Jean Krutmann Thomas Diepgen Claudia Billmann-Krutmann (Hrsg.) Hautalterung Grundlagen – Prävention – Therapie
Jean Krutmann Thomas Diepgen Claudia Billmann-Krutmann (Hrsg.)
Hautalterung Grundlagen Prävention Therapie Mit 116 Abbildungen und 51 Tabellen
123
Prof. Dr. med. Jean Krutmann Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50 40225 Düsseldorf
Prof. Dr. med. Thomas Diepgen Ärztlicher Direktor, Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Klinische Sozialmedizin – Gesundheitssystemforschung Thibautstraße 3 69115 Heidelberg
Dr. Claudia Billmann-Krutmann Praxis für Dermatologie u. Venerologie – Allergologie – Umweltmedizin – Phlebologie – Berufsdermatologie – Akupunktur – Laser-Medizin – Anti-Aging-Medizin – Ästhetik Rathausplatz 17 41844 Wegberg
ISBN 978-3-540-76820-3 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2008 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literarturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Tina Boll, Heidelberg Projektmanagement: Willi Bischoff, Heidelberg Layout und Einbandgestaltung: deblik Berlin Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Fotografie des Portraits von J. Krutmann: Eduardo Cebrian SPIN: 12184750 Gedruckt auf säurefreiem Papier
2126 – 5 4 3 2 1 0
für Carl und Thomas Krutmann
VII
Vorwort Die Menschen werden immer älter. Die steigende Lebenserwartung wird mit dem Wunsch verbunden, auch im Alter gesund und aktiv leben zu können. Ein gesundes und junges Aussehen wird vor allem durch den Hautzustand kommuniziert, dem somit im Alter eine immer größer werdende individuelle und gesellschaftliche Bedeutung zukommt. Verstärkt wird diese Entwicklung einerseits durch die alters- und umweltbedingte Zunahme an »echten« Hautkrankheiten wie z. B. Präkanzerosen und Hautkrebs, andererseits durch den sich fortsetzenden Trend, kosmetische Hautprobleme als behandlungsbedürftig anzusehen. Für den Dermatologen ergeben sich hieraus eine Vielzahl neuer gesundheitspolitischer, wissenschaftlicher, präventivmedizinischer sowie therapeutischer Herausforderungen, die in der 1. Auflage dieses Buches erstmals zusammenhängend und ausführlich dargestellt wurden. Fundierte Kenntnisse über die gesellschaftlichen Folgen sowie über die molekularen, immunologischen, zellbiologischen, endokrinologischen und umweltmedizinischen Grundlagen der Hautalterung werden es dem Dermatologen, dem Fachmann für die Haut, erlauben, State-ofthe-Art-Methoden zur Hautverjüngung erfolgreich anzuwenden und seine Patienten kompetent hinsichtlich einer effektiven und gezielten Prophylaxe vorzeitiger Hautalterungsprozesse beratend zu begleiten. In der nun vorliegenden 2. Auflage wird diese erfolgreiche Strategie weiterverfolgt. Das Herausgeberteam wurde um eine niedergelassene Dermatologin erweitert, um insbesondere den im Kontext der Hautarztpraxis auftretenden praktischen Herausforderungen im Bereich der dermatologischen Kosmetik noch besser Rechnung tragen zu können. Wir schätzen uns wiederum glücklich, hierbei von Autoren unterstützt zu werden, die ausnahmslos anerkannte und hoch geschätzte Experten sind. Ohne sie wäre das inhaltlich und didaktisch herausragende Niveau dieses Buches nicht zu erreichen gewesen. Ihnen sei hier besonders gedankt! Prof. Dr. med. Jean Krutmann Prof. Dr. med. Thomas Diepgen Dr. med. Claudia Billmann-Krutmann
IX
Autorenverzeichnis Becker-Wegerich, Petra, Dr. med.
Krämer, Ursula, Dr. rer. nat.
Laserzentrum Zürichsee, Dorfstrasse 94, 8706 Meilen, Schweiz
Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Berneburg, Mark, MD Phototherapie, Lasermedizin, PDT Klinik für Dermatologie, Eberhard Karls Universität Liebermeisterstraße 25, 72076 Tübingen
Krutmann, Jean, Univ.-Prof. Dr. med. Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Billmann-Krutmann, Claudia, Dr. Rathausplatz 17, 41844 Wegberg
Medve-Koenigs, Kathrin, Dr.
Blume-Peytavi, Ulrike, Prof. Dr.
Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte Schumannstraße 20–21, 10117 Berlin
Diepgen, Thomas L., Prof. Dr. med. Ärztlicher Direktor, Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Klinische Sozialmedizin – Gesundheitssystemforschung Thibautstr. 3, 69115 Heidelberg
Morita, Akimichi, MD, Ph.D Department of Geriatric and Environmental Dermatology Nagoya City University Graduate School of Medical Sciences 467-8601 Nagoya, Japan
Radulescu, Magdalena, Dr. med. Humboldtstr. 22, 69120 Heidelberg
Fritz, Klaus, Dr. med. Reduitstr. 13, 76829 Landau
Garcia-Bartels, Natalie, Dr. med. Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Clinical Research Center for Hair and Skin Science, Charité Campus Mitte, Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Rosengarten, Irene, Dr. med. Cosmétique Active Deutschland GmbH Geschäftsbereich La Roche-Posay, Medizinisch-Wissenschaftliche Leitung Georg-Glock-Str. 18, 40474 Düsseldorf
Schröder, Peter, Dr. rer. nat. Hasengschwandtner, Franz, Dr. med. Spielau 8, 4190 Bad Leonfelden, Österreich
Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Isermann, Detlef Medicos Kosmetik GmbH & Co. KG Orkotten 62, 48291 Telgte
Kaufmann, Roland, MD Professor und Direktor Dermatologie J. W. Goethe-University-Hospital Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main
Schürer, Nanna Y., Prof. Dr. Fachbereich Humanwissenschaften Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie Universität Osnabrück Sedanstr. 115, 49090 Osnabrück
X
Autorenverzeichnis
Stahl, Wilhelm, Prof. Dr.
Torezan, Luis Antonio Ribeiro, MD
Institut für Biochemie und Molecular Biologie I Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Universitätsstr. 1, Postfach 101007, 40225 Düsseldorf
Department of Dermatology Universidade de Sao Paulo Rua Eduardo de Sousa Aranha 99/82 Itaim Bibi Sao Paulo, Brazil
Stege, Helger, Privatdozent Dr. med. Hautklinik des Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf
Szeimies, Rolf-Markus, Prof. Dr. Klinik und Poliklinik für Dermatologie Klinikum der Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11, 93053 Regensburg
Wiest, Luitgard, Dr. med. Residenzstr. 7, 80333 München
XI
Inhaltsverzeichnis 3
Grundlagen der Hautalterung 1
1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.6
2
2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4
Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Krämer, Thomas Diepgen Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung . . Lebenserwartung . . . . . . . . . . . . . . Demographischer Wandel . . . . . . . . Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersbedingte Hautveränderungen . . Altersbedingte Hauterkrankungen . . . Herausforderung für Dermatologen . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . .
3
3.1 3.2 3.2.1
.
3
3.2.2
. . .
3 3 5
3.2.3
.
7 3.2.6
. . . . . .
Intrinsische und extrinsische Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark Berneburg Der normale Alterungsprozess . . . . . . Biologische Rhythmen . . . . . . . . . . . Individuelle Lebenserwartung . . . . . . Prozesse der Hautalterung . . . . . . . . Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) . . . . Mitochondriale DNS Mutationen . . . . Aktivierung von Transkriptionsfaktoren Matrixmetalloproteinasen . . . . . . . . Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . Intrinsische Hautalterung . . . . . . . . . Extrinsische Hautalterung . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . .
3.2.4 3.2.5
8 8 8 10 11 11
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4
Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen . . . . . . . Jean Krutmann, Peter Schröder, Akimichi Morita Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathomechanismen der Lichtalterung . . Kollagen, Matrixmetalloproteinasen und Elastin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rolle von Gefäßveränderungen bei der Lichtalterung . . . . . . . . . . . . . Lichtalterung als chronischer Entzündungsprozess . . . . . . . . . . . . . Proteinoxidation und Lichtalterung . . . Bedeutung mitochondrialer DNS-Mutationen für die Lichtalterung . . Chromophore und Mediatoren der Lichtalterung . . . . . . . . . . . . . . . Hautalterung durch andere exogene Noxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabakrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infrarotstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . Ozon und andere Umweltnoxen . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
23
23 23 24 26 27 27 28 31 32 32 33 34 35 36
13
4 . . . . . . . .
13 13 14 14 14 15 16 16
. . . . .
17 17 18 22 22
4.1 4.2 4.2.1 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.4 4.5 4.5.1 4.6 4.6.1
Endokrinologische Aspekte der Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Fritz Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuroendokrine Grundlagen . . . . . . . Biorhythmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Östrogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Östrogene und Haut/Schleimhaut . . . . Östrogene und Psyche/Zentralnervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie mit Östrogenen . . . . . . . . . . Ist die Östrogensubstitution beim Mann sinnvoll? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Progesteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . Melatonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung auf die Haut . . . . . . . . . . . . . Somatotropes Hormon STH/GH . . . . . . Veränderungen im Alter . . . . . . . . . . .
37 37 37 38 39 39 41 41 43 44 44 44 45 45
XII
Inhaltsverzeichnis
4.6.2 4.6.3 4.7 4.7.1 4.8 4.9 4.9.1 4.9.2 4.9.3 4.9.4 4.10
Substitution bei krankhaften Störungen Substitution gegen das Altern . . . . . . . Schilddrüsenhormone . . . . . . . . . . . . Wirkung auf die Haut . . . . . . . . . . . . . Parathormon . . . . . . . . . . . . . . . . . . Androgene – »aging male« . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome und Hormonwerte . . . . . . . Therapeutischer Einsatz . . . . . . . . . . . Androgene bei Frauen . . . . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
46 46 49 49 49 49 50 50 54 55 55 55
Hautverjüngung/ »skin-rejuvenation« 5
5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.4 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4 5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4
Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling . . . . . . . . . . . . . Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann Einleitung . . . . . . . . . . . . Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Erfahrung . . . . . Prävention . . . . . . . . . . . Peelingmittel . . . . . . . . . . Plan . . . . . . . . . . . . . . . . Patientenauswahl . . . . . . . Prozedur . . . . . . . . . . . . . Chemische Grundlagen . . . Alphahydroxysäuren . . . . . Betahydroxysäure . . . . . . . Trichloressigsäure . . . . . . . Jessner-Lösung . . . . . . . . Retinsäure . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . Wirkung . . . . . . . . . . . . . Alphahydroxysäuren . . . . . Betahydroxysäure . . . . . . . Trichloressigsäure . . . . . . . Retinsäure . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . Alphahydroxysäuren . . . . . Betahydroxysäure . . . . . . . Trichloressigsäure . . . . . . . Retinsäure . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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61
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61 62 62 62 63 63 63 63 68 68 68 68 68 68 69 69 69 70 70 71 71 71 72 72 72
5.7 5.7.1 5.8
Kontraindikationen . . . . . . . Schwangerschaft/Stillperiode Fazit für die Praxis . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . .
. . . .
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6
Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen .
. . . .
Petra Becker-Wegerich 6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Grundlagen der Pharmakologie und der Wirkung von Botulinumtoxin . . 6.3 Biologische Aktivität und Dosierung . . . 6.4 Patientenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Praktische Durchführung . . . . . . . . . . 6.5.1 Glabellaregion (»Zornesfalten«) und Anheben der Augenbrauen . . . . . . 6.5.2 Stirnregion (»Denkerfalten«) . . . . . . . . 6.5.3 Laterales Augenbrauenlifting . . . . . . . 6.5.4 Periorbitale Falten (»Krähenfüße«) . . . . 6.5.5 Unterlidfalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.6 Nasenfalten (»bunny lines«) und Anhebung der Nasenspitze . . . . . . 6.5.7 Oberlippenfalten . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.8 Marionettenfalten (hängende Mundwinkel) . . . . . . . . . . 6.5.9 Laterale Wangen-Kinn-Falte mit »Hamsterbäckchen« . . . . . . . . . . . 6.5.10 Kinnfalten (Pflastersteinkinn) . . . . . . . . 6.5.11 Platysmafalten (»Truthahnhals«) . . . . . . 6.5.12 Dekolletéfalten . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen und Kombinationen in schwierigen Regionen des Gesichtes . . . . . . . . . . . 6.6.1 Botulinumtoxin-A-Lifting . . . . . . . . . . 6.6.2 Behandlung von Gesichtsnarben . . . . . 6.7 Neue Optionen: Intramuskuläre BoNT-A-Injektionen und intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen zur Wiederherstellung der Gesichtssymmetrie nach invasiven Gesichtsoperationen . . . . . . 6.8 Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . 6.9 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
73 73 73 74
75 75 76 77 79 79 80 81 82 82 83 83 83 85 85 87 87 89
90 90 93
94 94 98 98
XIII Inhaltsverzeichnis
7 7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.5
7.6 7.6.1 7.6.2 7.7 7.8
8
8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3
8.3.1 8.3.2 8.4 8.4.1 8.4.2
Skin Resurfacing: Laserverfahren . . . Roland Kaufmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenwert der Lasertherapie beim Resurfacing . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resurfacing aktinischer Spätschäden . . Techniken und Methoden des ablativen Laser-Resurfacing . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen des Laser-Resurfacing . . . Risiken und Nebenwirkungen des Laser-Resurfacing . . . . . . . . . . . . Nichtablatives Resurfacing der Altershaut . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablative Lasertherapie umschriebener epithelialer und dermaler Altershautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie vaskulärer Neuund Fehlbildungen der Altershaut . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lasertherapie pigmentierter Neuund Fehlbildungen der Altershaut . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
8.5
101
8.5.1
102 103 103 104
8.5.2 8.6 8.6.1
104 106 107
8.6.2 8.7
9
108
. . 113 . . 114
9.1 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.3 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.6 9.6.1 9.6.2 9.7 9.8
. . 114 . . 115
10
Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz . . . . . . . . . Rolf-Markus Szeimies, Luís Antonio Ribeiro Torezan Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infrarotlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . . . . . Indikationen und Anwendung . . . . . Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts, hochenergetische Blitzlampen (IPL) und »light emitting diodes« (LEDs) . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . . . . . Indikationen und Anwendung . . . . . Photodynamische Therapie (PDT) . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . . . . . Indikationen und Anwendung . . . . .
101
109 110 110 111 111 111 112
113
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Fraktionierte Photothermolyse (fraktionale Lasertherapie) . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . Indikationen und Anwendung . Radiofrequenzenergie (RF) . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . Indikationen und Anwendung . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . .
. . . . . . 126 . . . . . . 126 . . . . . . 127 . . . . . . 129 . . . .
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Füllmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . Permanente Füllmaterialien . . . Polymethylmethacrylate . . . . . Polyacrylamide . . . . . . . . . . . Silikonöle . . . . . . . . . . . . . . . Semipermanente Füllmaterialien Abbaubare Füllmaterialien . . . . Kalziumhydroxylapatit . . . . . . . Carboxymethylcellulose . . . . . . Agarose . . . . . . . . . . . . . . . . Resorbierbare Füllmaterialien . . Polymilchsäure . . . . . . . . . . . . Kollagen . . . . . . . . . . . . . . . . Hyaluronsäuren . . . . . . . . . . . Autologe Füllmaterialien . . . . . Autologes Fettgewebe . . . . . . . Plasmagel . . . . . . . . . . . . . . . Unerwünschte Wirkungen . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . .
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129 130 131 131 133
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133 134 134 135 135 135 135 136 136 136 136 136 138 140 144 144 145 145 147 147
Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung 151
Franz Hasengschwandtner 10.1 Lipolyse . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.1 Geschichte der Injektionslipolyse mit Phosphatidylcholin – »Netzwerk Lipolyse« . . . . . . . . 10.1.2 Phosphatidylcholin . . . . . . . . . 10.1.3 Wie wirkt Injektionslipolyse im Fettgewebe? . . . . . . . . . . . 10.1.4 Indikationen . . . . . . . . . . . . . 10.1.5 Kontraindikationen . . . . . . . . .
. . . . . 151
. . . . . 152 . . . . . 153 . . . . . 154 . . . . . 157 . . . . . 159
XIV
Inhaltsverzeichnis
10.1.6 10.1.7 10.2 10.3
Relative Kontraindikationen Nebenwirkungen . . . . . . . Cellulite . . . . . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . Weiterführende Literatur . .
11
Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.1 11.1.1 11.2 11.2.1 11.3 11.3.1 11.4 11.4.1 11.4.2 11.5 11.6 11.6.1 11.6.2
12
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Helger Stege Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolle der Dermatologie . . . . . . . . . Hyper-/Hypopigmentierungen . . . . Hyperpigmentierung bei chronischer venöser Insuffizienz . . . . . . . . . . . Varikose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlungsmöglichkeiten . . . . . . Fettverteilungsstörungen, Lipödem, Lymphödem, Phlebödem . . . . . . . . Liposuktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Injektionslipolyse . . . . . . . . . . . . . Cellulite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depilation – Epilation . . . . . . . . . . Depilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . .
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13
. . 167 . . 168 . . 168 . . 169 . . 169 . . 170 . . . . . . . .
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Prophylaxe der Hautalterung/kosmetische Photodermatologie
167
. . . . . . . .
Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten . . . . . . . .
Nanna Y. Schürer, Luitgard Wiest 12.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Hautarchitektur und Alterung . . . . 12.3 Hautempfindlichkeit . . . . . . . . . . 12.4 Hautphysiologie . . . . . . . . . . . . . 12.4.1 Epidermale Barriere und transepidermaler Wasserverlust 12.4.2 Relative Hornschichtfeuchtigkeit . . 12.4.3 Hautoberflächen-pH . . . . . . . . . . 12.5 Ästhetische Eingriffe . . . . . . . . . . 12.6 Perkutane Absorption und Bioverfügbarkeit . . . . . . . . . . 12.7 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . .
159 160 163 164 164
171 171 172 173 174 174 174 177
179 . . . . . . . .
179 180 181 181 182 182 183 183
. . . 185 . . . 185 . . . 185
Kosmetische Beratung und Diagnostik in der dermatologischen Praxis . . . . . 191
Irene Rosengarten, Kathrin Mühlberg Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziel und Nutzen der kosmetischen Beratung und der hautphysiologischen Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Dermatokosmetika in der Prophylaxe und Therapiebegleitung . . . . . . . . . . 13.3.1 Erstellung eines Behandlungsplans . . . 13.3.2 Kosmetika in der Therapie der Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Hautphysiologische Messmethoden . . 13.4.1 Sinnvolle diagnostische Verfahren für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . 13.1 13.2
14
14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5 14.3.6 14.4 14.5 14.5.1
. 191
. 191 . 192 . 192 . 192 . 193 . 193 . 195 . 195
Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis . . . . . . . . . . Detlef Isermann, Klaus Fritz Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtssituation . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhang und Unterschiede von Praxis und Institut . . . . . . . . . . . Beispiele rechtlich möglicher Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . Übliche Rechtsformen . . . . . . . . . . . Rechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum . . . . . . Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Ausrüstung, Behandlungen und Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . Ort der Behandlung, Ort des Verkaufs . Preisniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . Promotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franchise statt Eigengründung . . . . . Unternehmensleitung: Strategie und operative Umsetzung . . . . . . . . Kommunikationsmix . . . . . . . . . . . .
197 . 197 . 198 . 198 . 198 . 201 . 201 . 205 . 205 . 205 . . . . .
207 210 210 212 214
. 214 . 215
XV Inhaltsverzeichnis
14.5.2 14.6 14.6.1 14.6.2 14.6.3
Kontrollfunktion . . . . . . . . . . . Marktforschung . . . . . . . . . . . Beispiel einer Kooperation . . . . Begriffe der Marktforschung . . . Instrumente der Marktforschung Weiterführende Literatur . . . . .
15
Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion und den Zustand der menschlichen Haut . . . . . . . . . . .
15.1 15.2 15.2.1 15.2.2 15.3 15.3.1 15.4 15.5 15.5.1 15.6 15.6.1 15.6.2 15.6.3 15.6.4 15.6.5 15.6.6 15.6.7 15.8
16
16.1 16.2 16.2.1 16.2.2 16.3 16.3.1 16.3.2
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
219
Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
16.3.3 DNS-Reparaturenzyme . . . . . . . 16.3.4 AhR-Antagonisten . . . . . . . . . . 16.3.5 Prävention der Hautalterung durch Actives aus natürlichen Biotopen . 16.4 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . .
17
Jean Krutmann, Wilhelm Stahl Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haut und Ernährung: Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften der Haut . . . . . . . . . . . Einfluss der Ernährung . . . . . . . . . . . . Bestimmung des Hautzustands mit objektiven und subjektiven Methoden . Geschlechtsunterschiede . . . . . . . . . . Assoziation von Nahrungsmitteln und Hautzustand . . . . . . . . . . . . . . . Bestrahlung menschlicher Haut mit ultravioletter Strahlung . . . . . . . . . Schutzmechanismen und Schadwirkung Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren . . . . . . . . . . . Mehrfach ungesättigte Fettsäuren . . . . Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karotinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flavonoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Probiotische Nahrungsmittel . . . . . . . . Funktionelle Milchprodukte . . . . . . . . Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
Jean Krutmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . UV-Filter – primäre Photoprotektion Physikalische UV-Filter . . . . . . . . . Chemische UV-Filter . . . . . . . . . . Sekundäre Protektion . . . . . . . . . Antioxidanzien . . . . . . . . . . . . . . Osmolyte . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 215 217 218 218
219 219 220
17.1 17.2 17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.4
220 221
17.4.1
219
222 223 223 223 224 224 224 225 225 225 226 226 227
229 . . . . . . .
229 230 230 230 232 232 237
17.4.2 17.5
. . . . 238 . . . . 239 . . . . 240 . . . . 240 . . . . 240
Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . Natalie Garcia Bartels, Ulrike Blume-Petyavi Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haarphysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . Alterung der Haarfollikel . . . . . . . . . . Einfluss auf das Haarwachstum . . . . . . Änderung der Haarstruktur . . . . . . . . . Verlust der Haarfarbe und Ergrauen . . . Mögliche präventive und supportive Maßnahmen bei altersbedingten Veränderungen der Haare . . . . . . . . . . Beeinflussung von Haarwachstum und Haarstruktur . . . . . . . . . . . . . . . Beeinflussung des Ergrauens (Canities) . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
241 241 241 242 242 243 244
248 248 249 249 249
Anhang Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie mit Angabe der besonderen Expertise. . . . . . . . . . . . . . .
253
Magdalena Radulescu
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261
I
Grundlagen der Hautalterung 1
Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen – 3 Ursula Krämer, Thomas Diepgen
2
Intrinsische und extrinsische Hautalterung: Klinische und morphologische Aspekte – 13 Mark Berneburg
3
Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen – 23 Jean Krutmann, Peter Schröder, Akimichi Morita
4
Endokrinologische Aspekte der Hautalterung – 37 Klaus Fritz
1 1 Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen Ursula Krämer, Thomas Diepgen
1.4
Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung – 8
Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung – 3
1.4.1 1.4.2
Altersbedingte Hautveränderungen – 8 Altersbedingte Hauterkrankungen – 8
1.2.1 1.2.2
Lebenserwartung – 3 Demographischer Wandel
1.5
Herausforderung für Dermatologen
1.3
Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft – 7
1.6
Fazit für die Praxis – 11
1.1
Einleitung
1.2
–3
–5
– 10
Weiterführende Literatur – 11
1.1
Einleitung
Deutschland befindet sich, wie viele andere Länder auf der Welt, in einer Phase des demographischen Wandels. Dieser Wandel beinhaltet eine sinkende Geburtenrate bei einer gleichzeitig stark steigenden Lebenserwartung. Er hat zur Folge, dass die Bevölkerung im Mittel immer älter wird. Diese dynamische Entwicklung führt zu steigenden Ansprüchen an das Gesundheitswesen mit Fragen, die die Gesundheitsversorgung und die veränderten Ansprüche einer alternden Bevölkerung betreffen. Sie stellt daher eine Herausforderung für das Gesundheitssystem und für die Gesellschaft als Ganzes dar (Beauregard u. Gilchrest 1987). Eine besonders wichtige Konsequenz dieses Alterungsprozesses betrifft die Zunahme chronischer Erkrankungen, von denen ältere Menschen überproportional betroffen sind, und die möglicherweise zu Behinderungen und einer Minderung der Lebensqualität führen. i Chronische Erkrankungen und Schäden der alternden Haut, aber auch steigende Ansprüche an die kosmetische Dermatologie stellen eine besondere Dimension an Herausforderungen für den Dermatologen dar.
Menschliche Haut altert nicht nur chronologisch. Die mit zunehmendem Alter auch zunehmende kumulative Exposition mit Belastungen aus der Umwelt, wie z. B. mit UV-Strahlung, kann überproportional zu Hautschäden und Erkrankungen beitragen. Daneben haben aber auch Veränderungen des Lebensstils dazu beigetragen, dass etwa die Inzidenz des Hautkrebses in den letzten Jahren unabhängig von der Alterungsentwicklung dramatisch zugenommen hat (Fisher et al 2002).
1.2
Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung
1.2.1 Lebenserwartung
Die Sterblichkeit in jeder Altersgruppe hat weltweit abgenommen. Das hat zu einer enormen Verlängerung der Lebenserwartung geführt. Dabei war der Rückgang der Säuglings- und Kindersterblichkeit zunächst der wichtigste Einflussfaktor. Fortschritte in der Medizin, Hygiene und in Lebensbedingungen haben dazu wesentlich beigetragen. Noch 1870/71 lag die Lebenserwartung in Deutschland sehr niedrig bei rund 35 Jahren (. Abb. 1.1). Dies war vor allem durch die sehr hohe
4
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
1
. Abb. 1.1. Entwicklung der Lebenserwartung Neugeborener seit 1871/1881. (Aus: Statistisches Bundesamt 2006)
Säuglingssterblichkeit bedingt. Eine höhere Lebenserwartung als 35 Jahre wurde in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt bis 1950 nicht erreicht. Wie in Deutschland nach 1870 ist die Lebenserwartung auch in diesen Ländern gestiegen und wird bis zum Jahre 2050 auf 65 Jahre steigen. In industrialisierten Ländern lag die Lebenserwartung schon 1950 bei 65 Jahren, sie wird bis 2050 auf 82 Jahre steigen. Heute (2006) liegt die Lebenserwartung von Frauen aus Deutschland bei 82,1 Jahren und von Männern bei 76,6 Jahren. Die Werte sind in allen Industrienationen relativ ähnlich, die höchste Lebenserwartung haben japanische Frauen mit 84,3 Jahren. In osteuropäischen Ländern ist der positive Trend zu einer immer höheren Lebenserwartung allerdings zumindest zurzeit unterbro-
chen. Hier hat die Lebenserwartung insbesondere der männlichen Bevölkerung in den letzten Jahren abgenommen. In Russland liegt die Lebenserwartung für Männer bei 60,5 Jahren und bei Frauen bei 74,1 Jahren. Mit der weltweiten Abnahme der Säuglingssterblichkeit auch in den Entwicklungsländern geht ein enormes weltweites Bevölkerungswachstum einher. Betrug die Weltbevölkerung im Jahre 1950 noch 2,5 Mrd., so wird sie im Jahre 2050 auf 8,5 Mrd. angestiegen sein. Der zahlenmäßige Anstieg ist in der Bevölkerungsgruppe der sehr Alten, der über 80-Jährigen am deutlichsten ausgeprägt. Heute sind rund 70 Mio. Menschen auf der Welt über 80 Jahre, diese Zahl wird bis zum Jahre 2050 auf 377 Mio. angestiegen sein. Die zahlenmäßige Vergrößerung
5 1.2 · Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung
dieser Altersgruppe ist in westlichen Industrienationen wie Deutschland besonders deutlich. i 1960 lebten in Deutschland 1,2 Mio. Menschen, die älter waren als 80 Jahre, 2010 werden es 4 Mio. sein und 2050 schließlich 10 Mio. (Statistisches Bundesamt 2006).
Geschlechtsunterschiede in der Sterblichkeit lassen sich weltweit beobachten. Frauen leben im Durchschnitt länger als Männer, und dieser Unterschied beträgt in den meisten westlichen Industrienationen ungefähr 5–7 Jahre. Diese Unterschiede in der Lebenserwartung führen dazu, dass der Anteil alter Frauen den der alten Männer bei weitem übersteigt. Kommen in Deutschland in der Altersgruppe der 30- bis 35-Jährigen noch 104 Männer auf 100 Frauen, so sind es bei den 60- bis 65-Jährigen nur noch 97 und bei den über 90-Jährigen schließlich nur noch 30. Daher sind die gesundheitlichen und sozioökonomischen Probleme des Alterns zurzeit im Wesentlichen ein Problem alternder Frauen. Die Prognosen gehen für Deutschland allerdings mit dem Wegsterben der Männer, die durch den Krieg gesundheitlich beeinträchtigt waren, und der Angleichung des Lebensstils von Frauen und Männern von einer zunehmenden Angleichung der Lebenserwartung aus (Statistisches Bundesamt 2006).
1.2.2 Demographischer Wandel
Über Tausende von Jahren hinweg hat eine Altersverteilung in Form einer Pagode alle Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet. Eine solche Altersverteilung kann heute nur noch in den am wenigsten entwickelten Ländern beobachtet werden. Nur hier sind Kinder am zahlreichsten und sehr alte Individuen sind eine winzige Subgruppe. In solchen Ländern sind sowohl die Geburtsrate wie die Sterblichkeitsrate hoch. Der demographische Übergang von hoher Geburts- und Sterblichkeitsrate zu einem neuen Gleichgewicht mit niedriger Geburts- und Sterblichkeitsrate vollzieht sich gewöhnlich mit 2 Zwischenphasen:
1
1. Es liegt eine hohe Geburts- und Sterblichkeitsrate vor, wie sie heute nur noch in den am wenigsten entwickelten Ländern vorkommen. 2. Die Sterblichkeitsrate von Kindern nimmt ab und die Bevölkerung vermehrt sich sehr rasch. Diese Entwicklungsphase charakterisiert die Verhältnisse in Europa zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und trifft heute auf viele Entwicklungsländer zu. 3. Die Geburtsrate nimmt ab bei gleichzeitig weiterer Erniedrigung der Sterblichkeitsrate in allen anderen Altersgruppen, dies trifft auf Europa seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu. 4. Ein neues Gleichgewicht von Geburts- und Sterberate stellt sich ein. Alle Bevölkerungsgruppen der Welt befinden sich irgendwo in diesem Prozess. . Abbildung 1.2 zeigt die Entwicklung in Deutschland zwischen 1871 und heute und die aktuelle Prognose für das Jahr 2050. In Europa begann zwischen 1965 und 1975 eine zweite Phase des Geburtenrückgangs, der in Nordeuropa seinen Ausgang nahm, Südeuropa erreichte und nun die östlichen europäischen Länder erfasst hat. Auch diese zweite Phase des Geburtenrückgangs war mit einer weiteren Erhöhung der Lebenserwartung verbunden und führte zu einem dramatischen Anstieg des Alterns der Bevölkerungen. Ein Gleichgewicht wurde (noch?) nicht erreicht, in einigen europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland, wird sogar ein Rückgang der Bevölkerungszahlen erwartet: in Deutschland von 82 Mio. im Jahre 2000 auf 70 Mio. im Jahre 2050. Da dieser Rückgang ausschließlich auf eine sehr niedrige Geburtenrate bei weiter steigender Lebenserwartung zurückzuführen ist, wird der Anteil älterer Menschen in der Gesamtbevölkerung deutlich ansteigen. Waren im Jahre 2000 etwa 17% über 65 Jahre alt, so wird dieser Anteil im Jahre 2050 auf 29% gestiegen sein. Dies bedeutet ein deutliches Altern der Bevölkerung. Das Altern einer Population bedeutet nämlich nicht nur, dass die Anzahl älterer Individuen ansteigt, sondern vor allem, dass der relative Anteil alter Leute in der Bevölkerung ansteigt.
6
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
1
. Abb. 1.2. Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland 1910, 1950, 2005 und 2050 im Vergleich. (Aus: Statistisches Bundesamt 2006)
7 1.3 · Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft
1.3
Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft
Der Übergang von hohen zu niedrigen Geburts- und Sterberaten hat weltweite politische, sozioökonomische und gesundheitsökonomische Konsequenzen. Wegen des Geburtenrückgangs erreichen viele Industrienationen einen Zustand, in dem die Anzahl alter Leute die Anzahl Kinder weit übersteigt. Im Jahre 2050 wird es in Deutschland doppelt so viele 60-Jährige wie Neugeborene geben. Ein Maß, das das Altern einer Gesellschaft kennzeichnet und gleichzeitig auf die sozialen Konsequenzen hinweist, ist der Altenquotient. Dieser beschreibt die Anzahl der Personen im offiziellen Rentenalter (65 Jahre und älter) je 100 Personen im arbeitsfähigen Alter (20–64 Jahre). In Deutschland war dieser Quotient 10 im Jahre 1910, 16 im Jahre 1950, 28 im Jahre 2000 und wird im Jahre 2050 bei 60 liegen. . Abbildung 1.3 zeigt den Verlauf zwischen 1950 und 2050. Er macht deutlich, welche enormen Lasten auf die arbeitende Bevölkerung zukommen werden.
. Abb. 1.3. Jugend-, Alten- und Gesamtquotient mit der Altersgrenze 20 und 65 Jahre. Jugendquotient: unter 20-Jährige je 100 Personen im Alter von 20–64 Jahren; Altenquo-
1
Während der medizinische Fortschritt eine zunehmende Lebensqualität auch in höherem Alter verspricht, deuten heutige Voraussagen eher auf soziale und ökonomische Ungleichheiten in höherem Alter hin. i Mit der verlängerten Lebenserwartung einher geht die Möglichkeit, auch länger unterschiedlichen toxischen Substanzen, chemischen Irritanzien und Umweltfaktoren wie der Sonnenstrahlung ausgesetzt zu sein.
Die kumulative Exposition mit diesen Substanzen kann einen Einfluss auf die Gesundheit haben, die den natürlichen Alterungsprozess möglicherweise noch verstärkt. Die Belastung mit chronischen Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen nimmt zu und treibt die Gesundheitskosten in die Höhe. Dazu kommt, dass die alternde Bevölkerung auch höhere Ansprüche an die Lebensqualität hat. Die Gesundheitskosten für die Bevölkerung über 65 steigen damit rapide und überproportional an. Ebenso steigen die Ansprüche und Kosten für eine Langzeitpflege.
tient: 65-Jährige und Ältere je 100 Personen im Alter von 20–64 Jahren. (Aus: Statistisches Bundesamt 2006)
8
1
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
Das Einführen von Präventivmaßnahmen mit dem Ziel, ein möglichst langes gesundes Leben zu ermöglichen, ist unbedingt notwendig. Eine führende Rolle kommt dabei auch der modernen Dermatologie zu, die Präventivstrategien entwickeln muss, um die Prävalenz von Hautkrankheiten und insbesondere den Hautkrebs der Älteren zu reduzieren.
1.4
Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung
1.4.1 Altersbedingte Hautveränderungen
Die Haut ist ein dynamisches und komplexes Organ. Sie zeigt typische altersbedingte Veränderungen und macht das Altern am stärksten sichtbar. Der natürliche Alterungsprozess der Haut wird als intrinsisches Altern bezeichnet. Darüber hinaus steht die Haut auch in direktem Kontakt mit der Umwelt und zeigt daher Zeichen von Veränderungen, die auf den kumulativen Einfluss von Umweltschadstoffen zurückzuführen sind. Eine solche umweltbedingte Alterung wird als extrinsisches Altern bezeichnet. Die intrinsisch oder chronologisch gealterte Haut wirkt dünner, weniger straff und ist feiner gezeichnet. Überdies wird die Haut mit dem Alter
verletzlicher, da viele protektive Faktoren zunehmend an Wirkung verlieren. Die biologische Uhr wirkt sich auf die Haut wie auch auf die inneren Organe als langsame nicht mehr umkehrbare Degradierung des Gewebes aus. Der natürliche Abfall der Hautfunktionen zeigt sich klinisch als physikalische Veränderung von Gewebespannung, als Trockenheit sowie Ekchymose und Verdünnung. Die Gründe für das chronologische Altern sind weniger klar als die für das extrinsische, das – nach der bedeutsamsten Noxe – lichtinduzierte Altern. Lichtalterung der Haut ist im Wesentlichen das Ergebnis einer Einwirkung von UV-Strahlung. Die betroffene Haut zeigt eine Vielzahl typischer klinischer Zeichen, darunter Lentigines solaris, Lentigines senilis und aktinische Keratose. . Abbildung 1.4 zeigt die Altesverteilung dieser Zeichen in der bevölkerungsbezogenen Studie KORA aus dem Jahre 2000 in Augsburg an 2823 Erwachsenen (Schäfer et al. 2006). Diese stellt eine der wenigen Untersuchungen dar, in der die Prävalenz dieser Hautveränderungen in einer Bevölkerungsgruppe aktuell bestimmt worden ist.
1.4.2 Altersbedingte Hauterkrankungen
Viele Schutzfaktoren der Haut verlieren sich mit dem Alter und daher wird die Haut verletzlicher. Das
. Abb. 1.4. Hautalterungszeichen in unterschiedlichen Altersgruppen einer bevölkerungsbezogenen Studie in Augsburg (Schäfer et al. 2006)
1
9 1.4 · Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung
Ausmaß dermatologischer Erkrankungen älterer Personen ist groß und wird oftmals unterschätzt. Viele in jeder Altersstufe vorkommende Beeinträchtigungen der Haut, wie Pruritus, seborrhoische Dermatitis und Xerosis, treten in der älteren Bevölkerung viel häufiger auf (Kosmadaki u. Gilchrest 2002). Andere Erkrankungen der Haut wie Hauttumore und Geschwüre der Beine sind sogar weitgehend auf die Älteren beschränkt. Überdies leiden ältere Menschen häufig unter hyperkeratotischen Wunden der Füße. Hautmanifestationen endokrin metabolischer Erkrankungen wie Diabetes sind in höherem Alter häufiger, weil die Grunderkrankungen entsprechend häufiger sind (Schneider u. Normann 2004). Eine Studie in Australien bei über 80-jährigen Bewohnern einer Altenpflegestation zeigte, dass 30% eine Xerosis hatten, 22,5% litten unter Onychomykose und 9% an Dermatitis (Smith et al. 2002). Eine Studie in den USA zeigte, dass rund 20% aller ambulanten Fälle von Patienten über 55 Jahre in einer dermatologischen Diagnose mündete. Die häufigste Einzeldiagnose bei Frauen und Männern war aktinische Keratose, gefolgt von asteatotischer Dermatitis und nichtmelanomem Hautkrebs. Diese drei Diagnosen machten etwa ein Viertel aller dermatologischen Diagnosen aus (Smith et al 2001). Natürlich unterscheiden sich die Muster dermatologischer Diagnosen bei älteren Patienten zwischen einzelnen Ländern auf der Welt. In Entwicklungsländern sind sicher Parasiten-
erkrankungen noch von großer Bedeutung (AbdelHafez et al. 2003), während z. B. Unterschiede, wie sie zwischen östlichen und westlichen Industrienationen deutlich werden (. Tab. 1.1), auf eine Wechselwirkung von Lebensstil, Hautbeschaffenheit und genetischen Faktoren zurückzuführen sind (Liao et al. 2001). Ein besonderes Augenmerk verdient der Hautkrebs, dessen Inzidenz mit dem Lebensalter ansteigt, der aber in den letzten Jahrzehnten unabhängig von der Alterung der Bevölkerung deutlich zugenommen hat. Dabei ist die Zunahme des Melanoms besonders besorgniserregend. Das saarländische Krebsregister hat beispielsweise für die 1970er Jahre über eine Inzidenz von 3 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr berichtet, in den 1990er Jahren war diese Inzidenz auf 9 Fälle gestiegen (Robert Koch Institiut 2004; . Abb. 1.5). In Australien (40–60 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr) und den USA (10–20 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr) mit ihrer stärkeren Sonneneinstrahlung und anderen Lebensgewohnheiten sind die Inzidenzen noch deutlich höher. i Das mittlere Alter von Patienten mit Melanom ist niedriger als das von Patienten mit anderen malignen Hauterkrankungen.
Daten aus Florida zeigen allerdings, dass zumindest dort das mittlere Alter bei der Erstdiagnose einer malignen Hauterkrankung von 76,2 Jahren im Jahre 1972 auf 64,1 Jahre im Jahre 2001 abgesunken ist
. Tab. 1.1. Muster von Hauterkrankungen bei alten Patienten in östlichen und einer westlichen Industrienation (Liao et al. 2001) Ottawa, Kanada n=326 1985–1986 In %
Tokio, Japan n=10.113 1981–1989 In %
Singapur n=2.571 1990 In %
Taipeh, Taiwan n=16.924 1993–1999 In %
Dermatitis
16,3
33,7
35,3
58,7
Gutartige Tumore
13,8
4,6
4,1
12,8
Aktinische Keratose
24,9
0,3
0,0
0,5
Bösartige Tumore
12,6
1,0
0,7
2,1
Pilzinfektionen
3,4
26,8
2,6
38,0
Pruritus
1,2
7,5
1,7
14,2
10
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
1
. Abb. 1.5. Altersstandardisierte Erkrankungsrate und Mortalität am malignen Melanom der Haut, Saarland 1970–2000;
gleitende Mittelwerte; Quelle: Krebsregister Saarland. (Aus: Robert Koch Institut 2004)
(Collins et al. 2004). Die Erhöhung des Risikos insbesondere des nichtmelanozytären Hautkrebses mit dem Alter ist zum großen Teil auf die mit dem Alter zunehmende kumulative Umweltexposition zurückzuführen. Dazu kommt aber sicher auch eine Fülle weiterer altersbezogener Faktoren wie nachlassende immunologische Kompetenz, angestiegene freie Radikale sowie ein Verlust an DNS-Reparaturkapazität (Graham-Brown 2004).
in relativ jungem Alter an und ist keineswegs besonders häufig in der Gruppe der besonders Alten. Der Wunsch nach ewiger Schönheit ist in unserer Gesellschaft sehr lebendig und der Dermatologe muss sich den Fragen nach eine Behandlung und Prävention von Hautalterung stellen. Kosmetische Prozeduren zur Hautverjüngung werden zunehmend häufiger. Daten aus den USA zeigen, dass unter anderem beispielsweise Botox-Injektionen sehr deutlich zugenommen haben (www.plasticsurgery.org). Dabei übersteigt die Zunahme dieser kosmetischen Prozeduren die Zunahme der Bevölkerung in allen Altersgruppen bei weitem. Überdies werden in der Altersgruppe der über 65-Jährigen diese Prozeduren sogar von allen Altersgruppen über 20 relativ am wenigsten häufig angewandt. Dies ist bemerkenswert, da entsprechende Hautalterungszeichen ja eher in dieser Altersgruppe ihre höchste Prävalenz zeigen. Die Zunahme dieser Hautverjüngungsmaßnahmen kann damit höchstens als indirekte Folge des Bevölkerungsalterns angesehen werden. In einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft gilt Jugendlichkeit als besonders hohes Gut.
1.5
Herausforderung für Dermatologen
Die alternde Bevölkerung bedeutet eine Herausforderung auch und vielleicht in besonderem Maße für den Dermatologen. Diese Herausforderung wird noch verstärkt durch andere Faktoren, die nicht direkt mit dem Altern der Bevölkerung zusammenhängen. Die Bedürfnisse der Patienten haben sich geändert. Das öffentliche Bewusstsein für das Aussehen und die Schönheit der Haut ist sicher durch Medienkampagnen verstärkt. Häufig fängt die Beunruhigung über Falten und Pigmentflecken schon
11 Weiterführende Literatur
1.6
Fazit für die Praxis
Die deutsche Population altert in einem rapiden Tempo und wird aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest in den nächsten 50 Jahren weiter altern. Diese demographische Entwicklung fordert auch die Dermatologie, steigen damit doch natürlicherweise Probleme mit altersbedingten Hautveränderungen und Hauterkrankungen an. Dazu kommt aber noch eine überproportionale Zunahme von dermatologischen Problemen, die nicht nur aus dem normalen Alterungsprozess herrühren. Durch eine Veränderung des Lebensstils und Freizeitverhaltens haben insbesondere die Exposition mit ultraviolettem Licht und damit einhergehend Probleme der lichtgealterten Haut zugenommen. Die starke Zunahme von Hautkrebs hat auch in diesen Veränderungen ihre Ursache. Darüber hinaus nimmt die Besorgnis über das körperliche Aussehen im Alter zu, die von den Medien heftig geschürt wird. Eine ständig wachsende Zahl von Menschen ist an einer Verjüngung ihrer Haut interessiert. Die Dermatologie ist also durch die demographische Entwicklung besonders herausgefordert, wird doch die Zunahme an Krankheit, die alleine durch ein zunehmendes Alter bedingt ist, noch verstärkt durch eine Veränderung des Lebensstils, der zu mehr Hautproblemen führt, und durch höhere Ansprüche an das Aussehen von Haut auch im Alter. Danksagung. Statistiken und Beschreibungen der Bevölkerungsdynamik sind im Internet frei verfügbar. Wir benutzten im Wesentlichen Informationen des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland.
1
Weiterführende Literatur Abdel-Hafez K et al. (2003) Prevalence of skin diseases in rural areas of Assiut Governorate, Upper Egypt. Int J Dermatol 42:887-892 Beauregard S, Gilchrest BA (1987) A survey of skin problems and skin care regimes in the elderly. Arch Dermatol 123:1638-1643 Collins GL et al. (2004) Changing demographics and pathology of nonmelanoma skin cancer in the last 30 years. Semin Cutan Med Surg 23:80-83 Fisher GJ et al. (2002) Mechanisms of photoaging and chronological skin aging. Arch Dermatol 138:1462-1470 Graham-Brown RA (2004) Diagnosing skin disease in the elderly. Practitioner 974-981 Kosmadaki MG, Gilchrest BA (2002) The demographics of aging in the United States: Implications for dermatology. Arch Dermatol 138:1427-1428 Liao YH et al. (2001) Pattern of skin diseases in a geriatric patient group in Taiwan: a 7-year survey from the outpatient clinic of a University Medical Center. Dermatol 203:308-313 Robert Koch Institut (Hrsg) (2004) Hautkrebs, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 22. Verlag Robert-KochInstitut, Berlin Schäfer T et al. (2006) The epidemiology of nevi and signs of skin aging in the adult general population: Results of the KORA-survey 2000. J Invest Dermatol 126:1490-1496 Schneider BJ, Norman RA (2004) Cutaneous manifestations of endocrine-metabolic disease and nutritional deficiency in the elderly. Dermatol Clin 22:23-31 Smith DR et al. (2002) A survey of skin disease among patients in an Australien nursing home. J Epidemiol 12:336-340 Smith ES et al. (2001) Demographics of aging and skin disease. Clin Geriatr Med 17:631-641 Statistisches Bundesamt (Hrsg) (2006) Bevölkerung Deutschlands bis 2050, 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
2 2 Intrinsische und extrinsische Hautalterung Klinische und morphologische Aspekte Mark Berneburg 2.1
Der normale Alterungsprozess – 13
2.1.1 2.1.2
Biologische Rhythmen – 13 Individuelle Lebenserwartung – 14
2.3
Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung – 17
2.3.1 2.3.2
Intrinsische Hautalterung – 17 Extrinsische Hautalterung – 18
2.2
Prozesse der Hautalterung
2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4
Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) – 14 Mitochondriale DNS Mutationen – 15 Aktivierung von Transkriptionsfaktoren – 16 Matrixmetalloproteinasen – 16
2.4
Fazit für die Praxis – 22
2.1
Der normale Alterungsprozess
Eine weitere »biologische Uhr« scheint die maximal mögliche Lebensspanne darzustellen, die von Spezies zu Spezies variiert. So werden kleine Säugetiere weniger alt als große. Ebenso weisen unterschiedliche Zellen desselben Lebewesens unterschiedliche maximale Lebenszeiten auf. Weitläufig bekannt ist das von Hayflick 1966 beschriebene Phänomen, nach dem Zellen ein für sie typisches, phasenhaftes Teilungspotenzial besitzen. Die letzte Phase, die sog. Krise, ist dadurch gekennzeichnet, dass die Zellen ihr Teilunspotenzial verlieren und absterben.
– 14
2.1.1 Biologische Rhythmen
Der normale Alterungsprozess wird allgemein als die Veränderung des Körpers im Lauf des Lebens angesehen. Hierzu gehört eine Vielzahl von Aspekten. Während nach »landläufiger« Meinung Alterung als die Summe abnehmender Körperfunktionen (Abbau) gesehen wird, sind zumindest in den ersten beiden Lebensjahrzehnten Alterungsprozesse hauptsächlich vom Aufbau (Wachstum, Geschlechtsreife) gekennzeichnet. Körpereigene Rhythmen, sog. biologische Uhren, verlaufen in verschiedenen Lebensabschnitten quantitativ, aber auch qualitativ unterschiedlich. So verändern sich z. B. zirkadiane Rhythmen (Tag/Nacht, Körpertemperatur, Hormonspiegel von Cortisol und Melatonin) im Rahmen des normalen Alterungsprozesses. Dies ist ebenso der Fall bei langsameren Rhythmen (infradian) wie z. B. Hormonspiegel im Rahmen der Fortpflanzung, aber auch bei wesentlich schnelleren Zyklen (ultradian). Ein Beispiel hierfür ist die Atmungskette im Rahmen der Energiegewinnung, auf die später und in anderen Kapiteln dieses Buches noch eingegangen wird.
Weiterführende Literatur – 22
i Die Lebensdauer jeder einzelnen Zelle scheint also durch ein internes Programm prospektiv begrenzt zu sein.
Wie absolut diese Begrenzung ist, erscheint unklar. Ebenfalls aus dem Hayflick-Experiment ist bekannt, dass ein sehr geringer Teil der ursprünglichen Zellen die terminale Krise übersteht und spontan immortalisieren kann. Zellen wie z. B. die spontan immortalisierten Keratinozyten (HaCat-Zellen) sind so entstanden und werden heute weitläufig in Laboratorien eingesetzt.
14
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
2.1.2 Individuelle Lebenserwartung
2
Zur Frage der Lebenszeitverlängerung existiert eine Vielzahl von Untersuchungen. Es ist bekannt, dass die für jede Tierart charakteristische Lebensspanne durch äußere Faktoren beeinflusst werden kann. So lässt sich z. B. die Lebenserwartung von Mäusen und Ratten durch Einschränkung der Nahrungsaufnahme verlängern. Weiterhin lebt die Fruchtfliege Drosophila melanogaster bedeutend länger, wenn sie in niedriger Umgebungstemperatur gehalten wird (120 Tage bei 10°C und 14 Tage bei 30°C). Die Erklärung für den Einfluss der beiden Faktoren Umgebungstemperatur und Nahrungsaufnahme ist im Energieumsatz zu suchen. Die Lebenserwartung einer bestimmten Spezies verhält sich nämlich umgekehrt proportional zu ihrem Grundumsatz. Große Tiere verbrauchen weniger O2 pro Kilogramm Körpergewicht und leben länger als kleine Tiere, die relativ wesentlich mehr Sauerstoff umsetzen. Die Bedeutung des Sauerstoffverbrauchs für den normalen Alterungsprozess beruht wahrscheinlich auf der Bildung hochreaktiver Sauerstoffradikale (ROS). Harman formulierte als Erster diese sog. Freie-Radikale-Theorie des Alterns (»free radical theory of aging«). Nach dieser Theorie ist der Organismus ständig freien Sauerstoffradikalen ausgesetzt, die überall im Körper entstehen. Im Laufe seines Lebens acquiriert der Organismus eine stetig steigende Anzahl von ROS-induzierten Schäden, die eine Vielzahl von Körperfunktionen beeinträchtigen. Dieser Alterungsprozess schreitet kontinuierlich fort, bis die Summe der Schäden nicht mehr mit dem Leben zu vereinbaren ist. i Lebenserwartung ist abhängig vom Sauerstoffumsatz und verhält sich umgekehrt proportional zum Grundumsatz.
2.2
Alterungsprozess dar. Als mechanische und biologische Grenze zwischen inneren Organen und Umwelt ist die Haut täglich zusätzlich einer Vielzahl von exogenen Einflüssen ausgesetzt, die nicht nur einmalig und direkt einwirken (Verletzung), sondern auch repetitiv und mit großer Latenz. Deshalb wird bei der Haut die intrinsische von der extrinsischen Alterung unterschieden. Die Namensgebung ist hier nicht eindeutig. Bei der intrinsischen Alterung wird oft auch von der chronologischen oder genetischen, bei der extrinsischen von der exogenen bzw. vorzeitigen Alterung und, falls ultraviolettes Licht die exogene Noxe darstellt, auch von der Lichtalterung gesprochen. Unterschieden werden beide Prozesse durch die hervorrufenden Noxen und zum Teil durch die unterschiedlichen Pathomechanismen. Morphologisch ist die intrinsische Hautalterung nicht immer scharf von der extrinsischen zu trennen. Beide Prozesse entstehen parallel, und insbesondere die extrinsische Alterung der Haut kann die intrinsische Alterung an unterschiedlichen Körperstellen in unterschiedlichem Ausmaß überlagern. i Unter intrinsischer Hautalterung versteht man chronologische oder genetische Alterung, unter extrinsischer exogene, vorzeitige oder Lichtalterung.
Die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen der Lichtalterung werden unter einem eigenen Kapitel behandelt und dort im Detail beschrieben (7 Kap. 3). Einige Aspekte der intrinsischen Alterung der Haut weisen jedoch dieselben zugrundeliegenden Mechanismen auf wie die extrinsische (Licht-)Alterung. Weiterhin leiten sich die biochemischen, morphologischen und klinischen Charakteristika der Hautalterung direkt aus diesen Pathomechanismen ab. Deshalb soll zum besseren Verständnis auf diese Mechanismen hier kurz eingegangen werden.
Prozesse der Hautalterung 2.2.1 Reaktive Sauerstoffspezies (ROS)
Mechanismen der Alterung, wie sie für den gesamten Organismus von Bedeutung sind, spielen natürlich auch bei der Alterung der Haut eine Rolle. Aufgrund ihrer besonderen Schutzfunktion für den Körper stellt die Haut jedoch eine Ausnahme im
Wie bereits oben erwähnt, spielen freie Sauerstoffradikale (ROS) eine zentrale Rolle in der Hautalterung. Gemäß der von Harman formulierten FreieRadikale-Theorie der Alterung kommt es im Laufe
15 2.2 · Prozesse der Hautalterung
des Lebens kontinuierlich zur Bildung solcher Moleküle. Dies geschieht in besonderem Maße in Geweben mit hohem Sauerstoffumsatz (7 Abschn. 2.1.2), wie z. B. Gehirn, Muskel und Leber.
Entstehung Auf Zellebene sind die Mitochondrien der Ort mit dem höchsten Umsatz an ROS. Im Rahmen der Energiegewinnung durch die Atmungskette entsteht an der inneren Mitochondrienmembran hauptsächlich H2O2. Dieses Radikal entsteht jedoch auch im Rahmen der Lichtalterung, wo es durch Superoxiddismutasen aus Superoxidanionen generiert wird. Eine Vielzahl von Untersuchungen hat ergeben, dass im Rahmen der extrinsischen Alterung H2O2 und Singulett-Sauerstoff die wichtigsten ROS darstellen, die durch UVA-Licht induziert werden. Hydroxylradikale hingegen entstehen im Rahmen der physiologischen Fenton-Reaktion zusammen mit H2O2 und stellen bei der extrinsischen Hautalterung im Rahmen der UVB-Exposition die wichtigsten Sauerstoffradikale dar. i ROS sind also von zentraler Bedeutung sowohl bei der intrinsischen als auch bei der extrinsischen Alterung der Haut.
Körpereigene Abwehrkapazität Im Laufe der Evolution hat der Organismus mehrere Abwehrmechanismen gegen ROS entwickelt. Hierzu gehören Katalase, Cytochrom p450, Glutathion, Fenton-Reaktion etc. Wenn die Quencherkapazität der körpereigenen Systeme überschritten wird, können die hochreaktiven Moleküle mit verschiedenen Bestandteilen der Zelle reagieren und diese schädigen. So können zelluläre Makromoleküle wie z. B. DNS, Proteine und Lipoproteine direkt geschädigt werden. In diesem Zusammenhang sind Veränderungen der DNS von besonderer Bedeutung, da sie als Mutationen der Erbinformation unwiderruflich festgeschrieben werden. Ebenfalls findet die Veränderung der DNS kontinuierlich statt, und auch gegen diese Schäden hat der Organismus Reparaturmechanismen wie Mismatch-, Doppelstrangbruchund Nukleotid-Exzisions-Reparatur entwickelt. Falls jedoch auch diese Mechanismen in ihrer Kapazität erschöpft werden, akkumulieren irreversible Schäden im Laufe der Zeit im Genom. Die kontinuierliche
2
Attacke von ROS und die körpereigene Abwehr durch Quencher- und Reparatursysteme führen dazu, dass Alterungsprozesse der Haut nicht momentaner Natur sind, sondern einen Prozess darstellen, der über Jahre hinweg protrahiert verläuft. i Überlastung körpereigener Abwehrmechanismen durch kontinuierliche ROS-Bildung führt zu Genmutationen und protrahiert zur Hautalterung.
In diesem Zusammenhang spielt der Gedanke der Speziesfortpflanzung evtl. eine Rolle. Es ist bekannt, dass die körpereigenen Schutzmechanismen im Alter abnehmen. Dies könnte zum einen damit zusammenhängen, dass bis zu einem Alter von ca. 30 Jahren die metabolischen Anforderungen an den Organismus besonders hoch sind und deshalb auch die Schutzmechanismen besonders aktiv sind. Zum anderen ist evolutiv gesehen das Individuum jenseits der reproduktiven Phase aus Fortpflanzungsgesichtspunkten nicht mehr besonders schützenswert, weshalb die Abwehr von ROS keine evolutiven Vorteile bietet.
2.2.2 Mitochondriale DNS Mutationen
Mitochondrien sind Zellorganellen, die vor ca. 1,5 Mrd. Jahren aus sog. Purpurbakterien entstanden sind. Ihre Hauptaufgabe ist die Bereitstellung von Energie in Form von ATP. Dies geschieht durch die Atmungskette, einen Prozess, der durch 5 Proteinkomplexe betrieben wird. Die Atmungskette befindet sich an der inneren Mitochondrienmembran. Entlang dieser wird ein Protonengradient aufgebaut, durch dessen Hilfe im letzten Schritt der Atmungskette aus ADP und Organophosphat ATP generiert wird. Dieser Prozess verläuft nicht immer fehlerfrei. Bei Fehlern in der Atmungskette kann es zur Entstehung von ROS kommen, weshalb das Mitochondrium den Ort mit dem höchsten Umsatz an ROS in der Zelle darstellt. So wird geschätzt, dass in einem Rattenlebermitochondrium täglich etwa 1×107 ROS entstehen. Mitochondrien enthalten ihr eigenes genetisches Material. Die mitochondriale (mt)DNS ist ein 16.559 bp langes, zirkuläres und doppelsträngiges Molekül, welches in ca. 4–10 Kopien pro Mitochon-
16
2
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
drium vorliegt. Die mtDNS befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Atmungskette und damit in unmittelbarer Nähe zu den schädigenden Einflüssen der entstehenden ROS. Es konnte gezeigt werden, dass Mutationen der mtDNS im normalen Alterungsprozess akkumulieren und die Funktion der Atmungskette umgekehrt proportional dazu abnimmt, was zu einer Abnahme der Energiebereitstellung führt (mitochondriale Theorie des Alterns). Es konnte gezeigt werden, dass über die intrinsische Alterung hinaus Mutationen der mtDNS auch bei der extrinsischen Alterung der Haut eine Rolle spielen (mitochondriale Theorie der Lichtalterung). Haut, die repetitiv mit UV-Licht exponiert wurde, zeigte eine Induktion von Mutationen der mtDNS. Diese Mutationen blieben bis zu einem Jahr in der Haut bestehen, was darauf hindeutet, dass mtDNSMutationen als Langzeitmarker für chronischen UV-Schaden angesehen werden können. Die Induktion von mtDNS-Mutationen konnte auch in vitro in normalen humanen Fibroblasten bestätigt werden. In diesem System konnte ebenfalls gezeigt werden, dass das Vorliegen dieser Mutationen zu funktioneller Störung der Mitochondrien (Sauerstoffverbrauch, mt-Membranpotenzial, Energiestoffwechsel) führt und ebenso zur Induktion von Enzymen, welche eine zentrale Rolle bei der extrinsischen Alterung der Haut (Lichtalterung) spielen. Diese Enzyme, sog. Matrixmetalloproteinasen (MMP), werden in 7 Abschn. 2.2.4 kurz beschrieben.
2.2.3 Aktivierung von Transkriptions-
faktoren Ein weiterer Mechanismus, welcher zur Induktion von Matrixmetalloproteinasen führt, ist die Aktivierung von Transkriptionsfaktoren durch UV-Licht. Hierbei handelt es sich um Prozesse, die fast ausschließlich bei der extrinsischen (Licht-)Alterung eine Rolle spielen, weshalb sie hier nur kurz beschrieben werden. UV-Exposition humaner Haut führt nicht nur direkt zur Induktion von MMP, sondern auch zur Induktion der Transkriptionsfaktoren AP-1 und NF-κB. Diese Faktoren sind bekanntermaßen Aktivatoren von MMP-Genen. Die Aktivierung erfolgt innerhalb von Stunden und beinhaltet Prozesse, die mitogen aktivierte Pro-
teine (MAP), epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) und c-jun-amino-terminale Kinase (JNK) beinhalten. Dieser Weg der indirekten Aktivierung der MMP in extrinsisch gealterter Haut existiert also zusätzlich zur direkten MMP-Induktion durch ROS.
2.2.4 Matrixmetalloproteinasen
Eine große Zahl an Arbeiten deutet darauf hin, dass Matrixmetalloproteinasen (MMP) eine wichtige Rolle bei der Entstehung der extrinsischen Hautalterung spielen. Matrixmetalloproteinasen stellen eine Familie von Enzymen dar, der ständig neue Vertreter zugeordnet werden und von denen letztlich nicht alle ausschließlich an der Lichtalterung beteiligt sind. Insgesamt bilden diese Enzyme jedoch die gemeinsame Endstrecke auf dem Weg zur Lichtalterung. Sie werden direkt und indirekt durch ultraviolettes Licht induziert, und ihre Hauptaufgabe ist es, dermale Matrixproteine proteolytisch zu degradieren. i Hauptsubstrat der MMP sind Strukturproteine der Dermis, wie Kollagene und Gelatine.
Dieser Abbau führt letztendlich zu den klinisch und histologisch sichtbaren Veränderungen, die charakteristisch für lichtgealterte Haut sind. Für Matrixmetalloproteinasen existieren physiologischerweise gewebeabhängig für sie spezifische Inhibitoren, sog. »tissue specific inhibitors of matrix metalloproteinases« (TIMP). Sie reduzieren die Aktivität der MMP und dämmen so z. B. eine überschießende Proteindegradation ein. Es konnte gezeigt werden, dass bei UV-Bestrahlung auch TIMP aufreguliert werden. Das Zusammenspiel von MMP und TIMP ist letztlich jedoch noch nicht vollständig geklärt. Insbesondere sind der Einfluss der unterschiedlichen Wellenlängen und die Bedeutung von Einzelexposition gegen repetitive Exposition von UV-Licht noch nicht vollständig verstanden. Nichtsdestotrotz spielt für das Ausmaß der beobachteten klinischen und morphologischen Veränderungen im Rahmen der Lichtalterung offensichtlich der Steady State zwischen UV-induzierten MMP und TIMP eine wichtige Rolle.
17 2.3 · Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
2.3
Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
2.3.1 Intrinsische Hautalterung
Die intrinsische – auch genetische oder chronologische – Alterung ist ein universeller Prozess, der in jedem Lebewesen spezies-, organ- und zellspezifisch abläuft. Wie bereits oben beschrieben, handelt es sich hier um einen Prozess, der über Jahre protrahiert verläuft. Von daher entstehen die beobachteten Veränderungen nicht akut, sondern entwickeln sich langsam. Die im Folgenden aufgeführten klinischen und morphologischen Merkmale der Alterung (. Tab. 2.1) beschreiben deshalb hauptsächlich die eindrucksvollsten Charakteristika als Endpunkt einer kontinuierlichen Entwicklung.
2
Klinik Die intrinsische Hautalterung läuft für das gesamte Organ gleichermaßen ab. Im Gegensatz dazu findet die extrinsische Lichtalterung ausschließlich an sonnenexponierten Arealen statt, weshalb die intrinsische Hautalterung nur an sonnengeschützten Hautarealen isoliert zu beobachten ist. Gemäß dem heutigen Schönheitsideal einer sonnengebräunten Haut setzt ein großer Teil der Bevölkerung fast die gesamte Haut im Sommerurlaub oder in Solarien zur Bräunung ultraviolettem Licht aus. Hierdurch wird an den meisten Körperstellen die intrinsische Hautalterung von der extrinsischen überlagert. Hautareale, welche häufig intrinsisch gealterte Haut isoliert aufweisen, sind die Gesäß- und Steißregion, da hier selbst bei Ganzkörperexposition z. B. im Rahmen von Solarienbestrahlung eine H2O2-Bildung durch
. Tab. 2.1. Klinische und morphologische Charakteristika von intrinsisch (chronologische Alterung) und extrinsisch (Lichtalterung) gealterter Haut Intrinsisch (chronologisch)
Extrinsisch (Lichtalterung)
Feine Faltenbildung
Grobe Faltenbildung
Laxes Erscheinungsbild
Solare Elastose
Gleichmäßige Pigmentierung
Unregelmäßige, fleckige Pigmentierung
Unverändertes Stratum corneum
Verdicktes Stratum corneum
Atrophische Epidermis
Früh: Akanthotische Epidermis Spät: Atrophische Epidermis
Geringe Zelldysplasie
Ausgedehnte Zelldysplasien
Geringe Atrophie der dermoepidermalen Junktionszone
Ausgedehnte Atrophie der dermoepidermalen Junktionszone
Geringe Reorganisation der elastischen Fasern
Massive Degeneration und Deposition der elastischen Fasern
Geringe Veränderungen der Kollagenbündelgröße und -organisation
Starke Veränderungen der Kollagenbündelgröße und -organisation
Verringerung der Mikrovaskulatur Purpura senilis
Prominente vaskuläre Veränderungen: Teleangiektasien Ekchymosen Perivaskulär entzündliches Infiltrat
Reduktion der Haarfollikel
Reduktion der Haarfollikel
Reduktion der Schweiß- und Talgdrüsen
Reduktion der Schweiß- und Talgdrüsen
Normaler Melaningehalt
Vermehrte Anzahl von Melanin und Nävuszellnävi, Lentigines
Benigne Neoplasien (seborrhoische Keratosen)
Benigne Neoplasien (seborrhoische Keratosen) Prämaligne Neoplasien (aktinische Keratosen) Maligne Neoplasien (Basalzell- und Plattenepithelkarzinome)
18
2
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
den Auflagedruck auf den Liegeflächen unterbunden wird. An Stellen mit fast ausschließlich intrinsischer Alterung sieht die Haut zigarettenpapierartig atrophisch aus, mit feiner Faltenbildung. Die Pigmentierung ist regelmäßig und die Hautoberfläche zeigt zum Teil leicht silbrigen Glanz. Bei Palpation zeigt sich reduziertes subkutanes Fettgewebe, weshalb die Haut lax wirkt und sich leicht abheben lässt. Abgehobene Hautfalten bilden sich bei guter Elastizität schnell zurück, wobei jedoch eine kleine Restfalte bestehen bleiben kann. Aufgrund der in 7 Abschn. 2.3.1.2 aufgeführten Prozesse ist die intrinsisch gealterte Haut zunehmend anfällig für Bagatelltraumen. Sie wirkt rissig, zeigt häufiger Minimalverletzungen und die Heilung dieser Wunden ist verlangsamt. In diesem Zusammenhang tragen Sugillationen weiter zum Gesamtbild bei und die hieraus resultierenden Hämosiderinablagerungen stellen das morphologische Korrelat der Purpura senilis dar. Chronologisch gealterte Haut zeigt darüber hinaus ein gehäuftes Auftreten von benignen Hauttumoren wie z. B. Verrucae seborrhoicae. Nävuszellnävi nehmen bis zur 3. Lebensdekade möglicherweise zu, während dies danach physiologischerweise nicht mehr beobachtet werden sollte und eher ein Hinweis auf maligne Entartung sein kann. Die Zahl der Schweiß- und Talgdrüsen ist reduziert (Xerosis cutis, Pruritus senilis). Ebenso ist die Zahl der Haarfollikel reduziert, mit daraus resultierend dünnerem Haarwuchs. Der Hauttyp hat bei dem Prozess der intrinsischen Alterung nicht die Bedeutung, wie sie bei der extrinsischen Hautalterung vorliegt. Unregelmäßigere Gefäßzeichnung und altersbedingte Sugillationen sind bei Hauttypen III–VI nach Fitzpatrick weniger sichtbar, liegen aber ebenfalls vor. Pigmentverschiebungen, wie z. B. Lentigo senilis und auch die obigen Einblutungen, werden darüber hinaus eher der Lichtalterung zugeschrieben.
Die Epidermisdicke nimmt bei chronologisch gealterter Haut ab, wobei das Stratum corneum unverändert bleibt. Dies ist bedingt durch eine altersbedingte Reduktion der epidermalen Turnover-Rate um bis zu 50% bis zur 80. Lebensdekade. In vitro spiegelt sich dies in der reduzierten Ansprechrate von epidermalen Keratinozyten auf Wachstumsfaktoren wider, und dies stellt eine Erklärung für die altersbedingt reduzierte Reparaturkapazität bei Bagatelltraumen dar. Epidermales Filaggrin, notwendig zur Bindung von Keratinfilamenten, ist reduziert und ursächlich für trockenes Erscheinungsbild und veränderte Barrierefunktion. Die dermoepidermale Junktionszone ist abgeflacht mit Verringerung der dermalen Papillen und Reteleisten. Es wird angenommen, dass durch diese Reduktion der Kontaktfläche zwischen Epidermis und Dermis die Ablösung der beiden Schichten und damit die Verletzlichkeit der Haut weiter gefördert werden. Die dermale Dicke nimmt aufgrund von Veränderungen der Matrixproteine ebenso ab. Dies liegt hauptsächlich an der veränderten Architektur von Kollagen und elastischen Fasern. Das Gleichgewicht von Synthese und Abbau von Kollagen und elastischen Fasern ist zum Abbau hin verschoben. Desorganisation und pathologische Quervernetzung der Kollagenfaserbündel führen zu reduziertem Hauttonus. Die Elastizität ist im Vergleich zu extrinsisch gealterter Haut jedoch nur gering herabgesetzt.
Morphologie
Die extrinsiche Hautalterung – auch bezeichnet als Lichtalterung, aktinische Alterung oder vorzeitige Alterung – grenzt sich von der intrinsischen Alterung durch ihre Ursachen und durch bestimmte pathophysiologische Prozesse ab (s. oben). Hierdurch kommt es zu charakteristischen Veränderungen (. Tab. 2.1), welche jedoch nicht unabhängig von der
Intrinsisch alternde Haut zeigt im Lauf des Lebens eine Abnahme der Dicke aller Hautschichten. Dies steht im Gegensatz zu Veränderungen bei extrinsisch gealterter Haut, bei der generell eine Dickenzunahme der Schichten beobachtet werden kann.
i All diese Alterationen, gemeinsam mit der oben erwähnten Reduktion des subkutanen Fettgewebes, tragen ursächlich zu der beschriebenen klinischen Erscheinung der chronologisch gealterten Haut mit zigarettenpapierartig atrophisch laxem Bild und erhöhter Fragilität bei blassem Aussehen bei.
2.3.2 Extrinsische Hautalterung
19 2.3 · Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
intrinsischen Alterung stattfinden. Vielmehr finden beide Prozesse gleichzeitig nebeneinander statt. Von daher ist es nicht immer möglich, beide Veränderungen eindeutig morphologisch zu unterscheiden. Ist die extrinsische Hautalterung jedoch weit genug fortgeschritten, können die dadurch hervorgerufenen Veränderungen die morphologischen Merkmale der intrinsischen Alterung komplett überlagern. i Hauptursache der extrinsischen Hautalterung ist die chronische Exposition mit ultraviolettem (UV) Licht.
Sowohl das UV-Licht der Wellenlänge UV-A (320– 400 nm) als auch UV-B (280–320 nm) spielt eine ursächliche Rolle bei der Lichtalterung. UV-A Licht dringt bis in die fibroblastenreiche Dermis vor und führt dort zur Induktion von ROS (z. B. SingulettSauerstoff). Weiterhin kommt es durch Exposition der Haut mit UV-A zu Mutationen der mitochondrialen DNS. Es wird angenommen, dass hierdurch weitere ROS generiert werden (H2O2), welche gemeinsam mit direkt induzierten ROS zur Induktion der Matrixmetalloproteinasen führen, die dann histologische Merkmale der Lichtalterung wie solare Elastose und basophile Degeneration zur Folge haben. UV-B-Licht wird hauptsächlich in der keratinozytenreichen Epidermis absorbiert. Hier führt es zur in 7 Abschn. 2.2.3 beschriebenen Induktion von Transkriptionsfaktoren (AP-1, NF-κB) über Regulation der MAP-Kinase-Kaskade. Auch über diesen Weg, der indirekt über die Epidermis verläuft, werden wieder MMP aktiviert mit den daraus resultierenden klinischen und histologischen Veränderungen.
Klinik Klinische Zeichen der extrinsischen Hautalterung können an allen Hautstellen auftreten, welche chronisch mit UV-Licht exponiert wurden. Eine große interindividuelle Schwankung im Hinblick auf Verteilung und Intensität der Hautveränderungen liegt vor, möglicherweise auch aufgrund von Faktoren wie Reparaturkapazität von DNS-Schäden und antioxidativer Kapazität der Haut. Weitere Einflüsse wie Grund der UV-Exposition (Beruf, Freizeit/Urlaub), Haarstil und Mode (lange Kleidung/Hüte) spielen eine Rolle.
2
Klinisch und morphologisch werden mittlerweile zwei Formen der extrinsischen Hautalterung unterschieden, die atrophische Form der Lichtalterung und die Form der zitrinen Haut nach Milian.
Atrophische Form Die atrophische Variante der extrinsischen Hautalterung ist erst neuerdings als eigene Form beschrieben worden und wird hier nur kurz aufgeführt. Im Gegensatz zur hypertrophen Lichtalterung zeigt diese Form ausgedehnte Bildung von Teleangiektasien in sonnenexponierten Arealen bei nur geringerer Faltenbildung. Im Vergleich zu intrinsisch gealterter Haut der angrenzenden Partien ist die Faltenbildung jedoch trotzdem bemerkbar. Diese Variante der extrinsischen Hautalterung scheint bevorzugt bei helleren Hauttypen vorzuliegen.
Milians zitrine Haut Milians zitrine Haut ist die am weitesten verbreitete Form mit lederartiger Verdickung, grobem Faltenrelief, gelblichem Erscheinungsbild und reduzierter Elastizität. Dieses ist die allgemein als Lichtalterung bekannte Form der extrinsischen Hautalterung, welche insgesamt durch hypertrophe Hautveränderungen gekennzeichnet ist. Lichtalterung im Sinne von Milians zitriner Haut ist klinisch gekennzeichnet durch lederartig verdicktes Erscheinungsbild mit grober Faltenbildung. Die Haut erscheint trocken und unelastisch. Da im Gegensatz zu chronologisch gealterter Haut die lichtgealterte Haut insgesamt mit einer hyperproliferativen Antwort als Schutz vor chronischem UV-Licht reagiert, spricht man auch von einer »Lichtschwiele«. Die prominentesten Stellen der Lichtalterung sind im Allgemeinen der Nacken, das Gesicht, Decolletée, die Unterarme und Hände. Im Gesicht beginnt die Faltenbildung an der Stirn, periorbital (Krähenfüße), entlang der Nasolabialfalte und präaurikulär. Sehr auffällig sind die Hautveränderungen auch am Nacken. Hier kommt es durch vergröbertes Faltenrelief, welches sich in typisch rhomboidalem Muster zeigt (Cutis rhomboidalis nuchae), zur sog. Landmannshaut (. Abb. 2.1). Weniger tief ist die Faltenbildung am Decolletée. Hier ist die Haut jedoch charakteristisch verdickt und unelastisch, wodurch die Haut unnatürlich glatt wirkt. Die Zahl der
20
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
2
. Abb. 2.1. Cutis rhomboidalis nuchae (Landmannshaut): Im Nacken von Personen mit chronischer Sonnenexposition zeigt sich im sonenexponierten Areal die klinisch typische, verdickte Haut mit der Bildung tiefer Falten. Diese Falten sind in charakteristischer Weise rautenförmig angeordnet. Die Haut ist in ihrer Elastizität herabgesetzt und wirkt lederartig gegerbt
. Abb. 2.2. Erythrosis interfollicularis colli: Als Zeichen chronischer, intensiver UV-Exposition tritt subaurikulär an beiden Halsseiten ein scharf begrenztes teleangiektatisches Erythem auf, das die stecknadelkopfgroßen normalfarbigen Haarfollikel ausspart. Später kann es im Bereich der Erythrosis interfollicularis colli zu Hyperpigmentierungen kommen
Haarfollikel in extrinsisch gealterter Haut ist reduziert, ebenso ist die Anzahl der Schweiß- und Talgdrüsen vermindert, wodurch ein trockenes Erscheinungsbild der Haut entsteht, welches in diesem Aspekt der intrinsischen Hautalterung entspricht. Das Favre-Racouchot-Syndrom mit tiefer, furchenartiger Faltenbildung, nodulären elastotischen Plaques der Periorbitalregion, Komedonen und Keratinozysten ist ein klassischer Vertreter der extrinsisch gealterten Haut. Die sog. Erythrosis interfollicularis colli (. Abb. 2.2) ist ebenfalls ein klassisches Beispiel für extrinsisch gealterte Haut. Als Zeichen chronischer, intensiver UV-Exposition tritt subaurikulär an beiden Halsseiten, aber auch am Decolletée, ein charakteristisches scharf begrenztes, gleichmäßiges teleangiektatisches Erythem mit Aussparung der normalfarbenen stecknadelkopfgroßen Haarfollikel auf, das mit Hyperpigmentierungen vergesellschaftet sein kann. Keine Hautveränderungen sind submental oder retroaurikulär zu beobachten. Die Veränderungen sind irreversibel. Die Streckseiten der Hände und Unterarme zeigen sternförmige Narbenbildung (Cicatrix stellatum), hervorgerufen durch Traumen der fragilen lichtgealterten Haut. Allgemein kommt es im Rahmen der extrinsischen Lichtalterung an den Unterarmen und Handrücken zu verstärkter Pigmentbildung, die bei fortgeschrittener Lichtalterung zunehmend unregelmäßig wird. Hierdurch kommt es zu diffuser Hyperpigmentierung und Ausbbildung von Lentigines.
Bedeutung des Hauttyps Weiterhin zeigen die Hautveränderungen bei verschiedenen Hauttypen quantitative, aber auch qualitative Unterschiede. Bei Fitzpatrick-Hauttypen V und VI setzt Lichtalterung wesentlich später als bei niedrigeren Hauttypen ein, wohingegen die Hauttypen I und II besonders anfällig für extrinsische Hautalterung sind. Beispielsweise zeigen Asiaten erst sehr spät Veränderungen entsprechend extrinsischer Hautalterung, während sie bei Kaukasiern wesentlich früher beobachtet werden. Asiaten scheinen besonders guten konstitutiven Schutz vor Lichtalterung zu besitzen. Quantitative und qualitative Differenzen im melaninbedingten Schutz spielen hier sicherlich eine Rolle. Ob jedoch weitere Faktoren wie besseres antioxidatives Quencherpotenzial oder diätetische Gewohnheiten (Polyphenole im chinesischen grünen Tee?) kausal bedeutsam sind, kann bislang nur spekuliert werden.
Morphologie Im Gegensatz zur intrinsischen Hautalterung, in der auf allen kutanen Ebenen eine Atrophie vorliegt, kommt es im Rahmen der extrinsischen Hautalterung zu einer Zunahme der Dicke fast aller Hautschichten. Dies liegt zum einen an zellulärer Hyperproliferation, zum anderen aber auch an der Veränderung der dermalen Matrixproteine in Zahl und Qualität.
21 2.3 · Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
2
i Intrinsische Hautalterung führt zu Atrophie, extrinsische Alterung durch Zellproliferation und Matrixproteinmodifikation zu Dickenzunahme.
So kommt es zu erhöhter Melaninproduktion und milden dysplastischen Veränderungen sowie Akanthose und solarer Elastose (. Abb. 2.3). Die dermale Hyperproliferation als Schutz gegen chronische UV-Exposition zeigt sich in gleichem Maße in allen Hautschichten. Das Stratum corneum ist verdickt. Die Epidermis ist anfangs akanthotisch und erst in einem sehr späten Stadium kommt es zur Atrophie. Die dermoepidermale Junktionszone ist allerdings im Gegensatz zum restlichen Bild abgeflacht, und zwar noch stärker, als dies bei der intrinsischen Hautalterung beobachtet wird. Die Basalmembran wiederum ist in ihrer Dicke verdoppelt, wohl als Ausdruck von Schäden der dort befindlichen basalen Keratinozyten. Die Melanozyten variieren entlang der Basalmembran stark in Bezug auf Größe, Dendritenmorphologie und Pigmentierung, was im klinischen Bild als die oben beschriebene unregelmäßige Pigmentierung deutlich wird. Zahlenmäßig kommt es zu einer Verdoppelung der Melanozyten in extrinsisch gealterter Haut und aufgrund verstärkter Produktion ebenfalls zur Verdoppelung des Melaningehaltes.
. Abb. 2.3. Histologie der solaren Elastose (Hämatoxylin: Eosin-Färbung, HE): Sehr deutlich ist die massiv verdickte Dermis zu erkennen. Dies wird hervorgerufen durch Ablagerung von in der HE-Färbung blassbasophilem Material, welches sich hauptsächlich aus degradiertem Kollagen und elastischen Fasern rekrutiert. Die solare Elastose stellt das histologische Korrelat der lederartig verdickten Haut mit tiefer Faltenbildung bei herabgesetzter Elastizität dar
Dermisalterationen Die auffälligsten Veränderungen sind in der Dermis zu beobachten. Hier ist ein vertikaler Gradient des UV-Schadens zu beobachten, parallel zur kontinuierlichen Absorption des UV-Lichts in der Tiefe. Hier korrelieren Tiefe und Schwere der dermalen Veränderungen mit der Schwere des UV-Schadens. Die augenscheinlichste Alteration der Dermis ist die solare Elastose. Elastin als Matrixprotein und fragmentierte elastische Fasern (. Abb. 2.4) liegen vor, ebenso wie Muzine und Glykosaminoglykane. Insgesamt können diese Veränderungen einen unterschiedlichen Anteil des dermalen Kompartiments einnehmen. Die Elastose beginnt gewöhnlich in der Junktionszone von papillärer und retikulärer Dermis und wird normalerweise nicht in intrinsisch gealterter Haut beobachtet. Die Dermis weist als Zeichen einer gemischten chronischen Entzündungsreaktion infolge UV-Bestrahlung ein perivaskuläres Infiltrat, perifollikuläre Fibrose und dermale Melanophagen auf.
. Abb. 2.4. Elastica-van-Gieson-Färbung (EvG) von extrinsisch gealterter Haut: Fragmentierte elastische Fasern zeigen sich in der gesamten Dermis als schwarze Strukturen. Typisch ist das ungeordnete Muster infolge Degradation
Matrixmetalloproteinasen Als weiteres wichtiges Charakteristikum lichtgealterter Haut werden Fasern reifen Kollagens durch unregelmäßig gepackte, unreife Kollagenfasern ersetzt, welche in der Hämatoxylin-Eosin-Färbung einen basophilen Charakter aufweisen. Diese Veränderung stellt als basophile Degeneration ein wichtiges histologisches Kriterium extrinsisch gealterter Haut dar. Hervorgerufen werden diese Veränderungen durch Matrixmetalloproteinasen (MMP). Diese
22
2
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
werden durch die in 7 Abschn. 2.2.4 beschriebenen Mechanismen induziert und führen bei Imbalance von MMP zu TIMP zur Degradation der unterschiedlichen Matrixproteine. MMP haben spezifische Substrate. So degradiert MMP-1 (interstitielle Kollagenase) z. B. Kollagen I, II und III ebenso wie MMP-3 (neutrale Kollagenase). MMP-3 (Stromylesin-1) wiederum hat die Kollagene III, IV, V und Gelatin als Substrate, und die Familie der MMP wächst kontinuierlich weiter. Diese Proteinasen stellen insofern zentrale Enzyme in der Pathogenese der extrinsischen Hautalterung dar (s. oben), und ein Großteil der histologisch beobachteten Hautveränderungen (z. B. solare Elastose, basophile Degeneration) können durch die Aktivität dieser Schlüsselmoleküle erklärt werden.
2.4
Fazit für die Praxis
In den letzten Jahren sind die zugrunde liegenden Mechanismen der Hautalterung weiter aufgeklärt worden. Neben dem besseren Verständnis der Pathomechanismen konnte deshalb dieses Wissen im Sinne einer Verbesserung der Prophylaxe umgesetzt werden. So enthält mittlerweile eine große Zahl von Lichtschutzpräparaten adäquaten Schutz vor UV-AStrahlung und viele Tagescremes beinhalten regulär einen Lichtschutz. Durch diese Maßnahmen verbessert sich der Schutz der Haut. Darüber hinaus ist es aber nach wie vor wichtig, dass die Haut durch vernünftigen Umgang mit UV-Strahlung so gut wie möglich geschützt wird. Neben effektiven Lichtschutzpräparaten im UV-A- und UV-B-Bereich ist hier auch das Meiden der Sonne in der Mittagszeit sowie das Tragen schützender langärmeliger Kleidung und breitkrempiger Hüte von Bedeutung.
Weiterführende Literatur Berneburg M, Kamenisch Y, Krutmann J (2006) Repair of mitochondrial DNA in aging and carcinogenesis. Photochem Photobiol Sci 5:190-198 Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH (Hrsg) (1996) Dermatologie und Venerologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Chung JH (2003) Photoaging in Asians. Photodermatol Photoimmunol Photomed 19:109-121 Fisher GJ, Kang S, Varani J et al. (2002) Mechanisms of photoaging and chronological skin aging. Arch Dermatol 138:1462-1470 Grether-Beck S, Wlaschek M, Krutmann J, Scharffetter-Kochanek K (2005) Photodamage and photoaging – prevention and treatment. J Dtsch Dermatol Ges (Suppl 2):S19-25 Krutmann J, Hönigsmann H (Hrsg) (1997) Handbuch der dermatologischen Phototherapie und Photodiagnostik. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Ma W, Wlaschek M, Tantcheva-Poór I (2001) Chronological ageing and photoageing of the fibroblasts and the dermal connective tissue. Clinical and Experimental Dermatology 26:592-599 Scharffetter-Kochanek K (1997) Photoaging of the connective tissue of skin: its prevention and therapy. Adv Pharmacol 38:639-655 Yaar M, Gilchrest BA (2003) Aging of the skin. In: Fitzpatrick TB, Eisen AZ, Wolff K, Freedberg IM, Austen KF (eds) Dermatology in general medicine. New York, Mc Graw Hill
3 3 Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen Jean Krutmann, Peter Schröder, Akimichi Morita
3.1
Einleitung
3.2
Pathomechanismen der Lichtalterung – 23
3.2.1
Kollagen, Matrixmetalloproteinasen und Elastin – 24 Die Rolle von Gefäßveränderungen bei der Lichtalterung – 26 Lichtalterung als chronischer Entzündungsprozess – 27 Proteinoxidation und Lichtalterung – 27 Bedeutung mitochondrialer DNS-Mutationen für die Lichtalterung – 28
3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5
3.1
– 23
Einleitung
Im Jahre 1988 wurde erstmals in einer vehikelkontrollierten, doppelblinden Studie zweifelsfrei gezeigt, dass die topische Applikation von Tretinoin in der Lage ist, die mit einer Lichtalterung einhergehende Ausbildung von Hautfalten zu reduzieren. Diese klinische Beobachtung stimulierte ein großes Interesse an den pathogenetischen Mechanismen, die der Lichtalterung der menschlichen Haut zugrunde liegen. In diesem Kapitel soll ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse gegeben werden, die zu unserem heutigen Verständnis der molekularen Grundlagen der extrinsischen Hautalterung beigetragen haben. Neben der ultravioletten Strahlung spielen auch andere Umwelteinflüsse eine wesentliche Rolle für den vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut. Daher soll nach ausführlicher Diskussion der Pathogenese der UV-induzierten Hautalterung abschließend auch auf diese exogenen Noxen, insbesondere auf die molekularen Grundlagen der durch Infrarot-A-Strahlung und
3.2.6
Chromophore und Mediatoren der Lichtalterung – 31
3.3
Hautalterung durch andere exogene Noxen – 32
3.3.1 3.3.2 3.3.3
Tabakrauch – 32 Infrarotstrahlung – 33 Ozon und andere Umweltnoxen
3.4
Fazit für die Praxis
– 34
– 35
Weiterführende Literatur
– 36
Tabakrauch induzierten Hautalterung, eingegangen werden.
3.2
Pathomechanismen der Lichtalterung
Die ultraviolette Strahlung ist die wichtigste exogene Noxe, durch die es zu einer vorzeitigen Alterung der menschlichen Haut kommt. Neben dem natürlichen Sonnenlicht spielt hier in zunehmendem Maße die Bestrahlung der menschlichen Haut mit künstlicher UV-Strahlung eine immer größer werdende Rolle. So ist davon auszugehen, dass der ungebrochene Trend zum Besuch von Sonnenstudios nicht nur zu einer ständigen Erhöhung der Hautkrebsrate, sondern auch zu einer deutlichen Zunahme der vorzeitigen Haualterung bei einem immer größer werdenden Teil der Bevölkerung führen wird. Diese Entwicklung ist insofern paradox, als dass der Besuch von Sonnenstudios kosmetisch motiviert ist, oder anders ausgedrückt: Der Solariumbesucher erkauft sich die kurzfristig erzielbare, reversible und kosmetisch er-
24
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
3.2.1 Kollagen, Matrixmetalloproteinasen
und Elastin
3
. Abb. 3.1. Spektrum der ultravioletten Strahlung
wünschte Hautbräunung mit einer langfristig eintretenden, kosmetisch unerwünschten und nur schwer umkehrbaren vorzeitigen Hautalterung. Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass sowohl die kurzwelligere UV-B-Strahlung im Wellenlängenbereich von 290–320 nm als auch die langwelligere UV-A-Strahlung im Wellenlängenbereich von 320–400 nm wesentlich an der Pathogenese der Lichtalterung beteiligt sind (. Abb. 3.1). Die pathogenetischen Untersuchungen der letzten Jahre haben eindeutig gezeigt, dass die für das klinische Bild der lichtinduzierten Hautalterung verantwortlichen strukturellen Veränderungen in der Haut sich vor allen Dingen in der Dermis finden. Da die langwelligere UV-A-Strahlung auf Grund strahlenphysikalischer Gesetzmäßigkeiten im Gegensatz zu UV-B-Strahlung in der Lage ist, in einem signifikanten Dosisbereich in die Dermis einzudringen und dort direkte Effekte hervorzurufen, ist es sogar vorstellbar, dass UV-A-induzierte molekulare Veränderungen für die Pathogenese der Lichtalterung von größerer Bedeutung sind als UV-B-induzierte biologische Wirkungen. In diesem Zusammenhang sei daher noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die zurzeit von den Solarienbetreibern in ihren Sonnenstudios verwendeten Geräte überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich im UV-A-Bereich emittieren und somit hinsichtlich der UV-induzierten Hautalterung als besonders problematisch anzusehen sind. i Solarienbesucher riskieren insbesondere durch die UV-A-Strahlung eine frühzeitige Lichtalterung und erhöhte Hautkrebsraten.
Die lichtgealterte Haut ist insbesondere durch Veränderungen auf Ebene der Dermis charakterisiert. So wird die Elastizität und Festigkeit der menschlichen Haut wesentlich durch die beiden Hauptbestandteile der dermalen extrazellulären Matrix, nämlich Kollagen und Elastin, bestimmt. Für die lichtgealterte Haut sind bestimmte Veränderungen der dermalen extrazellulären Matrix hoch charakteristisch. So findet sich eine Elastose, die üblicherweise im Grenzbereich zwischen papillärer und dermaler Dermis beginnt und nicht in intrinsisch gealterter Haut beobachtet wird. Typisch ist auch, dass reife Kollagenfasern vermindert sind und sich stattdessen basophiles Kollagen findet (basophile Degeneration). Weitere, für die lichtgealterte Haut typische Befunde sind eine starke Zunahme der Ablagerungen von fragmentierten elastischen Fasern sowie dermaler extrazellulärer Matrixproteine wie Elastin, Glykosaminoglykane und interstitiellem Kollagen. Es wird heute allgemein davon ausgegangen, dass diese UV-induzierten Veränderungen der dermalen extrazellulären Matrix wesentlich für die Ausbildung des klinischen Bildes der lichtgealterten Haut sind, insbesondere für ihren Elastizitätsverlust und die Entstehung von Falten.
UV-induzierte Veränderungen der dermalen extrazellulären Matrix 4 4 4 4 4
Elastose Basophile Kollagendegeneration Elastinablagerungen Glykosaminoglykananhäufung Zunahme interstitiellen Kollagens
Kollagen Die extrazelluläre Matrix der menschlichen Dermis besteht zu 85–90% aus Kollagen-1, das ausschließlich von dermalen Fibroblasten gebildet wird. Immunhistochemische Untersuchungen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass lichtgealterte Haut im Vergleich zu lichtgeschützten Hautarealen desselben Individuums signifikant reduzierte Mengen an Pro-Kollagen-1 in Fibroblasten sowie an extrazellulärer Matrix in der pa-
25 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
pillären Dermis aufweist. Interessanterweise korreliert diese Reduktion negativ mit dem zunehmenden Schweregrad des chronischen Lichtschadens. Neben dem Kollagen-1 sind aber auch andere Kollagenpeptide in der chronisch lichtgealterten Haut reduziert. Zu nennen sind hier besonders die Kollagen-3-Propeptide, und neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch das Kollagen-7 betroffen ist. Kollagen-7 wird vor allen Dingen von den epidermalen Keratinozyten gebildet und stellt den Hauptbestandteil der Verankerungsfibrillen zwischen der Lamina densa der Basalmembran und der Dermis dar. Transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass in einer chronisch lichtgealterten Haut die Zahl der Verankerungsfibrillen pro mm Basalmembran deutlich reduziert ist. Dies geht einher mit einer signifikant verminderten Expression von Kollagen-7 in den epidermalen Keratinozyten. i In chronisch lichtgealterter Haut sind Kollagenpeptide signifikant reduziert
Molekulare Mechanismen Es stellt sich nunmehr die Frage, durch welche molekulare Mechanismen UV-Strahlung in der Lage ist, diese Veränderungen auf Ebene der extrazellulären Matrix hervorzurufen. Grundsätzlich ist vorstellbar, dass UV-Strahlung eine hemmende Wirkung auf die Synthese von Kollagenfasern ausübt und/oder zu ihrem beschleunigten Abbau beiträgt. Der momentane Stand der Forschung weist darauf hin, dass beide Mechanismen relevant sein könnten. So wurde gezeigt, dass eine UV-B-Bestrahlung zu einer vorübergehenden Störung der Prokollagen-1-Synthese in menschlichen dermalen Fibroblasten führt. Zudem konnte sowohl für UV-B- als auch für UV-AStrahlung nachgewiesen werden, dass es zur Induktion von Matrixmetalloproteinasen kommt, d. h. von Enzymen, die in der Lage sind, Kollagenfasern proteolytisch abzubauen. Diese Induktion konnte sowohl in vitro in kultivierten humanen dermalen Fibroblasten als auch in vivo in der UV-bestrahlten menschlichen Haut beobachtet werden. i Die lichtinduzierten Veränderungen der extrazellulären Matrix entstehen sowohl durch verringerte Synthese als auch durch gesteigerte Proteolyse der Kollagenfasern.
3
Diese Befunde korrelieren mit der Beobachtung, dass sich in der lichtgealterten menschlichen Haut erhöhte Spiegel der Matrixmetalloproteinase-1 (Kollagenase-1) und der Matrixmetalloproteinase-2 (72-Kilo-Dalton-Gelatinase) nachweisen lassen. Die der UV-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinase-1 zugrunde liegenden molekularen Mechanismen wurden in den letzten Jahren im Detail charakterisiert. So führt UV-B-Bestrahlung durch eine Aktivierung des Transkriptionsfaktors AP-1 – die wiederum Folge der Aktivierung sog. MAP-Kinasen, nämlich der MAP-Kinasen JNK und p38 ist – zu einer verstärkten Transkription und schließlich Proteinsynthese der Matrixmetalloproteinase-1. Neueste Arbeiten zeigen, dass UV-B durch die Generation von DNS-Schäden, und zwar insbesondere von Zyklobutanpyrimidindimeren, die MMP-1Transkription und Proteinexpression in der menschlichen Haut induziert und dass dies durch die topische Applikation von DNS-Reparaturenzymen, wie z. B. der Photolyase, verhindert werden kann. Während dieser UV-B-induzierte Signalweg vor allem für die epidermalen Keratinozyten von Bedeutung ist, ist UV-A-Strahlung in der Lage, sowohl direkt in dermalen humanen Fibroblasten als auch indirekt, nämlich durch parakrine Mechanismen in epidermalen Keratinozyten, in der Haut die MMP1-Expression zu induzieren. Die direkte Aktivierung wird ganz wesentlich durch die Generation von reaktiven Sauerstoffspezies vermittelt, insbesondere durch die Entstehung von Singulett-Sauerstoff.
Induktion der Matrixmetalloproteinasen durch UV-Strahlung 4 UV-B-Strahlung – Entstehung von DNS-Photoprodukten in epidermalen Keratinozyten – MAP-Kinase-Transduktionsweg in epidermalen Keratinozyten 4 UV-A-Strahlung – Reaktive Sauerstoffspezies in dermalen Fibroblasten – Parakrine Mechanismen in epidermalen Keratinozyten
26
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Elastin
3
Ein weiteres histologisches Charakteristikum einer lichtgealterten Haut ist die weitgehende Zerstörung oder signifikante Veränderung des elastischen Fasernetzwerkes. So findet sich normalerweise in der Haut von Kindern und jungen Menschen ein Netzwerk aus elastischen Fasern, das sich kontinuierlich von der dermoepidermalen Junktionszone bis in die tiefe Dermis erstreckt. Es besteht aus dicken, elastinreichen Fasern in der retikulären Dermis, einem Netzwerk aus feinen Fasern mit einem reduzierten Elastingehalt in den unteren Anteilen der papillären Dermis und einem kandelaberähnlichen Geflecht aus feinen mikrofibrilären Bündeln, die kein Elastin enthalten, in der oberen papillären Dermis. Es konnte gezeigt werden, dass Fibrillin-1, das ein wesentlicher Bestandteil dieser mikrofibrilären Bündel ist und das überwiegend von epidermalen Keratinozyten gebildet wird, in lichtgealterter Haut vermindert exprimiert wird und dass eine akute UV-Bestrahlung von zuvor lichtgeschützter Haut zu einer vorübergehenden Reduktion von Fibrilin-1 führt. Diese könnte Folge einer verstärkten Expression von Matrixmetalloproteinasen sein. Darüber hinaus ist eine chronisch lichtgealterte Haut vor allen Dingen durch signifikante Ablagerungen von trunkiertem elastotischem Material charakterisiert. i In chronisch lichtgealterter Haut wird Fibrillin-1 vermindert exprimiert und vermehrt elastotisches Material abgelagert.
Molekulare Mechanismen Es wird heute allgemein davon ausgegangen, dass diese Elastose eine Folge direkter biologischer Wirkungen der UV-Strahlung auf die Synthese der elastischen Fasern ist. So führen beispielsweise reaktive Sauerstoffspezies, die wesentliche Mediatoren der biologischen Wirkung von UV-Strahlung sind, zu einer verstärkten Tropoelastinsynthese in Fibroblasten und tragen somit vermutlich wesentlich zur solaren Elastosebildung bei.
3.2.2 Die Rolle von Gefäßveränderungen
bei der Lichtalterung Störungen der Neoangiogenese Die Neubildung von Gefäßen (Neoangiogenese) ist für die Pathogenese einer Vielzahl von Hauterkrankungen von fundamentaler Bedeutung. Hierzu gehören neben entzündlichen Hauterkrankungen, wie z. B. der Psoriasis, auch Hauttumore, beispielsweise Plattenepithelkarzinome, Melanome und das Kaposi-Sarkom. Aber auch die lichtgealterte Haut weist Gefäßveränderungen auf, die sich in dieser Form bei der intrinsisch gealterten Haut nicht finden. So kommt es insbesondere zu einer zum Teil sehr stark ausgeprägten Erweiterung und Verdrehung der Gefäße; insgesamt ist das horizontale Gefäßmuster stark gestört. Ultraviolette Strahlung ist zudem in der Lage, die dermale Vaskularisierung zu verstärken. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die Gefäßneubildung durch eine Reihe von Wachstumsfaktoren und Inhibitoren der Angiogenese kontrolliert wird. Einige dieser Wachstumsfaktoren, wie z. B. bFGF, TGF-β und PDGF, haben darüber hinausgehende Funktionen, während Wachstumsfaktoren, die zur Familie der vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren (VEGF) und der Angiopoietine gehören, spezifisch angiogenetisch wirken. Neben diesen die Gefäßneubildung und das Gefäßwachstum fördernden Molekülen konnten in den letzten Jahren jedoch auch natürlich vorkommende Hemmstoffe der Angiogenese identifiziert werden. Hierzu gehören die Thrombospondine, eine Familie von matrixzellulären Glykoproteinen. Thrombospondine lagern sich entlang der Basalmembran ab und bilden dort eine Anti-Angiogenese-Barriere, die es verhindert, dass sich Gefäße in der Epidermis bilden können.
Einfluss der UV-Strahlung Untersuchungen mit transgenen Mausmodellen haben nun erstmals gezeigt, dass neoangiogenetische Prozesse auch von kausaler Bedeutung für die Pathogenese der Lichtalterung sind. So kommt es in transgenen Mäusen, die Thrombospondin-1 überexprimieren, nicht zu dem normalerweise nach einer UV-Bestrahlung zu beobachtenden Anstieg in der dermalen Vaskularisierung. Von besonderem Interesse ist nunmehr, dass diese Hemmung der UV-in-
27 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
duzierten Vaskularisierung in diesem Mausmodell einhergeht mit einer deutlichen Reduktion der durch UV-Strahlung hervorgerufenen Lichtalterung, insbesondere der Faltenbildung. i Befunde am Mausmodell deuten darauf hin, dass die dermale Vaskularisierung kausal beteiligt ist an der UV-induzierten Hautalterung.
Wie eine gesteigerte Gefäßneubildung zur Faltenbildung führt, ist zurzeit unbekannt. Natürlich ist diese Beobachtung auch von unmittelbarer klinischer Relevanz, denn sie weist darauf hin, dass die Hemmung der Angiogenese ein möglicher Ansatzpunkt ist, um einer Lichtalterung der menschlichen Haut vorzubeugen.
3.2.3 Lichtalterung als chronischer
Entzündungsprozess Die intrinsisch gealterte menschliche Haut weist eine verminderte Zellzahl auf. So ist beispielsweise die Zahl der dermalen Fibroblasten sowie von sich in der Dermis befindlichen Mastzellen gegenüber einer jungen Haut reduziert. Im Gegensatz dazu ist die lichtgealterte Haut durch eine zahlenmäßige Zunahme der dermalen Fibroblasten, die zudem hyperplastisch sind, sowie eine Zunahme der Zahl von Mastzellen, aber auch von Histiozyten und anderen mononukleären Zellen charakterisiert. Diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass die lichtgealterte Haut chronisch entzündet ist. Daher wurde dieser Zustand der Haut auch als Heliodermatitis oder Dermatoheliosis bezeichnet.
Pathogenetische Bedeutung Die exakte pathogenetische Bedeutung des zuvor beschriebenen entzündlichen Infiltrates in der Dermis der lichtgealterten Haut ist zurzeit nicht bekannt. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass lösliche Mediatoren, die von diesen Zellen freigesetzt werden, die Produktion von Matrixmolekülen bzw. die Aktivität von matrixdegradierenden Enzymen wie z. B. Matrixmetalloproteinasen beeinflussen. Zelluläre Quellen für diese Entzündungsmediatoren sind zum einen residente Hautzellen, wie Keratinozyten, Fibroblasten und Endothelzellen, und zum anderen hautinfiltrierende Zellen, wie vor allem Mastzellen,
3
neutrophile Granulozyten, Makrophagen, dendritische Zellen und T-Lymphozyten. Insbesondere für Mastzellen wurde bereits Ende der 80-er Jahre eine pathogenetische Bedeutung für die Lichtalterung der menschlichen Haut vermutet. So lassen sich Mastzellen in lichtgeschädigter Haut verglichen mit lichtgeschützter Haut in deutlich erhöhter Anzahl nachweisen. Mastzellen sind in der Lage, eine Reihe von Mediatoren, wie z. B. TNF-α, TGF-β und Prostaglandin, zu bilden, die wiederum in der Lage sind, direkt oder indirekt die Produktion von extrazellulärer Matrix und ihre Degradation zu beeinflussen. Neuere Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass das T-lymphozytäre Infiltrat in der lichtgealterten Haut vor allen Dingen aus CD-4-positiven T-Zellen besteht. Es ist zurzeit noch nicht bekannt, ob es sich hierbei um Zellen handelt, die entzündliche bzw. immunologische Reaktionen verstärken, oder aber um sog. regulatorische T-Zellen, die eher antientzündlich bzw. immunsuppressiv wirken würden. Aber nicht nur die T-Lymphozyten, sondern auch die antigenpräsentierenden Zellen sind in der lichtgealterten Haut zumindest zahlenmäßig verändert. So haben neuere ultrastrukturelle Untersuchungen gezeigt, dass sich in der lichtgealterten Haut in der Epidermis ein Infiltrat aus sog. indeterminierten Zellen findet, d. h. Zellen, die sowohl Makrophagen als auch dendritischen Zellen ähneln, und dass die Ausbildung dieses Infiltrates einhergeht mit einer Abnahme der Anzahl epidermaler Langerhans-Zellen. Die pathogenetische Bedeutung dieser Veränderungen ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. i In lichtgealterter Haut finden sich entzündliche Infiltrate bestehend aus Mastzellen, T-Lymphozyten und indeterminierten Zellen, deren pathogenetische Bedeutung allerdings noch ungeklärt ist.
3.2.4 Proteinoxidation und Lichtalterung
Die Alterung von Zellen ist u. a. dadurch charakterisiert, dass es zu einer Anhäufung von Proteinen kommt, die durch Oxidation verändert wurden. Es wurde zudem die Hypothese aufgestellt, dass diese
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3
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Veränderungen von pathogenetischer Bedeutung für den Alterungsprozess selbst sind. Eine Reihe neuerer Untersuchungen sind daher der Frage nachgegangen, inwieweit oxidierte Proteine auch vermehrt in der lichtgealterten menschlichen Haut nachgewiesen werden können. Die bislang vorliegenden Untersuchungen weisen darauf hin, dass, ähnlich wie für andere Gewebe beschrieben, auch in humanen dermalen Fibroblasten sich mit zunehmendem Alter ein signifikanter Anstieg der Menge an oxidierten Proteinen findet.
Pathomechanismen Untersuchungen an Hautbiopsien haben diesen Befund bestätigt und gezeigt, dass sich eine altersabhängige Zunahme des Proteinkarbonylgehaltes in der Epidermis nachweisen lässt. Oxidierte Proteine sind allgemein betrachtet weniger aktiv und weniger stabil. Die Beobachtung, dass es mit zunehmendem Alter zu einer Anhäufung von oxidierten Proteinen in Hautzellen zu kommen scheint, wirft die Frage auf, welche Mechanismen hierzu führen. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass oxidativer Stress die wesentliche Ursache für eine vermehrte Proteinoxidation ist. Da UV-Strahlung die physiologisch relevanteste Quelle für oxidativen Stress in der menschlichen Haut ist, liegt ein Kausalzusammenhang mit einer chronischen UV-Exposition nahe. In der Tat wurde gezeigt, dass die Lichtalterung mit einer vermehrten Proteinoxidation in der menschlichen Haut in vivo assoziiert ist. So ist in lichtgealterter Haut eine Akkumulation oxidativ modifizierter Proteine spezifisch in der oberen Dermis nachweisbar. Vergesellschaftet ist dies mit einer deutlichen Abnahme der Expression antioxidativ wirksamer Enzyme wie Katalase, KupferZink-Superoxiddismutase und Mangan-Superoxiddismutase. Der Kausalzusammenhang zwischen der UV-Exposition und den beobachteten Veränderungen wurde durch weitere Experimente nahegelegt, in denen zuvor lichtgeschützte Gesäßhaut UV-bestrahlt wurde und sich auch hier im Anschluss eine deutliche Steigerung der Proteinoxidation sowie eine Depletion der Katalaseexpression beobachten ließ. Ebenso fand sich in kultivierten Keratinozyten und Fibroblasten nach einer UV-B-/UV-A- oder einer UV-A-1-Bestrahlung oder einer Behandlung mit H2O2 dosisabhängig eine Proteinoxidation.
