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ATLAN 145 – Die Abenteuer der SOL
Nr. 644
Galaxien im Kampf
von Peter Terrid Die Verwirklichung von Atlans Ziel, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfüllen, scheint außerhalb der Möglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn ihm wurde die Grundlage zur Erfüllung seines Auftrags entzogen: das Wissen um die Koordinaten dieses Raumsektors. Doch Atlan gibt nicht auf! Um sich die verlorenen Koordinaten wieder zu besorgen, scheut der Arkonide kein Risiko. Mit den Solanern folgt er einer Spur, die das Generationenschiff gegen Ende des Jahres 3807 Terrazeit schließlich nach Bars-2-Bars führt, in die aus zwei miteinander verschmolzenen Galaxien bestehende Sterneninsel. Die Verhältnisse dort sind mehr als verwirrend. Doch die Solaner tun ihr Bestes, die Verhältnisse zu ordnen, indem sie die Völker der künstlichen Doppelgalaxis, die einander erbittert bekämpfen, zum Frieden bewegen. Um die Aktivitäten der Solaner zu unterbinden, leitet Anti-ES Gegenmaßnahmen ein, die nicht nur den Solanern und dem Generationenschiff schwer zu schaffen machen, sondern auch Atlan. Dann, als die Aktionen nicht den gewünschten Erfolg zeitigen, schickt die negative Superintelligenz die Gyranter los. Mit dem Erscheinen ihrer Flotte befinden sich GALAXIEN IM KAMPF ...
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Die Hauptpersonen des Romans:
Anti-ES - Atlans Gegenspieler setzt die Macht der Gyranter ein.
Ullerf und Zarran - Totemwächter der Gyranter.
Breckcrown Hayes - Der High Sideryt führt die SOL in den Kampf.
Atlan - Der Arkonide kehrt zurück.
Cara Doz - Die Emotionautin verweigert einen Befehl.
Bjo Breiskoll - Der Katzer verschwindet mit der FARTULOON.
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1. »Das schaffe ich nicht«, stieß Ullerf hervor. »Niemals, ich bin zu ungeschickt dazu. Das wird eine Katastrophe geben.« »Überlaß es uns, das zu beurteilen«, versetzte Zarran finster. »Wir haben dich für diese Arbeit vorgesehen, weil wir sicher sind, daß du es kannst – und du wirst es tun.« Ullerf schüttelte halsstarrig den Kopf. Seine Stimme hatte einen klagenden Unterton. »Ich bin zu blöde dafür. Ich bin Ausbilder für nichtteleologische Kommunikation und Individualstrukturierung, und ich kann etwas in meinem Fach, das weiß ich. Aber nie und nimmer werdet ihr mich dazu bekommen, ein Raumschiff zu steuern. Ich weiß ja schon jetzt nicht, was ich an Bord überhaupt soll.« Die geheime Unterhaltung fand in einem Privatraum des gyrantischen Schiffes OPHUN statt, und wenn die Schiffsführung etwas davon gehört hätte, wäre es das Ende der Sprecher gewesen. Es waren insgesamt sieben, die eine große Schar von Gesinnungsgenossen hinter sich wußten. »Du bist unserer Sache verpflichtet, so gut wie jeder andere. Wir müssen das Erbe unserer Vorväter bewahren ...« »Ach was, die kennt doch längst keiner mehr. Behauptet ihr etwa, etwas Genaues über die Vorgeschichte unseres Volkes zu wissen? Unsere Vergangenheit kennen wir nicht, unsere Gegenwart besteht aus einer unendlichen Reihe von Kämpfen, und unsere Zukunft ... davon will ich gar nicht erst reden.« Zarran stieß einen Seufzer aus. Die Lage der Totemwächter an Bord der OPHUN war kritisch, mehr noch, sie war lebensgefährlich. Jedermann an Bord wußte: Die Flotten der Gyranter rüsteten zum entscheidenden Schlag. Ziel ihrer Angriffe war es, die Machtstrukturen in dem Galaxiengebilde Bars-2-Bars zu zerschlagen und die Macht jenes Wesens zu festigen, dem die Gyranter dienten. Einige taten es freiwillig, aus der Tradition ihres Volkes heraus, die gekennzeichnet war von Kämpfen und Gefechten. Andere hatten sich in besonderem Maß der unbekannten Macht verschworen. Ihnen war daher die Gnade zuteil geworden, sich ein Gerät in den Körper einpflanzen zu lassen, das ihre Körper zu schattenhaften Gebilden umwandeln und sie unverwundbar machen konnte. In den Reihen der Freiwilligen konnten die Totemwächter ab und zu einen neuen Bundesgenossen rekrutieren, bei den Schatten war das unmöglich. Bis ans Ende ihrer derzeitigen raumzeitlichen Existenz waren sie an den Herren aus dem Nirgendwo gebunden. »Zarran, sieh mich nicht so böse an. Ich kann kein Raumschiff steuern. Ich habe es nie getan und werde es niemals lernen. Warum willst du dich und mich und die anderen unglücklich machen?« Zarran zeigte ein grimmiges Gesicht. »Das will ich dir sagen«, stieß er heftig hervor. »Obwohl du es längst weißt. Dieser Auftrag ist unsere große Stunde, das wissen wir seit langem. Unsere Flotten werden nach Bars-2-Bars vorstoßen und jeden niederkämpfen, der sich uns in den Weg zu stellen wagt.« »Was ist daran neu?« fragte Ullerf betrübt. »So geht es seit ewigen Zeiten.« »Neu ist das Ausmaß der Operationen – und die Riesenhaftigkeit des Schlachtfelds. Zwei ineinander verkeilte Galaxien, das hat es noch niemals
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gegeben. Es wird ein Durcheinander geben wie niemals zuvor – und wir wollen dieses Durcheinander für unsere Zwecke nutzen.« »Das alles weiß ich«, murmelte Ullerf. »Wir haben alle verfügbaren Totemwächter unseres Abschnitts hier an Bord der OPHUN zusammengezogen. Wir haben die Mehrheit im Schiff – ein Ereignis wie dieses wird sich in Jahrhunderten nicht wiederholen.« »Auch das ist mir bekannt«, räumte Ullerf ein. Er war sichtlich nervös, knipste mit den Fingernägeln und sah auf den Boden. »Eine zweite Chance wird es für uns nicht geben«, fuhr Zarran drängend fort. »Wenn wir diese nicht nutzen, können wir all unsere Pläne aufgeben. Und es sind Pläne, die uns allen eine glücklichere Zukunft sichern können.« Ullerf starrte weiter auf den Boden. Zarran konnte sehen, daß er den Rücken wölbte, als lege sich eine schwere Last auf seine Schultern. »Hier stehen wir nun. Vor zwei Tagen hat man Kirdar erwischt. Er hat sich gerade noch selbst töten können, bevor man ihm das Geheimnis der Totemwächter abpressen konnte. Er war unser Pilot – jetzt bist du es.« Ullerf stieß einen Fluch aus. »Ich habe einen ganzen Tag lang trainiert«, erklärte er schwach. »Um körperlich in Hochform zu sein, wenn es losgeht. Was ist dabei herausgekommen – mein Rücken schmerzt, die Arme zittern vor Krämpfen, die Beine knicken unter mir zusammen. Schon rein körperlich bin ich dem nicht gewachsen. Und erst recht nicht geistig – ihr wißt doch, daß ich in kritischen Lagen immer durchdrehe und Fehler mache.« »Wir wissen, daß du jede kritische Lage bisher immer überstanden hast. Das ist mehr als andere von sich sagen können. Es wird Schwierigkeiten geben, in Hülle und Fülle, aber wir alle werden dir helfen und beistehen. Zusammen werden wir es schaffen. Aber nur du, du allein, hast das Format, das Schiff zu steuern, wenn wir die Macht an uns gerissen haben. Mit dir steht und fällt das Projekt.« »Ich werde euch alle in den Tod stürzen«, jammerte Ullerf. »Möglich«, konterte Zarran trocken. »Die Gefahr besteht – aber die Gefahr, daß wir aufgespürt und umgebracht werden, ist erheblich größer. Wir verlangen kein Wunder von dir – nur, daß du dich bemühst, mehr nicht.« Ullerf sah die Freunde an. Ihre Gesichter drückten Mißmut aus. Nur zu verständlich – seit zwei Stunden redeten sie so auf ihn ein. Wahnsinn war es, heller Wahnsinn. Er sollte ein Raumschiff steuern. Ausgerechnet er. Ein Ausbilder, der in der Welt des Geistes zu Hause war; konnte es etwas Verrückteres geben, als ihm diese Aufgabe zuzumuten? Gewiß, die Freunde meinten es gut mit ihm, und ihn freute das Vertrauen, das sie in ihn setzten – aber er hatte Angst vor der Verantwortung, die mit dieser Aufgabe einherging. Einen Achtteiler mit einem Durchmesser von 460 Metern zu steuern, war etwas anderes, als Wißbegierige in der Kunst zweckfreien Sprachgebrauchs zu unterweisen, ihnen Semantik und Syntax klarzumachen. Es war etwas ganz anderes, viel zu schwer für ihn. Er traute es sich nicht zu – und er wußte oder glaubte wenigstens zu wissen, daß er eben wegen des fehlenden Zutrauens gräßliche Fehler machen würde. Fehler, die schließlich das ganze Unternehmen in eine Katastrophe verwandeln konnten.
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»In ein paar Stunden geht es los«, sagte Zarran. Er deutete auf den Bildschirm. Dort war der Aufmarsch der Gyranter-Flotte zu sehen. Schiff neben Schiff, ein Haufen silberschimmernder Perlen, alle vom gleichen Typ, alle mit der gleichen Aufgabe – zu zerstören. Es war das größte Aufgebot, das die Gyranter jemals zusammengestellt hatten, solange sie sich zurückerinnern konnten. Ihre Geschichte lag im Dunkel verborgen. Unbekannt war ihre Herkunft, unbekannt die Geschichte. Die Gyranter waren Bewohner eines ganz normalen Sonnensystems, umgeben von anderen ganz normalen Sonnen – einmal abgesehen davon, daß allgemein bekannt war, daß dieser Lebensbereich der Gyranter eine Art Verbannung darstellte. Woher verbannt, von wem, warum? – All das war unbekannt. Jedermann wußte, daß es allenthalben Feinde gab, die man zu bekämpfen hatte. Es hieß, daß nur eine Bewährung in diesem Kampf den Gyrantern die Größe zurückgeben konnte, die sie früher besessen haben sollten. Also kämpften sie. Der Kampf war ihr Lebensinhalt, ihm wurde alles andere untergeordnet. Erziehung war Erziehung zum Kampf, selbst die Künste standen im Dienst dieses Kampfes – Ullerf konnte ein Lied davon singen. Daß er zu den Totemwächtern gehörte, war reiner Zufall. Sie waren auf ihn gestoßen, hatten ihn angeworben und sich mit ihm befreundet. Es hatte Ullerf gutgetan, einmal andere Mienen zu sehen als die harten Gesichter der anderen, deren vorgeschobene Unterkiefer Angriffslust ausdrückten, deren Kiefer ständig gespannt waren, als warteten sie nur darauf, zubeißen zu können. Und jetzt wollten die Totemwächter ihrerseits kämpfen. Eingekapselt wie ein Fremdkörper, dabei unentdeckt, lebten sie als Isolierte in einer ihnen feindlichen Gesellschaft. Zu einer Umkehr der Werte dieser Kriegsgesellschaft fehlten ihnen die Kraft, die Zuversicht und auch die Mittel. Folglich hatten sie beschlossen, sich vom Rest des Gyranter-Volkes zu trennen. Es gab in nahezu jeder Flotte, die jetzt zusammengezogen wurde, ein Schiff, in dem die Totemwächter die Mehrheit hatten. Es hatte unsägliche Mühe, schweißtreibende Arbeit und halsgefährdende Abenteuer gekostet, diese Vorbereitungen zu treffen. Die Totemwächter mußten von ihren üblichen Posten abgezogen und unauffällig zusammengezogen werden – und das unter den Augen des immer mißtrauischen, argwöhnenden Offizierskorps, das weniger zur Führung der Gyranter bestimmt schien als vielmehr zu deren Überwachung. »Wieviele Schiffe sind das?« fragte Ullerf. »Ungefähr achttausend«, sagte Zarran. Einen Augenblick lang schwieg die Runde beeindruckt. Es gab insgesamt dreißig solcher Flotten, einige erheblich kleiner, andere noch ein wenig größer. Eine Streitmacht, die ihresgleichen suchte im Kosmos.
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Hervorragende Schiffe, technisch perfekt bis ins Detail, Besatzungen, die in zahllosen Kampfeinsätzen geschult waren, Offiziere, die manche siegreiche Schlacht durchfochten hatten. Gewiß, es war von außen nicht schön anzusehen, was die Gyranter taten. Die Totemwächter als einzige wußten es – wieviel Leid und Elend diese Schiffe über zahllose Welten gebracht hatten, welche Schandtaten von diesen Besatzungen begangen worden waren. Aber auch diese sieben erfüllte ein paar Augenblicke tiefe Bewunderung für die Präzision und Schlagkraft der Flotten, eine Empfindung der Macht und Größe. Daß dieser Rausch für die meisten Beteiligten letztlich schal und leer war, war kaum einem von den normalen Gyrantern bewußt. Sie identifizierten sich mit der Feuerkraft der Schiffe, berauschten sich am Getöse der Maschinen und empfanden sich selbst als ebenso groß und gewaltig, wie es die Flotte augenscheinlich war. »Es geht los«, murmelte Zarran. Die Flotte setzte sich in Bewegung. Fast achttausend Schiffe, jedes von gleicher Größe, jedes perfekt und funktionstüchtig. Eine schier unwiderstehliche Kraft – wehe dem Gegner, der sich damit auseinanderzusetzen hatte. Er schien verloren, bevor noch die Flotten die Nabelstationen passiert hatten und in den Lebensbereich des Gegners vorgedrungen waren. »Es wird fehlschlagen«, jammerte Ullerf. »Seht euch diese Flotte an. Wie soll ich da durchkommen?« »Warte ab bis zum ersten Gefecht«, versetzte Zarran ungeduldig. Die Hartnäckigkeit, mit der sich Ullerf dagegen sträubte, seine Rolle zu übernehmen, versetzte ihn mehr und mehr in ärgerliche Stimmung. »Der Gegner wird sich mit allen Kräften wehren, und dann werden wir uns absetzen – vorausgesetzt, du erklärst dich endlich bereit, deine Aufgabe zu übernehmen.« Ullerf seufzte. »Meinetwegen«, sagte er schließlich. »Aber ihr tragt die Verantwortung. Wenn es danebengeht, beschwert euch nicht – ich habe es vorher gesagt.« »Wir haben es gehört«, gab Zarran zurück, begleitet von einem erleichterten Blick in die Runde. »Und jetzt auf unsere Posten, Freunde, sonst fallen wir noch auf.« Die sechs verließen Ullerfs Kammer und eilten auf die Gefechtsstationen. Ullerf blieb allein und ratlos zurück. Er fühlte sich zum Helden nicht geboren, obwohl er wußte, daß er mitunter recht mutig sein konnte – aber mitunter bedeutete nicht, daß er in jeder Lage mutig gewesen wäre, und ihn marterte die Angst, durch Ungeschicklichkeit das ganze Unternehmen zu gefährden. Mochte er auch gerade die Verantwortung für einen Fehlschlag auf die Freunde abgewälzt haben – tief im Innern wußte er, daß er allein dafür verantwortlich war, wenn es zu einer Katastrophe kam.
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Die OPHUN war kein bedeutendes Schiff, eines unter Tausenden. Sie hatte in der Angriffsformation der Gyranter auch keine besondere Aufgabe, es sei denn, sie wurde als Aufklärer eingesetzt. In diesem Fall stiegen die Aussichten der Totemwächter beträchtlich, aber der ewige Schwarzseher Ullerf rechnete nicht damit. Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu – einem langatmigen Epos, das die Taten früherer Gyranter-Generationen verherrlichte. Ullerfs Aufgabe an Bord bestand darin, diese Texte aufzuarbeiten und den Kadetten als Lehrmaterial zu unterbreiten. Es war eine Aufgabe für einen Bücherwurm und Grübler, ganz nach Ullerfs Geschmack, und so hatte er nach kurzer Zeit keinen Blick mehr für das, was draußen vorging. Der Aufmarsch vollzog sich planmäßig. Von den anderen Flotten kamen Funksprüche. Der Einsatz aller Einheiten sollte in der gleichen Minute beginnen – dem Gegner wollte man keine Chance lassen, eine ordentliche Verteidigung aufzubauen. Gleichsam im Schlaf sollten die Gegner überrascht und niedergekämpft werden. So sah es der Plan vor. * Anti-ES: »Dieses Mal darf es keinen Fehlschlag geben – und es wird auch keinen geben!« Penetranz: »Hat es solche Fehlschläge gegeben?« Anti-ES: »Es wäre töricht, Pannen nicht zuzugeben. Mein Plan mit der Jenseitsmaterie ist gescheitert, daran läßt sich nicht rütteln.« Penetranz: »Wessen Verschulden?« Anti-ES: »Die Ursache ist mir noch unbekannt. Ich begreife das Scheitern des Planes nicht, und das will wahrhaftig etwas heißen. Es sind Kräfte am Werk, die gegen mich arbeiten – Kräfte, deren Ursprung und Art ich erst noch ergründen muß.« Penetranz: »Ist es unter diesen Umständen nicht ratsam, die Aktionen zurückzustellen, bis über alle Kausalfaktoren Klarheit besteht?« Anti-ES: »Ich denke nicht daran, zu warten. Jedes Warten verhilft dem Gegner zur Ruhe und läßt ihn Kräfte sammeln.« Penetranz: »Er kann deiner Macht auf Dauer nicht widerstehen.« Anti-ES: »Niemand kann das. Aber es verdrießt mich, daß ich mit Atlan und seiner SOL so lange und so viel zu tun habe. Der Aufwand, den ich treiben muß, um diesen Feind zu bezwingen, steht in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Feindes.«
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Penetranz: »Welche Mittel sollen eingesetzt werden – und zu welchem Zweck?« Anti-ES: »Ich habe die Gyranter angewiesen, die Lage in Bars-2-Bars in meinem Sinn zu bereinigen. Die Gyranter sollen zum einen die SOL finden und zerstören, zum anderen die Völker von Bars-2-Bars entscheidend schwächen.« Penetranz: »Und Atlan?« Anti-ES: »Er ist von der SOL abgeschnitten und der Möglichkeiten dieses Schiffes beraubt. Lieber hätte ich beide zusammen vernichtet, aber das wird sich noch zeigen. Es ist mir wichtig, Bars-2-Bars zu beruhigen, damit Atlan und die SOL keine Unterstützung für Maßnahmen mehr finden, die gegen mich gerichtet sind.« Penetranz: »Was kommt außer den Gyrantern noch zum Einsatz, reichen die Kräfte aus?« Anti-ES: »Du denkst an deinen Einsatz mit dem Arsenal? Einstweilen lasse ich das nicht zu, vor allem, weil die ARSENALJYK II noch nicht zur Verfügung steht. Es wird auch nicht nötig sein – die Feindschaft zwischen den Völkern von Bars und Farynt wird die Aktionen der Gyranter begünstigen. Widerstand wird es kaum geben, wo doch, wird er mit allen Mitteln gebrochen werden; selbst wenn die Gyranter allein keinen großen Erfolg erringen, wird die Zwietracht der Völker meine Pläne fördern. In wenigen Stunden wird die SOL zerstört sein, danach werde ich Atlan jagen, stellen und töten.« Penetranz: »Du scheinst ihn als Gegner sehr ernst zu nehmen.« Anti-ES: »Das tue ich. Ich kenne den Arkoniden. Es liegt lange zurück, lange bevor ... aber das tut hier nichts zur Sache. Wenn ich nur wüßte, welcher Art die Kräfte sind, die ihm aus unbekannter Quelle zur Verfügung gestellt werden. Sie sind zum Teil sogar für mich undurchschaubar.« Penetranz schweigt. Solche Eingeständnisse einer Superintelligenz lassen sie verstummen.
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2. Scheinbar fahrtlos hing die TEUCER im Raum. Das Forschungsschiff der Anterferranter, das vor kurzer Zeit erst den lang ersehnten Kontakt mit Tyari hergestellt hatte, war in diplomatischer Mission unterwegs – es galt, die ersten losen Freundschaftsfäden zu verknüpfen und zu verstärken. Sie waren in langer, mühevoller Kleinarbeit hergestellt worden. Seit mit Tyaris und Atlans Hilfe auf Anterf sich die Dinge gewandelt hatten, waren kleine Gruppen der Anterferranter unterwegs gewesen. Ihre Anweisungen waren gleichlautend: Kontakt herstellen und pflegen, den Bann, der über Bars-2-Bars lag, allmählich aufweichen und zerstören. Das Unternehmen war recht erfolgreich gewesen. Ein halbes Dutzend Welten hatte die TEUCER besucht, darunter auch zwei Planeten, die schon früher von Anterf aus besiedelt worden waren und deren Bevölkerung sich freute, den Kontakt zur Urheimat wieder hergestellt zu haben. Zur Besatzung der TEUCER gehörten auch Grynph und Ashda, seit kurzem auch offiziell ein Paar. Leiter des Unternehmens war Myrrhn, vormals Wissenschaftsleiter der Anterf-Ersatzregierung. »Wir können mit uns zufrieden sein«, stellte Myrrhn fest und nahm einen Schluck aus dem Glas, das vor ihm auf dem flachen Tisch stand. »Aber es bleibt noch eine Menge zu tun«, gab Grynph zurück. Myrrhn lachte. »Wo kämen wir hin, würden wir Alten alles für euch erledigen. Ein wenig wird auch für euch übrigbleiben.« »Ich hoffe es«, antwortete Grynph. »Ich weiß nur, daß ich in Zukunft Ähnliches tun will – Planeten besuchen, Kontakte herstellen, Freundschaften schließen. Ich weiß nicht, ob es nichts weiter ist als ein phantastischer Wunschtraum, aber ich stelle mir eine Gemeinschaft vor, in der alle Völker von Bars-2-Bars friedlich zusammenleben.« »Das wirst auch du nicht erleben«, antwortete Myrrhn. »Dafür gibt es in jeder der beiden Galaxien zu viele Sterne mit entschieden zu vielen Planeten. Wahrscheinlich gibt es allein in Bars Tausende von intelligenten Völkern, von deren Existenz wir nicht einmal etwas ahnen.« »Dann sollte es wenigstens friedlich zugehen zwischen denen, die sich kennen. Platz genug haben wir in dieser Galaxis – und die Interessen sind mitunter so verschieden, daß es gar nicht zu Zusammenstößen kommen kann.« Er dachte an das Volk, das die TEUCER zuletzt entdeckt hatte. Die Hurders atmeten ein Gasgemisch, das jeden Anterferranter auf der Stelle getötet hätte. Um mit einem solchen Volk, selbst wenn es eine expansive Politik betrieb, in Streit zu geraten, mußte man schon sehr hartköpfig und wirklichkeitsfremd
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sein. Planeten, die den Anterferrantern als überwältigend schön erschienen, waren für die Hurders lebensfeindlich – und umgekehrt. Beide Völker hätten sich theoretisch ein Sonnensystem teilen können. »Eines Tages wird es soweit sein«, vertröstete der Wissenschaftler den Ungeduldigen. »Leider gibt es auch Feinde«, murmelte Ashda. »Nicht mehr lange«, sagte Myrrhn heftig. »Unsere Bedrücker verlieren beständig an Macht – je mehr Freunde wir gewinnen, um so geringer sind ihre Chancen, uns noch einmal in Bedrängnis bringen zu können. Machtentfaltung ist nur dann möglich, wenn allgemeine Zwietracht herrscht, wenn jemand ein Volk gegen das andere ausspielen kann – dem werden wir entgegenarbeiten. Wenn das in Zukunft mit dem gleichen Erfolg gelingt wie in der jüngsten Vergangenheit, können wir zufrieden sein.« Der Kommunikator meldete sich. »Wir messen eine energetische Turbulenz an, ziemlich in der Nähe«, berichtete der Mann, der die Ortung beaufsichtigte. Myrrhn dachte nach. »Wir sehen uns die Sache an – aber vorsichtig. Es könnte eine Falle für uns sein.« »Vielleicht auch etwas anderes – in einer solchen Turbulenz haben wir schließlich die SOL aufgespürt«, gab Grynph zu bedenken. »Die SOL ist einzigartig. Es gibt kein zweites Schiff dieser Art, leider«, sagte Myrrhn. »Kommt, wir gehen in die Zentrale.« Auf den Monitoren waren die Turbulenzen zu sehen. Energieorter hatten sie angepeilt und zeichneten die verwirrenden Muster auf die Bildschirme. Grynphs Augen weiteten sich. »Heiliges Sternenlicht«, entfuhr es ihm. »Was ist das?« Er deutete auf die Mitte des Energiewirbels. Eine Kette von leuchtenden Punkten fädelt sich heraus, wurde länger und länger. »Schiffe«, stieß Myrrhn hervor. »Raumschiffe, die in unsere Galaxis eindringen.« »Ausgeschlossen«, wehrte ein Offizier ab. »Sieh dir die Zahl allein an – das müßten Hunderte von Schiffen sein, und es werden immer mehr. Ich halte es für einen Schwarm kosmischer Kleinkörper.« Bitter sagte Myrrhn: »Astronomisch betrachtet, ist eine Flotte nichts weiter als eine Ansammlung kosmischer Kleinkörper.« »Gehen wir näher heran?« fragte Grynph. »Ein wenig«, entschied Myrrhn. »Wir halten sicheren Abstand – ich wittere Gefahr hinter diesen Bildern.« Das Manöver wurde ausgeführt. Auf den Bildschirmen nahm danach der Energiewirbel eine beachtliche Fläche ein. Die Ortungsanlagen lieferten exaktere Daten.
