen in 18 Artikeln. Als Waffen gegen störende demokratische Überreste schlagen CDU/CSU/FDP vor: - ein Schnellverfahren ohne Beweisantragsrecht der Verteidigung, dafür mit einwöchiger Hauptverhandlungshaft; - der Haftgrund »Wiederholungsgefahr« wird ausgeweitet; - die Kronzeugenregelung soll auf alle Delikte ausgedehnt werden, die als »organisierte Kriminalität« gelten. Sie galt bisher nur für sogenannte Terroristenprozesse. Mit der Kronzeugenregelung belohnen Strafverfolgungsbehörden DenunziantInnen, die für eigene Straftaten dann geringer oder nicht mehr bestraft werden. Es liegt in der Natur der Sache, daß dabei auch Falschaussagen provoziert und belohnt werden; - die Einbeziehung des Bundesnachrichtendienstes in die Strafverfolgung: seine Telephonüberwachungskapazitätenwerden gebraucht (auch die SPD will die Telefonüberwachung drastisch ausdehnen), der BND darf seine Erkenntnisse jetzt offiziell an die Polizei weiterleiten.901 Die SPD wollte in zwei Punkten noch mehr: 489
- Grundgesetzänderung für den sogenannten »Großen Lauschangriff« in Privatwohnungen; - Beschlagnahme »verbrecherisch bemakelter Vermögen«,unabhängig von einem Strafverfahren und ohne Geltung der Unschuldsvermutung«. Diese Vorhaben scheiterten an der FDP. Kanther: »Diesem Gesetz werden weitere folgen.«902 Strafrechtslehrer, RichterInnenvereinigungen, StrafverteidigerInnen, Anwaltsvereine und die Bundesrechtsanwaltskammer, die sonst meistens die Klappe hält, haben an diesen Vorschlägen »vernichtende Kritik«903 (Scherf) geübt. Sprecher von Anwaltsvereinen haben vor der Verabschiedung und der »Brutalisierung des Strafrechts« und »einem Raubbau an Beschuldigtenrechten« gewarnt.904 Der voraussehbare Schaden dieses »Kampfgesetzes«, dem ein Grundrecht – die Unversehrtheit der privaten Wohnung – endgültig geopfert wird, stünde in einem »absurden Mißverhältnis« zum voraussehbaren kriminalistischen Ertrag. Seit 1980 haben dreißig Gesetze die Strafprozeßordnung und das Strafgesetzbuch verschärft, nachdem die Unterdrückung von Angeklagten durch die planvolle Hysterie der »Antiterror«-Justiz schon in den 70er Jahren dikatorische Ausmaße angenommen hatten.905 Ein kleines Beispiel: 1968 zog mit den Notstandsgesetzen – der Öffnung des Grundgesetzes für offen diktatorische Verhältnisse mit einer Einsatzerlaubnis für die Bundeswehr gegen »organisierte und militärisch bewaffnete Aufständische«906 im Inneren der BRD –, die Telephonüberwachung 490
ins Strafgesetzbuch ein. Seither ist dieses Bespitzelungsrecht fünfzehnmal erweitert worden, allein 1992 dreimal. 1989 wurde es mit dem Poststrukturgesetz klammheimlich auf alle elektronischen Dienste (Telefax, Teletext, Mailbox, Modems etc.) ausgedehnt. Einige tausend Menschen werden zur Zeit jedes Jahr auf diese Weise in ihrer Freiheit eingeschränkt.907 Die SPD will die Anlässe, sprich Ausreden, für Telefonüberwachung um weitere vierzehn Tatbestände erweitern. Der nächste Schritt der Bundesregierung: Alles, was durch den Äther gesendet wird, soll aufgefangen und nach bestimmten Suchbegriffen durchgerastert werden. Eben diese Aufgabe weist das am 20. Mai 1994 beschlossene Verbrechensbekämpfungsgesetz dem BND zu. Es braucht keinen spezifischen Verdacht mehr und keinen bestimmten Verdächtigen: Mit dem ganzen Arsenal an akustischen und optischen Geräten dürfen nun auch Konktaktpersonen überwacht werden. »Einige der neuen Fahndungsmaßnahmen haben nicht einmal das Bestehen eines Verdachts zur Voraussetzung, sie dienen erst der Herstellung des Verdachts.« (Scherf)908 Vierzig Jahre lang bestand das bereits erwähnte, von den Alliierten verfügte »Trennungsgebot« von Geheimdiensten und Polizei, jetzt werden den Geheimdiensten »strafprozessuale Aufgaben zugewiesen und die Polizei mit nachrichtendienstlichen Mitteln ausgestattet, womit wir sowohl einen polizeilichen Geheimdienst wie auch eine geheimdienstliche Polizei bekommen.«909 491
Mit wirklicher Bedrohung hat das alles nichts zu tun. Der Anlaß ist weitgehend erfunden, ist Mischung aus planvoller Demokratiezerstörung und Hysterie. Von 1972 bis 1982 stiegen die polizeilich registrierten Gewalttaten um 66,9 Prozent, von 1982 bis 1992 nur um 13,7 Prozent. Die Gewaltkriminalität war sogar rückläufig. Mord und Totschlag sind seit 1975 um ein Drittel zurückgegangen.910 Wirklich zugenommen hat die Armutskriminalität (Ladendiebstähle, Wohnungseinbrüche) und die Beschaffungskriminalität Drogenabhängiger. Beidem könnte die Gesellschaft nur durch die Bekämpfung der Ursachen beikommen, indem sie mit ihren sozialen und ökonomischen Wurzeln die Armut abschafft und indem sie Drogen legalisiert und damit den Drogenmarkt und die ihn begleitende Drogenkriminalität zusammenbrechen läßt. Die Angst vor Verbrechen und Verbrechenszuwächsen wird geschürt, damit der Staat seinen Gewaltapparat ausbauen kann. Die geplanten Maßnahmen werden dieses Land weiter zu seinem Nachteil verändern. Mord, Totschlag, Erpressung, Raub usw. werden durch keine dieser Maßnahmen sinken. Untergehen werden die Freiheitsrechte, die Rechte und die Sicherheit des Individuums gegenüber einem zunehmend potentiell allmächtigen Staat, mit seiner ganz andersartigen Sicherheit. Wer einen starken Staat will, »ist nie satt«911. Der stärkste Staat ist die faschistische Militärdiktatur. Wenn die organisierte Kriminalität also bestehen bleibt, für was dient sie als nächste Ausrede? Wenn weiter um die Führerschaft in 492
Sachen innere Sicherheit gestritten wird, »wird am Ende das Superwahljahr 1998 von Diskussionen um die Abschaffung des Folterverbots und die Wiedereinführung der Todesstrafe beherrscht sein«, schreibt der Bremer Justizsenator Henning Scherf (SPD) in der Zeit. TREVI ist die Abkürzung von Terrorisme, Radikalisme, Extremisme und Violence International« und ist, 1976 installiert, ein Geheimzirkel der Innen- und Justizminister der EG-Mitgliedsstaaten. Durch keine parlamentarische Kontrolle beeinträchtigt, bestehen die Ziele von TREVI unter anderem im Kampf gegen linke Opposition und in der Verhinderung der Einreise von Flüchtlingen. Die TREVI-Clubmitglieder arbeiten ungeniert mit Diktatoren und Regierungen aus aller Welt zusammen, von China über Indonesien (das Osttimor martialisch unterdrückt) bis Marokko. Kein einziges der Abkommen auf EU-Ebene übrigens ist geeignet, Menschenrechten, etwa von Schwulen und Lesben, zur Durchsetzung zu verhelfen. Der Modellmensch des neuen Europa ist der politisch angepaßte, männliche, heterosexuelle Normalbürger zwischen 30 und 60 Jahren mit heller Haut, mindestens Mittelschichtsherkunft und gutem Einkommen. Schon heute ist das Leben der meisten Menschen, sofern sie Arbeit haben, vom Rhythmus einer entfremdeten, meist monotonen, oft gefährlichen Arbeit bestimmt, der sie Kraft, Kreativität und Gesundheit opfern. Im künftigen Europa werden die Reallöhne sinken, soziale und Arbeitsrechte um Jahrzehnte zurückfallen. Die Arbeit haben, werden 493
unter den Druck gesetzt, länger zu arbeiten, sich mit geringeren Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb und einer schlechteren Gesundheitsversorgung abzufinden. Neue Rationalisierungsschübe werden die Zahl der Arbeitslosen erhöhen und die Arbeitenden noch intensiver ausbeuten (etwa durch kombinierte Fließband- und Gruppenarbeit und Motivationstechniken). Der organisierte betriebliche und gewerkschaftliche Widerstand wird vor einer Situation stehen, der große Teile der Gewerkschaften wegen ihrer Verfilzung mit Kapitalinteressen nicht mehr gewachsen sein werden. Ihre Funktion wird sein, die arbeitenden Menschen zu befrieden und in die sich verändernden Produktionsbedingungen zu integrieren. Ohne harte Konflikte und Kämpfe werden nicht einmal die bescheidenen Errungenschaften verteidigt werden können, die die ArbeiterInnenbewegung sich erkämpft hat. Im DGB wird im Hinblick auf Satzungsentscheidungen für 1995 eine Änderung diskutiert, die den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit tatsachenwidrig aufheben und die Kollaboration mit staatstragenden Parteien und dem Kapital ganz offiziell einleiten soll. Die DGB-Spitze unterlief die Kampffähigkeit der Gewerkschaften z. B. bereits damit, daß der verstorbene Ex-DGB-Vorsitzende Meyer (SPD) sich für Kampfeinsätze der Bundeswehr unter UN-Hoheit aussprach. Meyers Äußerungen wurden von Vorständen der HBV, der ÖTV und der IG Medien und anderen zwar lautstark kritisiert, zum Teil aber mit dem wenig überzeugenden, rein formalen Argument, die Aussage Meyers ent494
spräche nicht der Beschlußlage.912 Entspräche sie auch noch der Beschlußlage, stimmten die Gewerkschaften insgesamt also mit der Position der BellizistInnen überein, wäre die Lage noch katastrophaler. Die soziale Lage vieler Menschen in der Bundesrepublik wird schlimmer. Die Zahl der ungeschützten Arbeitsplätze wächst. Die Verhältnisse nähern sich denen in den USA, wo Menschen am Rande des Existenzminimums oder noch darunter für eine Vielzahl von Billigdienstleistungen für die Mittelschicht zur Verfügung stehen: als Dienstpersonal, Putzfrauen, Boten, Bürohilfskräfte, Handwerker usw. Mehr als anderthalb Millionen Obdachlose werden offiziell zugegeben, eine weitere Million Menschen in der reichen Bundesrepublik sind von Obdachlosigkeit bedroht. Damit sind mehr Menschen wohnungslos als im Westen Deutschlands in den Nachkriegsjahren.913 Die Wirtschaftskrise der zwanziger Jahre und der Faschismus haben uns gezeigt, wohin eine Mittelschicht driftet, die sich vom sozialen Abstieg bedroht sieht. Wir haben gesehen, wie die Flucht in esoterische Kulte ihre Faschisierung begünstigt. Einige Erscheinungen der bundesrepublikanischen Gesellschaft beginnen der Situation in den zwanziger Jahren zu ähneln. Die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland ist heute höher als die vor der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre. Das europäische Kapital findet seine Konkurrenten in den USA und Japan. Der westeuropäische Weltmarktanteil hat sich, sagt Ulrich Menzel von der Universität Duisburg, 495
von 40 auf 44 Prozent, der ostasiatische um das Zentrum Japan (Hongkong, Südkorea, Taiwan) von 4 auf 16 Prozent gesteigert, der Anteil der USA ist von 16 auf 11 Prozent gefallen.914 Die innereuropäischen Machtkämpfe – einmal abgesehen von Kriegen, Bürgerkriegen und Verteilungskämpfen am osteuropäischen Rand – werden durch Arrangements und ökonomische Gewalt befriedet. Noch vor Frankreich, mit dem sie sich deshalb in besonderer Weise einigen muß, setzt sich die Bundesrepublik Deutschland als europäische Führungsnation durch. Weil alle Kräfte für die kommenden Schlachten benötigt werden, liegt es im Interesse der Burgbesitzer des Kapitals, innerhalb der Festung die Zustimmung für ihren Plan zu organisieren, sich die Weltherrschaft unter den Nagel zu reißen. Dabei helfen die bestellten VerwalterInnen der Burg, die sich in den kapitalfreundlichen Parteien CDU/ CSU/SPD/FDP und inzwischen auch den Grünen und dem Bündnis 90 organisiert haben. Migration muß kontrolliert, ökonomische Hemmungen und soziale Kosten abgebaut und mögliche Opposition zerschlagen werden. So kurz vor den nächsten Raubzügen soll im Innern der waffenstarrenden Festung Ruhe herrschen. Eine wirksame linke Opposition würde die Pläne eines neuen europäischen Imperialismus erheblich behindern. Bei der Demoralisierung der linken Opposition half die sogenannte deutsche Wiedervereinigung. Sie zog vielen Linken im Westen des Landes ihre kleinen Erfolge unter den Füßen weg und raubte den meisten Menschen im 496
Osten ihre kurze Hoffnung auf eine eigenständige Entwicklung. Selbst Menschen, die ihre linke, sozialistische oder kommunistische Gesinnung in scharfer Kritik und Opposition zum Stalinismus entwickelt hatten, legten das Büßerhemd an. Der Versuch eines politischen Zugangs zum Verständnis dieser intellektuellen Massenflucht versandet zu leicht in Psychologisiererei. Ist es eine Mischung aus unverständlichem Schuldgefühl und Selbstmitleid auf der einen Seite und vielleicht Trittbrettfahrerei – wenn es gegen die Verhältnisse nicht geklappt hat, will ich ab nun wenigstens dazugehören – auf der anderen? Wie eine Intensivkur in Sachen Einübung in den herrschenden Konsens bot der Golfkrieg Anfang 1991, nur wenig mehr als ein Jahr nach der Annexion der DDR, die günstigsten Voraussetzungen für die weitere Demontage der politischen Kritik: Nie zuvor konnte die Rechtfertigung für einen Eroberungskrieg des Nordens gegen den Süden so sehr als antifaschistischer Befreiungsschlag verkauft werden wie hier. Ausgerechnet denjenigen, die 50 Jahre lang die Aufarbeitung des deutschen Faschismus verweigert hatten, gelang es, Teile ehemaliger und Noch-Linker in den herrschenden Konsens einzubinden und von einer realistischen Analyse der Lage in Nahost abzulenken: Rüstüngsexporte nach Israel als Ausgleich für Nazideutschland. Was für ein Coup! An allen äußeren Enden Europas toben Kriege und Bürgerkriege. Alle haben objektiv die Funktion – so unterschiedlich sich die Auseinandersetzungen im einzelnen historisch entwickelt haben –, den Zugang zu Nahrung, 497
Konsum, Produktion und Technologie zu kontrollieren und neu zu ordnen. In Nordirland verhindert die britische Armee in kolonialer und terroristischer Manier die nationale Unabhängigkeit Irlands, die Voraussetzung für individuelle und gesellschaftliche Selbstbestimmung wäre, auch wenn die soziale Frage mit der nationalen Unabhängigkeit nicht gelöst ist; eine Freiheit, die Kleinstaaten, wie den baltischen Staaten oder Slowenien, Kroatien, Bosnien, sofort gewährt wird, wenn es ins Kalkül paßt. Hierher gehört auch, die Auflösung der ehemaligen Sowjetunion zu befördern oder die europäische Burg gegen den Hauptfeind, die Armutsflüchtlinge, abzuschotten. Das modische und verblödende Etikett für Kriege und Bürgerkriege an den östlichen Grenzen Europas lautet »Nationalitätenkonflikte«. Ein Interesse an Informationen über die wirklichen Hintergründe der Kämpfe und Kriege in der ehemaligen Sowjetunion oder im ehemaligen Jugoslawien existiert in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit nicht. Den BewohnerInnen der westeuropäischen Abteilung der Burg sollen diese Kämpfe an der östlichen Grenze Europas fremd, irrational und unerklärlich erscheinen. Die Antwort auf die Frage, welche wirklichen sozialen und materiellen Probleme und welche realen ökonomischen Interessen – die sich »national« ausdrücken können – hinter den sogenannten Nationalitätenkonflikten verborgen liegen, ist tabuisiert. Wen interessieren die katholischen, faschistischen oder monarchistischen Motive von KroatInnen im Kampf ge498
gen die »barbarischen« SerbInnen, wen die sozialen und ökonomischen Ursachen des Konfliktes? Wen interessieren die Opfer auf beiden Seiten? Wie merkwürdig, daß das Mitleid nicht schlicht dazu führt zu sagen: Macht die Grenzen einfach auf für Flüchtlinge. Wer hier ist, kann niemandem mehr als Geisel dienen. Angesichts des Kriegs in Jugoslawien outete sich ein mächtiges deutsches Bedürfnis nach Ordnung und Übersichtlichkeit. Dumpf, arrogant und historisch ignorant riefen ehemalige Mitglieder der Linken Liste an der Uni Frankfurt im Frühsommer 1992 nach dem Einsatz von NATO-Truppen und mußten sich, neben scharfer Kritik ihrer ehemaligen KollegInnen, auch vom hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel (SPD) reduzierte politische Phantasie vorwerfen lassen.915 Der allerdings ist längst auch für weltweite Kampfeinsätze der Bundeswehr unter UN-Hoheit.916 Im äußersten Südwesten Europas, in Portugal, konnte nach wenigen Jahren mit aufopfernder Unterstützung der Sozialistischen Internationale unter Führung der deutschen Sozialdemokratie mit ihrem Vorsitzenden Willy Brandt und der Friedrich-Ebert-Stiftung die portugiesische Revolution von 1974, die »Revolution der Nelken«, zerschlagen werden. Dieser Versuch selbstbestimmter gesellschaftlicher und ökonomischer Entwicklung wurde zum Scheitern gebracht, denn nichts fürchten Sozialdemokraten mehr als direkte, nicht mehr ihrer staatstragenden Kontrolle unterworfene Demokratie oder den Einfluß anderer linker Organisationen. Dann wird ein Land lieber dem Zugriff 499
des europäischen Kapitals und den rückkehrenden Großgrundbesitzern ausgeliefert. Mit dem Folterkönig Hassan II. von Marokko paktieren fast alle führenden Staaten der EU, BRD, Frankreich, Spanien wie auch die USA und früher die Sowjetunion. Was kümmern verschwundene Menschen, gefolterte Männer, Frauen und Kinder, wen interessiert ein nun fast 20 Jahre währender Krieg in der von Marokko besetzten Westsahara, welche den Sahramis gehört?917 Kaum jemanden – solange Marokko der Garant für den Zugriff auf nordwestafrikanische Rohstoffe ist, die es für Waffen und andere Gefälligkeiten billigst ausliefert und zugleich das Tor nach Europa für afrikanische Flüchtlinge fest und gewaltsam verschließt. »Ende 1992 billigte das Europaparlament neue Kooperations- und Fischereiabkommen mit Marokko, die Alleinherrscher Hassan II. in den nächsten drei Jahren 1,7 Milliarden DM einbringen werden«.918 (Balsen/Rössel) Der marokkanische Polizeiminister nimmt regelmäßig an TREVI-Treffen der EU-Innen- und Justizminister teil: »Ausgerechnet Basri, der Chef des königlich-marokkanischen Folterapparates, durfte schon 1991 seinen EG-Amtskollegen bei einer Tagung in Brüssel ein ›Memorandum zur Flüchtlingspolitik‹ präsentieren.«919 Marokko wird von EU-Mitgliedsländern bewaffnet, um die bedrohlichen Flüchtlinge gnadenlos jagen zu können. Spanien liefert Infanteriewaffen und hilft beim Bau einer Radar-Überwachungsanlage nahe der marokkanischen Stadt Tanger, damit auch die kleinsten Boote auf der Meer500
enge von Gibraltar gestoppt werden können, bevor sie die europäische Küste erreichen. Die Südspitze Europas wurde nach Afrika verlegt: auf der marokkanischen Mittelmeerseite ist die Küste inzwischen »auf einer Länge von 70 Kilometern fast vollständig militärisch überwacht«.920 Auch die Häfen sehen aus wie militärische Sperrgebiete. Etwa 1000 Menschen sollen 1991 ertrunken sein, 23 Leichen wurden 1992 an der spanischen Küste angespült, vermutlich 400 Menschen sind im gleichen Jahr ertrunken. Mohammed Zerouali vom marokkanischen Arbeiterverband sagt: »… sind bis Anfang dieses Jahres (Januar bis Mai 1994) insgesamt 5000 Marokkaner und Afrikaner beim Überqueren der Straße von Gibraltar umgekommen.«9n Nichts wird Flüchtlinge davon abhalten, ein besseres Leben zu suchen: 15 Millionen Menschen, davon elf Millionen Kinder und Frauen, sind in Äthiopien, Eritrea, Djibouti, Somalia, Kenia und im Sudan vom Hunger bedroht, meldete UNICEF im Juni 1993 in Genf.922 34 Millionen Hungernde nennt die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO für 15 afrikanische Staaten zur selben Zeit. Der FAO-Generaldirektor sagte, »in einem Zeitalter, in dem das Weltall erforscht werde, ›sind auf der Erde allein in den Entwicklungsländern rund 800 Millionen Menschen chronisch unterernährt, obwohl weltweit genügend Nahrungsmittel erzeugt werden.«923 Südlich der Sahelzone ist die Lage heute furchtbarer als vor 30 Jahren: Etwa vier Fünftel des Weide- und Ackerlandes Schwarzafrikas sind zerstört.924 Ursache dieser ökologi501
schen Katastrophe ist die durch Armut zerstörte Vegetation und eine auch dadurch fortschreitende Wüstenbildung. Aber auch riesige Viehzuchtprojekte in Botswana, durch Weltbank und EU gefördert und erzwungen, die zu Überweidung und erodierten Böden führen, enden in der Wüstenbildung.925 Hochsubventionierte Lebensmittelimporte aus den Staaten der ehemaligen Kolonialherren machen die einheimische Produktion unwirtschaftlich und treiben die Schulden der afrikanischen Staaten in die Höhe.926 Die ökoimperialistische Abhängigkeit Afrikas besonders vom kapitalistischen Zentrum EU-Europa führt zu immer höherer Verschuldung, mehr Armut,927 mehr ökologischer Zerstörung, Ausverkauf der Ressourcen der Länder und damit zu großen Flüchtlingsströmen. In der Türkei kämpfen die Machthaber mit deutschen Waffen gegen aufständische KurdInnen, denen noch nie ein Recht auf Selbstbestimmung und auf einen eigenen Staat eingeräumt wurde, was allerdings noch keine Lösung der sozialen Frage bedeuten würde. Die nationale Unabhängigkeit – darüber dürfen wir uns nicht hinwegtäuschen – gewährleistet nicht automatisch die soziale Gleichheit. Das ist ein weiterer Kampf. Wer den europäischen Burgeignern Vasallentreue garantiert und die Tore Richtung Asien verschließt, dessen Todesschwadronen ist es erlaubt, linke türkische Oppositionelle zu foltern, zu ermorden, ohne daß die geringsten diplomatischen Irritationen entstünden. Im Gegenteil. Die Türkei erhielt von der BRD seit Mitte der sechziger Jahre Militärhilfe im Wert von 5,5 Milliarden Mark, 502
dazu kamen Materiallieferungen im Wert von 3,7 Milliarden Mark, außerdem eine Rüstungssonderhilfe in Höhe von 1,2 Milliarden Mark und 150 Leopard-Panzer gratis.928 Der europäischen Diplomatie geht es um Höheres als um Menschenleben, und um wirkliche Menschenrechte ging es nur, solange diese im Osten als »demokratische« Menschenrechte eingeklagt werden konnten und den Zugriff auf neue Ressourcen und Absatzmärkte vorbereiten halfen. Ginge es auch um die sozialen Menschenrechte weltweit, um das Recht aller auf selbstbestimmte Entwicklung, Freiheit von Ausbeutung und entfremdeter Arbeit, auf humane Wohnungen, auf eine gesundheitliche Grundversorgung, einen freien Zugang zu Bildung, gesunder Ernährung und auf eine intakte Umwelt – was für ein Geschrei müßte überall anheben! Mit der Konstruktion Europas als Europa des Kapitals droht nicht nur die Renaissance der Atomenergie, ausgehend von der BRD und Frankreich, die Durchsetzung der Gentechnologie und die Bestrahlung von Lebensmitteln. Heute ist der Einfluß des Kapitals so groß und so direkt, daß die miesen Umweltstandards, die wir in der Bundesrepublik Deutschland heute haben, nach unten nivelliert werden. Das schlechteste Niveau wird Standard. Hemmungsloses wirtschaftliches Wachstum braucht keine lästigen Produktionsveränderungen, dafür viele neue Standorte für Giftmüllverbrennungsanlagen. Um soziale und ökologische Ansprüche zu zerschmettern, müssen demokratische Möglichkeiten der Kontrolle, 503
der Mitsprache und des Protestes denunziert werden, damit sie abgeschafft werden können. Die bürokratische Eurodiktatur wird nicht einmal die brüchigen Mindeststandards der repräsentativen Demokratie erfüllen. Heute schon sind 80 Prozent des Wirtschaftsrechtes europäisches Recht, ohne daß darüber auch nur ein Parlament entschieden hätte. Mehr als 3000 Lobbyisten haben mehr Einfluß auf EG-Verordnungen als die 518 Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Mitentscheidungsrechte sind auch bei der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nicht vorgesehen. Die sogenannte Parteienverdrossenheit könnte sich als nützlich herausstellen. Je mehr Menschen Politik mit traditioneller Parteipolitik gleichsetzen und nur für ein schmutziges Geschäft halten (auch um sich damit von eigener politischer Verantwortung zu verabschieden), desto mehr können »die da oben« tun, was sie wollen. Widerstand gegen ökologisch zerstörerische Projekte vor Ort oder gegen Strukturentscheidungen, die ganze Regionen erwerbslos machen, wird schwer werden in einem Europa, in dem die nationalen Regierungen, die diese totale Zentralisierung der Entscheidungen heute einfädeln, künftig schulterzuckend auf obere Ebenen verweisen können. Mit Massen- oder Luxuskonsum wird die Mehrheit der BurgbewohnerInnen weitgehend ruhiggestellt. Arme werden demoralisiert und vereinzelt, damit sie weder ihren Gegner bekämpfen noch Solidarität untereinander herstellen. Für einige unzufriedene Minderheiten braucht 504
der Staat Befriedungskonzepte, für andere Repression. Bleibt Unzufriedenheit oder Sinnleere, fliehen gutsituierte BurgbewohnerInnen gern in die irreale Welt esoterischer oder religiöser Heilslehren. Das hilft, sich den notwendigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu entziehen und am eigenen, privilegierten materiellen Status nichts ändern zu müssen. Im Egokult ertrinkt der eigentliche Sinn des Lebens: sich seiner Existenz als soziales Wesen Mensch bewußt zu sein und sich verantwortlich zu fühlen für die realen sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen Menschen leben müssen. »Offenbar«, schrieb Ernst Bloch 1935, zwei Jahre nach der Machtergreifung Hitlers, »verhindert nur der starke Anteil anderer Länder an der anthroposophischen Bewegung, daß diese geschlossen zu Hitler übergeht […] Gewiß ist im gesamten Vordringen des Dunkelsinns fascistische Reaktion, ja ein totaler Frontwechsel des ›liberalen‹ Bürgertums gegen seinen ehemaligen Feind, den Obskuranten, Okkultisten.« Der soziale Inhalt »dieses Neu-Okkultismus« sei nicht erschöpft, meint Bloch, »weil die archaische Irratio der Vermissungen ebenso ein riesiges Eingeständnis der bürgerlichen Leere darstellt oder der gekommenen Schwäche des bürgerlichen Weltbilds. […] unmittelbar gesehen ist der okkulte Spuk gewiß nur Fascisierung des Bürgertums, Übergang seines unbrauchbar gewordenen Liberalismus ins autoritäre und irrationale Lager.«929 Während die Burg ihre äußeren Grenzen ideologisch und militärisch befestigt, für neue Schlachten rüstet und 505
wirtschaftliche Krisen am Horizont aufscheinen, haben sich viele ehemalige Angehörige der linken Opposition angepaßt, sind integriert, haben resigniert, sind in Elfenbeintürme, Verbitterung und Selbstmitleid geflüchtet. Auf wen können wir uns noch verlassen, mit wem können wir uns verbünden im Widerstand gegen die Ausbeutung des Menschen und der Natur, eine Ausbeutung, die auf einer höheren Stufe der Destruktivität als je zuvor in die Wege geleitet wird?
Der begrünte Stahlhelm »Sie töten uns, weil wir gemeinsam arbeiten gemeinsam trinken, gemeinsam leben, gemeinsam träumen« Ein Quiche-Indianer aus Guatemala930 Einen »militanten Humanismus an der Seite der USA« nannte Udo Knapp (Ex-Realo-Grüner, heute SPD) seine Position im Golfkrieg und gestand den USA das Recht zu, überall auf der Welt, auch mit Gewalt, demokratische Menschenrechte durchzusetzen. Vor einigen Jahren meinte ein anderer westlicher militanter »Humanist«, der damalige US-Verteidigungsminister Robert McNamara, daß es besser sei, die Kinder schon im Mutterleib zu töten, als sie später auf den Schlachtfeldern bekämpfen zu müssen.931 506
Im Irak starben bis heute, nach Schätzungen internationaler Menschenrechtsorganisationen, allein 200 000 Kinder. Durch Waffen, Giftgas, an Wundbrand, an mangelnder medizinischer Versorgung durch Medikamentenboykott und in Krankenhäusern ohne Strom. Sie verhungern und sind so unterernährt, daß sie die kleinste Infektion umbringt. Und schon wieder träumen bundesdeutsche Kriegsgewinnler von der neuen Weltordnung. Auf einer Veranstaltung der Zeitschrift Kommune Ende Mai 1992 in Frankfurt fragte der Grüne Daniel Cohn-Bendit, ob man nicht die Serben mittels einer Militäraktion bestrafen, und Cora Stephan sinnierte, ob man Belgrad wohl bombardieren müsse?932 Die Bundeswehrzeitung Aktuell kann am 20. August 1992 hocherfreut auf ihrer Titelseite melden, daß die Grünen »ihre strikte Ablehnung einer militärischen Intervention […] im ehemaligen Jugoslawien aufgegeben« haben.933 Tatsächlich plädierten die beiden Grünen-Reisenden Helmut Lippelt, Bundesvorstandsmitglied, und Claudia Roth, gemäßigte Linke und Europaparlamentarierin, nach einem offiziellen dreitägigen Besuch im ehemaligen Jugoslawien für eine militärische Intervention gegen Serbien. Joschka Fischer bedankte sich bei beiden für diese wichtige Anregung zur Diskussion. Claudia Roth, die noch beim Weltwirtschaftsgipfel über die Grünen klagte und ihren baldigen Rückzug ankündigte, zeigte sich biegsam, um doch wieder ins Europaparlament zu kommen. Auch sie ist nun nicht mehr gegen die EU, sondern nur noch gegen diese EU, die der Maastrichter Verträge.934 Lippelts Ideal ist eine »WeltIn507
nenpolitik«.935 Wir können uns langsam vorstellen, wie die aussehen würde. Die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist, wie der Präses der EKD-Synode, Jürgen Schmude, erklärte, nicht mehr gegen einen militärischen Einsatz in Bosnien. Es könnte durchaus sein, »daß militärische Maßnahmen ein notwendiges und schuldhaftes Übel sind, um noch größeres Übel zu vermeiden«.936 Tausende von Soldaten sind mit schweren gesundheitlichen Schäden aus dem Golfkrieg zurückgekommen, veröffentlichte Dominic DiFrancesco, der Kommandeur der vier Millionen Mitglieder zählenden Veteranenorganisation American League. Sie leiden an chronischen Gelenkschmerzen und Atembeschwerden. Der Verband macht die hochgiftigen Dämpfe aus mehreren hundert Ölquellen in Kuweit verantwortlich. Die Ölquellen waren von irakischen Truppen und US-Bomben in Brand gesetzt worden. Mit mindestens 40 000 Tonnen Ruß täglich wurde im März 1991 eine unbekannte Menge an Chemikalien in die Luft abgegeben, wie die Internationale Meteorologische Organisation bekanntgab. Statt die Ursache der Krankheiten der SoldatInnen herauszufinden, schickte das Verteidigungsministerium die GIs zum Psychiater. US-Army und Pentagon haben inzwischen erklärt, die Luftbelastung sei »nicht von großer Bedeutung« gewesen.937 In einem künftigen Fall mag die Giftdosis den USA als Interventionsgrund ausreichen. Die kommende Weltmacht Europa wird eine waffenstarrende imperialistische Großmacht sein. In der Nach-Golfkriegs-BRD wird unter »Verantwortung« für 508
das Weltgeschehen der Einsatz von Militär und nicht die Abschaffung der mörderischen Weltwirtschaft verstanden. Der Westeuropäischen Union (WEU) gehören alle EU-Staaten außer Griechenland, Dänemark und Irland an. Ungarn, Polen, die CSFR-Nachfolgestaaten, Bulgarien, Rumänien, Litauen, Estland und Lettland sind über einen Konsultationsrat beteiligt. Am 19. Juni 1992 beschloß der WEU-Ministerrat mit seiner »Petersberger Erklärung«, künftig militärische Einheiten aller Streitkräfte für militärische Aufgaben zur Verfügung zu stellen, die unter dem Befehl der WEU durchgeführt werden. Uns beunruhigt, was uns beschwichtigen soll, daß die künftigen Einsätze der anfänglich 50 000 Soldaten unter dem Kommando des Planungsstabs in Brüssel »im Einklang mit den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen gefaßt« und die Aufgaben angeblich nur »humanitäre« und »Rettungseinsätze« an vorderster Front sind.938 Der ehemalige Flottillenadmiral Elmar Schmähling stellt die Mythen wieder auf festen Boden: Mit einer WEU-Eingreiftruppe würde »die militärische Intervention in Gebiete außerhalb Europas verfolgt«, ein »Rückfall in den kalten Krieg«.939 Wenn er da mal nicht untertreibt. Die WEU und »nicht die Sicherheitskonferenz KSZE (mit Mitgliedern bis Kirgisien!) bekam ›operative‹, also militärische Strukturen«, merkte die Presse (Wien) mißtrauisch an.940 »Weltinnenpolitik« ist das verschleiernde Zauberwort imperialistischer Außenpolitik zur Ablösung internationaler Solidarität. Von »WeltInnenpolitik« schwafeln fast 509
alle, von Helmut Kohl (CDU) bis Helmut Lippelt (Grüne). Eine Innenpolitik dieser gespaltenen, aufgeteilten Welt gibt es unter den herrschenden Bedingungen nur als vollständiges Niederdrücken der schwächsten Staaten und der ausgebeuteten Klassen. Die Utopie der solidarischen »Einen Welt« wird mit dem Begriff der »WeltInnenpolitik« zu einer zentralistischen Konstruktion der Herrschenden pervertiert. Der humane Traum vom »Innen« in dieser einen Welt gerät zum Alptraum, solange Kapitalismus, Rassismus, Entfremdung, Ausbeutung, Versklavung und Erniedrigung die Menschen quält. Die soziale Utopie einer solidarischen Welt könnte nur der Erfolg von Befreiungskämpfen von unten sein. Verbünden sich die Täter zu einer »neuen Weltordnung«, heißt das für die Opfer, daß sich die Organisationsform und die Gestalt der Unterdrückung verändern kann. Wie kommen ehemalige Linke, die es aufgegeben haben, die Verhältnisse in der Bundesrepublik radikal zu verändern, eigentlich dazu, diesen Sauhaufen UNO für reformfähig zu halten? WeltInnenpolitik auf kapitalistische Art braucht WeltInnenminister und einen Weltrepressionsapparat, wie die außergewöhnlich hemmungslose Zusammenarbeit deutscher Polizei- und Geheimdienste mit Repressions- und Folterapparaten in aller Welt beweist. Das oberste Gremium der vereinigten politischen Weltpolizisten ist der Weltsicherheitsrat der UNO, der als Werkzeug der USA den Golfkrieg betrieb. Die Bundesrepublik bemüht sich hinter den Kulissen um ihren Eintritt in diesen feinen Club. Dort 510
kann nur gleichberechtigt mitmischen, wer militärische Gewalt besitzt. Von 28 Bundeswehrbrigaden sollen bis Mitte der neunziger Jahre sieben Brigaden des Heeres, dazu Fregatten, Versorgungsschiffe und Minenräumer der Marine, Luftaufklärungs- und »Gegenangriffskräfte« hochmobil, flexibel und jederzeit einsatzbereit sein. Erstmalig seit dem Zweiten Weltkrieg wird Deutschland wieder über einen eigenen nationalen Generalstab verfügen.941 Der Bundesnachrichtendienst (BND) – dessen Präsident der heutige FDP-Vorsitzende und Außenminister Kinkel vier Jahre lang war – will mit seinem weltweiten Agentennetz künftig auch für die UN spionieren. Es wurde öffentlich, daß es hierüber zwischen BND und Bundesregierung bereits Gespräche gegeben habe. Eine Grundgesetzänderung sei nicht erforderlich. Es gehe um »rechtzeitiges Aufzeigen von Krisen und Gefahrenindikatoren«.942 Das entspricht vermutlich der Aufgabenbeschreibung der CIA, verantwortlich für Attentate, Morde, Militärputsche gegen demokratisch gewählte Regierungen in aller Welt. Die kaum vorstellbaren Beträge für einen solchen Weltrepressionsapparat mit Behörden, Geheimdiensten, Armee, Flotte, Datenspeichern, Waffen und Personal zahlen die Menschen aller Kontinente. Auch in Europa werden diese Ausgaben die Ärmsten noch ärmer machen. Inzwischen hat die SPD letzte emotionale Widerstände aus der Friedensbewegung überwunden und im Windschatten des Bundesverfassungsgerichtsurteils im Juli 1994 sich zum militärischen Einsatz deutscher Truppen in aller Welt 511
offen bekannt. Für die verschleierte Rückkehr zu früheren Pro-Atomenergie-Positionen in Gestalt des energiepolitischen Konsenses brauchte die SPD nur fünf Jahre. Der Weg zum vorerst blau gepinselten Stahlhelm wurde noch schneller zurückgelegt. Noch 1988 fiel auf dem SPDParteitag ein Antrag eines Kreises um Norbert Gansel durch, der damals erstmalig Blauhelmeinsätze deutscher Soldaten zulassen wollte. Im Mai 1991 bezog die SPD auf ihrem Bremer Parteitag rigoros gegen Kampfeinsätze unter UN-Hoheit Stellung: »Eine deutsche Beteiligung an militärischen Kampfeinsätzen unter UNO-Kommando oder durch Ermächtigung der UNO lehnen wir ab.« Eine strikte Trennung wollte die SPD zwischen den Blauhelmeinsätzen, die angeblich ausschließlich humanitären Zwecken dienen und die sie von nun an befürwortete, und militärischen Kampfeinsätzen, die mit sozialdemokratischer »Friedensund Sicherheitspolitik unvereinbar« seien.943 Schon diese Position war reichlich verlogen, weil Blauhelmeinsätze in der UN-Charta nicht definiert sind, also keine Grenze zu Kampfeinsätzen festgeschrieben ist.944 Noch am 13. Mai 1992 schrieb Bundestagsvizepräsidentm und bayrische Landesvorsitzende der SPD Renate Schmidt in einem Brief: Der Einsatz von Blauhelmen sei die maximale Position der SPD. »Eine weitergehende Öffnung wird es eindeutig mit der SPD nicht geben.« Es gebe keine Bestrebungen, von diesem Beschluß abzurücken.945 Für richtige Kampfeinsätze müßten »die Streitkräfte und die gesamte Gesellschaft erst vorbereitet werden«, sagt Volker Rühe und hilft eifrig 512
bei dieser Vorbereitung.946 Es ging schneller, als er dachte: Norbert Gansel, der außenpolitische Experte der SPDBundestagsfraktion, stand ab Juni 1992 der Beteiligung der Bundeswehr an Kampfeinsätzen im Rahmen von UNMissionen »ausgesprochen aufgeschlossen gegenüber«.947 Ende Juli 1992 erklärte SPD-Friedenspolitiker Egon Bahr, er befürworte die Beteiligung der Bundeswehr an internationalen UN-Kampfeinsätzen.948 Ex-DGB-Vorsitzender Heinz-Werner Meyer (SPD), wir hörten es schon, plädierte am 2. August 1992 für Kampfeinsätze. Am 10. August wollte auch der damalige SPD-Vorsitzende Björn Engholm Kampfeinsätze nicht mehr ausschließen, die unter UN-Aufsicht und mit Zustimmung des UN-Sicherheitsrates (wie beruhigend) stattfinden.949 Das ganze mündete bald in den Petersberger Beschluß der SPDPartei- und Fraktionsspitze vom 22./23. August 1992. Wenn die UNO möglichst viele Kontingente brauche »und dabei auch an die Bundesrepublik [herantrete], werden wir das dafür notwendige Abkommen prüfen und die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen«.950 Die SPD verzichtete sogar auf ihre Forderung nach einer Reform der UNO als Voraussetzung für Kampfeinsätze. Den nächsten Schritten der SPD weisen andere die Richtung: Die CDU ist jetzt für Kampfeinsätze ohne UN-Kommando. Seit 1993 sollen bis zu 2000 Bundeswehrsoldaten an Blauhelmaktionen beteiligt werden.951 Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Klaus Naumann, nannte das nächste größere Ziel: Ab 1995 sollen 50 000 deutsche Soldaten als 513
»Krisenreaktionskräfte«, als Eingreiftruppen, weltweit zu Kampfeinsätzen abkommandiert werden können: 40 000 Angehörige des Heeres, 8000 der Marine und 2000 der Luftwaffe. Sechs der acht Abgeordneten der Grünen/Bündnis 90 haben im Juni 1992 den Gesetzentwurf der SPD für den Einsatz der Bundeswehr unter Blauhelmfahne unterstützt,952 eine Position, die seit Gründung der Grünen über viele Jahre hinweg ihrer antimilitaristischen Grundüberzeugung widersprochen hätte. Entsprechend dem Motto Kaiser Wilhelms II. zum Auftakt des Ersten Weltkrieges – er kenne keine Parteien mehr, er kenne nur noch Deutsche, nähert sich jede angebliche Opposition der Regierungsposition und militaristischer Weltmachtlogik an. Opposition bei den Grünen oder der SPD bedeutet nichts Prinzipielles mehr. Es ist nicht mehr als eine Art Traditionspflege von ein oder zwei Jahre alten Beschlüssen. Der Abstand zur vorherrschenden Position bleibt meist gleich nah. Mensch zieht mit. Eines Tages in den Krieg. Schon morgen ist die SPD bereit, die »verteidigungspolitische Herausforderung eines [europäischen] Zusammenschlusses« ganz und gar anzunehmen, wie nach Ansicht Außenminister Kinkels (FDP) die Petersberger WEU-Erklärung beweise953 und wie sie mit Genschers Ankündigung auf der Generalversammlung der UNO am 25. September 1991, dafür die Verfassung ändern zu wollen, angekündigt wurde.954 Die politische Rechte bestimmt, wohin die SPD geht, nur immer ein bißchen langsamer, aber nie gegen die 514
zentrale Logik der Rekonstruktion deutscher Großmacht. Auch Japan rüstet für neue Kriege. Seit Juni 1992 dürfen, erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg, japanische Bodentruppen wieder im Ausland zum Einsatz kommen.955 Während eines Tages 50 000 deutsche Soldaten in alle Welt geschickt werden können, verschließt die Wachstumsfestung Europa die letzten Schlupflöcher. Eine gewisse Kritik voraussehend, beschloß die SPD-Führung in Petersberg praktischerweise gleich die Abschaffung des uneingeschränkten Asylrechts durch eine Änderung des Artikels 16 des Grundgesetzes. Lange schon haben SPD-Politiker, unter ihnen auch Manfred Stolpe, SPD-Ministerpräsident in Brandenburg, darauf gedrängt. Jetzt dürfen Flüchtlinge, die keine oder falsche Angaben machen, grundsätzlich kein Asylrecht mehr erhalten. Das gleiche gilt für AsylbewerberInnen aus sogenannten Nichtverfolgerstaaten (zu denen vom Auswärtigen Amt regelmäßig auch Staaten gerechnet werden, in denen tatsächlich gefoltert wird). Das Menschenrecht auf Asyl ist ein Individualrecht. Welche Listen auf der Basis welcher Informationen könnten der Gegenbeweis zur Fluchtbegründung eines einzelnen Menschen sein? Wer aus einem Land kommt, in dem nach Meinung der CDU nicht oder meistens nicht gefoltert wird, muß ohne wirklichen Fluchtgrund sein? Und würde ich auf der Flucht in ein fremdes Land am Flughafen, nach Tausenden von Reisekilometern, übermüdet und voller Angst und Ungewißheit, alle Informationen für einen Asylantrag fehlerfrei vortragen können? Nach Auffassung Engholms 515
und der SPD ist, wer ohne Paß flieht, ein Asylbetrüger. Können sich manche satten EuropäerInnen nicht vorstellen, daß Verfolgte auf den verschlungenen Pfaden der Flucht ihre Pässe verlieren, daß Herrschende Ausweispapiere beschlagnahmen, daß manchen Menschen ihr Leben und das ihrer Angehörigen wichtiger ist als ein Dokument? Die SPD hat mitgeholfen, ein Grundrecht durch einen Gesetzesvorbehalt auszuhebeln, der jeder Behörde die Möglichkeit gibt, Asyl zu verweigern. Mit dieser Kehrtwende der SPD, der auch Grüne wie Daniel Cohn-Bendit folgen, gibt es in der Bundesrepublik, fast 50 Jahre nach dem Ende des deutschen Faschismus, keinen grundgesetzlichen Schutz für Flüchtlinge mehr. Das wiegt um so schwerer, als die Bundesrepublik in aller Welt an der Verursachung von Flucht- und Wanderungsbewegungen mitbeteiligt ist. »Sehr geehrter Herr Minister«, schrieb Professor Dr. Hans Robert Hansen aus Wien an den sächsischen Kultusminister Meyer, »hiermit sage ich den an mich ergangenen Ruf an die Technische Universität Dresden ab. […] In ein Land, in dem solche Grundeinstellungen toleriert werden [die rassistischen Angriffe auf die Flüchtlinge in Rostock] und in dem Regierung, Polizei und Bevölkerung so tatenlos die Gewalt gegenüber Menschen mit ansehen, möchte ich nicht zurückkehren. Die Parallelen zu den Ereignissen des Dritten Reiches sind zu offensichtlich.«956 In Zeiten, in denen das Feindbild Ost – bis auf befürchtete Flüchtlingswanderungen – bröselt, braucht das Militär ein neues Verteidigungskonzept. Das Verteidigungsministe516
rium empfiehlt einen »neuen Sicherheitsbegriff«.957 Was das bedeutet, erläuterte Bundeskanzler Kohl auf der 33. Tagung der Bundeswehr-Kommandeure in Leipzig. Der Einsatzhorizont deutscher Streitkräfte schließe nun Unwägbarkeiten in Osteuropa, die Risiken in den postsowjetischen Republiken und Krisen von Pakistan bis nach Marokko ein. Zustimmend mahnte Generalinspekteur Naumann auf derselben Tagung, deutsche Soldaten müßten gefaßt sein, wieder in kriegerische Konflikte hineingezogen zu werden. Neue Kriege brauchen eine Auffrischung ihrer Legitimation. Ökologie dient nicht nur der Modernisierung des Faschismus. Immer häufiger muß die Zerstörung der Natur (außerhalb des Menschen) als Grund für militärische Strategien herhalten, obwohl der Krieg selbst der größte Vernichter von Menschen und Natur ist, nicht erst seit Hiroschima und den Abwürfen des dioxinhaltigen Entlaubungsmittels »Agent Orange« durch die Luftwaffe der USA über Vietnam. Nach Grünhelmen rufen vor allem diejenigen immer lauter, deren Politik die zerstörerische Normalität der kapitalistischen Produktionsweise erhält. Unter »Grünhelmen« werden UN-Truppen verstanden, die gegen Umweltzerstörung eingesetzt werden sollen. Ein Strategiepapier des Bundesverteidigungsministeriums bringt das dahinterstehende ökonomische Interesse auf die kürzeste Formel: »Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des Zugangs zu strategischen Rohstoffen.«958 Wofür wird eine diktatorische Weltregierung gebraucht? 517
Klaus Töpfer, bundesdeutscher Umweltminister (CDU), weiß: »Wir werden sehr viel stärker Verteilungskonflikte über begrenzte Ressourcen und über begrenzte – ich sage es einmal brutal – Verschmutzungsmöglichkeiten dieser Erde bekommen. Heute ist es die Kernenergie, morgen ist es möglicherweise jemand, der mit Gentechnik umgeht. Das alles ist im Umbruch, und man wird eine neue Antwort in der UNO finden müssen.«959 In einem internen Memorandum vom 12. Dezember 1991 bringt Lawrence D. Summers, Vizepräsident und Chefökonom der Weltbank, Töpfers unausgesprochene Frage auf den Punkt. Für die Unterstützung der »Abwanderung schmutziger Industrie« in den Trikont sprächen drei Gründe: »Die Kosten gesundheitsschädlicher Verschmutzung bemessen sich nach den entgangenen Einnahmen durch erhöhte Krankheit und Sterblichkeit. So gesehen sollte Verschmutzung in dem Land mit den geringsten Kosten stattfinden […] Die ökonomische Logik, eine Ladung Giftmüll in dem Land mit den niedrigsten Löhnen loszuwerden, ist untadelig. […] Ich war schon immer der Meinung, daß unterbevölkerte Länder in Afrika deutlich unterverschmutzt sind. Ihre Luftvergiftung ist, verglichen mit Los Angeles oder Mexico-City, ineffektiv gering.« Summers bedauert, daß wegen der hohen Transport- und Stromkosten »viel Verschmutzung nicht verschiebbar ist« und so ein »Handel mit Luftverschmutzung und Müll, der dem Wohlstand der Welt zugute käme«, verhindert würde. »Das Bedürfnis nach sauberer Umwelt aus ästhetischen und Gesundheitsgründen ist stark einkommensabhängig. 518
