Heimliche Märchen Ausgewählt und übersetzt von Thomas Reschke
Verlag Volk und Welt Berlin
Aus dem Russischen
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Heimliche Märchen Ausgewählt und übersetzt von Thomas Reschke
Verlag Volk und Welt Berlin
Aus dem Russischen
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ISBN 3-353-00239-1 4. Auflage 1989 © Verlag Volk und Welt, Berlin 1983 (deutschsprachige Ausgabe) L. N. 302,410/165/89 Printed in the German Democratic Republic Alle Rechte vorbehalten Redakteur: Alfred Frank Einbandentwurf: Horst Hussel Satz, Druck und Einband: Offizin Andersen Nexö, Graphischer Großbetrieb, Leipzig III/18/38 LSV 7208 Bestell-Nr. 648 163 9 04500
Vorwort ........................................................... 7 1 Der Hase und die Füchsin ................................ 9 2 Der Bär und die Frau......................................12 3 Der Hechtkopf ...............................................14 4 Die furchtsame Braut .....................................18 5 Die findige Hausfrau.......................................23 6 Nein ............................................................25 7 Der Bauer und der Teufel................................27 8 Der Bauer bei der Weiberarbeit........................29 9 Die Frau des Blinden ......................................33 10 Die Antwort des Erzbischofs ..........................35 11 Die Aussaat der Schwänze ............................37 12 Der Zauberring ............................................42 13 Die erregte Edelfrau .....................................50 14 Die beiden Ehefrauen ...................................53 15 Die schamhafte Edelfrau ...............................55 16 Wie der Pope ein Kalb gebar ..........................57 17 Pope, Popenfrau, Popentochter und Knecht......61 18 Das Ferkel ..................................................65 19 Der Pope und der Bauer................................67 20 Schieb Wärme hinein....................................71 21 Die Bestattung des Rüden .............................74 22 Der Richterspruch über die Kühe ....................77 23 Der habgierige Pope .....................................82 24 Lachen und Leid ..........................................85 25 Die Wundersalbe..........................................90 26 Der Soldat ..................................................94 27 Das Wunderpfeifchen....................................98 28 Der desertierte Soldat ................................ 102 29 Der Soldat und der Pope ............................. 103 30 Die schwatzhafte Ehefrau ............................ 105 31 Der Pope wiehert wie ein Hengst .................. 107
32 33 34 35 36 37
Das pfiffige Weib........................................ 112 Nikolaus vom hohlen Baum ......................... 114 Zwei Brüder auf Freiersfüßen....................... 117 Die kopflose Braut...................................... 124 Der gutmütige Pope ................................... 130 Die Kaufmannsfrau und der Ladengehilfe ...... 132
Vorwort Die Ausgabe unserer Heimlichen Märchen (Завътныя сказки) ist nachgerade eine einzigartige Erscheinung. Ebendarum könnte sie mancherlei Vorwürfe und Schmähungen auslösen, nicht nur gegen den dreisten Verleger, sondern auch gegen das russische Volk, das diese Märchen hervorgebracht hat, in denen die Phantasie des Volkes in farbenfrohen Bildern und ohne die geringste Scheu bei der Wahl der Ausdrücke ihre Kraft und ihren reichen Humor entfaltete. Mögliche Vorwürfe an unsere Adresse können wir außer acht lassen, doch sollte gesagt werden, daß jedwede Beschimpfung des Volkes nicht nur eine Ungerechtigkeit wäre, sondern auch Ausdruck totaler Unwissenheit, die immer Bestandteil der Prüderie ist. Unsere Heimlichen Märchen sind besonders deshalb so einzigartig, weil wir keine andere Sammlung kennen, in der so wie hier die unverfälschte Volkssprache, der Geist und Witz des einfachen Volkes gleich einem lebendigen Quell sprudelten. In den Literaturen anderer Völker finden wir viele solche Heimlichen Erzählungen, sie sind uns auch in dieser Beziehung lange zuvorgekommen. Wenn nicht in Form von Märchen, so doch in Form von Liedern, Dialogen, Novellen, farces, sottises, moralités, dictons u. ä. besitzen sie zahlreiche Werke, in welchen der Geist des Volkes, ebenfalls ohne Scheu bei der Wahl der Bilder und Ausdrükke, verschiedene Erscheinungen des Lebens sati7
risch aufgriff und der Lächerlichkeit preisgab. Wer könnte bezweifeln, daß die spielerischen Erzählungen von Boccaccio aus dem Volksleben geschöpft sind, daß die zahllosen französischen Novellen und facéties des 15. 16. und 17. Jahrhunderts derselben Quelle entstammen; daß die satirischen Werke der Spanier, die Spottlieder und Schmähschriften der Deutschen, diese Unmasse von Pasquillen und diversen Flugschriften in allen Sprachen, die zu den verschiedensten Anlässen im privaten und öffentlichen Leben erschienen, daß all das Werke des Volkes sind? Der erotische Inhalt der Heimlichen russischen Märchen spricht weder für noch gegen die Sittlichkeit des russischen Volkes, er weist lediglich auf jene Seite des Lebens hin, die Humor, Satire und Ironie wie nirgends sonst zur Entfaltung kommen läßt. Unsere Märchen werden in derselben kunstlosen Form dargeboten, in der sie vom Volksmund hervorgebracht und nach den Worten der Märchenerzähler aufgeschrieben wurden. Ebendas ist ihre Besonderheit. Nichts wurde angetastet, nichts gefärbt, nichts hinzugesetzt… (Aus dem Vorwort von A.N. Afanassjew 18261871)
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1 Der Hase und die Füchsin Der Frühling war gekommen, und des Hasen Blut schäumte auf. Zwar war er noch nicht recht bei Kräften, doch konnte er geschwind laufen und war überhaupt jugendlich flink. Er ging durch den Wald und gedachte die Füchsin zu besuchen. Wie er sich ihrem Häuschen näherte, saß die Füchsin eben auf dem Ofen, ihre Kinder aber spielten unterm Fenster. Sie sah den Hasen und befahl den Sprößlingen: „Ihr Kinder, wenn Meister Lampe nach mir fragt, so sagt ihm, ich bin nicht zu Hause. Den schleppt der Teufel her! Ich bin dem Spitzbuben seit langem gram; vielleicht kann ich ihn diesmal erwischen.“ Und sie versteckte sich. Der Hase kam zum Häuschen und pochte. „Wer ist da?“ fragten die Fuchskinder. „Ich“, sagte der Hase, „guten Tag, liebe Fuchskinder! Ist eure Mutter zu Hause?“ – „Nein, sie ist nicht zu Hause!“ – „Schade! Ich hätte sie gern gefickt, aber sie hat sich gedrückt!“ sagte Meister Lampe und lief zum Wäldchen. Die Füchsin hatte alles gehört und sprach: „Ach, dieser Hundesohn, dieser scheeläugige Satan! So ein unverschämter Kerl! Na warte, ich werde dir den Marsch blasen!“ Sie stieg vom Ofen und legte sich hinter der Tür auf die Lauer, ob der Hase nicht wiederkäme. Und siehe da, wirklich kam er auf der alten Spur daher und fragte die Fuchskinder: „Guten Tag, ihr Fuchskinder!
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Ist eure Mutter zu Hause?“ – „Nein, sie ist nicht zu Hause!“ – „Schade“, sagte der Hase, „ich hätte sie schon nach meiner Art gestoßen!“ Plötzlich sprang die Füchsin hervor. „Guten Tag, mein Schätzchen!“ Da war dem Hasen nicht mehr nach Ficken zumute, er rannte spornstreichs davon, daß ihm der Atem in den Nasenlöchern steckenblieb und die Bohnen nur so aus dem Arsch prasselten. Die Füchsin immer hinterdrein. „Nein, du scheeläugiger Satan, du entwischst mir nicht!“ Gleich, gleich würde sie ihn eingeholt haben! Der Hase machte einen Satz und sprang zwischen zwei zusammengewachsenen Birken hindurch; die Füchsin wollte ihm nach, doch sie blieb stecken und konnte nicht vor noch zurück! Wie sie auch zappelte, sie kam nicht heraus. Meister Lampe drehte sich um und sah, daß die Gelegenheit günstig war, da lief er von hinten hinzu, fickte drauflos und sprach dazu: „So wird das bei uns gemacht! So wird das bei uns gemacht!“ Er bearbeitete sie tüchtig und lief dann weiter. Nahe der Straße brannte ein Bauer Kohlen in seiner Grube. Der Hase lief schleunigst hin, wälzte sich in Staub und Ruß und sah nun aus wie ein schwarzer Mönch. Er ging wieder zur Straße, setzte sich hin und ließ die Ohren hängen. Inzwischen hatte sich die Füchsin freigerappelt und lief nun, den Hasen zu suchen. Sie sah ihn und hielt ihn für einen Mönch. „Guten Tag, frommer Vater!“ sagte sie. „Hast du nicht einen scheeläugigen Hasen gesehen?“ – „Welchen? Der dich vorhin gefickt hat?“ Die Füchsin errötete vor Scham und lief nach Hause. „Ach, dieser Halunke! Schon hat er’s 10
in den Klöstern herumgeschwatzt!“ Wie schlau die Füchsin auch war, der Hase hatte sie doch vernascht!
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2 Der Bär und die Frau Eine Frau pflügte ihr Feld; der Bär sah sie und dachte bei sich: Ich habe noch nie mit einer Frau gebalgt. Ob sie wohl stärker ist als ein Mann? Männer habe ich schon oft niedergerungen, doch mit Frauen hatte ich noch nie zu tun. So trat er zu der Frau und sprach: „Laß uns ringen!“ – „Aber Meister Petz, und wenn du mir was zerreißt?“ – „Nun, wenn ich dir was zerreiße, dann bringe ich dir einen Bienenstock voll Honig.“ – „Gut denn!“ Der Bär nahm die Frau in seine Tatzen und warf sie zu Boden, da hob sie die Beine in die Höhe, griff sich an die Pflaume und sprach: „Was hast du getan? Wie soll ich mich jetzt zu Hause zeigen, was soll ich meinem Mann sagen?“ Der Bär schaute hin, sah das riesengroße Loch, das er gerissen, und wußte nicht, was tun. Plötzlich kam ein Hase vorbeigelaufen. „Gemach, Meister Lampe!“ rief der Bär ihm zu. „Komm her!“ Der Hase hoppelte herbei. Der Bär packte die Frau an den Pflaumenrändern, drückte sie zusammen und befahl Meister Lampe, sie mit seinen Pfoten festzuhalten, er selbst lief in den Wald und schälte ein Bündel Weidenbast, kaum zu schleppen, um der Frau das Loch zuzunähen. Er brachte das Bündel herbei und warf es krachend zu Boden; da ließ die Frau vor lauter Schreck einen Furz fahren, so daß der Hase zwei Arschin hoch in die Luft sprang. „He, Meister Petz! Nun ist es wieder aufgeplatzt!“ – „Na, dann 12
wird sie wohl ganz und gar platzen!“ sagte der Bär und stürzte in wilder Flucht davon, und weg war er!
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3 Der Hechtkopf Es waren einmal ein Bauer und seine Frau, die hatten eine Tochter, ein junges Mädchen. Eines Tages ging sie in den Gemüsegarten eggen; sie eggte und eggte, dann riefen die Eltern sie ins Haus, Plinsen essen. Sie ging und ließ das Pferd mit der Egge im Garten zurück, mochte es warten, bis sie wiederkam. Nun hatten aber ihre Nachbarsleute einen Sohn, der war ein dummer Bursche. Schon lange gelüstete es ihn, das Mädchen zu ficken, doch ihm fiel nichts ein, wie das anzustellen wäre. Da sah er das Pferd mit der Egge, er kletterte über den Zaun, spannte den Gaul aus und führte ihn in seinen Garten, die Egge aber ließ er liegen. Die Deichsel hatte er durch den Zaun zu sich hinübergeschoben, und nun spannte er das Pferd wieder vor. Als das Mädchen zurückkam, war sie höchlich verwundert: Wie kann das sein, auf der einen Seite des Zauns die Egge und auf der anderen das Pferd? Sie schlug es mit der Peitsche und rief: „Welcher Satan hat dich da rübergeschleppt? Hast du dich hindurchgekeilt, dann komm auch wieder zurück, los, mach schon!“ Der Bursche aber stand dabei, sah zu und lachte. „Wenn du willst“, sagte er, „helf ich dir, aber hinterher läßt du dich von mir…“ Das Mädchen war nicht auf den Kopf gefallen. „Von mir aus“, sagte sie und betrachtete dabei einen alten Hechtkopf, der mit offenem Maul im Garten lag. Sie hob ihn 14
auf, steckte ihn in den Ärmel und sprach: „Aber ich komme nicht zu dir, und du darfst auch nicht zu mir herüberkommen, damit es niemand sieht; wir machen es besser durch den Flechtzaun, also schieb rasch deinen Knüppel hindurch, ich will ihm schon die Richtung weisen.“ Der Bursche brachte seinen Schwanz zum Stehen und schob ihn durch den Zaun, das Mädchen aber nahm den Hechtkopf, riß ihm den Rachen noch weiter auf, stülpte ihn über die Kuppe, so daß es dem Burschen einen Ruck gab, und scheuerte ihm den ganzen Schwanz blutig. Er nahm ihn in beide Hände, lief nach Hause, setzte sich in einen Winkel und schwieg sich aus. Ach, der Teufel soll sie ficken! dachte er bei sich. Was hat sie für eine bissige Pflaume! Wenn nur mein Schwanz bald verheilt, sonst kann ich mich ja nie wieder an ein Mädchen heranwagen! Doch bald kam die Zeit, daß er freien sollte, und seine Eltern verheirateten ihn denn auch mit der Nachbarstochter. Nun lebten sie zusammen, einen Tag, noch einen und den dritten, eine Woche, noch eine und die dritte, der Bursche aber fürchtete sich, seine Frau anzurühren. Eines Tages wollten sie die Schwiegermutter besuchen und fuhren los. Unterwegs sprach die junge Frau zu ihrem Manne: „Hör zu, lieber Daniluschka! Wie kommt es, daß du mich geheiratet hast und machst nichts mit mir? Wenn du nicht kannst, warum willst du dann einem anderen Menschen das Leben verderben?“ Darauf Danilo: „Nein, noch einmal betrügst du mich nicht! Deine Pflaume 15
beißt ja. Damals hat mir der Schwanz lange weh getan und ist nur mühsam verheilt“ – „Unsinn“, sagte sie, „ich habe damals nur einen Scherz mit dir getrieben. Lasse deine Furcht fahren! Wir wollen es gleich unterwegs versuchen, es wird dir Spaß machen.“ Da bekam er Lust, schlug ihr den Rock hoch und sprach: „Warte, Warja, ich will dir zuvor die Beine festbinden; wenn sie wieder beißt, kann ich schnell runterspringen und weglaufen.“ Er löste den Zügel und band ihr damit die nackten Schenkel rechts und links fest. Sein Instrument war recht ansehnlich, und als er sich auf Warja legte, schrie sie gellend, das Pferd aber war noch jung, es erschrak und stürmte los, so daß der Schlitten herüber und hinüber schleuderte. Der Bursche flog heraus, und Warja raste mit gespreizten nackten Schenkeln auf den elterlichen Hof. Die Mutter schaute zum Fenster hinaus und sah das Pferd ihres Eidams, und sie dachte bei sich, er wolle ihr wohl ein geschlachtetes Rind fürs Fest bringen. Sie ging hinaus, um die Gäste zu begrüßen, doch es war kein Rind, es war ihre Tochter. „Ach, Mütterchen!“ schrie sie. „Binde mich rasch los, ehe mich jemand so sieht.“ Die Alte band sie los und fragte sie aus. „Wo ist denn dein Mann?“ – „Den hat das Pferd vom Schlitten geworfen!“ Sie gingen ins Haus und blickten zum Fenster hinaus, da sahen sie Danilo kommen. Er ging zu ein paar Jungen, die dort spielten, blieb stehen und schaute zu. Die Alte schickte ihre älteste Tochter, die sollte ihn hereinholen. Sie trat zu ihm. „Guten 16
Tag, Danilo Iwanowitsch!“ – „Grüß dich.“ – „Komm ins Haus! Alle warten auf dich!“ – „Ist Warja bei euch?“ – „Ja.“ – „Ist ihr Blut schon gestillt?“ Die Schwester spuckte aus und ließ ihn stehen. Da schickte die Alte ihre Schwiegertochter nach ihm aus, die redete ihm gut zu: „Komm, komm, Daniluschka! Ihr Blut ist ja längst gestillt.“ Sie führte ihn ins Haus, die Schwiegermutter begrüßte ihn und sprach: „Herzlich willkommen, lieber Eidam!“ – „Ist Warja bei euch?“ – „Ja.“ – „Und ihr Blut ist gestillt?“ – „Es ist schon längst gestillt.“ Da holte er seinen Schwanz heraus, zeigte ihn der Schwiegermutter und sprach: „Da, Mütterchen! Dieser Pfriem war ganz in ihr drin!“ – „Nu, nu, setz dich, es ist Tischzeit.“ Sie setzten sich und machten sich übers Essen und Trinken her. Als Rührei aufgetragen wurde, hatte der Dummkopf Lust, es ganz allein zu essen, darum ließ er sich etwas Pfiffiges einfallen: holte wieder seinen Knüppel heraus, klopfte mit dem Löffel gegen die Kuppe und sprach: „Dieser Pfriem war ganz in Warja drin!“ Und er rührte mit diesem Löffel das Rührei um. Da war nichts zu machen, alle standen vom Tisch auf, er aber verspeiste das Rührei ganz allein und pries die Gastfreundschaft seiner Schwiegermutter.