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»Raumschiffe, ganz ohne Zweifel. Beim Passieren dieses Wirbels sind sie für kurze Zeit exakt anmeßbar, danach beginnen ihre Abwehrsysteme gegen Fremdortung zu funktionieren.« »Wieviele?« »Bis jetzt über dreitausend«, sagte der Ortungsoffizier mit schwacher Stimme. Myrrhn konnte sehen, wie die anderen erschraken, und ihn packte die Furcht nicht minder. Dreitausend Schiffe, und wahrscheinlich war jedes schwer bewaffnet. Was für eine Flotte – mehr als genug, um Anterf im ersten Angriff völlig zu überrennen. »Da hilft uns auch die SOL nicht mehr«, stieß Grynph hervor. Seiner Stimme war das Entsetzen anzumerken, das ihn gepackt hatte. »Was für eine Übermacht.« Myrrhn nickte traurig. »Das wird das Ende sein«, murmelte er. »Für Anterf, für die Beneterlogen, für ganz Bars-2-Bars.« »Und die SOL«, ergänzte Ashda. »Wenn es ein Schiff gibt, das eine Chance hat, dieser Meute zu entkommen, dann die SOL.« »Sie wird es nicht tun«, sagte Ashda, mühsam nach Fassung ringend. Es war ihr erster Raumflug, und diese Tatsache allein war abenteuerlich genug. Eine Armada feindlicher Schiffe war mehr als sie verkraften konnte. »Unsere Freunde werden uns nicht im Stich lassen.« »Wobei?« fragte Myrrhn hart. »Beim Sterben? Was haben wir davon, wenn wir sie mitziehen in den Strudel der Vernichtung? Sollen wir das, was sie für uns getan haben, damit belohnen?« »Ich kenne die Solaner besser«, sagte Grynph. »Sie haben Ehrgefühl. Das wird es ihnen verbieten, uns im Stich zu lassen.« »Ich pfeife auf Ehrgefühle, wenn es um diesen Wahnsinn geht«, knurrte Myrrhn. »Stellt eine Funkverbindung zur SOL her, so abhörsicher wie nur möglich – helfen wird es nicht, aber schaden kann es auch nicht.« Die Verbindung war rasch hergestellt. Auf dem Schirm tauchte das Gesicht des High Sideryt auf. Die Anterferranter hatten sich inzwischen an die Physiognomien der Solaner gewöhnt, sie vermochten sogar den Ausdruck der Gesichter zu deuten. Grynph spürte, daß der Anblick des High Sideryt ihm eine große Portion Vertrauen und Sicherheit einflößte. Die Solaner waren nicht von der Sorte, die vorzeitig aufgab und sich in Panik versetzen ließ. Wenn es eine Möglichkeit gab, dem Verhängnis zu entrinnen, das sich auf den Schirmen bedrohlich abzeichnete, dann waren es wahrscheinlich die SOL-Bewohner, die diese Möglichkeit kaltblütig fanden.
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»Sieh selbst«, sagte Myrrhn. Er ließ die Daten zur SOL übertragen. Der High Sideryt konnte das gleiche sehen wie die Anterferranter. »Beachtlich«, murmelte Breckcrown Hayes. »Aber noch sehr weit von Anterf entfernt. Könnt ihr die Manöver genauer verfolgen?« »Zwischenmeldung – mehr als sechstausend Einheiten.« In der Zentrale der TEUCER breitete sich ein beklemmendes Schweigen aus. Wer wollte es wagen, sich dieser Streitmacht in den Weg zu stellen? »Es sieht so aus, als schwärmten sie auseinander«, berichtete die Ortung. »Das ist nicht die Hauptflotte«, stellte Hayes gelassen fest. Daß seine ruhige Anmerkung die Anterferranter an den Rand des Nervenzusammenbruchs drängte, ahnte er wohl nicht. »Das sind lediglich Erkundungsflottillen – man will Bars-2-Bars auskundschaften. Der eigentliche Angriff wird erst noch kommen.« Grynph ließ den Kopf auf die Brust sinken. Ahnte Hayes, was er da aussprach? Wenn dies die Vorhut war – wie sah dann die Hauptstreitmacht aus? Zwanzigtausend Einheiten? Oder noch mehr? Vorstellbar war es nicht. »Ich bedanke mich für die Warnung«, sagte Hayes. »Was habt ihr jetzt vor?« »Wir fliegen auf dem kürzesten Weg zur Heimatwelt zurück«, erklärte Myrrhn. »Wir werden Anterf warnen und alles zusammenkratzen, was wir an Verteidigungskraft haben – reichen wird es wohl nicht.« »Niemals die Hoffnung aufgeben«, sagte Hayes. »Ich werde zusehen, ob ich euch Hilfe schicken kann. Ende.« Die Verbindung brach ab. Zurück blieb eine Mannschaft der TEUCER, auf deren Gemüter die Verzweiflung lastete. »Was wollen wir noch auf Anterf«, sagte einer der Offiziere. »Mit diesem Schiff können wir wenigstens einen Rest unseres Volkes retten. Wir könnten uns einen Planeten suchen, den noch niemand kennt, und uns dort verstecken.« »Wie lange?« fragte Myrrhn zurück. »Nichts da, wir warnen Anterf. Jedes Schiff wird dort zur Abwehr gebraucht.« »Sinnlose Opfer«, murrte ein anderer. Myrrhn ließ schnell im Schiff herumfragen. Eine knappe Mehrheit war dafür, nach Anterf zu fliegen, der Rest erwog verzweifelte Pläne, die allesamt ohne Aussicht waren. Die TEUCER setzte ihren Flug fort. Vorsichtig, um nicht geortet zu werden, näherte sie sich dem System, in dem die Anterferranter entstanden waren und in dem sie nun zugrunde gehen sollten. Daß diese Armada mit friedlichen Absichten nach Bars-2-Bars eingedrungen war, schlossen alle an Bord aus – zur Kontaktaufnahme war ein Schiff nötig, vielleicht ein Dutzend, aber niemals mehr als siebentausend. Bei dieser Zahl war die Anzeige schließlich stehengeblieben. Kurze Zeit später war auch der Energiewirbel verschwunden.
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»7653 Schiffe«, murmelte Myrrhn immer wieder. »Wer haßt uns so, daß er uns solcherart bedroht? Was haben wir diesem Feind getan?« »Vielleicht stört ihn die Tatsache unserer bloßen Existenz«, vermutete Ashda. »Schluß mit der Debatte«, forderte Myrrhn. »Über dem Herumgrübeln, warum man uns möglicherweise angreift, vergessen wir das Wichtigste – daß man uns angreifen will. Was können wir dagegen tun?« Grynph stieß ein bitteres Lachen aus. »Das läßt sich mit einem Wort sagen – nichts. Wenn du es noch präziser haben willst – gar nichts.« Myrrhn warf ihm einen bösen Blick zu. »Mit Verzweiflungsausbrüchen ist uns nicht gedient«, sagte er hart. »Möglich, daß wir nicht viel tun können, aber wenn wir uns die Hirne mit der Konstruktion vernageln, daß man gar nichts tun kann, lähmen wir uns selbst.« »Nun, gehen wir die Möglichkeiten durch«, begann Grynph. Er unterbrach sich und starrte auf den Panoramaschirm der TEUCER. Gab es einen schöneren Anblick als das Bild der Sterne? Gab es eine gewaltigere Herausforderung für den intelligenten Geist als den freien Weltraum mit seinen unerschöpflichen Möglichkeiten? Mit einem guten Schiff durch diesen Raum zu fliegen, war Traum vieler Millionen Wesen, die zu den Sternen aufblickten. Aber in diesem Augenblick war keiner an Bord der TEUCER imstande, diese Freiheit zu fühlen. Statt dessen zergrübelten sie sich die Köpfe, um sich dem niedrigsten Auswurf des Denkens zu widmen, der überhaupt nur vorstellbar war – dem Gedanken an Krieg und Konflikte. Statt die Weite des Kosmos zu erforschen, mußten sie das begrenzte Begriffsvermögen eines machtgierigen Wesens durchkämmen, auf der Suche nach Möglichkeiten, das Leben zu bewahren. »Wir können versuchen zu fliehen«, fuhr Grynph nach dem Zögern fort. »Reichen die Raumschiffe, um alle Anterferranter in Sicherheit zu bringen?« Myrrhn schüttelte den Kopf. Niemand hatte eine andere Antwort erwartet. »Selbst wenn wir ein Jahr und mehr Zeit hätten – es genügt nicht. Dafür ist unsere Flotte viel zu klein.« »Außerdem würden uns die Angreifer früher oder später doch erwischen – mit wesentlich schlechteren Ausgangsbedingungen für uns.« Das war Ashdas Kommentar gewesen. »Können wir uns wehren?« lautete Grynphs nächste Frage. Myrrhn kannte sich auf diesem Gebiet einigermaßen aus. Wieder war seine Antwort ein Kopfschütteln.
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»Gegen so viele Schiffe? Niemals – jedenfalls nicht erfolgreich. Vielleicht können wir ein paar der Angreifer abschießen, aber der Rest würde alles Leben von Anterf tilgen.« Immer näher kam die TEUCER an den bedrohten Planeten heran. Kurze Zeit später tauchte das Schiff in das Normalkontinuum ein. Anterf lag vor dem spitzen Bug der TEUCER. Schon war der Planet mit normalen Optiken auszumachen. Schön und wehrlos bot es sich dem Auge dar. Grynph ahnte, welche Bilder seine Freunde sich vorstellten – das Weiß der Wolken durchbrochen von düsterroten Flächen, den Feuerkugeln detonierenden Fusionsbomben. Weiße Säulen, die aus den Meeren hoch stachen, dazwischen ein Gewirr kleiner silberner Punkte – Tausende kleiner Fahrzeuge, deren Insassen sich in verzweifelter Flucht zu retten versuchten, verfolgt, gejagt und abgeschossen von den Angreifern, die der Weltraum ausgespien hatte. »Wir werden unsere Freunde um Hilfe bitten, vor allem um gute Ratschläge. Sie kennen sich in diesen Dingen besser aus.« »Vielleicht könnten wir den Planeten verstecken«, sagte Ashda. Gelächter folgte diesem Vorschlag. »Augenblick«, sagte Myrrhn. »So absurd ist der Vorschlag gar nicht. Es ist etwas daran ...« Er sah Ashda an. »Wie hast du dir das vorgestellt?« wollte er wissen. »Ich sehe da zwei Möglichkeiten, obwohl ich nicht weiß, ob und wie überhaupt man sie verwirklichen könnte. Die eine Lösung wäre, den ganzen Planeten unsichtbar zu machen – ein planetenumspannender Schirm, der uns nicht ortbar macht.« Myrrhn schüttelte bedächtig den Kopf. »Machbar«, sagte er dann. »Aber nur, wenn wir viel Zeit haben. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Existenz eines Planeten nachzuweisen. Vor allem müßten wir die Eigenstrahlung dieses Schirms für jede Ortung unkenntlich machen. Ich zweifle, ob das technisch machbar ist. Und wie sieht dein anderer Vorschlag aus?« Ashda preßte die Lippen aufeinander. »Wir müßten Anterf so herrichten, daß die Angreifer kein Interesse mehr daran haben, uns anzugreifen.« »Und wie soll das aussehen? Sollen wir unseren eigenen Planeten verwüsten?« Ashda nickte. »Wir müßten vortäuschen, andere hätten bereits das Werk vollendet, das die Angreifer im Sinn haben.« »Bomben auf Anterf? Von uns selbst gezündet?« »Das hätte den Vorteil, daß wir die Bevölkerung vorher in Sicherheit bringen könnten.« »Wahnsinn«,
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stöhnte einer auf. Myrrhn, gewohnt, jeden Ansatz durchzudenken, erwog die Möglichkeiten. »Wir müßten Anterf so gründlich verwüsten, daß der Planet aussieht, als würde er kein Leben mehr tragen. Weißt du, was das für Anterf heißt, für die Anterferranter?« »Wir müßten am niedrigsten Punkt unserer Entwicklung von vorn beginnen, in unvorstellbarer Armut, jedenfalls für unsere Begriffe. Aber wir könnten überleben.« »In Höhlen, Zelten und Baumhütten? Ohne Industrie? Ohne funktionierende Infrastruktur?« »Ohne all das – aber wir würden leben.« Grynph stieß die Luft aus. Der Vorschlag klang grausig. Grynph zweifelte, ob eine Mehrheit der Anterferranter dem zustimmen würde – von der Frage der praktischen Durchführbarkeit einmal ganz abgesehen. Was Ashda vorschlug, war der schiere Wahnsinn – aber es sah im Augenblick so aus, als sei dieser Plan der einzige, der den Anterferrantern wenigstens den Schimmer einer Überlebensmöglichkeit eröffnete. »Das will gut überlegt sein«, murmelte Myrrhn. Er sah Ashda aufmerksam an. »Ich danke dir für diesen Vorschlag – so scheußlich es klingt, es scheint mir bisher der beste zu sein.« Die TEUCER hatte die Bahn des Mondes Seleterf erreicht. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis das Schiff sicher auf Anterfs Boden stand. Sicher? Der Zufall wollte es, daß die TEUCER sich der Tagseite des Planeten näherte. Weiß schimmerten die Wolken, hoben sich klar ab vom dunklen Blau des Meeres, vom dichten Braun des Landes. Die Vorstellung erweckte Schrecken – das Land von Strahlung verwüstet, die Meere siedend, die Atmosphäre gepeitscht von willkürlich entfesselten Stürmen, die die Strahlung über den ganzen Planeten verteilen würden. Und irgendwo zusammengekauert in kleinen und großen Höhlungen, in Kavernen und Bunkern, die Bevölkerung des Planeten. Mittellos wie zum Beginn ihrer Geschichte ... ... aber mit der Möglichkeit einer Fortsetzung. Es hatte andere Völker gegeben, die ihre Geschichte mit eigener Hand im atomaren Feuer unwiderruflich beendet hatten. Sie wären über das schreckliche Schicksal froh gewesen, das Anterf sich möglicherweise würde aufladen müssen.
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3. »Es werden immer mehr«, stellte die Ortung fest. »Ein paar Zehntausend sind schon beisammen, und es werden mehr.« »Danke«, sagte Breckcrown Hayes. Er trennte die Verbindung. Es sah düster aus. Offenbar rüstete sich der Gegner zum entscheidenden Schlag. Hayes hatte auch eine Ahnung, wer diese Gegner waren – die Gyranter, mit denen die Solaner schon einmal zusammengestoßen waren. Bisher war die SOL aus solchen Gefechten siegreich hervorgegangen, aber damals hatte sie sich auch keiner Armada erwehren müssen. Schwer lastete der Druck der Entscheidung auf den Schultern des High Sideryt. Viel galt es zu erwägen. Da war zum einen die Sicherheit der SOL. Als High Sideryt wußte Hayes, daß dies die größte Verantwortung war, die er zu tragen hatte. Es war seines Amtes, den Bestand der SOL zu gewährleisten. Mochte die Zivilisation der Raumschiffgeborenen auch klein sein – gleichberechtigt stand sie neben anderen Völkern, die der Kosmos hervorgebracht hatte. Die Solaner hatten das gleiche Recht auf Leben wie jede andere Kreatur. Hayes wußte: Er konnte die SOL höchstwahrscheinlich in Sicherheit bringen, und sei es um den Preis schmählicher Flucht. Man mußte alle an Bord zurückrufen, starten und verschwinden – nach einiger Zeit würde auch der Eifer des hartnäckigsten Verfolgers erlahmen. Atlan war nicht an Bord, und sein Schicksal war ungewiß. Dennoch wurde auf seine Rückkehr gewartet. Und wenn er nicht kam? Und wenn die Gefahr für die SOL zu groß wurde? Atlan zurücklassen? In einer Galaxis, die von Tausenden von Schiffen durchstreift wurde, bemannt mit Besatzungen, die sicherlich auch den ganz besonderen Auftrag hatten, den Arkoniden zu fangen oder zu töten. Wie auch immer – trat die SOL die Flucht an, blieben die neugewonnenen Freunde hilflos zurück. Nicht, daß Breckcrown Hayes den Einsatzwert der SOL überschätzt hätte – der Übermacht, die herannahte, waren auch beide Partner nicht gewachsen. Breckcrown Hayes begann in seiner Klause auf und ab zu gehen. Die SOL war autark, das war Sinn des Bauplans gewesen. Sie war eine Welt für sich, nur selten darauf angewiesen, andere Welten anzufliegen, um Vorräte zu ergänzen. Der Auftrag der Kosmokraten, die verlorenen Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst zu finden – war dieser Auftrag an Atlan gerichtet oder an die SOL und ihre Besatzung? Hayes wußte nicht, was alles hinter diesem Auftrag steckte. Die gesamten kosmischen Zusammenhänge, in die auch die SOL verwickelt war, konnte er nicht erkennen, viel weniger noch begreifen. Nicht einmal der Arkonide, der schon seit längerem in größeren Zusammenhängen zu denken gewohnt war, ahnte auch nur annähernd, welch weitgespannte Ziele und
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Zwecke die Kosmokraten verfolgten. Manchmal konnte man den Eindruck haben, als sei der Hauptgegenstand dieses kosmischen Spiels die Erhaltung des Universums – ein Gedanke, den Hayes sofort als frevelhaft zurückwies. Dennoch – es gab diese Zusammenhänge, so undurchschaubar sie auch für den High Sideryt sein mochten. In diesem Spiel hatten die SOL, ihre Besatzung und Atlan eine gewisse Rolle – und niemand lebte, der die Größe dieser Rolle abzuschätzen vermochte. Waren sie Statisten auf kosmischer Bühne? Nebendarsteller? Oder nur der überflüssige, mehr dekorative Bestandteil einer Requisite, deren Gebrauch noch nicht einmal feststand? Welche Handlungsfreiheit hatten die Solaner in diesen kosmischen Verwicklungen? Was ließ ihre Rolle zu? »Wirrkopf!« schalt sich Hayes selbst. Anstatt in kosmischen Zusammenhängen herumzuphantasieren, war es besser, sich mit den Gegebenheiten zu befassen – mit der handfesten Realität. Die sah übel genug aus. Offensichtlich setzte eine riesige Flotte zum Sturmlauf auf Bars an, höchstwahrscheinlich auch zum Angriff auf Farynt. Es hing davon ab, wie der Nachrichtenstand des Gegners aussah. Wußte er, daß die angeblich unüberwindliche Feindschaft der Anterferranter und Beneterlogen längst nicht mehr bestand? Wenn ja, wurden auch die Beneterlogen angegriffen, falls nicht, zielte der Stoß auf Anterf und seine Verbündeten. Indes waren solche Überlegungen müßig – die Kraft der Verteidiger reichte niemals aus, dieser Armada einen erfolgversprechenden Widerstand entgegenzusetzen. »Wieviel Zeit ist seit der ersten Ortung verstrichen?« überlegte Hayes halblaut. Genug für den Gegner, um die ersten Angriffe zu starten. Aber noch lag keine Meldung über Feindberührung vor. Es hatte den Anschein, als wäre der Gegner noch dabei, die Lage zu sondieren. Das gab Zeit – vielleicht das Kostbarste überhaupt. Zeit für operative Planungen, Zeit zur Organisation eines Widerstandes, Zeit, die Verbündeten zu informieren. Hayes schaltete sich wieder in die Kommunikation ein. »Neue Erkenntnisse?« fragte er knapp. »Keine«, lautete die kurze Antwort. »Vom Gegner keine Spur. Scheint sich in Luft aufgelöst zu haben.« »Das hat er mit Sicherheit nicht«, gab Hayes zurück. »Die SOL ist gefechtsklar?« »Auf allen Positionen.« »Schleust sämtliche Beiboote aus«, bestimmte Hayes. »Vielleicht werden wir ebenfalls ein paar Erkundungsvorstöße unternehmen.«
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Breckcrown Hayes wußte, daß sich in den nächsten Stunden nicht nur das Schicksal der SOL entscheiden konnte – die Zukunft zweier Galaxien stand auf dem Spiel. * Die Stimmung war gedrückt, man konnte sie fast als verzweifelt betrachten. Eine ungeheure Verantwortung lag auf den Schultern der Versammelten. Vor allem Narrm, früher Chef der Raumfahrt von Anterf, jetzt Regierungsoberhaupt, machte einen niedergeschlagenen Eindruck. »Das kann ich niemals verantworten«, murmelte er. »Unser Volk würde so etwas nicht überstehen. Und rein organisatorisch läßt es sich ebenfalls nicht durchführen.« »Ich habe die Sache durchgerechnet«, widersetzte sich Myrrhn. »Es kann funktionieren – vorausgesetzt, wir alle schuften bis zum Umfallen. Das gilt nicht nur für uns, das gilt vor allem für jeden einzelnen Anterferranter auf diesem Planeten.« »Myrrhn«, sagte Narrm beschwörend. »Überleg einmal. Gesetzt den Fall, dieser Plan funktioniert tatsächlich – dann sind wir ruiniert, so vollständig, wie ein Volk nur ruiniert sein kann. Außerdem wären weite Teile unseres Planeten auf viele Jahre hinaus unbewohnbar. Wir müßten gegen Strahlenschäden ankämpfen, eine nicht mehr beeinflußbare Natur würde uns entgegenstehen. Und das ist noch die positive Seite des Planes. Schlägt er fehl, dann sind wir wehrlos – absolut und uneingeschränkt wehrlos. Wir könnten die Angreifer nur noch mit Steinen bombardieren. Und wir könnten nicht einmal einen kleinen Teil unseres Volkes auf einen anderen Planeten evakuieren, um wenigstens unsere Art zu erhalten, von unserer Zivilisation ganz zu schweigen.« »Ich verstehe das alles«, antwortete Myrrhn. Er sah aus dem Fenster. Die abendlichen Lichter von Terf blitzten durch die Scheiben. Jahrzehntelang hatte der Abstieg der Anterferranter gewährt, vor kurzem erst war es wieder aufwärts gegangen. Seither blühte Terf in neuem Glanz – und jetzt sollte das alles wieder zunichte gemacht werden. Zeiten standen den Anterferrantern bevor, die noch härter und grausamer waren als das, was sie bereits schaudernd erlebt hatten. »Ich kann dich gut verstehen«, wiederholte Myrrhn. Er wandte sich um und sah Narrm an. »Aber wir kennen diesen Gegner, wir haben seine Grausamkeit und Gnadenlosigkeit bereits erfahren. Unser Plan ist der einzige Weg davonzukommen – wenigstens vorerst. Wenn diese Angreifer wirklich entschlossen sind, unsere Galaxis vollständig zu erobern und jeden Widerstand auszuschalten, dann haben wir ohnehin keine Chance. Sie werden uns überall finden.« »Du willst nur Zeit gewinnen, nicht wahr?« fragte Grynph. Myrrhn nickte. »Mehr nicht. Aus eigener Kraft haben wir es nicht geschafft, den Bann zu brechen, der über Anterf lag. Das haben Tyari, Atlan und die Menschen der SOL gemacht. Wir müssen ihnen Zeit geben, daß sie uns auch dieses Mal helfen können – ich bin sicher, daß sie Mittel und Weg finden werden.« »Hältst du sie für allmächtig? Gegen diese Übermacht?«
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Myrrhn lächelte. »Eines wissen wir von den Solanern ganz genau – sie geben niemals auf, unter gar keinen Umständen. Vielleicht ducken sie sich manchmal unter starkem Druck, vielleicht weichen sie aus und ziehen sich auch einmal zurück – aber sie geben nie auf. Und sie lassen ihre Freunde nicht im Stich.« »Sprüche«, machte sich Shorrn bemerkbar, der Sicherheitschef. »Was wir brauchen, sind Taten.« Eine Ordonnanz erschien im Eingang. »Eine Gesandtschaft von der SOL«, verkündete er. Die Gesichter der Versammelten hellten sich auf. »Herein mit ihnen«, rief Narrm. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Eine Gruppe von sechs Solanern betrat den Raum. Grynph, der sich längere Zeit an Bord der SOL aufgehalten hatte, war ein wenig enttäuscht. Er hatte gehofft, wenigstens ein bekanntes Gesicht wiedersehen zu können, aber diese Männer waren ihm völlig unbekannt. »Ich übermittle Grüße von Breckcrown Hayes«, verkündete der Sprecher. »Mein Name ist Hathan Bardo, dies sind meine Freunde.« Er stellte sie der Reihe nach vor, und die Anterferranter begrüßten sie herzlich. Es war ihnen anzusehen, wie erleichtert sie waren, daß die SOL so prompt Hilfe schickte – auch wenn niemand zur Zeit wußte, wie diese Hilfe aussehen sollte. »Ihr kommt genau zur rechten Zeit«, verkündete Narrm, nachdem die Solaner Platz genommen hatten. »Wir beratschlagen gerade, was wir gegen den drohenden Angriff unternehmen können.« »Und wie sieht eure Planung aus?« fragte Hathan Bardo. Narrm klärte ihn auf. Der Solaner wiegte den Kopf. »Hört sich beim ersten Mal verrückt an, gewinnt aber bei näherem Nachdenken«, sagte er schließlich gedehnt. »Ich schlage euch allerdings im Namen des High Sideryt eine Variante vor.« »Welche?« »Ganz auf Widerstand zu verzichten, scheint uns sinnlos – früher oder später wird es zum Kampf kommen, so oder so. Darum solltet ihr alles, was ihr zur Verteidigung habt, konzentrieren. Sammelt eure Schiffe und bezieht damit eine Warteposition. Die genauen Koordinaten werden wir euch noch rechtzeitig geben. Dort wird die SOL zu euch stoßen, außerdem die Verbände anderer Völker von Bars. Wenn wir uns zusammentun, haben wir vielleicht eine Chance, den Gegner zu stellen und niederzuringen.« »Das müßte gehen«, ließ sich Grynph hören. »Wenn wir wirklich alle Kräfte zusammenziehen, die überhaupt nur greifbar sind, bekommen wir wahrscheinlich eine schlagkräftige Flotte zusammen. Wenn
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wir uns dann die Einheiten des Gegners einzeln vornehmen, können wir sie möglicherweise schlagen. Nur zersplittern dürfen wir uns nicht. Ich schlage daher vor, daß wir über die Prezzarerhalter Kontakt mit den Beneterlogen aufnehmen und unsere Aktionen abstimmen.« Grynph entging nicht, daß Bardo bei seinen letzten Sätzen den Kopf wandte und ihn anstarrte. Seltsam, dachte Grynph. Gerade die Solaner sollten doch wissen, daß wir Kontakte zu den Prezzarerhaltern haben. »Ich stimme diesem Vorschlag zu«, sagte Hathan Bardo und lächelte. Das beseitigte Grynphs Mißtrauen weitgehend. Es ergab sich, daß die Mehrheit der Versammelten dem Plan zustimmte, jetzt konnte Narrm darangehen, diese Vorschläge der Bevölkerung zu unterbreiten. Grynph war gespannt, wie die Reaktion ausfiel. * »Es ist wirklich kaum zu glauben«, ächzte Ashda. Sie setzte ihre Last ab. Seit acht Stunden waren die beiden dabei, ihre Habseligkeiten zu verpacken und in tiefen Kellern unterzubringen. Es verstand sich von selbst, daß nur das Notwendigste eingepackt werden durfte – alles Entbehrliche hatte in den Behausungen zu bleiben, wo es in wenigen Tagen zerstört werden würde. Grynph wußte, daß zur gleichen Zeit Tausende von Anterferrantern damit beschäftigt waren, das Erbe des Volkes in Sicherheit zu bringen – vor allem Informationsmaterial. Von wichtigen Maschinen wurde jeweils ein funktionstüchtiges Exemplar in Sicherheit gebracht, damit man es später nachbauen konnte. Die ganze Plackerei hatte nur einen Sinn – wenn alles vorbei war, wollten die Anterferranter wenigstens nicht alles von Null beginnen, sondern mindestens auf das Wissen der früheren Jahrtausende zurückgreifen können. Wenn sie schon nach dem Tag Null mit bloßen Händen wieder an den Aufbau ihres Planeten gehen wollten, dann mit fest umrissenen Zielen und genauen Plänen. Während einige Gruppen das Wissenswerte in Sicherheit brachten, benutzten andere die Positroniken, um detaillierte Pläne für die Zukunft zu entwerfen. Noch konnte man das Kalkulationsvermögen dieser Maschinen einsetzen, später war das nicht mehr möglich. »Du hast recht«, seufzte Grynph. Auch er war erschöpft. Es strengte nicht nur an, das Hab und Gut zusammenzutragen – es kostete auch unerhört viel Kraft, von all dem Abschied zu nehmen, was vernichtet werden würde. »Es ist unglaublich – sie machen tatsächlich alle mit.« Überall auf Anterf sah es ähnlich aus. Überall sichteten die Anterferranter ihre Habe, warfen weg, was entbehrlich war, und behielten, was benötigt wurde. Viel war es nicht – ein wenig Kleidung, Familiendokumente, ein wenig Mundvorrat. Kostbarkeiten mitzunehmen, war untersagt worden. Es wäre auch sinnlos gewesen. Was konnte man mit Geld und Schmuck anfangen, wenn es nichts gab, wogegen man es hätte tauschen können. Die Möbel blieben in den Wohnungen, alles moderne Gerät, das das Leben so einfach und leicht machen sollte – man würde ohne das alles auskommen müssen. Nach dem Tag Null gab es keine Planetenkommunikation mehr, keine kurzweiligen Filme, keine Nachrichtenmedien. Der Platz in den Schutzunterkünften war beschränkt, sehr beschränkt sogar. Für überflüssigen Tand gab es keinen Raum.