Zusammengenommen weisen diese Befunde einen Zusammenhang zwischen der Lichtalterung und dem gehäuften Auftreten von oxidativ modifizierten Proteinen in der menschlichen Haut nach. Inwieweit es sich hierbei jedoch um ein Epiphänomen handelt oder aber ein Kausalzusammenhang besteht, muss durch zukünftige Studien geklärt werden. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch neuere Beobachtungen, dass die Zunahme des Gehalts an oxidativ veränderten Proteinen nicht nur auf der UV-induzierten Generation dieser Proteine beruhen könnte, sondern dass UV-Strahlung auch in der Lage zu sein scheint, das die Proteine degradierende System – das sog. Proteasom – funktionell zu beeinflussen. So konnte kürzlich erstmals beobachtet werden, dass die Aktivität der Proteasompeptidasen in menschlichen Keratinozyten sowohl durch eine UV-A- als auch eine UV-B-Bestrahlung reduziert werden kann und dies mit einer gesteigerten MMP-1-Expression einhergeht. i Lichtgealterte Haut enthält vermehrt oxidierte Proteine, zeigt verringerte Expression antioxidativer Enzyme und Aktivität der Proteasompeptidasen.
3.2.5 Bedeutung mitochondrialer DNS-
Mutationen für die Lichtalterung In unabhängigen Untersuchungen von drei Arbeitsgruppen konnte übereinstimmend gezeigt werden, dass bei ein und demselben Individuum sich in chronisch lichtgealterter Haut im Vergleich zu sonnengeschützter Haut deutlich erhöhte (bis zu 10-fache) Mengen an mitochondrialen DNS-Mutationen nachweisen lassen. Der Hintergrund dieser Untersuchungen ist die sog. mitochondriale Theorie des Alterns.
Entstehung mitochondrialer DNS-Mutationen Mitochondrien sind Zellorganellen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die menschliche Zelle mit Energie zu versorgen. Der hierbei zugrunde liegende Prozess wird als oxidative Phosphorylierung bezeichnet. An der oxidativen Phosphorylierung sind insgesamt 5 Proteinkomplexe beteiligt, die im Bereich der inneren mitochondrialen Membran loka-
29 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
lisiert sind und dort einen elektrochemischen Protonengradienten aufbauen, in dessen letztem Schritt aus ADP und Organophospat ATP hergestellt wird. Dieser Vorgang ist nicht vollkommen irrtumsfrei, d. h. es kommt permanent zur Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies. In der Tat sind die Mitochondrien der Ort einer menschlichen Zelle mit der höchsten Produktionsrate an reaktiven Sauerstoffspezies. Dies bleibt nicht ohne biologische Konsequenzen, denn in unmittelbarer Nachbarschaft zur inneren mitochondrialen Membran liegt das den Mitochondrien eigene genetische Material, die sog. mitochondriale DNS. Die menschliche mitochondriale DNS ist ein 16.559 Basenpaare langes, kreisförmiges und doppelsträngiges Molekül, dass in 4–10 Kopien pro Zelle vorliegt. Die gesamte Information, die in diesem DNS-Molekül kodiert ist, wird für die Synthese von Proteinen verwendet, die wiederum an der oxidativen Phosphorylierung beteiligt sind. Dies hat zur Folge, dass es durch das Auftreten von mitochondrialen DNS-Mutationen zu einer Störung der oxidativen Phosphorylierung kommt, hierdurch vermehrt reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden, die wiederum zu einer vermehrten Bildung von mitochondrialen DNS-Mutationen führen. Dieser Circulus vitiosus spielt vermutlich nicht nur für das Auftreten einer Reihe sehr seltener degenerativer Erkrankungen, sondern auch für den normalen Alterungsprozess menschlicher Gewebe eine wichtige Rolle. Diese hypothetische Annahme basiert auf folgenden Beobachtungen: 4 Mitochondriale DNS-Mutationen lassen sich nicht nur im Rahmen degenerativer Erkrankungen, sondern auch in normalem, gesundem menschlichen Gewebe nachweisen. 4 Im normalen, gesunden Gewebe steigt der Gehalt an mitochondrialen DNS-Mutationen mit zunehmendem Gewebealter an. 4 Diese Zunahme des Gehalts an mitochondrialen DNS-Mutationen geht einher mit einer eingeschränkten Fähigkeit der Gewebe, Sauerstoff zu verbrauchen. 4 Dies wiederum korreliert mit einer verminderten Fähigkeit der betroffenen Gewebe, mittels oxidativer Phosphorylierung Energie zu erzeugen. Der hieraus zu vermutende Kausalzusammenhang zwischen mitochondrialer Mutagenese und vorzei-
3
tigen Alterungsprozessen konnte kürzlich in zwei unabhängigen Mausstudien bewiesen werden. So weisen Mäuse, bei denen es aufgrund einer fehlerhaft arbeitenden mitochondrialen DNS-Polymerase zu einem gehäuften Auftreten von Punktmutationen in der mitochondrialen DNS kommt, einen ausgeprägten Alternsphänotyp mit Ausbildung einer Kyphose, Verlust von subkutanem Fettgewebe, Osteoporose, Ergrauen etc. auf. i Zusammengenommen muss daher davon ausgegangen werden, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Entstehen mitochondrialer DNS-Mutationen und dem fortschreitenden Alterungsprozess menschlicher Gewebe besteht.
Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und mitochondrialen DNS-Mutationen Die zuvor erwähnte Beobachtung, dass mitochondriale DNS-Mutationen im intraindividuellen Vergleich in lichtgealterter Haut in deutlich erhöhtem Ausmaß nachweisbar sind, weist zudem darauf hin, dass sie für den Lichtalterungsprozess der menschlichen Haut von Bedeutung sein könnten. In der Tat haben weiterführende Untersuchungen zwischenzeitlich zeigen können, dass keine Korrelation mit der intrinsischen Hautalterung zu bestehen scheint. Neueste Untersuchungen haben zudem erstmals belegt, dass nicht nur eine Assoziation zwischen dem Auftreten von mitochondrialen DNS-Mutationen und den klinischen Zeichen der chronischen Lichtschädigung besteht, sondern dass vielmehr UV-Strahlung kausal an der Entstehung mitochondrialer DNS-Mutationen beteiligt ist. Dies konnte sowohl in vitro als auch in vivo gezeigt werden. In vitro war es möglich, durch eine repetitive, mehrmals durchgeführte UV-A-Bestrahlung in primären humanen dermalen Fibroblasten zeit- und dosisabhängig mitochondriale DNS-Mutationen zu induzieren. Das Auftreten dieser mitochondrialen DNSMutationen war von funktioneller Relevanz, denn es kam zu einer Beeinträchtigung einer Reihe von mitochondrialen Funktionen und interessanterweise auch zu einer verstärkten Expression von Genen, die an der Pathogenese der Lichtalterung beteiligt sind, z. B. von Matrixmetalloproteinasen. Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass das Entstehen mitochondrialer DNS-Mutationen die molekulare Grundlage
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3
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
der UV-induzierten Lichtalterung darstellen könnte. Ähnliche Veränderungen können auch in vivo induziert werden. So war es möglich, in zuvor nicht UV-exponierter Haut bei gesunden Freiwilligen durch eine mehrfach täglich durchgeführte repetitive Bestrahlungen über 1 und 2 Wochen eine deutliche Zunahme des Gehalts an mitochondrialen DNS-Mutationen zu induzieren. Diese Zunahme ließ sich in der Dermis, nicht jedoch in der Epidermis beobachten.
Untersuchungen zum Kausalzusammenhang zwischen UV-Licht und mitochondrialen Mutationen 4 Repetitive Bestrahlung primärer humaner dermaler Fibroblasten – Induktion mitochondrialer DNS-Mutationen – Beeinträchtigung mitochondrialer Funktionen – Verstärkte Genexpression von Matrixmetalloproteinasen 4 Repetitive Bestrahlung lichtgeschützter Hautareale – Induktion mitochondrialer DNS-Mutationen in der Dermis 4 Regelmäßige Solarienbenutzung – Induktion mitochondrialer DNS-Mutationen in der menschlichen Haut bereits nach 3 Monaten
Auch eine 3-monatige Solarienbenutzung führte bei Hautgesunden, sofern nicht zuvor Sonnenbänke benutzt worden waren, zu einer signifikanten Zunahme der Menge großflächiger, für die lichtgealterte Haut typischer mitochondrialer DNS-Mutationen.
Chronische Effekte Interessanterweise blieben die einmal induzierten mitochondrialen DNS-Mutationen auch nach Beendigung der repetitiven Bestrahlung in einem erhöhten Ausmaß über Jahre hinweg weiter bestehen. Von besonderem Interesse ist hierbei, dass es bei einigen der Probanden auch ohne weitere Bestrahlung zu einer kontinuierlichen Zunahme des Gehalts an mitochondrialen DNS-Mutationen kam. Dies ist
. Abb. 3.2. Circulus vitiosus der UV-induzierten mitochondrialen Mutagenese
der erste In-vivo-Hinweis darauf, dass die eingangs erwähnte Hypothese von der Existenz eines Circulus vitiosus, der durch das Entstehen von mitochondrialen DNS-Mutationen in Gang gesetzt wird und zu einem verstärkten Alterungsprozess ursächlich beiträgt, in der Tat in menschlichen Geweben im Allgemeinen und in der aktinisch geschädigten menschlichen Haut im Besonderen zu existieren scheint (. Abb. 3.2). Eine wichtige Frage ist nun, inwieweit das Auftreten der mitochondrialen DNS-Mutationen die zuvor beschriebenen molekularen, biochemischen und zellulären Veränderungen, die für die lichtgealterte menschliche Haut charakteristisch sind, zu erklären vermögen. In diesem Zusammenhang sind zwei neuere Beobachtungen bedeutsam. Zum einen kommt es bei humanen dermalen Fibroblasten, bei denen Teile des mitochondrialen Genoms durch eine Behandlung mit subletalen Dosen von Ethidiumbromid entfernt wurden, zu einer transkriptionellen Umprogrammierung, die durch die Aufregulation von antioxidativen Enzymen, der MMP-1 und, interessanterweise, des hypoxieinduzierbaren Faktors-1α (HF-1α) charakterisiert ist. Zum anderen zeigen dermale Fibroblasten, die von Patienten mit KearnsSayre-Syndrom stammen und die bereits spontan große Mengen UV-induzierbarer Deletionen des
31 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
3
3.2.6 Chromophore und Mediatoren
der Lichtalterung DNS i Das wichtigste Chromophor für die UV-B-Bestrahlung in der menschlichen Haut ist die zelluläre DNS.
. Abb. 3.3. Schema mtDNA Lichtalterung
mitochondrialen Genoms aufweisen, eine verstärkte intramitochondriale ROS-Produktion. Werden diese Zellen zur Herstellung dermaler Hautäquivalente verwendet, dann zeigen sie eine beschleunigte Kollagenkontraktionsphase, die auf eine vermehrte Produktion des Enzyms Lysyloxidase zurückgeführt werden kann. Diese Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass die Anwesenheit UV-induzierbarer mitochondrialer DNS-Mutationen in menschlichen Hautfibroblasten zu verstärktem intramitochondrialem Stress und in Folge zu einer veränderten Genexpression führt, die wiederum Auswirkungen auf das dermale Mikromilieu hat (. Abb. 3.3). i Mutationen der mitochondrialen DNS führen in dermalen Fibroblasten zu vermehrtem oxidativem Stress, einer veränderten Genexpression und einer Beeinflussung des dermalen Mikromilieus.
UV-B-Strahlung ist in der Lage, in der DNS zwischen benachbarten Pyrimidinbasen eines DNSStranges Photoprodukte zu induzieren. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Zyklobutanpyrimidindimere und 6–4 Photoprodukte. Obwohl die exakte kausale Bedeutung UV-B-induzierter DNS-Schäden für den Prozess der Lichtalterung bisher nur unzureichend untersucht worden ist, gibt es eine Reihe von sehr gewichtigen Gründen für die Annahme, dass die Generation von DNS-Photoprodukten als Auslöser für eine Vielzahl der zuvor beschriebenen Vorgänge fungieren kann. So besteht beispielsweise heute kein Zweifel mehr daran, dass die UV-B-induzierte Generation von Zytokinen in epidermalen Keratinozyten auf der Entstehung von Zyklobutanpyrimidindimeren beruht. Zudem konnte kürzlich erstmals gezeigt werden, dass die topische Applikation von DNS-Reparaturenzym-haltigen Liposomen, die in der Lage sind, spezifisch UV-B-induzierte Zyklobutanpyrimidindimere zu reparieren, zu einer signifikanten Hemmung der UV-B-induzierten Induktion der Matrixmetalloproteinase-1 in der Epidermis führt.
Proteine und weitere Biomoleküle Neben Nukleinsäuren sind aber auch Proteine in der Lage, als Chromophore für UV-B zu fungieren. Als Aminosäuren sind hier neben Tryptophan und Tyrosin die im dermalen Kollagen und Elastin enthaltenen Aminosäuren Desmosin und Isodesmosin zu nennen. Weitere Biomoleküle, die im UV-B-Bereich absorbieren können, sind NADH, Chinone, Flavin, Porphyrine, 7-Dehydrocholesterol und Urocaninsäure. Die Relevanz dieser Chromophore für die UV-B-induzierte Hautalterung ist zurzeit nicht bekannt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Absorption von UV-B-Strahlung an Proteinen zur Generation von oxidativen Prozessen führt, die ebenfalls ursächlich an der Lichtalterung der menschlichen Haut beteiligt sind.
32
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Reaktive Sauerstoffspezies
3
Oxidative Prozesse sind vermutlich von herausragender Bedeutung für das Entstehen UV-A-induzierter biologischer Wirkungen in der menschlichen Haut. Von besonderer Bedeutung scheint in diesem Zusammenhang die Generation von Singulett-Sauerstoff zu sein. So konnte gezeigt werden, dass Singulett-Sauerstoff ein wichtiger Mediator der UV-induzierten Generation von mitochondrialen DNSMutationen in dermalen humanen Fibroblasten ist. Darüber hinaus spielt Singulett-Sauerstoff eine wesentliche Rolle als Mediator der UV-A-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinase-1 in dermalen humanen Fibroblasten. Zudem wurde beobachtet, dass neben Singulett-Sauerstoff auch Hydrogenperoxid an der UV-A-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinasen-1, -2 und -3 beteiligt ist. Im Gegensatz hierzu erscheint die UV-B-induzierte, durch oxidativen Stress vermittelte Expression von MMP-1 und MMP-3 vor allem durch Hydroxylradikale und Lipidperoxidationsprodukte vermittelt zu sein. Reaktive Sauerstoffspezies sind zudem in der Lage, auf die Synthese elastischer Fasern in der menschlichen Haut einzuwirken. So kommt es nach einer Generation von reaktiven Sauerstoffspezies zu einer verstärkten Expression von TropoelastinmRNS, ein Mechanismus, der wesentlich zur solaren Elastogenese beitragen könnte.
Urocaninsäure Ein weiteres wichtiges Chromophor für UV-Strahlung ist Urocaninsäure. Urocaninsäure ist ein Abbauprodukt des Filaggrin, einem histidinreichen Protein im Stratum corneum. Urocaninsäure findet sich als sog. Transisomer in hohen Konzentrationen in den obersten Epidermisschichten und absorbiert Wellenlängen >290 nm. Nach Bestrahlung kommt es unmittelbar zu einer Isomerisierung der Transurocaninsäure in ihre Cis-Form. Es konnte gezeigt werden, dass es im Rahmen dieser Isomerisierung zur Generation von Singulett-Sauerstoff kommt. Interessanterweise deckt sich das Aktionsspektrum für die Singulett-Sauerstoff-Bildung aus Transurocaninsäure mit dem Aktionsspektrum der Lichtalterung der Maushaut. Diese Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung, die eine Singulett-Sauerstoff-Generation in der menschlichen Haut bei der Lichtalterung hat, und weisen zudem darauf hin, dass
Transurocaninsäure zumindest für die UV-A-induzierte Hautalterung ein wichtiges Chromophor darstellen könnte.
3.3
Hautalterung durch andere exogene Noxen
Weitere Umweltnoxen, die wesentlich am Alterungsprozess der menschlichen Haut beteiligt sind, sind Tabakrauch, Infrarotstrahlung, Ozon und evtl. auch Schwebstäube. Darüber hinaus ist zumindest theoretisch davon auszugehen, dass letztlich jede Umweltnoxe, die in der Lage ist, in die Haut einzudringen und oxidativen Stress hervorzurufen, für vorzeitige Alterungsprozesse von pathogenetischer Bedeutung sein könnte. Da hinsichtlich der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen vor allen Dingen für den Tabakrauch, die Infrarotstrahlung und im geringerem Ausmaß auch für eine Ozonbelastung experimentelle Daten verfügbar sind, sollen hier diese 3 exogenen Noxen im Detail diskutiert werden.
3.3.1 Tabakrauch
Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass eine Assoziation besteht zwischen dem Rauchen von Tabak und dem Alterungsprozess der menschlichen Haut. So kommt es bei Rauchern signifikant häufiger zur Ausbildung einer ausgeprägten Faltenbildung im Bereich der Gesichtshaut im Vergleich zu Nichtrauchern. Dieser Unterschied lässt sich nicht nur bei jüngeren, sondern auch bei älteren Menschen (Durchschnittsalter 76 Jahre) nachweisen. Neuere epidemiologische Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass Tabakrauch ein Faktor ist, der unabhängig vom Lebensalter und unabhängig von der Sonnenexposition zur Hautalterung beiträgt.
Molekulare Mechanismen Im Einklang mit dieser epidemiologischen Beobachtung stehen mechanistische Studien, die sich mit der Analyse der molekularen Grundlagen der durch Tabakrauch induzierten vorzeitigen Hautalterung beschäftigen. So konnte gezeigt werden, dass nicht
33 3.3 · Hautalterung durch andere exogene Noxen
nur eine UV-Bestrahlung, sondern auch eine Stimulation mit Tabakrauch in primären humanen dermalen Fibroblasten zu einer signifikanten Aufregulation der Expression der Matrixmetalloproteinase-1 führt und dass die kombinierte Stimulation einen additiven Effekt hat. Neben einer Induktion der Matrixmetalloproteinase-1 wurde in In-vitro-Untersuchungen nach Stimulation von Fibroblasten auch eine deutlich Aufregulation der Matrixmetalloproteinase-3-Expression beobachtet, und zwar in beiden Fällen sowohl auf der mRNS- als auch der Proteinebene. Im Gegensatz hierzu kam es zu keiner veränderten Expression der gewebespezifischen Inhibitoren der Matrixmetalloproteinasen, d. h. von TIMP-1 und TIMP-3. Zigarettenrauch hat aber auch direkte Wirkungen auf die Kollagenbiosynthese. So zeigte sich in humanen Fibroblasten, die mit einem wasserlöslichen Extrakt, der aus Tabakrauch hergestellt worden war, behandelt wurden, dass es zu einem verminderten Gehalt an Kollagen im Überstand der Zellen kam, und dies ging einher mit einer etwa 40%igen Reduktion der Kollagenbiosynthese. In weiterführenden Untersuchungen konnte zudem gezeigt werden, dass diese durch Tabakrauch induzierten Veränderungen durch reaktive Sauerstoffspezies vermittelt werden, denn es war möglich, sie durch Zugabe von Antioxidanzien – insbesondere von Singulett-Sauerstoff-Fängern – zu inhibieren. Die Rolle der verminderten Expression der Matrixmetalloproteinase bei durch Tabakrauch induzierter vorzeitiger Hautalterung wurde zudem kürzlich in In-vivoUntersuchungen bestätigt. Mittels Real-Time-PCR wurde nachgewiesen, dass der Gehalt an MMP-1-mRNS in der Haut von Rauchern signifikant höher ist als in der Haut von Nichtrauchern, wohingegen kein Unterschied beobachtet werden konnte, wenn die Expression des gewebespezifischen Inhibitors der Matrixmetalloproteinase-1 (TIMP-1) untersucht wurde. Über weitere Mechanismen, die an der durch Tabakrauch induzierten vorzeitigen Hautalterung beteiligt sein könnten, gibt es bislang keine Informationen. Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass viele der zuvor für UV-Strahlung beschriebenen Mechanismen auch für die durch Tabakrauch induzierte Hautalterung relevant sind. So ist beispielsweise bekannt, dass in Lungenepithel-
3
zellen Tabakrauch in der Lage ist, mitochondriale DNS-Mutationen zu generieren. Auch wenn dies bislang noch nicht für kultivierte humane dermale Fibroblasten oder aber für die menschliche Haut in vivo gezeigt werden konnte, liegt doch zumindest die Vermutung nahe, dass ähnliche Wirkungen auch für die Hautalterung von Bedeutung sein könnten. Eine weitere Aufklärung dieser Mechanismen ist für die exakte Beurteilung von kosmetischen Strategien, die die Haut vor einem vorzeitigen Alterungsprozess schützen sollen, von Bedeutung.
Tabakwirkungen 4 Auf die menschliche Haut Verstärkte Gesichtsfalten Vermehrter Gehalt an MMP-1 4 Auf humane dermale Fibroblasten Vermehrte Expression der MMP-1 und MMP-3 Verminderung der Kollagenbiosynthese um 40%
3.3.2 Infrarotstrahlung
Sonnenstrahlung, die auf die menschliche Haut auftrifft, umfasst einen Spektralbereich von 290– 4000 nm und damit neben der ultravioletten Strahlung (290–400 nm) auch sichtbares Licht (400– 700 nm) sowie Infrarotstrahlung (700–4000 nm) (. Abb. 3.1). Zudem wird die menschliche Haut nicht nur natürlicher Infrarotstrahlung ausgesetzt, sondern auch Infrarotstrahlung aus künstlichen Strahlungsquellen. Hierzu gehört neben therapeutisch eingesetzten Infrarotbestrahlungsgeräten, die beispielsweise in der Physiotherapie oder bei der Krebsbehandlung als adjuvante Therapieprinzipien verwendet werden, auch kontaminierende Infrarotbestrahlung, die von UV-A-Bestrahlungsgeräten stammt, wie sie beispielsweise in Sonnenstudios verwendet werden. Zudem wird seit einiger Zeit die Anwendung von Infrarotstrahlern im Wellnessbereich propagiert. Man muss heute davon ausgehen, dass Infrarotstrahlung ähnlich wie auch UV-Strahlung in der Lage ist, eine Reihe von biologischen Wirkungen an der menschlichen Haut zu entfal-
34
3
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
ten. So konnte bereits vor mehr als 20 Jahren von Kligman erstmals gezeigt werden, dass eine chronische Infrarotbestrahlung in enthaarten Albinomeerschweinchen Hautveränderungen hervorruft, die klinisch und histologisch denjenigen entsprechen, die sich nach einer durch UV-Strahlung hervorgerufenen Elastose beobachten lassen.
Molekulare Mechanismen Lange Zeit war die molekulare Grundlage dieser durch Infrarotstrahlung hervorgerufenen Hautalterung nicht bekannt. Neueste Untersuchungen haben nun erstmals gezeigt, dass Infrarotstrahlung in der Lage ist, die Expression von Genen, die ursächlich am Lichtalterungsprozess der menschlichen Haut beteiligt sind, zu induzieren. So zeigte sich sowohl in vitro als auch in vivo, dass eine Bestrahlung kultivierter humaner Fibroblasten bzw. menschlicher Haut mit sehr niedrigen, physiologisch relevanten Dosen von Infrarot-A-Strahlung (760–1400 nm) zu einer signifikanten Induktion der Matrixmetalloproteinaseexpression auf mRNS- und Proteinebene kommt. Die weitere Analyse der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen dieser Genexpression ergab sodann, dass Infrarotstrahlung ein potenter Aktivator des MAP-Kinasen-Signalweges ist. So führt eine Infrarotbestrahlung in humanen dermalen Fibroblasten zu einer Aktivierung der MAP-Kinasen ERK-1/2 und p38. Diese Aktivierung ist von funktioneller Bedeutung, denn eine Hemmung der ERK-1/2-Aktivierung mit Hilfe eines spezifischen Inhibitors verhinderte die durch Infrarotstrahlung induzierte Expression der Matrixmetalloproteinase-1. ! Infrarot-A-Strahlung induziert in humanen dermalen Fibroblasten über den MAP-KinasenSignalweg die Expression von MMP-1.
Diese Untersuchungen zeigen, dass Infrarotstrahlung, ähnlich wie UV-Strahlung, in der Lage ist, molekulare Veränderungen in der menschlichen Haut hervorzurufen, die ursächlich zum beschleunigten Alterungsprozess beitragen können. In der Tat lässt sich die vermehrte MMP-1-Expression auch in vivo in Infrarot-A-bestrahlter menschlicher Haut beobachten. Das Ausmaß der MMP-1-Aufregulation zeigte – ähnlich wie in UV-bestrahlter Haut – eine deutliche interindividuelle Variabilität. Die InfrarotA-induzierte MMP-1-Expression ging mit der Ge-
neration reaktiver Sauerstoffspezies und einer anschließenden Verminderung antioxidativer Verteidigungssysteme im bestrahlten Hautareal einher. Dieser Beobachtung entsprachen In-vitro-Befunde, die zeigen, dass die Infrarot-A-induzierte MMP-1Expression in menschlichen Hautfibroblasten Folge eines retrograden Signalweges ist, an dessen Anfang die Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies aus der mitochondrialen Atmungskette steht. Diese Erkenntnis konnte zur Entwicklung eines topisch applizierbaren Infrarot-A-Schutzkomplexes genutzt werden. Hierbei handelt es sich um einen Cocktail unterschiedlicher, sich in den Mitochondrien anreichernder Antioxidanzien, der sowohl in vitro als auch in vivo die Infrarot-A-induzierte MMP-1-Aufregulation verhindert und daher als Bestandteil von Sonnenschutzmitteln zum Schutz der Haut vor Infrarot-A-Stahlung wirksam ist und entsprechend verwendet wird.
3.3.3 Ozon und andere Umweltnoxen
Da viele der in der Umwelt vorkommenden Noxen in der Lage sind, oxidativen Stress zu induzieren, ist es naheliegend, dass neben UV-Strahlung, Tabakrauch und Infrarotstrahlung auch weitere Umweltfaktoren zum vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut beitragen.
Ozon Ein Beispiel hierfür ist Ozon, das einer der Hauptbestandteile von Smog ist, wie er in stark verkehrsbelasteten Regionen während der sonnenreichen Jahreszeit auftritt. Ozon ist ein potentes Oxidans und daher wurde eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, um die biologische Wirkung von Ozon auf die menschliche Haut zu erfassen. Untersuchungen an der Maushaut haben beispielsweise ergeben, dass eine Exposition mit Ozon zu einer Verminderung des Gehalts an Antioxidanzien führt, die sich im Stratum corneum nachweisen lassen. Besonders empfindlich gegenüber einer Ozonexposition zeigte sich hier das im Stratum corneum vorhandene Vitamin E. Interessanterweise wurden ähnliche Effekte auch nach einer UV-Bestrahlung beobachtet. Die Kombination aus UV-Strahlung und Ozon, die physiologisch hoch relevant ist, da es gerade in der son-
35 3.4 · Fazit für die Praxis
nenreichen Jahreszeit zu einer vermehrten Ozonbildung in Gebieten mit einer hohen Verkehrsdichte kommt, zeigte eine weitere Potenzierung dieses Effekts. Neben den Wirkungen auf das Stratum corneum und die dort vorhandenen antioxidativen Systeme scheint Ozon aber auch Wirkungen auf tiefere Schichten der Haut ausüben zu können. Nach einer Ozonexposition von haarlosen Mäusen konnte in der Haut dieser Tiere eine 20-fache Aufregulation des Hitzeschockproteins 27 sowie eine verzögerte Induktion des Hitzeschockproteins 70 und der Hämoxigenase-1 beobachtet werden. Zudem zeigte sich eine deutliche Aufregulation der Expression der Matrixmetalloproteinase-9, und zwar sowohl auf mRNS- als auch auf Proteinebene.
Ozonwirkungen auf haarlose Maushaut 4 Verminderung des Antioxidanziengehalts im Stratum corneum 4 Aufregulation von Hitzeschockproteinen (27 und 70), Hämoxigenase-1 und MMP-9 in tieferen Schichten
Obwohl diese Untersuchungen noch keinen direkten Zusammenhang mit einem vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut aufzeigen, legen sie doch nahe, dass Ozon in der Lage ist, das antioxidative Potenzial der menschlichen Haut zu beeinflussen und auch in tieferen Schichten der menschlichen Haut Stressantworten hervorzurufen, die letztlich zu einem vorzeitigen Alterungsprozess beitragen können.
Schwebstäube Ein weiterer Umweltfaktor, der von immer größer werdender Relevanz für die menschliche Gesundheit ist, sind Schwebstäube. Obwohl zurzeit kontrovers diskutiert wird, ob feine und insbesondere ultrafeine Partikel in die menschliche Haut eindringen können, weisen neuere Untersuchungen darauf hin, dass in vivo zumindest eine follikuläre Penetration und ex vivo eine transepidermale möglich sind. Die pathogenetische Bedeutung des Eindringens von feinen und ultrafeinen Partikeln in die Haut ist zurzeit noch unbekannt. In diesem Zusammenhang ist
3
auch wichtig, dass diese hautphysiologischen Untersuchungen bisher ausschließlich an Menschen mit intakter Hautbarriere durchgeführt worden sind. Es ist gut vorstellbar, dass im Falle einer geschädigten Barriere, wie sie sich z. B. bei Personen mit atopischer Diathese findet, eine verstärkte Partikelpenetration stattfindet, die über die ausschließlich follikuläre Route hinausgeht. Da feine und insbesondere ultrafeine Partikel aufgrund ihrer großen Oberfläche sehr gut in der Lage sind, oxidative Prozesse zu induzieren, ist es zumindest theoretisch vorstellbar, dass sie ebenfalls zu einem vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut beitragen können. Diese Hypothese wird durch aktuelle epidemiologische Untersuchungen gestützt, die darauf hinweisen, dass Pigmentveränderungen und Faltenbildung bei Kaukasiern und mehr noch bei japanischen Frauen mit der Belastung durch straßenverkehrsbedingte Schwebstäube positiv korrelieren.
3.4
Fazit für die Praxis
In den letzten Jahren wurden enorme Fortschritte erzielt bei der Aufklärung der molekularen Mechanismen, durch die Umweltfaktoren die menschliche Haut vorzeitig altern lassen. Die meisten Studien zu diesem Thema wurden am Modell der Noxe UVStahlung durchgeführt, aber es ist davon auszugehen, dass in zunehmendem Maße auch andere Umweltfaktoren untersucht werden. Eine wesentliche Aufgabe der Forschung der nächsten Jahre wird es sein, die bislang gemachten Beobachtungen zu einem Gesamtkonzept zusammenzufügen, das es erlaubt, Epiphänomene von kausal bedeutenden Veränderungen zu unterscheiden. Dies wiederum wird es ermöglichen, die Bemühungen um die Entwicklung effektiver protektiver und vielleicht auch verjüngend wirkender Maßnahmen auf eine wissenschaftlich fundierte rationale Basis zu stellen.
36
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Weiterführende Literatur
3
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4 4 Endokrinologische Aspekte der Hautalterung Klaus Fritz
4.1
Einleitung
– 37
4.6
Somatotropes Hormon STH/GH
4.2
Neuroendokrine Grundlagen
4.2.1
Biorhythmus
4.6.1 4.6.2 4.6.3
Veränderungen im Alter – 45 Substitution bei krankhaften Störungen Substitution gegen das Altern – 46
– 37
– 38
4.3
Östrogene
4.3.1 4.3.2
Östrogene und Haut/Schleimhaut – 39 Östrogene und Psyche/Zentralnervensystem – 41 Therapie mit Östrogenen – 41 Ist die Östrogensubstitution beim Mann sinnvoll? – 43
4.3.3 4.3.4
4.4
Progesteron
– 39
– 44
4.5
Melatonin
4.5.1
Wirkung auf die Haut
4.7
Schilddrüsenhormone – 49
4.7.1
Wirkung auf die Haut
4.8
Parathormon – 49
– 46
– 49
4.9
Androgene – »aging male«
4.9.1 4.9.2 4.9.3 4.9.4
Grundlagen – 50 Symptome und Hormonwerte – 50 Therapeutischer Einsatz – 54 Androgene bei Frauen – 55
– 49
4.10
Fazit für die Praxis
– 44 – 44
– 55
Weiterführende Literatur
4.1
– 45
Einleitung
Altern ist eine irreversible, zeitabhängige funktionelle Abnahme der Körperfunktionen. Die Lebensdauer wird nach Prognosen der WHO weltweit weiter steigen, doch nicht parallel dazu die Lebensqualität. Die gewonnenen Jahre werden demzufolge überwiegend in mäßiger oder schlechter Lebensqualität verbracht. Gesundheitserwartung und Lebenserwartung differieren also deutlich. »Antiaging« beinhaltet eine präventive Medizin mit dem Ziel, Defizite auszugleichen durch optimale Ernährung, einen gesunden Bewegungsapparat, die Balance des Hormonprofils und eine ausreichende Versorgung mit antioxidativen Substanzen. Von Dermatologen wird erwartet, die Hautalterung zu verlangsamen. Für lichtexponierte Areale weiß man dafür eine Lösung, für lichtgeschützte
– 55
Stellen gibt es weniger Erkenntnisse. Zwei Theorien versuchen, Alterungsvorgänge zu erklären. Die eine postuliert Abnutzungserscheinungen und zunehmende zelluläre und genetische Schäden (wie freie Radikale, Akkumulation von DNS-Schäden, Kalorienreduktion), die andere nimmt an, das Altern laufe nach einem Programm ab. Am besten untersucht sind hierbei das Immunsystem und das neuroendokrine System.
4.2
Neuroendokrine Grundlagen
Die neuroendokrine Theorie des Alterns nimmt an, dass biologische Uhren über die Hormone den Alterungsprozess kontrollieren. Damit müsste auch durch gezielte Hormongaben der Alterungsprozess modifizierbar sein. Am eingehendsten bekannt ist
38
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
. Tab. 4.1. Hormonveränderungen im Alter
4
Abnahme
Unverändert
Zunahme
Aldosteron
ACTH
FSH
Calcitonin
Kortisol
Insulin
DHEA
Renin
LH
Glukagon
Parathormon
IGF-1 STH (Frauen)
STH (Männer)
Trijodthyronin
TSH, Thyroxin
Testosteron (Männer)
Somatopause Abfall des STH und des IGF-1 (Insulin-ähnlicher-Wachstumsfaktor-1) und gleichzeitiger Anstieg der Bindungsproteine für IGF-1 Melanopause Nachlassen der Melatoninamplitude und Abnahme der nächtlichen Melatoninpeaks Voraussetzung für die individuelle Hormonsubstitution ist nicht nur ein Hormonwert, sondern auch subjektiver Leidensdruck und Tests von Parametern mit Aussagekraft über das biologische Altern, z. B. messbar mittels »H-Scan«.
Testosteron (Frauen)
Biomarker im Einzelnen
wohl der hypothalamisch-hypophysär-gonadale Regelkreis der Frau mit seinen Veränderungen im Rahmen des Zyklus und des Klimakteriums. Aber auch andere Hormone zeigen altersabhängige Veränderungen (. Tab. 4.1). Da das Kollagen der Haut wie der Knochen zu 70% aus Typ-I-Kollagen besteht und mit dem Alter abnimmt, wird vermutet, dass auch Erkenntnisse und Maßnahmen aus dem Bereich der Osteoporose auf die Haut übertragbar sind. Körperliches Training und Hormonsubstitutionstherapien müssten also auch die Hautalterung bremsen. Messbar ist dabei mittels Ultraschall die Abnahme der Hautdicke mit zunehmendem Alter. Im Zusammenhang mit den altersabhängigen Hormonveränderungen werden Lebenszäsuren definiert: Menopause Sistieren der Menstruation nach drastischer Abnahme der Estradiolproduktion, zusammen mit den körperlichen und psychologischen Folgen Andropause Ähnlicher Vorgang beim Mann, allerdings weniger abrupt. Allmähliches Nachlassen der Bildung von Gesamt- und freiem Testosteron. Eine Reduktion körperlicher und psychologischer Faktoren kann, muss aber nicht parallel eintreten Adrenopause Deutlich abgefallene Konzentrationen von DHEA und DHEAS bei weitgehend normalem ACTH-Spiegel
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Hörreaktionszeit Höchster noch wahrnehmbarer Ton Vibrotaktile Sensibilität Sehreaktionszeit Muskelbewegungsgeschwindigkeit Lungenfunktion: Vitalkapazität Lungenfunktion: 1-s-Kapazität Entscheidungsreaktionszeit Bewegungsgeschwindigkeit Gedächtnis Alternierendes Knöpfedrücken Akkomodationsfähigkeit
In der Laienpresse werden vielfach Hormone euphorisch als Wunderdroge zur Verjüngung angesehen. In den USA sind sie rezeptfrei zur »Nahrungsergänzung« erhältlich. In Deutschland bleiben Hormone rezeptpflichtig. Die langfristigen Folgen dieses Hormoneinsatzes im Alter sind unbekannt, prospektive kontrollierte Studien daher eine wesentliche Aufgabe, um den Zusammenhang zwischen Hormondefiziten und Alterungsprozessen zu klären und das therapeutische Potenzial von Hormontherapien im Alter zu evaluieren.
4.2.1 Biorhythmus
Da die Hormonspiegel zirka-, infra- und ultradiane Rhythmen aufweisen, ist grundsätzlich zu fragen, ob es sinnvoll ist, Konzentrationen als Normbereiche
39 4.3 · Östrogene
anzugeben. Vielmehr scheint der zeitliche Verlauf von entscheidender Bedeutung. In der chronobiologischen Literatur wird häufig ein auf die Zeit bezogener Normwert angegeben. Die Periodizität der Hormonsekretion bleibt im Alter erhalten, auch wenn sich häufig Amplitudenreduktionen (beispielsweise bei DHEAS) oder höhere Amplituden (beispielsweise bei Insulin) zeigen.
4
Sie beeinflussen damit die Hautneubildung, Kollagenproduktion, Spannkraft und Durchblutung. Mit der Abnahme der Östrogene ist eine signifikante Verminderung der Hautdicke verbunden, die radiologisch, histologisch wie auch mittels Ultraschall (20 MHz) messbar ist.
Auswirkungen des Östrogenmangels auf die Haut 4.3
Östrogene
Östrogene sind die wichtigsten Hormone der Frau. Produziert werden sie überwiegend im Ovar, als Östron aber marginal auch in der Haut. Sie beeinflussen zunächst das Längenwachstum mit Schluss der Epiphysenfugen, dann Brustwachstum, Schambehaarung, Körperbau und Fettverteilung, den weiblichen Zyklus einschließlich psychologischer Einflüsse und der Fertilität. An den Blutgefäßen beugen sie Arteriosklerose vor. i Produziert werden Östrogene vorwiegend in den Follikeln des Ovars unter Einfluss von LH und FSH, rudimentär auch als Östron in Haut und Fettgewebe.
Zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr nehmen die Geschlechtshormone langsam ab, zuerst das Progesteron mit Verkürzung der Regel, dann folgen die Östrogene. Die Regel bleibt erst zeitweise, dann ganz aus, ein Zeitpunkt, der als Menopause definiert ist und im Mittel mit 52±2 Jahren einsetzt. Die Folgen eines Östrogenabfalls sind die bekannten klimakterischen Beschwerden. In dieser Zeit – manchmal auch noch nach Jahren – leiden etwa 80% der Frauen an Hitzewallungen, Schwitzen, Stimmungsschwankungen und Depressionen. Die Spannkraft der Haut nimmt ab, ebenso wie die Wassereinlagerung und die Neubildung kollagener Fasern, dagegen nimmt die Trockenheit der Haut zu.
4.3.1 Östrogene und Haut/Schleimhaut
Östrogene sind in der gesamten Haut wirksam. Östrogenrezeptoren wurden in der Epidermis an Keratinozyten, in der Dermis an Fibroblasten und den Gefäßendothelien der Blutgefäße nachgewiesen.
4 4 4 4 4
Dünnerwerden der Haut Feuchtigkeitsverlust Veminderte Elastizität Verminderte Vaskularisation Verminderte Kollagenneusynthese
Die Folge: Haut und Schleimhäute werden dünn, blass und faltig. Die dünner werdende Haut kann zu Einblutungen führen und möglicherweise Infekte und verzögerte Wundheilung nach sich ziehen.
Kollagen und Grundsubstanz Der Kollagengehalt korreliert positiv mit der Hautdicke wie mit dem Grad der Osteoporose. Bei Osteoporose ist daher beides erniedrigt. Kollagen wird in der Haut von den Fibroblasten produziert. Der Turnover von Abbau und Neubildung des Kollagens ist nach dem Muskel- und Knochengewebe in der Haut am höchsten und damit auch anfällig für Störungen. In der Haut überwiegt deutlich Kollagen vom Typ I, auch Typ III kommt vor. Nach der Menopause wird ebenfalls eine Abnahme von quervernetztem Kollagen, ein erhöhter Abbau durch die Kollagenase und eine verminderte Neusynthese beobachtet, wenn auch nicht in allen Studien und nicht immer einhergehend mit sichtbaren Veränderungen der Haut. Daneben könnten auch die Funktion und Zusammensetzung der Grundsubstanz eine Rolle spielen. Dies muss wissenschaftlich allerdings noch weitergehend untersucht werden. Elastin und GAG (Glykosaminoglykane) nehmen z. B. unter Hormonersatztherapie deutlich zu. Diese Faktoren sind sicher alle für die Festigkeit und Spannkraft der Haut mitverantwortlich, aber nicht alleine entscheidend. Die Spannkraft ist weder ein singulär erklärbares noch ein standardisiert messbares Phänomen, so gerne wir dies aus kosmetischer Sicht hätten.
40
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
Hormonsubstitution Haut Etwa 30% des Kollagens geht bei der Frau in den ersten Jahren nach der Menopause verloren. Hormonersatztherapien sind erfolgreicher, wenn die Substitution nicht auf einem niedrigen Niveau beginnt.
4
i Der Behandlungserfolg ist damit weniger von Dosis und Dauer, sondern vielmehr von der möglichst frühzeitigen Substitution abhängig.
Studien zeigten sowohl unter lokaler als auch systemischer Applikation eine Zunahme der Hautdicke, eine Abnahme von Falten, aber nur uneinheitlich eine positive Beeinflussung des Kollagengehalts. Weiterhin nahm zu Behandlungsbeginn die kapilläre Durchblutung zu, nicht aber unter langfristiger Gabe. Die vegetativ gesteuerte Flushsymptomatik in den tieferen dermalen Plexus wird unter Östrogensubstitution deutlich gebessert, wie auch die Einflüsse auf Sexualität, Libido, Haarwachstum und Wundheilung. Eine therapeutische lokale Gabe vermag Narben zu glätten und auch Atrophien nach Kortikosteroiden zu mindern.
feststellte, war eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie bei 60 postmenopausalen Frauen, denen für 12 Monate Östrogen oder Placebo gegeben wurde. Die Hautdicke nahm nur in der Östrogengruppe zu. Es ist weiterhin untersucht, dass die Permeabilität der Haut und damit ihre Barrierefunktion unter Östrogeneinfluss zunehmen bzw. nach Abfall der Östrogene nachlassen. Die Widerstandskraft der Haut ist damit von Östrogenen abhängig. Auch die Oberfläche der Keratinozyten ist prämenopausal statistisch signifikant höher als postmenopausal und als bei Männern. Allerdings besteht kein Zusammenhang zwischen Oberfläche und Funktionsparametern wie transepidermaler Wasserverlust oder Hydratation des Stratum corneum. i Die postmenopausale Hormonersatztherapie dient damit sowohl der Faltenprävention als auch der Behandlung und Vermeidung von Osteoporose, ein Effekt der durch andere Osteoporosemedikation nicht erreicht wird.
Weitere Einsatzmöglichkeiten Wirkungen einer Östrogenapplikation 4 4 4 4
Zunahme der Hautdicke Reduktion von Falten Teilweise Erhöhung des Kollagengehalts Zunahme kapillärer Durchblutung zu Therapiebeginn 4 Verbesserte Flushsymptomatik 4 Verbesserung von Libido, Haarwachstum, Wundheilung 4 Narbenreduktion
Möglicherweise sind für den verbesserten Hautzustand weniger der Kollagengehalt und der Anteil der Quervernetzung als die Hydration der Dermis verantwortlich. Während unter Hormonersatztherapie die Hauptziele erreicht werden und belegbar psychovegetative Faktoren und Osteoporose verbessert werden, sind die Studien für die Haut nicht einheitlich. Die signifikanteste Studie, die positive Einflüsse
Zweifellos gelten diese Vorteile auch für die Veränderungen im Urogenitalsystem, weil eine Östrogentherapie zu einer Steigerung des Kollagengehalts führt und damit einen besseren Gewebeturgor verursacht. Dadurch werden gleichzeitig Muskulatur und Bindegewebe im Bereich der Vagina, der Urethra und des Diaphragma urogenitale sowie des gesamten Beckenbodens gestärkt. In der Lokalbehandlung des Haarausfalls ist die Applikation von Östradiol und analogen Substanzen seit Jahrzehnten bewährt. Rezepturen wie Östradiolbenzoicum 00,05 in Spir. dil. ad 100,0 M. f. Tropfflasche S:1–2/Tag auf die Kopfhaut aufbringen oder als Fertigprodukt zugelassene Haartinkturen (Ellcranell, CrinoHermal, Alpicort F, Pantostin etc.) werden tausendfach verwendet. Da Östrogene die Kollagenneuproduktion unterstützen, erscheint eine lokale Östrogenapplikation bei »chemical peels«, Injektion von Fillern oder dem
4
41 4.3 · Östrogene
nichtablativen Subsurfacing sinnvoll zu sein. Gegeben werden unter anderem 0,625 mg/Tag konjugierte Östrogene systemisch. Bei der Rezeptur von Östrogensalben muss auf die Kompatibilität mit der Galenik geachtet werden. Auch die Auswahl des Östrogens kann Bedeutung haben: Östradiol (Linoladiol) penetriert und wirkt damit systemisch, Östriol (Ovestin) bleibt lokal. i Je nach Indikation muss das Penetrationsverhalten des Östrogens berücksichtigt werden.
Für die Faltenbehandlung ist die Hormonersatztherapie allerdings weniger wichtig, als den Nikotinkonsum und übermäßige UV-Einstrahlung zu vermeiden. Insbesondere bei der lokalen Applikation sollte bei Patientinnen, die zu Melasma neigen, gleichzeitig Lichtschutz empfohlen werden. Beliebt sind bei Patienten wie auch in kosmetischen Produkten die nicht als Arzneimittel geltenden pflanzlichen Östrogene. Soja, systemisch hochdosiert zugeführt, hat in Studien enttäuscht, für die lokale Applikation wurde eine Minderung der Falten berichtet. Cimifuga racemosa, ein im Trend liegender Isoflavonersatz, vermochte in Arzneimittelstudien bei klimakterischen Symptomen nicht zu überzeugen. Für den Einsatz an der Haut sind weder für die systemische noch die lokale Applikation kontrollierte Studien durchgeführt.
4.3.2 Östrogene und Psyche/
Zentralnervensystem Fällt der Östrogenspiegel ab, treten gehäuft psychische Störungen auf, beispielsweise in der prämenstruellen Phase, im Wochenbett oder im Klimakterium. Während einer Schwangerschaft, wenn der Östrogenspiegel steigt, ist das Erkrankungsrisiko dagegen wiederum geringer. Eine Besserung von peri- und postmenopausalen Schlafstörungen, Nervosität und Gereiztheit durch Östrogensubstitution ist durch zahlreiche Studien zu Substitutionspräparaten belegt.
Auch bei Morbus Alzheimer wird eine Risikominderung um die Hälfte vermutet. Nach den Ergebnissen der bislang größten und längsten Therapiestudie sind die Hormone bei Hirnleistungsstörungen wirkungslos, wenn die Demenz manifest ist. Eine Therapie mit Östrogenen schützte 664 untersuchte Frauen nicht vor einem erneuten Hirninfarkt, soll aber frühzeitig eingesetzt protektiv sein. Nicht nur bei Frauen, auch beim Mann wird einer niedrigen Östrogendosis libidofördernde Wirkung zugeschrieben.
4.3.3 Therapie mit Östrogenen i Für die Therapie mit Östrogenen gibt es nur eine sicher belegte Indikation: Sie lindern Wechseljahresbeschwerden.
Zum Ersatz des fehlenden Hormons bei Wechseljahresbeschwerden steht eine Vielfalt von Präparaten und Anwendungsformen zur Verfügung (. Tab. 4.2 und 4.3). Eine gynäkologische Kontrolle sollte regelmäßig erfolgen, da das Risiko eines Gebärmutterhalskrebses und eines Brustkrebses unter der Einnahme von Geschlechtshormonen erhöht sein kann. Entscheidend ist der frühzeitige Einsatz, insbesondere für die Wirkung an der Haut. Alterungsprozesse können damit retardiert werden. Die Diskussion
. Tab. 4.2. Wirksame Östrogendosen zur Osteoporoseprävention Östrogen
Applikation
Dosierung
Östradiol
Oral
1–2 mg täglich
Transdermal
50 μg täglich
Perkutan
1,5 mg täglich
Subkutan
25–50 mg über 6 Monate
Östradiolvalerat
Oral
1–2 mg täglich
Konjugierte Östrogene
Oral
0,625 mg täglich
42
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
. Tab. 4.3. Sequenz- und Simultantherapie mit Östrogenen Östrogen
Applikation
Dosierung
Konjugierte Östrogene
Oral
0,625 mg/Tag
Mikronisiertes Östradiol
Oral
1–2 mg/Tag
Östradiol als Pflaster + Gestagen
Perkutan
2–8 mg alle 3 Tage
Östradiol
Oral
2 mg/Tag
+Norethisteronacetat
Oral
1 mg/Tag
Sequenztherapie
4
Simultantherapie
nerhalb des ersten Behandlungsjahres einer HET mit kombinierten Arzneimitteln erhöht ist. Bestätigt wird aber ebenso, dass das Brustkrebsrisiko nach Absetzen einer HET innerhalb weniger Jahre wieder auf das altersentsprechende Grundrisiko zurückgeht (Million Women Study Collaborators 2003). Relativiert wird das Brustkrebsrisiko, wenn man die individuelle Gesundheitssituation zu berücksichtigt. i Bei Frauen ohne Gebärmutter sollten nur Estrogene und nicht Estrogen-GestagenKombinationspräparate angewendet werden (Rabe et al. 2004).
Risikopatientinnen
über Krebsrisiken braucht Frauen, die die Hormone nach einigen Monaten bis 2 Jahren wieder absetzen, kaum zu beunruhigen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ordnete 2003 als neue Risikoangaben für Arzneimittel zur Hormonersatztherapie an, erweiterte Angaben zum Risiko von venösen Thromboembolien, koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Brustkrebs und Ovarialkarzinom aufzunehmen. Das Brustkrebsrisiko ist nach aktuellen epidemiologischen Berichten (»Million Women Study«; Million Women Study Collaborators 2003) besonders bei Estrogen-Gestagen-Kombinationen erheblich erhöht, deutlich mehr als durch Estrogene allein. Daher wird empfohlen, die Behandlung kurz und niedrig dosiert durchzuführen und nur noch zur Behandlung ausgeprägter Wechseljahresbeschwerden Laut »Million Women Study« führt die Anwendung von reinen Estrogenpräparaten über 5 Jahre bei 1000 Frauen zu ca. 1,5 zusätzlichen Brustkrebsfällen, bei 10-jähriger Anwendung zu etwa 5 zusätzlichen Brustkrebsfällen. Bei einer HET mit Kombinationspräparaten aus Estrogenen und Gestagenen sind die entsprechenden Zahlen für zusätzliche Brustkrebsfälle etwa 4-mal so hoch (6 bzw. 19). Die Studie zeigt außerdem, dass Frauen, die Arzneimittel zur HET anwenden, auch ein höheres Risiko haben, an Brustkrebs zu sterben, als Nichtanwenderinnen und dass das Brustkrebsrisiko schon in-
Im Falle der Therapie gilt es besonders Risikopatientinnen herauszufiltern: 4 Vor dem erstmaligen Beginn einer ERT/HRT ist eine Mammographie zu empfehlen. 4 Krebsvorsorge: gynäkologische Untersuchung einschließlich Zervixzytologie und Ultraschall (Endometrium, Ovarien); Test auf okkultes Blut im Stuhl 4 Familienanamnese, Mammographie/ Mammasonographie 4 Risikoscreeningprogramm 4 Blutbild, Blutfettuntersuchungen, Leberenzyme, evtl. Abdominalultraschall und Diabetesscreening; Thrombophiliescreening nur nach spezieller Indikation 4 Knochendichtemessung und Frakturrisiko 4 Familiäres oder eigenanamnestisches Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Thromboembolien beurteilen 4 Untersuchung des Blutgerinnungssystems (z. B. Faktor-V-Leiden-Genmutation, APC-Resistenz, Protein C, Protein S, Antithrombin-III, Prothrombinpolymorphismus, Homozystein, MTHFR) Die prädiktive Bedeutung einer sog. Genchipdiagnose muss noch im Hinblick auf mono- und polygenetische Erkrankungen weiter validiert werden.
43 4.3 · Östrogene
Indikationen Anerkannte Indikationen für die Estrogen Replacement Therapy (ERT) und die Hormone Replacement Therapy(kombinierte EstrogenGestagen-Therapie, kontinuierlich oder sequenziell) sind auch nach Angaben durch die Food and Drug Administration und das National Institute of Health (NIH) in den USA und andere internationale Institutionen die folgenden: 4 Behandlung mäßiger und schwerer klimakterischer (vasovegetative) Beschwerden (Verbesserung der Symptome in 95% aller Fälle durch ERT/HRT innerhalb von spätestens 4–8 Wochen nach Behandlungsbeginn) 4 Prävention der Osteoporose unter sorgfältiger Berücksichtigung anderer therapeutischer Optionen [Bisphosphonate, Selective Estrogen Receptor Modulators (SERMs, z. B. Raloxifen)] und eines entsprechend angepassten Lebensstils. 4 Mittelstarke bzw. schwere Urogenital- und Vaginalatrophie
Entsprechend der WHI-Studie ist das Risiko eines Mammakarzinoms unter kombinierter HRT bei einer Therapiedauer von >5 Jahren erhöht. In der Mehrzahl der Studien sind die unter HRT diagnostizierten Mammatumoren klein und weisen eine geringe Aggressivität auf. In den meisten Beobachtungsstudien war die brustkrebsbedingte Mortalität unbeeinflusst oder erniedrigt. Die spezifische Letalität war in der One Million Women Study nicht signifikant erhöht. In der WHI fanden sich diesbezüglich keine Unterschiede zwischen Hormon- und Placebogruppe. Nach Empfehlungen des BfArM vom 6.5.2004 sollen allerdings primär Alternativen wie Bisphosphonate und Raloxifen gewählt werden, eine ERT/ HRT sei nur dann primär indiziert, wenn Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen gegen die Alternativen vorliegen. Das Klimakterium verschiebt die Relation von Östrogen und Testosteron. Dies geschieht durch verminderte Östrogenproduktion und damit Abnahme der Östrogene sowie eine Zunahme der Androgen-
4
rezeptoren und eine Vermehrung des freien Testosterons. Auch die IGF-1-Produktion wird vermindert. Es entsteht daher postklimakterisch eine relative Hyperandrogenämie mit Symptomen wie Hirsutismus, die eine antiandrogene Gestagengabe einerseits und eine Östrogensubstitution andererseits empfehlenswert machen. Hierzu gibt es ausgewogene Fertigpräparate, die als Gestagen antiandrogen wirksame Substanzen verwenden. Ohne diese Substitution kann es durch eine partielle, zunehmende Insulinresistenz nicht nur zu Typ-2-Diabetes und Hypertonie, sondern durch beide Einflüsse auch zur androiden Adipositas kommen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint eine Hormonersatztherapie zu Beginn des Klimakteriums empfehlenswert.
4.3.4 Ist die Östrogensubstitution
beim Mann sinnvoll? Die Bestimmung von Östrogenen beim Mann ist labortechnisch problematisch und ein isolierter Östrogenmangel bei normalen Testosteronkonzentrationen eine Rarität. Die wenigen Arbeiten, die sich mit den Wirkungen und Nebenwirkungen einer niedrig dosierten Östrogentherapie beim Mann befassen, sind unkontrolliert und/oder erfassen nur kurze Interventionszeiträume. Unter der hohen Dosierung der einzigen Studie, dem Coronary Drug Project, musste die Therapie wegen schwerwiegender thromboembolischer Ereignisse und Gynäkomastie abgebrochen werden. Die Empfehlung, schwach wirksame Östrogenpräparate wie Östriol in der Behandlung älterer Männer vorzuziehen, wurde durch keine kontrollierte Studie belegt. In einem Beitrag gibt Rimkus (2000) an, die Östradiolsubstitution bei Männern von erniedrigten bis auf physiologische Werte führe fast immer zur Beschwerdefreiheit, allerdings nicht andere Östrogenprodukte. Die Einnahme von DHEA bewirkt ebenfalls eine Anhebung der Östrogenspiegel. Regelmäßige Kontrollen sollten Blutbild, PSAWert, Fettwerte und eine Palpation der Prostata umfassen. Aufgrund des potenziell erhöhten Risikos für ein Prostatakarzinom sollte der PSA-Wert zwar nicht häufiger, aber intensiver geprüft werden – die Pa-
44
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
tienten sollten einmal jährlich zur Bestimmung aufgefordert werden und ein neues Rezept nur nach entsprechender Konsultation erhalten.
Progesteron
4.4
4
Progesteron beeinflusst die Zahl von LangerhansZellen in der Haut, unterdrückt die Expression von Matrixmetalloproteinasen und reduziert die kollagenolytische Aktivität auch in der Haut. Diese Wirkung kann dazu beitragen, die Haut jung erscheinen zu lassen. Die Abnahme des Progesterons kann andererseits mit dem Alter Symptome der Altershaut beschleunigen.
Melatonin
4.5
Die Publizität von Melatonin als »Wunderdroge« hat, von den USA als Nahrungsergänzungsmittel kommend, auch auf Deutschland übergegriffen. Melatonin bleibt in Mitteleuropa jedoch ein zulassungspflichtiges Arzneimittel – bislang allerdings ohne eine offizielle Zulassung.
Unter anderem dem Melatonin zugeschriebene Wirkungen 4 4 4 4 4
Verzögerung des Alterungsprozesses Karzinomprophylaxe und -therapie Verbesserung der sexuellen Vitalität Therapie der Schlaflosigkeit Schnelle Überwindung des reisebedingten Jetlags
Diese weitgespannten Erwartungen sind nur zum geringen Teil von wissenschaftlichen Publikationen belegt. Chemisch ist Melatonin die von der Aminosäure Tryptophan abstammende Substanz N-Acetyl-5Methoxytryptamin mit der Molekülmasse von 232,3 und somit ein relativ kleines Molekül. Da Licht die Produktion hemmt, wird Melatonin fast ausschließlich während der Nacht von der Glandula pinealis produziert und sezerniert. Der Syntheseverlauf ist durch einen gleichmäßigen Anstieg, einen Spitzen-
wert etwa 1–3 h nach Mitternacht und einen danach einsetzenden Abfall gekennzeichnet, ohne erkennbare Pulsatilität. Der sichere Nachweis eines Defizits ist schwierig. Die genaueste Methode zur Messung der Melatoninrhythmik besteht in der Messung aus dem Blut im stündlichen Abstand während der Nacht oder die Bestimmung des Metaboliten 6-Hydroxy-Melatoninsulfat im Morgenurin. Die höchsten Melatoninwerte werden etwa 3 Monate nach der Geburt während der Nacht erreicht und fallen danach steil um etwa 80 % bis zum Ende der Pubertät ab. Bei Erwachsenen sinken die Melatoninkonzentrationen nochmals deutlich ab, so dass bei älteren Menschen im Vergleich zu jungen Erwachsenen erheblich niedrigere Melatoninkonzentrationen gefunden werden. Parallel zur im Alter abnehmenden Melatoninproduktion nehmen Schlafstörungen zu. Durch abendliche Melatoningaben wird die Zeit bis zum Einschlafen erheblich verkürzt und die Schlafdauer verlängert Die einfache orale Melatoningabe führt wegen eines hohen First-Pass-Effects in der Leber und einer kurzen Halbwertszeit nur zu einer kurzzeitigen Erhöhung des Melatoninspiegels im Blut, und wohl deswegen wird nur selten eine Durchschlafwirkung erzielt. Für den Jetlag, der mit der Regulierung des Schlaf-Wach-Zyklus in Verbindung gebracht werden kann, liegen einige Erfolg versprechende Publikationen vor. Eine aussagekräftige GCP-Studie wurde nicht durchgeführt. Die Einnahme von Melatonin zur falschen Tageszeit kann Nebenwirkungen nach sich ziehen. Besteht eine Veränderung des Schlafprofils mit einem Absinken des Melatonins im Laufe der Nacht, so könnten die zum früheren Zeitpunkt gegebenen Melatonindosierungen eher zur Verstärkung von Durchschlafstörungen führen. Vor einer Substitution sollte die individuelle Rhythmik gemessen werden. Zur Verbesserung des Durchschlafens stehen auch Kapseln zur Verfügung, die das Hormon zeitlich verzögert abgeben.
4.5.1 Wirkung auf die Haut
Der Melatoninrezeptor MSR-1 entscheidet in seiner Ausprägung und Funktionsweise über Haarfarbe und Hauttönung und hatte im Rahmen der Evolu-
45 4.6 · Somatotropes Hormon STH/GH
tion Bedeutung. Welche Bedeutung der zelluläre Rezeptor darüber hinaus besitzt, ist für die Beziehung zum Altern nicht bekannt. Melatonin besitzt die Eigenschaft, als Radikalfänger zu wirken, besonders gegenüber dem stark schädigenden Hydroxylradikal (OH-), das auch für Schäden an der DNS verantwortlich ist und Malignome auslösen kann. Die antioxidative Wirkung spielt bei der Karzinomentstehung, aber auch beim Alterungsprozess eine wichtige Rolle. Hierdurch hat Melatonin zweifelhafte Berühmtheit als »Jungbrunnen« errungen. Bei Tumorerkrankungen wurde ein hemmender Einfluss beobachtet, andererseits aber auch über tumorstimulierende Wirkungen von Melatonin berichtet. Ob diese interessante Eigenschaft des Moleküls jedoch auch in vivo und in physiologischen Konzentrationen beim Menschen wirkt, ist unbekannt. Der Melatoninpräkursor Serotonin weist hingegen eine wesentlich größere antioxidative Potenz auf. Andere, der Melatoninforschung Auftrieb gebende Untersuchungsergebnisse waren die Lebenszeiterhöhungen von Mäusen um etwa 20% nach Melatoningabe. Die Interpretation, dass Melatonin ein lebensverlängerndes Hormon darstellt, ist auf diese Versuche zurückzuführen. Es gibt allerdings keine einzige Studie, die die Verzögerung von Alterungsprozessen durch Melatonin belegt. In der Dermatologie ergeben sich für Melatonin möglicherweise Perspektiven bei Hauterkrankungen wie dem atopischen Ekzem, der Psoriasis und dem Haarwachstum. In topischer Anwendung hat Melatonin eine suppressive Wirkung auf die Ausbildung eines UV-Erythems.
4
Beispiel
Melatonin Lactose-Monohydrat q. Mischung pro Kapsel M. f. 100 Kapseln
3 mg
Somatotropes Hormon STH/GH
4.6
Das Wachstumshormon GH (»growth hormone«) – auch bezeichnet als STH (somatotropes Hormon) – wird im Hypophysenvorderlappen synthetisiert und pulsweise in die Blutzirkulation abgegeben. GnRH, der stimulierende Releasingfaktor, und Somatostatin (SS), der wesentliche Inhibitor, nehmen auf diese Pulse Einfluss. Das Wachstumshormon weist neben der fördernden Wirkung auf das Längenwachstum im Kindesalter auch beim Erwachsenen zahlreiche wichtige Stoffwechselfunktionen auf. Die übergeordnete Bedeutung liegt in der Bereitstellung und Mobilisation von Energie- und Leistungsreserven. GH wirkt lipolytisch, senkt das Serumcholesterin und wirkt als Insulinantagonist. Es ist anabol und fördert den Muskel- und Knochenaufbau einschließlich der Pumpleistung des Herzmuskels, normalisiert die Fettverteilung sowie das psychische Wohlbefinden. Die anabolen Effekte von GH werden erfolgreich in der Tiermast genutzt und im Sport missbräuchlich eingesetzt.
GH-Wirkungen 4 4 4 4
Lipolyse Insulinantagonimus Anabol Psychisches Wohlbefinden
Möglicher Melatonineinsatz in der Dermatologie 4 4 4 4
Atopisches Ekzem Psoriasis Haarausfall UV-Erythem
Zur Substitution stehen über die internationale Apotheke beziehbare Fertigpräparate in 1 mg und 3 mg Dosis oder als Rezeptur zur Verfügung.
4.6.1 Veränderungen im Alter
Alterungsvorgänge wirken sich vermutlich vorwiegend auf der hypothalamischen Ebene aus. Somatostatin scheint mit dem Alter zuzunehmen und damit verstärkt zu inhibieren. Die pulsatile GH-Produktion nimmt schon ab dem 20. Lebensjahr um etwa 14% pro Lebensdekade ab und sistiert nach dem
46
4
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
60. Lebensjahr bei vielen Menschen weitgehend. Dieser Vorgang wird als Somatopause bezeichnet. Die GH-Abnahme wird darüber hinaus verstärkt durch viszerale Adipositas und körperliche Inaktivität sowie die Abnahme von Östrogen bei Frauen. Das beim Mann zu Östradiol aromatisierte Testosteron fördert hingegen die GH-Freisetzung. Der Nachweis eines GH-Mangels ist schwierig, da tagsüber die GH-Serumkonzentrationen oft unter der Nachweisgrenze liegen und es in kurz anhaltenden nächtlichen Pulsen sezerniert wird. Daher ist zusätzlich die Bestimmung des basalen Insulin-likeGrowth-Factor-1 (IGF-1) wichtig, der bei GH-Mangel erniedrigt ist; zur Dokumentation des GH-Defizits sind auch Stimulationstests (z. B. Arginintest oder Insulintoleranztest) erforderlich. Ein Teil der Effekte von GH wird durch IGF-1 vermittelt, das in der Leber unter dem Einfluss von GH produziert wird und seine Wirkungen ubiquitär entfaltet. Ferner bilden zahlreiche Gewebe basal und stimuliert durch GH IGF-1. Auch IGF-1 fällt mit zunehmendem Alter ab. Bei 65- bis 85-jährigen Männern beträgt er nur noch die Hälfte gegenüber 25- bis 45-Jährigen. Es ist wahrscheinlich, dass GH und IGF-I die Funktionen des Testosterons bei älteren Männern übernehmen. Für die Haut ist es von Bedeutung, dass IGF-I auch die Fibroblastenproliferation erhöht. Um den Einfluss von GH auf Alterungsparameter und seine Assoziation mit der menschlichen Langlebigkeit zu untersuchen, wurden von Ruiz-Torres et al. IGF-I-Serumspiegel bei 250 gesunden Probanden untersucht. Männer (um das Alter von 70 Jahren) mit IGF-I-Serumspiegeln, die jungen Männern (bis zum Alter von 39 Jahren) entsprechen, zeigten keine altersverbundene Abnahme des Testosteronspiegels, keine Abnahme in der Muskelmasse und keine Zunahme in der Fettmasse. Diese Personen zeichneten keine besonderen Hormonmetabolismuseigenschaften oder Ernährungsgewohnheiten aus. Senioren, die eine gekennzeichnete Abnahme der IGF-I-Konzentrationen zeigten, starben in einem jüngeren Alter als Männer desselben Alters, deren IGF-I-Niveaus nicht abgenommen hatten. Obwohl Änderungen von IGFWerten bei weiblichen Probanden in dieser Studie nicht so prominent waren, legen In-vitro-Experi-
mente von Zouboulis et al. eine indirekte molekulare Wirkung von Östrogen auf der IGF-I/IGFI-R-Signalkaskade auf den Alterungsprozess von Hautzellen nahe.
4.6.2 Substitution bei krankhaften
Störungen Die gentechnologische Herstellung von humanem GH ermöglicht die Substitution bei hypophysär bedingtem GH-Mangel. Defizite können deutlich gebessert oder beseitigt werden. Inzwischen gibt es auch Therapieansätze für Krankheiten, denen nur ein partieller oder kein GH-Mangel zugrunde liegt. Unter Therapie des GH-Mangels kommt es zu folgenden Wirkungen: 4 Psyche: Die positiven Effekte auf die Lebensqualität sind zwar eindrucksvoll, aber oft schwierig nachzuweisen, da der Patient an seine Situation adaptiert ist. Mit Hilfe eines Fragebogens und von Vitalitätstests vor und unter Therapie lässt sich die Steigerung der Parameter allerdings gut belegen, wie Steigerung des Antriebs, der Stimmungslage, Gedächtnisleistung oder der Libido. 4 Veränderung der Körperzusammensetzung: Durch bioelektrische Impedanzmessung, aber auch durch CT können die eindrucksvolle Reduktion des Fettanteils und des Gesamtgewichts sowie die Zunahme der Muskelmasse nachgewiesen werden. 4 Stoffwechsel: GH-Behandlung steigert die basale Stoffwechselrate um 16%, wirkt lipolytisch und senkt Cholesterin um 25%. Belastungstests zeigen eine Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme unter Behandlung um 24% und der Muskelkraft um 20%. Allerdings wird die Mortalität nicht positiv beeinflusst und die Aktivität natürlicher Killerzellen nimmt ab.
4.6.3 Substitution gegen das Altern
Da die Symptomatik junger Erwachsener mit hypophysärem GH-Mangel den typischen Beschwerden älterer Menschen ähnelt, lag es nahe, auch gesunde ältere Menschen mit GH zu behandeln.
47 4.6 · Somatotropes Hormon STH/GH
Altern führt zu 4 Abnahme von Knochen- und Muskelmasse, 4 dünner, trockener Haut, 4 Zunahme der Fettmasse, vermindertem fettfreiem Gewebe und Extrazellulärwasser, 4 Stammfettsucht, erhöhtem Taille-Hüfte-Quotient, 4 vermindertem psychischem Wohlbefinden und 4 reduzierter renaler, kardialer und anderer körperlicher Leistungsfähigkeit. Aufsehen erregte die erste Studie, bei der 12 gesunde Männer im Alter von 61–73 Jahren 0,03 mg GH/kg KG 3-mal pro Woche erhielten. GH führte hier zu einer signifikanten Zunahme der fettfreien Körpermasse, der Muskulatur, einer Abnahme der Fettmasse um 2,4 kg und einem Anstieg der Knochendichte. Allerdings traten zahlreiche Nebenwirkungen auf, wie Karpaltunnelsyndrom, Gynäkomastie oder die Entwicklung eines Diabetes mellitus, eines Blutdruckabfalls und einer Hepatitis. Enttäuschend war, dass trotz der Zunahme der Muskelmasse kein funktioneller Nutzen für ältere Männer (Ergometrie, Messung der Muskelkraft, Lungenfunktionsprüfung sowie psychologische und kognitive Tests) nachweisbar war und eine GH-Therapie die günstigen Effekte von körperlichem Training nicht weiter verbesserte. i Die positiven Effekte einer GH-Behandlung auf die Körperstruktur älterer Männer gehen mit zahlreichen Nebenwirkungen und keinem messbaren Nutzen für die Körperfunktion einher.
Die Wirkungen auf zellulärer Ebene sind noch widersprüchlicher, die langfristigen Folgen noch weitgehend unklar. Einerseits aktiviert IGF-1 einen Rezeptor, der die Zellen vor dem programmierten Zelltod (Apoptose) schützt, andererseits stimuliert dies gleichzeitig Tumorwachstum, insbesondere im Kolon. Akromegale entwickeln signifikant häufiger Malignome des Gastrointestinaltrakts. Männer mit IGF-1Werten im oberen Viertel des Normbereichs entwickeln 2- bis 4-mal häufiger ein Prostatakarzinom als Männer mit Werten im unteren Normbereich.
Wirkungen auf die Haut Nicht nur GH, sondern auch eine mittlerweile mögliche Substitution mit IGF-1 steigert die Neubildung
4
von Typ-I-Kollagen. Dies könnte bei dermatologischen Therapieansätzen wie Resurfacing, nichtablativem Subsurfacing oder der Kollageninduktion nach bestimmten Fillern adjuvant hilfreich sein. Über eine gezielte lokale Applikation liegen kontrollierte Studien noch nicht vor.
Vorgehen bei Substitution von Erwachsenen ohne Hypophysenerkrankung Behandlungen sind bislang nicht durch »evidencebased«-Studien wissenschaftlich belegt. Sie sollten daher als individueller Heilversuch deklariert und die Patienten umfangreich aufgeklärt werden. Eine relative Behandlungsindikation mit systemischer GH- oder IGF-1-Gabe ist nur bei ausgeprägtem klinischem Beschwerdebild mit reduzierter Muskelmasse, Adipositas (Body-Mass-Index, Taille-HüfteVerhältnis), Abgeschlagenheit und reduzierter Leistungsfähigkeit gegeben. Als Ausgangsparameter und zur Verlaufskontrolle kann zusätzlich die Hautdicke erfasst werden. Die IGF-1-Konzentration im Serum sollte zwei Standardabweichungen unter dem Medianwert eines gesunden 40-Jährigen liegen. Wie vor Substitution bei GH-Defizienz kann die Durchführung zweier unabhängiger Stimulationstests hilfreich sein (Hypoglykämietest, alternativ Infusion von 0,5 g L-Argininhydrochlorid oder auch GnRH-Test: 1 μg/kg KG GnRH).
Cave Hypoglykämie
Neben den anthropometrischen Daten wie Bodymass, dem Anamnesebogen zur Lebensqualität und den Hormonen STH und IGF-1 sollten folgende Werte bestimmt werden: 4 Knochenmarker 4 T3, T4 4 Kortisol 4 17-β-Östradiol 4 SHBG 4 Testosteron 4 DHEAS 4 evtl. Prolaktin 4 Lipidstatus
48
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
Ein Ausgangsbild der Hypophyse durch Röntgen, Sono, CT oder MRT ist bei Defizienz nötig, bei Somatopause fakultativ.
reinen Selbstzahlerbereich, in der Regel wohl auch bei privat Versicherten, da es sich nicht um die Behandlung einer konsumierenden Krankheit, sondern eine Lifestylemedikation handelt.
Dosierung
4
Im 1. Monat kann mit 0,15 mg/Tag (z. B. Norditropin SimpleXx) begonnen werden. Bessert sich die Symptomatik und/oder IGF-1 über 50%, kann auch bei moderaten Nebenwirkungen im 2. Monat die Dosis beibehalten werden. Klingen darunter evtl. Nebenwirkungen ab, erfolgt die weitere Dosierung ab dem 3. Monat in Abhängigkeit vom IGF-1-Wert und klinischer Symptomatik und kann um 0,08– 0,15 mg/Tag angepasst werden. Im Falle von Besserung der Beschwerden, aber Persistieren von Nebenwirkungen sollte die Dosis reduziert werden. Kommt es unter 0,15 mg/Tag im 1. Monat zu keiner Besserung, kann ab dem 2. Monat auf 0,3 mg/Tag und in den folgenden auch weiter erhöht werden. Die Eingangsparameter sollten anfangs alle 3, dann alle 6 Monate überprüft werden. Nach anhaltender Besserung kann die Therapie auch abgesetzt und die Symptomatik im Anschluss überprüft werden. Aus Sicherheitsgründen sollten neben Tumormarkern (Prostata, Mamma, Darm) überprüft werden: Hämoccult-Test, Lipide, Koronarsymptome, Diabetes. i Kontraindikation besteht bei Tumorerkrankungen, aktiv oder in der Anamnese, insbesondere Kolonkarzinom, beim Diabetes und schweren Organerkrankungen.
Abgebrochen wird, wenn solche Symptome oder Krankheiten auftreten, weiterhin bei Karpaltunnelsyndrom und bei Überschreiten der 97. Perzentile der Alters- und Geschlechtsnorm unter möglichst niedriger STH-Dosis. Besondere Vorsicht, Dosisanpassung und Hormonkontrolle ist geboten bei folgenden weiteren Hormongaben und -abweichungen: 4 Hydrokortison/Kortisonazetat 4 L-Thyroxin 4 Sexualsteroide 4 Blutdruckmedikation 4 Diabetestherapie Die nicht unerheblichen Kosten für Diagnostik und Therapie von Alterserscheinungen gehören in den
Alternativen zur Hormonsubstitution Alternativen zur Hormonsubstitution liegen in gezielter Umstellung der Lebensgewohnheiten. Adipositas, vor allem viszeral, und körperliche Inaktivität verstärken die GH-Abnahme. Körperliche Anstrengung stimuliert die GH-Ausschüttung – eine Tatsache, die den Vorteil körperlicher Aktivität als Schutz vor dem Altern nahe legt. Ein sehr intensives körperliches Training und Erreichen eines normalen bis subnormalen Gewichts kann die basale GH-Produktion auch an Tagen ohne körperliche Anstrengung verdoppeln. Im Alter ist diese Stimulationsmöglichkeit jedoch begrenzt bzw. führt zu keinen signifikanten Erhöhungen der basalen GH-Sekretion. Fasten erhöht akut die GH-Freisetzung, chronische Reduktion der Nahrungszufuhr ist allerdings in dieser Hinsicht nicht untersucht und könnte bei Älteren auch nicht erstrebenswert sein. Fetthaltige Kost bremst und freie Fettsäuren steigern die GHFreisetzung. GH wird vermehrt im Schlaf freigesetzt. Ausreichender Schlaf könnte unterstützend wirken, wissenschaftliche Belege eines therapeutischen Nutzens gegen nicht krankhafte Alterserscheinungen fehlen aber auch hier.
Zusammenfassende Beurteilung Die bisher nur wenigen und kurzfristigen Studien zum Einsatz von GH bei älteren Männern zeigen übereinstimmend günstige Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung mit einer Zunahme der Muskel- und Abnahme der Fettmasse. Ein klinisch relevanter funktioneller Nutzen, beispielsweise Zunahme von Muskelkraft oder Senkung der Frakturrate, wurde aber nicht belegt. Ältere Menschen reagieren sehr empfindlich auf GH mit dosisabhängigen Nebenwirkungen. Die langfristigen Folgen im Hinblick auf die Entwicklung von Malignomen sind unbekannt, erste Daten zeigen deutliche Risiken. Daher muss der Einsatz von GH in der Somatopause derzeit klinischen Studien oder experimentell zu wertenden individuellen Heilversuchen vorbehalten bleiben.
49 4.9 · Androgene – »aging male«
4.7
Schilddrüsenhormone
T3- und T4-Produktion der Schilddrüse werden von TSH stimuliert, das vom Hypophysenvorderlappen unter Kontrolle des hypothalamischen TRH freigesetzt wird. Mit dem Alter nehmen T4 und TRH ab. Hypothyreose kann bei Älteren Symptome der Apathie enthalten und andere Erkrankungen vortäuschen. Mit dem Alter nimmt auch hier das Risiko des Auftretens maligner Erkrankungen, z. B. kalter Knoten, zu, diese machen aber nur 0,5–1,5% aller Malignome aus. Von erheblicher praktischer Relevanz in der Perimenopause ist die Tatsache, dass latente Fehlfunktionen der Schilddrüse ähnliche Symptome verursachen wie der Abfall der Sexualhormone.
Praxistipp Wenn eine Hormonsubstitution nicht den gewünschten positiven Effekt zeigt, empfiehlt es sich, vor einer Umstellung die Schilddrüse zu überprüfen.
Da Sexualsteroide die Bindungsproteine für Schilddrüsenhormone etwas ansteigen lassen und damit die Hormonwirkung abschwächen, ist bei Patientinnen unter thyreostatischer Therapie und auch unter Thyroxin eine Anpassung notwendig, und zwar sowohl bei der physiologischen hormonellen Umstellung im Klimakterium als auch zu Beginn einer Substitution. Denn schon eine geringe subklinische Hyperthyreose erhöht das Risiko eines Vorhofflimmerns und verschlechtert eine Osteoporose.
4.7.1 Wirkung auf die Haut
Von den Wirkungen auf die Haut sind Hyperhidrose bei Überfunktion und Hypohidrose sowie teigige Haut bis zum Myxödem bei Unterfunktion bekannt. Da auch in fortgeschrittenen Jahren beide Fehlfunktionen vorkommen, aber nicht altersspezifisch sind, ist zwar die Schilddrüse diagnostisch immer als Kofaktor zu berücksichtigen, produziert selbst aber kein Hormon, dem man eine Mitwirkung an Alterserscheinungen zuschreibt.
4
i Schilddrüsenhormone werden nicht ursächlich mit Alterungsprozessen in Verbindung gebracht.
4.8
Parathormon
Parathormon steigert die Knochendichte und wird aus den Nebenschilddrüsen freigesetzt. Durch die tägliche subkutane Injektion von sowohl 20 μg als auch 40 μg Parathormon (Aminosäuren 1–34) konnte bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose das Risiko für Wirbelbrüche und andere Skelettfrakturen gesenkt und die Knochenmineraldichte insgesamt gesteigert werden. In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie an 1637 postmenopausalen Frauen war das Hormon dem Placebo überlegen. Die vielversprechenden Ergebnisse sind überschattet vom vorzeitigen Studienabbruch wegen Osteosarkomen – eine Beobachtung, die sich jedoch in anderen Studien oder bei Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus nicht bestätigte. Die Zunahme der Knochendichte lässt vermuten, dass auch eine Kollagenzunahme der Haut unter Parathormon erfolgen könnte. Kontrollierte Untersuchungen, die Parathormon für diese Indikation empfehlenswert erscheinen lassen, sind derzeit nicht bekannt.
4.9
Androgene – »aging male«
Männer sterben rund 7 Jahre früher als Frauen. Bis zu 1,6% pro Jahr nimmt ihr Testosteronspiegel mit zunehmendem Alter ab. Ein Klimakterium wie bei der Frau als abrupten Ausfall der Gonadenfunktion erleidet der alternde, gesunde Mann zwar nicht, wohl aber vergleichbare Symptome wie Gelenk- und Muskelschmerzen, Schlafstörungen, depressive Verstimmung und sexuelle Probleme. Bei älteren Männern sollen GH und IGF-I allerdings die Funktionen des Testosterons übernehmen. Eine Hormonsubstitution mit Androgenen soll dem partiellen Androgendefizit des alternden Mannes (PADAM) entgegenwirken, wie die Hormonersatztherapie bei der postmenopausalen Frau. Etwa 20–35% der Männer über 60 Jahre haben laut Schätzungen einen relativen Androgenmangel, objektive Parameter sind international nicht definiert.
50
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
4.9.2 Symptome und Hormonwerte Symptome des PADAM 4 4 4 4
Gelenk- und Muskelschmerzen Schlafstörungen Depression Sexuelle Probleme
4 4.9.1 Grundlagen
Testosteron, das zentrale Hormon des Mannes, wird mit 6–7 mg täglich zu 95% in den Leydig-Zellen des Hodens und in geringem Maße in der Nebennierenrinde produziert. Durch 5-α-Reduktase wird es in die biologisch aktive Form überführt und in der Haut, dem Haarfollikel, der Prostata, der Leber, aber auch in Fettgewebe und Mammazellen zu 17-β-Östradiol aromatisiert. Als Metabolite entstehen mit 70μg/Tag Dihydrotestosteron (DHT) beziehungsweise in deutlich geringeren Mengen (. Abb. 4.1) mit 10 μg/Tag Östradiol. LH reguliert im Regelkreis die Freisetzung des Testosterons. Inhibin aus Sertolizellen, IGF-1 und viele andere Mediatoren können Einfluss nehmen. Normwerte liegen bei 3–12 ng/ml. Testosteron korreliert mit sexuellem Interesse und kognitiven Leistungen, senkend wirken Stress und Ausdauersport. . Abb. 4.1. Biologische Wirkungen von Testosteron und seinen Metaboliten. (Nach Fahlenkamp et al. 2000)
Bei Männern kommt es in den mittleren Lebensjahren zu einer allmählichen Abnahme der Testosteronproduktion und -konzentration sowie parallel von Dehydroepiandrosteron (DHEA) und DHEASulfat (DHEAS) im Serum. Eine gleichzeitige Zunahme des sexualhormonbindenden Globulins (SHBG) beschleunigt den Abfall des ungebundenen, biologisch aktiven Testosterons, umgekehrt, als es bei Frauen beobachtet wird. Testosteronmetabolite wie das Östradiol sinken parallel, aber nicht überproportional in ihrer Konzentration ab. 20% der 60-jährigen Männer und 35% der über 80-jährigen haben einen Testosteronspiegel unterhalb der unteren Referenzgrenze von 12 nmol/l. Die Auswirkungen sind nicht immer klar. Die Bewertung der Testosteronkonzentration als Ursache von Symptomen des Hypogonadismus (. Tab. 4.4) wird im höheren Lebensalter durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren erschwert: Beschwerden wie die Beeinträchtigung körperlicher und geistiger Aktivität oder sexueller Funktionen sind bei Männern im hohen Lebensalter multifaktorieller Genese, nicht nur alleine bedingt durch einen Hormonmangel. Osteoporosebedingte Frakturen »treffen« Männer 10 Jahre später als Frauen. Der positive Effekt der Testosteronsubstitution mit Normalisierung der Knochendichte ist gut dokumentiert. Eine Testoste-
51 4.9 · Androgene – »aging male«
4
. Tab. 4.4. Präparate zur Testosteronsubstitution. (Nach Fahlenkamp et al. 2000) Applikation
Dosierung
Anwendung
Oral/sublingual
Bemerkung Unzureichende Wirkspiegel, variable Resorption, Compliance?
Testosteronundecanoata p.o. (Andriol)
2- bis 4-mal 40 mg/Tag
Supplementierung
Testosteroncyclodextrin s.l.
(z. B. 3-mal 5 mg/Tag)
In klinischen Studien
Mesterolon (Vistimon)
Keine direkte Testosteronwirkung, nicht aromatisierbar, daher keine Östrogenwirkung, Steigerung des freien Testosterons durch Verdrängung aus der SHBG-Bindung
Lokal – dermal Testosterongel transdermal (Testogel)
Täglich
Substitution
Skrotale Applikation nicht immer möglich
Testosteronpflastera
Skrotale Haut
1 Pflaster/Tag
Substitution und Supplementierung (z. B. Testoderm 15 mg)
Skrotale Applikation nicht beliebt, ungünstiger DHT-Anstieg, gleichmäßige Wirkspiegel
Nichtskrotale Haut
1 oder 2 Pflaster/Tag
Substitution und Supplementierung (z. B. Androderm 2,5 mg)
Gleichmäßige Wirkspiegel, 10% Hautreizungen
Testosteronenanthata i.m. (z. B. Testoviron Depot, 250 mg Testosteron-Depot)
2–3 Wochen
Substitution
Bewährtes Standardpräparat, intramuskuläre Injektionen, schwankende Wirkspiegel
Testosteronimplantat, Implantation unter die Abdominalhaut
3–6 Implantate pro Substitution, 200 mg/6 Monate
Substitution
Testosteronundecanoat i.m
(z. B. 1.000 mg/10–12 Wochen)
In klinischen Studien
Testosteronbucciclat i.m
(z. B. 600 mg/12 Wochen)
In Entwicklung
Intramuskulär
aPräparate in Deutschland zugelassen.
ronsubstitution normalisiert bei hypogonadalen Männern die Libido und sexuelle Funktionen, Antrieb, Stimmungslage und kognitive Funktionen, jedoch nicht bei Männern ohne Hypogonadismus. i Nur bei Männern mit Hypogonadismus normalisiert eine Testosteronsubstitution körperliche und seelische Funktionen.
Haut Testosteron reduziert die epidermale Barrierefunktion der Haut. Bereits männliche Feten zeigen eine langsamere Barriereentwicklung als weibliche. Gleiche Korrelationen wurden unter Testosteronmangel (erhöhte Barriere, bessere Barriereerholung) als auch unter Testosteronsubstitution (reduzierte epidermale Barriere) nachgewiesen. Die Oberfläche
52
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
der Keratinozyten ist bei Männern so niedrig wie bei Frauen nach der Menopause ohne Substitution. Nur prämenopausale Frauen zeigen höhere Werte. Männer scheinen demnach »verletzbarer« an der Haut zu sein.
Prostata
4
Zwillingsstudien zeigen, dass weder erhöhte DHTnoch Testosteronkonzentrationen im Serum mit dem Auftreten eines Karzinoms oder einer benignen Prostatahyperplasie einhergehen. Östrogene dagegen aktivieren in vitro den Androgenrezeptor in der Prostata und erhöhen die PSA-Sekretion. Eine intensive Überwachung der Prostata ist aber ein essentieller Bestandteil jeder Therapie mit Sexualhormonen, besonders im fortgeschrittenen Lebensalter.
Kardiovaskuläres System Testosteron hat sowohl atherogene als auch antiatherogene Effekte. Es führt bei beiden Geschlechtern zu einer Abnahme der HDL-Serumkonzentration, stimuliert die Erythropoese und damit den Hämatokrit. Dem gegenüber stehen antiatherogene Wirkungen wie eine Verminderung der Lipoprotein-(a-)Konzentration, positive Effekte auf die Gerinnung und die abdominale Adipositas.
Haarausfall Eine beginnende Lichtung der Haare empfinden Männer als erstes Zeichen des Älterwerdens. Haarausfall bei Frauen kann erfolgreich mit Antiandrogenen und Östrogenen begegnet werden, für Männer sind als medikamentöse Maßnahmen Finasterid oral und 17-α-Östradiol lokal zugelassen. i Haarausfall bei Männern: Indikation für Finasterid.
Finasterid wurde ursprünglich als 5-α-ReduktaseHemmer zur Therapie der benignen Prostatahyperplasie (BPH) entwickelt. Es hemmt die Umwandlung des Testosterons in seinen am Rezeptor wirksamen Metaboliten Dihydrotestosteron am Haarbalg und im Serum. Bei 86% der Probanden gelang es, den Haarausfall zu stoppen. Jeder zweite Mann profitierte durch ein sichtbares Dichterwerden der Haare bereits nach 6-monatiger Therapie unter einer Dosis von 1 mg/Tag bei geringer Nebenwirkungsrate.
Diagnose des relativen Hypogonadismus Bestehen klinisch erfassbare Symptome (s. Nieschlag u. Eckardstein 2000), die bei Hypogonadismus oder im Rahmen eines Climactericum virile vorkommen, so sollten auch der Hormonstatus und der Vitalitätsstatus abgeklärt werden. Niedrige Testosteronkonzentrationen ohne klinische Symptome sind primär keine Indikation zur Substitution. Verlaufskontrollen können im Zweifel Klarheit verschaffen. Die Berechnung des freien Testosterons aus SHBG und Gesamttestosteron und Messung von LH erhöht die diagnostische Sicherheit. Ebenso gehören dazu DHEA, T3/T4, Androstendion und Östrogene. Positive Effekte einer Substitution sind nur zu verzeichnen, wenn tatsächlich vor der Therapie erniedrigte Testosteronspiegel vorlagen. Folgende Parameter finden zur Diagnose des Hypogonadismus und zur Überwachung der Testosterontherapie beim Erwachsenen Verwendung (Nieschlag u. Eckardstein 2000): 4 Psychische und sexuelle Parameter 5 Allgemeines Wohlbefinden 5 Geistige und körperliche Aktivität 5 Libido 5 Erektion 5 Sexuelle Aktivität 4 Somatische Parameter 5 Körperproportionen 5 Körpergewicht 5 Muskelmasse und -kraft 5 Fettverteilung 5 Behaarung(Bart, Pubes, Stirnhaargrenze) 5 Sebum 5 Stimmbruch 4 Laborparameter 5 Testosteron und SHBG im Serum (daraus Berechnung des freien Testosterons) 5 LH 5 Erythropoese (Hk, Erys, Hb) 5 Prostata/Samenblasen: Ejakulatvolumen 5 Prostatagröße/-binnenmuster (Palpation, transrektale Ultraschalluntersuchung) 5 PSA im Serum 5 Uroflow 5 Knochendichte Die Androgene können in weitere Androgene oder Östrogene und Steroide transformiert werden z. B.
53 4.9 · Androgene – »aging male«
α-4-Androstendion, Testosteron, Dihydrotestosteron, Östradiol, Östron und Androstendiol. Darüber hinaus sind neuroaktive Interaktionen von DHEA und die Beeinflussung verschiedener Verhaltensfunktionen in Diskussion.
DHEA (Dehydroepiandrostenon) DHEA ist ein Zwischenprodukt in der Steroidbiosynthese (. Abb. 4.1) und wahrscheinlich ohne eigene Wirkung. Im Alter von 25 Jahren produziert ein Mann noch 35 mg/Tag DHEA, mit 80 Jahren nur noch 7 mg/pro Tag. Das DHEA fällt um 3,1% pro Jahr, das DHEAS (Dehydroepiandrostenonsulfat) um 2,2% gegenüber einem Testosteronabfall von 0,4% pro Jahr. DHEA hat eine Halbwertszeit von 25 min, DHEAS von 11 h. DHEA wird in den USA von Tausenden unkontrolliert als Nahrungsmittelzusatz geschluckt, in der allgemein verbreiteten Meinung, es sei ein Quell ewiger Jugend. Im Gegensatz dazu bleibt es in Deutschland als Arzneimittel rezeptpflichtig. Die Indikationsstellung zur Substitution sollte sich an der altersabhängigen Reduktion des Hormonspiegels im Sinne einer ersten sog. »Adrenopause« orientieren. Die Messung von isoliertem DHEA spielt in der Diagnostik und Therapie des Hypogonadismus des älteren Mannes keine Rolle. DHEA muss als zirkulierendes Prohormon angesehen werden, aus dem in der Körperperipherie zahlreiche Steroidhormone wie Testosteron, Östron, Östradiol, Dihydrotestosteron generiert werden. Die orale Gabe von DHEA wird geschlechtsspezifisch metabolisiert: 4 Bei Frauen führt es zu einem signifikanten Anstieg von zirkulierendem Androstendion, Testosteron und Dihydrotestosteron. 4 Bei Männern wurde eine Zunahme von 17-OHProgesteron, Östron und 17-β-Östradiol, nicht aber von Testosteron und Dihydrotestosteron beobachtet. Sollte also das Ziel sein, einen erniedrigten DHEA-Spiegel zu substituieren, so gibt man besser Testosteron bei Männern – es sei denn, man wünscht einen erhöhten Östrogenspiegel.
Wirkungen Verbesserungen der Befindlichkeit und der erektilen Dysfunktion sowie eine Zunahme der Muskelkraft und von freiem IGF-1 wurden nach Gabe von 50 mg
4
DHEA beschrieben. Wirkungen von DHEA im Tierversuch können allerdings nicht auf den Menschen übertragen werden. Bei Frauen mit Nebennierenrinden-(NNR-)Insuffizienz verbesserte die Substitution Befindlichkeit und Sexualität, insbesondere Depressivität und Ängstlichkeit. Bei gesunden älteren Männern hingegen zwischen 50 und 70 Jahren mit niedrigem endogenem DHEA, aber initial fehlender Beeinträchtigung ihres Befindens blieb DHEA (50 mg/Tag über 1 Jahr) wirkungslos. i Nur bei gestörtem Allgemeinbefinden scheint die DHEA-Substitution ein therapeutisches Potenzial zu besitzen. Ältere Männer mit teilweisem Androgenmangel erfahren eine progressive Verbesserung in der Stimmung, der Abgeschlagenheit und den Gelenkschmerzen nach einem Jahr der DHEA-Substitution mit 25 mg/Tag.
Schlussfolgerungen Damit lassen sich wichtige Schlussfolgerungen ziehen. Altersabhängig niedriges DHEA ist nicht zwingend mit einer Einschränkung der Befindlichkeit assoziiert. DHEA scheint in der Lage, bei gestörtem Wohlbefinden antidepressiv und anxiolytisch zu wirken, bei normaler Befindlichkeit wird dagegen eine weitere Verbesserung des Befindens nicht zu erreichen sein. Die Gabe von DHEA sollte sich somit nicht primär an der altersabhängig niedrigen endogenen Hormonsekretion, sondern am Beschwerdebild orientieren. Bezüglich der kurzfristigen Nebenwirkungen erscheint DHEA zwar wenig problematisch, die Substitutionstherapie von DHEA bleibt jedoch als individueller Heilversuch zu werten.
Androstendion Androstendion ist im Vergleich zu DHEA bisher kaum untersucht. Da Androstendion ebenfalls in der Körperperipherie in aktive Sexualsteroide umgewandelt werden kann, könnte das Wirkprofil in Teilen dem des DHEA entsprechen. Tatsächlich konnte unter Gabe von Androstendion eine Erhöhung des Östradiols bei jungen Männern nachgewiesen werden. Die in der Laienpresse propagierte muskelanabole Wirkung von Androstendion (300 mg pro Tag) ist in kontrollierten Studien bisher nicht bestätigt, jedoch ist die Beeinflussung hormonabhängiger Tumore denkbar.
54
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
Testosteron
4
Die Substitution mit Androgenen ist nützlich für Knochendichte, Muskelaufbau, Fettverteilung und damit für die Figur. Testosteron wirkt möglicherweise auch schützend auf die Koronargefäße. Untrainierte zeigten unter dem Einfluss von Testosteron in einer Studie eine Zunahme der Muskulatur. Durch die Kombination von regelmäßigem Training und der Gabe von Testosteron wurden noch deutlichere Resultate erzielt. Der Missbrauch von Testosteron als Anabolikum ist wohl daher bei Athleten und im Rahmen des Bodybuildings sicherlich weit verbreitet.
4.9.3 Therapeutischer Einsatz
Testosteron Sofern bei älteren Männern tatsächlich ein Hypogonadismus vorliegt, der durch klinische Symptome und niedrige Serumtestosteronspiegel (unter 12 nmol/l) festgestellt wird, kann ihre Lebensqualität durch eine Testosteronsubstitution deutlich erhöht werden. Die Risiken dabei sind: 4 Erhöhtes Thrombose-/Embolierisiko 4 Polyzythämie 4 Schlafapnoe 4 Gynäkomastie 4 Natrium-Wasser-Retention Für die Therapie des Hypogonadismus im Senium werden derzeit niedrig dosierte, kurz wirksame Präparate empfohlen, die natürliches Testosteron enthalten. Bei der Präparatewahl sollte die Erzielung physiologischer Serumkonzentrationen ein Hauptkriterium sein. Für die Behandlung mit Testosteron stehen verschiedene Präparate zur Verfügung (. Tab. 4.4), die sich in Applikationsform und Kinetik unterscheiden. Orale Präparate werden nur unsicher resorbiert, so dass sie sich vorwiegend zur vorübergehenden Supplementierung bei noch teilweise erhaltener endogener Testosteronproduktion eignen. Transdermale Systeme sind gerade beim älteren Patienten für eine Substitution geeignet, da sie zu Testosteronserumspiegeln im unteren bis mittleren Normalbereich führen und jederzeit entfernt werden können, sollte dies z. B. wegen einer Erkrankung der Prostata
erforderlich werden. Aus diesem Grund sind injizierbare Testosteronester mit Depotwirkung weniger zu empfehlen; obendrein führen sie zumindest vorübergehend zu supraphysiologischen Serumspiegeln, die vom Patienten als wenig angenehm empfunden werden.
Cave Vorsicht bei Testosteronpräparaten mit Depotwirkung, wenn die Gefahr einer Prostataerkrankung besteht.
Bei den transdermalen Systemen kann zwischen einer auf das Skrotum aufzutragenden Membran (beispielsweise Testoderm) und einem Okklusivpflaster (beispielsweise Androderm) gewählt werden, wobei letzteres häufiger zu Hautirritationen führt.
Lokale DHEA-Applikation Labrie et al. (1997) fanden eine Zunahme der Knochendichte unter der an dieser Stelle applizierten DHEA-Creme sowie eine Verbesserung des Schleimhautepithels der Vagina bei unverändertem Endometrium nach Lokaltherapie. Zur Behandlung sind nur Cremegrundlagen geeignet, die mit den Hormonen kompatibel sind und eine Freisetzung erlauben. Beispiel einer solchen Rezeptur ist: DHEA 2% Periderm Intensiv Crème ad 250,0
Nebenwirkungen Zur Abschätzung der Risiken muss geklärt werden, welche Konzentrationen in welchem Endorgan wünschenswert sind, ohne dass in einem anderen unerwünschte Folgen auftreten (. Tab. 4.5). Ein diagnostiziertes Prostatakarzinom ist eine klare Kontraindikation für eine Testosteronsubstitution, ebenso eine positive Familienanamnese, ein Schlafapnoesyndrom, eine chronische obstruktive respiratorische Erkrankung, eine Polyzythämie und die obstruktive Form der benignen Prostatahyperplasie (BPH).
55 Weiterführende Literatur
4
. Tab. 4.5. Mögliche Effekte einer Testosterontherapie im Senium Positive Effekte
Negative Effekte
4 4 4 4 4 4
4 4 4 4 4
a
Verbesserung kognitiver Funktionen a Zunahme von Muskelkraft a Abnahme des Fettgewebeanteils a Zunahme der Knochendichte a Verbesserung von Libido und sexueller Funktion Verbesserung der kardiovaskulären Funktion
Gynäkomastie Akzeleration nicht erkannter Prostatamalignome Verschlechterung einer Schlafapnoe Polyglobulie Verschlechterung der kardiovaskulären Funktion
Effekte sind durch kontrollierte klinische Studien belegt.
4.10 Kontraindikationen für die Testosteronsubstitution 4 Prostatakarzinom bzw. positive Familienanamnese 4 Schlafapnoesyndrom 4 COPD 4 Polyzythämie 4 BPH
Das potenzielle Risiko einer Stimulation von klinisch okkulten Tumoren der Prostata scheint nach den – bisher maximal 3 Jahre – laufenden Studien zwar nicht sehr hoch zu sein, ist jedoch für eine Langzeitbehandlung völlig offen. Eine Zunahme des androgenetischen Haarausfalls kann durch gleichzeitige Gabe von Finasterid selektiv unterbunden werden. Die Qualität der Haut könnte von einer Testosteronsubstitution profitieren: Trockene Altershaut produziert dann mehr Sebum, und zumindest über Östrogene als Metabolit wird die Kollagensynthese gesteigert. Eine Zunahme von Muskel- und Abnahme von Fettmasse mag auch ästhetisch erwünscht sein.
4.9.4 Androgene bei Frauen
Erhöhte Androgenwerte führen bei Frauen zu den bekannten Erscheinungen der Androgenisierung mit Hirsutismus, Alopezie und Akne. Am häufigsten sind Androgenerhöhungen verursacht durch polyzystische Ovarien. Die Libido kann allerdings durch niedrige Dosierungen gesteigert werden, daher wirkt DHEA bei Frauen z. T. stimulierend und anabol.
Fazit für die Praxis
Die in den letzten Jahren vorgelegten Studien zum DHEA lassen jetzt erstmals ein therapeutisches Potenzial (Verbesserung von Lebensqualität, Sexualität) für dieses Steroidhormon erkennen, das durch weitere, umfassendere Studien abgesichert werden muss. Ein niedriger Hormonspiegel allein ist keinesfalls ein hinreichender Behandlungsanlass. Eigeninitiative weg vom gourmethaften und bewegungsarmen Lebensstil hin zu einem gesunden »Lifestyle« verspricht bessere Erfolge, kommt der Figur zugute, fördert den Schlaf und hält jünger als die Substitution eines isolierten Hormons. Wer substituiert wird, sollte auch seine Lebensführung überprüfen.
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Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
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4
II
Hautverjüngung/ »skin-rejuvenation« 5
Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
– 61
Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
6
Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen – 75 Petra Becker-Wegerich
7
Skin Resurfacing: Laserverfahren
– 101
Roland Kaufmann
8
Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
– 113
Rolf-Markus Szeimies, Luís Antonio Ribeiro Torezan
9
Füllmaterialien
– 133
Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
10
Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung – 151 Franz Hasengschwandtner
11
Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie) – 167 Helger Stege
12
Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten Nanna Y. Schürer, Luitgard Wiest
– 179
5 5 Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
5.1
Einleitung
– 61
5.2
Praxis
5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6
Praktische Erfahrung – 62 Prävention – 62 Peelingmittel – 63 Plan – 63 Patientenauswahl – 63 Prozedur – 63
– 62
5.3
Chemische Grundlagen
5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5
Alphahydroxysäuren – 68 Betahydroxysäure – 68 Trichloressigsäure – 68 Jessner-Lösung – 68 Retinsäure – 68
5.4
Indikationen – 69
5.1
Einleitung
– 68
Ein Peeling erfolgt invasiv oder konservativ mit dem Ziel, die Hautstruktur nach vorausgehender Regeneration der Dermis und/oder Epidermis zu verbessern. Mittels verschiedener Verfahren kann das Abschälen (Syn.: Peeling) der Haut induziert werden (. Tab. 5.1). . Tab. 5.1. Peelingverfahren Methoden
Medien
Enzymatisch
Lipasen, Proteasen, Papain, Trypsin
Mechanisch
Rubbelpartikel (Kräuter, Kleie, Tonerde, Silikate)
Physikalisch
Laser, Dermabrasion
Chemisch
Fruchtsäuren, Salizylsäure (und Derivate), Retinsäure, Trichloressigsäure, Krotonöl, Phenol, Resorcinsäure
5.5
Wirkung – 69
5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4
Alphahydroxysäuren – 69 Betahydroxysäure – 70 Trichloressigsäure – 70 Retinsäure – 71
5.6
Nebenwirkungen
5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4
Alphahydroxysäuren – 71 Betahydroxysäure – 72 Trichloressigsäure – 72 Retinsäure – 72
– 71
5.7
Kontraindikationen – 73
5.7.1
Schwangerschaft/Stillperiode
5.8
Fazit für die Praxis
– 73
– 73
Weiterführende Literatur
– 74
Je nach Eindringtiefe der Chemikalien wirkt das Peeling unterschiedlich auf Epidermis und Dermis (Fulton u. Porumb 2004). Es werden 3 Peelingebenen unterschieden (. Tab. 5.2). . Tab. 5.2. Peelingebenen Klassifikation
Tiefe des Peelings
Synonyma
Oberflächliches Peeling
Epidermal: Stratum corneum bis gesamte Epidermis
Soft-Peel Easy-Peel Erfrischungs-Peel Lunch Time Peel
Mittleres Peeling
Bis in das Stratum papillare
Weekend-Peel
Tiefes Peeling
Bis in das Stratum reticulare
Die Tiefe des Peelings ist von ineinandergreifenden Faktoren abhängig (. Tab. 5.3).
62
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
. Tab. 5.3. Faktoren, die die Tiefe des Peelings beeinflussen Molekül
Pks-Wert
Konzentration
pH-Wert der Lösung, Neutralisation, Pufferung
Einwirkzeit Menge und Auftragungstechnik
5
Häufigkeit der Prozedur
Zeit zwischen den Sitzungen
Hautzustand
Dicke, anatomische Lokalisation, Vorbehandlung
Die oberflächlichen, epidermalen Peelings schränken weder im beruflichen noch privaten Leben ein und zählen deshalb zu den konservativen, nichtinvasiven Hautverjüngungsverfahren. Das folgende Kapitel befasst sich mit den konservativen chemischen, d. h. mit oberflächlichen bis mitteltiefen Peelings.
5.2
Praxis
5.2.2 Prävention
Vorsicht ist besser als Nachsicht. Im Zeitalter der Qualifizierung ist das Peeling in Deutschland immer noch ein Stiefkind ohne Leitlinie, im Gegensatz zu den USA (Coleman 1994). Im Vergleich zu anderen ablativen Verfahren ist die Anzahl der Faktoren, die das chemische Peeling beeinflussen, größer. Vor dem Eingriff ist zu entscheiden, welche Substanzen, Konzentrationen und Applikationstechniken geeignet sind. Diese Entscheidung ist abhängig von der praktischen Erfahrung des Arztes, vom Befund, von der Diagnose und den Bedürfnissen des Patienten. Folglich ist es sinnvoll, vor dem ersten Peeling den Patienten dezidiert zu befragen (. Tab. 5.4) – mit einem Handspiegel, um die gewünschte Korrektur zeigen zu können. Repräsentative Photos helfen bei der Erklärung, was während und nach der Schälbehandlung passiert. . Tab. 5.4. Fragebogen vor dem Peel Nehmen Sie Kontrazeptiva? Andere Hormone? Leiden Sie an Fieberbläschen? Liegen Sie regelmäßig in der Sonne?