Die Besorgnis, etwa über einen Stoff, der die Wahrscheinlichkeit von Prostata-Krebs erhöht, ist erheblich größer in einem Land, in dem die Menschen lange genug leben, um überhaupt Prostata-Krebs zu entwickeln, als in einem Lande, in dem die Kleinkinder-Sterblichkeit bei 200 von 1000 liegt.«960 Die Barbarei hat Viele Gesichter. Dieser Weltbankrassist entscheidet mit über die finanziellen Mittel der globalen Umweltstiftung GEF, die die »nachhaltige Entwicklung« und den Wohlstand der Dritten Welt fördern soll, denn die Weltbank wurde beim Umweltgipfel in Rio zur Verwalterin eines Fonds gemacht, der bis auf 20 Milliarden US-Dollar anwachsen soll. Ihr Interesse an einer ökologischen Begründung militärischer Aggression formulierte die NATO schon 1969, vor der Veröffentlichung des ersten Berichtes des Club of Rome von 1972. Sie setzte einen Umweltausschuß ein, der die Aufgabe hatte, die strategische Bedeutung globaler ökologischer Zerstörung herauszuarbeiten: »Für die Verschlechterung und den Verfall der Umwelt und der Ökologie und die damit verbundenen sozialen Erschütterungen, die für die etablierte Ordnung in den entwickelten Ländern vielleicht die ernsteste Bedrohung darstellen, gibt es in der Menschheitsgeschichte kein Vorbild.«961 Die »Aufrechterhaltung […] des Zugangs zu strategischen Rohstoffen« setzt die Bewahrung der »etablierten Ordnung« unbedingt voraus. NATO-Strategen analysierten 1971, daß Umweltfragen zu »Angelegenheiten von globalem Interesse werden«.962 Sie 519
begannen ein Instrumentarium zu entwickeln, das imperialistische Politik um die »Ökologie« als Sicherheitsbegriff und als militärische Kategorie erweiterte. Das Konzept »Grünhelme« ist der gegenwärtige Ausdruck des militärischen Aspekts ökoimperialistischer Politik.963 Die Pervertierung der Ökologie in eine militärische Kategorie erhält längst philosophische Unterstützung. Sir Karl Raimund Popper, Wissenschaftsphilosoph, Vertreter des sogenannten kritischen Rationalismus, expliziter Gegner einer humanistischen linken Position, wird von konservativen und rechten Kräften wegen seines Kampfes gegen soziale Utopien und systemsprengende, revolutionäre Gedanken geschätzt. Für Popper gab es nie Kapitalismus, »auch nie etwas Ähnliches«, Industrialisierung könne nicht Verelendung bedeuten, und den Kolonien ging es immer besser. Das erste Ziel sei der Frieden (ich übersetze: Frieden für die herrschende Ordnung): »Wir dürfen […] nicht davor zurückschrecken, für den Frieden Krieg zu führen. […] wenn wir unsere Welt retten wollen. […] Es muß eine Art Einsatztruppe der zivilisierten Welt […] geben.«964 Wie zivilisiert sind Kriegshetzer? Und wem gehört »unsere« Welt? Wer Kriege rechtfertigen will, braucht Feindbilder: »Früher hielten wir Amerikaner die Umweltbelastung für ein räumlich begrenztes Problem, das nur die unmittelbare Umgebung oder Wohngegend des einzelnen betraf. Doch in den letzten zwanzig Jahren haben wir begriffen, daß sie nicht nur eine regionale oder nationale, sondern eine grenzüberschreitende Herausforderung darstellt. Folglich 520
hat sich unser bisher militärisch geprägtes Feindbild erweitert und schließt nun die Bedrohung der Umwelt und der Weltwirtschaft mit ein.« So der US-Generalleutnant Henry Hatch.965 Das Konzept des Einsatzes von Militär zur angeblichen Rettung der Natur hätte vor wenigen Jahren in der Bundesrepublik noch ein lautes entrüstetes Echo hervorgerufen. Heute finden wir ÖkomilitaristInnen in allen etablierten politischen Parteien (einschließlich der Grünen/Bündnis 90), in der Wirtschaft, den Medien und in den Umweltverbänden. Ökologische Politik war gefährlich geworden, trug systemkritische Sprengkraft in sich, verband die Lösung ökologischer Probleme mit der Lösung der sozialen Frage und wurde in weiten Kreisen unbedingt antikapitalistisch begriffen. In einigen Initiativen, Verbänden und vor allem in den Grünen in ihrer linken Phase von 1984 bis 1988 hatte eine antikapitalistische radikalökologische Orientierung eine organisatorische Basis, die politisch interventionsfähig war und populär in die Gesellschaft hineinwirkte. – Zu den noch unaufgeklärten Fragen der grünen Geschichte gehört das Zusammenspiel von politischen Kräften innerhalb und außerhalb der Grünen mit dem gemeinsamen Ziel, diese zu entradikalisieren. Das sich verbreitende ökologische Bewußtsein mußte auf die Propagandabedürfnisse und Legitimationsstrategien von Kapital und Militär zugeschnitten, seiner politischen Sprengkraft entledigt werden. Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) sah ab Frühjahr 1991 neben Atomkraftwerken im Osten fast nur noch 521
Grünhelme. Er warb für die Bildung einer ökologischen Eingreiftruppe der Vereinten Nationen, die weltweit gegen »die neue Aggression über Umweltverstöße« einschreiten solle.966 Ganz plötzlich hatten alle dieselbe Idee. Ex-Außenminister Genscher (FDP) erklärte im Juli 1991 in Portugal, daß sich europäische Einheiten an der Aufstellung gemeinsamer Grünhelmverbände im Rahmen der UNO beteiligen sollten, die die Aufgabe hätten, für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu sorgen,967 und im Januar 1992, auf der zweiten Außenministerkonferenz der KSZE in Prag, verlangte Genscher Grünhelmeinheiten im Rahmen der KSZE, die für die »Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen«968 zu sorgen hätten. Die Botschaft kam an. Im Mai 1992 schlugen 15 Mitgliedsländer der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) die Bildung von Grünhelmtruppen vor.969 Der begrünte Stahlhelm gefällt auch Rosagrün. Was opfert mensch nicht alles für die Umwelt! Freimut Duve (SPD-Bundestagsabgeordneter) fordert die Einschränkung der Souveränität nationaler Staaten, etwa wenn »die Übernationalität von Umweltproblemen (Wasser, Klima) nicht respektiert wird«. Notfalls nehme man zur Durchsetzung den »Weltknüppel«. Zur besseren Durchsetzung seines Arguments schreckt Duve auch nicht vor Verblödung zurück: In diese Drohung seien selbstverständlich alle Staaten der Welt einbezogen und damit »in der neuen Rechtsordnung der Welt auch die Supermächte nicht mehr souverän«.970 Da werden die sich aber fürchten! 522
Mit einer auf vergleichbare Weise an der Wirklichkeit vorbeilügenden Dichtung plädiert auch Michael Müller (SPDBundestagsabgeordneter und sogenannter Klimaexperte der SPD) für die Schaffung von Strukturen, die eine »ökologische WeltInnenpolitik« durchsetzen können. Notwendig dafür sei ein »neues Souveränitätsverständnis und ein partieller Verzicht auf nationale Rechte sowie eine Verbesserung der Qualität und Effizienz internationaler Institutionen«. Der Verzicht auf nationale Rechte von Trikontstaaten würde diese vollends dem Zugriff der kapitalistischen Zentren und ihrer Agenturen wie Weltbank oder Internationaler Währungsfonds (IWF) ausliefern. Oder meint Müller gar die Einschränkung der Souveränität der Zentren? Wir sehen vor unseren Augen, wie die USA auf ihre nationale Souveränität verzichtet und die EU-Kommission alle Pläne für die Großmacht Europa freiwillig aufgibt. Müller sei Dank! Geschaffen werden müsse, sagt er, ein »ständiger Rat für Umwelt und Entwicklung, der mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist«, sowie die »verbindliche Festlegung wirkungsvoller Sanktionsmechanismen« bei Verstößen gegen UN-Umwelt-Konventionen.971 Über diesen ökologisch verkleideten Schleichweg nähert Müller sich weltpolizeilichen Vorstellungen. Wenn nichts geschähe, sagte Müller auf einem Symposion der SPD, bliebe als einzige Lösung die weltweite Einführung einer »Ökodiktatur«.972 Statt Grünhelme und Ökodiktatur zu fordern oder herbeizureden sollte lieber an der Änderung der Produktion und deren Bedingungen gearbeitet werden. Statt dessen heißt es auf EU-Ebene zurück 523
in die Steinzeit der Pestizidgifte und: Freigabe der Vergiftung des Nahrungsmittels Grundwasser. DDT, das langfristig tödliche Gift kehrt zurück: Am 24. Juni 1994 erlaubten die EU-Landwirtschaftsminister – noch gegen die Stimmen der BRD und der Niederlande – die erweiterte Vergiftung des Trinkwassers mit Pestiziden wie Atrazin, Lindan, 2,4,5-T (ein Grundstoff des berüchtigten Entlaubungsmittels Agent Orange) und DDT. Der Vergiftungsgrad durch einzelne Gifte wird im Grundwasser nun bis zu 2000mal mehr betragen als bisher schon. Der nächtliche Beschluß ist der erste Schritt, den viel zu hohen, vom Chemiekapital jedoch seit Jahren bekämpften Grenzwert von 0,1 Mikrogramm eines Pestizids und 0,5 Mikrogramm für alle Pestizide zusammen je Liter Trinkwasser(!) aufzugeben.973 Würde dieser Grenzwert als geltendes Recht ernst genommen werden, müßten schon heute ein Drittel bis die Hälfte der heute auf dem europäischen Markt gebräuchlichen Pestizide verboten werden. Vorläufig geltende Ausnahmeregelungen für Länder mit schon existierenden Verboten – wie die BRD – ändern an der Beurteilung der EU als Giftkartell nichts, und mittelfristig wird sogar diesen Ländern die Aufhebung ihrer Verbote aufgezwungen, wegen des freien Handels im gemeinsamen kapitalistischen EU-Binnenmarkt. In der BRD ist die Anwendung von DDT beispielsweise seit 1992 und seine Herstellung seit 1978 verboten. DDT, das sich in menschlichem und tierischem Fettgewebe ansammelt, kann Krebs auslösen, Gehirn und Nerven, Leber- und 524
Nierengewebe schädigen und zerstören. Nachdem weltweit in der Nahrungskette DDT gefunden worden war, wurde – nach jahrelangen, harten Auseinandersetzungen – in den 70er Jahren die Produktion und die Verbreitung des Fraßund Kontaktgiftes verboten. So wie die Hoechst AG an Basta-resistenten, genmanipulierten Pflanzen arbeitet, dürfen wir wohl bald mit der Forschung für einen genmanipulierten, pestizid-resistenten Menschen für das Wohl des Kapitals rechnen? Mit der Gentechnik kommen jetzt viele der »alten« mörderischen Gifte wieder. Die Machtverhältnisse verschieben sich immer mehr Richtung Kapital für eine ungehinderte Profitmaximierung. Offene Grenzen? Für jeden profitablen, tödlichen Stoff: Im Mai 1994 kippte der Europäische Gerichtshof auch das Verbot des dioxinhaltigen Holzschutzmittels Pentachlorphenol (PCP) in der BRD. Seit 1989 gibt es einen Grenzwert von 0,01 Prozent PCP in Holzschutzmitteln und 0,5 Prozent in behandeltem Holz, also nur ein Beinaheverbot. Der EU-Grenzwert liegt seit 1991 bei 0,1 Prozent. Auch dieser miese Grenzwert wird PCP-Verbot genannt.974 Hier wäre Handlungsbedarf für den angeblichen Umweltexperten der SPD, Michael Müller, aber außer windigen Kommentaren nichts zu sehen und zu hören. Ach ja, wahrscheinlich wartet Müller händeringend auf den Einsatz der Grünhelme gegen die EU und gegen die nationalen Regierungen in EU-Europa. Auf Udo Knapps (ehemals Grüne/Bündnis 90, heute SPD) Antrag hin wurde am 21. März 1970 der Bundesvor525
stand des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds SDS und damit der SDS aufgelöst. Niemand kann sagen, daß dies eine besonders basisdemokratische Entscheidung gewesen sei. Im April 1970 kündigte er die Gründung einer Organisation der »revolutionären Intelligenz« in anderthalb bis zwei Jahren als Voraussetzung für eine »proletarische Kampforganisation auf nationaler Ebene« an. Wir wissen nicht, welche der zahllosen linken Organisationen für ihn damals die »proletarische Kampforganisation auf nationaler Ebene«975 wurde, wir wissen nur: Knapp entdeckte den Ritt auf der Zeitgeistwelle. Er schloß sich in den achtziger Jahren den Grünen an und half Otto Schily, diese nach rechts zu prügeln (als es fast soweit war, trat Schily in die SPD über, weil er Bundestagsabgeordneter bleiben wollte). Knapp bewunderte den Golfkrieg und wandelte sich vom linken Militanten zum rechten Militaristen. Die »Bewohner des Nordens«, schreibt Knapp in der Zeitschrift Natur976, die für ihr positives Denken vom Clubof-Rome- Mitglied und Ex-VW-Vorstand Daniel Goeudevert heftig gelobt wurde, müssen ihren Lebensstandard, »eine Fülle von Lebenschancen und ein vom Lustprinzip bestimmter Konsumismus« verteidigen – gegen »die äußere Bedrohung durch den Rest der Welt«. Er beschreibt den »Norden« bereits als eine »Burg«, die gegen »den Süden« verschlossen bleiben müsse. Der Süden solle sich weder gegen die Ausplünderung und Naturzerstörung durch die Burgherren wehren – das sei, belehrt uns Knapp, »romantischer Antiimperialismus« – noch »die historische Entwick526
lung der Industriegesellschaft im Norden wiederholen«. Denn »das würde die gemeinsame Überlebensgrundlage von Burg und Vorland mit großer Wahrscheinlichkeit zerstören«. Andererseits würde das Öffnen des Tors oder das Schleifen der Mauern die Zerstörung der Burg zur Folge haben. Auch dies entzöge der Überlebenschance aller (ach so) Menschen die Basis. Nur allmählich, durch Übernahme westlicher Technologien und »marktwirtschaftlicher« Prinzipien, bestehe die Aussicht »zur Einbeziehung des Vorlandes hinter die Burgmauern«. Knapp will die Burg mit Gewalt verteidigen: Auf der Basis eines internationalen, natürlich »ökologischen Gewaltmonopols« bestehe die »nächste, wichtige« Aufgabe der Vereinten Nationen in der Schaffung von Grünhelmen, einer »Rapid Force der Weltökologie«. Selbst Metropolenegozentriker Knapp gibt zu, »daß der größte Teil der Umweltbelastungen heute von den Metropolen verursacht wird. Dennoch besteht eher hier, hinter den Burgmauern, die Chance für eine ökologische nachhaltige Entwicklung‹. Von hier aus besteht die Chance zu einem Blick auf die Welt als Ganzes und ihre gemeinsame Zukunft. Aus der Burg heraus muß für die ganze Welt eine Zukunft eröffnet« werden. Den grünen Yuppie interessiert nicht, daß sich innerhalb seiner Wagenburg Erwerbslosigkeit, Armut und Elend, Obdachlosensiedlungen, Ghettos und Slums ausbreiten. Knapps Rechtfertigung, »der Weltnorden ist zur Dominanz verurteilt«, ist die zeitgemäße Variante eines Satzes aus der Zeit der Jahrhundertwende: Die europäischen 527
Mächte verteidigten damals die koloniale Besetzung und Ausplünderung mit der Behauptung, daß sie den »Wilden« die »Zivilisation« brächten; dies sei »die Bürde des weißen Mannes«. Militärische Strategien bekommen immer wissenschaftliche Unterstützung. Professor Udo Ernst Simonis, Umweltwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin und Vorsitzender des Kuratoriums der deutschen Umweltstiftung, fordert: »Die UN – und damit UNEP [Umweltprogramm der Vereinten Nationen] – sollten weiter gestärkt, über Grünhelme müßte jetzt […] entschieden werden.«977 Ist es ein Zufall, daß aus diesem Wissenschaftszentrum zur selben Zeit wissenschaftliche Konzepte zur Befriedung von Widerstand, etwa das Mediationsverfahren, kommen? (Siehe S. 440ff.) Alle zitierten Grünhelmfans befinden sich im Einklang mit einem Strategiepapier der Kernforschungsanlage (KFA) Jülich (eines der drei Forschungszentren für Atomfusion) von 1988: Notwendig sei die Etablierung einer »ökologischen WeltInnenpolitik« unter der Herrschaft eines »Weltregimes«, das stark genug sein müsse, »durch Machtpolitik auf die außerhalb des Regimes stehenden Staaten einzuwirken, um sie zu Vermeidungsmaßnahmen zu bewegen. […] Staaten wie China, aber auch Indien, potentielle Großmächte des 21. Jahrhunderts und auf die Nutzung fossiler Energien […] ausgerichtet, können von den Supermächten nicht ohne ein hohes Maß an Konfliktbereitschaft durch die Sanktionsspannen der Macht 528
zu durchgreifenden, sie wirtschaftlich schwer belastenden Vermeidungsmaßnahmen gedrängt werden. Aus ihrer Interessenposition heraus könnten solche Länder, wie andere Staaten mit reichen Kohlenwasserstoff-Vorräten oder die großen Tropenwaldbesitzer (Brasilien, Zaire, Indonesien) auch, der ihnen nahegelegten Vermeidungsstrategie [bei drohenden ökologischen Schäden] eine Blockierungsmacht entgegenstellen, um die Bildung eines umfassenden Regimes zu verhindern […] Die nationale und die internationale Politik könnte vor einer schwierigen Wahl stehen: die zumindest ansatzweise antizipierbaren Konflikte im Rahmen einer Vermeidungsstrategie auszutragen oder gänzlich unvorhersehbare Konflikte in einer mit einem neuen Klima konfrontierten Welt zu riskieren.«978 Das Papier erklärt, was mit WeltInnenpolitik wirklich gemeint ist und daß Krieg nicht nur zur angeblichen Rettung der Natur bei erfolgtem Schaden, sondern auch vorsorglich (»antizipierbare Konflikte«) gegen sogenannte Umweltverbrecher geführt werden kann. Wenn Sprache nur noch Lüge transportiert, werden selbst Atomtests »umweltverträglich« (US-Verteidigungsminister Richard Cheney).979 Nehmen wir einmal an, es ginge den Grünhelmbetreibern um den Schutz der Natur. Kann sich irgendjemand allen Ernstes vorstellen, daß Grünhelme gegen ein geplantes Atomkraftwerk von KWU/Siemens, gegen ein Genlabor der Hoechst AG, eine Pestizidproduktion von Bayer oder eine den Amazonaswald zerstörende Rinderfarm von VW oder Daimler eingesetzt würden? - Der Club of Rome will einen 529
Umweltsicherheitsrat der Vereinten Nationen; ökologisches Wohlverhalten – aus der Sicht der kapitalistischen Zentren, deren Tarnverein die UNO geworden ist –, soll notfalls mit Grünhelmgewalt, also militärisch, erzwungen werden.980 Die gewaltigsten Militärpotentiale sind in der Hand der Herrschenden des reichen Nordens. Diese rüsten für den Kampf um neue Märkte. Sie wollen die letzten Ressourcen plündern, Böden, Tiere, Pflanzen, menschliche Arbeitskraft und das genetische Potential des Menschen. Zur Durchsetzung dieser Interessen wird die Militarisierung der Ökologie gebraucht. Grünhelme helfen bei der Stabilisierung der herrschenden Ordnung. Die Ökologie wird gebraucht, um die Akzeptanz von militärischen Übergriffen und Kriegen bei den Bevölkerungen des Nordens zu erhöhen. Ökologie wird zum Kampfbegriff der Barbarei. Ginge es dem reichen Norden wirklich um die Rettung der Natur, würden in Portugal nicht Korkeichen-, Kastanien- und Ölbaumwälder in großem Maßstab für schnell wachsende Eukalyptusplantagen abgeholzt, die die Kassen der Zellulosefabrikanten füllen sollen, aber sowohl die Natur als auch die soziale Existenz der von den traditionellen Mischwäldern lebenden KleinbäuerInnen und -bauern gefährden. Ihr Widerstand gegen die EU-verordnete Monokultur zerbricht unter Polizeiknüppeln.981 Ginge es den Herrschenden um den Schutz der Natur, würden weder zusätzliche 12 000 Autobahnkilometer in Europa geplant,982 noch eine Atomstromsteigerung um 10 Prozent,983 es gäbe keine Energiecharta, die den Raubbau Osteuropas vorbe530
reitet; der größte Fluß Griechenlands, der Acheloos, würde nicht von West nach Ost umgeleitet, als wäre Stalin wiederauferstanden, nur weil ein Betrag von 600 Millionen Mark für die erste Bauphase aus Brüsseler Strukturfonds ausgegeben werden muß.984 Ginge es um die Natur, würden nicht europaweit riesige Staudämme geplant, die Landschaften ersäufen, keine neuen Autobahnen würden Naturreservate durchschneiden und große Wälder würden nicht für neue Industrieanlagen gefällt. Ginge es um die Natur im Trikont, wäre das mindeste, seine sogenannten Schulden – die in Wirklichkeit Wucherzinsen für in den siebziger Jahren den Oligarchien und den Diktaturen aufgedrängtes, überschüssiges Kapital sind – restlos zu streichen, die Plünderung der Ressourcen im Trikont durch die Weltbank und das Kapital zu beenden, Diktaturen beziehungsweise autoritäre Regime mit Pseudoparlamenten nicht mehr zu unterstützen, gerechte Preise für Waren aus dem Trikont zu bezahlen, die nationalen Landwirtschaften nicht mehr den vernichtenden Anforderungen des Weltmarktes zu unterwerfen und den Angriff auf den genetischen Reichtum der Menschheit sofort zu beenden. Das alles sind Forderungen, die erst umsetzbar sind, wenn wir einen Weltmarkt durchsetzen würden, der dem Kapitalverwertungsinteresse nicht mehr unterworfen ist.
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Bevölkerungspolitik als Kampfbegriff Ökologie als Kampfbegriff gegen Menschen im Trikont erhält eine breite gesellschaftliche Legitimation, wenn einer wie Ernst Ulrich von Weizsäcker (1984 bis 1991 Direktor des Instituts für Europäische Umweltpolitik und seit 1992 Präsident des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie an der Bergischen Universität) sagt: »Ja, in der Tat, die Bevölkerungsexplosion ist eines der größten Umweltprobleme.« Mit dieser alle Fakten vollständig verdrehenden Ursachenbestimmung befindet sich Weizsäcker in trauter Übereinstimmung mit der UNFPA, dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, der feststellt, »Überbevölkerung« sei Hauptursache für die Probleme der Umweltzerstörung und das Bevölkerungswachstum habe »höchst nachteilige Folgen für die Umwelt«.985 Die Gegenargumentation findet kaum Öffentlichkeit. Die Bilder von vielen Menschen, vor allem Kindern, mit schwarzer oder brauner Hautfarbe dienen dem Zweck, die »Fremden« zu entindividualisieren und zur bedrohlichen Masse werden zu lassen, zu »Tiermenschen«, wie Blavatsky oder Steiner sagen würden, dem, wie Gruhl, der »arische« Europäer als die höchste Stufe menschlicher Entwicklungsgeschichte gilt. Staatliche Bevölkerungspolitik meint im kapitalistischen Norden Stimulans oder Zwang zur Gebärproduktion. Im Trikont werden die früheren Bevölkerungsprogramme (zum Beispiel in Puerto Rico oder gegen schwarze Frauen in den Südstaaten der USA) unter dem 532
neutralen Deckmantel der UNO weitergeführt. In Brasilien besitzt 1 Prozent der Großgrundbesitzer 60 Prozent des fruchtbaren Bodens und nutzt einen großen Teil davon für Exportgüter, für Maniok, Soja oder tropische Früchte. Die Mehrheit der kleinen Betriebe darf nur etwa drei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche nutzen. In anderen Trikontstaaten ist die Situation vergleichbar: Multinationale Konzerne haben den Menschen ihren Boden und ihre Nahrung mit Gewalt geraubt. Die Bundesrepublik Deutschland, die Schweiz, Dänemark, Belgien und die Niederlande sind dichter besiedelt als Länder wie Indien, Bolivien, der Tschad oder Somalia, die gemeinhin als überbevölkert gelten.986 Uns werden nie Bilder aus Europa mit verstopften Straßen und Städten voller Autos vorgehalten mit dem warnenden Verweis auf die bundesdeutsche Geburtenrate. Die kapitalistische Verschleiß- und Verschwendungswirtschaft zerstört die Erde. Werden uns je Fotos von riesigen Abfallbergen oder von sprudelnden, stinkenden Abwasserrohren gezeigt mit der Aufforderung an die Manager, sich als erste sterilisieren zu lassen, weil sie und ihre Nachkommen einfach zuviel verprassen? Daß eine Deutsche (durchschnittlich) 17mal soviel Energie verbraucht wie eine Inderin, ein US-Amerikaner 27mal soviel wie ein Chinese, Kinder in arabischen Ländern ein Zehntel dessen an wichtigen Nährstoffen erhalten wie Hunde und Katzen in den USA – das alles kümmert unsere BevölkerungspolitikerInnen nicht.987 Ihre Interessen sind andere. Wenn ein vollständig 533
entmenschlichter Ökologiebegriff je Maßstab sein dürfte, müßten dann nicht die Zahlen derjenigen Menschen reduziert werden, die die Umwelt am intensivsten verbrauchen und vergiften? Durch gezieltes Preisdumping, durch die Technisierung und Chemisierung der Landwirtschaft, durch Computerisierung und künftige Gentechnologie wurden und werden riesige Landstriche im Trikont mit immer weniger Menschen profitabel ausbeutbar. Das Kapital braucht Arbeitskräfte, und um soziale Ansprüche niedrig zu halten, ein gewisses Maß an menschlicher verelendeter Reserve. Die Menschen, die nicht gebraucht werden, sind, aus der Sicht des Kapitals, Überschuß, die sogenannte Überbevölkerung. Denn zu viele enteignete und hungernde Menschen könnten die Idee reizvoll finden, sich mit Revolutionen und Aufständen zu nehmen, was ihnen gehört. Es dient nichts anderem als der Akzeptanz imperialistischer Bevölkerungspolitik in halbaufgeklärten Kreisen der kapitalistischen Zentren, wenn heute »Umweltschutz« oder die »Emanzipation« der Frauen im Trikont als Rechtfertigung für bevölkerungspolitische Zwangsprogramme herangezogen werden. Die herrschende Bevölkerungspolitik meint die Reduktion der Armen, nicht der Armut, meint die Beseitigung minderwertigen, überflüssigen »Menschenmaterials«. Zum Beispiel Puerto Rico: Die Insel lieferte einmal genug Nahrungsmittel für ihre BewohnerInnen. Die Kolonialmacht USA stellte die gemischte Landwirtschaft auf Zuckerrohr und Plantagen für den Export um. Puerto Rico 534
mußte Grundnahrungsmittel importieren und wurde vollständig von den USA abhängig. Während des Höhepunktes des Widerstands durch eine Befreiungsarmee – die im Gegensatz zur kubanischen nicht siegte – begannen die USA mit einer bevölkerungspolitischen Kampagne: »La Operation«. 1965 waren 35 Prozent aller puertoricanischen Frauen sterilisiert, während der Bedarf der multinationalen und US-Konzerne an Arbeitskräften durch technologische Innovationen und Produktionsveränderungen weiter sank. Um die Sterilisierung in einer verarmten Bevölkerung durchzusetzen, wurden alle Fürsorgemaßnahmen für Mutter und Kind gestrichen. Ärzte erhielten Prämien für jede Sterilisation. Es wurde üblich, die Frauen gleich nach einer Geburt dazu zu überreden. Der »Plan 2020« der Puerto-Rico-Experten in der US-Regierung sieht vor, die Insel nur noch für Militärbasen, High-Tech-Industrieparks und für Abbau von Mineralien zu nutzen. Statt vier Millionen Menschen sollen dann nur noch anderthalb Millionen in der US-Kolonie leben, der Rest wird durch Bevölkerungspolitik verhindert. Anstatt die soziale Lage aller Menschen auf ein humanes Niveau zu heben, statt patriarchal-kapitalistische Herrschaftsstrukturen und Ausbeutungsverhältnisse abzuschaffen, könnte eine Ideologie etwa mit folgender Botschaft um sich greifen: Wenn die Natur durch zu viele Menschen der falschen Hautfarbe oder der falschen ethnischen Herkunft so entsetzlich bedroht wird und sich diese »Gangster« (Konrad Lorenz), die Menschen im Trikont, so »heuschreckenhaft« 535
vermehren und sich unseren gutgemeinten bevölkerungspolitischen Zwangsprogrammen entziehen, dann, eines Tages … zu unser aller Leidwesen … notfalls – »natürlich« mit ökologischer Begründung und ganz »vorsorglich« (KFA Jülich) – und nur in allerbester Absicht zur Rettung der Natur könnte es Krieg geben. 1987 erklärte WHO-Mitarbeiter David Griffin: »Häufig auftretende Schwangerschaften werden zu Epidemien. Um Epidemien zu vermeiden, stellt der AntischwangerschaftsImpfstoff eine sehr attraktive Waffe dar, die in das gegenwärtige Waffenarsenal integriert werden muß.«988 Eine dänische Zeitschrift veröffentlichte auf ihrer Titelseite das Foto einer schwangeren »schwarzen« Frau mit der Aufschrift »Bombe«.989 Wer so bedroht wird, muß doch zu seiner Verteidigung zu den Waffen greifen dürfen. Das Feindbild »Mensch« wird vorbereitet, das Gift wirkt schon. Fotos, Überschriften, Texte über »Bevölkerungsexplosionen« und »Menschenlawinen« in bundesdeutschen Medien stiften zu weltweiten Pogromen an, für deren konkrete Gestalt meine Phantasie nicht ausreicht.
Das rosa-grüne Band der Sympathie Europäische Kapitalinteressen werden auch vor Ort durchgesetzt, und selbst Rosa-Grün beteiligt sich als Empfangskomitee. Alle Befürchtungen, die SPD/Grüne-Regierung 536
könnte das Geschäft der Banken irritieren oder gar diese in die Flucht schlagen, hatten sich nach der hessischen Kommunalwahl 1989 bald beruhigt. Erfreut stellten Banker bei der Commerzbank fest, daß seit dem Machtwechsel im Frankfurter Römer »mehr Offenheit gegenüber den Interessen der Banken [herrsche] als vorher«.990 Ex-Oberbürgermeister Volker Hauff, heute Springer-Lobbyist, beeilte sich, allüberall seine Wirtschaftsfreundlichkeit zu betonen. In Oberbürgermeister von Schoeler hat er einen würdigen Nachfolger. Inzwischen sind Banker die engsten Berater des grünen Stadtkämmerers und Umweltdezernenten Tom Koenigs. Tom Koenigs, nach einer großen linksradikalen Kurve in den siebziger Jahren einschließlich einer Spende an den Vietkong, ist auf dem Weg zurück in familiäre Gefilde. Vor dem Industrieausschuß der Frankfurter Handelskammer machte der Bankierssohn einen guten Eindruck, meldete die Zeit.991 Hochhäuser sparen keinen Platz, sie brauchen unverhältnismäßig mehr Fläche an notwendiger Infrastruktur (Straßen, Parkplätze, Läden, Dienstleistungseinrichtungen) um sich herum als vierstöckige Häuser, bei denen dieses Verhältnis am ausgewogensten ist. Sie stoppen Kaltluftströme, das bedeutet noch mehr Smog in Frankfurt. Sie zerschneiden Stadtteile, schaffen und verschärfen dort, wo Menschen wohnen müssen, ein soziales Problemklima. Die wohn- und arbeitsbiologische Situation ist in den Monumenten aus Beton, Stahl, Glas, Kunstfasertapeten, Plastikteppichböden und Klimaanlagen gesundheitsschä537
digend. Das durch alle Politikbereiche hindurchwabernde Verlangen zu beweisen, wie wirtschaftsfreundlich die Grünen sind, hat diese veranlaßt, der Grund- und Bodenspekulation keine deutliche Absage mehr zu erteilen. Die Wolkenkratzer der Banken in der Frankfurter Innenstadt heizen die Spekulation an. Die Folgen sind: Vernichtung billigen Wohnraums, Zweckentfremdung, Umwandlung, Spekulation und MieterInnenvertreibung. Gegen die Entwicklung der europäischen Diktatur ist auch von Rosagrün kein Widerstand zu erwarten. Grüne Politik in Frankfurt hat sich der Wachstumslogik vollständig unterworfen. Institutionen Europas wie die Europäische Zentralbank wurden von den Grünen schon in ihrer Koalitionsvereinbarung mit der SPD von 1989 herbeigesehnt, und im Juni 1992 bekräftigte Umweltdezernent Koenigs dieses Begehren.992 Was kümmert ihn die absehbare weitere Verknappung von Wohnraum, wenn 2000 EU-MitarbeiterInnen mit ihren Familien den Druck auf 60 000 Wohnungssuchende verschärfen, die Mietpreise weiter nach oben getrieben werden? Und welchen Rosagrünen interessieren noch die ökologischen Auswirkungen: Betonierung, mehr Verkehr mit allen Folgen? Die Partei der Dezentralisierung wird zur Partei, die jeden Wachstumsschub freudig begleitet. Die frühere Kritik an der Hoechst AG, die die Luft, das Wasser und den Boden der Stadt vergiftet, gibt es nicht mehr. Im derzeit gültigen Programm der Frankfurter Grünen wird der Konzern, der die Stadt beherrscht, nicht einmal mehr erwähnt. Die ka538
pitalistische Produktionsweise und die mit ihr untrennbar verbundenen gesellschaftlichen Herrschafts- und Ausbeutungsstrukturen sind kein Gegenstand grünen Protestes mehr, denn auch die grüne Mittelschicht in Regierungsämtern hofft, auf der Sonnenseite künftiger Entwicklung zu stehen. Sie bekämpfen Entwicklungen nicht mehr, die mit Sicherheit viele Millionen Menschen in Europa ins Elend stürzen werden. Rosa-Grün hat einen Frankfurt-Paß eingeführt. Der ändert zwar nichts an Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot oder schlechter Ernährung. Aber er hilft, die Freizeit in Palmengarten oder Zoo besser totzuschlagen. Wo im grünen Programm von 1989 noch lächerliche 100 Mark Sozialhilfeerhöhung versprochen wurden, hat Rosagrün in seiner Praxis keine müde Mark auf den Regelsatz von 475 Mark (monatlich) aufgestockt. In Frankfurt gibt es über 55 000 SozialhilfeempfängerInnen, mehr als die 50 000 Bankangestellten (Ende 1991; 1980: 35 000) in 426 Banken und Sparkassen. Es gibt rund 25 000 gemeldete Arbeitslose, und arm sind auch viele der 25 000 bis 35 000 Teilzeitbeschäftigten, die Mehrheit davon, wie überall, Frauen.993 Rechtzeitig vor den Kommunalwahlen 1993 machte Rosa-Grün in Frankfurt den Schritt auf die Seite der Saubermänner und -frauen: Man bedient sich der Hilfe der Polizei, um die Grünanlagen von drogenabhängigen Menschen zu säubern; Banken, Geschäftsleute und potentielle WählerInnen verlangen eine saubere Stadt. Neue grüne Umweltpolitik? Nein, die Wirtschaft will die autofreund539
liche Stadt. Daß es darin ein paar künstlich bewässerte Grünanlagen für den Spaziergang in der Mittagspause geben soll, ist kein Widerspruch. Mehr stadtteilverbindende leise, moderne Straßenbahnen, die auf eigenem Gleiskörper fahren und auch nachts die Innenstädte beleben? Das planvolle Verdrängen der Autos aus der Stadt? Nichts davon. U-Bahnen räumen für die bis zu vierzigfachen Bau- und Betriebskosten (im Vergleich zur Straßenbahn) die Straßen für die Autos frei – wofür sie in den fünfziger Jahren ja auch geplant wurden. Autotunnels, Straßenanbindungen und neue Autobahnabschnitte saugen mehr Autoverkehr in die Stadt. Mit den bekannten Folgen, unter denen die Menschen in den meisten bundesdeutschen Städten leiden: Luftvergiftung, Gesundheitsschäden, Lärm, Beeinträchtigung ihrer Bewegungsfreiheit im städtischen Raum und tödliche Gefahren. Ein Milliardentunnel unter dem Hauptbahnhof – ein kapitalfreundlicher Plan, unterstützt vom grünen Umweltdezernenten Tom Koenigs – soll es Metropolen-Yuppies wie den Grünen möglich machen, mal eben in Paris einen Pernod zu schlürfen, während die Menschen, die von weit her nach Frankfurt zur Arbeit fahren, in Bummelzügen buchstäblich auf der Strecke bleiben oder aufs Auto umsteigen müssen, weil es vielerorts keine Schienenanbindung mehr gibt oder weil die Bahn angeblich kein Geld für zusätzliche Waggons und zusätzliche Schienen bei Engpässen hat. Eine politische Wurzel der Grünen war die Bewegung gegen die Startbahn-West des Frankfurter Flughafens. Heu540
te »bejahen« die Grünen »die Bedeutung und Funktion des Frankfurter Flughafens. […] ein Kapazitätsgewinn durch räumliche Umbaumaßnahmen erscheint sinnvoll«.994 Dafür saß Daniel Cohn-Bendit im Aufsichtsrat der Flughafenaktiengesellschaft (FAG) und wegen der zu erwartenden sozialen und ökologischen Konflikte bei weiterem Ausbau schlug Joschka Fischer (Vertreter des Landes Hessen im Aufsichtsrat) im August 1992 die Privatisierung des Frankfurter Flughafens vor. Gewisse Risiken seien von den »politisch Gewählten nur schwer zu tragen, geschweige denn zu verantworten«, meint der neoliberale Fischer.995 Wenn man ein Problem nicht lösen will, schiebt man es weg, man will ja schließlich wiedergewählt werden. Wer Frankfurt als Metropole und Umschlagplatz des europäischen Finanzkapitals will, bejaht Zentralisierung und Konzentrationen von Wirtschaft und Verkehr, bejaht das Austrocknen strukturschwacher Gebiete, bejaht die mit dem Zentralisierungsprozeß zusammenhängende steigende Grundwasservergiftung und den Flächenfraß, duldet Giftberieselung von Menschen und die fortschreitende Zerstörung des Stadtwaldes beispielsweise durch Kerosin und Abgase. Daß der Flughafen zentrale Bedeutung für das US- und NATO-Militär hat, daß er weltweiter Ausbeutung dient, der Ausplünderung des Trikont, und zerstörerischem Tier- und Pflanzenhandel, daß er eine Drehscheibe für Waffenhandel ist und ein Tor für das Verjagen von Flüchtlingen und AsylbewerberInnen stört weder den Frankfurter Dezernenten für Multikulturelles und Ex-FAG-Aufsichtsrat Cohn-Bendit 541
(Grüne) noch den hessischen Umweltminister und jetzigen FAG-Aufsichtsrat Fischer (Grüne). Einen Erfolg hat RosaGrün: Der Luftverkehr darf inzwischen Tag und Nacht auch neue Routen fliegen, beispielsweise tief über den dichtbesiedelten Wohnvierteln der Frankfurter Innenstadt, über die sich Kerosinschwaden und ein Lärmteppich ausbreiten.
Eiskalt im Land Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Staates, den Widerstand linker Opposition zu brechen. Da wäre einmal die offene Repression: Überwachung, Bespitzelung, Denunziation gegenüber Arbeitgeber oder Behörden, Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Polizeikessel, körperliche Gewalt, die sogenannten Antiterrorparagraphen 129a und 130a, Strafverfolgung, Geldstrafen, Knast, Bundespolizei BGS, Aufhebung der Trennung von Polizei und Geheimdienste (hierzu und zu BGS siehe S. 390 ff.), Elemente einer politischen Justiz in der »zivilisierten« Nachfolge der NS-Justiz, wie sie personell und strukturell vielfach analysiert worden ist.996 Aus vielen linken Gruppen hören wir Berichte, daß der Verfassungsschutz und die Polizei die Bespitzelung und Überwachung der linken Opposition verschärft haben. Schon lange erfuhren wir nicht mehr von so vielen Spitzelanwerbeversuchen in der ganzen Bundesrepublik wie im Jahr 1992.997 542
Mit der organisierten Kriminalität wird alles gerechtfertigt. Dem »Gesetz zur Bekämpfung des Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität« (OrgKG), das unter anderem Unschuldsvermutung und Zeugnisverweigerungsrecht in Frage stellt, Rasterfahndung, Erfassung und Austausch von Daten – auch von Unschuldigen – und den Einsatz von Undercoveragenten, verdeckten Ermittlern (oft genug Anstifter strafbarer Handlungen), legalisieren soll, stimmte auch die SPD im Bundestag zu. Auch Lauschangriffe, Einbrüche in die Privatsphäre, hat sie akzeptiert.99i Aller guten Dinge sind drei: Das Asylrecht wurde durch Änderung des Artikels 16 Grundgesetz faktisch abgeschafft. In einem Aufwasch, schlug die SPD vor, kann doch gleich die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes, ein Paragraph aufgrund der Erfahrung mit der Gestapo im Faschismus) ausgehebelt und das Verbot eines Angriffskrieges (Artikel 26 GG) – was für das Gebiet der NATO bereits möglich ist – für weltweite Kampfeinsätze zugerichtet werden.999 Damit alles seine Ordnung hat, wird jeder Angriff auf Restbestände an demokratischer Freiheit legalisiert. Auch das Denunziantentum will staatlich geregelt sein und braucht seine neue Ordnung. In Bayern will Innenminister Stoiber (CSU), heute Ministerpräsident, den Blockwart wieder einführen. Geschulte Privatleute sollen als »Bindeglied« zwischen Bürgern und der Polizei dienen und Informationen an die Polizei weitergeben. Erste Modellversuche mit den staatlich beschäftigten Denunzianten sollen in Nürnberg, 543
Deggendorf und Ingolstadt unternommen werden. Diese sollen sogar polizeiliche Aufgaben übernehmen: Polizeiwagen fahren, den Verkehr regeln, Gefangene transportieren, auf Spielplätzen Verdächtige observieren. Was für eine beruhigende Vorstellung, wenn sich nun Rechtsextremisten verstärkt in parapolizeiliche Aufgaben drängen. Eine neue Idee? Die Berliner »Freiwillige Polizei-Reserve« versieht ihren Dienst sogar bewaffnet, und in Baden-Württemberg stehen 1700 Bürger auf Abruf bereit.1000 Von den brutalen Einsätzen der Unterstützungssonderkommandos (USK) und der bayrischen Sondereinsatzkommandos (SEK) in Wackersdorf oder anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels in München 1992 unterscheiden sich die der Sondereinheiten in anderen Städten nicht wesentlich. Im sozialdemokratisch regierten Hamburg prügelt die Spezialeinheit 16 E Menschen, die ihnen auffallen, halb tot. Die wie Schläger vom Hamburger Kiez gekleideten Polizeibeamten erfuhren noch für jeden ihrer Überfälle politische Deckung.1001Wer die Vergangenheit der Hamburger Polizei kennt, wundert sich nicht. In Baden-Württemberg und Sachsen ist der polizeiliche Todesschuß, der sogenannte finale Rettungsschuß, erlaubt, in Schleswig-Holstein wurde er unter der sozialdemokratischen Regierung Engholms geplant.1002 »Jeder fünfte Polizist ist bestechlich«, schätzt Hauptkommissar Manfred Such von der Arbeitsgemeinschaft kritische Polizisten.1003 Der Leiter des Landeskriminalamtes Hamburg, Wolfgang Sielaff, beschrieb die wachsende An544
fälligkeit der Polizeibeamten für Korruption. Da werden Führerscheine gegen Geld nicht eingezogen, personenbezogene Informationen aus polizeilichen Datenbanken verkauft, Akten manipuliert, da wird geklaut und gedealt, da werden Polizeibeamte mit Geld und Dienstleistungen ausgehalten oder Prostituierte zu sexuellen Dienstleistungen genötigt. Korrupte Beamte sitzen als »Andockstellen« für organisierte Kriminalität unerkannt im Polizeiapparat. Wesensmerkmal der organisierten Polizeikriminalität sei ihre Unsichtbarkeit, die bekannt gewordenen Fälle nur Spitze eines Eisbergs, ergänzt Sielaff.1004 Frühstücksmoderator Udo Philipp von SAT 1 gab zu, mit dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) zusammengearbeitet zu haben. 5 Prozent der Mitarbeiter der Redaktionen, vor allem der Auslandsredaktionen, sind nach Auskunft von Armin Halle, Chefmoderator bei SAT 1 und früherer Informationsdirektor der NATO, von Geheimdiensten »eingespannt«.1005 Je weniger (formal-)demokratisch und je offener diktatorisch oder faschistisch ein Staat ist, desto martialischer und mörderischer werden die Formen der Repression. Eine Form körperlicher und psychischer Gewalt ist die sogenannte weiße Folter, die an den Körpern der Betroffenen meistens keine sichtbaren Spuren hinterläßt. Sie wird in der Bundesrepublik vorwiegend bei politischen Gefangenen angewendet. Der dänische Psychologe Jörgen Pauli Jensen, der sich im Rahmen einer internationalen Kommission mit den Ursachen des Todes von Ulrike Meinhof befaßt 545
hat, schildert die Folgen der Isolationshaft: Menschliche Kontaktbedürfnisse und Sinneswahrnehmungen werden ausgehungert. Die vegetativen Funktionen werden allmählich physisch zerstört. Schlaf-, Hunger-, Durst- und Urinierbedürfnisse verändern sich krankhaft. Emotionen werden instabil. Ulrike Meinhof hat die Wirkung dieser Folter am eigenen Leib erfahren: »Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müßte eigentlich zerreißen, abplatzen) … das Gefühl, die Zelle fährt. […] Man kann nicht erklären, ob man vor Fieber oder vor Kälte zittert – man friert. Um in normaler Lautstärke zu sprechen, Anstrengungen wie für lautes Sprechen, fast Brüllen – […] man kann die Bedeutung von Worten nicht mehr identifizieren […] Kopfschmerzen – Satzbau, Grammatik, Syntax – nicht mehr zu kontrollieren […] das Gefühl, innerlich auszubrennen […] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat; völliges Scheitern, das zu vermitteln […] Das Gefühl, als sei einem die Haut abgezogen worden.«1006 Ulrike Meinhof verbrachte vom Juni 1972 bis zum Februar 1973 273 Tage in totaler Isolation. Zu jener Zeit war die SPD an der Regierung – rot-grüne »Utopie«? Der zweite Komplex des Versuchs, linken Widerstand zu brechen, ist ein Konglomerat von Integration und Befriedung. Die Grünen werden eines Tages ein hervorragendes Beispiel für WissenschaftlerInnen werden, wie es gelang, eine in Teilen radikale Bewegung innerhalb von wenigen 546
Jahren zu integrieren und sie mit den herrschenden Verhältnissen zu versöhnen. Eine detaillierte Analyse ihrer Geschichte würde vermutlich lehrbuchhaft die meisten Varianten staatlicher Integrations- und Befriedungspolitik zutage bringen. Als wirksamstes Element des offenen Einflusses erwies sich das Angebot zum politischen Selbstbetrug, sofern es mit materieller Bequemlichkeit und Staatspensionen verknüpft wurde: »Wenn du mitmachst, kannst du viel mehr erreichen.« Das Gegenteil ist richtig: Wenn du Widerstand organisierst und kollektiv so klug und strategisch wie möglich gesellschaftlichen Gegendruck entfaltest, kannst du Erfolge erreichen, die unter deinen langfristigen Zielen liegen mögen, aber weit über dem, was der politische Gegenwert deiner aktiven Beteiligung an den herrschenden Verhältnissen gewesen wäre. Außerdem sind diese Erfolge stabiler, weil sie erkämpft worden sind, eine Gegenmacht dahintersteht, die ihre Demontage abwehren kann, anders als bei von oben gewährten Mildtätigkeiten. Erfolgreich war, nicht nur in Hessen, die Integration von alternativen Projekten durch finanzielle Unterstützung einer rosa-grünen Landesregierung. Die soziale Lage anderer und die politischen Verhältnisse wurden einigen gleichgültig, wenn nur das eigene Projekt eine ansehnliche Finanzierung genoß. Doch der wirkungsvollste Mechanismus zur Dämpfung von Protest und zur Zerstörung von Hoffnung und sozialer Utopie ist ein ganzes Konglomerat von Regeln und Ritualen des alltäglichen Lebens. Die meisten Menschen lassen sich auf Lebensformen ein, die 547
sie dauernd in Verpflichtungen einbinden, aus denen sich die nächsten wiederum logisch zu ergeben scheinen. Die meisten Menschen unterwerfen sich fremdbestimmten gesellschaftlichen Normen (Karriere, Kleinfamilienstreß, Konsumterror), statt selbstbestimmt zu entscheiden, wie sie leben und arbeiten wollen.