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Vielen Anterferrantern wurde in diesen Tagen schmerzlich bewußt, auf wieviel sie verzichten konnten, wenn es galt, das Leben in Sicherheit zu bringen. Kaum einer hätte geglaubt, daß man mit so wenig materiellen Gütern leben konnte. Der einzige Luxus, der in begrenztem Umfang in die Bunker und Höhlen mitgebracht werden durfte, war Spielzeug für die Kinder – ihnen sollte von dem unvermeidlich erscheinenden Schrecken so wenig aufgebürdet werden wie nur irgend möglich. Alles andere fiel der Zerstörung anheim. Grynph warf einen Blick aus dem Fenster. Er versuchte sich vorzustellen, wie es hier bald aussehen würde. Geplant war, eine große Fusionsbombe mitten über der Stadt zu zünden, danach bemaß sich die Zukunft des Stadtkerns in Millisekunden. Vom absoluten Zentrum würde nichts übrigbleiben außer einem großen Krater. Gebäude, Straßen – alles würde in der atomaren Gluthitze buchstäblich verdampfen. In einem kreisförmigen Bezirk mit mehreren Kilometern Radius würde die Hitze alles Brennbare entflammen, verkohlen oder zum Schmelzen bringen. Sollte es dann noch Anterferranter auf den Straßen geben, würde man später nur noch die eingebrannten Schatten ihrer Leiber an den Wänden erkennen können, mehr nicht. Grynphs und Ashdas Behausung lag mehr als fünfzig Kilometer vom Zentrum entfernt. Das Haus würde höchstwahrscheinlich von der Druckwelle in Stücke gerissen werden, die Trümmer würden Feuer fangen und diese Schreckenszone in ein Flammeninferno verwandeln. Auch hier hatte kein Anterferranter eine Chance zu überleben – jedenfalls nicht länger als ein paar qualvolle Stunden. Ärztliche Hilfe war nicht zu erwarten, für niemanden – es wäre auch nichts vorhanden gewesen, mit dem man Verwundete hätte versorgen können. Grynph wandte sich ab. Es hatte keinen Sinn, sich solche Szenen vorzustellen – die grausigste Phantasie würde das tatsächliche Bild an wirklicher Schrecklichkeit niemals erreichen können. Und so wie in Terf würde es in allen größeren Städten des Planeten aussehen – wenn der Plan so verlief, wie er beschlossen worden war. Ein seltsamer, erschreckender Gedanke durchfuhr den jungen Anterferranter. Vielleicht sollte man Terf in jedem Fall auf diese Art zerstören – ohne daß Anterferranter dabei zu Schaden kamen. Das gräßliche Bild einer völlig zerstörten Millionenstadt konnte vielleicht jedem einzelnen Bewohner des Planeten klarmachen, was für eine Zerstörungskraft Waffen dieser Art besaßen, daß es davor kein Entrinnen gab. Eine Erfahrung würden die Anterferranter wahrscheinlich machen müssen – wie es sich anfühlte, nach einem atomaren Inferno wieder von vorn anfangen zu müssen. »Machen wir weiter«, sagte Grynph. Er hob den Packen Bücher auf, an dem ihm lag, und schleppte ihn hinunter in den Keller. Sollte es zum Ärgsten kommen, konnte man ihn vielleicht später wieder ausgraben – obwohl Grynph recht sicher war, daß er das nicht mehr erleben würde.
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»Was, glaubst du, hat der Gegner mit uns vor?« fragte Ashda plötzlich.
»Woher soll ich das wissen?« fragte Grynph.
»Ich meine – will er uns tatsächlich töten oder will er uns nur unterwerfen?« »Ist das so wichtig?«
»Es ist. Überleg einmal. Wenn sie uns als Knechte oder dergleichen beherrschen wollen – dann sind sie
selbst daran interessiert, daß wir ihren Angriff überstehen, wenigstens die Zivilbevölkerung. Wollen sie uns aber vernichten, dann ist es ihnen egal, ob sie ihre Waffen gegen Kämpfer oder Zivilisten einsetzen.« »Mir gefällt diese Logik nicht, aber du hast recht. Worauf willst du hinaus?«
»Bei dem Plan, den wir gerade ausführen, wird unser Volk säuberlich aufgeteilt – in eine entsetzlich kleine
und schwache Flotte mit Waffen und in eine Planetenbevölkerung, der man praktisch nur noch die
Handschellen anzulegen braucht. Bequemer können wir es für sie nicht machen.«
Grynph schauderte.
»Aber der Plan ist durchgesprochen und von allen gebilligt worden«, rief er aus. »Sogar die Solaner
haben ihn unterstützt.« »Das ist es ja«, sagte Ashda dumpf. Sie sah Grynph an. »Ich glaube, daß die
Solaner uns verraten haben.«
Grynph fiel darauf keine Erwiderung ein.
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4. »Panik allenthalben«, stellte Breckcrown Hayes fest. Seine Stimme klang mürrisch. »Ist es ein Wunder?« fragte Bjo Breiskoll. »Eine unübersehbare Armada durchstreift die Galaxis, da hat jeder Angst.« »Das ist keine normale Angst«, erwiderte Hayes. »Da geht etwas anderes vor. Die Nachrichten, die wir bekommen, werden immer verworrener. Anstatt sich zum Widerstand zu formieren, geraten die befreundeten Völker in immer größeres Durcheinander. Die letzten Nachrichten von Treytschal beispielsweise sind so undurchsichtig, daß man nichts damit anfangen kann.« »Ich könnte hinfliegen und nachsehen«, sagte Bjo Breiskoll. »Sehr viel anderes können wir ohnehin nicht tun, schließlich müssen wir warten, bis Atlan und die anderen wieder an Bord sind.« Breckcrown Hayes überlegte ein paar Augenblicke lang, dann nickte er. »Nimm dir die FARTULOON und sieh nach«, entschied er. »Aber sei vorsichtig und laß dich nicht erwischen. Mit der FARTULOON kannst du keinen größeren Kampf bestehen.« »Weiß ich«, antwortete Bjo und stand auf. »Ich melde mich, sobald ich etwas erfahren habe.« Die FARTULOON war bereits einsatzklar, Bjo brauchte nur noch die Besatzung zusammenzustellen. Vorlan Brick übernahm wie üblich die Rolle des Piloten, außerdem waren noch Federspiel und Insider an Bord. Der Rest der Besatzung umfaßte 56 Mann, darunter drei Buhrlos. Bjo traf sie in den Räumen der FARTULOON, als die Korvette den Hangar der SOL bereits verließ. Jerge Minhester begegnete ihm als erster – der 84jährige, ein Raumfahrer von altem Schrot und Korn, wie er sich selbst bezeichnete, fungierte als Kommandant, wenn Bjo eine Ruhepause einlegen mußte oder das Schiff verlassen hatte. »Viel los?« fragte er. »Noch nicht«, antwortete Bjo, während die FARTULOON Fahrt aufnahm. Für ihn war es ein Flug wie viele, kein Grund zu besonderer Besorgnis. Bjo wußte, daß er sich auf die Mannschaft verlassen konnte – beispielsweise auf Hulda Huld, die sich selbst als Dimensionstheoretikerin bezeichnete. Über einhundert Jahre alt, ein wenig verschroben und zu Übertreibungen neigend, aber in ihrem Fach durchaus befähigt. Da waren die beiden Teppelhoffs – Erik und seine Schwester Eresa. Während Erik als Geschützmechaniker Dienst tat, arbeitete Eresa als Hyperfunktechnikerin. Zur Zeit hielt sie die Verbindung zur SOL aufrecht. Die beiden gehörten zur Gruppe der Buhrlos – der dritte hieß
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Serbel Gnygg, stand am Anfang des vierten Lebensjahrzehnts und war von Beruf Positroniker, ansonsten bekannt dafür, daß er ständig dummes Zeug im Kopf hatte. Bjo mußte unwillkürlich grinsen, als er den Haufen sah. Eine wildere, buntere Bande als diese Mannschaft ließ sich schwerlich finden, lauter Querköpfe, Einzelgänger und Sonderlinge – aber zusammen ein prächtiges, zuverlässiges Team. Was das anbetraf, konnte Bjo unbesorgt den Planeten Treytschal anfliegen. Er erreichte ihn nach vergleichsweise kurzem Flug, eine schöne, erdähnliche Welt, angenehm warm und trocken, wie die Fernortung zeigte. Im Weltraum um Treytschal wimmelte es von Schiffen, die wie ein Mückenschwarm um den Planeten herumschwirrten und offensichtlich nicht recht wußten, was zu tun war. Bjo fühlte sich auf einen Rummelplatz versetzt. Das Durcheinander war kaum zu beschreiben, und im Funkverkehr sah es genauso übel aus – Anweisungen und Kommandos waren zu hören, Flüche und Verwünschungen der Angefunkten, dann Gegenkommandos und neue Anweisungen. Sollte sich jemand vorsätzlich daran gemacht haben, aus Treytschal ein Tollhaus zu machen, so mußte man diesem Jemand zugestehen, daß er sein Handwerk verstand. »Bis wir eine Landeerlaubnis bekommen, ist die FARTULOON durchgerostet«, ließ sich Eresa Teppelhoff vernehmen. »Dann landen wir ohne, wir haben keine Zeit.« Zum Glück hatte die FARTULOON nicht den gleichen Durchmesser wie die feindlichen Schiffe, sonst hätte es sicher einen bösen Unfall gegeben. Bei Annäherung der Korvette stob eine Reihe der Schiffe im Orbit auseinander, andere formierten sich und versuchten, die FARTULOON anzugreifen. Da ihnen aber ständig Landsleute vor den Geschützen herumwimmelten, brachten sie keinen Strahl aus den Rohren. Auf dem Boden löste das Nahen der FARTULOON ebenfalls ein Chaos aus. Vorlan Brick mußte einige gewagte Manöver fliegen, um panikartig aufsteigenden Schiffen auszuweichen, die auf dem schnellsten Weg den Planeten verlassen wollten, notfalls durch andere Schiffe hindurch, wie es schien. Man hätte das Ganze erheiternd finden können, wäre der Hintergrund dieser Verwirrung nicht so grauenvoll gewesen. Die Treytschaler, offenbar mit den Anterferrantern verwandt, zitterten vor Angst – ihre Welt lag dem Erscheinungsort der ersten bekannten Feindflotte recht nahe, und sie waren offenbar fest davon überzeugt, daß ihre Welt die erste sein würde, die einen Angriff aus dem Weltraum auszuhalten hatte. Die Unsicherheit und Verwirrung war daher für Bjo verständlich – billigen konnte er dieses Hühnerhofgehabe allerdings nicht. Die gewaltigen Probleme, die alle Beteiligten zu lösen hatten, wurden durch das Tohuwabohu nur noch vermehrt. Die FARTULOON fand endlich einen freien Platz auf dem Raumhafen. Das Treiben war geschäftig – kleinere und größere Lastenfahrzeuge rasten durcheinander, von einem geordneten Verkehr konnte keine Rede sein. Gerade als die FARTULOON den Boden berührte, krachten zwei robotgesteuerte Gleiter zusammen, fingen Feuer und brannten aus. Ein Löschfahrzeug wurde unterwegs von einem Schwertransporter aus der Bahn geworfen, kippte um und fing ebenfalls Feuer. Die Besatzung konnte sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen.
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»Unglaublich«, kommentierte Vorlan Brick. »Wenn hier die ersten Gyranter-Schiffe auftauchen, wird es noch schlimmer werden«, prophezeite Bjo. »Kommt, wir wollen sehen, ob wir jemanden erreichen, der für irgend etwas zuständig ist.« Niemand achtete auf die Delegation der Solaner, als sie die FARTULOON verließen. Die Bewohner von Treytschal waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich um sich selbst zu kümmern. Während viele offenkundig versuchten, nicht nur ihr Leben, sondern auch ihr Vermögen zu retten, waren andere bereits dabei, aus der Katastrophe Gewinne zu ziehen. Frachter landeten, vollgepackt mit Gütern, die in Krisenzeiten gebraucht wurden und dann reichen Gewinn versprachen – vorausgesetzt, es gelang den Geschäftemachern, die Katastrophe zu überstehen. Bjo hatte da seine Zweifel. Der Tower des Raumhafens war verlassen. Ein hoffnungslos überforderter Robot versuchte, Ordnung in das Chaos zu bringen, aber seine kalte Maschinenlogik prallte an den Verzweifelten völlig ab. Die Drohung, den Platz notfalls gewaltsam zu beruhigen, war inhaltslos – es gab keine Machtmittel, mit denen man die Aufgescheuchten hätte beeindrucken oder gar zwingen können. »Hier werden wir nichts finden«, murmelte Bjo. Eine Feuersäule schoß senkrecht in die Höhe, als ein Tanker auf den Boden prallte, auseinanderbrach und explodierte. Nach allen Seiten schoß die lodernde Flut, die Flüchtigen stoben auseinander. Jetzt erst machten sie Anstalten, sich um den Havaristen zu kümmern, aber wohl nicht, um der Besatzung zu helfen, sondern wohl mehr, um das eigene Hab und Gut zu schützen. Mit Erleichterung sah Bjo die automatischen Rettungskapseln, die aus dem in Flammen stehenden Wrack gesprengt wurden, schräg mehrere hundert Meter in die Luft stiegen und dann sanft auf Fallschirmen landeten. Wenigstens hatte sich die Besatzung in Sicherheit bringen können. Bjo verließ den Tower. Am Fuß des Gebäudes stand ein verlassener Dienstgleiter. Die Soldaten stiegen ein und fuhren los. Die Straßen, die zum Raumhafen führten, waren hoffnungslos verstopft. Zerbeulte, ineinandergekeilte Fahrzeuge waren zu sehen. Irgendein Narr hatte sich an seinem nagelneuen Gleiter eine Beule eingefangen, stand quer zur Fahrbahn und diskutierte offenbar Schadenersatzansprüche mit dem Schuldigen. Der wiederum versuchte, seinem Gesprächspartner klarzumachen, daß er den gesamten Verkehr blockierte – vergeblich, wie es schien, als Bjo auf der freien Spur vom Raumhafen weg an der Gruppe vorbeifuhr. »Leute gibt’s«, murmelte Serbal Gnygg. Er begleitete Bjo, da Breiskoll große Defekte in der positronischen Steuerung auf Treytschal vermutete, die wahrscheinlich für das Chaos verantwortlich waren. Die Schlangen waren kilometerlang. Eine wand sich vom Raumhafen rückwärts bis fast ins Zentrum der Hauptstadt von Treytschal. Abseits der Hauptverkehrsadern machte Treyt den Eindruck einer Geisterstadt. Geschäfte waren geschlossen worden, die Schulen hatten die Türen verrammelt, in den Dienststuben der Ämter tat sich nichts mehr – die staatliche Ordnung auf Treytschal war offenkundig völlig zusammengebrochen. »Das wieder in Ordnung zu bringen, wird Arbeit für Monate«, murmelte Bjo. Und das alles mit dem Damoklesschwert einer feindlichen Großflotte über den Köpfen – wer da noch die Beherrschung wahren wollte, brauchte eiserne Nerven und eine außerordentliche Portion Kaltschnäuzigkeit. »Nach unseren Unterlagen ist das das Regierungsviertel«, bemerkte Gnygg. Hier sah es wenigstens so aus, als würde noch etwas getan. Aber Bjo ahnte, daß in Wirklichkeit nur Aufregung und Durcheinander produziert wurde.
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Wachposten waren nicht zu sehen, nicht einmal Roboter. Ungehindert fuhr Bjo zum Amtssitz des Treyt von Treyt auf Treytschal – das war der offizielle Titel des Regierungschefs, dessen Position zwischen Staatspräsident und gewähltem Monarchen anzusiedeln war. Im Zweifelsfall hatten seine Befehle außerordentliches Gewicht – all das ging aus den Unterlagen hervor, die SENECA bereitgestellt hatte. »Es wird Zeit, daß der Treyt von seinen Kompetenz Gebrauch macht«, knurrte Bjo. Noch war der Feind nicht zur Stelle – wenn sich die Treytschaler jetzt schon so gebärdeten, was wollten sie anstellen, wenn die Achtteiler der Gyranter über ihren Köpfen hingen. Bjo betrat das Gebäude. Auf den Fluren herrschte geschäftiges Kommen und Gehen – und jene bürokratische Form des Müßigganges, die darin bestand, Menschen und Akten in Bewegung zu halten und das eigene Gehirn mit Muße zu beschäftigen, sinnverwirrender Leerlauf, der mehr Schaden als Nutzen brachte. »Man möchte mit der Faust dreinschlagen«, bemerkte Gnygg mürrisch. »Wenn man das mit den Zuständen in der SOL vergleicht ...« »Wir sind Katastrophen und Notlagen gewöhnt, diese Leute nicht«, gab Bjo zu bedenken. Ein Antigravlift brachte sie in die höheren Stockwerke. Hier ließ die Hektik etwas nach, aber auch in diesen Bereichen waren Anspannung und Verwirrung spürbar. »Wie es aussieht, könnten wir den Treyt einpacken und mitnehmen, und niemand würde es bemerken«, ereiferte sich Gnygg. Sein Vorwurf traf ins Schwarze. Nicht ein einziger Posten war zu sehen, als die Gruppe der Solaner durch die langen Flure schritt. »Halt!« sagte Bjo plötzlich. Er griff zur Waffe. Die anderen folgten seinem Beispiel, auch sie stellten ihre Waffen auf betäubende Wirkung ein. »Ich spüre acht Personen«, murmelte Bjo. »Davon drei Treytschaler. Der Treyt ist darunter, außerdem zwei seiner höchsten Beamten. Und die anderen ...« Er stieß einen Fluch aus. Ein Handgriff öffnete die Tür, im nächsten Augenblick war Bjo über der Schwelle. Er bewegte sich mit der Schnelligkeit, die ihm angeboren war – nur ein Robot hätte seine Bewegungen verfolgen können, die Gyranter konnten es nicht. Ehe die Treytschaler oder die Solaner noch recht begriffen, was geschah, war der Kampf bereits beendet. Gerade noch hatte Bjo neben der Tür gestanden, jetzt war sie offen, und im Hintergrund sah man fünf Gestalten, die zeitlupenhaft langsam einknickten und umsanken. »Was fällt euch ein? Seid ihr verrückt geworden?« herrschte der Treyt die Eindringlinge an. »Das sind unsere Freunde.« Bjo steckte die Waffe ein. »Das haben sie möglicherweise gesagt«, antwortete er trocken. »Aber sie sind es nicht – es handelt sich um Gyranter.« Die Augen des Treyt weiteten sich. Die beiden anderen Treytschaler wichen unwillkürlich zurück, als der Rest der Solaner das Konferenzzimmer betrat, die Waffen noch in den Händen.
