Wie ein Raubtier näherte sich das fremde Raumschiff dem Landwagen. Energiefesseln zuckten wie Greifarme vor und rissen ...
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Wie ein Raubtier näherte sich das fremde Raumschiff dem Landwagen. Energiefesseln zuckten wie Greifarme vor und rissen das Gefährt hoch. Flash Gordon wollte hinausspringen, doch die Tür schlug zu – und er saß in der Falle. Erst auf dem Planeten Mesmo ließ man ihn wieder frei – und man machte ihn zur Attraktion in einem teuflischen Sklavenzirkus …
Deutsche Erstveröffentlichung
Alex Raymond mit Con Steffanson
Flash Gordon und der Weltraum-Zirkus Science Fiction-Roman
Non-profit-ebook by tigger März 2004 Kein Verkauf!
BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Band 21112 Science Fiction Action
Amerikanischer Originaltitel: THE SPACE CIRCUS Ins Deutsche übertragen von Michael Görden
© Copyright 1974 by King Features Syndicate, Inc. Bulls Pressedienst, Frankfurt/Main Deutsche Lizenzausgabe 1979 Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe, Bergisch Gladbach Titelillustration: Bulls Pressedienst Umschlaggestaltung: Bastei Grafik Druck und Verarbeitung: Mohndruck Reinhard Mohn GmbH, Gütersloh Printed in Western Germany ISBN 3-404-01119-8
I »… und ich bleibe dabei, Fliegende Untertassen gibt es nicht«, verkündete Dr. Zarkov. Der bärtige Wissenschaftler lief aufgebracht in dem großen Wohnraum hin und her. »Sie sind also überzeugt, daß sich alle Geheimnisse des Universums entschleiern lassen?« fragte Flash Gordon skeptisch. Er saß auf einer bequemen Pseudoleder-Couch. Hinter ihm befand sich ein großes Fenster mit dem Ausblick auf eine nächtliche Wüstenlandschaft. »Wenn alle solche Genies wären wie Dr. Zarkov …«, meinte Dale Arden spöttisch und versetzte ihren dunkelroten Schaukelstuhl in sanfte Schwingungen. »Genau, was ich sage«, Zarkov überhörte Dales spöttischen Unterton. »Heutzutage können wir von Planet zu Planet springen, von einem Sonnensystem ins andere reisen und haben die halbe Galaxis erforscht. Es ist vollkommener Unfug, sich mit UFOs auseinanderzusetzen oder zu glauben, es gäbe irgendwelche unidentifizierbaren Raumschiffe über der Erde.« »Vielleicht sind es keine Raumschiffe«, gab Flash zu bedenken. Der schlanke, breitschulterige Raumpilot und die attraktive, dunkelhaarige Dale waren Zarkovs ständige Begleiter. Ein Finger Zarkovs deutete auf das große Fenster, hinaus in die Wüstennacht. »Ich bin überzeugt, ein paar Stunden drüben in meinem Labor und ich habe diese ganze UFO-Geschichte aufgeklärt.« »Wahrscheinlich wird Agent Cox vom EII mich darum bitten, Ihnen genau das nahezulegen«, sagte Flash. »Wenn die Earth Interstellar Intelligence etwas von mir will, kann sie mich gefälligst selbst darum bitten!« dröhnte Zarkov aufgebracht mit seiner Donnerstimme. »Wahrscheinlich wagt er gar nicht, Sie direkt anzusprechen«, nahm Dale den Agenten in Schutz. »Oder er weiß überhaupt nicht, daß Sie schon wieder auf die gute alte Erde zurückge5
kehrt sind.« »Höchst unwahrscheinlich, liebe Dale, höchst unwahrscheinlich.« Zarkov setzte seine Wanderung durch das Wohnzimmer fort. Erst vor zwei Wochen waren Dale Arden, Flash Gorden und Dr. Zarkov vom Planeten Pandor ins heimische Sonnensystem zurückgekehrt. Seitdem ruhten sie sich in Zarkovs Heim von den Strapazen ihrer letzten Expedition aus. Das Haus mit seinen umfangreichen Laboratorien lag in einer weltabgeschiedenen Gegend am Rand eines großen Wüstengebietes im Südwesten der Vereinigten Staaten. Hier hatten sie ungestört die Ruhe und Einsamkeit der Wüste genießen können, bis Agent Cox vom Interstellar Intelligence Agency anrief und sich für den Abend mit Flash verabredete. Der Treffpunkt sollte in der nächsten Stadt, einem kleinen Ort sieben Meilen von Zarkovs Anwesen entfernt, sein. »Ich bin überzeugt, daß Cox hoch erfreut wäre, wenn Sie mitkommen würden, Doc«, versuchte Flash es noch einmal. Zarkov wehrte gekränkt ab. »Vielen Dank! Ich habe es nicht nötig, uneingeladen auf irgendwelchen Parties zu erscheinen.« Er blieb in der Ecke des großen Raumes vor seiner Robotbar stehen. »Einen Drink, Sir?« fragte eine metallische Stimme aus der vollautomatischen Servoanlage der Bar. »Unsinn!« knurrte Zarkov abwehrend. Es dauerte einige Sekunden bis die Automatenstimme sich wieder meldete. »Es tut mir außerordentlich leid, Sir, aber Unsinn habe ich nicht gespeichert. Wie wird er gemixt?« Der große bärtige Wissenschaftler raufte sich die Haare. »Ich frage mich, warum ich diesen technischen Firlefanz überhaupt in meinem Haus dulde. Es liegt sicher daran, daß Dale es nicht lassen kann, mich zu einem aufmerksamen Gastgeber zu erziehen. Offensichtlich hat sich der Erfolg dieser Erziehung noch nicht herumgesprochen. Auf Cox’ Party bin ich ja trotzdem nicht eingeladen.« 6
»Ich glaube nicht, daß die EII Cox eine Party finanziert«, meinte Flash lächelnd. »Wenn ich Cox richtig verstanden habe, will er sich über die unidentifizierbaren Flugobjekte unterhalten, die hier in der Gegend beobachtet worden sind.« »Vielleicht tröstet es Sie«, sagte Dale und zwinkerte Zarkov zu, »ich bin auch nicht eingeladen.« Nachdenklich strich Zarkov die zerrauften Haare wieder glatt, während er der Robotbar mißtrauische Blicke zuwarf. »Wenn man bedenkt, wie viele Steuergelder jährlich in die Kassen des Geheimdienstes fließen, müßten die Burschen doch auch eigentlich ohne fremde Hilfe in der Lage sein, ein paar verdächtige Raumschiffe zu identifizieren.« »Fliegst du oder fährst du über die Wüstenpiste?« fragte Dale den Raumpiloten. »Weißt du, in einer so schönen Nacht lass’ ich mir eine Fahrt im offenen Wagen durch die Wüste nicht entgehen«, erwiderte Flash. Er stand auf und legte seine Hände auf Dales schlanke Schultern. »Wenn es dir zu lange dauert, stell eine Kerze ins Fenster.« Beide ahnten nicht, daß es tatsächlich ein Abschied für sehr lange Zeit war.
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II Die Nacht war windstill und ungewöhnlich klar. Flash hatte die Wüstenstraße ganz für sich allein. Zu dieser nächtlichen Stunde gab es in dieser einsamen Gegend so gut wie keinen Verkehr. Nirgendwo eine Behausung, so weit das Auge reichte. Nicht einmal ein Gleiter war in der Luft zu hören. Absolute Stille und Einsamkeit herrschten hier. Milliarden Sterne funkelten am Himmel und ließen die bizarren Formen der Felsen erahnen. Am Straßenrand wuchsen riesigen Kakteen. Im Licht von Flashs Scheinwerfern warfen sie lange, drohende Schatten. Die nächtliche Wüste vermittelte Flash ein Gefühl der Verlorenheit, dem sich selbst der hartgesottene Raumpilot nicht entziehen konnte. Fast bedauerte er, Dale nicht mitgenommen zu haben. Irgend etwas beunruhigte ihn. War es das seltsame Licht, das vorhin kurz über dem Horizont geflackert hatte? Um auf andere Gedanken zu kommen, langte er nach dem Radio am Armaturenbrett. Er drückte die Servotaste. Nichts! Er versuchte es mit einem anderen Sender, aber nirgendwo bekam er Empfang. Dr. Zarkov gehört zu den genialsten Wissenschaftlern der Erde, aber in seinem Wagen funktioniert das Radio nicht, dachte Flash amüsiert. In diesem Augenblick tauchte über einem Felsmassiv, auf das die Straße zuführte, wieder der eigenartige Lichtschein auf. Es war eine grelle, blaßgelbe Aura, in deren Zentrum ein flacher, scheibenförmiger Schatten schwebte. Das fremdartige Objekt schien direkt auf den einsamen Wagen zuzufliegen. Flash wurde von dem grellen Licht fast geblendet. Er konnte die Straße vor sich nicht mehr erkennen. Blind raste er weiter und verließ sich darauf, daß die Straße hier nach seiner Erinnerung meilenweit schnurgerade verlief. Ein eigenartiges Summen war plötzlich überall. Die Karosserie des Wagens begann zu vibrieren, bis das Fahrzeug derart 8
zitterte, daß Flash gezwungen wurde, abzubremsen. Es sah so aus, als sollte er jetzt Gelegenheit bekommen, persönliche Bekanntschaft mit einem von Cox’ unidentifizierbaren Flugobjekten zu machen. Durch den blendenden, gelben Lichtschein über sich konnte Flash jetzt erkennen, wie sich an der Unterseite des fremden Raumschiffes, denn darum mußte es sich hier handeln, eine Art Schleuse öffnete. Aus dieser Öffnung schob sich ein metallisch schimmernder Greifer, der von leuchtenden Energiebändern dirigiert wurde. Das Ding war eindeutig ein Fanginstrument, mit dem man es auf Flashs Wagen abgesehen hatte. Der Greifer raste genau auf Flash zu. Die Situation machte dem Raumpiloten wenig Freude. Aus zusammengekniffenen Augen musterte er die Umgebung, aber die flache Wüstenlandschaft versprach wenig Fluchtmöglichkeiten. Er beschleunigte plötzlich und riß das Steuer scharf herum. Der Wagen schleuderte von der Straße und holperte über den steinigen Grund. Offenbar geriet er dabei aus dem Einflußbereich des Gerätes, das die eigenartigen Vibrationen erzeugt hatte, denn das Summen hörte auf. Aber das runde Raumfahrzeug hielt den Abstand und schwebte weiterhin in gut zwanzig Metern Höhe dicht hinter Flash. Während Flash im Zickzack durch die Wüste jagte, wurde ihm schnell klar, daß er seinen Verfolgern so nicht entkommen würde. Die Frage war nur, ob ihn der metallene Greifer erwischte, bevor er den Wagen an irgendeinem Felsen zerschmetterte. Dann setzet der Motor plötzlich aus. Die Vibrationen hatten Flashs Fahrzeug wieder erfaßt. Es schüttelte sich wild und wurde immer langsamer. Metall kreischte über Metall. Krachend schloß sich der Greifer um den Wagen und riß ihn in die Höhe. 9
Flash warf sich gegen die Tür, aber der Greifer blockierte sie von außen. Der Wagen wurde in das fremde Schiff gehoben und in einem leeren Raum mit metallenen Wänden abgesetzt. Der Greifer verschwand. Flash stemmte sich wieder gegen die Tür. Diesmal hatte er Erfolg. Er sprang aus dem Wagen und hechtete sofort in Richtung der Öffnung, durch die der Greifer den Wagen in den Raum befördert hatte. Doch eine Sekunde bevor er den Ausgang erreichte, schloß sich krachend das Schott. Es gab keine Anzeichen für einen Öffnungsmechanismus, der sich von innerhalb des Raumes bedienen ließ. Plötzlich einsetzende Andruckkräfte ließen Flash in die Knie gehen. Das Raumschiff beschleunigte offenbar und schoß dabei steil nach oben. Die Fremden verfügten allerdings bereits über Andruckneutralisatoren, die jetzt wohl eingeschaltet wurden, denn das Gefühl der Beschleunigung war bald verschwunden. Flash erhob sich und sah sich den Raum an, der zu seinem Gefängnis geworden war. Die Wände wurden von breiten Metallplatten gebildet. Boden, Decken und Wände schimmerten in einem silbernen Farbton. Der Raum war hoch und rechteckig. Flash trat an die nächste Wand. Er kratzte mit dem Fingernagel an der Oberfläche und strich mit der Handfläche darüber. Das Material war ihm völlig unbekannt. Er fragte sich, aus welchem Sonnensystem dieses Schiff stammen mochte. Ein Rundgang brachte keine Hinweise auf verborgene Ausgänge oder irgendeine Möglichkeit, den Raum zu verlassen. Auch das Schott, das sich gleich nach der Ankunft geschlossen hatte, war nahtlos mit den Metallplatten der Wandverkleidung verschmolzen und nicht mehr zu erkennen. Schließlich ging Flash zurück zu seinem Fahrzeug. Dort legte er den Kopf in den Nacken, um einen Hinweis auf eine Öffnung in der Decke zu entdecken, durch die der Greifer verschwunden sein mußte. Aber selbst vom Dach des Wagens würde Flash die Decke nicht erreichen können. Vermutlich 10
wäre er da oben nur seinen Entführern etwas näher, überlegte Flash grinsend. Er legte die Hände an den Mund. »Okay! Da bin ich!« schrie er nach oben. »Wie geht’s jetzt weiter?« Die Antwort war Schweigen. Nach der Rückkehr auf die heimatliche Erde hatte Flash es als wohltuende Erleichterung empfunden, keine Waffe tragen zu müssen, und so blieb ihm in dieser Lage nichts als der elektronische Schraubenschlüssel im Reparaturfach des Wagens. Langsam ging Flash um sein Fahrzeug herum und blieb am Heck stehen. Er griff nach der Verriegelung des Kofferraums, in dem sich das Reparaturfach befand. Etwas sprang knisternd von der Decke zum Heck des Wagens über. Der ganze hintere Teil des Fahrzeugs glühte in einem flackernden blauen Energiefeld. Flash riß die ausgestreckte Hand zurück. Er entfernte sich schnell einige Schritte. Das Glühen hielt noch über fünf Minuten an, bevor es langsam zu verblassen begann. Die Warnung war eindeutig gewesen. Man wollte, daß er die Finger von dem Wagen ließ. Nach einigen weiteren Minuten öffnete sich in der Decke ein schmales Schott. Eine der Metallplatten glitt einfach zur Seite. Eine Gegenstand wurde durch die Öffnung geworfen. Er landete klatschend vor Flashs Füßen. Der Raumpilot starrte ihn ungläubig an. Was, bei allen Sternenteufeln, sollte das jetzt bedeuten? Jemand hatte Flash ein Stück rohes, blutiges Fleisch vorgeworfen.
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III Mit einem unwilligen Seufzer richtete sich Dr. Zarkov in seinem runden Luftkissenbett auf. »Ich habe es gehört«, brummte er in Richtung des Visioschirms auf der gegenüberliegenden Wand seines Schlafzimmers. »Visiophonanruf für Sie, Sir«, wiederholte die weiche Stimme des Hauscomputers aus dem Lautsprecher unter der Visioanlage. »Visioanruf, Sir!« Zarkov schwang sich aus dem Bett, vertrat sich den Fuß und hinkte fluchend zum Visioschirm. Er trug eine weiße Allzweckkombination. Diese Kombinationen waren sein bevorzugtes Kleidungsstück. Er besaß Unmengen davon und schlief auch nachts darin. Seine schwere Faust krachte verärgert auf die Antworttaste. »Was ist los?« dröhnte seine laute Baßstimme in das Mikrophon. Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht eines äußerst beunruhigt wirkenden jungen Mannes. »Sind Sie das, Dr. Zarkov?« »Genau der!« Auch wenn er eine Allzweckkombination trug, hielt der Wissenschaftler es nicht für angebracht, jedem Anrufer Einblick in sein Schlafzimmer zu gewähren, und hatte daher das Bildsendegerät seines Visiophons nicht eingeschaltet. »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist, Agent Cox?« »Dreiundzwanzig Uhr und sechsundvierzig Minuten«, gab der Hauscomputer sofort bekannt. »Dich habe ich nicht gefragt!« brüllte Zarkov. »Fast Mitternacht«, ließ sich der EII-Agent mit leicht verstörter Stimme vernehmen. »Darum habe ich mir auch die Freiheit herausgenommen, Sie direkt anzurufen, Doktor. Flash Gordon hatte versprochen, sich heute nacht mit mir zu treffen.« »Was heißt hier ›hatte versprochen‹? Er ist vor etwa drei Stunden zu Ihnen gefahren.« »Das Problem ist«, meinte Cox betrübt, »bei mir ist er bis jetzt nicht angekommen.« 12
Zarkov kratzte sich mit beiden Händen in seinem dichten schwarzen Vollbart. »Dafür habe ich nun auch keine Erklärung.« »Die hätte ich mir allerdings von Ihnen erhofft«, erklärte Cox. »Wie wollte er denn zu mir kommen? Ich habe mir schon überlegt, ob ihm eventuell ein Unfall passiert sein könnte.« »Er ist mit meinem Bodenwagen über die Wüstenpiste gefahren«, unterrichtete ihn Zarkov. »Das Fahrzeug habe ich erst vorgestern eigenhändig durchgecheckt. Sehr unwahrscheinlich, daß er damit einen Unfall gehabt haben könnte, Cox. Aber mal davon abgesehen, der Wagen ist ein schwarzer Mars mit einer Kuppel, neuestes Modell, Zulassung Z 101. Am besten geben Sie eine Suchmeldung an die Straßenpolizei raus. Rufen Sie mich sofort wieder an, wenn Sie wissen, was der Polizeicomputer dazu meint.« »Okay, Doktor.« Der Schirm erlosch. Zarkov riß einen Hausmantel aus dem Schrank und warf ihn über. Besser sagte er Dale jetzt gleich, was los war. Der Wissenschaftler traf seine Assistentin im Flur. Dale war noch vollständig angezogen. Sie wollte Zarkov gerade selbst aufsuchen. »Stimmt etwas nicht mit Flash? War der Anruf seinetwegen? Ich habe schon den ganzen Abend so ein ungutes Gefühl.« »Er ist bis jetzt nicht bei Cox angekommen.« Zarkov legte ihr den Arm um die Schulter. »Es ist noch zu früh, sich deswegen Sorgen zu machen, Dale. Der Anruf gerade war von Cox. Ich habe ihn gebeten, sich erst einmal bei der Straßenpolizei zu erkundigen.« »Sie glauben, Flash könnte einen Unfall gehabt haben?« »Ein Wagen, den Zarkov überholt hat, kennt jedenfalls keine Pannen«, versicherte der Wissenschaftler. »Aber vielleicht ist etwas mit der Straße nicht in Ordnung. Ein Erdrutsch könnte ihn zum Beispiel aufgehalten haben. So was kommt hier in der Gegend immer noch vor.« 13
»Aber er ist jetzt schon seit Stunden unterwegs. Er hat doch Funk im Wagen. Warum hat er sich nicht gemeldet?« »Warten wir ab, was Cox herausfindet.« Zarkov zuckte die Schultern. »Wenn er nichts Neues melden kann, nehme ich mir eben den Gleiter und fliege Flashs Route ab.« »Ich komme mit.« Zarkov nickte. Im selben Augenblick meldete sich das Visiophon in seinem Schlafraum wieder. »Visio-Anruf! VisioAnruf!« schrillte der Hauscomputer. Der bärtige Wissenschaftler lief zu seiner Kommunikationsanlage. Dale folgte ihm auf den Fersen. »Keine Unfallmeldung und kein Report von irgendwelchen besonderen Zwischenfällen auf den Straßen von Ihnen zur Stadt«, verkündete Agent Cox, sobald sein Gesicht auf dem Bildschirm erschienen war. »Niemand hat Flashs Wagen heute nacht gesehen, weder auf der Straße noch hier in der Stadt.« »Und wo, zum Teufel, ist er abgeblieben?« Der EII-Agent zögerte kurz, dann setzte er seinen Bericht fort. »Es gibt jedoch einige seltsame Beobachtungen heute nacht. Ich weiß nicht, ob sie nicht etwas mit der Sache zu tun haben könnten.« »Erzählen Sie und lassen Sie mich das entscheiden.« »Nun, Doktor, es gibt eine Reihe von Berichten, daß Leute in den letzten Stunden über Ihrer Straße UFOs gesehen haben wollen.« »Die üblichen Halluzinationen in klaren Sommernächten«, knurrte Zarkov. »Das wird uns wohl kaum helfen, Flash zu finden.« »Da ist noch etwas«, fügte Agent Cox hinzu. »Eine Highway-Patrouille hat eine Meldung durchgegeben, sie hätte vierzig Meilen südlich von Ihrem Anwesen Spuren gefunden, daß ein Fahrzeug von der Straße abgekommen sei.« »War es Flashs Wagen?« »Sie haben keinen Wagen gefunden.« 14
»Und wo endeten die Spuren?« »Nirgendwo. Ich will sagen, sie hören einfach irgendwo in der Wüste auf. Sieht aus, als habe sich das Fahrzeug regelrecht in Luft aufgelöst, jedenfalls nach dem Bericht der Patrouille. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen.« »Das wird ja immer phantastischer«, dröhnte Zarkov. »Wollen Sie, daß ich Ihnen Aufnahmen von diesen seltsamen Fahrzeugspuren beschaffe?« »Ich werde sie mir lieber selber ansehen«, eröffnete Zarkov dem jungen Agenten. »Geben Sie mir eine genaue Positionsbeschreibung durch.« Cox entsprach diesem Wunsch, wünschte dem Wissenschaftler viel Glück und verabschiedete sich. Mit leiser, ruhiger Stimme sagte Dale: »Sie haben ihn geholt.« »Wir wissen nicht, was mit Flash geschehen ist«, brummte Zarkov beschwichtigend. »Reg dich nicht weiter auf, bis ich mir die Sache da draußen aus der Nähe angesehen habe.« »Wir werden Flash nicht dort finden«, meinte Dale gedankenverloren. Sie behielt recht.
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IV Nachdem er eine Weile den Fleischbrocken angestarrt hatte, versuchte es Flash wieder mit Rufen. »He, wo bringt ihr mich hin? Zeigt euch! Wer seid ihr?« Er bekam keine Antwort, aber man warf ihm noch ein Stück Fleisch hinunter. Flash stieß es mit dem Fuß zur Seite. Als erfahrener Raumpilot hatte Flash bemerkt, daß das Schiff seiner Entführer längst das Schwerefeld der Erde verlassen haben mußte. Und er war sich ziemlich sicher, daß sie vor einigen Minuten eine Art Transition gemacht hatten, einen RaumZeit-Sprung. Ihr Ziel war also eine Welt weit außerhalb des von Menschen besiedelten Sonnensystems. Nun, sagte sich Flash, ich habe schon eine ganze Reihe fremder Planeten besucht und im Prinzip nichts dagegen, einen weiteren kennenzulernen. Aber solche Entdeckungsreisen arrangiere ich am liebsten selber. Er machte noch einen Rundgang durch sein Gefängnis mit den schimmernden Wänden. Kopfschüttelnd blieb er schließlich wieder vor den beiden blutigen Fleischbrocken stehen. Das Verhalten der Fremden, die ihn entführt hatten, gab ihm Rätsel auf. Die Fleischstücke und die Art, wie sie ihm vorgeworfen wurden, ließen nur den Schluß zu, daß man ihn für ein wildes Tier hielt. Flash sah plötzlich einen bläulichen Lichtkegel vor sich. In der Decke war lautlos eine Öffnung entstanden, größer als die vorherigen. Das Licht fiel durch diese Öffnung, und Flash starrte mit zusammengekniffenen Augen nach oben, um etwas von seinen Entführern zu sehen. Doch in dem blauen Glanz war nichts zu erkennen. Ein großer Gegenstand wurde von der Decke herabgelassen. Von unten sah er wie ein schwerer vieleckiger Metallkasten aus. 16
Schnell begriff Flash, was da auf ihn zu kam. Das Ding war eindeutig ein Käfig. Er wurde einige Schritte vor Flash abgesetzt. Eine Seite der Kiste klappte nach unten und bildete eine Tür. Einen halben Meter hinter Flash begann der Metallboden zu knistern, wurde rotglühend. Die Glut kroch langsam auf den Raumfahrer zu. Flash wich vor ihr zurück und näherte sich dabei dem Käfig. Das Glühen folgte ihm. »Okay. Ich habe verstanden«, rief Flash zu der Öffnung in der Decke hinauf. Mit einer ironischen Verbeugung verabschiedete er sich. Dann sprang er in den Kasten. Sofort schloß sich die Tür mit einem leisen Klicken hinter ihm. * »Der hier scheint wesentlich friedlicher zu sein, als einige der Kreaturen, die wir auf diesem blauen Planeten gefangen haben«, stellte der blaue Mann in dem silbernen Stuhl fest. Seine Lippen bewegten sich bei diesen Worten nicht. »Aber er gibt die gleichen tierischen Laute von sich wie die anderen, Thelon«, antwortete ein anderer blauer Mann von der gegenüberliegenden Seite der Kabine. Auch er bewegte dabei nicht die Lippen. Die beiden Wesen waren nach irdischen Maßstäben nicht sehr groß, kaum 1,50 Meter hoch. Ihre blauhäutigen Köpfe erinnerten an große, runde Melonen und wirkten für die feingliederigen Körper überproportioniert. Sie trugen schwarze einteilige Raumanzüge. Anstelle des Raumhelms bedeckten enganliegende Kappen aus lederartigem Material ihre Köpfe und ließen nur die menschenähnlichen Gesichter frei. An einer Wand der Raumschiffskabine waren mehrere Reihen kleiner Bildschirme angebracht. Der obere rechte Schirm zeigte Flash in seinem Käfig. 17
Thelon trug einen roten Kreis auf dem linken Ärmel. Er wies auf Flash. »Ich habe den Eindruck, er frißt nicht, Ern.« Thelon und Ern verständigten sich nicht durch gesprochene Worte, sondern durch Gedanken, die direkt von Gehirn zu Gehirn übertragen wurden. »Viele Tiere sind nach dem Einfangen unruhig und verweigern die Nahrung«, sendete Ern. »Sie denken erst an die Flucht und dann ans Fressen.« Thelon lächelte. Es war ein dünnes Lächeln, bei dem die Lippen fest zusammengepreßt blieben. »Er sollte sich bald auf das Fressen konzentrieren«, erwiderte er. »Auf Mesmo gibt es keine Möglichkeit zu fliehen.« »Alle Wesen, die wir fangen, reagieren ihrer Art entsprechend unterschiedlich, auch wenn es einige typische Reaktionen gibt.« Ern verschränkte die Arme hinter dem Rücken und beobachtete interessiert den Bildschirm mit Flash. »Manche lassen sich schnell zähmen, andere verlangen viel Arbeit, bis sie sich wirklich kontrollieren lassen.« »Aber dieser hier«, bemerkte Thelon, »scheint mir durchaus in der Lage zu sein, schnell zu lernen, wie man Befehlen gehorcht. Sein bisheriges Verhalten läßt ein gewisses Lernvermögen nicht ausschließen.« Erns rundes Gesicht runzelte sich und bekam dadurch einen nachdenklichen Ausdruck. »Ich bin mir da nicht so sicher.« Geistesabwesend strich er über die Ohrstücke seiner Kappe. »Er könnte mehr Schwierigkeiten machen, als Ihr erwartet.« »Du kannst seine Gedanken nicht lesen?« »Selbstverständlich nicht«, erwiderte Ern. »Dieser Teil seines Gehirns ist wie bei allen Tieren nicht entwickelt. Deshalb gibt er von Zeit zu Zeit dieses Gebrüll von sich – offenbar ein primitiver Kommunikationsversuch.« Thelon faltete seine blauen Hände über dem runden Bauch, der ebenso an eine Melone erinnerte wie sein Kopf. »Jedenfalls wird er auf dem Bazar einen anständigen Preis einbringen, das 18
ist die Hauptsache. Alles andere kann uns nicht weiter stören.« »Die Landung auf Mesmo steht kurz bevor«, bestätigte Ern. »Alles in allem waren die Planeten dieser gelben Sonne ergiebige Jagdgründe. Die letzten Tage haben sich gelohnt.« »Vielleicht sollten wir uns beim nächsten Mal nicht nur auf die inneren Planeten konzentrieren, auch wenn der dritte geradezu ideale Voraussetzungen bietet. Die Monde dieses großen Ringplaneten müssen wir uns auch einmal näher ansehen.« »Wißt Ihr, Thelon«, meinte Ern, »auf die Dauer beginnt mich dieses ganze System doch zu langweilen. Der Lärm auf seinen Welten ist nervtötend. Niemand beherrscht irgendwelche höheren Kommunikationsformen.« Thelon warf noch einen Blick auf den gefangenen Flash Gordon in seinem Käfig. »Doch, doch, der sollte wirklich einen guten Preis bringen.« »Trotzdem«, setzte Ern nachdenklich dazu, »ich werde das Gefühl nicht los, daß er uns noch viel Ärger machen wird.«
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V Sein Käfig wurde auf einen flachen Wagen mit hohen Rädern gehoben, und Flash bekam zum erstenmal Gelegenheit, sich seine Entführer und die Hauptstadt des Planeten Mesmo anzusehen. Es mußte Mittag auf dieser Welt sein. Der Himmel war hell, aber dunstig. Zwei kleine blaue Männer überwachten den Transport von Flashs Käfig, der vom Raumhafen in die rot gepflasterten Straßen der Stadt gebracht wurde. »Ich kann eigentlich ganz gut auf meinen eigenen Beinen laufen«, meinte Flash zu einem der Blauen, die neben dem Käfig herliefen. Der Kerl runzelte die kleine Stirn und stieß mit einem Stab nach Flashs Fingern, die die Gitterstäbe der Käfigtür umklammerten. Aus dem Stab sprang eine kräftige elektrische Entladung über. Flash ließ die Gitter aufschreiend los und stürzte zu Boden. »Okay, ihr wißt es wohl besser«, knurrte der Raumpilot, als er sich wieder aufgerichtet hatte. Der andere Blaue war einige Schritte vor dem Käfig gelaufen. Er wandte sich jetzt um, trat an den Käfig und warf einen fast besorgten Blick auf Flash. Dann machte er eine unwillige Geste zu seinem Kollegen. Es wurde jedoch kein Wort gewechselt. Woher weiß der Blaue, was sein Partner gerade mit mir gemacht hat, fragte sich Flash. Gesehen hatte er den Schlag mit dem Elektro-Stab gewiß nicht. Die Straßen der Stadt waren eng und gewunden. Sie bildeten ein verwirrendes Muster, in dem Flash keine bestimmte Ordnung entdecken konnte. Offenbar legten die Blauen ihre Städte völlig planlos an. Die Gebäude waren niedrig und von runden Kuppeldächern gekrönt. In den unteren Etagen gab es nur wenige Fenster, alle klein, rund und mit bunten, undurchsichtigen Scheiben. Besonders die Kuppeldächer gaben der Stadt in 20
Flashs Augen eine orientalische Note. Die Architektur der Stadt erinnerte Flash an keinen Planeten, den er bisher besucht oder von dem er Bilder gesehen hatte. Diese Welt mußte fernab der galaktischen Handelsrouten liegen. Der Raum-Zeit-Sprung war über eine größere Distanz gegangen als Flash bisher angenommen hatte. Hoffentlich befand er sich überhaupt noch in der Milchstraße. An einigen der Gebäude waren Symbole zu erkennen, die man als Schriftzeichen deuten konnte. Doch auch sie wirkten auf Flash völlig fremdartig und unverständlich. Die galaktischen Verkehrssprachen und ihre Symbole schienen hier unbekannt zu sein. Sie gelangten jetzt in einen Teil der Stadt, in dem die engen Straßen bevölkerter waren. Alle Wesen, denen sie begegneten, waren von gleichem Aussehen wie Flashs Entführer – klein, rundköpfig und blauhäutig. Fremde schienen diese Welt nur hinter Käfiggittern zu besuchen, stellte Flash fest, denn er entdeckte nirgendwo Angehörige fremder galaktischer Rassen, Besucher oder Touristen von anderen Planeten, wie sie sonst auf allen Welten, die die Raumfahrt kannten, üblich waren. Die Passanten schienen sich durchaus für Flash zu interessieren. Sie blickten in den Käfig, winkten ihm zu oder lächelten ihn sogar an. Die jüngeren schnitten ihm Grimassen. Aber über allem lag absolutes Schweigen. Kein Laut drang an Flashs Ohren. Mit Bedauern dachte Flash daran, daß Zarkov vor einigen Jahren seine Versuche mit einem Empfangsgerät für Gehirnwellen eingestellt hatte. Aus dem Gerät hätte ein technischer Gedankenleser werden sollen, der hier sehr von Nutzen gewesen wäre. Die Bewohner dieses Planeten mußten Telepathen sein oder extrem schweigsam. Während der Käfig weiter über das rote Pflaster rollte, wischte Flash sich den Schweiß von der Stirn. Die feuchte Hitze in der Stadt begann Flash zu schaffen zu machen. 21
Zu seiner Überraschung hörte er plötzlich eine menschliche Stimme. Irgendwer schrie etwas. Der Käfig näherte sich dem Ort des Geschreis. Vor ihnen tauchte ein großer, weitgeschwungener Torbogen in einer blaßblauen Wand auf. Der Käfigwagen rollte darauf zu. Jetzt konnte Flash das Geschrei deutlich verstehen. Jemand rief: »Ich habe euch doch nichts getan! Laßt mich hier raus, Freunde! Das muß alles ein Mißverständnis sein! Laßt mich aus diesem Ding raus!« Durch den Torbogen gelangten sie in eine weite, runde Halle. Die Luft hier drinnen war rein und kühl. Das Licht kam von leuchtenden Kugeln an der Decke, die so angeordnet waren, daß sie Lichtkränze um die zwanzig in der Halle aufgestellten Käfige bildeten. Der Rest der Halle lag im Dunkeln. Eine größere Zahl der Blauen rannte geschäftig zwischen den Käfigen hin und her. Die Kleidung der Blauen war reich verziert. Sie machten einen wohlhabenden Eindruck. Flashs Käfig erhielt einen Platz neben dem des Mannes, der so verzweifelt schrie. »Laßt mich doch nur einen Augenblick hier raus«, bettelte der Mann weiter. »Wir müssen uns doch einigen können. Vielleicht kann ich euch ein Geschäft anbieten.« Er war dunkelhäutig. Flash schätzte ihn auf Anfang Vierzig. Der Mann trug einen einteiligen Arbeitsanzug, der keine Rückschlüsse auf seine Herkunft zuließ. Die Ankunft des neuen Käfigs fand allgemeines Interesse. Von allen Seiten eilten Blaue herbei und musterten Flash. Nach ihren Gesten, schienen sie mit dem, was sie sahen, recht zufrieden zu sein. Der Dunkelhäutige hatte Flash jetzt bemerkt und wandte sich seinem Leidensgenossen zu. »Bist du auch vom Mars?« fragte er mit unglücklicher Stimme. »Erde«, meinte Flash knapp. »Na, wenigstens sprechen wir dieselbe Sprache. Aus diesen 22
verrückten Burschen hier habe ich noch kein Wort herausgebracht. Ich begreife gar nicht, was hier eigentlich mit uns vorgeht.« »Sehr wahrscheinlich verständigt man sich hier telepathisch«, erklärte Flash. »Meinst du?« Der Dunkelhäutige rieb sich mit der Faust sein stoppeliges Kinn. »Ich habe schon befürchtet, sie würden es einfach für unter ihrer Würde halten, ein Wort mit mir zu wechseln. Ich bin seit letzter Nacht in dieser Halle. Hast du irgendeine Idee, auf welchem Planeten wir uns hier befinden könnten?« »Jedenfalls weit weg von Mars und Erde.« Die Blauen umstanden Flashs Käfig von allen Seiten und nickten sich begeistert zu. »Haben sie dich auch gefüttert?« fragte der Mann Flash. »Sie haben mir rohes Fleisch vorgeworfen. Sah so aus, als wollten sie mich damit füttern.« »Mehr habe ich auch nicht vorgesetzt bekommen. Ich heiße übrigens Booker, Philip I. Booker.« »Ich bin Flash Gordon.« »He, ich habe von Ihnen gehört«, rief Booker aufgeregt. »Sie sind eine Berühmtheit im Sonnensystem. Habe Sie nur nicht gleich erkannt.« Er rieb sich wieder das Kinn. »Ich hätte nicht gedacht, daß ein Kerl wie Flash Gordon sich so einfach in einen Käfig sperren läßt.« »Das wird er auch nicht lange«, knurrte Flash.
