J. Jerosch, J. Heisel, A. B. Imhoff (Hrsg.) Fortbildung OrthopaÈdie ´ Traumatologie ± Die ASG-Kurse der DGOOC Band 7: K...
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J. Jerosch, J. Heisel, A. B. Imhoff (Hrsg.) Fortbildung OrthopaÈdie ´ Traumatologie ± Die ASG-Kurse der DGOOC Band 7: Knorpelschaden
J. Jerosch J. Heisel A. B. Imhoff (Hrsg.)
Fortbildung Orthopådie ´ Traumatologie Die ASG-Kurse der DGOOC Band 7: Knorpelschaden Mit 114 Abbildungen in 135 Einzeldarstellungen und 22 Tabellen
Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Jærg Jerosch Johanna-Etienne-Krankenhaus Klinik fçr Orthopådie und Orthopådische Chirurgie Am Hasenberg 46, 41462 Neuss Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Jçrgen Heisel Fachkliniken Hohenurach Orthopådische Abteilung Immanuel-Kant-Straûe 31, 72574 Bad Urach Prof. Dr. med. Andreas B. Imhoff Abteilung und Poliklinik fçr Sportorthopådie TU Mçnchen Connollystraûe 32, 80809 Mçnchen
ISBN 3-7985-1405-4 Steinkopff Verlag Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen der BertelsmannSpringer Science+Business Media GmbH http:///www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2003 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Herstellung: Klemens Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden SPIN 10892700
105/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Seit Jahren sind die Fortbildungskurse der ASG-Fellows als integrativer Bestandteil des DGOOC-Kongresses etabliert. In Anlehnung an die ¹Instructional Coursesª der AAOS (American Association of Orthopaedic Surgeons) sollen sie den aktuellen Wissensstand in wichtigen Teilbereichen des orthopådisch-traumatologischen Fachgebietes vermitteln. Der jetzt vorliegende Band 7 stellt im Sinne eines aktuellen Updates die konservative und operative Behandlung von Knorpelschåden zusammen, wobei namhafte Referenten die unterschiedlichen Behandlungsstrategien darlegen. Mit zunehmendem Lebensalter erlangen degenerative Gelenkaufbrauchserscheinungen auch zunehmende Bedeutung in der orthopådischen Praxis. Gerade bei den gelenkerhaltenden operativen Eingriffen der Knorpelplastik sowie der Osteochondrozyten-Transplantation sind in den letzten Jahren wesentliche innovative Wege beschritten worden. An dieser Stelle sei allen Autoren fçr die zçgige Abfassung ihrer Manuskripte gedankt. Nur so war es mæglich, mit dem hier vorliegenden Buch die komplexe Problematik des Knorpelschadens umfassend darzustellen. Wie seit Jahren war die hervorragende Zusammenarbeit mit unserer geschåtzten Frau Dr. Gertrud Volkert, Steinkopff Verlag, fçr dieses ASG-Projekt unverzichtbar. Im Mai 2003
Fçr die ASG-Kommission Jærg Jerosch Jçrgen Heisel Andreas B. Imhoff
Inhaltsverzeichnis
Osteochondrale Transplantate 1 Autologes Resurfacing mit Diamantfråsensystem bei unicondylåren Arthrosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2 Osteochondrale autologe Transplantation von Knorpel-Knochenzylinder (OATS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
3 Grundlagen und OP-Technik der T(ibio)-F(ibularen)-Plastik bei osteochondralen Låsionen des Kniegelenkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
4 Der posteriore Condylentransfer (Mega-OATS) bei sehr groûen osteochondralen Defekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
5 Diagnostik und Therapie des Morbus Ahlbåck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
B. Rischke, N. M. Meenen
K. Birrer, J. D. Agneskirchner, A. B. Imhoff
J. Jerosch, T. Filler, E. Peuker, J. Schunck
P. Brucker, A. B. Imhoff H. G. Hermichen
Autologe Chondrozytentransplantation 6 Autologe Chondrozytentransplantation: Notwendige Qualitåtskontrolle des Transplantates . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
7 Die autologe Chondrozytentransplantation zur Behandlung von Knorpeldefekten des Kniegelenkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
8 Die Transplantation chondrogener Gewebe zur Behandlung von Gelenkknorpeldefekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
9 Die Knorpeltransplantation mit bioresorbierbaren Polymeren im tierexperimentellen Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
S. Mattar, C. Lange, M. Shakibaei
C. Erggelet
J. Steinhagen, O. Niggemeyer, J. Bruns
S. Stern, K. Lindenhayn, C. Perka
VIII
Inhaltsverzeichnis
10 Tissue engineering und Implantation von bioartifiziellen Knorpelkonstrukten in osteochondrale Defekte beim Kaninchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
11 Gentherapie am Knorpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
M. Rudert, U. Wilms, C. J. Wirth
P. Ueblacker, V. Martinek, A. B. Imhoff
Meniskus 12 Meniskustransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kohn, R. Seil
77
Frakturen 13 Moderne Fixationsmæglichkeiten der Patellafrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
14 Moderne Fixationstechniken bei osteochondralen Frakturen . . . . . . . . . . . .
88
W. Friedl, J. Gehr
A. Prokop, J. Andermahr, J. Isenberg, H. J. Helling, K. E. Rehm
Adjuvante Maûnahmen 15 Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
16 Karbonfaserstift-Implantation: Eine Alternative zur Prothese? . . . . . . . . . . .
108
17 Grundlagen und Ergebnisse der Pulsierenden-Signal-Therapie in der Knorpeltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
114
H. Hempfling C. Tesch
M. Faensen, I. Krçger
Rehabilitation 18 Rehabilitation nach operativen knorpelsanierenden Maûnahmen . . . . . . . .
119
19 Rehabilitation und Qualitåtssicherung aus Sicht der Krankenkassen . . . . . .
125
J. Heisel
H. Frohn
Autorenverzeichnis
Dr. med. J. D. Agneskirchner Klinik fçr Unfallund Wiederherstellungschirurgie Henriettenstift Marienstraûe 72±90 30171 Hannover
Priv.-Doz. Dr. med. T. Filler Institut fçr Anatomie, Klinische Anatomie und Telematik Universitåtsklinikum Mçnster Vesaliusweg 39 48149 Mçnster
Dr. med. J. Andermahr Klinik und Poliklinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Kerpener Straûe 62 50924 Kæln
Prof. Dr. med. W. Friedl Chirurgische Klinik II Unfallchirurgie, Handchirurgie, Physikalische Therapie Klinikum Aschaffenburg Am Hasenkopf 63739 Aschaffenburg
Dr. med. K. Birrer Kantonsspital Obwalden Guggiweg 4 6005 Luzern, Schweiz Dr. med. P. Brucker BG Unfallklinik-Murnau Prof.-Kçntscher-Straûe 8 82418 Murnau Prof. Dr. med. J. Bruns Orthopådische Universitåtsklinik Universitåtsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraûe 52 20246 Hamburg Priv.-Doz. Dr. med. C. Erggelet Klinik fçr Orthopådie Department fçr Orthopådie und Traumatologie Hugstetter Straûe 55 79106 Freiburg Prof. Dr. med. M. Faensen Klinik fçr Unfallund Wiederherstellungschirurgie Vivantes Wenckebach-Klinikum Wenckebachstraûe 23 12099 Berlin
H. Frohn AOK Regionaldirektion Niederrhein Rathenaustraûe 4±5 41061 Mænchengladbach Dr. med. J. Gehr Chirurgische Klinik II Unfallchirurgie, Handchirurgie, Physikalische Therapie Klinikum Aschaffenburg Am Hasenkopf 63739 Aschaffenburg Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. J. Heisel Orthopådische Abteilung Fachkliniken Hohenurach Immanuel-Kant-Straûe 31 72574 Bad Urach Dr. med. H. J. Helling Klinik und Poliklinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Kerpener Straûe 62 50924 Kæln Prof. Dr. med. H. Hempfling Abteilung fçr Arthroskopische Chirurgie BG-Unfallklinik Murnau Prof.-Kçntscher-Straûe 8 82418 Murnau
X
Autorenverzeichnis
Dr. med. H. G. Hermichen Chirurgische Klinik II Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Stådtische Kliniken Neuss Lukaskrankenhaus GmbH Preussenstraûe 84 41464 Neuss Prof. Dr. med. A. B. Imhoff Abt. und Poliklinik fçr Sportorthopådie der Technischen Universitåt Mçnchen Connollystraûe 32 80809 Mçnchen Dr. med. J. Isenberg Klinik und Poliklinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Kerpener Straûe 62 50924 Kæln Prof. Dr. med. Dr. h.c. J. Jerosch Orthopådische Abteilung Johanna-Etienne-Krankenhaus Am Hasenberg 46 41462 Neuss Prof. Dr. med. D. Kohn Orthopådische Universitåtsund Poliklinik Kirrbergerstraûe, Gebåude 37 66424 Homburg/Saar Dr. med. I. Krçger Klinik fçr Unfallund Wiederherstellungschirurgie Vivantes Wenckebach-Klinikum Wenckebachstraûe 23 12099 Berlin
Dr. med. S. Mattar CellTec GmbH Biotechnologie Frohmestraûe 110 22459 Hamburg Prof. Dr. med. N. M. Meenen Klinik und Poliklinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Universitåtsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraûe 52 20246 Hamburg Dr. med. O. Niggemeyer Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Universitåtsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraûe 52 20246 Hamburg Priv.-Doz. Dr. med. C. Perka Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Universitåtsklinikum Charit Humboldt-Universitåt zu Berlin Schumannstraûe 20/21 10117 Berlin Dr. med. E. Peuker Institut fçr Anatomie, Klinische Anatomie und Telematik Universitåtsklinikum Mçnster Vesaliusweg 39 48149 Mçnster Dr. med. A. Prokop Klinik und Poliklinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Kerpener Straûe 62 50924 Kæln
Dr. med. C. Lange CellTec GmbH Biotechnologie Frohmestraûe 110 22459 Hamburg
Prof. Dr. med. K. E. Rehm Klinik und Poliklinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Kerpener Straûe 62 50924 Kæln
Dr. med. K. Lindenhayn Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Universitåtsklinikum Charit Humboldt-Universitåt zu Berlin Schumannstraûe 20/21 10117 Berlin
Prof. Dr. phil. Dr. med. B. Rischke Klinik fçr Unfall-, Handund Wiederherstellungschirurgie Klinikum Pinneberg Fahltskamp 74 25421 Pinneberg
Priv.-Doz. Dr. med. V. Martinek Abt. und Poliklinik fçr Sportorthopådie der Technischen Universitåt Mçnchen Connollystraûe 32 80809 Mçnchen
Priv.-Doz. Dr. med. M. Rudert Orthopådische Universitåtsklinik Hoppe-Seyler-Straûe 3 72076 Tçbingen
Autorenverzeichnis
Dr. med. J. Schunck Orthopådische Abteilung Johanna-Etienne-Krankenhaus Am Hasenberg 46 41462 Neuss Dr. med. R. Seil Orthopådische Universitåtsund Poliklinik Kirrbergerstraûe, Gebåude 37 66424 Homburg/Saar Dr. med. M. Shakibaei CellTec GmbH Biotechnologie Frohmestraûe 110 22459 Hamburg Dr. med. J. Steinhagen Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Universitåtsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraûe 52 20246 Hamburg Dr. med. S. Stern Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Universitåtsklinikum Charit Humboldt-Universitåt zu Berlin Schumannstraûe 20/21 10117 Berlin
Priv.-Doz. Dr. med. C. Tesch Facharzt fçr Chirurgie/Unfallchirurgie Orthopådisch-Chirurgische Praxisgemeinschaft Schåferkampsallee 56±58 20357 Hamburg Dr. med. P. Ueblacker Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie und Sportorthopådie Technische Universitåt Mçnchen Ismaninger Straûe 22 81675 Mçnchen Dr. med. U. Wilms Orthopådische Universitåtsklinik Hoppe-Seyler-Straûe 3 72076 Tçbingen Prof. Dr. med. C. J. Wirth Orthopådische Klinik III der MHH im Annastift e.V. Heimchenstraûe 1±7 30625 Hannover
XI
Osteochondrale Transplantate
Kapitel 1
Autologes Resurfacing mit Diamantfråsensystem bei unicondylåren Arthrosen B. Rischke, N. M. Meenen
Einleitung
Historie
Die Fåhigkeit des Gelenkknorpel, Defekte selbstståndig zu reparieren, ist åuûerst gering. Knorpellåsionen heilen nicht und fçhren çblicherweise zu weitergehender Zerstærung der Gelenkoberflåche. Auch Stærungen der subchondralen Biomechanik und Trophik kænnen zu sekundåren Gelenkflåchenschåden fçhren. Ursachen fçr die ausbleibende gewebsspezifische Regeneration sind der permanente zytobiologische Ruhezustand bei Gelenkknorpelzellen Erwachsener und deren schådigungsnahe Lage, die fehlende Gefåûversorgung des Knorpelgewebes und die Ernåhrung çber eine lange, stærungsanfållige Diffusionsstrecke. Nur in sehr frçhen Stadien erstrecken sich Gelenkflåchenschåden allein auf den Knorpel, bald wird die subchondrale und epiphysåre Knochenstruktur von der Låsion erfaût. Alleinige Reparaturkonzepte durch Transplantationen kartilaginårer Zell- oder Gewebebestandteile erreichen daher nur in seltensten Fållen eine ausreichende Sanierung. Die Transplantation von autogenen KnorpelKnochenzylindern erfçllt die Anforderungen zur Behandlung von groûflåchigen Knorpeldefekten mit oder ohne subchondrale pathologische Verånderungen. Damit steht eine Methode zur Verfçgung, die unabhångig von der Defektursache und -tiefe eine vollståndige Wiederherstellung der Gelenkfunktion erwarten låsst. Das Besondere dieser Technik ist ein passgenaues Ausschleifen der Zylinder mit Diamanthohlschleifen, die durch Innenspçlung gekçhlt werden. Der primåre pressfit ermæglicht eine spaltlose Einheilung. Damit wird eine frçh belastbare und hermetisch verschlossene Gelenkflåche erreicht.
Das Verfahren der Transplantation von KnorpelKnochenzylindern hat sich aus den Versuchen zur Knochendçbelung fçr Pseudarthrosen entwickelt, wie sie Lexer, Lange und Phemister Anfang des 20. Jahrhunderts inaugurierten. Pap und Krompecher berichteten 1961 çber erfolgreiche Tierversuche mit groûflåchigen osteochondralen Gelenkflåchentransplantationen am Knie von Hunden. Die Technik von Ehalt und Wagner verwendete frische autologe (1964) oder homologe Gelenkflåchentransplantate (1976) mit einem speziellen Stanzinstrumentarium zur Behandlung der Osteochondrosis dissecans. Spezielle Knochenfråsen benutzte Burkhardt erstmalig 1966 bei der Gewinnung von Beckenkammbiopsien. Die Schnittqualitåt, die Vitalitåt der knæchernen Schnittkanten und die pressfitVerankerung wurden durch die Modifikation von Draenert (Schenk R. K et al.) verbessert. Er fçhrte die Diamantbeschichtung und Innenkçhlung der Fråsen sowie deren stufenweise Abstimmung als Zwillingsfråsen ein. Die diamantbesetzten Fråsen werden zur Kçhlung kontinuierlich mit Ringerlæsung durchspçlt. Tierexperimentell konnte bei unmittelbarem Kontakt der Lager- und Transplantattrabekel frçhzeitige Spongiosaheilung nachgewiesen werden.
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Technik der Knorpel-Knochen-Dçbelung Die Darstellung der Defekte erfolgt durch pråoperative Kernspintomographie, konventionelle Ræntgen- und Achsaufnahmen sowie eventuell zusåtzliche Arthroskopie. Die Knorpeltransplantation wird ausschlieûlich in offener Arthrotomie vorgenommen, die jedoch je nach Defektgræûe minimiert werden kann. Je nach Lokalisation des Knorpelschadens erfolgt die anteromediale oder anterolaterale Arth-
4
B. Rischke, N. M. Meenen
rotomie. Es werden mit der kleineren der jeweiligen Zwillingsfråse aus defekten Knorpelarealen Knorpel-Knochenzylinder entnommen und verworfen. Aus den Randbereichen des patellaren Gleitlagers oder aus der Notch werden mit der nåchst græûeren Diamantfråse entsprechende Knorpel-Knochenzylinder entnommen und in die Defektzone pressfit transplantiert, wobei der Durchmesser der Transplantate zwischen 8 und 15 mm liegen kann. Noch græûere Transplantate lassen sich erfahrungsgemåû nicht gewinnen, kleinere bieten keine gençgende Stabilitåt. Die fçr die Knorpelschåden pathogenetisch wesentliche Bandinstabilitåten und Achsfehler werden immer in gleicher Sitzung korrigiert. Dabei hat sich bei einer Varusgonarthrose die Tibiakopfumstellungsosteotomie in der Technik nach M. Coventry bewåhrt, im Falle einer Valgusgonarthrose die suprakondylåre open-wedge-Osteotomie. Notwendige Kreuzbandplastiken werden durch Patellarsehnentransplantat in bone-tendon-bone-Technik vorgenommen. Die postoperative Weiterbehandlung sieht eine Motorschienenbehandlung (continous passive motion) fçr 4 Wochen vor mit gleichzeitiger Physiotherapie. Eine Vollbelastung ist prinzipiell erlaubt, limitiert durch die Schmerzgrenze.
plastischen Gelenkersatz. Es handelt sich um Patienten mit sehr ausgedehnten Befunden mit Beteiligung jeweils der femoralen und tibialen Gelenkflåchen und einer Græûe der Defekte von mehr als 10 cm2.
Patientenkollektiv Alle Patienten unterliegen einer ståndigen ambulanten Nachkontrolle, so dass alle hier aufgefçhrten Patienten mindestens einem Nachuntersuchungsintervall von 24 Monaten unterliegen. Entscheidendes Kriterium der Beurteilung sind Schmerzfreiheit und freie Funktion. Zur Bewertung wurde daher der Lysholm-GillquistScore und der HSS-Knee-Ratings-Scale modifiziert nach Insall angewandt. Bei 24 Patienten konnte neben der klinischen Nachuntersuchung auch im Rahmen von Metallentfernungen (Knochenklammern oder Platten nach Korrekturosteotomie) eine arthroskopische Kontrolle vorgenommen werden. Diese zeigten ohne Ausnahme eine vollståndige und glatte Einheilung der Transplantate.
Klinische Bewertung Ergebnisse Seit 1992 haben wir bei 68 Patienten diamantgeschliffene Knorpeldçbeltransplantationen am Kniegelenk vorgenommen, davon 29 Patienten mit einer halbseitigen Gonarthrose, 21 Patienten mit einem traumatischen Knorpeldefekt und 18 Patienten mit einer OD. Regelmåûige Nachkontrollen unter Verwendung des Lysholm- und Knee-Society-Score erbrachten nach mindestens 24 Monaten aus dem Kollektiv der GonarthroseGruppe bei 12 Patienten vollkommene Beschwerdefreiheit. 11 Patienten waren in ihren Beschwerden deutlich gebessert. 6 waren nicht zufrieden, zwei von Ihnen erhielten inzwischen einen allo-
Die Bewertung der Ergebnisse wurde in den Nachkontrollen folgenden Scores zugeordnet:
Knie-Rating-Scale des KSS modifiziert und ergånzt Schmerzen 30 Keine Schmerzen 30 Keine beim Gehen 15 Geringe Schmerzen beim Gehen 10 Måûige Schmerzen beim Gehen 5 Starke Schmerzen beim Gehen 0 Keine Ruheschmerzen 15
Tabelle 1. Diagnosen, Patienten, Defektgræûen und Zylindermaûe Diagnose
n
m/w
Alter
Defektgræûe Æ
Zylindergræûe Æ
Anzahl d. Zylinder Æ
Follow up
n Varusgonarthrose n Valgusgonarthrose
21 8
9 m 12 w 5m 3w
37±72
2,5 ´ 5,5
1,3±1,5
3±5
Monate 12±84 Monate
Autologes Resurfacing mit Diamantfråsensystem bei unicondylåren Arthrosen
Beugedefizit 10 Punkte
Geringe Ruheschmerzen 10 Måûige Ruheschmerzen 5 Starke Ruheschmerzen 0
Keine bei maximaler Flexion 10 < 58 Deformitåt 8 58-108 Deformitåt 5 > 108 Deformitåt 0
Funktion 22 Pkt Gehen und Stehen uneingeschrånkt 12 > 2 km ohne Pause oder Stehen > 30 min bis 2 km oder Stehen 30 min 8 gehen < 500 m 4 Gehen nicht mæglich 0 Treppensteigen ohne Hilfe 5 Treppensteigen mit Hilfe 2 Aufstehen ohne Hilfe 5 Aufstehen mit Hilfe 2
10
Bewegungsumfang 18 Pkt (1 Pkt fçr jede 88) Extension/Flexion krankes Bein gesundes Bein
Muskelkraft 10 Punkte Sehr gut: Streckung und Beugung im Knie gegen Widerstand fest 10 Gut: Streckung im Knie gegen Widerstand endgradig schwach 8 Måûig: Bewegung im Knie aktiv mæglich, aber nicht gegen Widerstand 4 Schlecht: Bewegung aktiv nicht mæglich 0
Instabilitåt 10 Keine unter Belastung Gering < 58 8 Måûig 58-108 5 Schwer > 108 0
10
Abzug von Punkten 1 Gehstock 1 1 Gehstçtze 2 2 Gehstçtzen 3 Streckdefizit 58 2 Streckdefizit 108 3 Streckdefizit > 108 5 Je 58 Varus/Valgus 1
KSS-Knee-Rating-Scale: Skala von 0±100 Pkt Schlecht < 60 Måûig 60±69 Gut 70±84 Sehr gut 85±100
Lysholm/Gillquist-Score (modifiziert) n Hinken Prå op Post op
nein (5)
selten (3)
oft (0)
n Gehhilfen Prå op Post op
nein (5)
Gehstock (2)
Rollstuhl (0)
n Knacken beim Laufen oder Stehen Prå op Post op
nein (15)
selten (10)
n Instabilitåt nein (25) Prå op Post op
selten (20)
håufig( 5)
ståndig (0)
n Schmerzen nein (25) Prå op Post op
selten (20)
håufig (10) regelmåûig (5)
n Schwellung nein (10) Prå op Post op
selten (6)
håufig (2)
ståndig (0)
håufig (6)
ståndig (2)
ståndig (0)
5
6
B. Rischke, N. M. Meenen
n Treppensteigen Prå op Post op
frei (10)
schwierig (6)
sehr schwierig (2)
unmæglich (0)
n Hinhocken Prå op Post op
frei (5)
schwierig (4)
sehr schwierig (2)
unmæglich (0)
Die Bewertung der erreichten Punktezahl ergibt sich aus folgender Tabelle:
Lysholm-Score: Skala von 0±100 Pkt Schlecht Måûig Gut Sehr gut
< 65 65±80 81±94 95±100
12 Patienten waren vollkommen beschwerdefrei. 11 Patienten waren in ihren Beschwerden deutlich gebessert. 6 waren nicht zufrieden, zwei von Ihnen erhielten inzwischen einen alloplastischen Gelenkersatz. Es handelt sich um Patienten mit sehr ausgedehnten Befunden ( > 10 cm2). Bei zwei weiteren von Ihnen fiel eine deutliche Score-Verbesserung auf, dennoch waren die Patienten subjektiv nicht zufrieden. Als Grund wurde çberraschenderweise unverhohlen ein unbefriedigender Rentenbescheid angegeben. Insgesamt erreichten wir mit diesem Verfahren im Gesamtkollektiv eine Verbesserung postoperativ gegençber pråoperativ um durchschnittlich 34,7 Punkte nach dem LysholmScore.
Abb. 1. Mediale Gonarthrose-Defekt ausgeschliffen und mit einem Knorpel-Dçbel besetzt
Abbildungen Fallbeispiel: 44-jhrg. Patientin mit medialer Gonarthorse bei Patelladyplasie und rez. Patelaluxation.
Tabelle 2. Resultate im Lysholm- und HSS-Score Gonarthrose N = 29
Prå op
Æ 24 Monate Post op
n Lysholm-Score
46
86
n KSS-Score n Sehr gut 85±100 Pkt
85 76,9%
Abb. 2. Vollståndiges Resurfacing der medialen Kondyle mit 4 Knorpel-Knochen-Dçbel
Autologes Resurfacing mit Diamantfråsensystem bei unicondylåren Arthrosen
Abb. 3. Kontrollarthroskopie 1 Jahr post op: Stabile Einheilung der Knorpel-Dçbel
Abb. 4. Kontrollarthroskopie 3 Jahre post op: Vollståndige Wiederherstellung der Gelenkflåche. Die Transplantatlagergrenzen sind kaum noch zu erkennen
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chenmark und Knochen. Klin Wochenschrift 44: 326±334 Cloward RB (1961) Treatment of acute fractures and fracture dislocations of the cervical spine by vertebral interbody fusion. J Neurosurg 18:201 Draenert K, Draenert Y (1988) A new procedure for bone biopsies and cartilage and bone transplantation. Sandorama III/IV:33±40 Draenert K, Draenert Y, Hipp EG (1980) Die primåre metaphysåre Knochenheilung und das Einheilen des stabil fisierten autologen Spongiosatransplantates. Z Orthop 118:647 Draenert K, Draenert Y, Springorum HW, Gauer G, Mçller ME, Willenegger HW (1981) Histo-Morphologie des Spongiosadefektes und die Heilung des autologen Spongiosatransplantates. In: Cotta H, Martini AK (Hrsg) Implantate und Transplantate in der plastischen und Wiederherstellungschirurgie. Springer, Heidelberg New York, S 127±142 Hangody L, Kish G, Krpti Z, Eberhart R (1997) Osteochondral Plugs: Autogenous osteochondral mosaicplasty for the treatment of focal chondral and osteochondral articular defects. Operative Techniques in Orthopedics 7:312±322 Lange M (1925) Entstehung und Behandlung einer Pseudarthrose in einer alten Femurfraktur: MMW 72:854±856 Lexer E (1908) Die Verwendung der freien Knochenplastik nebst Versuchen çber Gelenkversteifungen und Gelenktransplantationen, Langenbecks Archi Klin Chir 86:339 Meenen NM, Rischke B, Adamietz P, Dauner M, Fink J, Gæpfert C, Rueger JM (1998) Knorpeldefektbehandlung. Langenbecks Archiv Klin Chir Suppl II:568± 576 Pap K, Krompecher S (1961) Arthroplasty of the Knee. JBJS 43-A:523±537 Schenk RK, Willenegger H (1964) Zur Histologie der primåren Knochenheilung. Langenbecks Archiv Klin Chir 308:440±451 Wagner H (1964) Traitement opratoire de l'osteochondrite dissquante, cause de l'arthrite dformante du genou. Rev Chirurgie orthop et rparat. Appar moteur 50:335 Wagner H (1976) Die Klinik der Knorpeltransplantation bei Osteochondrosis dissecans. H Unfallheild 25:118±125
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Kapitel 2
Osteochondrale autologe Transplantation von Knorpel-Knochenzylinder (OATS) Technik und Erfahrungen mit 376 Fållen an verschiedenen Gelenken K. Birrer, J. D. Agneskirchner, A. B. Imhoff
Einleitung
Geschichte
In letzter Zeit wurde hinsichtlich der Behandlung von chondralen und osteochondralen Defekten in der Belastungszone von Gelenken viel geforscht und wird vor allem Hoffnung in die Gentechnik gesetzt. Trotz Verfahren wie die autologe Chondrozytenimplantation oder das Tissue Engineering bleibt der durchschlagende Erfolg jedoch weiterhin aus. Therapieansåtze wie das Debridement und Drilling [32], die Mikrofrakturierung [29] oder Abrasionsarthroplastik [32], frische osteochondrale Allografts, Transplantation von Rippenperichondrium oder Periost [8], Periosttransplantation mit Chondrozytenimplantation und die autologe Chondrozytentransplantation [17, 21] bringen nur einen kurzzeitigen Erfolg, sind zu aufwendig, zu komplikations- oder kostentråchtig. Und die Endoprothetik als ultima ratio stellt fçr jçngere Patienten keine Alternative dar. Das Prinzip des osteochondralen Autograft Transplantations Systems (OATS) ist die Verwendung von Knorpel-Knochenzylinder aus wenig belasteten Gelenkflåchen des Knies (proximaler lateraler oder medialer Femurcondylus bzw. Trochlea) fçr die Transplantation in defekte Belastungszonen. Diese Technik ist eine Mæglichkeit, den Defekt mit hyalinem Knorpel zu decken, wåhrend die meisten anderen Techniken zu fasrigem Ersatzknorpel fçhren. Unabhångig von der Aetiologie des Knorpelschadens besteht das Ziel darin, den Defekt aufzufçllen, um eine Wiederherstellung der Integritåt der Gelenkflåche resp. der Gelenkskongruenz und damit eine schmerzfrei Beweglichkeit zu erreichen und entsprechend eine Arthrose zu vermeiden oder zumindest zu verzægern.
Das OATS-Verfahren ist eigentlich eine Weiterentwicklung resp. Verfeinerung der Mosaikplastik, welche ebenfalls eine osteochondrale autologe Transplantation zur Therapie lokalisierter Knorpeldefekte darstellt, sich jedoch in der Vorgehensweise unterscheidet [20]. Erstmals berichtete Wagner 1964 [33] von 3 Patienten mit autologer und 2 Patienten mit homologer Transplantation am Kniegelenk. Anfang der 90er erprobte LszlÕ Hangody in Budapest Knorpeltransplantationen im Tierversuch. Erstmals beschrieben wurde die Verwendung von osteochondralen Allografts fçr die Behandlung von Defekten bei Osteochondrosis dissecans (OD) 1994 von Garrett [10]. Langzeitergebnisse pråsentierten dann Gross et al. 1997 [11]. Es traten jedoch die von Transplantationen her schon bekannten Komplikationen wie die Ûbertragung von infektiæsen Erkrankungen (HIV, Hepatitis, etc.), Abstoûungsreaktionen sowie Vitalitåtsprobleme bei ¹fresh-frozenª Knorpelzellen auf. Das bereits 1993 von Matsusue et al. [23] ins Spiel gebrachte Verfahren der autologen osteochondralen Transplantation, wurde von Hangody [13] und Bobic [5] wieder aufgegriffen und verbessert. Daraus resultierte das OATS und zudem auch ein arthroskopisches Vorgehen. Obwohl diese Technik ursprçnglich fçr fokale Knorpeldefekte an den Femurkondylen entwickelt wurde, wird sie mittlerweile auch an der Patella und an anderen Gelenken wie dem OSG (Talus und distale Tibia), dem Ellbogen und der Schulter (Humerus und Glenoid) eingesetzt [18, 19].
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Osteochondrale autologe Transplantation von Knorpel-Knochenzylinder (OATS)
Indikation
Operative Technik
Fokale osteochondrale Defekte in der Belastungszone bis zu einem Durchmesser von 3 cm, lokale Knorpelschåden Grad III/IV nach Outerbridge, Osteochondrosis dissecans Stadium III/ IV (avitales Fragment, Knorpelmalazie) sowie begrenzt Osteonekrosen (M. Ahlbaeck, M. Panner). Zu den Kontraindikationen zåhlen die generalisierte Arthrose, Defekte von çber 3 cm Durchmesser und relativ ein Alter des Patienten çber 50 Jahre. Bedingung einer autologen Knorpel-Knochentransplantation insbesondere am Knie ist die Korrektur einer vorhandenen Achsenfehlstellung, eines patellofemoralen Malalignements und/oder einer bestehenden Instabilitåt durch eine Kreuzbandersatzplastik [28].
Pråoperativ wird mit der MRT die Lokalisation und Græûe des Defekts festgelegt und die Eignung der potentiellen Spenderregion çberprçft. Sollte dies mit der MRT nicht mæglich sein, so kann die Operation mit einer diagnostischen Arthroskopie eræffnet werden. Die Durchmesser der zylindrischen Autografts sind zwischen 5 und 15 mm variierbar. Durch die Verwendung spezieller Rundmeissel mit Millimeter Långenmaû kænnen Zylinder mit uniformer Græûe und Långe gewonnen werden. Die Operation wird unter einer antibiotischen Single-Shot-Prophylaxe durchgefçhrt. Beim arthroskopischen Vorgehen wird der Zugang und die Flexion des Knies entsprechend der Lokalisation des Knorpeldefektes gewåhlt, so dass die Zylinderfçhrungshçlse sowohl auf die Defektzone als auch auf die Spenderregion aufgesetzt werden kann. Gegebenenfalls sind hier mehrere Zugånge notwendig. Am Ellbogen und der Patella ist ein arthroskopisches Vorgehen nicht mæglich. Bei der offenen Zwei-Gelenk-Technik wåhlt man die Miniarthrotomie in ca. 308 Flexion des Kniegelenks fçr die Zylinderentnahme am medialen oder lateralen proximalen Femurcondylus, bei Defekten im Kniegelenk einen direkten zentralen Zugang mit parapatellårer Arthrotomie fçr die Entnahme und Insertion der Knorpel-Knochenzylinder. Am Talus ist fçr die Implantation oftmals eine mediale Malleolarosteotomie oder eine Osteotomie der Fibula proximal der Syndesmose notwendig. Manchmal ist bei ventraler Lage des Defektes und maximaler Plantarflexion ein sogenannter ¹anterior groovingª der ventralen Tibiakante fçr den Zugang ausreichend.
Stellenwert der MR-tomographischen Diagnostik Die Kernspintomographie (MRT) ist neben der invasiveren Arthroskopie die einzige Mæglichkeit, Knorpelverånderungen zu erfassen, da die konventionelle Radiologie und Sonographie keine ausreichende Aussagekraft besitzen. Wåhrend Knorpelschåden Grad I und II kaum erfassbar sind (Hayes et al. 1990 [16], Adam et al. 1991 [1]), kænnen Grad-III- und IV-Låsionen mit hoher Genauigkeit diagnostiziert werden. Reiser gibt hierfçr eine Sensivitåt von 95%, Spezifitåt von 66% und eine diagnostische Genauigkeit von 88% an. Als sehr wertvoll erweist sich die MRT-Diagnostik mit i.v. Gabe von Gadolinium-DTPA bei der Einschåtzung des Schweregrades der Osteochondrosis dissecans [2, 27], was Rçckschlçsse auf die Notwendigkeit einer Operation ziehen låsst. Nach einer autologen Knorpel-KnochenTransplantation stellt die MRT die beste Mæglichkeit zur engmaschigen Kontrolle der Vaskularitåt, resp. zum Einheilungsverhalten des Transplantats dar.
n Vorbereitung der Defektzone. Primår wird die Anzahl und die Durchmesser der Zylinder bestimmt. Anschlieûend werden Stanzzylinder mit einer Tiefe von 15±20 mm entnommen und die Implantationstiefe des Empfångerlochs nach leichter Impaktion ausgemessen. Dagegen werden bei der ursprçnglichen Mosaikplastik die Kanten der Låsion zirkulår bis zum intakten hyalinen Knorpel abgetragen. Danach wird der Grund des Defektes mit der Fråse bis auf den gesunden subchondralen Knochen abradiert und mit Hilfe von Bohrhçlsen die Anzahl und Græsse der benætigten Transplantate ermittelt.
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K. Birrer et al.
Abb. 1. Entnahme aus wenig belasteten Bereichen (medialer und lateraler proximaler Femurkondylus bzw. Trochlea oder interkondylåre Notch), Transplantation in Belastungszone
Abb. 2. Kombinationseingriff: Transplantation in Trochlea und Mega-OATS
n Gewinnung der Spenderzylinder. Die bevorzugten Regionen zur Zylinderentnahme sind die gering belasteten Knorpelzonen am Femurcondylus proximal anterolateral oder -medial bzw. die Trochlea und seltener die intercondlyåre Notch. Mit dem zum ¹recipientª Meissel passenden ¹donorª Hohlmeissel (jeweils 0,3 mm græûerer Durchmesser) erfolgt die exakt orthograde Entnahme des Spenderzylinders. Die Oberflåchenkontur der Empfångerregion wird hierbei mitberçcksichtigt. Danach erfolgt die Zurichtung auf die Empfångerlochtiefe.
indem zu kurze Zylinder mit Spongiosa unterfçttert und zu lange vorsichtig mit dem Stempel weiter eingetrieben werden. Kompromisse dçrfen keine eingegangen werden. Notfalls mçssen die Zylinder mit Hilfe des Korkenziehers wieder entfernt und neu angepasst werden.
n Eigentliche Transplantation. Das Eintreiben des Spenderzylinders in das Empfångerloch erfolgt mit der Spenderfçhrungshçlse. Anschlieûend wird dieser mit dem Eindrçckstempel aufs Niveau der Umgebung eingepresst. Durch die press-fit-Technik ist das Transplantat fest verankert. Zudem soll es in Bezug zu Oberflåchenkontur und Hæhe exakt mit dem angrenzenden intakten Knorpel abschlieûen. Bei der Durchfçhrung multipler Transfers muss jeder Zylinder fixiert sein, bevor der direkt angrenzende implantiert wird. Dabei kænnen verschiedene Græûen verwendet werden, um eine mæglichst optimale Abdeckung des Defektbereichs zu erreichen. Die entstandenen Entnahmestellen schlieûen sich innerhalb von 6±8 Wochen durch Einwachsen von Spongiosa mit einer Oberflåchenschicht aus Faserknorpel oder kænnen durch die aus der Defektzone entnommenen Zylinder aufgefçllt werden. Das vorherrschende Problem des OATS stellt die Långe des Transplantats dar. Dies kann jedoch ohne groûen Aufwand behoben werden,
n Postoperatives Management. Dies besteht aus einer sofortigen Gelenksmobilisation unter entsprechender Schmerztherapie auf der Motorschiene zur Verbesserung der Knorpelernåhrung und Verhinderung einer Einsteifung. Wåhrend den ersten 6 Wochen erfolgt die Mobilisation mit 15 kg Teilbelastung mit einer subcutanen Thromboseprophylaxe bis zur Vollbelastung. Bei ausgedehnten Transplantationen empfehlen wir eine vollståndige Entlastung fçr 6 Wochen und eine Teilentlastung fçr weitere 6 Wochen. Anschlieûend erfolgt ein zçgiger Belastungsaufbau. Mit Ausnahme von Eingriffen an der Patella, bei denen fçr 4 Wochen eine Flexionseinschrånkung auf 608 besteht, werden bei freier Beweglichkeit sofort isometrische Ûbungen durchgefçhrt.
Zusatzeingriffe Wie bereits erwåhnt, mçssen fçr den Erfolg der Transplantation Begleitprobleme wie Instabilitåt oder Achsenfehlstellung ausgeschalten werden. Dies gilt insbesondere fçr lastentragende Gelenke. Bereits 1979 zeigte Hackenbroch [12], dass eine unbehandelte chronische anteriore Knie-
Osteochondrale autologe Transplantation von Knorpel-Knochenzylinder (OATS)
instabilitåt durch eine VKB-Insuffizienz zu einer Arthrose im medialen Kompartiment fçhrt. In einer biostatischen Arbeit von McKellop et al. 1991 [24] wurde nachgewiesen, dass bei Varusdeformitåten Druckspitzen im medialen, bei Valgusdeformitåten im lateralen Kompartiment auftreten. Die Kombination von Achsenfehlstellung und Instabilitåt fçhrt gemåû Bruns et al. [7] zu noch weit hæheren Druckwerten. Zur Verminderung dieser Druckwerte empfehlen wir deshalb bei Kreuzbandrupturen eine Stabilisierung durch eine Kreuzbandplastik [28]. Bei Varus- oder Valgusfehlstellungen von mehr als 48 (vermessen in einem Pangonogramm im Stehen im Verhåltnis zur Mikulicz-Linie) soll eine valgisierende hohe tibiale Osteotomie (HTO) in ¹closed wedge Technikª resp. eine varisierende supracondylåre Osteotomie in ¹open wedge Technikª durchgefçhrt werden. Dabei wird bei ålteren Patienten ( > 40 Jahre) die Belastungsachse im Sinne einer Ûberkorrektur auf das gesunde Kompartiment verlagert, wåhrend bei den jçngeren Patienten eine Korrektur auf 08 angestrebt werden sollte, um eine Ûberlastung des intakten Kompartiments und damit potentielle Knorpelschåden zu vermeiden. Bei total oder subtotal resezierten Menisci kann zudem zur Verbesserung der Druckverhåltnisse und der Stabilitåt eine Implantation einer Kollagenmatrix (Collagen Meniscus Implantation CMI) oder eine Meniskusallograft-Transplantation ins Auge gefasst werden [30]. Im Bereich des OSG soll eine Bandinstabilitåten in der gleichen Sitzung mitbehandelt (Bandplastik) und bei Patella-OATS-Operationen ein Malalignement oder eine asymmetrische Patellabelastung korrigiert werden (lateral release, mediale Raffung, Tuberositastransfer).
Nachsorge Aufgrund der guten Information, welche eine MRT-Untersuchung liefern kann, hat die Kontrollarthroskopie nur in ausgewåhlten Fållen (postoperative Komplikationen, Sportler) eine Berechtigung. MRT-Kontrollen mit i.v. Kontrastmittel (Gadolinium) geben Auskunft çber Inkorporation und Vitalitåt der Transplantate und kænnen auch zur Beurteilung der Oberflåchenkongruenz des Knorpels herangezogen werden [9, 25]. Zu Fehlinterpretationen kænnen die von der unterschiedlichen Knorpeldicke von Donor und Emp-
Abb. 3
Abb. 3 und 4. MRT-Kontrolle mit Gadolinium i.v. 3 Monate post op nach Implantation von 3 Zylinder am medialen FC. Zusåtzlich besteht Zustand nach HTO
fånger herrçhrenden sogenannten ¹tide mark levelsª fçhren. Selbst nach einem Jahr nach Transplantation sind die Zylinder hier noch gut abgrenzbar.
Diskussion Von 07/96 bis 06/02 wurden an unserer Klinik fçr Sportorthopådie der TU Mçnchen 376 Patienten mit der OATS-Technik versorgt, davon waren 43 Mega-OATS-Verfahren. Bei den 333 reinen OATS handelte sich um Defekte an den Femurcondylen 186 (145 medial, 41 lateral), der Patella 39, der Trochlea 15, des Tibiaplateaus 2. Hinzu kommen Låsionen am Talus 80 (69 me-
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diale, 10 laterale Schulter, 1 intermediår), an der Tibia distal 2, an der Fibula distal 1, am Capitulum humeri 6, dem Humeruskopf 1 und dem Glenoid 1. Die autologe Transplantation von osteochondralen Zylindern bietet gegençber den ålteren Verfahren wie Anbohrung, Mikrofrakturierung, Abrasionsarthroplastik, etc., welche zu einer Faserknorpelbildung fçhren und die Symptomatik in der Regel nur vorçbergehend mildern, den Vorteil, ¹vollwertigenª hyalinen Gelenkknorpel in die Defektzonen zu bringen. Zudem entfållt durch die autologe Transplantation die Gefahr einer Ûbertragung viraler oder anderer Pathogene und einer mæglichen Abstoûungsreaktion. Zudem besteht gegençber dem allogenen Spendermaterial keine Beeintråchtigung des Langzeitçberlebens der Chondrozyten durch das Eingefrieren oder Bestrahlen. Es ist ein Verfahren, welches sich problemlos am Knie, am oberen Sprunggelenk, am Ellbogen und an der Schulter anwenden låsst und gegençber anderer Techniken, insbesondere der autologen Chondrozytentransplantation (ACI), deutlich weniger Kosten verursacht. Zudem sollte die ACI bei Beteiligung des subchondralen Knochens nicht angewandt werden. Limitiert wird die herkæmmlich OATS-Technik durch das eingeschrånkt vorhandene Spendermaterial, so dass nur die Deckung eines Defekt von einer Græûe von 20±25 mm mæglich ist. Bei græûeren Låsionen besteht noch die Mæglichkeit eines posterioren Condylentransfers in der MEGA-OATS-Technik [6], bei der ein einzelner groûer Zylinder ebenfalls in der press-fitTechnik eingesetzt wird. Allerdings sind die Langzeitfolgen an der Entnahmestelle noch nicht abschåtzbar, wobei auch an der Entnahmestelle der Zylinder bei weniger als 10% der Patienten femoropatellåre Probleme auftreten. Fçr den Erfolg der Transplantation ist eine pråzise Operationstechnik von eminenter Wichtigkeit. Die Einbringung der Knorpel-Knochenzylinder muss genau orthograd auf die Gelenkoberflåche erfolgen und die Långe der Zylinder muss der Tiefe des Transplantatbettes entsprechen, damit eine exakte Kongruenz zur Umgebung erreicht werden kann. Besteht eine Inkongruenz durch einen vorstehenden Zylinder, so kommt es zu einem unphysiologischen Anpressdruck, sowohl am çberstehenden Transplantat als auch an der oppositionellen Knorpeloberflåche [3]. Dies fçhrt zu neuen Knorpelschåden an der gegençberliegenden Gelenkflåche und kann
die Einheilung des Zylinders gefåhrden. Liegt das Transplantat zu tief, so nimmt es nicht an der Druckverteilung im Gelenk teil und ist damit funktionslos. Kleinere und gçnstig am mittleren Abschnitt der Femurcondylen lokalisierte Defekte lassen sich in arthroskopischer OATS-Technik versorgen, was durch das Vermeiden der Arthrotomie die Komplikationsrate und die Rehabilitationszeit vermindert. Die MRT-Untersuchung mit i.v. Kontrastmittelgabe stellt ein pråzises nichtinvasives Instrumentarium fçr die Nachkontrolle dar, um den Nachweis der Vitalitåt zu erbringen und die Knorpeloberflåche und Kongruenz der Zylinder zur Nachbarschaft zu beurteilen. Gross [11] untersuchte 123 Patienten (Followup 1972 bis 1992) mit frischen osteochondralen Allografts fçr Defekte im Kniegelenk und beschrieb eine Erfolgsrate von 95% nach 5 Jahren, von 71% nach 10 Jahren und von 60% nach 20 Jahren. Bobic berichtete 1996 [5] von ersten Ergebnissen der autologen Transplantation in arthroskopischer Technik, wobei nach 2 Jahren bei 10 von 12 Patienten gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt werden konnten. Mit einer weiteren Arbeit 1999 [4] beståtigte er seine Resultate. Outerbridge [21] beschrieb die Verwendung von Autografts aus der lateralen Patellafacette mit subjektiv zufriedenstellenden Resultaten bei allen 10 Patienten in einem Nachuntersuchungszeitraum von 6,5 Jahren. Von Hangody stammt die Technik der Mosaikplastik [14, 15, 20], welche åhnlich wie die OATS-Technik autologe Knorpel-Knochenzylinder in umschriebene osteochondrale Defektzonen transplantiert. Bei 107 Patienten betrug der klinische Score hierbei nach einem Follow-up von 5 Jahren im Mittel 82,5 Punkte [13].
Zusammenfassung Die OATS-Technik bietet eine wirkungsvolle und kostengçnstige Therapie bei osteochondralen Låsionen besonders am Knie und dem OSG, aber auch am Ellbogen und der Schulter, die technisch wenig aufwendig ist. Ideale Indikationen stellen fokale osteochondrale oder rein chondrale Defektzonen mit limitierter Græûe dar. Die maximale versorgbare Græûe wird durch das begrenzt verfçgbare Spendermaterial am medialen und lateralen Femurcondylus proximal bzw. an der Trochlea festgelegt.