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»Fesselt sie«, bestimmte Bjo, dann wandte er sich wieder an den Treyt. »Wir kommen von der SOL.« »Diese dort auch«, erklärte der Treyt und deutete auf die Bewußtlosen. »Sie sagten, sie seien geschickt worden, um uns zu helfen.« Bjo zog den Treyt zum nächstgelegenen Fenster. »Sieht so Hilfe aus?« fragte er. Über dem Raumhafen lag eine dunkle Wolke aus verbranntem Treibstoff. Ab und zu zuckten rote Blitze durch das Schwarz und zeigten, daß dort noch weitere Explosionen stattfanden. »Aber ...«, stotterte der Treyt. Bjos Begleiter hatten unterdessen die Waffen verschwinden lassen und die Gyranter gefesselt. »Sehen denn die Gyranter genauso aus wie die Solaner?« fragte einer der beiden Minister. »Offenkundig ja«, murmelte Bjo. »Es gibt natürlich Mittel, festzustellen, ob Leute, die bei euch auftauchen, tatsächlich zur SOL gehören – aber das ist ein aufwendiges Unterfangen. Entweder braucht man begabte Leute dazu oder kompliziertes Gerät.« Daß die Begabung, mit der er die Gyranter enttarnt hatte, Telepathie war, verschwieg Bjo; der Treyt hatte schon genug Sorgen – er sollte sich nicht auch noch mit der Angst vor telepathischer Ausspähung beschäftigen. »Sind anderswo auch Solaner aufgetreten?« fragte Bjo. »Überall«, lautete die Antwort. Bjo knirschte mit den Zähnen. »Sie helfen überall.« »Einsickerungstaktik«, stellte Gnygg trocken fest. »Wenn sie auf allen Welten ähnlich arbeiten, brauchen ihre Flotten nicht mehr viel zu tun.« Die Unterhaltung mit den Treytschalern dauerte nicht lange, dann waren die Tatsachen bekannt. Auf Treytschal und einigen anderen Welten, mit denen die Treytschaler Kontakt hatten, waren Abordnungen von der SOL aufgetaucht, angeblich sogar im Auftrag von Tyari. Ihr Auftrag lautete, die Kräfte der jeweiligen Planeten zusammenzufassen zum Widerstand gegen die Bedrohung aus dem All. Bjo brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorstellen zu können, welche Wirkung die Ratschläge der falschen Solaner gehabt haben mußten – die betroffenen Welten standen am Rand des Chaos. Von organisiertem Widerstand konnte da keine Rede sein. »Wir müssen ein einfaches und zuverlässiges Verfahren finden, die Gyranter von Menschen zu unterscheiden«, murmelte er. »Ich wüßte gerne, wie es kommt, daß wir ausgerechnet hier – so weit von der Heimatgalaxis entfernt – auf Menschen stoßen. Du kannst sagen, was du willst, Bjo – es sind Menschen, ganz einwandfrei. Sie haben die gleichen Körper, das gleiche Gebiß. Ich bin sicher, würdest du dich in einen weiblichen Gyranter verlieben, könntet ihr sogar Kinder haben.« »In diesen Zeiten besser nicht«, lehnte Bjo den Vorschlag ab.
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Hulda Huld untersuchte die bewußtlosen Gyranter. »Es ist natürlich möglich, daß es sich um hyperdimensionale Spiegelungen von normalen Menschen handelt«, versuchte sie eine ihrer seltsamen Thesen zu erklären. »Das würde ihre Handlungsweise ebenso erklären wie ihr Aussehen.« »Und wie sollen diese Spiegelungen hierher gekommen sein? Und wer oder was hat sie gespiegelt?« fragte Gnygg zurück. »Was weiß ich?« antwortete Hulda Huld. »Man müßte diese Burschen unter einen Durchleuchtungsschirm legen ...« »Das werden wir tun«, entschied Bjo. Das Ergebnis war zugleich niederschmetternd und ermutigend. Von Spiegelungen konnte keine Rede sein – alle inneren Organe saßen genau da, wo sie in die menschliche Anatomie hineingehörten. Bedeutsam war allerdings, daß die Gyranter keinen Wurmfortsatz besaßen. »Das hilft uns nicht weiter«, sagte Bjo enttäuscht. »Erstens können wir weder jeden potentiellen Gyranter durchleuchten oder aufschneiden, um nachzusehen – und zweitens gibt es eine ganze Reihe von Solanern, die sich einer Appendiktomie unterzogen haben. Was wir brauchen, muß einfach zu handhaben sein, sozusagen auf den ersten Griff.« Serbal Gnygg stieß einen leisen Pfiff aus. »Du hast es auf den Kopf getroffen«, sagte er und schlug Bjo anerkennend auf die Schulter. »Sieh her!« Gnygg hielt die Hand eines Gyranters. Sie war vom Tisch heruntergefallen und schlenkerte am Arm. »Ich sehe nichts«, antwortete Bjo. »Sieh dir die Finger an – besonders die Nägel. Die Gyranter haben keinen Halbmond an der Wurzel der Fingernägel.« »Kommt das nicht auch bei Menschen vor?« »Auch, aber nur sehr selten, soviel ich weiß. Immerhin haben wir damit möglicherweise ein Mittel.« Eine kurze Untersuchung ergab, daß sich das Merkmal bei allen Gyrantern fand – Bjo stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Zurück zur FARTULOON«, bestimmte er. »Und dann eine Funkverbindung zur SOL. Wir haben einen ersten Erfolg erzielt.«
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5. Breckcrown Hayes sortierte die eingegangenen Meldungen. Sie lieferten ein widersprüchliches Bild der Lage. Zum einen überraschte ihre Zahl. Es kamen Funksprüche von Welten an, von denen niemand bisher etwas gehört hatte, jedenfalls nicht an Bord der SOL, und ihr Zahl vergrößerte sich immer mehr. Hayes hatte dafür eine brauchbare Erklärung, wie ihm schien. Es gab in Bars eine Unzahl von Welten, die vor langer Zeit einmal besiedelt, dann aber vergessen worden waren. In einer Galaxis gab es zudem zahlreiche intelligente Völker, die unabhängig eine Raumfahrt entwickelt hatten, ohne daß ihre kosmischen Nachbarn etwas von dieser Entwicklung bemerkt hatten. Auf allen diesen Welten mußte das Erscheinen der Gyranter-Flotten angemessen worden sein – und hatte naturgemäß Erschrecken ausgelöst. Angesichts dieser Streitmacht konnte sich jede Welt ausrechnen, daß sie allein keine Chance hatte, einem Angriff zu entgehen. Aus diesem Grund wohl nahmen in diesen Stunden Völker miteinander Kontakt auf, die niemals etwas voneinander gehört hatten – die vielleicht sogar verfeindet gewesen sein mochten. Beim Herannahen eines Waldbrandes verbündeten sich auch Reh und Wolf – die überwältigende Gefahr ließ alle Rivalitäten verschwinden. Weniger erfreulich war der Tenor der Welten, von deren Existenz die Solaner wußten. Ihre Funksprüche enthielten zum weitaus größten Teil Hilferufe. Offenbar breitete sich die Nachricht vom Auftauchen der Gyranter-Flotten wie ein Lauffeuer aus und hinterließ bei den Betroffenen eine Panikstimmung. Anders waren die Meldungen nicht zu erklären, die in immer kürzeren Abständen hereinkamen. Eine Botschaft erregte das besondere Interesse des High Sideryt. Sie kam von Poltran, einer kleinen, von Anterferrantern besiedelten Welt. In dem Funkspruch hieß es, daß es trotz der Hilfe der Solaner zu chaotischen Verhältnissen gekommen sei. Nun wußte Hayes sehr genau, daß es keine Solaner auf Poltran gab, es sei denn, Bjo Breiskoll hatte seinen Kurs geändert, aber damit war nicht zu rechnen. Hayes seufzte auf, als man ihm eine Funkverbindung zur FARTULOON meldete. »Bjo, wo zum Teufel steckt ihr?« fragte Hayes sofort. »Auf Treytschal«, antwortete der Kommandant der FARTULOON.
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»Wie kommt es dann, daß man von Solanern auf Poltran berichtet, dreihundert Lichtjahre von euch entfernt?« »Das sind keine Solaner. Es sind Gyranter – wir haben sie auch auf Treytschal gefunden. Sie geben sich als Solaner aus, um unseren Ruf zu ruinieren und die betreffenden Völker völlig durcheinanderzubringen. Hier war bis vor einigen Stunden der Teufel los – unbeschreibliche Zustände. Jetzt kommt alles langsam wieder ins Lot.« Der High Sideryt murmelte eine Verwünschung. »Das hat uns gerade noch gefehlt«, stieß er hervor. »Wir haben aber auch ein Mittel gefunden, Gyranter von Solanern zu unterscheiden – Gyranter haben an den Fingernägeln keine hellen Halbmonde. Das ist kein absolut schlüssiger Beweis, aber immerhin eine Orientierungshilfe.« Hayes erlaubte sich einen Seufzer der Erleichterung. »Dann können wir also zur Offensive gegen die eingesickerten Gyranter vorgehen«, stellte er fest. »Könnt ihr«, gab Bjo zurück. Vom Bildschirm herab grinste er auf Hayes herunter. »Saubere Arbeit, nicht ...« »Was gibt es?« fragte Hayes. Bjos Gesicht hatte sich schlagartig verfinstert. »Genau in Flugrichtung«, rief Bjo. Er schien sich um Hayes nicht mehr zu kümmern. »Versuche auszuweichen, Vorlan!« »Aussichtslos«, ächzte der Pilot aus dem Hintergrund. »Es ist stärker als wir.« »Bjo, was ist los?« »Ein Nabel, genau in unserer Flug ...« Das Bild flackerte und verschwand dann gänzlich. Breckcrown Hayes stieß einen Fluch aus. Er wußte, was dieses Abbrechen des Funkkontakts zu bedeuten hatte. Die FARTULOON war samt ihrer Besatzung von einem Nabel verschlungen worden – einem ähnlichen Gebilde war die SOL erst vor kurzer Zeit mit äußerster Not entkommen. Einer Kraft, die die SOL in ein unbekanntes Etwas zerren konnte, vermochte die kleine FARTULOON nicht standzuhalten. Hayes mußte sich damit abfinden – die FARTULOON war zunächst verloren und mit ihr die Besatzung. Mehr als sechzig Menschen, verschwunden im Nirgendwo, wahrscheinlich in dem unfaßbaren Raum, den man die Namenlose Zone nannte. Wieder fluchte Hayes, er tat es ausgiebig. Nirgendwo, zu keiner Zeit, war man vor solchen Anschlägen aus dem Nichts sicher. Genaugenommen hatte Hayes seit einer kleinen Ewigkeit keinen wirklich ruhigen
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Nachtschlaf mehr gehabt. Hätte er nicht die Fähigkeit besessen, die Tagessorgen zu unterdrücken und so in Schlaf zu fallen, wäre er längst unter der ungeheuren Belastung zusammengebrochen. Hier Gefahren, dort Notlagen. Dann wieder ein Anschlag aus dem Innern der SOL. Fallen im Raum, Sabotageakte im Innern, jetzt auch noch riesige Raumflotten – es war fast mehr, als Menschenkraft zu ertragen vermochte. »Wann hat das ein Ende?« murmelte Hayes. »Wann endlich?« Der leichte Anfall von Schwäche dauerte nicht lange. Hayes war nicht der Mann, der sich selbst zerrieb durch unentwegtes Grübeln. Weder half es, sich die Vergangenheit durch Vorwürfe zu verbittern – »hätte ich doch« – noch die Zukunft mit Ängsten zum Alptraum werden zu lassen – »hoffentlich passiert nichts.« Wer das tat, fand nicht mehr die Zeit und die Kraft, die Probleme der Gegenwart zu lösen. Er stellte eine Verbindung zum Funkraum her. »Funkspruch an alle Gruppen von Solanern, die sich auf Planeten der Bars-Galaxis aufhalten«, ordnete er an. »Gyrantische Vorauskommandos versuchen, unsere Freunde zu verwirren, indem sie sich als Solaner ausgeben und gezielte Sabotage betreiben. Diese Aktivitäten sind schnellstmöglich zu unterbinden. Wichtiger Hinweis – Gyranter sind von Solanern durch ein körperliches Merkmal relativ leicht zu unterscheiden. Sie besitzen an den Wurzeln der Fingernägel keine hellen halbmondförmigen Flecken. Ende.« Der nächste Befehl ging an die Kommandanten der Beiboote. Ihr Befehl wies sie an, verbündete Völker aufzusuchen und die dort eingesickerten Gyranter aufzuspüren, nach Möglichkeit ohne Gewaltanwendung. Wenig später machten sich die Schiffe auf den Weg. Was Hayes hatte tun können, hatte er getan. Er wußte aber, daß damit die Angelegenheit noch lange nicht ausgestanden war. Im Gegenteil – das eigentliche Verhängnis nahte erst noch. * Es war eng in dem Bunker. Er war hoffnungslos überfüllt. In den Räumen, die für ein Dutzend Anterferranter bestimmt gewesen waren, hockten nun fünfzig und mehr, dicht nebeneinander. Sie hatten wenig körperlich zu tun, dafür aber um so mehr seelisch. Die Enge belastete, dazu kam die Ungewißheit. Die Nachrichtenverbindungen bestanden zwar noch, aber es gab nur wenige, die wirklich informiert waren. Der Rest der Bevölkerung war seinen Gedanken überlassen, und die malten die Zukunft naturgemäß Grau in Schwarz. Es war vor allem das Nichtstun, das den Nerven zusetzte. Keiner konnte etwas unternehmen. Ein ganzes Volk war dazu gezwungen, in Ohnmacht zu verharren, bis die schreckliche Lage beendet war – auf die eine oder andere Art und Weise. Daß es genügend Erwachsene gab, deren Nerven vibrierten, daß es Kinder in Mengen gab, die nach Beruhigung und Trost gierten, konnte der Mehrzahl der Anterferranter nicht genügend Beschäftigung geben. Es zeichnete sich ab, daß daran früher oder später der große Plan scheitern mußte. »Es wird nicht mehr lange dauern«, erklärte Hathan, der Solaner. Er strahlte Ruhe und Zuversicht aus, leider übertrug sie sich nicht auf die übrigen Anwesenden.
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Grynph stierte dumpf vor sich hin, ab und zu warf er einen Blick auf Ashda. Seltsamerweise gab ihm ihr Anblick Ruhe – in der anderen Richtung trat die gleiche Wirkung ein. So seltsam und verwirrend es auch war, daß zwei Verzweifelte einander Trost zu geben vermochten – aber dieser Effekt verschliß sich immer mehr. »Warten«, murmelte Grynph. »Warten und warten. Ich werde noch verrückt, wenn nicht bald etwas passiert.« »Es wird bald etwas passieren«, antwortete Ashda. Ihre Augen waren ohne Glanz. »In zwei Stunden wird die erste Fusionsbombe gezündet – danach wird es keine Hauptstadt mehr geben.« Der Plan lief mit unerbittlicher Präzision ab. Der weitaus größte Teil der Anterferranter war in Sicherheit – aber in was für einer Sicherheit. Anterferranter liebten Behausungen, die an weiche kuschelige Höhlen erinnerten – jetzt waren sie in kalten Tropfsteinhöhlen untergebracht. In tiefen Bergwerksschächten kauerten sie und dachten daran, daß Hunderte von Metern Gestein über ihren Köpfen hing. Schneehäuser, hastig und ohne große Kunstfertigkeit errichtet, waren Unterkunft für Tausende, die mit den Zähnen klapperten und sich mühten, die Ritzen und Fugen abzudichten, durch die der eisige Wind wie mit scharfgeschliffenen Messern fuhr. In die Uferböschungen eines großen Stromes waren Höhlen eingegraben worden, deren Wände rieselten und bröckelten. Wieder andere hatten eine Zuflucht an Orten gefunden, in denen sich unter normalen Umständen kaum ein Bewohner des Planeten sehen ließ – Wüstengebiete, über denen die Luft in der Hitze flirrte und flimmerte, Dschungelgebiete, umgeben von fieberdampfenden Sümpfen, abgelegenen Bergtälern und sturmgepeitschten Buchten. Nur die unwirtlichsten Plätze des Planeten taugten in diesem gigantischen Spiel als Verstecke für Millionen von Wesen. Die Versorgung brach immer wieder zusammen. Es fehlte dort an Wasser, hier an Nahrung. Medikamente wurden gebraucht und waren nicht zur Hand, an anderen Stellen stapelten sie sich und waren überflüssig. Familien waren trotz aller Bemühungen auseinandergerissen worden. Viele Kinder riefen immer wieder nach ihren Haustieren, die man hatte zurücklassen müssen. Es kam zu den seltsamsten Gruppierungen. Streithähne hockten mit Resignierenden in einem Bau, verfeindete Sippen beargwöhnten sich in der Enge der Hütte, verliebte Paare knirschten mit den Zähnen, weil ständig jemand störend in der Nähe war. Auf der anderen Seite fanden sich Freunde, die einander manchmal seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatten – mitunter wurde die Freundschaft bekräftigt, manches Mal wurde daraus unter dem Druck der Umstände eine erbitterte Feindschaft. »Wenn das alles hinter uns liegt, wird unser Volk nicht mehr das sein, was es früher einmal war«, murmelte Grynph. »Mit Sicherheit nicht«, sagte der Solaner. Der Tonfall wollte Grynph nicht gefallen. Er schmeckte nach Bosheit.
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»Ich wünschte, wir hätten Hallam bei uns«, setzte Grynph sein Gemurmel fort. »Dann wüßten wir besser, ob wir die Gefahr überstehen können oder nicht.« »Dieser Hallam kann hier auch nichts ausrichten«, antwortete der Solaner mit einer wegwerfenden Geste.
»Ich weiß nicht«, sagte Grynph, in dem ein vager Verdacht immer mehr Gestalt annahm. »Er hat seltsame Fähigkeiten.« »Ein anterferrantisches Orakel«, spottete Hathan. Jetzt war Grynphs Verdacht zur Gewißheit geworden. Wenn dieser Mann wirklich von der SOL kam, dann mußte er wissen, daß Hallam Blake kein Anterferranter, sondern ein Solaner war, der den meisten an Bord wenigstens dem Namen nach bekannt war. Und dieser Solaner kannte ihn nicht, das ging aus seinen Worten eindeutig hervor. Ein Verräter? Grynph konnte sich das nicht vorstellen. Natürlich kannte er nicht jeden der Tausenden von Solanern, aber es erschien ihm abwegig, daß einer oder mehrere von ihnen Verrat üben sollten. Wozu auch? Die Heimat der Solaner war ihr Schiff; zwar, besuchten sie mitunter Planeten, aber stets mit einer mehr oder minder großen Portion innerer Überwindung. Als Verräter hätte Hathan die SOL nie wieder betreten dürfen – er hätte für immer auf einem Planeten leben müssen, ein Schicksal, das den meisten Solanern ärger erschien als der Tod. Was also spielte sich in diesem Augenblick auf Anterf ab? Grynph wußte es nicht – er ahnte nur, daß die Anterferranter in einer Falle saßen, in die sie von Hathan und den anderen hineingelockt worden waren. Eine Falle, die in jedem Augenblick zuschnappen konnte – mit einem ganzen wehrlosen Volk als Opfer. Grynph stand auf. »Ich werde kurz nach draußen gehen«, verkündete er. »Die Luft hier ist mir zu stickig. Kommst du mit, Narrm?« Der Regierungschef, mit Sorgen überhäuft, sah Grynph an. Hathan blickte gerade zufällig zur Seite. Grynph zwinkerte, und Narrm verstand. »Keine schlechte Idee«, sagte er. »Wir sind bald wieder zurück.« Es war dunkel draußen. Der Himmel war klar. Man konnte Tausende von Sternen sehen. Irgendwo in diesem Sternengewimmel bewegte sich die SOL, und an anderer Stelle die Flotten der Feinde.
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»Was hattest du mir zuzuzwinkern?« fragte Narrm, sobald sie draußen waren. Rasch erklärte Grynph seinen Verdacht. Narrm hörte ihm mit steigender Verwunderung zu. »Das ist alles? Daß Hathan einen deiner Bekannten von der SOL nicht kennt?« »Mehr habe ich vorläufig nicht in der Hand. Ich schlage vor, daß du mit der SOL Verbindung aufnimmst. Wir sollten unsere Feinde fragen. Vielleicht zerschlägt sich mein Verdacht, vielleicht findet sich auch eine Bestätigung. Dann können wir handeln.« »Und wie stellst du dir die Kontaktaufnahme vor? Wir haben absolute Funkstille vereinbart.« »Die Feinde wissen ohnehin, wo Anterf liegt«, hielt Grynph ihm entgegen. »Auf diesen Funkspruch kommt es jetzt nicht mehr an. Wenn es richtig ist, was ich befürchte, dann haben wir kaum mehr Zeit zu handeln.« Narrm preßte die Lippen aufeinander. »Ich werde einen Gleiter organisieren. Du fährst zur TEUCER und fliegst mit ihr los. Sucht die SOL draußen. Sobald ihr Näheres wißt, funkt ihr – der Sender eines Funkspruchs ist leichter anzupeilen als der Empfänger.« »Einverstanden«, sagte Grynph sofort. »Aber beeile dich.« Er sah auf die Uhr. Die Sekunden schienen ihm noch niemals so schnell zu vergehen wie in diesem Augenblick – und jede Sekunde brachte die Gefahr näher an Anterf heran. * »Noch immer keine Verbindung«, sagte der Funker der TEUCER Stunden später. »Die SOL ist nirgendwo aufzutreiben.« Grynph murmelte eine Verwünschung. Die Minuten vergingen in rasender Schnelligkeit, und nichts geschah. Es war zum Verzweifeln. »Dann versuche, einen Planeten zu erreichen, den wir kennen. Vielleicht weiß man dort etwas. Wir müssen in irgendeiner Form Kontakt mit der SOL bekommen.« Der Funker zeigte durch seine Miene an, daß ihm dieser Befehl nicht gefiel – je offener die TEUCER funkte, um so leichter war es für den Gegner, sie anzupeilen, zu stellen und zu vernichten. Die TEUCER war das modernste Schiff, das die Anterferranter bis zu diesem Tag gebaut hatten. Besonders kampftüchtig war sie deswegen nicht, schon gar nicht gegen eine solche Übermacht. »Führe den Befehl aus!« sagte Grynph scharf. Er wunderte sich selbst über den Klang seiner Stimme. Sie verriet Unsicherheit und ein wenig Wut. Der Funkspruch ging hinaus.
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Es dauerte nicht lange, bis eine Verbindung hergestellt war – und Grynph stieß ein lautes Lachen aus, als er auf dem Schirm des Kommunikators ausgerechnet das Gesicht von Breckcrown Hayes sah. Rasch waren die Daten ausgetauscht, auf die es ankam. Grynph stellte mit Wut und Erleichterung fest, daß sein Verdacht richtig gewesen war – allerdings wäre er nie auf den Gedanken gekommen, daß der Feind so dreist sein würde, in die Reihen der Gegner einzusickern. »Was habt ihr jetzt vor?« fragte Hayes zum Abschluß. »Das hängst von dir ab – ihr habt auf diesem Gebiet die größere Erfahrung. Was sollen wir tun?« Hayes klemmte die Oberlippe zwischen die Zähne. »Kommt her«, entschied er dann. »Ihr könnt uns helfen – irgendwo in Bars treibt sich Atlan herum, und bevor er nicht an Bord ist, möchte ich nichts unternehmen. Paßt auf, daß ihr nicht von Gyranter-Schiffen erwischt werdet. Sie sind schlagkräftiger als ihr.« »Wir werden aufpassen«, versprach Grynph. Er ließ sich die Koordinaten der SOL geben, leitete sie weiter an den Kommandanten der TEUCER. Wenig später war das Schiff der Anterferranter auf dem Weg zu den Freunden. Grynph erschien die Flugzeit als Qual. Er hatte Zeit nachzudenken, und das Unwirkliche der Situation verwirrte ihn. Obwohl inzwischen Meldungen von Tausenden von Schiffen vorlagen, war noch nirgendwo ein Angriff der Gyranter verzeichnet worden. Die Bedrohung war unsichtbar – und dieses Warten auf den Angriffsschlag der Gyranter war fast nervenzermürbender als ein tatsächlicher Kampf. Schiffe flogen durch das All, Funksprüche wurden ausgetauscht – alles schien völlig normal zu sein. Und doch wußte jeder Kommandant, jeder Funker, daß im Raum eine ganze Armada feindlicher Schiffe versteckt war, bereit, in jedem Augenblick zuzuschlagen.