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VI »Da muß es sein!« rief Zarkov. Er beugte sich im Pilotensessel vor und programmierte eine Landung in den Auto-Piloten. Der Gleiter senkte sich langsam und landete sanft neben der schnurgeraden, dunklen Wüstenstraße. »Glauben Sie, wir finden hier eine Spur von Flash?« fragte Dale aufgeregt. »Eine Spur von ihm werden wir hier sicher finden«, antwortete Zarkov mit seiner dröhnenden Stimme. »Aber das heißt selbstverständlich nicht, daß wir hier auch Flash selber finden.« »Ich begreife nicht, was hier eigentlich vorgefallen sein könnte.« Der bärtige Wissenschaftler schwang sich durch die aufgeklappte Luke des Gleiters. Er trug eine Instrumententasche umgeschnallt, deren Inhalt er teilweise selbst konstruiert hatte. Draußen lief er um den Gleiter herum, um Dale auf der anderen Seite beim Aussteigen behilflich zu sein. »Wir kommen schon dahinter, was hier passiert ist«, versprach er seiner Assistentin. »Ich garantiere dafür.« »Da sind die Spuren eines Wagens, der von der Straße in die Wüste gerast ist.« Dale deutete auf die deutlich zu erkennenden Reifeneindrücke im Sand. Der Mond schien hell genug, um alles gut zu sehen. Zarkov zog eine kleine, kugelförmige Robotkamera aus der Tasche. Er nahm schnell einige Schaltungen auf einer winzigen Tastatur an dem Gerät vor. Dann richtete er die Linse der Kamera auf die Wagenspuren. »So, nun beschaff mir anständige Aufnahmen von diesen Spuren«, meinte er fast zärtlich zu dem Robotmechanismus. Er warf die Kamera in die Luft, und das Gerät schwebte summend an den Reifenspuren entlang. »Das ist Flashs Wagen gewesen.« Zarkov kniete neben einem besonders deutlichen Reifenabdruck. »Und er scheint nicht die Kontrolle über das Fahrzeug verloren zu haben.« 24
»Es gibt auch keine Anzeichen, daß irgendein anderer Wagen in die Sache verwickelt war.« »Allerdings nicht«, stimmte der Wissenschaftler zu, während er sich aufrichtete. »Sieht aus, als habe Flash die Straße freiwillig verlassen.« »Aber warum?« »Nun, entweder hat er hier in der Wüste etwas gesehen, das er direkt angesteuert hat«, Zarkov machte eine bedeutungsvolle Pause, »oder etwas war hinter ihm her.« »Es gibt keine Spuren, die auf einen Verfolger schließen lassen«, widersprach Dale nachdenklich. Dr. Zarkov wies mit dem Daumen in den klaren Nachthimmel. »Was immer es war, es könnte von oben gekommen sein.« Er begann die Reifenspur in die Wüste zu verfolgen. Dale lief hinter ihm her. »Könnte es eins dieser UFOs gewesen sein, von denen Cox berichtet hat?« »Möglich ist in diesem Fall alles. Falls es eines dieser unidentifizierbaren Flugobjekte war, wird es jetzt bald die längste Zeit unidentifizierbar gewesen sein, das garantiere ich!« Zarkov blieb stehen und folgte dem weiteren Verlauf der Spuren aufmerksam mit den Augen. »Flash scheint versucht zu haben, jemanden auszumanövrieren.« Die kugelförmige Kamera schwebte an ihnen vorbei. Hundert Meter vor ihnen verharrte sie plötzlich in der Luft und hörte auf zu summen. »Da vorne müssen die Spuren zu Ende sein.« Mit weiten Schritten eilte der Wissenschaftler zu seiner wartenden Kamera. »Hier am Ende sind sie verwischter. Der Sand ist aufgewühlt.« »Was läßt sich daraus schließen?« wollte Dale wissen. Zarkov zupfte wild an seinem Bart und ließ seinen Blick stirnrunzelnd von den Spuren in den nächtlichen Himmel wandern. »Etwas hat ihn von oben gepackt und in die Luft geho25
ben. Die Spuren sind charakteristisch für Räder, die die Bodenberührung verlieren. Bei Spuren antiker Propellerflugmaschinen sieht das ähnlich aus.« Dale faßte nach der Hand ihres Chefs. »Ein Raumschiff von irgendwoher. Weiß Gott, wohin sie ihn verschleppt haben.« Sie schüttelte den Kopf und blickte zu den zahllosen Sternen über ihnen auf. »Er kann überall da draußen sein.« Der Wissenschaftler zog zwei handtellergroße Geräte heraus, an denen er mit geübter Hand einige Justierungen vornahm. Dann setzte er die Geräte vorsichtig in den Sand. Das eine schwebte nur ein kurzes Stück in die Höhe und begann dann dicht über dem Boden zu kreisen, während das andere die gleichen Bewegungen in größerer Höhe aufnahm. »Damit werden wir die Möglichkeiten, wohin unser Freund verschwunden ist, etwas verringern«, erklärte Zarkov zuversichtlich. »Was immer ihn verschleppt hat, es muß Spuren hinterlassen haben.« »Und das wird ausreichen, Flash wiederzufinden?« »Da verlaß dich ganz auf Zarkov, Mädchen«, versicherte der Doktor.
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VII Die Versteigerung begann eine Stunde nach Flashs Ankunft. Zuerst verstand Flash nicht ganz, was vorging, da er der lautlosen Kommunikation der Blauen nicht folgen konnte. Ein älterer Blauer, bekleidet mit einem seegrünen Samtanzug, wanderte von Käfig zu Käfig. Er deutete auf einen, und die Menge drängte sich sofort um den betreffenden Käfig. Einige schweigende Minuten folgten, dann wandte der Grüngekleidete sich dem nächsten Käfig zu. Das Exemplar, vor dem er zuletzt gestanden hatte, wurde, bald nachdem die Menge weitergezogen war, von seinem Platz gerollt und verschwand aus der Halle. Flash studierte aufmerksam die Insassen der anderen Käfige. Ein Blick in die Runde sagte ihm, daß die Blauen ihre Jagdexpeditionen offenbar in alle Teile der bekannten Galaxis veranstalteten. Er entdeckte einen Löwenmenschen von Mongo, Vogelwesen vom Planet Gamaliel und eine intelligente Echse von einem der Jupitermonde. Neben den Intelligenzen befanden sich in zehn der Käfige auch echte Tiere, von denen einige Flash ebenfalls bekannt vorkamen. Dieser eigenartige Zoo mußte aus allen Teilen der Milchstraße zusammengeschleppt worden sein. »Was hat dieser Kerl im grünen Anzug mit uns vor?« wollte Booker wissen. »Ich würde sagen«, antwortete Flash, »er hält hier so eine Art Versteigerung ab. Nach den Gesichtsausdrücken der Blauen und dem Abtransport der Käfige zu urteilen, scheinen wir hier verkauft zu werden.« »Das kann man doch nicht mit mir machen. Ich werde doch nicht der Sklave dieser blauen Gnome.« »Wir haben hier wohl nicht viel zu sagen«, erinnerte Flash Booker. »Und wir wissen ja nicht mal, ob es überhaupt um einen Sklavenkauf geht.« »Was wollen Sie damit andeuten?« 27
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, was hier auf diesem Planeten vorgeht«, erklärte Flash geduldig. »Vielleicht sind Außenweltler eine besondere Bereicherung für den Speisezettel der Blauen. In diesem Fall haben wir möglicherweise die Ehre, die Spitzenköche der Stadt um uns versammelt zu sehen.« Booker verzog das Gesicht. »Ich wünschte, Sie würden mit solchen Sachen keine dummen Scherze machen. Das ist geschmacklos.« »Wegen meiner Geschmacklosigkeit wenden Sie sich besser an die Herren vor unseren Käfigen. Es wäre mir angenehm, wenn Sie sie davon überzeugen könnten.« Die Menge hatte sich inzwischen den Käfigen von Flash und Booker genähert. Der Auktionator trat vor Flash und begann mit seinem Gestenspiel. Dem Objekt der Verhandlungen wandte er dabei wie üblich den Rücken zu. Der blonde Raumpilot fand offenbar allgemeines Interesse, denn fast alle anwesenden Blauen rückten dich an seinen Käfig heran und maßen ihn mit neugierigen Blicken. Der Anblick schien durchaus zu ihrer Zufriedenheit auszufallen. Einer versuchte sogar durch die Gitter nach Flash zu greifen, zog die Hand aber dann lieber wieder vorsichtig zurück. Einige der Blauen gestikulierten während des schweigenden Handels heftig. Besonders wild gebärdete sich ein Mann, der reich verzierte Kleider trug und etwas im Gesicht hängen hatte, das an einen roten Schnurrbart erinnerte. Seine Schultern waren um einiges breiter als die der anderen Blauen. »Wollen Sie denn nichts unternehmen?« fragte Booker Flash beunruhigt. »Ich werde abwarten und sehen, wie sich die Dinge entwikkeln«, erwiderte der Raumpilot. »Okay, aber was ist, wenn Sie recht haben? Wenn diese Verrückten wirklich Kannibalen sind oder Schlimmeres?« Flash grinste. »Noch bin ich in keinem Kochtopf. Wahrscheinlich arbeitet man bei einem Volk, das die Raumfahrt 28
beherrscht, ja auch eher mit Mikrowellenherden.« Aus der Menge der Bieter wurden einige enttäuschte Seufzer laut. Dann zog man weiter zu Bookers Käfig. Der breitschulterige Blaue mit dem roten Bartgewächs blieb vor Flash stehen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Einen Augenblick später summte ein flacher Wagen heran, auf den der Käfig gehievt wurde. Flash wurde aus der Halle nach draußen in die feuchte Nachmittagshitze gefahren. * Der schwergewichtige Blaue blieb in der Halle stehen und behielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Nachdem der Käfig mit Flash sicher abtransportiert worden war, wandte er sich Booker zu. »Ein ausgesprochen feines Exemplar«, sendete der alte Auktionator gerade in die Runde. »Gefangen nach einer wilden Hetzjagd auf einem abgelegenen Wüstenplaneten einer kleinen gelben Sonne. Er würde auch eine exzellente Bereicherung Ihres Unternehmens sein, Barko.« Barko, der rotbärtige Blaue, tippte mit einem plumpen Finger an seine lederne Kappe. »Er sieht mir etwas zu wild aus. Wird nicht sehr kooperativ sein.« »Er ist fast so stark wie der, den Sie eben ersteigert haben.« Barko studierte den protestierenden Booker nachdenklich. »Nun, vielleicht läßt sich mit ihm etwas anfangen. Eine besondere Attraktion wird er jedenfalls nicht. Und er bringt keinesfalls so viel, wie ich mich habe zwingen lassen, für den anderen zu bieten, darüber seien Sie sich im klaren.« »Ich eröffne die Versteigerung mit 500 Harlans, Gentlemen. Wer bietet 500?« gab der Auktionator bekannt. Barko lächelte geringschätzig. »Ich biete vierhundert.« »Vierhundert? Wie oft haben wir einen gutgebauten Huma29
noiden wie diesen hier im Angebot?« »Was starrt ihr mich alle so an«, brüllte Booker dazu. »Laßt mich aus diesem verdammten Ding raus!« »Vierhundertfünfundzwanzig«, bot ein anderer Blauer. »Vierhundertfünfzig«, konterte Barko. »Sicher ist dieses herrliche Exemplar mehr wert als Vierhundertfünfzig, Gentlemen!« »Vierhundertfünfundsiebzig!« »Fünfhundert!« »Ah, wir haben also meinen vorgeschlagenen Preis erreicht. Aber das ist noch viel zuwenig für diesen großartigen Burschen.« »Fünfhundertfünfundzwanzig.« »Sechshundert«, bot Barko. »Aha, Sie wollen ihn also doch zu ihren Attraktionen nehmen, Barko. Eine gute Wahl.« Ein zufriedenes Lächeln runzelte das Gesicht des kleinen blauen Auktionators. »Sonst noch irgendwelche Gebote?« Es gab keine. »Verkauft für sechshundert Harlans an Barkos Interplanetarischen Zirkus.«
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VIII Ein schimmernder Glanz erfüllte das riesige Amphietheater. Die Aufführungsstätte war größer als alle Stadien, die Flash bisher auf verschiedenen Planeten gesehen hatte. Selbst Mings Kampfarena auf Mongo verblaßte dagegen. Tausende von rundköpfigen Blauen bevölkerten die Steinbänke in dem ovalen Rund. Das innere Feld selbst war mit einer weichen, flockigen Substanz bedeckt, die das harte Licht der Nachmittagssonne reflektierte. Flash hatte die Gelegenheit, sich das Stadion anzusehen, während sein Käfig auf dem flachen Wagen aus einem Eingangstunnel hereingerollt wurde. Das Zeug auf dem Boden mußte die hiesige Version von Sägemehl sein, dachte Flash. Jede Wette, daß dieses Ding hier eine Art Zirkus war. In der Arena ging bereits einiges vor. Ein grüner Mann lief über einen hoch gespannten Draht zwischen zwei goldenen Masten. Ein blondes Mädchen galoppierte auf einem pferdeähnlichen Reittier im Kreis herum. Riesige, saurierartige Wesen stampften in einer bizarren Parade durch das Sägemehl. Ein vierarmiger Jongleur zeigte seine Künste. Am Himmel über dem Stadion zog ein Adlermensch seine Bahn. Eine dünne silberne Kette sorgte dafür, daß seine Flügel ihn nicht zu weit forttrugen. Zwei Meter hohe Eidechsen sprangen durch lodernde Feuerringe. Und zwischen diesen Attraktionen sprangen, hopsten, stolperten und rollten die hier üblichen Versionen terranischer Clowns herum. »Clowns scheinen etwas Kosmisches zu sein«, murmelte Flash zu sich selbst. »Man findet sie auf jedem Planeten.« Die Käfigtür vor Flash öffnete sich. Einer der Elektro-Stäbe, mit denen er schon Bekanntschaft geschlossen hatte, streckte sich ihm entgegen. Offenbar war jetzt Flashs Nummer an der Reihe. Der blonde Raumfahrer ließ sich angesichts des Schockstabes nicht lange 31
bitten. Er kletterte aus dem Käfig und achtete dabei darauf, dem Blauen mit dem Stab nicht zu nahe zu kommen. Als er in dem glitzernden Staub der Arena stand, gesellten sich zwei weitere Blaue zu ihnen. Sie trugen weite, abenteuerlich geschnittene Uniformen und gestikulierten mit ihren Schockstäben vor Flashs Gesicht herum. Der eine Stab wurde so lange nach links geschwenkt, bis Flash sich in diese Richtung in Bewegung setzte. Sie gelangten zum Fuß eines Mastes, der von der Mitte der Arena gut siebzig Meter in die Höhe ragte. Bis zur Spitze des Mastes liefen Leitersprossen. Die Stäbe deuteten in einer unmißverständlichen Weise nach oben »Da hinauf also«, meinte Flash. Er setzte den Fuß auf die unterste Sprosse, und die Blauen wedelten aufmunternd mit ihren Stäben. Flash machte sich an den Aufstieg. Während er den Mast hinaufkletterte, stellte er wenig erfreut fest, daß es unter ihm keine Netze oder sonstige Sicherheitseinrichtungen gab. Die Spitze des Mastes krönte eine kleine Plattform, auf die Flash sich schließlich schwang. Einen Augenblick nachdem er sich dort aufgestellt hatte, knisterte das Metall unter seinen Füßen, und er erhielt einen kräftigen elektrischen Schlag. Er sprang hoch. Die Plattform klappte zur Seite und Flash stürzte der schimmernden Arena entgegen. * Barko war erst kurz zuvor zu seinem Zirkus zurückgekehrt. Er stand im Schatten einer der Eingangstunnel und beobachtete die Vorführungen in der Arena. Ein dünner, krummer Blauer schlurfte auf ihn zu. Der linke Arm dieses Mannes stand unnatürlich verdreht vom Körper ab und seine linke Gesichtshälfte war gelähmt. »Deine Neuerwer32
bung macht einen guten Eindruck auf mich«, sendete er an Barko. »Ich habe auch genug für ihn ausgeben müssen«, erwiderte der Zirkusbesitzer. Der krumme Blaue gestikulierte mit seinem rechten Arm. »Er wird einen exzellenten Flieger abgeben. Auf meine Empfehlung hin schicken sie ihn gerade den Mast hinauf.« Barko verzog das Gesicht, während er Flashs Aufstieg verfolgte. »Hoffentlich hast du die richtige Wahl für diesen Wilden getroffen, Nord.« »Ich weiß, was einen guten Flieger ausmacht«, meinte der Krumme. »Selbst wenn ich heute nicht mehr selbst dort hinaufsteigen kann, Barko.« Kopfschüttelnd antwortete Barko mit dem Gedanken: »Ich habe nie verstanden, was dich getrieben hat, bei solchen Vorstellungen deinen Hals zu riskieren. Dieses Risiko können wir doch wirklich den Außenweltlern überlassen.« Der dickbäuchige Zirkusdirektor schüttelte sich bei der Vorstellung, selbst in diese schwindelnden Höhen hinaufklettern zu müssen. »Ah, dieses Gefühl«, telepathierte Nord zurück, »frei durch die Leere zu rauschen. Es gibt nichts Vergleichbares.« »Wenn man mit der Sache nicht fertig wird, ist der Aufschlag in der Arena auch ganz unvergleichlich – ein wirklich einmaliges Erlebnis.« Nord konzentrierte sich auf Flash, ohne zu antworten. »Er scheint sich gut unter Kontrolle zu haben. Scheint tatsächlich zu halten, was seine Verfassung verspricht«, fuhr Barko fort, dessen Augen jede Bewegung Flashs aufmerksam registrierten. Unbewußt rieb er sich immer wieder über den kugelförmigen Bauch. Nord atmete heftig durch und preßte die Hände zusammen. »Da fliegt er.« »Hoffen wir, daß er wirklich so gut ist, wie du behauptest, Nord. Ich möchte meine Investition nicht gleich bei der ersten 33
Vorführung verlieren.« Ein Seil mit einer großen Metallkugel am Ende schwang durch die Luft vom Mast auf den stürzenden Flash zu. »Fang es, halt dich fest«, sendete Nord aufgeregt. Flash bekam die Kugel zu fassen. Sein Sturz wurde dadurch abrupt aufgehalten, aber er verlor nicht den Halt, sondern hing jetzt leicht schaukelnd am Ende des Seils. »Sehr gut«, kommentierte Barko. »Schau dir die Muskelpakete auf seinem Rücken an, wenn er zupackt. Das Publikum will solche Typen sehen. Kraft und Geschicklichkeit faszinieren immer.« Nord ließ keinen Blick von Flash. Er wußte, was als nächstes kommen würde. »Verlier jetzt nicht den Kopf – ruhig bleiben, das ist das ganze Geheimnis.« Ein elektrischer Schock wurde in die Kugel geschickt, an der Flash sich festgeklammert hatte. Die Entladung zwang ihn loszulassen. Flash stürzte wieder in die Tiefe. Jetzt wurden ihm aus dem Mechanismus, der Flashs Vorstellung von der Spitze des Mastes aus dirigierte, drei neue Seile zugeschossen. Eins bekam der Raumpilot zu fassen, schwang daran quer über die Arena und ließ diesmal freiwillig los. Er fiel fünfzehn Meter tiefer, bevor er das nächste Seilende erwischte. An ihm pendelte er über das Stadion. Am tiefsten Punkt seiner Bahn war er nur noch knapp sechs Meter über dem schimmernden Boden der Arena. An dieser Stelle ließ er los. »Phantastisch«, sendete Nord bewundernd. Flash bereicherte seinen letzten Sprung mit einem Salto und landete sicher auf beiden Beinen. Die Aufmerksamkeit des Publikums hatte sich in den letzten Minuten völlig ihm zugewandt, und jetzt bedankte es sich mit einem frenetischen Applaus. »Dieses Sperenzchen zum Abschluß hat mir nicht sonderlich gefallen«, sendete Barko. »Man könnte meinen, er wollte sich 34
über uns lustig machen.« »Kann schon sein«, antwortete Nord und lächelte mit der beweglichen Hälfte seines Gesichtes. »Aber er ist gut, Barko, sehr gut. Du hast ja den Applaus gehört. Das Publikum mag ihn.« Zwei Blaue mit Schockstäben rannten auf Flash zu. Sie trieben ihn zurück zu seinem wartenden Käfig. »Warten wir ab«, erwiderte Barko. »Ich gebe gerne zu, daß er eine Attraktion zu werden verspricht, aber er kann sich auch als störendes Element unter unseren anderen Artisten erweisen. Ich dulde keinen Aufruhr, das weißt du.« »Ich wünschte, wir könnten uns mit ihm verständigen.« »Du bist und bleibst sentimental, Nord. Du kannst doch nicht vergessen haben, daß es keine Kommunikationsmöglichkeiten mit den niedrigen Arten gibt. Solche Gedanken gehören sich einfach nicht.« »So muß es wohl sein …«, sendete der verkrüppelte Mann zurück und schlurfte davon.
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IX Der Besuchersessel schmiegte sich vibrierend an ihn, als Zarkov sich hineinfallen ließ. »Gibt es etwas Neues?« Agent Cox hockte auf der Platte seines plastiküberzogenen Arbeitstisches, in den eine Reihe von Tastaturen und Bildschirmen eingelassen waren. »Sie sehen aus, als wären Sie die ganze Nacht auf den Beinen gewesen, Doktor«, meinte Cox. »Das war ich auch«, dröhnte Zarkov aufgebracht. Er warf eine Mappe mit Photos und Diagrammen auf den Tisch des EIIAgenten. »Warum müssen Sie eigentlich auf Ihrem Arbeitsplatz herumklettern?« Der junge Mann sprang auf den Boden und entgegnete: »Sie führen ein auch körperlich wesentlich aktiveres Leben als ich, Doktor Zarkov. Ich muß die meiste Zeit in diesem Büro herumsitzen, da versuche ich wenigstens den Platz, auf dem ich sitze, etwas zu variieren. Hinter dem Schreibtisch, neben ihm, auf ihm …« »Wenn Sie sich jetzt vielleicht dahinter begeben könnten«, schlug Zarkov in seinem lautesten Tonfall vor, »fänden Sie dort Unterlagen darüber, was ich an dem Ort herausgefunden habe, von wo man Flash offensichtlich verschleppt hat.« Cox beeilte sich, der Aufforderung Folge zu leisten. »Bei dieser Gelegenheit, in den letzten zwölf Stunden haben wir keine weiteren Meldungen von mysteriösen Flugobjekten mehr erhalten.« »Unsere unbekannten Freunde werden wohl nach Hause geflogen sein.« Der blonde, junge Mann studierte die Unterlagen, die Zarkov ihm mitgebracht hatte. »Ihr Robot-Schreiber hat eine Überholung notwendig, Doktor.« »Ich habe diese paar erklärenden Zeilen selbst getippt«, erwiderte Zarkov. »Je weniger wir diesen automatisierten Firlefanz in Anspruch nehmen, desto besser. Die Schwierigkeit mit 36
den meisten Bewohnern unseres Sonnensystems ist, daß sie nicht zwischen nützlichen Errungenschaften der modernen Technik und schwachsinnigem Robotspielzeug für Erwachsene unterscheiden können.« Der Agent hielt das oberste Blatt aus der Mappe dicht vor sein Gesicht, um die undeutliche Schrift entziffern zu können. Seine Stirn legte sich in Falten. »Und Sie sind sich da ganz sicher, Doktor? Ein fremdes Raumschiff hat Flash Gordon mitgenommen?« »Flash und seinen Wagen.« »Wie sollen diese Fremden das denn bewerkstelligt haben?« »Sie sind dicht über dem Boden geflogen, haben den Wagen mit einer Art Metallklaue aufgepickt und an Bord gehievt«, erklärte Zarkov, während er sich die Spitze seines Bartes mit Daumen und Zeigefinger zu einer eigenartigen Form drehte. »Ich habe winzige Metallspuren an der Stelle gefunden, an der der Wagen gepackt wurde, und dazu Lackreste, die von beiden Seiten des Wagens abgesplittert sind, als die Klaue auf die Karosserie schlug.« »Sie sind ja gründlicher gewesen als die Straßenpolizei, Doktor.« »Selbstverständlich«, bestätigte Zarkov. »Sonst könnte ich mich ja auch einfach auf deren Ermittlungen verlassen.« Er sprang aus seinem Sessel. »Jetzt möchte ich mich gerne mit eueren Computern hier unterhalten. Wahrscheinlich haben sie nicht alles gespeichert, was ich brauche. Aber der Versuch erspart mir unter Umständen die Fahrt zum Interplanetaren Datencenter in Houston. Wäre schade um jede Minute, die ich verliere.« »Das EII kann Ihnen so viel erzählen wie das IDC. Wir verfügen über die gleichen Daten.« Cox breitete mehrere Blätter von Zarkovs Bericht nebeneinander auf seinem Schreibtisch aus. »Sie haben hier schon ausführliche Spekulationen beigefügt, woher das fremde Raumschiff gekommen sein könnte.« 37
»Das sind keine Spekulationen«, berichtigte ihn Zarkov mit seiner dröhnenden Stimme. »Das sind Tatsachen – bereichert höchstens um einen Hauch brillanter Intuition, wie man sie von einem Genie zu erwarten hat.« Er beugte sich über den Tisch und klopfte mit den Handknöcheln der Rechten auf bestimmte Passagen auf den ausgebreiteten Blättern. »Das hier, das, das und das … das sind alles Tatsachen, die ich bereits verifiziert habe.« »Alle diese Informationen haben Sie von den wenigen Spuren, die das Raumschiff zurückgelassen hat, ableiten können?« »Zarkov ist nicht die Straßenpolizei oder das EII«, legte der Wissenschaftler los. »Ich weiß, was ich tue. Wenn ein Schiff so dicht über dem Boden fliegt, müssen auch von seinem Antrieb Rückstände zu finden sein. Ich habe einen selbstkonstruierten Parascintillator eingesetzt, der Ihrem Büro, nachdem er den Dienstweg durch alle Genehmigungsinstanzen hinter sich hat, in etwa zwanzig Jahren auch zur Verfügung stehen wird. Von den sonst noch von mir eingesetzten Geräten will ich lieber gar nicht sprechen, sonst kommen Ihnen noch die Tränen, junger Mann.« Agent Cox sah Zarkov in die Augen und schluckte. »Sie wollen andeuten, daß die in diesen Unterlagen enthaltenen Untersuchungsergebnisse ausreichen, um den Heimatplaneten des Raumers zu bestimmen.« »Sie begreifen ziemlich schnell. Deshalb will ich ja mit Ihrem Computer ins Gespräch kommen«, erklärte Zarkov. »Ich habe ein Programm vorbereitet, mit dem Ihre Anlage diesen Planeten aufspüren kann, vorausgesetzt, es sind überhaupt irgendwelche Daten über ihn auf der Erde vorhanden. Das Ganze ist ein Problem der Wahrscheinlichkeitsrechnung.« Er lief vor Cox’ Schreibtisch auf und ab, die Faust in die Handfläche schlagend. »90 % Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Welt sollten erst mal reichen.« »Alle Einrichtungen des EII stehen zu Ihrer Verfügung, Dok38
tor«, eröffnete Cox. Er zögerte einen Augenblick, bevor er fragte: »Und was werden Sie unternehmen, wenn Sie den Planeten herausgefunden haben?« »Dann fliege ich hin«, antwortete Zarkov trocken.
