Nr. 298
Gegner des Imperators Atlan auf Arkon - der Kristallprinz zwischen den Fronten von H. G. Francis
Das Geschehe...
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Nr. 298
Gegner des Imperators Atlan auf Arkon - der Kristallprinz zwischen den Fronten von H. G. Francis
Das Geschehen im Großen Imperium der Arkoniden wird gegenwärtig durch innere Konflikte bestimmt – in höherem Maß jedenfalls als durch die Kämpfe gegen die Methans. Es gärt auf vielen Welten des Imperiums. Und schuld daran ist einzig und allein Orbanaschol, der Brudermörder und Usurpator, der in seiner Verblendung und Korruptheit einen falschen Weg beschritten hat. Die Tage Orbanaschols scheinen gezählt, und es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, wann die Gegenkräfte im Imperium stark genug sind, den Usurpator vom Thron zu stoßen. Während Orbanaschol in seiner Verzweiflung und Panik die ihm verbliebene Macht nutzt, um gegen echte oder vermeintliche Widersacher brutal vorzugehen, sammeln die Gegner seines Gewaltregimes – unter ihnen Atlan-Freunde, aber auch solche, die einen anderen als den Kristallprinzen an der Spitze des Imperiums sehen möchten – ihre Kräfte und ziehen sie in der Nähe des Arkon-Systems oder auf Arkon selbst zusammen. Verschiedene Ansichten werden von den Rebellen vertreten, was die Vorgehensweise gegen den Usurpator betrifft. Doch alle sind sich darüber einig, daß ein Bürgerkrieg der Arkoniden unbedingt vermieden werden muß, da dieser die Position des Imperiums gegenüber den Methans entscheidend schwächen würde. Dies sind die Probleme der GEGNER DES IMPERATORS …
Gegner des Imperators
3
Die Hautpersonen des Romans: Orbanaschol III - Der Usurpator kämpft mit dem Rücken zur Wand. Lebo Axton - Ein Terraner wird Orbanaschols Geheimdienstchef. Kelly - Axtons Robotgehilfe. Atlan - Ein Gefangener wird entlarvt. Spronthrok und Moira Erclac - Zwei Rivalen im Kampf um die Herrschaft auf Arkon.
Erst wenn es Winter wird, zeigt sich, daß Fichte und Zypresse immergrün sind.
1. »Lange dauert es nicht mehr«, sagte der Mann, der in der offenen Tür zur Dachterrasse stand. »Einige Tage vielleicht. Dann ist alles vorbei.« Der Mann trug eine blaßgelbe Hose und eine leuchtend rote Bluse. Ein leichter Schal schützte seinen Hals. An seinen Fingern blitzten kostbare Ringe. Von ihnen ging ein wahres Feuerwerk von flammenden Reflexen aus, wenn er die Hände gestikulierend bewegte. Sein Gegenüber wirkte dagegen unscheinbar. Er sah fast ärmlich aus in seiner dunkelbraunen Kombination und dem schlichten Ledergürtel, der sich um seine Hüften schlang. »Von solchen Dingen rede ich lieber gar nicht erst«, sagte der Unscheinbare. »Für uns wird sich zweifellos überhaupt nichts ändern.« »Orbanaschol, dieser verfettete Massenmörder, ist am Ende«, erklärte der andere. Er sprach langsam und hatte Mühe, seine Worte zu formulieren. Ebenso der Mann, der ihm gegenüber saß. Beide hatten offensichtlich ein überreichliches Quantum Alkohol zu sich genommen. Sie waren weit davon entfernt, nüchtern zu sein. Dennoch verfolgte Trash Cordogon ihr Gespräch mit gespannter Aufmerksamkeit. Einen der beiden Männer kannte er – den Künstler Malok. Der andere war ihm unbekannt. Er sah die beiden Männer durch den Spie-
gel seines Automatenrestaurants. Er saß in einer Kabine und überwachte von hier aus die Funktionen des Unternehmens. Aber nicht nur das. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die Gespräche seiner Gäste abzuhören. Er zeichnete sie sogar auf, wenn sie ihm wichtig erschienen. Tag für Tag hockte er in dieser Kabine und sammelte Informationen. Auf diese Weise hatte er schon viel erfahren, denn die Gäste aus den verschiedenen Regierungsunterbereichen, die in diesem Trichterbau arbeiteten, unterhielten sich teilweise völlig offen. Sie waren überzeugt, daß ihnen niemand zuhörte. Was Malok und sein Gegenüber zu bereden hatten, interessierte Cordogon eigentlich nicht. Er wußte selbst, wie es um den Imperator aussah. Das war allzu gut bekannt. Die Niederlagen, die Orbanaschol III. in der letzten Zeit hatte hinnehmen müssen, häuften sich. Und sie waren bekannt geworden. Nie zuvor hatte man im Imperium so oft und so ausführlich über das diskutiert, was sich im Kristallpalast ereignete. Dennoch hätte Cordogon kaum zugehört, was Malok und der andere zu besprechen hatten, wenn das Restaurant besser besucht gewesen wäre. Außer diesen beiden Männern waren jedoch keine Gäste mehr da. »Das sind gefährliche Worte«, sagte der Unscheinbare ärgerlich. »Ich würde mich hüten, den amtierenden Imperator mit solchen Worten zu belegen.« »Warum?« fragte Malok. »Orbanaschol ist ein Massenmörder. Das weiß mittlerweile jedes Kind. Wenn ihm irgend etwas nicht paßt, läßt er die Leute verhaften und zum Tode verurteilen. Ich wette mit dir, daß er sie liebend gern auch selbst hinrichten würde, wenn sich dies mit den Pflichten eines Imperators vereinbaren würde.«
4 Maloks Gegenüber sprang auf und ging torkelnd auf die Dachterrasse hinaus. Cordogon blickte ihm gelangweilt nach. Malok erhob sich kopfschüttelnd. »Was ist los, Beyze?« rief er. Als dieser nicht antwortete, folgte Malok ihm auf die Terrasse hinaus. Cordogon lehnte sich enttäuscht in seiner Kabine zurück. Die beiden Männer verließen den Bereich der versteckt angebrachten Mikrophone. Jetzt konnte er sie nur noch sehen, aber nicht mehr hören. Malok legte Beyze die Hand auf die Schulter und sprach gestikulierend auf ihn ein. Cordogon glaubte zu erkennen, daß er seinen Gesprächspartner davon zu überzeugen suchte, daß er Recht hatte. Doch Beyze war offensichtlich nicht damit einverstanden, was Malok über den Imperator sagte. Sein Gesicht rötete sich, und er antwortete Malok in einer Weise, die diesen sichtlich ärgerte. Nun wurde Cordogon aufmerksam. Die Auseinandersetzung versprach interessant zu werden. Er beugte sich vor und beobachtete genüßlich, wie eine Meinungsverschiedenheit zum Streit eskalierte. Malok und Beyze erregten sich immer mehr. Sie schrien aufeinander ein, bis sich der wohlhabende Malok verärgert abwandte und die Terrasse verlassen wollte. Das jedoch gefiel Beyze nicht. Er packte Malok am Arm und wirbelte ihn herum. Zornig schlug ihm Malok dafür die flache Hand ins Gesicht. Das wiederum provozierte den anderen zu einem wütenden Faustangriff, mit dem er Malok bis an den äußersten Rand der Dachterrasse zurückdrängte. Die beiden Streitenden prügelten wild aufeinander ein. Mal versuchte der eine, den anderen mit den Armen zu umschlingen und zu Boden zu werfen, mal versuchte der andere, den Kampf mit einem überraschenden Fußtritt zu beenden. Als Malok Beyze mit einem solchen Trick fast überwältigt hätte, verlor Beyze die Kontrolle endgültig über sich. Er packte den anderen bei den Hüften, hob ihn hoch und
H. G. Francis schleuderte ihn über die Kante der Dachterrasse hinweg. Unwillkürlich sprang Cordogon auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Es hatte schon häufig Schlägereien in seinem Restaurant gegeben, aber noch nie einen Totschlag. Beyze stand sekundenlang wie erstarrt. Er stierte auf die Kante der Dachterrasse, als erwarte er, daß Malok wie durch ein Wunder sogleich dort wieder erscheinen würde. Dann bewegte er sich vorsichtig vorwärts, nachdem er sich hastig umgesehen und sich davon überzeugt hatte, daß er allein war. Er kniete nieder und streckte sich schließlich flach auf dem Boden, um über die Dachkante hinwegsehen zu können. Dahinter befand sich noch ein Sicherheitsgitter, das alles auffing, was über die Kante fiel. Malok war jedoch mit einem solchen Schwung hinausgeschleudert worden, daß er über das Sicherheitsgitter hinausgeflogen sein mußte. Die Haltung Beyzes verriet Cordogon, daß das der Fall war. Beyze sprang auf. Wiederum blickte er sich nervös um. Dann eilte er zu dem Tisch zurück, an dem er zusammen mit Malok gesessen hatte. In aller Eile beseitigte er Spuren, die auf ihn hinwiesen. Danach untersuchte er die Dachterrasse und hob einen Knopf auf, den er bei dem Kampf mit Malok verloren hatte. Als er sich davon überzeugt hatte, daß es weitere Spuren nicht mehr gab, verließ er fluchtartig das Restaurant. Cordogon stoppte das Bandaufnahmegerät seines Videos, mit dem er alles aufgezeichnet hatte. Dann kam er aus seinem geheimen Versteck hervor. Er ging zur Dachkante und legte sich so auf den Boden, wie es Beyze zuvor auch getan hatte. Das Haus war nur zweihundert Meter hoch. Daher konnte er die Leiche Maloks deutlich erkennen. Der Tote lag mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf einem mit Gras bewachsenen Spielplatz. Cordogon wartete etwa eine Minute. Dann landete ein Gleiter neben dem Toten. Beyze sprang aus der Maschine heraus, nahm Malok auf und legte ihn in die Kabine.
Gegner des Imperators Danach beseitigte er hastig die Spuren, die das Opfer der Schlägerei auf dem Rasen zurückgelassen hatte. Das dauerte etwa drei Minuten. Danach startete er und raste mit hoher Beschleunigung davon. Cordogon erhob sich. Er rieb sich die Hände und kehrte zu seiner Beobachtungskabine zurück. Beyze schien kein besonders wohlhabender Mann zu sein, aber das spielte keine Rolle. Cordogon vermutete, daß Beyze dennoch irgendwo eine Bedeutung hatte. Die galt es, herauszufinden. Und sobald er wußte, wo sie lag, konnte er den Hebel ansetzen.
* Die beiden Wutspinnen umkreisten einander lauernd. Beide Tiere streckten die Beißzangen weit vor, um sofort zustoßen zu können, wenn sich beim Gegner eine Blöße bot. Ein Aufraunen ging durch die Menge, als die beiden Tiere plötzlich angriffen. Sie überwanden eine kurze Distanz so schnell, daß das Auge kaum folgen konnte. Zwei rote Schemen schienen aufeinander loszurasen und erst wieder körperliche Gestalt anzunehmen, als sie einander erreicht hatten. Schnaubend und kreischend krallten sie die Beißzangen ineinander, wobei jedes Tier versuchte, die tödlichen Waffen des anderen zu neutralisieren, während es sich zugleich bemühte, mit Verdauungssäften den Außenpanzer des Gegners aufzuweichen und zu durchbrechen. Doch das gelang nur, wenn es gegen die Feinde anderer Arten oder gegen eine Beute ging. Dolf tippte einem Mann auf die Schulter, der den Kampf der beiden Tiere mit fiebrig glänzenden Augen beobachtete. »Krama, ich habe Ihnen etwas zu sagen«, flüsterte er. Der andere drehte sich nervös um. »Doch nicht jetzt, Mann«, rief er. »Er ist aber wichtig.« »Nichts ist wichtiger als der Kampf.« Er drehte sich wieder herum und sah gerade noch, wie eines der beiden Tiere unter
5 der Wirkung des Giftes zusammenbrach, das das andere verspritzt hatte. Eine tiefe Wunde zwischen den Augen zeigte überdies an, daß die Beißzangen das Gehirn erreicht hatten. »Jetzt ist es vorbei«, sagte Krama klagend. »Sie haben alles verdorben.« »Entschuldigen Sie, aber es ist wirklich wichtig, was ich Ihnen zu sagen habe.« »Mitten in der spannendsten Szene des Kampfes mußten Sie stören. Sie sind schuld, daß ich verloren habe.« »Seien Sie nicht albern«, meinte Dolf. »Die Spinne mit dem Kreuz auf dem Rücken hätte fraglos auch gewonnen, wenn ich Sie nicht gestört hätte. Es tut mir leid, daß Sie Geld verloren haben. War es viel?« »Es reicht«, antwortete Krama ärgerlich. Er zog seine Kreditkarte aus der Tasche und schob sie betrübt wieder zurück. »Jedenfalls kann ich keine Wette mehr eingehen. Ich kann nichts mehr setzen.« »Vielleicht kann ich Ihnen helfen«, sagte Dolf. »Kommen Sie. Wir gehen nach draußen. Dort können wir uns ungestört unterhalten.« Krama folgte Dolf auf die Dachterrasse des Gebäudes. »Können Sie mich nicht in Ruhe lassen?« fragte er, als sie unter freiem Himmel in einem blühenden Garten auf und ab gingen. »Wir leben in einer gefährlichen Zeit, und wenn jemand erfährt, daß ich … Nun, Sie wissen schon.« »Krama, gerade jetzt benötige ich Informationen. Sie wissen, daß sich alles im Umbruch befindet. Der Imperator ist am Ende. Es ist ziemlich sicher, daß er innerhalb der nächsten Tage zurücktritt, ermordet wird oder zu einer der Randwelten flüchtet. Auf jeden Fall kann er sich nicht mehr länger als Imperator halten. In dieser Situation kommt es für uns alle darauf an, daß der richtige Mann Nachfolger Orbanaschols wird. Wir müssen endlich wieder einen sauberen und anständigen Imperator haben. Die Diktatur muß beendet werden. Wenn wir nichts tun, wird diese Diktatur durch eine andere abgelöst werden, und für uns ändert sich über-
6 haupt nichts.« »Hm, vielleicht haben Sie recht«, entgegnete Krama zögernd. »Ich habe von Freunden gehört, daß zwei Spione verhaftet worden sind, die in einem Container nach Arkon II gekommen sind. Ich muß wissen, wer diese Männer sind.« »Warum wollen Sie das wissen?« fragte Krama verblüfft. »Was geht Sie das Schicksal von zwei Spionen an?« »Wir befinden uns im Umbruch. Das sagte ich schon. Aus allen Teilen des Imperiums versuchen Gegner Orbanaschols nach Arkon zu kommen. Mittlerweile hat der Imperator das System jedoch hermetisch abriegeln lassen. Niemand kommt mehr durch.« »Einige doch. Diese Spione beispielsweise.« »Eben. Sie sind ein hohes Risiko eingegangen. Ich frage mich, warum sie das getan haben.« »Woher sollte ich das wissen?« Dolf ging nicht auf diese Frage ein, sondern fuhr fort: »Sie sind Feinde Orbanaschols, und damit Freunde aller, die ebenfalls gegen den Imperator sind. Vielleicht sind sie extrem wichtig für uns alle. Deshalb muß ich wissen, wer sie sind.« »Ich weiß nur, daß jemand verhaftet worden ist. Zwei Männer. Das ist richtig.« »Wo sind sie?« »Im Militärgefängnis.« »Könnten Sie für mich herausfinden, wer sie sind?« Krama schüttelte entsetzt den Kopf. »Das ist unmöglich«, erwiderte er. »Wenn ich mich bemühen würde, diese Informationen zu bekommen, würde ich mich sofort verdächtig machen. Und dann wäre es aus mit mir. Nein, Sie müßten versuchen, einen der höchsten Offiziere des Gefängnisses auszuquetschen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.« »Wer sind diese Offiziere?« »Was zahlen Sie?« »Soviel, daß Sie einige Tage lang spielen und wetten können.« »Einverstanden. Schreiben Sie sich die
H. G. Francis Namen auf.« Dolf nahm einen Zettel und einen Stift hervor und wartete ab. Dann schrieb er, was Krama ihm diktierte: »Estopül, Lerctomr, Pharle, Ärxthrom, Beyze, Kra, Pittelkay.« »Haben Sie eine Idee, wie man diese Offiziere anpacken könnte?« fragte Dolf. Krama schüttelte grinsend den Kopf. Er wühlte sich mit den Fingern im Bart herum. »Das müssen Sie schon selbst herausfinden«, sagte er und tippte sich gegen die Tasche, in der die Kreditkarte steckte. »Ich warte, daß meine Karte ein KontoPluszeichen registrieren kann.« »Das wird erledigt«, versprach Dolf. Er ging zu dem Zentralkomputer des Spielsalons, schob seine Kreditkarte in einen Zahlschlitz und tippte die Kombination Kramas ein. Als dieser etwa zwei Minuten später kontrollierte, zeigte seine eigene Karte an, daß er weiterspielen konnte. Dankend nickte er Dolf zu, gab seine Wette ein und kehrte an den Kampfplatz zurück.
* Cordogon öffnete die Servomatik an dem Tisch, an dem die beiden Gäste gesessen hatten. Dafür benötigte er einen Spezialschlüssel, damit er das Banksiegel umgehen konnte. Doch diesen hatte er sich schon vor Jahren besorgt. Das war nicht weiter schwierig. Vorsichtig entfernte er die Signalgeber, die normalerweise in der Zentralkontrolle einen Alarm ausgelöst hätten. Dann nahm er das Magnetband heraus und legte es in seinem Beobachtungsraum in ein Abspielgerät. Sekunden später kannte er die Kodenummer von Beyze. Nachdem er diese herausgefunden hatte, gab er sie in den öffentlichen Informationsabruf ein. Danach brauchte er nur noch einige Minuten zu warten, bis er alle bekannten Daten von Beyze hatte. Diese Daten standen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Werbeagenturen, die verschiedenen Verwaltungsapparate und Behörden, die Informations-
Gegner des Imperators dienste und Verkaufsagenturen nutzten sie. Auf diese Weise erfuhr Cordogon, daß Beyze 38 Jahre alt, Offizier der Militärpolizei mit untadeligem Werdegang und zur Zeit im zentralen Militärgefängnis von Arkon II eingesetzt war. Darüber hinaus waren Angaben über seine Wohnung, sein Einkommen und seine geschäftlichen Beziehungen enthalten, die allerdings kaum erwähnenswert waren. Immerhin wußte Cordogon nun, daß Beyze ziemlich viel zu verlieren hatte. Cordogon brachte die Magnetspule wieder an und schloß den Tisch. Dann überlegte er, wie er Beyze erpressen konnte. Es gab zwei Möglichkeiten für ihn. Entweder zwang er ihn, Geld herauszurücken, oder er nutzte ihn für politische Zwecke aus. Cordogon hatte noch keine Entscheidung getroffen, als sich ein verspäteter Gast bei ihm meldete. Er gab das vereinbarte Summzeichen an der verschlossenen Tür, mit der er sich als Freund zu erkennen gab. Cordogon ließ ihn ein. »Dolf«, sagte er überrascht. »So spät noch. Hast du nur Durst, oder gibt es etwas, was ich wissen sollte?« »Beides«, erwiderte Dolf. »Zunächst bin ich innerlich fast vertrocknet. Wenn du, dir Mühe gibst, kannst du eine Katastrophe verhindern. Aber, bitte, ich möchte etwas von deinem privaten Vorrat, nicht aus dem öffentlichen Hahn.« Cordogon ging in seinen Beobachtungsraum und kam mit einer bauchigen Flasche zurück. Er stellte zwei Gläser auf einen der Tische und schenkte ein. Dolf ließ ein paar Tropfen der grünlichen Flüssigkeit auf seine Zunge rinnen und verdrehte verzückt die Augen. »Ich wußte doch, daß es bei dir einen ganz besonders guten Schluck gibt«, sagte er zufrieden und trank das Glas halb aus. »Aber jetzt hör zu. Heute sind zwei Spione verhaftet worden. Ein Verbindungsmann von mir deutete an, daß sie wirklich wichtig für uns sein könnten. Ich habe meine Beziehungen genutzt und herausgefunden, daß sie
7 im zentralen Militärgefängnis sitzen.« »Du meinst, wir sollten uns um sie kümmern?« »Allerdings«, erwiderte Dolf. »Du weißt, was in diesen Tagen alles passieren kann. Lebo Axton rechnet damit, daß Orbanaschol gestürzt wird. Deshalb hat er die gesamte Organisation alarmiert und uns beauftragt, auf alles zu achten, was wichtig sein könnte.« »Das stimmt«, sagte Cordogon. »Axton hat durchblicken lassen, daß er sogar eine heimliche Ankunft Atlans einkalkuliert. Es ist ihm ja noch nicht gelungen, mit Atlan Verbindung aufzunehmen und sich mit ihm abzustimmen.« »Ich verstehe, was du damit sagen willst«, unterbrach ihn Cordogon. »Du meinst, jeder, der hier heimlich auftaucht, könnte Atlan sein.« »Allerdings.« »Ich hoffe noch immer, daß Atlan mit einer schlagkräftigen Flotte erscheint und Orbanaschol in die Knie zwingt.« Dolf schüttelte den Kopf. »Wie ich auf Umwegen von Axton hörte, glaubt dieser nicht daran. Was würde denn passieren, wenn Atlan tatsächlich mit einer Flotte anrückte? Die Flotte Orbanaschols würde sich keineswegs sofort auf die Seite des Kristallprinzen schlagen, auch nicht, obwohl dieser der legale Nachfolger Gonozals VII. ist. Eine solche Aktion würde ja einer Meuterei gleichkommen, und diese hätte tödliche Folgen für den Fall, daß es Atlan nicht gelingt, sich durchzusetzen. Atlan wird daher nicht angreifen, meint Axton. Er wird keinen Bürgerkrieg auslösen, weil die einzigen wirklichen Nutznießer davon nur die Methanatmer wären. Diese könnten die Situation für sich nutzen und mit geballter Macht über uns herfallen. Die strategischen Vorteile für die Methans wären so groß, daß wir dabei nur verlieren können.« »Du hast recht«, stimmte Cordogon ein. »Atlan wird nicht mit großem Gefolge kommen, sondern sozusagen auf leisen Sohlen.« »Und das kann schiefgehen. Er kann er-
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wischt werden, und dann steht er ziemlich allein da.« »Ja«, sagte Cordogon. »Wenn es so ist, dann können diese beiden angeblichen Spione tatsächlich Atlan und ein Freund von ihm sein.« »Genau das müssen wir herausfinden.« »Aber wie? Warst du schon einmal im Militärgefängnis?« »Natürlich nicht.« »Aber ich. Allerdings unter falschem Verdacht. Ich wurde schon nach einer Stunde wieder freigelassen. Immerhin habe ich das Gefängnis von innen gesehen. Es gleicht einer Festung.« »Wir müssen ja nicht einsteigen«, wandte Dolf ein. »Es genügt, wenn wir uns die Informationen beschaffen. Ich kann Bilder besorgen, die Atlan zeigen, so wie er wahrscheinlich aussieht. Du weißt, daß Axton entsprechende Unterlagen für die verschiedenen Stützpunkte der Organisation herausgegeben hat. Deine Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, daß wir jemanden im Gefängnis haben, der sich die beiden Gefangenen genau ansehen und sie dann identifizieren kann.« »Ich habe jemanden«, sagte Cordogon. »Hast du schon einmal etwas von Beyze gehört?« Dolf blickte überrascht auf. »Allerdings«, sagte er argwöhnisch. »Gerade vor einer Stunde. Was ist mit ihm?« Cordogon berichtete.