Die erstickende Harmonie der Bourgeoisie Gegen neue zerstörerische Vorhaben wie Atomkraftwerke, Giftmüllverbrennungsanlagen, Autobahnen, Flughäfen, Teststrecken oder Genlabors könnte sich Widerstand erheben. Die Durchsetzung neuer Technologien und Eroberungsstrategien erfordert neue Repressions- und Befriedungstechniken. Vielleicht ist die angeschlagene Linke sogar endgültig zu erledigen? Fragen wie diese mögen sich die WissenschaftlerInnen gestellt haben, die nun in der Bundesrepublik eine Sozialtechnik mit Namen »Mediations-Verfahren« zur Konfliktlösung durchsetzen wollen.1007 Das Verfahren wird aus Kanada und den USA importiert, wo es erfolgreich eingesetzt wurde. Seine wesentliche Annahme ist, daß es keine objektiv vorhandenen Widersprüche und Interessengegensätze gibt, sondern daß sich reife Menschen in reifen Konflikttechniken einer wunderbaren, vermutlich »kosmischen« Harmonie nähern. Der Widerstand soll psychologisch gebrochen werden. Es sollen 548
Konfliktlösungsstrukturen installiert werden, die Kämpfe wie Demonstrationen, Blockaden, wilde Streiks usw. als unreifes Konfliktverhalten diskreditieren. Danach wäre es am besten, wenn sich »Harmonie«, »Dialog«, »Konsens« oder »Diskurs« und »Kompromißfähigkeit« einstellen, bevor die Auseinandersetzungen auch nur beginnen. Sind sie aber nicht zu vermeiden, sollen Techniken wie das Mediationsverfahren verhindern, daß sich punktuelle soziale Kämpfe und Bewegungen zu einem Flächenbrand vereinen, der die Grundlage von Herrschaft in Frage stellen könnte. Das Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin (WZB), dessen Professor Simonis Grünhelme befürwortet und das eng mit dem Club of Rome zusammenarbeitet, hat die Aufgabe übernommen, die US-Sozialtechnik bundesdeutschen Verhältnissen anzupassen. Der WZB-Psychologe Hans-Joachim Fietkau definiert das Mediationsverfahren als eine »soziale Technik, mit deren Hilfe (Interessen)Konflikte zwischen zwei oder mehr Parteien unter Hinzuziehung eines neutralen Dritten zur Sprache gebracht, geklärt und möglicherweise beigelegt« werden sollen. Das Ziel bestünde in der »Suche nach Problemlösungen, die für alle am Konflikt Beteiligten akzeptabel« seien. »Handlungsspielräume« werden ausgelotet und »konsensuale Konfliktregelungen« angepeilt. Die zentrale Figur ist der Mediator, sein »Vehikel« das »Gespräch«, als »kommunikativer Diskurs als Mittel der Wahrheitsfindung für die wissenschaftliche Diskussion«, Erfolgsmaßstab das »konsensuale Verhandlungsergebnis« 549
und die »Umsetzung des Verhandlungsergebnisses in praktisches Handeln«. Der Vorteil gegenüber anderen Formen der Konfliktregulierung (etwa Gerichtsverfahren) sei, daß die »konsensualen« Lösungen Zeit und Kosten sparen und natürlich auch »ökologisch besser« seien. Ohne diese Versprechen hätte der Sozialtechniker überhaupt keine Chance. Was ließen wir uns für wunderbare Dinge entgehen, verzichteten wir auf Fietkaus Mediation: »nützliche Erfahrungen […] Klarheit über Positionen und Beweggründe des Handelns bei anderen […] eigene Position […] deutlicher«. Bei dem Gedanken an gerichtliche Auseinandersetzungen wird der Psychologe böse: Vor Gericht zu gehen entspricht der »Situation […] streitender Kinder […] die schreiend zu ihren Eltern rennen und sich wechselseitig über das Verhalten des anderen beschweren«, eine »infantile Form der Konfliktbewältigung« auf der Basis einer »Ich-will-Haltung« von Menschen, die »lediglich danach« trachten, »sich selbst mit den eigenen Wünschen und Überzeugungen durchzusetzen«. Unabhängig davon, daß Gerichte meist kapitalfreundliche Entscheidungen treffen, was ist falsch am Willen, sich durchzusetzen, wenn es um die Verhinderung von Atomanlagen, gentechnologischer Freisetzungsversuche oder militärischer Kampfeinsätze geht? Das Mediationsverfahren ist natürlich »die erwachsenere Form«, der »Abschied von absoluten, reinen und insofern unschuldigen Positionen«. Der erwachsene Kompromiß 550
sei eben auch ein »Verrat an der reinen Lehre«. Aber, sagt Fietkau: »Dieser Verrat war selbst begangen.« Diese zutiefst ideologische und keineswegs wertneutral-wissenschaftliche Argumentation bedeutet, übertragen auf einen Konflikt über ein etwa zu bauendes Atomkraftwerk, daß sich ein Vertreter einer Anti-AKW-Bürgerinitiative in einem Mediationsverfahren von einem Vertreter eines Engergieversorgungsunternehmens von dessen Motiven zum Bau des AKWs überzeugen läßt, um so mehr, je einfühlsamer dieser Atommafiavertreter schildert, wie glücklich ihn die Durchführung dieses Projektes machen könnte. Der »Konsens« mag dann sein, daß in dieses zukünftige Atomkraftwerk eine weitere sogenannte Sicherheitsmaßnahme eingebaut wird, was an der grundsätzlichen Gefährlichkeit dieser schlafenden Atombombe nichts ändert. Was ist das anderes als Verrat? Das Interesse am Mediationsverfahren liegt in der Schwierigkeit der Betreiber, großtechnologische Anlagen (wie etwa Müllverbrennungsanlagen, Giftmülldeponien, Autobahnen, gentechnische Laboratorien, Standorte von Chemieunternehmen) ohne lästige bürokratische Hemmnisse und in kurzer Zeit durchzusetzen. Etwas versteckt finden wir bei Fietkau dieses Zugeständnis: »Die Abwicklung dieser Konflikte in den rechtlich vorgesehenen Bahnen ist außerordentlich zeit- und kostenaufwendig.« Wenn das Kapital doch nur begriffe, welche Durchsetzungschancen ihr die Psychologie bietet! Und wie viele fette Forschungsaufträge für die Psychologen dabei heraus551
springen könnten: Fietkau gibt sich große Mühe, der Wirtschaft klarzumachen, daß das Verfahren hilft, sich lästiger Erscheinungen wie »Emotionalisierung, Moralisierung und Politisierung« von Auseinandersetzungen zu entledigen, sowie »das Anwachsen der Ansprüche nach Partizipation an Entscheidungsprozessen in der Bevölkerung« und das »wachsende Umwelt- und Gesundheitsbewußtsein« sowie den »zunehmenden Anspruch an Lebensqualität, wachsendes Mißtrauen in Wissenschaft und Technik sowie zunehmendes Mißtrauen in Politik und Verwaltung« zu überwinden. Das Mediationsverfahren ist die Weiterentwicklung der umstrittenen Akzeptanzforschung der siebziger Jahre, die etwa am Frankfurter Batelle-Institut (es ging um die Durchsetzung des AKW Wyhl) von der Anti-AKW-Bewegung Ende der siebziger Jahre schließlich entlarvt werden konnte: Sie soll nämlich herausfinden, mit welchen Techniken und PR-Argumenten Konzerne die Akzeptanz großtechnischer Anlagen bei der Bevölkerung erhöhen oder senken können. Das Mediationsverfahren ist eine Manipulationstechnik, die in den Konflikt selbst eingreift: Sie will direkten Einfluß auf die Bewußtseinsbildung und auf das Konfliktverhalten oppositioneller Menschen nehmen. Der angestrebte »Konsens« zwischen dem Widerstand gegen ein gentechnisches Labor und dem Betreiberwillen für die Anlagen kann nur bedeuten, daß die Anlage, eventuell mit baulichen Verbesserungen, gebaut wird. Der Erfolg der Mediationstechnik in den USA und Kanada zeige, freut sich Fietkau, daß in 552
80 Prozent der Standortkonflikte »die vereinbarte Lösung umgesetzt« worden sei. Das kann nur bedeuten: Die umstrittenen Anlagen wurden gebaut. Nachdem Fietkau der Industrie beigebracht hat, wie wertvoll diese Verhandlungstechnik für sie wäre, wendet er sich an die andere Seite. »Wohl niemand würde über etwas verhandeln, das ihm ohnehin rechtlich zusteht«, lockt er, die Unsicherheit über die Ergebnisse von Gerichtsverfahren nutzend. »So wäre es vorstellbar, daß im Rahmen einer Kompromißbildung eine Sondermüllverbrennungsanlage nur dann gebaut werden darf, wenn« – und dann kommen eine Reihe von Versprechungen – etwa Emissionsstandards »weit über der gesetzlich einklagbaren Norm« oder »Kontrollen […] durch unabhängige Gutachter« oder – ein sehr verbreiteter, verlogener Deal – die Stillegung »zwei weniger effizienter und in höherem Maße umweltbelastender Anlagen«, »Umweltschutzinvestitionen«, »verbindliche Zusagen über eine Umstellung von Produkten oder Produktionsweisen« oder gar »zunächst ein Probebetrieb«. Niemals sieht der Konsens so aus, daß die entsprechende Anlage nicht in Betrieb geht. »Das Wesen des Mediations-Verfahrens« ist die »Überwindung von »Spannungen« zugunsten der herrschenden Verhältnisse, des Profits. Den Psychologen interessiert vor allem »die Kenntnis der psychologisch beschreibbaren Verarbeitungsmechanismen, die im Vorfeld des Mediations-Prozesses, aber natürlich auch im Mediations-Prozeß selbst ablaufen«. Anschließend kann an der Manipulation 553
dieser Mechanismen so erfolg- wie ertragreich gearbeitet werden. Da wird der »Egoist« entlarvt, der dem »SanktFlorian-Prinzip« anhängt, weil er ein großtechnisches Projekt deshalb verhindern will, weil er selbst darunter zu leiden hätte. Ein anderer Mechanismus ist die »Wahrung des Gesichts«. Der Verrat soll leichter werden: »Durch die Anwesenheit des Mediators können Verhandler offensichtlich Kompromisse eingehen, ohne sich selbst gleichzeitig als schwach zu erleben«, beschreibt Sozialtechniker Fietkau die Erfahrungen in den USA, Kanada und Japan. Der Mediator hilft durch eine angemessene »Problemdeskription« bei der sprachlichen Vermittlung gegenüber einer aufgebrachten Basis. Zum Job des Mediators – und damit zur Aufgabenstellung des Verfahrens – gehört es, lästige »Ja-Nein-Positionen« abzuschaffen, denn »Politisierung und Ideologisierung verstellt den Blick für mögliche Kompromisse«. Je tiefer sich die Verhandlungspartner in die Situation des Gegenübers hineinversetzen können, »desto kompromißbereiter waren die Beteiligten und desto zufriedener waren sie auch mit dem Verhandlungsergebnis«. Wenn sich GegnerInnen einer Giftmüllverbrennungsanlage tiefer in die Psyche von deren Betreiber einfühlen können, macht das erst den Mediator glücklich und dann seine Auftraggeber. Ganz fürchterlich findet der Psychologe, wenn »die Beteiligten Positionen statt Interessen artikulieren«, denn das »Sich-Öffnen« bedeute, »daß die Beteiligten nicht nur über das verhandeln, was sie wollen, sondern auch darüber in einen Austausch treten, welche Interessen 554
sie mit ihren Positionen verbinden«. Techniken aber, die objektiv vorhandene Interessengegensätze verschleiern, brechen oder zugunsten sogenannter Konsense auflösen sollen, stehen in direkter Gegnerschaft zu emanzipatorischen Prozessen. Die Behauptung, daß das Mediationsverfahren inhaltlich nicht bewerte, ist schiere Ideologie. In keinem der zitierten »psychologischen Verarbeitungsmechanismen« spielt eine Rolle, daß ein Kompromiß tatsächlich ökologisch zerstörerisch oder antisozial, also falsch sein könnte. Der Kompromiß als solcher, also die Durchführung eines Projektes, ist der Erfolgsmaßstab des Psychologen. Ohne Polarisierung und Zuspitzung gäbe es überhaupt keine Chance für die humane Lösung vieler sozialer und ökologischer Konflikte. Ohne gesellschaftlichen Druck, der sich nicht in ungefährliche Formen pressen und befrieden läßt, ist kein nächster Ausbeutungsschritt oder eine weitere Umweltkatastrophe zu verhindern. Psychologe Fietkau behauptet, daß »Sicherheitsanalysen […] bei den Beteiligten einem psychischen Verarbeitungsprozeß« unterliegen, der »intuitiv« erfolge. Aus soviel intuitivem Gefühl ergeben sich leicht »menschliche Urteilsfehler«. Berechtigte, mit Verstand und Wissen gut begründete rationale Angst, etwa vor Atomkraftwerken? Risiken, denen man sich freiwillig aussetzt, werden geringer bewertet, sagt Fietkau und spekuliert auf Interessenkonflikte und auf Käuflichkeit, denn Risiken würden eher akzeptiert, wenn sie mit einem »Nutzen verbunden sind«, wobei Menschen 555
sowieso dazu neigten, nur Einzelteile eines Phänomens zu beurteilen. Vertraute Risiken werden unterschätzt, hat er herausgefunden und installiert damit einen hohen Wert: Dumpfheit durch Gewöhnung. Er setzt auf Verdrängung und gleichmäßige Verteilung von Gefahr, wenn er argumentiert, daß ein Katastrophenfall mit vielen Betroffenen als schlimmer empfunden wird als viele Schadensfälle mit wenigen Betroffenen. Die Botschaft wird gehört, oder sollen wir sagen, abgeschrieben? Mir liegt das Manuskript eines Vortrags vor, den Mitarbeiter der »Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik« der Kernforschungsanlage Jülich und der Basisresearch GmbH, Frankfurt, verfaßt haben, Titel: »Kommunikationsprobleme bei der Vermittlung technischer Sachverhalte«. Der handschriftliche Vermerk »DAtF Conference Mai 92« läßt auf eine Konferenz des Deutschen Atomforums schließen, der Absender ist Foratom in Brüssel. Es geht den Referenten um die Frage, wie den Menschen die Atomenergie nähergebracht werden kann. Fast wortgleich mit Fietkau: »Risiken, die als freiwillig eingegangen und als kontrollierbar angesehen werden, beurteilt man als weniger groß.«1008 Eine Risikowahrnehmung, die abhängig ist von Wertebildung, ist beeinflußbar. Mensch muß nur die Gefühle der Menschen in den Griff kriegen. Die Einstellung gegen Atomenergie ist durch »Angst und Sorge« um die Folgen bestimmt und den »Glauben an die Substituierbarkeit [Ersetzbarkeit] der Kernenergie durch Einsparungen und alternative Energiequellen«, »Zweifel«, 556
ob alles Erforderliche zur Begrenzung der Risiken getan werde. Gute Gründe gegen Atomenergie? Niemals! Gefährliche KandidatInnen auch die, die sich zur »mißmutigen, rationalen Duldung« entschlossen haben. Erst hier taucht der Begriff »rational« auf. Um die Zweifelnden bei der Pro-Atom-Stange zu halten, muß sich die PR-Abteilung Mühe geben. Denn die Duldung der Unsicheren setze voraus, daß andauernd die Anstrengung demonstriert werde, die Atomenergie verzichtbar und weniger riskant zu machen. Die Referenten schlagen unter der Überschrift »Gesellschaftsorientiertes Marketing« vor, mit dem Begriff »Übergangsenergie […] dieser Gefühls- und Denkstruktur Rechnung« zu tragen, immerhin sei dies die »Haltung der Mehrheit der Bevölkerung«.1009 Es sei günstiger, empfehlen die Auftragnehmer der Kernforschungsanlage Jülich, anstelle eines »Verkaufs« der Atomenergie einen »Konsens« über »Problemsichten« und »Bewertungs-Kriterien« herzustellen.1010 Es ist, als ob sie einen Intensivkurs in Sachen Mediationsverfahren verpaßt bekommen hätten, Klaus Töpfer, Harald B. Schäfer und all die anderen. Dem Psychologen Fietkau ist die »angemessene Form des Umgangs« im Benehmen des Mediators wichtig: »Akzeptiere den anderen als Menschen […] höre gut zu […] nimm die Ängste des anderen ernst […] vermeide Geheimtreffen […] treffe dich zu informellen Begegnungen […] lasse deine eigenen Werte sichtbar werden […] drücke dich verständlich aus […] erkläre den Analyseprozeß […]«. Zur Entfal557
tung der Kreativitätspotentiale der Teilnehmer sollte der Mediator »ein soziales Klima […] schaffen«, zum Beispiel durch »warmes Akzeptieren […] des anderen«. Furchtbar schön ist es etwa, wenn die Teilnehmer ihre Betroffenheit entdecken und auf »vorsichtige Öffnungen, zum Beispiel Eingeständnisse partieller Inkompetenz, nicht unmittelbar ein Rachefeldzug der Gegenpartei erfolgt, sondern diese vielmehr beginnt, in ähnlicher Weise offener zu werden«. Vier Jahre lang wurden die Forscher für die Vorbereitung des Mediationsverfahrens vom Bundesministerium für Forschung und Technologie finanziert. Dann rief die Praxis. Stolz melden die Psychotechniker, daß sie ein großangelegtes Mediationsverfahren im Kreis Neuss wissenschaftlich begleiten werden. Eine große Mülldeponie soll gebaut werden. Nur einige Umweltgruppen waren dagegen, hielten das Verfahren für ein »strategisches Instrument der Kreisverwaltung zur Herstellung der Akzeptanz« und sogar für eine »neue, intelligente Manipulationstechnik«. Nun scheint alles gut: Der ehemalige Präsident des Bundesgesundheitsamtes, Professor Dr. Georges Fülgraff, konnte als Mediator gewonnen werden, und viele Feldinterviews mit Beteiligten konnten diese beruhigen. Die Vorbereitungsphase ist abgeschlossen. Das erste Mediationsverfahren in der Bundesrepublik findet inzwischen in Münchehagen (Niedersachsen) statt,1011 unter der Betreuung der Evangelischen Akademie Loccum – Mediator ist ein Mitarbeiter –, um die es heftige Auseinandersetzungen in den siebziger Jahren gab. Die Akademie wollte damals den grundsätzlichen Konflikt 558
zwischen Staat, Kapital und Anti-AKW-Bewegung durch ein Seminar mit Polizei und angepaßten Bewegungsleuten befrieden. Das Seminar wurde gesprengt. Die erstickende Soße der Befriedung rinnt aus vielen gutbezahlten Institutionen. Die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) plädierte in der Auseinandersetzung mit dem Rassismus dafür, »keine antifaschistischen Gruppen und Aktionen [zu] unterstützen«, diese trügen »Aggressionen und Ängste in der gleichen stereotypen Form aus« wie die extreme Rechte. Erstaunlich, wie geistig tieffliegt, was wir Forschung nennen. Wer schützt Flüchtlinge vor Anschlägen? Politik, Polizei und Justiz, sagt das HSFK,1012 was in einem Staat, dessen Institutionen rassistisch durchtränkt sind, mindestens naiv ist, wenn nicht gemeingefährlich. Aber wenn ein ganzes Land nach rechts driftet, ziehen eben auch die Forschungsgelder und die Fragestellungen von dannen. Die Forscher vom HSFK ignorieren gegen besseres Wissen, daß eine zu großen Teilen rechtsgerichtete Polizei lieber linke DemonstrantInnen bei einer antirassistischen Demonstration in Rostock drangsaliert, als ausländische Menschen in Hoyerswerda, Rostock oder anderswo zu schützen. Im Gegenteil, ein Wohnheim in Freiberg bei Dresden wurde im Juni 1992 in den frühen Morgenstunden von 90 Polizeibeamten in Kampfanzügen überfallen, wie »terre des hommes« entsetzt berichtete. Mit Schlagstöcken, mit heruntergeklappten Helmen und Polizeihunden wurden 45 Flüchtlinge in Angst und Schrecken versetzt. Männer wur559
den unter Rufen wie »Ausländer raus« und »Scheißasylant« verprügelt, halb bekleidete Frauen gedemütigt, schreiende Kinder zu Boden geworfen. Der Einsatz wurde mit »Beunruhigung« in der Bevölkerung begründet, und es gab einen angeblichen Verdacht auf Diebstähle, zu denen die Polizei nicht einmal genaue Angaben machen konnte (was den Überfall keineswegs gerechtfertigt hätte).1013 Die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) hat Verständnis für die (rassistischen) Ängste der Bevölkerung, fand die von der CDU vorgeschlagenen, inzwischen mit der SPD durchgesetzten Asylrechtsänderungen nicht so schlimm und will die Einwanderung nach ökonomischer Nutzbarkeit mit einem Einwanderungsgesetz reglementieren.1014 Ob die vom Bundesforschungsministerium geförderte Mediation für ein Abfallwirtschaftskonzept in Neuss; oder der Streit um eine Giftmüllkippe in Münchehagen (Niedersachsen); ob der Bau einer Daimler-Fabrik in den Rheinauen bei Rastatt1015: die Mediation wird inzwischen immer öfter am Anfang eines (vermuteten) Konfliktes angewandt, zu seiner Vermeidung durch möglichst geschickte Durchsetzung derjenigen, die die genannten Projekte wollen. 1993 fanden bereits mehr Mediationsverfahren statt als in den beiden Jahren zuvor: Neun Verfahren, von denen sich fünf mit der Suche nach Standorten für neue Deponien oder Müllverbrennungsanlagen befassen.«1016 Ein großangelegtes Mediationsverfahren soll z. B. bei der Durchsetzung des neuen Berliner Großflughafens helfen. 560
In der Zeitschrift Politische Ökologie finden wir einen Pro-Mediations-Beitrag. Die Autorin, Brigitte Gans, spricht offen aus, daß sie auf der anderen Seite steht: »Allein die Tatsache, daß sich die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure zu einem Gespräch zusammenfinden und damit ihre gemeinsame Verantwortung für die Gestaltung ihrer Lebenswelt dokumentieren, muß als Pluspunkt für die Umweltplanung gewertet werden.«1017 Stellen wir uns das vor: die »gemeinsame Verantwortung« eines Flughafenbetreibers mit FlughafengegnerInnen oder von AKW-GegnerInnen mit Siemens »für die Gestaltung ihrer Lebenwelt«. Das Plus »für die Umweltplanung« läßt sich wohl am besten in materiellen Hoffnungen für MediationsanhängerInnen und ihre Jobs ausdrücken. 200 000 Kubikmeter Schlick aus dem Hamburger Hafen sollen jährlich in Niedersachsen deponiert werden,1018 verpflichtete sich im Mai 1991 die rotgrüne Landesregierung Niedersachsen. Offen blieb, an welchem Ort. Der Schlick enthält Arsen, Cadmium, Quecksilber und andere Gifte. Umweltministerin Monika Griefahn (die AKW-GegnerInnen bekämpft und Gruhl das Bundesverdienstkreuz überreichte) betrachtet 40 Gemeinden als geeignet, die sich selbst überhaupt nicht. Die Ministerin verkündete im Herbst 1992, sie ginge nun »neue Wege«: auf Kosten des Hamburger Senats werde sie ein Mediationsverfahren ins Leben rufen. Es half nichts, niemand wollte das Gift haben. Selbst die CDU ging in die Offensive: die Elbmarsch dürfe nicht 561
»vorschnell zum Hafenklo von Hamburg werden«;1019 der FDP-Fraktionsvorsitzende sprach sich gar ganz gegen oberirdische Deponierung aus, Teile der SPD zogen sich zurück und etliche Bürgerinitiativen wie auch die betroffenen Gemeinden fanden es ganz und gar sinnlos, Standorteignungskriterien zu erörtern, da sie die Deponierung überhaupt nicht wollten. Bei Stade wurden gar 20 000 Unterschriften gesammelt. Die geplanten Mediations-Organisatoren, die »unabhängigen Gutachter« vom Basler Prognos-Institut und vom Dortmunder Institut Kommunikation und Umweltplanung (IKU) seien von vorneherein von der Notwendigkeit der Deponie überzeugt gewesen, warf ihnen die Bürgerinitiative »Bürger gegen Schlick« vor. Die Verträge wurden schließlich gekündigt. Griefahn empfahl dann die frühere Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Ruth Hammerbacher – der Autorin als industrienahe Hardliner-Realofrau aus dem grünen Bundesvorstand allzugut in schlechter Erinnerung –, als neue Mediatorin. Hammerbacher fiel bei den betroffenen Verbänden und Gemeinden jedoch durch. Heute ist sie als »Moderatorin« im »Kuratorium Gentechnik in der Pflanzenzüchtung« der Gentechnik-Firma KWS (Kleinwanzlebener Saatzucht AG) in Einbeck, die zumindestens 10 Prozent der AgrEvo, der gemeinsamen Saatgutfirma von Hoechst und Schering, gehört.1020 Von Mediationsverfahren bis zur Akzeptanzforschung ist eben überhaupt keine Entfernung. Schließlich wurde Hartwig Donner, Rektor der Universität Lüneburg, Mediator. Der allerdings kam 562
bald in Verruf, weil er einen Teil des Mediationsetats dafür verbriet, sich täglich per Chauffeur von Lüneburg nach Hannover und zurück kutschieren zu lassen. Niedersachsen steht unter Druck: Der Vertrag mit Hamburg sieht ein Gegengeschäft vor: Die Hansestadt will jährlich 20 000 Tonnen Giftmüll aus Niedersachsen verbrennen. Aber auch 1994 ist noch kein Standort gefunden.1021 Nicht nur bei den Grünen wird die Befriedungstechnik Mediationsverfahren freiwillig aufgenommen.1022 Auch in Teilen der Alternativbewegung: Der Bund für soziale Verteidigung1023 und die Kurve Wustrow, Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion, bieten Mediations-Seminare, Übungsabende und Veranstaltungen für Fortgeschrittene. Auch in esoterischen Zentren ist Mediation Mode geworden: »Wir vermitteln in Konflikten und bringen Licht in jeden Streit mit Leichtigkeit«, wirbt eine Streit-Light-Schule1024, 3000 DM für 30 Tage.
Kauf mich, ich bin ein Umweltschützer! »Warum gerade wir?« fragte Schering Pharma Deutschland in einer ganzseitigen Anzeige der deutschen Ausgabe von World Watch. Eine berechtigte Frage. »Wie kommt ein chemisch-pharmazeutisches Unternehmen wie Schering dazu, mit einer ›Um-Welt‹-Zeitschrift zu kooperieren – und umgekehrt? Die erste Antwort lautet: weil beide 563
etwas davon haben, trotz manchmal unterschiedlicher Positionen. Das World-Watch-Magazin braucht Geld, um seinen Auftrag erfüllen zu können, über globale, soziale und ökologische Probleme aufzuklären. Schering hat ein natürliches Interesse an Forschung und Information zu ökologischen Zusammenhängen und insbesondere zur Bevölkerungsentwicklung und Familienplanung.« Letzteres wissen wir, denn es gibt Länder im Trikont, wie Thailand, in denen Frauen Versuchskaninchen für langfristig wirkende Verhütungsmittel (wie Norplant) von Schering sind. Norplant besteht aus sechs mit dem Hormon Levonorgestrel gefüllten Kapseln von je 3 Zentimeter Länge und wird den Frauen bei örtlicher Betäubung in den Oberarm gepflanzt. Bis zu fünf Jahre verhindert es Schwangerschaften. Frauen können Norplant, wenn sie sich anders entschieden haben, nicht selbst entfernen. Sie sind, in Indonesien oder den entlegensten Bergdörfern Thailands beispielsweise, abhängig von ÄrztInnen, die selten kommen. Vielen Frauen wird nicht gesagt, daß das Schering-Produkt über viele Jahre unfruchtbar macht. Schering rühmt sich, mit der Antibabypille »den Sprengstoff der Bevölkerungsexplosion zu entschärfen«. Gezielt wird Norplant von der thailändischen Regierung zur Reduzierung der Bergvölker des tropischen Regenwaldes eingesetzt. Schon lange haben die Herrschenden in Thailand ein Interesse am ungehinderten Zugriff auf die Holzressourcen, der von einem teilweise militanten Widerstand erschwert wird. Norplant ist Element einer militärischen Strategie.1025 564
Schering war auch verantwortlich für die Schwangerschaftstestpille Duogynon. Viele Frauen, die schwanger waren, bekamen fehlgebildete Babys. Der erste Verdacht trat Mitte der fünfziger Jahre auf, die ersten Veröffentlichungen gab es 1960. Trotzdem zog der Konzern das profitable Produkt erst 1981 vom Markt, zuvor hatte er es 1978 in Cumorit umgetauft. Wissenschaftler von Schering waren bereits im Faschismus an Experimenten zur Massensterilisation von Frauen beteiligt: Tausend Frauen am Tag mit Gewalt unfruchtbar zu machen war das Ziel.1026 Die Antibabypille Femovan von Schering steht in starkem Verdacht, Östrogen im Körper abzubauen und Hirndurchblutungsstörungen mit Schlaganfällen sowie Lungenembolien mitzuverursachen.1027 »Ungezügelte Profitgier […] zieht sich wie ein roter Faden nicht nur durch die Pharmadivision von Schering«, sagte der Berliner Arzt und angesehene Arzneimittelkritiker Ulrich Moebius.1028 Schering vergiftet nicht nur Körper von Frauen aus Profitgründen, der Konzern war an der Entwicklung von Giftgas beteiligt, produziert lebensgefährliche Pestizide, verseucht Grundwasser und Boden durch Giftmüll und betreibt, zur Verseuchung der Luft, Giftmüllverbrennungsanlagen. »Es wird mehr von diesen ungewöhnlichen Partnerschaften geben«, droht Schering in World Watch, »der Anfang ist gemacht.«1029 Wie legitimiert der Herausgeber der deutschen Ausgabe des US-Magazins World Watch, der Öko-Test-Verlag, diese »ungewöhnliche Partnerschaft«? Nachdem Günther 565
Berger vom Öko-Test-Verlag im Editorial der Mai/JuniAusgabe den »ökologischen Sachverstand« lobt, dem sich »inzwischen auch die Wirtschaft nicht mehr verschließen« kann, erklärt er, daß »für dieses ehrgeizige und wichtige Projekt einer globalen Umweltzeitung […] deshalb ein Unterstützer aus der Wirtschaft gesucht und gefunden« wurde. »Grundlage für die Zusammenarbeit ist die gemeinsame Erkenntnis, daß das Ziel einer lebenswerten Zukunft einen Auftrag an den einzelnen und die Gesellschaft als auch an das unternehmerische Handeln stellt. Eine solche Zusammenarbeit wird nicht folgenlos bleiben.« Auch diese Drohung sollten wir ernst nehmen, auch wenn die Zusammenarbeit inzwischen beendet wurde: Die Kooperation zwischen Öko-Test und Schering verlief nicht wie geplant. Schering zahlte seit 1992 für sechs Ausgaben je 20 000 DM und beendete dann sein Engagement. Das World-WatchMagazin hat dem Öko-Test-Verlag mittlerweile 200 000 DM Schulden eingebracht und mußte abgestoßen werden. Das Magazin erscheint nun im eigenen Verlag. Auf der Heftrückseite wirbt Schering, wie gehabt, für die Anti-Baby-Pille, das Mittel, das nach Auskunft des Schering-Pressesprechers Gert Wlasich konsequent das »Umweltproblem Nummer eins« löst: die »Überbevölkerung«.1030 Eine Untersuchung der Szene ergibt viele neue Freundschaften. IBM ist stolz, 27 Prozent von 4000 über das Unternehmen erschienenen Presseberichten handelten vom neuen PR-Zweig »Ökosponsoring«. IBM schützt irgendwie die Elbe bei Hamburg, Tiere im Dresdner Zoo und den 566
Auerhahn bei Oberammergau. Die Lufthansa, deren Chef Weber 1992 mit DAG und ÖTV erfolgreich über das Unterlaufen der Tarifverträge verhandelt hat, unterstützt den Naturschutzbund Deutschland. Die Stiftung Europäisches Naturerbe, die 1991 eine halbe Million Mark von Lufthansa bekam, zeigte sich dankbar: Im offiziellen Kampagnenbuch Natur ohne Grenzen durfte der ehemalige Lufthansa-Chef Ruhnau das Vorwort schreiben, und auf 250 Seiten findet sich kein Wort der Kritik am Flugverkehr. Während Greenpeace jegliches Ökosponsoring ablehnt, kennt der World Wildlife Fund (WWF), in dem Großwildjäger Funktionäre sein dürfen, keine Hemmungen. Etwa drei Millionen Mark flossen jährlich aufgrund solcher Geschäfte, gibt der Verband zu. WWF-Geschäftspartner sind Opel, der Otto-Versand, die Holstenbrauerei. Der Procter & GambleKonzern darf gegen eine Lizenzgebühr das WWF-Signet sogar auf seine Wegwerfwindeln Pampers drucken, die sich jährlich zu ganzen Müllbergen häufen. Daimler Benz sponsert Naturreservate und den ehemaligen grünen Bundestagsfraktionssprecher und Ex-Daimler-Betriebsrat Willi Hoss. Der berät bei der Idee, aus Kokosfasern Autositze, aus Pflanzensamen Lacke zu machen. »Gewonnen werden sollen die Rohstoffe im Amazonasgebiet, von Bauern«, so die Daimler-Werbung, »die dann den Wald nicht mehr abbrennen, sondern ›schonend‹ nutzen.« Doch die Ernte lohnt sich erst, wenn die Faser auf großen, »schonend« gerodeten Anbauflächen im Regenwald angebaut werden kann. Daimler präsentiert sich als Schützer des Regen567
waldes mit einem Projekt, an dessen Ende Hoss mit 160 Stundenkilometern, aber auf Kokossitz, über die Autobahn brettern könnte – und hätte doch weder den Regenwald geschützt noch den Auto- und Rüstungskonzern Daimler entmilitarisiert. Während Greenpeacer wie Christoph Thies (Papier- und Zellstoffkampagne) im Slang von Joschka Fischer für das Opfern der »reinen Öko-Weste«, für »Taten [!] statt Worte plädieren«, nicht mehr »böse Substanzen […] einer bösen Industrie« anprangern möchten und konstruktiv »Lösungen« entwickeln wollen, nennt Greenpeacer Wolfgang Lohbeck (Atmosphäre- und Energiekampagne) solche Empfehlungen offenherzig »Ermüdungserscheinungen«. Alternativen gebe es für FCKW, für Atomenergie, für Autos usw.; daß diese aber nicht durchgesetzt würden, liege an den ökonomischen Interessen der Konzerne, nicht an mangelnden Lösungen. Alle Dialogangebote, die von Konzernen auch an Greenpeace herangetragen würden, sollten bewirken, »daß wir ihnen die Lösungslitanei nachbeten, daß wir abschlaffen und uns im Dialog erschöpfen. Die achtziger Jahre waren die Zeit des Protestes, die neunziger Jahre werden die Zeit des Kampfes gegen die falschen Lösungen sein«. Greenpeace-Geschäftsführer Thilo Bode aber sucht den »Dialog«. Man wolle mit willigen Autoherstellern über ökologisch verträgliche Mobilität nachdenken. Wir empfehlen das Mediationsverfahren. Es könnte darüber hinwegtäuschen helfen, daß sich eine ökologisch verträgliche Mobilität und das Massenverkehrsmittel Auto schlicht und einfach 568
ausschließen. Auch Wolfgang Weinz, Geschäftsführer der Pleiteveranstaltung Deutscher Umwelttag (DUT) von 1992, wollte »Kommunikation«, und das »gebotene Mittel für die neunziger Jahre« sei der »Dialog mit der Wirtschaft«. Und da wir uns alle ganz liebhaben und der Trikont weit weg ist, will Weinz »Feindbilder abbauen« helfen, für »Klärungen und Konsense« (da ist es wieder, das Lieblingswort der AnpasserInnen) sorgen und erlaubte darum auch der Hoechst AG, der größten Giftschleuder der Rhein-Main-Region, auszustellen und den »Dialog zu führen«. Weinzierls Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist besonders dick im Geschäft. Hertie zahlt für dessen Beratung und darf mit dem Namen des Umweltverbandes werben. Beide veranstalten sogar gemeinsame Pressekonferenzen. Mit einem »Einkaufsführer für Hertie-Warenhäuser« hilft der BUND den KonsumentInnen, sich für einen Konzern zu entscheiden, dessen Vergangenheit – die Nazis raubten Hertie seinen jüdischen Besitzern (die sogenannte Arisierung) – diese UmweltschützerInnen nicht weiter interessiert. Ich erinnere mich an eine gemeinsame Ausstellung von Hertie, BUND und Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) in Frankfurt im Sommer 1991. Unter einem großen Farbfoto einer Afrikanerin mit zwei oder drei Kindern, die auf dem Boden ihrer Hütte kauerten, stand sinngemäß: Immer mehr Menschen zerstören die Erde. Seit sechs Jahren läßt sich der BUND, unbemerkt von der Öffentlichkeit, vom Automobilkonzern Ford finanzie569
ren, der nach Angaben des Friedensforschungsinstituts SIPRI einer der größten Rüstungsproduzenten der Welt ist und auch mit seinen zivilen Produkten, den Autos, die Luft verpestet. Ford finanziert den »Europäischen Umweltpreis«, der mit viel Öffentlichkeits-Tamtam an lokale, meist unpolitische Initiativen vergeben wird. Sprecherin der Jury und Mitglied des Bundesvorstandes des BUND war bis vor kurzem Angelika Zahrnt. Und so verbreitet der BUND über sein Vertriebsnetz auch eine Broschüre der Ford AG über Umweltarbeit mit Wirkung. Geld begründet Widersprüche: Während der BUND 1990 zum Boykott aller japanischen Produkte aufrief, schloß er mit der japanischen Firma Nikon, einer Mitsubishi-Tochter, eine Sponsoringvereinbarung ab. Mitsubishi ist einer der größten Rüstungskonzerne der Welt und plündert die tropischen Regenwälder, die Mangroven- und die winterkalten Wälder Lateinamerikas, Asiens und nun auch Sibiriens. Der Konzern hat sich außerdem in einer strategischen Allianz mit Daimler-Benz verbündet, unter anderem um die Vormachtstellung der USA in der Luft- und Raumfahrt zu brechen. BUND und Naturschutzbund gründeten die Deutsche Umwelthilfe vorwiegend zum Geldsammeln. Für ein Bodenseeschutzprojekt kassierten sie vom Waschmittelkonzern Lever 1,3 Millionen Mark. Lever wirbt mit einem Hinweis auf den Deal für sein neues Waschmittel Skip. Als Gegenleistung für das Geld wird die aktive Unterstützung der jeweiligen Kampagne des Konzerns durch den beschenkten Verband verlangt. Schätzungsweise 50 bis 570
100 Millionen Mark schmieren insgesamt jährlich die neuen Verbindungen, mit steigender Tendenz. Rund 90 von 440 Werbekampagnen greifen das Umweltthema auf. Die Verbände werden abhängig. Im Nationalen Komitee für die Umweltkonferenz in Rio stimmten im Februar 1992 zum Entsetzen vieler Mitglieder auch die Vertreter von BUND (Hubert Wemzierl, SPD), Deutscher Naturschutzring (DNR) und Naturschutzbund dem Bericht der Bundesregierung zu. Gleich im ersten Satz wird die BRD für ihre umweltpolitischen Anstrengungen gelobt, und nirgendwo findet sich eine ernstzunehmende Kritik an den kapitalistischen Zentren und ihrer Wirtschaftsweise. Es kam keine Forderung von den etablierten, allzu staatstragenden bundesdeutschen Umweltverbänden, die Hauptrolle der transnationalen Konzerne bei der Zerstörung der Welt auch nur zu thematisieren. Kritik, Analyse, Aktion, Konflikte, Aufklärung und jegliche wirksame politische Strategie ersaufen in Dialog und Konsens. Im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), der mit der Ernennung des ehemaligen Vorsitzenden Jo Leinen zum saarländischen Umweltminister vollends zahnlos wurde, erklärt der Sprechet des Arbeitskreises Wasser, das eigentliche Problem seien nicht die Produktion und die Verseuchung der Flüsse, sondern die Produkte. Das Gegeneinanderausspielen zweier Probleme, der Produktion und der Produkte, macht in der aktuellen Diskussion nur Sinn, wenn einer will, daß sich der Blick fort von den Konzernen auf die schuldigen VerbraucherInnen (»Wir alle«) richten soll.1031 571
Den Gegengipfel Global Forum in Rio fand Hubert Weinzierl fruchtbar. Merkwürdig, denn neben wenigen politischen Veranstaltungen beherrschten esoterische Gruppen, Industrieunternehmen und die Weltbank die Außendarstellung des Forums. Der Korrespondent der Frankfurter Rundschau spottete über das »Gesäusel über Gnome, Elfen und Feen, über Heilung mit Kristallen, Alchemie und Bio-Energetik«. Das Geld für den sogenannten Gegengipfel kam von den für die Umweltzerstörung Verantwortlichen: 1 Million US-Dollar aus Bonn, derselbe Betrag aus London, 500 000 US-Dollar von der Präfektur von Sao Paulo, 1 Million von der Stadt Rio de Janeiro, 800 000 von einem brasilianischen Erdöl- und einem Stahlkonzern, 825 000 US-Dollar von der UNO. Noch im Mai 1992 rauchte Maurice Strong, Generalsekretär der UNO-Umweltkonferenz, auf der internationalen Indianerkonferenz in Rio vor surrenden Kameras zehn Minuten lang die Friedenspfeife mit einem Indigeno aus Kanada: »Wir müssen die Indianer wiederentdecken.« Einen Monat später mußte der kanadische Multimillionär Strong zugeben, daß er als Teilhaber der American Water Development Incorporation so viel Grundwasser aus dem San Luis Valley, einem Refugium für seltene Vögel in Süd-Colorado, für Landwirtschaft und eine Brauerei in 300 Kilometer Entfernung abpumpen wollte, daß das Tal austrocknen und ökologisch völlig ruiniert werden würde. Das Projekt diene der wirtschaftlichen Entwicklung, sagte Strong. Vermutlich »nachhaltig«. Manchmal müsse er Dinge 572
tun, »die umwelttechnisch nicht sauber sind«. Wäre Strong nicht ein guter Kandidat für einen Weltumweltminister einer Weltregierung unter UN-Oberhoheit oder wenigstens Vorsitzender eines künftigen Umweltsicherheitsrates, der auch über den Einsatz von Grünhelmen zu entscheiden hätte? Die brasilianische Fast-Food-Kette »Hellen’s International« sorgte für die Verpflegung der meisten TeilnehmerInnen des sogenannten Gegengipfels. Wenn möglichem Widerstand so erfolgreich die Spitze abgebrochen wird, wie könnten wir dann vom Global Forum eine ernsthafte politische Herausforderung und Kritik am Kapitalismus als herrschender Produktionsweise der Zerstörung erwarten? Nicht einmal auf eine vollständige Streichung der sogenannten Schulden des Trikont, die Forderung der Gruppe aus dem Süden, wollten sich die VertreterInnen von Umweltorganisationen des Nordens verständigen.1032 So setzt sich die esoterische Botschaft »Think positive« oder im Slang »Don’t worry – be happy« durch. Ex-VWVorstandsmitglied Daniel Goeudevert, dem wir schon als Club-of-Rome-Mitglied begegnet sind und der sich auf Pro-Atom-Konsens-Trip befindet, lobt das neue Konzept der Zeitschrift Natur (in der Udo Knapp seine Weltpolizeiattacken ausbreiten durfte): »Ihr Magazin spiegelt den Trend der Zeit, ein Zurück zur Natur voll wider. [VW hat steigende Produktionsziffern.] In einer so hektischen Zeit bedeutet Naturverbundenheit das so notwendige Zurück zu sich selbst.«1033 573
Die Umweltbewegung, lesen wir in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, »ist Ausdruck eines aufgeklärten Einverständnisses mit der Situation geworden […] Diese Mischung ästhetisch-kulinarischer, moralischer, wissenschaftlicher und politischer Kategorien macht den neuen Begriff des Ökologischen aus. […] Die ›Umwelt‹ ist nicht mehr die Gegenwelt zur Konsumgesellschaft, zu Marktwirtschaft und Leistungsethik; sie paßt sich deren Design und Selbstbild an.«1034 Und selbst dem Autor der FAZ fällt auf, daß am Grundsätzlichen, am »Wachstum« nicht mehr gerüttelt wird, sondern sich die ganze »moralische Energie« auf die »Rettung der Welt« konzentrieren könne, »ohne daß sich in den Industriestaaten etwas ändern muß. Überbevölkerung und Regenwald sind deshalb bevorzugte Themen.« Die Botschaft der neuen großen Versöhnung hören viele gern. Die katholische und die evangelische Kirche wollen gemeinsam mit der Pharmaindustrie die Versorgung der Armen im Trikont mit Medikamenten verbessern. Die Pharmaindustrie – durch Produkte, Sortimentsgestaltung, unverantwortliche Werbung und Indikationsempfehlungen sowie aggressive PharmavertreterInnen mitverantwortlich für viele Zehntausende Arzneimitteltote jährlich 0150 kann nun, unter dem Zeichen des Kreuzes moralisch gerüstet, ihr Geschäft weiterbetreiben.
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Weil der Mensch ein Mensch ist In Berlin treffe ich einen Freund, einen Autonomen. Ich kenne ihn als einen politisch aktiven Menschen. Was macht er zur Zeit politisch? »Nichts. Ich bin in einer Phase der Orientierung.« Aber Warten treibt nichts voran. Bewußtsein hat keinen Urlaub. Es ist ständigen Einflüssen ausgesetzt. Nichteingreifen, Konflikte vermeiden, Distanz halten wirft Menschen in ihrer politischen Entwicklung zurück, weil der Gegendruck stark ist. Linkssein scheint für manche eine Kleidung zu sein, die in Schönwetterperioden getragen und die, sobald es stürmisch wird, abgelegt wird. Die Zeiten für Linke sind hart. Aber kann das ein Grund sein, Überzeugungen aufzugeben und politische Aktivität einzustellen? Linkssein bedeutet die unbedingte Parteilichkeit für die erniedrigten, gedemütigten, ausgebeuteten Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem kulturellen Hintergrund, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung. Jeder einigermaßen tauglichen linken Analyse der weltweiten ökonomischen Strukturen folgt mit Notwendigkeit die Konsequenz, daß die Verhältnisse, wie sie sind, abgeschafft werden müssen. Das ist ein ernsthaftes Unterfangen und kein Spiel für verwöhnte, gelangweilte europäische BürgerInnen. Wir haben ein besonderes Problem: In der politischen Aufklärung war es uns oft möglich, an die subjektiven Interessen von Menschen anzuknüpfen. In unserem Kampf gegen Atomenergie in den siebziger Jahren konnten wir 575
zum Beispiel mit der Aufklärung über die gesundheitlichen Schäden der radioaktiven Niedrigstrahlung und über die Atombombengefahr den Widerstand gegen Atomanlagen verbreitern. Im Kampf gegen Rassismus stoßen wir auf Grenzen. Der Versuch einiger Linker, in Auseinandersetzungen mit Teilen der Bevölkerung an ein eigenes subjektives Interesse gegen rassistische Einstellungen anzuknüpfen, schlug fehl. Diese Linken sahen sich veranlaßt, etwa so zu argumentieren: Ausländerfeindlichkeit ist schlecht, denn wer soll denn die Dreckarbeit machen, unseren Müll wegräumen … Ausländerfeindlichkeit ist schlecht, weil auch die deutsche Wirtschaft gesagt hat, daß sie ausländische Arbeitnehmer braucht … Ausländer sind wertvoll, zum Beispiel als Fußballer oder Showstars … Anschläge auf Asylbewerberheime machen im Ausland einen schlechten Eindruck … und so weiter. Wir finden solche Aussagen in DGB-Anzeigen gegen [!] Ausländerfeindlichkeit, in Veröffentlichungen aus Kirchenkreisen, in einigen traditionellen linken Organisationen und hören sie am Rande von Demonstrationen in Diskussionen mit PassantInnen. Auf diese Weise wird rassistisches Bewußtsein auch noch stabilisiert: Dreckarbeit für AusländerInnen, sonst müssen wir Deutschen ran. Wertvoll ist, wer ökonomische Leistung bringt oder unserer Unterhaltung dient. Das Ansehen des deutschen Staates ist ein höherer Wert als die physische und psychische Unversehrtheit eines Menschen. Wer als Linke und Linker so denkt und redet, wirft einen Bumerang. Die Absicht, »die Menschen da abzuholen, wo 576
sie stehen«, bedeutet für manche Linke, sich so weit auf vorhandene Einstellungen einzulassen, daß sie zu keiner grundlegenden Auseinandersetzung beispielsweise mit rassistischer Mentalität mehr fähig sind. Damit werden diese Linken zu SozialarbeiterInnen eines Bewußtseins, das gesellschaftlichen Verhältnissen geschuldet ist, deren radikale Veränderung sie aber aufgegeben haben. Das mag das Gewissen beruhigen. Aber sie begeben sich jeglicher Chance, die politischen Verhältnisse wirkungsvoll zu verändern. Wir leben in einem der kapitalistischen Zentren, in einem der Täterstaaten und sind verantwortlich dafür, die Verhältnisse zu stören, die dazu führen, daß der größte Teil der Menschheit, sofern er überlebt, ein Leben lang keinen Hauch selbstbestimmter Perspektive kennenlernt. Internationalistische Verantwortung ist keine Frage von kirchlich vermittelten Schuldgefühlen oder mildtätiger Sozialarbeit, sondern die Konsequenz aus einer Einsicht. Das Bewußtsein von Menschen ist nie homogen, sondern zunehmend widersprüchlich. Die materiellen Interessen, individuelle Absicherung und Bequemlichkeit, richten sich oft gegen im Ansatz vorhandene oder zu entwickelnde Einstellungen wie soziale Verantwortung oder internationalistische Solidarität. Diese ergeben sich aus einer politischen Moral, einem politischen Bewußtsein, sind Konsequenzen eines bewußten Menschseins. In den politischen Auseinandersetzungen, die wir zu führen haben – einige Konfliktfelder wurden in diesem Buch ausführlich 577
beschrieben –, müssen wir ran an die Widersprüche in den Köpfen von Menschen. Wir kleistern die Brüche zu, wenn wir taktisch Zustimmung vortäuschen, anstatt Verschleierungen aufzureißen. Wir müssen den Schulterschluß zwischen Technokraten und Diktatoren verhindern. Es geht nicht nur darum, das Thema Ökologie zu besetzen, sondern auch linke Wissenschaftskritik auf ein neues Niveau zu heben, damit nicht größere Teile der Gesellschaft einschließlich eines Teils der Linken in eine neue Fortschrittsgläubigkeit wegkippen. Zu diesem Konflikt gehört auch die notwendige Auseinandersetzung mit dem Lager, das sich links empfindet, und sich doch stets sozialdemokratischen Herrschaftsinteressen unterordnet. Auch Linke geben dem Druck der Verhältnisse nach, haben Angst, nicht genug vom Kuchen abzubekommen. Sind des Kämpfens müde und setzen dem sich in allen Teilen der bundesdeutschen Gesellschaft ausbreitenden rassistischen Bewußtsein nichts mehr entgegen. Auch kritische und linksradikale Menschen sind Teil der Gesellschaft und werden von ihr beeinflußt; wenn sie sich diesen Einfluß nicht bewußt machen und aktiv Gegenwehr entfalten, verlieren sie. Ökologie wird als ordnungspolitische Kategorie und als militärischer und rassistischer Kampfbegriff mißbraucht. Sie wurde planvoll demontiert. Die Ursachen der Ausbeutung des Menschen und der Vernichtung der Natur entstammen derselben kapitalistischen Produktionsweise. Die Lösung 578
der sozialen Frage und die der ökologischen Frage sind untrennbar miteinander verbunden. Aus diesem antikapitalistischen, radikalökologischen Verständnis wurde bei den Grünen und in weiten Teilen der Ökologiebewegung ein technokratisches Verständnis. Mensch reduziert politische Vorstellungen auf vermeintliche Reparaturen, sucht den Pakt mit den Tätern, plädiert für die sogenannte Marktwirtschaft alias Kapitalismus, läßt die Zerstörungsmaschinerie rollen und streicht sie grün an. Eine ökologische linke Opposition steckt heute im Würgegriff von technokratischer Idiotie und ökofaschistischem Terror. Eine linke Opposition muß sich ein politisches Niveau erarbeiten und erkämpfen, das über einzelne Fragen hinausgeht. Eine künftige außerparlamentarische Opposition (deren mögliche Unterstützung durch oppositionelle Kräfte in Parlamenten nicht unterschätzt werden sollte) wird ihre Sprengkraft daraus beziehen, daß es ihr gelingt, politische Kampffelder miteinander zu verknüpfen. Die Menschen sollten isolierte Arbeitsfelder überwinden und sich aus den Projektbeschränkungen und Elfenbeintürmen, in denen sie sich eingerichtet haben, lösen. Würden sie ihre Fähigkeiten und Erfahrungen miteinander verbinden und auf dieser Basis praktisch handeln, wäre das ein Element dieser neuen Qualität. Die Bereitschaft der einen, sich irgendwie links zu fühlen, und die derjenigen, die sich die Mühe der Organisierung machen, klaffen auseinander. Die, die keine Praxis (mehr) haben, werden dieses ›Linksfühlen‹ unter dem Druck der kommenden Verhältnisse kaum durchhalten. 579
Als Fluchthelfer aus der Wirklichkeit bieten sich viele an. Kälte, Einsamkeit, materielle Ängste machen Menschen anfällig für Ersatzbefriedigungen und Traumwelten. Sekten aller Art – und Hand in Hand mit ihnen rechtsextremistische und neofaschistische Organisationen – profitieren davon. Menschen entziehen sich dem Widerstand gegen die Barbarei oder wechseln auf die andere Seite. Wir brauchen den Konflikt mit denen, die meinen, sie könnten esoterische Elemente konsumieren, Mystikbücher, Tarotkarten, astrologischen Müll, ohne die dahinterstehende menschenverachtende Ideologie auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Die GegnerInnen der Befreiung der Menschen, RassistInnen und KriegshetzerInnen begegnen uns nicht bloß im kahlrasierten Knobelbecher-Outfit. Das ist nur die eine Abteilung, über die sich auch jene AktenkofferträgerInnen scheinheilig entsetzen, die oft kein bißchen weniger rassistisch und rechtsextremistisch sind als Skinheads. Brandanschläge oder Abschiebung, Knüppel oder geschlossene Grenzen, Sammellager oder Bevölkerungspolitik – die Art, wie sich Rassismus äußert, die spezifische Form barbarischer Gewalt – hängen von der sozialen Lage und dem gesellschaftlichen Einfluß der TäterInnen ab. Ob aus ökonomischer Abhängigkeit oder aus ideologischer Blindheit, die vielseitigen Empfehlungen, praktische antifaschistische Aktionen auf der Straße einzustellen, wollen die Befriedung lebensnotwendigen Widerstandes. Sie sind zutiefst unmoralisch, weil dann niemand mehr Flüchtlinge schützt, wie dies beispielsweise antirassistische 580
Notruftelefone und Aktionsgruppen tun. Und sie sind unverantwortlich, weil nur eine auch aktionsorientierte linke Opposition in der Lage ist, das gesellschaftliche Klima zu beeinflussen, diese rasende Rechtsentwicklung zu bremsen. Ich plädiere dafür, sich klug und strategisch zu überlegen, welche Aktionsformen heute die geeignetsten sind, gerade angesichts der ökologischen Modernisierung des Faschismus. Unsere Aufgabe ist der Schutz von Menschen. Wir müssen das Klima in diesem eiskalten Land aufbrechen, dafür brauchen wir die Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Wir dürfen dabei nicht stehenbleiben. Der Kampf gegen die patriarchale Unterdrückung von Frauen, gegen Ausbeutung und Vernichtung, gegen Rassismus und Faschismus und gegen die Zerstörung der Natur ist nicht damit getan, daß wir gegen Auswüchse kämpfen, aber den Kapitalismus als Ursache und Voraussetzung des Faschismus nicht beachten. Ein erweitertes Verständnis antifaschistischen Widerstandes versteht sich internationalistisch und schließt zum Beispiel den Widerstand gegen die gentechnologische Manipulation des Lebens, den Kampf um sexuelle Selbstbestimmung, soziale Existenzsicherung und, nicht zuletzt, menschenwürdige Arbeitsbedingungen mit ein: Em menschenwürdiges Leben ist nur in einer Gesellschaft ohne Lohnarbeit, Geld und Waren vorstellbar, eine Gesellschaft, die Gebrauchsgüter herstellt, ohne diese Herstellung asketisch-zwanghaft zu regulieren, aber auch ohne das grenzenlose Wachstum des kapitalistischen Wirtschaftens 581
mit seinem Zwang zu Konkurrenz, Egoismus und Ellenbogengesellschaft. Politisches Bewußtsein verlangt eine radikale Analyse der Verhältnisse und theoretische Qualifikation. Zur Entwicklung der Linken gehört selbstverständlich die Klarheit der Sprache und der Begriffe. Aber wir brauchen die Trennung von selbstverliebten Kategorienschlachten in abstrakten akademischen Sphären, die Universitätskarrieren befördern mögen, aber Handlungsfähigkeit lähmen (sollen). Wir brauchen andererseits Aktionen, nicht blinde, sondern kluge, solche, die ihre jeweiligen Formen aus dem Charakter des Problems, um das es geht, ableiten. Was wir nicht brauchen, ist theoriefeindlicher blinder Aktionismus, der irgendwann im Suff oder in staatlichen Gewaltfallen landet oder in beidem. Zu linker Politik gehört neben der »action« auch Disziplin, neben den Büchern auch die Lust an der Provokation. Die Zeit der Nischen, der Wohlfühlkleingruppen, der unverbindlichen Netzwerke, in denen wir alles tolerieren, was sich links fühlt, und in denen wir zum Dank selbst nie herausgefordert werden, dieser Opportunismus sollte vorbei sein. Sich untereinander ernst nehmen heißt, sich ernsthaft auseinanderzusetzen. Anders entwickeln wir uns nicht weiter. Wir dürfen, auf der einen Seite, politische Organisationen nicht zum Familienersatz herunterwirtschaften, und auf der anderen Seite töten Herrschaftsstrukturen und dogmatische Rituale jedes Leben in einer Opposition. Es ist eine vertrackte Gratwanderung, auf die wir uns einlassen. 582
Niemand wird uns die Arbeit abnehmen, wir werden uns dieser Aufgabe ganz einfach selbst stellen. Die Rechte und Freiheiten, die wir heute haben, sind das Resultat von historischen Kämpfen. Ohne die ArbeiterInnenbewegung – trotz ihrer späteren Einbindung in sozialdemokratisches Regierungsinteresse –, ohne die sozialen und ökologischen Bewegungen sähe unser Leben ganz anders aus. Eine gut organisierte gesellschaftliche Gegenmacht kann, selbst wenn sie in der Umsetzung ihrer großen Ziele in einer bestimmten historischen Phase scheitert, auf dem Weg Teilerfolge erringen, die das Leben der Menschen erträglicher machen und die Bedingungen linker Opposition verbessern. Wir brauchen verbindliche Organisationen, aber keine zentralistischen Strukturen. Wir brauchen Solidarität, aber keine vermeintlich hierarchiefreien Kleingruppen, die sich so abschotten, daß sie dumm machen. Um uns von den Auseinandersetzungen, die auf uns zukommen werden, nicht platt walzen zu lassen, brauchen wir ein solidarisches, theoretisch qualifiziertes, wildes, konflikterprobtes politisches Milieu. Unser Ziel ist klar: Wir wollen nicht weniger als die Abschaffung des Kapitalismus mit seinen patriarchalen Herrschaftsstrukturen. Das heißt nicht, daß der Streit darüber, wie denn eine sozialistische Gesellschaft aussehen könnte, auch nur annähernd beendet wäre. Eine Gesellschaft, in der die Menschen befreit und selbstbestimmt leben und arbeiten, ihre vielfältigen Fähigkeiten frei entfalten können, ein schonendes Verhältnis zur Natur 583
entwickelt haben, frei sind von Ausbeutung, Rassismus und Sexismus, wo sie sich nicht mehr vertreten lassen, sondern vielleicht in basisdemokratischen Räten organisieren und eine völlig andere Technologie und Wissenschaft entwickelt haben als die, die wir heute kennen. Um die Auseinandersetzung zu beginnen, brauchen wir kein festgefügtes dogmatisches Bild einer Modellgesellschaft. Unsere Vorstellungen, wie wir leben wollen, verändern sich mit den Erfahrungen aus unseren Kämpfen. Unser politisches Lernen ist ein Prozeß, kein Lauf auf einer abgesteckten Strecke, der uns nicht mehr erkennen läßt, was sich hinter der Ziellinie oder neben der Strecke noch alles befindet. Wir haben nicht weniger vor, als die herrschende Weltordnung zu stürzen. Erst dann haben alle Menschen, unabhängig davon, wo sie leben, welche Hautfarbe sie haben und welches Geschlecht, die Chance auf ein menschenwürdiges Leben. Wir leben im Land der TäterInnen, historisch und gegenwärtig. Radikale, ökologische linke Opposition bedeutet, diese Verantwortung zu übernehmen. Unser politischer Ansatzpunkt ist hier. Internationalistische Solidarität heißt nicht Mystifikation und Projektion eigenen Versagens auf Befreiungsbewegungen im Trikont, sondern Unterstützung ihrer Kämpfe, indem wir die Zerstörungsmaschine, die Kapitalismus genannt wird und die sich auch gegen uns richtet, behindern, wo immer wir können, und sie zerstören. Wir brauchen Konfliktbereitschaft, Verbindlichkeit und Solidarität in stabi584
len Oppositionsstrukturen. Wir brauchen Leidenschaft und Kritik, wir brauchen Feuer in die Herzen in einem eiskalten Land – für eine soziale Revolution.