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X Die bunten schmalen Fenster dämpften das Licht der Spätnachmittagssonne. Die Wände des Raumes waren von einem fleckigen Weiß. Sie schienen von einer Art rauhem Plastikmaterial überzogen. Flash maß gerade die Länge der Kette, die sein rechtes Fußgelenk mit der Wand verband. »Drei Meter«, unterrichtete ihn die Stimme seines Nachbarn. Flash sah auf. Neben ihm war der Adlermensch angekettet, den er über der Arena hatte kreisen sehen. »Ich habe wirklich gerade versucht, die Kette mit den Augen zu messen«, gab er lächelnd zu. Der Adlermensch besaß auf dem Rücken zwei breit gefiederte Flügel, die von seinen Schultern bis zum Boden reichten. »Ich hätte nie erwartet, Euch hier zu treffen, Flash Gordon.« Mit gesenkter Stimme fügte er hinzu: »Oder habt Ihr Euch freiwillig einfangen lassen, um diesem Spuk hier auf Mesmo ein Ende zu machen?« »Leider bin ich diesen blauen Burschen völlig ahnungslos ins Netz gegangen«, gab Flash zurück. »Aber woher kennst du mich?« »Ihr müßt wissen, ich bin von Mongo«, antwortete der Adlermensch, der in drei Metern Abstand neben Flash an die Wand gefesselt war. »Es gibt niemand auf Mongo der Flash Gordon nicht kennt. Ihr seid auf meiner Welt ein Held, ein berühmter Freiheitskämpfer.« Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes rasselte eine Kette. »Ich wünschte mir, diese verfluchte Kette wäre länger, damit ich mir so einen berühmten Helden aus der Nähe ansehen könnte«, rief ein schwergewichtiger Mann mit weißen Haaren zu Flash hinüber. »Das ist Professor Zumm«, stellte der Adlermensch vor. »Passenderweise haben sie hier einen Clown aus ihm ge40
macht.« Zumm packte seine Kette mit beiden Händen und zerrte in einer dramatischen Geste daran. »Dummerweise bin ich nicht zum Freiheitskämpfer geboren. Deshalb bin ich diese Kette noch nicht losgeworden.« Die Unterhaltung wurde in Galakto, der gebräuchlichsten interstellaren Verkehrssprache, geführt. Der Raumfahrer von der Erde verbeugte sich ironisch in alle Richtungen. »Ihr dürft mich ruhig alle Flash nennen.« »Nach unserem Clown«, fuhr der Adlermensch fort, »werde ich dir dann auch den Rest der Truppe vorstellen. Ich bin Huk. Der schlacksige Bursche neben dem Professor ist Jape. Auf seinem Heimatplaneten Anterra war er Arzt.« »Hier auf Mesmo habe ich das Vergnügen, als Jongleur in Barkos Interplanetarischem Zirkus aufzutreten.« Jape hatte vier Arme. »Wo ich herkomme«, sagte ein kleiner Mann neben dem Jongleur, »sind keine Namen dieser Art üblich. Ich heiße 60627. Hier nennen sie mich alle einfach Sixy.« Seine langzehigen Füße waren nackt. »Ich arbeite auf dem Hochseil.« Das letzte Mitglied der Gruppe war ein hellhaariges junges Mädchen. »Mein Name ist Narla«, erklärte sie. »Willkommen bei der Truppe, Flash. Meine Nummer ist die mit den komischen Reittieren hier. Ich habe deinen ersten Flug heute nachmittag gesehen. Das sah verdammt gekonnt aus.« »Mir blieb nicht viel anderes übrig, als das Beste daraus zu machen«, erwiderte Flash und lächelte dem Mädchen zu. »Wie viele Gefangene haben sie zur Zeit in diesem Zirkus?« Jape, der Vierarmige, antwortete: »Im Augenblick dürften Barko etwa fünfzig von uns gehören.« »Ist Barko dieser dickbäuchige Kerl, der auf den Auktionen bietet?« »Das ist er«, bestätigte Sixy. »Ein gefangener Freiheitskämpfer«, meinte Zumm, »muß einen hübschen Preis gebracht haben.« 41
»Ich kann nur vermuten, was für ein Preisschild man mir dort umgehängt hat«, erwiderte Flash, »denn die ganze Versteigerung ging ohne jedes vernehmbare Wort vor sich.« Huk sagte: »Die Blauen scheinen sich über Gedankenwellen zu verständigen.« Mit einer seiner vier Hände rieb sich Jape am Kinn und schüttelte den Kopf. »Ich bin da nicht so sicher, Huk, ob es richtige Telepathen sind.« »Jape hat eine Theorie«, erklärte der Adlermensch Flash, »daß die Helme, die alle Blauen tragen, ihnen erst die Kommunikation von Gehirn zu Gehirn ermöglichen.« »Egal wie sie es machen«, schaltete sich die gutaussehende Narla ein, »sie halten jedenfalls alle Wesen, die nicht dazu in der Lage sind, für hoffnungslos in der Entwicklung zurückgeblieben. Wesen, die sich auf verbalem Wege verständigen, sind für die Blauen nicht mehr als blökende Tiere.« »Eine Theorie, die einiges für sich hat«, verkündete Zumm. »Aber sie hat auch eine Menge Lücken. Die Blauen müssen bei ihren Entführungsaktionen gesehen haben, daß auf vielen der Planeten, von denen sie sich ihre Opfer holen, technische Zivilisationen existieren. Trotzdem behandelt man Intelligenzen aus diesen Zivilisationen hier wie Tiere! Man setzt uns sogar rohes Fleisch vor, was mich zu einer erheblichen Umstellung meiner Eßgewohnheiten zwingt. Offenbar ist es den Blauen gelungen, eine Lebensanschauung zu entwickeln, die ihnen erlaubt, sich als die einzige intelligente Rasse des ganzen Universums zu betrachten.« »Das rohe Fleisch setzen sie uns nur vor, weil sie offenbar meinen, es lohnt sich nicht, uns ein Essen zuzubereiten«, meinte Huk. »Wie lange bist du jetzt hier?« fragte Flash den Adlermenschen. »Gut sechs der örtlichen Mondphasen. Sie haben hier übrigens zwei Monde. Auf der Erde dürften das etwa acht Monate 42
sein, wenn ich die Umrechnungswerte richtig im Kopf habe. Unser Veteran ist Sixy. Nach deiner Zeitrechnung ist er fast zwei Jahre hier.« »Und in der ganzen Zeit haben sie nie versucht, in irgendeiner Form Kontakt mit euch aufzunehmen, zu kommunizieren«, wandte Flash sich an Sixy. »Man bringt uns bei, bestimmte Laute nachzusprechen. Die Laute werden allerdings von einem mechanischen Gerät produziert. Daher haben wir die Namen wie Mesmo und Barko. Das Ganze wird für die Abschlußnummer gemacht, aber es handelt sich dabei nicht um eine Kommunikation, sondern es ist ein reiner Dressurakt.« Flash begann seine Kette durch die Hand gleiten zu lassen. »Und außerhalb der Vorstellungen werden wir hier festgehalten?« »Sie erlauben jedem von uns ein tägliches Training«, erklärte Jape. »Wir sollen ja in Form bleiben. Die restliche Zeit verbringen wir hier angekettet.« »Gastiert der Zirkus nur hier oder zieht er weiter?« »Wir ziehen ständig herum«, berichtete Sixy. »Seit sie mich hierher verschleppt haben, durfte ich mir schon den halben Planeten ansehen. Diese Welt ist ein einziges Treibhaus, kann ich dir sagen.« »Ich dachte eigentlich weniger an das Klima«, meinte Flash grinsend. »Werden wir auf der Reise auch angekettet?« »Meistens wird der Zirkus per Einschienenbahn transportiert, dem Hauptverkehrsmittel dieses Planeten. Barko hat spezielle Waggons für uns.« »Unterwegs kettet man uns einzeln an die Waggonsessel«, ergänzte Narla. Jape rieb sich zwei seiner Hände und kratzte sich mit den anderen beiden am Kinn und am Ohr. »Du denkst, während der Reisen könnte es leichter sein, auszubrechen, Flash?« erkundigte er sich. 43
»So ist es«, bestätigte Flash knapp. »Daran haben wir auch bereits gedacht«, meinte der Adlermensch. »Bis jetzt gab es aber keine noch so geringe Chance für uns.« »Alle Ketten, an die wir gelegt werden, sind so stark wie diese hier«, fügte Sixy hinzu. »Selbst Mallox kann sie nicht zerreißen.« »Wer ist Mallox?« »Unser Starker Mann«, erklärte Narla. »Es ist wirklich ein Wilder. Sie haben ihn in den Wäldern von Anmar gefangen.« Eine Tür öffnete sich. Zwei Blaue traten ein und schleiften einen blutenden, zerkratzten Booker, dessen Kleider in Fetzen hingen, in den Raum. Die Blauen ketteten ihn an, ohne den anderen Gefangenen irgendwelche Beachtung zu schenken, und verließen dann wieder den Raum. Stöhnend versuchte Booker sich aufzurichten. »Was, zum Teufel ist das hier bloß?« keuchte er. Narla war dem Neuankömmling am nächsten. Sie trat an seine Seite. Ihre Kette ließ ihr genug Bewegungsfreiheit dazu. »Sie haben dich in den Gladiatorenkäfig gesteckt, was?« »Das wird es wohl gewesen sein«, antwortete Booker und versuchte sich mit einem Fetzen von seinem Hemd das Blut aus dem Gesicht zu wischen. »Ich mußte mit einem Bär ringen und einem anderen haarigen Ding, das ich nicht identifizieren konnte. Was ist hier eigentlich los?« »Du bist die neueste Attraktion von Barkos Interplanetarem Zirkus«, rief Huk. »Willkommen!« »Ein Zirkus? Du willst sagen, dieser fette blaue Kerl hat mich als Zirkusnummer eingekauft?« »Dieses Schicksal teilst du mit uns allen hier«, tröstete ihn Zumm. »Das ist nicht fair«, jammerte Booker. Er entdeckte Flash und streckte ihm eine blutende Hand entgegen. »Hol mich hier raus, Flash Gordon«, flehte er. 44
»Wir werden alle bald unser Engagement hier kündigen«, antwortete Flash.
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XI Der krumme Nord nickte begeistert mit seinem runden Kugelkopf. »Er wird jeden Tag besser.« Seine Augen waren auf Flash gerichtet, der hoch über der Arena seine Vorstellung gab. Während der Abendvorstellung schnitten grelle Scheinwerferkegel durch die feuchte Nacht. In der Abendbeleuchtung schimmerte Barkos neuer Samtanzug grünlich. »Das Publikum ist weiterhin von ihm begeistert«, gab er zu. »Meine Idee, seine Plattform noch einmal fünfzig Meter zu erhöhen, hat seinen Erfolg noch gesteigert, auch wenn du davon nicht so angetan warst.« »Ich habe lediglich darauf hingewiesen, daß die Erhöhung des Absprungpunktes auf 150 Meter über der Menge auch die Gefahr entsprechend vergrößert, daß du deine Attraktion irgendwann aus dem Staub der Arena kratzen mußt.« Barko breitete seine blauen Arme weit aus. »Das ist es doch, was einen Zirkus ausmacht – Gefahr. Schau dir das Publikum an – sie lieben solche Situationen. Die Vorstellung, daß irgend jemand – und sei es nur ein primitiver Außenweltler – sich vor ihren Augen zu Tode stürzen kann, fasziniert sie. Ihr Leben ist langweilig und ereignislos genug. Der Zirkus bringt ihnen einige der wenigen wirklichen Abwechslungen.« Nords Aufmerksamkeit wandte sich von Flash dem Mittelpunkt der Arena zu. Ein buntscheckiger Mann arbeitete dort in einem eingezäunten Areal mit fünf riesigen Tieren, die sich im Aussehen kaum von irdischen Löwen unterschieden. »Mit den Löwen ist etwas nicht in Ordnung«, meinte Nord. Die Tiere ließen sich von der Peitsche und dem Schockstab des unfreiwilligen Löwenbändigers nicht beeindrucken. Sie kauerten knurrend in einer Ecke des Käfigs und peitschten mit ihren Schwänzen die Luft. »Das liegt nicht an den Löwen«, kam Barkos Antwort auf mentalem Wege, »der Dompteur ist sein Geld nicht wert.« 46
»Die Tiere sind erst kürzlich von Anmar hier angekommen«, erinnerte Nord seinen Chef. »Die Scheinwerfer bringen sie völlig in Verwirrung.« »Ich überlege mir, ob ich diesen scheckigen Narren und das ganze Löwenrudel nicht verkaufen soll, bevor wir hier unsere Vorstellungen aufgeben und weiterziehen.« »Es sind die einzigen Löwen, die wir zur Zeit in der Show haben. In den kleinen Städten, die wir jetzt vor uns haben, sind die Löwen immer mit die Hauptattraktionen.« »Sicher, Nord, aber –« Das große Reittier, das Narla um die Arena trug, war plötzlich ins Stolpern gekommen. Es stürzte hart gegen die Gitter, hinter denen sich die Löwen befanden. Es gab ein knirschendes Geräusch. Dann bog sich ein Stück des Gitters nach innen, und eine Öffnung entstand. Auf den Rängen des Stadions wurde es totenstill. Ein Aufstöhnen lief durch Tausende von Kehlen. Zwei Löwen sprangen knurrend aus dem Käfig. Dann folgte ein dritter. Der letzte warf sich gegen Narlas Reittier und schlug ihm seine Fänge tief in die Seite. Das Tier gab einen schnaubenden Laut von sich, taumelte und brach in die Knie. Das Mädchen schrie auf. Der Löwe ließ von dem Tier ab und wandte seinen Kopf zähnefletschend gegen Narla. * Flash stürzte durch die feuchte Nachtluft und überlegte, welche Überraschungen der Mechanismus, der ihm die Seile zuwarf, diesmal wohl für ihn bereithielt. Als der Löwe Narlas Pferd angriff, schnappte Flash gerade nach einem Trapez in dreißig Metern Höhe. Die plötzliche Stille im Stadion ließ ihn aufmerksam werden. 47
Die Metallstange begann unter seinen Händen zu knistern. Gehorsam ließ Flash los, als er sich auf dem höchsten Punkt seines Pendelfluges befand. Während des folgenden Sturzes drehte er sich in der Luft so, daß er auf die Arena unter ihm blicken konnte. Er begriff sofort, in welcher Gefahr Narla sich befand. Ein Seil schwang ihm entgegen. Er ignorierte es und fiel weiter in die Tiefe. In der Woche, die er jetzt schon unfreiwillig als Luftartist auftrat, hatte Flash die Arena aus der Vogelperspektive genau studiert und sich ein halbes Dutzend Seile und Verspannungen gemerkt, an denen er bei einem Absturz Halt suchen konnte. Seine Beobachtungen ließen sich jetzt ausgezeichnet verwerten. Er fing seinen Sturz an einer Ziergirlande ab, von der er nur hoffen konnte, daß sie sein Gewicht aushielt. Die Girlande gab etwas nach, und eine hölzerne Verstrebung in der Nähe knirschte verdächtig. Doch Flash blieb sicher in acht Metern Höhe über dem Boden hängen. Die letzten Meter sprang Flash geschickt in Narlas Richtung. Er landete zehn Meter von ihr entfernt im Staub der Arena und rollte sich ab. Sofort kam er wieder auf die Beine, spurtete zu dem Mädchen. Narla schien sich beim Sturz ihres Reittieres den Knöchel verletzt zu haben. Sie versuchte halb aufgerichtet, von dem Tier wegzurobben. Der Löwe hatte seine ganze Aufmerksamkeit jetzt der blonden Reiterin zugewandt. Den Körper dicht an den Boden gepreßt und den Schwanz steil aufgerichtet, kam er um das gestürzte Reittier herum auf Narla zu. Drei Blaue standen mit Schockstäben in sicherem Abstand und machten keinerlei Anstalten, näher zu kommen. Sie schienen beträchtlichen Respekt vor dem ausgebrochenen Raubtier zu haben. 48
»Darf ich mal?« Flash riß dem entsetzt starrenden Dompteur, der die Szene ebenfalls wie gelähmt beobachtete, den Schockstab aus der Hand. Der Kerl hatte sozusagen im Weg gestanden. Dann stürzte sich der Raumpilot auf den Löwen vor Narla. »He!« brüllte er die fauchende Bestie an, »verschwinde! Zurück in den Käfig!« Das Raubtier schenkte ihm keine sonderliche Beachtung und näherte sich weiter dem hilflos am Boden kauernden Mädchen. »Zurück!« wiederholte Flash. Er lief um das Tier herum. »Ab in den Käfig, du störrisches Vieh!« Er streckte dem Löwen von vorne den Schockstab entgegen. Die Bestie knurrte und verzog das Gesicht. Sie schlug mit der Pranke nach dem Stab, holte sich einen kräftigen elektrischen Schlag und heulte auf. »Nun reicht es aber!« Flash schlug dem Tier mit dem Stab kräftig über die Nase. Es gab eine knisternde Entladung und roch nach verbranntem Fell. Der Löwe brüllte auf, wandte sich von Flash ab und lief Richtung Käfig. Flash bückte sich zu Narla. »Alles in Ordnung?« Das blonde Mädchen atmete erleichtert tief durch. »Nichts gebrochen«, flüsterte sie. »Ich muß zugeben, die Sache ist mir etwas auf die Nerven geschlagen. Meine Hände zittern leicht. Die Arbeit mit Löwen ist nicht gerade meine Spezialität.« »Ich helf dir hoch.« Er legte einen Arm um ihre Schulter. »Schön, daß du dich um die Sache gekümmert hast«, meinte Narla und lächelte ihn an. »Ich sah mich schon als Raubtierfutter enden.« »Du solltest –«, setzt Flash an. Er konnte den Satz nicht mehr beenden. Etwas traf ihn hart am Kopf, und alles wurde dunkel.
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XII Das erste, was Flash in der Dunkelheit hörte, war ein Ächzen und Schnaufen. Flash fuhr mit der Hand über den Boden. Er lag auf kalten, harten Steinfliesen. Jede Bewegung seiner Arme verursachte ein rasselndes Geräusch. Seine Handgelenke mußten angekettet sein. Er tastete mit einer Hand nach der Kette an der anderen und zog sich dann daran vom Boden hoch. Vorsichtig folgte er der Kette bis zu der Wand, in die sie eingelassen war. Dabei konnte er feststellen, daß man ihm auch Fußfesseln angelegt hatte. Die Wand vor ihm fühlte sich feucht und glitschig an. Das Schnaufen in seiner Nähe verstummte, und aus der pechschwarzen Dunkelheit rief eine Stimme: »Hört sich an, als hätte ich Gesellschaft bekommen.« Flash kniff die Augen zusammen, aber die Schwärze um ihn herum war undurchdringlich. »Deine Stimme kommt mir bekannt vor«, antwortete er. »Du bist Mallox, nicht wahr?« »Genau der. Ich muß in dieser verdammten Monstrositätenschau den Schwerathleten abgeben«, kam es aus der Dunkelheit zurück. »Leider reichen meine Kräfte nicht ganz aus, diese Ketten aus der Wand zu reißen.« »Wo sind wir hier eigentlich?« »Unter der Arena«, erklärte der Athlet. »Hier unten ende ich regelmäßig, wenn der Zirkus in der Hauptstadt gastiert. Irgendwann habe ich dieses blaue Geschmeiß so weit, daß es mich wieder hier an die Wand kettet. Seit über einem MesmoJahr bin ich jetzt schon einer von Barkos Sklaven. Aber einmal hau ich ab. Was machst du denn hier?« »Ich bin Flash Gordon«, antwortete Flash. »Während der Abendvorstellung habe ich Narla vor einem ausgebrochenen Löwen gerettet. Offensichtlich nahm man es mir übel, daß ich dazu meine Nummer unterbrechen mußte.« »Ich muß schon hier unten gewesen sein, als das passiert ist. 50
Gestern bekam ich die Gelegenheit, einem dieser Blauen einen Tritt zu verpassen. Ich ließ sie mir nicht entgehen«, erzählte Mallox. »Und du hast deine Nummer abgebrochen, um das Mädchen zu retten?« »So war es.« »Das mögen sie gar nicht, solche Sondereinlagen.« »Außerdem habe ich mir noch den Schockstab unseres unbegabten Dompteurs ausgeliehen.« Mallox gab ein dröhnendes Gelächter von sich. »So was wird ihnen ganz und gar nicht gefallen haben. Schade, daß ich nicht dabeisein konnte. Sieht aus, als wollte man mich hier unten halten, bis der Zirkus weiterzieht.« »Wann wird das sein?« »Wenn alles läuft, wie bei den letzten Gastspielen, werden wir in etwa einer Woche abbauen«, erklärte der Schwerathlet. »Nicht, daß man sich auf diese kleinen blauen Teufel verlassen könnte, aber nach allen Erfahrungen bleiben sie nirgendwo länger als drei Wochen.« »Glaubst du, daß es während des Transportes bessere Fluchtmöglichkeiten gibt?« wollte Flash wissen. »Ich habe es zweimal versucht«, berichtete Mallox. »Wie du hörst, hat es nicht geklappt.« Er rasselte mit seinen Ketten. »Sie haben mich beide Male gestunnt und wieder eingesammelt. Scheint, als hätte ich dabei noch Glück gehabt.« »Wie meinst du das?« »Du hast meine Nummer ja sicher schon mal gesehen. Ich bin tatsächlich gut. Männer, die so stark sind wie ich, bekommt Barko nicht alle Tage. Wir hatten einmal einen Clown, den sie Speeg nannten. Clowns gibt es genug. Als Speeg einen Ausbruchsversuch wagte, wir gastierten damals gerade in einer kleinen Dschungelstadt, töteten sie ihn. Sie schossen ihn einfach von hinten nieder, während er rannte. Wenn du hier abhauen willst, versuch erst mal herauszubekommen, wieviel du Barko wert bist.« 51
Flash lehnte sich gegen die kalte Steinwand. »Was ist, wenn man tatsächlich die Flucht schafft?« fragte Flash. »Gibt es irgendeinen sicheren Platz, zu dem man sich durchschlagen kann?« »Diese blauen Quälgeister beherrschen den ganzen Planeten«, erwiderte Mallox. »Ich habe lediglich von einigen kleinen Dschungelenklaven gehört, wo sich eine Opposition hält, die mit den jetzigen Zuständen nicht einverstanden ist. Dort würde ich versuchen, unterzukommen.« »Das beste scheint dann wohl zu sein«, meinte Flash, »ganz von diesem Planeten zu verschwinden.« Mallox’ dröhnendes Lachen hallte durch den Kerker. »Das wird es wohl sein.« Flash ignorierte den Sarkasmus in den Worten des Mannes. »Sind alle Blauen mit der Sklaverei einverstanden?« »Mit unserer Sklaverei, meinst du? Soweit ich das beurteilen kann, sind sie das«, antwortete Mallox. »An den Jagdexpeditionen zu anderen Planeten scheint niemand etwas auszusetzen. Wie ich schon sagte, bei diesen schweigsamen Burschen weiß man nie so genau, wo man daran ist, aber ich habe nie etwas von einer Opposition gegen den Sklavenhandel bemerkt.« »Was glaubst du, wie viele Sklaven hier auf dieser Welt festgehalten werden?« »Einige tausend müssen es mindestens sein, nach dem, was ich auf der bisherigen Reise mit dem Zirkus gesehen habe«, vermutete Mallox. »Und dabei muß ich sogar sagen, daß wir im Zirkus keineswegs die schlechtest behandelten Sklaven auf Mesmo sind. Es gibt Schlimmeres.« »Wenn einem von uns die Flucht gelänge«, fragte Flash weiter, »könnte er keine Hilfe von Bewohnern dieses Planeten erwarten?« »Abgesehen von diesen Dschungelenklaven, über die ich auch nur Gerüchte gehört habe, ist man überall ein von allen gehetzter Flüchtling.« 52
»Das klingt alles nicht sehr aussichtsreich. Trotzdem hast du schon zwei Fluchtversuche hinter dir.« »So schlimm es auch ist, ein Flüchtling zu sein, es ist immer noch besser als ein Leben als Sklave«, rief Mallox. »Ich werde nicht aufgeben, bis ich es eines Tages geschafft habe.« »Du wirst es schaffen«, versicherte ihm Flash.
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XIII Ein Rechteck aus Licht schnitt durch die Dunkelheit. Zwei rundköpfige Gestalten tauchten in dem Rechteck auf. Sie traten aus dem Flur in Flashs Zelle. Flash schätzte, daß er jetzt seit gut einem Tag hier angekettet war. Zum erstenmal hatte sich jetzt seit seiner Ankunft die Tür geöffnet. Bisher gab es weder Essen noch Trinken. »Bringt ihr endlich was zu essen?« brüllte der Athlet den Ankömmlingen entgegen. Flash konnte Mallox nun im blassen Licht aus dem Korridor an der gegenüberliegenden Wand stehen sehen. Der Mann war über zwei Meter groß, mit breiten, muskelbepackten Schultern, doch völlig humanoid. Sein rotbraunes Haar bildete eine wilde Mähne, und er trug einen langen Vollbart. Die beiden Blauen beachteten den Athleten nicht weiter. Einer baute sich mit erhobenem Schockstab vor dem sitzenden Flash auf. Der andere Blaue zog einen Schlüssel aus seiner Gürteltasche. »Sieht nicht aus, als wären diese blauen Teufel wegen des Essens gekommen«, rief der angekettete Riese zu Flash hinüber. Mit dem Schlüssel wurden die Ketten an Flashs Hand- und Fußgelenken geöffnet. Sie fielen von ihm ab. Der Blaue mit dem Schlüssel wies in Richtung der Tür. »Du hast deine Strafe wohl schon hinter dir«, meinte Mallox. Flash nickte in Richtung des Riesen und fragte die Blauen dabei: »Und was wird aus ihm?« Der andere Blaue fuchtelte Flash mit dem Schockstab dicht vor der Nase herum. »Handle dir meinetwegen keinen neuen Ärger ein«, lachte der Athlet. »Ein paar Tage ohne Futter halte ich schon aus.« »Wir sehen uns wieder«, versprach Flash und trat aus den abgefallenen Ketten. 54
Der Wächter, der Flash befreit hatte, konzentrierte sich ganz auf die Bewegungen des Raumfahrers. Er machte einige Schritte rückwärts, um den Terraner an sich vorbeizulassen. »Komm, Freundchen!« brüllte Mallox und sprang den Blauen an, der in seine Reichweite geraten war. Er legte dem Wächter blitzschnell einen Arm um den Nacken. »Ich will mir nur mal deinen Schlüssel leihen.« Der andere Blaue zog seinen Stunner. Flash umklammerte den Arm des Mannes, so daß er nicht zum Schuß kam. Vor Wut mit den Augen rollend schlug der Blaue mit dem Schockstab, den er in der anderen Hand hielt, nach Flash. Der Schlag erwischte Flash an der Brust. »He!« schrie er vor Schmerz auf und taumelte zurück. Der Wächter in Mallox’ Griff schnappte keuchend nach Luft. Sein Kollege feuerte jetzt mit dem Stunner. Eine summende Entladung, und der Riese erstarrte unter dem Lähmstrahl. Sein Arm lag noch immer um den Hals des Blauen, der weiter nach Luft keuchte. Der Mann mit dem Stunner kam ihm zu Hilfe und bog den Arm des gelähmten Athleten zur Seite. Während die beiden Wachen so beschäftigt waren, hätte Flash durch die offene Tür verschwinden können. Aber er sah von dieser Möglichkeit ab. Dies war nicht die richtige Gelegenheit. * Flash hörte nichts mehr von Mallox bis zu der Nacht, als der Zirkus sein Lager in der Hauptstadt abbaute. Es war eine heiße, stürmische Nacht. Der Regen trommelte auf das Dach des Gebäudes, in dem Flash mit einigen Leidensgenossen untergebracht war. Huk, der Adlermensch, schlug mit seinen großen Schwingen unruhig und blickte aus einem der schmalen Fenster. »Garan55
tiert wird heute nacht abgebaut«, verkündete er. »Sie beladen schon die Waggons. Und sie haben Mallox wieder rausgelassen, also müssen sie ihn brauchen.« »Ich bin froh, daß er endlich aus diesem Loch raus ist«, sagte Flash. »Seit ich wieder aufgetreten bin, habe ich ihn noch in keiner Vorstellung gesehen.« »Sie greifen immer auf den armen Kerl zurück, wenn es etwas Schweres zu schleppen gibt«, erklärte Narla. »Und beim Aufbruch gibt es das immer.« »Mir scheint, sie würden die Arbeit auch mit den drei bis vier Wachen schaffen, die sie jedesmal um Mallox postieren müssen«, kommentierte Zumm. »Aber sie bewachen lieber einen bei der Arbeit, als selbst Hand anzulegen – eine echte Sklavenhaltermentalität nenne ich das.« »Sie sehen dem Riesen einfach gerne bei der Arbeit zu«, meinte Sixy. »Das ist auch der einzige Grund, warum sie ihn noch nicht umgebracht haben.« »Glaubst du wirklich, sie verfrachten uns bei diesem Unwetter in das nächste Dschungelnest?« fragte Flash Sixy. »Sieht aus, als hätte die Regenzeit gerade angefangen.« In der Ferne rollte Donner, und der Regen prasselte noch heftiger. Blitze zuckten über den wolkenverhangenen Himmel und warfen ihren fahlen Schein in den halbdunklen Raum. Bevor Sixy antworten konnte, wurde Flashs Frage von anderer Seite geklärt. Die Tür flog auf und mehrere Blaue stürzten aus dem Sturm in das Gebäude. Sie winkten den Gefangenen zu. »Wir sollen uns fertigmachen«, dolmetschte Zumm ironisch.
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XIV Das Gebrüll der Löwen schien dem Donner zu antworten. Die Tiere knurrten und fauchten, als sie aus ihrem Käfig die steile Rampe zu einem wartenden Waggon der Einschienenbahn hinaufgetrieben wurden. Der schwere Regen hämmerte gegen das Pseudoglas, das den Passagierzugang zu dem silbernen Zug umgab, der neben dem Stadion an dem hohen Gerüst der Hochbahn hing. Flash ging neben Jape. »Wie verläßlich ist denn der Fahrplan hier?« fragte Flash. Eine seiner vier Hände gegen die Stirn gepreßt, beobachtete Jape den wolkenverhangenen Himmel. »In einer Nacht wie dieser«, antwortete er, »kann man sich auf nichts verlassen. Das beste wäre wahrscheinlich, die Fahrt zu verschieben, aber Barko muß es wohl wieder sehr eilig haben. Scheint, daß ihn jeder verlorene Tag verdammt viel Geld kostet.« Der Wagen des Zuges wirkte von innen fast zylindrisch. Nur der Boden war abgeflacht. Die Wände bedeckte ein Samtbezug. Die Sessel waren aus versilbertem Metall und dunklem Leder. Die Luft im Waggon roch abgestanden. Jeder Sklave wurde mit dem Schockstab an einen bestimmten Sessel dirigiert. Dort fesselte man ihn mit einer Handschelle an die Sessellehne und kümmerte sich nicht weiter um ihn. Flash wurde an einen Sessel etwa in der Mitte des Wagens gekettet. »Wie weit wird die Reise ungefähr gehen?« fragte er Sixy, der auf der anderen Seite des Mittelgangs neben Flash angekettet wurde. Der kleine Seiltänzer hob mit seinem nackten Fuß, der bei ihm wie eine Hand entwickelt war, einen Papierfetzen vom Boden des Waggons auf. »Die Züge werden auch nicht mehr so in Schuß gehalten wie bei unserer letzten Fahrt.« Er legte den Fetzen mit dem Fuß auf seine Handfläche. »Die Fenster sind auch ziemlich schmutzig. Eins hat schon einen Sprung. 57
Entschuldige mein Geschwätz, Flash. Ich muß mich immer erst ein wenig umsehen, wenn ich an einen neuen Ort komme. Mein Volk ist sehr sensibel. Um auf deine Frage zurückzukommen, wir werden wahrscheinlich die ganze Nacht unterwegs sein.« Es dauert eine weitere Stunde bis der ganze Zirkus verladen war. Der Sturm steigerte sich in dieser Zeit noch. Regenböen peitschten gegen die Fenster, und Blitze zuckten über den Himmel. Der Donner ließ die Wagen an ihrem Kabel erbeben. Booker saß einige Sitze vor Flash. »Ein miserables Wetter«, stellte er fest. »Ich wäre lieber in unserer Zelle eingeschlossen, als in diesem schwankenden Ding angekettet zu sein. Das ist nicht fair.« »Deine ausdauernden Appelle an die Fairneß unserer blauen Freunde lassen auf eine rührende Naivität schließen«, bemerkte Zumm von der anderen Seite des schwankenden Waggons. »Was soll das nun wieder heißen, Clown?« kreischte Booker. »Nun, ein vernünftiger Mensch müßte eigentlich festgestellt haben, daß wir hier bestenfalls als Tiere eingestuft werden.« Ein rundköpfiger Wächter betrat den Waggon. Er schlenderte den Mittelgang entlang und schwang dabei einen silbernen Schockstab. Die Unterhaltung verstummte sofort. »Wissen Sie, warum wir bei diesem scheußlichen Wetter fahren müssen?« versuchte Booker es bei dem Wächter. »Wir können bei diesem Sturm glatt abstürzen.« Der Blaue setzte seinen Weg fort, ohne zu reagieren. »Ihr seid doch auch gefährdet«, rief Booker ihm verzweifelt nach. »Ihr sitzt doch mit uns im selben Zug!« Der Wächter blieb stehen, als er am gegenüberliegenden Ende des Wagens angekommen war. Dort fand er einen freien Sitz, in den er sich fallen ließ und den Schockstab über die Knie legte. Dann nahm der lange, schwerbeladene Zug Fahrt auf. Die 58
Lichter der Stadt huschten unter ihnen vorbei und verschwanden schnell in der Dunkelheit. Windböen packten die Wagen rüttelten sie. Die Bezeichnung Einschienenbahn schien Flash für dieses Transportmittel nicht ganz zu passen. Der Zug glitt an einem Kabel entlang, das auf gigantischen Masten über das Land gespannt war. Eine Konstruktion, die den mühsamen Trassenbau erdgebundener Bahnen sparte, aber bei diesem Wetter nicht sehr vertrauenerweckend wirkte. Nach einigen Stunden Fahrt, während der die Sklaven vor sich hin dösten, erschien ein gebeugt gehender Blauer im Wagen. Der Zug zischte gerade schwankend über eine öde Gegend, in der schon eine halbe Stunde kein Licht mehr zu sehen war. Der Blaue schritt sicher durch den Mittelgang und blieb vor Flash stehen. Der Wächter richtete sich in seinem Sitz auf, griff nach seinem Stab und bemühte sich um Haltung. Nord lächelte Flash mit seinem halben Lächeln an. Er deutete nach oben und dann auf den blonden Mann. Nickend lächelte er wieder mit seiner beweglich gebliebenen Gesichtshälfte. »Kannst du mich verstehen?« fragte Flash erstaunt. Nord runzelte die halbe Stirn. Er wiederholte seine Geste und das Lächeln, dann fügte er einige kreisende Bewegungen mit der Hand hinzu. Er spielt auf meine Nummer an, sagte sich Flash. Der Terraner war lange genug beim Zirkus, um in dem Mann einen von Barkos Assistenten zu erkennen. Er erinnerte sich daran, daß Nord ihn oft besonders aufmerksam während der Vorstellungen beobachtet hatte. Plötzlich holte der Blaue tief Luft. Der Wächter sprang aus seinem Sitz hoch. Ein hoher, schriller Ton, fast an der Grenze der Hörbarkeit, drang aus Lautsprechern an der Decke des Wagens. »Ein Alarmzeichen«, rief Huk. »Es muß etwas passiert sein.« »Ein Unfall auf der Strecke vor uns?« meinte Jape. 59
»Bei dem Wetter könnte auch etwas mit dem Kabel nicht in Ordnung sein«, vermutete Sixy. »Es hat schon Kabelbrüche gegeben.« »Ich habe es euch gesagt«, kreischte Booker los. »Sie bringen uns alle um.« Der Zug bockte wild, stoppte kurz ab und bewegte sich dann ruckend weiter. Die Wagen pendelten wild in den Böen. Nord langte mit seiner heilen Hand unter seinen weiten Mantel. »Es ist das Kabel!« warnte Jape. »Sie können den Zug nicht mehr rechtzeitig stoppen. Haltet euch fest.« Der verkrüppelte Blaue drückte Flash einen Ring mit Schlüsseln in die Hand und klopfte auf die Handschelle, mit der der Terraner an seinen Sitz gekettet war. Der Wächter rannte durch den Mittelgang und gab ein eigenartiges Wimmern von sich. Durch das Brüllen des Sturmes klang ein neues Geräusch herein: Schreien und Kreischen aus den Wagen vor ihnen. Ein peitschender Knall folgte. Der Zirkus-Zug sprang von dem gerissenen Kabel und stürzte in die Dunkelheit.