Osteochondrale autologe Transplantation von Knorpel-Knochenzylinder (OATS)
Ganz entscheidend fçr den Erfolg ist die konsequente Behandlung von zusåtzlichen Pathologien, wie Instabilitåten oder Achsenabweichungen an der unteren Extremitåt. Insbesondere die ein- oder zweizeitige Kreuzbandplastik bei instabilen Kniegelenken ist von entscheidender Wichtigkeit, einerseits zur Beseitigung einer Ursache des Knorpelschadens, andererseits ist nur bei einem stabilen Kniegelenk ein erfolgreiches Einheilen des Transplantates zu erwarten. Ebenfalls wichtig ist die unikompartimentelle Entlastung durch Korrektur signifikanter Achsenfehlstellungen, um durch Wegnahme des unphysiologisch hohen Druckes das Einheilen des Transplantates zu ermæglichen. Zudem kann bei fehlendem Meniskus, die Implantation eines Collagen Meniskus (CMI) als Stoûfånger durchgefçhrt [30] oder ein Meniskusallograft eingesetzt werden [25], so dass durch die gleichmåûige Druckverteilung eine weitere Verbesse- rung der Langzeitresultate erreicht werden kann.
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Kapitel 3
Grundlagen und OP-Technik der T(ibio)-F(ibularen)-Plastik bei osteochondralen Låsionen des Kniegelenkes J. Jerosch, T. Filler, E. Peuker, J. Schunck
Einleitung Verletzungen des hyalinen Gekenkknorpels sind relativ håufige Ereignisse. Bei Unfållen, die mit einem Håmarthros einhergehen, ist in 16% mit Knorpellåsionen zu rechnen. Knorpelverletzungen mit einen Durchmesser von mehr als 2±4 mm haben keine Mæglichkeit der Selbstheilung und kænnen zu frçhzeitiger Arthrose fçhren (Calandruccio/Gilmer 1962, Convery et al. 1962, 1971; Mitchell/Shepard 1976; Salter 1980; Twyman et al. 1991). Auch die jugendliche Osteochondrosis dissecans fçhrt im Alter von 34 Jahren in 32% der Fålle zu radiologischen Arthrosezeichen; nur die Hålfte der Patienten haben eine gute oder sehr gute Gelenkfunktion (Bentley/Greer 1971). Bei ålteren Patienten mit Kniegelenkarthrose kænnen Schmerzreduktion und Funktionsgewinn mit einer Knieendoprothese erreicht werden (Jerosch/Heisel 1998). Bei Patienten vor dem 65. Lebensjahr ist bekanntermaûen die Lebensdauer der Kunstgelenke zu kurz, um eine akzeptable Langzeitlæsung darzustellen. Es verbleibt somit ein groûes Patientenkollektiv, welches bereits in jungen Jahren nach einem Unfall oder infolge einer Osteochondrosis dissecans therapiebedçrftige Knorpelschåden aufweist, fçr die es jedoch bis vor kurzem keine vollkommen zufriedenstellende Therapieverfahren gab. Individuelle therapeutische Læsungen wåren nicht nur fçr den Patienten von Vorteil, sie kænnten auch durch die Reduktion von gelenkersetzenden Eingriffen die Kosten fçr das Gesundheitssystem senken. Prinzipiell gibt es 5 unterschiedliche Ansåtze fçr die operative Therapie von Knorpelschåden. Das Gelenk oder der geschådigte Gelenkanteil kann wiederhergestellt, durch eine Alloarthroplastik ersetzt, durch Umstellungsoperation entlastet, im Rahmen einer Resektionsarthroplastik reseziert oder versteift werden.
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Die autologe osteochondrale Transplantation ist durch die in den letzten Jahren entwickelten Techniken fçr ausgewåhlte Patienten zu einem standardisierten Verfahren in der Gelenkchirurgie geworden (Bobic 1996; Hangody et al. 1997, 1997). Nachteilig ist jedoch nach wie vor, dass die notwendigen Knorpel-Knochenzylinder aus intakten Arealen des Kniegelenkes gewonnen werden. Als potentielles alternatives Spenderareal fçr osteochondrale Autografts bietet sich die proximale tibiofibulare Artikulation an (Jerosch et al. 2000, 2002).
Anatomische Grundlagen n Morphometrie. An 44 anatomischen Pråparaten wurde die Knorpeldicke sowie die Knorpeloberflåche der tibialen und fibularen Gelenkflåchen dokumentiert. An 389 Pråparaten wurden morphometrische und makroskopische Analysen (Knorpelflåche, Gelenkorientierung, degenerative Verånderungen) durchgefçhrt. Die Gelenkflåchen zeigten bei allen Pråparaten einen Knorpelçberzug (Abb. 1, 2). Dieser
Abb. 1. Fibularer Anteil des proximalen tibiofibularen Gelenkes
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J. Jerosch et al.
Abb. 4. Knorpeldicke eines Pråparates aus dem proximalen TFGelenk
Abb. 2. Tibialer Anteil des proximalen tibiofibularen Gelenkes
Abb. 5. HE-Fårbung des TF-Knorpels
Abb. 3. Fibularer Anteil des proximalen tibiofibularen Gelenkes mit degenerativen Verånderungen
war nur bei sehr wenigen Gelenken (11%) makroskopisch deegenerativ im Sinne der Arthrose veråndert (Abb. 3). Bei der çberwiegenden Mehrzahl der Pråparate fanden sich trotz des Alters noch erstaunlich gute Knorpelverhåltnisse. Die Abmessungen der Knorpeloberflåche betrugen an der Tibia durchschnittlich 1,7 Ô 0,26 mal 1,9 Ô 0,22 cm und an der Fibula 1,6 Ô 0,31 mal 1,8 Ô 0,32 cm. Hierdurch ergibt sich theoretisch eine zu transplantierende Flåche an der Tibia von 3,23 cm2 und an der Fibula von 2,88 cm2. Die gesamte zur Verfçgung stehende Knorpelflåche betrågt somit 6,11 cm2. Die Knorpeldicke betrug 1,8±2,2 mm (Abb. 4).
Die Knorpeloberflåchen des TF-Gelenkes zeigen eine nahezu biplanare Konfiguration mit nur einer geringen Krçmmung. n Histologie. Es wurden histologische (HE-Fårbungen) und immunhistochemische Untersuchungen (Maus IgG2a/k anti-Typ II Collagen) an diesem Knorpel durchgefçhrt. Histologische und immunohistochemische Untersuchungen zeigen hyalinen Knorpel (Abb. 5) sowie Typ II Collagen (Abb. 6). n Operative Zugangswege. An 44 anatomischen Pråparaten wurden mægliche operative Zugangswege zum TF-Gelenk entwickelt, die Knorpelknochenentnahmen erlauben, ohne umgebende anatomische Strukturen zu schådigen (Jerosch et al. 2002). Primår war es hierbei wichtig, die Lokalisation sowie den Verlauf des N. fibularis zu dokumentieren. Der N. fibularis (Abb. 7) ist durch-
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Abb. 6. Immunhistochemie des TF-Knorpels
Abb. 9. Entnahme von OCT's aus dem proximalen TF-Gelenk von lateral
Abb. 7. Schematischer Verlauf des N. fibularis
Abb. 10. Darstellung des N. fibularis
Abb. 8. Verlauf des N. fibularis direkt lateral des proximalen TFGelenkes
schnittlich 24 mm vom TF-Gelenk entfernt (Min.: 12 mm; Max. 30). Die Lage zum Fibulakæpfchen ist nicht einheitlich. In einem Fall wurde sogar ein Verlauf direkt çber dem Fibulakæpchen gesehen (Abb. 8). Dies gilt es im Rahmen der Zugangswege unbedingt zu berçcksichtigen. Bei der Ûberprçfung mæglicher operativer Zugånge ergaben sich zwei Optionen. Zum einen kænnen von lateral mit çblichen KnorpelKnochen-Entnahmestanzen Transplantate aus dem TF-Gelenk entnommen werden (Abb. 9). Hierbei ist intraoperativ die Pråparation und Darstellung des N. fibularis unbedingt zum empfehlen (Abb. 10). Unter Bildwandlerkontrolle erfolgt die Entnahme der Stanzen (Abb. 11). Mit einer Stanzung kænnen so zwei Transplantate gewonnen
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J. Jerosch et al.
Abb. 11. Spenderstanze unter BV-Kontrolle
Abb. 14. Einbringung eines Håmostyptikums zur Abdichtung des Entnahmedefektes
Abb. 12. Zwei mit einer Stanzung entnommene osteochondrale Autografts. Der fibulare Graft hat immer eine långere Knochenbasis
Abb. 15. Auffçllung eines groûen Defektes im femuropatellaren Gleitlager vor der Transplantation (oben) und nach Transplantation von 4 TF-Grafts Abb. 13. Auffçllung des Entnahmedefektes mit Knochenresten
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Abb. 16. Entnahme des proximalen TF-Gelenkes im Rahmen einer hohen tibialen Umstellungsosteotomie. Platzieren des Meiûels unter BV-Kontrolle (oben) zur Vermeidung von iatrogenen
Verletzungen des Kniegelenkes; Entnommener Block aus der Tibia (mitte); Entnahmedefekt im intraoperativen Ræntgenbild (unten)
werden. Hierbei trifft man nicht immer senkrecht auf die Knorpeloberflåche (Abb. 12). Bei der anschlieûenden Implantation stellt dies jedoch keine Schwierigkeit dar, wenn der Entnahmezylinder ebenfalls schråg pråpariert wird (Abb. 12). Das aus dem Knorpeldefektlager gewonnene Knochenmaterial sowie çberschçssiges Knochenmaterial der Transplantate wird in die Transplantatentnahmestelle wieder eingebracht (Abb. 13). Dieses dient zum einen der Blutstillung zum anderen der Mæglichkiet der knæchernen Ûberbrçckung des proximalen TF-Gelenkes. Zur Vermeidung von Håmatomen im Bereich des N. fibularis wird der Entnahmedefekt mit einem Håmostyptikum abgedichtet (Abb. 14) In der dargestellten Technik kænnen maximal 4 Zylinder mit je einem Durchmesser von 8,5 mm gewonnen werden. Dieses reicht auch zur Auffçllung græûerer Defekte (Abb. 15). Eine weitere Mæglichkeit ist der Zugang von ventral, der sich besonders bei gleichzeitiger Durchfçhrung einer hohen tibialen Umstellungsosteotomie anbietet. Hierbei ist der Zugang im Rahmen einer subtraktiven Osteotomie ohnehin vorgegeben. Ein blockfærmiges Transplantat kann mit einem Kastenmeiûel gewonnen werden (Abb. 16). Aus diesem werden dann die gewçnschten Transplantatgræûen zugeschnitten und entsprechend in den Defekt eingepasst werden (Abb. 17).
Abb. 17. Bei kompletter Entnahme des TF-Gelenkes sind græûere Transplantate mæglich, soweit es die Kongruenz zulåsst. Dann wird der Defekt entsprechend ausgestanzt (oben) und mit einem groûen TF-Transplantat verschlossen (unten)
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J. Jerosch et al.
Anschlieûend erfolgt die Umstellungsosteotomie (Abb. 18) Bei groûen Defekten im Bereich starker Krçmmungen des Femurkondylus, kann optional zwischen den TF-Grafts noch eine Mikrofrakturierung erfolgen (Abb. 19).
Patienten
Abb. 18. Postoperatives Ræntgenbild nach kompletter Entnahme des proximalen TF-Gelenkes und subtraktiver HTO
Bei 12 Patienten wurde die TF-Plastik im klinischen Einsatz durchgefçhrt. Hierbei erhielten 4 gleichzeitig eine hohe tibiale Umstellungsosteotomie. Bei allen Patienten konnte der Eingriff wie geplant durchgefçhrt werden. Die gewonnenen Knorpel-Knochenzylinder waren geeignet den Defekt aufzufçllen. Intraoperativ kam es zu keinen Komplikationen ± insbesondere nicht an der Entnahmestelle. Bei einem Patienten kam es an der Entnahmestelle zu einer lokalen Håmatombildung, welche operativ revidiert werden musste. Im Bereich der tibiofibularen Entnahmestelle ergaben sich bis zu 6 Monaten nach dem Eingriff keine lokalen Komplikationen. Alle Osteotomien heilten zeitgerecht.
Diskussion
Abb. 19. Ein groûer Defekt im konvexen Bereich der Femurkondyle (oben) wird mit TF-Grafts aufgefçllt, wobei die noch verbleibenden Zwischenråume mit Mikrofrakturierung behandelt werden (unten)
Die Behandlung von kompletten Knorpeldefekten im belasteten Bereich des Kniegelenkes ist eine der schwierigsten und zugleich undankbarsten Aufgaben. Die Patienten beklagen initial Schmerzen und Bewegungseinschrånkung; spåter dann konkrete Arthrosebeschwerden. Bei der Wiederherstellung des Gelenkes und seines Knorpelçberzuges mçssen zwei Strategien differenziert werden. Erstens der Wiederaufbau von ortsståndigem Gewebe; zweitens die Transplantation von Knorpelgewebe. Der konventionelle Zugang zu diesem klinischen Problem ist die Anregung von multipotenten Zellen durch Pridie-Bohrungen (Pridie 1959), Abrasionsarthroplastiken (Johnson 1986) oder Mikrofraktur-Technik (Steadman et al. 1999). Das hier gebildete Ersatzgewebe bildet bekanntermaûen einen Faserknorpel mit unsicherem Langzeitergebnis (Buckwalter/Mankin 1998; Insall 1967). Bentley und Greer (1971) waren die ersten, die zeigten, dass in Knorpeldefekte transplantierte Chondrozyten die Heilung des Defektes
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im Vergleich zu einer Kontrollgruppe verbesserten. Eine Vielzahl von Untersuchungen haben die chondrogene Potenz auch von anderen Geweben wie Perichondrium (Billings et al. 1990; Calandruccio/Gilmer 1962; Chu et al. 1997; Pastacaldi/Engkvist 1979) und Periost (Argun et al. 1993; Delany et al. 1989; Shapses et al. 1991) belegt. Die autologe Chondrozyten Transplantation (ACT) wurde zuerst in Tierversuchen von Grande et al. (1987, 1987) vorgestellt und spåter von Brittberg et al. (1994, 1996) weitergehender untersucht und publiziert. Bei aller Euphorie, die z. Zt. in der wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Úffentlichkeit dieser Methode zuteil wird, sollten jedoch auch kritische Stimmen Gehær finden. So konnten Breinan et al. (1997) beispielsweise in einem prospektiven kontrollierten Tiermodell keinen Unterschied in der Heilung von Knorpeldefekten nachweisen, die mit ACT unter einem Periosttransplantat, einem Periosttransplantat allein oder sogar gar nicht behandelt wurden. Ein weiteres Problem dieser an sich sehr vielversprechenden Technik besteht darin, dass sich aufgrund des groûen kommerziellen Potentials unterschiedliche Firmen auf dem Markt platziert haben. Jede dieser Firmen verwendet ihre eigene und geheime Technik fçr die Aufarbeitung der Zellen. Die Bearbeitungsprotokolle fçr die Chondrozyten unterscheiden sich dabei erheblich bezçglich der verwendeten Kulturme-
dien, der Enzyme sowie der weiteren Zusåtze (z. B. Antibiotika). Qualitåtsstandards fehlen in diesem Bereich sowohl fçr die Struktur-, die Prozess- als auch fçr die Ergebnis-Qualitåt. Das Problem der sicheren und stabilen Verbindung der eingebrachten Chondrozyten mit dem ossåren Lager des Defektes ist ebenfalls noch nicht gelæst. Osteochondrale Allografts werden schon seit vielen Jahren in einigen Zentren verwendet (Convery et al. 1991; Czitrom 1990, McDermott et al. 1985). Aber vor allem der immense organisatorische Aufwand hat bisher und wird in Zukunft eine weite Verbreitung limitieren. Aufgrund der technikimmanenten Probleme der o. g. Techniken, insbesondere aufgrund der Kosten fçr der Autologen Cartilage Implantation (ACI), wuchs das Interesse an autologen Knorpeltransplantationen (Bobic 1996; Hangody et al. 1997, 1997). Die Operationstechnik ist zwar aufwendig, jedoch etwas weniger anspruchsvoll als die o. g. Techniken. Kurzzeitige Ergebnisse scheinen zufriedenstellend (OATS, Mosaikplastik, COR) (Bobic 1996; Hangody et al. 1997, 1997; Jakob et al. 1997). Erhebliche Nachteile stellen jedoch die limitierte Knorpelverfçgbarkeit sowie die nur unvollståndige Rekonstruktion der Defekte dar. Besonders erwåhnenswert ist die immer deutlicher werdende Morbiditåt der Entnahmestelle sowie die Verletzung der subchondralen Platte (Abb. 20).
Abb. 20. Retropatellare Arthrose (links) nach Entnahme von Knorpelknochenstanzen aus dem lateralen Gleitlager; intraoperativ zeigen sich erhebliche Defekte (mitte), die mit Beckenkammstanzen aufgefçllt werden mussten (rechts)
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Die empfohlenen Entnahmestanzen haben Durchmesser zwischen 2,7 und 10 mm. Brown et al. (1991) zeigten, dass im Bereich der Grenzen osteochondraler Defekte mit einem Durchmesser zwischen 1 und 7 mm eine deutliche Zunahme des Kontaktstresses auftritt. Bisher ist unbekannt, ob hieraus degenerative Prozesse eingeleitet oder entstehen werden. Simonian et al. (1998) wiesen nach, das in Bereich aller klinisch relevanten Entnahmestellen deutliche Kontaktbelastungen auftreten. Aufgrund dieser Erkenntnisse sowie der Tatsache, dass die Entnahmestelle niemals wieder mit hyalinem Gekenkknorpel bedeckt ist, ist die Suche nach alternativen Entnahmestellen von klinischer Relevanz. Jerosch et al. (2000) konnten zeigen, dass selbst in einer ålteren Population der Knorpel des tibiofibularen Gelenkes von erstaunlich guter Qualitåt ist und auch in hæherem Lebensalter nur selten degenerative Verånderungen vorliegen. Die zur Verfçgung stehende Knorpeloberflåche ist ausreichend fçr die meisten Indikation zur Knorpel-Knochen-Transplantation; betrågt mehr als 6 cm2. Mit der vorliegenden Untersuchung konnte gezeigt werden, dass sowohl die Knorpeldicke als auch die Knorpelhistologie den Ansprçchen fçr Knorpel-Knochen-Transplantationen gençgen. Die dargestellten operativen Zugånge erlauben die sichere Transplantatentnahme im klinischen Alltag. Die klinische Erfahrung an den bisher operierten Gelenken zeigte auch, dass trotz der nahezu biplanaren Oberflåche eine gute Einpassung in Defektzonen des Kniegelenkes mæglich sind. Hinsichtlich der Frage, ob eine Transplantatentnahme im Tibiofibulargelenk zu klinischen Problemen fçhren kann gibt es nur wenige Informationen in der Literatur. Es handelt sich um ein diarthrodiales Gelenk zwischen dem lateralen Tibiaplateau und dem Fibulakæpfchen. Die Gelenkstabilitåt wird gesichert durch eine stabile Kapsel, welche anterior kråftiger ausgebildet ist und durch anteriore tibiofibulare Bånder sowie Auslåufern der Sehne des M. bizeps femoris verstårkt wird. Die posteriore Kapsel besteht aus einem einzigen relativ schwachem Band, welches vom Fibulakæpfchen zum posterioren Aspekt der Popliteus-Sehne zieht. Eine superiore Stabilisation erfolgt durch das fibulare Kollateralband (Parkes/Zeiko 1973). Ogden (1974, 1974) beschrieb zwei Typen von Gelenken, einen mehr horizontal und ein
mehr schråg ausgerichtetem, wobei der letztere als weniger stabiler gilt. Instabilitåten in diesem Gelenk kænnen idiopathisch oder posttraumatisch sein und werden in 4 Typen klassifiziert: Subluxation (Typ 1), anterolaterale Luxation (Typ 2), posteromediale Luxation (Typ 3) und die superiore Luxation (Typ 4), wobei der Typ 2 am håufigsten ist (Falkenberg/Nygaard 1983). Chronische Instabilitåten kænnen zu degenerativen Prozessen bis hin zur manifesten Arthrose fçhren. Es gibt nur wenige Literaturstellen, die auf das Problem der chronischen Instabilitåt mit sekundårer Arthrose eingehen. Hier gibt es zwei Therapieempfehlungen; zum einen die Resektion des Fibulakæpfchens, zum anderen die Arthrodese des fibulotibialen Gelenkes (Falkenberg/Nygaard 1983; Ogden 1974, 1974; Sijbrandij 1978). Somit wåre auch nach der Transplantatentnahme sowohl der Arthrodeseversuch oder das einfache Belassen des Defektes mæglich. Die bisherigen klinischen Erfahrungen zeigen, dass die Entnahme zu keinen lokalen Problemen fçhrt. n Klinische Relevanz. Das tibiofibulare Gelenk hat einen Knorpelçberzug, welcher aufgrund seiner Dimension (Ausdehnung und Dicke) selbst beim ålteren Patienten prinzipiell fçr eine autologe Knorpel-Knochen-Transplantation geeignet ist. Es sind unterschiedliche Entnahmetechniken; von einer dieser Technik ist bereits eine klinische Machbarkeitstudie durchgefçhrt worden. Der N. fibularis ist hierbei nicht geschådigt worden.
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Kapitel 4
Der posteriore Condylentransfer (Mega-OATS) bei sehr groûen osteochondralen Defekten P. Brucker, A. B. Imhoff
Einleitung Groûe osteochondrale Defekte in der Belastungszone des medialen bzw. lateralen Femurcondylus sind insbesondere bei jçngeren Patienten noch immer ein ungelæstes Problem. In der operativen Therapie derartiger Låsionen am Kniegelenk finden sich in der Literatur verschiedene operative Verfahren wie Debridement [14], anterograde Anbohrung [19], Abrasionsarthroplastik [13] und Mikrofrakturierung [22], allerdings fçhren all diese Verfahren lediglich zu einer Bildung eines weniger belastungsfåhigen Ersatzgewebes aus Faserknorpel. Dies wirkte sich insbesondere bei Studien mit einem langen Follow-up negativ auf das klinische Outcome aus, was sich an einem Fortschreiten der chondralen Degeneration zeigte [8, 15, 16]. Eine neuere Methode stellt die autologe Chondrozyten-Implantation (ACI) dar. Hierbei wird in einem primåren operativen Eingriff hyalines Knorpelmaterial arthroskopisch gewonnen und nach mehrwæchiger Kultivierung in die Defektzone implantiert [2, 3]. Abgesehen von den hohen Behandlungskosten ist die ACI nur bei einem eingeschrånkten Indikationsspektrum angezeigt. So ist dieses Verfahren insbesondere bei chondralen Låsionen und vitalem subchondralem Knochengewebe eine geeignete Methode, jedoch zeigen histologische Untersuchungen der reimplantierten Chondrozyten ein lediglich hyalinåhnliches Knorpelgewebe [6]. Darçber hinaus ist die Frage des Langzeitbenefits noch offen. Die derzeit einzigen Verfahren, die zu hyalinem Gelenkknorpel in der osteochondralen Defektzone fçhren, sind die Transplantation von Knorpel-Knochen-Zylindern (OATS) [1, 10] sowie der posteriore Femurcondylentransfer [11]. Verschiedene Studien zeigen ermutigende Ergebnisse nach Transplantation von OATS-Zylindern in die Belastungszone des Femurcondylus, insbesondere wenn der osteochondrale Defekt
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
lediglich einen begrenzten Bereich betrifft und dabei eine Ausdehnung von ca. 4 cm2 nicht çberschreitet. Problematisch wird der Einsatz der OATS-Technik allerdings bei groûen osteochondralen Låsionen, da nur limitierte Knorpelareale als Donor aus weniger belasteten Bereichen des Kniegelenkes (z. B. medialer bzw. lateraler Trochlea-Rand, interkondylåre Notch) zur Verfçgung stehen. Darçber hinaus ist eine Press-fit-Verankerung mehrerer, direkt aneinanderliegender OATS-Zylinder bei entsprechender Defektgræûe als kritisch anzusehen. Der posteriore Femurcondylentransfer stellt ein Salvageverfahren ± allerdings unter Verlust des posterioren Femurcondylus ± bei groûen osteochondralen Defekten dar, so dass eine Knie-Hemibzw. Totalendoprothese zumindest fçr Jahre hinausgezægert, wenn nicht sogar vermieden werden kann. Klinische Ergebnisse zeigen insgesamt eine deutliche Reduktion der klinischen Beschwerdesymptomatik und eine daraus resultierende Verbesserung der Lebensqualitåt [11]. Mega-OATS stellt eine technische Weiterentwicklung des posterioren Femurcondylentransfers dar, indem die Press-fit-Fixationsmethode der OATS-Technik in den posterioren Femurcondylentransfer integriert wurden [4].
OP-Technik Nach anteromedialer bzw. anterolateraler Arthrotomie sowie Darstellung, Markierung und Ausmessung des Defektareals (Abb. 1) wird der ipsilaterale posteriore Femurcondylus als autologes Knorpel-Knochen-Transplantat mit einem scharfen Meiûel gewonnen, indem die Osteotomie idealerweise in direkter Verlångerung der posterioren Femurkortikalis-Achse verlåuft (Abb. 2), wobei sich das Knie in maximaler Flexionsstellung befinden sollte. Aus dem posterioren Femurcondylus eines Erwachsenen kann an-
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P. Brucker, A. B. Imhoff
Abb. 1. Groûe Osteochondrosis dissecans medialer Femurcondylus
Abb. 3. Mega-OATS-Zylinder
Abb. 2. Meiûel-Osteotomie des posterioren Femurcondylus [aus 11]
Abb. 4. Mega-OATS-Zylinder in situ (schwarze Pfeile), Donor Site (weiûe Pfeile)
schlieûend mittels eines speziellen OP-Instrumentariums ein Mega-OATS-Zylinder mit einem Durchmesser von bis zu 35 mm gewonnen werden (Abb. 3). Die Zylinderhæhe variiert dabei zwischen 15 und 20 mm. Die Pråparation des Defektareals entspricht der der konventionellen OATS-Technik, wobei das Transplantat-Bett mit einer Hohlfråse und einem zur Knorpeloberflåche orthograd eingebrachten Kirschner-Draht, welcher als Fçhrungsinstrument dient, vorbereitet wird. Voraussetzung fçr ein Einheilen des Mega-OATS-Zylinders ist ein vitales Transplantat-Bett mit einem blutenden spongiæsen Knochen. Bei tief reichender Nekrosierung bzw. Sklerosierung des subchondralen Knochens ist die Pråparation solange fortzufçhren, bis eine spongiæse Blutung auftritt. In diesen Fållen ist eine zusåtzlich unterfçtternde Spongiosaplastik notwendig, wobei spongiæser Knochen entweder aus der Tibia-Vorderkante oder aus dem Beckenkamm gewonnen werden kann. Die Einpflanzung des Mega-OATS-Zylinders, welcher
um 0,3 mm græûer als der entsprechende Durchmesser des Transplantat-Bettes ist, erfolgt in Press-fit-Technik (Abb. 4). Bei gleichzeitig manifester und operativ behandlungsbedçrftiger Knieinstabilitåt bzw. Achsenfehlstellung ist der Kombinationseingriff, d. h. eine Kreuzbandersatzplastik bzw. Umstellungsosteotomie, nach dem Mega-OATS-Verfahren durchzufçhren.
Pråoperative Diagnostik Die pråoperative apparative Diagnostik umfasst neben konventionellem Ræntgen des Kniegelenkes in 3 Ebenen eine kernspintomographische Bildgebung (Abb. 5 und 6), die insbesondere bei tiefgreifenden osteochondralen Defekten, wie sie z. B. beim M. Ahlbåck auftreten kænnen, mit einer i.v. Gadolinium-Sequenz zur Bestimmung der Defekttiefe und Vitalitåt des angrenzenden
Der posteriore Condylentransfer (Mega-OATS) bei sehr groûen osteochondralen Defekten
Abb. 5
Abb. 6 Abb. 5 und 6. Osteochondrosis dissecans medialer Femurcondylus bei 5 8 Varusfehlstellung (Ræntgen ap; MRT T1-Wichtung ohne i.v. Gadolinium)
osteochondralen Gewebes ergånzt werden soll. Bei klinischer Varus- bzw. Valgus-Fehlstellung sind zusåtzlich Ræntgen-Ganzbeinaufnahmen anzufertigen.
schwerdesymptomatik bis auf 90 8 Flexion gesteigert werden kann. Begleitend erfolgen isometrische Muskelkråftigungsçbungen. Nachfolgend schlieût sich eine ebenfalls 6-wæchige Phase mit progressiver Belastung und Steigerung der Flexion an, so dass nach 3 Monaten eine volle Belastung und freie Beweglichkeit erreicht werden kann. Ab dem 4. Monat (3. Phase) ist im Rahmen der Physiotherapie eine weitere Belastungssteigerung unter Berçcksichtigung individueller sportartspezifischer Bewegungsmuster realisierbar. Nach ca. 6 bis 9 Monaten (4. Phase) kann an eine Wiederaufnahme sportlicher Tåtigkeiten gedacht werden, allerdings sehen wir eine erneute Aufnahme leistungssportlicher Tåtigkeiten kritisch. Dagegen kann eine dosierte sportliche Betåtigung auf Amateur- bzw. Freizeitniveau befçrwortet werden. Bei Kombinationseingriffen, z. B. einer valgisierenden Umstellungsosteotomie oder Kreuzbandersatzplastik, ist eine Verånderung des Nachbehandlungsschemas nicht notwendig, dagegen erfordert eine Spongiosaunterfçtterung des Mega-OATS-Zylinders eine protrahierte Entlastungsphase von bis zu 3 Monaten. Nach 6 Wochen, d. h. vor Aufnahme der 2. Rehabilitationsphase, wird zur Klårung der ossåren Einheilung eine Ræntgenaufnahme des Kniegelenkes empfohlen (Abb. 7). Darçber hinaus sollte 6 Wochen bis 3 Monate postoperativ eine kernspintomographische Kontrolle mit i.v. Gadolinium erfolgen, um die Vitalitåt des transplantierten Mega-OATS-Zylinders durch adåquate Kontrastmittel-Anreicherung im ossåren Zylinderanteil zu çberprçfen (Abb. 8). Im Rahmen
Rehabilitation und postoperative Kontrolle Das postoperative Regime beinhaltet 4 Rehabilitationsphasen mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung und Belastungsintensitåt. In der 1. Phase çber 6 Wochen kann das betroffene Kniegelenk mit 10 kg teilbelastet werden, wobei die Flexion auf 90 8 limitiert ist. Insbesondere in den ersten postoperativen Tagen wird schwerpunktmåûig nach Entfernung der Redondrainagen eine ¹Continuous Passive Motion-Schieneª mit einem Bewegungsumfang von Flexion / Extension 0 8/30 8 eingesetzt, welcher unter Berçcksichtigung der subjektiven Be-
Abb. 7 (Legende s. Abb. 8, S. 28)
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P. Brucker, A. B. Imhoff
Ergebnisse
Abb. 8 Abb. 7 und 8. Vitaler Mega-OATS-Zylinder medialer Femurcondylus sowie 6 8 HTO 6. postop. Woche (Ræntgen ap; MRT T1-Wichtung mit i.v. Gadolinium)
der Kernspintomographie kann ebenfalls der chondrale Zustand des Mega-OATS-Zylinders sowie des angrenzenden Areals beurteilt werden. Hierbei ist insbesondere auf ein identisches Niveau der Mega-OATS-Knorpelschicht mit dem umgebenden Knorpel zu achten.
Indikation Berçcksichtigt werden sollte eine strenge Indikationsstellung des posterioren Condylentransfers. So sollten lediglich jçngere Patienten bis zum ca. 50. Lebensjahr dieser OP-Technik zugefçhrt werden, da sich bei hæherem Lebensalter Probleme im Einheilverhalten des Zylinders mit protrahiertem Rehabilitationsverlauf gezeigt haben. Bei beruflich exponierten Tåtigkeiten vor allem in hockender bzw. kniender Position ist ebenfalls von der Transplantation eines Mega-OATS-Zylinders aufgrund des posterioren Femurcondylen-Verlustes abzusehen. Eine weitere wichtige Voraussetzung stellt die Compliance des Patienten dar. Als Salvageverfahren kann die Mega-OATS-Technik sowohl bei lokalisierten posttraumatischen osteochondralen Låsionen, bei der Osteochondrosis dissecans als auch beim M. Ahlbåck und bei anderen lokalisierten Osteonekrosen am medialen bzw. lateralen Femurcondylus eingesetzt werden.
Imhoff et al. [12] erzielten in 2 verschiedenen Patientenserien gute Kurz- und Mittelzeitergebnisse nach konventionell durchgefçhrtem posterioren Condylentransfer mit deutlicher Reduzierung der Beschwerdesymptomatik. Im Rahmen dieser Studie konnte in der 1. Patientenserie, die auch einzelne Patienten mit Langzeitverlåufen umfasst, in mehr als 60% der Fålle eine Verbesserung um durchschnittlich 40 Punkte im OCD-Score nach Bruns beobachtet werden. In der 2. Patientenserie konnte im Kurzzeitverlauf eine Steigerung des Lysholm-Scores von durchschnittlich 62 Punkten pråoperativ auf 85 Punkte postoperativ erreicht werden [12]. Erste Ergebnisse nach Mega-OATS zeigten sowohl nach 12 als auch nach 18 Monaten postoperativ eine signifikante Verbesserung der Kniefunktion im Lysholm-Score. Die Patienten verbesserten sich im Lysholm-Score von ebenfalls 62 Punkten pråoperativ auf 85 Punkte 12 Monate bzw. 93 Punkte 18 Monate postoperativ [4]. Diese Verbesserungen im Lysholm-Score fanden sich unabhångig von einer zusåtzlich durchgefçhrten valgisierenden Tibiakopf-Umstellungsosteotomie. Ein protrahierter Anstieg im Lysholm-Score war insbesondere bei den Patienten zu verzeichnen, die ålter als 50 Jahre zum Zeitpunkt der Operation waren oder die einer zusåtzlichen Spongiosaunterfçtterung des Mega-OATS-Zylinders bedurften, was im letzteren Fall auf einen verzægerten Belastungsaufbau zurçckzufçhren war [4]. Insgesamt berichteten annåhernd 90% der Patienten nach Mega-OATS-Therapie von deutlich verringerter Schmerzsymptomatik und Schwellungsneigung postoperativ bei alltåglichen Belastungssituationen [4]. Gelegentlich låsst sich in den ersten klinischen Nachkontrollen eine meist temporår begrenzte Morbiditåt im Bereich der Donor Site beobachten, wie sie auch bei der konventionellen OATS-Technik beschrieben wurde [12]. Dagegen konnten 75% der Patienten, die pråoperativ sportlich ambitioniert waren, eine sportliche Betåtigung auf Freizeit- und Amateurniveau, z. B. im Fitness-Bereich, Inline Skating, alpinen Skifahren (Schonskilauf) oder Fuûball, wieder aufnehmen. Subjektives Missempfinden auch bei sportlichen Tåtigkeiten, bei denen es im Kniegelenk zu Flexionsstellungen von mehr als 90 8 unter gleichzeitiger Druckbelastung kommt, z. B. beim Fahr-
Der posteriore Condylentransfer (Mega-OATS) bei sehr groûen osteochondralen Defekten
radfahren bzw. Mountain Biking, wurde von den Patienten nicht berichtet. Lediglich statische Haltungen in kniender bzw. hockender Position wurden von den Patienten nicht ausreichend toleriert [4].
Diskussion Ziel einer operativen Therapie von KnorpelKnochen-Defekten insbesondere in der Hauptbelastungszone des Femurcondylus sollte im Hinblick auf Langzeitresultate einerseits eine anatomische Wiederherstellung der Gelenkkongruenz der femoralen Krçmmung sowie andererseits ein genuiner hyaliner Knorpelçberzug sein. Zwar sind verschiedene Arten der operativen Knorpeltherapie bekannt [13, 14, 19, 22], allerdings erfçllen sie nur zum Teil diese Forderungen, so dass ein Fortschreiten der Degeneration nicht zwangslåufig aufgehalten werden kann [20]. Operationstechniken wie das Debridement, die anterograde Anbohrung sowie die Abrasionsarthroplastik fçhren lediglich zu einem minder belastungsfåhigen faserknorpelhaltigen Ersatzgewebe, was sich insbesondere bei Langzeitresultaten in einer Progression des Arthrose-Grades zeigt [8, 15, 16]. Die konventionelle OATS-Technik bzw. Mosaikplastik sind mittlerweile etablierte Verfahren zur Therapie von osteochondralen Defekten in der Belastungszone des Femurcondylus mit guten Mittelzeitresultaten [1, 10]. Ein Problem stellen jedoch groûe osteochondrale Defekte çber 4±5 cm2 dar, da einerseits nur eine begrenzte Anzahl von OATS-Zylindern zur Verfçgung stehen, andererseits die Gefahr von minimalen Stufenbildungen zwischen den einzelnen Niveaus der ZylinderKnorpeloberflåchen beim Einbringen mehrerer OATS-Zylinder besteht, welches zu unterschiedlichen Belastungsdrçcken und langfristig zur erneuten Knorpeldegeneration fçhrt [18]. Bei der Mega-OATS-Technik werden wie beim posterioren Condylentransfer sowohl eine annåhernd anatomische Gelenkkongruenz als auch ein hyaliner Knorpel in der Belastungszone des Femurcondylus erreicht. Entscheidend fçr die nahezu anatomische Rekonstruktion der Knorpelkongruenz im Bereich der Belastungszone setzt ein korrektes Einbringen des Mega-OATSZylinders, insbesondere unter Berçcksichtigung des Krçmmungsradius der Zylinder-Knorpeloberflåche, voraus. Da der Krçmmungsradius
des posterioren Femurcondylus-Bereiches geringer als der Radius im Bereich der Hauptbelastungszone des Femurcondylus ist, d. h. der Zone der Kontaktflåche des Femurcondylus mit der tibialen Gelenkseite in Extensionsstellung, muss der Mega-OATS-Zylinder in den meisten Fållen um 90 8 seiner Zylinder-Långsachse gedreht werden, um einen annåhernd anatomischen femoralen Krçmmungsradius zu erhalten, da der Krçmmungsradius des ursprçnglichen posterioren Femurcondylus eher in transversaler als in sagittaler Richtung dem sagittalen Krçmmungsradius in der Hauptbelastungszone entspricht. Lediglich im Ûbergangsbereich zwischen dem Knorpelçberzug des Mega-OATS-Zylinders und dem unmittelbar angrenzenden Knorpel bildet sich eine schmale Brçcke von fibrocartilaginårem Gewebe aus. Im Bereich der Donor Site formt sich in einem mehrere Monate dauernden Prozess ebenfalls ein faserknorpelhaltiges Ersatzgewebe aus, welches sich der Formgebung des ehemaligen posterioren Femurcondylus annåhert. Bereits 1964 bzw. 1978 sahen Wagner [23] bzw. Mçller [17] im posterioren Femurcondylus einen mæglichen Spenderort fçr KnorpelKnochen-Transplantationen, wobei sie einen posterioren Zugangsweg postulierten. Imhoff et al. [11] publizierten erstmals Mittelzeitergebnisse nach dem posterioren Femurcondylentransfer und sahen darin ein Salvageverfahren beim jungen Patientenkollektiv mit groûen osteochondralen Defekten des Femurcondylus, die fçr eine konventionelle OATS-Technik eine zu groûe Ausdehnung aufwiesen. Der durch Meiûelosteotomie gewonnene posteriore Femurcondylus wird hierbei an die Græûe bzw. Form des Knorpeldefektes adaptiert. Da eine Press-fit-Verankerung des konventionell eingebrachten posterioren Condylentransplantates nicht mæglich ist, bedarf es einer zusåtzlichen Fixation mittels Kleinfragmentschrauben, welche ihrerseits zu iatrogenen Knorpellåsionen des Transplantates fçhren. Darçber hinaus ist nach Einheilen des posterioren Condylentransplantates eine operative Materialentfernung nætig. Bei der MegaOATS-Technik sehen wir im Vergleich zum konventionellen posterioren Condylentransfer eindeutige Vorteile, da eine zusåtzliche Fixation des Mega-OATS-Zylinders mittels Verschraubung wegen ausreichender Primårstabilitåt durch Press-fit-Verankerung nicht notwendig ist. Dies erspart zum einen eine Re-Operation zur Materialentfernung, zum anderen wird der in die Belastungszone transferierte Knorpel des
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P. Brucker, A. B. Imhoff
Zylinders nicht initial durch Einbringen von Schrauben iatrogen geschådigt [4]. Ziel der Mega-OATS-Technik sollte eine nahezu anatomische Rekonstruktion der Knorpelverhåltnisse in der Belastungszone des Femurcondylus sein, wobei Stufenbildungen zwischen der Knorpeloberflåche des Mega-OATS-Zylinders und dem umgebenden Knorpel unter allen Umstånden vermieden werden sollten, da hierbei Druckspitzen in den jeweils hervorstehenden Knorpelarealen auftreten, die ihrerseits vermehrten unphysiologischen Belastungen ausgesetzt und somit frçhzeitiger degenerativen Prozessen unterworfen sind. Noch offen bleibt allerdings die Frage, ob bzw. inwieweit sich der Verlust des posterioren Femurcondylus langfristig negativ auf die Kniefunktion insbesondere im Hinblick auf die Knorpeloberflåche der korrespondierenden Tibiagelenkflåche sowie auf das ipsilaterale Meniskushinterhorn auswirkt. In einer eigenen biomechanischen Studie am Leichenpråparat [5] konnten bei Verlust des posterioren Femurcondylus erhæhte Belastungsdrçcke im Bereich des Tibiaplateaus sowie des Meniskushinterhornes jedoch erst ab einer Flexionsstellung von mehr als 60 8 nachgewiesen werden, wohingegen zwischen 0 8± 60 8 Flexion nahezu unverånderte Belastungsdrçcke auftraten, einem Bereich, in dem hauptsåchlich die normalen alltåglichen Belastungen stattfinden. Zwar finden sich auch im Alltag Bewegungen, die mit mehr als 60 8 Flexion einhergehen (z. B. Sitzen), allerdings sind derartige Bewegungen bzw. Gelenkstellungen nicht zwangslåufig mit einer Belastung des Kniegelenk-Knorpels kombiniert. Re-Arthroskopien, die im Rahmen der Osteosynthese-Materialentfernung ca. 1 Jahr nach kombinierter operativer Versorgung mit Mega-OATS und valgisierender Umstellungsosteotomie durchgefçhrt wurden, konnten die in vitro erzielten Ergebnisse am Leichenpråparat insoweit beståtigen, da ein intakter glatter und fester Knorpelçberzug des Transplantates sowie unverånderte Knorpelverhåltnisse der korrespondierenden tibialen Gelenkflåche beobachtet werden konnten. Auûerdem fanden sich bei keinem der Patienten Låsionen im Hinterhorn des ipsilateralen Meniskus. Der Ûbergang zwischen dem chondralen Mega-OATS-Zylinderrand und dem umliegenden Knorpel war mit fibrocartilaginårem Gewebe vollståndig ausgefçllt. Im ehemaligen posterioren Femurcondylus-Bereich lieû sich ein fibrocartilaginårer Ûberzug feststellen.
Bei kombiniert auftretenden Achsenfehlstellungen, die ihrerseits mit erhæhten Belastungsdrçcken im medialen bzw. lateralen Kompartiment vergesellschaftet sind und in einer unikompartimentellen Knorpeldegeneration im Sinne einer Osteoarthrose resultieren [7], ist eine operative Korrektur der Varus- bzw. Valgusfehlstellung durch Umstellungsosteotomie zu empfehlen. Dies fçhrt zur Reduktion unphysiologisch hoher unikompartimenteller Belastungsdrçcke. Darçber hinaus ist das Einheilverhalten des (ipsilateral eingebrachten) Mega-OATS-Zylinders begçnstigt. Nach unserer Auffassung ist das Ûberleben der Mega-OATS-Knorpeloberflåche im Langzeitverlauf wesentlich von den vorherrschenden Belastungsdrçcken abhångig. Allerdings soll die Achsenfehlstellung operativ nur minimal çberkorrigiert werden, um nicht eine Knorpeldegeneration im kontralateralen Gelenkkompartiment zu induzieren. Neben dem Malalignement ist eine akute bzw. chronische Knieinstabilitåt ebenfalls in gleicher Sitzung operativ zu korrigieren, da eine Instabilitåt per se zu Knorpellåsionen fçhren und nach Jahren in osteoarthrotischen Verånderungen resultieren kann [9, 21].
Fazit Zusammenfassend låsst sich feststellen, dass die Mega-OATS-Technik ein operativ anspruchsvolles Salvageverfahren darstellt, welches eine prothetische Versorgung verhindern, zumindest jedoch fçr Jahre hinauszægern und nur in entsprechenden Zentren durchgefçhrt werden soll. Zu beachten ist eine strenge Indikationsstellung des posterioren Femurcondylentransfers in Mega-OATS-Technik unter Berçcksichtigung der absoluten und relativen Kontraindikationen sowie eine gute Compliance des Patienten.
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Der posteriore Condylentransfer (Mega-OATS) bei sehr groûen osteochondralen Defekten
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Kapitel 5
Diagnostik und Therapie des Morbus Ahlbåck H. G. Hermichen
Einleitung Osteonekrosen im Gelenkbereich treten im Erwachsenenalter an zahlreichen Lokalisationen auf. Eine Hauptmanifestation stellt das Kniegelenk und hier insbesondere die mediale Femurkondyle dar. Nach einem der Erstbeschreiber wird der Begriff Morbus Ahlbåck als Synonym fçr die Bezeichnung mediale Femurkondylennekrose, Osteonekrose des medialen Femurkondylus u. å. verwandt.
Øtiologie Die Øtiologie der spontanen Knochennekrosen ist noch nicht abschlieûend geklårt. Es existieren zahlreiche Hypothesen und Entstehungsmodelle, die sich teilweise auch in Grundzçgen çberlappen. Es muss allerdings zwischen den Osteonekrosen des Kinder- und Jugendalters sowie denen des Erwachsenen unterschieden werden. Zur erstgenannten Gruppe gehæren beispielsweise die Perthes'sche Erkrankung am Hçftkopf oder die Osteochondrosis dissecans mit bevorzugter Lokalisation an Ellbogen-, Knie- und Sprunggelenk. Beim Erwachsenen dominieren aseptische Nekrosen am Hçftkopf. Die Femurkondylennekrose wird sehr viel seltener beobachtet. Genaue statistische Angaben bezçglich der Håufigkeit liegen nicht vor. Man unterscheidet primåre und sekundåre Formen. Bei der primåren Form werden allgemeine durchaus latente Gefåûverånderungen wie beim Diabetes mellitus sowie Fettstoffwechselstærungen und Lebererkrankungen als ursåchlich gesehen. Die sekundåre Form kann wie die sekundåre Hçftkopfnekrose als Folge einer langandauernden systemischen Kortikosteroidbehandlung auftreten. Auch nach arthroskopi-
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
schen Eingriffen wird die Femurkondylennekrose in neuerer Zeit gelegentlich beobachtet.
Klinik Hauptmanifestationsalter ist das 6.±7. Lebensjahrzehnt, wobei das weibliche Geschlecht leicht çberwiegt. Die Patienten sind typischerweise bislang von seiten des Kniegelenkes beschwerdefrei gewesen. Sie klagen çber einen ganz plætzlich aufgetretenen heftigen Schmerz vorwiegend medial, der sich bei starker Extension und Flexion sowie bei Drehbewegungen weiter verstårkt. Traumen oder starke sportliche Belastungen werden so gut wie nie erwåhnt. Es wird oft von einem v.a. nåchtlichen Ruheschmerz berichtet. Die klinische Untersuchung zeigt meist eine freie Beweglichkeit allerdings mit Schmerzen bei endgradiger Streckung und Beugung. Ein Ûberstreck- bzw. Rotationsschmerz sind oft vorhanden. Ein intraartikulårer Erguss ist nicht obligat.
