und sorglos reisen ohne Bargeld mit dem Postsparbuch Abhebungen überall, in Stadt und Land, im Gebirge, an der See.
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und sorglos reisen ohne Bargeld mit dem Postsparbuch Abhebungen überall, in Stadt und Land, im Gebirge, an der See.
KLEINE
BIBLIOTHEK
DES
WISSENS
LUX-LESEBOGEN N A T U R - U N D KULTURKUNDLICHE HEFTE
DER FILM 1 . T.E.I L
DIE A R B E I T I M F I L M A T E L I E R von Hellmuth Lange
2 . TEIL
DER W E G ZUR PREMIERE von Franz Geiger
VERLAG S E B A S T I A N LUX MURNAU• MÜNCHEN• INNSBRUCK• ÖLTEN
1. TEIL
Die Arbeit im Filmatelier 1. Der Film steckt voller Wunder . . . .TTLllabendlich stauen sich die Menschen vor den Kinotheatern, um sich für die kurze Zeit von zwei Stunden in eine Zauberwelt des Scheins entführen zu lassen. Es ist ganz eigenartig: Die meisten Menschen gehen viel lieber in ein Lichtspielhaus als in ein Theater, obwohl der Film dem Auge doch nur eine Welt vortäuscht, während das Theater tatsächlich eine Welt ist. Vielleicht hast du, lieber Freund, dir noch nicht viele Gedanken darüber gemacht, warum es so ist, aber das solltest du ruhig einmal tun, denn die Lösung dieser Frage wird dir auch gleich die Augen öffnen über manche seltsamen Dinge, mit denen der Film uns überrascht. Wir sind ihn von klein an gewohnt und nehmen daher vieles, was uns eigentlich auf das tiefste verwundern müßte, gelassen hin. Denn der Film steckt voller Wunder, und diese Seiten, so schnell sie an dir vorüberziehen werden, möchten mancherlei davon berichten. Bleiben wir fürs erste bei der Frage, warum uns der Film so sehr anzieht und versuchen wir, sie mit einfachen Worten zu beantworten. Sehen wir uns zunächst einmal an, worin eigentlich der Unterschied zwischen Film und Theater besteht. Nun, unter anderem doch wohl darin, daß das Theater trotz seiner gemalten Kulissen und Hintergründe doch greifbare Wirklichkeit ist und der Film nicht. Aber das ist nicht das Entscheidende. Wichtiger für uns ist, daß der Film nicht ortsgebunden ist. Natürlich kann auch das Theater den Handlungsschauplatz wechseln; das ist sogar meist der Fall. Aber die Bühnenleute tun das recht ungern, denn jede Ortsveränderung bedeutet neue Dekorationen und eine neue Pause, die den Ablauf der Geschichte, die der Autor erzählen will, zerreißt. Daher lieben die Theaterleiter seit je die Stücke, in denen es möglichst wenige oder gar nur einen einzigen Schauplatz gibt. 2
Beim Film ist das anders. Der Film kann mit uns ganz willkürlich durch die Gegend springen und findet gar nichts dabei, uns von einer Sekunde zur anderen aus dem heißesten Afrika in das kalte Nordpolgebiet mitzunehmen. Das macht die Sache natürlich überaus erregend. Und damit haben wir schon den Hauptreiz herausgefunden, den der Film ausübt. M i t u n s kann der Film durch die Gegend springen, haben wir gesagt, seht, da liegt des Pudels Kern, m i t u n s , darauf kommt es an. Sicher wird es uns schon aufgefallen sein, daß man die Gegenstände im Film nicht immer in der gleichen Größe und in der gleichen Richtung sieht. Da blickst du in der einen Szene auf ein weites Tal, in dessen Mitte — winzig klein — ein Haus liegt; das zweite Bild zeigt dir, da die Kamera nun näher herangegangen ist, daß es sich um ein Gasthaus handelt. „Zur goldenen Krone" steht über der Tür, und in dem dritten Bild, das nur ein Fenster zeigt, siehst du einen Menschen gleich dir, der den letzten Kammstrich über die noch feuchten Haare dazu benutzt, einen Blick auf die frische Frühlingslandschaft und gegen den lachenden Himmel zu werfen. Die vierte Szene ist aus dem Zimmer aufgenommen, an dem jungen Mann vorbei ins Freie hinaus, und zeigt dir, wie e r das lachende Land sieht. Du bist plötzlich mitten in der Handlung. Wenn du es dir nun genau überlegst, dann sitzt du in diesem Augenblick nicht mehr in der siebzehnten Reihe des zweiten Parketts auf dem neunten Platz des Kinos, nein, jetzt bist du deinem Klappstuhl entrückt und stehst in dem Gasthauszimmer, dicht neben dem jungen Menschen und blickst über seine Schulter mit hinaus in die Landschaft. Das ist etwas Ungeheures, etwas Neues und überaus Seltsames. Du selbst bist Teilnehmer der Handlung. Was sich vor dir abspielt, das spielt sich so ab, als wenn du selbst mitten in den Geschehnissen ständest. Sitzt du dagegen in einem Theater, dann hast du stets die ganze Bühne vor dir und stets den gleichen Abstand von den Ereignissen. Du kannst dir den Hauptdarsteller ansehen oder die Hauptdarstellerin, das Bild, das an der linken Wand hängt, oder die Sessel, die mitten im Zimmer stehen. Du kannst mit einem Wort deinen Blick wandern lassen. Das kannst du beim Film nicht. Du siehst immer nur den Ausschnitt, der für dich wichtig ist, und du siehst ihn so, wie du ihn sehen würdest, wenn du dabei wärst. 3
Soviel zunächst über diesen Punkt; er ist überaus wichtig und wird uns später, wenn wir uns den Aufbau eines Films näher ansehen, noch ausführlicher beschäftigen. Daneben gibt es natürlich noch andere Gründe, die unsere Sympathie dem Film zuneigen. Sein großes Verbreitungsgebiet gestattet den Filmgesellschaften, ihm eine Ausstattung zu geben, die sich das Theater im allgemeinen nicht leisten kann, und seine weite Verbreitung sichert auch dem kleinsten Ort die Begegnung mit den besten und erfolgreichsten Schauspielern der Welt. Auch hierin unterscheidet der Film sich vom Theater. Aber selbstverständlich soll hiermit keineswegs gesagt sein, daß er mehr wert ist als das Theater. Er ist nur anders, und mit seinem Wert hat dieses Anderssein nicht das geringste zu tun. 2. Wie gut, daß wir so träge sind! Trägheit ist im allgemeinen eine üble Eigenschaft, träge Menschen gehen einem auf Filmstreifen in natürlicher Größe mit den Perforationslöchern (a, a) und (links) dem Tonstreifen (b) mit den in Zickzacklinien verlaufenden feinen, kaum sichtbaren Tonlinien (vgl. S. 19).
die Nerven, wie man so sagt. Hier im Reiche des Films ist das einmal anders, hier dürfen wir ein Loblied auf die Trägheit singen; allerdings handelt es sich nur um die Trägheit unserer Augen. Was ein Film ist, wissen wir: Er ist ein durchsichtiger Streifen mit gelochten Rändern links und rechts, Rädchen greifen in diese sogenannten Perforationslöcher ein, und so wird der Filmstreifen an einem Objektiv, einer Linse, vorbeigeführt. Sie sammelt die Strahlen, die von einer starken Lichtquelle herkommen, und auf der Leinwand entsteht das vielfach vergrößerte Bild. Soweit ist alles klar. Wie kommt es aber nun, daß sich dieses Bild bewegt, denn in den Filmstreifenbildern selber, wenn wir sie uns einzeln betrachten, ist keinerlei Bewegung vorhanden . . . kann gar keine vorhanden sein. Die Trägheit unserer Augen spielt uns beim Anschauen eines Filmstreifens einen Streich. Unsere Augen „denken" zu langsam, und weil sie das tun, darum sehen wir auf der Leinwand des Lichtspielhauses Leben und eine Bewegung, die an sich gar nicht vorhanden ist. Versuchen wir das an einem Beispiel klar zu machen: Mäuse, die so schnell dahinjagen, daß wir ihnen mit den Augen kaum folgen können, haben ein ganz anderes Sehtempo als wir Menschen. Wirft man ihnen ein Hölzchen in den Weg, so ändern sie im Bruchteil einer Sekunde ihren Weg; wir würden ein so urplötzlich auftauchendes Hindernis gar nicht so schnell wahrnehmen und auch nicht so schnell daran vorbeikommen: wir würden dagegen rennen. Unsere Augen sind verhältnismäßig träge. Mäuse mit ihrem blitzflinken Augenspiel würden deshalb vermutlich ein sehr schlechtes Publikum für unsere Kinovorführung abgeben. Durch die Schnelligkeit ihrer Auffassungsgabe würde ihnen beim Ansehen eines Films der Eindruck der Bewegung, wie wir Menschen ihn haben, völlig verlorengehen. Sie würden in einem Lichtspieltheater (in dem die Vorgänge, wie wir uns bei dieser Gelegenheit gleich merken wollen, mit vierundzwanzig Bildern je Sekunde vorgeführt werden) nichts weiter sehen als vierundzwanzig einzelne Bilder, jedes in seinem Inhalt von dem anderen ein klein wenig verschieden und durch eine Dunkelpause von ihm getrennt. Weil unsere Augen träge sind — Gott sei Dank, wollen wir im Hinblick auf den Film sagen! —, haben wir das eine Bild 5
gedanklich noch nicht verarbeitet, wenn das nächste schon da! ist; die Fachleute sagen: auf unserer Netzhaut bleibt für kurza Zeit ein Nachbild haften. So entsteht aus der schnellen Folga von Bildern durch ihr Ineinanderübergehen ein lebendiger Be-j wegungseindruck, dem in Wirklichkeit auf der Leinwand gan kein bewegter Vorgang entspricht. 3. Zunächst brauchen wir eine Idee Nachdem wir uns kurz über einige grundlegende Vorgänge des Films unterhalten haben, wollen wir uns nun einmal an-, sehen, wie eigentlich der Film entsteht. Zunächst braucht der Filmgestalter natürlich eine Idee. Er muß sich darüber klar werden, was er mit seinem Filmwerk zeigen will. Mit anderen Worten: er muß ein Thema haben. < Diese Themen entspringen verschiedenen Quellen. Manche. Filmgeschichten werden direkt für den Film erfunden, sie sind also — wie man sagt — Originalstoffe. Ein Autor hat sich eine gehaltvolle oder spannende Geschichte ausgedacht, sie zu Papier gebracht und einer Filmgesellschaft vorgelegt. Daneben aber gibt es noch andere Quellen. Erfolgreiche Romane zum Beispiel, Bücher also, die viele Leute gelesen haben, oder Theaterstücke, die den Beifall der Theaterbesucher fanden, werden von den Filmgesellschaften aufgegriffen und zu Filmhandlungen umgebaut, falls sie sich dazu eignen. Das ist wichtig: sie müssen umgeändert werden, denn mit einem Roman oder Theaterstück, so wie sie ursprünglich geschrieben und angelegt sind, kann der Film w,enig anfangen; Bühnenwerken und Romanen liegen ganz andere künstlerische Gesetze zugrunde als einem Filmwerk. Von einer Filmhandlung erwarten wir, daß sie abwechslungsreich ist, und zwar in zweierlei Hinsicht: sowohl in der Wahl der Schauplätze wie in der Darstellung der Ereignisse und außerdem da-ß sie spannend oder ergreifend oder amüsant genug ist, unsere Aufmerksamkeit für die Zeit von anderthalb Stunden gefangen zu nehmen. In der einen oder anderen Hinsicht erfüllen Romane oder Theaterstücke in der ursprünglichen Fassung selten diese Forderung, und so kommt es, daß man eine Geschichte, die man erst in einem Buch gelesen hat und nun als Film sieht, manchmal kaum wiedererkennen kann. Das muß nicht, wie man vielleicht denken könnte, eine 6
Respektlosigkeit vor dem Werk des Dichters sein, oft ist es eine zwingende Notwendigkeit, weil der Stoff, der für die Bühne oder für den Leser dargestellt ist, den ganz anders gearteten Ansprüchen des Films angepaßt werden muß. Hat man sich nun für eine Idee entschieden, so muß die Filmfabel zunächst einmal so zu Papier gebracht werden, wie sie später im Film ablaufen soll. Die ganze Filmhandlung wird deshalb in Form einer Erzählung niedergeschrieben. Die Fachleute sprechen von einem „Treatment" (das Wort kommt aus dem Englischen, heißt soviel wie Abhandlung). Hat dieses Treatment den Beifall aller an der Filmplanung Beteiligten gefunden, dann erst kann man daran denken, ein Drehbuch zu schreiben, das nun als Arbeitsgrundlage für die eigentliche Verfilmung dient. 4. Das Drehbuch Das Drehbuch hat mehrere Aufgaben. Dem Spielleiter, Rer gisseur, dient es als roter Faden durch die Filmhandlung, denn es enthält die Angaben über die verschiedenen Einstellungen der Kamera (wir werden alles noch ausführlicher erläutern), die Hinweise für das Gebärdenspiel (die Mimik) und die Bewegungen (die Gesten) der Darsteller usw. Der Architekt "braucht es als Grundlage für die Herstellung der Bauten, dem Schauspieler ist es das Rollenbuch, denn es enthält ja den Wortlaut der Zwiegespräche. So ist das Drehbuch das wichtigste Besitzstück (Requisit) im Filmatelier und wird daher auch gehütet wie ein kostbarer Schatz. Bevor wir uns nun mit den einzelnen Punkten des Drehbuches näher befassen, wollen wir uns zwei Seiten daraus ansehen: 14. Kinderspielplatz im Park 173. T o t a l e ( F a h r a u f n a h m e ) Blick über den Kinderspielplatz. Im (Der Lärm der Vordergrund ein Planschbecken, das spielenden Kinder) überfüllt ist. Es ist ein heller, sonniger Sommertag. Am Rande des Bekkens ein Weg mit Bänken. 174. H a 1 b n a h Im Wasser herumtollende Kinder, (Kinderlärm) darunter Dorlies. 7
175. H a l b n a h Herr Willkun tritt auf eine Bank zu, stäubt sie mit einem Taschentuch ab und setzt sich. Er legt die Hand über die Augen und sucht das Becken ab.
(Kinderlärm, aber etwas leiser und ferner)
176. H a l b n a h (Fortsetzung von 174) Die spielenden Kinder im Wasser.
(Kinderlärm)
177. G r o ß Willkun hat Dorlies entdeckt. Er steht auf, hält die Hände als Schalltrichter an den Mund und schreit:
„Dorlies!"
178. H a l b n a h Dorlies sondert sich aus der Schar der spielenden Kinder und sieht sich suchend um. Schließlich hat sie Willkun entdeckt. Mit springenden Schritten, stampft sie durch das Wasser und aus dem Bild. Sie kreischt glücklich:
„Onkel Karl . . ich komme . . . !"
179. H a l b n a h Willkun breitet die Arme aus, Dorlies kommt ins Bild geschossen und wirft sich in seine Arme. Willkun lachend: Dorlies, japsend:
Willkun setzt sich auf die Bank und Dorlies neben ihn. Befriedigt rutscht sie auf dem Sitz hin und her. Sie fragt: 180. G r o ß Willkun:
(Sie jauchzt) „Puh, bist du naß!" „Schadet nichts, Onkel Karl, das trocknet wieder." „Hast du das Kasperlstück mitgebracht?" „Natürlich! Ich hatte es dir doch versprochen."
181. G r o ß Dorlies, sehr kurz: 182. G r o ß Willkun zieht ein geschriebenes Manuskript aus der Tasche. Dorlies betastet es mit ihren Fingern und sagt anerkennend: Sie wirft einen fragenden Blick auf den Mann: Willkun, kopfschüttelnd:
183. H a l b n a h Blick in das Planschbecken auf eine Gruppe spielender Kinder. 184. T o t a l e Dorlies' Mutter kommt auf den Bekkenrand zu und sieht« sich suchend um. 185. H a l b n a h Spielende Kinder in der Höhe des Beckenrandes. Dorlies' Mutter tritt dicht ans Ufer und fragt ängstlich:
»Zeigen!"
„Schön dickl' „Kommt der Teufel auch darin vor?" „Nein, der Teufel ist nur etwas für unartige Kinder, den brauchen wir nicht." (Kinderlärm)
(Kinderlärm)
„Habt ihr Dorlies nicht gesehen?"
