Glaub an diese Liebe, Jill! Susan Mallery
Bianca 1072
22/1 1997
gescannt von suzi_kay korrigiert von Geisha0816
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Glaub an diese Liebe, Jill! Susan Mallery
Bianca 1072
22/1 1997
gescannt von suzi_kay korrigiert von Geisha0816
1.KAPITEL Gerade als sie die Dusche anstellte, klingelte es, an der Tür. Jill Bradford stöhnte auf. Es geschah doch immer im falschen Moment. Sie stellte das Wasser ab und zog ihren Bademantel über. Es klingelte erneut, und Jill eilte durch den Flur. Als sie fast an der Tür war, drückte der Besucher wieder auf die Klingel. Sie spähte durch den Türspion. Ein Polizist? Eilig schloß sie auf. "Ja, bitte?" "Ms. Jill Bradford?" "Ja?" "Ich heiße Craig Haynes." Der Beamte hielt inne, als müßte sein Name ihr etwas sagen. Jill blickte ihn ratlos an. Er war sehr groß und sah mit seinem dunklen lockigen Haar, dem energischen Kinn und den braunen Augen äußerst gut aus. Diesen Typ hätte sie sich gemerkt! Das schwarze kurzärmelige Oberhemd der Uniform betonte seine muskulösen Schultern. Eindrucksvoll ... selbst für eine Frau, die den Männern abgeschworen hatte. "Entschuldigen Sie, Officer Haynes, aber ich kenne Sie nicht." Der Anflug von grauen Schläfen wies darauf hin, daß er nicht mehr ganz so jung war, wie er wirkte. Als er lächelte, bildeten
sich um die Augen kleine Fältchen, seine Zähne schimmerten weiß. "Ich weiß, ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig", erwiderte er. "Ihre Freundin Kim hat mir Ihren Namen genannt. Sie wollte sich um meine Kinder kümmern und meinte, Sie würden gern ihre Stelle einnehmen." Kinder? "Ach so, ich verstehe", Jill öffnete die Tür weiter. "Bitte, kommen Sie herein. Dann können wir darüber reden." "Danke." Er trat an ihr vorbei in den schmalen Korridor. Von hinten sah er ebenfalls bemerkenswert aus, dachte Jill. Schmale Hüften und eine großartige Kehrseite, für die die meisten Frauen alles tun würden, um eine solche zu haben. "Hier herein." Jill wies in Richtung des Wohnzimmers. Bei seinem langbeinigen Schritt konnte sie kaum mithalten. Die gebügelte Uniformhose und die sorgfältig gekämmten Haare erinnerten Jill daran, wie zerzaust sie selbst vermutlich aussah! "Sie müssen mich entschuldigen." Sie setzte sich auf die Sofalehne, während Craig im Lehnsessel am Kamin Platz nahm. "Ich war so damit beschäftigt, mich um Kim zu kümmern, daß ich heute morgen noch nicht einmal zum Duschen gekommen bin." Ihr Bademantel kam ihr auf einmal zu kurz vor, und da sie ohne Make-up trotz ihrer dreißig Jahre wie ein Teenager aussah, versuchte sie, wenigstens würdig dreinzuschauen. "Wann ist Kim denn gefahren?" fragte Craig. "Gestern." Bei dem Gedanken, wie glücklich ihre Freundin war, mußte Jill lächeln. Sie hatte Kim zu dem Schritt ermutigt. Wirkliche Liebe war etwas so Seltenes. Sie selbst hatte die Hoffnung aufgegeben, die echte Liebe zu erfahren. Aber für andere noch nicht. "Es war sehr romantisch", erzählte sie. "Brian hatte eine Limousine gemietet, um zum Flughafen zu fahren, und Kim
hatte ein paar Freunde informiert, die sie dorthin begleiteten." Das Glück, das das Paar ausstrahlte, war fast greifbar gewesen. "Kim hat gestern Abend aus Reno angerufen. Inzwischen sind sie verheiratet und kommen vermutlich in zwei Wochen wieder zurück." Jill griff nach dem Umschlag, der auf dem Couchtisch lag, und holte die Notizen heraus, auf denen stand, was sie für Kim erledigen sollte. Es war selbstverständlich für Jill, daß sie es tat. Kim hatte ihr in einer Zeit, wo ihr Leben zerbrach, eine Bleibe geboten und sich als eine echte Freundin bewiesen. Nach den Flitterwochen würde allerdings Brian in Kims Haus ziehen, so daß Jill sich nach einer anderen Wohnung umsehen müßte. Aber das hatte noch Zeit. Ah, ja, Craig Haynes stand auch auf Kims Liste ... zwischen 'Zahnarzttermin absagen' und der Lieferung des neuen großen Bettes. "Hier steht es..." Jill blickte zu Craig hoch. Der starrte sie an, als hätte er jemanden wie Jill noch nie gesehen. Stand ihr Haar so ab? Hatte sie noch Toastkrümel am Mund? "Kim sagte, Sie hätten drei Söhne. Zwölf, neun und sechs Jahre alt. Kein Problem für mich", behauptete sie, obgleich ihr das Herz dabei ganz schön pochte. Sie hätte lieber tausend andere Dinge für Kim getan als ausgerechnet Babysitting. Na ja, es würde ja nicht für ewig sein. Beim Gedanken an ihre beiden Mädchen kam wehmütige Sehnsucht in ihr auf. Nun, es waren nicht ihre eigenen Kinder gewesen, sondern ihre Stieftöchter. Und vermutlich war sie keine gute Ersatzmutter gewesen, denn seit der Scheidung hatte sich keine von beiden bei ihr gemeldet. Aber sie vermißte sie dennoch schrecklich. "Nicht so schnell." Craig beugte sich vor. "Hm? Wie?" Jill konzentrierte sich auf seine Gegenwart. "Wie meinen Sie das?"
"Haben Sie so etwas schon einmal gemacht?" wollte er wissen. "Mich um Kinder gekümmert? Natürlich. Ich war auch mal ein Teenager, Officer Haynes, und habe Babysitting gemacht." Von ihrer gescheiterten Ehe erwähnte sie lieber nichts. "Sie haben derzeit keine feste Arbeit." Das war keine Frage, sondern klang wie eine Feststellung. Jills Wangen röteten sich. "Nein, ich habe mich für einige Zeit beurlauben lassen." "Wurde Ihnen gekündigt?" "Nein. Es ist mehr wie ein unbezahlter Urlaub. Ich kann jederzeit die Arbeit zurückhaben." "Wie heißt die Firma, für die Sie arbeiten?" "McMillian-Versicherung in San Clemente in Südkalifornien." Er notierte sich das. "Wer ist dort Ihre Ansprechperson?" Jill nannte sie, runzelte aber die Stirn. "Officer Haynes, ich verstehe nicht ganz, warum Sie mich verhören." "Craig, bitte. Ich vertraue meine Kinder schließlich nicht jedem an." "Das verstehe ich. Aber ich kann Ihnen versichern, daß ich keine überführte Kriminelle bin. Ich habe seit Jahren nicht einmal einen Bußgeldbescheid wegen falschen Parkens bekommen. Ihre Sorgfalt ist bewundernswert, aber es sind doch nur ein oder zwei Nächte, die ich bei Ihnen babysitte. Dafür halte ich Ihr Mißtrauen für etwas übertrieben." "Ms. Bradford..." "Jill", unterbrach sie ihn. "Also gut, Jill. Ich suche keinen Babysitter. Kim hatte zugestimmt, als festes Kindermädchen bei mir zu arbeiten. Und nachdem sie sich Hals über Kopf entschieden hatte, Brian zu heiraten, sagte sie mir zu, Sie würden den Job übernehmen." "Das stimmt nicht", entgegnete Jill ohne nachzudenken.
Kindermädchen? Das war ja verrückt. Auf keinen Fall wollte sie sich um fremde Kinder kümmern! Nun gut, sie hatte zur Zeit keinen Job und wußte noch nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Sie würde wohl nach San Clemente zurückkehren. Ihre Wohnung war zwar untervermietet, aber sie könnte sich ja eine neue suchen. Und ihr Job bei der Versicherung wartete auf sie. Andererseits wollte sie nicht in ihr altes Leben zurück. Deshalb war sie vor Wochen ja auch zu Kim gezogen. Craig musterte sie lange, ehe er fortführ. "Jill, ich stecke in Schwierigkeiten, Ich habe gut ein Dutzend Frauen wegen der Stellung interviewt, und Kim war die einzige, die in Frage kam. Sie versicherte mir, Sie hätten Erfahrung mit Kindern. Außerdem wären Sie einverstanden, den Job zu übernehmen." "Ich habe ihr zwar gesagt, daß ich gern mal babysitten wurde. Doch Kim hat nichts von einer Ganztagsstellung erwähnt. Meine Güte, Sie erwarten vermutlich, daß ich zu Ihnen und Ihren Söhnen ziehe." Graig nickte. "Ich bin im Augenblick mit den Ermittlungen in einem Spezialfall betraut, die mich dazu zwingen, zu den ausgefallensten Zeiten das Haus zu verlassen. Die Jungen sind zu klein, als daß man sie allein lassen könnte. Außerdem brauchen sie Beharrlichkeit und Konseque nz in ihrem Leben. Während der letzten vier Monaten hatte ich fünf Nannys." "Was ist mit Ihren Kindern los?" Da Craig kurz zögerte, schien es da tatsächlich ein Problem zu geben. "Meine Frau und ich ließen uns vor einigen Jahren scheiden. Obgleich der Kont akt zu ihr nicht sehr intensiv war, hat ihr Tod im vergangenen Jahr die Kinder ziemlich mitgenommen. Dann verließ uns auch noch die Kinderfrau, die sich damals um sie gekümmert hat. Und dann löste eine die andere ab. Hinzu kommt mein Auftrag. Die Ermittlungen erfordern es, daß ich viel unterwegs bin." Er blickte auf seine
Hände, ehe er weitersprach. "Es sind verängstigte Kinder, die eine Bezugsperson brauchen, nichts weiter." Jill stand auf und ging zum Fenster. "Das war nicht fair", sagte sie. "Ich sehe sofort verhungernde kleine Waisen vor mir, die in der Kälte bibbern." "Wenn ich an die wöchentliche Lebensmittelrechnung denke, verhungern sie nicht gerade." Jill zog ein Gesicht. Sobald ihre Freundin aus den Flitterwochen zurück war, würde sie ihr die Leviten lesen! Andererseits hatte sie natürlich selbst schuld. Als Kim diesen Brad holterdiepolter heiraten wollte, hatte Jill sie dazu ermutigt. Ihr eigenes Leben war so durcheinander, daß es wenigstens ihrer Freundin gut gehen sollte. Kim hatte sich wegen der neuen Stellung als Kindermädchen Sorgen gemacht, und Jill hatte ahnungslos angeboten, für sie einzuspringen. "Ich verstehe nicht, wieso Sie keine andere Nanny gefunden haben", sagte sie. Craig antwortete nicht. Er erhob sich. "Ich habe schon genug von Ihrer Zeit verschwendet." Er setzte seine Mütze auf. Wenn er ginge, wäre das die beste Lösung. Aber was war mit den Kindern? Nach San Clemente wollte sie eigentlich noch nicht zurück, und das Geld könnte sie gebrauchen. Wenn es nicht für immer war, könnte die Stellung ganz sinnvoll sein. Als Kindermädchenwürde sie sich gefühlsmäßig nicht so engagieren, wie sie es als Stiefmutter getan hatte. "Bald sind ja die Frühjahrsferien", sagte sie. "Geben wir uns eine Frist von einer Woche. Wenn es funktioniert, bleibe ich bis zum Ferienbeginn. Das würde Ihnen erlauben, sich in der Zwischenzeit noch einmal nach jemandem umzuschauen, der für immer bleiben will. Einverstanden?" Craig streckte ihr die Hand hin. "Einverstanden." Sein Lächeln ließ ihre Knie weich werden. Jill lächelte zurück. Ihre schmale Hand versank beinahe in seiner großen Hand, als er sie umschloß. Hoffentlich sah er ihr nicht an, wie
ihr zumute war! Und hoffentlich wiederholte sich nicht, was sie bereits einmal durchgemacht hatte! Ein Mann kam derzeit nicht für sie in Frage! Schon gar nicht einer, der Kinder hatte. Das hatte sie bereits einmal erlebt, und die Nachwirkungen schmerzten noch immer. "Haben Sie ein Auto?" fragte Craig. "Ja", bestätigte Jill. "Wenn Sie ein paar Sachen packen möchten, könnten wir gleich zu mir fahren." Er sah auf die Uhr. "Meine Nachbarin kann nämlich nur eine Stunde auf die Kinder aufpassen." "Die Kinder sind zu Hause? Ach ja, es ist Samstag. Also gut, ich gehe eben duschen und packe ein paar Sachen. Wenn die Kinder am Montag in der Schule sind, komme ich hierher zurück, um noch ein paar Dinge für Kim zu erledigen." Sie ging zur Tür. "Machen Sie es sich gemütlich. In der Küche steht Kaffee." "Ich warte hier. Jill?" Sie drehte sich um. Er hatte seine Mütze wieder abgelegt und fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar. "Ich hoffe, Kim weiß, was für eine gute Freundin Sie sind. Ich weiß das jedenfalls zu schätzen." "Oh, nicht so wild. Ich mag Kinder und kleine Hunde. Bin gleich zurück." Auf der Treppe nach oben überlegte sie schnell, was alles zu erledigen war ... packen, die Zeitung abbestellen, Montag die Post umleiten, Kims Nachbarin Bescheid sagen, daß sie gelegentlich ein Auge auf das Haus halten solle, Craig nach der Telefonnummer fragen. Als sie im Bad in den Spiegel blickte, stöhnte sie auf. Ihr kurzes Haar stand in pieksigen Strähnen nach allen Seiten ab. Ohne Make-up war sie blaß, und ihre Stupsnase und ihre großen grünen Augen betonten das Kindliche ihres Gesichtes. Kein Wunder, daß Craig Haynes sie engagiert hatte. Sie wirkte wie eine passende Spielgefährtin für seine Kinder.
Craig atmete tief aus. Nachdem Jill das Zimmer verlassen hatte, konnte er sich endlich entspannen. Er ging zum Fenster und hoffte, sein neues Kindermädchen würde recht lange duschen, damit er Zeit hatte, die Selbstbeherrschung wiederzugewinnen. Eigentlich waren so kleine Frauen gar nicht sein Typ. Aber diese grünen Augen, dieses Lächeln, das nach zwei Teilen Humor und einem Teil Sünde aussah ... Und dann hatte sie auch noch so gut wie nichts an! Anfangs hatte er sich nur Sorgen um seine Jungs gemacht und Jills Äußerem kaum Beachtung geschenkt. Aber als sie auf dem Sofa saß, zeichneten sich ihre vollen Brüste unter dem Bademantel ab. Seit zwei Jahren war er mit keiner Frau zusammengewesen, ausgerechnet jetzt meldete sich sein Körper so unmißverständlich ... Ihr Duft hing noch im Raum. Craig stellte sich sofort vor, wie er sie umarmte, sie küßte ... Hör auf, rief er sich zur Ordnung. Schließlich ging es nur darum, jemanden für die Kinder zu finden. Jill Bradford war nur ein Lückenfüller. Er brauchte jemanden für ständig. Dabei hatte er keine Zeit, sich nach einer guten Kinderfrau umzusehen. Und die Agentur hatte im Augenblick keine passende Kandidatin. Vielleicht gab es dennoch Hoffnung. Über sich hörte er Schritte. Kim hatte erwähnt, daß Jill sich gerade von einer schlimmen Scheidung erholte. Da konnte er mitreden. So etwas hatte er vor fast sechs Jahren selbst durchlebt. Krystal hatte wieder frei sein wollen. Er hatte zwar alles versucht, um die Ehe zu retten, aber es war vergeblich gewesen. Seither versuchte er, den Jungen Vater und Mutter zu sein. Bis zum vergangenen Jahr hatte das auch einigermaßen funktioniert. Da hatte er selbst viel Zeit für die Kinder gehabt. Aber die Situation hatte sich geändert. Normalerweise hatte man
ihn mit speziellen Aufträgen verschont, aber diesmal war es anders. Sollten nun die Kinder den Preis dafür zahlen? Ein großes Problem war, daß Mrs. Miller gegangen war. Sie hatte fast fünf Jahre lang zur Familie gehört, und die Kinder hatten an ihr gehangen. Kurz darauf war Krystal gestorben. Kein Wunder, daß die Jungs durcheinander waren. Er hatte versucht, es nicht dazu kommen zu lassen. Aber im Grunde war er genauso oft nicht zu Hause, wie es schon mit seinem Vater der Fall gewesen war. Er versagte bei seinen Kindern, und er hatte keine Ahnung, wie er es besser machen könnte. Im Treppenhaus war ein Poltern zu hören. Er ging in den Flur. Jill zog einen Koffer hinter sich her, der fast so groß war wie sie selbst. "Warten Sie, ich helfe Ihnen!" Er nahm zwei Stufen auf einmal. "Lassen Sie nur, das kann ich selber." Doch sie ließ es geschehen, daß Craig ihr den Koffer abnahm. "Ist das alles?" fragte er. Jill nickte. "Zur Not kann ich mir ja schnell noch etwas holen, falls ich etwas vergessen haben sollte." Sie öffnete ihre Schultertasche. "Schlüssel, ich brauche die Schlüssel." Während Jill nach den Schlüsseln suchte, betrachtete Craig sie verstohlen. Ihr kurzes, rotes Haar war noch feucht, der Pony hing bis auf die Brauen, die hübschen Ohren lagen frei. Mit etwas Make-up wirkte sie erwachsener. Sie mußte so um die Dreißig sein. Die engen Jeans betonten ihre schön geformten Beine. Die hochgeschobenen Ärmel ihrer Bluse zeigten schmalgliedrige Handgelenke. Ein kräftiger Mann wie er hätte sie sicher leicht zerdrücken können... Sie suchte noch immer nach den Schlüsseln. "Sind es vielleicht die, die im Türschloß stecken?" fragte er. "Oh, ja, danke."
Craig reichte sie Jill, vermied aber jede Berührung, wofür sie ihm dankbar war. "Craig, sind Sie jemals nicht im Dienst?" "Selten." "Und was sagen Ihre Jungen dazu?" Ihre grünen Augen sehen zuviel, dachte er und nahm den Koffer auf. "Brauchen Sie sonst noch etwas?" "Nein, ich bin soweit." Sie folgte ihm nach draußen und schloß ab. "Ach, kein Streifenwagen?" Er zeigte auf sein Motorrad. "Tut mir leid, nein. Das hier benutze ich für den Weg zum und vom Revier. Aber ich habe auch einen Wagen. Den können Sie zum Einkaufen nehmen und um die Jungs zum Sportunterricht zu bringen oder von der Schule abzuholen." Ihr rotes Mustang-Cabrio stand in der Auffahrt. Sie öffnete den Kofferraum, und er stellte den Koffer hinein. "Bekommen Sie oft Strafmandate?" wollte er wissen. "Der Wagen ist auffällig, aber ich fahre nie schnell. Wahrscheinlich enttäuscht Sie das, aber im Grunde bin ich ziemlich langweilig." So hätte er Jill nicht gerade beschrieben! Eher als süß. Oder verführerisch. Und ganz bestimmt als sexy. Langweilig? Nie im Leben! Wer das dachte, hatte nicht alle Tassen ... Er räusperte sich. "Ich wohne südlich von hier. In Fern Hill." "Ich kenne mich hier in der Umgebung nicht aus." "Es ist ein eigener kleiner Ort. Er wird Ihnen gefallen. Folgen Sie mir einfach." "Gut, ich fahre hinter Ihnen her." Sie stieg in ihren Wagen. Während Craig seine Maschine startete, rief er sich in Erinnerung, was Kim gesägt hatte, als sie ihn anrief, um ihm mitzuteilen, daß sie die Stellung nicht annehmen könne. "Ich habe eine Freundin, die perfekt für Sie wäre."
Natürlich hatte er geglaubt, Kim spreche nur von einer Kinderfrau, denn der berufliche Streß und das Problem, drei Kinder allein versorgen zu müssen, waren belastend für ihn. "Ganz schön dumm, Haynes", murmelte er. Seit langem hätte er keine Beziehung mehr zu einer Frau gehabt. Und seine Exfrau Krystal hatte ihm den Glauben daran, daß es wahre Liebe geben könnte, gründlich ausgetrieben. Daß er Jill so attraktiv fand, bedeutete immerhin, daß er innerlich nicht so tot war, wie er es erwartet hatte. Vielleicht sollte er sich wieder einmal mit einer Frau verabreden. Allerdings gab es da ein Problem: Er gehörte zu den Männern, die offenbar wenig Geschick im Umgang mit Frauen hatten.
2. KAPITEL Craig hielt vor seinem Haus und zeigte Jill, wo sie parken konnte. Er drückte den Knopf zur Garagentür und stieg aus. Jill blieb in ihrem Wagen erst einmal sitzen und betrachtete das Haus. Es war einstöckig und unterschied sich so gut wie überhaupt nicht von den Nachbarhäusern. Craig hatte das Haus vor sechs Jahren kurz nach der Scheidung gekauft, da er der Meinung war, daß eine neue Umgebung den Jungs guttun würde. Dazu hatte der Ort Fern Hill gute Schulen und beneidenswerte Sportmöglichkeiten. Craig versuchte, das Haus aus Jills Augen zu sehen. Das spitze Dach war, wie die meisten hier, mit spanischen Ziegeln gedeckt. Es gab weißen Stuck und Holzverzierungen, hohe Fenster, einen großen Vorgarten mit Rasen, der zwar gemäht, aber nicht sauber geschnitten war. Seit diesem Spezialauftrag hatte er wenig Zeit. Die Arbeit rund um das Haus mußte erst einmal liegenbleiben. Jill stieg aus. "Polizisten verdienen offenbar mehr, als ich dachte", bemerkte sie ganz erstaunt. "Es ist schön hier." "Wir wohnen ziemlich weit weg vom Zentrum. Aber für mich ist es näher zur Arbeit und nach Glenwood, wo meine Brüder wohnen." Jill öffnete den Kofferraum, aber noch bevor sie ihr Gepäck herausnehmen konnte, war Craig da, um es zu tun. "Danke, wie aufmerksam."
In diesem Moment öffnete sich die Haustür, und zwei Jungen kamen angelaufen. Craig strahlte. "Ist sie das?" fragte C.J. Mit seinem dunklen Haar und den dunklen Augen sah der Neunjährige seinem Vater sehr ähnlich. "Ja. Jill, das ist mein mittlerer Sohn, C.J. genannt..." "Laßt mich raten", unterbrach Jill ihn, "C.J. steht für Craig junior?" "Ja." C.J. streckte ihr die Hand entgegen. "Nett, Sie kennenzulernen, Ms. Bradford. Ich freue mich, daß Sie unsere Kinderfrau sein werden." Jill warf Craig einen Blick zu. "Beeindruckend." "C.J. ist unser Charmeur." Sie schüttelte dem Jungen die Hand. "Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, junger Mann." Danny stand am Ende der Auffahrt, Craig winkte ihn heran. Sein Jüngster hielt sich etwas zurück, kam dann aber ebenfalls heran. Mit großen Augen musterte er zuerst Jill, dann ihr rotes Cabrio. Craig stellte den Koffer ab und legte die Hand auf die Schulter des Kleinen. Danny lächelte zu ihm auf. Dannys Lächeln brachte bei Craig immer wieder die Erinnerung an Krystal auf. Nachdem der jüngste Sohn geboren war, kehrte sie aus dem Krankenhaus nicht wieder ins Haus zurück. Sie schickte einen Freund, der ihre Sachen packte, und war gegangen, ohne sich auch nur umzuschauen. Danny kannte seine Mutter nicht, sah ihr aber ähnlich. Wenn die Erinnerungen Craig übermannten, hielt er sich an das einzige, was ihm Kraft gab ... an seine Kinder. Er nahm den Kleinen auf, der sich gleich an ihn kuschelte. "Sie ist hübsch", flüsterte Danny. "Viel hübscher als die anderen." "Das finde ich auch", murmelte Craig. Jill war wirklich hübsch. Und sexy dazu. Aber sie war auch seine Angestellte, und das bedeutete, daß sie mit Respekt behandelt werden mußte.
C.J. erzählte sogleich von den Nachbarn, von seinen Freunden, was er gern zum Abendessen hätte und daß es immer einen Nachtisch geben sollte... Craig unterbrach ihn. "Ich bin sicher, Jill weiß genau, wie man so etwas macht." Der Junge grinste. "Klar, Dad, aber man weiß doch nie, oder?" "Jill, das hier ist Danny, mein Jüngster." Jill berührte den Arm des Jungen. "Hi, Danny." "Magst du kleine Jungs?" fragte Danny. "Mrs. Greenway mochte keine. Sie sagte, wir machen nur Ärger." Mrs. Greenway war nur drei Tage geblieben, dann hatte Craig ihr fristlos gekündigt. Sie hatte einen nachhaltig schlechten Eindruck bei den Jungs hinterlassen. Jill nickte. "Natürlich mag ich kleine Jungs. Ich mag sie sogar ganz besonders gern." Craig wurde ganz warm ums Herz. Nicht nur, weil Jill in ihren Jeans so gut aussah. Er hatte das Gefühl, als wären sie innerhalb der kurzen Zeit bereits Freunde geworden. "Ben sagt, du sollst Mrs. Miller zurückholen." Danny klammerte sich an Craig. "Ich vermisse sie auch." "Mrs. Miller hat die Kinder mehrere Jahre lang betreut", erklärte Craig. "Die Kinder mochten sie sehr." "Ob sie uns auch vermißt?" wollte Danny wissen. "Natürlich tut sie das. Aber nun habt ihr ja Jill." "Nur bis zu den Frühjahrsferien", erinnerte Jill ihn. "Ja, bis dahin." Danny und C.J. blickten ihren Vater ratlos an. "Jill ist nur vorübergehend bei uns. Danach muß ich jemanden finden, der für immer bleibt." Die Jungen antworteten nicht. Wie sollte Craig seinen Kindern nur dieses Durcheinander auseinandersetzen? Als Alleinerziehender tat er, was er konnte, aber manchmal reichte das eben nicht.
"Wir waren volle zehn Minuten allein, Dad", sagte C.J., "und haben im Haus nichts angestellt." "Meinen Glückwunsch", antwortete Craig, und an Jill gewandt sagte er: "Wie ich bereits erwähnte, eine Nachbarin konnte nur eine Stunde bleiben. Ich bin also froh, daß Sie gleich mitgekommen sind." Er sah auf die Uhr und bemerkte, daß er schon spät dran war. "Euer Vater muß wohl zur Arbeit", sagte Jill zu den Bändern. "Wir gehen jetzt hinein, und ihr zeigt mir alles, okay?" Zu ihrer Überraschung ließ Danny sich von ihr für eine kurze Weile auf den Arm nehmen. "Du bist ja ganz schön schwer für dein Alter", staunte sie, als sie ihn herunterließ. "Aber noch sehr klein", warf C.J. ein. "Bin ich nicht!" Jill stimmte sofort Danny zu. "Ich finde nicht, daß du klein bist." "Weil du selbst klein bist", konterte er. "Meinst du nicht, daß die besten Dinge immer klein ausfallen?" scherzte sie. Craig nahm den Koffer auf. "Dann zeigt ihr mal den Weg." Jill folgte ihne n durch die Garage ins Haus. "Ich bin sehr froh, daß Sie da sind", sagte Craig erneut. "Es wird schon gehen", erwiderte Jill auf seinen beunruhigten Blick hin. "Wenn es auch eine Weile her ist, daß ich Kinder um mich hatte." "Das ist wie mit dem Fahrradfahren, das vergißt man nicht. Aber ich mache mir trotzdem Sorgen, daß ich Sie mit den dreien jetzt gleich zurücklassen muß." "Keine Sorge, wir werden es überleben." "C.J. und Danny sind unkompliziert, auch wenn Danny ein wenig ängstlich ist." "Er ist ja auch erst sechs." Craig freute sich über ihr Verständnis. "Mit Ben wird es schwieriger sein."
"Ist er der Älteste?" "Ja, er ist zwölf. Er guckt fast ausschließlich fern, oder er beschäftigt sich mit Videospielen." Ben war der einzige, der sich an seine Mutter erinnern konnte. Er redete nicht darüber, aber er vermißte sie. Wahrscheinlich glaubte er auch, schuld daran zu sein, daß sie gegangen war, wie Craig annahm. Doch er konnte seinen Sohn nicht dazu bringen, sich ihm gegenüber zu öffnen. Seit Krystal fortgega ngen war, war alles sehr viel trauriger geworden. Dennoch hatte Craig sie nie zurückgewünscht. Er wies auf den dreitürigen Kleinwagen vor dem Haus. "Damit können Sie die Jungs zum Sportunterricht bringen. Die Sachen passen hinten hinein." "Lebensmittel auc h. Jungen essen sicher gern und viel." Craig dachte an Bens Übergewicht. "Allerdings." Er ging zur Haustür. "Hier ist der Schlüssel. Der Wagen ist einfach zu fahren, mit Automatik." Als sie ins Haus traten, hielt Jill erschrocken inne. Überall hing und lag schmutzige Wäsche herum, Schulbücher waren verstreut, Taschen, Zeitungen und Spielzeug. Dazwischen gab es Stapel sauberer Wäsche. Auf dem Teppich lagen Schuhe und Zeitschriften jeder Art. Der Fernseher lief, und Videofilme waren auf dem Boden gestapelt. "Ich hatte keine Ahnung, daß es so schlimm ist", bemerkte Craig verlegen. Jills war fassungslos. "Das sieht allerdings sehr schlimm aus..." "Ich hätte wohl eine Putzfrau besorgen sollen." Wenn Jill erst die Küche sehen würde, ging sie bestimmt gleich wieder. Wieso hatte er nicht besser aufgepaßt? "Hier leben vier männliche Wesen", gab er als lahme Erklärung. "Doch eher wohl vier wilde Tiere." Danny kicherte. Als Jill lächelte, dachte Craig erleichtert, daß sie vielleicht doch nicht gleich wieder gehen würde.
"Ich werde eine Putzfrau ...",' setzte er an. "Das erledige ich gleich Montag früh", fiel Jill ihm ins Wort und schob mit der Fußspitze einen Tennisschläger zur Seite. "Sie brauchen kein Kindermädchen, Craig, sondern eine Teilzeitsklavin. Weiß hier jemand, was ein aufgeräumtes Zimmer ist?" "Tut mir leid, Jill, ich hätte mich darum kümmern müssen. Wir haben auch noch nicht über Ihr Gehalt gesprochen, und ich..." Jill hob die Hand. "Bestechen lasse ich mich nicht. Ich habe Kim versprochen, es zu übernehmen, und das tue ich auch. Für genau das Gehalt, das Sie ihr gezahlt hätten. Sagen Sie mir nur eins ... ist es oben noch schlimmer?" "Na klar", antwortetet C.J. stolz und grinste. "Wollen Sie es sehen?" "Nicht sofort." In dem Moment bewegte sich etwas auf dem Sofa. Ben. Er nahm die Fernbedienung, um das Programm zu wechseln. Wie immer weckte der Anblick seines Ältesten bei Craig große Sorgen. Er hatte versucht, den Jungen dazu zu bringen, aktiver zu werden, hatte Sport mit ihm gemacht, so oft er konnte, aber nichts half. Der Junge hatte Kummer, und Craig wußte nicht, was er dagegen tun könnte. "Ben, das ist Jill Bradford." Ben schaute sie nicht einmal an. "Ich dachte, sie heißt Kim." "Ich habe dir gestern gesagt, daß Kim geheiratet hat. Jill hat den Job übernommen. Sag bitte guten Tag." "Du überläßt es einer Person, sich um uns zu kümmern, die du nicht mal kennst? Vielen Dank, Dad." Craig ballte die Hände zu Fäusten. Doch er wollte sich nicht von Ben provozieren lassen. So antwortete er ruhig: "Ms. Bradford ist nicht jemand, den ich gerade gefunden habe. Ich habe sie überprüft, und sie ist sehr ..."
Jill fragte überrascht: "Sie haben mich überprüft? Hinter meinem Rücken?" "Ja. Schließlich kenne ich Sie nicht und kann meine Kinder nicht einfach irgend jemandem anvertrauen." "Das verstehe ich. Nur ist es kein so gutes Gefühl, daß einer so etwas hinter meinem Rücken tut." Sein Blick drückte sowohl Betroffenheit als auch Verärgerung aus. Jill verstand beides. Sie hätte das nicht vor den Jungen fragen sollen. Denn die starrten sie nun alle empört an. Daß sie hier dringend gebraucht wurde, war unübersehbar. Genau wie damals, als ihr Exmann Aaron sie dringend für seine Töchter gebraucht hatte. Wieder steckte sie bis zum Hals in der gleichen Situation. Aber diesmal würde sie aufpassen und sich nicht wieder gefühlsmäßig engagieren. Sie war hier nur eine Übergangskraft und würde in fünf Wochen wieder fort sein! Craig sah in seiner schwarzen Uniform sehr eindrucksvoll aus. Daß ihr das Herz bei seinem Anblick höherschlug, versuchte Jill zu ignorieren. Er würde vermutlich sowieso selten dasein. "Es wird schon gehen", setzte sie besänftigend hinzu. "Machen Sie sich ruhig auf den Weg zur Arbeit. Die Jungs und ich werden das allein schaffen." "Sind Sie sicher? Tut mir leid, aber ich sollte seit einer halben Stunde im Büro sein." "Wir haben viel zu tun." Jill lächelte fröhlich, C.J. grinste zurück, und auch Danny lächelte schüchtern. Ben starrte auf den Fernseher. "Also gut, Jungs, seid nett zu Jill. Falls etwas los ist,' meine Telefonnummer habt ihr." Er winkte und eilte nach draußen. Die Tür klappte zu, und Jill wäre am liebsten Craig nachgelaufen und hätte ihm gesagt, daß sie ihre Meinung geändert habe. Tapfer schaute sie sich um.
Auf den zweiten Blick war alles noch viel schlimmer. Es würde zwei Tage dauern, bis das Ganze für die Putzfrau vorbereitet und weggeräumt sein würde. Meine Güte, worauf hatte sie sich nur eingelassen? Ihr fiel Kims Haus ein, in dem sie gewohnt hatte. Sobald Kim und ihr Mann aus den Flitterwochen zurück waren, würde sie die Wohnung räumen müssen. Im Augenblick hatte ihr Leben keine Richtung. Es wurde Zeit, etwas Neues anzupacken. Vielleicht war das hier eine Chance dafür. "Gut, Jungs, laßt uns zusammensetzen und uns ein bißchen kennenlernen. Sagt mir, wie ihr was gemacht haben wollt, und ich sage euch, was ich von euch erwarte." Danny und C.J. standen vor der Küchentür, die zwei Stufen höher als das Wohnzimmer lag. Ein Blick in die Küche genügte, um Jill befürchten zu lassen, sie würde in Ohnmacht fallen. Da gab es keinen Zentimeter freien Platz. Überall stand gebrauchtes Geschirr herum, aufgerissene Cornflakeskartons, leere Milchtüten, Kekse und Kartoffelchips. Die Schränke standen offen, die Borde waren leer. Wie es im ersten Stock in den Schlaf- und Badezimmern aussah, mochte sie sich gar nicht erst vorstellen. "Wo setzen wir uns hin?" fragte Danny. Seinem sanften Lächeln konnte Jill nicht widerstehen. Sie schaute sich um. Im Hintergrund entdeckte sie eine Art Eßraum, dessen Tisch nicht vollständig überhäuft war. "Da drüben", schlug sie vor. "Kommst du auch, Ben?" Der Junge reagierte nicht. Jill ging zu ihm und stellte sich vor den Fernseher. Er starrte durch sie hindurch. "Möchtest du nicht reden?" "Nein, warum sollte ich. Sie bleiben ja doch nicht lange." "Nun, es wäre einfach höflich. Die Welt ist schöner, wenn jeder sich ein bißchen Mühe gibt." "Haben Sie das auf einem Sticker gelesen?" fragte er frech.