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XV Dr. Zarkov rieb an den weißen Metallwänden. »Antiseptisch«, verkündete er lautstark, während er sich dem EII-Computer näherte, bei dem er hoffte, die gesuchten Informationen zu bekommen. Der Rechner war eine kompakte Anlage, in deren Frontwand ein weißes Plastikgesicht von gut zwei Metern Höhe eingelassen war. Als Zarkov sich vier Meter vor ihm befand, öffnete sich ein Wandpanel und aus dem Raum dahinter, trat ein attraktives junges blondes Mädchen vor den Wissenschaftler. Er erkannte sofort, daß er einen Androiden vor sich hatte. »Guten Tag«, begrüßte ihn das hübsche Robot-Mädchen mit einer angenehmen, leicht rauchigen Stimme. »Mein Name ist Jackie. Ich bin die zuständige Hostess für diese Zone der EIIZentrale. Kann ich Ihnen behilflich sein?« »Hebe dich hinweg!« dröhnte der knurrige Forscher. Er steuerte weiter auf den Computer zu. »Wie bitte, Sir?« »Husch, husch«, knurrte Zarkov. »Zurück in deine Wand.« »Brauchen Sie niemanden, Sir, der Ihnen bei der Arbeit mit dieser Rechenanlage hilft?« erkundigte sich der attraktive Androide. »Sie kann ganz schön tückisch sein.« »Gegen Zarkov hilft keine Tücke«, versicherte Zarkov der blonden Maschine. »Verschwinde!« »Kann ich Ihnen vielleicht wenigstens eine Tasse –« »Nichts!« dröhnte Zarkov, der vor der Programmeingabe des Computers stehengeblieben war. Der Androide hatte sich an seine Fersen geheftet. Die schwere Faust des Wissenschaftler sauste gegen die Konsole vor ihm. »Aufwachen, ich habe Arbeit für dich«, brüllte er die Anlage an. Auf dem Gesicht des Computers leuchteten hier und da kleine Lämpchen auf. »Zu Ihren Diensten, Sir.« »Möchten Sie vielleicht eine Pseudonuß?« meldete sich der 61
Androide wieder von hinten. Zarkov fuhr schnaubend herum. Er packte die Robot-Blondine am Ellbogen und bekam nach kurzem Zappeln auch ihr Knie zu fassen. Dann riß er die Maschine hoch und beförderte die Dame durch die Öffnung in der Wand zurück dahin, wo sie hergekommen war. Es schepperte dumpf, und die Wandpanele schloß sich wieder. »Firlefanz«, knurrte Zarkov. »Nichts als technischer Firlefanz. Daran wird noch unsere Zivilisation zugrunde gehen.« »Ich hoffe, Ihr Urteil bezieht sich nicht auf mich, Sir«, erkundigte sich der große Computer mit einem beunruhigten Unterton. »Rede nicht, rechne!« brüllte Zarkov. Er zog ein Bündel Papiere aus einer Tasche seiner Standardkombination. * Mehrere Stunden später öffnete sich zischend eine Tür neben Zarkov. »Keine Pseudonüsse!« schrie der Wissenschaftler und blickte entsetzt um sich. »Ich habe auch keine dabei«, versicherte ihm Dale leicht irritiert. »Aber Sie machen den Eindruck, als brauchten Sie dringend etwas zu essen, Doc. Denken Sie an Ihre Nerven.« Zarkov hatte sich die Ärmel seiner Kombination aufgerollt. Stirnrunzelnd trat er zu dem schwarzhaarigen Mädchen. »Ich habe dich doch gar nicht herbestellt«, meinte er leicht vorwurfsvoll. »Oder?« »Nein, nein«, beruhigte sie ihn. »Ich bin nur ungeduldig geworden. Deshalb wollte ich mal vorbeisehen, um zu erfahren, ob Sie schon etwas herausgefunden haben.« »Wir haben schon schwerste Geschütze gegen sein Problem aufgefahren«, meldete sich der Computer zutraulich zu Wort. Zarkov trat rückwärts gegen die Konsole. Seine Assistentin fuhr fort: »Ich rief Agent Cox an, und der schickte mich hier runter. Gibt es schon etwas Neues über Flash?« 62
»Ich habe diesen elektronischen Schwachkopf noch nicht genügend ausgequetscht.« »Ich habe immer noch die Hoffnung, daß Flash sich auf der Erde befindet. Könnten Sie sich nicht bei Ihrer RaumschiffTheorie geirrt haben?« Der Wissenschaftler legte dem Mädchen seine schwere Hand auf die Schulter. »Sie sind ein unverbesserlicher Optimist, Dale«, meinte er. »Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß meine Theorien sich immer verifizieren. Flash ist auf einen fremden Planeten verschleppt worden.« Sie wies mit dem Kopf in Richtung des Computergesichts. »Hat er schon etwas herausgefunden, welcher Planet in Frage käme?« »Ich bemühe mich gerade«, dröhnte Zarkov, »im schöngeistigen Gefasel dieses Halbleiter-Idioten die wichtigen Informationen auszumachen.« »Man hat mich programmiert gründlich zu sein, gründlich und höflich und genau«, verteidigte sich der Computer. »Wenn Sie mit mir immer wieder Flora, Fauna, Kulturen und Bodenbeschaffenheit sämtlicher Planeten der Galaxis durchgehen, dauert es eben seine Zeit, besonders wenn sie keine präzisen Fragen stellen wollen.« »Hör dir diesen Schwätzer an«, knurrte Zarkov. »Heutzutage fehlt nur noch, daß sie den Biestern einprogrammieren, in Versen zu antworten. Trotzdem habe ich Fortschritte gemacht.« »Sie wissen, wo Flash sein könnte?« fragte das Mädchen. »Mit einiger Sicherheit, um genau zu sein, mit 90 % Wahrscheinlichkeit, wurde Flash von einem Raumschiff entführt, dessen Heimatwelt der halbvergessene Planet Mesmo ist. Wenn ich noch eine halbe Stunde meine Ruhe bekomme, können wir ganz sicher sein.« »Und was dann?« Dale sah ihren Chef fast flehend an. »Dann fliege ich nach Mesmo«, erklärte Zarkov, »und hole Flash zurück.« 63
XVI Der Regen tropfte durch das verzogene und aufgerissene Metall des Daches. In der Luft hing ein scharfer Brandgeruch. Flash hob blinzelnd den Kopf, bewegte vorsichtig seine Arme und Beine und sah sich um. Wasser lief über den an mehreren Stellen aufgeplatzten Boden des Waggons. Der verkrüppelte Blaue, von dem Flash kurz vor dem Absturz die Schlüssel erhalten hatte, war nirgendwo zu sehen. Der Gedanke an die Schlüssel brachte Flash wieder vollends zur Besinnung. Er bemerkte, daß er sie noch in seiner verkrampften Hand hielt. Mit der freien Hand probierte er die Schlüssel an seiner Handschelle aus. Der vierte paßte; er war frei. Von seinem Handgelenk tropfte Blut. Die Fessel hatte ihm beim Aufprall des Zuges ins Fleisch geschnitten. Aber die Verletzung schien nicht ernsthaft zu sein. »Ich sterbe«, wimmerte eine unglückliche Stimme, die nur von Booker stammen konnte. »Ich bin völlig zerschmettert und sterbe qualvoll.« In der Nähe stöhnte jemand anderer auf. Es war der kleine Sixy. Er hing mit geschlossenen Augen in seinem zerbrochenen Sessel, eine blutige Schramme über der Stirn. Flash arbeitete sich durch den Mittelgang zu ihm vor und begann von den Schlüsseln Gebrauch zu machen, die Nord ihm zugesteckt hatte. »Mach mich zuerst los, dann kann ich dir bei den anderen helfen«, rief Huk, der Adlermensch, »Bei dir ist alles in Ordnung?« fragte Flash und wandte sich dem Mann von Mongo zu. »Bis auf einen angeknickten Flügel habe ich nichts abbekommen.« Flash balancierte vorsichtig durch den vom eingedrungenen Wasser glitschigen Gang. Durch eine breite Öffnung im Dach 64
sprühte ihm Wasser in den Nacken. Er erreichte den Adlermenschen und befreite ihn. »Was ist mit mir?« kreischte Booker. »Ich sterbe, ohne das jemand auch nur einen Blick auf mich wirft.« »Für einen Sterbenden bist du noch ganz schön laut«, meldete sich Jape. Der Jongleur hielt sich mit einer Hand den Kopf, befühlte mit zwei anderen seine Rippen und massierte mit der vierten sein Knie. »Daß ich noch reden kann, heißt nichts. Ich schwer verletzt.« Sixy stöhnte wieder, während Flash und Huk seine Handschelle öffneten. Der Kleine flatterte mit den Augenlidern, bekam sie aber nicht auf. Huk starrte auf die Löcher im Dach des Waggons. Der Regen schlug ihm von oben in die Augen. »Meine Flügel sind doch noch ganz okay. Durch das größte Loch da oben müßte ich ihn nach draußen tragen können.« Er deutete bei diesen Worten auf Sixy. »Habt ihr etwa vor, mich hier einfach zurückzulassen«, wollte Booker mit weinerlicher Stimme wissen. »Setzt ihn irgendwo in sicherer Entfernung zur Absturzstelle ab. Dann kommst du zurück und holst die anderen Verletzten«, empfahl Flash. Der Adlermensch breitete seine Schwingen aus und schüttelte das Wasser von ihnen ab. »Bei dem Wetter ist das Fliegen kein Vergnügen«, knurrte er. »Auf in die Lüfte.« Er packte sich den bewußtlosen Sixy unter den Arm und flatterte durch die aufgerissene Decke in die regnerische Nacht. »Sieht nicht aus, als wäre unser Wächter noch auf den Beinen«, meinte Jape, während Flash ihn loskettete. »Er liegt da hinten unter seinem Sitz«, berichtete Flash. »Ich glaube nicht, daß er es überlebt hat.« »Ich überlebe es auch nicht mehr lange«, jammerte Booker, »wenn sich nicht bald jemand um mich kümmert.« Jape trat zu ihm. »Was fehlt dir denn?« 65
»Woher soll ich das wissen? Ich bin kein Arzt. Mir tut alles weh. Ich habe schwere innere Verletzungen.« Während Jape sich bemühte, Bookers Handschelle aufzuschließen, kümmerte Flash sich um Narla. Das blonde Mädchen hing halb im Mittelgang. Ihr langes Haar war über den nassen Boden ausgebreitet. »Narla«, rief Flash und griff nach ihrer Hand. Sie antwortete nicht. »Lebt sie noch?« fragte Jape. »Ja«, antwortete Flash erleichtert. »Ich kann ihren Puls spüren. Weiß nicht recht, was mit ihr los ist. Sie ist ohne Bewußtsein.« »Wahrscheinlich hat sie innere Verletzungen wie ich«, meinte Booker. Jape fand den Schlüssel für das reglose Mädchen. In diesem Augenblick kehrte der Adlermensch zurück und ließ sich flügelschlagend von der Decke herunter. »Wir haben unwahrscheinliches Glück gehabt«, berichtete er. »Wie sieht es mit dem Rest des Zuges aus?« erkundigte sich Jape. Huk schüttelte den Kopf. »Es wird nicht viele andere Überlebende geben. Die anderen Wagen sind zerfetzt oder völlig zerdrückt. Unser Waggon muß sich kurz vor dem Aufprall vom Zug gelöst haben. Außerdem brennen die anderen Überreste des Zuges.« Er bemerkte Narla. »Ist sie in Ordnung?« »Sie lebt«, antwortete Flash. »Am besten trägst du sie als Nächste nach draußen.« »Und was ist mit mir«, schaltete Booker sich ein. »Ich bin schwerer verletzt als sie.« Der Adlermensch nahm das Mädchen sanft auf die Arme. Er verschwand mit ihr durch das Dach. »Wo steckt Zumm?« fragte Flash und starrte in die Runde. »Hier liegt er«, rief Jape. »Scheint auch ohne Bewußtsein zu sein.« Er kniete neben dem zusammengesunkenen Clown, der 66
aus seinem Sessel gestürzt war. »Wir holen dich gleich hier raus, Zumm, und dann …« »Was ist los?« wollte Flash wissen, als der Jongleur plötzlich schwieg. »Er ist tot«, antwortete Jape. »Das Genick gebrochen.« Flash blickte einige schweigende Sekunden auf den toten Clown. »Sonst noch jemand freizulassen?« »Da hinten liegt noch jemand«, entdeckte Jape. Er deutete auf eine Gestalt, die am anderen Ende des Wagens im Schatten eines Sitzes lag. »Muß dieser krumme Blaue gewesen sein, der neben dir stand, als der Zug abstürzte.« Von Sitz zu Sitz hangelte sich Jape zu der kleinen Gestalt. »Wie geht es ihm?« fragte Flash. Jape berührte Nord mit seiner dritten Hand. Als er sie zurückzog, war sie blutverschmiert. »Der ist auch tot.« »Ich weiß nicht mal, wer das war«, erklärte Flash. »Aber er hat uns alle gerettet, indem er mir die Schlüssel gab.« »Es hilft niemandem, wenn ihr hier über die Toten jammert«, meldete sich Booker wieder. »Bei mir ist noch etwas zu retten. Seht nach mir!« Flash war mit zwei schnellen Schritten vor Booker, hob die Hand und hielt in der Bewegung inne. Er atmete tief durch. Dann tastete er mit der Hand über Bookers Rücken. »Keine Anzeichen, daß irgendwas gebrochen ist.« »Ich habe doch gesagt, daß es innere Verletzungen sind«, beschwerte sich Booker. »Wir werden schon noch herausfinden, was dir fehlt.« »Ich befürchte, in diesem verdammten Zug haben sie keinen Doktor dabei gehabt«, lamentierte Booker weiter. »Falls einer dabei war«, tröstete ihn der gerade zurückkehrende Huk, »dürfte er jetzt tot sein. Es gibt keinerlei Anzeichen, daß außer uns noch jemand überlebt hat.« »Irrtum«, verkündete eine tiefe Stimme vom Dach. Alle blickten überrascht zu dem Loch in der Decke. »Mal67
lox«, erkannte Flash erleichtert den Athleten. »Dieser kleine Absturz war genau, was ich brauchte, um mit meinem Käfig fertig zu werden«, erklärte Mallox. Er lachte mit seiner wilden Stimme. »Ja, sie haben mich extra in einen Käfig gesteckt, weil sie diesen armseligen Handschellen bei mir nicht getraut haben.« Er schob seine riesigen Beine durch die Öffnung. »Macht mal Platz, dann spring’ ich zu euch runter. Ich kann helfen, alle hier rauszuhieven.« Der Waggon erbebte, als der Riese vor den Überlebenden landete. »Wir sind frei«, verkündete Huk. »Keine Wächter können uns aufhalten, niemand schwingt hier mehr die Schockstäbe. Eine bessere Fluchtgelegenheit bekommen wir nie wieder.« »Frei von diesem verdammten Zirkus«, korrigierte Jape, »aber noch immer Gefangene dieses verfluchten Planeten.« Flash wies aus dem zerbrochenen Fenster. »Was erwartet uns da draußen, Huk?« »Buschland«, gab der Adlermensch Auskunft. »Unten hinter dem Busch beginnt ein dichtes Dschungelgebiet.« »Dann sollten wir uns dorthin auf den Weg machen«, schlug Flash vor. »Dort dürften wir die besten Chancen haben«, stimmte Jape zu. »Was wird aus mir?« stöhnte Booker. »Wie kann ich in meiner Verfassung, eine Flucht durch den Dschungel überleben?« »Du wirst das schon schaffen. Verlaß dich darauf«, versicherte ihm Flash. »Wie kannst du da so sicher sein?« »Weil wir dich sonst unterwegs stehenlassen, mit oder ohne innere Verletzungen.«
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XVII Der Adlermensch schwebte durch die Dämmerung, die Arme voll mit aus dem Wrack des Zuges geborgenen Waffen. Er landete in einer Lichtung nahe der Absturzstelle und bahnte sich einen Weg in das dichte Buschwerk, wo die anderen sich versteckt hielten. Seine Hände waren lehmverschmiert, und in seinen Flügeln hingen Blätter und Zweige. Von den Federn perlten Wassertropfen. Der Regen strömte unentwegt. »Das sollte reichen«, sagte Huk zu den Wartenden. »Sechs Schockstäbe, drei Stunner und ein Blastergewehr«, zählte Jape, der die Waffen in Empfang nahm und auf dem Boden ausbreitete. Er hatte dafür unter einem Baum eine trokkene Stelle gefunden. »Ein paar Waffen weniger und dafür mehr Lebensmittel wären mir lieber gewesen«, meinte Huk. Bei einer vorausgegangenen Expedition zu den Trümmern des Zuges war es ihm nur gelungen, an Eßbarem drei Kartons Trockenkonzentrat aufzutreiben. »Kann man daraus schließen, daß keine Chance besteht, sonst noch etwas Brauchbares zu finden?« erkundigte sich Flash bei Huk. Der Adlermensch nickte und schüttelte sich. »Da drüben ist alles zerstört. Der Zug ist größtenteils ausgebrannt.« Flash kniete neben Narla. Er wandte sich wieder dem bewußtlosen Mädchen zu. »Glaubst du, es hat sie ernsthaft erwischt?« fragte Huk. »Sehen kann man nichts«, erwiderte Flash stirnrunzelnd. »Sie hat nichts gebrochen, und ihre Augen stehen normal. Eigentlich müßte sie längst wieder aufgewacht sein.« »Gut, daß ich nicht auch weggetreten war«, meldete sich Booker. »Ihr hättet mich sonst noch da hinten liegen lassen wie einen toten Hund in einer Pfütze.« »Das ist auch jetzt keine schlechte Idee, wo du deine jam69
mernden Sinne alle beisammen hast«, fuhr ihn Sixy an. Nachdem sie ihn in den Wald getragen hatten, war der kleine Seiltänzer schnell wieder zu sich gekommen. »Wenn es mich nicht so schlimm erwischt hätte«, kreischte Booker, der an einen Baum gelehnt saß, »bekämst du jetzt Ärger, du affenfüßiger Clown!« »Das reicht«, unterbrach Mallox. »Wir können keine Streitereien gebrauchen. Diese kleinen blauen Teufel werden bald auf unserer Fährte sein. Wenn wir nicht zusammenhalten, haben wir keine Chance.« »Ich bin hilflos«, wimmerte Booker sofort. »Ich kann nicht laufen.« »Das vergißt du besser jetzt gleich Booker«, widersprach Jape. »Ich habe dich genau untersucht. Dir fehlt nichts. Du hast nur ein paar Kratzer.« »Du kennst meinen komplizierten Metabolismus nicht. Ich brauche einen marsianischen Arzt.« »Für uns muß Jape als Doktor genügen«, erklärte Mallox. Er streckte Booker seine riesige, behaarte Hand entgegen und schloß langsam die Faust. »Falls du dich weiter schlecht fühlen solltest, Booker, kann ich dich gerne ein Stück tragen – mit dieser Hand. Aber wenn wir gehen, kommst du mit.« Booker wich dem Blick des Riesen aus. »Vielleicht kann ich doch etwas laufen«, räumte er schnell ein. Jape rieb sich mit einer seiner Hände den Schädel. »Ich habe gehört, daß im Dschungel einige Gruppen von Flüchtlingen leben. Vielleicht können wir uns zu ihnen durchschlagen.« »Im Augenblick dürfte das unsere beste Chance sein«, sagte Flash. »Was heißt, im Augenblick?« »Es ist nur eine vorübergehende Lösung«, erklärte Flash. »Unser Ziel muß sein, diesen Planeten zu verlassen. Wir werden versuchen, auf unsere Heimatplaneten zurückzukehren.« Der Adlermensch schlug lachend mit seinen Flügeln. »Er70
wartet bloß nicht von mir, daß ich euch nach Hause fliege«, rief er. »Ich wüßte nicht, wie es uns gelingen sollte, die Welt der Blauen zu verlassen. Die Chancen, ein Raumschiff in die Hand zu bekommen, sind mehr als gering.« Er schüttelte den Kopf. »Wir werden eine schlagkräftige Kampfgruppe bilden und uns nicht einfach vor den Blauen verstecken«, erwiderte Flash. »Zusammen mit anderen Flüchtlingen können wir eine kleine Armee aufbauen und versuchen, einen Raumhafen zu erobern.« »Ausgezeichnete Idee«, höhnte Booker. »Ein halbes Dutzend ausgebrochener Sklaven gegen einen ganzen Planeten.« »Wir sind sieben«, berichtigte ihn Mallox, »und du vergißt, daß wir eine außergewöhnliche Truppe sind, in der jeder seine besonderen Fähigkeiten hat. Barko hat uns nicht umsonst für seinen Zirkus gekauft. Ich schließe mich Flashs Plan an. Ich will auf meiner Heimatwelt sterben.« Er holte mit seiner Pranke aus und schlug Flash aufmunternd auf den Rücken. »Mallox macht mit.« Jape kratzte sich am Kinn. »Wenn wir endlich herausfinden würden, wie diese Blauen sich untereinander verständigen, wäre schon viel gewonnen«, meinte er. »Diesem Sklavenhandel muß ein Ende gemacht werden. Ich bin dabei, Flash.« »Ich weiß, was Flash Gordon auf Mongo erreicht hat«, sagte Huk. »Es gab viele, die dachten, niemand könnte Ming stürzen. Doch heute ist der Tyrann besiegt.« »Es ist schon gut, überhaupt ein Ziel vor Augen zu haben«, meinte Sixy. »Selbst wenn unser Plan –« »Da oben!« rief Jape und deutete mit allen vier Händen durch die Zweige. Lichter glühten am grauen Himmel über den Trümmern des Zuges. »Eines ihrer Flugboote«, knurrte Huk. Sixy sprang auf. »Sie kommen, um den Unfall zu untersuchen. Wahrscheinlich werden sie aus dem intakten Sklaven71
waggon schnell die richtigen Schlüsse ziehen. Zeit, sich tiefer in den Busch zu schlagen.« Wortlos griff Mallox nach Booker und zog den Mann vom Mars auf die Beine. »Laufen oder getragen werden?« brummt er. »Noch kann ich hinken«, antwortete Booker. »Vielen Dank. Es wird schon gehen. Schlimmstenfalls müßt ihr mich eben zurücklassen, aber das ist okay.« »Du bleibst bei uns«, versicherte ihm der riesenhafte Mallox. »Wir wollen keine hierlassen, der die blauen Teufel auf unsere Spur bringt. Ich verspreche dir, dich findet keiner …« Flash legte seine Arme um Narla. Er wollte sie hochheben. Das blonde Mädchen schlug langsam die Augen auf. »Wo sind wir?« fragte sie mit schwacher Stimme. »Auf der Flucht«, antwortete er.
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XVIII Der Regen hämmerte gegen das Dach des Blockhauses. Gähnend schwang sich der Blaue aus seinem Bett. Er tastete über den Boden aus rohen Holzbohlen nach seinen Kleidern und seinem Helm. »Guten Morgen«, sendete ihm seine Frau, sobald er den Helm übergestreift hatte. »Gut sieht der Morgen aber nicht aus«, antwortete Djorj, während er in die Küche des kleinen Hauses ging. »Die ganze Nacht über hat es geregnet. Ich bezweifele sehr, ob mir etwas in die Fallen gegangen ist.« Seine Frau deutete auf das Radio, das auf einem schweren Holztisch in der Mitte des Raumes stand. »Nicht weit von uns hat es ein schweres Zugunglück gegeben.« »Verschone mich so früh am Morgen noch mit anderer Leute Katastrophen.« Er stellte sich neben die Feuerstelle und hielt seine blauen Hände über die Glut. »Könnte sein, daß wir auch etwas mit dieser Katastrophe zu tun bekommen.« Stirnrunzelnd trat der Trapper vor den Tisch und setzte sich die Kopfhörer des Radios auf. »Wir wiederholen diesen Hinweis«, kam die Ansage. »Die Tiere sind gefährlich. Es wird angenommen, daß mindestens ein halbes Dutzend von ihnen aus dem Wrack des ZirkusZuges entkommen konnte. Alle sind äußerst gefährliche Kreaturen von anderen Welten. Regierung und Miliz fordern alle Bürger des Gebietes auf, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Halten Sie die Türen verschlossen, bis die Tiere wieder eingefangen sind. Captain Suell von der Nationalen Miliz versichert Ihnen, daß bald alle Bestien unschädlich gemacht sind.« Djorj legte die Kopfhörer ab und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Hast du gehört, ob sie eine Belohnung ausgesetzt haben?« fragte er seine Frau. 73
»Ich weiß nicht«, antwortete sie und drehte sich beunruhigt zu ihm um. »Du willst doch nicht etwa …?« »Selbst wenn ich nur einen erwischte, müßte für uns ganz nett etwas herausspringen. Jedenfalls mehr als uns die Fänge von einem Monat bringen.« Er nickte sich selbst zu. »Es sind seltene Tiere, die da draußen herumlaufen. Ich habe gehört, daß man für sie in der Hauptstadt über fünfzehnhundert Harlan auf der Auktion geboten hat. Überleg mal, fünfzehnhundert Harlans!« »Aber sie sind gefährlich«, erinnerte ihn seine Frau. »Ich will nicht, daß dir etwas passiert.« »Stell dir vor, ich könnte alle sechs einfangen.« Djorj stand auf. »Überleg doch, was sie für alle sechs bezahlen würden.« »Djorj, bitte. Bleib hier, wo du sicher bist.« Aber der Blaue marschierte schon in den Flur. Er nahm einen Regenumhang und Stiefel aus dem Schrank. »Einige dieser Tiere treiben sich möglicherweise direkt vor unserer Haustür herum. Das ist unsere Chance.« »Frühstücke wenigstens erst noch!« Der Trapper holte einen langläufigen Stunner aus dem Waffenschrank. Dann kehrte er in die Küche zurück und beschäftigte sich wieder mit dem Radio. Schließlich packte er es in eine Umhängetasche. »Ich nehme den Empfänger mit. So kann ich die Jagd über die Durchsagen verfolgen und rechtzeitig zur Stelle sein. Ich kenne die Wälder hier besser als die Miliz.« Seine Frau sah ihn nicht an und sendete ihm keinen Abschiedsgedanken nach, als er in den regnerischen Morgen hinaustrat. * »Nicht, daß mir das nicht gefällt, aber ich kann jetzt wirklich wieder alleine laufen«, meinte Narla lächelnd. Flash hatte das schlanke Mädchen bis jetzt getragen. »Okay, 74
versuchen wir es mit deinen Füßen.« Er setzte sie behutsam auf den morastigen Boden. »Ich bin noch etwas schwindelig«, sagte sie und lehnte sich gegen seine Schulter. »Um mich kümmert sich keiner«, kam Bookers unvermeidliches Gejammer. Schweratmend lief er am Ende der kleinen Gruppe, die sich tiefer in den Busch hineinkämpfte. »Ich denke die ganze Zeit nur an dich«, tröstete ihn Sixy über die Schulter. »Ich frage mich ständig, womit wir dich verdient haben.« »Keiner reicht mir eine stützende Hand!« Seit einer halben Stunde bahnten sie sich einen Weg durch dichtes Unterholz. Bisher gab es keine Anzeichen für eine Verfolgung. »Im Augenblick sind wir den Blauen offenbar entwischt«, meinte der riesige Mallox. Flash griff Narla unter den Ellbogen. »Ich halte dich, bis du wieder sicher auf den Beinen bist.« Der Adlermensch breitete seine großen Schwingen in einer kleinen Lichtung vor ihnen aus. »Ich fliege voraus und sehe mich ein wenig in der Gegend um«, rief er. »Achte auf die Flugboote«, warnte ihn Jape. Huk schwang sich flügelschlagend in die Lüfte. »Ich frage mich«, seufzte Narla, »ob ich diesen Planeten je wieder verlassen werde. Manchmal kommt mir alles völlig hoffnungslos vor.« »Die Blauen haben Raumschiffe, mit denen sie uns hergebracht haben«, sagte Flash. »Also müßten wir es schaffen, davon eins in unsere Gewalt zu bringen.« »Du klingst sehr zuversichtlich«, erwiderte sie. »Ich würde dir gerne glauben. Du bist die Art Mann, auf die ich mich gerne verlassen möchte. Zu dir kann man Vertrauen haben. Aber heute morgen bin ich in keiner besonders guten Stimmung. Alles, an das ich denken kann, ist unsere augenblickliche Lage, und 75
die ist nicht sehr vielversprechend.« »Wir werden für unseren Plan einige Zeit brauchen, da dürfen wir uns nichts vormachen. Wir wissen noch viel zuwenig über diesen Planeten Mesmo.« »Das Leben im Dschungel oder wohin wir auch immer fliehen werden, um uns erst einmal zu verstecken, ist ja in jedem Fall besser als das Sklavenleben im Zirkus und besser als das … das, was dem armen Zumm passiert ist.« »Wartet?« rief Booker von hinten. »Helft mir doch eben!« Er war über eine Baumwurzel gestolpert und lag im Morast. Sixy lief kopfschüttelnd zu ihm. Er streckte ihm die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen. »Vielleicht sollte Mallox dich doch besser tragen.« »Mein Knöchel ist gebrochen oder verrenkt«, wimmerte der gestürzte Booker. Sixy beugte sich über ihn. Ein schrilles Summen ertönte, und der kleine Mann erstarrte in der Bewegung. »Das war ein –«, begann Jape und griff mit zwei seiner Händen nach den Waffen. Wieder summte es. Keine seiner Hände erreichte ihr Ziel. Mallox brüllte etwas und spurtete in Richtung des unsichtbaren Stunner-Schützen, aber er wurde getroffen, bevor er ihn zu fassen bekam. Flash ließ Narla los. Er warf sich zu Boden. Im Fallen sah er eine Deckung, rollte sich über die Schulter ab, kam wieder halb hoch und landete mit einem Hechtsprung hinter einem Baumstumpf.