Voraussetzung für ein erfolgreiches Peeling sind Kenntnisse der Chemie, der Dermatologie sowie ein Einfühlungsvermögen für den Patienten. Wird ein Peeling durchgeführt, sind die »6 wichtigen P’s« zu berücksichtigen: 4 Praktische Erfahrung 4 Prävention 4 Peelingmittel 4 Plan 4 Patientenauswahl 4 Prozedur
Wenn ja, bräunen Sie leicht? Bekommen Sie nach Entzündungen Pigmentflecken? Leiden Sie an einer Krankheit? Wenn ja, an welcher? Nehmen Sie Medikamente? Wenn ja, welche? Haben Sie schon einmal eine Abschleifung oder ein chemisches Peeling durchführen lassen?
5.2.1 Praktische Erfahrung
Verwenden Sie Vitamin-A-Säure bzw. Retin A?
Je mehr praktische Erfahrung ein Arzt mit der Durchführung eines Peelings hat, umso besser können gewünschte und unerwünschte Wirkungen eingeschätzt werden.
Mussten Sie sich Operationen im Gesicht unterziehen? Mussten Sie über längere Zeit Kortison einnehmen? Haben Sie Allergien? Leiden Sie an Hautreizungen?
Ja
Nein
63 5.2 · Praxis
5.2.3 Peelingmittel
5
Dieselben Wirkstoffe werden für die Nachbehandlung verwendet.
Verschiedene Chemikalien und deren Kombinationen eignen sich für ein Peeling. Da die Substanzen sich in ihrer Struktur voneinander unterscheiden, unterscheiden sich auch Wirkungen und Nebenwirkungen. . Tabelle 5.5 sind die zurzeit am meisten verwendeten Substanzen mit schälenden Eigenschaften zu entnehmen. Aufgeführt sind Chemikalien mit unterschiedlichen Grundstrukturen. Kombinationsmöglichkeiten und Varianz der Galenik erklären die Menge der kommerziell erhältlichen Peelings.
Frühere Anwendungen Frühere topische Anwendungen von Tretinoin, Glykolsäure oder andere Schälbehandlungen müssen dokumentiert werden. Es muss festgestellt werden, ob sich der Patient Dermabrasionen bereits unterzogen hat. Es ist auch wichtig, den Einsatz von Bleichmitteln, Elektrolyse, Rasuren, Depilationsmitteln oder Wachsen zu erfragen, da dies die Penetration des Peelingreagens erhöhen kann.
Topographische Verhältnisse . Tab. 5.5. Substanzen, die sich für konservative Peelings eignen Peelingmittel
Verwendete Konzentration
Alphahydroxysäuren
20–50%
Resorcin
15%
Trichloressigsäure
10–20%
Salicylsäure(derivate)
10–30%
Auch die topographischen Verhältnisse müssen berücksichtigt werden: Gesicht und Nacken sind reicher an Adnexstrukturen. Die epidermale Proliferation an diesen Hautarealen ist besser gewährleistet als an Rücken, Brust, Unterarmen oder Händen. Die lichtgeschädigte Haut ist oft unempfindlicher, was häufig Kombinationspeelings erfordert.
5.2.5 Patientenauswahl
Retinsäure
5.2.4 Plan
Ein Peeling ist nur ein Teil des »Plans«. Vor- und Nachbehandlung sind für das Ergebnis enorm wichtig. Vor dem Peeling muss die Haut vorbereitet werden. Ziel der Vorbereitungsphase (3–4 Wochen) ist, 1. den Fettgehalt und pH-Wert der Haut zu senken, 2. die Hornschicht zu verdünnen, damit sich die epidermodermale Wirkung der Peelingsubstanz gleichmäßig entfalten kann, und 3. die Reduktion postinflammatorischer Hyperpigmentierung.
Vorbehandlung Zur Vorbehandlung bieten sich Rezepturen und Fertigpräparate, die Alphahydroxysäuren (AHA) und/ oder deren Salze, Polyhydroxysäuren, Retinoide, Salizylsäure, Azelainsäure sowie Vitamine E und C (Antioxidanzien), Kojisäure, Hydrochinon (seit Juni 2000 nicht mehr als Kosmetikum zugelassen) und/ oder andere bleichende Wirkstoffe enthalten, an.
Der Patient muss beim ersten Arztbesuch richtig eingeschätzt werden. Die Klassifizierung der Hautalterung nach Fulton (2006) hilft bei der Auswahl des geeigneten Verfahrens (. Tab. 5.6). Eine Person mit Hauttyp I–II nach Fitzpatrick, die diese Behandlung wünscht, eine gute Compliance hat und dem behandelnden Arzt vertraut, ist der ideale Patient. Die Aufklärung des Patienten ist enorm wichtig, fördert das Vertrauen und erspart spätere Unannehmlichkeiten. Vor dem ersten Peeling sollten dem Patienten schriftliche Verhaltensregeln ausgehändigt werden. Es sollte dokumentiert sein, dass es sich bei dieser Behandlung um eine medizinisch nicht notwendige, kosmetische Behandlung handelt und die Sonnenexposition nach dem Peeling zu meiden ist. Der Patient bezeugt mit seiner Unterschrift, dass er das Dokument gelesen und verstanden hat.
5.2.6 Prozedur
Vor dem Peeling ist eine gründliche Hautreinigung zwingend: Stark geschminkte Patientinnen werden
64
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
. Tab. 5.6. Hautalterungsindex nach Fulton (2006) Faktoren
Punkte (n)
Hauttyp
Negroid (1)
Asiatisch (2)
Mediterran (3)
Kaukasisch (4)
Raucher
Seit 5 Jahren (2)
Seit 10 Jahren (4)
Seit 15 Jahren (6)
Seit 20 Jahren (8)
Lichtexposition
Keine (2)
Manchmal (4)
Meistens (6)
Immer (8)
Falten
<25% (1)
<50% (2)
<75% (3)
<100% (4)
Schlaflinien
<25% (1)
<50% (2)
<75% (3)
<100% (4)
Knitterfältchen
<25% (1)
<50% (2)
<75% (3)
<100% (4)
Lederhaut
<25% (1)
<50% (2)
<75% (3)
<100% (4)
Sommersprossen (Anzahl)
<10 (1)
<25 (2)
<50 (3)
<100 (4)
Lentigines (Anzahl)
<2 (2)
<4 (4)
<6 (6)
<8 (8)
Telangiektasien (Anzahl)
<5 (1)
<10 (2)
<15 (3)
<20 (4)
Aktinische Keratosen (Anzahl)
<2 (2)
<4 (4)
<6 (6)
<8 (8)
Epidermale Tumoren
1 (2)
2 (4)
3 (6)
4 (8)
Senile Komedonen
<5 (1)
<10 (2)
<15 (3)
<20 (4)
Punkte (n)
Empfehlung
1–9
Hautpflege
11–19
Hautpflege plus Aha-Peeling/Salizylsäurepeelings
20–29
Hautpflege plus RA plus Jessner-Peeling oder TCA-Peeling
>30
Indikation für (mittel-)tiefes nichtinvasives Peeling
Hauttextur
5
Hautveränderung
gebeten, das Make-up zu entfernen. Eine ungleichmäßige Penetration insbesondere hydrophiler Peelinglösungen kann nur dann weitestgehend vermieden werden, wenn die Hautreinigung und Entfettung vor dem Peeling ausreichend war.
Fruchtsäurepeeling Es hat sich bewährt, die 1. Behandlung mit einer 20%igen Glykolsäurelösung (pH >1,6) oder einem Alphahydroxysäure-(AHA-)Präparat durchzuführen, das durch Pufferung und teilweise Neutralisation einen pH-Wert 2±0,2 hat. Auch hautempfindliche Patienten tolerieren meist diese initiale Applikation. Weil die Stirn relativ unempfindlich ist, empfiehlt es sich, dort mit der Applikation zu be-
ginnen. Im Gegensatz zu den Verhältnissen beim Trichloressigsäure-(TCA-)Peeling hat die Menge der applizierten AHA-Lösung keinen wesentlichen Einfluss auf die Tiefe der Penetration. Eine Überlappung von Behandlungsarealen bei der Applikation hat somit keine ungleichmäßige Penetration mit unerwünschten Nebenwirkungen zur Folge. Ein Erythem und subjektive Missempfindungen zeigen den Zeitpunkt der Beendigung des AHA-Peelings an. Diese erfolgt durch Neutralisation mit einer natriumbikarbonathaltigen Lösung. Während der Neutralisation wird CO2 freigesetzt, was zur Aufschäumung führt. So lange sich dieser Schaum bildet, so lange ist die Neutralisation zwingend! Fatal wäre es, am Neutralisator zu sparen. Postinflam-
65 5.2 · Praxis
5
. Tab. 5.7. Prozedur eines oberflächlichen Peelings Aufklärung
Detaillierte Anamnese und schriftliche Verhaltensregeln
Vorbehandlung
Einleitung eines Hautpflegeprogramms 1. Peeling frühestens 2 Wochen nach Beginn des Hautpflegeprogramms
1. Peeling
Démaquillage Optimale Hautreinigung Peelingapplikation, beginnend an der Stirn Bei AHA-Peel Neutralisation bei Rötung und ggf. konfluierenden Bläschen mit Natriumbikarbonat Kühlende Maske Fakultativ Make-up
2. Peeling (frühestens in 2 Wochen)
Wie 1. Peeling Konzentration und Applikationsdauer und -technik richten sich nach der Hautreaktion und Anamnese nach 1. Peeling
matorische Hyperpigmentierungen und Narbenbildung sind auch beim AHA-Peeling nicht auszuschließen. CO2 dient in diesem Zusammenhang nicht nur als Indikator (Schaumbildung), sondern auch der Durchblutungsförderung. Die gefäßerweiternde Wirkung von CO2 ist bekannt und erklärt die Intensität des reaktiven Erythems nach der Neutralisation mit Natriumbikarbonat (. Tab. 5.7). Das Peeling erfolgt in 2- bis 4-wöchentlichen Intervallen. Bei der 2. Applikation wird zunächst die Einwirkzeit erhöht: Empfohlen wird bei einem Peeling mit partiell gepufferten Gelen oder ungepufferten, nicht neutralisierten Präparaten die Einwirkzeit von zunächst durchschnittlich 1–4 min bis auf 6 min zu steigern. Ist die maximale Einwirkzeit von ca. 6 min erreicht, wird beim nächsten Peeling die Konzentration erhöht und ggf. die Einwirkdauer gesenkt (Schurer u. Wiest 2006). Empfohlen wird auch, sich nach einer Uhr zu richten. Eigene Erfahrungen aber zeigen immer wieder, wie wichtig es ist, sich nach dem Grundsatz von Mark Rubin zu richten und die Reaktion der Haut genau zu beobachten! Ist ein sehr oberflächliches Peeling gewünscht, muss beim Auftreten einer leichten Rötung neutra-
. Abb. 5.1. Peeling mit Glykolsäure. Konfluierende Bläschen auf erythematösem Grund entstehen durch die Zerstörung epidermaler Strukturen. Werden diese während der Einwirkphase beobachtet, ist ein epidermales Peeling gegeben
lisiert werden, ist ein epidermales Peeling sinnvoll, kann auch das Auftreten von kleinen konfluierenden Bläschen erwünscht sein (. Abb. 5.1). Während einer Behandlung können auch 2 verschiedene AHA-Konzentrationen verwendet werden – je nach Hautbeschaffenheit und Reaktion. Die Dauer und genaue Zahl der Peelingbehandlungen ist immer von Patient zu Patient individuell zu bestimmen. Empfohlen wird, empfindliche Areale (Augenaußenwinkel, Nasolabialfalten) mit Vaseline abzudecken. Dieser Empfehlung kann nur bedingt gefolgt werden, da die zuvor gereinigte und entfettete Haut dann mit langkettigen Kohlenwasserstoffen abgedeckt wird. Beim Auftragen der Peelinglösung kommt es leicht zum Verschmieren dieser langkettigen Kohlenwasserstoffverbindungen und damit zu einem ungleichmäßigen Peeling. Sinnvoll ist es, die AHA an empfindlichen Stellen (Mund, Augen, tiefe
66
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
Nasolabialfalten) früher zu neutralisieren bzw. zuletzt aufzutragen. Der Arzt kann durch Kontrolle von Konzentration und Expositionszeit entweder nur einige wenige kompakte Hornschichten ablösen oder aber eine intraepidermale Verletzung oder eine Epidermolyse verursachen. Rubin empfiehlt als wichtigste Regel beim Glykolsäurepeeling: »Never leave the room during the peel!«
5
Cave Der Arzt sollte den Raum während des Peelings niemals verlassen!
Salizylsäurepeeling Die Prozedur eines Salizylsäurepeelings ist in der Handhabung einfacher als die eines AHA-Peelings, zumal Salizylsäure lipophil ist. Aufgund ihrer Lipophilie penetriert sie durch die Hautoberflächenlipide und auch durch eine fettige Hautoberfläche (Lee u. Kim 2003). Die Entfettung der Haut vor dem Peeling muss deshalb nicht so akribisch erfolgen. Die Reaktion wird nicht neutralisiert. Für ein oberflächliches Peeling mit Salizylsäure eignet sich eine 10–30%ige alkoholische Lösung, die auf die gereinigte Haut aufgetragen und erst Stunden später mit Wasser abgewaschen wird. Der weißliche Schimmer ist kein »Frost« und beruht auf der Auskristallisation der Substanz, sobald Alkohol verdunstet.
von Virustatika über 5 Tage. Vor der TCA-Applikation wird die Haut entfettet, zuerst mit Detergenzien, dann mit Ethanol oder Azeton (. Tab. 5.9). Nur eine gut entfettete Haut erlaubt eine gleichmäßige Proteindenaturierung und ein gleichmäßiges Peeling. TCA lässt sich gut mit einem Wattestäbchen oder -bausch auftragen: Die entfettete Haut wird weißlich, d. h. es kommt zu einer Frostbildung (»fros. Tab. 5.8. Rezeptur zur Vorbehandlung eines TCA-Peelings Hydrochinon
4,0 g
Tocopherolacetat
4,0 g
Ascorbinsäure
4,0 g
Tretinoin
0,01 g
Ung. emul. aquosum
100,0 g
. Tab. 5.9. Plan eines TCA-Peelings Aufklärung
Detaillierte Anamnese und schriftliche Vereinbarung
Vorbehandlung
1. Peeling frühestens 2 Wochen nach externer Anwendung eines depigmentierenden Agens (. Tab. 5.8) Einleitung einer antiviralen Therapie
TCA-Peeling
Regionalanästhesie Wenn gewünscht: leichte Sedierung Démaquillage und Hautreinigung
Trichloressigsäurepeeling Beim oberflächlichen Trichloressigsäure-(TCA-)Peeling (10–20%ig, ca. 1–2 Applikationen) werden nur die oberen epidermalen Schichten denaturiert. Wiederholte Behandlungen (im Abstand von 4 Wochen) sind möglich. Die iatrogene Kontrolle über die Tiefe der Denaturierung ist abhängig von dem Ausmaß des »Frosts«. Dieser ist abhängig von dem Hautbefund, der Vorbehandlung, der TCA-Konzentration und der Applikationsart (!). Ein leichter rosa-weißlicher Frost, vergleichbar mit dem Raureif auf einer Wiese, lässt eine rein epidermale Tiefe erahnen. Zur Vorbehandlung eines TCA-Peelings des gesamten Gesichts gehört die Anwendung einer depigmentierenden Rezeptur (. Tab. 5.8) über eine Dauer von mindestens 3 Wochen und die systemische Gabe
Entfettung der Haut mit Alkohol oder Azeton Sättigung eines Wattestäbchens oder -bausches (nicht tropfend!) TCA-Applikationen Nachbehandlung
Applikation eines hydratisierenden Externums Tag 1–2: Kühlende Umschläge und antibiotische hydrophobe Salben Tag 3–5: Exfoliation, antibiotische Salben > Tag 5: Exfoliation abgeschlossen, pflegende Externa, depigmentierendes Agens je nach Verträglichkeit täglich bis 3-mal wöchentlich, fakultativ Make-up
67 5.2 · Praxis
5
ting«). Die Intensität dieser Frostbildung (Proteindenaturierung) weist auf die Peelingtiefe hin (Schurer u. Wiest 2006). Das in . Abb. 5.2 gezeigte Frosting indiziert ein oberflächlich-mitteltiefes Peeling. Um zwischen den verschiedenen Weiß-, Grau-Weißund Gelb-Weiß-Tönen unterscheiden zu können, ist die praktische Erfahrung des Arztes zwingend. Die Beimengung von Farben (z. B. Obagi blue peel) ist kein Ersatz für die Erfahrung des Behandlers. Im Gegensatz zum AHA-Peeling ist für ein gleichmäßiges TCA-Peeling die Anzahl der Applikationen entscheidend. Damit fälschlicherweise nicht einige Hautareale zu oft geschält werden, sollte sich der behandelnde Arzt einen Peelingplan zurechtlegen: Zuerst wird die Stirn, dann die Wangen, Nase, Kinn, Ober- und Unterlippe und zuletzt die Ohren und Augenlider behandelt. Das Frosting ist nur von kurzer Dauer (max. 30 min) und wird von einer reaktiven Hyperämie (intensive Rötung) der Haut abgelöst.
Das TCA-Peeling ist schmerzhaft: Es tritt kurz nach dem Auftragen der Lösung ein brennender, jedoch nur wenige Minuten andauernder Schmerz auf. Dieser kann durch Kühlung während des Peelings reduziert werden. Sinnvoll ist eine Regionalanästhesie. Selten verlangen die Patienten eine Sedierung. Zur Nachbehandlung eignet sich eine fette, antibiotikahaltige Salbe. Darüber können die Patienten zu Hause kühlende Packungen (Eisbeutel) anwenden. Okklusion nach einem TCA-Peeling inhibiert den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) und führt so zu einer erhöhten Hydratation und Verdünnung verbleibender TCA-Moleküle. UV-Bestrahlungen sind 6 Monate nach dem TCA-Peeling zu meiden. Je nach Tiefe des Peelings dauert die Exfoliation der behandelten Haut 4–7 Tage (. Abb. 5.3). Stimuliert wird eine Regeneration der Dermis einhergehend mit einer Zunahme von Kollagen- und
. Abb. 5.2. Peeling mit Trichloressigsäure. Die weiße Verfärbung der Haut (engl. »frosting«) entsteht durch die Proteindenaturierung
. Abb. 5.3. Peeling mit Trichloressigsäure. Frühestens 2 Tage nach dem Peeling beginnt die Exfoliation der behandelten Haut. Die Dauer und Intensität ist abhängig von der Tiefe des Peelings
68
5
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
Elastinfasern sowie einer erhöhten epidermalen Proliferationsrate (El-Domyati, Attia et al. 2004). Die epidermale Regeneration erfolgt aus den Adnexen, insbesondere den Haarfollikeln. Dies kann 2–3 Wochen dauern. Die Kombination von TCA mit Jessner-Lösung (Monheit 1989, 1996; Coleman 2001) oder mit 70%-Glykolsäure (Cook u. Cook 2000; Coleman 2001) bewirkt eine Keratolyse zwischen Stratum corneum und Stratum granulosum, wodurch die Eindringtiefe der TCA-Lösung verstärkt wird, ohne das Risiko der Narbenbildung zu erhöhen.
5.3
Chemische Grundlagen
5.3.1 Alphahydroxysäuren
. Tab. 5.10. AHA mit schälender Wirkung Substanz
Chemische Bezeichnung
Löslichkeit
Glykolsäure
2-Hydroxyessigsäure
Wasser, Alkohol, Azeton
Milchsäure
2-Hydroxypropansäure
Wasser und Ethanol
Brenztraubensäure
2-Oxopropansäure
Wasser
Pyruvat
Säureanion von 2-Oxopropansäure
Wasser und Ethanol
Äpfelsäure
2-Hydroxybernsteinsäure
Wasser und Ethanol
Zitronensäure
2-Hydroxy-1,2,3-propantricarbonsäure
Wasser und Ethanol
Weinsäure
2,3-Dihydroxybernsteinsäure
Wasser und Ethanol
Mandelsäure
Hydroxy-Phenylessigsäure
Wasser, Ethanol, Ether
Hydroxysäuren besitzen 2 funktionelle Gruppen, die Hydroxylgruppe (-OH) und die Carboxylgruppe (-COOH). In den α-Hydroxysäuren (engl. Alpha Hydroxy Acid; AHA) steht die Hydroxylgruppe in α-Stellung oder in 2. Stellung (am 2. C-Atom) zur Carboxylgruppe. Ursprünglich wurden AHA aus Früchten isoliert, weshalb von »Fruchtsäuren« gesprochen wird. Fruchtsäuren sind schwache Säuren. Glykol- und Milchsäure haben ein pKa von 3,8. AHA sind bei Zimmertemperatur flüssig und in Wasser leichter als in Ether oder Alkohol löslich (. Tab. 5.10).
keit von seiner Konzentration proteolytische Eigenschaften auf, ist in Wasser, Alkohol und Ether gut löslich und wird mittels Perchlorierung von Monooder Dichloressigsäure hergestellt.
5.3.2 Betahydroxysäure
5.3.4 Jessner-Lösung
Salizylsäure (2-Hydroxybenzoesäure) ist auch eine
Salizylsäure Resorcin Milchsäure (85%) Ethanol (96%)
Hydroxysäure, doch im Gegensatz zu den AHA hat sie ihre Hydroxygruppe in der β-Stellung. Salizylsäure (SA) hat einen pKa von 3 und ist in Wasser kaum löslich, sehr gut aber in Alkohol, Azeton und Fetten.
14 g 14 g 14 g 100 ml
5.3.5 Retinsäure 5.3.3 Trichloressigsäure
TCA eignet sich für oberflächliche bis mitteltiefe Peelings. TCA ist eine starke Säure mit einem pKa von 0,26. Wie Glykolsäure ist TCA nicht toxisch, wird nicht systemisch absorbiert, weist in Abhängig-
Retinsäure ist ein Terpen. Vitamin A (Retinol) ist ein Diterpen und wird in der Haut zu Retinaldehyd metabolisiert. Tretinoin, Vitamin-A-Säure bzw. Alltrans-Retinsäure (engl. »all-trans-retinoic acid«) ist ein Retinoid der 1. Generation (nichtaromatische Retinoide). Das lipophile Retinaldehyd potenziert
69 5.5 · Wirkung
bei der topischen Anwendung 0,1%ig die Wirkung der Glykolsäure (6%) (Tran et al. 2005). Retinoide mit schälenden Eigenschaften sind Retinol, AllTransretinal und Retinsäure. Phenol und Resorcinol werden in diesem Kapitel, das sich ausschließlich mit den konservativen Verfahren des Peelings befasst, nicht besprochen.
5.4
Indikationen
Ein AHA- oder ein SA-Peeling ist geeignet, leichte Fältchen zu glätten, darüber hinaus bessern sich UV- und altersbedingte oberflächliche Hyperkeratosen, Hyperpigmentierungen (Poikilodermie, oberflächliche Lentiges seniles, Melasma) und Grobporigkeit der Haut (Atzori et al. 1999; Briden 2004; Sharquie et al. 2005). In Kombination mit 5-Fluorouracil ist ein Glykolsäurepeeling auch zur Therapie aktinischer Keratosen geeignet. Vorbehandelt wird mit einer 5-Fluoruracil-haltigen Creme über 1 Woche, dann erfolgt das erste Glykolsäurepeel (70%). Da die »entfärbende Wirkung des Peelings« sich primär durch die Exfoliation ergibt, sollten die Patienten parallel zum Peeling eine Rezeptur mit einem bleichenden Agens verwenden. Hyperpigmentierungen können selbst bei Patienten mit Hauttyp IV–VI nach Fitzpatrick durch wiederholte Salizylsäurepeelings in Kombination mit 4% Hydrochinon aufgehellt werden (Grimes 1999). Auch ein oberflächliches TCA-Peeling in Kombination mit einem bleichenden Agens ist geeignet. Oberflächliche Aknenarben, aktinische Keratosen, Melasma und eine lichtgealterte Haut sind Indikationen für ein Jessner-TCA-Peeling (Monheit 1989, 1996) oder ein Peeling mit Brenztraubensäure (Griffin u. Van Scott 1991; Cotellessa et al. 2004; Ghersetich et al. 2004). Beschrieben wird das Jessner-TCA-Peeling auch zur Therapie der Aknenarben beim Hautyp IV–V. Transiente postinflammatorische Hyperpigmentierungen treten zwar in 74% der Fälle auf, bestehen aber nicht länger als 3 Monate (Al-Waiz u. Al-Sharqi 2002). Auch Milien, Teleangiektasien und Juckreiz können sich nach einem mitteltiefen Peeling vorübergehend manifestieren.
5
Indikationen des oberflächlichen bis mitteltiefen Peelings 4 Pigmentstörungen (oberflächlich) 4 Aktinische Schäden (Keratosen, Fältchen) 4 Narben (oberflächlich) 4 Entfernung von Hautschüppchen, Auflösung von Hornpfröpfen
Ganz oberflächige Peelings eignen sich speziell 1. bei Hauttyp III–V, die zu postinflammatorischer Pigmentierung neigt, 2. bei sehr empfindlicher Haut, 3. für Personen, die das Peeling mit dem Berufsleben vereinbaren müssen, 4. für Personen, die zunächst Angst vor einem Peeling haben. Im fortgeschritten Stadium der Hautalterung (Glogau III–IV) sind oberflächliche Peelings (AHA, TCA, SA, Jessner-Lösung und deren Kombinationen) allein nicht mehr ausreichend. Kombinationsbehandlungen mit anderen ablativen Verfahren, Augmentationsbehandlungen oder selektive Behandlungen mit Botulinustoxin sind sinnvoll.
5.5
Wirkung
5.5.1 Alphahydroxysäuren
Die Wirkung der AHA ist von ihrem Typ, ihrer Konzentration, ihrem pH-Wert und ihrer Kontaktzeit mit der Haut abhängig. Aufsteigende Konzentrationen von 20–70%, die sich durch ihren pH-Wert unterscheiden, werden verwendet. Durch Steigerung der Konzentration der AHA kann der milde schälende Effekt verstärkt werden, bis hin zur Epidermolyse. In der Heimpflege werden Produkte verschiedener Grundlagen in Konzentrationen bis zu 15% eingesetzt. AHA werden als »oberflächlich wirkende chemische Reagenzien« eingestuft. Sie wirken aber auch dermal (Briden 2004). Die epidermale Wirkung der AHA beruht auf der Reduktion der Korneozytenkohäsion. Dieses Phänomen tritt nicht schrittweise von außen, sondern zwischen dem Stratum corneum und Stratum
70
5
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
granulosum auf (Fartasch et al. 1997). Durch die exfolierende Wirkung der AHA wird die UV-verdickte Hornschicht dünner und durch die nachfolgende Regeneration kompakter. Allerdings wird durch wiederholte Anwendungen von Glykolsäure die epidermale Barriere nicht zerstört (Kim et al. 2001). Durch die Stimulierung der epidermalen Proliferationsrate werden Zellatypien und Pigment(Melanosom-)ansammlungen reduziert (Ditre et al. 1996). Untersuchungen an humanen Hautbiopsien belegen, dass AHA die Synthese der dermalen Zwischensubstanz Glykosaminoglykan und die des Kollagens in der papillären Dermis stimulieren (Ditre et al. 1996). An In-vitro- und Ex-vivo-Modellen zeigten Okano und Mitarbeiter, dass Glykolsäure die Freisetzung von IL-1α der Keratinozyten konzentrationsabhängig stimuliert (Okano et al. 2003). IL-1α induziert die Synthese von MMP-1 der Fibroblasten. Die Folge ist ein Ab- und Umbau der dermalen Matrix, wie sie bereits von Ditre et al. 1996 beschrieben wurde. Der hautglättende Effekt von Glykolsäure wurde auch an Mäusen nachgewiesen (Moon et al. 1999).
die durch die Verminderung der Korneozytenadhäsion bedingt sein soll (Grimes 1999). Mittels histologischer Untersuchungen wurde der Schäleffekt einer 7,5%igen, 15%igen und 30%igen alkoholischen Lösung auf die Haut dokumentiert: Während die Wirkung der 7,5%igen und 15%igen Lösung nur gering ist, ist nach Applikation von 30% Salizylsäure eine Exfoliation der Hornzellen ohne Entzündungszeichen zu beobachten (Imayama et al. 2000). Salizylsäurepeelings inhibieren, zumindest in Mäusen, die Entstehung epidermaler, UV-induzierter Tumoren (Dainichi et al. 2003). Darüber hinaus wird über die Inhibition der Arachidonsäurekaskade der Salizylsäure eine entzündungshemmende Wirkung zugesprochen (Berger 1997). In Deutschland ist ein weiteres Salizylsäurepeeling erhältlich. Durch Veresterung der Salizylsäure mit Caprylsäure, einem Fett der Kokosnuss, soll die Lipophilie erhöht und so eine bessere Penetration durch die Hornschichtbarriere erreicht werden. Ziel dieses oberflächlichen Peelings ist die Vermeidung der Irritationen.
5.5.3 Trichloressigsäure Wirkung der Glykolsäure 4 Reduktion der Korneozytenkohäsion 4 Restitution einer kompakten Hornschicht 4 Normalisierung der Reteleisten 4 Induktion der Zellproliferation (prominentes Stratum granulosum) 4 Zunahme der Epidermisdicke 4 Reduktion von Zellatypien in vivo 4 Zunahme der Kollagenfasern in vitro 4 Zunahme der Fibroblastenanzahl in vitro 4 Zunahme der Glykosaminoglykane in der Epidermis und Dermis
5.5.2 Betahydroxysäure
Die keratolytische Wirkung von Salizylsäure beruht auf der Abtragung des Stratum corneum Schicht für Schicht von außen nach innen. Die Wirkungsmechanismen der Salizylsäurepeelings beruhen auf den keratolytischen Eigenschaften dieser Substanz,
Die Penetration von TCA ist abhängig von der Konzentration, Applikationsmenge und -art. TCA denaturiert die Proteine, d. h. es koaguliert Schicht für Schicht epidermale Keratine und bei mitteltiefer Wirkung auch dermale Proteine. Für eine rein epidermale Exfoliation sind Peelings mit einer Konzentration bis zu 20% TCA ausreichend. Mittels histologischer Untersuchungen wurde der Langzeiteffekt 1 Jahr nach einem TCA-Peel gezeigt: Die Organisation der Epidermis und der papillären und retikulären Dermis verbessert sich, eine Zunahme von Kollagenfasern ist nachweisbar und die Anzahl der Fibroblasten wird gesteigert (ElDomyati et al. 2004). TCA hat im Gegensatz zur Dermabrasion keinen Einfluss auf die Expression des Tumorsuppressorproteins p53 (El-Domyati et al. 2003). Diskutiert wird eine Beeinflussung des peripheren Immunsystems, die auch eine erhöhte Karzinogenesepotenz erklären könnte. Darüber hinaus nimmt unter TCA die Anzahl der Langerhans-Zellen im behandelten Bereich ab (Sakai et al. 2005).
71 5.6 · Nebenwirkungen
5.5.4 Retinsäure
5.6
Topisch kommen Retinsäure und Derivate als wirksame Bestandteile von Creme- und Gelzubereitungen oder alkoholischen Lösungen bei hyperkeratotischen Hautkrankheiten und UV-induzierter Hautalterung zum Einsatz (Kligman et al. 1993; Maddin et al. 2000). Tretinoin ist in Europa und Nordamerika zugelassen, entsprechende Medikamente sind rezeptpflichtig. Die Substanz ist als Agens zur Vor- und Nachbehandlung eines Peelings bei UV-induzierter Hautalterung geeignet. Die Wirkung besteht in der Steuerung der Zellproliferation und -differenzierung, der Hemmung der Arachidonsäurekaskade und der Verdünnung der Epidermis. Die Mitosetätigkeit an keratinisierenden Epithelien wird stimuliert und gleichzeitig die Keratinproduktion gehemmt. So kommt es zur Parakeratose und Verdünnung des Stratum corneum. Die Retinoidwirkungen werden durch das retinolbindende Protein (RBP) als Transporter im Blut, intrazellulär durch zytoplasmatische Retinoidbindungsproteine (CRBP, CRABP) und nukleäre Retinoidrezeptoren (RAR, RXR) gesteuert. In der menschlichen Haut sind CRBP-I in Epidermis und Dermis, CRABP-II im höheren Anteil in der Epidermis vertreten und wirken als biologische Puffer. Durch aktive Retinoide kann in vivo eine messbare konzentrationsabhängige CRABP-II-mRNS-Antwort in Fibroblasten als entscheidender Faktor der Retinoidbioaktivität ausgelöst werden. UV-induzierte Inhibitionen der Typ-I- und -III-Prokollagen-Genexpression werden durch Retinsäurevorbehandlung über Induktion von c-Jun und AP-1 unterbunden (Fisher et al. 2000). Altersbedingte epidermale Atypien, Dysplasien und Atrophien verbessern sich unter topischer Anwendung von all-trans-Retinsäure im Vergleich zu Glykolsäure und Salizylsäure in einer 2-monatigen plazebokontrollierten Doppelblinduntersuchung). Peelingklassifikation entsprechend ihrer Wirkungsweise
5.6.1 Alphahydroxysäuren
Wirkung
Substanz
Kaustisch Metabolisch Toxisch
TCA AHA, RA SA, Phenol, Resorcinol
5
Nebenwirkungen
Weil die Tiefenwirkung der AHA abhängig ist von 1. der Einwirkzeit, 2. der Beschaffenheit der epidermalen Barriere und 3. der Konzentration der Hautoberflächenlipide des behandelten Hautareals, muss rechtzeitig neutralisiert werden. Nach länger bestehendem Erythem, Vesikulation oder sogar Weißfärbung der Haut während der Behandlung können über einige Tage persistierende Erytheme auftreten (. Tab. 5.11). Dabei ist häufig nicht ein gleichmäßiges, sondern vielmehr ein fleckig-punktuelles Erythem des behandelten Areals zu beobachten, was auf der unterschiedlichen Eindringtiefe der AHA durch die mit Talg und anderen Lipiden benetzten Hautschichten beruht. Im Einzelfall kann es zu Dermatitiden kommen, die entweder unter Restitutio ad integrum oder mit bleibenden Hyperpigmentierungen abheilen. Bei der Anwendung der AHA in geringen Konzentrationen treten unerwünschte Wirkungen sehr selten auf und zeigen höchstens milde Hautirritationen, die nach Abbrechen der Behandlung rückläufig sind. Um die interund intraindividuellen Unterschiede anzugleichen und unerwünschte Wirkungen zu minimieren, wird jeder Patient angehalten, 1. über 14 Tage die zu behandelnde Haut auf die Schälbehandlung vorzubereiten, 2. vor der Schälbehandlung seine Haut gründlich zu reinigen, 3. eine weitere Reinigung der Haut mit gepufferten amphoteren Lösungen durchzuführen, um eine gleichmäßige Einwirkung der applizierten AHA zu realisieren. Im Einzelfall wird eine Entfettung der Haut mit einem Lipidlöser, z. B. mit reinem Alkohol, durchgeführt. Der AHA-Lösung sind organische Lösungsmittel, Tenside oder Emulgatoren zugesetzt, um eine gleichmäßigere Einwirkung zu ermöglichen.
72
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
. Tab. 5.11. Die häufigsten Fehler eines AHA-Peels
5
Verweildauer der Glykolsäure auf der Haut zu lange: regionale Unterschiede der Empfindlichkeit der Gesichtshaut
Haut- und Pigmentierungstyp wurde nicht beachtet
Neutralisation nur teilweise
Mit zu wenig Natriumbikarbonat entfernt
Verwendung von Abrasiva führt zu Hypo-/Hyperpigmentation
Nichtbeachtung der Anamnese
Nichtbeachtung eines Herpes in der Vorgeschichte
Mangelhafte Anamnese
Sonneneinstrahlung nach dem Peeling
Ungenügende Aufklärung Mangelnde Compliance
Keine oder falsche Kombination mit anderen Pflegeprodukten
Ungenügende Aufklärung Mangelnde Compliance
5.6.2 Betahydroxysäure
5.6.3 Trichloressigsäure
Die perkutane Absorption von Salizylsäure ist beschrieben; vor allem unter Okklusion in Abhängigkeit von Konzentration (>20%), Körperoberfläche (>50%) und Applikationsart und -dauer kann diese beträchtlich sein. Werden >30 μg/ml Blut nachgewiesen, ist eine Nierenschädigung möglich. Tödlich verlaufende Intoxikationen sind bekannt. Um mögliche unerwünschte Wirkungen des Salizylsäurepeelings zu vermeiden sind die in der 7 Übersicht aufgeführten Empfehlungen zu berücksichtigen.
Trichloressigsäure (TCA) wird nicht resorbiert. Deshalb kommt es nicht zur systemischen Toxizität. Allergische Reaktionen werden nicht beschrieben. Die Penetration von TCA ist abhängig von der Konzentration, Applikationsmenge und -art. TCA-Peelings mit einer Konzentration über 50% bewirken einen mitteltiefen Schäleffekt, der postinflammatorische Hyperpigmentierungen und Narbenbildung, insbesondere an talgdrüsenarmen Körperarealen, nach sich ziehen kann. Um diese Gefahr zu minimieren, wird angeraten, sich auf TCA-Peelings mit einer Konzentration von max. 35% zu beschränken, für oberflächliche Schälbehandlungen 20%.
Meidung unerwünschter Wirkungen des Salizylsäurepeelings 4 Körperoberfläche <20% bei Verwendung einer ≤15%igen Lösung 4 Patienten mit Nierenerkrankungen mit Salizylsäure nicht behandeln 4 Während und 12 h nach dem Peeling soll der Patient 2 l Flüssigkeit zu sich nehmen (viel trinken!) 4 Der Patient ist auf mögliche Nebenwirkungen wie Tinnitus und Schwindel aufmerksam zu machen. Sollten diese Reaktionen auftreten, muss der Patient mit dem behandelnden Arzt umgehend Kontakt aufnehmen können.
5.6.4 Retinsäure
Lokal applizierte Retinoide können Erytheme, Hautschuppung und Hyper- oder Hypopigmentationen verursachen. Da Retinoide eine leichte Verdünnung des Stratum corneum bewirken, ist die Gefahr einer Dermatitis solaris erhöht (Anwendung über Nacht, Sonnenschutz am Tag). Diese Wirkung tritt nach 6–12 Wochen ein. Nach der topischen Applikation von Isotretinoin sind weder systemische Nebenwirkungen noch signifikante Veränderungen der biologischen Parameter beobachtet worden.
73 5.8 · Fazit für die Praxis
Kontraindikationen
5.7
Nicht bei allen Patienten eignet sich ein mitteltiefes Peeling. Personen mit mangelnder Compliance sind ungeeignet. Auch bei Personen, die sich regelmäßig der Sonnenbestrahlung aussetzen, sollte kein Peeling durchgeführt werden, da nach einem chemischen Peeling Hyperpigmentierungen induziert werden. Dies gilt auch für Patienten, die sich beruflich bedingt überwiegend in der Sonne aufhalten. Für Patienten, die in den letzten 6 Monaten Isotretinoin eingenommen haben, gilt die relative Kontraindikation.
Relative Kontraindikationen 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Starke Raucher Einnahme von Isotretinoin Zu große Erwartung seitens des Patienten Sonnenanbeter Rezidivierender Herpes labialis Keloidneigung Hauttyp IV–V Anwendung von Tretinoin Östrogeneinnahme und Sonnenexposition
Patienten mit aktiver Herpes-simplex-Infektion, juvenilen Warzen, Molluscum contagiosum oder mit schwerer renaler/kardialer Erkrankung eignen sich nicht für ein konservatives Peeling.
5.7.1 Schwangerschaft/Stillperiode
AHA sind nicht toxisch, niedrig konzentriert sind sie auch trinkbar. Auch wenn die Anwendung von konzentrierten AHA-haltigen Externa während der Schwangerschaft zunächst nebenwirkungsfrei erscheint, wirkte in einer Studie an Mäusen konzentriertes Laktat bei systemischer Gabe teratogen. Epidemiologische Untersuchungen an Frauen, die sich während der Schwangerschaft/Stillperiode repetitiv AHA-Peelings unterzogen und/oder hochkonzentrierte AHA-haltige Externa angewendet haben, liegen nicht vor. Salizylsäurepeels während der Schwangerschaft/Stillperiode verbieten sich aufgrund der bekannten möglichen Nebenwirkungen.
5
Tierstudien mit systemisch verabreichtem Isotretinoin haben unerwünschte Effekte auf den Feten gezeigt (Teratogenität). Eine transkutane Absorption von topisch appliziertem Isotretinoin (13-cis-Retinsäure) konnte nicht nachgewiesen werden. Da jedoch keine kontrollierten Humanstudien vorliegen, sollte eine Anwendung während der Schwangerschaft nur wenn unbedingt nötig erfolgen. Es stehen keine Daten hinsichtlich des Übertritts von Isotretinoin in die Muttermilch zur Verfügung. Vorsichtshalber verzichtet man also auf die Verwendung von Retinsäure während der Schwangerschaft und Stillzeit.
5.8
Fazit für die Praxis
Die Indikationen für ein chemisches Peeling sind weitreichend: von »medizinisch notwendig« bis hin zur »Rejuvenation«. Während die oberflächlichen Peelings in Verbindung mit der Heimpflege weit verbreitet sind, bleiben die tiefen Peelings spezialisierten Zentren vorbehalten. Zunehmend sind der Literatur Arbeiten über die Wirkungsmechanismen diverser Chemikalien zu entnehmen, die für ein Peeling geeignet sind. Um Wirkung und Nebenwirkung besser beurteilen zu können, sind diese Forschungen unabdingbar. Zunehmend werden ebenso Arbeiten aus dem asiatischen Raum über Hauttyp IV–VI veröffentlicht, sämtliche mit dem Hinweis, dass auch mitteltiefe TCA-Kombinationspeelings und tiefe Phenolpeelings für die dunkel pigmentierte Haut geeignet und gefürchtete Hyperpigmentierungen transitorisch sein sollen. Diese Veröffentlichungen sind gleichermaßen für unsere Breitengrade interessant, da sich auch in Deutschland zunehmend Personen mit Hauttyp III–VI für ein chemisches Peeling vorstellen.
74
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
Weiterführende Literatur
5
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6 6 Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen Petra Becker-Wegerich
6.1
Einleitung
– 75
6.2
Grundlagen der Pharmakologie und der Wirkung von Botulinumtoxin – 76
6.3
Biologische Aktivität und Dosierung – 77
6.4
Patientenauswahl
– 79
6.5
Praktische Durchführung
6.5.1
Glabellaregion (»Zornesfalten«) und Anheben der Augenbrauen – 80 Stirnregion (»Denkerfalten«) – 81 Laterales Augenbrauenlifting – 82 Periorbitale Falten (»Krähenfüße«) – 82 Unterlidfalten – 83 Nasenfalten (»bunny lines«) und Anhebung der Nasenspitze – 83 Oberlippenfalten – 83 Marionettenfalten (hängende Mundwinkel) – 85 Laterale Wangen-Kinn-Falte mit »Hamsterbäckchen« – 85
6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5 6.5.6 6.5.7 6.5.8 6.5.9
6.1
6.5.10 Kinnfalten (Pflastersteinkinn) – 87 6.5.11 Platysmafalten (»Truthahnhals«) – 87 6.5.12 Dekolletéfalten – 89
6.6
Intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen und Kombinationen in schwierigen Regionen des Gesichtes – 90
6.6.1 6.6.2
Botulinumtoxin-A-Lifting – 90 Behandlung von Gesichtsnarben – 93
6.7
Neue Optionen: Intramuskuläre BoNT-A-Injektionen und intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen zur Wiederherstellung der Gesichtssymmetrie nach invasiven Gesichtsoperationen – 94
6.8
Nebenwirkungen – 94
6.9
Fazit für die Praxis
– 79
Einleitung
Zur Korrektur von Folgen der Hautalterung stehen der ästhetischen Medizin und den Dermatologen heute vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Botulinumtoxin A (BoNT-A) wird hauptsächlich in der plastisch-ästhetischen Chirurgie und ästhetischen Dermatologie zur Faltenbehandlung eingesetzt. Effektive neue Therapien mit BoNT-A nach rekonstruktiven Operationen zur Symmetrieherstellung von Gesichtern, zur Texturverbesserung persistierender hypertropher und keloidaler Narben nach Unfällen und Operationen wie auch der Einsatz bei schmerzhaften Narben und die Kombinationen mit
– 98
Weiterführende Literatur
– 98
biologisch abbaubaren Füllmaterialien erweitern das Spektrum der Therapieoptionen. Zu Beginn der 90er Jahre erzielte das Neurotoxin BoNT-A einen Durchbruch in der Faltentherapie. 2006 stieg die Zahl der BoNT-A-Behandlungen bei kosmetischen Indikationen weltweit über 3 Mio. Sicherheit und Wirksamkeit dieser Substanz sind mittlerweile durch multiple klinische Studien belegt. Die langjährigen Anwendererfahrungen mit BoNT-A und der internationale Expertenaustausch etablieren neue Entwicklungen der Behandlungsmethoden. Das von anaeroben Bakterien der Gattung Clostridium botulinum produzierte Exotoxin erlangte durch seine Fähigkeit, selektiv cholinerge
76
6
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
Nervenimpulse zu blockieren, eine therapeutische Bedeutung in einigen medizinischen Disziplinen einschließlich der ästhetischen Dermatologie. Die neuromuskuläre Blockade bewirkt eine vorübergehende Lähmung der mimischen Gesichtsmuskulatur und eine Blockade in den sympathisch innervierten cholinergen Ganglien des vegetativen Nervensystems. Gezielte BoNT-A-Injektionen in definierte mimische Muskelgruppen führen zur Ausschaltung der mechanisch bedingten Faltenentstehung. Neben dieser ästhetisch-korrektiven Anwendung wird BoNT-A als potente Alternative bei umschriebenen, stark beeinträchtigenden Formen der Hyperhidrose eingesetzt. Zur dauerhaften und komplikationsarmen Therapie von aktinischen Falten, tieferen Falten und Furchen stehen zahlreiche Möglichkeiten wie z. B. ablative und nonablative Laser, Dermabrasion, Chemical Peel oder Weichteilauffüllungen mittels Fremd- oder Eigenmaterial zur Verfügung. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über die biochemischen Eigenschaften, den Wirkmechanismus und die etablierten Injektionsmöglichkeiten von BoNT-A geben. Die angeführten Injektionstechniken in der modernen Faltentherapie mit BoNT-A von mimischen Gesichtsfalten – mit Augenmerk auf die Regionen des oberen Gesichtsdrittels, der Mund-, Kinn-, Hals- und Dekolletéregion – sollen hier Anhaltspunkte für eine sichere Anwendung geben. Als Schwerpunkt sollen neue Optionen beschrieben werden, so die BoNT-A-Therapie schmerzhafter Gesichtsnarben und Gesichtsasymmetrien, die Faltenbehandlung mit BoNT-A-Mikroinjektionstechniken in schwierigen Gesichtsregionen und das BoNT-A-Lifting mit Kombinationen zur Verfügung stehender biologisch abbaubarer Implantatmaterialen.
6.2
unterscheiden sich durch ihre Wirkdauer und Potenz. BoNT-F befindet sich in klinischer Prüfung und C wurde zum Teil nur experimentell eingesetzt (Greene u. Fahn 1996; Das Gupta u. Sugiyama 1977; Dressler u. Benecke 2002; Scott 1989). BoNT-A besteht aus 2 Untereinheiten, die durch eine einzige Disulfidbrücke miteinander verbunden sind. Daher ist das Toxin instabil und kann durch minimale mechanische und thermische Belastungen in inaktive Untereinheiten zerfallen. Eine schwere Kette (147 kD) bindet irreversibel mit hoher Affinität an spezifische Rezeptoren (Sialoglykoproteine) der Plasmamembran von cholinergen Nervenendigungen. Dies induziert eine rezeptorvermittelte Endozytose der leichten Kette des Botulinumneurotoxins in die cholinerge Nervenendigung. Dort kommt es zu einer Blockade der Transportmoleküle, die den Transport der Acetylcholinvesikel zur Synapse vermitteln. Das BoNT-A-Neurotoxin spaltet proteolytisch das SNAP-25 (»synaptosomal-associated protein of 25 kDalton«). Dieser Proteininaktivierung folgt eine irreversible Blockierung der Freisetzung von Acetylcholin (. Abb. 6.1). Wenn BoNT-A intramuskulär injiziert wird, erfolgt eine Hemmung der Muskelkontraktion, der Muskeltonus wird gesenkt (Burgen et al. 1949). Die erste klinische Wirkung stellt sich nach 24–72 h ein und erreicht das Maximum nach 1–2 Wochen. Sie hält in der Regel 3 Monate an und lässt dann schrittweise nach. Je nach individueller Situation kann BoNT-A neu injiziert werden. Die Wirkung kann sich bei kontinuierlichen Anwendungen auf bis zu 9 Monate und darüber hinaus
Grundlagen der Pharmakologie und der Wirkung von Botulinumtoxin
Botulinumtoxin Typ A (BoNT-A) ist ein 150 kD schweres Protein. Das Exotoxin wird durch das anaerob wachsende Bakterium Clostridium botulinum gebildet. Sieben serologisch unterschiedliche, aber strukturell ähnliche Typen von Botulinumtoxin (BoNT) – Typ A bis G – sind bekannt. Die Typen
. Abb. 6.1. Wirkmechanismus von Botulinumtoxin A
77 6.3 · Biologische Aktivität und Dosierung
verlängern. Die Wirkung von BoNT-A wird im Zielgewebe durch Aussprossen (»sprouting«) neuer Axone aus dem peripheren Nerven beendet. Es bilden sich funktionell neuwertige Synapsen. Muskuläre Veränderungen im Sinne einer Atrophie konnten im Tierexperiment gezeigt werden und waren nach 4–6 Monaten reversibel. Am menschlichen Muskel konnten auch nach Injektionswiederholungen keine bleibenden morphologischen Veränderungen, wie z. B. Atrophien der Muskelfasern, sondern nur eine Prädominanz von Fasertyp I nachgewiesen werden.
6.3
Biologische Aktivität und Dosierung
Grundlage der Dosierung ist die biologische Aktivität der jeweiligen BoNT-A-Präparation. Die Wirkungsstärke von BoNT-A wird als biologische Aktivität in Mauseinheiten angegeben. Eine Mauseinheit (MU, »mouse units«) entspricht der Toxinmenge, bei der nach intraperitonealer Applikation die Hälfte der vergifteten Mäuse verstirbt (LD 50).
i Für die Dosierung ist die Aktivität und nicht das Gewicht des Moleküls ausschlaggebend. Sie wird in Mäuseeinheiten (MU) angegeben.
Beim Menschen liegen zur Therapie von Erkrankungen die Mengen an BoNT-A 25- bis 100-mal unter der LD 50 von Mäusen, so dass die FDA (Food and Drug Administration) BoNT-A als therapeutisch sicher einstuft. BoNT-A passiert aufgrund der Molekülgröße weder die Haut noch die Blut-HirnSchranke. Präparate mit Botulinumtoxin vom Typ A gibt es momentan kommerziell bei 3 Firmen auf dem deutschen Markt (Dysport, Fa. Ipsen Pharma, Botox, Fa. Pharm-Allergan und Xeomin, Merz-Parmaceuticals). In der ästhetischen Medizin werden bis jetzt überwiegend Botox/Vistabel und Dysport verwendet. Die Präparate unterscheiden sich durch ihre Bestandteile, Lagerungsart, Haltbarkeit und Dosisangabe (. Tab. 6.1). Xeomin ist bisher nur für neurologische Diagnosen zugelassen, hier fehlen noch Studien aus der ästhetischen Medizin. Während die konventionellen
. Tab. 6.1. Präparatebeschreibung von Botulinumtoxin A Botox/Vistabel
Dysport
Xeomin
Botulinumtoxinkomplex
Botulinumtoxinkomplex
Botuliunumneurotoxin
4,8 ng
12,5 ng
ca. 0,6 ng
Viole
Typ A 100 Einheiten
Typ A 500 Einheiten
Typ A 100 Einheiten
Sonstige BS
Humanalbumin 0,5 mg
Humanalbumin 0,125 mg
Humanalbumin 1 mg
Natriumchlorid 0,9 mg
Laktose 2,5 mg
Sucrose 4,7 mg
Trocken: <-5°C
Trocken: 2–8°C
Trocken: 2–8°C
Tiefgekühlt: Lösung: -5°C
Kühlschrank: Lösung: 2–8°C
Kühlschrank: Lösung: 2–8°C
Trocken: 36 Monate
Trocken: 12 Monate
Trocken: 3 Jahre
Lösung: 24 h
Lösung: 8 h
Lösung: 24 h
Bestandteile (BS)
Lagerung
Haltbarkeit
6
Entsorgung
0,9%ige Natriumhypochloritlösung
Hersteller
Allergan, Irvine, Ca., USA
Ipsen-Ltd, Wrexham, GB
Merz-Pharmaceuticals
Vertrieb
Pharm-Allergan Pforzheimerstr. 160 76275 Ettlingen
Ipsen Pharma GmbH Einsteinstr. 30 76275 Ettlingen
Merz-Pharmaceuticals Eckenheimer Landstr. 100 60048 Frankfurt
Die Liste der genannten Materialien erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
78
6
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
Botulinumtoxinpräparationen als Botulinumneurotoxin-Komplexprotein-Dimere mit einem Molekulargewicht von 600 kD bzw. 900 kD vorliegen, handelt es sich bei Xeomin um monomeres Botulinumneurotoxin mit einem Molekulargewicht von 150 kD. Ob sich hierdurch immunologische Vorteile ergeben, ist unklar. Bisherige klinische Erfahrungen legen nahe, dass Xeomin und Botox bezüglich Wirkungseintritt, Wirkungsdauer und Nebenwirkungsspektrum identisch sind. Damit können bei einem Präparatewechsel zwischen Botox und Xeomin die individuellen Injektionsschemata unverändert übernommen werden (Dressler u. Benecke 2006). Tierexperimentelle und klinische Studien sind notwendig, um die zu vermutende niedrigere Antigenität von Xeomin und die Rolle der Komplexproteine zu untersuchen (Maak et al. 2007). Das Präparat Botox ist in Deutschland (Stand 3/2006) lediglich zur Behandlung der schweren primären fokalen axillären Hyperhidrose zugelassen. Bei der Anwendung der anderen Präparate in anderen Lokalisationen handelt es sich immer um »Offlabel-Indikationen«. Vistabel und Dysport sind die Ausnahme für die Behandlung von Glabellafalten, wenn diese Falten eine erhebliche psychologische Belastung für den Patienten darstellen. Beide Präparate sind zugelassen (Stand 1/2007). Für den ästhetischen Gebrauch wurden bisher einige Studien durchgeführt und Behandlungsrichtlinien publiziert (Rzany et al. 2007; Carruthers et al. 2004; Rzany et al. 2006; Monheit et al. 2007).
Botulinumtoxin vom Typ B (BoNT-B), NeuroBloc/MYOBLOC, ist bei Zeneus Pharma erhältlich und spielt bisher in der ästhetischen Medizin keine Rolle (Dressler u. Benecke 2002). Es existieren bislang nur wenige Pilotstudien bezüglich der Anwendung von BoNT-B in der Glabellafalten- und Augenfaltenregion (Borodic et al. 1996; Sadick 2003). Anlässlich des 2. Münchner Expertentreffens hat Frau Luitgard Wiest die bisher wenigen vorliegenden Studienergebnisse zusammengefasst und interpertiert (Borodic et al. 1996; Sommer u. Sattler 2000; Wiest 2006a). Der Wirkungseintritt bei BoNT-B beginnt innerhalb von 48–72 h. Die Wirkungsdauer von BoNT-B ist z. B. im Stirnbereich im Vergleich zu der von BoNT-A kürzer und die Diffusion größer als die von BoNT-A. Das Nebenwirkungsprofil scheint bei geringen Dosierungen, wie im ästhetischen Bereich benötigt, schlechter als bei BoNT-A (Mundtrockheit in 45% und Augentrockenheit in 25%). Erste Berichte über Antikörperbildung gegen BoNT-B liegen vor. Insgesamt liegen zu wenige Pilotstudien vor, um sichere Schemata für Behandlungen von Falten mit BoNT-B erstellen zu können. Die Potenz der Einheiten (1 E = 1 MU) der beiden Präparate Dysport und Botox/Vistabel ist unterschiedlich. In Vergleichsstudien zur klinischen Äquivalenzdosis Botox/Dysport wird häufig eine Einheit (1 U) Botox/Vistabel mit 2,5–4 U Dysport gleichgesetzt. In den Expertentreffen, mit Fokus auf die praktischen Anwendungen, lag der Konsensus
. Tab. 6.2. Verdünnungsangaben von Botulinumtoxin A Dysport
Botox/Vistabel
500 Einheiten (E) Trockensubstanz in 2,5 ml 0,9% physiologische NaCl-Lösung ohne Konservierungsstoffe
100 Einheiten (E) Trockensubstanz in 2,5 ml 0,9% physiologische NaCl-Lösung ohne Konservierungsstoffe
Injektionslösung: 4 500 E in 2,5 ml bzw. 4 20 E in 0,1 ml bzw. 4 10 E in 0,05 ml 4 2 E in 0,01ml
Injektionslösung: 4 100 E in 2,5 ml bzw. 4 4 E in 0,1 ml 4 2 E in 0,05 ml
Mögliche weitere Verdünnungen: 1-ml-Insulinspritze Injektionslösung: 4 500 E in 4,5 ml Na CL-Lösung 4 0,01 ml = 1,1 E
1-ml-Insulinspritzen = 40 Insulineinheiten 1 E Botox = 0,025 ml 10 E Botox = 0,25 ml
1 MU = 1 Teilstrich der Insulinspritze
79 6.5 · Praktische Durchführung
6
. Abb. 6.2. Anatomische Übersicht der dynamischen Gesichtsmuskeln
bei den beiden Präparaten eher bei einem Verhältnis von 2,5–3 U. Die für Xeomin in multizentrischen Vergleichsstudien genannte Dosisäquivalenz war bei 1:1 zu Botox angegeben (Heckmann u. Rzany 2006; . Tab. 6.2). Die hier angegebenen Dosierungen von BoNT-A (Dysport) sind Anhaltspunkte für die Behandlung mimischer und muskulärer Falten. Jeder Anwender sollte für seine Patienten die intraindividuelle Dosis mit der höchsten Effektivität und der geringsten Nebenwirkungsrate ermitteln. Die intradermale Mikroinjektionstechnik erfordert eine höhere Verdünnung. Zum Beispiel wird für Dysport (. Tab. 6.2) empfohlen, je 1 E in 0,01 ml zu verwenden. Bei dieser Injektionstechnik lassen sich niedrige Dosierungen (1–3 E je Injektionspunkt) gut steuern. Erfahrungswerte aus unserer Praxis ergeben eine frühere Injektionswiederholung mit den Mikroinjektionsdosierungen von 1–3 E je Injektionspunkt, so dass sich die Intervalle auf 3–4 Monate verkürzen können. In der ästhetischen Dermatologie ist auf Grund der niedrigen Dosierungen kaum mit einer Antikörperbildung zu rechnen. Die Literaturangaben zeigen eine Antikörperbildung bei 3–10% der behandelten Patienten auf, insbesondere bei höheren Dosen und kurz aufeinander folgenden Injektionen (Borodic et al. 1996).
6.4
Patientenauswahl
Für die erfolgreiche Behandlung mit BoNT-A ist eine fundierte Kenntnis der zu behandelnden anatomischen Strukturen Voraussetzung (. Abb. 6.2). Nicht nur der Wirkmechanismus sollte geläufig sein, sondern es sollte auch eine sorgfältige Patientenauswahl stattfinden (Sommer u. Sattler 2000; Blitzer et al. 1993). Bei allzu hoher Erwartungshaltung oder erheblichem Turgorverlust der Haut sollte die Behandlung abgelehnt und Alternativen vorgeschlagen werden. Eine Patientenaufklärung sollte einen Hinweis auf den Einsatz des für die Indikation der Faltenbehandlung noch nicht zugelassenen Präparates (Heilversuch) beinhalten. Die ausführliche Beratung sollte auch Fragen wie andere ästhetische Vorbehandlungen, neurologische und rheologische Erkrankungen, Medikation und Allergien einschließen. Die Patienteneinwilligung sollte unbedingt in schriftlicher Form vorliegen. Eine Fotodokumentation vor und ca. 2 Wochen nach dem Eingriff ist ratsam.
6.5
Praktische Durchführung
Die Injektion erfolgt in halbsitzender oder sitzender Position. Vor Behandlung sollte die Haut mittels einer alkoholfreien Desinfektionslösung gereinigt werden (Sommer u. Sattler 2000; Carruthers et al. 1997; Carruthers et al. 1996).
80
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
Patientenvorbereitung 4 4 4 4 4 4 4
6
4 4 4 4 4 4 4 4
Liege mit hochstellbarem Kopfteil Digitaler Fotoapparat Handspiegel Eisgekühlte Kompressen Einmalhandschuhe Markierungsstift (Kajal weiß) Alkoholfreie Desinfektionslösung (z. B. Octenisept) 21-Gauge-Kanüle 31–30-Gauge-Injektionskanüle 5-ml-Spritze 1-ml-Insulinspritze mit 0,1-ml-, 0,5-ml- oder 0,3-ml-Skalierung Botulinumtoxin-A-Trockensubstanz Sterile 0,9% ige NaCl-Lösung, konservierungsstofffrei Fotodokumentation, vor und 2 Wochen nach Injektion Einverständniserklärung
a
b . Abb. 6.3a,b. Injektionsschema Glabellafalte, 10–20 Units (U) Dysport je Injektionspunkt. Glabellafalte in Anspannung 2 Wochen a vor Injektion und b nach Injektion
6.5.1 Glabellaregion (»Zornesfalten«)
und Anheben der Augenbrauen Mehrere Muskeln sind für die individuelle Faltenausprägung in der Mitte der Augenbrauenregion verantwortlich (. Abb. 6.3a; Carruthers u. Carruthers 1992; Grablowitz 1999; Forster u. Wulc 1998; Carruthers u. Carruthers 1998). Sie stellen bei häufig störenden Zornesfalten die Hauptindikation für die Therapie dynamischer Gesichtsfalten mit BoNT-A dar. Der M. orbicularis oculi bewegt die Augenbraue nach medial, der M. corrugator nach mediokaudal, die Mm. procerus und depressor supercilii nach kaudal. Anatomische Varianten sind bekannt. Verschiedene Injektionstechniken wurden je nach Anwender publiziert. Vor Therapiebeginn sollte immer eine Beurteilung des individuellen Augenbrauenverlaufs erfolgen. Die Muskelmasse beeinflusst die Dosisfindung und liegt bei Männern meist mit 20 Einheiten pro Injektionspunkt Dysport, 6 Einheiten Botox und 6 Einheiten Xeomin höher (. Abb. 6.4). Alle bisher durchgeführten klinisch kontrollierten Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von BoNT-A in der Therapie mimischer Falten der Glabella demons-
a
b . Abb. 6.4a,b. Injektionsschema horizontale Stirnfalte, 10–20 Units (U) Dysport je Injektionspunkt. Horizontale Stirnfalten in Entspannung 2 Wochen a vor Injektion und b nach Injektion
81 6.5 · Praktische Durchführung
trieren je nach Fragestellung eine Empfehlung unterschiedlicher Dosierungen. Bei einem 5-Punkte-Schema werden im Allgemeinen 20 E Botox/Vistabel bzw. 50 E Dysport empfohlen (Carruthers et al. 2004; Rzany et al. 2006; Monheit et al. 2007).
Injektionstechnik Die Injektionspunkte sollten oberhalb des kranialen Orbitarandes liegen, die Nadelspitze immer vom Auge weg zeigen. Die am häufigsten verwendeten Injektionspunkte liegen beiderseits 1 cm über dem medialen Augenbrauenbeginn, und 1 cm über diesem Punkt erfolgt eine weitere Markierung. Hinzu kommen je nach Augenbrauentyp Injektionspunkte jeweils in der Mediopupillarlinie, die 1 cm über dem Orbitarand gelegen sind. Ein individuelles Abweichen von dieser Injektionsweise kann je nach Muskelverlauf und Muskelstärke vorkommen (. Abb. 6.3a). Pro Injektionspunkt können 10–15 (max. 20) Einheiten Dysport, 3–6 Einheiten Botox/Vistabel und 3–6 Einheiten Xeomin injiziert werden. Bei Männern können höhere Dosierungen erforderlich sein. Als wesentliche Komplikation kann es bei Diffusion des Injektionsvolumens in Richtung M. levator palpebrae zu einer reversiblen Ptosis kommen, die in einer Häufigkeit von 1–3% angegeben wird. Diese hält in der Regel 3–8 Wochen an. Die Inaktivierung des Procerus erfolgt durch Injektionen in seinen Muskelbauch, den linken und rechten M. corrugator supercilius oberhalb und lateral des M. procerus (Carruthers u. Carruthers 1992; Grablowitz 1999). Eine erfolgreiche Behandlung ist bereits nach 2–5 Tagen sichtbar, indem eine messbare Vergößerung des Augenbrauenabstandes zu verzeichnen ist (. Abb. 6.3b). Dieser entspannte Zustand entsteht durch den Ruhetonus der Gegenspieler, die die Haut glatt ziehen. Die Muskelschwächung persistiert ca. 3 Monate. Patienten, die vorher die Augenbrauen zusammengezogen haben und mit strengem, bösem Blick ablehnend wirkten, zeigen nun ein entspannteres, freundlicheres Aussehen.
6.5.2 Stirnregion (»Denkerfalten«)
Die Behandlung horizontaler Stirnfalten kann sich schwieriger gestalten. Je jünger der Patient und je
6
straffer die Haut ist, desto optimaler ist das Behandlungsergebnis bei mimisch stark akzentuierten Stirnfalten. Der Venter frontalis des M. occipitofrontalis entspringt an der Galea aponeurotica und inseriert am Os frontale im Augenbrauenbereich. Eine Kontraktion bewirkt ein Heben der Augenbrauen und Runzeln der Stirn. Die Lähmung führt zum Herabsinken der Stirnregion mit Augenbrauensenkung. Injektionen unterhalb der letzten sichtbaren horizontalen Stirnfalte im lateralen Stirnbereich führen auch hier durch Diffusion der BoNT-A-Lösung oder durch zu tief platzierte Injektionen zur Paralyse des M. levator palpebrae superioris mit Manifestation einer Blepharoptosis (. Abb. 6.20a). Ein Auslassen der Injektionen im Bereich der lateralen Augenbrauenanteile und der letzen lateralen Stirnfalten führt bei manchen Patienten mit stark ausgeprägter Muskelhyperfunktion zum Anheben der lateralen Augenbrauen, was zu einem überraschten und fragenden Gesichtsausdruck – auch »spock-sign« genannt – führt (. Abb. 6.20b). Erstmals konnte nach einer üblichen zweiten Stirnund Glabellaregioninjektion ein temporär reversibles, ovaläres Erythem einhergehend mit Verlust der Augenbrauenhaare nur im vorderen medialen Augenbrauenbogen beidseits beobachtet werden (. Abb. 6.20c).
Injektionstechnik Im gesamten Stirnbereich hilft die Erfahrung des Anwenders, die richtigen Injektionspunkte, die Verdünnung und Menge des BoNT-A zu finden. Die Injektionspunkte und die Dosis müssen individuell gewählt werden und richten sich nach Lage und Verlauf der Augenbrauen und Dicke der einzelnen Muskeln. Sind die Augenbrauen höher gelegen als der Rand der Orbita, kann ohne große Befürchtung, eine Brauenptosis auszulösen, behandelt werden. Ältere Patienten nutzen häufig den M. frontalis mit unbewusster ständiger Kontraktion, um einer Ptosis der Augebrauen entgegenzuwirken. Durch die Entspannung des M. frontalis kann so eine Augenbrauenptosis induziert werden. Liegt die Augenbraue auf oder oberhalb des knöchernen Orbitarandes, ist von einer Injektion der Stirnfalten abzusehen. Hier empfiehlt sich, immer zuerst nur die Glabellafalten-
82
6
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
Injektion vorzunehmen, um die Augenbrauen zu heben. Augenbrauen in gleicher Höhe des Orbitarandes stellen Wahleingriffe dar und können nach Glabellafalteninjektion sorgfältig mitbehandelt werden. Die Patienten müssen über die mögliche Ausdrucksveränderung durch tiefer stehende Augenbrauen und mögliche angedeutete Lidptosis für einen Zeitraum von mindestens 3–8 Wochen aufgeklärt werden (. Abb. 6.20a; Sommer u. Sattler 2000; Carruthers u. Carruthers 1997; Carruthers et al. 1996; Forster u. Wulc 1998; Edelstein et al. 1998). Werden ältere Patienten ohne Hyperaktivität des M. frontalis, aber mit stark verminderter Hautelastizität und jahrzehntelang entwickelten tiefen Furchen behandelt, ist häufig erst nach 2- bis 3-maliger Behandlung ein glättender Effekt zu erzielen (. Abb. 6.4a,b). Patienten mit hoher Erwartungshaltung sollten hierauf ausführlich hingewiesen werden. Zusätzlich muss vor Injektionen immer auf Asymmetrien geachtet werden, und es sollten neurologische Störungen (z. B. periphere Facialisparese) bekannt sein. Hier können gezielte Injektionen auch zu einer effektiven Aufhebung einer stigmatisierenden Gesichtsasymmetrie eingesetzt werden. Die horizontalen Stirnfalten werden mit 4–10 Punkten direkt in den Muskelbauch entlang einer horizontalen Linie injiziert (. Abb. 6.4a). Häufig reichen 4–6 Punkte mit einer Dosierung je Injektion von z. B. 10 Einheiten Dysport, 2–4 Einheiten Botox/ Vistabel und 2–4 Einheiten Xeomin in einem Abstand von 1–1,5 cm in die mittlere horizontale Stirnfalte (Carruthers u. Carruthers 1998). Eine Glättung tritt nach frühestens 3–8 Tagen ein (. Abb. 6.4b). Durch die Schwächung der 4 Brauendepressoren, Mm. procerus, orbicularis oculi, coorugator supercilii und depressor supercilii, kann eine Augenbrauenanhebung um 1–2 mm erzielt werden.
6.5.3 Laterales Augenbrauenlifting
Der zusätzliche Wunsch nach einem schönen, geschwungenen Augenbrauenbogen und »Kulleraugen« ist durch die seitliche Brauenelevation mit 1–3 subkutanen Injektionspunkten in einem Abstand von 0,5–1 cm in den oberen lateralen M. orbicularis oculi pars orbitalis direkt unter der lateralen Braue mit z. B. jeweils 5–10 Einheiten Dysport,
2–3 Einheiten Botox/Vistabel oder 2–3 Einheiten Xeomin erfüllbar. Ein Anheben der Brauen und eine Veränderung des Brauenbogens mit Betonung des Schwunges bewirkt mehr Augenöffnung und lässt den Blick freundlicher und offener erscheinen. Der sichtbare Erfolg der Elevation ist durch eine Abstandsmessung der Brauenhöhe mittels Zentimetermaßband vom lateralen Kanthus und von der Mediopupillarlinie vor und nach Injektion dokumentierbar.
6.5.4 Periorbitale Falten (»Krähenfüße«)
Eine der häufigsten Indikationen für BoNT-A stellen die periorbitalen Augenfältchen dar. Mit Zunahme der altersbedingten Elastose und der aktinischen Elastose werden diese Fältchen zu Krähenfüßen. Der sphinkterartige M. orbicularis oculi verläuft zirkulär um das Auge. Seine Faseranteile sind für das Zusammenkneifen der Lider verantwortlich. Kinder und Jugendliche haben bereits Lachfältchen, die ein freundliches Ausehen vermitteln. Ab dem 30. Lebensjahr kommt es unter zunehmendem Elastizitätsverlust der Haut nach und nach zur Ausprägung von persistierenden und dann häufig störenden Lachfalten (. Abb. 6.5a). Mit Zunahme der Elastose wirken diese Fältchen eher wie Krähenfüße und werden als Alterungszeichen gewertet.
Injektionstechnik Die Injektionspunkte befinden sich 1–1,5 cm lateral vom äußeren Kanthus an 2–4 Stellen mit jeweils 1–1,5 cm Abstand und werden halbmondförmig angeordnet. Je Injektionspunkt reichen z. B. 5–10 Einheiten Dysport, 2–4 Einheiten Botox/Vistabel oder 2–4 Einheiten Xeomin aus (. Abb. 6.5a). Das Injektionsvolumen sollte 0,1 ml nicht überschreiten. Durch die Kontraktion des Muskels werden die kleinen Muskelbäuche sichtbar und somit die subkutane Injektion erleichtert. Injektionen sollten bei den genannten Dosierungen immer oberhalb des Os zygomaticum liegen und vom Kanthus weg nach außen erfolgen. Die erzielte Muskelerschlaffung führt zu einer effektiven Ruhigstellung und Glättung der lateralen Augenregion (. Abb. 6.5b). Die im Folgenden vorgestellten Injektionsschemata bergen alle Risiken von Nebenwirkungen. Des-
83 6.5 · Praktische Durchführung
a
6
b
. Abb. 6.5a,b. Injektionsschema periorbitale laterale Augenfalten,10 U Dysport pro Injektionspunkt subkutan. »Krähenfüße« a vor und b nach Injektion
wegen sollten sie nur von erfahrenen BoNT-A-Anwendern durchgeführt werden (Sommer u. Sattler 2000; Carruthers et al. 1996).
Cave Die folgenden Techniken sollten zur Vermeidung von Nebenwirkungen nur von erfahrenen Anwendern praktiziert werden.
Injektionstechnik Ein Injektionspunkt befindet sich prätarsal in der Mediopupillarlinie 3 mm unterhalb des Unterlidrandes, der zweite ca. 1 cm davon entfernt im lateralen Bereich des M. orbiculais oculi. Es werden jeweils z. B. ca. 5 Einheiten Dysport, 2 Einheiten Botox/ Vistabel oder 2 Einheiten Xeomin streng subkutan injiziert.
6.5.6 Nasenfalten (»bunny lines«)
und Anhebung der Nasenspitze 6.5.5 Unterlidfalten
Die Techniken zur Therapie von störenden Unterlidfalten wurden bisher nur auf wissenschaftlichen Symposien vorgestellt. Eine einheitliche Literatur zu diesem Therapieprinzip hat sich bisher noch nicht etabliert (Sommer u. Sattler 2000; Grablowitz 1999). Patienten mit kleinem Lidspalt können durch gezielte Behandlung mit BoNT-A eine größere Öffnung des Lidspaltes erhalten. Die Injektion von BoNT-A in die Suborbitalregion bewirkt ein jugendlicheres, frischeres Aussehen. Es resultiert ein Gesichtsausdruck, der als »open-eye look« bezeichnet wird. Bei einigen Atopikern konnte ein weiterer Benefit in der Reduktion der tiefen Dennie-Morgan-Falte erzielt werden. Ein »Snap-Test« sollte bei jedem Patienten durchgeführt werden. Die Unterlidhaut wird vom Augapfel nach unten weggezogen und sollte sich hierbei nach dem Loslassen unverzüglich wieder anlegen.
Die V-förmigen Fältchen perinasal entstehen durch die Kontraktion des M. nasalis. Zur Glättung wird im oberen Anteil nahe der nasofazialen Furche subkutan z. B. mittels jeweils bis zu 10 Einheiten Dysport, 2–4 Einheiten Botox/Vistabel oder 2–4 Einheiten Xeomin behandelt (Sommer u. Sattler 2000; Carruthers et al. 1996). Der Wunsch, eine nach unten gebogene Nasenspitze mehr nach oben zu richten, lässt sich mit 2–5 Einheiten Dysport, 1–3 Einheiten Botox/Vistabel oder Xeomin je Injektionspunkt in den Nasensteganteil des Septum nasale injiziert herstellen.
6.5.7 Oberlippenfalten
Periorale Fältchen der Oberlippe werden durch Kontraktion und radiären Muskelzug des M. orbicularis oris hervorgerufen. Dieser sphinkterartige Muskel gelangt durch Mimik und Sprache nie zu
84
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
einer kompletten Entspannung. Der multifunktionelle Einsatz der perioralen Muskulatur, verantwortlich für Sprachbildung, Nahrungsaufnahme, emotionalen Ausdruck, verlangt vor jeder BoNTA-Anwendung eine ausführliche Berufsanamnese und gute Kenntnisse des anatomisch komplexen Zusammenspiels dieser Mundmuskulatur.
Injektionstechnik
6
Bei erstmaliger Therapie sollte zunächst nur die Oberlippenregion injiziert werden. Es werden maximal 4 Falten im Bereich der Lippenrotgrenze streng intradermal oder subkutan mit jeweils 2–5 Einheiten Dysport je Injektionspunkt, 1–3 Einheiten Botox/ Vistabel oder Xeomin injiziert (. Abb. 6.6a). Durch diese minimale gezielte fokale Schwächung der
a
Fasern des M. sphincter orbicularis oris kann bei zarten perioralen Fältchen ein weitgehend glättendes Resultat erreicht werden (. Abb. 6.7b). Bei tiefer gelegenen Falten können die Resultate durch weitgehend sichere resorbierbare Implantatmaterialien – z. B. Hyaluronsäure und Kollagen, deren Effekt bei Bedarf wiederholt werden kann – optimiert werden (Becker-Wegerich et al. 2001; Grablowitz 1999; de Maio u. Rzany 2006). Patienten müssen in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch auf mögliche vorübergehende Nebenwirkungen hingewiesen werden: Schwäche des Mundschlusses, Veränderung des Sprachbildes (Abschwächung der Konsonanten S, St und P), Störungen bei sämtlichen Funktionen, die Lippenkraft fordern (z. B. Blasen von Musikinstrumenten) oder
b
. Abb. 6.6a,b. Injektionsschema a Oberlippenfältchen, 2–4 U Dysport pro Injektionspunkt subkutan und b Marionettenfalten, 5–10 U Dysport pro Injektionspunkt subkutan
a
b
. Abb. 6.7a,b. Oberlippenfältchen und Marionettenfalten a vor Injektion und b 2 Wochen nach Injektion: abgeflachte Oberlippenfältchen, verstrichene Marionettenfalten
85 6.5 · Praktische Durchführung
akribische Lippenformung (z. B. Schauspieler, Sänger usw.) benötigen.
Cave Berufsanamnese beachten.
6.5.8 Marionettenfalten
(hängende Mundwinkel) Einer differenzierten Behandlung bedarf es bei der Muskelgruppe der Depressoren von Mundwinkel und Lippen. Der Zug des M. depressor anguli oris mit dem M. mentalis führt zu hängenden Mundwinkeln, einhergehend mit traurigem, deprimiertem Erscheinungsbild (. Abb. 6.7a). Die Indikation der Behandlung dieser Muskeln sollte nicht nur in der Hand des erfahrenen Anwenders, sondern auch Beobachters liegen. Anatomische Kenntnisse sind hier als besonders obligat vorauszusetzen (Hoefflin 1998; Matarasso et al. 1999). Da ein jedes Gesicht Unregelmäßigkeiten bis hin zu kleinen Asymmetrien aufweist, ist auch hier nur bei schon geringen muskulären Seitendifferenzen eine angepasste Dosisfindung zur Erzielung eines guten Resultates nötig. Zu hohe Dosen in den gewählten Funktionsmuskel, Diffusion oder Fehlinjektionen in angrenzende Muskelgruppen können erhebliche temporäre Funktionseinbußen zur Folge haben.
6
Diese Millimeterangabe ist je nach Anatomie und Stärke des M. depressor anguli oris variabel. Der ausgemessene Injektionspunkt muss mit dem ertasteten Muskel übereinstimmen, die beiden Seiten können hier gering voneinander abweichen (. Abb. 6.6b). Durch diese BoNT-A-Muskelschwächung führt ein Überwiegen der Levatoren (M. zygomaticus major, M. levator labioris superior, M. levator anguli oris) zu einem unbewussten Hochziehen der Mundwinkel. Somit öffnen sich beide Mundwinkel wieder zu einem positiven freundlichen Ausdruck (. Abb. 6.7b). Bei tieferen Falten kann 2 Wochen nach BoNT-A-Injektion eine zusätzliche Elevation mit Hyaluronsäure-, Kollagen- oder Eigenfettimplantation herbeigeführt werden. Eine bestehende tiefe Nasolabialfalte kann zur Abrundung des ästhetischen Bildes mit Füllmaterialien versehen werden. Diese Kombinationsmöglichkeit zur Faltenreduktion führt zu einem harmonischen Gesamtaspekt der unteren Gesichtshälfte. In . Abb. 6.7b wurde die Nasolabialfalte 2 Wochen nach BoNT-A-Injektion des M. depressor anguli oris und des M. orbicularis oris der Oberlippenregion mit Hyaluronsäure (Perlane, Q-MED GmbH) unterspritzt. Durch die leichte Schwächung des unter dem Füllmaterial liegenden Muskels kann eine längere Verweildauer dieser Materialien erzielt werden. Der Abbau findet weniger schnell statt.
6.5.9 Laterale Wangen-Kinn-Falte
mit »Hamsterbäckchen« Cave Behandlungsfehler führen zu schweren temporären Funktionsverlusten.
Injektionstechnik Der Patient wird aufgefordert, die Mundwinkel nach unten zu ziehen, um den Muskel palpieren zu können. In einen Injektionspunkt, ca. 7 mm lateral des Mundwinkels und 10 mm nach kaudal, werden maximal 8–10, selten auch 20 Einheiten Dysport, maximal 3–5 Einheiten Botox/Vistabel und 3–5 Einheiten Xeomin subkutan injiziert (Sommer u. Sattler 2000; Grablowitz 1999; Wiest 2006b; Kuse u. BeckerWegerich 2006).
Eine häufig ab dem 45. Lebensjahr in Erscheinung tretende Falte ist eine von der Seitenansicht des Gesichts zunächst mehr beim Lächeln als in Ruhe störende Falte. Sie beginnt ca. 1–1,5 cm lateral der auslaufenden Nasolabialfalte und zieht bogig nach kaudal, wo sie submental ausläuft (. Abb. 6.8a). Diese Falte erscheint beim Lachen und bestimmten mimischen Aktionen dominanter, die z. B. beim »I-Sagen« Abneigung oder Ekel zum Ausdruck bringen. Bei hohem Elastizitätsverlust, Zunahme der gravitationsbedingten Faltenbildung einhergehend mit subkutanem Fettgewebe- und Hautüberschuss an der lateralen Mandibulakante, im Volksmund auch »Hamsterbäcken« genannt, tritt sie noch prominenter sichtbar auf. Die verursachenden Muskeln, die
86
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
a
b
6
c . Abb. 6.8a–c. Laterale Wangen-Kinn-Falte, 5–10 U Dysport je Injektionspunkt. Laterale Wangen-Kinn-Falte a vor Injektion,
b nach 5 U Dysport: verstrichene Falte und beruhigte laterale Kinn-Wangen-Region, c Injektionspunkt
durch ihren Zug dazu beisteuern, sind die Elevatoren der Oberlippe und Wangenregion sowie 2 Depressoren, der laterale kaudale Anteil des M. depressor anguli oris und der laterale Platysmaanteil. Bei Patienten mit submentaler und submandibulärer übermäßiger Fettansammlung erscheint der zervikomentale Winkel bei entsprechender muskulärer Aktivität durch diese Falte unterbrochen, so dass ein schon ohnehin störendes Doppelkinn noch mehr Unattraktivität enstehen lässt.
fasern grenzt. Es können z. B. 5–10 Einheiten Dysport, 2–4 Einheiten Botox/Vistabel und 2–4 Einheiten Xeomin pro Injektionsseite verwendet werden (. Abb. 6.8c). So lässt sich eine Minderung der Hyperfunktion dieser Muskeln einhergehend mit einem Verstreichen dieser Falte erzielen. Es resultiert eine ästhetische, jünger wirkende, faltenfreie zervikomentale Region (. Abb. 6.8b). Bei zuviel Fettansammlung und Hautüberschuss lässt sich hiermit kein überzeugendes Resultat erzielen. Dem Patienten sollten Alternativen wie eine submentale und submandibuläre Liposuktion kombiniert mit Faceliftchirurgie erläutert werden (Sommer u. Sattler 2000). Ebenso bietet das Thermageverfahren eine neue, nichtinvasive Alternative und optimale Kombinationsmöglichkeit mit BoNT-A zur Hautstraffung. Hier hat sich der BoNT-A-Einsatz 4 Wochen vor Thermagebehandlung bewährt (Wyss 2005, 2007).
Injektionstechnik Diese Falte ist durch eine Abweichung von der o. g. Injektionsmethode in den M. depressor anguli oris ohne Funktionseinbußen zu glätten. Die Injektion erfolgt subkutan an der Basis des mandibulären lateralen, kaudalen Ursprungs des M. depressor anguli oris, der hier direkt mit seinen Fasern an die in die Wangenregion ausstrahlenden lateralen Platysma-
87 6.5 · Praktische Durchführung
6
Wichtig ist die optimale Dosisfindung unter Beachtung der Symmetrie der unteren Mund-, Kinnund Platysmaregion. Die stigmatisierendste Nebenwirkung, die bei seitendifferenter Dosierung oder auch Überdosierung auftreten kann, ist ein höher stehender Mundwinkel auf der injizierten Seite und ein schiefes Lächeln mit mehr Darbietung der Zahnleiste auf der zu niedrig dosierten Seite. Leichte Muskelschwächen, die Funktionen nur wenig und nicht sichtbar beeinträchtigen, werden von fast allen Patienten toleriert. Überdosierungen führen zu schweren Funktioneinbußen, wie z. B. Verhinderung des Mundschlusses und Sprachbildungsstörungen. Cave Überdosierungen verursachen temporäre schwerwiegende Funktionsverluste.
6.5.10 Kinnfalten (Pflastersteinkinn)
Bei einer M.-mentalis-Überaktivität kommt es zur Ausbildung eines »Pflastersteinreliefs« in der Kinnregion. Auch zarte horizontale Kinnfältchen können auftreten.
Injektionstechnik Man injiziert subkutan je nach Dicke des tastbaren Muskels z. B. 10–20 Einheiten Dysport, maximal 3–5 Botox/Vistabel oder 3–5 Einheiten Xeomin in die Kinnspitze oder die genannte Dosis verteilt auf 2 Injektionspunkte paramedian symmetrisch etwa 0,5–1 cm oberhalb der Kinnspitze in die ertasteten Muskeln. Mutige können auch die zarten Kinnfalten entlang ihres gesamten Verlaufs in 5 mm großen Abständen mit jeweils 3–6 Einheiten Dysport, 1–3 Einheiten Botox/Vistabel oder 1–3 Einheiten Xeomin intradermal behandeln (. Abb. 6.9). Hier besteht die Gefahr, eine temporäre Mundschlussinsuffizienz zu induzieren (Sommer u. Sattler 2000; Grablowitz 1999; Becker-Wegerich et al. 2001).
6.5.11 Platysmafalten (»Truthahnhals«)
Mit Beginn des 50. Lebensjahrs treten je nach Elastizität, genetischer Disposition und Grad des Ver-
. Abb. 6.9. Injektionsschema Kinnfalten und Nasenfältchen. Ein Injektionspunkt 10–20 U Dysport in die Kinnspitze, 3–6 U Dysport in zarte Fältchen kaudal entfernt vom M. orbicularis oris. 2–4 U Dysport je Injektionspunkt lateral der Nasenwurzel
lustes an subkutanem Fettgewebe horizontale und vertikale Platysmafalten auf. Längsverlaufende Bänder sind häufig prominenter und wirken individuell sichtbar störend. Diese Bänder (»platysmal banding«) ziehen von der Mandibula in Richtung Klavicula. Das Platysma inseriert an der Fascia pectoralis. Es spannt die Haut des Halses. Matarasso et al. (1999) publizierten eine Einteilung der altersbedingten Degeneration des Platysmas in Kategorien I–IV. Kategorie I bezeichnet eine leichte, Kategorie IV eine starke Platysmadegeration. Diese altersbezogenen Kategorien der Platysmaveränderungen dienen als eine Richtlinie für die (entsprechend der eingeteilten Platysmadegerationen) gewählte BoNT-A-Dosis. Sie beinhalten die Muskelschlaffheit, den Tonus der darüberliegenden Haut, sichtbares »platysmal banding«, horizontale Falten und submentale Fettverteilung. Es ließ sich zeigen, dass das Ausmaß der Schlaffheit und der Hypertrophie des Platysmas die Faktoren darstellten, die die Erfolgsrate beeinflussen, und nicht die anatomischen Varianten der Muskelkonfigurationen (Matarasso et al. 1999; Brandt u. Bellmann 1998). Mit BoNT-A lässt sich eine schärfere Kinn-Hals-Kontur, ein Verstreichen der Platysmabänder und eine je nach Grad der altersbezogenen Platysmamuskeldegeneration deutlich sichtbare Besserung des Truthahnhalses erzielen. (. Abb. 6.11a,b)
88
6
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
b
a
. Abb. 6.10a,b. Injektionsschema a horizontale Platysmafalten, 10–15 U Dysport in 2-cm-Abständen je Injektionspunkt, und b vertikale Platysmafalten, 10–15 U Dysport in 2-cm-Abständen je Injektionspunkt
a
b
. Abb. 6.11a,b. Vertikale Falten im Halsbereich a vor Injektion und b Glättung der horizontalen Falten und Straffung der
Platysmabänder 2 Wochen nach Injektion der Bänder und des M. depressor anguli oris
Injektionstechnik
te in einem Abstand von 1–2 cm entlang der ringförmigen Falten intradermal injiziert (. Abb. 6.11a). Je Injektionspunkt reichen 10–15 Einheiten Dysport, 3–5 Einheiten Botox/Vistabel oder 3–5 Einheiten Xeomin aus. Der obere Anteil des Platysmas, die Doppelkinnregion, sollte bei der Gefahr der Diffusion in umliegende Muskeln, z. B. den M. depressor anguli oris, von nichterfahrenen Anwendern gemieden werden. Hier können alternative Methoden wie Fettabsaugung in Tumeszenzanästhesie zu einem befriedigenden Resultat führen. Ein Facelift mit Raffung des SMAS (superfizielles muskuloaponeurotisches System), das als Aponeurose des Platysmas gilt, kann eine Straffung über mehrere Jahre erzielen (Sommer u. Sattler 2000).
Nach der Injektion in den linken und rechten Faltenbauch im Abstand von 1–1,5 cm, je Injektionspunkt z. B. 10–15 Einheiten Dysport, 3–5 Einheiten Botox/ Vistabel oder 3–5 Einheiten Xeomin, ziehen sich die Bänder zurück (. Abb. 6.10b, . Abb. 6.11a,b). Die Injektionen sollten im kontrahierten Zustand durchgeführt werden (Blitzer et al. 1993; Becker-Wegerich et al. 2001; Kane 1999; Matarasso et al. 1999; Kuse u. Becker-Wegerich 2006; Rzany et al. 2003). So kann auch ein Überwiegen der Elevatoren des Mittelgesichts durch eine BoNT-A-induzierte Relaxation herbeigeführt werden. Auch die horizontalen Halsfalten, »Venusringe«, in denen sich häufig störend Make-up ansammelt, lassen sich abschwächen. Es wird 1 cm über der Fal-
89 6.5 · Praktische Durchführung
. Abb. 6.12. Anatomische Variante des Platysmas
Als beschriebene Nebenwirkungen von BoNT-A finden sich in der Literatur Dysphagie, Tonhöhenveränderung und Halsheberschwäche.
6.5.12 Dekolletéfalten
Während der Kontraktionsbewegungen des Platysmas in der Hals- und Dekolletéregion präsentieren sich unterschiedliche Muskelausdehnungen, mit Varianten, die bis über die Klavikula und den zweiten Interkostalraum hinausreichen. In der Arbeit von Bergmann et al. sind 24 Varianten beschrieben (. Abb. 6.12; Bergman et al., 1984b; Begman et al. 1984a). Mit Beginn des 35. Lebensjahrs treten bereits im oberen und mittleren Dekolleté Fältchen auf. Mit zunehmendem Lebensalter können sich diese Fältchen bis zum unteren Dekolleté ausdehnen. Vertikale V-förmige Falten und ein horizontales Faltenrelief können ab dem 50. Lebensjahr persistieren und werden als kosmetisch störend empfunden (. Abb. 6.14a).
Injektionstechnik Wir behandelten 56 (Stand 1/2007) Patientinnen im Dekolletébereich. Es wurde je nach Faltenanordung bei Muskelkontraktion pro Injektionspunkt mit z. B. je 5–15 Einheiten BoNT-A (Dysport) intrademal behandelt (. Abb. 6.13). Es zeigte sich nach 2 Wochen eine deutliche Glättung der Dekolletéfalten (. Abb. 6.14b). Es besteht die Möglichkeit, V-för-
6
. Abb. 6.13. Injektionsschema Dekolletéfalten, 15 U Dysport pro Injektionspunkt
mige, zum Teil fächerförmige und horizontale Falten im oberen, mittleren und unteren Dekolleté mit BoNT-A zu behandeln. Eine erfolgreiche Fältchenbehandlung ließ sich allerdings nur bei muskulär bedingten Dekolletéfältchen bewirken (BeckerWegerich et al. 2001; Bergman et al., 1984b; BeckerWegerich et al. 2002). Sleep lines, durch Gravitation oder Brustimplantate induzierte Falten, konnten nicht beeinflusst werden. Nach Vorbehandlung mit BoNT-A kann eine zusätzliche Optimierung des Dekolletéreliefs und ein länger anhaltender Glätteeffekt durch Applikation intradermaler Hyaluronsäure, oberflächliche Chemical Peels, Mikrodermabrasion, Fraxel-Laserbehandlungen, Vitamin-C- oder anderer säurehaltiger Cremes oder Gels induziert werden. Bei 15 der mit BoNT-A vorbehandelten Patientinnen mit starker aktinischer Schädigung konnte eine Optimierung der Dekolletéglättung durch die repetitiven Restylane-Vital-Injektionen in die mittlere Dermis erzielt werden (Wang et al. 2007). Vorgaben für Injektionen in bestimmte Muskelgruppen werden zunehmend durch individuelle Injektionsschemata und unterschiedlichste Behandlungskonzepte verändert. International gültige Leitlinien liegen noch nicht vor. Konsensempfehlungen können Anfänger unterstützen (Sommer et al. 2007).
90
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
6
a
b
. Abb. 6.14a,b. V-artige obere, mittlere und untere Dekolletéfältchen bei Platysmakontraktion a vor Injektion und b 2 Wochen nach Injektion
6.6
Intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen und Kombinationen in schwierigen Regionen des Gesichtes
6.6.1 Botulinumtoxin-A-Lifting
Das BoNT-A-Lifting mit intramuskulären (i.m.) Injektionen ermöglicht das kunstvolle Ausbalancieren des agonistischen und antagonistischen Effekts der mimischen Gesichtsmuskelgruppen mit Integration der Platysmabänder unter Erhalt der Funktionen. Eine auf den individuellen Muskeltonus abgewogene Schwächung der depressorisch wirkenden Muskelgruppen führt zur Potenzierung der Aktivität einzelner Muskelgruppen mit Hebefunktion. Somit wird ein Liftingeffekt induziert. Zur Erzielung natürlicher, effektvoller und ästhetisch zufriedenstellender Resultate ist auch hier eine sorgfältige Patientenauswahl essentiell. Dabei müssen die individuellen altersabhängigen dynamischen Veränderungen des Muskeltonus (kinetische-, hyperkinetische-, hypertonische Falten) berücksichtigt werden. Der Einsatz dieser Liftingmethode erfordert vorab ein präzises Studium
der Muskelinteraktionen (. Abb. 6.15; Becker-Wegerich 2006a). Mit den Kenntnissen der anatomischen Funktionen sowie der Faserverläufe einzelner komplexer Muskeln (M. orbicularis oris, M. depressor anguli oris, Platysma) bieten intradermale (i.d.) Mikroinjektionen mit BoNT-A dem Anwender zusätzlich zu den i.m.-Injektionspunkten eine Möglichkeit, auch in schwierigen Regionen des Gesichts (z. B. bei solarer Elastose der lateralen mittleren und unteren Wangenregion) eine Glättung mit Funktionserhalt zu erzielen (. Abb. 6.16a). Eine je nach Elastosegrad gut zu behandelnde Region sind der Übergang der lateralen Frontotemporal-, Augen- und Wangenregion sowie die mediale Mandibularand- und Halsregion (. Abb. 6.15).
Injektionstechnik Intradermale Mikroinjektionen mit 1–3 Einheiten Dysort, 1 Einheit Botox/Vistabel oder 1 Einheit Xeomin, in 0,5–1 cm Abstand bis zur lateralen oberen und mittleren Wagenregion, führen zur Schwächung oberflächlicher Fasern, die schräg zur Schlä-
91 6.6 · Intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen und Kombinationen
a
b
c
d
6
. Abb. 6.15a–d. BoNT-A-Lifting. a Mimik vor i.m.-Injektionen von Dysport; alle i.m.-Injektionspunkte in der 1. Behandlungssitzung. b In Ruhe nach i.m.- und i.d.-Injektionen mit Dysport,
Restylane und Perlane. c Mimik nach i.m. und i.d. Dysport mit Liftingeffekt und Restylane Vital. d In Ruhe nach i.m. und i.d. Dysport, Perlane-, Restylane-Vital-Kombination
fen- und lateralen Wangenhaut abbiegen. Die Pars orbitalis des M. orbicularis oculi zieht beim starken Zukneifen der Augen die Haut der Umgebung nach medial, was einen radiären Faltenaufwurf am lateralen Augenwinkel verursacht (. Abb. 6.16b). Mit dieser intradermalen Injektionsmethode lässt sich die laterale obere und mediale Wangenregion glätten, ohne dass unerwünschte Nebeneffekte
wie z. B. Schwächung der Zygomaticusmuskulatur (Hängewangen) entstehen. Zur Optimierung des Resultats und Unterstützung des BoNT-A-Effeks kann 2 Wochen nach der i.m.-und wiederum 2 Wochen nach erfolgter i.d.-BoNT-A-Mikroinjektion mit insgesamt 3 Sitzungen in 3-wöchigen Abständen 1 ml NASHA-Gel (Restylane Vital) in die mittlere Dermis dieses Ge-
92
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
. Abb. 6.16. a Faserschema des M. orbicularis oculi nach Rohen (aus Waldeyer 1986). b Verkleinerung der Muskelfaserwinkel der Pars orbitalis des M. orbicularis oculi beim Zukneifen der Augen und Lachen vor der intradermalen Mikroinjektionstechnik mit BoNT-A (Dysport) und der Anwendung des Hyaluronsäuregels (Restylane Vital). c 2 Wochen nach i.d.-Mikroinjektion (Dysport) beim Zukneifen der Augen. Deutliche Glättung der lateralen Augenwinkelfalten, der lateralen oberen und mittleren Wangenfalten bis zum Nasolabialfaltenübergang
6
a
b
biets mikroinjiziert werden. Hier wird das gesamte Wangenareal mit Malar-, Nasolabial- und Mandibularegion bearbeitet. So kann mit der Kombination der BoNT-A-Mikroinjektionen mit Restylane Vital eine Glättung der gesamten mittleren und unteren Gesichtsregion bis über die Mandibularandkontur und obere Halsregion erzielt werden (. Tab. 6.3). Restylane Vital basiert auf einer Viskoselösung aus weniger als 1%igem stabilisiertem NASHA-(nichtanimalischen stabilisierten Hyaluronsäure-)Gel mit einer Hyaluronsäurekonzentration von 20 mg/ml und schwachen Stabilitätsbindungen. Das Hyaluronsäuregel erzielt mit diesen Eigenschaften und der isovolumetischen Zerlegung das Anlegen einer Hyaluronsäurereserve in der Dermis. Somit kommt es neben einer Hydratation zu einer Verbesserung der Elastizität und Spannkraft. Der revitalisierende Effekt auf das Gewebe bietet eine ergänzende Methode im bisherigen Angebot des
c
Augmentationsspektrums. Der Einsatz ermöglicht eine Anschlussbehandlung an ein chirurgisches Facelifting, aber auch eine zeitgleiche Kombination in einer BoNT-A-Lifting-Sitzung. Erfahrungsgemäß ist die erste Vital-Anwendung 14 Tage nach einem BoNT-A-Lifting zur Abschätzung der BoNT-A-Erfolges zu empfehlen. Kleinste Mengen (stecknadelkopfgroß), so genannte Mikrodepots, werden im Abstand von 1 cm in die mittlere bis tiefe Dermis injiziert. Zu hohe Implantationen bergen die Gefahr von verbleibenden schachbrettartigen Depots, die sich nicht immer ganz abbauen. Um den Abbau unerwünschter Depots zu erzielen, sind Hyaluronidaseinjektionen (Hylase, Fa. Dessau; Hylenex, Baxter Healthcare Corporation USA) in einer Konzentration von 150 Units/in 1 ml 0,9% NaCl gelöst, direkt in die Knötchen vorzunehmen. Dadurch kommt es innerhalb von 24–72 h zum Verschwinden der Knötchen (Sopakar et al. 2004).
93 6.6 · Intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen und Kombinationen
6
. Tab. 6.3. Anwendungsgebiete und Materialien der Mikroinjektionstechnik Füllmaterialien Mikroinjektion
Klassische Injektionen (Linear-, Fächer-, Gittertechnik)
Rejuvenation: Gesicht, Hals, Dekolleté, Handrücken und -gelenk, Knie-, Ellenbogenfältchen Aktinische (solare) Elastose: Wangen-, Oberlippen-, Mandibularandregion
Augmentation, Modellierung: Gesichtsgewebe und Lippen
Materialien: Restylane Vital: Intradermaltherapie: mittlere und untere Dermis
Materialien: Restylane Touch: obere Dermis Restylane: mittlere Dermis Perlane: tiefe Dermis RestylaneLipp RestylaneSubQ: tief subkutan oder supraperiostal
Botulinumtoxin A Mikroinjektion Gesichtsregionen, Dekolleté-, Halsregion Schmerzhafte Unfallnarben mit Strikturen und Texturveränderungen Postoperative Gesichtsasymmetrien und Narbenzüge
6.6.2 Behandlung von Gesichtsnarben
Die BoNT-A-Mikroinjektionstechnik eröffnet auch eine neue Option der Therapie schmerzhafter entstellender Gesichtsnarben und auch von Keloiden. Durch intradermale Injektionen niedriger BoNT-ADosen (je Injektionspunkt 3–5 Einheiten Dysport oder 1–2 Einheiten Vistabel) lässt sich neben der
a . Abb. 6.17a,b. Narbenbehandlung. a Schmerzhafte Narbe an der oberen mittleren Stirnregion mit Ausstrahlung in die Haaransatzgrenze; b Schmerzfreie und kaum sichtbare
Schmerzfreiheit unter Erhalt der Funktion ebenso eine deutliche Hauttexturverbesserung erzielen (. Abb. 6.17; Becker-Wegerich 2006b; Göbel u. Jost 2003; Smith u. Alam 2005). Ebenso können nicht nur persistierende schmerzhafte, hypertrophe Narben nach Unfällen, sondern auch schmerzende Narben nach Faceliftoperationen effektiv behandelt werden.
b Narben im Bereich der oberen mittleren Stirnregion nach der Behandlung
6
94
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
6.7
Neue Optionen: Intramuskuläre BoNT-A-Injektionen und intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen zur Wiederherstellung der Gesichtssymmetrie nach invasiven Gesichtsoperationen
Die ästhetischen Anforderungen an die zur Defektdeckung nach Operationen kutaner Neoplasien im Gesicht (Basalzellkarzinom, spinozelluläres Karzinom, Melanom) verwendeten gestielten Nah- und Fernlappenplastiken sind hoch. Dicke, auftragende Lappen, entstellende Narben im Hebestellenbereich, Asymmetrien durch Nervenläsionen mit Hyperaktivität der kontralateralen Funktionsmuskulatur oder Strikturen nach Lappenplastiken in der Gesichtsregion können das Erscheinungsbild verändern und Patienten erheblich stigmatisieren. Oft sind den zur Verfügung stehenden operativen Narbenkorrekturmöglichkeiten (Z-Plastik, Inzisionen mit Liposuktion, Lipofilling usw.) sowie anderen konservativen Therapieoptionen zur weiteren Narbenverbesserung Grenzen gesetzt. Mit einem Fallbeispiel möchten wir darauf hinweisen, dass BoNT-A auch nach rekonstruktiven Operationen zur Symmetrieherstellung mit Fillern kombiniert werden kann (Becker-Wegerich, Wyss 2007). Bei einer Patientin wurde eine Rekonstruktion der Nasenspitze und des Nasenflügels nach Basalzellkarzinomexzision mittels Composit Graft vom rechten Ohr sowie paramedianen Strinlappen durchgeführt. Es konnte ein gutes Resultat mit bisher bestehender Rezidivfreiheit, allerdings unästhetischem Erscheinungsbild erzielt werden (. Abb. 6.18). Weitere operative Eingriffe zur Erzielung einer Verbesserung des ästhetischen Resultates wurden von der Patientin nicht gewünscht. Das postoperative Resultat zeigte nach 2 Jahren eine unveränderte Asymmetrie der gesamten oberen Frontalregion, mit einer Narbenstriktur der Augenbrauenoberlidgrenze und mephistoartigem Augenbrauenhochstand lateral rechts. Ebenso waren ein hyperaktiver M. frontalis links und ein über dem Hautniveau der Nasenspitze gelegener Lappen deckelförmig aufgesetzt sichtbar (. Abb. 6.18). Funktionen und Oberflächensensibilität waren intakt, der Gesichtsausdruck aber entstellend. Die Frau wurde uns zur Laserepilation der ästhetisch störenden
Haare auf dem defektdeckenden Stirnlappen der Nasenspitze überwiesen. So konnten wir der Patientin nach der Epilation ermöglichen, mit der heute zur Verfügung stehenden nichtinvasiven BoNT-ABehandlung Schritt für Schritt eine Resultatverbesserung und Symmetrisierung der Gesichtszüge zu erzielen (. Abb. 6.19). Mit diesem Beispiel konnte eine Lösungsmöglichkeit aufgezeit werden, wie ohne invasive Operationstechniken mittels intramuskulären und intradermalen BoNT-A-Injektionen (Dysport) in der Augenbrauen- und Stirnregion effektiv und nebenwirkungsfrei ein postoperatives Resultat ästhetisch optimiert werden kann. Zur Unterstützung des BoNT-A-Effekts wurde auch hier in der Stirn- und Nasenspitzenregion eine Kombination mit Hyaluronsäure (Restylane, Fa. Q-MED, Bensheim) gewählt. Dieses Fallbeispiel veranschaulicht, wie notwendig es ist, alle zur Verfügung stehenden Kenntnisse und Methoden zur Verbesserung des Erscheinungsbildes nach einer Gesichtsoperation auszuschöpfen und Patienten über die neusten Entwicklungen und den aktuellen Forschungsstand zu informieren. So kann Patienten direkt nach Abschluss der Heilungsphase einer Operation schnell und zeitsparend wieder zu der ursprünglichen Lebensqualität verholfen werden und es können Stigmatisierungen minimiert werden.
6.8
Nebenwirkungen
Bei allen beschriebenen Indikationen können die in der 7 Übersicht genannten Nebenwirkungen auftreten (. Abb. 6.20). Sie sind in einem dosisabhängigen Zeitraum von ca. 2–6 Wochen, in einzelnen Fällen auch länger, vollständig reversibel (Sommer u. Sattler 2000; Carruther u. Carruthers 1997; Grablowitz 1999). Der behandelnde Arzt sollte vor jedem BoNT-A-Einsatz die absoluten und relativen Kontraindikationen berücksichtigen (Klein 2004).