Anmerkungen 1 Die saudummen Sendetitel einiger privater Fernsehanstalten à la »Guten Morgen, Deutschland!« machen diesen Staat zur individuellen Person, der repressive Staat kommt als netter Nachbar zum Frühstück. 2 Üblicherweise verwende ich im gesamten Buch die sogenannte Schweizer Schreibweise mit dem großen »I«, also etwa »AkteurInnen«, was Männer und Frauen einschließt. In anderen Fällen, wenn Frauen keine oder kaum eine Rollespielen, gebrauche ich die rein männliche Form: »Akteure«. 3 Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Informationsund Kommunikationstechnologien bleiben in diesem Buch aus Platzgründen leider unberücksichtigt. Interessierten wird empfohlen, sich an das ausgezeichnete Institut für Informations- und Kommunikationsökologie (IKÖ) e.V., Balkenstr. 17, 44137 Dortmund, Tel. 02 31/5 77 90–46, Fax 02 31/5 77 90–33, zu wenden. 4 Ostdeutschland: 30 Prozent der Lehrlinge und 25 Prozent der Schüler meinen,»daß wir Völkervermischung verhindern sollten«. 11 Prozent der Schüler und 29Prozent der Lehrlinge denken, daß »die Juden Deutschlands Unglück« sind. 25 Prozent der Schüler und 40 Prozent der Lehrlinge meinen, daß der Faschismus auch seine guten Seiten hat. Ergebnisse einer Untersuchung der Forschungsstelle für Sozialanalysen in Leipzig. Es bleibt unklar, ob auch SchülerInnen gemeint sind. Vgl. Junge Welt, Nr. 144 vom 23. 6.1992. – 13 Prozent der Deutschen haben ein geschlossenes antisemitisches Weltbild, bis zu 58 Prozent haben antisemitische Einstellungen. Ein geschlossenes antisemitisches Weltbild haben auch 12 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 29 Jahren. Von 24 Prozent der Befragten, die »Verständnis für Rechtsradikale« haben, besitzen 82 586
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Prozent eine neutrale (29 Prozent) bis positive (53 Prozent) »Einstellung zum NS-Regime«. Daraus schließt auch der Spiegel, daß ein Unterschied zwischen Rechtsextremisten und Neonazis kaum mehr auszumachen ist. 80 Prozent aller Deutschen meinen, daß das NS-Regime auch positive Seiten hatte. Der Spiegel 3 und 4/1992 Eine »wertfreie« Übersetzung etwa als »Erbgesundheitsforschung« kann es nach Auschwitz nicht mehr geben. Das Zitat stammt aus der Zeit vom 13. Mai 1988. Den Nobelpreis für seine »Verdienste« um die Bakteriengenetik erhielt Lederberg 1958. Vgl. Ludger Weß (Hg.), Die Träume der Genetik. Gentechnische Utopien vom sozialen Fortschritt. (Schriften der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts) Nördlingen 1989, S. 184 ff. Jutta Ditfurth Feuer in die Herzen. Plädoyer für eine ökologische linke Opposition. Hamburg 1992, S. 17 Focus 17/1994 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27.4. 1994; Die Tageszeitung v. 25.4. 1994; Focus 17/1994 Die folgenden Zitate stammen aus: Hermann Joseph Muller, Out of the Night. A Biologist’s View of the Future. New York 1935, S. 68–83,103–127, zit. in: Weß,a.a.O., S. 136–154 Uta Eser, Reproduktionsmedizin. Bevölkerungspohtik im Mutterleib, in: Josef Heilmeyer/Klaus Magold/Athanasios Marvakis/Thomas Pfister, Gen-Ideologie Biologie und Biologismus in den Sozialwissenschaften. (Argument-Sonderband AS 175) Hamburg 1991, S. 148 DNS: Desoxyribonukleinsäure, englisch DNA (Desoxyribonucleic acid), die chemische Grundsubstanz der Erbinformation. RNA: Ribonucleinsäure. Weß, a.a.O., S.51 Robert Jungk/Hans Josef Mundt (Hg), Das umstrittene 587
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Experiment: Der Mensch. Siebenundzwanzig Wissenschaftler diskutieren die Elemente einer biologischen Revolution. München, Wien, Basel 1966, zit in: Wolfgang Hingst, Zeitbombe Gentechnik. Wien 1988, S. 57 Muller, a.a.O. Ludger Weß, Neues von der künstlichen Gebärmutter, in: Gen-ethischer Informationsdienst 78/Juni 1992 Vgl. Frankfurter Rundschau v. 11. 4. 1992. Die Süddeutsche Zeitung v. 23.1.1992 erwähnt, daß der Antrag unter der Nummer 88301112.4 im Jahr 1988 schon einmal eingereicht worden war. Frankfurter Rundschau v. 18.1. 1992 Das Patriarchat als spezifische Form der Herrschaft von Männern über Frauen ist mit dem Kapitalismus als patriarchal-kapitahstisches Herrschaftsverhältnis unauflösbar verflochten. Die Abschaffung des Patriarchats führt über den Kapitalismus hinaus, muß diesen aber mit einschließen. Zur Diskussion um die Frage: Wann beginnt Leben? vgl: Jutta Ditfurth, Lebewild und gefährlich. Radikalökologische Perspektiven Köln 1991, S 102 f und S. 357–370 Eser, a.a.O., S. 140 Ich hoffe, es versteht sich von selbst, daß ich damit nicht gegen eine medizinwissenschaftlich fundierte Betreuung schwangerer Frauen auf freiwilliger Basis, gegen (an menschliche Bedürfnisse) angepaßte Medizintechnik und schon garnicht gegen ein soziales, psychologisches und ökologisches »Klima« votiere, das es Frauen, die eine Schwangerschaft selbstbestimmt austragen wollen, möglichst angenehm macht, ein Kind zu bekommen und echte gesundheitliche Risiken auch für das Kind zu vermeiden hilft. Lugder Weß, Eine Generation wird begutachtet, in: Genethischer Informationsdienst Nr. 95, Juni 1994, S 24 ff 588
25 Weß, a.a.O. 26 Weß, a.a. O 27 Genom = Summe der in einer Zelle vorhandenen Erbinformation 28 Mit dem grundsätzlichen Unterschied zwischen selbstbestimmter Abtreibung, die nur autonome Entscheidung der Frau sein kann, und Abtreibungen aus eugemschen Gründen habe ich mich in Lebe wild …, a. a. O., S. 357–371 auseinandergesetzt. 29 Frankfurter Rundschau v. 21. 12. 1993, 30. 12. 1993 30 Humangenetik ist definiert als die Wissenschaft von den erbbedingten Unterschieden der Menschen 31 Sabine Rosenbladt, Biotopta, Teil IX, in: Natur 5/1988 32 Vgl. Wechselwirkung 53/Februar 1992 33 Eser, a. a. O., S. 141 34 Die Woche v. 5. 8. 1993 35 Das sogenannte Down-Syndrom bzw der selbst in linken Kreisen so rassistisch genannte Mongolismus 36 Ich hoffe, ich muß nicht extra erwähnen, was hiermit dennoch geschieht, daß ich es für ausgemachten Blödsinn halte, daß das, was »Intelligenz« genannt wird – was das ist, wäre gesondert zu diskutieren –, auf irgendeinem Gen herumsitzt. 37 Gena Corea, Muttermaschine. Reproduktionstechnologien: Von der künstlichen Befruchtung zur künstlichen Gebärmutter. Berlin 1986, S. 13 ff. 38 Frankfurter Rundschau v. 24. 12. 1991 39 Eser, a. a. O., S. 144. Von der Diplombiologin stammen auch die angegebenen Erfolgsquoten. 40 Zit. in: Eser, a. a. O., S. 147 41 Weß, Die Träume …, a. a. O., S. 32ff. 42 Jungk/Mundt, a. a. O., zit in: Hingst, a. a. O., S. 53 43 Vgl. Der Spiegel 4/1992 44 Tageszeitung v. 19. 1. 1992 589
45 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19. 5. 1994 46 Michael Emmrich, Über den Tod hinaus, in: Frankfurter Rundschau v. 15. 1. 1994 47 ebd. 48 Wochenpost v. 2. 12. 1993 49 Die Welt v. 27 11. 1993 50 Die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) lt. Wochenpost v. 2. 12. 1993 51 Michael Emmrich, a. a. O. ; vom Genarchiv Essen wurde eine 140seitige Dokumentation über Organtransplantation erstellt: Zur Wegnahme von Körperstücken und ihrem Verbleib, Essen 1993. Bezug: Genarchiv, Friedenkenstr. 41, 45130 Essen, Tel. 0201/784248 52 Die Zeit Nr. 26 v. 24. 6. 1994 53 Tageszeitung v. 25. 5. 1994 54 Frankfurter Rundschau v. 31. 12. 1993 55 Frankfurter Rundschau v. 28. 1. 1994 56 ÖkoLinX Nr. 15 Mai/Juni 1994; vgl. die Dokumentation des Genarchiv Essen (Anm. 51) 57 Frankfurter Rundschau v. 28. 1. 1994 58 Die Woche v. 23. 6. 1994 59 Frankfurter Rundschau v. 28. 1. 1994 60 Eine gute, ausführliche Kritik der Konvention ist: Erika Feyerabend (Genarchiv Essen), Ursel Fuchs (Journalistin), Wilma Kobusch (Sprachwissenschaftlerin)und Jobst Paul (Philologe): Bioethikkonvention wird vorbereitet, in: Wechselwirkung Nr. 67, Juni 1994 61 Frankfurter Rundschau v. 28. 1. 1994; junge Welt v. 30. 5. 1994 62 junge Welt v. 30. 5. 1994; Feyerabend u. a., a. a. O. 63 junge Welt, a. a. O. 64 Zit. in: Feyerabendu. a., a. a. O. 65 Klemes Kappel/Peter Sandoe, Saving the Young Before 590
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the Old - A Reply to John Harris, in: Bioethics, vol. 8, Nr. 1, 1994 Wochenpost v. 2. 12. 1993 Zit. in: Feyerabendu. a. a. a. O. Vgl. Jan Schmidt, in: junge Welt v. 30. 5. 1994 Frankfurter Rundschau v. 20. 6. 1994 Science 252 v. 21. 6. 1991, S. 1614 f. Hiltrud Breyer, in: Wechselwirkung Nr. 65, Februar 1994 Frankfurter Rundschau v. 31. 12. 1993 Hingst, a. a. O., S. 49 Ebd. Frankfurter Rundschau v. 7. 12. 1991 Frankfurter Rundschau v. 1./2. 6. 1994 Dazu auch: Frankfurter Rundschau v. 28. 6. 1994 Frankfurter Rundschau v. 5. 2. 1992, 18. 1. 1992 Focus 15/1994 Wolf-Michael Catenhusen, in: Focus 15/1994 Tageszeitung v. 7. 3. 1994; Focus 20/1994; Der Spiegel 19/1994 Focus 15/1994 Der Spiegel 19/1994; Wechselwirkung Nr. 67, 6/1994; Tageszeitung v. 7. 3. 1994; Focus 20/1994 Focus 15/1994; Der Spiegel 19/1994 Beide Zitate aus: Focus 15/1994 Nature v. 3. 12. 1992 Gen-ethischer Informationsdienst Nr. 83, Januar 1993 (s. Anm. 137) Frankfurter Rundschau v. 8. 7. 1992 Frankfurter Rundschau v. 11. 3. 1994, 28. 4. 1994, 14. 6. 1994 Jochen Siemens, in: Gen-ethischer Informationsdienst Nr. 88, August 1993 Frankfurter Rundschau v. 21. 6. 1994 Wolfgang Löhr, in: Gen-ethischer Informationsdienst Nr. 92, 591
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Januar 1994; Der Spiegel 9/1994; Frankfurter Rundschau v. 7. 2. 1994 Frankfurter Rundschau v. 11. 6. 1994 Die Tageszeitung v. 23. 6. 1994 Frankfurter Rundschau v. 28. 5. 1994 Wolfgang Löhr in: Die Tageszeitung v. 28. 3. 1994 Frankfurter Rundschau v. 28. 5. 1994 Europa Chemie 16/1991 Greenpeace V/1991 Der Spiegel 7/1992 Tageszeitung v. 13. 2. 1992 , Der Spiegel 7/1992 Elektrosmog macht krank. Die Hormonausschüttung der Zirbeldrüse im´Gehirn kann z. B. durch elektromagnetische Strahlung so gestört werden, daß Menschen unfruchtbar, depressiv oder krebskrank werden. Meßbar ist, daß dieNähe elektromagnetischer Felder schon bei lediglich »elektroensensiblen«Menschen zu Unbehagen führen kann (die Körperhärchen stellen sich z. B. auf). Manche Menschen können z. B. deshalb in Hotels nicht schlafen. (Noch)nicht meßbar ist, daß elektromagnetische Felder Streß verursachen können. Überall, z. B. vor dem Computerbildschirm, ist mensch elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Ein Forscherteam der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich hat im Dezember 1993 erstmals nachweisen können, daß schwache Magnetfelder in menschlichen Gehirnen Reaktionen auslösen. Ob Heizdecken, elektrische Zahnbürste, Radiowecker, Stromkabel neben demBett, Babyphone, Fernsehgeräte auf Standby-Schaltung oder Funktürme und Hochspannungsleitungen – neuere Studien vom Königlich-Schwedischen Karolinska-Institut sowie der Carnegie Mellon University in den USA haben1992 und 1993 ergeben, daß Elektrosmog gesundheitsschädlich ist. Bei Kindern, die dem Einwirken 592
elektromagnetischer Felder im Niederfrequenzbereich von 30 bis 60 Hertz ausgesetzt waren, stiegen die Leukämieerkrankungen (Blutkrebs) an. Die elektromagnetische Strahlung aus tragbaren Handys mit eigenerAntenne kann z. B. die Steuerungselektronik von PKWs lahmlegen und Airbags aktivieren. Das Handy klingelt, der Airbag bekommt dadurch unbeabsichtigt sein Signal z. B. bei freier Strecke und hoher Geschwindigkeit auf der Überholspur: »Bei Anruf Mord«. Während bundesdeutsche Versicherungen bereits heftig rechnen, wie sie absehbare Schadensregelungen durch Elektrosmog zu Lasten der Versicherten einschränken können und während in Schweden die Bauvorschriften zur Krebsvermeidung durch Elektrosmog verändert werden, haben die Bundesregierung und die zuständigen Behörden das Problem, das an die stoffliche Substanz der kapitalistischen Wirtschaftsweise geht, noch nicht einmal begriffen. Nach wie vor werden KritikerInnen, die auf die Gefahren des Elektrosmog hinweisen, lächerlich gemacht. Seit einiger Zeit gibt es die ersten Demonstrationen z. B. gegen Hochspannungsstraßen in Wohngebieten wie am12. 8. 1993 in Lübeck. Auch Gerichte beginnen zugunsten der Elektrosmog-Betroffenen zu entscheiden: das Verwaltungsgericht Gießen z. B. entschied, einen Mobilfunk-Sender der Telekom in Rosbach-Rodheim (Hessen) stillzulegen, weil eine Gesundheitsgefährdung der NachbarInnen nicht ausgeschlossen werden könne (Az: 1G 451/93). Vgl. . Tageszeitung v 16. 6. 1994, Contraste v. Februar 1994, Reform Rundschau 2/1994; Lübecker Nachrichten v 13. 8 1993; Hamburger Abendblatt v. 26. 8. 1993; Tageszeitung v. 20. 12. 1993, Sozialistische Wochenzeitung Nr. 20 v. 7. 10. 1993, Frankfurter Rundschau v. 18. 9. 1993. Literatur: WulfDietrich Rose, Elektrosmog – Elektrostreß. Köln 1990. 104 Eine kritische Geschichte von Bayer, Hoechst und der BASF findet sich in: Jutta Ditfurth, Träumen Kämpfen Verwirkli593
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chen. Politische Texte bis 1987 - Köln 1988, S. 86–109 New Life, März/April 1991 Der Spiegel 45/1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24. 12. 1991 Europa Chemie 29/1986, S. 498 Handelsblatt vom 18. 9. 1991 Neues Deutschland v. 26. 4. 1994 Der Spiegel 33/1992 Focus 15/1994 Vgl. Science 254, S. 184; Nature 335 v. 20. 2. 1992 u. 356 v. 12. 3. 1992, S. 96; Süddeutsche Zeitung v. 7. 11. 1991 Vgl. Jutta Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 246–263, 269–276 Der Spiegel 22/1992 Gabriele Venzky, in: Frankfurter Rundschau v. 28. 4. 1992, Tageszeitung v. 3. 6. 1992 Die Andere 14/1992 Ebd. ; Frankfurter Rundschau v. 17. 3. 1992, 19. 3. 1992, 21. 3. 1992, 21. 4. 1992;Tageszeitung v. 18. 3. 1992 Gen-ethischer Informationsdienst 68/Jum 1991 Jost Herbig, Der Bio-Boom. Hamburg 1982, S. 148 Sigrid Gotter, Anfang ohne Ende. Berlin 1990, S. 20 Tageszeitung v. 2. 5. 1994 Woche im Bundestag v. 1. 6. 1994 Frankfurter Rundschau v. 19. 3. 1993 Gen-ethischer Informationsdienst Nr. 88, August 1993 Frankfurter Rundschau v. 14. 3. 1992 Ulf Fink, stellvertretender Vorsitzender des DGB, zit. in: Kontrapunkt. Zeitschrift der IG Medien 23/1990 Vgl. Bericht über den Weltkongreß, in: Frankfurter Rundschau v. 8. 5. 1990 Beschluß des 15. Ordentlichen Bundeskongresses des DGB zur Gentechnologieim Juni 1994, Protokollauszug Frankfurter Rundschau v. 5. 1. 1993 594
131 Frankfurter Rundschau v. 3. 11. 1993 132 Zur Änderung des Gentechnikgesetzes: Die Quelle, Januar 1994, und Tageszeitung v. 24. 1193 133 Kölner Stadtanzeiger v. 10. 1. 1994 134 Kommission der Europäischen Gemeinschaft v 20. 7 1988, Sigrid Gotter, Diemenschlichen Erbanlagen im Griff der Wissenschaft. Berlin 1990, S. 8 135 Wechselwirkung 53/Februar 1992 136 Science v. 7. 12. 1990, S. 1335 137 Beide Zeitschriften sind für gentechnickrmsche Informationen sehr zu empfehlen: (1) E. coli-bri. c/o Aizan, Clemens-Schulz-Str. 26, 20359 Hamburg; (2)Gen-ethischer Informationsdienst, c/o Gen-ethisches Netzwerk e. V, Winterfeldstr. 3, 10781 Berlin, Tel. 0 30/215 39 91 138 Eugène TerreBlanche, Führer der »Afrikaaner«-Partei zitiert in: Sabine Rosenbladt, Biotopia. Die genetische Revolution und ihre Folgen für Mensch, Tier undUmwelt. München 1988, S 255 139 Siegfried Ernst, Wissenschaft von gestern als ideologischer Irrtum von heute Ulm 1990, S. 19 f. 140 Medizin und Ideologie. Informationsblatt der Europäischen Ärzteaktion. Hgvon Siegfried Ernst, 8. Jg., Februar 1986, S. 4/5 141 Science 253/September 1991, S. 1352 142 Vgl. Nature339/15. 6. 1989; Nature354/26 12. 1991, Nature 355/27 2. 1992 143 Frankfurter Rundschau v. 15. 5. 1992 144 Demokratie in der Krise. Ein ZEIT-Symposium zum 75. Geburtstag von Helmut Schmidt, ZEIT-Punkte Nr 1/1994 145 Vgl. Wechselwirkung 53/Februar 1992, S. 10 146 Science 247/2. 3. 1990, S. 1027 147 Der Spiegel 17/1992 148 Capital 6/1992 und Die Weltwoche v. 14. 5. 1992 149 Frankfurter Rundschau v. 18 2. 1992 595
150 Gen-ethischer Informationsdienst 68/Juni 1991 151 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 17 3. 1992; Focus 15/1994, FrankfurterRundschau v. 22. 6. 1994 152 Tageszeitung v. 23. 6. 1992 153 Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: Karl Marx/Friedrich Engels Werke (MEW), Berlin (Ost) 1972, Bd. 1, S. 378–391. hier S. 385 154 Vgl. Sabine Grimm, Befreiung zur Weiblichkeit?, in: Diskus 7/1992. Grimm führt aus, daß die Theorien der Geschlechterdifferenz auf die französische Psychoanalytikerin und Philosophin Luce Irigaray zurückgehen, deren Rezeption – allerdings unvollständig – über italienische Feministinnen erfolgt. 155 Meine Position zu diesem Thema ist nachlesbar in: Jutta Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 325–351 156 Vgl. Hingst, a. a. O., S. 249 157 Bundesminister für Atomenergie und Wasserwirtschaft (Hg), Strahlenwirkung auf menschliche Erbanlagen Bericht einer von der Weltgesundheitsorganisation berufenen Studiengruppe. (Reihe Strahlenschutz, Heft 3) Braunschweig 1958, S. 6 158 Anti-Atom-Büro Dortmund, Genormte Menschheit: Wege und Auswirkungen moderner Bevölkerungspolitik. Teill, SU f., in: Antifaz, Recklinghausen, Heft 33–36, 4 Teile. 1991/1992 159 Swantje Köbsell, Eingriffe. München 1987, Ulrike Lux, Die Sterilisation geistig Behinderter, in: AG SPAK (Hg), Wer nicht leben können soll, darf sterben wollen müssen. München 1990 160 Vgl. Anti-Atom-Büro Dortmund, a. a. O. . Teil II, S. 12, und: Hingst, a. a. O. 161 Weß, Die Träume …, a. a. O., S. 41 162 Frankfurter Rundschau v. 8. 12. 1993 163 Jochen Vorfelder, Bombenträume, in: Greenpeace Magazin 596
1/1992, Vorabdruck in: Tageszeitung v 6. 3. 1992 164 Karl-Heinz Karisch, Wohlig wärmte der Atompilz und brachte den Tod, in:Frankfurter Rundschau v. 26. 2 1992 165 Ebd. 166 Frankfurter Rundschau v. 19 5 1992 167 Hingst, a. a. O., S. 207 168 Ludger Weß, Der Preis ist heiß, in: Konkret 2/94; Hör Zu Nr. 4 v. 1. 1. 1994 169 Hör Zu. a. a. O. 170 Weß, Der Preis …, a. a. O. 171 Till Bastian, der Vorsitzende der deutschen Sektion der Vereinigung internationaler Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW), laut Tageszeitung v. 8. 8. 1992 172 Die Zahlen stammen aus verschiedenen Quellen, vorwiegend aus Veröffentlichungen der IPPNW 173 Der Spiegel 27/1992 174 Informationen des Aktionsbüros Atomteststopp, Bonn, und der SPAS Information Service on Nuclear Testing, Stockholm. März 1992 175 Vorfelder, aa. O. 176 Ebd. 177 Cordt Schnibben, Stirb. Brüderchen, stirb, in: Der Spiegel 19/1992 178 Vorfelder, a. a. O. 179 Frankfurter Rundschau v. 13. 8. 1993 180 Ebd 181 Greenpeace Magazin 3/1993 182 Ebd. 183 Ebd. 184 Laut Jahrbuch der Atomwirtschaft 1992, S. 403 185 Der Spiegel 30/1992 186 Laut dpa v 16. 5. 1991 187 Der Spiegel 30/1977 188 Die globale Dimension in einer Broschüre des Aktionsbü597
ros Atomteststopp, Bonn, März 1992 189 Laut dpa v. 16. 5. 1991 190 Vorfelder, a. a. O. 191 Jerry Sommer, Abschiedvom Atomtest, in: Tageszeitung v. 6. 8. 1992 192 Ebd. und Frankfurter Rundschau v. 10. 6. 1992 193 Frankfurter Rundschau v. 29. 6. 1992 194 Sommer, a. a. O. 195 Der Spiegel 19/1992 196 Frankfurter Rundschau v. 10. 6. 1992 197 Frankfurter Rundschau v. 31. 1. 1992 198 Vorfelder, aa. O. 199 Jochen Vorfelder, Die geheime Flotte mit den heißen Reaktoren, in: GreenpeaceMagazin V/1991 200 Vgl. Anti-Atom-Büro Dortmund, aa. O , Teil I, S. 13 201 Vgl. Tageszeitung v. 23. 4. 1992, Die Weltv. 23. 4. 1992 202 Frankfurter Rundschau v. 23. 4. 1994 203 Frankfurter Rundschau v 26. 4. 1994 204 Die Tageszeitung v 20 5 94 205 Frankfurter Rundschau v. 28 4. 1994 206 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11. 5. 1994 207 Tageszeitung v. 1. 2. 1994 208 Ebd. 209 Frankfurter Rundschau v. 19. 5. 1992 210 Tageszeitung v 25. 4. 1992 211 Frankfurter Rundschau v. 27. 4. 1992 212 Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU), Mario Schmidt, Neue Grenzwerte nach Tschernobyl, in: Grünbuch Ökologie VI. . Köln 1988 213 Vgl. Frankfurter Rundschau v. 11. 3. 1991, Frankfurter Neue Presse v. 16. 5. 1991; Süddeutsche Zeitung v. 25. 4. 1991 214 Der Spiegel 17/1994 215 Frankfurter Rundschau v. 13. 6. 1992, Tageszeitung v. 11. 7. 1992 598
216 217 218 219 220 221 222 223 224
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236 237 238 239
Tageszeitung v 3. 12. 1991 Zit. in: Hingst, a. a. O., S. 66 Frankfurter Rundschau v 25. 3. 1992 Der Spiegel 13/1991 Der Spiegel 9/1991 Frankfurter Rundschau v 15. 5. 1992 Neues Deutschland v. 21. 1. 1994 Die Tageszeitung v 14. 5. 1994 Effects on Population of Low Levels of Ionizing Radiation: 1980. Hg. : Committee on the Biological Effects of Ionizing Radiations (BEIR- Report III), Division of Medical Sciences, Assembly of Live Science, National Research Council, Washington D. C. 1980 Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU), Heidelberg. Mario Schmidt: Wie gefährlich ist radioaktive Niedrigstrahlung?, in: Grünbuch Ökologie VI., Köln 1988 Ebd. Ebd. Zit. in: Hingst, a. a. O., S. 62 a Tageszeitung v. 7. 7. 1994 b Frankfurter Rundschau und Tageszeitung v. 26. 5. 1994 AG Forschung und Technologie. SPD-Bundestagsfraktion, v. 17 5. 1994 Der Spiegel 10/1994 AG Forschung und Technologie, a. a. O. Frankfurter Rundschau v. 14. 4. 1994 AGF-Mitteilungen Nr. 49, Aus Forschung und Technik, S. 28 Siehe auch die Kapitel »Eine Energiecharta für die Eroberung des Ostens« und »… und morgen die ganze Welt« in diesem Buch Siehe auch Register: Atomkraftwerke. Euroreaktor ddp/ADN v. 2. 5. 1994 Frankfurter Rundschau und Tageszeitung v. 26 5. 1994 Der Spiegel 10/1994 599
240 241 242 243
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Frankfurter Rundschau und Tageszeitung v. 26. 5. 1994 Frankfurter Rundschau v 4. 3. 1994 Frankfurter Rundschau v 10. 5. 1994 Vgl. Wolfgang Ehmke in: Frankfurter Rundschau v. 26 4. 1994. Siehe auch das Kapitel über den Euroreaktor in diesem Buch. Informationskreis Kernenergie, Energietrends 8/1991, S. 1 Aus einem Interview mit Ernest Mandel, in: Grenzen des Wachstums, Pro und Contra. Reinbek 1977, zit. in: Till Geist/Winfried Wolf (Hg), Wir spielen nicht mit im Atomverein! Frankfurt/Main 1977 Die globale Revolution. Bericht des Club of Rome 1991 Spiegel Spezial, Hamburg 1991 Ebd., S. 37 Reinhard Karsten, Renaissance der Atomindustrie, in. Atom 38/Apnl/Mai1992, S. 8 Vgl. Wolfgang Kühr, Treibhauseffekt und CO2-Emtssionen. UnveröffentlichtesManuskript für eine Broschüre der Ökologischen Linken, Frankfurt/Main 1992 Elektrische Leistung: 1 W = 1 Watt, 1 kW = 1 Kilowatt = 1000 W, 1 MW =1 Megawatt = 1000 kW, 1 GW = 1 Gigawatt = 1000 MW Empfohlene Literatur über Atomenergie: 1. Der Klassiker über Alternative Energien (antiquarisch): Barbara Ruske/Dieter Teufel, Das sanfte Energiehandbuch. Reinbek 1981 2. Überblick: Jens Scheer/Michael Pelster/Reimar Paul (Hg), Atomkraft amEnde? Göttingen 1985 3 Ekkehard Sieker/Reinhard Kollert (Hg), Tschernobyl und die Folgen. Bornheim 1986 4. Die Folgen von Tschernobyl. IFEU-Bencht 43, 3. Auflage, Heidelberg 1986(ausgezeichnete Ausführungen zur Wirkung von Niedrigstrahlung) 5. Untrennbarkeit von ziviler und militärischer Atomen600
ergienutzung undAtomwaffensperrvertrag: Matthias Küntzel, Auf leisen Sohlen zur Bombe? Bonner Begehrlichkeit und der Atomwaffenverzicht. in: Udo Schelp (Hg.),Reaktoren und Raketen. Köln 1987 6. Greenpeace-Studie. Ein klimaverträgliches Energiekonzept für (Gesamt)-Deutschland ohne Atomstrom. Kurzfassung, November 1991. Bezugsadresse:Greenpeace e.V., Vorsetzen 53. Postfach 111651, 20416 Hamburg, Tel. 040/31186-0 7 Aus besseren grünen Tagen: Das Grüne Energiewendeszenario 2010. Untersuchung des Öko-Instituts Freiburg, Hg.: Die Grünen im Bundestag. Köln 1989 8. Alles Politische und Wissenschaftliche über Radioaktivität und Atomenergie: Wolfgang Hingst, Zeitbombe Radioaktivität. Wien 1987 9. Nach 17 Jahren ist die 1977 gegründete Zeitschrift der Anti-AKW-Bewegung atom im Frühjahr 1994 eingestellt worden. Die Postadresse der Redaktion bleibt erst einmal bestehen: »Die Göttinger wie die Lüneburger Redaktionder atom wird sich weiterhin locker treffen […] möglicherweise melden wir uns in der einen oder anderen Form zurück.« (Aus dem Abschiedsschreiben derRedaktion v 27. 4. 1994). Die vorläufig letzte Nummer hat den Titel Was bleibt nach 20 Jahren Anti-AKW-Bewegung? und kostet 5 DM. Bezugsadresse: atom, Postfach 1109, 21301 Lüneburg; oder Postfach 1945, 37009 Göttingen. Es lohnt sich unbedingt, nach alten Ausgaben und Schwerpunktthemen zu fragen, zur Vorbereitung auf bessere Zeiten … 252 CO-Emissionen der weltweiten Stromerzeugung. (Analysen 28) Stellungnahme des Arbeitskreises I »Technik und Industrie« des Deutschen Atomforums, Bonn, September 1991 253 Vgl. auch: Wolfgang Kuhr, a. a. O., S. 110 601
2 5 4 Vgl. im folgenden: Stefan Kohler/Uwe Fritsche, CO- Reduktionsstrategien. Atomkraft versus Effizienz. Freiburg 1990 Überwiegend wird die durch Atomkraftwerke verursachte CO-Emission durch die Urananreicherung verursacht, etwa 10 Prozent durch den AKW-Bau. Eine Reihe von internationalen Studien hat diese Bilanz bestätigt. Vgl. Wolfgang Kühr. a. a. O.. S. 24 255 Ebd. 256 B. Keepingand G. Kats. Greenhouse warming. A Rationale for Nuclear Power? Showmass: Rocky Mountain Institute, 1988 257 Hans Jürgen Schlosser, Kernenergiefeindlichkeit und Meinungsmarkt, in: Informationskreis Kernenergie. Energietrends 7/1991, 3. Jg., S. 2 258 Quellen: Die globale Revolution. Bericht des Club of Rome. (Spiegel Spezial) Hamburg 1991, Natur 9/1991, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31.10. 1988; Frankfurter Rundschau v. 13 6. 1989, Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 14. 6. 1989. 259 Ricardo Diez-Hochleitner, Präsident des Club of Rome, im Vorwort zu: Die globale Revolution. a. a. O., S. 6 260 Alle Zitate: Ebd., S. 7 261 Ebd., S. 104 262 Ebd., S. 113 263 Ebd., S. 117 264 Ebd., S. 9 265 Ebd., S. 122 266 Ebd., S. 121–123 267 Ebd., S. 128 268 Tageszeitung v. 9. 3. 1990 269 Amory B. Lovins, Sanfte Energie. Reinbek 1978; und ders. /L. Hunter Lovins, Atomenergie und Kriegsgefahr. Reinbek 1980 270 Kommentierte, repräsentative Meinungsumfrage von infas zum Thema Energie- und Kernenergiepolitik in 602
271 272 273 274 275
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277 278 279 280 281 282 283 284 285 286
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Deutschland, in: Meinungsreport des Bundespresseamtes. Nachrichtenabteilung, 17. 4. 1991 Zum Beispiel: DerSpiegel 17/1992 oder Frankfurter Rundschau v. 21. 4. 1992 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15. 3. 1991 Tageszeitung v. 23. 3. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15. 4. 1991 Tageszeitung v. 16. 4. 1991. Vgl. auch die sehr lesenswerte »Chronologie« von Reinhard Karsten in der Zeitschrift Atom 36/September/Oktober 1991, der ich etliche Anregungen verdanke. Aus dem Wortprotokoll der 43. Sitzung des Deutschen Bundestages, 12 Wahlperiode, Bonn, Mittwoch, den 25. 9. 1991, Bundestagsdrucksache, S 3582, Tageszeitung v. 15. 8. 1992, 26. 8 1992 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 21. 5. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20. 6 1992, Welt am Sonntag v. 21. 6. 1992 Monika Wulf-Mathies, zit. in Informationskreis Kernenergie, Kernenergiereport1992. S. 6 Tageszeitung v. 17. 4. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28. 6. 1991 Informationskreis Kernenergie. a. a. O., S. 8 Presseinfo von Foratom, Bonn v 17 6. 1992 Ebd. Ebd. Die Informationen über die genannten Personen stammen – sofern nichts anderes angegeben – aus: Jahrbuch Bergbau. Öl und Gas, Elektrizität, Chemie Essen 1992 Ausführliche Informationen in: Nikolaus Eckardt/Margitta Meinerzhagen/Ulrich Jochimsen, Die Stromdiktatur. Von Hitler ermächtigt – bis heute ungebrochen. Hamburg 1985 Jahrbuch Bergbau. Öl und Gas, Elektrizität. Chemie, a. a. O. S. 661 603
289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 318 319
Tagezeitung v. 15. 5. 1991 Zit. in: atom 38/Apnl/Mai 1992, S. 11 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11. 5 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 13. 5. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v 10. 6. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11. 7. 1991 Frankfurter Rundschau v 24. 10. 1993 Die Zeit Nr. 51 v 11. 12. 1992 FAZ Sonntagszeitung v. 21. 3 1993 Die Zeit Nr. 51 v 11. 12. 1992 Tageszeitung v. 4 5. 1994 Siehe Kapitel über den Forschungsreaktor München II (FRM II) in Garching Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24. 5. 1991 Der Spiegel v. 27. 5. 1991 Tageszeitung v. 29. 5. 1991 Ebd. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 11. 7. 1991, 2. 12. 1991, 12. 6. 1992; Tageszeitungv 25. 6. 1992 Vgl. Frankfurter Rundschau v. 11. 7. 1991 Vgl. Eckart Spoo in der Frankfurter Rundschau v. 20. 6. 1992 Frankfurter Rundschau v. 26. 6. 1992, Tageszeitung v 26. 6. 1992 Tageszeitung v. 25. 6. 1992 Vgl. Frankfurter Rundschau v 12. 6. 1992, 11. 7 1991 APv. 20. 5. 1994 Ebd. Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Heft 1/2, 44. Jg (1994) Siehe Kapitel über den Euroreaktor Focus 11/1994 Tageszeitung v. 25. 4. 1994117 Ebd. dpa Landesdienst Bayern v 14. 12. 1992 Frankfurter Rundschau v. 21. 5. 1994, Totgesagte leben länger, 604
320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331
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in: Graswurzelrevolution Nr. 188, Januar 1994 Frankfurter Rundschau v. 11. 1. 1992 Frankfurter Rundschau v. 21. 5. 1992 Der Spiegel 5/1992 Nucleonics Week v 7. 3. 1991, zit. in: Greenpeace International, Dokumentation über die IAEO. September 1991 Greenpeace International. Dokumentation über die lAEO. September 1991 Ebd. Daniel Cohn-Bendit, Wir haben sie so geliebt, die Revolution. Frankfurt/Main1987, S. 230 Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke. Band 1. Berlin 1974, S. 126 Tageszeitung v. 18 4 1991 Zit. in: Atom 37/Januar 1992, S. 15 Tageszeitung v. 17 4. 1991 Wolfgang Ehmke, Der Widerstand ist ausgezehrt, Resignation hat um sich gegriffen, in: Frankfurter Rundschau v. 24. 2. 1992 Aus dem Wortprotokoll des Deutschen Bundestages, 12 Wahlperiode, 333. Sitzung, Bonn, 19. Juni 1991 Frankfurter Rundschau v. 22. 6. 1994 Tageszeitung v. 25. 5. 1994 Gemeinsame Erklärung der niedersächsischen Anti-AKWBIs am 26/27. Oktober 1991 in Hannover, zit. in: atom 37/Januar 1992 Tageszeitung v. 26. 7. 1991 Frankfurter Rundschau v. 29 10. 1991 Anna Masuch, Die Unglaubwürdigkeit der Ausstiegspohtik. in: atom 37/Januar 1992, S. 13 Frankfurter Rundschau v. 29. 10. 1991 Masuch, a. a. O., S. 14 Ebd. Alle Zitate aus: Eckart Spoo, Anti-Atom-Müll-Initiativen 605
343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355
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legen sich mit Regierung in Hannover an. in: Frankfurter Rundschau v. 29. 10. 1991 Tageszeitung v 11. 6. 1992 Frankfurter Rundschau v. 15. 4. 1994 Ebd. Reimar Paul, Der Gefährliche Traum: Atomkraft. Frankfurt/ Main 1986, S. 37 Der Spiegel 7/1992 Ebd. Ebd. Frankfurter Rundschau v. 5. 2. 1992 Frankfurter Rundschau v. 29. 2. 1992 Frankfurter Rundschau v. 23. 4. 1994 Der Spiegel 3/1992 Ebd. Aus einem Schreiben der EG-Kommission an den Präsidenten des Rates derEuropäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission über eine gesamteuropäische Energiecharta. Brüssel, 15. Februar 1991 Ebd. Titel II, Absatz 1 der Europäischen Energiecharta Salto 19/8. 5. 1992, Wien Aus einem Schreiben der EG-Kommission an den Präsidenten des Rates derEuropäischen Gemeinschaften, a. a. O. Tageszeitung v. 30. 7. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24. 1. 1992 Beschluß des Bundesrates v 17 5. 1991, Drucksache Nr. 167/1991 Die Zeit v. 17. 7 1992 In einem Interview in: Der Spiegel 14/1992 Presseerklärung Nr. 1345 der FDP-Bundestagsfraktion v. 17 12. 1991 Stendaler Nachrichten v. 3. 6. 1991, zit. in: Tageszeitung v. 6. 6. 1991 606
367 Tageszeitung v. 16. 5. 1991 368 Tageszeitung v. 15. 5. 1991 369 Klaus Dräger, Die Europäische Energiecharta, in: atom 38/Mai/Juni 1992, S. 24 370 Die Welt v. 23. 4. 1992 371 Jahrbuch der Atomwirtschaft 1992, S. 395 372 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27 11. 1991 373 Tageszeitung v. 24. 1. 1992, zit. in: Reinhard Karsten, Die Renaissance derAtomindustrie, in: ak 339/10. 2. 1992 374 Greenpeace e. V (Hg. ), Siemens Atomheizreaktor für Pilsen (CSFR) – teuer, gefährlich, überflüssig. Hamburg (ohne Jahr, vermutlich 1992), S. 9 375 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24. 4. 1992 376 Wirtschaftswochev. 13. 3. 1992; zit. in: atom 39/Juli/August 1992, S. 9 377 Tageszeitung v. 4. 2. 1992; vgl. Jahrbuch der Atomwirtschaft 1992, S. 396 378 Die Zeit v. 17 7. 1992 379 Dräger, a. a. O. 380 Zit. in: ebd. 381 Der Spiegel 5/1992 382 Frankfurter Allgemeine Zeitung v 23 4. 1992 383 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 17. 7. 1991 384 Dräger, a. a. O. 385 Alle Zitate aus: Der Spiegel 44/1991 386 Ebd. 387 atom 39/Juli/August 1992 388 Frankfurter Allgemeine Zeitung v 7 1. 1992 389 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12. 12. 1991 390 Frankfurter Rundschau v. 31. 7 1992 391 Vgl. Wolfgang Ehmke, in: Frankfurter Rundschau v 26 4. 1994 392 a. a. O. 393 Adolf Huttel, Ein Rückblick auf 36 Jahre Reaktorentwicklung, 607
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in: Jahrbuch der Atomwirtschaft 1992, S. 100, Der Spiegel 44/1991; Süddeutsche Zeitung v. 13. 1. 1992; Frankfurter Rundschau v. 29. 1. 1992; Graswurzelrevolution Nr 185, Februar 1994 Die Informationen stammen aus: Anti-Atom-Büro Dortmund, Die Spannung steigt. Der Giga-Watt-Coup der Elektrizitätswerke, in: atom 36/September/ Oktober 1991 Zusätzliche Informationen in: Wertheimer Zeitung v. 29. 7 1992 Zum Beispiel: Barbara Ruske/Dieter Teufel, Das sanfte Energiehandbuch. Rembek 1980, Das Grüne Energiewendeszenario 2010. Untersuchung des Öko-Instituts Freiburg. Hg. : Die Grünen im Bundestag. Köln 1989, Greenpeace, Ein klimaverträgliches Energiekonzept für (Gesamt-Deutschland – ohne Atomstrom. November 1991, Klaus Müschen/Enka Romberg, Strom ohne Atom. EinReport des Öko-Instituts Freiburg. Frankfurt/Main 1986, Stephan Kohler/Jürgen Leuchtner/Klaus Müschen, Sonnenenergiewirtschaft. Frankfurt/Main 1987 Der Spiegel 2/1977 Der Spiegel 44/1991 Die Welt v. 10. 4. 1989 Frankfurter Rundschau v. 2. 5. 1992 Frankfurter Rundschau v. 12 5. 1992 Die Welt v. 14. 1. 1992 Neues Deutschland v. 10. 3. 1994 J. Bostel u a., Möglicher zukünftiger Beitrag regenerativer Energiequellen zurEnergieversorgung der Bundesrepublik Deutschland. Jülich 1982, zit. in: Kohler/Leuchtner/Müschen, Sonnenenergiewirtschaft, a. a. O., S. 74 Bundesministerium für Forschung und Technologie, Energiequellen für morgen. Frankfurt/Main 1976 Ulrich Hütter, Windenergie, Vortrag beim Energiepohtischen Forum der Landesregierung von Baden-Württem608
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berg und der Universität Stuttgart, am 9. Mai 1977 in Stuttgart; zit. in: Ruske/Teufel, Das sanfte Energiehandbuch, a. a. O., S. 126 Hans Matthöfer (Hg), Energiequellen für morgen? (Reihe Forschung aktuell)Frankfurt/Main 1976 Kohler/Leuchtner/Müschen, a. a. O., S. 78 Das Grüne Energiewendeszenario 2010. a. a. O., S. 149 Frankfurter Rundschau v. 16. 5. 1994 Das Grüne Energiewendeszenano 2010, a. a. O., S. 149 Frankfurter Rundschau v. 17. 3. 1992 Tageszeitung v. 30. 4. 1992 109 TWh (Terawattstunden) = 109#000#000#000 kWh: 6000 Stunden Betriebsdauer = 18#166#667 Kilowatt (kW) oder 18#167 Megawatt (MW). Die 6000 Stunden Betriebsdauer wurden entsprechend üblicher Berechnungen für Atomkraftwerke angesetzt. Tageszeitung v. 3. 7. 1986 Der Spiegel 33/1986 Die Welt v. 9. 6 1986 Frankfurter Rundschau v. 22. 3. 1990 Frankfurter Rundschau v. 25. 5. 1988 Der Spiegel 33/1986 Frankfurter Rundschau v. 22. 3. 1990 Frankfurter Rundschau v. 19. 9. 1990 Ebd. Tageszeitung v. 3. 7. 1986 Frankfurter Rundschau v. 22. 3. 1990 ak 307/29. 5 1989, Matthias Küntzel, Auf leisen Sohlen zur Bombe? Bonner Begehrlichkeiten und der Atomwaffenverzicht, in: Udo Schelp (Hg. ), Reaktoren und Raketen. Köln 1987 Stern 47/13. 11 1986 Stern 48/21. 11. 1991 Vgl. Der Spiegel 47/1990 609
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Hingst, a. a. O., S. 215 Bild der Wissenschaft 2/1987 Frankfurter Rundschau v 22. 3. 1990 Ebd. Frankfurter Rundschau v. 1. 8. 1992 Aus einer PR-Broschüre des KFK, zit. in: Tageszeitung v. 3. 7. 1986 Frankfurter Rundschau v. 5. 12. 1991 Ebd. Der Spiegel 33/1986 Entsprechend einer im Auftrag der EG-Kommission durchgeführten Studie, zit. in: Die Welt v. 23. 6. 1990 Die Welt v. 23. 6. 1990 Tageszeitung v. 3. 7. 1986 Frankfurter Rundschau v. 22. 3. 1990 Ebd. Frankfurter Rundschau v. 19. 9. 1990 Stern 47/21. 11. 1986 Quellen: Aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. AlbertProbst auf die Anfrage des Abgeordneten Hermann Fellner, Pressemitteilung des Bundesministers für Forschung und Technologie, Bonn, 14. Mai 1992, Tageszeitung v. 3. 7. 1986 Der Spiegel 47/1990 Frankfurter Rundschau v. 22. 3. 1990 Vgl. Frankfurter Rundschau v 6. 10. 1989 Frankfurter Rundschau v. 1. 8. 1992, Der Spiegel 47/1990 Frankfurter Rundschau v 5. 12. 1991 Tageszeitung v. 21. 2. 1992. 3. 7. 1992 Tageszeitung v. 3. 7. 1986 Tageszeitung v. 21. 2. 1992 Der Spiegel 33/1986 Frankfurter Rundschau v. 22. 3. 1990 Bericht über die Versammlung des Bündnis 90 in der 610
Frankfurter Rundschau v 4. 5 1992 457 Zit. von Bernd Siegler in Stadtrevue Köln 7/1992 458 Anti-EG-Gruppe Köln. Mit Lebensschützern und Rassisten gegen EG und Kolonialismus?, in: ÖkoLinX Nr. 6/Juli/August/September 1992 459 Bericht über die Versammlung des Bündnis 90 in der Frankfurter Rundschau v. 4. 5. 1992 460 Vgl. Anti-EG-Gruppe Köln, a. a. O 461 Zit. in: Thomas Jahn/Peter Wehlmg, Ökologie von rechts. Frankfurt/Main1990, S. 31 462 Hans-Joachim Ritter/Edgar Guhde, Geschichte der ÖDP Hg. von der ÖDP-Bundesgeschäftsstelle Bonn, 2. Auflage März 1992 463 Ebd., S. 3 464 ÖDP-Pressespiegelv. 13. 11. 1991, S. 88 465 Franz Alt war Chefredakteur von Report Baden-Baden, radikaler Abtreibungsgegner, aber Vater zweier von ihm lange verleugneter nichtehelicher Kinder. Seit einigen Jahren ist er moralisches Aushängeschild der ÖDP. Siehe auch Kapitel Franz Alt, der Scheinheilige 466 Vgl. Ritter/Guhde, a. a. O., S. 2 467 Ernst Haeckel, Natürliche Schöpfungsgeschichte. Gemeinverständliche Vorträge über die Entwicklungslehre. Berlin 1868 468 Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes. 2 Bde. München 1918–1922 469 In der Diskussionssendung »Heißer Stuhl« des Privatsenders RTL plus am14. 4. 1992 470 Herbert Gruhl, Das irdische Gleichgewicht. München 1985, S. 127 471 Ebd., S. 234 472 Ebd. 473 Tageszeitung v. 7. 11. 1991 474 Herbert Gruhl. Ein Planet wird geplündert. Frankfurt/Main 611
1987 (Erstauflage1975), S. 110 475 Gruhl in der Diskussionssendung »Heißer Stuhl« des Privatsenders RTL plusam 14. 4. 1992 476 Thomas Ebermann zitiert aus einem ungenannten Text von Gruhl in der o.g. Diskussionssendung »Heißer Stuhl« Gruhl bestätigt das Zitat 477 Rene Dubos, Der entfesselte Fortschritt. Programm für eine menschliche Welt. Bergisch Gladbach 1970, S. 166, zit. in: Herbert Gruhl, Himmelfahrt msNichts München 1992. S. 244 478 Gruhl, Himmelfahrt…, a. a. O., S 242 479 Die globale Revolution. a. a. O., S. 101 480 ÖDP, Bundestagswahlprogramm 1990. S. 27 481 ÖDP, Leitlinien zur Zuwandererpohtik, 1990 482 ÖDP, Bundestagswahlprogramm 1990, S. 27 483 Ebd., S. 16 484 Ebd., S. 17 485 Herbert Gruhl, Die Menschheit ist am Ende, in: Der Spiegel 13/1992 486 Gruhl, hin Planet … a. a. O., S. 323 487 Vgl. »… den Stoß gegen den Juden immer viel zu flach angesetzt«. Zur Auseinandersetzung um die Verleihung des Goethepreises an den Nazi-IdeologenErnst Jünger 1982; in: Ditfurth, Träumen … a. a. O., S. 287 f. 488 Grahl, Himmelfahrt …, a. a. O., S. 81 489 Gruhl, Himmelfahrt …, a. a. O., S. 311 490 Gruhl in der Diskussionssendung »Heißer Stuhl«, RTL plus am 14. 4. 1992 491 Streitgespräch zwischen Bazon Brock und Jutta Ditfurth, Wozu brauchen wirÄsthetik?, in: Ambiente, Mai 1992 492 ÖDP, Leitlinien . ., a. a. O. 493 Gruhl, Das irdische Gleichgewicht, a. a. O., S. 234 494 ÖDP, Das Programm. Ökologischer Aufbruch und demokratische Erneuerung. Jetzt. Wahlprogramm 1990 für den 612
Deutschen Bundestag, S. 19 495 Vgl. die dokumentierten Programmauszüge einiger rechtsextremistischer und neofaschistischer Organisationen am Ende dieses Kapitels 496 ÖDP, Grundsatzprogramm, S. 7 497 Der Spiegel 9/1992 498 Antje Vollmer in der Tageszeitung v 11. 3. 1992 499 ÖDP, Das Programm, a. a. O., S. 30 500 Ebd S. 26 501 ÖDP, Das Programm. a. a. O 502 Parteitagsbeschluß der ÖDP von 1987 503 Tageszeitung v. 7. 11. 1991 504 Blick nach rechts v. 23. 9. 1991 505 Gruhl, Die Menschheit …, a. a. O., S 57 506 Ebd. 507 Reimar Paul, EKIII in Grün-Braun, in: Konkret 12/1991 508 Eduard Gugenberger/Roman Schweidlenka, Mutter Erde, Magie und Politik - Zwischen Faschismus und neuer Gesellschaft. 2., verbesserte Auflage, Wien1987, S. 165 509 Zit in: Antifagruppe Freiburg und Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, Menschenverachtend, frauenfeindlich, gegen Arbeiterinteressen. Ideologie und Programm der ÖDP. Freiburg, Köln 1989, S. 84 510 Informationen aus: Frauen gegen den § 218 – Bundesweite Koordination (Hg. ), Vorsicht »Lebensschützer«. Die Macht der organisierten Abtreibungsgegner. Hamburg 1991, S. 57 ff. 511 Schreiben von Christa Meves an ihren Freundeskreis »Lebenshilfe aus Erfahrung« im September 1987, zit. in: Frauen gegen den § 218, a. a. O., S. 57 512 Christa Meves in: Epoche. Freiheitliche-konservative Monatszeitschrift, Januar 1982, S. 52 ff., zit. in: Frauen gegen den § 218, a. a. O., S. 58 513 Schreiben von Christa Meves an ihren Freundeskreis »Le613
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benshilfe …, a. a. O., zit. in: Frauen gegen den § 218, a. a. O., S. 59 Christa Meves, Ehe-Alphabet, 26. Auflage, zit. in: Frauen gegen den § 218, a. a. O., S. 58 Frauen gegen den § 218, a. a. O., S. 59 Vgl. Ditfurth, Lebe wild …a. a. O., S. 120–280 Im September 1989, Kampagnen-Heft 1992 der Bundeskonferenz entwick-lungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) Zit. in: Süddeutsche Zeitung v. 28. 10. 1991 Natur 11/1988. Die lesenswerte Diskussion über das Interview findet sich in den darauffolgenden Natur-Heften. Parteiprogramm der Republikaner von 1990, Kapitel 9: Wirtschafts-, Mittelstands- und Finanzpolitik Vgl. Neues Deutschland v. 23. 6. 1992 Alle Zitate aus: Ökologisch nützlich-sozial geächteten: Quer. Hg. v Bündnis90, Heft2, S92 Frankfurter Rundschau v. 25. 4. 1992 Tageszeitung v. 28. 9. 1991 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 21. 5. 1992, Frankfurter Rundschau v 21. 5. 1992 Beschluß der Bundesdelegiertenkonferenz des Bündnis 90, 1.–3. 5. 1992 Presseinformation des Landessprecherrates des Bündnis 90 in Brandenburg v 13. 6. 1992 Bernd Siegler, Eine ›rechte Taz‹?, in: Tageszeitung v. 25. 5. 1992 Junge Freiheit v. 25. 5. 1992 Frankfurter Rundschau v. 9. 2. 1993 Einladungsschreiben der ÖDP, Landesverband Hamburg, v. 13. 5. 1991 für eineVeranstaltung am 28 5. 1991 in Hamburg Aus einem Flugblatt der Alternativen Liste (AL) Hamburg vom Mai 1991 614
533 Im Gegensatz zur Behauptung, die GAL Hamburg habe Wahlerfolge, seitdem die ÖkosozialistInnen und andere Linke die Partei verlassen haben, zeigte das Wahlergebnis der Bürgerschaftswahl vom 2. Juni 1991 ein ganz anderes Ergebnis. Zwar stieg die Prozentzahl im Vergleich zur Bürgerschaftswahl von 1987 von 7, 0auf 7, 2 Prozent. Bei der absoluten Stimmenzahl aber verloren die Grünen rund 10 000 WählerInnen, 1987: 69148, 1991: 59#223 WählerInnenstimmen. Quelle: dpa-Hintergrund, Anhang zum Nachrichtenspiegel Inland vom 3. 6. 1991 534 Tageszeitung v. 13. 5. 1992 535 Kommentar von Florian Märten in der Tageszeitung Hamburg am 9. 4. 1991, nachdem die GAL Hamburg am 8. 4. 1991 mit 88 zu 60 Stimmen für die Annahme des Vereinigungsangebots des Grünen Forums vom 3. März 1991 entschieden hatte. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 9. 4. 1991 536 Tageszeitung. Hamburger Ausgabe v. 13. 4. 1992 537 Aus: Martin Schmidt, Hamburgs Zukunft und die Ökologie, in: Grünes Forum Hamburg, Programmentwürfe für die Hamburger Bürgerschaftswahl vom5. 1. 1991, S. 4–5 538 Frankfurter Rundschau v 7. 5. 1992 539 Vgl. auch Süddeutsche Zeitung v. 24. 1. 1992, 21. 2. 1992 539 a Baldur Springmann, der germanentümelnde Ökofaschist, ehemaliger Grüner, ist heute Landesvorsitzender des WSL Schleswig-Holstein (Stand 1992). Sein Buch Partner Erde erschien im rechtsextremen Arndt Verlag und wurde auch im Spiegel beworben. Er schreibt für die NPD-nahe Nation Europa, für die er als spirituell-ökologischer Ratgeber auftritt. In seiner Hofgemeinschaft Springe, Ostholstein, bildete er weit über 100 Jugendliche aus. Der Hof gehört zur ASE Neuland e. V., einer »agrar- und sozialhygienischen Entwicklungsgesellschaft«, die den biologischen Landbau fördert und mit dem anthroposophischen Demeter-Bund 615