Ein kleines, dickpummeliges Mädchen geht auf die Frau zu. 186. G r o ß Das kleine Mädchen, noch außer Atem von dem Herumtoben, sagt schnaufend:
„Die ist jetzt immer mit einem alten Mann zusammen, der ein Kasperlbuch hat..." 9
187. G e g e n s c h u ß / G r o ß Dorlies' Mutter stutzt, sinnt einen Augenblick nach, dann erregt, erschüttert:
„Das kann nur Großvater Willkun sein, sie kennt ihn noch gar nicht!" . So, das sind zwei Seiten aus einem Drehbuch, das von dem Schicksal einer zerrütteten Familie erzählt, und nun wollen wir uns einmal etwas näher damit befassen, danach werden wir schon eine ganze Menge mehr über den Film wissen. Da ist also zunächst einmal die Überschrift: „14. Kinderspielplatz im Park." Sie besagt, daß dies der vierzehnte Schauplatz des Films ist. Alle Szenen, die unter diesem Teil zusammengefaßt sind, spielen also um ein Planschbecken. Natürlich kann der Schauplatz an anderer Stelle des Films noch einmal oder öfter wiederkehren. Also sagen wir, in dem Film, dem unsere Szene entnommen ist, wäre das der Fall bei Nr. 5 mit den Einstellungen 37 bis 44 und Nr. 9 mit den Einstellungen 96 bis 103. Die drei Schauplatzwiederholungen 5, 9 und 14 werden dann natürlich hintereinander aufgenommen. Das heißt, bei der Reihenfolge der Aufnahmen hält sich der Film nicht an den genauen Fortgang der Handlung, sondern nimmt die Szenen, die durch die Gleichartigkeit des Schauplatzes zusammengehören, hintereinander auf, ganz gleich, wo sie später im Film erscheinen werden. Aus diesem Grunde kann es geschehen, daß erst der Anfang und das Ende des Films gedreht werden (wenn sie an dem gleichen Ort spielen), dann ein Stück aus der Mitte, dann wieder etwas vom Ende usw. Das hat einen sehr zwingenden Grund. Soweit es sich um Atelierbauten handelt, müssen diese Bauten schnell „abgedreht" werden, da die Ateliermiete sehr viel Geld kostet. Sie können daher nicht solange stehen bleiben, bis sie zum zweiten oder dritten Mal wieder an die Reihe kommen würden. Bei Außenaufnahmen sind dazu häufig weite Reisen notwendig, und man, kann mit den oft zahlreichen Mitwirkenden und den vielerlei Geräten nicht dauernd zwischen Atelier und Landschaft hin und her fahren. Den Schauspielern und dem Regisseur erschwert diese Aufspaltung der Handlung natürlich die Arbelt sehr, denn sie müs10
sen mit ihren Gefühlen sehr oft ohne Übergänge von einer Stimmung in die andere springen. So können sich in dem gleichen Raum fröhliche und tragische Szenen abspielen, und immer muß sie der Darsteller so bringen, daß sich nachher im fertigen Film der Ablauf der Handlung in einem sinnvollen Zusammenhang entwickelt. Das Aufreißen des Pilmzusammenhanges aus aufnahmetechnischen Gründen macht auch sonst mancherlei Umstände, z. B. in der Kleidung der Schauspieler. Da muß verflixt aufgepaßt werden; denn es mag sein, daß unsere kleine Dorlies zum ersten Besuch am Planschbecken anders gekleidet geht als zum zweiten. Also muß sie, obwohl sich im Atelier die zweite Szenenaufnahme gleich an die erste anschließt, erst umgezogen werden. Damit hier keine Fehler unterlaufen, die der Kinobesucher leicht merken würde, und die ihn stören könnten, ist irgend jemand vorhanden, der alle diese besonderen Eigenschaften notiert, die später für einen anderen Handlungsschauplatz von Bedeutung werden können. Wenn z. B. Dorlies nach der Heimkehr vom Spielplatz die Wohnung betritt (die ein Atelierbau ist und vielleicht erst drei Wochen später gefilmt wird), dann darf sie natürlich nicht anders' gekleidet sein als in dem Augenblick, in dem sie den Spielplatz verließ . . . selbst in Kleinigkeiten nicht . . . vielleicht muß sie auch noch nasse Haare haben. Diese Notizen macht ein junges Mädchen, das sozusagen die Verwalterin des Drehbuches im Atelier ist. Die Berufsbezeichnung für dieses verantwortungsvolle junge Mädchen ist „Scriptgirl". Unser Schauplatz ist nun in einzelne Bilder eingeteilt, die „Einstellungen" heißen. In unserem Falle, in der Szene mit Dorlies am Planschbecken, führen sie die Nummern 173 bis 187. Sie haben nicht alle die gleiche Bezeichnung. Einmal heißt es „Totale", dann „Halbnah" oder „Groß" und wieder „Totale" usw. Zum Aufbau seines Bildes von der Welt bedient sich der Film nämlich fünf verschiedener Einstellungen: Totale, Halbnah und Groß haben wir eben bereits' genannt, dazu kommt nun noch die „Ganz-Groß-Einstellung" und der „Gegenschuß". Diese Einstellungen werden aber nicht willkürlich verwandt, sie unterliegen den festen Gesetzen der „Filmgrammatik" und 11
T o t a l e : Sie zeigt im großen den Handlungsort, an dem sich die Ereignisse; der kommenden Szene oder auch des ganzen Films abspielen (Comedia-Film).
sind in ihrer Bedeutung und ihrem Zweck sehr unterschiedlich. D i e T o t a l e : Jeder Roman, jedes Theaterstück und jeder Film hat zunächst einen Handlungsort, einen Schauplatz, kurzum einen Ort, der den Rahmen für die Ereignisse abgibt, die uns gezeigt werden sollen. Im Film übernimmt diese Aufgabe die Totale. Bergfilme beginnen daher meist mit einem Überblick über das Gebirge, dessen Landschaft und dessen Menschen uns nachher beschäftigen sollen. Filme aus dem Leben der Groß-1 Stadt schildern zunächst die Straße oder wenigstens das Haus,! in dem die Menschen wohnen, deren Schicksal wir miterleben! sollen. Ein Kulturfilm aus dem Leben des Kuckucks fängt mit! dem Wald an, in dem er sein Wesen treibt. Wie wir bereits! gehört haben, hat der Film nicht nur e i n e n Handlungsort. Der! Schauplatz wechselt zwischen der See und dem Gebirge, zwi-j 12
sehen der Stadt und dem flachen Land, oft auch zwischen zahlreichen Szenerien in der gleichen Gegend. Daher tauchen immer wieder Totale auf, die den Zuschauer aufmerksam machen: Paß auf, jetzt begeben wir uns an einen anderen Ort! Für den Fortgang der Handlung leistet die Totale im allgemeinen wenig. Ereignisse spielen sich in ihr nur ab, wenn sie räumlich zu ausgedehnt sind, um noch von einer der anderen Einstellungsarten erfaßt zu werden. Die Szene eines Eisenbahnunglücks, um ein Beispiel zu nennen, die den Zug, die Strecke und die zerstörte Brücke, womöglich auch noch ein Stück der Landschaft zeigen soll, muß als Totale gedreht werden. Aber abgesehen von diesen Sonderfällen hat sie eine mehr lyrisch-beschreibende Aufgabe als die der Handlungsfortführung. D i e H a l b n a h - E i n s t e l l u n g : Die eigentliche Handlung, soweit sie bewegt ist und daher Raum beansprucht, gehört in die Halbnah-Einstellung. Sie ist eine Ausdrucks-
H a l b n a h - E i n s t e l l u n g : In ihr bewegt sich die eigentliche Handlung eines Films (Iso-Film).
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form des Temperaments, der Bewegung und daher fast immer angefüllt mit Leben und Tätigkeit. Ein Kind, das mit dem Spielzeug auf dem Boden hin und her ratscht, wird von Regisseur und Kameramann halbnah aufgefaßt werden. Würde es in der Totale gezeigt, dann würde es zu klein abgebildet. Würde es dagegen in Großaufnahme gedreht, das heißt so, daß der kleine Darsteller fast die ganze Leinwand füllte^ so führte jede Bewegung das Kind aus dem Bild heraus; um das zu vermeiden, müßte der Kameramann ihm ununterbrochen mit der Kamera folgen („Schwenkaufnahme"). Dieses dauernde Hin und Her würde die Szene aber sehr unruhig machen. Hieraus ergibt sich schon, daß d i e G r o ß a u f n a h m e das Bildfeld der seelischen Vorgänge ist. Sie ist nicht körperlich bewegt, sondern geistig. Das Kind, das auf das Fensterbrett einer im vierten Stock gelegenen Wohnung klettert, wird halbnah gedreht; das Entsetzen der Mutter, die nichtsahnend ins Zimmer tritt und erstarrt an der Tür stehen bleibt, gehört in die Großaufnahme. Hauptprinzip bei der Entscheidung, welche Art der Bildeinstellung gewählt werden soll, ist immer der Satz, den man als den Hauptgrundsatz der Filmregie bezeichnen kann: So nahe heran mit der Kamera wie irgend möglich! Dem Zuschauer soll das ganze Geschehen so deutlich vorgeführt werden, wie es angängig ist. D i e G a n z - G r o ß - E i n s t e l l u n g : Nun gibt es Höhepunkte im Film — Ausrufungszeichen gleichsam —, die um 1 jeden Preis als auffällig bezeichnet werden müssen. Die Dar-I Stellung der Eile in einem Abenteurerfilm zum Beispiel, in dem ein Menschenleben von Sekunden abhängt, wird vielleicht von dem ruhelos tickenden und vorwärtseilenden, die ganze Leinwand ausfüllenden Sekundenzeiger abwechselnd mit dem rollenden Autorad und den springenden Ziffern des Fahrpreisanzeigers der Taxe erregend zum Ausdruck gebracht werden können. Diese Einstellungen, die nur einen winzigen Ausschnitt aus einem größeren Gegenstand herausheben, nennt man „ganz-groß". Sie sind nicht häufig, treten sie aber auf, so können wir sicher sein, daß wir uns an einem Höhepunkt des Films befinden. D e r G e g e n s c h u ß : Die Filmtechnik hat zwar große Fortschritte gemacht: Aus dem stummen Schwarz-Weiß-Film, 14
Eine G r o ß a u f n a h m e wird gedreht: Links der Kameramann. In der Mitte der Mann mit der Klappe (s. Seite 18). Redits der Mann mit dem .Aufheller", unten rechts die beiden Schauspieler (Camera-Film).
dessen Handlung dauernd durch störende Titel unterbrochen wurde, ist der farbige Tonfilm geworden. Aber eins fehlt an seiner Vollendung immer noch trotz der teilweise erreichten oder der vorgetäuschten Plastik einiger moderner Filmverfahren: die räumliche Vertiefung des Filmbildes fast bis zur Naturtreue. Das ist zweifellos ein großer Nachteil, und man muß sich, um hiermit fertig zu werden, so gut behelfen, wie es eben geht. Die Notlösung, auf die findige Regisseure gekommen sind, heißt „Gegenschuß". Er verlegt gleichsam die räumliche Tiefe in die Ebene, indem er die Dinge jeweils auch von der Gegenseite betrachtet. Eine lange Tafel, von der Schmalseite dui genommen, rückt die letzten Teilnehmer in nebelhafte Ferne und entzieht sie der aufmerksamen Betrachtung. Der „Gegenschuß" dreht nun den Spieß um, indem er noch einmal die Tafel zeigt, aber diesmal 15
von der anderen Schmalseite, so daß, was zunächst vorn war, nach hinten gerät und umgekehrt. Nur durch den Gegenschuß ist es. dann auch möglich geworden, von zwei Gesprächspartnern, die sich gegenüberstehen, abwechselnd das Gesicht dem Zuschauer zukehren zu lassen. Ohne ihn würde einer der Sprechenden dem Publikum dauernd den Rücken zukehren müssen, es sei denn, man stellte beide nebeneinander, was allerdings recht hölzern aussehen würde. So viel über die Einstellung. Nun haben wir in unserem Drehbuch bei der Einstellung 173 noch die Bezeichnung „Fahraufnahme" gelesen. Wir vermuten, da wir mit Filmdingen nun schon etwas vertraut sind, daß es sich dabei um eine Aufnahme handelt, die im Fahren gemacht wird. Ganz richtig, so ist es. Aber es ist in unserem Beispiel eine Fahraufnahme ganz eigener Art gemeint: Die Kamera fährt, nicht der zu fotografierende Gegenstand. Wir können solche Szenen sehr oft im Film sehen. Wenn z. B. zwei Personen die Straße entlang gehen und die Kamera zieht mit ihnen mit, so daß die Personen stets in der Mitte des Bildes bleiben, während der Hintergrund scheinbar vorüberwandelt, dann haben wir es mit einer Fahraufnahme zu tun. Dabei wird die Kamera auf einen kleinen Wagen gesetzt. Dieser Wagen hat entweder Gummiräder oder läuft gar auf Schienen, die aus Stahlrohren zusammengesetzt sind. 5. Jetzt geht es Ins Atelier Ausnahmsweise ist es uns gelungen, die Erlaubnis zum Betreten des Filmateliers zu bekommen, nachdem wir durch Handschlag versprochen haben, uns mucksmäuschenstill zu verhalten (denn jedes Räuspern würde ja mit auf den Ton kommen), nicht in der Szene herumzustehen, auf keine Kabel zu treten und die Scheinwerfer nicht umzureißen. Das ist ein bißchen viel auf einmal, aber da wir einen zuverlässigen Begleiter haben, finden wir ein Plätzchen, an dem wir niemand lästig werden und doch alles sehen können. Da fällt uns zunächst ein großer schwarzer Kasten auf, unförmig steht er da, von drei Leuten wird er betreut. Das ist die Filmkamera mit dem Kameramann und seinen beiden Assistenten. Man fährt sie nach einigem Hallo- und Hin- und Herrufen an einen bestimmten Platz. Schon läuft einer der beiden Assisten16
ten mit dem Metermaßband auf zwei Schauspieler zu, die in der Mitte der Szene stehen und mißt die Entfernung, damit das Objektiv auf das genaueste eingestellt werden kann. Die Szene ist ein Garten voll blühender Sträucher mit herrlich grünem Gras und geschotterten Wegen. Niemand würde auf den Gedanken kommen, daß die Sträucher künstlich sind, und daß das Gras ebenfalls nichts mit Mutter Natur zu tun hat. So echt und natürlich wirkt das alles. über den beiden Schauspielern hängt ein kleines, röhrenförmiges Instrument an einem hohen, dünnbeinigen Gerüst. Dieses Gerüst hört auf den gruseligen Namen „Galgen", das Instrument aber ist das Mikrophon, das den Ton aufnimmt. Von dem Mikrophon führt ein langer Gummischlauch zu irgendeinem Plätzchen außerhalb der Szene. Wenn wir diesem Schlauch nachgehen würden, kämen wir an einer versteckten Stelle zu einer kleinen, schalldichten Kabine, dem Reiche der Tonmeister. Zu unserem Erstaunen müssen wir also feststellen, daß der Ton gar nicht im Atelier selber aufgenommen wird. Die Tonaufnahmeapparatur ist mit der Bildkamera so gekoppelt, daß beide Apparate mit absolut gleicher Geschwindigkeit laufen. Bild und Ton werden aber auf je einem Filmstreifen für sich aufgenommen. Wie kommen die beiden nun zusammen, und wie kommt es vor allem, daß der Ton stets an der richtigen Stelle sitzt, so daß, wenn z. B. ein Musiker auf eine Pauke haut, auch gleichzeitig der Paukenschlag ertönt? Gemach, das werden wir gleich haben! Wenden wir uns wieder der Filmszene zu. Inzwischen ist nämlich ein Mann, der manchmal recht aufgeregt zu sein scheint, auf die beiden Schauspieler zugegangen; er zeigt ihnen, wie er die folgende Szene gespielt haben möchte. Dieser Mann ist der Regisseur . . . der künstlerische Leiter des Films und mit dem Produktionschef zusammen, der die kaufmännische Abteilung unter sich hat, der Verantwortliche für das ganze Tun im Filmatelier. Die Schauspieler haben nun begriffen, worum es geht, das Zusammenspiel ist einige Male geprobt worden. Nun heißt es „Szene frei", denn jetzt wird es ernst. Draußen, vor der Ateliertür, flammt eine rote Lampe auf. Wehe dem, der jetzt noch wagen sollte, das Atelier zu betreten und etwa durch Türknarren die Aufnahme zu stören! 17
Die Kamera läuft, aber die Schauspieler stehen noch still und I stumm da, denn im letzten Augenblick ist der Mann mit derB Klappe vor die Kamera gesprungen. Wir sind darüber sehr er-B schrocken. Das kann doch nur ein Wahnwitziger sein, den der» Zorn des Regisseurs im nächsten Augenblick zerschmettern wird.B Aber weit gefehlt. Der Mann hebt die Klappe, und jetzt könnenl wir sehen, daß sie die Gestalt eines großen Schnabels hat. Auf derI oberen Hälfte trägt sie ein kleines schwarzes Brett, auf dem mit! weißer Tusche zwei Zeilen gemalt sind und mit weißer Kreide! eine Zeile geschrieben steht. Etwa so: Krause/Müller Geschenk 189/01 Das heißt: Produktionsleitung: Krause, Spielleitung: Müller,! Film: „Geschenk vom Himmel", 189. Einstellung zum ersten Mal. I Der Mann haut nun mit einem lauten Knall die Klappe zu und 1 sagt: „Geschenk vom Himmel 189 Nr. 1." Dann springt er blitz-1 schnell zur Seite, und jetzt erst beginnt das Spiel der Darsteller. ] Was hat dieser seltsame Zwischenfall für einen Sinn? Nun, ] einen sehr wichtigen. Bei den Filmkopieranstalten laufen jeden j Tag eine Menge Szenen aus den verschiedenen Filmateliers und 1 von verschiedenen Filmen ein. Diese Szenen müssen von einem l Tag zum anderen (wir sprechen von ganz normalen Zeiten) ent- • wickelt und kopiert werden, damit eine verunglückte Szene nachgedreht werden kann, solange die entsprechenden Atelierbauten noch stehen. Die Kopieranstalt muß natürlich wissen, wem die Filme gehören und aus welchem Film sie stammen. Die Angaben auf der Klappe sind also eine Art Etikett. Hinzu kommt noch folgendes: Die meisten Szenen werden nicht nur einmal gedreht (irgend etwas klappt immer nicht), sondern werden zwei- und dreimal wiederholt. Es heißt dann also: 189/1; 189/2 usw. Wenn der Regisseur später die Fassung bestimmt, die endgültig genommen werden soll, braucht er also nur zu sagen 189/4, und sofort läßt sich anhand der Klappenbeschriftung und der gesprochenen Worte die richtige — vierte — Fassung heraussuchen. Nun haben wir aber vorhin gesagt, daß die Klappe mit hörbarem Knall zugeschlagen wird. Dieser Knall ist sehr wichtig. Er 18