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6. Eine fieberhafte Erregung hatte Breckcrown Hayes erfaßt. Aus den Nachrichten, die in dichter Bündelung eintrafen, ging hervor, daß überall in Bars eingesickerte Gyranter gestellt und ausgeschaltet wurden. Das sah nach einem Erfolg aus – aber der High Sideryt wußte genau, daß dies nur das erste Vorgeplänkel war. Noch immer waren die Flotten der Gyranter nicht entdeckt. Niemand wußte mit Sicherheit zu sagen, wie groß sie überhaupt waren. Die Schätzungen gingen bis hinauf zu einhunderttausend Einheiten. Traf diese Mutmaßung zu, konnte Bars abgeschrieben werden – einer solchen Übermacht war keiner gewachsen. Unruhig schritt Hayes in seiner Klause auf und ab, dann knurrte er etwas und ging hinüber in die Zentrale. Cara Doz hatte die Steuerung der SOL übernommen. Da das Riesenschiff antriebslos im Raum hing, hatte sie sich eine kleine Pause gegönnt. Das metallene Band, mit dessen Hilfe sie ihre Gedankenbefehle an die Positronik weitergab, hing griffbereit. Mit einem Blick konnte Hayes sehen, daß die Stimmung schlecht war. Nicht, daß die Solaner auf einen Kampf begierig waren, sie wußten so gut wie jeder, was das bedeutete. Aber das tatenlose Warten zerrte an ihren Nerven. Wenn dies vom Gegner so geplant war, hatte er gute Arbeit geleistet. Der Tonfall wirkte gereizt und angespannt, die Gesichter verrieten mühsam zurückgehaltenen Mißmut und Verdruß. »Neue Meldungen?« fragte Cara Doz. Sie wirkte übermüdet, aber so sah sie stets aus. Es war vielen an Bord ein Rätsel, wie sie völlig ohne Schlaf auskam, zumal ihr zierlicher Körper den Eindruck erweckte, als sei sie ständig dem Zusammenbruch nahe. Kein Eindruck konnte mehr täuschen. Hayes und alle Zentralemitglieder wußten, was für eine vorzügliche Emotionautin Cara war – die beste nach einer langen Zeit, in der die SOL ohne parabegabte Piloten hatte auskommen müssen. Hayes schüttelte den Kopf. Cara zuckte mit den mageren Schultern und schloß wieder die Augen. »Ortung. Ein Schiff ist in unserer Nähe rematerialisiert. Kennsignal der TEUCER.« Hayes nickte befriedigt. Bald würde er genauer wissen, wie es auf Anterf aussah. Er wollte sich gerade zum Gehen wenden, als der Alarm durch die SOL raste. »Feindflotte aufgetaucht!« Cara Doz streckte die dünnen Arme aus, griff nach dem SERT-Band und streifte es sich über die strähnigen hellen Haare. Die Maschinen der SOL erwachten zum Leben. »Fahrt aufnehmen!« bestimmte Hayes. »Die sind hinter der TEUCER her.« Er unterdrückte eine Verwünschung. Offenbar hatte die TEUCER die Flotte der Gyranter auf die Fährte der SOL gebracht. »Frage: Wieviel Schiffe?« »Knapp dreihundert, ungeordnet.« Auf dem Bildschirm flammte eine Darstellung der Verhältnisse auf.
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Die SOL war zu sehen, dann die TEUCER, und hinter dem Schiff der Anterferranter die Flotte der Gyranter. Sie jagten hinter der TEUCER her. »Auf die TEUCER zu«, bestimmte Hayes. Er setzte sich. Jetzt kam es darauf an, die Nerven zu bewahren und die Mittel der SOL optimal einzusetzen. »Wie groß ist die Entfernung?« »Groß genug, sie werden ein paar Stunden brauchen, um in Schußweite zu kommen.« Hayes brummte zufrieden. Das ließ Raum für ein paar Manöver, mit denen die Gyranter wohl nicht rechneten. »Linearetappe vorbereiten. Der Sprung soll uns mitten in die Angriffsformation führen.« Jemand stieß einen leisen Pfiff aus. Hayes setzte wieder einmal alles auf eine Karte. »Funkspruch an TEUCER. Sobald wir schnell genug sind, soll sie wenden und unserem Kurs folgen.« »Das wird sie mitten in die Gyranter hineinbringen«, bemerkte jemand. »Das soll es auch«, bestimmte Hayes. Cara Doz ließ die SOL mit allen Energien beschleunigen, die zur Verfügung standen. SENECA ermittelte derweil die Daten für die Linearetappe, wobei die Eigenbewegung der Gyranterflotte berücksichtigt werden mußte. Die Schiffe des Feindes hatten sich inzwischen, wie sie es bei Kämpfen oft taten, in acht Teile getrennt, die unabhängig voneinander operieren konnten. Das gab der Bedrohung noch mehr Gewicht – allein die Zahl der Gegner reichte schon aus, um den Widerstandswillen des Angegriffenen zu vermindern. »Geschütze feuerklar. Ihr wißt, was ihr zu tun habt.« Jedermann verstand Hayes Bemerkung. Die Feuerleitoffiziere wußten, daß ihre Aufgabe nicht darin bestand, Feindschiffe zu vernichten, sondern sie kampfunfähig zu machen. Mehr als einmal hatte sich diese Taktik als richtig erwiesen. Zum einen schonte sie die Gemüter der Solaner. Die SOL war als Kampfschiff von schreckenerregender Größe, in Einzelgefechten hatten Gegner praktisch keine Chance, den Breitseiten des Riesen zu entkommen. Angesichts dieser Überlegenheit wäre jeder rücksichtslose Einsatz der Transformkanonen den Solanern als Gemetzel erschienen, das dem Gegner keine Chance ließ. Und die Solaner gehörten in aller Regel nicht zu den Wesen, die sich am Untergang fremder Schiffe weiden konnten. Vielleicht lag es daran, daß sie ein Raumschiff nicht nur als bloße Transportmöglichkeit betrachteten – für die Solaner hatten sie fast den Charakter lebender Wesen. Hayes hatte sich einmal mit Atlan darüber unterhalten. Der alte Arkonide konnte sich noch an Zeiten erinnern, in denen auf der Erde Menschen gegen Menschen Krieg geführt hatten. Bei zweien dieser Kriege war es immer wieder vorgekommen, daß maschinengetriebene Kampfschiffe Jagd auf Frachtensegler hatten machen müssen. In vielen Fällen hatten Offiziere und Mannschaften der Panzerschiffe, selbst ehemalige Segler, einen körperlichen Schmerz gespürt, wenn sie eines der wenigen noch vorhandenen Segelschiffe hatten versenken müssen. Mit ähnlichen Gefühlen hatten Solaner oft im Gefecht zu kämpfen. Der zweite Grund für diese Maßnahme war rein taktischer Natur. Wenn es beim Gegner auch nur einen
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Funken Solidarität untereinander gab, dann stellte jedes kampfunfähige, havarierende Schiff eine Belastung dar. Wracks mußten eingefangen, ihre Besatzung geborgen werden – auf diese Weise schieden jedesmal zwei Schiffe aus dem Gefecht aus. »Fertig?« »In ein paar Sekunden«, sagte Cara Doz. Ihre Stimme klang ruhig und zuversichtlich. »Jetzt!« * Ob Linearflug oder Transition – bei jedem Hyperflugmanöver eines Schiffes wurde nicht nur der Rumpf des Schiffes durch Raum und Zeit befördert. Die hyperenergetischen Felder, die diese Transporte bewirkten, schlossen jedesmal auch eine gehörige Portion des Raumes ein, der das Schiff umgab, schon allein aus dem einfachen Grund, daß eine genaue Definition der Grenze zwischen Schiff und Raum unmöglich war – wo hörte das Schiff exakt auf, und wo fing der Raum an? Die paar Atome pro Kubikkilometer, die es im freien Raum gab, stellten bei solchen Hypersprüngen kein Problem dar. Wohl aber der Raum selbst. Für den normalen Beobachter war dieser Raum praktisch leer – für Hyperphysiker und Dimensionsmathematiker war er das beileibe nicht. Er war dimensionsmathematisch struktuiert, nicht zuletzt durch die unvermeidlichen mehrdimensionalen Streuimpulse der Bordmaschinerien. So wie der Weltraum in der Nähe der SOL von ihr hyperphysikalisch strukturiert worden war, so gab es auch eine hyperphysikalische Struktur im Pulk der anfliegenden Gyranter-Schiffe. Mitten dort hinein fiel die SOL aus dem Linearraum in das Normalkontinuum zurück. Zwei unterschiedliche Hyperstrukturen prallten mit ungeheurer Wucht aufeinander. Die Maschinen der SOL waren diesem Aufprall gewachsen, nicht aber die Aggregate der Gyranter-Schiffe, die das Pech hatten, in unmittelbarer Nähe der auftauchenden SOL zu fliegen. Der Vorgang nahm nur ein paar Millisekunden in Anspruch – aber er reichte aus, um in dieser Zeit mehr als ein Dutzend Gyranter-Schiffe in eine Ansammlung von Wracks zu verwandeln. Schutzschirme gegen den kosmischen Feinstaub brachen zusammen, ihre Energien schlugen ins Innere der Schiffe durch und richteten dort verheerende Verwüstungen an. Ein Gyranter-Schiff hatte nur eine Distanz von einem halben Kilometer zur SOL, die mit genau entgegengesetztem Impuls an ihr vorüberfegte – danach rasten die acht Teile sich überschlagend und rotierend durchs All, hyperenergetischer Schrott. »Feuer!« bestimmte Hayes. Aus allen Rohren feuernd, raste die SOL durch den Angriffspulk der Gyranter, die von diesem Manöver völlig überrascht wurden. Die fassungslosen Kommandanten hatten sich kaum vom Schock des Auftauchens erholt, da legten sich ihren Schiffen die Feuerbälle detonierender Transformgeschosse in den
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Weg. Für Ausweichmanöver gab es keine Zeit – nach Passieren dieses atomaren Feuersturms hatten diese Schiffe nur noch Schrottwert. Als Angriffsmittel fielen diese Schiffe aus. Eine Feuerbahn zog die SOL durch die Reihen der Feinde, die nicht einmal dazu kamen, ihre Geschütze zu betätigen. Bevor die Gyranter recht begreifen konnten, hatte die SOL ihre Flotte bereits passiert. Eine Lichtsekunden breite Schneise von wracken und havarierenden Schiffen kennzeichnete die Bahn, die die SOL genommen hatte. »Gut gemacht«, lobte Hayes. Die SOL hatte nicht einen Treffer abbekommen. Mit höchster Fahrt jagte sie weiter. »Abbremsen und auf gleichem Kurs zurück«, ordnete Hayes an. Nur eine Emotionautin vom Format einer Cara Doz war in der Lage, dieses Manöver präzise an die Belastbarkeitsgrenzen der SOL zu verlegen. Alle verfügbaren Energien wurden aufgewendet, um die SOL so rasch wie möglich abbremsen zu lassen. Die rasende Fahrt verminderte sich. Hayes blieb an seinem Platz. Die Aufgabe wäre gelöst gewesen, die SOL war in Sicherheit – aber da war noch die TEUCER, der nun die ganze Angriffswut der erbitterten Gyranter gelten mußte. Es kam für Hayes nicht in Frage, das kampfschwache Schiff der Anterferranter im Stich zu lassen. Sie SOL nahm wieder Fahrt auf – diesmal in umgekehrter Richtung. Auf den Schirmen war zu erkennen, daß die Flotte der Gyranter wesentlich kleiner geworden war. Ein Teil der Schiffe war damit beschäftigt, Bergemanöver durchzuführen. Hayes lächelte zufrieden. Zum einen hatte er mit seiner Abneigung gegen Blutvergießen wieder einmal recht behalten, zum anderen war seine Taktik aufgegangen – die Gyranter hatten nun erheblich mehr zu tun, als bei einer Zerstörung der nun havarierten Schiffe nötig gewesen wäre. Die SOL kümmerte sich nicht um die Havaristen und ihre Retter. Ein paar Schüsse, die ihr galten, wurden von den Schutzschirmen mühelos absorbiert. Zudem hatten die Gyranter wenig Zeit zum Zielen – sie trieben fast fahrtlos im Raum, während die SOL mit steigernder Geschwindigkeit an ihnen vorüberraste. »Jetzt!« Wieder leitete Cara Doz ein Linearmanöver ein. Für eine winzige Zeitspanne tauchte die SOL in den Linearraum ein, dann erschien sie wieder im Normalkontinuum. Dieses Mal tauchte sie nicht vor, sondern hinter den Gyrantern auf. Die Wirkung war zum zweiten Mal verheerend. Was von der SOL nicht einfach beiseitegestoßen oder kampfunfähig geschossen wurde, suchte sein Heil in Absetzmanövern. Wie ein Schwarm knisternder Funken in einem Feuer stoben die Leuchtpunkte auf den Bildschirmen auseinander – jeder Punkt ein Gyranter-Schiff. »Die TEUCER soll alle Kraft auf ihre Andruckabsorber legen«, bestimmte Hayes. »Wir werden sie abschleppen.«
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Er sah, daß einige seiner Leute schluckten. Was der High Sideryt plante, war ein neues technisches Husarenstück, dazu überaus gefährlich. Der Funkspruch kam bei der TEUCER an. Sie verzögerte mit allen Kräften, auch die SOL verringerte ihre Fahrt. Dennoch blieb es ein unerhörtes Wagnis – Hayes hatte vor, an der TEUCER vorbeizufliegen und sie mit Traktorstrahlen einzufangen. Die TEUCER sollte auf den gleichen Kurs wie die SOL gebracht werden – genau entgegengesetzt zu ihrer normalen Flugrichtung. Daß das Manöver technisch durchführbar war, bezweifelte niemand – es fragte sich nur, was die SOL danach im Schlepp hatte – ein intaktes Anterferranter-Schiff, ein halbes Wrack mit einer vom Andruck zermalmten Besatzung oder nur einen Haufen Schrott, der unter dem gewaltsamen Ruck der Richtungsänderung geborsten war. »Behutsam, Cara«, sagte Hayes. Cara Doz nickte. Diese Aufgabe erforderte ihre ganze Konzentration. Angesichts der gewaltigen Energien, die die SOL einsetzen konnte, war der Unterschied zwischen Erfolg und Katastrophe eine Frage von einigen Zehntel-Promille. Vier g zu wenig, und die TEUCER blieb liegen. Fünf zuviel, und die Besatzung wurde in ihren Sesseln vom Andruck zerquetscht. »TEUCER – Achtung!« Hayes preßte die Kiefer aufeinander. Auf dem Bildschirm war das Manöver in abstrakter Form zu sehen – zwei leuchtende Punkte, die auf entgegengesetzten Kursen aufeinander zuflogen. Dann der Augenblick der größten Annäherung, eine Sekunde später war die SOL vorbei. Nur ihre energetischen Arme griffen nach der TEUCER, deren Fahrt rasend schnell vermindert wurde, dann in der neuen Richtung zunahm. Aus den Lautsprechern erklang ein Ächzen. »Geschafft!« meldete Cara Doz. Die Maschinen der TEUCER unterstützten die Wirkung des Traktorstrahls. Der Abstand zwischen den beiden Punkten wurde geringer. Aus den Lautsprechern erklang immer noch schweres Atmen und Ächzen, dann ein paar Worte. »Das war knapp!« Auf einem kleineren Bildschirm erschien das Gesicht des Kommandanten der TEUCER. Er schnappte nach Luft. »Mir tut jeder Knochen weh«, ächzte er. »Aber es ist gutgegangen.«
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»Ausfälle? Schäden?« »Besatzung wohlauf, wenn auch ein bißchen angeschlagen. Die Schäden sind geringfügig, sie können mit Bordmitteln in kurzer Zeit behoben werden.« »Bleibt dicht bei uns«, bestimmte Hayes. »Wir werden aus diesem Raumbezirk verschwinden.« »Wohin?« »Habt ihr einen Vorschlag?« Der Kommandant der TEUCER dachte kurz nach. »Es gibt ein Sonnensystem, knapp dreihundert Lichtjahre von hier entfernt. Es heißt Isandhlwana.« »Einverstanden. Dort werden wir uns einstweilen verstecken.« Es erforderte einiges Geschick, die beiden Schiffe so dicht beisammen zu halten, aber dank der Hilfe der Anterferranter gelang es. Die SOL verließ zusammen mit der TEUCER den Normalraum, nach kurzer Flugzeit kehrten beide Schiffe in den Einsteinraum zurück. In Flugrichtung lag eine dunkelrote Sonne, klein und unscheinbar. Ihr Name war Isandhlwana. * Der Kapitän des Schiffes sah genau so aus wie sein Schiff – massig und ungepflegt. Das Schiff glich einem fliegenden Blecheimer, und seine Besatzung schien sich hauptsächlich damit zu beschäftigen, die Vorräte zu plündern, vor allem die flüssigen. Immerhin, der Koloß war neugierig. Er hatte sich das seltsame Ding ansehen wollen, das so unverhofft seinen Kurs gekreuzt hatte. Wahrscheinlich hatte er mit irgendeiner Art von Beute gerechnet und sah sich nun um den Erfolg getäuscht. Daß sich im Innern der seltsamen Kugel Lebewesen aufhielten, hatte er erst im Laderaum bemerkt. Er hieß Ortyn und gehörte zum Volk der Ikotras, von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Immerhin aber gehörte sein Volk zu Bars, und die eigentümliche Wirkung, die vor allem Tyari auf die Bars-Lebewesen hatte, hatte uns geholfen, die Sympathie des grüngeschuppten Trunkenbolds zu gewinnen. »Ich würde euch empfehlen, schleunigst zu verschwinden«, sagte er und rülpste dazu. Seine drei Augen zwinkerten vergnügt. »Im Augenblick ist hier allerlei los. Wir sind unterwegs komischen
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Schiffen begegnet, die einen sehr unfreundlichen Eindruck gemacht haben.« »Achtteiler?« fragte ich, sofort an die Gyranter denkend. Ich nahm an, daß Anti-ES seinen nächsten Vorstoß mit Angehörigen dieses Volkes durchführen wollte. »Mag sein. Ich kenne sie nicht. Aber es waren in jedem Fall zu viele, als daß ich mich mit ihnen hätte bereden wollen. Besser, man hält sich aus allem heraus in diesen Zeiten.« »He, Kommandant, im Weltraum wird gekämpft. Ganz in der Nähe sogar, nur ein paar Lichtjahre entfernt.« »Zeig her«, knurrte Ortyn und riß dem Boten den Datenstreifen aus den Krallen. »Donnerwetter!« Er gab den Streifen an mich weiter. Es war die Anmessung von atomaren Detonationen, die im freien Raum stattgefunden hatten. Ich brauchte nur einen Blick darauf zu werfen, um zu wissen, um was es sich handelte – derartige Explosionen in so kurzer Reihenfolge ließen nur einen Schluß zu: ein Feuerschlag der SOL. »Bring uns dorthin«, bat ich den Ikotraner. »Es wird dein Schaden nicht sein.« Über das Schuppengesicht flog die Andeutung eines gierigen Lächelns. »Wieviel?« »Das entscheiden wir später. Bring uns hin, wir sind nicht kleinlich.« In die Augen trat ein lauernder Blick. »Also gut«, sagte er schließlich. »Aber ich warne euch – ich bin nicht billig.« Der kurze Impuls des Extrahirns teilte mir mit, daß die SOL nach Analyse des Logiksektors dort nicht mehr zu finden war. Das Extrahirn vermutete, daß die SOL sich ein Versteck gesucht hatte. Ich wandte mich an Tyari. »Kennst du irgendeinen Ort in der Nähe dieser Koordinaten, der als Versteck für die SOL in Frage kommt?« Tyari dachte nach. »Seltsam«, murmelte sie. »Es gibt eine uralte Legende. Danach wird eine kleine dunkle Sonne ganz Bars erhellen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.« »Wie heißt diese Sonne?« wollte ich wissen. »Isandhlwana«, sagte Tyari leise. »Dann bring uns dorthin«, bestimmte ich, zum Kommandanten gewandt.
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»Nach Isandhlwana?« Ich nickte.
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7. »Die erste Welle der Gyranter ist zurückgeschlagen«, stellte Hayes fest. »Indessen besagt das nicht viel – es handelt sich um ein paar tausend Mann, die auf allen möglichen Planeten abgesetzt worden sind. Daß sie geschnappt worden sind, wird die Kampfkraft der Gyranter-Flotten nicht schmälern.« »Immerhin können die Völker von Bars jetzt etwas unternehmen«, gab Grynph zu bedenken. Die Konferenz fand in der Klause des High Sideryt statt. Einträchtig saßen Solaner und Anterferranter beieinander, um über Maßnahmen zu beraten, wie man der Gefahr der Gyranter-Invasion begegnen konnte. »Unsere Schiffe sind nach hierher unterwegs«, sagte Grynph. »Es ist ein eigentümlicher Zufall, aber Isandhlwana wird in uralten Sagen und Legenden erwähnt. Der Ort ist symbolträchtig.« Hayes warf einen Blick auf das Bild der dunklen Sonne. Die Astrophysiker hatten ausgerechnet, daß Isandhlwana eine besondere Eigentümlichkeit aufwies. Diese Sonne würde ihr Ende weder in einer Nova oder Supernova finden, auch nicht als Neutronenstern oder Schwarzes Loch. Allem Anschein nach würde sie in nicht allzulanger Zeit schlichtweg erlöschen, ein seltsam friedliches Ende für ein Gebilde, in dessen Zentrum unablässig atomare Fusionen stattfanden. »Die Nachricht hat sich durch ganz Bars verbreitet«, fuhr Grynph fort. »Ich habe Meldungen von mehr als drei Dutzend Planeten, daß sie alles, was sie an Schiffen besitzen, hierher schicken wollen. Jeder Bewohner von Bars scheint davon überzeugt zu sein, daß der entscheidende Kampf um die Freiheit unserer Galaxis im Gebiet dieses Sterns stattfinden wird.« »Ein unheimliches Symbol«, murmelte Hayes und deutete auf die Sonne. »Ein sterbender Stern und eine Galaxis, die der Übermacht ihrer Feinde zu erliegen droht.« »Die Bewohner von Bars scheinen bereit, das Omen anzunehmen.« Hayes lächelte müde. Er machte sich wenig Illusionen über den Ausgang dieses Unternehmens. »Wir werden es erleben«, sagte er matt. »Ortung! Wir haben Schiffe registriert. Vierhundertsiebzehn Einheiten vom Planeten Udan.« »Nie gehört«, sagt Grynph. »Der Planet gehört nicht zu den Welten, die von Anterferrantern entdeckt oder besiedelt worden sind.« »Sie unterstellen sich dem Befehl der SOL. Ein ausdrücklicher Befehl seiner Hoheit des Kalanath von Udan, wer immer das sein mag.« Auf den Schirmen war die Flotte zu erkennen. Ihre Fahrt ließ den Schluß zu, daß es sich dabei nicht gerade um Meilensteine des technischen Fortschritts handelte. »Sechzehn Einheiten vom Stern Delan«, lautete die nächste Meldung.