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zusammenarbeitet. Den germanisch-deutschen Volksgeist verkörpern, das sieht Springmann ähnlich wie Steiner, Wotan und Odin. Denn die Germanen waren angeblich immer naturverbunden und lebensbejahend. Tageszeitung v. 24. 4. 1992 Elisabeth Ehrhorn, Auf leisen Sohlen kommt eine andere Biologie daher, in: Frankfurter Rundschau v- 8. 11. 1988 Zit. in: Richard Lewontin/Steven Rose/Leon J. Kamin, Die Gene sind es nicht – Biologie, Ideologie und menschliche Natur. München, Weinheim 1988, S. 192 ff. Konrad Lorenz, Durch Domestikation verursachte Störungen arteigenen Verhaltens. 1940, ders., Die angeborenen Formen möglicher Erfahrung 1942 Konrad Lorenz, Die acht Todsünden der modernen Menschheit. München 1973, S. 58 Lorenz, Durch Domestikation …, a. a. O. Vgl die Kritik von Henning Engeln an Eibl-Eibesfeldt, Der Mensch – das riskierte Wesen, in: Die Zeit v 9. 12 1988 Die »grüne Bundesarbeitsgemeinschaft ›Spiritualität in Wissenschaft und Politik« trug ihren Namen 1988 so eigenmächtig wie unrechtmäßig. Grüne Bundesarbeitsgemeinschaften (BAG) benötigten damals die formale Anerkennung der Grünen nach einer ausführlichen Diskussion. Diese Anerkennung brachte programmatische Mitspracherechte und finanzielle Unterstützung. DieArbeitsgemeinschaft »Spiritualität in Wissenschaft und Politik« wurde in den Zeiten einer linken Mehrheit in den Bundesgremien der Grünen nicht als BAG anerkannt, nannte sich aber trotzdem so: für Agitationszwecke innerhalb derGrünen und als VertreterInnen grüner SpintualistInnen nach außen. Gegründet hatte sich die Arbeitsgemeinschaft nach dem von der mehrheitlich realpolitischen Bundestagsfraktion organisierten und bezahlten grünen Kongreß »Wissenschaft und Politik, Quergedanken, Spiritualität, neue 616
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Orientierungen« vom 9. bis 12. Oktober 1986 auf der Burg Stettenfels (vgl. die Einladung der Grünenim Bundestag vom September 1986) Auf Burg Stettenfels trafen sich 1976 auchschon die erwähnte Christa Meves und Mitglieder der NPD, wie zum BeispielAdolf von Thadden und Rolf Kosiek Karin Zeitler war vier Jahre im Bundestag und lebt (Stand 1990) im WassermannZentrum Hengstberg Nicht zu verwechseln mit Wolfgang Ehmke aus dem Gorleben-Widerstand Anja T. in einem Brief an die Autorin, Eingangsdatum 10. November 1988 Karl Scherer ist Gründer der »Deutschen Gesellschaft für intuitives Atmen«. Er behauptet in seiner Biographie, das intuitive Atmen 1979 »in einem zweijährigen rigorosen Training durch nordamerikanische Medizinmänner« (die in Wirklichkeit Riten und Zeremonien geheimhalten und vor kommerzieller Nutzung schützen) entdeckt zu haben. Als »Enkel eines traditionellen deutschen spirituellen Heilers wurde er angeblich von zwei Familien nordamerikanischer Medizinmänner adoptiert und in die Union Espintistas Philippina aufgenommen«. Quelle: Programm 1988 der Deutschen Gesellschaft für intuitives Atmen Schwitzhüttenzeremonien sind Teil des »geistigen Fundaments, auf dem die Bereitschaft zum verantwortlichen Handeln angesichts der globalen ökologischen und sozialen Krise aufgebaut werden soll«. Quelle: »Die Erde heilen«, Einladung zu spirituellen Camps vom 30. Juni bis 4. Juli 1989 im Wassermann-Zentrum und vom 23. bis 27 Juni 1989 bei Bebra. Veranstalter: DeutscheGesellschaft für intuitives Atmen, Freiburg Aus dem Emladungs- und Anmeldungsblatt Alle Informationen aus. Karl Everding (Hg. ), Transformation 4, Hamburg, September 1983 617
555 Aus dem Programm der Semmarreihe der Friedens- und BegegnungsstätteMutlangen: Hinführung zu Satyagraha 556 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 9 557 Erhard F. Freitag, Kraftzentrale Unterbewußtsein. München 1990, S. 315. Zit. in: Von Karma bis Lebensschutz. Über New Age, (Neofaschismus und Heidentum. Hg. v. AStA Antifa-Referat der Fachhochschule für Sozialarbelt und Sozialpädagogik, Bielefeld 1992, S. 11 558 Ebd., S. 74f. 559 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 134–140 560 Einige der nun folgenden Zitate sowie eine Reihe von Anregungen erhielt ich aus: Roman Schweidlenka, Altes blüht aus den Ruinen. Wien, zit. in: Von Karma …, a. a. O. 561 Gugenberger und Schweidlenka beschreiben in Mutter Erde, a. a. O., die Verbindung zwischen Nationalsozialismus und östlicher Spiritualität: Sie überschneiden sich, wie der Rassismus heute, beispielsweise beim hinduistischenKastensystem Die Angehörigen der privilegierten oberen Kasten Indiens gelten als Nachfahren der indogermanischen »Arier« und haben angeblich oft einehellere Hautfarbe als die niedrigste Kaste der Unberührbaren, die »Parias«. Esgab enge Verbindungen zwischen Nationalsozialismus und östlicher Esotenk. Unter anderem soll es zum Beispiel in Tibet eine »Hitler-Unterstützerszene«gegeben haben, deren Angehörige nach Hitlers Selbsttötung gleichfalls in den Tod gingen. Manche ariosophische und theosophische Gruppen haben Hitler heute in die »Große Weiße Bruderschaft« eingereiht, wo er auf Jesus, Buddha, Krischna und Mahatma Gandhi trifft. Der Dalai Lama, der auf die Frage nach diesem merkwürdigen Phänomen noch nie eine Antwort geben wollte, hat in seinen Ausbildungsstätten inzwischen Zehntausende von Menschen »erleuchtet« beziehungsweise ihnen diese Erleuchtung doch zumindest innerhalb von 16 Leben versprochen. 618
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Ebd., S. 129–131 Ebd. Ebd., S. 108ff. und S. 121 Ebd., S. 108ff. Ebd., S 128 Das Leugnen von grundsätzlichen Widersprüchen finden wir überall wieder. Auch in Sozialtechniken, die der Befriedung von Konflikten dienen, mit demZiel, (erfolgreichen) Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse zu verhindern. Vgl. die Ausführungen über das Mediationsverfahren im Kapitel IV dieses Buches. Schweidlenka, a. a. O., S. 47 Ebd., S 54 Ebd., S 14 Gugenberger/Schweidlenka. a. a. O . S. 117 VonKarma … a. a. O., S. 19, zit. in: Horst Saewe, Mit ›New Age‹ meine bessere Welt?, in: Roter Winkel 1/1992, S. 9; und: Gugenberger/Schweidlenka, a a. O., S. 88 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 88 Ebd., S. 44ff. Ebd., S. 85 Alle Zahlen aus: Matthias von Helfeld/Arno Klönne, Die betrogene Generation. Jugend im Faschismus, Pahl-Rugenstein Verlag, Köln 1985, S. 17 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 106 Ebd., S. 101 ff. Wie Norbert Bischof in seinem Buch Gescheiter als alle Laffen. Ein Psychogramm von Konrad Lorenz. Hamburg 1991, zit. in. Die Zeit v. 31. 1. 1992, selbst eingesteht. Stern 35/1992 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 104 Von denen einer mit seinem mit »ein Göttinger Mescalero« unterzeichneten Brief zum Attentat an Buback im »Deutschen Herbst« 1977 dank der Staatssicherhestshystene zu 619
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einer gewissen Berühmtheit kam. Insgesamt lesenswert Oliver Tolmein/Detlev zum Winkel, Nix gerafft. 10 Jahre Deutscher Herbst und der Konservatismus der Linken. Hamburg 1987, hier S 21–27 Zitiert in: Jörg Albrecht, Schillerndes Schlagwort New Age, in: ZEIT MagazinNr. 2v 8. 1. 1988 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S 17. Ebd., S. 100ff. Ein Interview mit John Lennon 1971, zit. in: Helmut Röhrhng, Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern gewarnt haben! Szenen und Personen aus denamerikanischen Sechzigern. Berlin 1980, S. 118, zit. in: Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 192 Ebd. zit in: Manfred Ach, Arbeitsgemeinschaft Rehgions- und Weltanschauungsfragen. München 1982, S. 3 Wormser Zeitung v. 16. 12. 1987 Programm ’89 der Lernwerkstatt e. V. Bildungs- und Begegnungshaus in Niederstadtfeld/Eifel Was hat Bahro bei seinem Besuch bei Bhagwahn so beeindruckt? Bhagwan ist ein selbsternannter Gott, für den der Kapitalismus die einzig natürliche Lebensform ist: »eine Form der Energie«. Nachdem er Indien vermutlich wegen Steuerschwiengkeiten verlassen hatte, baute er im US-Bundesstaat Oregon sein»Rajneeshpuram« auf, einen kleinen Staat, den eine eigene bewaffnete paramilitärische Truppe schützte. Bhagwans Sekte ist eine auf einem mystischen Führerprinzip beruhende totalitäre Gemeinschaft, deren Untertanen den Bezug zur gesellschaftlichen Realität verlieren sollen. In seinen Schülerkreisen wurde er auch als »positive Hitler-Figur« verehrt. Aus einer reichen Familie kommend; verachtete er »Untermenschen«, d. h. die unteren Kasten in Indien, und befürwortete deren Zwangssterilisation. 620
592 Es gibt einen heftigen Briefwechsel über Wolfgang Daniels’ Unterstützung für den sogenannten Bhagwan. Das DanielsZitat findet sich in: Konkret 10/1988, S. 82 593 Connection Juli/August 1989 594 Interview mit Volker Buddrus in: Tageszeitung, Hamburger Ausgabe, v 18. 4. 1989 595 Rudolf Bahro, Spiritualität und Politik, Geleitwort zum Spirituellen Adreßbuch für 1988/89, geschrieben im September 1987 596 Zit. von: Robert Jungk, Sein Kampf, Kritik an ›Logik der Rettung‹, in: Tageszeitung v 29. 10 1987 597 Alle Langhans-Zitate stammen aus dem Interview Es gibt nichts zu tun, packen wir’s an, in der Tageszeitung v. 12 4. 1989 598 Ebd. 599 Roger Niedenführ, New Age, in: Raimund Hethey/Peter Kratz (Hg ), In bester Gesellschaft. Berichte aus der Grauzone zwischen Konservatismus und Neofaschismus. Göttingen 1991, S. 141–152 600 Tageszeitung v. 12. 4. 1989 601 Gespräch mit Rudolf Bahro, Die deutschen Linken und die nationale Frage oder unsere Ölinteressen am Golf, in: Streitschrift 3/November 1990 602 Zit. in: Niedenführ, a. a. O., S. 141–152 603 Der Spiegel 26/1992 604 Offener Brief der Lernwerkstatt Niederstadtfeld (Eifel) an Jutta Ditfurth vom30. 1. 1993, der die Adressatin erst erreichte, nachdem er schon anderweitig veröffentlicht war. 605 Ebd. 606 Roman Schweidlenka, Briefliche Entgegnung vom 9 2. 1993 auf die Polemik Offener Brief an Jutta Ditfurth von Angelika Koch (Lernwerkstatt) 607 Roman Schweidlenka, Der große Clou: Faschismus zulassen, 621
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in: Aufrisse Nr. 4/1990 Ebd Roman Schweidlenka, Briefliche Entgegnung, a. a. O. Ebd. Rudolf Bahro im Interview mit: Unaufgefordert, StudentInnenzeitung derHumboldt-Universität v. 17. 5. 1993, S. 8 Rudolf Bahro, Brief an Jutta Ditfurth v. 22. Juni 1993 Rudolf Bahro, Einige Informationen zu dem »Ökofaschismus«-Anwurf, undatierte schriftliche Stellungnahme, vermutlich 1993 Rudolf Bahro, Brief an Jutta Ditfurth, a. a O. Rudolf Bahro im Interview mit Michael Jäger und Wolfgang Sabbath, in Freitag v. 12. 6. 1992 Rudolf Bahro, Skript der Vorlesung über ›Sekten‹ und ›Ökofaschismus‹ v. 24. 5. 1993, S. 15 Titel einer Vorlesung von Rudolf Bahro an der HumboldtUniversität v 2. 11. 1992 Rudolf Bahro, Skript der Vorlesung über ›Sekten‹ und ›Ökofaschismus‹, a. a. O., S. 24 Rudolf Bahro, Brief an Jutta Ditfurth, a. a. O. Rudolf Bahro, Krieg gegen die Fremden, die Anderen? Annahme und Entlastung von Horde, Stamm, Volk, Nation – und von Religion, Skript der Vorlesung an der HumboldtUniversität am 2. 11. 1992, S. 8 Ebd., S. 12 Ebd., S. 7 Ebd., S. 3 Ebd., S. 7 Ebd., S. 11 Ebd., S. 14 Ebd., S. 12 Ebd., S. 20 ‚ Rudolf Bahro, Skript der Vorlesung über ›Sekten‹ und ›Ökofaschismus‹, a. a. O. 622
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Peter Kratz, a. a. O. Umbrüche Nr. 7 v. August/September 1993 Ebd. Rudolf Bahrein: UnAufgefordert, a. a. O. Umbrüche, a. a. O. Bahrain: UnAufgefordert, a. a. O. Lesetip Peter Bierl/Anke Lehmann, Frisch gewaschen und mit Nagelschere und ZEGG, in: ÖkoLinX Nr. 12/1933, zu beziehen gegen 8 DM Vorkasse bei: ÖkoLinX, c/o Manfred Zieran, Neuhofstr. 42, 60318 Frankfurt/Main Lesetip: Peter Bierl, Silvio Gesell und der rechte Rand der Anarchie, in: ÖkoLinX Nr. 13/1994, Bezug siehe Anm. 636 Friedrich Engels, Karl Marx, Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Frankfurt/Main 1845, m: Karl Marx/Friedrich Engels Werke (MEW), Bd. 2, Berhn(Ost) 1972, S. 7 Fritjof Capra, Wendezeit. Bausteine für ein neues Weltbild. München 1988, S. 330 Fritjof Capra, Wendezeit. Der Film. (Drehbuch) München 1991, S. 43 Capra, Wendezeit, a. a. O., S. 31 Ebd. Ebd., S. 124 Ebd., S. 299 Ebd., S. 139 Ebd., S. 330 Ebd., S. 322 Zit. in. Jörg Albrecht, Schillerndes Schlagwort New Age, a. a. O. Ebd. Ebd. Capra, Wendezeit, a. a. O., S. 209 Ebd., S. 210 Ebd., S. 32ff. 623
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Ebd. Ebd., S. 469f. Bericht von Irene Meichsner, in: Tageszeitung v. 9. 5. 1988 Jakob von Uexküll, damals grüner Nachrücker im Europaparlament, Stifter und Verleiher des alternativen Nobelpreises, Mitveranstalter des Anti-Linken-Gegengipfels TOES anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels ’92 in München, der kläglich scheiterte. Während zum linken Internationalen Gegenkongreß nahezu 2000 Menschen kamen, erschienen bei den Grünen, dem BUND & Co. lediglich 80 bis 200. Der Versuch, die Kritik an der herrschenden Weltordnung zu entradikalisieren, scheiterte – vorerst. Besonders widerwärtig war, daß die Veranstalter von TOES, Uexküll, die Grünen, der BUND usw., um Kosten zu sparen, ihre Veranstaltung in einem Kino eines Pornozentrums in München abhielten und ReferentInnen aus dem Trikont an ihren ausgebeuteten und zur Schau gestellten philippinischen GeschlechtsgenossInnen vorbeigehen mußten. Munzinger-Archiv/lntemat. Biograph-Archiv 15–16/93, Munzinger-Archiv/Internat- Biograph-Archiv 39/87; lnterpress Archiv Nr. 118 v. 28. 6. 1988, epd -Kirche und Rundfunk v. 17 9. 1988 Schweizer Handelszeitungv. 23. 12. 1993 NRZ Neue Rhein Zeitung v. 17. 12 1991, Munzmger-Archw 15–16/93. a. a. O , Munzinger-Archiv39/87, a. a. O., Intervress Archiv, a a. O., epd, a. a O. Zum Beispiel in der Fernsehsendung »Gespannt auf Franz Alt« am 7. Juni 1994, 21. 45 Uhr, in WDR III Franz Alt, in: Pubhk-Forum v. 13. 5. 1994 Franz Alt, Liebe ist möglich, München 1985, S. 20 Ebd., S. 79ff. Ebd., S 67 Frauen gegen § 218-Koordination, Vorsicht »Lebensschutzer« – Die Macht der organisierten Abtreibungsgegner, 624
Hamburg 1991, S 118–125 667 Vorsicht »Lebensschützer«, a. a. O., S 118–125 Zur EÄA: vgl. Jutta Ditfurth, Zur neofaschistischen Ideologie der ›Lebensschützer‹, in: ÖkoLinX Nr. 14März/April 1994 668 Franz Alt, Liebe ist möglich, a. a. O., S. 70 669 Ebd., S. 24, Tageszeitung v. 11. 8. 1986 670 Franz Alt, in Schweizer Handelszeitung v. 23. 12. 1993 671 Franz Alt, Jesus – der erste neue Mann, 1992 (1989), S. 88 672 Die Welt v. 26. 4. 1994, Munzinger 1993, Express v. 29. 1. 1993, v. 11. 3. 1991; NRZ Neue Rhein Zeitung v. 10. 7. 1991 673 Gespannt auf Franz Alt, a. a. O. 674 Franz Alt, in Focus 17/93, S. 115 675 Stern v. Weihnachten 1990, S 56 676 Publik-Forum a. a. O. 677 Ebd. 678 Kölner Stadt Anzeiger v. 27 6. 1991 679 Heinz Gess, Das Wiederaufleben des Antijudaismus bei Franz Alt, in: Öko-LinX Nr. 13, 1993 Probeheft ist für 8 DM Vorkasse zu beziehen über: Ökologische Linke, c/o Manfred Zieran, Neuhofstr 42, 60318 Frankfurt/Main 680 C. G. Jung, Geleitwort im Zentralblatt für Psychotherapie und ihre Grenzgebiete, VI/3 1933, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 10, S. 581, zit. nach: Heinz Gess, a. a. O. 681 C G. Jung, Antwort auf eine Kritik von Bally an C. G. Jung, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 437 und 443, abgedruckt in Gesammelte Werke, Bd. 10 Zeitgenössisches, S. 588, zit nach: Heinz Gess, a. a O. 682 Franz Alt, Jesus – der erste neue Mann, a. a. O., S. 131 683 Micha Brumlik, in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt v. 31. 5. 1991 684 Tilman Krause, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19. 12. 1990 685 Franz Alt, in Frankfurter Rundschau v 5. 10 1993 686 FranzAlt, in: Schweizer Handelszeitung a. a O 625
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Franz Alt, Ökolumne, in: Die Tageszeitung v. 27 3. 1993 Gespannt auf Franz Ah, a. a O Tageszeitung, a. a. O Franz Alt, in: Mensch & Büro 1/94, S. 54 Franz Alt, in Frankfurter Kundschau, a. a O Franz Alt, in: Focus, a. a. O., S. 113 Ebd., S. 115 Ebd Ebd Alle Zitate: Franz Alt, hebe ist möglich, a. a. O., S. 154/155 Zit. in: Charlotte Rudolph, Waldorf-Erziehung, Darmstadt 1987, S. 200 Trigonal, Veranstaltungen und Berichte von Einrichtungen auf anthroposophischer Grundlage im Rhein-Main-Gebiet. Dezember 1991/Januar 1992 Helmut Kirchner, Deutschendämrnerung – Soll Deutschland Einwanderungsland werden?, in ebd. Rudolf Steiner, Aus der Akasha-Chronik Taschenbücher aus dem Gesamtwerk, Band 616, Dornach (Schweiz) 1990, S. 236 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 138 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 142 Steiner, a. a. O., S. 29 Ebd., S. 32f Ebd., S. 33 Ebd., S. 42f Ebd., S. 41 Rudolf Steiner, Gesamtausgabe. Band 349: Vortrag vom 3. März 1923, S. 52–67 Als »bisherige Autoren« genannt im Impressum von Wir selbst. Zeitschrift für nationale Identität 1/1991 Roger Niedenführ, Das neue Bewußtsein. Modell für einen mittelständischen Faschismus, in: Akaz 3/Januar 1992 Volkmar Woelk, Natur und Mythos, DISS-Texte Nr. 21, 626
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Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, Duisburg 1992, S. 26 Thomas Höfer, Der Hammer kreist. Zur Bewertung problematischer Aussagen Rudolf Steiners, in. Flensburger Hefte Nr. 41, Sommer 1993, S. 9 Rudolf Steiner, Über Gesundheit und Krankheit, Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen Sinneslehre (30. 12. 1922) GA 348, Dornach 1976, S 183, zit. in: Thomas Höfer, a. a. O., S. 10 Thomas Höfer, a. a. O., S. 10 Ebd., S. 12 Rudolf Steiner, Über Gesundheit und Krankheit, a. a. O., S. 185, zit. in: Thomas Höfer, a. a. O., S. 11 Thomas Höfer, a. a. O., S. 16 Rudolf Steiner, Gesamtausgabe. Band 197: Vorträge Stuttgart 1920, Dornach, 2. Auflage 1986, S. 78 Vgl. Thomas Divis, Geisteszweige und Hexenbesen. – Rudolf Steiner und die Anthroposophie, in: ÖkoLinX Nr 13, Jan. /Feb. 1994, S. 26ff Divis’ Artikel basiert vor allem auf: Charlotte Rudolph, Waldorf-Erziehung. Wege zur Versteinerung, Darmstadt 1987, hier: S. 72 Charlotte Rudolph, a. a. O., S. 72/73 Ebd., S. 140 Kate Millet, Sexus und Herrschaft, München 1974, zit. nach: Thomas Divis, a a. O Eduard Gugenberger/Roman Schweidlenka, Mutter Erde. Magie und Politik. Wien 1987, S. 138; zit. in: Thomas Divis, a. a. O. Charlotte Rudolph, a. a. O., S. 47 J. Hemleben, Rudolf Steiner; Reinbek b. Hamburg 1963, S. 80 Charlotte Rudolph, a. a. O , S. 86 Charlotte Rudolph, a. a. O., S 89 Thomas Divis, a. a. O 627
729 Charlotte Rudolph, a a. O., S. 32 730 In Anlehnung an Charlotte Rudolph: Thomas Divis, a. a.O., S. 94 731 Thomas Divis, a. a. O. 732 Norbert Deuchert, Zur Geschichte der Waldorfschule im Nationalsozialismus, in: Anthroposophen in der Zeit des deutschen Faschismus. Zur Verschwörungsthese, Flensburger Hefte, Sonderheft Nr. 8, Sommer 1991, S. 97 f. 733 Norbert Deuchert, a. a. O., S 98 734 Arfst Wagner, Anthroposophie und Nationalsozialismus, in: Flensburger Hefte, Heft Nr. 32, Sommer 1991 735 Harvey, 1987, S. 24, zit. in: Volkmar Woelk, a. a. O., S 28 736 Volkmar Woelk, a. a. O., S. 28, die »Volksseele« stammt aus Rudolf Steiner, Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie, Dornach, 5. Auflage, 1982 (Steiner GA121) 737 Rudolf Steiner, Die Mission einzelner Volksseelen., a. a. O., zit. in: VolkmarWoelk, a. a. O., S 31 718 Volkmar Woelk, a. a. O., S 31, vgl auch das Kapitel über Franz Alt im vorliegenden Buch 739 Volkmar Woelk, a. a. O., S. 29 740 Thomas Divis, a. a. O. 741 Die Informationen zu Rascher finden sich in Arfst Wagner, Anthroposophen und Nationalsozialismus – Probleme der Vergangenheit und Gegenwart, inFlensburger Hefte Nr. 32, 3/91, S. 51–58 742 Ebd. 743 Robert Sigel, Heilkräuterkulturen im KZ, in: Dachauer Hefte, Dachau 1988, S 164 ff., hierS. 171, zit. in: Arfst Wagner, a.a. O., S 55 744 Charlotte Rudolph, a. a. O., S. 95 745 Eduard Gugenberger/Roman Schweidlenka, a. a. O., S. 136/137, zit in ThomasDivis, a. a. O 746 Charlotte Rudolph, a. a. O., S 165 628
747 748 749 750 751 752 753
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Thomas Divis, a. a. O. Charlotte Rudolph, a. a. O., S. 171 Thomas Divis, a. a. O. Charlotte Rudolph, a. a. O., S. 32 Charlotte Rudolph, a. a. O., S. 174 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., S. 136 Literaturempfehlungen: a) Charlotte Rudolph, Waldorf-Erziehung. Wege zur Versteinerung, Darmstadt 1987 b) Martina Kayser/Paul-Albert Wagemann, Wie frei ist die Waldorf schule?Geschichte und Praxis einer pädagogischen Utopie, Berlin 1991 c) Ernst Bloch, Erbschaft dieser Zeit, siehe Stichwortregister in der jeweiligenAusgabe Alle Zitate aus: Weddinger Neue Zeitung Nr. 28, Mai/Jum 1994, S. 24/25 Vgl. Gilbert Reis, Waldorfschulen für Arier, in: Akaz 1/1992; Brief vom 24. 12. 1992 des Anthroposophen Arfst Wagner an die Autorin Helmut Lörscheid/Leo A. Müller, Öko, Blut und Boden, in: Chancen 10/1988 VolkmarWoelk, Zwischen Sekten, Steiner und Neofaschismus, in: Koter Winkel 4/1991, zit. in: VonKarma bis Lebensschutz, a. a. O., S. 7 Gugenberger/Schweidlenka, a. a. O., zit. in: Von Karma bis Lebensschutz, a. a O., S. 8 Werner Georg Haverbeck, Rudolf Steiner. Anwalt für Deutschland. München1989, S. 143 f., vgl. S. 252f. Ebd., S. 144 Ebd., S. 242f. Ebd., S 244f Ebd., S. 324 Vgl. auch Volkmar Woelk, Neue Trends im ökofaschistischen Netzwerk, in:Hethey/Kratz, In bester Gesellschaft, a. a. O., S. 629
765 766 767 768 769 770 771 772 773
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119–140 Programm der Republikaner, vermutlich 1987, S. 4 Lörscheid/Müller, a. a. O. Ebd. Vlothoer Tageblatt v. 19. 11. 1982 Lörscheid/Muller, a. a. O. Woelk, Zwischen Sekten …, a. a. O. WSL-Info Nr. 1, zit. in: AStA/FH Bielefeld, Von Karma …, a. a O., S. 4 Vlothoer Tageblatt v 31 12. 1982 Jutta Ditfurth, Feuer in die Herzen. Plädoyer für eine ökologische Unke Opposition, Hamburg 1992, S. 226 (Erstausgabe) Aus einem Schreiben von Gottfried Müller an Bruker v. 6. 7. 1993 Der Spiegel v. 22. 8. 1977 Der Spiegel v. 22. 8. 1977 und v. 5. 12. 1977 Der Spiegel v. 5. 12. 1977 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 17. 7. 1980 Zit. in: Hans-Henning Scharsach, Haiders Kampf, Wien 1992, S. 112 f Franz Alt, Liebe ist möglich, München 1985, S. 155 Die Salem Zeitung, 3. Jahrgang Nr. 1, Januar 1975 Die Salem Zeitung, 5. Jahrgang Nr. 4, Oktober 1977 Aus einem Schreiben von Gottfried Müller an Bruker vom 6. 7 1993. Das Schreiben liegt der Autorin vor. Der Tagesspiegel (Berlin) v. 2. 3. 1979; Die Zeit v. 20. 4. 1979 Die Salem Zeitung, 6. Jahrgang Nr. 2, April 1978 Der Tagesspiegel (Berlin) v 2. 3. 1979 und: Die Zeit v. 20. 4. 1979 Stern Nr. 3/1982 Salem-lnformation: An die Jugendbehörden und Erziehungsberatungsstellen in Deutschland/Fragen an Salem 630
789 790 791 792 793 794
795 796 797 798 799 800
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zum pädagogischen Konzept, Flugblatt des Kinder- und Jugenddorfes Salem (Stadtsteinach) zum Kirchentag 1981, unterzeichnet von Manfred Olszewski, Sozialarbeiter Dr. M O. Bruker, Gesund durch richtiges Essen, 16. überarbeitete Auflage, München 1989, S. 11 Ebd., S. 14 Ebd., S. 198 Ebd , S. 199 Max Otto Bruker, Lebensbedingte Krankheiten, Lahnstein 1985, S. 295 Dr med. M O. Bruker, Leben ohne Herz- und Kreislaufkrankheüen, Aus derSprechstunde, Band5, Hopferau 1982, S. 263 Dr. M O. Bruker, Gesund durch richtiges Essen a. a O., S. 145/146 Ebd., S. 147/148 Ebd. Brief von Jürgen Rieger an Max Otto Bruker v 19. 3. 1993 Ebd Max Otto Bruker, Die silbernen Löffel des Herrn Cropp, in: Der Naturarzt 4/1985 801 Interview von Eberhard Cölle mit Max Otto Bruker, in. Natürlich und gesund, Nr. 1/1983, Eberhard Cölle, Lebensgespräche. Zwischenbilanz eines 75jährigen, Jetzt und Hier, zum 75. Geburtstag von Dr. med. M. O. Bruker, Verlag Natürlich und Gesund, Stuttgart 1985, S. 122/123 Brief von Max Otto Bruker an Günther Heipp v 23. März 1973 Friedrich-Wilhelm Haack, Wotans Wiederkehr. Blut-, Boden- und Rassereligion, München 198 1, S. 168 Ebd. Tageszeitung v. 6. 6. 1994 H06 Kurt Hirsch, Rechts von der 631
806
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Union, Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, Verlag Knesebeckund Schuler, München 1989. S. 71 Kurt Hirsch, Rechts von der Union, Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, Velag Knesebeck und Schuler, München 1989, S. 71 Konkret 1/ 1993 Der Spiegel 29/1993 Edition ID-Archiv, Drahtzieher im braunen Netz. Der Wiederaufbau der NSDAP, Berlin/Amsterdam 1992, S. 24 Die Zeit Nr. 42 v. 9. 10. 1987 Jürgen Rieger, Künstliche Befruchtung in den USA, in: Neue AnthropologieNr. 3, Juli-September 1981 Kurt Hirsch, a.a.O., S. 72 Jürgen Rieger, Rasse – ein Problem auch für uns!, Eigenverlag, Hamburg 1969, zit. in: Kurt Hirsch, CSU-Freundeskreis – Partisanen der Demokratie?, München/Frankfurt, Jahr nicht genannt, S. 9 Ebd., S. 10 Ebd. Jürgen Rieger, Rasse – ein Problem auch für uns!, Hamburg 1969; zit. in:Johannes Bollmer, Enthüllungen über den Ernährungspapst, Cataloma Verlag,Buxtehude 1987, S. 32 Jürgen Rieger, a.a O, S. 10 Edition ID-Archiv, Drahtzieher im braunen Netz. Der Wiederaufbau derNSDAP, Berlin/Amsterdam 1992, S. 29 Ebd., S. 64 Ebd., S. 30 Brief von Herrn Morsbach (WSL) im Auftrag von Prof. Dr. Beck (WSL) anGünther Heipp (WSL) v.3.8 1971 Max Otto Bruker, Die silbernen Löffel des Herrn Cropp, a.a.O. Flugblatt zur Veranstaltung Schriftliche Auskunft des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz vom7.10. 1987. 632
825 Franz Greß/Hans-Gerd Jaschke/Klaus Schönekäs, Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa. Opladen 1990, S. 263 f. 826 Friedrich-Wilhelm Haack, Wotans Wiederkehr Blut-, Boden- und Rassereligion, München 1981, S.172 827 Schreiben des Bundeswahlleiters vom 3. Februar 1988 828 GLU- Feigenblatt oder Alternative. Broschüre der Bunten Liste/Wehrt Euch,Hamburg 11. Juli 1978, S. 22 829 Wolfgang Benz (Hg), Rechtsradikahsmus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt/Main 1980, S. 257 830 Edition ID-Archiv, Drahtzieher im braunen Netz ..., a. a. O., S. 14 831 Alexander Mitscherlich/F. Mielke (Hg.), Medizin ohne Menschlichkeit, Frankfurt 1962 (1. Ausgabe: 1949), S. 237239 832 Ebd. 833 Aus: Ärzteblatt für Südwestdeutschland 5 (1938)406, faksimiliert in: Walter Wuttke-Groneberg, Medizin im Nationalsozialismus – Ein Arbeitsbuch, 2.unveränd. Auflage, Wurmlingen, 1982, S. 187 834 Ebd., S. 200 835 Arfst Wagner, Anthroposophen und Nationalsozialismus, in: Flensburger Hefte, Heft 32, 3/91, S 54/55 836 Ebd., S. 201 837 Ebd. 188–202 838 a Annegret Bublitz, Braun-dynamisch ist keine Alternative, in: Demokratisches Gesundheitwesen, 5/1982 838 b SA (Sturmabteilung), die uniformierte politische NSKampf- und Propagandatruppe. 1920 als Versammlungsschutz der NSDAP gegründet, ab 1921 von ehemaligen Freikorpsoffizieren zur paramilitärischen Kampforganisation nach dem Vorbild der Wehrverbande umgeformt; 1925 Neuaufbau als Saalschutz-und Propagandaorganisation. 1926 organisierte Hitler eine Oberste SA-Führung (OSAF), 633
die die SA zu einem von der Parteiorganisation unabhängigen, zentral geführten Instrument umzubilden versuchte. Die SA wurde als Massenheer (1933 rund 700#000 vor allem jugendliche Mitglieder, 1934: 4, 5 Millionen, 1938: 1, 2 Millionen) zur Terrorisierung politischer Gegner eingesetzt, ab 1933 z. T. als »Hilfspohzei« zur Ausschaltung des politischen Widerstands gegen die Machtergreifung. Die SA sperrte 50 000 politische Gegner in eigene KZ und »Schutzhaft«. SA-Stabschef E. Röhm (1931–34) wollte militärisch und politisch Weitergehendes: die Bildung eines Milizheeres aus der SA, in dem die Reichswehr aufgehen sollte, letztlich den »SA-Staat« Diese Konkurrenz löste Hitler im sogenannten Röhm-Putsch (1934) und nahm der SA einen Teil ihrer Eigenständigkeit zugunsten der SS. Bis Kriegsbeginn war die SA für paramilitärische und kriegsvorbereitende Übungen zuständig und maßgeblich am antisemitischen Terror in der sogenannten Reichskristallnacht vom 9. 11. 1938 beteiligt. 839 Zusammenfassung aller Quellen für dieses Unterkapitel (1) Nationalrevolutionäre: Die Nationalrevolutionäre. Gegen Fremdherrschaft und Kapital: Nationalrevolutionäre, Grundsätze unseres Wollens – Die fünffache Revolution, ohne Datum (Natrevo D. ) (2) NPD: (a) Das Düsseldorfer Programm der NPD von 1973 (NPD 1973); (b) Wurfsendung der NPD von 1988 (NPD 1988);(c) NPD-Zeitschrift Deutsche Stimme 4/5 1992 (NPD 1992) (3) Republikaner:(a) Grundsatzprogramm der Republikaner, verabschiedet auf dem 1. Bundeskongreß am 26 November 1983 in München (Rep 1983), (b) Programm derRepublikaner von 1987 (Rep), (c) Die Dinkelsbühler Erklärung der Republikaner zur Europawahl 1989: Ja zu Europa – Nein zu dieser EG – Deutsche Interessen haben Vorrang (Rep 1989); (d) Parteiprogramm der Republikaner von1990 (Rep 1990) (4) Deutsche Volksunion (DVU): 634
840 841 842 843 844 845 846 847 848 849 850 851 852 853 854 855 856
(a) DVU-Flugblatt vermutlich von 1990 (DVU 1990) (b) Programm der DVU, Stand 20 11. 1989 (DVU1989); (c) Eigene »Übersicht der Vorstandsmitglieder der Partei und der Landesverbände«, Stand: 20. 11. 1989 (DVU Übersicht 1989), (5) Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP): (a) F A P-Aktionsprogramm, Stand: 15. 8. 1990 (FAP 1990); (b) FAP-Satzung, Stand: 15. 8 1990 (FAP Satzung 1990); (c) Grundsätze und Ziele der FAP – Wahlprogramm. Gau Rhein-Westfalen (Hg), Essen ohne Datum (FAP o. D.), (d) Eigene »Übersicht der Vorstandsmitglieder der Partei und der Landesverbände«, Stand: 15. 8. 1990 (FAP Übersicht 1990) Antje Vollmer in: Tageszeitung^. 11. 3. 1992 FAPo. D. FAPo. D. NPD 1973, Kapitel V: Die Volkswirtschaft – Mensch und Arbeit, Punkt 8 NPD 1988 NPD 1973, Kapitel V: Die Volkswirtschaft – Mensch und Arbeit, Punkt 8 Rep 1983, Kapitel F: Fonds zur Erhaltung der Tier- und Pflanzenarten Rep 1983, Kapitel F: Umweltschutz-Tierschutz-Naturschutz FAPo. D. Rep 1990, Kapitel 12: Tierschutz Rep 1990, Kapitel 7: Weinbau, Landwirtschaft, Forsten, ]agd, Fischerei Buxtehuder Tageblatt v. 18. 11. 1988 DVU 1989 DVU 1990 DVU 1989 DVU 1990 NPD 1973, Kapitel VIII: Innere Entwicklung, Raumordnung 635
und Verkehr, Punkte 4, 5, 6, 7 und 10 857 Rep 1990, Kapitel 8: Umwelt und Energie; Verkehr 858 Rep 1983, KapitelG: Ökologie und Umweltschutz: Punkt7: Kernenergie 859 Rep 1983, Kapitel P: Sicherung unserer Energie- und Rohstoffversorgung 860 NPD 1973, Kapitel XII: Volksgesundheit und Umweltschutz, Punkte 1, 3, 4, 5, 7und 8 861 Ernst Bloch, Dos Prinzip Hoffnung. Frankfurt/Main 1977, Bd. 2, S. 541 862 NPD 1992 863 Rep 1989 864 FAPo D. 865 Rep 1987 866 Rep1987 867 Für Interessierte hier nur der Hmweis auf die Debatte um Peter Singer, wie sieetwa in Konkret, in der feministischen, gentechnikkritischen Zeitschrift E. coli-bri (Hamburg) oder vom Genarchiv in Essen geführt wurde und wird, sieheauch Anmerkung 137 868 FAP o. D. 869 FAP o. D. 870 NPD 1973, Kapitel X: Die Familie. Punkte 1, 2 und 5 871 Rep 1987, III. Schwerpunkte, Punkt 9: Frau und Familie 872 Rep 1990, Kapitel 4: Famifie Jugend, Frauen, Gesundheit und Sport 873 Zum Beispiel ist der Begriff des »ungeborenen Lebens« neu, als handele es sichbei einem Embryo um einen fertigen Menschen, der nur noch seinem »fötalen Umfeld«, der Frau, mit der er nichts mehr zu tun zu haben scheint, entfliehen muß. Oder die perinatale Medizin, die sich zwar mit dem Embryo und dem Fötus befaßt, aber die Frau, als deren Teil er wächst, völlig ignoriert oder als ein störendes Objekt und ein Hindernis auf dem Weg zum neuen Subjekt betrachtet. 636
874 875 876 877 878 879 880 881 882
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DVU 1990 DVU 1989 FAP1990 FAP1990 Rep 1983, Kapitel H: Unsere Verpflichtungen gegenüber der Dritten Welt Vgl das folgende Kapitel NPD 1973 Rep 1983, Kapitel F: Umweltschutz-Tierschutz-Naturschutz Rep 1983, Kapitel H: Unsere Verpflichtungen gegenüber der Dritten Welt, Einsatzmöglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland Peter Weiss, Die Ästhetik des Widerstands. Frankfurt/Main 1985 Frankfurter Rundschau v. 24. 3. 1992 Zit. in. Frankfurter Rundschau v. 28. 4. 1992 Impulse 3/1992 Tageszeitung v. 27 6. 1992 Der Spiegel 13/1992 Tageszeitung v. 26. 1. 1992 Tageszeitung v. 7 1. 1992, 26. 1. 1992; DB (Hg), Blickpunkt – Bahn aktuell 5/1992; Frankfurter Rundschau v. 22. 7 1992, Hamburger Abendblatt v. 20. 1. 1992 Der Spiegel 20/1994 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 13. 5. 1994, junge Welt v. 13. 5. 1994 Neues Deutschland v. 21/22. 5. 1994 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 13. 5. 1994; junge Welt v. 13. 5. 1994; DieTageszeitung v 13. 5 1994 Neues Deutschland v. 21/22. 5. 1994 Vgl junge Weltv. 24. 6. 1994 Neues Deutschlands 11. 5. 1994 Tageszeitung v. 27 4. 1994 637
899 Der Spiegel 20/1994, junge Welt v. 24. 6. 1994 900 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 6. 6. 1994 901 Vgl. Henning Scherf, Der starke Staat macht keinen satt, in: Die Zeit Nr 23 v3. 6. 1994, Die Tageszeitung 21. 5. 1994; Frankfurter Rundschau v. 27 5. 1994und 1/2. 6. 1994 902 Tageszeitung v. 21. 5. 1994 903 Henning Scherf a. a. O 904 Tageszeitung v. 21. 5. 1994 905 Henning Scherf, a a. O. 906 Jutta Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 338; zum Grundgesetz: S. 335–339 907 Henning Scherf, a a. O. 908 Ebd. 909 Ebd. 910 Die Zeit Nr. 21 v. 20. 5. 1994 911 Henning Scherf, a. a. O. 912 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 3. 8. 1992, 24. 8. 1992, Neues Deutschland v. 24. 8. 1992, Tageszeitung v. 3. 8. 1992; Frankfurter Rundschau v. 4. 8. 1992, 8. 8. 1992 913 Der Spiegel 6/1992 914 Frankfurter Rundschau v 27. 4. 1992 915 Die politischen Auswirkungen des Golfkrieges können in diesem Buch nicht untersucht werden. Sehr lesenswert sind zum Beispiel die Beiträge vonAndreas Famzadeh und Gisbert Lepper in: Diskus 1/1992, dort auch der von Christoph Kind als Antwort auf Karl-Hemz Roth (in: Diskus 4/1991) verstandene Beitrag und jener selbst. Desweiteren der Beitrag von Vera Andric und Alex Demirovicin: Diskus 3/1992 Der Diskus ist eine Frankfurter StudentInnenzeitschrift. 916 Frankfurter Rundschau v. 24. 8. 1992 917 Jutta Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 280–282 918 Werner Balsen/Karl Rössel, Hunger braucht kein Visum, in: junge Welt v. 7. 6. 1994 638
919 920 921 922 923 924 925 926 927 928 929 930 931 932 933 934 935 936 937 938 939 940 941 942 943 944 945
Ebd Ebd. Ebd. Neues Deutschland v. 11/12. 6. 1994 Frankfurter Rundschau v. 21. 6. 1994 Tageszeitung v 17 6. 1994 Jutta Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 226–227 Tageszeitung v. 17 6. 1994 Jutta Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 235–236 Frankfurter Rundschau v. 27. 3. 1992 Ernst Bloch, Erbschaft dieser Zeit- Erstausgabe Zürich 1935, hier: Frankfurt/Main 1977, S. 188 f. In einem Dokumentarfilm, lt. Neue Hanauer Zeifung 70/ Februar 1992 Neues Deutschland v. 11/12. 1. 1992 Frankfurter Rundschau v. 1. 6. 1992 Aktuell. Zeitung für die Bundeswehr 63/20. 8. 1992 Claudia Roth im Interview mit: junge Welt v 11. 6. 1994 Der Spiegel 35/1992 Frankfurter Rundschau v. 13. 8. 1992 Frankfurter Rundschau v. 7 8. 1992 Alle Zitate aus der »Petersberger Erklärung«, lt. Frankfurter Rundschau v. 20. 6. 1992: »Im Wortlaut« Tageszeitung v. 22. 6. 1992 Zit. m: Neues Deutschkndv. 23. 6 1992 Andrea Lederer/Dieter Liehmann, … und morgen die ganze Welt, in. NeuesDeutschkndv- 22 6. 1992 Bild am Sonntag, zit. in: Frankfurter Rundschau v. 29. 6. 1992 Aus dem Beschluß des SPD-Parteitages vom Mai 1991, zit. in: Tageszeitung v. 24. 8. 1992 Werner Ratz, Neugestaltung der Bundeswehr, in: atom 39/ Juh/August 1992 Brief von Renate Schmidt an das Kraillinger Forum vom 639
13. Mai 1992 946 Die Welt v. 20. 7. 1992 947 junge Weh v. 23. 6. 1992, Tageszeitung v. 23. 6. 1992, die Nachrichtenagenturdpa zitierend 948 Neues Deutschland v 25/26. 7. 1992 949 Tageszeitung v. 11. 8. 1992, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15 8 1992 950 Dokumentiert in der Frankfurter Rundschau v. 27. 8. 1991 951 Tageszeitung v. 22. 6. 1992 952 Laut Heinz Suhr, Pressesprecher der Grünen/Bündnis 90 im Bundestag, zit. in:Lübecker Nachrichten v. 19 7. 1992 953 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20. 6. 1992 954 Frankfurter Rundschau v. 20. 6. 1992 955 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16. 6. 1992: Dafür stimmten 329 Abgeordnete der alleinregierenden Liberal-Demokratischen Partei (LPD), der Mokeitound der Demokratisch-Sozialistischen Partei. 17 kommunistische Abgeordnete stimmten dagegen. Die Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei (SPD)hatten zusammen mit zwei kleineren – leider von der FAZ nicht genannten – Oppositionsparteien versucht, die Abstimmung zu verhindern. 956 Tageszeitung v 27. 8. 1992 957 Zit. nach Lederer/Liehmann, a. a. O 958 Vgl. ebd 959 Interview mit Umweltmimster Klaus Töpfer (CDU) im Spiegel 14/1992 960 Greenpeace Magazin 1/1992 961 Zit in: Andreas Schweer. (Autonome Ökologiegruppe Wuppertal), Die Militarisierung der ökologischen Frage, in: ÖkoLinX Nr. 5/1992 Diesem Artikel verdanke ich einige Anregungen 962 Aus einem Nato-Strategiepapier aus dem Jahre 1971, zit. in 640
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der FrankfurterRundschau v. 29. 5. 1989; zit. in: Schweer, a. a. O. Was Ökoimperiahsmus ist, wie er weltweit wirkt, wie widersprüchlich die Konzepte etablierter Umweltorgamsationen in den USA und der BRD sind, wird ausführlich beschrieben und analysiert: Ditfurth, Lebe wild …, a. a. O., S. 120–282 Kriege führen für den Frieden. Gespräch mit Karl R. Popper, in Der Spiegel 13/1992 Henry Hatch in der Fernsehsendung »In Zukunft. . Superbomber und giftige Wale Umweltpolitik als Sicherheitspolitik der Zukunft«, ausgestrahlt vom WDR am 12. 7. 1991, zit. in: Schweer, a. a. O. Tageszeitung v 27 5. 1991 Frankfurter Rundschau v. 13. 7. 1991 Frankfurter Rundschau v. 31. 1 1992 Frankfurter Rundschau v. 21. 5. 1992 Zit in: Schweer, a. a. O. Ebd. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 25. 6. 1990 Tageszeitung v 25. 6. 1994, Frankfurter Rundschau v. 18. 6. 1994 und v. 25. 6. 1994 Frankfurter Allgemeine Zeitung v- 18. 5. 1994; Frankfurter Rundschau v. 18. 5. *1994; Tageszeitung v. 19. 5. 1994 Spiegel-Interview mit dem früheren SDS-Bundesvorstandsmitglied UdoKnapp, in: Der Spiegel 14/1970 Alle Zitate aus Udo Knapp, Grüne Festung Europa, in: Natur 2/1992, S. 44–48 Zit. in: Schweer, a. a. O. Sassin/Jäger/Jill u. a. in. Kernforschungsanlage Jülich (Hg), Das Klimaproblem zwischen Naturwissenschaft und Politik, Oktober 1988, zit. in: Schweer, a. a. O. Frankfurter Rundschau v. 29. 6. 1992 Die Zeit v 24 4. 1992 641
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Der Spiegel 16/1992 Frankfurter Rundschau v. 12. 6. 1992 Tageszeitung v. 14. 2. 1992 Tageszeitung v. 1. 7 1992 Veröffentlichung im Herbst 1991, zit. in: Frankfurter Rundschau v. 25. 10. 1991, vgl. auch Schweer, a. a. O. Christa Wichterich (Hg). Zum Beispiel Bevölkerungspohtik. Bornheim-Merten 1988, zit. in: Ingrid Strobl, Strange Fruü, Berlin 1992, S. 25 Ebd und Nawal el Saadawi. Tschador Frauen im Islam. Bremen 1980, zit. in:Ebd., S. 26 E. coli-bn Nr. 6, zit. in: Strobl, a. a. O., S. 52 Lt. Lis Rasmussen Kazal von der dänischen Organisation »Women and develop-ment«; zit. in: Tageszeitung v. 9. 6. 1992 Die Zeit v. 16. 2. 1990 Ebd. Frankfurter Rundschau v 24. 6. 1992, 26. 6. 1992 Frankfurter Rundschau v. 4. 6. 1992 Kommunalwahlprogramm der Frankfurter Grünen, 1989, S. 7 Frankfurter Rundschau v. 20. 8. 1992 Zur Geschichte der politischen Justiz: Terroristen und Richter Band 1: Heinrich Hannover, Terroristenprozesse. Band 2: Rolf Gössner, Das Anti-Terror-System. Band 3: Margot Overath, Drachenzahne. Hamburg 1991 Der Spiegel 35/1992, Frankfurter Rundschau v. 9. 7. 1992 Tageszeitung v. 4. 6. 1992 Frankfurter Rundschau v. 13. 5. 1992; Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31. 8. 1992, Björn Engholm in der Tagesschau (ARD) vom 29. 8. 1992 Frankfurter Rundschau v. 14. 8. 1992, Der Spiegel 34/1992 Der Spiegel 34/1992 Tageszeitung v. 27 3. 1992 642
1003 Hör Zu v. 31. 1. 1992 1004 Die We/f v 19 8. 1992; Frankfurter Rundschau v 21 8. 1992 1005 Hör Zu v 10. 1. 1992 1006 Mario Krebs, UInfce Meinhof. Reinbek 1988 S. 241 ff. 1007 Vgl. Hans-Joachim Fietkau, Psychologische Ansätze zu Mediations-Verfahren im Umweltschutz. (Schriften zu Mediations-Verfahren im Umweltschutz Nr. 1, Veröffentlichungsreihe der Abteilung Normbildung und Umwelt des Forschungsschwerpunkts Technik – Arbeit – Umwelt am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Hg. v. Wissenschaftszentrum Berlin fürSozialforschung GmbH [WZB] Berlin (ohne Datum, vermutlich Anfang1992) 1008 Dr. Peter Wiedemann/Gerhard Hunnius, Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik der Kernforschungsanlage Jülich und der Basisresearch GmbH, Frankfurt, Kommunikatwnsprobleme bei der Vermittlung technischer Sachverhalte. Mai 1992, S. 7 1009 Ebd., S. 10 1010 Ebd., S. 23 1011 Mediation in der Umweltpohtik. WZB-Mitteüungen 53/September 1991, S. 5 ff. 1012 Frankfurter Rundschau v. 30. 6. 1992 1013 Frankfurter Rundschau v 13. 6. 1992 1014 Frankfurter Rundschau v. 30. 6. 1992 1015 Der Spiegel 4/1993, zit in: Graswurzelrevolution Nr. 179, Sommer 1993 1016 Brigitte Gans, Hoffnungsschimmer, in: Politische Ökologie Nr. 37, Mai/Juni1994 S. 24 1017 Ebd. 1018 Die folgenden Informationen stammen vorwiegend aus: Eckart Spoo, Wer schluckt den Schlick? in Frankfurter Rundschau v. 24. 8. 1993 1019 Ebd. 643
1020 Schreiben der KWS v. 2. August 1994 und Schreiben der AgrEvo v 4. August1994 an die Autorin 1021 Spoo, a. a. O. 1022 Vgl. AKP-Alternative Kommunalpolitik 4/1993. S. 59 ff, AKP 1/1993, 6/1992 1023 Vgl. Rundbrief des Bundes für soziale Verteidigung, Nr. 2, 2. Quartal 1993 1024 Prospekt der Streit-light-Schule, Steyerberg 1025 Schering Information 10/1980, zit. in: Ute Sprenger, Das große Geschäft mit kleinen Hormonbomben, in: ScheringAktions-Netzwerk (SchAN), HenryMathews (Hg. ), Die Pille macht Macht. Berichte über die Geschäfte von Schering. Stuttgart 1992, S. 45; Tageszeitung v. 19. 6. 1992 1026 Vgl. Ralf Stornier, Menschenversuche und Massensterilisation, in: Schering-Aktions-Netzwerk, a. a. O., S. 33–44 1027 Ulrich Moebius, Vorwort, in: Schering-Aktions-Netzwerk, a. a. O., S. 7/8 1028 Ebd. 1029 Ganzseitige Anzeige in World Watch. Das globale Umweltmagazin, Mai/Juni1992 1030 Tageszeitung v. 25. 11. 1993 1031 Quellen für Ökosponsoring: Frankfurter Rundschau v. 13. 2. 1992, 29. 2. 1992, 26. 7. 1992; Tageszeitung v. 13. 2. 1992, 27. 5. 1992, 19. 8. 1992; Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 30. 4. 1992; Neues Deutschland v. 12. 6. 1992;Greenpeace Magazin V/1991;«z – andere zeitung (Frankfurt/Main) v. 28. 2. 1992; Gen-ethischer Informationsdienst 72/November 1991 1032 Quellen: Tageszeitung v. 9. 6. 1992; Frankfurter Rundschau v. 6. 6. 1992;Neues Deutschland v. 3. 6. 1992; Der Spiegel 24/1992; Tageszeitung v. 27. 5. 1992 1033 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 30. 4. 1992 1034 Ebd.