2. Beyze öffnete selbst. Prüfend blickte er Cordogon an. »Was kann ich für Sie tun?« fragte er und sah auf sein Chronometer. »Ich nehme an, Sie haben gute Gründe, mich so spät noch zu stören?« »Die habe ich«, antwortete Cordogon energisch. »Verstehen Sie, was ich meine, wenn ich Ihnen den Namen Malok nenne?« Beyze preßte die Lippen zusammen. Sei-
ne Augen begannen zu tränen. Das war ein deutliches Zeichen seiner Erregung. Er trat zur Seite und ließ seinen Besucher eintreten. Er schloß die Tür und führte Cordogon danach in den schlicht eingerichteten Wohnraum. »Malok«, sagte er nachdenklich. »Irgendwo habe ich den Namen schon einmal gehört.« Cordogon lachte ihm ins Gesicht. »Ich nehme an, viel deutlicher haben Sie seinen Hilfeschrei gehört, als er vom Dachrestaurant in die Tiefe stürzte. Ihnen müssen die Ohren geklungen haben.« »Ich verstehe nicht …«, sagte Beyze stammelnd. Cordogon fackelte nicht lange. Er warf einige Bildabzüge, die er von seinem Videoaufzeichnungsgerät hatte herstellen lassen, auf den Tisch. Sie zeigten die Szenen des Kampfes zwischen Malok und Beyze. »Ich war Zeuge«, erklärte Cordogon ergänzend. »Ich habe gesehen, wie Sie Malok in die Tiefe stürzten. Ich habe den Toten auch im Gras liegen gesehen, und ich habe beobachtet, wie Sie ihn abtransportierten. Genügt das?« Beyze ließ sich in einen Sessel sinken. Er vergrub das Gesicht in den Händen. »Was wollen Sie von mir?« fragte er schluchzend. »Ich bin kein wohlhabender Mann. Ich bin Offizier, und was die verdienen, wissen Sie vermutlich. Davon kann man keine großen Sprünge machen.« Cordogon setzte sich. Er triumphierte. Er hatte Beyze viel schneller in den Griff bekommen, als er erwartet hatte. »Ich will kein Geld«, sagte er ruhig. »Informationen sind mir wichtiger.« »Ich bin kein Verräter«, erwiderte Beyze hitzig. »Das ist Ihre Sache«, sagte Cordogon und erhob sich. Er ging zur Tür. »Sie müssen wissen, was Sie tun.« »Halt. Warten Sie«, rief Beyze. »Vielleicht können wir doch darüber reden. Sagen Sie mir, worum es geht.« »Heute sind zwei angebliche Spione ver-
Gegner des Imperators haftet worden«, erläuterte Cordogon und kehrte zu seinem Sessel zurück. »Ich möchte wissen, wer diese Männer sind.« Beyze blickte ihn verblüfft an. »Nichts weiter?« fragte er erleichtert. »Nichts weiter. Zeigen Sie mir die Spione. Ich will also keine Bilder, weil ich dann nicht weiß, ob sie wirklich die beiden Verhafteten darstellen. Ich will sie sehen.« »Aber auch dann wissen Sie nicht, ob es die richtigen sind. Ich könnte Ihnen irgendwelche Gefangenen vorführen lassen.« Cordogon lächelte nur. Er blickte Beyze ruhig an, bis dieser unsicher wurde und den Kopf senkte. »Glauben Sie mir«, sagte Cordogon sanft. »Ich verlasse mich nicht nur auf Sie. Ich habe auch noch andere Informationen. Sie werden mich nicht hinters Licht führen.« »Also schön«, entgegnete Beyze, nachdem er einige Minuten lang nachgedacht hatte. »Ich werde Ihnen die Möglichkeil geben, die Gefangenen zu sehen.« »Das ist ein vernünftiger Vorschlag. Ich bin einverstanden. Sobald Sie mir die Gefangenen vorgeführt haben, werde ich Ihnen das Videoband und die Abzüge geben.« Cordogon erhob sich. »Wann ist es soweit?« »In ungefähr drei Wochen.« Cordogon zuckte zusammen. Seine Augen weiteten sich. Zunächst verschlug ihm diese Antwort die Sprache, doch allmählich fing er sich wieder. »Beyze«, sagte er endlich. »Noch in dieser Nacht will ich die Gefangenen sehen. Wenn Sie das nicht schaffen, sind Sie morgen ein toter Mann. Pünktlich um 9 Uhr werde ich das Videoband an die zentrale Computererfassung weiterleiten.« Beyze sprang erregt auf. Heftig gestikulierend redete er auf Cordogon ein, bis dieser ihn unterbrach. »Je länger Sie mit mir diskutieren, desto geringer ist Ihre Chance«, erklärte er energisch. Er drehte sich um und ging zur Tür. »Sie wissen ja, wo Sie mich erreichen. Rufen Sie mich an, wenn es soweit ist. Ich weiß, daß Sie es schaffen können.«
9 Selbstsicher verließ Cordogon die Wohnung. Beyze stand wie erstarrt mitten im Wohnsalon, bis die Tür hinter seinem Besucher zugefallen war. Dann huschte ein Lächeln über seine Lippen. Er ging zu einer Tür und öffnete sie. In einem angrenzenden Raum saß ein Mann in einem Sessel. Als er Beyze sah, erhob er sich und kam zu ihm. »Nun?« fragte er und strich sich mit beiden Händen das Haar zurück. An seinen Fingern blitzten kostbare Ringe. »Wie sieht es aus?«
* Der Gleiter verharrte schwebend direkt über der Dachterrasse. Cordogon, der mit einem derartigen Besuch gerechnet hatte, blieb hinter einer Säule stehen und wartete ab. In der rechten Hand hielt er einen Paralysator. Die Seitentür des Gleiters öffnete sich, und Beyze sprang auf die Dachterrasse hinunter. Er blickte sich suchend um. Cordogon kam hinter der Säule hervor. »Es ist soweit«, sagte Beyze. »Wir können direkt zum Gefängnis fliegen. Ich habe Besuchsunterlagen besorgt.« Cordogon nickte nur. Er kletterte in den Gleiter und überzeugte sich davon, daß sich niemand darin versteckt hatte. Beyze stieg auf den Fahrersitz. »Es ist alles in Ordnung«, erklärte er nervös. »Sie brauchen keine Angst zu haben.« Dann startete er. Die Maschine raste mit hoher Geschwindigkeit durch die Nacht, und schon nach wenigen Minuten tauchte das Militärgefängnis vor den beiden Männern auf. Es war ein einfacher Kuppelbau von etwa hundert Meter Höhe. Der Gleiter flog durch eine Schleuse in halber Höhe ein und passierte eine robotische Kontrolle, die Beyze mit einer Erlaubniskarte bewältigte. In einem Parkraum setzte er den Gleiter ab. »Sie sagen kein Wort«, befahl er. »Überlassen Sie alles mir.« Cordogon nickte nur. Er war ebenso ner-
10 vös wie der Offizier. Ein kleiner Fehler konnte ihm zum Verhängnis werden. Die beiden Männer stiegen aus und gingen einen Flur entlang, der an einer vergitterten Tür endete. Hier wies Beyze erneut seinen Ausweis vor. Er hielt ihn vor eine Robotlinse. Die Tür glitt zur Seite, und aus einem Wachraum kamen zwei einfache Soldaten. Als sie Beyze sahen, salutierten sie und kehrten wortlos in die Wachstube zurück. Von nun an operierte der Offizier mit eigenen Schlüsseln. Eine Tür nach der anderen öffnete sich vor ihm, ohne daß sich ihnen jemand in den Weg stellte. Schließlich standen sie vor einem Panzerschott. Beyze deutete auf eine Sichtluke. »Genügt es Ihnen, wenn Sie hindurchsehen?« fragte er. Cordogon schüttelte den Kopf. »Woher soll ich wissen, ob Sie nicht direkt hinter diesem Fenster ein 3-D-Video aufgebaut haben?« fragte er spöttisch. »Nun sind wir so weit gekommen, daß wir auch noch die letzte Tür öffnen können.« Der Offizier zuckte mit den Schultern und schloß die Tür auf. Das Schott glitt langsam zur Seite. Auf einfachen Pritschen saßen zwei Männer. Beide blickten auf, erhoben sich jedoch nicht. »Nun? Wer sind Sie?« erkundigte sich Beyze. Cordogon biß sich auf die Lippen. Die Kehle schnürte sich ihm zu. Er wußte, daß er Atlan vor sich sah. Dieser Mann entsprach in seinem Aussehen bis ins Detail der Beschreibung, die Lebo Axton von ihm gegeben hatte. Cordogon war, als habe er Atlan schon etliche Male vorher gesehen. Nicht der geringste Zweifel blieb in ihm. Er wußte allerdings nicht, wer der Mann an der Seite des Kristallprinzen war. Der Mann bot einen geradezu exotischen Anblick, obwohl er ebenso wie Atlan den schlichten, grauen Anzug der Militärgefangenen trug. Cordogon prägte sich das Aussehen dieses Mannes fest ein, um ihn später gut beschreiben zu können.
H. G. Francis »Ich weiß es nicht«, antwortete Cordogon. »Ich kenne sie nicht.« Er glaubte, sehen zu können, daß Atlan aufatmete. »Was soll diese Ruhestörung?« fragte der Begleiter des Kristallprinzen ärgerlich. »Kann man nicht einmal in Ruhe schlafen?« Beyze ließ die Tür wortlos zugleiten. »Wir verschwinden«, sagte er. »Es wird Zeit.« Die beiden Männer verließen das Militärgefängnis, ohne aufgehalten zu werden. Wenig später flogen sie im Gleiter zum Restaurant Cordogons zurück. Sie stiegen aus der Maschine, und Beyze streckte die Hand aus. »Die Unterlagen«, forderte er. »Warten Sie einen Moment«, bat Cordogon. »Ich bin gleich wieder da.« »Glauben Sie nur nicht, daß Sie mir entwischen können«, sagte der Offizier drohend. »Wenn Sie versuchen, mich zu betrügen, werden Sie eine Überraschung erleben.« »Das habe ich nicht vor«, beteuerte Cordogon. Er drehte sich um und ging davon. Minuten später kehrte er zurück. Er übergab Beyze ein kleines Päckchen. Kaum hatte der Offizier es in Empfang genommen, als er aus seinem Gürtel einen zierlichen Nadelstrahler hervorzog und auf Cordogon richtete. Dieser zeigte sich jedoch nicht beeindruckt. »Mein lieber Freund«, sagte der Gastwirt. »Seit wir hier gelandet sind, zielt ein Bekannter von mir mit einem schweren Energiestrahler auf Sie. Verschwinden Sie lieber, bevor wir nervös werden.« Beyze steckte die Waffe wieder weg und zog sich rückwärts schreitend zum Gleiter zurück. Er sprang in die Kabine und startete. Cordogon blickte ihm lachend nach. Dolf kam aus dem versteckt angelegten Beobachtungsraum. Er trug einen Energiestrahler in der Armbeuge. »Nun?« sagte er. »Hat alles geklappt?« »Bestens«, antwortete Cordogon. Er packte den Freund an den Armen. »Es ist Atlan,
Gegner des Imperators der Kristallprinz. Er ist es wirklich.« Dolf setzte sich an einen Tisch und bestellte sich ein hochprozentiges Getränk, während Cordogon aufgeregt berichtete. Als Dolf getrunken hatte, sagte er: »Wir haben zwei Dinge zu tun. Erstens müssen wir Lebo Axton sofort unterrichten. Zweitens müssen wir Atlan und seinen Begleiter befreien. Wir müssen auf jeden Fall verhindern, daß sie als Spione hingerichtet werden.« »Ganz klar«, sagte Cordogon zustimmend. »Ich werde Axton von hier aus benachrichtigen.« »Per Funk ist, zu gefährlich«, wandte Dolf ein. »Wir können eigentlich nur eine Briefpost riskieren. Wenn wir uns beeilen, erreicht sie den nächsten Kurierpostraumer. Axton wird die Nachricht rechtzeitig erhalten.« »Gut«, sagte Cordogon zustimmend. »Ich setze den Brief eben auf.« Er blickte auf sein Chronometer. »Es bleibt noch Zeit genug, ihn zu verschlüsseln.«
* Eihrett Khantron war ein untersetzter Mann mit schlaffen, müde wirkenden Gesichtszügen. Das weiße Haar reichte ihm bis zu den Hüften. Vier Spangen hielten es zu einem zopfartigen Gebilde im Rücken zusammen. Khantron befand sich in einem Regierungsbüro, als Beyze eintrat. Der ehemalige Präsident des Komitees von Arkon III hatte das Amt des höchsten Beamten von Arkon II übertragen bekommen. Er war der unumschränkte Herrscher über den Handels- und Industrieplaneten. Beyze legte schweigend ein Schreiben vor Khantron auf den Tisch. »Was hat Cordogon durchgegeben?« fragte Khantron. »Was wir erwartet hatten«, erwiderte der Offizier. »Er identifizierte einen Gefangenen im Militärgefängnis als Atlan, den Kristallprinzen.«
11 »Also doch«, entfuhr es Khantron. »Haben Sie auch herausgefunden, wer der Kontaktmann auf Arkon I ist? An wen war der Brief gerichtet?« »Eine verschlüsselte Adresse«, antwortete Beyze. »Wir konnten das noch nicht klären. Ich bin mir dessen jedoch sicher, daß wir in einigen Tagen wissen werden, wer der Drahtzieher hinter der oppositionellen Organisation ist. Bisher konnten wir nur herausfinden, daß diese Organisation sich Organisation Gonozal VII. nennt. Der Mann, der sie leitet, muß eine einflußreiche Persönlichkeit am Hof sein.« Eihrett Khantron strich sich nachdenklich mit den Fingerspitzen über die Lippen. »Wir müssen diesen Mann so bald wie möglich identifizieren«, sagte er. »Wir arbeiten intensiv an der Lösung dieser Frage.« »Tun Sie noch mehr, Beyze. Wir müssen uns darüber klar sein, daß dieser Mann seine Macht benutzen könnte, Orbanaschol zu stürzen und sich selbst zum Imperator zu erheben. Das ist fraglos der Sinn dieser Organisation Gonozal VII.« »Davon bin ich auch überzeugt«, antwortete der Offizier. Er lächelte flüchtig. »Doch Sie halten die stärkeren Trümpfe in der Hand, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben. Sie haben Atlan.« »Sie meinen also, wir können sicher sein, daß er es ist?« »Die Überlegung war, Atlan von einem prominenten Mitglied der Organisation Gonozal VII. identifizieren zu lassen. Cordogon ist der hiesige Leiter der Organisation. Er ist besser informiert als jeder andere dieser Rebellen. Der Name Gonozal VII. deutet auf eine enge Verbindung zu Atlan hin. Also konnten wir davon ausgehen, daß Cordogon Atlan entweder kennt, oder genau weiß, wie er aussieht. Unser Plan war ein Volltreffer.« »Ich werde Sie für Ihre Idee noch belohnen«, versprach Eihrett Khantron. »Beim Neuaufbau des Imperiums kann ich Männer wie Sie gebrauchen. Machen Sie weiter so.« Beyze salutierte geschmeichelt und ver-
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ließ das Büro. Bevor die Tür sich hinter ihm schloß, rief Khantron ihm nach: »Verhaften Sie Cordogon!«
* Cordogon war ahnungslos, als Beyze zusammen mit zwei Männern sein Dachrestaurant betrat. Er saß in seiner Beobachtungskabine und verfolgte die 3-D-Nachrichten. Beyze und seine Begleiter gingen auf den Spiegel zu. Cordogon glaubte, daß sie sich an den Tisch davor setzen würden. Doch Beyze zog einen Energiestrahler und zerschlug den Spiegel mit dem Kolben der Waffe. Der Offizier grinste breit, als er das verbluffte Gesicht des Gastwirts sah. »Kommen Sie heraus aus Ihrem Versteck«, forderte er ihn auf und richtete den Projektor der Waffe auf ihn. Cordogon begriff, daß er einem Intrigenspiel zum Opfer gefallen war, als er Malok in das Restaurant kommen sah. Der mit Ringen und Ketten geschmückte Arkonide setzte sich überheblich lächelnd an einen der Tische und bestellte etwas mit Hilfe seiner Kreditkarte. Mit erhobenen Händen trat Cordogon aus der Kabine. Die anderen Gäste seines Restaurants beobachteten das Geschehen, ohne einzugreifen. Cordogon schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht«, sagte er zu Beyze. »Wozu das alles? Warum haben Sie mich hereingelegt?« »Wir mußten den jüngeren der Gefangenen eindeutig identifizieren«, antwortete der Offizier. »Und wer hätte das besser tun können als seine Freunde?« »Ihr hättet die Wahrheit mit Drogen oder mit der Folter aus ihm herausholen können.« Jetzt schüttelte Beyze den Kopf. »An einem seelisch oder körperlich zerstörten Atlan sind wir nicht interessiert.« Cordogon ließ die Hände sinken. Ratlos blickte er den Offizier an. »Glaubt ihr denn wirklich, daß Orbanaschol seinen Kopf dadurch noch retten kann,
daß ihr ihm Atlan ans Messer liefert?« Beyze lachte abfällig. »Wer will denn den Kopf Orbanaschols noch retten?« fragte er laut, ohne sich darum zu kümmern, daß die Gäste des Restaurants ihn hören konnten. »Und jetzt los. Wir haben uns lange genug aufgehalten.« Cordogon ging an Malok vorbei. Grimmig blickte er den Mann an, den er für tot gehalten hatte. Jetzt war ihm alles klar. Beyze und Malok hatten ihn geblufft. Beyze hatte Malok im gespielten Streit über die Brüstung geworfen. Malok war jedoch dabei nichts passiert, weil er sich mit einem Antigravgürtel abgefangen hatte. Cordogon beschloß in diesen Sekunden, seinem Leben bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ein Ende zu bereiten. Er hatte Atlan verraten, den Mann, den er mehr verehrte als jeden anderen. Darüber hinaus hatte er aber auch die Organisation Gonozal VII. in Gefahr gebracht. Ihm war klar, daß Beyze und die Männer, die hinter ihm standen, die Nachricht für Axton abgefangen hatten. Als er den Ausgang des Restaurants erreichte, begriff er, daß man alles aus ihm herausholen würde, was er wußte. Bei ihm war es unwichtig, ob er am Ende ein physisch und psychisch gebrochener Mann war. Er war kein Atlan, sondern für jene, die hinter Beyze standen, nur als Informant wichtig. Cordogon wußte, daß er schon jetzt so gut wie tot war. Er fuhr blitzschnell herum, stieß den überraschten Beyze zur Seite und rannte quer durch das Restaurant. »Stehenbleiben!« schrie ihm der Offizier zu, ohne die wahren Absichten Cordogons zu erkennen. Er feuerte seinen Energiestrahler ab, zielte jedoch absichtlich vorbei. Cordogon schnellte sich mit einem Satz über die Brüstung des Dachrestaurants hinweg, passierte das Sicherheitsgitter und stürzte in die Tiefe. Kein Antigravgürtel rettete ihn.
3.
Gegner des Imperators Die Panzertür öffnete sich. Ein untersetzt gebauter Arkonide richtete einen Paralysator auf Atlan und sagte: »Kommen Sie heraus.« Atlan erhob sich zögernd. Er warf Fartuloon einen fragenden Blick zu. Die höfliche Tonart, die der Wächter anschlug, überraschte ihn. »Bitte, beeilen Sie sich. Wir haben nicht sehr viel Zeit.« Die Wache lächelte freundlich. »Und machen Sie sich keine Sorgen um Ihren Freund. Sie werden in spätestens drei Stunden wieder hier sein.« Atlan strich sich die Jacke seines Gefangenenanzugs glatt und verließ die Zelle. Er streckte dem Wächter die Hände entgegen, aber dieser legte ihm keine Fesseln an. »Ich bin sicher, daß Sie keinen Fluchtversuch unternehmen werden«, sagte er. »Es wäre Ihr Tod.« Sie schritten einen schmalen Gang entlang bis zu einer Gittertür. Dahinter standen drei weitere Wächter. Sie waren mit Energiestrahlern bewaffnet und nahmen Atlan sofort in ihre Mitte, als er die Tür passiert hatte. Einer der Offiziere stellte sich ihm vor. Er hatte ihn bereits gesehen. »Mein Name ist Beyze«, sagte er. »Der Präsident des Komitees von Arkon II möchte mit Ihnen sprechen. Ich habe den Auftrag, Sie zu ihm zu führen. Ich bitte Sie, vernünftig zu sein. Sollten Sie einen Fluchtversuch unternehmen, werde ich Sie auf der Stelle töten lassen.« Seine Miene ließ keinen Zweifel daran, daß er es ernst meinte. »Ich werde mir anhören, was der Präsident mir zu sagen hat«, versprach Atlan. Die Offiziere führten ihn zu einem Gleiter und flogen mit ihm zu einem Trichtergebäude, das etwa eine Flugstunde weit entfernt war. Dann geleiteten sie ihn in die luxuriös eingerichteten Räume der obersten Verwaltungsbehörde von Arkon II. Schließlich stand Atlan einem untersetzten Mann mit auffallend schlaffen Gesichtszügen gegenüber. »Ich bin Eihrett Khantron«, sagte der Prä-
13 sident des Komitees. Er streckte Atlan die Hand entgegen. Zögernd schlug der rechtmäßige Nachfolger Gonozals VII. ein. Er mochte Khantron nicht. Der Mann machte einen verschlagenen und berechnenden Eindruck auf ihn. Er ließ sich in die Polster eines auf einem Antigravfeld schwebenden Sesselelements sinken. »Atlan«, sagte Eihrett Khantron. »Mir war von Anfang an klar, daß Sie nicht mit einer Flotte anrücken, sondern sozusagen durch die Hintertür kommen würden.« »Atlan?« Der Kristallprinz krauste die Stirn. »Sie nennen mich Atlan? Wieso?« Eihrett Khantron, der ihm gegenüber Platz genommen hatte, legte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander und blickte ihn darüber hinweg spöttisch lächelnd an. »Lassen wir das«, bat er. »Sie sind absolut einwandfrei identifiziert worden. Ich weiß, daß Sie Atlan, der Kristallprinz, und der Sohn Gonozals VII. sind. Genügt das?« Atlan überlegte. Eihrett Khantron machte einen absolut selbstsicheren Eindruck auf ihn. In seiner Stimme klang nicht der leiseste Zweifel mit. Es hatte keinen Sinn, sich vor ihm zu verstellen. Er wußte Bescheid. »Sie haben recht«, erwiderte Atlan daher. »Ich bin der, für den Sie mich halten. Und ich bin hier, um meine rechtmäßigen Ansprüche auf den Thron geltend zu machen.« »Mit leeren Händen«, stellte Khantron fest. »Sie sind ein Gefangener, und eine einzige Unterschrift von mir genügt, Sie auf der Stelle wegen Widerrechtlichen Eindringens in das Arkon-System und diverser anderer Vergehen hinrichten zu lassen. Sie würden als Namenloser vor einen Desintegratorstrahler treten und von der Oberfläche verschwinden, als hätte es Sie nie gegeben.« Atlan preßte die Lippen zusammen. Er wußte, daß Khantron Recht hatte. Er war ohne jede Rückendeckung nach Arkon gekommen. Er hatte das über Arkon hereinbrechende Chaos gesehen und befürchtet, den richtigen Einstieg in das politische Geschehen zu verpassen. Dabei hatte er übereilt gehandelt, wie seine augenblickliche Situation
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allzu klar bewies. Atlan beugte sich vor. »Was wollen Sie von mir?« fragte er. »Ich will Sie zum Imperator machen«, antwortete Eihrett Khantron.