95 6.8 · Nebenwirkungen
a
b
c
d
e
f
. Abb. 6.18a–f. a Ulzerierendes Basalzellkarzinom. b–d Operativer Verlauf und rekonstruktives Operationsergebnis. e Narbige Striktur im Oberlid-Augenbrauen-Bereich mit Formveränderung (schwarzer Pfeil). Weiße Markierung:
6
Planung der BoNT-A-Injektionsmöglichkeiten. Blaue Punkte: BONTA Mapping Schema der infradermalen Injektionstechnik (Dysport®). f Rote Linie: NASHA™ Depot
96
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
6 a
b
c
d
. Abb. 6.19. a In Ruhe hyperaktiver M. frontalis auf der linken, nicht operierten Seite mit Hochstand der Augenbraue. Auf der operierten rechten Seite mephistoartige Augenbraue mit Oberlidstriktur und unförmiger Augenform und Umgebung. b Mimik : Einzeichnen der Injektionspunkte (Dysport) nach Abwägen der Muskelzüge und Strikturen. c In Ruhe
Nebenwirkungen 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Hämatome Lokaler Injektionsschmerz, lokales Brennen Druckgefühl in der Stirn- und Glabellaregion Taubheitsgefühl, Kopfschmerzen Mundtrockenheit Schwellungen im Bereich der Injektionsstellen Schwellungen der medialen Augenoberlider Schweregefühl der Lider Reversible Oberlidptosis
seitengleiche M.-frontalis-Aktivität. Parallelstellung der Augenbrauen und Formanpassung an die nicht operierte linke Stirn- und Augenregion. Harmonisierung der Oberlidtextur, Augenform und Umgebung. d Mimik: harmonische ästhetische Gesichtsform nach intramuskulären und intradermalen BoNT-A-Injektionen (Dysport)
4 Brauenptosis, lateraler Augenbrauenbogenhochstand, temporärer Augenbrauenausfall 4 Muskellähmungen im benachbarten Injektionsgebiet (Diffusion, falsche Injektionstechnik, anatomische Varianten) 4 Mundschlussschwäche 4 Dysphagie 4 Halsheberschwäche 4 Allergische Reaktionen auf Lösungsbestandteile
97 6.8 · Nebenwirkungen
. Abb. 6.20a–c. Nebenwirkungen nach Injektionen; a Oberlidptosis links, b »spock-sign« und c infiltriertes Erythem am medialen Augenbrauenbogen beidseits 2 Wochen nach der 2. Glabellaregioninjektion einhergehend mit temporärem medialem Augenbrauenverlust beidseits
a
b
c
6
98
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
Absolute und relative Kontraindikationen des BoNT-A-Einsatzes 4 Muskelaktivitätsstörungen (Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom) 4 Überempfindlichkeiten gegen Bestandteile der BoNT-A-Injektionslösung (Albumin) 4 Einnahme von Medikamenten, die die neuromuskuläre Übertragung beeinflussen (z. B. Muskelrelaxanzien) 4 Medikamente, die mit der Gerinnung interferieren (Thrombozytenaggregationshemmer, z. B. Acetylsalicylsäure, Marcumar) 4 Gleichzeitige Behandlung mit Spectinomycin oder Aminoglykosidantibiotika 4 Infektionen im Injektionsgebiet (z. B. Abszess) 4 Koagulopathien 4 Mangelnde Patientenkooperation 4 Schwangerschaft und Stillzeit
6
6.9
Fazit für die Praxis
Zusammenfassend ist der Einsatz von BoNT-A in der Hand des erfahrenen Dermatologen und plastischen Chirurgen eine sichere, nichtinvasive, zeitsparende und einfache Methode, um mimische Gesichtsfalten, Hals- und Dekolletéfalten, schmerzhafte oder entstellende Narben sowie Gesichtsasymmetrien nach rekonstruktiven Operationen für einen Zeitraum von 3–6 Monaten effektiv zu behandeln. »Off-Label«-Indikationen von BoNT-A, die sich manchmal als unersetzlich herausstellen, sollten daher kritisch eingesetzt und klinischen Studien zugänglich gemacht werden. Ziel sollte sein, die ursächlichen Wirkmechanismen noch genauer zu charakterisieren. Kasuistisch erhobene Erfahrungswerte sollten in größere Zusammenhänge gestellt werden und weiterhin Guidelines erarbeitet werden, damit BoNT-A auch hier den interdisziplinären Anwendern mit entsprechender Sicherheit zur Verfügung steht.
Praxistipp Empfehlung Patienten nach jeder Behandlung einen Botulinumtoxin-A-Pass ausstellen mit – Eintrag des Präpatares, – Eintrag des Behandlungstages, – Angabe der Injektionslokalisation, – Angabe der Gesamtdosis. So kann den Behandlern und Behandelten eine Verlaufsübersicht und Sicherheit ermöglicht werden. Die Abgabe des Passes ist bei jedem Artzwechsel gedacht. Bei der Einnahme mehrerer Medikamente aus unterschiedlichen chemischen Substanzgruppen ist eine exakte Überprüfung evtl. Interaktionen möglich und die Verordungen können so sicher abgestimmt werden. Selten muss dann die ästhetische Beahndlung mit BoNT-A einmal aus- oder abgesetzt werden.
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100
6
Kapitel 6 · Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen
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Wir danken Herrn PD Dr. med. David Holzmann und Dr. med. Severin Läuchli, Universitätsspital/ Zürich, für die zur Verfügung gestellten prä- und postoperativen Fotos (. Abb. 6.18a–d).
7 7 Skin Resurfacing: Laserverfahren Roland Kaufmann
7.1
Einleitung
7.2
Stellenwert der Lasertherapie beim Resurfacing – 102
7.3
Physikalische Grundlagen
7.3.1
Methoden
7.4
Resurfacing aktinischer Spätschäden – 104
7.4.1
Techniken und Methoden des ablativen LaserResurfacing – 104 Indikationen des Laser-Resurfacing – 106 Risiken und Nebenwirkungen des Laser-Resurfacing – 107 Nichtablatives Resurfacing der Altershaut – 108
7.4.2 7.4.3 7.4.4
7.1
– 101
7.5
Ablative Lasertherapie umschriebener epithelialer und dermaler Altershautveränderungen – 109
7.6
Therapie vaskulärer Neu- und Fehlbildungen der Altershaut – 110
7.6.1 7.6.2
Methoden – 110 Indikationen – 111
7.7
Lasertherapie pigmentierter Neu- und Fehlbildungen der Altershaut – 111
7.8
Fazit für die Praxis
– 103
– 103
Einleitung
Mit zunehmendem Lebensalter kumulieren am Hautorgan nicht nur Faltenbildungen oder sichtbare Schädigungen im Rahmen der vor allem aktinisch induzierten Elastose, sondern auch verschiedene benigne Neubildungen (z. B. senile Angiome, Talgdrüsenhyperplasien, senile Lentigines u. a.). Das sog. Skin Resurfacing trägt dem Wunsch Rechnung, die sichtbare Hautoberfläche ebener, makelloser und damit jünger erscheinen zu lassen (»Rejuvenation«). Es zielt dabei nicht nur auf eine »Glättung« des elastotisch vergröberten Oberflächenreliefs oder feiner Faltenbildungen. In weiterem Sinne kann es auch die Beseitigung anderer aktinisch induzierter Spätschäden oder altersassoziierter Neubildungen beinhalten (z. B. flache pigmentierte Keratosen, aktinische Keratosen). Das Resurfacing der Haut umfasst also deren superfizielle Abtragung zur Verbesserung der Oberflächentextur, aber gleichermaßen auch die Beseiti-
– 111
Weiterführende Literatur
– 112
gung störender Pigmentflecke, Gefäßproliferationen oder entsprechender Veränderungen der Oberhaut. Auch soll das Resurfacing der Haut nach neueren Arbeiten bei lichtgeschädigter Haut eine präventive Wirkung im Hinblick auf das Neuauftreten initialer Formen des epithelialen Hautkrebses entfalten. Prinzipiell wird dabei heute das ursprünglich abtragende Resurfacing (ablatives Resurfacing durch Laserablation oder Vaporisation der Hautoberfläche) von zunehmend verbreiteten Techniken unterschieden, die in gleicher Zielsetzung ohne Abtragung der Oberfläche konzipiert sind (nonablatives Resurfacing, Subsurfacing). Alle Methoden des durch Lichtenergie bewirkten Resurfacing sind mit anderen gängigen Techniken zur Straffung, Glättung oder Volumenauffüllung der alternden Haut kombinierbar (z. B. TCA-Peeling, Botulinumtoxininjektionen, Augmentation durch Injektionen von »Fillern« oder von autologem Fett, Kombination von Blepharoplastik und gleichzeitigem Laserresurfacing der Lidhautregion).
102
Kapitel 7 · Skin Resurfacing: Laserverfahren
7.2
Stellenwert der Lasertherapie beim Resurfacing
Während früher die mechanische Abrasion der Oberhaut analog der Narbenbehandlung bei Aknepatienten mittels hochtouriger Fräse (Dermabrasion) als operative Möglichkeit der flächenhaften Abtragung aktinisch geschädigter Hautpartien zur Verfügung stand, wurde dieses Verfahren zunächst durch besser steuerbare und gezielter anwendbare
hautabtragende Lasertechniken abgelöst (Laser Skin Resurfacing, Laserablation). An deren Stelle sind heute zur Erzeugung einer thermisch induzierten superfiziellen dermalen Fibrose mit der Zielsetzung einer sichtbaren »Straffung« elastotisch veränderter Altershaut zunehmend auch nichtabtragende Methoden getreten. Sie umfassen vor allem das Prinzip des sog. Subsurfacing (Photorejuvenation) mittels Laser oder hochenergetischer polychromatischer Blitzlampen (IPL-Syste-
. Tab. 7.1. Lasertherapie von Veränderungen an der Altershaut Indikationen
7
Photokoagulation
Selektive Photothermolyse Pigmente
Hautablation
Gefäße
Folgen lichtgeschädigter Haut +
Oberflächliche Fältchen im Rahmen der Elastose +
Solare Lentigines
+
Morbus Favre-Racouchot
+
Aktinische Keratosen
+
Vaskuläre Veränderungen Teleangiektasien
+
Lippenangiome
+
Senile Angiome
+
Besenreiservarizen
+
+
+
Veränderungen des Epithels und der Hautadnexe Seborrhoische Warzen
+
Talgdrüsenhyperplasie
+
Rhinophyma
+
Pigmentierte Veränderungen Lentigo senile (flache seborrhoische Keratosen)
+
+
Dermale und sonstige Veränderungen Syringome
+
Xanthelasmen
+
Dermale Nävi (»weiche Nävi«)
+
Fibrome
+
a
In Kombination mit anderen Techniken (»shaving«, Elektrokauterisation).
103 7.3 · Physikalische Grundlagen
me), ferner die Methode der photodynamischen Therapie als sog. »photodynamic photorejuvenation« oder besonders modifizierte Laserlichtapplikationen, wie das ablative und nichtablative »FraxelVerfahren«. Diese Techniken sind größtenteils in 7 Kap. 8 besprochen. Die Ausführungen dieses Beitrags beschränken sich daher auf die Bewertung der zur Beseitigung superfizieller altersassoziierter Hautveränderungen und zur großflächigen Hautabtragung heute noch üblichen lasergestützten Verfahren. Trotz wachsender Möglichkeiten alternativer Neuentwicklungen haben die Techniken des ablativen Laserresurfacing aufgrund der hiermit erzielbaren Ergebnisse und auch der Einsatz von Gefäßund Pigmentlasern weiterhin einen hohen Stellenwert. Gerade an der alternden Haut bietet sich dem Dermatologen eine umfassende Liste korrektivästhetischer Indikationen für den therapeutischen Einsatz von Lasern (. Tab. 7.1). Hierfür steht eine breite Palette langjährig bewährter Systeme und Techniken zur Verfügung.
7.3
Physikalische Grundlagen
In Abhängigkeit von den gewählten Lasertypen (Wellenlänge und Pulslänge der Strahlung) und den jeweiligen Behandlungsparametern (Fleckgröße, Energie, Leistungsdichte) resultieren an den . Abb. 7.1. Absorptionscharakteristika möglicher Zielchromophore in der Haut
7
Gefäßen und dem benachbarten Gewebe recht unterschiedliche Effekte. Die Wellenlänge ist bestimmend für die Absorptions- und Streuverhältnisse im Zielgewebe (. Abb. 7.1). Die applizierte Energie und Einstrahlzeit (Pulslänge) definiert die erzielbare Leistung (Leistung = Energie/Zeit). Die Fleckgröße (Fokusdurchmesser des Laserstrahls) ist entscheidend für die an der Oberfläche einstrahlende Energiedichte bzw. Leistungsdichte (Leistung pro Flächeneinheit). i Die Wellenlänge bestimmt die Absorption und Streuung, die Pulslänge die Leistung und die Fleckgröße die Energiedichte im Zielgewebe.
7.3.1 Methoden
Nach der Einstrahlzeit zu unterscheiden sind Laser im Dauerstrich- oder Langpulsmodus von solchen mit kurzgepulsten Lichtapplikationen. Erstere dienen zur thermischen Koagulation oder zur abtragenden Vaporisation störender Veränderungen. Auf der anderen Seite ermöglichen gepulste oder gütegeschaltete (Q-Switch-Modus) Systeme unter Auswahl präferenziell in Zielchromophoren absorbierter Wellenlängen eine gezieltere Beseitigung krankhafter Strukturen (z. B. Pigmente, Gefäße) bei weitgehender Vermeidung unerwünschter thermischer Begleitschädigungen umliegender Gewebeanteile. Dieses
104
Kapitel 7 · Skin Resurfacing: Laserverfahren
schonende Prinzip liegt der sog. selektiven Photothermolyse zugrunde. Hierbei können durch entsprechend geeignete Laser nicht nur gezielter pigmentierte oder vaskuläre Läsionen der Altershaut beseitigt werden. Der Einsatz gepulster Laser mit präferenziell im Gewebewasser absorbierten Wellenlängen ermöglicht auch eine besonders gezielte und nahezu kalte Laserablation zur Abtragung entsprechend feiner epithelialer oder dermaler Läsionen als Alternative zur thermischen Vaporisation. Die Laserablation ist auch zur großflächigen Abtragung geschädigter Hautareale (z. B. elastotisch veränderte Gesichtshautpartien oder flächig ausgedehnte aktinische Keratosen) entsprechend geeignet.
. Tab. 7.2. Laser- und IPL-Systeme zur »Glättung« der Altershaut Arbeitsmodus
Mit Entfernung der Hautoberfläche (»Laser-Resurfacing«) Ablativ
Er:YAG-Laser
Vaporisierende Systeme
Gepulste und quasigepulste CO2-Laser
Kombinierte Systeme
Er:YAG-Laser mit ablativem und thermischem Modus
Ohne Entfernung der Hautoberfläche (»Subsurfacing«) »Subsurfacing«
7 7.4
Resurfacing aktinischer Spätschäden
Zur Beseitigung aktinischer Folgeschäden werden einerseits abtragende Lasersysteme eingesetzt, die entweder nur die Epidermis (»Laser-Peeling«) oder auch das obere Corium analog einer Dermabrasion entfernen (»Laser-Resurfacing«). Mit dieser Vorgehensweise können nicht nur elastotisch veränderte Hautpartien abgetragen werden, sondern gleichzeitig auch aktinische Keratosen, Lentigines und andere Veränderungen. Als Alternative werden zur Glättung feiner Faltenbildungen auch nichtabtragende Lasersysteme eingesetzt, nachdem beobachtet wurde, dass nach entsprechenden Laserbehandlungen vaskulärer Läsionen (z. B. Therapie der Rosazea) oder pigmentierter Neubildungen (z. B. ausgedehnte Lentigines) es infolge der begleitend induzierten superfiziellen corialen Fibrosierung zu einer Glättung des sichtbaren Oberflächenreliefs derart bestrahlter Hautareale kommen kann. Der Einsatz thermisch wirkender Pigment- oder Gefäßlaser zu diesem Zwecke wird auch als »Subsurfacing«, derjenige von polychromatischen Blitzlampensystemen (IPL-Systeme) als »Photorejuvenation« bezeichnet (. Tab. 7.2).
7.4.1 Techniken und Methoden
des ablativen Laser-Resurfacing Unter den abtragenden Lasersystemen kann man primär vaporisierende, also thermisch abtragen-
Lasertypen
Langpuls 1320 nm Nd:YAG-Laser u. a. Er:YAG-Laser im thermischen Modus u. a.
»Photorejuvenation«
Blitzlampensysteme (IPL)
de Laser von solchen mit überwiegend rein ablativer Wirkung unterscheiden, deren Anwendung eine begleitende Hitzekoagulation weitgehend vermeidet.
CO2-Laser Zur thermischen Vaporisation mit Karbonisationsund Koagulationszone wird seit Jahrzehnten der Dauerstrich-CO2-Laser verwendet. Gepulste Varianten des CO2-Lasers reduzieren aufgrund der kurzen Einstrahlzeiten am Gewebe die Diffusion thermischer Energie in die Tiefe, bewirken aber dennoch eine ausreichende Koagulation, um beispielsweise eine Hämostase am Wundgrund zur Vermeidung kapillärer Sickerblutungen und eine sichtbare Gewebeschrumpfung des behandelten Areals zu bewirken. Dieser thermische Schaden kumuliert mit zunehmenden Laserpulsen, da das für die abtragende Wirkung des CO2-Lasers wichtige Zielchromophor Wasser an der koagulierten Oberfläche weitgehend fehlt und sich mit der Applikation weiterer Bestrahlungspulse die Gewebedessikation am Wundgrund verstärkt. Daher dürfen bei Verwendung dieser Lasertypen zum Zwecke des »Resurfacing« nur eine bis wenige Abtragungsserien (»passes«) appliziert werden.
105 7.4 · Resurfacing aktinischer Spätschäden
Cave Mit steigender CO2-Laserpulszahl kumuliert der thermische Schaden.
Er:YAG-Laser Da die Absorption des Er:YAG-Lasers bei dessen Wellenlänge von 2940 nm etwa 10-fach höher ist als diejenige des CO2-Laserstrahls, eignet er sich besonders gut zur Ablation und vermeidet thermische Koagulationszonen nahezu vollständig. Selbst bei tieferer Abtragung kommt es im Gegensatz zum CO2Laser nicht zu einer kumulativen Hitzeschädigung mit entsprechend wachsender thermischer Nekrosezone, sondern die Koagulationsschicht am Wundgrund behält auch bei multiplen Pulsapplikationen eine relative konstante Dicke von maximal 10–50 μm, so dass es bei entsprechend tiefreichender Abtragung zum Einsetzen kapillärer Sickerblutungen kommt. Daher ist auch keine scannergesteuerte Arbeitsweise zur sicheren Applikation der Pulse und zur Vermeidung von Überlapppungen und Doppelpulsen wie beim CO2-Laser notwendig, sondern das Handstück kann frei über der abzutragenden Fläche geführt werden (. Abb. 7.2). Der Einzelpuls eines Er:YAG-Lasers entfernt bei einer Energiedichte von 5 J/cm2 eine etwa 20–25 μm dicke Gewebeschicht und hinterlässt zusätzlich eine Nekrosezone von 5–10 μm (Jimenez u. Spencer 1999, Kaumann u. Beier 2004). So kann man beispielsweise eine 125 μm breite Epidermis nach Applikation einer Gesamtenergiedosis von ca. 25 J/cm2 vollständig deepithelisieren. Zum versatileren Einsatz sowohl als ablatives als auch als thermisch wirkendes Instrument stehen duale Er:YAG-Lasersysteme zur Verfügung, die sowohl einen ablativen Applikationsmodus mit entsprechend hohen Leistungsdichten zur »kalten« Gewebeabtragung als auch einen thermischen Modus vorsehen, der entweder durch die Verwendung niedrigenergetischer subablativer Pulse oder mit thermischen Begleitschädigungen einhergehender langer Pulse erzielt werden kann.
Er:YAG-Laser versus CO2-Laser Die kontrollierte superfizielle Abtragung des Er: YAG-Lasers zusammen mit der Vermeidung ther-
a
b
c
d . Abb. 7.2a–d. Laserablation (Resurfacing) elastotisch geschädigter Hautpartien; a sog. ästhetische Einheiten im Gesicht und am Hals; b und c überlappende Behandlungstechnik an der Oberlippe mittels Er:YAG-Laserablation; d Befund 3 Monate postoperativ
7
106
7
Kapitel 7 · Skin Resurfacing: Laserverfahren
mischer Begleitschäden ermöglicht die Behandlung von Hautarealen oder Hauttypen mit höherem Komplikationsrisiko und trägt auch zur möglichst raschen Wundheilung nach oberflächlichen korrektiv-ästhetischen Anwendungen bei. Betrachtet man allerdings die Behandlung von Falten in elastotisch veränderter Haut, so sind einige Operateure davon überzeugt, thermische Begleitwirkungen, die eine sichtbare Straffung der Hautoberfläche in der verlängerten Ödemphase und letztlich im Rahmen der später verstärkt einsetzenden dermalen Fibrose bewirken, seien für den Therapieerfolg vorteilhaft. Analoge Ergebnisse in der Behandlung von oberflächlicheren feinen Gesichtsfalten wurden auch durch den Einsatz thermisch wirkender Er:YAG-Laser (subablativ oder Langpuls) in der Vorstellung erzielt, beim Laser-Resurfacing der Altershaut durch eine thermische Schädigung der Dermis den gewünschten Effekt zu unterstützen. Andererseits gibt es Operateure, die bei kosmetischen CO2-Laserbehandlungen zur Minimierung des Bindegewebeschadens die thermisch induzierten Nekrosezonen wieder durch eine Er:YAG-Laserablation entfernen, da hierdurch eine Verkürzung der Dauer von postoperativer Schwellung und Verkrustung im Vergleich zur alleinigen CO2-Laserabtragung erzielt werden konnte. Insgesamt scheint es jedoch – vorausgesetzt, man vergleicht eine Ablation des Er:YAG-Lasers mit einer CO2-Vaporisation gleicher Gesamttiefe –, dass sich unter diesen Bedingungen die Ergebnisse mehr oder weniger ähneln. Es ist daher anzunehmen, dass eher die Gesamttiefe des Hautschadens (Abtragung plus thermische Nekrosezone) und nicht die Modalitäten an sich die Wirksamkeit und das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen des jeweiligen Skin-Resurfacing-Verfahrens bestimmen. i Die Gesamttiefe des Hautschadens und nicht die Methode scheinen das Resultat des Skin Resurfacing zu bestimmen.
Abgesehen von der Kontroverse um die tatsächliche Rolle der jeweiligen Resurfacingtechniken bei lichtgealterter Haut steht außer Frage, dass der Er:YAGLaser zur Behandlung anatomisch kritischer Lokalisationen und bei Patienten mit hinsichtlich Pigmentverschiebungen gefährdetem Hauttyp Vorzüge aufweist. Die hohe Präzision der Ablation des Er: YAG-Lasers zusammen mit der gewebeschonenden
Anwendung kann in diesen Fällen weder durch eine Dermabrasion noch durch eine CO2-Vaporisation erreicht werden.
7.4.2 Indikationen des Laser-Resurfacing
Sämtliche ausgedehnten Hautveränderungen, wie sie bei einer aktinisch geschädigten Altershaut vorkommen, eignen sich grundsätzlich für eine Laserabtragung. Auch punktuell umschriebene Läsionen, die bis in die Dermis hineinreichen, können mithilfe eines fokussierten Strahls gezielt kraterförmig abladiert werden, so dass die entstehende Narbe möglichst klein wird. Ungeachtet der Indikation ist die Ablation durch den Er:YAG-Laser auch an anatomisch kritischen Stellen vorteilhaft und einer thermisch schädigenden Vaporisation vorzuziehen. i Vor allem die Haut der Augenlider, zervikal, im Dekolletébereich und an den Handrücken sollte im Rahmen eines Resurfacing nur einer schonenden superfiziellen Ablation unterzogen werden.
Tiefere Schädigungen sind hier unbedingt zu vermeiden, da in diesen Bereichen gerade die Epidermis älterer Patienten dünner ist und im Vergleich zur Gesichtshaut auch die reduzierte Anzahl an Adnexstrukturen eine Reepithelisierung erschwert. Bei Verwendung des gepulsten CO2-Lasers als Alternative zur Er:YAG-Ablation wäre analog durch Einzelpulsserien (Single-Pass-Technik) eine entsprechend schonende Abragung zu gewährleisten. Das Laser-Resurfacing chronisch-aktinischer Hautschädigungen mithilfe abtragender Lasersysteme ist im Vergleich zum Chemical Peeling oder zur Dermabrasion besser steuerbar, und die Folgewirkungen sind damit eher vorhersehbar. Besonders geeignet ist das Laser-Resurfacing zur Behandlung oberflächlicher kleiner Faltenbildungen im Rahmen der kutanen Elastose, von Zysten und Komedonen bei Morbus Favre-Racouchot oder zur Entfernung solarer Lentigines und aktinischer Keratosen. Bei flächenhaften Ablationen im Gesicht (z. B. Elastose) sollte stets eine gesamte ästhetische Einheit behandelt werden (. Abb. 7.2).
107 7.4 · Resurfacing aktinischer Spätschäden
Wichtige Indikationen des großflächigen Laser-Resurfacing 4 Oberflächliche kleine Faltenbildungen 4 Zysten und Komedonen (Morbus FavreRacouchot) 4 Ausgedehnte solare Lentigines (flache seborrhoische Keratosen) 4 Ausgedehnte aktinische Keratosen (»field cancerization«)
7.4.3 Risiken und Nebenwirkungen
des Laser-Resurfacing Alle abtragenden Verfahren hinterlassen eine infektgefährdete Wundfläche entsprechend einer Erosion oder Exkoriation mit der Notwendigkeit der Reepithelisation im Anschluss an eine exsudative Ödemphase. Insofern setzt das Verfahren eine entsprechende Compliance des Patienten und eine disziplinierte Führbarkeit in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbetreuung des Eingriffs voraus. Insbesondere bei tieferreichendem und großflächigem Vorgehen ist auch eine entsprechende Infektionsprophylaxe (peroperative und postoperative Verabreichung von oralen Cephalosporinen, Valacyclovir und evtl. Fluconazol) angezeigt. Ebenso wichtig ist die postoperative Wundversorgung, wobei grundsätzlich sowohl offene Verfahren (fett-feuchte antiseptische Umschläge) als auch ambulant oft zuverlässiger praktikable geschlossene Verbandsmethoden (z. B. Maskenverbände mit Hydrogelauflagen) gleichermaßen gute Alternativen darstellen. Unabdingbar ist die Anwendung hochpotenter Lichtschutzpräparate insbesondere während der Dauer der Erythemphase. Prinzipiell sind bei großflächiger Hautabtragung die Schädigungsmuster des ablativen Laser-Resurfacing vergleichbar mit jenen bei Dermabrasion. Die Risiken unterschiedlicher akuter Begleiteffekte und unerwünschter Folgeschäden sind in erster Linie abhängig von der Abtragungstiefe, der Lokalisation und Hautbeschaffenheit und von der Ausdehnung der operativen Prozedur. Hiernach richtet sich auch die Notwendigkeit zur Verwendung unterschiedlicher anästhesierender Verfahren. Bei umschriebe-
7
nem superfiziellem Laserpeeling genügt die 1- bis 2-stündige Vorbehandlung mit einer Betäubungscrem (Emla), wohingegen bei tieferreichendem und großflächigem Resurfacing eine zusätzliche Sedierung und die Anwendung von Nervenleitungsblockaden erforderlich sein können. Hierbei sind früh auftretende Komplikationen von Spätfolgen zu unterscheiden. Zu Ersteren gehören als mehr oder weniger obligate Behandlungsfolgen Erosionen, Blutungen, Ödeme, Exsudation mit Krustenbildungen und Erytheme während und im Anschluss an die Reepithelisaton der Oberfläche (. Abb. 7.3). Als mögliche Komplikation ist vor allem das Risiko von Infekten (Herpesvirus, bakterielle Superinfektionen, Hefepilzbesiedelungen) zu nennen. Spätfolgen sind in erster Linie persistierende Erythme, Pigmentverschiebungen und Narbenbildungen. Während Erytheme und postinflammatorische Hyperpigmentierungen passagerer Natur sein können (Wochen bis Monate), sind die nach längerer Latenz (meist 6 Monate bis 1 Jahr postoperativ) auftretenden Depigmentierungen (»alabaster skin«) meist permanenter Natur und grundsätzlich unabhängig von der abtragenden Technik, also auch nach mechanischer Dermabrasion möglich.
Wichtige Nebenwirkungen des LaserResurfacing 4 Früh: – Erosionen – Blutung (Erbium:YAG) – Thermische Schäden (CO2) – Ödeme – Exsudaton und Krusten – Erytheme – Wundinfektionen 4 Mittelfristig: – Persistierende Erytheme – Postinflammatorische Hyperpigmentierungen – Milien 4 Langfristig: – Narben – Persistierende Depigmentierungen
108
Kapitel 7 · Skin Resurfacing: Laserverfahren
a
b
7
c
d
e
. Abb. 7.3a–e. Resurfacing aktinisch geschädigter Altershaut mit flächenhaften aktinischen Keratosen (»field cancerization«) im Kapillitium-Stirn-Bereich; a und b erosive Flächen
nach ablativer Therapie; c Krustenstadium (3 Tage postoperativ); d Erythemstadium (3 Wochen postoperativ); e abgeheiltes Stadium (2 Monate postoperativ)
7.4.4 Nichtablatives Resurfacing
Zu diesem Zwecke sind verschiedene thermisch wirkende Lasersysteme modifiziert worden, deren Wellenlängen ursprünglich zur Pigmentzerstörung oder Gefäßkoagulation genutzt wurden, die aber bei entsprechend langer Einstrahldauer (Langpuls oder Dauerstrichmodus) zu einer unspezifischen thermischen Umwandlung der Lichtenergie im bestrahlten Hautareal führen und in einer feinen Fibrose des superfiziellen corialen Bindegewebes mit dem mehr oder weniger sichtbaren Effekt der »Straffung« des Hautoberflächenreliefs resultieren sollen. Hierzu können auch primär ablative oder vaporisierende Systeme genutzt werden, deren eingestrahlte Lichtenergie bei Verwendung subablativer Energiedichten lediglich in Wärme umgewandelt wird. Diese Technik der transepidermalen Bin-
der Altershaut Als schonende Alternative zu den oben aufgeführten abtragenden Lasersystemen werden zur Glättung der Altershaut auch thermisch wirkende Systeme mit dem Ziel einer transepidermalen direkten Traumatisierung des elastotisch veränderten Bindegewebes eingesetzt. Diese derart ausgelöste thermische Schädigung des Coriums bei gleichzeitigem Erhalt der epidermalen Oberfläche soll eine Neusynthese von Kollagen induzieren, ohne dass der Patient eine Wundfläche mit zeitraubender Defektheilung (sog. »down-time«) und die vor allem während der infektgefährdeten Reepithelisierungsphase bestehenden Risiken und Nebenwirkungen in Kauf nehmen muss.
109 7.5 · Ablative Lasertherapie
degewebestrahlung mittels Laser wird im Gegensatz zum abtragenden Resurfacing auch als Subsurfacing oder »nonablative skin remodelling« bezeichnet. Um eine Hitzeschädigung des Oberflächenepithels zu reduzieren, wird dieses in der Regel durch spezielle Kryosprayapplikatoren unmittelbar vor dem aufheizenden Lichtpuls gekühlt. Alternativ zum Laserlicht werden polychromatische Blitzlampensysteme (IPL-Technologie, z. B. 590–755 nm) eingesetzt (Photorejuvenation). Da für das Subsurfacing mittels transepidermal einstrahlendem Laserlicht oder analog für das Verfahren des Photorejuvenation mittels IPL-Systemen nur sehr oberflächliche und feine Fältchen geeignet sind, lassen sich allenfalls minimale Verbesserungen klinisch dokumentieren. Besser beeinflussbar sind hingegen vaskuläre und pigmentierte Veränderungen der so behandelten Hautareale.
7.5
Ablative Lasertherapie umschriebener epithelialer und dermaler Altershautveränderungen
Unter den mehr umschriebenen Läsionen können seborrhoische Keratosen (inklusive der Lentigo senilis als oberflächliche Variante), besonders auch an empfindlicherer Lokalisation, einfach und präzise
abgetragen werden (. Abb. 7.4). Dermale und adnexielle Veränderungen, wie Syringome, senile Talgdrüsenhyperplasien oder Xanthelasmata, eignen sich ebenfalls gut für eine schrittweise und schonende Ablation, doch auch andere störende Läsionen der Altershaut (z. B. kleinere Fibrome) lassen sich gezielt abtragen. Zur Entfernung von Syringomen eignen sich ebenfalls punktuell abtragende Laser. Gerade bei dieser Indikation kommt der Er:YAG-Laser für eine präzise Ablation zur Erzielung kosmetisch guter Ergebnisse bevorzugt in Frage. Auch die Entfernung von Xanthelasmen wird vornehmlich aus kosmetischen Gründen gewünscht. Eher spindelig oder streifenförmig ausgerichtete Typen können in der Regel problemlos exzidiert oder mittels tangentialer Scherenabtragung entfernt werden, wobei die Exzision ggf. auch mit einer Blepharoplastik kombinierbar ist. Im Falle breiterer Plaques oder multipel aggregierter Varianten bevorzugen wir allerdings die schrittweise Laserablation mit einer sekundären Wundheilung der entstandenen Defekte. In der Regel liefert diese Vorgehensweise gute Ergebnisse. Auch für die Entfernung der oft störenden älteren dermalen Nävuszellnävi der Gesichtshaut (»weiche Nävi«) stellt der Laser bei eindeutiger Diagnose eine Alternative zum sog. Dermashaving oder zur elektrokaustischen Abtragung dar.
. Abb. 7.4a,b. Umschriebene Laserablation multipler seniler Lentigines im Sinne flacher seborrhoischer Keratosen a vor und b nach Therapie
a
7
b
110
7
Kapitel 7 · Skin Resurfacing: Laserverfahren
Weiterhin ist die Ablation des Gewebes bei solitären oder multiplen Talgdrüsenhyperplasien ebenso wie beim Rhinophym möglich. Talgdrüsenhyperplasien können sehr einfach schrittweise abladiert werden. Um das Risiko atrophischer Narbenbildungen zu minimieren, sollten hierbei tiefere kraterförmige Läsionen vermieden werden. Sind Rhinophyme mit anderen Erscheinungen einer Rosazea assoziiert, müssen konservative und operative Maßnahmen entsprechend kombiniert werden. Im Zusammenhang mit diesem Krankheitsbild können verschiedene Laser zum Einsatz kommen. Teleangiektasien erfordern eine Photokoagulation, während die Vaporisation als eine mögliche Alternative zu abtragenden operativen oder elektrokaustischen Techniken gilt. Verglichen mit einem Dermashaving oder einer Dermabrasion, treten bei der Laservaporisation weniger Blutungen auf. ErbiumLaser können bei weniger gefäßreichen Knotenbildungen alternativ zur CO2-Laser-Vaporisation eingesetzt werden. Hier sind besonders die mit einer Hämostasefunktion ausgestatteten Systeme vorteilhaft (duale Er:YAG-Lasersysteme).
Resurfacing umschriebener Altershautveränderungen 4 4 4 4 4 4
7.6
Seborrhoische Keratosen Syringome Senile Talgdrüsenhyperplasien Xanthelasmen Dermale Nävuszellnävi Rhinophym
Therapie vaskulärer Neuund Fehlbildungen der Altershaut
Zur Behandlung vaskulärer Neu- und Fehlbildungen des Hautorgans hat der Einsatz des Lasers eine jahrzehntelange Tradition. So sind heute zahlreiche Systeme für verschiedenste Gefäßläsionen etabliert. Im Gegensatz zu anderen gefäßdestruktiven Techniken gestattet die Laseranwendung hierbei infolge der kohärenten Lichtstrahlung ein Bündeln extrem hoher Energie auf kleinstem Raum und eine punktuelle berührungslose Arbeitsweise. Der Vorteil liegt daher
in der prinzipiellen Möglichkeit, feinstkalibrige teleangiektatische Gefäße durch eingestrahlte Lichtenergie über thermische Wechselwirkungen mehr oder weniger gezielt zu zerstören, ohne hierbei die Hautoberfläche zu verletzen. Wesentliches Zielchromophor für eine Gefäßdestruktion ist Hämoglobin bzw. Oxyhämoglobin, dessen Absorptionscharakteristika in . Abb. 7.1 im Vergleich zu anderen wichtigen absorbierenden Molekülen (Gewebewasser, Melanin) veranschaulicht sind. Wenngleich eine hohe Absorption im ultravioletten oder blauen Spektralbereich bestünde, ist hier die mangelhafte Eindringtiefe des Laserstrahls infolge oberflächlicher Absorption der Lichtenergie durch andere bereits epidermal lokalisierte Moleküle (z. B. Proteine, DNS, Melanin) limitiert. Relativ günstige Verhältnisse ergeben sich allerdings bei Lasern mit Emissionslinien im tiefer eindringenden grünen und gelben Wellenlängenbereich (Argon, Krypton, KTP, Farbstofflaser, Diodenlaser).
7.6.1 Methoden
In der Therapie kommen sowohl Dauerstrichlaser mit überwiegend thermischen Wirkungen (Koagulation bei relativ niedrigen Leistungsdichten) als auch gepulste Laser mit der Möglichkeit einer gezielteren vaskulären Destruktion (selektive Photothermolyse bei relativ hohen Leistungsdichten) zur Anwendung. Bei Letzteren vermindert ein gepulster Laserstrahl mit extrem kurzen Einwirkzeiten (innerhalb der kaliberabhängigen sog. thermischen Relaxationszeit der Gefäße) die Hitzediffusion in umgebende gesunde Gewebeareale. So lassen sich durch den gepulsten Farbstofflaser unerwünschte koagulatorische Begleitwirkungen insbesondere bei feineren superfiziellen, flächenhaft aggregierten teleangiektatischen Läsionen vermeiden. Posttherapeutisch kommt es allerdings anders als bei der Laserkoagulation aufgrund von Kapillarwandrupturen in der Mehrzahl der Fälle zu purpuraartigen oder flächenhaften Einblutungen. Daher sind bei zahlreichen umschriebenen Teleangiektasien oder Angiomen der ohnehin atrophischen und zu petechialen Einblutungen neigender Altershaut koagulierende Systeme zu bevorzugen. Alternativ zu den beschriebenen Lasersystemen werden heute insbesondere bei großflächiger Be-
111 7.8 · Fazit für die Praxis
fundausdehnung bevorzugt auch hochenergetische Blitzlampen (»intense pulsed light«) mit Erfolg eingesetzt.
7.6.2 Indikationen
Häufige Indikationen für die beschriebenen »Gefäßlaser« bieten an der alternden Haut Teleangiektasien im Gesichtsbereich, senile Angiome oder Lippenangiome. Für die meisten dieser Einsatzgebiete sind feine Photokoagulationen mittels Dauerstrichlaser (z. B. der früher übliche und teilweise noch in Dermatologenpraxen vorhandene Argonlaser) oder langgepulster Systeme geeigneter Wellenlänge (z. B. der heute verbreitete Diodenlaser) adäquat. Häufig wird auch der bei einer Wellenlänge von 532 nm emittierende KTP-Laser für derartige Gefäßläsionen verwendet. In der Regel sind bei teleangiektatischen Prozessen (z. B. »Couperose«) oder tiefreichenden Läsionen (z. B. Lippenangiom) multiple Behandlungssitzungen erforderlich. Zur Erzielung tieferreichender Koagulationswirkungen werden Laser höherer Wellenlänge mit größeren Eindringtiefen und gleichzeitig verlängerter Pulsdauer zur Behandlung größerer Gefäßkaliber eingesetzt (langgepulster Farbstofflaser bei 595 und 600 nm, langgepulster Nd:YAG-Laser bei 1064 nm). Um hier unnötige Epithelschädigungen und das Risiko von Narben und postinflammatorischen Hyperpigmentierungen zu verringern, erfordern derartige Systeme spezielle Kühlapplikatoren an der Hautoberfläche.
abtragenden Lasersystemen Vorsicht geboten, da die Reepithelisation aufgrund fehlender Adnexepithelien und der in der Regel ausgeprägten Atrophie bei großflächiger oder tiefreichender Schädigung gefährdet ist. Es kommt dann leicht zu narbigen Residuen oder zu persistierenden Depigmentierungen.
Cave Abtragende Laserbehandlungen an Handrücken und Dekolleté können zu Narben und Depigmentierungen führen.
Daher empfehlen sich bei diesen Indikationen gerade in ausgedehnten Befundkonstellationen Probelaserbehandlungen repräsentativer Areale und Pigmentläsionen (. Abb. 7.4). In der Regel genügen für einen Behandlungserfolg sehr superfizielle Epithelabtragungen ohne dermale Schädigungen. Daher ist auch eine »kalte« Ablation mittels Er:YAG-Laser einer thermischen Vaporisation mit zusätzlicher Tiefenkoagulation vorzuziehen. Bei rein makulären Pigmentläsionen kommt im Falle ausgedehnter Befallsmuster alternativ die Blitzlampenbehandlung (IPL) entsprechender Spektralbereiche, bei umschriebenen Läsionen vorzugsweise eine selektive Photothermolyse mittels gepulster »Pigmentlaser« in Betracht (. Tab. 7.3). Prinzipiell sind hier die Wellenlängen der gütegeschalteten Varianten des Alexandrit-, Rubin- oder Nd:YAG-Lasers geeignet.
7.8 7.7
Lasertherapie pigmentierter Neuund Fehlbildungen der Altershaut
Hier sind insbesondere flache pigmentierte seborrhoische Keratosen auch im Sinne der klinisch als senile Lentigines imponierenden Varianten und solare Lentigines geeignete Läsionen für eine Laserablation mit abtragenden Systemen (Erbium-YAG-Laser, CO2-Laser, s. oben). Neben dem Gesichtshautbereich finden sich entsprechende Veränderungen vor allem am Dekolleté und im Bereich der aktinisch belasteten Handrückenhaut. Gerade am Handrücken und auch bei Altershaut im Dekolletébereich ist mit
7
Fazit für die Praxis
Laserverfahren spielen trotz zunehmender Möglichkeiten hochenergetischer Blitzlampen und weiterer Neuentwicklungen eine wichtige Rolle in der Beseitigung von altersbedingten Hautveränderungen. Sowohl das flächenhafte wie ein umschriebenes Abtragen entsprechender Läsionen sind präzise steuerbar möglich. Garanten der erfolgreichen Therapie sind die korrekte Indikationsstellung und Auswahl physikalischer Parameter. Bei ausgeprägten Befundkonstellationen ist eine Probebehandlung anzuraten.
112
Kapitel 7 · Skin Resurfacing: Laserverfahren
. Tab. 7.3. Lasersysteme zur Behandlung vaskulärer und pigmentierter Veränderungen Therapieziel
Lasertypen
Modus
Wellenlänge (nm)
Argon
Dauerstrich
488, 514
KTP
Gepulst
532
Diodenlaser
Langpuls
910, 980
Farbstofflaser
Langpuls
595, 600
Nd:YAG-Laser
Dauerstrich
Gefäße Oberflächliche Photokoagulation
Tiefreichende Photokoagulation
Selektive Photothermolyse
7
Langpuls
1064
Farbstofflaser
Gepulst
585
Rubin
Gepulst
694
Alexandrit
Gepulst
755
Nd:YAG-Laser
Gepulst
1064
Pigmente Selektive Photothermolyse
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8 8 Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz Rolf-Markus Szeimies, Luís Antonio Ribeiro Torezan
8.1
Einleitung
– 113
8.2
Infrarotlaser
8.2.1
Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung – 114 Indikationen und Anwendung – 115
8.2.2
– 114
8.3
Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts, hochenergetische Blitzlampen (IPL) und »light emitting diodes« (LEDs) – 117
8.3.1 8.3.2
Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung – 117 Indikationen und Anwendung – 118
8.4
Photodynamische Therapie (PDT)
8.4.1 8.4.2
Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung – 121 Indikationen und Anwendung – 123
8.1
Einleitung
8.5
Fraktionierte Photothermolyse (fraktionale Lasertherapie) – 126
8.5.1
Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung – 126 Indikationen und Anwendung – 127
8.5.2
8.6
Radiofrequenzenergie (RF)
8.6.1 8.6.2
Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung – 129 Indikationen und Anwendung – 130
– 129
8.7
Fazit für die Praxis
– 131
Weiterführende Literatur
– 131
– 121
Unter dem im angelsächsischen Sprachraum häufig verwendeten Begriff »Photorejuvenation« versteht man die Umkehr der licht- oder umweltbedingten Hautalterung mittels Einwirkung von Licht oder anderen Energiequellen. Im Gegensatz zu den Verfahren wie der Er:YAG- oder CO2-Laserung (7 Kap. 7) wird bei der nichtablativen Faltenbehandlung die Epidermis geschont und die wesentlichen Effekte weitgehend direkt in der Dermis erzielt. Der Vorteil liegt in einer deutlich niedrigeren Nebenwirkungsrate (kaum Erosionen, Dyspigmentierungen und Infektionsrisiko), Behandlungen sind quasi ambulant ohne relevanten therapiebedingten Arbeitsausfall (»downtime«) möglich.
i Im Vergleich zu den ablativen Lasersystemen ist bei den nichtablativen Systemen mit deutlich weniger Nebenwirkungen zu rechnen.
Allerdings stellen sich die positiven Wirkungen nicht sofort ein, die beobachtete Kollagenneusynthese benötigt mehrere Wochen, bis auch ein klinischer Effekt sichtbar ist. In den letzten Jahren haben sich – ausgehend von den Beobachtungen von Zelickson und Kilmer, dass purpurigene Dosen von gepulstem Licht aus einem Farbstofflaser die Fibroblastenproliferation stimulieren und zu einer subepidermalen Kollagenbildung in der papillären Dermis führen – zahlreiche Lichtqualitäten im sichtbaren und infraroten Spektrum als wirksam für die Faltenbehandlung erwiesen (. Tab. 8.1).
114
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
. Tab. 8.1. Geräte für die nichtablative Faltenbehandlung und ihre Zielstruktur im Gewebe IR-Laser Q-switched- oder langgepulster Nd:YAG-Laser (1064 nm)
H2O, CR
Diodenlaser (810 nm, 980 nm)
H2O, CR
Cool-Touch-Nd:YAG-Laser (1320 nm)
H2O
Smooth-Beam-Laserdiode (1450 nm)
H2O
Aramis-Er:Glass-Laser (1540 nm)
H2O
Sichtbares Licht Lasersysteme
8
Breitbandige Lichtquellen
Die therapeutischen Effekte scheinen sich dabei nicht ausschließlich auf rein dermale und subkutane Aspekte der Hautalterung (Faltenbildung, Lipodystrophie) zu beschränken (Indikationen vom Typ II bei Photorejuvenation nach Sadick), sondern auch positiv auf vaskuläre Zeichen (Zeichen der Rosazea, Rötung, Teleangiektasien), Änderungen am HaarTalgdrüsen-Apparat (Porengröße, Hautweichheit) und Pigmentveränderungen (fleckige Hyper-/Hypopigmentierung, Dyschromie, Lentigines) zu wirken, die bei Photorejuvenation allgemein unter Indikationen vom Typ I subsummiert werden).
Vbeam, gepulster Farbstofflaser (595 nm)
CR
NLite, gepulster Farbstofflaser (585 nm)
CR
8.2
Frequenzverdoppelter Nd: YAG-Laser (532 nm)
CR
»Intense pulse light« (IPL, hochenergetische Blitzlampen) (515–1200 nm)
CR
Laser mit Emission im Infrarotbereich haben eine hohe Absorption in Wasser und kaum mehr im Bereich anderer Chromophore wie Hämoglobin oder Melanin (. Abb. 8.1). Insofern zeigen diese Systeme weniger Effekte in Bezug auf Hautfarbe, Pigmentierung oder vaskuläre Veränderungen. Allerdings absorbiert auch die Epidermis aufgrund ihres Wassergehaltes ausreichend Energie. Eine zielgerichtete Wirkung auf die Dermis kann durch gleichzeitige Oberflächenkühlung erreicht werden, sei es durch Kältespray, kühlende Gele (Kontaktkühlung) oder kontinuierliche Zufuhr von kalter Luft.
Niederenergetisches Licht »Light emitting diode« (LED) weiß, rot, IR
CR
GentleWaves-LED-Photomodulation (590 nm)
CR
PDT Waldmann PDT 1200L (inkohärente Lichtquelle (580–700 nm)
CR
Blu-U (Niederdruckfluoreszenzstrahler) (410 nm)
CR
Aktilite LED (635 nm)
CR
Omnilux LED (635 nm)
CR
Energist Ultra VPL (hochenergetische Blitzlampe) (610–950 nm)
CR
Infrarotlaser
i Die simultan mit dem Laserstrahl einhergehende Oberflächenkühlung wird als »dynamische Kühlung« bezeichnet (Kühlspray), wohingegen die kontinuierliche Oberflächenkühlung (Kälteplatte etc.) »statische Kühlung« genannt wird.
Fraktionale Photothermolyse Fraxel re:store IR Laser (1550 nm)
H2 O
Fraxel re:fine IR Laser (1410 nm)
H2O
Affirm Nd:YAG Laser (1440 nm)
H2O
Lux 1540 fractional Er:Glass Laser (1540 nm)
H2O
Radiofrequenzsysteme ThermaCool
H2O
Aurora (Kombination RF + IPL) (580–980 nm)
H2O, CR
Polaris WR (Kombination RF + Diodenlaser) (900 nm)
H2O, CR
H2O: Wasser; CR: Chromophore [meistens Tetrapyrrolstrukturen (endogene Porphyrine)].
8.2.1 Physikalische Grundlagen
und biologische Wirkung Dringt nun Laserlicht im Infrarotbereich in die Dermis ein, kommt es zum Aufheizen des dermalen Wassers und dadurch zur Denaturierung von Kollagen. Die erreichte Temperatur in der Dermis liegt dabei bei bis zu 70°C. Mit entsprechender Hautoberflächenkühlung wird an der Oberfläche eine Temperatur von 40–48°C gemessen. Die entstehende Wunde führt zu einer inflammatorischen Reaktion
115 8.2 · Infrarotlaser
8
. Abb. 8.1. Absorption von Licht in den wesentlichen in der Haut vorkommenden Chromophoren: Melanin (braune Linie), Oxyhämoglobin (HbO2) (rote Linie) und Wasser (blaue Linie). Logarithmische Darstellung des Spektralbereiches von
400–11.000 nm (Abszisse) und des Absorptionskoeffizienten α [cm-1] (Ordinate). Die HbO2-Absorption entspricht einer mittleren Konzentration von 10 mmol, die Melaninabsorption entspricht einem Hauttyp II nach Fitzpatrick. (Nach Bäumler 2006)
mit nachfolgender Einleitung einer Wundheilung. Obwohl auch direkte Hitzeeinwirkungen auf Kollagen eine Neokollagensynthese induzieren können, dürfte dieser Effekt nur eine untergeordnete Rolle spielen. Vielmehr bewirkt die Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine (TNFα, IL-6, TGFβ) aus dem nachfolgenden entzündlichen dermalen Infiltrat und womöglich auch der darüber liegenden Epidermis (Keratinozyten) die Stimulation der betroffenen Fibroblasten. Die Folge ist eine Hochregulation der Synthese extrazellulärer Matrixproteine (Kollagen Typ I und III), elastischer Fasern und auch von Matrixmetalloproteinasen, die – im Äquilibrium stehend – zu einer Nettosynthese von Kollagen typischerweise in den oberen dermalen Abschnitten führt. Elastotisches Material wird zum Teil resorbiert oder in tiefere dermale Abschnitte verdrängt. Nach stattfindender Reorganisation der Kollagenfibrillen kommt es so zu einer Straffung der behandelten Hautabschnitte. Die klinische Folge ist deshalb die Verbesserung des Erscheinungsbildes kleiner Fältchen, der Porengröße und insgesamt der Hauttextur. Auch auf den positiven Effekt auf Aknenärbchen wurde in zahlreichen Studien hingewiesen.
i Periorbitale Fältchen sprechen bei Verwendung nichtablativer Lasersysteme therapeutisch deutlich besser an als periorale Fältchen.
8.2.2 Indikationen und Anwendung
Nd:YAG-Laser (1064 nm) Ursprünglich wurde dieser Laser in der gütegeschalteten Variante für die Behandlung von Lentigines, epidermalen Hyperpigmentierungen sowie auch tiefer in der Dermis liegenden Hyperpigmentierungen wie Tätowierungen eingesetzt. Bei der vorliegenden Wellenlänge sind neben Wasser auch Melanin sowie Hämoglobin Zielchromophore. Im Sinne einer »Hauttonisierung« gelingt bei relativ hohen Energien (5,5 J/cm2; Pulsdauer 40 ns) eine deutliche Verbesserung periorbitaler oder perioraler Fältchen, die dem Effekt bei Verwendung ablativer Lasersysteme vergleichbar sein soll. Dieses auch »laser toning« genannte Verfahren beruht möglicherweise auf der kurzzeitigen Aufheizung kleiner Zielstrukturen (Hämoglobin, Pigment), welche die Wärme an die umgebenden Bindegewebestrukturen abgeben; die Folge ist die bereits angesprochene Kollagenneusyn-
116
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
these. Allerdings ist die Stärke des Effektes auch mit entsprechenden Nebenwirkungen verbunden. So kommt es bei den angegebenen Leistungsdichten zu punktförmigen oberflächlichen Blutungen (eher einem ablativen Effekt entsprechend) bis hin zur Purpura. Auch die Kombinationsbehandlung mit einem 1064-nm-Laser und einem frequenzverdoppelten System (KTP-Laser bei 532 nm) ist zur Faltenbehandlung möglich. Im Gegensatz zu den gütegeschalteten Systemen treten beim langgepulsten Nd:YAG-Laser (Pulsdauer im ms-Bereich) keine purpurischen Effekte auf. Allerdings stellen sich messbare Effekte erst nach mehrmaliger Behandlung ein; die Ergebnisse sind eher marginal und wohl auch stark von der gewählten Dokumentationsmethode (Vorher-nachher-Bilder) abhängig.
8
Diodenlaser (810, 980 nm) Aufgrund ihrer noch relativ ausgeprägten Absorption in Zielchromophoren wie dem Melanin sind diese Systeme nicht in erster Linie für die nichtablative Faltenbehandlung konzipiert. In 2 mittlerweile älteren Studien wurden Diodenlaser bei 810 und 980 nm zur Faltenbehandlung eingesetzt. Es zeigte sich in beiden Fällen eine Verbesserung der Hautoberflächenstruktur (Rauigkeit und Faltentiefe), die Effekte waren aber nicht übermäßig stark ausgeprägt. Mittlerweile existieren hierfür auch Kombinationsgeräte aus einer Laserdiode (900 nm) und Radiofrequenz.
Nd:YAG-Laser (1320 nm) Das CoolTouch-Lasersystem wurde speziell für die nichtablative Faltenbehandlung entwickelt. Mit einem Strahldurchmesser von 10 mm und Energiedichten von 13–20 J/cm2 bei einer fixen Pulsdauer von 50 ms ermöglicht das aktuelle System (CoolTouch III) eine Tiefenpenetration von 200–300 μm. Zur Oberflächenkühlung wird ein Kühlspray eingesetzt, welches die Temperatur der Epidermis auf 44–46°C beschränkt. Dermal wird dabei eine Temperatur um 65°C erzeugt, die zu der angeführten Kollagendenaturierung mit nachfolgender Wundheilung (dermales Kollagenremodeling) führen soll. Das Risiko für Pigmentveränderungen durch das System ist gering, es ist deshalb für alle Hauttypen geeignet. Eine FDA-Zulassung liegt für die
Behandlung von Fältchen und Aknenarben (flache schüsselförmige Narben sprechen dabei besser an als »Icepick«-Varianten) vor. Allerdings ist der Therapieerfolg eher moderat, wie in zahlreichen Studien gezeigt werden konnte. In der Regel sind mehrmalige Behandlungssitzungen (mindestens 6–10) erforderlich; ein Erfolg ist frühestens nach etwa 3– 4 Sitzungen zu verzeichnen, mit stärkstem positiven Effekt bis 6 Monate nach Therapieende. Höhere Energiedichten führen zu besseren Ergebnissen, sind allerdings von stärkeren Nebenwirkungen begleitet (stärkere Epidermisbelastung bis hin zur initialen Blasenbildung, Schmerzen). Eine prätherapeutische EMLA-Applikation (1–2 h vor Laserung) macht die Behandlungssitzungen in den allermeisten Fällen aber tolerabel. i Die Behandlung mit allen IR-Lasersystemen ist schmerzhaft. Eine Vorbehandlung mit EMLA-Creme ist daher sinnvoll.
Laserdiode (1450 nm) Der Smoothbeam-Diodenlaser emittiert gepulstes (Pulsdauer 250 ms) Infrarotlicht bei 1450 nm und wird mit Strahldurchmessern von 4 oder 6 mm verwendet. Hauptabsorber ist auch hier das Gewebewasser. Die Energiedichte beträgt zwischen 8 und 25 J/cm2. Charakteristischerweise wird die Energie in 4 Impulsen abgegeben, eingebettet in begleitende Kühlsprayphasen, die jeweils vor den einzelnen Laserimpulsen, während des Pulses und am Ende abgegeben werden. Die dynamische Oberflächenkühlung verhindert auch hier eine stärkere Temperaturbelastung der Dermis. Haupteinsatzgebiete sind die Behandlung von Aknenarben, initialem Rhinophym, Talgdrüsenhyperplasien und vor allem periorbitalen Fältchen. In einer Studie von Tanzi und Kollegen wurden periorbitale oder periorale Fältchen bei 25 Patientinnen an einer Gesichtshäfte in 4 Sitzungen in 3- bis 4-wöchigen Intervallen mit dem Smoothbeam-Laser behandelt. Die andere Hälfte diente als unbehandelte Kontrolle. Bis 12 Monate nach der letzten Laserbehandlung wurde das Therapieergebnis vierteljährlich photographisch dokumentiert. Zu diesen Zeitpunkten wurden auch Biopsien aus dem Behandlungsund Kontrollareal entnommen. Bis zu 6 Monate nach Laserung zeigte sich dabei eine Kollagenneusynthese
117 8.3 · Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts, hochenergetische Blitzlampen
in der Dermis, das klinische Ergebnis war dabei allerdings eher mittelmäßig ausgeprägt. In einer Vergleichsstudie derselben Arbeitsgruppe wurde ein 1320-nm-Nd:YAG-Laser mit dem Diodenlaser in der Behandlung atropher Gesichtsnarben verglichen. Zwar schnitt hier der Smoothbeam besser ab, die Therapieparameter des Nd:YAG-Lasers waren aber im unteren Dosisbereich angesiedelt.
8
400–750 nm) ab. Die therapeutische Wirkung ist daher am größten bei der Beeinflussung vaskulärer oder pigmentierter altersbedingter Veränderungen (Typ-I-Indikationen bei Photorejuvenation), welche allerdings durchaus im Zusammenspiel mit einer Behandlung von Fältchen und Falten von entscheidender Wirkung auf den optischen Gesamteindruck sein kann.
Er:Glass-Laser (1540 nm) Das Aramis-Erbium:Glass-Lasersystem emittiert ebenfalls im nahen Infrarotbereich und hat auch Gewebewasser als Hauptabsorber. Der Strahldurchmesser ist 4 mm, die Pulsdauer beträgt 3,5 ms. Aufgrund des kleineren Behandlungsareals und einer insgesamt niedrigeren applizierten Energiedosis (5–10 J/cm2) ist die Behandlung etwas weniger schmerzhaft als mit den Systemen, die bei 1320 oder 1450 nm emittieren. Darüber hinaus liegt die Lichtabsorption des Wassers mit 1540 nm etwas niedriger, was zu einer geringeren Energiedeposition und damit verbundenen Schmerzinduktion im Gewebe führt (. Abb. 8.1). Der Aramis-Laser kommt daher auch mit einer Kontaktkühlung zum Schutz der Epidermis aus. In einer Studie an 20 Frauen mit Hals- und Stirnfalten wurde 5-mal im monatlichen Abstand behandelt. Es schloss sich eine 3-monatige Nachbeobachtungsphase an. Mittels Dickenbestimmung der Dermis mit einem hochauflösenden Ultraschallgerät konnte eine signifikante Zunahme der Dermisdicke um 11% (Hals) bzw. 8% (Stirn) festgestellt werden, welche auch mit einer klinischen Symptomverbesserung korrelierte. i Der Patient sollte unbedingt auf die sich nur langsam einstellende und eher diskrete Therapiewirkung der IR-Laser hingewiesen werden.
8.3
Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts, hochenergetische Blitzlampen (IPL) und »light emitting diodes« (LEDs)
Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts zielen im Wesentlichen auf die Absorption von Hämoglobin (um 580 nm) und Melanin (Bereich von
8.3.1 Physikalische Grundlagen
und biologische Wirkung Der bei den IR-Lasern ausgeprägte Effekt auf die Dermis mit kollagenschädigender Temperaturerhöhung lässt sich bei Lasersystemen im Bereich des sichtbaren Lichts indirekt über die hohe Lichtabsorption im Hämoglobinmolekül erklären. Aufgrund des natürlichen Vorkommens von Hämoglobin im vaskulären Kompartiment in der Dermis heizen sich Gefäßstrukturen bei Laserlichteinstrahlung auf, es resultiert ein photothermischer Schaden, der neben einer direkten Gefäßschädigung (Koagulation) ebenfalls zu einer Kollagendenaturierung in der Umgebung mit nachfolgender Wundheilung führt. Die faltenglättende Wirkung ist aber deshalb noch geringer ausgeprägt als bei den IR-Lasersystemen. Sichtbares Laserlicht ist daher deutlich effektiver in der Reduktion von Rötungen und Teleangiektasien oder auch in der therapeutischen Beeinflussung von hypertrophen Narben. Die in einem breiteren Wellenlängenbereich (515–1200 nm) emittierenden hochenergetischen Blitzlampen (»intense pulse light«, IPL, VPL etc.) wirken neben den vaskulären Veränderungen auch auf Hyperpigmentierungen sowie Veränderungen der Hauttextur, wie übrigens auch frequenzverdoppelte Nd:YAG-Lasersysteme (532 nm). Der faltenglättende Effekt ist im Vergleich zu den IR-Lasern ebenfalls deutlich geringer ausgeprägt. Weitere biologische Wirkungen der Blitzlampen und deren klinisches Korrelat finden sich in . Tab. 8.2. i Die Bezeichnung der Technologie von Laseroder Blitzlampensystemen beinhaltet häufig geschützte Markenbegriffe (IPL, VPL, Fraxel etc.), das erklärt die Vielfalt der vorhandenen Akronyme.
118
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
. Tab. 8.2. Wirkung hochenergetischer Blitzlampen auf die Haut. (Mod. nach Sadick u. Weiss)
8
Effekt auf
Wissenschaftliche Rationale
Oberflächenkontur der Haut
Talgdrüsenschrumpfung
Hautglättung, Falten
Subepidermale Neokollagenese
Erythem/Rosazea
Abtöten von Demodex-Milben Reduktion der Talgdrüseninflammation Veränderungen der dermalen Mikrovaskularisation
Akne
Talgdrüsenschrumpfung Reduktion der Talgdrüseninflammation
Hautpigmentierung
Reduzierte Melanozytenaktivität Erhöhter zellulärer Umsatz
Narben/Aknenarben
Zytokininduziertes dermales Remodeling Talgdrüsenschrumpfung
Epitheliale Präkanzerosen (IPL-PDT)
Selektive Tumorzellzerstörung (nach Induktion von Porphyrinen)
Bei den niederenergetischen LEDs (»light emitting diodes«), die alle im Bereich um 570–660 nm emittieren, sind die Zielstrukturen endogene Porphyrine, vorwiegend Zytochrome, die sich unter anderem als wichtiger Bestandteil der Atmungskette in Mitochondrien wiederfinden. Inwieweit deshalb photodynamische Effekte bei der biologischen Wirkung des LED-Lichtes eine Rolle spielen, ist derzeit aktueller Forschungsschwerpunkt. Auf der anderen Seite scheint die mitochondriale Stimulation (Photomodulation) durch Licht geeigneter Wellenlänge die Synthese von ATP zu aktivieren, die Folge sind beschleunigte Stoffwechselvorgänge insbesondere in Keratinozyten und Fibroblasten, die zu einer Akzeleration der Wundheilung und der Induktion antiinflammatorischer Prozesse führen. Ähnliche Effekte werden auch Wellenlängen um 830 nm zugeschrieben, wenngleich hier der Effekt eher auf zelluläre Membranen abzielt, mit nachfolgender Stimulation von Chemotaxis und phagozytotischer Aktivität von neutrophilen Granulozyten und Makrophagen. Auch Wellenlängen im blauen Spektrum (um 415 nm) sind hierfür geeignet, da sie die Haupt-
absorptionsbande der Porphyrine treffen (sog. Soret-Bande). Allerdings sind leistungsfähige LEDs mit Emission in diesem Spektralbereich noch nicht in ausreichender Zahl verfügbar, ebenso ist die Eindringtiefe des Lichts bei dieser Wellenlänge limitiert; Effekte scheinen sich daher auf die Keratinozyten oder oberflächennahe Mikroorganismen (z. B. Propionibacterium acnes) zu beschränken. Allerdings sei gesagt, dass die meisten Studien zu diesem Themenkomplex auf Arbeiten in vitro beruhen, eine Übertragung auf die klinische Situation ist nur unzureichend überprüft. i Aufgrund der nur marginalen faltenglättenden Wirkung werden Laser im sichtbaren Lichtspektrum häufig mit anderen Therapieverfahren kombiniert.
8.3.2 Indikationen und Anwendung
Gepulste Farbstofflaser (595 nm, 585 nm) Bei dem Vbeam handelt es sich um einen gepulsten Farbstofflaser, der bei 595 nm emittiert. Aufgrund der variablen Pulslänge bis 40 ms (in der Regel um 10 ms verwendet) führt die Energieplatzierung in der Haut nicht zu einer Rhexisblutung kleinerer Gefäße, der typische purpurische Effekt rein auf das Gefäß als Zielstruktur abzielender Lasersysteme bleibt aus. Zielchromophor ist ebenfalls Hämoglobin, die Aufheizung der Gefäßumgebung führt zu der angesprochenen thermischen Kollagenschädigung mit nachfolgender Neokollagensynthese. Die Oberfläche wird auch mit einem dynamischen Kühlsprayverfahren geschützt. Das System ist von der FDA für den Einsatz bei periorbitalen Fältchen zugelassen. Der sich klinisch ableitende Effekt der Laserung ist aber eher marginal und reicht längst nicht an den der ablativen Systeme oder der IR-Laser heran. Die zusätzliche antiteleangiektatische Wirkung scheint hier bei den Patienten in der Summe für die Akzeptanz eine Rolle zu spielen. Analog dem Vbeam ist der NLite ein blitzlampengepumpter, gepulster Farbstofflaser, der bei 585 nm emittiert. Der Strahldurchmesser beträgt 5 mm, die Pulsdauer liegt bei 0,35 ms. Eine Oberflächenkühlung ist nicht erforderlich. Aufgrund der kurzen Impulsdauer muss allerdings die Energie-
119 8.3 · Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts, hochenergetische Blitzlampen
dichte reduziert werden, um das Auftreten purpurischer Effekte zu minimieren. Die gewählten Energiedichten liegen daher bei der periorbitalen Faltenbehandlung um 2–2,5 J/cm2. Die Durchführung einer Probebehandlung mit Beurteilung einer evtl. auftretenden hämorrhagischen Verfärbung ist angezeigt. In einer Studie von Bjerring und Kollegen wurden 30 Patienten mit periorbitalen Fältchen einmalig mit dem NLite Laser behandelt (Energiedichte 2,4 J/cm2). 72 h nach Behandlung konnte ein deutlicher Anstieg in der Kollagenproduktion nachgewiesen werden, klinisch boten die Patienten ebenfalls eine Verbesserung des Faltenindexes nach Fitzpatrick um im Mittel 1,88 Punkte. Die Behandlung wurde als nebenwirkungsfrei geschildert.
Hochenergetische Blitzlampen »intense pulse light« (IPL) (515–1200 nm) IPL-Systeme sind hochenergetische gepulste Lichtquellen, die polychromatisches Licht im Wellenlängenbereich von 515–1200 nm emittieren. Durch die Verwendung verschiedener optischer Filterblöcke, die dem Lichtauslass vorgeschaltet sind und auch zur statischen Oberflächenkühlung dienen, kann die Lichtemission auf bestimmte Zielchromophore eingestellt werden. So wäre ein eher gefäßselektives Setting mit einem optischen Filtersystem gegeben, welches seine Hauptabsorption im Bereich um 580 nm hat (Hämoglobin als Zielchromophor). Bei der Behandlung von melaninhaltigen Strukturen (z. B. entsprechend dunkel pigmentierten Haaren bzw. Haarfollikeln) ist eine höhere Wellenlänge sinnvoll (z. B. Peak-Emission bei 630 oder 645 nm). Durch die gezielte Wahl der entsprechenden Parameter unter Berücksichtigung des Hauttyps des Patienten lassen sich so 3 der häufigsten Aspekte der Hautalterung behandeln: 4 Rötung und Teleangiektasien, 4 Lentigines und Dyspigmentierungen und eben 4 Hautfältchen (bedingt durch die Absorption längerwelliger Lichtanteile im Gewebewasser). i Aufgrund des positiven Einflusses auf Hautrötung und Teleangiektasien werden IPL-Therapieergebnisse von den Patienten allgemein bereits kurz nach Behandlung als sehr zufriedenstellend beurteilt.
8
Die Pulsdauer der IPL-Systeme liegt im Bereich von 0,5 und etwa 250 ms und sollte bei der gezielten Behandlung dem entsprechenden Indikationsspektrum angeglichen werden. Die Abgabe von Einzelimpulsen wie auch ganzer Pulssalven mit dazwischenliegenden Pausenintervallen (bis zu 300 ms) ist dabei ebenfalls möglich und erleichtert die Erholung bzw. Abkühlung sowohl der Epidermis wie auch bereits ausreichend behandelter Abschnitte in der Dermis (z. B. kleinere Gefäße). Der wesentliche Vorteil liegt in der relativ großen Fläche, die mit einem Impuls abgedeckt werden kann. Er liegt je nach System bei etwa 200–400 mm2. Eine entsprechend schnelle Behandlung auch größerer Flächen ist damit möglich. In der Regel werden in der Faltenbehandlung mit IPL etwa 4–6 Behandlungssitzungen in 3- bis 4-wöchigen Intervallen durchgeführt. Die Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass eine Weiterbehandlung in etwa halbjährlichen Abständen zur Sicherung des Therapierfolges beiträgt. Im Falle vaskulärer Veränderungen, wie beispielsweise bei zu Rosazea neigender Haut, sind die Abstände kürzer zu wählen. Anfang 2000 wurde erstmals in einer Reihe zeitgleich erschienener Studien über die Verbesserung des Erscheinungsbildes von Gesichtsfältchen nach IPL-Behandlung berichtet. So schrieb Goldberg über zufriedenstellende Ergebnisse in 16 und über sehr gute Ergebnisse in 9 von insgesamt 30 behandelten Patienten. Bitter beobachtete bei 22 behandelten Patienten mit Gesichtserythem und unterschiedlichem Schweregrad von lichtinduzierter Hautalterung nach 5-maliger Behandlung mit einer IPL (550 nm Filterblock, 2- bis 3-malige Impulsabgabe, Pulsdauer 2,4–3,0 ms, Energiedosis 30-42 J/cm2) in über 90% eine signifikante Verbesserung des rosazeaartigen Hautaspekts, in 84% eine Besserung der feinen Faltenbildung, in 78% eine weniger raue Haut und in 49% der Fälle eine Minimierung der Porengröße. An Nebenwirkungen wurde lediglich eine transiente Hautrötung und gelegentlich eine Blasenbildung beschrieben. Diese Ergebnisse konnten im weiteren Verlauf für zahlreiche weitere Systeme bestätigt werden. Im Rahmen histologischer Analysen konnte auch für die IPL-Phototherapie die thermische, denaturierende Wirkung auf Kollagen mit nachfolgender Kollagenneusynthese gezeigt werden.
120
8
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
Allerdings gibt es auch gut dokumentierte, randomisierte klinische Studien, die nur marginale Effekte in Bezug auf Faltenglättung beschreiben. So verglichen Hedelund und Kollegen in einer jüngst veröffentlichten Studie 32 Patientinnen mit Hauttyp I–III und leicht bis mittelgradig ausgeprägten Gesichtsfältchen, Pigmentverschiebungen und Teleangiektasien hinsichtlich des Behandlungseffekts mit einem IPL-System. Es handelte sich um einen randomisierten Halbseitenvergleich, bei dem eine Gesichtshälfte in monatlichem Abstand dreimalig mit einer IPL (Ellipse Flex, Emissionsspektrum 530– 750 nm, 2×2,5 ms lange Pulse mit 10 ms Pausenphase, Energiedichte 7,5 bzw. 8,5 J/cm2) behandelt wurde und die andere unbehandelt blieb. Nach 9 Monaten zeigte sich in der Verbesserung der Hauttextur, von Teleangiektasien und irregulärer Pigmentierung ein deutlicher Unterschied zur unbehandelten Kontrollseite, der Zustand in Bezug auf die Faltenglättung war aber sowohl in der perioralen wie periorbitalen Region nicht von dem der unbehandelten Kontrollseite zu unterscheiden. i Der Effekt der IPL auf die Faltenglättung ist nur marginal. Kombinationsbehandlungen (mit IR-Lasern, Radiofrequenz oder PDT) sind daher eher erfolgversprechend.
»Light emitting diode« (LED) LEDs emittieren jeweils Licht in einem schmalbandigen Spektrum (wenige nm). Je nach entsprechender Dotierung und verwendeten Halbleitermaterialien (Metallsalze etc.) reicht dieses mittlerweile vom UV-bis in den Infrarotbereich. Die emittierten Energien sind allerdings relativ niedrig, so dass womöglich photomodulatorische Effekte bei der biologischen Wirkung überwiegen, eine thermische Wirkung wie bei den anderen Systemen spielt eher keine Rolle. Die verwendeten Wellenlängen liegen dabei um 590, 633, 660, 670 oder 830 nm. Studien in vitro konnten sowohl durch kontinuierliche als auch durch gepulste Bestrahlung von Fibroblastenkulturen eine Hochregulation der Kollagenbiosynthese zeigen, bei gleichzeitiger Inhibition der Expression von Matrixmetalloproteinasen. Umfangreiche klinische Untersuchungen liegen bislang allerdings nur für das GentleWaves LED Photomodulation System vor. Es ist von der FDA zur
Faltenreduzierung zugelassen. Die Therapieeinheit besteht aus 2040 LEDs, die bei 590 nm (gelbes Licht) emittieren. Es wird in einem speziellen Pulsmodus beleuchtet (ca. 340 Einzelpulse/min). Die jeweils applizierte Energiedosis liegt bei 0,1 J/cm2, die Beleuchtungszeit bei 35 s. In einer prospektiven Studie von Weiss und Kollegen an 90 Patienten mit Zeichen der Hautalterung im Gesicht erhielten diese jeweils 8 Behandlungssitzungen über einen Zeitraum von 4 Wochen. Die Nachbeobachtung erfolgte über weitere 12 Monate. Die Behandlung erzielte eine klinische Verbesserung der Zeichen der lichtinduzierten Hautalterung (weichere Hauttextur, Minimierung periorbitaler Fältchen und Reduktion von Erythem und Dyspigmentierungen) in 90% der Patienten, in der optischen Profilometrie war allerdings nur in 10% eine Oberflächenverbesserung nachweisbar. In den 10 untersuchten Biopsien zeigte sich histologisch in allen Fällen eine gesteigerte Kollagendeposition in der papillären Dermis, die – mittels Anti-Kollagen-Typ-I-Färbungen nachgewiesen – etwa 28% betrug. Nebenwirkungen der Behandlung wurden nicht beschrieben. In einer anderen jüngst publizierten Halbseitenstudie von Lee und Kollegen wurde auf das spezielle Pulsen des Lichtes verzichtet und lediglich mit LEDs bei 633 und 830 nm alleine und in Kombination kontinuierlich beleuchtet. Der verwendete InfrarotLED-Kopf war das Omnilux-plus-LED-System, welches aus 5 LED-Paneelen mit je 108 Einzel-LEDs besteht (Applikation von 66 J/cm2 bei jeder Einzelsitzung), für die Beleuchtung im roten Spektralbereich wurde das Omnilux-revive-LED-System verwendet, welches 4 LED-Paneelen zu je 420 Einzel-LEDs aufweist (Applikation von 126 J/cm2). Insgesamt wurden die 76 Patienten (Hauttyp III–IV) zweimalig pro Woche über 4 Wochen beleuchtet. Zum Nachbeobachtungszeitpunkt nach 3 Monaten erfolgten ebenfalls eine klinische Beurteilung der Faltenbildung sowie ausführliche immunhistochemische Untersuchungen an den zu den jeweiligen Untersuchungszeitpunkten entnommenen Hautbiopsaten. Klinisch zeigte sich für die Beleuchtung mit der LED-Kombination aus 633 und 830 nm das beste Ergebnis für die Faltenreduktion (um 36%), bei 830 nm alleine lag sie bei 33% (bzw. 26% für 633 nm). Histologisch war auch bei diesem Therapieverfahren eine Kollagenneusynthese zu verzeichnen; die
121 8.4 · Photodynamische Therapie (PDT)
Inhibitoren der Matrixmetalloproteinasen (TIMP-1 und -2) waren ebenfalls verstärkt nachweisbar. Nebenwirkungen wurden nicht geschildert. i Der faltenglättende Mechanismus der LEDBeleuchtung ist noch nicht völlig klar. Spezielle Pulsmuster des Lichtes scheinen aber nicht notwendig zu sein, auch eine spezifische, allein wirksame Wellenlänge ist eher nicht anzunehmen.
8.4
Photodynamische Therapie (PDT)
Die photodynamische Therapie ist eine Behandlungsmodalität, die auf dem Zusammenspiel eines photosensibilisierenden Farbstoffs im erkrankten Gewebe und Licht geeigneter Wellenlänge beruht. Sie unterscheidet sich durch ihre Sauerstoffabhängigkeit von anderen Formen der Photochemotherapie (z. B. PUVA-Therapie). Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die PDT für die Behandlung epithelialer Tumoren eingesetzt, ihren Durchbruch erlebte sie allerdings erst 1999 mit der Zulassung des Levulan Kerastick, einer 20%-5-Aminolävulinsäure-(ALA-)haltigen Lösung, die zunächst in den USA für die Behandlung aktinischer Keratosen in der Kombination mit blauem Licht von der FDA zugelassen wurde. 2003 wurde ALA-Methylester (Metvix Creme) von der europäischen Arzneimittelbehörde für die Indikationen aktinische Keratose und Basalzellkarzinom zugelassen, mittlerweile auch für den Morbus Bowen. Beide Photosensibilisatoren wirken dabei als Prodrug, da der eigentliche Photosensibilisator, Protoporphyrin IX, erst in den stoffwechselaktiven Tumorzellen synthetisiert werden muss. i 5-Aminolävulinsäure (ALA) und ihr Methylester (MAL) sind Prodrugs, die erst im erkrankten Gewebe zu den photoaktiven Porphyrinen umgewandelt werden. Hierauf beruht die Selektivität der PDT, die noch durch Variation der Inkubationszeit moduliert werden kann.
Erste Berichte, dass mit der Behandlung multipler aktinischer Keratosen mittels PDT im Bereich des gesamten Gesichts auch ein hautverjüngender Effekt mit Einfluss auf Hauttextur und Faltenbildung auf-
8
tritt, folgten schon bald. Erstmals systematisch wurde dies von Ricardo Ruiz-Rodriguez und Kollegen im Jahr 2002 untersucht, sie prägten für diesen Therapieansatz den Begriff »Photodynamic Photorejuvenation«.
8.4.1 Physikalische Grundlagen
und biologische Wirkung Absorbiert ein Photosensibilisator, der sich im Zielgewebe angereichert hat, Licht, wird Energie auf Sauerstoff übertragen. Dies führt zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), insbesondere Singulett-Sauerstoff. Je nach intrazellulärer Lokalisierung und Menge des dort vorhandenen Photosensibilisators und auch verwendeter Lichtdosis induzieren die entstandenen ROS Effekte wie Zellnekrose oder Apoptose. Liegen Photosensibilisatorkonzentration und Lichtdosis deutlich niedriger, sterben die Zellen (in der Regel Keratinozyten) nicht ab. Es resultieren eher immunmodulatorische Effekte, die beispielsweise für die PDT entzündlicher Erkrankungen genutzt werden können (. Abb. 8.2). Der genaue Wirkmechanismus der PDT zur photodynamischen Photorejuvenation ist bislang noch nicht sicher geklärt worden. Dies liegt sicher auch an widersprüchlichen Befunden aus Untersuchungen in vitro und in vivo. So gibt es Hinweise von Karrer und Kollegen, dass die ALA-PDT durch Induktion von Matrixmetalloproteinasen zum Kollagenabbau führt, was z. B. für die Behandlung der zirkumskripten Sklerodermie genutzt werden kann. Der hierfür verantwortliche Mechanismus scheint die Stimulation proinflammatorischer Zytokine in Keratinozyten zu sein, die nach Penetration in die Dermis dort Fibroblasten direkt beeinflussen. Dieser Effekt wäre jedoch für das Ziel einer Hautverjüngung kontraproduktiv, da hier eher eine Zunahme der Kollagenproduktion bzw. Abnahme der Kollagendegradation wünschenswert wäre. Möglicherweise überwiegen daher bei der PDT einer lichtgeschädigten Haut in der Summe die kollagenaufbauenden Effekte, wie sie analog bereits für die alleinige Lichtapplikation (IR-Laser, IPL etc.) beschrieben worden sind. Unlängst konnten Zane und Kollegen zeigen, dass es nach einer PDT mit ALA-Methylester echographisch zu einer
122
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
8 . Abb. 8.2. Mechanismus der photodynamischen Therapie: Porphyrine reichern sich in Mitochondrien und Membranstrukturen der Zelle an. Auf die Beleuchtung mit Licht (durch die 3 roten Pfeile gekennzeichnet) kommt es zur Induktion reaktiver Sauerstoffspezies, allen voran Singulett-Sauerstoff (1O2). In Abhängigkeit des Bildungsortes und seiner Konzentration
a . Abb. 8.3a,b. H&E-Histologie von Gesichtshaut desselben Patienten wie in Abb. 8.3. a Vor Behandlung mit typischem gestörten Schichtenaufbau der Epidermis als Zeichen einer initialen Kanzerisierung, weitgestellten dermalen Gefäßen und ausgeprägter aktinischer Elastose; b 3 Monate nach letzter Therapie mit MAL-PDT weitgehend wiederhergestellte
kann er Nekrose und Apoptose (»high-dose-PDT«) induzieren oder bei Überleben der Zelle über Transkriptionsfaktoren (AP-1, AP-2, NF-κB) proinflammatorische Zytokine oder andere Syntheseprodukte bilden, die ihrerseits direkt oder indirekt die Hauttextur oder Faltenbildung beeinflussen
b Keratinozytenpolarität, subepidermale Kollagenneusynthese mit Verdrängung des elastotischen Materials in die Tiefe. Damit einher gehen auch deutlich kleinere Gefäßdurchmesser in höheren dermalen Abschnitten, was für die klinische Verbesserung des Erythems verantwortlich ist; H&E-Färbung, 200-fach
123 8.4 · Photodynamische Therapie (PDT)
a
8
b
. Abb. 8.4a,b. Dreimalige Behandlung mit MAL-PDT [Metvix, 3 h Inkubationszeit, Beleuchtung mit AktiLite LED (37 J/cm2)] im Abstand von 1 Monat bei 79-jährigem Patienten mit ausgeprägter Lichtschädigung sowie Feldkanzerisierung der Haut.
a Vor Behandlung; b Nach Behandlung: nahezu komplette Abheilung der aktinischen Keratose, deutliche Besserung des Hautbildes 3 Monate nach letzter Behandlung
Zunahme der Hautdicke kommt, was auf eine Ablagerung von kollagenen Fasern zurückgeführt wird (. Abb. 8.3). Womöglich kommt es durch einen (sub)letalen Schaden von Keratinozyten nach PDT zur starken Exfoliation der Haut und damit zu einer epidermalen Erneuerung mit der Folge einer gebesserten Hauttextur. Werden die klassischerweise für die Bestrahlung bei der PDT verwendeten LED-Systeme durch eine Blitzlampe ersetzt, können zudem noch die hautverjüngenden Effekte der Lampe selbst, insbesondere die Besserung von Teleangiektasien und Hyperpigmentierungen, genutzt werden.
dern dass auch die Zeichen der Hautalterung deutlich gebessert erschienen. Dabei zeigten sich v. a. eine glattere Hauttextur und ein Rückgang der feinen Fältchen, während fleckige Hyperpigmentierungen nur geringfügig beeinflusst werden konnten (. Abb. 8.4). Zahlreiche Studien mit sehr unterschiedlichen Studienprotokollen konnten inzwischen diese Beobachtungen bestätigen (. Tab. 8.3). Eine mehrmalige Behandlung scheint allerdings auch bei dieser Therapiemodalität erforderlich zu sein. Als Photosensibilisatoren für die photodynamische Photorejuvenation kommen entweder MAL (Metvix) oder ALA (Levulan Kerastick oder andere ALA-Zubereitungen) zum Einsatz. Die angegebenen Inkubationszeiten liegen zwischen 30 min und 18 h. Auch die gewählten Beleuchtungseinstellungen variieren stark sowohl hinsichtlich der verwendeten Lichtquellen (rotes Licht, blaues Licht, Farbstofflaser, IPL) als auch der applizierten Bestrahlungsdosen.
8.4.2 Indikationen und Anwendung
Basis für den Einsatz der PDT zur Hautverjüngung war die Beobachtung, dass sich nach PDT nicht nur aktinische Keratosen zurückgebildet hatten, son-
124
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
. Tab. 8.3. Studien zur photodynamischen Photorejuvenation. (Mod. nach Karrer u. Szeimies)
8
Autor
n
Photosensibilisator/Inkubationszeit
Lichtquelle (Wellenlänge, Lichtdosis)
Zahl der Therapiesitzungen (Intervall)
Nebenwirkungen
Ergebnis
Ruiz-Rodriguez (2002)
17
20% ALA 4 h
IPL (615 nm, 40 J/cm2)
2-mal (4 Wochen)
Erythem, Ödem, Krusten über 10 Tage
Abheilung aktinischer Keratosen und deutliche Besserung der Hauttextur
Avram (2004)
17
ALA (Levulan Kerastick) 18 h
IPL
1
Erythem, Ödem
Besserung bei: 4 Teleangiektasien (55%) 4 Dyspigmentierungen (48%) 4 Hauttextur (25%) 4 feinen Fältchen (minimal)
Touma (2004)
18
ALA (Levulan Kerastick) 1, 2, 3 h
Blaues Licht (410 nm, 10 J/cm2)
1
Erythem, Ödem, Krustenbildung
5 Monate nach Therapie Besserung bei: 4 Hautqualität 4 Griffiths Score (Beurteilung des Lichtschadens) 4 feinen Fältchen 4 fleckiger Pigmentierung 4 Hautblässe Keine Besserung bei gröberen Falten
Alster (2005)
10
ALA (Levulan Kerastick) 60 min
IPL (>560 nm, 29 J/cm2)
2-mal (4 Wochen)
Erythem, Ödem, Schuppung, Blasen/ Krusten (5%)
Mäßige Besserung der Hauttextur auf der mit ALA+IPL behandelten Seite
Key (2005)
14
ALA (Levulan Kerastick) 12 h
FPDL (585 nm, 2–6 J/cm2)
2-mal (4 Wochen)
Erythem, Ödem
Besserung bei Hauttextur und Pigmentierung
Dover (2005)
20
ALA (Levulan Kerastick) 30–60 min
IPL (23–28 J/cm2)
3-mal (3 Wochen)
Erythem, Schuppung, Purpura, kaum Schmerzen während der Bestrahlung
4 Wochen nach Therapie Besserung bei: 4 Zeichen der Hautalterung (80%) 4 fleckigen Hyperpigmentierungen (95%) 4 feinen Fältchen (60%)
Gold (2006)
16
ALA (Levulan Kerastick) 30–60 min
IPL (550–570 nm, 34 J/cm2)
3-mal (4 Wochen)
Erythem, Ödem
3 Monate nach Therapie Besserung bei: 4 Krähenfüßen (55%) 4 Rauigkeit (55%) 4 Hyperpigmentierungen (60%) 4 Teleangiektasien (85%)
125 8.4 · Photodynamische Therapie (PDT)
8
. Tab. 8.3 (Fortsetzung) Autor
n
Photosensibilisator/Inkubationszeit
Lichtquelle (Wellenlänge, Lichtdosis)
Zahl der Therapiesitzungen (Intervall)
Nebenwirkungen
Ergebnis
Zane (2007)
20
MAL (Metvix) 3h
LED (37 J/cm2)
2-mal (4 Wochen)
Erythem, Ödem, Schmerzen während Illumination
Signifikante Besserung von allgemeinen Zeichen der Hautalterung, Hyperpigmentierungen, feinen Fältchen, Rauigkeit, gelblichen Verfärbungen Keine Besserung bei tiefen Falten, Teleangiektasien, Erythemen und Talgdrüsenhyperplasien
Ruiz-Rodriguez (2007)
4
MAL (Metvix) 3 h; unmittelbare Vorbehandlung mit Fraxel SR (eine Hälfte des Behandlungsareals)
LED (37 J/cm2)
2-mal (3 Wochen)
Erythem, Ödem, Schuppung (ausgeprägter auf der mit Fraxel vorbehandelten Seite)
Besserung oberflächlicher Fältchen (75%)
ALA: 5-Aminolävulinsäure; MAL: ALA-Methylester; IPL: »intense pulse light«; FPDL: blitzlampengepumpter gepulster Farbstofflaser; LED: »light emitting diode«.
Durch relativ kurze Inkubationszeiten und auch niedrigere Lichtdosen, als dies für die Behandlung aktinischer Keratosen oder anderer epithelialer Tumoren empfohlen ist, sinkt zwar die Nebenwirkungsrate (Erythem, Ödem, Exfoliation und peritherapeutischer Schmerz), allerdings sind die gewählten Parameter nicht mehr suffizient für die korrekte Behandlung etwaiger Präkanzerosen oder Tumoren. Insofern sollte bei Verwendung eines PDT-Behandlungsprotokolls zur Photorejuvenation das Vorhandensein von Tumoren ausgeschlossen werden. i Bei einer »low-dose«-PDT aus kosmetisch-ästhetischer Indikation sollte das Vorhandensein von epithelialen Tumoren im Behandlungsareal ausgeschlossen werden.
Die Verwendung von hochenergetischen Blitzlampen als Lichtquelle für die PDT hat neben der relativ kurzen Bestrahlungszeiten (ms) im Vergleich zu den konventionellen Lampen oder LEDs (ca. 10–15 min)
auch den Vorteil, dass die Schmerzperzeption bei den kurzen Impulsen weniger stark ausgeprägt ist. So konnten Babilas und Kollegen eine signifikant niedrigere Schmerzhaftigkeit einer MAL-PDT mit dem Energist Ultra VPL Blitzlampensystem im Vergleich zur Aktilite LED bei der Behandlung aktinischer Keratosen beobachten. Unterschiede im Hinblick auf die Effektivität der Behandlung zeigten sich nicht. i Der Vorteil der PDT liegt auch in der selektiven Zerstörung inzipienter Läsionen, die bei Verwendung homogen das gesamte Behandlungsareal ausleuchtender Lichtquellen gewährleistet ist. Bei der Verwendung einer Lichtquelle mit kleinem Strahldurchmesser muss an ein leichtes Überlappen der einzelnen Behandlungsfelder gedacht werden, da sonst Areale unbehandelt bleiben.
Erste Berichte zur Vorbehandlung der Haut mit fraktionaler Lasertherapie vor PDT mit additivem
126
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
. Abb. 8.5. Unterschiedliche thermische Schädigungsmuster in der Haut bei Verwendung verschiedener Lasersysteme (rot thermische Nekrosezone; gelb Koagulationszone). (Nach Tannous 2007)
8
Effekt auf die Beeinflussung oberflächlicher Fältchen liegen mittlerweile ebenfalls vor (. Abb. 8.8). Leider fehlen auch bei der PDT positive Langzeiterfahrungen im Hinblick auf Effektivität und Sicherheit, die insbesondere bei der Beurteilung von kosmetisch begründeten Eingriffen von besonderer Bedeutung sein sollten.
stein und Kollegen prägten für diese Vorgehensweise in Abwandlung des bestehenden Begriffs »selektive Photothermolyse« den Terminus »fraktionale Photothermolyse« (. Abb. 8.5).
8.5.1 Physikalische Grundlagen
und biologische Wirkung 8.5
Fraktionierte Photothermolyse (fraktionale Lasertherapie)
Im Gegensatz zu den ablativen Laserverfahren offerieren die nichtablativen Verfahren zwar deutlich weniger Nebenwirkungen, die therapeutische Effektivität einer CO2- oder Er:YAG-Laserablation erreichen sie jedoch nicht. Um die therapeutische Effektivität zu verbessern und gleichzeitig die von den nichtablativen Systemen bekannte Nebenwirkungsarmut zu übernehmen, wurden in der Arbeitsgruppe von R. Rox Anderson Versuche mit Lasersystemen unternommen, die – einem Sieb vergleichbar – nicht flächenmäßig die Hautoberfläche koagulieren oder abtragen, sondern dies punktförmig gleichmäßig und gezielt über die Haut verteilt bewirken. Man-
Für die Induktion der fraktionalen Photothermolyse werden ebenfalls Infrarotlaser bei 1540, 1550 oder 1440 nm verwendet. Entsprechende Vorschaltoptiken (z. B. Wechselprismen) ermöglichen die Strahlablenkung, so dass auf der jeweiligen Behandlungsfläche (etwa 1 cm2) bis zu 250 Impulse in schachbrettartigem Muster abgegeben werden können (Angaben für Fraxel SR Laser, Reliant Technologies). Unter Zuhilfenahme eines Trackingsystems können damit dann auch größere Flächen und ganze kosmetische Einheiten behandelt werden (. Abb. 8.6). Jede einzelne dieser in der Regel je nach System etwa 70–250 μm im Durchmesser großen Koagulationszonen wird »microscopic treatment zone« (MTZ) genannt. Sie reichen etwa 350–750 μm in die Tiefe und erzeugen eine durch-
127 8.5 · Fraktionierte Photothermolyse (fraktionale Lasertherapie)
8
i Das Prinzip der fraktionierten Photothermolyse beruht auf einer nur partiellen thermischen Schädigung der Haut, die durch das gewählte Verteilungsmuster die Fähigkeit der schnellen Regeneration von den benachbarten unbehandelten Arealen aus nicht beeinträchtigt.
. Abb. 8.6. Einsatz des Affirm Nd:YAG-Lasers (1440 nm, Cynosure) in der Behandlung periorbitaler Fältchen mittels fraktionaler Photothermolyse. Am Laserhandstück ist deutlich der zweite Zulaufschlauch für das Kühlspray zu sehen, welches unmittelbar vor Impulsabgabe auf die Haut zur Kühlung der Epidermis abgegeben wird
gehende Nekrosezone von der Epidermis bis in dermale Abschnitte. Mit dem Fraxel SR Laser System werden so beispielsweise durch mehrere Durchgänge (5–10) bis zu 2500 MTZs/cm2 bei einer Energie von 8–9 mJ gesetzt, das entspricht etwa 18–20% der gesamten Behandlungsfläche. Allerdings bleibt die Epidermis und hier insbesondere das wasserfreie Stratum corneum bei Verwendung von IR-LaserSystemen intakt (Wasser als Zielstruktur), eine Oberflächenrauigkeit unmittelbar nach Behandlung tritt nicht auf, die fehlende Barrierestörung (kein erhöhter transepidermaler Wasserverlust) verhindert etwaige Infektionen. Das große Reservoir an intakter Epidermis und Dermis um die Nekrosezylinder herum erlaubt eine relativ rasche Heilung (. Abb. 8.5).
Nach entsprechender Behandlung beobachtet man innerhalb von 24 h die Ausbildung des MEND (»microepidermal necrotic debris«), welcher etwa 50–200 μm im Durchmesser groß ist und neben denaturiertem Kollagen auch Elastin und Melanin enthält. Ganz im Sinne einer perforierenden Kollagenose werden nun innerhalb der nächsten 3–5 Tage die MENDs transepidermal eliminiert und dann zwischen dem Stratum corneum liegend abgestoßen. Dieser Vorgang ist mit einer transienten Dunkelverfärbung des Therapieareals verbunden (»bronzing«) und entspricht der Farbe der MENDs. Der Prozess der transepidermalen Elimination wird auch »MEND-Shuttle« genannt. In der Folgezeit (bis 3 Monate nach Laserung) beobachtet man eine Kollagen-Typ-III- und später auch -Typ-I-Neusynthese, die in einer verbesserten Hauttextur und reduzierten Faltenbildung resultiert. Die Elimination melaninhaltigen Pigments ermöglicht auch die erfolgreiche Behandlung von flächigen Hyperpigmentierungen wie dem Melasma (. Abb. 8.7). Mittlerweile werden auch erste Systeme mit ablativen Lasern (Er:YAG oder CO2) angeboten, die analog den IR-Lasern zur fraktionalen Photothermolyse eingesetzt werden. Als Begriff wurde für diese Vorgehensweise AFR (»ablative fractional resurfacing«) gewählt (. Abb. 8.5).
8.5.2 Indikationen und Anwendung
In ihrer ersten Studie berichten Manstein und Kollegen über den Einsatz des Fraxel-Systems bei periorbitalen Fältchen von 30 Patienten mit Hauttyp II und III nach Fitzpatrick. Die 4-malig durchgeführte Laserung (2500 MTZ/cm2, 6–12 mJ) führte zum Zeitpunkt der Nachbeobachtung nach 3 Monaten zu einer 34%igen Besserung des Faltenbildes und einer 47%igen Verbesserung der Hauttextur, wie von unabhängigen Experten beurteilt wurde.
128
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
a
b
8
. Abb. 8.7a,b. Melasma und periorbitale Fältchen bei 31-jähriger Patientin. Dreimalige Behandlung mit Fraxel SR (1550 nm, Reliant Technologies) im wöchentlichen Abstand. a Vor Be-
handlung; b Nach Behandlung: deutliche Besserung der Hyperpigmentierung und des Oberflächenreliefs sowie Miniaturisierung von Poren
Wanner und Kollegen behandelten 50 Patienten mit gering- bis mäßiggradig ausgeprägter kutaner Lichtalterung, Faltenbildung und Dyspigmentierungen. Nach 3 konsekutiven Behandlungssitzungen in 3- bis 4-wöchigen Abständen mit dem Fraxel-System und einer Nachbeobachtung von 9 Monaten konnten sie ebenfalls eine Besserung des lichtinduzierten Schadens in 73% der Fälle einer Gesichtsbehandlung und in 51% der Fälle an übriger Haut finden. Vorübergehende Nebenwirkungen waren Erythem und Ödem; Narbenbildung oder eine persistierende Pigmentierung traten nicht auf.
In einer jüngst erschienenen Arbeit berichten Jih und Kollegen über die erfolgreiche Behandlung lichtinduzierter Hautalterung an den Handrücken. Bei 10 Patienten führten sie 5-malig im Abstand von 2–3 Wochen eine Laserung (Fraxel SR, 8–9 mJ/MTZ, 10 Durchgänge mit 250 MTZ/cm2) eines Handrückens durch, der andere diente als Kontrolle. In den gelaserten Arealen erfolgte eine Schmerzprophylaxe mit einer lokalanästhetikumhaltigen Creme. Drei Monate nach Therapie ergaben sich eine bis zu 75%ige Verbesserung von Dyspigmentierungen und bis 50%ige Besserung der Hautrauigkeit und Faltenbildung. Mittlerweile wird die fraktionale Photothermolyse auch mit der PDT kombiniert (. Abb. 8.8). Einer PDT (Phase der Inkubation des Photosensibilisators) unmittelbar vorgeschaltet, soll der therapeutische Effekt verstärkt werden. In einer ersten Observation von Ruiz-Rodriguez wird über eine verbesserte Wirkung auf Gesichtsfalten im Seitenvergleich berichtet. Allerdings ist es fraglich, ob als Wirkmechanismus eine
Cave Im Gegensatz zur PDT ist bei der fraktionalen Photothermolyse ein Überlappen der Laserimpulse möglichst zu vermeiden, da sonst thermische Schäden auftreten können.
129 8.6 · Radiofrequenzenergie (RF)
8
bereits seit über 100 Jahren in der Medizin zur thermischen Ablation (z. B. Elektrodesikkation und -Koagulation) in einer Vielzahl von Disziplinen verwendet.
8.6.1 Physikalische Grundlagen
und biologische Wirkung
a
b . Abb. 8.8a,b. Ausgeprägte aktinische Elastose und periorale Fältchen bei 74-jähriger Patientin. Einmalige Behandlung mit Fraxel SR (1550 nm, Reliant Technologies) und unmittelbar darauf folgende PDT mit MAL (Metvix, 3 h Inkubation, 37 J/cm2 mit Aktilite LED). a Vor Behandlung; b Nach Behandlung: deutliche Besserung der Hauttextur, kleiner Fältchen und der Dyspigmentierung. Kein Einfluss auf größere radiäre periorale Falten
verbesserte Penetration des Photosensibilisators MAL angenommen werden kann, da ja kein echter Substanzdefekt in der Epidermis und Dermis nach fraktionaler Photothermolyse resultiert und somit die Penetration nicht beschleunigt sein kann. Letzteres dürfte eher bei ablativen fraktionalen Lasersystemen der Fall sein. Insofern handelt es sich wohl am ehesten um einen additiven Effekt, der sich aus der Kombination beider Technologien ergibt (. Tab. 8.3).
8.6
Radiofrequenzenergie (RF)
Eine andere Methode, Hitze im Bereich der Dermis unter Schonung der darüberliegenden Epidermis zu erzeugen, ist die Applikation von Radiofrequenzenergie auf die Haut. Radiofrequenzenergie wird
Auch bei der Radiofrequenzenergie ist es das Ziel, die Dermis entsprechend aufzuheizen und nachfolgend durch eine gezielte Schädigung des kollagenen Bindegewebes über den Weg der Entzündungsinduktion die Neokollagensynthese in der oberen Dermis stattfinden zu lassen. Die Folge ist die Straffung der Haut mit Verbesserung der Hauttextur und des Faltenreliefs. Normale RF-Systeme übertragen dabei ihre Energie im Sinne eines konduktiven Koppelungsvorgangs auf die Haut, die Folge ist ein vom Aufsetzpunkt auf der Haut ausgehendes konzentrisches Energieprofil, welches die Epidermis allerdings thermisch am stärksten beeinträchtigen würde. Im Gegensatz dazu bieten RF-Systeme wie das ThermaCool TC System eine kapazitative Koppelung mit der Folge einer breiten Verteilung der Energie über die Hautoberfläche. Durch Vorkühlen der Epidermis mit einem Kryogenspray wird auch bei diesem System die Hautoberflächentemperatur bei unter 45°C gehalten, die in der Dermis in einer Tiefe von 3–6 mm induzierte Temperatur beträgt etwa 65°C, was zur Denaturierung von Kollagen ausreicht. Auch während der Energieapplikation und unmittelbar danach wird kontinuierlich gekühlt. Neben der durch die Kollagenneusynthese erzielten Hautstraffung, die physiologischerweise erst nach einigen Wochen klinisch nachweisbar ist, wird auch über eine Sofortstraffung berichtet. Der Effekt beruht hier wohl auf einer thermisch induzierten Entspiralisierung der tripelhelikalen molekularen Kollagenstruktur, welche durch die Neuausrichtung der Kollagenfibrillen zu einer Verkürzung derselben und damit zu einer sofort nachweisbaren Hautstraffung führt. Ein Hauptvorteil bei Verwendung von RF ist die fehlende spezifische Absorption in Chromophoren wie Hämoglobin und Melanin; das System kann somit hauttypunabhängig eingesetzt werden.
130
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
8.6.2 Indikationen und Anwendung
8
In zahlreichen Studien wurde bislang das monopolare RF-System ThermaCool TC für die Faltenbehandlung eingesetzt. In einer ersten Multicenterstudie aus dem Jahr 2003 behandelten Fitzpatrick und Kollegen 86 Patienten mittels einer einmaligen Therapiesitzung im periorbitalen Bereich zur Verbesserung des Faltenbildes. Zu diesem Zweck wurde ein topisches Anästhetikum (5% Lidocain) unter Okklusion 45 min vor der Therapiesitzung aufgetragen. Danach erfolgte die RF-Applikation mit (je nach Bedarf) 2 quadratischen Applikatoren mit 0,25 oder 1 cm2 Behandlungsfläche. Bei Bedarf erfolgte zusätzlich ein Nervenblock oder eine Infiltrationsanästhesie. Ein schachbrettartiges Muster mit entsprechenden Applikationsfeldern wurde an das jeweilige Behandlungsareal der Patienten individuell angepasst. Etwa 40–80 Behandlungsapplikationen resultierten bei jedem Patienten aus diesem Vorgehen. Die gewählten Energiedichten (auf das Gewebevolumen bezogen) richteten sich dabei auch nach der Hautdicke der Behandlungsareale; dünnere Hautschichten wurden mit niedrigeren Energiedichten behandelt und umgekehrt. i Die RF-Behandlung zur Hautstraffung ist relativ schmerzhaft und sollte von ausreichender Anästhesie begleitet werden.
Mittels standardisierter Bildauswertung durch unabhängige Beobachter konnte unter dieser Behandlung 6 Monate nach Therapie eine Besserung periorbitaler Fältchen in 83,2% aller Patienten beobachtet werden. Die Hälfte der Patienten war entweder zufrieden oder sehr zufrieden mit dem kosmetischen Ergebnis. In weiterführenden Studien wurde RF auch für die Behandlung in anderen kosmetischen Zonen eingesetzt (7 Übersicht). Das Ergebnis wurde subjektiv durchweg als positiv beurteilt, wenngleich die Effekte als eher subtil eingestuft werden können. i RF scheint – wie die anderen nichtablativen Therapieverfahren – bei der Faltenbehandlung nur marginale Ergebnisse zu erzielen. Kombinationsbehandlungen sind daher sinnvoll.
Neuerdings scheinen die ursprünglich empfohlenen Behandlungsparameter hinsichtlich applizierter
Anwendungsgebiete der Radiofrequenzenergie 4 4 4 4 4 4 4
Periorbitale Fältchen Unterlidstraffung (Dermatochalasis) Nasolabialfalten Wangenkontur Marionettenlinien Schlaffe Wangen und Halshaut Hautfältchen (Wange, nasolabial) in asiatischer Haut 4 Akne vulgaris (atrophe Narben und aktive zystische Läsionen) 4 Ptosis mammae
Pulse deutlich nach oben korrigiert worden zu sein (bis zu 400 Impulse für eine Ganzgesichtsbehandlung mit Multipasstechnik), bei allerdings gleichzeitiger Reduktion der Energiedichte. Der Grund liegt zum einen sicher in der Schmerzhaftigkeit der Einmalbehandlung mit hohen Energiedosen, die u. a. auch mit Allgemeinanästhesie behandelt wurde. Der Nachteil einer völligen Schmerzfreiheit ist jedoch das fehlende Feedback der Patienten, welches für die Einschätzung einer möglichen Überdosierung mit der Folge von Nebenwirkungen (Blasen, Erosionen, Narbenbildung) von eminenter Bedeutung ist. Übliche Nebenwirkungen umfassen Erythementwicklung und Rötung, die allerdings innerhalb weniger Stunden nachlassen.
Aurora SR System (RF + Blitzlampe) Um den therapeutischen Effekt noch weiter zu steigern, stehen mittlerweile auch Kombinationssysteme zur Verfügung. So weist das Aurora SR System von Syneron neben dem RF-Applikator eine hochenergetische Blitzlampe auf, die je nach verwendetem Filter Licht im Bereich zwischen 400 und 980 nm emittiert. Durch die Vorbehandlung mit dem optischen Teil des Systems werden die Zielstrukturen selektiv vorerhitzt; die nachträgliche unspezifische Dermisaufheizung durch die RF verstärkt dann den Gesamteffekt. Bei dieser Vorgehensweise in Kombination mit einer entsprechenden Oberflächenkühlung kann die optische Energie deutlich reduziert werden, Nebenwirkungsrisiken werden da-
131 Weiterführende Literatur
durch weiter minimiert. Ein Einsatz bei stärker pigmentierten Patienten ist daher ebenso möglich. Das Aurora System ist von der FDA für die Indikation Haarreduktion und die Behandlung vaskulärer und pigmentierter Läsionen zugelassen. Die für die konventionellen Lasersysteme erforderliche Melaninabsorption zur Behandlung von Haaren ist hier nicht relevant; weißes oder helles Haar scheint auch mit diesem System entfernbar zu sein. Bitter und Kollegen prägten für die Kombinationstechnologie den Begriff »selektive Radiothermolyse«. In ihrer Beobachtung an 100 Patienten, die 3- bis 5-malig im gesamten Gesichtsbereich behandelt wurden (580–980 nm Filterblock, IPL-Energiedichte 28–34 J/cm2; RF 20 J/cm3), waren 97% der Patienten zufrieden mit der erzielten Hauttextur. Insbesondere leicht bis mäßig ausgeprägte Fältchen im periorifiziellen Bereich zeigten im Mittel eine Verbesserung um 70%. Ähnlich gute Ergebnisse wurden auch für vaskuläre Veränderungen und Dyschromien geschildert.
Polaris ELOS System (RF+ IR-Diodenlaser) Die Kombination der RF mit einem IR-Diodenlaser bei 900 nm ist in dem ELOS-System (»electro-optical synergy«) vereint. In einer Studie an 24 Patienten untersuchten Hammes und Kollegen die Wirkung auf periorbitale und periorale Fältchen. Die Patienten erhielten insgesamt 6 Behandlungen in 4-wöchigen Intervallen (2 Behandlungsdurchgänge bei jeder Sitzung). Die maximale Laserenergie lag bei 50 J/cm2, die der RF-Komponente bei 100 J/cm3. Drei Monate nach Behandlung erfolgte eine photographische Bewertung durch unabhängige Gutachter. 58% der Patienten wiesen eine deutliche Reduktion ihrer Fältchen auf, Unterschiede zwischen Mund- und Augenregion zeigten sich nicht. 16% der Patienten berichteten über ein transientes Erythem und Ödem, das nicht länger als 24 h anhielt. Hinsichtlich Schmerzhaftigkeit wurde die Behandlung gut toleriert, eine Anästhesie erfolgte nicht. i Durch die Kombination der RF-Technologie mit IPL oder IR-Dioden kann die Effektivität in der nichtablativen Faltenbehandlung bei gleichzeitiger Reduktion der Nebenwirkungen gesteigert werden.