"Oh, einfach beeindruckend. Du meinst, wenn du mich einschüchterst, geht es nach deiner Nase?" Er zuckte mit den Schultern. Ben hatte das dunkle Haar seines Vaters. Vermutlich auch seine Augen. Er war ein hübscher Junge, hatte aber gut zehn Kilo Übergewicht. Die anderen beiden Jungen beobachteten die Szene. Jill wußte, daß sie allein deswegen schon Bens Aufmerksamkeit bekommen mußte, um die nächsten fünf Wochen hier leidlich durchzustehen. Sie durfte sich nicht von einem Zwölfjährigen kleinkriegen lassen. Ben erinnerte sie an einen knurrenden, aber auch einsamen Hund, der sich eigentlich streicheln lassen möchte, aus erfahrener Enttäuschung aber niemanden an sich heranläßt. Sie stellte den Fernseher ab. "Bitte komm mit ins Eßzimmer, Ben." Der Junge lehnte sich vor und stellte den Apparat wieder an. Jill holte tief Luft. Was sollte sie tun? Über Disziplin hatte sie mit Craig noch nicht sprechen können. Den Jungen zu zwingen, lag ihr nicht. Wenn sie den chaotischen Zustand des Hauses bedachte, waren die Kinder auch an keine festen Regeln gebunden. Und sie war zu kurz hier, um die Macht zu haben, daran etwas zu ändern. Wie sie jetzt mit Ben umging, das würde die nächsten fünf Wochen bestimmen. Sie starrte Ben an und hoffte auf einen brauchbaren Gedankenblitz ... der tatsächlich wie ein Geschenk des Himmels kam. Sie lächelte, schob alles zur Seite, was auf dem Couchtisch stand und lag ... Bücher, Hefte, drei Gläser, die Fernbedienung, ein halb gegessenes Sandwich. Ben schien überrascht zu sein. Eins zu null für mich, dachte Jill. Sie kniete sich vor den Tisch und stützte den Ellbogen darauf, spannte und entspannte die Faust. "Hast du Lust, mir zu
beweisen, daß du nicht nur frech daherreden kannst?" Hoffentlich wirkte sie stark und selbstbewußt genug! "Was meinen Sie?" "Ich meine ein Kräftemessen zwischen dir und mir. Jetzt und hier. Wir machen Armdrücken, Ben. Wenn du gewinnst, kannst du hier sitzenbleiben und fernsehen, bis du alt und grau bist. Wenn ich gewinne, tust du, was ich sage. Und das erste wäre, daß du den Fernseher ausstellst und dich mit mir und deinen Brüdern zusammensetzt." "Cool!" fand C.J. "Du kannst ihn schlagen, Jill." Jill ließ das Du gelten. "Das ist doch blöd!" giftete Ben seinen Bruder an. Aber er schaute nicht mehr zum Fernseher hin. "Kann sein", erwiderte Jill. "Angst davor?" "Ich habe keine Angst!" Danny kicherte. "Halt die Klappe, Blödmann!" "Ich bin kein Blödmann!" "Du bist ein Babyblödmann!" "Jungs", ging Jill dazwischen und warf Ben einen strengen Blick zu. "Mach mit oder halt den Mund, junger Mann. Entweder du schaffst es, oder du schaffst es nicht. Das wird sich herausstellen." Die dunklen Augen starrten sie an. Sein Gesichtsausdruck war unlesbar. "Wenn ich gewinne, kann ich fernsehen und bekomme fünf Dollar." Jill überlegte, dann nickte sie. "Und wenn ich gewinne, tust du nicht nur das, was ich dir bereits sagte, sondern guckst das ganze Wochenende über nicht fern." Ben musterte ihren rechten Arm. "Abgemacht." Er glitt vom Sofa herunter, stellte seinen Ellbogen auf den Tisch und legte seine Hand in ihre, C.J. und Danny kamen näher heran. "Komm schon, Jill, du schaffst es", feuerte Danny sie an.
Jill hoffte, daß das Vertrauen, das der Kleine in sie setzte, berechtigt war! Sie arbeitete jeden Morgen mit leichten Gewichten, was ihre Muskeln ganz schön kräftigte. Aber würde das reichen? Sie hatte keine Ahnung, wie stark ein Zwölfjähriger war, und hoffte nur, daß Bens körperliche Faulheit ihr zum Vorteil gereichte. Ben schaute sie leicht verunsichert an. Vielleicht hatte er auch Angst davor zu gewinnen. Mit der eigenen Macht konnten Kinder nicht gut umgehen. "C.J., du gibst das Startzeichen", ordnete sie an und setzte sich bequem zurecht. Falls sie gewinnen sollte, würde sie es so wirken lassen, als wäre es schwierig gewesen. Sie beugte sich vor, um eine gute Reichweite zu haben, und atmete tief ein. "Los!" befahl C.J.
3. KAPITEL Jill glaubte, vorbereitet zu sein, aber Ben drückte ihre Hand beinahe auf Anhieb bis auf die Tischplatte. Sie biß die Zähne zusammen. Sie schaute weder Ben noch die beiden anderen an, sondern konzentrierte sich mit aller Kraft auf ihren Arm. Schließlich schaffte sie es, beider Arme zurück in die Startposition zu bringen, drückte ... und diesmal gab Ben nach. Jill konnte ihm anmerken, daß er in Panik war. Er wollte sich vor seinen Brüdern nicht blamieren. Dieser sture, stolze, übergewichtige Junge, der vermutlich von seinen Klassenkameraden gehänselt wurde, weil er ein Außenseiter war, tat ihr plötzlich leid. Jill war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ihm zuliebe nachzugeben, und ihre Position in diesem Haus zu festigen. Ihr zitterte der Arm, aber nicht so stark wie der von Ben. "Du schlägst ihn, Jill!" schrie Danny. "Ich gebe mir Mühe", keuchte Jill. Sie war dabei, Bens Arm hinunterzuzwingen. C.J. lachte. "Komm schon, Ben! Sie ist bloß ein Mädchen." "Dann versuch du es doch", stieß Ben hervor. "Sie ist stärker, als sie aussieht." "Lektion Nummer eins", sagte Jill, "unterschätze nie die Kraft einer Frau." Und damit drückte sie Bens Arm auf den
Tisch. C.J. und Danny feixten, Ben rieb sich das schmerzende Handgelenk. "Ich dachte, ich würde gewinnen", gab er zu und lächelte verlegen. In dem Moment sah er genau wie sein Vater aus. In einigen Jahren ist er ein Herzensbrecher, dachte Jill. Er stellte den Fernsehapparat ab und reichte ihr die Fernbedienung. "Die Haynes halten ihr Wort", sagte er schlicht. "Sehr lobenswert." Jill war überrascht. Sie hatte erwartet, daß er ein schlechter Verlierer sein würde. Ein Punkt für ihn. "So, wer von euch führt mich jetzt in dieses Haus ein?" fragte sie. "Bist du sicher, daß du den Rest des Hauses sehen willst?" fragte C.J. grinsend. Jill warf einen Blick auf den Haufen Wäsche und das Küchengeschirr. "Es kann ja wohl kaum schlimmer sein." Alle drei Jungen lachten. Eine Viertelstunde später war Jill nicht mehr zum Lachen zumute. Sie wäre am liebsten gegangen. Wie konnte man nur so leben? Sah denn niemand, daß praktisch alles benutzt und schmutzig war? "Läßt euer Vater euch denn die Sachen nie aufräumen?" fragte sie genervt. "Oh, doch", antwortete C.J. "Er wird sogar ganz wütend, wenn wir es nicht tun." "Dann erklärt mir doch mal dieses Chaos." "Er ist immer weg." C.J. lächelte charmant. Oben lagen die vier Schlafräume. In Craigs Zimmer hatte Jill nur kurz hineingespäht. Dort gab es große Möbel, ein breites Bett und einen Kamin. Es wirkte einigermaßen ordentlich. In einem angrenzenden Raum standen ein Computer und ein Drucker, an der Wand hingen Notizen und Graphiken. In Dannys Zimmer lag überall Spielzeug herum, in C.J.s Berge von Klamotten, in Bens stapelte sich schmutziges Geschirr.
"Ihr seid alle drei total unordentlich", stellte Jill fest. Danny berührte ihre Hand. "Ich helfe dir beim Aufräumen." "Das Baby biedert sich an", schnaubte Ben verächtlich. "Tu ich nicht!" "Tust du doch!" "Ihr werdet mir alle helfen", sagte Jill kurz angebunden. "Wir werden gemeinsam die Wäsche sortieren und die Abwasch machen." Alle drei stöhnten auf. "Tut mir leid, aber es ist eure Schuld. Wenn ihr wie zivilisierte Menschen gelebt hättet..." Sobald das heraus war, wußte sie, daß sie einen Fehler begangen hatte. Die Jungen hampelten allesamt wild herum und gaben Affengeräusche von sich. " Alle Serengeti-Bewohner zurück ins Wohnzimmer!" ordnete Jill an. Auf dem Weg dorthin mußten sie an Inline-Skates vorbei. "Wohin gehören" die Sportsachen?" "In den Schrank unter der Treppe", antwortete C.J. "Wo schlafe ich eigentlich?" erkundigte Jill sich, als ,sie ihren Koffer im Flur stehen sah. "Hier", antwortete Danny und wies auf eine Tür auf der anderen Seite des Eßzimmers. Jill schaute hinein. Es war ein heller Raum, ganz in Gelb und Weiß eingerichtet, mit großen Fenstern und einem Blick in den Garten. Ein eigenes Bad gehörte dazu. Das einzig ordentliche Zimmer im gesamten Haus. "Da dürfen wir nicht rein, sagt Dad", erklärte Danny. "Mrs. Miller wohnte da und jetzt du." Jill brachte ihren Koffer in ihr Zimmer. Dann ordnete sie an, daß Danny und C.J. die Wäsche zum Waschen sortieren sollten. Die Jungen sahen sie verständnislos an. "Man trennt sie nach Farben", erklärte sie, "nach hellen und dunklen."
Danny prophezeite: "Die Haufen werden bis an die Decke reichen." "Das macht nichts. Ben, du hilfst mir in der Küche. Wir beide füllen die Spülmaschine." Als sie einen Scherz machte und C.J. sich kichernd an sie lehnte, streichelte sie ihm über den Kopf, und der Kleine blieb kurz an sie gekuschelt stehen. Jill dachte mitleidig, wie schwer es sein mußte, ohne Mutter aufzuwachsen. C.J. und Danny kümmerten sich um die Wäsche, und Ben half, in der Küche klar Schiff zu machen und Berge von angetrocknetem Essen und schmutzigem Geschirr zu bewältigen. Bei dem Lärm fielen Jill ihre Stieftöchter ein. Ob die Mädchen wohl, jemals an sie dachten, sie gar vermißten? Sie hatte nach der Scheidung versucht, mit ihnen in Kontakt zu bleiben, aber die Mutter der Mädchen hatte das energisch unterbunden. Ein legales Recht hatte Jill nicht auf Patti und Heather gehabt, und beide hatten ihr am Telefon sogar gesagt, sie solle sie in Ruhe lassen. Das verletzte Jill noch immer. Sie hatte ihre Mutter nicht ersetzen, sondern den Mädchen nur Liebe geben wollen. "Hast du einen Ehemann?" wollte Ben wissen. "Nein." "Kinder?" "Nein. Wenn ich welche hätte, wären die bei mir." "Wieso?" "Ich würde ..." Sie wollte gerade sagen meine Kinder nie verlassen, besann sich aber schnell, als ihr einfiel, daß diese drei von ihrer Mutter verlassen worden waren. Sie ging zu Ben und strich ihm das Haar aus der Stirn. Ben zuckte zusammen, wich aber nicht aus. "Meine Güte, du bist ja schon größer als ich!" rief sie erstaunt, als sie das herausfand, jetzt, wo er neben ihr stand. Er grinste ... und sah dabei wieder aus wie sein Vater.
Nachdem das Geschirr in der Spülmaschine verstaut war, stellte Jill fest, daß weder Obst noch Gemüse im Haus waren. "Dad hatte dazu keine Zeit mehr, er mußte zu so einem Geheimauftrag weg", erklärte Ben. "Darüber darf er nicht reden." "Ihr seid sicher stolz auf ihn. Nicht viele haben eine solch verantwortungsvolle Arbeit." "Ja, stimmt", erwiderte Ben ein wenig erstaunt. "Ich bin stolz auf meinen Dad." "Hat er gesagt, wann er zurück sein wird?" Ben schüttelte den Kopf. "An der Wand hängen ein paar Telefonnummern." Jill sah sich die Nummern an. Es waren die Telefonnummern des Reviers, eines Arztes, die von Travis, Jordan, Kyle und Austin. "Das sind unsere Onkel", erklärte Ben. "Nur Austin ist nicht wirklich unser Onkel, aber wir nennen ihn so, weil wir ihn scho n so lange kennen." Es muß schön sein, eine so große Familie zu haben, dachte Jill, die ein Einzelkind war. "Fertig!" verkündete Danny stolz. Im Wohnzimmer gab es vier Wäschehaufen. "Das sind mindestens zwanzig Ladungen", staunte Jill. "Es wird ewig dauern", befürchtete Danny. "Vielleicht nicht ewig, aber ungefähr bis ihr ins College kommt." Danny kicherte. Zu Mittag bereitete Jill Suppe und belegte Brote für die Jungen. Ohne Craig wollte sie keine Einkäufe machen. "Ich kann es ganz laut", sagte C.J, und schlürfte hörbar die Suppe. "Das ist noch gar nichts." Ben übertrumpfte ihn.
Es gab Gelächter und noch mehr Geschlürfe. Diese Jungen unterschieden sich sehr von ihren Stieftöchtern, fand Jill, die gerade die Waschmaschine belud. Aber sie mochte die drei. Nach ein paar Minuten wurde ihr das Geschlürfe zuviel, doch sie verkniff sich, es zu verbieten. "Schlürft ihr um die Wette?" fragte sie nur. "Ich gewinne", behauptete Danny. "Das ist schade. Denn der, der am leisesten ißt, bekommt den größten Teller Eis zum Nachtisch." Schweigen breitete sich aus. Jill hätte fast gelacht. Was ein Nachtisch doch bewirken konnte. Ben mußte allerdings demnächst auf Magerjoghurt umsteigen, nahm sie sich vor. C.J. schaute zu ihr herüber. "Du hast uns ausgetrickst, Jill." , "Stimmt." Diesmal gestattete sie sich ein Lächeln. "Ein Erwachsener zu sein, hat manchmal Vorteile." Es war kurz vor Mitternacht, als Craig nach Hause kam. Jills Wagen stand noch in der Auffahrt. Er hatte vergessen, ihr den Garagenöffner zu geben, so daß sie darin parken konnte. Auch über ihr Gehalt hatten sie noch nicht gesprochen, ihre freien Tage und manch anderes mehr. Er hatte es sehr eilig gehabt, weil er spät dran gewesen war. Außerdem hatte er die Befürchtung gehabt, daß Jill nach Sicht des Hauses ihre Meinung sofort wieder ändern würde ... was er durchaus verstanden hätte. Oben brannte die Nachtbeleuchtung. Im Haus war es ruhig. Alle haben überlebt, dachte er erleichtert, aber auch schuldbewußt. Er seufzte. Es war nicht leicht, der Alleinverantwortliche für drei lebhafte Kinder zu sein. Beim Blick ins Wohnzimmer staunte er. So ordentlich hatte er es eigentlich noch nie gesehen, genauso wie das Eßzimmer. In der Küche war der Tresen leer, das Spülbecken sauber, der Mülleimer geleert. Im Aufenthaltsraum lagen weder Spielzeug noch Sportsachen, noch Videokassetten herum, und die noch vorhandenen Wäschestapel waren nach Farben geordnet. . Der
Fernseher war ausgestellt, aber die Stehlampe brannte noch. Jill lag zusammengerollt und schlafend auf dem Sofa. Frage war ... sollte er sie wecken oder schlafen lassen? Noch bevor er sich entschieden hatte, öffnete Jill die Augen. Dieses helle Grün fiel ihm immer wieder auf und die Intensität ihres Blickes. Als sie lächelte, reagierte sein Körper sofort... wie er unangenehm berührt feststellen mußte. "Sie sind also zu Hause", murmelte sie mit verschlafener Stimme. "Ich hätte beinahe das Revier angerufen, wollte Sie dann aber doch nicht stören. Ist alles in Ordnung?" "Ja, danke." Craig zeigte auf die Wäschestapel. "Das hätten Sie nicht alles mächen müssen. Ich wollte eine Putzfrau kommen lassen." "Das können Sie noch immer tun." Jill streckte sich. Dabei war zwischen T-shirt und Jeans ihr nackter Bauch zu sehen. "Es macht mir nichts aus, die Wäsche zu machen und zu kochen. Vor dem Badezimmer der Jungs graut mir allerdings. Da sieht es schlimm aus." "Ich telefoniere am Montag gleich wegen einer Putzfrau", versprach Craig. "Das habe ich bereits getan", erwiderte Jill lächelnd. "Morgen ist jemand um zehn da. Sind Sie hungrig?" Schon bei der Frage knurrte ihm der Magen. "Ich fürchte, ja. Ich hatte den ganzen Tag keine Zeit zum Essen." Jill stand auf. Sie mußte eine Weile geschlafen haben, denn ihr Haar war ganz zerzaust ... so wie er sie bereits einmal gesehen hatte. Im Bademantel und mit nichts darunter. Allein bei dem Gedanken wurde Craig ganz heiß. Er hatte schon lange keine Frau mehr begehrt. Aber mußte das gerade jetzt sein? "Es gibt nichts Besonderes", warnte Jill auf dem Weg zur Küche. "Nur Pizza. Ich wollte nicht ohne Sie eink aufen gehen." "Tut mir leid. Ich bin einfach verschwunden, ohne mich mit Ihnen zu besprechen."
Er lächelte verlegen und rieb sich den schmerzenden Nacken. "Das macht nichts." Sie legte drei große Stücke Pizza auf einen Teller und schob sie in die Mikrowelle. "Was trinken Sie? Wasser, Milch, Soda oder Bier?" "Bier." Sie öffnete eine Flasche und goß ein. Für sich selbst nahm sie Wasser. "Ich kann mich kaum erinnern, wann die Küche das letztemal so sauber war", murmelte er anerkennend. "Wenn ich an die Menge benutzten Geschirrs denke, muß es so um Weihnachten gewesen sein." Bevor er etwas darauf erwidern konnte, fügte sie hinzu: "Entschuldigen Sie sich nicht erneut. Ich verstehe es nämlich. Aber wir müssen über ein paar andere Dinge sprechen." Als die Pizza warm war, servierte Jill sie Craig und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Beim Essen klärten sie ihr Gehalt und den Stunden- und Sportplan der Kinder. "Danny und C.J. müssen abgeholt werden, Ben nimmt immer den Bus." Schon beim Anblick ihrer übereinandergeschlagenen Beine durchrieselte es Craig. Im dämmerigen Licht waren ihre Pupillen riesig, ihre Augen wirkten in dem hellen Gesicht ganz dunkel. Ihre Hände wirkten feingliedrig und anmutig. "Ich bin keine großartige Köchin", erklärte sie. "Aber ich denke, etwas Eßbares bringe ich schon fertig." "Mehr ist nicht nötig." "Es muß schwer für Sie gewesen sein." "Stimmt." Er nahm einen Schluck Bier. "Seitdem Mrs. Miller gegangen ist, hatten wir kurz hintereinander vier Frauen hier. Durch Mrs. Miller waren wir ganz schön verwöhnt. Ich hatte keine Ahnung, daß es so schwierig sein könnte, sie zu ersetzen." "Sie haben ja noch fünf Wochen Zeit zum Überlegen." "Was ist mit der Probewoche, die wir abgemacht haben?"
Jill zuckte mit den Schultern. "Ich habe den Tag mit den Jungs verbracht und denke, ich schaffe es. Jetzt haben Sie erst einmal ein bißchen Zeit", fuhr sie fort. "Und ich auch. Ich hätte mir ohnehin eine Unterkunft suchen müssen, sobald Kim und ihr Mann aus den Flitterwochen zurück sind. Eigentlich wollte ich nach San Clemente zurückkehren, aber auch darüber war ich mir nicht so ganz sicher ..." Sie lächelte. "Ich brauche mich nicht sofort zu entscheiden, was angenehm ist." Obgleich Craig bewußt war, daß die Jungen im oberen Stockwerk schliefen, so hatte er doch das Gefühl, als wären Jill und er allein auf der Welt. Er versuchte, nicht allzuoft den Blick auf ihre Brüste, die sich unter dem T-shirt abzeichneten, zu werfen, weil das seine Phantasie zu sehr anregte. Jill war so ganz anders als alle Frauen, die er kannte. So klein und so zierlich und dabei so feminin, mit all den Rundungen am richtigen Platz. Krystal war ziemlich groß, wie die meisten Frauen, mit denen er liiert gewesen war. "Ich weiß nicht, wie Sie es mit der Disziplin halten", sagte Jill gerade. "Hat Ben Schwierigkeiten gemacht?" "Wie kommen Sie darauf?" "Nun, C.J. ist fröhlich, so wie mein Bruder Kyle, er hat immer gern seinen Spaß. Danny ist noch recht schüchtern, also bleibt Ben als einziger, der schwierig sein kann." Mit Ben hatte es schon in der Vergangenheit Probleme gegeben und Klagen von den Lehrern. Der Junge sei düster und wenig kooperativ. Seine Zensuren hielten sich, aber er nahm an keiner Gemeinschaftsunternehmung teil. "Ich konnte ihn davon überzeugen, sich zu benehmen", antwortete Jill. "Ich wußte natürlich nicht, ob Sie Stubenarrest erteilen oder sonst was und war besorgt, daß er mir den Gehorsam verweigert." "Was haben Sie also getan?"
"Ich habe mit ihm Armdrücken veranstaltet. Wenn er gewonnen hätte, hätte er weiter fernsehen dürfen. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, aber ich bin bei älteren Kindern für Kompromisse. Es ist halt so im Leben, daß keiner immer das bekommt, was er haben will." Craig war beeindruckt. "Und? Haben Sie gewonnen?" Jill lächelte breit. "Ja. Zuerst hat es so ausgeschaut, als ob ich es nicht schaffen würde. Aber Ben hat sich als ein guter Verlierer herausgestellt." "Na, das ist ja schon immerhin etwas." Wieder rieb er sich den vor Anspannung schmerzenden Nacken. Das würde wohl erst aufhören, wenn er alles im Griff hatte. Im nächsten Jahrhundert oder so. "Geht es Ihnen gut?" fragte Jill, als sie sein verzogenes Gesicht bemerkte. "Es ist nur der Streß." "Wollen Sie ein Aspirin?" "Ja, gute Idee." Jill holte zwei Tabletten aus ihrem Zimmer und hielt sie ihm auf der Handfläche hin. Der Schmerz, den er nun plötzlich empfand, war eher seelischer Natur. Ihm wurde auf einmal bewußt, wie sehr er es vermißte, das Leben mit jemandem zu teilen, jemandem anzugehören. Er betrachtete ihr hübsches Gesicht. Als sie ihm die Tabletten reichte, berührten ihre Hände sich, und ein Schauer durchfuhr ihn. Craig hatte Jill eigentlich nur für die Kinder engagiert. Aber auf einmal war der Wunsch in ihm geweckt, etwas zu besitzen, was ihm doch verwehrt bleiben würde.
4. KAPITEL "Wie war denn Ihr Tag?" fragte Jill, während Craig die Tabletten mit Wasser herunterschluckte. Er wußte nicht, was er antworten sollte. Der Sonderauftrag war geheim. Jill kräuselte die Nase. "Machen Sie sich keine Gedanken. Ich weiß, daß es ein Geheimauftrag is t, und wollte nicht neugierig sein. Ich meinte das nur so allgemein." "Ich bin gar nicht mehr daran gewöhnt, daß mich jemand danach fragt", antwortete Craig schließlich und lehnte sich im Stuhl zurück. "Der Tag war ... schwierig. Immer wenn ich denke, ich bin ein ganz schön abgehärteter Bursche, werde ich von mir selbst wieder überrascht." "Wodurch?" "Ich darf nicht über die Einzelheiten sprechen, aber ich kann Ihnen das erzählen, was sowieso in der Presse steht. Es geht um Betrug an älteren Menschen. Es gibt da einen Ring von drei Leuten oder vier, die Autounfälle mit älteren Fahrern inszenieren. Sie bremsen plötzlich, so daß ihnen einer drauffährt, oder sie biegen bei Gelb links ab und fahren so langsam, daß einer hineinfährt. Jedesmal nehmen die Opfer an, es sei ihre Schuld. Dann geben diese Kriminellen vor, die Betroffenen zu sein, reden davon, wie schnell man den Führerschein los sei, und erinnern an erhöhte
Versicherungsraten. So bringen sie die Fahrer dazu, für den Schaden sofort bar zu bezahlen." "Sicher ein Vielfaches von dem wirklichen Schaden, nicht wahr?" Jills grüne Augen blitzten empört. "Das ist ja schrecklich! Es freut mich, daß Sie etwas dagegen unternehmen." Craig wunderte sich über die Heftigkeit ihrer Reaktion. Manchmal sprach er mit seinen Brüdern über die Sache. Außer Jordan waren sie alle Polizisten, und sie verstanden ihn. Krystal hatte ihn nicht verstanden. Seine Arbeit hatte sie gelangweilt, und nach ihrer Meinung bekamen Dummköpfe das, was sie verdienten. Im nachhinein fragte er sich, was er eigentlich an Krystal gefunden hatte. Aber mit zweiundzwanzig war sie bildschön und verführerisch gewesen und hatte es verstanden, sich in das beste Licht zu setzen. Als er ihr den Heiratsantrag machte, hatte er seinen Verstand nicht ganz beisammen gehabt. Die Ehe hatte er trotz allem ... der Kinder wegen ... nie bereut. "Ich komme langsam voran", fuhr er im Plauderton fort. "Ich arbeite mit einer Gruppe älterer Leute zusammen, und wir planen eine Aktion." "Eine solche Arbeit bringt sicher Befriedigung." "Stimmt. Da ist Mrs. Hart, sie lebt allein, ist so um die Siebzig. Sie würde am liebsten ein verstecktes Tonband an sich tragen, mit Mikrophon. Sie fährt immer dort entlang, wo es viele ältere Menschen gibt, und hofft, daß die Typen sich an sie heranmachen. Ich habe ihr schon gesagt, sie habe zu viele Krimis gesehen." "Hört sich sympathisch an." "Hmm." Er wurde wieder ernst. "Ich hoffe, sie erwischen sie nicht. Einige Unfälle liefen nicht ab wie geplant. Eine Frau ist dabei sogar tödlich verunglückt." Jill berührte mitfühlend seine Hand.
"Wir werden die Verbrecher schon kriegen. Es ist nicht unbedingt der Bereich meiner Arbeit, was ich da mache, aber die Detectives brauchten Hilfe, und so bot ich mich an. Nur der Gedanke, daß ich wieder einmal nicht bei den Kindern bin, nimmt mir die Freude." "Wieso sind Sie Polizist geworden?" "Nun, ich bin es schon in der vierten Generation. Mein Vater war Polizist, fünf seiner Brüder waren es, zwei meiner Brüder sind es. Jordan bildet die einzige Ausnahme. Er ist bei der Feuerwehr." Craig nahm einen Schluck Bier. "Sie haben also drei Brüder, fünf Onkel und drei Söhne. Nicht gerade viele weibliche Nachkommen in der Familie, nicht wahr?" "In vier Generationen kein einziges Mädchen: Mein Bruder Travis hat jetzt eine Tochter." "Immerhin ein Fortschritt." "Laut Jordans Theorie bekommen die Haynes-Männer nur ein Mädchen, wenn sie ernsthaft verliebt sind. Travis' Frau Elizabeth meint dagegen, daß es mehr von den Frauen abhänge, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen bekommen. Sie hat zwei Schwestern, Kyle und Sandy. Wenn die ein Baby bekommen, werden wir sehen, wer recht hat." Jill schien auf einmal bedrückt. "Sie sehen traurig aus." "Das bin ich auch eine so große Familie... Wie viele sind es denn?" "Ich habe drei Brüder und dazu Austin, aber er ist kein leiblicher Bruder." "Und Ihre Eltern?" Darüber sprach Craig nicht gern. "Meine Mutter hat meinen Vater vor ungefähr fünfzehn Jahren verlassen. Er war kein besonders guter Ehemann, hatte dauernd Affären. Sie hielt es solange aus, wie sie konnte, aber dann hatte sie eines Tages genug. Sie hat nicht einmal eine Tasche gepackt oder eine
Nachricht hinterlassen. Sie ist einfach fortgegangen, und wir haben sie nie wiedergesehen." "Wenn sie nichts mitgenommen hat, woher wissen Sie ..." Jill biß sich auf die Lippe. "Woher wir wissen, daß ihr nichts passiert ist?" Jill nickte. "Jordan hat sie weggehen sehen. Sie sagte ihm, sie habe genug und würde nicht zurückkommen. Er war erst siebzehn und wußte nicht, was er tun sollte. Es war schwer für uns alle. Für Kyle, den Jüngsten, vermutlich am schlimmsten." Jill sah ihn mitfühlend an. "Es tut mir leid." "Danke. Meine Brüder und ich haben uns schon immer nahegestanden, aber nach dem Weggang von Mutter erst recht. Mein Vater hat noch ein paarmal ge heiratet und ist dann nach Florida gezogen. Ich habe ihn seit der Geburt von Ben nicht mehr gesehen." Das wollte er auch gar nicht. Er würde seinem Vater nie vergeben, was er der Familie angetan hatte. "Sie werden meine Brüder kennenlernen", fuhr er fort. "Wir sehen uns des öfteren." "Hört sich gut an, wenn auch ein bißchen anstrengend. Ich bin ein Einzelkind. Ich werde mich wohl erst einmal daran gewöhnen müssen, mit einer Handvoll Jungs zusammenzuleben." Sie lächelte und sah ihn offen an, als sie fortfuhr: "Wissen Sie, Craig, trotz der großen Schwierigkeiten und all dem Streß haben Sie die Jungs gut erzogen. Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, sind es prächtige Jungs." "Manchmal kommt mir alles unendlich schwierig vor." Craig seufzte. "So ist das nun einmal bei Scheidungen." Er nahm einen Schluck Bier. "Und was ist Ihre Geschichte?" "Die ist nicht besonders interessant. Ich verliebte mich in einen Mann, glaubte, er liebe mich auch, aber das war nur von kurzer Dauer. Wir heirateten, und er brachte zwei Töchter in die
Ehe." Sie lächelte traurig. "Patty und Heather waren süß, ich mochte sie sehr und wollte ihnen gern eine gute Mutter sein. Aber ich mußte mitverdienen, und alles lief so hektisch ab." "Wie lange ist das her?" "Achtzehn Monate. Ich weiß, ich hätte es inzwischen überwunden haben müssen. Aber so leicht ist es wohl nicht..." "Es wundert mich, daß Ihr Exmann erwartet hat, daß Sie zum Unterhalt beitrugen." "Wir haben nie wirklich darüber gesprochen. Ich bot es an, und er akzeptierte es. Er brauchte nie zu sagen, was er wollte, ich wußte es schon immer im voraus." Craig kannte diese Art Egoismus von seinem Vater. "Aber ihn hat es nie interessiert, was Sie sich wünschten." Jill schüttelte den Kopf. "Traurig ist, daß ich bis vor wenigen Monaten davon überzeugt war, keine Wünsche zu haben. Daß es mir genüge, eine Familie zu haben." Mit ihm und Krystal war es so ähnlich gewesen. Er hatte sich immer Gedanken um ihre Bedürfnisse gemacht. Sie dagegen hatte ihm nie etwas zurückgegeben. Und er und Krystal hatten in nur sehr wenigen Dingen übereingestimmt. Jill atmete tief ein. "Irgendwann begriff ich, daß Aaron mich nur geheiratet hatte, um das Sorgerecht für seine Kinder zu bekommen. Das tat weh. Aber ich überwand die Enttäuschung, und eines Tages endeten wir vorm Scheidungsgericht." Sie zog die Knie an und schlang die Arme um die Beine. Am liebsten hätte Craig sie tröstend in die Arme genommen. Dabei war er ihr vor noch nicht vierundzwanzig Stunden zum ersten Mal begegnet! Aber allein dieses Gespräch gab ihm das Gefühl, sie schon lange zu kennen. Vielleicht lag es daran, daß sie beide Kummer gehabt und wie zwei geschlagene Krieger über ihre Verwundungen gesprochen hatten. "Seine Exfrau bekam das Sorgerecht zurück." Jill kämpfte mit den Tränen. "Und Aaron brauc hte mich nicht mehr."
An ihrem Gesichtsausdruck merkte Craig, daß da noch mehr war, aber er fragte nicht. Jill zwang sich zu einem Lächeln. "Ich rede mir ein, daß Aaron an mir eine gute Ehefrau verloren hat. Ich war vermutlich nicht die beste Hausfrau, aber ich habe mir Mühe gegeben, und ich backe großartiges Pflaumenbrot." "Ihr Exmann und meine Exfrau hätten sich zusammentun sollen. Sie verdienen einander." "Ich dachte, Sie sagten, Krystal sei..." "Tot? Ja, das ist sie auch. Aber dennoch verdienen sie einander. Aaron scheint ein richtiger Halunke zu sein." "Erwarten Sie nicht, daß ich ihn verteidige. Außerdem kennen Sie mich erst wenige Stunden und nur meine Version der Geschichte. Seine klingt vermutlich völlig anders." "Vielleicht. Aber ich glaube Ihnen. Aaron wird den Verlust sicher bereuen. Sie sind dabei besser weggekommen." "Oh, ja." Jill lachte leise. "Ich habe im Moment einen Aushilfsjob, danach bin ich wieder arbeitslos. Ich bin geschieden und dreißig, und die Männer stehen geradezu Schlange, um mich kennenzulernen." Craig hätte ihr am liebsten versichert, daß er sich gern in die Schlange einreihen würde, aber er verkniff es sich. Er fand, daß eine Menge für Jill sprach. Sie war intelligent, lustig und sexy. Weitere Gedanken verdrängte er schnell. Soweit wurde er es nicht kommen lassen. Sie hatten beide ihre Lektion gelernt. "Sie haben sich wahrscheinlich gewundert, wieso ich bei Kim wohne", sagte sie. "Es ging mir etwa ein Jahr lang gut. Ich empfand Trauer und Wut und tat all das, was in den Selbsthilfebüchern steht. Aber dann empfand ich eines Tages nur noch Schmerz und mochte nicht einmal mehr zur Arbeit gehen. Ich fühlte mich wie ein gefangenes Tier. Ich mußte einfach weg aus meiner Umgebung. Also vermietete ich meine
Wohnung und zog zu Kim, deren Mitbewohnerin gerade ausgezogen war." Jill hob das Kinn. "Wissen Sie, was am meisten schmerzt? Daß ich Aaron nicht einmal richtig vermisse. Das Gefühl, benutzt worden zu sein, hat alle Gefühle in mir getötet. Die Mädchen vermisse ich dagegen. Ich glaubte, sie würden mich mögen, aber das taten sie offenbar nicht." Jill schluckte. Sie kämpfte mit den Tränen. "Ich hatte ... ich hatte keine Ahnung, daß ..." Das konnte Craig nicht mehr mit ansehen. Er ging um den Tisch herum, und bevor Jill protestieren konnte, zog er sie hoch und schloß sie in die Arme. Obgleich sie protestierte, setzte er sich und behielt sie auf dem Schoß. Sie war so klein und zart, wie er es erwartet hatte, und doch war sie ganz schön kräftig, als sie mit aller Macht versuchte, von ihm wegzukommen. "He, Jill, ich will nur trösten." "Ich weiß, aber..." Eine Träne rann ihr über die Wange. Sie wischte sie mit dem Handrücken weg und barg das Gesicht an seiner Schulter. Sie weinte nicht mehr, kuschelte sich zitternd an ihn und atmete stoßweise. Craig verdrängte seine erotischen Gedanken und hielt Jill einfach nur in den Armen. Er nahm ihren feinen Duft wahr, strich ihr über den Rücken und dachte an das, was sie erzählt hatte. Am liebsten hätte er ihren Exmann zusammengeschlagen und die Töchter zur Rede gestellt. Obgleich er jeden Tag mit den übelsten Typen zu tun hatte, haßte er es immer noch, wenn jemandem Unrecht geschah. "Oh, verflixt!" Sie richtete sich auf. "Ich verhalte mich wenig professionell..." "Das macht nichts." "Doch, das macht etwas. Aber danke für den Trost. Sie sind wirklich nett."
Jill schniefte noch einmal und stand auf. Craig ließ es zu, schon weil er keinen Vorwand hatte, sie nicht gehenzulassen. Es war ihm peinlich, daß er körperlich so erregt war. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Wange und lächelte. Die Lippen zitterten noch ein wenig. "Ich wette, es tut Ihnen jetzt leid, daß Sie nach meinem Leben gefragt haben." "Ganz und gar nicht." "Es ist sicher besser, daß Sie alles erfahren. Ich werde Ihre Kinder gut betreuen, aber es nicht zu einer engen Beziehung kommen lassen. Da ich nur fünf Wochen bleibe, möchte ich nicht riskieren, wieder verletzt zu werden." "Ich verstehe." "Vielen Dank für alles. Gute Nacht." Damit ging sie in ihr Zimmer. Craig blieb still sitzen und dachte nach. Er wollte genauso wenig riskieren, noch einmal verletzt zu werden. Durch Krystal hatte er erfahren, wie weh eine mißlungene Ehe tun konnte. Nacht für Nacht hatte er auf sie gewartet, gegrübelt, wo sie wohl sei, was er falsch mache und was ihm fehle, daß sie so herumstreunte. Beim nächsten Mal wollte er sichergehen und sich nicht auf etwas einlassen, das so nebulös war wie Liebe.