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4 Die furchtsame Braut Es unterhielten sich einmal zwei junge Mädchen. „Mach du, was du willst, aber ich bleibe Jungfrau und heirate nie!“ – „Warum willst du nicht heiraten? Schließlich sind wir Bauern und keine Herrschaften.“ – „Hast du schon einmal das Werkzeug gesehen, mit dem sie uns durchbohren?“ – „Hab ich.“ – „Na und, ist es sehr dick?“ – „Ach, Mädchen bei manch einem Mann ist es wahrlich so dick wie ein Arm.“ – „Aber damit macht er dir doch den Garaus!“ – „Komm, ich stecke dir einen Strohhalm hinein, und schon damit tut’s weh!“ Die Dümmere der beiden legte sich hin, und die Klügere steckte ihr einen Strohhalm in die Pflaume. „Au, das tut weh!“ Das eine der beiden Mädchen wurde von ihrem Vater gegen ihren Willen verheiratet; sie litt es zwei Nächte lang, dann kam sie zu ihrer Freundin und sprach: „Guten Tag, Mädchen!“ Die andere fragte sie alsbald aus, wie das denn so sei. „Nun“, antwortete die junge Frau, „wenn ich vorher gewußt hätte, wie das so zugeht, würde ich nicht auf Vater und Mutter gehört haben. Ich glaubte schon, es würde mir den Garaus machen, und vor Angst dünkte mich der Himmel so klein wie ein Hammelfell!“ Sie jagte dem Mädchen solche Angst ein, daß ihr niemand mehr vom Freien sprechen durfte. „Ich heirate keinen“, sagte sie, „und wenn mich mein Vater mit Gewalt zwingt; damit die 18
Leute nichts zu reden haben, nehme ich einen, der keinen Schwanz hat.“ Nun lebte aber in diesem Dorf ein junger Bursche, der war so arm wie eine Kirchenmaus; ein hübsches Mädchen würde ihm keiner geben, und eine Schieche wollte er nicht. Der hatte des Mädchens Worte gehört. Na warte, dachte er, der Teufel soll deine Mutter ficken! Ich warte auf einen günstigen Moment und sage ihr, daß ich keinen Schwanz habe! Eines Tages ging das junge Mädchen zum Gottesdienst, da sah sie den Burschen seine magere, unbeschlagene Mähre zur Tränke treiben; das Pferdchen trottete seines Wegs und stolperte, da mußte das Mädchen schrecklich lachen. Dann kam eine steile Anhöhe, das Pferd klomm hinauf, stürzte und rutschte wieder herunter. Der Bursche ergrimmte, packte es am Schweif, schlug es unbarmherzig und sprach dazu: „Steh auf, daß dich der Schinder hole!“ – „Warum schlägst du das Pferd, du Räuber?“ fragte das Mädchen. Da hob er seiner Mähre den Schweif, guckte darunter und sprach: „Was soll ich mit ihr machen? Sie müßte immerzu gefickt werden, aber ich habe ja keinen Schwanz!“ Als sie dies hörte, bepinkelte sie sich vor lauter Freude und sprach zu sich selbst: Den Burschen schickt mir der liebe Gott als Freier, zum Lohn für meine Einfalt! Sie ging nach Hause, setzte sich in die hinterste Ecke und schob schmollend die Lippen vor. Die Familie setzte sich an den Mittagstisch und rief sie dazu, doch sie antwortete ärgerlich: „Ich mag nicht essen!“ – „Komm doch, Dunjusch19
ka!“ sagte die Mutter. „Worüber denkst du nach? Sage es mir.“ Und der Vater sprach: „Warum schiebst du die Lippen vor? Vielleicht möchtest du heiraten? Willst du diesen oder womöglich jenen?“ Das Mädchen aber hatte nichts anderes im Sinn, als den Iwan Ohneschwanz zu ehelichen. „Ich will keinen“, sagte sie, „es sei denn den Iwan; ob ihr wollt oder nicht, ihm müßt ihr mich geben.“ – „Du dumme Gans, bist du vom Satan besessen oder von allen guten Geistern verlassen? Willst du mit ihm betteln gehen?“ – „Vielleicht hat das Schicksal es so beschlossen! Wenn ihr mich ihm nicht gebt, gehe ich ins Wasser oder hänge mich auf.“ Was tun? Der Alte, der den armen Iwan nicht einmal angesehen hatte, ging jetzt von selbst zu ihm, um ihm seine Tochter anzutragen. Wie er zu ihm kam, saß Iwan da und flickte einen alten Bastschuh. „Guten Tag, Iwanuschka!“ – „Guten Tag, Alter!“ – „Was machst du da?“ – „Ich flicke den Bastschuh!“ – „Bastschuh? Du müßtest in neuen Stiefeln herumlaufen.“ – „Ich habe die fünfzehn Kopeken für den Bast mühsam zusammengespart; wie könnte ich da an Stiefel denken?“ – „Warum heiratest du nicht, Iwan?“ – „Wer würde mir schon seine Tochter geben?“ – „Wenn du willst, gebe ich dir meine! Küsse mich auf den Mund!“ Und sie kamen überein. Der Reiche brauchte nicht erst Bier zu brauen oder Wein zu keltern; noch am selben Tag ward die Hochzeit ausgerichtet und ein großes Gastmahl gefeiert, dann führte er die jungen Leute in die Kammer und brachte sie zu Bett. Und nun 20
kam, was kommen mußte: Iwan durchbohrte die junge Frau bis aufs Blut, und der Weg zum Ziel stand ihm offen. Ach, bin ich eine dumme Gans! dachte Dunjuschka. Was habe ich getan? Wenn ich die Angst ohnehin durchstehen muß, hätte ich auch einen Reichen nehmen können! Wo mag er den Schwanz herhaben? Ich will ihn fragen. Und so fragte sie denn: „Höre, Iwanuschka, wo hast du den Schwanz her?“ – „Für eine Nacht von meinem Oheim ausgeliehen.“ – „Ach, Liebster, bitte ihn doch, er soll ihn dir für noch eine Nacht geben.“ Nachdem die zweite Nacht verstrichen, sprach sie wieder: „Ach, Liebster, frage doch den Oheim, ob er dir den Schwanz nicht für immer verkaufen möchte. Aber feilsche nur tüchtig.“ – „Nun, er wird mit sich handeln lassen. Iwan ging zu seinem Oheim, besprach es mit ihm und kehrte nach Hause zurück. „Nun, was ist?“ – „Was soll ich sagen, mit ihm ist nicht zu reden, dreihundert Rubel will er haben, so kann ich ihn nicht kaufen, wo soll ich das Geld hernehmen?“ – „Na, gehe hin, borge ihn dir für noch eine Nacht, und morgen laß ich mir vom Väterchen das Geld geben, dann kaufen wir ihn für immer.“ – „Nein, du mußt schon selber hingehen und ihn bitten, ich schäme mich!“ Sie ging zum Oheim, trat zu ihm ins Haus, rief Gott an und verbeugte sich. „Guten Tag, lieber Oheim!“ – „Herzlich willkommen! Was hast du mir Gutes zu sagen?“ – „Nun, ja, Oheim, ich schäme mich, aber was soll ich die Sünde verschweigen; borgt doch dem Iwan für noch eine Nacht Euren Schwanz.“ Der Oheim überlegte mit gesenktem 21
Kopf und sprach: „Ich gebe ihn gerne her, aber ihr müßt den fremden Schwanz schön in acht nehmen.“ – „Wir werden ihn in acht nehmen, Oheim, hier, ich schlage das Kreuz. Und morgen kaufen wir ihn Euch für immer ab.“ – „Nun, schick den Iwan her!“ Sie verneigte sich tief vor ihm und kehrte nach Hause zurück. Tags darauf ging sie zu ihrem Vater, bat ihn um dreihundert Rubel für ihren Mann und kaufte sich den wichtigen Schwanz.
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5 Die findige Hausfrau Es war einmal eine alte Frau, die hatte eine Tochter, eine rechte Schlampe, denn was sie auch vornahm, alles fiel ihr aus den Händen. Als die Zeit zum Freien gekommen war, fand sich ein Dummbart, der sie zur Frau nahm. Er lebte mit ihr ein Jahr und länger und zeugte ihr einen Sohn. Eines Tages besuchte sie ihre Mutter, die sie üppig bewirtete. Die Tochter schmauste und sprach: „Ach, Mütterchen, wie schmeckt doch dein Brot so gut, und es macht so satt; wenn ich bakke, mag man es gar nicht essen, denn es ist fest wie Ziegelsteine“ – „Höre zu, Tochter!“ sagte die Alte. „Du knetest gewiß den Teig nicht lange genug, darum schmeckt dein Brot nicht. Du mußt ihn so lange kneten, bis dein Arsch naß ist, dann wird das Werk gelingen.“ Die Tochter ging nach Hause, rührte Teig ein und begann ihn zu kneten; sie knetete und knetete, dann hob sie den Rock, fühlte nach, ob der Arsch schon naß sei, und knetete weiter. Sie knetete zwei Stunden lang, und ihr ganzer Arsch war vollgeschmiert, doch sie fand nicht heraus, ob er naß war oder nicht. Darauf hob sie den Rock, stellte sich auf alle viere und sprach zu ihrem Söhnchen: „Komm her und sieh nach, ob mein Arsch naß ist oder nicht.“ Der Junge schaute hin und sagte: „Hähä, Mütterchen, du hast ja zwei Löcher dicht beieinander, und beide sind voller 23
Teig!“ Da hatte sie genug vom Kneten, und sie backte den Teig zu Brot, und es schmeckte vortrefflich, doch wer gewußt hätte, wie sie den Teig geknetet hatte, würde es nie in den Mund genommen haben.
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6 Nein Es war einmal ein alter Edelmann, der hatte eine schöne junge Frau. Eines Tages mußte er eine weite Reise unternehmen, und da er fürchtete, seine Frau könnte inzwischen huren, sprach er zu ihr: „Höre zu, meine Liebe! Ich verreise jetzt für lange Zeit, so empfange denn in der Zwischenzeit keine Herren bei dir, damit sie dir nicht den Kopf verdrehen. Am besten machst du es so: Gleichviel, wer dir etwas sagt und was er dir sagt, du antwortest immer nur mit Nein!“ Der Mann reiste ab, und die Edelfrau ging im Garten spazieren. Sie ging spazieren, da ritt ein Offizier des Weges. Als er die schöne Edelfrau sah, sprach er zu ihr: „Sagt bitte, wie heißt dieses Dorf?“ Sie antwortete ihm: „Nein!“ Was mag das bedeuten? dachte der Offizier bei sich. Was immer ich sie frage, sie antwortet nur mit Nein! Nun war der Offizier nicht auf den Kopf gefallen. Er sagte: „Wenn ich vom Pferd steige und es an den Zaun binde, wird das auch keine üblen Folgen haben?“ Die Edelfrau antwortete: „Nein.“ – „Und wenn ich zu Euch in den Garten komme, werdet Ihr auch nicht ärgerlich?“ – „Nein.“ Er kam in den Garten. „Und wenn ich mit Euch spazierengehe, werdet Ihr mir auch nicht zürnen?“ – „Nein.“ Er ging neben ihr her. „Und wenn ich Euren Arm nehme, wird es Euch auch nicht verdrießen?“ – „Nein!“ Er nahm ihren Arm. „Und wenn ich Euch in die Laube führe, 25
das macht wohl auch nichts weiter?“ – „Nein!“ Er führte sie in die Laube. „Und wenn ich Euch nun hinlege und mich zu Euch lege, werdet Ihr Euch auch nicht sträuben?“ – „Nein!“ Der Offizier legte sie hin und sprach: „Und wenn ich Euch den Rock hochhebe, werdet Ihr auch nicht ergrimmen?“ – „Nein!“ Er hob ihr den Rock hoch, stellte ihre Beine senkrecht und fragte: „Und wenn ich Euch jetzt ficke, wird es Euch auch nicht unangenehm sein?“ – „Nein!“ Da bearbeitete er sie tüchtig, stieg wieder herunter, lag ein Weilchen neben ihr und fragte wieder: „Seid ihr jetzt zufrieden?“ – „Nein!“ – „Nun, wenn Ihr nicht zufrieden seid, muß ich Euch noch einmal ficken!“ Er tat es und fragte wieder: „Seid Ihr jetzt zufrieden?“ – „Nein!“ Da spuckte er aus und ritt davon, die Edelfrau aber erhob sich und ging ins Haus. Bald hernach kam ihr Mann zurück und fragte seine Frau: „Nun, ist bei dir alles gut gegangen?“ – „Nein!“ – „Was ist denn? Hat dich jemand gefickt?“ – „Nein!“ Was er sie auch fragte, sie verneinte alles, und der Edelmann wurde nicht froh, sie dies gelehrt zu haben.