Diagnostik Im Frçhstadium der Erkrankung ist das Ræntgenbild zunåchst unauffållig, bis sich nach etwa 4 Wochen typische Verånderungen mit Eindellung des Kondylus zeigen. Es kommen dann eine Aufhellung im subchondralen Bereich der Hauptbelastungszone sowie manchmal regelrechte Fragmentierungen hinzu. Schichtaufnahmen bzw. sog. Einblickaufnahmen nach Frick kænnen mitunter hilfreich sein und wurden frçher vor der Øra des MRT oft zur Diagnosesicherung durchgefçhrt. Im Frçhstadium zeigt das Knochenszintigramm eine erhebliche Mehranreicherung im betroffenen Areal.
Diagnostik und Therapie des Morbus Ahlbåck
Abb. 4. Seitl. MRT, 4 Wochen nach Krankheitsbeginn Tabelle 1. Eine Stadieneinteilung wurde von Lotke et al. 2001 angegeben Abb. 1. Manifeste med. Femurkondylennekrose
n Stadium 1 n Stadium 2 n Stadium 3
Abb. 2. Vergræûerung aus Abb. 1
Klinik +, Szintigraphie +, Ræ-Bild ± Klinik +, Szintigraphie +, Ræ und MRT +, < 50% der Kondyle befallen Alles +, > 50 % der Kondyle befallen
Die typische Vorgeschichte zusammen mit dem MRT lassen die Diagnose in den meisten Fållen korrekt stellen. Der Verlauf ist durch eine rasche Zunahme der Beschwerden gekennzeichnet; mitunter kann es zur Dissekatausbildung mit Einklemmungen kommen. Fast regelhaft entwickelt sich eine Anschlussarthrose retropatellar bzw. lateral.
Therapieoptionen
Abb. 3. ap MRT. Die Ausdehnung des Herdes ist erheblich und stellt sich weitaus schwerer als im Ræ-Bild dar
Die heutzutage sicherste Methode, eine Femurkondylennekrose auszuschlieûen bzw. nachzuweisen ist das MRT mit oder ohne Kontrastmittel. Hier werden die vorwiegend subchondral gelegenen Nekroseherde eindrucksvoll dargestellt. Bei der arthroskopischen Untersuchung kann der subchondrale Nekrosebezirk mitunter dann verkannt werden, wenn der Knorpelçberzug noch intakt ist.
Die therapeutischen Ûberlegungen lassen bei der nach wie vor unklaren Øtiologie keine kausale Behandlung zu. Die konservative Therapie kann nur in vorçbergehender Entlastung sowie der Gabe von Analgetika und NSAR bestehen. Intraartikulåre Kortisoninjektionen bleiben in der Regel wirkungslos. Bei jçngeren Patienten werden in der Literatur unterschiedliche Operationsverfahren wie Kçrettage mit anschlieûender Knorpel-Knochen-Transplantation, Knorpelanbohrungen sowie valgisierende Tibiakopfosteotomien angegeben. Studien mit groûen Fallzahlen existieren allerdings nicht. Da der Leidensdruck der meist eben nicht jungen Patienten hoch ist, sollte eine Behandlung gewåhlt werden, die rasch und nachhaltig Beschwerdefreiheit erwarten låsst. Bei unbehan-
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H. G. Hermichen
Abb. 5. Schwere mediale Femurkondylennekrose mit subchondralem Kollaps
delter Osteonekrose entwickelt sich rasch eine Sekundårarthrose im medialen Kompartiment, die nach Literaturangaben bereits bei 4/5 der Patienten innerhalb von 2 Jahren manifest wird. Daher wird bei den Patienten çber 60 Jahren die Indikation zur frçhzeitigen Implantation einer unikondylåren Knieschlittenprothese gestellt. Ist es bereits zu einer Anschlussarthrose retropatellar bzw. lateral gekommen, bleibt letztlich nur die Implantation einer Knietotalendoprothese. Die Schlittenprothese wåre in einem solchen Fall in ihrer Leistungsfåhigkeit çberfordert und wçrde ein ungçnstiges Resultat zeitigen.
Abb. 6. ap Ansicht nach korrekter Schlittenimplantation. Durch unterschiedliche Plateauhæhen am Tibiakopf kann eine pråoperative bestehende Varusstellung korrigiert werden. Unbedingt zu vermeiden ist jedoch eine Ûberkorrektur mit Valgisierung
Eigenes Patientengut In den Jahren 1999±2000 wurden 9 Patienten (3 m, 6 w) mit medialer Femurkondylennekrose behandelt. Das Lebensalter schwankte zwischen 62 und 83 Jahren. Zwischen Diagnosestellung und OP vergingen im Mittel 1,5 Monate. Die Beschwerdesymptomatik aller Patienten war erheblich; es wurde stets çber heftige nåchtliche Ruheschmerzen geklagt. Klinik und apparative Untersuchungen lieûen in allen Fållen eine eindeutige Diagnose zu. Bei allen 9 Patienten wurde eine mediale Knieschlittenprothese implantiert (Prothesentyp: Modell Tçbingen, nach 1995 Modell Search UNI, Aesculap AG, Tuttlingen). Bei 3 Patienten wurde bei sehr tiefen Defekten der Kondylus mit Spongiasa aus dem Tibiakopfresektat vor der eigentlichen Schlittenimplantation unterfçttert. 8 Patienten konnten nachuntersucht werden. Sie wiesen im Mittel ein Bewegungsausmaû von 0±0±1158 auf. Das Patientenkollektiv ist aller-
Abb. 7. Seitl. Ræ-Bild nach Schlittenprothese (Prothesentyp: Search UNI, Fa. Aesculap AG, Tuttlingen)
dings zu klein, um zu einer effizienten statistischen Aussage zu kommen. In allen Fållen fand sich radiologisch ein korrekter Sitz der Schlittenprothese ohne Hinweis fçr Lockerung oder Infekt. Eine Anschlussarthrose lieû sich bislang nicht beobachten.
Diagnostik und Therapie des Morbus Ahlbåck
Die Patienten waren durchweg zufrieden; 5 waren vollståndig beschwerdefrei; bei 3 Patienten wurden Anlaufschmerzen geschildert.
Diskussion Die mediale Femurkondylennekrose (Morbus Ahlbåck) stellt ein definiertes Krankheitsbild vorwiegend des hæheren Lebensalters mit unklarer Øtiologie dar. Die Diagnose ist mit der typischen klinischen Symptomatik zusammen mit Ræntgenbildern und als heutigem ¹Goldstandardª dem MRT, meist leicht zu stellen. Man muss allerdings ± wie so oft ± an dieses seltene Krankheitsbild denken. Dann bereitet die Erkennung kaum Probleme. Da auf Grund der unklaren Øtiologie eine kausale Therapie nicht mæglich erscheint, ist bei den meist ålteren Patienten die Implantation der unikondylåren Knieschlittenprothese die Methode der Wahl. Bei tiefen Nekroseherden empfiehlt sich die zusåtzliche Spongiosaunterfçtterung des Herdes am Femurkondylus. Auch hierbei ist das pråoperative MRT sehr hilfreich. Die Ergebnisse der klinischen und radiologischen Untersuchung sind mehr als ermutigend, so dass die Therapieoption der Schlittenprothese uneingeschrånkt besteht.
Zusammenfassung Der M. Ahlbåck oder die Femurkondylennekrose stellt ein definiertes Krankheitsbild mit spon-
tanem Beginn dar. Es handelt sich um eine lokalisierte Knochennekrose vorwiegend am medialen Femurkondylus. Die Diagnosestellung ist unter Beiziehung von Ræntgenaufnahmen sowie des MRT meist leicht. Die Therapie besteht in der Regel bei den meist ålteren Patienten in der Implantation einer unikondylåren Knieschlittenprothese mit guten klinischen Ergebnissen.
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Autologe Chondrozytentransplantation
Kapitel 6
Autologe Chondrozytentransplantation: Notwendige Qualitåtskontrolle des Transplantates S. Mattar, C. Lange, M. Shakibaei
Einleitung Die Herstellung eines Zellpråparates unter pharmazeutischen Gesichtspunkten ± speziell eines autologen Knorpelzellpråparates fçr die Transplantation ± unterliegt hohen Qualitåtsstandards. Die Parameter-Sterilitåt, Mycoplasmenfreiheit und niedriger Endotoxingehalt sind grundlegende Anforderungen an ein pharmazeutisch hergestelltes Zelltransplantat. Ihre Einhaltung wird durch die strengen Vorgaben fçr die GMP (good manufacturing practice)-gerechte Herstellung von Arzneimitteln (z. B.: Reinraumbedingungen, Rohstoffqualitåt und -testung etc.) gewåhrleistet. Die erforderliche Vitalitåt und Zellzahl eines Pråparates ± Grundlage fçr seine Funktionalitåt ± wird durch ein optimiertes und validiertes Herstellungsverfahren sichergestellt. Diese Punkte sind somit Grundvoraussetzungen fçr ein gutes Knorpelzelltransplantat. Wesentlich fçr den therapeutischen Erfolg der Behandlung sind jedoch die sog. Redifferenzierungsfåhigkeit der Chondrozyten und damit einhergehend ihre Fåhigkeit einen hyalinartigen Knorpel zu bilden [1]. Im Folgenden sollen daher drei Punkte nåher erærtert werden: n Spezifische Marker des hyalinen Knorpels. n Die Redifferenzierungsfåhigkeit der Chondrozyten nach der ex vivo Expansion. n Untersuchung des Redifferenzierungspotentials der Zellen.
Der hyaline Knorpel und seine spezifischen Marker Die Knorpelmatrix setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: Chondrozyten, Proteoglykanen und Kollagenfasern. Der Zellanteil macht dabei nur ca. 1% der Knorpel-
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
masse aus. Das Grundgerçst des hyalinen Knorpels bilden hauptsåchlich Kollagenfasern vom Typ II, in geringerem Umfang auch Typ IX, X und XI. Sie sind verantwortlich fçr die biomechanische Elastizitåt des hyalinen Knorpels. Der zweite wesentliche Bestandteil sind die Proteoglykane, die ± eingelagert zwischen den Fasern ± durch ihre Fåhigkeit zur Wasseraufnahme und -abgabe die Druckbeståndigkeit, d. h. die physikalische Elastizitåt des Knorpels ermæglichen [2]. Somit kennt man zwei spezifische Marker fçr den hyalinen Knorpel, die von den Chondrozyten gebildet werden, nåmlich Proteoglykane und Kollagen-Typ-II-Fasern.
De- und Redifferenzierung der Chondrozyten Unter physiologischen Bedingungen in vivo hat der Kærper, also die Chondrozyten nur eine geringe Kapazitåt zur Regeneration hyalinen Knorpels. Damit einher geht auch, das keine Vermehrung der Chondrozyten stattfindet. Durch die ex vivo Kultivierung der Chondrozyten ± nach dem Herauslæsen aus der Knorpelmatrix ± ist jedoch eine Expansion mæglich. Bei der Kultivierung in der zwei-dimensionalen Kultur findet eine Dedifferenzierung der Chondrozyten statt. Diese åuûert sich morphologisch: Die sonst kugelfærmigen Zellen beginnen sich an die Oberflåche der Zellkulturflaschen anzuheften und nehmen eine spindelfærmige fibroblastenartige Zellstruktur an. Neben der Morphologie åndern sich jedoch auch die sekretorischen Eigenschaften der Zellen, d. h. verminderte Produktion von Proteoglykanen und, anstelle von Kollagen Typ II, vermehrte Bildung von Kollagen-Typ-I- und -III-Fasern [3]. Folglich mçssen nach Ernte und Retransplantation der Zellen die Chondrozyten die Synthese der Knorpelmatrix wieder aufnehmen kænnen, sie mçssen die Fåhigkeit zur Redifferenzierung besitzen.
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S. Mattar et al.
Redifferenzierung der Chondrozyten nach Expansion bei der CellTec Die Redifferenzierung der Chondrozyten ist also eine Voraussetzung fçr ihre Fåhigkeit hyalinartigen Knorpel auszubilden und damit ein wesentliches Kriterium fçr die Qualitåt des Zelltransplantates. Bei der CellTec, einer Firma mit der behærdlichen Genehmigung fçr die GMPgerechte Herstellung autologer Knorpelzelltransplantate, haben wir uns daher der Frage angenommen, ob die unter unseren definierten Produktionsbedingungen expandierten Chondrozyten noch immer die Fåhigkeit zur Redifferenzierung besitzen. Humane Knorpelzellen, die im Rahmen von Validierungsversuchen aus Patientenmaterial gewonnen worden waren, wurden çber mehrere Passagen (basierend auf den Vorgaben des genehmigten Herstellungsverfahrens der CellTec) kultiviert und auf ihre Fåhigkeit zur Redifferenzierung hin untersucht. Eine Passage definiert dabei den Kultivierungszeitraum eines Zellpråparates, der zwischen dem Umsetzen der Chondrozyten aus einem in zwei Kulturgefåûe vergeht. Die Passagenzahl ist somit ein relatives Maû fçr die Zahl der Vermehrungszyklen der Knorpelzellen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen kænnen so zusammengefasst werden, dass bei einer geringen Zahl von Passagen ± unter unseren Bedingungen £ 4 Passagen ± keine Beeintråchtigung der Redifferenzierung festzustellen war. Man kann also festhalten, dass unter den Herstellungsbedingungen der CellTec mit lediglich einer Passage die Redifferenzierungskapazitåt der Chondrozyten nicht beeintråchtigt wird.
Qualitåtskontrolle autologer Chondrozytentransplantate basierend auf der Analyse knorpelspezifischer Marker Basierend auf den obigen Ergebnissen haben wir eine Analytik fçr die Chondrozytentransplantate etabliert. Diese Untersuchung sieht wie folgt aus: Zum Zeitpunkt der Ernte eines Transplantates wird ein Teil der geernteten Chondrozyten fçr
eine Zellzåhlung und die Qualitåtskontrolle abgenommen. Ein Teil der Zellen wird in das Polysaccharid Alginat eingebettet und gelangt so in eine drei-dimensionale Matrix, d. h. man kann auf diese Weise ihre physiologische Situation im Knorpel nachempfinden [4]. Nach mehrtågiger Kultur werden die Zellen aus der Alginatkultur einerseits einer Alcian-Blau-Fårbung [5], spezifisch fçr Proteoglykane, andererseits einem Immun-Nachweisverfahren (ELISA) auf Typ-I- und Typ-II-Kollagen unterzogen. Als Referenz wird der ELISA auch an Zellen des gleichen Transplantates durchgefçhrt, die direkt aus der zwei-dimensionalen Kultur (Monolayer) analysiert werden. Bei der Alcian-Blau-Fårbung zeigen die positiven Zellen eine deutliche Blaufårbung, teilweise bereits mit Anfårbung der sie umgebenden Hæfe. Letzteres ist ein Indiz fçr den Beginn einer Matrixbildung durch den Chondrozyt. Bei der ELISA-Analyse wird die Expression des positiven Markers Kollagen II und des Referenzmarkers Kollagen I fçr die zwei- und dreidimensionale Kultur quantitativ bestimmt. Im optimalen Fall sehen wir eine Zunahme der Kollagen-II- Expression nach der Alginatkultur und eine Abnahme der Kollagen-I-Expression. Durch die Kombination beider Analysenmethoden erhalten wir so ein gutes Bild çber das Potential eines Pråparates zur Ausbildung eines hyalinartigen Knorpels. Es bleibt festzuhalten, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Analytik eines Pråparates auf diese Weise nur retrospektiv erfolgen kann. Auûerdem ist der Bedarf an Zellen zur Durchfçhrung aller Tests noch relativ hoch. Hier gilt das Primat des Pråparates, d. h. die kompletten Untersuchungen zuzçglich eventuell einer elektronenmikroskopischen Evaluierung der Chondrozyten erfolgt nur, wenn die benætigte Zahl der Zellen fçr die Transplantation çberschritten wurde. Darçber hinaus arbeitet die CellTec an der Etablierung einer sensitiveren Analytik mit Hilfe der quantitativen RT-PCR, die mit weniger Zellen schneller die entsprechenden Daten liefern sollte. Hier ist geplant die Zellen zukçnftig direkt nach Isolierung aus dem Knorpel, nach Expansion sowie nach der Alginatkultur zu untersuchen, um eine noch bessere Prognose zu den funktionellen Eigenschaften eines Pråparates treffen zu kænnen.
Autologe Chondrozytentransplantation: Notwendige Qualitåtskontrolle des Transplantates
Schlussfolgerung Die Redifferenzierungsfåhigkeit der Chondrozyten nach der ex vivo Expansion ist eine wesentliche Voraussetzung fçr ein funktionelles Transplantat, dass die Regeneration des hyalinartigen Knorpels im Patienten nach einer ACT ermæglicht. Umfangreiche Qualitåtskontrollen auf die Expression spezifischer Marker des hyalinen Knorpels sichern die gleichbleibende Qualitåt des Expansionsverfahrens und bieten mittelfristig ± in Abstimmung mit klinischen Befunden ± valide prognostische Daten zur Funktionalitåt des einzelnen Pråparates.
Zusammenfassung Die Qualitåtskontrolle eines GMP-gerecht (unter pharmazeutischen Bedingungen) hergestellten Knorpelzell-Transplantates stellt nicht nur Anforderungen an dessen Unbedenklichkeit (Sterilitåt, Mycoplasmen-Freiheit, geringer Endotoxingehalt) und grundlegende funktionelle Eignung (erforderliche Zellzahl und Vitalitåt). Darçber hinaus ist die Redifferenzierungsfåhigkeit der Chondrozyten und ± damit verbunden ± ihre Fåhigkeit zur Bildung eines hyalinartigen Knorpels essentiell. Dieses Potential der Zellen untersucht man anhand charakteristischer Marker. So exprimieren Chondrozyten in vivo insbesondere Kollagen Typ II und Proteoglykane, die Hauptbestandteile des hyalinen Knorpels sind und maûgeblich zu dessen biomechanischer Belastbarkeit beitragen. Um die Redifferenzierungsfåhigkeit der Knorpelzellen zu untersuchen, wird ein Teil der Zellen eines Transplantates zum Zeitpunkt der Ern-
te in eine drei-dimensionale Alginat-Matrix eingebettet, wodurch ihre physiologische Situation nachempfunden werden kann. Hierdurch zur Redifferenzierung angeregt, zeigen die Chondrozyten morphologische und sekretorische Ønderungen, die çberprçft werden. Konkret wird an so kultivierten Zellen die Proteoglykan-Synthese mit Hilfe der spezifischen Alcian-Blau-Fårbemethode nachgewiesen, wåhrend ein immunologisches Nachweisverfahren mit der ELISA-Technik Aussagen çber das Kollagen-Expressionsprofil erlaubt. Der Vergleich mit den direkt aus der Monolayer-Kultivierung stammenden Zellen zeigt somit an, dass die Chondrozyten redifferenzieren und spezifische Marker bilden kænnen. Wesentliche Voraussetzung und Kennzeichen fçr die Qualitåt des Knorpelzellpråparates sind somit eine geringe Passagierungszahl und die nachweisliche Fåhigkeit der Chondrozyten Kollagen Typ II und Proteoglykane zu bilden.
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Kapitel 7
Die autologe Chondrozytentransplantation zur Behandlung von Knorpeldefekten des Kniegelenkes Ergebnisse aus einer Multicenterstudie C. Erggelet
Bei der Aufarbeitung von 31 516 Arthroskopieberichten des Kniegelenkes wurde 1997 19826 mal eine Verletzung des Gelenkknorpels festgestellt (Curl et al. 1997). Aufgrund der schlechten Regenerationsfåhigkeit des Gelenkknorpels wird vermutet, dass unbehandelte Låsionen des Gelenkknorpels, zumindest im Kniegelenk, zu einer frçhzeitigen Arthrose fçhren kænnen. Selbst oberflåchliche Defekte dehnen sich aus durch mechanische und enzymatische Reize beziehungsweise bleiben unter gçnstigen Voraussetzungen stationår. Physiologische Reparationsmechanismen gibt es fçr hyalinen Knorpel nicht. Bei tieferen Verletzungen der Gelenkflåche mit Eræffnung des subchondralen, spongiæsen Raumes kommt es zur Einblutung in den Defekt mit Freisetzung von Stammzellen, Wachstumsfaktoren und Fibroblasten (Buckwalter et al. 1997). In diesem ¹Super-Clotª kann sich fibræser Knorpel entwickeln, welcher sich, unter anderem, in histochemischen Merkmalen und biomechanischer Belastbarkeit von hyalinem Knorpel unterscheidet. Ob dieses Regenerationsgewebe die Gelenkfunktion kurzfristig oder dauerhaft beeintråchtigt, ist noch nicht mit letzter Sicherheit geklårt. In jedem Fall kann es nicht als anatomisches Regenerat angesehen werden. Ausgelæst durch einen Artikel von Brittberg und Mitarbeitern 1994 (Brittberg et al. 1994), in dem erste klinische Ergebnisse der autologen Chondrozytentransplantation zur Behandlung von tiefen Knorpeldefekten des Kniegelenkes vorgestellt wurden, gilt heute der biologischen Defektfçllung primåres therapeutisches Interesse. So befinden sich verschiedene Verfahren in der klinischen Anwendung, mit dem Ziel, die in vivo Re-Synthese von hyaliner Knorpelmatrix zu induzieren. Bei der autologen Chondrozytentransplantation werden zu diesem Zweck aus einer Probeexcision hyalinen Knorpels Chondrozyten isoliert, in vitro in ihrer Anzahl um den Faktor 10 bis 15 vermehrt und in den Knorpel-
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defekt replantiert. Dieser wird zuvor mit einem Periostlappen abgedeckt und versiegelt. In dieser bioaktiven Kammer redifferenzieren die Chondrozyten, nach ihrer Dedifferenzierung in der Kulturphase, und bilden neue Knorpelmatrix (Brittberg et al. 1996). Als Steuerungsmechanismen fçr diesen Regenerationsprozess werden z. B. Wachstumsfaktoren vermutet, welche aus dem Cambium-Layer des Periostlappens freigesetzt werden. Von den Beschreibern der Methode liegen mittlerweile Ergebnisse bis zu 11 Jahren postoperativ vor (Peterson et al. 2002). Zur Ûberwachung der breiten Anwendung der Chondrozytentransplantation wurde 1995 auf Drången der amerikanischen Gesundheitsbehærden und der Versicherungstråger eine internationale Multicenterstudie inauguriert und von einem Advisory Board (Anderson et al. 2002 b) çberwacht. Verschiedene Veræffentlichungen von Ergebnissen dieser Untersuchung liegen mittlerweile vor und werden im Folgenden dargestellt und diskutiert. In einer ersten Publikation wird çber ein Kollektiv von 1051 Patienten berichtet, bei denen zwischen Juni 1995 und Dezember 1998 eine autologe Chondrozytentransplantation durchgefçhrt wurde (Erggelet et al. 2000 a). Die Nachuntersuchungen erfolgten nach 12 (588 Patienten), 24 (220 Patienten) und 36 Monaten (40 Patienten). In die Analyse aufgenommen wurden nur Patienten, fçr die vollståndige Datensåtze vorlagen und deren Besuch innerhalb des Nachuntersuchungs-Fensters von Ô zwei Monaten dokumentiert war. Dies trifft nicht zu fçr die Erfassung von Nebenwirkungen, Komplikationen und Re-Operationen, welche fçr alle implantierten Patienten (n = 1896) ausgewertet wurden, unabhångig vom Zeitpunkt ihres Auftretens. 143 Chirurgen aus Europa und 440 aus den USA hatten die Operationen durchgefçhrt. Wie von Brittberg (Brittberg et al. 1994) und anderen (Mandelbaum et al. 1998, Peterson et al.
Die autologe Chondrozytentransplantation zur Behandlung von Knorpeldefekten des Kniegelenkes
Abb. 1. Knorpeldefekte der Femurkondyle vor autologer Chondrozy-tentransplantation gedeckt mit Bindegewebe und Faserknorpel nach Abrasionschondroplastik
2000) beschrieben, wird hierbei zunåchst im Rahmen einer Arthroskopie die Diagnose endgçltig gesichert, die Indikation zur ACT gestellt und eine Knorpelbiopsie aus einer minderbelasteten Zone des Kniegelenkes, in der Regel die mediale/laterale Trochleakante, entnommen. Unter sterilen Kautelen erfolgt der Transport des 200 bis 300 mg schweren Biopsates zum Labor. Hierbei sollte trotz einer konstanten Kçhlung und einem speziellen Transportmedium ein Zeitraum von 72 Stunden nicht çberschritten werden. Auf dem deutschen Markt gibt es derzeit 3 kommerzielle Anbieter fçr die Laborleistungen. Unter GMP (Good Manufacturing Practice) Bedingungen werden die Chondrozyten enzymatisch aus der Matrix herausgelæst und in Monolayer-Kultur gegeben. In dieser Phase dedifferenzieren die Zellen und vermehren sich innerhalb von 3±4 Wochen, ohne synthetisch aktiv zu sein, um den Faktor 10 bis 15 bis zur geplanten Implantation. Eine temporåre Kryokonservierung ist mæglich. Nach Planung des Operationszeitpunktes werden die Zellen termingerecht aus der Kultur genommen, konzentriert und in einer sterilen Phiole versandt. Wiederum ist eine zeitliche Obergrenze fçr den Transport bis zur Operation von 72 Stunden zu beachten. Zur Implantation wird çber einen Standard-Zugang das Gelenk arthrotomiert und der oder die Defekte dargestellt (Abb. 1). Das sorgfåltige Debridement unter Entfernung degenerativen Knorpelgewebes und Schonung der subchondralen Platte ist von groûer Bedeutung. Der Defekt wird bis ins gesunde ausgeschnitten (Abb. 2). Ein vom medialen Tibiakopf, der Tibiavorderkante oder dem ventralen Femuraspekt entnommener Periostlappen passender Græûe
Abb. 2. Knorpeldefekte der Femurkondyle nach Debridement unter Schonung der subchondralen Platte
Abb. 3. Knorpeldefekte der Femurkondyle nach Aufnåhen der Periostlappen und Instillation der Chondrozytensuspension
wird mit resorbierbarem Nahtmaterial (5-0/6-0) in den Defekt eingenåht (Abb. 3). Das Cambium-Layer zeigt zur subchondralen Platte. Nach Einfçllen der Chondrozyten-Suspension wird diese bioaktive Kammer mit Fibrinkleber versiegelt. Die Zellen setzen sich binnen 24±48 Stunden auf dem Defekt-Grund ab und redifferenzieren zur Bildung neuer Knorpelmatrix. Das Rehabilitationsschema sieht eine sofortige Behandlung auf der Motorschiene vor, wobei der Bewegungsumfang nicht limitiert ist (Ausnahme: trochlearer oder patellarer Defekt). Das Knie wird fçr sechs Wochen unter Sohlenkontakt entlastet. Die Wiederaufnahme sportlicher Betåtigung kann nach 3±4 Monaten mit Aquajogging, Schwimmen und Radfahren begonnen werden. Der Abschluss des Knorpel-Regenerationsprozesses ist erst nach ungefåhr zwælf Monaten zu erwarten.
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C. Erggelet
Pråoperativ wurden unter Einverståndnis der Patienten demographische und anamnestische Daten erhoben. Die klinische Beurteilung erfolgte çber einen modifizierten Cincinnati Knee Score, auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (exzellent) von Arzt und Patient unabhångig (Noyes et al. 1989). Auch der Therapieerfolg (besser, unveråndert, schlechter) wurde von Arzt und Patient erfragt. Schmerzen im Gelenkspalt und Schwellneigung waren die wichtigsten Parameter der klinischen Untersuchung. Nebenwirkungen und Komplikationen wurden jederzeit und unabhångig von den Nachuntersuchungsterminen erfasst. Der behandelnde Arzt und die medizinische Studienbegleitkommission bewerteten den Zusammenhang zur ACT. Auch bei den Re-Operationen wurde zwischen Gesamtzahl, klinisch bedeutsam und mæglicherweise verursacht durch ACT unterschieden. Patienten mit definitiver Transplantat-Ablæsung oder operativ zu behandelnder Symptom-Persistenz wurden als Therapieversager bewertet und mit dem Scorewert 2 in der Studie weitergefçhrt. Die Zellkultivierung wurde in allen Fållen durch die Firma Genzyme, Boston, Mass., USA durchgefçhrt. Datensammlung und statistische Analyse haben ABT Ass., Cambridge, Mass., USA geleistet. Statistische Signifikanz wurde bei p < 0,05 angenommen. Zum Zeitpunkt der Zellimplantation waren 97% der Patienten zwischen 15 und 55 Jahre alt (Mittel 34,7 Jahre). In 65,6% der Fålle waren Månner betroffen und in 34,4% Frauen. Stçrze (25%) und Sportunfålle (28%) waren die håufigsten Ursachen fçr die zumeist (65%) akut aufgetretenen Beschwerden. Bei der Defektlokalisation war die mediale Femurkondyle bevorzugt. Es fanden sich zu 98,6% Grad III/IV-Låsionen nach Outerbridge, welche nach Debridement im Mittel 4,6 cm2 groû waren. 59% der Patienten waren in den letzten 5 Jahren vor ACT mindestens einmal am Gelenkknorpel operiert worden. Operationen wie Meniskusrefixationen, Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes oder achskorrigierende Osteotomien wurden in 26,2% der Fålle konkurrent zur ACT durchgefçhrt. Der Cincinnati Score stieg nach Einschåtzung des Arztes im Mittel von 3,35 auf 6,25 Punkte nach 24 Monaten und 3,10 auf 6,77 Punkte nach 36 Monaten. Gelenkschmerzen, auch leichte, wurden prå-op in 83,9% der Fålle beklagt und post-op in 32,3%. Die Håufigkeit der Schwellneigung ging nach 36 Monaten von 80,6% auf 19,4% zurçck. 85,2% der Patienten
mit Knorpeldefekten am Femur gaben nach 36 Monaten an, durch die Operation in ihrem Befinden gebessert worden zu sein. In der Nachbeobachtungsphase wurden çber 200/1896 Patienten (10,5%) Nebenwirkungen und Komplikationen gemeldet, von denen 187 Fålle (9,9%) als klinisch bedeutsam angesehen wurden. Hiervon sind 91 Geschehnisse (4,8%) als mæglicherweise verursacht durch ACT bewertet worden. Arthrofibrose (1,3%), Transplantathypertrophie (1,4%) und Delamination des Periostlappens (1,1%) wurden am håufigsten genannt. Shaving/ Trimming/Chondroplastik (n = 76), Adhåsiolyse (n = 19) sowie Synovialektomie (n = 7) bildeten den græûten Anteil der mæglicherweise durch ACT bedingten Reoperationen (n = 96), wobei Mehrfachnennungen mæglich waren. In einer anderen Arbeit berichteten Micheli und Mitarbeiter (Micheli et al. 2001) çber die ersten 50 Patienten auûerhalb Schwedens mit einem follow-up von mindestens 36 Monaten nach einer autologen Chondrozytentransplantation. In diesem Kollektiv fand sich eine Verbesserung der mittleren Scorewerte nach Angaben der behandelnden Ørzte um 4 Punkte und nach Angaben der Patienten um 5 Punkte. Die Kaplan-Meier-Ûberlebenskurve der Implantate zeigt, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% ein intaktes Knorpelregenerat nach 3 Jahren zu erwarten ist. Mittlerweile liegen 5 Jahres-Ergebnisse der ersten 100 Patienten mit vor (Browne et al. 2002). Das outcome hinsichtlich Funktionalitåt, Komplikationsrate und Therapieversagern ist unveråndert geblieben (Abb. 4). Neue, bisher unveræffentlichte Zahlen der Auswertung vom Februar 2002 zeigen auch nach 72 Monaten eine konsistente Verbesserung der Score-Werte von gemittelt 3,15 pråoperativ auf 6,31 bei einer follow-up-Rate von 93%.
prå-OP
5 Jahre post-OP
Abb. 4. Schematische Darstellung des Gesamtbefindens von Patienten 5 Jahre nach autologer Chondrozytentransplantation basierend auf einer modifizierten Cincinnati Knee Rating Scale (Noyes et al. 1989)
Die autologe Chondrozytentransplantation zur Behandlung von Knorpeldefekten des Kniegelenkes
Ein interessanter Aspekt konnte durch die initiale Zurçckhaltung der Versicherungstråger bei der Kostençbernahme untersucht werden. Es gab Patienten, die nach Indikationsstellung zur autologen Chondrozytentransplantation und Biopsieentnahme nicht transplantiert wurden. Eine Gruppe von 23 Patienten, bei denen stattdessen eine knochenmarkstimulierende Technik (KMS) (z. B. Mikrofrakturierung) zur Anwendung kam, wurde hinsichtlich des Behandlungsergebnis mit 31 Patienten nach autologer Chondrozytentransplantation (ACT) verglichen (Anderson et al. 2002 a). Die mittlere Defektgræûe war mit 4,7 cm2 in der KMS-Gruppe geringfçgig kleiner als in der ACT-Gruppe mit 5,7 cm2. 35% (KMS) bzw. 87% (ACT) der Patienten waren bereits wegen Knorpelschåden voroperiert. Mindestens 3 Jahre postoperativ konnte eine signifikante Verbesserung des Befindens in 52% (KMS) bzw. 86% (ACT) der Fålle festgestellt werden. Der modifizierte Cincinnati Knee Score stieg von 4,3 auf 5,7 (KMS) und von 3,1 auf 7,1 (ACT) (Abb. 5). Eine Reoperation war in der KMS-Gruppe in 5 Fållen notwendig und nach ACT 2 mal. Die Studie wird zur Beurteilung græûerer Kollektive fortgefçhrt. Die Methode der autologen Chondrozytentransplantation erhebt den Anspruch, tiefe und groûe Knorpeldefekte mit hyalinem oder hyalinartigem Knorpelgewebe zu decken ± im Sinne einer biologischen Regeneration. In den vorliegenden Untersuchungen wurden Patienten erfasst, bei denen fast ausschlieûlich Grad III/IVDefekte mit einer mittleren Græûe von 4±5 cm2 behandelt wurden. Im Rahmen der Nachuntersuchungen haben Arzt und Patient fast identisch eine Verbesserung des Gesamtbefindens von etwa drei bis vier Punkten auf einer Skala
Abb. 5. Vergleichend-schematische Darstellung des Gesamtbefindens von Patienten 3 Jahre nach autologer Chondrozytentransplantation (ACT) oder knochenmarkstimulierender Techniken (KMS) basierend auf einer modifizierten Cincinnati Knee Rating Scale (Noyes et al. 1989)
von eins bis zehn nach 24, 36 Monaten und långer festgestellt bzw. empfunden. Das bedeutet, daû die Patienten pråoperativ mit Sportverzicht und Einschrånkungen im tåglichen Leben zurechtkommen mussten, wåhrend postoperativ Sport wieder mit leichteren Abstrichen mæglich war. Diese Ønderung des Aktivitåtsmusters zeigt sich auch darin, dass 85,2% der Patienten mit Defekten des Femurs (mediale und laterale Kondyle, Trochlea) eine Besserung durch die Operation erfahren haben. Die Zahlen fçr patellare und tibiale Defekte sind schlechter. Ûber einen Zeitraum von drei Jahren låsst sich keine Regression von Gesamtbefinden und Therapieerfolg feststellen. Nicht zuletzt aufgrund der Voroperationen kann eine Komplikationsrate von 4,8% nach einer Arthrotomie als vertretbar angesehen werden. Re-Operationen wurden zum einen zur Behandlung von Komplikationen durchgefçhrt, zum anderen als Second LookEingriffe zum Versuch der Qualitåtssicherung und zur Biopsiegewinnung. Nur ein Teil der Re-Operationen ist spezifisch auf ACT zurçckzufçhren (z. B. Transplantat-Delamination, Transplantat-Hypertrophie oder Ablæsung des Periostlappens). Die Ergebnisse dieser Untersuchung unterstreichen Effizienz und Sicherheit der autologen Chondrozytentransplantation zur Behandlung von tiefen und ausgedehnten Knorpeldefekten des Kniegelenkes. Mehrere Faktoren mindern die Aussagekraft dieser Multicenterstudie. Die Teilnahme am Studienprotokoll ist freiwillig und somit lçckenhaft. Die Nachuntersuchung durch den Operateur kann unter Umstånden subjektiv verfålscht sein. Ûber die unabhångige Bewertung durch den Patienten soll dieser Umstand kompensiert werden. Die Kriterien der Effektivitåtsbeurteilung (Score, klinische Untersuchung, Befragung der Patienten) sind einfach und schlieûen MRI, Biopsie und andere Kriterien mit dem Anspruch der Objektivitåt aus. Untersuchungen nach ACT von Peterson und aus anderen Zentren (Erggelet et al. 2000 b, Lohnert 1998) kommen unter verschiedenen Bewertungsmaûståben zu åhnlichen oder besseren Ergebnissen. Das mag daran liegen, dass in einer Multicenterstudie die meisten Patienten in der Lernkurve ihres Operateurs behandelt werden. Zur aufwendigen (2 Eingriffe) und (noch) teuren Behandlungsmethode der ACT werden verschiedene Alternativen propagiert. Die La-
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C. Erggelet
borkosten fçr Isolierung, Zçchtung und Transport der Chondrozyten belaufen sich derzeit auf etwa 3000±6000 Euro. Es gibt jedoch Untersuchungen, welche, trotz dieses finanziellen Aufwandes, auf lange Sicht ækonomische Vorteile fçr die Methode sehen (Minas 1998). Auch bei guten klinischen Ergebnissen çber viele Jahren kommt es bei un- oder minimalbehandelten Patienten zu beschleunigter und fortschreitender, auch radiologisch zu erkennender, Degeneration des Gelenkknorpels. Dies zeigt eine Untersuchung von 28 Patienten mit tiefen Knorpeldefekten græûer als 1 cm2 14 Jahre nach arthroskopischer Diagnose (Messner et al. 1996). Die Ergebnisse sprechen fçr ausgeprågte Kompensationsmechanismen des menschlichen Kærpers ± zeigen aber auch, dass es ohne spezifische Therapie nicht zu einer Restitutio ad integrum kommt. Die autologe Chondrozytentransplantation kann aufgrund der vorliegenden Zahlen als effiziente und sichere Therapie-Option fçr die Behandlung von groûen und tiefen Knorpeldefekten des Kniegelenkes angesehen werden. Die Fortentwicklung der Methode erlaubt mittlerweile auch die arthroskopische Implantation von autologen Chondrozyten auf einem resorbierbaren, dreidimensionalen Vlies (Erggelet et al. 2003). Die Verwendung eines solchen Scaffolds ermæglicht die gleichmåûige Verteilung der Zellen im Defekt und verbessert die operative Handhabung. Die Biokompatibilitåt der verwendeten Konstrukte wurde in Tierversuchen ausfçhrlich untersucht (Perka et al. 2000, Sittinger et al. 1996). Durch die arthroskopische Applikation der autologen Chondrozyten vermindert sich die Komplikationsrate erheblich, da nach der klassischen ACT, wie oben bereits erwåhnt, viele postoperative Probleme aufgrund des arthrotomischen Zugangs entstehen. Auch die Rehabilitation wird erleichtert und beschleunigt. Unveråndert handelt es sich um ein biologisches Verfahren, welches der Knorpelregeneration ausreichend Zeit einråumen muss. War die Indikation zur autologen Chondrozytentransplantation, aufgrund der initialen Fragilitåt des Implantates, primår auf lokalisierte Knorpeldefekte beschrånkt, wird die verbesserte biomechanische Stabilitåt der verfçgbaren und zu entwickelnden Trågermaterialien auch die Behandlung græûerer und schlechter begrenzter Låsionen erlauben.
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Die autologe Chondrozytentransplantation zur Behandlung von Knorpeldefekten des Kniegelenkes
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Kapitel 8
Die Transplantation chondrogener Gewebe zur Behandlung von Gelenkknorpeldefekten J. Steinhagen, O. Niggemeyer, J. Bruns
Einleitung
Material und Methode
Die strukturelle Integritåt des hyalinen Gelenkknorpels ist die Voraussetzung zur Wahrnehmung seiner hochspezialisierten Funktionen. Gleichzeitig stellen die morphologischen Besonderheiten aber auch eine Ursache der schlechten Heilung des Gewebes dar. Im Allgemeinen gelten Defekte ab einer Græûe von etwa 3 mm als nicht spontan regenerationsfåhig [1]. Kommt es, z. B. im Rahmen einer traumatischen Verletzung des Gelenkknorpels, zu einer Eræffnung der subchondralen Platte, ist die Bildung eines mechanisch minderwertigen faserknorpeligen Regenerates durch mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmarksraum mæglich [1±3]. Von der unbefriedigenden genuinen Defektdeckung des Gelenkknorpels sind håufig junge, sportlich aktive Menschen betroffen. Gerade bei diesem Patientenkollektiv wird eine mæglichst vollståndige Wiederherstellung der Gelenkflåche angestrebt, um die drohende, wenn auch nicht zwangslåufige, Arthroseentstehung abzuwenden [4]. Das operative Spektrum zur Behandlung von Gelenkknorpelverletzungen ist durch das ¹Tissue engineeringª in den letzten Jahren erweitert worden. Die unter diesem Ûberbegriff zusammengefassten neuen Techniken haben die Hoffnung auf einen biologischen Knorpelersatz genåhrt. Sowohl die im Folgenden nåher beschriebene Perichondriumlappenplastik als auch die Periostlappenplastik werden als ¹Transplantation chondrogener Gewebeª zusammengefasst. Beiden Geweben wird unterstellt, unter bestimmten Bedingungen knorpelåhnliches Gewebe synthetisieren zu kænnen [5, 6]. Die Ausnutzung dieser ¹biologischen Plastizitåtª ist die grundlegende Idee der Behandlung mit chondrogenen Geweben. Die eigenen Ergebnisse sollen im Folgenden dargelegt werden.
Beim Menschen steht fçr eine Perichondriumtransplantation ausschlieûlich das perichondrale Gewebe im Bereich der sternalen Rippenenden zur Verfçgung. Das Perichondrium des Ohres, des Nasenseptums und der Trachea wird çberwiegend im Rahmen tierexperimenteller Untersuchungen verwendet [7, 8]. Die Operationsindikation wird mittels klinischer Untersuchung, MRT und/oder Arthroskopie sowie durch Erhebung des individuellen Funktionsanspruches gestellt. Die Perichondriumtransplantation beginnt mit der Freilegung des Perichondriums unter Abtragung der oberflåchlichen Zonen des Stratum fibrosums. Mit einem Skalpell wird das Entnahmeareal umfahren und markiert. Die Explantate sollten stets etwas græûer entnommen werden als es die Defektzone erwarten låsst, weil es erfahrungsgemåû zu einer relevanten elastischen Schrumpfung der Explantate kommt. Prinzipiell kænnen auch mehrere Explantate entnommen und nachfolgend miteinander vernåht werden. Das Abschieben des markierten Perichondriums mit dem Raspatorium muss sorgfåltig erfolgen, damit kein Knorpelrestgewebe am Transplantat verbleibt. Eigene Kontrollhistologien sowie die Arbeiten von O'Driscoll [9, 10] legen eine Abhångigkeit der Explantatqualitåt von der methodischen Erfahrung des Operateurs nahe. Das Defektareal wird sparsam gesåubert und die Rånder angefrischt. Die eigene Technik låsst in der Regel die subchondrale Knochenplatte unversehrt. Eine Ausnahme stellt die Osteochondrosis dissecans im Stadium III/IV mit nicht replantierbarem Dissekat dar. In diesem Fall wird die subchondrale Sklerose eræffnet und eine Spongiosaplastik durchgefçhrt. Die Fixation erfolgt mit einem Fibrinkleber (Tissucol¾, Fa. Immuno) [11]. Die Fibrinogenkomponente wird initial in den Defektgrund ge-
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Die Transplantation chondrogener Gewebe zur Behandlung von Gelenkknorpeldefekten
spritzt, das Transplantat wird mit der Thrombinlæsung bedeckt und unter leichter Kompression eingebracht. Das Stratum cellulare wird dabei zum Defektgrund ausgerichtet. Die Nachbehandlung wird standardisiert durchgefçhrt. Es erfolgt zunåchst eine einwæchige Immobilisation des Gelenkes. Mit Beginn der zweiten postoperativen Woche wird fçr einen Zeitraum von 6±12 Wochen eine CPM-Behandlung angeschlossen [12]. Ab der 10. postoperativen Woche erfolgt der sukzessive Belastungsaufbau mit Teilbelastung. Sportkarenz wird fçr ein Jahr empfohlen.
Ergebnisse Mittlerweile wurden im eigenen Kollektiv çber 10 Jahre insgesamt 31 Patienten mit einer autologen Perichondriumtransplantation behandelt. Die OP-Indikation wurde vor allem bei traumatischen Knorpellåsion gestellt (19 Patienten), aber auch seltenere Diagnosen, wie z. B. die Os-
Abb. 1. Ûbersicht çber die zugrundeliegenden OP-Indikationen. Neben der groûen Gruppe der traumatischen Låsionen wurde bei sehr unterschiedlichen Erkrankungsbildern eine Perichondriumtransplantation durchgefçhrt
Abb. 2. Lokalisation der Gelenkknorpeldefekte im eigenen Patientenkollektiv
teochondrosis dissecans oder benigne subchondrale Tumoren, waren in dem heterogenen Patientenkollektiv vertreten (Abb. 1). Das Patientenalter variierte zwischen 12±55 Jahren (Durchschnittsalter 33 Jahre). Medialer (18 Patienten) und lateraler (5 Patienten) Femurkondylus stellten die håufigste Lokalisation dar (Abb. 2). Ergånzende operative Maûnahmen (Umstellungsosteotomie bzw. Kreuzbandplastik) wurden in 4 Fållen durchgefçhrt. Im Rahmen der Nachuntersuchung mit einem postoperativen Zeitraum von mindestens 12 Monaten (24/31 Patienten) konnte sowohl im Lysholm- als auch im Ranawat-Score eine signifikante Verbesserung der klinischen Befunde gezeigt werden, die sich im Rahmen der Langzeituntersuchung mit einer Nachuntersuchungszeit von 24±93 Monaten (im Durchschnitt 53 Monate) konstant zeigten (Abb. 3 u. 4).
Abb. 3. Prå- und postoperativer Lysholm-Score (n = 24) in summarischer Darstellung nach Perichondriumtransplantation
Abb. 4. Prå- und postoperativer Ranawat-Score nach Perichondriumtransplantation (n = 24)
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J. Steinhagen et al.