8.7
8
Fazit für die Praxis
Nichtablative Systeme zur Faltenbehandlung wie Infrarotlaser, hochenergetische Blitzlampen, »light emitting diodes«, photodynamische Therapie, fraktionale Photothermolyse oder Radiofrequenzenergie konnten in zahlreichen präklinischen und klinischen Studien ihre Wirksamkeit beweisen. Allerdings ist eine Vergleichbarkeit der Systeme hinsichtlich ihrer Effektivität nur eingeschränkt möglich, da standardisierte Parameter zur Erfassung globaler Aspekte der Hautalterung und Faltenbildung fehlen. So werden individuelle Aspekte der einzelnen Systeme in Bezug auf die Wirksamkeit stark betont, im Überblick sind die Therapieresultate eher marginal und meist nur in Kombination mit anderen, z. T. simultan eingesetzten Verfahren (z. B. PDT und Blitzlampe) zu erreichen. Allen der genannten Systeme ist allerdings gemein, dass die Nebenwirkungsrate relativ gering ist, die sog. »down time« der Patienten hält sich in Grenzen und führt zu einer hohen therapeutischen Akzeptanz. Es bleibt abzuwarten, ob weitere Kombinationen aus dieser Gruppe zu einer Optimierung der Behandlungsergebnisse führen; zum jetzigen Zeitpunkt sind medikamentöse und/oder operative Verfahren sowie der Einsatz ablativer Lasersysteme sicher effektiver in ihrer Wirkung bei der Faltenbehandlung.
Weiterführende Literatur Alster TS, Lupton JR (2007) Nonablative cutaneous remodeling using radiofrequency devices. Clin Dermatol 25:487491 Babilas P, Knobler R, Hummel S et al. (2007) Variable pulsed light is less painful than light-emitting diodes for topical photodynamic therapy of actinic keratosis: a prospective randomized controlled trial. Br J Dermatol 157:111-117 Bassichis BA, Dayan S, Thomas JR (2004) Use of a nonablative radiofrequency device to rejuvenate the upper one-third of the face. Otolaryngol Head Neck Surg 130:397-406 Bäumler W (2006) Wechselwirkung von Licht und Gewebe. In: Landthaler M, Hohenleutner U (Hrsg) Lasertherapie in der Dermatologie, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg, S 13-24 Bäumler W (2006) HBL in der Dermatologie. In: Landthaler M, Hohenleutner U (Hrsg.) Lasertherapie in der Dermatologie, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg, S 37-40 Bitter PH (2000) Non-invasive rejuvenation of photodamaged skin using serial, full face intense pulsed light treatments. Dermatol Surg 26:835-843
132
8
Kapitel 8 · Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
Bjerring P, Clement M, Heickendorff L, Egevist H, Kiernan M (2000) Selective non-ablative wrinkle reduction by laser. J Cutan Laser Ther 2:9-15 Dahan S, Lagarde JM, Turlier V, Courrech L, Mordon S (2004) Treatment of neck lines and forehead rhytids with a nonablative 1540-nm Er:glass laser: a controlled clinical study combined with the measurement of the thickness and the mechanical properties of the skin. Dermatol Surg 30:872-879 DeHoratius DM, Dover JS (2007) Nonablative tissue remodeling and photorejuvenation. Clin Dermatol 25:474-479 Fitzpatrick R, Geronemus R, Goldberg D, Kaminer M, Kilmer S, Ruiz-Esparza J (2003) Multicenter study of noninvasive radiofrequency for periorbital tissue tightening. Lasers Surg Med 33:232-242 Goodman G (2007) Lasers and lights. In: Goldberg DJ (ed) Facial rejuvenation. Springer, Berlin Heidelberg, pp 1-48 Hall JA, Keller PJ, Keller GS (2004) Dose response of combination photorejuvenation using intense pulsed light-activated photodynamic therapy and radiofrequency energy. Arch Facial Plast Surg 6:374-378 Hammes S, Greve B, Raulin C (2006) Electro-optical synergy (ELOS) technology for nonablative skin rejuvenation: a preliminary prospective study. J Eur Acad Dermatol 20:10701075 Hantash BM, Mahmood MB (2007) Fractional photothermolysis: a novel aesthetic laser surgery modality. Dermatol Surg 33:525-534 Hedelund L, Bjerring P, Wulf HC, Haedersdal M (2006) Skin rejuvenation using intense pulsed light. Arch Dermatol 142:985990 Jih MH, Goldberg LH, Kimyai-Asadi A (2008) Fractional photothermolysis for photoaging of hands. Dermatol Surg 34: 73-78 Karrer S, Szeimies RM (2007) Photodynamische Therapie nichtonkologischer Indikationen. Hautarzt 58:585-596 Laubach HJ, Manstein D (2007) Fraktionierte Photothermolyse. Hautarzt 58:216-223 Lee MW (2003) Combination 532-nm and 1064-nm lasers for noninvasive skin rejuvenation and toning. Arch Dermatol 139:1265-1276 Lee SY, Park KH, Choi JW et al. (2007) A prospective, randomized, placebo-controlled, double-blinded, and split-face clinical study on LED phototherapy for skin rejuvenation: clinical, profilometric, histologic, ultrastructural, and biochemical evaluations and comparison of three different treatment settings. J Photochem Photobiol Biol 88:51-67 Manstein D, Herron GS, Sink RK, Tanner H, Anderson RR (2004) Fractional photothermolysis: A new concept for cutaneous remodeling using microscopic patterns of thermal injury. Lasers Surg Med 34:426-438 Narins RS (2004) Nonablative skin resurfacing. Aesthetic Surg J 24:281-284 Raulin C, Greve B, Grema H (2003) IPL technology: a review. Lasers Surg Med 32:78-87 Ruiz-Rodriguez R, Sanz-Sánchez T, Córdoba S (2002) Photodynamic photorejuvenation. Dermatol Surg 28:742-744 Sadick NS (2003) Update on non-ablative light therapy for rejuvenation: a review. Lasers Surg Med 32:120-128
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9 9 Füllmaterialien Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
9.1
Einleitung
– 133
9.2
Permanente Füllmaterialien
9.2.1 9.2.2 9.2.3
Polymethylmethacrylate Polyacrylamide – 135 Silikonöle – 135
– 134
– 134
– 135
9.5
Resorbierbare Füllmaterialien
9.5.1 9.5.2 9.5.3
Polymilchsäure – 136 Kollagen – 138 Hyaluronsäuren – 140
9.6
Autologe Füllmaterialien
9.6.1 9.6.2
Autologes Fettgewebe – 144 Plasmagel – 145
– 136
– 144
9.3
Semipermanente Füllmaterialien
9.4
Abbaubare Füllmaterialien – 135
9.7
Unerwünschte Wirkungen – 145
9.4.1 9.4.2 9.4.3
Kalziumhydroxylapatit – 136 Carboxymethylcellulose – 136 Agarose – 136
9.8
Fazit für die Praxis
– 147
Weiterführende Literatur
9.1
Einleitung
Der faziale Alterungsprozess ist komplex: Nicht nur die sichtbare Hautoberfläche, sondern auch die Gesichtsform verändert sich. Um diesen Prozessen entgegenzuwirken, ist die Kombination von Peelings, Chemodenervation, Füllmaterialien und operativen Eingriffen sinnvoll, wobei die genannten Methoden unterschiedliche Einsatzbereiche haben (de Maio 2004; Carruthers u. Carruthers 2005b; Coleman u. Carruthers 2006). Vor der Augmentation muss nicht nur das Füllmaterial, sondern auch das zu behandelnde Gewebe verstanden werden. Die Dermis besteht aus einer Matrix von extrazellulärem Bindegewebe. Hauptbestandteil ist das Kollagen, welches sich in der papillären Dermis als feines Netzwerk und in der retikulären Dermis in Form von Bündeln findet. Von den 18 bekannten Kollagentypen finden sich 11 Typen in der menschlichen Haut. Davon macht 80% das Typ-I-Kollagen aus. Typ-III-Kollagen (15%) findet sich in der epidermal-dermalen Junktionszone in Form von Ankerfibrillen. Nur 3% des dermalen Trockengewichts machen die elastischen Fasern aus. Das
– 147
zwischen diesen Fasern liegende amorphe Material besteht aus Mukopolysacchariden, Plasmaproteinen, Elektrolyten und Wasser. Die Mukopolysaccharide bestehen aus Glykosaminoglykanen und Urokaninsäuren. Hyaluronsäure und Dermatansulfat sind Glykosaminoglykane der Dermis. Diese Strukturen zeichnen sich durch eine Wasserbindungskapazität aus, die das 1000-Fache ihres eigenen Volumens beträgt. Die Verteilung des subkutanen Fettgewebes verändert sich mit dem Alter. Oberflächliche Fältchen beruhen auf der Abnahme der Elastizität des Gewebes, tiefere Falten auf der insbesondere durch die extrinsische Hautalterung bedingten Umstrukturierung der Kollagenfasern. Wird der hier nur grob skizzierte anatomische Aufbau der Haut, der sich darüber hinaus noch durch inter- und intraindividuelle Unterschiede auszeichnet, verstanden, dann ist die Überlegung, an die jeweilige Situation angepasst zu augmentieren, nachvollziehbar. Wunschvorstellung einer ästhetisch ansprechenden Augmentation ist die Rekonstitution des Volumens und auch die »kontrollierte Stimulation« des Bindegewebes. Voraussetzung für diesen Prozess ist die Kooperation zwischen Patient und Arzt.
134
Kapitel 9 · Füllmaterialien
i Von großer Bedeutung für das Erreichen des angestrebten Ziels ist die Kooperation von Patient und Arzt.
9
Ganz gleich welcher genetischen Disposition, das alternde Gesicht zeichnet sich durch einen mehr oder weniger ausgeprägten Fettverlust mit quantitativer und qualitativer Veränderung des subkutanen Bindegewebes aus. Seit mehr als 30 Jahren werden verschiedene Füllmaterialien und Techniken zur Augmentation des alternden Gesichts verwendet. Es wird weiter nach dem idealen Material gesucht, da die derzeit verwendeten Materialen nicht alle erwünschten Eigenschaften vereinen (. Tab. 9.1). Darüber hinaus sind die unerwünschten Nebenwirkungen nicht vorhersehbar (Andre et al. 2005). . Tabelle 9.1 sind Wunschvorstellungen zu entnehmen, die nicht alle realisierbar sind. Die auf dem Markt erhältlichen und verwendeten Füllmaterialien erfüllen diese Wunschvorstellungen nur mehr oder weniger. Der internationale Markt injizierbarer Füllmaterialien ist unüberschaubar groß (. Tab. 9.2; Broder u. Cohen 2006; Johl u. Burgett 2006; Wise u. Greco 2006). Abbaubare und resorbierbare Füllmaterialien wie Kollagen oder Hyaluronsäuren werden von verschiedenen Herstellern angeboten. Eine Zusammenstellung resorbierbarer und nicht resorbierbarer Füllmaterialien ist der Arbeit von L. Wiest zu entnehmen (Wiest 2007). . Tab. 9.1. Gegenüberstellung von erwünschten und unerwünschten Eigenschaften eines fazialen Augmentationsmaterials Erwünschte Eigenschaften
Unerwünschte Eigenschaften
Biokompatibel
Teratogen, karzinogen
Abbaubar
Nicht abbaubar
Lang wirksam
Schnell abbaubar
Steril
Infektiös
Inert, nicht sensibilisierend
Sensibilisierend
Nicht migrierend
Migratorisch
Leichte Handhabung
Lagerung bei definierten Temperaturen
Schmerzlose Injektion
Schmerzhafte Injektion
. Tab. 9.2. Einteilung der Füllmaterialien Gruppe
Füllmaterialien
Beispiel
1
Irreversible polymere Gele
Silikon und Aquamid
2
Nicht abbaubare Polymere
Artefill/Artecoll
3
Langsam abbaubare Polymere in abbaubarer Flüssigkeit
Polymilchsäure
4
Resorbierbare Materialien
Kollagen, Hyaluronsäure
9.2
Permanente Füllmaterialien
Bei der Anwendung eines permanenten, d. h. nicht abbaubaren, Füllmaterials werden Gewebereaktionen erhofft, die möglichst »gleichmäßig« im dermalen und subkutanen Gewebe erfolgen sollen und somit eine permanente Augmentation nach sich ziehen. Andererseits besteht die Gefahr einer »ungleichmäßigen« Überreaktion (Knotenbildung), die tast- und sichtbar sein kann und letztendlich chirurgisch exzidiert werden muss. Schwierig ist die Abwägung des Pro und Contra der Verwendung dieser Klasse von Füllmaterialien, zumal die Handhabung des Materials vom Behandler abhängt und die Reaktionsbereitschaft auf das Material individuell verschieden ist.
9.2.1 Polymethylmethacrylate
Artecoll (Rofil Medical International, Holland) wird seit 1994 zur Augmentation in Europa verwendet und nach FDA-Zulassung am 28.2.2003 als Artefill in den USA vermarktet (Thaler u. Ubogy 2005). Artecoll/Artefill besteht zu 20% aus homogenen, 30–50 μm großen, runden Polymethylmethacrylatmikrosphären, suspendiert in denaturiertem bovinem Typ-I-Kollagen und 0,3% Lidocain. Ein Verträglichkeitstest (Allergietest) wird empfohlen, da auch bovines Kollagen injiziert wird und Spättypreaktionen beschrieben sind. Artecoll soll seit 1994 an >200.000 Personen zur Augmentation angewendet worden sein. Durch dermale/s.c.-Injektion des inerten Materials wird eine lokale Reaktion bewirkt.
135 9.4 · Abbaubare Füllmaterialien
Histologische Untersuchungen weisen auf Fremdkörperreaktionen mit Zunahme von Kollagen, Makrophagen und Fibroblasten einen Monat nach der Injektion hin. 9 Monate nach der Injektion wurden weder Phagozytose noch Migration in gewebenahe Lymphknoten beschrieben (Lemperle et al. 2003b). Während eine zu tiefe Injektion zur Augmentation ineffektiv ist, kann eine zu oberflächliche Injektion zur Bildung von Knoten führen (Lemperle et al. 2003b). Persistierende noduläre Reaktionen sind häufiger bei Arteplast als bei Artecoll (Carruthers u. Carruthers 2005a), da Arteplast kleinere, weniger glatte Polymethylmethacrylatmikrosphären enthält, die eher unerwünschte Fremdkörperreaktionen initiieren. 251 Artefill-behandelte Patienten wurden 4–5 Jahren nach der Injektion untersucht: Eine Übersicht über Wirkung und Nebenwirkung ist der Arbeit von Cohen et al und Broder zu entnehmen (Broder u. Cohen 2006; Cohen et al. 2006). i Eine zu tiefe Injektion ist ineffektiv, eine zu oberflächliche kann zur Bildung von Knoten führen.
9.2.2 Polyacrylamide
Klinische Ergebnisse im Umgang mit dem Polyacrylamid Hydrogel Aquamid fassen Breiting et al. (2004) in ihrem von Contura S.A. unterstütztem Bericht zusammen: Aquamid besteht zu 2,5% aus Polyacrylamiden in einem wässrigen Gel. Polyacrylamide werden durch die Polymerisation von Acrylamid und N,N-Methylbisacrylamidmonomeren hergestellt. Das wässrige Gel ist an Polyacrylamid gebunden und wird weder abgebaut noch absorbiert. Contura International S.A. Soeberg Dänemark vermarktet 1-ml-Fertigspritzen. Aquamid wird zur Augmentation der Nasolabialfalte, des Mundwinkels und der Zornesfalte sowie zur Restitution von Gewebedefekten in Wangen, Kinn und Nase verwendet. Die Injektion erfolgt in das subkutane Gewebe. Beschrieben wird eine Halbwertszeit im menschlichen Gewebe von 20 Jahren, wenn größere Mengen pro Injektionsstelle appliziert werden. Die Nebenwirkungsrate ist hoch (ca. 20%), allerdings sollen sich ein Großteil dieser Nebenwirkungen auf lokale Gewebereaktionen wie Hämatome, Ödeme, Juckreiz und Schmerzempfindungen beziehen. Polyacryl-
9
amidhaltige Füllmaterialien werden in Deutschland z. B. unter den Handelsnamen »Bio-Alcamid« vertrieben (Stand 12/2006).
9.2.3 Silikonöle
Zugelassen wurde Silikonöl von der FDA 1997 zur retinalen Tamponade. Silicon 1000 (Alcon Laboratories, Texas, USA) und Silicon 5000 (Bausch & Lomb, Claremont, Californien, USA) bestehen aus gereinigten, sterilen, langkettigen Polydimethylsiloxanölen. Silikonöle sind inert. Nach der subdermalen Injektion des Öls ist eine Verteilung von 1–100 μm großen Tröpfchen im Gewebe mit nachfolgender lymphozytärer Infiltration erwünscht. Die Fibroblastenaktivität soll stimuliert werden und eine feindisperse Fremdkörperreaktion durch die Ummantelung von Kollagen nach sich ziehen. Deshalb sollen pro Injektionsstelle nur 10–20 μl appliziert werden. Granulome (Silikonome), die auch im Rahmen von Spätreaktionen auftreten können, sollen nur dann entstehen, wenn zu viel Material pro Injektionsstelle pro Sitzung injiziert wird. Das Material soll auch nur dann migratorisch sein (Duffy 2005). i Silikonöle werden in Deutschland zur fazialen Augmentation offiziell nicht mehr verwendet (Stand 12/2006).
9.3
Semipermanente Füllmaterialien
Als »semipermanent« werden »bedingt veränderbare, abbaubare« Substanzen bezeichnet, die sich durch eine besonders lange Haltbarkeit auszeichnen. Da es »semipermanent« genauso wenig wie »semimaligne« gibt, wird hier auf diesen Terminus verzichtet und lang anhaltende, aber dennoch abbaubare Substanzen unter »abbaubare Füllmaterialien« geordnet.
9.4
Abbaubare Füllmaterialien
Als Abbau oder Degradierung wird in der Biochemie die stufenweise Zerlegung größerer Verbindungen
136
Kapitel 9 · Füllmaterialien
in einfachere Stoffe bezeichnet. Unter Resorption (lat. resorbere: aufsaugen) wird die Stoffaufnahme in biologische Systeme verstanden. Die Resorption einer niedermolekularen Verbindung in biologische Systeme setzt den Abbau einer hochmolekularen Verbindung voraus. Da die meisten verwendeten Füllmaterialien hochmolekular sind, darf davon ausgegangen werden, dass all jene, für die eine Resorption aufgezeigt wurde bzw. diese aufgrund ihrer Molekülstruktur wahrscheinlich ist, zuvor abgebaut wurden. Dementsprechend werden die Füllmaterialien hier eingeteilt.
9.4.2 Carboxymethylcellulose
Laresse (FzioMed, USA) bestehend aus Carboxymethylcellulose und Polyethylenoxid und ist seit Juni 2006 in Holland erhältlich. Carboxymethylcellulose soll dem Abbau unterliegen. Die metabolischen Schritte im menschlichen Gewebe sind unklar. Indikationsbereiche sind die Augmentation von Nasolabialfalten. Da es sich um Chemikalien handelt, die frei von Proteinen sind, wird von allergischen Reaktionen nicht ausgegangen. Von einem mehrmonatigen klinischen Effekt wird ausgegangen. Langzeitbeobachtungen liegen noch nicht vor.
9.4.1 Kalziumhydroxylapatit 9.4.3 Agarose
9
Radiesse/Radiance FN (Bioform Medical) besteht zu 30% aus 25–45 μm großen Kalziumhydroxylapatitmikrosphären, suspendiert in Carboxmethylcellulose, Glycerin und Wasser. Kalziumhydroxylapatit als dermales Füllmaterial einzusetzen, beruht auf seinem Vorkommen in Knochen und Zähnen. Nach der subkutanen Injektion wurden 1 Monat später Fibroblasten und Makrophagen nachgewiesen und 9 Monate später ein enzymatischer Abbau des Kalziumhydroxylapatits vermutet. Weder allergische noch permanent granulomatöse Reaktionen werden in einer 1-jährigen Studie beschrieben (Roy et al. 2006). Die an 609 Patienten erprobte Anwendung von Radiesse belegte in 12% das Auftreten von Knoten in der Lippenmukosa (Jansen u. Graivier 2006). (Neben-)wirkungen von Radiance FN wurden an 64 Patienten – primär zur Augmentation der Nasolabialfalten – über 6 Monate beobachtet: In 4 Fällen wurden Knoten im Lippenbereich dokumentiert (Sklar u. White 2004). Nun wird vor der Lippenaugmentation mit Kalziumhydroxylapatit gewarnt. Die Methylcellulose soll nach der Injektion abgebaut werden, die Kalziumhydroxylapatitmikrosphären können durch die Beweglichkeit des M. orbicularis wandern und sich zu einem kalziumhaltigen Knoten verbinden. Die Entfernung der Knoten kann dann nur chirurgisch erfolgen. i Vor der Lippenaugmentation mit Kalziumhydroxylapatit wird gewarnt.
Radiesse/Radiance FN wird in Deutschland noch nicht vertrieben.
Agarose ist ein Polysaccharid aus D-Galaktose und 3,6-Anhydro-L-galactose, die glykosidisch miteinander verbunden sind. Es stellt die Hauptkomponente des Agars dar, das geschmacksneutral und unverdaulich ist. Easy-agarose (Polytech Silimed) enthält 1% (easy-agarose LD), 1,5% (easy-agarose HD) oder 2,5% (easy-agarose VL) Agarose in physiologischer Kochsalzlösung. Die dreidimensionale Struktur von Easy-agarose stellt durch einen ständigen Flüssigkeitsaustausch ein Fließgleichgewicht her, in dem organische Moleküle und Flüssigkeiten ständig erneuert werden. Im Vergleich zur Hyaluronsäure, die dem Abbau der Hyaluronidase unterliegt, soll der Agaroseabbau durch Makrophagen erfolgen. Die metabolischen Schritte im menschlichen Gewebe sind jedoch unklar.
9.5
Resorbierbare Füllmaterialien
9.5.1 Polymilchsäure
Poly-L-Milchsäure (PLLA) kommt nicht in der Natur vor. Polymilchsäurepolymere wurden erstmalig 1954 synthetisiert (. Abb. 9.1) und werden seither in der Medizin für resorbierbare Nahtmaterialien (Vicryl, Ethicon; Kulkarni et al. 1966), Knochenrestitutionsmaterialien (Getter et al. 1972) sowie als Wirkstoffträger verwendet (Vleggaar 2005). Geschäumte Körper aus PLLA mit eingelagerten Wirkstoffen können diese lokal in einer definierten Zeit freisetzen. Eine
137 9.5 · Resorbierbare Füllmaterialien
9
. Abb. 9.1. Synthese von Polymilchsäure aus Milchsäure
Knochenplatte und/oder eine Schraube aus PLLA werden im Körper mit fortschreitender Heilung z. B. eines Knochenbruchs abgebaut und müssen nicht mehr in einer Zweitoperation entfernt werden. Die Resorptionsdauer kann über das Mischungsverhältnis aus L- und D-PLA sowie die Kettenlänge des eingesetzten Polymers eingestellt werden. Resorptionsrate und Eliminationswege eines 14C-Polymers wurden aufgezeigt; die Metabolisierung zu CO2 wurde in der Ratte nachgewiesen (Brady et al. 1973). Für die faziale Augmentationsbehandlung bietet Sanofi-Aventis in Deutschland seit 1999 Packungen mit jeweils 2 Ampullen (150 mg) mit lyophilisierten, 40–63 μm großen Poly-L-Milchsäuremikrosphären (PLLA, Sculptra) in Natriumcarboxymethylcellulose (90 mg) und pyrogenfreiem Mannitol (127,5 mg) an (www.sculptra.de). Interessant ist der eng gewählte Partikelgrößenbereich der PLLA-Mikrosphären (40–63 μm): Kleinere Partikel könnten nicht am injizierten Ort verbleiben und größere Partikel schlecht injizierbar sein. 2004 wurde Sculptra zur Augmentation der Lipatrophie HIV-positiver Patienten, die sich einer antiretroviralen Therapie unterziehen, von der FDA zugelassen (Mest u. Humble 2006; Moyle et al. 2006). Eine Studie für die FDA-Zulassung der Faltenbehandlung und Konturgebung wird momentan in den USA durchgeführt.
Auflösung mit mehr als 5 ml Wasser vorzunehmen, da zu hohe PLLA-Konzentrationen in Wasser (150 mg PLLA in <5 ml) eher mit einer Knötchenbildung einhergehen können. Darüber hinaus lässt sich eine höher verdünnte Lösung (150 mg PLLA in >6 ml) besser injizieren. i Die Rekonstitution der Ampulle soll mindestens 2 h, vorzugsweise 24 h vor Injektion erfolgen, um eine Aufquellung der PLLA-Partikel (homogene Suspension) zu gewährleisten.
Empfohlen wird, das Produkt vor der Injektion auf Körpertemperatur anzuwärmen und »Reste« 72 h nach Rekonstitution zu verwerfen. Die Lagerung erfolgt bei Raumtemperatur vor und nach Hydratation. Die Injektion erfolgt als Tunneltechnik streng in das subkutane Gewebe während des langsamen Rückzugs. Pro Injektionsstelle sollen je nach Indikation nicht mehr als 0,05–0,2 ml injiziert werden. Eine Überkorrektur ist zu vermeiden. Der Soforteffekt ist proportional zum injizierten Volumen. Von einem Rückgang des Auffülleffekts durch die Resorption des Wassers in den ersten Tagen ist auszugehen. Das behandelte Areal sollte im Anschluss mit dem Ziel massiert werden, das in Wasser aufgelöste Material gleichmäßig zu verteilen.
Wirkungen Handhabung Wiederholungsbehandlungen werden in 2- bis 3-monatigen Abständen empfohlen. Allergietestungen müssen nicht erfolgen, da Sculptra kein Protein enthält. Die von Makrophagen nicht phagozytierbaren inerten PLLA-Partikel (>1000 kDa) sind mittels einer 1-ml-Luer-lock-Spritze und 26-G-Nadel injizierbar. Die Auflösung des lyophilisierten Materials erfolgt mit 6–7 ml Wasser für Injektionszwecke und zusätzlich 1 ml 2%igem Lidocain ohne Adrenalin (Endvolumen/Ampulle >6 ml). Wichtig ist die
Die Augmentation erfolgt durch Stimulation der Typ-I-Kollagen-Synthese. PLLA bewirkt deshalb einen graduellen Auf- und Umbau des Gewebes und ist nicht mit einem Füllmaterial zu vergleichen, das seinen Effekt nur so lange entfaltet, wie es selbst präsent ist. Die augmentierende Wirkung von PLLA liegt im Mittel bei 1,5–2 Jahren (. Abb. 9.2). Dann ist meist eine Nachkorrektur erforderlich. Mit der Kollagenzunahme nimmt PLLA ab. PLLA ist aus vielen, chemisch aneinander gebundenen Milchsäuremolekülen aufgebaut und von
138
Kapitel 9 · Füllmaterialien
a
b
. Abb. 9.2a,b. 62-jährige Patientin a vor und b nach 4 PLLA-Injektionen in Kombination mit perioraler Chemodenervation und oberflächlichen Peelings im Zeitraum von 12 Monaten
9
sehr guter Biodegradabilität, was heißt, dass es über den Milchsäure- und Pyruvatzyklus zu CO2 und H2O abgebaut werden kann (Gogolewski et al. 1993). Neun Monate nach Implantation ist PLLA histologisch nicht mehr nachweisbar, was die gute Biokompatibilität belegt (Lemperle et al. 2003a). Eigene In-vitro-Zytotoxizitätsbestimmungen weisen mit Zunahme der PLLA-Konzentration keine Zunahme der LDH-Aktivität nach.
Klinische Studien Wirkungen und Nebenwirkungen wurden in einer offenen Studie an 50 HIV-positiven Patienten dokumentiert (Valantin et al. 2003). Woerle et al. fassen ihre Erfahrungen an 300 Patienten, die zwischen 1999 und 2004 behandelt wurden, zusammen (Woerle et al. 2004). Die Autoren nehmen auch zu den Vor- und Nachteilen der fazialen Volumenrestitution mit PLLA und/oder Eigenfett Stellung (Vleggaar 2005).
Unerwünschte Wirkungen Lokale Ödeme, die innerhalb weniger Tage abklingen, können auftreten. Präventiv kann diese Reaktion bei entsprechender Anamnese durch die Einnahme von Antihistaminika unterbunden werden. Hämatome können auftreten und sind davon abhängig, ob der Patient einer antikoagulierenden Therapie unterliegt und ob der Behandler bei der Injektion auf ein größeres Gefäß trifft. Sofortige Kompression minimiert zumeist das Ausmaß des Hämatoms. Als Langzeitnebenwirkung können subkutane Noduli (Oppel et al. 2003) bis zu 2 Jahre nach Injektion ins-
besondere dann auftreten, wenn das Material nicht lange genug oder ungenügend gelöst wurde, keine Zeit zum Quellen hatte und vor Injektion nicht entsprechend temperiert wurde. Nach Einführung der neuen Richtlinien zur Handhabung ist die Injektion von PLLA relativ komplikationsarm (Lowe 2006). Tastbare Noduli treten darüber hinaus in motorisch aktiven Arealen (perioral) auf (. Abb. 9.3) oder in Arealen mit besonders dünnem Unterhaut(fett)gewebe (Glabella). Deshalb wird z. B. die Lippenaugmentation mit Sculptra nicht empfohlen. Noduli können manchmal durch gezielte Injektion mit Wasser oder unvernetzter Hyaluronsäure »gesprengt« werden. Auch durch die intraläsionale Glukokortikosteroidinjektion kann ein Knötchen aufgelöst werden. Vorsicht ist geboten, da ein Zuviel der Glukokortikosteoride auch eine Atrophie des Gewebes nach sich ziehen kann. Bakterielle Infektionen sind beschrieben (Saylan 2003). Nicht auszuschließen ist das in diesem Zusammenhang iatrogene Einbringen von Mikroben, das vermeidbar ist.
9.5.2 Kollagen
Zyderm – Zyplast, Cosmoderm – Cosmoplast Hauptbestandteil der Dermis ist das Kollagen. Nachvollziehbar ist deshalb, dass bovines Kollagen bereits 1976 eingesetzt und 1981 von der FDA zur Behandlung fazialer Falten zugelassen wurde. Zyderm I und
139 9.5 · Resorbierbare Füllmaterialien
9
. Abb. 9.3. Die subkutanen Noduli sind beim Anspannen der Oberlippe sichtbar
II sowie Zyplast werden von Inamed Aesthetics, Allergan vertrieben. Während Zyderm I 35 mg Kollagen/ml Gel enthält, besteht Zyderm II zu 6,5% aus Kollagen (Gewichtsprozent). Das in Fertigspritzen vertriebene Zyderm I (1 ml: 35 mg Kollagen, 3 mg Lidocain, NaCl, Natriumhydrogenphosphat, H2O) soll in die papilläre Dermis, Zyderm II (0,75 ml: 48,75 mg Kollagen, 2,25 mg Lidocain, NaCl, Natriumhydrogenphosphat, H2O)in die retikuläre Dermis und Zyplast in die tiefe Dermis injiziert werden. i Empfohlen wird eine Überkorrektur bei Einsatz von Zyderm I von 100–200% und von Zyderm von 50–100%, um die Absorption der physiologischen Kochsalzlösung zu kompensieren.
Zyplast unterscheidet sich von Zyderm dahingehend, dass es ein mit Glutaraldehyd behandeltes Kollagen (35 mg Kollagen/ml Gel) enthält, um die kollagenaseabhängige Degradation zu inhibieren. In etwa 4–5 Monaten ist nasolabial appliziertes Kollagen abgebaut (Baumann et al. 2006). Zyderm wird zum Aufbau tiefer Gewebedefekte verwendet. 3–5% der Bevölkerung sind gegenüber Bestandteilen dieser Kollagenpräparationen sensibilisiert; deshalb wird ein Allergietest empfohlen. Im März 2003 wurden Cosmoderm und Cosmoplast (Inamed Aesthetics, Allergan) von der FDA zur Augmentation der Lippen und Gesichtsfalten sowie zur Behandlung von Aknenarben und anderen Gewebedefekten zugelassen (Matarasso 2006). Cosmoderm und Cosmoplast sind Kollagene einer humanen Fibroblastenzelllinie und in Deutschland nicht erhältlich. Cosmoplast wie Zyplast besteht aus mittels Glutaraldehyd quer vernetzten Kollagen-
fibrillen (Bauman 2004). Isolagen Technologys (Houston, Texas) erwähnt darüber hinaus die Entwicklung von Isolagen, einem Kollagen, das aus patienteneigenen Hautkulturen gewonnen werden soll.
Evolence Erfahrungen mit Kollagen als Augmentationsmaterial liegen seit 30 Jahren vor. Vor- und Nachteile zur Verfügung stehender Kollagenpräparationen sind bekannt. Nachvollziehbar ist die Weiterentwicklung dieses Materials. In vivo wird Kollagen extrazellulär enzymatisch (Lysyloxidase) zu Fibrillen quervernetzt. Diese Quervernetzung kann auch auf nichtenzymatischem Weg (Glykierung) vollzogen werden. Der Abbau der Kollagenfibrillen hängt von der Aktivität der Kollagenase, Gelatinase und einiger unspezifischer Proteinasen ab. Diese Kenntnisse lassen sich auf die Ex-vivo-Herstellung von Kollagen übertragen: Schweinekollagen per se soll weniger immunogen als bovines Kollagen sein. Materialien aus Schweinekollagen finden in der Medizin bereits in Form von Herzklappen, Linsen, Wundverbänden und Membranen Verwendung. Für die Herstellung von Evolence bedient sich ColBar LifeScience Ltd (Herzliya, Israel) der sogenannten Glymatrix-Technologie: Typ-I-Schweinekollagen wird pepsinabhängig lysiert und denaturiert. Zuletzt sind die Telopeptide (endständige C- oder N-terminale Anteile der Einzelketten) dem Pepsin zugänglich. Da diese Strukturen immunogen sind, werden sie enzymatisch entfernt. So entsteht das »Typ-I-AtelopeptidSchweinekollagen«. Ex vivo werden nun die immunologisch kompatiblen Kollagenfasern polymerisiert. Unter Einsatz von D-Ribose wird die Glykierung zu Kollagenfibrillen eingeleitet. So werden bei die-
140
Kapitel 9 · Füllmaterialien
sem Herstellungsprozess potenziell toxische Substanzen gemieden.
Eigenschaften und Handhabung
9
Evolence ist seit 2005 in den USA und seit 2007 in Deutschland in 0,5- und 1,0-ml-Einwegspritzen erhältlich (www.evolence.com). Diese Spritzen beinhalten 35 mg Kollagen/ml phosphatgepufferter Kochsalzlösung und können bei Raumtemperatur gelagert werden. Eine Migration dieses biokompatiblen Materials wurde bis dato nicht beobachtet. Obwohl die Injektion nicht sehr schmerzhaft ist, kann 1 h vor Injektion in besonders empfindliche Areale ein topisches Anästhetikum unter Okklusion appliziert werden. Evolence eignet sich für die Implantation in die tiefe bis mittlere Dermis mittels einer 27G-Nadel zur Augmentation tiefer Falten und Konturmodellierung. Evolence breeze, das kürzere Kollagenfibrillen beinhaltet, eignet sich für die Augmentation von feinen Fältchen, insbesondere perioral, mittels einer 30GNadel. Aufgrund der sehr geringen Immunität von Evolence wird kein Hauttest empfohlen. Nach der Injektion soll das behandelte Areal massiert werden. Die Augmentation soll 12 Monaten bestehen bleiben.
Wirkungen Sicherheit und Wirksamkeit von Evolence wurden in einer randomisierten verblindeten Studie beschrieben: Im Halbseitenversuch wurde Evolence 30 (30 mg/ml) mit Zyplast hinsichtlich einer Reduktion der Nasolabialfalten über 15 Monate verglichen. Beide Produkte waren in ihrer Wirksamkeit vergleichbar. Die Wirkungsdauer von Zyplast unterlag jedoch der von Evolence. Einen Monat nach Injektion von Evolence in die Rattenhaut konnte histologisch die Integration von Fibroblasten und Neovaskularisation gezeigt werden.
Untersucht wurde auch die nasolabiale Augmentationsdauer unter Evolence im Vergleich zu Zyplast im Halbseitenversuch an 12 Probanden. Es wurden initial 2 Behandlungen durchgeführt (Monstrey et al. 2007). Verblindete Evaluationen 18 Monate später belegten die Effektivität von Evolence. Antikörper vom IgG-Typ gegenüber Schweinekollagen waren im Serum von 4 Probanden nachweisbar. Ein klinisches Korrelat fehlte. Histologisch wurden weder Inflammationen noch abnorme Gewebereaktionen beobachtet.
Unerwünschte Wirkungen Zusammenfassend scheint Evolence sehr gut verträglich zu sein. Nach Implantation ist die Augmentation sofort sichtbar, Schwellungen und Rötungen sind minimal. Zu Langzeitnebenwirkungen am Menschen kann aufgrund der bisher kleinen publizierten Fallzahl nicht Stellung genommen werden. Die Ergebnisse laufender unveröffentlichter Multicenterstudien in den USA sind vielversprechend.
9.5.3 Hyaluronsäuren
Hyaluronsäure ist ein Makromolekül aus Disacchariden, die wiederum aus je 2 Glucosederivaten bestehen: D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin (. Abb. 9.4). Eine Kette besteht typischerweise aus 250–50.000 Disaccharideinheiten. Hyaluronsäure kommt epidermal in geringerer Konzentration als dermal vor (Sakai et al. 2000; Bourguignon et al. 2006). Die von den Fibroblasten synthetisierte Hyaluronsäure (HA) ist ein wesentlicher Bestandteil der extrazellulären
Klinische Studien Am Rattenohr wurde die Gewebereaktion auf Evolence 30 mit der auf Zyderm und Zyplast verglichen (Pitaru et al. 2007). Einen, 6, 12 und 24 Monate nach Injektion wurden Probebiopsien entnommen. In der H&E-Färbung war die zelluläre Gewebereaktion auf Zyderm und/oder Zyplast nach 1 Monat stärker als auf Evolence. Alle Materialen waren nach 12 Monaten noch nachweisbar, allerdings schien der Abbau von Zyderm und Zyplast weiter fortgeschritten zu sein.
. Abb. 9.4. Im Disaccharid wird die Glucuronsäure glykosidisch β(1–3) an das N-Acetylglucosamin geknüpft, das wiederum mit der nächsten Glucuronsäure in der polymeren Kette β(1–4) verbunden ist
141 9.5 · Resorbierbare Füllmaterialien
. Tab. 9.3. Unvernetzte Hyaluronsäuren, die u. a. zur Mesotherapie Verwendung finden Produkt
Hersteller/Vertrieb
MG (KDa)
AcHyal
Himed
1.000
CRM-Soft
Aesthetic visions
2.500
Elastence
Inamed/Allergan
600
Hyal-System
Merz
1.000
Viscontour
Sanofi-Aventis
1.500
Juvelift
Corneal
2.500
Teosyal Meso
Teoxane
1.000
Matrix. Hyaluronidasen bauen HA extrazellulär ab. Zu CO2 und H2O wird HA in der Leber metabolisiert und resorbiert. Die Halbwertszeit (HWZ) der dermalen HA beträgt 24 h. Die hohe Wasserbindungskapazität der HA (ca. 6 l Wasser pro Gramm HA) schützt vor dem Austrocknen und trägt zur Elastizität des Gewebes bei. HA erfüllt viele Funktionen, wobei die chemisch-physikalischen Eigenschaften dieser Verbindung genutzt werden. Einige Zelloberflächenrezeptoren interagieren mit HA und lösen bestimmte Reaktionen der Zelle aus, vor allem die der Proliferation und Migration. Über CD44Zelloberflächen-Rezeptoren stimuliert HA die Stoffwechselaktivität der Fibroblasten und damit die Produktion von Kollagen (Lesley et al. 2000; Sattler u. Sommer 2000; Wang et al. 2007). Über RHAMM-
(»rezeptor for hyaluronan mediated mobility«-)Rezeptoren wird die Zellmigration bei der Wundheilung gefördert (Nehls u. Hayen 2000). Langkettige HA sind potente Radikalfänger (Presti u. Scott 1994) und supprimieren Matrixmetalloproteinasen. Zusammenfassend verfügt HA über multiple Eigenschaften einer jungen Haut. Mit der Hautalterung nehmen die Kettenlängen der HA und damit ihre Funktionalität ab (Ghersetich et al. 1994). Der Einsatz unvernetzter HA (. Tab. 9.3) in der Dermatologie wurde am 16.5.2007 im Rahmen des 16. Kongresses der EADV in Wien diskutiert. Eine Stellungnahme ist der Zusammenfassung von Wiest und Kerscher zu entnehmen (Wiest u. Kerscher, 2008). HA wurde erstmalig 1989 durch Endre Balazs als Füllmaterial eingesetzt. Unvernetzte HA wäre das ideale Füllmaterial, wenn nicht das Problem der geringen HWZ von 24 h bestünde (Monheit u. Coleman 2006). Um die HWZ zu erhöhen, sind heute viele der zu Injektionszwecken angebotenen HA quervernetzt. Diese sind seit 1996 in Europa zur Faltenbehandlung zugelassen. Da HA sich bei verschiedenen Spezies nicht unterscheidet, ist eine Immunreaktion unwahrscheinlich. Die lange Historie dieses Füllmaterials zur Augmentationsbehandlung erklärt 4 HA-Generationen (. Tab. 9.4). i Der Markt und die Anzahl der heute zur Augmentation verfügbaren HA-haltigen Präparate sind unübersichtlich.
Informationen über Molekülgröße, Gelpartikelgöße, Herkunft der HA, Art der Quervernetzung, Reinheit,
. Tab. 9.4. Generationen von HA-Füllmaterialien G1
G2
G3
G4
Erstzulassung
1990
1994
2001
2004
Herkunft
Hahnenkamm
Streptogen
Streptogen
Streptogen
Chemikalie zur Quervernetzung
Divinylsulfon
BDDE
1,2,7,8 Diepoxyoctan
BDDE
Zusatz
Unvernetzte HA
Unvernetzte HA
Keine, aber 2 Bindungsarten
Gel mit verschiedenen Vernetzungsdichten
Art
Biphasisch
Biphasisch
Biphasisch
Monophasisch
Handelsname (Beispiel)
Hylaform
Restylane
Puragen
CRM
BDDE 1,4 Butandiol-Diglycidylether.
9
142
9
Kapitel 9 · Füllmaterialien
Konzentration im Endprodukt, Viskosität und isovolämische Abbaurate müssen definiert sein, was leider nicht immer der Fall ist. Darüber hinaus werden Präparate mit identischem Inhalt in verschiedenen Ländern unter anderen Handelsnamen verkauft. Deshalb wird an dieser Stelle ausschließlich auf die Präparate eingegangen, die in Deutschland erhältlich sind. Präparate, über die detaillierte Informationen vorliegen, werden ausführlicher besprochen. Die Injektion HA-haltiger Produkte ist nicht schmerzhaft, ein Lokalanästhetikum wird den handelsüblichen Fertigspritzen nicht zugegeben. Allerdings kann eine Leitungsanästhesie, insbesondere vor Lippenaugmentation, dem Patienten die in diesem Areal physiologisch hohe Schmerzempfindlichkeit nehmen und dem Behandler die Prozedur erleichtern. Die Augmentationsdauer kann bis zu 9 Monate betragen. HA-Füllmaterialien zeichnen sich durch isovolämische Degradation aus: Bei dem Abbau von HA finden noch vorhandene Moleküle entsprechend mehr Wasser, so dass das Volumen der Augmentation lange Zeit unverändert ist.
Restylane, Restylane Touch™, Restylane Perlane™ Diese HA wird aus Bakterienkulturen (Streptococcus equi) gewonnen (MG 1,5–2 KDa). Für die Quervernetzung zweier Moleküle wird 1,4-Butandiodiglycidether verwendet, wobei jedes 100ste Molekül eine Bindung eingeht (max 1% der Moleküle sind nach Herstellerangaben vernetzt). Restylane (Q-Med AB, Upsala, Schweden) wurde 1996 eingeführt und im Dezember 2003 von der FDA als erste HA zur Augmentation von Falten zugelassen. Restylane Perlane erhielt die Zulassung im Mai 2007. Restylane Touch, sowie die Produkte Restylane Lipp, Restylane SubQ und Restylane Vital sind noch nicht von der FDA zugelassen. Perlane enthält Partikel mit einer Größe von ca. 100 μm und Restylane Touch von 20–30 μm. Jedes Produkt enthält 20 mg HA pro ml. Unterschiedlich ist die Größe der Gelpartikel; deshalb ist die Viskosität proportional zur Größe der Partikel. Bei dem Herstellungsprozess können Bakterienproteine in geringster Menge (μg-Bereich) in das Endprodukt gelangen und – in 0,04–0,15% d. F. (von 9×106 dokumentierten Behandlungen) – Unverträglichkeitsreaktionen bzw. allergische Reaktionen bedingen (Lowe et al. 2001).
Eigenschaften und Handhabung Restylane Touch eignet sich für die Implantation in die obere Dermis, Restylane für die Injektion in die mittlere Dermis und Restylane Perlane für den Volumenaufbau durch subkutane Injektion. Detaillierte Angaben zum Umgang mit Restylane – inkl. klinischer Bilder – finden sich in der Arbeit von Biesman (2004) und unter www.restylane.de. Sofort sichtbar ist das Ergebnis, das je nach Behandlung und augmentiertem Areal bis zu 12 Monate Bestand hat. Insbesondere Restylane Lipp eignet sich zur Lippenaugmentation.
Wirkungen In vivo wird die Genexpression von Typ-I- und -IIIProkollagen nach Injektion von Restylane hochreguliert (Wang et al. 2007). Weitere Wirkungen sind der Übersicht zur Wirkung von HA-Füllmateralien zu entnehmen (s.o.).
Klinische Studien Über kein anderes HA-haltiges Augmentationspräparat sind der Literatur so viele Studien zu entnehmen wie über Restylane. Laut Herstellerangaben wurden seit der Einführung von Restylane 1996 weltweit insgesamt mehr als 9 Mio. Behandlungen durchgeführt. Deshalb beruft man sich auf Restylane als den »Goldstandard« der HA-Augmentation. Erste klinische Studien im Umgang mit Restylane dokumentieren die Dauer der Augmentation über einen Zeitraum von 4–8 Monaten bei ca. 80% der Patienten (Duranti et al. 1998; Olenius 1998). Bei einer vergleichenden Anwendung von Hylaform und Restylane zur Behandlung von Nasolabialfalten bei 8 Patientinnen waren beide Produkte sehr gut verträglich. Restylane hatte in dieser Halbseitenstudie eine bessere Effektivität (Rao et al. 2005). In einer weiteren Halbseitenstudie wurde die Wirkung von Restylane mit der von Zyplast verglichen: In 60% der Patienten war Restylane dem Kollagen überlegen (Narins et al. 2003). Eine Multicenterstudie in den USA mit 286 Patienten belegt heute die gute Verträglichkeit (McCracken et al. 2006).
Unerwünschte Wirkungen Bis 1998 litten 13% der behandelten Patienten unter vorübergehenden Rötungen, Ödemen, Pigmentverschiebungen und Schmerzen (Duranti et al. 1998;
143 9.5 · Resorbierbare Füllmaterialien
Olenius 1998). Weiterführende statistische Analysen der Firma Q-Med Medical Aesthetics belegten 1999, dass derartige Nebenwirkungen nur noch in 0,15% der Fälle auftreten. Modifikationen im Herstellungsverfahren haben zu einer weiteren Reduktion dieser Nebenwirkungen geführt: Im Jahr 2000 waren es nur noch 0,06% der Fälle (Friedman et al. 2002). Auch allergische Spättypreaktionen wurden beschrieben. Unklar bleibt, ob diese Reaktionen nicht auf den fehlerhaften Umgang mit dem Präparat zurückzuführen sind (Klein 2006). Restylane bewirkt nur selten Fremdkörperreaktionen und wird langsam von Makrophagen abgebaut. Histologisch sind Makrophagen am Injektionsort nach 9 Monaten nicht mehr sichtbar, von einer vollständigen Resorption wird ausgegangen (Lemperle et al. 2003a).
Hylaform, Hyladerm Diese HA wird aus Hahnenkämmen gewonnen und mit Divinylsulfon quervernetzt (MG 4–6 KDa). Somit enthält das Endprodukt eine kleine Menge avianer Proteine. 20% des Endprodukts sind quervernetzt. in 1 ml Gel sind 5,5 mg HA enthalten. Hylaform (Inamed Aesthetics) wird weltweit seit 1998 für die Augmentation verwendet und wurde im April 2004 von der FDA zugelassen. Hyladerm unterscheidet sich von Hylaform durch größere Partikel (750 statt 500 μm) und wird für die tiefe dermale Implantation empfohlen. Hylaform unterscheidet sich von Restylane dahingehend, dass es sich hier um ein homogenes Gel und nicht um Gelpartikel handelt. Biokompatibilität und Wirkdauer sollen höher sein. Obwohl Restylane visköser und weniger elastisch als Hylaform ist, wurden beide Präparate zur Behandlung von Nasolabialfalten in einer Halbseitenstudie gleich gut vertragen (Rao et al. 2005).
Belotero Belotero Basic (22,5 mg HA/ml, pH 7,0) und Belotero Soft (20 mg HA/ml, pH 7,0) sind monophasische (ohne unvernetzte HA) Füllmaterialien, die mithilfe der sogenannten CPM-Technologie (»cohesive polydensified matrix«) hergestellt werden. Im Rahmen eines Satellitensymposiums des 16. Kongresses der EADV wurde der Therapieerfolg von Belotero (Merz Pharmaceuticals) nach Korrektur nasolabialer Falten an 114 Probanden vorgestellt. Wie Restylane wird auch diese HA aus Bakterienkulturen gewonnen und
9
es wird 1,4-Butandiodiglycidether für die Quervernetzung verwendet. Der Unterschied ist der Vernetzungsvorgang: Belotero ist ein monophasisches, kohäsives Gel, das ein lang anhaltendes Ergebnis bewirken soll.
CRM-Produkte Hautfiller der Matri-Familie wurden 2007 weiter optimiert und deshalb auch umbenannt: Die neue Produktbezeichnung »CRM-« bezieht sich auf das patentierte Herstellungsverfahren (Covalent Reticulated Copolymer). Die aus Bakterienkulturen (Streptococcus equi) gewonnene HA wird unter Einsatz von 1,4-Butandiodiglycidether quervernetzt. Fast alle CRM-Produkte sind monophasische (ohne unvernetzte HA) Füllmaterialien. Die CRM-Technologie soll den Oberflächenbereich der vernetzten HA so begrenzen, dass ein enzymatischer oder durch Hydroxylradikale bedingter Abbau verlangsamt wird.
Eigenschaften und Handhabung CRM-Produkte eignen sich zur Augmentation von Marionettenfalten im Wangenbereich, Konturdefekten im Gesichtsbereich und nasolabialen Falten sowie zur Gewebeauffüllung der Lippen und der Glabella und bei oberflächlichen und periorbitalen Linien (. Tab. 9.5). CRM-Produkte sollen darüber hinaus die Elastizität erhöhen und die Hydratation der Haut verbessern. CRMDX eignet sich zur Volumensubstitution und wird deshalb mit einer 27G-Nadel in das subkutane Gewebe implantiert. CRMDEX wird mit einer 27G-Nadel in die mittlere Dermis implantiert. Um eine gleichmäßige Verteilung des Produkts zu gewährleisten, soll nach der Implantation das behandelte Areal mit leichtem Druck massiert werden. CRMGEL und crm-DUR finden für die Ergänzung der interzellulären Matrix Verwendung und werden mit einer 29G- bzw. 30G-Nadel in das mittlere-dermale Gewebe implantiert. CRM-SOFT wird zur Ergänzung der interzellulären Matrix im Gesicht und an Hals, Dekolleté und Handrücken eingesetzt. Besonderes Augenmerk richtet aestehtic visions auch auf die Qualität der Injektionsnadeln. Die Fertigspritzen werden zusammen mit den Injektionsnadeln der Firma Terumo geliefert und farbcodiert, um Verwechslungen zu vermeiden (www. aestheticvisions.com).
144
Kapitel 9 · Füllmaterialien
. Tab. 9.5. CRM-Produkte CRM-SOFT
CRM-DUR
CRMGEL
CRMDEX
CRMDX
Na-Hyaluronat
14 mg
14 mg
16 mg
17 mg
17 mg
Dextranomere
0
0
0
25 mg
50 mg
Unvernetzte HA
0
0
4 mg
0
0
NaCl
6,9 mg
6,9 mg
6,9 mg
6,9 mg
6,9 mg
Nadel
30G
30G
29G
27G
27G
Implantationsebene
Mittleres dermales Gewebe
Mittleres dermales Gewebe
Mittleres dermales Gewebe
Mittlere Dermis
Subkutanes Gewebe
Indikation
Gesicht Hals Dekolleté Handrücken
Oberflächliche Falten
Lippenauffüllung Glabella
Nasolabiale und Marionettenfalten
Konturdefekte im Wangenbereich Volumensubstitution
Chemikalie zur Vernetzung
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE 1,4 Butandiol-Diglycidylether.
9 Klinische Studien Publikationen über die Vorteile der CRM-Technologie gegenüber anderen HA-Produkten liegen noch nicht vor. Die Produktfamilie wird erst seit Mitte 2007 vermarktet.
Unerwünschte Wirkungen Es ist davon auszugehen, dass die für andere HA-Produkte bekannten Nebenwirkungen auch für die CRM-Produkte zutreffen (7 Abschn. 9.7).
Teosyal Teoxane Laboratories wurden 2003 in Genf gegründet. Dort findet auch die Herstellung der in derzeit 46 Ländern präsenten Produkte Teosyal Ultra Deep, Deep Lines, Global Action, Kiss, Meso und First Lines statt. Die aus Bakterienkulturen (Streptococcus equi) gewonnene HA wird unter Einsatz von 1,4-Butandiodiglycidether quervernetzt (MG 1,5–2 KDa).
Eigenschaften und Handhabung Teosyal-Produkte eignen sich zur Hydratation der Dermis von der Behandlung oberflächlicher und periorbitaler Linien, der Zornesfalte und nasolabialen Falte über Lippenauffüllung bis hin zur Augmentation von Konturdefekten im Gesichtsbereich
(. Tab. 9.6). Die Fertigspritzen werden zusammen mit den passenden Injektionsnadeln geliefert.
Klinische Studien Publikationen über die Vorteile von Teosyal gegenüber anderen HA-Produkten liegen noch nicht vor. Laut Herstellerangaben wurden entsprechende Studien initiiert.
Unerwünschte Wirkungen Nach Herstellerangaben enthält Teosyal <5 μg Fremdprotein im Endprodukt. Nachvollziehbar ist deshalb das geringe allergologische Risiko (Friedmann et al. 2002). Der vergleichsweise niedrige bakterielle Endotoxinspiegel (<0,2 Endotoxinunits/g) erklärt die geringen Entzündungsreaktionen (www.teoxane.com). Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die für HA-Produkte bekannten Nebenwirkungen auch für die Teosyal zutreffen (7 Abschn. 9.7).
9.6
Autologe Füllmaterialien
9.6.1 Autologes Fettgewebe
Neuber verwendete 1893 erstmalig autologes Fettgewebe für die faziale Augmentation. Fischer und
9
145 9.7 · Unerwünschte Wirkungen
. Tab. 9.6. Teosyal-Produkte Teosyal Meso
First Lines
Global Action
Touch Up
Deep Lines
Kiss
Ultra Deep
Konzentration
15 mg/g
20 mg/g
25 mg/g
25 mg/g
25 mg/g
25 mg/g
25 mg/g
Grad der Vernetzung
Keine
+
+++
+++
+++
++++
++++
Nadeln
30G
30G
30G
30G
27G
27G
26G
Indikation
Hydratation der Dermis
Kleine Fältchen periokkulär und perioral
Falten Zornesfalte
Falten Zornesfalte
Tiefe Falten Nasolabialfalte
Lippenvolumen
Volumenaufbau
Injektion
Epidermis, oberflächliche Dermis
Oberflächliche Dermis
Mittleres dermales Gewebe
Mittleres dermales Gewebe
Mittleres dermales Gewebe
Mittlere Dermis
Subkutanes Gewebe
Chemikalie zur Vernetzung
-
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE
BDDE 1,4 Butandiol-Diglycidylether.
Fischer beschrieben 1977 die Verwendung von autologem Fett nach Liposuktion. Der Vorteil der Verwendung eines autologen Gewebes liegt in der Biokompatibilität. Die Technik ist dann sinnvoll, wenn ein »liporecycling« (Liposuktion in Kombination mit Augmentation) erwünscht ist (Sattler u. Sommer 2000). Abhängig von der Technik der Gewebegewinnung und Transplantation sind mehrwöchige bis jahrelange Effekte beschrieben (Donofrio 2005). Die Dauer des Effekts hängt auch von dem in Tumenescentanästhesie gewonnenen Fettgewebe ab.
9.6.2 Plasmagel
Patienteneigenes Plasma nimmt unter Zusatz von Ascorbinsäure und Erhitzen eine galertige Konsistenz an und kann sich als preiswertes autologes Füllmaterial eignen Langzeitergebnisse stehen noch aus. Bedacht werden muss der apparative Aufwand, der auch die Sterilisation der Substanz beinhaltet. Der Umgang mit autologem Fettgewebe und die Injektion von Plasmagel sollten entsprechend etablierten Zentren vorbehalten sein.
9.7
Unerwünschte Wirkungen
Bei einer Augmentationsbehandlung muss mit passageren Pigmentverschiebungen immer gerechnet werden: Hämatome treten häufiger bei Patienten auf, die Aspirin oder andere Antikoagulanzien einnehmen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass HA eine strukturelle Verwandtschaft mit Heparin aufweist. Passagere Erytheme, Juckreiz und Ödeme traten in ca. 2% der Patienten auf, die sich einer Behandlung mit Hylaform unterzogen, und in 0,05% der Patienten, die bis 2000 mit Restylane behandelt wurden (Friedman et al. 2002). Verbesserungen der Produktion sollen diese Form der Nebenwirkung fast eliminiert haben. Nach wiederholten HA-Injektionen können Pigmentverschiebungen beobachtet werden; möglicherweise erklären sich diese Beobachtungen durch eine Kapillarisierung des augmentierten Gewebes. Mit Sensibilisierungen vom Spättyp ist beim Einsatz von bovinem Kollagen (auch als Zusatz in Artecoll) zu rechnen. Diese 3–3,5% der Fälle sind mittels Hauttestung zu eruieren (Klein 2001). Wiederholte Hauttestungen werden empfohlen, dabei wird nicht darauf geachtet, dass jeder Kontakt zu Rinder-
146
Kapitel 9 · Füllmaterialien
kollagen die Sensibilisierungswahrscheinlichkeit erhöht. Von 7000 Patienten, die im Allergietest bovines Kollagen vertrugen, reagierten 1,5% am Injektionsort mit vorübergehendem Erythem, Schwellung und Juckreiz (Castrow u. Krull 1983). Zwischen 1997 und 2001 wurden 4320 Patienten, die sich wiederholt Hyaluronsäure-(Restylane-)Behandlungen (12.344 Fertigspritzen) unterzogen, im Hinblick auf unerwünschte Nebenwirkungen untersucht: Insgesamt traten nur 34 Überempfindlichkeitsreaktionen auf (Andre et al. 2005). Darüber hinaus muss immer mit Sofort- und Spätreaktionen des
Mögliche unerwünschter Wirkungen (Lowe et al. 2005)
9
Sofortreaktion (bis zu wenigen Tagen nach Injektion)
Spätreaktion (Wochen bis Jahre nach Injektion)
Injektionsort
Infektion (atypische Mykobakterien) Erythem Ödem Schmerzen
Erythem Ödem Schmerzen Hämatome Juckreiz
Systematisierung
Infektion Erythem Ödem Schmerzen
Aseptische Abszesse Erythem Ödem Schmerzen
Sensibilisierung
Migration des Füllmaterials
Erythem Ödem Schmerzen Fehlverteilung des Materials
Knötchenbildung
Dyspigmentierung
Postinflammatorische Hypo-/Hyperpigmentierung
Erythem Hypo- und Hyperpigmentierung Gewebenekrosen
Vernarbung
Gewebes auf ein injiziertes Material gerechnet werden, die vorübergehend oder permanent sein können (Lowe et al. 2005). Die Reagibilität ist individuell verschieden. Eine Langzeitnebenwirkung injizierbarer Füllmaterialien ist die von der Umgebung abgrenzbare Substanzvermehrung. Noduli (Knötchen) oder Nodi (Knoten) werden im Standardlehrbuch der Dermatologie wie folgt definiert: »umschriebene, solide, gut von der Umgebung abgesetzte Substanzvermehrungen, meist kutan bis subkutan gelegen. Die Begriffe sind nicht für Neoplasmen reserviert, sondern werden auch für entzündliche knotige Hauterscheinungen gebraucht« (Braun-Falco et al. 2005, S. 11). Im gleichen Lehrbuch ist ein Granulom eine »knötchenförmige Zellansammlung, die sich hauptsächlich aus Makrophagen und Lymphozyten zusammensetzt« (Goerdt 2005, S. 521). Folgerichtig ist das Granulom eine histologische Diagnose. Tastbare »von der Umgebung abgrenzbare Substanzvermehrungen« werden leider nicht immer histologisch untersucht. Um Verwirrungen zu vermeiden, wird in der vorliegenden Abhandlung von einem Granulom nur dann gesprochen, wenn der histologische Nachweis einer »knötchenförmigen Zellansammlung, die sich hauptsächlich aus Makrophagen und Lymphozyten zusammensetzt«, erbracht wurde. Bei der Verwendung von Füllmaterialien ist immer mit Knötchenbildung zu rechnen. Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Material diese Reaktion hervorruft, ist von multiplen, ineinandergreifenden intrinsischen und extrinsischen Faktoren abhängig, d. h. von dem verwendeten Füllmaterial, der Injektionstechnik, dem behandelten Areal und den individuellen Gegebenheiten des Patienten. Lemperle et al. verglichen die Gewebereaktionen humaner Haut am Unterarm bei Einsatz von verschiedenen nichtpermanenten und permanenten Füllmaterialien (Zyplast, Restylane, Artecoll, PMS 350, Sculptra, Reviderm, Dermalive, Aquamid, Radiance) über einen Zeitraum von 9 Monaten (Lemperle et al. 2003a): Während Kollagen und Hyaluronsäuren der Phagozytose unterliegen, verursachen Silikon und Acrylamide Fibrosen, die dann unerwünschte Gewebereaktionen nach sich ziehen, wenn größere Mengen des Fremdmaterials disloziert sind. PMMA und Dextrane können eine dauerhafte
147 Weiterführende Literatur
Verkapselung bewirken. Acrylathaltige Füllmaterialien gehen in fast 10% der Fälle mit einer Knotenbildung einher. Dabei können die Knoten nicht alle durch eine unspezifische antiinflammatorische katabole Reaktion abgebaut werden und müssen dann letztendlich exzidiert werden. Somit ist es eine Frage der Ethik, ob der Behandler zur kosmetischen Augmentation einer tiefen Falte ein Material verwenden möchte, welches eine derartige Gewebereaktion nach sich ziehen kann, die eine Zerstörung des Gewebes (chirurgische Exzision) erfordert. PMA und PLLA können Knötchenbildungen verursachen. Das Ausmaß ist abhängig von der Menge des injizierten Materials pro Injektionsstelle. Befinden sich die meist schmerzlosen Knötchen in der Tiefe des Gewebes und sind nicht sichtbar, werden sie häufig als nicht störend empfunden. Zur Behandlung der Lipatrophie HIV-positiver Patienten werden in 44% der Fälle kleine, nicht störende, lediglich tastbare Knötchen beschrieben, wenn PLLA nicht den neuen Richtlinien entsprechend gehandhabt wurde (Douglas et al. 2003; Lowe 2006). Gut die Hälfte lösen sich mit der Zeit wieder auf. Tastbare Noduli treten mit einer Wahrscheinlichkeit von <0,1–0,01% auf, wenn Kollagene, HAhaltige und andere resorbierbare Materialien verwendet werden (Lowe et al. 2005). Die Wahrscheinlichkeit der Knötchenbildung ist wesentlich höher beim Einsatz von permanenten Füllmaterialien. Der Behandler muss wissen, dass unterschiedliche Materialen einer unterschiedlichen Handhabung bedürfen und in unterschiedliche Hautebenen injiziert werden müssen. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser unerwünschten Nebenwirkung insbesondere dann gegeben, wenn über die Zeit (Jahre) unterschiedliche Materialen an den gleichen Ort injiziert werden. Häufig wissen »vorbehandelte Patienten« nicht, welches Material in/unter ihre Haut injiziert wurde – zumal die Bereitschaft zu klaren Angaben nicht immer gegeben ist. Abhilfe kann nur eine einwandfreie Dokumentation schaffen: Die schriftliche Dokumentation beinhaltet nicht nur die Aufzeichnung der Art des verwendeten Materials und der injizierten Menge, sondern auch die der behandelten Areale. Medizin und Rechtsprechung sind ständig im Fluss. DIOmed-Aufklärungsbögen (www.diomed.de) werden laufend überarbeitet und sind der Entwicklung
9
von Medizin und Recht angepasst. Fotodokumentationen sind darüber hinaus unerlässlich.
9.8
Fazit für die Praxis
Die Anwendung eines Füllmaterials zur Augmentation des Gesichts bewegt sich in einem Raum zwischen Kunst und Wissenschaft. Der Behandler muss sich einerseits mit der chemischen Zusammensetzung des Füllmaterials auskennen, mit der biologischen Reaktion des Gewebes auf das verwendete Produkt, und andererseits Implantationstechniken genauso gut beherrschen, wie er einen Blick für jedes individuelle Gesicht haben muss. Während der wissenschaftliche Teil angelesen werden kann (soweit bekannt), ist die künstlerische Fähigkeit (Injektionstechnik und Einfühlungsvermögen) dem Behandler gegeben oder nicht. Jeder, der Augmentationsbehandlungen durchführt, muss vorerst entscheiden, ob er beide Kriterien erfüllt.
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148
9
Kapitel 9 · Füllmaterialien
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9
10 10 Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung Franz Hasengschwandtner
10.1
Lipolyse
– 151
10.1.1 Geschichte der Injektionslipolyse mit Phosphatidylcholin – »Netzwerk Lipolyse« – 152 10.1.2 Phosphatidylcholin – 153 10.1.3 Wie wirkt Injektionslipolyse im Fettgewebe? – 154 10.1.4 Indikationen – 157 10.1.5 Kontraindikationen – 159
10.1
Lipolyse
Im Laufe eines langen Lebens steht die Tendenz zur Gewichtszunahme im fröhlichen Einvernehmen mit der steigenden Zahl der Jahre. Nur 100 Kilokalorien pro Tag mehr gegessen, als der Köper verbraucht, führen zu einer Gewichtszunahme von durchschnittlich 5,2 kg pro Jahr. 100 Kalorien sind etwa ein Glas Coca Cola, 2 Pralinen, eine Handvoll Kartoffelchips, einige Schluck Bier – also eine mehr als lässliche tägliche Sünde, die sich aber in Form von ungeliebten Fettpölsterchen ständig summiert. Unter den heutigen Lebensbedingungen mit weniger Bewegung, bester Ernährung und einem kaum zu erreichenden Illustrierten-Idealfigurbild kann es oft schon in jüngeren Jahren zur Unzufriedenheit mit Figurproblemen, Zellulitebildung und vorzeitiger Hautalterung kommen und nicht selten ist auch eine genetisch vordeterminierte, nicht dem Idealbild entsprechende Figur Anlass für Überlegungen zur Körperkorrektur. Der Ruf nach figurverbessernden Behandlungen – speziell von aufgeschlossenen, modisch bewussten und »gesund« lebenden modernen Menschen jeden Alters – führte zur Entwicklung einer Vielzahl von durch die »Fachwelt« empfohlenen Maßnahmen, alle mit dem Ziel einer perfekten Körperkontur, eines straffen Hautbilds und jugendlichen Aussehens.
10.1.6 Relative Kontraindikationen – 159 10.1.7 Nebenwirkungen – 160
10.2
Cellulite
– 163
10.3
Fazit für die Praxis
– 164
Weiterführende Literatur
– 164
Wie viele Apparaturen wurden und werden immer noch angepriesen, von der schon historischen Tiefenwärme über elektrisches Bodystyling und Elektrolipolyse bis zu den auf jedem Kongress neu vorgestellten Geräten auf Ultraschall- und Laserbasis, Radiowellen und Lichtfrequenzen – der Phantasie und dem Investitionswillen sind keine Grenzen gesetzt. Wie viele Straffungscremes und Schlankheitsbäder, Körperwickel und Massagemethoden, wie viele diätetische Empfehlungen, Formuladiäten, Quellstoffe, Schlankheitspillen und Sportprogramme wurden doch in den vergangenen Jahren empfohlen, es gibt laut einer amerikanischen Dissertation allein etwa 23.000 verschiedene Diätprogramme für überforderte Konsumenten. Die jahrelang beliebtesten und wegen des schnellen Erfolgs auch zahlenmäßig sehr verbreiteten invasiv-operativen Maßnahmen sind Fettabsaugungen, Lipoplastik, Hautstraffungen, Liftings und andere operative Korrekturen. Allein im letzten Jahr wurden in den USA für Schönheitsoperationen 11 Mrd. Dollar ausgegeben, jedoch neuerdings mit abnehmender Tendenz. Mit der Erfindung und Erforschung von weniger invasiven und in bestimmten Fällen nicht minder wirksamen Korrekturmöglichkeiten, wie z. B. der Injektionslipolyse, geht die Zahl der operativen Schönheitseingriffe langsam zurück; der Konsument wünscht sich, wenn es individuell möglich ist, eine
152
Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
weniger spektakuläre, kostengünstigere und mit weniger Risiko behaftete Figurkorrektur. Obwohl seit Einführung der Tumeszenzanästhesie Zwischenfälle eher selten wurden, sucht der Patient – speziell bei kleineren zu korrigierenden Arealen – die schonende, kostengünstigere Methode ohne Downtime und ist bereit, für das Endergebnis auch etwas Geduld auf sich zu nehmen.
10.1.1 Geschichte der Injektionslipolyse
mit Phosphatidylcholin – »Netzwerk Lipolyse«
10
Ursprünglich von der etablierten Schönheitschirurgie scharf kritisiert, hat die Injektionslipolyse durch gute Ergebnisse und kaum auftretende Nebenwirkungen gepunktet und ist langsam, aber sicher – anfänglich ausgehend von Italien und Brasilien, dann durch die Wiederaufnahme von Forschungen und die Weiterentwicklung der Behandlungsmethode von Österreich und Deutschland aus – in der ganzen Welt bekannt geworden und hat auch in der etablierten Schönheitsmedizin Fuß gefasst. Die kurze Geschichte beginnt 1988 in Rom beim 5. Kongress für Mesotherapie, bei dem Sergio Maggiori, ein praktischer Arzt aus Rom, seine Ergebnisse nach Injektion von Phosphatidylcholin in Xanthelasmen vorstellte. 2001 veröffentlichte Patricia Rittes aus Sao Paolo/ Brasilien ihre Ergebnisse nach Lipolyse von »Tränensäcken«, Fettansammlungen im Bereich der Unterlider. 2002 begann Franz Hasengschwandtner in Österreich mit den ersten bekannten Lipolysen in Europa, er verwendete eine neue erfolgreiche Rezeptur und entwickelte ein neues Behandlungsprotokoll, welches seither zum weltweiten Standard der Injektionslipolyse wurde. Einen wesentlichen Schritt vorwärts erlebte diese Behandlung, als im Sommer 2003 von den Medienexperten Ulrich Bunzek und Dirk Brandl in Münster das »Netzwerk Lipolyse« gegründet wurde. Die beiden Herren hatten schon Erfahrung mit medizinischem Management, coachten vorher diverse Kliniken und Praxen und sahen in der Injektionslipolyse die größte Chance in der ästhetischen Me-
dizin seit der Einführung von Botulinumtoxin in die Schönheitsmedizin. Durch eine Webseite aufmerksam gemacht, stieß auch sehr bald Hasengschwandtner dazu, mit damals schon 180 austherapierten und erfolgreich dokumentierten Fällen. Hasengschwandtner gehört zu jener Ärztegeneration, die in den 70er Jahren mit Phosphatidylcholin Bekanntschaft machten, das in der Unfallchirurgie als vorbeugendes und behandelndes Mittel gegen Fettembolien eingesetzt wurde. In der Klinik, in der er als junger Arzt tätig war, wirkte ein bedeutender Hepatologe (Herwig Wallnöfer), der mit Phosphatidylcholin seine Lipidund Leberforschungen betrieb und ein Lebermedikament entwickelte, welches heute als Essentiale noch im Handel ist. Das »Netzwerk Lipolyse«, mit Hasengschwandtner als wissenschaftlichem Leiter, machte sich die weitere Erforschung und Verbreitung der Injektionslipolyse zum Ziel. Diese Netzwerkgründung war nicht zuletzt wegen der zu diesem Zeitpunkt völlig fehlenden Unterstützung durch die Pharmaindustrie nötig geworden: Biopsien, Fachgutachten, Laboruntersuchungen, Tierversuche – alles musste aus den spärlichen Mitgliedsbeiträgen und Workshopeinnahmen der anfänglich wenigen Mitglieder finanziert werden. Die Protagonisten sahen auf der einen Seite ihre sehr schönen kosmetischen Erfolge, auf der anderen Seite entstand ein Sturm von Protesten und sehr oft nicht fundierten Einwendungen gegen diese neue Therapie, die nur durch geballte Anstrengung aller Mitglieder in Forschung und Weiterentwicklung widerlegt werden konnten. Eine Patientenbeobachtung von 5000 Fällen wurde begonnen. Die anfänglichen Meldungen über schlechte Wirksamkeit der Injektionslipolyse kamen ausschließlich von Ärzten, die ein abweichendes Behandlungsschema benutzten, und deckten sich nicht mit den durchweg guten Erfolgen der Netzwerkärzte. Die Behandlung schien einfach, versprach schnellen Erfolg, und das Interesse der lipolysewilligen Menschen war enorm. Allzu verlockend war es, und ist es bis heute, ohne fundierte Ausbildung, mit Verzicht auf die Erfahrung von vielen tausenden Behandlungen nach dem »Netzwerkprotokoll«, mit der Behandlung zu beginnen. Die ausbleibenden Erfolge führten zu einem Zustrom an Patienten zu den Netzwerkärzten, die damals schon eine Zufriedenheit
153 10.1 · Lipolyse
von 96% aller Patienten aufwiesen. Viele Mediziner aller Richtungen wollten Injektionslipolyse nach dem erfolgreichen Schema des Netzwerks erlernen, so dass man sich im Jahre 2004 zum Durchführen von Workshops entschloss. Man wollte einen Kreis von 50 Medizinern ausbilden und mit den Ergebnissen der oben erwähnten Behandlungsbeobachtung einen größeren Lipolysereport verfassen. Anfang 2004 konnten dann die ersten Workshops in Deutschland und Österreich, bald auch in England, Österreich, Holland, Italien, Griechenland und in den USA durchgeführt werden. Die geplante Höchstzahl von 50 Lipolyseärzten erwies sich sehr schnell als Illusion und das Netzwerk wurde für alle interessierten Kollegen geöffnet. 2005 erfolgte die Ausweitung nach Indien, Australien, Singapur und dem Nahen Osten. Derzeit gehören zum Netzwerk etwa 1200 Ärzte aus 59 Ländern rund um den Globus. Ein medizinischer Beirat, das »medical advisory board«, stellte Regeln auf, Hasengschwandtner konnte nicht mehr alle Workshops allein halten, es wurden weitere Kollegen ausgebildet, und in jedem wichtigen Land wurde ein Netzwerkrepräsentant installiert. Dieser Repräsentant kennt die Gepflogenheiten im jeweiligen Land, sorgt für rechtliche Sicherheit und betreut die Kollegen in allen Belangen z. B. durch die Schaffung von Einkaufsgemeinschaften und Unterstützung bei Studien und rechtlichen Fragen. Netzwerkunterlagen wie Folder, Patientenbeobachtungsbögen, Patientenaufklärungsbögen, Einverständniserklärungen, Patientenvorträge, Marketingartikel gibt es mittlerweile in mehreren Sprachen. Netzwerkintern wurden Forschungsgruppen geschaffen, bestehend aus Experten, die sich mit den verschiedenen auftretenden Fragen befassten: Arbeit mit HIV-positiven Patienten, Behandlungsregionen, Gesichtsbehandlungen, Cellulitebehandlungen, Nebenwirkungen, Behandlung von Diabetikern, Nachbehandlung von Liposuktionen und anderen Operationen (»dog ears«), Mischbehandlungen mit anderen kosmetischen Maßnahmen, Mesotherapie etc. All diese Forschungsgruppen haben einen Sprecher, jeder Arzt der über ein bestimmtes Thema etwas erforscht oder sonst etwas beizutragen hat, wird in diese Gruppen einbezogen. Die Wissenspyramide wächst dadurch täglich und der Zufriedenheitsgrad der behandelten Personen ebenso.
10
Der anfängliche Mangel an wissenschaftlichen Publikationen wurde mittlerweile durch eine größere Anzahl von Veröffentlichung in wissenschaftlichen peer reviewed Fachblättern ausgeglichen, und es läuft eine Anzahl von Studien an verschiedenen Universitäten. Lipolyse erlebt derzeit eine stürmische Entwicklung, in Rahmen derer auch andere lipolytische Substanzen getestet werden. Man kennt u. a. Methylxanthine wie Koffein und Aminophyllin als lipolytisch wirksam, und in den USA erforschen Kollegen die Brauchbarkeit von Detergenzien für lipolytische Zwecke. Auch so manche eher exotische Substanz wie Yohimbin, Ginseng und andere Naturmittel sind im Visier der Forschungen. Die vertretbare Balance zwischen Nebenwirkung und Wirkung wird bei der Auswahl solcher Substanzen eine große Rolle spielen. Der derzeitige Wissensstand erlaubt es aber nur 2 Maßnahmen eine durch Biopsien und biochemische Reaktionen verifizierte wissenschaftlich fundierte fettauflösende Wirkung zuzuschreiben: 1. Injektion von Phosphatidylcholin mit seinen Komponenten ins Fettgewebe 2. Ultraschallbehandlung mit einer gewissen membranauflösenden lipolytischen Frequenz Ideal und immer öfter angewendet ist eine Kombination dieser beiden Maßnahmen. In Verwendung sind ebenfalls Wärmebehandlungen, erzielt durch Radiofrequenzen.
10.1.2 Phosphatidylcholin
Phosphatidylcholin gehört zusammen mit den Glycerinphosphatiden und den Sphingomyelinen zu den Phospholipiden. Bei den Glycerinphosphatiden ist das Grundgerüst die Phosphatidsäure (. Abb. 10.1). Zwei der Hydroxylgruppen sind mit langkettigen
CH2 OOCR’ R’’COO CH
O + CH2 O P O CH2CH2N(CH3)3 O–
. Abb. 10.1. Phosphatidylcholin
154
Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
10.1.3 Wie wirkt Injektionslipolyse
im Fettgewebe?
. Abb. 10.2. Phosphatidylcholin besteht aus einem Glyzerinkern, an dessen 3 freie Arme je 2 Fettsäureketten und eine Phosphatgruppe mit der Cholingruppe angebunden sind. Durch die hydrophobe Fettsäuregruppe und die hydrophile Cholingruppe entstehen Doppelmembranen
10
Fettsäuren und die dritte Hydroxylgruppe ist mit Phosphorsäure verestert. Die Glycerinphosphatide sind Ester der Phosphatidsäure mit Aminoalkoholen. Die Verbindungen heißen Phosphatidylcholin, Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylserin und Phosphatidylinosit. Phospholipide weisen in ihrem Molekül einen apolaren, hydrophoben Anteil und einen polaren, hydrophilen Anteil auf. Der hydrophobe Anteil ist durch die beiden Fettsäurereste bedingt, der hydrophile Anteil besteht aus dem Phosphatrest und dem daran veresterten Aminoalkohol (. Abb. 10.2). Im physiologischen pH-Bereich liegt der Phosphatrest als Anion, die Aminogruppe hingegen als Kation vor, dadurch erhält das Molekül Zwitterionencharakter. Der hydrophob-hydrophile Charakter der Phospholipide ermöglicht die Ausbildung von Lipiddoppelschichten, die die Grundlage der Membranstruktur u. a. der Adipozyten liefern. Bei entsprechend hohen Konzentrationen eines oberflächenaktiven Stoffes bildet sich an der Oberfläche eine geschlossene monomolekulare Schicht. In biologischen Membranen trennen 2 aneinandergrenzende monomolekulare Schichten aus polarapolaren Lipiden wie Phospholipiden 2 wässrige Phasen voneinander. Die apolaren Reste sind dabei einander zugekehrt, die hydrophilen polaren Reste richten sich gegen das Wasser. In diese Lipiddoppelschicht sind außerdem amphiphile Proteine eingebaut. i Der Aufbau der Phospholipide hat wesentliche Bedeutung für die Wirkung der Injektionslipolyse.
Bei Veröffentlichung dieses Buches wird der genaue Mechanismus durch derzeit laufende biochemische Untersuchung an mehreren Universitäten schon »evidence based« sein. Gegenwärtig stützen wir uns bei der Erklärung des Wirkmechanismus auf eine Vielzahl von Ergebnissen, Daten und klinischen Untersuchungen; es existiert ein schon sehr dichtes Wissensmosaik, in dem nur einige kleine Schlusssteine durch oben erwähnte Studien einer endgültigen wissenschaftlichen Beweisführung bedürfen. Fest steht, dass es nach der Injektion von Phosphatidylcholin zum Zerplatzen der Fettzellen kommt. Diese Tatsache ist durch viele Biopsien und histopathologische Befundungen bewiesen (. Abb. 10.3). Beim Zerplatzen der Zellmembranen spielen zum einen die in Sojaphosphatidylcholin enthaltenen ungesättigten Fettsäuren eine Rolle, die den natürlich in den Membranen vorkommenden gesättigten Fettsäuren überlegen sind. Zum anderen ist die detergente Eigenschaft von Phosphatidylcholin und seinem Lösungsmittel Desoxycholsäure, einer Gallensäure, von Bedeutung. Der injizierte Wirkstoff ist Phosphatidylcholin, ein Lecithin mit 2 ungesättigten Fettsäureketten (Linol-, α-Linolensäuren), die in dem bei der Lipolyse verwendeten Produkt aus der Sojaproduktion stammen (Sojalecithin). Phosphatidylcholin (PPC), allerdings mit vorwiegend gesättigten Fettsäuren (Palmitin-, Olein-, Stearinsäuren) wird vom Körper selbst in großer Menge erzeugt, ist Bestandteil jeder Zellmembran, besonders der Leberzellen und der Fettzellen. Es wird z. B. in der Lunge der Embryos ab dem 4. Gestationsmonat gebildet und verhindert durch seine oberflächenaktive Wirkung das Zusammenkleben der Lungenbläschen nach dem ersten Atemzug und ist Gleitsubstanz im Intestinaltrakt. Um Phosphatidylcholin in eine injizierbare Form zu bringen, wird ein Lösungsmittel benötigt, welches ebenfalls ein oberflächenaktives Detergenzium ist, nämlich Desoxycholsäure, eine Gallensäure. Als Konservierungsmittel fungiert Benzylalkohol. Das in das subkutane Fettgewebe mittels feinster Nadeln fast schmerzfrei injizierte Phosphatidylcholin
155 10.1 · Lipolyse
10
. Abb. 10.3. Ab dem 3. Tag nach Injektion sieht man ein Zusammenfließen der Adipozytenstrukturen mit Auflösung des Fettgewebes und Makrophagen
breitet sich an der Oberfläche der Fettzellen aus, pro Injektion etwa in der Größe einem Tischtennisball (Golfball) vergleichbar, die Doppelmembranen der Adipozyten lösen sich auf und die injizierten Stoffe entfalten ihre detergente Wirkung (. Abb. 10.4). Endprodukte sind kleinste, nanomillimetergroße Fetttröpfchen, die durch die in den Mitochondrien der Adipozyten befindlichen aktiven Lipasen (hormonsensitive Lipase, Triglyceridlipase, Di- und Monoglyceridlipase) in Monoglyceride aufgespalten, durch HDL in die Leber transportiert und dort im Zitronensäurezyklus verstoffwechselt werden (β-Oxydation). Das Endprodukt ist H2O und CO2 und »Energie«. Viele Patienten berichten von weniger Appetit und allgemeinem Wohlbefinden nach Injektionslipolyse. Histopathologisch findet eine Apoptose zusammen mit einer Kolliquationsnekrose statt, ohne Gangränisierung und ohne Bildung von Eiter und Granulationsgewebe. Beide Vorgänge werden in die Obergruppe Nekrosen eingereiht, was gelegentlich bei Gegnern zu Missverständnissen geführt hat. Dieser Punkt ist z. B. einer der nun universitär in Untersuchung befindlichen Themen. i Injektion in falsche Gewebearten wie Muskelgewebe oder Faszien auf Grund von Unachtsamkeit oder mangelnder Ausbildung des Arztes bewirkt zwar eine Irritation derselben wegen des pH-Wertes von 8,2, es konnte aber keine Auflösung von Muskelgewebe oder Bindegewebe beobachtet werden.
Das die Nerven ummantelnde Sphingomyelin ist das zweite bedeutende Phospholipid im Körper und auf Grund einer anderen Zusammensetzung mit langkettigen Fettsäuren und einer Verestherung mit Phosphatidylcholin an der OH-Gruppe gegen die detergente Wirkung von Phosphatidylcholin und Desoxycholsäure resistent. Dies erklärt auch, warum es bislang im Rahmen von vielen Zehntausenden Lipolysebehandlungen zu keinen Nervenschädigungen gekommen ist. Die direkte Injektion in einen der größeren Nerven sollte natürlich aus rein mechanischen Gründen vermieden werden. Das zur Lipolyse verwendete Phosphatidylcholin ist zur Behandlung von Fettembolien und schwerer Fettstoffwechselstörungen sowie als Lebertherapeutikum für den intravenösen und auch oralen Gebrauch zugelassen. Die zugelassene tägliche intravenöse Dosis liegt um ein Vielfaches höher als die heute vom Netzwerk Lipolyse empfohlene Höchstdosis von 2500 mg PPC pro Sitzung. Empfohlen werden je nach Region zwischen einer und höchstens 4 Sitzungen, wobei der Großteil der Patienten mit einer (17%) und 2 (72%) Behandlungen zum gewünschten Ergebnis kommt. Die subkutane Anwendung ist derzeit noch ein »off-label use«, der völlig legal in Verantwortung des Arztes mit Zustimmung des Patienten nach sorgfältiger Aufklärung erfolgen darf. Der anfängliche Proteststurm in Ländern, in denen Phosphatidylcholin als Medikament nicht zugelassen ist – wie England oder Italien –, hat sich nach Darstellung des
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Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
. Abb. 10.4. a Ultraschallbild vor einer Lipolyse mit einer subkutanen Fettschichtdicke von 18,2 mm links und 20 mm rechts. b Ultraschallbild nach dieser Lipolyse mit nun 12,8 und 13 mm Fettdicke
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b
ärztlichen Grundrechtes auf Rezepturfreiheit weitgehend gelegt. Es entstehen immer mehr Sicherheitsstudien in Europa und den USA; die Zulassung der subkutanen Verabreichung sollte eigentlich nur mehr eine Frage der Zeit sein und ist eher ein finanzielles denn ein wissenschaftliches Problem. In Brasilien wurde im Jahre 2003 nach erheblicher missbräuchlicher Verwendung durch Heiler, Fitnessstudios, Kosmetikerinnen, Friseure und durch weitverbreitete Selbstmedikationen der Import von Lipostabil N behördlich verboten und Injektionslipolyse – außer für Studienzwecke durch ausgewählte Ärzte – mit einen Bann belegt.
In Deutschland war bis April 2006 Lipostabil N frei in den Apotheken für jedermann käuflich. Dies führte natürlich zu heroischen und unsinnigen Selbstversuchen von Laien. Diese wurden damals heftig in den diversen Internetchatrooms diskutiert, und es gab auch Behandlungszwischenfälle, von denen einige von der Forschungsgruppe »Nebenwirkungen« im Netzwerk Lipolyse dokumentiert und aufgeklärt werden konnten. Durch diverse medizinische Fachzeitschriften ging der Bericht einer Hautärztin, die sich vor dem Spiegel selbst in die Unterlider injizierte, welche dann wochenlang geschwollen waren; dies ist ebenfalls ein Beispiel einer
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Selbstbehandlung ohne Ausbildung und mit falscher Dosis; so etwas dürfte nicht vorkommen. Die Phosphatidylcholinforschung boomte seit der Entdeckung im Jahre 1959 bis in die frühen 80er Jahre und wurde dann aus heute nicht ganz nachvollziehbaren Gründen unterbrochen. Alle Nachforschungen bei damaligen Anwendern, Chefärzten, Universitätsprofessoren, Hepatologen, Kardiologen etc. ergaben beste Behandlungs- und Forschungsergebnisse (sogar die Heilung einer Knollenblätterpilzvergiftung wurde publiziert), die einzige plausible Erklärung für den Forschungsstopp war der Rückzug der Pharmaindustrie auf Grund der zu billigen Produktion und des deutlichen Mehrverdienstes durch Coenzym-A-Reduktasehemmer (Statine). Heute findet man neue Forschungsansätze in der Neurologie zur Behandlung der bipolaren Depression (Phosphatidylcholin aktiviert Acethylcholin 3-mal stärker als alle bisher bekannten Substanzen), zur Behandlung der Nebenwirkungen nach bakterieller Meningitis, als schonendes Adjuvans bei Chemotherapie, in der Gastroenterologie zur Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, in der Kardiologie zur Behandlung von Kardiosklerose und KHK, in der Hepatologie zur Behandlung von Fettleber und Hepatitis, und ganz besonders intensiv wird Phosphatidylcholin nun in der Antiagingmedizin als Radikalfänger, Antisklerotikum und Zellverjüngungsmittel eingesetzt.
10.1.4 Indikationen
Jeder in der ästhetischen Medizin tätige Arzt muss sich bewusst sein, dass jegliche Art von Intervention ihre Grenzen hat, so auch Injektionslipolyse. Der ideale Patient ist kaum übergewichtig, betreibt Sport und achtet auf die Ernährung. Er hat aber kleinere Figurprobleme, die mit den herkömmlichen konservativen Maßnahmen nicht zu verändern sind. Für Doppelkinn, Hängebäckchen, Achselfalten, Oberarme, Rückenrollen, Oberbauch, Unterbauch, Außen- und Innenschenkel und die Region über dem Knie hat der in Lipolyse ausgebildete Arzt eine potente und ungefährliche Methode mit überwiegend zufriedenen Patienten zur Verfügung. Nur etwa 1% aller Fälle ist aus den verschiedensten Grün-
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den (z. B. Hypothyreose) »hartnäckig« und bedarf einer weiterführenden Behandlung oder chirurgischen Intervention. Je erfahrener der Arzt, umso besser die Ergebnisse! Die Vorselektion der vorstellig werdenden Patienten bedarf einer gewissen Geschicklichkeit des Arztes. Welcher Patient ist besser beim Chirurgen aufgehoben, wer hat es eilig, wer möchte lieber die langsamere Veränderung seines Körpers? Wie schaut das Fettgewebe aus? Enthält es sehr viel Bindegewebe, ist es straff und fest, oder ist es »puddingweich« – ein Ausdruck der unter Lipolytikern schon weite Verbreitung gefunden hat. i Weiches Fettgewebe hat eine wesentlich bessere Prognose als festes Fettgewebe, jüngere Menschen erzielen ein schnelleres Ergebnis als ältere Menschen.
Prinzipiell funktioniert Injektionslipolyse jedoch auch in höherem Alter, der älteste behandelte Patient war immerhin 83 Jahre alt. Es gibt auch unterschiedliche Reaktionen verschiedener menschlicher Rassen. Am besten und schnellsten wirkt Lipolyse an jungen Inuks (Eskimos), Afrikaner haben viel Bindegewebe und brauchen 1 Behandlung mehr als Weiße, und Asiaten leiden unter mehr Schmerzen als der Durchschnitt. Nachbehandlungen nach Fettabsaugungen zur Korrektur eventuell entstandener Unebenheiten sind mit Lipolyse ebenfalls erfolgreich durchführbar – wenn das zu entfernende Restgewebe Fettgewebe ist. Manche Kollegen injizieren 2 Wochen vor einer geplanten Fettabsaugung Phosphatidylcholin an gewöhnlich hartnäckigen Stellen um den Nabel herum oder an der Innenseite der Oberschenkel.
Cave Injektionen in zu fibrotisches Gewebe nach Liposuktion sollten vermieden werden – dieses ist meist schlechter durchblutet und könnte zur Nekrosebildung neigen. Vermeiden Sie Injektionen in Sehnen, Bänder und Schleimbeutel. Dies ist besonders wichtig für die Region über dem Kniegelenk und an der Achillessehne.
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Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
Auch Fettgewebe, welches sich oberhalb von Narben aufstaut (nach Appendixoperation oder Sectio caesarea etc.), sowie nach operativen Eingriffen entstandene »dog ears« sind gut mit Lipolyse behandelbar. An gesundem Fettgewebe mit normaler Durchblutung wurde nach etlichen Zehntausenden Lipolysebehandlungen keine einzige Nekrose festgestellt, genauso wie Verteilungsstörungen mit Dellen, Löchern, Stufen allein schon wegen des oben beschriebenen oberflächenaktiven Effektes nie gesehen wurden.
Lipome
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Immer wieder gelingt es sehr erfolgreich, Einzellipome oder auch Lipomatosen mit Lipolyse zu behandeln. Empfohlen wird eine vorherige Ultraschallabklärung des Lipoms. Ob reines Fettgewebelipom, ob Fibrolipom, ob Angiolipom oder gar Sarkolipom, welches natürlich eine Kontraindikation darstellt – eingeschmolzen werden kann mit Lipolyse nur das Fett! Manche großen Fettlipome und kleinere Lipome bei multipler Lipomatose konnten gänzlich zum Verschwinden gebracht werden. Die Kapsel von Fettlipomen ist in der Regel sehr dünn und löst sich völlig auf. In manchen Fällen verbleibt ein kleiner Lipomrest, mit dem der Patient lieber lebt als mit einer hässlichen Narbe nach Exzision. Auch Patienten mit Morbus Madelung oder auch Morbus Dercum wurden schon erfolgreich mit Lipolyse behandelt.
Gynäkomastie Gynäkomastien – besser gesagt Pseudogynäkomastien oder Lipomastien – sind ein sehr erfolgreiches Betätigungsfeld. Hiebei bedarf es allerdings einer ganzen Reihe von Voruntersuchungen und Betrachtungen, die hier kurz erwähnt werden sollen: 4 Abklären, ob es sich um eine Gynäkomastie oder eine Pseudogynäkomastie (Lipomastie) handelt. 4 Echte Gynäkomastie hat ihre Ursache entweder in einer vermehrten Östrogensekretion (Pubertät) oder in einer verminderten Androgensekretion (z. B. Klinefelter Syndrom) oder auch in einer Übersekretion von Prolaktin und gonadotropen Hormonen (Hypophysentumor).
4 Vorkommen: Als physiologische Gynäkomastie während der Pubertät, im Rahmen einer Östrogenbehandlung eines Prostatakarzinoms, bei Vorhandensein von östrogenproduzierenden Tumoren, Skrotalatrophie, Hypogonadismus, Akromegalie, Morbus Basedow etc. i Einseitige Gynäkomastie ist meist ein Fibroadenom, aber die Möglichkeit eines Brustdrüsenkrebses muss abgeklärt werden!
Die Gynäkomastie junger Männer erscheint oft in Verbindung mit einem bösartigen Hodentumor (Chorionepitheliom). Im Falle einer echten, hormonbedingten Gynäkomastie sind gewisse Hormonwerte zu kontrollieren, und es ist empfehlenswert, einen entsprechenden Spezialisten beizuziehen. Folgende Laborparameter sind wichtig: LH (luteinisierendes Hormon; engl. ICSH, »interstitial cell stimulating hormone«) und Prolaktin – beide können auf Hypophysentumor hinweisen. Evtl. MRT des Gehirns veranlassen. Weiterhin ist zu beachten: Testosteron, FSH und E2 – Hypogonadismus, Akromegalie, Morbus Basedow. Abklären, ob chronischer Alkoholabusus, Hepatopathie oder Östrogenbehandlung eines Prostatakarzinoms vorliegen; diese können eine Gynäkomastie hervorrufen. Einseitige Gynäkomastie kann auf ein seltenes Mammakarzinom hinweisen, hier sind Untersuchung auf Tumormarker und MRT der Mamma indiziert. Diese Dagnostik empfehlen wir auf alle Fälle bei jüngeren Patienten. Für ältere Männer mit augenscheinlich ausschließlicher Fettakkumulation gilt eine etwas gelockerte Prädiagnostik.
Tränensäcke Die Behandlung der durch Rittes berühmt gewordenen Fettansammlung der unteren Augenlider (Tränensäcke) haben wir aus der Empfehlungsliste der zu behandelnden Regionen herausgenommen. Zum einen erscheint die Diagnose eines zu injizierenden SOOF (»supraorbicular orbital fat pad«) zu kompliziert, zum anderen ist die Gefahr, eine Retrobulbärblutung zu provozieren, doch nicht zu unterschätzen. Im Advisory Board des Netzwerk Lipoyse ist man sich einig, dass diese Indikation besser bei einem kundigen Chirurgen aufgehoben ist.
159 10.1 · Lipolyse
10.1.5 Kontraindikationen
Kinder und Jugendliche Es ist unglaublich, wie oft Jugendliche selbst oder auch Eltern mit Teenagern in die Praxis kommen, um das Fett der/des lieben Kleinen wegschmelzen zu lassen. Obwohl mir keine echte medizinisch begründbare Kontraindikation bekannt wäre, bin ich der Meinung, dass es für den noch wachsenden Organismus geeignetere Methoden gibt, um überschüssiges Fett loszuwerden. Der Körper sollte seine Wachstumsphase vollendet haben! Die Forderung mancher Kollegen, erst nach dem 25. Lebensjahr zu injizieren, halte ich wieder für übertrieben.
Schwangere und stillende Mütter Auch hier gilt: Obwohl kein toxischer oder teratogener Effekt bekannt ist, sollte eine medizinisch nicht indizierte Behandlung auf die Zeit »danach« verschoben werden.
Diabetiker mit Mikroangiopathien Injektionen in alle Stellen des Körpers, die aus den verschiedensten Gründen eine Minderdurchblutung aufweisen, sollten vermieden werden. Ich kenne nach über 100.000 kontrolliert durchgeführten Lipolysebehandlungen erst 2 ernstzunehmende Nekrosebildungen, beide nach Fehlbehandlungen durch Injektion in mangeldurchblutetes Gewebe.
Bestimmte Autoimmunerkrankungen Es scheint sich doch mehr und mehr herauszukristallisieren, dass der Fettabbau durch apoptotische Prozesse reguliert wird. Der kontrollierte Zelltod könnte für Autoimmunprozesse doch eine Provokation zur Verschlechterung darstellen, so dass für Patienten mit Pemphigus vulgaris, Dermatomyositis, Sklerodermie, systemischem Lupus erythematodes, Morbus Werlhof etc. eine gesteigerte Vorsicht zu gelten hat. Patienten mit rheumatischen Erkrankungen, auch Psoriatiker, berichten über eine Besserung der Symptome während der Lipolysebehandlung, auch Patienten mit Strumitis Hashimoto zeigen keine Veränderungen ihres Krankheitsbildes nach Lipolyse.
Schwerste Lebererkrankungen Damit sind Leberkarzinome und weit fortgeschrittene Zirrhosen gemeint. Phosphatidylcholin ist ein
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Lebertherapeutikum ersten Ranges. Bei Patienten mit erhöhten Transaminasen kommt es regelmäßig zu erstaunlichen Besserungen der Blutwerte und des gesamten Wohlbefindens. Im Finalstadium einer Lebererkrankung könnte es aber doch zur Überladung des Systems kommen. Bei solchen Patienten, die durchaus auch den Wunsch nach Lipolyse haben können und diesen auch schon bei mir geäußert haben, ist doppelte Vorsicht geboten.
Chronische Infektionserkrankungen Dieser Punkt leitet schon über zu den relativen Kontraindikationen. Gemeint sind Tuberkulosepatienten, Malariapatienten, AIDS-Patienten mit schon geschwächtem Immunsystem. Lipodystrophien nach antiviralen AIDS-Therapien sind bekannt als Buffalo Hump oder Stiernacken, es können aber an praktisch allen Körperstellen Fettverteilungsstörungen auftreten, die bisher ausschließlich durch chirurgische Maßnahmen beherrscht werden konnten. Roy de Vita, Rom, leitet eine Netzwerk-Forschungsgruppe, die sich mit der Behandlung dieser Aids-Patienten beschäftigt, und er berichtet über sehr gute Behandlungsergebnisse.
10.1.6 Relative Kontraindikationen
Nierenerkrankungen Es gibt Hinweise, dass ein kleiner Teil der eingeschmolzenen Fettsäuren (unter 1%) als kurzkettige Fettsäuren durch die Niere ausgeschieden wird. Patienten mit nur einer Niere und einem Serumkreatinin von über 2,5 mg/dl sollten mit besonderer Vorsicht oder nach Rücksprache mit dem behandelnden Fachkollegen für Urologie behandelt werden.
Lipodystrophien, Lipatrophien Immer wieder wird der Wunsch an uns herangetragen, solche Fettverteilungsstörungen, die durch Proteasehemmer und andere antivirale Therapien, aber auch durch Traumen, chronische Drucksyndrome, mehrmalige Insulin- oder Glukokortikoidinjektionen entstehen können, mittels Lipolyse kontralateral auszugleichen. Über die Möglichkeit der Behandlung von Buffalo Humps bei AIDS-Patienten habe ich schon berichtet, eine Lipodystrophie unklarer Genese stellt aber für die Lipolyse einen Unsicherheitsfaktor dar, der noch genauerer Abklärung
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Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
bedarf. Der Wunsch der Patienten nach symmetrischer Körperstatur ist legitim, sie ersuchen entweder, die nicht betroffene Seite durch Fetteinschmelzung mittels Lipolyse der betroffenen Seite anzugleichen oder die dystrophische Seite durch Füllmaterial auszufüllen. Autologe Fetttransplantationen oder permanente Filler sollten hier nicht das Thema sein, Lipolyse wird in diesem Zusammenhang oft gefordert, ist aber nicht das Mittel der Wahl.
Entzündliche Bindegewebeerkrankungen Solche Erkrankungen wie Dermatomyositis, interstitielle Myositis oder Kollagenosen müssen vor einer Lipolyse genau abgeklärt werden, und wie bei allen Eingriffen müssen Vor und Nachteile einer Behandlung abgewogen werden.
Allergien
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Bisher wurde noch keine einzige systemisch-allergische Reaktion nach Lipolyse berichtet. Lokale kurzzeitige papulopustulöse Exantheme, die keiner besonderen Behandlung bedürfen, können in seltenen Fällen auftreten. Eine generelle Allergie auf Phosphatidylcholin ist nicht bekannt. Möglich sind seltene Allergien auf einige Bestandteile von enthaltenen Stabilisatoren wie Tocopherol, Vitamin B, Benzylalkohol. Da wir aus der Sojaproduktion nur die ungesättigten Fettsäuren extrahieren, sollte eine Sojaallergie keine Kontraindikation darstellen, ich selbst habe schon einige Sojaallergiker ohne irgendeine Nebenwirkung mit Lipostabil N behandelt. In den Workshops stelle ich immer wieder die Forderung, dennoch für den bisher nie aufgetretenen Notfall gerüstet zu sein und zumindest ein injizierbares Antihistaminikum, ein injizierbares hochdosiertes Cortisonpräparat und ein Adrenalinpräparat in Reichweite zu haben. Dies gilt für Kollegen, die manchmal außerhalb ihrer Praxen in Spa-Hotels oder Studios Lipolyse betreiben und den Apparat ihrer Praxen dann im Regelfall nicht zur Verfügung haben. In unseren europäischen Ländern ist das Vorhandensein einer Minimalnotfallausrüstung fast überall gegeben; in anderen Kontinenten, auch den USA, bestehen teilweise andere Gewohnheiten und Gebräuche.
Obesitas, Adipositas, Fettsucht Dass Lipolyse für diese Patientengruppe nicht das Mittel der Wahl ist, sollte klar sein. Umschriebene
Fettansammlungen, z. B. das Atmen erschwerende Fettakkumulationen im Epigastrium, können mit Lipolyse behandelt werden, aber immer unter dem Aspekt, dass dies nicht eine Lösung des Gesamtproblems darstellen kann.
10.1.7 Nebenwirkungen i Die sorgfältige Aufklärung der Patienten ist ein unbedingtes Muss!
Das Netzwerk Lipolyse hat dafür standardisierte Aufklärungs- und Beratungsformulare und – in Zusammenarbeit mit einer dafür spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei – eine Zustimmungserklärung entwickelt, die im Falle des Falles eine hundertprozentige Absicherung bringen sollten. Jeder Patient wird nach Injektionslipolyse Schwellungen, Rötungen und Juckreiz an sich erfahren. Schmerzen sind meist nicht so erheblich, und im Durchschnitt nehmen nur etwa 4% der behandelten Personen ein schmerzhemmendes Mittel während der ersten Nacht (. Abb. 10.5).
Kreislaufprobleme Unmittelbar nach der Injektionsbehandlung kann es in seltenen Fällen zu Kreislaufproblemen und kollapsähnlichen Zuständen kommen, besonders wenn es sich um Hypotoniker handelt. Auch das Nachlassen der Angst und psychischen Anspannung kann zu leichten vasovagalen Reaktionen post injectionem führen. Man muss bedenken, dass im Falle der Höchstdosis etwa 200 kleine Einstiche verabreicht werden! Ich rate wirklich jedem Behandelten – geht es ihm auch noch so gut und ist er auch noch so sportlich, kräftig und jung –, noch etwa 20 min in Reichweite zu verweilen. Im Falle von Kreislaufproblemen genügen immer die Hochlagerung der Beine und ein wenig Flüssigkeit. Der überwiegende Teil der Patienten fährt ohne Probleme nach dieser kurzen Wartezeit mit dem eigenen Auto nach Hause. Halten Sie die Patienten an, am selben Tag noch ausreichend viel zu trinken, um nächtliche Kollapse zu verhindern. Der Fall einer Patientin in London ist mir noch in guter Erinnerung: Die Patientin erlitt nach Höchstdosis Lipolyse am Bauch und an den Oberschenkeln beim nächtlichen Toilettenbesuch
161 10.1 · Lipolyse
. Abb. 10.5. Die Nebenwirkungen sind, sowohl was die Stärke als auch die Dauer anbelangt, durchweg tragbar. Schmerz-
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empfindliche Patienten (nur 4% aller Behandelten) nehmen in der 1. Nacht ein Schmerzmittel
einen Kollaps. Der nichtsahnende Lebensgefährte erschrak wegen der aufgetretenden Schwellungen (. Abb. 10.6) und veranlasste die Noteinweisung in ein Krankenhaus. Erst ein funktionierendes Notfallsystem des Netzwerks mit Anruf auf meinem Mobiltelefon konnte die vielen Einstiche und sichtbaren Schwellungen und Rötungen aufklären. Die Patientin wurde noch in derselben Nacht wieder entlassen.
Vorgehen bei Gesichtsbehandlung Alle Gesichtsbehandlungen sind mit deutlichen Schwellungen verbunden, die bis zu einer Woche sichtbar sein können (. Abb. 10.7).
Cave vor allzu großzüger Injektionslipolyse im Gesicht!