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7 Der Bauer und der Teufel Es war einmal ein Bauer, der säte Rüben aus. Als die Zeit kam, die Rüben zu ziehen, waren sie noch nicht reif, da sagte er ärgerlich: „Der Teufel soll euch holen!“ und verließ das Feld. Ein Monat verstrich, da sprach seine Frau: „Geh auf den Acker, vielleicht kannst du jetzt die Rüben ernten.“ Der Bauer machte sich auf und kam zu seinem Acker, da sah er, daß die Rüben groß und schön geraten waren, und begann mit der Ernte. Plötzlich kam ein altes Männlein gelaufen und schnauzte den Bauern an: „Warum stiehlst du meine Rüben?“ – „Deine?“ – „Gewiß, oder hast du sie mir nicht zugesprochen, als sie noch nicht reif waren? Ich habe mich abgerackert und sie gegossen.“ – „Aber ich habe sie gesät.“ – „Ich mag nicht streiten“, sprach da der Teufel, „du hast sie ja wirklich gesät, aber ich habe sie gegossen. Machen wir’s doch so: Du kommst auf irgendwas angeritten und ich auch. Wenn du herausfindest, worauf ich reite, sind die Rüben dein; wenn ich herausfinde, worauf du reitest, sind sie mein.“ Der Bauer war es zufrieden. Tags darauf nahm er seine Frau mit, und als sie zum Acker kamen, mußte sie sich auf alle viere stellen, er schlug ihr den Rock hoch, steckte ihr eine Mohrrübe in die Pflaume und zauste ihr den Kopf. Der Teufel aber fing sich einen Hasen, setzte sich darauf, ritt zum Acker und fragte den Bauern: „Worauf reite ich?“ – „Was 27
frißt es denn?“ fragte der Bauer. – „Espenrinde.“ – „Also ist es ein Hase!“ Nun fing der Teufel an zu raten, worauf der Bauer ritt, er ging ein paarmal drum herum und sprach: „Die Haare, das ist der Schweif, und das hier ist der Kopf, und es frißt Mohrrüben!“ Er ward ganz verwirrt und sprach: „Nimm die Rüben, Bauer, sie sind dein!“ Der Bauer erntete die Rüben, verkaufte sie und lebte herrlich und in Freuden.
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8 Der Bauer bei der Weiberarbeit Es waren einmal ein Bauer und seine Frau, die warteten auf den Sommer, und als die Erntezeit gekommen war, gingen sie täglich aufs Feld, um zu mähen. Die Frau weckte allmorgendlich den Bauern beizeiten, und er fuhr aufs Feld, sie aber blieb zu Hause, heizte den Ofen, kochte das Mittagsmahl, füllte die Krüge und brachte ihrem Mann das Essen, dann mähte sie mit ihm bis zum Abend. Danach kehrten sie nach Hause zurück, und am nächsten Morgen war es das gleiche. Der Bauer hatte die Arbeit satt, und wenn die Frau ihn weckte und aufs Feld schicken wollte, blieb er liegen und beschimpfte sie: „Nichts da, du Hure! Gehe du nur voraus, und ich bleibe zu Hause; ich muß jeden Tag früh hinaus, und du kannst ausschlafen und kommst erst nach, wenn ich schon müde bin von der Arbeit!“ Die Frau redete ihm gut zu, der Bauer aber blieb dickköpfig: „Ich gehe nicht aufs Feld!“ – „Heute ist Samstag“, sagte die Frau, „da gibt es im Hause viel zu tun: Hemden waschen, Hirse für den Brei stampfen, Teig ansetzen, einen Topf Sahne für morgen buttern…“ – „Das mache ich alles selber!“ sagte der Bauer. – „Na, sieh zu, mach das! Ich stelle dir alles bereit.“ Sie brachte ihm die schwarzen Hemden, das Mehl für den Teig, den irdenen Topf Sahne für die Butter, die Hirse für den Brei, sodann
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hieß sie ihn noch, auf das Huhn mit den Kücken achtzugeben, nahm die Sichel und ging aufs Feld. „Na, erst noch ein Weilchen schlafen“, sagte der Bauer, legte sich wieder hin und schlief bis Mittag. Dann wachte er auf und sah, es gab einen Haufen Arbeit; womit sollte er anfangen? Er nahm die Hemden, schnürte sie zusammen, trug sie zum Fluß, um sie einzuweichen, und ließ sie im Wasser liegen: „Sollen sie weichen, nachher hänge ich sie auf, dann trocknen sie und sind fertig.“ Der Fluß aber hatte eine rasche Strömung, die die Hemden mit sich forttrug. Als der Bauer nach Hause kam, kippte er Mehl in den Trog und goß Wasser zu. „Soll es schon immer säuern!“ Sodann schüttete er Hirse in den Mörser und begann sie zu stampfen, da sah er die Gluckhenne durch den Flur stromern, und die Kücken waren nach allen Seiten auseinandergelaufen. Er fing sie ein und band sie alle mit den Pfötchen an eine Schnur, die knotete er der Henne ans Bein und machte sich wieder ans Hirsestampfen, da fiel ihm ein, daß er noch die Sahne buttern mußte. Er nahm den Topf und band ihn sich an den Arsch. „Ich werde die Hirse stampfen, und derweil kann mein Arsch die Sahne buttern.“ Das Huhn trottete inzwischen auf den Hof und zog die Kücken hinter sich her. Plötzlich stieß ein Habicht nieder, packte die Henne und schleppte sie samt den Kücken davon. Das Huhn spektakelte, die Kücken piepsten; der Bauer hörte es und stürzte auf den Hof, dabei prallte der Topf gegen die Tür und zerbrach, und die Sahne floß auf den Boden. Er lief dem Habicht hinterher, um 30
ihm das Huhn abzujagen, und ließ die Tür offen. Die Schweine gingen ins Haus, kippten den Trog um, fraßen den Teig und dann auch die Hirse. Dem Bauern gelang es nicht, Huhn und Kücken wiederzubekommen, und er kehrte ins Haus zurück. Das Haus war voller Schweine und sah schlimmer aus als der Schweinestall. Er trieb sie hinaus. Was mache ich jetzt? überlegte er. Wenn die Frau kommt, gibt es ein Unglück! Alles restlos weg, nichts mehr da! Ich fahre am besten zum Fluß und hole die Hemden aus dem Wasser. Er spannte die Stute ein und fuhr zum Fluß; er suchte und suchte nach seiner Wäsche, doch sie war nicht da. „Ich muß im Wasser suchen!“ Er zog Hemd und Hose aus und stieg ins Wasser. Lange suchte er, doch vergeblich, so steckte er auf, kehrte zurück ans Ufer, und siehe da, Hemd und Hose waren verschwunden, jemand hatte sie gestohlen. Was tun? Er mußte splitternackt zurück ins Dorf fahren. „Ich will mir langes Gras abrupfen und es mir um den Klöppel wickeln, dann steige ich in den Wagen und fahre nach Hause, so ist es nicht ganz so peinlich!“ Er rupfte grünes Gras, wickelte es sich um den Klöppel und wollte das Pferd losbinden. Das Pferd erblickte das Gras, packte es mit den Zähnen und rupfte es mitsamt dem Schwanz ab. Der Bauer jammerte um seinen Klöppel, doch er gelangte irgendwie nach Hause und verkroch sich in eine Ecke. Die Frau kam vom Feld und fragte: „Na, was ist, hast du alles fertig?“ – „Alles, meine liebe Frau!“ – „Wo sind die Hemden?“ – „Weggeschwommen.“ – 31
„Und die Glucke mit den Kücken?“ – „Der Habicht hat sie geholt.“ – „Und der Teig? Und die Hirse?“ – „Haben die Schweine gefressen.“ – „Und die Sahne?“ – „Vergossen.“ – „Und wo ist dein Schwanz?“ – „Den hat die Stute abgebissen.“ – „Ach, du Hundesohn, hast ja was Schönes angerichtet!“
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9 Die Frau des Blinden Es waren einmal ein Edelmann und seine Edelfrau. Eines Tages erblindete der Edelmann, seine Frau aber fing mit einem Amtsschreiber eine Liebschaft an. Der Edelmann dachte, ob seine Frau nicht mit irgendwem hurte, und ließ sie keinen Schritt allein gehen. Was tun? Eines Tages ging sie mit ihrem Mann in den Garten, und auch der Amtsschreiber fand sich ein. Sie bekam Lust, es mit ihm zu tun. Der blinde Mann saß also beim Apfelbaum, seine Frau aber verrichtete ihr Werk, gab sich dem Amtsschreiber hin. Ihr Nachbar schaute aus dem Fenster seines Hauses in den Garten und sah, was dort vorging: Der Amtsschreiber lag auf der Edelfrau. Da sprach er zu seinem Weib: „Sieh dir das an, mein Herzblatt, was sich da am Apfelbaum abspielt. Wenn der Herrgott dem Blinden jetzt wieder die Augen öffnet und er das sieht, was soll dann werden? Er schlägt sie doch tot!“ – „Ach, mein lieber Mann, der Herrgott schenkt uns Frauen immer eine Ausflucht!“ – „Wo soll hier eine Ausflucht herkommen?“ – „Das wirst du dann schon sehen.“ In diesem Moment ließ der Herrgott den blinden Edelmann wieder sehend werden, und er sah den Amtsschreiber auf seiner Edelfrau liegen, und er schrie: „Ach, du Dirne! Was machst du da, verfluchte Hure!“ Darauf die Edelfrau: „Ach, wie ich mich freue, mein lieber Mann! Ich hatte letzte Nacht einen Traum: Ich solle mit dem 33
Amtsschreiber sündigen, dann werde der Herrgott meinem Mann die Augen öffnen. Und wahrlich: Für meine Bemühungen hat Gott dir das Augenlicht zurückgegeben.«
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10 Die Antwort des Erzbischofs Es waren einmal ein General und ein Erzbischof, die kamen eines Tages ins Gespräch. Da fragte der General den Erzbischof: „Euer Eminenz, wir Menschen sind sündig, wir können ohne Sünde, ohne Ficken nicht leben; wie haltet Ihr es aus, das ganze Leben lang nie zu sündigen?“ Der Erzbischof antwortete: „Schickt morgen jemanden zu mir, die Antwort abholen.“ Tags darauf sprach der General zu seinem Lakaien: „Geh zum Erzbischof und bitte ihn um die Antwort.“ Der Lakai ging zum Erzbischof, und der Dienstbruder meldete ihn an. „Laß ihn stehen“, sagte der Erzbischof. Der Lakai stand eine Stunde, noch eine, eine dritte; keine Antwort. Er bat den Dienstbruder: „Sage dem Herrn nochmals Bescheid.“ – „Laß ihn noch stehen!“ antwortete der Erzbischof. Der Lakai stand lange da, bis er’s nicht mehr aushalten konnte, da legte er sich hin, schlief ein und schlummerte bis zum nächsten Morgen. Am Morgen kehrte er zum General zurück und sagte: „Ich mußte bis zum Morgen bleiben, aber eine Antwort habe ich nicht bekommen.“ Der General schickte ihn abermals aus und trug ihm auf, unbedingt des Erzbischofs Antwort mitzubringen. Der Lakai ging wieder zum Erzbischof, der ließ ihn in seine Zelle rufen und fragte: „Du hast gestern bei mir gestanden?“ – „Hab ich.“ – „Und dann hast du dich hingelegt und geschlafen?“ – „Hab ich.“ – „Siehst du, genauso 35
ist es mit meinem Schwanz, er richtet sich auf, steht eine Weile, steht eine Weile, dann legt er sich hin und schläft. Sage es so dem General.“
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11 Die Aussaat der Schwänze Es waren einmal zwei Bauern, die hatten ihre Äkker gepflügt und wollten nun Roggen säen. Da kam ein alter Mann vorbei, er trat zu dem einen Bauern und sprach: „Sei gegrüßt, Bauer!“ – „Sei gegrüßt, Alter!“ – „Was säest du?“ – „Roggen, Großvater!“ – „Nun, so helfe dir Gott, daß dein Roggen hochwachse und viele Körner bringe!“ Darauf trat der Alte zu dem anderen Bauern. „Sei gegrüßt, Bauer!“ – „Sei gegrüßt, Alter!“ – „Was säest du?“ – „Wozu mußt du das wissen? Ich säe Schwänze!“ – „Mögen sie dir wachsen und gedeihen!“ Der Alte ging, die Bauern aber säten ihren Roggen, eggten das Feld und fuhren nach Hause. Als der Frühling kam und reichlicher Regen fiel, ging bei dem ersten Bauern der Roggen auf und wuchs dicht und hoch, bei dem anderen aber wuchsen rotköpfige Schwänze aus der Erde, sie füllten die ganze Deßjatine Land und wuchsen so dicht, daß kein Fuß dazwischen treten konnte. Die Bauern kamen nachschauen, wie ihre Saat aufgegangen war; der eine konnte sich nicht genug freuen, als er seinen Acker betrachtete, dem anderen aber blieb fast das Herz stehen. Was mache ich jetzt mit diesem Teufelszeug? dachte er. Als für die Bauern die Zeit der Mahd gekommen war, fuhren sie aufs Feld; der eine mähte seinen Roggen, der andere aber sah die Schwänze auf seinem Land, die gewachsen waren, anderthalb 37
Arschin lang, die standen da mit roten Köpfen wie lauter Mohnblumen. Der Bauer guckte und guckte, dann schüttelte er den Kopf und fuhr zurück nach Hause. Hier schliff er seine Messer, nahm Papier und Bindfaden mit und kehrte zu seinem Land zurück. Nun begann er die Schwänze abzuschneiden: schnitt sie paarweis ab, wickelte sie in Papier, schnürte Bindfaden darum und legte sie auf seinen Wagen. Nachdem er sie alle abgeerntet hatte, fuhr er in die Stadt, um sie feilzubieten. Vielleicht, so dachte er, kann ich wenigstens ein paar an ein dummes Weib loswerden! Er fuhr die Straße entlang und schrie aus vollem Halse: „Wer braucht Schwänze, Schwänze, Schwänze! Ich habe welche zu verkaufen, herrliche Schwänze, Schwänze, Schwänze!“ Dies hörte eine Edelfrau, und sie schickte ihre Zofe aus: „Gehe geschwind und frage, was der Bauer dort feilbietet.“ Das Mädchen eilte hinaus. „Höre, Bauer, was hast du zu verkaufen?“ – „Schwänze, gnädiges Fräulein!“ Sie kehrte zurück ins Haus und schämte sich, es der Herrin zu sagen. „Sage es mir, du Dummchen!“ gebot die Edelfrau. „Du brauchst dich nicht zu schämen! Was bietet er feil?“ – „Also, gnädige Frau, der Halunke verkauft Schwänze!“ – „Ach, du Dummchen! Laufe geschwind, hole ihn ein, feilsche mit ihm und frage, wieviel er für ein Paar verlangt.“ Die Zofe holte den Bauern ein und fragte: „Was soll ein Pärchen kosten?“ – „Hundert Rubel, aber ohne Feilschen.“ Kaum hatte die Zofe ihrer Herrin dies erzählt da holte diese hundert Rubel heraus und 38