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XIX Trotz der kalten Nervosität, die seine Nerven zittern ließ, lächelte Djorj selbstzufrieden. Gleich habe ich sie alle, dachte er, während er hinter einem Busch knapp zehn Meter von der Stelle entfernt kauerte, wo Sixy, Jape und Mallox erstarrt standen. Der Blaue war erst kurz vorher auf ihre Fährte gestoßen. Das blonde Mädchen hatte sich auch fallen gelassen oder war gestürzt, als Flash seinen Hechtsprung in Deckung machte. Sie versuchte jetzt wieder auf die Beine zu kommen und taumelte in die Richtung, in die Flash verschwunden war. Ich kann nicht noch eins entwischen lassen, sagte sich Djorj, und drückte wieder ab. Narla erstarrte, noch auf allen vieren. Was war mit dem Dunkelen los? Es schien verletzt zu sein, überlegte der Trapper. Aber er machte schrecklichen Lärm. »Wer ist das, da hinten?« brüllte Booker. »Du brauchst mich nicht zu töten. Ich gebe auf. Es war deren Idee wegzulaufen, nicht meine. Mich haben sie nur mitgeschleppt.« Djorj verstand nichts von diesen Worten. Er würde den besser auch stunnen, nur um sicherzugehen. »Komm raus, vielleicht können wir ein Geschäft machen«, schrie Booker. Der Stunner summte kurz. »Das sind fünf von ihnen«, zählte der Blaue. »Wenn ich mir vorstelle, wieviel Geld die bringen. Sicher gibt es mindestens hundert Harlans für jeden. Notfalls kann ich ja auch nur die Felle verkaufen. Ich bestehe auf hundert, bevor ich sie der Miliz oder dem Zirkus abliefere. Vielleicht läßt sich sogar noch mehr rausholen. Aber ich muß noch den sechsten erwischen. Das Biest scheint besonders gefährlich zu sein. Es reagierte schneller und gewandter als die anderen.« Djorj blieb noch einen Moment in seinem Versteck. Der Regen rauschte unaufhörlich nieder. 77
Vorsichtig richtete sich der Trapper auf und bewegte sich lautlos in die Richtung, in die Flash verschwunden war, so lautlos wie er das Rudel angeschlichen hatte. Er mußte sich beeilen, sonst würde der Regen die Spuren verwischen. * Flash robbte so leise wie möglich durch das feuchte Moos. Hinter einem Baumstamm blieb er liegen und lauschte. Der Überfall war auch für Flash völlig überraschend gekommen. Er wußte nicht, wie viele Angreifer hinter ihm her waren, noch von wo eigentlich geschossen worden war. Aus seiner Deckung konnte Flash einen kleinen Ausschnitt des Platzes überblicken, an dem der Angriff erfolgt war. Den Kopf dicht über der Erde spähte er durch tropfendes Buschwerk. Er sah die erstarrte Narla und den im Lauf gestunnten Mallox. Bisher kümmerte sich niemand um die Bewegungslosen. Flash glaubte, etwas zu hören und hielt den Atem an. Er lauschte noch intensiver. Nur das Geräusch der auf die Blätter prasselnden Regentropfen ließ sich vernehmen. Aber da war wieder etwas. Jemand schien ganz in Flashs Nähe auf einen Zweig getreten zu sein. Mit zusammengekniffenen Augen blickte der Terraner um sich. Im Wald rührte sich nichts, niemand war zu sehen, keine Geräusche, nur das Rauschen des Regens. Er fühlte die Anwesenheit des Trappers, bevor er ihn hörte oder sah. Flash warf sich zur Seite, und im selben Augenblick summte der Stunner. Er rollte herum und feuerte mit seinem Stunner zurück. Aber der Blaue war bereits wieder zwischen zwei Baumstämmen verschwunden. Flash duckte sich und rannte hinter einem umgestürzten Baumriesen entlang. Dabei achtete er konzentriert auf jede verdächtige Bewegung in seiner Umgebung. Der Angreifer 78
mußte mit der Jagd im Wald vertraut sein, entschied Flash, denn der Unbekannte verriet sich mit keinem Laut. Am Ende des Baumstammes verhielt Flash und machte dann zwei vorsichtige Schritte rückwärts, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Etwas schloß sich um sein Fußgelenk. Es schnitt scharf in sein Fleisch. Mit einem gewaltigen Ruck wurde der Terraner in die Luft gerissen und baumelte kopfunter mehrere Meter über dem Waldboden. Er pendelte gegen die Äste eines Baumes. Der Anprall raubte ihm den Atem. Der Stunner fiel ihm aus der Hand. Benommen hing er in der Schlinge. * Djorj konnte sich noch ein zufriedenes Lächeln leisten. Das Glück war ihm heute wirklich treu. Nach einer kurzen Jagd ging ihm das letzte Tier in eine der Schlingen, die er selbst ausgelegt hatte. Er stand etwa zehn Meter von dem hilflos in der Luft hängenden Flash entfernt, den Stunner in der Faust und die Tasche mit dem Radio über der Schulter. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf sein Opfer. Er vergaß sogar den Regen, dessen dicke Tropfen ihm über das Gesicht rannen. Dieser hier würde mehr als zweihundert Harlans wert sein, war Djorj überzeugt. Interessiert bahnte er sich einen Weg auf seinen Fang zu. Auch den da oben würde er besser erst einmal stunnen. Er hob die Waffe an die Schulter und zielte. Über ihm war plötzlich ein mächtiges Flattern zwischen den Bäumen. Die aufgewühlte Luft sprühte einen Schauer von Regentropfen über den Trapper. Dann traf ihn etwas mit ungeheurer Wucht in den Nacken. Er stürzte nach vorne und verlor noch im Fallen das Bewußtsein. Sein letzter Gedanke galt dem Geld, das er nun nicht mehr bekommen würde. 79
XX »Das beste ist, wir drehen ihm den Hals herum«, meinte Mallox kurz angebunden. Er unterstrich seine Ansicht mit einer entsprechenden Bewegung seiner riesigen Hand. Sein Kopf deutete dabei in Richtung des Blauen. »Nein«, widersprach Flash. »Er wird die anderen auf unsere Fährte bringen«, beharrte der Athlet. »Selbst im Augenblick können wir nicht sicher sein, ob er nicht schon auf dem komischen Kommunikationsweg seiner Rasse um Hilfe ruft.« »Das glaube ich nicht«, beruhigte Jape den Riesen. Mit allen vier Händen untersuchte er gerade das Radio, das sie bei Djorj gefunden hatten. »Wir haben schon genug Zeit verloren«, erinnerte der Adlermensch. »Halten wir uns jetzt nicht noch mit langen Diskussionen auf.« Huk war es auch gewesen, der sich nach der Rückkehr von seinem Erkundungsflug von oben auf den Trapper gestürzt hatte, bevor der Blaue seinen Stunner auf Flash abfeuern konnte. Inzwischen waren einige Stunden vergangen und die Stunner-Lähmung war bei allen abgeklungen. »Ich habe mich noch nicht ganz von diesem schrecklichen Treffer erholt«, beklagte sich Booker. »Mir ist im Magen, als hinge ich mit dem Kopf nach unten.« »Soweit ich gehört habe, hing Flash wirklich mit dem Kopf nach unten«, bemerkte Sixy. »Vielleicht können wir Booker zur Erholung auch etwas in die Schlinge hängen.« Während dieses Meinungsaustausches blickte Djorj ängstlich von Gesicht zu Gesicht. In seinen Augen leuchteten abwechselnd Furcht und Hoffnung auf. Das Geheul dieser Ungeheuer sagte ihm nichts. Aber der Blick und die Geste des Riesen vorhin waren leicht zu verstehen gewesen. Die Bestie verlangte 80
seinen Tod. Flash und Huk hatten den Blauen an eine Baumwurzel gefesselt. Als Strick dafür nahmen sie die Schlinge, in die Flash getreten war. Während der Zeit, in der sie darauf gewartet hatten, daß die anderen sich von ihrer Lähmung erholten, hatte Flash mehrfach versucht mit Djorj Kontakt aufzunehmen. Der Blaue verstand nichts, doch er begriff, daß Flash ihn im Gegensatz zu dem Riesen nicht gleich umbringen wollte. »Also los. Wir müssen weiter«, rief Flash. »Ich bleibe dabei«, wiederholte Mallox, »wir können es nicht riskieren, diesen blauen Kerl am Leben zu lassen. Er hetzt uns die anderen auf den Hals.« »Du rührst ihn nicht an. Schluß jetzt damit«, unterbrach Flash energisch die Diskussion. Dann trat er zu Narla. »Bist du wieder voll auf den Beinen?« »Um mich brauchst du dich nicht mehr zu kümmern«, erklärte ihm das Mädchen. »Ich komm schon zurecht.« Sie sah an ihm vorbei, und ihre Stimme klang gepreßt. »Ich habe dich allein gelassen, als der Angriff kam«, sagte Flash, der den Grund ihres Ärgers begriff, »weil ich alleine bessere Chancen hatte, etwas für unsere Rettung zu tun. An deiner Seite wäre ich genausoschnell gestunnt worden wie du.« »Ich kann auf deine Entschuldigungen verzichten.« »Ich entschuldige mich nicht, ich versuche nur, dir etwas zu erklären.« »Wir sind fertig«, rief Huk. »Wie ich dir vorhin schon berichtet habe, Flash, sind wir noch gut fünfzehn Meilen vom Rand des eigentlichen Dschungels entfernt. Ich glaube nicht, daß wir ihn noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen, aber wir können dicht an ihn herankommen.« »Fünfzehn Meilen?« jammerte Booker. »In meiner jetzigen Verfassung kann ich unmöglich so weit laufen.« Flash wandte sich dem gefesselten Blauen zu. »Wir lassen dich hier zurück«, erklärte er und deutete auf die Fesseln. 81
»Aber du solltest es schaffen, dich in einigen Stunden zu befreien. Vielleicht findet dich auch vorher jemand.« Zum ersten Mal erlebte Flash, daß ein Blauer auf die Worte eines Sklaven reagierte. Der Trapper nickte eifrig, auch wenn er Flash sicher nicht verstanden hatte. Einige Minuten später befanden sie sich wieder auf dem Marsch. Mallox murrte noch immer darüber, daß sie den Blauen lebend zurückgelassen hatten. * Im Zwielicht zwischen den Bäumen flatterten große Insekten. Seit der Regen aufgehört hatte, folgten sie den Flüchtlingen. In Flashs Augen sahen sie terranischen Schmetterlingen nicht unähnlich. »Noch gut fünf Meilen vor uns«, erzählte der Adlermensch Flash. »Aber wenn wir den Dschungel erst erreicht haben, dürften die Blauen unsere Spur so schnell nicht mehr finden.« »Wir können noch gut eine Stunde marschieren, bevor es dunkel wird«, entschied Flash. Vom Ende der kleinen Gruppe rief Booker nach vorne: »Wann machen wir endlich eine Rast? Wir müssen schon fünfzig Meilen gelaufen sein.« »Warum setzt du dich nicht einfach irgendwo hin und machst alleine eine Pause«, schlug Sixy dem Mann vom Mars vor. »Du kannst ja anschließend wieder zu uns aufschließen.« »Willst du mich auf den Arm nehmen?« schimpfte Booker. »Ich habe nicht vor, mich hier alleine durch die Wildnis zu schlagen. Ich würde mich garantiert verlaufen.« »An diese Möglichkeit hatte ich auch schon hoffnungsvoll gedacht.« Jape schritt schneller aus, bis er neben Flash lief. »Ich glaube, ich kann jetzt etwas mit diesem Ding anfangen.« Der Vierarmige trug das Radio des Trapper in zwei seiner Hände. Die 82
Kopfhörer hatte er aufgesetzt. »Also verständigen sich die Blauen doch nicht nur auf telepathischem Wege?« fragte Flash überrascht. Zufrieden lächelnd, schüttelte Jape den Kopf und nahm die Kopfhörer ab. »Nach der Beschäftigung mit diesem Gerät – es handelt sich dabei offensichtlich um eine Art Radioempfänger –, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß unsere Sklavenhalter überhaupt keine richtigen Telepathen sind. Wozu würden sie sonst auch Radios verwenden?« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Wenn man diesen Kopfhörer lange genug aufsetzt und intensiv lauscht, beginnt man etwas zu hören, das einer weit entfernt murmelnden Stimme ähnelt.« »Du hast etwas gehört?« rief Flash. »Was?« »Eine Stimme«, wiederholte Jape. »Daraufhin habe ich an dem Gerät experimentiert, bis ich den Lautstärkenregler fand. Ich habe ihn so weit aufgedreht wie möglich. Hier, hör es dir selbst an!« Flash nahm die angebotenen Kopfhörer entgegen und preßte sie gegen die Ohren. »Du hast recht, Jape. Klingt wie eine Stimme. Ein eigenartiges langgezogenes Gemurmel.« »Ich habe daraus eine neue Theorie über die Kommunikation der Blauen entwickelt«, erklärte der Vierarmige. »Die Sprache dieser Wesen wird direkt von Ohr zu Ohr übertragen. Es handelt sich dabei aber um einen erst durch technische Geräte möglichen Vorgang. Deshalb müssen alle Blauen diese Lederkappen tragen, in die ein Verstärker eingebaut sein wird.« »Aber warum tun sie das, wenn sie keine Telepathen sind?« wollte Huk wissen. »Dafür habe ich auch noch keine vernünftige Erklärung«, mußte Jape zugeben. »Ich will nicht ausschließen, daß sie schwach telepathisch begabt sind. Das würde auch erklären, warum sie uns als primitive Wesen betrachten. Schließlich kommunizieren wir auf akkustischem Wege, was für Telepathen ein Zeichen der Minderwertigkeit sein kann. Sie stellen 83
alle Nichttelepathen auf eine Stufe mit Tieren. Aber um mehr herauszubekommen, müßten wir Gelegenheit haben, die Blauen selbst zu studieren.« »Die wir hoffentlich nicht so bald bekommen werden«, warf der Adlermensch ein. »Ich möchte die Blauen möglichst weit von uns weg wissen.« »Da ist noch etwas«, erzählte Jape weiter. »Mir kommt die Sprache der Blauen bekannt vor. Sie erinnert an die des Planeten Yasmin. Vielleicht ist Mesmo von diesem Planeten aus vor Jahrtausenden kolonisiert worden. Das würde einiges erklären, denn es ist bekannt, daß es auf Yasmin viele Telepathen gibt, auch wenn die dort ansässige Kultur nicht nur aus ihnen besteht. Verbale Kommunikation ist dort durchaus üblich. Ich beherrsche das Yasminische ein wenig. Wenn ich noch ein paar Stunden dem Radio zuhöre, bin ich eventuell in der Lage, auch die Mesmo-Version dieser Sprache in Bruchstücken zu verstehen.« »Es wäre von Vorteil, wenn wir mitbekämen, was sie in diesem Radio über uns durchgeben«, meinte Huk. »Für den Augenblick«, stimmte Jape zu. »Aber genauso wichtig ist, daß wir wesentlich mehr über diesen Planeten und die Blauen herausfinden können, wenn ich in der Lage sein sollte, die Sprache zu verstehen.« »Zum Beispiel die Lage der Raumhäfen«, sagte Flash grinsend. »Gut«, erklärte Huk, »ihr zwei könnt euch um die Langzeitplanung kümmern, ich bin mehr daran interessiert, daß wir uns für den Augenblick die Blauen vom Hals halten. Ich will wissen, ob sie schon auf unserer Spur sind.« »Bisher waren wir sehr vorsichtig«, erwiderte Flash. »Ich nehme an, daß sich hier nicht noch mehr Trapper herumtreiben, die es auf uns abgesehen haben.« »Bist du zu dem Schluß gekommen, dieser Blaue von vorhin war eine Art Waldläufer?« fragte Jape. 84
»Mir kam es vor, als stammte die Schlinge, in die ich geraten bin, von dem Blauen selbst«, erklärte Flash. »Und seine Kleidung und seine Art sich zu bewegen deuteten darauf hin, daß er an das Leben im Wald gewohnt ist.« »Er hatte tatsächlich etwas Hinterwäldlerisches an sich«, stimmte Huk zu. Die Dunkelheit senkte sich jetzt schnell über den Wald. Die Gruppe marschierte noch einige Zeit weiter. Als sie dann ihr Nachtlager aufschlugen, waren sie noch gut zwei Meilen vor dem eigentlichen Regenwald, dessen Dschungeldickichte ihnen sichere Verstecke vor ihren Verfolgern boten.
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XXI »Die Bäume wachsen hier schon dichter«, sagte Huk, der vor einem kleinen Lagerfeuer kniete, das er gerade entfacht hatte. »Sie sollten die Flammen vor jedem Beobachter aus der Luft verbergen. Ich denke da besonders an die Flugboote der Blauen.« »Verstehe überhaupt nicht, wozu wir ein Feuer brauchen«, murmelte Booker mit vollem Mund. Er kaute auf einer Ration der Konzentrat-Nahrungsmittel, die sie aus dem Wrack des Zuges geborgen hatten. »Kochen können wir doch sowieso nichts.« »Ein Feuer ist nicht nur zum Kochen da«, erklärte ihm Flash. »Es hält uns die Tiere dieser Gegend vom Leibe.« »Was für Tiere?« fragte Booker und schluckte. »Bis auf Schmetterlinge habe ich hier keine Tiere gesehen.« »Nun, da der Kerl, der uns fast eingefangen hätte, Tierfallen aufgebaut hatte«, erwiderte Flash, »ist anzunehmen, daß es für ihn außer uns auch noch etwas anderes zu fangen gab. Es muß also große Tiere hier im Wald geben.« »Sicher auch einige Nachtjäger darunter«, ergänzte Huk. »Unterwegs habe ich einige Spuren gesehen«, schaltete sich Sixy ein. »Es könnte sich dabei um große Katzenwesen gehandelt haben.« »Wie groß?« fragte Mallox, der ehemalige Zirkusathlet. Sixy riß ein Konzentrat-Paket mit den Zähnen auf. Er hielt es dabei zwischen den Zehen. »Oh, so groß wie die Löwen im Zirkus müssen sie nach den Spuren schon sein.« Mallox lachte drohend. »Dann brauchen wir uns wegen ihnen keine Sorgen zu machen. Katzen dieser Größe breche ich mit einer Hand das Genick.« »Diese wünschenswerte Eigenschaft haben wir aber nicht alle«, erinnerte Sixy den Athleten. »Falls heute nacht eine dieser Katzen vorbeikommen sollte, während du gerade schläfst, und 86
sich zum Beispiel mich aussucht …« »Ich benötige keinen Schlaf!« verkündete Mallox. »Wir müssen uns alle regelmäßig ausruhen«, wandte Huk ein. »Also werden wir Wachen für die Nacht einteilen«, bemühte sich Flash die Diskussion zu beenden. »Je zwei von uns übernehmen eine Wachschicht.« »Aber ich brauche meinen Schlaf«, jammerte Booker. »Ich habe mich noch immer nicht von den Folgen dieses schrecklichen Zugunglücks erholt.« »Du und Narla, ihr könnt die letzte Wache übernehmen«, bot Huk an. »Bei dieser Aufteilung habt ihr fast die ganze Nacht zum Schlafen.« »Ich übernehme gerne alle Wachen«, ließ Mallox sich wieder vernehmen. »Dann könnt ihr schlafen. Ich komme schon alleine zurecht.« Huk schüttelte den Kopf. »Nein, wir müssen uns daran gewöhnen die Arbeit aufzuteilen, Mallox. Wenn wir als Gruppe überleben wollen, hat jeder einen Teil zu übernehmen. Wir wissen nicht, wie lange wir noch aufeinander angewiesen sind, und deshalb können wir gleich mit diesem System beginnen.« Der Riese gab ein zustimmendes Knurren von sich und schlug mit seinen Fäusten vor seine Brust. »Alles klar, ich mache bei deinem System mit.« Nachdem die Wachen eingeteilt waren, setzte sich Flash zu Jape. »Hast du Fortschritte gemacht«, fragte er den Vierarmigen. »Ja«, antwortete der Arzt. »Die Sprache hier auf Mesmo ist tatsächlich eine Abart des Yasminischen. Ich beginne hier und da ein paar Worte zu verstehen und den einen oder anderen Satz mitzubekommen.« »Irgendwelche Hinweise auf das Zugunglück?« »Mir kommt es vor, als würden sie den ganzen Tag über eine Art Warnung durchgeben«, erzählte Jape. »So etwa: Die Be87
völkerung wird gebeten auf wilde Tiere zu achten, die aus einem Zirkuszug ausgebrochen sind.« »Und diese wilden Tiere sind wir?« »Ja, Soweit ich bisher verstehe, empfehlen sie noch nicht, uns direkt zu erschießen. Wir sind wohl zu wertvoll«, meinte Jape. »Eine bestimmte Gruppe Blauer – die beste Übersetzung ist wohl ›Miliz‹ – sucht offenbar nach uns.« »Kämmen sie auch den Wald durch, in dem wir uns gerade befinden?« »Kann ich nicht sagen«, antwortete Jape. »Aber bis morgen dürfte ich in der Lage sein, das meiste zu verstehen, was über Radio durchgegeben wird.« Er lächelte. »Falls man uns bis dahin noch nicht eingefangen hat.« * Die Stille weckte Flash. Es war ein nebeliger Morgen, die kalte Stunde der Dämmerung. Flash setzte sich in seinem Lager aus Blättern auf. Das Lagerfeuer war heruntergebrannt. Nur eine kleine Rauchfahne zeigte, daß noch etwas Glut unter der Asche sein mußte. Flash blickte zu der Stelle, an der Narla auf Posten stehen mußte – ein Baumstumpf, etwa zwanzig Meter vom Lager entfernt. Das Mädchen stand nicht dort. Der blonde Raumpilot sprang auf die Füße und suchte mit den Augen nach Booker. Auch der Mann vom Mars war nirgendwo zu sehen. »Was ist los?« fragte Huk, der gerade wach wurde. »Narla«, rief Flash. »Narla und Booker sind weg.« »Er sah auch sehr verschlafen aus, als ich ihn weckte, meine Wache zu übernehmen«, erinnerte sich Sixy augenreibend. »Dachte mir schon, daß er wieder einschläft, dieser Kerl.« Flash rannte zu der Stelle, an der Narla Wache gestanden hatte. Er legte die Hände um den Mund und rief laut ihren Namen 88
in alle Richtungen. Aus dem in Nebelschwaden gehüllten Dikkicht vor ihm kam keine Antwort. »Besser, wenn ich doch die ganze Nacht wach geblieben wäre«, meinte Mallox und streckte sich. »Wo sind die zwei abgeblieben?« Huk untersuchte inzwischen den Platz, wo Booker hätte auf Posten stehen müssen. »Hier scheint es fremde Fußabdrücke zu geben. Was sagst du dazu, Sixy?« »Ja, das waren zwei Männer – nein warte, drei sogar. Da ist noch der Fersenabdruck eines weichen Lederstiefels dazwischen.« »Sieht aus, als hätten zwei weitere Narla geschnappt«, rief Flash von der anderen Seite des Lagers. »Wie konnten sie nur so nahe an uns herankommen?« wollte Mallox wissen. »Bei Booker wundert mich das gar nicht«, knurrte Sixy. »Der Kerl ist einfach eingeschlafen.« »Wir alle haben nichts gehört«, nahm Huk Booker in Schutz. Er breitete seine Flügel aus. »Ich sehe mir die Sache besser mal von oben an.« Flash kam zurückgelaufen. Er griff nach dem Stunner und stellte sich zu den anderen. Aufmerksam musterte er den Waldrand um die kleine Lichtung, auf der sie lagerten. »Sie können hier irgendwo ganz in der Nähe lauern«, erklärte er. Jape rieb sich das Kinn. »Wenn es diese Nationale Miliz war«, überlegte er laut, »von der ich im Radio gehört habe, frage ich mich, warum man uns nicht alle kassiert hat?« »Während eines Gastspieles in einer kleinen Dschungelstadt«, erinnerte sich Sixy, »sprach ich einmal mit einem Sklaven eines dort ansässigen Farmers. Von ihm hörte ich, daß es im Dschungel auch Sklavenjäger gibt.« »Du meinst Männer, die hier auf Mesmo Sklaven jagen und nicht zu anderen Planeten fliegen?« fragte der Adlermensch. »Genau das«, bestätigte Sixy. »Banden von entflohenen 89
Sklaven und einheimischem Gesindel, die sich im Dschungel herumtreiben. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, Flüchtlinge aus ihrer eigenen Rasse zu fangen und wieder als Sklaven an die Blauen zu verkaufen.« »Das könnte auch erklären, weshalb sie nur das Mädchen und Booker mitgenommen haben«, stellte Jape fest. »Sie werden einfach Angst gehabt haben, sich mit uns allen anzulegen«, vermutete Mallox. Flash beendete die Diskussion. »Huk, du fliegst los und siehst dir unsere Umgebung von oben an. Wenn du nichts entdeckst, das uns weiterhilft, folgen wir den Spuren am Boden.« Den Stunner schußbereit, untersuchte Flash noch einmal die Spuren, die von der Stelle ausgingen, an der Narla gestanden hatte.
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XXII »Ein neues Zarkovsches Meisterwerk«, verkündete der Wissenschaftler, wie immer von seinen eigenen Fähigkeiten äußerst beeindruckt. Zarkov stand vor der Eingabe-Konsole des Schiffscomputers und rieb sich die Hände. Nach der Rückkehr aus der EII-Zentrale hatte er sich sofort zu seinem PrivatRaumschiff begeben, das in einem Hangar des HoustonSpaceport auf ihn wartete. Seit drei Stunden beschäftigte er sich jetzt im Schiff mit dem Computer. Auf einer Ablage stand ein Becher mit Suppe. Zarkov nahm ihn und schlürfte etwas davon. Er schüttelte sich. »Das Zeug ist ja kalt!« »Ich habe ihnen die Suppe auch schon vor Stunden hingestellt«, erklärte Dale lächelnd, die gerade die Schiffszentrale betrat. »Das erklärt, warum sie kalt ist.« Dr. Zarkov wies auf den Computer. »Seine Programmierung wird uns helfen, Flash zu finden.« »Uns?« rief Dale. »Ich darf Sie also doch begleiten?« Zarkov zog die Augenbrauen hoch und nahm einen weiteren Schluck von seiner kalten Suppe. »Das war wohl ein Mißverständnis. Diese Expedition ist zu gefährlich für Sie, Dale.« »Ich verstehe nicht, warum Sie so besorgt um mich sind«, widersprach Dale. »Schließlich habe ich oft genug unter Beweis gestellt, daß ich in der Lage bin –« »Darum geht es nicht«, fuhr ihr Zarkov dazwischen. »Mesmo ist ein Planet der O-Kategorie. Aus welchen Gründen auch immer, wird er in den Karten der Sternenvölker, mit denen wir bisher Kontakt gehabt haben, als Quarantäne-Welt geführt, das heißt, von einer Landung auf ihm wird dringend abgeraten. Seine Bewohner, die Mesmonen, leben seit Jahrhunderten in selbstgewählter Isolation. Sie haben niemals Kontakt zu anderen Planeten aufgenommen, obwohl sie die interstellare Raum91
fahrt beherrschen. Möglicherweise ist diese letzte Aussage nicht ganz korrekt. Die Kontaktaufnahme besteht offenbar darin, daß die Mesmonen von Zeit zu Zeit Mitglieder anderer Rassen entführen. Jedenfalls ist zu erwarten, daß ich es alleine mit einem ganzen Planeten aufnehmen muß. Für Zarkov kein Problem, aber andere möchte ich da lieber raushalten.« »Sollten Sie unter diesen Umständen nicht doch besser die vom EII nach Mesmo vorbereitete Expedition abwarten?« Der bärtige Wissenschaftler schüttelte energisch den Kopf. »Bis die ihren Flug nach Mesmo auf dem Dienstweg genehmigt bekommen, können noch Wochen vergehen. Wer weiß, was bis dahin aus Flash geworden ist?« »Wie wollen Sie ihn denn überhaupt allein finden? Sie können doch nicht den ganzen Planeten nach ihm absuchen.« »Eine gute Frage!« Zarkov setzte den Becher ab und klopfte gegen die Computer-Konsole hinter ihm. »Dieser Bursche hier wird mir dabei helfen. Ich habe ihm ein Programm eingegeben, daß es ihm erlaubt, den gesamten Funkverkehr von Mesmo systematisch nach Hinweisen auf Flash abzuhören. Zunächst werde ich also den Planeten umkreisen und abwarten. Es kann Tage dauern, bis der Computer etwas findet.« Dale griff nach dem leeren Becher und drehte ihn nachdenklich zwischen den Fingern. »Diese kalte Suppe ist seit 48 Stunden alles, was Sie zu sich genommen haben, Doc. Ich kann Sie einfach nicht alleine fliegen lassen. Während der nächsten Tage essen Sie sonst garantiert auch nichts, weil Sie über Ihrer Arbeit alles vergessen. Sie werden halb verhungert über Mesmo ankommen. Und ein halbverhungerter Zarkov ist eine Gefahr für die ganze Galaxis.« Zarkov murmelte etwas Unverständliches in seinen Bart, ohne Dale anzusehen. »Sie sind sehr in Sorge um Flash?« fragte er schließlich mit dröhnender Stimme. Das Mädchen blickte ihn an und nickte stumm. »Wenn Sie so an meine sentimentale Seite und an mein Ver92
antwortungsgefühl gegenüber der Galaxis appellieren, kann ich dem nichts mehr entgegensetzen. Holen Sie Ihre Sachen. Wir starten in einer Stunde.« »Ich habe schon alles in meiner Kabine verstaut«, erklärte Dale augenzwinkernd.