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In diesem Stil ging es fort. Eine Flotte sammelte sich in der Nähe des sterbenden Sterns, ein buntscheckiges Gewimmel von Schiffen jeder Bauart. Sie kamen aus allen Winkeln von Bars. Elfhundert Schiffe wurden von den Irtari geschickt. Die Ödaser, mit den Irtari seit Jahrhunderten verfeindet, schickten siebzehnhundert Schiffe – beide Flotten unterstellten sich dem Befehl der SOL. Byxtonen erschienen – klobige Geschöpfe mit würfelförmigen Schiffen, dreihundertzehn an der Zahl. Sie reihten sich in die Flotte ein. Kugelschiffe waren zu sehen, granatförmige. Diskusraumer flogen durch den Raum; bizarre Gebilde, die wie ein Drahtkunstwerk aussahen, reihten sich ein. In jeder Minute tauchte ein neues Kontingent auf. Stolz schickten die Ästaren ihr einziges Schiff, das durch den Raum mehr kroch als flog. Die Solaner registrierten es mit Fassungslosigkeit. Die Anterferranter hatten Mühe, die Gefühlsausbrüche zu bewältigen, die über sie hereinbrachen. Aus den Funksprüchen ging eines mit gräßlicher Deutlichkeit hervor – keiner der Kommandanten, kein Besatzungsmitglied glaubte ernsthaft an einen Sieg über die Gyranter. Sie alle wußten, daß diese buntgewürfelte Flotte es mit den gut gedrillten Einheiten der Gyranter nicht aufnehmen konnte. Eine Flotte von Todgeweihten sammelte sich und wurde von Stunde zu Stunde größer. Einige Einheiten erreichten das Ziel nur als Havaristen. Der Vorschlag, die Besatzungen auf andere Schiffe zu verteilen, wurde angenommen. So standen nun Wesen nebeneinander, die sich vorher nicht gekannt hatten, teilweise in Fehde gelebt hatten. Das Schiff eines Insektenvolks brach kurz nach dem Auftauchen auseinander; die Besatzung wurde an Bord der SOL gebracht, und die Solaner begrüßten drei Meter hohe Spinnenwesen, als wären sie seit Urzeiten befreundet gewesen. Breckcrown Hayes registrierte das alles mit gedrückter Bewunderung. Das ungeheure Ausmaß an Hilfsbereitschaft und Verständnis, soviel Mut und Tapferkeit, alle Tugenden, die intelligente Völker auszeichneten – versammelt und konzentriert zum einzigen Zweck eines Kampfes, dessen Ausgang von vornherein feststand. »Warum, zum Teufel, kann man das nicht in Friedenszeiten erreichen?« murmelte Hayes bitter. Er konnte sich auch vorstellen, wie es zu diesem Zeitpunkt auf den Heimatwelten aussah, von denen die Schiffe gestartet waren. Die Angehörigen mußten so gut wie die Kämpfer wissen, daß dieser Abschied
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endgültig gewesen war. Die Zahl der Schiffe überschritt inzwischen dreißigtausend. Flottenverbände formierten sich. Einzelne Abteilungen schlossen sich zusammen, hielten Manöver ab. In den Schiffen kam keiner zur Ruhe. Jeder rechnete mit einem baldigen Auftauchen der Gyranter; die Zeit bis dahin sollte genutzt werden, den gemischten Verbänden soviel Schlagkraft wie möglich zu geben. Alle diese Kraft und Energie, dazu die ungeheure Menge an Material, hätten ausgereicht, ein Dutzend Ödwelten in Paradiese zu verwandeln. »So etwas haben wir noch nie erlebt«, sagte Grynph, dem Hayes’ Bedrückung nicht aufgefallen war. »Sie kommen von überall her.« Hayes stieß ein bitteres Lachen aus. Der Satz, der ihm auf der Zunge lag, blieb unausgesprochen. Er wollte die Gefühle der Anterferranter nicht verletzen. Mochten sie auch von überall her kommen – der Weg, den sie zu gehen hatten, war kurz und er führte immer in die gleiche Richtung. Cara Doz verfolgte das Geschehen auf den Schirmen der Zentrale. Immer wieder schüttelte die zierliche Frau den Kopf. »Mehr als fünfzigtausend inzwischen, und der Strom hört nicht auf«, murmelte sie. Offenbar machten sich überall in der Bars-Galaxis die Völker daran, das zu verteidigen, was ihnen am kostbarsten war – ihre Freiheit, die niemals zuvor so offen bedroht gewesen war wie jetzt von den Gyrantern. »Es wird nicht mehr lange dauern«, sagte Breckcrown Hayes. »Machen wir uns fertig.« Die Maßnahmen, die er angeordnet hatte, mußten jedem Solaner klarmachen, daß dies kein Gefecht im üblichen Sinne war. Schon oft hatte die SOL im Kampf gestanden, und nicht immer war der Ausgang vorhersehbar gewesen. Die Anordnungen des High Sideryt ließen keinerlei Zweifel über die Gefahr aufkommen, die der SOL drohte. Die gesamte nichtkämpfende Besatzung wurde in Schutzräume gebracht. Hayes stellte eine ganze Reihe von Männern und Frauen ab, die nur eine einzige Aufgabe hatten – im äußersten Notfall eine Evakuierung der Frauen und Kinder durchzuführen. In aller Eile wurden Panzerungen verstärkt, die die Fluchtwege schützen sollten. Gänge und Antigravschächte wurden markiert. Die kämpfende Besatzung hatte Raumanzüge anzulegen. Diese Maßnahme war nur dann sinnvoll, wenn zu befürchten stand, daß es an Bord zu Vakuumeinbrüchen kam – was das bedeutete, angesichts der Dicke der Außenhülle und der mehrfach gestaffelten Schirmsysteme, brauchte niemandem gesagt zu werden. Überall wurden Notaggregate bereitgestellt. Dreihundert Mann wurden zusätzlich abgestellt, um Verletzte schnellstens in die Medosektionen zu bringen und dort zu behandeln. In Nebenräumen der medizinischen Abteilung wurden Kisten und Ballen aus den unergründlichen Bordvorräten aufgehäuft – schmerzlindernde Mittel, Verbandsmaterial, chirurgische Instrumente. In allen Räumen, die während des Kampfes gebraucht wurden, lagen Leuchtkörper bereit als Ersatz für ausgefallene Röhren.
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Diese und eine Fülle von anderen Maßnahmen mußten jedem Solaner eindringlich vor Augen führen, was dem Schiff in den nächsten Stunden bevorstand. Es blieb dennoch ruhig an Bord. Hayes hatte nicht die Zeit, den Grund dafür herauszufinden. War es blindes Vertrauen in die Schiffsführung, die alle Krisensituationen bisher gemeistert hatte? Oder verbarg sich dahinter der neurotische Wille, etwas ganz einfaches nicht wahrhaben zu wollen, was doch klar vor Augen lag? Oder stand hinter der Ruhe an Bord der Wille der Solaner, auch diese Gefahr sehenden Auges einzugehen und wenn möglich zu meistern? Hayes wußte es nicht. Er hatte auch nicht die Zeit, lange darüber nachzudenken. Immer neue Einheiten trafen ein. Manche Planeten schickten Flotten, andere Einzelschiffe. Binnen zehn Minuten tauchten mehr als siebentausend Einheiten eines Planetenimperiums auf, von dessen Existenz niemand etwas geahnt hatte. Eigentümliche Konstruktionen waren es – linsenförmige Rümpfe mit sieben tentakelartigen Auswüchsen. Auch sie gliederten sich in die Verteidigung ein. »Siebzigtausend«, flüsterte eine vor Erregung heisere Stimme in der Zentrale der SOL. Auf SENECA kam eine Fülle von Arbeiten zu. Diese Flotte zu koordinieren, ging über Menschenkraft. Nur die plasmagestützte Hyperinpotronik war in der Lage, die zehntausend einzelnen Vorgänge zu steuern, die mit dem Aufmarsch dieser Flotten verbunden waren. Unablässig arbeiteten die Hyperkome, gaben Anweisungen, leisteten technische Hilfe, klärten und planten. Nur langsam kam eine Struktur in das Gewimmel der Schiffe. Im Zentrum stand die SOL als das stärkste und wahrscheinlich auch schnellste Schiff der Flotte. In allen Richtungen waren ihr Lücken offengelassen worden, durch die das Riesenschiff bedrängten Einheiten zu Hilfe kommen konnte. Sternförmig breitete sich die Flotte aus. Die kampfstärksten Einheiten bildeten die Spitzen. Obwohl diese Schiffe den ersten Angriff der Gyranter zu erdulden hatten und nur wenig Aussicht bestand, diesen Angriff zu überstehen, rissen sich die Besatzungen um die Ehre, der Vorhut anzugehören. Hayes ließ sie gewähren. Er hielt nicht viel von übertriebenem Heldentum. Er kämpfte, wenn es nötig war, mit den Mitteln, die ihm unumgänglich erschienen – nach besonderem Heldenruhm gierte er nicht. Indes konnte er die Kampfgefährten verstehen; wenn sie schon ihr Leben opferten, dann nach ihren Ehrbegriffen so heldenhaft wie möglich. In der Nähe der SOL standen die Einheiten, die es praktisch nur bis zu diesem Sternensystem geschafft hatten und eigentlich eher eine Werft als eine Schlacht gebraucht hätten. Diese Schiffe hatten die Aufgabe übernommen, an Überlebenden zu bergen, was nur zu retten war. Zahlreiche Welten hatten angeboten, die Verwundeten aufzunehmen, gleichgültig, welchem Volk sie angehörten. »Hundert Jahre zu spät«, sagte Hayes, als er davon erfuhr. »Wären sich die Völker von Bars schon vor hundert Jahren so einig gewesen, brauchten sie sich jetzt vor nichts und niemandem zu fürchten.« »Wir fürchten uns nicht«, lautete der Kommentar eines Anterferranters, der die Bemerkung gehört hatte. Auf Breckcrown Hayes traf das nicht zu – er empfand Angst. Nicht um das eigene Leben. Er wußte, daß er ohnehin nicht sehr alt werden würde. Hayes war in Angst um die SOL.
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Bis zu diesem Tag war das Schiff des öfteren in Schwierigkeiten gewesen, in einer solchen Notlage wie jetzt hatte die SOL noch nie gesteckt. Und dann ... Von einem auf den anderen Augenblick waren sie da. Einem kosmischen Hagelschauer vergleichbar, regneten sie aus dem Überraum herab. Gyranter-Schiffe. Auf den Anzeigen schnellten die Ziffern in die Höhe. Binnen einer Minute war eine fünfstellige Zahl erreicht. »Wer noch etwas abzumachen hat, kann es jetzt tun«, sagte Hayes. Überall in der Flotte spielten sich jetzt ähnliche Szenen ab. Ob Menschen, Anterferranter, Ytosker oder Mulpraner – die Kämpfer versuchten, ihre Gedanken zu klären, nahmen Abschied von ihrer Erinnerung und begnügten sich, die Kraft und die Gelassenheit zu finden, die für den Kampf gebraucht wurde. Viel Zeit ließen die Gyranter ihnen nicht. Nach fünf Minuten nahmen die Flotten Fahrt auf. Die Schlacht um Isandhlwana nahm ihren Anfang. Eines wurde bereits in den ersten Minuten klar – die Gyranter hatten nicht damit gerechnet, eine Flotte vorzufinden, schon gar keine, die so zahlreich war. Sie nahmen ihre Fahrt zurück. Offenbar hatten sie gehofft, hier nur die SOL zu finden. Dann aber beschleunigten sie wieder. Die Schiffe teilten sich auf. Aus dreißigtausend Einheiten wurden zweihundertvierzigtausend kleinere Schiffe – eine ungeheuerliche Streitmacht. »Wir greifen an!« Das waren die letzen Worte des Kommandanten der LIKAN, des Flaggschiffs der Flotte der Ytasker. Mit todesverachtender Wut stürzten sich die Flaschenschiffe auf ihre Gegner. Andere Verbände jagten ihnen nach. Breckcrown Hayes war seinem Geschick dankbar, daß er von diesem Kampf nur die Auswertung mitbekam. Tod und Sterben, Angriffswut und Heldenmut – auf den Anzeigen wurde das alles zu Ziffern und Leuchtdiagrammen zusammengezogen, zu einer kalten, unmenschlichen Statistik. Es gab Verluste. Bei den Gyrantern fielen sie stärker aus als bei den Schiffen der Verbündeten. Erst ein Schiff, dann ein Dutzend. Hayes preßte die Kiefer aufeinander. Gab es wirklich kein Mittel, das Schlachten zu beenden, abzuwandeln?
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Dann hatte er einen Einfall. Hayes eilte zu Cara Doz hinüber. Die junge Frau saß wie festgefroren auf ihrem Sessel, wandte den Blick nicht vom Panoramaschirm. »Ich brauche deine Hilfe«, stieß Hayes hervor. »Ich weiß nicht, ob es klappt – aber versuchen können wir es.« Rasch skizzierte er seinen Einfall. Cara Doz schüttelte den Kopf. »Es wird nicht funktionieren – aber du hast recht, wir werden es versuchen.« Funksprüche kamen an. Hayes stieß einen tiefen Seufzer aus. Die Verbündeten machten wahr, was sie versprochen hatten – sie unterstellten sich den Befehlen von der SOL, selbst wenn sie deren Sinn nicht verstanden. Die Beiboote der SOL wurden ausgeschleust. Hunderte von verbündeten Schiffen rasten heran, nahmen ihre Position ein. Was von den Kommandanten verlangt wurde, war ungeheuerlich. Auf den Meter genau mußten sie ihre Schiffe in Position bringen. Dicht an dicht gestaffelt. Die Schutzschirme berührten sich, schmolzen zusammen. In der Mitte hatten sich die Beiboote der SOL gesammelt. Ihre HÜ-Schirme bildeten das Kernstück von Hayes’ Plan. Ein seltsames Gefühl nahm Gestalt an – ein Parabolschirm gebildet aus Schiffen. Es waren nach fünf Minuten zweitausend, und es kamen noch mehr dazu. Hayes warf einen Blick auf die Tabellen. Die Schlacht ging weiter. Unter schweren Verlusten drangen die Gyranter vor. Die Verbündeten kämpften mit unerhörter Kühnheit. Um einem havarierten Irtari-Schiff zu helfen, rammte eine Einheit der Ödaser – jahrhundertelang Todfeind der Irtari – ein Gyranter-Schiff, und nur dem Glück hatten es die Ödaser zu verdanken, daß sie dieses Manöver nicht mit dem Leben bezahlten. Der Parabolschirm nahm an Gestalt zu. Er war so geformt, daß er zwei Brennpunkte aufwies – der eine lag dort, wo die SOL stand, der andere in der Mitte der Gyranter-Flotte. »Cara!« Die Emotionautin machte sich an die Arbeit. Die SOL wurde so gedreht, daß ihre Triebwerke auf die Öffnung des Parabolschirms wiesen. Durch das seltsame Gebilde zuckten Überladungsblitze. So dicht mußten die Schiffe nebeneinanderstehen, daß ihre Schirmfelder zu einem einzigen Feld zusammenflossen – und angesichts der technischen Unterschiede in den entsprechenden Anlagen ein Wagnis, das jederzeit zur Vernichtung eines Schiffes führen konnte. »An die Geschützstände!« Die Anordnung, die Hayes gab, löste Bestürzung aus. Sein Befehl zwang die Besatzung dazu, die Transformkanonen der SOL zum Teil stillzulegen. Jene Teile, die eine zielgerichtete Rematerialisation der
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Geschosse bewirkten, mußten desaktiviert werden – damit war diese Waffe praktisch wirkungslos in den
Hyperraum verschwunden.
Breckcrown Hayes hörte manche Verwünschung, aber die Besatzung führte die Befehle aus.
Der High Sideryt preßte die Lippen aufeinander.
»Feuer!« bestimmte er.
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8. In rasender Folge schickten die Transformkanonen der SOL ihre Geschosse heraus. Die Automatiken luden nach, so schnell es der Maschinenpark zuließ. Vom Zustandswandler in ein energetisch instabiles Gebilde verwandelt, vom Zielprojektor abgestoßen, traten die Geschosse ihre Reise in das übergeordnete Kontinuum an. Gleichzeitig ließ die SOL alle Triebwerke arbeiten. Impulsströme peitschten aus den Düsen. Auch sie, energetisch übergeordnet, gingen in gleiche Richtung wie die Transformgeschosse. Zusammen trafen sie auf ein Hindernis – den in sich gekrümmten Riesenschirm, den ein Pulk von dreitausend sorgfältig koordinierten Schiffen mit ihren Schirmfeldern gelegt hatten. Das Feld hielt, keines der Schiffe wurde von der ungeheuren Hyperenergieflut beschädigt. Im Bereich des 5-D-Kontinuums reflektiert, strahlten die Impulse zurück. Und entsprechend der Öffnung und dem Radius des künstlichen Riesenschirmfelds bündelten sie sich dort, wo der zweite Brennpunkt der Konstruktion lag – mitten in den angreifenden Gyranter-Flotten. Die Wirkung trat augenblicklich ein. Mehr als fünfhundert Schiffe verschwanden von einem auf den anderen Augenblick, als hätte es sie nie gegeben. Schmetternde Impulse in den Energietastern zeigten an, daß sie Hunderte von Lichtjahren entfernt wieder im Normalkontinuum auftauchten, wahrscheinlich stark beschädigt. Von den anderen Schiffen wurden viele gewaltsam aus der Bahn gestoßen. Schirmfelder blähten sich jäh auf und zerplatzten – die nun wehrlosen Einheiten wurden von den Verteidigern kampfunfähig geschossen. Andere Gyranter-Einheiten vollführten absonderliche Manöver – offenbar war ihr Antriebssystem beschädigt. Bei anderen, das war aus abgefangenen Funksprüchen später ersichtlich, spielten die Hypereinrichtungen verrückt. Wilde Transitionen wurden durchgeführt, die Geschütze feuerten sinnlos ins All, Andruckabsorber und Antigravlifte brachen zusammen, Antriebsblöcke flogen in die Luft. »Feuer!« bestimmte Hayes. Es gehörte eine Emotionautin vom Schlage Cara Doz’ dazu, die Manöver so zu koordinieren. Wieder brandete eine Sturzflut von deformierten Hyperimpulsen über die Gyranter herein, diesmal an einer anderen Stelle. Wieder verschwanden Schiffe einfach, während andere binnen weniger Sekunden zu Wracks wurden. Die Wirkung war um so größer, als sie breit gefächert war. Mit zwei Aktionen setzte Hayes mit der SOL
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mehr als fünftausend Einheiten der Gyranter außer Gefecht. Mochten die Besatzungen auch später merken, daß die Schäden so schlimm nicht waren, daß die verschwundenen Einheiten an anderer Stelle wieder auftauchten – für die kämpfende Besatzung war es ein Schock, mit ansehen zu müssen, wie binnen weniger Minuten ihr Verband um solche Zahlen dezimiert wurde. Sie unternahmen einen Angriff, wollten die unheimliche Waffe im Sturmangriff erobern und vernichten, aber die Flotte der Verbündeten stellte sich ihnen in den Weg. Was sie an technischen Mitteln nicht zu Gebot hatten, machten der Eifer und der Rausch des Erfolges wett. Die Kommandanten erlebten Besatzungen, die nie zuvor mit solcher Schnelligkeit und Präzision ihren Dienst getan hatten. Siegtrunken flogen die Piloten Manöver, die sie unter anderen Umständen kaum gewagt hätten. Der Erfolg gab ihnen recht. Eine Einheit der Gyranter nach der anderen wurde ausgeschaltet. Die Zahl der durch den Weltraum driftenden Wracks ging in die Tausende. Die Schlachtordnung der Verbündeten löste sich auf. Jeder wollte bei dem Triumph dabei sein – diesem Sturmlauf hatten die Gyranter nichts entgegenzusetzen. Sie wurden einfach überrollt. Beiboote tauchten in ihrem Rücken auf. Mit den kleinen Kanonen konnten die Beibootbesatzungen nicht viel anfangen, aber die Gyranter fanden keinen Winkel mehr, in dem sie nicht ununterbrochen von allen Seiten aus unter Feuer genommen wurden. Konnten die Treffer auch die Schutzschirme nicht knacken, so legten sie doch die Feuerleitstände lahm – die Energiefluten, die gegen die Schirme brandeten, machten die Gyranter-Schiffe blind und taub. Wieder wischte die Hyperfaust, die Hayes erfunden hatte, über die Flotte der Gyranter, wieder verringerte sich die Zahl der Angreifer um vierstellige Beträge. Das gab den Gyrantern den Rest. Sie wandten sich zur Flucht. Ohne Ordnung, nur getrieben von dem Willen, dem Verhängnis zu entgehen, stoben sie auseinander. »Keine Verfolgung!« schrie Breckcrown Hayes in die Mikrophone. »Nicht nachsetzen!« Der Trick – wenn es einer war – hatte Jahrzehntausende auf dem Buckel. Gewitzte Angreifer pflegten geschlossen operierende Feinde, denen sie überlegen waren, nicht blindlings zu berennen. Das hätte nur unnötige Verluste zur Folge gehabt. Statt dessen schlossen sie die gegnerischen Truppen ein, wichen dann ein wenig zurück und erlaubten scheinbar den belagerten Feinden einen Ausweg. Die vereinzelt Fliehenden waren dann einzeln leichter aufzufinden und niederzukämpfen, ein uralter Trick. Hayes stieß einen Fluch aus. Die Flotte hörte nicht auf ihn.