Diskussion Das Perichondrium verfçgt çber eine Population von Zellen, die unter bestimmten Milieubedingungen in der Lage sind, eine Differenzierung zum Chondroblasten und Chondrozyten zu durchlaufen. Die Perichondriumtransplantation macht sich diese chondrogene Potenz zu Nutze. In experimentellen Vorarbeiten u. a. von Ohlsn und Engkvist [13, 14] konnte bereits Mitte der siebziger Jahre gezeigt werden, dass das Perichondrium im Gegensatz zum Periost auch unter ganz unterschiedlichen Milieubedingungen in der Lage ist, neuen Knorpel zu bilden. Erste autologe Transplantationen zur Behandlung von Knorpellåsionen erfolgten im Kaninchenmodell [13, 14]. Coutts [15] zeigte, dass das fçr hyalinen Knorpel spezifische Typ-II-Kollagen in den Regeneraten nachweisbar war. Neben morphologischen çbereinstimmungen konnten biomechanische Prçfungen an Transplantaten (Kwan [16]) eine annåhernd gleiche Scherfestigkeit wie beim hyalinen Knorpel feststellen. Auf eine Besonderheit bei der Perichondriumtransplantation wies Bab [17] hin, der eine Calcifikation von Matrixvesikeln beobachtete. Bei den ersten Transplantationen am Menschen wurden die Perichondriumlappen mittels Nahttechniken fixiert. Homminga [18] sowie eigene Arbeiten [11] ergaben bessere Ergebnisse bei der Fixation mit Fibrinklebern. Die Interpretation klinischer Ergebnisse leidet an den wenigen Langzeituntersuchungen und kleinen Patientenkollektiven. Eine signifikante Verbesserung im Ranawat-score nach 1 bzw. 2 Jahren post-OP konnte Homminga [18] zeigen, der 30 Patienten bei vorliegendem Knorpeldefekt mit einer autologen Perichondriumlappenplastik behandelte. Bouwmeester [19] fçhrte die Transplantation bei 88 Patienten durch. Bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 52 Monaten zeigte sich, dass eine sorgfåltige Selektion bei der Indikationsstellung çber den Erfolg der Behandlung entschied. Isolierte Knorpeldefekte im Bereich des medialen Femurkondylus zeigten bessere Ergebnisse als Defekte sonstiger Lokalisation. Dies wird durch die eigenen Ergebnisse unterstçtzt. Die Transplantation chondrogener Gewebe muss sich an den Ergebnissen der konkurrierenden Verfahren messen lassen. Fçr die Perichondriumlappenplastiken konnte experimentell
gezeigt werden, dass eine Defektdeckung mit einem Transplantat mæglich ist, das erst postoperativ den Defekt vollståndig auffçllt. In dem neu gebildeten Knorpelgewebe låsst sich das fçr hyalinen Knorpel typische Typ-II-Kollagen nachweisen. Dieser Umstand allein erlaubt keine Aussagen çber die biologische Funktionsfåhigkeit der Kollagene. Einfache histologische Untersuchungen machen deutlich, dass das Transplantat weder die Zonierung des hyalinen Gelenkknorpels noch die hochkomplexe Strukturierung der extrazellulåren Matrix erreicht. Eben diese ¹Suprastrukturª des Knorpels ist aber fçr seine mechanischen Eigenschaften verantwortlich. Geht man davon aus, dass ein Knorpeldefekt zur Arthrose fçhrt, muss die Perichondriumtransplantation zeigen, dass sie eine solche Entwicklung verzægern oder gar verhindern kann. Hierzu wåren aber græûere Patientenkollektive, standardisierte Techniken und einheitliche Nachbehandlungsstrategien erforderlich.
Zusammenfassung Die gemeinsame Zielsetzung der unterschiedlichen Techniken zur Behandlung von Knorpelschåden und isolierten zirkumskripten Arthrosen wird in einer Wiederherstellung der morphologischen und funktionellen Integritåt der Gelenkflåche gesehen. Fçr die Transplantation chondrogener Gewebe konnte u. a. in eigenen tierexperimentellen Vorarbeiten gezeigt werden, dass die entstehenden Regenerate denen der spontanen Faserregenerate nach Eræffnung des subchondralen Raumes çberlegen sind. Die klinischen Ergebnisse des eigenen Kollektivs nach Perichondriumtransplantation zeigen kurz- und mittelfristig eine signifikante Verbesserung der klinischen Scores, die mit den Resultaten anderer Verfahren vergleichbar sind. In histologischen Untersuchungen sind darçber hinaus die typischen extrazellulåren Matrixprodukte des hyalinen Gelenkknorpels, wie beispielsweise Kollagen Typ II nachweisbar. Die vordergrçndig positiven Ergebnisse mçssen aber kritisch gewertet werden. Zu Bedenken ist, dass die klinischen Ergebnisse aufgrund des sehr heterogenen und kleinen Patientenkollektivs sowie des Studienaufbaus (keine Kontrollgruppe, nicht randomisiert) nur eingeschrånkt verwertbar sind. Der histologische Nachweis
Die Transplantation chondrogener Gewebe zur Behandlung von Gelenkknorpeldefekten
typischer extrazellulårer Matrixbestandteile des hyalinen Gelenkknorpels in den Regeneraten låsst keine Aussage çber deren biologische Funktionsfåhigkeit zu. Ebenso konnte bisher nicht gezeigt werden, dass die Periost- bzw. Perichondriumlappenplastiken in der Lage sind, die Entwicklung einer Arthrose abzuwenden. Studien an græûeren Patientenkollektiven oder gar Multicenterstudien fehlen. Die Perichondriumtransplantation wirft aber auch methodisch Fragen auf. So bleibt unklar, ob ein Eræffnen oder Belassen der subchondralen Platte einen wesentlichen Einfluss auf das Operationsergebnis hat. Auch die Fixationsmethode des Transplantates mit Fibrinklebern oder durch Nahtmaterial sowie die Ausrichtung des Transplantates (Kambiumschicht gelenkwårts/knochenwårts) sind in ihrer Bedeutung bisher ungençgend untersucht. Die guten klinischen Ergebnisse sowie die leicht erlernbare Technik bei geringem Kostenaufwand sind als Vorteile der Methode zu nennen.
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Kapitel 9
Die Knorpeltransplantation mit bioresorbierbaren Polymeren im tierexperimentellen Modell * S. Stern, K. Lindenhayn, C. Perka
Einleitung Eine der groûen Herausforderungen zu Beginn des neuen Jahrhunderts ist die erfolgreiche Behandlung von Gelenkknorpeldefekten. Die biologische Rekonstruktion pathologisch verånderter Gelenkknorpelflåchen mit Hilfe von Knorpeltransplantaten kænnte schlieûlich sogar eine Alternative zum endoprothetischen Gelenkersatz darstellen [8]. Grundlegendes Prinzip der verschiedenen Strategien, welche dieses Ziel verfolgen, ist die Integration vitaler Zellen in den Knorpeldefekt, um die originåre Gewebetextur und seine funktionellen Eigenschaften annåhernd wiederherzustellen. In einem ersten Schritt erfolgt die Vervielfachung der in begrenzter Zahl verfçgbaren Zellen und die nachfolgende phånotypische Stabilisierung in einem geeigneten Trågerkonstrukt, wie es z. B. atoxische, biodegradierbare Polymervliese sind, welche durch ein supportives Mikromilieu die Differenzierung der Chondrozyten unterstçtzen [15±17, 20±22]. Polymervliese zeigen eine hochgradige Formvariabilitåt und ermæglichen durch Zusatz und kontrollierte Freisetzung von Wachstumsfaktoren eine spezifische Modifizierung des in vitro pråformierten Transplantats. Es resultiert eine hohe mechanische Stabilitåt bei sicherer Fixation des Transplantats am Transplantationsort. Im Vergleich mit anderen Trågermatrices, wie z. B. Fibrin und Kollagen, werden Polymere nur langsam resorbiert, wodurch die Transplantatstabilitåt aufgrund der simultanen Synthese der spezifischen zellulåren Matrix ståndig gegeben ist [5]. Fçr die potentielle klinische Anwendung ist allerdings ein zeitliches Intervall zwischen Zellentnahme und autologer Retransplantation * Diese Studie wurde finanziell unterstçtzt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (BU 445-5/1) sowie die Steinbeiss-Stiftung (ER 6800)
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
wçnschenswert. Neben einer hohen therapeutischen Flexibilitåt kænnte dadurch die Bereitstellung autologer Transplantate mittels Zell- und Gewebebanken erforderlich werden. Bei Verwendung konservierender Verfahren muss jedoch die Vitalitåt und phånotypische Stabilitåt der Zellen erhalten bleiben. Obwohl die Kryokonservierung von intaktem Knorpelgewebe zur irreversiblen Schådigung von Chondrozyten fçhrt [3, 10], bleibt die Synthese knorpelspezifischer Matrixmakromolekçle (Kollagen Typ II, Proteoglykane) durch kryokonservierte isolierte Chondrozyten çber einen langen Zeitraum erhalten [13]. Klinisch zeigten kryokonservierte osteochondrale Transplantate eine deutliche Degeneration der Knorpelschicht mit entsprechenden Verånderungen in der Ultrastruktur [7, 18]. In vitro Untersuchungen an kryokonservierten Chondrozyten haben des Weiteren trotz unverånderter Vitalitåt und Proteoglykansynthese der Zellen im Vergleich mit unbehandelten Chondrozyten eine reduzierte mechanische Integritåt des synthetisierten Knorpels nachgewiesen [19]. Ûber den Einfluss der Kryokonservierung auf Chondrozytentransplantate liegen bisher keine Ergebnisse vor. In dieser Studie wurde daher die Rekonstruktion von Gelenkknorpeldefekten durch Chondrozyten, welche in einem PGLA-Polymervlies eingebettet wurden, beurteilt. Ferner wurde die Auswirkung einer vorangehenden Kryokonservierung auf die Transplantatintegration im Vergleich mit nativen Zelltransplantaten detailliert bewertet.
Methode 28 sechs Monate alte månnliche Kaninchen mit insgesamt 56 Knorpeldefekten wurden in die Studie eingeschlossen. Je Kniegelenk wurde ein Defekt gesetzt. Die Kaninchen wurden randomi-
Die Knorpeltransplantation mit bioresorbierbaren Polymeren im tierexperimentellen Modell
siert in 4 Gruppen eingeteilt. Die Defekte wurden entweder 4 oder 12 Wochen nach der Operation makroskopisch und mikroskopisch beurteilt. n Polymervliese. Fçr die vorliegenden Versuche wurden Ethisorb¾-Zylinder mit einer Dicke von 2 mm und einem Durchmesser von 4 mm (Ethicon, Norderstedt, Deutschland) verwendet. Ethisorb¾ ist ein ungewebtes Material, welches aus resorbierbarem PGLA (= poly[lactid-co-glycolic]acid) besteht. Zusåtzlich ist in einem geringen Prozentsatz Polydioxanon enthalten. Durch die Verwendung als Nahtmaterial haben sich die Bestandteile seit vielen Jahren in den chirurgischen Fachgebieten bewåhrt. Eine relevante Degradation des Ethisorb¾ in vitro beginnt nach ca. 3 Wochen [22]. n Isolation der Chondrozyten. Der Knorpel des Hçft- und Kniegelenkes von sechs Monate alten weiûen Neuseeland-Kaninchen wurde dissektiert und unter sterilen Bedingungen in Ham's F-12 (Seromed, Berlin, Deutschland) unter Zusatz von Nystatin gesammelt. Der hyaline Knorpel wurde çber 12 Stunden durch 2 mg/ml Kollagenase P (Boehringer, Mannheim, Deutschland) in Ham's F-12 unter Zusatz von 10% fetalem Kålberserum (Seromed, Berlin, Deutschland), 100 IE/ml Penicillin und 100 lg/ml Streptomycin verdaut. Die erhaltene Zellsuspension wurde dann durch einen 100 lm Polyesterfilter (Estal mono, Thal, Schweiz) gegeben und dreimal mit Ham's F-12 gewaschen. Die isolierten Zellen wurden in zwei Gruppen eingeteilt: die Zellen der Gruppe I, welche nicht kryokonserviert wurden, wurden dreimal passagiert und nachfolgend fçr die Transplantatpråparation verwendet; die Zellen der Gruppe II wurden zunåchst in 10% Dimethylsulfoxid inkubiert, bei ±808C fçr 8 Wochen kryokonserviert und anschlieûend nach schnellem Auftauen in Kulturschalen ausgesåt. n Tissue engineering. Zunåchst wurde unter Verwendung der Trypan-Blau-Fårbung mit einem Håmozytometer die Anzahl vitaler Zellen bestimmt. Fçr die Pråparation des Zell-FibrinGemisches wurde eine 24-Well-Platte (Costar, Cambridge, USA) verwendet. Die in Ham's F-12 Medium suspendierten Zellen wurden danach mit der Fibrinogen-Komponente eines Gewebeklebers (Tissucol Duo S¾ ± Immuno, Heidelberg, Deutschland) im Verhåltnis 3 : 1 gemischt.
Abb. 1. Darstellung der auf einem PGLA-Vlies kultivierten Chondrozyten
Diese Zellsuspension wurde nachfolgend auf runde Ethisorb¾-Vliese mit einem Durchmesser von 4 mm gebracht (Abb. 1). Die Polymerisation erfolgte mit einer Thrombinlæsung (Tissucol Duo S¾ ± Immuno, Heidelberg, Deutschland) in Phosphat-gepufferter Salzlæsung (PBS). Die ZellPolymer-Transplantate wurden nachfolgend fçr 2 Wochen in einer speziellen Perfusionskammer fçr dreidimensionale Matrixsysteme kultiviert (Minucells and Minutissue GmbH, Bad Abbach, Deutschland) [9]. n Operation. Bei 28 Kaninchen wurden insgesamt 56 Knorpeldefekte in standardisierter Technik gesetzt. Die Tiere wurden durch i.m. Applikation von 0,4 ml/kg Hypnorm¾ (10 mg/ ml Fluanisone/0,315 mg/ml Fentanyl) 25 Minuten vor der Operation anåsthesiert. Nach einem medialen parapatellaren Zugang wurde die Patella luxiert und die Femurkondyle dargestellt. Durch eine Hohlfråse wurde ein 4 mm groûer osteochondraler Defekt in der femoralen Gleitbahn der Patella gesetzt. Die Tiere wurden in 4 Gruppen eingeteilt: 1) PGLA-Vliese mit nativen allogenen Zellen, 2) PGLA-Vliese mit kryokonservierten allogenen Zellen, 3) PGLA-Vliese ohne Zellen, 4) Leerdefekte mit Fibrinkleber. Die Transplantate wurden in den Defekten mit Fibrinkleber (Tissucol Duo S¾ ± Immuno, Heidelberg, Deutschland) fixiert. Anschlieûend wurde die
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S. Stern et al.
Patella reponiert und die Wunde mit Vicryl¾Nåhten (Ethicon, Norderstedt, Deutschland) verschlossen. Nach 4 bzw. 12 Wochen wurden die Tiere getætet. n Histologische und histochemische Untersuchung. Die Gelenke wurden makroskopisch untersucht und die Weichteile anschlieûend von den Femurkondylen entfernt. Die Femora wurden in 4% Formaldehyd-PBS-Læsung (pH 7,2) mit 0,5% Cetylpiridiniumchlorid fixiert. Nach der Dekalzifizierung erfolgte die Dehydrierung mit Ameisensåure und anschlieûend die Einbettung der Pråparate in Paraffin. Die 5 lm dicken, transversalen Schnitte des distalen Femur wurden jeweils mit Håmatoxylin-Eosin (HE), MassonGoldner und Alcian-Blau (pH 1,0) gefårbt. n Heilungsindices. Die Schnitte wurden von 2 unabhångigen Untersuchern ohne Kenntnis der Defektbehandlung untersucht. Alle Defekte wurden entsprechend des histologischen Scores nach Wakitani et al. [23] und Pineda et al. [11] klassifiziert (Tabelle 1). Dabei wurde das Implantat in 5 Tabelle 1. Histologischer Score fçr Knorpeldefekte nach Pineda und Wakitani [11, 23] Kategorie
Punkte
n Zellmorphologie hyaliner Knorpel çberwiegend hyaliner Knorpel çberwiegend Faserknorpel çberwiegend kein Knorpel kein Knorpel
0 1 2 3 4
n Matrixfårbung (Metachromasie) normal (im Vergleich zum normalen Knorpel) gering reduziert deutlich reduziert keine Metachromasie
0 1 2 3
n Oberflåchenregularitåt glatt ( > 3/4) moderat ( > 1/2±3/4) irregulår (1/4±1/2) hochgradig irregulår ( < 1/4)
0 1 2 3
n Knorpeldicke > 2/3 1/3 ± 2/3 < 1/3
0 1 2
n Integration des Transplantats im Empfångerknorpel beide Rånder integriert 0 ein Rand integriert 1 kein Rand integriert 2 n Maximale Punktzahl
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Kategorien beurteilt: Zellmorphologie, Matrixfårbung, Oberflåchenregularitåt, Knorpeldicke und Transplantatintegration. n Statistische Analyse. Die statistische Analyse der Resultate erfolgte mit dem Mann-Whitney U-Test.
Resultate n Makroskopische Beobachtungen. Alle Tiere zeigten nach 7 Tagen ein unauffålliges Gangbild. Wundheilungsstærungen wurden nicht beobachtet. In den Verumgruppen der Chondrozytentransplantate fanden sich bei der Ûbersichtsuntersuchung keine Hinweise auf degenerative Verånderungen, Arthrosezeichen, entzçndliche Reaktionen, synoviale Proliferationen oder Knorpeldestruktionen. Nach 4 Wochen waren die Defekte komplett mit weichem weiûen knorpelåhnlichem Gewebe gefçllt, welches die Oberflåche bereits nahezu vollståndig wiederhergestellt hatte. Der Originaldefekt war jedoch eindeutig gegençber der Umgebung abgrenzbar. Nach 12 Wochen war die Abgrenzung der Defektrånder gegençber dem normalen Knorpel deutlich erschwert. Das Implantat erschien vollståndig in den umgebenden Knorpel integriert. Im Gegensatz dazu, beobachteten wir in den Kontrollgruppen in der Umgebung des Defektes Zeichen der Knorpelerosion. Die Defekte nach Implantation eines Polymervlieses waren klar abgrenzbar und mit einem weiû-grauen Gewebe nahezu vollståndig gefçllt. Die Leerdefekte waren mit einem dunklen matten gelblichen Gewebe gefçllt. Nach 12 Wochen war eine unregelmåûige Defektoberflåche bei nur partieller Fçllung mit Bindegewebe zu beobachten. Die Defektzone erschien in Folge der Erosion des angrenzenden Knorpels vergræûert. Unterschiede zwischen den Kontrollgruppen wurden zu diesem Zeitpunkt nicht beobachtet. n Histologie Verumgruppen 4 Wochen nach der Operation waren die Defekte mit hyalinartigem Knorpelgewebe gefçllt. Native Chondrozyten zeigten eine hæhere Zelldichte und eine gleichmåûigere Verteilung, was wiederum zu besseren Ergebnissen in der Bewertung
Die Knorpeltransplantation mit bioresorbierbaren Polymeren im tierexperimentellen Modell
Abb. 2. Regenerationsgewebe nach Transplantation von nativen Chondrozyten mit homogener Zellverteilung und hyalinknorpelartigen Matrixcharakteristika (Masson-Goldner, Originalvergræûerung ´ 50)
nach Pineda et al. [11] und Wakitani et al. [23] fçhrte (Abb. 2 u. 3). Jedoch war der Unterschied statistisch nicht signifikant (p = 0,80; Tabelle 2). In beiden Gruppen wurde eine hohe Zahl kleiner runder Zellen sowie ein im Vergleich zu gesundem Knorpel herabgesetztes Matrix-/Zellverhåltnis beobachtet. Die Oberflåche der Patellargrube war histologisch nur unvollståndig wiederhergestellt. Der neu geformte Knorpel grenzte direkt an den Wirtsknorpel. Im Vergleich zu normalem Knorpel war eine verstårkte interzellulåre Matrixfårbung mit Alcian-Blau zu beobachten. Zahlreiche mononukleåre Zellen und Riesenzellen fanden sich an der Grenze des Transplantats zum umgebenden subchondralen Knochen (Abb. 4). Eine Einwanderung dieser Zellen in den Defekt infolge einer entzçndlichen Reaktion wurde nicht beobachtet. Das Polymer war nach 4 Wochen teilweise resorbiert, eine Bindung der Chondrozyten an das PGLA-Vlies fand nicht statt (Abb. 5). Die Resultate des histologischen Scores der Verumgruppen unterschieden sich nach 4 Wochen signifikant von den Resultaten der Kontrollgruppen (p < 0,05; Tabelle 2). Nach 12 Wochen wurde in beiden Verumgruppen eine komplette Fçllung des Defektes
Abb. 3. Nachweis der Bildung eines hyalinartigen Knorpels mit inhomogener Zellverteilung und unterschiedlich ausgeprågter Matrixsynthese bei kryokonservierten Chondrozyten (Alcian-Blau, Originalvergræûerung ´ 50)
Abb. 4. Grenzschicht zwischen neu gebildetem und originårem Knorpel mit Migration zahlreicher mononukleårer Zellen in das den Defekt umgebende Gewebe 4 Wochen nach Transplantation nativer Chondrozyten (Masson-Goldner, Originalvergræûerung ´ 100)
mit hyalinartigem Knorpelgewebe beobachtet. Das Transplantat zeigte direkten Kontakt zum Knochen und zum Wirtsknorpel. Allerdings war eine mangelhafte Integritåt des neu-gebildeten Knorpels 12 Wochen nach Transplantation bei kryokonserviertem Knochen offensichtlich. Die Chondrozyten insbesondere in den tieferen Regionen des Transplantates gingen eine Clusterbildung ein und unterlagen einer progredienten Hypertrophie. Im oberen Transplantatbereich zeigten die Zellschichten eine zunehmende spin-
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S. Stern et al.
sultate der Verumgruppen von den Ergebnissen der Kontrollgruppen nach 12 Wochen (p < 0,05; Tabelle 2). Kontrollgruppen Zu keinem Zeitpunkt fanden sich markante Differenzen zwischen den beiden Kontrollgruppen. Keiner der Defekte heilte mit hyalinartigem Gewebe. 4 Wochen nach der Transplantation war ein weiches, den Defektgrund fçllendes Gewebe in der Gruppe der Leerdefekte sowie in das Polymer einwachsendes Bindegewebe in der anderen Kontrollgruppe nachweisbar. Nach 12 Wochen zeigten die Leerdefekte Fasergewebe mit spindelfærmigen Fibroblasten und nur wenig metaplastischem Knorpel, wåhrenddessen die mit Polymervlies gefçllten Defekte mit unregelmåûig geformtem Faserknorpel ausgekleidet waren. 4 und 12 Wochen nach der Transplantation war nur eine minimale metachromatische Fårbung mit Alcian-Blau zu beobachten. Die Polymere waren nach 4 Wochen partiell und nach 12 Wochen vollståndig resorbiert. Eine Rekonstruktion des subchondralen Knochens wurde nicht beobachtet.
Abb. 5. Partielle Resorption der Polymere nach 4 Wochen bei fehlendem Zellkontakt der Chondrozyten zum Polymergerçst (Alcian-Blau, Originalvergræûerung ´ 1000)
delfærmige Morphologie. Die Alcian-Blau-Fårbung war weniger intensiv als 4 Wochen nach der Implantation. In den Masson-Goldner-Fårbungen konnte eine diskrete Akkumulation von perizellulår befindlichem Kollagen nachgewiesen werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Polymere vollståndig resorbiert. Nekrosen oder Granulationsgewebe konnten nicht nachgewiesen werden. Native Chondrozyten zeigten im semiquantitativen Score gegençber kryokonservierten Zellen in PGLA-Vliesen signifikant bessere Ergebnisse (p < 0,05; Tabelle 2). Des Weiteren unterschieden sich die histologischen Re-
n Erfolgsrate. Die Transplantation wurde als erfolgreich definiert, wenn der Defekt durch ein hyalinartiges Knorpelgewebe geschlossen wurde. Die Erfolgsrate in der Gruppe mit nativen Chondrozyten betrug nach 4 Wochen 71% (5 von 7) und nach 12 Wochen 100% (7 von 7). Bei kryokonservierten Chondrozyten wurde bei 71% (5 von 7) nach 4 Wochen und 85% (6 von 7) nach 12 Wochen die Bildung von hyalinem Knorpel beobachtet. In den beiden Kontroll-
Tabelle 2. Resultate des histologischen Grading Scores nach Pineda und Wakitani [11, 23] Zeit nach der ZellMatrixImplantation morphologie fårbung (Wochen)
Oberflåchen- Knorpeldicke Transplantat- Gesamt regularitåt integration
n Verumgruppe I native Chondrozyten
4 12
0,7 0,8
0,4 0,3
1,0 0,8
0,8 0,4
0,2 0,5
3,1 2,8
n Verumgruppe II kryokonservierte Chondrozyten
4 12
1,2 1,0
0,4 0,3
1,5 1,0
0,9 0,6
0,2 1,0
4,2 3,9
n Kontrollgruppe I Polymervlies ohne Zellen
4 12
3,8 3,2
2,4 2,2
1,4 1,6
2,0 1,6
0,2 0,4
9,8 9,0
n Kontrollgruppe II Leerdefekte
4 12
3,8 3,1
2,6 2,6
2,7 2,0
2,0 1,6
1,8 1,3
12,9 10,6
Die Knorpeltransplantation mit bioresorbierbaren Polymeren im tierexperimentellen Modell
gruppen wurde nach 12 Wochen lediglich Faserknorpel gefunden.
Diskussion Zur Wiederherstellung von Knorpel durch Verfahren des Tissue engineering sind Zellen erforderlich, welche in einer biodegradierbaren Matrix ihr chondrogenes Potential und ihre phånotypische Differenzierung erhalten, um die Integritåt und Funktion des Gewebes wiederherzustellen [1, 2]. Resorbierbare Polymergerçste besitzen eine temporår ausreichende mechanische Stabilitåt zur dreidimensionalen Kultivierung von Chondrozyten in vitro. Nach einer Kulturdauer von 2 Wochen steht ein knorpelåhnliches Gewebe mit charakteristischer Form fçr nachfolgende Transplantationen zur Verfçgung [22]. Dieses Verfahren ist erfolgreich durch In vitroZçchtung von Knorpel zur Reparatur von Gelenkdefekten beim Kaninchen angewendet und in einem kurzen Nachbeobachtungszeitraum kontrolliert worden. Langfristige Kontrollen nach chirurgischen Eingriffen sind allerdings notwendig, um Langzeitergebnisse, und dabei insbesondere degenerative Verånderungen, zu erfassen. Die Tatsache einer inhomogenen Zellverteilung in dem Fasergerçst sowie der mangelnden Zelladhåsion an den Faserstrukturen wurde bereits als Problem der Chondrozytentransplantation mittels Polymergerçsten genannt [4]. In der vorliegenden Untersuchung, in welcher Chondrozyten in Fibrinogen suspendiert und nachfolgend die Zell-Fibrinogen-Suspension in PGLA-Vliesen polymerisiert wurde, konnte dieses Problem gelæst werden. Die Vernetzung der Zellen mit den biokompatiblen resorbierbaren Polymervliesen durch Fibrin verbesserte die Anpassungsfåhigkeit und Formbarkeit der Transplantate. Im Gegensatz zu anderen Techniken der Chondrozytentransplantation ohne ein ZellTråger-System ist diese Methode fçr die Wiederherstellung der Oberflåche groûer und unregelmåûiger Knorpeldefekte vorteilhaft. In Bezug auf die Transplantatfixation war dieses Verfahren einfach und sicher handhabbar. Im Unterschied zu anderen Autoren, die çber eine Desintegration des Transplantates berichteten, wurde trotz unmittelbarer postoperativer mechanischer Belastung kein Transplantatversagen beobachtet [12].
Die Degradation des PGLA-Vlieses erfolgte langsam, so dass infolge der Synthese knorpelspezifischer Matrixproteine eine stabile Transplantatintegration gewåhrleistet wurde. Reste des Fasergerçsts waren in allen Fållen 4 Wochen nach Implantation noch sichtbar, nach 12 Wochen waren diese jedoch vollståndig resorbiert. Als Ergebnis der Degradation der Polymere wurde eine leicht-entzçndliche Reaktion mit Akkumulation mononukleårer Zellen in der unmittelbaren Umgebung des Transplantats nach 4 Wochen nachgewiesen. Allerdings konnte ein Einwandern dieser Zellen in die Defekte nicht beobachtet werden. 12 Wochen nach der Operation waren Entzçndungszellen in der Umgebung der Defekte nicht mehr nachweisbar, was auf die vollståndige Resorption der Polymere zu diesem Zeitpunkt zurçckgefçhrt werden kann. Weder die Implantation zellfreier Polymervliese noch die Anlage von Leerdefekten generierten die Bildung von hyalinartigem Knorpel. Die Defekte waren mit faserknorpelåhnlichem Gewebe ausgekleidet. Dieser Umbau ist das Ergebnis der Migration mesenchymaler Zellen, wobei die Transplantation zellfreier Polymerkonstrukte bzw. die Anlage von Leerdefekten somit zur Organisation von funktionell minderwertigem Ersatzgewebe fçhrte. Der gebildete Faserknorpel ist weniger belastbar und einer fortschreitenden Degeneration ausgesetzt [14]. Beide Gruppen zeigten vergleichbare Ergebnisse in den semiquantitativen Analysen, wobei nach Transplantation von Polymeren eine homogenere strukturelle Auskleidung der Defekte beobachtet werden konnte. Dabei dient das Polymergerçst anscheinend als Leitstruktur fçr mesenchymale Zellen, die in den Defekt einwandern und eine spezifische Matrix aufbauen [6]. Die Ergebnisse unserer Untersuchung nach 4 Wochen unterscheiden sich von den Ergebnissen, welche von Freed et al. [4] berichtet wurden. Diese konnten keinen signifikanten Unterschied zwischen Zell-Polymer-Transplantaten und zellfreien Polymer-Transplantaten 4 Wochen postoperativ bei Verwendung von PGLAPolymeren nachweisen. Die Ursache kænnte in der unterschiedlichen Polymerstruktur und in der oben genannten Modifikation der Zellimmobilisierung durch die Quervernetzung mittels Fibrin zu suchen sein. Ein anderes Problem, welches in der vorliegenden Studie aufgeworfen wurde, war die Verwendung kryokonservierter Chondrozyten zur Herstellung von Transplantaten mittels Tissue
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S. Stern et al.
engineering. Die semiquantitative Beurteilung der histologischen Befunde nach dem Score von Pineda et al. [11] ergab schlechtere Ergebnisse bei Verwendung von Transplantaten mit kryokonservierten Chondrozyten. Diese zeigten eine weniger charakteristische Zellmorphologie 4 Wochen sowie eine schlechtere Defektintegration 12 Wochen postoperativ. Die Defektheilung durch hyalinartigen Knorpel wurde nur dann in 100% der Fålle 12 Wochen postoperativ beobachtet, wenn native Chondrozyten verwendet wurden. Ursachen fçr diese Beobachtungen kænnten eine hæhere Inzidenz infolge der Kryokonservierung irreversibel geschådigter Chondrozyten sein, welche zum Zeitpunkt der Transplantation noch Vitalitåt zeigten. Obwohl dieses nicht lineare Beurteilungssystem keine sichere statistische Prçfung der Ergebnisse zulåsst, scheint die Transplantation nativer Chondrozyten der Transplantation kryokonservierter Chondrozyten çberlegen zu sein. Langzeituntersuchungen sind allerdings notwendig, um zu prçfen, ob die Ergebnisse biologisch relevante Unterschiede reflektieren. Dennoch wurde in der Mehrzahl der Fålle nach Transplantation kryokonservierter Chondrozyten eine Defektheilung durch hyalinartigen Knorpel erreicht. Die Herstellung von Polymeren, welche an die gewebespezifischen Anforderungen angepasst werden kænnen, bietet neue Perspektiven in der Geweberegeneration und -reparatur. Die Flexibilitåt der Formgebung degradierbarer Biogerçste gestattet die Modifizierung durch bestimmte extrazellulåre Matrixkomponenten (z. B. Hyaluronsåure), um ein geeignetes supportives Mikromilieu sowohl fçr eingebettete Zellen als auch fçr Zellen der Nachbargewebe zu schaffen. Bioaktive Molekçle, wie z. B. Zytokine, Proteaseinhibitoren und Wachstumsfaktoren, welche entweder aus dem strukturellen Polymergerçst oder durch genetische Modifikation der Zellen freigesetzt werden, kænnen den Prozess der Matrixdegradation und damit das Fortschreiten arthrotischer Verånderungen maûgebend beeinflussen. Des Weiteren æffnet die Entwicklung von Transplantatkonstrukten bestehend aus einer Knochen- und Knorpelkomponente neue Mæglichkeiten in der Rekonstruktion tiefer Knorpeldefekte. Zukçnftige Methoden des Tissue engineering werden die kontrollierte Nutzung mechanischer Stimuli wåhrend der In vitro-Transplantatpråparation weiter in den Blickpunkt rçcken, um die biomechanische Stabilitåt zu verbessern.
Zusammenfassung n Studienziel. Ziel dieser Untersuchung war die Rekonstruktion tiefer Knorpeldefekte des Kniegelenks in einem Kaninchen-Tiermodell. n Methode. In Polymervlies-Konstrukte wurden allogene Chondrozyten integriert, die entweder nativ oder nach temporårer Kryokonservierung in Monolayer-Kultur expandiert worden waren. Diese wurden in osteochondrale Defekte implantiert und mit zellfreien Polymerkonstrukten sowie Leerdefekten verglichen. Die Defekte wurden 4 und 12 Wochen nach Transplantation makroskopisch und histologisch beurteilt. Die Einschåtzung der Transplantatintegration erfolgte durch einen semiquantitativen Score nach Pineda und Wakitani. n Ergebnisse. Eine vollståndige Transplantatintegration in den Defekt unter Nachweis von neugebildetem hyalinartigem Knorpel wurde nach 4 Wochen in 71% und nach 12 Wochen in 100% der Fålle beobachtet, bei denen native Chondrozyten zur Transplantation verwendet wurden. Demgegençber wurde hyalinartiger Knorpel bei Verwendung kryokonservierter Chondrozyten nach 4 Wochen ebenfalls in 71% der Fålle, nach 12 Wochen hingegen nur in 85% der Fålle nachgewiesen. Eine Neubildung von Knochen in der subchondralen Grenzschicht wurde nicht beobachtet. In den Kontrollgruppen wurde lediglich faserknorpeliges Ersatzgewebe gebildet. n Schlussfolgerung. Die Transplantation von Chondrozyten in einem Polymervlies-Konstrukt erweist sich als ein alternatives Verfahren zur Reparatur von Gelenkknorpeldefekten. Dieses Verfahren bietet auûerdem perspektivisch die Mæglichkeit, die Eigenschaften und die Architektur des neugebildeten Knorpels durch Verwendung von Wachstumsfaktoren, wie z. B. TGF-b und BMPs, zu optimieren. Die Verwendung nativer Chondrozyten ist aufgrund des hæheren regenerativen Potentials einer vorangehenden Kryokonservierung der Zellen vorzuziehen.
Die Knorpeltransplantation mit bioresorbierbaren Polymeren im tierexperimentellen Modell
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Kapitel 10
Tissue engineering und Implantation von bioartifiziellen Knorpelkonstrukten in osteochondrale Defekte beim Kaninchen Besondere Berçcksichtigung der Defektauffçllung M. Rudert, U. Wilms, C. J. Wirth
Einleitung Jåhrlich werden in Deutschland etwa 60 000 kçnstliche Kniegelenke implantiert. Die Resektion degenerativ verånderter Gelenkflåchen und ihr Ersatz durch Implantate aus Polyethylen, Metall, Keramik und anderen synthetischen Materialien fçhrt vorhersehbar zu einer guten Verbesserung des Schmerzbildes und der Funktion. Diese Form der Therapie hat jedoch durch eine nur begrenzte Haltbarkeit der Implantate im menschlichen Kærper ihre Einschrånkungen. Kein synthetisches Material konnte bisher die Eigenschaft des Knorpels mit einer schmerzfreien, fast reibungsfreien Verteilung von Lasten çber die Gelenkflåchen erreichen [1]. Auûerdem muss die Endoprothese im Knochen des Patienten verankert werden. Keine der bisher gefertigten synthetischen Materialien konnte die dauerhafte Festigkeit der Verbindung zwischen Knorpel und Knochen erreichen. Als Resultat dieser Probleme kommt es im Verlauf zur Abnutzung der Oberflåchen bzw. zum langsamen Verschleiû der kçnstlichen Implantate [2]. Dieser Verschleiû tritt vor allem bei mechanischen Problemen durch eine fehlerhafte Implantation oder durch Partikelabrieb des Zements, der zur Verankerung der Prothesen verwendet werden kann, auf [3]. Obwohl die Techniken der Implantation und die verwendeten Materialien ståndig weiter verbessert werden, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Fortschritte die Einschrånkungen von synthetischen Materialien im Vergleich zum natçrlichen Knorpel aufheben werden. Der ¹geeigneteª Patient fçr die Implantation einer Gelenkendoprothese bleibt deshalb weiterhin der åltere Patient mit fortgeschrittenem Gelenkverschleiû und niedrigeren Erwartungen an zukçnftige, den Bewegungsapparat belastende Aktivitåten. Fçr den jçngeren Patienten bleiben kaum Alternativen, wenn eine Degeneration des Gelen-
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
kes erst einmal eingetreten ist. Bezçglich der posttraumatischen Genese der Arthrose steht deshalb weiterhin die frçhe Therapie des Knorpelschadens unabhångig von seiner genauen Ursache im Vordergrund. Ziel der therapeutischen Bemçhungen mçsste die Restitutio ad integrum der Knorpeloberflåche mit ihren mechanischen Eigenschaften sein. Alternativ ist beim bereits geschådigten Gelenk der biologische Gelenkersatz mit sich den Belastungen adaptierenden Materialien anzustreben. Erst durch die komplette Regeneration von hyalinem, artikulårem Knorpel wird die fortschreitende Zerstærung der Gelenkoberflåchen nach einer initialen Schådigung aufzuhalten sein. Mit keiner bisher bekannten Technik ist eine vollståndige, narbenfreie Wiederherstellung der Gelenkoberflåche nach deren Schådigung gelungen. Moderne Zellkulturtechniken lassen jedoch ebenso wie gentechnische Modifikationsmæglichkeiten hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, dass ein mæglichst optimierter Ersatz der Defektbereiche in greifbare Nåhe rçckt. Die Isolierung und Vermehrung von Chondrozyten aus adultem Gewebe hat sich heute als Standard durchgesetzt. Eine geeignete Kontrolle der Qualitåt dieser Zellen existiert nur in beschrånktem Maûe. Die Transplantation der isolierten Zellen in bestehende Defekte wird heute bereits klinisch angewandt [4]. Sie muss aber auch weiterhin kritisch betrachtet werden und sollte einer stetigen Weiterentwicklung von Techniken zur Verbesserung des Endproduktes unterworfen bleiben [5]. In der vorliegenden Arbeit wird ein anderer Ansatz verfolgt, bei dem es bereits in vitro zu einer Redifferenzierung von isolierten Chondrozyten kommen kann, die çber ein dreidimensionales System (unterschiedliche Trågermaterialien) zur Produktion von knorpelspezifischer Matrix angeregt werden. Mit dieser Technik ist es erstmals gelungen, die implantierten Zellen tatsåchlich in vivo auch noch 4 Wochen nach
Tissue engineering und Implantation von bioartifiziellen Knorpelkonstrukten in osteochondrale Defekte beim Kaninchen
Abb. 1. Halbschematische Darstellung des Versuchsaufbaus. Die enzymatische Isolierung der Chondrozyten erfolgt aus Kniegelenken von Kaninchen. In vitro werden die Zellen vermehrt und auf die Trågermaterialien aufgebracht, wo sie knorpelspezifische Matrix im dreidimensionalen System bilden kænnen. Nach etwa 3±4 Wochen erfolgt die Implantation der artifiziellen Knorpelkonstrukte in Defekte im Kaninchenknie. Nach festgelegten Laufzeiten werden die Heilungsvorgånge makroskopisch und mikroskopisch ausgewertet
der Transplantation im Defektbereich nachzuweisen [6]. Auf unterschiedlichen Trågermaterialien hergestellte bioartifizielle Knorpelkonstrukte wurden in vivo in Kniegelenke von Kaninchen in manuell eingebrachte Defekte implantiert und deren Einfluss auf die Reparation des Defektes im Vergleich zum Material ohne Zellen oder dem unbehandelten Defekt çberprçft (Abb. 1).
Material und Methoden Drei unterschiedliche Trågermaterialien wurden fçr isolierte Knorpelzellen getestet und erwiesen sich als biokompatibel: 1) Ethisorb¾ 210 (Ethicon, Norderstedt), ein Komposit-Vlies aus Polydioxanon (PDS) und Polyglactin (PGL = Vicryl¾ = Glycolid/LactidKopolymer). Es hat sich bezçglich seiner Abbauprodukte als gut anwendbar erwiesen [7]. In vivo wurde die Resorption des Vicryl-Anteils nach etwa 60 Tagen beobachtet, die PDS-Schmelze soll nach ca. 200 Tagen resorbiert sein. 2) PLLA V 19-1 (Institut fçr Textil- und Verfahrenstechnik, Denkendorf), ein resorbierbares Vlies bestehend aus Poly-L-Laktid (PLLA), das ebenfalls bereits in Kombination mit isolierten Chondrozyten zur Kultivierung verwendet wurde [8]. Seine Materialeigenschaf-
ten kænnen den jeweiligen Bedingungen angepasst werden [9]. Der Abbau erfolgt durch Hydrolyse. PLLA gehært zu den festesten biodegradablen Materialien in der Medizin (Anwendungen z. B. in Form biodegradabler Schrauben fçr die Osteosynthese). 3) Lyophilisierte Dura (Lyodura¾, B. Braun-Dexon, Spangenberg). Die Dura mater encephali (cranialis) ist die åuûerste Schicht der Hirnhåute und ist als derbe Hçlle aus zwei Blåttern aufgebaut. Das durch die Gefriertrocknung devitalisierte Gewebe, hauptsåchlich aus Kollagen Typ I, låsst sich nach der Ûberfçhrung in feuchtes Milieu in seine beiden Blåtter trennen, wobei jeweils eine raue innere Oberflåche des Materials, die eine vliesartige Struktur aufweist, als Oberflåche verwendet werden kann. Die Materialien wurden rasterelektronenmikroskopisch untersucht und ihr Naû- und Trockengewicht bestimmt [10, 11]. Der fçr die In vitro-Untersuchungen verarbeitete Kaninchenknorpel stammt von 3±6 Monate alten Kaninchen (New Zealand white rabbits). Die enzymatische Isolierung erfolgte mit geringen Variationen nach çblichen Techniken [11]. Die Zellen wurden nach der Konfluenz in der Monolayerkultur durch Inkubation mit TrypsinEDTA vom Boden der Kulturflaschen gelæst, 10 min bei 250 g zentrifugiert und in DMEM mit Antibiotikazusatz und Glutamin in Suspension gebracht. Anschlieûend wurde ein Tropfen von 200 ll dieser Suspension (enthålt ungefåhr 1±5 ´ 105 Chondrozyten) mit einer Pipette auf ein 3 ´ 3 mm groûes Stçck des Trågermaterials in Mikrotiterplatten aufgetragen. Unter Zugabe von Antibiotikalæsung und 50 lg/ml Ascorbinsåure lieûen sich die Zellen in diesen dreidimensionalen Kulturen mehrere Wochen im Brutschrank bei 37 8C zçchten. Ein Mediumwechsel erfolgte alle zwei bis drei Tage. Fçr den In vivo-Versuch wurden 33 weibliche Kaninchen (New Zealand white rabbits, Alter zu Versuchsbeginn 6 Monate, Gewicht 3,5±5,5 kg) verwendet. Die Versuchstiere konnten sich in den Kåfigen frei bewegen, eine Immobilisierung nach der Operation fand nicht statt. Defekte wurden mit einem Handbohrer (Durchmesser 3 mm) gesetzt. Die Tiefe des Defektes betrug ca. 1±2 mm. Dazu wurde unter leichtem Druck gebohrt, bis aus dem vaskularisierten subchondralen Knochen auftretende Blutungen sichtbar waren. Anhand von Markierungen auf den Boh-
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M. Rudert et al.
rern konnte im Vergleich zum Ende der Bohrhçlse die Tiefe des Defektes ebenfalls abgeschåtzt werden. Die Auffçllung des Defektes erfolgte mit einem Zell-Trågermaterial-Konstrukt, dem Trågermaterial ohne Zellen oder der Defekt wurde unbehandelt gelassen. Defektlokalisationen waren das patellofemorale Gleitlager und die beiden Kondylen. 33 Tiere, die fçr die histologische Untersuchung vorgesehen waren, erhielten insgesamt 101 osteochondrale Defekte. 38 Defekte wurden çber 6 Wochen, 27 Defekte çber 6 Monate und 36 Defekte çber 12 Monate verfolgt. Nach der Opferung der Tiere erfolgte die makroskopische Untersuchung der Gelenke und die mikroskopische Untersuchung der Defektbereiche mit dem angrenzenden Knochen. Die makroskopische Bewertung der Defekte erfolgte nach einem Punkteschema mit einem Maximum von 8 und einem Minimum von 3 Punkten. Bewertet wurden die Fçllung des Defektes (ein bis drei Punkte: deutlich, komplett unter Niveau der Umgebung ± Rand auf Niveau, zentral vertieft ± komplett auf Niveau), die Farbe des Defektes (ein bis drei Punkte: braun bis gelb ± weiû ± knorpelfarben, wie Umgebung) sowie die Oberflåche des Defektes (ein oder zwei Punkte: rau ± glatt). Die mikroskopische Auswertung der Defektreparation erfolgte anhand des leicht modifizierten Auswertungsschemas nach O`Driscoll [12] mit einer maximalen Punktzahl von 24 Punkten. Zur besseren Beurteilung der Auffçllung der Defekte wurde zusåtzlich ein eigens entwickeltes histomorphometrisches Mess-System angewandt, mit dem die Regeneration des Knochens bzw. des gesamten Defektes der des Knorpels alleine gegençbergestellt werden konnte. Zu dieser histomorphometrischen Bestimmung wurde wie auch bei den anderen histologischen Untersuchungen darauf geachtet, mæglichst nur Schnitte aus der Mitte der Defekte zu verwenden. Mindestens ein Pråparat von jedem Defekt wurde fotografiert und mit einem Scanner (Mustek) eingelesen (Abb. 2 A). Zur Auswertung der Fçllung wurden zwei unterschiedliche Techniken angewandt, die Bemessung der prozentualen Fçllung der gesamten Defekttiefe und der chondralen Defekttiefe: Mit Hilfe eines Grafikprogramms (Corel Draw 8.0¾) lieû sich am PC der Bohrkanal mit einem Rahmen umfahren (Abb. 2 B). In Vorversuchen war dazu von allen Defekten eine mittlere Tiefe des Defektes bestimmt worden, die bei konvexen Flåchen (Kondylen) die 3-fache
Abb. 2. Bestimmung der prozentualen Fçllung der Defekte. A Der eingescannte Defektbereich sollte mæglichst mittig aus dem Defekt entnommen werden. B Ein Rahmen wird um den Defektbereich aufgezogen und C ein Zåhlgitter mit 100 Einheiten darçber gelegt. Dadurch ergibt sich fçr den vorliegenden Defekt eine Fçllung von 96,1% (3 mm Defekt 12 Monate nach Implantation von Ethisorb¾ ohne Zellen, Toluidin blau)
Knorpeldicke, bei konkaven Flåchen (Gleitlager) aus technischen Grçnden (unterschiedliche Formgebung der Oberflåche und damit auch der knæchernen Grenzlamelle) die 5-fache Knorpeldicke betrug. Bei der konkaven Flåche war eine tiefere Bohrung notwendig, um auch im zentralen Anteil den subchondralen Knochen zu erreichen. Anschlieûend wurde ein Gitter von 100 gleichgroûen Einheiten çber den Um-
Tissue engineering und Implantation von bioartifiziellen Knorpelkonstrukten in osteochondrale Defekte beim Kaninchen
Abb. 3. Bestimmung der prozentualen Fçllung allein des chondralen Defektbereichs oberhalb der Grenzlamelle (3 mm Defekt 6 Monate nach Implantation von PLLA mit Zellen, Safranin-O)
riss des gebohrten Defekts gelegt (Abb. 2 C). Die aufgefçllten und die nicht aufgefçllten Anteile der Defekte wurden gezåhlt und die Fçllung der Defekte in Prozent ausgedrçckt. Bei der Bestimmung der chondralen Defekttiefe lieûen sich die an den Defekt angrenzende subchondrale Grenzlamelle und die Oberflåche des intakten Knorpels als Referenzlinien zur Rekonstruktion einer gedachten 100%igen Defektfçllung heranziehen. In diesem Bereich wurde dann ebenfalls ein Gitter aufgezogen und die gefçllten und die nicht gefçllten Anteile bestimmt (Abb. 3). Såmtliche histologischen Schnitte wurden von mindestens zwei Begutachtern unabhångig 2±3 mal bewertet, die Ergebnisse verglichen und bei deutlicher Abweichung der Befunde erneut begutachtet. Die Fçllung der Defekte war dabei so kodiert, dass die tatsåchliche Therapieform erst bei der endgçltigen Auswertung bekannt wurde. Die Dokumentation der Daten fçr die Tierversuche und der Ergebnisse erfolgte auf einem PC-kompatiblen Rechner mit dem Programm SPSS¾ fçr Windows (Version 10). Die statistischen Analysen der Ergebnisse wurden çber eine multivariate Analyse (allgemeines lineares Modell) mit Post-Hoc-Test (Tukey-HSD) durchgefçhrt. Dabei wurde ein p-Wert < 0,005 als signifikant, ein p-Wert < 0,0005 als hochsignifikant betrachtet. Zur Kontrolle der Analysen wurden in geeigneten Einzelfållen die Mittelwerte der einzelnen Variablen separat nochmals mit dem ANOVA-Test çberprçft.