sprach: „Da, gehe zu ihm, aber such möglichst schöne aus, recht lang und dick.“ Das Mädchen brachte dem Bauern das Geld und bat ihn „Aber gib mir bitte möglichst schöne, Bauer.“ – „Sie sind bei mir alle sehr schön gewachsen!“ Die Zofe nahm ein Paar gute Schwänze und brachte sie ihrer Herrin, die beschaute sie, und sie gefielen ihr wohl. Sie steckte sie dahin, wo sie hingehörten, doch sie gingen nicht hinein. „Was hat dir der Bauer gesagt?“ fragte sie ihre Zofe. „Wie muß man sie kommandieren, damit sie tätig werden?“ – „Er hat nichts gesagt, gnädige Frau.“ – „Ach, du dumme Gans! Gehe geschwind und frage ihn.“ Die Zofe lief wieder zu dem Bauern. „Höre, Bauer, sage mir, wie man deine Ware kommandieren muß, damit sie tätig wird.“ Der Bauer sprach: „Wenn du mir noch hundert Rubel gibst, will ich es dir sagen.“ Die Zofe eilte zu ihrer Herrin: „So und so, umsonst sagt er’s nicht, gnädige Frau, er will hundert Rubel dafür.“ – „Für so etwas sind auch zweihundert Rubel nicht zuviel!“ Der Bauer nahm auch diese hundert Rubel und sagte: „Wenn die gnädige Frau Lust bekommt, braucht sie nur zu sagen: ‚Hüh, hüh!’“ Die Edelfrau legte sich nun aufs Bett, schlug den Rock hoch und kommandierte: „Hüh, hüh!“ Da sausten die beiden Schwänze auf sie los und bearbeiteten sie dermaßen, daß die Edelfrau nicht recht froh wurde, doch sie konnte sie auch nicht herausziehen. Wie sollte sie sich befreien? Noch einmal schickte sie ihre Zofe aus: „Gehe geschwind, hole den Hundesohn zurück und frage ihn, was ich sagen muß, damit sie aufhören!“ Das 39
Mädchen rannte Hals über Kopf hinter dem Bauern her. „Sage mir, Bauer, was muß die gnädige Frau sagen, damit die Schwänze von ihr ablassen? Sie haben sie schon ganz erschöpft.“ Darauf der Bauer: „Wenn sie noch einmal hundert Rubel zahlt, sage ich’s!“ Das Mädchen lief nach Hause, die Edelfrau aber lag schon halbtot auf dem Bett. „Nimm aus der Kommode die letzten hundert Rubel“, sprach sie, „und bringe sie schleunigst dem Halunken! Sonst ist mir der Tod sicher!“ Der Bauer nahm auch die dritten hundert Rubel und sprach: „Sie braucht nur ‚Brr’ zu sagen, dann lassen die Schwänze von ihr ab.“ Die Zofe lief zu ihrer Herrin, die war schon ohne Besinnung, und die Zunge hing ihr heraus, da rief sie selber: „Brr!“ Und sogleich sprangen beide Schwänze heraus. Die Edelfrau fühlte sich erleichtert, sie stand vom Bett auf, nahm die Schwänze und verwahrte sie wohl. Von nun an lebte sie ihrem Vergnügen: Wenn sie Lust bekam, holte sie die Schwänze hervor, gab das Kommando, und die Schwänze bearbeiteten sie, bis sie „Brr“ rief. Einige Zeit später fuhr die Edelfrau in ein anderes Dorf zu Besuch und vergaß, die Schwänze mitzunehmen. Sie blieb bis zum Abend, dann ward es ihr langweilig, und sie rüstete zur Heimfahrt. Ihre Gastgeber redeten ihr zu, sie solle doch über Nacht bleiben. „Das ist unmöglich“, sprach die Edelfrau, „ich habe eine geheime Sache zu Hause vergessen, ohne die kann ich nicht einschlafen“ – „Wenn Ihr wollt“, antworteten ihr die Gastgeber, „schicken wir einen guten, zuverlässi40
gen Mann hin, um die Sache zu holen.“ Die Edelfrau willigte ein. Sogleich erhielt ein Diener Befehl, ein gutes Pferd zu satteln, zum Haus der Edelfrau zu reiten und eine bestimmte Sache zu holen. „Frage meine Zofe“ sprach die Edelfrau, „sie weiß schon, wo diese Sache versteckt ist.“ Der Diener ritt zum Hause der Edelfrau, die Zofe holte die beiden Schwänze, wickelte sie in Papier und gab sie ihm. Der Diener tat sie in seine hintere Tasche, saß auf und ritt zurück. Unterwegs mußte er ein Stück bergan reiten, das Pferd aber war faul, doch kaum hatte er es angetrieben: „Hüh, hüh“, da sprangen plötzlich die beiden Schwänze heraus und sausten hinein in seinen Arsch. Der Diener erschrak weidlich. Was ist denn das, wo kommen die verfluchten Dinger her? Er hatte schon Tränen in den Augen und wußte nicht, was tun. Das Pferd aber lief nun flink bergab, und da rief er ihm zu: „Brr!“ Sogleich sprangen die Schwänze aus seinem Arsch. Er nahm sie, wickelte sie in Papier und brachte sie der Edelfrau. „Nun, ist alles gut gegangen?“ fragte die Edelfrau. – „Der Teufel soll sie holen“, antwortete der Diener, „wäre unterwegs nicht der Berg gewesen, sie hätten mich bis nach Hause totgefickt!“
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12 Der Zauberring Es lebten einmal drei Brüder, Bauern, die zerstritten sich und teilten den Besitz, doch nicht zu gleichen Teilen. Die beiden älteren bekamen reichlich, dem dritten aber gab das Los nur wenig. Alle drei waren noch unbeweibt; sie setzten sich auf dem Hof zusammen und sprachen untereinander: „Es wird Zeit, daß wir freien!“ – „Ihr habt’s gut“, sagte der jüngste Bruder, „ihr seid reich und könnt reiche Mädchen freien, was aber soll ich machen? Ich bin so arm wie noch nie, hab nur den Schwanz bis an die Knie!“ Eben ging eine Kaufmannstochter vorüber, die hörte seine Worte und dachte bei sich: Ach, diesen jungen Burschen möchte ich zum Mann nehmen, er hat einen Schwanz bis an die Knie! Die älteren Brüder heirateten, der Jüngste aber war noch immer ledig. Die Kaufmannstochter, seit sie nach Hause gekommen, hatte nichts mehr im Sinn, als ihn zu ehelichen; es bemühten sich reiche Kaufleute um sie, doch sie wollte sie nicht. „Ich nehme keinen anderen“, sprach sie, „als den und den Burschen.“ Vater und Mutter redeten ihr gut zu: „Was hast du dir da ausgedacht, dummes Ding? Besinn dich! Wie kannst du einen armen Bauern heiraten.“ Sie antwortete: „Was schert es euch! Nicht ihr sollt mit ihm leben!“ Die Kaufmannstochter dingte eine Mittlerin und schickte sie zu dem Burschen, damit er um sie 42
freien käme. Die Mittlerin ging zu dem Burschen und sprach: „Höre, mein Bester! Wo hast du deine Augen? Gehe um die Kaufmannstochter freien, sie wartet schon lange auf dich und wird dich mit Freuden nehmen.“ Der Bursche rüstete sich alsbald, zog den neuen Rock an, nahm seine neue Mütze und ging geradewegs zum Hof des Kaufmanns, um dessen Tochter zu freien. Wie die Tochter ihn sah und erkannte, daß es wirklich jener war, der den Schwanz bis an die Knie hatte, da fackelte sie nicht lange, sondern bat Vater und Mutter um ihren unverbrüchlichen elterlichen Segen. In der ersten Nacht legte sie sich mit ihrem Manne zu Bett und sah, daß er nur ein sehr mäßiges Schwänzchen hatte, kleiner als ein Finger. „Du Schurke!“ schrie sie ihn an. „Du hast doch geprahlt, du hättest einen Schwanz bis an die Knie, wo hast du den gelassen?“ – „Ach. meine liebe Frau, du weißt ja, ich war als Lediger sehr arm, so habe ich denn, als es ans Freien ging, meinen Schwanz verpfändet, um mich ein wenig auszustaffieren.“ – „Für wieviel hast du ihn denn verpfändet?“ – „Für nicht viel, nur fünfzig Rubel.“ – „Nun gut, morgen gehe ich zu meiner Mutter und erbitte von ihr das Geld, dann wirst du sofort deinen Schwanz einlösen; wo nicht, brauchst du gar nicht mehr nach Hause zu kommen!“ Am nächsten Morgen lief sie zu ihrer Mutter und sprach: „Tue mir die Güte, Mütterchen, und gib mir fünfzig Rubel, ich brauche sie sehr!“ – „Wozu denn? Sage mir das!“ – „Ich will es dir sagen, 43
Mütterchen: Mein Mann hatte einen Schwanz bis an die Knie, doch als es ans Freien ging, besaß der Ärmste kein Geld, um sich auszustaffieren, da hat er ihn für fünfzig Rubel verpfändet. Jetzt hat er nur noch ein sehr mäßiges Schwänzchen, kleiner als ein Finger, also muß er unbedingt seinen alten Schwanz einlösen!“ Diese Notwendigkeit leuchtete der Mutter ein, darum holte sie fünfzig Rubel und gab sie ihrer Tochter. Die lief nach Hause, gab das Geld ihrem Manne und sprach: „So, und jetzt läufst du schleunigst deinen alten Schwanz einlösen, damit nicht fremde Leute ihn benutzen!“ Der Bursche nahm das Geld und ging auf und davon; er ging und dachte: Was soll ich jetzt machen? Wo kriege ich einen solchen Schwanz für meine Frau her? Ich will in die weite Welt gehen. So ging er und ging, kurz oder weit, schnell oder langsam, da traf er eine alte Frau. „Sei gegrüßt, Großmutter!“ – „Sei gegrüßt, guter Mann! Wohin des Wegs?“ – „Ach, Großmutter, wenn du wüßtest, welchen Kummer ich habe und wohin ich gehe!“ – „Sage mir deinen Kummer, mein Bester, vielleicht vermag ich ihm abzuhelfen.“ – „Ich schäme mich!“ – „Du brauchst dich nicht zu schämen, sprich getrost!“ – „So höre denn, Großmutter! Ich habe geprahlt, daß ich einen Schwanz bis an die Knie hätte, die Kaufmannstochter hat es gehört und mich zum Manne genommen, doch schon in der ersten Nacht sah sie, daß ich ein sehr mäßiges Schwänzchen habe, kleiner als ein Finger, da hat sie losgezetert und mich gefragt: Wo 44
hast du deinen großen Schwanz gelassen? Da habe ich ihr geantwortet, ich hätte ihn für fünfzig Rubel versetzt. Sie hat mir das Geld gegeben und mich geheißen, ihn unbedingt einzulösen; wo nicht, brauchte ich gar nicht mehr nach Hause zu kommen. Und nun bin ich in Not und weiß nicht, was tun!“ Die Alte sprach: „Gib mir dein Geld, dann helfe ich deinem Kummer ab!“ Sogleich holte er die fünfzig Rubel hervor und gab sie ihr; die Alte aber reichte ihm einen Ring. „Da“, sprach sie, „nimm diesen Ring, doch stecke ihn nur auf die Fingerspitze.“ Der Bursche nahm den Ring und steckte ihn an; kaum schob er ihn auf die Fingerspitze, ward sein Schwanz so lang wie eine Feuerspritze. „Nun, wie ist es?“ fragte die Alte. „Geht dir der Schwanz bis an die Knie?“ – „Ja, Großmutter, sogar noch ein wenig tiefer.“ – „So, mein Bester, nun schiebe den Ring ganz auf den Finger hinunter.“ Er schob den Ring ganz hinunter auf den Finger, da reckte sich sein Schwanz sieben Werst in die Länge. „Ach, Großmutter, was mache ich mit solch einem langen Schwanz? Damit ergeht es mir doch übel!“ Darauf die Alte: „Schiebe den Ring zurück auf die Fingerspitze, dann wird er wieder wie eine Feuerspritze. Das ist ja auch genug! Gib acht, daß du den Ring immer nur auf die Fingerspitze steckst.“ Er bedankte sich bei der Alten und ging zurück nach Hause, voller Freude, daß er nicht mit leeren Händen zu seiner Frau kam. Er ging und ging, da bekam er Hunger; er bog zur Seite ab und setzte sich unweit der Straße an 45
ein Rübenfeld, holte Dörrbrot aus dem Quersack, befeuchtete es mit Wasser und aß. Nun wollte er ein wenig ruhen; er legte sich hin mit dem Bauch nach oben und liebäugelte mit dem Ring: schob ihn auf die Fingerspitze, da stand sein Schwanz so lang wie eine Feuerspritze, er schob ihn ganz hinunter auf den Finger, da reckte sich sein Schwanz sieben Werst in die Länge; er zog den Ring ab, da ward sein Schwanz wieder zu einem Schwänzchen wie eh und je. Immer wieder betrachtete er den Ring, dann schlief er ein, vergaß jedoch, den Ring wegzustecken, der blieb auf seiner Brust liegen. Da fuhr eine Kutsche vorüber, darin saßen ein Edelmann und seine Frau. Der Edelmann sah den schlafenden Bauern, auf der Brust den Ring, der in der Sonne gleißte und glitzerte. Er hielt die Pferde an und sprach zu seinem Diener: „Gehe zu dem Bauern dort, nimm den Ring und bringe ihn mir.“ Der Diener lief sogleich hin und brachte seinem Herrn den Ring. Sie fuhren weiter. Der Edelmann betrachtete verliebt das Ringlein. „Schau nur, mein Herzblatt“, sprach er zu seiner Frau, „welch wunderschöner Ring, ich will ihn anstecken.“ Er schob den Ring sogleich auf den Finger, da reckte sich sein Schwanz aus der Hose, stieß den Kutscher vom Bock und fuhr der Stute unter den Schweif; die Stute keilte aus, und die Kutsche fuhr rascher. Die Edelfrau sah, daß Not am Mann war, erschrak von Herzen und schrie dem Diener zu: „Laufe geschwind zurück zu dem Bauern und bringe ihn her!“ Der Diener rannte zu dem Bauern, weckte ihn und sagte: „Komm schnell zu meinem 46