zeichnet sich nämlich wie jedes Geräusch auf dem Tonstreifen ab. Auf dem Bildstreifen ist nun aber ganz genau zu sehen, bei welchem Bild die Klappe ganz geschlossen war, also der Knall verursacht wurde. Auf diese Weise erkennen die Männer in der Kopieranstalt, wie sie die getrennt aufgenommenen Bild- und Tonfilmstreifen zusammenkopieren müssen, wo sie den Ton anzusetzen haben, damit Gesten und Bewegungen mit dem Ton übereinstimmen und der Film „synchron" (zeitgleich) ist, wie es in der Fachsprache heißt. Und nun ist es wohl an der Zeit, ein paar Worte über die Tonaufnahme zu sagen. Aus unseren Andeutungen ging bereits hervor, daß der Ton genauso fotografiert wird wie das Bild. Das, was unser Ohr später im Lichtspielhaus hört, ist zunächst nichts weiter als eine Folge von sehr schmalen hellen und dunklen Streifen auf dem Filmband. Auf unserer Abbildung Seite 4 ist der Tonstreifen deutlich abgehoben. Der Ton, der durch das Mikrofon aufgenommen wird, wird durch eine Membrane in Stromstöße umgewandelt. Es ist genau das gleiche wie beim Telefon, bei dem ja auch nicht das Wort als Schall durch den Draht gleitet. Ein kompliziertes technisches Verfahren wandelt nun diese Stromstöße in Licht u m . . . in ein flackerndes Licht, wie wir einmal ganz einfach sagen wollen. An dieser Lichtquelle läuft nun ein Filmband vorbei, das, je nachdem ob die Lichtquelle im Augenblick heller oder dunkler brennt, kräftiger oder weniger kräftig belichtet wird. So entstehen also Schwärzungen verschiedener Grade auf dem Film. Später, bei der Vorführung, ist es genau umgekehrt. Der Tonstreifen der Kopie wird durchleuchtet, dadurch entsteht wieder ein flackerndes Licht, das in Stromstöße umgewandelt wird, diese Stromstöße treffen auf die Membrane, wieder genau wie beim Telefon, und verwandeln sich in Töne. Das ist also das Verfahren, wie man den Ton auf dem Umweg über die Fotografie so „konservieren" kann, daß er sich jederzeit wiederholen läßt. Inzwischen ist die Szene in dem künstlichen Garten fertig geworden. Man fährt die Kamera an eine andere Stelle des riesigen Ateliers. Eine neue Szene wird gedreht. Hier ist nun eine ganz seltsame Einrichtung geschaffen worden. Wir sehen die Hälfte eines Autos. Der Motor fehlt, das Steuerrad fehlt, ja, wenn wir es recht überlegen, dann ist nur 19
die Haltte der linken Seitenwand mit einem Fenster und eine^B Tür vorhanden, und das Polster. Hinter dem Fenster aber, alsofl dort, wo wir sonst die vorüberfliegende Landschaft sehen wüf^B den, ist eine große milchglasähnliche Scheibe aufgerichtet. WieM man zugeben wird, ein kurioses Auto und ein sehr eigenartiges« Szenenbild. Die Kamera wird nun so aufgebaut, daß sie von rechts dasfl Polster, die Seitenwand und die dahinterliegende Milchglas-W Scheibe aufnimmt. Das muß ein sehr putziges Bild geben, nicht II wahr? Bevor wir aber noch irgend jemanden fragen können, was«] diese ulkige Autoruine bedeuten soll, erscheinen unsere b e i d e n « Darsteller von eben und nehmen auf dem Polster Platz. Und nun — die Schilderung des Drum und Dran der Vorbereitung wollen wir uns schenken — beginnt die Aufnahme. Im J gleichen'Augenblick, da das Zeichen gegeben ist, geschieht etwas ganz Verblüffendes. Dort, wo eben noch die Milchglasscheibe war, .dort ist eine Landschaft mit schnell vorüberfliegenden Chausseebäumen und mit der Weite sonnenbeschienener Felder.' Die beiden Leute im Auto haben ein Gespräch begonnen, und wir haben darüber tatsächlich vergessen, daß wir uns in einem Filmatelier befinden. Hinter der Scheibe steht für uns unsichtbar ein Vorführungsapparat, ein Projektor, der einen Landschaftsfilm auf die : große Milchglasscheibe wirft. Da diese Wand durchsichtig ist, scheint das Bild auf die andere Seite durch. Dieses Kinobild nun nimmt die Kamera zusammen mit dem Autoinneren auf. Ein gerade ablaufender Film wird also nochmals gefilmt. Eine kleine Maschine gibt dem Kraftwagentorso die natürlichen Fahr- und Schwankstöße, und alles das läßt in uns die Täuschung aufkommen, als wenn diese Aufnahme tatsächlich während einer Fahrt im Freien entstanden wäre. Warum nimmt man nun die Szene nicht tatsächlich draußen in der schönen Landschaft auf? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst würde es nicht ganz einfach sein, ein Auto so aufzuschneiden, daß es noch fahrbar bliebe und die Kamera dabei noch einen freien Blick in das Innere des Wagens hätte. Dazu kommt, daß unsere Straßen zu schmal sind. Der Begleitwagen mit dem Kameramann könnte von dem Motiv nicht weit genug entfernt bleiben, wie es für eine Aufnahme erforderlich ist. Drittens aber, und das ist das Wichtigste, würde der Lärm des Motors und des 20
Verkehrs auf der Straße, der Lärm der Räder usw. jedes Gespräch völlig verschlucken (bei der Atelieraufnahme werden diese Geräusche erst nachträglich eingeblendet); von dem, was die Darsteller miteinander plaudern, will man ja auch etwas verstehen. Aus diesen Gründen sind fast alle Szenen, die im Kraftwagen, in Eisenbahnabteilen, Straßenbahnwagen, in Flugzeugen spielen, in der geschilderten Art im Atelier aufgenommen worden. Wenn die Aufnahmetechnik gut ist, wird der Zuschauer diesen notwendigen Trick gar nicht merken. Aus den gleichen Gründen verzichtet man in den meisten Fällen auch darauf, Außenaufnahmen in Städte und an belebte Orte zu verlegen, zum Beispiel auf die Straße, vor ein Haus, in eine Bahnhofshalle oder ein Fabrikgebäude. Der Verkehrs- und Betriebslärm würde zu störend wirken. Man baut sich das Haus lieber im Atelier auf oder errichtet es im Freigelände neben den Ateliers, weil man hier die „Geräuschkulisse", wie man die Gesamtheit des Tones nennt, so gestalten kann, daß sie sich gut in die Aufnahme einfügt. Das Filmgelände, die Filmproduktionsstätte, liegt deshalb meist weit draußen in freier Landschaft, dem Lärm und der Unrast der Städte weit entrückt. Bei Atelieraufnahmen ist man auch nicht von der Laune und Gnade der Sonne abhängig. In den großen Hallen kann der Regisseur sich genau die Helligkeitsstimmung schaffen, die er braucht. Als künstliche Lichtquellen steht eine Unzahl von Scheinwerfern aller Größen und Arten zur Verfügung, die auf kleinen Holzgerüsten, den sogenannten „Praktikabein", so aufgebaut werden, wie man sie benötigt. Ein Filmatelier ist deshalb für den fremden Besucher meist enttäuschend. Es ist so ganz anders wie das, was nachher im Film zu sehen ist. Es herrscht ein tolles Durcheinander (ein Durcheinander natürlich nur für den unkundigen Besucher), ein Gewirr von Kabeln, Gerüsten, Kulissen und Scheinwerfern. Vielleicht wunderten wir uns, daß in dem vorhin erwähnten Beispiel ein Garten künstlich aufgebaut war. Als ob das notwendig wäre, wo man geeignete Gärten doch überall finden und benutzen könnte! Aber stellen wir uns einmal folgendes vor: Eine Szene spielt des Nachts vor einer Villa, aus deren offenstehenden Fenstern gedämpftes Licht nach außen dringt und den Garten in ein dämmriges Halbdunkel taucht. Wollte man diese Episode in der Natur fotografieren, dann müßte man einen riesigen Park von Scheinwerfern und Kabeln in irgendeinen Villengarten verfrachten und dort die Apparaturen mühsam auf21
bauen. Ein Wohnhaus würde dafür wohl kaum eingerichtet se (man denke nur an die elektrischen Sicherungen u. a.). Wenn d Kameraleute dann trotzdem alles wohl vorbereitet hätten und d Darsteller zur Stelle wären, und das Zeichen zum Beginn geg ben würde . . . dann regnete es — wieviel Zeit und Aufwa wäre dann nutzlos vertan! Am nächsten Abend müßte man v neuem beginnen. So baut man sich also meist lieber einen küns liehen Garten und eine künstliche Villa dort auf, wo die Licht anschlüsse und die günstigsten Wetterumstände jederzeit gegeben sind: im Atelier. Jedoch ist auch das nicht ganz zutreffend. Man baut in solchen Fällen gar nicht ein ganzes Haus. Was braucht ein solches Haus ein Dach, wenn das Dach gar nicht in die Aufnahme fällt, oder eine Vorderfront, wenn die Szene nur vor der Gartenseite spielt, oder Flure und Zimmer, wenn die Handlung gar nicht ins Haus hineinführt! So genügt es also, wenn nur eine Hauswand bis zur Höhe des ersten Stocks errichtet wird, gerade so hoch, wie das Haus ins Bild kommen wird. Alles andere ist nur ein Hin und Her von Gestänge und Verstrebungen, die das Ganze zusammenhalten. Daher haben die Bauten von hinten oder der Seite aus betrachtet auch ein sehr absonderliches Aussehen. Sie sind nur Kulisse und eine Vorspiegelung von Tatsachen, was übrigens auch auf der Theaterbühne mit ihrer Kulissenwelt der Fall ist. 6. Der Film wird geschnitten Wenn der Film, wie es in der Fachsprache heißt, „abgedreht" ist, können wir das Atelier verlassen. Die Aufnahmen sind zu Ende, aber damit ist der Film noch lange nicht fertig zur Vorführung. Bis jetzt ist noch nichts anderes vorhanden als eine Fülle von Einzelszenen, längere und kürzere Teile, ziemlich bunt durcheinander und ohne sinnvollen Zusammenhang. Jetzt gehen diese Aufnahmen zum „Schnitt", das heißt, sie kommen in die Hand des „Cutters" oder der „Cutterin", die nun im ständigen Vergleich mit dem Drehbuch und den Anweisungen des Regisseurs an Schneide- und Abhörtischen das Szenendurcheinander zu einer geschlossenen Handlung vereinigen. Die Filmbilder wandern dabei auf einer kleinen Mattscheibe von etwa postkartengroßem Format vor dem kritischen Auge des Cutters vorüber. 22
Man könnte denken, dieses Zuschneiden und Zusammenfügen sei eine sehr einfache Arbeit. Die Cutter hätten nur nötig, die Szenen in der Reihenfolge des Drehbuches aneinanderzufügen, und fertig wäre der Film. Aber so einfach ist die Sache nun doch nicht. Aus dem gleichen Filmmaterial, also aus denselben Szenen können nämlich zwei Cutter, je nach ihren Absichten oder ihren Auffassungen, zwei in ihrem Inhalt und ihrem Temperament ganz verschiedene Szenenfolgen zusammenstellen, je nachdem, wie die Szenen aufeinanderfolgen, wie lang sie gehalten sind und an welcher Stelle des Films sie eingebaut werden. Der Filmbesucher pflegt sich verständlicherweise über diese hintergründigen Vorgänge keine Gedanken zu machen; verständlicherweise, weil er im allgemeinen nichts davon ahnt. Er würde aber sofort stutzig werden, wenn er Gelegenheit hätte, die gleiche szenische Absicht einmal auf berichtende, breitausladende Weise, das andere Mal in einer temperamentvollen Spannungsskizze verwirklicht zu sehen. Aber eine solche Möglichkeit ist uns kaum geboten. Die engsten Mitarbeiter des Films lassen wohl einmal von dem gleichen Vorgang mehrere Schnitte herstellen, lassen sich diese Ausarbeitungen vorführen und wägen ab, welche von ihnen im Rahmen des Filmganzen am wirksamsten ist. Wir selber können uns hier lediglich an einem möglichst deutlichen Beispiele klarmachen, wie entscheidend oftmals die Arbeit des Cutters für die Güte eines Films sein kann und wie sehr noch der Schnitt den Charakter einer Filmszene ändern kann. Nehmen wir an, es sei die Aufgabe gestellt, eine Eisenbahnfahrt in einigen wenigen Bildern zu filmen. Sechs Einstellungen von je fünf Sekunden Dauer sind dem Kameramann bzw. dem Cutter zugebilligt. Es läßt sich nun geruhsam berichten, es läßt sich aber auch, und zwar fast mit den gleichen Mitteln spannend und temperamentvoll „schneiden." Die beiden Fassungen sähen dann so aus, wie die Aufstellung auf der übernächsten Seite zeigt. Das was dort in einer sachlich nüchternen Tabelle angedeutet ist, müßte man nun in einer Filmdarbietung nacherleben können; denn es ist kaum möglich, in Worten die Eindrücke des Auges, das optische Erlebnis, zu schildern. Aber dadurch, daß wir hier 23
die Bilderfolge in Spielsekunden aufgeteilt haben und den'; Szenenwechsel andeuten, der sich innerhalb einer halben Minute abspielt, wird doch verständlich, was wir hier erklären : v/ollen: Die geruhsame Fassung (links) zeigt die sechs Szenen von je fünf Sekunden Spieldauer hintereinander gereiht, die temperamentvolle Fassung (rechts) bringt die gleichen Szenen, aber kürzer geschnitten und die Kurzabschnitte mehrmals in wechselnder Folge wiederholt. Rechts haben wir nicht weniger als zweiundzwanzig, links sechs Szenen. Selbstverständlich wird in der Kürze der Zeit der Zuschauer bei der zweiten Fassung die Einzelheiten der Bilder gar nicht aufnehmen können, aber das ist auch nicht beabsichtigt. Er soll in eine bestimmte Stimmung versetzt werden — in diesem Falle in eine Stimmung der Unrast und der nervösen Erwartung. Wenn man die Tabelle so betrachtet und sie sich in dieser Aufteilung in Bildfolgen umgesetzt denkt, dann wird man verstehen, daß die gleichen Szenen in beiden Fällen etwas ganz Verschiedenes erreichen, obwohl sie inhaltlich genau gleich sind. In der geruhsamen Fassung schildern sie das Erlebnis „Reisen", das heißt die Fortbewegung von Ort zu Ort. Ein Passagier, der in diesem Zug sitzt, kann genauso gut zu einem Konzert fahren wie zu einer Beerdigung. Die Szenen sind nur dazu da, um die Ortsveränderung des Darstellers zum Ausdruck zu bringen oder aber um einen zeitlichen Zwischenraum zwischen zwei Ereignissen szenisch zu überbrücken. Dieselbe Bildfolge bedeutet aber im zweiten Fall weniger .Reise' als vielmehr stürmische Eile, Jagd, Hast . . . Mit anderen Worten: der erste Fall schildert einen Vorgang, der zweite die Verdeutlichung eines seelischen Erlebnisses. Betrachten wir auf diesen Unterschied hin doch gleich einmal eine aus den sechs Abschnitten dieser verfilmten Eisenbahnfahrt. Da ist die Szene mit dem Kofferschild. Wir sehen im Bild also ein Stück des Gepäcknetzes, in dem ein Koffer liegt, ein ledernes Kofferschild hängt herab. Dieses Schild schwankt nun im Takt der stampfenden Räder auf und nieder. 24
Sekunden des Szenenablaufs
Temperamentvoll Sekunden d. Szenenablaufs
1 2 3 4 5 Pleuelstange od. Lokomotive 6 Lokomotive 7 8 9 10 11 Rauchender Schornstein 12 13 14 15 Gleisgewirr w ä h r e n d der Fahrt 16 17 18 19 20 21 Kofferschild im Abteil 22 23 24 25 26 Drehende Räder 27 28 29 30
1 2 3 Pleuelstange d. Lokomotive 4 5 Rauchender Schornstein 6 7 Gleisgewirr, w ä h r e n d der Fahrt
Passagiere im Abteil
Passagiere im Abteil
CO 03
Geruhsam
Kofferschild im Abteil Drehende Räder Pleuelstange Schornstein Gleisgewirr Kofferschild Räder Passagiere Pleuelstange Schornstein Gleisgewirr Kofferschild Räder Pleuelstange Schornstein Gleisgewirr Kofferschild Räder
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
Zu dieser Tabelle vergleiche den Text auf den Seiten 24 und 26. Sie zeigt uns, auf wie verschiedene Weise die aufgenommenen Bilder selbst in einem kurzen Filmabschnitt „geschnitten'', d. h. zur Szene zusammengefügt werden können. Wie bei der Komposition eines Musikwerks lassen sich durch eine schneller wechselnde Folge der Motive, durch Wiederholen bestimmter Eiadrücke ganz besondere Wirkungen erzielen.