Stichwortregister Erläuterung: Zahlen mit einem »A« davor sind Zahlen von Anmerkungen (siehe S. 469–508), und keine Seitenzahlen. [Alle Seitenzahlen beziehen sich auf die Originalausgabe und nicht dieses E-Book!] A Abendland 235 Abfallwirtschaftskonzept in Neuss, Mediation 449 siehe auch Giftmüll Aborigines 60, 115 Abtreibung, Abtreibungsverbot 34, 36, 38–41, 234, 235, 237, 243, 267, 314, 315, 326, 371, 372, 375, 376, A28, A510 - AbtreibungsgegnerInnen(» LebensschützerInnen«) 34, 88, 89, 234, 235, 241, 243, 261, 268, 314–316, A 465, A 510, A 667 - Aktion Leben 244 - Aktion Lebensrecht für alle(ALfa) 244 - Europäische Ärzteaktion (EÄA)88, 241, 244, 316, A140 Acheloos (griechischer Fluß) 427 AEG 284 Äthiopien 404 Afrika 111, 173, 242, 246, 264, 268, 276, 331, 344, 383, 386, 403, 404, 417 - Schwarzafrika (Weide- undAckerland) 404 Afrikaaner (Burenpartei) 88 Agape 313
Agent Orange 416, 421 AgrEvo 68, 71, 451 Ahriman 339, 342 Aids 246, 251, 264, 268, 373, 386 Akzeptanz(forschung) 53, 55, 85, 91 93, 324, 327, 443, 448, 451 siehe auch Mediations-Verfahren, - Seminare Alitalia, Flugesellschaft 122 AlkoholikerInnen 56 Alternativbewegung 261, 282, 361, siehe auch Anti-AKW … siehe auch BürgerInneninitiativen siehe auch Kämpfe, gesellschaftliche siehe auch Konflikte
siehe auch Ökologiebewegung siehe auch soziale Bewegungen siehe auch Widerstand alternative Energieversorgung 154, 157, 165, 200–208, A 251 siehe auch rationelle (effizientere) Energienutzung und -einsparung siehe auch regenerative
645
Energien siehe auch Sonnenenergie siehe auch Windenergie siehe auch Wasserenergie Alternative Liste (AL) … - AL Berlin 253 - AL Hamburg A532 Alternativer Nobelpreis A 657 alternative Projekte 439 Alzheimersche Krankheit 62 American Cyanamid 70, 80 American League 409 Americium 241 120 Amgen 65 Amniozentese 36, 37 siehe Gen- und Reproduktionstechnologie – Pränatale Diagnostik Amt für Strahlenschutz (Großbritannien) 124 AnarchistInnen, Anarchismus 361, 367, 390 Anatomie der Universitätsklinik Göttingen (NS-Zentrum für medizinische und eugenische Experimente an Frauen) 315, 316 Angola 371 Anomalien, »anomal« 36, 38, 82, 373 Anthropologie 340 Anthroposophie, Anthroposophlnnen 13, 14, 17, 47, 233, 234, 261, 278, 279, 282, 283, 286, 294, 312, 327–346, 349, 350, 374, 407, A539a siehe auch Waldorfschulen - Anthroposophische Gesell-
schaft 337, 338, 341 Antisemitismus 339, 340 ArbeiterInnen im Faschismus338, 342 - Christengemeinschaft 328, 346 - Dreigliederungsbund 338 - Eurythmie 338 - Faschismus 14, 334, 338–341, 344 - Geheimkunde 329 - Geister und Engel 338, 342 - Inkarnation 336, 340 - Kapitalismus, 337 - Karma 330, 342 - Kinder 334, 335, 338, 342, 343 - Natur 338, 340, 342 - okkulte Ideologie, Zwänge 14, 407, 342 - Rassismus, (Wurzel-) Rassen 14, 329–335, 337, 340, 344 - Rationalität 329 - Reinkarnation 275, 337, 339, 340, 342 - Weleda 365Anti-AKW-Bewegung, Anti-AKWBürgerInneninitiativen, AKWGegnerInnen 15, 20, 62, 133, 134, 148, 149, 150, 154, 158, 162, 168, 171, 176, 177, 178, 180, 184, 196, 204, 308, 314, 442, 443, 448, 450, A251 siehe auch Bewegungen siehe auch Bürgerlnnemnitiativen siehe auch Kämpfe, gesellschaftliche -
646
siehe auch Konflikte siehe auch Klassenkampf siehe auch Ökologiebewegung siehe auch Opposition, Organisation, linke siehe auch Widerstand - Anti-Atom-Bündnis Garching133 - Anti-Atom-Büro Dortmund 200, 160, 200, 394, A158, A 394 Anti-Apartheids-Bewegung 89 Anti-Baby-Püle 453, 454 Antibiotika 69, 71 Anti-EG-Gruppe Köln 230, A 458 Antifaschismus 230, 258, 301, 339, 341, 351, 357, 360, 401, 465, A 509, A838 antimilitaristische Bewegungen 20, 291 Antireligiös 299, 319, 326 Antischwangerschaftsimpfstoff 431 siehe auch Sterilisierung, Zwangssterilisierung Antisemitismus, christlicher Antijudaismus 16, 26, 89, 238, 259, 265, 280, 286–288, 306, 310, 318–321, 323, 325, 327, 339, 340, 346–350, 385, A 3, A 679, A 838 – Alt, Franz 16, 17, 232, 293, 306, 313–327, A 679 – christlicher Antijudaismus 318–321, 325 – Grüne und Antisemitismus259
– Jung, Carl Gustav 286, 287, 306, 318–321 »Antiterror«-justiz 395 – »Antiterror«paragraphen 129a/130a 435 Anti-Vietnamkrieg-Demonstrationen 291 Anwaltsvereine 395 Apartheidspolitik 253, 256 APO (Außerparlamentarische Opposition) 20, 59, 464 Arbeit, -sbedingungen, -splätze, ArbeiterInnen 13, 15, 25, 40, 55, 59, 63 , 73, 77–87, 92, 99, 124, 125, 147, 175, 194, 207, 233, 245, „252, 264, 267, 284, 308, 337, 338, 342, 354, 365, 369, 375, 379, 387–390, 398, 399, 405, 426, 429, 430, 433, 440, 465, 467 – Arbeiterkinder in Waldorfschulen338 – ArbeiterInnenbewegung 15, 147, 64, 398, 466 siehe auch Gewerkschaften - Arbeiterinnen in Atomanlagen 124,125 - Arbeiterjugendbewegung 284 - Arbeitsdienst, Reichsarbeitsdienst (RAD) 326,353,363 - Arbeitsmedizinisches Überwachungsprogramm 80 - Arbeitsschutz-Rahmengesetz, -rechte 81,82,398 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Transplantationszentren e. V 49
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Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Ökologen Deutschlands 244 Arbeitskreis Entwicklungspolitik (AKE) 15 Arbeitskreis Humangenetik im WSL 364 siehe auch Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung (GfbAEV) siehe auch Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL) Arbeitskreis ökologische Politik 244 Ardeatinische Höhlen bei Rom (NS-Verbrechen) 326, 351 Argentinien 69 Ariosophlnnen 280, 281, 287, 290 »Arier«, »arisch« 46, 90, 95, 233, 239, 244, 246, 265, 267, 278280, 282, 286, 288, 291, 303, 330, 331, 346, 369, 371, 376, 428, 456, - »Arisierung« 456 aromatische Amine 78 Armanenschaft 280 Armut, Arme 40, 47,48, 57, 60, 61, 75, 99,107,144, 237, 252-254, 275, 286, 292, 377, 386,387, 397, 401,404, 406, 412, 424, 429,430, 433,460 Arndt Verlag A539 Arsen 450 Artenbildung, -Vielfalt 55 Asbest, Asbestvergiftungen 73 ASE Neuland e. V A539 Asea Brown Boven (ABB) 131,
193 siehe auch Atomkapital Ashram 291 Asien, Asiatinnen 36, 53 Askese 337 »Astralleib« 340 Asyl, Asylbewerberinnen, Asylrecht 267, 271, 272, 359, 363, 374, 375, 385–107, 414, 415, 435, 436, 449 siehe auch Bevölkerungspolitik siehe auch Europa, -Flucht … siehe auch Flüchtlinge, Immigrantinnen atom (Zeitschrift) 158, 251, 275, A 251, A 394 Atomanlagen siehe auch Atomenergie siehe auch Atomkraftwerk(e) - allgemein 40, 98, 109, 130, 184, 222, 371, 386, 442, 461 - Arbeiterinnen in Atomanlagen 124,125 - Atommüll 164-186, 214, 215 > Abrißmüll, FRMII 129 > Atommülldepome Morsle ben 166 > Atom(fusions)müll 214, 215 > Castor-Behälter 170, 177 > Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endla gern (DBE) 177 > »direkte(s) Endlager« 141, 166, 170 > »Endlager« ASSE II (Wol fenbüttel) 178-180
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> »Endlagerung« 153, 169, 170, 183 > »Entsorgung« 153 »Entsorgungsnach weis« 169 »Entsorgungsverant wortung« 161, 168 > Export in den Trikont 172, 173 > Gorleben 131, 176, 177, 180, 185, 215 > Indianerreservate 171 > Kompaktlagerung 181 > Kompaktlager Esens hamm 177, 179 > Lenin (Atomschiff ) 117 > Mol 176 > Schacht Konrad 170, 177, 178 > Standorte 181 > Transporte 172, 173, 178 Brennelemente 132, 162, 170, 177 Brennelemente-Fabrik ANF(Lingen/BRD) 177, 178 Brennelemente-Fabrik Gorleben 176 Brennelemente-Fabriken in Hanau 181–184 Export 130 FRMII (Atomforschungsreaktor Garching) 128–134, 162 > Abrißmüll 129 > Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) 129 > Bundesministerium für
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Forschung und Technologie (BMFT), Bundesforschungsministerium 129 > Bund Naturschutz Gar ching 133 > Erörterungstermin 133, 134 > Gauweiler, Peter (CSU) 131 > Glotz, Peter (SPD) 131 > Graphitblock und -brand (FRMII und Tschernobyl) 132 > Grüne im bayerischen Landtag 129 > Neutronen (quelle) 130 > Ökologische Linke 133 > Programm zur »Reduzierung der Anreichung von Forschungsreaktoren« 133 > Radioaktivität in Nahrungskette 132 > Reaktorkern 130, 132 Schmelzung (FRM II und Harrisburg/USA) 132 > Schily, Otto (SPD) 131 > Schröder, Gerhard (SPD) 131, 133 > Siemens und Kraftwerkunion (KWU) 129, 131 > SPD 131, 133 > Technische Universität (TU)München 128–133 > Tritium 132 > Uran 235, hochangereichert 131, 133
> US-Energieministrium (DOE) 133 > Wasserstoff 132 > Widerstand 133 > Zwischenlagerung, langzeitige 132 - Hanau, Nukem, Alkem 181–184, 212 - Irak 172 - Materialermüdung, Erschöpfungsgrad 153, 167 - Niedersachsen 174–180 - Schacht Konrad 170, 177 - Schneller Brüter Kaikar 133, 197, 202, 204, 223 - Standortentscheidungen 1995199 - Technischer Überwachungsverein(TÜV) Hannover/Sachsen-Anhalt und Siemens 129 - Wiederaufbereitungsanlagen > allgemein 141, 165, 166, 168, 183 > La Hague (Frankreich) 125, 166, 173, 182 > Rawalpindi (Pakistan) 110 > Sellafield/Windscale (Großbritannien) 123–125, 162, 163, 166, 173, 182 > WAAWackersdorf (BRD) 133, 437 - »Zwischenlagerung« 131, 169 > Ahaus 169 > FUELSTOR, 100 Jahre70 > Gorleben 131, 169, 176 > Greifswald 169 atomares Wettrüsten 105
Atomausstieg 143, 153, 155, 160–162, 168, 170, 177, 181, 184, 255 - Kampagne 181 Atombewaffung 105 Atombilanz, SPD/Grüne-Regierungen 174–186 Atombombe (n), Atomwaffen allgemein 21, 61, 73, 105, 132, 173, 182, 199, 207, 211, 212, 235, 236, 246, 268, 289, 367, 386, 442, 461 Alamogordo/New Mexiko (USA) 109 Appell der Wissenschaftler für den Verzicht der Bundesrepublik auf Atomwaffen (1958) 212 - Atom(bomben) versuche/ tests 40, 105–117, 386, 425 > Anzahl der Atomtests in: China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Israel, Südafrika, UdSSR (GUS), USA, 109, 110, 116, 117, 123, 386 > atomare Flußumleitung 112 > fehlgebildete Babies 106, 107, 112, 113 > Kirche 106 siehe auch Kirche > Menschenversuche mit Radioaktivität BRD 83 China (Lop Nor/Sinki ang) 113 Frankreich 115
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Großbritannien/ Australien 107, 114, 115 ehem. Sowjetunion (Semipalatinsk) 112, 113 w USA 105–118 > Propaganda 106 > Radiation Exposure Compensation Act, Public Law 101–426 (USA) 113, 114 > Teststopp, generell 114–117 - Atombombenzentrum Trombay (Indien) 211 - Atomfusionsbombe – Wasserstoffbombe 210–213 - Atomwaffensperrgesetz, vertrag 212 - Bikini-Atoll 106 - Bombenuran 25, 131, 133 - Esoterik und Atomkrieg/Radioaktivität 225, 277, 282, 283 - Fallout 112, 113 - Fangataufa (Frankreich) 110 -
115 Pakistan 110 Plutonium siehe Atomenergie, - Plutonium - Sahara (Frankreich) 110, 115 - Sedan (Atombombe) 112 - Semipalatinsk (Kasachstan) 112, 113 - Supergau 161 - Uran 25, 131, 133, 182, 183, 194, 207, 290 > atombombenfähig, hoch angereichert 131, 133 - US-Atombombenfabrik von Oak Ridge (USA) 124 - US-Atomenergiekommission (Atomic Energy Commission, AEC) 105, 108 - US-Atomtestprogramm »Pflugschar« 112 - US-Atomwaffenschmiede Hanford 179 - Utah (USA) 112, 115 - Weiterverbreitung von atomwaffenfähigem Material 132 - Wasserstoffbombe – Atomfusionsbombe 210–213 Atomenergie siehe auch Atomanlagen siehe auch Atomfusion siehe auch Atomkraftwerke siehe auch Energiekonsens - allgemein 21, 24, 61, 98, 99, 103, 109, 130, 137, 142, 148, 153, 156, 163, 164, 170, 186, 198, 201, 204, 207, 243, 266, 372, 405, 412, 417, 426, 446, -
Gruhl und die Atombombe 235, 236, 268, 322 - IPPNW (Vereinigung internationaler Ärzte gegen denAtomkrieg) 115, 118, 165, 172 Hiroschima, Atombombe 61, 99, 109–112, 115, 117, 127, 132, 221, 289, 315, 416 - Los Alamos (USA) 109 - Mururoa (Frankreich) 110 - Nagasaki, Atombombe 61, 99, 109, 110, 115, 117, 127 - Nevada (USA) 106, 110, 112,
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-
-
-
447, 455, 461 Atomfilz TÜV/Siemens 129 CSU 128, 183 ehem. Tschechoslowakei 191–194 Esoterik 277, 282, 283 Evakuierung der Bevölke rung168 Foratom (Europäisches Atomforum) 156, 195, 446 Forschungsmittel 201 genetische (Zwangs) Untersuchung 83 gesellschaftliche Folgekosten 207 Graphitblock und-brand 132 Grenzwerte, radioaktive 109, 118–128 IG Bergbau und Energie 160 IG Chemie 160 Immunsystem, Radioaktivität 107 Jod, radioaktives 108 Katastrophe, 118 ff, 172, 208, 216, 222, 321 Kernschmelze 119, 168 Kerntechnischer Ausschuß (KTA)beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 156, 167 Klima(propaganda) 130, 134–142, 148–151, 154, 175, 196, 198, 214 > Atomfusion 130, 214 Krypton 85, Waldsterben 141, 216 Laufzeit 161, 162, 168 Massenmord 222
-
militärische Wurzeln 109 Mischoxid-(MOX)-Brennelemente 181–184 - Osteuropa 13U64, 184, 186–199 - Plutonium 107, 112, 120, 125, 166, 171, 173, 181–185 > Plutoniumdioxid 182 > Transporte 173 - Radioaktivität, radioaktive Strahlung 40, 61, 63, 73, 104, 105, 107, 118–128, 168, 181–184, 216, 277, 307, 386, 461 … > bei Flugreisen 121–123 … > radioaktive Niedrigstrahlung 104, 118–128, 153, 157, 181, 184, 207, 216, 222, 461 … > Radioaktive Verseuchung der BRD 162 - Reaktorsicherheitskommission (RSK) 167 - RWE Energie AG (Essen) 136, 168, 164, 181 - Samtgemeinde Elbmarsch 123 - SPD 148–186 - Störfälle 181 - Super-GAU 119, 161, 182, 216 - Superphenix, Creys-Malville (Frankreich) 171 - Transporte 162, 169, 172, 173, 174, 177, 178 - Tritium 132, 212–218, 221 - Ungarn 194 - Uran 25, 131, 133, 182, 183,
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207, 290 > atombombenfähig, hochangereichert 131, 133 > Uranabbau 25, 207, 290 > Urandioxid 182 - zivile und militärische Nut zung106, 149, 183 Atomforschung, militärische 210–212 Atomfusion 61, 130, 145, 65, 168, 170, 184, 185, 199, 208–225, 425 - Atomfusionsbombe siehe Atombombe(n) - Atomfusionskraftwerke 185 - Atommüll 207, 214, 215 - Ausschuß für Forschung undTechnologie 209 - CDU/CSU 208, 209 - Club of Rome 145, 148 - EG/EU 217–219 - Euratom, Euratomprogramm »Kernfusion« 218 - Forschungsmittel und Finanzierung 217–220 - Funktionsweise 213 - Helium 213, 214 - International Thermonuclear Experimental Reactor« (ITER)130, 212, 218–220 - Joint European Torus (JET) 213, 218, 219 - Klima(propaganda) 130, 214 - Lithium 213, 214, 216 - Materialermüdung 153, 214 - Neutronenstrahlung 214 - Next European Torus (NET) 218, 219
-
Niedrigstrahlung 216 Propaganda 208–210, 214, 221 - Radioaktive Gefahren 214, 215 - SPD 209, 210 - Super-GAU 216 - Tritium 212–218, 221 - US-Projekt »Matterhorn« 211 - Verfügbarkeit 217 Atomgesetz 152, 160, 165–169 Atomkapital, Atomindustrie, Atomkonzerne, Atommafia 21, 61, 67, 73, 99, 101–225, 246, 442 - Advanced Nuclear Fuels (ANF), Siemens-Tochter 177, 178 - Asea Brown Boveri (ABB) 131, 193 - Badenwerk AG (Karlsruhe) 136, 157 - Bayernwerk AG (München) 136, 155, 157, 169, 191, 192, 194 - Cogema (Frankreich) 126 - Deutsches Atomforum 139, 155–157, 446 - Deutsche Verbundgesell schaft e. V. (DVG) 157 - Du Pont 73, 141 - Electricité de France (EdF) 126, 192, 194 - Elektromark (Hagen) 136 - Energieversorgung Schwaben AG (EVS) 136, 156, 157
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-
Energieversorgungsunternehmen (EVU) 185 - Foratom 156, 195, 446 - Framatome 131, 134, 194, 198, - Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) 169 - Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) 181, 182 - Hamburgische ElecticitätsWerkeAG (HEW) 153, 157, 183 - Isar-Amper-Werke 136 - Kraftwerk Union AG (KWU), Teil von Siemens 83, 129, 158, 192, 198, 426 - Mitsubishi 193, 457 - Nuclear Power International (NPI), 193, 198 - Neckarwerke 136 - PreussenElektraAG 136, 157, 169, 191–197 - RWE Energie AG 136, 157, 164, 168, 169, 181, 194 - Siemens AG 83, 128, 129, 131, 132, 134, 158, 162, 170, 177, 178, 192–195, 198, 333, 426, 450 > Siemens-Boykott-Kampagne162 > TÜV Hannover/SachsenAnhalt 129 - Skoda 193, 194 - Technische Werke Stuttgart (TWS) 136 - VEAG Energiewerke AG Berlin 157, 191 - VEBA 168, 175, 180, 196
-
Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW) 157 - Westinghouse 193Atomkonsens (»Energiekonsens«) 148–186, 223, 459 Atomkraftwerk(e) (AKW) - allgemein 61, 63, 73, 124, 141, 167–170, 183, 185, 197, 199, 203, 242, 308, 346, 350, 377, 420, 426, 440, 442, 443, 446 siehe auch: Anti-AKW-Bewegung siehe auch Atomanlagen - AKW Biblis (BRD) 123, 181, 184, 205 - AKW Bohunice (Slowaki sche Republik) 192, 193 - AKWBrokdorf(BRD) 162, 204 - AKWBrunsbüttel(BRD) 162, 183 - AKW Dukovany (Tschechische Republik) 192, 193 - AKW Greifswald (BRD) 169, 170, 191, 219 - AKW Grohnde (BRD) 123, 178, 204 - AKW Grundremmingen (BRD) 183 - AKW Harrisburg, Three Mile Island (USA) 123, 132, 149, 163 - AKW Krümmel (BRD) 123 - AKWLingenll(BRD) 179 - AKW Mochovce (SlowakischeRepublik) 192, 193 - AKW Neckarwestheim
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(BRD)123 AKWObrigheim(BRD) 152 AKW Peach Bottom (USA) 113 AKWStade(BRD) 176, 178 AKWStendal(BRD) 191 AKW Temelin (Slowakische Republik) 193 AKW Tschernobyl (Ukraine) 108, 109, 112, 118–120, 123, 128, 132, 134, 148, 149, 153, 163, 167, 172, 178, 195, 196, 208, 209, 216, 221, 222, 314, A 212, 216, A 251 > RBMK (Reaktor-Typ von Tschernobyl) 195 > Säuglingssterblichkeit in der BRD 120 > Schilddrüsenkrebs 119 AKW Unterweser/Esenshamm (BRD) 179 AKWWyhl(BRD) 443 Alt-AKWs 161 Länderübersicht mit Anzahl und Leistung weltweit 197, 198 Euro-Reaktor (europäischer Druckwasserreaktor EPR) 17, 131, 134, 159, 168, 198, 199 > Optionsreaktor 159 > Sicherheitsniveau 160 > Standortsicherungsplan134 Japan 173, 197, 198, 212, 219 Kernschmelze 119, 186 Modernisierung 131, 168
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Osteuropa 131, 158, 164, 184, 186–199 - Störfälle 107, 222 - RBMK (Reaktortyp) 195 - WWER (Reaktortyp) 195 Atomkrieg 225, 237, 277, 282, 283 Atomministerium (BRD) 104 Atommüll siehe Atomanlagen, -Atom müll Atomprogramme 105, 110, 111, 149–164, 168, 185 Atomsprengungen, zivile 111, 112 Atomtechnologie, Renaissance der 101–225, 266 Atomversuchszentrum Karlstein 83 siehe Atombomben I Menschenversuche mit Radioaktivität (BRD) Atomwaffen siehe Atombomben Atrazin 421 siehe Pestizide Aufrüstung 314 Aufstand 245, 396, 429 siehe auch Revolution siehe auch Widerstand Ausbeutung 15, 20, 25, 48, 91, 92, 144, 234, 235, 264, 266, 272, 276, 304, 312, 369, 374, 384, 385, 405, 407, 411, 429, 430, 433, 445, 461, 463, 465, 467 Auschwitz 314, 318, 319, 339, 348, 359 siehe auch Konzentrationsla-
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ger »Auschwitz-Lüge« 318, 348, 363 siehe auch »Holocaust-Komplex« siehe auch RevisionismusKampagne Ausländerfeindlichkeit 239, 240, 449, 461 siehe auch Rassismus AusländerInnen 234, 281, 363, 449 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestages 81 Australien 60, 107, 114, 115, 186, 204, 205 Autarkie 365 Auto(verkehr) 40, 140, 154, 433, 434, 455, 456 siehe auch Konzerne, -AutomobilAutobahnen 440, 455 Autonomie 48 Autorität, autoritäre Gesellschaft 20, 98, 298, 302, 308, 313 siehe auch Diktatur siehe auch Führertum … Autoverkehr 40, 212, 372, 426, 427, 434, 442 -
B Babys 38, 106, 107, 112, 113 - Babyfabriken, Babyfaimen 48 Badenwerk AG (Karlsruhe) 136, 157 Balkankrieg 161
siehe auch Jugoslawien, ehemaliges Bangladesch 150 Bankhaus Trinkaus & Burckhardt 333 Barbarei 117, 417, 426, 464, 465 Barentssee 117 BASF 75, 81, 82, 94 Basisdemokratie 255, 302, 402, 423, 467 siehe auch Demokratie Basisresearch GmbH 446 Basta 69, 71, 422 siehe auch Pestizide BAT (Dt. Teil des US-Konzerns Brown & Williamson) 71 Batelle-Institut 443 Bauernkriege 310 Bauernschaft (Nazi-Zeitschrift) 348 Bayer AG 59, 62, 67, 75, 82, 94, 426, A104 Bayernwerk AG (München) 136, 155, 157, 169, 191, 192, 194 Baylor College of Medicine (USA) 32 Bayrische Atomaufsicht 83 Bayrisches Staatsministerium für Unterricht und Kultur 316 Beatles 291 Becquerel 118–128, 132 Befreiung, Befreiungskämpfe 48, 92, 96, 111, 235, 266, 288, 308, 312, 319, 369, 401, 405, 411, 430, 463, 464, 467, 468 Befriedung, -stechmk 398, 406, 439, 440, 451 siehe auch Mediationsverfah-
656
ren Behinderte, Behinderungen 37, 38, 39, 40, 47, 56, 61, 96, 105, 108 BEIR-Report III 126 Belgien 428 BellizistInnen, KriegsbefürworterInnen 161, 314, 319 Benlate DF/Benomyl 73 siehe Pestizide Beratergruppe für ethische Implikationen der Biotechnologie 53 Berber 115 Bergpredigt 317, 326, 352 Berkeley, University of (USA) 106 Berlin Document Center (BDC) 366 Berliner Großflughafen 450 Berliner Jugendämter 326, 352 Berliner Kraft- und Licht (Bewag-)AG 157 Bertelsmann 333 Berufskrankheiten, -risiken 35, 83, 87 Bestrahlung von Lebensmitteln 405 siehe auch Lebensmittel Betreuungsgesetz, Betreuungsrecht 56, 105 siehe auch Zwangssterilisierung Bevölkerung, -spolitik, -entwicklung 35, 38, 46–52, 60, 61, 76, 144, 146, 235–246, 251, 262–268, 321–324, 347, 369, 374–377, 427–431, 452^54, 460, A158 siehe auch Abtreibung, Abtrei-
bungsverbot siehe auch Zwangssterilisierung - Bevölkerungsdichte 237, 240 - »Bevölkerungsexplosion«/ »Überbevölkerung« 144, 236, 245, 251, 262, 264, 267, 321, 324, 347, 375, 377, 428, 429, 431, 452, 454, 460 - Bevölkerungskontrolle, »Be völkerungsstabilisierungspläne« 324 - Bevölkerungswachstum 146, 236, 251, 263, 428 - Geburtenkontrolle 235 - Gruhl und die Atombombe 235, 336, 322 - »Menschenflut«, »Menschenlawine« 235, 251, 267, 375, 431 - nationalsozialistische Bevölkerungspolitik 46 - (rassistische) Bevölkerungsprogramme 61, 428, 429, 430, 431 - Selektion 38, 46–52, 61, 77–87, 97, 146, 240, 264, 369, 379 Bewegungen, soziale und ökologische 441, 467 siehe auch Alternativbewegung siehe auch Anti-Akw-Bewegung siehe auch Anti-AprtheidsBewegung siehe auch Anti-Militaristi-
657
sche Bewegung siehe auch ArbeiterInnenbewegung siehe auch BürgerInneninitiativen – Friedensbewegung – Hippiebewegung - Lebensreform- und Naturschutz-, Naturfreun de-, Naturkostbewegung siehe auch Ökologiebewegung siehe auch Ostermarschbe wegung siehe auch Rastafariebewe gung siehe auch soziale Bewegung siehe auch Widerstand Bewußtsein 19, 61, 92, 297, 298, 307, 341, 368, 389, 419, 460, 462, 466 - »Stammesbewußtsein« (Bahro) 368 Big-Mountain-Aktionsgruppe (BMAG) 289 Bildung 19, 42, 92, 405 Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion Kurve Wustrow 451 Bioethik, Eugenik, Euthanasie 17, 25–60, 91, 103–105, 264, 265, 278, 358, 372–374, A 60 - Bioethikkonvention 55–58, A 60 Biomedizin-Programm, Europa 94 Biologie, biologisch 20, 28, 44,
47, 48, 249, 262, 263, 266, 267 biologisch-dynamische Ernährung der SS 365 biologischer Landbau und »Blut und Boden« 285 Biologismus 19, 20, 40–42, 82, 90, 233, 247- 251, 256, 262–266, 276, 311 – in der Schule/Psychologie/ Sozialpädagogik 263 »Biologische Medizin« (im Nationalsozialismus) 364 »Bioroboter« Mensch (in Tschernobyl) 118, 216 Biotechnologie 61 Blasenkrebs 78 Blauhelmeinsätze 412, 413, 414 Blei- und Tetrachloräthylenverseuchungen 73 Blendax 284 Blockwart 265, 436 5 % Block 363 Blut, Blutbestandteile, -Untersuchungen 56, 122 - »Blut und Boden« 285 BMW 284 Boden 25, 40, 221, 386, 404, 426, 433, 453 Bodenschätze, ehem. Sowjetunion (GUS) 189, 194 siehe auch Rohstoffe Boehringer Mannheim 94 Bosnien 401, 409 Botswana, Viehzuchtprojekte 404 Brasilien 76, 425 – Bodenverteilung 428 BRD 113, 64, 65, 66, 68, 82, 83,
658
91, 98, 118, 120, 121, 123, 131, 138, 140, 141, 150, 157, 158, 162, 165, 166, 168, 169, 171, 173, 182, 188, 189, 191, 194, 195, 196–204, 209, 211, 212, 218, 239, 240, 245, 287, 290, 292, 302, 303, 308, 328, 342, 343, 376, 378, 384, 385, 390, 392, 393, 396, 399, 400, 401, 403, 405, 409, 411, 413, 415, 419, 421, 422, 428, 429, 436, 438, 440, 448, 456 Bremer Klinik für homöopathischbiologische Medizin 366 Britisches Amt für Strahlenschutz 124 British Medical Journal 124 British Petrol (BP) 196 Bromoxynil 70 siehe auch Pestzide Brown & Williamson 71 Brustkrebs 40 Buddhismus 275, 279, 294, 309 Bündische Jugend 285 Bündnis 90/Grüne 162, 188, 230, 241, 253, 254, 256, 257, 260, 324, 376–378, 400, 413, 419, 423 siehe auch Grüne Bündnis 2000 253 Bündnis gegen den Weltwirtschaftsgipfel 1992 in München 229, 244, 245, 250 Bürgerforum (CSSR) 193 BürgerInneninitiativen (Bis) - allgemein 176 - BI S Aktion atommüllfreie
Asse«(AAA) ISO BI »Ausländerstopp« 363 BI »Bürger gegen Schlick« 450, 451 - BI gegen den Forschungsreaktor Garching 132, 133 - BI Umweltschutz LüchowDannenberg 176–178 Bürgerrechte, demokratische 149, 150, 393, 394, 397, 436 siehe auch Demokratie siehe auch Grundgesetz, -rechte siehe auch Haft siehe auch Menschenrechte siehe auch Polizei Bürgertum 91, 286, 407 Bulgarien 410 Bund der Germanen (Ariosophen) 280 Bund der heimattreuen Jugend (BHJ) 349 Bund für die Dreigliederung des sozialen Organismus 337 Bund für soziale Verteidigung 451 Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) 85, 165, 229, 230, 245, 250, 251, 456, 457, A 657 Bund Naturschutz (BN) Garching 133 Bund Naturschutz Starnberg 251, 252, 375 Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 166, 177 Bundesamt für Verfassungsschutz 392 -
659
Bundesarbeitsministerium 82 Bundesgesundheitsamt (BGA) 83, 85 Bundesgrenzschutz (BGS) 391, 392, 393, 436, A891 - REPs beim BGS 392 siehe auch Polizei Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) 129 Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT), Bundesforschungsministerium 54, 66, 78, 129, 203–205 Bundesnachrichtendienst (BND) 395, 396, 411 Bundesrat 49, 167, 168, 177, 188 Bundesrechtsanwaltkammer 395 Bundesregierung 70, 32, 132, 159, 396, 411 siehe auch CDU/F. D. P. Bundestag 50, 136, 168, 175, 77, 209, 412, 413 Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) 458 Bundesverdienstkreuz für Herbert Gruhl 246, 450 - für Christa Meves 250 Bundesverteidigungsministerium 416 Bundeswehr 378, 395, 399, 408, 411, 413, 414, 416 Burg Stettenfels 249, A 547 »Bushmen« 60
c Cadmium 450 Carnegie Mellon University A103 Cäsium 137 120 siehe Atomenergie, Grenzwerte 33 CDU 49, 54, 82, 84, 89, 151, 156, 159, 179, 178, 208, 214, 242, 259, 261, 313, 314, 324, 359, 372, 376–378, 400, 410, 413, 415, 416, 420, 449, 450 CDU/CSU/F. D. P. -Koalition 84, 132, 150, 159, 167, 209, 323, 394 Cetus Corporation (USA) 27 Chemiekapital, -konzerne, chemische Industrie 25, 69, 70, 72, 73, 78–82, 84, 93, 365, 421, 442 siehe auch Pharmaindustrie > American Cyanamid 70, 80 > BASF 75, 81, 83, 94, A104 > Bayer AG 59, 62, 67, 75, 82, 94, 426, A104 > Boehringer 94 > CibaGeigy 59, 68, 75, 325 > Dow Chemical (USA) 80 > Du Pont 72–75 > Elli Lily 70 > Hoechst AG 63, 64, 68–72, 75, 78, 82, 93, 284, 422, 426, 433, 451, 456, A104 > Hoffmann La Roche 59, 75, 94 > Merck 75, 144 > Monsanto (USA) 59, 70,
660
75, 93 > Sandoz 75 > Schering 68, 71, 75, 94, 452–54 > Unilever 59 > Upjohn 70 - Chemiekatastrophe, Seveso 62 - Chemiemüll 173 - chemische Gifte, Schadstoffe, Abfälle 40, 73, 117, 127, 221, 373, 450 - chemische Kampfstoffe 26, 453 Chhatishgarh (Indien) 76 Chile 69 China 38, 39, 109, 110, 113, 116, 133, 127–139, 197, 310, 311, 397, 344, 386, 425, 429 - Eugenik 38, 39 Chlorkohlenwasserstoffe 26 Christentum, ChristInnen 16, 147, 275, 290, 309, 318–321, 326, 355, 365, 367, 368, 384 siehe auch Antisemitismus, christlicher AntiJudaismus Chromosomen, -analyse 36, 37, 46, 81, 83, 122, 123 siehe auch Gen- und Repro duktionstechnologie - BASF 81 - Chromosomenschäden, -Veränderungen 46, 122, 123 - Siemens/KWU 83CIA 108, 412 CibaGeigy 59, 68, 75, 325 CIBA-Konferenz 1962 (London), 29, 30, 47, 105
Clearing-House (Bonner AntiWWG-Bündnis) 229, 230 Clearings 271 Club of Rome 134–136, 141, 143–148, 236, 418, 423, 426, 441, 459 - Atomfusion 145, 148 - Atomkraft 134–136, 196 – Esoterik, »spirituelles« Ele ment 146 CO2, Kohlendioxid siehe Klima Cogema (Frankreich) 126 Collegium Humanum (CH) 282, 346–349 Commerzbank 431 Committee on the Biological Effects of Ionizing Radiations, BEIR-Report 126 Connection (Zeitschrift) 294 Costa Rica, allgemein 313 – Regenwald 75 Crash-Tests mit Kinderleichen 54 CSU 84, 128, 131, 156, 159, 183, 229, 376, 377, 400, 436 Cumbria 125 Cumorit (Duogynon) 453 D Dachau (Heilkräuterplantage im KZ) 365, A 743 siehe auch Konzentrationslager DAG (Deutsche Angestelltengewerkschaft) 454 Dänemark 64, 70, 348, 410, 428, 431
661
Dänische Tierethikkommission 56 Daimler Benz 284, 426, 449, 455, 457 Datenschutz 86, 393 DDR, ehem. 11, 166, 170, 175, 191, 194, 201, 259, 293, 302, 333, 373/399, 400, 401 DDT 421, 422 siehe auch Pestizide Deep Ecology 294, 308 Degussa 212 Demeter, Demeter-Bund 328, A539 Demokratie 98, 142, 150, 156, 207, 246, 277, 298, 344, 388, 391, 393-396, 402, 406, 520 – demokratische (Bürger) Rechte349, 389, 393, 390, 397, 402, 405, 435, 436 - soziale Rechte 60, 147, 149, 389 siehe auch Basisdemokratie siehe auch Grundgesetz, -rechte siehe auch Haft siehe auch Menschenrechte siehe auch Polizei Demonstrationsverbot, 393 Depot Provera 60 »Der stumme Schrei« (Film) 316 Designer-Sperma 28 Destruktivkraft 23, 25, 98, 103, 127, 407 »Deutsch«, Deutschsein, Deutsche(s) 239, 243, 262, 287, 302–304, 328, 342, 355, 360, 363, 365
Deutsche Bank 284 Deutsche Bischofskonferenz 57 Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) 54, 205 Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 54 Deutsche Gesellschaft für Erbgesundheitspflege (GfE) e. V. 357, 361 siehe auch Weltbund zum Schutz des Lebens Deutsche Gesellschaft für intuitives Atmen A551 Deutsche Gesellschaft für Windenergie (DGW) 203 Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE) 177 Deutsche Umwelthilfe 457 Deutsche Umweltstiftung 424 Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft (DUR) 305, 306 Deutsche Verbundgesellschaft e. V. (DVG) 157 Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) 83–86, 229, 245, 398, 413, 461, A129 siehe auch Gewerkschaften DeutscherKinderregenwald e. V. 75 Deutscher Monistenbund 285 Deutscher Naturschutzring (DNR) 229, 457 »Deutscher Herbst« 1977 A 582 Deutscher Umwelttag (DUT) 1992 456 Deutsches Atomforum 139,
662
155–157, 446 Deutsches Zentralinstitut für Volksgesundheitspflege 46 Dezentralisierung 157, 207, 242, 267, 432 DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) 83–86, 229, 245, 398, 413, 461 Diabetes 354 Dialog, Mediation 440, 455, 458 Die neue Zeitung (Zeitung) 313 Die Zeit (Zeitung) 161, 236, 326, 358 »Differenz«(theorie), Geschlechterdifferenz 96, 304, A154 Diktatur, diktatorisch 20, 25, 29, 62, 142, 157, 163, 190, 199, 227, 237, 238, 268, 277, 292, 293, 298, 301, 322, 324, 379, 387, 388, 395, 397, 406, 421, 427, 432, 463 - Autorität, autoritäre Gesellschaft20, 98, 302, 313 - Eurodiktatur, bürokratische 388, 406, 432, 438 - Führertum, Gurus 13, 91, 275, 283, 291, 300, 302, 365 - Gendiktatoren 25, 29, 62 - Ökodiktatur 20, 142, 227, 293, 298, 301, 322, 324, 421 Dinosaurier 325 Dioxin 123, 416 Diskurs 53, 441 Diskus (Zeitschrift) A 915 Distelbund 343 Djibouti 404 DNS/DNA, DNS-Analyse 27, 60, 61, 75, 77, 94, 216, A13
siehe auch Chromosomen, -analyse siehe auch Genom, Genomanalyse Dow Chemical (USA) 80 Down-Syndrom, Trisomie 41, 120, A35 »Drittes Reich«, Geschichte des 359 »Dritte Welt« siehe Trikont Drogen, »Rauschgift« 35, 81, 394, 379 Druidenrum 273 Düngemittel, Dünger 75, 76 Duisburger Institut für Sprachund Sozialforschung A711 Duogynon (Cumorit) 453 Du Pont 72–75 DVU (Deutsche Volksunion) 231, 242, 369, 371, 376, A 839 E E. coli-bri (Zeitschrift) 88, A137, A867 Edda-Gesellschaft 280 Egalität 91 siehe auch Gleichheit Ego, Egoismus, Egokult 19, 146, 263, 275, 277, 286, 340, 360, 406, 444 Ehe 38, 317, 360 Einwanderungsgesetz 327 Elbe, Eibmarsch 123, 450, 454 Elders Circle of all Indian Tribes 272 Electricité de France (EdF) 126, 192, 194 Elektromark (Hagen) 136
663
Elektrosmog 73, 127, A103 Eliten, elitär 29, 91, 92, 105, 225, 234, 239, 246, 263–265, 267, 275, 276, 288, 312, 340, 379 Elli Lily 70 Elsaß 94 Emanzipation, emanzipatorisch 11, 15, 16, 19, 20, 90–92, 162, 244, 261, 262, 267, 268, 290, 308, 312, 321, 324, 429 Embryo, diverses siehe Gen- und Reproduktionstechnologie EMU-Verlag 350 »Endlagerung« 169, 170, 183 siehe auch Atomanlagen, -Atommüll »Engel und Erzengel« (Steiner) 340, 342 »Entartete Kunst« 89 Energie, Energieversorgung - alternative, ökologische Energieversorgung 154, 157, 165, 200–208 – Energiediktatur, europäische 199 - 3. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung 209 – Energieeinsparung 139, 154, 155, 200, 201, 206, 208 - »Energiefrieden« 155 – »Energiekonsens« 148–186, 223, 459 - Energiemonopol 157 – »Energie-Marshall-Plan« für Osteuropa 192 - Energieversorgung, zentral,
dezentral 157 – Energieversorgungsunternehmen (EVU) 185 - Energiewirtschaft, »europäischeHarmonisierung« 200 - Energiewirtschaftsgesetz (1935)157 – »Hauptsäulen der Energieversorgung« 223 – Kraft-Wärme-Koppelung 207 siehe auch Atomenergie siehe auch rationelle (effi zientere) Energienutzung und – einsparung siehe auch regenerative Energien siehe auch Sonnenenergie siehe auch Windenergie siehe auch Wasserenergie »Energiearbeit« 271 Energieversorgung Schwaben AG (EVS) 136, 156, 157 Energiewirtschaftliche Tagesfragen (Zeitschrift) 168 Enquetekommission des Deutschen Bundestages »Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre« 136 Entfremdung 398, 411 Entsorgung 153, 161, 168, 169 siehe auch Atomanlagen, -Atommüll Entwicklungsländer (Unterernährung) 60, 404 Eosinophilie-Myalgie-Syndrom (EMS) 65
664
Erbanlagen, -Substanz, Erbgut 61, 65, 74, 82 - »Erbdefekt«, »Erbkrankheit« 28, 38, 55 - »Erbgesundheit« 369, 379 siehe auch Chromosomen siehe auch DNS siehe auch Gen- und Reproduktionstechnologie siehe auch Genom Erdatmosphäre, Atmosphäre 106, 113, 136 Erdinger Flughafen 132 Erfolg 11, 14, 15 Eritrea 404 Erkenntnis, »übersinnliche« 335 Erlangen, »Fall Erlangen« 51, 54 siehe auch Bioethik Ernährung 147 Erniedrigung 95, 96, 411, 461 Erosion 150 Esoterik - allgemein 13, 14, 19, 96, 146, 224, 227–379, 399, 406, 451, 459, 464 - Alt, Franz 16, 17, 232, 293, 306, 313–327 siehe auch Anthroposophie - Antisemitismus 280, 286, 287, 296, 339, 340, 346– 348, 350 - Ashram 291 - Atomenergie, Atomkrieg 225, 277, 282, 283 - Aura (morphogenetische Felder)325 - Bailey, Alice Ann 330 - Blavatzky, Helena Petrowna
278, 279, 329, 336, 428 Blut und Boden 285 Capra, Fritjof 146, 273, 284, 289, 307–313, 379 - Club of Rome 146 - Diktatur (Bahro) 298 - EG-Kommission 282 - »Esoterisches Zentrum Etora Lanzarote« 324 - Ethnopluralismus 256, 305, 311, 328 - Evola, Julius 279, 280 - Faschismus, Nationalsozialismus, Nazis 88, 89, 103, 274- 306, 326, 334, 338341, 344, 351 - Ferguson, Marilyn 283, 313 - Findhorn-Gemeinschaft 224, 269, 277, 282, 283, 295 - Frauenbild 48, 96, 294, 310–312 siehe auch Alt, Franz siehe auch Bruker, Max Otto siehe auch Capra, Fritjof - »freier Wille« 308 - Gegenkultur 289–292 - Gentechnologie 277, 296, 297 - Gerken, Gerd 283, 284 - Gewalt gegen Frauen 271, 276, 277, 291, 306 - Grüne Arbeitsgemeinschaft »Spirituelle Wege (auch: Spiritualität) in Wissenschaft und Politik« 268, 294 - »Hungerprojekt« 283 - IdeologInnen des New Age278–284 -
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Kapital, Kapitalismus 277, 283, 284 - Karma 264, 276, 279, 280, 329, 330, 342 - Kulturimperialismus 276 - Marx/Engels 307, 308 - Meditation 451 - mystischer »Sozialismus« (Dt. Monistenbund) 285 - New Age 14, 20, 92, 225, 246, 275–288, 299, 368 - Schwitzhütte(nzeremonie) 270, 275, A552 - Sommercamp Wassermannzentrum 268–274 - Spiritualität 233, 246, 268, 274, 278, 279, 285, 290, 296, 299, 307, 311, 312, 320 - Techniken 268–274 - Theosophie 278, 279, 282, 283, 286, 336, 337 - Transzendentale Meditation(TM) 292 - UNESCO, UNO 282, 283 - Völkermord 246, 276, 277, 296, 329, 330 - völkisch 297 - Wassermannzeitalter 275, 277, 288 Esprit (Firma) 262 Esso 284 Estland 410 Ethik 16, 25, 31, 52-55, 66, 255, 324,370 siehe auch Bioethik »Ethnopluralismus« 256, 350 Eugenik, Bioethik, Euthanasie
17, 25-60, 91, 103-105, 238, 264, 265, 278, 358, 372-374, 379 - Eugenikgesetz 38 - eugenisch dominierte Geburtsmedizin 35 Eurodiktatur, bürokratische 388, 406, 432, 438 Europa, Europäische Union (EU) 38, 53, 54, 57, 58, 69, 70, 86, 94, 120, 122, 156, 173, 195, 199, 203, 206, 210, 212, 218219, 233, 237, 239, 242, 243, 256, 265, 282, 286, 310, 330, 335, 336, 360, 378-427, 403, 409, 422, 428, 432, 461 siehe auch Atom ... siehe auch Gen- und Reproduktionstechnologien siehe auch WEU - Agrarministerrunde 69 - Atomenergie, »Technische Hilfe« 195 - Autobahnen 426,427 - Esoterik (EG-Kommission) 282 - EU-Ethik-Gruppe 53 - Europäische Energiecharta (EEC) 186-190, 192, A355 - Europäische Zentralbank 432 - Europäischer Gerichtshof, PCP 422 - Europäisches Patentamt (EPA), Genpatente 28,32,60,72 - Flucht, Asyl, (Im)Migration 385-407 - Freizügigkeitsklausel 375 - Genzentren 75
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Innen- und Justizminister (TREVI-Treffen) 403 - Kommission 54, 58, 70, 87, 186, 187, 387,421 - Kooperations- und Fischereiabkommen 403 - Landwirtschaftsminister, Pestizide 421 - Ministerrat 54,87,387 - Parlament 58, 388, 403, 406, 408 - Pentachlorphenol (PCP), Grenzwert 422 - Pestizide, EU-Grenzwert 421, 422 - Polizei 390, 391 - Projekt »Prädikative Medi zin«, Genmanipulation 86 - Schengener Abkommen 390 - Sozialcharta 389 - soziale Lage 385–407 - TREVI (Terrorismus, Radikalismus, Extremismus und Violence Internatio nal) 397, 403 - Trinkwasser 421 - Verbundnetz 188 - Verträge von Maastricht 388 - Wachsrumsfestung Europa 385 - Währung 389 - Weltmacht 409 Europa vorn (Zeitschrift) 231 Europäische Ärzteaktion (EAA) 88, 241, 244, 316 siehe Abtreibung Europäische Arbeiterpartei (EAP)
292 »Europäische Kultur« 237, 238 Europäischer Umweltpreis 456 Euthanasie, Eugenik, Bioethik 17, 25-60, 91, 103-105, 264, 265, 278, 358, 372-374 Evangelische Akademie Loccum 448 Evangelische Jugendverbände vor 1933 285 Evangelische Kirche Deutschland (EKD) 51, 57, 89, 409, 460 siehe auch Kirche Evolution 28, 44, 98, 225 EWG-Vertrag 387 F F 134a 72 Fabriken, Tierkörper 33 FAO 404
FAP (Freiheitliche Arbeiterpartei) 349,367-379, A839 Faschismus, Faschistinnen, Faschisierung 13-15, 19, 26, 31, 46-48, 57, 59, 88, 89, 97, 103105, 109, 157, 211, 229-263, 265, 274-306, 315, 316, 318, 320, 326, 328, 330, 334, 338-342, 344, 345, 347, 348379, 385, 397, 399–402, 407, 415, 416, 436, 438, 453, 456, 464, 465, 501, A561, A667 - Begriffsdefinition 264-268 - »faschistische Selbsterfah rung« 299 - Frauenbild 265, 268, 279 - und östliche Spiritualität A561
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siehe auch Holocaust FCKW 72, 73, 455 F.D.E 84,152,153,156,180,167, 204, 255, 323, 324, 376,395, 400, 411, 414, 420, 450 siehe auch CDU/CSU/F.D.P.Koalition Feind, Feindbild 419, 431 Feminismus, Frauenbewegung 12, 15, 17, 20, 42, 48, 96, 98, 260, 290, 311, 320, 390 Femizid 38 Femovan (Antibabypille) 453 Fest der freien Bünde 285 Festkörper, Strukturuntersuchungen 130 Feuer in die Herzen, erste Ausgabe 11-17, 298-302, 350 »Finaler Rettungsschuß«, polizeilicher Todesschuß 393, 437 siehe auch Polizei Findhorn-Gemeinschaft 224, 269, 277, 282, 283, 295 siehe auch Esoterik Finnland, 33, 189, 50 Flecktyphus 359 Flensburger Hefte (Zeitschrift) 340 Flucht- und Wanderungsbewegung 385–107 Flüchtlinge 237-241, 251, 255, 359, 374, 375, 376, 389, 390, 392, 393, 397, 402–104, 414, 415, 435, 448, 449, 465 - Rückübernahmeabkkommen 393 - Wärmebild- und Nachtsicht geräte 392