* Malok verließ etwa zur gleichen Zeit auf Arkon I ein Kurierschiff. Er hatte den Auftrag, herauszufinden, wer der Leiter der Organisation Gonozal VII. war. Doch diese Frage interessierte ihn weit weniger, als Beyze annahm. Vom Raumhafen aus führte er einige Videogespräche. Dann nahm er einen Mietgleiter und flog damit nach Norden. Nach zwei Stunden erreichte er eine ausgedehnte Parklandschaft, die sich um einen großen See herumzog. Er landete bei einem unter Baumkronen versteckten Landhaus. Kaum hatte der Gleiter aufgesetzt, als zwei bewaffnete Roboter herbeieilten und sich vor ihm aufbauten. »Mein Name ist Malok«, sagte der Beauftragte Beyzes. »Ich möchte den Dreifachen Sonnenträger Spronthrok sprechen.« »Der Kommandeur ist nicht zu sprechen«, antwortete einer der beiden Roboter mit melodischer Stimme. »Er will auf keinen Fall gestört werden.« »Ich bleibe«, erklärte Malok. »Ich habe so wichtige Nachrichten für Spronthrok, daß ich auf gar keinen Fall gehen werde.« »Der Kommandeur ist nicht zu sprechen«, wiederholte der Roboter. »Frage ihn«, forderte Malok. »Sage ihm, daß es um die Macht im Imperium geht.« Der Roboter drehte sich um und eilte mit weit ausholenden Schritten davon, während der andere blieb. Einige Minuten verstrichen, dann sagte der Roboter, der vor Malok stand: »Der Kommandeur bittet Sie, ins Haus zu kommen.« »Na, also«, sagte Malok grinsend. Er schritt hinter dem Roboter her. Der Automat führte ihn in einen Wohnsalon, dessen Fensterfront zum See hin lag. Der Raum war ungewöhnlich luxuriös eingerich-
tet. Jeder Einrichtungsgegenstand zeugte von Reichtum. Teppiche und Schmuckstücke verrieten, daß Spronthrok schon auf vielen Planeten der Galaxis gewesen war. Der Dreifache Sonnenträger trat ein, als Malok sich gerade gesetzt hatte. Er war nur mit einer Badehose bekleidet. Weiße Haare bedeckten fast seinen gesamten Oberkörper. Spronthrok war ein noch junger Mann. Malok schätzte ihn auf etwa fünfzig Jahre. Er war schwergewichtig, hatte aber ein fast asketisch wirkendes Gesicht. Dieser Gegensatz verwirrte Malok, der den Flottenkommandanten zum ersten Mal sah. Bisher hatte er lediglich einige schriftliche Informationen mit ihm ausgetauscht und ihm einige Bilder verkauft. »Was gibt es?« fragte Spronthrok und wies seinen Besucher mit einer knappen Geste an, sich wieder zu setzen. Er ließ sich in einen Sessel sinken und musterte ihn. »Weshalb stören Sie mich?« »Weil ich Informationen für Sie habe, die äußerst wichtig sind«, antwortete Malok. »Heraus damit«, forderte der Kommandeur. »Halten Sie mich nicht länger auf als unbedingt notwendig.« »Sie können die Informationen haben«, antwortete Malok vorsichtig. »Allerdings nicht umsonst.« Spronthrok überlegte nicht lange. »Wieviel?« fragte er. »100.000 Chronners.« Spronthrok erhob sich. »Damit ist das Gespräch zu Ende«, sagte er ärgerlich. »Es gibt keine Information, die soviel wert wäre.« Malok blieb gelassen sitzen. »Ich weiß, daß Sie sich darum bemühen, Nachfolger Orbanaschols zu werden«, erklärte er. »Oder daß Sie zumindest die Macht an sich reißen wollen und dabei erwägen, jemanden als Imperator einzusetzen, den Sie nach Ihrem Willen dirigieren können.« »Erstaunlich«, sagte Spronthrok. »Sie wagen es, mir so etwas zu sagen?« »Warum nicht?« fragte Malok. »Mir ist es
Gegner des Imperators egal, ob Sie Imperator werden oder irgendein anderer. Mich interessiert nur, ob ich Geld dabei verdienen kann. Und ich habe eine Information, die das wert ist, was ich fordere.« Spronthrok setzte sich wieder. »Also gut«, sagte er. »Ich werde zahlen, wenn das stimmt. Was können Sie mir anbieten?« »Atlan, der Kristallprinz, befindet sich im Arkon-System.« Der Dreifache Sonnenträger zuckte zusammen. Er fuhr sich hastig über die Augen, die heftig zu tränen begannen. »Das ist allerdings eine Information, die es in sich hat. Sie glauben, daß er seine Machtansprüche anmelden wird?« »Davon bin ich überzeugt.« »Wo ist er?« »Das werden Sie erst erfahren, wenn wir die finanzielle Seite geregelt haben.« Malok beobachtete den Flottenkommandeur, der einer der mächtigsten Militärs des Imperiums war. Seinem Befehl unterstand der größte Teil der arkonidischen Flotte. Daher hatte er die besten Voraussetzungen, die Macht über das Imperium an sich zu reißen. Er konnte sich mit Hilfe des militärischen Potentials, das hinter ihm stand, durchaus zum Imperator erheben. Malok glaubte, daß seine Chancen sogar noch erheblich größer waren als die von Eihrett Khantron, von dem er wußte, daß auch er Ambitionen auf den Thron hatte. »Ich bin einverstanden«, sagte Spronthrok. »Sie bekommen das Geld, wenn Sie mir garantieren, daß Sie Stillschweigen bewahren.«
* »Nun, was sagen Sie dazu?« fragte Eihrett Khantron, als Atlan nicht auf seine Eröffnung antwortete. »Ich bin gerührt«, spöttelte Atlan. »Ich scherze nicht«, erklärte Khantron verärgert. »Ich habe Ihnen ein ehrliches Angebot gemacht, und ich erwarte eine klare
15 Antwort von Ihnen.« »Sie wollen eine Galionsfigur«, sagte Atlan ruhig. »Sie wollen eine Marionette, die nach Ihren Befehlen tanzt. Glauben Sie wirklich, ich würde Ihnen freiwillig das überlassen, was mir rechtmäßig zusteht?« »Sie haben keine andere Wahl«, behauptete Khantron. »Entweder erfüllen Sie meine Forderung, oder Sie treten vor ein Hinrichtungskommando.« Atlan winkte verächtlich lächelnd ab. »Wissen Sie«, sagte er, »das habe ich in letzter Zeit schon häufig getan, aber es kam immer irgend etwas dazwischen.« »Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß wir hier und jetzt eine Entscheidung fällen werden, an der später nichts mehr geändert wird. Wenn Sie meinen Vorschlag ablehnen, dann werde ich den amtierenden Imperator augenblicklich darüber informieren, daß Sie hier sind. Orbanaschol wartet schon seit Jahren darauf, Sie endlich erledigen zu können.« Atlan überlegte. Er dachte nicht daran, sich von Khantron zu einer Marionette machen zu lassen. Ihm wurde jedoch bewußt, daß er die politischen Machtverhältnisse im Kern des Imperiums viel zu wenig kannte. Er hatte sich seinen Einzug nach Arkon stets ganz anders vorgestellt. Er war immer davon überzeugt gewesen, daß er mit einer Machtfülle in Arkon einziehen würde, die Komplikationen von vornherein ausschloß, wie sie jetzt auftraten. Er stand tatsächlich mit leeren Händen da, wie Khantron es gesagt hatte. In dieser Situation mußte er höchste Vorsicht walten lassen. Es wäre ein fataler Fehler gewesen, sich sofort an den ersten machthungrigen Politiker auszuliefern, der ihm begegnete. »Sie würden sich alle Chancen für die Zukunft selbst zerstören, wenn Sie mich an Orbanaschol ausliefern«, behauptete Atlan ruhig. »Das wissen Sie selbst. Orbanaschol ist in der Öffentlichkeit verhaßt. Ich genieße ein recht hohes Ansehen, obwohl man mich in Arkon kaum kennt. Wenn Sie mich ans Messer liefern, schaffen Sie sich eine Oppo-
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sition, die Ihnen alle Wege verbaut.« Eihrett Khantron nickte. »Das wäre möglich«, antwortete er. »Können Sie es sich jedoch leisten, über diese Dinge nachzudenken?« »Ich glaube schon.« Atlan war sich dessen bewußt, daß sein vordringlichstes Problem war, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, daß er im Arkon-System war. Nur dadurch konnte er hoffen, schnell eine ausreichend große Schar von Freunden um sich sammeln zu können, die ihm half, sich durchzusetzen. Er traute Khantron ohne weiteres zu, daß dieser ihn ermorden ließ oder Orbanaschol auslieferte, was keinen Unterschied machte. Eihrett Khantron zögerte. Schließlich aber nickte er und sagte einlenkend: »Sie haben eine Stunde Zeit, über meinen Vorschlag nachzudenken. Dann müssen Sie sich entscheiden. Entweder spielen Sie die Rolle, die ich Ihnen zugedacht habe, oder ich liefere Sie an Orbanaschol aus. Das wäre dann das sichere Ende für Sie.« Er stand auf und gab Atlan damit zu verstehen, daß das Gespräch beendet war.
* »Sind Sie zufrieden?« fragte Spronthrok, als er die geforderte Summe mit Hilfe seiner Bankkarte von seinem Konto auf das Maloks überwiesen hatte. Dazu hatte er nicht mehr tun müssen, als die Karte in einen Schlitz seines Hauscomputers zu schieben und einige Daten in die Tastatur zu tippen. Malok schwindelte. Bis zu diesem Augenblick hatte er fest damit gerechnet, daß der Dreifache Sonnenträger ihn herunterhandeln würde. Er war entschlossen gewesen, bis auf zehn Prozent seiner ursprünglichen Förderung herunterzugehen. Und nun hatte er alles bekommen. Er hatte Mühe, seine Gefühle vor Spronthrok zu verbergen. »Allerdings«, sagte er. »Wo ist Atlan?« fragte der Flottenkommandeur. Malok kam sich plötzlich vor wie ein Be-
trüger. Atlan war gefangen und wurde scharf bewacht. War er unter diesen Umständen überhaupt interessant für den Kommandeur. »Im Militärgefängnis von Olp'duor auf Arkon II«, antwortete er unsicher. Er beobachtete den Offizier, doch der befürchtete Wutausbruch Spronthroks blieb aus. Der Sonnenträger lehnte sich seufzend in seinem Sessel zurück und lächelte. Er hatte ganz offensichtlich gar nicht damit gerechnet, daß Atlan frei zur Verfügung stehen würde. »Im Militärgefängnis von Olp'duor«, wiederholte Spronthrok. Er verengte die Augen und blickte Malok scharf an. »Ist das auch die Wahrheit, oder versuchen Sie, mich aufs Kreuz zu legen.« »Es ist die Wahrheit«, erklärte der Künstler, der zu seiner früheren Sicherheit zurückgefunden hatte. »Atlan ist dort. Man hat ihn in einer Lagerhalle überrascht. Er ist zusammen mit einem anderen Mann in einem Container nach Arkon II gekommen. Offenbar hoffte er, ungesehen von dort aus weiter vordringen zu können.« Spronthrok lächelte. »Ich verstehe«, sagte er. »Da bisher noch nicht bekannt geworden ist, daß der Kristallprinz dort ist, darf man annehmen, daß die Verantwortlichen in Olp'duor gewisse Vorstellungen von seiner Verwendbarkeit haben. Vermutlich bemüht sich Khantron um ihn, um ihn im Rahmen seiner politischen Ambitionen einzusetzen. Er soll sich getäuscht haben. In welchem Auftrag sind Sie hier auf Arkon I?« »Ich soll herausfinden, wer die Leiter der Untergrundorganisation Gonozal VII. sind.« Spronthrok nickte, als habe er nichts anderes erwartet. Er erhob sich und geleitete Malok bis auf die Terrasse hinaus. »Wir bleiben in Kontakt«, sagte er. »Sie sollten sich darüber klar sein, daß es üble Folgen für Sie haben wird, wenn Ihre Informationen sich als falsch erweisen. Haben wir uns verstanden?« »Vollkommen«, entgegnete Malok, verabschiedete sich und ging zum Taxigleiter. Spronthrok blieb auf der Terrasse stehen und
Gegner des Imperators blickte ihm nach. Er verzog den Mund zu einem verächtlichen Lächeln. Er haßte Kreaturen wie Malok. Doch das hinderte ihn nicht, zuweilen mit ihnen zusammenzuarbeiten, wenn es notwendig war.
* Malok landete auf dem Parkdach eines Kaufhauses, das sämtliche Stockwerke eines dreihundert Meter hohen Trichtergebäudes umfaßte. Es galt als das größte Kaufhaus im Imperium. Auf einer leuchtend grünen Scheibe sank Malok in einem der Antigravschächte nach unten. Er verließ den Schacht in einem Stockwerk, in dem Tiere aus den verschiedenen Bereichen des Imperiums verkauft wurden. Ein Werbespruch verkündete, daß hier über 20.000 Tierarten angeboten wurden. Malok hatte von Beyze die Anweisung erhalten, die Briefnachricht, die Cordogon nach Arkon I hatte schicken wollen, zwischen zwei Vogelkäfige abzulegen und sich dann auf einen Beobachtungsposten zurückzuziehen. Der Brief enthielt jetzt allerdings nicht mehr die ursprüngliche Nachricht, sondern lediglich einige belanglose Worte. Die Hinweise auf die Ablagestelle waren alles, was die Spezialisten auf Arkon II herausbekommen hatten. Der Rest der Adresse war für sie nicht zu entschlüsseln gewesen. Malok tat, was man ihm befohlen hatte. Er legte den Brief ab und entfernte sich sofort von den Käfigen. Er ging zu einem etwa vierzig Meter entfernten Aquarium, das vom Boden bis zur Decke reichte. Durch das Aquarium hindurch konnte er die Käfige beobachten. Maloks Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Nahezu drei Stunden verstrichen, ohne daß etwas geschah. Dann aber ging alles so schnell, daß der Künstler fast den Kontakt verloren hätte. Ein farbenprächtiger Vogel flatterte zu den Käfigen, nahm den Brief auf, rollte ihn geschickt mit den Füßen zusammen und steckte ihn sich in den
17 Schnabel. Das alles dauerte nur wenige Sekunden. Dann flog der Vogel davon. Er strich dicht über das Aquarium hinweg und entfernte sich dann rasch. Damit hatte Malok nicht gerechnet. Er wußte, daß er sich sofort verraten würde, wenn er dem Vogel nun allzu schnell folgte. Daher wartete er, bis er das Tier kaum noch sehen konnte. Dann ging er gemächlich hinterher. Der Vogel verschwand für einige Sekunden aus seinem Blickfeld, als er die Abteilung erreichte, in der Reptilien angeboten wurden. Als Malok ihn wieder sehen konnte, trug er die Briefrolle nicht mehr im Schnabel. Der Künstler blieb unsicher stehen. Irgendwo mußte das Tier den Brief fallen gelassen haben. Er ging zögernd weiter. Der Vogel kam noch einmal in seine Nähe, und jetzt sah Malok deutlich, daß er sich nicht geirrt hatte. Der Brief war weg. In diesem Moment schob ein Bedienungsroboter eine Antigravscheibe mit mehreren versandfertigen Tierbehältern an Malok vorbei. Zwischen den Käfigen lag der Brief. Der Künstler zuckte zusammen, drehte sich um und blickte angestrengt zu einem Methanarium hinüber, vor dem mehrere Frauen standen und lautstark miteinander sprachen. Dann jedoch folgte er dem Roboter in gebührendem Abstand. Kurz bevor der Automat den Zugang zu einem Antigravschacht erreichte, trat eine junge Arkonidin an die Platte heran und nahm den Brief an sich. Sie steckte ihn in die Tasche und ging zu einem öffentlichen Videogerät. Malok näherte sich ihr und blieb wenige Meter von ihr entfernt an einem Vogelkäfig stehen. Er schob den Finger durch die Gitterstäbe, um das Tier zu necken. Als er eine männliche Stimme hörte, blickte er zur Arkonidin hinüber. Ihr Gesprächspartner hatte das Aufnahmeobjektiv abgedeckt, so daß die Projektionsfläche dunkel blieb. Malok achtete eine Sekunde lang nicht auf den Vogel. Diese Unaufmerksamkeit rächte sich. Das Tier hieb mit dem Schnabel zu und brachte
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ihm eine heftig blutende Wunde bei. Fluchend versuchte Malok, die Blutung zu stillen. Die Arkonidin warf ihm einen flüchtigen Blick zu und eilte davon. Malok ärgerte sich, da er sie ungewollt auf sich aufmerksam gemacht hatte. Sie beachtete ihn jedoch nicht weiter. Er folgte ihr in großem Abstand. Einige Male verlor er sie sogar aus den Augen. Dann aber stellte er fest, daß sie zum Parkdach wollte. Er wählte einen anderen Antigravschacht als sie, kam auf dem Parkdach heraus und beobachtete sie wenig später dabei, wie sie einem Roboter etwas übergab. Es war ein auffallend häßliches Modell.
* Der Videoschirm erhellte sich. Axton blickte in das feiste Gesicht Orbanaschols III. Es war schweißüberströmt, und aus den Augenschlitzen hinter denen die Pupillen nicht zu sehen waren, flossen Tränen der Erregung. Der Terraner erschrak. Er hatte diesen Arkoniden schon oft erregt gesehen. Einige Male war Orbanaschol der Hysterie nahe gewesen. Jetzt aber hatte er einen Grad der Erregung erreicht, der alles in den Schatten stellte. »Axton«, sagte er mit schriller Stimme. »Ich habe soeben Frantomor erschossen.« Axton-Kennon war so überrascht, daß er keine Worte fand. Der Arkonide sprach weiter, ohne zu bemerken, wie entsetzt der Verwachsene war. »Ich habe entdeckt, daß der hinterhältige Verräter für die vielen Pannen verantwortlich war, die es in letzter Zeit gegeben hat.« »Oh …« »In der Tat«, rief Orbanaschol, und sein Gesicht verwandelte sich in eine Fratze des Triumphs. »Frantomor hat mir gestanden, daß er die Ereignisse bei der letzten Wahl zu meinem Nachteil beeinflußt hat.« Seine Augen weiteten sich, so daß Axton jetzt die Pupillen sehen konnte. »Der Mann, den ich für meinen Freund
gehalten habe, hat mich öffentlich über 3-D-Vision als Mörder meines Bruders beschimpft«, fuhr er fort. »Ich mußte ihn töten.« »Wie kam Frantomor dazu, ein so ungeheuerliches Geständnis abzulegen?« fragte Axton. »Er mußte doch wissen, daß es sein Tod sein würde.« »Er wußte es«, bestätigte der Imperator. »Ich habe ihn bei einer kleineren Betrügerei erwischt. Und dann habe ich ihm auf den Kopf zugesagt, was er getan hat.« Orbanaschol fuhr sich mit den Händen über die Augen, um die Tränen abzuwischen. Sein Gesicht straffte sich. Der Imperator gewann die Beherrschung über sich selbst wieder zurück. »Ich habe ihn gezwungen, mir die Wahrheit zu sagen«, verkündete er. »Und ich werde jeden Verräter zwingen, sich mir zu offenbaren. Jetzt greife ich hart und entschlossen durch. Niemand soll glauben, daß ich mir die Macht über Arkon so ohne weiteres nehmen lasse.« »Es gibt in der Tat einige Gruppierungen, die sich das einbilden«, erwiderte Axton vorsichtig. »Ich weiß«, rief Orbanaschol. »Aber sie sollen sich alle getäuscht haben.« Er schaltete ab, und Axton-Kennon rätselte, weshalb er ihn überhaupt angerufen hatte. War es nur gewesen, um ihm mitzuteilen, daß Frantomor, der Chef des Geheimdiensts, tot war? Das war nur schwer vorstellbar. Das Rufzeichen ertönte. Axton schaltete das Gerät wieder ein. Das Gesicht Orbanaschols III. erschien auf der Projektionsfläche. »Ich habe noch etwas vergessen, Axton«, sagte der Imperator. »Ich habe mich zu einem Schritt entschlossen, den ich schon längst hätte tun sollen. Vieles wäre sicherlich anders geworden.« »Vielleicht«, bemerkte der Verwachsene, als der Imperator zögerte, fortzufahren. »Ab sofort sind Sie Chef des Geheimdienstes, Axton«, erklärte Orbanaschol. »Kommen Sie sofort zu mir, um sich die Er-
Gegner des Imperators nennungsurkunde geben zu lassen. Sie wissen, was meine Maßnahme bedeutet?« »Ich bin mir dessen voll bewußt«, antwortete Axton, der plötzlich einen engen Hals hatte. Er fühlte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. »Sie sind nach mir von jetzt an der mächtigste Mann im Imperium«, schloß Orbanaschol III. und schaltete erneut ab.
* Orbanaschol III. hielt sich nicht im Kristallpalast auf dem Hügel der Weisen auf. Er hatte am Rand des Regierungsbezirks, dort wo die Villen der Mächtigen lagen, einen mittelgroßen Trichterbau bezogen, der sich leichter in eine Festung verwandeln ließ als der Kristallpalast. Während Axton-Kennon zusammen mit seinem Roboter Gentleman Kelly zum Imperator flog, überlegte er. Die Situation hatte sich für ihn überraschend geändert. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, daß der Imperator ihn zum Chef des Geheimdiensts machen würde. Für diesen Posten waren bisher stets nur Arkoniden eingesetzt worden. Dennoch hatte Axton auch vorher schon erheblichen Einfluß gehabt. Der von Orbanaschol ermordete Frantomor war von ihm praktisch schon entmachtet worden. Er war zu einer Marionette degradiert worden, die das tat, was er wollte. Vor einigen Monaten noch hätte Orbanaschol es kaum geschafft, Frantomor zu einem Geständnis zu zwingen, das für ihn den Tod bedeutete. Zu dieser Zeit war Frantomor noch ein Mann gewesen, der sich zu wehren wußte. Die Ereignisse der letzten Zeit aber hatten ihm das Rückgrat gebrochen. So war sein Tod kaum mehr als das logische Ende einer Entwicklung, die Frantomor selbst nicht mehr hatte bestimmen können. Axton selbst hätte dieses Ende nie herbeigeführt. Frantomor war für ihn so etwas wie ein Schutzschild gewesen. Alles Unangenehme war bereits an ihm abgeprallt und konnte nicht bis zu ihm – Axton – durch-
19 schlagen. Nun aber stand er selbst in vorderster Front. Orbanaschols Zorn über Pannen und Fehlschläge mußte sich zwangsläufig auf ihn richten. Orbanaschol würde ihn für alles verantwortlich machen, was seinem Ansehen und seiner Macht abträglich war. Insofern war das neue Amt des Geheimdienstchefs für ihn ein zweischneidiges Schwert. Es zwang Axton dazu, nun auf eine schnelle Endlösung hinzuarbeiten. Die Macht Orbanaschols zu schmälern, genügte nun nicht mehr. Das gesamte Machtgebäude des Imperators war ins Wanken geraten. Axton hatte zahlreiche Pfeiler der Macht entfernt. Jetzt mußte er zuschlagen. Das gesamte Machtgebäude mußte einstürzen. Er mußte Orbanaschols Ende einläuten. Dazu war Axton-Kennon schon seit langer Zeit bereit. Er hätte auch schon früher zugeschlagen, wenn Atlan in greifbarer Nähe gewesen wäre. Axton dachte nicht daran den Thron für einen anderen Arkoniden freizumachen. Er wollte, daß Atlan neuer Imperator wurde. Dabei war er sich dessen bewußt, daß aufgrund der geschichtlichen Tatsachen, die er aus seinem Studium der altgalaktischen Völker kannte, Atlan niemals Imperator des alten Arkon gewesen war! Geschichtliche Tatsache war, daß Gonozal VII. Imperator von Arkon gewesen war, während Atlan eine ungewöhnliche Karriere in der arkonidischen Raumflotte gemacht hatte. Lebo Axton erinnerte sich auch daran, daß Gonozal VII. nicht der Vater, sondern der Onkel Atlans gewesen war. Über diese Tatsache hatte er schon oft nachgedacht, ohne des Rätsels Lösung zu finden. Wie war die geschichtliche Überlieferung zustande gekommen, daß Gonozal VII. der Onkel Atlans war? Weshalb hatte Atlan die Zusammenhänge selbst so dargestellt? Er mußte einen Grund dafür gehabt haben, Rhodan etwas Derartiges zu erzählen. Axton grübelte vergeblich über diese Fra-
20 gen nach. Er war sich auch noch nicht darüber im Klaren, ob er wirklich versuchen durfte, Atlan zum Imperator zu machen. Würde er dadurch nicht ein Zeitparadoxon auslösen? Würde er dadurch nicht eventuell auch die gesamte geschichtliche Entwicklung des Solaren Imperiums gefährden? Wenn Atlan Imperator von Arkon wurde, würde er dann später irgendwann zur Erde kommen und dort den Untergang von Atlantis erleben? Würde er seine submarine Station errichten, von der aus er zu seinen zahllosen Unternehmungen aufbrechen konnte? Ein Videoruf schreckte Axton aus seinen Gedanken auf. Als er den Kode erkannte, deckte er das Objektiv ab und meldete sich. Auf dem Videoschirm erschien das Gesicht einer Agentin der Organisation Gonozal VII. Sie teilte ihm mit den vereinbarten, für zufällige Zuhörer unverständlichen Worten mit, daß eine Nachricht von Arkon II eingetroffen war. »Ich komme auf meinem Wege bei Ihnen vorbei«, antwortete Axton. »Ich fliege praktisch über das Warenhaus hinweg. Ich werde die Nachricht direkt abnehmen.« Er war sich dessen bewußt, daß er ein unnötiges Risiko einging, aber er glaubte nicht daran, daß eine Gefahr für ihn bestand. Täglich gingen aus allen Regionen des Imperiums Nachrichten für die Untergrundorganisation ein. Avrael Arrkonta hatte mittlerweile zusammen mit Ermed Trelgon, dem ehemaligen Kommandanten des Stützpunkts Karaltron, ein Nachrichtenzentrum eingerichtet. Dieses wertete alle einlaufenden Informationen aus. Axton wies Kelly an, auf dem Dach des Warenhauses zu landen. Gentleman Kelly stieg aus, nachdem er den Gleiter aufgesetzt hatte, und ging zu einer jungen Arkonidin. Diese übergab ihm die Nachricht. In diesem Moment fiel Axton ein Arkonide auf, der in der Nähe eines Antigravschachts hinter einem Gleiter stand und die Arkonidin beobachtete. Der Mann trug ungewöhnlich viel Schmuck. Im Lauf seiner zahllosen Einsätze im
H. G. Francis Rahmen geheimdienstlicher Tätigkeit hatte Kennon ein Gespür für Gefahren entwickelt. Jetzt begriff er sofort, was die Haltung des Arkoniden bedeutete. Er wußte, daß er nicht einfach die Augen verschließen durfte, sondern daß er handeln mußte. Er sprang aus dem Gleiter und geriet damit in das Gesichtsfeld des Arkoniden. Dieser blickte zu ihm hinüber und erkannte die Gefahr ebenso schnell. Seine Augen weiteten sich. Er warf sich herum und sprang in den abwärts gepolten Antigravschacht. »Kelly«, schrie der Verwachsene. Gentleman Kelly raste auf ihn zu und kniete sich vor ihn nieder. Axton kletterte auf seinen Rücken und dirigierte ihn zum Antigravschacht. Als sie im Antigravschacht nach unten sanken, war der Arkonide bereits verschwunden. Die Agentin stand mit weit aufgerissenen Augen am Eingang des Schachtes und blickte auf Axton herab. Er winkte ihr beruhigend zu. Er kannte sie und wußte, daß er ihr vertrauen durfte. »Wir schaffen es schon«, rief er. Dann hatte er auch schon das nächste untere Stockwerk erreicht, in dem hauptsächlich Spielwaren für Kinder angeboten wurden. Er entdeckte den flüchtigen Arkoniden zwischen einigen mannshohen Puppen. Der Mann flüchtete zu einem aufwärtsgepolten Antigravschacht. »Hinterher«, befahl Axton. Gentleman Kelly schaltete auf sein Antigravtriebwerk um und jagte über die Köpfe einiger Käuferinnen hinweg hinter dem Flüchtenden her. Er erregte dabei mehr Aufsehen, als Axton lieb war. Unter den gegebenen Umständen konnte der Terraner jedoch keine Rücksicht nehmen. Sein Schicksal und das Schicksal des gesamten Imperiums hingen davon ab, daß er den flüchtenden Arkoniden faßte. Und nicht nur das. Auch die Entwicklung des Solaren Imperiums konnte entscheidend anders verlaufen, wenn es nicht gelang, den Mann einzuholen. Unter diesen Umständen war alles andere unwichtig geworden.