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Im geruhsamen, melancholischen Filmabschnitt wird dieses Schwanken uns das Wiegen der Fahrt versinnbildlichen. Wirt werden den Reiz des Reisens, das Angenehme der Eisenbahnfahrt in dieser einfachen, kleinen Filmszene treffend zum Ausdruck gebracht finden. Es ist ein Anblick, den wir selbst oft gehabt haben und der dann stets mit dem Begriff einer .Eisenbahnfahrt' verbunden blieb. So wird diese Aufnahme für uns zu ei-" nem gemütsbestimmenden Eindruck, der ausgezeichnet dazu geeignet ist, die rechte Stimmung für den entsprechenden Teil] der Filmhandlung zu wecken. In der erregenden Fassung dieses Filmausschnitts (rechts) finden wir die kurze, fünf Sekunden spielende Kofferschildszene in vier Teile zerschnitten, von denen der erste zwei Sekunden, die anderen drei je eine Sekunde spielen. Diese Szenenfetzen stekken jeweils zwischen den Szenen .Schornstein — Gleisgewirr' und .Räder — Pleuelstange'. Wir sehen also in rasender Folge: Schornstein — Gleisgewirr — Kofferschild — Wagenräder Pleuelstange . . . und das wiederholt sich mehrere Male. Hier bekommt das einfache Schildchen an einem Koffer eine ganz andere Betonung. Von den vorhergehenden und nachfolgenden Szenen beeinflußt, unterstreicht uns das Schwanken dieses harmlosen Schildes das jagende Stampfen des Zuges. Alles — so sagt uns dieses Kofferschild — in diesem Abteil zittert, sogar ich. Hier ist nichts mehr von melancholischem Reisesymbol geblieben. Hier geht es um Sekunden. Hier heißt es nicht mehr reisen und erleben . . . nein, hier heißt es nur noch: fort, weiter um jeden Preis . . . Und dieses alles, diese plötzliche und gewollte Verschiebung der Eindrücke wird durch nichts anderes erreicht als durch die richtige Anordnung der Szenen und ihren tempogerechten Schnitt. Die Szeneninhalte sind in beiden Fällen dieselben. Wir selbst sind es, die einen Unterschied hineinlegen. Man könnte sich sogar denken, daß diese Szenen für den Film gar nicht neu gedreht wurden (bis auf die Personenaufnahme vielleicht), sondern daß sie einem Archiv entnommen worden sind. Zweimal entnommen — für zwei verschiedene Filme — und somit zwei ganz verschiedenen Zwecken dienend. 26
7. Allerlei noch nebenbei Wir haben bisher nur vom Spielfilm gesprochen, also von dem Film, der im Lichtspieltheater den Hauptteil des Programms ausmacht. Es gibt nun noch andere Arten von Filmen, auf die wir wenigstens kurz eingehen wollen. Der Film will nicht nur unterhalten, er kann in einer besonders eindrucksvollen Art auch berichtend und belehrend sein. Da sind zunächst einmal die Kulturfilme, meist kürzere Filmwerke, die zur Abrundung des Programms manchmal neben dem Hauptfilm laufen. Entsagungsvoll und voller Mühsal ist oft die Arbeit, die in solchen Filmen von vielleicht nur zwölf oder fünfzehn Minuten Spieldauer steckt, und gewaltig ist oft der technische Apparat, der aufgewandt werden muß, uns Szenen, die manchmal nur wenige Sekunden dauern, vorzuführen. Ganze Laboratorien, zoologische Abteilungen, Stäbe von Wissenschaftlern und Spezialfilmtechnikern (für Mikroskopie, Trickfilm, Zeichnungen usw.) sind von den Filmgesellschaften verpflichtet, wenn sie solche Filme herstellen wollen. Wäre es da nicht schade, wenn wir so viel Mühe nur mit Gleichgültigkeit beantworten und uns diese einzigartigen Gelegenheiten entgehen ließen, uns weiterzubilden und so viel wundersam Neues zu lernen? Berichten und Belehren — das ist auch die Aufgabe der Wochenschau, die zu jedem Filmprogramm gehört. Um sie zusammenzustellen, sind dauernd zahlreiche Kameraleute unterwegs, die bei den neuesten Ereignissen in der Welt gleich zur Stelle sind und in Bild und Ton festhalten, was wert ist, der wißbegierigen Menschheit gezeigt und gesagt zu werden. Schließlich gibt es noch eine Gruppe von Filmen, die meist heiter sind und uns in eine der erstaunlichsten Werkstätten der Filmherstellung führen. Wir meinen die Zeichentrickfilme. Das sind Filme, die nicht in den Atelierräumen oder irgendwo draußen fotografiert werden wie die Filme, von denen wir bisher gesprochen haben, sondern die an Zeichentischen entstehen und die uns daher aus der Menschenwelt in ein phantastisches Märchenland führen. Sind die Kulturfilme schon ein mühevolles Werk, so grenzt 27
die Arbeitsleistung bei einem Zeichentrickfilm geradezu ans Wunderbare. Um das zu verstehen, müssen wir erst einmal eine kleine Rechnung aufmachen. Wir haben bereits gehört, daß bei jedem Film in der Sekunde vierundzwanzig Bilder vorgeführt werden. Ein Meter Film enthält nun rund zweiundfünfzig Bilder, spielt also . . . wir wollen nicht kleinlich sein . . . ungefähr 2 Sekunden. Haben wir einen Zeichentrickfilm von dreihundert Meter Länge (das ist der Durchschnitt), so ergibt das rund zehn Spielminuten oder 600 Sekunden. In diesen sechshundert Sekunden werden uns 600X24, das sind 14 400 Bilder vorgeführt. Da man aber von jeder Zeichnung, die für den Trickfilm angefertigt worden ist, im allgemeinen zwei Aufnahmen macht, also mit ihr zwei Bilder füllt, sind 7 200 Zeichnungen notwendig, um uns zehn Minuten lang mit märchenhaften Tricks zu unterhalten. Das ist natürlich eine ungeheure Arbeit und man würde wahrscheinlich nie fertig werden und viel zu teuer schaffen, wenn man 'den Herstellungsvorgang nicht geschickt vereinfacht hätte. In einem Bild bewegt sich nur selten die ganze Szenerie, d. h. die Umgebung, in der die Bewegung vor sich geht. Der Hintergrund, die Landschaft, die Hausfassade oder die Zimmereinrichtung, sind zunächst einmal unbeweglich. Es wäre also unsinnig, sie jedesmal neu zu zeichnen. Deshalb werden die nicht bewegten Teile des Bildes auf ein Papier gezeichnet, das man unter die Zeichnungen der bewegten Teile legt. Die unterlegte, bleibende Zeichnung nennt man Folie. Nun wird beides zusammen fotografiert. Natürlich muß dafür gesorgt werden, daß die Folie stets genau an die gleiche Stelle kommt (sie darf sich nicht verkanten oder verschieben), weil sonst der Hintergrund zu tanzen anfinge. Aber auch von den beweglichen Teilen des Bildes bewegt sich nicht immer alles. Ein Mann, der den Arm aufhebt, um zu winken, steht mit dem übrigen Körper vielleicht ganz ruhig und auch hier wäre es töricht, stets die ganze Figur neu zu zeichnen. Man verfährt also auf die gleiche Weise wie bei der Darstellung der unbewegten Landschaft, übernimmt also die nicht bewegten Körperteile aus den vorhergehenden Zeichnungen. So wird abermals eine Menge Zeit und zeichnerische Arbeit gespart. 28
Aber trotzdem bleibt die Herstellung eines Zeichentrickfilms ein Meisterstück, zu dem eine unendliche Geduld, eine unbedingt sichere Hand und größte Sorgfalt in der Ausarbeitung gehören. Jeder unscharf hingesetzte Strich ergibt eine Unsauberkeit im Gesamtbild. Um die Bewegungen in einem Zeichentrickfilm natürlich und fließend wirken zu lassen, sind oft sehr gründliche Vorversuche, und manchmal sogar Musteraufnahmen mit lebenden Menschen notwendig; denn jeder Vorgang muß in eine Anzahl von Einzelbildern zerlegt werden, von denen jedes vom vorhergehenden oft nur durch eine winzige Kleinigkeit verschieden ist. So geht das Erheben einer Hand im Trickfilm vielleicht in sechzehn verschiedenen Bewegungsfolgen vor sich, und wenn auch nur zwei oder drei dieser Bewegungen ungeschickt erfaßt sind, wird der ganze Vorgang verkrampft und unnatürlich. Der Zeichentrickfilm läßt uns gar nicht mehr daran zweifeln, daß sich der Bewegungseindruck im Film aus einer Fülle von Einzelbildern zusammensetzt, die wir nur, dank der Trägheit Kurze Bilderfolge aus einem Zeichentrickfilm: Bahndamm, Eisenbahn und Telegrafenmast werden nur ein wenig verschoben. Der „Passagier" öffnet das Maul. Die Dampfwolke entwickelt sich.
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unserer Augen, nicht mehr auseinanderhalten können. Jetzt begreifen wir auch, warum wir zu Beginn unseres Geplauders über den Film so ausführlich auf dieses Problem eingegangen sind, denn den Zeichentrickfilm wird man nicht verstehen, wenn man über diese Dinge nicht Bescheid weiß. Wir haben bisher nur vom Film des Lichtspielhauses gesprochen, aber damit ist der Wirkungsbereich des Films keineswegs erschöpft. Er ist das A und O des Fernsehprogramms. Die Schulen bedienen sich des Films zu Unterrichtszwecken, die Industrie benutzt ihn für die Forschung oder zur Vorführung solcher Erzeugnisse, die dem Kunden nicht als Muster gezeigt werden können (Bagger usw.), auch als gern geübtes Hobby dient der Film in der Form der Amateurfilme. Da sie nur für einen kleinen Zuschauerkreis bestimmt sind, haben sie kleineres Format, das sogenannte Amateurformat mit meist 8 mm Breite. Der Normalfilm benötigt auch stets viele Kopien, da jeder Film in zahlreichen Lichtspielhäusern zu gleicher Zeit läuft und die Kopien durch das Abrollen in den Projektoren bald abgenutzt sind. Einen alten, oft gespielten Film kann man daran erkennen, daß die Anfänge und Enden der einzelnen Rollen viele Kratzer aufweisen. Sie sind „verregnet", wie der Fachmann sagt. Diese Kratzer entstehen dadurch, daß sich beim Vorführen, besonders aber beim Umrollen nach der Vorführung, die einzelnen Lagen aufeinander reiben und dabei winzige Staubteilchen in die empfindliche Gelatineschicht eingedrückt werden. Die Lebensdauer einer Kopie ist also begrenzt, und so muß man von vornherein eine größere Anzahl anfertigen, bei erfolgreichen Filmen oft mehr als hundert. Bei den Schmalfilmen ist das anders. Industrie und Heim benötigen meist nur ein Exemplar (die Schule macht eine Ausnahme, weil die Filme, die sie vorführt, fast ausschließlich Verkleinerungen von Normalfilmen sind), und so hat man hier folgenden Weg beschritten: Der betreffende Film wird nicht wie der Normalfilm zum Negativ entwickelt und dann kopiert; man kehrt vielmehr den Streifen um, der durch die Aufnahmekamera gelaufen ist, und verwendet ihn gleich als vorführfertiges Positiv. Daher spricht man auch von „Umkehrfilmen", wenn man solche Filme bezeichnen will. 30
8. Sorgenkind: Farbe Als der Film sich der Farbe bemächtigte, traten mit dem neuen Reiz, den die Buntheit der Bilder auf die Zuschauer ausübte, neue Schwierigkeiten und Sorgen in den Filmateliers und Kopieranstalten auf. Auf die technische Seite dieser Vorgänge einzugehen, würde im Rahmen dieses Heftes zu schwierig sein, aber über die Regiefragen, die mit der Farbe auftauchten, muß doch wenigstens kurz etwas gesagt werden: Zunächst einmal hat die Farbe die Filme schwerfälliger gemacht. Die Szenen können nicht mehr ganz so schnell aufeinanderfolgen wie _beim Schwarz-Weiß-Film, denn der Eindruck der Farbe auf unsere Augen ist stärker, und wir können ein buntes Bild nicht so schnell verarbeiten wie ein einfarbiges. „Wirbelmontagen" (wir haben sie bei dem temperamentvollen Schnitt unserer Eisenbahnfahrt kennengelernt) sind aus diesem Grunde so gut wie unmöglich, wir würden den Szenenablauf gar nicht mehr erfassen können . . . es würde uns vor den Augen flimmern. Außerdem aber ist auch der Filmschnitt, das heißt die Aufeinanderfolge der einzelnen Szenen, nicht mehr allein von dem Bildinhalt abhängig, auch die Farbe hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Wir wissen, daß sich manche Farben „beißen". Rot und Grün, zum Beispiel, sind Brüder, die sich oft gar nicht gut miteinander vertragen. Man kann daher auf die Szene einer saftig grünen Wiese nicht das Bild eines Mädchens in einem leuchtend roten Kleid folgen lassen. Das würde kitschig aussehen. In diesen Fällen kommt also zu der Bildregie noch eine Farbregie, und zu dem Schnitt tritt neben die Sorge um die geschickte und sinnvolle Handlungsführung auch die um den wirkungsvollen Aufbau der Farbe. In unserem Beispiel mit der grünen Wiese und dem roten Kleid wird also der Regisseur entweder dafür sorgen, daß die Darstellerin in anderen Szenen Gelegenheit findet sich umzukleiden, oder aber er wird Ubergangsszenen drehen lassen, deren Farbgebung so gehalten ist, daß sie langsam vom Rot zum Grün überleiten. Das bedeutet natürlich eine gewisse Schwerfälligkeit im Ablauf der Handlung, und in manchen Farbfilmen 31
ist dieser langsamere Fortschritt des Geschehens auch deutlich zu spüren. Sie sind nicht so temperamentvoll; das ist aber nicht notwendig ein Übel, da es ja auch Filmthemen gibt, die gefühlsbetont sind und sich daher schon ihrer Natur nach langsamer entwickeln können. 9. Die „Traumfabrik" Man hat die Filmindustrie einmal „die Traumfabrik" genannt, und das ist ein sehr treffender Ausdruck, denn der Film ist tatsächlich eine Mischung aus Traum und Wirklichkeit. Wirklichkeit: das sind unter den Filmschöpfungen die Filme in sachlicher, auf die Tatsachen bezogener Berichterstattung (z. B. der Kulturfilm, der Dokumentarfilm, die Wochenschau); Traum: das sind die unterhaltenden Fabeln der Spielfilme. Gerade auf diesem Gebiet kann uns der Film zeigen, was eigentlich in ihm steckt. Hier ist ihm nahezu nichts unmöglich. Er kann mit Raum und Zeit, mit den Dingen, sogar mit den Naturgesetzen nach Belieben umgehen. Er kann die Vergangenheit in die Zukunft verkehren. Er kann den Hauptdarsteller in dem gleichen Bild mit sich selbst handeln und sprechen lassen. Er kann die geheimnisvollsten Welten uns vor Augen zaubern. Die Wunder sind ohne Zahl, und immer überraschen uns findige Regisseure und Techniker durch neue Einfälle. Sehen wir uns doch einige dieser Filmwunder näher an,- es ist sicher nicht ohne Reiz. Da schnellt ein kühner Schwimmer vom Zehnmeter-Brett. Aber mitten im Sprung verharrt er; statt weiter zu stürzen, wie es die Schwerkraft befiehlt, schwebt er, ein zweiter Ikarus, über dem Wasser. Technisch schwierig aufzunehmen? O nein, gar nicht, denn der verblüffende Trick entsteht erst in der Kopieranstalt. Beim Kopieren laufen das entwickelte Negativ und ein noch unbelichteter Positivfilm in der Kopiermaschine an einer Lichtquelle vorbei, wobei der Positivfilm Bild für Bild belichtet wird. Halten wir nun das Negativ an, lassen dagegen den Positivstreifen weiterlaufen, so wird immer das gleiche Negativbild auf eine größere Anzahl von Positivfeldern kopiert, und die Folge ist, daß unser Springer an der gleichen Stelle stehen bleibt, obwohl er mitten im Sprunge ist. 32
Bei den Doppelgängeraufnahmen wird erst der eine Teil des Bildes gedreht, die andere Hälfte wird an der Kamera abgedeckt, dann tritt der Schauspieler auf die andere Seite, und nun wird — nachdem die Abdeckung auf den zuerst belichteten Teil verlegt worden ist — die zweite Bildhälfte aufgenommen. So entstehen zwei Teilbilder, deren Übergang natürlich unsichtbar bleiben muß, mit einem und demselben Schauspieler. Die Umkehrung des Zeitablaufes, wobei also der Anfang zum Ende wird und umgekehrt, kann schon jeder kleine Film-Amateur mit seiner bescheidenen Filmkamera vorführen. Er hat dazu nichts weiter nötig, als seinen Aufnahmeapparat auf dem Kopf zu stellen, wenn er filmt. Ein Stein, den man aus einem Fenster auf die Erde wirft, wird dann nicht mehr von oben nach unten fallen, was jeder guterzogene Stein tut, sondern wird von unten nach oben steigen. Man kann den seltsamen Eindruck nun noch steigern, wenn man die Zeitlupe anwendet, das heißt, wenn man statt der üblichen vierundzwanzig Bilder je Sekunde dreihundert oder achthundert oder tausend Bilder und mehr aufnimmt, bei der Wiedergabe aber dann nur 24 je Sekunde vorführt. Dann wird der Stein nicht mehr schnellen, sondern sehr langsam gleiten. Mit dieser Zeitdehnung hat man schon die seltsamsten Dinge erforscht, wie die Bewegung eines galoppierenden Pferdes oder die Drehung und Zerstäubung eines Wasserstrahls oder die Trägheit der Massen eines zerspringenden Glases. Umgekehrt kann man die Zeit auch raffen, wenn man weniger Aufnahmen macht als gewöhnlich. Bei aufblühenden Pflanzen zum Beispiel ist man zu Abständen von Minuten und Stunden zwischen den einzelnen Bildern übergegangen und hat so das Knospen und Aufblühen, das sich vielleicht über einen Zeitraum von Tagen und Wochen erstreckt, auf wenige Augenblicke zusammengedrängt. Das sind nur einige der Trickmöglichkeiten, die der „Traumfabrik" Film zur Verfügung stehen. Was das Theater oft nur als Notbehelf, oft überhaupt nicht schaffen kann, das löst der Film spielend. Es ist eine schöne Aufgabe, die Menschen einmal auf geheimnisvolle, verzauberte, spielerische Weise vom grauen Alltag zu lösen. 33
Der herzliche Erfolg, den jeder kleine Zeichentrickfilm beim Publikum findet, beweist, wie gern sich die Menschen verzaubern lassen . . . nicht nur die Kinder, sondern auch würdevolle Erwachsene . . . und wie sehr sie von diesem geheimnisvollen Spiel mit Zeit und Raum angetan sind. Dieses Spiel mit der Technik ergeht sich nicht nur im Bild, auch mit dem Ton treibt es sein Wesen, obwohl sich das Ohr schwerer verzaubern läßt als das Auge. Wir sagten bereits, daß der Ton auf dem Filmstreifen nichts anderes ist als eine ununterbrochene Folge verschieden kräftiger Zickzacklinien. Was liegt also näher, als einmal zu versuchen, diesen Tonstreifen nicht auf optisch-elektrischem Wege sondern durch Zeichnungen, die auf dem Reißbrett entstehen, zu erzielen •— also neben den Zeichentrickfilm den Tontrickfilm zu setzen. Ein Mann namens Fischinger war wohl der erste, der es auf diese Weise versuchte. Er zeichnete also die Tonlinien und fotografierte sie dann mit der Filmkamera. So war es ihm möglich, ganz neue und ausgefallene Klangverbindungen zu schaffen; Töne also, die es in Wirklichkeit nirgends gibt und die einen ganz gespenstischen Eindruck hinterließen. Er untermalte diese Klanglaute bildlich durch das Spiel geometrischer Linien und Formen und schuf so bereits Anfang der dreißiger Jahre ein filmisches Gegenstück zur gegenstandslosen (abstrakten) Kunst. Aber diese Möglichkeit, auf solch ungewöhnliche Weise Töne zu schaffen, ist in der Filmtechnik oftmals auch von sehr praktischem Nutzen. So ist es z. B. möglich gewesen, kürzere Sprechpartien eines Schauspielers, die man nachträglich ändern mußte, lediglich durch gezeichnete Linien auf dem Tonstreifen zum Tönen zu bringen, da der Darsteller im Augenblick nicht zu erreichen war. Auch das ist ein Stück der Verzauberung, deren der Film fähig ist. Diese Verzauberung ist wohl das allerschönste am Film, noch dazu in einer Zeit wie der unseren, die oft so nüchtern und sachlich geworden ist. 34
Wir haben auf den vorhergehenden Seiten einmal den Schleier, der die Geheimnisse des Films verbirgt, ein wenig gelüftet. Natürlich darf uns unser neu erworbenes Wissen nicht dazu verleiten, dem Film nun in überheblicher Stellungnahme gegenüberzutreten. „Mir könnt ihr nicht mehr imponieren, ich weiß ja jetzt, wie es gemacht wird." Im Gegenteil, wir wollen uns nun ganz besonders an der Zauberwelt des Films erfreuen, nicht nur weil sie uns zerstreut, unterhält und ergreift, sondern gerade weil wir nun wissen, daß jeder gute Film eine schöpferische Leistung ist, an der hohes technisches und hohes künstlerisches Können im gleichen Maße beteiligt sind.