. Abb. 10.6. Schwellung 6 h nach Injektion der maximalen Dosis in den Oberbauch (40 ml Compound) und Unterbauch (60 ml Compound). Je deutlicher die Schwellung desto besser das Resultat – Unbehagen nur wegen der Schwellung, der Schmerz ist gut zu ertragen
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Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
Hormonelle und gastrointestinale Nebenwirkungen Eine relativ häufige Nebenwirkung ist das Auftreten einer Zwischenblutung. Da Fettgewebe ein großer Hormonspeicher und -produzent ist, ist dies ein Zeichen der massiven Fetteinschmelzung und wird von den Patientinnen positiv aufgenommen. An den Tagen nach Injektionslipolyse kann es zu vermehrten Stühlen kommen, echte Durchfälle sind sehr selten. Ebenso selten sind Übelkeit und Erbrechen. Über die vegetative Komponente der Nebenwirkungen habe ich ja oben schon berichtet, leichte cholinerge Reaktionen sind möglich. . Abb. 10.7. Schwellung des Gesichtes am 2. Tag nach Injektionslipolyse an den Hängebäckchen und am Doppelkinn. Die Dauer der Schwellung beträgt im Durchschnitt 5 Tage
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Die Diagnose und die damit verbundene Absicht, Fettgewebe im Gesicht einzuschmelzen, muss allen Beteiligten bewusst sein. Die meisten im Gesicht ästhetisch tätigen Ärzte sind mit der Auffüllung von nachlassenden Strukturen beschäftigt, sie verwenden autologe Fetttransplantationen oder Filler. Wir tun mit Lipolyse genau das Gegenteil, wir schmelzen Gewebe ein. Wir müssen uns daher vor der Behandlung ganz sicher sein, dass die Patientin oder der Patient nachher nicht älter aussieht als vorher. Deshalb ist eine Behandlung genau zu überlegen, besonders an den Nasolabialfalten und den Wangen. Die Ergebnisse an den Hängebäckchen oder dem Doppelkinn sind meist sehr schön und in den überwiegenden Fällen mit einer einzigen Behandlung zu erzielen. Die Einstiche selbst sind durch die hier verwendeten 30G-Nadeln praktisch schmerzfrei, daher erübrigt sich auch die vorherige Anwendung einer anästhesierenden Creme. Vorherige Kühlung wird von manchen Kollegen gerne durchgeführt, ich gebe Coolpacks nach der Behandlung und empfehle sie während der ersten 12 h. Gegen eventuell auftretende Hämatomverfärbungen geben manche Kollegen Arnikaglobuli und Hirudoid-Gel. Die sorgfältige Hautdesinfektion und die übliche Injektionshygiene sind einzuhalten, um eventuelle Spritzenabszesse zu verhindern. Ich habe erst von einem einzigen Spritzenabszess gehört, und es ist nicht sicher, ob in diesem Fall die nach Injektionslipolyse angewendete und selbst hergestellte AloeVera-Salbe vielleicht dafür verantwortlich war.
Knötchen Die meisten Nebenwirkungen sind harmloser Natur, und der Patient kann fast immer beruhigt werden. Seien Sie für Ihre Patienten telefonisch erreichbar. Sie geben ihnen dadurch ein Gefühl der Sicherheit. Ich gebe den Patienten ein Visitenkärtchen mit meiner Handynummer und habe gesehen, dass kaum jemand wirklich anruft. Sehr vereinzelt sind Patienten verunsichert, wenn sie in den ersten Tagen einige Knötchen tasten können, tiefere Hämatome oder Infiltrate, ich konnte bisher alle beruhigen und habe noch keinen länger bestehenden Knoten gesehen.
Schmerzen Für die erste Nacht nach der Lipolyse hat sich die Gabe von 1–2 Tabletten »Voltaren rapid« oder ein Ibuprofen-Präparat bewährt. Vier Prozent meiner zugegebenermaßen eher empfindlichen Patienten nehmen so ein »Schmerzmittel«. Eine Kühlung der behandelten Areale ist wohltuend und schmerzlindernd. Manche Kollegen kühlen schon vor der Behandlung.
Fibrome Nach zu tiefen Injektionen in die Muskelfaszie können sehr selten auch Fibrome entstehen, bindegewebige Knoten oder Platten, die dann tastbar und teilweise schmerzhaft sind. Bei richtiger Injektionstechnik darf so etwas nicht vorkommen. Achtung bei sehr fordernden Damen, die ohnehin kein Gramm überschüssiges Fett haben und trotzdem behandelt werden wollen. Solche iatrogenen Fibrome verschwinden erst nach einigen Monaten, aber auch sie bilden sich zurück. Ein amerikanischer Kol-
163 10.2 · Cellulite
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Hyperpigmentierung Bei dunkelhäutigeren Patienten kann es selten zu Hyperpigmentierungen der Injektionsstellen kommen. Diese Pigmentierungen bleiben länger erhalten, sind aber nicht persistierend. Ich habe sie bisher nur im Hüft- und Gesäßbereich beobachtet (. Abb. 10.8), nie im Gesicht. Übereifrige Patienten sind aufzuklären, dass der Versuch einer Entfernung mit Laser frustran ist und der ungewünschte Effekt dadurch höchstens schlimmer werden kann. . Abb. 10.8. Eine postinflammatorische Hyperpigmentation, vorwiegend bei dunkelhäutigen Typen
lege, der sich schon vor seiner Ausbildung in einem meiner Workshops an seiner Frau als Lipolytiker versuchte, stellte mir die malträtierte Gattin vor, die am Oberbauch eine einzige berührungsempfindliche Fibromplatte von zu tiefen Injektionen hatte. Die Behandlung erfolgte nur symptomatisch mit Diclofenac-Gel und Ruhe, erst nach 3 Monaten war diese Frau wieder beschwerdefrei.
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Cellulite
Cellulite ist ausschließlich ein weibliches Problem und ein Thema, mit dem sich Tausende von Behandlern redlich abgemüht haben mit dem Ergebnis meist nicht sehr zufriedener Patientinnen. Es gibt bekanntlich eine große Anzahl von Apparaturen, Gymnastikvorschlägen und Cremes etc. Auch für die Lipolyse stellt Cellulite eine Herausforderung dar. Die in bindegewebigen Septen eingepressten ge-
3-Stufen-Plan zur Lypolyse bei Cellulite 4 Stufe 1: Lipolyse mit Phosphatidylcholin wie gewohnt. Vorwiegend im Cellulitestadium 4, bei stärkster Ausprägung der Cellulite angewendet. Wir injizieren großflächig mit Betonung auf die celluliteeigenen Vorwölbungen, Knoten und Hügel. Nach der üblichen 8-wöchigen Wartezeit kann die 2. Stufe eingesetzt werden. 4 Stufe 2: .Diese zeichnet sich durch eine ganz besondere Injektionstechnik aus. Wir dringen mit der Lipolysenadel in die Haut ein, durchdringen diese rechtwinkelig und machen aber dann in einer Tiefe von 4–5 mm einen Haken, so dass die Nadelspitze wieder leicht nach oben schaut und unter der Haut zu tasten, manchmal auch zu sehen ist. Wir injizieren die gleiche Injektionsmenge von 0,5 ml pro Injektion streng subdermal, wir setzen subdermale, mit Phosphatidylcholin gefüllte Depots, verteilt im ganzen Cellulitegebiet. Dies führt zu einer oberflächlichen Fetteinschmelzung und einer Straffung und Glättung der Haut.
4 Entweder gleich an die Stufe 2 anschließend oder wieder nach Abwarten der Lipolysezeit von 8 Wochen kann dann die Stufe 3 zur Anwendung gebracht werden: Die meisten Patientinnen sind eher ungeduldig, ich rate aber fast immer auch hier, die Wartezeit von 8 Wochen einzuhalten. Bei Stufe 3 geben wir nur kleinste oberflächliche Injektionen in eine Tiefe von 2 mm, 3 Stiche auf einen Zentimeter in einem Winkel von 45 Grad. Wir verwenden dabei wie immer unser Phosphatidylcholin. Im Rahmen dieser oberflächlichen Behandlungen gibt es eine Anzahl von empfohlenen Mischungen aus der Mesotherapie, mit Coffein, mit Aminophyllin, mit Liodocain etc. – ich halte mich dabei an den Lehrsatz eines Mesotherapeuten, der behauptet, es wäre nicht so wichtig, was man injiziert, sondern wie man injiziert. In der Tat habe ich bei dieser dritten oberflächlichen Stufe nach vielen Versuchen, die einzig wirksame und wahre Mischung herauszufinden, noch nie Unterschiede im Behandlungsergebnis gesehen.
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Kapitel 10 · Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung
schwollenen Fettzellen ergeben das bekannte noduläre Zustandsbild. Was können wir mit Lipolyse erreichen? Wir können Fett auflösen, und leider nur Fett! Die in den USA und auch in Australien verfügbare und zur Auflösung von Bindegewebe verwendeten Collagenasen gibt es in Europa nur als Laboratoriumssubstanz und sind für ästhetische Zwecke nicht erlaubt. Deshalb müssen wir die vorhandenen Mittel gezielt einsetzen, um ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen. Ich habe nach längerer Experimentierperiode eine 3-Stufen-Therapie entwickelt (7 Übersicht), die hiermit zu erzielenden Ergebnisse sind auf alle Fälle erfolgreich und können ohne größeren apparativen und Zeitaufwand durchgeführt werden.
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Fazit für die Praxis
Injektionslipolyse mit Phosphatidylcholin ist, wie sie sich heute darstellt, eine sichere und wirksame Methode, kleinere Fettansammlungen im Gesicht und am Körper gezielt aufzulösen. Hervorzuheben ist die Eigenschaft der Hautstraffung nach Lipolyse; die Haut kontrahiert sich an allen behandelten Körperstellen, sie muss nie zusätzlich entfernt werden. Erklärbar ist dies durch die Autoinduktion der Kollagenfasern, die durch den Vorgang des »Needling« und durch die stattfindende Entzündung in Gang gesetzt wird. Obwohl Lipolyse als eine leicht durchzuführende Behandlung erscheint, gilt auch hier der Leitspruch »Gewusst wie!«. Die Forschung und Weiterentwicklung ist in stürmischem Gange; in den bisher 4 Jahren europäischer Injektionslipolyse haben die Lipolyseärzte sehr viel an Erfahrung gewonnen, und die Behandlungergebnisse sind heute viel besser als noch vor kurzer Zeit. Erfahrene Lipolyseärzte haben praktisch keine Nonresponder mehr, was zurückzuführen ist auf die zielgenauere Präselektion der Patienten, auf verbesserte Injektionstechniken und besser wirksame Injektionslösungen. Weiterführende Kurse und Advanced Workshops werden vom Netzwerk Lypolyse angeboten.
Weiterführende Literatur Ablon G, Rotunda AM (2004) Treatment of lower eyelid fat pads using phosphatidylcholine: clinical trial and review. Dermatol Surg 30:422-427 American Society for Aesthetic Plastic Surgery (2002) Lipoplasty (liposuction) without surgery? Available from http:// surgery.org/press/news-release.php?iid=208§ion= news-lipoplasty. Cited 05 Mar 2008 Bates B (2003) »Fat dissolving« substance injects CCs of controversy. Skin Allergy News 34:1 Bauman LS (2003) Phosphatidylcholine. Skin Allergy News 34: 24 Bechara FG, Sand M, Altmeyer P, Hoffmann K (2006) Intralesional lipolysis with phosphatidylcholine for the treatment of lipomas: pilot study. Arch Dermatol 142(8):1069-1070; author reply 1070 Bellman B (2003) Phosphatidylcholine reaction. Skin Allergy News 34: 12 Duncan D., Hasengschwandtner F (2005) Lipodissolve for subcutaneous fat reduction and skin retraction. Aesthetic Surg J 25:530-543 Hasengschwandtner F (2005) Die subcutane Injektion von Phosphatidylcholin zum Zwecke der Lipolyse. Akt Dermatol 31:549-552 Hasengschwandtner F (2005) The non surgical liposculpture. J Cosm Dermatol 4: 310-315 Hasengschwandtner F (2006) Injection lipolysis for effective reduction of localized fat in place of minor surgical lipoplasty. Aesth Surg J 26:125-130 Hasengschwandtner F (2006) Injektionslipolyse heute, Injection-Lipolysis – State of the art. DERMAforum 10:1-2 Hexsel D, Serra M, Mazzuco R, Dal´Forno T, Zechmeister D (2003) Phosphatidylcholine in the treatment of localized fat. J Drugs Dermatol 2: 511-518 Hexsel D et al. (2005) Cosmetic use of injectable phosphatidylcholine on the face. Otolaryngol Clin N Am 38:11191129 Kopera D, Binder B, Toplak H, Kerl H, Cerroni L (2006) Histopathologic changes after intralesional application of phosphatidylcholine for lipoma reduction: report of a case. Am J Dermatopathol 28(4):331-333 Myers P (2006) The cosmetic use of phosphatidylcholine in the treatment of localized fat deposits. Cosmetic Dermatology, vol. 19, no 6 Palmer M, Curran J, Bowler P (2006) Clinical experience and safety using phosphatidylcholine injections for the localized reduction of subcutaneous fat: a multicentre, retrospective UK study. JCD 5: 218-226 Rein P (2006) Injektionslipolyse mit Phosphatidylcholin – Erfahrungen mit der »Fett-weg-Spritze«. Der deutsche Dermatologe, Sept, Cosmetic Corner Rittes P, Rittes J, Amary M (2006) Injection of phosphatidylcholine in fat tissue: experimental study of local action in rabbits. Aesth Plast Surg J July:20 Rittes PG (2001) The use of phosphatidylcholine for correction of lower lid bulging due to prominent fat pads. Dermatol Surg 27: 391-392
165 Weiterführende Literatur
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Über die Wirkung und den Einsatz von Phosphatidylcholin (Lecithin) gibt es Hunderte wissenschaftliche Publikationen, eine Sammlung kann gerne beim Netzwerk Lipolyse angefordert werden.
10
11 11 Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie) Helger Stege
11.1
Einleitung
– 167
11.1.1 Rolle der Dermatologie
11.2
– 168
Hyper-/Hypopigmentierungen – 168
11.4.1 Liposuktion – 171 11.4.2 Injektionslipolyse – 172
11.5
Cellulite
11.2.1 Hyperpigmentierung bei chronischer venöser Insuffizienz – 169
11.6
Depilation – Epilation
11.3
11.6.1 Depilation – 174 11.6.2 Epilation – 174
Varikose – 169
11.3.1 Behandlungsmöglichkeiten
– 173 – 174
– 170
Weiterführende Literatur 11.4
Fettverteilungsstörungen, Lipödem, Lymphödem, Phlebödem – 171
11.1
Einleitung
Wohlgeformte Beine sind seit Jahrtausenden Körperareale, denen eine wichtige ästhetische und erotische Bedeutung beigemessen wird. Die untere Extremität zählt neben Gesicht, Hals, Dekolleté und Händen zu den wichtigsten ästhetischen Einheiten. Individuelle, hereditäre Faktoren definieren wesentlich die Form und das Aussehen des Beines. Daneben können im Laufe des Lebens häufig Veränderungen auftreten, die kosmetisch unerwünscht sind und als die persönliche Attraktivität beeinflussend wahrgenommen werden. Etliche der angeborenen oder erworbenen kosmetisch oder funktionell störenden Befunde im Bereich der unteren Extremität lassen sich modifizieren. Form und Größe der Muskulatur und des subkutanen Fettgewebes im Bereich der Hüfte und am Oberschenkel prägen sehr eindrücklich sowohl die weibliche als auch die männliche Silhouette. Das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang, die sog. Waist-Hip-Ratio (WHR), ist ein gutes Maß, um weibliche und männliche Attraktivität an Hand von metrischen Angaben vorherzusagen. Fast weltweit gilt eine WHR von 0,7 bei Frauen als attraktiv, während beim Mann unter ästhetischen Gesichtspunkten eine WHR von ca. 0,9 erstrebenswert ist.
– 177
i Die Waist-Hip-Ratio kann zur genaueren Evaluation des Patientenwunsches, zur Planung des therapeutischen Procedere und Kontrolle des Therapieerfolges z. B. bei der Liposuktion herangezogen werden.
Oberschenkel- und Unterschenkelmuskulatur gelten als gut definiert, wenn der Anteil an subkutanem Fettgewebe so gering ist, dass die Muskelbäuche am Ober- und Unterschenkel gut sichtbar sind und die anatomischen Strukturen der Gelenkregionen angedeutet werden. Von den Versuchen, die Form und das Aussehen des Beines optisch zu verändern, leben ganze Industriezweige. Die Modulation der Form und des Aussehens der Beine wird durch Mode, Sport oder kosmetische Verfahren bewirkt. Schnittführung und Länge von Kleidung, Höhe und Form von Schuhen und Absätzen sind regelmäßig Gegenstand intensivster Diskussion in Medien und bei Konsumenten, dienen aber letztlich immer nur dem Ziel, das schöne Bein zu betonen oder eventuell vorhandene kosmetische Schwächen zu kaschieren. Ein unüberschaubares Angebot an Fitnessprogrammen zielt ausschließlich auf die sog. Problemzonen. Der Bekanntheitsgrad dieser Programme lässt sich an der Verwendung der Abkürzung BBP (Bauch, Beine, Po) ablesen, die von den meisten Besuchern
168
11
Kapitel 11 · Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie)
der Fitnessstudios ohne weitere Erklärung verstanden wird.
klagen über diese kosmetisch störenden Veränderungen.
11.1.1 Rolle der Dermatologie
i Die häufigsten Ursachen für Pigmentveränderungen sind UV-Exposition, chronische venöse Insuffizienz (CVI) und postinflammatorische Hyperpigmentierungen.
Selbstverständlich werden auch medizinische Verfahren zur Erhaltung oder Erzielung eines ästhetisch ansprechenden Zustandes der unteren Extremität von Patienten gewünscht. Der Dermatologe und Dermatophlebologe ist in der Lage, im gewissen fachspezifischen Rahmen und nach genauer Evaluation, erfolgreiche Behandlungskonzepte anzubieten. Diese erstrecken sich von nichtinvasiven über minimalinvasive Verfahren einschließlich der Lasertherapie bis zu größeren operativen Eingriffen. Die häufigsten Beschwerden oder kosmetisch störenden Befunde reichen von einer fast obligaten Cellulitis bei Patientinnen jenseits des 40. Lebensjahres über Hyper-/Hypopigmentierungen zu unterschiedlichsten Formen der Varikose bis hin zu schweren lymphologischen Krankheitsbildern und zu tatsächlichen oder angenommenen Fettverteilungsstörungen, wobei die große Variabilität physiologischer, nicht krankhafter und häufig familiär disponierter Faktoren berücksichtigt werden muss. Zahlreiche Veränderungen treten erst im Laufe des Lebens auf. Vielfach erzeugt erst die negative Konnotation des Alterns und des Alters eine kosmetische Beeinträchtigung oder sogar einen schweren Leidensdruck. Im Folgenden sollen einige therapeutische Möglichkeiten vorgestellt und bewertet werden. i Auf eine genaue Risiko-Nutzen-Abschätzung muss bei rein kosmetischen Behandlungen an der unteren Extremität besonders geachtet werden.
Selbstverständlich ist nicht immer alles Machbare auch das Beste, und vielfach ist weniger mehr. Dies sollte besonders bei chirurgischen Eingriffen an der unteren Extremität aus rein kosmetischer Indikation gelten.
11.2
Hyper-/Hypopigmentierungen
Hyper- und Hypopigmentierungen an der unteren Extremität treten aus unterschiedlichen pathogenetischen Gründen auf. Besonders Patientinnen
Eine Folge ungeschützter UV-Exposition besonders an unbehaarten Unterschenkeln stellt die Manifestation weißlicher, z. T. kalkspritzerartiger Hypopigmentierungen im Sinne einer Hypomelanosis guttata idiopathica dar. Histologisch, immunhistochemisch und elektronenmikroskopisch zeigt sich eine unverminderte Anzahl von Melanozyten, deren Dendriten jedoch morphologisch und quantitativ verändert erscheinen und in denen das Fehlen von Melanosomen höherer Entwicklungsstadien beobachtet wird. Die kosmetische Beeinträchtigung durch die besonders im Sommer auffälligen Hautveränderungen kann durch konsequente Anwendung von UV-Filtern reduziert werden. Eine weitere Möglichkeit bietet die Camouflage der Läsionen mittels abdeckender wasserfester Kosmetika und in gewissem Rahmen dihydroazetonhaltiger Selbstbräuner. Ein Behandlungsversuch mit abrasiven, peelenden Verfahren oder mittels der Kryotherapie kann unter UV-Karenz und bei relativ ungebräunter Haut zur Vermeidung von postinflammatorischen Hyperpigmentierungen durchgeführt werden. Stukkokeratosen, klinisch definiert als weiße, raue, der Haut aufliegende hyperkeratotische Papeln, treten nach exzessiver UV-Exposition an den Extremitäten auf. Lokale Applikation von Vitamin-A-Säure-Derivaten, eine Shaveexzision und Abrasion bzw. lasertherapeutische Ablation können die vorhandenen Läsionen beseitigen. Das Auftreten neuer Stukkokeratosen lässt sich vermutlich am besten durch wiederholte Behandlung der betroffenen Areale mit Vitamin-A-Säure oder einem Peeling vermeiden. Selbstverständlich müssen UVSchutzmaßnahmen durchgeführt werden. Persistierende Hyperpigmentierungen an den Unterschenkeln unter dem klinischen Bild von Lentigines solaris treten ebenfalls in Folge chronischer UV-Exposition auf. Bleichende Therapeutika wie hydrochinon-, azelainsäure- oder lipohydroxysäure(LHA-)haltige Externa werden topisch zur Aufhellung der Pigmentierung eingesetzt. Der Zusatz von Radikalenfängern, wie z. B. Vitamin C oder Vita-
169 11.3 · Varikose
min E, kann additive Effekte zeigen. Interessanterweise sind die meisten klinischen Studien über die Wirksamkeit von bleichenden, antiproliferativen oder tyrosinaseinhibierenden Externa an den Händen durchgeführt worden. Explizite Studien über die Wirksamkeit dieser Präparate an der unteren Extremität liegen nicht vor. Topisch applizierbare abrasive oder bleichende Externa, aber auch minimalinvasive Verfahren wie die Shaveexzision können zu einer Irritation der Haut führen. Damit keine postinflammatorische Hyperpigmentierung auftritt, sollte bei gleichzeitigem Vorliegen einer CVI eine Kompressionstherapie durchgeführt werden, um eine stasebedingte Triggerung einer Dermatitis zu vermeiden. i Topisch applizierbare, abrasive oder bleichende Externa zeigen eine Wirksamkeit bei der Behandlung von UV-induzierten Hyper-/Hypopigmentierungen. Die Studienlage ist schlecht. Der Patient sollte auf den experimentellen Charakter der Therapie hingewiesen werden. Eine Kompressionstherapie ist empfehlenswert.
Eine probate Alternative zu topischen Verfahren besteht in der Lasertherapie mittels Q-switched Rubinlaser, gepulstem Erbium-Yag-Laser oder ultragepulstem CO2-Laser. Die Verwendung von »intense pulsed light« (IPL) scheint epidermal gelegene Melanosomen teilweise beseitigen zu können. Zur Steigerung der Effektivität der Behandlung sollten zusätzliche topische Maßnahmen die Anwendung von IPL unterstützen. Eine weitere Ursache akraler Hyperpigmentierungen stellt die superfizielle, disseminierte, aktinische Porokeratose dar. Die Behandlung ist schwierig und häufig nicht zufriedenstellend. Empfohlen werden Kryotherapie, Laserablation und Vitamin-A-Säure-haltige Externa. Eine photodynamische Therapie (PDT) besitzt bei dieser Erkrankung nur geringe Wirksamkeit und ist mit dem Risiko der Induktion flächenhafter Hyperpigmentierung verbunden. i Lasertherapeutische Verfahren zur Behandlung von Hyperpigmentierungen an der unteren Extremität stellen eine wirksame Alternative zu topischen Verfahren dar. Behandlungserfolge sollten zurückhaltend prognostiziert werden. Die Anwendung von IPL erzeugt nur Teilremissionen. Topische Verfahren sollten unterstützend durchgeführt werden. Konsequenter UV-Schutz ist notwendig.
11
11.2.1 Hyperpigmentierung bei
chronischer venöser Insuffizienz Hyperpigmentierungen durch Ablagerung von Hämosiderin treten bei chronischer venöser Insuffizienz (CVI) häufig auf. Diese kosmetisch außerordentlich störenden Hautveränderungen sind initial in der Maleolarregion lokalisiert, können sich jedoch strumpfartig auf den gesamten Unterschenkel ausbreiten. Sie persistieren auch nach intensiven phlebotherapeutischen Maßnahmen – selbst wenn diese zu einer Besserung der hämodynamischen Situation führen – über Jahre. Klinisch lässt sich eine purpuraartige, orange-bräunliche Hyperpigmentierung von dem Auftreten einer flächigen, dunkelbraunen, z. T. an Kaposi-Tumore erinnernden Hyperpigmentierung abgrenzen. Bei ausgewählten Patienten, die nicht unter einer zusätzlichen Atrophie blanche oder einer Dermatoliposklerose leiden, kann bei purpuriformen Hyperpigmentierungen eine Lasertherapie mit dem Q-switched Rubinlaser unter zurückhaltender Wahl der Parameter und Schonung der Haut durchgeführt werden, um die Pigmenteinlagerungen zu beseitigen. Um ein rasches Rezidiv der Hyperpigmentierung zu vermeiden, ist selbstverständlich eine komplette Sanierung der insuffizienten Venen durch phlebochirurgische oder sklerotherapeutische Maßnahmen notwendig. i Hyperpigmentierung bei CVI ist häufig und schwer zu therapieren. In eigenem Patientengut konnte eine Teilremission durch Behandlung mit dem Q-switched Rubinlaser nach kompletter Sanierung der insuffizienten Venen erreicht werden. Studienbasierte Daten zur Behandlung der CVI-assoziierten Hyperpigmentierung fehlen.
11.3
Varikose
Zu den häufigsten kosmetischen Problemen im Bereich der unteren Extremität zählt das Auftreten von varikösen Veränderungen, die – obwohl häufig (noch) keine funktionellen Beschwerden verursachend – als kosmetisch überaus beeinträchtigend empfunden werden. Bei der Mehrzahl der Patienten finden sich Besenreiser und retikuläre Varizen. Daneben werden aber auch hämodynamisch relevante
170
Kapitel 11 · Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie)
Stamm- oder Seitenastvarizen unter vermeintlich nur kosmetisch störenden Befunden beobachtet.
11.3.1 Behandlungsmöglichkeiten
11
Bevor eine Therapie erfolgt, sollte auch bei Minimalbefunden ein venöser Reflux in Stammvenen oder relevanten Seitenästen durch die Doppler- und Duplexsonographie ausgeschlossen werden. Kleinkalibrige Varizen (Besenreiser oder retikuläre Varizen) lassen sich rasch und in der Regel ohne Komplikationen mit z. B. Polidocanol 0,5–1% (Aethoxysklerol, Fa. Kreussler, Wiesbaden) veröden. Zwar ist auch die Verwendung hyperosmolarer Elektrolytoder Glukoselösungen möglich, doch besteht für diese keine arzneimittelrechtliche Zulassung. Dies gilt auch für selbst gefertigte Kombinationen aus mehreren Einzelsubstanzen, bei denen Polidocanol mit anderen Substanzen gemischt wird, und hat haftungsrechtliche Implikationen. Unter ästhetischen Gesichtspunkten ist das Matting, d. h. das Auftreten feiner Teleangiektasien im Bereich einer verödeten Varize, eine nicht vorhersehbare individuelle Reaktion des Patienten, die aber dem Behandlungsauftrag diametral entgegensteht und über die deshalb neben dem Auftreten von Pigmentverschiebungen nachdrücklich aufgeklärt werden sollte. Die Okklusion oberflächlicher Venen mittels Laser hat in den letzten Jahren durch Verwendung neuerer Gerätetypen, Wellenlängen, veränderbarer Spotgrößen und Pulsdauer enorme Fortschritte erfahren. Dies gilt sowohl für die Effektivität als auch für die Reduktion von Nebenwirkungen. Besonders die Gefahr einer Schädigung epidermaler Strukturen mit Depigmentierung und Narbenbildung konnte verringert werden. Eine Kombination aus Sklerotherapie mittels Polidocanol (Aethoxysklerol) und Laserbehandlung (z. B. mittels KTP-Laser) wird in der Zukunft besonders bei Auftreten feinster teleangiektatischer Gefäße (Matting, Pinselvenen) eine größere Verbreitung finden. Die alleinige Laserbehandlung von Besenreisern ist zeitaufwendig und ineffizient. Nur oberflächlich gelegene Gefäße werden mit dem Laser erreicht. Trotz der bei etlichen Patienten vorhandenen Abneigung und der Vorurteile gegenüber Kompressi-
onsstrümpfen sollte zur Sicherung des therapeutischen Erfolges bei ausgedehnten Verödungsmaßnahmen eine Kompressionstherapie durchgeführt werden. Unter modischen Aspekten sind die meisten Kompressionsstrümpfe von blickdichten Strümpfen kaum zu unterscheiden und führen neben der Ödemreduktion zu einer kosmetisch erwünschten Modellierung des Beines. i Die Sklerotherapie mit flüssigem Polidocanol ist die Methode der ersten Wahl in der Behandlung kleinkalibriger oberflächlicher Varizen (Besenreiser, retikuläre Varizen). Eine Kompressionstherapie ist empfehlenswert.
In den letzten Jahren wurde neben der konventionellen Sklerosierungsbehandlung mit flüssigem Polidocanol die sog. Schaumverödung erfolgreich etabliert. Bei diesem Verfahren wird Polidocanol in 2 durch einen Adapter (Doppelspritzensystem, DSS) oder Dreiwegehahn (Methode nach Tessari) verbundenen Spritzen zusammen mit Luft (Verhältnis Polidocanol:Luft 1:4 bis 1:5) durch eine turbulente Mischung aufgeschäumt. Dabei entsteht bei der DSS-Methode ein feinblasiger, visköser Schaum, bei der Methode nach Tessari eine von der Konzentration des Polidocanols abhängige, eher grobblasige Schaumqualität. Für die Sklerosierung kleinlumiger oberflächlicher Gefäße ist nach derzeitigem Erkenntnisstand weder die Sklerosierungsbehandlung mit flüssigem Polidocanol noch die Schaumverödung als überlegen anzusehen. Allerdings sollte beachtet werden, dass bei der Schaumsklerosierung durch die intensivere Benetzung der Gefäßwandoberfläche und ein längeres Verbleiben des Verödungsmittels geringere Polidicanolkonzentrationen benötigt werden. Im Gegensatz zur Verödungsbehandlung mit flüssigen detergenzienhaltigen Therapeutika sollte bei der Schaumverödung kaliberstarker Gefäße das Bein hochgelagert werden, um einen Übertritt des Verödungsmittels in das tiefe Venensystem zu verhindern. Bei der Behandlung mittlerer und großkalibriger Varizen einschließlich der Stammvarizen scheint die Schaumsklerosierung im Vergleich zur Sklerosierung mit flüssigen Sklerosierungsmitteln mit einer höheren therapeutischen Effektivität durchgeführt werden zu können. Unter rein kosmetischen Aspekten betrachtet, steht mit der Schaum-
171 11.4 · Fettverteilungsstörungen, Lipödem, Lymphödem, Phlebödem
sklerosierung besonders für Seitenastvarizen ein minimalinvasives und hoch effektives Verfahren zur Verfügung, das in der Regel ohne kosmetisch störende Narbenbildung zu außerordentlich befriedigenden Erfolgen führt. ! Die Schaumverödung mittlerer und großkalibriger Varizen führt zu kosmetisch außerordentlich befriedigenden Ergebnissen.
Zu ebenfalls sehr guten kosmetischen Ergebnissen führt die Miniphlebektomie mittels multipler kleinster Stichinzisionen und der anschließenden Exhairese betroffener Venen mit dem Miniphlebektor, z. B. dem Varaday-Haken. Die Miniphlebektomie ist ambulant in Lokalanästhesie durchführbar. Der instrumentelle Aufwand ist gering. Postoperativ sollte eine Kompressionstherapie durchgeführt werden. i Die Miniphlebektomie ist hervorragend geeignet, isoliert mittlere und großkalibrige Varizen operativ zu entfernen. Der geringe instrumentelle Aufwand und die problemlose Durchführung ermöglichen die Durchführung dieses minimalinvasiven Vorgehens in fast jeder Praxis.
In der Behandlung von varikösen Stammvenen konkurriert die Schaumverödung mit der konventionellen Phlebochirurgie, der endovasalen Lasertherapie (ELVeS, ELT) oder der endovasalen Radiowellentherapie (Venous Closure). Ein neuartiges Verfahren ist die bipolare radiofrequenzinduzierte Thermotherapie (RFITT, Celon AG), die mit relativ niedriger Energie das Gewebe auf ca. 60‒85°C erwärmt und dadurch einen Verschluss der behandelten Vene erzeugt. Bei den anderen endoluminalen Verfahren werden in Tumeszenzanästhesie Laserfasern oder der Radiowellenapplikator unter sonographischer Kontrolle endovasal in dem zu behandelnden Gefäß von distal nach proximal vorgeschoben. In der Regel ist nur eine Punktion notwendig, um die Katheder in das zu behandelnde Gefäß einzuführen. Während die Radiowellentherapie direkt thermisch auf die Gefäßwand wirkt und dabei eine gefäßverschließende Schrumpfung eintritt, kommt es bei der endovasalen Lasertherapie nach Absorption der Energie durch Hämoglobin zum Auftreten einer sog. »steam bubble formation« und sekundär zu einem thermischen Gefäßverschluss.
11
Auch die konventionelle Phlebochirurgie führt zu ästhetisch ansprechenden Ergebnissen bei hoher Radikalität und funktionell hervoragenden Ergebnissen. Dies gilt besonders, wenn die Krossektomie und Ligatur aller Seitenäste mit modernen Techniken wie einem Invaginationsstripping oder Kryostripping kombiniert wird und die Wahl der Schnittführung und Schnittgröße unter kosmetischen Aspekten erfolgt. Die operative Entfernung der Seitenäste und der distalen Abschnitte der Stammvene erfolgt in der Regel minimalinvasiv mittels einer Exhairese. Die endovasalen Therapien haben den Vorteil eines in der Regel kosmetisch guten bis sehr guten Ergebnisses ohne Hinterlassung einer Narbe in der Leistenregion, wobei allerdings noch keine ausreichenden Daten vorliegen, um die Rezidivhäufigkeit nach einem mehrjährigen Follow-up beurteilen zu können. Allerdings sind auch konventionelle phlebochirurgische Maßnahmen bislang nicht in größeren und validen multizentrischen Kohortenstudien bezüglich des Auftretens von Krossenrezidiven untersucht worden.
11.4
Fettverteilungsstörungen, Lipödem, Lymphödem, Phlebödem
Familiäre Disposition, Manifestation chronischer Fettverteilungsstörungen sowie phlebologische oder lymphologische Erkrankungen beeinflussen das Aussehen der unteren Extremität. Lokalisierte Fettgewebedepots im Bereich der Oberschenkelaußenseiten, verwaschene Unterschenkelkonturen oder das Fehlen der Maleolarsilhouette sind die hauptsächlichen Problemzonen. Fettverteilungsstörungen oder Kombinationen aus Lipödem, Phlebödem und Lymphödem sind nicht immer mit einem steigenden Lebensalter assoziiert. Die mit mittlerem Lebensalter häufig eintretende Akzeleration des Körpergewichtes ist der wichtigste pathophysiologische Faktor, der zur Ausprägung von phlebologischen oder lymphologischen Problemen führt.
11.4.1 Liposuktion
Neben konservativen Verfahren wie der manuellen Lymphdrainage, der intermittierenden apparativen
172
11
Kapitel 11 · Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie)
Kompression und der Verwendung von Kompressionsstrümpfen ist es möglich, durch invasive Maßnahmen die Form und den Umfang des Beines zu verändern. Dies gilt besonders bei Lipomatosen im Bereich der lateralen Oberschenkel. Als Therapie der Wahl hat sich hierbei in den letzten Jahren die Liposuktion in Tumeszenzanästhesie etabliert. Von dermatologischer Seite wird die Tumeszenzanästhesie als das Narkoseverfahren der Wahl bei einer Liposuktion angesehen. Postoperativ ist das Tragen von speziellen Miederhosen notwendig, um den Behandlungserfolg zu sichern. Massive Befunde stellen eine Indikation für eine sog. Reithosenplastik dar, die einzeln oder in Kombination mit einer Liposuktion durchgeführt werden kann. Bei diesem operativen Eingriff wird die »überschüssige« Haut durch halbkreisförmige Schnitte um die Innenseite der Oberschenkel entfernt. Zur Vermeidung postoperativer Komplikationen sollte dieser Eingriff, wenn überhaupt, nur von versierten Dermatochirurgen durchgeführt werden. Die Behandlung der am lateralen Oberschenkel lokalisierten Fettgewebedepots stellt eine der häufigsten Indikationen zur Durchführung der Liposuktion dar. i Die Bestimmung der Waist-Hip-Ratio kann zur Dokumentation von Ausgangs- und Endbefund und Bestimmung des Patientenwunsches hilfreich sein.
Von männlichen Patienten werden häufig Eingriffe gewünscht, die zu einer genaueren Definition der Oberschenkelmuskulatur führen. Genaue Aufklärung der Patienten über Erfolgsaussichten, Risiken und Nebenwirkungen ist notwendig, da bei rein kosmetisch indizierten Eingriffen die Erwartungshaltung des Patienten hoch und die Toleranzschwelle gegenüber tatsächlichen oder vermeintlichen Fehlbehandlungen niedrig ist. Bei Vorliegen eines Lipödems kann die Liposuktion zur Optimierung der Kontur auch im Unterschenkelbereich erfolgreich eingesetzt werden. Hierbei ist äußerste Vorsicht vonnöten, damit intraoperativ keine Lymphgefäße verletzt werden, wodurch sekundär ein Lymphödem induziert wird. Erste Untersuchungen legen aber nahe, dass es bei einer sachkundig durchgeführten Liposuktion nicht zu gravierenden Schäden an den Lymphgefäßen kommt.
Auch bei Kombinationen aus Lymph- und Lipödem lässt sich im Einzelfall nach genauer Risiko-NutzenAbwägung eine Liposuktion durchführen. Die Behandlung des Lymphödems bleibt aber zurzeit eine Domäne physikalischer Therapien. Hier ist besonders die komplexe physikalische Entstauungstherapie zu nennen. Zusätzlich ist eine konsequente Versorgung der Patienten mit Kompressionsstrümpfen notwendig. Nicht nur unter medizinischen, auch unter kosmetischen Gesichtspunkten führt die physikalische Therapie zu ansprechenden Ergebnissen und verhindert ein Fortschreiten der Erkrankung.
11.4.2 Injektionslipolyse
Die Injektionslipolyse mittels subkutaner Injektion von Phosphatidylcholin stellt ein – auch in der Laienpresse häufig diskutiertes – Verfahren zur Behandlung umschriebener Fettgewebedepots dar. Der Einsatz von Phoshatidylcholin in der ästhetischen Medizin ist nicht unumstritten. Genauere Untersuchungen zur Effektivität, zum Wirkmechanismus und Nebenwirkungsspektrum stehen noch aus. Phosphatidylcholin wird als intravenös zu verabreichende Substanz in der Behandlung von Fettembolien und der Artherosklerose eingesetzt. Für diese Indikationen und für diesen Applikationsweg besteht eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Als Nahrungsergänzungsmittel kann Phosphatidylcholin oral eingenommen werden. Die subkutane Applikation zur Behandlung von Fettgewebedepots stellt einen Off label use dar. Phosphatidylcholin und Sphingomylin sind die wichtigsten Vertreter der Phospholipide im menschlichen Körper und Bestandteile der Zellmembranen. Medikamentös genutztes Phosphatidylcholin entsteht bei der Verarbeitung von Sojabohnen zu Sojaöl in Form von Sojalecithin, das im Vergleich zum menschlichen Phosphatidylcholin eine identische Molekularstruktur aufweist. Erste dermatokosmetische Behandlungen sind Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre in Italien und Brasilien durchgeführt worden. Das Präparat Phosphatidylcholin, (Lipostabil, Einzeldosen bis 2500 mg) wird in mehrwöchigen Abständen subkutan injiziert. Direkt nach der Injektion stellt sich eine lokalisierte Entzündungsreaktion ein. Patienten klagen häufig über Hä-
173 11.5 · Cellulite
matombildung, muskelkaterartigen Schmerz, als weitere Nebenwirkungen können Fettgewebezysten entstehen. Die Injektionslipolyse mittels Phosphatidylcholin stellt keine Alternative zur Liposuktion dar. Größere Fettgewebedepots sollten nicht durch dieses Verfahren behandelt werden. Der Einsatz der Injektionslipolyse an der unteren Extremität ist auf die Behandlung sehr kleiner, umschriebener Areale begrenzt. Für die Behandlung ausgedehnter Befunde, wie z. B. bei der Lipomatosis dolorosa oder der benignen symmetrischen Lipomatose, eignet sich die Injektionslipolyse nicht.
11.5
Cellulite
Die Pathophysiologie der Cellulite ist bislang nicht genau aufgedeckt. Genetische, anatomische, hormonelle, diätetische oder durchblutungsabhängige Faktoren werden für die Manifestation im mittleren Lebensabschnitt diskutiert. In der Praxis hat sich eine 4-stufige Klassifikation der Cellulite etabliert.
Klassifikation der Cellulite 4 Stadium I: Keine klinischen Zeichen einer Cellulite im Stehen und Liegen. Bei der Untersuchung eines zwischen Daumen und Zeigefinger elevierten Hautareals zeigen sich erste Unregelmäßigkeiten des Oberflächenreliefs. 4 Stadium II: Bei Anspannung der Oberschenkelmuskulatur und im Stehen werden leichte Hautdellen erkennbar. 4 Stadium III: Veränderungen des Hautreliefs auch im Liegen erkennbar. 4 Stadium IV: Deutlich tast- und sichtbare Knoten.
Eine Cellulite sollte nicht pathologisiert werden. Da sie aber häufig als kosmetisch störend empfunden wird, stellt die Behandlung der Cellulite eine unter ästhetischen Gesichtspunkten wichtige Indikation dar. Die Vielzahl pathogenetischer Erklärungsmodelle hat bewirkt, dass sich unterschiedliche Thera-
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pieverfahren auf dem Markt etabliert haben. Neben rein topisch anzuwendenden Produkten werden physikalische Therapien und chirurgische Eingriffe beworben. Evidenzbasiert sind die Therapieverfahren nicht. Bei topisch applizierbaren Präparaten finden sich neben pharmakologisch gut definierten Wirkstoffen (z. B. Östrogene) besonders im kosmetisch-komplementärmedizinischen Bereich Komponenten, die kaum oder nur sehr ungenau definiert sind. Für koffeinhaltige Externa liegen kontrollierte Studienergebnisse vor, die eine therapeutische Effektivität zu belegen scheinen, doch blieben auch diese nicht ohne Widerspruch. Häufigen Einsatz in Kosmetika finden Extrakte aus Braunalgen (Fucus vesiculosus). So genannte Slimmingeffekte werden auch durch Hydroxyzitronensäure oder durch Asiaticoside (Extrakte aus den Blättern der Asiatica centella, dt. Tigergras, Indische Wassernuss) erzielt. In-vitroUntersuchungen an humanen dermalen Fibroblasten konnten die Induktion von Kollagen Typ I und ein vermehrtes Zellwachstum zeigen. Für die Mehrzahl dieser Therapien finden sich keine größeren Probandenstudien, die eine überzeugende Effektivität zeigen. Erfreulicherweise besteht z. T. eine Diskrepanz zwischen der eher positiven Einschätzung der Patientinnen und rein objektiven Parametern. Eine in den letzten Jahren sehr populäre physikalische Maßnahme ist die Endermologie. Bei diesem Verfahren wird ein Unterdruck auf die Haut appliziert und gleichzeitig eine tiefe Bindegewebemassage durchgeführt. Die Effektivität wird in den vorliegenden Studien sehr kontrovers beschrieben. Eine Modellage schlaffer Haut im Bereich der Oberschenkelinnenseiten kann mittels monopolarer Radiofrequenztherapie erfolgen. Das patentierte System der Fa. Thermage kombiniert die Radiofrequenztherapie mit einem Kühlsystem zur Schonung der Oberhaut. Die Applikation der monopolaren Radiofrequenz führt zu einer Erhitzung der dermalen Strukturen und einer Denaturierung des Kollagens mit Verkürzung und Verdickung kollagener Fasern. Sekundär kommt es, wie bei der natürlichen Wundheilung, zu einer Induktion der Kollagensynthese und damit auch zu einer langfristigeren Hautstraffung. Es liegen kaum Studien zur Anwendung der monopolaren Radiofrequenztherapie an der unteren Extremität vor.
174
Kapitel 11 · Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie)
i Zur Behandlung der Cellulite oder »schlaffer Haut« im Bereich der unteren Extremität können konservative und minimalinvasive Verfahren mit eingeschränktem Erfolg eingesetzt werden.
Stammzellen und damit dauerhafte Entfernung des Haares. In der Regel werden durch optische Verfahren nur Haare in der Anagenphase erfolgreich epiliert.
Temporäre Epilation 11.6
Depilation – Epilation
Das unbehaarte Frauenbein hat sich als kosmetischer Standard etabliert. Grundsätzlich wird zwischen einer Depilation, d. h. der Entfernung des sichtbaren Anteils des Haares ohne Beeinflussung der Haarwurzel, und einer Epilation, Entfernung des Haares mit in der Haut liegenden Anteilen des Haarschaftes und der Haarwurzel, unterschieden. Während eine Depilation immer nur eine temporäre Entfernung der Haare darstellt, streben viele Verfahren zur Epilation die dauerhafte Beseitigung des Haares an.
11.6.1 Depilation
11
Die gängigste und einfachste Form der Depilation ist die Rasur. Da bei der Rasur die Haarspitze mechanisch entfernt wird, wächst das Haar mit gekappter Spitze nach und erzeugt dadurch eine Rauigkeit. Ein alternatives Verfahren stellt die chemische Depilation mittels Enthaarungscremes dar. Der Wirkstoff ist in der Regel Thioglykolsäure. Es kommt zu einer Zerstörung der Proteine des Haares und dem Zerfall des äußeren Anteils des Haares. Nachteile dieses Verfahrens sind der häufig unangenehme Geruch und eine mögliche Hautirritation. Der wichtigste Vorteil ist die außerordentlich schnelle, einfache und kostengünstige Anwendung.
11.6.2 Epilation
Die Epilation lässt sich ausgehend vom Wirkmechanismus in 2 Hauptgruppen unterteilen: 1. Temporäre Epilation: Entfernung des Haares ohne Zerstörung der Haarwurzel. Mechanistisch betrachtet handelt es sich um ein Herausreißen des Haares. 2. Dauerhafte Epilation: Zerstörung der Haarwurzel oder der für das Nachwachsen notwendigen
Die temporäre Epilation basiert auf der mechanischen Entfernung des Haares ohne Zerstörung der Haarwurzel. Eine große Marktpräsenz besitzen elektrische Epilationsgeräte, die auf dem Prinzip rotierender Pinzetten basieren. Um optimale Effekte zu erzielen, dürfen die zu epilierenden Haare nicht zu lang (max. 1 cm) sein. Irritation der Haut und Follikulitiden können als Nebenwirkung auftreten. Bei einer traditionellen, aus Asien, dem Orient und Mittelmeerraum stammenden Form der Epilation, der Fadenepilation, wird ein gedrehter Faden über die Haut gezogen. Die Haare verfangen sich im rotierenden Faden und werden dadurch epiliert. Das im Augenbrauenbereich durchgeführte Zupfen der Haare eignet sich nicht zur Behandlung der unteren Extremität. Neben diesen Verfahren werden in der Selbstanwendung oder im Kosmetikstudio Epilationen mit unterschiedlichen Wachsarten (Kaltwachs, Warmwachs) angeboten. Das häufig und mit viel Publicity beworbene Brazilian Waxing ist nichts weiter als eine konventionelle Warmwachsepilation in der Scham- und Inguinalregion. Desinfizierende Maßnahmen sind zur Vermeidung von Entzündungen zu empfehlen. Das Auftreten von Pili recurvati oder Pili incarnati ist eine häufig beobachtete Komplikation. Peelende oder abrasive Maßnahmen können das Auftreten reduzieren. Eine orientalische Variante der Wachsepilation ist Halawa. Eine Mischung aus Honig oder Zucker wird zu gleichen Teilen mit Öl oder Zitronensaft gemischt. Durch Erhitzen entsteht eine an Kaugummi erinnernde Masse, die auf das Bein gestrichen wird. Mittels Stoffstreifen wird die Substanz mit den anhaftenden Haaren entfernt. ! Verfahren zur temporären Epilation sind vielfältig. Der gewünschte kosmetische Erfolg (Entfernung der Haare, glattes Bein) stellt sich ein. Die Behandlungen sind zeitaufwendig und schmerzhaft. Eine Wiederholung der Behandlung ist innerhalb kurzer Zeiträume notwendig.
175 11.6 · Depilation – Epilation
Permanente Epilation Der Patient geht bei Durchführung einer permanenten Epilation von einer lebenslangen Haarentfernung aus. Diesem Patientenwunsch kann in den wenigsten Fällen entsprochen werden. Die amerikanische FDA definiert eine permanente Epilation als signifikante Haarreduktion über einen Zeitraum, der die Dauer des normalen Haarzyklus an der gegebenen Körperstelle übersteigt. Der normale Haarzyklus an der unteren Extremität beträgt ca. 40 Wochen. Zur permanenten Epilation ist es notwendig, das Nachwachsen des Haares zu verhindern. Welche der für das Haarwachstum notwendigen Strukturen dabei zerstört werden müssen, ist bislang noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Es ist derzeit noch offen, ob eine Zerstörung des Bulbus und der Wulstregion mit umliegendem Gewebe oder eine Pantrichozerstörung, also der Wulstregion, der Matrix und des Trichoepithels, durchgeführt werden muss. Die Identifikation der Zielstrukturen ist aber notwendig, um die technische Entwicklung von Epilationsgeräten zur lebenslangen Epilation voranzutreiben. i Zur permanenten Epilation werden die Elektrolyse (Gleichstrom) und die Elektrothermolyse (Wechselstrom) oder ein sog. Blendverfahren (Kombination aus Gleich- und Wechselstrom) sowie die selektive Photothermolyse mittels Laser oder Blitzlampen eingesetzt. Die Elektrolyse und Elektrothermolyse, schon um 1875 etabliert, ist im Gegensatz zu den photophysikalsichen Verfahren in der Lage, eine lebenslange Epilation zu gewährleisten.
Das Verfahren ist sehr zeitaufwendig und schmerzhaft. Jeder Haarfollikel muss mit der Nadelelektrode einzeln behandelt werden. Die Dichte der Follikel am Bein beträgt ca. 60/cm2. An dieser Zahl lässt sich gut der Zeitaufwand bei der Durchführung einer Elektroepilation ableiten. Die Elektroepilation kann durch Kosmetikerinnen durchgeführt werden und ist in der dermatologischen Praxis eine delegierbare Tätigkeit. Permanente Epilation mit photophysikalischen Verfahren ist sicherlich die zukunftsweisende Strategie. Schon heute lässt sich eine Reduktion der Wachstumsgeschwindigkeit der Haare durch Synchroni-
11
sation des Haarfollikels in der Telogenphase, eine Miniaturisierung der Follikel und z. T. dauerhafte Reduktion der Follikeldichte bis hin zur dauerhaften Epilation in behandelten Teilarealen im Sinne einer permanenten Alopezie erreichen. Das Behandlungsprinzip der Photoepilation basiert auf der Wechselwirkung des eingestrahlten Lichtes mit dem Gewebe des Haarfollikels und besonders mit den intrafollikulären Chromophoren. Zielchromophor ist das Eumelanin. Aus diesem Grund sollte die Wellenlänge zwischen 700 und 1000 nm liegen. Eumelanin findet sich nur in braun oder schwarz pigmentierten Haaren, während das Pheomelanin blonder oder roter Haare ein anderes, abweichendes Absorptionsspektrum aufweist.
Cave Patienten mit dunklen Haaren besitzen häufig einen dunkleren Hauttyp und neigen eher zu postinflammatorischen Hyperpigmentierungen. Konsequenter Lichtschutz ist notwendig, Behandlung ungebräunter Haut ist zu empfehlen.
i Blonde oder rote Haare lassen sich mittels Laser oder IPL kaum epilieren.
Um die Streuung des eingestrahlten Lichtes gering zu halten, ist auf die Wahl eines genügend großen Durchmessers des Spots zu achten. Am effektivsten gelingt die Photoepilation an Haaren in der Anagenphase. In neueren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass eine Synchronisation der Haare in der Anagenphase zu besseren Ergebnissen führt. Es wurde berichtet, dass eine Wachsepilation ca. 14 Tage vor Photepilation zu einer Steigerung der Effektivität führen könnte. Generell gilt aber, dass die Patienten vor einer Laser- oder Blitzlampenepilation keine mechanische Epilation oder Peelingbehandlungen durchführen sollten, um Nebenwirkungen gering zu halten. Eine Lokalanästhesie mit topischen Cremes ist möglich.
Rubinlaser Der gepulste Rubinlaser mit einer Wellenlänge von 694 nm und Impulsdauern von bis zu 5 ms zeigt eine gute Absorption im Zielchromophor Melanin. Be-
176
Kapitel 11 · Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie)
dauerlicherweise ist die Wirkung nicht auf das Haar beschränkt, sondern das eingestrahlte Licht wird auch von Melanin in der Epidermis absorbiert. Trotz Kühlung der Haut kann es zu epidermalen Schäden kommen, so dass der Rubinlaser nicht uneingeschränkt zur Epilation empfohlen werden kann. Die Effektivität ist durch Studien belegt, wenn die FDADefinition einer permanenten Epilation zu Grunde gelegt wird.
Alexandritlaser
11
Die Wellenlänge des Alexandritlasers liegt bei 755 nm. Dadurch wird das Licht neben dem Melanin auch vom Oxyhämoglobin absorbiert. Das Auftreten epidermaler Schäden ist geringer als beim Rubinlaser. Die Spotgröße kann relativ groß gewählt werden und ermöglicht die rasche Behandlung auch größerer Areale. In Studien wird über eine ausreichende Effektivität bei Hauttyp I–IV nach Fitzpatrick berichtet. Patienten mit Hauttyp VI sollten auf Grund der Gefahr der Pigmentverschiebung nicht mit dem Alexandritlaser behandelt werden. Vermutlich kann die Behandlung mit dem Alexandritlaser bei gleicher Effektivität auch bei geringen Energiedichten (5–10 J/cm2) erfolgen. Das Nebenwirkungsrisiko ist deshalb gering. i Haarreduktion um ca. 50–60% lässt sich schon bei einer Energiedichte von 5–10 J/cm2 erzielen. Dadurch wird eine nebenwirkungsarme Behandlung gewährleistet.
Diodenlaser Die Emission des Diodenlasers im Bereich von 800/810 nm ist für die Epilation vorteilhaft. Das den Follikel umgebende Gewebe wird nicht oder kaum beschädigt. Eine Absorption in Wasser oder Oxyhämoglobin findet kaum statt. Die potenzielle Schädigung der Epidermis ist gering. i Unter Verwendung niedriger Energiedichten wird der Diodenlaser zur Behandlung von Patienten mit einem höheren Hauttyp empfohlen.
Es konnte in Studien gezeigt werden, dass größere Spotdurchmesser (12 mm) zu einer größeren Effektivität führen. Bei Verwendung kurzer Impulsdauern steigt das Risiko akuter Erytheme und der Karbonisierung von Haaren.
Gepulster Nd:Yag-Laser Die Wellenlänge von 1064 nm ermöglicht eine hohe Eindringtiefe und damit die Behandlung auch tiefer liegender Haarfollikel. Die epidermale Absorption ist gering. i Das Nd:Yag-Lasersystem eignet sich auch für die Behandlung von Patienten mit Hauttyp IV-VI.
Eine gleichzeitige Kühlung ist ein absolutes Muß und soll das Auftreten von Schmerzen und Nebenwirkungen reduzieren. Bei der Erprobung unterschiedlicher Energiedichten erzielte eine Energiedichte von nur 30 J/cm2 eine selektive Zerstörung des Haarfollikels. In weiteren Untersuchungen konnte keine Steigerung der Effektivität bezüglich des Haarverlustes auch bei höheren Energiedichten festgestellt werden. Vorteilhaft und effektiver ist auch die Verwendung einer längeren Impulsdauer und höherer Spotdurchmesser. i Zur Vermeidung von Schmerzen und Nebenwirkungen sollten niedrige Energiedichten verwendet werden. Längere Impulsdauer und größerer Durchmesser der Spots führen zu einer höheren Effektivität.
Ein ca. 30%iger Haarverlust ist nach einmaliger Anwendung realistischerweise zu erwarten. Wiederholte Anwendungen können das Ergebnis deutlich steigern.
Blitzlampen – »Intense pulsed light« (IPL) Das Emissionsspektrum der hochenergetischen Blitzlampen ist sehr breit. Aus diesem Grund muss ein Cut-off-Filter (ca. 600 nm) verwendet werden. Im Gegensatz zum Laser können bei der IPL-Methode, bedingt durch die Größe der Behandlungsfläche des Handstückes, relativ große Areale behandelt werden. Das IPL-Verfahren verkürzt die Dauer der Einzelbehandlung deutlich. i Vorteilhaft sind die geringe Schmerzhaftigkeit und das geringe Nebenwirkungsspektrum.
Die veröffentlichten Studien zeigen eine Haarreduktion von ca. 40% nach einer Einzelbehandlung und von bis zu 80% bei wiederholter Anwendung. Im Vergleich zur Laserepilation mit dem Rubinlaser konnte eine höhere Effektivität der IPL-Methode nachgewiesen werden.
177 Weiterführende Literatur
i Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen hochenergetischen Blitzlampen die wirksamste, schnellste, effektivste und nebenwirkungsärmste Methode zur permanenten Epilation darzustellen.
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12 12 Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten Nanna Y. Schürer, Luitgard Wiest
12.1
Einleitung
– 179
12.2
Hautarchitektur und Alterung
12.3
Hautempfindlichkeit – 181
12.4
Hautphysiologie – 181
12.4.3 Hautoberflächen-pH
– 180
12.4.1 Epidermale Barriere und transepidermaler Wasserverlust – 183 12.4.2 Relative Hornschichtfeuchtigkeit – 183
12.1
Einleitung
Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) klassifizierte 1775 in seiner lateinischen Doktorarbeit als Erster die menschlichen Hautfarben. Er unterschied zwischen 5 Typen: kaukasisch, mongolisch, äthiopisch, amerikanisch (Nord- und Südamerika) und malaysisch. Den Terminus »kaukasisch« entnahm er dem Reisebericht von Jean Chardin (1643–1713), der Ende des 17. Jahrhunderts den Kaukasus bereist hatte. Dieser schrieb: »the blood of Georgia is the most beautiful in the west and, I think, the world. I never saw an ugly face in that land, neither male nor female; rather I saw the face of Angles …« (Moussayassul 1936, S. 52). In der angloamerikanischen Literatur wurde später der Begriff »caucasian« mit »weißer Haut« gleichgesetzt. Demgegenüber wurde die »nichtweiße Haut« als »non-caucasian« bzw. »ethnic skin« bezeichnet. Afroamerikaner, Asiaten und Latinoamerikaner werden in den USA auch als Menschen mit »skin of color« zusammengefasst (Taylor u. Cook-Bolden 2002). In deutschsprachigen dermatologischen Standardwerken wird das Thema Hautfarbe außerhalb der Tropendermatologie nicht weiter bearbeitet. Die Hautfarbe ist ein erkennbares Kriterium, um Bevölkerungsgruppen voneinander zu unterschei-
– 183
12.5
Ästhetische Eingriffe – 184
12.6
Perkutane Absorption und Bioverfügbarkeit – 185
12.7
Fazit für die Praxis
– 185
Weiterführende Literatur
– 186
den (Taylor 2002). Die Farbe bezieht sich auf die Anzahl, Größe, Art sowie Verteilung von Melanosomen, die Melanin beinhalten (Kollias et al. 1991; Alaluf et al. 2002). Die international anerkannte Klassifikation der Hauttypen (Fitzpatrick 1988) beschreibt die Fähigkeit der verschiedenen Hauttypen, unter UV-Licht zu pigmentieren und ein Erythem zu entwickeln. Europäer werden den Hauttypen I–III, Schwarzafrikaner, Südamerikaner und Asiaten den Hauttypen IV–VI zugeordnet. Taylor und CookBolden bemühen sich darüber hinaus um eine Definition der »skin of colour« (Taylor u. Cook-Bolden 2002), da insbesondere Asiaten nicht ausschließlich den Hauttypen III und V nach Fitzpatrick zugeordnet werden können. Beschrieben sind bei Asiaten auch die Hauttypen II und III (Leenutaphong 1996; Youn et al. 1997). In diesem Zusammenhang fällt auf, dass auch die Begriffe »ethnic skin« und »race« nicht klar definiert sind. Unter Ethnie werden Personen zusammengefasst (griech. ethnos, Volk), die der gleichen kulturellen Gruppe zugeordnet werden können. Die mit Ethnien sich befassende Wissenschaft ist die Ethnologie (Völkerkunde). Ethnische Gruppen sind niemals homogen, auch wenn sie oft so wahrgenommen werden. Die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe ergibt sich durch Abstammung, Heirat, dau-
180
12
Kapitel 12 · Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten
erhafte Migration und eventuelle Assimilation in eine Aufnahmegesellschaft. Es gibt ethnische Gruppen, die erst durch Migration entstanden sind, wie z. B. die der Afroamerikaner. Die Rasse hingegen ist ein Klassifizierungsschema der Biologie. Obwohl Versuche, den Menschen nach äußeren Merkmalen in verschiedene Rassen einzuteilen, abgelehnt werden, da Menschen sich zu 99,9% gleichen, ist offensichtlich, dass die restlichen 0,1% des Erbgutes für die bekannten individuellen Unterschiede zwischen den Menschen (z. B. Haut- und Haarfarbe) sorgen. Einige Anthropologen unterscheiden zwischen 3 Hauptrassen: Kaukasier, Negroide und Mongoloide. Bei dieser Einteilung beziehen sich mehrere Hundert verschiedene ethnische Gruppen auf lediglich 3 Hauptrassen. Während eine ethnische Gruppe sich nicht allein durch ihre Rassenzugehörigkeit auszeichnet, hilft die Rassenzugehörigkeit häufig bei der Definierung einer ethnischen Gruppe. Andererseits bestimmt die Rasse nicht die Hautfarbe und die Hautfarbe nicht die Rassenzugehörigkeit. Morrone et al. ziehen den Schluss: »So wie keine ›schwarze Rasse‹ existiert, existiert keine ›kaukasische Rasse‹, da die Hautfarbe eines Individuums von verschiedenen (umwelt)biologischen und genetischen Faktoren abhängt. Darüber hinaus verändert sich die Hautfarbe mit zunehmendem Alter, bedingt durch die Reduktion der DOPA-positiven Melanozyten« (Morrone u. Hercogova 2004). Eine Auseinandersetzung mit diesen Überlegungen ist im Hinblick auf die Hautverjüngungsmaßnahmen vor dem Hintergrund »ethnischer Besonderheiten« von großer Bedeutung, da dem erfahrenen Kliniker interindividuelle Unterschiede der Haut, ihrer Alterungsprozesse und nach iatrogen induzierten Eingriffen unterschiedliche Regenerationsfähigkeit zwar bekannt sind, in der Literatur aber Hautfarbe und »ethnische Besonderheiten« unterschiedlich definiert werden. Da die Hautfarbe auch bei Maßnahmen der Hautverjüngung berücksichtigt werden muss, in diesem Zusammenhang aber keine allgemein gültige Definition der internationalen Literatur entnommen werden kann, schlagen wir an dieser Stelle vor, sich auf die hautphysiologischen Unterschiede zu stützen.
i Bei hautverjüngenden Maßnahmen sind die interindividuellen hautphysiologischen Gegebenheiten der unterschiedlichen Hautfarben zu berücksichtigen.
12.2
Hautarchitektur und Alterung
Unklar ist, warum das Auftreten sichtbarer Anzeichen der Hautalterung, wie z. B. die Entwicklung von Falten, bei Menschen so unterschiedlich ist. Abgesehen von der genetischen Prädisposition spielt auch die kumulative UV-Exposition eine Rolle. Shekar et al. grenzen genetische von umwelt-(UV-)bedingten Einflüssen auf die Hautstrukturen ab (Shekar et al. 2005). Untersucht wurde, ob die Beschaffenheit der obersten Hautschicht, die erste Barriere gegenüber exogenen Noxen, von der Hautfarbe abhängt. Ältere Untersuchungen zeigen, dass die Hornschichtdicke schwarzer Haut mit jener weißer Haut vergleichbar ist (Thomson 1955; Freeman et al. 1962). Weigand et al. beschreiben eine aus mehr Zellschichten bestehende Hornschicht der schwarzen im Vergleich zur weißen Haut (Weigand et al. 1974). Ein Unterschied der Korneozytengröße wurde nicht konstatiert (Corcuff et al. 1991). Der epidermale Lipidgehalt hingegen scheint in schwarzer Haut gegenüber weißer Haut höher zu sein (Reinertson u. Wheatley 1959). Möglich wäre, dass ein kompakteres Stratum corneum schwarzer Haut mit der meist umweltbedingten UV-Exposition in Zusammenhang steht. Schwarze Haut weist eine höhere Konzentrationen von Eumelanin und größere Melanosomen (800 nm) auf, die intrazellulär in den Keratinozyten vorkommen und nicht einem enzymatischen Abbau unterliegen wie die Melanosomen der weißen Haut (400 nm) (Taylor 2002). Die Hautfarbe eines Individuums beruht nicht auf der Anzahl der Melanozyten. Unklar ist, ob das beobachtete klinische Ausmaß der dermalen Elastose vom Melaningehalt der Haut abhängt. Die UV-exponierte Haut der negroiden Rasse bei 60- bis 80-Jährigen weist nur geringe histologische Veränderungen auf (Kligman 1969): Klinisch finden sich lediglich Hyperpigmentierungen und feine Knitterfältchen (Halder 1998). Weiterführende Untersuchungen über interindividuelle Unterschiede der dermalen Elastose be-
181 12.4 · Hautphysiologie
rücksichtigen den Hauptwohnort (Lebensweise) der untersuchten Personen. So weisen im Norden Japans lebende Frauen signifikante Unterschiede in der Hautalterung gegenüber der gleichen, im Süden lebenden Bevölkerungsgruppe auf (Hillebrand et al. 2001). Es darf davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Japanerinnen um eine homogene Population handelt, die im Süden 1,5-mal stärker der UVB-Bestrahlung ausgesetzt ist als im Norden Japans. Hillebrand und Mitarbeiter untersuchten auch die altersbedingte Faltenbildung, das Auftreten von Altersflecken, Talgdrüsensekretion, Dyspigmentierung, Hautfeuchtigkeit und den Hautoberflächen-pH an Kaukasiern, Asiaten, Afroamerikanern und Japanern und korrelierten ihre Befunde mit den Altersgruppen 10–19, 20–29, 30–39, 40–49, 50–59 und 60–69 Jahre. Die jeweilige Anzahl der Probanden betrug zwischen 207 und 474 (Hillebrand et al. 2001). i Die Faltenbildung im Gesicht ist bei den Asiaten geringer als bei den Latein- und Afroamerikanern und bei diesen geringer als bei Kaukasiern.
Eine Korrelation der Hautfarbe mit der Hautalterung zeigten die Autoren nicht auf. Gesichtsfalten sind bei Ostasiatinnen weniger auffällig als bei Kaukasierinnen der gleichen Altersgruppe. Dies unterstützt die bereits bekannte Annahme, dass asiatische Haut langsamer und weniger altert (Falten bildet). Möglicherweise spielen hier nicht nur genetische Faktoren betreffend der Hautfarbe, sondern auch der DNARepairmechanismen eine Rolle (McCredie 1998). Fibroblasten schwarzer Haut sind große, mehrkernige Zellen. Bei entsprechender Stimulation wird eine Überproduktion von Kollagen bei geringem Abbau extrazellulärer Matrix bewirkt (Taylor 2002). Ob diese Beobachtung auf die Aktivitäten der Matrixmetalloproteinasen (MMP) zurückzuführen ist, wurde bisher nicht untersucht. Die altersbedingte Elastose weißer Haut erklärt sich u. a. durch eine erhöhte MMP-Aktivität (Fisher et al. 1997). In pigmentierter Haut ist die MMP-Aktivität möglicherweise geringer. In der feingeweblichen Untersuchung der Gesichtshaut schwarzer Frauen wurden dichte Kollagenbündel – parallel zur Epidermis ausgerichtet – beobachtet und in der Hämatoxylin-Lee-Färbung Elastinfasern ohne Anzeichen einer Elastose. In der Gesichtshaut weißer Frauen, die der extrin-
12
sisch beeinflussten Hautalterung unterliegen, sind dagegen eine Elastose und wenige Kollagenbündel darstellbar (Montagna u. Carlisle 1991; Ma et al. 2001). Asiaten leiden im Alter unter Dyspigmentierungen, Lentigines, seborrhoischen Keratosen, Hyperpigmentierung, nicht aber unter einer ausgeprägten Elastose. Die Neigung, mit dem Alter fazial zu hyperpigmentieren, ist bei den Afroamerikanern ausgeprägter als bei den Kaukasiern und bei diesen wiederum ausgeprägter als bei den Lateinamerikanern und Asiaten.
12.3
Hautempfindlichkeit
»Ethnische Unterschiede« der Hautempfindlichkeit gegenüber Externa und Umwelteinflüssen wurden intensiv untersucht (Berardesca u. Maibach 1996; Robinson 2000; Berardesca u. Maibach 2003; Wesley u. Maibach 2003). Es liegen vergleichende Untersuchungen über das Stratum corneum (Weigand et al. 1974; Corcuff et al. 1991), die Permeabilität der epidermalen Barriere (Kompaore et al. 1993; Reed et al. 1995; Warrier et al. 1996) und die Irritabilität der Haut vor (Berardesca u. Maibach 1988; Berardesca u. Maibach 1990; Basketter et al. 1996; Dickel et al. 2001; Aramaki et al. 2002). Robinson fasst in seiner Übersichtsarbeit zusammen, dass kaukasische Haut leichter irritierbar ist als negroide oder mongoloide Haut (Robinson 2000). Unterschiede wurden auch hinsichtlich der Hautfeuchtigkeit, der mechanischen Eigenschaften der Haut und des HautoberflächenpH-Werts beobachtet (Takahashi et al. 1989; Warrier et al. 1996).
12.4
Hautphysiologie
Untersuchungen zu ethnischen Unterschieden der Hautphysiologie sollten Folgendes berücksichtigen: 4 Hautphysiologische Untersuchungen sollten zur gleichen Jahreszeit und möglichst innerhalb einer kurzen Zeitspanne erfolgen mit dem Ziel, jahreszeitliche Unterschiede zu minimieren. 4 Einschluss- und Ausschlusskriterien müssen gut definiert werden. 4 Wohnort und Lebensart (Beruf und Freizeit) sind zu berücksichtigen.
182
Kapitel 12 · Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten
4 Alle Teilnehmer sollten gleichermaßen für die Untersuchung vorbehandelt werden. 4 Hautphysiologische Untersuchungen sind in einem entsprechenden Hautphysiologielabor durchzuführen. Ist ein Raum mit kontrollierbarer Temperatur und Luftfeuchtigkeit nicht vorhanden, so ist zumindest ein vergleichbarer Untersuchungsort zur Verfügung zu stellen. 4 Die Methoden (Untersuchungsapparatur und deren Kalibrierung) müssen vergleichbar sein. 4 Sinnvollerweise sollten die Untersuchungen durch die gleiche Person durchgeführt werden, um untersucherbedingte Unterschiede zu vermeiden. Ist dies nicht möglich, so sollten die Untersucher gleichermaßen instruiert werden.
12
Es ist nicht leicht, diesen Bedingungen Folge zu leisten. Darüber hinaus können Ernährung (Purba et al. 2001; Vayalil et al. 2004; Chiu et al. 2005) und sozioökonomische Faktoren (Malvy et al. 2000) den Hautzustand beeinflussen und »ethnische Hautunterschiede« erklären. Eine Vielzahl von exogenen Faktoren kann den Hautzustand beeinflussen und so zu Untersuchungsergebnissen bezüglich der ethnischen Hautunterschiede führen. Aktuell fasst A.B. Kimball (2008) die Problematik zusammen. Folgerichtig sind auch Geschlecht, Alter und Größe der Untersuchungsgruppe zu werten.
Exogene Beeinflussung von Untersuchungsergebnissen 1. Das Untersuchungsprotokoll ist entscheidend (Variabeln wie Geschlecht, Alter, Jahreszeit, anatomische Topographie, Geographie, Lebensart und Ernährung sind zu berücksichtigen). 2. Ein bestimmter Hautparameter kann bereits in einer Bevölkerungsgruppe große Schwankungen aufweisen und somit den Vergleich zwischen 2 Gruppen erschweren. 3. Allein durch die Methodik ist eine Beeinflussung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen gegeben.
12.4.1 Epidermale Barriere und
transepidermaler Wasserverlust Der transepidermale Wasserverlust (TEWL) wurde im Hinblick auf ethnische Unterschiede der Haut untersucht (Berardesca u. Maibach 1988; Kompaore et al. 1993; Reed et al. 1995; Wesley u. Maibach 2003). Berardesca und Maibach beschrieben in verschiedenen ethnischen Gruppen einen vergleichbaren Basis-TEWL, aber eine erhöhte Irritabilitätsschwelle des Hauttyps VI gegenüber 0,5% SLS (Berardesca u. Maibach 1988), während Kompaore et al. signifikante Unterschiede des Basis-TEWL für die Hauttypen IV–VI und I–II konstatierten (Kompaore et al. 1993). Die epidermale Barriere (objektivierbar in der Höhe des TEWL) ist bei den Hauttypen IV–VI gegenüber dem Testfilm-Abriss-Test stabiler als bei den Hauttypen I–II (Weigand u. Gaylor 1974; Reed et al. 1995; Astner et al. 2006). Eigene Untersuchungen bestätigen diese Befunde: Ein vergleichbar hoher TEWL wird erreicht, wenn die Haut an in Sri Lanka lebenden Personen des Hauttyps IV–V mit doppelt so vielen Tesafilmabrissen behandelt wird als an Personen des in Niedersachsen heimischen Hauttyps I–II. Die Barriereregeneration des Hauttyps IV–V ist schneller als die des Hauttyps I–II (unveröffentlichte Ergebnisse). Da der TEWL bzw. sein Delta zwischen vor und nach Irritation als Parameter für die Konstitution der epidermalen Barriere etabliert sind, bestätigt diese Untersuchung die Annahme, dass die epidermale Barriere bei Sri Lankern des Hauttyps IV und V stabiler als bei Kaukasiern des Hauttyps I und II ist. Ungeklärt ist die Ursache für die ethnischen Unterschiede der in der Hornschicht lokalisierten epidermalen Barriere.
12.4.2 Relative Hornschichtfeuchtigkeit
Untersuchungen an den Wangen, Unterarmen und Unterschenkeln zeigten, dass innerhalb einer Altersgruppe, zumindest im Gesicht, Afroamerikaner, Lateinamerikaner und Asiaten eine höhere relative Hornschichtfeuchtigkeit (RHF) als die Kaukasier aufwiesen. Diese Befunde wurden bestätigt (Warrier et al. 1996). Konstatiert wurde, dass zumindest im Gesicht und am Unterarm die RHF mit dem Alter zunimmt. Es wurde gezeigt, dass die Hornschicht-
183 12.5 · Ästhetische Eingriffe
feuchtigkeit mit dem Alter, zumindest an den untersuchten Hautarealen, zu- und nicht abnimmt, während die Talgdrüsensekretion eindeutig ab dem 30. Lebensjahr abnimmt.
12
und im neutralen Bereich inhibiert (Hachem et al. 2003; Hachem et al. 2006). Folgerichtig ist insbesondere für den Hauttyp I–II die Anwendung von im pH-5-Bereich eingestellen Externa zur Vor- und Zwischenbehandlung bei Peeling- und Laserbehandlungen sinnvoll.
12.4.3 Hautoberflächen-pH
Als Säureschutzmantel der Haut ist ein saurer pHBereich (pH 4,5–5,5) der Hautoberfläche bekannt. Nur wenige Untersuchungen zum HautoberflächenpH im Hinblick auf ethnische Besonderheiten liegen vor. Die Aussagen sind widersprüchlich. Derzeit können darüber hinaus keine Schlüsse hinsichtlich der Mikroflora der Haut im Bezug auf ethnische Besonderheiten gezogen werden. Möglicherweise spielen auch Alter, Anatomie, Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit eine Rolle. Während Warrier et al. keine Unterschiede des Hautoberflächen-pH-Werts im Hinblick auf das Alter oder die ethnische Gruppenzugehörigkeit nachwiesen (Warrier et al. 1996), beschrieben Berardesca und Maibach Unterschiede (Berardesca et al. 1998). Eigene Untersuchungen bezüglich des Hautoberflächen-pHs der in Sri Lanka arbeitenden Krankenschwestern des Hauttyps IV–V wiesen einen niedrigeren Wert auf als die einer vergleichbar randomisierten Gruppe von in Niedersachsen lebenden Personen des Hauttyps I–II. Der Untersuchungszeitraum betrug 3 Tage. Untersucht wurden insgesamt 160 Krankenschwestern in Sri Lanka und 120 in Niedersachsen. Von diesen unterzogen sich 30 Personen je Gruppe weiterführenden hautphysiologischen Untersuchungen hinsichtlich der Stabilität der epidermalen Barriere. Inwieweit exogene Faktoren wie Ernährung und Sozioökonomie den HautoberflächenpH der beiden Gruppen beeinflusst, ist unklar. i Der pH-Wert der Haut ist inter- und intraindividuell unterschiedlich. Diese Befunde sind für diejenigen Hautverjüngungsmaßnahmen von Bedeutung, die mit einer vorübergehenden Störung der epidermalen Barriere einhergehen und eine Wundheilungsphase nach sich ziehen.
Bekannt ist, dass die Wundheilung auch vom pHWert der Wunde abhängt (Schneider et al. 2007). Enzyme, die für die Barriereregeneration von Bedeutung sind, werden im sauren Bereich aktiviert
12.5
Ästhetische Eingriffe
Nicht nur Personen mit Hauttyp I–II unterziehen sich chirurgischen und minimalinvasiven Hautverjüngungsverfahren. Tenerelli schätzte 2000 den kosmetischen Markt für »ethnische Haut« auf 1,8 Billionen US$ (Tenerelli 2000) – mit steigender Tendenz. Allein in den USA wurden 2005 2,3 Mio. derartiger Eingriffe an pigmentierter Haut durchgeführt. Von diesen sind etwa Dreiviertel nichtchirurgisch. An der Spitze steht die mit Botulinumtoxin durchgeführte Chemodenervation, gefolgt von der Laserhaarentfernung, Augmentation, Mikrodermabrasion und chemischen Schälbehandlung. Pigmentierte Haut entwickelt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:2 bis 1:19 eher ein Keloid nach einer Hautverletzung – oder einem chirurgischen Eingriff – als nichtpigmentierte Haut (Kelly 1988). Diese hohe Inzidenz einer unerwünschten Nebenwirkung muss insbesondere bei den chirurgischen Eingriffen berücksichtigt werden. Augmentationsbehandlungen des alternden Gesichts unterscheiden sich nicht zwischen den Hauttypen, berücksichtigt werden müssen immer die individuellen Gegebenheiten (Harris 2004). Erfahrungen im Umgang mit Polymilchsäure zur fazialen Augmentation bei Afroamerikanern liegen vor (Burgess 2007). Mit zunehmendem Alter verändern sich die Lippen der Kaukasierinnen (Hauttyp I–II) dahingehend, dass sie schmal und faltig werden, mit häufig herabhängenden Mundwinkeln. Begründet ist dies durch Veränderung der dermalen Strukturen (7 Abschn. 12.2) und Überaktivität des M. orbicularis oris. Die Lippenaugmentation einer Kaukasierin beinhaltet deshalb zumeist den Wunsch, nicht nur beginnende periorale Fältchen zu eliminieren, sondern auch eine Zunahme des Lippenvolumens zu erreichen. Genetisch bedingt sind dagegen die Lippen einer Afrikanerin und vieler Asiatinnen voluminöser als die der Kaukasierinnen. Folgerichtig wird ein
184
Kapitel 12 · Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten
voller Mund von dieser Bevölkerungsgruppe nicht unbedingt als schön empfunden. Eine Lippenaugmentation im Sinne einer Volumenzunahme wird deshalb selten gewünscht. Doch auch bei dieser Personengruppe verändert sich mit dem Alter die Lippenkontur, die durch eine Relaxation des M. perioralis mittels Botulinumtoxin restituiert werden kann. Zeitweilig sind auch gezielte Augmentationsbehandlungen gefragt mit dem Ziel, lediglich die ursprüngliche, in der Jugend vorhandene Lippenkontur wieder herzustellen. Anzumerken ist, dass aufgrund dermaler Unterschiede (größere Fibroblasten, die im Vergleich zu Kaukasiern zu einer Überproduktion von Kollagen neigen) Augmentationsbehandlungen des Bindegewebes besonders effektiv – aber auch überschießend – sein können. i Augmentationsbehandlungen in pigmentierter Haut sollten aufgrund der genetischen Variabilität zurückhaltend durchgeführt werden (Burgess 2007).
12
Menschen mit Hauttyp III–V meiden, soweit möglich, UV-Expositionen primär aus kosmetischen Gründen. Der hellere Hauttyp wird als schön empfunden und mit der gehobenen sozialen Schicht assoziiert. Inwieweit dieses Verhalten die extrinsische Hautalterung dieser Personengruppe beeinflusst, ist ungeklärt. In Bezug auf hautverjüngende Peelingund Laserverfahren ist auch die individuelle Pigmentierungsneigung zu berücksichtigen. Hinsichtlich Hautverjüngungsmaßnahmen spielt die Auseinandersetzung mit der pigmentierten Haut eine Rolle, wenn es iatrogen induziert zu einer Aktivierung der Melanozyten und in der Folge zu einer postinflammatorischen Hyper- oder Hypopigmentierung kommen kann. Der erfahrene Hautarzt weiß, dass unter Umständen ein Schwarzafrikaner bezüglich unerwünschter Nebenwirkungen leichter einzuschätzen ist als ein Hauttyp III, der sich einer intensiven UV-Exposition entzieht, hellhäutig wirkt, aber auf irritierende Maßnahmen, die zur Hautverjüngung eingesetzt werden (Dermabrasion, Lasertherapie, chemische Schälbehandlungen) mit ausgeprägten Hyperpigmentierungen reagieren kann. Gefordert ist hier eine ausführliche Anamnese, ob der zu behandelnde Patient nach Verletzungen (z. B. Verbrennungen am Bügeleisen oder Ofen) postinflammatorische Hyperpigmentierungen er-
fährt. Auch Aknepatienten berichten nach entsprechend tiefen Entzündungen von lang andauernden Hyperpigmentierungen. Derartige Veränderungen werden insbesondere bei Hauttypen III–IV beobachtet. Rassenbedingte Unterschiede der Hautpigmentierung (Roh et al. 2001) erklären unterschiedliche Häufigkeiten von Hyper- und Hypopigmentierungen und Zeichen der Hautalterung (Goh 1990). i Die Neigung pigmentierter Haut, nach einer iatrogen induzierten Irritation zu hyperpigmentieren, ist mit depigmentierenden Agenzien (hydrochinonhaltigen Produkten) kontrollierbar.
Zur Vor- und Nachbehandlung von Schälbehandlungen und Lasertherapien werden depigmentierende Externa empfohlen. Möglicherweise wirken diese in pigmentierter Haut anders als bei den Hauttypen I–II. Bei nicht ausreichend untersuchter Datenlage wird hier empfohlen, die Konzentration von Wirkstoffen (z. B. Hydrochinon und Tretinoin) zur Vorbehandlung einer Schälbehandlung bei Hauttypen >III zu erhöhen, vor dem Hintergrund, dass 1. leicht pigmentierende Haut auch zu postinflammatorischer Hyperpigmentierung neigt und 2. die Penetration von Wirkstoffen in pigmentierter Haut geringer sein dürfte. Anerkannt ist, dass dunklere Haut vor akuter und chronischer UV-Strahlung besser geschützt ist. Kollias et al. haben gezeigt, dass die minimale Erythemdosis (MED) bei Fitzpatrick-Hauttyp V doppelt so hoch ist wie bei Fitzpatrick-Hauttyp I und II (Kollias et al. 1996). Eine Übersicht (incl. Kosten) über die zumindest in den USA erhältlichen bleichenden Kosmetika und Camouflageprodukte ist der Arbeit von BadreshiaBansal und Draelos (2007) zu entnehmen. Auch die altersbedingte Umverteilung des subkutanen (Fett)gewebes muss bei Hautverjüngungsmaßnahmen individuell berücksichtigt werden. Adipozyten weisen bei Afroamerikanerinnen in vitro eine höhere Triglyceridsyntheserate auf als bei Kaukasierinnen (Bower et al. 2002). Diese In-vitroBefunde werden mit der höheren Inzidenz von korpulenten Afroamerikanerinnen in den USA in Verbindung gebracht; andererseits könnte dies aber auch eine Erklärung für die bisher nicht untersuchte unterschiedliche faziale altersbedingte Fettumverteilung sein.
185 12.7 · Fazit für die Praxis
12.6
Perkutane Absorption und Bioverfügbarkeit
Untersuchungen zur pharmakologischen und toxikologischen Antwort auf Topika bei »negroiden, asiatischen und kaukasischen Rassen« liegen vor (Lotte et al. 1993): Die perkutane Absorption und Bioverfügbarkeit von Benzoesäure, Koffein und Acetylsalicylsäure ist vergleichbar (Gean et al. 1989). Folgerichtig kann der bei Kaukasiern beschriebene Salicylismus auch bei anderen Rassen gleichermaßen auftreten und muss bei Schälbehandlungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus besteht eine strukturelle Verwandtschaft zwischen Benzoesäure, Phenol, Hydrochinon und Resorzin. Diese Substanzen werden als Thyrosinaseinhibitoren und/oder für die chemische Schälbehandlung verwendet. Kenntnisse in Bezug auf die ethnischen Hautunterschiede und die damit möglicherweise unterschiedliche oder vergleichbare Bioverfügbarkeit sind unerlässlich. Wirkung und Nebenwirkung einer Hautverjüngungsmaßnahme lassen sich so besser einschätzen. Die Glutathion-S-Transferase schützt die Zellen gegen reaktive Sauerstoffmetaboliten. Metabolisiert werden Xenobiotika, Karzinogene, reaktive Sauerstoffspezies und Chemotherapeutika. Diskutiert wird, ob diese Enzymkaskade eine Rolle bei der Krebsentstehung spielt. Gattas et al. untersuchten die Polymorphismen des Glutathion-S-Transferase(GSTM)1-Genotyps der brasilianischen Bevölkerung: 233 Kaukasier, 87 »Mulatten« und 137 Negroide (Hauttyp V und VI). GSTM1 ist bei Kaukasiern häufiger als bei Mulatten oder negroiden Rassen (Gattas et al. 2004). Diese Ergebnisse sind vor dem Hintergrund interessant, dass für Hautverjüngungsmaßnahmen karzinogene Substanzen (Phenol) und physikalische Prozesse (Lasertherapie) eingesetzt werden, die zelluläre Stoffwechselprozesse und reaktive Sauerstoffspezies aktivieren. Zu bedenken ist, dass die unterschiedliche Reaktivität der untersuchten Bevölkerungsgruppen auf Hautverjüngungsmaßnahmen auch auf den Polymorphismen entgiftender Enzymkaskaden beruhen kann.
12.7
12
Fazit für die Praxis
Werden Verfahren der Hautverjüngung angewendet, müssen Kenntnisse über die Haut vorliegen. Hierzu gehören auch die »ethnischen Besonderheiten« der Haut. Hautfarbe und damit die »ethnischen Besonderheiten« werden unterschiedlich definiert. Ethnische Unterschiede hinsichtlich der physiologischen Hauteigenschaften wurden ansatzweise untersucht, die vorliegenden Daten sind zum Teil widersprüchlich. Untersucht wurden der transepidermale Wasserverlust, die Hautfeuchtigkeit, die Korneozytenvariabilität, die Elastizität, der pH-Gradient, die mikrobiologischen Eigenschaften der Hautoberfläche und der Gehalt sowie die Zusammensetzung der epidermalen Lipide.
186
Kapitel 12 · Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten
Weiterführende Literatur
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12
13 13 Kosmetische Beratung und Diagnostik in der dermatologischen Praxis Irene Rosengarten, Kathrin Mühlberg
13.1
Einleitung
– 191
13.4
13.2
Ziel und Nutzen der kosmetischen Beratung und der hautphysiologischen Diagnostik – 191
13.3
Dermatokosmetika in der Prophylaxe und Therapiebegleitung – 192
13.4.1 Sinnvolle diagnostische Verfahren für die Praxis – 193
13.5
13.3.1 Erstellung eines Behandlungsplans 13.3.2 Kosmetika in der Therapie der Hautalterung – 192
13.1
Hautphysiologische Messmethoden – 193
Fazit für die Praxis
– 195
Weiterführende Literatur
– 195
– 192
Einleitung
Mit der Entwicklung innovativer Wirkstoffe und der Bereitstellung zeitgemäßer Galenik durch forschende Kosmetikkonzerne erweitert sich das Angebot dermatologischer Therapiemöglichkeiten besonders im Bereich der ästhetischen Dermatologie. Zeitgleich wurden auch die diagnostischen Maßnahmen weiterentwickelt, um Hauttexturveränderungen messbar zu machen. Deshalb steht dem Dermatologen und dem Patienten eine Vielzahl neuer Dermatokosmetika sowohl zur Prophylaxe als auch zur Therapiebegleitung im Bereich der extrinsischen und intrinsischen Hautalterung zur Verfügung, deren Wirksamkeit über verschiedenste hautphysiologische Methoden messbar ist. Die gezielte kosmetische Beratung in Kombination mit einer qualifizierten hautphysiologischen Diagnostik in der dermatologischen Praxis erlangt somit einen immer größeren Stellenwert.
13.2
Ziel und Nutzen der kosmetischen Beratung und der hautphysiologischen Diagnostik
Gerade bei Patienten mit Hauterkrankungen oder sehr empfindlicher Haut besteht ein großer Bedarf an fundierter kosmetischer Beratung sowie an einer hautphysiologischen Diagnostik, die die ästhetischen und medizinischen Aspekte berücksichtigt. Zugleich nimmt auch der Wunsch nach objektiven Wirksamkeitsparametern der dermatokosmetischen Behandlung auf Seiten der Patienten zu. Somit dienen die kosmetische Beratung sowie die Darstellbarkeit von Behandlungsergebnissen durch diagnostische Methoden der Orientierung des Patienten im großen Kosmetikmarkt und geben ihm die Gelegenheit, vom sinnvollen Einsatz kosmetischer High-TechProdukte profitieren zu können. Weiterhin ermöglicht die kosmetische Beratung, kombiniert mit objektivierbaren Messdaten der Haut, dem behandelnden Dermatologen, das Vertrauensverhältnis zum Patienten auszubauen, die Patientencompliance zu erhöhen und gegebenenfalls ein besseres Durchhaltevermögen seitens des Patienten zu erreichen. Durch die Alterung der Haut, einschließlich ihrer vielfältigen Symptomatik, geraten die Patienten in
192
Kapitel 13 · Kosmetische Beratung und Diagnostik in der dermatologischen Praxis
einen Teufelskreis: In ihrem Selbstwertgefühl beeinträchtigt, zeigen sie häufig die Tendenz, wahllos zu immer neuen Kosmetikprodukten zu greifen. Hier setzt der intensive Dialog zwischen behandelndem Arzt und Patient ein, einschließlich einer umfassenden Beratung und Diagnostik über Nutzen und korrekte Anwendung von spezieller hautverträglicher Kosmetik sowohl im Bereich der pflegenden und dekorativen Kosmetik als auch im Bereich des dermatologischen Lichtschutzes. Durch die Ermittlung möglicher auffälliger Hauttexturparameter bietet sich zusätzlich auf klar objektivierbarer Ebene die Möglichkeit, den Patienten von einer gezielten Behandlung zu überzeugen. Somit kann der Dermatologe über den gezielten Einsatz von wirksamer Dermatokosmetik zusätzlich zur Therapie ein optimales Behandlungsergebnis erzielen und auch objektiv dokumentieren. Die längerfristige Erhaltung des Ergebnisses wird durch den Einsatz von präventiv wirksamen Produkten im Bereich der Hautalterung garantiert. i Die Beratung und Diagnostik durch den Dermatologen bietet dem Patienten eine Orientierung im unüberschaubaren Kosmetikmarkt und ermöglicht einen sinnvollen Einsatz spezieller Produkte.
13.3
13
Dermatokosmetika in der Prophylaxe und Therapiebegleitung
Die Aufgabe einer medizinisch-wissenschaftlich fundierten Dermatokosmetik ist es, spezielle, erweiterte Anforderungen bei der Wirksamkeits- und Sicherheitsprüfung zu erfüllen (wissenschaftliche Studien, zusätzliche Testungen bezüglich Hautverträglichkeit), um wirksame Innovationen von rein marktstrategisch gesteuerten Neuentwicklungen abzugrenzen. Die Dermatokosmetik sollte für unterschiedliche dermatologische Anforderungen wie beispielsweise die Hautalterung unter Berücksichtigung ihrer diversen Hauterscheinungen das entsprechende Pflegekonzept bieten, das einfach und effektiv aufgebaut ist. Sie sollte mit Dermatologen zusammen entwickelt und von Dermatologen getestet sein, um optimal den notwendigen Anforderungen zu entsprechen und eine bestmögliche Verträglichkeit zu garantieren.
Die Voraussetzung für die kosmetische Beratung ist die Auseinandersetzung sowohl mit den dermatokosmetischen Produkten als auch mit deren Herstellern, um sich anschließend für den eigenen Praxisbedarf das adäquate Produktkonzept zur Empfehlung für die Patienten zusammenzustellen. Außerdem bietet die Industrie unterstützende Maßnahmen an, wie Produktproben, Fortbildungen und die individuelle Beratung durch den Außendienst. Der intensive Austausch zwischen dem Dermatologen und dem Hersteller von Dermatokosmetik ist für die Entwicklung bedarfsgerechter, dermatospezifischer Innovationen von großer Bedeutung.
13.3.1 Erstellung eines Behandlungsplans
Um sich ein Bild von der Wirksamkeit und Verträglichkeit der Pflegeprodukte machen zu können, bietet es sich an, die Kosmetikproben gezielt an die Patienten abzugeben und dies zu dokumentieren. Damit hat der behandelnde Dermatologe die Möglichkeit, sich der Verträglichkeit und Wirksamkeit zu vergewissern. i Ein intensiver Dialog zwischen Arzt und Patient ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche kosmetische Beratung.
Für die Bedarfsanalyse ist es wichtig, Näheres über das Verhalten des Patienten im Alltag zu erfahren, z. B. bezüglich der Sonnenexposition oder der Benutzung kosmetischer Produkte, um daraus das für den Patienten individuelle Konzept für die Nachbehandlung und Hautpflege zu entwickeln. Dieses erstellte Behandlungskonzept sollte für den Patienten schriftlich fixiert werden, d. h. man erstellt ihm einen Behandlungsplan, der alle relevanten dermatologischen Pflegeprodukte mit entsprechenden Anwendungshinweisen beinhaltet.
13.3.2 Kosmetika in der Therapie
der Hautalterung Die Therapie der Hautalterung, als relativ neue »Indikation« in der dermatologischen Praxis, stellt eine große Herausforderung für die ästhetische Dermatologie dar. Hier setzen unterschiedlichste Metho-
193 13.4 · Hautphysiologische Messmethoden
den an, wie z. B. Chemical Peeling, Laser, operative Eingriffe etc., die in anderen Kapiteln ausführlich beschrieben werden. Gerade nach diesen Eingriffen ist die Erstellung eines sich anschließenden individuellen Behandlungsplans, so zeigt die Erfahrung, von besonderer Bedeutung. Dieser Plan für die Nachbehandlung sollte eine kurze, für den Patienten verständliche Beschreibung der Therapiemaßnahmen enthalten. Wichtig sind entsprechende Pflegeempfehlungen für die Zeit direkt nach dem Eingriff sowie für die notwendige Anschlussbehandlung. Um den einmal erzielten Behandlungseffekt zu erhalten, sollte sich an die Eingriffe unbedingt eine gezielte und auf den individuellen Hautalterungstyp abgestimmte Dauerbehandlung anschließen. Wirksamkeit und Verträglichkeit müssen hierbei immer ein optimales Verhältnis bilden. i Für ein optimales Gesamtergebnis der Behandlung ist der zeitgerechte Einsatz der Pflegeempfehlungen zur Nachbehandlung sehr wichtig.
Der Arzt muss anhand des Hautbefundes entscheiden, wie schnell vorgegangen werden kann. Die Empfehlungen für die Dauerbehandlung stellen gleichzeitig auch eine Prävention der Hautalterung dar. Allen Empfehlungen dermatologischer Pflegeprodukte voran steht immer der adäquat zur UV-Exposition des Patienten angepasste spezielle Lichtschutz mit dem Einsatz eines photostabilen UV-Filtersystems, das über das gesamte UV-A- und UV-B-Spektrum sicher wirkt. Ziel ist die frühzeitige Vermeidung von Bindegewebeschädigungen in der Haut. Und diese photodermatologische Prävention beginnt nicht erst im Alter von 30 Jahren, wenn sich die ersten Anzeichen von lichtbedingter Hautalterung zeigen, sondern schon einige Jahre davor. Hier ist die Beratung durch den Dermatologen gefragt, d. h. die kosmetische Beratung im Bereich der Hautalterung schließt immer die kompetente Sonnenschutzberatung als Prävention mit ein (7 Kap. 3).
13.4
Hautphysiologische Messmethoden
Neben Anamnese, klinischer Inspektion der Haut sowie der histologischen Diagnostik steht heute eine Reihe unterschiedlicher nichtinvasiver hautphysiologischer Untersuchungsmethoden zur objektiven
13
Erfassung morphologischer und funktioneller Veränderungen der Haut zur Verfügung. Ursprünglich entwickelt zur Ermittlung objektiver Parameter im Rahmen von klinischen Studien für dermatologische Therapeutika und Kosmetika, zeigte sich bald, dass die Messwerte reproduzierbar waren. Durch diese in der Forschung ermittelte Validierung der Testgeräte bietet sich nun auch für den niedergelassenen Kollegen die Gelegenheit, dem Patienten im beratenden Gespräch die Möglichkeit anzubieten, durch objektive Messwerte den Behandlungserfolg klar zu dokumentieren oder mögliche subklinische Hautschädigungen lange vor dem Sichtbarwerden darzustellen. Dies unterstützt in einem erheblichen Maße die dermatokosmetische Beratung und Behandlung gerade auch im Hinblick auf präventive Maßnahmen.
13.4.1 Sinnvolle diagnostische Verfahren
für die Praxis Das Angebot an hautphysiologischen Messmethoden ist groß. Hierzu zählen u. a. 4 Messung des transepidermalen Wasserverlustes (TEWL) zur Erfassung der Barrierefunktion der Haut, 4 Corneometrie (Messung der Hautfeuchtigkeit), 4 Colorimetrie (Messung der Hautfarbe), 4 Cutometrie (Messung der Hautelastizität), 4 Messung des pH-Wertes der Haut, 4 Sebumetrie zur Erfassung der Hautoberflächenlipide oder 4 Hautultraschalluntersuchungen zur Bestimmung der Hautdicke und -dichte. Neuere Methoden ermöglichen die Bilddarstellung der Hautoberflächenbeschaffenheit (Profilorimetrie) bis hin zu laserunterstützten Darstellungen verschiedener Zellverbände in vivo mittels konfokaler Laserscanmikroskopie. Bei der Vielfalt der angebotenen Messmethoden ist es notwendig, die Methoden zu ermitteln, die für den niedergelassenen Kollegen sinnvoll sind. Dabei gilt die Messung des transepidermalen Wasserverlustes als eine der derzeit aussagekräftigsten hautphysiologischen Meßmethoden. Sie kann mit weiteren Messverfahren (z. B. Messung der Hautfeuchtigkeit und des Fettgehaltes der Haut oder aber die
194
Kapitel 13 · Kosmetische Beratung und Diagnostik in der dermatologischen Praxis
Erfassung der Hautelastizität) kombiniert werden und bietet damit eine gute Grundlage zur Erfassung von Hauttexturveränderungen im Rahmen der dermatokosmetischen Beratung und Behandlung. Die hierzu eingesetzten Messgeräte, wie z. B. das Tewameter, das Corneometer sowie das Sebumeter (z. B. Fa. Courage+Khazaka, Köln) wurden im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt, so dass die Anwendbarkeit stark erleichtert und auch an die speziellen Bedürfnisse einer Praxis angepasst wurden. Die Geräte werden als so genannte Multiadapter in Kombination oder auch als Einzelsonden angeboten, sind einfach zu bedienen und zeigen die Messdaten schnell und übersichtlich an (. Abb. 13.1). Auch zur Messung eines chronischen Lichtschadens der Haut, welcher ebenfalls mit einer Veränderung der Hauttextur ein-
13
hergeht, können diese Verfahren eingesetzt werden und ermöglichen damit eine Darstellung des Hautalterungsprofils. Hierdurch eröffnen sich neue Perspektiven, die eine Unterscheidung der intrinsischen von der extrinsischen Hautalterung erleichtern können. Die Darstellung dieses speziellen Hautalterungsprofils ermöglicht dann den Einsatz von gezielten dermatokosmetischen Präventivmaßnahmen. i Für den niedergelassenen Dermatologen kann der Einsatz dieser Messgeräte auch von wirtschaftlicher Relevanz sein, da sich hieraus die Möglichkeit der gezielten Beratung mit messbaren Werten und darstellbaren Ergebnissen im Gesamtbereich der kosmetischen Dermatologie ergibt.
a
b
c
d
. Abb. 13.1a–d. Hautphysiologische Messgeräte. a Derma Unit SSC 3, b Corneometer, c Sebumeter, d Skin-pH-Meter. (Aus: www.courage-khazaka.de)
195 Weiterführende Literatur
13.5
Fazit für die Praxis
Die Patienten, die sich im Bereich der ästhetischen Dermatologie behandeln lassen, zeigen überwiegend ein großes Interesse an kosmetischen Innovationen und nehmen hier dankbar die Empfehlung ihres behandelnden Dermatologen an, der aufgrund seiner Erfahrung in der Behandlung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Patienten hat. Problembewusste Patienten fordern heute modernes Hautpflegemanagement ebenso wie eine Überprüfbarkeit der Wirkungen, so dass der niedergelassene Dermatologe mehr und mehr auf objektivierbare Dokumentationsparameter angewiesen ist. Deshalb ist es wichtig, den Austausch von Fachwissen und Erfahrungswerten unter den Kollegen und Experten ständig auszubauen.
13
Weiterführende Literatur Blichmann CW, Serup J (1988) Assessment of skin moisture. Measurement of electrical conductance, capacitance and transepidermal water loss. Acta Derm Venereol 68:284290 Bouwstra J, Pilgram G, Gooris G, Koerten H, Ponec M (2001) New aspects of the skin barrier organization. Skin Pharmacol Appl Skin Physiol 14:52-62 Cua AB, Wilhelm KP, Maibach HI (1990) Frictional properties of human skin:relation to age, sex and anatomical region, stratum corneum hydration and transepidermal water loss. Br J Dermatol 123:473-479 Diffey BL, Stokes RP, Forestier S, Mazilier C, Rougier A (1997) Suncare product photostability:a key parameter for a more realistic in vitro efficacy evaluation. Eur J Dermatol 7:226228 Fourtanier A, Labat-Robert J, Kern P, Berrebi C, Garcia AM, Boyer B (1992) In vivo evaluation of photoprotection against UVA irradiation by a new sunscreen Mexoryl SX. Photochem Photobiol 55 (4):549-560 Gasparro FP, Mitchnick M, Nash JF (1998) A review of sunscreen safety and efficacy. Photochem Photobiol 68:243-256 Gilchrest BA (1996) A review of skin ageing and its medical therapy. Br J Dermatol 135:867-875 Gollhausen R (1992) Corneometrie und Evaporimetrie zur Untersuchung der Hornschicht-Funktion. In: Klaschka F (Hrsg) Empfindliche Haut. Diesbach, Berlin, S 76-91 Griffiths CE (1999) Drug treatment of photoaged skin. Drugs Aging 14:289-301 Fluhr J , Uhl C (2005) Hautphysiologische Messungen in der täglichen Praxis: Corneometrie und Sebumetrie bei physiologischen und krankhaften Hautveränderungen. In: Kardorff B (Hrsg) Selbstzahlerleistungen in der Dermatologie und der ästhetischen Medizin. Springer, Berlin, S 321–326 Lim W (2007) Photodermatology. Taylor & Francis, New York Pinnagoda J, Tupker RA, Agner T, Serup J (1990) Guidelines for transepidermal water loss (TEWL) measurement:A report from the Standardization Group of the European Society of Contact Dermatitis. Contact Dermatitis 22:164-178 Pinnagoda J, Tupker RA, Smit JA, Coenraads PJ, Nater JP (1989) The intra- and inter-individual variability and reliability of transepidermal water loss measurements. Contact Dermatitis 21:255-259 Ramsing DW, Agner T (1997) Preventive and therapeutic effects of a moisturizer. An experimental study of human skin. Acta Derm Venereol 7:335-337 Rogiers V (2001) EEMCO guidance for the assessment of transepidermal water loss in cosmetic sciences. Skin Pharmacol Appl Skin Physiol 14:117-128
III
Prophylaxe der Hautalterung/ kosmetische Photodermatologie 13
Kosmetische Beratung und Diagnostik in der dermatologischen Praxis – 191 Irene Rosengarten, Kathrin Mühlberg
14
Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis – 197 Detlef Isermann, Klaus Fritz
15
Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion und den Zustand der menschlichen Haut – 219 Jean Krutmann, Wilhelm Stahl
16
Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives – 229 Jean Krutmann
17
Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention – 241 Natalie Garcia Bartels, Ulrike Blume-Petyavi
14 14 Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis Detlef Isermann, Klaus Fritz
14.1
Einleitung
– 197
14.2
Rechtssituation – 198
14.2.1 Zusammenhang und Unterschiede von Praxis und Institut – 198 14.2.2 Beispiele rechtlich möglicher Kooperationen – 198 14.2.3 Übliche Rechtsformen – 201 14.2.4 Rechtliche Grenzen – 201
14.3
Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum – 205
14.3.1 Definition – 205 14.3.2 Angebot – 205 14.3.3 Technische Ausrüstung, Behandlungen und Produkte – 207
14.1
Einleitung
Neue Verfahren der ästhetischen Medizin, wirtschaftlicher Druck oder ein ganzheitlicher Ansatz zur Patientenversorgung – für die Einrichtung eines gewerblichen Kosmetikinstituts in direkter Nähe zur Praxis gibt es eine Vielzahl von Gründen. Fragen nach dem »Warum« sind hier gleichgültig; es geht vielmehr darum, welche Möglichkeiten es gibt und wie diese ausgestaltet werden können. Das nachfolgende Kapitel soll ganz konkret helfen, viele Aspekte zu bedenken, denn gewerbliches Handeln hat eindeutig andere Schwerpunkte als kurative Tätigkeiten. Wesentlich sind die rechtlichen Rahmenbedingungen bei einer strategischen Planung, aber auch die praktische Umsetzung und die operative Planung sind erfolgsrelevant. Marketing als Unternehmensführungsaufgabe wird daher schwerpunktartig behandelt. Abschnitt 14.1 beleuchtet die rechtlich möglichen Kooperationen Dermatologie/Kosmetik, Ab-
14.3.4 Ort der Behandlung, Ort des Verkaufs 14.3.5 Preisniveau – 210 14.3.6 Promotion – 212
– 210
14.4
Franchise statt Eigengründung – 214
14.5
Unternehmensleitung: Strategie und operative Umsetzung – 214
14.5.1 Kommunikationsmix – 215 14.5.2 Kontrollfunktion – 215
14.6
Marktforschung
– 215
14.6.1 Beispiel einer Kooperation – 215 14.6.2 Begriffe der Marktforschung – 217 14.6.3 Instrumente der Marktforschung – 218
Weiterführende Literatur
– 218
schnitt 14.3 beschäftigt sich mit dem Marketing, von der strategischen Planung bis zur operativen Umsetzung. Um zu Beginn die Essenz vorweg zu nehmen: Die Berufsgruppe der Ärzte und besonders die Dermatologen profitieren davon, dass sie in relativ kurzer Zeit viele Patienten sehen. Per Definition haben sie mit den Organen zu tun, die Ausdruck der Schönheit sind. Das Vertrauen in die Kompetenz ist groß und dehnt sich häufig auch auf den nichttherapeutischen Bereich aus. i Die große Patientenzahl und das entgegengebrachte Vertrauen stellen ein großes wirtschaftliches Potenzial für die Dermatologen dar.
Dieses naheliegende Potenzial nutzen zu wollen, bedeutet in der Sprache des Marketing, für eine Absatzlösung eine noch nicht vorhandene Produktion aufbauen zu müssen. Bevor Sie dies tun, fragen Sie sich, ob Sie dieses Potenzial wirklich haben. Wie Sie eine Produktion zusätzlich zur Pra-
198
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
xis aufbauen können, erlesen Sie bitte in dem folgenden Kapitel.
14.2
Rechtssituation
Berufsbilds Arzt erweisen. Für die betriebswirtschaftliche Planung muss man derzeit die in . Tabelle 10.1 zusammengefassten Eckdaten zur Kenntnis nehmen. Diese Charakteristika machen verschiedene Organisationsformen möglich, die nachfolgend in einer kleinen Ideensammlung zusammengefasst werden.