Ergebnisse Im Mittel lieûen sich 1,5±2 ´ 106 Zellen pro Kniegelenk bzw. etwa 4 ´ 106 Zellen pro Gramm Knorpelgewebe isolieren. Innerhalb der
ersten 7±10 Tage wurden die Chondrozyten meist am Boden der Kulturgefåûe adhårent und begannen mit der Zellteilung. Eine Verdopplung der Zellzahl wurde bei den Kaninchen etwa pro Woche erreicht. Die mit dem Trypanblau-Ausschluss-Test gemessene Vitalitåt lag generell çber 90%. Die Beimpfung der Trågermaterialien erfolgte ohne weitere Behandlung der Materialien. Die Implantation der Zell-Tråger-Konstrukte ins Kaninchenknie gelang problemlos. Eine Schonung der operierten Extremitåt wurde allenfalls am Operationstag und dem ersten Folgetag gesehen. Die Opferung der Versuchstiere erfolgte nach den angegebenen Versuchszeitråumen. Klinisch lieû sich keine Bewegungseinschrånkung feststellen. Makroskopisch und mikroskopisch bestanden in der Gelenkschleimhaut lediglich allgemeine Verånderungen, die fçr ein postoperatives Gelenk typisch sind. Die Variable ¹makroskopischer Punktewertª hatte in der Bewertung der Ergebnisgræûen statistisch nur eine geringe Bedeutung. Insgesamt lieû sich zwischen den verwendeten Materialien kein signifikanter Unterschied erkennen. Als Maû fçr die Qualitåt des vorliegenden Fçllmaterials wurde bei der mikroskopischen Bewertung das modifizierte Bewertungsschema nach O'Driscoll [12] verwendet. Im Vordergrund steht hier die Safranin-O-Fårbung zur Beurteilung des Gewebes. Die erreichten mikroskopischen Punktzahlen ergaber insgesamt sehr breit gestreute Werte mit einer minimalen Punktzahl von 3 und einer maximalen Punktzahl von 21 Punkten bei 24 erreichbaren Punkten. Die Ergebnisse der Auswertung des mikroskopischen Scores sind in Abbildung 4 dargestellt. Die mikroskopischen Punktwerte waren der entscheidende statistische Faktor fçr den hochsignifikanten Unterschied (p < 0,0005) durch die Verwendung von Zellen bei der Behandlung der osteochondralen Defekte (je nachdem, ob die Defekte mit einem Transplantat mit oder ohne Zellen gefçllt waren). Es ergab sich unabhångig von der postoperativen Laufzeit der Tiere und unabhångig von dem verwendeten Material ein signifikant besseres Ergebnis bei denjenigen Defekten, die mit gezçchteten Knorpelzellen behandelt worden sind. Ein deutlich messbarer Unterschied bestand zwischen der Gruppe der mit Zell-Tråger-Konstrukten behandelten Defekte und den Leerdefekten (p < 0,002). Zwischen den Leerdefekten und der alleinigen Verwendung des Trågermaterials lieû sich kein signifikanter Unterschied nachweisen (p < 0,842).
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Abb. 4. Balkendiagramm der mikroskopischen Beurteilung der Defektreparation nach Laufzeit und dem implantierten Material (s. Legende). Die Leerdefekte sind rot markiert, die unterschiedlichen Materialien sind je nachdem, ob sie ohne Zellen (helle Far-
be) oder mit Zellen (dunkle Farbe) implantiert wurden, in blau (Dura), violett (Ethisorb¾) oder grçn (PLLA) dargestellt. Die Balken bilden die Mittelwerte der erreichten Punkte ab, die Fehlerbalken stellen die jeweilige Standardabweichung dar
Tabelle 1.
(die Punktevergabe erfolgt nach den Kriterien einer Defektfçllung < 50%, > 50% oder zu 100% des ursprçnglichen Defektes) ist die Flåchenfçllung nochmals mit einem speziell zu diesem Zweck entwickelten Messsystem çberprçft worden. Die prozentuale Defektfçllung ergab bei dieser histomorphometrischen Untersuchung insgesamt erstaunlich gute Werte. Bei der Bewertung der Defektfçllung wurde kein Wert auf die Art und Qualitåt des vorliegenden Fçllgewebes gelegt. Es wurde lediglich berechnet, zu wie viel Prozent der gebohrte Defekt aufgefçllt worden ist. Eine Unterscheidung zwischen einer reinen Auffçllung mit Fibrin wurde daher genauso bewertet wie eine Auffçllung mit Faserknorpel oder hyalinartigem Gewebe. Nach 6 Wochen Laufzeit waren alle Defekte gut bis sehr gut aufgefçllt. Die Werte lagen bei durchschnittlich 83% Auffçllung in der Versuchsgruppe Dura ohne Zellen und 94% in der Gruppe Dura mit Zellen. Dazwischen lagen Poly-L-Laktid (PLLA) ohne Zellen und Ethisorb mit Zellen mit 92%, PLLA mit Zellen mit 91% und Ethisorb ohne Zellen mit 87%. Die Leerdefekte waren durchschnittlich 88% aufgefçllt. Bei der postoperativen Laufphase von 6 Monaten erreichten die Defekte, die mit Material und angezçchteten Zellen gefçllt waren, eine sehr gute prozentuale Fçllung von 91% (Dura mit Zellen), 94% bei Ethisorb mit Zellen und sogar 95% in
Unterpunkt des O`Driscoll-Scores
Parameter
hyalin bis fibræs, n Beurteilung des dominanten Gewebes 0±4 Punkte
Statistischer Einfluss auf das Ergebnis p < 0,001
n Safranin-O-Fårbung
Stårke der Fårbung, p < 0,005 0±3 Punkte
n Oberflåchencharakteristik
Glåtte, 0±3 Punkte p < 0,011
n Anbindung an das ursprçngliche Knorpelgewebe
Spaltbildung, 0±2 Punkte
p < 0,012
n Degenerative Verånderungen des umgebenden Knorpels
Zellmorphologie, 0±3 Punkte
p < 0,015
n Fçllung der Defekte
Prozent < 50, > 50, 100, 0±2 Punkte
p < 0,145
Der Einfluss der einzelnen Unterpunkte des O`Driscoll-Scores auf das Gesamtergebnis ist in Tabelle 1 dargestellt. Am wenigsten Unterschiede lieûen sich zwischen den Therapiegruppen bei der Beurteilung des Grades der Fçllung der Defekte erkennen (0±2 Punkte, p < 0,145). Da die Differenzierung der Fçllung der Defekte im O'Driscoll-Score nur unzureichend erscheint
Tissue engineering und Implantation von bioartifiziellen Knorpelkonstrukten in osteochondrale Defekte beim Kaninchen
Abb. 5. Balkendiagramm der prozentualen Fçllung der Defekte a gesamt und b isoliert im chondralen Bereich. Die Gesamtfçllung der Defekte hat nach der statistischen Auswertung einen
nur geringen Einfluss auf das Ergebnis. Bei der Betrachtung der chondralen Regeneration allein lieû sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Versuchsgruppen nachweisen
der Gruppe PLLA mit Zellen. Die Gruppen ohne Zellen erreichten mit durchschnittlich 85% (PLLA), 89% (Dura) und 90% (Ethisorb) etwas niedrigere Werte. Die Leerdefekte erreichten mit 89% Auffçllung ebenso eher niedrigere Werte. Nach 12 Monaten zeigte sich jeweils eine deutliche Verbesserung der prozentualen Fçllung in den Versuchsgruppen mit den angezçchteten Zellen gegençber den Gruppen mit dem gleichen Trågermaterial aber ohne Zellen. Die hæchsten Werte erreichte die Gruppe Poly-LLaktid (PLLA) mit Zellen mit 95% (zum Vergleich: PLLA ohne Zellen: 89%), gefolgt von der Gruppe Ethisorb mit Zellen mit 94% (zum Vergleich: Ethisorb ohne Zellen: 84%) und Dura
mit Zellen mit 90% (zum Vergleich: Dura ohne Zellen: 80%). Die Steigerung betrug also bei PLLA und Ethisorb jeweils 10%, bei PLLA bei der Verwendung des Materials mit gezçchteten Zellen 6%. Die leer belassenen Defekte erreichten mit durchschnittlich 85% Auffçllung nach 12 Monaten Laufzeit eher Werte, die in dem Bereich der nur mit Material gefçllten Defekte lagen. Die Werte waren 10% schlechter als die mit Zellen gefçllten Transplantate. Die statistische Auswertung ergab, dass die Werte fçr die prozentuale Auffçllung zu der besseren Bewertung der mit Zellen gefçllten Defekte beitrugen, wenn auch in etwas geringerem Maûe als die mikroskopische Punktebewertung.
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M. Rudert et al.
Der p-Wert in der multivariaten Analyse lag fçr die Einflussgræûe der prozentualen Defektfçllung bei p = 0,006 im Gegensatz zu dem Wert des mikroskopischen Scores mit p < 0,0005. In dieser ersten Messreihe wurden die gesamten osteochondralen Defekte ausgemessen, um einen Eindruck von der Reparationsleistung eines tiefen osteochondralen Defektes zu erhalten, der zusåtzlich zum Knorpel ja auch den darunter liegenden Knochen betrifft. Im nåchsten Schritt wurde nur die reine chondrale Auffçllung gemessen. Berçcksichtigt wurde nur der Bereich zwischen der ehemaligen Gelenkoberflåche und der subchondralen Grenzlamelle. In der Versuchsgruppe der ohne Zellen gefçllten Defekte mit einer postoperativen Laufzeit von 6 Wochen ergaben sich fçr Dura 66,1%, fçr Ethisorb 77,2% und fçr PLLA 84,6%. Lediglich in der Versuchsgruppe der Dura ergab die Defektreparation mit gezçchteten Zellen schon nach 6 Wochen Laufzeit eine deutliche Steigerung um 17,1% der chondralen Auffçllung. Bei den beiden anderen Trågermaterialien Ethisorb und PLLA zeigte sich nach 6 Wochen eine leicht schlechtere chondrale Auffçllung in den Gruppen mit implantierten Zellen. In den Versuchsgruppen mit einer postoperativen Laufzeit von 6 Monaten ergaben sich fçr die chondrale Auffçllung bei der Verwendung von Poly-L-Laktid (PLLA) mit Kultivierung von Zellen im Implantat eine Steigerung um 19,9%. In der Versuchsgruppe mit Ethisorb steigerte die Zugabe von Zellen die Werte um 16,8%. Bei der Dura lieûen sich durch die Zugabe von Zellen nach 6 Monaten keine Verbesserung der chondralen Fçllung erkennen. Die Gruppe ¹Dura ohne Zellenª erreichte 82,5% und die Gruppe ¹Dura mit Zellenª 78,1%. Die Versuchsgruppe der Leerdefekte erreichte mit 89,6% sehr hohe Werte fçr die chondrale Auffçllung nach 6 Monaten. Auch nach 12 Monaten ergaben sich fçr die Leerdefekte in der chondralen Auffçllung relativ gute Werte mit durchschnittlich 77,4%. Bei der Verwendung der verschiedenen Trågermaterialien låsst sich fçr die Gruppe Dura eine leichte Steigerung von 4,4% im Vergleich der Implantation des reinen Materials und des Materials mit gezçchteten Zellen erkennen (Dura ohne Zellen: 67%, Dura mit Zellen: 71,4%). In den anderen beiden Gruppen fållt die Verbesserung deutlicher aus. Die mit PLLA und Zellen gefçllten Defekte erreichten durchschnittlich 11,2% bessere Werte als bei der alleinigen Implantation von PLLA. Noch græûer ist die Steigerung
bei der Gruppe Ethisorb mit Zellen. Diese erreichen eine um durchschnittlich 17,1% bessere chondrale Fçllung. Bei der statistischen Analyse der chondralen Defektfçllung lieû sich trotz dieser Beobachtungen kein signifikanter Unterschied zwischen den verwendeten Materialien und auch nicht zwischen der Anwendung von Zellen oder keinen Zellen erkennen (p < 0,493). Zur besseren Verdeutlichung des Sachverhalts sind die Ergebnisse fçr die chondrale Fçllung und die Fçllung des gesamten Defekts graphisch in Abbildung 5 dargestellt.
Zusammenfassung Unterschiedliche Techniken der Behandlung von Knorpeldefekten werden klinisch bereits angewandt. Alle diese Techniken haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, die zum Teil methodisch bedingt sind, zum Teil aber auch biologische Beschrånkungen haben [13]. Mit keiner Methode konnte bisher eine vollståndige Wiederherstellung eines Knorpeldefekts erreicht werden. Die Erforschung von neuen Mæglichkeiten zur Behandlung von Knorpelschåden steht deshalb weiterhin im Mittelpunkt von vielen Arbeitsgruppen, die in der Lage sind, neuere Technologien anzuwenden und mit diesen eine Verbesserung der Knorpelreparation zu erreichen. Wenn eine zellbasierte Behandlung durchgefçhrt wird, erfolgt diese primår nach einer Vermehrung von isolierten Zellen in vitro oder nach der Anwendung von Techniken des ¹Tissue engineeringª, mit denen in vitro neben der Vermehrung der Zellen eine Art Ersatzgewebe vor der Implantation in den Defekt geschaffen wird. Auch diese beiden Methoden weisen ihre eigenen Vorzçge und Nachteile auf [14]. In der vorliegenden Arbeit wurden isolierte Kaninchen-Chondrozyten in vitro vermehrt und auf unterschiedlichen Trågermaterialien kultiviert. Nach einer Kultivierungsphase von 3±4 Wochen erfolgte die Implantation in manuell erstellte Defekte bei Kaninchen, die nach 6 Wochen, 6 Monaten und 12 Monaten geopfert wurden. Die lyophilisierte Dura hat sich bei diesen Untersuchungen als das beste Material bezçglich der Qualitåt des Reparaturgewebes zur Behandlung von osteochondralen Defekten beim Kaninchen erwiesen. Bei der Anbindung der Implantate an das umliegende Gewebe erreichte der
Tissue engineering und Implantation von bioartifiziellen Knorpelkonstrukten in osteochondrale Defekte beim Kaninchen
Tråger aus Poly-L-Laktid (PLLA) jedoch eine bessere Beurteilung. Ein signifikanter Unterschied zwischen den verwendeten Trågermaterialien mit Zellen lieû sich nicht beobachten. Ein signifikanter Unterschied bestand aber zwischen den Defekten, die mit Zell-Tråger-Konstrukten behandelt worden sind und den Defekten, die lediglich mit dem Trågermaterial gefçllt oder leer gelassen wurden. Damit lieû sich eine Verbesserung der Reparatur von Knorpeldefekten durch die von uns angewandten zellbasierten Techniken erkennen, eine narbenfreie Regeneration ist jedoch nicht erreicht worden. Auch die weitere Aufschlçsselung der Ergebnisse der histologischen Untersuchung hat keine weiteren Informationen erbracht, die zu einer euphorischen Anwendung der getesteten Materialien Anlass geben wçrde. Die Verbesserung des Heilungsergebnisses durch die Anwendung von Zellen weist andererseits in die Zukunft und låsst weitere Forschung in diese Richtung hoffnungsvoll erscheinen.
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Kapitel 11
Gentherapie am Knorpel P. Ueblacker, V. Martinek, A. B. Imhoff
Einleitung
Knorpelheilung
Knorpelschåden an Knie- und Sprunggelenk sind relativ håufige Verletzungen, die die Arthroseentstehung stark beschleunigen (Dimond et al. 1998). In Arthroskopien von Kniegelenken zeigen sich in çber 40% der Fålle chondrale Låsionen (Glinz 1979). In einer umfangreichen Studie wurden in çber 31 000 dokumentierten Kniearthroskopien sogar in 63% Schåden am Knorpel nachgewiesen (Curl et al. 1997). Aufgrund der geringen Regenerationsfåhigkeit des artikulåren Knorpels erscheint der Einsatz von Wachstumsfaktoren ± Proteinen (Zytokinen) mit Schlçsselfunktion auf die Stoffwechselvorgånge ± als Stimulans auf Zellproliferation, -differenzierung und Matrixsynthese sinnvoll. Ein Problem stellt aber die Verfçgbarkeit und Applikation der Zytokine dar. Durch die Entwicklung gentherapeutischer Strategien in Verbindung mit Methoden des Tissue-Engineering ist es mæglich, Wachstumsfaktoren von manipulierten Zellen oder Zellkonstrukten in situ synthetisieren zu lassen. Die Gentherapie eræffnet deshalb vielversprechende Mæglichkeiten, die vielleicht die bisherigen Therapieoptionen erweitern werden. In zahlreichen experimentellen Studien konnte bereits die Machbarkeit und z.T. Wirksamkeit gentherapeutischer Methoden demonstriert werden. Bis aber die letzten Fragen der Sicherheit geklårt sind, bleibt der klinische Einsatz zur Behandlung osteochondraler Defekte vorerst nur Zukunftvision. Folgendes Kapitel beschreibt die Prinzipien des Gentransfers und geht auf den bisherigen Stand fçr die Behandlung von Knorpellåsionen ein.
Hyaliner Knorpel besitzt nur ein sehr niedriges Heilungspotential, das durch dessen besondere Eigenschaften bedingt ist: durch eine fehlende Gefåssversorgung kænnen weder ¹Reparaturzellenª noch ¹-faktoren an den Ort des Geschehens eindringen, ein Wandern von Chondrozyten hin zum Defekt bleibt durch die Fixierung der Zellen in ihrer Matrix aus. Ferner sind Knorpelzellen beim Erwachsenen kaum proliferationsfåhig und bilden am Defekt nur vermindert interzellulåre Matrix (Buckwalter, Mankin 1998 b). Akute Verletzungen des Gelenkknorpels werden deshalb als Pråarthrose bezeichnet, die im Laufe der Zeit in eine Arthrose çbergeht (Mankin 1982) (Radin, Burr 1984) (Buckwalter, Mankin 1998 a). Kommt es im Rahmen einer Verletzung oder der Therapie (Bohrung, Mikrofrakturierung, Abrasionsarthroplastik) zu einem Durchbruch des subchondralen Knochens, so kænnen einwandernde Reparaturzellen aus dem Knochenmark am Defekt ein faserknorpeliges Regenerat bilden, das aber dem hyalinen Knorpel biomechanisch unterlegen ist und rasch wieder degeneriert. In den letzten Jahrzehnten sind zahlreiche klinische und experimentelle Ansåtze zur Therapie von Knorpelschåden verfolgt worden. Bisher konnte aber weder eine Restitutio ad integrum noch ein langfristig befriedigendes Ergebnis erzielt werden (Shapiro et al. 1993) (Brittberg et al. 1994). Die Entwicklung neuer Therapieoptionen im Rahmen des Tissue-Engineering und/oder der Einsatz gentherapeutischer Methoden ist deshalb erforderlich.
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Gentherapie am Knorpel
Tissue-Engineering am Knorpel Tissue-Engineering bedeutet die Konstruktion eines biologischen Ersatzes fçr die Rekonstruktion oder Regeneration verschiedener biologischer Gewebe. Ziel ist es, Biomaterialien zu konstruieren, die biokompatibel und biodegradierbar sind und die fåhig sind, Molekçle (z. B. Wachstumsfaktoren) oder Zellen zu integrieren. Håufig wird das zu zçchtende Gewebe (z. B. Knorpel) verwendet, um Zellen (z. B. Chondrozyten) daraus zu gewinnen und anzuzçchten. Es eignen sich aber auch andere Zellen allogener oder autologer Herkunft (Knochenmark Progenitor Zellen, Periostzellen, Perichondrozyten, Stammzellen aus Muskel, mesenchymale Zellen, Chondrozyten etc.) und verschiedene Gerçste oder Gele (s. u.) zur in-vitro-Konstruktion neuen Knorpels. Um Chondrozyten zu gewinnen, mçssen sie zunåchst enzymatisch aus ihrer Matrix gelæst werden. Da meist nicht gençgend Zellen zur Verfçgung stehen, zçchtet und proliferiert man sie in zweidimensionaler Kultur. Hierbei dedifferenzieren Chondrozyten zu Fibroblasten-åhnlichen Zellen. Eine Redifferenzierung kann durch Ansiedelung in dreidimensionalen Strukturen, d. h. auf Gerçsten oder Gelen erreicht werden. Bereits nåher untersuchte Tråger zur Anzçchtung von Chondrozyten sind u. a. Agarose-Gele (Benya, Shaffer 1982), Polydioxanon, Polyglactin, PLLA oder PLGA (Sittinger et al. 1994) (Rudert et al. 1999), Hyaluronsåure (Brun et al. 1999), Alginat (Domm et al., 2000), Fibrin (Hendrickson et al. 1994), Kollagen-Gele (Kimura et al. 1984) (Wakitani et al. 1994) oder Kollagen-Fasern (Sams, Nixon 1995) (Frenkel et al. 1997) (Nehrer et al. 1998) (Fuss et al. 2000) (Lee et al., 2000). Eine Idealstruktur zur in vitro Entwicklung neuen Knorpels ist noch nicht gefunden ± auf dem Weg dorthin muss wohl noch viel Forschungståtigkeit geleistet werden.
einer gesteigerten Zellproliferation, Zelldifferenzierung und Matrixsynthese von Chondrozyten und ihren Vorlåuferzellen kommt. Das komplizierte Zusammenspiel dieser Mediatoren, zu denen die Wachstumsfaktoren zåhlen, ist bisher nur zum Teil verstanden, dennoch zeigt sich der Einsatz von einigen dieser Zytokine in der Therapie von chondralen und osteochondralen Låsionen bereits vielversprechend. Zu den nåher erforschten zåhlen u. a. der Transforming Growth Factor-beta (TGF-beta), der Platelet-Derived Growth Factor (PDGF), die Cartilage-Derived Morphogenetic Proteins (CDMPs), der Insulin-Like Growth Factor (IGF-I), der Basic Fibroblast Growth Factor (bFGF) und die Bone Morphogenetic Proteins (BMPs) (Sato, Urist 1984) (Wozney et al. 1988) (Osborn et al. 1989) (Sah et al. 1994) (Hunziker, Rosenberg 1996) (Sellers et al. 1997) (Erlacher et al. 1998) (Rosier, O'Keefe 1998). Die Literaturangaben çber die Effekte der einzelnen Zytokine auf Chondrozyten variieren sehr je nach Chondrozytentyp, Spezies aus der die Zellen stammen, Alter der Zellen und Konzentration der zugegebenen Wachstumsfaktoren. Eine Ûbersicht, die keinen Anspruch auf Vollståndigkeit erheben kann, zeigt Tabelle 1. Die Verwendung eines einzelnen Wachstumsfaktors wird aufgrund der begrenzten Wirkungsweise fçr die Heilung hyalinen Knorpels wohl nicht ausreichen. Noch unerforscht ist, in wieweit die Gabe eines Zytokins eine folgende Kaskade mit Aktivierung weiterer Wachstumsfaktoren auslæst. Probleme bei der Anwendung der Wachstumsfaktoren zur Knorpeltherapie ergeben sich zum einen hinsichtlich der kommerziellen Verfçgbarkeit reiner aktiver Peptide in kærpereigener Form, zum anderen hinsichtlich der
Tabelle 1. Ûbersicht çber die Wirkung verschiedener Wachstumsfaktoren auf Chondrozyten Proliferation Migration
Wachstumsfaktoren In den letzten Jahren kam es durch intensive Forschung zu einem wachsenden Verståndnis fçr die Knorpelentwicklung und -regeneration. Eine wichtige Stellung nehmen hierbei Substanzen ein, die an der Regulation der Zellphysiologie beteiligt sind und unter deren Einfluss es zu
n n n n n n n
IGF-1 BFGF EGF TGF-beta BMP-2 CDMP-2 PDGF
+ + + (+) +
(+)
+
(+)
Differenzie- Matrixrung synthese
+ (+) + +
+ + + + + + +
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P. Ueblacker et al.
biologischen Verfçgbarkeit, da die Zytokine in vivo einem raschen enzymatischen Abbau unterliegen. Deshalb låsst sich mit einer einfachen Applikation noch kein Dauereffekt in der Knorpelheilung erreichen (Caplan 1991) (Neidel 1992). Um einen konstanten Wirkspiegel im Gewebe zu erreichen, mçssten Wachstumsfaktoren in hohen Dosen mehrmals injiziert werden, was nicht zuletzt aufgrund der Risiken wie Infektion und immunologischen oder toxischen Geschehen unpraktikabel erscheint. Nicht zuletzt ist auch die Zugånglichkeit des Defektes fçr Injektionen meist eingeschrånkt. Zur Læsung dieser Probleme verfolgen mehrere Strategien das Ziel, biologisch aktive Wachstumsfaktoren in situ produzieren oder freisetzen zu lassen. Die Technik des Gentransfers bietet sich hierzu als elegante Methode an.
Gentherapie Gentherapie bedeutet die Verånderung der zellulåren genetischen Information. Hierbei wird entweder ein Gendefekt ersetzt, oder der Zelle eine neue Funktion, z. B. Bildung von Wachstumsfaktoren, verliehen. Das Prinzip ist es, exogene Gene mittels eines Vektors in das Genom, d. h. in den Nukleus einer Zielzelle einzuschleusen. Dort werden sie von ihr, zusammen mit den zelleigenen Genen, transkribiert und als mRNA aus dem Nukleus ausgeschleust. Es folgt die Translation an den Ribosomen und die Freisetzung der neugebildeten Proteine aus der Zelle (Mulligan 1993). Durch gewollte Ûberexpression des Genes kommt es zum therapeutischen Effekt (s. Abb. 1). Der Transfer von Fremdgenen in die Zielzelle kann çber verschiedene Mechanismen erfolgen, meist wird ein Vektor verwendet. Es wird zwischen nichtviralen und viralen Strategien bzw. Vektoren unterschieden. Zu den nichtviralen Methoden zåhlen u. a. die Injektion nackter DNA, die liposomale Transfektion, die sogenannte ªGenkanoneª, die DNA-Partikel in den Zellkern einschieût, die DNA-Liganden-Technik und das Elektroporationsverfahren (Li, Huang 2000; Nishikawa, Huang 2001). Zu den viralen Vektoren zåhlen Retroviren, Vacciniaviren, Adenoviren, Adeno-assoziierte Viren, Herpesviren und andere. Retro- und Adenoviren sind die meistverwendeten. Werden Viren verwendet, so muss man sie modifizieren, so
Abb. 1. Schema eines viralen Gentransfers
dass in der Zielzelle keine Replikation erfolgt und somit keine weitere Zellen infiziert werden. Retroviren waren die ersten experimentell erforschten viralen Vektoren. Ihre einzelstrångige RNA muss in der Wirtszelle zu Beginn der Virusinfektion erst mit Hilfe der viruseigenen reversen Transkriptase in doppelstrångige DNA umgeschrieben werden, bevor das eingeschleuste Fremdgen exprimiert werden kann. Deshalb kænnen Retroviren als Vektoren fçr die Gentherapie nur bei sich teilenden Zellen verwendet werden (Jolly 1994). Da die virale Nukleinsåure in einer oder auch mehrerer Kopien ins Genom der Wirtszelle integriert wird (Provirus), kommt es zu einer lange andauernden Expression des Fremdgens. Dies ist ein grosser Vorteil fçr die Gentherapie, weshalb Retroviren bisher fçr die meisten klinischen Versuche verwendet wurden. Adenoviren sind fåhig, ein breites Spektrum sowohl replizierender als auch nicht-replizierender Zellen zu infizieren. Ein weiterer grosser Vorteil ist, dass sie als Vektoren biologisch sicherer sind als die im Genom verbleibenden Retroviren. Ein Nachteil des Gentransfers durch Adenoviren ist jedoch eine zellulåre und humorale Immunantwort nach Expression der adenoviralen Proteine (Wang, Finer 1996). Ausserdem bringen Adenoviren im Gegensatz zu Retroviren das Genmaterial nicht in einer dauerhaft stabilen Form in den Zellkern ein, die Genexpression geht nach der Zellteilung verloren (Jolly 1994). Die Effizienz des Gentransfers variiert je nach Vektor erheblich. Die meisten nichtviralen Methoden kænnen ein Fremdgen nur in wenige Prozente der Zielzellen einschleusen. Viren kænnen dagegen, abhångig von Græûe und Struktur des Fremdgens, sowie Art der Zielzelle, bis zu 100% Effizienz erreichen. Zur Beurteilung der Effizienz eines Gentransfers kommen sogenannte Marker- oder Reporter-
Gentherapie am Knorpel
Abb. 2 a, b. Chondrozyten nach retroviralem Gentransfer der Marker- bzw. Reportergene lacZ ( a) und EGFP (b). Die positiven, d. h. die das Gen exprimierenden, Zellen sind blau angefårbt (lacZ), bzw. erscheinen grçn leuchtend im Nucleus (EGFP)
gene zur Anwendung, die positive Zellen entweder durch eine Anfårbbarkeit (beta-Galaktosidase = lacZ) oder Fluoreszenz (Enhanced Green Fluorescent Protein = EGFP) sichtbar machen. Experimente aus unseren Labors, in denen ein Transfer von Markergenen durch ein neu konstruiertes Retrovirus in Fibrochondrozyten und Chondrozyten von Kaninchen und Schaf untersucht wurde, zeigten eine Infektionseffizienz in çber 95% der Zellen (s. Abb. 2). Ein Gentransfer ist auf zwei unterschiedliche Wege mæglich: bei der In-vivo-Methode werden die Fremd-DNA plus Vektor direkt in das Zielgewebe eingebracht (z. B. injiziert). Fçr die Exvivo-Methode werden zunåchst Zellen aus dem Gewebe gewonnen, in vitro genetisch manipuliert und erst dann wieder in den Defekt reinseriert. Wåhrend die direkte Methode technisch einfacher ist, ist der Gentransfer bei der Ex-vivo-Methode sicherer, da er unter besser kontrol-
lierbaren Bedingungen ausserhalb des Organismus durchgefçhrt wird. Gentherapeutische Methoden stellen håufig die ¹letzte Chanceª in der Behandlung sonst unheilbarer Krankheiten, wie z. B. schweren Immundefekten dar. Sicherheitstechnische Aspekte stehen im Vordergrund, insbesondere wenn genetische Manipulationen fçr die Therapie orthopådischer Erkrankungen eingesetzt werden sollten. Unbekannte Nebenwirkungen, wie Toxizitåt oder mutagene Verånderungen durch unkontrollierbares Gewebewachstum wåren unakzaptabel. Experimentelle Studien haben an verschiedenen Tiermodellen die Machbarkeit eines Gentransfers in Chondrozyten und tissue-engineerten Knorpelersatzmaterialien bewiesen. So fçhrte ein retroviraler Transfer des BMP2-Genes in eine Osteoprogenitor-Zellinie und die anschlieûende Injektion in den M. quadrizeps von Måusen zu einer Knochenneubildung im Muskel (Engstrand et al. 2000). Nach retroviraler Infektion von mesenchymalen Stammzellen mit BMP-7 und Implantation in osteochondrale Defekte an Kaninchen konnte die Regeneration von Knochen und Knorpel beobachtet werden (Mason et al. 2000). Musgrave et al. infizierten verschiedene ZellTypen mit einem Adenovirus als Vektor fçr das BMP-2-Gen und injizierten die Zellen in Muskelgewebe von SCID-Måusen. Nach einigen Wochen zeigte sich auch hier eine Osteoinduktion (Musgrave et al. 2000). In einer weiteren Studie fçhrte die Implantation von TGF-beta-exprimierenden Fibroblasten in chondrale Defekte am Kniegelenk von Kaninchen nach einigen Wochen zu einer Heilung mit hyalinem Knorpel (Lee et al. 2001).
Steuerbare Gentherapie Durch einen Transfer von Fremdgenen in eine Zielzelle lassen sich zwar beachtliche experimentelle Erfolge in der Behandlung von muskuloskelettalen Verletzungen erzielen (Bandara et al. 1992; Bandara et al. 1993; Ghivizzani et al. 1998; Powell et al. 1999; Goto et al. 2000; Grande, Nixon 2000; Bakker et al. 2001). Eines der Hauptargumente gegen die Durchfçhrung dieser Methoden an Patienten ist die bisher fehlende Regulation der Genexpression (Ein-/Abschalten des Gens). Durch die fehlende Steuerbarkeit kann es durch ståndige Zytokinbildung zu ei-
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P. Ueblacker et al.
Zusammenfassung und Ausblick in die Zukunft
Abb. 3 a, b. Chondrozyten (Kaninchen) nach liposomaler Transfektion des tetrazyklin-induzierbaren Genes ¹tetlacZª. Die unbehandelte Kontrolle (a) weist nur eine schwache Hintergrundfårbung auf. Nach Tetrazyklin-Gabe (1 lg/ml) zeigt sich dagegen eine signifikante beta-Galactosidase-positive Fårbung in ca. 10% der Zellen (b)
nem çberschieûendem Wachstum neuen Gewebes kommen. Eine weitere Gefahr ist eine mægliche maligne Entartung. Aus diesem Grund wird weltweit an der Klonierung von Genen gearbeitet, deren Expression von auûen steuerbar ist (Robbins, Ghivizzani 1998) (s. u.). Durch die Entwicklung induzierbarer Genexpressionssysteme in den letzten Jahren ist eine steuerbare Gentherapie mæglich geworden. Die steuerbare transgene Expression ist sinnvoll, um die Transkription eines Gens beliebig einund auszuschalten und dadurch eine Kontrolle çber die Bildung von z. B. Wachstumsfaktoren zu bekommen. Mehrere Systeme sind derzeit Gegenstand experimenteller Untersuchungen: das FK506/Rapamycin-, das RU486/Mifepriston-, das Ekdyson- und das Tetrazyklin-induzierbare System (Gossen, Bujard 1992) (Blau, Rossi 1999). Eigene Untersuchungen mit dem Tetrazyklininduzierbaren System haben anhand von Markergenen gezeigt, dass der Einsatz an Chondrozyten und Fibrochondrozyten sowohl in vitro als auch in vivo mæglich ist (s. Abb. 3).
Der Einsatz tissue-engineerten, genetisch manipulierten Gewebes wird mæglicherweise die bisherigen Formen der Knorpeltherapien revolutionieren. In einem Zukunftsszenario kænnte einem Patienten mit einem osteochondralen Schaden am Kniegelenk zunåchst Blut entnommen werden. Stammzellen werden daraus isoliert, in vitro genetisch alteriert, in Chondrozyten transformiert und auf biodegradierbare Gerçste zum dreidimensionalen Wachstum gesiedelt. Nach einigen Wochen wird das Konstrukt in den Knorpeldefekt eingebracht und die zelleigene Produktion von Wachstumsfaktoren durch eine exogene Substanz fçr eine gewisse Zeit eingeschaltet, bis der Defekt geheilt ist. Viele Fragen sind aber noch offen auf dem Weg zum Einsatz gentherapeutischer Methoden fçr die Behandlung orthopådischer Erkrankungen. Zunåchst ist noch nicht gånzlich geklårt, welche Zellart, welches Zellgerçst und welche Wachstumsfaktoren zu den besten Ergebnissen fçhren kænnen. Vor allem aber die Fragen nach der Sicherheit, nach den Vektoren und der Kontrollierbarkeit der Genexpression stehen noch offen.
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Gentherapie am Knorpel
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Meniskus
Kapitel 12
Meniskustransplantation D. Kohn, R. Seil
Wåhrend manche orthopådisch traumatologische Operationsverfahren bereits kurz nach ihrer Einfçhrung allgemeine Akzeptanz und Verbreitung erfahren, gibt es andere die çber Jahre im experimentellen Stadium bleiben. Letzteres gilt fçr die Meniskustransplantation, also den kompletten Ersatz eines verlorengegangenen Meniskus durch ein allogenes Transplantat. Das Verfahren wurde in den 80er Jahren in Deutschland entwickelt (Milachowski et al. 1987). Nach guten Frçhresultaten der ersten klinischen Serie waren mittelfristige und Spåtresultate enttåuschend. Die Methode wurde dann im Ausland, vor allem in den Vereinigten Staaten, aufgegriffen und wird dort routinemåûig durchgefçhrt. Ihr kommt mittlerweile klinisch eine Bedeutung zu, die ihr aufgrund vorliegender objektiver Daten nicht zusteht. Dieser Beitrag soll den Stand der Diskussion im Jahr 2001 darstellen. Das Fehlen eines Meniskus fçhrt regelmåûig zu fortschreitenden und schlieûlich schweren Knorpelschåden im betroffenen Kniekompar-
timent (Kohn et al. 1999B). Es lag nahe zu untersuchen ob der Ersatz eines verlorengegangenen Meniskus diese Entwicklung verhindern kann. In vitro wird die Kontaktflåche im medialen Kniekompartiment tatsåchlich durch Einsetzen eines Meniskustransplantates im Vergleich zum Zustand nach Meniskektomie vergræûert (Alhalki et al. 2000). Auch der Tierversuch zeigt, dass ein Meniskustransplantat zu einem gewissen Schutz des hyalinen Gelenkknorpels fçhrt (Cummins et al. 1997). Dieses Resultat wurde bei verschiedenen Tierspezies unabhångig von verschiedenen Untersuchern beschrieben (Szomor et al. 2000). Ins Gelenk eingenåhte Meniskustransplantate heilen an der Kapsel an und fçhren nicht zu einer akuten oder messbaren Abstoûungsreaktion. Allerdings kommt es nach Ansicht vieler Autoren im Laufe von Jahren zu einem Schrumpfen der Transplantate die damit ihre mechanische Funktion nicht mehr erfçllen kænnen (Stollsteimer et al. 2000). Das Meniskustransplantat heilt nicht nur ein, es
Abb. 1. Mit einem Zielbohrgeråt werden die Verankerungslæcher fçr die Verankerung von Vorder- und Hinterhorn mæglichst exakt anatomisch gebohrt
Abb. 2. Einziehen eines kåltekonservierten allogenen Meniskustransplantates ins laterale Kompartiment eines rechten Kniegelenks
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
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D. Kohn, R. Seil: Meniskustransplantation
wird auch von kærpereigenen Zellen synovialer Herkunft im Laufe von etwa einem Jahr repopularisiert (DeBeer et al. 2000). Ûber die technischen Anforderungen die eine erfolgreiche Transplantation gestellt werden ist bislang wenig bekannt. Allerdings scheint eine sichere Verankerung der vorderen bzw. hinteren Enden der Transplantate am Knochen der Area intercondylaris unabdingbar (Chen et al. 1996, Johnson et al. 1995). Die Verwendung eines Transplantates der richtigen Græûe ist darçber hinaus fçr die Lastçbertragung erforderlich, andererseits operationstechnisch derzeit kaum zu gewåhrleisten (Shaffer et al. 2000). Gute klinische Langzeitresultate fehlen. Ûber zufriedenstellende mittelfristige Resultate wird berichtet (Garrett 1993, Rodeo 2001). Die postoperative Beurteilung der transplantierten Meniszie ist ein nach wie vor ungelæstes Problem. Bislang hat die Kernspintomographie diesbezçglich enttåuscht (Van Arkel et al. 2000), eine Kontrollarthroskopie aus rein diagnostischen Grçnden ist kaum zu rechtfertigen. Wåhrend der beginnende medialseitige Gelenkschmerz nach medialer Meniskektomie gut durch eine Tibiakopfkorrekturosteotomie beherrscht werden kann, gilt dasselbe nicht fçr Schmerzen nach lateraler Meniskektomie. Hier gibt es keine erfolgreiche Umstellungsoperation. Auûerdem ist die Prognose nach lateraler Meniskektomie schlechter im Vergleich zu der nach medialer Meniskektomie. Dies gilt insbesondere fçr Langzeitresultate (McNicholas et al. 2000). Der operative Aufwand fçr eine Meniskustransplantation ist hoch. Die zusåtzliche Operationszeit ist mit 1±2 Stunden zu veranschlagen. Hygienisch einwandfreie allogene Meniskustransplantate kann man kaufen. Der Preis betrågt jedoch derzeit ca. 5000 Euro. Zusammendfassend ergibt sich heute, dass der Ersatz des medialen Meniskus als wissenschaftlich wenig abgesichertes und in seiner klinischen Effizienz keinesfalls bewiesenes Verfahren gelten muss. Hier steht mit der Tibiakopfosteotomie bei derselben Indikation eine bessere Alternative zur Verfçgung. Dagegen ist der laterale Meniskusverlust mit lateraler Schmerzsymptomatik bei einem jungen Menschen eine mit bekannten und erprobten Verfahren nicht beherrschbare Situation. Deshalb erscheint die experimentelle laterale Meniskustransplantation gerechtfertigt. Diese sollte jedoch wenigen Zentren vorbehalten bleiben, damit rasch gençgend Erfahrung mit der nætigen Anzahl an Fållen gesammelt werden kann.
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Frakturen
Kapitel 13
Moderne Fixationsmæglichkeiten der Patellafrakturen W. Friedl, J. Gehr
Einleitung Die Patellafraktur ist das Paradebeispiel einer Fraktur unter Zugbelastung und gleichzeitig eine Gelenkflåchenfraktur mit den entsprechend hohen Anforderungen an eine stabile anatomische Reposition und Retention der Fraktur. Sowohl in der klinischen Analyse der Behandlungsergebnisse wie in den experimentellen Untersuchungen fçhrt die Patellafraktur jedoch ein Schattendasein. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in der Entwicklung von Osteosynthesetechniken der Kniescheibe seit fast 50 Jahren bis vor kurzem wenig geschehen ist. Dies liegt sicher in erster Linie an der relativ geringen Zahl der betroffenen Patienten und somit geringerem klinischem Interesse von Seiten der Unfallchirurgen wie auch der Implantate-Hersteller. Die ventrale Zuggurtung der AO nach Allgæwer stellt bis auf wenige Ausnahmen den Therapiestandard dar. Die immer wieder angegebene Zugschraubenosteosynthese ist nur fçr einfache Frakturen anwendbar und weist den bekannten Nachteil des Lockerns von Schrauben unter alternierender Zugbelastung auf. Eine neue Idee stellte die Drahtseilzuggurtung von Labitzke dar, die erstmals die Zuggurtung, wie in der Mechanik definiert, als statisches System auffasste und zur Erreichung einer gleichmåûigeren Kompression der Frakturflåche fçhrt. Patellafrakturen weisen eine sehr unterschiedliche Morphologie von einfachen Quer- oder Långsfrakturen bis zu Stern- und Trçmmerfrakturen auf. Wichtig erscheint es mir darauf hinzuweisen, dass bei Frakturen, die bei einem direktem Aufprall auf die Kniescheibe bei angespanntem Streckapparat auftreten, sehr håufig auch eine Frontale Frakturebene zwischen den harten Ventralflåchenanteilen und den Gelenkflåchenanteilen in der weniger dichten Spongiosa ganz analog zu den Olecranonfrakturen entstehen kann. Dies muss bei der Fraktursåuberung
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Abb. 1. Patellasternfraktur mit zusåtzlicher frontaler Frakturebene
sorgfåltig untersucht werden, um nicht Implantate in diesen Bereich zu platzieren (Abb. 1).
Konventionelle Zuggurtung der Patellafraktur Die AO-Zuggurtung stellt auch heute bei weitem die håufigste Versorgungsform von Patellafrakturen dar. Wie bei allen andern Osteosyntheseformen der Patella muss eine genaue anatomische Reposition der Fraktur unter digitaler Gelenkflåchenrepositionskontrolle erfolgen. Wir bevorzugen dabei den medianen Långszugang, da er eine Schnitterweiterung nach Bedarf und somit einfachere Exposition ermæglicht. Die Gelenkflåchenaustastung erfolgt von einer kurzen medialen Retinaculum-Inzision, falls der Reservestreckapparat nicht ebenfalls verletzt ist. Es ist gçnstig einen Bildwandler steril mitabgedeckt im transversalen Strahlengang mit einzusetzen, um den Patellagelenkflåchenbefund auch der kontralateralen Seite zu dokumentieren. Rotationsunterschiede des proximalen und distalen Fragmentes (Fragmente) um die Långsachse der Patella sind nicht selten und digital
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W. Friedl, J. Gehr
bei hoher Quadricepsspannung leicht zu çbersehen. Die Durchleuchtungskontrolle muss dabei nach Reposition in unterschiedlichen Rotationspositionen des Beines erfolgen, um den medialen Rand, die zentrale Rçckflåche und den lateralen Rand der Patella darzustellen. Wåhrend der Osteosynthese kann der Bildwandler cranial oder caudal geschoben werden, so dass er nicht die Arbeit beeintråchtigt. Die Reposition der Fraktur richtet sich nach dem Frakturtyp. Nur bei minimal dislozierten subaponeurotischen Frakturen kann eine Osteosynthese nach digitaler Austastung der Gelenkflåche ohne Frakturflåchen-Debridement erfolgen. Ansonsten ist immer ein Aufklappen der Frakturflåche, Såuberung, Entfernung sehr kleiner Fragmente oder Refixation insbesondere von Gelenkflåchen tragenden Fragmenten mit Ethipins, Biofix oder Polylactidstiften erforderlich. Die primåre Retention der Fragmente erfolgt mit kleinen und groûen Arthrodesenzangen. Die Zuggurtungsosteosynthese erfolgt durch das Einbringen von 2 parallelen 2,0 mm Kirschnerdråhten von proximal oder seltener distal (2 Dråhte sind einfacher an dem breitem proximalen Rand der Patena zu platzieren, die Bohrrichtung jedoch wegen des Oberschenkels schlechter zugånglich). Die in den AO-Manualen zu findende Einbringung von der Frakturflåche vor Reposition und retrogrades Vorbohren nach der Reposition ist nur fçr sehr einfache 2 Fragmentfrakturen anwendbar. Einzelne kleinere Fragmente kænnen mit zusåtzlichen Dråhten unterschiedlicher Stårke fixiert werden. Bei Vorhandensein einer frontalen Frakturebene ist es wichtig, dass die Långsdråhte in den Gelenkflåchen-nahen Fragmenten platziert werden. Die eigentliche Zugkraftneutralisation erfolgt durch eine Drahtzuggurtungsschlinge in der Regel von 1,25 mm, die mæglichst knochennahe dorsal der proximalen und distalen Drahtenden gefçhrt wird und ventral vor der Patella gekreuzt angelegt wird. Dadurch soll beim Anspannen der Zuggurtung eine ventrale Druckkraft und Gelenkflåchendistraktion erfolgen. Nach dem Verståndnis der AO kommt es aber bei der Flexion des Kniegelenkes zu einer Kompression auch der Rçckflåche der Patella (Abb. 2). Sollten solche Durchschwingungen tatsåchlich bei jeder Kniebeugung auftreten, mçsste ein Ermçdungsbruch die Regel sein. Dass dies nicht so ist, haben Untersuchungen von Brill und Hopf [1] gezeigt, die bereits nach wenigen Sekunden Zugbelastung sowohl ventral wie dorsal keinerlei
Abb. 2. Prinzip der AO-Zuggurtung
Abb. 3. Dehiszenz einer Patellafraktur nach Zuggurtungsosteosynthese
Druckkråfte bei einer AO-Zuggurtung der Patella nachweisen konnten. Um die Verbesserung der Kompression zu erreichen und auch laterale und mediale Fragmente mit zu fixieren, kann deshalb auch eine ungekreuzte zusåtzliche Drahtumschlingung der Patella erfolgen. Dennoch bietet die Patellazuggurtung insbesondere bei komplexeren Frakturen erhebliche Probleme und zahlreiche unbefriedigende Behandlungsergebnisse (Abb. 3). Diese resultieren aus den immer vorhandenen Weichteilinterponaten zwischen den Drahtschlingen (gekreuzt ventral und ungekreuzt zirkulår) und der Patellaoberflåche und auch den ventrodorsalen Ver-
Moderne Fixationsmæglichkeiten der Patellafrakturen
schiebungsmæglichkeiten von ungekreuzten Drahtschlingen. Dadurch resultiert eine Dehiszenzneigung, die zu den bekannten Problemen der Frakturspaltbildung, Stufenbildung, verzægerten Heilung, Pseudarthrose, Fragment und Implantatdislokationen fçhrt. Kirschnerdrahtbrçche treten bei der tatsåchlich funktionierenden ¹dynamischen Zuggurtungª auf. Sie sind in Relation zu den anderen angegebenen Problemen jedoch seltener.