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Gerade noch den sicheren Tod vor Augen, dann der Feind, der ihnen in der Flucht den Rücken zukehrte – das war für die meisten Kommandanten zu viel. Sie setzten nach, versuchten, aus dem taktischen Sieg einen vollständigen Triumph zu machen. In kleinen und größeren Verbänden jagten sie den fliehenden Gyrantern nach. Einige Gruppen waren dabei erfolgreich, andere stürmten blindlings ins Verderben. An den Energieechos in der Nähe von Isandhlwana ließ sich ablesen, was sich dort abspielte. Die Impulse verrieten, daß dort viele Schiffe zerstört wurden, es ließ sich allerdings nicht ausmachen, um was für Schiffe es sich handelte. Aus den Lautsprechern drang Triumphgeschrei in vielen Sprachen, als das letzte Gyranter-Schiff das System verließ. Die Schlacht von Isandhlwana war geschlagen – die scheinbar hoffnungslos unterlegenen Völker von Bars hatten gesiegt. Es fragte sich nur, wie lange dieser Sieg vorhielt. Die Gyranter waren geschlagen, besiegt waren sie noch lange nicht. Ihre Flotte war auseinandergetrieben worden, vernichtet war sie nicht – jederzeit konnten sich die Verbände wieder sammeln und zu einem neuen Angriff starten. Hayes hätte gern mehr über die Charakteristika der gyrantischen Psyche gewußt, wie sie eine solche Demütigung verkraftete. Bei Solanern wären zwei Reaktionen denkbar gewesen – tiefe Niedergeschlagenheit bis zur Resignation, auf der anderen Seite verbissene Wut, jetzt erst recht zu zeigen, wozu man imstande war. Hayes wußte auch, daß er das Manöver, das diese Schlacht entschieden hatte, nicht wiederholen konnte. Die Gyranter hatten nun Zeit genug, den Trick zu durchschauen und Gegenmaßnahmen zu treffen. Hayes war gespannt, was sie sich würden einfallen lassen. Die Flotte der Verbündeten traf sich wieder. Es gab viel traurige Arbeit zu tun. In den Lazaretten mußten die Verwundeten versorgt werden. Es gab Schäden jeder Art zu beheben, eine knochenbrecherische, schweißtreibende Arbeit. Als traurigste aller Pflichten galt es, die Toten zu bestatten. Entsprechend einem Brauch, der offenbar bei allen raumfahrenden Völkern bekannt war, wurden die Leichen dem Weltraum übergeben. Die Körper wurden aus den Schiffen gestoßen – so, daß sie nach Monaten, vielleicht Jahren, in der sterbenden Sonne Isandhlwana eine würdige Gruft fanden. Bei den Solanern hatte es keine Verluste gegeben, wohl aber bei den Völkern von Bars. Wieder kam es zu Szenen, die noch vor Stunden undenkbar gewesen wären. Anterferranter weinten um Tipasenen, schwergliedrige Urenaten trommelten nach altehrwürdigem Ritus gegen ihre Brustkörbe, um die Toten eines fremden, unbekannten Volkes zu ehren, die insektoiden Zastramen stimmten ihre schrillen Klagegesänge an, als sie toten Belpharen die letzte Ehre erwiesen. In stummer Verehrung bestatteten die tentakelbewehrten Jumesen vierzehn Freunde, die sie Tage zuvor als Spezies noch nicht gekannt hatten. »Ein zu hoher Preis für neue Freundschaft?« murmelte Breckcrown Hayes. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. Er hatte lange nicht geschlafen. Um noch auf den Beinen bleiben zu können, ließ er sich einen Kaffee nach der Art brauen, die er in solchen Lagen bevorzugte – Atlan hatte einmal spöttisch bemerkt,
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daß ein Tropfen davon genüge, um einen fünftausend Jahre toten Pharao wieder ins Leben zu rufen. Unruhig durchmaß der High Sideryt seine Klause. Er zermarterte sich das Gehirn nach einer neuen Lösung, einem noch besseren Trick als dem letzten. Kein Mittel wollte ihm einfallen. Trotz aller Hilfsmittel machte sich die Überanstrengung bemerkbar. Körperkraft und das Funktionieren des Verstandes ließen sich vielleicht mit Chemie aufputschen; Kreativität nicht, wenn er nicht zu Rauschdrogen Zuflucht nehmen wollte, ein Gedanke, den Hayes gar nicht erst erwog. Cara Doz kam in die Klause. Zart und zerbrechlich, wie immer übermüdet, freundlich und liebenswürdig. Da sie an einem 25. Dezember geboren worden war und Rauschgoldhaare zu besitzen schien, wurde sie von einigen an Bord scherzhaft Engel genannt. »Nun?« Mehr sagte sie nicht. Hayes antwortete mit einem Schulterzucken. Es gab nicht mehr viel zu sagen. Man konnte nichts anderes tun als abwarten – auf den nächsten Angriff der Gyranter. Sie ließen sich sieben Stunden damit Zeit. Dann kehrten sie zurück. Dieses Mal hatten sie ihre Taktik geändert. Sie fielen nicht in geschlossener Formation aus dem übergeordneten Kontinuum. Wie sachter Nieselregen legten sie sich als Schleier über die Flotte der Verbündeten. Der Trick mit dem Hyperspiegel ließ sich nicht mehr anwenden – er hätte Freunde und Feinde im gleichen Maß gefährdet. Die Schlacht löste sich in Einzelgefechte auf. Auf ein angreifendes Gyranter-Schiff kamen zwei Verteidiger, und das war entschieden zu wenig. Technisch waren die Gyranter den Bewohnern von Bars überlegen. Ihre Schiffe waren stärker, besser bewaffnet, geschickter geführt, wendiger und moderner. Die Schlacht von Isandhlwana drohte zu kippen. Es war die SOL, die ein zweites Mal eine Wende herbeiführte. Sie teilte sich auf und griff zusammen mit den Beibooten in die Gefechte ein. Überall tauchten die Schiffe der SOL als Retter in höchster Not auf. Hier bewahrten sie ein Schiff der Anterferranter vor dem Untergang, dort entschieden sie den Kampf zugunsten der plumpen Kästen einer Rasse, von der sie noch kein Exemplar zu Gesicht bekommen hatten. Selbst die kleineren Schiffe leisteten nützliche Arbeit. Space-Jets zischten durch die Reihen, bargen Überlebende, retteten, wo sie nur konnten. Vereinzelte Versprengte wurden von den Einmann-Jägern geborgen, die es nicht selten schafften, mit gezielten Schüssen ihrer kleinen, aber wirkungsvollen Waffe, ein Gyranter-Schiff kampfunfähig zu schießen. Was zuvor einige Minuten in Anspruch genommen hatte, wurde nun zu einer Angelegenheit von Stunden. Ab und zu tauchte ein neuer Verband von Bars-Völkern auf. Die Ankommenden hatten nicht einmal die Zeit, sich vorzustellen – sie waren sofort in Kämpfe verwickelt. Immer wieder flammten Detonationen
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auf. Raumtorpedos fanden ihre Ziele. Treibminen erwiesen sich in dem Raumschiffgedränge als furchtbare, aber zweischneidige Waffe. Ein halbes Dutzend Gyranter-Schiffe wurde in einem Sturmlauf zurückgedrängt, kampfunfähig geschossen und dann sogar geentert. Eine Gruppe todesmutiger Treytschaler machte auf diese selbstmörderische Weise geheime Unterlagen der Gyranter verfügbar. Aus den Daten ließ sich ablesen, daß nicht einmal diese Schlacht das Ende des Konflikts bringen würde, wenn die Bars-Völker siegten. Es gab noch weitere Flotten der Gyranter, die nur darauf warteten, in den Kampf geschickt zu werden. In diesem schrecklichen Getümmel, das sich Stunde um Stunde hinzog, fand kaum einer Zeit zum Nachdenken. Einer dieser wenigen war Breckcrown Hayes. Seine Gefährten erwarteten von ihm eine ruhige, besonnene Führung. Aber immer wieder mußte Hayes für einige Minuten die Einsamkeit seiner Klause aufsuchen, um die gräßlichen inneren Schmerzen loswerden zu können, die ihm dieses grauenvolle Geschehen aufzwang. Er wußte nur zu gut, was sich hinter lakonischen Ziffern verbarg, welche Wirkung ein paar gedrückte Knöpfe hatten, wo das Ziel des Waffeneinsatzes war. Er empfand auch keinerlei Gefühl der Freude, als sich nach zehn Stunden eines mörderischen Kampfes ein Sieg der Verbündeten abzeichnete – ein Sieg, der um einen schrecklichen Preis erkauft war. Die Gyranter wandten sich ein zweites Mal zur Flucht. So sah es wenigstens aus. Unversehens materialisierte mitten unter den Verbündeten ein vereinzeltes Schiff der Gyranter – es griff sofort in den Kampf ein. Wie zuvor die SOL – wie lange lag das zurück? – zog es eine Bahn durch die Reihen der Gegner. »Näher heran!« forderte Hayes. Cara Doz führte den Befehl aus. In einem harten Manöver ließ sie die SOL umschwenken und Kurs auf das neue Schiff nehmen, dessen Bahn sich mit erschreckender Deutlichkeit auf den Schirmen abzeichnete. »Vorsicht!« warnte Hayes. Das, was er auf den Schirmen sah, ließ den Schluß zu, daß die Gyranter eine neue Geheimwaffe ins Gefecht führten – eine Waffe, der die Verbündeten wehrlos ausgeliefert waren. Ein Pulk von siebzig Gyranter-Schiffen deckte den Kurs dieses einen Schiffes. Und dann konnte sich Hayes von der Wirkung der Geheimwaffe überzeugen. Sie ließ sich mit einem Wort umschreiben – verheerend. Ein Schiff der Udenser war das erste Opfer. Urplötzlich begann sich der Raumer zu dehnen. Das zigarrenförmige Schiff, im Normalzustand knapp dreihundert Meter lang, wurde länger und zugleich schmaler. Binnen weniger Augenblicke erreichte es die vierfache Länge, ohne daß dabei das Material der Hülle sichtbar beschädigt worden wäre. Auch die Schirmfelder dehnten sich aus – es schien, als hätten sie auf die geheimnisvolle Strahlung nicht die geringste Wirkung. Ebenso rasch, wie der Dehnungseffekt eingetreten war, verlor er sich wieder. Binnen Sekunden fand das
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Udenser-Schiff zu seiner normalen Größe zurück. Nur die Taster verrieten, was sich im Inneren des Schiffes abgespielt hatte – nach der plötzlichen Ausdehnung und Zusammenziehung gab es an Bord kein lebendiges Wesen mehr, die Peilung zeigte es ganz deutlich an. »Entsetzlich«, stöhnte jemand in der Zentrale der SOL auf. Das geheimnisvolle Schiff hatte sehr bald einen Namen – es wurde wie seine Waffe Distanzdehner genannt, eine vergleichsweise harmlose Umschreibung einer fürchterlichen Waffe, von deren Existenz man bisher nichts geahnt hatte. Sofort stürzten sich einige Schiffe der Verteidiger auf den neuen Feind. Gyrantische Einheiten stießen dazu und versuchten, die Verbündeten abzudrängen – den Rest erledigte das Dehnerschiff, das langsam seine unheimliche Bahn durch die Reihen der verbündeten Flotten zog. Cara Doz flog näher heran. »Vorsicht!« warnte Hayes. »Wir wissen nicht, ob diese Waffe auch gegen unsere Schirmfelder wirkt.« Ein Opfer nach dem anderen fand das Dehnerschiff. Die Gasse, die es zog, verbreitete sich – die Verteidiger hielten sich von diesem Gegner respektvoll fern. Hayes stieß eine Verwünschung aus. Die Meßergebnisse zeigten deutlich, daß die Waffe der Distanzdehnung eine größere Reichweite hatte als die Transformkanonen der SOL. Das hieß, daß die SOL sich in den Trefferbereich des Dehnerschiffes wagen mußte, ohne selbst angreifen zu können. »Nicht so schnell, Cara!« stieß Hayes hervor. Cara Doz schien die Gefahr, die von dem Schiff drohte, gar nicht wahrzunehmen. Wohl aber die Verbündeten. Aus dem Rückzug wurde allmählich eine regelrechte Flucht. Neue gyrantische Einheiten tauchten auf und verstärkten den Angriff. Da den Schiffen äußerlich nicht anzusehen war, ob auch sie die Waffe der Distanzdehnung einsetzen konnten, wirkte schon ihr bloßes Auftauchen lähmend auf die Verteidiger. Die ersten Verbände zogen sich zurück und suchten das weite. »Cara, paß auf!« Hayes stieß die Emotionautin an. Immer näher kam die SOL an die kritische Grenze heran. »Zurück!« Das Dehnerschiff setzte zum Angriff auf die SOL an – und Cara Doz behielt ihren Kurs stur bei.
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»Cara, ich befehle Rückzug!« rief Hayes. Er verstand die Emotionautin nicht. Furchtlosigkeit war eine Tugend – aber in diesem Fall kam sie einem Selbstmord gleich. Immer noch blieb die SOL auf Kurs. »Cara, zurück – oder ich muß dich ablösen lassen!« drohte Hayes. In der Zentrale der SOL sah man besorgte Mienen. Daß sich ein Pilot gegen die Befehle der Schiffsführung taub stellte, war noch nie vorgekommen. Jetzt war es soweit. Cara widersetzte sich, sie flog weiter auf das Dehnerschiff zu. Hayes winkte einige Männer heran. Gewaltsam trennten sie die Emotionautin von dem SERT-Ring. Sobald er abgestreift war, sackte Cara in sich zusammen. Sie wirkte verwirrt und sah Hayes traurig an. »Weg von hier«, stieß Hayes hervor. Gerade noch rechtzeitig änderte die SOL ihren Kurs, weg von dem unheimlichen Schiff der Gyranter, gegen dessen Waffe kein Kraut gewachsen schien. Hayes sah Cara an. In der Miene der Emotionautin war nicht zu erkennen, was sie dachte oder empfand. Sie wirkte nur sehr müde. »Geh in deine Kabine«, bestimmte Hayes. Cara gehorchte ohne Widersprüche. Breckcrown Hayes sah auf den Panoramaschirm. Die zweite Schlacht von Isandhlwana war geschlagen – und sie hatte mit einem vollständigen Triumph der Gyranter geendet. Das System wirkte wie leergefegt – zumindest was die Schiffe der Bars-Völker anging. Soeben setzten die letzten Einheiten zur Flucht an. »Rückzug!« bestimmte Hayes. »Zum äußersten Planeten des Systems.« Er empfand eine tiefe Beschämung. Die stolze, machtvolle SOL schlich sich vom Kampfplatz wie ein zerraufter Hund. Und es war mehr als fraglich, ob sie zurückkehren würde. Zum äußeren Ärger kam jetzt noch das Problem eines tiefgreifenden inneren Zerwürfnisses. Breckcrown Hayes stieß einen Seufzer aus.
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9. »So sieht die Lage aus«, sagte Breckcrown Hayes dumpf. »Trostlos bis verzweifelt.« Ich nickte. Dieser Lageanalyse hatte ich wenig entgegenzusetzen. Das Gefühl der Freude und Erleichterung, das ich gespürt hatte, als wir mit dem klapprigen Seelenverkäufer die SOL in den Außenbezirken des Isandhlwana-Systems entdeckt hatten, war nun verflogen. So froh wir auch gewesen waren, in die SOL zurückzukehren, so bedrückend waren die Nachrichten, die wir dort hatten hören müssen. »Aus Funksprüchen wissen wir, daß unsere Freunde sich wieder gesammelt haben. Sie sind zu einem neuen Vorstoß bereit – aber es erscheint mir aussichtslos.« Auf den ersten Blick konnte ich Hayes nur zustimmen. So niederschmetternd war die Lage des Schiffes selten gewesen. Daß die SOL das Gefecht ohne eine Schramme völlig intakt überstanden hatte, zählte dabei wenig. Die psychologische Niederlage war weitaus schwerer zu verdauen. Vor allem wunderte mich das seltsame Verhalten von Cara Doz. Das, was mir Hayes geschildert hatte, paßte wenig in das Bild, das ich von ihr hatte. Wir waren uns auf dem Gang begegnet, als ich die Zentrale aufsuchte, und in meiner Erinnerung war gespeichert, daß sie bei meinem Anblick sichtlich aufgelebt war. Aber was besagte das schon. Die SOL war geschlagen, die Gyranter hatten das Schlachtfeld behauptet. Sie standen in den inneren Bezirken des Systems, als erwarteten sie unsere nächsten Aktionen. Einstweilen ließen sie uns unbehelligt.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was wir jetzt unternehmen können«, sagte Hayes leise. Selten hatte ich den High Sideryt so hilflos gesehen, und ich konnte ihn sehr gut verstehen. Auch ich wußte mir in dieser Lage keinen Rat. Ganz eindeutig hatten die Gyranter das Heft in die Hand genommen. Ihre Aktionen bestimmten auch unser Handeln, ob es uns gefiel oder nicht. »Ich habe bereits daran gedacht, einfach zu verschwinden«, offenbarte der High Sideryt. Daß ein Mann wie er von Rückzug sprach, verriet besonders deutlich das Mißliche unserer Lage. »Dann ist unser Auftrag unwiderruflich gescheitert«, hielt ich ihm vor, obwohl ich mir ausrechnen konnte, daß er bereits ähnliche Überlegungen angestellt hatte. »Wir werden die Koordinaten nicht bekommen, die wir so dringend brauchen, und wie sich eine solche Flucht auf die Psyche der Solaner auswirkt, möchte ich lieber nicht untersuchen. Es wäre eine Katastrophe.« »Es wäre eine«, entgegnete Hayes. »Das da draußen ist eine Katastrophe, eine, die wir offenbar mit keinem Mittel aufhalten können.« Ich nickte nur.
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Der Interkom summte. Auf dem Bildschirm erschien der Diensttuende der Ortungszentrale. »Sie kommen zurück«, sagte er nur. Zusammen mit dem High Sideryt verließ ich die Klause und ging hinüber in die Zentrale der SOL. Die Niedergeschlagenheit der Besatzung war fast mit Händen zu greifen. Samgo Artz hatte das Amt des Piloten übernommen. Der junge Solaner, er war knapp fünfunddreißig Jahre alt, hatte bei einem Unfall beide Arme verloren. Sie waren durch hochkomplizierte Prothesen ersetzt worden, mit eingebauten Mikropositroniken, die seine Arbeit unterstützten. Auf seltsame Art und Weise erschien mir sein Anblick fast als Vorzeichen. Ich hielt mich aber zurück und unterließ eine entsprechende Bemerkung. Curie van Herling leitete mit gewohnter Ruhe und Präzision die Funk- und Ortungsabteilungen. Auf sie und ihre Leute konnten wir uns unbedingt verlassen. Im Hintergrund stand Gallatan Herts, ruhig und gefaßt. Seine Lippen wirkten noch schmaler als sonst. Ich konnte hören und sehen, wie die Lage an den Nerven der Besatzung zerrte und fraß. Die Atemzüge gingen schneller als sonst, viele der Bewegungen wirkten fahrig und übereilt. Auf den Bildschirmen stellte sich die Lage dar. Soeben materialisierten die Flotten unserer Feinde. In geordneter Formation stießen sie in das Sonnensystem vor, begleitet von einer fast beängstigenden Ruhe auf den Hyperfunkfrequenzen. Es gab nicht mehr viel zu sagen. Jeder wußte es und hielt sich daran. »Flieg los!« stieß Breckcrown Hayes hervor. Die SOL nahm Fahrt auf. Wir ließen den äußersten Planeten hinter uns und schlossen uns der eindringenden Bars-Flotte an. Schiff um Schiff materialisierte. Unter anderen Umständen wäre es ein imponierender Aufmarsch gewesen – so wirkte es wie ein verkrampftes Leichenbegräbnis. Keine Schwarzmalerei, meldete sich der Logiksektor. Den Solaner hätte ich sehen mögen, der bei diesem Vorrücken nicht finstere Gedanken gehabt hätte. Auch die Flotten der Gyranter formierten sich. Leider konnten wir nicht ausmachen, welches der vielen Schiffe die Einheit war, die uns besonders zusetzen konnte – wir wußten nicht einmal, ob es nicht inzwischen mehrere geworden waren. »Funkspruch von der TEUCER«, gab die Ortung durch. »Der Angriffsplan der Flotte sieht so aus: Sie wollen angreifen und als erstes versuchen, das Dehnerschiff kenntlich zu machen. Dann wollen sie mit allen verfügbaren Mitteln dieses eine Schiff angreifen und nach Möglichkeit vernichten. Danach haben wir vielleicht eine Chance, die restlichen Gyranter-Einheiten niederzukämpfen.« Breckcrown Hayes stieß einen Seufzer aus. Er wußte so gut wie ich, was sich hinter diesen Worten verbarg. Die Schiffe, die es unternahmen, das Dehnerschiff inmitten der Gyranter-Flotte auszumachen, hatten dazu nur ein Mittel – sie mußten sich opfern. Nur an der Wirkung seiner furchtbaren Waffe war das Dehnerschiff zu erkennen.
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Und es lag auf der Hand, daß die restlichen Gyranter-Schiffe diese Einheit mit allen Mitteln vor der
Zerstörung zu bewahren suchen würden.
Was die SOL für unsere Reihen war, stellte das Dehnerschiff für die Gyranter dar – nur daß die SOL bei
diesem Kampf unschwer auszumachen war.
Ich sah Hayes an.
Die Verbündeten, allen voran die Anterferranter, waren fest entschlossen. Es war sinnlos, mit ihnen
debattieren zu wollen. Ob wir wollten oder nicht, wir mußten ihr Opfer annehmen.
Die Flottenverbände näherten sich einander. Es mußte noch einige Zeit vergehen, bis sie
aufeinandertrafen.
Dann mußte es sich entscheiden.
*
Kein Wort wurde gesprochen. Die beiden so verschiedenartigen Wesen tauschten nur Blicke aus.
Ticker sah Cara Doz an. Cara saß auf ihrem Bett und blickte Ticker an. Sie waren allein. Jeder
Beobachter hätte in diesem Augenblick eine sehr eigentümliche Übereinstimmung der beiden feststellen
können – es war, als ob sie ein unergründliches Geheimnis miteinander teilten.
Auf einem kleinen Bildschirm wurden die Ereignisse draußen dargestellt. Ab und zu blickten beide auf
diesen Schirm.
Die Entscheidung bahnte sich an.
*
Strahlbahnen spannten sich durch den Raum. Gewaltige Entladungen tobten auf den Schutzschirmen.
Der Kampf war mit voller Härte entbrannt. Wieder hatte er sich in Einzel- und Passiergefechte aufgelöst.
Wer mit wem kämpfte, war nur noch für eine Positronik erfaßbar. Das Dehnerschiff war noch nicht gefunden worden. Entweder versteckte es sich, oder – weit weniger wahrscheinlich – es wartete im Getümmel, bis ihm das Objekt vor die Mündungen geriet, auf das es hier ankam – die SOL. Ich ahnte, daß es vor allem um dieses Schiff ging. Die Doppelfalle war zugeschnappt – der Angriff der
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Gyranter galt vor allem der SOL und mir. Gelang die Attacke, wären die erbittersten Widersacher von Anti-ES aus dem Spiel. Da obendrein auch noch Tyari an Bord war, konnte der Triumph von Anti-ES kaum größer ausfallen – nach dem Sieg wäre Bars dem Zugriff der Gyranter noch hoffnungsloser ausgesetzt als jetzt bereits. Die einigende Kraft Tyaris fiele dann weg – die letzte Hoffnung der Bars-Völker, ihre Freiheit zu wahren. Die SOL behielt ihre alte Taktik ein. Sie kämpfte, um Schaden anzurichten, und sie kämpfte gut. Die Salven aus den Transformkanonen saßen genau da, wo sie nach unserer Planung hingehörten – meist vor den Bug heranjagender Gyranter-Schiffe gezielt. Wieder tauchte ein Achtteiler vor uns auf ... ... und im nächsten Augenblick wußten wir, daß es uns erwischt hatte. Zu sehen war nichts, aber zu spüren. Irgend etwas griff nach uns, zerrte an uns. Ein feiner Schmerz ging durch den Körper, die metallenen Wände der Zentrale begannen zu singen. Ein Volltreffer des Dehnerschiffs hatte die SOL getroffen. * Der Blickkontakt hielt. Und noch immer wurde kein Wort gesprochen. Ticker wandte den Blick nicht von Cara Doz, deren Augen ruhelos die Einrichtung der Kabine zu erforschen schienen. * »Wirkungslos!« schrie Breckcrown Hayes. »Wir sind vor dem Dehnerschiff sicher!« Es war nicht zu glauben – und doch offenkundig wahr. Was uns gegen den Distanzdehner immunisierte, war für uns nicht klar. Aber wir wußten nun, daß wir wieder eine Chance hatten. »Angriff!« bestimmte Hayes sofort. »Jagt das Dehnerschiff!« Die Geheimwaffe der Gyranter war keineswegs außer Funktion, das zeigte uns das Wrack, an dem wir wenig später vorbeifliegen mußten. Auf andere Schiffe wirkte die Waffe – aber nicht auf uns. Wir setzten nach, quer durch die Reihen der Gyranter hindurch. Die Besatzung des Dehnerschiffes suchte ihr Heil in der Flucht – und das konnte den Gyrantern nicht verborgen bleiben. War das die entscheidende Wende? »Schneller«, drängte Hayes. Das Dehnerschiff flog Ausweichmanöver, andere Gyranter-Schiffe warfen sich dazwischen, um die Geheimwaffe zu beschützen. Zähneknirschend mußten wir zusehen, wie sich der Vorsprung des Dehnerschiffes langsam vergrößerte. Samgo Artz war gewiß ein guter Pilot, aber er erreichte bei weitem nicht das Format von Cara Doz. Ich
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knirschte leise mit den Zähnen – mitten in der Verfolgungsjagd konnten wir die beiden nicht austauschen. Zudem wußte ich, daß Ticker sich auffällig für Cara interessierte. Als sich die beiden gesehen hatten, war Cara sichtlich zusammengezuckt, und Ticker war ihr einfach gefolgt. Wo die beiden nun steckten, wußte ich nicht. Hayes warf einen Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige. »Linearetappe!« befahl er. »So knapp wie möglich!« Samgo Artz führte den Befehl aus, obwohl auch er wissen mußte, daß die Grundfahrt der SOL für dieses Manöver denkbar gering war. Aber der Versuch klappte. Als wir wieder im Normalraum auftauchten, jagte das Dehnerschiff nun hinter uns her. Die SOL verzögerte mit aller Kraft, desgleichen das Dehnerschiff. »Feuer!« bestimmte Hayes. Die Transformkanonen spien ihre Ladungen aus. Sie waren inzwischen wieder auf normalen Betrieb zurückgerüstet worden. »Zu kurz!« murmelte Hayes. Wenig später ließ er eine zweite Salve auslösen, und dieses Mal reichte die Entfernung. Schwer angeschlagen flog das Dehnerschiff torkelnd weiter. Ein Pulk von Achtteilern sammelte sich in der Nähe. Auf den Schirmen konnten wir sehen, daß die Besatzung des Dehnerschiffes geborgen wurde. »Sobald der letzte von Bord ist, gebt ihr dem Ding den Rest«, bestimmte Hayes. Unaufhörlich krachten die Treffer der Gyranter in unsere Schirmfelder, die Belastungsanzeige erreichte immer höhere Werte. Allmählich wurde die Sache selbst für einen Riesen wie die SOL gefährlich. Von Curie van Herling war ein Fluch zu hören. »Neue Verbände der Gyranter!« rief sie. »Mindestens zwanzigtausend Schiffe.« Ich preßte die Lippen aufeinander. Offenbar mobilisierten die Gyranter nun alles, was sie an Schiffen in der Bars-Galaxis besaßen. Es gab keinen Zweifel mehr – das Schicksal von Bars entschied sich in den nächsten Stunden, auf die eine oder andere Weise. Immer wieder tauchten Gyranter-Verbände auf. Mal in kleinen Gruppen, mal mit beachtlichen Flotten. Aus allen Winkeln und Verstecken kamen sie herangerast, um im Isandhlwana-System die Entscheidung herbeizuführen. Unsere Verbündeten wurden mehr und mehr zurückgedrängt. Die Zahl der Verluste stieg an. In einer grell leuchtenden Atomsonne verging das verlassene Dehnerschiff. Es interessierte uns nicht mehr – der Ansturm der Gyranter wurde fortgesetzt. Von allen Seiten drangen ihre Schiffe auf uns ein, und sie
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setzten uns mehr und mehr zu. Vor allem keilten sie uns immer mehr ein. Wir hatten kaum mehr Platz für Ausweichmanöver. Und je näher sie kamen, um so größer ihre Zahl wurde, um so gefährlicher wurde die Lage für die SOL. Die Belastung der Schirmfelder näherte sich der Grenze. Etwas krachte und schepperte. »Ortung meldet Schäden«, klang Curie van Herlings ruhige Stimme. Kein Wunder, daß die Ortungseinrichtungen ihren Geist aufgaben und barsten. Dem, was sich jetzt im Isandhlwana-System abspielte, waren sie beim besten Willen nicht gewachsen. Mit der verheerenden Wucht eines Erdrutsches fiel eine Flotte aus dem Überraum in das System, eine kompakte Masse von Raumschiffen, dicht an dicht gedrängt. Es mußten mehr als einhunderttausend sein – eine unvorstellbare Zahl. Sekundenlang brach der Kampf ab. Alle Beteiligten mußten diese Überraschung erst einmal verdauen. Hayes stieß einen Fluch aus. Sein Gesicht war weiß geworden. »Hier spricht Okran, Prezzarerhalter an Bord des Flaggschiffs TURTHAN. Die Flotten von Farynt kommen den Freunden von Bars zu Hilfe.« Wieder blieb es einen Augenblick lang still, dann gellten Jubelschreie aus allen Lautsprechern, daß die Membranen klirrten. Hayes sah mich an. Sein Blick flatterte. Es war unglaublich. Während die Gyranter sich darangemacht hatten, Bars zu erobern, im sicheren Vertrauen auf die alte Feindschaft mit den Farynt-Völkern, hatten die Beneterlogen in ihrer Galaxis alles an Schiffen und Mannschaften zusammengekratzt, was sich nur finden ließ. Jetzt waren sie da – und damit war der Angriff der Gyranter abgeschlagen. Jetzt waren sie es, die ins Hintertreffen geraten waren. In unwiderstehlichem Ansturm rannten die vereinigten Flotten von Bars und Farynt auf die Gyranter los, warfen ihre Linien und brachen die Struktur des feindlichen Angriffs binnen weniger Minuten auseinander. Der Elan der Farynt-Völker übertrug sich auf die Mannschaften von Bars, auch sie griffen mit neuem Mut an. Hayes lächelte. Ich sah, daß dem Mann die Augen feucht wurden. Es war nicht zuletzt auch das Verdienst der SOL und ihrer Besatzung, daß die uralte Feindschaft zwischen Bars und Farynt aufgehört hatte – daß daraus eine Freundschaft wurde, wie sie sich in diesen Augenblicken zeigte, hätte der kühnste Spekulant nicht zu träumen gewagt. Eines stand schon jetzt fest – gegen die vereinigten Kräfte von Bars und Farynt hatte kein Angreifer, woher er auch kommen mochte, eine Chance. Die Schlacht im System Isandhlwana war Ausgangspunkt einer völlig neuen, friedlichen Zukunft für beide Völker. Die SOL zog sich aus dem Geschehen zurück.