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XXIII Sixy fuhr mit seinen Zehen über den schlammigen Boden. »Hier an dieser Stelle haben sie sich wieder vereinigt«, deutete er die Fußspuren vor ihnen. »Die drei die Booker geschnappt haben und die zwei mit Narla. Dann haben sie sich nach dort gewandt.« Er deutete mit einem Finger in Richtung des dichten Dschungels, der etwa eine halbe Meile vor ihnen aufragte. »Das würde erklären«, meinte der Adlermensch, »warum ich von oben nichts von ihnen entdecken konnte. Unter den dichten Baumkronen dieses Regenwalds ist aus der Vogelperspektive nichts zu sehen.« »Sie sind einige Stunden vor uns«, meinte Flash. »Oder deuten die Spuren darauf hin, daß wir aufgeholt haben?« »Nein, nach den Spuren zu urteilen, sind sie uns noch ein gutes Stück voraus. Wahrscheinlich haben sie Narla und Booker überfallen, nachdem die beiden gerade ihre Wache angetreten hatten.« »Dieser verdammte Booker«, knurrte Mallox. »Wir hätten ihn diesem blauen Trapper schenken sollen.« Flash winkte mit dem Stunner, den er noch immer schußbereit in den Händen hielt. »Los, weiter!« Sie waren inzwischen in den Dschungel eingedrungen und folgten einem schmalen Pfad, den die unbekannten Entführer von Narla und Booker genommen hatten. Neben dem Pfad erhoben sich über fünfzig Meter hohe Baumriesen, deren dichtes Laubwerk ein undurchdringliches Dach bildeten. Zwischen den Stämmen herrschte eine grünliche Dämmerung. Tausende von stechenden Insekten schwärmten um Flashs Gruppe und machten den Marsch zur Qual. Sixy verscheuchte eine Wolke von mesmonischen Moskitos, die vor seinen Augen tanzten. »Hier, Flash. Sieh dir das an!« »Was gibt es?« »Fußabdrücke von Narla«, erklärte Sixy. »Sie müssen sie 94
hier abgesetzt haben, damit sie selber laufen konnte.« »Also wissen wir jetzt wenigstens, daß sie okay ist«, freute sich Flash. »Jedenfalls kann sie noch laufen.« Jape trug seit einiger Zeit wieder die Kopfhörer des Radios, das er sich wie der Trapper um die Schulter gehängt hatte. Jetzt nahm er sie ab und schritt schneller aus, um zu Flash an die Spitze der Gruppe zu kommen. »Die Miliz sucht uns noch immer«, berichtete er. »Sie geben durch, daß wir bald wieder eingefangen sein werden und kein Grund zur Unruhe für die Bevölkerung besteht.« »Keine Hinweise auf Narla und Booker«, erkundigte sich Flash. »Nichts.« »Dann können wir mit Sicherheit davon ausgehen, daß wir hinter Sklavenräubern her sind.« »Da muß ich dir zustimmen«, bestätigte der Vierarmige. »Wenn die Miliz sie geschnappt hätte, würde man es inzwischen längst durchgegeben haben. Aber bei den Radiosendungen ist mir eins aufgefallen. Die Sprecher der Miliz klingen stur und sehr entschlossen. Ich habe nicht den Eindruck, daß man so bald die Jagd auf uns aufgeben wird.« »Haben wir erst Narla und Booker wiedergefunden«, erwiderte Flash, »drehen wir den Spieß um und jagen ein wenig die Miliz.« * Bis zum späten Nachmittag folgten sie den Spuren, die immer tiefer in den Dschungel führten. Wieder war es Sixy, der als erster die Veränderung der Abdrücke entdeckte. Er lief gerade an der Spitze und winkte den anderen, stehenzubleiben. »He, zertrampelt mir die Spur nicht. Hier ist etwas Interessantes«, rief der kleine Mann aufgeregt. 95
Flash trat neben Sixy. »Scheint, daß sie sich hier getrennt haben.« »Ja, einige sind nach Norden und der Rest ist über die Lichtung dort drüben nach Süden.« »Was ist mit unseren Gefährten? Wohin hat man sie mitgenommen?« wollte Jape wissen. Sixy ließ sich auf die Knie sinken und beobachtete einige Minuten schweigend die vielen Abdrücke vor ihm. »Ich glaube, drei der Sklavenjäger haben Booker mitgenommen und den Weg nach Norden eingeschlagen«, erklärte er schließlich. »Die anderen beiden haben Narla bei sich. Sie sind dort entlang.« Er wies über die Lichtung. »Es könnte damit zusammenhängen«, überlegte Flash, »wo sie vorhaben, Booker und Narla zu verkaufen.« »Verschiedene Sklavenmärkte«, stimmte Huk zu, »das könnte der Grund sein.« »Das gefällt mir gar nicht«, ließ Mallox sich vernehmen. Der Riese ballte die Fäuste. »Eine Frau an einen Zirkus zu verkaufen ist schon schlimm genug, aber was diese Burschen mit Narla vorhaben, kann noch viel übler sein.« »Wir müssen Narla befreien«, sagte Flash entschlossen. »Was mich anbelangt«, knurrte Mallox, »können sie diesen Booker behalten. Wir sollten uns um das Mädchen kümmern.« »Nein«, widersprach der Adlermensch. »Wir sind verpflichtet, beide zu retten oder es zu versuchen.« »Mann«, brummte der Riese, »wir sind selbst Flüchtlinge. Deine Anstandsregeln und dein Mitgefühl kannst du dir für Leute aufheben, die es verdienen. Für mich ist das wichtigste, überhaupt am Leben zu bleiben.« »Wir sind füreinander verantwortlich«, erklärte Jape. »Als Intelligenzwesen müssen wir zusammenhalten, sonst sind wir nicht besser als die blauen Sklavenhändler. Wir können dich nicht daran hindern, deine eigenen Wege zu gehen, Mallox, aber du kannst uns auch nicht davon abhalten, zu tun, was wir 96
für richtig halten. Vergiß das nicht.« »Und was wäre das Richtige in diesem Fall?« »Wir werden uns hier trennen müssen.« »In Ordnung, suche du Booker«, meinte Mallox, »wir anderen kümmern uns –« »Versuche dich nicht dümmer anzustellen, als du bist«, fuhr ihm der Adlermensch ins Wort. »Die Spuren vor deiner Nase beweisen, daß drei Männer mit Booker unterwegs sind. Deshalb muß sich die Mehrheit unserer Gruppe auch hinter diesen dreien her machen, wenn wir eine sichere Chance haben wollen, Booker zu befreien.« »Unsinn«, entgegnete Mallox, »mit dreien werde ich gut alleine fertig.« »Dann ist ja alles klar«, grinste Huk. »Du und ich, wir kümmern uns um Booker.« Mallox schnaubte und rieb sich die Brust. »In Ordnung, Huk. Ich bleibe bei dir, damit sie dich nicht rupfen und am Spieß braten.« »Das würde ich auch nach Möglichkeit gerne vermeiden«, meinte Huk und strich sich über sein Gefieder. »Wahrscheinlich ist es am besten, wenn ich mich euch anschließe«, erklärte Sixy. »Ihr braucht jemanden, der Spuren lesen kann. Flash übernimmt dann die Spur von Narla.« »Okay«, erklärte sich Flash einverstanden. »Jape und ich gehen nach Süden.« Jape ließ seine vier Arme kreisen. Dann kratzte er sich mit allen Händen am Kopf. »Wir müssen uns irgendwann wieder vereinigen«, sagte er. »Ich schlage vor, daß die Gruppe, die zuerst erfolgreich ist, sich mit dem befreiten Gefährten auf den Rückweg entlang der eigenen Spur macht, um zu der anderen aufzuschließen.« »Ich möchte wetten, wir finden diesen nutzlosen Booker früher als ihr Narla«, verkündete Mallox. »Vermutlich rücken die Sklavenhändler ihn sogar freiwillig raus, nachdem sie sich bis 97
jetzt sein Gejammer anhören mußten.« »In diesem Fall«, empfahl Jape, »macht kehrt und folgt uns so schnell wie möglich.« »Hoffentlich vermißt ihr mich bis dahin nicht schon schmerzhaft«, lachte der Riese. Er klatschte in die Hände. »Los, meine Freunde. Machen wir, daß wir weiterkommen. Sixy, zeig uns den Weg. Ich freu mich schon darauf, dieses Sklavenhändlergesindel in die Hände zu bekommen.« Die beiden Gruppen trennten sich und schlugen entgegengesetzte Richtungen ein. Flash und Jape konnten den Zirkusathleten noch lange hören, nachdem sie seine Gruppe bereits aus den Augen verloren hatten.
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XXIV Die grüne Dämmerung zwischen den Bäumen wurde dunkeler, als das Tageslicht langsam dahinschwand. In den Wipfeln der Bäume hüpften kleine, orangefarbene Frösche von Zweig zu Zweig. Ihr Quaken erfüllte die Luft, die jetzt nicht mehr so stickig war wie den ganzen Tag über. »Hier haben sie wieder Rast gemacht«, stellte Flash fest, der am Boden kniete. Jape stellte das Radio ab, um die Spuren besser untersuchen zu können. »Es sieht aus, als hätten sie hier gegessen«, vermutete er. »Das dürfte ihr Mittagsmahl gewesen sein. Also sind wir noch immer mehrere Stunden hinter ihnen.« »Spätestens, wenn sie für die Nacht lagern, sollten wir sie einholen«, meinte Flash. »Wenn sie überhaupt lagern«, wandte Jape ein und richtete sich auf. »Es ist auch möglich, daß sie die ganze Nacht durchmarschieren.« Während sie weiterliefen, fragte Flash nach den letzten Radiomeldungen. »Unsere Ergreifung steht immer noch kurz bevor, jedenfalls behaupten das die Sprecher im Radio«, erzählte Jape grinsend. »Irgendwelche Hinweise auf einen Raumhafen hier in der Nähe?« »Bisher nicht«, berichtete Jape. »Sie senden in erster Linie Nachrichten und Propaganda. Dazwischen gibt es recht interessante Zehn-Ton-Musik. Aber es wird kaum Unterhaltung ausgestrahlt und keine Werbung. Es scheint, daß alle Sender hier dem Staat gehören.« Zwischen den Baumwurzeln begann ein fluroeszierendes Moos zu leuchten. Das letzte Licht verblaßte über den beiden Wanderern, und bald umgab sie eine blauschwarze Finsternis. Doch der Schein des Mooses ermöglichte auch weiterhin sich zu orientieren. 99
Plötzlich runzelte Flash die Stirn. »Hast du das gehört?« Jape nahm die Kopfhörer ab. »Was?« »Ein eigenartiges Summen.« Flash wies mit dem Daumen nach oben. »Irgendwo über uns!« Der ehemalige Jongleur studierte mit zusammengekniffenen Augen das Astgewirr über ihnen, das sich undeutlich gegen den sternenübersäten Himmel abzeichnete. »Es kann sich um alles mögliche handeln«, bemerkte er dann. »In diesem Dschungel muß es eine Vielzahl von uns fremden Lebensformen geben.« Das Summen wurde lauter. Es vermischte sich mit einem anderen schrillen Geräusch, das entfernt an ein hohes, kreischendes Gelächter erinnerte. »Da sind sie!« rief Flash. Durch die dunklen Zweige flatterten zwei Dutzend riesige Fledermäuse. Sie glühten in einem unwirklichen, blassen Blau. »Die scheinen es auf uns abgesehen zu haben!« erkannte Jape. Er stellte sein Radio ab und riß einen Stunner und einen Schockstab heraus. »Warte erst ab«, warnte Flash, der mit seinem Blastergewehr nach oben zielte. »Wir sollten sichergehen, daß sie wirklich hinter uns her sind. Sonst reizen wir sie eventuell erst durch unsere Schüsse zum Angriff.« »Fledermausartige von dieser Größe sind in der Regel Vampire«, bemerkte Jape ruhig. Einige der leuchtenden Fledermäuse begannen über den beiden Männern in etwa fünfzehn Meter Höhe ihre Kreise zu ziehen, wobei sie kaum merklich immer tiefer kamen. Da sie immer wieder hinter Baumstämmen verschwanden, wirkte es, als würden dauernd kleine Scheinwerfer an- und abgeschaltet. Das schrille, lachende Kreischen erfüllte die Luft. Nach einigen Runden lösten sich zwei Fledermäuse aus dem Schwarm und schossen herab – genau auf Flash und Jape zu. »Also doch!« Flash zog den Abzug des Blasters durch. Der bleistiftdünne Energiestrahl schnitt durch die Dunkelheit. 100
Die beiden Fledermäuse verwandelten sich in Staub, leuchtenden blauen Staub, der langsam zwischen den Bäumen durch die Luft trieb. Weitere Fledermäuse griffen jetzt an. Flash feuerte wieder und wieder. Eine der Kreaturen kam trotzdem bis zu ihm durch. Das armlange Tier mit meterbreiten Hautflügeln segelte auf Flashs Nacken zu, die weißen Rattenzähne gefletscht. »Paß auf!« Jape schwang seinen Schockstab und schmetterte ihn dem Untier über den Schädel. Die leuchtende Fledermaus überschlug sich in der Luft. Ihre Flügel verkrampften sich und sie fiel den Männern vor die Füße. Zwei andere Tiere stürzten sich auf Flash. Jape schlug wieder zu und schoß gleichzeitig mit seinem Stunner. Er erwischte beide. Flash duckte sich. Aus der Hocke feuerte er in die Dunkelheit, aus der weitere Fledermäuse heranflatterten. »Schieß auf den Schwarm! Vielleicht vertreibt sie das!« rief er Jape zu. Der Vierarmige hatte eines der Tiere verfehlt. Die Kreatur wirbelte um ihn herum und schlug ihre Zähne in seine Schulter. Jape traf sie mit seinem Schockstab. Die Fiedermaus fiel von ihm ab, und Flash zerstrahlte sie am Boden. Über Japes Arm rann Blut. Der Arzt preßte einen seiner freien Arme gegen die Schulter. Der Schwarm über ihnen kreischte noch lauter und konzentrierte seine Angriffe auf Jape. Das Blut schien die Tiere ganz verrückt zu machen. Flash stellte seinen Blaster auf breiteste Streuung. Unaufhörlich jagte er den breitgefächerten Energiestrahl nach oben. Bald wallten Wolken leuchtenden Staubes am nächtlichen Himmel. Die schimmernden Überreste der Fledermäuse wehten über den Köpfen der beiden Männer. 101
Schließlich gaben die letzten fünf Vampire auf und flatterten davon. Flash atmete tief durch. »Soviel zu den mesmonischen Fledermäusen«, meinte er keuchend. »Was hast du abbekommen, Jape?« »Das Biest hat mich ganz schön erwischt«, antwortete der Vierarmige. Er steckte seine Waffen weg und riß sich einen Tuchstreifen von seinem Hemd ab. Damit ließ sich die Wunde notdürftig verbinden. »Die Blutung hat schon nachgelassen«, beruhigte Jape seinen Gefährten. »Wir wissen nichts über die örtliche Fauna«, sorgte sich Flash. »Ich frage mich, ob diese Biester keine Krankheiten übertragen.« »Wenn es so ist, können wir jetzt auch nicht viel daran ändern. Warten wir ab, wie die Wunde sich entwickelt.« Flash suchte in seinen Taschen und brachte dann ein kleines Päckchen zum Vorschein. »Das habe ich aus dem Zug mitgenommen. Die Päckchen hingen in jedem Wagen neben der Alarmanlage. Es dürfte so eine Art Erste-Hilfe-Paket sein. Vielleicht finden wir darin etwas, mit dem wir die Wunde desinfizieren können.« »Das ist eine gute Idee«, erwiderte Jape. »Allerdings –« Er sah sie zuerst. Fünf Männer traten hinter den nächsten Bäumen vor. Flash hatte seine Waffe abgesetzt, um das Päckchen aufzureißen. Er sah die Neuankömmlinge nur aus den Augenwinkeln. Drei von ihnen waren Blaue. Alle fünf hielten Waffen in den Händen.
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XXV Huk legte seine mächtigen Schwingen an und schoß durch die Dämmerung auf die Wipfel zu. Dicht darüber bremste er mit ausgebreiteten Flügeln ab. Vorsichtig schwebte er dann durch das Astwerk und landete vor Mallox und Sixy. »Von oben kann ich nichts von den Burschen sehen«, berichtete der Adlermensch. »Machen wir uns deshalb keine Sorgen«, erwiderte der riesenhafte Mallox. »Wir haben ihre Spur nicht verloren und kommen ihnen ständig näher. Wenn ihr mich vorauslaufen ließet, könnte ich das Pack blauer Teufel erledigen und diesen verrückten Booker raushauen.« »Wir bleiben zusammen«, entschied Huk. Sixy klopfte mit seinen langfingerigen Füßen auf den Boden. »Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, daß wir nicht nur hinter Blauen her sind.« »Was soll das heißen?« »Ihre Spur deutet daraufhin, daß sie von unterschiedlicher Statur sein müssen. Dieser Kerl hier«, Sixy wies auf einen der Abdrücke im weichen Waldboden, »muß nach dem Abstand der Spuren und der Länge und Tiefe der Abdrücke ein gutes Stück größer sein als die anderen beiden. Er dürfte etwa deine Größe haben, Mallox.« »Ich habe noch keinen Blauen gesehen, der meine Größe erreichte«, knurrte Mallox. »Ich auch nicht«, stimmte der Adlermensch zu. »Wir haben es also bei einem der Kidnapper mit jemandem zu tun, der von einem anderen Planeten kommt wie wir selbst.« »Was zu den Geschichten paßt, die ich gehört habe«, erklärte Sixy. »Einige dieser Banditenbanden haben entlaufene Sklaven unter sich.« Der Zirkusathlet schnaubte verächtlich. »Ich halte nicht viel von Männern, die aus der Sklaverei ausbrechen, nur um selbst 103
Sklavenhändler zu werden.« Er unterstrich diese Bemerkung mit einem kräftigen Schlag seiner Faust gegen die eigene Brust. »Also los, weiter! Ich würde diese Kerle gerne in die Finger bekommen, bevor es dunkel wird.« Sie marschierten weiter durch die hereinbrechende Dämmerung. Über ihnen tanzten leuchtende Insekten von Handtellergröße. Unter dem dichten Laubdach breitete sich die Dunkelheit schnell aus, aber die Leuchtinsekten verbreiteten ein geisterhaftes Licht, das der kleinen Gruppe erlaubte, weiter die Spur zu verfolgen. Nach einiger Zeit wurden die Leuchtinsekten jedoch immer seltener, und die Dunkelheit machte es schwieriger, voranzukommen. Huk schlug unruhig mit den Flügeln und legte sie neu zusammen. »Einigen wir uns jetzt, wie lange wir heute noch weitermarschieren wollen«, verlangte er. »Was gibt es da groß zu besprechen«, antwortete Mallox. »Wir bleiben auf den Beinen, bis wir die Kerle haben.« »Irgendwann müssen wir uns ausruhen«, widersprach Huk. Der Zirkusathlet knurrte unwillig. »Na gut. Wenn ihr zu müde werdet, sagt Bescheid. Ich suche uns dann einen Lagerplatz.« Der Pfad war kaum noch zu erkennen. »Uns fehlen die Leuchtinsekten«, meinte Sixy. »Wir hätten uns ein paar einfangen sollen, als lebende Laternen sozusagen.« »Ruhig!« unterbrach Huk. »Ich höre jemanden.« »Ja, da schreit jemand«, bestätigte Mallox. »Hört sich sehr nach Bookers Gejammer an.« Die drei fielen in schnellen Lauf, aber die Dunkelheit zwang sie, schnell wieder langsamer zu werden, damit sie Wurzeln und Ästen rechtzeitig ausweichen konnten. Sie näherten sich jedoch rasch dem Geschrei. »Das ist tatsächlich Booker. Die Stimme ist nicht zu verken104
nen«, stellte Sixy fest. Die Rufe wurden deutlicher. »Hilfe! Warum hilft mir denn niemand?« brüllte Booker. »Hilfe! Ich stecke im Morast. Ist denn hier niemand? Hilfe!« »Da hätten wir ihn also«, rief Mallox. Zwanzig Meter vor ihnen öffnete sich der Dschungel zu einer großen Lichtung. Einige große Leuchtinsekten tanzten darüber und spendeten der Szene ihr Licht. Booker zappelte in einem dunklen Morastsee, und war bereits bis zu den Hüften eingesunken. »Ich will hier nicht sterben«, kreischte er mit sich überschlagender Stimme. »Das ist nicht fair. Hilfe – so helf mir doch jemand!« Mit zusammengekniffenen Augen musterte Mallox die Umgebung, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. Er rief Booker zu: »Hör auf zu zappeln, du Narr. Beweg dich nicht. Wir holen dich da raus!« »Wo habt ihr denn so lange gesteckt?« beschwerte sich Booker, als er erkannte, wer ihm da zu Hilfe kam. »Diese Kerle haben mich hier zurückgelassen, als ich in diesen Morast geraten bin. Ich war ihnen nicht genug wert, um mich hier rauszuziehen. Bitte, beeilt euch!« »Verhalte dich ruhig«, empfahl ihm Mallox, »sonst sinkst du noch tiefer ein.« »Wenn ich Sklavenhändler wäre, hätte ich ihn auch da drin gelassen«, murmelte Sixy mehr zu sich selbst. Vorsichtig auf den Boden achtend, arbeiteten sich die drei Männer über die Lichtung zu Booker vor. Aber sie erreichten ihn nie. Zehn Schritte vor dem Rand des Sumpfloches öffnete sich plötzlich der Boden unter ihren Füßen. Sie stürzten in eine versteckte Grube. »Eine Falle«, schrie Sixy, während sie stürzten. »Das haben wir Booker zu verdanken«, knurrte Mallox, bevor er hart aufschlug. 105
XXVI Der Mann, der Flash am nächsten stand, war untersetzt und trug einen roten Bart. Bekleidet war er mit einer Tunika und Hosen, alles in grünen Dschungelfarben. Auf dem Rücken hing ein Rucksack und über der Brust kreuzten sich Patronengurte. Seine Augen waren halb geschlossen und rot gerändert. »So, so«, rief er. »Diesmal keine Sklaven eingefangen, meine Freunde? Wie traurig für euch, so ein Unglück.« Seine Blasterpistole zielte auf Flashs Brust. Die drei Blauen der Gruppe grinsten böse. Der fünfte war ein menschenähnlicher Humanoide wie der Bärtige. Um seinen Kopf bauschte sich ein weißer, federartiger Haarschopf. Sein dürrer, hochgewachsener Körper war in einen schwarzen Mantel gehüllt, aus dem ein dünner Arm ragte, mit dem er lässig seine Waffe hielt, einen Stunner. Der Mann wirkte alt. »Was für ein Pech, ihr Lieben«, flüsterte auch er. »Ich fürchte«, fuhr der Bärtige fort, »daß wir euch jetzt aus dem Verkehr ziehen müssen. Sicherlich ein schwerer Verlust für eure Branche.« »Wir sind keine Sklavenhändler«, versuchte Flash zu erklären. »Keine Sklavenhändler«, wiederholte der alte Mann krächzend. »Vielleicht seid ihr Touristen, eh? Freunde der Natur, die hier sind, um die Schönheit des Dschungels zu studieren?« Die drei Blauen grinsten noch breiter. Flash sah einen Augenblick abschätzend von einem zum anderen. »Wir sind Flüchtlinge«, sagte er dann. »Wir sind gestern aus einem verunglückten Zug entkommen.« »Wir waren Sklaven«, ergänzte Jape, »in Barkos Zirkus.« Einer der Blauen tippte dem Untersetzten an die Schulter und deutete dann auf sein Radio. Er nickte heftig mit seinem runden Kopf. 106
»Ja«, sagte der Untersetzte daraufhin zu Flash, »wir haben von dem Zugunglück gehört.« Sein linkes Auge zog sich noch mehr zusammen. »Warum seid ihr hier?« »Im Augenblick«, erklärte Flash, »sind wir gerade hinter einer Bande Sklavenjägern her, die eine Gefährtin von uns entführt hat.« Der Bärtige ließ sich, wo er stand, in die Knie sinken und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden. Er zog ein kurzes Messer, schob den Blaster in das Holster an seinem Patronengurt und nahm ein Stück schwarzer Masse aus seinem Rucksack. Er schnitt ein Stück davon ab und steckte es sich in den Mund. Dann winkte er Flash und Jape ebenfalls zu, Platz zu nehmen. »Ihr könntet von dem Zugunglück in dem Radio gehört haben, das ihr bei euch habt. Aber ich habe noch nie von einem vierarmigen Sklavenjäger in dieser Gegend gehört. Also glauben wir euch erst einmal. Wieviel sind bei dem Zugunglück entkommen?« »Sieben«, antwortete Flash. »Und alle außer euch beiden wurden anschließend von den Sklavenjägern erwischt?« »Nein«, berichtete Jape. »Nur zwei haben sie gefangen. Vor einigen Stunden haben wir uns getrennt, weil auch die Spuren der Sklavenjäger sich teilten.« »Wen haben die Sklavenjäger denn, hinter denen ihr her seid?« fragte der Bärtige kauend. »Ein Mädchen«, sagte Flash. »Ein blondes Mädchen, Mitte Zwanzig, zwei Sklavenjäger sind noch bei ihm.« »Ein Mädchen«, echote der alte Mann. Der Bärtige schnitt ein weiteres Stück von dem schwarzen Klumpen ab und bot es Flash an: »Habt ihr Hunger?« »Nein, wir haben noch Nahrungsmittel aus dem Zug.« Der alte Mann griff mit seiner dürren Hand nach dem Flash angebotenen Stück. »Ich bin Hopp«, stellte sich der Bärtige vor. »Eure Geschich107
te klingt glaubwürdig.« »Flash Gordon«, antwortete Flash, »und das hier ist Jape.« Hopp nickte. »Es ist kein gutes Zeichen, daß sie das Mädchen in diese Richtung geschleppt haben«, erklärte er. »Die Sklavenmärkte, auf denen Frauen angeboten werden, sind keine angenehmen Plätze.« »Keine angenehmen Plätze«, wiederholte der Alte und biß in die schwarze Masse. »Wie weit ist es bis zum nächstgelegenen Markt?« erkundigte sich Flash. »Hundert Meilen südlich von hier liegt eine Stadt mit einem Sklavenmarkt«, antwortete Hopp. »Ein übles Flußstädtchen.« Er zog aus seiner Umhängetasche ein zusammengerolltes Papier. »Das ist eine grobe Karte der Dschungelregion. Ich zeig dir, wo die Stadt zu finden ist.« Einer der Blauen trat neben Jape und deutete auf das Radio, das einmal dem Trapper gehört hatte. Er tippte an die Kopfhörer. »Bitte!« Jape reichte ihm die Kopfhörer und lächelte freundlich. »Trotz des Eindrucks, den ihr während euerer Gefangenschaft von den Blauen bekommen haben müßt«, erklärte Hopp dem Vierarmigen, »können die Blauen uns durchaus verstehen. Sie müssen dafür etwas Ruhe und Geduld aufbringen, aber es ist möglich. Selbstverständlich lassen sich die Sklavenhalter auf keine Kommunikation mit ihren primitiven Sklaven ein, zumal das von Staats wegen verboten ist.« »Du scheinst mit diesen Männern befreundet zu sein«, stellte Flash fest und nickte in Richtung der Blauen. »Es sind nicht alle Mesmonen mit der derzeitigen Regierung einverstanden«, berichtete Hopp. »Erst vor wenigen Jahrzehnten begannen die Fangexpeditionen, deren Opfer wir sind. Damals erklärte die Regierung das Tragen der Lederkappen zur Pflicht. Es wurde zur Staatsdoktrin erhoben, daß alle Blauen 108
Telepathen und damit den Rassen anderer Planeten, die diese Fähigkeit nicht besitzen, weit überlegen sind. Die Folge daraus war der interplanetare Sklavenhandel. Wie ihr vielleicht schon selbst bemerkt habt, sind die Blauen gar keine richtigen Telepathen, aber das darf niemand behaupten oder, um genau zu sein, über seinen Kappenverstärker senden. Trotzdem lehnen sich viele Blaue gegen ihre eigene Regierung auf. Um nicht ins Gefängnis zu kommen oder selbst auf dem Sklavenmarkt zu landen, bleibt ihnen nur eine Flucht in die Dschungelregionen, wenn ihre subversive Einstellung erst entdeckt worden ist. Deshalb haben wir viele Mesmonen unter uns.« »Woher stammst du selbst?« fragte Flash. »Aufgewachsen bin ich auf dem Mars«, erzählte der Bärtige. »Habe einige Jahre auf der Venus gearbeitet und mich danach in verschiedenen Sonnensystemen unserer Galaxis herumgetrieben, bis die Blauen mich auf Anmar erwischten und nach Mesmo verfrachteten. Fünf Jahre bin ich hier. Vor drei Jahren bin ich von einer Sklavenfarm geflohen, wo man mir das Holzfällen beigebracht hat.« »Und wie viele entflohene Sklaven leben hier im Dschungel?« »Hunderte«, antwortete Hopp. »Unsere Gruppe hat etwa fünfzig Mitglieder. Wir haben uns zu kleineren Jagdgruppen aufgeteilt. Ich führe zehn Leute. Der Rest ist noch auf der Jagd.« »Du lebst also schon drei Jahre in diesem Urwald«, stellte Flash fest. »Hast du nie versucht den Planeten zu verlassen?« »Den Planeten verlassen«, lachte der Alte heiser. »Das ist so gut wie unmöglich«, erwiderte Hopp. »Deshalb lacht mein Kamerad Abel so. Die Raumhäfen sind sehr gut abgesichert, schon deswegen, weil auch die Mesmonen nur mit staatlicher Genehmigung ins All starten dürfen.« »Mit ein paar hundert Leuten«, meinte Flash, »müßte es eigentlich möglich sein, einen Hafen zu besetzen.« 109
»Vielleicht«, gab Hopp zu. »Aber du darfst nicht übersehen, daß viele der Sklaven an einem solchen Überfall kein großes Interesse haben. Ein großer Teil von ihnen wäre bereit, sein Leben zu riskieren, nur um diesen Planeten zu verlassen. Viele führen hier im Dschungel ein Leben, das dem auf ihren Heimatwelten nicht unähnlich ist, bei manchen dürfte es sogar hier besser sein. Sie haben niemand, der zu Hause auf sie wartet. Vergiß nicht, daß die Blauen ihre Sklaven meist in den abgelegensten Regionen der heimgesuchten Planeten fangen. Die entflohenen Sklaven haben also oft im Dschungel von Mesmo Gelegenheit, das gleiche Leben zu führen, das sie von ihrer Heimat gewohnt sind. Sie sind hier so glücklich, wie sie es auch dort waren.« »Ich nicht«, bemerkte Flash knapp. »Ich will Mesmo verlassen.« »Ich dachte es mir.« »Kannst du mir dabei helfen?« »Ich kann dir meine Karten geben und dich beraten. Aber ich habe keine Männer, die mit dir einen Raumhafen erobern.« »Und was ist mit dir selbst?« fragte Flash. »Auch wenn du dich noch nicht entsprechend geäußert hast, habe ich von dir den Eindruck, daß du nicht den Rest deines Lebens auf Mesmo verbringen willst.« Der Bärtige zog nachdenklich die buschigen roten Augenbrauen hoch. »Darüber muß ich erst nachdenken, Freund. Gründlich nachdenken.« »Gründlich nachdenken«, wiederholte der Alte und kaute wild. »Das muß überlegt sein«, fügte er dann zur allgemeinen Überraschung noch hinzu.