Gegner des Imperators Als Kelly den Schacht erreichte, war der Arkonide oben bereits heraus. Der Roboter jagte ein Stockwerk höher. Axton sah, daß der Flüchtende in einen Gleiter sprang und sofort mit diesem startete. Es ging um Sekunden. Die eigene Maschine war zu weit entfernt. Er konnte mit ihr nicht mehr starten. »Hinterher«, schrie Axton. »Sofort.« Gentleman Kelly gehorchte. Er neigte sich weit nach vorn, um möglichst wenig Luftwiderstand zu bieten, so daß Axton nun rittlings auf seinem Rücken saß. Dann beschleunigte er mit Höchstgeschwindigkeit. Der Gleiter entfernte sich mit hoher Geschwindigkeit vom Warenhaus. Der Mann am Steuer bemerkte zunächst nicht, daß er verfolgt wurde. Erst als Gentleman Kelly nur noch zehn Meter hinter ihm war, blickte er über die Schulter zurück. Er erschrak sichtlich. »Drauf! Schnell!« befahl der Verwachsene. Gentleman Kelly hatte seine Höchstgeschwindigkeit erreicht. Der Gleiter konnte noch schneller fliegen. Nun aber geriet der Roboter in den Windschatten der Maschine. Er schob sich Meter um Meter näher heran, obwohl der Gleiter noch mehr beschleunigte. Dann krallten sich seine Hände um die Heckantenne. Kelly zog sich auf das Heck des Gleiters. Durch das Rückfenster konnte Axton den Arkoniden sehen, der nervös die verschiedenen Staufächer des Gleiters untersuchte, aber keine Waffe darin fand. »Zerschlage das Fenster«, befahl der Terraner. Er klammerte sich mit beiden Armen an den Roboter. Der Wind zerrte so an ihm, daß er sich kaum noch halten konnte. Sein Atem ging schnell und pfeifend. Axton war am Ende seiner Kraft. Er wußte, daß es nur noch eine Möglichkeit für ihn gab. Er mußte in die Flugkabine. Gentleman Kelly holte kurz aus und zerschmetterte die Scheibe mit seiner Stahlfaust. Das transparente Kunststoffmaterial
21 stürzte scheppernd in sich zusammen. Der Arkonide hämmerte mit seinen Fingern auf der Tastatur des Videos herum. »Tun Sie das nicht«, brüllte Kelly mit höchstem Stimmaufwand. »Es wäre Ihr sofortiger Tod!« Erbleichend ließ der Arkonide die ringgeschmückten Hände sinken. Er sah zu, wie Gentleman Kelly den Verwachsenen durch die zerbrochene Heckscheibe schob. Heftig nach Atem ringend und am ganzen Körper vor Schwäche zitternd, sank AxtonKennon in die Polster. Vor seinen Augen flimmerte es. Keine zehn Sekunden länger hätte er sich auf dem Rücken Kellys halten können. Wäre Axton allein gewesen, Malok hätte keine Mühe gehabt, ihn zu überwältigen. »Sie sind Lebo Axton«, sagte der Arkonide mit bebender Stimme. »Was haben Sie mit mir vor?« »Das wird sich zeigen«, erwiderte der Verwachsene mühsam. Er wußte selbst noch nicht, was er mit dem Arkoniden anfangen sollte. Orbanaschol III. wartete auf ihn. Er mußte zu ihm und durfte nicht viel Zeit versäumen, wenn er seinen Unwillen nicht erregen wollte. Er konnte seinen Gefangenen aber nicht mit zu ihm nehmen oder ihn von Gentleman Kelly bewachen lassen. Er mußte auf dem Rücken des Roboters zum Imperator gehen, oder dieser würde mißtrauisch werden. Es gab nur eine Möglichkeit. »Zurück zum Warenhaus«, befahl Axton. Malok gehorchte. Der Verwachsene war keineswegs überrascht, daß der Arkonide ihn kannte. Er war, ganz gegen seinen Willen, zu einer Persönlichkeit geworden, über die man im Zentrum des Imperiums sprach. Er war auf vielen Festen Orbanaschols gewesen. 3-D-Vision war auf ihn aufmerksam geworden. Nur wenige wußten, welche Rolle er wirklich am Hof spielte. Er galt als Vertrauter des Imperators. Zu seinem rasch wachsenden Bekanntheitsgrad hatte sicherlich auch seine ungewöhnliche Erscheinung beigetragen. Es gab keinen zweiten Mann
22
H. G. Francis
wie Axton. Keiner der Arkoniden in der Umgebung des Imperators ließ sich ständig von einem Roboter tragen, keiner war blond und hatte wasserblaue Augen. Als Malok auf dem Parkdach des Warenhauses gelandet war, befahl Axton: »Paralysiere ihn, Kelly.« Der Roboter reagierte sofort, und der Arkonide kippte schlaff zur Seite. Seine weit geöffneten Augen schienen leblos zu sein. Axton schloß ihm die Lider, damit die Augäpfel nicht austrockneten. Dann tippte er ein Fahrtprogramm in die Tastatur des Steuerkomputers und verließ zusammen mit Kelly den Gleiter. Die Maschine stieg auf und flog nach Norden davon. Sie würde nach etwa vier Stunden wieder hierher zurückkehren. Solange hielt die Paralyse an, so daß der Arkonide sich nicht aus eigener Kraft befreien konnte. »Und jetzt zum Imperator«, ordnete Axton an.
* Als er vier Stunden später wieder auf dem Parkdach des Warenhauses landete, kam die Maschine mit dem paralysierten Arkoniden wie erwartet an. Gentleman Kelly dirigierte den Gleiter Axtons daneben und stieg aus. Der Terraner beobachtete ihn. Die Gefahr, daß sich irgend jemand um den führerlos erscheinenden Gleiter gekümmert hatte, war vorhanden gewesen. Axton hatte das Risiko jedoch eingehen müssen, weil er keine andere Möglichkeit gehabt hatte. Jetzt blickte er atemlos vor Spannung auf die Tür der anderen Maschine. Gentleman Kelly zog sie auf, und Axton sah erleichtert, daß der Arkonide noch immer paralysiert auf den Polstern lag. Der Roboter hob ihn heraus und legte ihn hinter Axton auf den Rücksitz. Dann setzte er sich wieder hinter die Steuerelemente und startete. Eine halbe Stunde später landete der Gleiter in einer Parknische vor einer Wohnung, die Axton als geheimen Stützpunkt benutzte.
Kaum hatte Kelly das Antigravtriebwerk abgeschaltet, als Avrael Arrkonta in der Nische erschien. Er kam aus der Wohnung heraus. »Was ist passiert?« fragte er beunruhigt, daß Axton ihn bisher nicht informiert, sondern nur hierher bestellt hatte. Der Terraner berichtete ihm hastig, was geschehen war, und welche Entscheidung Orbanaschol III. getroffen hatte. »Der Imperator befindet sich in einer schweren Krise«, schloß Axton seinen Bericht. »Er ist jetzt gefährlicher denn je zuvor. Er reagiert wie ein Raubtier, das sich in die Enge getrieben fühlt. Dabei ist er unberechenbar.« Gentleman Kelly legte den paralysierten Arkoniden auf eine Couch. Axton verabreichte Malok ein Mittel, das die Lähmung aufhob. Einige Minuten verstrichen, dann richtete der Arkonide sich auf. Jetzt gab Axton ihm eine weitere Injektion. »Was spritzen Sie mir da?« fragte Malok ängstlich. »Ein Präparat, das Sie zwingen wird, uns die Wahrheit zu sagen«, erklärte der Verwachsene freundlich. »Nein. Das dürfen Sie nicht tun«, rief der Arkonide entsetzt. »Ich darf alles«, belehrte ihn Axton. Er wartete einige Sekunden, dann fuhr er fort: »Und nun erzählen Sie uns, wer Sie sind, und was Sie dazu veranlaßt hat, mir nachzuspionieren.« »Ich bin Malok, ein Künstler«, erwiderte der Arkonide mit schleppender Stimme. »Ich habe von Eihrett Khantron den Auftrag erhalten, herauszufinden, wer der Empfänger der Nachricht ist, die ich von Arkon II hierher gebracht habe.« Axton und Arrkonta wechselten einen schnellen Blick miteinander. Die Antwort des Künstlers verriet ihnen, daß der Präsident des Komitees von Arkon II der Organisation Gonozal VII. auf die Spur gekommen war. Axton stellte eine Reihe von Fragen. Dabei bemühte er sich zu ermitteln, wodurch
Gegner des Imperators die Organisation aufgefallen war und sich verraten hatte. Doch Malok war viel zu wenig informiert. Er konnte auf diese Fragen nicht erschöpfend antworten. Nach einer Stunde intensiven Verhörs hatte Axton die wichtigste Information, die es für ihn überhaupt geben konnte, noch nicht aus ihm herausgeholt. Da fragte Avrael Arrkonta, der merkte, daß Malok kurz vor dem physischen Zusammenbruch stand: »Sind Sie ausschließlich mit der Absicht nach Arkon I gekommen, Aufklärungsarbeit gegen die Organisation Gonozal VII. zu leisten?« »Nein, ich wollte auch noch mit dem Dreifachen Sonnenträger Spronthrok sprechen«, antwortete Malok. Axton richtete sich überrascht auf. Er wußte, daß der Flottenkommandeur politische Ambitionen hatte und zum Kreis jener Leute gezählt werden mußte, die Orbanaschol stürzen und ablösen wollten. »Moment«, sagte er erregt. »Was hatten Sie mit Spronthrok zu bereden?« »Ich habe ihm die Nachricht verkauft, daß Kristallprinz Atlan sich auf Arkon II im Militärgefängnis von Olp'duor befindet«, entgegnete Malok. Er schwankte plötzlich. Dann fiel ihm der Kopf nach vorn auf die Brust, und er kippte langsam um. Gentleman Kelly fing ihn auf, bevor er auf den Boden stürzen konnte. Er legte ihn auf die Couch. Malok atmete laut und keuchend. Seine Augen waren unnatürlich geweitet. »Was haben Sie da gesagt?« schrie Axton. Er rüttelte an den Schultern Maloks. »So reden Sie doch. Ich will hören, was mit Atlan ist.« »Lassen Sie ihn in Ruhe«, bat Avrael Arrkonta, der nicht weniger erregt war als der Terraner, sich aber besser beherrschte. »Wenn Sie ihm keine Erholungspause gönnen, bringen Sie ihn um.« Lebo Axton-Kennon preßte die Hände vor das Gesicht und setzte sich in einen Sessel. »Wie ist das nur möglich?« fragte er stammelnd. »Wie konnte das passieren? Warum weiß ich davon noch nichts? Ich hätte
23 längst informiert sein müssen.« Er blickte den arkonidischen Freund verzweifelt an. »Wissen Sie, was das bedeutet?« fragte er mit schriller Stimme. »Atlan ist verloren, wenn wir ihm nicht sofort helfen. Man wird ihn ermorden, oder man wird ihn geistig vernichten, um seine seelenlose Hülle als Marionette zu benutzen.« Avrael Arrkonta legte Axton tröstend die Hand auf die Schulter. »Bei allen Göttern«, sagte er erschüttert. »Ich wußte nicht, daß Sie Atlan so lieben, Lebo!«
* Zeit gewinnen! signalisierte das Extrahirn, als sich die Tür der Zelle öffnete. Dieses Mal hatte man Atlan nicht zusammen mit Fartuloon eingesperrt. Vier Offiziere standen vor ihm. Einer von ihnen war Beyze. »Die Frist ist um«, sagte er. »Khantron wartet auf Sie.« Atlan erhob sich, strich seine Gefangenenjacke glatt und verließ die Zelle. »Wo ist mein Gefährte?« fragte er. Beyze deutete stumm zu einer anderen Zelle hinüber. Dann schob er Atlan vor sich her auf einen Gang. Er führte ihn zu einem Büro, das von auffallend vielen Soldaten abgesichert wurde. Hier wartete der Präsident des Komitees von Arkon II auf Atlan. Er saß hinter einem mit Kommunikationsgeräten bestückten Arbeitstisch. Er bot Atlan keinen Platz an. »Nun?« fragte er knapp. »Wie haben Sie sich entschieden.« »Ich möchte Sie bitten, mir weitere Informationen über die politische Situation hier im Herzen des Imperiums zu geben«, sagte Atlan. »Sie werden verstehen, daß ich mich nicht blind entscheiden kann.« Eihrett Khantron schüttelte den Kopf. »Ich erwarte eine klare Antwort von Ihnen«, entgegnete er. »Entweder ja oder nein. Eine andere Antwort ist nicht möglich.«
24 »Was habe ich zu tun, wenn ich ja sage?« Khantron schlug eine Akte auf, die vor ihm lag. Sie enthielt einen Vertrag, der über mehrere Seiten ging. Der Präsident tippte mit dem Zeigefinger auf den unteren Teil der letzten Seite. »Sie brauchen nur hier zu unterzeichnen, und alles ist in Ordnung.« »Geben Sie mir den Vertrag. Ich möchte ihn durchlesen.« Khantron schob ihm den Vertrag zu und bot ihm nun endlich Platz an. Atlan setzte sich und las. Schon nach wenigen Zeilen erkannte er, daß der Vertrag die schlimmste Demütigung darstellte, die für einen Mann wie ihn überhaupt vorstellbar war. Er sollte auf sämtliche Rechte verzichten und alle Macht Eihrett Khantron überlassen. Dabei sollte er sich gar noch verpflichten, eine allmähliche Übergabe auch der äußerlichen Rolle des Imperators an Khantron zu betreiben. Atlan warf das Papier auf den Schreibtisch zurück. »Sie übertreiben«, sagte er verärgert. »Sie haben mich nicht so in der Hand, daß Sie mir das zumuten können.« Eihrett Khantron beugte sich vor und stützte sich mit den Ellenbogen am Tisch ab. »Sie werden unterschreiben«, erklärte er. »Sie haben keine andere Wahl.« »Vielleicht doch!« »Inzwischen weiß ich, wer Ihr Gefährte ist. Er war ein enger Vertrauter von Gonozal VII. Ich bin dabei, die wichtigsten Informationen über ihn zu sammeln. In ein oder zwei Stunden kann ich Ihnen alles über diesen Mann sagen. Vielleicht ist es aber gar nicht notwendig, so lange zu warten. Vielleicht ist er dann schon tot.« Vorsicht! signalisierte das Extrahirn. Du bist in der Zwickmühle. »Als ich ihn zuletzt gesehen habe, ging es ihm noch recht gut«, erwiderte Atlan. Khantron zeigte auf das Fenster. »Gehen Sie dorthin, und sehen Sie hinaus.« Atlan gehorchte. Er stand auf und schritt
H. G. Francis zum Fenster hinüber. Von hier aus konnte er auf einen Gefängnishof hinabblicken. Fartuloon saß in der Mitte des Hofes auf einen Stuhl, an den man ihn gefesselt hatte. Ihm direkt gegenüber war ein Energiestrahler auf einem Gestell aufgebaut. »Und jetzt sehen Sie hierher«, forderte Khantron. Atlan drehte sich um. Der Präsident des Komitees von Arkon II deutete überlegen lächelnd auf einen schwarzen Kasten mit einer Taste daran. »Das ist der Auslöser«, erklärte er. »Von hier aus kann ich Ihren Freund erschießen. Und genau das werde ich tun, wenn Sie den Vertrag nicht augenblicklich unterschreiben.« Du mußt! schrie es in Atlan. Du hast keine andere Wahl! »Was hindert mich daran, später den Vertrag anzufechten oder ihn zu brechen?« fragte er in dem Bestreben, Zeit zu gewinnen. Eihrett Khantron streckte schweigend die Hand aus und senkte sie auf die Taste. »Noch ein Wort, Atlan«, sagte er drohend. »Und der Mann dort unten ist tot.« Tränen der Enttäuschung, des Zorns und der Erregung schossen Atlan in die Augen. Hatte er seinen großen Kampf nur geführt, um am Ende eine derartig demütigende Niederlage hinnehmen zu müssen. Du kannst nicht mehr ausweichen, stellte der Logiksektor kalt fest. Du mußt unterschreiben. Du weißt, daß du nicht zulassen kannst, daß Fartuloon getötet wird. Mit einer derartigen, Schuld könntest du nicht leben. Er griff nach dem Schreibinstrument, das Khantron ihm hinhielt. Der mächtigste Mann von Arkon II zog seine Hand vom Auslöser zurück. Du wirst eine Chance haben, diesen Vertrag zunichte zu machen, beruhigte ihn das Extrahirn. Er unterzeichnete den Vertrag. »Und jetzt befreien Sie Fartuloon endlich von diesem Hocker da unten«, forderte er zornig.
Gegner des Imperators Eihrett Khantron lächelte herablassend. »Atlan«, sagte er höhnisch. »Sie wissen doch, was im Vertrag steht. Wo bleibt die richtige Umgangsform? Ich vermisse ein freundliches Bitte!« Drohend schob er seine Hand über den Auslöser. Atlan blickte ihn haßerfüllt an. In diesen Sekunden war er nahe daran, seine Fassung zu verlieren. Er war gezwungen, ein Spiel mitzumachen, das seinem Naturell nicht entsprach. Und doch konnte er in diesen Sekunden nichts anderes tun, als den Nacken zu beugen. »Bitte«, sagte er mit bebender Stimme. »Beenden Sie die Quälerei. Lassen Sie meinen Freund losbinden.« »Na also«, entgegnete Khantron triumphierend. »Ich wußte doch, daß Sie ein vernünftiger Mann sind.« Er beugte sich vor und sprach die Anweisung ins Mikrophon, Fartuloon zu befreien. Atlan ging erneut zum Fenster und beobachtete, wie einige Soldaten die Fesseln Fartuloons lösten. »Und jetzt müssen wir uns über die nächsten Schritte klar werden«, sagte Eihrett Khantron. Er erhob sich, ging um seinen Arbeitstisch herum und blieb vor Atlan stehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und wippte leicht auf den Zehenspitzen. Ihm war anzusehen, daß er sich als absoluter Sieger fühlte.
5. Ein anderer Raum. Eine andere Zeit. Peter Randok blickte versonnen auf die Traummaschinen. Unter einer von ihnen lag, an ein Lebenserhaltungssystem angeschlossen, Sinclair Marout Kennon. Von ihm war allerdings nicht viel zu sehen. Verschiedene Instrumente zeigten an, daß das Gehirn in dem Robotkörper noch lebte. Eine Tür öffnete sich: Jeremy Thorton trat ein. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Wir hätten längst abgelöst werden müs-
25 sen. Warum kommt niemand?« Peter Randok wollte antworten. Er öffnete den Mund und schloß ihn wieder, weil er plötzlich vergessen hatte, was er hatte sagen wollen. Er krauste die Stirn und horchte in sich hinein. Irgend etwas hatte sich verändert. Er wußte es genau. Eben noch war alles ganz anders gewesen. Er blickte Jeremy Thorton an. Der Ultradim-Mathelogiker und Hyperphysiker hatte trübe Augen. Seine Gesichtszüge wurden schlaff. Seine Hände spielten an einem Stellrad herum. In Randok regte sich etwas. Er fühlte sich beunruhigt und alarmiert. Er wußte genau, daß gefährlich war, was Thorton machte, aber er wußte nicht mehr, warum. Stöhnend fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. Er versuchte, sich mit aller Kraft zu konzentrieren, und für Sekunden klärte sich sein Geist. Er erkannte, daß eine fremde Macht nach ihm und Thorton gegriffen hatte. Irgend etwas beeinträchtigte plötzlich ihr Denkvermögen. Es war, als hätten sie von einer Sekunde zur anderen ihre Intelligenz eingebüßt. Peter Randok ging zu Thorton und schob dessen Hände von dem Stellradweg. »Das darfst du nicht tun«, sagte er mit scheppernder Stimme. »Warum nicht?« fragte Thorton, der ebenso wie er auch in den Diensten der USO stand und die Aufgabe hatte, mit ihm zusammen über die Sicherheit des Mannes unter der Haube zu wachen. »Weiß nicht«, antwortete Randok. Er drehte sich um und blickte zu Sinclair Marout Kennon hinüber. An der Traummaschine befanden sich zahllose Knöpfe und Kontrollleuchten. Einige von ihnen blinkten verführerisch. Sie weckten, den Spieltrieb in Peter Randok. Sie lockten ihn unwiderstehlich zu den bunten Lämpchen an der Traummaschine, unter der Sinclair Marout Kennon lag, der in einer fernen Zeit und in einer anderen Reali-
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tät als Lebo Axton lebte.