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Zentrale Sammellager für Flüchtlinge 376 siehe auch Asyl Flughafen - Berliner Großflughafen 450 - Erdinger Flughafen 132 - Flughafenbetreiber und Flug hafengegnerinnen 450 - Frankfurter Flughafen, Flughafenaktiengesellschaft (FAG) 391, 397, 434, 435 - Flugplatz »Berlin International« 255 Flugreisen, radioaktive Belastung 121–123 Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW), voll- und teilhalogeniert 72, 73, 455 Flußumleitung 112, 427 siehe auch Atombomben Fötoskopie 37 Folter 240, 296, 351, 376, 385, 397, 403, 405, 411, 438, 439 Food and Drug Administration (FDA) (USA) 70, 71 Foratom (Europäisches Atomforum) 156,195,446 siehe auch Atomkapital Ford AG 456, 457 Forschung, ForscherInnen 21, 25, 26, 28, 55, 59, 93, 130, 222, 448, 456 Forschungsreaktor Garching (FRM II) 17, 128-134, 162 siehe Atomanlagen, FRM II siehe »Atom-Ei« Forschungszentrum Kind und Umwelt 119 Fortpflanzung 30-34, 42, 46, 48
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siehe auch Gen- und Reproduktionstechnologie Fortschritt, Fortschrittsgläubigkeit 12, 54, 91, 142, 241, 384, 463 Forum Kreuzberg 344 Framatome 131, 134, 194, 198 siehe auch Atomkapital Frankfurt 431–135 - Frankfurter Flughafen 434, 435 - Frankfurt-Paß 433 Frankfurter Rundschau 257 Frankreich 109, 110, 115, 122, 125, 126, 133, 136, 166, 171, 173, 182, 188, 189, 199, 303, 386, 400, 405 »innere Sicherheit«, Demon strationsverbot 393 - Kooperation mit Marokko 403 Französische Revolution 90, 303 Frau, Frauenbild, Frauenrolle u. a. 35, 42, 48, 61, 244, 249, 263, 264, 268, 280, 294, 298, 310–312, 355, 404, 428, 430, 453, 465 - im Faschismus 265, 268, 279 siehe auch Bruker siehe auch Capra Frauenbewegung siehe Feminismus Frauenfeindlichkeit 40, 41 siehe auch Esoterik, Gewalt gegen Frauen Freiberg bei Dresden, Asylbewerberwohnheim 449 Freidenkerbewegung 284
Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach 341 Freie Universität Berlin 56 Freiheit, Freiheitsrechte, frei 19, 59, 69, 146, 150, 304, 308, 373, 384, 397, 401, 405, 436, 466 Freisetzung siehe Gen- und Reprodukti onstechnologie Freiwirtschaftslehre 306, 323, 363 Fremdbestimmung, Fremdherrschaft 28, 34, 60, 96, 384, 440 Frieden 172, 412, 413, 418 Friedensbewegung 274, 314, 346, 367 - Esoterik in Mutlangen 274 - linker Nationalismus 274 Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) 346, 402 Friemar bei Gotha 69 Frischkornbrei 354, 355 FRM II, Atomforschungsreaktor Garching 17, 128–134, 162 siehe Atomanlagen, FRM H Frostschutzcreme, KZ-Unterkühlungsversuche 341 Fruchtfliege (Drosophila), Mutationsforschung FSU (Freisoziale Union), 363 Führertum, Gurus 13, 91, 275, 300, 308, 302, 365 siehe auch Autorität … siehe auch Diktatur »Fürst der ökologischen Wende« 293, 298 Funkverkehrüberwachung (BGS) 392
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G G–6-PD-Mangel, Enzymmangel 79 GAL Hamburg 148, 257, 258, 259, A533 Ganzheitlichkeit, »Holismus« 233, 320 Garching, Atomforschungsreaktor FRM II 17, 128–134, 162 siehe Atomanlagen, FRM II Garchinger Bürgerinitiative gegen Atomanlagen 132, 133 Gas de France 196 Gaskammer 359, 363 Gasunie (Niederlande) 196 »Gattung« 304 Gauloises 70 Geburten, Fehlgeburten 35, 36 Gegenkultur und Esoterik 289–292 Gegenmacht, gesellschaftliche 15, 439, 467 Geheimdienste 108, 392, 395, 396, 411, 412, 438 Geheimlehre 278, 329 Gehirn 55, 422 – Gehirntumor 123 – Gehirnwäsche 91, 92Geist 55, 307 – Geister (Anthroposophie) 338, 342 Genarchiv Essen 56, A 51, A 56, A867 General Motors 80, 292 Gen-ethischer Informationsdienst (GID) 82, 88, A137 Gen-ethisches Netzwerk A137 Gen- und Reproduktionstechno-
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logie 12, 21, 23–105, 146, 150, 216, 265–268, 277, 296, 297, 372, 379, 405, 417, 422, 426, 429, 442, 465 Anhörungsverfahren 85 Baumwolle 70 Bauplan, »Umbau« von Menschen 27, 77 Brustdrüsen/Milchdrüsen 32, 33 Chimosyn 68 siehe Chromosomenanalyse Chorionzottenbiopsie 37 CIBA-Konferenz (1962, London)29, 30, 47, 105 Datenbank 35, 109 »Defektbelastete« (Lederberg) 30 DGB 83 DNS/DNA, DNS-Analyse 60, 61, 75, 77, 94, 216 Disposition, genetische (festgelegter Plan) 41, 80, 88 Eierstöcke, Eierstockgewebe, Eizellen 33, 43, 44 Eis-Minus-Bakterium 98 Embryo > allgemein A873 > Aufzucht außerhalb der schwangeren Frau 31 > Bewertung des embryo nalen Genoms 37 > Embryonenforschung 53, 55 > Embryonenmodelle 315 > Embryonentransfer 42 > Gebärmutter (auch künst-
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liche) 31, 51, 316 > »überzählige« Embryonen 31, 45, 118 siehe auch Erbanlagen Erfassung von »Anomalien« 35, 36 Erythropoetin 65 Europa, Genzentren 75 Fässer mit gentechnischem Material in Frankfurt/M. 64 Fingerabdruck, genetischer 86, 90 Forschung ohne Kontrolle 85 Freisetzungsversuche, gentechnische 58, 68, 69, 71, 73, 85, 98, 99, 442 geklonte Arten 99 \ Genom, Genomanalyse 29, 36, 55, 60, 77–83, 86, 90, A 27, A 36 > ausländische Neugeborene 79 > DGB 83, 86 Gendefekt 125 Gendiktatoren 25, 29, 62 Genehmigungsverfahren 58, 84, 85 Gene Pharming 32, 33 genetische Diskriminierung 40 Gen für den Tumornekrose faktor (TNF) 67 Genlabor 95, 372, 426, 440, 442, 443 Gentechkapital, Gentechnikindustrie, Gentechnikge schäft, Gen(-tech)mafia
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25, 26, 33, 52, 54, 58, 62, 66, 67, 84, 92, 93, 94, 99, 100 Gentechnikgesetz 66, 69, 84, 85 GentechnokratInnen 29, 30, 35, 61, 92, 223 »Gentherapie« (=Genmanipulation) 32, 62, 65–67, 465 siehe Gewerkschaften Humangenetische Bera tungsstellen 39, 118 Human-Genom-Projekt (USA)65, 74, 82 Human Genome Sciences Inc. 74 Humangenetik 29, 47, 54, 55, 104, 105, A 30 ideologischer Angriff 90–93 Impfstoffe 98 »Institut für Wissenschaft und Ethik« 54, 55 Insulin, Humaninsulin 63, 64, 70 In-vitro-Fertilisation (IVF), künstliche Befruchtung 42–45 »Junk«-Gene 92 Keimbahn-»Therapie« 27, 28, 52, 53, 56, 58, 62, 66, 84 siehe auch Menschenzüch tung, Menschenzucht Klonierung 27 Krankenversicherungsschutz verweigert 39 Krankheit als Legitimation 62, 63
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»Krebsmaus« 72, 74 Kreuzungen aus Menschen und Affen 27 Leihmütter 30 L-Tryptophan 65 Manipulationen 32, 38, 99, 465 »Material«, genetisches 35 Menschenversuche 51, 56, 99, 107 Menschenzüchtung, Menschenzucht 27–33, 40, 62, 97, 265, 267 siehe auch Keimbahn»Therapie« Milch 69, 70 Nahrungs- und Lebensmittel, genmanipulierte 54, 58, 65, 68–71 öffentliche Kontrolle 84, 85 Nikotin 70, 71 Pappeln, genmanipulierte 69 Patentierung von Leben 54, 72, 74–76 > Patentierung von Keimbahneingriffen an Mensch und Tier 28, 58 > Patentierung mensch licherGene /Körper (teile) 32, 33, 53, 54, 58, 60, 74, 75 > Patentierung von Tieren und Pflanzen 54, 72, 74–76 Pflanzen, genmanipulierte 58, 68, 71, 85, 422 Pharmaka, Medikamente 32,
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33, 63, 65, 66 »Prävention«, genetische 61 pränatale Diagnostik/Selektion/Untersuchungen 29, 36–42 Puschkino (Rußland), Gentechnologiezentrum 99 Qualitätskontrolle für Embryonen 29 »Rassenhygiene« 30 siehe auch »Rassenhygiene« Rassismus, genetischer 39, 88, 97 siehe auch Rassismus Reichtum, genetischer 75, 76, 427 Reparaturtechniken 105 Rinderwachstumshormon BST 53, 69, 70 Risiko, sich selbst vermehrend 71, 98, 100 Robotermenschen, biologischeMaschinen 29 Saatgut 25, 75, 76 »Säugetier Frau« 32 Screenings, genetische 55, 77 siehe auch Genomanalyse Selektion 38, 46–52, 61, 77–87, 97, 146, 240, 264, 369, 379 siehe auch Zwangssterilisation Selektionspflicht 46, 87 Selektionstechnik 36–41, 55, 77, 97 Superovulation, Eizellenernte 43
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Tabak, genmanipulierter 70, 71 - Tomaten, genmanipulierte 71 - Transgene, transgene Tiere 33, 62, 74 - Überwachungslabor Hamburg 95 - Veränderung, genetische (Tschernobyl) 118 - Viren, virale Gene 67, 71, 99 - vorgeburtlich siehe pränatal - Zuchtauswahl, Mensch 30 Geometrie (Steiner) 336 Germanen, Germanenkult 275, 280, 281, 284–287, 290, 304, 305, 319, 349, 360, 367, 371, A 539 Gersten (Niedersachsen) 69 Gersthofen bei Augsburg (Bayern) 69 Geschichte, Geschichtsfälschung 303, 310, 342 Geschlecht 96 - vorgeburtliche Geschlechtsbestimmung 38 Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) 272, 289 Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung (GfbAEV) 248, 347, 348, 356–361, 364 siehe auch Weltbund zum Schutz des Lebens Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) 169 Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) 181, 182
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), Deutsche Ges … 253, 254, 456 Gesetz - allgemein 388 - Atomgesetz 152, 160, 165–169 - Gentechnikgesetz 66, 69, 84, 85 - »Gesetz zum Schutz der Erbgesundheit des deutschen Volkes«47 - »Gesetz zur Bekämpfung des Rauschgifthandels und andererErscheinungsformen der Organisierten Kriminalität« OrgKG) 394, 436 - »Gesetz zur Subventionierung derSteinkohle und über Sicherheitsanforde rungen für neue Kern kraftwerke« (Artikelgesetz) 160 - »Gesetz zur Verhütung erb kranken Nachwuchses« 47 Gestapo 316 Gestapo-Chef von Rom (Herbert Kappler)–326, 351, 352 Gesundheit 35, 40, 57, 60, 68, 82, 83, 98, 103, 172, 198, 207, 348, 355, 365, 369, 370, 373, 379, 386, 390, 398, 405, 417, 434, 461, A103 - Gesundheitsminister 49, 51 - »Gesundheitsressourcen«
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(menschliche Organe) 57 »Gesundheitsvorsorge« 39, 82 Gewalt 86, 147, 314, 353, 396, 397, 428, 438, 453, 466 - Gewaltapparat 397 siehe auch Staat - Gewaltkriminalität 396, 397 - Gewaltmonopol, ökologisches(Udo Knapp) 424 Gewerkschaften, GewerkschafterInnen 17, 82, 85, 86, 151, 154, 155, 163, 398, 399 siehe auch ArbeiterInnenbewegung - DAG (Deutsche Angestelltengewerkschaft) 454 - DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) 83–86, 229, 245, 398, 413, 461, A - HBV 399 - Gewerkschaftsjugend (Mitgliedervor 1933) 285 - IG Bau-Steine-Erden 138 - IG Bergbau und Energie (IGBE)158–160, 198, 201 - IG Chemie 84, 85, 155, 169 - IG Medien 346, 399 - ÖTV 154, 254, 399, 454 Gewinn siehe Profit Gibraltar, Flüchtlinge 403, 404 Gift - chemische Gifte 40, 73, 127, 373, 450 siehe auch Chemiekapital - Giftmüll (-Verbrennung) -
173, 05, 417, 440, 442, 445, 448–451, 453 siehe auch Müll siehe auch Pestizide Gitanes 70 Glaube an »Gott«, an Religion 16, 355 Gleichheit, Egalität, (soziale) 91, 239, 240, 281, 304, 369, 384 Global Forum (Rio 1992) 458 Goden 349 »Göttin« 290, 298, 311 Golfkrieg 117, 172, 254, 314, 401, 408–411, 423, A 915 Golf von Akaba 111 »Golgatha-Komplex« 318 siehe auch Antisemitismus »Gott« 245, 296, 320, 342, 352 Gottesstaat 277, 298 Granada Biosciences (Houston, Texas) 32 siehe Gentechnologie, Gentechkapital Greenpeace 73, 165, 169, 176, 201, 206, 207, 246, 455, A 251, A 374, A395 Grenzwerte - PCP 422 . - für Radioaktivität 109, 118–128 siehe auch Atomenergie, Grenzwerte Griechenland 15, 410, 426, 427 Großbritannien 66, 107, 109, 114, 115, 123, 125, 127, 134, 135, 162, 163, 166, 167, 178, 182, 127, 386 Große Weiße Bruderschaft 279, A561
674
Grüne 49, 64, 85, 90, 91, 129, 131, 134, 151, 159–162, 168, 169, 170, 174-186,88, 229, 230, 234, 241, 242, 245-247, 250, 253-261, 268, 269, 272, 273, 280, 281, 293, 294, 297, 312, 323, 324, 329, 333, 361, 367, 371, 376-378, 391, 400, 408410, 413-415, 419, 420, 423, 424,431-435, 439, 450, 451, 463, A 657 - Antisemitismus 259 - Atomenergie 129, 131, 134, 159-162, 168, 170, 174-186 - Baden-Württemberg 242, 333 - Bayern 129, 169, 170 - Bellizistlnnen, Kriegsbefür worterlnnen 161 - Bremen 241, 242 - CDU (Koalitionsgespräche) 259 - Elite, Führung 91 - Esoterik, Spiritualität, Grüne Arbeitsgemeinschaft »Spirituelle Wege (auch: Spiritualität) in Wissen schaft und Politik« 256, 268, 272, 273, 294, A547 - EU-Europa 409 - Frankfurt 431-435 - Gentechnik 85, 90 - grünbraun 260, 261 - Hamburg 148, 257, 258, 259 - Hessen 90, 181-186, 391 - Niedersachsen 49, 175-181, 185, 186, 247, 450, 451 siehe auch Bündnis 90/Grüne Grüne Aktion Zukunft
(GAZ) 230, 247, 261 Grüne Liste 362, 363 Grünhelme 267, 377, 378, 408–427, 441 - »Rapid Force der Weltökologie« (Knapp) 424 siehe auch Ökoimperialismus »Grüner Adolf« , »neues anderes 1933« 293, 295, 297, 301, 302 Grünes Forum Hamburg 258 Grundgesetz,-rechte 50, 287, 303, 323, 388, 395, 414, 415, 436 siehe auch Bürgerrechte siehe auch Demokratie siehe auch Haft siehe auch Menschenrechte siehe auch Polizei Grundwasser siehe Wasser Gruppe Ökologie (Hannover) 170 Guatemala 76, 378, 408 Gurus 13, 275, 300, 308 siehe auch Führertum, Gurus GUS, ehemalige Sowjetunion, Rußland 56, 99, 108, 109, 110, 112, 113, 115, 116, 118-120, 132-134, 148, 149, 153, 163, 172, 173, 186, 189, 190, 192, 194-197, 208, 209, 212, 219, 221-224, 259, 297, 314, 347, 383, 385, 386, 389, 401, 403, A 212, A 216, A 251 Gustav-Heinemann-Initiative 346
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H Haft 392-394 siehe auch Bürgerrechte siehe auch Demokratie siehe auch Grundgesetz, -rechte siehe auch Menschenrechte siehe auch Polizei Hakenkreuz 291 Hamburger Hafen, Schlick 450 Hamburger Schulbehörde (rassistische Auslese von Lehrerinnen) 262, 263 Hamburgische Electicitäts-Werke AG(HEW) 153, 157, 183 Harmonie 262, 308, 440 Harvard Universität (USA) 72, 74 Hatha-Yoga 274 Hautkrebs 73,123,135 HBV (Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen) 399 HealthCare Investment Corp. 67 Heidelberger Manifest 346 Heidentum, -kult, heidnisch 281, 349 Helium (Atomfusion) 214 »Hellen’s International« (FastFood-Kette) 459 Hepatitis 38 Herder Verlag 249 Herrschaft, Herrschende 20, 21, 25, 31, 34, 39, 41, 91–93, 97, 108, 140, 143, 147, 150, 162, 199, 223, 234, 239, 243, 264–267, 282, 283, 292, 302, 303, 304, 307, 321, 379, 386,
388, 410, 426, 429, 430, 433, 441, 463, 466, 467 Hertie 456 Herz- und Kreislaufkrankheiten 354 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) 448, 449 Hessischer Rundfunk 64 Hexen, -Verbrennung, -Verfolgung 310, 384, 385 Hierarchie 97, 248, 276, 279, 298, 304, 311, 341, 467 High-tech-Wall gegen Flüchtlinge 393 Hill People (Neu Guinea) 60 Hinduknabe (Krishnamurti) 337 Hinduismus 310 Hinrichtungsstätte Wolfenbüttel (NS-Faschismus) 316 Hippiebewegung 282, 361 Hirntod, -definition 49, 51, 54, 55, 261 - »Fall Erlangen« 51 siehe auch Organe Hiroshima, Atombombe siehe Atombombe(n) Hitlerjugend (HJ) 285, 345 HJ-Pädagogik, Salem 353 Hochhäuser 432 Hochheim (Salemkinderdorf) 352 Hochschulbauförderungsgesetz 129 Hoechst AG 63, 64, 68, 69, 71, 72, 75, 78, 82, 93, 284, 422, 426, 433, 451, 456 Hoffmann La Roche 59, 75, 94
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Holocaust 315, 318 »Holocaust-Komplex« 318, 359 siehe auch Faschismus siehe auch »AuschwitzLüge« siehe auch RevisionismusKampagne Holstenbrauerei 454 Holzschutzmittel PCP 422 Homosexualität 89, 267 Homöopathie 374 Hongkong 399 Hopi 269 »Horde« (Bahro) 302 Hormon (e) 43 Hoyerswerda 449 Humanembryologie 316 Humangenetik, humangenetische Beratungsstellen siehe Gen- und Reproduktionstechnologie Humanismus 108, 307 Humboldt-Universität Berlin 295, 300, 306 Hunger(tod) 98, 150, 236, 237, 246, 304, 359, 376, 386, 404, 408, 429 Hussel Holding AG 333 -
I IBM 283, 454 Ideale 16 IFEU (Institut für Energie- und Umweltforschung) (Heidelberg) 201, A 212, A 225, A 251 IG Bau-Steine-Erden 138 IG Bergbau und Energie (IGBE)
158–160, 198, 201 IG Chemie 84, 85, 86, 155, 169 IG Medien 399 IGing 308 ImmigrantInnen 240, 359, 374, 387, 389, 390 siehe auch Asyl, Flüchtlinge siehe auch Europa, -Flucht … Immunsystem, Immunabwehr 73, 87 - Radioaktivität 107 Imperialismus 144, 234, 235, 238, 264, 267, 273, 276, 279, 303, 310, 379, 400, 409, 410, 418, 423, 429 siehe auch Kolonialismus incapacitated persons, 56 siehe auch Lehen, -»unwertes«, »minderwertiges« und »wertes« Leben IndianerInnen 115, 276, 290, 313, 330, 408, 458 - Bewegung 261, 289 - Eiders Circle of all Indian Tribes272 - Guatemala 378 - Guyami 60 - Hopi 289 - Indianerkitsch 289 - Indianerreservate 171 - IndianerunterstützerInnen 281, 289 - internationale Konferenz 458 - Kult 275, 290, 293, 367 - Lakota 289 - Mescalero(s) 289 - Shoshone 115 - Stadtindianer 289
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-
Traditional Elders Circle 272 UreinwohnerInnen 383, 452 Yanomani (Amazonas) 60 Yellowtale, Tom 268, 269, 271 siehe auch UreinwohnerInnen Indien 38, 76, 211, 279, 425, 428, 429 Individualität, Individuum 29, 30, 41, 50, 96, 97, 397 Indonesien 397, 425, 452 Industrialisierung der weiblichen Fortpflanzungsfähigkeit 46 Industrie- und Technologiefeindlichkeit 86 Industriegesellschaft 245, 418, 423 siehe auch Kapitalismus infas Infektionskrankheit 38 Informatik 26 informationelle Selbstbestimmung 86 Informationskreis Kernenergie 150, 155 Informationstechnologie A 3 Initiative Pro Gentechnik 84 Inkarnation 336, 340 »Innenweltzerstörung« 324 Inquisition 384 Institut für Humangenetik des Frankfurter Universitäts-Klinikum 79 Institut für Plasmaphysik (IPP) (Garching) 130, 210, 212, 215–219 siehe auch Atomfusion
Institut für Reaktorsicherheit, Akademie der Wissenschaften (Moskau) 116 Institut für Strahlenschutz (Neuherberg) 216 Institut für Windenergietechnik (FWE) 203 Institut für Wissenschaft und Ethik (Bonn) 54, 55, 58 Institut Kommunikation und Umweltplanung (IKU), Dortmund 451 Insulin, Humaninsulin 63, 64, 70 Intelligenz 88, 89, 222, 331, 332, 358, 359, 360, A 36 Interatom 157 International Chetek Cooperation (Moskau) 117 Internationale AtomenergieOrganisation (IAEO) 119, 171–173, 212, 218 Internationale Meteorologische Organisation 409 International Maritime Organization(IMO) 173 Internationaler Kongreß für Humangenetik 103 Internationaler Währungsfond (IWF) 421 Internationale StrahlenschutzkommissionlCRP 121, 124, 126 Internationalismus 20, 367, 462, 465, 468 Investition 131 IPPNW (Vereinigung internationaler Ärzte gegen den Atomkrieg) 115, 118, 165, A171
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Irak 190, 408, Iran 239 Irische See 125 Irland 401, 410 Irrationalismus 318 siehe Esoterik Isar-Amper-Werke (München) 136 Isolationshaft 438/439 Israel 110, 401 Issyk 113 Iswestija 120 Italien 122, 73 - NS-Faschismus 326, 351, 352 J Jahresweiserveriag 253 Jahrhundertvertrag zur Kohleverstromung 158 Jahrestagung Kerntechnik 157 Jahwe 340 Jakarta 253 James Cook Universität (Australien) 60 Japan 15, 53, 112, 134, 173, 186, 194, 197, 198, 212, 219, 289, 315, 378, 384, 386, 399, 414, 444 Jenseits 308, 311 Job siehe Arbeit Juden, JüdInnen, Judentum 47, 89, 90, 97, 259, 287, 288, 296, 315, 318–321, 330, 339–341, 350, 359, 363, 365, 385, 456, A3 siehe auch Antisemitismus
»jüdischer Volksgeist« 340 Jugend 16, 248, 353 Jugendämter, Berliner 326, 352 Jugendbewegung 285 siehe Bündische ]ugend Jugendheime 325–327, 351–353 Jugendverbände in der Weimarer Republik 285 Jugoslawien, ehemaliges 401, 402, 408 siehe auch Balkankrieg Junge Freiheit (Zeitung) 247, 256/257 Junge Nationaldemokraten (JN) 362, 363 Junges Forum (Zeitschrift) 348 K Kämpfe, gesellschaftliche, politische 17, 28, 97, 175, 303, 304, 308, 384, 389, 398, 440, 441, 466, 468 siehe auch Befreiungskämpfe siehe auch Streik siehe auch Widerstand Kaffee 76 Kaiser-Wilhelm-Institute (KWI) für Anthropologie und Biologie 36, 47 Kalter Krieg 116 Kampfbund Deutscher Soldaten (KDS) 363 Kampfeinsätze 161, 398, 399, 402, 412, 413, 442 Kanada 69, 112, 123, 440, 443, 444, 458 Kanamycin (Antibiotikum) 71 Kapital 17, 20, 21, 25, 26, 29, 34,
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38, 42, 55, 58, 59, 66, 81, 93, 108, 126, 138, 139, 142–145, 162, 196, 222, 263, 264, 266, 280, 284, 293, 370, 377, 378, 383, 385, 387, 388, 389, 399, 400, 402, 404, 405, 419, 422, 427, 429, 431, 442, 443, 448 - europäisches 399 - japanisches 399 - US-amerikamsches 399 siehe auch Atomkapital siehe auch Chemiekapital siehe auch Gentechkapital Kapitalismus, kapitalistisch 14, 15, 20, 21, 26, 39, 42, 48, 59, 65, 87, 95, 97, 108, 111, 135, 137, 139, 140, 143 145, 147, 149, 175, 200, 224, 235, 236, 239, 245, 251, 253, 255, 261, 264, 265, 266, 276, 277, 278, 282, 288, 292, 303, 304, 310, 313, 333, 337, 367- 369, 378, 379, 384, 385, 390, 398, 399, 404, 411, 418, 419, 421, 426, 428, 429, 430, 433, 457, 459, 462, 463, 465, 466, 467, 468, A 20, A103 siehe auch Weltmarkt, wirtschaftliche Konkurrenz Karasee 117 Karma 264, 276, 279, 219, 342 siehe auch Esoterik Karstadt 284 Kasachstan 110, 112, 113, 115 Kastengesellschaft, indische 279, A561 Katholische Jugendverbände 285 Katholische Kirche 12, 51, 349,
402, 460 siehe auch Kirche, Evangelische … KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschland) 241, 242 Keltenkult 275, 290, 367 Kenia 76, 236, 404 »Kernenergie« 103 siehe Atomenergie Kernforschungsanlage (KEA) Jülich 54, 203, 211, 219, 425, 430 - Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik 446 - Studie 203 siehe auch Atomfusion Kernforschungszentrum Karlsruhe (KfK) 118, 203, 215, 216, 218, 219 »Kernfusion« siehe auch Atomfusion »Kernkraftwerk« siehe Atomkraftwerke Kerntechmscher Ausschuß (KTA) beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 156, 167 Killermikroben 99 Kilowatt(stunden) A 251, A 413 Kinder 16, 38, 41, 42, 54, 75, 96, 112, 113, 119, 237, 306, 325, 326, 327, 334, 335, 338, 342, 343, 351, 352, 353, 354, 355, 386, 404, 408, 417, 429 siehe auch Babies Kinderarbeit 354 Kinderheime 16, 325, 326, 327, 351, 352, 353 Kinderleichen 54
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Kindersterblichkeit 112, 113, 417 Kindesmißhandlung 326, 343, 352, 353 Kirche 20, 34, 42, 106 - Evangelische Kirche Deutschland(EKD) 51, 57, 89, 409, 460 - Katholische Kirche 12, 51, 349, 402, 460 Klasse 13, 266, 267, 283, 297, Klassenkampf 286, 303, 304, 308 siehe auch Widerstand Klima 130, 131, 135–142, 148–151, 154, 175, 196, 202, 205–207, 214, 265, 372, 420, 465, A 254 – Klima-Enquetekommission 175 – Klimapropaganda für Atom energie 130, 131, 134–142, 148–151, 154, 175. 196, 198, 214 – Klima und Atomenergie in China 137–139 siehe Atomfusion, Klimapropaganda siehe Sonnenenergie siehe Windenergie Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) HO Koedukation 96 Königlich-Schwedisches Karolinska-Institut A103 Kohle 140, 158, 159, 160, 170, 171, 198, 202, 205, 214, 223 siehe auch Energie Kohlekraftwerk 198 siehe auch Energie Kohlendioxid (CO2) siehe Klima
Kohlepolitik 158, 159, 170 Kohlepfennig 170 Kollektive 13 Kollektividentitäten 54 kolonial, Kolonialismus, Kolonie, Kolonisten 48, 147, 196, 235, 276, 329, 354, 404, 418, 424, 429, 430, 431 siehe auch (Öko-) Imperialismus Kolumbien 48 Kommission Energiepolitik des Wirtschaftsrates der CDU 158 Kommune 1 295 Kommunikationsökologie A 3 Kommunikationstechnologien 268 Kommunismus, KommunistInnen 47, 97, 296, 367, 385, 390, 400 Kommunistischer Jugendverband 285 Komprormiß(-fähigkeit) 50, 441, 442, 444, 445 Konflikte 13, 14, 51, 58, 308, 398, 440, 441, 442, 443, 445, 446, 450, 451, 458 siehe auch Widerstand Kongo 360 Konkret (Zeitschrift) A867 Konsens 58, 401, 440, 441, 442, 443, 444, 445, 447, 458 siehe auch Energiekonsens konservativ, Konservativismus 366 Konsum, KonsumentInnen 42, 194, 236, 276, 401, 406, 423, 440, 460
681
Konvention von Bamako 173 Konzentrationslager (KZ) 14, 29, 47, 59, 73, 97, 104, 316, 363, 341, 342, 359, 363, 365, A 838 - KZ Dachau 341, 342, 365, A743 - KZ Treblinka, Gaskammern 359 - Menschenexperimente 14, 59, 97, 316, 341, 365, 364 siehe auch Auschwitz Konzerne 69, 70, 75, 187, 188, 190, 236, 254, 433, 453–458 - Aufsichtsrat 15 - Automobil- 80, 193, 283, 284, 292, 423, 426, 443, 449, 454, 455, 457, 459 - multinationale, transnationale 27, 59, 72, 75, 93, 188, 236, 307, 428, 430, 458 siehe auch Kapital, … »kosmisches Schicksal« 20 Kosmos 308, 338 Kovahl (Salem-Kinderdorf) 352 KPD/AO 91, 241 Kraft durch Freude, NS-Organisation 345 »Kraftplätze« 273 Kraftwerk Union AG (KWU) 83, 129, 158, 192, 198, 426 siehe auch Atomkapital siehe auch Siemens Krankenhäuser 52 Krankenpflege 50 Krankheit 354 Krebs 40, 45, 60, 66, 67, 72, 73, 74, 78, 79, 92, 108, 112, 115, 118, 120–127, 135, 153, 161,
171, 207, 214, 216, 222, 315, 354, 355, 417, 422, A103 Krieg 376, 384, 385, 401, 416, 418, 419, 426, 430, 436, 464 KnegsbefürworterInnen siehe BellizistInnen Kriegsdienstverweigerung, Spanien 393 Kriegsforschung 59 Kriegsgefangene 364 Kriegsproduktion 365 Kriegsverbrecher 326, 351, 352 Kriminalität 397 siehe auch organisierte Kriminalität siehe auch Verbrechen »Krisenreaktionskräfte« 413 Kritik 11, 12, 13, 333, 334, 335, 340, 342 Kroatien 287, 401, 402 Kronenzeitung 257 Kronzeugenregelung 394 Krypton 85 siehe Atomenergie KSZE 186, 410, 420 Kuba 110, 430 Ku-Klux-Klan 292 Kultur 19, 91, 146, 147, 233, 237–243, 256, 259, 272, 273, 275, 276, 279, 305, 306, 310, 311, 322, 328, 367, 369–371, 375–377, 379, 461 – arabische 305 – politische 13 KurdInnen 404 Kurve Wustrow, Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion 451
682
Kuweit 409 KWS (Kleinwanzlebener Saatzucht AG 450
seuchte40, 58, 76, 401 Be(Ver)strahlung von Le bensmitteln 196, 405 - genmanipulierte Nahrungsund Lebensmittel 58, 68, 69, 70, 71, 85, 422 - Importe, Afrika 404Lebensreform- und Naturschutzbewegung 366 »Lebensschutz«, »LebensschützerInnen« 235, 243, 261, 267, 268, A667 siehe auch Abtreibung, Abtreibungsverbot Leiche 51 Leihmütter 30 Leistungsdruck 342 Lehrlingsopposition 20 Lernfähigkeit 96 »Lernwerkstatt«, Niederstadtfeld, Eifel 13, 293, 294, 298–300, A604, A606 Lesben 265, 398 Lettland 410 Leukämie 123–125, A103 Lever 457 Levonorgestrel 452 Liberalismus 368, 407 Lichtnetz Frankfurt 273 Lindan 421 Linke Liste, Uni Frankfurt/Main 402, 462 Links(sein), Linke 13, 16, 59, 229, 297, 298, 341, 390, 400, 460, 461, 466 siehe auch Opposition, Organisation, linke linke Organisationen, Organisa-
L Ländergesetzgebungskompetenz, Organtransplantationen siehe Transplantationen Lärm 354, 434, 435 Lancet 73 Landfriedensbruch 392 Landraub 75 Landschaftsverband 15 Lanzarote, Esoterik 324 Lateinamerika 15 Lauschangriff, großer 393, 395, 436 siehe auch Überwachung Lawrence Livermore Laboratory (LLL) 111 Leben 55, 57 - Definition des Lebens 315, A873 - »unwertes«, »minderwertiges«und »wertes« Leben 26, 27, 29, 30, 31, 37, 39, 40, 41, 42, 44, 46, 47, 56, 57, 80, 87, 90, 91, 95, 96, 104, 108, 113, 234, 235, 238, 256, 265, 278, 281, 305, 315, 327, 374 siehe auch Bioethik siehe auch Gen- und Reproduktionstechnologie siehe auch »incapacitated persons« Lebenshilfe Hamburg 105 Lebensmittel - allgemein, chemische ver-
683
tion, linke 13, 402, 461, 463, 466, 467 siehe auch Widerstand Litauen 410 Lithium siehe Atomfusion Lohnarbeit siehe Arbeit Lohnverzicht 254 Lop Nor (China) 110, 113 Los Alamos(USA) 109 siehe Manhattan-Projekt L-Tryptophan, gentechnisches Medikament 65 Ludendorffer-Bewegung 280 Luft 216, 221, 307, 354, 386, 409, 417, 432, 433, 434, 453, 456 siehe auch Ozonloch, -Schicht siehe auch Klima Lufthansa 122, 454 »Luzifer« 339, 342 Luzifer (Zeitschrift) 337 M Maastrichter Verträge 388, 409 siehe EU Machbarkeit von Wissenschaft und Technik 12 Machtfrage, Bahro 301 Madagaskar 76 Madaus (Firma) 364 – Biologisches Institut Dr. Madaus 364 Märchen 338, 342 Magazin 2000 313 Maggi 284 Malaysia 76 Mali 173
Mangelernährung 147 Manhattan-Project, 1. und 2. 107, 109 »Marktwirtschaft« (sozial-ökologisch) 21, 59, 253 , 268, 379, 424, 460, 463 »Marktkräfte« 147 marokkanischer Arbeiterverband 403 Marokko 398, 403, 404, 416 Marxismus 135, 244, 337, 367, 368 Marzabotto (NS-Verbrechen), italienische Dorf 326, 351 Massachusetts Institute for Technology (MIT) 119 Massenmord 161, 222, 326, 351, 352, 385 Materie 307 matriarchalische »Göttin« 290 Matriarchat 281 Max-Planck-Gesellschaft (MPG) 130, 133 McMaster-Universität Hamilton (Kanada) 107 Mediations-Verfahren, -seminare 425, 440–451, 456, 506, A 567 siehe auch Akzeptanz(forschung) - Münchehagen (Niedersachsen)448, 449 Medien 29, 34, 262, 393, 419 Medikamentenvergiftung 40 Meditationen 271, 289, 294 Medizin 19, 20, 26, 27, 47, 309, 354 Medizinbetrieb 50 Medizintechnik A23 medizini-
684
sche Experimente 56, 67 Erlangen 51, 52, 54 Faschismus 14, 59, 104, 315, 316, 341 Medizinische Fakultät der Universität Tokio 31 »Medizin ohne Menschlichkeit« 59, 341 Medizin und Ideologie A140 Meer 173, 174 Megawatt(stunden) A 250, A 413 »Mein Kampf« 31 Mensch - allgemein 11, 13, 15, 19, 20, 25, 27, 28, 30, 31, 34, 40, 44, 50, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 70, 71, 72, 80, 83, 84, 88, 90, 91, 95, 96, 100, 119, 127, 140, 144, 145, 146, 163, 195, 196, 215, 221, 222, 233, 234, 237, 245, 247, 248, 259, 263–268, 277, 302, 303, 305, 307, 321, 322, 323, 324, 368, 379, 384, 385, 386, 398, 406, 407, 412, 416, 429, 430, 431, 462, 463, 468 - Aura 325 siehe auch Blavatsky - als erniedrigtes, geknechtetes, verlassenes, verächtliches Wesen 95, 96 - als soziales/gesellschaftlichesWesen 42, 92, 262, 266, 268 - alte Menschen 56, 57 - Experimente/Versuche > an Frauen) 315, 316 -
-
-
-
-
-
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> gentechnische 56, 57, 277 > medizinische 56, 67«• Erlangen 51, 52, 54 Faschismus 14, 59, 104, 105, 315, 316, 341 > mit Radioaktivität 107 BRD 82, 83 China 113 Frankreich 115 Großbritannien 114 ehem. Sowjetunion/ GUS 109, 110, 112, 113, 115 USA 105–117 Menschenbild 25, 26, 29, 38, 40, 46, 47, 80, 91, 96, 108, 109, 146, 223, 263, 431 Menschenrechte 50, 55, 59, 90, 91, 152, 161, 245, 257, 388, 390, 405, 406, 408, 435 siehe auch Bürgerrechte siehe auch Demokratie siehe auch Grundrechte Menschenzüchtung, Menschenzucht 27–31, 33, 40, 62, 97, 265, 267 menschlicher Körper (als Ware)25, 48, 55, 56 menschliches Erbgut, Gene 33, 54, 57, 74, 75, 98, 246 »minderwertiges Menschenmaterial« 37, 40, 46, 256, 259, 278, 429 synthetische Menschen 44 Ware Mensch, Ware Leben 43, 97 weiblicher Körper 33, 42–46
-
weiblicher Reproduktionsapparates 33, 42 siehe Frauenbild siehe Gen- und Reproduktionstechnologie Merck 75,144 Mescalero(s) 289, A 582 siehe auch Indianerinnen Mexiko 76 Micky Maus 75 MieterInnenvertreibung 432 Mikroelektronik 146, 147 Miles (Bayer-Tochter, USA) 94 Militär 49, 60, 61, 73, 246, 282, 283, 284, 322, 377, 379, 390,408-426, 435, 452, 463 siehe auch Atombombe Militärischer Abschirmdienst (MAD) 438 Militärtechnologie 109 Militanz, bewaffnete 290 Militarisierung (der Ökologie) 235, 241, 378, 377, 426 siehe auch Grünhelme siehe auch Gruhl, Herbert siehe auch ÖDP MilitaristInnen 246 Minderwertigkeitsgefühl, patriarchal bedingtes 42 »Mitbestimmung« 84 »Mischehen« 360 Mischoxid- (MOX) -Brennelemente 181-184 Mitsubishi 193, 457 siehe auch Atomkaital Moderne 303 Mongolei 386 Molekularbiologie 146
Monokulturen 236 Monsanto (USA) 59, 70, 75, 93 Moral 317, 342, 353 Mord, Mörder 304, 326, 351, 352, 384, 396, 397, 405, 408, 412 siehe auch Massenmord siehe auch Völkermord Müll 252, 253, 254, 448, 449 siehe auch Atomanlagen, -Atommüll - Giftmüll 417, 442, 445, 448451 - Mülldeponie Kreis Neuss, Mediation 448 - Müllsammlerinnen, Djakarta 253, 254 - Müllsammlung, getrennte 252 - Müllverbrennung 440, 442, 449, 451, 453 - Sondermüll 444 - Münchehagen, Giftmüll 448, 449 München 128, 129, 132, 134, 170 »Mulatten« 335,336 multikulturelles Konzept 242 Mun (Sekte) 292 Mut (Zeitschrift) 247 Mutationen 40 Mutationsforschung 63 Mutationsrate 63 »Mutterrolle«, »Mutterinstinkt« 248, 249, 264, 355 mystischer »Sozialismus« 285 Mythen 338,342
686
N Nachkommen, Nachwuchs 28 Nachkriegsdeutschland 19 Nagasaki, Atombombe siehe Atombombe Nahrungsmittel siehe Lebensmittel Nation 256, 302-304 siehe auch Nationalismus Nation Europa (Zeitschrift) 247, A539 »Nationalbewußtsein« 239 siehe auch Nationalismus »Nationalcharakter« 302 siehe auch Nationalismus National Radiological Protection Board (NRPB) 127 National Institute on Child Health and Human Development 89 Nationale Aktion (Schweiz) 244 »nationale Frage« 361, 369 siehe auch Nationalismus »nationale Identität« 242, 347, 368, 371, 379 siehe auch Nationalismus nationale Unabhängigkeit 401, 404 Nationales Komitee für die Umweltkonferenz in Rio 457 Nationalismus 48, 244, 257, 274, »Nationalcharakter« 302 siehe auch Nationalismus National Radiological Protection Board (NRPB) 127 National Institute on Child Health and Human Development 89
Nationale Aktion (Schweiz) 244 »nationale Frage« 361, 369 siehe auch Nationalismus »nationale Identität« 242, 347, 368, 371, 379 siehe auch Nationalismus nationale Unabhängigkeit 401, 404 Nationales Komitee für die Umweltkonferenz in Rio 457 Nationalismus 48, 244, 257, 274, 297, 302, 303, 304, 320, 328, 344, 369, 385 - antinational 302 siehe auch Nation siehe auch »Nationalbewußtsein« siehe auch »Nationalcharkater« siehe »nationale Frage« siehe »nationale Identität« siehe auch Volk, Völker, völkisch Nationalistische Front (NF) 358–360 Nationalität 35 »Nationalitätenkonflikte« 401 Nationalrevolutionäre 247, 256, 261, 280, 289, 332, 348, 360–362, 367, A839 Nationalsozialismus siehe Faschismus nationalsozialistische Bevölkerungspolitik 46 siehe Bevölkerungspolitik Nationalsozialistischer Deutscher Ärztebund NSDÄB 366 Nationalzeitung 247, 358
687
NATO 243, 418, 435, 436, 438 Natur 15, 20, 25, 57–61, 71, 72, 74, 84, 88, 100, 111, 112, 119, 140, 144, 145, 150, 163, 187, 195, 231, 233–235, 237, 240, 247, 249, 251, 265–267, 274, 275, 288, 290, 292, 304, 309– 311, 321, 322, 324, 338, 340, 342, 350, 354, 355, 368–372, 378, 379, 384, 402, 407, 416, 419, 420, 423, 426, 427, 429, 430, 459, 463, 464, 467 Natur (Zeitschrift) 251, 459 »Naturdämon« 338 Naturfreundebewegung 284, 285 Naturheilkunde 354, 365, 366, 374 siehe auch Biologische Medizin Naturheilmittel 365 Naturkostbewegung 351 Naturkräuterplantage 341, 342, 365 siehe auch KZ Dachau Naturreservat 427, 455 Naturschutz 247, 251, 255, 267 Naturschutzverbände - Naturschutzbund Deutsch land 454, 457 - Deutscher Naturschutzring (DNR) 85 Nazis siehe Faschismus NBC 106 Neckarwerke (Esslingen) 136 »Neger« 279, 331, 332, 334, 335, 336, 360 - Intelligenz 331, 332, 360
– »Negerromane« 335 siehe Rassismus NeofaschistInnen siehe Faschismus Nersa (Europäisches Konsortium) 171 Nestlé 75 Netzwerk Friedenskooperative 229 Neue Anthropologie (Zeitschrift) 356, 358, 359 siehe auch Weltbund zum Schutz des Lebens »Neue« Rechte 240, 305, 357 »Neues Bewußtsein« (Partei) 333 Neues Forum 253, 233 Neuseeland 186 Neuss, Abfallwirtschaftskonzept und Mediation 449 Neutronen (quelle) 130 Nevada 106, 110, 112, 115 NewAge siehe Esoterik Niederlande 33, 196, 342, 421 Niedersachsen, rotgrün 450, 451 siehe auch Grüne Niedersächsisches Sozialministerium 123 Nikon 457 Nikotin 70, 71 Nitro- und Ammoverbmdungen 7 Nordirland – rassistische Forschung 358 siehe Widerstandsbewegungen Nordpol 122
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Nordsee 125, 150, 180 Norm, Normwert, Normvariante 36, 41, 91 Norplant 452 Norwegen 341, 342 Notstandsgesetze 17, 395 Novemberrevolution 1918 337 Nowaja Semlja 110, 117 NPD 231, 244, 246, 247, 249, 255, 259, 261, 280, 357, 362, 363, 364, 368, 372, 373, 374, 375, 377, A 547, A 839 NPD-Grüne Liste 362 NS-Akte 366 NS-Amt Rosenberg 339 NSDAP 248, 261, 281, 285, 287, 316, 339, 345, 360, 364, 385 A 809, A 818, A 838 - Reichsparteitag 1936 365 NSDÄB 366 NS-Faschismus siehe Faschismus NS-Heilkräutergarten in Schleißheim 365, 436 NS-Justiz 436 NS-Prozesse 363 NS-Rassenhygiene siehe »Rassenhygiene« NS-Regime A3 NS-Reichsarbeitsdienst (RAD) siehe Arbeitsdienst NS-Tradition 353, 359 NS-Verbrechen 326, 351 Nuclear Power International (NPI) 193, 198 siehe auch Atomkapital
O OAU (Organisation für Afrikanische Einheit) 173 Obdachlosigkeit 399, 424 Oberbayrische Regierung 129 Odin 497 Objektivität, Mythos 59 OECD 71 - Ökodiktatur 20, 142, 227, 293, 298, 301, 322, 324, 421 siehe auch Autorität … siehe auch Diktatur siehe auch Führertum , . . Ökodumping 53 Ökofaschismus 13, 16, 227–379, 464, A 764 - Begriffsdefinition 265 ÖkofaschistInnen 20, 327, A 539 siehe ökofaschismus Ökoimperialismus 190, 404, 408–427, A 963 siehe auch Grünhelme siehe auch Kolonialismus Öko-Institut, Freiburg 141, 201, 204, 483, A 395 Öko-Institut, Darmstadt 182 ÖkoLinX (Zeitschrift) 319, A 636, A 637, A 667, A 679 Ökologie 12, 16, 59, 137, 207, 221, 223, 230, 231, 232, 233, 234, 237, 240, 241, 244–250, 253, 254, 265, 266, 267, 298, 302, 311, 320, 325, 347, 354, 362, 372, 374, 379, 404, 405, 416, 418, 419, 424, 426, 427, 429, 430, 432, 452, 459, 460, 463, 465, 468 Ökologie als Kampfbegriff 20,
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267 Ökologiebewegung 229, 231, 261, 280, 314, 351, 364, 366, 390, 419, 459, 463 siehe auch Anti-AKW … siehe auch Bewegungen siehe auch Bürgerinitiativen siehe auch Kämpfe, gesellschaftliche siehe auch Konflikte siehe auch Klassenkampf siehe auch Opposition/Organisation, linke siehe auch soziale Bewegungen siehe auch Widerstand Ökologie in rechtsextremistischen und neofaschistischen Programmen 367–379 ÖkologiePolitik (ÖDP-Organ) 232 Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) 16, 229–232, 234, 235, 237, 240, 241–244, 246, 250, 252, 253, 254, 257, 258, 260, 322, 323 – Abtreibung 237 Ökologische Linke (ÖkoLi) 133, 250, 251, 319, 390 »ökologischer Marshallplan« 324 siehe auch Energie-Marshallplan Ökologisches Gewaltmonopol 424 Ökosophie 294 Ökosponsoring 454, A1031 Ökostroika 252, 253 Öko-Test-Verlag, World-Watch-
Mag azin und Chemiekonzern Schering 452–454 Öl 136, 140, 196, 202, 205, 214, 409 - GUS 192, 194 - Saudi-Arabien 192 siehe auch Energie Österreich 15, 133, 248, 287, 299, 343, 367, 376 Österreichische Elektrizitätswirtschaft AG 195 ÖTV 154, 254, 399, 454 offene Grenzen 254, 255 Ohrläppchen, rassistische Forschung 35, 89 Okkultismus 14, 199, 261, 274, 286, 290, 312, 336, 342, 407 Opel 454 Opium, Religion 321 Opposition/Organisation, linke 13, 20, 59, 230, 400, 402, 407, 436, 461–468 siehe auch Antifaschismus siehe auch Widerstand Oregon 108, A 591 Organbeschaffungsgesetz 50 Organe 48–52, 57 siehe auch Hirntod - embryonale und fetale 56 - Informationslösung 49 - Organentnahme 49, 50, 51 - Organhandel, Organmarkt 49, 51, 56 - Organspende, -SpenderInnen 51, 52 - OrganspenderInnenwerbung 52 - Organträger, -eigentümer 50
690
-
Transplantationen 17, 45, 50, 54 - Transplantationsbeauftragte 50, 51 - Transplantationschirurgen 55 - Transplantationsethik 55 siehe Bioethik - Transplantationsgesetz 49, 50 Niedersachsen 49 - Transplantationsmedizin 374 - Transplantationszentren 51 - Widerspruchslösung 49, 50 - Zustimmungslösung 49, 50, 52, 53 Organisation, politische 11, 466, 467 Organisierte Kriminalität 394–396, 436 Organisierte Polizeikriminalität 437, 438 Organtransplantations-Gesetz 50 Orgasmus der Frau 249 OrgKG (»Gesetz zur Bekämpfung des Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität«) 436, 337 Osram 200 OstarbeiterInnen 47, 385 Ostermarschbewegung 212 Osteuropa 74, HO, 111, 131, 158, 162, 164, 184, 186–199, 259, 387, 400, 426 Osteuropa-Institut (München) 189 Osttimor 397