Herrn, Bauer!“ Der Bauer suchte nach seinem Ring. „Der Teufel soll deine Mutter ficken, hast du den Ring genommen?“ – „Suche nicht“, sagte der Diener, „komm zu meinem Herrn, er hat den Ring; das Ding hat uns viel Verdruß bereitet, mein Lieber.“ Der Bauer lief zu der Kutsche, und der Edelmann bat ihn: „Verzeih mir und hilf mir aus meiner Not!“ – „Und was gibst du mir, Herr?“ – „Hier hast du hundert Rubel!“ – „Gib mir zweihundert, dann helfe ich dir!“ Der Edelmann gab ihm zweihundert Rubel, der Bauer nahm das Geld und .zog ihm den Ring vom Finger, da war der Schwanz wie weggeblasen, und der Edelmann hatte nur noch ein Schwänzchen wie zuvor. Er fuhr davon, der Bauer aber ging mit seinem Ring nach Hause. Seine Frau sah ihn durchs Fenster ankommen und lief ihm entgegen. „Nun, wie ist es“, fragte sie, „hast du deinen Schwanz eingelöst?“ – „Habe ich.“ – „Zeige ihn mir!“ – „Komm ins Haus, ich kann ihn dir ja nicht auf dem Hof zeigen!“ Sie gingen ins Haus, und die Frau verlangte immerzu: „Zeige ihn mir und zeige ihn mir!“ Da schob er den Ring auf die Fingerspitze, und sein Schwanz stand lang wie eine Feuerspritze; er holte ihn aus der Hose. „Da, schau her, Frau!“ Sie küßte ihn und sprach: „Siehst du, lieber Mann, wir wollen das gute Stück lieber bei uns behalten, nicht bei fremden Leuten lassen. Laß uns hurtig essen, dann legen wir uns hin und probieren ihn aus!“ Sogleich stellte sie Speisen und Getränke auf den Tisch, gab ihm zu trinken und zu essen. Sie aßen 47
und legten sich schlafen. Er durchbohrte seine Frau mit dem Schwanz dermaßen, daß sie hernach noch drei Tage lang immer wieder unter ihren Rock schaute, denn sie glaubte nicht anders, als daß der Schwanz noch immer zwischen ihren Beinen steckte. Bald darauf ging sie ihre Mutter besuchen, und ihr Mann legte sich derweil im Garten unter den Apfelbaum. „Nun“, fragte die Mutter ihre Tochter, „habt ihr den Schwanz eingelöst?“ – „Haben wir, Mütterchen!“ Fortan hatte die Kaufmannsfrau nichts anderes mehr im Sinn, als heimlich zu ihrem Eidam zu laufen und seinen Riesenschwanz zu kosten. Die Tochter verplauderte sich, ihre Mutter aber entwischte zu ihrem Eidam; sie kam in den Garten, da sah sie ihn schlafen, der Ring aber steckte auf seiner Fingerspitze, und der Schwanz stand so lang wie eine Feuerspritze. Ich will doch gleich mal draufsteigen, dachte die Schwiegermutter, kletterte hinauf und fing an, sich auf dem Schwanz zu schaukeln. Zu ihrem Unglück rutschte dabei der Ring ihrem schlafenden Eidam ganz auf dem Finger hinunter, da fuhr die Schwiegermutter auf dem Schwanz sieben Werst weit in die Höhe. Die Tochter sah, daß ihre Mutter weggegangen war, da schwante ihr nichts Gutes, und sie stürzte heim. Im Hause war niemand, da lief sie in den Garten und sah: Ihr Mann schläft, sein Schwanz aber ragt weit in die Höhe, und ganz oben, kaum noch zu sehen, wiegt sich die Mutter wie im Winde, sitzt auf dem Schwanz wie gepfählt. Was tun, 48
wie das Mütterchen von dem Schwanz herunterkriegen? Inzwischen waren viele Menschen zusammengelaufen, die rätselten und überlegten. Die einen sagten: „Da gibt’s nur eines, ein Beil nehmen und den Schwanz abhacken“, die anderen sagten: „Nein, das taugt nichts! Wozu zwei Menschen unglücklich machen? Wenn wir den Schwanz abhacken, stürzt die Alte auf die Erde und schlägt sich zu Tode. Lasset uns lieber mit der ganzen Gemeinde beten, vielleicht kommt die Alte durch ein Wunder von dem Schwanz herunter!“ Da erwachte der Schwiegersohn, sah, daß der Ring ganz auf dem Finger hinuntergeschoben war, sein Schwanz sieben Werst hoch gen Himmel ragte und ihn so fest zu Boden drückte, daß er sich nicht auf die Seite drehen konnte. Da zog er ganz langsam den Ring vom Finger, um den Schwanz zu vermindern; der Ring gelangte an die Fingerspitze, da war der Schwanz nur noch so lang wie eine Feuerspritze. Der Eidam sah, daß die Schwiegermutter drauf saß. „Aber Mütterchen, wie bist du denn dahin geraten?“ – „Verzeih mir, lieber Eidam, ich will’s nie wieder tun.“
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13 Die erregte Edelfrau Es lebte einmal ein reicher Bauer, der hatte einen Sohn namens Iwan. „Warum tust du gar nichts, mein Sohn?“ sprach der Vater zu ihm. – „Das kommt schon noch zur Zeit! Gib mir hundert Rubel und segne mein Gewerbe.“ Der Vater gab ihm das Geld. Iwan ging in die Stadt, da kam er an einem herrschaftlichen Hof vorbei und erblickte im Garten die Edelfrau, die war sehr schön. Er blieb stehen und schaute durch das Gitter. „Warum stehst du da, junger Bursche?“ fragte die Edelfrau. – „Dich schaue ich an, Edelfrau, du bist gar zu schön! Wenn du mir deine Füße bis zu den Knöcheln zeigen wolltest, würde ich dir hundert Rubel geben!“ – „Warum soll ich sie dir nicht zeigen? Da, schau her!“ sprach die Edelfrau und hob ihr Kleid. Iwan gab ihr die hundert Rubel und kehrte nach Hause zurück. „Nun, Söhnchen, was für Waren hast du gekauft?“ fragte der Vater. „Was hast du mit den hundert Rubeln gemacht?“ – „Ich habe eine Stelle auf dem Markt gekauft und Holz für den Stand. Gib mir noch zweihundert Rubel, ich muß den Zimmerleuten ihre Arbeit bezahlen.“ Der Vater gab ihm das Geld. Der Sohn stellte sich wieder vor den Garten. Die Edelfrau sah ihn und fragte: „Warum bist du wiedergekommen, junger Bursche?“ – „Laß mich ein 50
in den Garten, Edelfrau, und zeige mir deine Knie, dann will ich dir zweihundert Rubel geben.“ Sie ließ ihn ein in den Garten, hob das Kleid und zeigte ihm ihre Knie. Der Bursche gab ihr das Geld, verbeugte sich und ging zurück nach Hause. „Nun, mein Sohn, hast du dich eingerichtet?“ – „Habe ich, Väterchen: gib mir dreihundert Rubel, damit ich Ware kaufe.“ Der Vater gab ihm das Geld. Der Sohn begab sich stracks zum Garten der Edelfrau, blieb stehen und schaute durch das Gitter. Sein Vater aber dachte: Ich will doch sehen, was für einen Handel er treibt. Er ging dem Sohn nach und sah, was er tat. „Warum bist du wiedergekommen?“ fragte die Edelfrau. Der Bursche antwortete ihr: „Möge es dich nicht erzürnen, Herrin, aber erlaube mir, mit meinem Schwanz über deine Pflaume zu streichen, so will ich dir dreihundert Rubel geben.“ – „Bitte sehr!“ Sie ließ ihn ein in den Garten, nahm das Geld und legte sich ins Gras; der Bursche aber warf die Hose ab und führte seinen Schwanz ganz sacht an ihren Lippen entlang. Das erregte sie dermaßen, daß sie ihn von selber bat: „Stoße ihn mitten hinein! Bitte, steck ihn hinein!“ Der Bursche aber wollte nicht. „Ich habe dich nur gebeten, daß ich mit dem Schwanz über deine Lippen streichen darf.“ – „Ich gebe dir dein ganzes Geld zurück“, sprach die Edelfrau. – „Nicht nötig“, dabei strich er ihr immer weiter mit dem Schwanz über die Lippen. – „Du hast mir sechshundert ge-
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geben, ich will dir das Doppelte zurückgeben, nur stecke ihn richtig hinein!“ Der Vater schaute und schaute, dann hielt er’s nicht mehr aus und schrie durchs Gitter: „Nimm das Geld, mein Sohn! Eine Kopeke je Kopeke ist ein guter Gewinn!“ Die Edelfrau hörte es, riß sich los und lief davon. Der Bursche blieb ohne eine Kopeke zurück und schalt seinen Vater: „Wer hat dich gebeten zu schreien, du alter Zausel!“
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14 Die beiden Ehefrauen Es waren einmal zwei Kaufleute, beide verheiratet, und sie lebten untereinander in Frieden und Eintracht. Eines Tages sprach der eine Kaufmann zum anderen: „Höre, Bruder, laß uns doch die Probe machen, welche von unseren Frauen ihren Mann mehr liebt.“ – „Gut, aber wie?“ – „Das machen wir so: Wir rüsten zur Reise auf den Jahrmarkt, und diejenige, die heftiger weint, ist es, die ihren Mann mehr liebt.“ Sie rüsteten also zur Reise, und als ihre Frauen von ihnen Abschied nahmen, weinte die eine ganz schrecklich, die andere aber lachte. Die Kaufleute brachen auf, und nachdem sie fünfzehn Werst zurückgelegt hatten, sprachen sie untereinander: „Hei, deine Frau liebt dich ja sehr“, sagte der eine, „sie hat so geweint beim Abschied, die meine aber hat gelacht!“ Der andere sagte: „Weißt du was, Bruder, unsere Frauen haben uns verabschiedet, laß uns zurückfahren und schauen, was sie ohne uns tun.“ – „Gut!“ Sie fuhren in der Nacht zurück und betraten die Stadt zu Fuß. Als erstes schlichen sie zum Hause des Kaufmanns, dessen Frau beim Abschied so bitterlich geweint hatte; sie äugten durchs Fensterchen und sahen sie mit ihrem Liebhaber feuchtfröhlich beieinandersitzen. Der Liebhaber goß ein Glas Wodka ein, trank selbst und reichte es ihr: „Da, Liebste, trink!“ Sie trank und sprach: 53
„Mein liebenswürdiger Freund, jetzt bin ich ganz dein.“ – „Welch ein Unsinn – ganz mein! Irgendwas wird doch auch deinem Mann gehören!“ Da drehte sie sich um, zeigte ihm ihren Arsch und sprach: „Nur das gehört dem Hurensohn, mein Arsch!“ Darauf gingen die Kaufleute zu der Frau, die nicht geweint, sondern gelacht hatte; sie kamen zu ihrem Haus und sahen durchs Fensterchen, daß vor den Ikonen das Lämpchen brannte; davor kniete die Frau, betete inbrünstig und sprach: „Herrgott, beschütze meinen Mann auf seiner Reise und gib ihm eine gute Heimkehr!“ – „Na bitte“, sprach der eine Kaufmann zum anderen, „jetzt fahren wir zum Jahrmarkt.“ Sie fuhren hin und hatten bei ihrem Handel Glück wie nie zuvor. Als es Zeit war, zurückzukehren, rüsteten sie zur Heimreise und wollten ihren Frauen auch ein Geschenk mitbringen. Der eine Kaufmann, dessen Frau zu Gott gebetet hatte, kaufte ihr herrlichen Brokat für einen Pelzmantel, der andere aber erstand ein Stück Brokat, das nur für den Arsch reichte. ‚Schließlich ist nur der Arsch mein! Also brauche ich nur einen halben Arschin Stoff, ich will ja nur meinem Arsch was Gutes tun!’ Sie kamen nach Hause und gaben ihren Frauen die Geschenke. „Warum hast du so einen Lappen gekauft?“ fragte die Frau ärgerlich. – „Denke daran, du Hure, wie du hier mit deinem Liebhaber gesessen und gesagt hast, nur der Arsch sei mein; nun, das, was mein ist, will ich wohl schmücken! Nähe dir was draus und trage das Zeug auf dem Arsch.“ 54
15 Die schamhafte Edelfrau Es war einmal eine junge Edelfrau, die hatte schon viele Diener gehabt, doch sie alle waren Zotenreißer, und sie hatte sie wieder weggeschickt. Ein junger Bursche sagte sich: Ich will hingehen und mich bei ihr verdingen. Er ging also zu ihr. „Paß auf, mein Bester!“ sprach die Edelfrau. „Mir tut es ums Geld nicht leid, nur eine Bedingung ist dabei: Du darfst keine gemeinen Wörter sagen!“ – „Wie kann man denn gemeine Wörter sagen!“ Eines Tages fuhr die Edelfrau zu ihrem Gut, und als sie sich dem Dorf näherte, erblickte sie eine Schweineherde. Ein Eber bestieg eben eine Sau, und er war so eifrig bei seiner Arbeit, daß ihm der Schaum von der Schnauze troff. Die Edelfrau sprach zu ihrem Diener: „Höre!“ – „Was wünscht die gnädige Frau?“ – „Was ist das?“ Der Diener war nicht auf den Kopf gefallen. „Das ist so: Das untere Schwein ist eine Verwandte von dem oberen, Schwester oder Tante, und das obere ist der Bruder oder Neffe; er ist gar nicht gesund, darum trägt ihn das untere nach Hause.“ – „Ja, ja, so ist es!“ sagte die Edelfrau und lachte. Sie fuhren weiter, da kamen sie zu einer Rinderherde. Ein Bulle bestieg eben eine Kuh. „Nun, was ist das?“ fragte die Edelfrau. – „Das ist so: Die Kuh ist schwach bei Kräften und kann nicht selber fressen, sie hat alles Gras im Umkreis ab55
gerupft, und nun schiebt der Bulle sie dahin, wo frisches Gras ist.“ – „So ist es!“ sagte die Edelfrau und lachte. Sie fuhren weiter, da kamen sie zu einer Pferdeherde. Ein Hengst bestieg eben eine Stute. „Und was ist das?“ – „Schaut, gnädige Frau, dort hinterm Wald ist eine Rauchwolke, wahrscheinlich brennt etwas, darum hat der Hengst die Stute bestiegen, um den Brand zu sehen.“ – „Ja, ja, so ist es!“ sagte die Edelfrau und lachte schallend. Wieder fuhren sie weiter und kamen an einen Fluß. Die Edelfrau gelüstete es zu baden, sie ließ halten, zog sich aus und stieg ins Wasser. Der Diener stand dabei und sah zu. „Wenn du mit mir baden willst, zieh dich flink aus!“ Der Diener zog sich aus und stieg ins Wasser. Da sah sie bei ihm das Instrument, mit dem man lebendige Menschen macht, sie erbebte vor Freude und fragte: „Schau her, was habe ich hier?“ Dabei zeigte sie auf ihr Loch. – „Das ist ein Brunnen“, sagte der Diener. – „Ja, so ist es! Und was ragt da bei dir so hervor?“ – „Das nennt sich Pferd.“ – „Und möchte das Pferd trinken?“ – „Es möchte, gnädige Frau, darf es aus Eurem Brunnen trinken?“ – „Na, laß es schon trinken, aber nur oben, nicht in der Tiefe!“ Der Diener führte sein Pferd zu der Edelfrau und begann sie zu reizen. Da riß es sie hin, und sie befahl ihm: „Schick es tiefer, schick es tiefer, damit es sich richtig satt trinkt!“ Da vergnügte er sich nach Herzenslust, und die beiden kamen nur mit Mühe wieder aus dem Wasser.