5. KAPITEL "Es kommt mir vor, als müßte ich eine ganze Armee abfüttern", sagte Jill, als sie einen Haufen Tüten mit Lebensmitteln in die Küche trug. Sie hatte fast zwei Einkaufswagen gefüllt und in einer Stunde mehr Geld ausgegeben als für sich selbst in mehreren Monaten. Sie stellte die Tüten auf den Tresen und holte den Rest. Dann schloß sie die Tür des kleinen Kombis und die der Garage. Wie viele große Einkaufstüten waren es? "Fünfzehn, sechzehn, siebzehn? Die Jungs essen einem die Haare vom Kopf." Kaum hatte sie die Tiefkühlkost verstaut, ging das Telefon. Mit einer Tüte voller Äpfel auf dem Arm nahm sie ab. "Hallo, hier bei Haynes." Sie klemmte den Hörer zwischen Kinn und Schulter und überlegte, was sie zum Abendessen zubereiten sollte. "Hallo, Jill, ich bin's, Kim. Sprichst du noch mit mir?" Jill stellte die Tüte mit den Äpfeln ab, warf die Kühlschranktür mit der Hüfte zu, lehnte sich an den Tresen und seufzte. "Kim! Ich habe mich schon gefragt, wann ich wohl von dir hören würde." "Bist du böse?" "Nein, nicht direkt." Sie ließ sich auf den glänzenden Küchenboden sinken. Die Agentur hatte vier Putzleute geschickt, die wie ein Schwärm Heuschrecken über das Haus
hergefallen waren und alles in drei Stunden saubergemacht hatten. Allein hätte Jill Tage gebraucht. Sie schloß die Augen und atmete den Zitronen- und Tannenduft der Reinigungsmittel ein. Kim seufzte. "Es tut mir wirklich leid. Ich hätte mit der Wahrheit herauskommen sollen, aber dann hättest du nein gesagt, und ich hätte nicht heiraten können. Ich fühle mich wirklich schlecht, Jill." "Offenbar nicht schlecht genug", entgegnete Jill trocken. "Du bist also doch böse." "Nein, das bin ich nicht. Aber ich wäre gern vorbereitet gewesen. Mr. Haynes dachte, er bekomme eine Ganztagskraft, und ich dachte, ich solle zwei Abende lang babysitten." "Aber es scheint ja nicht so schlimm zu sein, da du den Job angenommen hast." "Nun, der arme Mann war verzweifelt." "Tut mir leid." "Hör auf, dich zu entschuldigen, ich bin nicht ärgerlich." Sie schaute auf die Wäsche, die zusammengelegt, und die Lebensmittel, die weggepackt werden mußten. In einer knappen Stunde mußte sie los, um Danny und C.J. von der Schule abzuholen. "Vielleicht ist der Job ganz gut für mich", sagte sie. "Zumindest muß ich mich im Moment nicht um eine neue Bleibe kümmern." "Du haßt mich also nicht. Oh, .Jill, Brian ist ein Traummann. Ich kann es gar nicht glauben, daß ich mit ihm verheiratet bin. Jeder Tag ist besser als der vorherige. Er ist fürsorglich und zärtlich, sobald er den Raum betritt, klopft mir das Herz, und der Sex ist..." "Erspare mir bitte Details", unterbrach Jill sie. "Ich kann es mir vorstellen. " Kim lachte. "Dann solltest du viel Phantasie anwenden, denn..."
"Kim!" "Schon gut, ich hör' ja auf." Sie schwieg einen Moment. "Ich weiß es zu schätzen, was du für mich getan hast. Wenn du mich nicht daran erinnert hättest, worauf es wirklich ankommt, hätte ich Brian nicht geheiratet." "Du warst auch da für mich, als ich nicht mehr weiterwußte", erwiderte Jill. "Schon allein dafür war ich dir etwas schuldig. Jetzt sind wir also quitt." "Wie geht es den Jungs?" "Sie sind ganz anders als Patti und Heather, aber ich mag sie." Im Hintergrund war Kims Mann zu hören, dann ein leises Kichern. "Hört sich an, als wenn du beschäftigt wärst", sagte Jill. "Wir sprechen uns, sobald du zurück bist." "Unbedingt. Dann kommst du zu uns zum Abendessen." "Hört sich gut an. Bye." Sie legte auf. Jill blieb noch ein bißchen sitzen und dachte neidisch an Kim und ihr Glück. Wann hatte sie sich das letzte Mal wegen eines Mannes so gefühlt, wie Kim sich jetzt fühlte? Mit Aaron war sie fünf Jahre lang verheiratet gewesen, aber der Za uber war schon bald verblaßt. Hatte sie zuviel erwartet? Sie räumte schnell noch auf und stellte eine Form in den Backofen, stellte die Automatik ein, nahm ihre Tauche und eilte nach draußen. Fünf Minuten später war sie bei der Schule angelangt und stand in einer Schlange von Müttern. Sie beobachtete, wie die Kinder fröhlich zu ihren Eltern liefen. Während ihrer Kindheit hatte es wenig Fröhlichkeit im Haus gegeben. Vor der Scheidung hatten ihre Eltern sich ständig gestritten. Und danach hatten sie ihre Zeit damit verbracht, sich Dinge auszudenken, mit denen sie sich gegenseitig quälten. Jill hatten sie benutzt, um sie gegeneinander auszuspielen.
Sobald sie das Elternhaus verlassen hatte, hatte sie nur noch davon geträumt, endlich eine richtige Familie zu haben, und so hatte sie Aarons wahre Motive für die Ehe nicht durchschaut. Zwei kleine Jungen kamen eilig herbeigelaufen. Jill öffnete die Autotür, und beide stolperten herein. Danny setzte sich nach vorn, C.J. hatte das morgens gedurft. "Wie war euer Tag?" fragte Jill und wartete, bis die Kinder sich angeschnallt hatten. "Prima", antwortete C.J. "Wir arbeiten an einem Wissenschaftsprojekt." "Das ist ja toll", sagte Jill echt beeindruckt. "Und was war bei dir, Danny?" Der Kleine runzelte die Stirn. "Ich muß Softball üben, aber Daddy macht das nicht mit mir. Er hat gesagt, am Wochenende, aber dann war er weg." "Dein Vater hat im Augenblick etwas Wichtiges zu tun, doch er vermißt dich. Und sobald er kann, wird er mehr Zeit mit dir verbringen." "Softball muß man gar nicht üben", sagte C.J. "Man spielt in einem Team." "Ich weiß." Danny pustete eine Haarsträhne aus der Stirn. "Aber ich will nicht im Babyteam spielen, ich will in der besseren Mannschaft spielen." "Kein Problem", sagte Jill. "Wir helfen dir." Das Angebot schien Danny nicht zu beeindrucken. "Du mußt wissen, ich bin eine gute Softball-Spielerin", setzte sie hinzu. C.J. grinste. "Du lügst bestimmt. Du hast sicher nie gespielt."
"Na ja, aber wenn ich wollte, könnte ich ja."
Danny lachte. "Dazu bist du schon zu groß."
"Es gibt immer ein erstes Mal", behauptete Jill. "Nun gut,
vielleicht habe ich das tatsächlich noch nie gespielt, aber wir könnten doch mit dir trainieren, Danny."
"Ich würde ihm helfen", bot C.J. sich an. "Aber Ben nicht. Er sieht nach der Schule immer nur fern oder macht Videospiele." Das war nicht gut. Kinder mußten draußen sein und sich bewegen. Jill war als Kind gern draußen gewesen, schon um ihren Eltern aus dem Weg zu gehen. In ihrem Baumhaus hatte sie sich vorgestellt, jemand anders zu sein, zu Menschen zu gehören, die sich liebhatten. Vor ihr hielt mit flackernden Rotlichtern der Schulbus, und Kinder stiegen aus. Ben gehörte zu den letzten. Keins der anderen Kinder, die in Zweier- oder Dreiergruppen davongingen, sprach mit ihm. Er war ein hübscher Junge, jedoch viel zu dick. Vielleicht sollte es sie nichts angehen, aber da sonst niemand da war, um ihm zu helfen, würde sie sich Mühe geben müssen. Ben stieg in den Kombi. Unterwegs fragte Jill auch ihn: "Wie war dein Tag?" Er sah zum Fenster hinaus. "Blöd." "Aha. Und was habt ihr für Hausaufgaben?" "Ich keine", erklärte C.J. "Ich auch nicht", sagte Danny. Ben antwortete nicht. "Keiner hat Hausaufgaben? Das ist ja interessant. Ich dachte, jeder müsse irgend etwas tun. Aber wenn das so ist, nun gut." Sie logen bestimmt alle drei. Okay. Irgendwie würde sie die Burschen schon hinkriegen. Sie stellte das Radio an und fand einen Sender, der alte Schlager spielte, stellte ihn ganz laut und sang mit. Sie traf nicht jeden Ton, und wenn sie mit dem Text nicht weiterwußte, dachte sie sich schnell einen aus. Die Jungs blickten sich ratlos an. C.J. legte sich die Hände an den Hals und machte ein würgendes Geräusch. "Jill, wieso singst du so falsch?" wollte Danny wissen. "Weil ich Lust dazu habe. Da ihr keine Schulaufgaben habt, habt ihr ja Zeit genug, mir beim Singen zuzuhören. Ich werde den längeren Weg nach Hause nehmen."
"Ich muß Wörter schreiben und habe Rechnen auf", beklagte Danny sich schnell. "Tatsächlich?" fragte Jill baß erstaunt. "Ich muß Spanisch lernen und Geschichte", berichtete Ben. Sie sah C.J. im Rückspiegel an, bis auch er zugab: "Also gut, ich habe Mathematik auf." Sie stellte das Radio sofort aus. "Ah, endlich die Wahrheit. Also wir machen es folgendermaßen: Wir essen etwas, dann macht ihr eine Stunde lang Hausaufgaben. Anschließend spielen wir Softball mit Danny. Wenn noch Schulaufgaben übrig sind, werden die nach dem Abendessen erledigt." "Keine Lust", nörgelte Ben. Jill zog eine Braue hoch. "Was mißfällt dir daran?" "Dem Baby zu helfen. Ich sehe lieber fern." "Aber Ben, du bist der Älteste. Ich dachte, du würdest deinem kleinen Bruder als erstem helfen. Spielst du in keiner Mannschaft?" "Nicht mehr- ", erkärte C.J. und blies die Backen auf. "Er ist zu fett." Bevor Jill etwas sagen konnte, stürzte Ben sich auf seinen jüngeren Bruder, und sie begannen miteinander zu ringen. Sie hatten es nicht mehr weit bis nach Hause, aber Jill wollte ein Zeichen setzen. Sie fuhr an den Straßenrand und stellte den Motor aus. Auf der Rückbank ging das Gerempel weiter. Nach ein paar Minuten schaute Ben hoch. "Sorgst du nicht dafür, daß wir aufhören?" Jill zuckte mit den Schultern. "Wieso hast du angehalten?" wollte C.J. wissen. "Weil ihr euch wie wilde Tiere benehmt. Und mit solchen herumzufahren, ist gefährlich. Wenn ihr fertig seid, fahren wir weiter. Wenn nicht, warten wir hier. Oh, seht mal das Mädchen", sie zeigte auf eine hübsche Blonde, die etwa zehn Jahre alt war. Jill kurbelte das Fenster herunter.
"Tu das nicht", rief C.J. "Sie wird uns sehen." "Das soll sie ja auch", sagte Jill und winkte dem Mädchen, das unsicher zurückwinkte. G.J. stöhnte und sank in den Sitz. "Bitte, hör auf." "Seid ihr fertig? Wenn ja, könnt ihr euch entschuldigen und versprechen, es nie wieder zu tun." "Entschuldigung", sagte C.J. schnell. "Ich schwöre, daß ich nie wieder mit Ben im Auto rangeln werde." Jill sah über die Schulter zurück zu Ben. "Wie lange wird es wohl dauern, bis jemand vorbeikommt, den du kennst?" "Mir tut es auch leid", sagte er. "Ich werde es nicht wieder tun." "Gut." Jill kurbelte das Fenster hoch und fuhr nach Hause. Das letzte Stück verlief in friedlichem Schweigen. Vor der Haustür baute C.J. sich vor ihr auf und schaute sie lange an. Schließlich meinte er: "Du bist ganz anders als unsere anderen Kindermädchen." "Das überrascht mich nicht. Ist das was Gutes oder was Schlechtes?" Er grinste nur. "Ich will noch 'ne Scheibe", jammerte Danny. "Ich auch", sagte Ben und legte seine Bücher auf einen Stapel. Die Jungen hatten ihre Schulaufgaben am Küchentisch gemacht. "Erst zum Abendessen und nachdem wir trainiert haben", bestimmte Jill. "Ihr habt euren Imbiß schon gehabt." Danny spähte zum Brotlaib hinüber. "Hat gut geschmeckt." "Freut mich, daß ihr das Pflaumenbrot mochtet. Ich ..." Alle drei Jungs starrten sie mit offenem Mund an. C.J. erholte sich als erster. "Pflaumenbrot?"
"Ja."
Er tat, als ersticke er. "Ich sterbe, ich sterbe."
Ben imitierte ihn und wand sich am Boden. "Pflaumen, igitt, sie vergiftet uns." Danny war ratlos, was er tun sollte. Jill ignorierte die anderen beiden. "Mach dir keine Gedanken, es hat ihnen gut geschmeckt, bevor sie wußten, was es war. Laß uns nach draußen gehen und spielen." Sie streckte ihm die Hand hin, und Danny ging mit ihr hinaus. "Ich weiß genau, wieviel noch in der Form ist, also laßt die Finger davon!" rief sie über die Schulter zurück. Man hielt es draußen schon gut im Sweatshirt aus, der Himmel leuchtete sattblau, im Hintergrund waren hohe Bäume zu sehen, deren Blätter im Nachmittagslicht hell schimmerten. Vielleicht kam es Jill bei ihrer guten Laune auch nur so vor. Es gab nichts Besseres, als sich um drei Jungs zu kümmern, die sie von den eigenen Problemen ablenkten. Nachdem sie einen Schläger und ein paar Baseballhandschuhe gefunden hatte, kamen die anderen beiden ebenfalls heraus. Jill sagte nichts, war aber insgeheim froh, daß auch Ben teilnahm. Sie wählte weiche Schaumstoffbälle, die nicht zu gefährlich waren, und Ben bot sich als Werfer an. Er trug eine Baseballkappe, ein loses Sweatshirt und Jeans, Er tat Jill wirklich leid. Sie hatte zu Hause Probleme gehabt, war aber in der Schule integriert gewesen. Ben dagegen war isoliert. Sie berührte kurz seine Wange. Er erstarrte förmlich vor der Berührung, wich ihr aber nicht aus und sah Jill an. In seinen Augen stand Schmerz. Am liebsten hätte Jill ihn in den Arm genommen. Aber sie ließ es lieber bleiben, denn er würde es nicht zulassen. "Zurückschlagen!" rief er und lief in die Mitte des Gartens. Jill hielt sich im Hintergrund. C.J. war schnell und begabt, Ben war ebenfalls sportlich, aber sein Gewicht behinderte ihn. Er konnte gut werfen, schaffte aber die Laufrunden nicht. Selbst der sechsjährige Danny holte ihn locker ein.
Der Kleine stand konzentriert da. Ben warf, Danny holte mit dem Schläger aus, verfehlte den Ball aber. "Mach die Augen auf!" rief C.J. vom Spielfeldrand. "Tu ich doch!" "Dann triff den blöden Ball!" "Versuch" ich ja." Danny war frustriert, gab aber nicht auf. Er warf Ben den Ball zurück und versuchte es erneut. "Stehst du richtig?" fragte Jill und stellte sich hinter ihn. "Vielleicht sind es die Schultern ..." Danny zog ein Gesicht. "Es sind nicht meine Schultern, Ben und C.J. sind eben besser als ich." "Sie sind ja auch älter und haben mehr Übung. Du wirst es schon schaffen. Du bist ehrgeizig, und das ist manchmal nützlicher als reines Talent." Danny strahlte und stellte sich in Position. Jill betrachtete ihn. Er war nicht so dunkel wie seine Brüder, kam vermutlich nach seiner Mutter. Von ihr gab es im ganzen Haus kein Bild, wie Jill beim Bettenbeziehen festgestellt hatte. Ben warf erneut. "Paß auf! "rief Jill. Danny holte weit aus. Der Schläger krachte gegen den Schaumstoffball und ließ ihn weit weg fliegen. "Du hast es geschafft!" rief Jill und klatschte in die Hände. Danny warf vor Freude die Baseballmütze in die Luft. Ben sprang hoch, um den Ball zu fangen, aber es gelang ihm nicht. "He, Fettmops, kannst du denn nichts richtig machen?" C.J. rannte hinterher. Beim Fangen mit dem Handschuh flog er hin, machte eine Rolle, hielt aber den Ball fest. "Craig Haynes junior gewinnt die nationale Meisterschaft." Er verbeugte sich vor einem imaginären Publikum. Ben nahm seinen Handschuh, schmiß ihn auf die Erde und stampfte ins Haus zurück. "Ben!" rief Jill ihm hinterher.
Der Junge hörte nicht. Jill folgte ihm. "Warte, Ben. C.J. war nicht nett, aber du machst es doch gut. Bitte bleib." Im Hintergrund hörte sie einen Wagen ankommen. Ben drehte sich um. In seinen Augen standen Tränen, aber er verbiß sie sich und giftete Jill mit verzerrtem Gesicht an: "Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist. Wir brauchen dich hier nicht. Wir mögen dich nicht." Damit lief er ins Haus und warf die Tür hinter sich zu. "Daddy,Daddy!" C.J. und Danny rannten auf ihren Vater zu. Jill hatte Craig seit Samstagabend nicht gesehen. Er war bereits weg gewesen, als sie Sonntag aufwachte, und war erst nach Hause zurückgekehrt, als sie schon geschlafen hatte. Er war in Uniform, trug aber keine Mütze. Das Sonnenlicht glänzte auf seinem dunklen Haar. Er war groß und breit, und Jills Herz begann ganz albern zu pochen. Das lag wohl an seiner Uniform oder an der seltsamen Situation. Oder daran, daß sie zu schnell gegessen hatte. Die beiden Jungs hängten sich an ihren Vater. Er beugte sich hinunter und umarmte sie. Die Zärtlichkeit, mit der er sie behandelte, gefiel Jill. Manche Väter hatten Probleme damit, ihre Zuneigung zu zeigen. Auch ihr hatte es gutgetan, als er sie in die Arme genommen hatte ... Daran wollte sie lieber nicht denken. Auch nicht daran, wie gern sie auf seinem Schoß gesessen hatte. Sie fühlte kein bißchen Fremdheit bei ihm. Dabei neigte sie sonst gar nicht dazu, ihre Gefühle so bloßzulegen. Was war da nur passiert? Vielleicht hatte es an der späten Stunde gelegen ... "Wie läuft alles so?" erkundigte Craig sich. "Bis vor ein paar Minuten ganz prima. Wir versuchen Danny darauf zu trainieren, daß er in einem Softball- Team mitspielen kann." "Ich will nicht bei den Kleinen spielen", erklärte Danny wütend.
"Das mußt du auch nicht", erwiderte Craig. "Wo ist Ben?" "Reingegangen", antwortete Danny. "Er war wütend, weil er den Ball nicht gefangen hat." "Das war nicht ganz der Grund", stellte Jill richtig. C.J. trat einen Schritt zurück. "Er schafft es nicht, weil er fett ist!" Jill stellte sich vor ihn hin und nahm seine Hände in ihre. "Ben weiß, daß er zu dick ist. Und das bedrückt ihn, was meinst du?" C.J. zuckte die Schultern. "Warum ist er denn fett? Das ist doch ekelig." "Meinst du nicht, er möchte das selbst ändern? Nur ist das nicht so leicht. Und wenn du dich über ihn lustig machst, ärgert ihn das. Und wenn er sich ärgert, ißt er. Ich will damit nicht sagen, daß es deine Schuld ist, aber du bist ihm auch keine Hilfe." C.J. dachte einen Augenblick nach. "Tut mir leid", murmelte er dann. "Vielleicht solltest du ihm das lieber selbst sagen." "Och, muß ich das?" "Ja", antwortete Jill entschieden. "Das solltest du." "Mist." Aber C.J. grinste und ging zum Haus. Jill drehte sich mit einem Lächeln zu Craig um und sagte zerknirscht: "Vielleicht hätte ich bei der Ein-Wochen-Frist bleiben sollen. Nach all dem wirst du es wahrscheinlich selber wollen, daß ich gehe." "Geh nicht, Jill", bat Danny und umarmte sie. Jill setzte sich auf den Rasen und zog ihn auf ihren Schoß. "Geh nicht", wiederholte er und klammerte sich an sie. "Ich mag es, daß du hier bist." Sie strich ihm das Haar aus der Stirn und lächelte. "Schön, daß mich wenigstens einer mag." Es war lange her, daß sie ein Kind in den Armen gehalten hatte. Die plötzliche Trennung von den Mädchen gleich nach
der Scheidung war ihr grausam erschienen. Jetzt empfand Jill wieder dieses warme Gefühl, gebraucht zu werden. Hoffentlich würde sie das nicht bereuen! Sie ließ Danny los. "Los, junger Mann, wir haben noch viel zu tun." Danny sprang auf die Füße. Craig hielt ihr die Hand hin. Zögernd ergriff Jill sie, denn sobald sie sich berührten, wurde dieses flatterige Gefühl bei ihr ausgelöst, das sie beunruhigte. Auch als sie stand, ließ Craig ihre Hand nicht los. "Danke für das, was du soeben über Ben gesagt hast. Ich bin ziemlich hilflos, wenn es um ihn geht." Das Du stellte sich wie von allein zwischen ihnen ein. "Hast du mit jemandem darüber gesprochen?" "Mit einem Berater, meinst du?" Jill nickte. "Nein, aber vielleicht sollte ich das. Ich möchte nicht, daß Ben unglücklich ist, und ich mache mir Sorgen um seine Gesundheit. Er ist doch noch ein Kind und sollte die Kindheit unbeschwert genießen." "Ich wollte, ich wüßte eine Lösung", erwiderte Jill nachdenklich. "Zumindest habe ich ein paar Ideen. Vielleicht können wir später darüber reden." "Gern." Craig ließ sie los und nahm Danny auf den Arm. Der Kleine schlang die Arme um den Hals seines Vaters, und Craig schob Jill sanft in Richtung des Hauses. "Bist du heute Abend zu Haus?" wollte sie wissen. Falls nicht, würde sich ihr Herzschlag vielleicht normalisieren. "Ich habe noch ein spätes Treffen, bin aber bis um neun hier. Ich könnte dir helfen, das Abendessen vorzubereiten." "Ich auch." Danny strahlte. "Na prima." Es war also nichts damit, das innere Gleichgewicht wiederzuerlangen. "Dad, Jill hat Pflaumenbrot gebacken", beric htete Danny.
"Oh, gut." "Magst du es?" "Natürlich. Alles, was selbstgemacht ist, ist lecker." "Oh, ach so. Ich mag es auch." Jill sah beide wehmütig an. Craig Haynes hatte alles, was sie sich immer gewünscht hatte. Mit jedem Wort, das er sagte, mit jeder Handlung gewannen er und seine Söhne mehr ihr Herz. Die Trennung würde ihr schwer fallen.
6. KAPITEL Craig schloß die Tür zu Dannys Zimmer. CJ.'s Lampe war schon ausgeknipst. Nur Ben war noch wach. Craig blieb vor dem Zimmer seines Ältesten zögernd stehen. Ben war beim Essen ungewöhnlich still gewesen. Fühlte er sich vernachlässigt? Craig erinnerte sich daran, wie sein Vater ihn behandelt hatte. Zum Schluß hatte Craig ihn gehaßt. Würde es Ben genauso gehen? Daran mochte er nicht denken. Offenbar ha tte er als Vater ebenfalls versagt. Wie sollte er die Kluft zwischen ihnen beiden überbrücken? Er klopfte. Ein dumpfes "Herein" erklang, und er trat ein. Überrascht sah er sich um. Auch dieses Zimmer war aufgeräumt. Ben saß im Bett und war mit einem Videospiel beschäftigt. Er schaute nicht hoch, Craig setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett und wartete. Einige Minuten war nur das feine Klicken vom Bildschirm zu hören. Dann eine Art Explosionsgeräusch. Ben zog ein Gesicht und blickte hoch. "Ja, Dad?" "Ich wollte nur, gute Nacht sagen." Ben schaute weg, als wüßte er, daß es um mehr ging. "Wie war es in der Schule?" " Gut." Der Junge starrte auf den Bildschirm, spielte aber nicht weiter. Craig konnte nicht glauben, daß er sich mit seinem
eigenen Sohn so befa ngen fühlte. Sie sollten doch Freunde sein! Das waren sie auch gewesen, aber die Dinge hatten sich geändert. Ben hatte am meisten unter der Scheidung und später unter Krystals Tod gelitten. Er war alt genug, sich an alles zu erinnern. Craig räusperte sich. "Jill macht ihre Sache wohl ganz gut." "Scheint so." "Es freut mich, daß du heute Danny geholfen hast, Softball zu üben." "Die nehmen sowieso alle im Team auf." " Stimmt, aber wenn Danny besser spielt, kommt er in ein besseres Team. Jedenfalls vielen Dank dafür." Ben antwortete nicht. Ob er genauso befangen war wie sein Vater? Craig setzte sich im Stuhl zurecht und kreuzte die Arme vor der Brust. Vor Jahren, als C. J. und Danny noch klein waren, hatten er und Ben sich viel zu erzählen gehabt. Aber das war vorbei. "Gehst du zu dem Little League-Spiel?" fragte Craig und hoffte auf ein bißchen Interesse. Bens Gesicht nahm einen fast düsteren Ausdruck an. "Mir zu doof", murmelte er, setzte das Videospiel auf den Nachttisch und legte sich hin. Das war es wohl, dachte Craig und fühlte sich entlassen. Er stand auf, ging zum Bett und berührte den Arm seines Sohnes. "Ich hab' dich lieb, Ben. Wenn du reden möchtest oder so ... Ich nehme mir dann Zeit für dich." Mit zugeschnürter Kehle verließ er das Zimmer. Auf dem Treppenabsatz blieb er stehen. Er war kein guter Vater und konnte sich nur selbst die Schuld geben. War es das erste Mal, daß seine Kinder mehr von ihm wollten, als er ihnen geben konnte? Seitdem Krystal sein Vertrauen erschüttert hatte, war die Welt verändert, sein Stolz verletzt. Und die Jungs waren Opfer dieser bitteren Erfahrung.
Er mußte sich mehr um seine Söhne kümmern, sonst würde sieh alles verschlimmern. Sobald der Sonderauftrag beendet war, wollte er... Das Telefon ging. Vermutlich war es das Revier. Während er die Treppen hinuntereilte, nahm er sich fest vor, die Einstellung zu seinen Kindern sofort zu ändern und nicht erst nach Beendigung des Auftrages. Sonst würden sie sich noch ganz entfremden. Als er die Küche betrat, hatte Jill gerade aufgelegt. Sie schrieb etwas auf ein Papier. "War es das Revier?" Jills Wangen waren gerötet. "Hm, nein." Ihr Blick wich seinem aus. "Jemand mit dem Namen Austin rief an. Er bat mich, dir zu bestellen, er habe dich und die Kinder schon so lange nicht gesehen, daß er nicht mehr wisse, wie du und die Jungs ausseht. Du sollst ihn zurückrufen und mit ihm einen Tag für ein Barbecue vereinbaren, oder du würdest die Konsequenzen tragen müssen." Jill war deutlich verlegen. Craig lächelte. "Und was hat er sonst noch gesagt?" , "Na ja ..." Sie räusperte sich. "Er sagte, wenn ich der Grund dafür sei, daß du dich nicht meldest, würde es Zeit, daß ich ebenfalls käme." Craig kam der flüchtige Gedanke, daß das Leben sehr angenehm wäre, wenn Jill tatsächlich der Grund dafür wäre, daß er seine Brüder so vernachlässigt hatte. "Und was hast du geantwortet?" "Daß ich nur die neue Kinderfrau sei. Aber er nahm mir das nicht ab. Wer ist dieser Austin?" "Ein guter Freund der Familie, der uns wie ein Bruder ist. Austin ist in der Forschung tätig. Seine Firma arbeitet mit hitzeresistenten Polymeren und anderen Substanzen.
Komplizierter Kram. Wird in der Raumschiffahrt benutzt und bei bestimmten Herstellungsverfahren." "Er klang gar nicht wie ein Naturwissenschaftler." "So sieht er auch nicht aus." Viele Frauen schwärmten für Austin. Jill wies auf den Kaffee auf dem Tresen. "Ich dachte, du möchtest vielleicht welchen, bevor du aufs Revier zurück mußt." "Gern, danke." Er zog sich einen Stuhl heran, drehte ihn herum, setzte sich rittlings darauf und legte die Arme auf die Rücklehne. Jill goß ihm Kaffee ein und stellte die Tasse auf den Tisch. Craig dankte mit einem Lächeln. "Anfangs waren Travis und Austin nur befreundet, aber nun gehört Austin zur Familie." Er überlegte. "Eine Zeitlang war er weg. Er hatte ein Auto gestohlen und landete im Jugendgefängnis. Er lernte einen Mann kennen, der ihm etwas über Chemie und Fabrikation beibrachte und ihm ein Stipendium besorgte. Jetzt ist er sehr erfolgreich. Sein Unternehmen wächst." Er grinste. "Es gehört uns fünfen." Jill setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. "Euch fünfen?" "Austin natürlich, mir und meinen drei Brüdern." "Ihr seid alle Partner?" "Ja." Er nahm einen Schluck Kaffee. "Wenn die Firma gut läuft, müßtest du doch reich sein." "Immerhin kann ich mir eine Ganztagskinderfrau leisten, oder?" "Wieviel ist die Firma wert?" Craig zuckte die Schultern. "Millionen." "Und du arbeitest als Polizist?" "Ja, das gefällt mir." "Du müßtest es aber nicht?" Craig dachte an die letzten Kontoauszüge. "Nein, das müßte ich nicht." Keiner seiner Brüder mußte es. Geld war nie ein Problem gewesen, es hatte ihnen nur an Liebe gefehlt.
"Ihr seid zu komisch", fand Jill und stand auf. "Mochtest du ein Stück vom Pflaumenbrot?" "Gern. Aber wieso sind wir komisch? Viele Mensche n lieben ihre Arbeit." "Kann sein. Als ich bei der Versicherung arbeitete, hätte ich sofort gekündigt, wenn mir jemand genug Geld geboten hätte." "Man muß etwas tun mit seiner Zeit. Wir arbeiten alle." Sie schnitt den Rest des Brotlaibes auf, stellte den Teller vor ihn, füllte sich ein Glas mit Mineralwasser und setzte sich wieder. "Womöglich seid ihr alle eine genetische Fehlkonstruktion mit eurem Wünsch, unbedingt zu arbeiten." "Vielleicht hast du recht." Er biß vom Brot ab. "Ich habe schon daran gedacht zu kündigen, aber ich mag die Arbeit. Wenn wir zum Beispiel diese Typen erwischen, die alte Menschen hereinlegen, befriedigt mich das." Jill lächelte. "Ein echter Held. Dabei dachte ich, euch gibt es nur im Film." "Ich bin kein Held. Schau dir nur meine Kinder an." "Du meinst Ben, nicht?" Craig nickte. "Ich weiß nicht, was ich bei ihm falsch gemacht habe. Ich nehme an, ich habe zuviel gearbeitet. Ich kenne ihn kaum noch. Wir wissen nicht mehr, worüber wir miteinander reden können." "Er ist wegen seines Übergewichts unglücklich", sagte Jill. "Ich weiß. Vielleicht sollte ich einen Psychologen um Rat bitten. Oder ihn in ein Sommercamp schicken. Was meinst du?" "Ich verstehe deine Sorge. Hat er schon mal eine Diät gemacht?" "Nein. Wir haben darüber gesprochen, aber Mrs. Miller fand das nicht nötig. Sie war selbst ziemlich dick. Und seitdem sie weg ist, war niemand lange genug da, um sich darüber Gedanken zu machen." "Er muß abnehmen. Wenn er noch nie eine Diät gemacht hat, könnten wir es erst einmal damit versuchen."
Craig gefiel das Wort "wir" von ihren Lippen. Es gab ihm das Gefühl, nicht allein zu sein. "Nach meiner Scheidung habe ich gut fünfzehn Pfund zugenommen", erzählte Jill. "Bei meiner Größe ist das ganz schön viel!" Craig lachte. Jill setzte sich gerade hin. "Ich trug plötzlich zwei Kleidernummern größer und fühlte mich wie ein Ballon. Aber dann habe ich eine Diät gemacht und Gymnastik. Wir könnten das auch mit Ben versuchen. Wichtig ist, daß er trotzdem nicht hungert und sich nicht ausgeschlossen fühlt. Ich werde mich in einer Bibliothek schlaumachen und dann mit Ben reden. Vielleicht können wir ein Programm für ihn entwerfen." "Danke", sagte Craig schlicht. "Eigentlich steht so etwas nicht in deinem Arbeitsvertrag." "Macht nichts. Es tut gut, sich um jemanden zu kümmern." "Ich muß jetzt leider gehen." Beide standen auf. Jill legte ihm die Hand auf den Arm. "Es ist richtig, was du tust", flüsterte sie. "Aber es geht auch auf Kosten meiner Kinder." "Die Jungs verstehen es und sind stolz auf dich." "Das reicht nicht." , Jill lächelte. "Vielleicht nicht, aber es ist ein Anfang." Ihre grünen Augen erinnerten ihn an die einer Katze. Wie ihre Lippen wohl schmeckten? Die Erinnerung daran, wie er sie auf dem Schoß gehalten hatte, heizte seine Phantasie an. Er hätte sie am liebsten geküßt, bis sie ganz wild vor Leidenschaft wäre. Allein bei dem Gedanke geriet er in Erregung. "Danke, daß du heute abend mit mir geredet hast", sagte er. "Und danke auch für den Rat." "Keine Ursache." Ihre Katzenaugen blickten ihn rätselhaft an. Wie sollte er das kurze Aufflackern deuten? Daß sie auch Lust hatte, ihn zu küssen? Nun, das war wohl eher sein Wunschdenken.
Auf dem Weg zur Garage dachte Craig, daß er sich auf keinen Fall Hoffnungen machen dürfe. Jill hatte deutlich gemacht, daß es nur ein Aushilfsjob für sie war. Er wollte sich auf keinen Fall in eine so unsichere Beziehung stürzen. Gegen sechs Uhr morgens klopfte Jill an Bens Zimmertür. Sie war ein wenig nervös, wie er wohl reagieren würde. Sie öffnete die Tür und trat in den dunklen Raum. Das erste Sonnenlicht drang neben dem Rollo durch. Nachdem ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie Ben auf der Seite im Bett liegen. So schlafend wirkte er wie ein richtiges Kind. Ihre mütterlichen Gefühle waren geweckt und auch die Sehnsucht nach einem eigenen Kind. Sie setzte sich auf den Bettrand und berührte seinen Arm. "Ben? Ich bin's, Jill." "Hm?" Er hob den Kopf, blinzelte und schaute mit zusammengezogenen Brauen auf den Wecker. "Es ist doch erst sechs! Kannst du die Uhrzeit nicht lesen?" "Ich gehe zum Joggen und dachte, daß du vielleicht mitkommen möchtest." Er rollte sich von ihr weg. "Nein, möchte ich nicht." "Ich jogge gern am Morgen. Es ist gesund und hilft, das Gewicht niedrig zu halten. Und das Beste an der Sache ist, daß es keiner zu wissen braucht. Ich bin zurück, noch bevor C.J. und Danny aufwachen." Sie zählte den Pulsschlag. Beim zehnten drehte Ben sich wieder zu ihr um, Mißtrauen und Hoffnung im Blick. "Ja?" "Ja." Jill stand auf. "Ich warte unten auf dich. Zieh etwas Bequemes an und Turnschuhe." Fünf Minuten später trafen sie sich vor der Haustür. Jill atmete die frische Morgenluft ein. Es würde wieder ein warmer Frühlingstag werden. Schweigend liefen sie los. Ben hielt leicht ihr Tempo, so lief Jill allmählich etwas schneller. Unterwegs machte sie ihn auf die
ersten Knospen aufmerksam. Ben schwieg. Nun, sein Schweigen war besser als sein Sarkasmus. Ein Nachbarshund kam angelaufen. Jill hielt kurz an, um ihn zu streicheln. Ben kraulte ihm auch die Ohren und lächelte. Vielleicht würde es klappen. Jill hoffte es jedenfalls. Während einer Verschnaufpause sagte sie: "Ich denke, daß ich dir eine Zeitlang den Lunch für eure Mittagspause selbst mache. Dürft ihr etwas in die Schule mitbringen, oder würden deine Freunde dich auslachen?" Ben zuckte die Schultern. "Etwa die Hälfte bringt einen Lunch mit. Das geht schon. Aber in einer Tüte, ja? Nicht in so einer blöden Plastikdose." "Keine Plastikdose, ich verspreche es." Jill lächelte. "Ich werde dir genug mitgeben. Du wirst nicht hungrig sein müssen. Und du mußt nicht alles essen. Wenn du etwas nicht magst, sag' es mir, dann ändere ich es. Ich möchte dich nur um das eine bitten ... keine Burgers oder Süßigkeiten nebenbei, okay? Trinkst du Milch in der Schule?" "Nö, die ist nicht kalt genug. Es gibt einen Sodaautomaten oder Saft." "Das geht beides." Sie kannte Ben noch nicht gut genug, und er hatte noch nicht das richtige Vertrauen zu ihr. Wenn sie etwas Falsches sagte, könnte er niemals wieder auf sie eingehen. "Es kommt weniger darauf an, wieviel man ißt, sondern was man ißt. Und du wirst sehen, es gibt noch immer genug Leckereien." Ben sagte nichts. Sie drehten sich um und liefen nach Hause. "Ich möchte dir helfen, Ben, wenn du willst. Niemand muß das merken. Es wird unser Geheimnis bleiben." Schweigen. Jill atmete tief ein und aus. An der Haustür machte sie ein paar Streckübungen. Ben beobachtete sie dabei, dann machte er es nach. Im Haus fragte er: "Könntest du mir schon heute einen Lunch mitgeben?" Er schaute zu Boden. Jill war froh, zeigte das aber nicht. "Sehr gern."