* »Was machen wir mit ihm?« fragte Avrael Arrkonta und zeigte auf Malok. »Er muß früher oder später nach Arkon II zurückkehren oder zumindest irgendwelche Nachrichten übermitteln.« »Wir müssen Atlan befreien«, stellte Axton fest. »Und wir müssen Eihrett Khantron den Wind aus den Segeln nehmen. Das sind unsere beiden ersten Ziele. Dafür müssen wir Malok einsetzen, und wir müssen den Riesenroboter auf Arkon III einschalten. Wir haben einige Sektoren präpariert, und wir wollen sie für uns nutzen, ich weiß nur noch nicht, wie.« »Ich bin davon überzeugt, daß es Ihnen bald einfallen wird«, bemerkte Arrkonta freundlich. »Wir stehen unter Zeitdruck. Atlan ist in Gefahr. Das ist es, was mich irgendwie lähmt. Ich kann nicht klar denken«, entgegnete der Verwachsene. »Erlaubst du, daß ich etwas sage, Liebling?« fragte Gentleman Kelly. Axton blickte überrascht auf. Er hatte nicht erwartet, daß der Roboter Ideen in die Diskussion einbringen würde. »Selbstverständlich, du wandelnder Schrotthaufen.« »Dann möchte ich die Feststellung treffen, daß du sonst auch nicht klar denken kannst«, erwiderte Kelly. Das linke Lid des Terraners begann heftig zu zucken. Seine Hände öffneten und schlossen sich, und sein Gesicht verfärbte sich. »Mußt du ausgerechnet jetzt mit einem derartig unqualifizierten Mist kommen?« fragte er heiser vor Ärger. »Ich darf dich verbessern, Schätzchen. Von einem qualifizierten Mist kann man höchstens in der Landwirtschaft reden. Wir aber sind bei einem ganz anderen Thema.« »Hinaus mit dir«, befahl Axton. »Ich will dich nicht mehr sehen.«
»Vergeblich grübele ich darüber nach, was dich gegen Kritik so empfindlich macht«, verkündete Gentleman Kelly mit gehobener Stimme. »Was, oh Geliebter, ist dir widerfahren?« Axton und Arrkonta blickten sich an. Der Arkonide grinste. »Ich verstehe«, sagte er. »Kelly hält das für Psychologie.« Lebo Axton schüttelte den Kopf. »Das mag ja sein«, sagte er stöhnend. »Ich ertrage das jedoch nicht. Begreifst du das, Kelly? Ich will nicht, daß du dich einmischst. Ich benötige deine komische Psychologie nicht, um zu vernünftigen Gedanken zu kommen. Im Gegenteil. Du bringst mich um damit.« »Ich stelle fest, daß eine leichte Besserung eingetreten ist.« Axton beschloß, den Roboter zu ignorieren. Er fühlte sich ihm in seiner augenblicklichen Lage nicht gewachsen, und er hatte nicht die Kraft, sich mit ihm auseinanderzusetzen. »Was werden Sie tun?« fragte Arrkonta. »Zunächst werde ich klären, warum Eihrett Khantron eigentlich von Arkon III nach Arkon II gegangen ist«, antwortete Axton. »Das ist doch seltsam, nicht wahr? Als Präsident des Komitees von Arkon III hatte er mehr Macht als jetzt.« »Militärische Macht«, wandte Arrkonta ein. »Jetzt hat er wirtschaftliche Macht – und ein wesentlich höheres Einkommen als vorher. Wahrscheinlich bezieht er aus allen Bereichen der Wirtschaft nützliche Gelder. Das wäre auf Arkon III nicht möglich.« »Wer war vorher Präsident auf Arkon II?« »Moira Erclac.« Der Industrielle stutzte. »Sie haben Recht, Lebo. Dieser Wechsel ist in der Tat seltsam. Erclac galt als äußerst fähiger Präsident. Mir war immer unklar, warum er zurückgetreten ist. Allerdings habe ich nur kurze Zeit darüber nachgedacht, weil mich dieses Problem nicht tangierte.« »Verlangt Khantron von Ihnen Bestechungsgelder?« »Ich habe nie jemanden bestochen«, er-
Gegner des Imperators klärte Arrkonta stolz. »Das ist in den entsprechenden Kreisen bekannt.« Axton wandte sich Malok zu. »Er wird eine Injektion bekommen und danach vergessen, was er hier erlebt hat. Wir werden ihn zu Khantron zurückschicken. Ich bin gespannt, wie dieser reagieren wird.«
* Lebo Axton entwickelte eine fieberhafte Aktivität. Er wußte, daß es jetzt um Stunden oder gar um Minuten ging. Er durfte sich nicht schonen, wenn er das Spiel nicht noch in letzter Minute verlieren wollte. Jetzt erwies es sich als Vorteil, daß Orbanaschol ihn zum Chef des Geheimdienstes gemacht hatte. Axton hatte dadurch Zugang zu sämtlichen Archiven des Kristallpalasts. Alle sonst geheimen Informationen wurden ihm zugänglich. Nachteilig war, daß Orbanaschol ihn in seiner Hysterie mit jedem anfallenden Problem behelligte, ihn mit Anweisungen überschüttete, die er oft genug schon Minuten später wieder revidierte. Auf diese Weise beschäftigte er Axton so sehr, daß er seinen Aktionsradius immer mehr einschränkte. Schließlich blieb ihm kaum noch Zeit, sich auf Eihrett Khantron zu konzentrieren. Durch die zunehmende Belastung wurde Axton immer nervöser. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Auf jede Störung reagierte er gereizt. Und schließlich ließ er sich von Kelly ein Psychoregulans verabreichen, um durchhalten zu können. Danach wurde er ruhiger, und er behielt die Übersicht. Ihm wurde klar, daß er in der unglaublichen Hektik, die im Kristallpalast herrschte, seine wahren Absichten gut verbergen konnte. Seine Nachforschungen über Eihrett Khantron gingen in all der anderen Arbeit, mit der ihn Orbanaschol belastete, unter. Der Imperator bemühte sich verzweifelt, die ständig wachsende Schar seiner Gegner einzudämmen. Er gab Axton Mordanweisungen und Vernichtungsbefehle, die dieser jedoch
27 nicht ausführte. Für diese Aufträge setzte er Männer und Frauen aus der Organisation Gonozal VII. ein, denen er vertrauen konnte. Mit ihrer Hilfe sorgte er dafür, daß die Bedrohten im Untergrund verschwanden. Er war überzeugt davon, daß es nur darauf ankam, diese Männer und Frauen über einige Tage hinwegzuretten. Danach – so meinte er – würde es keinen Orbanaschol mehr geben, der kontrollieren konnte, ob seine Befehle auch ausgeführt worden waren. Je mehr Zeit jedoch verstrich, desto deutlicher wurde Axton, auf welch gefährlichem Posten er sich befand. Auch für ihn kam es jetzt darauf an, die nächsten Tage zu überleben. Er kannte Orbanaschol inzwischen gut genug. Er wußte, daß der Imperator ihn plötzlich und ohne Vorwarnung fallen lassen konnte, wenn er sich verraten glaubte. Bei seinen Nachforschungen wurde Axton enttäuscht. Er fand nicht heraus, mit welchen Mitteln Khantron Moira Erclac dazu gebracht hatte, von seinem Amt zurückzutreten und es ihm zu überlassen. Erclac hatte gesundheitliche Gründe angegeben. Aus anderen Unterlagen ging aber einwandfrei hervor, daß er sich bester Gesundheit erfreute. Axton sah keine Möglichkeit, von Arkon I aus entscheidend weiterzukommen. Er beschloß, seine Nachforschungen auf Arkon II fortzusetzen. Als er seinen Arbeitsraum verlassen wollte, meldete sich Orbanaschol bei ihm, um einige Befehle zu widerrufen und neue zu erteilen. Er hatte sich gefangen und wirkte nun nicht mehr ganz so hysterisch wie zuvor. »Ich werde nach Arkon II fliegen«, teilte Axton ihm mit. »Sie wollen den Hügel der Weisen jetzt verlassen? Ausgerechnet jetzt?« schrie der Imperator. »Was hat das zu bedeuten?« »Ich bemühe mich, Ihnen die Macht zu erhalten«, erklärte der Verwachsene ruhig. »Dazu ist notwendig, daß ich nach Arkon II gehe.« »Was wollen Sie da?« fragte Orbanaschol mißtrauisch. »Ich habe Sie darüber informiert, daß ver-
28 schiedene Kreise versuchen, Sie zu stürzen, um selbst an die Macht zu kommen«, erläuterte Axton. »Meine Aufgabe ist es, diese Kräfte daran zu hindern, den entscheidenden Schritt zu tun.« »Gegen wen wollen Sie vorgehen? Mir ist auf Arkon II niemand bekannt, der es wagen könnte, sich gegen mich zu erheben. Wer ist es? Ich will den Namen wissen.« Axton hatte keine andere Wahl. Er mußte die Wahrheit sagen, auch wenn er dadurch seine eigenen Pläne gefährdete. »Eihrett Khantron.« »Das glaube ich nicht«, sagte Orbanaschol verzweifelt. »Ich glaube es einfach nicht. Khantron würde mich nicht verraten. Er nicht. Er ist mein Freund.« »Davon war ich bisher auch überzeugt«, erwiderte der Terraner. »Inzwischen habe ich festgestellt, daß Khantron auf Arkon II eine beachtliche Macht aufgebaut hat. Sie richtet sich gegen Sie. Ich werde versuchen, Khantron noch rechtzeitig aufzuhalten.« »Und ich habe meine Vorstellungen. Ich denke, ich kann das Problem auch auf meine Weise lösen.« In den Augen Orbanaschols leuchtete es mordlüstern auf. Axton wußte, daß dieser Arkonide keine Skrupel kannte. Orbanaschol war in der Lage, selbst gute Freunde von einer Minute zur anderen fallen zu lassen. Wenn sich bei ihm die Überzeugung festsetzte, daß Khantron ein Verräter war, dann würde er ihm ein Mordkommando ins Haus schicken. »Bitte, seien Sie vorsichtig mit Khantron«, sagte Axton. »Es wäre gefährlich, zu früh loszuschlagen. Das könnte die Macht, die hinter ihm steht, zu einer Reaktion zwingen, die wir gerade vermeiden wollen. Ein Bürgerkrieg würde nur den Methans nutzen.« Angst flackerte in den Augen Orbanaschols auf. Er zog den Kopf ein, und plötzlich trat ihm wieder Schweiß auf die Stirn. »Sie haben recht, Axton«, sagte er mit heiserer Fistelstimme. »Wir müssen vorsichtig sein. Also gut. Ich bin einverstanden. Fliegen Sie nach Arkon II, und befassen Sie
H. G. Francis sich mit dem Problem. Ich gebe Ihnen aber nur zwei Tage Zeit.« »Ich hoffe, daß ich früher zurück sein werde.« Axton atmete auf, als Orbanaschol endlich abschaltete. »Da wirst du aber ganz schön unter Druck, Schätzchen«, bemerkte Gentleman Kelly mit schriller Stimme. Axton blickte auf. »Du wandelnder Blecheimer hast ja lange nichts mehr gesagt.« »Ich habe dich stillvergnügt beobachtet, Süßer.« Der Terraner grinste schief. »Lüge nicht so unverschämt«, forderte er, rutschte aus seinem Sessel und eilte mit schleifenden Füßen auf den Roboter zu. »Wenn ein Ding so abgrundtief häßlich ist wie du, sollte es lieber still sein.« Er kletterte auf den Rücken des Roboters. »Das ist es ja gerade, was ich dir auch empfehlen wollte, Lebo«, erwiderte Gentleman Kelly. »Warum redest du eigentlich so viel?« Axton verschlug es den Atem. »Du … Du wagst es, mich häßlich zu nennen?« fragte er schließlich stammelnd. »Na, Süßer, eine Schönheit bist du nun wirklich nicht.« Axton lachte schrill. Die Spannung der letzten Stunden fiel von ihm ab. Wohlwollend schlug er Kelly mit der flachen Hand auf den Schädel. »Du hast recht«, sagte er. »Schön bin ich nicht, aber das stört mich nicht im geringsten. Und nun flitze endlich los. Wir müssen uns beeilen, wenn wir das Linienschiff nach Arkon II noch erreichen wollen.«
* Der Linienraumer landete auf der Nachtseite von Arkon II. Axton verließ das Schiff auf dem Rücken Kellys. Er verzichtete auf einen Gleiter und befahl dem Roboter, das Antigravtriebwerk zu benutzen. Kelly stieg auf und glitt lautlos davon. Er flog zum Mi-
Gegner des Imperators litärgefängnis von Olp'duor. In der Deckung einiger Fabrikationsgebäude näherte Axton sich dem Gefängnis bis auf fast einen Kilometer. Er blickte zu der Anlage hinüber, in der er Atlan wußte. Seltsame Gefühle beschlichen ihn. War es wirklich so, daß Atlan sich aus eigener Kraft nicht mehr helfen konnte? Schloß sich nun der Kreis der Zeit? Näherte sich der Zeitpunkt, an dem er eingreifen mußte, um Atlan in jene Bahn zu lenken, die ihn nach etwa zehntausend Jahren mit Perry Rhodan zusammenführen würde? Axton sah nur eine Lösung der derzeitigen Situation. Er mußte eingreifen und Atlan aus seiner prekären Lage befreien. Er durfte nicht zulassen, daß ein Mann wie Eihrett Khantron die Macht ergriff und Atlan als Aushängeschild benutzte. Aber was konnte er tun? Er war sich noch immer nicht darüber klar. Als er etwa eine halbe Stunde lang auf der Stelle verharrt hatte, befahl er Kelly weiterzufliegen. Er gab ihm die Richtung an. »Wohin geht es?« fragte der Roboter. »Zu Moira Erclac.«
* Auf dem Flug zu Moira Erclac überlegte Axton es sich anders. Er entschloß sich, einen Weg höheren Risikos einzuschlagen. Davor war er zunächst zurückgeschreckt, weil auf ihm allzu viel Unruhe ins Geschehen kam. Nun aber sagte er sich, daß es nicht schaden konnte, wenn Eihrett Khantron zu spüren bekam, daß er noch nicht am Ziel seiner Wünsche war. Er dirigierte Gentleman Kelly um und lenkte ihn zum Organisationsbüro des Geheimdiensts. Zu dieser späten Stunde befanden sich nur acht Arkoniden in den Räumen, die im Schaft eines vierhundert Meter hohen Trichtergebäudes untergebracht waren. Da Lebo Axton nach der Urkundenverleihung per Komputerkommunikation allen Kontroll- und Sicherheitseinrichtungen als
29 neuer Geheimdienstchef bekanntgemacht worden war, konnte er die Robotkontrolle am Eingang passieren, ohne aufgehalten zu werden. Er ließ sich von Gentleman Kelly über einen breiten Gang direkt zu einer Tür tragen, auf der stand: Archiv -UR-ZZ-1. Zu diesem Archiv hatten nur die beiden Leiter der Organisation auf Arkon II Zutritt. Alle anderen mußten die Informationen, die sie haben wollten, anfordern. Axton rechnete nicht damit, daß er hier Informationen vorfinden würde, die im Hauptarchiv auf Arkon I nicht gespeichert waren. Auch von Arkon I hätte er alles abrufen können, was hier gespeichert war. Das aber hätte niemand bemerkt. Als Axton die Tür öffnete, leuchtete im Büro der beiden Leiter der Organisation ein Alarmlicht auf. Der Terraner ließ sich vom Rücken Kellys gleiten und trat ein. Er trat an den Archivkomputer und stellte ihm eine Reihe von Fragen über Moira Erclac. Nur Sekunden vergingen, dann warf der Komputer einige Folien mit den entsprechenden Antworten auf. Axton nahm sie an sich und ließ sie unter seiner Blusenjacke verschwinden. Im gleichen Moment öffnete sich die Tür, und vier Männer stürzten mit erhobenen Waffen herein. Axton drehte sich gelassen um. Er erkannte alle vier Männer nach den Bildern wieder, die er von ihnen gesehen hatte. »Guten Abend, Fac Uopgar«, sagte er. Uopgar war ein fast zwei Meter großer Mann mit ungewöhnlich breiten Schultern und wallendem weißen Haar, das er offen trug. Es fiel ihm vorn so tief ins Gesicht, daß es fast die rötlichen Augen bedeckte. Uopgar war der Leiter der Organisation. »Was machen Sie hier?« fragte er scharf. »Sehen Sie das nicht?« fragte Axton lächelnd. Er deutete auf den Komputer. »Ich war so frei, mir einige Informationen zu holen. Stören Sie mich nicht länger. Ich habe zu tun.« »Führt ihn ab«, befahl Uopgar. »Gebt ihm eine Wahrheitsdroge. Ich will wissen, wie
30 dieser Kerl hier unbemerkt eindringen konnte.« Einer der Arkoniden streckte den Arm nach Axton aus. Blitzschnell zuckte die Hand Kellys herunter und schlug sie zur Seite. Der Arkonide wich aufschreiend zurück. Er hielt sich seine schmerzende Hand, während die anderen ihre Waffen auf den Roboter richteten. »Halt«, rief Axton mit schneidend scharfer Stimme. »Schießen Sie nicht.« Die Arkoniden zögerten. Sie blickten Uopgar unsicher an. »Was fällt Ihnen ein, sich hier …«, begann der Offizier, doch der Verwachsene unterbrach ihn. »Ich empfehle Ihnen, ganz schnell die FFA-Information abzurufen«, sagte er. Uopgar stutzte. »Wollen Sie behaupten, daß Sie …«, fragte er stammelnd. Axton unterbrach ihn abermals. »Beeilen Sie sich«, befahl er. Uopgar trat an den Komputer heran und drückte einige Tasten. Als er die letzte Taste losließ, erhellte sich ein Bildschirm, und das Gesicht Lebo Axtons erschien auf der Bildfläche. Die Arkoniden stöhnten überrascht auf. »Das konnte ich nicht wissen«, erklärte Uopgar stammelnd. »Von dem Leiter eines Organisationsbüros darf man soviel Intelligenz erwarten«, antwortete Axton scharf. »Wenn Sie auch nur ein bißchen Kombinationsgabe hätten, hätte Ihnen sofort klar sein müssen, daß nur Ihr Vorgesetzter das Archiv betreten konnte, ohne aufgehalten zu werden.« »Die Waffen weg«, brüllte Uopgar und stieß einen der anderen Arkoniden zur Seite, der immer noch mit angeschlagener Waffe vor Axton gestanden hatte. »Verzeihen Sie mir, Axton. Ich habe einen schweren Fehler gemacht.« »Schon gut«, erwiderte der Terraner. »Lassen Sie mich allein. Ich habe zu tun.« »Kann ich Ihnen behilflich sein?« »Überhaupt nicht. Sie helfen mir nur,
H. G. Francis wenn Sie mich allein lassen«, erklärte Axton. »Aber ich könnte …« »Verschwinden Sie«, befahl Axton zornig. »Sofort.« Die Arkoniden gehorchten. Sie zogen sich aus dem Archiv zurück. Auf ihren Gesichtern zeichnete sich Ratlosigkeit ab. Sie alle hatten von Axton schon viel gehört, waren ihm jedoch noch nie begegnet. Uopgar war anzusehen, daß er dem Verwachsenen durchaus nicht wohlgesonnen war. In seinen Augen loderte der Haß. Damit aber hatte Axton gerechnet. Ihm war von Anfang an klar gewesen, daß Eihrett Khantron auf Arkon II keine Hausmacht aufbauen konnte, ohne dabei vom Organisationsbüro gestützt zu werden. Er wußte auch, daß Uopgar sich in wenigen Sekunden mit Khantron in Verbindung setzen und diesen alarmieren würde. Das aber lag in seiner Absicht. Atlan befand sich in den Händen Khantrons. Dieser sollte nervös und unsicher werden, damit er die Entscheidung noch etwas herausschob. Er durfte noch nicht gegen Orbanaschol losschlagen, denn jetzt konnte Axton ihm noch nicht in die Arme fallen. Der Terraner wandte sich dem Computer wieder zu und rief weitere Informationen ab. Diese aber waren nicht wirklich wichtig für ihn. Damit wollte er Uopgar und vor allem Eihrett Khantron nur irritieren und verwirren. Er wollte es ihnen nicht gar zu leicht machen, herauszufinden, was er tatsächlich auf Arkon II wollte. Als er etwa zehn Minuten lang am Komputer gearbeitet hatte, erhellte sich ein Bildschirm. Das schlaffe Gesicht Khantrons erschien darauf. Axton bemerkte, daß die Augen des Präsidenten von Arkon II tränenfeucht waren. Voller Genugtuung blickte Axton ihn an. Er erinnerte sich nur zu gut an die ersten Tage, die er im Arkon dieser Zeit erlebt hatte. Eihrett Khantron war unter jenen Männern gewesen, die ihn verhört und gedemütigt hatten, nachdem er aus dem Nichts heraus
Gegner des Imperators auf Arkon III erschienen war. Er hatte sich erfolgreich geweigert, anzugeben, woher er gekommen, und wie er nach Arkon III gelangt war. Seither war sein Verhältnis zu Eihrett Khantron immer gespannt gewesen. »Sie haben es also geschafft, Axton«, eröffnete Khantron das Gespräch. »Sie leiten den Geheimdienst des Imperators.« »So ist es«, antwortete der Verwachsene. »Ich bedauere, daß ich es nicht früher geworden bin. Ich hätte noch erheblich mehr für Arkon tun können.« Erkannte der Arkonide den Doppelsinn dieser Bemerkung? Seine Augen verengten sich. »Ich habe Sie beobachtet, Axton«, sagte er drohend. »Nicht alles, von dem, was Sie getan haben, hat mir gefallen.« »Ich habe es nicht getan, um von Ihnen bewundert zu werden«, erwiderte Axton spöttisch. »Ich warne Sie, Axton. Gehen Sie nicht zu weit. Sie sind der erste Nichtarkonide, der Leiter des Geheimdiensts geworden ist. Sie haben einen gefährlichen Posten. Die Zahl Ihrer Feinde ist groß.« »Ist sie auf Arkon II besonders groß?« »Wer könnte das sagen?« entgegnete der Arkonide ausweichend. »Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich jeden Schritt, den Sie tun, genau zu überlegen. Vieles kann sich verändern, und morgen kann schon falsch sein, was heute noch richtig zu sein schien.« »Das war deutlich«, antwortete der Terraner kühl. »Wenn Sie mich verstanden haben, bin ich beruhigt«, sagte Khantron. »Vielleicht sollten wir uns mal in Ruhe unterhalten.« »Das ist ein ausgezeichneter Vorschlag. Ich werde mich bei Ihnen melden.« Axton schaltete das Gerät ab und beendete damit das Gespräch, ohne Khantron Gelegenheit für weitere Worte zu geben. Jetzt wußte er, daß es ihm gelungen war. Eihrett Khantron ausreichend zu verunsichern. Er war überzeugt davon, daß Khantron seinen Griff zum Thron noch etwas hinausschieben würde. Der Präsident des Komi-
31 tees konnte nicht handeln, bevor er die neue Lage analysiert hatte. Axton glaubte, den zeitlichen Vorsprung zu haben, den er benötigte. Jetzt konnte er gegen Moira Erclac vorgehen.
6. In einem Hotelzimmer, das er für die Nacht gemietet hatte, arbeitete er die Informationen durch, die er aus dem Organisationsbüro hatte. Danach wußte er erheblich mehr über Moira Erclac. Allerdings blieb nach wie vor im Dunkeln, weshalb der Politiker Eihrett Khantron scheinbar widerstandslos gewichen war. Moira Erclac war ein ungewöhnlich reicher Arkonide. Aus den Unterlagen ging hervor, daß er seinen Reichtum mit gewagten Geschäften und mit zum Teil illegalen Aktionen erworben hatte. Zur Zeit lief seine größte geschäftliche Unternehmung. Zum ersten Mal gelang es Axton, einen Blick hinter die Kulissen des großen Finanzgeschehens im Imperium zu werfen. Davon hatte er vorher fast nichts erfahren: Er hatte sich jedoch auch nicht übermäßig dafür interessiert. Das bereute er nun. Moira Erclac finanzierte für das Imperium den Bau des gigantischen Robothirns auf Arkon III. Dieser riesige Roboter war, wie Axton wußte, die Kernzelle des späteren Robotregenten. Moira Erclac hatte einen Herstellungsvertrag mit dem Imperium abgeschlossen, der ihn verpflichtete, den riesigen Roboter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellen. Er hatte die Aufgabe, alles zu finanzieren. Das Imperium würde den Roboter erst übernehmen und bezahlen, wenn er voll funktionstüchtig war, und wenn alle Arbeiten abgeschlossen waren. Der Preis dafür war festgelegt. Moira Erclac hatte das Risiko, das mit diesem Geschäft verbunden war, auf sich genommen. Er hoffte auf einen gigantischen Gewinn. Diesen konnte er einstreichen, wenn es ihm gelang, den Roboter zu einem niedrigeren Preis als vereinbart herzustellen.