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16 Wie der Pope ein Kalb gebar Es war einmal ein Pope mit seiner Popenfrau, die hatten einen Knecht namens Wanka. Dem ging es dort nicht gut, denn die Popenfrau war schrecklich geizig. Eines Tages fuhr der Pope mit dem Knecht ins Heu, zehn Werst weit. Sie luden zwei Fuder auf. Plötzlich kam eine Herde Kühe zu dem Heu. Der Pope nahm eine Gerte, stürzte zu den Kühen und verjagte sie, dann kehrte er ganz verschwitzt zu seinem Knecht zurück. Bald waren sie mit der Arbeit fertig und fuhren nach Hause. Es war schon dunkel. „Wanka!“ sprach der Pope. „Ob wir nicht lieber im Dorf übernachten, bei Gwosd vielleicht? Er ist ein gutmütiger Mann und hat einen überdachten Hof.“ – „Gut, Väterchen!“ antwortete Wanka. Sie kamen ins Dorf und baten den Bauern um ein Nachtquartier. Der Knecht ging ins Haus, sprach ein Gebet, verbeugte sich vor dem Hausherrn und sprach: “Paß auf, Hausherr, wenn du dich zum Abendessen setzest, so sprich: Alle Getauften mögen sich setzen! Sage aber nicht zum Popen: Setzt Euch, geistlicher Vater!, das würde ihn sehr ärgern, und er würde sich nicht setzen, denn er mag es nicht, so genannt zu werden.“ Der Pope hatte die Pferde ausgespannt und kam auch ins Haus. Da hieß der Hausherr seine Frau, den Tisch zu decken, und als alles fertig war, sprach er: „Alle Getauften mögen sich setzen.“ 57
Alle setzten sich hin, nur der Pope nicht, er saß beiseite auf einem Bänkchen und glaubte, der Hausherr werde ihn besonders bitten, doch das geschah nicht. Sie aßen zu Abend. Danach fragte der Hausherr den Popen: „Warum hat sich Vater Michail nicht zu uns gesetzt?“ Der Pope antwortete: „Ich habe keinen Hunger.“ Nun ging es ans Schlafengehen. Der Hausherr führte den Popen und seinen Knecht in die Viehstube, weil es dort wärmer war als im Haus. Der Pope legte sich auf den Ofen, der Knecht aber auf die Hängepritsche. Wanka schlief sogleich ein, der Pope aber dachte nur, wo er etwas zu essen herbekäme. In der Viehstube war nichts als ein Trog mit Teig. Der Pope weckte den Knecht. „Was braucht Ihr, Väterchen?“ – „Knecht, ich habe Hunger.“ – „Nun, warum esset Ihr nicht? In dem Trog ist doch das gleiche Brot wie auf dem Tisch.“ Wanka stieg von der Hängepritsche, neigte den Trog schräg und sprach: „Hier ist genug!“ Der Pope aß aus dem Trog, und Wanka stieß ihn wie versehentlich an, so daß der Pope mit Teig bekleckert ward. Der Pope legte sich gesättigt wieder auf den Ofen und schlief alsbald ein. Um diese Zeit kalbte im Hof eine Kuh und begann zu muhen. Die Hausfrau hörte es, ging in den Hof, nahm das Kälbchen, brachte es in die Viehstube und stopfte es auf den Ofen zu dem Popen, dann ging sie wieder. Der Pope erwachte in der Nacht und spürte, daß eine Zunge ihn leckte; seine Hand fühlte das Kalb, und er weckte den Knecht. „Was soll’s denn nun 58
schon wieder sein?“ fragte Wanka. Der Pope antwortete: „Wanka, bei mir liegt ein Kalb auf dem Ofen, und ich weiß nicht, wo es herkommt.“ – „Was Ihr Euch so ausdenkt! Ihr habt es selbst geboren, und dann wollt Ihr nicht wissen, wo es herkommt.“ – „Aber wie kann denn das sein?“ fragte der Pope. – „Das war so: Wißt Ihr noch, Väterchen, wie wir das Heu aufgeladen haben? Da seid Ihr doch hinter den Kühen hergelaufen! Und jetzt habt Ihr das Kalb geboren.“ – „Wanka, wir müssen es so einrichten, daß es die Popenfrau nicht erfährt.“ – „Gebt mir dreihundert Rubel, dann richte ich es so ein, daß es niemand erfährt.“ Der Pope willigte ein. „Hört zu“, sprach der Knecht zu ihm, „Ihr geht jetzt sacht nach Hause und zieht statt der Stiefel meine Bastschuhe an.“ Kaum war der Pope gegangen, da lief der Knecht zum Hausherrn. „Ach, du Esel, du weißt ja nicht, daß das Kalb den Popen aufgefressen und nur die Stiefel übriggelassen hat; komm mit und sieh.“ Der erschrockene Bauer versprach dem Knecht dreihundert Rubel, wenn er es so einrichtete, daß niemand davon erfuhr. Wanka versprach es, nahm das Geld, stieg aufs Pferd und sprengte dem Popen hinterher. Als er ihn eingeholt hatte, sagte er: „Väterchen, der Bauer will das Kalb zur Popin bringen und ihr sagen, daß Ihr es geboren habt!“ Da erschrak der Pope noch heftiger und legte Wanka einen Hunderter drauf, damit der alles im stillen regelte. „Geht nur, ich will alles tun!“ sprach der Knecht und ritt zurück zu dem Bauern. „Die Popenfrau 59
wird noch verrückt, wenn der Pope nicht zurückkehrt, dann ergeht’s dir schlecht.“ Der einfältige Bauer gab dem Knecht noch einen Hunderter und sagte: „Beruhige die Popenfrau und sprich zu keinem davon.“ – „Gut, gut!“ sagte der Knecht, ritt zum Friedhof, nahm dem Popen noch mehr Geld ab, ging von ihm weg, heiratete und lebte herrlich und in Freuden.
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17 Pope, Popenfrau, Popentochter und Knecht Ein Pope wollte einen Knecht dingen, da trug ihm die Popenfrau auf: „Sieh zu, Pope, daß du keinen Zotenreißer einstellst; unsere Tochter ist im heiratsfähigen Alter!“ – „Schon gut, Mutter! Einen Zotenreißer nehme ich nicht.“ Der Pope machte sich auf den Weg und fuhr die Straße entlang, da kam ihm ein junger Bursche zu Fuß entgegen. „Sei gegrüßt, Väterchen!“ – „Sei gegrüßt, mein Sohn! Wohin des Wegs?“ – „Ich will mich als Knecht verdingen, Väterchen.“ – „Und ich, mein Sohn, suche eben einen Knecht, komm zu mir.“ – „Gern, Väterchen!“ – „Aber nur unter der Bedingung, mein Sohn, daß du keine gemeinen Wörter gebrauchst.“ – „Ich, Väterchen, habe noch nie gemeine Wörter gehört!“ – „Nun, so steige auf, einen wie dich brauche ich grade.“ Der Pope aber hatte eine Stute vor dem Wagen; nun hob er ihr den Schweif hoch und zeigte mit dem Peitschenstiel auf ihre Pflaume. „Was ist das, mein Bester?“ – „Die Pflaume, Väterchen!“ – „Nun, mein Bester, einen wie dich kann ich nicht gebrauchen, geh deiner Wege.“ Der Bursche sah, daß er einen Bock geschossen hatte, aber da war nichts zu machen, er stieg vom Wagen und überlegte, wie er’s anstellen könnte, den Popen hereinzulegen. Er überholte den Popen seitlich der Straße, eilte ihm voraus, krempelte 61
seinen Pelz um und kam ihm wieder entgegen. „Sei gegrüßt, Väterchen!“ – „Sei gegrüßt, mein Sohn. Wohin des Wegs?“ – „Ich will mich als Knecht verdingen, Väterchen.“ – „Und ich, mein Sohn, suche eben einen Knecht, komm zu mir, doch unter einer Bedingung: Du darfst keine gemeinen Wörter gebrauchen; wer von uns als erster ein solches Wort sagt, muß hundert Rubel bezahlen! Einverstanden?“ – „Gern, Väterchen, ich kann gemeine Wörter nicht ausstehen.“ – „Nun gut, steige auf, mein Sohn.“ Der Bursche setzte sich zu ihm, und sie fuhren mitsammen zum Dorf. Nachdem sie ein Stückchen gefahren waren, hob der Pope den Schweif der Stute hoch und zeigte mit dem Peitschenstiel auf ihre Pflaume. „Was ist das, mein Sohn?“ – „Das ist ein Gefängnis, Väterchen!“ – „Ei, mein Sohn, solch einen Knecht wie dich habe ich gesucht.“ Sie kamen vor das Haus des Popen und gingen hinein. Der Pope hob der Popenfrau den Rock hoch, zeigte mit dem Finger auf ihre Pflaume und fragte: „Und was ist das, mein Sohn?“ – „Ich weiß nicht, Väterchen! So was Schreckliches habe ich noch nie gesehen!“ – „Sei unbesorgt, mein Sohn! Das ist auch ein Gefängnis.“ Dann rief er seine Tochter, schlug auch ihr den Rock hoch und zeigte auf ihre Pflaume. „Und was ist das?“ – „Ein Gefängnis, Väterchen!“ – „Nein, mein Sohn, das ist ein Zuchthaus.“ Sie aßen zu Abend und legten sich schlafen. Der Knecht kletterte auf den Ofen. Er hatte die Socken des Popen mitgenommen, zog sie nun mit beiden 62
Händen über seinen Schwanz und schrie aus vollem Halse: „Väterchen, ich habe einen Dieb gefangen! Mache geschwind Licht.“ Der Pope sprang auf und lief durch die Stube wie verrückt. „Laß ihn nicht entkommen, halte ihn fest!“ rief er dem Knecht zu. – „Er entkommt mir schon nicht!“ Der Pope machte Licht, stieg auf den Ofen und sah, daß der Knecht mit beiden Händen seinen Schwanz festhielt, und auf dem Schwanz steckten die Socken. „Da ist er, Väterchen, siehst du, er hat deine Socken geklaut, der Spitzbube muß bestraft werden!“ – „Was redest du, hast du den Verstand verloren?“ fragte der Pope. – „Nein, Väterchen, ich kenne keine Gnade für Diebe; steh auf, Mutter, wir wollen den Spitzbuben ins Gefängnis sperren.“ Die Popin stand auf, und der Knecht hieß sie, sich hurtig auf alle viere zu stellen. Da war nichts zu machen, die Popin stellte sich auf alle viere, und der Knecht begann sie zu bearbeiten. Der Pope sah, daß Übles geschah, und sagte: „Was machst du denn, mein Bester? Du fickst sie ja!“ – „Ach, Väterchen, wir hatten ausgemacht, keine gemeinen Wörter zu gebrauchen; du mußt mir hundert Rubel bezahlen.“ Dem Popen blieb nichts anderes übrig, als den Geldbeutel zu lockern; der Knecht aber fickte die Popin nach Herzenslust, dann nahm er wieder den Schwanz in beide Hände und schrie: „Im Gefängnis zu sitzen ist noch viel zuwenig für dich Kanaille, ich sperre dich auch noch ins Zuchthaus! Komm her, mein Täubchen“, sagte er zu der Popentochter, „öffne das Zucht63
haus!“ Sie mußte sich auch auf alle viere stellen, und er traktierte sie auf seine Weise. Die Popenfrau stürzte zum Popen. „Was guckst du so, Väterchen! Er fickt ja unsere Tochter!“ – „Schweig“, sagte der Pope zu ihr, „ich habe für dich hundert Rubel bezahlt, soll ich vielleicht für die Tochter auch noch hundert bezahlen? Nein, soll er machen, was er will, ich sage gar nichts mehr!“ Der Knecht bediente die Popentochter aufs beste, doch der Pope jagte ihn aus dem Hause.