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Der Weg zur Premiere 1. Aus Idee und Stoff wird das Werk Der Weg, den ein Film von der Idee bis zur Vorführung in den Lichtspieltheatern nimmt, ist viel mühevoller, als wir uns vorgestellt haben. Kurz zusammengefaßt sind folgende Abschnitte in seinem Werdegang zu unterscheiden: 1. I d e e und S t o f f Aus der ersten Idee entsteht in mehreren Arbeitsgängen das a) Expose (erste Arbeitsskizze).* Daraus entwickelt sich das b) Treatment, die ausführliche schriftliche Niederlegung der Filmhandlung; sie wird weiter entwickelt zum c) Drehbuch, der bis in alle Einzelheiten schriftlich ausgearbeiteten Niederschrift des Films. 2. P r o d u k t i o n s v o r b e r e i t u n g e n An Hand des Drehbuches beginnen die Produktionsvorbereitungen: Kalkulation, Finanzierung, Disposition, Verpflichtung des künstlerischen und technischen Stabes, Schauspielerv.erpflichtung. ') vgl. zu den Fachausdrücken auch Seite 50 ff.
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3. Die F i l m a u f n a h m e n a) Die Bauten und Kostüme werden angefertigt, Regisseur und Kameramann begeben sich auf Motivsuche für Außenaufnahmen. Die für den Film benötigten Gegenstände (Requisiten) werden bereitgestellt. Vor der Aufnahme selbst Einrichtung der Beleuchtung, Vorbereitung der Kameraposition (Einstellung) und der Kamerabewegungen (Fahrten auf Schienen, Kran usw.). b) Das Ergebnis der Aufnahme: Belichteter Bildstreifen — Belichteter Tonstreifen. 4 . B e a r b e i t u n g von B i l d - und T o n s t r e i f e n a) Entwickeln und Kopieren in der Kopieranstalt. Erstes Ergebnis: Negativbildstreifen — Negativtonstreifen. b) Umkopieren der beiden Streifen. Ergebnis: Positivbildstreifen — Positivtonstreifen. c) Die beiden Positivstreifen gehen zur Mustervorführung ins Schneidehaus. Dort wird dem Regiestab das tägliche Arbeitsergebnis vorgeführt. Unbrauchbare Aufnahmen werden ausgeschieden und evtl. Nachaufnahmen angesetzt. d) Die für gut befundenen Aufnahmen stellt der Schnittmeister zu einer Arbeits(positiv)kopie zusammen: Die Einstellungen werden am Schneidetisch beschnitten (überflüssige Längen werden entfernt) und in der Reihenfolge des Drehbuches aneinandergeklebt. Es entsteht der sogenannte Rohschnitt. e) Nach Billigung des Rohschnittes durch den Regisseur, nach evtl. Ausscheidungen, Raffungen und Szenenumstellungen erfolgt der Feinschnitt. Der noch immer getrennte Tonstreifen wird auf den Bildschnitt abgestimmt. Nachsynchronisation stumm gedrehter Szenen. f) Bei der nun erfolgenden (zweistreifigen) Schnittabnahmevorführung billigen Regisseur und Produzent die Arbeit des Schnittmeisters oder regen nochmalige Änderungen an. 36
g) Nach der Schnittabnahme ergeben sich mehrere gleichzeitig verlaufende Arbeitsgänge: 1. Das Kopierwerk stellt die vom Schnittmeister gewünschten Blenden her (optische Kopiermaschine). 2. der Komponist stoppt die musikalisch zu gestaltenden Bildpassagen. 3. Der Titelzeichner stellt die Beschriftung des Titelvorspanns her, die in der Trickabteilung auf Film .aufgenommen wird. 4. Der Schnittmeister schneidet die gelieferten Blenden und Beschriftungen in den Film ein. 5. Das Tonarchiv liefert die benötigten Geräusche, die für die spätere Mischung auf Tonbänder aufgenommen werden. 6. Die Tonbänder der Musikaufnahmen und die Geräuschbänder gehen an das Kopierwerk, werden dort entwikkelt und gehen nach einer Kontrollvorführung als Tonpositivbänder an das Schneidehaus zurück. Die im Kopierwerk verbleibenden Tonnegative werden genau nach den Positiven geschnitten (Tonnegativschnitt). 7. Das Kopierwerk erhält vom Schneidehaus die positive (Bild)-Feinschnittkopie und schneidet danach den bei ihm verbliebenen Negativbildstreifen. Das Positiv geht sofort wieder ans Schneidehaus zurück. h) Die verschiedenen Tonbänder werden in der Mischung auf einer einzigen Tonspur vereint. Dieser Tonstreifen geht sofort ans Kopierwerk, wird dort entwickelt und zu einem neuen Mischton-Positiv umkopiert. Dieser Tonstreifen geht ans Schneidehaus zurück. i) Der Bild(positiv)streifen und das Mischtonpositiv werden im Schneidehaus synchron aneinandergelegt (ohne jedoch vereint zu werden) und gehen zur zweistreifigen Filmabnahmevorführung. k) Nach der Filmabnahmevorführung gehen die beiden Positivstreifen ins Kopierwerk. Dort wird das bereits vorgeschnittene Bildnegativ und das Mischtonnegativ an Hand 37
der vom Schneidehaus gelieferten Tonbänder angelegt. Von diesem fertigen Negativ wird die erste Standardkopie angefertigt, auf der Bild und Ton nun vereint sind. 1) Erste Verleihvorführung. Abnahme des fertigen Films durch den Verleih. 5. V e r v i e l f ä l t i g u n g Nach der Abnahme des Films durch den Verleih stellt die Kopieranstalt vom besten Positiv mehrere Negative sowie die sogenannte Lavendelkopie (Positiv zur Herstellung von Doublenegativen) her. Von den Negativen bzw. Doublenegativen werden die für die Kinos bestimmten Positivstreifen „gezogen". 2. Der Verleih Der Verleih erhebt schon bei den Vorbereitungen des Films seine Stimme. Das Drehbuch bzw. der Stoff muß ihm gefallen, der Regisseur bedarf seiner Billigung, und bei der Besetzung spricht er meist ein gewichtiges Wort mit. Diese Einflußnahme wird um so stärker, je mehr sich der Verleih im voraus an dem Filmvorhaben finanziell beteiligt. Die eigentliche Arbeit des Verleihs beginnt jedoch erst nach der Fertigstellung des Films. Natürlich haben sich der Verleihchef oder sein künstlerischer Berater schon während des Produktionsganges wiederholt die Mustervorführungen angesehen und gegebenenfalls bei Szenen, die nach ihrer Ansicht den Verkaufserfolg des Films gefährden, Änderungswünsche vorgebracht. So bringt ihnen die erste offizielle Verleihvorführung in der Regel nicht mehr viel Neues. Sie ist mehr eine Formsache, bei der der Verleih den fertiggestellten Film offiziell abnimmt. Seinem Wesen nach wäre der Verleih am ehesten mit einem Verlag zu vergleichen. Wie der Verlag das Manuskript des Autors in Buchform vervielfältigt und es über die Buchhändler verkauft, so läßt der Verleiher vom Film des Produzenten eine Anzahl Kopien anfertigen, die er an die Kinobesitzer vermietet. Und wie der Verleger sich ein ganz bestimmtes Verlagsprogramm vornimmt, so stellt der Verleiher für den Saisonbeginn im Herbst 38
seine Verleihstaffel auf: Drei Lustspiele, ein Musikfilm, ein Kriminalfilm, ein Heimatfilm, zwei ernste Filme usw. Diese Staffel, die auf Grund der an den Kinokassen gesammelten Vorjahreserfahrungen aufgestellt wird, bestimmt das Gesicht des Verleihs. Mit der Aufstellung der Verleihstaffel, die auch die eingeführten ausländischen Filme umfaßt, beginnt der Verleih bereits die Werbung bei den einzelnen Kinobesitzern. Bei dieser Vorwerbung ist meist noch keiner der angekündigten Filme fertiggestellt. Doch das Echo der Lichtspielhäuser auf die Ankündigung der Filmthemen^ und ihrer Darsteller ermöglicht dem Verleih ein erstes überschlagen seiner Erfolgsaussichten. Jeder leistungsfähige Filmverleih wird daher ständig um einen engen Kontakt mit den Kinobesitzern besorgt sein. Er unterhält dazu in allen größeren Städten Filialen, die wiederum über einen rührigen Vertreterstab verfügen. Diese Vertreter bereisen das Gebiet der jeweiligen Filiale und vermieten die Filme der Verleihstaffel an die Lichtspielhäuser. In der „Provinz" ist das verhältnismäßig einfach, da hier die Kinos meist nur Filme abnehmen, die in der Großstadt ihre Zugkraft schon bewiesen haben. Daneben veranstalten die Verleiher laufend für die Kinobesitzer Interessentenvorführungen, auch „Trade-Shows" genannt. Diese der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Veranstaltungen machen die eingeladenen Kinobesitzer schon vor der Premiere mit dem Film bekannt und ermöglichen dadurch raschere Vertragsabschlüsse. Ehe also der Verleih mit seiner Werbung an die Öffentlichkeit tritt, hat er mit ihr in den Filmfachkreisen längst begonnen. In dieser Hinsicht unterstützen ihn auch die zahlreichen Fachzeitschriften der Verleiher und Kinobesitzer. Wenn der Verleih den fertigen Film des Produzenten abgenommen hat, läßt er davon die notwendigen Kopien herstellen („ziehen"), deren Anzahl vertraglich festgelegt ist. In der Regel werden mit dem Produzenten 30 bis 50 Kopien vereinbart. Je mehr Kopien der Verleih herstellt, um so schneller kann der Film in den Kinos eingesetzt werden und um so schneller spielt er seine Herstellungskosten ein. Die Vorbereitung der Premiere stellt den Verleih vor eine Menge von Problemen, von deren geschickter Lösung der Erfolg des Films weitgehend abhängt. Zunächst einmal muß die 39
Neugier der Öffentlichkeit auf das zu erwartende Filmereignis geweckt werden. Hier den günstigsten Zeitpunkt und die geeignetsten Wege zu finden, ist die Aufgabe der Presse- und Werbeabteilung des Verleihs. Auch Ort und Zeitpunkt der Uraufführung des Films sind entscheidend für seinen Publikumserfolg. Da es niemand einfällt, in der Ferien- und Reisezeit des Sommers einen Film zu starten, drängen sich alle Premierentermine in den Herbst- und Wintermonaten zusammen. Meist startet der Verleih den Film in den wichtigsten Großstädten zur gleichen Zeit, um von vornherein eine größtmögliche Breitenwirkung zu erzielen, die für das später einsetzende Provinzgeschäft von großer Bedeutung ist. Der Geldeingang bei den Großstadtkinos ist zwar schneller als draußen in den Kleinstädten und Dörfern, doch er erschöpft sich auch schneller. Das Angebot ist zu groß, und die Sensation von heute ist morgen oft schon die langweiligste Sache der Welt. Für den Verleih ist die Reklamewirkung eines Großstadterfolges zwar sehr wertvoll, richtig Geld verdienen kann er aber erst durch ein gutes Provinzgeschäft. Denn das kinofreudige Publikum, dessen Eintrittsgelder den höchsten Prozentsatz der Gesamteinnahme ausmachen, sitzt draußen in der Provinz. Diese erstaunliche Tatsache ist nur zu erklären durch das Fehlen der vielen anderen Vergnügungsmöglichkeiten, die sich dem Großstadtmenschen auf Schritt und Tritt darbieten. Den mittleren und kleinen Kinos der Vor- und Provinzstädte und den zahllosen Land- und Wanderkinos stellt der Verleih durch seine Vertreter neben den Schaufensterfotos und den Plakaten auch alle Anzeigen- und Werbetexte sowie Vorschläge zur Gestaltung der Kinofassade zur Verfügung. Weiterhin achtet der Verleih darauf, daß die mit der Produktion vertraglich vereinbarte Namensnennung der künstlerischen Mitarbeiter sowie ihre Reihenfolge genau eingehalten werden. Andernfalls könnten dem verantwortlichen Verleih unangenehme Schadenersatzansprüche der übergangenen oder zurückgesetzten Namensträger erwachsen, deren Reihenfolge im Vorspann und auf allen Ankündigungen vertraglich genau festgelegt wird. Nun zur wirtschaftlichen Seite des Verleihgeschäftes. Da der Verleih eine Mittlerstellung zwischen Hersteller und Abnehmer, also zwischen Produzent und Kinobesitzer einnimmt, hat er nach beiden Seiten hin Rechte und Pflichten, die durch Verträge genau abgegrenzt sind. 4L)
Er verpflichtet sich gegenüber dem Produzenten: 1. Den fertigen Film innerhalb seines Verleihgebietes den Lichtspieltheatern anzubieten und die finanzielle Auswertung zu übernehmen. 2. Zu diesem Zweck die nötige Anzahl von Kopien herstellen zu lassen. 3. Die geeigneten Werbemaßnahmen zu treffen, die einen größtmöglichen finanziellen Ertrag des Films sichern. 4. In vertraglich vereinbarten Zeitabständen mit dem Produzenten über die eingegangenen Einspielergebnisse abzurechnen und die ihm zustehenden Beträge auszuzahlen. Zu diesen Hauptpunkten treten dann von Fall zu Fall Sondervereinbarungen (z. B. wenn der Verleih an der Finanzierung der Produktion beteiligt ist), die auf besondere Gegebenheiten Rücksicht nehmen. Für seine Bemühungen behält der Verleih von den an ihn abgeführten Einspielerträgen einen gewissen Prozentsatz ein. Oft wird darüber hinaus noch vereinbart, daß dieser Prozentsatz zugunsten des Verleihs geändert wird, wenn die Herstellungskosten des Films einmal abgedeckt sind. Dem Theaterbesitzer gegenüber muß der Verleih auf der Einhaltung vieler wichtiger Vertragspunkte bestehen. Im allgemeinen führt der Kinobesitzer 30 bis 40l)/o seiner Einnahmen an den Verleih als Filmmiete ab. Dieser Prozentsatz erhöht sich jedoch meist bei Filmen mit besonders hohen Herstellungskosten, bei Farbfilmen und bei Filmen, die in anderen Theatern überdurchschnittlich hohe Kasseneinnahmen erzielten. Dagegen kommt der Verleih im allgemeinen solchen Kinos entgegen, die ältere oft längst vergessene Filme, sogenannte Reprisen, auf ihr Programm setzen. Diese Reprisen, die ihre Herstellungskosten schon vor Jahren eingespielt haben, werden oft zu einem großen Geschäft, da jeder eingenommene Pfennig praktisch einen Reinverdienst darstellt. Deshalb sind manche alte Filme auf Grund der geringen Verleihmieten sehr begehrt. Abschließend noch ein Wort zu den ausländischen Importfilmen, die im Verleihgeschäft eine große Rolle spielen. Man lese nur einmal die Inserate und Programmankündigungen der Kinos! In manchen Wochen laufen in einer Statf* Ms zu 80°/o ausländi41
scher Filme. Dagegen ist nichts zu sagen, wenn diese Filme in ihrer künstlerischen Qualität besser sind als die einheimische Produktion. Jeder vernünftige Mensch wird die Einfuhr guter ausländischer Filme begrüßen, die internationale Maßstäbe aufstellen und die eigenen Produktionen zur Leistungssteigerung veranlassen. Ein verantwortungsbewußter Verleih wird zwischen den Gegebenheiten den vernünftigen Mittelweg suchen. Denn auf die Dauer muß sich der Verleih doch auf eine starke einheimische Produktion stützen, die in ihren Filmen auf die Denk- und Lebensweise sowie auf die mannigfachen Probleme ihres Landes eingeht. Neben der Förderung der nationalen Produktion ist es jedoch eine der wichtigsten Aufgaben des Verleihs, dem Publikum alle ausländischen Filme zugänglich zu machen, die auf Grund ihrer menschlichen und künstlerischen Qualitäten ein echtes Anliegen vertreten und die in echter Konkurrenz die eigenen Filmleute zu besseren Leistungen anregen.