32 Nach den bisher erzielten Ergebnissen hatte Erclac gute Chancen, den erhofften Gewinn zu erzielen. Das Imperium sicherte den Bau mit einem ungeheuren Aufwand ab. Axton hatte größte Mühe gehabt, ein präpariertes Bauteil in den Roboter einzubringen. Er war überzeugt davon, daß es niemandem sonst gelingen würde, so etwas zu tun. Er fragte sich, ob Moira Erclac und Eihrett Khantron finanziell aneinandergeraten waren. Irgend etwas Entscheidendes mußte passiert sein, denn Erclac hatte sein Amt als Präsident des Komitees von Arkon II als Pfründe genutzt und damit alle Finanzierungsschwierigkeiten überwunden. So schien es wenigstens. War ihm dabei ein Fehler unterlaufen, den Khantron für ihn zum Fallstrick hatte werden lassen? Axton bedauerte, daß er nicht mehr Zeit hatte. Er hätte es vorgezogen, nach bewährter Methode gegen Erclac vorzugehen und sich durch umfangreiche Vorbereitungen abzusichern. Dazu blieb ihm jedoch keine Zeit mehr. Die Tatsache, daß Atlan sich in den Händen von Khantron befand, zwang ihn, schnell zu arbeiten. Axton beschloß, sofort bei Erclac einzubrechen und den Finanzier unter dem Einfluß eines Wahrheitsserums zu verhören. Er hoffte, auf diese Weise eine Waffe in die Hand zu bekommen, mit der er Khantron beseitigen und Atlan befreien konnte. Atlan flog zum Haus Moira Erclacs. Es war in anderer Architektur gebaut als die sonst üblichen Häuser der Arkoniden. Das Anwesen Erclacs stellte eine Wohnsiedlung dar, die über den Hang eines Berges verstreut lag. Sämtliche Bauteile des terrassenförmig angelegten Komplexes waren miteinander verbunden. Es war eine der schönsten Wohnanlagen, die Axton im arkonidischen Imperium gesehen hatte. Zu dieser nächtlichen Stunde, als Axton über den Dächern des Anwesens erschien, war niemand mehr auf. Alle Hausteile waren unbeleuchtet. Axton klopfte Kelly auf den Schädel. »Wach auf«, forderte er. »Ich brauche
H. G. Francis dich.« »Das ist mir schon lange klar«, erwiderte Kelly. »Was kann ich diesmal für dich tun?« Axton spähte nach unten. Aufgrund der neu in ihm erwachten Fähigkeiten konnte er in der Dunkelheit fast so gut sehen wie am hellichten Tag. Sie schwebten in einer Höhe von etwa vierhundert Metern über einen kleinen Wasserfall und waren noch annähernd fünf Kilometer von dem Wohnsitz Erclacs entfernt. »Kannst du Teile der Alarmanlage erkennen? Siehst du irgendwo Antennen oder Überwachungsgeräte?« »Überall«, antwortete Kelly. Der Roboter schilderte die Alarm- und Sicherheitseinrichtungen. Dabei beschränkte er sich auf das Notwendigste. Dennoch wurde sein Bericht so umfangreich, daß Axton ihn schließlich unterbrach. »Schon gut«, sagte er nervös. »Ich habe begriffen. Das da ist keine Villa im üblichen Sinn, das ist eine Festung.« Ratlos blickte Axton auf das Anwesen hinab. Er hatte mit Schwierigkeiten gerechnet, aber nicht mit unüberwindlichen Hindernissen. Er sah keine Möglichkeit, in eines der Häuser zu kommen, ohne einen Alarm auszulösen. Je geringer seine Aussichten jedoch waren, desto mehr fühlte er sich herausgefordert. Er sagte sich, daß Moira Erclac gute Gründe haben mußte, sich in dieser übertrieben erscheinenden Weise abzuschirmen. Während er noch überlegte, sah Axton, daß sich bei einem der am höchsten gelegenen Häuser eine Tür öffnete. Eine riesige Katze kam zögernd heraus, machte einen Buckel und eile dann federnd davon. Er hatte noch nie eine derartig große Katze gesehen. Er schätzte ihre Schulterhöhe auf weit über einen Meter. Zwei Arkoniden folgten aufgeregt dem Tier. Axton schloß daraus, daß sie nicht damit einverstanden waren, daß die Katze sich von dem Haus entfernte. »Das ist unsere Chance«, rief er Kelly zu. »Schnell.«
Gegner des Imperators Gentleman Kelly interpretierte den Befehl des Terraners richtig. Er beschleunigte, umrundete die Anlage, ließ sich dann steil absinken und tauchte plötzlich vor der offenen Tür auf. Axton spähte zu den beiden Arkoniden hinüber, die sich mit lauten Rufen bemühten, die Riesenkatze wieder ins Haus zurückzutreiben. Das Tier war jedoch recht eigenwillig und versuchte, immer wieder auszubrechen. Auf dem Rücken Kellys glitt Axton durch die offene Tür in einen kleinen Vorraum, der mit einem Kamin ausgestattet war. Einige Sessel standen um die offene Feuerstelle herum. Axton versuchte, die einzige weiterführende Tür zu öffnen, doch es gelang ihm nicht. Er blickte sich suchend um und entdeckte einen Schrank. »Dort verstecken wir uns«, sagte er hastig. Kelly zog die Schranktür auf. Das Möbel war groß genug für sie beide. Erst stieg der Roboter hinein, dann kletterte der Verwachsene zu ihm und stellte sich neben ihn und schloß die Tür. Sekunden später kehrten die beiden Arkoniden mit der Katze zurück. Axton hörte sie fluchen. Das Tier fauchte und knurrte vernehmlich. Und dann fiel eine Tür zu. Der Terraner hielt unwillkürlich den Atem an. Er horchte, konnte aber aus den Geräuschen zunächst nicht schließen, was im Raum geschah. Dann aber vernahm er ein lautes Schnaufen, und gleichzeitig sah er mit seinen infrarotempfindlichen Sinnen helle Flecke an der Tür. Sie zeigten ihm an, daß die Katze vor der Schranktür stand und den für sie unbekannten Gerüchen nachging. Axton zog seinen Kombistrahler und stellte ihn auf Paralysewirkung. »Komm, Clysandra«, rief einer der Arkoniden. »Nun komm endlich.« Das Schnaufen und Schnüffeln entfernte sich. Axton atmete auf. Er hörte, wie sich eine Tür öffnete und schloß, und dann wurde es still im Raum. »Öffne«, befahl Axton mit gedämpfter
33 Stimme. Gentleman Kelly legte seine Hände gegen die Schranktür. Es knackte leise, und die Tür öffnete sich. Axton blickte einem Arkoniden, der vor dem Schrank stand, direkt in die Augen. Beide Männer waren so überrascht, daß sie zunächst wie gelähmt auf der Stelle standen. Nicht eine Sekunde lang hatte der Terraner daran gedacht, daß nur einer der beiden Arkoniden zusammen mit der Katze den Raum verlassen haben könnte. Der Arkonide reagierte schneller als Axton. Er riß die Fäuste hoch und schlug zu. Jetzt aber griff Gentleman Kelly ein. Er schob seine stählernen Hände blitzschnell vor das Gesicht und den Körper Axtons, so daß die Fäuste des Arkoniden gegen sie prallten. Der Wächter Erlacs stöhnte vor Schmerzen auf. Seine Arme sanken schlaff nach unten. Jetzt endlich hatte Axton seine Überraschung überwunden. Er löste den Paralysator aus. Der Arkonide brach zusammen und blieb regungslos auf dem Boden liegen. Der Terraner beugte sich über ihn und drückte ihm die Lider zu. »In den Schrank mit ihm«, befahl er. Kelly hob den Paralysierten auf und legte ihn in den Schrank. Axton verabreichte ihm noch eine zweite Dosis, um zu verhindern, daß er sich allzu früh wieder bewegen konnte. Dann schloß Kelly die Schranktür. »Da haben wir noch einmal Glück gehabt«, stellte der Verwachsene erleichtert fest. »Wir können nur hoffen, daß die anderen Bewohner auch wirklich schlafen.« Gentleman Kelly öffnete auch die weiterführende Tür, nachdem er kurz daran gelauscht hatte. Axton machte keine Einwände. Seine Sinne signalisierten ihm zwar, daß höchste Gefahr bestand, doch das führte er darauf zurück, daß er sich in dieser festungsähnlichen Anlage befand. Tatsächlich hielt sich niemand in dem Raum auf, der hinter der Tür lag. Es war ein Jagdzimmer, in dem der Hausherr seine Trophäen aufbewahrte. Eine geschwungene Treppe führte nach
34 unten. Axton folgte ihr, wobei er sich wieder auf den Rücken Kellys stellte und den Roboter schweben ließ, so daß sie sich lautlos voranbewegen konnten. Sie verharrten am Fuß der Treppe, als sie Stimmen hörten. »Sie entfernen sich von uns«, stellte Kelly leise fest. Er zeigte auf eine Tür und glitt an sie heran. Axton spürte die herannahende Gefahr körperlich. »Vorsicht«, rief er und dirigierte Kelly hastig hinter einen blühenden Zierbusch. Kaum hatten sie die Deckung erreicht, als sich die Tür öffnete und ein Arkonide herauskam. Er trug eine Offiziersuniform. Zögernd blieb er am Fuß der Treppe stehen. Er blickte zur Tür zurück. Axton schloß aus seinem Verhalten, daß er etwas vergessen hatte. Er tippte Kelly an und hob seinen Kombistrahler. »Ganz ruhig«, befahl er mit gedämpfter Stimme. »Keinen Laut und keine Bewegung, sonst schieße ich.« Der Arkonide schien nicht im mindesten überrascht zu sein. Er drehte sich zu Axton um und hob die Arme leicht an. Er lächelte geringschätzig. »Was soll das denn?« fragte er. »Ich wußte gar nicht, daß Erclac sich so etwas wie einen Hofnarren hält.« Lebo Axton-Kennon zog eine Autoinjektionsampulle aus seiner Jackentasche hervor und entsicherte sie. Der Arkonide sah die bläuliche Flüssigkeit darin und begriff. Er wich einen Schritt zurück. »Bleiben Sie stehen«, befahl Axton. »Es liegt allein an Ihnen, ob Sie diese Nacht überleben oder nicht.« »Wer sind Sie?« »Das werden Sie später erfahren.« Gentleman Kelly packte zu. Er wirbelte den Arkoniden herum, umfing ihn mit einem Arm und hielt ihm mit der anderen Hand den Mund zu. Axton drückte ihm die Ampulle an den Hals, und die bläuliche Flüssigkeit drang zischend durch die Haut in den Körper des Arkoniden ein. Der Offizier
H. G. Francis bäumte sich kurz auf, erschlaffte dann aber. Widerstandslos ließ er sich von Kelly die Treppen hinauftragen. Im Kaminzimmer begann das Verhör. »Wohin wollten sie eben gehen?« fragte Axton. »Zu Moira Erclac. Er erwartet mich«, antwortete der Offizier mit schwerer Zunge. Sein Gesicht verfärbte sich. Die Wahrheitsdroge schien seinen Kreislauf zu stark zu belasten. Besorgt prüfte Axton seinen Puls. Danach sah er sich gezwungen, ihm eine Ruhepause zu gönnen. »Wo ist Erclac?« fragte er dann. »Im grünen Saal.« »Was ist das?« »Das ist das Zentrum dieser Wohnanlage«, erwiderte der Offizier. »Von dort aus steuert Erclac den Riesenroboter, von dort aus erteilt er seine Befehle an seine Helfer. Dort lenkt er seine Geschäfte.« Axton-Kennon wollte eine weitere Frage stellen, als ihn plötzlich ein seltsames Gefühl überkam. Ihm war, als löse er sich auf. Ziehende Schmerzen erfüllten seinen Körper. Er blickte auf seine Hände, und ihm schien, als würden sie durchsichtig. Voller Entsetzen dachte der Terraner an die Traummaschine auf dem Planeten Meggion im Occad-System. Was geschah dort? Hantierte jemand an der Maschine, um ihn zurückzuholen? Nicht jetzt! schrie es in ihm. Das bisher so erfolgreiche Experiment durfte nicht ausgerechnet jetzt zu Ende sein. Das Auflösungsgefühl ließ nach. Axton stabilisierte sich. Er spürte sein eigenes Gewicht, und er blickte auf seine Hände, als könne er nicht fassen, daß er sie noch sehen konnte. Sie zitterten heftig. »Was ist los mit dir, Liebling?« fragte Kelly besorgt. »Kann ich dir helfen?« »Nein, nein«, antwortete Axton stammelnd. »Es ist schon gut.« Die Warnung war deutlich. Axton zweifelte nun nicht mehr daran, daß auf Meggion etwas passiert war. Er wußte, daß ihn niemand in voller Absicht in Gefahr bringen
Gegner des Imperators würde. So konnte er nur vermuten, daß sich ein technischer Fehler eingeschlichen hatte oder daß mit den Wissenschaftlern, die die Anlage überwachten, etwas nicht stimmte. Die Angst, um die letzten Stunden gebracht zu werden, in denen er noch etwas für Atlan tun konnte, trieb ihn an. »Weshalb ist Moira Erclac als Präsident des Komitees von Arkon II zurückgetreten?« fragte er hastig. »Schnell. Antworte.« »Weil Erclac in seiner neuen Position seine Macht besser ausüben kann«, erklärte der Offizier mit monotoner Stimme. Der Terraner stutzte. »Es muß etwas passiert sein zwischen Eihrett Khantron und Moira Erclac«, führte er aus. »Wie konnte Khantron Erclac zwingen, zurückzutreten und ihm das Amt zu überlassen?« »Er hat ihn nicht gezwungen«, erwiderte der Offizier. »Erkläre, was vorgefallen ist«, forderte Axton mit schriller Stimme. »Antworte.« Er übersah, daß der Offizier unter dem Einfluß der Wahrheitsdroge seine Fragen nicht frei interpretieren und dem Sinn nach beantworten konnte. Der Arkonide schwieg. In seinem Gesicht zuckte es. Axton beobachtete ihn und begriff. Mit aller Kraft versuchte er, sich zu beruhigen. »Warum ist Eihrett Khantron Präsident geworden?« fragte er. »Weil Erclac es so wollte.« Diese Auskunft überraschte Axton. Sie stellte alle Überlegungen auf den Kopf, die er bisher angestellt hatte. Plötzlich stimmte nichts mehr. »Hat Erclac ihn gezwungen?« »Das hat er getan.« Axton-Kennon schaltete blitzschnell um. Sein in langen Jahren geschulter Verstand reagierte auf die neue Situation und stellte sich darauf ein. Das besondere kriminalistische Gespür, das Axton schon immer ausgezeichnet hatte, half ihm auch jetzt. Es gelang ihm, die Fragen so zu formulieren, daß der Offizier ihm in wenigen Minuten ein umfassendes Bild der Lage gab.
35 Danach sah alles ganz anders aus, als Axton es sich ursprünglich vorgestellt hatte. Eihrett Khantron war nicht mehr als eine Marionette für Erclac. Er hatte ihn als Präsident von Arkon II eingesetzt, ebenso wie seinen Nachfolger als Präsident des Komitees auf Arkon III, dem Kriegsplaneten. Moira Erclac war nicht nur Finanzier und Erbauer des Riesenroboters. Ihm war es auch gelungen, dieses gigantische Unternehmen für sich zu nutzen und in seinem Sinn zu programmieren. Nicht Eihrett Khantron war der wirklich mächtige Mann. Moira Erclac war es. Er herrschte praktisch über die Planeten Arkon II und Arkon III. Er griff mit Hilfe von Atlan zur Macht über das gesamte Imperium. Axton erkannte, daß er sich im Zentrum der Hausmacht von Erclac befand. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt vor Schrecken, als er begriff, was das bedeutete. Wenn man ihn hier überraschte, würde man ihn auf der Stelle töten, denn er war der Mann, der die Macht Orbanaschols repräsentierte. Wenn Erclac Orbanaschol stürzte, dann mußte er auch die Helfer des bisherigen Imperators vernichten. Axton stellte fest, daß es ihm gelungen war, Informationen von unschätzbarem Wert einzuholen, daß er damit jedoch solange nichts anfangen konnte, wie er im Haus Erclacs war. »Ist Atlan hier?« fragte er abschließend. »Er ist nicht hier«, antwortete der Offizier zögernd. Die Wirkung der Droge ließ nach. »Er befindet sich im Militärgefängnis.« »Will Erclac ihn hierher bringen?« »Das hat er vor.« »Schätzchen, du mußt daran denken, daß dieser Offizier erwartet wird«, unterbrach Gentleman Kelly. »Man wird ihn suchen.« »Ich weiß«, entgegnete der Verwachsene. »Gib ihm die Spritze.« Der Roboter trat an den Arkoniden heran und verabreichte ihm eine Injektion. Der Offizier wehrte sich nicht. Das Medikament zischte in seine Halsschlagader und wurde vom Blut direkt ins Gehirn transportiert.
36
H. G. Francis
»Steh auf und geh zu Erclac«, befahl Axton. Der Offizier gehorchte. Er bewegte sich mit ungelenken Bewegungen wie eine Puppe. Sein Gesicht war ausdruckslos. Er hatte vergessen, was ihm widerfahren war. »Wohin?« fragte Gentleman Kelly, als sie allein waren, »zurück ins Hotel?« »Warum denn?« erwiderte Lebo Axton. »Sobald Erclac den Offizier sieht, weiß er, daß etwas nicht in Ordnung ist. Wahrscheinlich erkennt er sogar die wahren Zusammenhänge. Er wird erraten, daß jemand in seine Festung eingedrungen ist und seinen Plan, Beherrscher des Imperiums zu werden, gefährdet. Aus der Tatsache, daß der Offizier noch lebt, wird er schließen, daß wir geflüchtet sind. Er wird also hauptsächlich außerhalb der Mauern dieses Anwesens suchen, nicht aber innerhalb. Und wir bleiben drinnen, aber nicht hier.« Bevor Axton den Raum verließ, öffnete er den Schrank und verabreichte dem noch immer paralysierten Arkoniden ebenfalls die Droge, die seine Erinnerung an die Vorfälle auslöschte. Dann drang er zusammen mit Kelly weiter zum Mittelpunkt des Gebäudekomplexes vor.
* Atlan drehte sich um, als sich die Tür seiner Zelle öffnete. Fartuloon, mit dem er gesprochen hatte, erhob sich. Die beiden Männer näherten sich der Tür. Ihre Absicht war deutlich. Nur ein Offizier stand vor ihnen, und er hielt noch nicht einmal eine Waffe in der Hand. Der Offizier hob mahnend eine Hand. »Machen Sie keinen Unsinn«, sagte er. »Neben mir stehen sieben Wachen. Sie werden sofort schießen, wenn Sie übermütig werden.« Er wich zwei Schritte zurück. Atlan trat bis an die Tür heran. Er konnte die Wachen sehen. »Was gibt es?« fragte er so ruhig, als sei nichts geschehen.
»Kommen Sie, Atlan. Und Sie auch, Fartuloon. Wir werden einen Besuch machen.« Atlan und Fartuloon verzichteten auf weitere Fragen. Sie verließen die Zelle und traten auf den Gang hinaus. Sie waren beide fest entschlossen, die erste sich bietende Chance zu nutzen, den Vertrag zu brechen, den Atlan unterzeichnet hatte. Zwischen den Wachen schritten sie den Gang entlang. Sie ließen sich zu einem großen Gleiter führen, der mehr als zwanzig Plätze hatte. In dieser Maschine flogen sie durch die Nacht. Die seitlichen und die hinteren Scheiben waren verhängt, so daß sie nicht erkennen konnten, wohin man sie brachte. Der Flug dauerte nicht lange, dann landete die Maschine an einem Berghang zwischen einigen flachen Häusern. »Aussteigen«, sagte der Offizier knapp. Er zielte jetzt mit seinem Energiestrahler auf Atlan. »Und machen Sie uns keine Schwierigkeiten. Sie können nicht dabei gewinnen, und wir alle würden nur Zeit dabei verlieren.« Atlan und Fartuloon stiegen wortlos aus. Die Wachen drängten sich um sie und schoben sie durch eine Tür in einen kleinen Raum. Die Tür schloß sich hinter ihnen, dann glitt ein Teil des Fußbodens zur Seite. Ein Antigravschacht wurde sichtbar. Der Offizier trat über die Kante hinaus und sank lautlos in die Tiefe. Die Wachen schoben Atlan und Fartuloon zum Schacht und zwangen sie, dem Offizier zu folgen. Als sie etwa zwanzig Meter tief gesunken waren, gerieten sie in ein großes Gewölbe mit grün schimmernden Wänden. An einem kreisrunden Tisch saßen zwanzig Arkoniden. Atlan entdeckte Eihrett Khantron unter ihnen. Der Präsident des Komitees von Arkon II diskutierte heftig mit einem hochgewachsenen, auffallend schlanken Mann. Die Runde unterbrach das Gespräch, als sie Atlan bemerkten. Der Schlanke erhob sich von seinem Sessel. Er hatte dunkelrote Augen, die Atlan prüfend anblickten. Ein zynisches Lächeln lag auf seinen Lippen.
Gegner des Imperators Atlan spürte sofort, daß dieser Mann die überragende Persönlichkeit der Gruppe war. Selbst Eihrett Khantron stand in seinem Schatten. »Aha«, sagte er. »Der neue Imperator von Arkon. Erheben Sie sich, meine Herren. Begrüßen Sie Atlan, so wie es ein Imperator erwarten kann.«
7. Axton duckte sich, als der Gleiter landete. Er verbarg sich hinter einer kleinen Ziermauer. »Nach unten mit dir«, flüsterte er Kelly zu, als dieser aufrecht stehenblieb. Der Roboter sank lautlos zu Boden. »Du solltest dich irgendwo verstecken«, fuhr Axton fort. »Du kannst zu leicht geortet werden. Was hältst du von dem Brunnen dort drüben?« Er hörte nicht auf das, was der Roboter antwortete, denn in diesem Moment stiegen die Männer aus, die mit dem Gleiter gekommen waren. Für einen kurzen Moment konnte der Terraner einen jungen Mann mit silberhellem Haar sehen, das ihm bis auf die Schultern reichte. Er war so überrascht, daß er fast aufgesprungen wäre. »Atlan«, sagte er keuchend. »Das ist Atlan.« Eine maßlose Erregung überfiel ihn. Dies war das erste Mal, daß er Atlan in dieser Zeit sah. Er kannte einen biologisch noch jungen, aber durch Erfahrungen und zahllose Erlebnisse gereiften Atlan aus einer anderen Zeit. Obwohl diese Erfahrungen Spuren im Gesicht des über zehntausend Jahre alten Atlan hinterlassen hatten, war die Ähnlichkeit mit diesem jüngeren Atlan so groß, daß für Axton-Kennon nicht der geringste Zweifel bestand. Er folgte den Männern mit seinen Blicken, doch es gelang ihm nicht, das Gesicht Atlans noch einmal zu sehen. Die anderen Arkoniden drängten sich so dicht um ihn, daß sie ihn vor ihm verbargen. Sie schoben ihn förmlich in eines der Häuser hinein.
37 Als sich die Tür hinter ihnen schloß, startete der Gleiter wieder. Axton richtete sich auf. Er legte Gentleman Kelly die Hand auf die Schulter. »Du mußt dich verstecken«, sagte er erneut, während er in die Runde spähte. Deutlich konnte er die Spitzen der zahlreichen Antennen sehen, die die einzelnen Gebäude sicherten. Er konnte sich gut vorstellen, daß irgendwo eine Zentrale war, in der alle einfallenden Ortungsreflexe aufgezeichnet wurden. Ein so großes Objekt wie Kelly mußte auffallen, zumal es überwiegend aus Metall bestand. Axton tippte sich mit den Fingern gegen sein Armbandfunkgerät. »Du ziehst dich in den Brunnen zurück«, befahl er. »Falls ich dich benötige, gebe ich dir per Funk ein Zeichen. Dann kannst du anstellen, was du willst. Du mußt auf jeden Fall versuchen, zu mir zu kommen und mir zu helfen.« »Du weißt doch, daß es mich stets zu dir zieht, Liebling«, erwiderte der Roboter mit schriller Stimme. Axton nickte. »Dann ist es ja gut«, sagte er. »Ich weiß, daß ich mich auf dich verlassen kann.« Gentleman Kelly legte sich flach nach vorn. Er glitt davon. Selbst für Axton war kaum zu erkennen, wie er im Brunnen verschwand. Der Terraner überlegte kurz. Für ihn stand fest, daß er Atlan folgen mußte. Er wußte noch nicht, was er unternehmen konnte. Er war sich nur darüber klar, daß er hier auf Arkon II auf nahezu verlorenem Posten stand. Auf Arkon I hätte er jederzeit die Organisation Gonozal VII. alarmieren können. Das konnte er hier nicht, obwohl es auch auf dem Handelsplaneten einige Mitarbeiter gab. Wesentlich unangenehmer aber war, daß er sich nicht darauf verlassen konnte, daß der arkonidische Geheimdienst auf Arkon II sich seinen Befehlen beugte. Er mußte vielmehr damit rechnen, daß Moira Erclac auch innerhalb dieser Organisation seine Helfers-
38 helfer hatte. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte er seine Macht nicht so ausweiten können. Axton stellte gar nicht erst lange Überlegungen an. Er ging davon aus, daß sich Arkon II bereits fest in der Hand Erclacs befand. Doch damit nicht genug. Erclac war, wie Axton vermutete, auch Herr über Arkon III, den Kriegsplaneten. Dort mochte es durch die Militärs noch Widerstandskräfte gegen ihn geben, die Macht über den Riesenroboter verlieh ihm jedoch einen erheblichen Vorsprung. Aus einem der Häuser, die weiter von Axton entfernt waren, kamen mehrere Männer und zwei Roboter hervor. Sie eilten zu dem Haus hinüber, durch das der Terraner in die Anlage eingedrungen war. Axton registrierte, daß man bemerkt hatte, daß etwas nicht in Ordnung war. Er fühlte sich jedoch nicht mehr gefährdet als zuvor. Er eilte weiter. Als er eine Pergola erreichte, erhob sich unmittelbar vor ihm die riesige Katze aus einem Gebüsch. Sie blickte ihn mit grün leuchtenden Augen an und fauchte leise. Der Verwachsene blieb stehen. Seine Hand tastete sich zum Kombistrahler und zog ihn langsam aus dem Gürtel. Als er die Waffe gegen das Tier richten wollte, sprang es auf ihn zu. Der Kosmokriminalist warf sich zur Seite, um dem Angriff zu entgehen. Die Tatzen mit den messerscharfen Krallen fuhren dicht an ihm vorbei. Axton wollte den Paralysator auslösen, als eine der hinteren Tatzen gegen seinen Arm schlug. Die Krallen schlitzten den Ärmel auf und brachten ihm eine tiefe Fleischwunde bei. Zugleich schmetterten sie ihm die Waffe aus der Hand. Die Katze fuhr herum und duckte sich so tief, daß der Kopf fast den Boden berührte. Sie schnaufte leise, und ihre hochgleitenden Lefzen entblößten fingerlange Reißzähne. Lebo Axton zog einen Desintegratorstift aus dem Gürtel. Er war kaum mehr als ein Werkzeug, mit dem man kleine Reparaturen durchführen oder Unebenheiten entfernen
H. G. Francis konnte. Es war jedoch keine Waffe, da die Desintegratorklinge nur etwa einen Zentimeter lang war. Die Katze schien sich ihrer Beute sicher zu sein. Sie griff nicht mit vehementer Wucht an, sondern hieb spielerisch mit den Tatzen nach Axton. Dieser schob sich vorsichtig zur Seite, wobei er das Tier ständig im Auge behielt. Etwa drei Meter neben ihm lag der Kombistrahler auf dem Boden. Axton verzichtete bewußt darauf, Kelly zu Hilfe zu rufen. Er wollte es allein schaffen, und er glaubte auch daran, daß er es schaffen konnte. Springend und hüpfend wich er den Tatzen der Katze aus. Dabei merkte er, wie sehr ihn der Kampf anstrengte. In den ersten Sekunden hatte er noch nicht darauf geachtet, wieviel Kraft es ihn kostete, sich vor den spielerischen Angriffen zu retten. Je länger der Kampf jedoch dauerte, desto mehr erlahmten seine Kräfte. Als er zum Funkgerät griff, um Gentleman Kelly herbeizurufen, stürzte sich die Katze auf ihn. Die gewaltigen Zähne blitzten über seinem Kopf. Instinktiv stieß Axton mit dem Desintegrationsstift zu. Er traf das Tier an der Unterlippe und spaltete diese. Kreischend und fauchend warf sich die Katze herum und flüchtete einige Meter weit von ihm. Dann kauerte sie sich ins Gras und beobachtete ihn. Er sah, daß sie sich die Wunde leckte. Axton bückte sich und nahm seinen Kombistrahler auf. Seine Hand zitterte vor Schwäche. Er bemerkte, daß mehrere Arkoniden aufmerksam geworden waren. Sie riefen das Tier beim Namen. Die Katze richtete sich auf und wandte ihnen den Kopf zu. Der Terraner zog sich vorsichtig zurück. Er wollte das Tier dann paralysieren, wenn ihm gar keine andere Möglichkeit mehr blieb. Die Riesenkatze zog es vor, den lockenden Rufen der Arkoniden zu folgen. Sie warf Axton noch einen forschenden Blick zu, dann setzte sie mit einem mächtigen Sprung über einen Busch hinweg und verschwand.