"Danke, Jill." Er rannte die Treppe hinauf. Sie blieb noch eine Weile draußen stehen und redete sich ein, das Brennen in ihren Augen rühre von der Brise her. "Komm schon, los!" rief Jill und klatschte in die Hände. "Schlag ihn übers Haus!" Danny warf einen Blick über die Schulter zurück. "Es ist doch nur ein Schaumstoff ball, der fliegt nicht so weit!" "Woher willst du das wissen? Probier es erst einmal!" Ben warf perfekt, der Ball kam wunderbar herangesegelt. Danny schlug mit aller Kraft zu, ließ den Schläger fallen und rannte los. Gegen einen Baum gelehnt, schaute Jill den drei Jungen beim Spielen zu. Nun war sie bereits eine Woche bei den Haynes. Ihr kam es vor, als wäre sie immer dagewesen. Alles lief seinen Gang, und allmählich war sie mit allem vertraut. Die letzten Tage war sie morgens immer mit Ben unterwegs gewesen. Allmählich hatte er sich geöffnet, hatte ihr von der Schule und seinen wenigen Freunden erzählt. Wenn er nicht an sein Übergewicht dachte, war er lustig und amüsant. Beim gemeinsamen Abendessen achtete Jill auf Magerkost, ohne daß es den anderen auffiel. Ben befolgte das, wozu sie ihm riet. Danny, der Jüngste, war ein wirklicher Schatz. Er war nicht so sportlich wie seine Brüder, hatte aber viel Energie. C.J., der Mittlere, hatte das gute Aussehen seines Vaters und das Geschick, das Richtige im passenden Moment zu sagen. Er würde mal großen Erfolg bei Frauen haben. Alles in allem war Jill richtig glücklich in ihrem neuen Job. Er war nicht schwer und die Bezahlung gut. "C.J. ist dran", rief Ben. "Aber ich möchte noch einmal", quengelte Danny. "Du bist nicht an der Reihe." "Doch!" Danny stampfte mit dem Fuß auf. "Wenn du dich wie ein Baby benimmst, darfst du gar nicht spielen", erklärte Ben.
"Ich bin kein Baby." "Bist du doch." Danny ließ den Schläger fallen und ballte die Hände zu Fäusten. "Bin ich nicht. Aber du bist ein Fettmops." C.J. begann zu lachen. Jill runzelte die Stirn.
"Jungs!" rief sie, aber es war schon zu spät. Ben riß den
Handschuh ab und warf ihn zu Boden. "Das ist mir zu blöd", sagte er und ging ins Haus. Danny lief zu Jill. Tränen rannen ihm übers Gesicht. "Er muß mir helfen, ich will es lernen." o "Du hättest ihn nicht beschimpfen sollen." "Er hat mich zuerst beschimpft." "Okay, das war nicht nett. Aber hast du ihm nicht auch Anlaß gegeben, dich Baby zu nennen?" Danny schniefte. "Das wollte ich nicht." Die Sonne ließ sein braunes Haar golden erscheinen. "Bei mir mußt du dich nicht entschuldigen, sondern bei Ben. Danny, schäm dich, solche Sachen sagt man nicht." Der Kleine ließ den Kopf sinken. "Aber er hat mich Baby genannt." "Er hat diese Woche jeden Tag mit dir trainiert, hast du ihm dafür gedankt? Nein, statt dessen wirst du wütend und sagst Schlimmes zu ihm." Tränen fingen an zu fließen, und er stieß wütend hervor: "Ich hasse dich!" und verschwand auch im Haus. C.J. hob Handschuh, Schläger und Ball auf.
Jill seufzte. "Bist du etwa auch ärgerlich auf mich?"
"Nö, du bist okay ... dafür, daß du ein Mädchen bist."
Beide grinsten sich an. Jill rüffelte durch sein Haar. "Du bist
auch okay." Als sie gemeinsam ins Haus gingen, nahm C.J. ihre Hand. Jill war überrascht. Sie hätte nicht gedacht, daß er der erste sein würde, der seine Zuneigung offen zeigte. Zweifellos würde es ihr schwerfallen, diese Familie zu verlassen.
7. KAPITEL Am Samstag schliefen alle lange. Jill stand als erste auf, duschte und zog Jeans und Sweatshirt an. Sie fand es herrrlich, nicht mehr elegant gekleidet sein zu müssen wie in ihrem Büro. Auf dem Weg zur Küche warf sie einen Blick nach draußen. Craigs Wagen stand in der Auffahrt. Es war schon merkwürdig, niemals zu wissen, ob er zu Hause war oder nicht. Schlimmer noch ... wenn sie einmal mitbekam, daß er da war und oben in seinem Zimmer schlief, hatte sie dieses bekannte Flattern in ihrem Magen. Dann kamen ihr solche Gedanken wie, was er wohl im Bett anhabe. Genauso erging es ihr in diesem Augenblick. Sie unterdrückte diese dummen Gedanken. Es ging sie nichts an, ob er zu Hause war oder nicht. Er war ihr Arbeitgeber und weiter nichts. Wieso fand sie ihn nur so anziehend? Nun, er sah ausgesprochen gut aus. Außerdem hatte sie seit Jahren keine Beziehung zu einem Mann gehabt. Während der letzten Monate ihrer Ehe mit Aaron war es nur ums Sorgerecht gegangen und Intimität kein Thema mehr gewesen. Vermutlich reagierte sie deshalb so seltsam auf Craigs Nähe. Das hatte sicher wenig mit seiner Person zu tun. Während sie Eierkuchen vorbereitete, erkannte sie, daß sie sich etwas vorlog.
In den zwei Wochen, die sie hier war, hatte sie ein paarmal spätabends oder frühmorgens mit Craig geredet. In den ruhigen späten Abendstunden hatte er über seine Arbeit gesprochen, während sie ihm das Neueste von den Jungen berichtet hatte. Seit ihrer Scheidung hatte sie vergessen, wie launisch Kinder sein konnten. In einem Moment schrien sie sich an, im nächsten spielten sie wieder friedlich zusammen. Am Vorabend hatte sie Craig nicht nach Hause kommen hören. Ob er an diesem Wochenende frei hatte? Seitdem sie hier war, hatte er wegen dieser Ermittlungen noch keinen einzigen Tag für sich selbst gehabt. Die Kinder machten sich Sorgen um ihren Vater und er sich um sie. Jill rührte eifrig den Teig. Aaron war es immer wichtig gewesen, wie Dinge gewirkt hatten, während es Craig mehr darum ging, wie es um die Dinge wirklich stand. Wieso hatte sie nur nicht rechtzeitig begriffen, was für ein Hohlkopf ihr Exmann war! Sie putzte Erdbeeren und stapelte sie in einer Schüssel, bereitete Kaffee und ging nach oben, um die Jungs zu wecken. C.J. saß bereits im Bett und las in einem Buch. Er lächelte sie an und sagte, er werde gleich herunterkommen. Danny war noch ein wenig verschlafen. "Was gibt's zum Frühstück, Jill?" Sie strich ihm das Haar aus der Stirn. "Eierkuchen." "Oh, gut! Die mag ich gern, davon kann ich hundert essen." Sie küßte ihn auf die Stirn. "Dann mache ich dir so viele." Als sie Bens Zimmer betrat, öffnete er die Augen und schaute zuerst sie an, dann warf er einen Blick auf die Uhr. "Es ist spät." "Ich weiß. Das Frühstück ist fertig." "Was ist mit dem Joggen?" "Jeder hat mal frei. Ich weiß nicht, ob dein Vater zu Hause bleibt oder vielleicht wieder weg muß, aber wir könnten etwas zusammen unternehmen. In den Zoo gehen oder in den Park. Keine Sorge, du wirst schon zum Training kommen." Er errötete leicht. "Danke, Jill."
Gerührt zog sie sich zurück. Bei Craig klopfte sie lieber nicht an. Vielleicht brauchte er seinen Schlaf. Aber sie legte die Hand an die Tür, stellte sich vor, wie er wohl dalag unter der Decke, sein langer, schlanker, athletischer Körper vielleicht nackt ... Ob er irgendwo eine Freundin hatte? Hatte er einen bevorzugten Typ und wenn ja, welchen? "Das geht mich nichts an", murmelte sie und ging zur Treppe. Zehn Minuten später nahm sie die ersten Eierkuchen aus der Pfanne und stellte sie warm. Die Jungs saßen schon alle am Tisch, tranken Milch, redeten und lachten. Jill bediente sie. Ben schaute unsicher auf die Teller. Jill lehnte sich über seine Schulter und stellte eine Schüssel mit Erdbeeren auf den Tisch. "Nimm auf den Eierkuchen so viele Früchte, wie du willst, aber keine Butter", sagte sie nur. Er nickte. "Was machen wir heute?" wollte Danny wissen. "Ich habe alle Schularbeiten fertig." "Ich auch", erklärte C.J. und Stopfte ein Stück Eierkuchen in den Mund. "Ist Dad zu Hause?" mampfte er. "Ja", antwortete Jill. "Sprich nicht mit vollem Mund." "Okay", murmelte er gehorsam, und Jill verkniff sich ein Lächeln. "Ob Daddy heute Zeit für uns hat?" fragte Danny. "Bestimmt hat er wieder zu tun", antwortete Ben. o Jill wagte nicht zu widersprechen, da sie Craigs Pläne nicht kannte. Als Craig hereinkam, hielt Jill unwillkürlich den Atem an. Er war zum erstenmal nicht in Uniform und sah im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend aus. Er trug Jeans, ein enges College-T-Shirt, das seine breiten Schultern betonte, und war barfuß. Sein dunkles Haar war aus der Stirn gekämmt und noch feucht vom Duschen. Er war frisch rasiert und offenbar in bester Laune.
Jill bekam feuchte Hände, als ihre Blicke sich begegneten, und sie hoffte nur, daß er ihre Gedanken nicht lesen konnte. Es wäre zu peinlich! "Guten Morgen", sagte er fröhlich, "Dad!" Die Jungs sprangen auf, umarmten ihn und bestürmten ihn mit Fragen. Jill versuchte, sich zu beruhigen. "Wieviel Eierkuchen möchtest du?" "Eine Schüssel voll, ich sterbe vor Hunger, da ich kein Abendessen hatte." Er schaute auf den Tisch. "Sieht ja wunderbar aus, Jill. Danke." Er hatte schon hundertmal ihren Namen gesagt, doch diesmal schien der Klang ihre Haut zu liebkosen. "War mir ein Vergnügen." Sie goß erneut Teigmasse in die Pfanne. "Mußt du heute arbeiten?" wollte Danny wissen. Craig fuhr sich mit allen fünf Fingern durchs Haar. "Nein. Ich habe das ganze Wochenende frei." "Wow! Können wir Baseball spielen?" "Na klar, was immer ihr wollt." Die drei Jungen hängten sich wieder an ihn, und als Craig sich vom Tisch wegbewegte, zog er sie mit sich. Sogar Ben lachte. "Laßt ihr mich jetzt los?" fragte Craig. "Nein!" schrien sie im Chor. Als er in die Knie ging, fielen sie über ihn her wie Bienen über eine Blume. Man sah nur noch einen Haufen von Armen und Beinen. "Jetzt habe ich euch." "Laß Uns kitzeln, Dad." "Lieber nicht." Jill briet die Eierkuchen und warf einen amüsierten Blick auf die Meute. Auf einmal kam sie sich wie eine Außenseiterin vor. Sie gehörte nicht zu dem inneren Kreis. Und ihr wurde auf
einmal klar, daß sie sich auch in ihrer Ehe mehr als Zuschauer empfunden hatte als jemand, der dazugehörte. Sie stellte die frischen Eierkuchen auf die Wärmeplatte. "Habt ihr Jungs vor, noch weiter zu frühstücken, oder seid ihr fertig?" fragte sie. "Nein!" rief Danny. Er zog an Craigs Bein, während Ben versuchte, ihn am Arm niederzuringen. C.J. stürzte sich auf Jill. Sie wollte sich mit einem Sprung zurück retten, aber sie war nicht schnell genug und verlor das Gleichge wicht. Craig riß sich los und griff nach ihr, bevor sie hinfiel. Sie landete mit ihrem Po auf seinen Schenkeln. Kaum wurde ihr der Körperkontakt mit ihm bewußt, als Danny sich auch noch auf sie beide fallen ließ, seine dünnen Arme um sie schlang und seine Nase an ihre drückte. "Ich bin der Sieger", erklärte er. Craig lachte, und Jill spürte die Vibration an ihrem Rücken. Als C.J. anfing, sie zu kitzeln, schrie sie: "Hör auf!" und schnappte nach Luft. "Jill ist wirklich kitzelig", freute C.J. sich. Ben griff nun auch an. Jill war wie gefangen. Craig versuchte, sie mit seinem Körper abzuschirmen, aber dadurch verloren beide das Gleichgewicht und sie fielen alle übereinander. Jill lachte, bis sie sich den Bauch festhalten mußte. Im Augenblick gehörte sie dazu ... Ein tiefes Glücksgefühl durchströmte sie. "So, Jungs, nun ist es genug", befahl Craig. "Beim Tischabräumen überlegen wir, was wir dieses Wochenende machen. Aber was immer es auch sein wird, wir tun es gemeinsam." "Alles?" fragte Danny. "Auch aufs Klo ge hen?" "Zu komisch", fand Ben und griff nach seinem Bruder. Danny kreischte und rannte um den Tisch. Sogleich liefen alle drei Jungen im Kreis herum.
Craig schüttelte den Kopf "Keine Ahnung, wie meine Mutter das mit uns Vieren ausgehalten hat." "Sie hat euc h sicher alle geliebt." Jill stand auf und hielt automatisch Craig die Hand hin. Er nahm sie, erhob sich und beugte sich zu Jill herunter ... ein Meter dreiundneunzig geballte Männlichkeit. "Was möchtest du am Wochenende gerne tun?" fragte er. "Habe ich auch Stimmrecht?" "Du gehörst mit zur Familie." C.J. blieb stehen und lehnte sich an Jill. "Laßt uns doch Fahrrad fahren." Danny warf sich in einen Stuhl. Sein braunes Haar fiel ihm in die Stirn. "Ich möchte Baseball spielen." "Und ich ins Kino gehen", erklärte Ben. Alle schauten Jill erwartungsyoll an. "Ich möchte heute nicht kochen müssen", wünschte sie sich. "Einverstanden." Craig zog einen Stuhl hervor. "Jeder bekommt seinen Wunsch erfüllt." Alle jubelten. Jill legte Craig vier Eierkuchen auf. Wenn sie ge wußt hätte, daß er so leicht Wünsche erfüllte, hätte sie sich vielleicht etwas anderes ausgesucht... Sie legten im Park eine Pause ein. Craig saß auf dem Rasen und lehnte sich gegen einen Baum, während Danny sich neben ihn plumpsen ließ. Ben, C.J. und Jill hockten sich auf die Bänke, die am Picknicktisch befestigt waren. Die Sonne schien leuchtend, die Temperatur war angenehm. Während die Jungs schwatzten, dachte Craig daran, wie lange es her war, seit er frei gehabt und nur das getan hatte, was ihm wirklich Spaß machte. Es war lange her. "Auf dem Nachhauseweg nehmen wir am besten die Abkürzung", sagte er. "Allerdings führt der längere Weg an der Eisdiele vorbei." C.J. strahlte. "He, Dad, dann laß uns doch den nehmen."
Jill tippte ihn an. "C.J., ich hätte nicht gedacht, daß du so raffiniert bist." "Oh, ich bin schlau." "So sehr, daß du dir die Mathe-Hausaufgaben von Krissie Nelson machen läßt, hah? Glaub ja nicht, daß ich das nicht gemerkt habe." C.J. blickte wie ein ertappter Sünder drein. "Wie hast du das herausbekommen?" und schlug sich gleich auf den Mund. Ben lachte. "Reingefallen, Bozo." "Jill hat es einfach geraten, oder?" Jill zog die Brauen hoch. "Ich weiß alles." Sie strich ihm über die Wange. "Du hast dein Schulheft gestern auf dem Küchentisch liege ngelassen, und als ich es aufnahm, fiel Krissies Notiz heraus. Weiß du, mit Schummeln kommt man nicht sehr weit." C.J. wurde rot. "Tut mir leid." Er warf seinem Vater einen Blick zu. "Dad?" Craig war natürlich spontan ärgerlich auf C.J.. Aber er war auch beeindruckt davon, wie Jill die Situation gemeistert hatte... ohne Absprache mit ihm. "Ich erwarte Besseres von dir, mein Sohn." C.J. schluckte. "Ich werde es nicht wieder tun." Jill sprang auf. "Dann laß uns Eis essen gehen." Sie nahm ihr Fahrrad, und die anderen folgten ihr. Der Weg führte durch den Park. Ben fuhr voraus, Craig bildetete die Nachhut. Vor ihm radelte Jill. Ihre Füße erreichten knapp die Pedale, und ihm wurde wieder einmal bewußt, wie zierlich sie war. Als spürte sie seinen Blick, warf sie keß zurück: "Kleine Menschen sind großen überlegen. Wir nehmen weniger Raum ein, essen weniger und brauchen weniger Stoff für Kleidung. Dabei sind wir genauso intelligent und produktiv wie Große und dennoch besonders nett zu den weniger Glücklichen." Sie grinste und reckte das Kinn.
Craig lachte nur. Wann hatten die Jungs das letzte Mal so viel Spaß gehabt, überlegte Craig. Er hatte sich einfach zu wenig um sie gekümmert, und Krystal hatte ihm immer das Gefühl vermittelt, es nicht zu können. Vielleicht hatte er sich auch allzu lange hinter dem wehleidigen Gefühl versteckt, von ihr betrogen worden zu sein. Das war offenbar einfacher gewesen, als sich der Wirklichkeit zu stellen. Bei der Eisdiele stellten sie ihre Fahrräder ab und traten erwartungsvoll ein. Danny drückte die Nase an die Glasscheibe vor den Eisbehältern. "Ich möchte zwei Kugeln Erdnußeis." "Und ich Spaghettieis", rief C J. Ben und Jill flüsterten miteinander. Sie zeigte auf etwas, und Ben nickte. "Ich nehme ein Joghurteis", verkündete Jill. "Es ist weniger kalorienhaltig." Ben wählte ebenfalls Joghurteis mit bunten Früchten darauf. Alle setzten sich nach draußen auf eine Bank. Jill erklärte Craig leise, daß Ben eine Art, Diät mache, daß sie morgens mit ihm jogge, daß er keine Süßigkeiten oder Burgers mehr esse und man das Ergebnis bereits sehen könne. Craig erwiderte ebenso leise: "Ben scheint auch ausgeglichener zu sein. Daß er mit uns Fahrrad gefahren ist, ist schon ein gutes Zeichen. Das hätte er sonst nie gemacht." Craig berührte ihren Arm. "Du tust uns allen gut, Jill. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll." In Jills grünen Augen flackerte etwas auf. Sehnsucht? Verlangen? Er war sich nicht sicher. Er hoffte nur, sie würde die Gelegenheit nicht dazu benutzen, ihn jetzt daran zu erinnern, daß sie nur noch drei Wochen bleiben würde. Er wollte diesen Augenblick genießen. Jill lächelte. "Du brauchst mir nicht zu danken, Craig. Es macht mir Spaß."
Er lehnte sich zurück. Zum erstenmal seit Monaten schmerzte ihn sein Nacken nicht. Als sein Schenkel ihren streifte, flammte Begehren in ihm auf. Er durfte dem Vergangen nicht folgen! Er durfte Jill nur aus der Ferne bewundern. Doch es tat gut, überhaupt wieder etwas zu empfinden!
8. KAPITEL Es war Sonntag nachmittag. Im Fernsehen lief Baseball. Trotz des schönen Wetters saßen alle Jungen davor. Craig las Zeitung. "Möchte jemand Popcorn?" fragte Jill. Keine Reaktion. Merkwürdig, gestern war es so wunderbar gewesen, wie sie alle fünf den Tag zusammen verbracht hatten. Sie hatten mit Danny trainiert und Karten gespielt. Heute kam Jill sich wieder wie eine Außenseiterin vor. Hatte sie etwas falsch gemacht? Craig stand auf, legte die Zeitung zusammen und ging nach oben. Ben holte sich eine Handvoll Süßigkeiten, die nur für C.J. und Danny gedacht waren, und würdigte Jill keines Blickes! "Ben, soll ich dir eine Kleinigkeit zubereiten?" bot sie an. Bislang war er so diszipliniert gewesen. Was war nur auf einmal los? "Du bist nicht meine Mutter, sondern nur das Kindermädchen", sagte er kurz angebunden. "Und das nicht mehr lange. Also laß mich in Ruhe." Jill fühlte sich, als hätte er sie geohrfeigt, und schwieg entsetzt. Die beiden anderen Jungen starrten zum Fernseher, als hinge ihr Leben davon ab. Ben aß einen Riegel nach dem anderen. Dann ging er wortlos an ihr vorbei, Craig kam herein. Er trug einen dunklen Anzug mit Krawatte. "Ich weiß noch nicht, wann ich zurück bin", erklärte er.
"Was ist mit dem Abendessen?" fragte Jill. "Ich weiß nicht, wann ich zurück bin", wiederholte er. Was zum Teufel war nur los? Jill setzte sich aufs Sofa. Wieso benahmen sich alle so seltsam? Gestern hatten sie wie eine Familie gewirkt, und heute war sie der Feind? Danny setzte sich neben sie. In seinen Augen lag ratloser Schmerz. Wortlos zog Jill ihn auf den Schoß und legte die Arme um ihn. Er kuschelte sich an sie wie ein kleines verschrecktes Tier. Einige Minuten später kam auch C.J. an, und Jill legte den Arm um ihn. Schweigend sahen sie das Spiel im Fernsehen zu Ende an. Jill fragte nicht, was los sei, und die Kinder gaben ihr keine Erklärung. Keiner der beiden Jungs hatte Lust aufs Abendessen. Sie gingen in ihre Zimmer und schlössen die Tür hinter sich. Jill klopfte leise an Bens Tür. Keine Antwort. Sie öffnete. Ben lag schlafend im Bett. Die Nachttischlampe brannte. Auf seinem Gesicht waren Spuren von Tränen zu sehen. Was hatte er nur? Sie setzte sich zu ihm auf den Bettrand und streichelte seinen Arm. Als er wach wurde und sie dort sitzen sah, biß er sich auf die Unterlippe. "Tut mir leid", murmelte er, schlang plötzlich die Arme um sie und begann zu weinen. Jill schaukelte ihn sanft, murmelte kleine tröstende Worte und blieb bei ihm sitzen, bis er wieder eingeschlafen war. Gegen neun ging sie wieder nach unten. Zu ihrer Verwunderung war Craig da. Er saß mit geschlossenen Augen und einem Drink auf dem Sofa. Das Jackett hatte er ausgezogen, die Krawatte abgelegt, das Hemd oben geöffnet. In dem teuren Anzug wirkte er wie der erfolgreiche Unternehmer, der er ja eigentlich auch war. "Du bist also zurück", murmelte sie. "Ist alles in Ordnung?"
"Du findest sicher, daß wir uns alle unmöglich benehmen", sagte er, ohne ihre Frage zu beantworten. , "Der Gedanke kam mir." "Heute ist Krystals erster Todestag." Das war es also. Jill setzte sich und atmete tief aus. "Es tut mir leid." "Nicht nötig", winkte er ab. "Ich empfinde nichts mehr, aber für die Jungs ist es schwer." An seinem Gesichtsausdruck und der Art, wie er das Glas umklammert hielt, sah Jill, daß es auch ihm etwas ausmachte. Er beugte sich vor und zog eine schmale Schublade auf. Unter Papieren lag ein gerahmtes Foto. Er reichte es Jill. Sie hielt es ans Licht und betrachtete das schöne Geschöpf, das einmal Craigs Frau gewesen war. Das Bild war einige Jahre alt. Craig war deutlich jünger, hatte noch keine grauen Schläfen und trug nur Shorts, sonst nichts. Die Frau neben ihm am Strand war groß und schlank und schön wie ein Model, mit dunklen Augen und Haaren und einem strahlenden Lächeln. Aber bei näherem Hinschauen konnte Jill einen egoistischen Zug um den Mund entdecken ... eine Frau, die nur auf ihr Wohl bedacht war. Sie sah nicht aus, als ob sie sich für Kinder begeistern würde. "Sie ist sehr schön", flüsterte Jill und reichte das Bild zurück. Craig betrachtete es einen Moment. "Bewundert zu werden war Krystals einziges Lebensziel." Er legte das Foto mit der Rückseite nach oben auf den Tisch. "Bist du auf dem Friedhof gewesen?" fragte Jill. Craig nickte. "Irgendwie war ich ihr das schuldig, vielleicht aber auch nur mir." Jill empfand so etwas wie Eifersucht auf die Tote. Neid auf den Einfluß, den diese Frau noch immer auf die Familie ausübte. Nicht einmal Craig hatte sich von ihr lösen können.
Dabei ging sie das alles gar nichts an. Wenn sie bliebe, würde sie es wünschen, daß die Jungen und deren Vater ihr verbunden waren. Aber so ... Sie würde ja nicht mehr lange hier sein! "Das wird nicht leicht für dich sein", sagte sie mitfühlend. "Ein Jahr ist keine lange Zeit, um einen Menschen, den man geliebt hat, zur abgeklärten Erinnerung werden zu lassen." Craig schaute sie an. "Ich habe Krystal schon seit Jahren nicht mehr geliebt, wenn ich sie überhaupt jemals geliebt habe. Man liebte Krystal nicht, man bewunderte sie. Sie war mehr daran interessiert, wie die Dinge nach außen wirkten, als wie sie tatsächlich waren. Es war keine gute Voraussetzung, um Kinder auf zuziehen." "Tut mir leid", flüsterte Jill. "Mir tut es auch leid. Seltsam ist es schon, daß ich bereits als kleiner Junge nicht wie mein Vater werden wollte." Er lachte bitter auf. "Ich bin es zum Glück auch nicht geworden. Aber Krystal war ihm ähnlich. Vom Wesen her hätte sie sein Zwilling sein können." "Wie soll ich das verstehen?" fragte Jill. "Der Haynes-Fluch", antwortete er mit einem ironischen Lächeln. "Ich habe fünf Onkel, und keiner von ihnen war seiner Frau treu. Auch mein Vater kümmerte sich nicht um die Gefühle der anderen. Er tat, was ihm gefiel. Ich schwor mir, nicht so zu werden wie er. Ich wünschte mir eine Familie, Frau und Kinder, für die ich immer da sein wollte. Ich wollte meiner Frau immer treu sein, ihr mit Respekt und Liebe begegnen. Was für ein Witz!" Sein Schmerz war fast spürbar. Jill wollte zu ihm gehen, ihn trösten. Aber er war nicht Danny oder C J.. Er war ein Mann, und sie hatte kein Recht. "Du hast doch nicht ehrlos gehandelt", sagte sie ruhig. "Es ist schon schlimm genug, ein Dummkopf zu sein! Krystal war eine blendende Schönheit. Jetzt weiß ich, daß mein Denken aussetzte, als ich sie kennenlernte. Ihre Augen und ihr Lächeln
nahmen mich völlig gefangen. Ich hielt sie für süß und unschuldig. Was für ein Irrtum! Später fand ich heraus, daß sie es schon mit dem Chauffeur getrieben hatte, der sie zur Kirche brachte, gleich auf dem Rücksitz der Limousine. Nach der Trauung saßen wir beide dann im selben Wagen, und ich hatte natürlich keine Ahnung von dem Ganzen." Jill wußte nicht, was sie dazu sagen sollte. War es möglich, daß jemand sich auf eine so schreckliche Weise verhalten konnte? Und dann erinnerte sie sich, was Aaron ihr angetan hatte, und wußte, daß es tatsächlich möglich war. "Ich brauchte Jahre, um die Wahrheit herauszufinden." Craig stand auf und ging zu dem kleinen Barschrank. "Vielleicht wollte ich es auch gar nicht wissen, denn dann hätte ich ihr sofort den Laufpaß geben müssen. Ich machte mir Sorgen um die Kinder und was das ihnen antun würde." Er goß sich einen Scotch ein. "Möchtest du auch einen?" "Nein, danke." Er starrte in den leeren Kamin. "Schließlich ging sie von selbst. Ich hatte nicht den Mut, sie hinauszuwerfen. Als sie weg war, interessierten die Kinder sie kein bißchen mehr. Sie sah sie gelegentlich, aber immer nur für ein paar Minuten." Er nahm einen Schluck Whisky. "Ich wußte nicht, was richtig war. Hätte ich verhindern sollen, daß sie sie überhaupt noch sah? Waren die kurzen Besuche besser als gar nichts? Verwirrten sie die Jungs mehr, als daß sie ihnen gut taten? Das werde ich wohl nie wissen." Sein dunkles Haar fiel ihm in die Stirn. Jill wollte es zurück streichen. Sie wollte ihn in den Arm nehmen, bis der Schmerz verging. Wie hatte Krystal sich nur so verhalten können? Wußte sie nicht, wie glücklich sie dran war, einen solchen Mann wie Craig zu haben? Wenn Jill einen solchen Mann kennengelernt hätte, würde sie ... Den Gedanken verdrängte sie sofort wieder. Es führte zu nichts. Krystal oder nicht Krystal, Craig war für sie kein Thema.
Sie durfte sich auf keine gefühlsmäßige Sache einlassen. Sie war nur eine Angestellte auf Zeit. Craig trank das Glas leer und stellte es unsanft auf die Bartheke. "Bist du eher wütend auf sie oder auf dich selbst?" "Beides. Auf sie, weil sie so war, wie sie war, und auf mich, weil ich zu schwach war. Ich hätte sie vor Jahren vor die Tür setzen sollen. Nur wäre dann ..." Er schüttelte den Kopf. "Zum Teufel mit den Beziehungen! Funktionieren denn überhaupt welche?" Jill hatte keine Antwort darauf. Die hätte sie auch gern gehabt. Sie glaubte noch immer an die Liebe ... wenn auch nur bei anderen. "Manche Ehen sind immerhin glücklich",: antwortete sie schließlich. "Ja, die meines Bruder Travis und seiner Frau. Und Kyle hat Sandy. Austin ist glücklich mit Rebecca." Er setzte sich aufs Sofa und stützte die Ellbogen auf die Knie. "Früher dachte ich, es sei ein Familienfluch, aber jetzt denke ich, es liegt wohl an mir." "Gehst du dann und wann mit einer Frau aus?" Craig versuchte zu lächeln, aber es mißlang. Er sah verletzlich aus. Und schön, dachte Jill. Sie hätte ihn gern berührt, ihm etwas Liebes gesagt. "Meine Zeit reicht für so etwas nicht aus. Meine Arbeit und die Kinder brauchen mich vierundzwanzig Stunden am Tag. Außerdem würde eine Beziehung zu einer Frau die Kinder nur unnötig verunsichern. Und wie ist es bei dir?" "Ob ich mit einem Mann ausgehe?" Jill lachte auf. "Ich bin lieber zu Hause. Und seitdem ich San Clemente verlassen habe, sind mir nicht viele alleinstehende Männer begegnet." "Warum heiratet man eigentlich?" "Weil man verliebt ist." "Glaubst du an die Liebe?"
"Natürlich. Du nicht?" Craig atmete tief ein. "Ich weiß es nicht. Nichts ist sicher." "Garantien gibt es nicht, falls du das meinst. Aber das ist kein Grund, es nicht zu versuchen. Vielleicht läuft da draußen jemand herum, der ähnlich denkt und sich nach der gleichen Zweisamkeit sehnt." "Ist das Liebe?" "Das gehört dazu." "Hast du Aaron geliebt?" "Ich..." Jill zögerte mit der Antwort "Das habe ich anfangs geglaubt. Heute weiß ich, daß ich wohl eher jemanden gesucht habe, zu dem ich gehören würde. Ich wollte Teil einer Familie sein. Aber ich hätte viel früher in meiner Ehe Fragen stellen sollen, wollte jedoch nicht die Wahrheit wissen." "Genau wie ich", flüsterte Craig. "Ja." Das kleine Wort hing in der Luft. Jill schaute auf die V förmige Öffnung seines Hemdes und die feinen dunklen Härchen, die daraus hervorlugten. Wie es wohl wäre, ihn dort zu berühren? Verlegen schaute sie weg. "Oh, es ist schon fast elf Uhr", sagte sie erschrocken. Wie schnell die Zeit vergangen war! Craig stand auf. "Ich muß morgen früh raus, der Fall scheint sich zuzuspitzen. Die alte tapfere Lady, Mrs. Hart, trägt jetzt ein Funkgerät. Ein Wagen scheint ihr zu folgen, doch bislang hat sich allerdings noch nichts Konkretes getan." "Hoffentlich klappt es", sagte Jill und ließ sich von Craig auf die Füße ziehen. Sein Körper strahlte Wärme aus. Am liebsten hätte sie sich in seinen Arm gekuschelt, bis das Eis um ihr Herz schmolz. Craig ließ sie lächelnd los. "Ich vergesse immer, wie klein du bist." "Das bin ich nicht, ich bin gut proportioniert."
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich deutlich, in seinem Blick stand unmißverständliches Begehren. "Das kann ich bestätigen," Jill konnte nicht anders ... sie ließ sich von ihm in die Arme nehmen. Seine kräftigen Hände umspannten ihren Rücken, ihre Finger lagen an seiner muskulösen Brust. Er war groß und männlich, und bei dem Gedanken daran, wie sich wohl sein Kuß anfühlen würde, zitterte sie. Aber er sagte nur leise: "Wir sollten das lassen." Jill versteifte sich, war bereit, sich ihm zu entziehen. "Es war nicht meine Idee." Aber anstatt sie loszulassen, zog er sie ans Ende des Sofas, setzte sich auf die Lehne und zog sie zwischen seine gespreizten Beine, so daß sie fast Auge in Auge waren. "So ist es besser", sagte er und umschloß mit den Lippen ihren Mund. Die sanfte Berührung seiner Lippen enthüllte nicht die Leidenschaft, die ihn erfaßt hatte. Jill hämmerte das Herz, das Blut rauschte ihr in den Ohren. Craig hatte ihre Taille umfangen, strich mit Fingern und Daumen über Rücken und Bauch. Ihre Schenkel berührten sich gerade genug, um Jill zu entflammen. Sie hielt seine Schultern umkrallt, als wäre sie in Gefahr, von ihm weggerissen zu werden. Und das allein wegen eines unschuldigen Kusses. Seine festen Lippen erforschten ihre Lippen. Er murmelte ihren Namen, küßte sie wieder, liebkoste sie mit den Lippen. Dann fand seine Zunge Eingang in ihren Mund, und Jill durchströmte im Nu ein heißes Begehren, vom Kopf bis in die Zehen. Ihre Brüste schwollen an, der BH fühlte sich auf einmal zu eng an. Die hart gewordenen Knospen schmerzten. Jill war bereit für ihn. Sie öffnete sich Craig, ließ seine Zunge mit ihrer spielen und reagierte auf seine Zärtlichkeiten mit der gleichen Glut, die in Craig brannte.
Er legte die Hände unter ihre Kehrseite und drückte sie so fest an sich, daß die Stelle ihrer intimsten Weiblichkeit an die seiner Männlichkeit gepreßt wurde. Der Kuß vertiefte sich, Jill umschlang seinen kräftigen Rücken und bog sich sehnsuchtsvoll in die Umarmung. Sie. wollte mehr von Craig. Sie wollte die Erfüllung. Er küßte ihre Wangen, ihren Hals, liebkoste sie mit Lippen und Händen, bis Jill vor Lust stöhnte. "Du bist unglaublich", stieß er heiser hervor. "Ich möchte dich am liebsten gleich hier lieben." Jill hätte nichts lieber gehabt als das, nur ... "Craig?" "Ja, ich weiß." Er zog sich ein wenig von ihr zurück und legte die Hände wieder lose um ihre Taille. Noch immer glühte das Verlangen in seinem Blick. "Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, denn es tut mir nicht leid, daß das passiert ist." Er lächelte. "Ich möchte nur, daß du weißt, daß ich nicht herumlaufe und Kindermädchen verführe. Du bist die erste Frau ..." Er räusperte sich. "Du bist die erste Frau seit meiner Scheidung, bei der ich mich so verhalte." "Mit geht es genauso." Ihre Stimme zitterte, jede Faser ihres Körpers war in Aufruhr. Wie gut, daß wenigstens Craig vernünftig blieb. "So etwas steht schließlich nicht im Vertrag. Was ich sagen will, ist...". Jill legte den Finger auf seine Lippen. "Ich weiß, was du sagen willst." Eigentlich wußte sie es nicht, aber sie wollte nicht von ihm hören, daß es ein Fehler gewesen sei und nie wieder vorkommen werde. Nein, dann war ihr die Ungewißheit lieber. Er küßte sie auf die Stirn. "Danke für dein Verständnis." Verständnis? Jill blieb noch eine ganze Weile ratlos und verwirrt stehen, nachdem Craig längst gegangen war.