Die Patellaschraubenosteosynthese Diese Osteosyntheseform hat sich nur bei den Patellalångsfrakturen durchgesetzt und bewåhrt. Das Risiko von Lockerungen und auch Ausrissen von Zugschrauben unter alternierender Zugbelastung ist groû. Zwar zeigten die Untersuchungen von Brill und Hopf fçr die Schraubenosteosynthese viel hæheren Druck der Frakturflåche und Zugbelastbarkeitswerte als bei der AO-Zuggurtung, aber es handelte sich um statische Kurzzeit- und nicht um Wechseldruckbelastungen, die bekanntlich fçr Zugschrauben eine ungçnstige Stabilitåt aufweisen; aber auch die Anwendung von 2 6,5 mm-Schrauben mit Unterlagscheiben und die Verfestigung der Patella durch Knochenzement sind fçr die klinische Anwendung nicht praktikabel. Klinisch werden bei Långsfrakturen Kleinfragment-Volloder -Lochschrauben als Zugschrauben eingesetzt. Es ist wichtig die genaue Lage der Schrauben in Bezug zur Gelenkflåche und die anatomische Gelenkflåchenreposition unter Durchleuchtung zu dokumentieren.
Labitzke-Seilzuggurtung Um die Frakturflåche einer homogeneren Druckkraft auszusetzen, wurde von Labitzke, der korrekterweise die Zuggurtung als statisches System erkannte, die laterale Seilzuggurtung beschrieben [5]. Die Operationstechnik entspricht weitgehend der konventionellen Zuggurtung. Anstelle der gekreuzten ventralen Schlinge werden jedoch medial und lateral der Patella 2 Seilsysteme um die Drahtenden gespannt. Insbesondere bei zusåtzlichen Frakturen in den medialen und oder lateralen Patellaanteilen, aber auch wegen der hier wesentlich schmåleren und we-
Abb. 4. Labitzke-Zuggurtung: klinisches Beispiel und Druckkraftverteilung der Frakturflåche (aus [5])
niger festen Knochenstruktur besteht dabei ein deutliches Ausbruchrisiko/Durchschneiderisiko, was wiederum zu einer Lockerung/Frakturdehiszenz fçhren muss. Dies wurde auch bei den Untersuchungen von Brill und Hopf mit einem lateralen Durchschneiden der Långsdråhte festgestellt. Es ist auch bei diesem System nicht mæglich, einen vollen Knochenkontakt zwischen Seilen und Patella herzustellen, und auch eine ventrodorsale Verschiebung der Seile ist mæglich, was zu einem Lockern des Systems fçhren kann (Abb. 4). Bei dem Vorhandensein einer frontalen Frakturebene ist eine Anwendung nur mit einer zusåtzlichen ventralen gekreuzten Zuggurtungsschlinge mæglich. Daher konnte sich die Labitzke-Zuggurtung nicht durchsetzen.
Der XS-Nagel Die oben beschriebenen Probleme sowie in der Literatur [4] und in der eigenen Erfahrung [3] nicht immer zufriedenstellende Ergebnisse haben uns veranlasst ein vællig neues Therapiekonzept fçr die Versorgung der Patellafrakturen zu suchen. Kernforderungen waren dabei: n eine gleichmåûige statische Kompression der Frakturflåche durch eine zentrale Implantatlage in der Patella n Verhinderung einer Lockerung durch eine Weichteil-unabhångige Verankerung der Implantate n Minimierung des Ausbruchrisikos durch Verwendung der gesamten Knochenbreite zur Implantatverankerung
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W. Friedl, J. Gehr
Abb. 6. Reposition einer Patellasternfraktur mit zusåtzlicher frontaler Frakturebene und Zieldrahteinbringung
Abb. 5. XS-Nagel mit Zielbçgel und Verriegelungsdråhten
n Anwendbarkeit auch bei sehr komplexen Frakturen, auch mit zusåtzlicher frontaler Frakturebene n Weichteilschonung durch mæglichst weitgehende intraossåre Implantatlage. Das Ergebnis dieser Ûberlegungen war der XSNagel (Abb. 5). Wenn auch der Gedanke einer Verriegelungsnagelanwendung fçr einen NichtRæhrenknochen und dabei sogar einer Gelenkfraktur zunåchst zumindest ungewæhnlich erschien, so haben doch die experimentellen Untersuchungen und auch die klinische prospektive Untersuchung unseres Krankengutes eine dramatische Verbesserung der Behandlungsmæglichkeit der Patellafrakturen erbracht [3]. Zwar ist eine theoretische Grenze der Versorgbarkeit von Trçmmerfrakturen denkbar, wenn proximal und/oder distal nicht wenigstens ein Fragment von etwa 1 ´ 1 cm Græûe zur Aufnahme des Nagels existiert. In einer 2-jåhrigen Anwendung hatten wir einen solchen Fall jedoch noch nie erlebt [3] und daher auch nie eine Patellektomie durchfçhren mçssen.
Die Operationstechnik unterscheidet sich betreffend Exposition der Fraktur, Reposition und temporårer Fixation mit Arthrodesenzangen wie auch der digitalen und Bildwandlerkontrolle des Repositionsergebnisses nicht von der bei der Zuggurtung beschriebenen Technik. Der Bildwandlereinsatz im queren Strahlengang ist bei der XS-Nagel-Osteosynthese obligat. Es ist kein primåres Ziel der XS-Nagel-Entwicklung, eine Minimierung des OP-Zugangs und eine percutane Versorgung der Fraktur zu ermæglichen. Diese kann zwar bei subaponeurotischen Frakturen erreicht werden, die Reposition und die digitale und Bildwandlerdokumentation des Repositionsergebnisses bleiben jedoch in gleicher Weise wie bei anderen Osteosynthesen unbedingt erforderlich. Die anatomisch genaue Reposition der Fraktur ist unbedingt einzuhalten. Die Osteosynthesetechnik ist grundsåtzlich unterschiedlich zu anderen Verfahren. Nach der Reposition wird meist von dem Patellaspitzenfragment, das bei leichter Knieflexion besser erreichbar ist und bei kleinem Fragment der 2,0 mm-Kirschnerdraht von hier auch einfach zentral in dem Fragment platziert werden kann, als Fçhrungsdraht bis in das proximale Hauptfragment eingebracht. Bei frontalen zusåtzlichen Frakturebenen ist es wichtig, dass der Draht in den Gelenkflåchennahen Fragmenten platziert wird. Dabei kann die Ausrichtung je nach Lage der Fragmente auch schråg oder sogar quer sein, so dass jede Art von Frakturen mit dem XS-Nagel versorgt werden kann. Nach Bild-
Moderne Fixationsmæglichkeiten der Patellafrakturen
Abb. 7. Einbringung des Nagels mit eingespanntem Zielbçgel
Abb. 8. Gewindedrahtverriegelung
wandlerçberprçfung der Drahtposition erfolgt die Nagellagervorbereitung mit einem 4,5 mmLochbohrer. Ein Nagel entsprechender Långe wird mit einem Ræntgenstrahlen-durchlåssigen Zielbçgel eingespannt eingebracht. Bei der Patellaversorgung kommen nur 4- und 5-Loch-XS-
Abb. 9. Kompression der Fraktur mit Madenschraube
Någel zur Anwendung. Der Nagel wird mit leicht drehenden Bewegungen eingeschoben und die Feinpositionierung der Einschlagtiefe mit einem kleinen Hammer vorgenommen (Abb. 6 u. 7). Die Fixation in dem proximalen und distalen Fragment erfolgt çber Zielhçlsen ohne Bildwandlerkontrolle mit 2,0 mm-Gewindedråhten. In dem proximalen und distalen Fragment kann bei einfachen Frakturen 1, meist jedoch jeweils 2 Gewindedråhte platziert werden. Bei Mehrfragmentfrakturen werden alle Læcher des Nagels mit Gewindedråhten, die sich in 9 mm Abstånden befinden, besetzt, so dass alle Fragmente gefasst werden. Da die beiden proximalen Nagellæcher eine ovale Konfiguration haben, kann durch eine Madenschraube im Nagel unabhångig von Weichteilinterponaten eine hohe Kompression der Fraktur erreicht werden. Auch mit medial oder lateral angelegten Drahtschlingen um die Drahtenden kann eine craniocaudale Drahtschlinge zu einer zusåtzlichen Kompression eingesetzt werden. Auch diese sind unabhångig von Weichteilinterponaten und kænnen somit nicht sekundår lockern. Bei zusåtzlichen frontalen Frakturebenen kænnen die ventralen Fragmente mit transversalen gekreuzten oder schrågen Drahtschlingen, die um die Gewindedrahtenden gefçhrt werden, an das Verriegelungssystem mit fixiert werden (Abb. 11). Die experimentellen Untersuchungen erfolgten an Patellakunststoffmodellen mit integriertem Quadriceps- und Patellarsehnenansatz, um Messfehler durch die Krafteinleitungsstellen zu vermeiden [2]. Die Belastungstests erfolgten mit einer Materialprçfungsmaschine. Es wurden je-
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W. Friedl, J. Gehr
Abb. 10. Seitliche Kompressionsmæglichkeit mit Drahtschlingen (frçher Fall ohne Gewindedråhte)
Abb. 13. Deformation der Testgruppen im Vergleich zu den nicht osteotomierten Kontrollwerten (Dehiszenz). Bei den Nagelgruppen war nie, bei den Zuggurtungen immer eine Dehiszenz aufgetreten. Der geringere Unterschied bei der 3-fachen Fragmentosteotomie geht auf die zusåtzliche Anwendung einer Drahtumschlingung in der Zentralebene der Patella bei der Zuggurtungsosteosynthese zurçck. Der dadurch wirkende zentrale Krafttråger fçhrt beim Fehlen von Weichteilen im Experiment auch bei der Zuggurtung zu gçnstigeren Ergebnissen
Abb. 11. Fixation der ventralen Fragmente an das Nagelsystem mit einer transversalen Drahtschlinge um die Gewindedrahtenden
Abb. 14. Patellamehrfragmentfraktur mit zusåtzlicher frontaler Frakturebene. XS-Nagelosteosynthese mit zusåtzlicher ventraler Drahtschlinge
Abb. 12. Nach Belastungstests deutliche Dehiszenz nach Zuggurtungen im Gegensatz zu der XS-Nagelung
Moderne Fixationsmæglichkeiten der Patellafrakturen
weils 250 Lastwechsel bei 250 N und 500 N bei einem Flexionswinkel von 30 8 durchgefçhrt. Wåhrend bei allen Zuggurtungsgruppen eine optisch sichtbare Dehiszenz auftrat, war dies bei keiner der XS-Nagelgruppen der Fall (Abb. 12 u. 13). In dem Zeitraum von Januar 2000 bis Mai 2001 wurden 26 Patienten mit einer Patellafraktur mit einem XS-Nagel versorgt. In 3 Fållen handelte es sich um offene Frakturen, in 3 Fållen um Reosteosynthesen nach Zuggurtung oder Pseudarthrosen. Bei 14 Frakturen handelte es sich um Mehrfragmentfrakturen, 2 mal handelte es sich um offene Frakturen. Alle Frakturen sind zeitgerecht verheilt. Alle Patienten durften ihr Bein postoperativ voll belasten. Eine Tutorschiene ist nicht erforderlich. Lediglich Treppensteigen ist mit der Einschrånkung des Treppauf-Gehens mit dem gesunden Bein zuerst und des Treppab-Gehens mit dem verletzten Bein zuerst erlaubt worden. Es kam zu keiner Redislokation oder Pseudarthrosenbildung. In keinem Fall war ein Streckdefizit und in 2 Fållen ein Beugedefizit nach 4 Monaten bei der Nachuntersuchung vorhanden.
Schlussfolgerungen Die heute noch am meisten verbreitete Methode stellt die Zuggurtungsosteosynthese dar. Die biomechanischen, experimentellen wie klinischen Ergebnisse der XS-Nagelanwendung lassen jedoch einen grundsåtzlichen Wechsel auf die XS-Nagelosteosynthese von Patellafrakturen als sinnvoll erscheinen.
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Kapitel 14
Moderne Fixationstechniken bei osteochondralen Frakturen A. Prokop, J. Andermahr, J. Isenberg, H. J. Helling, K. E. Rehm
Einleitung Osteochondrale Frakturen sind eine Herausforderung an den Operateur. Sowohl das Entfernen kleinerer Fragmente, als auch deren inkorrekte Fixation kænnen im ungçnstigsten Fall zu einer Stærung der Gelenkkongruenz fçhren. Knochen und Knorpel tragende Fragmente, die græûer als 10 mm sind und dem belasteten Gelenk entstammen, sollten daher mæglichst frçhzeitig fixiert werden. Zur Stabilisierung der kleinen Fragmente kænnen Minischrauben verwendet werden, die den Nachteil haben, dass sie entweder von gelenkseits eingebracht mit ihren voluminæsen Kæpfen çberstehen und somit die gegenseitige Gelenkflåche schådigen kænnen oder, wenn sie von gelenkfern eingebracht werden, nur mit geringem Gewindehub das Fragment fassen und ggf. ebenfalls ins Gelenk ragen kænnen. Bereits in den 60er Jahren wurden von Kulkarni und seinen Mitarbeitern sich selbstauflæsende Implantate aus Polylactid und anderen Polymeren wie z. B. Polyglykolid entwickelt, die bei ausgewåhlten Indikationen eingesetzt werden kænnen [5]. Nach çber 30-jåhriger Entwicklung und Testung und vielen Fehlschlågen weiû man heute, dass bioresorbierbare Implantate nicht fçr die stabile Versorgung groûer Schaftfrakturen geeignet sind. Hier ist die Belastung auf Biegung und auf Scherung so groû, dass es zum Bruch des Implantates kommt. Dagegen konnten die Produkte bei kleineren osteochondralen Frakturen çberzeugen. Je schneller die Implantate degradieren, desto håufiger werden aber Fremdkærperreaktionen an Knochen und Weichteilen beobachtet. So sind bei den schnell resorbierbaren Polyglykoliden derartige Reaktionen in bis zu 60% der Fålle beschrieben worden [2]. Bei den sehr viel langsamer degradierbaren Polylactid-Implantaten sind diese Reaktionen nur in Einzelfållen beschrieben [7±9].
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Abb. 1. Im Handel befindliche bioresorbierbare Poly-L-/DLLactidstifte (Polypin¾) mit einem Durchmesser von 1,5 mm, 2,0 mm und 2,7 mm
Wir setzten seit çber 10 Jahren daher biodegradierbare Implantate aus Poly-L-DL-Lactid (Polypin¾, Fa. Sulzer, Freiburg) zur Behandlung derartiger Frakturen ein. Die Stifte, die einen Durchmesser von 1,5, 2,0 und 2,7 mm aufweisen, kænnen subchondral unter den Knorpel versenkt werden und ermæglichen durch die seitlichen Rillen eine PressfitVerankerung (Abb. 1). In einer tierexperimentellen und klinischen Untersuchung sollte die Vertråglichkeit von Poly-L/DL-Lactidstiften (Polypin¾) fçr Knochen und Weichteile im Langzeitverlauf çberprçft werden.
Material und Methode In einer tierexperimentellen Untersuchung am Merino Hausschaf wurde bei 18 Schafen eine 2 Cent groûe osteochondrale Fraktur am medialen Femurkondylus durch Osteotomie simuliert und mit drei Polylactidstiften (Polypin¾) mit einem Durchmesser von jeweils 2,0 mm fixiert.
Moderne Fixationstechniken bei osteochondralen Frakturen
Die Schafe wurden nach 3, 18 und 36 Monaten eingeschlåfert und die Kniegelenke histologisch untersucht. Alle Tiere wurden konventionell nach 6 Wochen, 3 Monaten und dann alle 6 Monate konventionell geræntgt. Im konventionellen Ræntgen und im CT wurden die Stiftkanaldurchmesser im Verlauf gemessen. Zwischen 1990 und 1996 wurden 97 Patienten mit osteochondralen Frakturen mit den Polypin¾-Stiften versorgt. Davon wurden 34 Patienten nach 22±54 Monaten nachuntersucht [7]. Nach einer Klassifikation von Hoffmann wurden die Knochenreaktionen bewertet [3].
wurde eine asymptomatische erstgradige Osteolyse nach Hoffmann im konventionellen Ræntgenbild festgestellt. 33 Patienten beurteilten das Ergebnis bei der Nachuntersuchung als gut und sehr gut [7].
Diskussion Biodegradable Stifte aus Polylactid eignen sich sehr gut zur Fixierung kleinere osteochondraler Frakturen. Insbesondere bei noch vorhandenen Knochenanteilen gelingt bei sicherer Fixierung ein gutes Anheilen und vermeidet zur Arthrose fçhrende Gelenkdefekte. So ist das wichtigste Ziel der Behandlung von Gelenkfrakturen eine anatomische Rekonstruktion des Gelenkes. Diese Eingriffe sollten so frçh wie mæglich erfolgen, um eine optimale Einpassung zu gewåhrleisten. Je långer mit einem Eingriff gewartet wird, desto schlechter sind durch Abrieb die Einheilungsergebnisse. Eine Fixierung mit biodegradablen Stiften ist nur dann mæglich, wenn die Fragmente nicht zu klein sind. Ab einer Græûe von 7±10 mm gelingt eine gute Fixierung. Falls mæglich sollten zwei Stifte zur Rotationssicherung eingesetzt werden. Der beste Halt wird bei divergierend eingebrachten Implantaten ermæglicht. Die Implantatkosten sind noch hoch und bei den Stiften mit ca. 75 Euro pro Stçck einzukalkuliern. In der Summe der Behandlungskosten werden die Kosten der Implantate durch den fehlenden Zweiteingriff jedoch mehr als wettgemacht. Eine spåtere Metallentfernung birgt zusåtzliches Risiko fçr den Patienten und erzeugt nicht unerhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Die Kosten der Metallentfernung, die in einem Krankenhaus der 4. Versorgungsstufe bei einem 3-tågigen Aufenthalt anfallen, liegen im gçnstigsten Fall (Tagessatz 250 1) bei 750 1. Hinzu kommt bei einer Arbeitsunfåhigkeit von 2 Wochen ein betriebswirtschaftlicher Verlust von etwa 6 000 1. Bei 210 000 alljåhrlich in
Ergebnisse Alle Osteotomien waren nach 6 Wochen eingeheilt. Wåhrend der ganzen Beobachtungszeit waren alle Schafe klinisch unauffållig. Klinische und laborchemische Entzçndungsreaktionen wurden nicht gesehen. Die Stiftkanåle erweiterten sich asymptomatisch unter Degradation zwischen dem 12. und 18. Monat, um dann bis zum 36. Monat zu verschwinden. Im CT waren die Stiftkanåle anhand circulårer Reaktionen am besten nachweisbar (Tabelle 1). Die Kernspintomographie versagte durch Artefaktbildung. Bei der histologischen Untersuchung nach 3 Jahren waren alle Stifte vollståndig resorbiert und die ehemaligen Kanåle narbig oder zumeist vollståndig mit Knochen aufgefçllt. Von Mai 1990 bis Mårz 1996 wurden bei 97 Patienten Polypin¾-Stifte eingesetzt. Um çber eine gençgend lange Nachbeobachtungszeit zu berichten, wurden 34 Patienten nach 22 bis 54 Monaten kontrolliert und die Ergebnisse ausgewertet. Vornehmlich wurden Radiuskopffrakturen, aber auch Talus- und Femurkondylenfrakturen, sowie die Anlage von kortikospongiæsen Spånen vorgenommen. In keinem Fall war es zu Weichteil- oder Fremdkærperreaktionen gekommen. In 6 Fållen Tabelle 1. Stiftdurchmesser im Schafstierversuch 3. Mo.
6. Mo.
12. Mo.
18. Mo.
24. Mo.
30. Mo.
36. Mo.
n Stiftdurchmesser im Ræntgen
n = 36 2,5 mm
n = 24 2,5 mm
n = 24 3,7 mm
n=2 4 4,4 mm
n = 12 2,2 mm
n = 12 1,6 mm
n = 12 0,8 mm
n Stiftdurchmesser im CT
n = 12 2,7 mm
±
±
n = 12 3,7 mm
±
±
n = 12 1,8 mm
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90
A. Prokop et al.
Abb. 2. Traumatischer Knorpelschaden mit Ablæsung eines groûen und eines kleinen osteochondralen Gelenkstçckes
Abb. 4. Radiuskopffraktur mit um 908 disloziertem Gelenkfragment
Abb. 3. Fixierung des Hauptfragmentes mit 5 Polypin¾ 2,0 mm und des kleinen Fragmentes mit 2 Polypin¾ 2,0 mm
Deutschland durchgefçhrten Metallentfernungen entsteht ein volkswirtschaftlicher Verlust von rund 2,1 Mrd. Euro [1, 6]. Titanimplantate kænnen nach heutiger Ansicht zwar belassen werden, sind bei der Anschaffung aber 2±3 ´ so teuer wie Stahlimplantate. Reaktive entzçndliche Verånderungen nach dem Einsatz von Titan sind zwischenzeitlich beschrieben und untersucht [4, 10]. Besonders gut lassen sich kleine Gelenkstçckbrçche mit diesen Stiften aufbauen. Aber auch græûere oder mehrere osteochondrale Flakefrakturen kænnen sicher versorgt werden. Als gutes Beispiel fçr eine græûere Flakefraktur sei auf den abgebildeten Fall an der Femurkondyle verwiesen (Abb. 2 u. 3). Ebenfalls gçnstig lassen sich Radiuskopffrakturen stabilisieren (Abb. 4 u. 5). Bei Radiuskopfbrçchen besteht die Indikati-
Abb. 5. Abschlusssitus nach Fixierung mit 2 Polypin¾ 2,0 mm
on zum Eingriff bei radiologisch nachweisbarer Stufe von çber 2 Bildmillimeter oder einer Abkippung von çber 108. In der græûten deutschen Studie wurden von 1993 bis 1995 an 23 Kliniken 163 Patienten mit diesen Brçchen operiert. Vorher erfolgte mit Einverståndnis der Patienten eine zufållige Zuordnung, ob zur Fixierung des Bruches Polypin¾-Stifte oder Metallimplantate (Schrauben, Dråhte oder Platten) verwandt wurden. Bei 81
Moderne Fixationstechniken bei osteochondralen Frakturen
Patienten kamen Metallimplantate und bei 82 Patienten Polypin¾-Stifte zum Einsatz. Die Langzeitergebnisse liegen zwischenzeitlich vor und zeigen keine statistisch bedeutsame unterschiedliche Rate von Komplikationen in beiden Patientengruppen. Nach 4±6 Wochen, sowie nach einem und zwei Jahren wurden die Patienten nachuntersucht und nach einem Score bewertet, der Beweglichkeit, Schmerzen, Kraft und Stabilitåt und verschiedene andere Parameter berçcksichtigt und mit Punkten bewertet. Maximal waren 100 Punkte mæglich. Nach 6 Wochen waren die Ergebnisse in der Stiftgruppe mit 77 Punkten bei Polypins und 74 Punkten bei Metallimplantaten etwas besser. Nach 1 und 2 Jahren wurden in beiden Gruppen durchschnittlich gleichermaûen çber 90 Punkte erreicht [9]. Andere ideale Einsatzmæglichkeiten fçr die Stifte ergeben sich beim Wiederaufbau von komplizierten Frakturen, wo ¹verlorene Implantateª benætigt werden, die aufgrund ihrer ungçnstigen Lage nicht mehr entfernbar sind. Dabei werden z. B. Hçftgelenks- oder Fersenbeinbrçche schrittweise Schicht fçr Schicht fixiert und somit das ganze Gelenk rekonstruiert. Typischerweise beginnt bei den Polypin¾Stiften die Degradation erst nach Heilung des Knochens. Nach 12±18 Monaten erweitern sich die Stiftkanåle radiologisch kaum sichtbar durch Wassereinlage unter der hydrolytischen Spaltung der Stifte. Dann beginnt ab dem 18. Monat von auûen ein Ersatz des entstandenen Stiftlagers mit Knochen oder Narbengewebe. Nach 3 Jahren sind die Stifte aufgelæst und der Stiftkanal mit Knochengewebe ausgefçllt. Regelhaft sind die ehemaligen Stiftkæpfe vollståndig mit Knorpel çberwachsen. Die Kriterien fçr die Biodegradation mit vollståndiger Degradation innerhalb der ersten 5 Jahre und Verstoffwechselung der Abbauprodukte sind daher erfçllt [8]. Die guten klinischen Langzeiterfahrungen sprechen daher fçr einen zunehmenden Einsatz dieser Implantate bei osteochondralen Frakturen.
Zusammenfassung n Ziel. Fixierung kleinerer und græûerer osteochondraler Frakturen mit biodegradablen PolyL/DL-Lactidstiften (Polypin¾) und Prçfung der Knochen- und Weichteilreaktionen im Langzeitverlauf.
n Methode. Tierexperimentelle Prçfung an 36 Merino Hausschafen. Stabilisierung von Osteotomien an der Femurkondyle mit drei Polypin¾-Stiften und radiologische und computertomographische Verlaufskontrolle çber 3 Jahre. Klinischer Einsatz an 97 Patienten çber 7 Jahre mit Verlaufskontrollen von 34 Patienten nach 22±54 Monaten. n Ergebnisse. Alle Frakturen heilten ohne Dislokation aus. Klinisch relevante Knochen- und Weichteilreaktionen traten nicht auf. Nach 12±18 Monaten begann die Auflæsung der Implantate. Nach 3 Jahren waren die Stifte degradiert und durch Narben- oder Knochengewebe ersetzt. n Schlussfolgerungen. Polypin¾-Stifte eignen sich sehr gut zu Fixierung osteochondraler Flakefrakturen im Kurz- und Langzeitverlauf.
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91
Adjuvante Maûnahmen
Kapitel 15
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden H. Hempfling
Radiologische Verånderungen der Arthrosis deformans sind bei 90% der çber 40-jåhrigen nachweisbar (Kellgren 1961, Lowman 1955). Am håufigsten ist das Kniegelenk betroffen (Heine 1926). Bei den Betroffenen zeigt sich die Arthrose hauptsåchlich durch verminderte Gelenkfunktion, Schmerzen und Arbeitsunfåhigkeit (Wagenhåuser 1976). Die Pathogenese der Krankheit ¹Arthroseª ist in vielen Punkten noch ungeklårt (Mohr 1989). Die meisten Wissenschaftler haben ihre eigenen Erklårungen. Dies beståtigt die Aussage von Ali (1978): ¹ . . . at present most research workers have their own picture of osteoarthritisª. Auch wenn das krankheitsauslæsende Moment weiter im Unklaren liegt, ist man sich çber die zentrale Rolle des Knorpelschadens und des Knorpelstoffwechsels im Arthrosegeschehen einig. Durch den degenerativen Knorpelschaden kommt es çber den entstehenden Detritus zu einer Synovialitis chondrodetritica (Mohr 1981). Die entzçndlich verånderte Synovialmembran produziert neben proteolytischen Enzymen Entzçndungszellen und Entzçndungsmediatoren. Hier spielt auch das Peptid ¹Katabolinª eine wichtige Rolle. Katabolin wird von der Synovialis freigesetzt und kann als ¹messengerª die Chondrozyten zum Abbau von Proteoglykanen und Kollagen stimulieren (Dingle 1981). Dies wçrde zu einem neuen Knorpelschaden fçhren bzw. den bereits bestehenden Knorpelschaden im Sinne eines Circulus vitiosus verstårken. Wenn auch noch nicht letztlich geklårt, so ist dieser Circulus vitiosus als zentrales Geschehen beim chronischen Knorpelschaden anzusehen. Erst die Dekompensation mit Dysfunktion des gesamten Gelenkapparates, von Otte (1971) als ¹aktivierte Arthroseª bezeichnet, låsst die Arthrose klinisch relevant werden (Felder 1986). Der Ûbergang der Detritus-Synovialitis aus einem ruhenden in ein aktiviertes Stadium gilt in diesem Zusammenhang als Hauptursache der Schmerzverstårkung (Rosenthal 1988).
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
Die Arthroskopie des Kniegelenkes hat durch die Verringerung der peri- und postoperativen Morbiditåt, der Hospitalitåt, der krankheitsund operationsbedingten Ausfallzeiten sowie durch geringere Komplikationsraten, im Vergleich zur Arthrotomie, zur raschen Verbreitung der Methoden in den letzten 20 Jahren gefçhrt. Es besteht kein Zweifel darçber, dass die Arthroskopie heute zu den am håufigsten durchgefçhrten chirurgisch-orthopådischen Eingriffen zåhlt (Casscell 1990). Die Arthroskopie hat heute eine bedeutende Stellung in der Arthrosetherapie. Es besteht die Mæglichkeit mechanische Hindernisse und nekrotisches sowie aufgebrochenes Knorpelgewebe ohne wesentliches Operationstrauma zu beseitigen. Die Kombination aus Lavage, Knorpelbzw. Meniskusglåttung und der Beseitigung sonstiger mechanischer Hindernisse bezeichnet man als ¹Debridementª. Beim Debridement stehen Eingriffe am Knorpel und an den Menisken mit Abstand im Vordergrund (Rosenthal 1988). Dass die alleinige Gelenklavage bei der Gonarthrose zu einer Verbesserung der Beschwerden fçhren kann, ist seit çber 60 Jahren bekannt (Burman 1934). Man erklårt sich die guten Ergebnisse durch das Ausspçlen von Knorpelabrieb, Entzçndungsmediatoren und Kristallen (Dieppe 1980, Goldenberg 1982). Gleichzeitig soll die Verminderung des Enzymgehalts und die zumindest vorçbergehende Entlastung der Resorptionsleistung und Phagozytosekapazitåt der Synovialmembran und der Synovia eine Rolle spielen (Klein 1981). Kann die alleinige Lavage die Arthroseschmerzen beseitigen? Schmid (1992) zeigte in seiner Arbeit çber die Knorpelglåttung bei traumatischen Knorpelschåden, dass die Chondrozytennekrosezahl in der Schicht, die unmittelbar unter der geglåtteten Flåche liegt, ansteigt. Er stellt das Knorpelshaving, mit dem Ziel, mæglichst glatte Oberflåchen zu erzielen, in Frage. In diesem Fall wçrde man sich die glatten
96
H. Hempfling
Oberflåchen mit einem zusåtzlichen Knorpelverlust erkaufen. Ist die Knorpelglåttung im ursprçnglichen Sinn, nåmlich mæglichst glatte Oberflåchen zu schaffen, noch haltbar? Neben diesen Fragestellungen hat der routinemåûige Einsatz und die weite Verbreitung der Arthroskopie neue Probleme hervorgebracht. Hier ist neben den durch die Arthroskopie anfallenden Kosten vor allem die Frage der Qualitåtsbeurteilung und der Qualitåtssicherung zu nennen. Casscells (1990) meint in einem Editorial: ¹There ist no evidence thus far that irrigation, debridement, and/or abrasion arthroplasty produce relief for more than a few months, or, at most, several years . . . ª und stellt die Frage: ¹can we justify the cost and effectiveness of such a procedure?ª.
Material und Methode Im Mittelpunkt der Studienplanung stand der Circulus vitiosus bei degenerativen Gelenkverånderungen. Unserer Ansicht nach muss das Hauptanliegen einer Arthrosetherapie, solange noch keine kausale Therapie aufgrund des unvollståndigen pathoåtiologischen Verståndnisses mæglich ist, die Unterbrechung dieses Circulus vitiosus sein. Dies ist prinzipiell mit dem Ausspçlen des Detritus, mit dem Entfernen der als Substrat fçr den Detritus dienenden nekrotischen Knorpelareale und Knorpelflaps sowie mit dem Einbringen eines Proteinaseninhibitors mæglich. Der Wirkungsmechanismus der Proteinaseninhibitoren ist in der Inhibierung von proteolytischen Enzymen, die den Abbau der Knorpelgrundsubstanz beschleunigen und in der Inhibierung von Schmerzmediatoren, sog. ¹pain producing substancesª, zu sehen (Uebel 1969). Vollståndigkeitshalber muss man in diesem Zusammenhang auch antiinflammatorisch wirksamen Substanzen (Kortikoide, NSAIDs) erwåhnen. Wir sind aufgrund der nachgewiesenen hemmenden Einflçsse von Kortikoiden (Karzel 1969, Vidal 1978) und NSAIDs (Fujihira 1971, Kalbhen 1967) auf den Knorpelstoffwechsel der Anwendung dieser Substanzen gegençber eher zurçckhaltend eingestellt. Des Weiteren wirken diese Substanzen zu einem Teil analgetisch und færdern çber die Ausschaltung des negativen Feedback die Ûberlastung des Gelenkes (Brune 1992). Der Erfassungszeitraum umschlieût die Jahre 1987 bis Ende 1992. In diesem Zeitraum sind
3742 Arthroskopien in der BG-Unfallklinik Murnau durchgefçhrt worden. 58% davon (n = 2169) waren Arthroskopien des Kniegelenkes. Wir haben 612 Patienten mit chronisch-degenerativen Verånderungen des Kniegelenkes, bei denen eine Arthroskopie durchgefçhrt wurde, angeschrieben und befragt. Das Zielmerkmal fçr die Aufnahme in diese Studie war der arthroskopisch diagnostizierte, degenerative Knorpelschaden und die therapeutische Arthroskopie im flçssigen Medium. Von einem degenerativen Knorpelschaden gingen wir dann aus, wenn die durchgefçhrte Kniegelenkspiegelung einen frisch-traumatischen Knorpelschaden ausschlieûen konnte. Gleichzeitig musste die Anamnese fçr einen chronisch-degenerativen Verlauf sprechen. Erfçllten Patienten diese Zielmerkmale, musste bei ihnen arthroskopisch eine Lavage oder ein Debridement durchgefçhrt worden sein. Bei der Lavage wurde das Kniegelenk grçndlich mit mindestens 3000 ml Ringerlæsung gespçlt (Abb. 1). Beim Debridement beschrånkten wir uns auf die Fålle, bei denen ausschlieû-
Abb. 1. Lavage mit groûlumiger Toomey-Spritze (a), es entleert sich trçb-braune Synovia (b)
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden
Tabelle 1. Knorpelschadenklassifikation nach Ficat und Hungerford (1977) n Stadium I: Knorpelædem mit Elastizitåtsverlust und lokaler Erweichung, mina splendens jedoch noch intakt n Stadium II: Knorpelfissuren und Rissbildungen, welche den subchondralen Knochen nicht erreichen n Stadium III: Ulzera und Erosionen des Knorpels bis auf den subchondralen Knochen
Tabelle 2. Ausschlusskriterien Abb. 2. Oberflåchliches Knorpeldebridement
lich nur Knorpel- und/oder Meniskusschåden geglåttet wurden (Abb. 2). Wir haben nur degenerative Meniskushinterhornrisse berçcksichtigt. Neben der Meniskuslåsion musste gleichzeitig auch ein degenerativer Knorpelschaden vorliegen. Wir kombinierten das Debridement stets mit einer anschlieûenden Lavage. Bei der Knorpelglåttung sollte mæglichst nur nekrotisches oder flottierendes Knorpelgewebe entfernt sowie mechanisch gçnstige Ûbergånge zu den benachbarten Knorpelflåchen geschaffen werden. Auch die Meniskusresektion wurde zurçckhaltend durchgefçhrt. Wir resezierten den eingerissenen Meniskusteil und glåtteten vorsichtig den Meniskusrand. Bei Meniskus- und Knorpelglåttung sollte mæglichst viel intaktes, somit funktionstçchtiges Gewebe geschont werden. Fçr das Debridement verwendeten wir vorwiegend Rongeure, aber auch Meiûel fçr die Exophytenabtragung und Shaversysteme. Im Anschluss an die arthroskopischen Verfahren fand bei 85 Patienten durch einen Arthroskopeur die Instillation von 100 000 I.E. des Proteinaseninhibitors Aprotinin (Trasylol) durch die Inflow-Kançle in das Kniegelenk statt. Bei allen Patienten verwendeten wir keine intraartikulåre Redondrainage. Postoperativ fand keine Ruhigstellung statt ± wir strebten eine mæglichst frçhzeitige Mobilisation an. Wir klassifizierten den arthroskopisch erhobenen Knorpelschaden entsprechend dem Knorpelschaden-Staging nach Ficat und Hungerford (1977) (Tabelle 1). Wir verwendeten diese Knorpelschadenklassifikation fçr die drei Gelenkkompartimente des Kniegelenkes (mediales und laterales Femorotibialgelenk, Femoropatellargelenk).
Allgemeine Ausschlusskriterien n n n n n n n n n n n
Die Arthroskopie im gasfærmigen Medium Der traumatische Knorpelschaden Die Fibroarthrolyse Das Entfernen von Metall Arthroskopisch gleichzeitig durchgefçhrte Bandplastiken Pridiebohrungen und Abrasionsarthroplastiken Sonstige zeitlich und topisch angrenzende Operation Osteochondrosis dissecans Chondropathis patellae Retinakulumspaltung Græûe Meniskusresektionen (mehr als Vorder- und/ oder Hinterhorn) und Meniskektomien
Die heutige Vielfalt der arthroskopischen Verfahren veranlasste uns die Ausschlusskriterien exakt zu definieren (Tabelle 2). Diese Kriterien ermæglichten es uns, ein homogenes und aussagekråftiges Patientengut zu erstellen, das ausschlieûlich Patienten mit chronisch-degenerativen Verånderungen der Kniegelenke und den damit assoziierten Beschwerden enthielt und bei denen die gångigen arthroskopischen Verfahren, die Lavage und das Debridement, durchgefçhrt worden sind. Insgesamt waren 150 Patienten von den Ausschlusskriterien betroffen. Wir sprachen nur von einer Besserung bzw. von guten Ergebnissen, wenn die Patienten nach der Therapie anhaltend schmerzfrei oder die Schmerzen anhaltend geringer als pråoperativ und die Patienten zugleich subjektiv mit dem Ergebnis der Arthroskopie zufrieden waren. Die Patienten wurden von uns çber den Zeitraum der Schmerzfreiheit bzw. Schmerzbesserung befragt. Um Aussagen çber den Zeitverlauf der Arthrosetherapie zu erhalten, wåhlten wir die Darstellung der Ergebnisse in Jahresabstånden. Wir wåhlten den Schmerzzustand der Patienten als wichtigsten Beschwerdeparameter. Auch an-
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H. Hempfling
dere Studien haben den Erfolg einer Therapie an der Linderung der Schmerzen bzw. an der erzielten Schmerzfreiheit gemessen (Livesley 1991, Suter 1990). Ewing (1990) åuûerte sich çber die Ziele der Arthroskopie bei degenerativer Arthritis wie folgt: ¹The result they were seeking was of course relief of pain with preservation of functional range of motionª und ¹The goal of the procedure ist always relief of painª. Die Auswertung fand mit einem Tabellenkalkulationsprogramm (EXCEL 4.0) und einem Statistikprogramm (SPSS) statt. Zur Prçfung einer eventuellen Abhångigkeit zwischen zwei Zufallsvariablen x und y verwendeten wir den ChiQuadrat-Test.
Ergebnisse 68,3% (n = 418) der angeschriebenen 612 Patienten haben den Fragebogen beantwortet. Von diesen 418 zurçckgesandten Fragebægen konnten 150 entsprechend den Ausschlusskriterien nicht verwenden. Es verblieben somit 268 Patienten in der Studie. Bei 7 dieser 268 Patienten wurden beide Kniegelenke arthroskopiert, weswegen wir insgesamt 275 Arthroskopien erfasst haben. Bei 33 Patienten war das geforderte 1. Jahr noch nicht abgelaufen, somit kamen 242 Patienten zur Auswertung (Tabelle 3). In der Studie waren 64,9% der Patienten (n = 157) månnlichen und 35,1% (n = 85) weiblichen Geschlechts. Bei 128 Patienten wurde das rechte und bei 114 das linke Kniegelenk arthroskopiert. Das Durchschnittsalter lag bei 50 Jahren. Der jçngste Patient war 18 Jahre alt, der ålteste Patient 84 Jahre.
Tabelle 3. Patientengut Kniearthroskopien 1987±1992 n = 2169 n1 = 612 bei Knorpelschåden n2 = 242 zur Auswertung
d. h. n = 242 n Keine medikamentæse Weiterbehandlung n Keine weiteren Eingriffe
Zuerst werteten wir die Stellungnahmen der Patienten bezçglich ihrer Zufriedenheit mit dem Ergebnis der an ihnen durchgefçhrten Arthroskopien aus. Die Patienten konnten Noten von 1 bis 4, entsprechend den Qualitåten sehr gut, gut, befriedigend und schlecht, verteilen. 13 Patienten enthielten sich ihrer Stimme (Note 5). Jeweils ca. 25% der Patienten beurteilten das Ergebnis der Arthroskopie mit den Noten sehr gut, gut, befriedigend und schlecht (Abb. 3). Die alleinige Lavage (n = 180) erzielte çber den gesamten Betrachtungszeitraum schlechtere Ergebnisse als das arthroskopische Debridement. Ein Jahr nach der Lavage waren bei 41,1% der Patienten die Beschwerden noch anhaltend gebessert, bzw. sie waren noch beschwerdefrei. Im weiteren Verlauf gaben 36,1% der Patienten zwei Jahre postoperativ, 33,0% drei Jahre postoperativ und 27,7% vier Jahre postoperativ gute Ergebnisse an (Abb. 4). Die Ergebnisse des Debridements (n = 62) lagen deutlich çber denen der Lavage. Die Besserungsraten bewegten sich bei diesem arthroskopischen Verfahren in den ersten drei postoperativen Jahren um 60% im Mittel. Im Betrachtungszeitraum ¹vier Jahre postoperativª nahm der prozentuale Anteil der guten Ergebnisse ab. Nur 33,3% der Patienten berichteten
Abb. 3. Graphische Darstellung der Stellungsnahme der Patienten bezçglich ihrer Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Arthroskopie. Beurteilung mit den Noten 1 bis 4, entsprechend den Qualitåten sehr gut, gut, befriedigend und schlecht. Die Note 5 erfasst die Patienten, welche sich ihrer Stimme enthalten haben
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden
Abb. 4. Ergebnisse der Lavage und des Debridements. Besserung in Prozent fçr die ersten vier Jahre postoperativ
Abb. 5. Ergebnisse des Debridements mit und ohne Aprotinin-Instillation. Besserung in Prozent fçr die ersten vier Jahre postoperativ
von einer zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Besserung ihrer Beschwerden bzw. Beschwerdefreiheit (Abb. 4). Alle Arthroskopien betrachtet, ohne Trennung zwischen den arthroskopischen Verfahren, erzielten die Arthroskopien mit Aprotinin-Instillation çber den gesamten Betrachtungszeitraum keine besseren Ergebnisse als die Arthroskopien ohne Aprotinin-Instillation. Bezogen auf die Fålle, bei denen wir ein Debridement durchgefçhrt haben, ergab sich ein Unterschied in den Ergebnissen. Die Gruppe mit Aprotinin-Instillation (n = 10) weist çber die ersten drei postoperativen Jahr die besseren Ergebnisse auf (Abb. 5). Den 70,0% Besserung ein Jahr postoperativ mit Aprotinin-Instillation stehen 63,3% Besserung ohne Aprotinin-Instillation gegençber. Zwei Jahre nach dem Debridement gaben 66,7% der Patienten mit intraartikulårer Aprotiningabe eine Besserung an, demgegençber nur 55,0% der Patienten ohne Aprotiningabe. Auch zum Zeitpunkt ¹drei Jahre
postoperativª liegt die Besserungsrate des Debridements mit Aprotinin-Instillation (62,5%) çber der Besserungsrate des Debridements ohne Aprotinin-Instillation (56,2%). Vier Jahre postoperativ kommt es zu einer Ønderung ± 42,9% der Patienten ohne Aprotinin-Instillation, aber nur 20,0% der Patienten mit Aprotinin-Instillation bemerkten eine noch anhaltende Besserung ihrer Beschwerden bzw. Beschwerdefreiheit. Fçr die ersten drei postoperativen Jahre konnte kein statistischer Zusammenhang zwischen den Debridements mit Aprotinin-Instillation und hæheren Besserungsraten nachgewiesen werden. Bei Patienten mit schwach ausgeprågten Knorpelschåden (Chondromalazie-Stadium I und II) erzielten die Arthroskopien mit anschlieûender Aprotinin-Instillation çber den gesamten Betrachtungszeitraum bessere Ergebnisse (Abb. 6). In 93 Fållen haben wir nach der Arthroskopie 100 000 I.E. Aprotinin (Trasylol) in die Kniegelenke von Patienten mit Knorpelschåden Stadium I und/oder II instilliert. Bei 43 Pa-
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H. Hempfling
Abb. 6. Ergebnisse der Arthroskopien bei Patienten mit den Chondromalaziestadien I und/oder II, unterschieden zwischen mit und ohne Aprotinin-Instillation. Besserung in Prozent fçr die ersten vier Jahre postoperativ
Tabelle 4. Gute Ergebnisse in Abhångigkeit vom Schweregrad des Knorpelschadens in % Zeitfaktor n n n n
nach nach nach nach
1 2 3 4
Jahr Jahren Jahren Jahren
Stadium 1
Stadium 2
Stadium 3
50,7 48,0 50,7 43,8
46,0 32,4 25,0 6,7
37,0 34,4 11,2 16,7
tienten mit gleich stark ausgeprågten Knorpelschåden fand keine Aprotiningabe statt. Die mittlere Besserungsrate der ersten vier postoperativen Jahre liegt fçr die Arthroskopien mit Aprotinin-Instillation bei 54,1% und fçr die Arthroskopien ohne bei 44,2%. Die Statistik ergab fçr diese Ergebnisse keinen signifikanten Zusammenhang. Die Ergebnisse in Abhångigkeit vom Schweregrad des Knorpelschadens (Tabelle 4) zeigen, dass mit zunehmender Zeit die guten Ergebnisse abnehmen, sowohl mit dem Fortschreiten der Zeit als auch mit der Zunahme des Schweregrades. Weitere Fragestellungen unserer Studie lauteten: ¹Kænnen bei Patienten, die einen auf das mediale bzw. laterale Gelenkkompartiment beschrånkten Knorpelschaden aufweisen, die Symptome der Arthrose durch die Arthroskopie långerfristig gebessert werden und geht dadurch eventuell Zeit bis zu einer Umstellungsosteotomie verloren?ª und ¹Kann die Lavage bzw. das Debridement die Beschwerden bei stark ausgeprågter Panarthrose verbessern und kann dadurch Zeit bis zu einer Prothesenversorgung gewonnen werden?ª. Hierzu teilten wir die arthroskopisch diagnostizierten Knorpelschåden in zwei Merkmale ein (Tabelle 5). Fçr das ¹Merkmal 1ª (n = 42) musste das mediale oder das la-
Tabelle 5. Merkmale des arthroskopisch diagnostizierten Knorpelschadens, die fçr eine Umstellungsosteotomie bzw. Kniegelenkprothese gesprochen håtten n Merkmal 1: das med./lat. Femorotibialgelenk hat einen Knorpelschaden mit einer der Kombination med./lat. Kompartiment: Grad 3/0, 0/3, 3/1 oder 1/3 Spricht aus arthroskopischer Sicht fçr eine Umstellungsosteotomie n Merkmal 2: das med./lat. Femorotibialgelenk hat einen Knorpelschaden mit einer der Kombinationen med./lat. Kompartiment: Grad 3/2, 2/3 oder 3/3 n Merkmal 3: Patienten mit einem Knorpelschaden, der fçr diese Fragestellung nicht geeignet ist, d. h. er erfçllt keine der fçr Merkmal 1 und 2 geforderten Kriterien
terale Kompartiment des Femorotibialgelenkes einen Knorpelschaden Stadium III aufweisen, gleichzeitig hatte die kontralaterale Gelenkflåche unversehrt zu sein. Dem ¹Merkmal 2ª (n = 42) ordneten wir Knorpelschåden zu, die im Sinne einer Panarthrose das ganze Kniegelenk betrafen. Die Knorpelschåden bei Patienten mit dem ¹Merkmal 1ª sprachen aus arthroskopischer Sicht fçr eine Umstellungsosteotomie, die des ¹Merkmal 2ª fçr eine eventuell notwendig werdende Prothesenversorgung. Die Arthroskopien erzielten bei 61,9% der Patienten mit dem ¹Merkmal 1ª zum Zeitpunkt ein Jahr postoperativ gute Ergebnisse. Zwei Jahre postoperativ waren 48,1% der Patienten, drei Jahre postoperativ 28,6% der Patienten und vier Jahre postoperativ noch 22,2% der Patienten beschwerdefrei, bzw. waren ihre Beschwerden gebessert. Die Besserungsraten der arthroskopierten Patienten mit dem ¹Merkmal 2ª liegen bei 21,4% fçr ein Jahr postoperativ, 17,2% fçr zwei Jahre postoperativ, 5,0% fçr drei Jahre postoperativ und 7,1% fçr vier Jahre postoperativ. Die-
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden
Abb. 7. Ergebnisse der Arthroskopien bei Patienten mit Knorpelschåden, die aus arthroskopischer Sicht fçr eine Umstellungsosteotomie des Kniegelenkes (¹Merkmal 1ª) oder fçr eine Prothesenversorgung (¹Merkmal 2ª) gesprochen håtten. Besserung in Prozent fçr die ersten vier Jahre postoperativ
Abb. 8. Ergebnisse der therapeutischen Arthroskopie in Abhångigkeit vom Versicherungsstatus
se Ergebnisse sind entsprechend der Schwere der Knorpelschåden deutlich schlechter als die Ergebnisse der Arthroskopien bei Patienten mit dem ¹Merkmal 1ª (Abb. 7). Wie erwartet, nehmen die guten Ergebnisse der Lavage und des Debridements mit zunehmendem Schweregrad des Knorpelschadens ab. Im Rahmen der statistischen Auswertung stellten wir fest, dass die Lavage bzw. das Debridement bei den Patienten mit primåren Arthrosen (n = 154) çber die ersten drei postoperativen Jahre signifikant bessere Ergebnisse erzielte, verglichen mit den Ergebnissen dieser arthroskopischen Verfahren bei Patienten mit sekundåren Arthrosen (n = 88). Die Ergebnisse der Arthroskopien bei Patienten mit primåren Gonarthrosen lagen im Mittel um 29,7 Prozentpunkte çber den Ergebnissen der Arthroskopien bei Patienten mit sekundåren Gonarthrosen. DesWeiteren ergaben sich in unserer Studie Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Arthroskopien bei Patienten die in einer Berufsgenossenschaft (n = 122) bzw. die nicht in einer Berufsgenossenschaft (n = 120) versichert waren.