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18 Das Ferkel In einem Dorf lebte einmal ein Pope, der hatte eine Tochter, wunderschön anzuschauen. Eines Tages dingte der Pope einen Knecht, der war ein Tollkopf, und er lebte bei dem Popen einen Monat und noch einen und einen dritten. Zu dieser Zeit ward einem reichen Bauern im Dorf ein Kind geboren, und er kam zum Popen und lud ihn ein, den Säugling zu taufen. „Seid unser Gast, Väterchen, bringt Eure Gattin mit, laßt sie nicht zu Hause!“ Nun sind aber die Popen stets auf fremdes Gut und üppige Bewirtung erpicht. Der Pope spannte also seine Stute ein und fuhr mit der Popin zur Kindstaufe, der Knecht aber blieb mit der Popentochter allein. Er hatte Hunger, und im Herd der Popenfrau lagen zwei gebratene Ferkel verwahrt. „Höre, was ich dir sage“, sprach er zu der Popentochter, „laß uns die beiden Ferkel aufessen, der Pope und die Popenfrau sind ja nicht zu Hause!“ Sie willigte ein. Da holte er sogleich das eine Ferkel, und sie aßen es mitsammen auf. „Das andere“, sprach er zu der Popentochter, „will ich unter deinem Rock verstecken, damit es deine Eltern nicht finden, wir essen es später auf! Und wenn deine Eltern danach fragen, sagst du, die Katze hat sie gefressen.“ – „Aber wie willst du es unter meinem Rock verstecken!“ – „Das ist nicht deine
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Sache! Ich weiß schon wie!“ – „Na gut, verstecke es!“ Er hieß sie, sich zu bücken, sie stellte sich auf alle viere, er hob ihr den Rock hoch und schob ihr seinen Knüppel in die Pflaume. „Ach, wie gut du es versteckst!“ sagte die Popentochter. „Aber wie kriege ich es von dort wieder raus?“ – „Das ist nicht weiter schwer, du lockst es mit Hafer, dann kommt es von selbst wieder heraus.“ Der Knecht bediente sie so trefflich, daß sie alsbald schwanger ward. Als ihr der Bauch zu schwellen begann, lief sie alle naselang hinaus in den Hof, denn in ihrem Bauch bewegte sich das Kind, sie aber glaubte, es wäre das Ferkel; auf der Vortreppe hob sie das Bein, streute Hafer auf den Fußboden und lockte: Schnuff-schnuff-schnuff! Vielleicht kommt es raus! Eines Tages sah es der Pope und überlegte mit seiner Frau, die Tochter müsse doch schwanger sein, und wir sollten sie fragen, mit wem der Teufel sie zusammengebracht habe. Sie riefen die Tochter: „Annuschka, komm her! Was ist das mit dir, wovon bist du so schwer geworden?“ Sie machte große Augen und schwieg; was die mich da fragen, dachte sie. „Nun sage schon, wovon hast du den Bauch?“ Die Popentochter schwieg. „Nun sage es schon, du Dumme! Wovon hast du den dicken Wanst?“ – „Ach, Mamilein, ich habe doch ein Ferkel im Bauch, der Knecht hat es mir hineingesteckt!“ Da schlug sich der Pope mit der Hand vor die Stirn und stürzte nach dem Knecht, doch der war längst über alle Berge. 66
19 Der Pope und der Bauer In einem Land hinter den Bergen, um die Wahrheit zu sagen, in dem Land, in dem wir leben, lebte einmal ein Bauer, der hatte eine junge Frau. Eines Tages mußte er Geld verdienen gehen, und seine schwangere Frau blieb allein zu Hause. Der Pope hatte schon lange ein Auge auf sie geworfen, und nun überlegte er, wie er dem Bauern in die Tasche scheißen könne. Er hatte Glück, die Frau kam zu ihm beichten. „Sei gegrüßt, Marja!“ sprach der Pope. „Wo ist denn dein Mann?“ – „Arbeiten gegangen, Väterchen!“ – „Ach, dieser Spitzbube! Wie konnte er dich allein lassen? Er hat dir doch ein Kindchen gezeugt, aber er hat es nicht fertig gemacht! Jetzt wirst du eine Mißgeburt zur Welt bringen, ein Kind ohne Arme oder ohne Beine, und dann gibt’s böses Gerede im ganzen Kreis.“ Die Frau war recht einfältig. „Was soll ich machen, Väterchen? Ist dem Übel nicht abzuhelfen?“ – „Ich kann es versuchen, um deinetwillen, für deinen Mann wäre ich nicht bereit!“ – „Versuche es, Väterchen!“ bat ihn die Frau unter Tränen. – „Nun, meinetwegen, ich mache dir das Kind fertig! Komme am Abend zu uns in die Scheune. Ich werde Futter holen für das Vieh, dann bringe ich dir alles in Ordnung.“ – „Danke, Väterchen!“ Am Abend ging die Frau zum Popen in die Scheune. „So, nun lege dich ins Stroh, meine Lie67
be.“ Die Frau legte sich hin und machte die Beine breit; der Pope besorgte es ihr sechsmal und sprach: „Geh nach Hause, und geh mit Gott! Jetzt hat alles seine Richtigkeit.“ Die Frau verbeugte sich dankbar vor dem Popen. Als ihr Mann nach Hause zurückkehrte, saß die Frau da und schob schmollend die Lippen vor, so ärgerlich war sie. „Was verziehst du den Rüssel?“ fragte der Bauer. „Sieh zu, daß ich dir nicht eins draufhaue!“ – „Du sei still! Du kannst nur alles verderben, gehst aus dem Hause und hast das Kind nicht fertig gemacht! Glücklicherweise hat sich der Pope erbarmt, hat es fertig gemacht, sonst hätte ich dir eine Mißgeburt zur Welt gebracht!“ Der Bauer sah, daß der Pope ihm in die Tasche geschissen hatte. Na warte, dachte er, das kriegst du zurück! Als die Zeit gekommen war, gebar die Frau einen Knaben, und der Bauer fuhr zum Popen, ihn zur Taufe einladen. Der Pope kam, taufte den Säugling und setzte sich zu Tisch, Wodka trinken. „Welch wunderbarer Wodka!“ sprach er zum Hausherrn. „Schicke doch jemanden meine Popenfrau holen, sie möchte auch gern welchen trinken.“ – „Ich gehe sie selber holen, Väterchen!“ – „Geh nur, mein Sohn!“ Der Bauer kam zu der Popenfrau und lud sie ein. „Danke, daß du mich nicht vergessen hast! Gleich will ich mich ankleiden!“ sprach die Popin. Sie kleidete und putzte sich, legte ihre goldenen Ohrringe auf die Bank und ging sich waschen, aber sie befeuchtete nur die Augen mit Wasser. 68
Inzwischen nahm der Bauer die Ohrringe und steckte sie zu sich. Als die Popin vom Waschen zurückkam, suchte sie die Ohrringe, doch sie waren nirgends zu finden. „Hast du sie vielleicht genommen?“ fragte sie den Bauern. – „Wie sollte ich, Mütterchen! Ich habe freilich gesehen, wo sie geblieben sind, doch es zu sagen ist mir peinlich.“ – „Macht nichts, sag’s nur!“ – „Du hast doch auf der Bank gesessen, da hat die Pflaume sie gefressen!“ – „Kann man sie dort nicht irgendwie rausholen?“ – „Ich will es versuchen, weil du es bist!“ Er schlug ihr den Rock hoch und fickte drauflos; er machte es ihr zweimal, dann zog er seinen Knüppel heraus und hängte den einen Ohrring über die Kuppe. „Da habe ich ihn, Mütterchen!“ Sodann bestieg er die Popenfrau noch zweimal und holte auch den anderen Ohrring heraus. „Du hast ich abgerackert, du Ärmster! Aber bemühe dich noch einmal; seit drei Jahren vermissen wir einen Kupferkessel, suche doch, ob er nicht auch drin ist!“ Der Bauer bearbeitete sie noch zweimal. „Nein, Mütterchen, ich kann ihn nicht kriegen! Er ist freilich da drin, aber er hat sich mit dem Boden nach oben gedreht und läßt sich nicht fassen!“ Nachdem sie mit dieser Arbeit fertig waren, ging die Popenfrau mit dem Bauern zur Taufe und sprach zum Popen: „Du hast gewiß lange gewartet, Väterchen?“ – „Das habe ich! Du“, sagte er zu dem Bauern, „bist gut nach dem Tod zu schicken!“ – „Was redest du, Väterchen! Meine Ohrringe waren doch verschwunden, ich hatte sie 69
auf die Bank gelegt und darauf gesessen, da hat meine Pflaume sie gefressen; sage dem Bauern Dank; er hat sie mir wieder herausgeholt!“ Der Pope hörte es, er saß beleidigt da wie ein Uhu, der Bauer aber war gerächt.
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20 Schieb Wärme hinein Es war einmal ein Bauer, der hatte drei Söhne; zwei waren gescheit, der dritte aber war ein Dummkopf. Eines Tages fragte der Bauer: „Meine lieben Söhne, womit werdet ihr mich ernähren, wenn ich alt bin?“ Die beiden älteren Brüder sagten, mit Arbeit, der Dummkopf aber gab denn auch eine dumme Antwort: „Womit soll ich dich wohl ernähren, wenn nicht mit meinem Schwanz!“ Tags darauf nahm der älteste Sohn die Sense und ging Gras mähen; er ging die Straße entlang, da kam ihm der Pope entgegen. „Wohin des Wegs?“ fragte der Pope. – „Ich suche Arbeit, Gras mähen.“ – „Komm zu mir, aber eine Bedingung ist dabei: Ich gebe dir hundert Rubel, wenn meine Tochter nicht über den Haufen hinwegspringt, den du an einem Tag gemäht hast; gelingt, es ihr dennoch, so bekommst du keine Kopeke.“ Das schafft sie nie! dachte der Bursche und willigte ein. Der Pope führte ihn aufs Feld. „Hier mußt du mähen, Knecht.“ Der Bursche begann sogleich zu mähen und hatte bis zum Abend einen Haufen zusammengemäht, beängstigend anzusehen. Die Popentochter aber kam und sprang darüber hinweg. Mit leeren Händen kehrte der Bursche nach Hause zurück. Dem mittleren Bruder widerfuhr das gleiche. Und dann machte sich der Dummkopf auf den 71
Weg. „Ich will doch losgehen“, sagte er, „und mir für meinen Schwanz Arbeit suchen.“ Er nahm die Sense und machte sich auf den Weg, da kam ihm derselbe Pope entgegen und bot ihm unter der gleichen Bedingung Arbeit an. Der Dummkopf begann zu mähen, er mähte eine Reihe, dann zog er die Hose aus und stellte sich auf alle viere. Da kam die älteste Popentochter und fragte: „Knecht, warum mähst du nicht?“ – „Warte ein wenig, ich will nur noch Wärme in den Arsch schieben, damit ich im Winter nicht frieren muß.“ – „Schiebe mir bitte auch Wärme rein, wir wollen im Winter Besuche machen, und unterwegs frieren wir immer.“ – „Stell dich auf alle viere, die Wärme ist schnell reingeschoben!“ Sie stellte sich auf alle viere, der Dummkopf brachte seinen Schwengel zum Stehen, stieß ihn ihr in die Pflaume und begann Wärme hineinzuschieben, und er schob so lange, daß sie von Schweiß überströmt ward. Dann holte er ihn wieder ein und sagte: „So, das reicht für den Winter!“ Sie lief nach Hause und sagte zu ihren beiden Schwestern: „Ach, meine lieben Schwesterchen, der Knecht hat mir herrliche Wärme in den Arsch geschoben, der Schweiß ist nur so runtergelaufen!“ Da liefen die beiden ebenfalls hin, und der Dummkopf schob auch ihnen Wärme für den Winter hinein. Gras aber hatte er ganz wenig gemäht, nur drei Reihen. Der Pope kam mit seiner ältesten Tochter und sagte prahlerisch: „Geh lieber gleich nach Hause, Knecht, meine Tochter springt mühelos darüber.“ 72
– „Das wollen wir sehen!“ Der Pope hieß seine Tochter springen; sie hob den Rock und sprang, doch sie pinkelte sich nur in die Strümpfe. „Da siehst du’s!“ sagte der Dummkopf. „Und du prahlst noch.“ Der Pope schickte ärgerlich nach seinen jüngeren Töchtern. „Wenn sie auch nicht drüber weg springen“, sagte er, „dann bekommst du für jede hundert Rubel!“ – „Gut.“ Aber auch die mittlere und die jüngste bepinkelten sich nur. Der Dummkopf knöpfte dem Popen dreihundert Rubel ab, ging zu seinem Vater und sagte: „Das hat mein Schwanz verdient! Seht nur, wieviel Geld!“
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21 Die Bestattung des Rüden Es war einmal ein Bauer, der hatte einen Rüden. Als er einmal sehr ärgerlich auf das Tier war, nahm er es mit in den Wald und band es an eine Eiche. Der Rüde wühlte mit den Pfoten die Erde auf, er untergrub die Wurzeln so sehr, daß der Wind den Baum fällte. Tags darauf kam der Bauer in den Wald nachsehen, was sein Rüde machte. Er kam an die Stelle, wo er ihn angebunden hatte, und sah, daß die Eiche gestürzt war; darunter aber fand er einen großen Kessel voll Gold. Der Bauer freute sich, lief nach Hause, spannte das Pferd ein und fuhr in den Wald; er sammelte alles Gold ein und setzte den Rüden auf den Wagen. Nach Hause zurückgekehrt, sprach er zu den Frauen: „Daß ihr es dem Rüden auf jede Weise recht macht! Wenn ihr nicht für ihn sorgt und ihn nicht füttert, rechne ich auf meine Art mit euch ab!“ Nun, die Frauen fütterten den Rüden um die Wette, bereiteten ihm ein weiches Lager und umhegten ihn auf jede Weise. Der Bauer aber vertraute keinem als dem Rüden; wohin er auch fuhr, die Schlüssel hängte er stets dem Rüden um den Hals. Der Rüde lebte noch eine Weile, doch dann erkrankte er und ging ein. Der Bauer gedachte den
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Hund mit allem Zeremoniell zu bestatten; er nahm fünftausend Rubel und ging zum Popen. „Väterchen! Mein Rüde ist gestorben und hat dir fünftausend Rubel hinterlassen, damit du ihn bestattest nach christlichem Brauch!“ – „Nun, das ist gut, mein Sohn! Nur in die Kirche dürfen wir ihn nicht tragen, bestatten aber können wir ihn! Bereite alles vor, morgen komme ich zum Heraustragen.“ Der Bauer rüstete sich, machte einen Sarg, legte den Rüden hinein, und am nächsten Morgen kam der Pope mit dem Diakon und den Kirchendienern, alle im Meßornat, sie sangen die vorgeschriebenen Lieder, trugen den Rüden zum Kirchhof und begruben ihn. Als der Pope hinterher mit den Kirchendienern teilte, betrog er sie und gab ihnen zuwenig, so beschwerten sie sich über ihn beim Erzbischof: So und so, er habe einen Rüden bestattet nach christlichem Brauch. Der Erzbischof lud den Popen vor sein Gericht: „Wie konntest du es wagen, einen unreinen Hund zu bestatten?“ und setzte ihn in Arrest. Der Bauer nahm zehntausend Rubel und ging zum Erzbischof, um den Popen herauszuholen. „Was willst du?“ fragte der Erzbischof. „So und so“, antwortete der Bauer. „Mein Rüde ist gestorben und hat Eurer Eminenz zehntausend Rubel hinterlassen, dem Popen aber fünftausend!“ – „Ja, mein Freund, ich habe davon gehört und den Popen in Arrest gesetzt, denn er ist ein Gottloser,
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weil er den Rüden an der Kirche vorbeigetragen hat, ohne ihm eine Totenmesse zu zelebrieren!“ Der Erzbischof nahm die zehntausend Rubel, die ihm der Rüde hinterlassen hatte, gab den Popen frei und erteilte ihm seinen Segen, die Kirchendiener aber schickte er zu den Soldaten.