Nur noch wenige Wochen, dann würde sie von hier verschwinden ... ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Am nächsten Morgen trug Craig seine Uniform. Er frühstückte mit den Jungen. Jill versuchte, nicht allzuoft zu ihm hinüberzuschauen, um nicht wieder davon übermannt zu werden, wie attraktiv er in dem schwarzen Hemd wirkte. Sie wollte auch nicht weiter mehr darüber nachdenken, wie geheimnisvoll sein lächelndes "Guten Morgen" geklungen hatte. "He, Dad", C.J. reichte ihm die Cornflakes. Die Jungen hatten sich offensichtlich vom Vortag erholt. Ben folgte Jill, als sie zur Waschmaschine ging und Wäsche und Seifenpulver einfüllte. "Ist was los?" fragte sie freundlich, ohne ihn anzusehen. "Gestern..." "Du hast dich bereits gestern entschuldigt. Und dein Vater hat mir von eurer Mutter erzählt, es ist in Ordnung." "Ich weiß, aber..." Er kam näher. "Ich wollte die Süßigkeiten gar nicht essen und weiß auch nicht, warum ich das getan habe. Vermutlich, um dich zu ärgern." "Ben, damit hast du nur dir selbst geschadet." Er nickte, sichtlich unglücklich. Und als sie spontan die Arme öffnete, warf er sich so hinein, daß sie beinahe das Gleichgewicht verlor und sich gegen die Waschmaschine lehnen mußte. "Es war ein Fehler, den du aber heute wiedergutmachen kannst", sagte sie tröstend. "Aber wir sind nicht zum Joggen gegangen." "Ich war mir nicht sicher, ob du es wolltest." "Doch." In seinen Augen standen Tränen. "Gut, dann fangen wir morgen früh wieder damit an, einverstanden?" Ben wischte sich die Augen mit dem Handrücken. "Einverstanden."
Als sie ins Wohnzimmer zurückkamen, schaute Craig fragend hoch, aber Jill gab ihm einen Wink mit dem Blick, daß alles in Ordnung sei. "Ich werde euch heute zur Schule fahren", verkündete Craig. "Cool", sagte Danny, "ich sitze vorn." "Ich bin dran", protestierte C.J. Danny verzog den Mund, sagte aber nichts. Jill, die Bens Lunch zubereitete, dachte, wie gern sie diese Morgen mit den Kindern hatte. Wenn sie nicht gerade stritten, war es herrlich mit ihnen. Craigs tiefe Stimme erinnerte sie an das, was am Vortag passiert war, aber den Gedanken verdrängte sie. "Jill, gehst du bald weg?" wollte Danny wissen. "Ob ich bald weggehe? Wie meinst du das?" "Gestern hat Ben mir erzählt, daß du nur noch bis zum Ferienbeginn bleibst." Alle drei Jungen schauten sie vorwurfsvoll an. "Als ich hier anfing, war das so abgemacht." "Aber jetzt kannst du das doch nicht mehr tun", fand Ben. "Jill muß auch an ihr eigenes Leben denken", mischte sich Craig ein. "Laßt sie also in Ruhe. Wobei mir einfällt, daß ich mich dringend um eine neue Kinderfrau kümmern muß." Der Gedanke betrübte Jill geradezu. Irgendwie war sie noch nicht bereit zu gehen. C.J. schob seinen Teller von sich weg. Ihm war der Appetit vergangen. "Das ist ja schon bald!" "Bleib doch noch", bat Ben. "Ich habe einen Beruf", sagte Jill. "Und meine Wohnung ist nur bis September untervermietet. Ich kann wirklich nicht." "Dann bleib doch bis September", schlug C.J. hoffnungsvoll vor. "Dann können wir den Sommer zusammen verbringen." "Das wäre ganz toll!" rief Danny. "Bitte, ja?"
Es schnürte Jill die Kehle zu. Sie steckte in Schwierigkeiten. So sollte das eigentlich nicht sein. Sie wollte jede gefühlsmäßige Bindung vermeiden. "Ich habe noch keine Anzeige aufgegeben", sagte Craig. "Und würde mich auch freuen, wenn du noch bleiben könntest. Aber es ist natürlich deine Entscheidung." Zu bleiben bedeutete ein Risiko. Nicht nur, weil sie in Craigs Armen dahinschmolz, sondern auch wegen der Kinder. September, das waren noch über fünf Monate! Andererseits konnte sie während der Zeit darüber nachdenken, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Und sich von ihrer Vergangenheit erholen. Sie schaute die drei Jungen an. Durfte sie sie allein lassen, nachdem sie alle gerade so gut miteinander auskamen? "Also schön", sagte sie, "ich bleibe bis September." Alle jubelten auf. C.J. und Danny sprangen auf und umarmten sie. Craig erhob sich. "Danke, Jill, ich weiß das wirklich zu schätzen." Dann rief er die Jungen: "Kommt, wir müssen los." Sie stürmten hinaus. Als Ben noch einmal zurückstürmte, um das Lunchpaket zu holen, gab er ihr einen Kuß auf die Wange. "Klasse", sagte er schlicht. Jill sah ihm nach. Und wieder einmal hatte sie ein Stück ihres Herzens verloren.
9. KAPITEL "Du kannst nicht in die Gondel, da wird dir schlecht", sagte Ben mit der Überlegenheit des älteren Bruders. Dannys Unterlippe zitterte. "Kann ich doch. Mir wird nicht schlecht, du blöder Fettmops." Ben holte aus, aber C.J. stellte ihm ein Bein. Danny begann zu weinen. "Jungs, ihr scheint müde zu sein", fand Jill. "Vielleicht sollten wir alle nach Hause fahren." "Ich will nicht!" protestierte Ben. "Ich auch nicht!" Danny rieb sich die Augen. Craig legte den Arm um Jill. "Ich möchte dich daran erinnern, daß du es warst, die unbedingt nach Disneyland wollte." Jill lachte. "Jeder macht mal einen Fehler." In seiner Nähe war sie glücklich. "Also, ich denke, wir tun folgendes ... Ben und du C.J., ihr nehmt eine Gondel und euer Vater, Danny und ich eine andere." Sie bewegten sich in der Schlange vorwärts, während die bunten Gondeln, die die Form von Teetassen hatten, auf einer riesigen Drehscheibe schnell herumwirbelten. Jill war schon seit Jahren nicht in Disneyland gewesen. Sie hatte es sich besonders für Ben als eine Art Belohnung gedacht, da er seit einem Monat streng auf Diät lebte und wirklich gute Fortschritte gemacht hatte. Ein anderer Grund war, und den
gestand sie sich nur ungern ein, daß sie wissen wollte, wie Craig sich gab, wenn er nicht in seinen Job eingespannt war. Dabei bedeutete das die reine Folter für sie! Aber eine köstliche. Er sah unverschämt gut aus, was sie enorm nervös machte. Sie fühlte sich zu ihrem Arbeitgeber hingezogen ... Ein Umstand, der so verbreitet war, daß es schon abgedroschen klang. Dabei war nichts zwischen ihnen passiert. Nur dieser eine Kuß. Und Craig hatte keinen erneuten Versuch gemacht, sich ihr zu nähern, auch wenn sie es sich insgeheim noch so sehr gewünscht hatte. Die Schlange rückte weiter vor. Die Jungen plauderten miteinander, es war ihr zweiter Tag in dem Vergnügungspark. Sie hatten, mit einigen Unterbrechungen, zwei Tage für die Fahrt gebraucht. In Santa Barbara hatte es zum erstenmal einen Beweis für Craigs finanzielle Mittel gegeben, denn er mietete eine Hotelsuite mit traumhaftem Blick auf die Berge und einem riesigen Bad. Auch Jills Zimmer war wunderschön. Sie protestierte, aber Craig hatte nur gelacht. Nun wohnten sie im Disneyland-Hotel. Nach den anstrengenden Tagen war es herrlich, sich auf dem breiten Bett auszustrecken. Was allerdings auch gelegentlich den Wunsch nach mehr weckte ... "Die nächsten sind wir!" rief Ben, und schon rannten er und C,J. los. Craig, Jill und Danny stiegen ebenfalls in ein Gefährt. "Fahren wir ganz schnell?" fragte Danny. "So schnell, daß wir fast abheben? Schneller als Ben und C.J.? Meint ihr, daß mir schlecht wird?" fragte er aufgeregt. Jill strich ihm übers Haar. "Na klar, fahren wir schnell, und nein, ich glaube nicht, daß dir schlecht wird." In der Gondel war es so eng, daß ihre Knie an Craigs stießein. Craig zeigte Danny, wie er die Scheibe auf der Mittelachse drehen konnte, um die Geschwindigkeit zu erhöhen.
Die Tasse begann sich zu bewegen. Danny schaute zu seinen Brüdern hinüber. "Wir drehen uns schneller als sie!" schrie er triumphierend. Jill lachte über den Anblick der herumwirbelnden bunten Tassen. Sie schaute sich um, alles drehte sich um sie. Beim Betätigen der Scheibe berührten sich ihre und Craigs Hände. Seine Haut war warm und trocken. Seitdem sie in dem Vergnügungspark waren, hatte es häufig Berührungen zwischen ihnen gegeben. Craig legte oft den Arm um sie, während sie in der Schlange warteten, oder er nahm ihre Hand, um sie durch die Menge zu schleusen. Jill durfte nur nicht so dumm sein, sich gleich vorzustellen, Craig habe ernste Absichten. Die Fahrt verlangsamte sich. Als sie anhielten, sprang Danny auf und stürmte hinaus. "Mir ist keinmal schlecht geworden, obgleich wir schneller gefahren sind als ihr!" "Knallkopf", sagte Ben trocken und wirbelte Danny herum, so daß er lachend aufschrie. "Ich sterbe vor Hunger", stöhnte Craig. Ein Schnellimbiß wäre für seinen Ältesten nicht gerade das richtige. "Es ist erst einen Monat her, daß Ben mit der Diät angefangen hat, aber er sieht schon verändert aus", stellte er bewundernd fest. Jill müßte ihm zustimmen. Nicht nur die Magerkost, sondern auch die viele Bewegung hatten deutlich Wirkung gezeigt. "Ja, seine Sachen waren schon alle zu weit, wir mußten neue kaufen", erklärte Jill. "Es ist nicht nur die verbesserte Figur, er wirkt auch ganz anders, als hätte er wieder Spaß. Er läuft und springt herum und sieht richtig glücklich aus." "Ja." Jill lächelte. "Noch ein paar Pfunde weniger, und er sieht so gut aus wie sein Vater." Meine Güte, was hatte sie denn da gesag? Sie errötete. "Ich meine ..."
"Ich fand das sehr nett, was du gesagt hast", unterbrach Craig sie. "Kann ich mir denken", murmelte sie. "Wo wir schon einmal dabei sind. Du siehst auch nicht gerade übel aus." "Oh, danke. Nicht übel... für so ein Kompliment lohnt es sich doch zu leben." Sein heißer Blick sprach Bände. Jill suchte krampfhaft nach einem weniger heiklen Thema. "C.J. sieht dir ebenfalls ähnlich, aber Danny scheint nach seiner Mutter zu kommen." Statt zu antworten, rief Craig die Kinder. "Laßt uns ins Hotel zurückfahren. Wir können eine kleine Pause gebrauchen." Hatte sie ihn mit dem letzten Satz verärgert? Weil sie ihn an Krystal erinnert hatte? "Es tut mir leid", sagte sie und berührte Craigs Arm. Er sah sie kurz an, legte den Arm um ihre Schulter und küßte sie aufs Haar. "Das ist nicht nötig" "Noch etwas Wein?" fragte Craig. "Gern", Jill hielt ihm das Glas hin. Auf allen Tischen schimmerten Kerzen. In der Ecke spielte eine Combo sanfte Musik, die kleine Tanzfläche war gefüllt. Craig hob sein Glas. "Auf den Frieden und die Ruhe." Jill lächelte. "Ohne die Jungs ist es beinahe zu ruhig." Die Fähigkeit von Frauen, sich zu verwandeln, hatte Craig schon immer verblüfft. Und Jill bildete darin keine Ausnahme. Am Nachmittag war sie in Jeans, Turnschuhen und T-Shirt herumgetollt, hatte Zuckerwatte geknabbert und war ohne mit der Wimper zu zucken in wildesten Achterbahnen gefahren. Und nun, ein paar Stunden später, schien sie einer reinen Männerphantasie entsprungen zu sein. Ihr rotes Haar, das ihre Augenfarbe unterstrich, umschmiegte lockig ihr Gesicht. Das grüne Seidenkleid betonte ihre wunderbaren Kurven, der tiefe Ausschnitt ließ eine Ahnung ihrer vollen Brüste zu. Als einzigen Schmuck trug sie ein schlichtes Goldarmband. Jill bewegte ihre
Schultern so anmutig im Takt der Musik, daß Craig völlig hingerissen war. Er ertappte sich bei der Vorstellung, wie sie nackt im Bett lag... Würde er ihr womöglich weh tun? Würde er sie in der Leidenschaft mit seinem Gewicht erdrücken? Jill wirkte zart und zerbrechlich. Nun, was sollten diese dummen Gedanken? Sie käme ja ohnehin für ihn nicht in Frage, auch wenn er sich das im Moment so dringend wünschte. Heute Abend hatte er sie zum Essen ausgeführt. Als Dank für alles, was sie für ihn getan hatte. Und weil er es mochte, wenn sie bei ihm war. Sie seufzte. "Was ist los, Jill?" fragte er. "Eigentlich nichts. Ich mache mir Sorgen um die Jungs. Meinst du, es ist alles in Ordnung mit ihnen?" Craig lachte. "S ie sind im Hotelzimmer, haben ihr Lieblingsessen, Kabelfernsehen und einen hübschen Babysitter. Ich denke, es geht ihnen prächtig." "Wahrscheinlich hast du recht. Craig. Vielen Dank für die Einladung. Ich genieße das alles sehr." "Danke, daß du mitgekommen bist." Der Kellner brachte den gewünschten Salat. "Und was hältst du nun vom Magischen Königreich?" "Mir gefällt Disneyland sehr, und es ist überhaupt nicht nur allein für die Kids." "Morgen könnten wir ja zur Tom Sawyer-Insel fahren." Wie wohl er sich doch in Jills Gesellschaft fühlte. Er fand sie nicht nur äußerst attraktiv, sondern auch wunderbar unkompliziert. Allerdings sprach sie wenig über sich selbst. Er wußte bislang so gut wie gar nichts über sie. "Weckt dieser Besuch hier Erinnerungen an deine Stieftöchter?" fragte er behutsam. Jill schaute kurz auf. "Nein, eigentlich nicht. Mit den Mädchen war es hier völlig anders als mit deinen Jungs."
Der Kellner räumte die Teller ab, die Combo spielte eine langsame Melodie. "Wollen wir tanzen?" Und als sie nickte, führte Craig sie zur Tanzfläche, auf der sich bereits andere Paare im Takt bewegten. Da Jill hohe Hacken trug, war sie größer als sonst. Ganz langsam zog er Jill enger an sich, spürte ihre Rundungen an seinem Körper. Ihr Atem streifte seine Haut, ihre Beine berührten seine. Sie sprachen nicht, sondern gaben sich ganz der Musik und den Gefühlen hin. Seine Hand lag auf ihrem Rücken. Verlangen durchflutete ihn. Und es verstärkte sich, als Jill ihre Hand an seine Taille legte. Auf das geringste Zeichen von Jill hätte Craig sie ins Hotel zurückgebracht und sie bis zur Erschöpfung geliebt. Aber von ihr kam kein Zeichen, und er hielt sich lieber zurück. Das Stück war zu Ende. Beide klatschten höflich und gingen zum Tisch zurück. Als sie an einem älteren Paar vorbeikamen, sagte die Dame: "Sie und Ihre Frau sind ein so schönes Paar. Feiern Sie einen besonderen Tag?" "Nein", antwortete Craig höflich und gab keine Erklärung. Vom Hauptgang aß Jill nur wenig, den Rest des Essens über schwieg sie. "Schmeckt es dir nicht?" fragte Craig besorgt. "Oh, doch. Ich habe nur keinen Hunger mehr." "Wie kommt das?" "Können wir bald gehen?" bat sie. "Natürlich." Er rief nach dem Kellner, bezahlte, und sie verließen das Lokal. Jill nahm Craig bei der Hand und führte ihn zu einem hinter Büschen versteckten Wasserfall in der Nähe des Hotels, setzte sich auf eine daneben stehende Bank und zog Craig neben sich. Wortlos nahm er sie in die Arme. Dann küßte er sie.
Ihre Lippen waren so weich und süß, wie er es in Erinnerung hatte. Sie öffnete ihm einladend den Mund, und als er seine Zunge hineinschlüpfen ließ, klammerte Jill sich an ihn. Er fuhr mit der Hand über ihren Rücken, ihre Hüften, aber als er ihre Brüste berühren wollte, wehrte Jill ihn plötzlich ab. "Bitte, hör auf", bat sie mit heiserer Stimme. "Warum?" "Weil ich das nicht noch einmal will." Es klang gequält. "Wovon sprichst du?" Jill rückte ein Stück weg von ihm. Ihr Gesicht lag im Schatten, nur die großen Augen schimmerten im Licht der Straßenlaternen. Ihre Hände lagen im Schoß. Sie wirkte erstaunlich ruhig. "Es ist nicht richtig, was wir tun. Und ich will es nicht noch einmal." "Was willst du nicht noch einmal?" "Mich ausnutzen lassen. Mein ganzes Leben lang bin ich von Männern ausgenutzt worden." Craig wollte protestieren, doch dann überlegte er es sich und ließ es bleiben. "Wie meinst du das?" "Männer haben mich immer dazu benutzt, um das zu bekommen, was sie wollten. Um mich ging es ihnen dabei nie. Mein Vater benutzte mich dazu, mich gegen meine Mutter auszuspielen, vor und nach der Scheidung. Mein Stiefvater tat vor anderen so, als wäre er mein Freund, aber sobald wir allein waren, zeigte er mir sehr deutlich, wie wenig er mich ausstehen konnte." Craig war empört. Aber er machte keine Bemerkung, sondern hörte ihr nur zu. "Und Aaron hat mich am eindeutigsten ausgenutzt. Wir hatten gemeinsame Freunde, und er wußte, daß ich gern Teil seiner Familie sein wollte. Das und die Tatsache, daß seine Töchter eine Mutter brauchten, benutzte er dazu, mich zur Ehe
zu überreden. Ich glaubte ihm, heiratete ihn und ernährte schließlich die gesamte Familie." Jill atmete tief durch. "Ich sehnte mich nach einem eigenen Kind, aber Aaron war dagegen. Zwei genügten ihm, sagte er." "Es tut mir so leid für dich", flüsterte Craig. Aaron mußte ein absoluter Dummkopf sein, daß er nicht wußte, was er an Jill hatte. "Irgendwann während unserer Ehe war er einverstanden, mit mir ein Kind zu haben. Aber sosehr wir uns auch bemühten, ich wurde nicht schwanger." Ihre Lippen zitterten. "Und dann wollte seine Exfrau plötzlich das Sorgerecht für die Mädchen haben." "Du brauchst mir das alles nicht zu erzählen, Jill." "Doch, ich möchte, daß du weißt, warum ich mich so fühle. Als der Prozeß begann, hielten wir den Zeitpunkt für ein Baby für unpassend. Und als wir das Sorgerecht dann verloren, war Aaron außer sich." Craig nahm Jills Hände in seine. Sie klammerte sich daran wie an einen Rettungsring. Sein Herz tat ihm weh für sie, nie hätte sie so leiden dürfen, schon gar nicht für einen Versager wie diesen Aaron. "Wir waren noch im Gerichtssaal, als dann die Wahrheit herauskam", fuhr sie kaum vernehmbarer Stimme fort. "Seine Exfrau umarmte fröhlich die Kinder, und ich versuchte, den niedergeschlagenen Aaron zu trösten. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihm zu sage n, daß wir ganz sicher ein Kind haben würden. Aber Aaron hatte mir so schrecklich leid getan." Ihre Stimme versagte. "Aarons Exfrau hatte gehört, was ich ihm sagte. Sie sah mich mitleidig an, nannte mich ein Dummerchen und erklärte mir im Beisein von Aaron, daß er bereits vor Jahren sterilisiert worden sei, also kein Kind mehr zeugen könne." Craig stöhnte auf. Was für ein Mistkerl! "Aaron sagte kein Wort. Als ich ihn fragte, ob das wahr sei, zuckte er nur mit den Schultern. In mir war jegliches Gefühl für
ihn gestorben. Er hat es gewußt. Noch in derselben Woche teilte Aaron mir mit, daß er die Scheidung eingereicht habe." Jill begann zu zittern und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich habe ihn nie wiedergesehen. Ich wußte nicht, ob ich noch um die Ehe kämpfen sollte oder nicht. Ich hatte ihm und seinen Töchtern alles gegeben ... und nichts zurückbekommen. Vermutlich ist es mein Fehler, daß ich in der Ehe vieles einfach so hingenommen habe. Aber ich wollte irgendwohin gehören, einmal Teil einer richtigen Familie sein." Craig wußte, daß es charakterlose Menschen gab. Sein Vater war das beste Beispiel dafür. Warum hatte Jill gleich so viele charakterlose Männer erlebt? Verdient hatte sie es ganz sicher nicht. "Jill, ich bin nicht Aaron." "Ich weiß. Aber ich kann mich dem Ganzen nicht noch einmal aussetzen. Verstehst du? Ich bin hier, um mich um deine Kinder zu kümmern, das ist alles. Ich kann es mir nicht leisten, mich noch einmal gefühlsmäßig zu binden. Dabei wäre es so leicht. Aber ich möchte nicht noch einmal verletzt werden." Das müßte ja nicht passieren! Vielleicht ... Vielleicht was? Gerade er sollte Jill am besten verstehen. Er war doch selbst ein gebranntes Kind, war auf Sicherheit aus, obgleich ihm klar war, daß es im Leben keine Garantien gab. War er bereit, Jill das zu geben, wonach sie suchte? Nein, sie waren beide zu sehr verletzt worden, als daß eine Beziehung zwischen ihnen ohne Komplikationen bleiben könnte. "Du hast recht", sagte er schließlich. "Es tut mir so leid." "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es war sehr schön hier, ich bin weder undankbar noch verärgert. Ich wurde nur auf einmal von dem allen übermannt, und ich wollte offen mit dir sein." Ihr Lächeln war unsicher. "Dafür danke ich dir."
Dabei begehrte er Jill! Er wollte sie haben, mit allen Konsequenzen! Es war etwas an Jill, das ihn mit aller Macht anzog. Aber er durfte es nicht erzwingen. Außerdem ging es auch um die Jungs. Im Augenblick war Jill das Beste, das seine Kinder in ihrem Leben gehabt hatten. Das durfte er ihnen nicht nehmen. "Freundschaft?" Craig streckte ihr die Hand hin. Jill zögerte einen Moment, dann schlug sie ein. "Freundschaft." Freunde. Aber eigentlich kam ihm das Wort leer vor.
10. KAPITEL Der Weg zurück erschien ihr viel länger als der Hinweg. Jill sehnte sich danach, nach Hause zu kommen und sich in ihr Zimmer zu verkriechen. Die traurige Countrymusik im Radio half auch nicht, ihre düstere Stimmung zu heben. Die Jungs lenkten sie nicht einmal durch einen Streit ab, da sie auf dem Rücksitz dösten. Jill schloß die Augen. Es war ja ihr eigener Fehler. Sie hatte sich von Craig zurückgezogen und auch von den Jungs, und nun wußten alle, daß etwas nicht stimmte. Craig beobachtete sie manchmal unauffällig. Die Jungs hatten sie nur fragend und bekümmert angeschaut. Aber was gab es da zu erklären? Sie hätte sich nicht von Craig zum Essen ausführen und schon gar nicht von ihm küssen lassen dürfen. Und schon ganz und gar nicht ihm die Wahrheit sagen dürfen. Jedes Mal wenn sie daran dachte, starb sie beinahe vor Verlegenheit. Wie hatte sie nur zulassen können, daß Aaron sie so behandelte? Und das dann auch noch Craig zu erzählen! Als Craig sie geküßt hatte, hatte sie ihn so sehr gewollt. Und nicht nur ihn, sondern auch die Zuneigung der Kinder. Es gefiel ihr, sic h um sie zu kümmern, zu ihrer Vertrauten geworden zu sein, zu der man lief, wenn man sich weh getan hatte. Und der man auch seinen Zorn zeigen konnte, weil man sich ihrer Liebe
sicher fühlte. Nach Jahren der Einsamkeit reagierte ihr Herz auf die Liebe zwischen den Jungen und ihrem Vater. Sie wollte ein Stück davon für sich selbst. War das so falsch? Natürlich war es das nicht. Aber es war nicht realistisch. Sie war nur die Kinderfrau. Craig tat genau das, was Aaron getan hatte, außer daß er ehrlich mit ihr war. Er bezahlte sie für ihre Arbeit, gab ihr offizielle Rechte und Freizeit. Als sie den Job angenommen hatte, wußte sie um das Risiko. Nein, das Risiko Craig hatte sie nicht bedacht! Als er sie in den Armen gehalten hatte, wollte sie nichts anderes, als bei ihm sein, ihn berühren, ihn spüren. Er war ein Mann, von dem Frauen träumten ... gutaussehend, ehrlich, intelligent, witzig, liebevoll und so sexy, daß es ihr den Atem verschlug. Das machte es um so schlimmer ... genau das vor Augen zu haben, was man nie erreichen konnte. Jill glaubte noch immer an die Liebe ... nur nicht für sich selbst. Ihre Beziehungen endeten immer so, daß sie die Verliererin war. Bei anderen klappte es. Kim hatte Brian gefunden, beide liebten sich innig. Bei Craig hatte es allerdings auch nicht funktioniert. Krystal hatte ihn beinahe zerstört. Sie beide zählten zu den seelisch Verwundeten. Sollten sie sich gegenseitig trösten oder lieber voreinander davonlaufen, bevor wieder einer von ihnen verletzt wurde? Die Jungs durfte sie nicht von heute auf morgen verlassen. Sie hatten zuviel durchgemacht. Und sie hatte Craig klargemacht, daß sie keine Beziehung wollte. Und er war zu sehr Gentleman, um das nicht zu respektieren. Darüber hätte sie glücklich sein müssen. Doch sie war es nicht. Zu Hause angekommen, bat sie die Jungen, sich erst einmal die Hände zu waschen. Aber Danny blieb auf der Treppe sitzen. "Mir ist schlecht", stöhnte er. Er war schon auf der Rückfahrt seltsam still gewesen.
Sein Gesicht fühlte sich heiß an. "Du scheinst Fieber zu haben. Wo ist das Thermometer?" Craig kam mit dem Gepäck herein. "Was ist los?" "Ich glaube, Danny ist krank", erklärte Jill. "Seit wann geht es dir nicht gut, Danny?" Der Kleine zuckte die Schultern. "Gestern abend vielleicht." Eilig brachte Craig ein Thermometer und steckte es Danny in den Mund. C.J. kam die Treppe herunter. "Was ist los mit ihm?" "Das wissen wir noch nicht", antwortete Jill. "Kann sein, daß ihm das Autofahren nicht bekommen ist." C.J. ging in das Wohnzimmer. "Auf dem Anrufbeantworter sind Nachrichten, Dad." "Spiel sie ab." Eine Nachricht war von Dannys Lehrerin, die mitteilte, daß die Windpocken grassierten. Da Ben und C.J. sie auch noch nicht gehabt hatten, mußte man das Schlimmste befürchten. Jill prüfte das Thermometer. "Du hast Fieber, mein Kleiner. Schaffst du es allein die Treppe hinauf in dein Zimmer?" Craig hob Danny wortlos hoch und trug ihn nach oben." "Genieße deine letzten gesunden Tage", sagte Jill zu C.J., "Windpocken sind ansteckend." "Ich krieg' sie nicht", behauptete C.J. "Du mußt es mal von der Seite sehen'... keine Schule, herumliegen und Fernsehen gucken, während ich versuche, euch mit Leckereien zum Essen zu bewegen." C.J. grinste. "Cool." Jill rief den Kinderarzt an, um sich Anweisungen geben zu lassen. Dann machte sie eine Einkaufsliste, um genug Vorräte zu haben. Vermutlich würde es drei nervige Wochen dauern, bis alles vorbei war! Craig kam herein. "Tut mir leid, daß das ausgerechnet jetzt, wo du hier bist, passiert. Ich frage nach, ob mein Urlaub verlängert werden kann."
"Unsinn, du hattest genug Probleme, die paar Tage freizubekommen, um die Jungs nach" Disneyland mitzunehmen. Wir schaffen das schon. Falls Ben und C.J. sich anstecken sollten, wird es Danny inzwischen besser gehen. Und bis dahin habe ich mich zur Expertin entwickelt." "Es wird dich auslaugen." "Vielleicht. Aber ich kann ja ausschlafen." Sie deutete ein Lächeln an. "Kannst du dich im Moment um alles kümmern, während ich schnell einkaufen fahre?" "Na klar." Er folgte ihr bis zur Garage. "Der Zeitpunkt ist wirklich denkbar ungünstig." "Für kranke Kinder gibt es nie den richtigen Zeitpunkt." "Ich weiß, aber ..." Sie schaute ihn an. Trotz seiner Müdigkeit und der dunklen Bartstoppeln sah er so gut aus, daß ihr gleich wieder das Herz höher schlug. "Ich bleibe", flüsterte sie. "Ich entziehe mich nicht meiner Verantwortung." "Ich möchte nicht, daß du bleibst, wenn du es eigentlich nicht willst." "Es ist nicht so einfach, Craig, das weißt du. Ein Teil von mir hat große Angst. Ich mag die Jungs, es gefällt mir, bei euch zu sein, mit zur Familie zu gehören. Davon habe ich immer geträumt. Aber ich bin nur wenige Monate hier, und ich möchte mich nicht binden." "Wenn es so kompliziert ist, solltest du lieber gehen. Ich möchte nicht, daß du leidest." , "Ich werde bis September bleiben", erwiderte Jill nach kurzem Nachdenken. "Nicht nur, weil ich mein Wort gegeben habe, sondern weil ich mir selbst beweisen will, daß ich danach die Kraft habe, mich von hier zu trennen." "Und was ist, wenn wir wollen, daß du noch länger bleibst?"
"Ich habe keine Antwort darauf. Übrigens, was unterwegs passiert ist, tut mir leid. Ich hätte nicht so gemischte Signale aussenden sollen." "Es ist mein Fehler", erwiderte er schnell. "Hör auf, so nett zu sein, Craig. Es war nicht dein Fehler. Oder vielleicht haben wir beide schuld. Ich wußte, daß es falsch war, mit dir abends noch zum Essen zu gehen, aber ..." Sie senkte den Kopf. "Aber es gibt zwischen uns ganz offensichtlich eine starke Anziehungskraft." Seine Stimme klang heiser. "So ähnlich." "Nein, ganz genau so." Erlegte einen Finger unter ihr Kinn. An seinen dunklen Augen erkannte Jill, daß er sie begehrte. "Das Ganze wird nur erschwert, weil es mehr als sexuelles Verlangen ist", sagte er leise. "Wir mögen uns." "Warum sagst du das?" "Warum sollte ich nicht? Durch Schweigen ändert sich nichts. Wenn ich nicht einmal mit dir darüber sprechen kann, wozu sind dann Gefühle da?" Craig machte ihr Angst. Der Drang, wegzurennen war stärker als jegliche Leidenschaft. Doch Craig war alles, was sie je hatte haben wollen... Jill wollte ihn berühren, wollte, daß er sie an sich zog und küßte ... Sie mußte fort von hier! "Hör mit dem Grübeln auf", murmelte er. "Wir haben beide eine Menge Leid erfahren und müssen jetzt keine Entscheidung treffen." Das hörte sich einfach an, aber wie sollte sie das Nachdenken ausschalten? "Ich muß zum Einkaufen. Du könntest dich inzwischen um Danny kümmern", sagte sie und lief mehr zum Wagen, als daß sie ging.
Zwei Wochen und sechs Tage später war Jill völlig erschöpft. Sie sank auf einen Küchenstuhl und genoß die Stille. Danny und Ben waren in der Schule, C.J. oben beim Videospielen. Kaum hatte Danny das Fieber und das Hautjucken überstanden, erwischte es Ben. Und zwei Tage darauf C.J. Jill hatte Spiele besorgt, Berge von Pudding gekocht, Säfte gebracht und sie getröstet, wenn sie quengelig wurden. Morgen würde auch C.J. wieder zur Schule gehen und der Alltag wieder einkehren. Als erstes wollte Jill sich erst einmal richtig ausschlafen. Sie rieb sich die Augen. Die langen Nächte am Bett der Kinder hatten ihren Tribut gefordert. Craig hatte geholfen, so gut es ging, aber bei den Ermittlungen hatte es einen Durchbruch gegeben, und er hatte einige Verhaftungen vorgenommen. Der letzte Täter war noch nicht gefaßt, aber die alten Menschen liefen nun nicht mehr Gefahr, verletzt und betrogen zu werden. Mrs. Hart hatte sich mit einer Schokoladentorte bedankt. Jill hatte davon nichts essen mögen. Seltsam, denn sie liebte Schokolade. Alles tat ihr weh, Beine, Arme, Kopf, sogar die Haarspitzen. "C.J.?" rief sie nach oben. "Ja?" "Ich lege mich für eine Weilchen hin. Weck mich, wenn du etwas essen möchtest." "Okay." Ihr Zimmer erschien ihr zu weit weg, das Sofa war näher, die dicken Kissen wirkten so einladend. Sie wollte sich nur einen Moment ausruhen. Das nächste, was Jill wußte, war, daß starke Arme sie aufnahmen. Alles war unwirklich, die Umrisse verschwammen, die Geräusche waren gurgelnd wie unter Wasser. Jill versuchte, sich auf das vertraute Gesicht zu konzentrieren. "Craig?" flüsterte sie.
"Pst", sagte er. "Ich bringe dich zu Bett." Er nahm sie fest auf die Arme. "Wieso hast du mir nicht erzählt, daß du auch noch keine Windpocken hattest?", "Wie?" Sie schaffte es nicht, den Kopf zu heben. "Hatte ich die nicht als Kind? Ich erinnere mich nicht." "Nun, du hast sie jetzt." Er brachte sie in ihr Bett. Die Laken fühlten sich kühl an, besonders als er ihr Jeans und das T-Shirt auszog. Seine kräftigen Hände griffen nach hinten und öffneten ihr den BH. "Ich bin nackt", flüsterte sie verwundert. "Beinahe." Craig zog ihr das weite Hemd an, das sie nachts immer trug. "Hast du hingeschaut?" Er lachte. "Du mußt im Fieberwahn sein, wenn du so etwas fragst. Natürlich habe ich hingeschaut. Ich bin schließlich ein Mann. Steck das unter die Zunge." Gehorsam öffnete Jill den Mund und nahm das Thermometer. Craig legte ihre Sachen auf einen Stuhl. Das Zimmer schien zu schwanken. "Ich habe den Arzt angerufen", sagte er. "Wir müssen dich beobachten. Das Fieber darf nicht zu hoch werden. Du mußt viel, trinken." Zu nicken war zu anstrengend, so machte Jill nur eine flatternde Bewegung mit den Fingern, Craig nahm das Thermometer. "Ganz schön hoch. Versuch zu schlafen, Jill. Ich bin gleich wieder zurück." "Danny, Ben", brachte sie heraus. "Ich muß sie abholen." "Darum kümmere ich mich. Du mußt jetzt nur gesund werden." Er drückte ihr die Hand und küßte sie auf die Stirn, "Es tut mir so leid, Jill." "Schon gut." Sie hätte gern seine Lippen auf ihren gespürt. Sie wollte ihm das sagen. Wenn sie nur ihre Augen aufbekäme.