Die Arthroskopien bei BG-Versicherten weisen çber den gesamten Betrachtungszeitraum signifikant schlechtere Ergebnisse auf. Die Besserungsraten der Arthroskopien bei nicht in einer Berufsgenossenschaft versicherten Patienten lagen im Mittel um 29,2% çber den BG-Versicherten (Abb. 8).
Diskussion Der Circulus vitiosus bei Arthrosis deformans kann prinzipiell durch die Lavage und das Debridement unterbrochen werden. Grundsåtzlich dçrfen von der Arthrosetherapie keine Wunder erwartet werden, da die Knorpelzellen sich beim Erwachsenen in einer postmitotischen Phase befinden und als nicht mehr regenerationsfåhig zu betrachten sind (Fuller 1972, Green 1977). Die Einsatzmæglichkeiten der Arthroskopie bei symptomatischen chronisch-degenerativ verånderten Kniegelenken sind vielfåltig. Wir haben uns in dieser Studie auf die Lavage und die
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H. Hempfling
glåttende Arthroskopie beschrånkt. Die alleinige Lavage ist aufgrund unserer Ergebnisse bei leichten bis schwersten Knorpelschåden empfehlenswert. Bei stårker ausgeprågten Knorpelschåden stellt die Lavage eine Mæglichkeit dar, Zeit bis zur Versorgung mit einer Gelenkprothese zu gewinnen. Bei einem kleinen Teil der Patienten mit stark ausgeprågten Knorpelschåden erzielte die alleinige Lavage gute Langzeitergebnisse (bis 4 Jahre postoperativ) und kann somit fçr einige Patienten sogar eine Alternative zum Gelenkersatz darstellen. Kann man Patienten nicht dem Risiko einer groûen Operation (Kniegelenkprothese) aussetzen, so wird man sich frçher fçr die Lavage entscheiden und die Patienten vor dem græûeren Eingriff bewahren. Es spricht nichts dagegen, die Lavage ggf. bei wieder symptomatisch gewordenen Kniegelenken, z. B. in Halbjahres- oder Jahresabstånden, zu wiederholen. Verschiedene Publikationen empfehlen Ringerlæsung oder Ringer-Laktatlæsung als Spçlmedium, andere Spçlflçssigkeiten haben stårker inhibierende Einflçsse auf den Knorpelstoffwechsel (Dingle 1981, Nole 1985, Reagan 1983). Wahrscheinlich ist bereits mit 400 ml Spçlflçssigkeit der Detritus ausreichend ausgespçlt (Mayrhofer 1981), meist wird jedoch mehr Spçlflçssigkeit verwendet. Wir empfehlen mit mindestens 3000 ml Ringerlæsung zu spçlen. Das Debridement sollte sich auf die Beseitigung mechanischer Hindernisse und nekrotischen Materials beschrånken. Gesundes Gewebe muss strikt geschont werden. Das Chondromalaziestadium II (Ficat 1977) stellt die klassische Indikation zur oberflåchlichen Knorpelglåttung der betroffenen Areale dar (Rosenthal 1988). Hier kænnen sehr gute Ergebnisse erwartet werden. Bei Patienten mit dem Chondromalaziestadium III sollten nur tçrflçgelartige Unterminierungen der randståndigen Knorpelflåchen geglåttet werden. In Bezug auf eventuelle, neben dem Knorpelschaden gleichzeitig vorliegende degenerative Meniskuslåsionen, erwåhnen Rosenthal et al. (1988): ¹ . . . jedoch konnte das bessere Ergebnis bei zusåtzlicher Meniskuslåsion mit erfolgter Teilresektion auf die Bedeutung der mechanischen Komponente und ihre Beseitigung hinweisen.ª Wir konnten wegen zu geringer Fallzahl keine Trennung zwischen Knorpel- und Meniskusglåttung durchfçhren. Aber auch unsere Studie zeigt die Tendenz auf, dass durch die Beseitigung mechanischer Hindernisse bessere Ergebnisse çber die ersten drei postoperativen Jahre erzielt werden kænnen. Unsere
Abb. 9. Effekte der Lavage
Ergebnisse çber vier Jahre postoperativ zeigen jedoch, dass das Fortschreiten des degenerativen Prozesses die Langzeitergebnisse limitiert. Da neben dem mechanischen Effekt des Debridements nie der positive Effekt einer Lavage (Abb. 9) auf die Detritus-Synovialitis und auf die Abbauprozesse im Knorpelgewebe vergessen werden darf, sollte das Debridement immer mit einer grçndlichen Lavage kombiniert werden. Die Resektion nekrotischen Gewebes hat beim Debridement auf die Funktion, das dem Detritus als Substrat dienende tote Gewebe zu entfernen. Von einer generell nach jeder therapeutischen Arthroskopie durchgefçhrten Instillation eines Proteinaseninhibitors (z. B. Aprotinin, Trasylol) raten wir wegen den Nebenwirkungen und den nicht çberzeugenden Ergebnissen ab. Gezielt kann man eine Instillation von Aprotinin nach der glåttenden Arthroskopie, dem Debridement, in Betracht ziehen. Hier kænnen eventuell bessere Ergebnisse fçr die ersten drei postoperativen Jahre erwartet werden. Des Weiteren erzielte die im Anschluss an die Arthroskopie erfolgte intraartikulåre Gabe von Aprotinin bei Patienten mit schwach ausgeprågten Knorpelschåden bessere Ergebnisse. Aus diesem Grund kann bei diesen Patienten eine Instillation von Aprotinin sinnvoll sein. Als Dosis erscheint uns die Gaben von 100 000 I.E. i. a. fçr ausreichend. Bei wiederholten Gaben muss an eine mægliche Reaktion und an das Infektrisiko, das mit jeder intraartikulåren Injektion gegeben ist, gedacht werden. Wenn in Zukunft Proteinaseninhibitoren ohne allergische Komponente hergestellt werden kænne, muss man deren Einsatz neu çberdenken. Grundsåtzlich gilt fçr jede Form der medikamentæsen Knorpelschutztherapie, dass sie mæglichst frçhzeitig beginnen sollte, da sie nur sinnvoll erscheint, wenn noch gençgend reaktionfåhiges Knorpelgewebe vorhanden ist. Wegen der guten Ergebnisse der Lavage bzw. des Debridements bei Patienten mit monokom-
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden
partimentåren Gonarthrosen sehen wir die Gefahr, dass durch diese arthroskopischen Verfahren Zeit fçr eine eventuelle Umstellungsosteotomie verloren geht, fçr gegeben. Dies wird um so verståndlicher, wenn man berçcksichtigt, dass viele Arthroskopeure schmerzhafte Kniegelenke, auch wenn diese Achsenabweichungen aufweisen, primår arthroskopieren wçrden, um u. a. Knorpel- und/oder Meniskusschåden auszuschlieûen bzw. zu verifizieren und gleichzeitig zu glåtten ± des Weiteren kænnen sich Patienten in einem schmerzfreien Intervall, in dem sie zu einem groûen Prozentsatz nach der Arthroskopie wåren, selten fçr eine invasive Therapieform (Umstellungsosteotomie) entscheiden. Anzumerken bleibt, dass die Lavage und das Debridement in Anbetracht der sehr guten Langzeitergebnisse der Umstellungsosteotomien bei Varus- bzw. Valgusgonarthrosen im Regelfall keine Alternativen darstellen. Das Risiko des Zeitund somit Knorpelsubstanzverlustes ist bei der Lavage und bei dem Debridement von Kniegelenken mit medial oder lateral betonter Femorotibialarthrose gegeben. Dies kann ebenso fçr die diagnostische Arthroskopie im flçssigen Medium gelten, da bereits mit 400 ml Spçlflçssigkeit (diese Menge kann durchaus im Rahmen einer diagnostischen Arthroskopie gebraucht werden) die çberwiegende Detritusmenge ausgespçlt ist (Mayrhofer 1981). Es empfiehlt sich somit bei Patienten mit Achsenfehlstellungen und zu erwartenden monokompartimentåren Knorpelschåden, die nicht in eine enge Patientenfçhrung eingebunden sind und somit nicht zuverlåssig einer baldigen, falls indizierten, Umstellungsosteotomie zugefçhrt werden kænnen, die primåre Umstellungsosteotomie oder die Umstellungsosteotomie mit direkt vorgeschalteter Arthroskopie, im Sinne einer sog. ¹praeliminaren Arthroskopieª, vorzuziehen. Die angesprochene Problematik veranschaulicht, wieviel Bedeutung der Therapieplanung, der Aufklårung und der Anbindung dieser Patienten an das jeweilige Krankenhaus zukommt. Bei Durchsicht der Literatur zum Thema Lavage (Tabelle 6) wird bei einem follow-up von 3 bis 60 Monaten im Durchschnitt nach 2 Jahren eine Besserung in 61% der Fålle festgestellt. Dabei verteilt sich die Besserungsrate zwischen 25 und 93%. Im Vergleich dazu ergeben die Literaturarbeiten zum Debridement (AS±OP) nach einem follow-up von 12±16 Monaten, also bei etwa 2,4 Jahren einen Durchschnittswert von 62,5% ge-
Tabelle 6. Literatur ± Lavage (10 Studien) n = 341
(4±102)
n Follow-up
3±60 Monate
Æ 2 Jahre
n Besserung in %
25±93%
Æ 61,0%
Tabelle 7. Literatur ± AS-OP (15 Studien) n = 1789
(20±749)
n Follow-up
12±60 Monate
Æ 2,4 Jahre
n Besserung in %
0±94%
Æ 62,5%
Tabelle 8. Ergebnis = f (Versicherungsstatus) Nach Jahren
1
2
3
4
n BG
47%
30%
25%
8%
n Nicht BG
76%
59%
50%
43%
n Differenz
29%
29%
25%
35%
besserter Patienten. In etwa vergleichbar mit dem Ergebnis der isolierten Lavage, wobei jedoch bei arthroskopischen Operationen Besserungsraten zwischen 0 und 94% angegeben werden. Aus diesen Ergebnissen resultiert, dass eine konkrete Aussage çber die Prognose offensichtlich nicht mæglich ist, nur Trends sind erkennbar. Diese Trends hången vom Schweregrad des Knorpelschadens und von der Verteilung im Gelenk ab, natçrlich auch von den einzelnen Zusatzverletzungen (Tabelle 7). Dass nicht nur ¹wissenschaftlichª gedacht werden kann, zeigt die Vergleichsuntersuchung von Patienten in Abhångigkeit vom Versicherungsstatus (Tabelle 8). BG-lich versicherte Patienten haben dann, wenn ein Unfallereignis anerkannt ist und wenn die Unfallfolgen eine Minderung der Erwerbsfåhigkeit mit mindestens 20 von Hundert zulassen, in aller Regel einen Geldanspruch, d. h. eine Anspruch auf monatliche Rente. Und wåhrend der Zeit der Arbeitsunfåhigkeit wird Verletztengeld gewåhrt. Nicht-BG-lich versicherte Patienten genieûen diesen Vorzug nicht. Sie beziehen lediglich ihre Leistungen aus der Krankenkasse, bzw. falls ein entsprechender Schaden resultiert, evtl. auch Geldleistungen aus einer Unfallversicherung. D. h., nicht-BG-lich versicherte Patienten sind in aller Regel daran interessiert, mæglichst bald
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H. Hempfling
wieder einsatzfåhig mit einem guten Leistungsvermægen zu sein. Vergleicht man nun die BGPatienten mit den Nicht-BG-Patienten bezçglich Knorpelschåden, so sind in aller Regel BG-Patienten schlechter beurteilt als die Nicht-BG-Patienten. Die Differenz der guten und sehr guten Ergebnisse zwischen den BG- und Nicht-BG-Patienten zeigt eine Differenz in allen 4 Jahren von annåhernd 30%. Dies ist eine Zahl, die auch bei anderen Untersuchungen die Differenz der sehr guten und guten Ergebnisse der beiden Versicherungsgruppen charakterisiert. Wir bezeichnen dies als ªMotivationsfaktor in der Beurteilung von Behandlungsergebnissen. Somit hångt das Ergebnis der Lavage und des arthroskopischen Debridements auch vom Versicherungsstatus ab. Ein weiterer Vergleich ist mæglich bei Patienten mit primårer bzw. mit sekundårer Arthrose (Tabelle 9). Primåre Arthrose heiût, ein Unfallereignis ist nicht vorausgegangen, d. h. es sind keine Leistungen aus einer Unfallversicherung oder aus einer gesetzlichen Unfallversicherung (BG) zu erwarten, es sei denn, es werden Ûberlastungsschåden im Sinne einer Berufskrankheit anerkannt. Dies ist aber der Ausnahmefall. Sekundåre Arthrosen entstehen z. B. nach einem Schienbeinkopfbruch oder anderen Frakturen im Kniebereich, aber auch aufgrund der Instabilitåt oder beim Meniskusverlust. D. h. es resultiert eine Postinstabilitåts- bzw. eine Postmeniskektomiearthrose. Bei den primåren Arthrosen liegen nach einem Jahr etwa 60% gute und sehr gute Ergebnisse vor, nach vier Jahren immer noch mit 57%. Bei sekundåren Arthrosen, d. h. der Patientengruppe mit dem Unfallereignis, ist ein schlechteres Ergebnis zu verzeichnen mit einem Differenzbetrag von 36% nach einem Jahr und 21% nach vier Jahren. Es liegt also wieder in etwa eine Græûenordnung, vergleichbar zum Motivationsfaktor, aus dem Versicherungsstatus vor. Dies kann dadurch erklårt werden, dass sekundåre Arthrosen entweder in einer BG versichert sind oder Bezçge aus einer Tabelle 9. Ergebnisse: primåre bzw. sekundåre Arthrosen n = 154 n = 88 primåre Arthrose sekundåre Arthrose n Nach 1 Jahr
60%
24%
n Nach 4 Jahren
57%
36%
Sekundåre Arthrose: vgl. Versicherungszustand
Unfallversicherung erhalten, wogegen primåre Arthrosen lediglich çber die Krankenkasse abgedeckt sind. Das wçrde nun bedeuten, dass unsere Ergebnisse auch von der åtiologie der Arthrose, d. h. primår oder sekundår abhången. Insgesamt gesehen ist nun das Beurteilungsproblem mehr als komplex. Werden nun bestimmte medikamentæse Einflçsse mit aufgenommen, so ist die Verwirrung perfekt. Als Beispiel sei die Instillation von Aprotinin nach der Lavage bzw. nach dem Debridement aufgezeigt (Abb. 10). Wåhrend die Lavage alleine, ohne Aprotinin, etwas bessere Ergebnisse zeigt als mit diesem Zusatz, so verhålt sich der Effekt beim Debridement genau umgekehrt. Der Aprotininzusatz scheint zunåchst ein besseres Ergebnis zu liefern, nach drei Jahren ist aber der positive Einfluss beseitigt, d. h. die Ergebnisse fallen bezçglich gut und sehr gut unter die Werte ohne Aprotinin ab. Bezieht man nun alle bekannten Werte bezçglich Lavage, Debridement aber auch die Ergebnisse der im Folgenden aufgefçhrten Pridie-Bohrung, Abrasionsarthroplastik und Microfracture mit auf, so resultiert ein Kurvenbild (Abb. 11), das die sehr guten und guten Ergebnisse, beginnend 1 Jahr nach dem Eingriff, kontinuierlich abfallen låsst. Die beiden Kurven deuten an, dass zwischen ihrem Verlauf die Werte der genannten Verfahren zu erwarten sind. Eine Wertspanne von 20% ist anzunehmen. Welcher Eingriff soll nun durchgefçhrt werden? In Kenntnis der Ergebnisse der alleinigen Lavage und der operativ glåttenden Arthroskopie hångt im Prinzip das Ergebnis vom Schweregrad des Knorpelschadens ab. Wåhrend die Lavage bei allen drei Schweregraden sinnvoll eingesetzt werden kann, verbietet sich eine operativ glåttende Arthroskopie beim Schweregrad 1, da es sonst zur Eræffnung der Knorpeldecke kommen wçrde. Das Debridement bietet sich an beim Schweregrad 2, die Frage nach dem Sinn des Eingriffs beim Schweregrad 3 ist sicher berechtigt (Tabelle 10). Nachdem auch modernere Verfahren der Knorpeltransplantation sowie der Chondrozytenimplantation nicht kritikfrei als problemlos geschildert werden kænnen, taucht immer wieder die Diskussion çber die Arthroskopie bei dem degenerativen Gelenkschaden auf. Johl (1999) beståtigt den Sinn und damit auch den Stellenwert der Arthroskopie bei der Arthrose am Knie. Gute Ergebnisse werden bei mehr als
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden
Abb. 10. Ergebnisse der Lavage (a) bzw. des Debridement (operativ glåttend) (b) unterschieden zwischen mit und ohne AprotininInstillation, Besserung in % fçr die ersten vier Jahre postoperativ
Abb. 11. Gute und sehr gute Ergebnisse 1 bis 10 Jahre nach Knorpeleingriffen (Lavage, Debridement, Pridie-Bohrung, Abrasionsarthroplastik, Microfracture
Tabelle 10. Therapievorschlag fçr die alleinige Lavage bzw. fçr die glåttende Arthroskopie mit anschlieûender Lavage (¹operativglåttende Arthroskopieª) in Abhångigkeit vom Schweregrad des vorliegenden Knorpelschadens (Staging des Knorpelschadens nach Ficat u. Hungerford (1977) Chondromalazie
Alleinige Lavage
¹Operativ-glåttende Arthroskopieª
n Grad I
x
0
n Grad II
x
x
n Grad III
x
(x)
x = empfehlenswert, (x) = eingeschrånkt empfehlenswert, 0 = kontraindiziert
der Hålfte der Patienten gefunden. Die schlechten Ergebnisse findet man bevorzugt bei einem Knorpelschaden Schweregrad 4. Es wird darauf hingewiesen, dass durch die Arthroskopie weiterfçhrende Maûnahmen, wie Umstellungsosteotomie oder auch Knieprothese, immer wieder neu çberdacht werden kænnen. Die allgemeinen Indikationen zur Arthroskopie bei der Arthrose sind folgende (Burks 1990): n Abklårung der intraartikulåren Pathologie und/oder Planung der Behandlung: z. B. frçhzeitige Aufklårung des Knorpelschadens zur Planung einer Tibiakopfosteotomie.
105
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Tabelle 11. Der Placebo-Effekt in der Therapie von Knorpelschåden. (Nach Moseley 1996) 6 Monate n Placebo
n=5
n Lavage
n=3
! n=4
gebessert
n Debridement n = 2
n Therapie von Begleitschåden, z. B. degenerativer Meniskusschaden. n Erhaltung der Einsatzfåhigkeit des eigenen Knies: z. B. durch Debridement, Lavage u. a. Erhebliche Schwierigkeiten entstehen in der Beurteilung der Behandlungsergebnisse, da in Kenntnis der Arbeit von Mosely (1996) auch Placebo-Operationen zu guten Ergebnissen (Tabelle 11) fçhren. Nachdem in aller Regel nach einer Operation eine Krankengymnastik durchgefçhrt wird, mæglicherweise in Verbindung mit dem Einsatz von Medikamenten, so ist die Frage in der Beurteilung des Ergebnisses, ob nicht die Krankengymnastik alleine oder auch mæglicherweise das Medikament alleine nicht zum gleichen Ergebnis gefçhrt håtte (Tabelle 12). Um eine korrekte Beantwortung nach dem Ergebnisstand zu erhalten, mçsste ein komplett einheitliches Patientengut verglichen werden. Weitere Faktoren spielen, abgesehen vom Placebo-Effekt, eine Rolle, die auf die Ergebnisbewertung Einfluss nehmen. Dies ist z. B. der Versicherungsstatus und auch die Motivation. Ein aktiver Leistungssportler wird bemçht sein, ein mæglichst gutes Ergebnis nach einer Behandlung zu erhalten. BG-Patienten (in einer gesetzlichen Unfallversicherung versichert) haben bei einem schlechten Behandlungsergebnis in aller Regel Anspruch auf eine Verletztenrente. Somit sinkt die Motivation doch deutlich. Bei etwa 15 Studien, angefertigt in der BG-Unfallklinik in Murnau sowie an der Universitåt in Ulm, zeigte der Vergleich der privat Versicherten mit den Versicherten einer gesetzlichen Unfallversicherung in aller Regel einen Unterschied von 30% bei guten und sehr guten Ergebnissen. D. h. es resultiert ein Motivationsfaktor, der mit 30% anzusetzen ist. Natçrlich ist das Ergebnis einer ¹learning curveª mit zunehmender Zeit besser einzustufen, dies bezçglich eines einzelnen Operateurs. Werden aber mehrere Operateure tåtig, so kommt es global gesehen wieder zum Absinken der guten Ergebnisse.
Tabelle 12. Abhångigkeit der Ergebnisse von der Operationstechnik, der Krankengymnastik und Drugs OP
KG
DRUGS
+
±
±
+
+
±
+
+
+
+
+
Die heutigen Erkenntnisse (nach etwa 10 Jahren Forschung) der letzten Zeit kommen zu einem Ergebnis wie dies schon von Moraldo (1990) beschrieben wurde: Die besten Ergebnisse erhålt man bei einem geringen Knorpelschaden mit einem sparsamen Debridement und lediglich partiellen Meniskusresektionen.
Schlussfolgerung In unserer Studie war die Unterbrechung des Circulus vitiosus bei der Arthrosis deformans durch die alleinige Lavage, das Debridement und durch die im Anschluss an die Arthroskopie erfolgte Instillation eines Proteinaseninhibitors zu çberprçfen. Die Studie konnte zeigen, dass die Lavage mit 3000 ml Ringerlæsung bei 41,1% der Patienten mit degenerativen Knorpelschåden zum Zeitpunkt ¹ein Jahr postoperativª, bei 36,1% zwei Jahre postoperativ, bei 33,0% drei Jahre postoperativ und bei noch 27,7% vier Jahre postoperativ eine Besserung der Beschwerden bzw. Beschwerdefreiheit erzielt. Das Debridement von Knorpel- und/oder Meniskusschåden (nur Hinterhornrisse) mit anschlieûender Lavage weist çber den gesamten Betrachtungszeitraum bessere Ergebnisse als die alleinige Lavage auf. 64,5% der Patienten berichten ein Jahr postoperativ, 57,1% zwei Jahre postoperativ, 58,3% drei Jahre postoperativ und 33,3% vier Jahre postoperativ çber eine noch anhaltende Besserung bzw. Beschwerdefreiheit. Die im Anschluss an die Arthroskopie erfolgte Instillation eines Proteinaseninhibitors (Aprotinin, Trasylol) konnte die Ergebnisse ± generell betrachtet ± nicht signifikant beeinflussen. Man ist sich einig, die Kombination Lavage und Debridement liefert ein besseres Ergebnis als die isolierte Lavage (Krçger 1998, Hubbard 1996, Lennox 1991, Schneider 1999). Dabei ist bekannt, dass Patienten mit einer isolierten Fe-
Ergebnisse der Lavage beim Knorpelschaden
morotibialarthrose, d. h. ohne Femoropatellararthrose, zu besseren Ergebnissen neigen. Die Indikation zur isolierten Lavage kann beim Schweregrad I maximal II des Knorpelschadens gesehen werden. Liegt Schweregrad III oder IV vor, so ist das gleichzeitige Debridement notwendig.
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Kapitel 16
Karbonfaserstift-Implantation: Eine Alternative zur Prothese ? C. Tesch
Einleitung Karbon in der Behandlung der Arthrose ist seit 1983 im Gespråch, seit Minns und Brittberg ihre Arbeiten zum Einsatz von Pads und Stiften in den Knochen geschådigter Knorpelareale veræffentlichten [1±3]. Sowohl im Tier-Experiment als auch im klinischen Einsatz beim Knorpeldefekt des menschlichen Kniegelenkes zeigten die Arbeiten, dass Karbonfasern die Neubildung von Faserknorpel induzieren kann [2±5]. Das entstandene Gerçst aus Karbonfasern und Ersatz-Knorpel war mechanisch so stabil, dass die Knochenoberflåche auch unter Belastung dauerhaft bedeckt blieb. Seit 1993 hat Schweinsberg die Karbonfaserstifte vor allem bei 4-gradigen Knorpelschåden menschlicher Kniegelenke eingesetzt. Dabei hat er die geschådigten Knochenareale mit einem 3,2 mm Bohrer 16 mm tief aufgebohrt und 3 mm dicke und 12,5 mm lange Karbonfaserstifte implantiert. Pro cm2 wurde ein Stift verwendet. Die Patienten durften sofort wieder belasten und nach 1 Jahr waren 51% der Patienten ohne Beschwerden, Langzeit-Ergebnisse sind nicht bekannt. Der Eingriff wird arthroskopisch und ambulant durchgefçhrt. Die Gewebe-Neubildung durch Karbonfasern ist in der Medizin nicht unbekannt und wird auch zum Wachstum von Axonen nach Durchtrennung von peripheren Nerven ausgenutzt [6]. Dabei werden die Fasern als Gerçst (= scaffold) fçr ein gerichtetes Wachstum benutzt. Das Material ist ausgeprågt hygroskopisch, reagiert praktisch nicht allergen und wird ohne Fremdkærper-Reaktion im Gewebe eingebaut. Die Gewebe-Neubildung ist signifikant vermehrt [7]. Karbonfasern sind durch den Ersatz des vorderen Kreuzbandes des menschlichen Kniegelenkes als in der Medizin nicht geeignet befunden worden, weil die zerbrochenen Fasern eine Schwarzfårbung des Kniegelenkes hervorriefen
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
[8]. Selbst in abdominellen Lymphknoten betroffener Patienten seien Kohlenstoff-Partikel nachgewiesen worden und mittlerweile sind Einzelfall-Beschreibungen çber eine ausgeprågte Fremdkærper-Reaktion auf Karbon erschienen [9]. Versuche mit anderen Materialien zur Gewebs-Induktion zeigten eindeutig den groûen Vorteil des Materials Karbon. Kunststoffe konnten nicht in gleichem Maû diese Wirkung erzielen, so dass immer wieder Karbon bei verschiedenen Einsatzmæglichkeiten benutzt wird. Die Karbonfasern sind allerdings nicht so elastisch, dass die Verwendung z. B. als Kreuzband-Ersatz empfohlen werden kann. Das Material zerreiût und wird pulverisiert, es verteilt sich im Gelenk und die Kohlenstoff-Partikel werden in der Synovia aufgenommen und durch die dort vorhanden direkten Verbindungen zum Lymphsystem weiter transportiert. Dieses Prinzip ist allerdings fçr jedes andere Material gleich und nicht spezifisch fçr Karbon: auch Polyethylen und Metall-Abrieb gelockerter Knie-Prothesen sind in abdominellen Lymphknoten nachweisbar [10], wegen der fehlenden Schwarzfårbung fållt es jedoch nicht so auf. Fremdkærper-Reaktionen und Synovialitis auf Karbon wurden allerdings in der Vergangenheit genauso berichtet, wie solche auf Polyethylen [11, 12].
Fragestellung Seit 1999 wird in einer eigenen Studie der Einsatz der Karbonfaserstifte bei Knorpelschåden des Kniegelenkes auf seine Wirksamkeit hin untersucht. Dabei ergaben sich folgende Fragen: n Sind Karbonfaserstift-Implantationen eine Alternative zur Prothese? n Kann durch die Karbonfaserstift-Implantation jungen Menschen ein jahrelanger Verzicht auf Lebensqualitåt erspart werden?
Karbonfaserstift-Implantation: Eine Alternative zur Prothese ?
n Sind Osteonekrosen eine Indikation zur Karbonfaserstift-Implantation? n Wie ausgeprågt sind Fremdkærper-Reaktion, Synovialitis und Arthrofibrose nach Karbonfaserstift-Implantation?
Patienten und Methoden Bis heute sind 211 Patienten mit Karbonfaserstiften versorgt worden. Sie werden mit einer Nachuntersuchungs-Frequenz vom 6, 12, 24 und 48 Wochen gefolgt von jåhrlichen Kontrollen nach einer festgelegten Voruntersuchung (Vorgeschichte, Klinik, Ræntgen, Sonographie und Erhebungsbogen subjektiver Kniebeschwerden n. Flandry, [13]) in Gruppen eingeteilt. Fçr die folgende Betrachtung erfolgt eine Einteilung in 3 Gruppen: n In Gruppe 1 sind Patienten mit 4-gradigem Knorpelschaden im medialen Kompartiment (mit und ohne Kombination einer femoro-patellaren Schådigung) und der auswårts gestellten Indikation zur Knie-Prothese (unioder bikondylårer Oberflåchen-Ersatz). n In Gruppe 2 sind Patienten mit 3-gradigem Knorpelschaden in 1, 2 oder 3 Kompartimenten unter 50 Jahren und mindestens 1 erfolglosen Voroperation. n In Gruppe 3 sind Patienten mit einer Osteonekrose im tragenden Bereich des Femur. Es wird in den Gruppen standardisiert operiert (Standardzugånge, Patella ¹lateral releaseª und Karbonfaserstift-Implantation) und nachbehandelt: Gruppe 1 wird mit einer Abrasions-Arthroplastik versorgt, sofortige Teilbelastung mit halbem Kærpergewicht gefolgt von einer Vollbelastung im schmerzfreien Bereich unter Benutzung einer medial entlastenden Knieorthese Arthrocare OA fçr weitere 8±16 Wochen. Gruppe 2 wird mit einer Knorpelrand-Stabilisierung versorgt, sofortige Teilbelastung wie Gruppe 1. Gruppe 3 wird ausgiebig nekrektomiert, der Defekt mit 3±5 Stiften ausgefçllt und fçr 8 Wochen entlastet. Danach vorsichtige Steigerung auf Vollbelastung innerhalb von 4 Wochen. Die Nachuntersuchung beinhaltet die Erhebung der Daten der Kniebeweglichkeit, eines Kniegelenk-Ergusses, der Sonographie (2D und 3D) und des Erhebungsbogens subjektiver Knie-
beschwerden. Die Untersuchung 48 Wochen p.O. beinhaltet darçber hinaus die Ræntgenaufnahme des betreffenden Kniegelenkes in 2 Ebenen, der axialen Aufnahme der Patella in Kniebeugung von 458 und eines NMR. Die arthroskopische Operation erfolgt in der Regel in Blutsperre, nach Infiltration des lateralen Kapselbereiches mit 15 ml Bupivacain 0,5% und Einmalgabe von 2 g Cefotaxim. In einer weiteren Gruppe 4 sind die Patienten zusammengefasst, die arthroskopisch kontrolliert wurden und von denen Gewebe vom Hoffa'schen Fettkærper, dem medialen Kapsel-Bereich und dem Ersatzknorpel çber dem Stift zur histologischen Untersuchung entnommen wurde.
Ergebnis In Gruppe 1 sind 87 Patienten versorgt worden, von denen bis 96 Wochen nach der Operation 14 eine Knieprothese erhalten haben. Von den restlichen 73 Patienten sind 58 Patienten so weit gebessert, dass die durchschnittliche Gehstrecke bei 500 m liegt und die Punktzahl im Fragebogen bei durchschnittlich < 135 Punkten ist. 12 Patienten der 73 haben eine Punktzahl > 150 Punkten und die Gehstrecke betrågt weniger als 100 m, so dass eine prothetische Versorgung wahrscheinlich wird. Nur 43 der 73 Patienten haben im NMR und der Sonographie eine nachweisbare Knorpeldicke von > 1 mm. 3 Patienten sind mit einer Umstellungs-Osteotomie ¹opening wedgeª versorgt worden, alle drei Patienten sind beschwerdefrei mit einer Gehstrecke von > 5000 m (Abb. 1 und 2).
Abb. 1. Gruppe 1, von 87 Patienten, bei denen zum Operationszeitpunkt auswårts bereits die Indikation zum prothetischen Ersatz gestellt wurde, haben im ersten Jahr 9 und im zweiten Jahr weitere 5 eine Prothese erhalten. Damit sind nach einem Jahr 90% und nach 2 Jahren immerhin noch 84% ohne Prothese
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C. Tesch
Abb. 2. Gruppe 1, 73 von ursprçnglich 87 Patienten, die nach 2 Jahren noch keine Prothese erhalten haben, sind 61 beschwerdefrei und haben eine schmerzfreie Gehstrecke von > 500 m, aber nur 43 von ihnen haben eine Ersatzknorpeldicke von > 1 mm (Nachweis im NMR oder Sonogramm). Weitere 12 haben eine Punktzahl von > 150, sind damit nicht ausreichend beschwerdefrei und haben eine schmerzfreie Gehstrecke von < 100 m
Eigene prothetische Versorgungen (N = 5) aus der Gruppe 1 mit einer sog. Repicci±Prothese (¹all polyª, Tibia-Komponente lediglich aus Polyethylen) zeigten, dass die Karbonfaserstifte problemlos zu fråsen oder extrahieren sind, der Karbonstaub mit der Jet-Lavage entfernt werden kann. Bei einer Patientin musste nach 6 Monaten ein gelockertes Polyethylen-Plateau entfernt werden. Unter der Prothese war ein intakter Stift im Knochen nachweisbar, der vollståndig
Abb. 3. Gruppe 2, nach 1 Jahr sind 81% der Patienten beschwerdefrei geworden. Der Punktwert des Fragebogens ist von durchschnittlich 187 auf 83 gesunken
Abb. 4. Gruppe 3, 3 Patienten, nach 1 Jahr ist der Punktwert des Fragebogens ist von durchschnittlich 198 auf 77 gesunken. Die schmerzfreie Gehstrecke betrågt > 1000 m
von Bindegewebe umwachsen war. Das Plateau war ebenfalls von Bindegewebe von unten umwachsen. Der Wechsel erfolgte auf ¹metal-ba-
Abb. 5. 47-jåhriger Mann, der 12 Jahre zuvor mit einer Kreuzbandplastik (PCL) versorgt wurde, und einen ausgedehnten 4-gradigen Knorpelschaden hatte (a und b, tribiale Gelenkflåche mit implantiertem Karbonfaserstift). 12 Wochen nach Karbonfaserstift-Implantation zeigte sich bereits eine teilweise Reparation mit Ersatzknorpelbildung (d % ), 48 Wochen danach war im NMR und Sonogramm eine Ersatzknorpeldicke von 1,5±2 mm zu messen (c % ), Patient låuft 2 Jahre nach Operation 2 ´ /Woche 10 km und fåhrt 200 km/Woche Rad
Karbonfaserstift-Implantation: Eine Alternative zur Prothese ?
Diskussion
Abb. 6. Karbonfaser im synovialen Bindegewebe, dort ohne Fremdkærperreaktion inkorportiert, 48 Wochen nach Implantation, Kniegelenk vællig reizlos
ckedª, Tibia-Komponente in Kombination mit einem Metall-Plateau. In Gruppe 2 sind 31 Patienten versorgt worden, von denen bis 48 Wochen nach der Operation 25 eine schmerzfreie Gehstrecke von >5000 m haben. Der Punktwert des Fragebogens ist von durchschnittlich 187 vor der Operation auf 83 gesunken. 1 Patientin ist bis heute ein weiteres Mal operiert worden, es ist keine Beschwerdefreiheit eingetreten. 5 Patienten sind zwar gebessert, aber nicht zufrieden stellend beschwerdefrei. 6 Patienten haben ihre sportlichen Aktivitåten wieder aufgenommen, einer ist in der Lage, > 5000 m zu joggen (Abb. 3 und 5). In Gruppe 3 sind 3 Patienten operiert worden, alle drei Patienten sind in der Lage, mindestens 1000 m schmerzfrei zu gehen. Die Punktzahl ist von initial durchschnittlich 198 auf 77 gesunken. Im NMR und der Sonographie ist im ehemaligen Defekt eine Substanz-Auffçllung zu sehen (Abb. 4). In der Gruppe 4 der Kontroll-Arthroskopien sind 18 Patienten untersucht worden. In keinem Fall konnten wir eine Fremdkærper-Reaktion finden, Riesenzellen waren nicht nachweisbar. Die Karbonfaser-Fragmente waren reizlos im Gewebe zu finden (Abb. 6). Die Synovialitis war milde, eine Arthrofibrose kaum nachweisbar. Im Randbereich der Ersatzknorpel-Areale waren vitale Chondrozyten nachweisbar. In 5 Fållen war die Ersatzknorpel-Bildung auf das Bohrloch çber dem Stift begrenzt. Drei dieser Patienten sind mittlerweile mit einer Prothese versorgt worden.
Die Implantation von Karbonfaser-Stiften bei Patienten mit 4-gradigem Knorpeldefekt im tragenden Bereich des medialen Kompartimentes des Kniegelenkes kann in unserer Serie bis 2 Jahre nach der Operation die Implantation einer Knieprothese verhindern. Die anfånglich empfohlene rasche Vollbelastung ist zugunsten einer modifizierten Teilbelastung verlassen worden. Die in einer zweiten Serie durchgefçhrte Mikrofraktur nach Steadman ist ebenfalls wieder zugunsten einer modifizierten Abrasions-Arthroplastik nach L. L. Johnson verlassen worden. Die Stifte mçssen mindestens 2 mm unter KnochenNiveau versenkt werden, da sie sonst an der Oberflåche abgerieben werden kænnen. Dies ist m. E. der Grund fçr Karbon-Abrieb im Gelenk mit Synovialitis, wie gerade wieder publiziert. In der eigenen Serie ist in 3 Fållen dieser Implantations-Fehler m. E. fçr ein teilweises oder vollståndiges Therapie-Versagen verantwortlich. Aus diesem Grund wird nun das Bohrloch fçr den Stift trichterfærmig ausgefråst. Junge Menschen mit erheblichen Knorpeldefekten profitieren eindeutig von der Methode. Die Lebensqualitåt der Betroffenen ist stark gestiegen und die Patienten haben eine TherapieOption erhalten, die alternativ zum Abwarten auf das Prothesenalter mit z. T. 10 und mehr Jahre dauernden starken Schmerzen und erheblicher Einschrånkung der Lebensqualitåt gelten kann. 13 der 31 Patienten der Gruppe 2 kamen mit der auswårts gemachten Empfehlung, noch bis zum Erreichen des Prothesenalters, also durchschnittlich 10 Jahre bis zum 60ten Lebensjahr zu warten. In der Zwischenzeit sollte durch Verminderung der Aktivitåt und Schmerzmittel die Zeit zu çberbrçckt werden. Die ursprçnglich von mir angenommene Kontraindikation zur Karbonfaserstift-Implantation bei der Osteonekrose hat sich bei bisher 3 Fållen als falsch erwiesen. Die Karbonfaserstifte stellen offensichtlich ein ideales Gerçst zum Aufbau eines neuen Knochen-Knorpel-Komplexes dar. Aus diesem Grund werde ich die Methode zukçnftig bei der Diagnose ¹Osteonekroseª dann empfehlen, wenn der Knochendefekt intraoperativ weniger als die Hålfte der Kondylenflåche ausmacht. Auf keinen Fall kænnen wir in unserer Serie eine Karbonfaser-Synovialitis und FremdkærperReaktionen beståtigen, obwohl dies sicher vor-
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C. Tesch
kommt. Die Polyethylen- oder Palacos-Synovialitis mit Fremdkærper-Riesenzellen ist zahlenmåûig m. E. bedeutender. Diese Reaktionen sind in unserer Serie nicht nachweisbar, es wird jedoch angenommen, dass dies wohl in Einzelfållen vorkommen kann [14]. Dies ist in den beiden publizierten Fållen nicht verwunderlich, weil m. E. offensichtlich ein Implantations-Fehler vorlag und damit ein kontinuierlicher Karbon-Abrieb im Kniegelenk die Synovialitis unterhielt.
Schlussfolgerung Die Karbonfaserstift-Implantation ist sowohl in publizierten Serien als auch der eigenen als Alternative zur Prothese mit folgenden Einschrånkungen zu empfehlen: n Die Erfolgschance auf Verbesserung der schmerzfreien Gehfåhigkeit betrågt ca. 60% nach 1±2 Jahren n Die ¹Haltbarkeitª dieses Zustandes ist derzeit noch nicht abzusehen n Eine echte Zunahme der Ersatzknorpel-Dicke ist vermutlich nur in 50% der Fålle zu erwarten, wenn keine Entlastung erfolgt n Nur die Kombination von KarbonfaserstiftImplantation, mindestens 8-wæchiger Entlastung und Umstellungs-Osteotomie wird eine echte Zunahme der Ersatzknorpel-Dicke erreichen lassen und damit langfristig gute bis sehr gute Ergebnisse erzielen. In Kombination mit der damit verbundenen Physiotherapie und Eigeninitiative ist das Verfahren technisch und materiell aufwendig, erhålt aber das eigene Kniegelenk und offenbart die Mæglichkeit einer zukçnftigen Sportfåhigkeit, was bei Prothesentrågern m. E. nicht erreicht werden kann. Auf jeden Fall ist die Methode fçr junge Patienten mit erheblichen Knorpelschåden und Patienten mit Osteonekrosen eine wertvolle Therapie-Option. Die Fremdkærper-Synovialitis ist bei Beachtung der oben beschriebenen Vorsichtsmaûnahmen nicht zu erwarten.
Zusammenfassung In einer prospektiv angelegten BeobachtungsStudie haben wir in 4 Gruppen (Gruppe 1, 4-gradiger Knorpelschaden mit auswårts gestell-
ter Indikation zur prothetische Versorgung, Gruppe 2, 3-gradiger Knorpelschaden, Gruppe 3, Osteonekrose, Gruppe 4, Kontroll-Arthroskopien und histologische Untersuchung auf Fremdkærperreaktion) die Qualitåt der operativen Therapie von Knorpelschådigungen im Kniegelenk mit Karbonfaserstift-Implantation an insgesamt 121 Patienten (Gruppe 1 n = 87, Gruppe 2 n = 31 und Gruppe 3 n = 3, aus Gruppen 1±3 zusammengefasste Kontrollgruppe 4 n = 18) çberprçft. In Gruppe 1 sind 73/87 96 Wochen nach Implantation der Karbonfaserstifte ohne Prothese, in Gruppe 2 haben 25/31 Patienten nach 48 Wochen eine Gehstrecke von > 5000 m und eine Verbesserung des Punktwertes der subjektiven Skala von Flandry von 187 auf 83 Punkte. In Gruppe 3 sind alle 3 Patienten in der Lage, eine schmerzfreie Gehstrecke von mindestens 1000 m zu bewåltigen, der Punktwert hat sich von 198 auf 77 gebessert und im NMR und der Sonographie ist eine Fçllung des Substanzdefektes mit Ersatzknorpel zu sehen. In der Gruppe 4 sind bis heute 18 Patienten untersucht worden, in keinem Fall konnte eine Fremdkærper-Synovialitis diagnostiziert werden. Bis 96 Wochen nach der Operation kann die Karbonfaserstift-Implantation als Alternative zur Prothese gelten, jçngere Patienten mit Knorpelschåden haben jetzt eine Alternative zum abwartenden Nichtstun.