Gegner des Imperators Der Kosmokriminalist eilte ebenfalls davon. Er rechnete damit, daß die Arkoniden mißtrauisch werden würden. Von der Tür des Hauses her, in dem Atlan verschwunden war, beobachtete er die Wachen. Sie näherten sich der Stelle, an der er mit der Katze gekämpft hatte, fanden jedoch nichts, was sie weitergeführt hätte, und zogen sich wieder zurück. Sekunden später flammten überall Scheinwerfer auf, die das Gelände taghell erleuchteten. Axton öffnete die Tür und flüchtete ins Haus. Der Raum, in dem er sich befand, war unbeleuchtet. Das störte ihn jedoch nicht, sondern half ihm, sich zu orientieren. Die Lichtelemente hatten einen höheren Wärmewert als die anderen Gegenstände, so daß er sie leicht ausmachen konnte. Er sah mit seinen infrarotempfindlichen Augen auch die Fußspuren der Männer, die vor einigen Minuten hier gewesen waren. Sie führten alle zur Mitte des Raumes und endeten dort. Axton untersuchte den Boden und stellte fest, daß ein kreisrunder Ausschnitt die Transportplatte eines Antigravschachts war. Als er das herausgefunden hatte, wußte er auch, wo Atlan geblieben war. Axton überdachte die Situation. Er war sich darüber klar, daß er Atlan und den anderen Arkoniden nicht auf dem gleichen Wege folgen konnte. Er war sich jedoch sicher, daß es noch einen oder mehrere weitere Zugänge zu den tiefer gelegenen Räumen geben mußte. Er konnte sich nicht vorstellen, daß Erclac so leichtsinnig war, sich selbst in eine Falle zu begeben, aus der es keinen Ausweg mehr gab. Der Terraner eilte mit schleifenden Füßen einen Gang entlang, der bis zum Ende des Gebäudes führte. Von hier her vernahm er die Stimmen. Er horchte an den verschiedenen Türen, bis er deutlich zwei verschiedene Stimmen ausmachen konnte. Zwei Männer unterhielten sich über ein Sportereignis. Bewachten Sie eine Treppe oder einen Antigravschacht? Plötzlich entfernten sich die Stimmen,
39 und dann wurde es still. Axton griff sich an den Kopf. Seine Sondersinne sandten schmerzhaft pochende Impulse aus, die ihn warnten. Sie zeigten ihm an, daß sich ihm eine Gefahr näherte. Axton begriff. Man hatte ihn bemerkt. Daß die beiden Arkoniden im Raum sich von ihm entfernten, war ein deutliches Zeichen dafür. Sie versuchten, ihn zu täuschen. Axton überprüfte seinen Kombistrahler und stellte ihn auf Paralysewirkung. Dann streckte er die Hand zum Türschalter aus. Es war ein einfacher Druckschalter, doch er lag so hoch, daß der Verwachsene ihn nicht erreichen konnte. Fluchend zog er einen Schuh aus. Dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und schlug den Schuh vorsichtig gegen den Schalter. Es klickte leise, und die Tür glitt zur Seite. Der Raum dahinter war dunkel. Der Terraner zog sich den Schuh an und trat dann ein. Die Tür schob sich unter dem sanften Druck seiner Hand zu. Axton lehnte sich gegen sie. Mit Hilfe seiner infrarotempfindlichen Augen entdeckte er die beiden Arkoniden. Sie standen etwa zehn Meter von ihm entfernt zu beiden Seiten einer offenen Tür. Von dort aus führte eine Treppe nach unten. Die beiden Arkoniden hielten Energiestrahlwaffen in den Händen, richteten sie jedoch nicht auf ihn, sondern ließen sie nach unten hängen. Axton lächelte. Die beiden glaubten, daß er in der Dunkelheit ebensowenig erkennen konnte wie sie selbst auch. Sie warteten auf ihn und hofften, ihn überrumpeln zu können. Vorsichtig streckte er seine linke Hand aus und tat, als ob er sich vorantasten müsse. Dabei näherte er sich den beiden Wachen. Er trat absichtlich etwas fester auf als gewöhnlich, um ihnen durch die Geräusche anzuzeigen, wo er war. Als er noch fünf Meter von ihnen entfernt war, hob er den Kombistrahler und löste ihn zweimal aus. Die beiden Arkoniden brachen
40 mit einem dumpfen Laut zusammen. Die Waffen polterten auf den Boden. Axton eilte zu ihnen, nahm die Waffen auf und entfernte die Energiepatronen aus ihnen. Dann verabreichte er den beiden Männern eine weitere Strahlendosis, um sicher sein zu können, daß sie ihm nicht in den Rücken fielen, wenn er auf der Treppe war. Danach schaltete er das Licht ein. Neben der Tür, durch die er gekommen war, befand sich ein Monitorschirm. Auf ihm zeichnete sich der Gang ab. Die Arkoniden hatten ihn also deutlich gesehen. Wie viele vor ihnen hatten auch sie ihn wegen seiner verkrüppelten Gestalt unterschätzt. Axton blockierte die Tür zum Gang, so daß sie von außen nicht so leicht geöffnet werden konnte. Dann stieg er die Treppe hinunter. Er schob sich Stufe für Stufe voran, wobei er sich bemühte, so leise wie möglich zu sein. Zunächst fiel noch genügend Licht auf die Stufen, dann aber wurde es dunkler. Da offenbar seit längerer Zeit niemand mehr die Treppe hinabgegangen war, gab es nur eine geringe Wärmestrahlung, so daß auch der Kosmokriminalist Mühe hatte, sich zu orientieren. Axton versuchte, die ständigen Warnimpulse seines Extrahirns zu ignorieren, doch es gelang ihm nicht. Die Aktivität dieser Sondersinne war überflüssig. Niemand brauchte ihm anzuzeigen, daß er sich in höchster Gefahr befand. Das wußte er auch so. Die neuerwachten Sondersinne hatten ihm aber schon mehrfach das Leben gerettet. Das war vor allem dann der Fall gewesen, wenn er eine heraufziehende Gefahr mit anderen Mitteln gar nicht hätte feststellen können. Seine Muskeln verkrampften sich. Die Beine schmerzten. Er war es nicht gewohnt, sich allein vorwärtszubewegen. Allzu oft hatte er die Hilfe Kellys in Anspruch nehmen müssen. Er war dazu gezwungen gewesen, weil er körperlich zu schwach war. Immer wieder hatte er versucht, seinen Körper durch Gymnastik und Belastungstraining zu
H. G. Francis stärken, aber ohne Erfolg. Es war, als habe sein Körper nicht mehr die Möglichkeit, Muskeln zu bilden. Axton erreichte nach etwa einer halben Stunde ein Schott. Er tastete es suchend ab, bis er eine Kontaktscheibe fand. Er drückte seine flache Hand dagegen, und lautlos glitt das Schott zur Seite. Dahinter lag ein matt erhellter Gang. Niemand hielt sich auf ihm auf. Unter der Decke befand sich eine Videokamera, die jedoch keine Wärmestrahlung hatte. Sie war nicht eingeschaltet. Da Axton-Kennon nicht wußte, ob sie sich in den nächsten Sekunden einschalten würde, hastete er unter ihr hindurch. Einige Meter hinter ihr blieb er stehen. Das Schott schloß sich, und tatsächlich konnte der Verwachsene nun beobachten, wie drei Wärmeherde in der Kamera entstanden. Et atmete auf. Dann aber bemerkte er, daß die Kamera sich zu drehen begann. Er eilte zu ihr zurück und blieb direkt unter ihr stehen. Das Objektiv schwenkte herum und erfaßte den Teil des Ganges, auf dem er sich eben noch befunden hatte. Nun drehte sie sich erneut und richtete sich wieder auf das Schott. Die Wärmeherde in der Kamera erloschen. Axton grinste. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und versuchte, das ständige Zucken seines linken Lides zu unterdrücken. Er ging weiter und folgte dem Gang bis zu einer mosaikartigen Glaswand, die ihn auf einer Seite begrenzte. Durch die Glassteine hindurch konnte er die Gestalten einiger Arkoniden sehen. Sie wurden durch das Glas jedoch so verzerrt, daß er sie nicht identifizieren konnte. Er zweifelte jedoch nicht daran, daß dies die Männer waren, die Atlan begleitet hatten. Gedämpft drangen ihre Stimmen zu ihm. Sie schienen erregt zu sein. Zu seinem Bedauern konnte er sie jedoch nicht verstehen. Er überlegte, was er tun sollte. Sein Vorstoß bis zu diesem versteckt angelegten Raum mußte einen Sinn bekommen. Er mußte versuchen, entweder wichti-
Gegner des Imperators ge Informationen zu bekommen oder die Versammlung zu sprengen. Axton beschloß, zunächst einmal Informationen einzuholen. Er nahm den Desintegratorstift und führte ihn vorsichtig gegen einen Glasstein. Geräuschlos löste er ein daumengroßes Stück davon ab. Dahinter lag ein Hohlraum, der durch eine dünne Schicht Glas begrenzt wurde. Axton führte den Stift durch die Öffnung und löste ein wenig Glas von der anderen Seite auf. Er schuf ein Loch von knapp einem Zentimeter Durchmesser, während er gleichzeitig die Arkoniden beobachtete. Aus ihrem Verhalten konnte er nicht erkennen, ob sie seine Aktivität beobachteten oder nicht. Er zog den Stift zurück und lehnte sich neben dem Glasmosaik an die Wand. Jetzt konnte er die Stimmen der Arkoniden deutlich hören. »… bleibt uns nur eine Alternative«, erklärte einer von ihnen mit schneidender, unangenehmer Stimme. »Entweder Sie halten sich an den Vertrag und tun, was wir Ihnen befehlen, oder wir pflanzen Ihnen einen elektronischen Sender ins Gehirn, der Sie zwingt, das zu tun, was wir wollen.« »Bei der ersten Möglichkeit haben Sie eine glänzende Zukunft«, erläuterte ein anderer aus der Versammlung. »Sie können Ihr Leben genießen, ohne Verantwortung tragen zu müssen. Ihre finanziellen Mittel sind praktisch unbegrenzt. Sie können tun und lassen, was Sie wollen – vorausgesetzt, daß Sie hin und wieder im Kristallpalast erscheinen, einige Gesetze unterzeichnen, hier und da mal eine Rede halten und Ihren Repräsentationspflichten nachkommen.« »Mit der praktischen Politik haben Sie nichts zu tun«, fuhr der Arkonide mit der unangenehm schneidenden Stimme fort. »Das ist meine Sache. Ich werde eine saubere, zukunftsweisende Politik machen, die nichts mehr mit der Politik Orbanaschols gemein haben wird.« »Sie wollen die Macht für Ihre eigenen Zwecke«, sagte ein anderer. Axton-Kennon stockte der Atem. Die Stimme klang jünger
41 als jene, die er kannte, aber es war einwandfrei Atlans Organ. »Sie sehen im Amt des Imperators nichts weiter als eine Möglichkeit maßloser Bereicherung.« »Wer soviel für Arkon und das Imperium erreicht, wie ich erreichen werde, der darf auch seine Vorteile davon haben«, entgegnete der Arkonide mit der unangenehm klingenden Stimme. Axton zweifelte nicht daran, daß es Erclac war. »Aber das alles steht nicht zur Debatte. Sie müssen sich entscheiden.« »Ich wäre ein Narr, wenn ich mir etwas ins Gehirn einpflanzen ließe«, erklärte Atlan leidenschaftlich. »Ich beuge mich der Gewalt.« »Und Sie glauben wirklich, Sie könnten mir irgendwann in der Zukunft die Macht entreißen«, stellte Erclac amüsiert fest. »Nun gut, Atlan. Ich lasse Ihnen Ihren naiven Glauben. Nur – versuchen Sie es nicht zu früh, sich gegen mich aufzulehnen. Es würde Sie das Leben kosten.« Die Warnung war deutlich. Axton erfaßte, was Erclac damit meinte. Die für ihn und seine Anhänger gefährlichste Phase war die Machtübernahme. Wenn Atlan sich ausgerechnet dabei allzu widerspenstig benahm, blieb Erclac keine andere Möglichkeit, als ihn zu töten. »Ich habe verstanden«, sagte Atlan. »Ich werde Sie nicht daran hindern, Orbanaschol zu beseitigen und die Macht zu übernehmen. Danach aber werden wir weitersehen.« »Sie sind ein mutiger Mann, Atlan«, sagte Erclac ohne jede Ironie. »Vielleicht kommen wir doch noch zu einer guten und vernünftigen Zusammenarbeit. Es sollte mich freuen.« Plötzlich und völlig unerwartet, weil Axton die alarmierenden Impulse seines Sonderhirns ignoriert hatte, öffnete sich direkt neben ihm eine Tür. Zwei Arkoniden standen vor ihm. Sie waren ebenso überrascht wie er, reagierten jedoch schneller als er. Sie zogen ihre Energiestrahler aus den Gürteln und richteten sie auf ihn. Axton blieb keine andere Wahl.
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H. G. Francis Er hob die Arme über den Kopf.
* Der Kosmokriminalist sah sofort, daß er Moira Erclac gegenüberstand. Er kannte sein Aussehen von zahlreichen Bildaufnahmen her. Erclac sah fast so aus wie ein Ara. Seine Nase sprang weit vor. Die roten Augen lagen tief in den Höhlen. Die Wangen waren hohl, und die oberen Zähne ragten über die Unterlippe hinaus. »Lebo Axton«, sagte der Arkonide. Er schien nicht überrascht zu sein. »Ich wußte, daß Sie früher oder später bei mir erscheinen würden, zumal Sie nun Chef des Geheimdiensts sind. Aber so? Ist das nicht unter Ihrem Niveau?« »Durchaus nicht«, erwiderte der Verwachsene kühl. Er ließ die Arme sinken, da man ihm den Kombistrahler und den Desintegratorstift abgenommen hatte. »Ich sehe keine besondere Gefahr darin, Sie hier aufzusuchen. Außerdem sollten Sie mich genügend kennen, um zu wissen, daß ich grundsätzlich nichts ohne Rückendeckung tue.« Moira Erclac schüttelte den Kopf. »Ich kenne Sie nicht, Axton. Zwar habe ich einiges von Ihnen gehört, das reicht jedoch nicht aus, mir über Ihre Fähigkeiten ein Urteil zu bilden. Ich weiß nur, daß Sie ein Speichellecker Orbanaschols sind. Sie haben ihm einige Male das Leben gerettet.« »Und jetzt werde ich dafür sorgen, daß Sie nicht heimlicher Imperator werden«, entgegnete Axton gelassen. »Dafür dürfte es zu spät sein«, sagte Erclac. Er nahm ein kugelförmiges Gerät vom Tisch und hielt es sich ans Ohr. Dann drückte er eine Taste und flüsterte etwas, was Axton nicht verstehen konnte. Einige Sekunden verstrichen, dann glitt ein verächtliches Lächeln über die Lippen des Finanziers. Er schüttelte den Kopf und legte die Kugel auf den Tisch zurück. »Ohne Netz und doppelten Boden«, sagte Erclac. »Wie haben Sie sich das vorgestellt, Axton?«
Sinclair Marout Kennon-Axton achtete nicht auf ihn. Er blickte Atlan an, und auch dieser hatte nur Augen für ihn. Vorläufig entdeckte der Terraner jedoch noch kein Zeichen des Verstehens bei dem Kristallprinzen. »Bringt ihn hinaus?« befahl Erclac. »Was haben Sie vor?« fragte der Kosmokriminalist. »Meine Leute werden Sie zu einem Transmitter begleiten, und Sie werden eine Reise antreten.« »Wohin?« Moira Erclac lachte. »Woher soll ich das wissen? Der Transmitter ist auf keine Gegenstation justiert. Er sendet. Ob es irgendwo ein Gerät gibt, das auf seine Frequenz eingestellt ist, das weiß ich nicht. Sie werden es erfahren, Axton, falls Sie je wieder rematerialisieren sollten.« Lebo Axton legte seine Hand über das Handgelenk der anderen Hand und gab das Funksignal an Gentleman Kelly ab. »Wollen Sie nicht wissen, weshalb ich überhaupt zu Ihnen gekommen bin?« fragte er. »Interessiert Sie nicht, was ich Ihnen zu sagen habe?« Erclac schüttelte verächtlich lächelnd den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Mann wie Sie so ahnungslos ist«, bemerkte der Verwachsene, doch auch damit konnte er Erclac nicht beeindrucken. Der Finanzier des Riesenrobots gab seinen Männern ein Handzeichen. Die Wachen ergriffen Axton und schleiften ihn zum Ausgang. Doch plötzlich geschah etwas, mit dem niemand gerechnet hatte. Der Körper Axtons wurde transparent. Die Hände der Arkoniden glitten durch ihn hindurch, und er sank leicht wie eine Feder zu Boden. Hier stabilisierte er sich wieder etwas. Er wälzte sich hin und her und entging so den zupackenden Händen der Wachen. Moira Erclac schrie auf. Die Wachen wichen vor Axton zurück. Die anderen Arkoniden sprangen von ihren Plätzen auf und näherten sich ihm. Auch At-
Gegner des Imperators lan und Moira Erclac wurden von dem Phänomen förmlich angezogen. Schweigend blickten sie auf die verwachsene Gestalt hinab, die sich mal verdichtete, dann aber aussah, als wolle sie sich in Nichts auflösen. Die Erscheinung dauerte fast eine Minute. Dann war alles wieder normal. Lebo Axton lag keuchend auf dem Boden. Der Vorfall hatte ihn bis zur totalen Erschöpfung angestrengt. Er war nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft zu erheben. Atlan beugte sich zu ihm herab, legte ihm die Hände an die Oberarme und zog ihn vorsichtig hoch. »Ich denke, Sie haben mir doch etwas zu erklären, Axton«, sagte Moira Erclac mit bebender Stimme. Axton-Kennon bemerkte erst jetzt, daß ein Mann im Raum war, der kein Arkonide war. Er war wesentlich kleiner als die Arkoniden. Axton schätzte ihn auf 1,65 Meter. Er hatte einen kahlen Schädel und einen schwarzen Vollbart. Seine gelb schimmernden Augen verschwanden fast hinter Fettwülsten. Axton Kennon kam dieser Mann irgendwie bekannt vor. Er konnte ihn jedoch nicht unterbringen. Doch das beschäftigte ihn in diesen Sekunden auch gar nicht. Er beobachtete, daß der Bärtige einem Arkoniden äußerst langsam und vorsichtig den Energiestrahler aus dem Gürtel zog. Dadurch gab er sich eindeutig als Gegner der Arkoniden und als Freund Atlans zu erkennen. Axton bemühte sich, die Arkoniden abzulenken, um dem Bärtigen zu helfen. »Ich habe die ganze Zeit versucht, Sie darauf aufmerksam zu machen«, sagte Axton. Er rang übertrieben laut keuchend nach Luft, und er tat, als strenge ihn das Sprechen an. »Lassen Sie mir ein wenig Zeit. Dann sollen Sie alles erfahren, was für Sie wichtig ist.« Er klopfte sich mit verzerrtem Gesicht in der Herzgegend gegen die Brust. »Der Kreislauf«, erläuterte er ächzend. »Er will nicht immer so, wie ich gerne
43 möchte.« Jetzt endlich hatte der Bärtige es geschafft, dem Arkoniden die Waffe abzunehmen. Er trat langsam zurück und hob den Energiestrahler.
8. Der Dreifache Sonnenträger Spronthrok betrat die Hauptleitzentrale des Kreuzers. Die Offiziere, die am Steuerpult standen, drehten sich zu ihm um. Er nickte ihnen zu. »Es ist soweit«, sagte er. »Wir schlagen zu.« Der Pilot setzte sich in seinen Sessel und gab die entsprechenden Kommandos. Der Kreuzer verließ die Kreisbahn, in der er sich seit einigen Stunden befunden hatte. Er stürzte sich förmlich in, die Atmosphäre hinein. Das Ziel war ebenfalls seit Stunden ausgemacht. Es konnte direkt angeflogen werden. Spronthrok stand konzentriert in der Zentrale. Er hatte den entscheidenden Schritt getan. Nun gab es kein Zurück mehr. Wenn es ihm gelang, diese Aktion erfolgreich abzuschließen, dann war so gut wie sicher, daß er Nachfolger Orbanaschols III. wurde. War er nicht erfolgreich, dann konnte er mit dem Leben abschließen. Spronthrok war sich seiner Sache jedoch ziemlich sicher. Er hatte die vergangenen Stunden zu intensiven Informationsgesprächen mit wichtigen Persönlichkeiten des Imperiums genutzt und sich vergewissert, daß diese im Erfolgsfall hinter ihm standen. Alles aber hing davon ab, daß es ihm gelang, Atlan in die Hand zu bekommen und für seine Pläne zu nutzen. Er machte sich keine Gedanken darüber, ob Atlan damit einverstanden war oder nicht. Für ihn stand außer Zweifel, daß der Kristallprinz froh sein würde, mit dem Leben davonzukommen. Er stufte Atlan auch als schwach ein, weil er ihn nicht kannte. Für ihn war Atlan nicht mehr als ein jun-
44 ger Mann, der zufällig der Sohn des ermordeten Gonozal war. Zwar hatte er von einigen spektakulären Aktionen Atlans gehört, doch war er nie direkt mit ihm konfrontiert worden, und er hatte sich, was ihn betraf, stets nur auf Informationen aus zweiter Hand gestützt. Spronthrok wußte, daß in diesem Moment auf Arkon II Alarm ausgelöst wurde. Er wußte jedoch auch, daß dieser keine militärische Wirkung haben würde. Man würde ihn nicht aufhalten. Die verantwortlichen Offiziere auf Arkon II würden erst reagieren, wenn es zu spät war. Nicht zu verhindern war jedoch, daß Arkon I und damit auch der Imperator informiert wurden. Spronthrok atmete tief durch. Er ging zu seinem Sessel und setzte sich. Seine Blicke waren starr auf den Hauptbildschirm gerichtet. »Sind die Mannschaften einsatzbereit?« fragte er. »Einsatzbereit«, antwortete der 1. Offizier erwartungsgemäß. »Sie schlagen sofort nach der Landung zu.« Der Kreuzer verzögerte stark. Spronthrok spürte, wie der Boden unter seinen Füßen vibrierte. Auf dem Hauptbildschirm erschien das Bild des Militärgefängnisses von Arkon II. Der Dreifache Sonnenträger sah, wie die Fenster des Gebäudes im Widerschein der aus den Abstrahlschächten schlagenden Glutstrahlen aufleuchteten und wenig später unter dem Druck der gegen sie anbrandenden Hitzewelle zerplatzten. Die Schleusenschotte flogen auf. Die Mannschaften regneten aus den Schleusen ab. Spronthrok erhob sich. Er hielt es nicht mehr im Sessel aus. Unwillkürlich trat er näher an den Hauptbildschirm heran, um besser verfolgen zu können, was geschah. Seine Offiziere drängten sich um ihn. Die Mannschaften stürmten das Militärgefängnis. Einige Schüsse fielen. Die Energiestrahlen erhellten die Nacht. »Wir sind im Gefängnis«, hallte die Stim-
H. G. Francis me des Kommandoführers aus den Lautsprechern in der Zentrale. »Die Wachen leisten keinen Widerstand mehr.« »Sic haben es geschafft«, sagte der 1. Offizier erleichtert. Er wandte sich dem Dreifachen Sonnenträger zu. »Darf ich Ihnen gratulieren?« »Noch nicht«, entgegnete Spronthrok. »Erst wenn Atlan hier in der Zentrale ist.« »Das wird fraglos in einigen Minuten der Fall sein.« Das Lächeln auf dem Gesicht des Offiziers erlosch, als die nächste Meldung des Kommandoführers kam. »Atlan ist nicht mehr hier«, brüllte es aus den Lautsprechern. »Erclacs Leute haben ihn und seinen Begleiter, den früheren Leibarzt Gonozals, abgeholt.« »Wohin haben sie ihn gebracht?« schrie Spronthrok schreckensbleich. »Zum Wohnsitz Erclacs.« »Wir fliegen dorthin«, entschied der Dreifache Sonnenträger. »Kommen Sie sofort an Bord zurück.« »Dazu ist es zu spät«, rief der 1. Offizier. »Sie können Erclacs Wohngelände nicht stürmen. Sie müssen jetzt direkt in Richtung Imperator vorstoßen.« »Ich will Atlan«, entschied Spronthrok. »Erst wenn ich ihn habe, unternehme ich den nächsten Schritt.« Er fuhr herum. Sein Gesicht rötete sich. »Wir starten in zwei Minuten. Wer dann noch nicht an Bord ist, bleibt hier.« Er kehrte zu seinem Sessel zurück. Sein Gesicht war maskenhaft starr.
* Orbanaschol III. arbeitete so intensiv und konzentriert wie schon seit Jahren nicht mehr. Die Angst vor dem Untergang ließ ihn zu den Qualitäten und jener Disziplin zurückfinden, die diesen Mann unbestreitbar auszeichneten. Mit aller Kraft versuchte er, das wankende Machtgebäude zu stützen und zu halten. Orbanaschol faßte einen fast ungeheuerli-
Gegner des Imperators chen Entschluß. Er kehrte in den Kristallpalast zurück. Er war sich dessen bewußt, daß er seinen Kampf nur hier unter optimalen Bedingungen führen konnte. Nur von hier aus hatte er die Kommunikationen, die er in diesen Stunden unbedingt benötigte. Wie wertvoll sein Entschluß war, zeigte sich, als er kaum eine Stunde lang in seinen alten Räumen war. Der Kriegsminister Organ Vlerghont kam zu ihm. Er befand sich in höchster Erregung. Orbanaschol III. saß an einem Tisch. Vor ihm lagen Berge von Papieren und Akten. Dazwischen standen verschiedene Speisen. Vlerghont blickte verstört auf dieses Chaos. Orbanaschol sprang auf. Sein feistes Gesicht verzerrte sich, und er tat etwas, was er nie zuvor getan hatte. Er entschuldigte sich. »Ich kann nicht anders«, sagte er. »Wenn ich unter einer derartigen Nervenbelastung stehe, muß ich etwas essen.« »Verzeihen Sie mir. Ich wollte keine Kritik üben.« »Schon gut. Was ist los?« »Ich habe soeben eine Nachricht von Arkon II erhalten. Der Kreuzer VERGILNAUT, der unter dem Kommando von Spronthrok steht, ist direkt neben dem Militärgefängnis gelandet. Die Mannschaften haben versucht, einen Gefangenen zu befreien. Wie es heißt, soll es sich dabei um Atlan handeln.« Orbanaschol erbleichte. »Spronthrok ein Verräter?« fragte er mit heiserer Stimme. »Ich kann es nicht glauben.« »Es gibt keinen Zweifel«, beteuerte Vlerghont. »Wissen Sie, was das bedeutet?« fragte der Imperator. Er packte den Kriegsminister an den Oberarmen und blickte ihn durchdringend an. »Das bedeutet, daß Spronthrok meutert. Er will Imperator werden. Er will mich stürzen.« »Ich bin sicher, daß nicht die gesamte Raumflotte hinter ihm steht«, erklärte Vlerghont. »Es genügt schon, wenn er die Militärs
45 spaltet und unsere Kriegsmacht damit lähmt. Die Methans hätten den Vorteil.« »Wir müssen etwas tun.« »Ich weiß.« Orbanaschol wurde ruhiger. Er überlegte einige Sekunden. Dann fragte er: »Sind einige Offiziere mit Raumschiffen in greifbarer Nähe, auf die wir uns verlassen können?« »Es ist das Elitekommando TROMCON im Planquadrat N-c vorhanden, das eingesetzt werden kann.« »Wohin hat sich der Kreuzer gewendet?« »Es sieht so aus, als wolle Spronthrok die Wohnanlage von Moira Erclac angreifen.« »Also gut. Alarmieren Sie die Eliteeinheit. Sie muß eingesetzt werden können. Sie ist unsere letzte Rettung. Spronthrok muß gebremst werden.« Orbanaschol kehrte an seinen Tisch zurück. »Daß Erclac zu den Verrätern gehört, überrascht mich nicht.« Der Kriegsminister eilte zu einem Videogerät und erteilte seine Befehle. Danach kehrte er zum Imperator zurück. Orbanaschol stützte seine Arme auf die Tischplatte. Er war ernst. Seine Augen waren feucht. »Wenn ich diese Krise überstehe, Vlerghont«, sagte er, »dann wird Arkon einen anderen, einen völlig neuen Imperator erleben. Ich habe Fehler gemacht. Sie gilt es auszubügeln. Ich werde mich ändern. Ich werde ein neues Arkon aufbauen. Ein Imperium, in dem es nur Gerechtigkeit und Wohlstand geben soll.« Vlerghont stand wie erstarrt vor Orbanaschol. Er glaubte, sich verhört zu haben. »Ich schwöre bei allen Göttern, die mir heilig sind, daß ich meinen Namen ablegen und unter dem Namen Gonozal VII. weiterregieren werde.« Als Organ Vlerghont nichts erwiderte, packte Orbanaschol ihn an der Uniformbluse. »Haben Sie mich verstanden?« schrie er. Seine Stimme überschlug sich vor Erregung. Seine Augen funkelten wie die eines Wahnsinnigen. »Ich habe verstanden, Erhabener«, ant-
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wortete der Kriegsminister.