14.2.1 Zusammenhang und Unterschiede
von Praxis und Institut 14.2.2 Beispiele rechtlich möglicher
Scheinbar über viele Jahre hinweg ist die Rechtsform des selbstständigen Arztes in der Praxis bekannt, schleichend haben sich jedoch seit langem immer wieder Veränderungen in Richtung Aufgabe der Sonderstellung dieses Berufes hin zu einer gewerblichen Wirtschaftseinheit ergeben. Die Einrichtung der IGEL-Leistungen wird sich möglicherweise als der letzte Schritt vor der gewerblichen Einordnung des
Kooperationen Da eine Rechtsberatung individuell erbracht werden muss und auch nicht Gegenstand eines Buchkapitels sein kann, soll hier ein Blick auf die rechtlich möglichen Organisationsformen geworfen werden. Es wird dabei kurz auf die für diese Organisationsform günstige Rechtsform eingegangen.
. Tab. 14.1. Praxis und Institut
Verantwortung
Dermatologe
Institut
Der Dermatologe ist für die medizinische und auch für die physikalische Therapie verantwortlich, zur Überwachung delegierter Leistungen muss er in erreichbarer Nähe sein
Das Personal führt kosmetische Behandlungen und delegierte Leistungen selbstständig durch, unterliegt für Letztere der ärztlichen Schweigepflicht
Produktverkauf Ausbildung
Dermatologe mit kosmetisch-medizinischem Schwerpunkt
Eine gute Ausbildung ist wünschenswert (Arzthelferin, Krankenschwester, Kosmetikerin, PTA o. Ä.)
Kosmetische, operative Tätigkeiten
Therapie wird vom Dermatologen vorgegeben; die Schwerpunkte liegen beim Ausreinigen bei Akne, über die Mikrodermabrasion bis zur Laservor- und Nachbehandlung und dem Chemical Peeling
Allergologische Kenntnisse
Verkaufskenntnisse unerlässlich
Erweiterung des eigenen Angebots
Abschöpfung des Nachfragepotenzials aus der Praxis
Nachsorge der Patienten
Kundengewinnung ästhetische Verfahren
Direkter finanzieller Nutzen
Nutzen des ärztlichen Images
14 Motivation zur Kooperation
Steueroptimiertes Modell von Gewerbe und Praxis Nutzen der eigenen und gewerblichen Werbeerlaubnis Abrechnung
Abrechnung nach GOÄ und EBM Ästhetische Leistungen mit MWSt.-Ausweis
Rechnungsstellung mit MwSt.
Keine Gewerbesteuer
Gewerbesteuerpflichtig, Ausnahmen möglich
199 14.2 · Rechtssituation
Gesundheitsshop beim Dermatologen Was in anderen Staaten, auch innerhalb der EU, seit langem erlaubt ist, ist für deutsche Dermatologen zurzeit noch nicht bzw. schwer möglich: das Verkaufen. Im Gegensatz dazu wird 30% des Umsatzes in den USA durch Verkauf generiert. Dies wird sich aufgrund der hohen Kosten im Gesundheitswesen und wegen der EU-Angleichung der Gesetze über kurz oder lang ändern. Die Dermatologen sind prädestiniert für den Produktabsatz: 4 täglich häufige Patienten/Kundenkontakte, 4 Tätigkeitsfeld Haut/Kosmetik, 4 Know-how zur Hautpflege und 4 allergologische Kenntnisse.
14
i Mehrwertsteuerpflichtige und -freie Verkäufe in der Praxis müssen strikt getrennt werden.
Daher ist eine räumliche Trennung zu empfehlen (. Abb. 14.1). Ein Ladenlokal kann hierbei repräsentativ und großzügig sein, in der Regel reicht aber auch ein Ort zur reinen Abgabe von Produkten aus. Weniger gefällig als die kompetente Beratung verkaufsgeschulten Personals ist die lieblose Abgabe eines Produkts.
Die Therapie findet in der Praxis statt. Der Dermatologe empfiehlt Produkte oder -linien, die im benachbarten Gesundheitsshop zu beziehen sind. Exkurs. Mit der Änderung der rechtlichen Situation wird auch ein neues Berufsbild entstehen. Die »Gesundheitsberaterin in Sachen Haut« berät und verkauft nach Vorgabe oder eigenverantwortlich. In diesem Bereich werden hauptsächlich pharmazeutisch-technische Assistentinnen, Arzthelferinnen und Diätassistentinnen zu finden sein. Zwar ist das Berufsbild der Kosmetikerin in das System des erfolgreichen dualen Ausbildungskonzepts eingegliedert, aber es wird wenig von Dermatologen genutzt. Gute Ausbildungsstellen suchen die Nähe zur Dermatologie, leider gibt es auch unzählige, die eine Konkurrenzsituation zwischen Dermatologen und Kosmetikerinnen heraufbeschwören, so dass sich dieses bereits in den Köpfen festgesetzt hat. Nun ist es problematisch, ein Gewerbe in einer Praxis unterzubringen, da eine Vermischung die Gefahr der Gewerblichkeit der gesamten Praxis birgt: Die Finanzbehörden akzeptieren den Verkauf in Praxen bei sorgfältiger Trennung zwischen mehrwertsteuerpflichtigen und mehrwertsteuerfreien Verkäufen und sauberer getrennter Buchführung. (Leider steckt der Teufel im Detail, schnell ist im Alltagstrubel die IGEL-Leistung und ein Produktverkauf vermischt. Sollte dies nachweisbar sein, kann dies ein Schritt zur Bewertung der gesamten Praxiseinkünfte als gewerbliche sein).
. Abb. 14.1. Gesundheitsshop beim Dermatologen; geeignet: Gewerbeschein, GbR, GmbH o. Ä.
Das Institut als Dienstleister für die Praxis Eine zweite Möglichkeit, die auch weitere organisatorische Vorteile hat (7 Abschn. 14.2.3), ist das Implementieren einer Praxis in gewerblichen Räumen (dies ist bereits meist schon der Fall, ohne dass es den Betreffenden bewusst ist, denn auch die Vermieter sind häufig Gewerbetreibende; . Abb. 14.2).
. Abb. 14.2. Das Institut als Dienstleister für die Praxis; geeignet: Gewerbeschein, GbR, GmbH o. Ä.
200
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
Nur hat dieses neue Gewerbe weitere Aufgaben zu erfüllen: 4 das zeitweilige Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten für die Praxis (maximale Raumauslastung als Gewerbe – besonders, wenn der Arzt nicht anwesend ist. Vorsicht: Die Schweigepflicht muss gewahrt bleiben!), 4 die Terminverwaltung der Praxis, 4 die Investitionen in Apparate (ein Gewerbe erhält die Vorsteuer wieder und stellt sie nach Leistungserbringung erst wieder in Rechnung, d. h Liquiditätsvorteil), 4 die Behandlung von Kunden evtl. als delegierte Leistungen, 4 der Verkauf von Produkten.
Zusammenarbeit mehrerer Praxen/Institut und Apparategemeinschaft Eine dritte Möglichkeit ist besonders für die Kooperation von mehreren Ärzten einer Stadt gleicher oder auch unterschiedlicher Fachgruppen anzuraten: eine gewerbliche Institution, die für eine Apparategemeinschaft mit ausgelagerten Praxisräumen Aufgaben erledigt (s. oben) und durch die Apparategemeinschaft auch zusätzlich privatärztliche Leistungen anbieten kann (. Abb. 14.3). Viele Geräte, die zum Zweck der Ästhetik eingesetzt werden, sind sehr teuer. Hier scheuen die Ärzte besonders in kleinstrukturierten Gebieten die Investition. Dass die Auslastung auch in den größeren Städten oft nicht gewährleistet ist, interessiert hierbei
14
. Abb. 14.3. Zusammenarbeit mehrerer Praxen/Institut und Apparategemeinschaft; geeignet: (GbR für Apparategemeinschaft) GmbH, GmbH & Co KG o. Ä.
wenig. Dieses Konzept bietet eine Lösung: Die Investitionskosten werden auf viele Schultern verteilt. Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bietet – zusätzlich zur Behandlung durch den Praxisinhaber – die Möglichkeit, einen Arzt durch die Apparategemeinschaft einzustellen und die privat abzurechnenden Leistungen für alle beteiligten Ärzte durchführen zu lassen. Da der eigentliche Behandlungsauftrag bei dem Praxisinhaber liegt, kann das Institut für die Praxis als Dienstleistung eine GOÄRechnung erstellen, die dann im Duplikat an die Praxis weitergeleitet wird. Zugegebenermaßen ist dieses Konzept nicht ohne Pferdefuß, jedoch liegen die Vorteile klar auf der Hand: Der Arzt schickt einen Patienten innerhalb seiner eigenen Praxis an einen geschulten Kollegen, der nach Kostenaufwand mit ausgelasteten Geräten arbeitet, und erzielt innerhalb seiner Praxis mehrwertsteuer- und gewerbesteuerfreie Erlöse. i Bei der Gerätegemeinschaft kann ein angestellter Spezialist mehrwertsteuer- und gewerbesteuerfrei Beträge erwirtschaften.
Das Risiko wird mit anderen geteilt, idealtypisch ist er auch noch an der Gewerbeeinheit beteiligt, die mit einem Team eine wünschenswerte Eigendynamik entwickelt. Oben angesprochene Pferdefüße werden bei so viel Ideal erst im nächsten Kapitel angesprochen.
Kapitalbeteiligungen an bestehenden Geschäften Wer das Risiko stark begrenzen, dennoch das Potenzial der Praxis nutzen möchte, suche nach Geschäftspartnern, die ein Aufspringen auf ein galoppierendes Pferd erlauben. Dies sollte nach dem Prinzip laufen: »Kaufe Anteile von Firmen, deren Geschäft Du verstehst.« Nicht zufällig ist die Stada AG, Bad Vilbel, mit dieser Strategie, entstanden aus einer Apothekengenossenschaft nach Verkauf von vinkulierten Namensaktien an die Verschreiber ihrer Produkte, den Ärzten, groß geworden. Ähnliche Firmenkonzepte gibt es auch in der Dermatologie. Nun kann man, je nach Risikoneigung, auch Kontakt zu Einzelunternehmen suchen. Hier empfiehlt sich eine Kosmetikerin ebenso wie der Apotheker. Nicht selten eröffnen diese Berufsgruppen, die weitgehend verkaufserfahren sind, mit Derma-
201 14.2 · Rechtssituation
tologen ein Institut. Die Rechtsformen sind hier vielfältig: Je nach Risikoneigung gründet man gemeinsam oder der eine Partner hält Anteile, evtl. auch nur Kapitalanteile, am Unternehmen des anderen. Diese Synergieeffekte werden im Abschnitt »Marketing« angesprochen (7 Abschn. 14.3).
14.2.3 Übliche Rechtsformen
Jede Partnerschaft bedarf einer Rechtsform. Nachfolgend sollen die typischen kurz beschrieben werden.
14
Vorteil ist, dass ein Fremdgeschäftsführer eingesetzt werden kann, der nach der Weisung der Gesellschafter(-versammlung) zu arbeiten hat; Phantasienamen und Eigennamen sind möglich
GmbH & Co. KG Die GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, die eine juristische Person mit beschränkter Haftung mit der Geschäftsführung die bei der GmbH genannten Vor- und Nachteile gelten ebenso. Zusätzlich gibt es Steuerfreibeträge, die sich lohnen, wenn ein Fremdgeschäftsführer eingestellt ist; die Rechtsform ist als Personengesellschaft wegen des Aufwands eher für größere Firmen geeignet.
Übliche Rechtsformen 4 Stille Gesellschaft 4 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 4 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) 4 GmbH & Co. KG
Stille Gesellschaft, typisch oder atypisch Diese Rechtsverbindung ist eine Form von Beteiligung, die eine Verzinsung des Kapitals erbringt. Es wird entweder ein fester Zinssatz vereinbart oder ein variabler Anteil des Erlöses des Gesamtgewinns ausgemacht; das Risiko beschränkt sich in der Regel auf das eingesetzte Kapital; die stille Gesellschaft ist einfach zu gestalten und nicht anzeigepflichtig beim Amtsgericht.
GbR Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist ebenso eine recht einfache Form der Gemeinschaft; diese Personengesellschaft ist eine Vollhafterin und die Gesellschafter sind für die Geschäftsführung verantwortlich und stehen mit ihrem Namen für die Sache (dies eröffnet übrigens auch die Möglichkeit, ein Institut Dr. XY zu nennen – wenn dies gewünscht ist).
GmbH Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist auch für eine Gemeinschaft geeignet – aber ein wenig aufwendiger, da die Rechtsform inklusive Vertrag als auch Beteiligte im Handelsregister am Amtsgericht hinterlegt werden müssen. Auch kommt man ohne Hilfe eines versierten Steuerberaters/ Rechtsanwalts (Kosten) kaum aus. Ein deutlicher
14.2.4 Rechtliche Grenzen
Das Arztrecht ist Länderrecht, dementsprechend auch die jeweilige Ausgestaltung. So ist es in NRW, Bayern, Brandenburg nicht erlaubt, dass ärztliche Tätigkeit außerhalb eines angezeigten Bereichs (Praxis oder Klinik) ausgeübt wird. Eine genaue Definition, was die ärztliche Tätigkeit umfasst, gibt es leider nicht. Es darf in einem Institut wohl keine invasive Behandlung stattfinden, wobei das Laserepilieren nicht als solche empfunden wird. Viele Ärzte stolpern schon hier, denn sie wollen den gesamten ästhetischen Bereich bündeln. Neben dieser gibt es noch verschiedene andere Hürden, die Abfärbetheorie (besonders Doppelpraxen droht die Gefahr der Gewerblichkeit bei Vermischung von gewerblicher mit selbstständiger Tätigkeit) ist hier wohl die bekannteste. Ein erfahrener Rechtsberater zeigt den richtigen Umgang mit den gesetzlichen Forderungen. Hier und da hört man auch von der Kooperationsbereitschaft der Ärztekammern. Für alle Rechtsformen gilt: Wer eine Verbindung eingeht, sollte sich auch schon über die Trennung im Klaren sein. i Bevor man sich zu einer Kooperation entschließt, muss man die Trennungsmodalitäten geklärt haben.
Man stelle sich vor, eine Kosmetikerin und ein Dermatologe gründen eine GbR, die einen Laser anschafft. Dieser Laser wird durch den Arzt bedient,
202
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
die Kosmetikerin empfiehlt den geeigneten Kunden die Behandlung. Das Geschäftsprinzip funktioniert, bis die Kosmetikerin ihr Geschäft aufgibt. Grundsätzlich gilt: Eine Verbindung, die ein Absatzproblem löst, macht keinen Sinn mehr, wenn Partner die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen. Falls die Partner nun unwiederbringlich miteinander verknüpft sind, muss der Dermatologe auch zukünftige Erträge teilen. Wenn er dazu nicht bereit ist, gibt es beiderseitige Verluste und letztendlich nur Ärger. Im Vorfeld kann man solche Schwierigkeiten umgehen, indem man Kündigungsmöglichkeiten vorsieht. Im Gegensatz zu Praxen darf ein Institut Provisionsvereinbarungen eingehen, und zwar als Zahlender als auch als Empfänger von Zahlungen. Die Definition der zu provisionierenden Handlung muss in scharfer Abtrennung zum Arztrecht geschehen und ist für Unerfahrene nicht zu empfehlen, da nachweislich gewerbliche Tätigkeiten auf die Praxis abfärben können. Zu beachten ist die Festlegung, für welche Tätigkeit gezahlt wird, wie lang dies geschehen soll, wie die Zahlung bemessen wird und welche Kontrollmöglichkeit es gibt. Weitere Regelungen finden sich im Handelsrecht. Durch Werben den Absatz in den Griff zu bekommen, ist für einige das Motiv zur Gründung eines Instituts. . Tabelle 14.2 enthält eine kurze Übersicht,
14
welche rechtlichen Eckdaten gelten. Durch geschicktes Herantasten an Grenzbereiche kann ein effektiver Kommunikationsmix gefunden werden. Bei der in 7 Abschn. 14.2.2 aufgeführten Kooperation mehrerer Praxen ist darauf zu achten, dass die Patienten nur »privat« behandelt werden können, dies also eine Lösung für die Privat- und »IGEL«-Patienten darstellt. Wenn ein Assistent für mehrere Praxen tätig sein soll, kann ein Anstellungsvertrag mit einer Apparategemeinschaft, die ohne Gewinnerzielungsabsicht wirtschaftet, geschlossen werden. Sonst ist eine Arbeitnehmerüberlassung mit dem Arbeitsamt abzusprechen. Zusätzlich muss die Anzeigepflicht für Apparategemeinschaft und Arbeitsverträge beachtet werden (→Rechtsberatung). Patienten dürfen nicht in ein bestimmtes Geschäft geschickt werden. Apothekenbesitzer beschweren sich häufiger, dass Ärzte sich nicht an diese Vorgabe halten. Für gleiche Wettbewerbsbedingungen mag diese gesetzliche Vorgabe zur Zeit voller Töpfe der Krankenkassen sinnvoll gewesen sein, heute geht sie an der Realität vorbei. Zettelblöcke, herausgegeben von Kosmetik- und Arzneimittelfirmen, findet ein Patient zuhauf auf den Tischen der Ärzte (. Abb. 14.4). Diese sollen über Namen, Nutzen und Preise geeigneter Produkte informieren und bieten für das genannte Problem eine Notlösung.
. Tab. 14.2. Rechtliche Grenzen Ästhetik
Grenzbereich
Institut Behandlung invasiv
Grenzfälle
Therapie Praxis
Fruchtsäure bei Falten Laser bei Falten Faltenunterspritzung Botox-Unterspritzung
Falten/aktinische Keratosen Tätowierung mit psychischer Belastung
Laser Fruchtsäure bei Akne Botox-Hyperidrosis
Werbung möglich
Werbung möglich
Besser Patienteninformation
Medizinische Kosmetik
Akne/Pickel Medizinische Fußpflege
Physikalische Therapie
Werbung uneingeschränkt möglich
Werbung möglich
Besser Patienteninformation
Fruchtsäure niedrige Konzentration Epilation Faltenbehandlung mit Laser Werbung möglich
Behandlung nichtinvasiv
203 14.2 · Rechtssituation
. Abb. 14.4. Empfehlblock
14
204
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
14
. Abb. 14.4 (Fortsetzung)
205 14.3 · Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum
Der Arzt kreuzt nur Produkte und Dienstleistungen, die er dem Patienten empfehlen möchte, an. Die Adresse des Vertriebs müssen sich die Patienten erlesen.
14.3
Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum
14.3.1 Definition
Viele verstehen unter Marketing eine Art Werbung. Marketing ist aber mehr. Wissenschaftlich gesehen ist Marketing die Aktivität, die darauf abzielt, Nachfragen durch Verkäufe zu befriedigen. Hierbei ist es gleichgültig, ob die Leistung durch die Solidargemeinschaft gezahlt wird. i Marketing zielt darauf ab, Nachfrage durch Verkauf zu erfüllen.
Das Bedürfnis und der Nutzen der Kunden stehen im Vordergrund. Alle produzierten Waren und Dienstleistungen sollen auf einem Markt verkauft werden. Marketing untersucht, unter welchen Bedingungen dies möglich ist. Die Personen, die ein Bedürfnis haben, sind die Patienten von Dermatologen oder die Kunden eines Instituts, die durch den Dermatologen eine medizinische Leistung erhalten. Ihre Bedürfnisse sind die Gesunderhaltung, die Heilung und die Verschönerung durch Behandlung, Therapie und Produktverkauf. Dabei stellen sich folgende Fragen: Wie sehen Erwartungen an die Leistungen aus? Wie kann ein Preis für die Leistungen ermittelt werden (Angebotserstellung)? Da eine wesentliche Aufgabe des Marketing die Förderung des Absatzes ist, müssen Sie die Instrumente des Marketing kennen, beurteilen und entsprechend effektiv einsetzen können (Instrumenteneinsatz). Diese Punkte werden im Folgenden aufgeführt.
14.3.2 Angebot
Die Aufgabe des Marketing ist es, die richtige Verpackung für ein Angebot zu entwickeln. Dieses Angebot, das Sie erbringen, muss das Bedürfnis des Kunden befriedigen, sonst kauft er es nicht. Aus
14
diesem Grund ist es notwendig, die Erwartungen zu kennen und nach Möglichkeit das Angebot darauf einzustellen. Als Erstes stellt sich die Frage, was angeboten werden soll. Üblicherweise sind dies die in . Tab. 14.3 aufgeführten Leistungen.
Fundiertes Fachwissen und medizinisches Image Die übrigen Autoren sind sicher besser geeignet, Ihnen das notwendige Fachwissen zu vermitteln. Das angebotene Spektrum ist je nach Rechtsform unterschiedlich. Hinweise können aber wie folgt lauten:
Ausbildung Jede Ausbildung kostet Kraft, Zeit und Geld. Ärzte bilden sich in der Regel durch Kongresse und Workshops fort, auch Firmen bieten Schulungen im Umgang mit ihren Produkten an. Daher gibt es auf das Studium aufbauend genügend Möglichkeiten. Der Beruf der Kosmetikerin war lange nicht dem dualen Ausbildungssystem angeschlossen, daher nennen sich nicht selten 6-Wochen-Kurs-Absolventinnen »Diplom Kosmetikerin«. Diese müssen nicht schlecht behandeln, man weiß es nur nicht konkret. Es ist wohl unerlässlich, die Behandlungen, die eine Kosmetikerin durchführt, anzuschauen und möglicherweise zu optimieren. Zwei Punkte sind hier zu beachten: 4 Selten sind 2-stündige Behandlungen von einem dermatologischen Institut tragbar, dies ist nicht an den schnellen Durchlauf der Praxis angepasst. 4 Die Kosmetikerin muss die dermatologische Ausrichtung des Instituts mittragen und entsprechend ausgebildet sein; Patienten, die Hilfe bei Hautproblemen suchen, werden selten Angebote für »Ballsaison-Make-up« nachfragen.
Vertrauen Zwar ist auch die ärztliche Therapie ähnlich wie die kosmetische Anwendung nicht zuletzt auch wegen ihrer psychologischen Komponente erfolgreich, nur sollte sich die Behandlungs- und Produktpalette eher an Fakten als an Wunschvorstellungen messen lassen. Langfristig ist Erfolg nur durch die sachlich richtige Einschätzung der eigenen Einflussmöglichkeiten zu erzielen. Zudem beinhaltet der Vertrauens-
206
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
. Tab. 14.3. Leistungsangebot Dermatologe und Institut
Schwerpunkte
Institut
Dermatologe
Physikalische Therapie
Aknetherapie
Mikrodermabrasion, Green Peel u. Ä.
Narbenbehandlung
Camouflage
Ergänzungsbereich
Vor-/Nachbehandlung
Chemical Peeling
Vor-/Nachbehandlung
Laserbehandlung
Vor-/Nachbehandlung
Faltenunterspritzung
Vor-/Nachbehandlung
Liposuktion
Vor-/Nachbehandlung
Hormonbehandlung Gesicht Haar Fettverteilung
Pediküre, Maniküre
Nagel-/Haartherapie
Produktberatung und Verkauf: Cosmeceuticals, Camouflage, Laserkosmetik, hyposensible Produkte
Allergologie, Sonnenprotektion; Produktempfehlung Hautpflege
Beratung und Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln, Vitaminen, Diätnahrung
Ernährungsberatung, z. B. Hautmangelerscheinung, Cellulite
Neurodermitikerberatung
14
Besonnen
Photo-Sole-Zentrum
Grenzbereich
Farb- und Stilberatung
–
Kooperation (selten)
Nail-Studio
–
vorschuss, den die Ärzte in Deutschland genießen, natürlich auch eine Bürde: Sie müssen verantwortungsvoll hiermit umgehen!
i Das Image ergibt sich aus Ausstattung, Produkten, Geräten und Auftreten der Angestellten und der Institutsleitung.
Medizinisches Image
Dazu gehören wesentliche Gesichtspunkte: 4 Übertragen Sie das Ambiente der Arztpraxis auf das Institut; wenn möglich benutzen Sie die gleiche Corporate Identity, d. h. gleiche Möbel, Art der Bilder usw. 4 Koordinieren Sie das Aussehen der Angestellten, die Art des Kunden-/Patientenumgangs, sprechen Sie die gleiche Sprache in Praxis und Institut. 4 Informieren Sie Ihre Kunden ähnlich sachlich wie die Patienten. 4 Gleichen Sie Qualitätsstandards der Praxis und des Instituts an.
Neben Ihrem Angebot hat der Patient Erwartungen und das ist nicht das gleiche. In diesem Zusammenhang soll das medizinische Image angesprochen werden. »Die Magie des Kittels in Weiß«, die in Anbetracht vieler Arztserien aktueller denn je erscheint, ist in jedem Fall positiv für das Unternehmen Dermatologie/Kosmetik nutzbar. Dies beginnt mit der Ausstattung eines Instituts und zieht sich über die Verkaufsprodukte und die eingesetzten Geräte bis zum Auftreten der Leitung und der Angestellten.
14
207 14.3 · Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum
14.3.3 Technische Ausrüstung,
15–20 min und die Kosmetikerin kann sich nicht um andere Dinge kümmern.
Behandlungen und Produkte Technische Ausrüstung
Behandlungen
Die technische Ausrüstung wird hauptsächlich durch die angebotenen Behandlungen bestimmt. Es eignen sich eine Vielzahl von Geräten, die einen kosmetischen und auch dermatologisch-therapeutischen Nutzen haben (. Tab. 14.4). Es sind allerdings viele Geräte auf dem Markt, deren Nutzen zweifelhaft ist. Um jedoch sachlich beurteilen zu können, wann was einzusetzen ist, sollten Sie 4 Unbedenklichkeitsnachweise für den Geräteeinsatz für die jeweilige Behandlung haben, 4 das Wirkprinzip verstehen, um dies ggf. Ihren Kunden erklären zu können. Geben Sie sich nicht mit nebulösen »Erfahrungswerten aus den USA« zufrieden.
Welche Behandlungen lassen sich zu einem verkaufbaren bzw. abrechenbaren Angebot zusammenfassen? Und wie sieht die notwendige Organisation dafür aus? Hierzu können . Tab. 14.5 wichtige Behandlungen entnommen werden. In . Tab. 14.6 und . Tab. 14.7 ist eine beispielhafte Organisation mit Angebotsstruktur dargestellt. Es gilt auch hier vorerst: 4 Aus haftungsrechtlichen Gründen sollte die Unbedenklichkeit für die jeweilige Behandlung gesichert sein. Es sollte keine Behandlung sein, die nur vom Arzt durchgeführt werden darf. 4 Sie sollten das Wirkprinzip verstehen, um es ggf. Ihren Kunden erklären zu können.
Viele Geräte werden in der Kosmetik eingesetzt, weil der Arbeitsablauf hiervon profitiert. Typisch ist hier das Vapozon; auch ein feuchter, warmer Wickel hätte eine ähnliche Wirkung, dieser jedoch hält nicht
In dieser Aufstellung wird neben dem Ziel der wirkungsvollen Behandlung auch auf folgendes geachtet: . Tab. 14.5. Einzusetzende Behandlungen
. Tab. 14.4. Einzusetzende Geräte Gerät
Wirkung
Arbeitseinsatz
Behandlung
Wirkung
Arbeitseinsatz
Lupenleuchte
Keine
Voll
Manuelle Behandlung
Ausreinigen
Voll
Hautfunktionsmessung unter standardisierten Bedingungen (Annäherung)
Keine
Voll
Packungen Heilerde, Kräutermaske
Gering
Vapozon (Kräuter, Ozon)
Hauterweichung
Gering
Beruhigen, pH-Wert einstellen, überschüssiges Fett absorbieren, Entschlacken
Iontophorese
Einschleusen von Wirkstoffen (Vorsicht Moleküle müssen einschleusbar sein)
Gering Hormonmaske
Hormonspiegelbeeinflussung
Reizstrom, Impulsstrom usw.
Stoffwechselanregung
Gering
Dermabrasion (Micro)
Abschilferung
Voll
(Softlaser)
(Zellaktivierung)
(Voll)
Bestrahlung
Anregen, leicht Austrocknen
Gering
Ultraschall
Voll Massagen z. B. Lymphmassage
Entschlacken, Anregen, Beruhigen
Voll
Abschilfern der Hautschüppchen, Anlösen der Kittsubstanz
Voll
Peelings Fruchtsäurepeeling Enzympeeling Mechanisches Peeling
208
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
. Tab. 14.6. Akne Basis: Organisationsaufbau einer Behandlungsform (gesamte Dauer ca. 15–30 min) Behandlung
Anmerkung/ Gerät
Produkt
Schonende Reinigung
Bei normaler Haut
Mildes Tonic
Bei sehr fettiger Haut
IsopropanolWasser-Salyzylsäure-Mischung
Lupenleuchte
–
Fett-, Feuchtigkeitsmessung
–
(Kräuter-Ozon-) Bedampfung
Vapozon
–
Peeling
–
Peeling mit Polyethylenkügelchen
Entfernen von Akneeffloreszenzen
Lanzette
Kryotherapie, Alkohol
Hautdiagnose
Mildes Tonic
Kühlen, Desinfizieren, Beruhigen Tagespflege auftragen, evtl. Unreinheiten abdecken, Make-up
–
Gelcreme mit wenig Fett, evtl. Salizylsäure
»Wohlfühl«-Zusatzbehandlung. Die »Wohlfühl«-
Zusatzbehandlung ist recht wichtig, da die Dermatologen bislang vor allem die notwendige Therapie im Auge haben. Der Arzt entschied weitgehend über die Notwendigkeit der Therapie. Nun, da die Leistungen selbst bezahlt werden müssen, sollte der fließende Übergang zur Kosmetik-Schönheitsbehandlung geschaffen werden. Die Wirkung steht mit der Verwöhnidee auf gleichem Niveau. Dies bedeutet im eigentlichen Sinn, dass die Verkaufbarkeit einer Leistung nicht nur vom pflegenden Nutzen, sondern auch von deren Luxuscharakter abhängt. Auswahl. Die Auswahl ist möglich, weil für jeden Geldbeutel etwas dabei ist. Patienten, denen früher ein optimales, dann ein bezahlbares Therapiekonzept »verabreicht« wurde, stehen jetzt vor einer Entscheidungsmöglichkeit. Dies ist man in einer Arztpraxis bislang nicht gewohnt. Therapiewunsch. Jeder Kunde, der ja möglicherweise nicht wegen einer kosmetischen Behandlung, sondern wegen eines Therapiewunsches in die ärztliche Praxis gekommen ist, muss sein Gesicht wahren können, falls er nicht zum teuren Präparat greift, dass ihm laut Verkaufsargument möglicherweise den größten Nutzen bringt.
. Tab. 14.7. Zusatzbehandlung für die Akne Basis (vor dem Kühlen, Desinfizieren)
14
Produkt
Behandlung
Anmerkung
Terra Vital Maske
Maske auftragen, Einwirkzeit 10 min, danach abnehmen. Die Wirkstoffe Heilerde und Salizylsäure desinfizieren, trocknen leicht aus, fördern die Durchblutung und verbessern die Hautstruktur
Heilerde, Salizylsäure, Porzellanerde, usw.
Phytopeel F
Gesicht reinigen. Peeling anrühren, auftragen. Mit Vapozon oder Kompresse feucht halten. Nach ca. 20 min entfernen
Soft Peeling
Maske auftragen, Fruchtsäuren (pH 3,0 8%) Einwirkzeit nach Empfinden. Regenerieren die Haut
Permeation of thermal spring 15 min
Collagenvlies mit Sole oder Meerwasser tränken, Iontophorese über 10 min
Iontophorese mit Hormonen
Collagenvlies mit Gel (Hormon) tränken, Iontophorese über 10 min
Praxisbedarf, Arzttätigkeit
Hormonmaske
Rezeptur als Packung
Praxisbedarf, Arzttätigkeit
Fruchtsäurecreme messerrückendick auftragen, nach der Anwendung trocken abnehmen, danach Tagespflege
209 14.3 · Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum
Besondere Leistungen. Der Verkauf besonderer Leistungen vor besonderen Tagen ist möglich; wie oben angesprochen, ist für die ärztliche Praxis die Staffelung der Leistungen in der Wirkung ungewohnt; für den Verkauf ist sie als Argument unbedingt notwendig. Optimale Auslastung. Aber auch Organisatorisches ist berücksichtigt: Wichtig ist in einem Kosmetikinstitut neben den Kapazitäten an Personal und Geräten die optimale Auslastung. Häufig sind es die Maximalbelastungen, die einem Unternehmen zu schaffen machen. Sie erreichen die notwendige Flexibilität z. B. durch die Wechselbehandlung zwischen apparativer und manueller Tätigkeit. Dadurch können Sie ggf. 2 Einheiten durch eine Kraft betreuen lassen. Jedes Ihrer Angebote sollten Sie in ein solches Schema überführen. Wenn Ihnen Ihre Einzelangebote klar sind, sollten Sie diese noch zusammenfassen. Da hier die Preisgestaltung mit entscheidend ist, wird dies in 7 Abschn. 14.3.5 besprochen.
Produkte Sie haben mit diesem Schema ein hilfreiches Instrument für die Zeit-, Organisations- und Angebotsplanung kennengelernt. Es fehlt aber noch ein Katalog Ihrer Empfehlprodukte, der hier mit aufgelistet wer-
14
den sollte. In dem »Dermatologeninstitut« ist es häufig sinnvoller, Produkte in der Behandlung vorzuführen und den richtigen Umgang damit zu lehren, dann aber den Schwerpunkt auf den Nachkauf und nicht die erneute Behandlung zu legen. Sie können zu allen Behandlungsformen Reinigungs-, Tages- und Nachtpflege, Intensivpflege, abdeckende Kosmetik und Nahrungsergänzungen verkaufen (. Tab. 14.8). Achten Sie bei Ihrem Angebot darauf, dass 4 Sie inhaltlich mit den Zusammensetzungen einverstanden sind (Isopropyl-Myristat ist stark komedogen, es sollte in keinem Fall in einem Aknepräparat zu finden sein), 4 die Palette zur Geldbörse Ihrer Kunden passt, 4 Sie evtl. Ausweichprodukte anbieten, 4 Sie auf einem aktuellen allergologischen Stand sind, orientieren Sie sich an dermatologisch-kosmetischer Fachliteratur, 4 Sie sich ein eigenes Produktprofil erarbeiten und möglichst exklusiv Produkte verkaufen, die nicht in der Apotheke oder »normalen« Kosmetikinstituten verkauft werden; möglich ist auch der Verkauf einer eigenen Handelsmarke (s. unten, Handelsmarketing), 4 Sie sich nicht verzetteln, achten Sie auf Lagerhaltungskosten.
. Tab. 14.8. Sinnvolle Produktzusammenstellung Hauptsortiment
Nebensortiment
Pflege
3–4 Cremes mit verschiedenen Fettstufen 2 Masken (reifere und junge Haut) Peeling, Reinigungsmilch, Tonic Ampullen (reifere und jüngere Haut) Fruchtsäure, Augencreme Körperlotionen, evtl. Urea Deo Wasch- u. Duschlotion Ölbad Anti-Age-Produkte
Sonne Hohe Lichtschutzfaktoren Wasserfeste Formulierungen Kinderprodukte (fetthaltig) Fettfreie Formulierungen (Mallorca-Akne) Nahrungsergänzung Zinkhefe Vitamin E Spirulina Vitamin H o. Ä.
Haar
Mildes Shampoo Balsam Selendisulfid-, Ichthyol-, Octopirox-Shampoo Haarwasser
Dekorative Kosmetik
Camouflage
Sonderprodukte
Laserkosmetik Cellulitecreme Fußpflegeprodukte usw.
Tönende Cremes und Lippenpflege
210
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
Je nach Größe eines Instituts-/Praxiszusammenschlusses kann über Handelsmarketing – Verkauf einer eigenen Produktmarke – nachgedacht werden. Diese Idee ist in den USA bereits weit verbreitet, in Europa lässt sie sich unter der Berücksichtigung der EU-Richtlinien ebenfalls umsetzen. Über das Design und die Auswahl der Produkte können Inhalte kommuniziert werden, daher ist dies im Grunde ein Vorgriff auf die Werbung. Im Folgenden wird dies zusammengefasst. Bei jedem Gebrauch des Produkts wird an Praxis und Institut erinnert. Man macht für sich selbst Werbung nicht für andere. 4 Die Produktauswahl je nach Ausrichtung (Laser usw.) teilt ein Image mit. 4 Die Alleinstellung im regionalen Markt sichert neben den Erstverkäufen auch die Nachkäufe. 4 Das Institut kann die Preise frei gestalten, es bestimmt die Handelsspanne selbst. 4 Wenn die Handelsspanne es erlaubt, kann auch die Apotheke als Vertreiber genutzt werden, dies kann mengenabhängig bis zur Großhandelsbevorratung gehen.
14
Natürlich kann das Angebot noch ergänzt werden, vom Dermapunkturroller über handgesägte Kämme bis zur Reduktionsdiät. Achten Sie allerdings bei der Zusammenstellung immer auf das Profil Ihres Instituts. Es sollte auch im Angebot die dermatologische Kompetenz verdeutlichen. Kunden erwarten selten ein allumfassendes Angebot, sondern eine Vorauswahl. i Produktauswahl und -design sollen Kompetenz und optimale Wirksamkeit vermitteln.
14.3.4 Ort der Behandlung,
4 2 Wohnungen als räumliche Trennung, 4 das Institut in der Praxis außerhalb der Arbeitszeit der Praxis als zeitliche Trennung, 4 die Praxis als Mieter in einem Gewerbe. Man muss aus praktischen Gesichtspunkten bedenken, dass die Wege zwischen den Institutionen für die Patienten zumutbar sein müssen. Für den Fall des Verkaufsshops muss die Entfernung so gering wie möglich sein. Günstig ist hier die Lage eine Etage neben oder unterhalb des Dermatologen bzw. ein Ladenlokal im Parterre.
Praxistipp Verkaufsräume oberhalb der Praxisetage verschlechtern den Geschäftserfolg.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Patienten nach dem Besuch eines Arztes den Weg eine Etage nach oben scheuen. Ein Ladenlokal in Lauflage hat den Vorteil, das Patienten/Kunden auch zu einer Zeit kaufen, wenn die Praxis möglicherweise nicht geöffnet ist oder ein kurzer Stopp auf dem Weg zur Stadt einen schnellen Nachkauf bekannter Produkte ermöglicht. Dies rechnet sich, wenn die Mieten verträglich sind. Außerdem gilt, dass jeder Mensch pro Tag etwa 2000 Werbebotschaften zu verarbeiten hat. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Patienten nicht zu vielen Impulsen auf dem Weg ausgesetzt sind. Es sind aber auch weiter voneinander entfernte Modelle denkbar; z. B. können mehrere Kosmetikerinnen dem Dermatologen Kunden zur Liposuktion schicken. Hier ist ein Abstand bis ca. 200 km denkbar.
14.3.5 Preisniveau
Ort des Verkaufs Die unterschiedlichen Kooperationsformen stellen verschiedene Forderungen an den Ort der Behandlung und des Verkaufs. Bei der Kooperation in der Nähe sollte aus rechtlichen Gründen eine Trennung vorhanden sein, die jedoch für den Kunden möglichst wenig wahrgenommen wird:
Die Preise im Kosmetikbereich stellen Marktpreise dar. Das meint: Die Herstellungskosten von Produkt und Behandlung werden nicht als Maßstab für den Preis, den der Verbraucher zu zahlen hat, herangezogen, sondern man orientiert sich bei der Preisfindung an Mitbewerbern, Kaufkraft der Kunden und der Monopolstellung als Anbieter (. Tab. 10.9).
211 14.3 · Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum
. Tab. 14.9. Preisniveau Hohe Preise
Niedrige Preise
Hochwertiges Ambiente
Einfache Ausstattung
Kaufkräftige Kunden
»Einfache Gegend«
Angestellte
Allein tätig
Hoher Geräteeinsatz
Knappe Ausstattung
Hochpreisige Verkaufsprodukte
Günstige Produkte
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drückten. In dieser Situation eines preisverzerrten Marktes ist die Umgewöhnung, alles selbst zu kaufen, für die Patienten und Ärzte schwer verständlich zu machen. Erstere hatten sich eine gewisse Anspruchshaltung angewöhnt, letztere teilweise aus Mitleid, einem Ungerechtigkeitsgefühl und teilweise aus Konkurrenzdruck gegenüber Kollegen weiterhin Pflege auf Rezept herausgegeben. i Der wachsende Selbstzahlerbereich macht ein Umdenken der Ärzte und Patienten nötig.
Hierzu eine kurze Beleuchtung der Entwicklung der Dermatologie: Dieser Zweig der Medizin ist in klassischer Weise empirisch entstanden, d. h. Mediziner haben durch Versuch und Erfahrung herausgefunden, dass bestimmte Therapien bei bestimmten Hautkrankheiten einen positiven Einfluss haben. Die therapeutische Wirkung der eingesetzten Stoffe ist nicht unbedingt an einem Arzneistoff festzumachen, sondern eher an der Art der Pflege. So konnte es passieren, dass ein Paraffin-Erdnussöl-Gemisch als Arzneimittel Anerkennung fand und damit rezepturfähig wurde, d. h. auf Krankenkassenkosten verschrieben werden konnte.
Für Anbieter vergleichbarer Leistungen ist nun schwer einzuschätzen, wie groß das Bedürfnis der Patienten nach kosmetisch-dermatologischen Behandlungen tatsächlich ist und was ein Kunde dafür zu zahlen bereit ist. Apotheken als Abgabeorte von Medikamenten wurden im Laufe der Zeit auch zu Verkaufsorten. Hier setzt sich das Sortiment aus 3 Produktbereichen zusammen: 1. Ethische Produkte, rezeptpflichtige Medizin, heutzutage mit Zuzahlungen 2. OTC-(Over-the-Counter-)Produkte, häufig aus dem Bereich der Selbstmedikation, fast ausschließlich durch die Kunden selbst zu bezahlen 3. Das Sortiment in der Freiwahl
Verschreibungsfähige Produkte
Freiwahl
Rezepturfähige Produkte mussten über lange Jahre nicht von den Patienten gekauft, sondern sie konnten umsonst in der Apotheke abgeholt werden – gezahlt hat die Solidargemeinschaft der Krankenkassenmitglieder. Ebenso galt dies für Behandlungen wie die physikalische Therapie und das Ausreinigen bei der Akne, das viele Dermatologen angeboten haben. Durch die Überlastung der Krankenkassen wurde und wird dieses System immer weiter abgebaut. In Anpassung an diese Preisreduktion haben einige Dermatologen das Ausreinigen auf eine Viertelstunde verkürzt, andere haben die Therapie als nicht kostendeckenden Service weiter betrieben oder sich um Pflege und Kosmetik kategorisch nicht mehr gekümmert. Gleichzeitig grassierten Listen über zweifelhaft verschreibungsfähige Produkte in den Praxen. Die Namensbezeichnung Shampoo reichte z. B. für Kostenübernahmeverweigerungen bzw. Regressandrohungen aus, so dass auch die Hersteller dieser Produkte unter Druck gerieten und ihrerseits die Preise
In der Freiwahl sind Produkte vieler Kosmetikfirmen angesiedelt. Der Verkaufsort Apotheke hat sich wegen des Vertrauens der Bevölkerung in die Kompetenz des Apothekers als erfolgreich erwiesen. Die Struktur im Apothekenhandel ist allerdings so, dass fast alle Produkte auch im Großhandel vorrätig sind. Diese können somit innerhalb eines halben Tages geliefert werden. Dementsprechend ist auch die Preiskalkulation der Produkte. Man findet hier Cremes im 10-€-Bereich, die eine 26–30%-Spanne für den Apotheker vorsehen. Lohnend ist ein solches Geschäft nur wegen der hohen Frequenz der Nachfrage, die in guter Lage mit Laufkundschaft bei langen Öffnungszeiten mit kurzen Lagerzeiten befriedigt werden kann. Bei den Kosmetikerinnen sind die Verhältnisse anders. Nicht selten hört man, dass der Gewinn über den Verkauf der Produkte erzielt wird. Dies wiederum macht Exklusivlinien notwendig, die so teuer sind, dass man ausgefeilte Marketingkonzepte und Zeit braucht, um sie den Kunden zu verkaufen.
212
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
Die Behandlungen werden wohl häufig zu günstig angeboten. Es sind Richtpreise von ca. 0,50–0,75 € pro Minute sinnvoll. Für den Fall, dass die/der Unternehmer/in nicht mitarbeitet, reicht diese Faustzahl nicht. i Behandlungspreise von 0,50–0,75 € pro Minute sind nur ausreichend, wenn der Inhaber mitarbeitet.
Preiskalkulation In diesem Spannungsfeld sollten Sie nicht darauf verzichten, zu berechnen, wie hoch Ihre Kosten tatsächlich sind. Sinnvoll sind hier eine Deckungsbeitragsrechnung und eine Fixkostenaufstellung, die Sie notfalls auch von Ihrem Steuerberater erbitten können. Wenn Sie herausgefunden haben, 4 wie hoch die Kosten für eine Stunde in Ihrem Institut sind, 4 wie in etwa Preisvorstellungen anderer Kosmetikerinnen in Ihrer Region sind,
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müssen Sie bewerten, ob Ihre Leistungen in der Region Alleinstellungsmerkmale haben. Schon jetzt stellt sich heraus, welche Leistungen Sie besser nicht anbieten. Kalkulieren Sie nicht zu knapp bei den einzelnen Leistungen, Sie müssen Spielraum für Abonnements, Sonderaktionen und unvorhergesehene Ereignisse haben (. Tab. 14.10). Mit dieser Einschätzung der eigenen Preise am Beginn kann man sich leicht verrechnen. Damit die Auswirkungen des Verrechnens nicht existenzbedrohlich werden, muss sich jeder vorsichtige Kaufmann ein »Controlling« einbauen. Die nachträgliche Kontrolle der Preise und Kosten ist etwas, das Sie auf keinen Fall vernachlässigen sollten. Ihr nachhaltiger Geschäftserfolg ist davon abhängig. . Tab. 14.10. Preiskalkulation
i Der nachhaltige Geschäftserfolg ist vom »Controlling« abhängig.
Nun ist die Sache der Einschätzung etwas Kompliziertes: Im Marketing bezeichnet man einen Umstand, um den sich jeder bemüht, umständlich als »akquisitorisches Potenzial auf einer Preisabsatzfunktion«. Das meint nichts anderes als: »Biete dem Kunden etwas Einmaliges, so dass Du in einem bestimmten Preisbereich ein Monopol hast und damit teuer anbieten kannst.« Diese Einmaligkeit kann regional (einziges dermatologisch-kosmetisches Zentrum in der Region) gemeint sein, es kann die besondere Ausgestaltung des Angebots (Skin Resurfacing, Liposuktion, Chemical Peeling) und auch die Kommunikation nach außen sein. Denken Sie an ein einfaches Beispiel aus der Lebensmittelbranche: In den 70er Jahren war im Radio häufig die Werbung zu hören: »Nimm gutes Mehl, nimm bestes Mehl, am besten nimm gleich RosenMehl.« Wenn man bedenkt, dass Mehl ein durch Normen standardisiertes Gut ist (Typ 405), müsste dieses Produkt fast immer zum gleichen Preis verkauft werden. Im vorliegenden Fall hat sich aber eine Werbeagentur einen Slogan einfallen lassen, der den Verbraucher von Qualitätsunterschieden überzeugen will. Das eigene beworbene Produkt wird hierbei an qualitativ höchste Stelle gesetzt. Und es ist tatsächlich gelungen, dieses Mehl hochpreisiger zu verkaufen.
14.3.6 Promotion
Methoden Promotion meint jede Form von Absatzförderung durch Kommunikation. Sie umfasst Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) und den persönlichen Verkauf. Die Kombination bezeichnet man als Marketingmix. Es sind die Instrumente des Marketing.
Anlass der Aktion
Aktion
Preisnachlässe z. B.
Langzeitiger Erfolg erst bei konsequenter Behandlung
Abonnement
bis 15%
Vier Instrumente des Marketing
Einführung Produkt/ Behandlung
Kennenlernaktion
bis 20%
Stammkunden
Treuerabatt
bis 15%
4 4 4 4
Werbung Absatzförderung Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) Persönlicher Verkauf
213 14.3 · Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum
Werbung Hierbei ist Werbung eine einseitige Kommunikation. Man schaltet zum Beispiel eine Zeitungsanzeige, die bezahlt werden muss. Die Werbebotschaft hat man sich ausgedacht, weiß allerdings in der Regel nicht, wie diese Botschaft bei den Kunden ankommt. Den Erfolg dieser Werbung bemisst man in der Regel nach dem Erfolg im Institut. Ob eine Absatzsteigerung aber auf die Werbung zurückzuführen ist, kann man meist nur vermuten.
Verkaufsförderung Verkaufsförderung ist eine beidseitige Kommunikation. Man veranstaltet einen Tag der offenen Tür und führt Behandlungen vor. Auch hier entstehen hohe Kosten. Man kommuniziert allerdings mit den Kunden, hat also in Grenzen die Möglichkeit, sich auf die Kunden einzustellen und den Verkauf zum erfolgreichen Abschluss zu bringen. Dies hilft in der Regel zu entscheiden, ob man eine solche Demonstration wiederholt, besonders wenn neben dem persönlichen Eindruck auch noch Verkaufszahlen zur Hand sind.
Öffentlichkeitsarbeit Öffentlichkeitsarbeit bedeutet, dass man evtl. vor einem örtlichen Verein einen Vortrag über den Nutzen kosmetischer Behandlungen für die Gesunderhaltung der Haut hält, man braucht für dieses »Werbeforum« nicht zu zahlen. Damit verbunden ist allerdings eine Menge Arbeit; die Vorträge lassen sich in der Regel an mehreren Stellen vor unterschiedlichem Publikum, z. B. Kneipp-Verein, AOK Krankenkasse, Ortsverband und im benachbarten Altenheim wiederholen. Vielleicht schreibt die regionale Presse über diese Vortragsreihe. Man sollte einen Pressevertreter einfach einmal anrufen. Besser ist die Einrichtung eines Presseverteilers. Dies ist eine Datei mit den Adressen von örtlichen Journalisten, Verbands- und Vereinsvorsitzenden, die man regelmäßig mit interessanten Informationen (das sollten sie wirklich sein, sonst werden sie diesen Leuten lästig) versorgt. Alles dies kostet nicht unbedingt viel Geld, wenn man die Arbeitszeit nicht mitberechnet. Der Erfolg wird ähnlich wie bei der Werbung durch die Zahl der Kunden bzw. der Abverkäufe bemessen. Bemerkungen in der Kundendatei über Äußerungen zu
14
den Vorträgen sind hilfreich zur Bewertung dieser Aktivität.
Persönlicher Verkauf Auch gehört zum Marketingmix der persönliche Verkauf, bei dem man mit einem oder mehreren Kunden ein Verkaufsgespräch führen kann. Hierbei muss man entscheiden, wie aufwendig die Verkaufsgespräche gestaltet werden sollen. Denkbar sind reine Abgabestationen bis zu Intensivberatungen oder Hautfunktionsanalysen bei Anrechnung des Beratungspreises auf den Produktekauf. Alle 4 Methoden des Marketing haben ein paar wichtige Dinge gemeinsam: 4 Sie sind der Sender einer Botschaft. 4 Diese Botschaft muss in eine verbreitbare Form verpackt werden. 4 Sie müssen sich entscheiden wie Sie diese Botschaft übermitteln wollen. 4 Der Empfänger dieser Botschaft muss diese verstehen. 4 Er sollte in Ihrem Sinne reagieren. 4 Sie bekommen ein Feedback, das mehr oder weniger aussagekräftig ist. 4 Es kann zu Störungen kommen, die Sie ggf. ausbessern müssen.
Kosten Fast jede Form der Kommunikation kostet Geld. Dieses gilt es so effizient wie möglich einzusetzen. Wie schon angesprochen, muss jede Aktion hinsichtlich ihres Erfolgs überprüft werden. Wieviel Geld in die Absatzförderung gesteckt werden sollte, ist keiner festen Regel unterworfen. Ein bedeutender Marketingmanager hat behauptet, dass von den 2 Mio. Millionen Dollar, die er in die Absatzförderung steckt, eine Million umsonst ausgegebenes Geld sei. Leider wüsste er nicht, welche Million der beiden eingesetzten. Es gibt aber verschiedene Ansätze bei der Bemessung der Geldmenge, von denen die plausibelsten vorgestellt werden sollen: 4 Entscheiden Sie nach einem branchenüblichen Einsatz (bis 30% des Umsatzes möglich). Diese Größen sind recht gut einzukalkulieren. Es beinhaltet aber die Unsicherheit, dass Sie nicht wissen, ob Sie im folgenden Jahr den gleichen Umsatz vorweisen wie im Vorjahr.
214
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
4 Entscheiden Sie sich für eine Summe, die Sie sich leisten können. Dies hat den Vorteil, dass Ihre Liquidität nicht übermäßig strapaziert wird. Risikoscheue Unternehmer tendieren zu dieser Methode. 4 Betreiben Sie einen ähnlich großen Aufwand wie die Kollegen, an denen Sie sich orientieren. Dieses Verhalten birgt die Gefahr, dass Sie sich mit den falschen Mitbewerbern messen.
Der zweite Aspekt der Werbung ist, dass im Institut ein Pool von potenziellen Kunden für die Praxis entsteht. Viele Dermatologen bieten inzwischen mehr oder weniger invasive Verfahren der Schönheitsbranche wie Liposuktion, Blepharoplastik oder mitteltiefe oder tiefe Peels an. Hier nutzen Kontakte zu diesem Klientel deutlich.
14.4
Der Reiz der Kooperation zwischen Praxis und Gewerbeinstituten liegt jedoch in der Verzahnung. Beide Einheiten kümmern sich um das Organ »Haut« aus verschiedenen Blickwinkeln und haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, so dass dieser Synergieeffekt einen wichtigen Teil der Absatzförderung bedeuten kann (. Tab. 14.11). Die eine Einheit kann das Absatzproblem der anderen lösen und deren Image aufwerten. Dies ist das wichtigste Element, denn die Gewinnaussicht beruht auf einem imageaufgewerteten »Kosmetikinstitut«, das keine oder kaum Absatzförderung betreiben muss. Nun, nicht zu werben ist hier nicht die Aufforderung, sonder vielmehr der Appell des vernünftigen Einsatzes dieser Instrumente und dem geregeltem Maß zueinander. . Tab. 14.11. Verzahnung von Dermatologe und Institut
14
Dermatologe
Institut
Kapazität
Bis 150 Patienten am Tag
Relativ wenig Kunden
Tätigkeiten
Therapie operative Dermatologie
Therapiebegleitung
Schönheitschirurgie
Physikalische Therapie Vor- und Nachbehandlungen Delegierte Leistungen für den Dermatologen
Werbemöglichkeit
Kaum
Jede
Steuerlich
Auf ästhetische Behandlungen MwSt.
MwSt., Gewerbesteuer
Verkauf
(Fast) unmöglich
Möglich und nötig
Franchise statt Eigengründung
Als Franchise wird in der Regel ein Übernehmen eines Unternehmenskonzepts verstanden, bei dem ein Franchisegeber weiterhin die strategische Planung und das operative Vorgehen weiterentwickelt, der Franchisenehmer als selbstständiger Unternehmer regional die vorgedachten Konzepte realisiert. Hierbei handelt es sich um ein komplexes Werk von Unternehmensplanung, Produktangebot, Preiskalkulation, Einrichtung und Kommunikationsmix, das vertraglich geregelt ist. i Ziele solcher Vereinbarungen sind in der Regel die Bewältigung von Produktionsproblemen, die Realisation von Synergieeffekten und Qualitätsstandards oder eine Bündelung von Werbebudgets zur Endkundeneinflussnahme.
Die Medizinbranche wurde bislang von solchen Angeboten wenig tangiert, sie ist aber wegen der Kleinstrukturierung in Zukunft besonders geeignet, Kostendegression, Standardisierung der Angebote und Kommunikation über solche Wege zu lösen, ohne ihren individuellen Status zu gefährden. Im Hinblick auf die Institutsgründung sprechen vielfältige Gründe für einen Zusammenschluss freier Unternehmer.
14.5
Unternehmensleitung: Strategie und operative Umsetzung
Die gewerbliche Tätigkeit von der Entscheidung, der strategischen Planung bis zur operativen Umsetzung macht – wenn sie ernst genommen wird – genauso viel Arbeit wie das Führen einer Praxis. Auch wenn es Größenunterschiede gibt, fallen trotzdem vergleichbare unternehmerische Leitungsaufgaben an. Hier bietet die Medicos GmbH & Co KG, Telgte, ein erprobtes System an, das diese unternehme-
215 14.6 · Marktforschung
rischen Eigenleistungen auf ein Minimum reduziert. Neben einer Entscheidungshilfe zur sinnvollen Größe, Finanzierung usw. erfolgt eine Planung und Umsetzung bezüglich Einrichtung, Angebot von Dienstleistungs - und Warensortiment, Kalkulation und Preisstrategie, Installation eines Controllings, die in einer Kommunikationsstrategie gipfelt.
14
wendig, wenn in einem kleinen Unternehmen der Unternehmer nicht mitarbeiten kann. Hier werden moderne computergestützte Module eingesetzt.
14.6
Marktforschung
14.6.1 Beispiel einer Kooperation 14.5.1 Kommunikationsmix
Der Prozess der Kommunikation stellt sich in der Medizin kompliziert dar. Einerseits muss eine rechtliche Trennung zwischen Gewerbe und Praxis erfolgen, andererseits soll die eine von der anderen Institution wissen und profitieren. Viele Kongressbeiträge handeln entsprechend auch von dieser Problematik, sind aber leider für die Fragenden wenig hilfreich, weil keine klaren Aussagen getroffen werden. Dies hat verschiedene Gründe: 4 Urteile werden von Gerichten gefällt, Rechtsanwälte stellen die Grenzen der Gesetze dar, nehmen vielleicht Stellung bei einzelnen sehr eindeutigen Problemen. 4 Pauschale Lösungen, die für alle Praxen und Institute gelten, sind schwer darstellbar, zumal das Berufsrecht der Ärzte länderhoheitlich geregelt ist. 4 Betriebswirtschaftlich sinnvolle Aktionsrahmen müssen an die regionale Situation angepasst werden. Diese Problematik ist im Hause Medicos bekannt und ebenso die Grenzen des Möglichen. Grundsätzlich hat die Werbung im Wesentlichen die Informationsübermittlung zum Inhalt. Hier sind Konzepte erarbeitet, die den medizinisch-fachlichen und Imagenutzen der Ärzte im Auge haben. Zwei Schwerpunkte stehen im Mittelpunkt: die Nutzung des Patientenpools zur Kundengewinnung und die Akquisition eines »ästhetischen« Kundenstamms, auch zum Nutzen der Praxis.
14.5.2 Kontrollfunktion
Eine wichtige Aufgabe der Unternehmensleitung ist ein internes Controlling, leider besonders auf-
Vorgeschichte Stellen Sie sich eine Gruppe von selbstständigen Kosmetikerinnen vor, die wiederholt von ihren Kundinnen darauf angesprochen werden, was sie denn von der in Zeitschriften und Magazinen angesprochenen Wunderwaffe »Laser« halten. Diese Frage wurde immer recht zwiespältig beantwortet. Einerseits weil die Kosmetikerinnen auch nur ansatzweise von den Einsatzmöglichkeiten dieses Gerätes gehört hatten, anderseits der Wunsch groß war, Kundinnen im Bereich der Schönheit Rede und Antwort stehen zu können.
Thematisierung einer möglichen Kooperation Zufällig trafen sich die Kosmetikerinnen anlässlich eines Klassentreffens (alle hatten zusammen ihre Ausbildung absolviert) wieder und kamen auf dieses Thema zu sprechen. Eine der Kosmetikerinnen berichtete von einer ärztlichen Praxis mit einem Laserzentrum, das wiederholt positiv in den Medien hervorgehoben wurde. Bei einem Tag der offenen Tür hatte der Dermatologe die weiten Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Laser vorgeführt. Dies ging von der Entfernung von kleinen Schönheitsfehlern (Besenreiser) über die Narbenbehandlung bis zur Enthaarung größerer Flächenbereiche. Die Behandlungen waren recht vielversprechend, auch die Vorher-Nachher-Dokumentationen überzeugten. Der Dermatologe praktizierte in der gleichen Stadt wie 2 der Kosmetikerinnen, die anderen 18 Kosmetikerinnen waren aus beruflichen oder privaten Gründen an andere Orte verzogen, nicht weiter als 70 km von dem Dermatologen entfernt. Kurzentschlossen wurde der Dermatologe angerufen. Hier ergaben sich die ersten Schwierigkeiten: Die Helferinnen hatten wohl den Auftrag, den Dermatologen so gut wie möglich abzuschotten. Dann endlich konnte der Dermatologe persönlich gespro-
216
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
chen werden. Grundsätzlich zeigte er Interesse an einer Kooperation. Ihm war aber nicht klar, wie dies zu bewerkstelligen sei. Man solle sich doch einmal auf dem Live Symposium für operative Dermatologie/Darmstadt treffen. Dort könnten sich die Kosmetikerinnen auch einen Eindruck der medizinischen Möglichkeiten nicht nur des Lasers, sondern auch der anderen im ästhetischen Bereich eingesetzten Verfahren verschaffen. Dies bedeutete schon einigen Aufwand. Drei der Kosmetikerinnen waren dazu bereit und organisierten Fahrt, Hotel und Anmeldung. Man verabredete sich zum Nachmittag mit dem Dermatologen.
Konkretisierung der Pläne durch Informationsgewinn
14
Auf dem Symposium wurden neben dem Laser u. a. (PhotoDerm VL, ND:Yag-Laser, gütegeschalteter Rubinlaser u.a.m) Bereiche der weiteren operativen und kosmetischen Dermatologie gezeigt, z. B. 35%-Trichloressigsäure, Jessner-Lösung, Fruchtsäurepeeling (70%), Liposuktion bei Fettödemen, Implantationen von Goldfäden und Goretex, Falten-, Narben- und Lippenunterspritzungen mit Collagen und Eigenfett. All diese Verfahren bereiteten den Patienten mehr oder weniger Schmerzen. Es wurde teils mit örtlicher Betäubung gearbeitet und es war offensichtlich, dass diese Tätigkeiten in ärztliche Hände gehörten. Nicht zuletzt, da mögliche Komplikationen und Wundheilungsstörungen therapeutischer Maßnahmen bedürfen. Im Gespräch mit dem Dermatologen wurde kurz über die Veranstaltung gesprochen. Besonderes Interesse zeigte der Dermatologe an einem Laser, der zum Skin Resurfacing angeboten wurde. Diese Methode erlaubt, je nach Häufigkeit der Anwendung, die bis zur Dermis gehende Ablation der Haut, ein Verfahren, das besonders auch bei tieferen Aknenarben anwendbar ist. Er konnte sich jedoch nicht vorstellen, diesen durch seine eigene Praxis ausnutzen und gewinnbringend einsetzen zu können. Die 3 Kosmetikerinnen hingegen erläuterten, dass ihre Kundinnen schon häufiger Interesse an Laserbehandlungen gezeigt hatten. Ebenso würde es ihren Kolleginnen gehen, besonders denjenigen, die ihren Schwerpunkt im Bereich der Behandlung unreiner Haut sahen. Der Dermatologe bat die Kosmetike-
rinnen zu ermitteln, wie viele Kundinnen evtl. interessiert seien. Er könne sich dann Formen der Zusammenarbeit vorstellen. Damit ging man auseinander.
Analyse des Kundenklientels Zu Hause trafen sich die Kosmetikerinnen erneut. Inzwischen war ein Bericht im Fernsehen gelaufen, bei dem neben der überzeugenden Wirkung auch die Preise für ein solches Verfahren genannt worden waren. Die Überlegungen, wie viele Kundinnen ein solches Resurfacing in Anspruch nehmen wollten, waren schwer anzustellen. Hier gab es Schwankungen in den Jahreszeiten, in der wirtschaftlichen Situation usw. Man einigte sich auf ein einheitliches Vorgehen: Die Anzahl der Akne- und Narbenkunden wurden aus den Kundendateien ermittelt. Zusätzlich wurde die Information über das Alter und den Beruf notiert. Wegen der Genauigkeit des Durchschnitts ermittelte man diese Zahlen aus den vergangenen 2 Jahren. Die Kolleginnen, die keinen Computer zur Abfrage ihrer Kundendaten benutzen konnten, ärgerten sich maßlos über dieses Vorgehen. Trotzdem beteiligten sie sich sorgfältig an dieser Nachfrageermittlung. Die Bögen wurden nach folgenden Kriterien angelegt: 4 Es wurde jeder Patient nur einmal gezählt. 4 Es wurden Altersklassen gebildet: bis 25 Jahre, 25–50 Jahre, 50–80 Jahre. 4 Aknekunden wurden mit einem A gekennzeichet, Narbenkunden mit einem N. 4 Berufe wurden in Klassen unterteilt: I wenig Geld für Kosmetik zur Verfügung, II ausreichend Geld für Kosmetik zur Verfügung, III viel Geld für Kosmetik zur Verfügung. Das Ergebnis ist . Tab. 14.12 zu entnehmen. Von den gesamten 1800 Kunden sind demnach für die Behandlung mit einem Laser doch wesentlich weniger Kunden interessant als gedacht (Potenzial 950 Kunden). Bemerkenswert war, dass bei den 20 Kosmetikerinnen 95% (902 Kunden) der relevanten Kundinnen durch 8 Kosmetikerinnen gebracht werden.
217 14.6 · Marktforschung
. Tab. 14.12. Analyse des Kundenklientels Bewertung
Anzahl
-
250
-
Pro Jahr
Alter
Beruf
10
bis 25
I
40
60
26–50
I
-
10
30
51–80
I
-
300
40
bis 25
II
++
380
120
26–50
II
+
10
40
51–80
II
-
50
50
bis 25
III
+++
140
150
26–50
III
++
10
100
51–80
III
14
te. Diese waren, neben der Eignung für die Vor- und Nachbehandlung der Laseroperation, positiv für das Image des Instituts. Außerdem war eine attraktive Handelsspanne geboten.
Konkretisierung der Kooperation
Die Geeignetsten sind natürlich diejenigen mittleren Alters, die über eine gewisse Kaufkraft verfügen. Hier wird mit einer 20%-Chance gerechnet, Kunden als Patienten zu gewinnen. Entsprechend bedeuten 2 Kreuze 10% und 1 Kreuz 5%. Danach lässt sich eine realistische Kundenzahl pro Jahr einschätzen. Marktvolumen = 0,05 × (10 + 40) + 0,10 × (380 + 120 + 10 + 100) + 0,20×(140 + 150) = 2,5 + 61 + 58 = 121,5 Kunden Diese Zahl ist nicht groß, nähert sich wegen der sorgfältigen Datenaufbereitung aber an die Realität an. i Sorgfältige Datenanalyse erlaubt eine realistische Einschätzung der Kundenzahl.
Der Dermatologe hatte angemerkt, dass die Kapazität des Gerätes und seines Instituts bei maximal 250 Behandlungen pro Jahr liegt. Daher waren die Kosmetikerinnen schon recht zufrieden mit ihrem Ergebnis. Ein Potenzial einer 50%igen doch recht sicheren Auslastung war eine recht gute Verhandlungsposition. Zudem konnte man sich auch vorstellen, Kunden auch für andere Behandlungsformen zu begeistern. Auch der Dermatologe war nicht untätig. Er hatte inzwischen kosmetische Produkte gefunden, die er in der Aufmachung des Instituts zur Anwendung brach-
Bei dem nun folgenden Gespräch ging es im Wesentlichen um die Frage der Übereinstimmung der gemeinsamen Ziele. Für jeden Unternehmer steht meist das Ziel der Gewinnmaximierung an vorderster Stelle. So auch hier. Es wurde also vereinbart, dass Provisionen von der GmbH, die den Laser betrieb (und gewerblich an die Praxis vermietete), an die Kosmetikerinnen für jede Kundin, die zu einer Behandlung geschickt worden war, gezahlt werden sollten. Die Provision sollte 5% des Deckungsbeitrags der jeweiligen Behandlung ausmachen (ca. 100 € netto pro Vermittlung). Zwei der Kosmetikerinnen wollten sich auch finanziell an den Anschaffungskosten beteiligen. Für diesen Fall forderten sie eine stille Beteiligung an der GmbH. Da sich der Deckungsbeitrag wesentlich verbessert, je stärker ein teures Gerät ausgelastet ist, wollten sich die Kosmetikerinnen darum kümmern, weitere Kolleginnen zu suchen, die sich an diesem Projekt beteiligen. Damit eine sachgerechte Informationsübermittlung bereits in den Kosmetikinstituten vorgenommen werden könne, sollte die GmbH Informationsbroschüren und Folder zur Verfügung stellen. Man einigte sich darauf, dass die Kundinnen mit den ebenfalls von der GmbH vertriebenen Produkten für einen Zeitraum von einem halben Jahr nachbehandelt würden. Dies gab den Kosmetikerinnen zusätzlich die Sicherheit der optimalen Verträglichkeit nach der Laserbehandlung. Man vereinbarte einen Besichtigungs- und Schulungstermin, an dem ein solcher Eingriff begutachtet werden sollte. Die notwendigen Kenntnisse über die geeigneten Nachbehandlungen wurden von einer erfahrenen Kosmetikerin vermittelt.
14.6.2 Begriffe der Marktforschung
Marktforschung scheint für den Markt »Institut« ein hochgegriffenes Wort, beschäftigt sich diese Wissenschaft doch mit volkswirtschaftlichen Kenndaten.
218
Kapitel 14 · Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis
Kennt man jedoch einige Begriffe und Instrumente, kann man diese nutzen. Zentrale Aufgaben der Marktforschung lauten: 4 Wo liegen Chancen und Risiken für das Unternehmen, sind diese berechenbar? 4 Wie können Entscheidungen möglichst objektiv gefällt werden? 4 Müssen Ziele ergänzt oder korrigiert werden?
14
Das Marktpotenzial bezeichnet die maximale Aufnahmemenge eines Marktes, z. B. Zahnbürsten 80 Mio. Stück (entsprechend der Einwohnerzahl) × 8,6 Erneuerungen pro Jahr (alle 6 Wochen) = 688 Mio. Stück pro Jahr. Das Absatzpotenzial für eine bestimmt Firma beträgt z. B. 50 Mio. Stück über den beschränkten Markt Apotheke. Das Marktvolumen ist die realisierte effektive Absatzmenge, wenn z. B. nicht jeder Einwohner alle 6 Wochen eine neue Zahnbürste kauft, z. B. 580 Mio. Stück. Das Absatzvolumen ist die von einem Unternehmen verkaufte Absatzmenge, z. B. 48 Mio. Stück, da es Nachlieferungsprobleme gab. Der Marktanteil ist somit 48/580 = 8,27% Ein Trend bezeichnet eine langfristige Entwicklung über Jahre. Zyklische Schwankungen treten unbedingt auf 1 Jahr bezogen immer wieder auf (z. B. hohe Wachstumsraten wechseln regelmäßig mit niedrigen bzw. Nullwachstum). Saisonale Schwankungen zeigen regelmäßige Umsatzveränderungen. Die einzelnen Umsatzschwankungen können durch mathematische Verfahren getrennt werden. Wo liegt die praktische Bedeutung dieser Theorie? Betrachten Sie sich die Umsätze der Sonnenlotionen in den letzten Jahren. Von dem Verkauf der niedrigeren Lichtschutzfaktoren geht der Trend zu den höheren Faktoren. Die Saison für den Verkauf hat sich deutlich ausgeweitet. Im Winter zur Skisaison werden die fettenden hohen Faktoren gekauft, im Sommer eher die fettfreien Formulierungen, die auch bei der Mallorca-Akne geeignet sind. Bestimmen Sie den Zeitpunkt, zu dem Sie die Sonnenlotionen und After-Sun-Lotionen einkaufen müssen, planen Sie hier Aktionen so, dass sich Ihre Kunden bei Ihnen bevorraten.
14.6.3 Instrumente der Marktforschung
Informationsgewinnung durch 4 Marktbeobachtung, z. B. im eigenen Institut (Kundendatei), 4 eine einmalige oder mehrmalige Erhebung in Fragebögen oder mündlich (Vorsicht: Entspricht die Stichprobe der Grundgesamtheit?), 4 Experimente (z. B. obwohl Sie im mittleren Preisbereich anbieten, testen Sie zwischendurch, ob Ihre Kunden auch höhere Preise zu zahlen bereit sind), 4 die Auswertung von veröffentlichten Statistiken (Vorsicht: Welche Daten sind nutzbar?).
Weiterführende Literatur Barth K, Theis HJ (1991) Werbung des Facheinzelhandels. Gabler, Wiesbaden Baruch M, Ellermann B (1998) Arzt im Wettbewerb – Neue Möglichkeiten für Ihr Praxismarketing. Ecomed, Landsberg, Lech Koppelmann U (1992) Produktmarketing, 4. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Kotler P, Armstrong G (1988) Marketing, eine Einführung. Übersetzt von P. Linnert. Service Fachverlag an der Wirtschaftsuniversität, Wien Meffert H (1992) Marketingforschung und Käuferverhalten. 2., vollständig überarb. u. erweit. Aufl. Gabler, Wiesbaden Meffert H (1993) Marketing, Grundlagen der Absatzpolitik, 7., überarb. u. erweit. Aufl. Gabler, Wiesbaden Nickel V (1994) Werbung in Grenzen, Report über Werbekontrolle in Deutschland. Edition ZAW, Bonn Rogge HJ (1993) Werbung, 3., erweit. Aufl. Kiehl, Ludwigshafen Weis HC (1999) Marketing, 11., überarb. u. aktual. Aufl. Kiehl, Ludwigshafen
15 15 Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion und den Zustand der menschlichen Haut Jean Krutmann, Wilhelm Stahl
15.1
Einleitung
– 219
15.2
Haut und Ernährung: Allgemeine Vorbemerkungen – 219
15.2.1 Eigenschaften der Haut – 219 15.2.2 Einfluss der Ernährung – 220
15.3
Bestimmung des Hautzustands mit objektiven und subjektiven Methoden – 220
15.3.1 Geschlechtsunterschiede – 221
15.4
Assoziation von Nahrungsmitteln und Hautzustand – 222
15.5
Bestrahlung menschlicher Haut mit ultravioletter Strahlung – 223
15.6
Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren – 223
15.6.1 15.6.2 15.6.3 15.6.4 15.6.5 15.6.6 15.6.7
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren – 224 Vitamine – 224 Karotinoide – 224 Flavonoide – 225 Probiotische Nahrungsmittel – 225 Funktionelle Milchprodukte – 225 Schlussfolgerung – 226
15.7
Fazit für die Praxis
– 226
Weiterführende Literatur
– 227
15.5.1 Schutzmechanismen und Schadwirkung – 223
15.1
Einleitung
Die menschliche Haut wird kontinuierlich internen und externen Einflüssen ausgesetzt, die ihren Zustand und ihre Funktion verändern können. Biologische Konsequenzen, die sich hieraus ergeben können, sind Alterungsprozesse, Entzündungen, immunologische Dysfunktionen, eine Störung der epidermalen Homeostase und eine Vielzahl weiterer Hauterkrankungen. Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass es möglich sein könnte, durch die Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel eine gesunde Haut zu erhalten. In dem hier vorliegenden Kapitel sollen diese für die dermatologische Praxis hoch relevanten Arbeiten zusammengefasst und kritisch diskutiert werden.
15.2
Haut und Ernährung: Allgemeine Vorbemerkungen
15.2.1 Eigenschaften der Haut
Die menschliche Haut stellt eine der wichtigsten Barrieren unseres Körpers zur Außenwelt dar. Sie schützt den Organismus vor mechanischen Schäden, giftigen Substanzen, dem Eindringen von Mikroorganismen und vor strahleninduzierten Schäden. Die Haut hat eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Körperhomöostase, indem sie den Wasserverlust auf ein Minimum reduziert und die Körpertemperatur reguliert. Darüber hinaus beherbergt die Haut zahlreiche Nervenendigungen, die auf Schmerz und Temperatur reagieren. Zudem besteht heute kein Zweifel mehr daran, dass die Haut ein wesentlicher Bestandteil unseres Immunsystems
220
Kapitel 15 · Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion
ist. Neben diesen vitalen biologischen Funktionen spielt unsere Haut eine Schlüsselrolle für das allgemeine Wohlbefinden und die physische Attraktivität. Das Erscheinungsbild der Haut wird hierbei wesentlich durch ihre Oberflächenstruktur, Farbe und eine Vielzahl von physiologischen Eigenschaften wie Elastizität, Schweiß, Talgproduktion etc. bestimmt. Dieser Hautzustand wird durch eine Vielzahl von endogenen Faktoren, z. B. genetische Prädisposition, Immun- und Hormonstatus sowie Stress, und durch viele Umweltfaktoren, wie z. B. ultraviolette Strahlung, extreme Temperaturwechsel, toxische Substanzen, pathogene Mikroorganismen und mechanische Schäden, beeinflusst.
Auf die Haut einwirkende Faktoren 4 Endogene Faktoren – Genetische Prädisposition – Immunstatus – Hormonstatus – Stress 4 Exogene Faktoren – UV-Strahlung – Extreme Temperaturwechsel – Toxische Substanzen – Pathogene Mikroorganismen – Mechanische Schäden
i Hautfunktionen und -aussehen hängen von einer ausreichenden Versorgung mit essentiellen Nahrungsbestandteilen ab.
Ernährungswissenschaftler, Dermatologen sowie die kosmetische und pharmazeutische Industrie beschäftigen sich daher in zunehmendem Maße mit der Untersuchung der Beziehung zwischen der Aufnahme von Nahrungsmitteln und der menschlichen Gesundheit. Eine besondere Rolle spielen hierbei Diäten sowie spezifische Nahrungsmittelinhaltsstoffe und Zusätze (Supplemente) und die hiermit verbundene Möglichkeit, das Auftreten von unerwünschten Hautveränderungen oder Hauterkrankungen zu verhindern. Es ist durchaus vorstellbar, dass bestimmte positive Wirkungen von Nahrungsmittelinhaltsstoffen auf den Hautzustand biologisch relevant sind und es daher in Zukunft möglich sein wird, Nahrungsmittelprodukte, die diese funktionell wirksamen Nahrungsmittelbestandteile enthalten, mit entsprechenden Werbeaussagen zu vermarkten. Dies könnte dazu führen, dass mehr und mehr funktionelle Nahrungsmittel entwickelt werden, die auf die Herstellung eines optimalen Hautzustands und/ oder die Beeinflussung eines pathologischen Hautbilds zielen.
15.3
15
Klinische Konsequenzen sind die Lichtalterung der Haut, aber auch Entzündungsreaktionen, eine reduzierte Immunfunktion und eine gestörte epidermale Homeostase und im Extremfall eine Vielzahl von Hauterkrankungen.
15.2.2 Einfluss der Ernährung
Die Funktion, aber auch die Attraktivität der menschlichen Haut hängen von der Ernährung ab. Dieser Zusammenhang wird eindrucksvoll belegt durch das Auftreten von Hautveränderungen in Folge von Mangelernährung. So kann durch eine entsprechende Supplementierung der Ernährung mit den fehlenden Vitaminen, Mineralien oder essentiellen Fettsäuren der Hautzustand in derartigen Situationen verbessert werden.
Bestimmung des Hautzustands mit objektiven und subjektiven Methoden
In den letzten Jahren hat die Anzahl an funktionellen Nahrungsmitteln, von denen behauptet wird, dass mit ihrer Aufnahme gesundheitlich wünschenswerte Wirkungen verbunden sind, enorm zugenommen. Viele dieser Produkte sind bereits kommerziell erhältlich und die Wirkung dieser Nahrungsmittelprodukte umfasst ein weites Spektrum, das sich von neurologischen und psychologischen Wirkungen über die Beeinflussung kardiovaskulärer Funktionen und des Immunsystems bis zur Verhinderung von Krebs und Alterung erstreckt. Parallel hierzu werden Hautpflege und Hautschutz für die Nahrungsmittelindustrie zunehmend interessanter. Der Wunsch, jung und gesund auszusehen, stellt ein zentrales Bedürfnis unserer heutigen
221 15.3 · Bestimmung des Hautzustands mit objektiven und subjektiven Methoden
Erwünschte Wirkungen durch funktionelle Nahrungsmittel 4 4 4 4 4 4
Neurologische Wirkungen Psychologische Wirkungen Kardiovaskuläre Wirkungen Beeinflussung des Immunsystems Krebsprophylaxe Alterungsprophylaxe
Gesellschaft dar, bei dessen Erfüllung ein weiches, gleichmäßiges und strahlendes Aussehen der Haut von großer Bedeutung ist. Wenn die menschliche Haut altert, verliert sie ihre Elastizität, Gleichmäßigkeit und Glätte und es kommt zu dem unerwünschten Auftreten von Falten, Hautrauigkeiten und Ungleichmäßigkeiten. Insofern ist es offensichtlich, dass eine Verbesserung des Hautzustands, ein Schutz der Haut oder eine Verzögerung des Hautalterungsprozesses mit Kosmetika, Pharmazeutika oder aber Nahrungsmitteln einen großen Markt finden würde. Die Entwicklung entsprechender Produkte setzt jedoch voraus, dass fundierte wissenschaftliche Kenntnisse hinsichtlich der kutanen Biologie vorliegen, dass zudem Veränderungen in den Hauteigenschaften unmittelbar und methodisch einfach nachgewiesen werden können. So konnte in der Tat gezeigt werden, dass bestimmte Nahrungsmittelinhaltsstoffe von biologischer Bedeutung für einen optimalen Hautzustand sind. Entsprechend unterstützen eine Vielzahl von publizierten wissenschaftlichen Arbeiten die Annahme, dass Ernährungsfaktoren die Gesundheit der Haut beeinflussen. Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass bislang nur wenige Informationen vorliegen hinsichtlich der Bedeutung, die die Aufnahme moderater, geringer Mengen von bestimmten Nahrungsmitteln, sozusagen als Bestandteil der täglichen Ernährung, für die menschliche Gesundheit hat. Zudem liegen keine Informationen darüber vor, ob die Ernährung direkte Wirkungen hat auf bestimmte Hauteigenschaften wie den Feuchtigkeitsgehalt, die Talgproduktion und die Hautelastizität. Auch methodisch bleiben noch viele Fragen offen, beispielsweise die Assoziation zwischen objektiven und subjektiven Verfahren zur Bestimmung des Hautzustands. Anders ausgedrückt ist zur-
15
zeit nicht bekannt, wie gut objektiv durchgeführte Verfahren zur Bestimmung des Hautzustands mit der subjektiven Meinung korrelieren, die Menschen von ihrer eigenen Haut haben. i Unklar ist bislang, ob die Nahrungsstoffe 4 auch in physiologischer Dosierung Wirkung zeigen, 4 ob und wie sie direkt auf die Haut wirken, 4 ob und welche physiologischen, aber auch molekularen Parameter durch Nahrungsmittel beeinflusst werden.
15.3.1 Geschlechtsunterschiede
Im Rahmen einer sehr ausgedehnten Untersuchung wurden 149 Männer und 153 Frauen gebeten, auf der Basis eines Fragebogens Auskunft über ihren Hautzustand zu geben. Diese Untersuchung zeigte ausgeprägte Geschlechtsunterschiede auf. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde zudem bei den Teilnehmern eine Reihe von objektiven Hautmessverfahren angewendet. Auch hierbei ergaben sich Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich des Hydratationszustands der Haut sowie der Talgproduktion. Keine Unterschiede konnten hinsichtlich der Viskoelastizität der Haut beobachtet werden.
Gesellschaftliche Faktoren Ein weiterer wichtiger Faktor, der hierbei eine Rolle spielt, ist die Tatsache, dass Männer tendenziell dazu neigten, ihre Haut relativ indifferent zu beurteilen. So gaben sie in der Regel an, eine normale Haut zu haben, mit ihrer Haut zufrieden zu sein und keine Hautpflegeprodukte zu verwenden (mit der Ausnahme von Aftershaveprodukten). Der Grad der Zufriedenheit mit der eigenen Haut war bei Frauen deutlich niedriger und entsprechend berichteten Frauen weitaus häufiger, einen spezifischen Hautyp (z. B. fettige Haut oder zu trockene Haut) zu besitzen. Frauen verwendeten Hautpflegeprodukte deutlich häufiger und berichteten ebenfalls signifikant häufiger über das Vorhandensein von Falten und feinen Hautlinien. Eine mögliche Erklärung für diese Geschlechtsunterschiede stellt die unterschiedliche Vermarktung von Hautpflegeprodukten dar, die in
222
Kapitel 15 · Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion
der Regel ausschließlich auf Frauen zielt. Es ist vorstellbar, dass dies entscheidend dazu beiträgt, dass Frauen ein gesteigertes Wahrnehmungsvermögen hinsichtlich spezifischer Hauttypen haben und hieraus zudem die Notwendigkeit einer Benutzung von bestimmten Hautpflegeprodukten ableiten.
Physiologische Faktoren Auf der anderen Seite darf jedoch nicht übersehen werden, dass in der wissenschaftlichen Literatur auch eine Reihe von physiologischen Hautunterschieden zwischen Männern und Frauen beschrieben worden sind. So besteht kein Zweifel, dass die Haut von Frauen früher altert, vermutlich infolge hormoneller Einflüsse. Eine wesentliche Schlussfolgerung aus diesen Untersuchungen ist, dass die subjektive Beurteilung des Hautzustands bei Männern und Frauen unterschiedlich ist und sich zudem auch für einzelne Altersgruppen unterscheidet. Darüber hinaus scheint es so zu sein, dass nur eine partielle Übereinstimmung besteht zwischen dem subjektiv wahrgenommenen Hautzustand und objektiv anwendbaren Methoden zur Bestimmung desselben. Dieser Hintergrund ist bei der Planung, Durchführung und Interpretation von auf Nahrungsmitteln basierenden Interventionsstudien zu berücksichtigen. Sie lassen vor allem intraindividuelle Vergleichsuntersuchungen im Cross-over-Design sinnvoll erscheinen.
15
i Es bestehen sowohl subjektive als auch objektivierbare Unterschiede zwischen der Haut von Männern und Frauen, die bei der Durchführung von Interventionsstudien zu berücksichtigen sind.
15.4
Assoziation von Nahrungsmitteln und Hautzustand
Neben der subjektiven Beschreibung und objektiven Messung des Hautzustands ist es wichtig, bei der Durchführung von Interventionsstudien auch die Serumkonzentrationen bestimmter Nahrungsinhaltsstoffe sowie die Aufnahme dieser Nahrungsmittel in definierten Diäten zu messen. Die Aufnahme der Nahrungsmittel wurde hierbei mit Hilfe eines Fragebogens erfasst, der die Aufnahmehäufig-
keit bestimmter Nahrungsmittel abfragt. Um eine Assoziation zwischen Serumspiegel an Vitaminen, Karotinoiden sowie diätetischen Mikro- und Makronährstoffen und dem Hautzustand zu untersuchen, können multiple Regressionsanalysen durchgeführt werden. Nach der Berücksichtigung von potenziellen Konfoundern, wie z. B. Geschlecht, Alter und Rauchen, zeigen sich statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen dem Serum-Vitamin-A-Spiegel und dem Talggehalt sowie dem Oberflächen-pH der menschlichen Haut. Ebenso konnten signifikante Assoziationen zwischen der diätetischen Aufnahme von Fetten, gesättigten Fetten und einfach ungesättigten Fetten und der Hautfiltration beobachtet werden. Die Aufnahme von einfach ungesättigten Fetten war zudem signifikant assoziiert mit dem Oberflächen-pH der menschlichen Haut. i Signifikante Zusammenhänge bestehen zwischen 4 Vitamin A und Talggehalt, 4 VitaminA und Haut-ph, 4 gesättigten und einfach ungesättigten Fetten und Hautfiltration und 4 einfach ungesättigten Fetten und Haut-ph.
Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Veränderungen im Basisernährungszustand den Hautzustand beim Menschen beeinflussen. Es sei jedoch angemerkt, dass nur crosssektionale Daten erhalten wurden. Dies bedeutet, dass die durch biologisch wirksame Nahrungsmittelkonzentrationen hervorgerufenen Hauteffekte nur indikativer Natur sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Blut auch eine Vielzahl anderer aktiver Nahrungsbestandteile beinhaltet, wie z. B. Polyphenole und Spurenelemente, die ebenfalls die Gesundheit der Haut, aber auch anderer Organe beeinflussen können. Um den Einfluss von spezifischen Nahrungsmittelbestandteilen auf die Charakteristika des menschlichen Hautzustands zu erfassen, sind daher Interventionsstudien erforderlich, die an ausreichend großen Gruppen von Freiwilligen durchgeführt werden. Die wichtigsten wissenschaftlichen Untersuchungen, die seit 1980 publiziert wurden und sich mit den Wechselwirkungen zwischen Nahrungsmitteln und der menschlichen Haut beschäftigen, wurden kürzlich von Boelsma et al. (2001) und von Sies und Stahl (2004) zusammengefasst und kritisch evaluiert.
223 15.6 · Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren
15.5
Bestrahlung menschlicher Haut mit ultravioletter Strahlung
Die Sonnenbrandreaktion ist eine der bekanntesten akuten Wirkungen, die eine exzessive Sonnenexposition nach sich zieht. Eine Bestrahlung mit niedriger oder eine kurzzeitige Exposition gegenüber höherer UV-Bestrahlung wird hingegen von der Haut ohne klinisch erkennbare Veränderungen toleriert. Allerdings führt auch eine derartige Sonnenexposition bereits zum Auftreten von Schädigungen auf der zellulären Ebene.
15.5.1 Schutzmechanismen
15
Sonnenlicht zu schützen, auf die Verhinderung der Lichtalterung, der Photoimmunsuppression und der Photokarzinogenese gerichtet. Obwohl die Natur die menschliche Haut mit verschiedenen Schutzmechanismen ausgestattet hat, um diesen Zuständen vorzubeugen, so z. B. mit 4 einer Verdickung der Epidermis (Lichtschwiele), 4 der Stimulation der Melanogenese (Pigmentierung), 4 enzymatischen Mechanismen zur Reparatur UV-induzierter DNS-Schäden, 4 Beseitigung von geschädigten Zellen aus dem Hautgewebe sowie 4 natürlichen Antioxidanzien in den obersten Hautschichten,
und Schadwirkung Glücklicherweise ist die Haut mit einer Reihe von Schutzmechanismen ausgestattet, die auf unterschiedlichen Ebenen greifen. Hierzu gehören das Pigmentsystem der Haut, antioxidative Systeme sowie Enzymantworten. Erst wenn ein bestimmter Schädigungsschwellenwert erreicht ist, kommt es zur Entwicklung einer verzögerten und überschießenden Weitstellung der Gefäße, die es ermöglicht, dass Entzündungszellen, insbesondere Lymphozyten und Makrophagen, aus den Gefäßen in das umgebende Gewebe einwandern und dort eine Entzündungsreaktion hervorrufen, die sich klinisch durch eine Hautrötung äußert. Eine derartige Antwort der Haut auf eine Sonnenbestrahlung stellt ein eindeutiges Warnsignal vor exzessiver UV-Bestrahlung dar. Ein häufig verwendetes Maß für die Empfindlichkeit der menschlichen Haut gegenüber solarer UV-Strahlung ist die Bestimmung der minimalen Erythemdosis. Hierbei handelt es sich um die minimale Menge an Energie, die erforderlich ist, um ein gleichmäßiges und scharf begrenztes Erythem an der menschlichen Haut 16–24 h nach der Bestrahlung hervorzurufen. i Der MED-Wert (minimale Erythemdosis) gibt die Empfindlichkeit der Haut gegenüber der UV-Exposition an.
Anders ausgedrückt lässt sich so die Photoprotektion als Verstärkung des MED-Werts messen. Letztlich sind aber alle Anstrengungen, die Haut gegen
ist es durchaus möglich zu spekulieren, dass die Zufuhr von bestimmten Nahrungsmitteln diese Prozesse unterstützen könnte. Anders ausgedrückt könnten Nahrungsmittel als ein zusätzliches photoprotektives Prinzip wirken, um die menschliche Haut besser gegen die gesundheitsschädlichen Wirkungen der solaren UV-Strahlung zu schützen.
15.6
Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren
Eine Supplementierung der täglichen Diät mit Vitaminen, Karotinoiden und mehrfach ungesättigten Fettsäuren kann in einer Kombination der genannten Nahrungsmittelinhaltsstoffe dazu führen, dass die Empfindlichkeit der menschlichen Haut gegenüber einer solaren Vorbestrahlung reduziert wird, d. h. es lässt sich eine photoprotektive Wirkung erzielen. Insbesondere für ß-Karotin hat eine kürzlich publizierte Metaanalyse der vorliegenden Studien eindeutig nachgewiesen, dass eine Supplementierung das Auftreten einer Sonnenbrandreaktion zu hemmen vermag. i Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren wirken als photoprotektive Nahrungsmittel.
So wurde beispielsweise in verschiedenen klinischen Studien Probanden täglich Eicosapentaensäure als Zusatz zu ihrer Ernährung gegeben. Es zeigte sich, dass hierdurch eine signifikante Protektion gegen-
224
Kapitel 15 · Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion
über der durch UV-Strahlung hervorgerufenen Erythemreaktion zu erzielen ist. Der mechanistische Hintergrund dieser Schutzwirkung konnte zudem mit Hilfe von Bioverfügbarkeitsdaten sowie der Analyse der molekularen Grundlage dieser Schutzwirkung erhärtet werden.
15.6.1 Mehrfach ungesättigte Fettsäuren
Der wichtigste Effekt der oralen Gabe von n-3 mehrfach ungesättigten Fettsäuren, z. B. durch die Zufuhr von Fischöl, lässt sich auf antientzündliche Wirkungen zurückführen. Diese antientzündliche Wirkung der n-3 mehrfach ungesättigten Fettsäuren resultiert aus ihrer Fähigkeit, mit n-6 mehrfach ungesättigten Fettsäuren als ein Substrat für Cyclooxigenase und Lipidoxigenase zu konkurrieren. Dies führt dazu, dass in der menschlichen Haut weniger aktive Prostaglandine und Leukotriene gebildet werden. Eine Hemmung von Entzündungskaskaden der menschlichen Haut kann durch eine verminderte Synthese von proentzündlich wirkenden Lipidmediatoren, wie z. B. Leukotrien B4 und Prostaglandin E2, oder durch die verminderte Produktion von Zytokinen, wie z. B. Interleukin-1 und Tumor-NekroseFaktor α erklärt werden. Darüber hinaus können n-3 mehrfach ungesättigte Fettsäuren andere Strukturen der Haut gegenüber freien Radikalen schützen, da sie selbst instabil sind und präferenziell durch freie Radikale geschädigt werden.
15
15.6.2 Vitamine
Nichtsdestotrotz ist es notwendig, ausreichende Mengen anderer Oxidanzien, wie z. B. Vitamin E, mit der Nahrung zu sich zu nehmen, da nur hierdurch ein wirksamer Schutz gegen die exzessive Bildung von freien Radikalen sowie gegen die damit einhergehende Lipidoxidation zu erzielen ist. Bislang ist relativ wenig bekannt darüber, ob photoprotektive Wirkungen auslösbar sind, wenn Vitamine; Karotinoide oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Konzentrationen mit der Nahrung aufgenommen werden, die denjenigen entsprechen, die sich in einer normalen Ernährung finden, und dies zudem über einen langen Zeitraum erfolgt.
i Es ist unklar, ob die Aufnahme physiologischer Dosen von Vitaminen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren und Karotinoiden mit der Nahrung bereits photoprotektiv wirkt.
Bezüglich der Bioverfügbarkeit von oral aufgenommenem Vitamin E in der Haut zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen der Plasmakonzentration von Vitamin E und der Konzentration dieses Vitamins in Zellen der Wangenschleimhaut sowie in Hautproben. Allerdings gilt es hierbei zu bedenken, dass die alleinige Anwesenheit dieses Vitamins noch lange nicht bedeutet, dass es auch tatsächlich protektive Wirkungen hat. So führte eine Supplementierung mit Vitamin E allein nicht zu einem Schutz gegenüber einer Sonnenbrandreaktion, und dieser Befund lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass UV-Strahlung in der Lage ist, den Vitamin-E-Gehalt der menschlichen Haut infolge einer Oxidation dieses Vitamins zu reduzieren. Dieses Vitamin E kann durch die Anwesenheit anderer Antioxidanzien, z. B. Vitamin C, geschützt werden, und dies erklärt vermutlich die beobachtete synergistische Wirkung der beiden Antioxidanzien beziehungsweise die fehlende Wirksamkeit der jeweiligen Einzelsubstanz. Neben seinen antioxidativen Eigenschaften ist Vitamin E zudem in der Lage, den Arachidonsäurestoffwechsel direkt zu beeinflussen. Diese Wechselwirkung des Vitamins E mit dem Eicosanoidsystem könnte zusätzliche antientzündliche Wirkungen in der menschlichen Haut entfalten und zusammen mit anderen Antioxidanzien in der Haut zusätzlich photoprotektiv wirken.
15.6.3 Karotinoide
Karotinoide sind in mehrfacher Hinsicht wichtige Moleküle für die Hautfunktion. So sind einige Karotinoide, insbesondere β-Karotin, Vorläufersubstanzen des Vitamins A. Dieses Molekül und seine Derivate (Retinoide) spielen eine herausragende Rolle in der Haut, so beeinflussen sie beispielsweise die Differenzierung der hornschichtbildenden Keratinozyten. Die Retinoide sind zudem hervorragend in der Lage, die Aktivitäten der Talgdrüsen zu unterdrücken und damit die Talgproduktion zu redu-
225 15.6 · Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren
zieren. Darüber hinaus verfügen Karotinoide noch über eine Vielzahl weiterer biologischer Aktivitäten, die ebenfalls sehr interessant sein könnten. Zu nennen sind hier die Fähigkeit von Karotinoiden, das Absorptionsverhalten der menschlichen Haut zu verändern, ihre antioxidative Funktion und ihre immunmodulierende Wirkung.
Retinoidaktivitäten 4 Keratinozytendifferenzierung 4 Reduktion der Talgproduktion 4 Beeinflussung des Absorptionsverhaltens der Haut 4 Antioxidative Eigenschaften 4 Immunmodulation
Obwohl die Wirksamkeit einer durch Karotinoide vermittelten Photonenabsorbtion relativ gering ist, führt die Aufnahme bereits mittlerer Dosen von Karotinoiden zu einer Änderung der Hautfarbe. So kann beispielsweise β-Karotin in der menschlichen Haut bereits nach einer einzigen oralen Supplementation nachgewiesen werden. Die Analyse von Reflektionsspektren in der menschlichen Haut ergab, dass der Anstieg der Karotinoidspiegel in der Haut lokalisationsabhängig war. So zeigte sich in der Rückenhaut ein Anstieg um den Faktor 0,7, wohin gegen auf dem Handrücken ein 17-facher Anstieg erzielt wurde, jeweils nach der Aufnahme von 25 mg totalen Karotinoiden über einen Zeitraum von 12 Wochen. Mehrere Studien haben zudem gezeigt, dass eine UV-Bestrahlung der menschlichen Haut zu einer Reduktion der Karotinoidkonzentration führt. Neben β-Karotin konnte auch für andere Karotinoide, wie z. B. Lycopen, gezeigt werden, dass sie wirksame Fänger für Singulett-Sauerstoff sind und in der Lage sind, freie Radikale zu neutralisieren. Diese antioxidative Wirkung der unterschiedlichen Karotinoide, die synergistisch wirken, führt zu einem wirksamen Schutz der menschlichen Haut gegenüber unerwünschten UV-induzierten Wirkungen. Diese Annahme wird durch eine erst kürzlich publizierte Metaanalyse bestätigt, die die Wirksamkeit einer β-Karotin-Supplementation bei der Verhinderung des Sonnenbrands untersucht.
15
15.6.4 Flavonoide
Eine Reihe von neueren Untersuchungen zeigt zudem, dass nicht nur die topische, sondern auch die orale Gabe von Polyphenolen in der Lage ist, photoprotektiv zu wirken. Diese initial in Mausstudien erhobenen Befunde konnten auch in humanen Interventionsexperimenten gezeigt werden. Im Rahmen einer plazebokontrollierten Überkreuzuntersuchung wurde z. B. beobachtet, dass die durch UV-AStrahlung in der menschlichen Haut hervorgerufene Aufregulation der Gene der Matrixmetalloproteinase (ein molekularer Biomarker für die Lichtalterung der Haut) sowie des antioxidativen Enzyms Hämoxygenase-1 durch eine flavonoidreiche Ernährung signifikant gehemmt werden kann. Besonders bemerkenswert an dieser Studie ist die Tatsache, dass diese Effekte nach einer gering dosierten Supplementierung auftreten. So bestand die flavonoidreiche Diät aus 1 Apfel, 2 Orangen und 0,5 l grünen Tee am Tag.
15.6.5 Probiotische Nahrungsmittel
Auch probiotische Nahrungsmittel scheinen die Hautgesundheit günstig zu beeinflussen. So weisen erste Studienergebnisse darauf hin, dass die regelmäßige orale Gabe von probiotisch wirksamen Lactobazillen das Immunsystem der Haut gegen schädigende UV-Wirkungen zu schützen vermag. Der hierfür verantwortliche Mechanismus ist unbekannt, und die Bedeutung probiotischer Nahrungsmittel für die Hautgesundheit kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden.
15.6.6 Funktionelle Milchprodukte
Seit kurzem wird mit dem Milchprodukt »Essensis« das erste funktionelle Nahrungsmittel für die Haut angeboten. Hierbei handelt es sich explizit nicht um ein Nahrungsergänzungsmittel, sondern um ein Milchprodukt, d. h. ein für den Verbraucher im Kühlregal eines Lebensmittelgeschäfts zugängliches Nahrungsmittel. Bei diesem Produkt wurde die milchbasierte Matrix mit einer Reihe von Inhaltsstoffen angereichert, von denen zu erwarten ist,
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Kapitel 15 · Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion
dass sie die Funktion der gesunden Haut positiv beeinflussen können. Im konkreten Fall handelt es sich um Grünteepolyphenole, Borretschöl, Vitamin E und einen Lactobazilluskomplex. In plazebokontrollierten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass der tägliche Konsum dieses Milchprodukts zu einer signifikanten Besserung der Hautbarrierefunktion – gemessen als Abnahme des transepidermalen Wasserverlusts – führt. Inwieweit dieses Produkt darüber hinausgehende, positive Wirkungen für die Hautgesundheit hat, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Inhaltsstoffe zu erwarten wären, ist zurzeit nicht bekannt.
15.6.7 Schlussfolgerung
15
Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass die orale Gabe von Karotinoiden, Flavonoiden, Vitaminen und ungesättigten Fettsäuren – sei es in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder als funktionelle Nahrungsmittel – positiv die Hautgesundheit beeinflusst. Besonders hervorzuheben ist hier die photoprotektive Wirkung. Die Fähigkeit von Karotinoiden, Flavonoiden, Vitamin C und Vitamin E, schädliche Wirkungen der UV-Strahlung abzuschwächen oder zu verhindern, beruht vermutlich wesentlich auf ihrer Fähigkeit, als Antioxidanzien zu fungieren. Allerdings ist davon auszugehen, dass die antioxidative Wirkung hierfür nicht allein verantwortlich ist, sondern dass die genannten Nahrungsmittel darüber hinaus weitere biologische Wirkungen haben, die zurzeit nur teilweise bekannt, aber vermutlich ebenfalls sehr wichtig sind. i 4 Flavonoide, Karotinoide, Vitamine und ungesättigte Fettsäuren sind nach oraler Gabe fähig, Hautfunktionen günstig zu beeinflussen und/oder photoprotektiv zu wirken. 4 Neben der wesentlichen antioxidativen Funktion beruht die photoprotektive Wirkung von Vitaminen, Flavonoiden und Karotinoiden wahrscheinlich auf weiteren Mechanismen, z. B. auf der Beeinflussung von Signalketten.
15.7
Fazit für die Praxis
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aufnahme von Vitaminen, Karotinoiden, Flavonoiden und mehrfach ungesättigten Fettsäuren als Nahrungsmittelbestandteile oder als Nahrungsmittelzusatzstoffe in der Lage sind, systemisch die Empfindlichkeit der menschlichen Haut gegenüber einer solaren UV-Strahlung zu reduzieren. Es sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Form der Photoprotektion nicht in der Lage ist, die Schutzwirkung von topisch applizierten Sonnenschutzmitteln zu ersetzen. i Nahrungsbestandteile ersetzen nicht die Anwendung von Sonnenschutzmitteln.
Im Gegensatz zu der angesprochenen systemischen Photoprotektion wirken topisch applizierte Sonnenschutzmittel ausschließlich lokal, d. h. in dem Hautbereich, in dem sie appliziert wurden, und darüber hinaus ist es erforderlich, dass sie regelmäßig angewendet werden. Obwohl die additiven Wirkungen einer Nahrungsmittelsupplementation mit Vitaminen, Karotinoiden, Flavonoiden und mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder Kombinationen dieser Nahrungsmittelzusatzstoffe eher klein sind, ist es vorstellbar, dass gerade Menschen mit einer hellen Hautkomplexion (Hauttyp 1, Hauttyp 2) von dieser Form der Photoprotektion besonders profitieren. Zur Erzielung dieser photoprotektiven Effekte ist jedoch die Aufnahme der Nahrungsmittelzusatzstoffe über einen längeren Zeitraum – in der Regel 10–12 Wochen – erforderlich. Zudem ist die Schutzwirkung, die sich so erzielen lässt, weitaus geringer als diejenige, die durch die regelmäßige Verwendung von topischen Sonnenschutzmitteln erzielt werden kann. Insofern ist der nahrungsmittelbasierte, orale Sonnenschutz komplementär zu topischen Strategien zu sehen. Er bietet sich an als ubiquitär und permanent vorhandener Basisschutz, der anlässlich besonderer Belastungssituation (z. B. Urlaub, Sport) durch einen geeigneten topischen Sonnenschutz, der weitaus wirksamer ist, ergänzt wird.
227 Weiterführende Literatur
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15
16 16 Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives Jean Krutmann
16.1
Einleitung
– 229
16.2
UV-Filter – primäre Photoprotektion – 230
16.3.2 16.3.3 16.3.4 16.3.5
Osmolyte – 237 DNS-Reparaturenzyme – 238 AhR-Antagonisten – 239 Prävention der Hautalterung durch Actives aus natürlichen Biotopen – 240
16.4
Fazit für die Praxis
16.2.1 Physikalische UV-Filter – 230 16.2.2 Chemische UV-Filter – 230
16.3
Sekundäre Protektion
16.3.1 Antioxidanzien – 232
16.1
– 240
– 232
Einleitung
Strategien zum Schutz der menschlichen Haut vor einem vorzeitigen Alterungsprozess basieren heute im Wesentlichen auf dem Prinzip der Photoprotektion. Insofern kommt der Verwendung von UV-Filtern, die längst nicht mehr nur in ausgewiesenen Sonnenschutzmitteln, sondern mehr und mehr auch in zahlreichen, für den täglichen Bedarf konzipierten kosmetischen Produkten vorhanden sind, eine herausragende Bedeutung als primäre Schutzstrategie zu. An der Wirksamkeit und dem Nutzen von UVFiltern besteht zumindest aus dermatologischer Sicht kein grundlegender Zweifel. Besonders begrüßenswert ist, dass gerade in den letzten Jahren im Bereich der UV-Filter-Entwicklung enorme technologische Fortschritte gemacht wurden, die es heute in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß erlauben, die Haut gegen unerwünschte Wirkungen der UVB- und UV-A-Strahlung zu schützen. Auf der anderen Seite muss heute jedoch fest davon ausgegangen werden, dass der durch UV-Filter hervorgerufene Schutz nicht 100%ig ist. Daher ist es sinnvoll, UV-Filter mit anderen Schutzprinzipien zu kombinieren, um eine möglichst effektive Protektion der menschlichen Haut
Weiterführende Literatur
– 240
gegenüber unerwünschten UV-Wirkungen zu erzielen. Moleküle, die zu diesem Zweck eingesetzt werden, unterscheiden sich grundlegend von UV-Filtern dadurch, dass sie nicht in der Lage sind, UVStrahlung zu absorbieren bzw. zu reflektieren. Ihre Schutzwirkung beruht vielmehr darauf, die nach der Absorption von UV-Strahlung in der Haut entstehenden sekundären biochemischen Prozesse zu verhindern oder abzuschwächen. Paradebeispiele für diese Gruppe sind Antioxidanzien. i Da UV-Filter keinen 100%igen Schutz gewährleisten, werden sie heute mit Substanzen kombiniert, die protektiv wirken, indem sie in sekundäre, UV-induzierte Signalprozesse eingreifen (Actives).
Neben unterschiedlichen Antioxidanzien werden zurzeit beständig neue sog. aktive kosmetische Inhaltsstoffe oder Actives entwickelt, die über z. T. sehr unterschiedliche Ansatzpunkte in der Lage sind, UV-induzierte Hautschäden zu reduzieren. Da dieses Gebiet sehr dynamisch und innovationsträchtig ist, ist es de facto unmöglich, einen lückenlosen und vollständigen Überblick über die zurzeit auf dem Markt befindlichen Moleküle und eine entsprechende Bewertung ihrer Wirksamkeit zu geben. In
230
Kapitel 16 · Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives
dem hier vorliegenden Kapitel sollen daher beispielhaft an einzelnen Molekülen grundlegende präventive bzw. photoprotektive Strategien und Ansatzpunkte verdeutlicht werden.