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113
Kapitel 17
Grundlagen und Ergebnisse der Pulsierenden-Signal-Therapie in der Knorpeltherapie M. Faensen, I. Krçger
Grundlagen und Ergebnisse der PulsierendenSignal-Therapie in der Knorpeltherapie Wie andere Gewebe auch, wird das Remodeling des Knorpels durch verschiedene metabolische und physikalische Einflçsse gesteuert. Neben einer direkten mechanischen Stimulation der Zelle und der durch Wachstumsfaktoren sind es offenbar elektrische Reize, die durch mechanische Belastung des Knorpels entstehen. Die Grundlage fçr diese elektrophysiologischen Vorgånge bildet die stark negativ geladene Matrix und die entsprechend durch Kationen positiv geladene interstitielle Flçssigkeit. Durch die Verdrångung von Flçssigkeit unter Belastung kommt es zu einer Trennung der positiven Ladungen der Matrix und der mit der Flçssigkeit verdrångten Kationen, so dass ein Potential entsteht, das ca. 15 mV betrågt. Diese elektrophysiologischen Vorgånge erklåren auch einen Teil der elastischen Eigenschaften des Knorpels, da es durch die Kompression und die Verdrångung von Flçssigkeit zu einer Annåherung der negativen Ladungen kommt, die sich ihrerseits wieder abstoûen und so der Belastung entgegen wirken. Diese Vorgånge hången von einer intakten Knorpelstruktur und Zusammensetzung ab [3, 4, 7]. Bei beginnenden Knorpelschåden mit Verlust von Kollagen und mit der Ausbildung eines Knorpelædems und in fortgeschrittenen Stadien bei Verlust von Proteoglykanen veråndert sich die Zusammensetzung der Matrix und deren Struktur, so dass die physiologischer Weise entstehenden stræmenden Potenziale als Reiz fçr den Chondrozyten ausbleiben. Viele experimentelle Untersuchungen zeigen die Wirkung von gepulsten elektromagnetischen Feldern (PEMF) auf Bindegewebszellen und stellen einen Hinweis darauf dar, dass es zu einer mechano-elektro-chemischen Reizumwandlung kommt. Die einzelnen Schritte sind nicht bekannt und es ist auch nicht geklårt, wie diese elektrischen Reize
J. Jerosch et al. (ed.), Knorpelschaden © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003
aus der Matrix in den Chondrozyten çbertragen werden. Es bestehen verschiedene Theorien, die eine Erklårung dafçr liefern, dass trotz des relativ hohen Membranpotentials und des Rauschens durch die Braun'sche Molekularbewegung derartige Reize erkannt werden kænnen [8]. Es besteht eine groûe Wahrscheinlichkeit dafçr, dass PEMF) die elektrophysiologischen Vorgånge imitieren und so auch Chondrozyten im degenerativ verånderten Knorpel Reize zufçhren, die ihre Syntheseleistung steigern. Die Pulsierende-Signal-Therapie (PST) unterscheidet sich von der herkæmmlichen Therapie mit PEMF mit gleichfærmigen Rechteckimpulsen durch Frequenz-Amplituten-Kombinationen, die ebenfalls gleichstromgeneriert sind.
Klinische Studien Auf Grund einer doppelblind durchgefçhrten Pilotstudie [9] mit statistisch signifikanter Befundverbesserung bei verschiedenen Arthrosen wurde eine græûer angelegte prospektive Doppelblindstudie mit Patienten mit Gonarthrosen und degenerativen HWS-Verånderungen durchgefçhrt [10]. Es zeigte sich, dass sich die Parameter Schmerz, Schmerz bei passiver Bewegung und Druckschmerz in der behandelten Gruppe stårker besserten als in der Placebo-Gruppe. Bei der Placebo-Gruppe ging einen Monat nach der Behandlung die durchschnittliche Verbesserung am Behandlungsende von 17±27% auf 0±18% zurçck, wåhrend sich bei den behandelten Patienten nur eine geringfçgige Verschlechterung von 30±35% auf 20±39% zeigte. Bei den behandelten Patienten mit Gonarthrose fand sich eine Verbesserung von 29±36% bei allen der bei Abschluss der Behandlung untersuchten Variablen, wåhrend die Verbesserung innerhalb der Palcebo-Gruppe 11±19% betrug.
Grundlagen und Ergebnisse der Pulsierenden-Signal-Therapie in der Knorpeltherapie
Einen Monat nach Abschluss der Behandlung lag die durchschnittliche Verbesserung bei den Behandelten zwischen 21 und 31% und in der Placebo-Gruppe nur noch ±0,3±16%. Eine Doppelblind-Studie, die im Hopital Cochin in Paris durchgefçhrt wurde mit 40 eingeschlossenen Patienten und einem Beobachtungszeitraum von drei Monaten, zeigte einen statistisch signifikanten Unterschied in der Verbesserung der Funktion und in der Minderung der Schmerzen [6]. Da die Anwender in Deutschland eine eigene Beståtigung der Ergebnisse mit einem långeren Beobachtungszeitraum verlangten, wurde nach einer Pilotstudie eine prospektive Multicenterstudie mit 49 Anwendern durchgefçhrt [2]. Es wurden 303 Patienten mit Gonarthrosen der Stadien 2 und 3 nach Kellgren mit einer Mindestdauer der Beschwerden von einem Jahr eingeschlossen. Die Verbesserung des Scores nach Lequesne wurde durch den Rçckgang von 12,9 auf 10,0 bei Behandlungsende, auf 8,5 nach 6 Wochen und auf 7,9 nach 6 Monaten festgestellt. Das bedeutet eine Verbesserung von 39% fçr alle Patienten. Diese Studie ohne eine Vergleichsgruppe, zeigte Ergebnisse, die in ihrem zeitlichen Verlauf und ihrer Qualitåt deutlich einen zu berçcksichtigenden Placeboeffekt çbertreffen. Die Beurteilung des Gonarthroseindex nach Lequesne zeigte nach 6 Monaten, dass die Håufigkeit der sehr schweren und extrem schweren Gonarthrosen nach diesem Score von ca. 72% auf 26% zurçckgegangen waren. Im gleichen Umfange nahm der Score der leichten und måûigen Arthrosen von 4% vor der Behandlung auf 54% 6 Monate nach der Behandlung zu. Die Selbsteinstufung durch eine visuelle Analog-Skala (VAS) fçr 4 verschiedene Schmerzparameter zeigte eine Reduktion von 41±50% nach 6 Monaten. Die Selbsteinstufung çber eine VAS-Skala fçr Schwierigkeiten mit den Aktivitåten des tåglichen Lebens zeigte ebenfalls eine Reduktion der Beschwerden nach 6 Monaten um 42±49%. Eine prospektive Studie bei Lumbalgien und Gonarthrosen, durchgefçhrt am Institut fçr Physikalische Therapie Ospedaliera Niguarda Ca Granda in Mailand zeigte åhnliche Ergebnisse [1].
Experimentelle Untersuchungen Da fçr die PEMF Untersuchungen an humanen Chondrozyten nicht vorlagen, wurden in vitro Untersuchungen çber den Effekt der PST auf die dreidimensionale humane Chondrozytenkultur durchgefçhrt. Es wurden humane Chondrozyten und Fibrochondrozyten bei KniegelenksersatzOperationen gewonnen. Die Wahl von Chondrozyten aus arthrotischen Knien von Patienten mit einem Durchschnittsalter von 71 Jahren entspricht am ehesten den realen Bedingungen fçr die klinische Anwendung der PST. Die Chondrozyten wurden isoliert, vermehrt und vereinigt. Aus einem Zellpool wurden Pelletkulturen angelegt, die einen dreidimensionalen ZellZell-Kontakt und eine Redifferenzierung der Chondrozyten ermæglichen. Eine Gruppe der Zellpellets wurde çber 9 Tage tåglich eine Stunde mit der PST behandelt, wåhrend eine Kontrollgruppe unbehandelt blieb. Nach Abschluss der Behandlung, 6 Wochen und 6 Monate danach, wurden in beiden Gruppen die Pelletgræûe vermessen. Die extrazellulåre Matrix wurde mit Hilfe histologischer Fårbungen der Matrixbestandteile untersucht, der Kollagengehalt wurde indirekt çber die Hydroxyprolinkonzentration bestimmt. Die histologische Fårbung zeigte fçr alle Pelletkulturen eine Matrix aus Kollagenen und Proteoglykanen, der MTT-Test beståtigte die Vitalitåt der Zellen. 9 Tage nach der Behandlung mit PST konnten schon Græûenunterschiede zu den nicht behandelten Pellets aus Meniskuschondrozyten und den unbehandelten Kontrollpellets festgestellt werden. Nach 6 Wochen stieg bei den mit PST behandelten Pellets der Hydroxyprolingehalt signifikant an. 6 Monate danach fand sich bei den Pellets aus Meniskuschondrozyten ein signifikant græûerer Hydroxyprolingehalt, wåhrend bei den Chondrozyten aus dem hyalinen Knorpel dieser Unterschied langsam wieder abnahm. Die in vitro Ergebnisse zeigen eine statistisch signifikante Steigerung der Syntheseleistung von Fibrochondrozyten und Chondrozyten, wobei jedoch zeitlich ein unterschiedlicher Verlauf erfolgt.
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Diskussion
Literatur
Der in den klinischen Studien mit einer Verzægerung von mehreren Wochen auftretende Effekt der PST entspricht dem angenommenen Wirkmechanismus einer Stimulation der Bindegewebszellen mit vermehrter Matrixproduktion. Wenn auch im Gelenk dem Knorpel eine entscheidende Bedeutung zukommt, so sind doch auch andere Gewebe wie Kapsel, Synovia, Bånder, Sehnen und subchondrale Spongiosa an der Funktion und auch an der Ausbildung von Beschwerden bei degenerativen Verånderungen beteiligt. Diese unterschiedlichen Gewebe und ihre offensichtlich unterschiedliche Reaktion auf elektromagnetische Felder rechtfertigen den theoretischen Ansatz, durch verschiedene Frequenzen und Feldstårken ein mæglichst breites Spektrum von Zellen zu erreichen. Es ist vorstellbar, dass durch ein Versuchsmodell mit Zçchtung verschiedener Bindegewebszellen eine Optimierung der physikalischen Kennwerte der Therapie mæglich wird. Z. Zt. erscheint die PST in der klinischen Anwendung als nicht invasives nebenwirkungsfreies Verfahren geeignet, degenerative Gelenkverånderungen bis zu einem gewissen Schweregrad positiv beeinflussen zu kænnen. Besondere Bedeutung muss dabei der Tatsache beigemessen werden, dass so wie es auch Liu et al. [5] nachgewiesen haben, die Matrix in ihrer qualitativen Zusammensetzung unveråndert bleibt. Weitere Untersuchungen sind im Gange, um den Wirkmechanismus weiter abzuklåren und die bisherigen Ergebnisse abzusichern.
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Rehabilitation
Kapitel 18
Rehabilitation nach operativen knorpelsanierenden Maûnahmen J. Heisel
Einleitende Vorbemerkungen
Maûnahmen zur lokalen Antiphlogese
Auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung, aber auch in Folge des verånderten Freizeitverhaltens mit dem Trend zu oft Gelenk belastenden sportlichen Aktivitåten, erlangen Krankheitsbilder, ausgelæst durch degenerative bzw. traumatische Schådigungen der bradytrophen Gelenkknorpelstrukturen zunehmende Bedeutung. Betroffen ist in erster Linie die belastete untere Extremitåt, hier vor allem das zentral liegende Kniegelenk. Die Palette der gelenkerhaltenden knorpelsanierenden Maûnahmen ist technisch anspruchsvoll sowie bezçglich der Operationskosten als auch der anschlieûend notwendigen oft mehrmonatigen Rehabilitation mit prolongierten Arbeitsunfåhigkeitszeiten kostenaufwendig; unabhångig von der Art des durchgefçhrten operativen Eingriffes wie Microfracturing, retro- oder transfokale Anbohrung (sog. Pridiebohrung), Mosaikplastik oder groûflåchige autologe Knorpel-Knochen-Plastiken, Transplantation autologer, in Zellkulturen gezçchteter Chondrozyten sowie letztendlich die achskorrigierende gelenknahe Korrekturosteotomie zur Optimierung der Belastungsçbertragung beinhalten in der postoperativen konservativen Nachbehandlung im Wesentlichen ein einheitliches Vorgehen: Die Rehabilitation stçtzt sich hierbei auf drei einander ergånzende Såulen unterschiedlicher Einzelstrategien: die lokalen Antiphlogese/Analgesie durch medikamentæse und physikalische Maûnahmen, die entlastete Mobilisation mit schrittweiser Belastungssteigerung und muskulårer Kråftigung durch aktive krankengymnastische, trainings- und/oder sporttherapeutische und balneotherapeutische Ûbungen sowie evtl. eine begleitende medikamentæse Chondroprotektion.
Sowohl nach arthroskopischer Intervention mit ¹Gelenktoiletteª als auch bei Sanierung von Knorpelarealen durch eine groûzçgige offene Arthrotomie besteht in den ersten postoperativen Wochen vor allem im Bereich des Kniegelenkes nicht selten ein Binnenreizzustand mit synovialer Kapselschwellung, evtl. auch eine Ergussbildung, was die anschlieûende mobilisierende Behandlung nicht selten erschwert. Unter diesem Aspekt kommt als erste und eine der wesentlichen Standartmaûnahmen zur lokalen Antiphlogese die systemische Abdeckung mit nichtsteroidalen Antirheumatika zum Einsatz. Diese Pråparate zielen auf die Linderung des subjektiven Beschwerdebildes (Analgesie) sowie den Rçckgang der begleitenden reaktiven entzçndlichen Schwellung ab. Im Gegensatz zu den sog. nicht-sauren antipyretischen Analgetika (Paracetamol, Metamizol) wirken die sog. NSAR vor allem antiphlogistisch; es handelt sich hierbei um unterschiedliche Stoffgruppen, deren gemeinsamer Angriffsort im peripheren Arachidonsåure-Stoffwechsel liegt mit Hemmung der Bildung von Entzçndungsmediatoren. Der wesentliche Unterschied der einzelnen Pråparate liegt in ihrer Halbwertzeit im Organismus, was fçr ihre Steuerbarkeit von groûer Bedeutung ist (Tabelle 1). Bei einer långeren, çber eine Woche hinausgehenden konsequenten Applikation sollte zur Vermeidung von Stærungen im Bereich des Magen-DarmTraktes eine Magenschutz-Medikation (z. B. durch einen Protonenpumpenhemmer) erfolgen. Die seit einiger Zeit im Handel befindlichen selektiven Cox-II-Hemmer erlauben eine gezielte Behandlung der lokalen Gewebeentzçndung und minimieren damit die unerwçnschten gastrointestinalen Nebenwirkungen. Einen synergistischen Effekt haben in diesem Zusammenhang auch Enzympråparate (z. B. Bromelain) sowie lokal eingesetzte Externa wie Salben und Gele,
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J. Heisel
Tabelle 1. Aufstellung der verschiedenen Stoffgruppen der nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) Stoffgruppen
Chemische Substanzen
Handelsnahmen (Beispiele)
Tageshæchstdosis (mg)
HWZ (Std.)
Salizylate
Azetylsalizylsåure
Aspirin, ASS, Togal, Tomapyrin akut u.v.a.
2000±6000
0,2±3
Anthranilsåure-Derivate (Fenamate) Arylessigsåure-Derivate (Fenac-Verbindungen)
Mefenaminsåure
Parkemed, Ponalar
1500
2±5
Acemetacin Diclofenac
Rantudil Alvoran, Diclac, Diclophlogont, Monoflam, Voltaren u.v.a. Beofenac Amuno, Indomet, Indophogont u.v.a. Argun, Arthro-akut Protaxon
180 200
2±5 1±4
200 150±175
2±5 2±5
600 600
6 2±5
Aceclofenac Indometazin Lonazolac Proglumetacin Arylproprionsåure-Derivate (Profen-Verbindungen)
Flurbiprofen Ibuprofen Ketoprofen Naproxen Tiaprofensåure
Oxikame
Piroxicam
Froben Akten, Brufen, Dolgit, Ibuhexal, Ibuphogont, Imbun, Tabalon u.v.a. Gabrilen, Orudis, Spondylon Dysmenalgit Malexin, Proxen Surgam
300 1600
4 1±2,5
300
1,5±2,5
750±1000
12±14
600
1±2
Meloxicam Lornoxicam
Brexidol, Felden, Piroflam Mobec Telos
Cox-2-Hemmer
Rofecoxib Celecoxib
Vioxx Celebrex
Pyrazolon-Derivate
Azapropazon Mofebutazon Phenylbutazon
Tolyprin Diadin-M, Mofesal Ambene-N, Butazolidin, Demoplas
1800 900 600
12 2 70±75
Oxaprozin
Oxaceprol
AHP-200
1200
4±8
wobei letztere in den ersten Wochen der Rehabilitation bevorzugt zur Nacht verabreicht werden. Zur Reduktion des lokalen Gelenkreizzustandes kommen darçber hinaus Maûnahmen der Kryotherapie (Eispackungen, Kçhlsprays u. a.) sowie wårmeentziehende Wickel (Heublumen u. a.) zum Einsatz. Bestehen zusåtzliche periphere Umlaufstærungen (vor allem im Unterschenkelbereich bei aufgrund der Entlastungssituation eingeschrånkter Muskelpumpe) sind manuelle Lymphdrainagen mit anschlieûender elastischer
20±40
45±55
15 16
18±30 3±4
25 400
16 8±12
Wickelung des betroffenen Beines meist durchaus wirkungsvoll (Abb. 1).
Maûnahmen zur entlasteten Mobilisation Ein wesentlicher Pfeiler in der postoperativen Nachbehandlung bereits im Akuthaus nach knorpelsanierenden Maûnahmen ist die frçh (mæglichst schon am 1. postoperativen Tag) einsetzende und dann schrittweise gesteigerte ent-
Rehabilitation nach operativen knorpelsanierenden Maûnahmen
Abb. 3. Aktive Knie- und Hçftgelenksmobilisation bei noch teilweise eingeschrånkter Flexion auf dem Motomed
Abb. 1. Manuelle Lymphdrainage bei Umlaufstærung im Bereich der operierten unteren Extremitåt (a) mit anschlieûender elastischer Wickelung (b)
Abb. 2. Passive postoperative Knie- und Hçftgelenksmobilisation auf einer CPM-Schiene
Abb. 4. Aktive, weitgehend entlastete Knie- und Hçftgelenksmobilisation auf dem Fahrradergometer
lastete Mobilisation des betroffenen Gelenkes. Wåhrend bei noch deutlich limitiertem Bewegungsausschlag v.a. die CPM-Schienenbehandlung (Abb. 2) zum Einsatz kommt, stehen etwa ab der 2.±4. postoperativen Woche auch das Motomed (ab einer Flexionsfåhigkeit von Hçfte und/oder Knie von 708; Abb. 3) bzw. das Fahrradergometer (ab einer Beugefåhigkeit von Hçfte
und/oder Knie von 908; Abb. 4) zur Verfçgung. Wichtig erscheint der Hinweis auf eine niedrige Belastung (25±50 Watt), da zu diesem Zeitpunkt die Bewegungsverbesserung, nicht das Krafttraining im Vordergrund steht. Zusåtzliche krankengymnastische Einzelbehandlungsmaûnahmen (Abb. 5) mit isometrischem Muskeltraining, Querfriktion, PNF (propriozeptiver neuromusku-
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Abb. 7. Beinaufhångung im Schlingentisch
Abb. 5. Aktive krankengymnastische Ûbung auf einem Pezziball zur Verbesserung der Streckung des betroffenen Kniegelenkes
Abb. 8. Balneotherapie in Rçckenlage des Patienten mit aufblasbaren Schwimmhilfen
Abb. 6. Manuelle Mobilisation der Patella bei postoperativ eingeschrånktem Bewegungsspiel
lårer Fazilitation), manueller Mobilisation (Abb. 6), Schlingentischaufhångung (Abb. 7), spåter dann auch spezielle Gruppentherapien ergånzen das Programm. In Einzelfållen mit anfånglicher Bewegungslimitierung des betroffenen (Knie)Gelenkes ist vorçbergehend eine ergotherapeutische Hilfsmittelversorgung angesagt. Von groûer Bedeutung in dieser Nachbehandlungsphase ist darçber hinaus die Balneothera-
pie, da im feuchten warmen Medium nur 1/10 der Muskelkraft erforderlich wird und somit grundsåtzlich immer die Situation einer nahezu vollståndigen Gelenkentlastung besteht. Unter diesem Aspekt sind im Rahmen der Wasserbehandlung (Abb. 8) zur Verbesserung der Koordination såmtliche submaximalen Bewegungsablåufe (z. B. Aquajogging) und auch die volle axiale Belastung erlaubt. Weiterhin wird mit speziellen Geråten gegen den Wasserwiderstand gearbeitet und so schrittweise die gelenkumspannende Muskulatur auftrainiert. Im Allgemeinen ist nach operativer Gelenkknorpelsanierung im Bereich der unteren Extremitåt eine konsequente axiale Entlastung çber einen Zeitraum von 10±12 Wochen erforderlich, um eine vermehrte Druckbeanspruchung des betroffenen Areales zu vermeiden. Unter diesem Gesichtspunkt ist ein konsequenter Einsatz entlastender Gehstçtzen (mit rutschfesten Haftpuffern; Abb. 9) unabdingbar, wobei ein 4-PunkteGang meist nach etwa 9±10 postoperativen Wo-
Rehabilitation nach operativen knorpelsanierenden Maûnahmen
Abb. 9. Rutschfeste Haftpuffer fçr die Unterarmgehstçtzen Tabelle 2. Axiale Belastung bzw. Entlastung der unteren Extremitåt bei Einsatz unterschiedlicher Gehhilfen Verwendete Gehhilfen
Axiale Beinbelastung
2 Unterarmgehstçtzen (3-Punkte-Gang) 2 Unterarmgehstçtzen (4-Punkte-Gang) 1 Unterarmgehstçtze (kontralateral) 2 Handstæcke 1 Handstock (kontralateral) Rollator
20±30 kp 50±60% des Kærpergewichtes 75% des Kærpergewichtes 70±80% des Kærpergewichtes 80% des Kærpergewichtes
Abb. 10. MTT an Rollenzçgen zur Kråftigung der knieumspannenden Muskulatur in Bauchlage (a) bzw. in sitzender Kærperhaltung (b)
80±90% des Kærpergewichtes
chen, der Ûbergang auf eine kontralateral einzusetzende Unterarmgehstçtze ab der 12. postoperativen Woche erlaubt wird (Tabelle 2). Bis zu axialen Vollbelastung der operierten Extremitåt wird eine medikamentæse Thromboseprophylaxe empfohlen. In Abhångigkeit vom lokalen Reizzustand des betroffenen Gelenkes, der Lokalisation des Herdes sowie der vom Operateur erlaubten Belastung kommen darçber hinaus ab der 6. Woche nach dem Eingriff neben dem Ergometertraining weitere Behandlungsstrategien mit repetitiven Ûbungen aus der medizinischen Trainingstherapie an Rollenzçgen (Abb. 10) sowie anderen Spezialgeråten zur Durchfçhrung, ab der 12. postoperativen Woche auch isokinetische Ûbungen am CYBEX sowie ein Koordinationstraining auf instabiler Unterlage (Abb. 11). Intensivere, das betroffene Gelenk deutlich mehr fordernde sporttherapeutische Maûnahmen kænnen etwa ab dem ersten Halbjahr nach dem Knorpeleingriff angedacht werden.
Abb. 11. Koordinationsçbungen fçr das Kniegelenk auf instabiler Unterlage
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Maûnahmen der Chondroprotektion Oral eingesetzte Chondroprotektiva (z. B. Glukosaminsulfat u. a.) haben çber die dosisabhångige Steigerung der Synthese sulfatierter Mukopolysaccharide eine nicht zu unterschåtzende Bedeutung in der Behandlung von Schåden des Gelenkknorpels, vor allem in der Reparationsphase. Vielfache Studien haben des Weiteren belegt, dass der analgetische Effekt dieser Maûnahme zwar erst ab der 4.±6. Woche nach konsequenter Einnahme der Pråparate zu erwarten ist, çber die Stabilisierung der lokalen Knorpelarchitektur diese Wirkung jedoch auch noch nach deren Absetzen (nach etwa 12 Wochen zu çberlegen) weiter anhålt. Auch die intraartikulår applizierbaren Substanzen aus Hyaluronsåure-Derivaten fçhren zu einer Beeinflussung des Kollagenstoffwechsels; gemåû neuerer Untersuchungen steht jedoch eher der mechanische Effekt dieser hochviskæsen Pråparate im Vordergrund, weswegen diese aktuell lediglich als ¹Medizinproduktª anerkannt sind; unter diesem Aspekt werden hier die Behandlungskosten von den gesetzlichen Krankenkassen bisher kaum çbernommen. Eigene Erfahrungen belegen allerdings ihre gute Effizienz in etwa 80% der Fålle çber einen Zeitraum von etwa 8±10 Monaten nach einmaliger Applikation von 3±5 Einzeldosen in wæchentlichen Abstånden.
Schlussfolgerungen Die Rehabilitation nach Gelenk erhaltenden operativen knorpelsanierenden Eingriffen ist nicht selten langwierig; meist ist zur Erzielung
eines guten subjektiven Ergebnisses eine konsequente Nachbehandlung çber mehrere Monate erforderlich. Die Dauer der postoperativen Arbeitsunfåhigkeit erstreckt sich nicht selten çber mindestens 14±16 Wochen. Zur dauerhaften Vermeidung einer lokalen Ûberbeanspruchung des bradytrophen Knorpelareales sollten vor allem bei sportlichen Belastungen innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff Bewegungsmuster mit hohen kinetischen Kraftspitzen sowie Kontaktsportarten ausgeschlossen und das Gelenk mæglichst gleichmåûig beansprucht werden.
Literatur Heisel J (1992) Entzçndliche Gelenkerkrankungen. Bçcherei des Orthopåden Bd 58. Enke, Stuttgart Heisel J (2001) Konservative Behandlungsstrategien bei Gelenkknorpelschåden. In: Erggelet C, Steinwachs M (Hrsg) Gelenkknorpeldefekte. Steinkopff, Darmstadt, S 189 Peters A (2001) Die Nachbehandlung nach operativer Therapie von Gelenkknorpeldefekten des Kniegelenkes. In: Erggelet C, Steinwachs M (Hrsg) Gelenkknorpeldefekte. Steinkopff, Darmstadt, S 181 Reichelt A (1989) Therapie orthopådischer Erkrankungen. Enke, Stuttgart Salter RB (1989) The Biologic Concept of Continous Passive Motion on Synovial Joints. Clin Orth 242:12 Stæve I, Puhl W (1999) Ûbersicht çber die klinische und experimentelle Anwendung der Hyaluronsåure bei Gonarthrose. Z Orthop 137:393 Towhead TE, Anastassiades TP, Shea B, Houpt J, Welch V, Hochberg MC (2001) Glucosamine therapy for treating osteoarthritis. The Cochrane Library 1, Oxford Wirth CF, Bischoff HP (2000) Praxis der Orthopådie. 3. Aufl. Thieme, Stuttgart
Kapitel 19
Rehabilitation und Qualitåtssicherung aus Sicht der Krankenkassen H. Frohn
Allgemeines Die Ziele der Rehabilitation sind im Einzelnen: n Behinderungen abwenden, beseitigen, mindern; ihre Verschlimmerung verhçten sowie ihre Folgen mindern n Krankheitsfolgen, Einschrånkungen der Erwerbsfåhigkeit, Pflegebedçrftigkeit und vorzeitige Abhångigkeit von laufenden Sozialleistungen vermeiden, çberwinden, mindern oder Verschlimmerung verhçten n Sicherung eines Arbeitsplatzes entsprechend der Neigungen und Fåhigkeiten des Betroffenen n Færderung der persænlichen Entwicklung und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermæglichen mit dem Ziel einer mæglichst selbståndigen Lebensfçhrung. Durch das am 1. 7. 2001 in Kraft getretene 9. Sozialgesetzbuch (SGB IX) sollen folgende politischen Ziele erreicht werden: n Schaffung gemeinsamer Auskunfts± und Beratungsstellen (ærtliche gemeinsame Beratungsstellen), n Ausbau der Vorleistungsregelungen fçr die medizinische Rehabilitation und Etablierung trågerçbergreifender Qualitåtsstandards und gemeinsamer Qualitåtssicherungsprogramme n Einheitlicher Behinderungs- und Rehabilitationsbegriff fçr alle Tråger entsprechend der Definition der Weltgesundheitsorganisation n Einbeziehung der Sozialhilfetråger in den Kreis der Rehabilitationstråger n Verpflichtung zu gemeinsamem Handeln der Rehabilitationstråger beim Leistungszugang und Leistungsmanagement und zur Verzahnung des Leistungsgeschehens insgesamt n Neue Vorgaben fçr koordinierte Bedarfsplanung
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Mit der Kodifizierung des Rehabilitations- und Schwerbehindertenrechts in das SGB IX soll zu mehr Transparenz fçr Betroffene beigetragen und der Zugang zu den Leistungen erleichtert werden. Wesentliche Grçnde fçr Probleme im Leistungsgeschehen sind im ¹gegliederten System der Rehabilitationª zu suchen. Denn verschiedene Rehabilitationstråger sind jeweils fçr einen bestimmten Teil der Leistungserbringung ± und zwar nach unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben ± verantwortlich. Hinzu kommt, dass die Rehabilitationstråger den Begriff ¹Rehabilitationª bislang unterschiedlich definierten. Weitere Problemfelder sind: n jeweils spezifische Leistungsziele, n abweichende (persænliche und medizinische) Voraussetzungen, n Gutachten unterschiedlicher medizinischer Dienste sind erforderlich, n Prçfung der vorrangigen Leistungspflicht eines anderen Rehabilitationstrågers. Inzwischen beschlossen die Tråger der Unfallversicherung, der Rentenversicherung der Kriegsopferversorgung, die Bundesanstalt fçr Arbeit und die gesetzlichen Krankenkassen, unabhångig vom Inkrafttreten des SGB IX, vernetzte Beratungsstrukturen fçr behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen einzurichten. Ziel dieser Beratungsstrukturen ist die Verbesserung der Auskunft und Beratung in Rehabilitationsfragen. Ein so geschaffenes Netzwerk ist nach Auffassung der Spitzenverbånde der Rehabilitationstråger wesentlich effizienter, flexibler und kostengçnstiger als die Schaffung neuer Einrichtungen auf Kreisebene. Beabsichtigt ist, dass die Rehabilitationstråger fçr den Gesamtbereich der Rehabilitation ihre bestehenden Auskunfts- und Beratungsstellen miteinander vernetzen und gemeinsame Beratungsteams bilden. Damit soll sichergestellt werden, dass die betroffenen Menschen çber
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H. Frohn
alle fçr sie in Betracht kommenden Rehabilitationsleistungen umfassend, qualifiziert und bçrgernah beraten sowie in ihrem Anliegen auf eine unverzçgliche Leistungserbringung unterstçtzt werden. Darçber hinaus sollen die vernetzten Auskunfts- und Beratungsstellen eng mit Verbånden behinderter Menschen, Selbsthilfegruppen und Wohlfahrtseinrichtungen zusammenarbeiten. Unter dem Begriff Rehabilitation werden alle Maûnahmen verstanden, die die Folgen einer Krankheit, eines Unfalls oder einer angeborenen Behinderung nach Mæglichkeit ausgleichen bzw., falls dies mæglich ist, langfristig beseitigen. Darçber hinaus vermeidet Rehabilitation in vielen Fållen, dass eine Pflegebedçrftigkeit eintritt. Somit handelt es sich bei der Rehabilitation um ein weit gefåchertes Gebiet, das çber die medizinische Behandlung im çblichen Sinne hinausgeht. Sie ist darauf ausgerichtet, kærperlich, geistig oder seelisch Behinderte in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern. Eine umfassende Rehabilitation ist dann erreicht, wenn der Behinderte (wieder) voll in das Leben der Gemeinschaft eingegliedert ist. Es gehært ebenfalls zur Rehabilitation, diesen Zustand zu erhalten. Rehabilitation ist um so erfolgreicher, je frçher sie eingeleitet und durchgefçhrt wird. Sie setzt nicht erst dann ein, wenn eine Behinderung vorliegt, sondern, wenn mæglich sogar schon dann, wenn eine Behinderung erst droht. Bei Krankheiten und Unfållen beginnt die Rehabilitation mit der Akutbehandlung. Sie gilt als Krankenbehandlung, an die sich die medizinische Rehabilitation anschlieût. Die Rehabilitation muss als ein einheitlicher Prozess gesehen und durchgefçhrt werden, auch wenn man sie in verschiedene Rehabilitationsphasen unterteilt. Die Rehabilitation ist im gegliederten System des Sozialrechts verankert. Auch wenn zum 1. 7. 2001 durch das SGB IX die Leistungsvorschriften in einem Sozialgesetzbuch zusammengefasst wurden, bleibt es bei der getrennten Zuståndigkeit von 7 verschiedenen Rehabilitationstrågern. Diese nehmen ihre Aufgaben selbståndig und eigenverantwortlich wahr (s. § 6 SGB IX). Die Krankenkassen sind Kostentråger von ca. 20% aller Rehabilitationsmaûnahmen. Die Ren-
tenversicherung sind mit einem Anteil von 55%, die Bundesanstalt fçr Arbeit mit 15% und die Unfallversicherungstråger mit 5% beteiligt. Weitere Rehabilitationstråger sind die Versorgungsåmter, die Altershilfe fçr Landwirte und die çberærtlichen Tråger der Sozialhilfe. Durch den § 12 SGB IX werden die Rehabilitationstråger zur Zusammenarbeit gesetzlich verpflichtet.
Die Rahmenempfehlungen der BAR Die Bundesarbeitsgemeinschaft fçr Rehabilitation (BAR) hat am 20. 10. 2000 die Rahmenempfehlungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation komplett çberarbeitet. Eingefçgt wurden detaillierte indikationsspezifische Konzeptionen zur ambulanten kardiologischen und neurologischen Rehabilitation sowie zur ambulanten Rehabilitation bei muskuloskeletalen Erkrankungen. Die Rahmenempfehlungen sind in einen allgemeinen und einen besonderen Teil gegliedert. Der allgemeine Teil definiert die grundlegenden Begriffe der medizinischen Rehabilitation und grenzt diese von der kurativen Versorgung ab. Darçber hinaus enthålt er die medizinischen und individuellen Voraussetzungen fçr die Teilnahme an einer ambulanten Rehabilitationsmaûnahme, die Beschreibung der Angebotsstruktur, sowie die allgemeinen, konzeptionellen, personellen, råumlichen und apparativen Anforderungen an ambulante Rehabilitationseinrichtungen. Der besondere Teil beschreibt die Indikationsstellung auf Grundlage der oben genannten Krankheitsbilder. Die Rehabilitationsziele sind fçr jede Indikation benannt. Auch finden sich hier sowohl Ausschlusskriterien als auch die spezifischen Anforderungen an die Qualifikation des Personals und die råumliche sowie apparative Ausstattung der einzelnen Rehabilitationseinrichtung. Die Rahmenempfehlungen kænnen komplett auf der Internetseite der BAR unter http://www.bar-frankfurt.de eingesehen oder heruntergeladen werden.
Rehabilitation und Qualitåtssicherung aus Sicht der Krankenkassen
Die Qualitåtssicherung Was ist Qualitåt im Gesundheitswesen?
¹Qualitåt ist, wenn sich keiner beschwert!ª Dieses Zitat eines mir persænlich bekannten Arztes zeigt, wie individuell der Begriff der Qualitåt im gesamten Gesundheitswesen ausgelegt wird. Und dies beginnt nicht zuletzt beim Kunden/Versicherten/Patienten selbst. Seine Qualitåtsparameter beruhen nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen, sondern auf seinen persænlichen Erwartungen an den ¹Medizinbetriebª, den er ja auch maûgeblich mitfinanziert. Die komplizierten Anforderungen an die Definition von Qualitåt sind eng mit der Schwierigkeit verbunden, den Begriff von Gesundheit zu determinieren. (Dies gilt im çbrigen auch fçr den Begriff der Krankheit!) Eine Gesundheitsleistung ist dann von hoher Qualitåt, wenn sie in der Lage ist, die Gesundheit eines Patienten langfristig wiederherzustellen oder zu erhalten. Doch låsst sich die Gesundheit eines Menschen nur schwer objektiv beurteilen und entzieht sich einer Standardisierung. Daher sollte die Qualitåt der medizinischen Versorgung stets im Hinblick auf die Ziele, die im Einzelfall erreicht werden sollten, definiert werden. ¹Qualitåt und Wirksamkeit der Leistungen der Krankenkassen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berçcksichtigen.ª (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) Der Gesetzgeber hat deshalb in § 70 SGB V festgelegt, dass die Krankenkassen und Leistungserbringer zu gewåhrleisten haben, dass die Versorgung der Versicherten in der fachlich gebotenen Qualitåt erbracht wird. Die Leistungen mçssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Die Rehabilitationseinrichtungen sind verpflichtet, sich an einrichtungsçbergreifenden Maûnahmen der Qualitåtssicherung zu beteiligen, die insbesondere zum Ziel haben, die Ergebnisqualitåt zu verbessern. Einrichtungsintern ist ein Qualitåtsmanagement einzufçhren und weiterzuentwickeln (§ 135 a SGB V). Die Spitzenverbånde der Krankenkassen und die Organisationen der Rehabilitationseinrichtungen haben auf Bundesebene Qualitåtssiche-
rungsmaûnahmen und Anforderungen an ein Qualitåtsmanagement zu vereinbaren. Dabei sind die Erfordernisse einer sektor- und berufsgruppençbergreifenden Versorgung angemessen zu berçcksichtigen (§ 137 d SGB V). Die Rehabilitationstråger haben auf eine barrierefreie Leistungserbringung sowie die Durchfçhrung vergleichender Qualitåtsanalysen als Grundlage fçr ein effektives Qualitåtsmanagement der Leistungserbringer zu achten (s. § 20 SGB IX). Vertråge mit fachlich nicht geeigneten Diensten oder Einrichtungen werden gekçndigt (§ 21 Abs. 3 SGB IX). Dies darf sicherlich nicht die einzige Motivation der Leistungserbringer fçr eine qualitåtsgesicherte Behandlung sein. Die Aussage ¹Geld folgt der Leistungª muss ebenfalls weiterentwickelt werden (¹Qualitåt hat seinen Preis!ª). Einrichtungen, die sich Qualitåtsprçfungen nicht stellen, oder die Qualitåtsempfehlungen nicht einhalten, mçssen dies bei der Festlegung des Preises spçren ± zu Gunsten der qualitåtsorientierten Rehabilitationseinrichtungen. Das Ziel muss sein: ¹Mehr Qualitåt folgt mehr Geld.ª Die Spitzenverbånde der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung verabschiedeten schon im Oktober 1999 ihre ¹Gemeinsame Erklårung çber eine Zusammenarbeit zur Qualitåtssicherung in der medizinischen Rehabilitation.ª Die Qualitåtssicherung soll zur Transparenz der Angebote fçhren, die Zuweisungssteuerung der Versicherten in geeignete Rehabilitationseinrichtungen erleichtern und fçr eine optimale Nutzung der vorhandenen Ressourcen sorgen. Zudem ist es fçr Rehabilitationseinrichtungen, die von verschiedenen Leistungstrågern belegt werden, kaum nachvollziehbar, dass sie fçr jeden Tråger an unterschiedlichen Qualitåtssicherungsprogrammen teilnehmen. Auf die gemeinsame Erklårung folgen die Abstimmung, Harmonisierung und gemeinsame Weiterentwicklung bestehender und geplanter Maûnahmen und Verfahren. Ziel war (und ist) es, in absehbarer Zeit ein einheitliches Qualitåtssicherungsprogramm umzusetzen. In den Rahmempfehlungen der BAR vom 20. 10. 2000 wurde ein Qualitåtssicherungsprogramm verpflichtend integriert. Es besteht aus folgenden Elementen: n Strukturqualitåt. Zur qualitåtsgesicherten Struktur der ambulanten Rehabilitation mçssen
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H. Frohn
die in den BAR-Rahmenempfehlungen gestellten Anforderungen an die personelle, råumliche und apparative Ausstattung der ambulanten Rehabilitationseinrichtungen indikationsspezifisch erfçllt sein. n Prozessqualitåt. Vorgaben fçr den qualitåtsgesicherten Verlauf der ambulanten Rehabilitation sind das Rehabilitationskonzept der Rehabilitanden. Die Einhaltung der Rehabilitationsplåne (Art, Håufigkeit, Dauer und Intensitåt der Maûnahmen) ist anhand einer patientenbezogenen standarisierten Dokumentation zu gewåhrleisten. n Ergebnisqualitåt. Im Rahmen der Zwischenuntersuchung und der Abschlussbefundung ist zu çberprçfen und zu dokumentierten, ob und in welchem Ausmaû das im individuellen Rehabilitationsplan definierte Rehabilitationsziel erreicht wurde. Falls aus medizinischen Grçnden notwendig, werden Rehabilitationsziel und/oder Rehabilitationsplan modifiziert. Katamnestische Erhebungen mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns çber die Realisierung vorgeschlagener Maûnahmen und Empfehlungen sowie den Stand der sozialen und beruflichen Eingliederung sind anzustreben. Im System der medizinischen Rehabilitation ± soweit sie von der gesetzlichen Krankenkassen getragen wird ± fehlt bisher ein einheitliches Verfahren der externen Qualitåtssicherung. Seit dem Frçhjahr verfolgt das Pilotprojekt ¹Qualitåtssicherung durch die gesetzlichen Krankenkassen in der medizinischen Rehabilitationª (QS-GKV-Projekt) das Ziel, ein Qualitåtsprogramm u. a. fçr ¹Orthopådie/Rheumatologieª zu entwickeln, welches fçr den Einsatz in der Routine geeignet ist und das auf die çbrigen Indikationsgruppen der stationåren Rehabilitationsleistungen erweitert werden kann. An dem bundesweiten Projekt sind 16 orthopådische Kliniken beteiligt. n Strukturqualitåt. Mit einem StrukturqualitåtErfassungsbogen, der von einer klinischen Expertengruppe erstellt wurde, werden die entsprechenden Merkmale in den Kliniken erhoben und mit den hinterlegten Bewertungskriterien abgeglichen. Durch die klinikvergleichenden Rçckmeldungen erfåhrt die Klinik, wie sie hinsichtlich der Erfçllung der Kriterien im Vergleich zu anderen Kliniken derselben Indikation abschneidet. Unterschieden werden die Bereiche:
n Allgemeine Merkmale und råumliche Ausstattung n Medizinisch-technische Ausstattung n Therapeutische Behandlungen, Schulungen und Patientenbetreuung n Personelle Ausstattung n Konzeptionelle Grundlagen n Internes Qualitåtsmanagement n Interne Kommunikation und Personalentwicklung. n Prozessqualitåt. Eingesetz wird das Peer Review-Verfahren (Bewertung durch årztliche Kollegen). Die Aktivitåten, die sich im Rahmen einer medizinischen Behandlung zwischen Leistungserbringern und Patienten vollziehen, fallen unter die Kategorie des Prozesses. Darunter wird das gesamte diagnostische, therapeutische und pflegerische Maûnahmen-Bçndel verstanden. Dazu gehæren folgende Merkmale des Leistungs-Managements: n Ausmaû, in dem Maûnahmen zur Ûberprçfung (screening) und Fall-Selektion durchgefçhrt werden (z. B. Routinemaûnahmen fçr åltere Patienten oder in speziellen Risiko-Situationen) n Diagnostische Maûnahmen (z. B. Håufigkeit, Umfang, Art aber auch deren Validitåtsçberprçfungen) n Therapie (z. B. Anzahl der Visiten, Regelmåûigkeiten der Medikamentenverordnung, Regelmåûigkeit chirugischer Eingriffe) n Beratungen und Konsultationen (z. B. Regelmåûigkeit, Art und Weise) n Koordination und Kontinuitåt der Behandlung (z. B. Anzahl der involvierten Einrichtungen und Personen) n Einschaltung æffentlicher Einrichtungen und Ressourcen (z. B. Umfang und Regelmåûigkeit, generell oder in spezifischen Situationen). Die Untersuchung der Prozessqualitåt ermæglicht eine direkte Aussage darçber, ob die vorhandenen personellen und materiellen Ressourcen indikationsgerecht eingesetzt werden. Ferner werden ein Patientenfragebogen zur Bewertung der Rehabilitation und ein Mitarbeiterzufriedenheits-Fragebogen eingesetzt. n Ergebnisqualitåt. Zur Messung der Ergebnisqualitåt werden bei 200 aufeinander folgend aufgenommenen Patienten zu drei Messzeitpunkten (bei Aufnahme, Entlassung und im Rahmen einer 6-Monatskatamnese) der IRES-Fragebogen sowie
Rehabilitation und Qualitåtssicherung aus Sicht der Krankenkassen
(bei Aufnahme und Entlassung) ein ¹Arztbogenª zur Erfassung der Aufnahme-, Ziel- und Entlassungswerte individuell ausgewåhlter medizinischer Parameter eingesetzt. Ferner findet in einer Zufallsstichprobe der am Projekt beteiligten Kliniken Visitationen statt, die von einem erfahrenen Mediziner und einem QualitåtsmanagementExperten durchgefçhrt werden. Neben der Struktur stellt auch das Ergebnis einen indirekten Ansatz zur Qualitåtsbewertung und -sicherung dar. Unter dem ¹outcomeª versteht man eine ånderung des Gesundheitszustandes von Patienten zum gegenwårtigen oder einem zukçnftigen Zeitpunkt, der auf eine vorausgehende medizinische Behandlung zurçckgeht. Im weitesten Sinne ist der Erfolgsindikator fçr die Qualitåt der medizinischen Versorgung die Verbesserung der Lebensqualitåt der Patienten. Der Ergebnisbericht wird Antworten auf folgende Fragen liefern: n Welche Basiskriterien der Strukturqualitåt erfçllt die Rehabilitationsklinik und welche nicht? n Wie schneidet sie diesbezçglich im Vergleich zu anderen Kliniken ab? n Welche Zuweisungssteuerungskriterien erfçllt die Klinik? (z. B.: Ist die Klinik in der Lage, sehbehinderte Patienten aufzunehmen?) n Wie ist die Qualitåt der fçr die medizinische Rehabilitation zentralen Leistungsprozess in der jeweiligen Klinik zu bewerten?
n Steht die Klinik diesbezçglich besser oder schlechter als andere Kliniken da? n Wie fallen die Ergebnisse der medizinischen Behandlung in der Rehabilitationsklinik aus? n Halten sie einem Vergleich mit den Ergebnissen anderer Einrichtungen stand? n Wie zufrieden sind die Patienten mit der Klinik? (absolut betrachtet und im Vergleich zu anderen Einrichtungen) n Welche Qualitåtsmångel haben Patienten wahrgenommen? n Verfçgt die Rehabilitationsklinik çber engagierte und zufriedene Mitarbeiter? Mit dem QS-GKV-Projekt und seiner geplanten Routinisierung erfçllen die gesetzlichen Krankenkassen nicht nur die entsprechenden gesetzlichen Anforderungen. Damit ist zugleich auch die Basis geschaffen fçr die von den betroffenen Kliniken zu Recht geforderte Vereinheitlichung der Qualitåtssicherungsprogramme unterschiedlicher Leistungstråger in der medizinischen Rehabilitation. Die Konzeption des QS-GKV-Projekts stellt sicher, dass alle relevanten Qualitåtsdimensionen berçcksichtigt und nach wissenschaftlichen Standards analysiert werden. Die Ergebnisberichte, die von den Krankenkassen den Kliniken zur Verfçgung gestellt werden, kænnen fçr das interne Qualitåtsmanagement der Einrichtungen genutzt werden.
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