Als sie das nächste mal zu sich kam, war der Baum dunkel, und Craig döste im Sessel neben dem Bett. Doch er merkte es irgendwie, daß sie wach geworden war, und lächelte. "Möchtest du etwas trinken?" "Gern." Ihre Kehle war trocken, und sie konnte kaum sprechen. Sie versuchte, sich aufzusetzen, und bemerkte, daß ihre Haut glühte und juckte. "Oh, du lieber Himmel", flüsterte sie. Sie zog die Laken beiseite und starrte auf den roten, brennenden Ausschlag, der sie von den Zehenspitzen bis hinauf zu den Oberschenkeln bedeckte. "Sieht schlimm aus", bestätigte Craig. "Die Pusteln sind überall", klagte Jill und mußte sich beherrschen, damit sie nicht wie wild kratzte. Tränen stiegen ihr in die Äugen. "Nicht, Liebes", murmelte Craig, kniete sich neben das Bett und streckte die Arme aus. Und Jill warf sich jammernd hinein. "Schsch...", flüsterte er. "Wir werden Eis und Salbe nehmen, um etwas gegen das Jucken zu tun. Es wird schon wieder." "Habe ich es auch im Gesicht?" Er umschmiegte ihr Kinn und küßte ihre Nasenspitze. "Du bist hübsch wie immer." Jill schniefte. Er holte die Medikamente und brachte Suppe und Wasser, Das Jucken ließ etwas nach. Erschöpft schloß Jill die Augen. Das letzte, woran sie sich erinnerte, war, daß Craig an ihrem Bett saß und ihre Hand streichelte. Sie schlief mit dem Gedanken ein, daß Krystal Haynes die dümmste Frau der Welt gewesen war. Beim nächsten Aufwachen war es hell. Neben ihrem Bett saß ihre Freundin, die sie mit ihren braunen Augen anstrahlte. "Kim!" . "He, du lebst ja noch, wie geht es dir?" "Alles tut weh und juckt." Jill bewegte sich unbehaglich, "Was machst du denn hier?"
"Ich rief gestern an, um hallo zu sagen, und Craig erzählte mir, was passiert ist. Darum bin ich hergekommen." Kim wurde ernst. "Oh, Mann, es tut mir so leid, daß du die Windpocken bekommen hast." "Erinnere mich nicht daran." "Es ist alles meine Schuld." Bildete Jill sich das ein, oder übernahm plötzlich jeder die Verantwortung für ihr Pech? "Es ist niemandes Schuld, es ist einfach passiert." "Aber wenn ich nicht mit Brian einfach durchgebrannt wäre..." "Dann wärst du jetzt nicht glücklich verheiratet." Jill versuchte, an das Glas Wasser heranzukommen, und Kim reichte es ihr. "Danke." Sie nahm einen Schluck. Das kühle Wasser tat ihrer trockenen Kehle gut. Sie fühlte sich noch immer schlapp und heiß. "Habe ich noch Fieber?" "Das letzte mal, als ich es prüfte, war es noch hoch, aber es ist etwas gesunken. Du wirst also überleben." Jill hielt sich das Glas an die Stirn. "Und wie läuft hier alles?" "Gut. Die Jungs sind schön eine Handvoll. Wie schaffst du das nur?" "Ist nicht so schlimm." Kim zog die Beine hoch und schlang die Arme um die Knie. Ihr blauschwarzes Haar schimmerte im Sonnenlicht, das durch die Vorhänge drang. "Alle fünf Minuten fragt einer von ihnen, ob du wieder gesund wirst. Der Jüngste..." Sie versuchte, sich an den Namen zu erinnern. "Ach ja, Danny, meint, es sei seine Schuld, weil er die Pocken als erster hatte." "Ich hoffe, du hast ihm das ausgeredet." "Natürlich. Aber er will es von dir hören. Vielleicht sagst du es ihm, sobald er aus der Schule kommt." "Hm, das mache ich." Ihre Augenlider wurden wieder schwer. Sie stellte das Glas ab.
Kirn stand auf. "Ich werde dir ein bißchen Suppe einflößen, bevor du Wieder einschläfst." Sie ging zur Tür. "Ich schulde dir eine Menge, Jill." "Sei nur glücklich mit Brian." "Das bin ich," "Du kannst ja deinen Erstgeborenen nach mir benennen." Kim lachte. "Auch Wenn es ein Junge ist?" "Dann gerade." Fünf Tage später langweilte Jill sich schon. Der Ausschlag war weg, Kim abgefahren. Sie hatte mit Danny geredet und ihn davon überzeugt, daß er keine Schuld an ihrer Erkrankung habe. Nun wollte er Arzt werden, um allen Bakterien den Garaus machen zu können. Kim war zu ihrem Mann und ihrer Arbeit zurückgekehrt, die Jungen waren in der Schule und Craig auf dem Revier. Daß Jill noch im Bett war, lag nur daran, daß sie Craig und dem Arzt noch einen weiteren Tag versprochen hatte. "Aber es ist so langweilig!" stöhnte sie. Die Seifenopern im Fernsehen interessierten sie nicht, weil sie die Vorgeschichte nicht kannte. Und Talk-Shows fand sie zum Gähnen. Wie konnten all diese Leute nur so Persönliches vor Fremden auspacken? Zum Lesen war sie zu unruhig, und nach einer Woche im Bett waren ihre Muskeln ganz kraftlos. Was konnte sie nur tun? Sie sehnte sich danach zu duschen. Beim Aufstehen drehte sich alles um sie. Vorsichtig ging sie in Richtung Bad. Damit brach sie ja nicht ihr Versprechen, denn sie blieb ja sozusagen in ihrem Zimmer. Beim Blick in den Spiegel verzog sie das Gesicht. Ihr Haar war matt, die Haut blaß, die Augen umschattet. Sie sah wie ein Flüchtling aus einem Kriegsgebiet aus! Sie wusch sich das Gesicht und putzte die Zähne. Dann warf sie das Nachthemd in den Wäschekorb und stellte die Dusche an.
Das warme Wasser war himmlisch. Sie wusch sich das Haar und duschte lange, obgleich das Ganze sie sehr anstrengte. Aber es war zu schön, sich endlich wieder bewegen zu können. Zum Glück war das Fieber weg. Sie haßte dieses Gefühl, halb hier, halb irgendwo sonst zu sein. Sie drückte die Glastür auf und trat auf den Duschteppich. Als sie nach einem Handtuch greifen wollte, bemerkte sie, daß sie vergessen hatte, eins hinzuhängen. Plötzlich flog die Tür auf, und Craig erschien. "Was zum Teufel tust du hier?" fuhr er sie an. Eilig öffnete er einen Schrank und reichte ihr ein frisches Badetuch. Ihr nackter Anblick schien ihn ja nicht sehr zu beeindrucken ... Jill wickelte das Badetuch um sich. Craig war in Uniform. Wie immer sah er hinreißend aus. Selbst mit diesem Gesichtsausdruck. Wie eine r dieser zornigen Götter aus der griechischen Mythologie. Kraft und Leidenschaft gingen von ihm aus. Jill zitterte vor Verlangen. Daß ihr die Knie weich wurden, lag nicht allein daran, daß sie krank gewesen war. "Also?" fragte er. "Ich habe mich geduscht." "Verdammt noch mal, Jill, ich komme nach Hause, um nach dir zu sehen, und du bist nicht im Bett. Ich habe gerufen und keine Antwort bekommen." Er schaute nicht direkt zu ihr hin. "Ich war unter der Dusche. Ich habe dich nicht gehört." Wasser tropfte aus ihrem nassen Haar, ihr wurde allmählich kalt. Außerdem fühlte sie sich nackt ... und auf Ideen gebracht ... Auf dem Badezimmerboden wäre es vermutlich ein bißchen unbequem, aber... Was für verrückte Gedanken sie hatte! Vielleicht hatte sie noch immer Fieber. Vielleicht hatte es alle Skrupel weggebrannt. "Du hast versprochen, im Bett zu bleiben." "Nein, ich versprach, mein Zimmer nicht zu verlassen, und praktisch gesehen gehört das Bad noch dazu."
Craig gab einen Protestlaut von sich, schaute sie aber noch immer nicht an. Fast so, als wäre er sich nicht bewußt, daß sie halbnackt war. Aber Jill war sich dessen bewußt. Ihre Haut kühlte durch die Feuchtigkeit ab, während ihre lüsternen Gedanken sie erhitzten. Die Kombination verursachte eine Gänsehaut. Sie war sicher, daß ihre Brustspitzen ganz hart waren. Wann zum Teufel würde Craig bemerken, daß sie nichts außer einem Handtuch trug? "Tut mir. leid, Craig. Ich wollte dich nicht beunruhigen, sondern nur duschen." Nahm er sie denn gar nicht wahr? "Wenn du jetzt mit Schimpfen fertig bist, könntest du mich vielleicht vorbeilassen, damit ich mich anziehen kann?" In dem Moment schaute Craig sie an, und Jill war, als berührte er sie überall gleichzeitig. Sehnsüchtiges Verlangen erfüllte sie. Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen in Erwarturig seines Kusses. Ohne ein Wort zu sagen, drehte Craig sich um und ging hinaus. Jill brannten die Wangen. Da stand sie nun, halbnackt, und er hatte sie kaum eines Blickes gewürdigt! Sie schaute in den Spiegel. Unwillkürlich entrang sich ihr ein Stöhnen. Ihr Haar hing feucht herunter, ihre Nase war rot, ihre Augen waren matt, sie sah aus wie ein ertrunkenes Hühnchen. Kein Wunder, daß er sie nicht gewollt hatte. "Ich sollte f...f...froh sein", sagte sie zitternd, aber das war eine Lüge. Craig wollte sie nicht! Aaron hatte sie nicht gewollt. Niemand wollte sie. Natürlich war das alles Unsinn. Daß sie das dachte, lag sicher an ihrer geschwächten Verfassung. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie schluchzte auf. Craig mußte draußen gewartet haben, denn er war sogleich wieder bei ihr. "Jill, was ist?" "N...n...nichts... G...g...gar nichts. Ich sehe nur schrecklich aus, und n...n...niemand will mich."
Er wickelte das Badetuch, das sich gelöst hatte, wieder fest um sie und gab tröstende Laute von sich. Jill wollte ihm sagen, daß er sie nicht wie ein Kind behandeln solle, genoß es aber zugleich. Er hob sie hoch und setzte sich, mit ihr auf dem Schoß, aufs Bett. "Ich will dich", flüsterte er. Jill schniefte und schob sich das nasse Haar aus der Stirn. "Nein, das stimmt nicht. Das sagst du nur, um nett zu sein." Seine dunklen Augen begegneten ihren. "So nett bin ich nicht." Als das Badetuch verrutschte, tat sie nichts, um es festzuhalten. Sie legte die Hände auf seine Schultern. "Bist du sicher?" Craig zog sie enger an sich, und sie spürte deutlich, wie erregt er war. "Ganz sicher." Er packte ihre Handgelenke und nahm sie von seinen Schultern. "Du bist es, die gegen eine Beziehung zwischen uns ist, Jill. Willst du damit sagen, daß du deine Meinung geändert hast?" "Ich..." Sie wußte keine Antwort, schaute nur forschend in sein Gesicht. Sie vertraute Craig, mochte ihn, wollte ihn. "Ich bin es leid, allein zu sein", flüsterte sie. Craig nickte langsam. "Ich auch." Er legte ihre Hände wieder auf seine Schultern und schlang die Arme um sie. Dann fand sein Mund ihre Lippen, und Jill fühlte sich nicht mehr allein.
11. KAPITEL Als Craig Jill fester umarmte, küßte sie ihn so, als wäre sie am Verhungern und er ihre einzige Chance zum Überleben. Er schob seine Zunge in ihren Mund, schmeckte seine Süße, nahm ihren sauberen Duft wahr, die Hitze ihres Körpers. Am liebsten hätte er sie gleich hier genommen. Die Stärke seines Verlangens raubte ihm den Atem. Aber er bezwang sich. Sein Genießen sollte auch ihres sein ... in der Vereinigung den Weg ins Paradies finden. Ihm verlangte nach mehr, und Jill gab ihm, was er ersehnte. Sie schmiegte sich an ihn, und ihr war es gleichgültig, ob das Handtuch hinabrutschte oder nicht. Sie achtete nickt darauf. Ihr Lächeln war einladend, und nichts wollte er im Augenblick so sehr, wie ihrer Einladung nachzukommen. Craig betrachtete sie liebevoll. Ihr Haar war noch feucht, das Gesicht blaß, ihre Augen verschleiert. Auf ihrer cremeweißen Haut zeichneten sich blaß die Sommersprossen ab. Sein Blick wanderte tiefer zu ihren Brüsten. Es nahm ihm den Atem. Ohne nachzudenken hob er die Hände und umschmiegte die perfekten Rundungen. Für ihre zierliche Figur waren Jills Brüste voll und üppig. Jill reagierte sofort auf seine Liebkosung, stöhnte seinen Namen und lehnte sich nach vorn, um Craig auf den Hals zu küssen. Ihr heißer Atem und ihre warmen Lippen erregten ihn ungemein, genau wie das Gefühl ihrer Brüste in seinen Händen.
Jill war wie warmer Satin, geschmeidig, weich und sinnlich. Er fuhr mit den Daumen über die hellbraunen Knospen. Jill erschauerte und stieß seinen Namen hervor. Mit einer leichten Bewegung schlüpfte er aus seinen Schuhen, dann streckte er sich auf dem Bett aus und zog Jill neben sich, Er drehte sich zu ihr um und stützte den Ellbogen auf. Mit der freien Hand berührte er ihr Gesicht. "Du bist so schön", murmelte er. "Wohl kaum", antwortete sie lächelnd. "Das bist du aber, auch wenn du es jetzt nicht wahrhaben willst. Deine Augen habe ich als erstes an dir bemerkt." Jill zog ihre Nase kraus. "Ich sehe wie ein gerupftes Hühnchen aus. Es ist nicht gerade ein Vergleich, der Männer anzieht." "Ich sehe vor allem dich." Craig streichelte ihre Wange, ihre Nase, ihren Mund. Sie öffnete die Lippen, leckte seine Finge rspitze ... und Craig stand in Flammen. Er stieß eine Verwünschung aus. Sie lächelte. "Du mochtest es doch. Mach mir nichts vor." "Laß mich das eine festhalten ... Im Augenblick mag ich alles, was du tust." Mit den Fingerspitzen zog er die Linien ihrer vollen Lippen nach. Jill öffnete den Mund und saugte sanft an einem seiner Finger ... ein Vorgeschmack dessen, was er später erwarten konnte. Er war so erregt, daß es ihn schmerzte. Seine Haut brannte förmlich. Er küßte Jill mit immer größer werdender Leidenschaft, und er fürchtete schon, die Kontrolle über sich zu verlieren. Es war noch nicht der richtige Zeitpunkt! Craig drang mit der Zunge in ihren Mund, als wollte er Jill dazu bringen, das mit ihm zu tun, was sie mit seinem Finger
getan hatte. Und Jill reagierte auf eine Weise, daß er das Gefühl hatte, es nicht mehr aushalten zu können. Er streichelte ihre Arme, ihre Taille, schob das Handtuch beiseite und umfing die sanften Rundungen ihrer Hüfte, ihrer Schenkel. Mit ihren weichen Kurven war sie für ihn der Inbegriff der Weiblichkeit. Er genoß es, Jill mit den Händen zu erkunden. Dabei küßte er sie so wild, daß Jill sich ihm entgegenbog in der stummen Bitte nach Erlösung. Er hob den Kopf, um Jill in ihrer Nacktheit zu betrachten. Sie war reizvoll mit ihren vollen Brüsten, ihrer schmalen Taille, den kurvigen Hüften. Seine Augen konnte nicht genug von ihr bekommen. Aber es drängte ihn, sie zu liebkosen, zu küssen, mit ihr vereinigt zu sein. Wenn er nicht gleich mit ihr schliefe, würde er sterben, dachte er. Wie lange war es her, daß er eine Frau auf intime Weise berührt hatte? Monate. Jahre. Er hatte schon geglaubt, es nie wieder zu erleben. Eine Frau körperlich zu lieben, hatte ihm schon von jeher bedeutet, sie nicht nur als Sexobjekt zu sehen, sondern ihr auch sein Herz zu schenken. Bereits in seinen Teenagerjahren war ihm klargewesen, daß Sex alleine ihm im Grunde nichts galt. Ob er Jill liebte, wußte er nicht, aber es war so wunderbar, mit ihr zusammen zu sein. Vielleicht lag es tatsächlich nur daran, daß sie beide es leid waren, allein zu sein. Craig vertraute Jill völlig. Und das war mehr, als er je von Krystal hätte sagen können. "Was denkst du?" flüsterte sie und öffnete an seinem Hemd einen Knopf nach dem anderen. "Daß ich dir weh tun könnte. Du wirkst so zart wie eine Blume." Jill lachte. Sein Mund wurde ganz trocken bei dem Anblick der nackt vor ihm liegenden Jill. Er senkte den Kopf und nahm
eine der Knospen in den Mund, dann umspielte er mit der Zunge die harten Spitze, erst die eine, dann die andere. Jill lag atemlos und zitternd da, war seiner Liebkosung ausgeliefert, ließ es zu und fand es köstlich. Sie wünschte sich, es möge nie enden. Seine Hand glitt über ihren Bauch weiter hinunter bis zum Zentrum ihrer Weiblichkeit. Jill öffnete sich ihm unwillkürlich, entspannte sich, damit sie sich ihm ganz hingeben konnte. Craig war ein zärtlicher Mann, und sie hatte keine Bedenken, sich ihm zu schenken. Jills Atem ging stoßweise, ihre Haut glühte. Während Craig sie streichelte, senkte er den Kopf und küßte sie überall, bis Jill die Hände ins Laken krallte und seinen Namen herausstöhnte, v Bei der ersten Berührung durch seine Zunge schrie sie leise auf. Und er fuhr fort, obgleich er es kaum noch aushalten konnte, so sehr drängte es ihn zu ihr. Doch er hielt sich noch immer zurück. In sanften Bewegungen zeichnete er mit den Fingerspitzen Kreise. Erst als ihr Atmen hektischer wurde, erhöhte er das Tempo, um sie zum Höhepunkt zu bringen. Als sie den Kopf von einer Seite zur anderen warf, hielt er inne. Craig setzte sich auf und schaute sie an. Ihre Pupillen waren weit geöffnet, ihre Haut gerötet. Sie blinzelte ein paarmal, als hätte sie Mühe, in die Welt der Realität zurückzufinden, "Mir ist, als hätte ein Erdbeben stattgefunden", keuchte sie nach einer Weile erstaunt. Er lächelte. "Ich scherze nicht. Ich habe es wohl die ganzen Jhre über falsch gemacht. So war es noch nie." Sie stieß den Atem aus. "Du bist ein wunderbarer Liebhaber, Craig." Er beugte sich über sie und küßte sie zärtlich mitten auf den Mund. Jill schlang die Arme um ihn und zog ihn an sich. "Danke", flüsterte sie.
Wohlige Schauer durchrannen Craig, als Jill sein Ohrläppchen, dann seine Halsgrube küßte, dann zart mit den Zähnen an seinen Lippen knabberte. Er stützte sich auf die Arme und überließ sich ihren Zärtlichkeiten. Sie zog ihm das Hemd von den Schultern, öffnete ihm die Jeans und zog mit dem Mund eine warme, feuchte Spur durch die feinen Härchen bis zu seinen Brustwarzen. Als Craig es kaum noch aushalten konnte, setzte er sich auf und zog eilig die Jeans aus. So nackt sah er wie einer der schönen griechischen Götter aus. Sie berührte seine Schultern, seine Arme, kniete sich vor ihn. Ihre Brüste waren ihm provozierend nahe. Er umfing sie mit den Händen und liebkoste sie, bis sie den Kopf zurückwarf und stöhnte: "Ich kann kaum glauben, was für ein Gefühl das ist." "Mir gibt es auch eine Menge." Seine Stimme klang heiser vor Gefühl. Mit noch immer zurückgelegtem Kopf, lehnte sie sich so eng an ihn, daß ihre Brüste seine Brust berührten. Die leichte Berührung ihrer aufgerichteten Knospen war eine süße Qual, die Craig genoß. Doch ihre Hinhaltetaktik gefiel ihm nicht mehr. Er war mit seiner Zurückhaltung am Ende. Craig nahm sie bei den Hüften und zog sie auf seinen Schoß. Übermütig schob Jill sich mit ihrer niedlichen runden Kehrseite hin und her, und Craig glaubte, vergehen zu müssen. "Jill, bitte! "grollte er. Sie kicherte. "Ich mag es, wenn du so wild auf mich bist." Er starrte sie an. "Fühlst du dich gut?" "Willst du noch mehr Komplimente hören?" "Nein. Du hast eine ganze Woche im Bett verbracht. Ich möchte nicht, daß es dir zuviel wird." "Ich bin etwas müde, aber ich denke, daß ich noch fünf oder zehn Minuten durchstehen kann", neckte sie. "Es wird länger dauern", warnte er.
Sie lächelte; "Nicht, wenn ich es richtig mache." ET berührte ihre Wange. "Ich hätte nie gedacht, daß du so bist." "Daß ich wie bin?" "So locker, so selbstverständlich. Es macht dir nichts aus, nackt zu sein." Jill überraschte ihn, als sie rot wurde. "Normalerweise bin ich nicht so. Ich fühle mich einfach wohl bei dir. Ich muß mich nicht verstellen. Ich kann ich selbst sein. Und ich spüre deutlich, daß du mich begehrst. Wenn du mich so ansiehst, fühle ich mich sehr attraktiv und weiblich!" "Das bist du doch auch!" "Halt den Mund, Craig, und küß mich." Er folgte ihrem Wunsch, beugte den Kopf und preßte die Lippen auf ihren Mund. Jill kam ihm sogleich mit einer Leidenschaft entgegen, die ihm den Atem raubte. Ganz plötzlich mußte er sie überall berühren ... Er wollte bei ihr sein, in ihr sein, und Jill war für ihn bereit. Worauf wartete er noch? Sobald Craig sich ausgestreckt hatte, drückte Jill kleine Küsse auf seine Brust. "Damit hilfst du mir nicht gerade", stöhnte er. "Das will ich auch gar nicht." Craig schob Jill über sich, hielt sie an den Hüften fest, und ganz langsam ließ sie sich sinken. Craig beobachtete aufmerksam ihr Gesicht, um festzustellen, ob er ihr auch nicht weh tat. Jill schloß die Augen und lächelte selig. Er vergaß seine Bedenken und konzentrierte sich darauf, sein Verlangen ganz auszuleben. Er genoß Jills absolute Hingabe an ihn. Als Jill den Rhythmus verändern wollte, hielt er sie fest. "Noch nicht", brachte er hervor. "Ich sagte dir doch, daß es keine fünf Minuten dauern würde", murmelte sie, ihr Ton war neckend..
Er sagte sich, daß es daran lag, daß er so lange keusch gelebt hatte. Aber im Grunde wußte er, daß es an Jill selbst lag. Sie war eine wunderbare Geliebte, die sich ganz gelöst auf ihn einstellte, ohne sich selbst ganz aufzugeben. Auch sie wollte ihren Teil des Genusses. Er lockerte den Griff um ihre Hüften und half ihr, den Rhythmus zu finden. "Craig", flüsterte sie, als sie spürte, daß der Höhepunkt gleich erreicht sein würde. Sie hielt den Atem an, als ihr Körper erzitterte und erbebte und für sie und zur gleichen Zeit auch für Craig die Realität verschwand. Es gab nur sie zwei auf dieser Welt und das intensive Gefühl, einander anzugehören... Jill ließ sich erschöpft auf Craig sinken. "Ich möchte sterben, so glücklich bin ich", murmelte sie noch ganz außer Atem. "Ich weiß, was du meinst." Sie kuschelte sich an Craig wie ein Kätzchen. Vorsichtig zog er die Decke über sie. Sie hatten noch ein paar Stunden, bis die Jungen von der Schule abgeholt werden mußten. Craig umschlang Jill zärtlich und lauschte ihrem Herzschlag. Als Jill erwachte, war es Nacht. Sie blinzelte in die Dunkelheit. In diesem Augenblick fiel ihr ein, daß es hell gewesen war, als sie geduscht hatte. Und dann ... Sie erstarrte, als die Erinnerung kam. Hatte sie sich Craig nicht geradezu an den Hals geworfen? Was mußte er von ihr denken! Sie lag ganz still da, versuchte herauszufinden, ob sie allein war oder nicht. Dieses Schlafzimmer lag im hinteren Teil des Hauses. Durch die Vorhänge drang also kein Licht von der Straße. Sie lauschte. Aber es atmete niemand, und es rührte sich auch keiner. Schließlich richtete sie sich auf, um einen Blick auf die Uhr zu werfen ... und stieß gegen etwas sehr Warmes und sehr Nacktes in ihrem Bett. Sie zuckte zusammen. '
"Es ist fast Mitternacht", sagte Craig. "Meine Güte! Wie lange habe ich geschlafen?" "Etwa acht Stunden. Ich muß dich völlig erschöpft haben." Sie brauchte ihn nicht anschauen, um zu wissen, daß er lächelte. "Oh, Craig, das ist mir so unangenehm." Er zog sie an sich, setzte sich mit ihr auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes. Jill schmiegte sich an ihn. "Was ist dir unangenehm?" fragte er. "Ich ..." Sie könnte lügen und ihm sagen, daß es ihr leid tue, daß sie eingeschlafen war, aber irgendwie wußte sie, daß Craig ihr das nicht abnehmen würde. "Fühlst du dich okay?" Es klang besorgt. "Ja. Ich fühle mich großartig. Wie neugeboren." Jill holte tief Luft und atmete langsam aus. "Eigentlich wollte ich es nicht." "Mit mir schlafen?" Sie nickte. Rieb ihr Kinn an seiner unrasierten Wange. "Ich habe mich dir an den Hals geworfen. Ich mag gar nicht daran denken." Craig lachte in sich hinein. "Ich denke gern daran! Mir scheint, daß ich an nichts anderes denken kann." Jill barg ihr Gesicht an der Seite seines Nackens und stöhnte. "Ich kann es nicht glauben, daß ich dich auf die gleiche Weise benutzt habe, wie es sonst ein jeder mit mir getan hat. Es ist so schäbig. Nie hätte ich von mir gedacht, daß ich so sein könnte." Er schob sie kurz von sich und knipste die Nachttischlampe an. Dann klopfte er die Kissen auf, und lehnte sich mit Jill in den Armen wieder bequem zurück. "Nummer eins", sagte er und sah sie an. "Keiner von uns hat etwas getan, was er nicht tun wollte, am wenigsten ich. Ich bin glücklich, daß wir uns geliebt haben, Jill, und es wäre schöner für mich, wenn du es ebenfalls nicht bereutest." "Aber ich.,."
"Nein. Du hast dich mir keineswegs an den Hals geworfen oder mich bedrängt. Ich war lange nicht mehr mit einer Frau zusammen und dachte schon, daß der Teil in mir abgestorben sei. Ich bin froh, daß es nicht so ist." "Aber..." Er lächelte. "Du machst dir zu viele Sorgen. Kannst du nicht einfach glücklich darüber sein, daß es so schön war?" "Aber wird es zwischen uns nicht peinlich werden? Wie werden wir miteinander umgehen vor den Kindern? Ändert das nicht alles?" "Nein." Jill wartete, aber Craig fügte nichts mehr hinzu. "Das ist alles? Einfach nein?" Er zwinkerte ihr zu. "Verdammt noch mal, Craig." Ohne Warnung glitt er vom Kopfende und streckte sich auf dem Bett aus. Dabei zog er Jill zu sich herunter und rollte sie auf den Rücken. "Ich mag es, wenn du so wütend klingst." Sie wollte ihm Widerstand leisten. Sie wollte ein ernsthaftes Gespräch führen. Sie konnten nicht einfach das, was geschehen war, ignorieren. Dann wanderten seine Hände zu ihren Brüsten, und Jill dachte, daß sie es vielleicht doch konnten. Als Jill aufwachte, war Craig bereits weg. Sie erinnerte sich vage daran, daß er ihr einen zarten Abschiedskuß gegeben hatte, bevor er das Schlafzimmer verließ. Sie rollte sic h auf die Seite und starrte auf die Uhr. In zehn Minuten würde der Wecker losgehen, dann würde sie die Jungen aus dem Bett holen müssen. Ben war vermutlich schon auf. Er hatte gesagt, daß er ohne sie joggen wolle. Sie war stolz auf ihn. Er hatte ganz schön an Gewicht verloren und sah toll aus. Sie setzte sich auf und stellte den Wecker ab, dann griff sie nach dem Morgenmantel. Sie war auf dem Weg ins Bad, als das Telefon klingelte. Sie hob den Hörer auf und lächelte vor
Erwartung, wußte, daß es Craig war, um ihr einen guten Morgen zu wünschen. "Hallo?" meldete sie sich. "Oh, hallo ... an ... ist das Jill?" Die unbekannte Stimme klang wie in Panik. "Ja. JillBradford." "Prima. Ich bin Kyle, Craigs jüngster Bruder. Ist er da?" "Nein, er ist schon zur Arbeit," "Oh, Himmel. Okay. Verdammt. Ah ... könnten Sie ihm etwas ausrichten?" fragte Kyle aufgeregt. "Oh, lieber Himmel. Es geht um Sandy. Das Baby kommt. Jetzt. Bald. Wir fahren gleich ins Krankenhaus. Wenn Sie ihm das alles sagen könnten." Wieder stieß er eine Verwünschung aus. "Sandy hatte schon drei, also ist es keine große Sache für sie, aber ich glaube nicht, daß ich das durchstehen kann. Wie auch immer, sagen Sie Craig, er solle sich beeilen." Damit hängte er auf, ohne sich zu verabschieden. Jill starrte einen Moment auf den Hörer, dann rief sie Craig an. "Ich weiß es bereits", sagte er. "Travis hat angerufen. Hör zu, ich möchte die Jungs nicht eher aus der Schule nehmen. Sie haben wegen der Windpocken schon genug versäumt. Packe für jeden genug fürs Wochenende ein, und nachdem du sie abgeholt hast, komm beim Revier vorbei. Ich bin froh, daß wir den Fall so gut wie abgewickelt haben mit den alten Leuten. So kann ich mir für das Wochenende frei nehmen." "Das Wochenende frei nehmen? Gibt es was Besonderes?" Craig lachte auf. "Tut mir leid, Jill, das ist alles neu für dich, nicht wahr? Wenn Sandy ihr Baby bekommt, müssen wir alle hin. Das ist Tradition bei den Haynes-Brüdern. Wir sind immer füreinander da." "Und das bedeutet?" "Das bedeutet, daß wir nach Glenwood fahren."
12. KAPITEL Winzige Babys schliefen in ihren Bettchen weiter, waren sich nicht bewußt, wieviel Getue eine Gruppe von Leuten um sie machte, die von der anderen Seite der Glasscheibe zu ihnen herüberstarrte. Craig hatte das nicht nur dreimal bei Krystal erlebt, sondern auch bei Travis und Austin. Er meinte, er sollte eigentlich mittlerweile ein wenig abgestumpft sein, aber er war es nicht. Der Anblick der unschuldigen, zerknautschten Gesichter der Neugeborenen rührte ihn immer noch zutiefst. Jill wies auf ein Baby in einem rosa Strampelanzug. "Das ist sie." Er starrte erstaunt auf das Neugeborene. "Es muß wirklich so sein." "Was?" "Daß der Haynessche Fluch gebrochen ist. Nach vier Generationen, in denen es nur Jungs gegeben hat, hat Kyle jetzt das zweite Mädchen." Jill zog die Brauen zusammen, als ob sie nachdachte. "Und wer hat das erste?" "Travis." "Okay, Travis ist mit Sandy verheiratet?" Craig lächelte und legte ihr den Arm um die Schultern. "Nein. Travis ist mit Elizabeth verheiratet." "Für mich ist es ziemlich verwirrend."
Craig führte sie zu einer Bank am Ende des Ganges, wo sie sich setzten. "Es ist doch ganz einfach." "Für dich schon, aber ich bin ein Einzelkind. Meine Familienmitglieder kann ich an einer Hand aufzählen." Von ihrer Krankheit hatte Jill sich recht gut erholt, und in der schlichten Hemdbluse, den schwarzen Jeans und mit dem pinkfarbenen Lippenstift sah sie zum Küssen aus. In ihren Ohren glitzerten goldene Ohrringe. Jill war wunderschön, und nicht nur allein ihr Aussehen. Sie hatten noch keinen Moment Zeit gehabt, über das, was gestern und letzte Nacht geschehen war, zu reden. Sie waren Liebende geworden, und dann kam gleich die Aufregung über die Geburt von Kyles Tochter. Die meisten Frauen hätten sich selbst und den Partner mit zu großer Anhänglichkeit oder Fragen gequält, wie die Dinge standen. Nicht daß er eine Antwort darauf gewußt hätte. Der Übergang vom freundschaftlichen Umgang zum intimen war zwischen ihnen beiden nahtlos gewesen. Und Craig erwartete jetzt, daß Jill Zeit für sich brauchte, um sich an die veränderten Umstände zu gewöhnen. Aber sie drängte nicht, und dafür war er ihr dankbar. Ihre körperliche Liebe war weit intensiver gewesen, als Craig sich das hätte vorstellen können. Vor einer festen Bindung hatte er allerdings noch große Angst. Das Risiko erschien ihm zu hoch. Selbst Jill konnte ihm nicht die ersehnte Sicherheit garantieren. Hier in der Öffentlichkeit wollte er nicht über ihr Privatleben sprechen, wohl aber über die Zusammensetzung seiner Familie. "Ich bin der älteste von vier Brüdern", erklärte er, "und habe drei Söhne. Als nächster kommt Travis. Er ist Sheriff hier in Glenwood und verheiratet mit Elizabeth. Sie haben zwei Kinder, beides Mädchen. Mandy, die Älteste, stammt aus Elizabeth' erster Ehe. Dann kommt Jordan, das schwarze Schaf der Familie. Er ist nicht bei der Polizei, sondern bei der Feuerwehr. Und nicht verheiratet."
"Dem Himmel sei Dank. Da habe ich mir weniger zu merken." "Dann Kyle, der Jüngste. Er ist Deputy in Glenwood. Verheiratet mit Sandy, die drei Kinder aus ihrer ersten Ehe hat. Zwei Mädchen und einen Jungen. Und die nun die Mutter der Neugeborenen ist. Schließlich noch unser Freund Austin, verheiratet mit Rebecca. Sie haben einen Jungen adoptiert und einen gemeinsamen Sohn. Aus tin gehört die Firma, an der wir alle beteiligt sind. Du siehst, es ist ganz einfach." Jill lachte. "Oh, ja, sehr einfach." "Sobald du alle kennst, kannst du die Namen mit den Gesichtern in Verbindung bringen." "Nun weiß ich auch, warum das Haus wie ein Kindertagesheim aussah, als wir die Jungs dort ablieferten." Craig wurde gerufen. Seine Brüder kamen, auch Austin war dabei. Craig nahm die Hand von Jills Schulter und ließ sich umarmen, zuerst von Kyle, dann von Travis und Jordan. Bald klopften sich alle vier Brüder gegenseitig auf den Rücken. Austin stand wie immer etwas abseits, bis Kyle und Jordan ihn in den Kreis holten. "Wer ist der Rotschopf?" erkundigte sich Jordan. "Wer will das sonst noch wissen?" Craig grinste. Die Männer lachten. Craig streckte Jill die Hand hin. Sie legte ihre Hand hinein und sah dabei etwas schüchtern aus. "Das hier sind meine Brüder", sagte Craig stolz. "Und das ist Jill", stellte er sie vor. "Sie ist die Kinderfrau der Jungs." Travis und Jordan warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu. Augenbrauen gingen hoch. Sollen sie doch, dachte Craig. Vielleicht hatte er ja Glück, und es ging gut mit Jill. Er trat hinter sie und legte die Hände auf ihre Schultern. "Von rechts nach links sind das Kyle, Austin, Jordan und Travis." Jill reichte jedem von ihnen die Hand. "Werde ich mir nie merken können", sagte sie.
"Das ist ganz einfach", erwiderte Kyle, "ich bin der bestaussehendste und der intelligenteste. Austin trägt einen Ohrring, Travis ist etwa zwei Zentimeter größer als ich, und Jordan spricht nicht viel." Travis drängte Kyle beiseite. "Ich sehe besser aus." "Und ich bin intelligenter", behauptete Jordan. "Das mit dem Ohrring stimmt", warf Austin ein. "Oje", stöhnte Jill. . "Alles klar?" fragte Craig. "Na ja." Sie legte den Kopf zurück. "Du hast nicht erzählt, daß alle so groß sind. Mir tut schon jetzt der Nacken weh." Travis schob sich zwischen Craig und Jill, nahm Jills Arm und führte sie den Flur hinunter. "Ich bin sicher, mein Bruder hat nicht alles über unsere Familie erzählt. Einiges ist da noch klarzustellen." Jill warf Craig einen ratlosen Blick über die Schulter zurück. "Alles in Ordnung", beruhigte der sie. Travis machte immer Spaß, würde aber nie etwas Gemeines tun. Craig wandte sich dem jüngsten Bruder zu. "Na, wie geht es dir?" . Kyle zuckte die Schultern. "Ich sage mir immer wieder, daß Sandy die ganze Arbeit geleistet hat, aber, du meine Güte, mir zittern noch immer die Knie." Craig klopfte seinem Bruder den Rücken. "Das wird bald besser. Und Sandy hat schon Erfahrung mit Babys, sie weiß, was zu tun ist." "Aber was ist..." Kyle räusperte sich, "... wenn ich nun kein guter Vater bin?" Craig sah ihn und dann Jordan an. Sie alle hatten das gute Haynessche Aussehen, waren dunkelhaarig, dunkeläugig und muskulös gebaut. Und alle hatten Angst, es so falsch zu machen ... wie ihr Vater. Travis hatte ... bevor er Elizabeth traf ... schon eine Scheidung hinter sich. Bevor er Sandy kennenlernte, pflegte Kyle die Frauen zu verlassen, bevor sie ihn verlassen konnten.