16.2
UV-Filter – primäre Photoprotektion
Seit mehr als 60 Jahren sind Sonnenschutzmittel auf dem Markt erhältlich. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sonnenschutzprodukten hängt sehr stark von der Art und Menge der Wirkstoffe und dem Typ der Formulierung ab. Hinsichtlich der UV-Filter ist zwischen physikalischen und chemischen Filtermolekülen zu unterscheiden. Grundsätzlich gilt aber heute für alle modernen Sonnenschutzmittel, dass sie möglichst über hohe Sonnenschutzfaktoren im UV-B-Bereich, einen möglichst breiten Sonnenschutz im UV-A-Bereich, Stabilität gegenüber UVStrahlung (Photostabilität), Wasserresistenz sowie einen herabgesetzten Anteil an chemischen UV-absorbierenden Filtern und einen höheren Anteil an physikalischen UV-Filtern verfügen sollten.
Anforderungen an moderne Sonnenschutzmittel 4 4 4 4 4 4
16
Hoher Faktor im UV-B-Bereich Breiter Schutz im UV-A-Bereich Photostabilität Wasserresistenz Geringer Anteil chemischer Filter Hoher Anteil physikalischer Filter
zu der Annahme geführt, dass Mikropigmente im Gegensatz zu organischen Filtern nicht in die lebenden Hautschichten eindringen und daher vermutlich nebenwirkungsärmer sind und ein geringeres toxisches Potenzial aufweisen. Diese Annahme, die jedoch in jüngster Zeit zunehmend kontrovers diskutiert wird, hat dazu geführt, dass sie in zunehmendem Maße in Verbindung mit chemischen Filtern verwendet werden, um den Schutzfaktor zu erhöhen und den Gehalt an chemischen UV-Filtern zu reduzieren. Ein Nachteil von Mikropigmenten ist das Weißeln, das kosmetisch unerwünscht ist und dazu führen kann, dass der Verbraucher dieses Produkt ablehnt bzw. nicht verwendet. Darüber hinaus ist es z. T. schwierig, Mikropigmente in kosmetische Grundlagen einzuarbeiten, da die Mikropigmente eine ausgeprägte Neigung zur Agglomeration haben, was mit einer deutlichen Reduktion oder einem Verlust ihrer Wirksamkeit einherginge. i Nachteile der nebenwirkungsarmen Mikropigmente sind das Weißeln und die Agglomerationsneigung.
Neben den anorganischen Mikropigmenten werden zudem mineralische Deckpigmente mit größerer Partikelgröße (größer als 100 nm) wie Titandioxid und Zinkoxid verwendet. Diese Partikel schützen die menschliche Haut durch Reflextion und Streuung vor allem im sichtbaren Bereich des Sonnenspektrums. Von praktischer Bedeutung ist die Verwendung von mineralischen Deckpigmenten in Make-ups, aber auch in bestimmten Sonnenschutzmitteln.
16.2.1 Physikalische UV-Filter
16.2.2 Chemische UV-Filter
Als physikalische UV-Filter werden heute überwiegend anorganische Mikropigmente im Größenbereich von 10‒100 nm, wie z. B. Zinkoxid oder Titanoxid, verwendet. Der Wirkmechanismus beruht auf der Eigenschaft dieser Mikropigmente, die UV-Strahlung zu reflektieren. Der Vorteil dieser Mikropigmente liegt darin, dass sie ein breites Wirkungsspektrum im UV-A- und im UV-B-Bereich haben. Die bislang vorliegenden Untersuchungen zum Penetrationsverhalten von Mikropigmenten haben
Chemische UV-Filter sind in der Lage, die eingestrahlte UV-Energie zu absorbieren und in infrarote Wärmestrahlung umzuwandeln. Die meisten organischen und chemischen UV-Filter absorbieren in einem relativ schmalen Wellenlängenbereich. Grundsätzlich lassen sich hier Filter unterscheiden, die vorwiegend vor UV-B-Strahlung im Wellenlängenbereich von 290‒315 nm schützen, Paradebeispiele sind Zinksäureester und PABA-Derivate, sowie UV-Filter, die überwiegend UV-A-Strahlen
16
231 16.2 · UV-Filter – primäre Photoprotektion
(Wellenlängenbereich von 315‒400 nm) absorbieren, wie z. B. Butyl-Methoxydibenzoylmethan. Daneben gibt es auch Filter, die sowohl im UV-A- als auch im UV-B-Bereich absorbieren, wie z. B. Benzophenone. Die beiden am häufigsten zur UV-Protektion eingesetzten chemischen UV-Filter sind Ethylhexyl-Methoxycinnamat und Butyl-Methoxydibenzoylmethan. Leider führt genau die Kombination dieser beiden Filter dazu, dass das gesamte Filtersystem photoinstabil wird, d. h. es unterliegt photochemischen Umwandlungen, bei denen reaktive Sauerstoffspezies entstehen können und es zum Auftreten von phototoxischen und photoallergischen Reaktionen kommen kann.
Cave Photoinstabile Filterkombinationen können über Bildung reaktiver Sauerstoffspezies toxische und allergische Reaktionen auslösen.
Filtern, wie z. B. Octocrylen oder 4-Methylbenzyliden-Camphor oder mit Nicht-UV-Filtermolekülen, wie z. B. Diethylhexyl-2,6-Naphthalat kombiniert wird. Diese Bemühungen haben bereits zu einer deutlichen Verbesserung des durch chemische UV-Filter erzielbaren Schutzes der menschlichen Haut gegenüber UV-B- und UV-A-Strahlung geführt. Weitere entscheidende Impulse hat die Entwicklung neuer organischer UV-Filtermoleküle gegeben, von denen vor einigen Jahren 7 neue UV-Filter in Europa zugelassen worden sind. Wie aus . Tab. 16.1 ersichtlich, bieten 5 dieser 7 neuen Filtermoleküle die Möglichkeit, einen Großteil des UV-A-Spektrums zu absorbieren. In der Praxis bedeutet dies, dass für die Sonnenschutzmittel produzierende Industrie und damit letztendlich für den Verbraucher sich zahlreiche neue Möglichkeiten bieten, die menschliche Haut effektiver als jemals zuvor gegen unerwünschte biologische Wirkungen der UV-AStrahlung zu schützen.
Neue Strategien
Nachweismethoden der UV-A-Protektion
In den letzten Jahren wurden große Fortschritte erzielt bei der Entwicklung von Strategien, mit denen UV-Filter photostabilisiert werden können. So kann beispielsweise die Photostabilität des UV-A-Filters Butyl-Methoxydibenzoylmethan deutlich erhöht werden, indem er mit anderen UV-
Diese technischen Möglichkeiten weisen darauf hin, dass es in Zukunft sehr wichtig sein wird, allgemein akzeptierte und standardisierte Methoden zur Verfügung zu haben, mit denen eine UV-A-Protektion evaluiert werden kann. Leider ist es auch heute noch so, dass im Gegensatz zur UV-B-Protektion, für die
. Tab. 16.1. UV-Breitbandabsorber COLIPA-Bezeichnung
Typ
COLIPA-Nr.
INCI-Namen
Handelsnamen
S 71
Terephthalidene dicamphor sulfonic acid
Mexoryl SX
S 73
Drometrizole Trisiloxane
Mexoryl XL
X
S 74
Benzylidene Malonate Polysiloxane
Parsol SLX
X
S 78
Diethylhexylbutamido Triazone
Uvasorb HEB
X
S 79
Methylene-bis-benzotriazolyl Tetramethylbutylphenol
Tinosorb M
X
S 80
Disodium Phenyl Dibenzimidazole Tetrasulfonate
Neoheliopan AP
S 81
Bis-Ethylhexyloxyphenol Methoxyphenyl Triazine
Tinosorb S
a
Diethylamino Hydroxylbenzoyl Hexyl Benzoate
Uvinul A Plus
a
EC-Zulassung beantragt.
UV-B
UV-A X X
X X
X X
232
Kapitel 16 · Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives
durch die Definition und Einführung des Lichtschutzfaktors bzw. des SPFs als allgemeinverbindliches Maß zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit UV-B-Filter-haltiger Sonnenschutzpräparate ein einheitliches, national und international akzeptiertes Messsystem zur Verfügung steht, hinsichtlich der zur Bestimmung der UV-A-Photoprotektion am besten geeigneten Methoden zurzeit keine einheitliche Meinung vorliegt. So konkurrieren In-vivoMethoden, wie sie beispielsweise in Japan favorisiert werden, mit einer Vielzahl von In-vitro-Methoden, die beispielsweise in Australien und in zunehmendem Maße auch in Europa genutzt werden. In Europa kristallisiert sich ein Trend heraus, der die UV-A-Protektion im Verhältnis zur UV-B-Protektion definiert und deklariert.
Schlussfolgerung Die Entwicklung der in . Tab. 16.1 aufgeführten Breitbandabsorber wird nicht nur zu einer Verbesserung des UV-A-, sondern auch zu einer Verbesserung des UV-B-Schutzes führen. In diesem Zusammenhang sei jedoch noch einmal darauf hingewiesen, dass die Leistungsfähigkeit eines UV-Filters nicht allein von seinen Absorptionseigenschaften abhängt, sondern ganz wesentlich auch durch die galenische Formulierung des Sonnenschutzprodukts bestimmt wird. i Neben den Absorptionseigenschaften beeinflusst die Galenik entscheidend die Wirksamkeit des UV-Filters.
16
Insgesamt ist aber auch hier zu sagen, dass sich die Möglichkeiten zur Herstellung von Formulierungen durch die Entwicklung und Zulassung der 7 neuen Filtermoleküle ebenfalls deutlich erweitert haben, da 4 dieser neuen Moleküle öllöslich und 3 Moleküle wasserlöslich sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung dieser 7 neuen UV-Filtermoleküle eine neue Ära im Bereich der Photoprotektion markiert, die den Sonnenschutzmittelherstellern vollkommen neue Möglichkeiten eröffnet, Formulierungen zu entwickeln, die den gesamten UV-Bereich von 290‒ 400 nm abdecken. Da einige Filtermoleküle je nach Kombination hinsichtlich ihrer Effektivität synergistisch wirken, wird es zudem möglich sein, durch geschickte Kombinationen den Gehalt an chemi-
schen UV-Filtern im Endprodukt zu reduzieren. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass diese Moleküle keinen wirksamen Schutz gegen die die Hautalterung fördernde kurzwellige Infrarotstrahlung bieten. Eine wirksame Infrarot-A-Protektion erfordert daher alternative Strategien (s. auch 7 Abschn. 16.3.1)
16.3
Sekundäre Protektion
Charakteristisch für diese Gruppe von Molekülen ist ihre ausgesprochene Heterogenität, die zudem ständig weiter zunimmt, da permanent neue Actives entwickelt und in kosmetischen Produkten verwendet werden. Im Grunde schon als klassisch zu bezeichnende Vertreter von Molekülen, die eine sekundäre Photoprotektion leisten, sind Antioxidanzien. Neben Vitaminen sind hier vor allen Dingen die Polyphenole und hier wiederum insbesondere die natürlichen Polyphenole, wie beispielsweise Flavonoide und Prozyanidine, zu nennen. Im Folgenden soll daher auf diese »etablierten« Moleküle detaillierter eingegangen werden. Zudem werden Vertreter moderner Actives vorgestellt, die sich von den zuvor genannten Antioxidanzien dadurch unterscheiden, dass ihre Schutzwirkung auf grundlegend anderen, z. T. sehr innovativen neuen Ansätzen beruhen.
16.3.1 Antioxidanzien
Die in kosmetischen Produkten und Sonnenschutzprodukten in klassischer Weise genutzten Antioxidanzien sind Vitamine und Polyphenole. Antioxidanzien sind in der Lage, als Wasserstoffdonoren zu fungieren, d. h. sie reduzieren freie Radikale zu einer weniger reaktiven Hydroxyform. Hierbei verändert sich das Antioxidans selbst, es wird zu einem passiven Radikal. Ein passives Radikal ist relativ stabil und kann wiederum ein zweites freies Radikal neutralisieren. Schließlich wird das Antioxidans vollständig verbraucht. i Bei der Reduktion freier Radikale oxidieren Antioxidanzien zunächst zu passiven Radikalen und werden schließlich verbraucht.
233 16.3 · Sekundäre Protektion
16
Vitamin E und C
Botanische Antioxidanzien
Ein Paradebeispiel für ein in Sonnenschutzpräparaten und kosmetischen Produkten enthaltenes Antioxidans ist das Vitamin E. Vitamin E ist die generische Bezeichnung für eine Reihe von Tocopherolen. Alle Tocopherole sind öllösliche Moleküle. Von den natürlich vorkommenden Tocopherolen hat das α-Tocopherol die größte Bedeutung. α-Tocopherol ist ein Hydrochinonaether mit einem gesättigten Phytylrest. Tocopherolacetat ist vermutlich das am häufigsten in Sonnenschutzmitteln verwendete Antioxidans. Normalerweise wird es in einem Konzentrationsbereich zwischen 0,2 und 1,5% verwendet. Konzentrationen unterhalb von 0,5% werden in der Regel als nicht ausreichend angesehen, um eine nachweisbare antioxidative Wirkung an der menschlichen Haut zu erzielen. Neben Vitamin E ist in den letzten Jahren Vitamin C als Antioxidans in Sonnenschutzpräparaten immer wichtiger geworden. Im Gegensatz zu Vitamin E ist Vitamin C wasserlöslich. Auf Grund seiner hervorragenden reduzierenden Eigenschaften ist die Verwendung von Vitamin C in kosmetischen Produkten problematisch, da es durch eine Oxidation zu einem raschen Verbrauch an Vitamin C kommen kann, noch bevor das Vitamin-C-haltige Präparat auf die Haut aufgetragen wird. Dieser Abbauprozess des Vitamin C kann grundsätzlich immer dann ausgelöst werden, wenn Sauerstoff vorhanden ist, d. h. bereits während der Produktherstellung und während der Lagerung Vitamin-C-haltiger Produkte – d. h. vor ihrer Anwendung – sowie selbstverständlich auch und ganz besonders während der Sonnenexposition.
Unter Polyphenolen werden alle Moleküle zusammengefasst, bei denen sich mindestens 2 benachbarte Hydroxylgruppen an einem Benzolring finden. Natürliche Polyphenole sind beispielsweise Flavonoide und Prozyanedine. Sie kommen in zahlreichen Nahrungsmitteln wie z. B. Weiß- oder Rotwein, schwarzem oder grünem Tee und in Früchten und Gemüsen vor. Im Sonnenschutz bedeutsam ist beispielsweise das Flavonoid α-Glukosylrutin. Es konnte gezeigt werden, dass die topische Applikation dieses Moleküls in der Lage ist, unerwünschte UV-Veränderungen an der menschlichen Haut zu verhindern. So kann beispielsweise das Entstehen von Hautveränderungen bei Patienten mit polymorpher Lichtdermatose unterdrückt werden. Invitro-Untersuchungen lassen zudem den Schluss zu, dass die Zugabe von α-Glukosylrutin vor der UV-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinasen-1 und -2 in menschlichen Hautfibroblasten schützt. Neben einzelnen Polyphenolen wurden in den letzten Jahren polyphenolische Pflanzenextrakte hinsichtlich ihrer photoprotektiven Potenz untersucht. Beispiele hierfür sind Extrakte aus Traubensamen, die vor allen Dingen Prozyanidindimere enthalten, aber auch Extrakte, die aus grünem Tee oder Ginkgo biloba hergestellt wurden. Insgesamt steht diese Entwicklung beispielhaft für die zunehmende Verwendung von botanischen Antioxidanzien im Sonnenschutz. Da dieser Trend zumindest zurzeit ungebrochen scheint, soll auf einige der herausragenden Vertreter der botanischen Antioxidanzien etwas näher eingegangen werden.
i Vitamin C oxidiert bei Sauerstoffkontakt sehr leicht, so dass sich die reduzierenden Eigenschaften bereits bei der Herstellung und Lagerung verbrauchen können.
Diese Problematik hat zur Entwicklung stabiler Vitamin-C-Derivate geführt, die heute überwiegend in Sonnenschutzprodukten und kosmetischen Produkten eingesetzt werden und für die z. T. auch in vivo der Nachweis erbracht werden konnte, dass sie in der Lage sind, vor UV-induzierter Hautalterung zu schützen. Neuere Arbeiten zeigen zudem, dass die Kombination von Vitamin C und Fe-Chelatoren additiv protektive Wirkungen hat.
Wichtige botanische Antioxidanzien 4 4 4 4 4
Teepolyphenole Curcumin Silymarin Apigenin Resveratrol
Teepolyphenole Tee aus der Pflanze Camellia sinensis aus der Familie der Theaceae wird von ungefähr zwei Dritteln der Weltbevölkerung regelmäßig getrunken und ist da-
234
Kapitel 16 · Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives
mit nachweisbar das nach Wasser am weitesten verbreitete Getränk. Teeblätter werden unterschiedlich verarbeitet und sind entsprechend kommerziell erhältlich als schwarzer Tee (78%), grüner Tee (20%) und Oolong-Tee (2%). Während der schwarze Tee vor allen Dingen in asiatischen und westlichen Ländern getrunken wird, ist grüner Tee besonders in ausgewählten japanischen Ländern wie Japan, China, Korea und Indien sowie in einigen Ländern Nordafrikas und des mittleren Ostens populär. Oolong-Tee wird bevorzugt in Südostchina getrunken. Insbesondere die im grünen Tee enthaltenen Polyphenole sind hinsichtlich ihrer photoprotektiven Kapazität in den letzten Jahren intensiv untersucht worden und als Konsequenz heute Bestandteil einer Vielzahl von Sonnenschutzprodukten und kosmetischen Präparationen. Die wichtigsten Grünteepolyphenol sind 4 (-)-Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG), 4 (-)-Epigallocatechin (EGC), 4 (-)-Epicatechin Gallat (ECG) sowie (-)-Epicatechin (EC), 4 (+)-Gallocatechin und (+)-Catechin.
16
Zusätzlich zu den genannten Catechinen enthält schwarzer Tee zudem Thearubigin und Theaflavin, die während der enzymatischen Oxidation gebildet werden. Oolong-Tee, der nur teilweise fermentiert ist, enthält die monomerischen CatechineTheaflavine und Thearubigin. Von all diesen Polyphenolen konnte gezeigt werden, dass sie potente Antioxidanzien sind und reaktive Sauerstoffspezies abfangen und unschädlich machen. Für Grünteepolyphenole wurde beobachtet, dass sowohl die orale Aufnahme als auch die topische Applikation in der Lage ist, gegen unerwünschte UV-induzierte biologische Wirkungen zu schützen. i Grünteepolyphenole wirken sowohl nach oraler Aufnahme als auch nach topischer Applikation.
So haben eine Vielzahl von Untersuchungen gezeigt, dass Grünteepolyphenole einen wirksamen Schutz gegen UV-B-induzierte Schädigungen der zellulären DNS der Hautzellen leisten können, dass das durch die UV-B-Strahlung induzierte Auftreten von Tumoren verhindert oder reduziert werden kann und dass
UV-B-induzierte immunsuppressive Effekte gehemmt werden können. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass die photoprotektive Wirkung der Grünteepolyphenole auch die Haut wirksam gegen einen vorzeitigen Alterungsprozess schützen könnte.
Schutzwirkungen der Grünteepolyphenole vor UV-induzierten Schäden 4 Verhinderung zellulärer DNS-Schäden 4 Verhinderung/Reduktion von Tumorenstehung 4 Hemmung von Immunsuppression 4 Schutz vor vorzeitiger Hautalterung
Hier finden sich durchaus Parallelen zu den Retinoiden. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass in kultivierten primären humanen Keratinozyten in vitro oder aber in transgenen Mäusen in vivo die UV-B-induzierte Aktivierung des Transkriptionsfaktors AP-1 durch EGCG und Theaflavin verhindert werden kann. Da die AP-1-Aktivierung von zentraler Bedeutung ist für die UV-B-induzierte Expression der Matrixmetalloproteinase-1 und damit letztlich für den Abbau von Kollagenfasern, unterstreichen diese Beobachtungen das photoprotektive Potenzial dieser Substanzen hinsichtlich der Verhinderung einer Hautalterung. An der menschlichen Haut konnte in vivo gezeigt werden, dass eine topische Applikation von Grünteepolyphenolen oder von EGCG allein in der Lage ist, effektiv gegen das Entstehen eines UV-Binduzierten Erythems (d. h. einer Sonnenbrandreaktion) zu schützen, dass hiermit verbunden die Ausbildung eines entzündlichen Infiltrats, das Entstehen von Sonnenbrandzellen, eine Verstärkung der Prostaglandinsynthese und eine Induktion der Myeloperoxidaseaktivität im bestrahlten Hautareal unterdrückt wird. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies wie Hydrogenperoxid supprimiert wird, eine Depletion der antigenpräsentierenden Zellen der Epidermis, nämlich von Langerhans-Zellen, verhindert wird und dass UV-B-induzierte Veränderungen der in der Haut vorhandenen endogenen Antioxidanssysteme sowie eine UV-B-induzierte Induktion von
235 16.3 · Sekundäre Protektion
Lipidperoxiden in der menschlichen Haut effektiv verhindert werden können. Zusammengenommen weisen diese Untersuchungen darauf hin, dass Grünteepolyphenole außerordentlich potente photoprotektive Eigenschaften besitzen. i Über diverse Mechanismen schützen Grünteepolyphenole die Haut effektiv vor UV-induzierten Schäden.
Curcumin Curcumin, das hauptsächlich bekannt ist als ein essentieller Bestandteil der indischen Küche, in der es als Gewürz und als Farbstoffzusatz eingesetzt wird, ist ebenfalls ein außerordentlich wirksames Antioxidans mit ausgeprägten antientzündlichen und antiproliferativen Eigenschaften. Ähnlich wie Grünteepolyphenol ist auch Curcumin ein Hemmstoff der Aktivierung von Transkriptionsfaktoren wie AP-1 und NFkB, die kausal an der UV-B-induzierten Lichtalterung der menschlichen Haut beteiligt sind. Daneben gibt es zahlreiche Untersuchungen, die zeigen, dass Curcumin zur Chemoprävention von UV-induzierten Tumoren eingesetzt werden kann. Ein Nachteil des Curcumins ist jedoch die gelbe Eigenfarbe, die den Einsatz in topischen Präparaten auf Grund dieser kosmetischen Eigenschaft erschwert bzw. unmöglich macht.
Silymarin Silymarin ist ein polyphenolisches Flavonoid, das aus Silyum marianum isoliert wird und eine Mischung unterschiedlicher Flavolignane darstellt. Zu diesen gehören Silybin, Silydianin, Silcristin und Isosilybin. Ähnlich wie für Grünteepolyphenole und Curcumin konnte auch für Silymarin in einer Reihe von Studien gezeigt werden, dass es in der Lage ist, gegen die UV-B-induzierte Entwicklung von Hautkrebs im Mausmodell zu schützen. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass die topische Applikation von Silymarin auf die Maushaut gegen eine UV-B-induzierte Ödembildung, die Ausbildung von Sonnenbrandzellen, die Depletion antioxidaktiver Systeme, wie die Katalase und die UV-B-induzierte Induktion der Cyclooxigenase zu schützen vermag.
16
Weiterführende molekulare Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass Silymarin zumindest in vitro in der Lage ist, in Keratinozyten die UV-B-induzierte Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFkB zu verhindern. Insofern ist auch hier zu vermuten, dass Silymarin gegen UV-B-induzierte Hautalterung photoprotektiv wirkt.
Apigenin Apigenin ist ein natürliches Flavonoid, das sich in den Blättern und im Stamm einer Reihe von Früchten und Gemüsen findet, wie z. B. Äpfel, Endivien, Bohnen, Broccoli, Sellerie, Kirschen, Weintrauben, Zwiebeln, Petersilie und Tomaten. Getränke, die Apigenin enthalten, sind beispielsweise Tee und Wein. Ein Vorteil von Apigenin ist, dass es im Vergleich zu Flavonoiden relativ wenig toxisch und nicht mutagen ist. i Verglichen mit anderen Flavonoiden ist Apigenin wenig toxisch und nicht mutagen.
Auch für Apigenin konnte gezeigt werden, dass die topische Applikation dieses Moleküls auf die Maushaut die UV-induzierte Entstehung von Tumoren zu hemmen vermag.
Resveratrol Resveratrol ist ein polyphenolisches Phytoalexin, das sich in Pampelmusen, Nüssen, Früchten und Rotwein findet und das ebenfalls ein potentes Antioxidans mit ausgeprägten antientzündlichen und antiproliferativen Eigenschaften ist. So konnte in tierexperimentellen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass die topische Applikation von Resveratrol auf die Haut von SKH-1 haarlosen Mäusen in der Lage ist, die UV-B-induzierte Zunahme der Hautdicke und Ausbildung eines Hautödems zu verhindern. Weiterführende immunhistochemische Untersuchungen ergaben sodann, dass dieser hemmende Effekt einherging mit einer Reduktion der UV-B-induzierten Zunahme von Wasserstoffperoxid und der damit einhergehenden Infiltration von Leukozyten in das bestrahlte Hautareal. Darüber hinaus hemmte die topische Applikation von Resveratrol die UV-Binduzierte Zunahme von Lipidperoxiden, einem sensitiven Marker für oxidativen Stress. Auch von dieser Substanz kann angenommen werden, dass sie
236
Kapitel 16 · Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives
gegen UV-B-induzierte Hautalterung zu schützen vermag.
Karotinoide
16
Karotinoide wie z. B. β-Karotin oder Lycopen sind hochwirksame Antioxidanzien, die hervorragend in der Lage sind, Singulett-Sauerstoff und Peroxylradikale unschädlich zu machen, die während photooxidativer Prozesse gebildet werden. Eine Reihe neuerer Untersuchungen haben nunmehr gezeigt, dass durch die orale Aufnahme von Karotinoiden photoprotektive Effekte an der menschlichen Haut hervorgerufen werden können. Dies lässt sich nicht nur bei Patienten mit erythropoetischer Protoporphyrie beobachten, bei denen die orale Gabe von β-Karotin die photoprotektive Standardtherapie zum Schutz der Haut vor UV-Schäden darstellt, sondern auch bei normalen hautgesunden Probanden. So konnte beispielsweise durch eine 12-wöchige alleinige orale Applikation von β-Karotin oder aber eine kombinierte Gabe von β-Karotin und Tocopherol bereits nach der 8. Woche beobachtet werden, dass es zu einer signifikanten Reduktion der mit einem Solarsimulator induzierten Erythembildung an der Haut der Probanden kam. Eine kürzlich publizierte Metaanalyse der zur Sonnenbrandprävention vorliegenden Arbeiten bestätigt die photoprotektive Wirksamkeit von β-Karotin zweifelsfrei. Ähnliche Effekte konnten auch erreicht werden, wenn Probanden eine Diät verabreicht wurde, die reich an Lycopen war. So führte die Aufnahme von Tomatenpaste in einer Menge, die einer täglichen Dosis von 16 mg Lycopen entspricht, über insgesamt 10 Wochen zu einem deutlichen Anstieg der Lycopen-Serumspiegel sowie des Totalgehalts an Karotinoiden in der menschlichen Haut. Dieser Anstieg war von funktioneller Bedeutung, denn auch hier zeigte sich in der 10. Woche nach Beginn der Diät, dass die UV-B-induzierte Erythembildung (Sonnenbrandreaktion) signifikant abgeschwächt war in der Probandengruppe, die die lycopenhaltige Diät zu sich genommen hatte, im Vergleich zu einer Placebokontrollgruppe. i Orale Applikation von β-Karotin oder Lycopen führt nach einigen Wochen zur Verminderung der Sonnenbrandreaktion.
Schlussfolgerung Diese Untersuchungen zeigen eindrucksvoll, dass es grundsätzlich möglich ist, durch die Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel photoprotektive Wirkungen an der menschlichen Haut zu erzielen. In diesem Zusammenhang ist jedoch wichtig, dass es einen optimalen Dosisbereich zu geben scheint. Hierauf weisen vor allen Dingen auch In-vitroUntersuchungen hin, die gezeigt haben, dass zu hohe Karotinoidkonzentrationen auch unerwünschte, nämlich prooxidative Effekte nach sich ziehen können.
Cave Zu hohe Karotinoiddosierungen können prooxidativ wirken.
Die Bedeutung der durch Karotinoide vermittelten Photoprotektion für den vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut wird nicht zuletzt durch aktuelle Untersuchungen unterstrichen, in denen erstmals gezeigt wurde, dass die UV-A-induzierte Generation von mitochondrialen DNS-Mutationen in primären humanen dermalen Fibroblasten vollständig verhindert werden kann, wenn den Zellen β-Karotin oder Lycopen oder Lutein zugesetzt wird. Auch diese Studien haben gezeigt, dass zur Erzielung dieser Effekte ein Dosisoptimum beachtet werden muss, andererseits aber auch additive bzw. synergistische Effekte durch Kombination der genannten Karotinoide erzielt werden können.
Phyllantus emblica Die zuvor angesprochene Problematik prooxidativer Eigenschaften an Antioxidanzien hat dazu geführt, dass vermehrt Anstrengungen unternommen wurden, Antioxidanzien zu entwickeln, die diese unerwünschte Aktivität nicht aufweisen. Ein Prototyp ist hier ein standardisierter Extrakt, der aus dem Baum Phyllanthus emblica hergestellt wird und unter dem Handelsnamen Emblica kommerziell erhältlich ist. Phyllanthus emblica ist eines der wichtigsten ayurvedischen Kräuter in Indien und wird seit mehreren tausend Jahren für eine Reihe von medizinischen Präparationen genutzt. Relativ neu sind eine Reihe von Untersuchungen, die
237 16.3 · Sekundäre Protektion
sich mit der Verwendung von Emblica-Extrakten zur Hautpflege und zum Schutz der Haut gegen UV-induzierte Schäden beschäftigen. Zusammengefasst haben diese Untersuchungen Hinweise darauf ergeben, dass ein Extrakt aus Phyllanthus emblica über antioxidative Eigenschaften verfügt und dass es selbst bei hohen Konzentrationen nicht zum Auftreten von prooxidativen Wirkungen kommt. Arbeiten zum Wirkmechanismus haben zudem ergeben, dass dieser Extrakt sowohl antioxidativ wirkt als auch in der Lage ist, Fe 3+ und Cu 2+ zu chelieren und damit die Entstehung von Hydroxylradikalen zu vemindern. Eine weitere interessante Eigenschaft scheint zu sein, dass der EmblicaExtrakt sich im Gegensatz zu vielen anderen Antioxidanzien nicht von einer aktiven in eine inaktive Form umwandelt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass dieser Extrakt eine Vielzahl von kaskadenförmig aufeinander aufbauenden antioxidativen Komponenten nutzt, die dazu führen, dass die antioxidative Wirkung relativ lang anhaltend und stabil ist.
Eigenschaften des Emblica-Extraktes Antioxidativ Verminderung der Hydroxylradikalentstehung Kein prooxidativer Effekt in hohen Konzentrationen Lang anhaltende Wirkung
16
16.3.2 Osmolyte
Wenn Zellen osmotischen Stress, d. h. beispielsweise einer hypoosmotischen Zellschrumpfung oder einer hyperosmotischen Zellschwellung, ausgesetzt werden, führt dies in der Regel zur Akkumulation oder zur Freisetzung sog. kompatibler organischer Osmolyte mit dem Ziel, das Zellvolumen möglichst konstant zu halten. Osmolyte, die von menschlichen Zellen physiologischerweise verwendet werden, sind beispielsweise Betain, Myoinositol und Taurin. Eine Vielzahl von Untersuchungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass die Aufnahme von Osmolyten jedoch nicht nur für die Regulation des Zellvolumens von wesentlicher Bedeutung ist, sondern darüber hinaus für die Fähigkeit von Zellen, sich gegenüber eine Reihe von Noxen, insbesondere gegenüber oxidativem Stress, zu schützen. Die Basis dieser sog. Osmolytstrategie ist die Expression spezifischer Osmolyttransportsysteme, wie z. B. dem Betain-Gamma-Amino-N-Butyric-Säuretransporter (BGT-1), dem natriumabhängigen MyoinositolTransporter (SMIT) und dem Taurin-Transporter (TAUT). Diese Osmolytstrategien sind für eine Vielzahl von Geweben im Detail charakterisiert worden, beispielsweise für Leberzellen, Nierenzellen und Zellen neuralen Ursprungs. Hierbei hat sich gezeigt, dass ein bestimmtes Gewebe spezifische Osmolytstrategien verwendet.
Osmolytstrategien der Haut Infrarot-A-Schutz durch Antioxidanzien Die kurzwellige Infrarot-A-Strahlung, die Bestandteil des natürlichen Sonnenlichts ist, schädigt die Haut und führt zu einer vorzeitigen Hautalterung. In der Haut induziert sie einen retrograden Signalprozess, der durch die Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies aus der mitochondrialen Atmungskette von Hautfibroblasten ausgelöst wird. Auf dieser Erkenntnis aufbauend gelang kürzlich erstmals die Entwicklung eines topisch applizierbaren Infrarot-A-Schutzkomplexes. Dieser basiert auf der Verwendung von Antioxidanzien, die sich bevorzugt in den Mitochondrien von Hautzellen anreichern. Ein Beispiel hierfür ist das Antioxidans Mito-Q, das ca. 1000fach wirksamer gegen Infrarot-A schützt als sein zytoplasmatisches Analogon, Idebenol.
Bislang liegen nur wenige Untersuchungen zu den Osmolytstrategien vor, über die die menschliche Haut natürlicherweise verfügt.
In-vitro-Untersuchungen Kürzlich konnte erstmals gezeigt werden, dass primäre normale humane Keratinozyten mRNS exprimieren für die Osmolyttransporter BGT1, SMIT und TAUT. Die Expression dieser Osmolyttransporter ist funktionell relevant, denn sie geht einher mit einer Aufnahme der korrespondierenden Osmolyte in hyperosmolar gestressten Keratinozyten. Umgekehrt führte eine hypoosmolare Stimulation zu einem signifikanten Efflux dieser Osmolyte. Es ist seit längerem bekannt, dass oxidativer Stress zu Veränderungen des zellulären Hydratationszustands führen kann. Da UV-Bestrahlung eine der
238
Kapitel 16 · Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives
Hauptquellen von oxidativem Stress in der Haut ist, wurde untersucht, inwieweit UV-Strahlung den Transport von Osmolyten in menschlichen Keratinozyten zu beeinflussen vermag. Es zeigte sich, dass eine Bestrahlung primärer humaner Keratinozyten mit UV-B zu einer Stimulation der Aufnahme von Myoinositol und Taurin führte. Diese Beobachtung lässt vermuten, dass die Aufnahme von Osmolyten Teil der durch UV-B-induzierten Stressantwort in menschlichen Keratinozyten ist und, analog zu anderen zellulären Systemen, vermutlich an der Ausbildung photoprotektiver Wirkungen, die die Zelle gegen unerwünschte UV-induzierte Wirkungen schützen soll, Teil hat. i Humane Keratinozyten antworten auf UV-BBestrahlung mit Aufnahme der Osmolyte Taurin und Myoinositol.
16
Diese Hypothese wird durch neuere Untersuchungen unterstützt, in denen menschliche Hautzellen mit einem Osmolyt beladen wurden, dass nicht von menschlichen Zellen gebildet werden kann, wohl aber von halofilen Bakterien, wie z. B. Ectothiodospira halochloris, die in salzhaltigen alkalischen Seen des ägyptischen Wadi Natrun vorkommen und sehr starken osmotischen Schwankungen sowie UV-Bestrahlung ausgesetzt sind. Bei diesem zur Familie der Ectoine gehörenden Osmolyt zeigte sich, dass eine Präinkubation menschlicher Keratinozyten dazu führt, dass durch langwellige UV-A-Strahlung ausgelöste proentzündliche und irritative Wirkungen potent gehemmt werden können. Diese Wirkung scheint auf einer Beeinflussung der Zellmembranstruktur der Keratinozyten zu beruhen, da sie initial mit einer Hemmung der UV-Ainduzierten Freisetzung von als »second messenger« fungierenden Ceramiden aus dem Sphingomyelin der Zellmembran einhergeht. Diese Untersuchungen zeigen eindrucksvoll, dass die photoprotektive Wirkung von Osmolyten, wie z. B. Ectoin, sich deutlich von Antioxidanzien unterscheidet. Neuere Untersuchungen geben zudem Anlass zu der Vermutung, dass Osmolyte auch wirksam zum Schutz der Haut gegen vorzeitige Alterung eingesetzt werden können. So war es möglich, in primären humanen dermalen Fibroblasten die UV-A-induzierte Generation von mitochondrialen DNS-Mutationen durch die Zugabe von Ectoin zu reduzieren.
In-vivo-Untersuchungen Im Einklang mit diesen In-vitro-Untersuchungen stehen eine Reihe von In-vivo-Untersuchungen, in denen gezeigt werden konnte, dass auch die topische Applikation von Ectoin auf die menschliche Haut photoprotektive Wirkungen hat. So kann beispielsweise die durch UV-Strahlung hervorgerufene Depletion der antigenpräsentierenden Zellen der Epidermis, der Langerhans-Zellen, reduziert werden. Im Maussystem schützt Taurin das Immunsystem der Haut gegenüber der durch UV-B-Strahlung induzierten Suppression. Ebenso ließ sich eine deutliche Reduktion der Zahl apoptotischer Keratinozyten, d. h. der sog. Sonnenbrandzellen, in UV-Bbestrahlter menschlicher Haut beobachten, wenn zuvor Ectoin topisch appliziert wurde. Zudem kann der Auslösung einer polymorphen Lichtdermatose vorgebeugt werden.
Zusammenfassung Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die bislang vorliegenden Ergebnisse darauf hinweisen, dass Osmolytstrategien zur Photoprotektion der menschlichen Haut geeignet sind. Derartige Ansätze können zum einen, wie es bereits aktuell geschieht, die topische Applikation von Osmolyten auf die menschliche Haut umfassen, die unter physiologischen Bedingungen hier nicht vorkommen. Darüber hinaus ist es aber denkbar, dass es in Zukunft möglich wird, die in der menschlichen Haut physiologischerweise vorhandenen Osmolytstrategien zu nutzen, um photoprotektive Wirkungen zu erzielen. i Zur Photoprotektion ist sowohl die topische Anwendung von Osmolyten als auch die Nutzung in der Haut vorhandener Osmolytstrategien denkbar.
16.3.3 DNS-Reparaturenzyme
Wie bereits zuvor ausgeführt, stellt die Generation von DNS-Schäden, und zwar insbesondere die Ausbildung von Zyklobutanpyrimidindimeren, die photobiologische Grundlage einer Vielzahl unerwünschter UV-induzierter Wirkungen an der menschlichen Haut dar.
239 16.3 · Sekundäre Protektion
Insofern ist es von großem Interesse, dass es in den letzten Jahren erstmals möglich war, durch eine Beschleunigung der Reparatur dieser UV-B-induzierten Photoprodukte der Ausbildung von UV-Binduzierten Hautschäden vorzubeugen. Ermöglicht wurde diese neuartige photoprotektive Strategie durch die Entwicklung von Liposomen, die biologisch aktive, rekombinant hergestellte DNS-Reparaturenzyme enthalten. So sind heute für den Einsatz in kosmetischen Produkten und Sonnenschutzprodukten Liposome erhältlich, die das DNS-Reparaturenzym Photolyase enthalten. Die Photolyase kommt physiologischerweise in der menschlichen Haut nicht vor. Dieses Enzym kann spezifisch UV-B-induzierte Zyklobutanpyrimidindimere reparieren durch einen Prozess, der als Photoreaktivierung bezeichnet wird. Hierbei ist es erforderlich, dass das DNS-Reparaturenzym an das DNS-Photoprodukt bindet und dann gleichzeitig Energie in Form von langwelligerer UV-Strahlung oder sichtbarem Licht zugeführt wird. Hierdurch wird es dem Enzym ermöglicht, die Dimerisierung aufzuheben; nach getaner Arbeit springt es dann zum nächsten DNS-Photoprodukt.
In-vivo-Untersuchungen Unter Verwendung von photolyasehaltigen Liposomen konnte kürzlich erstmals in vivo an der menschlichen Haut gezeigt werden, dass durch die topische Applikation von DNS-Reparaturenzymen die Zahl der durch eine UV-B-Strahlung induzierten Zyklobutanpyrimidindimere in der Epidermis um ca. 40‒ 45% reduziert werden kann. Diese partielle Reparatur UV-B-induzierter DNS-Schäden war von funktioneller Bedeutung, denn es gelang hierdurch, UV-B-induzierte immunsuppressive Effekte, beispielsweise die Hemmung einer zellvermittelten Immunantwort durch UV-BBestrahlung oder aber die Hemmung der Expression eines Adhäsionsmoleküls, das für das Entstehen zellvermittelter Immunantworten von zentraler Bedeutung ist, vollständig zu verhindern. Neuere Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass auch die UV-B-induzierte Expression der Matrixmetalloproteinase-1 in der Epidermis durch topische Applikation von photolyasehaltigen Liposomen auf die zuvor UV-B-bestrahlte menschliche Haut vollkommen verhindert werden kann.
16
Wirkungen photolyasehaltiger Liposomen bei der UV-B-Exposition 4 Reduktion der Zyklobutanpyrimidindimerbildung um 40–45% 4 Verhinderung der Immunsuppression 4 Verhinderung der Expression der Metalloproteinase-1
Zusammenfassung Zusammengenommen zeigen diese Arbeiten einen vollkommen neuen Weg auf, wie die menschliche Haut effektiv gegen die schädigenden Kräfte der UV-BStrahlung geschützt werden kann. Während eine konventionelle, auf der Anwendung von UV-Filtern basierende Photoprotektion ausschließlich vorbeugender Natur sein kann, ist es mit diesem neuen Ansatz erstmals möglich, photoprotektive Wirkungen zu erzielen, nachdem bereits eine Schädigung der menschlichen Haut durch UV-B-Strahlung eingetreten ist. Insofern handelt es sich bei diesem Ansatz um die erste AfterSun-Strategie, die erwiesenermaßen wirksam ist. Darüber hinaus bietet sich der Einsatz photolyasehaltiger Liposome in der Kombination mit UV-Filtern an, um DNS-Photoprodukte, die trotz der topischen Applikation von UV-Filtern auftreten, umgehend in der menschlichen Haut zu reparieren, und zwar noch während des Sonnenbads. Entsprechend sind auf dem deutschsprachigen Markt zurzeit 2 Produktreihen kommerziell erhältlich, von denen die erste ausschließlich photolyasehaltige Liposome enthält und für den Gebrauch nach dem Sonnenbad gedacht ist, während die zweite eine Kombination aus photolyasehaltigen Liposomen und UV-Filtern darstellt und damit 2 vollkommen unterschiedliche, aber komplementäre Wirkprinzipien umfasst.
16.3.4 AhR-Antagonisten
Neueste Arbeiten zur UV-B-induzierten Signaltransduktion zeigen, dass hautschädigende Effekte der UV-B-Strahlung nicht nur über die Generation von DNS-Schäden, sondern – hiervon unabhängig – über einen zweiten Signalweg ausgelöst werden, der durch den Arylhydrocarbon-(Ah-)Rezeptor vermittelt wird. Die UV-B-induzierte Aktivierung dieses
240
Kapitel 16 · Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives
sich im Zytoplasma von Keratinozyten befindenden Transkriptionsfaktors kann durch spezifische Antagonisten (AhR-Antagonisten) verhindert werden. Zumindest ein derartiger AhR-Antagonist steht aktuell als neues Active zur Prophylaxe UV-B-induzierter Hautschäden kommerziell zur Verfügung.
16.3.5 Prävention der Hautalterung durch
Actives aus natürlichen Biotopen Neben den o. g. Actives, die in der Regel gut charakterisierte Einzelmoleküle darstellen, finden im zunehmenden Maße auch weniger gut charakterisierte, aber trotzdem sehr wirksame Extrakte aus Naturstoffen als Actives Verwendung zur Prävention der Hautalterung. Als Beispiel seien Algen- und Silikaextrakte aus einem geothermalen Biotop in Island, der »Blauen Lagune (Blue Lagoon)«, genannt. Diese Extrakte haben sich sowohl in vitro, als auch in vivo, d. h. nach topischer Applikation auf die menschliche Haut, beim Schutz der Haut vor UV-induzierter, vorzeitiger Alterung als außerordentlich wirksam erwiesen, da sie sowohl die Induktion der MMP-1Expression verhindern als auch die Kollagen-denovo-Synthese induzieren. Zudem stimulieren diese Extrakte die Differenzierung epidermaler Keratinozyten und verbessern so die Hautbarrierefunktion.
16.4
16
Fazit für die Praxis
Aus dem Vorstehenden wird deutlich, dass die Entwicklung von UV-Filtern und insbesondere die Entwicklung von Molekülen, die der sekundären Protektion dienen, durch eine Vielzahl von Neuentwicklungen gerade in den letzten Jahren charakterisiert sind. Ermöglicht wird dieser rasante Fortschritt nicht zuletzt durch die großen Fortschritte, die die dermatologische, photobiologische und immunologische Forschung am Organ Haut in den letzten Jahren geleistet haben. Diese rasante Entwicklung wirft jedoch auch das Problem einer Evaluation neuartiger photoprotektiver Strategien hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit auf. So ist auf Grund des vollkommen anderen Wirkprinzips vieler Actives eine Bestimmung ihrer photoprotektiven Kapazität mit Methoden, wie sie für UV-Filter seit
Jahren verwendet und zumindest für die UV-B-Photoprotektion als allgemein gültig definiert wurden, nicht möglich. Wissenschaft und Industrie werden daher in den nächsten Jahren vermehrt Anstrengungen unternehmen müssen, die auf die Entwicklung neuer, relevanter und standardisierbarer Testsysteme zielen, mit denen die Wirksamkeit und Sicherheit von Actives zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. In diesem Kontext kommt der Analyse molekularer Biomarker in der menschlichen Haut eine ständig größer werdende Bedeutung zu.
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17 17 Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention Natalie Garcia Bartels, Ulrike Blume-Petyavi
17.1
Einleitung
– 241
17.2
Haarphysiologie – 241
17.3
Alterung der Haarfollikel – 242
17.3.1 Einfluss auf das Haarwachstum – 242 17.3.2 Änderung der Haarstruktur – 243 17.3.3 Verlust der Haarfarbe und Ergrauen – 244
17.1
Einleitung
Haarveränderungen im Alter gewinnen infolge der erhöhten Lebenserwartung und der damit neuen Altersverteilung der Bevölkerung zunehmend an Bedeutung. Das Bild des Alterns und dessen Begleiterscheinungen haben einen negativen Charakter in einer Gesellschaft erhalten, in der die psychische Verfassung und die individuelle Leistungsfähigkeit mehr und mehr mit dem äußeren Erscheinungsbild verbunden werden. Der physiologische Alterungsprozess der Haut, Haare und Nägel setzt etwa mit 30 Jahren ein und schreitet individuell, in Abhängigkeit von intrinsischen und extrinsischen Faktoren, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fort (Trueb 2003).
17.2
Haarphysiologie
Für das Verständnis gerontobiologischer Vorgänge am Haarfollikel ist es wichtig, sich die physiologischen und biologischen Vorgänge des Haarwachstums vor Augen zu führen. Der menschliche Haarfollikel ist ein hoch komplexes Anhangsgebilde der Haut, das sich aus mehr als 20 verschiedenen Zellpopulationen zusammensetzt. Während des kontinuierlichen Haarwachstums folgt der menschliche Kopfhaarfollikel einem charakteristischen, lebenslang sich wiederholen-
17.4
Mögliche präventive und supportive Maßnahmen bei altersbedingten Veränderungen der Haare – 248
17.4.1 Beeinflussung von Haarwachstum und Haarstruktur – 248 17.4.2 Beeinflussung des Ergrauens (Canities)
17.5
Fazit für die Praxis
– 249
– 249
Weiterführende Literatur
– 249
den Wechselspiel: Einer 2–6 Jahre dauernden Wachstumsphase (Anagen) folgt eine in wenigen Tagen ablaufende Übergangsphase (Katagen) und daran schließt sich eine ca. 3 Monate anhaltende Ruhephase (Telogen) an. Das menschliche Kopfhaar wächst ca. 0,35 mm/Tag, so dass es unter normalen Wachstumsbedingungen im Mittel 1 cm pro Monat wächst. i Der Haarzyklus besteht aus Wachstumsphase (Anagen, 2–6 Jahre), Übergangsphase (Katagen, wenige Tage) und Ruhephase (Telogen, ca. 3 Monate).
Der Charakter des menschlichen Haares verändert sich von der Geburt bis ins hohe Alter fortlaufend. Unter bestimmten physiologischen Bedingungen kann ein Haarfollikel nacheinander verschiedene Haartypen bilden. Bereits in utero beginnt ab der 14. Schwangerschaftswoche die Anlage der Haarfollikel. In der 18. Schwangerschaftswoche wird beim Feten das Lanugohaar gebildet, es ist kurz, dünn, marklos und pigmentarm. Postnatal wird es je nach Alter und Körperregion des Säuglings durch feine Vellushaare (Flaumhaare) oder dickere Terminalhaare ersetzt (Mandt u. Blume-Peytavi 2004). Man geht davon aus, dass in der Postnatalperiode keine neuen Haarfollikel mehr gebildet werden und somit die absolute Zahl der Haarfollikel physiologischerweise nicht mehr zunimmt. Die menschliche Kopf-
242
Kapitel 17 · Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention
haut enthält durchschnittlich ca. 100.000 Haare, der mittlere tägliche Haarverlust beträgt ca. 100 Haare. Im Verlauf entwickeln sich am Kopf und in den sexualhormonabhängigen Regionen (Achsel-, Genitalbehaarung) die langen, kräftigen Terminalhaare und am übrigen Integument die kurzen, weichen Vellushaare (Chiou u. Blume-Peytavi 2004).
17.3
Alterung der Haarfollikel
Alterungsabhängige Veränderungen in Wachstum, Farbe und Struktur der Haare sind häufig zu beobachten. Im Gegensatz zu Alterungsprozessen an der Haut sind diese Vorgänge an Haaren kaum untersucht. Neuere Arbeiten zu Signalwegen im Haarfollikel, die an der Melanogenese beteiligt sind, verbessern unser Verständnis von Mechanismen, die zum Ergrauen der Haare führen. Wichtig ist es, altersgerechte Prozesse an Haaren und Nägeln zu kennen und von pathologischen Veränderungen abzugrenzen.
17.3.1 Einfluss auf das Haarwachstum
Die physiologische Alterung des menschlichen Haarfollikels ist bisher fast ausschließlich am Kopfhaar untersucht worden (Pecoraro u. Astore 1991). Im Wesentlichen ist der Alterungsprozess durch 3 Phänomene charakterisiert: Abnahme der Anzahl aktiver Haarfollikel und der Haarschaftdicke, die in einer Minderung der Haardichte resultieren, und Abnahme bzw. Stopp der Melaninbildung, wodurch das Ergrauen der Haare erklärt wird. Wenig untersucht ist bisher die Frage der Keratinbildung bei
alternden Haarfollikeln mit möglicherweise im Alter bestehender geringerer Haarstabilität und erhöhter Brüchigkeit. Bisher noch unzureichend bekannte Einflüsse am Haarfollikel führen vermutlich zur Verkürzung der Anagenphase und im Verlauf zur Miniaturisierung der Haarfollikel. Im Laufe der Zeit wandeln sich Terminalhaarfollikel zunehmend in Vellushaarfollikel um, gleichzeitig kommt es insgesamt zur Rarefizierung der Haarfollikeldichte. Klinisch macht sich dies als Verdünnung und Verkürzung der Kopfhaare bemerkbar, was letztlich im Verlust des Terminalhaares mündet. Untersuchungen am Haarzyklus weisen auf ein neues Phänomen hin: die Kenogenphase. Hierbei kommt es nach dem verfrühten Ausfallen von Haaren zunächst zu keinem Nachwachsen von neuen Haaren. Es finden sich sog. »leere Haarfollikel«. Dieses Phänomen konnte man in normaler Haut und verstärkt bei Frauen und Männern mit androgenetischer Alopezie beobachten (Rebora u. Guarrera 2002). Inwiefern diese kenogene Phase auch im höheren Lebensalter die Abnahme der Haardichte beeinflusst, ist bisher noch nicht bekannt. Das Lebensalter hat möglicherweise einen gewissen Einfluss auf die Haarwachstumsgeschwindigkeit. Die mittlere Wachstumsgeschwindigkeit beträgt bei Frauen 0,34 mm/Tag und bei Männern 0,37 mm/Tag und zeigt ab dem 70. Lebensjahr eine leichte Verlangsamung auf durchschnittlich 0,33 mm/Tag bei beiden Geschlechtern (Serri u. Cerrimele 1991). Davon abzugrenzen sind distinkte Muster einer pathologischen Haardichteminderung, wie sie beispielsweise im Rahmen der im höheren Lebensalter häufiger auftretenden androgenetischen Alopezie bei Frauen und Männern vorkommen können (. Tab. 17.1).
. Tab. 17.1. Differenzialdiagnose der altersbedingten Haardichteminderung
17
Diagnose
Klinik
Androgenetische Alopezie
»Female pattern«, diffuse Haardichteminderung im Vertexbereich bei gut erhaltener Stirn-Haar-Grenze »Male pattern«, Haardichteminderung in Trianguli und hochokzipital/Vertex
Chronisches Telogeneffluvium
Diffuse Haardichteminderung, Trichogramm zeigt erhöhte Telogenrate
Vernarbende Alopezie
Morbus Kossard: Vernarbung an Stirnhaargrenze und evtl. der Augenbrauen Lichen planopilaris: Fleckförmige, evtl. flächige Vernarbung mit perifollikulären Erythemen und Hyperkeratosen
243 17.3 · Alterung der Haarfollikel
i Die Kenogenphase stellt ein Phänomen dar, bei dem Haare verfrüht ausfallen und zunächst nicht nachwachsen (»leere Haarfollikel«).
17.3.2 Änderung der Haarstruktur
Die Dicke der Haarschäfte wird vermutlich durch die Anzahl von spezialisierten, mesenchymalen Zellen in der dermalen Papille bestimmt. Diese liegt im Haarbulbus, der bei Terminalhaaren am Kopf bis zur Subkutis reichen kann. Man nimmt an, dass die dermale Papille die proliferative Aktivität der Haarkeratinozyten und damit die Dicke und Länge des Haarschafts steuert (Myers u. Hamilton 1951). Die Haarschaftdicke scheint mit zunehmendem Alter abzunehmen, so nimmt der Anteil dünner Haare im Laufe des Lebens zu (Pecoraro u. Astore 1991). Untersuchungen zum Gehalt an Lipiden in Haaren zeigten, dass insbesondere bei Frauen der Gehalt von Cholesterol altersabhängig abnimmt (Brosche et al. 2001). Dies könnte mit der veränderten Haarschaftdicke und dem Vorkommen von brüchigeren Haaren bei Frauen im höheren Lebensalter in Zusammenhang stehen. Eine rauere Oberfläche der Haarschäfte, die sich in aufgestellten oder inhomogenen Cuticulae äußert, könnte durch die zunehmende externe kosmetische Manipulation bei feineren Haaren zusätzlich die Brüchigkeit verstärken. Eine Vielzahl von anderen Ursachen kann jedoch zu vermehrter Brüchigkeit von Haaren führen. Hierdurch kann der Eindruck von Haarausfall enstehen, wobei die Haare nicht ausfallen, sondern frühzeitig abbrechen. . Abb. 17.1. Trichorrhexis nodosa acquisita: pinselartige Bruchstelle
17
i Eine der häufigsten Haarschaftanomalien tritt im Erwachsenenalter im Rahmen des sog. »Weathering« auf.
Klinisch findet man sprödes, glanzloses Haar unterschiedlicher Länge. Häufig ist das Deckhaar deutlich stärker betroffen als das darunterliegende Haar. Der Reibetest beinhaltet das Aneinanderreiben von einigen Haaren und kann so durch das Auftreten vermehrt abgebrochener Haare auf vermehrte Haarbrüchigkeit hinweisen. Durch übermäßige und fehlerhafte kosmetische Manipulation der Haare können verschiedenartige Bruchstellen am Haarschaft induziert werden. Diese kann man durch eine Längseinbettung von einigen abgeschnitten Haaren unter dem Miskropsop deutlich erkennen. Der typische Befund bei Trichorrhexis nodosa acquisita ähnelt 2 ineinandergesteckten Pinseln, hier bricht das Haar leicht (. Abb. 17.1). Neben kosmetischer Schädigung können auch eine Hypothyreose, ein deutlicher Biotin- oder Zinkmangel für Trichorrhexis nodosa ursächlich sein. Daneben findet man Trichoschisis, eine klare, transverse Fissur oder Bruchstelle am Haarschaft, und Trichoptilosis, die an aufgesplitterten Enden erkennbar ist (. Abb. 17.2). Zuätzlich gibt es das Phänomen der sog. »bubble hairs«, die durch blasenartige Aussparungen im Haarschaft charakterisiert sind. Diese entstehen z. B. durch zu heißes Fönen der Haare (Blume-Peytavi u. Mandt 2000). Insgesamt zählen diese erworbenen Haarschaftanomalien nicht zu den typischen Kennzeichen des Alterungsprozesses der Haare. Allerdings wäre es
244
Kapitel 17 · Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention
. Abb. 17.2. Trichoptilosis: aufgesplitterte Haarenden
möglich, dass durch die alterungsbedingte Abnahme der Haarschaftdicke, die Schädigung der Cuticulae durch kosmetische Prozeduren und den geringeren Lipdgehalt die Haare im Laufe des Lebens anfälliger für kosmetische Schädigung und fragiler werden. Biotin- oder Zinkmangel können im Alter häufiger auftreten und werden u. a. mit beschleunigter mitochondrialer Zellalterung und Erhöhung des oxidativen Stresses in Verbindung gebracht (Ames et al. 2005). Ob ein damit verbundendes Auftreten von Trichorrhexis nodosa acquisita im höheren Lebensalter häufiger ist, wurde bisher noch nicht untersucht.
17.3.3 Verlust der Haarfarbe und Ergrauen
17
i Der altersabhängige, graduelle Verlust der Haarfarbe (Canities) beginnt im 3.–4. Lebensjahrzehnt, in seltenen Fällen auch schon Mitte des 2. Lebensjahrzents.
Graue und weiße Haare erscheinen im Allgemeinen zuerst in der Schläfengegend und breiten sich nach parietal und okzipital aus (. Abb. 17.3 und 17.4). Das graue Aussehen der Haare ist durch eine Verringerung des Gehalts an Melanin und Melanozyten in der Bulbusregion des Haarfollikels bedingt. Diese wenigen Melanoyzten sind bei grauem Haar noch
in der Lage, Tyrosinase und Tyrosinase-related-Protein-1 (TRP 1) zu exprimieren, in weißen Haaren lässt sich Tyrosinase nicht mehr nachweisen (Commo et al. 2004). Sie transferieren Melanin in die kortikalen Keratinozyten, die Melanosomen enthalten. Melanozyten im Haarfollikel älterer Menschen erzeugen insgesamt weniger Melanosomen, die in den Haarschaft integriert werden. Graues Haar enthält zwar noch zahlreiche Melanozyten, aber Zahl und Größe der Melaningranula sind verringert und die Reifung verlangsamt. In weißem Haar wurden im Haarbulbus keine aktiven Melanozyten gefunden. Die follikulären Keratinozyten der äußeren Wurzelscheide können wenige, aktive Melanozyten enthalten, wohingegen sich im Haarschaft kaum intakte Melaningranula, allerdings einige kleine Vakuolen in der interfibrillären Matrix befinden (Commo et al. 2004; Orfanos u. Ruska 1970). Der Eindruck »weiß« entsteht durch die Lichtreflexion des Haarkeratins bei fehlendem Pigment (. Abb. 17.5). Zunehmend wird auch der Einfluss von Sauerstoffradikalen im Zusammenhang mit Alterungsprozessen an der Haut und im Haar diskutiert. Möglicherweise können freie Sauerstoffradikale die Melanogenese und damit das Ergrauen der Haare beeinflussen. Die Bildung von Vakuolen in Melanozyten von grauen und weißen Haarbulbi könnte diese These unterstützen (Emerit et al. 2004). Daneben werden Veränderungen in der
245 17.3 · Alterung der Haarfollikel
17
. Abb. 17.3. Beginn des Ergrauens im Schläfenbereich
. Abb. 17.4. Ausbreiten grauer und weißer Haare nach parietal und okzipital
Signaltransduktion, z. B. mitochondriale und nukleäre DNS-Alterationen, p53-Mutationen, Zellzyklusveränderungen, Apoptose und Mitogene als Faktoren, die die Seneszenz des Haarfollikels beeinflussen, diskutiert (Tobin u. Paus 2001). Als Canities praecox wird das frühzeitige Ergrauen der Haare vor dem 2. Lebensjahrzehnt bezeichnet. Hierbei lassen sich erworbene und angeborene Formen unterscheiden (. Tab. 17.1 und 17.2). Neben der häufiger vorkommenden Vitiligo und der
Alopecia areata können hypo- und depigmentierte Haare im Rahmen von seltenen Syndromen wie bei Progerie, Böök-Syndrom oder Rothmund-Thomson-Syndrom auftreten. Häufiger werden vermutlich metabolische Störungen beobachtet, die mit frühzeitigem Auftreten von grauen oder weißen Haaren in Zusammenhang stehen können. Interessanterweise sollen längerer Alkoholabusus oder Drogenabusus mit Heroin oder Amphetaminen zu frühzeitigem und ausgedehnterem Ergrauen führen
246
Kapitel 17 · Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention
. Abb. 17.5. Unpigmentiertes Haar erscheint durch die Lichtreflexion des Keratins weiß
(Steingrimsson et al. 2005; . Tab. 17.3). Ursächlich könnte eine toxische Schädigung der melanozytären Stammzellen in der Bulge-Region des Haarfollikels vermutet werden (Steingrimsson et al. 2005). Außerdem stellte eine Studie zum Auftreten der Osteope-
nie, einer Vorstufe der Osteoporose, fest, dass Frauen und Männer, die vor der und um die 3. Lebensdekade ergrauten (. Abb. 17.6), ein um 4,4-fach erhöhtes Risiko für das Vorliegen einer Osteopenie hatten (Rosen et al. 1994).
. Tab. 17.2. Erworbene Canities praecox bei verschiedenen Grunderkrankungen und Mangelerscheinungen (Tobin u. Paus 2001; Cohen u. Scherk 2000; Faulkner et al. 2003; Tobin et al. 2000; Steingrimsson et al. 2005)
17
Diagnose
Klinik
Alopecia areata
Vorangegangener kreisrunder Haarausfall mit nachwachsenden weißen, grauen Haaren; plötzliches Ergrauen über Nacht: vermutlich durch Alopecia areata diffusa bedingt, die vorwiegend pigmentierte Haare betrifft
Vitiligo
Einzelne oder gruppierte graue Haare vor dem 25. Lebensjahr, Leukotrichie auf Vitiligoherden der Haut, spontane Repigmentierung möglich
Vitamin-B12-/Folsäuremangel
Megaloblastäre Anämie, segmentales Ergrauen einzelner Haare (Heterochromie)
Eisenmangel
Mikrozytäre Anämie, segmentale Heterochromie der Haare
Proteinmangel (z. B. Kwashiokor, Colitis ulcerosa mit Malabsorption)
Segmentale weiße und dunkle Banden einzelner Haare: »Signe de la bandera«
Hyperthyreose
Auftreten einzelner weißer Haare
Phenylketonurie
Störung des Phenylalaninmetabolismus, blondes, helles Haar, mentale Retardierung etc.
Homozystinurie
Störung des Methioninmetabolismus, helles, hypopigmentiertes Haar, mentale Retardierung etc.
Medikamente
Chloroquin
Abusus
Alkohol, Heroin, Amphetamine
247 17.3 · Alterung der Haarfollikel
17
. Tab. 17.3. Hereditäre Canities praecox im Rahmen von Syndromen (Tobin u. Paus 2001; Cohen u. Scherk 2000; Tobin et al. 2000) Diagnose
Klinik
Angelman-Syndrom
Hypopigmentierte Haare und Haut, mentale Retardierung, Epilepsie etc.
Böök-Syndrom
Vitiligo, Café-au-lait-Flecken, Lentigines, Hyperhidrosis, Aplasie der Prämolaren
Christ-Siemens-Touraine-Syndrom
Hypopigmentiertes Haar, An-, Hypodontie, Skelettanomalien, Fieberschübe
Fanconi-Syndrom
Pigmentverschiebungen der Haut und Haare, Panzytopenie, Vitamin-D-resistente Osteomalazie etc.
Fisch-Syndrom
Piebaldismus, Taubheit, teilweise Heterochrimie iridis
Griscelli-Syndrom
Silbergraues Haar, rezidiverende pyogene Infektionen
Hereditäre Canities praecox
Familiäres Auftreten einzelner grauer, weißer Haare, autosomal dominante Vererbung
Menkes-Syndrom
Kupfermangel, brüchiges, helles Haar, Pili torti, Epilepsie etc.
Okulokutaner Albinismus
Zum Beispiel Hermansky-Pudlak-Syndrom, Chédiak-Higashi-Syndrom, tyrosinasenegativer okulokutaner Albinismus
Prader-Willi-Syndrom
Helle, pigmentarme Haare, Adipositas, Hypotonie, Diabetes mellitus etc.
Progerie
Wachstumsretardierung ab 2. Lebensjahr, frühzeitiges Altern, Atherosklerose etc.
Rothmund-Thomson-Syndrom
Hypogimentierte Haare und Haut, Teleangiektasien, Katarakt etc.
Waardenburg-Syndrom
Piebaldismus, Hörverlust, Heterochromia iridis, Skelettanomalien etc.
Werner-Syndrom
Frühzeitiges Altern, sklerodermiforme Hautläsionen, Vogelgesicht etc.
Woolf-Syndrom
Ausgeprägter Piebaldismus mit Taubheit
Die Tabelle berücksichtigt die häufigsten Syndrome ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
. Abb. 17.6. Diffus am Kopf verteilte weiße Haare bei einer 45-jährigen Frau
248
Kapitel 17 · Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention
17.4
Mögliche präventive und supportive Maßnahmen bei altersbedingten Veränderungen der Haare
17.4.1 Beeinflussung von Haarwachstum
und Haarstruktur Zu allen Zeiten haben Frauen und Männer versucht, ihr Aussehen durch geeignete Pflege länger jung zu erhalten oder durch kosmetische Maßnahmen vorteilhaft zu verändern. Die regelmäßige Haarwäsche zur Reinigung der Haare ist, soweit mit handelsüblichen pflegenden Shampoos durchgeführt, ohne wesentlichen Einfluss auf die Haarstruktur. Handelt es sich jedoch um trockenes, sprödes, brüchiges Haar, empfiehlt sich die Meidung thermisch und chemisch haarschädigender Prozeduren. Shampoos, die kationische Polymere, z. B. Polyquaternium-10, -16 und Guarhydroxypropyltrimoniumchlorid enthalten, hinterlassen einen kontinuierlichen Film, der das Haar weich und geschmeidig erscheinen lässt. Neben der Anwendung in Pflegespülungen sind diese Substanzen wichtiger Bestandteil der 2-in-1-Technologie geworden, bei der sich Reinigungsfunktion und Konditionierung in einem Produkt vereinen. Daneben kommen Silikone, speziell Dimethicon, und Proteinhydrolysate zum Einsatz, die – ähnlich den Fetten und Ölen – die Kämm- und Frisierbarkeit des Haares verbessern. Für besonders trockenes Haar stehen . Abb. 17.7. Nachwachsende grau-weiße Haare unter einer 6-monatigen lokalen Therapie bei androgenetischer Alopezie mit Minoxidil 2%iger Lösung
17
Pflegestoffe zur Verfügung, die in Shampoos eingearbeitet sind, wie pflanzliche Öle, Wachse, Lezithinund Lanolinderivate. Die zu häufige Anwendung kann schnell fettendes Haar zur Folge haben. Neben äußerlichen Maßnahmen kann bei Haarstrukturschäden die supportive Gabe von aminosäurehaltigen Präparaten (z. B. Priorin, Pantovigar, Gelacet), Biotin, auch in Kombination mit Vitamin A, über ca. 3–6 Monate versucht werden (Mandt u. Blume-Peytavi 2005). Klinische Studien zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen stehen derzeit nicht zur Verfügung. Der altersabhängig verminderte Lipidgehalt der Haare zeigte keine Korrelation zum Lipidgehalt im Serum. Interessanterweise konnte eine veränderte Lipidzusammensetzung von Haaren mit einem gehäuften Auftreten von Angina-pectorisAnfällen in Verbindung gebracht werden. Hier zeigte sich ein direkter Einfluss fettarmer Nahrung auf die klinische Symptomatik und die Zusammensetzung der Strukturlipide der untersuchten Haare (Mogos et al. 2002). Neben der Substitution von Sexualhormonen gewinnt das Wachstumshormon (GH) wegen seiner anabolen Potenz zunehmend an Bedeutung, gefolgt von DHEA und Melatonin. Bisherige Daten können nicht belegen, dass die Anwendung von GH die Lebenserwartung verlängert. Jedoch scheint die Haarqualität nach Einnahme von GH eine graduelle Verbesserung aufzuweisen (Chein 1998). Im Gegensatz dazu kann DHEA als Andro-
249 Weiterführende Literatur
genvorstufe zu Haarausfall mit dem Muster einer androgenetischen Alopezie führen (Trueb 2003). Inwieweit durchblutungsfördernde, östrogen-, antiandrogen- oder minoxidilhaltige Lösungen das Haarwachstum bei altersabhängiger Haardichteminderung beeinflussen können, ist bisher nicht hinreichend untersucht worden (. Abb. 17.7).
17.4.2 Beeinflussung des Ergrauens
(Canities) i Bisher sind noch keine für die lokale oder systemische Anwendung am Menschen zugelassene Wirkstoffe verfügbar, die nachgewiesenermaßen und erfolgreich Alterungsprozesse am Haar aufhalten oder rückgängig machen können.
Ein interessanter Ansatz ist die lokale Applikation von Superoxiddismutase im Mausmodel, die einen protektiven Effekt gegen oxidativen Stress am Haarfollikel aufzuweisen scheint. Durch die Inaktivierung freier Radikale an Melanozyten des Haarfollikels könnte das Ergrauen der Haare beeinflusst werden (Emerit et al. 2004). In Einzelfällen ist über spontane Repigmentierung frühzeitig ergrauter Haare berichtet worden (Tobin et al. 2000). Altersunabhängiges Ergrauen der Haare, wie es bei metabolischen oder nutritiven Störungen beobachtet wurde (. Tab. 17.2), kann nach gezielter Therapie der Grunderkrankung oder entsprechender Substitution, z. B. mit Eisen oder Vitamin B12, reversibel sein. Nach Gabe hoher peroraler Dosen von p-Aminobenzoesäure und ebenso nach lokaler Applikation von Latanoprost bei Patienten mit Glaukom wurde eine Repigmentierung grauer Haare beobachtet (Tobin et al. 2000). Eine gewünschte Veränderung des Haarbildes kann u. a. durch die Beeinflussung von Farbe, Struktur und Form der Haare erzielt werden. Jedoch können diese exogenen Einwirkungen je nach Anwendungsart, Dauer und Frequenz zu strukturellen Haarschäden führen. Kosmetische Maßnahmen wie Haartönung oder Haarfärbung werden vielfältig durchgeführt, um die weißen oder ergrauten Haare zu überdecken. Für die Haarfärbung können im Allgemeinen pflanzliche, synthetische und Metallfarbstoffe verwendet werden. Metallfarbstoffe werden
17
häufig beim dunklen Haartyp verwendet oder auch zum Nachdunkeln ergrauter Haare. Hauptsächlich werden Azetate oder Sulfate von Blei, Silber, Kupfer, Kobalt, Mangan, Kadmium, Zink, Eisen, Nickel und Wismuth verwendet. Nachteile der Metallfarbstoffe sind Nachlassen des Haarglanzes, Brüchigwerden der Haare, teilweise Resorption toxischer Metalle (z. B. Blei, Kadmium). Bei manchen Anwendern wurden allergische Reaktionen auf p-Phenylendiamin und andere Inhaltsstoffe der Haarfärbemittel beobachtet.
17.5
Fazit für die Praxis
Der intrinsische, sog. chronologische Alterungsprozess von Haaren ist durch verschiedene physiologische und morphologische Veränderungen charakterisiert. Vorzeitige Alterserscheinungen können Zeichen zugrunde liegender metabolischer Störungen oder genetischer Syndrome sein, die man von physiologischen Veränderungen abgrenzen muss. Bei physiologischen Alterungsprozessen können entsprechende unterstützende Maßnahmen zu einer verbesserten kosmetischen Akzeptanz führen. Inwieweit eine topische oder systemische Therapie mit spezifischen Wirkstoffen die Seneszenz von Haaren vermindern kann, ist noch nicht hinreichend untersucht.
Weiterführende Literatur Ames BN, Atamna H, Killieala DW (2005) Mineral and vitamin deficiencies can accelerate the mitochondrial decay of aging. Mol Aspects Med 26:363-378 Blume-Peytavi U, Mandt N (2000), Hair shaft abnormalities. In: Hordinsky M, Sawaya M, Scher S (eds) Atlas of the hair and nails. Churchill Livingstone, Philadelphia, pp 105-119 Brosche T, Dressler S, Platt D (2001) Age-associated changes in integral cholesterol and cholesterol sulfate concentrations in human scalp hair and finger nail clippings. Aging (Milano) 13:131-138 Chiou YN, Blume-Peytavi U (2004) Stratum corneum maturation. A review of neonatal skin funktion. Skin Pharmacol Physiol 17: 57-66 Cohen PR, Scher RK (2000) Aging. In: Hordinsky M, Sawaya M, Scher S (eds) Atlas of the hair and nails. Churchill Livingstone, Philadelphia, pp 213-225 Commo S, Gaillard O, Bernard BA (2004) Human hair greying is linked to a specific depletion of hair follicle melanocytes affecting both the bulb and the outer root sheath. Br J Dermatol 150:435-443
250
Kapitel 17 · Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention
Emerit I, Filipe P, Freitas J, Vassey J (2004) Protective effect of superoxide dismutase against hair greying in a Mouse model. Photochem Photobiol 80:579-582 Faulkner C, Godbolt AM, Messenger AG, Jones SK (2003) Nonsynchronized segmented heterochromia in black scalp hair. Clin Exp Dermatol 28:280-282 Mandt N, Blume-Peytavi U (2004) Differentialdiagnose des Haarausfalls bei Kindern. J Deutsch Dermatol Ges 2: 399411 Mandt N, Blume-Peytavi U (2005) Alterung von Haaren und Nägeln. Hautarzt 56:340-346 Mogos T, Cheta D, Tanase I, Parcalaboiu L, Panus C (2002) The analysis of structural lipid of the hair of patients with angina pectoris. Rom J Intern Med 40:75-80 Myers RJ, Hamilton JB (1951) Regeneration and rate of growth of hairs in man. Ann N Y Acad Sci 53:562-568 Orfanos CE, Ruska H (1970) Das weiße Haar alternder Menschen. Arch Klin Exp Derm 236: 395-405 Pecoraro V, Astore JP (1991) Messungen des Haarwachstums unter physiologischen und pathologischen Bedingungen. In: Orfanos CE (Hrsg) Haar und Haarkrankheiten. Fischer, Stuttgart New York, S 205-237 Rebora A, Guarrera M (2002) Kenogen. A new phase of the hair cycle? Dermatology 205:108-110 Reece AS (2007) Hair graying in substance addiction. Arch Dermatol143(1):116-118 Rosen CJ, Holick MF, Millard PS (1994) Premature graying of hair is a risk marker for osteopenia. J Clin Endocrinol Metab 79:854-857 Serri F, Cerimele D (1991) Embryologie und Entwicklung des Haarfollikels. In: Orfanos CE (Hrsg) Haar und Haarkrankheiten. Fischer, Stuttgart New York, S 1-21 Steingrimsson E, Copeland NG, Jenkins NA (2005) Melanocyte stem cell maintenance and hair graying. Cell 121:9-12 Tobin DJ, Paus R (2001) Graying: gerontobiology of the hair follicle pigmentary unit. Exp Gerontol 36:29-54 Tobin DJ, Peters EM, Schallreuter KU (2000) Pigment disorders of the hair and nails. In: Hordinsky M, Sawaya M, Scher S (eds) Pigment disorders of the hair and nails. Churchill Livingstone, Philadelphia, pp 105-119 Trueb RM (2003) Neues und Bewährtes in der Therapie der Haarerkrankungen. Hautarzt 54:732-740
17
Anhang Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie mit Angabe der besonderen Expertise – 253 Magdalena Radulescu
Sachverzeichnis
– 261
Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie mit Angabe der besonderen Expertise Magdalena Radulescu
In der Zusammenstellung finden sich nur diejenigen Produkte der aufgeführten Firmen, die zur Hautverjüngung bzw. zur »skin-rejuvenation« eingesetzt werden.
Bei Herstellern außerhalb Deutschlands ist, soweit vorhanden, der direkte Vertriebskontakt für den deutschsprachigen Raum angegeben.
1. Botulinumtoxin A Unternehmen
Produkt(e)
Ipsen Pharma GmbH Einsteinstr. 30 D-76275 Ettlingen Tel.: +49 (0)7243 184-80 Fax: +49 (0)7243 184-39 E-Mail:
[email protected]
Dysport
Merz Pharmaceuticals GmbH Eckenheimer Landstr. 100 D-60318 Frankfurt am Main Tel.: +49 (0)69 1503 335 Fax: +49 (0)69 596 2150 E-Mail:
[email protected]
Xeomin
Pharm Allergan GmbH Pforzheimer Str. 160 D-76275 Ettlingen Tel.: +49 (0)7243 501-0 Fax: +49 (0)7243 501-100 E-Mail:
[email protected]
Botox, Vistabel
254
Anhang
2. Filler Unternehmen
Material
Produkt(e)
Adoderm GmbH Elisabeth-Selbert-Str. 5 D-40764 Langenfeld Tel.: +49 (0)2173 10191-80 Fax: +49 (0)2173 10191-82 E-Mail:
[email protected]
Hyaluronsäure
Varioderm
Nicht resorbierbare Copolymere
NovaSoft
Merz Pharmaceuticals GmbH Eckenheimer Landstr. 100 D-60318 Frankfurt am Main Tel.: +49 (0)69 1503 1 Fax: +49 (0)69 596 2150 E-Mail:
[email protected]
Hyaluronsäure
Belotero, Hyalsystem
Novamedical GmbH Elisabeth-Selbert-Str. 5 D-40764 Langenfeld Tel.: +49 (0)2173 3995-5 Fax: +49 (0)2173 3995-454 E-Mail:
[email protected]
Acrylhydrogelfragmente DermaLive in Hyaluronsäuregel
Pharm Allergan GmbH Pforzheimer Str. 160 D-76275 Ettlingen Tel.: +49 (0)7243 501-0 Fax: +49 (0)7243 501-100 E-Mail:
[email protected]
Kollagen
Zyderm, Zyplast
Hyaluronsäure
Hylaform, HydraFill
Polytech Silimed Europe GmbH Altheimer Str. 32 D-64807 Dieburg Tel.: +49 (0)6071 9863-0 Fax: +49 (0)6071 9863-30 E-Mail:
[email protected]
Polyacrylamid
Aquamid
Q-Med GmbH Berliner Ring 89 D-64625 Bensheim Tel.: +49 (0)6251 77079-0 Fax: +49 (0)6251 77079-11 E-Mail:
[email protected]
Hyaluronsäure
Restylane
255 Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie
Rofil Medro GmbH Waagenstr. 32 D-40229 Düsseldorf Tel.: +49 (0)211 221-866 Fax: +49 (0)211 221-867 E-Mail:
[email protected]
Hyaluronsäure
Reviderm intra, Rofilan
Hyaluronsäure + Lidocain
Zetavisc L Artecoll
Acrylat + Kollagen Beautical Biopolymer
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH Königsteiner Str. 10 D-65812 Bad Soden Tel.: +49 (0)69 305-83300 Fax: +49 (0)69 305-83777
Hyaluronsäure
Viscontour
Poly-L-Milchsäure
Sculptra
Unternehmen
Technologie
Produkt(e)
Artemedical GmbH Willibald-Alexis-Str. 39 D-10965 Berlin Tel.: +49 (0)30 69564-904 Fax: +49 (0)30 69564-905 www.artemedical.de
IPL
iPulse
LED
Omnilux
Candela Laser (Deutschland) GmbH Werner-Heisenberg-Str. 2 D-63263 Neu-Isenburg Tel.: +49 (0)6102 59985-0 Fax: +49 (0)6102 59985-17 www.candela.de
Laser
Alexandrit-Laser
3. Laser und Lichttechnologien
Diodenlaser Gepulster Farbstofflaser Nd:YAG-Laser
Cynosure GmbH Robert-Bosch-Str. 11a D-63225 Langen Tel.: +49 (0)6103 2011100 Fax: +49 (0)6103 2011111 www.cynosure.de
Laser (CAP-Technik)
LaserPoint AG Aspastr. 24 D-59394 Nordkirchen Tel.: +49 (0)2596 9722-0 Fax: +49 (0)2596 9722-22 E-Mail:
[email protected]
IPL
Affirm
Laser Nd:YAG-Laser
Dioden-Laser Laser Nd:YAG-Laser Kombination Nd:YAG + KTP-Laser
256
Anhang
3. Laser und Lichttechnologien Unternehmen
Technologie
Lumenis (Germany) GmbH Heinrich-Hertz-Str. 3 D-63303 Dreieich Tel.: +49 (0)6103 8335-0 Fax: +49 (0)6103 8335-300 E-Mail:
[email protected]
IPL
MedArt Rudendorfer Weg 39 D-96188 Stettfeld Tel.: +49 (0)9522 707222 Fax: +49 (0)9522 707210 E-Mail:
[email protected]
Laser
MedTech Solutions GmbH Benno-Strauss-Str. 5 D-90763 Fürth Tel.: +49 (0)911 28563-80 Fax: +49 (0)911 28563-88 E-Mail:
[email protected]
Fraktionierte Photothermolyse
Quantel Medical GmbH Hirtenstr. 12 D-46145 Oberhausen Tel.: +49 (0)208 9407290 Fax: +49 (0)208 9407291 E-Mail:
[email protected]
IPL
Produkt(e)
Nd:YAG-Laser Laser CO2-Laser
Diodenlaser KTP-Laser CO2-Laser Fraxel SR Laser
Diodenlaser Laser KTP-Laser Er:Glass-Laser
4. Mesotherapie Unternehmen
Produkt(e)
LaserPoint AG Aspastr. 24 D-59394 Nordkirchen Tel.: +49 (0)2596 9722-0 Fax: +49 (0)2596 9722-22 E-Mail:
[email protected]
Pistole
Mesomega
Rofil Medro GmbH Waagenstr. 32 D-40229 Düsseldorf Tel.: +49 (0)211 221866 Fax: +49 (0)211 221867 E-Mail:
[email protected]
Pistole
Mesoinjektor U 225
Hyaluronsäure
Zetavisc L
Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren
Cellulift
Verschiedenste Wirkstoffe zur Unterspritzung
257 Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie
5. Peeling Unternehmen
Wirkstoff(e)
Produkt(e)
Beautypool GmbH Steinsbüscher Hof 1 D-53604 Bad Honnef Tel.: +49 (0)2224 986780 Fax: +49 (0)2224 902162 E-Mail:
[email protected]
TCA 15%
Skin Tech Easy TCA Peeling
TCA 23%
Unideep Peel
Biodermic GmbH Steinstr. 83 D-35390 Gießen Tel.: +49 (0)641 944340 Fax: +49 (0)641 9443429 www.biodermic.com
Fruchtsäure 30–70%
Dermokosmetik Synchrolyne Konrad-Adenauer-Str. 103 D-57572 Niederfischbach Tel.: +49 (0)2734 571026 Fax: +49 (0)2734 571028 E-Mail:
[email protected]
Milchsäure + TCA
Enerpeel EL
Brenztraubensäure
Enerpeel PA
Dermosan Medizinische Kosmetik Rothenmühlgasse 30 A-1120 Wien Tel.: +43-1-811-82263 Fax: +43-1-811-82260 E-Mail:
[email protected]
Fruchtsäure
NeoStrata Skin Rejuvenation System
LaserPoint AG Aspastr. 24 D-59394 Nordkirchen Tel.: +49 (0)2596 9722-0 Fax: +49 (0)2596 9722-22 E-Mail:
[email protected]
Fruchtsäure, Glykolsäure, Salicylsäure
Bioface
P&M Cosmetics GmbH & Co. KG Orkotten 62 D-48291 Telgte Tel.: +49 (0)2504 9332-300 Fax: +49 (0)2504 9332-430 Mail:
[email protected]
Glykolsäure + Salicylsäure
Dermasence Peel No. 2 Dermasence Peel No. 2 deep
258
Anhang
6. Vitamin A und Derivate Unternehmen
Wirkstoff(e)
Produkt(e)
Beiersdorf AG www.eucerin.de (Vertrieb über Apotheken)
Retinylpalmitat
Eucerin Vital Active Tag
Retinol
Eucerin Vital-Retinol
Danish Laboratories GbR Nördliche Münchner Str. 2a D-82031 Grünwald Tel.: +49 (0)8970 058766 Fax: +49 (0)8970 058705 E-Mail:
[email protected]
Wasserlösliches Retinylpalmitat
Convita
Dermokosmetik Synchrolyne Konrad-Adenauer-Str. 103 D-57572 Niederfischbach Tel.: +49 (0)2734 571026 Fax: +49 (0)2734 571028 E-Mail:
[email protected]
Retinol + Vitamin E
Synchrovit
Dermosan Medizinische Kosmetik Rothenmühlgasse 30 A-1120 Wien Tel.: +43-1-811-82263 Fax: +43-1-811-82260 E-Mail:
[email protected]
Retinylacetat Vitamine A, C, E + Lactobionic Acid
NeoStrata Renewal Cream
Johnson&Johnson www.jnjgermany.de (Vertrieb über Apotheken)
Retinol + Mineralwirkstoffe
RoC RetinOx
P&M Cosmetics GmbH & Co. KG Orkotten 62 D-48291 Telgte Tel.: +49 (0)2504 9332-300 Fax: +49 (0)2504 9332-430 Mail:
[email protected]
Retinylpalmitat, Vitamin C + E
Dermasence External Complex
Pierre Fabre Dermokosmetik GmbH Jechtinger Str. 13 D-79111 Freiburg Tel.: +49 (0)761 452610 Fax: +49 (0)761 4526166 E-Mail:
[email protected]
Retinaldehyd
Ystheal+
NeoStrata Bionic Face Serum
259 Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie
7. Vitamine C + E Unternehmen
Wirkstoff(e)
Produkt(e)
Beiersdorf AG www.eucerin.de (Vertrieb über Apotheken)
Vitamine C + E
Structura C plus E
Cosmetic Active Deutschland GmbH Geschäftsbereich La Roche-Posay Vichystr. 9 D-76646 Bruchsal Tel.: +49 (0)7251 719900 Fax: +49 (0)7251 719300 E-Mail:
[email protected]
Vitamin C 5%
Active C, Redermic
Dermokosmetik Synchrolyne Konrad-Adenauer-Str. 103 D-57572 Niederfischbach Tel.: +49 (0)2734 571026 Fax: +49 (0)2734 571028 E-Mail:
[email protected]
Retinol + Vitamin E
Synchrovit
Dermosan Medizinische Kosmetik Rothenmühlgasse 30 A-1120 Wien Tel.: +43-1-811-82263 Fax: +43-1-811-82260 E-Mail:
[email protected]
Vitamin C 5‒20%
SkinCeuticals
Vitamine A, C, E + Lactobionic Acid
NeoStrata Bionic Face Serum
P&M Cosmetics GmbH & Co. KG Orkotten 62 D-48291 Telgte Tel.: +49 (0)2504 9332-300 Fax: +49 (0)2504 9332-430 Mail:
[email protected]
Retinylpalmitat + Vitamine C + E
Dermasence External Complex
261
A–C
Sachverzeichnis A abdeckende Kosmetik 209 Ablative fractional resurfacing 127 Acetylcholinvesikel 76 Acetylsalicylsäure 185 Adrenopause 38 After-Sun-Strategie 239 Agglomeration 230 Aknenarbe 69, 116 aktinische Keratose 8, 9, 69, 121, 123 aktinische Porokeratos 169 aktive kosmetische Inhaltsstoffe 229 ALA-PDT 121 Alabaster skin 107 Alkoholabusus 245 Alopecia areata 245 Altenheim 213 Altenquotient 7 Aminophyllin 153, 164 androgenetische Alopezie 242, 248 androide Adipositas 43 Andropause 38 Angina-pectoris-Anfall 248 Angiopoietine 26 anorganisches Mikropigment 230 Antiaging 37 AOK Krankenkasse 213 AP-1 234, 235 Äpfel 235 Aquamid 135 Aramis-Erbium:Glass-Lasersystem 117 Argon 110 Artecoll 134, 135 Artefill 134, 135 Arteplast 135 Arylhydrocarbon-(Ah-)Rezeptor 239
Asiaticoside 173 Aspirin 145 asteatotischer Dermatitis 9 Atmungskette 13, 16 Atrophie blanche 169 Augenbrauenverlauf 80 Augmentation 183 Aurora SR System 130 Ayurvedische Kräuter 236 Azelainsäure 63
B Bagatelltrauma 18 Ballsaison-Make-up 205 Barrierefunktion der Haut 51 Basalzellkarzinom 121 basophile Degeneration 21, 22 benigne symmetrische Lipomatose 173 Benzoesäure 185 Benzophenone 231 Besenreiser 169, 170, 215 Betain 237 Bevölkerungswachstum 4 BfArM 43 Bio-Alcamid 135 biologische Uhr 13 Biotin 248 Biotinmangel 243, 244 bipolare radiofrequenzinduzierte Thermotherapie 171 Blasenbildung 119 Blepharoplastik 214 Blue Lagoon 240 Bohnen 235 Böök-Syndrom 245 Borretschöl 226 Botox-Injektion 10 Botulinumtoxin 183, 184 Botulinumtoxin-A-Pass 97 Braunalge (Fucus vesiculosus) 173
Brazilian Waxing 174 Broccoli 235 Bronzing 127 Brustkrebs 41 Brustkrebsrisiko 42 Bubble hairs 243 Buffalo Hump 159 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 42 Butyl-Methoxydibenzoylmethan 231
C C-jun-amino-terminale Kinase 16 Camellia sinensis 233 Canities praecox 245 (+)-Catechin 234 Chemical Peeling 106, 193 chemisches Filtermolekül 230 chemische Schälbehandlung 183, 184 chronische Erkrankung 3 Cicatrix stellatum 20 Cimifuga racemosa 41 Climactericum virile 52 Coffein 164 Colorimetrie 193 Controlling 212 CoolTouch-Lasersystem 116 Corneometer 194 Corneometrie 193 Corporate Identity, 206 Couperose 111 CPM-Technologie 143 CRM 143, 144 Cross-over-Design 222 Cutis rhomboidalis nuchae (Landmannshaut) 19, 20 Cutometrie 193 Cyclooxigenase 224 Cytochrom p45 15
262
Sachverzeichnis
D 7-Dehydrocholesterol 31 Demographischer Wandel 3, 5 Dennie-Morgan-Falte 83 Dermabrasion 63, 70, 102, 104, 106, 107, 110, 184 Dermashaving 109, 110 Dermatitis 9 – solaris 72 Dermatoliposklerose 169 Dermatomyositis 159, 160 dermoepidermale Junktionszone 18 DHEA 248 Diabetes 9 Diät 220 Diodenlaser 110 Diplom Kosmetikerin 205 disseminierte Porokeratose 169 DNS-Reparaturenzym 25 DNS-Reparaturkapazität 10 dog ears 153, 158 Doppelstrangbruchreparatur 15 Dopplersonographie 170 Down-time 108, 113, 131, 152 Drogenabusus 245 Drosophila melanogaster 14 DSS-Methode 170 Duplexsonographie 170 dynamische Kühlung 114 Dyspigmentierung 181
E easy-agarose 136 Ectoine 238 Eicosapentaensäure 223 eigene Handelsmarke 209 Eisen 249 Elastin 24, 26 Elastose 181 Electro-optical synergy 131 elektrisches Bodystyling 151 Elektroepilation 175
Elektrolipolyse 151 ELOS-System 131 EMLA-Applikation 116 Endermologie 173 Endivien 235 endovasale Lasertherapie 171 endovasale Radiowellentherapie 171 (-)-Epicatechin (EC) 234 (-)-Epicatechin Gallat (ECG) 234 (-)-Epigallocatechin (EGC) 234 (-)-Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG) 234 epidermaler Wachstumsfaktor 16 epidermale Turnover-Rate 18 Epidermolyse 66, 69 Ernährungswissenschaftler 220 erythropoetischer Protoporphyrie 236 Erythrosis interfollicularis colli 20 Essensis 225 Estrogen-Gestagen-Kombination 42 Estrogen Replacement Therapy (ERT) 43 ethisches Produkt 211 Ethylhexyl-Methoxycinnamat 231 Eumelanin 175, 180 Evolence breeze 140 ewige Schönheit 10 Extrakt aus Traubensamen 233 Extrinsisch 17 – Alterung 14, 16, 21 – Hautalterung 19, 20 – Altern 8
F Facelift 88, 93 Faceliftchirurgie 86 Facelifting 92 Facialisparese 82 Farbstofflaser 110 Favre-Racouchot-Syndrom 20 Faziale Augmentatio 144
Fe-Chelatoren 233 Fenton-Reaktion 15 Fettabsaugung 151, 157 Fettembolie 152 Fibrom 109 Filaggrin 18 Fischöl 224 Flaumhaar 241 Flavin 31 Flavolignane 235 5-Fluorouracil 69 Flushsymptomatik 40 Fraxel 127, 128 – -System 128 – -Verfahren 103 – SR Laser 126 free radical theory of aging 14 freies Radikal 10 Fremdkörperreaktion 135 Frost 66 Frosting 67 Frucht 235 Fruchtsäure 68 funktionelle Nahrungsmittel 220, 226
G (+)-Gallocatechin 234 Gebärmutterhalskrebs 41 Geburtenrate 3 Geburtenrückgang 5, 7 Geburtsrate 5 Gelacet 248 Genchipdiagnose 42 Genmutation 15 GentleWaves LED Photomodulation System 120 Gesundheitskosten 7 Gesundheitssystem 3 Ginkgo biloba 233 Ginseng 153 Glandula pinealis 44 α-Glukosylrutin 233 Glutathion 15 Glutathion-S-Transferase 185
263 Sachverzeichnis
Glutathion-S-Transferase-1-Genotyp 185 Glykierung 139 Glykosaminoglykan 70 Glymatrix-Technologie 139 Grüner Tee 233, 234 Grundsubstanz 39 Grundumsatz 14 Grünteepolyphenole 226
H H-Scan 38 Haarausfall 40 Haarreduktion 131 Haarschaftdicke 243 Haartinktur 40 Haarwachstumsgeschwindigkeit 242 HaCat-Zellen 13 Hahnenkamm 143 Halawa 174 Halofile Bakterie 238 Hämoglobin 110, 114, 115, 117, 118, 129 Hämosiderin 169 Hautalterung an den Handrücken 128 Hautalterungsprofil 194 Hautkrebs 3, 8, 9, 11 Hauttonisierung 115 Hauttumor 26 Hautultraschalluntersuchung 193 Hayflick-Experiment 13 Heparin 145 Hirsutismus 43 Hitzeschockprotein 27 35 Hitzeschockprotein 70 35 Hormonsubstitutionstherapie 38 Hyaluronidase 141 Hydrochinon 63, 69, 184, 185 Hydrogel Aquamid 135 Hydroxylradikal 45 Hydroxyzitronensäure 173
Hyperhidrose 49, 76, 78 Hyperpigmentierung 181 Hypertonie 43 Hypertrophe Narbe 117 Hypogonadismus 51–53 Hypohidrose 49 Hypomelanosis guttata idiopathica 168 Hypophysentumor 158 Hypothyreose 243
I Idebenol 237 IGEL-Leistung 198, 199 IL-6 115 infradian 13 Infrarot-A-Protektion 232 Infrarot-A-Strahlung 23, 237 Infrarotstrahlung 32, 33, 232 Intense pulsed light 111 Intensivpflege 209 interstitielle Myositis 160 Interventionsstudie 222 intrinsische Alterung 14, 17–19 intrinsische Hautalterung 20, 21 intrinsisches Altern 8 intrinsisch gealterte Haut 18 Isolagen 139 Isosilybin 235
kationisches Polymer 248 Kearns-Sayre-Syndrom 30 Keloide 93 Kenogenphase 242, 243 Keratinbildung 242 Kirsche 235 klimakterische (vasovegetative) Beschwerden 39, 43 Klimakterium 38, 41, 43, 49 Klinefelter Syndrom 158 Kneipp-Verein, 213 Knotenbildung 134 Koffein 153, 185 koffeinhaltige Externa 173 Kojisäure 63 Kollagen 24 Kollagenosen 160 Kompressionsstrumpf 170, 172 konfokale Laserscanmikroskopie 193 konjugiertes Östrogen 41 Kontaktkühlung 114 Korneozytenadhäsion 69, 70 kosmetische Dermatologie 3 Krypton 110 KTP 110 KTP-Laser 111, 170 Kulleraug 82 Kupfer-Zink-Superoxiddismutas 28
L J juvenile Warze 73
K Kaltwachs 174 Kaposi-Sarkom 26 β-Karotin 223–236 Katalase 15, 28 Kataldasedexpression 28
D–L
Lactobazille 225 Lactobazillus 226 Landmannshaut 19 Lanugohaar 241 Laresse 136 Laser-Peeling 104, 107 Laserhaarentfernung 183 Lasertherapie 184 Latanoprost 249 Lebenserwartung 3–5, 7 Lebensqualität 7 Lebensspanne 13 Lebenszeitverlängerung 14
264
Sachverzeichnis
leere Haarfollikel 242, 243 Lentigines 119, 181 – senilis 8 – solaris 8, 168 Lentigo senilis 18 Levulan Kerastick 123, 124 Lichtalterung 14, 23, 27, 220 lichtgealterte Haut 27 Lichtschutzfaktor 232 Lichtschutzpräparat 107 Lichtschwiele 19, 223 Lidptosis 82 Lifestylemedikation 48 light emitting diodes 118 Liodocain 164 Lipatrophie 137, 147 Lipidoxigenase 224 Lipödems 172 Lipofilling 94 Lipomastien 158 Lipomatose 172 Lipomatosis dolorosa 173 Lipoplastik 151 Liporecycling 145 Liposuktion 86, 94, 144, 172, 173, 210, 214 Lippenangiom 111 Lippenaugmentation 184 – mit Sculptra 138 lichtinduzierte Hautalterung 24 Low-dose-PDT 125 Lutein 236 Lycopen 225, 236 Lysyloxidase 139
M Mammographie 42 Manganese-Superoxiddismutase 28 Matrixmetalloproteinase-1 25 Matrixmetalloproteinase-2 25 Matrixmetalloproteinase-9 35 Matrixmetalloproteinasen (MMP) 16, 24 Matting 170
Melanin 114–117, 127, 129, 176, 179, 244 Melaningehalt 21 Melanogenese 223 Melanom 9, 26 Melanopause 38 Melanosomen 179, 180, 244 Melanozyten 180, 184, 244 Melasma 41, 69, 127, 128 Melatonin 248 Melatoninrezeptor 44 MEND 127 – -Shuttle 127 Menopause 38, 39, 52 Mesotherapie 152, 153, 164 Metallfarbstoff 249 4-Methylbenzyliden-Camphor 231 Metvix 123, 125 – Creme 121 Mexoryl SX 231 Mexoryl XL 231 microscopic treatment zone 126 Miederhose 172 Mikrodermabrasion 183 Milien 69 mineralisches Deckpigment 230 minimale Erythemdosis 184, 223 Miniphlebektomie 171 Minoxidil 248 Mismatch-Reparatur 15 Mito-Q 237 mitochondriale (mt)DNS 15 mitochondriale DNS 29 mitochondriale DNS-Alteration 245 mitochondriale DNS-Mutation 28, 29, 236, 238 mitochondriale DNS 19 mitochondriale Theorie des Alterns 16 Mitochondrien 15, 118, 122 mitogen aktiviertes Protein (MAP) 16 MMP-1 22 MMP-3 22 molekularer Mechanismus 32 monopolare Radiofrequenztherapie 173
Morbus Alzheimer 41 Morbus Bowen 121 Morbus Dercum 158 Morbus Favre-Racouchot 106 Morbus Madelung 158 Morbus Werlhof 159 Myoinositol 237, 238 Myxödem 49
N Nachtpflege 209 Nahrungsergänzung 38, 209 Nahrungsergänzungsmittel 226 Nahrungsmittelinhaltsstoff 220 Neoangiogenese 26 Neoheliopan AP 231 neuroendokrine Theorie des Alterns 37 Neutralisation 64 NFkB 235 nichtmelanomer Hautkrebs 9 nichtmelanozytärer Hautkrebs 10 Nierenschädigung 72 NLite 118, 119 nonablative skin remodelling 109 +Norethisteronacetat 42 nukleäre DNS-Alteration 245 Nukleotid-Exzisions-Reparatur 15 Nuss 235
O Obagi blue peel 67 Octocrylen 231 Off-label-Indikation 78 Off label use 172 Omnilux-plus-LED-System 120 Omnilux-revive-LED-System 120 Onychomykose 9 Oolong-Tee 234 Open-eye look 83 Ortsverband 213 Osmolytstrategie 237
265 Sachverzeichnis
Osmolyttransportsysteme 237 osmotischer Stress 237 Osteopenie 246 Osteoporose 38– 40, 43, 49 Osteosarkom 49 Östradiol 41, 42 Östradiolvalerat 41 Östriol 41, 43 Östrogenrezeptor 39 Östrogensalb 41 OTC-(Over-the-Counter-)Produkt 211 oxidative Phosphorylierung 28 Oxyhämoglobin 110, 176 Ozon 32, 34
P 6 wichtige P’s 62 p-Aminobenzoesäure 249 p53 70 p53-Mutation 245 PABA-Derivat 230 PADAM 49 Pampelmuse 235 Pantovigar 248 Parsol SLX 231 Pathomechanismus 28 Patientencompliance 191 Peels 214 Pemphigus vulgaris 159 perforierende Kollagenose 127 Perimenopause 49 Petersilie 235 pflanzliches Östrogen 41 pH-Wert der Haut 193 Phenol 185 Pheomelanin 175 photodermatologische Prävention 193 photodynamic photorejuvenation 103, 121 photodynamische Photorejuvenation 123 Photoepilation 175 Photolyase 25, 239
photolyasehaltige Liposome 239 Photomodulation 118 Photoreaktivierung 239 Photorejuvenation 102, 104, 109, 113, 114, 117 Photostabilität 230 physikalisches Filtermolekül 230 Phytoalexin 235 Pili incarnati 174 Pili recurvati 174 Pinselvene 170 Plattenepithelkarzinom 26 platysmal banding 87 Polidocanol 170 polymorphe Lichtdermatose 233, 238 Polyphenole 225 Porphyrine 31, 118 Prävention 10 präventive Medizin 37 Präventivmaßnahme 8 primäre Photoprotektion 230 primäre Schutzstrategie 229 Priorin 248 Profilorimetrie 193 Progerie 245 Prostatakarzinom 43, 54 Proteasom 28 Proteasompeptidase 28 Proteinoxidation 27, 28 Protoporphyrin IX 121 Pruritus 9 – senilis 18 Pseudogynäkomastien 158 Psoriasis 26 Ptosis 81 Purpura senilis 18 PUVA-Therapie 121
R Radiance FN 136 Radiesse 136 reaktive Sauerstoffspezie 32 5-α-Reduktase-Hemmer 52 Reibetest 243
L–S
Reinigungspflege 209 Reithosenplastik 172 Rejuvenation 101 reproduktive Phase 15 Resorzin 185 Retinoide 63, 224, 234 retrograder Signalprozess 237 Rezeptoren 141 RHAMM 141 Rhinophym 110, 116 Rosazea 114, 119 Rothmund-Thomson-Syndrom 245 Rötung 117, 119 Rotwein 233, 235
S Salicylismus 185 Sauerstoffradikal 14 Schälbehandlung 62 Schaumverödung 170, 171 Schwarzer Tee 233, 234 Schwebstäube 35 Sculptra 137 seborrhoische Dermatitis 9 seborrhoische Keratose 181 Sebumeter 194 Sebumetrie 193 Selbstzahlerbereich 48 selektive Photothermolyse 104 selektive Radiothermolyse 131 Sellerie 235 seniles Angiom 111 senile Talgdrüsenhyperplasie 109, 110 Serotonin 45 Sialoglykoprotein 76 Silcristin 235 Silicon 1000 135 Silicon 5000 135 Silikon 248 Silikonome 135 Silybin 235 Silydianin 235 Silyum marianum 235 Single-Pass-Technik 106
266
Sachverzeichnis
Singulett-Sauerstoff 15, 19, 25, 121, 122, 225, 236 Sklerodermie 159 sleep lines 89 smoothbeam-Diodenlaser 116 SNAP-25 76 Snap-Test 83 Soja 41 Sojaallergie 160 solare Elastose 21, 22 Solarium 17 Somatopause 38, 46, 48 Sonnenbrand 223, 224 Sonnenbrandreaktion 234 Sonnenbrandzelle 234, 235, 238 Sonnenschutzmittel 226 Sonnenstudio 23 Spannkraft 39 Speziesfortpflanzung 15 SPFs 232 spock-sign 81, 97 Sprouting 77 statische Kühlung 114 steam bubble formation 171 Sterblichkeitsrate 5 Stiernacken 159 Streptococcus equi 143 Stromylesin-1 22 Stukkokeratosen 168 subkutanes (Fett)gewebe 184 subkutanes Fettgewebe 18 Subsurfacing 104, 109 Sugillation 18 superfizielle Porokeratose 169 Superoxiddismutase 249 Supplement 220 Supplementierung 225 supraorbicular orbital fat pad 158 Syringome 109, 110 systemische Lupus erythematodes 159
T Tabak 32 Tabakrauch 23, 32
Tagespflege 209 Talgdrüsenhyperplasien 110, 116 Taurin 237, 238 – -Transporter 237 Tee 235 Teleangiektasie 69, 111, 117, 119, 123 Teratogenität 73 Terminalhaar 241 Terpen 68 Testosteronmangel 51 Testosteronsubstitution 51 Tewameter 194 TGFβ 115 Theaflavin 234 Thearubigin 234 ThermaCool TC 130 – System 129 Thermage 173 – -verfahren 86 Thioglykolsäure 174 Thrombospondin-1 26 Thrombospondin 26 Tiefenwärme 151 TIMP 16 Tinosorb M 231 Tinosorb S 231 Titanoxid 230 TNFα 115 α-Tocopherol 233 Tocopherol 233, 236 Tomate 235 Tomatenpaste 236 Tränensack 152, 158 transepidermaler Wasserverlust 67, 193 Transkriptionsfaktor AP-1 25 Tretinoin 23, 184 Trichoptilosis 243, 244 Trichorrhexis nodosa acquisita 243, 244 Trichoschisis 243 Tumenescentanästhesie 145, 152, 171, 172 Typ-2-Diabetes 43 Tyrosinase 244 – -related-Protein-1 244
U über 80-Jährige 4 über 90-Jährige 5 ultradian 13 Ultraviolettes (UV) Licht 19 Ultraviolette Strahlung 23, 26 Urocaninsäure 31, 32 UV-A 19 – -Bereich 24 – -Strahlung 24 UV-B 19 – -induzierte 24 – -Strahlung 24 UV-induziert 24 UV-Strahlung 3, 26 Uvasorb HEB 231 Uvinul A Plus 231
V Vapozon 207 Varaday-Haken 171 vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor (VEGF) 26 Vbeam 118 Vellushaar 241 Venusring 88 Verrucae seborrhoicae 18 Vitamin – -C-Derivat 233 – E 224 – A 248 – B12 249 – C 224 – E 226 Vitiligo 245
W Wachstumsfaktor 26 Wachstumshormon (GH 248 Waist-Hip-Ratio 167, 172
267 Sachverzeichnis
Warmwachs 174 Wasserbindungskapazität 133 Weathering 243 Wechseljahresbeschwerden 41 weiche Nävi 109 Wein 235 Weintrauben 235 Weißeln 230 Weißtee 233 Werbeforum 213
X Xanthelasmata 109, 110, 152 Xerosis 9 – cutis 18
Y Yohimbin 153
Z Z-Plastik 94 Zinkmangel 243, 244 Zinkoxid 230 Zinksäureester 230 zirkadianer Rhythmus 13 zirkumskripten Sklerodermie 121 Zwiebel 235 Zyklobutanpyrimidindimer 25, 238, 239 Zytochrom 118
S–Z