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XXVII Huk versuchte fliehend zu entkommen. Aber darauf war man bereits vorbereitet. Als der Adlermensch aus der Grube flatterte, warf man ein beschwertes Netz über ihn. Er kämpfte verzweifelt und versuchte das Netz abzuschütteln. Vergeblich. Er wurde zu Boden gezerrt und gefesselt. Sixy machte erst gar keinen Versuch sich freizukämpfen. Bei dem Sturz hatte er sich das rechte Bein verletzt. Sein Fußgelenk war gebrochen oder schwer verstaucht. Mallox fluchte und brüllte. Seine Hände gruben sich in die Wand der frisch ausgehobenen Fallgrube. Er schaffte es, sich hochzuziehen. »Bleib, wo du bist, Großer!« befahl ihm ein schwerer, hochgewachsener Mann mit blondem, langem Haar, der am Rand des Lochs seinen Blaster auf den Riesen angelegt hatte. »Von Kerlen wie dir nehme ich keine Befehle entgegen!« war die Antwort des Zirkusathleten. Mit einem gewaltigen Satz schwang sich Mallox über den Rand der Grube und traf den anderen hart mit der Schulter in den Magen. Der Blasterstrahl zischte in die Nacht. Aber der Stoß hatte die Waffe nach oben gerissen, so daß Mallox nicht getroffen wurde. Verbrannte Blätter und Zweige regneten auf die beiden am Boden ringenden Männer herab. »Ich habe meine Rolle gespielt!« schrie Booker aus dem Sumpfloch. »Holt mich jetzt sofort hier raus!« Die zwei kleinen Blauen, die Huk in das Netz gewickelt hatten, umkreisten die beiden Kämpfer, die sich am Rand der Grube wälzten. Niemand schenkte dabei Bookers Geschrei Beachtung. Der Sklavenjäger schien Mallox an Muskelkraft durchaus gleichwertig zu sein. Die Blauen richteten ihre Stunner auf die 111
Kämpfenden, zögerten aber zu feuern. Plötzlich kam Mallox frei und jagte seinem Gegner zwei kräftige Faustschläge hintenüber. »Genau das, was du verdient hast«, rief ihm der Riese nach. »Und nun zu den kleinen blauen Teufeln –« Die ließen sich auf kein Handgemenge mit Mallox ein. Bevor er seinen Satz beenden konnte, feuerten sie ihre Stunner auf ihn ab. Er erstarrte, die Hände nach ihnen ausgestreckt. »Okay«, rief Booker. »Ihr habt ihn erledigt. Könnt ihr mich jetzt aus diesem Morast ziehen?« Statt dessen liefen die Blauen an den Rand der Grube. Einer von ihnen entrollte ein Seil, das an seinem Gürtel hing. Er warf es Sixy zu. Dann bedeutete er dem kleinen Mann daran hochzuklettern. Sixy begriff und hangelte sich hoch. »Ich bin doch etwas überrascht von dir, Booker«, rief er, als er oben stand. »Du hast dich tatsächlich sogar mit Sklavenjägern eingelassen.« »Was für eine andere Wahl hatte ich denn«, jammerte Booker aus dem Sumpf. »Sie haben mich dazu gezwungen. Wenn ich nicht mitgespielt hätte, wäre ich schon tot. Was hättet ihr davon gehabt, wenn ich mein Leben riskiert hätte!« Mit den Zehen des anderen Fußes massierte Sixy den Knöchel, den er sich verletzt hatte. »Was haben diese Kerle mit dir – und mit uns – vor?« »Dasselbe, was alle mit uns vorhaben«, erklärte der Dunkelhäutige vom Mars. »Sie wollen uns verkaufen.«
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XXVIII Captain Suell von der Mesmonischen Nationalmiliz stand steif neben einem seiner Geländefahrzeuge und hielt einen Becher Kräutertee in seiner behandschuhten Faust. Er bewunderte die akkurate Art, in der aus einem über ihm in der Luft schwebenden Flugboot der Miliz eine große Kiste herabgesenkt wurde. Die Kiste würde genau neben dem Geländepanzer den Boden berühren. »Behandelt sie so vorsichtig wie möglich«, sendete er zu den Milizionären, die die Kiste unten in Empfang nahmen. »Sir!« Suell wandte sich zu dem Lieutnant um, der sich ihm genähert hatte. »Was gibt es, Padd?« »Eine der Patrouillen, die den Wald durchkämmen, ist auf einen Trapper gestoßen, der eine interessante Geschichte zu erzählen hat.« »Ich bin nicht an irgendwelchen ›Geschichten‹ interessiert, Padd. Was ich hören will, sind Tatsachen«, bemerkte der Captain kurz angebunden. »Es ist mir nach wie vor unbegreiflich, wie diese Tiere es schaffen konnten, uns so lange zu entkommen. Ich bin persönlich hierher in die Wildnis gekommen, um die Jagd selbst zu überwachen. Für Geschichtenerzählerei ist jetzt nicht die richtige Zeit.« »Dieser Mann hat die Flüchtlinge gefangen, Sir.« Captain Suell erlaubte seinen Augenbrauen, sich leicht zu heben. »Gefangen hat er sie? Und was hat er mit ihnen gemacht?« »Er erzählt, daß sie den Spieß umdrehten und ihm wieder entkommen sind«, berichtete Padd. »Diese Tiere sind sehr talentiert, was das Ausreißen angeht«, stellte Suell fest. Er schleuderte den Becher über die Schulter. »Wo ist dieser Trapper?« »Ich lasse ihn vorführen, Sir.« Padd sendete einen entspre113
chenden Befehl an eine Gruppe von Milizionären am Waldrand, die den unglücklichen Djorj in ihrer Mitte führte. Sie schleppten ihn zu ihrem Vorgesetzten. »Ich dachte, vielleicht eine kleine Belohnung –« kam von dem Trapper. Suell trat auf ihn zu und schlug ihm ins Gesicht. »Die Unterstützung der Miliz ist für jeden Bürger selbstverständlich, auch ohne Belohnung«, herrschte er Djorj an. »Jetzt erzähl mir deine Geschichte, aber nur die Tatsachen. Auf alle Betteleien und Ausschmückungen kannst du verzichten!« Djorj massierte sich die Wange. »Es war etwa zwanzig Meilen von hier«, berichtete er. »Ihre Männer haben mich den ganzen Weg –« Suell hob wieder die Hand. »Nun, das ist eine andere Geschichte«, erinnerte sich Djorj rechtzeitig. »Um zu den ausgebrochenen Tieren zurückzukommen …« Er gab dem Captain eine detaillierte Schilderung seines Zusammentreffens mit Flash Gordon und den anderen. »Es sind verdammt gerissene Bestien gewesen«, schloß der Trapper. »Aber es sind nur Tiere«, tadelte der Offizier. »Du hättest sie nicht entkommen lassen dürfen. Ein Mesmone muß mit diesem Raubzeug fertig werden können. Nun, wir haben hier etwas, das uns die Bestien schnell aufspüren wird.« Er machte einen angedeuteten Wink mit der behandschuhten Rechten. »Du kannst verschwinden, Trapper.« Dann wandte Suell sich wieder der Kiste zu, die inzwischen von seinen Männern umringt auf dem Boden stand. »Öffnen!« befahl er. Die Vorderseite der Kiste wurde aufgeklappt und zum Vorschein kamen ein Dutzend schimmernder Robothunde. Lieutnant Padd schaltete die Suchmaschinen mit geübtem Griff ein. »Bringt sie zu der Stelle, an der die Bestien dem dummen Kerl hier entkommen sind«, ordnete Suell an. »Dort können sie die Spur aufnehmen.«
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XXIX Der alte Mann hatte sich die Wunde an Japes Schulter angesehen und nickte beruhigend. »Unsere Fledermäuse hier sind recht gesund. Eine Infektion ist nicht zu befürchten«, versicherte er. »Schön, das von einem Fachmann zu hören«, bedankte sich der Vierarmige. »Sie bringen dich um und saugen dir danach das Blut aus. Aber Krankheiten übertragen sie dabei keine«, bestätigte der Bärtige. »Es tut mir schon fast leid, daß ich auf sie geschossen habe, wenn ich euch zuhöre«, grinste Jape. Sie saßen zusammen um ein kleines Lagerfeuer nicht weit von dem Platz, an dem sie sich getroffen hatten. Flash studierte im Licht der Flammen die groß gezeichnete Karte, die er von Hopp erhalten hatte. »Unsere Sklavenjäger werden diesen Weg nehmen?« erkundigte er sich und fuhr mit dem Finger über das Papier, um die Route zu bezeichnen. »Ja«, bestätigte Hopp, »dieser Weg führt zum Sklavenmarkt am Fluß.« »Wenn wir die ganze Nacht auf den Beinen bleiben«, überlegte Flash laut, »sollten wir sie eigentlich im Laufe des morgigen Tages einholen können.« »Wahrscheinlich nicht, Freund.« Hopp beugte sich vor und ließ seinen schmutzigen Finger ebenfalls über die Karte wandern. »Was deine Sklavenjäger tun werden, ist hier irgendwo ans Flußufer zu kommen. Wahrscheinlich haben sie den Fluß bereits erreicht.« »Du meinst, sie würden von dort mit einem Boot den Fluß hinunterfahren?« »Viele von ihnen haben eigene Boote, mit denen sie ihren schmutzigen Handel betreiben«, erklärte der Bärtige. »Außerdem gibt es einige verbrecherische Flußschiffer – nicht, daß 115
nicht alle Flußschiffer Verbrecher wären –, die gegen entsprechende Bezahlung jeden an Bord nehmen.« »Kannst du uns helfen, an ein Boot zu kommen?« fragte Flash. »Wir haben Freunde auf dem Fluß«, versicherte Hopp. »Ich würde trotzdem gerne gleich aufbrechen«, beharrte Flash und erhob sich vom Feuer. Hopp blieb sitzen. Er zündete sich eine Art Zigarre aus Blättern an und zog kräftig daran. »Vor morgen früh können wir nichts unternehmen, Freund«, erklärte er ruhig. Aus einem Schlitz seines zerschlissenen Mantels schob sich die Hand des alten Mannes und deutete auf Jape. »Er braucht Ruhe.« »Abel hat recht«, stimmte Hopp zu. »Du solltest der Wunde wenigstens eine Nacht Ruhe geben, damit sie verheilen kann.« Jape schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, je länger wir uns aufhalten, desto schlimmer wird die Lage für Narla.« »Geduld«, beschwichtigte der Alte. »Okay«, lenkte Flash ein. »Wir bleiben hier für die Nacht und brechen morgen mit den ersten Sonnenstrahlen zum Fluß auf.« Einer der Blauen hatte den Sendungen in Japes Radio gelauscht. Er legte die Kopfhörer jetzt ab und schnippte mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu lenken. »Etwas, was ich mir anhören sollte?« fragte der Vierarmige. Der Blaue nickte und reichte Jape das Radio. Der ehemalige Jongleur streifte sich die Kopfhörer über. Nach einigen Augenblicken nahm er sie wieder ab. »Eine neue Durchsage der Miliz«, berichtete er Flash. »Scheint, als würde man die Suchaktion nach uns noch weiter intensivieren. Captain Suell läßt bekanntgeben, daß jetzt für die Jagd auf die ausgebrochenen Zirkusbestien die modernsten Spürgeräte eingesetzt werden.« 116
Flash blickte fragend in die Runde. »Was haben wir uns darunter vorzustellen?« »Nun, mein Freund«, meinte Hopp, »mit Panzern werden sie wohl nicht durch den Dschungel kommen. Und das dichte Blätterdach verhinderte auch eine Jagd mit ihren besten Flugbooten aus der Luft …« Seine Stimme wurde zu einem unverständlichen Gemurmel, während er sich die Stirn zu reiben begann. »Roboter«, sagte der Alte. »Das ist es, woran ich denke«, bestätigte Hopp. »Wir haben gehört, daß die Miliz neuerdings über Robothunde verfügt, die speziell zum Aufspüren entflohener Sklaven konstruiert wurden.« »Wir haben schon einen ganz schönen Abstand zwischen uns und die Unglücksstelle gebracht«, bemerkte Flash. »Wenn sie die Hunde jetzt erst loslassen, sollten sie uns nicht so bald einholen können.« »Der Fluß wird euch ebenfalls helfen, die Biester abzuschütteln«, fügte Hopp hinzu. »Selbst die Robothunde dürften eure Spur nicht auf dem Wasser verfolgen.« »Kann sein, daß wir zwei sicher sind«, räumte Flash ein. »Aber der Rest unserer Freunde ist in der anderen Richtung unterwegs. Sie können diesen komischen Robotern direkt vor die Metallefzen laufen.« »Geduld«, wiederholte Abel. »Er will sagen«, erklärte Hopp, »daß du im Moment nichts weiter unternehmen kannst, Flash. Du mußt abwarten und sehen, wie die Dinge sich entwickeln.« »Ich warte nicht gerne.«
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XXX Nebel lag über dem Fluß. Dichte gelbe Schwaden zogen über das dunkle Wasser. Die niedrige Flußbarke glitt fast lautlos durch den Dunst. Der Nebel drang auch durch die Ritzen der Tür zu der kleinen Kabine, in der Narla eingeschlossen war. Das Mädchen zitterte in dem feuchten, kalten Dunst. Der Raum war völlig leer, und Narla hockte auf dem kahlen Boden. Als einziges Licht fielen durch das winzige vergitterte Fenster dicht unter der Decke einige schimmernde Mondstrahlen. Narla ahnte, was die beiden Männer, die sie verschleppt hatten, mit ihr planten. Und sie wußte, daß ihre Freunde kaum eine Chance haben würden, die Spur auch den Fluß hinunter zu verfolgen. Man würde sie wieder verkaufen. Aber diesmal erwartete sie kein Leben als Zirkusattraktion. Der Riegel knirschte und die schwere Tür wurde quietschend geöffnet. Ein breiter schwergewichtiger Mann schob sich herein. »Kein Wort, Kleines«, flüsterte er. Der Mann war ganz in Schwarz gekleidet. Um die Schultern trug er einen kurzen Umhang, dessen Kragen hochgeschlagen war. Sein bleiches, narbiges Gesicht wurde durch den unregelmäßigen Bart nicht anziehender. Narla erkannte in ihm den Kapitän dieses Flußkahns. Er schloß die Tür leise hinter sich. Unter seinem Umhang nahm er eine kleine elektrische Laterne vor und setzte sie auf den Boden, so daß Narla sich in ihrem Lichtkegel befand. »Du kennst mich, Kleines?« fragte er und beugte sich über die Laterne. »Mein Name ist Norlan. Ich bin einer der bekanntesten Kapitäne hier auf dem Fluß, bekannt und geachtet. Eh?« »Ich habe Sie gesehen, als man mich gestern abend an Bord brachte.« »Wenn ich dabei etwas zu sagen gehabt hätte«, versicherte der Flußkapitän, »müßtest du nicht in diesem Loch sitzen.« 118
»Was wollen Sie?« Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Was soll ich schon anderes wollen, als dir helfen?« Sie starrte in sein bleiches Gesicht. »Sie wollen mir zur Flucht verhelfen, wollen sie damit sagen?« »Was sonst, Kleines.« Er rückte näher an sie heran. »Du kannst dir sicher denken, was man mit dir vorhat. Aber ein Mädchen wie du ist dafür viel zu schade. Ich könnte dich heimlich von Bord gehen lassen. Zarle, der Kerl, der dich mitgebracht hat, schläft fest. Dafür habe ich auch lange genug mit ihm tafeln müssen.« »Wann erreichen wir den Sklavenmarkt?« wollte Narla wissen. Sie starrte den Mann mißtrauisch an. »Bald«, flüsterte der Kapitän. »Sobald die Sonne aufgeht, werden wir dort anlegen. Aber wenn du auf mein Angebot eingehst, wirst du diesen häßlichen Ort nie erblicken müssen. Ich habe hier in der Nähe am Fluß ein Haus. Du wärst dort nicht allein. Man wird sich um dich kümmern, wenn ich dich abgesetzt habe. Ich habe bereits einige Frauen dort, aber keine wie dich.« »Ich verstehe«, erwiderte Narla. »Ihr Angebot gibt mir die Möglichkeit, zwischen zwei Arten der Sklaverei zu wählen: auf dem Markt verkauft zu werden oder Ihnen in Ihrem Haus zu Willen zu sein.« »Viel Zeit zum Überlegen hast du nicht, Kleines«, drängte Norlan. »Ich empfehle dir –« Die Tür wurde aufgerissen und ein stämmiger dunkelhaariger Mann erschien auf der Schwelle. »Sie wird auf deine Empfehlungen verzichten müssen, Norlan!« Der Kapitän fuhr herum und sprang auf die Füße. »Was soll das, Zarle? Den kleinen Spaß wirst du mir doch wohl gönnen.« Zarle trat in die Kabine und schlug dem Kapitän mit der flachen Hand ins Gesicht. »Du kennst unsere Vereinbarungen Norlan«, knurrte er. »Du läßt die Finger von meinem Mädchen 119
und wirst für die Passage auf deinem Boot gut bezahlt.« Er schlug noch einmal zu. Norlan ging in die Knie und versuchte mühsam sich wieder aufzurichten. »So kannst du mich nicht behandeln, Zarle«, keuchte er fast weinerlich. Seine Finger tasteten über seine blutigen Lippen. »Geschäft ist Geschäft, Norlan.« Der Sklavenhändler zog den Kapitän an seinem Umhang zur Tür der Kabine. Mit einem kräftigen Tritt beförderte er ihn nach draußen. »Mein Schiff bekommst du für deine schmutzigen Geschäfte nicht mehr!« brüllte Norlan noch. »Es gibt noch andere Flußkapitäne, die Geld brauchen«, antwortete Zarle. »Und nun zu dir, Mädchen.« Er bückte sich nach der Lampe und befestigte sie an seinem Gürtel. »Es tut mir außerordentlich leid, daß dieser Kerl Sie belästigt hat«, meinte er lächelnd. Es war ein böses, gnadenloses Lächeln. »Es ist schon spät«, fuhr er fort. »Sie sollten noch etwas schlafen, damit Sie morgen ausgeruht sind. Das macht auf dem Markt einen besseren Eindruck.« Mit einer spöttischen Verbeugung verabschiedete er sich und verriegelte die Tür.
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XXXI Seit Tagen umkreiste das kleine Raumschiff den Planeten Mesmo. An Bord summte Dr. Zarkov gerade zum hundertsten Mal ein altes Seemannslied aus Neu-England. Er beugte sich interessiert über die Kontrollen des Schiffscomputers, der neue Ergebnisse seiner Auswertung des mesmonischen Funkverkehrs auswarf. Bis jetzt hatten sie noch keine Hinweise auf Flash Aufenthalt entdecken können. Aber auch die Mesmonen schienen das fremde Raumschiff über ihrer Welt nicht zu bemerken. Zarkovs Anti-Ortungsschirm funktionierte offenbar. Zarkov unterbrach sein Lied und entschuldigte sich bei Dale, die mißbilligend das Gesicht verzogen hatte. »Die Raumfahrt bringt mich immer in Matrosen-Stimmung.« »Ich frage mich, ob wir überhaupt eine Chance haben, da unten jemanden zu finden.« Das Mädchen deutete auf den großen Bildschirm über den Kontrollen, auf dem Mesmo als schimmernde Halbkugel zu sehen war. »Sie ist so groß.« »Der äquatoriale Durchmesser beträgt 11 800 Kilometer«, stellte Zarkov mit wissenschaftlicher Exaktheit fest. »Du redest von ›Mesmo‹ als einer ›Sie‹?« »Ja, war mir gar nicht bewußt.« »Wahrscheinlich hast du das Gefühl, daß ›sie‹ dir Flash weggenommen hat«, meinte Zarkov. »Eine unterbewußte Eifersucht.« »Sie sollten keine Witze darüber machen!« Zarkov sah das Mädchen zuversichtlich an. »Ich bin genauso bemüht Flash zu finden wie du«, sagte er versöhnlich. »Sehen wir uns diese Auswertung einmal an.« Er schwenkte den Streifen, den der Computer gerade ausgeworfen hatte, vor Dales Nase. Sie berührte ihn leicht am Arm. »Ich weiß, Doc. Tut mir leid.« »Die meisten Menschen mögen meine Scherze«, fuhr Zarkov 121
fort. »Diesem Umstand verdanke ich auch meine vielen Kongresseinladungen. Der Computer hat hier übrigens etwas Interessantes entdeckt. In einer Dschungelregion gibt es eine Suchaktion nach ausgebrochenen Sklaven. In der Hauptstadt lief sogar eine Bildreportage über diese Jagd. Der Computer hat sie aufgefangen und meint, wir sollten sie uns ansehen.« »Soll ich sie abrufen?« fragte Dale gespannt. Zarkov nickte und zupfte an seinem Bart. Das Mädchen nahm rasch einige Schaltungen an der Computer-Konsole vor. Das Bild Mesmos verschwand vom Hauptschirm. Statt dessen flimmerten verwaschene Fernsehbilder auf. Sie schienen eine Art Zirkus zu zeigen. Ein Mann stürzte von einem hohen Mast in die Arena, fing sich im letzten Augenblick an einem Tau ab. »Flash!« rief Dale. * »Unter uns liegt dichter Wald«, verkündete Dale, die die Scanner beobachtete. »Wir wollten ja auch nicht auf einer Hauptstraße landen«, bemerkte Zarkov dröhnend. »Sie können das Schiff nicht auf den Baumwipfeln aufsetzen«, erinnerte Dale. »Früher hätte ich das versucht, aber da war ich auch noch jünger«, erwiderte der Wissenschaftler. »Inzwischen hat mich die Zeit doch etwas abgeschloffen, und mein Verstand hat sich weiterentwickelt. Suchen wir also eine Lichtung.« »Der Urwald ist hier recht beeindruckend«, sagte Dale. Sie blickte weiter auf die Bilder, die die Infrarot-Kameras von dem nächtlichen Dschungel unter dem Schiff zeichneten. »Lichtung voraus!« meldete sie. Zarkov zeigte die Zähne und begann mit der Landeoperation. Das Schiff wurde immer langsamer. 122
Der Wissenschaftler steuerte es manuell auf einen Rundkurs, so daß es in geringer Höhe über dem Dschungel kreiste. »Gib dem Auto-Piloten jetzt die Koordinaten der Lichtung aus dem Scanner ein«, befahl Zarkov seiner Assistentin. »Programmierung steht.« »Es ist eine Schande, daß wir nicht etwas mehr Öffentlichkeit bei unserer Landung haben können«, beklagte sich Zarkov lautstark. »Ich habe diesen offiziellen Empfängen auf Raumhäfen immer viel abgewonnen. Besonders Paraden haben es mir angetan. Nur einige dieser Hinterwäldler-Planeten sind in dieser Beziehung unangenehm. Man muß dort immer noch auf faule Eier und anderen geworfenen Unrat achten. Man sollte es nicht für möglich halten, aber selbst ein irdischer Wissenschaftler von meiner Reputation bekommt gelegentlich eine überreife Tomate ab.« »Wir sind gelandet«, bemerkte Dale. »Oh ja, tatsächlich«, freute sich Zarkov. Er prüfte die Kontrollen und schaltete die Triebwerke ab. Dann löste er seine Gurte und erhob sich aus dem Pilotensessel. »Was für ein Volk sind diese Mesmonen eigentlich?« erkundigte sich Dale, während sie gemeinsam darauf warteten, daß die äußere Schleusentür sich öffnete. »Größenwahnsinnige Widerlinge«, antwortete Zarkov überzeugt. Er hängte sich eine Tasche mit einer StandardExpeditionsausrüstung um. Aus dem Waffenschrank der Schleuse wählte er einen schweren Blaster aus. »Ein Volk, das zu seinen Bräuchen interplanetares Kidnapping zählt, kann nicht sehr liebenswert sein.« »Bis jetzt haben wir doch noch keinen Mesmonen zu Gesicht bekommen«, wandte das dunkelhaarige Mädchen ein. »Als Wissenschaftler sollten Sie eigentlich über derartige Vorurteile erhaben sein.« »Das sind keine Vorurteile«, stellte Zarkov mit dröhnender Stimme fest. »Aber ich erkenne einen größenwahnsinnigen 123
Widerling, wenn ich ihm gegenüberstehe! Mit solchen Typen besitze ich lebenslange Erfahrung.« Er trat an den Rand der Schleuse und sprang hinab auf den sumpfigen Boden der Dschungellichtung.
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XXXII »Ihr könntet mir wenigstens trockene Kleidung oder etwas zum Abtrocknen geben«, beschwerte sich Booker. Der große Mann war wieder auf den Beinen. Er strich sein Haar zurück und band es mit einer Lederschnur zusammen. »Halt den Mund«, beschied er Booker. »Wie soll ich diesen Schlamm loswerden?« klagte Booker. Der Mann vom Mars saß neben einem frisch entfachten Lagerfeuer und versuchte sich mit Blättern den Morast abzuwischen. »Und naß bin ich auch noch, wenn ich den Schlamm ab habe. Ich werde mich erkälten.« »Wenn du nicht bald den Mund hältst, werfe ich dich zurück in das Loch, aus dem wir dich gerade gezogen haben«, versprach ihm der Blonde. »So sieht also eure Dankbarkeit aus«, schimpfte Booker und schnippte sich den Schlamm von der Schulter. »Da helfe ich euch, ein gutes Geschäft mit entflohenen –« »So, Booker?« rief Sixy, der mit gefesselten Händen gegen eine Baumwurzel lehnte. »Hast du uns erzählt, daß man dich gezwungen hat, uns in die Falle zu locken?« »Das war ja auch so. Aber deshalb braucht man mich doch jetzt nicht hier naß in der Kälte sitzen zu lassen, bis ich mir eine Erkältung oder Schlimmeres hole.« »Vielleicht ist dir das eine Lehre, Booker«, knurrte Huk. Den Adlermenschen hatte man in dem Netz verschnürt, mit dem man ihn gefangen hatte. Er lag in einiger Entfernung von dem flackernden Feuer. »Trau keinem fremden Sklavenhändler, nicht wahr, Booker?« Der Blonde lachte laut. Er hatte damit begonnen, den Flügel eines Vogels über dem Feuer zu rösten. »Selbst zu essen bekommen wir nichts«, jammerte Booker. »Wer will schon halbverhungerte Sklaven kaufen. Ihr ruiniert euch die Preise für uns.« 125
»Bis zu dem Markt, auf dem ich euch anbieten werde, sind es noch gut acht Tage Marsch«, erklärte der riesenhafte Sklavenjäger. »Wir mästen euch schon noch rechtzeitig.« »Warum fangt ihr nicht gleich damit an?« schlug Sixy vor. Der Sklavenhändler lachte wieder und nickte in Richtung seiner beiden blauen Kameraden. »Dich würde ich am liebsten für mich selber behalten«, versicherte er Sixy. »Man sagt Bentan nach, daß sein einziger Fehler sein Sinn für Humor sei. Und du bist der unterhaltsamste Kerl, den ich je gefangen habe.« »Das bist du – Bentan?« fragte Huck. »Ja, Vogelmann, das bin ich«, erwiderte der Blonde. »Ich bin im Dschungel gut bekannt. Ihr habt Glück, daß ihr mir in die Hände geraten seid und keinem Sklavenjäger. Ich bin so harmlos wie eure Großmütter im Vergleich zu den Teufeln, an die ihr hättet geraten können.« »Mallox würde dir da kaum zustimmen«, meinte Sixy und drehte den Kopf in Richtung des bewußtlosen Zirkusriesen. Die beiden Blauen hatten Mallox hierher gezerrt und seinen erstarrten Körper gegen einen Baumstamm gelehnt. Über ihm kreiste ein Moskitoschwarm. »Ach, der da«, wehrte Bentan lachend ab. »Er hat nur den Mund etwas zu voll genommen. Ich bin ausgerutscht, sonst hätte ich ihn erledigt, bevor er überhaupt aus der Grube heraus gewesen wäre.« »Ich wäre auch ausgerutscht, wenn man mir so auf die Nase geschlagen hätte wie er dir«, pflichtete Sixy scheinheilig bei. »Da verliert man fast das Gleichgewicht.« »Du bist ein interessanter kleiner Bursche«, antwortete Bentan. »Du leistet dir hier ein großes Maul, obwohl du genau weißt, daß ich dir in einer halben Minute den Hals umdrehen kann.« »Es gibt so viele Dinge, die mir den Hals brechen können«, erklärte Sixy, »daß ich zu nichts anderem mehr käme, wenn ich ständig darüber nachdenken wollte.« 126
Der Blonde lachte und biß in den inzwischen garen Flügel. Mit einiger Mühe gelang es Huk, sich in eine etwas bequemere Position aufzusetzen. »Dieser Markt, zu dem du uns bringst«, wollte er wissen, »wer kauft dort?« »Farmer«, erwiderte Bentan zwischen zwei Bissen. »Kleine Farmer, die am Rand des Dschungels den Boden roden und dafür Sklaven brauchen.« »Die werden nicht viel für uns bezahlen können«, überlegte Sixy laut. Mit seinen Greifzehen begann er sich den verletzten Knöchel zu massieren, er wollte die Aufmerksamkeit des Sklavenhändlers und seiner blauen Komplizen ganz auf sich lenken. Denn er hatte bemerkt, daß Mallox langsam wieder zu Bewußtsein kam, was den anderen bisher offensichtlich entgangen war. »Ich kann mit jedem von euch gut fünfzig Harlans machen«, sagte Bentan. »Das ist für uns im Dschungel viel Geld.« »Wir könnten dir wesentlich mehr verschaffen«, warf Huk ein. »Ach nein?« Der Sklavenhändler lachte. Sixy musterte den Blonden unauffällig. Er stellte fest, daß der Blaster des Sklavenjägers außerhalb seiner Reichweite im Moos lag und die Pistole im Holster steckte. »Unsere Freunde haben Geld«, rief er dem Blonden zu. »Tatsächlich? Ich habe noch nie von einem Sklaven mit einem Bankkonto gehört.« »Als der Zug verunglückte und wir uns befreien konnten, haben wir die toten Passagiere nach Geld durchsucht«, fuhr Sixy fort. »Zusammen fanden wir über siebenhundert Harlans.« »Ich verlasse mich lieber auf die zweihundert, die ich sicher habe, wenn ich euch auf dem Markt verkaufe.« »He, was soll das heißen«, legte Booker los. »Wir hatten vereinbart, daß ich nicht verkauft werde wie die anderen.« Mallox sprang hinter den sitzenden Sklavenhändler. »So, du blonder Bastard!« brüllte er triumphierend. 127
Der Zirkusathlet riß den überraschten Bentan an den Schultern hoch, packte ihn unter den Armen und warf ihn über das Feuer auf die verdutzten beiden Blauen. Mit einem Knurren setzte Mallox dann selbst über die Flammen. Er packte die beiden Mesmonen, schlug ihnen die Köpfe zusammen und ließ sie besinnungslos liegen. Als nächster war Bentan an der Reihe. Der Sklavenhändler hatte sich auf den Rücken gerollt und stieß mit den Füßen nach Mallox Brust. Den Riesen beeindruckte das nicht weiter. Er stieß die Füße zur Seite und schmetterte Bentan einen furchtbaren Fausthieb an den Schädel. Der Blonde stöhnte auf und sank in sich zusammen. Er krümmte sich keuchend am Boden und lag dann still. »Ha«, rief Mallox. »Ich wußte, daß ich mit diesem Kerl in einem fairen Kampf fertig werden würde.« »Gute Arbeit«, lobte Huk. »Ich schneide euch jetzt los und dann –« Etwas kam summend durch die Dunkelheit hinter dem Lichtkreis des Lagerfeuers. Alle blickten in die Richtung des Geräuschs. Ein glänzender Robothund erschien. Er gab einen schrillen Signalton von sich. Die Miliz hatte sie gefunden.