Jordan schien von vornherein jede Art von Gefühlsbindung zu vermeiden. Und er selbst, Craig, hatte Krystal geheiratet ... was alles sagte. "Du mußt dein Bestes geben", antwortete er seinem Bruder. "Jeden Tag von neuem. Das ist alles, was ich dir raten kann. Immerhin bist du ja schon Stiefvater für Sandys drei Kinder." Kyle zog die Schultern hoch. Wie Jordan und Äustin trug er Jeans und ein Sporthemd, nur Craig und Travis waren in Uniform. "Nun ja, das ist doch was anderes, Sandys Kinder waren schon größer. Da konnte ich nicht viel falsch machen. Aber das hier ist ein Baby." "Ein Mädchen. Zwei Wunder auf einmal", fand Graig. "Der Fluch ist gebrochen", murmelte Jordan. "Übrigens, Kyle, wir könnten euch Sandys Kinder für ein paar Tage abnehmen", schlug Craig vor. "Danke. Aber Äustin und Rebecca haben das auch schon angeboten. Und sie haben am meisten Platz. Hinzu kommt, daß wir sie nicht aus der Schule nehmen müssen. Es geht also problemloser." Craig nickte. "War nur ein Vorschlag." "Ja, das ist mit das Beste in unserer Familie, jeder versucht zu helfen", sagte Kyle. "Louise wird den ersten Monat zu Sandy und mir kommen." "Louise ist eine große Hilfe", bestätigte Craig. Louise hatte einige Jahre für Travis gearbeitet, aber seitdem die Brüder verheiratet waren und Kinder bekamen, half sie überall aus, und jeder mochte sie. Kyle schaute in die Runde. "Hättet ihr gedacht, daß sich alles so entwickeln würde?" ' "Nein", antwortete Craig. "Ich hätte nie geglaubt, daß ich einmal so glücklich sein würde, auch wenn das komisch klingt." "Das tut es gar nicht", fand Jordan. "Nicht nach dem, was wir als Kinder durchgemacht haben," "Mir geht es genauso", sagte Äustin.
Craig dachte auch an Austins Vergangenheit. Er war als Kind von seiner Mutter verlassen worden und war in einem Waisenhaus untergebracht, als er die Haynes-Brüder kennenlernte. Aus dem mageren, aggressiven Kind war ein erfolgreicher Unternehmer geworden. Und als er Rebecca traf, lernte er auch die wahre Liebe kennen. Craig empfand beinahe so etwas wie Neid, wenn er seine Brüder betrachtete. Sie alle hatten eine wunderbare Partnerin gefunden. Mit Ausnahme von Jordan und ihm selbst. Was hätten sie beide falsch gemacht? Craig wollte gern wieder an eine dauerhafte Beziehung glauben, aber Krystal hatte ihm die Hoffnung genommen. Und was war mit Jill? Machte er sich da nichts vor? Sie war so völlig anders als seine Exfrau ... genauso wie seine Gefühle für sie. Da ging es weniger um einen glanzvollen Rausch als um tiefe Zärtlichkeit. Krystal war sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, Jill kümmerte sich eher um andere. Dafür bewunderte er sie. Außerdem war sie einfach wunderbar im Bett. Schon der bloße Gedanke daran erregte ihn. Aber war das Liebe? Sein Verstand sagte ihm, daß er nicht mehr mit ihr schlafen dürfte. Wohin sollte das führen? Außerdem hatte Jill deutlich gemacht, daß sie nicht an einer festen Beziehung interessiert sei und ohnehin bald wieder fortgehen werde. An dem großen Eßtisch im Haus von Austin und Rebecca saßen rund zwanzig Personen. Jill half zwei anderen Frauen beim Abdecken. Die Männer machten einen halbherzigen Versuch zu helfen, aber Elizabeth schob sie einfach weg: "Laßt das. Wir wissen ja, daß ihr das nicht ernst meint." Alle lachten. Auch die Küche war sehr geräumig. Ein riesiges Fenster gab den Blick auf den Garten frei. Es gab helle Wandschränke, weiße Kacheln mit schwarzem Muster, einen Holzfußboden und blau-weiße Tapeten. "Sehr eindrucksvoll", bemerkte Jill, die Geschirr auf den Tresen stellte.
"Mir gefällt es auch." Rebecca, die größer als Jill war, mit dunklen Locken und einem sanften Gesicht, wirkte ganz anders als ihr Mann Austin, der mit seinem schwarzen Haar und seinem Ohrring etwas von einem Piraten an sich hatte. "Du bist vermutlich noch etwas durcheinander", sagte Rebecca an Jill gewandt. "Aber du wirst dich an alle gewöhnen. Ich bin durch Travis in die Familie gekommen und verliebte mich dann in Austin. Das dauerte allerdings Jahre, bis wir zusammenfanden. Davon erzähle ich dir ein andermal. Aber wenn man so wie du ins kalte Wasser geworfen wird ..." "Nun ja. Da sind nicht nur die vielen Erwachsenen, sondern auch noch die Kinder." "Allerdings." Rebecca hob den Tortendeckel von einer mächtige" Apfeltorte. "Könntest du bitte Teller herausholen? Wir brauchen ..." Sie zählte sie an den Fingern ab. "Kyle ist zum Krankenhaus gefahren ... also sieben Erwachsene und zehn Kinder ... stimmt es?" Jill lachte: "Das fragst du mich? Am besten, du schneidest die ganze Torte auf. Davon wird sowieso nichts übrigbleiben." "Du hast recht." Während Rebecca die Tortenstücke auf die Teller tat, trug Jill sie ins Eßzimmer. Die Kinder hatten sich mittlerweilen an den Tisch zu den Männern gesetzt. Als Jill Ben ein Stück vorlegte, schaute er fragend hoch. "Wenn du meinst, es ist nicht gut für dich, laß es lieber", sagte sie an seinem Ohr. Er nickte. "Ich nehme die Hälfte." Er nahm ein Messer und schnitt,die Torte sorgfältig in zwei Stücke. Sie drückte einen schnellen Kuß auf sein Haar, bevor sie weiterging. Elizabeth kam mit der Kaffeekanne und füllte die Kaffeetassen. Ein jeder unterhielt sich, und das Gemurmel erfüllte den Raum. Elizabeth hob die Stimme. "Ich möchte einen Toast auf die berüchtigten Haynes-Brüder und ihre Freunde aussprechen."
Jill nahm einen Schluck Kaffee, dann lehnte sie sich zu Craig herüber. "Wieso berüchtigt?" Craig stöhnte. "Fang nicht damit an. Das ist lange her. Jetzt sind wir erwachsen." Elizabeth beugte sich zu Jill vor und lächelte. "'Schätzchen, wir könnten dir Geschichten über die Jungs erzählen, da würde sich dir das Nackenhaar kräuseln." Danny, C.J. und ein Mädchen wollten lieber verschwinden, bevor die alten Geschichten aufgewärmt wurden. "Ihr Kinder könnt ins Spielzimmer gehen", erklärte Craig mit einem Blick in die Runde und erntete damit bei denen Jüngeren großen Jubel. "Die Haynes-Brüder und Austin", berichtete Rebecca, "hatten damals das Flirten zur Kunstform erhoben. Es gab wohl kein Mädchen im Umkreis von zwanzig Meilen, das sicher vor ihnen war." "Wirklich?" fragte Jill Craig, der genauso verlegen dreinschaute wie die anderen Männer. "Aber jetzt tun wir das nicht mehr", betonte Craig. "Sie waren alle Herzensbrecher", fuhr Rebecca fort, "liebten und verließen die Mädchen, lockten mit Versprechen, und dann..." "Ich habe das nie getan", fiel Craig ihr heftig ins Wort. "Ich war auch immer ehrlich", behauptete Travis, und Elizabeth küßte ihren Mann auf den Mund. "Das wissen wir", sagte sie dann. "Wir necken euch nur, weil wir euch lieben." "Das stimmt", meldete sich Rebecca. "Man sieht ja auch, wie ihr euch verändert habt." "Jordan nicht", behauptete Travis, der sich freute, die Aufmerksamkeit auf jemand anderen lenken zu können. "Er hat noch immer nichts Festes." "Vergiß Craig nicht. Der ist auch solo." Austin zog eine Braue hoch. "Vielleicht nicht mehr lange."
Jill errötete. "Also was ist, Jordan, gibt es jemanden in deinem Leben?" "Ich habe den Frauen abgeschworen." Rebecca lachte herzlich. "Wir werden schon eine für dich finden." Sie stand auf und sammelte das Geschirr ein. "Haben wir nicht gerade erst abgedeckt?" "Das hast du gemacht, jetzt sind wir dran." Austin schob Rebecca ins Wohnzimmer. "Ihr Frauen könnt jetzt über uns herziehen, wir räumen hier ab." "Das brauchst du nicht zweimal sagen." Elizabeth und Rebecca hakten sich ein und gingen zusammen mit Jill ins Wohnzimmer. Dort gab es einen Kamin, Sofas und Sessel und viele Bilder an der Wand. Es wirkte geräumig und gleichzeitig gemütlich. "Wer hat es eingerichtet?" erkundigte sich Jill. "Ich", antwortete Rebecca. "Austin hat mir dabei geholfen." Elizabeth setzte sich in einen Lehnstuhl, Jill sank auf das Sofa, Rebecca nahm neben ihr Platz. Beide Frauen schauten Elizabeth fragend an. "Also, was wollt ihr wissen?" Rebecca lachte. "Elizabeth, etwas stimmt nicht. Wir sind doch sonst nicht so direkt." "Vermutlich sind wir ohne Übung. Es gab lange nichts mehr zu fragen. Nicht seitdem Kyle mit Sandy zusammen ist. Craig hat ein paarmal eine Frau mitgebracht, aber an denen lag ihm offenbar wenig." Sollte das bedeuten, daß Craig etwas an ihr lag, überlegte Jill. Daß sie miteinander geschlafen, aber nicht darüber gesprochen hatten, war vielleicht ganz gut. Sie wußte selbst noch nicht, was sie eigentlich von ihm erwartete. Eine feste Beziehung machte ihr angst. Die Situation erinnerte sie zu sehr an die mit Aaron ... ein alleinstehender Vater, der jemand für seine Kinder brauchte. Sie wollte sich nicht noch einmal benutzen lassen. Craig war
zwar nicht wie Aaron, aber sie hatte sich schon einmal getäuscht! "Ich mag Craig sehr", sagte sie. "Wir sind Freunde. Aber eigentlich bin ich nur dazu da, mich um seine Kinder zu kümmern." "Schade", erwiderte Elizabeth. "Craig ist ein wunderbarer Mann. Wie alle Haynes-Brüder. Eine Schande, wie sie großgeworden sind." "Ich weiß nur etwas von dem Vater", sagte Jill. Elizabeth verzog das Gesicht. "Der Mann ist ein Halunke. Ich werde stinkwütend, wenn ich nur daran denke, was er seinen Söhnen angetan hat. Weißt du, wir machen Witze darüber, daß sie solche Frauenhelden waren, aber eigentlich sind sie es gar nicht." "Sie scheinen sich sehr nahezustehen." "Das mußten sie auch. Ich mag gar nicht daran denken, wie es für ihre Mutter gewesen sein muß. Aber ich wollte, sie wäre stärker gewesen und hätte ihren Mann rechtzeitig rausgeworfen." "Das denke ich auch." Rebecca seufzte. "Die Vergangenheit belastet sie alle. Auch Austin, der durch eine andere Art Hölle gegangen ist. Ich glaube, sie laufen alle mit Narben auf der Seele herum. Sehnen sich nach Liebe, haben aber Angst vor der Nähe. Ich wollte, ich könnte sie alle in den Arm nehmen und dadurch heilen." "Wenn das so einfach wäre", seufzte Elizabeth. Rebecca beugte sich vor. "Sei nett zu Craig, Jill. Er verdient es." Bevor sie fortfahren konnte, strömten die Männer herein. Es gab Berührungen und wortloses Lächeln untereinander. Austin nahm Rebecca ganz selbstverständlich auf den Schoß, so als hätten sie das schon tausendfach getan. Und ihr achtjähriger Adoptivsohn, der hereinkam, schmiegte sich an sie beide und
wurde von Austin an sich gedrückt. Rebecca küßte den Jungen schnell auf den Scheitel. Jill betrachtete staunend die Szene. Craig setzte sich nicht direkt neben sie, sondern ließ in der Mitte Platz für Danny. Dann legte er den Arm um den Kleinen und lächelte über Dannys Kopf Jill an. Diese Geste und seine Nähe genügten ihr im Moment vollkommen. Sei nett zu Craig ...er verdient es. Rebeccas Rat ging Jill immer wieder durch den Kopf. Daß Craig ein guter Mann war, wußte sie. Sie war von seiner Herzlichkeit berührt worden. Geplauder füllte den Raum, wurde unterbrochen von Lachen. Hier saßen Menschen zusammen, die einander mochten. Sogar die Kinder nahmen daran teil. Nur Jordan saß allein da. Er war der einzige ohne Partnerin und hatte kein Kind. Eigentlich wäre er damit passend für Jill gewesen. Aber sie fühlte nicht einmal den Anfang von Interesse für ihn. Sie wollte nicht zu ihm hinübergehen, um mit ihm zu reden. Sie wollte Craig nahe sein. Dummkopf, schalt sie sich, aber sie genoß den Augenblick. Sie war in den Familienzirkel aufgenommen. Es war etwas, was sie Sich schon immer gewünscht hatte ... ein Teil der Familie zu sein. Der Traum, geliebt zu werden als der Mensch, der man war, hatte sich endlich verwirklicht. Und für den Moment war das genug.
13. KAPITEL Die Frauen gurrten wie die Tauben. Craig beobachtete von der Tür zum Kinderzimmer, wie Elizabeth, Rebecca, Sandy und Jill sich begeistert über das Bettchen beugten. "Sie ist so hübsch", fand Jill und berührte mit den Fingern vorsichtig die winzigen Händchen der Kleinen. "Genau wie ihre Mutter", fand Rebecca. "Viel schöner." Sandy richtete sich auf. "Sie sieht aus wie ihr Vater." Sie legte die Hände in den Rücken. "Ich hatte ganz vergessen, welche Schmerzen man hat. Ich bin einfach zu alt zum Kindergebären. Beim nächsten mal kann Kyle das übernehmen.". "Beim nächsten mal?" Elizabeth zog eine Braue hoch. "Wollt ihr noch eins haben?" Sandy lächelte. "Ich glaube, Kyle würde es gern, aber ich bin nicht sicher. Wir haben ja schon vier Kinder." Jill sah Craig im Türrahmen stehen. "Willst du sie auch noch einmal anschauen?" Craig schüttelte den Kopf. Er hatte das kleine Mädchen eine lange Zeit in den Armen gehalten und sich sehnsüchtig auch eins gewünscht. Allerdings keins, das wie Krystal war... "Du schaust so ernst drein", fand Jordan, der sich neben ihn stellte. "Ich habe nur nachgedacht."
Jordan blickte ins Zimmer hinein. "Man möchte meine n, daß bei all den Kindern hier einem die Lust verginge, noch mehr in die Welt zu setzen." "Ja, aber jedes ist auf seine eigene Weise einzigartig." Jordan sah skeptisch drein. "Du hast doch schon drei. Willst du etwa auch noch eins?" "Vielleicht." Er sah zu Jill hinüber, die sehnsüchtig lächelnd das Baby betrachtete. "Glaubst du noch an den Fluch?" fragte Craig seinen Bruder. "Du weißt schon , vier Generationen lang nur Jungen, weil keiner der Männer seine Frau wirklich liebte." . Er zuckte die Schultern. "Und du?" Craig ging bis zum Geländer der Treppe und trat zur Seite, um Louise an sich vorbeizulassen, die gerade von unten heraufkam. Travis und Kyle waren im Zimmer unten und spielten mit einigen der Kinder irgendein Fangspiel. Gelächter und Wortfetzen drangen zu ihnen nach oben. "Falls der Fluch wahr ist", erwiderte Craig, "sagt er nicht sehr viel über meine Ehe mit Krystal aus." "Du hast dich scheiden lassen. Was hast du erwartet? Man läßt sich nicht von jemandem scheiden, den man liebt." "Sind die noch immer bei dem Kind?" fragte Louise, als sie oben angekommen war. "Laßt das arme Wurm doch mal schlafen." Louise war eine Art Urgestein. Sie war etwa Mitte Vierzig, mit kurzem blonden Haar und einem Lächeln, das die ganze Welt dazu einlud, an ihren Witzen teilzunehmen. Sie war nicht besonders schön, aber hilfsbereit und liebenswert und immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wurde. Diesmal waren Kyle und Sandy dran. "Na, wie geht's?" fragte sie die Mutter des Neugeborenen. "Tut noch alles weh?" "So ungefähr." Sandy lächelte gequält.
"Aber du hast es gut gemacht." Louise umarmte sie mütterlich. "He, wollen wir Football spielen?" rief Kyle von unten herauf. "Gern!" Jordan machte sich auf den Weg nach unten. Travis und Kyle fungierten als Mannschaftskapitäne. Die Kinder standen vor ihnen und hofften, ins Team gewählt zu werden. "Danny!" rief Travis, Der stellte sich neben ihn und jubelte. "Siehst du, Daddy, er hat mich als ersten ausgesucht." Kyle wählte Michael, Austins Adoptivsohn, und Austin selbst.Danny rief: "Jill!" Craig hatte Bedenken. "Manchmal geht es beim Spielen ziemlieh wild zu, Jill." Travis schob ihn weg. "Ich passe schon auf sie auf." "Ich auch", sagte Danny fröhlich. Jill wählte C.J., Austin Jonathan, und so ging es weiter, bis die Teams zusammengestellt waren. Elizabeth und Jill waren die einzigen Frauen, die mitspielten. Es war ein warmer Nachmittag, und alle trugen Shorts und T-Shirts, außer Rebecca, die ein langes Kleid anhatte. Jill wirkte in ihrem blauen T-Shirt und den weißen Shorts zerbrechlich. Craig dachte zu Anfang besorgt, daß sie leicht verletzt werden könnte. Aber sie tobte fröhlich mit allen herum und sagte keß zu Craig: "Was mir an Größe fehlt, mache ich durch Beweglichkeit wett." "Das sehe ich", antwortete er, und es klang bewundernd. Sie spielten munter drauflos. Craig beobachtete, wie Jordan mal mit Jill flüsterte, mal die Hand auf ihre Schulter legte. Austin schaute zu seiner Frau hinüber. "Sie ist das Beste, was mir je passiert ist." Für Craig war es das erstemal, daß er neidisch auf seine Brüder war. Auf Kyle, weil er eine Tochter hatte, auf die
anderen, die glücklich verheiratet waren ... auf den Mann, der einmal Jills Herz gewinnen würde. Mochte er sie wirklich, oder war er nur ein schrecklicher Egoist? Das Spiel ging hektisch weiter, alle fielen übereinander, und Jill landete ganz zuunterst in dem Haufen. Jordan half ihr heraus und hob sie einfach hoch. "Ich finde, du bist zu klein, um mit großen Jungs zu spielen", rief er. "Das ist die Geschichte meines Lebens." Noch bevor Craig etwas Dummes tun konnte, wie Jordan zu einem Zweikampf herauszufordern, hatte Jordan Jill zu ihm gebracht. Craig hob sie einfach auf seine Schultern. "Du solltest sie lieber aus den Schwierigkeiten heraushalten", mahnte Jordan mit einem Grinsen. Craig packte ihre Schenkel, um sie festzuhalten. "Bist du okay da oben?" fragte er. "Ich mag den Ausblick. Bin ich nicht zu schwer?" Craig lachte. "Kein bißchen." Jill hatte noch nie auf den Schultern eines Mannes gesessen und fand es herrlich. Sie legte eine Hand auf Craigs Kopf. Sein Haar fühlte sich seidig an. Er hielt sie an den nackten Beinen fest, und sie genoß den Druck seiner Hände. Craig ging mit ihr zum Rand des Feldes, um das Spiel zu beobachten. "Was hältst du von allem hier?" wollte er wissen. "Du hast eine wunderbare Familie. Ich habe noch nie Brüder erlebt, die so zusammenhalten." "Ja, wir haben Glück, aber dafür war unsere Kindheit nicht gerade schön." "Das ist sie für viele nicht. Es ist vor allem wichtig, füreinander dazusein, wenn es darauf ankommt. Und deine drei Söhne lernen das jetzt auch." Einige Minuten lang schauten sie nur dem Spiel zu. Es machte Jill Spaß zu sehen, wie die Kinder und die Erwachsenen
miteinander umgingen, die Unterschiede und die Ähnlichkeiten festzustellen. C.J. war sehr wie sein jüngster Onkel Kyle, charmant und locker, Ben eine Mischung aus Craig und Travis. Und Danny ... der war anders. Craig versuchte, alle drei gleich zu behandeln, aber Jill vermutete, daß er Danny doch ein wenig vorzog. Vielleicht weil der Kleine ohne Erinnerung an seine Mutter aufwuchs. Schließlich ließ Jill sich absetzen, und sie nahmen gemeinsam im Schatten einer Eiche Platz. "Für die Jungs ist es hier wunderbar", sagte Jill mit einem Blick auf Ben, der gerade mit dem Ball an ihnen vorbeirannte. "Ja. Wir waren viel zu lange nicht hier. Ich lasse mich von meiner Arbeit manchmal so einfangen, daß ich vergesse, wie schön es in Glenwood ist." "In ein paar Wochen werde ich dich daran erinnern, daß du wieder hierher zurück mußt", scherzte sie. Er strich ihr üb er den Rücken. "Tu das." Daß ihr ganz warm wurde, hatte weniger mit der Nachmittagssonne zu tun als mit dem Gefühl, zu diesen Menschen zu gehören. Craig und seine Familie vermittelten ihr etwas ganz Besonderes. Und sie sehnte sich danach, Anteil daran zu haben. Bei Aaron hatte sie dieses Gefühl nie gehabt. Vielleicht hatte sie von vornherein gewußt, daß er nicht der Mann war, der sie lieben könnte. Craig dagegen vertraute sie völlig. Nicht nur, weil er freundlich und anständig war. Auch sein umwerfend gutes Aussehen war nur noch eine Ergänzung zu dem, was sein wertvolles Inneres ausmachte. "Übrigens ist allen aufgefallen, daß Ben abgenommen hat", bemerkte Craig. "Und er ist stolz darauf. Das sieht man schon an seinem Auftreten. Er ist viel fröhlicher und offener ... und geduldiger mit den Jüngeren." "Sein Gewicht hat ihn zweifellos auch psychisch belastet."
Craig legte den Arm um sie, und Jill lehnte sich an ihn. "Ich habe bemerkt, daß C.J. nicht mehr so frech ist wie früher, und Danny hat mehr Selbstvertraue n." " Sie wachsen heran, werden älter." "Das auch. Aber ich glaube eher, das liegt an dir." Freude erfüllte Jill "Meinst du?" "Ja, das meine ich. Auf mich hast du ebenfalls eine positive Wirkung." Das Gras war weich unter ihren nackten Beinen. Der Himmel über ihnen war leuchtend blau. Das fröhliche Gejauchze und Lachen vom Footballspiel drang zu ihnen herüber. Jill wußte schon jetzt, daß sie sich später gern an all das erinnern würde. Sie ruhte wann in Craigs Arm ... und konnte so seinem Blick ausweichen. "Wir sollten nicht so tun, als wäre nichts passiert", flüsterte Craig. "Dich zu lieben, hat mir sehr viel bedeutet." Jill legte den Kopf zur Seite, so daß sie ihm ins Gesicht sehen konnte. "Natürlich bedeutet das auch mir sehr viel. Ich gebe mich nicht so leicht hin. Du bist der erste Mann seit meiner Scheidung." "Das meinte ich nicht. Es gibt verschiedene Arten, Liebe zu machen." Liebe zu machen. Liebende zu sein. Schöne Worte, aber paßten sie zur Situation? Hatten Craig und sie nicht nur körperlich aufeinander reagiert? "Eine kurzfristige Liebesbeziehung würde die Jungs irritieren und sie verwirren", sagte sie. "Ich möchte dafür nicht verantwortlich sein. Sie haben schon genug durchgemacht." Craig versteifte sich und zog die Arme zurück. "Eine kurzfristige Liebesbeziehung?" "Etwas anderes könnte es nicht sein." "Warum nicht?" "Weil..."
Weil ihr etwas anderes angst machte. Wenn aus Sex Liebe wurde, riskierte sie gefühlsmäßig zuviel. Sie würde womöglich wieder vor allem akzeptiert werden, weil sie gebraucht und nicht weil sie wirklich geliebt wurde! Ein weiteres Mal würde sie das nicht durchstehen. "Weil ich glaube, daß dir nicht genug an mir liegt", antwortete Jill. "Für dich ist es vor allem eine gute Gelegenheit." "Wie willst du wissen, ob es nicht mehr ist?" Jill suchte nach Worten. "Weil ..." Sie räusperte sich. "Es ist ..." Sie räusperte sich wieder. "Du kannst nicht erwarten, daß ich die Situation anders sehe. Du warst all die Jahre allein, dann tauche ich plötzlich auf, und wums, schon bist du angeblich geheilt. Nachdem du Krystal so gehaßt hast und Frauen nicht mehr über den Weg traust, willst du auf einmal eine Bindung eingehen? Das glaube ich nicht." Sie hockte sich ein Stück weg von ihm ins Gras. "Alles ist so bequem. Das ist es, was mich am meisten stört. Eine Beziehung zwischen dir und mir würde im Augenblick einfach gut in dein Konzept passen. Die Jungs mögen mich, du magst mich, also versprichst du mir eine gemeinsame Zukunft und hältst mich mit Wunderbarem Sex dort, wo du mich haben willst." Daß Craig zornig war, konnte sie ihm ansehen. "Ich bin nicht dein Exmann", entgegnete er kalt. "Wenn du das glaubst, kennst du mich kein bißchen." "Ich weiß, Craig, es tut mir leid, du bist nicht wie Aaron. Und du hast recht. Ich kenne dich kaum. Wir kennen uns beide nicht sehr gut, das ist Teil des Problems. Ich glaubte Aaron zu kennen, aber ich habe mich getäuscht. Was ist, wenn ich mich auch bei dir irre?" "Es geht hier weniger um mich als um dich. Du möchtest glauben, daß ich ein Schuft bin wie er, weil du dann nichts riskieren mußt. Du möchtest, daß ich mich engagiere, aber was hast du anzubieten?" "Das ist nicht fair!" ,
"Ach nein? Gilt das nur für einen von uns?" "Ich würde nie etwas tun, was dich verletzt." "Wie soll ich das wissen? Meine Exfrau war die verlogenste Person, die ich je getroffen habe, dennoch möchte ich dir eine Chance einräumen. Warum kannst du das nicht auch tun?" Damit hatte Craig natürlich recht. Jill wollte nicht unfair sein. "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll." Craig erhob sich und beugte sich zu Jill herunter. "Ich habe keine Ahnung, was sich zwischen uns hätte entwickeln können, war aber bereit, es zu riskieren. Es ist sicher schwer zu glauben, daß du nach langer Zeit die erste Frau bist, die mich so fasziniert hat, und das meine ich nicht nur sexuell. Mit dir zusammen zu sein ..." Er brach ab und schob die Hände in die Taschen. "Ach, verdammt, was soll's." Jill wollte ihm widersprechen, schwieg aber. "Du sagst, die Kinder sollen nicht verunsichert werden, aber vor allem hast du Angst vor dir selbst", fuhr er fort. "Du bist selbst verunsichert. Vielleicht hast du Aaron unbewußt ausgesucht ... wolltest jemanden, der dich ausnutzt, damit du nicht mit den Konsequenzen einer ernsten Beziehung konfrontiert werden würdest." Jill stand nun ebenfalls auf. "Du hast kein Recht, so etwas zu sagen!" "Sag mir eins, Jill. Du bist doch eine intelligente Person, hattest einen verantwortungsvollen Beruf. Wieso hast du nicht gemerkt, was für ein Lump dieser Aaron war? Warum bist du bei ihm geblieben? Weil es bequem war, nicht wahr? Das Leben ist einfacher, wenn man einen Teil seiner selbst zurückhält. Alles zu geben, das macht es so schwierig." Damit drehte er sich um und eilte zum Haus. Jill wollte ihm nachgehen, wußte aber nicht, was sie sagen sollte. Ihn beschuldigen, egoistisch zu sein? Womöglich hatte er recht. Mit allem.
14. KAPITEL Jill vermengte die Backzutaten und knetete alles zusammen. Dann formte sie einen Laib und stellte ihn in einer Backform in den Ofen. Dafür, daß die Jungs angeblich kein Pflaumenbrot mochten, vertilgten sie es jedesmal in rasender Schnelle. Gleich wollte sie Danny von der Schule abholen. C.J. und Ben verbrachten den Nachmittag bei Freunden. Im Wohnzimmer räumte sie Zeitschriften zusammen. Völlig ordentlich war es nie, aber das war auch nicht wichtig. Und ums Putzen mußte sie sich nicht kümmern, dafür kam eine Frau. Allerdings gab es genug anderes zu tun, besonders seitdem Craig fast jeden Abend zu Hause war. Die Autounfallbetrüger waren alle verhaftet, und Craig hatte wieder normalen Dienst. Anfangs war es merkwürdig gewesen, ihn öfter um sich zu haben, zumal sie kaum miteinander sprachen. Auf dem Weg zur Schule dachte sie daran, daß die Spannungen an dem Wochenende in Glenwood begonnen hatten. Seitdem waren sie sich ausgewichen, hatten persönliche Themen vermieden. Daran war sie schuld. Craig hatte darüber reden wollen, hatte die Chance für eine Beziehung gesehen, aber Jill wollte keine Enttäuschung riskieren. Allerdings fragte sie sich insgeheim, ob Craig nic ht doch recht habe.
War es tatsächlich leichter, in einer Illusion zu leben als in der Wirklichkeit, die das Risiko barg, daß eine Liebe scheiterte? Der Gedanke gefiel ihr nicht. Auf ihre Fehler mochte sie nicht gestoßen werden. Schon gar nicht von Craig!. Sie hatte die Wahrheit vor sich selbst verborgen, sich auf die Ehe mit Aaron eingelassen, weil sie in ihr Bild paßte, und war geblieben, weil ihr das später den Vorwand dafür lieferte, es nie wieder zu versuchen. Sie vermißte zwar die Mädchen, aber an Aaron dachte sie kaum noch. Die Scheidung hatte ihren Stolz verletzt, aber der Verlust ihres Ehemanns hatte ihr Herz nicht berührt. Sie fuhr auf die vor der Schule wartende Autoschlange zu und reihte sich ein. Die Kinder kamen gerade heraus und rannten auf die Wagen zu. Einige blieben noch zum Plaudern stehen, bis lautes Hupen sie ermahnte, einzusteigen. Jill entdeckte Danny, der langsam über die Wiese herankam. Normalerweise lief er. Gehen fand er langweilig. Sie öffnete die Tür, nahm seine Schulsachen entgegen und ließ ihn hinten einsteigen. "Danny, ist alles in Ordnung?" fragte sie. "Ja." Sie berührte seine Stirn, seine Wangen. Fieber hatte er nicht. "Bist du müde? Oder krank?" Er schüttelte den Kopf. Seit einigen Tagen verhält er merkwürdig still, dachte sie. "Gibt es ein Problem mit dem Softball- Team?" "Nein. Vielleicht darf ich sogar in der dritten Gruppe spielen." Er lächelte flüchtig. "Deine Brüder sind heute nachmittag bei Freunden. Wir beiden sind also allein. Worauf hättest du Lust?" Er zuckte die Schultern. "Auf nichts." "Ich könnte mit dir den Aufschlag üben." "Nein, danke." Er sah zum Fenster hinaus.
Jill wußte nicht mehr, was sie sagen sollte, fuhr also schweigend nach Hause. Danny aß etwas, machte Schulaufgaben und ging in sein Zimmer. Eine Viertelstunde später klopfte Jill an seine Tür. "Kann ich reinkommen?" "Ja." Er saß auf seinem Bett, mit einem riesigen Teddy im Arm. Eins der Ohren fehlte, das Fell war schon ganz abgeschabt. Danny sah einsam und verloren aus. Jill hockte sich neben ihn und nahm ihn wortlos in die Arme. "Sag mir, was los ist." Er schwieg. Sie wiegte ihn. Er war so klein und zierlich und hielt sich noch immer an seinem Teddy fest. Jill strich ihm sanft übers Haar und wartete. Schließlich seufzte er. "Ich bin nicht groß genug", flüsterte er. "Wofür?" "Für alles." "Du bist groß genug, dich allein anzuziehen, zu essen, zur Schule zu gehen, Ball zu spielen, fernzusehen. Und Probleme zu haben." . Er sah sie mit großen, traurigen Augen an. "Aber ich bin nicht so groß wie C J. und Ben." "Die sind ja auch älter als du. Du mußt noch ein bißchen warten, bis du so groß bist wie sie." Er schüttelte den Kopf. "Nein, ich bin kleiner, als sie früher waren." Er stand auf und ging zur Tür. Jill folgte ihm. Im Flur, an der Wand neben dem Computer gab es horizontale Striche mit Namen daneben, die Jill noch gar nicht aufgefallen waren. Sie markierten die Größe der Jungs in unterschiedlichem Alter. "Siehst du..." Er zeigte darauf. "So groß war Ben, als er sieben war, C J. war sogar noch größer," Er lehnte sich gegen
die Wand und war deutlich kleiner. "Im nächsten Monat werde ich sieben. Bis dahin kann ich nicht so schnell wachsen." Jill kniete sich auf den Teppich und zog Danny neben sich. "Liebling, die Menschen sind in allem unterschiedlich. Denk an deinen Dad und deine Onkel. Du wirst sie schon einholen, wenn auch vielleicht nicht in diesem Jahr. Und selbst wenn nicht, macht es auch nichts. Man muß nicht groß sein. Du bist großartig, so wie du bist. Außerdem ... haben wir nicht festgestellt, daß die besten Sachen immer klein ausfallen?" Aber Danny lächelte nicht über ihren Scherz. Er hielt sich an ihr, fest und begann, herzzerreißend zu schluchzen. Jill murmelte tröstliche Worte, Wie hatte sie nur glauben können, daß sie diesen Job übernehmen konnte, ohne daß ihr Herz beteiligt war? Abends, nachdem die Kinder im Bett waren, bat Jill Craig um eine Unterredung. Sobald sie allein waren, entstand oft eine unangenehme Spannung zwischen ihnen. Höflich einigten sie sich darauf, welches Fernsehprogramm eingescha ltet wurde, oder ob sie Musik hören oder lieber lesen wollten und wer welche Lampe benötigte. .,.. Manchmal starrte Jill in ihr Buch, ohne wirklich zu lesen, in der Hoffnung, den Mut zu einem Gespräch zu finden. Wenn sie schon kein Liebespaar waren, könnten sie doch wenigstens Freunde sein. Dabei wäre sie so gern seine Geliebte! Seitdem sie von Glenwood zurück waren, dachte sie an kaum etwas anderes, durchlebte Nacht für Nacht die wunderbaren Liebesstunden mit Craig, Er war ein Liebhaber, von dem die meisten Frauen nur träumen konnten ... liebevoll, zärtlich und genauso am Genuß des anderen wie am eigenen interessiert. Vor einer festen Beziehung hatte sie jedoch nach wie vor Angst. Wenn sie nicht in den anderen Lebensbereichen so harmoniert hätten, hätten sie das einfach vergessen können.