3. Der Kinobesitzer Natürlich reißt sich jeder Kinobesitzer um die wirklich wertvollen oder guten Filme, die zugleich ein Geschäft erhoffen lassen. Die Verleiher, von denen die Filme bezogen werden, sind gewissermaßen Großhändler. Sie handeln mit Filmware und müssen genauso auf ihren geschäftlichen Vorteil bedacht sein wie jeder andere Kaufmann. Da geben sie die guten Streifen selbstverständlich an den, der mehr bezahlt — das heißt an das Kino, das die größten Besucherzahlen hat. Ein Filmpalast wird immer mehr umsetzen als ein mittleres oder kleines Kino. So kann ein kleineres Kino die guten Filme zwar auch leihen, meistens aber erst, nachdem sie die große Konkurrenz schon gespielt hat. Der Verleih stellt alle Filme, die er von den Produktionen übernommen hat, auf einer Liste zusammen und schickt sie den Kinobesitzern. Außerdem machen auch Vertreter der Verleihfirmen ihren Besuch und orientieren sich über das Angebot. Einige Filme werden in Trade-Shows vorgeführt, von manchen sieht der Interessent nur Ausschnitte, oft aber kann er nur aus dem Titel, der Besetzung und der kurzen Inhaltsangabe entnehmen, ob sich 42
der Film für ihn eignet. Da er auf Grund seiner Erfahrung die wichtigsten Produktionen und Verleiher kennt, weiß er ungefähr, was er zu erwarten hat. Aber praktisch läuft es doch darauf hinaus, daß er die Katze im Sack kaufen muß. Diese Art des Abschlusses nennt man Blindbuchen, Wenn er an einem Film interessiert ist, schließt er mit dem betreffenden Verleiher ab. Er mietet die Filmkopie für eine bestimmte Zeit, meistens für eine Woche. Es kann möglich sein, daß er einen Film nur billig bekommt, wenn er bei dem Verleiher noch 3 oder 4 andere Filme gleichzeitig abschließt. Einen interessanten Film erhält er meistens nur unter dieser Bedingung. Er muß ,en bloc' abnehmen oder Blockbuchen, wie man dieses Verfahren auch nennt, damit ihm die Konkurrenz nicht zuvorkommt. Die Bezahlung des Verleihs erfolgt gleich nach Ablaufen des Films, also etwa nach 8 Tagen. An Hand der verkauften Eintrittskarten ist eine Abrechnung leicht möglich. Die Karten werden übrigens bei einer Druckerei in Auftrag gegeben. Sie liefert sie an die Steuerbehörde, die sie wieder nur auf Abruf aushändigt. Zur Kontrolle sind der Verleiher wie das Finanzamt berechtigt. Neben den Kosten für den Hauptfilm fallen noch die Prozente für die Kulturfilme und für die Wochenschau an. Viele Theaterbesucher bedauern es, daß so wenig Kulturfilme gezeigt werden. Aber der Kinobesitezr kann sie meist wegen der Hauptfilme nicht nehmen, die jetzt im Durchschnitt länger geworden sind als vor dem Krieg. Es wäre unrentabel, das Programm zu verlängern, und auf die „Dias", das sind die kurzen Reklamehinweise vor dem Programm, kann er nicht verzichten, weil sie eine notwendige Einnahme für ihn sind. Die Wochenschauen werden bei einer der bekannten Herstellerfirmen auf ein Jahr abgeschlossen. Neben den Mieten für Filme und Gebäude wollen auch die Löhne für die Platzanweiserin, die Kassiererin, die Putzfrau, Maler und andere Hilfskräfte bezahlt sein. Dazu kommen die Stromkosten, Steuern und die Rücklagen für Erneuerungen der Einrichtungen, vor allem der Vorführmaschine. Richtig behandelt und gepflegt könnte natürlich die Vorführmaschine lange Jahre in Betrieb bleiben, wenn nicht irgendwelche Weiterentwicklungen 43
des Films Umbauten und Neuanschaffungen nötig machen würden. Er darf mit Tonapparatur, Beleuchtung und Einrichtung nie den Anschluß an die Konkurrenz verlieren. 4. Der Film ist eine Industrie Erst nach einer Unzahl Erfindungen, dem technischen Fort- m schritt des neunzehnten Jahrhunderts, seinem industriellen Auf- | schwung und besonders der Entwicklung chemischer und opti-1 scher Industriezweige, konnte der Film als ein charakteristisches Ausdrucksmittel der modernen Zeit geboren werden. Mit der Er- ' findung eines Werkzeuges, der Kamera, entstand das Handwerk des Fotografierens, und aus diesem entwickelte sich der hoch- ' komplizierte Film. Er unterliegt den Gesetzen der Wirtschaft und Organisation und sucht künstlerische Ziele mit technischen Mit- 1 teln zu erreichen. Als Jahrmarktssensation, Stumm-, Ton- und j Farbfilm durchlief er vor allem t e c h n i s c h e Abschnitte, die j neue künstlerische Möglichkeiten schufen. Auf Grund seines technischen Charakters mußte sich gleich- j laufend mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Welt eine Film- 1 industrie bilden, die wie alle Industrien mehr oder weniger vom I Kapital abhängig ist. Ohne Geld ist heute im Rahmen der freien Wirtschaft jede I Produktion unmöglich. Auch der Film kann trotz seines geringen ] Materialwertes nur von kapitalkräftigen Großunternehmen her- I gestellt werden. Er ist eines der kostspieligsten Industrieprodukte und wegen seiner außerordentlich hohen Herstellungskosten auf weite Absatzmärkte angewiesen. Ob ein Film erfolgreich sein wird, läßt sich nur in ganz selte- j nen Fällen voraussagen, denn ein künstlerisch guter Streifen kann ein schlechter Kassenerfolg werden. Jede Fehlinvestition bedeutet hier für kleinere Unternehmen den Ruin. Nur ein großer Produzent wird einen Mißerfolg durch neue erfolgreiche Filme wieder ausgleichen können. Der wirtschaftliche Charakter zeichnet sich auch an der Vielfalt der Zubringer-Industrien und der Verflechtung mit anderen Wirtschaftszweigen ab. Er kann von der Produktion des Rohfilms bis zur Kinokarte verfolgt werden. Die Fabrikationen der 44
Optiken, Kameras, Beleuchtungskörper, Projektoren, Tongeräte, Verstärker usw. leben zu einem großen Teil von der Filmindustrie, die damit für jedes Land von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. So beläuft sich z. B. das in der amerikanischen Filmindustrie investierte Gesamtkapital nach neuester Schätzung auf ungefähr 3 Milliarden Dollar, das sind umgerechnet etwa 13 Milliarden DM. Allein an Reklameunkosten werden jährlich in den USA 111 Millionen Dollar ausgegeben, wovon 80 Millionen auf die Werbung in den Staaten fallen. Der Film steht unter den amerikanischen Industriezweigen an der fünften Stelle. 210 000 Arbeitnehmer sind in der amerikanischen Filmwirtschaft beschäftigt, davon 175 000 in der Produktion. Die Summe ihrer Löhne und Gehälter beträgt 450 Millionen Dollar im Jahr. Ungeheuer groß ist auch die „Käuferzahl" der Filmware. So beträgt die tägliche Besucherzahl in den etwa 90 000 Kinos auf der Erde nahezu 30 Millionen. Das sind jährlich mehr als 10 Milliarden Kinobesucher (die Bevölkerungszahl der Erde beträgt etwa 2,6 Milliarden Menschen). In den USA besuchten 1958 2,2 Milliarden Menschen die Kinotheater. Im gleichen Jahr waren in Westdeutschland 273 Millionen Besucher zu verzeichnen. Während die Vereinigten Staaten 1960 über 16 000 Kinos verfügen, gibt es in der Bundesrepublik und in Westberlin 7566 Filmtheater mit über 2 Millionen Plätzen, so daß in Deutschland auf je 26 Einwohner ein Kinoplatz fällt. In Nordamerika teilen 14 Personen einen Sitz, in Europa 16, in Südamerika 23, in Asien 216 und in Afrika 231 Personen. Jährlich werden in der Welt 1200 Spielfilme hergestellt und in den Kopieranstalten bis zu 250 mal vervielfältigt. Von den amerikanischen Wochenschauen gibt es bis zu 750 Abzüge. 25 000 km Film laufen täglich durch die Vorführmaschinen der westdeutschen Filmtheater. In einem Kino gäbe das eine Vorstellung von mehr als 2 Jahren Dauer. Ein Auto führe bei einem Stundendurchschnitt von 70 km fast 14 Monate, um die 700 000 km Film abzufahren, die jährlich in den USA verbraucht werden. Man sollte eigentlich glauben, daß sich die Filmindustrie der Welt keinen Schwierigkeiten gegenübersieht. Und doch können jederzeit Krisen entstehen, wenn z. B. bei gleichbleibender Pro45
duktion die Besucherzahl abnimmt (z. B. durch das Fernsehen), oder wenn ein Land soviel Filme auf den Markt wirft, daß die Filmindustrien der anderen Länder sich plötzlich größeren Absatzschwierigkeiten gegenübersehen. Da die USA in der Weltproduktion von Spielfilmen an erster Stelle liegen, sind sie als größter. Konkurrent der europäischen Filmwirtschaft anzusehen. Mit jeder Entwicklungsstufe des Films wurden die Produktionskosten höher. Während sie sich 1932 auf 380 000 RM beliefen, bis 1944 auf über eine Million stiegen, wurden 1946 für die Herstellung eines größeren Spielfilms 1,8 Millionen RM nötig. Nach der Währungsreform erreichten die Herstellungskosten im Durchschnitt 700 000 bis 800 000 DM. Damit werden in den meisten Fällen die Grenzen der Wirtschaftlichkeit weit überschritten, denn ungefähr 130 000 DM (das sind mindestens 15% der Ge- I samtkosten eines Films) sind allein an Zinsen und Provisionen für i die Aufbringung der 800 000 DM nötig, die einen Film finanzieren. Vor dem Krieg half der Export einen Film rentabel zu machen. Er brachte jährlich etwa 30 Millionen ein. Heute ist das Auslandsinteresse auf Grund mangelnder Qualität sehr gering, vielmehr wird der deutsche Markt mit ausländischen Filmen überschwemmt, die billig angeboten werden und die dem Verleiher auf Grund günstigerer Prozentsätze einen höheren Gewinn sichern. Wirklich gesunden kann die deutsche Filmindustrie erst, wenn durch Bildung von Finanzgruppen (Filmbanken) und staatliche Unterstützung eine Anlaufhilfe und Risikominderung gegeben ist. Studios zur Ausbildung des Nachwuchses könnten wie in den USA Experimentiermöglichkeiten schaffen, und beides zusammen wäre ein Schritt zur Qualitätssteigerung, von der der einzig rettende Export abhängt. Die beste Werbung für den deutschen Film kann immer nur seine Eigenart und eine besondere Güte sein. Hier neue technische und künstlerische Wege zu gehen, wäre die Aufgabe der jungen deutschen Filmgeneration. Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung aber ist vor allem das richtige Verhältnis zwischen wirtschaftlicher und künstlerischer Zielstrebigkeit.
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5. Film — international und völkerverbindend In der Breite seiner Wirkung kann der Film mit dem heutigen | Zeitungswesen verglichen werden. Während die Presse aber im • 46
großen ganzen auf ein Sprachgebiet beschränkt bleibt, hatte der Stummfilm ausgesprochen internationalen Charakter. Doch auch der Tonfilm setzt sich mit Hilfe der Synchronisation über jede Sprachgrenze hinweg. Er ist nicht auf die Sprache angewiesen, denn die filmische Bildhandlung ist allgemein verständlich. Sie vor allem bestimmt die Qualität eines Streifens. In seiner Tiefenwirkung ist das immer irgendwie „dokumentarisch" wirkende Bild stärker als das geschriebene Wort. Unsere Illustrierten geben uns täglich den besten Anschauungsunterricht. Da ist z. B. ein Foto aus Afrika: aufständische Negersoklaten haben Barrikaden errichtet, gegen die regierungstreue Panzer vorrollen. Das Bild hält zweifellos eine spannende Sekunde der Weltgeschichte fest, es zeigt ein Stück Leben. Man möchte meinen, daß es daran nichts mehr zu deuten gäbe. Weit gefehlt. Ein und dasselbe Foto erscheint sowohl in einer amerikanischen wie in einer russischen Zeitung. Im ersten Fall wird die Bildunterschrift vielleicht lauten: Panzer werden eingesetzt, um Ruhe und Ordnung unter den von kommunistischen Drahtziehern aufgehetzten Rebellen wieder herzustellen. Und das russische Blatt setzt unter das Bild: schwere Panzer rollen gegen die Freiheitshelden vor, die gegen die menschenunwürdige Behandlung durch ihre reaktionäre Offiziersclique protestieren. Das gleiche Foto, zweimal interpretiert! Die Bildaussage des Films dagegen arbeitet mit Mitteln, die ungleich nachhaltiger wirken und die vom Publikum nicht so leicht wie unser Beispiel als Propaganda erkannt werden können. Nehmen wir an, die oben geschilderte Situation sollte in einem Film dargestellt werden. Im ersten Fall sähe das so aus: Sauber rasierte und sympathisch wirkende Soldaten sitzen mit gespannten Gesichtern auf ihren Panzern. Ein Bild militärischer Disziplin und Stärke. Vor ihnen eine johlende Horde, Gesichter, denen man nicht im Wald begegnen möchte. Sie empfangen die Panzer mit Handgranaten. Doch als die Panzer über die Köpfe ein paar Schreckschüsse abgeben, stiebt die Horde heulend auseinander und flüchtet in den Busch. Langsam zermalmen die Panzer die Hindernisse und rollen ruhig voran. Und der Zuschauer sagt sich: Bravo! Kein langes Federlesen! Ordnung muß sein! Im zweiten Fall wäre das ganz anders: Elende, mit zerfetzten Uniformen bekleidete Gestalten, erregte Gesichter, in deren Augen der Haß glänzt, stehen hinter ihren Barrikaden. Da rollen die 4?