* Lebo Axton-Kennon spürte einen heftig anwachsenden Druck im Kopf. Das Gefühl einer übermächtigen Gefahr erdrückte ihn fast. Er sah, daß der Bärtige den Energiestrahler hob und begriff schlagartig, daß er selbst zu den Feinden Atlans und des Bärtigen zählte. Moira Erclac hatte ihn als Chef des Geheimdiensts bezeichnet. Damit war er in den Augen Atlans und seines Begleiters der Repräsentant alles Bösen und Ungerechten. Atlan und der Bärtige mußten in ihm den Vollstrecker aller Befehle Orbanaschols und damit einen widerwärtigen Mörder sehen. Hinter ihm öffnete sich zischend ein Türschott. Unwillkürlich drehte er sich um. »Beyze«, rief Moira Erclac. »Was ist los?« »Ein Kreuzer«, antwortete Beyze keuchend. Er deutete mit der Hand nach oben. »Er landet.« Seine Augen weiteten sich. Er sah, daß Fartuloon einen Energiestrahler hatte. Seine Hand zuckte blitzschnell zur Hüfte und riß die Waffe aus dem Gürtel. Fartuloon zögerte nicht. Er schoß. Ein sonnenheller Energiestrahl durchraste den Raum und tötete Beyze, bevor dieser seine Waffe anschlagen konnte. Die anderen Arkoniden wurden von diesem Schußwechsel völlig überrascht. Sie schrien durcheinander. Moira Erclac stürzte sich an seinen Arbeitstisch. Er kümmerte sich nicht um die auf ihn gerichtete Waffe. Er hämmerte mit seinen Fingern auf einige Tasten. Sein Gesicht verzerrte sich. »Nichts werden sie erreichen«, brüllte er triumphierend. Er blickte Fartuloon an. »Weder die da oben, noch Sie hier.« »Was haben Sie getan?« fragte Atlan. Er nahm einem anderen Arkoniden die Waffe ab und gesellte sich zu Fartuloon. »Ich habe die Möglichkeiten genutzt, die mir der Riesenroboter auf Arkon III bietet«,
erwiderte Erclac. »Seit einigen Tagen kreisen einige Kampfsatelliten um Arkon II. Sie gehorchen den Befehlen, die von dem Riesenroboter ausgehen, und der gehorcht – mir!« In diesem Moment raste Gentleman Kelly wie ein Geschoß gegen die Tür, durch die Axton gekommen war. Das Schott zersplitterte krachend. Fartuloon fühlte sich bedroht. Er schoß auf den Roboter, traf ihn jedoch nicht voll, sondern trennte ihm nur ein Bein ab. »Nicht schießen«, schrie Axton-Kennon in höchster Sorge. »Er will uns helfen.« Moira Erclac nutzte die chaotische Situation für sich. Er warf sich zur Seite, riß eine Lade seines Arbeitstisches auf und holte einen Energiestrahler daraus hervor. Diesen richtete er auf Atlan. Er kam jedoch nicht dazu, ihn abzufeuern, weil Axton sich auf ihn stürzte. Es gelang dem Verwachsenen, den Arm Erlacs zur Seite zu schlagen. Fartuloon und Atlan verständigten sich durch einen kurzen Zuruf. Sie verzichteten darauf, sich noch länger mit Erclac und seinen Leuten auseinanderzusetzen. Sie stürmten auf die zerbrochene Tür zu. Niemand hielt sie auf. Axton kämpfte mit Erclac. Kelly kam ihm zur Hilfe. Gemeinsam gelang es ihnen, Erclac die Waffe zu entwinden. Die anderen Arkoniden suchten ihr Heil in der Flucht. Sie kümmerten sich nicht um Erclac, sondern versuchten, durch das Schott zu fliehen, durch das Beyze hereingekommen war. Als Axton sich mit der Waffe in der Hand aufrichtete, blickte er direkt in die gelben Augen Fartuloons. Der Bauchaufschneider war zurückgekehrt. In der Hand hielt er einen Energiestrahler. Er hob ihn und zielte damit auf Axton. »Ich habe versäumt, die widerlichste Kreatur Orbanaschols auszumerzen«, sagte er.
* Spronthroks Gesicht verzerrte sich vor
Gegner des Imperators Haß und Zorn, als der Kreuzer, sich über dem Wohngelände Erclacs herabsenkte. »Wir landen mitten in der Anlage«, befahl er. »Sollen seine schönen Häuschen ruhig in Trümmer gehen. In diesen Stunden wird noch viel mehr zerstört als nur das.« Auf einem der Bildschirme konnte er verfolgen, wie die Landeteller des Raumschiffs Häuser und Zieranlagen zermalmten. Die aus den Abstrahlschächten schlagende Glut erhellte das Gelände. »Mannschaften raus«, befahl der Dreifache Sonnenträger. Er schaltete sich direkt in den Funkverkehr mit den Bodentruppen ein. »Holt mir Atlan heraus«, schrie er. »Wenn ihr es aber nicht schafft, ihn lebend nach oben zu bringen, dann tötet ihn.« Er verfolgte, wie die Mannschaften aus den Schleusen sprangen. Von Antigravgeräten getragen, sanken sie in ihren Kampfanzügen nach unten. Vereinzelte Energiestrahler wurden abgefeuert. Roboter schossen aus Bodenkammern hervor und griffen die Männer an. Die Alarmpfeifen heulten auf. Spronthrok fuhr herum. »Was ist los?« fragte er atemlos. Der Ortungsleitoffizier deutete auf die Ortungsschirme. »Wir werden aus dem All angegriffen«, berichtete er. »Die Satelliten feuern Raketen auf uns ab.« Spronthrok zögerte. Damit hatte er nicht gerechnet. Bei seinen Gesprächen mit Flottenoffizieren hatte er dafür gesorgt, daß ihm der Rücken freiblieb. Nun aber wurden Satelliten aktiv, von denen es bisher geheißen hatte, daß sie nur Forschungsstationen und Kommunikationszentren waren. Spronthrok erkannte, daß Moira Erclac seine Vorbereitungen ebenso intensiv betrieben hatte wie er selbst auch. »Versuchen Sie, die Raketen abzuschießen«, befahl er. »Wenn dennoch Geschosse durchkommen sollten, schalten wir die Energieschirme ein.« Die Offiziere in der Hauptleitzentrale wi-
47 chen seinen Blicken aus. Sie wußten, daß diese Abwehrmaßnahmen zwingend notwendig waren, weil der Kreuzer sonst zerstört werden würde. Wenn aber die Abwehrschirme aufgebaut wurden, entstand unter dem Schiff das totale Chaos. Die Bodentruppen würden von der explosionsartig nach außen rasenden Energiewand hinweggefegt werden. Keiner der Männer hatte eine Chance, wenn er sich nicht irgendwo in den unterirdischen Anlagen befand. Es blieb jedoch keine andere Wahl.
* Atlan drückte den Arm Fartuloons zur Seite. »Was soll das?« fragte er. »Dafür haben wir keine Zeit. Komm endlich.« »Verstehst du denn nicht?« fragte Fartuloon. »Diese Kreatur ist Chef des Geheimdiensts. Alle Verbrechen, die Orbanaschol begangen hat, sind durch seine Hand ausgeführt worden.« Atlan blickte Axton-Kennon an. »Seine Zeit ist ohnehin zu Ende. Laß ihn.« Er wollte Fartuloon mit sich ziehen. In diesem Moment erzitterte das Gebäude. Die Wände platzten krachend auf. Breite Risse entstanden. Von der Decke stürzten Leuchtplatten herab. Aus dem Antigravschacht ertönten grauenvolle Schreie. Fartuloon verlor das Gleichgewicht. Er rutschte aus und fiel zu Boden. Axton-Kennon warf sich herum. Er klammerte sich an Gentleman Kelly. »Laufen Sie, Atlan«, brüllte er. »Beeilen Sie sich doch. Sie dürfen denen da oben nicht in die Hände fallen. So laufen Sie doch!« Der Kristallprinz bemühte sich um Fartuloon, dem ein Stein auf den Kopf gefallen war. Der Bauchaufschneider blutete aus einer Wunde über der Stirn, war jedoch nicht bewußtlos. Atlan half ihm auf. Er blickte sich nach Axton um und stürmte dann mit Fartuloon davon. Der Terraner wollte Gentleman Kelly be-
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fehlen, ihnen zu folgen. Doch in diesem Augenblick geschah etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Ein gewaltiger Sog erfaßte ihn. Axton schrie gellend auf. Er stemmte sich mit aller Macht gegen die Kraft, die ihn durch Zeit und Raum schleudern wollte. Doch vergeblich. Sein Körper wurde durchsichtig. Atlan, der über die Schulter zurückblickte, sah eine geisterhafte Erscheinung. Er beobachtete, daß die kaum noch sichtbaren Lippen sich heftig bewegten, dann sah er nur noch den Roboter. Gentleman Kelly stand regungslos auf einem Bein. Trümmerstücke regneten auf ihn herab.
* Axton erwachte. Er fand sich in einer Umgebung wieder, in der er schon lange nicht mehr gewesen war. Er begriff. Der Real-Traum war zu Ende. Er kam unter der Haube der Traummaschine hervor und blickte sich maßlos enttäuscht und entsetzt um. Ein Mann stand vor ihm, den er noch nie zuvor gesehen hatte. »Was ist los?« schrie er. »Warum haben Sie das getan?« Der Mann hob den Kopf und blickte ihn mit leeren Augen an. »Ich bin Randok«, sagte er. »Kennen Sie Randok?« »Sie wissen ja nicht, was Sie tun«, brüllte Sinclair Marout Kennon zornig. Er stieß den Mann zurück. »Haben Sie den Verstand verloren.« »Nein, ich bin Randok«, antwortete der Fremde. Ein stolzes Lächeln glitt über sein Gesicht. »Ich bin Wissenschaftler.« Er streckte die Hände aus und griff nach den Armen Kennons. Dieser vergaß für einen Moment, daß er jetzt wieder in einem anderen Körper lebte, in einem Körper, der Titanenkräfte in sich barg. Mit einer Kraftanstrengung, die für Lebo Axton notwendig
gewesen wäre, drängte er Randok zurück. Für einen Kennon aber bewirkten die nervlichen Befehle zuviel. Der Wissenschaftler wurde hochgehoben. Er wirbelte quer durch den Raum und schlug schließlich schwer auf dem Boden auf. Er rutschte noch einige Meter weiter und blieb dann bewußtlos vor einer anderen Traummaschine liegen. Sinclair Marout Kennon blickte auf seine Hand. Im gleichen Augenblick wurde ihm voll bewußt, was es bedeutete, daß er in seinen Robotkörper zurückgekehrt war. Er wußte, daß er auf dem Planeten Meggion im Occad-System und mehr als zehntausend Jahre von Atlan entfernt war. Er stöhnte laut. Seine Hände glitten suchend über die Schaltelemente der Traummaschine. »Du verdammter Narr«, schrie er den Bewußtlosen an. »Wie konntest du so etwas tun?« Er drückte die richtigen Tasten. Eilig legte er sich wieder unter die Haube. Er schloß die Augen. Panik kam in ihm auf, als in den ersten Sekunden nichts geschah. Er wollte sich bereits wieder aufrichten, um die Schaltungen zu kontrollieren, als endlich der erwartete Effekt einsetzte. Kennon spürte, daß etwas nach ihm griff und ihn mit sich riß.
* Spronthrok sah die Katastrophe kommen, als die Sprengköpfe der ersten Raketen über dem Kreuzer explodierten. »Schutzschirme«, brüllte er. Der 1. Offizier hieb seine Faust auf die Schalter. Normalerweise hätten sich die Prallschirme aufbauen müssen. Aber sie taten es nicht. Der 1. Offizier versuchte wieder und wieder, die Schirmfeldprojektoren einzuschalten. Vergeblich. Der Waffenleitoffizier jagte Geschoß auf Geschoß von den Lafetten. Die Energiestrahlkanonen des Kreuzers schossen Sperrfeuer. Der Himmel wurde weißglühend über
Gegner des Imperators dem Kreuzer. Doch alle Raketen konnten die Offiziere nicht abwehren. Einige durchbrachen das Abwehrfeuer. Spronthrok wurde plötzlich aus seinem Sessel geschleudert. Die Bildschirme strahlten unerträglich hell. Die Alarmpfeifen heulten, knirschend und krachend barsten die Stahlwände des Raumschiffs. Nebenaggregate explodierten. Die Offiziere schrien durcheinander. Feuer entstand vor dem Pilotensessel, und dann gingen plötzlich die Lichter aus. Spronthrok erhob sich. Mit ausgestreckten Armen tastete er sich voran, bis er die Schalter für die Notstromaggregate fand. Er drückte sie herunter. Die Notbeleuchtung sprang an, doch keiner der Bildschirme erhellte sich. Der Dreifache Sonnenträger blickte zum Waffenleitstand hinüber. Die Offiziere hingen bewußtlos in den Gurten. Keiner von ihnen würde innerhalb der nächsten Sekunden auch nur einen Schuß abgeben können. Spronthrok erkannte, daß dies das Ende war. Er öffnete den Mund, um seinem 1. Offizier einen letzten Befehl zu geben, als der Kreuzer einen weiteren Treffer erhielt. Sonnenheiße Glut schlug mit unvorstellbarer Wucht in die Hauptleitzentrale hinein und vernichtete alles, was die bisherigen Attacken überstanden hatten. Doch davon spürte Spronthrok schon nichts mehr.
* Lebo Axton-Kennon stürzte vom Rücken Gentleman Kellys, als er materialisierte. Qualm und Rauch erfüllten den Raum. Er konnte einige Gestalten erkennen, die sich durch die Trümmer arbeiteten. Die Stimme Moira Erclacs übertönte den Lärm. »Atlan nach«, befahl Axton. »Schnell. Beeile dich.« »Da bist du ja wieder«, entgegnete Gentleman Kelly, der sich nach vorn kippen ließ
49 und sein Antigravtriebwerk einschaltete. »Mußt du dich immer dünne machen, wenn es spannend wird?« »Rede nicht soviel. Beeile dich lieber«, schrie der Verwachsene mit schriller Stimme. »Ich weiß nicht, was da oben los ist. Atlan darf aber weder der einen, noch der anderen Seite in die Hände fallen.« Plötzlich entstand ein heftiger Sog. Kühle Luft strich in den Raum. Vor Axton tauchte Moira Erclac auf. Er schien völlig überrascht zu sein, den Verwachsenen hier noch zu sehen. Seine Augen weiteten sich. Er war waffenlos. »Hier ist Axton«, brüllte er. »Schießt doch endlich.« Gentleman Kelly legte blitzschnell einen Arm um Axton. Dieser kannte diese Reaktion und wußte, sie richtig zu deuten. Er krallte seine Hände um die Haltebügel auf den Schultern des Roboters. Im nächsten Moment beschleunigte Kelly mit Höchstwerten. Axton wäre von seinem Rücken gerutscht, wenn er nicht vorbereitet gewesen wäre. So aber wurde er mitgerissen. Kelly prallte mit Moira Erclac zusammen und schleuderte ihn zur Seite, Zwei der anderen Arkoniden feuerten gleichzeitig. Sie wollten dem Befehl Erclacs nachkommen. Aber sie verfehlten Axton, der längst nicht mehr dort war, wohin sie gezielt hatten. Moira Erclac aber flog direkt in die Schußbahn. Seine ehrgeizigen Pläne endeten im Energiefeuer seiner eigenen Leute. Lebo Axton preßte sich an Kelly. Er drückte seinen Kopf an den Metallkörper, um nicht von herabfallenden Trümmerstücken getroffen zu werden. Aus den Rissen in den Wänden schlugen Flammen. Krachend brach hinter Axton das Gewölbe zusammen, in dem Erclac konferiert hatte. Der Terraner achtete nicht darauf. Von der panischen Angst erfüllt, Atlan könnte buchstäblich im letzten Moment noch getötet werden, spähte er nach vorn. Eine endlose Zeit schien zu verstreichen, bis er endlich die beiden gesuchten Gestalten ausmachen konnte. Fartuloon schien ver-
50 letzt zu sein. Atlan hatte sich einen seiner Arme um die Schultern gelegt und schleppte ihn die Treppen hoch. »Atlan«, schrie Axton. »Atlan.« Der Kristallprinz blieb abrupt stehen. Er ließ Fartuloon los. Schlaff sank dieser zu Boden, während Atlan versuchte, den Energiestrahler aus dem Gürtel zu ziehen. Die Waffe hatte sich jedoch verhakt. »Nicht schießen«, rief Axton verzweifelt. Gentleman Kelly hatte Atlan erreicht. Der Verwachsene warf sich vom Rücken des Roboters herunter und umklammerte die Hand Atlans. »Vertrauen Sie mir, Atlan«, rief er. »Ich will Ihnen helfen.« Atlan mißverstand den Verwachsenen. Er glaubte, der Geheimdienstchef wolle sich von Orbanaschol abwenden und sich auf seine Seite werfen. Atlan war überzeugt davon, daß dieser Mann, den er nie zuvor gesehen hatte, Verbrechen über Verbrechen für den Imperator ausgeführt hatte, sich nun aber auf die Seite dessen schlagen wollte, der neuer Imperator werden würde. »Verschwinden Sie«, sagte er verächtlich und stieß Axton zurück. »Bei allen Göttern, wenn ich das neue Imperium auf Kreaturen wie Sie aufbauen sollte, dann wird es niemals Bestand haben.« Axton wollte sich erheben. Er rutschte jedoch aus und prallte mit dem Hinterkopf gegen den Rumpf Kellys. Er wurde nicht bewußtlos, war jedoch so betäubt vor Schmerzen, daß er kein Wort über die Lippen brachte. Er sah, daß Atlan Fartuloon aufrichtete, sich seinen Arm über die Schulter legte und mit dem Gefährten davoneilte. Axton war unfähig, ihm zu folgen. Erst als der Schock nachließ, konnte er sich wieder bewegen. »Helft mir doch«, forderte er keuchend. Gentleman Kelly legte ihm die Arme um die Hüften und hob ihn behutsam hoch. Er neigte sich zur Seite and schob sich Axton auf den Rücken, so daß sich dieser in die Haltebügel stellen und sich an seinen Schul-
H. G. Francis tern festhalten konnte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht, tastete der Terraner den Hinterkopf ab. Er fühlte eine große Beule, die rasch größer wurde. »Weiter, Kelly«, sagte er drängend. »Wir müssen Atlan aufhalten.« Der Roboter glitt lautlos die Treppen hoch. Immer wieder verkündete lautes Krachen davon, daß die Gebäude der Wohnanlage zusammenbrachen. Als Axton schließlich das Ende der Treppe erreichte, stellte er fest, daß diese nun im Freien endete. Etwa hundert Meter von ihm entfernt lag das Wrack eines Raumschiffs, dessen obere Hälfte von Explosionen zerfetzt worden war. Flammen schlugen aus zahlreichen Rissen. Von der Wohnanlage Moira Erclacs war nichts mehr übriggeblieben. Überall lagen Trümmer herum. Brände vernichteten, was noch heil geblieben war. Atlan und Fartuloon waren etwa zwanzig Meter von Arkon entfernt, sie standen neben einer brennenden Wand. Ratlos blickten sie in die Runde. Sie wußten nicht, wohin sie sich wenden sollten. Von allen Seiten näherten sich schwere Kampfgleiter, die mit Arkoniden besetzt waren. »Zu Atlan. Schnell«, befahl Axton. Gentleman Kelly schwebte zu Atlan und Fartuloon hinüber. »Bleiben Sie ganz ruhig stehen«, sagte Axton, als er noch etwa zwei Meter hinter den beiden Männern war. »Mein Roboter hat Energiestrahlwaffen auf Sie gerichtet.« Er ließ sich vom Rücken Kellys fallen und hastete zu Atlan hinüber. Er lief um ihn herum und griff nach dem Kolben des Energiestrahlers. Atlan blickte starr über ihn hinweg. Er tat, als ob er nicht vorhanden sei. »Wenn Sie jetzt nicht tun, was ich Ihnen sage, werden die Elitetruppen Orbanaschols schießen. Dann ist alles zu spät. Glauben Sie mir, Atlan. Ich will Ihnen helfen. Ich habe das schon lange getan. Wenn Orbanaschols Macht zusammengebrochen ist, dann ist das mein Werk. Sie müssen mir glauben.« »Seien Sie lieber still«, forderte Atlan.
Gegner des Imperators
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»Also schön«, sagte Axton resignierend. Er nahm die Waffe an sich und riß auch den Strahler Fartuloons aus dem Gürtel. »Sie hätten besser auf mich hören sollen. Jetzt weiß ich nicht, wie ich verhindern soll, daß Sie in den Kristallpalast gebracht werden. Dort wartet Orbanaschol auf die Gelegenheit, Sie endlich zu töten.« Ein Kampfgleiter landete nur wenige Meter neben ihnen. Mehrere Offiziere sprangen heraus und eilten auf sie zu. Axton wandte sich ihnen zu. »Es ist alles vorbei, meine Herren«, sagte er. Die Offiziere erkannten ihn und salutierten vor ihm. »Führen Sie Atlan und seine Begleiter ab«, befahl der Kosmokriminalist, der Mühe hatte, seine Stimme zu beherrschen. Er hatte die schlimmste Niederlage seiner Laufbahn erlitten. Vergeblich hatte er versucht, Atlan zu retten. Die Offiziere packten Atlan und Fartuloon und schleppten sie zum Gleiter. »Was wird man mit ihnen machen?« fragte Axton. »Haben Sie Anweisungen?« »Direkt vom Imperator«, antwortete der kommandierende Offizier. »Er hat befohlen, diesen Mann sofort zu ihm zu bringen. Er ist entschlossen, ihn vor aller Öffentlichkeit hinzurichten.« Der Offizier wandte sich um und ging zum Kampfgleiter. Axton folgte ihm langsam.
Er hatte versucht, Atlan Hoffnungen zu machen, obwohl er wußte, daß es keine Hoffnung mehr für ihn gab. Zwei der gefährlichsten Gegner Orbanaschols waren tot. Nun blieb nur noch einer übrig, vor dem der amtierende Imperator sich fürchtete. Nur Atlan hätte ihn noch entmachten können, aber nur ein freier und handlungsfähiger Atlan. Er hätte seinen Anspruch auf den Thron geltend machen können. Orbanaschol aber fürchtete auch noch diesen geschlagenen und gefangenen Atlan. Axton wußte, daß Orbanaschol um keinen Preis der Welt darauf verzichten würde, Atlan zu töten. Axton blieb zwischen den brennenden Trümmern der Anlage stehen, als die Gleiter starteten. Mit einer abwehrenden Geste gab er den Offizieren zu verstehen, daß er nicht mitgenommen werden wollte. Er blickte sich um. Die Trümmer erinnerten ihn auf fatale Weise daran, daß sein Werk ebenfalls zusammengebrochen war. Alles, was er in der Vergangenheit für Atlan getan hatte, war umsonst gewesen. Fast wünschte er, es wäre ihm nicht gelungen, die Traummaschine wieder einzuschalten und noch einmal in diese Zeit zu gelangen.
ENDE
Lesen Sie nächste Woche ATLAN Nr. 299: Orbanaschols Ende von H. G. Francis Eine neue Ära beginnt – und ein langer Traum geht zu Ende