Aber sowohl was Erziehung als auch Kochen und alle anderen häuslichen Dinge anging, waren sie sich erstaunlich einig. "Ich muß mit dir über Danny sprechen", sagte Jill, "Hast du einen Augenblick Zeit?" "Natürlich." Er legte das Buch zur Seite und lud sie mit einer Geste ein, sich zu ihm zu setzen. Im Lampenlicht war das schwache Grau seiner Schläfen zu sehen. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. "Was ist mit Danny?" fragte er. "Er verhält sich seit einiger Zeit anders als sonst." "Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich habe ihn danach gefragt, aber er wich mir aus." "Du hast es also auch bemerkt." "Ja. Nur war ich mir nicht sicher, ob ich es mir nicht einbilde." "Du hast dir nichts eingebildet. Heute nachmittag wollte er absolut nichts unternehmen, ging nur in sein Zimmer und hielt sich an seinem Teddy fest." "Hört sich nicht gut an. Was mag ihn bedrücken?" "Nun ja, so schlimm erscheint es mir nicht. Er macht sich Gedanken darüber, daß er viel kleiner ist, als Ben und C.J. im selben Alter waren. Ich habe ihm gesagt, daß jeder Mensch sich anders entwickelt und er seine Brüder sicher irgendwann einholen wird. Beim Abendessen war er zwar wieder fröhlicher, aber vielleicht solltest du mit ihm reden und ihm versichern, daß er perfekt is t, so wie er ist. Vielleicht..." Craig schaute an ihr vorbei, als machte ihm plötzlich etwas große Sorgen. Sein Blick war betrübt. "Oh, verdammt, ich wollte nicht, daß es so herauskommt." Es überlief Jill kalt. "Ich verstehe nicht. Ist er krank? Sag, Craig, stimmt etwas nicht mit ihm?" Craig antwortete nicht. Jill beugte sich vor und berührte seinen Arm. "Antworte mir! Was stimmt nicht mit Danny?"
Craig atmete tief durch. "Er ist nicht krank." Er nahm Jills Hand in seine. "Ich schwöre, Jill, das ist es nicht." "Was ist es denn?" "Darüber möchte ich nicht sprechen", bat er. Sie starrte Ihn an, wußte nicht, was sie dazu sagen sollte. "Nun gut, wenn du es so haben möchtest. Ich wollte nur helfen." "Niemand kann helfen... Zum Teufel, du kannst genauso gut die Wahrheit erfahren." Er vergrub den Kopf in den Händen. "Ich weiß nicht, wie groß Danny eines Tages sein wird, wie er aussehen wird oder was er werden möchte, ich weiß gar nichts über ihn." "Ich verstehe nicht." "Danny ist nicht mein Sohn." Jill starrte ihn verständnislos an. Nicht sein Sohn? Danny? Der kleine Danny mit den großen Augen und diesem Lächeln, das ... Das ganz anders war als das seines Vaters. "Das ist doch verrückt", murmelte sie mehr zu sich selbst. "Er sieht zwar anders aus als du, aber er hat viel von Krystal. Wenn du ihn adoptiert hast..." Craig schüttelte den Kopf. "Wir haben ihn nicht adoptiert, er ist Krystals Sohn, aber nicht meiner." "Nicht deiner?" Craig lehnte sich zurück. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. "Krystal und ich hatten uns getrennt, lebten aber noch zusammen. Ben war zu der Zeit fünf, C.J. knapp zwei. Krystal brachte zwar keine Männer mit nach Hause, aber ..." "Es tut mir so leid", flüsterte Jill. "Mir auch." Craig schloß die Augen. "Ich sagte dir schon, daß sie mich von Anfang an betrogen hat. Aber als wir dann über Scheidung sprachen, drehte sie durch. Kam endlos spät nach Hause, war meistens betrunken. Während einer heftigen
Auseinandersetzung kam sie damit heraus, daß sie schwanger sei und geplant habe, mir das Kind unterzuschieben." Jill bekam eine Gänsehaut. Am liebsten hätte sie Craig so getröstet wie Stunden zuvor Danny. Aber Craig war kein kleiner Junge ... Sie zog die Knie hoch und umschlang sie mit den Armen. "Zuerst glaubte ich, sie würde abtreiben. Aber das tat sie, dem Himmel sei Dank, nicht. Ich weiß nicht, warum, und ich habe sie nicht gefragt." "Und du hast nie gefragt, wer der Vater ist?" "Nein, Als sie einmal damit herauskommen wollte, sagte ich ihr, daß mir das gleichgültig sei. Auch wenn es nicht stimmte. Sie bat mich, bis zur Geburt des Kindes bleiben zu dürfen, dann wollte sie ausziehen. Sie wollte das Kind zur Adoption freigeben. Ich stimmte zu. Ben und C.J. haben das alles nicht mitbekommen. Ich versuchte, sie soweit wie möglich von allem abzuschirmen. " Sein Gesicht verkrampfte sich. "Aber ich konnte Krystal in dem Zustand nicht fallenlassen. Als es soweit war, brachte ich sie ins Krankenhaus ... und blieb bei ihr, anstatt sie allein zu lassen. Ich haßte sie, aber sie tat mir auch leid. Dann brachte man mir dieses winzige Baby und legte es mir in den Arm. Krystal sah mich nur an, und ich begriff, daß sie das alles geplant hatte. Sie wußte, daß ich das Kind annehmen würde. Nie habe ich sie mehr verachtet als in dem Moment. Aber ich konnte das Kind nicht dafür büßen lassen." "Du hast das einzig Richtige getan", flüsterte Jill. Sie konnte das alles gar nicht fassen. Danny war nicht sein Sohn! Craig hatte nie die geringste Andeutung gemacht. Sie hatte sogar den Eindruck gehabt, daß Danny sein Lieblingskind war. "Ich konnte ihn einfach nicht zu Fremden geben", fuhr er mit leiser Stimme fort. "Nachdem Krystal aus dem Krankenhaus zurück war, packte sie ihre Sachen zusammen und verschwand."
Craig fühlte sich unbehaglich, und er fing an, sein voreiliges Geständnis zu bereuen. Zumal Jill ihn anschaute, als hätte er eine gesamte Schulklasse vor dem Ertrinken bewahrt. "Ich bin kein Held", sagte er spröde. "Mach mich also zu keinem." "Wie würdest du das nennen?" "Das Beste aus einer schlechten Situation machen. Ich tat, was jeder halbwegs anständige Mensch getan hätte. Danny zu behalten, war die richtige Entscheidung. Ihn bei Krystal zu lassen, wäre einer Katastrophe gleichgekommen." Jill schaute Craig an, als sähe sie ihn mit ganz neuen Augen. Das Lampenlicht verlieh ihrem Haar rote Glanzlichter. Ihre feinen Züge waren so ganz anders als die von Krystal, die nur von oberflächlicher Schönheit gezeugt hatten. Wieso hatte er sich nur nie in eine Frau wie Jill verliebt? Andererseits hatte er dafür seine Söhne. Sie allein waren das ganze Unglück mit Krystal wert gewesen. "Wirst du es Danny sagen?" fragte sie. "Vielleicht wenn er älter ist. Er fühlt sich schon jetzt anders als die anderen, das würde ihn zu sehr belasten. Außerdem ist er genauso mein Sohn wie Ben und C.J." Es war schmerzhaft für Craig, über seine Vergangenheit zu sprechen. Es brachte all die Demütigung und den Haß wieder hoch. Er stand auf. Auch Jill erhob sich und ging auf ihn zu. "Es tut mir so leid", murmelte sie. "Das muß es nicht. Es ist vorbei. Wir haben üb erlebt." "Weit besser als das." Sie blickte zu ihm hoch. Tränen hingen an ihren Wimpern. "Nicht", flüsterte er liebevoll und fing mit der Fingerspitze eine herabrollende Träne auf, "So schlimm ist es nun auch wieder nicht."
"Ich kann kaum glauben, daß sie dir das angetan hat. Und den Kindern genauso. Einfach so zu versehwinden! Wußte sie nicht, wie kostbar Kinder sind?" "Mutter zu sein lag ihr nicht. Aber nun ist ja alles überstanden. Den Kindern geht es gut und mir auch. Und ich werde dafür sorgen, daß mir so etwas nie wieder passiert." "Es gibt keine Garantien im Leben." "Vielleicht nicht. Aber beim nächsten Mal werde ich kein Risiko mehr eingehen."
15. KAPITEL Im Flur waren Schritte und leises Reden zu hören. Craig zog sich fertig an und öffnete die Schlafzimmertür. Ben und Jill verließen gerade das Haus, um joggen zu gehen. Draußen war herrliches Spätfrühlingswetter. Der Himmel war klar, die Luft noch frisch. Das Gras glänzte von den Tautropfen. Der Weg war gesäumt von Stiefmütterchen und Studentenblumen. Ben wartete nach den Dehnungsübungen schon ungeduldig auf Jill. Ben war auf das gewünschte Gewicht herunter. Er hatte sich auch sonst verändert, war nicht mehr düster und einzelgängerisch, sondern umgänglich und sogar charmant. Jill legte den Arm um ihn und gab ihm einen flüchtigen Kuß. Der Junge reagierte mit einer schnellen Umarmung. Craig, der sie vom Fenster aus beobachtet hatte, spürte, wie sein Magen sich zusammenzog. Warum hatte er die Gefahr nicht gesehen? Jill war ein Mensch, der sich ga nz und gar für das einsetzte, was er gerade tat. Er fragte sich, ob sie wußte, daß sie ihr Herz weggegeben hatte? Es hätte ihn nicht gewundert, wenn C.J. sie mit seinem Charme eingewickelt hätte oder der kleine Danny, aber es war sein Ältester, um den sie sich besonders kümmerte. Vielleicht weil es mit ihm am schwierigsten gewesen war. Wenn sie gegen
Ende des Sommers gehen würde, würde es sicher für alle schwer werden! Craig konnte sich keine Frau vorstellen, die sich mehr von Krystal unterschied als Jill. Jill Verschenkte sich, während Krystal nur genommen hatte. Craig begehrte Jill so sehr, daß er sich schon jetzt kaum noch ein Leben ohne sie vorstellen konnte. War das Liebe? Es schien alles so einfach zu sein. Er hatte sechs Jahre Hölle mit Krystal durchlebt und sechs Jahre Alleinsein. Ihm war, als ob das Schicksal ihm Jill vorherbestimmt habe. Wenn ihre Freundin Kim sich nicht entschlössen hätte, von einem Tag zum anderen zu heiraten, wäre Jill nicht in sein Leben getreten. Gab es kosmische Kräfte, die für alles verantwortlich waren? Wenn Jill an jenem ersten Morgen ihres Kennenlernens nicht zu Hause gewesen wäre, oder wenn sie den Job abgelehnt hätte, wäre er den Rest seines Lebens auf der Suche nach etwas gewesen ... was er in absehbarer Zeit wieder verlieren würde. Er ging in die Küche, wo Jill schon Kaffee zubereitet hatte, und goß sich welchen ein. Ihre Situation war schwierig, sie waren beide gebrannte Kinder. Hätte er ihr doch nur nicht die Wahrheit über Danny erzählt! Wenn sie sich auf eine Beziehung einließen, dann sollte es nicht sein, weil Jill ihn für eine Art Held hielt! Er war ein normaler Mensch, der versuchte, im Leben anständig zu handeln. Sie hatten beide Angst zu lieben. Und sehnten sich beide nach Liebe. Wer würde den ersten Schritt tun? Er mußte Jill davon überzeugen, daß seine Gefühle allein ihr galten und daß es ihm nicht darum ging, eine Ersatzmutter für seine Kinder zu haben. "Oh, diesmal reichen fünfzehn Tüten Lebensmittel", sagte Jill, nachdem sie mit Zählen fertig war. Zweimal in der Woche fuhr sie zum Einkaufen und staunte noch immer über die Mengen, die sie brauchten. Wenn die
Jungs in die Pubertät kamen, würde es noch schlimmer werden. Hoffentlich gedieh Craigs Firmenanteil bei Austin. Das Extraeinkommen würde er dringend brauche n. Ben kam in die Küche. "Hast du Diätkekse mitgebracht?" fragte er. "Natürlich." "Danke." Er grinste. Die Jungen fuhren zwar meistens mit zum Einkaufen, pflegten dann aber in der Zeitschriftenoder Videospielabteilung herumzustöbern, was Jill als ganz angenehm empfand. Ben holte Bananen aus einer Tüte und legte sie in den Obstkorb. "Jill, nächste Woche ist Schulball. Ich muß da hin." Seine Wangen röteten sich ein wenig, und er vermied Jills Blick. "Da wirst du sicher Spaß haben." "Ich kann nicht tanzen." "Ich kann es dir ja beibringen." "Okay, danke." Er legte Karotten in den Kühlschrank. "Jill, meinst du ..." Er räusperte sich. "Was?" Als er nicht antwortete, legte sie Ben die Hand auf die Schulter. "Du hast dich in den letzten Monaten prima gehalten, hast deine Nahrung umgestellt, warst aktiver und hast gelernt, dein Gewicht zu halten", lobte sie ihn. "Das war sicher nicht leicht für dich, aber du hast es geschafft." Er sah sie forschend an, "Wirklich. Was ziehen deine Freunde zu diesem Fest an?" "Ein Oberhemd, keine Krawatte, keine Jeans." "Brauchst du etwas Neues? Ich bin sicher, daß dein Dad damit einverstanden wäre." , "Ich glaube ja. Meinst du, die Mädchen tanzen mit mir?" Jill zog ihn kurz an sich. "He, du bist ja schon wieder gewachsen!"
"Ach, du bist nur so klein", neckte Ben sie. Sein Lächeln ähnelte so sehr dem seines Vaters, daß ihr Herz einen Satz machte. Sie berührte seine Wange. "Hör mal, du wirst bestimmt ein Herzensbrecher, genau wie dein Dad. Aber sei nett zu den Mädchen. Sag ihnen, wie hübsch sie sind, und behandle sie mit Respekt. Wenn du das tust, wirst du populär bei ihnen sein." "Meinst du?" "Ich schwöre es." "Danke, Jill, ich ..." Er drückte sie so fest, daß es ihr fast die Luft nahm. Sie packten weiter Lebensmittel aus, und Ben erzählte, was er so alles am Tag gemacht hatte. Was würde Craig wohl dazu sagen, daß sein Ältester zum erstenmal zum Tanzen ging? Ein Schritt auf das Erwachsenwerden zu ... Danny fiel ihr ein. Sie hielt inne, ein Paket Tiefkühlgemüse in einer, Eiscreme in der anderen Hand. Seine Geschichte beschäftigte sie noch immer. Sie wußte nicht, was sie daran mehr schockierte ... Krystals unglaubliches Verhalten, oder wie selbstverständlich Craig den Jungen als seinen Sohn akzeptiert hatte. "Jill?" Ben hielt den Decker der Gefriertruhe offen. "Oh, danke", sagte sie zerstreut. "Übrigens, du kannst ruhig nach draußen zu deinen Brüdern gehen." "Es macht mir nichts aus, dir zu helfen." Sie warf ihm die leere Tüte zu und griff nach der nächsten. Cornflakes. Davon aßen die Jungs mehr als eine Kompanie Soldaten. Was sie am meisten erstaunte, war, daß sie geglaubt hatte, Danny sei Craigs Lieblingskind. Es war etwas Besonderes an seiner Beziehung zu dem Jüngsten. Nun wußte sie, was es war. Craig war ein ehrenhafter Mann. Er wollte Danny die Sicherheit geben, genau wie die anderen zu sein und genauso geliebt zu werden.
In diesem Moment rutschte eine kleine Schachtel aus der Tüte. Ben bückte sich, noch bevor Jill es hatte tun können, hob die Schachtel auf und gab sie ihr. Die Vördertür öffnete sich. "Kommst du, Ben?" rief C.J. "Geh ruhig", sagte Jill und setzte sich erst einmal. Ben verschwand, Er schien nichts bemerkt zu haben. Sie legte die Schachtel mit der deutlichen Aufschrift Schwangerschaftstest für zu Hause auf den Tisch. Ihre Hände zitterten. Unwahrscheinlich, versuchte Jill die erneut aufkommende Panik zu unterdrücken. Nichts sprach für eine Schwangerschaft. Aber ihre Periode war überfällig. Schon eine ganze Weile. Entweder stand sie unter Streß ... oder sie war tatsächlich schwanger. Ein Baby. Jill lehnte sich zurück und schloß die Augen. Wenn es so war, was dann? Was würde Craig sagen? Sie habe es gewollt, daß es so geschieht? Immerhin hatte sie die Initiative ergriffen ... Wieder war ihr der Gedanke an ihr Verhalten äußerst peinlich. Sie barg das Gesicht in den Händen. Diese Entwicklung hatte sie nicht geplant. Sie hatte mit Craig schlafen wollen, das konnte sie nicht leugnen, aber daran zu denken und es zu tun, waren zwei verschiedene Dinge. Es war alles so natürlich gelaufen. Dabei war Liebe nicht mit im Spiel gewesen. Sie hatte sich einsam gefühlt. Aber daran war schließlich nichts Schlimmes. Würde sie nun für eine Nacht der Seligkeit bezahlen müssen? Seit sie von Glenwood zurück waren, gingen Craig und sie sich geflissentlich aus dem Weg. Außer an dem Abend, als er ihr die Wahrheit über Danny gestanden hatte, hatte es kein einziges persönliches Gespräch gegeben. Was empfand sie für Craig?
Jill starrte auf das Päckchen. Wenn sie Craig nicht liebte, wäre sie stark genug fortzugehen, selbst wenn sie sein Kind trug? Ein Baby. Tränen stiegen ihr in die Augen. Ein Baby war nicht alles, sie wollte auch einen Mann. Jemanden, den sie liebte und achtete, dem sie vertrauen und den sie bewundern konnte. Und der sie liebhatte. Könnte dieser Mann Craig sein? Wenn sie nur wüßte, was er für sie empfand! Sie nahm das Päckchen und ging in ihr Zimmer. Nun ja, es war auch nicht so wichtig. Selbst wenn Craig zugab, daß er sie mochte, wie sollte sie wissen, ob das nicht Selbstzweck war wegen der Kinder? Das hatte sie alles schon einmal erlebt. Es gab keine einfache Lösung, Craig konnte ihr gar nicht beweisen, daß er sie selbst wollte und nicht nur Jemanden, den er gern um sich hatte. Sie mußte dem Schicksal seinen Lauf lassen. Der Sommer stand kurz bevor, dann käme auch bald der September. Ihre Wohnung wäre dann wieder beziehbar, der Job wartete auf sie. Sollte sie bleiben oder gehen? Könnte sie sich von Craig und den Kindern problemlos wieder trennen? Sollte sie es riskieren, erneut nur benutzt zu werden? Wie .groß war die Angst vor einer Wiederholung der Vergangenheit ... und vor einer ernsthaften Liebe? Solange sie das nicht beantworten konnte, würde sie auch zu keiner Entscheidung kommen. "Dad?" Craig schaute von dem Buch hoch, in dem er las. Es war beinahe zehn Uhr abends. "Was ist los, Ben? Geht es dir nicht gut?" Sein Ältester betrat das Schlafzimmer. "Doch, es geht mir gut, ich kann nur nicht schlafen." Craig klopfte neben sich auf das Zweiersofa vor dem Kamin und legte das Buch auf den Tisch. "Machst du dir Gedanken über den Ball nächste Woche?"
"Ein bißchen, aber das wird schon gutgehen." Er setzte sich neben Craig. "Ich glaube, ich habe etwas gesehen, weiß aber nicht, ob ich darüber reden soll." "Und? Was hast du gesehen?" Ben senkte den Kopf. "Es hat mit Jill zu tun." Craig erschrak. War etwas nicht in Ordnung mit ihr? War sie krank? Wollte sie weg? "Was ist mit ihr?" "Vor zwei Tagen haben wir die Einkäufe weggeräumt, und da war so eine Schachtel in einer Einkaufstüte. Ich sollte sie nicht anfassen. Das hat Jill nicht gesagt, aber ich merkte es." Sein Gesicht rötete sich. Was hatte er gesehen? Die Pille? Der Gedanke weckte sogleich Craigs Hoffnung. "Also, was war das für eine Schachtel?" "Ich bin nicht sicher. Da stand .Schwangerschaftstest für zu Hause' drauf. Bekommt Jill ein Baby?" Craig zwang sich mit aller Macht, gelassen zu bleiben. "Ich weiß nicht, ob sie schwanger ist." Könnte das sein? Bekam Jill ein Kind? "Sprichst du mit ihr? Nur möchte ich nicht, daß sie denkt, ich spioniere", Sagte Ben bedrückt. "Sie weiß, daß du so etwas nicht tust. Gut, ich werde mit ihr reden." Ben stand auf. Craig wußte nicht, ob sein Sohn darüber nachdachte, wer in dem Fall der Vater sein könnte. Sie hatten schon ein paarmal über Sex gesprochen, und Ben wußte Bescheid. Sollte er dem Jungen etwas über ihre Beziehung sagen? Nun, vielleicht sprach er erst einmal mit Jill. Falls sie schwanger war ... Nachdem Ben gegangen war, lehnte Craig sich auf dem Sofa zurück. Ein Baby! Er hatte noch nicht ernsthaft darüber nachgedacht, ob er noch ein Kind wollte ... aber eins mit Jill? Vielleicht ein kleines Mädchen, das so aussah wie sie...
Ein Mädchen? Dann wäre der Fluch endgültig gebrochen ... oder nicht? Die vergangenen sechs Jahre hatte Craig auf etwas Unbestimmbares gewartet. Er hatte Angst gehabt, es zu benennen. Es war Liebe. Und es war Jill Bradford, die ihm das Leben beschert hatte. Vor die Wahl gestellt, zwischen Sicherheit und Jill zu wählen, wußte er jetzt, was er wählen würde ... Jill. Und nur Jill allein. Endlich hatte er keine Angst mehr vor einem Risiko. Er mußte Jill nur davon überzeugen, daß er sie um ihrer selbst willen wollte und nicht wegen der Kinder. Aber... wenn sie wirklich schwanger war, würde sie ihm seine Liebe gar nicht glauben. Sie würde denken, er handelte nur aus Verantwortungsbewußtsein. Nach dem, was er ihr über Danny erzählt hatte, würde sie erst recht mißtrauisch sein. Er mußte sie davon überzeugen, daß er sie wirklich liebte. Nun da ihm das Leben eine zweite Chance bot, wollte er sie auf keinen Fall verspielen!
16. KAPITEL Auf dem Weg in ihr Zimmer war Craig sich nicht sicher, was er Jill sagen würde, aber er betete, daß er die richtigen Worte finden würde. Er durchquerte das dunkle Wohnzimmer. Licht schimmerte unter der geschlossenen Tür hervor. Er klopfte leise an. "Komm herein", rief Jill. Er öffnete die Tür und betrat das Schlafzimmer. Jill saß auf dem Bett und hatte den kleinen Fernseher an, in dem gerade ein alter Spielfilm lief. Als sie Craig sah, drückte sie den Knopf auf der Fernbedienung und stellte den Fernseher aus. Ihre grünen Augen waren groß und fragend auf ihn gerichtet. "Was kann ich für dich tun?" fragte sie. Er suchte nach Worten. Er wußte, daß er die richtigen sowieso nicht finden würde. Wie konnte er von Liebe und Herzlichkeit sprechen, wenn er es für sich selbst gerade erst herausgefunden hatte? Wie konnte er Jill beibringen, daß die innere Leere, die er empfunden hatte, nun vollständig durch sie ausgefüllt war? Wie konnte er ihr sagen, daß sie die liebevollste, warmherzigste Person war, der er je begegnet war? Er ging zum Bett hinüber und starrte auf sie herunter. Ohne nachzudenken, zog er sein T-Shirt aus. Dann wartete er auf ihre Reaktion. Er wappnete sich gegen ihre Zurückweisung oder gegen ihre Aufforderung, zuerst einmal mit ihr darüber zu sprechen. Er
rechnete sogar damit, daß sie ihm ins Gesicht schlug für seine Vermessenheit. Statt dessen richtete sie sich auf die Knie auf und drückte einen Kuß mitten auf seine Brust. Jill wußte genau, daß sie einen Fehler beging. Sie wußte sogar, warum Craig hier war. Aber sie hätte ihn genausowenig abweisen können, wie sie die Zeit hätte zurückdrehen können. Sie mußten miteinander reden und versuchen herauszufinden, was sie tun sollten. Ihr Verstand sagte ihr, daß sie zuerst miteinander sprechen sollten. Ihr Körper, in Aufruhr seit Craig das Zimmer betreten hatte, führte ein Eigenleben, das jede Logik verbot und nur die Gefühle gelten ließ. Jill gab nach, berührte seine warme Haut, streichelte seine Schultern, seine Arme, küßte seine Brust und seinen Bauch. Craig stöhnte. "Weißt du, was du damit bei mir anrichtest?" "Wenn es annähernd das ist, was du bei mir bewirkst, werden wir Schwierigkeiten bekommen." Er streckte die Arme nach Jill aus und stellte sie aufs Bett. So war sie sogar größer als er. Lächelnd schlang sie die Arme um seinen Nacken. "Nun hab' ich dich da, wo ich dich haben wollte." "Und ich dich." Er packte sie an der Taille und hob sie vom Bett. Unwillkürlich schlang Jill ihm die Beine um die Hüften. Er schwenkte sie wie im Jubel im Kreis herum, bis ihr fast schwindelig wurde und sie nur noch an seinem Hals hing. Dann preßte er seinen Mund auf ihren. Der wilde Kuß brachte sie beide in einen Gefühlsrausch, der so intensiv war, daß Jill am liebsten geweint hätte. Eine Welle heißen Begehrens überflutete sie. Jede Zelle ihres Körpers war so sensibilisiert, daß sie in seiner Umarmung zu zittern begann. Hätte Craig sie nicht festgehalten, wäre sie zu Boden gesunken. Craig ließ sich zusammen mit ihr aufs Bett fallen. Während sie seinen muskulösen Rücken streichelte, knöpfte er ihr
Nachthemd und den BH auf, warf beides beiseite und umschmiegte ihre schwellenden Rundungen. Bei der ersten Berührung seiner feuchten Lippen auf ihrer empfindsamen Brustspitze durchfuhr es Jill so heftig, daß sie ein lautes Stöhnen unterdrücken mußte. "Laß es mich hören", raunte er an ihrem Ohr. "Wir sind hier ungestört." "Gleich fange ich an zu schreien, wenn du nicht aufhörst", keuchte sie lachend. Ihr Atem ging stoßweise, als er ihre Knospen mit Lippen und Fingern reizte. Ihr heißer Atem streifte seine Haut, als Craig es so wunderbar verstand, sie durch seine Liebkosungen immer mehr in Glut zu bringen. Es verlangte Jill nach mehr, aber seine Kleidung störte sie. Als sie es nicht mehr aushalten konnte, richtete sie sich auf und fing an, die Knöpfe seiner Jeans zu öffnen. Craig hob die Augenbrauen, dann streckte er sich genüßlich aus und kreuzte die Hände hinter seinem Kopf. "Schau nicht so verdammt selbstgefällig drein", murmelte sie, während sie den Rest ihrer Kleidung auszog. "Ich kann nicht anders. Du bist so süß, wenn du so unternehmungslustig und tatendurstig bist." "Oh, danke." Er klopfte mit einer Hand einladend auf seinen muskulösen Bauch. "Komm zu mir zurück." Zärtlich und mit aufgewühlten Sinnen ließ Jill sich auf ihn fallen. Und als Craig anfing, sie mit Händen und Lippen überall zu liebkosen, schloß sie die Augen vor Lust und den fast quälend süßen Empfindungen, daß sie glaubte vergehen zu müssen. Noch nie zuvor hatte sie sich so verwundbar gefühlt, so völlig einem Menschen ausgeliefert. Und ihr ging nur durch den Sinn, wie gut es war, daß sie Graig völlig vertraute. Er schenkte ihr einen nie gekannten Genuß.
Jede Faser ihres Körpers, ihr ganzes Sein war auf den winzigen Mittelpunkt des reinsten Vergnügens ausgerichtet. Trotz der wirbelnden Flut, in die sie sich gerissen fühlte, spürte Jill, wie sich auch Craigs Körper anspannte. Sie jagten auf den Höhepunkt zu. Jill zwang sich, die Augen dabei offenzuhalten und Craigs Blick festzuhalten, sah verwundert, wie sein Gesicht sich vor Lust anspannte, während er sich ihr auf die gleiche Weise preisgab, wie sie sich ihm. Während sie die Arme um seine Schultern schlang und ihn mit aller Liebe umfangen hielt, fühlte sie, wie ihre Augen vor Tränen brannten. Nachdem Craig sich ein wenig entspannt und sein Herz wieder zu seinem üblichen Rhythmus zurückgefunden hatte, schloß auch er Jill zärtlich in die Arme und hielt sie dicht an sich gedrückt, während sie weinte. "Es t.. .tut mir so leid", sagte sie zitternd. "Es ist nur..." "Du brauchst es nicht zu erklären", murmelte er. "Ich verstehe es." Sie war froh, daß es jemand tat. Für sie ergab es keinen Sinn. Allmählich besänftigten Jill seine gemurmelten Worte und das sanfte Streicheln seiner Hände über ihren Rücken. Sie richtete sich halb auf und starrte auf ihn herunter. "So war es für mich noch nie", sagte sie. "Ich weiß. Für mich auch nicht." Er zog sie wieder auf sich, und strich mit den Fingern durch ihr Haar und über ihren Rücken. "Ich erinnere mich, als ich dich zum ersten Mal sah. Es war bei Kim." "Hmm. Daran erinnere ich mich auch ..." "Du warst nackt." Sie versuchte, sich aufzusetzen. Aber er hielt sie fest. "War ich nicht." "Du warst nackt unter deinem Bademantel." "Oh." Sie fühlte, wie sie tatsächlich rot wurde. "Das hast du gemeint."
"Allerdings, genau das habe ich gemeint. Du hast es mir sehr erschwert, ein vernünftiges Gespräch mit dir zu führen. Wie sollte ich mit dir sachlich über meine Kinder reden, während ich nur darauf wartete, daß ich mit jeder deiner Bewegungen ein bißchen mehr von deinen Brüsten zu sehen bekomme? Öffne nie wieder in solcher Aufmachung die Tür!" Jill lachte leise. Dabei hatte sie geglaubt, der Bademantel würde sie ausreichend bedecken. Offensichtlich war es nicht so gewesen. "Das hatte ich vorher auch noch nie gemacht. Jedenfalls nicht, daß ich wüßte." "Gut." Craig seufzte. Sie spürte, wie sein Oberkörper sich hob und senkte. Sie schloß die Augen und lauschte seinem Herzschlag. Unwillkürlich dachte sie an gemeinsame Gespräche, an die Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, und erschauerte plötzlich. "Ist dir kalt?" fragte er und zog die Bettdecke hoch. "Nein, das ist nur die Nachwirkung." Sie strich mit dem Fuß über seine Wade. "Craig, wir müssen miteinander reden." "Ich weiß." Sie hatte nicht gewußt, daß es so weh tun würde. Schmerz erfüllte sie, bis sie glaubte, daß sie nicht mehr atmenen könnte. Aber es mußte sein. Und sie mußte es aussprechen! "Ben hat dir erzählt, was er gesehen hat." "Ja." Craig wußte also von dem Schwangerschaftstest. Das war wohl auch der Grund, warum er zu ihr gekommen war. Verdammt. Natürlich war es der Grund, aber sie hatte gehofft, daß es wegen etwas anderem gewesen war. Etwas, was ihn zu ihr hingetrieben hatte. "Ich mag dich, Jill" sagte er langsam. "Ich respektiere dich." "Meine Gefühle für dich sind die gleichen." Aber mögen und respektieren bedeuteten nicht Liebe. Ihr Herz zog sich ein wenig zusammen. Sie hielt die Augen geschlossen, wollte sich
zurückziehen, aber sie wußte, daß Craig es. nicht zulassen würde. "Bei dir fühle ich mich lebendig", fuhr er fort. "Ich habe vergessen, wie das ist. Ich hatte mich jahrelang schlecht gefühlt. Ich war so einsam. Bis ich dich traf." Oh, wie sie es wollte, daß es wahr wäre ... Sie hatte nicht gewußt, wie sehr, bis zu diesem Moment. Sie schloß fest die Hände zu einer Faust und biß sich auf die Knöchel. Er fuhr damit fort, über ihr Haar zu streichen. "Und daß ich dich unglaublich sexy finde, brauche ich dir nicht zu sagen." Ihr leises Lachen klang eher wie ein kleiner Schluchzer. Aber Craig schien es nicht bemerkt zu haben. "Ich hatte Angst", erklärte er. "Und ich bin nicht gerade stolz, es zuzugeben. Aber du hast mir geholfen, vieles zu begreifen. Ich habe meine Gefühle unterdrückt, auch vor den Kindern, und das ist nicht gut. Sie brauchen mich, und ich brauche sie. Ich wollte Sicherheit, aber die gibt es nicht im Leben. Manchmal muß man ein Risiko eingehen, und jetzt weiß ich, daß ich das Risiko eingehen will. Ich liebe dich, Jill, und ich möchte dich heiraten." Seine dunklen Augen strahlten vor Gefühl. Allein die Worte zu hören ... ihnen zu glauben, und wenn es nur für eine Sekunde wäre. Es war millionenmal schöner, als sie je geglaubt hatte. "Ich liebe dich auch", flüsterte sie. Als er etwas sagen wollte, legte sie ihm die Hand auf den Mund. "Laß mich weitersprechen", bat sie, dann hielt sie inne. "Ich ... ich glaube, ich liebte dich seit dem ersten Moment, wo ich dich sah. Es wäre leicht, deinen Antrag anzunehmen, aber ich kann es nicht." "Jill..." "Nein, jetzt bin ich dran. Ich möchte es nicht noch einmal erleben, Craig. Es wäre der falsche Grund. Ich will nicht die Zweitbeste sein."
"Das bist du auch nicht. Und es hat absolut nichts mit deiner Schwangerschaft zu tun." "Aber wenn Ben dir nicht von dem Test erzählt hätte, wärest du jetzt nicht hier." "Vielleicht nicht genau jetzt, aber bald." Sie glitt von ihm und setzte sich auf den Bettrand. "Ich glaube dir nicht." "Jill, du gehörst zu meinem Leben. Und die Kinder wollen dich genauso. Es ist nicht wegen der Dinge, die du tust. Wenn du möchtest, engagiere ich eine Putzfrau und eine Nanny. Wir wollen dich, nur dich." "Ich kann mich nicht den Rest meines Lebens fragen, ob das stimmt." Craig packte ihre Schultern und drehte Jill zu sich um, so daß sie ihn anschauen mußte. "Ich wußte, daß dies schwierig sein würde. Wie kann eine so zierliche Frau so verdammt dickköpfig sein?" "Mein Glück, denke ich." Aber sie konnte sich nicht dazu bringen, zu lächeln. "Jill, ich liebe dich. Bitte glaube mir." "Das möchte ich", antwortete sie. "Wenn du nur wüßtest, wie sehr." Craig konnte gar nicht wissen, wie sehr. Aber sie brauchte die Gewißheit, daß es eine ehrliche Zuneigung war und nicht einfach eine Verpflichtung. "Ich möchte dich heiraten", beharrte er. "Das brauchst du nicht, ich bin nicht schwanger." Sie wollte ein Feigling sein und wegschauen, aber sie zwang sich, ihm voll ins Gesicht zu sehen. Sie forschte wachsam nach einem Flackern von Erleichterung und wartete auf die darauffolgenden Worte, mit denen er seinen Antrag, sie zu heiraten, zurückzog. Aber Craig wirkte nicht erleichtert. Statt dessen überschattete zu ihrer Verblüffung so etwas wie Enttäuschung seine Züge. "Bist du sicher?" fragte er.
"Du hörst dich an, als wolltest du, daß ich schwanger bin." "Natürlich möchte ich das", erwiderte er mit aller Entschiedenheit und schüttelte sie sanft. "Ich möchte, daß du meine Frau wirst, und wünsche mir sehnlichst eine Tochter, die genauso aussieht wie du. Ich will das alles, aber nur mit dir, Jill." Hatte er sie mißverstanden? "Ich bin nicht schwanger", wiederholte sie. "Ich weiß." "Und trotzdem willst du mich heiraten?" "Natürlich! Ich liebe dich!" "Auch ohne Baby?" "Du verstehst gar nichts", beschwerte Craig sich und zog sie an sich. Er wollte sie heiraten, obgleich sie nicht schwanger war? Er wollte sie also wirklich? Jill drückte sich so übermütig an ihn, daß sie gemeinsam umfielen. "Meinst du das ernst?" Er hielt sie fest und schaute sie an. "Jill Bradford, ich liebe dich mehr als mein Leben. Ich möchte dich für immer bei mir haben und jeden Morgen neben dir aufwachen und dich schwanger sehen mit unserem Kind. Willst du meine Frau werden? In guten und in schlechten Tagen, bis daß der Tod uns scheidet?" Sie zog seinen Kopf zu sich herunter und küßte ihn auf die Lippen. "Ja! Ja! Ja!" Er lachte glücklich. "Die Jungs werden begeistert sein, sie lieben dich sehr." "Ich liebe sie auch." Er fuhr mit dem Daumen über ihre Lippen. "Und ich meinte, was ich sagte. Ich hätte sehr gern ein Kind mit dir." "Das möchte ich auch." "Vielleicht könnten wir gleich damit anfangen?"
Sie lächelte. "Vielleicht haben wir das schon. Ich war zwar nicht schwanger, Craig, aber vielleicht bin ich es jetzt geworden." "Oh." Graig lachte glücklich. "Und wenn du es nicht diesmal geworden bist, dann beim nächstenmal." "Oder dem danach." Er küßte sie zärtlich. "Wir versuchen es so viele Male, wie wir brauchen." Jill schmiegte sich an ihn. "Ich liebe dich", flüsterte sie. "Für immer und ewig." "Für immer und ewig", bestätigte er.
-ENDE