Panzer an, bösartige Ungetüme. Die drohenden Mündungen der j Kanonen sind Sinnbild brutaler Gewalt. Grell peitschen Schüsse ! über den Platz. Der rohen Willkür weichend, bringen sich die ohne schwere Waffen wehrlosen Rebellen in Sicherheit. Und der I Zuschauer zischt: Diese Gemeinheit! Totschlagen sollte man diese rohen Kerle! Wie eine Medizin in ihrer Anwendung belebend oder tödlich sein kann, liegen im Film positive und negative Möglichkeiten. Das Schicksal aller menschlichen Mittel ist es, mißbraucht zu wer- ; den. Der Film stellt leider keine Ausnahme dar. Politische Hetze, die Geschichte und Gegenwart verfälscht, ist uns einstmals zur Genüge bekannt gewesen. Unter der Oberfläche des interessanten Geschehens kann geschickt versteckt das schleichende Gift der Beeinflussung wirken. Abgesehen von diesen möglichen Entartungen ist der Film auf der anderen Seite jedoch besonders geeignet, Allgemeingültiges und Positives auszusagen und zu zeigen, daß die Menschen aller Völker letzthin durch die gleichen Probleme miteinander ver- j bunden sind. Wie der Mensch selber, ist der Film im Grunde ein Überstaatliebes Wesen. Er ist heute nicht nur das beliebte Unterhaitungsmittel, sondern auch einer der wichtigsten Erziehungsfaktoren, die die moderne Welt kennt. Geschmacksbildend, kann er die Lebensart einer ganzen Generation bestimmen. So stellte eine konservative Zeitung in England bestürzt fest, daß unter dem Einfluß des amerikanischen Films die guten Umgangsformen des „merry old England" von den jungen Leuten als lächerlich abgelehnt werden und das gute Englisch mehr und mehr mit dem New Yorker Slang mancher amerikanischer Filme durchsetzt werde. Durch den Film ist ein unabsehbarer Einbruch in unsere durch Jahrhundert geformte Sprache erfolgt, klagt das besorgte Blatt.
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Durch seine Bildhaftigkeit nimmt der Film dem abgearbeiteten I und erschöpften Menschen viele Gedankenarbeit ab und lehrt ihn j spielend, was er in der Schrift kaum begreifen würde und wozu ihm sonst nur die Erfahrung verhelfen könnte. Auch da, wo die Absicht bestand, einen reinen Unterhaltungsfilm zu drehen, ist 1 eine besondere Wirkung gegeben. 48
Der Film ist in unserem Leben eine Macht geworden, die um so mehr das Wesen der Masse bestimmt, als diese wesentlicher Hilfe bedarf. Gehen wir von dem normalen Fall aus, daß ein Film ohne tendenziöse Absicht gedreht wurde und einfach deswegen ins Leben tritt, weil der Autor sich an einem Stoff begeisterte und ein Produzent Geld verdienen wollte. Wenn wir weiter artnehmen, daß der Streifen gut geworden ist, wird er ganz bestimmte Eigenschaften haben. Er wird typisch sein, das heißt, er wird die Persönlichkeit seiner Schöpfer und deren geistige und landsmannschaftliche Herkunft offenbaren. Jedem Laien ist es heute möglich zu sagen: das ist ein französischer, das ein amerikanischer und jener ein deutscher Film. Im Kino werden die Eigenarten des Herkunftslandes eines Films viel näher an den Zuschauer herangebracht, als es zum Beispiel auf der Bühne mit einem Theaterstück der Fall ist. Man wird in die Straßen New Yorks versetzt, sieht den Amerikaner in seinem Milieu, beobachtet seine typischen Reaktionen und bekommt außerdem noch seine Eigenarten von einem amerikanischen Regisseur dargeboten, der die Atmosphäre seines Landes wiedergeben muß, so ungeschickt er auch sonst sein mag. Ohne darauf zu achten, treten wir mit jedem Film eine Reise an. Für eine Mark fünfzig wohnen wir plötzlich in einem Pariser Hotel oder folgen dem Beamten von Scotland Yard durch die Londoner Slums. Die Handlung nimmt uns gefangen, und das Erleben des Helden wird zu unserem eigenen. Ganz nebenbei, ohne daß wir uns dessen bewußt werden, denken wir mit einem Male französische oder englische Gedanken. Sie sind nicht viel anders als unsere eigenen, das müssen wir zugeben. Sie stecken nur in anderen Kleidern. Ein Wunder ist geschehen! Ich, der Oberprimaner Habermann, ich bin Cowboy aus Texas. Wenn ich aus dem Kino komme, lausche ich auf meine Schritte: klingen da nicht die großen silbernen Sporen mit? Nein, denn für eine Mark fünfzig kann man nur zwei Stunden verreisen. Aber ich habe dem Rancher die Hand geschüttelt, habe mich mit dem kleinen italienischen Jungen versteckt — ich habe Freundschaften geschlossen mit fremden Völkern. 49
Das war kein Traum. Die Wirklichkeit hat schon in dem I Augenblick begonnen, da ich den Helden auf der Leinwand ver- I stand. Diese Wirklichkeit in mir ist die Erkenntnis des Gleichen, des Liebens und Leidens, das alle Völker und Menschen gemeinsam bewegt. Bei aller Gedankenträgheit haben wir eins in dieser Kinovorstellung geleistet: Wir haben das andere Volk j mit seinen Ausdrucksformen anerkannt und mehr noch, wir haben es erlebt. Die Schranken der Voreingenommenheit sind gefallen. Niemand, keine Regierung und keine Propaganda der Welt kann uns unsere Erkenntnis nehmen, daß da drüben Menschen leben wie du und ich. Der Film ist in seiner positiven Wirkung völkerverbindend! I Und das ist vielleicht seine großartigste Möglichkeit; ver- I stehen und lieben zu lehren — einfach seiner Gesetzmäßigkeit I gehorchend.
6. Was ist was? Abblenden Langsames Abdunkeln des Filmbildes bis zur völligen Dunkelheit. Das Abblenden wird durch Schließen der Kamerablende oder durch Steuerung der Belichtung im Kopierwerk erzielt. Aufblenden Langsames Sichtbarwerden des Filmbildes, ausgehend vom völligen Dunkel. Das Aufblenden wird durch langsames öffnen der Kamerablende oder durch Steuerung der Belichtung im Kopierwerk erzielt. Architekt Der A. entwirft nach dem Drehbuch die Dekorationen der Handlungsschauplätze und überwacht Herstellung und Aufbau der gesamten Dekorationen. Archiv Neben einem Tonarchiv verfügen größere Ateliers über umfangreiche Filmarchive, in denen Streifen von Naturschauspielen (Wolken, Unwetter, Meereswellen etc.) oder sonstigen Ereignissen (Kriegs- und Sportaufnahmen, Hafenbilder, Volksfeste, Straßenbilder) aufbewahrt werden. Diese Archivstreifen werden bei Bedarf in andere Filme „eingeschnitten" oder zu Rückprojektion und Maskenverfahren verwendet. 50
Aufheller Kleiner oder mittlerer Scheinwerfer, der zur Aufhellung stark beschatteter Teile des Bildes dient. Aufnahmeleiter Der A. ist dem Produzenten verantwortlich, daß der Drehplan arbeitsmäßig und zeitlich eingehalten wird. Er sorgt für den reibungslosen Ablauf dter gesamten Dreharbeiten. Aufnahmestab Der gesamte A. besteht aus dem künstlerischen A. und technischen A. Der künstlerische A. umfaßt Regisseur, Kameramann, Schnittmeister, Komponist, Masken- und Kostümbildner; zum technischen A. gehören Aufnahmeleiter, Beleuchter, Requisiteure etc. Außenaufnahme Im Gegensatz zur Atelieraufnahme w e r d e n alle Aufnahmen, die unter freiem Himmel und unter teilweiser V e r w e n d u n g des natürlichen Lichts gedreht werden, als A. bezeichnet. Bautage Anzahl der Tage, die zur Errichtung der Bauten und Atelierdekorationen benötigt wird. Die g e n a u e Aufstellung der Bautage bildet eine wichtige Grundlage zur Kalkulation des Filmherstellers. Beleuchter Der B. sorgt nach den Anweisungen des Regisseurs bzw. des Kameramanns für die sachgemäße Beleuchtung der Szene. Bildfenster Das B. hinter dem Objektiv der Kamera bzw. des Projektors grenzt bei der Aufnahme und bei der Projektion den Bildraum ab. Beim normalen Tonfilm hat das Bildfenster bei der Kamera eine Größe v o n 21,3 X 15,75 mm, beim Projektor 20,8 X 15,25 mm. Bildfrequenz Zahl der Einzelbilder des Filmstreifens, die pro Sekunde in der Kamera belichtet oder im Projektor wiedergegeben werden. N o r m a l e Bildfrequenz: 24 Bilder pro Sekunde. Bildschirm helle, lichtreflektierende Fläche zur Prejektion v o n Filmen. N e b e n Leinwand v e r w e n d e t man auch feste Bildschirme mit Silberanstrich. Bildseite (des Drehbuchs) linke Spalte einer Drehbuchseite, in der alle optisch w a h r n e h m b a r e n Vorgänge, sowohl das Spiel wie auch die Dekoration und die Kamera betreffend, aufgezeichnet sind. Siehe auch Tonseite. 51
Bildzahl pro Filmmeter Normalfilm 35 mm: 53 Bilder; Schmalfilm 16 und 9,5 mm: 131,5 Bilder. Blende 1. Alle Arten von Sonnen- und Lichtschirmen gegen störenden Lichteinfall. — 2. Abdeckung eines bestimmten Teiles des Bildes (auch Maske genannt). — 3. Weicher Übergang zwischen den Aufnahmen zweier Einstellungen, wobei je nach Art der Blende die erste Bildserie bis zum völligen Dunkel „abgeblendet" und die neue Bildserie allmählich „eingeblendet" wird. Diese beiden Vorgänge können auch ineinander übergehen, was man als „überblenden" oder „durchblenden" bezeichnet. Diese Blendenart wird zur Verdeutlichung zeitlicher und örtlicher Abstände verwendet. Bürgschaft Durch die schlechte Lage des deutschen Films in der Nachkriegszeit entwickelte sich das System der Staatsund Länderbürgschaft, welche den Banken gegenüber für einen bestimmten Kredit bürgen. Für den Fall, daß der Film seine Herstellungskosten nicht einspielt, haftet der Staat bzw. das Land der Bank gegenüber für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen. Cutter
siehe Schnittmeister.
Dayverfahren Trickaufnahme, bei welcher nur der untere Teil des Bildes im Atelier aufgenommen wird. Der obere Bildteil wird, gegen unten verwischt, auf Glas gemalt und bei der Aufnahme zwischen Kamera und Aufnahmegegenstand gehalten. Dialog Zwiegespräch, Unterredung zum Unterschied zum Monolog, dem Selbstgespräch. Dialogregisseur Bei Filmaufnahmen, die neben ihren technischen Schwierigkeiten auch noch einer besonders eingehenden Schauspielerführung bedürfen, wird oft ein eigener Dialogregisseur hinzugezogen, der sich lediglich um das Spiel der Darsteller kümmert, während sein Kollege die technische Realisierung von Bild und Ton besorgt. Auch künstlerisch schwachen Regisseuren (die aber oft ausgezeichnete Filmtechniker sind) wird zuweilen ein Dialogregisseur beigegeben. 52
Doppelbelichtung (Mehrfachbelichtung) 1. Zweimalige Belichtung des Filmstreifens durch Filmrücktransport in der Kamera zur Erzielung von Überblendungen. — 2. Zweite Belichtung des Filmstreifens, der bei der vorgehenden Aufnahme teilweise durch Masken abgedeckt war. Doublenegativ Von den ersten Positivkopien des fertigen Films werden sofort wiederum mehrere Negative gezogen, die man D.e nennt. Sie ermöglichen die schnellere Herstellung der zum Vertrieb notwendigen Verleihkopien. Dramaturg Der D. hat die Aufgabe, eingereichte Filmideen, Treatments und Drehbücher zu prüfen, evtl. zu bearbeiten, den Autoren Änderungsvorschläge zu unterbreiten und den Produzenten in künstlerischen Fragen zu beraten; oft gekoppelt mit den Aufgaben des Pressechefs. Drehbuch Das Drehbuch ist die bis in alle Einzelheiten ausgearbeitete Niederschrift des Films, auf der der Regisseur seine Inszenierung aufbaut. Das D. hält nach Nummern geordnet in der tatsächlichen Reihenfolge alle Handlungsschauplätze und Kameraeinstellungen fest. Die Dialoge sind vollständig wiedergegeben. Das D. wird in zwei Spalten aufgeteilt: linke Seite Bild, rechte Seite Ton. Es stellt das Endergebnis der Arbeit des Filmautors dar (ähnlich wie die Partitur des Komponisten). Drehplan Auch Disposition genannt, Aufgliederung der Einstellungen eines Drehbuchs, z. B. nach Innen- und Außenaufnahmen geordnet, um eine reibungslose und möglichst rationelle Dreharbeit zu ermöglichen. Der D. ist eine wichtige Grundlage für die Aufstellung der Produktionskosten. Außerdem geht aus ihm hervor, für wieviel Tage die einzelnen Darsteller verpflichtet werden müssen. EinStellungswechsel Die jeweiligen Kameraeinstellungen im ' fertigen Film schließen sich durch einen einfachen Schnitt aneinander an, d. h. Bildserie 2 folgt hart auf Bildserie 1. Liegen zwischen zwei Einstellungen ein langsames Abblenden der ersten und ein langsames Aufblenden der zweiten Bildserie, so erhält der Zuschauer den Eindruck eines großen zeitlichen oder örtlichen Abstandes zwischen den beiden Bildserien. 53
Emulsion Lichtempfindliche Fotoschicht auf dem Zelluloidstreifen. Expose Erste kurze, schriftliche Niederlegung einer Filmhandlung auf etwa zwei bis acht Schreibmaschinenseiten. Das E. entspricht der ersten Arbeitsskizze eines Malers. Fahraufnahme Filmaufnahme, bei der sich der Standpunkt der Kamera in gleichmäßiger Geschwindigkeit verändert, wobei vom Aufnahmegegenstand an eine Vor-, Rück-, Begleit- oder Verfolgungsfahrt ausgeführt wird. Bei solchen Aufnahmen wird die Kamera gewöhnlich auf Schienenwagen, Kran oder Lift montiert. Feinschnitt Nachdem im Rohschnitt die Einstellungen in der Reihenfolge des Drehbuchs angeordnet wurden, beseitigt der Feinschnitt alle überflüssigen Längen und nimmt die letzten dramaturgisch wichtigen Szenenumstellungen vor. Zugleich werden die in der Kopieranstalt hergestellten Blendeneffekte eingeschnitten. Filmautor Sammelbezeichnung für alle für den Film literarisch Tätigen, also etwa Drehbuchschreiber, Bearbeiter, Erfinder von Filmideen etc. Filmtransporttrick Unter F. versteht man neben Zeitlupe und Zeitraffer alle Tricks, die durch Filmrücklauf erzielt werden können (rückwärtslaufende Pferde, aber auch Überblendungen mit Doppelbelichtung). Geberspule Filmspule, von der das Negativ- oder Positivfilmmaterial zur Belichtung oder zur Wiedergabe in der Kamera oder im Projektor abläuft. Identifizierung Aufnahmetechnik, bei welcher das Bild so aufgenommen wird, daß der Betrachter glaubt, die Szene mit den Augen eines Mitspielenden zu sehen. Am häufigsten gebraucht bei wechselnden Dialogeinstellungen. Innen- oder Atelieraufnahme Alle Filmaufnahmen, die in geschlossenen Filmateliers oder eigens dafür errichteten Hallen oder Zelten gedreht werden, aber auch alle Aufnahmen, die in anderen geschlossenen Räumen gedreht werden, bezeichnet man als Innenaufnahmen. 54
Kamerabewegung Es gibt zwei Arten von K.-bewegungen: Bewegungen am Stativ (Schwenken, Heben, Senken) und Bewegungen der stativstarren Kamera auf Wagen, Lift und Kran (Vorfahrt, Rückfahrt, Begleitfahrt, Verfolgung). Eine Kombination beider Kamerabewegungsarten ist möglich. Kameraeinstellung Sie ist die kleinste szenische Einheit des Films, im Drehbuch durch Ziffern kenntlich gemacht. Die gebräuchlichsten Kameraeinstellungen sind: T o t a l e (Überblick über den gesamten Schauplatz), w e i t (Aufnahme eines weit entfernten Gegenstandes aus einem enger begrenzten Blickwinkel), h a l b t o t a l e (holt Gegenstände und Personen aus ihrer Umgebung heraus, läßt aber dabei ohne Kameraschwenken genügend Raum für eine freie Entfaltung des Spiels), h a 1 b n a h (umfaßt im Bildausschnitt den „Spielraum einer menschlichen Figur), n a h (zeigt den Aufnahmegegenstand bereits so nah, daß Einzelheiten zu erkennen sind, z. B. Gesichtsausdruck des Darstellers, Einzelheiten der Kleidung etc.), g r o ß (der Bildausschnitt beschränkt sich auf das Gesicht des Darstellers oder auf einzelne Gegenstände, die dabei den Bildrahmen ausfüllen), D e t a i l (Hervorhebung wichtiger Einzelheiten z. B. einer Person, etwa das Auge, eine Blume im Knopfloch etc.). Die Folge der Kameraeinstellungen unterliegt bestimmten filmischen Gesetzen und ermöglicht die optische Ausdeutung der zu filmenden Vorgänge. Kameramann Wichtigster Mitarbeiter des Regisseurs an der Filmkamera. Ebenso wie der Regisseur das Drehbuch in die Szene umsetzt, besteht seine Aufgabe in der einwandfreien fotografischen Gestaltung der Regieabsichten. Der K. ist für die Bildqualität des Films verantwortlich. Kameraposition Nicht immer gleich der Einstellung. Aus einer Kameraposition können mehrere Einstellungen aufgenommen werden. Kassette Blechtrommel zur Aufbewahrung von Filmmaterial. Klappe Vor jeder Kameraeinstellung wird eine schwarze Tafel in das Bild gehalten, auf welcher Titel des Films, meist auch Name des Regisseurs und des Kameramanns, die Bezeichnung Tag oder Nacht, innen oder außen, die Nummer der Einstellung und ihre jeweilige Wiederholung angegeben wer55