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XXXIII »Wir müssen uns der Zivilisation nähern«, stellte Zarkov fest. »Ich höre Blasterschüsse.« Dale blieb stehen und hielt ihn am Arm fest. »Sollten wir nicht besser eine andere Richtung einschlagen? Wir sind hier, um Flash zu finden, nicht um selbst erschossen zu werden.« »Ich möchte möglichst rasch Kontakt mit jemandem von hier aufnehmen«, widersprach Zarkov. Er und Dale wanderten seit einigen Stunden durch den nächtlichen Dschungel. »Wir benötigen dringend weitere Informationen über den Stand der Dinge bei der Jagd auf die entflohenen Zirkussklaven. Es wäre das beste, wenn wir Flash fänden, bevor man ihn wieder eingefangen hat.« »Daß Sie über besondere Fähigkeiten verfügen, habe ich nicht bezweifelt, Doc«, versicherte ihm Dale. »Aber wie Sie mit einem Eingeborenen zurechtkommen wollen, dessen Sprache und Gebräuche sie nicht kennen, ist mir ein Rätsel.« »Unsinn«, erwiderte er barsch. »Zarkov lernte die örtlichen Dialekte normalerweise in einer knappen Stunde. Und was die Sitten und Gebräuche angeht, solange mit Blastern geschossen wird, können sie nicht allzu fremdartig sein.« Er zog sie hinter sich her. »Wir müssen uns näher heranarbeiten.« »In Ordnung, aber mischen Sie sich nicht wieder in Kämpfe, die uns nichts angehen.« Der bärtige Wissenschaftler pirschte so leise wie möglich zwischen den mächtigen Stämmen auf den Ort des Gefechts zu. »Man kann eine Menge über die Leute lernen, wenn man sie beim Kampf beobachtet«, belehrte er Dale. Das Krachen der Blaster wurde lauter. Dazwischen war jetzt auch das Summen von Stunnern zu hören. Durch die Blätter über ihnen fiel das Licht von Suchscheinwerfern. Die Lichtstrahlen bewegten sich jedoch von ihnen weg. »Flugzeuge und Blaster«, stellte Dale fest. »Die Zivilisation 129
macht jedenfalls einen recht entwickelten Eindruck.« Zarkov schlug eine Tangente zu der Route ein, auf der sie sich bisher vorwärts bewegt hatten. Eine Viertelmeile vor ihnen tauchte zwischen den Bäumen Feuerschein auf. Jemand schrie. Gebückt schlichen der Wissenschaftler und das Mädchen näher heran. »Kein Grund mich umzubringen oder zu stunnen«, flehte jemand. »Ich ergebe mich. Seht doch, ich halte die Hände hoch. Nicht schießen!« Zarkov ließ sich in die Knie sinken und Dale folgt seinem Beispiel. »Schau dir diese Viecher an«, flüsterte er. »Eine Art mechanischer Hunde. Man setzt sie wahrscheinlich zur Menschenjagd ein.« »Vielleicht sind wir hier in eine Polizeiaktion der Mesmonen geraten«, überlegte Dale. Auf den Knien arbeiteten sie sich weiter vor. »Da! Sieh dir diesen Burschen an!« Zarkov wies auf eine Gestalt hinter einem Baum nicht weit vor ihnen. »Das ist ein Adlermensch von Mongo.« »Ja«, bestätigte Dale. »In dem Bericht über die entflohenen Sklaven kam auch ein Adlermensch vor.« »Wenn wir diese blauen Kerle loswürden, könnten wir uns in Ruhe mit dem Adlermenschen unterhalten«, meinte Zarkov. Vor ihnen hatte ein Dutzend blauer Milizionäre ein Lagerfeuer auf einer kleinen Lichtung umstellt. Sie waren alle schwer bewaffnet. Drei Robothunde vervollständigten die Szene. Huk, Mallox und Sixy hatten es geschafft hinter Bäumen Deckung zu suchen, bevor die ersten Blauen dem Robothund gefolgt waren. Bentan hatte, als er wieder zu sich gekommen war, versucht, sich auf die Milizionäre zu stürzen. Aber zwei schnelle Blasterschüsse beendeten seinen Angriff. Der blonde Sklavenjäger lag 130
ausgestreckt neben dem Feuer und stöhnte leise. Booker stand mit erhobenen Händen zwischen zwei Bäumen und rief: »Ich ergebe mich! Ich habe keine Waffe!« Ein Milizionär schoß ihn ins Bein. Brüllend hechtete Booker hinter den nächsten Baumstamm in Deckung. »Das hat man davon, wenn man auf Mesmo jemand seine Zusammenarbeit anbietet«, schimpfte er. Zarkov strich sich über den Bart. »Mit diesen Burschen müßten wir uns wirklich einmal in Ruhe unterhalten«, wiederholte er. »Dazu müssen wir sie aber erst da herausholen«, bemerkte Dale. »Das ist kein Problem«, eröffnete ihr der Wissenschaftler. »Alles was wir zu tun haben, ist uns diese blauen Kerle vom Hals zu schaffen – für Zarkov keine Schwierigkeit.«
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XXIV Der Regen füllte den Morgenhimmel. Flash stand in der Tür der Kabine, die er sich mit Jape auf dem Lastkahn geteilt hatte. Er konnte Hopp auf dem Vorderdeck im Gespräch mit dem fetten Kapitän sehen. »Neue Meldungen«, rief Jape aus der Kabine, wo er sich wieder mit dem Radio beschäftigte. Flash wandte sich von dem naßkalten Morgen ab. »Über uns?« »Über Huk und die anderen, fürchte ich«, berichtete der Vierarmige. »In den letzten Nachrichten wurde durchgegeben, daß Captain Suell von der Nationalen Miliz letzte Nacht die entflohnen Zirkusbestien fast eingeholt hat.« Stirnrunzelnd fragte Flash: »Bist du sicher, daß damit Huk, Sixy und Mallox gemeint waren.« »Die letzte Meldung von Suell wurde kurz nach Mitternacht aufgefangen«, fuhr Jape fort. »Sie besagte, daß die Miliz die Flüchtlinge gestellt und in die Enge getrieben hätte.« »Und seitdem hat Suell sich nicht mehr gemeldet?« »Scheint so, denn sie wiederholen in den Nachrichten immer die alte Meldung und kündigen an, daß weitere Berichte jeden Moment erwartet würden.« Jape stellte das Radio ab und stand auf. »Wir wissen nicht viel über die Miliz hier auf Mesmo. Es wäre möglich, daß man Meldungen über Huk und die anderen zurückhält, bis man uns alle erwischt hat.« »Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit«, meinte Jape mit einem hoffnungsvollen Unterton. »Huk und Mallox haben den Kampf mit der Miliz für sich entschieden. Deshalb kann sich Suell nicht mehr melden.« »Verflucht, wir können nichts anderes machen, als auf weitere Meldungen im Radio zu warten«, stellte Flash fest. »Falls sie gefangen worden sind, müssen wir uns überlegen, wie wir sie 132
wieder heraushauen.« Jape rieb sich mit einer Hand über das Kinn und zupfte sich mit zwei anderen an den Ohren. »Das dürfte schwieriger werden, als Narla den Sklavenhändlern abzujagen.« Flash grinste. »Auf Mesmo ist alles schwierig«, meinte er. * Der Regen prasselte auf die Dächer der kleinen Flußsiedlung. Schlamm füllte die engen Gassen zwischen den baufälligen Häusern. An der Hafenfront waren einige Läden und Kneipen zu erkennen, deren Namen Wind und Regen längst von den morschen Holzschildern über den Türen gewaschen hatten. »Vorbeischauen kann man hier schon mal«, bemerkte Hopp. »Aber Leben möchte ich hier nicht.« Er lachte und schlug Flash auf die Schulter. »Wo werden die Sklaven für den Markt unter Verschluß gehalten?« »Wir müssen die Straße da vorn rauf«, erwiderte der Bärtige. »Am Stadtrand gibt es eine Art Lagerhaus, in dem die Sklaven vor der Auktion untergebracht werden. Aber zuerst, meine Freunde, machen wir bei einer Kneipe halt, die ich kenne. Dort können wir etwas trinken, Fragen stellen und ein paar Münzen loswerden. Damit ersparen wir uns eventuell eine Menge Schwierigkeiten!« »Glaubst du, wir könnten Narla einfach auf dem Markt kaufen?« fragte Jape. »Können wir uns nicht leisten«, antwortete der alte Abel. »Aber wir können uns leisten, einige Informationen zu kaufen«, ergänzte Hopp. Er wies auf ein niedriges Holzhaus, über dessen halboffene Tür mit verwaschener Farbe ›Lilson‹ gepinselt war. »Dort kehren wir ein.« »Wischt euch die Füße ab«, begrüßte sie der kleine gelbe Mann hinter der Theke. »Ich will keinen Schlamm auf meinem 133
importierten Hartholzparkett.« »Was für eine Begrüßung ist das, mein Freund?« Hopp schritt mit ausgestreckten Händen auf die Theke zu. Der gelbe Mann begann immer schneller zu nicken. »Ja, du bist es tatsächlich, Hopp«, stellte er fest. »Ich freue mich, dich zu sehen. Einen Grog, auch für deine Freunde?« »Du kennst doch Abel. Zu einem Grog sagt er nie nein. Aber die beiden anderen Kameraden müssen da passen.« Während sich Flash neben Hopp an die Theke stellte, sagte der Bärtige zu dem gelben Wirt: »Du könntest dir unter Umständen noch ein paar Münzen dazuverdienen, Lilson.« Der Gelbe brachte zwei Becher, schob sie Hopp und Abel zu, dann blickte er nachdenklich auf seinen Hartholzparkettboden. »Darüber ließe sich reden«, meinte er. Hopp senkte seine Stimme noch weiter, obwohl es außer einem Betrunkenen, der in der Ecke unter einem Tisch lag, keine Besucher in der Kneipe gab. »Wir sind an der Lage auf dem Sklavenmarkt interessiert, Lilson, der augenblicklichen Lage von Angebot und Nachfrage, besonders am Angebot.« »Ein Schandfleck unserer Stadt, dieser Sklavenmarkt«, jammerte der Wirt los. Er griff schnell nach den zwei weiteren Münzen, die Hopp auf die Theke gelegt hatte. »Wenn die Bürger dieser Stadt auch nur das geringste Gefühl für Anstand hätten, dann –« »Ja, aber Freund«, unterbrach ihn Hopp. »Ich bin ganz deiner Meinung, was den Sklavenmarkt angeht. Aber ich wollte keine Predigt darüber hören, sondern Informationen haben. Dafür war das Geld. Ich will wissen, ob in den letzten Tagen irgendwelche Mädchen hierhergebracht worden sind.« Lilsons Augen wanderten über Flash und Jape. »Das sind Käufer?« »Ganz im Gegenteil«, unterrichtete ihn Hopp. »Sie suchen nach einem Mädchen, das ihnen verlorengegangen ist.« »Es gibt viele Mädchen«, philosophierte Lilson. »Auf dem 134
Sklavenmarkt findet sich fast immer das geeignete.« »Ein blondes Mädchen«, fuhr Hopp fort, »Dünn, soweit ich das verstanden habe, aber doch hübsch.« Lilson streckte ihm die offene Handfläche entgegen. »Hübsche Mädchen sind teuer in dieser Saison.« Hopp nahm noch eine Münze aus der Tasche und warf sie in die Hand. »Du hast sie gesehen oder etwas über sie gehört?« »Laß mich überlegen«, erwiderte Lilson abwesend und goß sich selbst etwas zu trinken ein. Er kippte den dampfenden Inhalt seines Bechers und starrte wieder gedankenverloren auf sein Parkett. »Gestern nachmittag wurden drei Mädchen zum Markt geführt. Sie waren alle sehr fett.« Er wandte sich direkt an Flash und Jape. »Fette Mädchen sind in vielen Teilen des Dschungels sehr beliebt.« »Wir suchen ein schlankes, blondes!« erinnerte Hopp. »Sehr früh heute morgen«, berichtete Lilson, »wurde so ein Mädchen aus dem Kahn dieses elenden Norlan an Land gebracht, habe ich gehört.« Er schwieg und lachte dann leise. »Weißt du, was ich gehört habe, Hopp? Norlan ist auf dem Fluß wegen des Mädchens von dem Sklavenhändler verprügelt worden.« »Wer ist der Händler?« »Soviel ich weiß, ist es Zarle«, antwortete der Wirt. »Ein übler Kerl, selbst unter den Sklavenjägern.« »Er hat sie im Markthaus einschließen lassen für die nächste Auktion?« »Ja sie soll jetzt dort sein«, meinte Lilson. »Aber ich bezweifele, daß sie so viel einbringt wie die Mädchen. Schönheit alleine ist meiner Meinung nach schwer zu verkaufen.« »Wie viele Wachen haben sie zur Zeit um den Markt?« wollte Hopp wissen. »Ein Dutzend, wie auch sonst immer.« »Und sind das noch dieselben Säufer, mit denen ich hier während meines letzten Besuchs gebechert habe?« 135
»Ich glaube schon. Nur Sleypan hat eine Arbeit auf einem Boot übernommen, nachdem er mit dem Hauptmann Ärger hatte.« »Sehr gut«, freute sich Hopp. »Du hast eine Idee, wie wir dort hineinkommen?« erkundigte sich Flash. »O ja. Hinein kommen wir ohne große Schwierigkeiten«, antwortete der Bärtige. »Das Problem liegt darin, wieder herauszukommen«, ergänzte der Alte.
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XXXV Der große Mann mit der weißen Narbe über der Stirn tauchte am falschen Platz auf. Er hatte hier nichts zu suchen, weder er noch sein Blaster. »Was geht hier vor?« wollte der Mann wissen. Flash antwortete nicht. Er warf sich auf den Mann. Der Angriff schmetterte den Mann hintenüber auf den hölzernen Boden des Ganges. Mit einer blitzschnellen Bewegung schlug Flash dem Wächter noch im Sturz den Blaster aus der Hand. Dann zog er ihn wieder auf die Füße, hämmerte ihm seine Faust zweimal gegen den Leib und einmal ans Kinn. Das reichte. Aber jetzt öffnete sich eine Tür zu dem schattigen Korridor des Marktes. Ein Blauer, bekleidet mit der örtlichen Version eines Nachthemdes, stürzte in den Gang. Mit beiden Händen hielt er einen schweren Stunner umklammert. Flash hechtete zur Seite, rollte sich ab und bekam den Blaster des von ihm niedergeschlagenen Wächters zu fassen. Er feuert noch vom Boden aus. Der Energiestrahl riß dem Blauen den Stunner aus den Händen. »So viel zu der Idee einer völlig lautlosen Befreiungsaktion«, murmelte Flash, während er über den Gang auf den Blauen zuspurtete. Der Mesmone sprang herum und wedelte mit seinen verbrannten Fingern durch die Luft, wobei er wilde Schreie ausstieß. Eine Serie von Schlägen gegen den runden Kopf brachte ihn zum Schweigen. Mit dem Blaster in der einen und dem Stunner des Blauen in der anderen Hand wirbelte Flash herum und wartete auf weitere Angreifer. Aber alles blieb still. Er lief zurück zu der Tür von Narlas Zelle. Als der Wächter 137
auftauchte, hatte Flash bereits davorgestanden. Sie war verschlossen. Flash zerstrahle den Riegel und das Schloß. Dann trat er kräftig gegen die Tür. »Ich bitte um Entschuldigung für das stürmische Eindringen«, sagte er zu dem blonden Mädchen in der Zelle. »Flash! Ich bin so froh dich zu sehen. Woher –« »Wir mußten den Wachen einige Runden spendieren«, erklärte er. »Und dann – warte einen Augenblick.« Flash hörte, daß sich Schritte näherten. Flash schleifte die Pritsche, auf der Narla gelegen hatte, durch die Zelle und verbarrikadierte damit die Tür. Mit erhobenem Blaster trat er vor das Fenster der Zelle. »Geh in Dekkung, Narla!« Der Blaster knisterte zweimal. Dann waren das Fensterglas und die Gitter davor verschwunden. »Bist du allein?« fragte Narla. »Hoffentlich nicht«, erwiderte Flash, der vorsichtig aus dem Fenster spähte. »Jape wartet mit einem Freund dort unten. Sie können dich wahrscheinlich auffangen.« »Wahrscheinlich?« Narla blickte neben ihm aus dem Fenster. »Na, der Schlamm sieht recht weich aus.« Fäuste hämmerten gegen die Zellentür. »Du zuerst«, befahl Flash. »Ich springe hinterher.« Die Tür gab eine Sekunde nachdem das Mädchen gesprungen war, ihren Widerstand auf. Flash verpaßte dem ersten, der auf der Schwelle erschien, eine volle Ladung mit dem Stunner. Es war ein blonder Bursche mit einer Axt, der in der Bewegung erstarrte. Der Raumpilot schwang sich auf das Fensterbrett, sah in den Schlamm hinter dem Sklavenmarkt hinunter und sprang. Der braune Morast spritzte zwei Meter hoch, als er landete. »Diese Sprünge im Zirkus waren doch ein gutes Training.« Jape streckte ihm drei Arme entgegen und zog ihn auf die Füße. »Irgend etwas ist schiefgelaufen, wie es aussieht.« 138
»Zum Flußufer«, rief Hopp, der auf den Blauen schoß, dessen Gestalt jetzt im Fenster von Narlas Zelle erschien. Der Mesmone kam nicht mehr zum Schuß auf die Flüchtlinge. Sie alle – Hopp, Jape, Flash und Narla – hasteten durch den knöcheltiefen Schlamm Richtung Fluß. »Sieht aus, als hätte ich ein paar Runden zu wenig ausgegeben«, meinte Hopp, während sie liefen. »Ein Wächter tauchte unerwartet in dem Gang vor Narlas Zelle auf«, berichtete Flash. »Nun, eine kleine Überraschung hier und da macht das Leben erst interessant«, kommentierte Hopp. »Ich kann bis auf weiteres auf jede Überraschung verzichten«, keuchte Narla. Sie erreichten den Fluß, ohne verfolgt zu werden.
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XXXVI »Farmen«, erinnerte sich Narla. »Sie erwähnten Dschungelfarmen.« »Dorthin wollten sie Booker bringen?« fragte Flash. Der Dschungel umgab sie wieder mit seiner grünen Dämmerung. Der Fluß lag schon weit hinter ihnen. Sie verfolgten ihre eigene Spur zurück. »Ich weiß, welchen Weg sie wahrscheinlich genommen haben«, erklärte Hopp. »Sie werden ihn zu kleinen Farmern im Südosten des Dschungels bringen, die für ihre Landarbeit Sklaven kaufen. Kein einträgliches Geschäft für Sklavenhändler, aber ein sicheres. Bis zu dem Markt im Südosten ist es ein weiter Weg. Mindestens eine Woche quer durch den Dschungel.« »Vielleicht kommen uns Huk und die anderen unterwegs entgegen?« hoffte Narla. »Wir haben mit dir noch nicht darüber gesprochen, Narla«, klärte sie Jape auf, »aber aller Wahrscheinlichkeit sind die anderen der Miliz in die Arme gelaufen.« Das Mädchen preßte die Hand vor die Lippen. »Du meinst, sie haben unsere Freunde wieder eingefangen?« »Wir wissen es nicht«, schaltete sich Flash ein. »Jape verfolgt alle Durchsagen im Radio, seit gemeldet wurde, daß man kurz vor der Ergreifung der Bestien steht. Aber es wird einfach nichts mehr darüber gesendet.« »Es ist schon eigenartig«, meinte der Vierarmige. »Sie haben vorher stundenlang über diesen Captain Suell und seine Milizeinheit berichtet. Jetzt erwähnen sie ihn überhaupt nicht mehr.« »Wir müssen auf alles gefaßt sein«, sagte Hopp. »Können wir keinen anderen Weg zu diesem Sklavenmarkt für Farmer nehmen, der uns an der von der Miliz versuchten Gegend vorbeiführt?« wollte Flash wissen. »Es gibt Ärger!« rief der alte Abel plötzlich. »Da vorne 140
kommt etwas auf uns zu.« Hopp, der an der Spitze der Gruppe marschierte, hielt die anderen zurück. »Versteckt euch!« warnte er. »Jemand kommt über den Pfad.« Flash griff nach Narlas Arm und zog das Mädchen mit sich hinter einen Busch in Deckung. Er konnte es jetzt selbst hören. Etwas brach geräuschvoll durch den Dschungel. Ein schwerer Körper bahnte sich seinen Weg durch das Unterholz und kam ihnen immer näher. »Was kann das sein?« flüsterte Narla dicht an Flashs Ohr. »Bin mir nicht sicher. Vielleicht die Miliz.« »Etwas schneller, du nichtsnutziges Robotvieh«, dröhnte eine vertraute Stimme. »Beeil dich, sonst trete ich dir auf deinen Blechschwanz.« Flash wartete noch zwei Sekunden, dann sprang er auf und rief: »Zarkov!« Dale antwortete zuerst. »Flash, bist du okay?« »Bleib mir von den Füßen, du Metallmißgeburt«, dröhnte Zarkov. Dale rannte auf Flash zu und warf sich in seine Arme. Er küßte sie und sagte: »Ich wollte eigentlich sagen, was für eine Überraschung, aber das wäre zuviel Untertreibung. Wie kommt ihr hierher?« »Von der Erde aus mit Zarkovs Schiff«, erklärte das dunkelhaarige Mädchen, »und von unserem Landeplatz im Dschungel sind wir den Rest zu Fuß gelaufen.« Zarkov streckte seine riesige Hand aus und schlug Flash auf die Schulter. »Ich hatte nur ein paar simple Schaltungen an diesen Robothunden zu verändern, und schon konnten wir sie für unsere Zwecke einsetzen. Eigentlich arbeite ich ja nicht gerne mit diesem robotischen Firlefanz, aber da wir etwas in Eile waren – erzählen Sie lieber, was mit Ihnen alles passiert ist!« »Dieser Teufelskerl läuft sogar noch schneller als ich«, rief 141
Mallox, der schnaufend auf der Szene erschien. »Ah, ihr habt Narla wiedergefunden.« Dale bemerkte jetzt das blonde Mädchen. Narla hatte einige Schritte entfernt von ihnen gestanden und die Wiedersehensfreude mit zwiespältigem Gesichtsausdruck verfolgt. Jetzt kam sie zögernd näher. »Wir fürchteten schon«, erzählte Jape dem Zirkusathleten, »daß die Miliz euch erwischt hätte.« »Ein Dutzend von diesen Milizionären sind für uns keine ernsthafte Gefahr«, meinte Mallox. Er stieß Zarkov freundschaftlich in die Seite. »Wir stolperten kurz nach der Landung über eine Milizeinheit«, berichtete Zarkov knapp. »Ich habe die Sache in die Hand genommen. Zehn Minuten Zarkov-Strategie, und wir hatten alle zwölf Burschen gestunnt.« »Was ist mit Huk und Sixy?« fragte Narla. »Wir haben sie als Wachen bei unserem Schiff zurückgelassen«, erklärte Zarkov. »Ja, und natürlich auch wegen der Gefangenen. Ich dachte mir, daß wir euch hier im Dschungel besser zu Fuß suchen könnten, und setzte diese häßlichen Metallmonster dafür ein. Wie gewöhnlich hatte ich damit recht.« »Fantastisch«, rief Jape, »wenn Sie ein Raumschiff haben, sind alle unsere Probleme gelöst. Doktor. Wir können mit unseren Freunden zusammen Mesmo verlassen.« Dr. Zarkov zupfte an seinem Bart. »Ich fürchte, so einfach wird das nicht gehen«, sagte er. »Mein Schiff ist nur groß genug, um vier Personen an Bord zu nehmen.«
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XXXVII Das Raumschiff glitt lautlos durch die Nacht. Es huschte über die Baumwipfel und schwebte in wenigen Metern Höhe über die Metallgitter, die den kleinen mesmonischen Raumhafen absicherten. Die Kabinentür öffnete sich und aus dem gelandeten Schiff sprang ein Blauer in einem leichten Raumanzug auf den Landeplatz. In der Nähe stand ein größeres Schiff startbereit. Am Rand des Hafens lagen in einem Hangar zwei weitere Schiffe. Zwei Mesmonen rannten aus dem Raumhafen-Tower. Sie trugen Handlampen, mit denen sie das gelandete Schiff anleuchteten. »Was soll das heißen?« fragte einer den ausgestiegenen Pilot. »Wo ist denn dieses Modell her?« »Ein Notfall!« antwortete der Neuankömmling. Er streckte die Hände weit aus. »Bin Testpilot. Das ist ein Versuchsmodell.« »Sie haben keine Landegenehmigung für diesen Hafen«, belehrte ihn der andere Hafenbeamte. »Wenn es einen Notfall gab, warum haben Sie uns dann nicht über Funk benachrichtigt?« »Der Funk ist ausgefallen«, sendete der Pilot. »Wenn Sie einen Blick in die Kabine werfen, werden Sie verstehen, was passiert ist.« »Dazu haben wir keine Zeit«, schimpfte der Beamte. »Verschwinden Sie sofort von diesem Landefeld!« »Das kann ich nicht mehr. Das Schiff ist nicht mehr manövrierfähig«, erklärte der Pilot. »Aber sehen Sie sich die Sache doch selbst an.« »Na gut«, sendete einer der Männer. Er schwang sich in die Schleuse. »Ich sehe hier keine –« Von hinten packten ihn starke Hände und rissen ihm seine Verstärkerkappe vom Kopf. »Was ist los da drinnen«, fragte sein Partner auf dem Lande143
feld. »Warum höre ich nichts mehr von dir?« Er erhielt keine Antwort. »Schauen Sie sich das besser selbst an!« empfahl der Blaue, der sich als Pilot ausgab. Der Beamte zog seinen Schockstab. »Das werde ich!« Er kletterte ebenfalls in die Schleuse. Ein harter Schlag schmetterte ihm den Schockstab aus der Hand. Bevor er sich umdrehen konnte, umklammerte jemand seinen Hals. Die Kappe wurde ihm vom Kopf gezogen. Benommen taumelte er durch die Schleusenkammer und prallte gegen seinen Partner, der gerade wieder auf die Füße zu kommen versuchte. Ein Stunner zischte. Die beiden Blauen erstarrten. »Das war es«, verkündete Zarkov dröhnend. »Hier müssen noch sechs andere Blaue stecken«, erwiderte Flash, der dem Beamten den weißen Mantel von den Schultern riß und sich selbst überwarf. Er durchsuchte die Blauen, bis er einen elektronischen Generalschlüssel bei ihnen fand. »Weiter, Doc!« Draußen auf dem Landefeld teilten sie sich auf. Zarkov und Jape liefen zu dem startbereiten mesmonischen Schiff. Flash nahm sich den Tower vor. Hopp, Mallox und die anderen rannten lautlos über das Landefeld zu den Baracken der Raumhafenbesatzung. Vor dem Tower hielt ein Blauer Wache. Als er Flash näher kommen sah, griff er zu dem Blaster am Gürtel. »Ich bin eben nicht blau genug«, rief Flash ihm zu. »Da hilft auch kein Mantel.« Der Raumpilot riß seinen Stunner unter dem Mantel hoch und feuerte. Die Wache erstarrte, den Blaster halb erhoben. Flash stieß den Blauen zur Seite und betrat das Gebäude. Die Raumhafenzentrale war verlassen. Flash zückte seinen Blaster und zerstörte mit einem gezielten Schuß das Funkgerät. Dann ließ er den Blasterstrahl auch über die Kontrollen der 144
Raumüberwachung wandern. Als Flash wieder auf das Landefeld hinauslief, krachte auf der gegenüberliegenden Seite bei den Baracken ein Blasterschuß. Im Licht des Energiestrahls sah Flash für Sekunden, daß es Sixy war, der feuerte. Er wurde von zwei Blauen bedrängt. Dazwischen tauchte Mallox riesenhafter Schatten auf. Flash spurtete los, aber als er den Kampfplatz erreichte, war schon alles vorbei. Die Blauen lagen gestunnt am Boden. Mallox kam aus der nächsten Baracke und gab bekannt: »Drei Blaue mit einem Schlag ins Bett geschickt. Die blauen Teufel schlafen jetzt. Nur, wenn sie aufwachen, werden sie etwas Kopfschmerzen haben.« Der Blaue aus Hopps Gruppe, der den Piloten gespielt hatte, hatte inzwischen das Seitentor in dem Metallzaun des Landefeldes geöffnet, um die anderen hereinzulassen. Gefolgt von Booker kam er jetzt zu den Baracken. »Wir haben es geschafft«, rief Booker. »Ich wußte, daß wir mit diesen Mesmonen fertig würden!« Hinter ihm liefen Dale und Narla. Huk trat aus der anderen Baracke. »Von den Blauen haben wir nichts mehr zu befürchten.« »Zarkov checkt mit Jape das Schiff auf dem Landefeld durch«, erklärte Flash. »Wenn alles klar ist, könnt ihr sofort starten. Habt ihr euch jetzt entschieden, wer mit wem fliegt?« »Ich fliege am besten mit dir und Zarkov«, sagte Booker schnell. »Ich muß ja auch ins Sonnensystem zurück.« »Aber Booker«, schaltete sich Sixy ein. »Ich hätte dich so gerne mitgenommen. Wir könnten dich doch unterwegs absetzen.« »Fliegt ihr denn auch über den Mars?« »Nicht direkt. Aber ich kenne da einen wunderschönen kleinen Asteroiden, auf dem ich dich gerne absetzen würde. Er liegt Lichtjahre von allen Raumflugrouten abseits. Willst du wirklich nicht mit uns kommen?« 145
Zarkov und Jape kletterten aus dem mesmonischen Schiff und winkten den anderen. »Los, an Bord!« rief Jape. »Irgendwann werden die Blauen schon merken, daß auf ihrem Raumhafen nicht mehr alles in Ordnung ist.« Er gestikulierte mit allen vier Armen. Der Abschied fiel unter diesen Umständen knapp, aber herzlich aus. Hopp war entschlossen, noch auf Mesmo zu bleiben und die anderen Sklaven auf eine Befreiungsaktion durch das EII vorzubereiten. Er lieh sich mit seinem blauen Freund einen Gleiter der Raumhafenbesatzung aus und startete als erster. »Wir sehen uns bestimmt alle wieder«, rief Sixy aus der Schleuse des gekaperten Schiffes zu Flash hinunter. Narla stand noch bei Flash. Sie gab ihm einen schnellen Kuß auf den Mund und flüsterte mit einem Seitenblick auf Dale: »Da habe ich meine Zweifel.« Dann kletterte sie als letzte ins Schiff. »Ist die Kleine verliebt in dich?« wollte Dale wissen, aber Flash schwieg und winkte Narla nach. »Los, los«, dröhnte Zarkovs Stimme in die Abschiedsszene. »Wir müssen selbst sehen, daß wir hier wegkommen.« Sie rannten mit Booker zu ihrem eigenen Schiff. Wenig später rasten zwei Raumschiffe ohne Startgenehmigung in den nächtlichen Himmel über Mesmo.
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XXVIII »Das ist nicht das, was ich mir unter Geschwindigkeit vorstelle«, sagte Booker. »Kommt mir vor, als wären wir schon seit Stunden unterwegs.« »Wir werden unseren letzten Raum-Zeit-Sprung jeden Augenblick antreten«, erklärte Flash. »Danach sind wir zurück im Sonnensystem.« »Wohin fliegt ihr denn zuerst?« wollte Booker wissen. »Macht ihr zuerst auf dem Mars Zwischenstation?« »Das garantiere ich«, dröhnte Zarkov aus dem Pilotensessel. »Je früher desto besser.« »Ich sähe nämlich auch gar keinen Sinn darin, erst noch bis zur Erde mitfliegen zu müssen, nur um dann den ganzen Weg zum Mars mit einer Raumfähre wiederholen zu müssen. Ich habe schon genug Zeit verloren.« »Ich habe«, setzte Zarkov an, »diesen Sprung so programmiert, daß er uns ganz in die Nähe des Mars bringt.« »Das ist gut«, bestätigte ihm Booker, »Und du meinst wirklich, daß man von der Erde aus etwas wegen Mesmo unternehmen wird?« fragte er Flash. »Ja, davon bin ich überzeugt«, wiederholte Flash zum hundertsten Mal. »Die Leute vom EII werden sich darum kümmern. Und die Vereinigten Planeten werden sich ebenfalls einschalten. Das gehört zu ihrer Charta.« »Eine Charta ist nur ein Stück Papier«, belehrte ihn Booker. »Du glaubst also wirklich, daß sie Raumschiffe und Truppen nach Mesmo schicken werden?« »Sicher«, erwiderte Flash. »Dann würden aber –« Das Schiff wurde in diesem Moment über den großen Abgrund aus Raum und Zeit geschleudert. Die Nebeneffekte dieses Sprunges sorgten dafür, daß Booker für die nächsten tausend Lichtjahre den Mund hielt.
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XXXIX Zarkov lief vor dem Panoramafenster seines großen Wohnraums auf und ab. Über die Wüste draußen senkte sich das Zwielicht einer kurzen Dämmerung. »Ich hatte völlig recht«, erklärte der Wissenschaftler. Flash betrat gerade den Raum. »Womit hatten Sie recht, Doc?« »Ist das wichtig?« warf Dale ein, die sich auf der Pseudoleder-Couch ausgestreckt hatte. »Er hat bei allem völlig recht, egal worum es sich handelt.« »Das letzte Mal, als wir hier gemeinsam saßen –«, wollte Zarkov fortfahren. »Sie sitzen nie«, erinnerte ihn Dale. »In Ihrem Wohnzimmer rennen Sie ständig auf und ab.« »Jedenfalls habe ich damals gesagt, daß es keine unidentifizierbaren Flugobjekte gibt. Und das war korrekt, hundertprozentig korrekt, wie sich herausgestellt hat.« »Die Mesmonen sind allerdings jetzt identifiziert«, bestätigte Flash. »Auch wenn die Sache etwas anstrengend für mich verlaufen ist.« Die Robot-Bar in der Ecke des Raumes gab ein eigenartiges, knirschendes Geräusch von sich. »Was soll das?« dröhnte Zarkov los. »Ich habe mich nur geräuspert«, meinte der Servomechanismus. »Ich vertrete nämlich heute abend den Hauscomputer. Seine Funktionen wurden auf mich umgeschaltet, weil er morgen gewartet wird.« »Das ist kein Grund, sich zu räuspern!« »Das alleine nicht, Sir.« »Dann stell diese eigenartigen Geräusche ein.« »Ich habe mich geräuspert, weil ich etwas sagen wollte, Sir. Jemand verlangt Sie am Visiophon.« Es war Agent Cox. 148
Kaum hatte sich das Gesicht des jungen Mannes auf dem Visioschirm des Wohnraumes stabilisiert, da beschied ihm Zarkov schon: »Flash ist nicht mehr im Dienst. Er steht für keine weiteren EII-Konferenzen zur Verfügung. Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen.« Der Mann vom EII lächelte. »Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß die EII die Genehmigung erhalten hat, sechs Großraumschiffe nach Mesmo zu entsenden, um den Sklavenhandel dort zu beenden. Wenn Sie vielleicht während Ihres kurzen Aufenthaltes auf Mesmo irgendwelche Daten gesammelt hätten, die uns bei dieser Expedition –« »Der Aufenthalt war zwar nur kurz«, unterbrach ihn Zarkov, »aber es blieb mir als Wissenschaftler selbstverständlich genug Zeit, ausführliches Datenmaterial über Mesmo und seine Bevölkerung zu sammeln. Dank der Gespräche mit einem vierarmigen Arzt namens Jape kann ich Ihnen außerdem wertvolle Hinweise zum Verständnis des mesmonischen Kommunikationssystems geben, ohne die Sie auf Mesmo nicht zurechtkommen werden. Außerdem verfüge ich …« Während Zarkov seine Informationsflut über den armen Cox ergoß, fragte Flash Dale: »Hättest du Lust zu einer Nachtfahrt im offenen Wagen durch die Wüste?« Dale stand auf. »Ich nehme an, daß im Augenblick keine Gefahr mehr besteht, dabei nach Mesmo entführt zu werden?« »Die Chance einer zweiten Entführung steht relativ schlecht«, meinte Flash. »Aber möglich ist alles.« ENDE
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