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Ihre Arbeit war getan. Den Rest konnten die neuen Freunde gemeinsam erledigen. Und jetzt begriff ich auch den tiefen Sinn der alten Legende – daß eines Tages von Isandhlwana ein Licht ausgehen würde, das die gesamte Galaxis erhellte. Ich hatte erleben dürfen, wie es angezündet wurde. * Cara Doz erschien in der Zentrale, offenbar herbeigelockt vom allgemeinen Jubel. Samgo Artz erhob sich von seinem Sessel, sah Breckcrown Hayes an. Der nickte. Cara Doz lächelte. Ohne ein Zeichen der Verbitterung oder des Ärgers nahm sie wieder Platz auf dem Sessel, der ihr zustand. Dann wandte sie sich freundlich zu Hayes um. »Tut mir leid, wenn ich mich falsch betragen habe«, sagte sie einfach. »Vergessen«, antwortete Hayes knapp. Tyari näherte sich mir. »Ich habe mich mit Ticker ein wenig beschäftigt«, sagte sie leise. »Es ist nicht ganz leicht, ihn zu interpretieren, aber ich will es versuchen.« Ich war gespannt. »Ticker hat etwas wahrgenommen. Was das genau ist, kann er begrifflich nicht fassen. Mit klein und völlig fremdartig kann man seine Vorstellung ungefähr umschreiben.« Etwas Kleines und völlig Fremdartiges. Unwillkürlich dachte ich an die wispernde Stimme, die mir ein paarmal hilfreiche Ratschläge und Warnungen mitgeteilt hatte. »Hat es etwas mit der Immunität der SOL gegenüber dem Distanzdehner zu tun?« wollte ich wissen. Tyari zuckte mit den Schultern. »Möglicherweise«, antwortete sie, noch immer sehr leise. »Genaues konnte ich nicht erfahren.« »Es genügt für den Anfang«, sagte ich. Vielleicht würden wir auch für dieses Rätsel bald eine Antwort finden. Einstweilen genügte es mir zu wissen, daß die Gyranter-Gefahr gebannt war. Aus den Funksprüchen ging hervor, daß sie durch ganz Bars gejagt wurden. Ein Teil der Schiffe war zerstört worden, andere Verbände hatten sich durch die Nabelstationen zu retten versucht – um den Preis, daß die Verfolger die Stationen erkannt und für immer ausgeschaltet hatten. Andere Einheiten der Gyranter waren blindlings davongeflogen, hatten sich aus Bars-2-Bars entfernt.
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Diese Gefahr war nach meiner Einschätzung ein für allemal beseitigt. Das hieß nicht, daß es nicht noch weitere Bedrohungen für uns gab. Wir mußten nach wie vor wachsam sein. Das Arsenal bedrohte uns, die Penetranz durfte nicht vergessen werden, und wir wußten auch, daß das Reservoir des Gegners zwei weitere Trümpfe enthielt – die unzerstörbare ARSENALJYK und das angekündigte, aber bisher unbekannte Gegenstück ARSENALJYK II. Es würde auch in Zukunft genug für uns zu tun geben.
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10. In wilder Flucht jagte die OPHUN durch den Raum, dicht verfolgt von zwei fremden Schiffen, die keinerlei Anstalten machten, die Jagd zu beenden. Die Besatzung des Achtteilers war mit den Nerven am Ende. Aus nächster Nähe hatten sie das Ende des großartigen, unwiderstehlichen Angriffs miterleben können. Das Ende des Dehnerschiffs, das plötzliche Auftauchen der riesigen Flottenverbände von Farynt, das Zerbrechen der eigenen Front, dem eine ziellose Flucht aller Schiffe gefolgt war. Der Absturz vom früh gefeierten Triumph zur völligen Niederlage traf hart. Besonders betroffen waren die Totemwächter der OPHUN. Sie allein, die sich gegen den herrschenden aggressiven Stil ihres Volkes auflehnten, hatten empfinden können, was den steinherzigen Artgenossen nicht zugänglich war – die tiefe Scham, mit der sie die Solidarität der Völker von Bars und Farynt erlebt hatten. Anderen Gyrantern mochte das lächerlich und albern vorkommen – die Totemwächter wußten nur zu gut, daß niemand für sie eine ähnliche Aktion einleiten und durchführen würde. Ullerf und Zarran hatten Dienst im Beiboothangar. Die Beiboote mußten fluchtklar gehalten werden, für den Fall, daß die OPHUN schwere Treffer abbekam und fluguntauglich wurde. »Jetzt ist es Zeit«, stieß Zarran hervor. »Das ist der Augenblick, auf den wir gewartet haben.« Ullerf seufzte. Es gefiel ihm nicht, daß die Totemwächter ausgerechnet die Stunde der tiefsten Demütigung ihres Volkes dazu benutzen wollten, ihre eigenen Pläne durchzuführen. »Erkläre mir nicht, warum du uns nicht helfen kannst«, stieß Zarran hervor, der offenbar an Ullerfs Mienenspiel abgelesen hatte, was in ihm vorgegangen war. »Wenn du meinst«, murmelte Ullerf ohne Überzeugung. Ihm grauste bei dem Gedanken. Nicht nur, daß er das Schiff würde steuern müssen – jetzt hatte man auch noch zwei hartnäckige Verfolger am Hals. Da die Gyranter – nicht einmal die Totemwächter – kaum in der Lage waren, sich in die Gemüter anderer hineinzudenken, blieb ihnen nur die eine Möglichkeit – vom eigenen Denken auf das der anderen zurückzuschließen. Und für einen gyrantischen Kommandanten war es eine Selbstverständlichkeit, einem verfolgten Schiff so lange nachzusetzen, bis es vernichtet war. Auf Verhandlungen würde sich ein Gyranter-Kommandant nicht einlassen. Warum sollten es dann andere tun?
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Zarran zog den kleinen Kommunikator aus der Tasche. Das Gerät war auf die geheime Frequenz eingestellt, auf der die Totemwächter miteinander sprachen. Angeblich war dieser Funkverkehr abhörsicher. »In einer Stunde«, flüsterte Zarran in das kleine Mikrophon. Er hörte sich die Bestätigung an, dann ließ er das Gerät wieder in der Tasche verschwinden. »Mach einfach weiter, als wäre nichts geschehen«, schlug Zarran vor. »Du kannst hierbleiben, während wir die Zentrale besetzen. Du wirst erst danach gebraucht.« Ullerf nickte. Völlig untypisch für einen Gyranter verabscheute er Kämpfe. Insgeheim gab er sich zu, ein ausgemachter Feigling zu sein – nur vor den anderen scheute er sich vor diesem Eingeständnis. Zarran verschwand. Ullerf ging zum nächsten offiziellen Kommunikator und schaltete ihn ein. Das Bild zeigte, wie es gerade in der Zentrale aussah. »Ausweichmanöver«, bestimmte der Kommandant. »Und dann greifen wir sie an. Es wäre doch gelacht, wenn wir mit diesen beiden Schiffen nicht fertig würden.« »Ph«, machte Ullerf. Der Lautsprecher war so eingestellt, daß er zuhören konnte, ohne deshalb seinen Dienst vernachlässigen zu müssen. Er bestand in der Hauptsache darin, Feiglinge und Drückeberger daran zu hindern, sich in den Beibooten zu verstecken und zu fliehen. In der Geschichte der Gyranter – soweit sie überhaupt bekannt war – hatte es solche Vorfälle nur ein paar Mal gegeben, und bei den meisten galt bereits dieser Posten als ausgemachte Drückebergerei. Ullerf kümmerte das nicht. Ein leises Vibrieren des Bodens unter seinen Füßen zeigte ihm an, daß die OPHUN das geforderte Ausweichmanöver auch wirklich flog. Auf einem Teil des Bildschirms war ein Ausschnitt aus dem Panoramaschirm zu sehen. Der Kurs der OPHUN führte jetzt schnurgerade auf die Jäger zu. Dann sprachen die Geschütze. Eines stand nur ein Dutzend Meter entfernt, durch eine doppelte Panzerwand abgetrennt. Dennoch konnte Ullerf den Stoß spüren, der durch den Boden ging. Einen Herzschlag danach ... Er spürte, wie er emporgeschleudert wurde, während gleichzeitig eine weiße lodernde Wand auf ihn zuraste. Der Gyranter stieß einen Schrei aus. Automatisch schaltete sich das Schirmfeld seines Kampfanzugs ein, gerade noch rechtzeitig, um einen Regen flüssigen Metalls abzufangen, der Ullerf sonst tödlich verletzt hätte. Aus dem Beiboothangar leckten Feuerzungen, dicke Qualmwolken schoben sich nach. »Treffer im
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Hangar!« brüllte Ullerf in das kleine Mikrophon. Ob der Ruf der Zentrale überhaupt erreichte, wußte er nicht. Ein neuerlicher Aufprall schleuderte ihn gegen die Wand, ein heftiger Schmerz raste durch seinen Körper. Er hatte nur noch einen Gedanken. Weg von hier. Mühsam raffte er sich auf, krabbelte zunächst auf allen vieren, dann stürzte er, mehr stolpernd als gehend, in den nächsten Gang. Hinter ihm schien die Luft zu kochen. Das Verkleidungsmaterial der Wände begann sich zu verfärben, dann zu schmelzen. In dicken Tropfen lief das Plastikzeug an den Wänden herunter – ein Zeichen dafür, daß die Temperatur im Gang längst die Werte überschritten hatte, die ein lebendes Wesen auszuhalten vermochte. Weiter, hämmerte es in Ullerfs Gedanken. Das Schrillen der Sirenen nahm er in seiner Verwirrung kaum wahr. Vakuumeinbruch, bedeutete das Signal. Ullerf rannte schneller. Er hatte nur ein paar Augenblicke Zeit, das nächste Schott zu erreichen, bevor es sich vor ihm schloß. Da tauchte es auf, senkte sich langsam herab. Ullerf schnellte nach vorn. Mit dem Rücken schrammte er an der Unterkante der schweren Metallplatte entlang, dann hörte er, wie sein eigener Körper über den Boden polterte, wenig später das Zischen, mit dem das Schott sich luftdicht schloß. Schwer rang Ullerf nach Atem. So knapp wie in diesen Minuten war er dem Tode noch nie entronnen. Und er wußte – wenn alles beim alten blieb, würden sich Augenblicke wie dieser wiederholen, zumal jetzt, wo die Gyranter in Bars zum Freiwild geworden waren. »Nicht mit mir«, ächzte Ullerf, als er sich aufrichtete. Er fühlte sich zerschlagen, und das nicht ohne Grund. Sein Körper war übersät mit Prellungen. In zwei Tagen würde seine Haut aussehen wie eine Landkarte – blau, grün und schwarz gesprenkelt. In die Zentrale. Ullerf erreichte den Antigravschacht, ließ sich erschöpft hineinfallen und trieb in die Tiefe, auf die Zentrale der OPHUN zu. Dort sah es nicht besser aus als in dem Hangar. Die Besatzung, obwohl klar in der Minderheit, dachte nicht daran, sich den Totemwächtern zu ergeben. Erbittert setzten sie sich zur Wehr. Es hatte Tote und Verwundete auf beiden Seiten gegeben. Einer der Toten war – Ullerf erkannte es mit Entsetzen – der Pilot. Reglos hing er in den Gurten, die ihn
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am Sitz festhielten. »Übernimm das Steuer!« schrie Zarran. Sein Gesicht wirkte furchtbar verzerrt, eine Grimasse der Wut. »Los, beeil dich.« Ullerf rannte hinüber, obwohl seine Beine unter ihm zusammenzubrechen drohten. Er mußte sich überwinden, den Toten aus den Gurten zu befreien. Er bückte sich, um die Verschlüsse zu öffnen. Ein Strahlschuß fegte über seinen Kopf und zerstörte ein paar Instrumente. Im nächsten Augenblick war der Gegner ausgeschaltet. Zarran hatte ihn niedergestreckt. »Los, mach schon!« »Wahnsinn«, murmelte Ullerf. Nicht nur, daß in der OPHUN gekämpft wurde. Während das Schiff mit höchster Unterlichtfahrt durchs All raste, jagten hinter ihm zwei Feinde mit schußbereiten Geschützen her, gewillt, der angeschlagenen OPHUN den Rest zu geben. Zaghaft griff Ullerf nach den Steuereinrichtungen. Die OPHUN bockte. Sie war die Lenkung durch kundige Hand gewohnt, nicht den ungeschickten Zugriff eines Amateurs. Der Bocksprung half dem Schiff. Die nächste Salve der Verfolger ging wirkungslos ins Leere. Ullerf zwang die OPHUN nach rechts. Das Schiff gehorchte unwillig. Ein paar g konnten von den Andruckabsorbern nicht verkraftet werden. Während sich ein schwergewichtiger Jemand auf Ullerfs Schoß zu setzen schien, wurden die meisten Gyranter in der Zentrale einfach von den Beinen gefegt; Freund und Feind purzelten durcheinander. »Was machst du da?« schrie Zarran. Mit dem Kolben seiner Waffe betäubte er den Kommandanten der OPHUN, der auf dem glatten Boden der Zentrale zu ihm hinübergeschlittert war. »Abhauen!« schrie Ullerf zurück. Die Angst ließ ihn kühner und energischer werden. Das nächste Ausweichmanöver klappte schon besser – aber es war nicht perfekt. Die Leitstände der Verfolger, an präzise Reaktionen der OPHUN gewohnt, setzten erneut einen Feuerstoß ins Leere. Ullerfs Ungeschicklichkeit rettete den Gyrantern ein zweites Mal die Haut. Sein nächstes Manöver war dazu angetan, die Verfolger noch mehr zu irritieren. Versehentlich nahm Ullerf die Fahrt weg. Die Jäger kamen auf Schußweite heran, begriffen zu spät und schossen an der OPHUN vorbei, und als Ullerf wieder den Schub erhöhte, waren sie weit abgetrieben. »Beeilt euch!« rief Ullerf über die Schulter hinweg. Der Fast-Treffer hatte ihm die Haut angesengt. Es schmerzte höllisch. Er hörte das Kampfgetümmel hinter sich. Was sich dort abspielte, konnte er nicht sehen. Rechtskurve vom Gegner weg. Die Manöver gelangen immer besser. Und hinter Ullerf wurde es allmählich ruhiger. Die Überzahl der Totemwächter trug den Sieg davon, der Rest der normalen Besatzung gab auf, nicht ohne die Totemwächter nach Kräften als Halunken und Verräter zu
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beschimpfen. »Schafft sie fort und sperrt sie ein«, bestimmte Zarran. Er sah verwegen aus. Er blutete aus einer Stirnwunde, seine Kleidung war verdreckt und teilweise zerfetzt, und in seiner Rechten baumelte melodramatisch die Waffe. Seine Zähne blitzten auf, als er Ullerf angrinste. »So, jetzt kannst du zeigen, was in dir steckt«, sagte er. »Hoffentlich nicht«, murmelte Ullerf. Er besaß sehr wenig Vertrauen zu sich und seinen Fähigkeiten. Wie sehr dieses Mißtrauen berechtigt war, bewies er drei Minuten nach dem Ende des Kampfes in der Zentrale. Nicht nur, daß er einen Kurs einschlug, der die OPHUN genau vor die feindlichen Mündungen fliegen ließ. Mit unbegreiflicher Tölpelhaftigkeit schaltete er auch unabsichtlich die Schirmfelder aus. Der Besatzung in der Zentrale traten die Augen aus den Höhlen. Sie waren so entsetzt, daß sie nicht einmal ein Stöhnen über die Lippen brachten. Das armselige Geschütz des Gegners konnte die ungeschützte OPHUN jetzt der Länge nach durchschießen. Bange Sekunden verstrichen, in denen Ullerf fieberhaft nach dem Schalter suchte, der das Schirmfeld aktivierte. Und dann war es vorbei. Demonstrativ schossen die Feinde eine Salve ab. Da nicht anzunehmen war, daß sie so schlecht zielten, hatte dieser Feuerstoß ins Leere wohl eine besondere Bedeutung, die die Gyranter nicht begriffen. »Sind die verrückt geworden?« fragte Zarran. Die Jäger drehten ab. Ein paar Sekunden lang war noch der lodernde Impulsstrom ihrer Triebwerke zu sehen, dann waren sie für das Auge verschwunden. Die Jagd war vorbei. Einzig Ullerf begriff, was geschehen war. Der Feind hatte das Abschalten der Schirmfelder als Kapitulation angesehen. Man wußte drüben wohl nicht, daß Gyranter niemals kapitulierten. Und mit einer geistigen Haltung, die einem Gyranter ebenfalls nicht eingefallen war, hatten sie die Kapitulation angenommen und die Gyranter sich selbst überlassen. Selbst Zarran als Anführer der Totemwächter an Bord fand dafür keine Erklärung; dieses Verhalten ging einfach über das Begriffsvermögen eines Gyranters hinaus, selbst wenn er sich zu den Totemwächtern zählen durfte. Ullerf lächelte verhalten.
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Von einem Augenblick auf den anderen hatte er seine Einstellung grundlegend geändert. Er wußte jetzt eindeutig, daß er niemals wieder in das Heimatsystem der Gyranter zurückkehren wollte. Nein, er fand den Gedanken verlockend, mit der OPHUN auf einem jungfräulichen Planeten zu landen und ihn zu besiedeln. Vielleicht konnte man später Kontakt aufnehmen mit den seltsamen Jägern, deren geistige Haltung sich so grundlegend von der der Gyranter unterschied. Es mußte schön sein, solche Wesen zu Freunden zu haben. »Puh, das war knapp«, stieß Zarran hervor und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Jetzt schnell weg, bevor die es sich anders überlegen.« »Das werden sie nicht tun«, sagte Ullerf. »Woher willst du das wissen?« »Ich weiß es«, sagte Ullerf. »Das muß genügen.« Zarran, an so entschiedene Antworten nicht gewöhnt, verstummte. Ullerf griff wieder nach der Steuerung.
Mit neu erwachtem Selbstvertrauen lenkte er die OPHUN durch das All. Daß das Schiff schwer angeschlagen war, kümmerte ihn nicht. Zum ersten Mal konnte er solch einen Flug durch den Raum genießen. Er stellte sich vor, wie es wäre, in Ruhe die Sternensysteme ringsum untersuchen und erforschen zu können. Kein Kampf mehr, kein Streit, keine ständige Rüstung, kein Drill – statt dessen Harmonie, die Uneinigkeit, die für eine Entwicklung des einzelnen wie der Gesellschaft unentbehrlich war, die Gemeinsamkeit, die zum Wohlbefinden nötig war. Ein Planet, der Platz genug für alle hatte, jedem sein eigenes Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestattete – er wußte, daß es Wunschträume waren, aber er träumte sie gern. Er brachte es fertig zu träumen, während er die OPHUN flog. Er wußte, daß er für das Ziel, das er anstrebte, auf die Hilfe anderer angewiesen war – und er wußte auch, daß die zur Zeit nicht die geringste Lust hatten, sich seinen unausgesprochenen Plänen anzuschließen. Nun, die Zeit würde manches ändern. Vielleicht ihn, vielleicht die anderen, vielleicht alles – es war sinnlos, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Wichtig war nur, daß die OPHUN ruhig flog, daß es an Bord friedlich war – und daß genau in Flugrichtung, nur ein paar Lichtjahre entfernt, eine kleine weiße Sonne stand. Die Fernortung wies aus, daß die Sonne eine Planetenfamilie besaß. »Vielleicht ...«, murmelte Ullerf. Er ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, daß die Planeten dieser Sonne zwar voller Leben, aber ohne Intelligenz waren. Daß er mit gewohnter Ungeschicklichkeit auf dem vierten Planeten eine saubere Bruchlandung hinlegen würde, die die Totemwächter für lange Jahre vom restlichen Universum abschneiden würde.
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Noch weniger ahnte er, daß damit die Keimzelle eines neuen Gyranter-Volks gelegt werden würde –
eines Volkes, das eines fernen Tages noch eine wichtige Rolle zu spielen haben würde.
*
Penetranz: »Ich nehme Ärger und Verbitterung wahr.«
Anti-ES: »Ich bin zornig. Wie konnte es passieren, daß auch dieser Plan zum Fehlschlag wurde?«
Penetranz: »Mein Datenapparat ist zu dürftig, als daß ich dazu etwas sagen könnte. Gab es denn eine
Möglichkeit des Fehlschlags?« Anti-ES: »Nach meiner Kalkulation nicht. Er war ausgeschlossen.«
Penetranz: »Du mußt einen Faktor übersehen oder falsch kalkuliert haben.« Anti-ES: »Ausgeschlossen.«
Penetranz: »Wie erklärst du dann das Scheitern des Planes?«
Anti-ES: »Die Gyranter haben versagt. Das steht eindeutig fest. Sie haben die Aufgabe, die ich ihnen
übertragen habe, nicht erfüllt. Mögen sie im Abgrund der Vergessenheit verschwinden.«
Penetranz: »Du wirst dich nicht mehr um sie kümmern?«
Anti-ES: »Ihre Rolle ist beendet, unwiderruflich. Ich brauche sie nicht mehr. Sollen sie selbst sehen, wie
sie damit fertig werden. Für Bars-2-Bars sind sie jedenfalls als Einflußfaktor unwesentlich geworden, das steht fest.« Penetranz: »Und das trotz der unüberwindlichen Waffe, die ihnen zur Verfügung gestellt worden ist?« Anti-ES: »Auch der Distanzdehner hat versagt, ich kenne den Grund dafür nicht. Ich weiß nur, daß es die SOL immer noch gibt, und alle Daten sprechen dafür, daß auch Atlan noch lebt. Das muß geändert werden.« Penetranz: »Was willst du tun?« Anti-ES: »Ich selbst bin für eine kurze Weile zur Untätigkeit verdammt. Ich kann nicht selbst aktiv eingreifen. Das werden andere zu tun haben.« Penetranz: »Ich?«
Anti-ES: »Du und das Arsenal mit den beiden Schiffen ARSENALJYK I und II.« Penetranz: »Wird das
genügen?«
Anti-ES: »Ohne weitere Maßnahmen wahrscheinlich nicht. Ich werde zwei der wichtigsten Mitarbeiter
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verbessern. Ich werde Mylotta und Mjailam härten. Der Angriff dieser zweiten Welle muß den Erfolg bringen, den ich brauche.« Penetranz: »Muß?«
Anti-ES, triumphierend: »Er wird!« Die Penetranz schweigt. Anti-ES hat gesprochen. Damit ist die Sache
beschlossen. Es kann keinen Zweifel geben.
Das Ende Atlans und der SOL ist besiegelt. Der zweiten Welle werden sie nicht widerstehen können.
ENDE
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Weiter geht es in Band 146 der Abenteuer der SOL mit: Anschlag auf das Generationenschiff von Arndt Ellmer Impressum: © Copyright der Originalausgabe by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt Chefredaktion: Klaus N. Frick © Copyright der eBook-Ausgabe by readersplanet GmbH, Passau, 2008, eine Lizenzausgabe mit Genehmigung der Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
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