den. An der unteren Kante dieser Tafel befindet sich e i n e « Holzleiste, die zu Beginn jeder Aufnahme hörbar gegen d i e l Klappe geschlagen wird, wobei auf dem Tonband eine genaue Markierung des Beginns der Einstellung verzeichnet wird. Kleben Die einzelnen Schnitte werden vom Schnittassisten-fl ten aneinandergeklebt. Hierbei muß die Verbindungsstelle mit ' Azeton behandelt werden, um eine wärmefeste Verbindung ll zu erlangen. Komparse, Statist Der K. ist ein Darsteller für kleinste Neben- 1 ßguren der Handlung, meist stumm. Für Massenszenen werden | manchmal sogar Tausende von K.n benötigt. Kompendium Vorrichtung an der Kamera, welche das Objek-1 tiv vor störendem Lichteinfall schützt. Komplex Im Film versteht man unter K. die Zusammenfassung I der gleichen Schauplätze ohne Rücksicht auf ihre Reihenfolge 1 im Drehbuch. Die Zusammenfassung ermöglicht eine rationelle 1 Arbeitsweise. Kopie Anfertigung eines zweiten Streifens nach dem belichteten Film. Die erste Kopie vom in der Kamera belichteten | Film ist die Positivkopie (Ümkehrung von Schwarz und Weiß). Durch Anfertigung einer weiteren Kopie entsteht wieder eine Negativkopie. Siehe auch Schnitt. Kopierwerk Im Kopierwerk wird auf der Kopiermaschine der belichtete Rohfilm zum Negativ entwickelt (ungefähr 800 m pro Stunde) und durch Herstellung der Positivkopien vervielfältigt (ungefähr 2500 m pro Stunde). Außerdem stellt das Kopierwerk die Blenden, die Vorspanntitel und die sonstigen : Kopiertricks her. Kran siehe Kamerabewegungen. Lampenhaus Gehäuse im Vorführprojektor, in welchem sich die zur Projektion notwendige starke Lichtquelle befindet. Wegen großer Hitzeentwicklung der Kohlenbogenlampen ist das L. meist mit Rauchabzug und Ventilator ausgestattet. Laufzeit des Films 1,35 m Normalfilm (53 Einzelbilder) hat in Kamera und Projektor eine Laufzeit von 2,2 Sekunden. 56
Lavendelkopie Die L. ist eine Positivkopie auf einem blaugetönten Schnitträger. Nach ihr werden wiederum Doublenegative hergestellt. Lichttonkamera In der L. werden die von einem Mikrophon aufgenommenen und in elektrische Schwingungen umgewandelten Schallwellen in Lichtschwankungen umgewandelt, die einen Filmstreifen belichten. Dieser erscheint später auf der fertigen Kopie als Tonspur. Magnetophon Die von einem Mikrophon in elektrische Impulse umgewandelten Schallwellen werden zum M. übertragen, wo der Schneidekopf das durchlaufende Tonband magnetisiert. Beim Abspielen des Tonbandes erzeugt die Magnetisierung im Abhörkopf elektrische Schwingungen, die von einem Lautsprecher wieder in Schallwellen umgewandelt werden. Malteserkreuz Filmtransportvorrichtung im Projektor, das den Film 24mal in der Sekunde durch Eingreifen in die Perforation vorwärts bewegt und während dieses Transportes das Bildfenster schließt. Masken Metall- oder Zelluloidfolien, die bei der Aufnahme das Bild mit einer ganz bestimmten Kontur abdecken. Die so abgedeckte Bildfläche wird beim darauffolgenden zweiten Aufnahmegang belichtet (siehe Matteverfahren u. dgl.). Maskenbildner Der M. ist Friseur und Schminkmeister. Er sorgt dafür, daß der Darsteller in der vorgeschriebenen Maske vor die Kamera tritt, und ist auch während der Aufnahmen anwesend. Seine Kunst besteht u. a. darin, Darsteller z. B. nach dem historisch bekannten Bild einer Persönlichkeit zu schminken und zu frisieren. Matteverfahren Trickaufnahme, bei welcher der untere Bildteil im Atelier oder im Freien gebaut wirdj der obere Bildteil wird nach der Natur aufgenommen. Mikrophongalgen Zum Unterschied vom gebräuchlichen Mikrophon ist beim M. das Mikrophon auf einen langen Schwenkarm montiert. Auf diese Weise kann es von allen Seiten nah an die Darsteller herangeführt werden, ohne im Bild zu stören. 57
Miniaturverfahren Trickaufnahme ähnlich dem Dayverfahrcn.J Der untere Bildteil wird nach der Natur aufgenommen, für den! oberen Bildteil wird ein plastisches Miniaturmodell, welches! perspektivisch genau zum unteren Bildteil passen muß, von! der Kamera aufgenommen. Mischen Vereinigung der zahlreichen Tonbänder (Musiki Sprache, Geräusch) zu einem einzigen Tonband, das synchron! an den Bildstreifen angelegt wird. Musikrolle In der Musikrolle werden die Teile des Films zu-s sammengestellt, die einer musikalischen Untermalung oder Begleitung bedürfen. Negativfilm Der in der Kamera belichtete Rohfilm zeigt nac seiner Entwicklung eine Umkehrung der Lichtwerte auf, d. hl weiße Stellen erscheinen schwarz und schwarze Stellen weißj Nach der nochmaligen Umkehrung dieser Werte erhält mar das zur Vorführung bestimmte Positiv. Neger Schwarze Schirme (meist Bretter oder Sperrholz), diej störende Lichtreflexe abhalten. Nehmerspule Aufwickelspule des belichteten bzw. des proji-J zierten Filmmaterials in der Kamera oder im Projektor. Originalfilm Im Gegensatz zum Film, der nach einer vorhan-; denen Vorlage gedreht wird (Vorlagefilm), ist die Handlung] des Originalfilms von Anfang an für den Film erdacht undJ geschrieben worden. Als Vorlage zur Anfertigung des Dreh-j buchs dient im Gegensatz zum Vorlagefilm das Expose bzw.J Treatment. Partitur übersichtliche Aufzeichnung der einzelnen Instrumen-J tal- oder Gesangsstimmen eines Musikstückes. Die P. ist das j Endergebnis der Arbeit des Komponisten und dient dem Diri-J genten zur Einstudierung (vgl. Drehbuch). Perforation Die P. ist die beiderseitige Lochung des Film-J Streifens; die Greiferzacken in der Kamera und im Projek-1 tor greifen in die einzelnen Löcher der P. ein und bewegen I den Filmstreifen vorwärts. Die P. ist international genormt:] Lochhöhe 1,98 mm, Breite 2,79 mm, Abstand 4,45 mm, das sind! also 4 Löcher pro Bild. Play back (Rückspielverfahren) Man nimmt das Musekstück I zur Untermalung einer Szene vorher auf einem Tonstreifen 1 58
auf, den man bei der erst später erfolgenden Bildaufnahme über einen Lautsprecher ablaufen läßt, um so den rhythmischen Zusammenhalt der Szene zu erreichen. Positivfilm siehe Negativfilm. Premiere Ur- oder Erstaufführung eines Films. Produzent Der P. ist der Inhaber, geschäftliche und künstlerische Leiter einer Firma, die Filme herstellt. Projektor „Bildwerfer", Wiedergabegerät für den Positivfilm, das hinsichtlich der Bildgeschwindigkeit mit der Kamera synchron läuft. Quotasystem Einfuhrbeschränkung ausländischer Filme, in dem man dem Kinobesitzer zur Auflage macht, dem ausländischen Film in seinem Programm nur eine beschränkte Anzahl von Spielterminen einzuräumen. Das Q. hat den Zweck, die einheimische Produktion vor der Überschwemmung des Marktes durch ausländische Streifen zu schützen. Das Q. ist in Italien und Frankreich eingeführt. Regisseur Der R. trägt die Verantwortung für die gesamte künstlerische Gestaltung des Films. Er setzt das Drehbuch in die Szene um und leitet die Filmaufnahme. Reprise Wiederaufnahme eines bereits ausgewerteten und abgespielten Films in das Programm der Verleiher und Kinobesitzer. R. sind finanziell für Kinobesitzer und Verleiher in der Regel sehr ergiebig, da ihre Herstellungskosten schon vor Jahren abgedeckt wurden und die Einspielergebnisse meist Reinerträge darstellen. Requisiteur Der R. besorgt alle für die Filmhandlung benötigten Gegenstände (vom Blumenstrauß bis zum Auto). Meist steht ihm dazu ein umfangreicher Fundus der Ateliers zur Verfügung. Rohfilm Der Zelluloidstreifen, der die noch unbelichtete und unbearbeitete lichtempfindliche Emulsion trägt, wird kurz als Rohfilm bezeichnet. Nach seiner Belichtung und Entwicklung erhält man den Negativfilm. Rohschnitt Die erste Aneinanderfügung der zur endgültigen Kopie ausgewählten Einstellungen in der Reihenfolge des Drehbuchs. 59
Rückprojektion Die R. findet vorzugsweise bei Fahraufnahmen Verwendnug: die vorher gedrehte Fahraufnahme (vorbeifliegende Landschaft, Alleebäume, Straßen etc.) wird von einem Projektor von hinten auf einen Bildschirm geworfen, vor dem das jeweilige Fahrzeug als Attrappe aufgestellt ist (Auto, Eisenbahnabteil etc.); die Spielhandlung vor dieser R. wird von der Kamera wie eine gewöhnliche Filmaufnahme aufgenommen. Scriptgirl (Ateliersekretärin) Das S. sitzt bei allen Aufnahmen neben dem Regisseur, schreibt alle im Drehbuch nicht vorhandenen Regieanweisungen sowie alle Dialogänderungen zum Zwecke späterer Kontrolle ein und notiert die zur Kopie bestimmten Kameraaufnahmen. Sie sorgt zusammen mit dem Regieassistenten vor allem auch dafür, daß bei Wiederholung der Szene alle Einzelheiten (Kleidung, Stellung der Schauspieler, Requisiten etc.) der vorangegangenen Aufnahme entsprechen. Spielfilm Zum Unterschied von Kulturfilm oder Dokumentarfilm hat der S. eine durchgehende dramatische Handlung, die frei erfunden oder in Anlehnung an tatsächlich Geschehenes filmschöpferisch nachgestaltet ist. Spotlight Konzentrierter Scheinwerfer, der sein Licht auf einen bestimmten Aufnahmegegenstand wirft und dessen optische Hervorhebung bewirkt. Standfotograf Der St. fertigt unabhängig von den Filmaufnahmen Fotos für die Werbung der Produktion, des Verleihs und des Filmtheaters an. Er ist bei allen Dreharbeiten anwesend. Story „Geschichte", schildert den inneren Handlungsablauf eines Films im Gegensatz zum Expose, das die äußeren Vorgänge der Handlung festhält. Streufilter Lichtschirm aus feiner Gaze oder Draht, der zur Erzielung eines weicheren Lichts vor das natürliche Sonnenlicht oder auch vor Scheinwerfer oder Spiegelreflektoren gehalten wird. Synchronisation Herstellung des Gleichlaufs von Bild und Ton. Bei jedem Film ist eine bestimmte Synchronisationsarbeit notwendig (z. B. später aufgenommene Geräusche, Musik oder mißglückte Dialogaufnahmen). Bei fremdsprachlichen Filmen 60
müssen die Dialoge in der Landessprache neu aufgenommen werden, wobei sie in zeitlicher Länge sowie der Mundstellung der Schauspieler dem Originalstreifen weitgehend entsprechen sollen. Außerdem versteht man unter Synchronisation das Einrichten des Gleichlaufs von Aufnahmekamera und Projektor. SynchronroHer Vorrichtung auf dem Schneidetisch, von einem Elektromotor getrieben, wo die noch getrennten Bild- und Tonstreifen ablaufen. Schmalfilm Als Seh. bezeichnet man die Filmformate von 17,5, 16, 9,5 und 8 mm Breite. Schnitt Auswahl und Aneinanderfügung der einzelnen Aufnahmen, vorgenommen vom Schnittmeister. Schnittmeister, Schnittassistent Der Seh. übt eine künstlerische und technische Funktion aus, indem er aus den verschiedenen Aufnahmen der gleichen Szene die beste auswählt und herausschneidet Der Sch.-Assistent klebt diese Ausschnitte zusammen. Schüfftanverfahren Trickaufnahme, bei welcher ein Spiegel das Modell oder die Abbildung eines Gebäudes zeigt. Durch ein Loch in diesem Spiegel erfolgt die direkte Aufnahme der Szene. Dadurch entsteht der Eindruck, als spiele der Vorgang in der gespielten Dekoration. Schwenk Drehen der auf dem Stativ befestigten Kamera um ihre senkrechte Achse. Team (engl. Mannschaft) Man bezeichnet damit im Film gewöhnlich eine kleinere Arbeitsgemeinschaft, z. B. Autorenteam, Regieteam. Man nennt diese Zusammenarbeit Teamwork. Titelvorspann Ein der Spielhandlung vorangehender Filmstreifen, welcher Verleih, Produktionsfirma sowie die wichtigsten künstlerischen und technischen Mitarbeiter des Films nennt. Titelzeichner Der T. entwirft Beschriftung und graphische Anordnung des Titelvorspanns. Tonarchiv Archiv, in welchem sämtliche für den Film benötigten Geräusch-Aufnahmen aufbewahrt werden. Bei Bedarf 61
können dem Tonarchiv die entsprechenden Aufnahmen entnommen werden. Tonband siehe Magnetophon. Tonbox, Tonwagen In der Tonbox bzw. im Tonwagen befinden sich sämtliche Apparaturen zur Tonaufnahme. Die T. im Atelierbetrieb ist fahrbar. Bei Außenaufnahmen verwendet man den Tonwagen. Tonmeister Der T. besorgt die Aufnahme sämtlicher Dialoge der Musik und der Geräusche und ist für deren einwandfreie Qualität verantwortlich. Tonseite rechte Spalte einer Drehbuchseite, in der alle akn stisch wahrnehmbaren Vorgänge (Sprechen, Musik, Geräusche aufgezeichnet sind. Tonspur Die T. läuft auf der linken Seite neben dem Bildstreifen. Sie ist die optische Aufzeichnung des aufgenommenen Tons, die in der Tonoptik des Projektors wieder in akustische Schwingungen umgewandelt wird. Tradeshow Geschlossene Interessenten-Vorführung eines Films j vor Kinobesitzern oder ausländischen Aufkäufern zum Zwecke von Geschäftsabschlüssen. Trailer Zusammenstellung der wirkungsvollsten Szenen eines Films zu einem kurzen Streifen, der zum Zwecke der Vorankündigung und Werbung in den Filmtheatern läuft. Treatment Ausführliche schriftliche Niederlegung einer Filmhandlung. Im T. erfolgt bereits eine Unterteilung nach Handlungsschauplätzen, dramaturgisch wichtige Szenen werden schon in Dialogform angedeutet. Diese Form der Niederschrift bildet die Grundlage für das Drehbuch. überdrehen siehe Zeitlupe. Unterdrehen siehe Zeitraffer. Verleih Der V. übernimmt bei prozentualer Beteiligung an den Einspielergebnissen von der Produktion den fertiggestellten Film und vermietet diesen an die einzelnen Filmtheaterbesitzer. Verleihstaffel Jahresprogramm eines Verleihs, zusammengestellt aus dem Angebot der Produktionen. Die V. ist so abgestimmt, daß Filme, die voraussichtlich hohe Einspielerträge 62
abwerfen, andere, die in dieser Hinsicht weniger aussichtsreich erscheinen, mitziehen. yorlagefilm Als V. bezeichnet man Filme, deren Spielhandlung sich an nicht eigens für den Film geschriebene Romane, Novellen etc. anlehnt. Berühmte Vorlagefilme: Vom Winde verweht, Quo vadis, Kameliendame. Siehe auch Originalfilm. . Vorwurf Der V. ist die Grundidee, aus welcher ein Film entsteht. Der nächste Schritt ist die Filmstory bzw. das Expose. Zeichentrickfilm Beim Z. werden sämtliche Bildphasen gezeichnet und dann mit der Kamera fotografiert. Am bekanntesten sind die Z.e von Walt Disney. Zeitlupe Aufnahmetechnik, bei welcher in der Kamera pro Sekunde eine höhere Bildzahl belichtet wird, als später im Projektor abläuft. Bewegungen (z. B. einer Person) erscheinen stark verlangsamt. Zeitraffer Aufnahmetechnik, bei welcher in der Kamera pro Sekunde eine geringere Bildzahl belichtet wird, als im Projektor pro Sekunde abläuft. Alle Bewegungen erscheinen stark beschleunigt.
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Umschlagbearbeitung: Karlheinz Dobsky Der 2. Teil dieses Lesebogens ist eine Lizenzübernahme aus dem Werk „Zauberei in Zelluloid" von Franz Geiger, München
Lux-Lesebogen 34/35 (Kunst / Technik) — Doppelheft 50 Pfg. Natur- und kulturkundliche Hefte - Bestellungen (vierteljährl. 6 Hefte DM 1,50) durch jede Buchhandlung und jede Postanstalt - Verlag Sebastian Lux, Murnau (Oberb.), Seidlpark - Druck: Sittler & Federmann KG., Illertissen/Bayern. Printed in Germany.
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