Otto-Versand 284, 454 Ozonloch, -Schicht 72, 73, 224, 386 P Pakistan 110, 211, 416 Pakistan Institute of Nuclear Science and Technology (Pinstech) 110 Pampers 455 Panamakanal 111 Panorama (TV-Sendung) 113 §175 323 §218 254, 314, A 510 Parapsychologie 284 Paria A561 Partei(en) 163 Parteienverdrossenheit 406 Partisanen 351 Patentierung von Leben siehe Gen- und Reproduktionstechnologie PatientInnen 52 Patriarchat 34, 38, 42, 43, 108, 140, 143, 249, 265, 266, 276, 303, 310, 311, 312, 320, 384, 465, 467, A 20 Pazifist 322 PCP 422 PDS/Linke Liste 177, 377 Pennsylvania State University (Philadelphia) 28, 89 perinatale Medizin A873 Perspektive, politische 11 Pestizide 26, 40, 68, 71, 73, 75, 76, 145, 421, 422, 453 - Atrazin 421 - Basta 71, 422
691
-
Benlate DF/Benomyl 73 Bromoxynil 70 DDT 421, 422 EU-Grenzwerte 421, 422 Lindan, Agent Orange 416, 421 - 2, 4, 5-T 421 Pflanzen 54, 58, 71, 76, 215, 235, 246, 266, 325, 426, 435 siehe auch Gentechnologie Phantasie, Kreativität 11, 13, 162, 342, 398 Pharmaindustrie 64, 78, 460 siehe auch Chemiekapital Philadelphia, USA 113 Philippinen 292 Philips 200, 283 Philosophie 146, 326 Pilotenvereinigung »Cockpit« 121 Pioneer Fund 358 PKA(Pilot-Konditionierungsanlage) 178 Planet 340 Plünderung der biologischen Potenzen des Menschen 31 Plutonium siehe Atomenergie Polen 97, 134, 158, 194, 385, 410 Politik siehe Staat politische Gefangene 438 poitische Justiz A 506 Politische Ökologie (Zeitschrift) 450 Politkommissare, Transplantationskommissare 50, 51 Polizei 174, 177, 208, 390, 391,
435–438, 411, 416, 426, 433, 436, 437, 448, 449 - Bundespolizei 391, 436 - Europa 390, 391 - Freiwillige Polizei-Reserve (Berlin) 437 - Marokko 403, 404 - Organisierte Polizeikrimina lität 437, 438 - Polizeigesetz, sächsisches 393 - polizeilicher Todesschuß 393, 437 - Republikaner 369, 370, 392 - SEK (Sondereinsatzkommandos)437 - Spezialeinheit 16 E (Hamburg) 437 - Trennungsgebot, Geheimdienste 392, 396, 436 - USK (Unterstützungssonderkommandos) 437 siehe auch Bundesgrenzschutz (BGS), siehe auch Überwachung Populationsgenetik 263 Portugal 402, 420, 426 portugiesische Revolution 402 Poststrukturgesetz 395 pränatale Diagnostik siehe Gen- und Reproduktionstechnologie Prediger 317 PreussenElektra AG (Hannover) 136, 157, 168, 169, 191–197 siehe auch Atomkapital Priester 365 Primärenergie 137, 139, 206 Princeton Universität (USA) 182
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Procter & Gamble-Konzern 454 Produktion, -sverfahren, -Veränderungen 25, 92, 149, 401, 405, 421, 430 Produktivkräfte 25 Profit 15, 21, 26, 31, 48, 50, 58, 59, 63, 64, 65, 73, 93, 97, 108, 109, 131, 149, 163, 195, 200, 204, 222, 284, 292, 307, 365, 370, 385, 389, 429, 444, 453 Prognos-Institut (Basel) 451 Prostitution 386, 437 Psychic Enterprises (Los Angeles) 284 Psychoanalyse 318 Psychologie 263, 443^45 - antisemitische 287, 319 - Tiefen- 318 Psychosen 38 Psychotherapie, psychotherapeutisch 190, 323 Puerto Rico 428–430 Punks 17 Pygmäen 60
Q »Qualität der Bevölkerung«, China 38 Qualitätskontrolle für Embryonen siehe Gen- und Reproduktionstechnologie Quantenphysik 309 Quecksilber 450 Quelle, Die (DGB-Zeitschrift) 86 Quellen des Reichtums 59 Quer, Monatszeitschrift 253
R Radar für Trends, Managermagazin 284 Radar-Überwachungsanlage für Marokko 403 Radiation Exposure Compensation Act, Public Law 101–426 (USA) 113 radioaktive Grenzwerte siehe Atomenergie Radioaktivität siehe Atomenergie Räte 467 Rajneeshpuram A 591 Ramadama 252 Rank Xerox 283 Rapid Force der Weltökologie 424 »Rasse« 13, 19, 35, 36, 88, 89, 91, 96, 233, 234, 239, 240, 256, 264, 265, 267, 276, 278- 280, 283, 286, 287, 304, 305, 327–332, 337, 340, 344, 346, 348, 358- 360, 364, 371 - Abstammung, deutsche 262, 287, 303 siehe auch Rassismus »Rassenhygiene« 30, 91, 104, 105, 240, 357, 358, 360 - Mischehen 360 »Rassenzugehörigkeit« 35, 36 Rassismus 11, 14, 26, 36, 40, 46, 48, 83, 87, 96, 97. 147, 229, 235, 240, 241, 244, 246, 251, 255, 256, 259, 261–265, 267, 296, 303, 304, 330, 339, 347, 358, 372, 373, 374, 379, 385, 411, 417, 448, 449, 462-465, 467
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siehe auch »Rasse« rassistische Bevölkerungsprogramme 61, 428 siehe auch Bevölkerungspolitik rassistische Körpermessungen 36 Rastafaribewegung 290 Rastatt, Daimler-Benz 449 Rasterfahndung im Äther 396 siehe auch Bundesnachrichtendienst rationelle (effizientere) Energienutzung und -einsparung 139, 200, 201, 206, 208 siehe auch Alternative Energieversorgung siehe auch regenerative Energien siehe auch Sonnenenergie siehe auch Windenergie siehe auch Wasserenergie Raumfahrttechnik 29 Rauschgiftsüchtige 56 Reaktorsicherheitskommission (RSK) 167 »Rebirthing« 268, 271 RechtsextremistInnen/NeofaschistInnen/Organisationen 16, 96, 230, 231, 234, 235, 240–242, 244, 247, 248, 255–257, 260–262, 272, 278, 280, 289, 290, 291, 315, 316, 326, 332, 333, 348–350, 358, 363, 367, 464, 465 siehe auch Ökologie, rechtsextreme und neofaschistische Programme
siehe auch Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL) »Rechtsperson Embryo« 34, 35 siehe auch Abtreibung … Reformen, radikale 15, 419 Regenbogenforelle 325 regenerative Energien (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse) 137, 139, 140, 199–208, 218, 221, 223 siehe auch alternative Energie siehe auch Sonnenergie siehe auch Windenergie siehe auch Wasserenergie Regenwald 75, 140, 144, 425, 452, 455, 457, 460 Reichsarbeitsdienst (RAD) siehe Arbeitsdienst Reichsprogromnacht (»Reichskristallnacht«) A838 Reichtum, materieller 57 »Reinkarnation« 268, 273, 337, 339, 340, 342 Relaxin 33 Religion, religiös 16, 146, 275, 285, 290, 303, 304, 318–321, 324, 349, 407 siehe auch Kirchen Reparaturtechnik 93, 103, 463 »Repatriierung« 187, 195, 196 Repression (en des Staates) 147, 390–397, 406, 411, 435–440 siehe Gewalt siehe Staat Reproduktionstechnologie siehe Gentechnologie Republikaner (REP) 231, 246, 252, 256, 260, 369, 372–379, A 839
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- BGS 392 Ressource Mensch 50, 54, 57, 60 Ressourcen 57, 187, 404, 426, 427, 452 - private Verfügungsgewalt über Ressourcen 57 Retinablastom 125 »Rettungsregierung« 293, 298, 301 Revisionismus-Kampagne 359 siehe auch »Auschwitz-Lüge« Revolution 15, 90, 245, 303, 337, 402, 418, 429, 468 siehe auch Aufstand siehe auch Widerstand Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk RWE Energie AG 136, 157, 164, 167, 168, 171, 181, 191, 194 Rheuma 354 Richmond (Kalifornien) 94 RichterInnenvereinigungen 395 Rinderwachstumshormon BST 53, 69, 70 Risiko siehe Atomanlagen siehe Atombomben siehe Atomenergie siehe Atomfusion siehe Gen- und Reproduktionstechnologie siehe Krebs RNA 61, A13 Röntgenuntersuchungen 109 Rohstoffe (auch Mensch), Bodenschätze 50, 54, 57, 60, 76, 144, 189, 194, 238, 307, 388, 416, 418
siehe auch Ressourcen Rom, ardeatinische Höhlen, NSVerbrechen 326, 351 Roma und Sinti 47, 259, 296, 364, 385 rosagrün 49, 90, 168, 174–186, 241, 242, 247, 255, 391, 420, 431–435, 450, 451 siehe Grüne Rostock 369, 415, 449 RTL »Rudolf-Heß-Gedenkmarsch« 360 Rüstung 26, 49, 93, 161, 238, 243, 254, 401 - export 161, 243, 254, 401 - konzern, -multis 49, 93, 455, 457 Ruhrgas AG 196 Ruhrkohle AG 159 Rumänien 410 Rußland siehe GUS RWE siehe Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk S SA (Sturmabteilung) 316, 345, 366, A838 Saatgut 75, 76 SAGB, Gentechmafia in EUBrüssel 58, 59 Sagen 338 Sahara 110, 115 Sahel 236, 404 Sahrauis 403 Salem 325–327, 351–353, 356, A788 siehe auch Franz Alt
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siehe auch Max Otto Bruker Sandoz 75 Sannyasin 294, 333 SAT1 438 Schamanismus 268, 273, 275, 290 Schemyakin-Institut (Moskau) 99 Schengen siehe Europa Schering, Chemiekonzern 68, 71, 75, 94, 451–454 - »Partnerschaft« mit WorldWatch-Magazin 451–454 Schizophrenie 38 Schleißheim, NS-Heilkräutergarten 365 Schlick 450, 451 Schottland 33, 295 Schwangerschaft 34, 35, 51, 147, 335, 355, 430, 431, A 23 Schwangerschaftsabbruch siehe Abtreibung »Schwarze« 36, 267, 331, 344, 428, 431 schwarze Liste für GewerkschafterInnen 79 schwarzgrün 260 Schweden 173 - Bauvorschriften A103 - Genomanalyse 81 schwedischer Gewerkschaftsbund 81 Schweiz 15, 68, 173, 206, 244, 428 Schwermetalle, Alzheimersche Krankheit 62 Schwitzhütte 270 Schwule 47, 97, 265, 296, 323, 385, 398
Science (Zeitschrift) 65, 71, 90 Scientology 205 SDI-Programm 111, 376 SDS 423 Seita, Tabak 70, 71 SEK siehe Polizei SEL 284 Selbstbestimmung 11, 16, 19, 35, 37, 38, 41, 86, 90, 96, 111, 235, 243, 244, 247, 266, 315, 369, 377, 379, 384, 401, 402, 404, 405, 440, 465, 467 Selbst-Bewußtsein 34, 80 Selektion, Auslese siehe Gen- und Reproduktionstechnologie siehe Bevölkerungspolitik, -entwicklung siehe Genom, Genomanalyse siehe Zwangssterilisation Senegal 239 Serbien 287, 408, 409 Seveso, Chemiekatastrophe 62 Sexismus 96, 306, 369, 467 Sexualität 243, 249, 306, 317, 334, 343, 379, 461, 465 sexueller Mißbrauch von Kindern 306, 343 Sexy Sadie 292 Shell AG 283 Shiva 196, 310 Shoshone 115 Sicherheit, »innere« 394, 397 Sieg (Zeitschrift) 348, 349 Siemens AG 83, 128, 129, 131, 132, 134, 158, 162, 170, 177, 178, 192–195, 198, 205, 333, 426, 450 siehe auch Atomkapital siehe auch Kraftwerk Union
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AG (KWU) Siemens-Boykott-Kampagne 162 Signalfehlbildungen 36 SIPRI (Friedensforschungsinstitut) 456 Sitzblockaden 392 Skip, Waschmittel 457 Sklaverei, Versklavung 97, 175, 279, 386, 411 Skoda AG 193 siehe auch Atomkaital Slowenien 287, 401 Slums 32, 76, 147, 239 , 253, 308, 424 Social Ecology 308 Soil Association 283 Solidarität, solidarisch 13, 14, 15, 19, 80, 93, 98, 256, 300, 307, 359, 365, 369, 384, 410, 411, 462, 467, 468 Somalia 404, 428 Sonnenenergie 137, 139, 140, 150, 199, 201, 202, 204–208, 214, 218, 224, A395, A403 Sonnenergie und Klima 206 Sonnenwendfeuer 285, 349 Sowjetisch-österreichische Energiekommission 195 Sowjetunion siehe GUS Sozialabbau 242 Sozialdarwinismus 240, 246, 306, 323 soziale Bewegungen 389 soziale Frage 13, 250, 401, 404, 419, 463 soziale Gerechtigkeit 312 -
soziale Gewaltverhältnisse 40, 86, 247, 314, 315, 323 soziale Rechte 60, 149, 405 soziale Revolution 429, 468 soziales Netz 234 Sozialismus, SozialistInnen 47, 110, 111, 255, 296, 383, 385, 390, 400, 467 Sozialistenverfolgung 354, 385 Sozialistische Arbeiterjugend 285 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 229 Sozialtechniken A567 siehe auch Mediationsverfahren Soziobiologie 263 Spanien 394, 403 SPD 15, 49, 54, 65, 66, 84, 86, 95, 131, 133, 148, 151, 159, 160, 161, 163, 165, 167, 168, 170, 174–186, 188, 198, 204, 209, 210, 246, 255, 263, 281, 324, 372, 375–378, 391, 395–398, 400, 402, 408, 412^15, 420– 424, 431- 436, 439, 447, 450, 451, 457, 458, 463, 466, 467 - Bayern 66 - Hamburg 95, 133 - Nordrhein-Westfalen 66, 170 - Pro-Atom-Partei 153, 154, 155, 159, 160 - Saarland 170 - Schleswig-Holstein 151 SPD/F. D. P (Rheinland-Pfalz) 152 SPD/F. D. P. /Bündnis 90 (Brandenburg) 255
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SPD/Grüne (Frankfurt/Main) 431–435 SPD/Grüne (Hessen) 49, 181–185, 391 SPD/Grüne (Niedersachsen) 49, 175–181, 185, 246, 450, 451 Sperma 28, 44, 56 Spionageabwehr, BGS 391 Spiritualität siehe Esoterik Sportjugendverbände 285 Sportunfälle 40 Springer 431 SS 13, 281, 291, 300, 305, 326, 341, 345, 351, 352 , 359, 365, A 838 – »hohe Sterbekultur« 299 Staat 19, 20, 25, 28, 29, 34, 38, 39, 42, 52, 59, 98, 108, 111, 208, 237, 263, 265, 267, 303, 393, 397, 404, 406, 435, 438, 448, 462, 466 Stadtindianer 289 Stadtsteinach, Salem 352 Stadtteilinitative 11 Stalimsmus 111, 400 »Stamm«, »Stämme« 13, 302, 304, 322, 324, 329 »Stammesbewußtsein« 264, 297, 368 Startbahn-West, Frankfurter Flughafen 434 Sterilisation 56, 430, 453 – im NS-Faschismus 358, 364 siehe auch Zwangssterilisierung Stern (Zeitschrift) 236, 326 Stiftung Europäisches Naturerbe 454 Stillegung aller Atomanlagen siehe Atomausstieg
Stoffwechsel 51 Strafprozeßordnung 395 Strafrecht, Strafgesetzbuch 395, 395 Strafrechtslehrer, StrafverteidigerInnen 395 Strahlendosis, Flugbetrieb 122 546 Strahlenkontrollbe reich, Flugbetrieb 122 Straßenbahn 433 strategische Rohstoffe 416 Streik 254, 307, 308, 389, 390, 392, 394, 398, 440 siehe auch Kämpfe, gesellschaftliche siehe auch Widerstand Streit-light-Schule 451 Stromdiktatur 157, A 287 Stromverträge 191 Subventionen, Kohle 171 Sudan 404 Südafrika 60, 88, HO, 158, 253, 256 Südkorea 399 Südwestfunk 314 Sündenbock 321 Suezkrise 111 Sufismus 294 Systemtheorie 309 T Tabus 54 Tageszeitung 259 TaiChi 293, 313 Taiwan 399 Tanger 403 Tantra 313
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Tao(ismus) 275, 294, 308, 309 Tarifverhandlungen, Energiekonsensgespräche 161 Tarot 293 Technik, Technologie 12, 20, 21, 52, 53, 54, 55, 84, 108, HO, 111, 142, 145, 160, 202, 221, 222, 223, 237, 277, 278, 342, 401, 424, 429, 440, 443, 466 – Gen- und Reproduktionstechnologie 23–100 - Gen- und Atomtechnologie 103–225 siehe auch Wissenschaft »Technikfeindlichkeit« 147 »Technikfolgenforschung« 84 Technikgläubigkeit 12, 222, 223 Technische Universität München (TU) 128–133 Technische Universität Dresden 415 Technischer Überwachungsverein (TÜV) Hannover/Sachsen-Anhalt 129 Technische Werke Stuttgart (TWS) 136 Telefonüberwachung 395, 396 Tempolimit 140, 255 Tennessee, Menschenversuche mit radioaktiver Strahlung 108, 122 Terrawatt(stunden) 189, A 413 Thailand 452 Theologen 320, 342, 365 Tier 54, 71, 426, 435 Tierethickommission, Dänische 56 Tierliebe 370, 371
Theosophie 278, 282, 283, 337 Theosophische Gesellschaft 336, 337, 341 The Pledge, Aufruf von US-Genwissenschaftlern 93 Therapie, Hirntod 51 Thule-Gesellschaft 278, 286, 287 Thule-Seminar 305 Tibet A561 Tiefenökologie 277, 294, 308 Tiefenpsychologie 318 Tiere 13, 33, 54, 56, 62, 69, 70–72, 74–76, 215, 246, 266, , 325, 370, 372 TIGR, Gen-Firma von Venter 67 Tod, Sterben 50, 51, 52, 55, 161, 163, 222, 234, 235, 236, 353, 359, 408 Todesschwadrone 236, 405 Todesstrafe 89, 90, 247, 377, 397 TOES A657 Totalverweigerer, Spanien 394 Totschlag 396, 397 Traditional Elders Circle 272 Transformation 324 Transplantationen siehe Organe Transzendentale Meditation (TM) siehe Esoterik Treblinka, Gaskammern 359 siehe auch KZ Treibgase 140 Treibhauseffekt 73, 136, 149, 196, 214 Treuhand 166 TREVI (Terrorismus, Radikalismus, 547 Extremisums und Violence International)
699
siehe Europa Trikont 48, 53, 75, 76, 96, 137, 140, 172, 211, 224, 235–237, 245, 246, 251, 265, 267, 286, 309, 327, 324, 377, 378, 387, 417, 418, 421, 427-429, 430, 435, 452, 459, 460,468 - Schulden, Verschuldung 235, 404, 459 Trisomie siehe Down-Syndrom Tritium siehe Atomfusion Tropica Verde e. V 75 Tschechoslowakei, ehem. 99, 131, 134, 192, 193, 194, 410 Tschernobyl siehe Atomkraftwerk(e) Tschibo 284 Tuareg 115 Türkei, Militärhilfe 404, 405 TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt, Atomfilz 129 U U-Bahn 434 Überwachung 208, 265, 390, 392, 395, 396, 435, 436 siehe Polizei Ukraine 119 Ultraschall 34, 35,43 Umbrüche (Zeitschrift) 305 Umwelt siehe Natur Umweltbewegung siehe Ökologiebewegung Umweltjugendbewegung 13 siehe ]ugendverbände
Umweltplanung 450 Umweltschutz 198, 207, 234, 235, 243, 244, 246, 247, 252, 347, 405, 417, 429, 458, 460 Umweltsicherheitsrat der Vereinten Nationen 426 Umweltstiftung GEF 417 Umweltverbände 13,159, 168, 349, 419 »Unabhängige« Energiekommission des Bundestages 175 Unabhängigkeit von Wissenschaft und Forschung 59 »UN-Charta« 410, 412 »Unbeugsame«, Spanien 394 Unfreiheit 384 UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) 424 UNFPA (Bevölkerungsfond der Vereinten Nationen) 428 Ungarn 194, 410 Unilever 59 UNICEF 404 Universelles Leben 292 Universitäten 17 Universität Bonn 54 Universität Bremen 78 Universität Duisburg 399 Universität Essen 54 Universität Freiburg, Genmanipulationen 69 Universität Heidelberg 358 Universität Lüneburg 451 Universität Mainz 78 Universität New South Wales (Australien) 205 Universität Ulster 358 Universtitätsklinik Mainz, rassi-
700
stische Körpermessungen 35, 36 UNO 61, 172, 173, 282, 283, 313, 399, 410, 411, 414, 417, 420, 424, 426, 459 siehe Esoterik UNO-Umweltkonferenz (Rio) 418, 457, 458 UN-Umweltkonvention 421 UN-Sicherheitsrat 413 Unterkühlungsversuche 341 »unwertes« Leben siehe Gen- und Reproduktionstechnologie Upjohn 70 Ureinwohnerinnen 60, 383, 452 siehe auch IndianerInnen Urin für Genomanalysen 81 USA 15, 27, 28, 32, 33, 38, 39, 53, 56, 59, 60, 64–67, 70–72, 74, 75, 80, 82, 93, 94, 98, 105–118, 121, 123, 124, 131–133, 141, 144, 149, 163, 171, 172, 173, 179, 182, 194, 202, 212, 214, 217, 219, 223, 224, 274, 284, 289, 290, 330, 358, 376, 378, 384, 386, 399, 403, 408, 409, 411, 416, 419, 421, 425, 429, 430, 435, 440, 443, 444, 457, A103, A591 - Südstaaten 428 US-Akademie der Wissenschaften 126 US-Army 59 US-Atombombenfabrik yon Oak Ridge(USA) 124 US-Atomenergiekommission (Atomic Energy Commissi-
on, AEC) 105, 108 US-Atomtestprogramm »Pflugschar« 112 US-Atomwaffenschmiede Hanford 179 US-Energieministrium (DOE) 133, 149, 171 US-GenwissenschaftlerInnen 88, 93 US-Gesundheitsbehörde (NIH) 67, 74, 75 USK (Unterstützungssonderkommandos) siehe Polizei US-Patentamt 74 US-Regierung 60, 75 US-Umweltbehörde EPA 73 Utopie (soziale) 104, 239, 410, 411, 418, 439, 465–168 V Vanderbilt-Universität 108 »Vaterland« 91, 365 Vaterschaft(stest) 317 VEAG Vereinigte Energiewerke AG (Berlin) 157, 191 VEBA 167, 175, 180, 196 Vegetation, Armut 404 Verbrechen 39, 397 siehe auch organisierte Kriminalität siehe auch Kriminalität Verbrechensbekämpfungsgesetz 394 Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW) 136, 157 Vereinigte Grüne Österreich
701
(VGO) 280 Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) 160, 195 Vereinigung Verfassungstreuer Kräfte (VVK) 363 Verfassungsschutz 391, 436 siehe auch Geheimdienste Vergewaltigung 306, 351, 352 Verhaltensforschung 262, 263, 264, 286 Verhaltensgenetik 12 Verhütungsmittel 355 Verkehr, -skonzept 154, 372 Vernichtungsanstalten 47 Vernichtungsanstalt Grafeneck 347 Verschleiß- und Verschwendungswirtschaft 385, 428 siehe auch Kapitalismus Verschuldung 235, 404, 459 siehe auch Trikont Verstorbene, Hirntod 51 siehe auch Organe Verteidigungsgemeinschaft 322 Verwaltungsgericht Lüneburg (wg Gorleben) 176 Oberverwaltungsgericht Lüneburg 180 Verwertungsbedingungen/Interessen des Kapitals 20, 21 siehe auch Bioethik Viehzucht, Viehzuchtprojekte 404 Vietkong 431 Vietnam 59, 98, 291, 371, 416 Vlotho 15, 349 Volker, »minderwertige« 234, 280
Völkermord 147, 225, 246, 268, 276, 277, 296, 329, 330 Völkerrechtsvertrag 57 völkisch 243, 261, 274, 281, 297, 298, 303, 324, 333, 349, 367, 369, 370, 371, 373, 374, 379 Volk 240, 241, 256, 279, 280, 281, 302, 303, 305, 306, 322, 346, 358, 360, 364, 365 »Volkscharakter« 340 »Volksgemeinschaft«, »Volksgeist«, deutsche(r) 39, 298 Volksgemeinschaft, Völker …, Volk, völkisch siehe auch Nation siehe auch »Nationalbewußtsein« siehe auch »Nationalcharakter« siehe »nationale Frage« siehe »nationale Identität Volksmedizin 365 »Volksseele« 340 Volkswagen (VW) 193, 423, 426, 459 Vollwertrohkost 353, 354, 355 Volvo 283 Voodoo-Kult 269 Vorbeugehaft 392, 393 vorgeburtlich… siehe Gen- und Reproduktionstechnologie, -pränatal W Wachstum (quantitative Logik), wirtschaftliches 84, 111, 134, 135, 203, 405, 432, 460, 466 Wachstumsfestung Europa 385,
702
387, 414 Wählergemeinschaft Grüne Liste Rheinland-Pfalz (WGL) 362, 363 - Landeskoordinationsausschuß derWGL 362 Wälsungen-Orden 280 Wärmemarkt siehe rationelle (effizientere) Energienutzung und – einsparung Waffen-SS 358, 376 Wald 71, 75, 140, 141, 144, 216, 425, 425–427, 435, 452, 55, 457, 460 - Wald- und Vegetationssterben216 siehe auch Regenwald Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik 337 Waldorfschulen 14, 283, 327–329, 334–336, 338, 339, 341–344 - Demokratie 344 - okkulte Zwänge 14, 342 - Rassismus 14, 334–337, 340, 344 - Waldorfschule Stuttgart 339 siehe auch Anthroposophie Wandervogel 285 siehe Bündische Jugend Warschauer Ghetto 359 siehe auch Konzentrationslager Washington University 93 Wasser 40, 111, 215, 216, 221, 386, 420, 421, 433, 435, 453, 458
Wasserenergie 137, 140, 150, 201, 202, 206, 207, 218, 307 WassermannZentrum 268 Wasserstoffbombe (=Atomfusionsbombe) siehe Atombombe(n) WDR 326 Wehrmacht 341, 358 Wehrpflicht 89 Weimarer Republik 285 »Weiße« 36, 246, 256, 265, 267, 424 »weiße Folter« 438, 439 Weißrussland 119 WeledaAG 328, 341, 365 Wella 284 Weltbank 46, 307, 404, 417, 418, 421, 427, 458 siehe auch Trikont siehe auch Schulden, Verschuldung »Weltbürger« (Planetary Citizens) Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL) 234, 247, 261, 280, 282, 345–350, 356, 357, 361, 362, 364 - Faschismus 348, 350, 356, 357, 358 - WSL-»Arbeitskreis Humangenetik« 364 - WSL Saar, Günther Heipp 356 , 357, 364 - WSL Schleswig-Holstein A539 siehe auch Max Otto Bruker, Weltenergiekonferenz Montreal1987 140
703
Welthandelsabkommen GATT 69 WeltInnenminister 411 WeltInnenpolitik 409, 410, 411, 420, 425 »Weltjudentum« 89 siehe auch Antisemitismus … siehe auch Juden … Weltkongreß für Arbeitsschutz 83 Weltmarkt 399 - Anteile der Kapitalzentren 399 siehe auch Kapitalismus siehe auch Wirtschaftskonkurrenz Weltregierung, diktatorische 416, 459 Weltrepressionsapparat, -polizei 411, 412, 421, 459 Weltsicherheitsrat 411 Weltwirtschaftsgipfel 1992, München 244, 245, 409, 437 Werte, Wertesystem 15, 41, 146, 266, 307, 311, 369, 373, 446, 462 Wertewandel 50, 307 wertfreie, wertneutrale Wissenschaft 21, 59, 442 Westinghouse 193 siehe auch Atomkapital WEU (Westeuropäische Union) 410 - WEU-Eingreiftruppe 410 - WEU-Erklärung 414 - WEU-Ministerrat 410 siehe auch EuropaWHO 430 WHO-Kongreß Effect on Ra-
diation on Human Heredity (Kopenhagen) 103, 104 Widerstand 14, 20, 85, 93, 133, 149, 169, 170476, 177, 222, 245, 277, 292, 360, 386, 390, 392, 393, 398, 406, 407, 419, 426, 430, 435, 439, 440, 443, 459, 461, 462, 464, 465, 466, A 838 siehe auch Anti-AKW … siehe auch Antifaschismus siehe auch Aufstand siehe auch Bewegungen siehe auch Bürgerinitiativen siehe auch Kämpfe, gesellschaftliche siehe auch Klassenkampf siehe auch Konflikte siehe auch Links (sein), Linke siehe auch Ökologiebewegung siehe auch Opposition, Organisation, linke siehe auch Repression … siehe auch Revolution siehe auch Streik Widerstandsbewegungen 290 - Bretagne 290 - Baskenland (Euzkadi) 60, 290 - Irland 147, 290 - Korsika 290 - Okzitanien 290 - Sardinien 290 - Schottland 290 - Wales 290 - Westsahara, Sahrauis 403 siehe Trikont Wiederaufbereitungsanlage siehe
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Atomanlagen Wiederbewaffnung 17 Wiesbaden, frauenfeindliche Ärzte 40, 41 Wiking-Jugend 360 Windenergie 137, 139, 140, 199, 201–204, 205, 206, 208, 218, A405 - Institut für Windenergitechnik (FWE) 203 - Potential 203 - Windkonverter Growian 202 - Windkraft- bzw. Windenergieanlagen 150, 203 - Windkraft und Klima 202 siehe auch regenerative Energien Wir selbst (Zeitschrift) 247, 261, 289, 332, A 709 Wirtschaft 19 Wirtschaftskonkurrenz 53, 58 siehe auch Weltmarkt »Wirtschaftsstandort Deutschland« 58 Wissenschaft, WissenschaftlerInnen 19, 20, 21, 25–27, 29, 38, 42, 43, 46–48, 55, 59, 60, 67, 88, 92, 93, 98, 103, 107, 112, 126, 127, 130, 138, 143, 144, 145, 148, 190, 202, 207, 209, 221, 222, 266, 309, 439, 440, 442, 443, 463, 467 siehe auch Technik, Technologie - Gen- und Reproduktionstechnologie 23–100 - Gen- und, Atomtechnologie
103–225 »Wissenschafts- und Industriestandort Deutschland« 85 Wissenschaft und Technologie, Kritik 12, 21, 59, 97, 98, 142, 148, 266, 463 Wissenschaftsministerium (NRW) 54 Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin (WZB) 441 Wörrstadt (Rheinland-Pfalz), gentechnische Freilandversuche 69 Wohnen, Wohnungen, Wohnraumspekulation 40, 354, 387, 395, 399, 405, 432, 433, 436 World-Watch-Magazin (Zeitschrift) 452, 453, 454 World Watch Institute 201 World Wildlife Fund (WWF) 454 Worpsweder Kreis 282 Wotan 287, 497 WSL siehe Weltbund zum Schutz des Lebern Wüste, Wüstenbildung 140, 386, 404 Wüste Negev 111 »Wurzelrasse«, »Wurzelrassenlehre«, »Wurzelrassenxrassismus 225, 233, 278, 279, 283, 286, 288, 329, 330, 331 Yanomani (Amazonas) 60 siehe auch IndianerInnen Yin-und-Yang 309, 311
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Yoga 313 Yuppie, Yuppizicrung (des Denkens) 48, 98, 424, 434 Z Zaire 425 ZEGG 300, 306 Zeitsprung (TV-Sendung) 314, 324 Zen-Meditation 274, 313 siehe Esoterik
Zentralaustralien, radioaktiv verseucht 114 Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) 85 Zentrale Sammellager für Flüchtlin-ge 376 Zuchtauswahl siehe Gen- und Reproduktionstechnologie Zucker 354
Personenregister Erläuterung: Zahlen mit einem »A« davor sind Zahlen von Anmerkungen (siehe S. 469–508), und keine Seitenzahlen. Alle Seitenzahlen beziehen sich auf die Originalausgabe und nicht dieses E-Book! A Adam, Konrad 163 Agnelli, Giovanni (FIAT) 143 Albrecht jörg 309 Alt, Franz 16, 17, 232, 293, 306, 313–327, A 465, A 679 Althans, Ewald (Bela) 306, 359 Anderson, French 67 B Bäumer, Hartmut (Grüne) 64 Bäumler, Prof. (NSDAP) 339 Bahr, Egon (SPD) 346, 413 Bahro, Rudolf 13, 17, 245, 269, 290, 293–306, 313, 324, 368, A 591 Bailey, Alice Ann 330 Balsen, Werner 403 Bartsch, Günter 367 Basri (Polizeiminister, Marokko) 403 Bastian, Till A171 Bause, Margarete (Grüne) 170 Beck, Johannes (WSL) 348, 361 Beckmann, Lukas (Grüne) 312 Beethoven, Ludwig van 293 Bender, Hartmut (TÜV) 129 Benecke, Jochen 214, 220 Bennett, Leonard (IAEO) 172 Benoist, Alain de 305, 347, 357, 358
Berger, Günther 453 Berger, Hans (IGBE) 159 Berke, Claus 155, 157 Bertell, Rosalie 124 Beuys, Josef 333 Bhagwan Shree Rajneesh 294, A 591, A 592 Biedenkopf, Kurt (CDU) 208, 214, 293 Bierl, Peter (Ökologische Linke) 250, A 636, A 637 Birnbacher, Dieter 55 Bischof, Norbert 286, A 579 Bissinger, Manfred 251 Blaul, Iris (Grüne) 49 Blavatzky, Helena Petrowna 278, 279, 329, 336, 428 Blechschmidt, Erich (NS-Arzt) 315, 316 Blix, Hans (IAEO) 171–173 Bloch, Ernst 327, 373, 407, A 753, A 861, A 929 Blüm, Norbert (CDU) 82 Bode, Thilo (Greenpeace) 455 Bolschow, Leonfd 116 Bookchin, Murray 309 Bostel, J. A403 Braband, Jutta (PDS/LL) 177 Brandt, Willy (SPD) 152, 281, 402 Bresch, Carsten (Club of Rome) 146
707
Brinster, Ralph 28 Brock, Bazon 239, A491 Bröckers, Matthias 296 Bruker, Max Otto 17, 326, 342, 348, 350–366 Brumlik, Micha 319, 320 Bublies, Siegfried (Nationalrevolutionär) 361, 362 Buchwald, Konrad 332 Buddha 279, A 561 Buddrus, Volker (Grüne) 295 Bürkle, Wulf (Siemens) 194 Bulle, Peter (Grüne) 179 Bulletti, Carlo 31 Bush, George 149 C Caddy, Peter 282, 295 Capra, Fritjof 146, 273, 284, 289, 307–313, 379 Carter, Jimmy 133 Castaneda, Carlos 289, 290 Catenhusen, Wolf-Michael (SPD) 65, 66, 209, 210 Chardin, Pierre Teilhard de 309 553 Cheney, Richard (US-Verteidigungsminister) 116, 425 Christophersen, Thies 348, 359 Clauß, Ludwig Ferdinand (NS»Rassenpsychologe«) 305 Clement, Hermann 189 Cölle, Eberhard 356 Cohn-Bendit, Daniel (Grüne) 161, 174, 255, 259, 408, 415, 434, A326 Cohrs, Ernst Otto (WSL) 348 Corea, Gena 43, A37
Courths-Mahler, Hedwig 390 Crick, Francis H. C. 30 D DalaiLama 313, A 561 Daniels, Wolfgang (Grüne) 294, A591 Degenbach, Alfred (REP) 260 Delors, Jacques (EU-Kommission) 54 Deppert, Wolfgang (Unitarier) 306 Descartes, Rene 310 Diebner, Kurt 211 DiFrancesco, Dominic 409 Ditfurth, Jutta 299, 371. A 8, A104, A114, A 491, A 667 Divis, Thomas 342, 343 Döpke, Karin (Ökologische Linke) 250, 251 Domnick, Renate (GfbV) 272 Donner, Hartwig 451 Dschingis Khan 115 Dubos, René 235 Dürkop, Marlis 306 Duhm, Dieter (ZEGG) 300, 306 Duve, Freimut (SPD) 378, 420 E Eberbach, Wolfram 39 Ebermann, Thomas A476 Ehmke, Wolfgang (BI LüchowDannenberg) 176, A331 Ehmke, Wolfgang (Grüne) 269 Eibl-Eibesfeldt, Irenäus 263 Eichberg, Henning (Nationalrevolutionär) 367, 368 Eichel, Hans (SPD) 402 Eiter, Peter 83
708
Emmrich, Michael 50, A 46, A 51 Engels, Friedrich 111, 307, 344, A638 Engholm, Björn (SPD) 152, 175, 413, 415, 437 Eppler, Erhard (SPD) 346 Epstein, Brian 291 Erhard, Werner 274 Ernst, Siegfried (EÄA) 88, 89, 241, A140 Eser, Uta A12 Everding, Karl 268, 273 Evola, Julius 279, 280, 313 F Fabian, Hans-Ulrich (PreussenElektra) 197 Fanizadeh, Andreas A 915 Farnung, Roland (HEW) 153 Farrow, Mia 291 Feiveson, Harold 182 Fendrich (SPD) 174 Ferguson, Marilyn 283, 313 Feyerabend, Erika (Genarchiv Essen) 55, A60 Fietkau, Hans-Joachim 441–447 Fischer, Josef (Joschka) (Grüne) 161, 162, 168, 174, 181–185, 269, 324, 409, 434, 435, 455 Frank, Hans (Thule-Gesellschaft) 286 Freitag, Erhard F. 276 Fremuth, Walter (Elektrizitätswirtschaft AG) 195 Frey, Gerhard (DVU) 371 Fritsche, Uwe A254 Frack, Georg (Grüne) 371 Fuchs, Ursel 55
Fücks, Ralf (Grüne) 241 Fülgraff, Georges 448 Furgler, Kurt (Club of Rom) 143 G Gale, Robert 118 Gans, Brigitte 450 Gansel, Norbert (SPD) 412, 413 Gauweiler, Peter (CSU) 131, 183, 229, 251 Genscher, Hans-Dietrich (F. D. P.) 414, 420 Gerken, Gerd 283, 284 Geronimo 289 Gesell, Silvio 306, 323, A 637 Gess, Heinz 319–321, A 679 Ghandi, Mahatma A 561 Giesen, Thomas 393 Gieske, Friedhelm (RWE) 164, 168, 169, Glas, Bentley 39 Glines, Myrtle 197 Glotz, Peter (SPD) 131 Gmelin, Walter (WSL) 347, 348, 357, 364 Goecke, Hermann (NS-Arzt) 104 Gössner, Rolf A996 Goeudevert, Daniel (Club of Rom) 143, 423, 459 Gorbatschow, Michail 212, 293, 318 Gott, christlicher 320, 321 Grawe, Joachim (VDEW) 195 Green, Martin 205 Grewel, Hans 49 Griefahn, Monika 176–180, 246, 247, 313, 450
709
Grieger, Günter 212 Griffin, David (WHO) 430 Grimm, Sabine A154 Gruhl, Herbert 16, 134, 230–240, 244–247, 261, 268, 322, 323, 331, 428, 450, A 475 Grzimek, Bernhard 247 Guevara, Che 111 Gugenberger, Eduard 291, 298, 299, 300, A 508, A 561 Gutjahr, Ilse 350 H Haack, Friedrich-Wilhelm 274 Haeckel, Ernst 233, 240 Häfele, Wolfgang 197 Hafner, Gerald (Grüne) 329 Hahn, Lothar 182 Haider, Jörg (ÖVP) 257 Halle, Armin 438 Hammerbacher, Hans Wilhelm 287 Hammerbacher, Ruth (Grüne) 451 Hannover, Heinrich A 996 Hansen, Hans Robert 415 Hassan II. 403 Hatch, Henry 419 Hauff, Volker (SPD) 431 Hauptmann, Gerhart 285 Havel, Vaclav 193 Haverbeck, Werner Georg (WSL) 282, 345–350 Haverbeck-Wetzel, Ursula (WSL) 348 Heinemann, Gustav 346 Heipp, Günther (WSL Saar) 356, 357, 364
Hendricks, Rolf 105 Hershey, John 114 Hertle, Fritz (Grüne) 260 Heß, Rudolf 341, 345, 365 Hesse, Hermann 289 Hien, Wolfgang 78 Hilf, Willibald (CDU) 314 Hilger, Wolfgang (Hoechst AG) 93 Himmler, Heinrich 281, 341, 365 Hingst, Wolfgang A251 Hirsch, Günter 39 Hitler, Adolf 104, 248, 279, 281, 286–289, 291, 293, 295–298, 321, 345, 346, 347, 348, 349, 365, 407, A 287, A 561, A 591, A 838 Höfer, Thomas 334–336 Holbe, Rainer 324 Holzer, Jochen (Bayernwerk AG) 191, 196 Honnefelder, Paul 55 Horn, Heinz (Ruhrkohle AG) 159 Hoss, Willi (Grüne) 455 Hütter, Ulrich 203, A 405 Hüttl, Adolf (Siemens AG) 191, 195 Hunke, Sigrid (Unitarier) 305 Hussein, Saddam 190 I Irigaray, Luce A154 Irving, David 359 J Jacob, Peter 119 Jan 305
710
Jans, Robert 202 Jansen, Günther (SPD) 183 Jensen, Jörgen Pauli 438 Christus (historische mythische Kultfigur) 279, 282,294,317319, 120, 337, A561 Jiddu Krishnamurti 337 Johannes Paul II 349 Jünger, Ernst 238, A 487 Jürgens, Conny (Grüne) 258 Junesjö, Kurt (schwedischer Gewerkschaftsbund) 81 Jung, Carl Gustav 286, 287, 306, 318–321 Jungk, Robert A 15, A 596 K Kamin, Leon J. Kappel, Klemmens 57 Kappler, Herbert, (SS , Gestapo) 326, 351, 352 Kaufmann, Prof. 215 Kayser, Martina A 753 Kelly, Petra (Grüne) 312 Kennedy, Margrit 306, 322, 323 Kessler, David 71 Kießling, Günter 332 King, Alexander (Club of Rome) 143, 147 Kinkel, Klaus (F.D.P.) 411, 414 Kiper, Manuel 82 Kirchner, Helmut 327, 328 Klein, Elisabeth 338, 339 Klönne, Arno 332 Knapp, Udo (SPD) 378, 408, 423, 424, 459 Kobusch, Wilma 55 Koch, Angelika 298, 299
Köchling, Frank 313 Koenigs, Tom (Grüne) 431–134 Körblein, Alfred 120 Kohl, Helmut (CDU) 390, 410, 416 Kohler, Stefan A 254, A 395 Kollert, Reinhard A 251 Kosiek, Rolf (NPD) 249, 347, 357, 358, 364, A 547 Krause, Günther (CDU) 372 Krebs, Mario A1006 Kremer, Michael 349 Kretschmann, Winfried (Grüne) 242 Krischna 279, A 561 Krosigk, Siegfried von 223 Kühn, Henning (Ökologische Linke) 251 Kühnen, Michael 349, 359 Küntzel, Matthias A 251, A 425 Kuhn, Thomas 309 Kuni, Horst 121, 122, 127 Kuwabara, Yoshinori 31 L Lafontaine, Oskar (SPD) 152, 293 Lambsdorff, Otto Graf (F. D. P) 190 Landauer, Gustav 285 Langhans, Rainer 269, 277, 293–300 Lederberg, Joshua 27, 306, A 6 Lehmann, Anke (Ökologische Linke) A 636 Leinen, Jo (SPD) 324, 458 Lenin, W I. 289 Lennon, John 291
711
Lenoir, Noelle 53 Lentz, Andreas 282 Lenzer, Christian (CDU) 209, 214 Lepper, Gisbert A 915 Leuchtner, Jürgen A 395 Leutheusser-Schnarrenberger, Sabine (F.D.P.) 393 Lichtenfels, Sabine (ZEGG) 300, 306 Lippelt, Helmut (Grüne) 408, 410 Lippert, Franz (Weleda, SS) 341, 365 Lötsch, Bernd 251 Lohbeck, Wolfgang (Greenpeace) 455 Lorenz, Joachim (Grüne) 134 Lorenz, Konrad 248, 251, 263, 264, 286, 430, A 579 Loughlin, Harry 358 Lovins, Amory B. 149 Luxemburg, Rosa 111, 174, 344, A 327 Lynn, Richard 358 M Maharishi Maheshi Yogi 291, 292, Maikowski, René 338 Major, John 117 Mandel, Ernest 135 Marcos 292 Maria 249,312 Maria Magdalena 294 Marx, Karl 19, 95, 111, 135, 307, 308, 344, 379, A153, A 638
Matthöfer, Hans (SPD) 204 May, Karl 289 McNamara, Robert 408 Mechtersheimer, Alfred 333 Meinhof, Ulrike 438, 439, A 996 Mengele, Josef (KZ-Arzt) 47 Menzel, Ulrich 399 Meves, Christa 248, 249, 250, A547 Meyer, Heinz 88 Meyer, Heinz-Werner (DGB) 398, 399 Meyer-Abich, Klaus (SPD) 148 Meyrink, Gustav) 279 Michailow, Viktor 116, 190 Michaion, Vital 171 Mies, Maria 293 Mitscherlich, Alexander 159, 341 Mitterrand, Francois 116 Moebius, Ulrich 453 Möllemann, Hans-Jürgen (F.D.E) 151, 152, 158, 159, Molt, E. 337 Mommsen, Helmut (WSL) 347 Moravec, Hans 44 Morell, Theodor (Thule-Gesellschaft) 286 Morgan, K. Z. (ICRP) 127 Moßmann, Walter 148 Mozart, Wolfgang Amadeus 293 Mühl, Erwin (RWE) 191 Mühsam, Erich 285 Müller, Erhard (Grüne) 241 Müller, Gottfried 325, 326, 351–353 Müller, Michael (SPD) 420-422 Müschen, Klaus A395 Mulack, Christa 320
712
Muller, Hermann Jospeh 30, 31, 47, 105, 146, A 11 Muller, Robert (UNO) 313 Mussolini, Benito 279 N Naddair, Kaiedon 273 Nathanson, Bernhard 316 Naumann, Klaus 413, 416 Nenning, Günther 257 Niedenführ, Roger Nitsch, Jürgen 205 Nooke, Günter (Grüne) 256 O Odin A539 Odio, Rodrigo Carazo (UNO) 313 Olszewski, Manfred A 788 Orwell, George 156, 390 Osborn, Frederick 358 Overath, Margot A996 P Paul, Reimar A 251, A 346 Philipp, Udo 438 Pierer, von (KWU) 192 Piltz, Klaus (Veba) 164, 168, 169, 175, 196 Pincus, Dr. 30 Pinkau, Klaus 210, 214, 217 Ploetz, Alfred 103, 104 Polacek, Karl (FAP) 368 Popper, Karl Raimund 418 Powers, Rhe 271 Q Queißer-Luft, Annette 36 Quistorp, Eva (Grüne) 269
R Rappe, Hermann (IG Chemie) 84–86,155 Rascher, Siegfried (SS) 341 Rathenow, Lutz 332 Rau, Johannes (SPD) 152 Rauls, Wolfgang (F.D.P.) 324 Reagan, Ronald 212 Reder, Walter (SS) 326,351, 352 Reich, Jens 28 Remmers, Werner (CDU) 179 Rexrodt, Günther 160 Riedel, Ulrike (Grüne) 85 Rieger, Jürgen 347, 355–361, 364, 208, 209, 214, 217, 223 Ritter, Hans-Joachim (ÖDP) 16, 230–232, 244, 246 Röhm, Ernst (SA) 260 Rössel, Karl 403 Romberg, Erika A395 Rosenberg, Alfred 286 Rosenberg, Steven 67 Rosenbladt, Sabine A138 Roth, Claudia (Grüne) 408, 409 Roth, Karl-Heinz A915 Rothschild, Thomas 257 Rudolph, Charlotte 342, 343, 344, A753 Rühe, Volker (CDU) 413 Ruhnau (Lufthansa) 454 Ruske, Barbara A 251, A 395 S Sandoe, Peter 56 Sass, Hans Martin 52, 55 Schäfer, Harald B. (SPD) 151, 152, 447 Scheer, Jens 120, 127, A 251
713
Schenk, Christina 254 Scherer, Karl 269, A 551 Scherf, Henning (SPD) 395–397 Schily, Otto (SPD) 131, 293, 312, 423 Schleipfer, Adolf 280 Schleipfer-Friese, Sigrun 280, 287 Schlosser, Hans-Jürgen 142 Schlubbach-Graf, Nicola 271 Schlumberger, Horst Dieter (BayerAG) 67 Schmähling, Elmar (Grüne) 410 Schmidt, Birgit (Grüne) 260 Schmidt, Helmut (SPD) 91, A144 Schmidt, Martin (GAL) 258, 259 Schmidt, Renate (SPD) 412 Schmitter, Karl-Heinz 217 Schmitz, Helmut (NPD) 362 Schmitz-Feuerhake, Inge 123, 127 Schmude, Jürgen 409 Schneider, Bertrand (Club of Rom) 143 Schneider, Roland (DGB) 84 Schnurre, Rainer 344 Schoeler, Andreas von (SPD) 431 Schönborn, Erwin (KDS) 363 Schönhuber, Franz (REP) 306, 372 Schoppe, Waltraut (Grüne) 260 Schreinemakers, Margarete 89 Schriber, Marc (Du Pont) 74 Schröder, Gerhard (SPD) 131, 160, 175, 180 Schröder, Thomas (REP) 392 Schuckmann, Fritz (Hoechst AG) 78
Schuster, Hans-Josef 94 Schwab, Günter (WSL) 364 Schwanewilms, Peter (Grüne) 258 Schwank, Gottfried (Grüne) 260 Schweidlenka, Roman 291, 298, 299, 300, A 508, A 561, A 606 Seaborg, Glenn 209, 214, 223 Seehofer, Franz 51 Seibert, Winfried 362 Seiters, Rudolf (CDU) 359 Shiva 310 Sieker, Ekkehard A251 Sielaff, Wolfgang 437 Simonis, Udo Ernst 424, 441 Singer, Peter 56, 374, A 861 Spranger, Jürgen 36 Spangler, David 278, 282 Spengler, Oswald 233, 234 Spoo, Eckart A 307, A 342, A1018 Springmann, Baldur 230, 261, 297, A539 Sri Aurobindo 300 Stäbler, Karl (Energieversorgung Schwaben AG) 156 Stalin, Josef 47, 427 Steinberg, Wallace (Healthcare Investment Corp. ) 67 Steiner, Rudolf 14, 279, 327–345, 428, A 539 Stephan, Cora 408 Sternburg, Wilhelm von 314 Sternglass, Ernest J. 127 Stewart, Alice 127 Stoiber, Edmund (CSU) 436 Stolpe, Manfred (SPD) 255, 414 Strasser, Georg (NSDAP) 360, 361
714
Streicher, Julius (Thule-Gesellschaft) 286, 365 Strobl, Ingrid A986 Strang, Maurice (UNO) 458, 459 Stüttgen, Johannes 333 Such, Manfred 437 Summers, Lawrence D. (Weltbank) 417 Swift Dear 272 T T., Anja 268–273 Teller, Edward 111, 210 Teufel, Dieter A 251, A 395 Thadden, Adolf von (NPD) 249, A547 Theilacker, Wolf (Grüne) 260 Thies, Christoph (Greenpeace) 455 Thompson, William I. 282 Tönges, Rhea 333 Töpfer, Klaus (CDU) 151, 159, 160, 164–166, 177, 181, 184, 188, 190, 377, 416, 417, 420, 447 Tolmein, Oliver A582 Traut, Horst 122 Trevelyan, Sir George 278, 282, 283 Tschernosenko, Wladimir 118, 195 U Überhorst, Reinhard (SPD) 175 Uexküll, Jakob von 282, 313, A 657
V Vahrenholt, Fritz (SPD) 95, 183 Venter, Craig 66 Verschuer, Otmar Freiherr von 47, 104 Vogel, Hans-Jochen (SPD) 152 Vollmer, Antje (Grüne) 91, 229, 230, 234, 241, 242, 312, 368 Volmer, Ludger (Grüne) 162 Vorfelder, Jochen 115 Vorsatz, Karl-Heinz (DVU, NPD) 242 W Wagemann, Paul-Albert A 753 Wagner, Arfst 340 Walesa, Lech 318 Wayne, John 115 Weber (Lufthansa) 454 Weinz, Wolfgang (DUT) 456 Weinzierl, Hubert (BUND, SPD) 250, 251, 456, 457, 458 Weis, Günther (WSL) 356 Weiss, Peter 382, 384, A 883 Weiß, Konrad 254 Weizsäcker, Ernst Ulrich von 427 Weß, Ludger A7 Wicke, Lutz (CDU) 324 Wiener, Norbert 309 Wigand(SS) 359 Wild, Eberhard 155 Wilhelm II. 414 Winkel, Detlef zum A582 Winnacker, Ernst-Ludwig 67 Winterberg, Friedwart 211 Wirth, Hermann (SS) 281, 282, 345
715
Wischinskj, Wladimir 111 Wlasich, Gert (Schering) 454 Woelk, Volkmar A 736, A 764 Wolf, Friedrich 366 Wolf, Ursula 56 Wolff, Hanna 318, 319 Worch, Christian 306, 359 Wotan A539 Wulf-Mathies, Monika (ÖTV) 154 Y Yellowtale, Tom 268, 269, 271, 272
Z Zahrnt, Angelika (BUND) 457 Zeitler, Karin (Grüne) 269, A 548 Zerouali, Mohammed 403 Zimmermann (ÖTV) 154 Zimmermann, Edda (Grüne)260 Zimmermann, Jim 28 Zülch, Tilman (GfbV) 289