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22 Der Richterspruch über die Kühe In einem Dorf lebten einmal ein Pope und ein Bauer; der Pope hatte sieben Kühe, der Bauer aber nur eine, und die war lahm. Der Pope war gleichwohl ein Neidhammel, er überlegte, wie er dem Bauern durch List seine einzige Kuh abspenstig machen könne: „Dann hätte ich acht!“ Als nun ein Feiertag anbrach, gingen die Dörfler zum Gottesdienst, und auch der Bauer kam. Der Pope trat aus der Sakristei, schlug die Bibel auf und sprach mitten in der Kirche: „Höret mich an, liebe Gemeinde. Wer seinem geistlichen Hirten eine Kuh schenkt, dem wird Gott es in seiner großen Gnade lohnen, denn die eine Kuh wird ihm ihrer sieben zubringen.“ Der Bauer hörte es und dachte: Was soll uns die eine Kuh! Für die ganze Familie reicht die Milch ohnehin nicht! Ich will nach der Heiligen Schrift tun und die Kuh dem Popen bringen. Vielleicht erbarmt Gott sich wirklich meiner! Kaum war der Gottesdienst zu Ende, da ging der Bauer nach Hause, knüpfte der Kuh eine Leine um die Hörner und führte sie von seinem Hof zum Popen. „Sei gegrüßt, Väterchen!“ – „Guten Tag, mein Sohn! Was hast du mir zu sagen?“ – „Ich war heute in der Kirche und habe gehört, was geschrieben steht in der Heiligen Schrift: Wer seinem geistlichen Vater eine Kuh gibt, dem wird sie ihrer sie77
ben zubringen! Darum habe ich Euch meine Kuh als Geschenk gebracht, Väterchen.“ – „Das ist recht, mein Sohn, daß du Gottes Wort eingedenk bist: Gott wird es dir mit sieben Kühen lohnen. Führe deine Kuh in den Stall, mein Bester, und stelle sie zu meinen Kühen.“ Der Bauer führte seine Kuh in den Stall und kehrte nach Hause zurück. Seine Frau schalt ihn: „Warum hast du dem Popen unsere Rotbunte gegeben, du Schuft? Sollen wir Hungers krepieren?“ – „ Ach, du dumme Gans!“ sprach der Bauer. „Hast du denn nicht gehört, was der Pope in der Kirche vorgelesen hat? Unsere Kuh wird uns ihrer sieben zubringen, dann können wir uns an Milch gütlich tun!“ Den ganzen Winter lebten die Bauersleute ohne Kuh. Als der Frühling begann, trieben die Dörfler ihre Kühe wieder ins Feld, und auch der Pope schickte die seinen auf die Weide. Am Abend trieb der Hirt die Kühe wieder ins Dorf; alle Kühe gingen auf ihren Hof, und die Kuh, die der Bauer dem Popen geschenkt hatte, lief aus alter Gewohnheit auf den Hof ihres früheren Herrn. Die sieben Popenkühe hatten sich so an sie gewöhnt, daß sie der Rotbunten folgten. Der Bauer sah es durchs Fenster und sprach zu seiner Frau: „Schau nur, unsere Kuh hat sieben Kühe mitgebracht. Der Pope hat die Wahrheit gesagt, und Gottes Wort erfüllt sich immer. Du hast mich umsonst gescholten. Jetzt werden wir Milch und Fleisch haben.“ Er lief sogleich hinaus, trieb alle Kühe in den Stall und verschloß ihn. 78
Der Pope sah, daß es schon dunkel wurde, doch seine Kühe waren noch nicht da, so machte er sich auf die Suche. Er kam zu dem Bauern und fragte: „Warum hast du fremde Kühe in deinen Stall getrieben, mein Sohn?“ – „Geht mit Gott! Bei mir sind keine fremden Kühe, nur meine eigenen, die Gott mir geschenkt hat, denn meine Kuh hat mir sieben andere zugebracht, wie Ihr selbst am Feiertag in der Kirche sagtet. Erinnert Ihr Euch?“ – „Unsinn, du Hundesohn, es sind meine Kühe.“ – „Nein, meine!« Sie stritten und stritten, und schließlich sprach der Pope zu dem Bauern: „Hol dich der Teufel, nimm deine Kuh zurück und gib mir wenigstens meine!“ – „Einen Hundepimmel kannst du kriegen!“ Da war nichts zu machen, und der Pope verklagte den Bauern. Der Fall kam vor den Erzbischof. Der Pope schenkte ihm Geld, der Bauer Leinwand, und nun wußte der Erzbischof nicht, wem er recht geben sollte. „So kann ich nicht Recht sprechen“, sagte er zu ihnen. „Aber mir fällt da etwas ein. Gehet nach Hause, und wer von euch morgen früh als erster zu mir kommt, der soll die Kühe haben.“ Der Pope ging nach Hause und sprach zu seiner Popenfrau: „Sieh zu, daß du mich morgen möglichst früh weckst!“ Der Bauer aber, nicht dumm, dachte sich eine List aus: Er ging nicht nach Hause, sondern versteckte sich unterm Bett des Erzbischofs. Hier bleibe ich die ganze Nacht wach liegen, dachte er, und wenn ich morgen früh aufstehe, kann der Pope seine Kühe vergessen! 79
Der Bauer lag also unterm Bett, da hörte er es an der Tür klopfen. Der Erzbischof sprang sogleich auf, öffnete die Tür und fragte: „Wer ist da?“ – „Ich bin’s, Vater, die Äbtissin!“ – „Nun, so lege dich zu mir, Äbtissin.“ Sie legte sich zu ihm ins Bett, der Erzbischof aber betastete ihre Titten und fragte: „Was hast du denn da?“ – „Das, heiliger Vater, sind die Berge von Zion, und dazwischen liegen die Täler.“ Der Erzbischof griff ihr an den Bauchnabel. „Und was ist das?“ – „Das ist der Nabel der Erde.“ Der Erzbischof ließ seine Hände noch tiefer wandern, befühlte die Pflaume der Äbtissin und fragte: „Und was ist das?“ – „Das ist die finstere Hölle, mein Vater!“ – „Und ich, Mutter Äbtissin, habe einen Sünder, der gehört in die Hölle gesteckt.“ Er bestieg also die Äbtissin, schob ihr seinen Sünder in die Hölle und legte los; nachdem das Werk vollbracht war, führte er die Mutter Äbtissin wieder hinaus. Inzwischen hatte sich der Bauer aus dem Hause geschlichen und war heimgegangen. Tags darauf erhob sich der Pope vor Morgengrauen, wusch sich nicht einmal und lief schleunigst zum Erzbischof, der Bauer aber schlief sich aus. Als er erwachte, stand die Sonne schon hoch. Er frühstückte und ging dann zum Erzbischof, wo der Pope schon lange auf ihn wartete. „Na, mein Freund, deine Frau hat dich wohl nicht heruntergelassen?“ spottete er. „Nun“, sprach der Erzbischof zum Bauern, „du bist später gekommen…“ – „Mitnichten, Eminenz! Der Pope ist nach mir gekommen. Du hast wohl vergessen, daß ich schon 80
hier war, als du noch über die Berge von Zion wandeltest und den Sünder in die Hölle stecktest!“ Der Erzbischof fuchtelte mit beiden Händen und sprach: „Die Kühe gehören dir, Bäuerlein! Du bist im Recht, denn wahrlich, du warst früher hier!“ Der Pope stand mit leeren Händen da, der Bauer aber lebte fortan herrlich und in Freuden.
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23 Der habgierige Pope Es war einmal ein Pope, der hatte eine große Gemeinde, doch er war so habgierig, daß er während der Fasten für eine Beichte nicht weniger als zehn Kopeken nahm; wer ihm die nicht brachte, dem verweigerte er die Beichte und schalt: „Was bist du für ein Hornochse! Ein ganzes Jahr lang hast du keine zehn Kopeken zusammengespart, um sie deinem geistlichen Vater für die Beichte zu geben. Schließlich betet er für euch Verfluchte zum Herrgott!“ Zu diesem Popen kam eines Tages ein Soldat beichten und legte ihm nur einen Kupferfünfer auf das Tischchen. Der Pope schäumte vor Wut. „Hör zu, Verfluchter!“ sprach er zu ihm. „Was fällt dir ein, deinem geistlichen Vater nur einen Kupferfünfer zu bringen? Du willst dich wohl über mich lustig machen?“ – „Habt Erbarmen, Väterchen! Wo soll ich das Geld hernehmen? Ich gebe, was ich habe.“ – „Für die Huren und für die Schenken wirst du schon Geld haben! Deinem geistlichen Vater aber bringst du nur deine Sünden! Hättest du zu diesem Zweck wenigstens was gestohlen und verkauft, um deinem Priester zu geben, was ihm zukommt, dann hättest du ihm den Diebstahl zugleich beichten und ihn bereuen können, und er würde dich aller deiner Sünden ledig gesprochen haben!“
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Der Pope jagte den Soldaten ohne Beichte davon. „Wenn du keine zehn Kopeken hast, laß dich nicht wieder bei mir blicken!“ Der Soldat ging und dachte: Was mache ich mit dem Popen? Da sah er beim Chor den Stab des Popen lehnen, und an dem Stab hing die Bibermütze. Hei, die Mütze nehme ich mit, sprach er zu sich selbst. Er nahm die Mütze, verließ sacht die Kirche und ging in die Schenke. Hier verkaufte er die Mütze für fünfundzwanzig Rubel, steckte das Geld in die Tasche und behielt zehn Kopeken für den Popen in der Hand. Er kehrte in die Kirche zurück und ging wieder zu dem Popen. „Nun, hast du mir zehn Kopeken mitgebracht?“ fragte der Pope. – „Habe ich, Väterchen!“ – „Und wo hast du sie her, mein Sohn?“ – „Ich bin sündig, Väterchen! Ich habe eine Mütze gestohlen und sie für zehn Kopeken verkauft.“ Der Pope nahm die zehn Kopeken und sprach zu dem Soldaten: „Nun, Gott verzeiht dir, und auch ich verzeihe dir und spreche dich ledig.“ Der Soldat ging, der Pope aber beendete das Beichten, hielt noch die Abendandacht und wollte sich auf den Heimweg machen; er ging zum Chor, um seine Mütze zu holen, doch die Mütze war verschwunden, und er mußte barhäuptig nach Hause gehen. Nun ließ er sogleich den Soldaten holen. Der Soldat fragte: „Was steht zu Diensten, Väterchen?“ – „Sage mir, mein Sohn, aber sprich wahr: Hast du meine Mütze gestohlen?“ – „Ich weiß es nicht, Väterchen, ob es Eure Mütze war, aber sol83
che Mützen werden nur von Popen getragene – „Wo hast du sie denn gestohlen?“ – „Sie hing in unserer Kirche an einem Popenstab beim Chor.“ – „Ach, du verdammter Hundesohn! Wie kannst du es wagen, deinem geistlichen Vater die Mütze zu stehlen?“ – „Aber Väterchen, Ihr habt mir doch selbst die Sünde vergeben und mich ledig gesprochen.“
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24 Lachen und Leid Es war einmal ein Pope, der wohnte an einem Fluß, wo er eine Fähre betrieb. Eines Tages kam ein Treidler zum Fluß und rief vom anderen Ufer: „He, Väterchen, hol über!“ – „Kannst du bezahlen, mein Sohn?“ – „Ich würd’s gern tun, aber ich habe kein Geld!“ – „Wenn du kein Geld hast, kann ich dich nicht überholen!“ – „Wenn du mich überholst, zeige ich dir zum Lohn Lachen und Leid in einem.“ Der Pope besann sich, er wollte gern Lachen und Leid in einem sehen; was mochte der Treidler damit meinen? Er setzte sich also ins Boot, fuhr zum andern Ufer, ließ den Treidler einsteigen und brachte ihn herüber auf seine Seite. „So, Väterchen, nun kehre das Boot mit dem Kiel nach oben!“ sprach der Treidler. Der Pope drehte das Boot um und schaute erwartungsvoll, was nun würde. Da holte der Treidler seinen gewaltigen Schwanz aus der Hose und schmetterte ihn gegen den Kiel, worauf das Boot in zwei Hälften zerbrach. Der Pope sah den Riesenschwanz und lachte, doch dann sah er sein zerschlagenes Boot, und da ward er so traurig, daß er vor Leid zu weinen begann. „Nun, bist du mit mir zufrieden, Väterchen?“ fragte der Treidler. – „Hol dich der Teufel! Mach, daß du wegkommst!“ Der Treidler nahm Abschied von dem Popen und ging seines Wegs, der Pope aber kehrte nach 85
Hause zurück. Kaum hatte er die Schwelle überschritten, da fiel ihm des Treidlers Schwanz ein, und er lachte, dann aber dachte er an das Boot und weinte bitterlich. „Was ist dir widerfahren, Väterchen?“ fragte die Popenfrau. – „Ach, Mütterchen, du kannst dir mein Leid nicht vorstellen!“ Und dann war er dumm genug, ihr alles zu erzählen. Als die Popenfrau von dem Treidler hörte, machte sie dem Väterchen heftige Vorwürfe: „Ach, du alter Satan! Warum hast du ihn gehen lassen? Warum hast du ihn nicht mitgebracht? Das ist ja kein Treidler, das ist mein leiblicher Bruder! Gewiß haben die Eltern ihn ausgeschickt, uns zu besuchen, doch so etwas fällt dir nicht ein. Spanne geschwind das Pferd ein und fahre ihm hinterher, sonst irrt der Ärmste umher und kehrt vielleicht nach Hause zurück, ohne uns gesehen zu haben. Ich möchte den Bruder wenigstens anschauen und nach den Eltern fragen!“ Der Pope spannte das Pferd ein und fuhr dem Treidler hinterher. Er holte ihn ein und sprach: „Höre, guter Mann! Warum hast du mir nicht gesagt, daß du der leibliche Bruder meiner Popenfrau bist? Als ich ihr erzählte, was du für ein Draufgänger bist, hat sie dich sogleich erkannt und mich geheißen, dich zu ihr zu bringen.“ Der Treidler merkte, wie der Hase lief, und sprach: „Ja, wahrlich, ich bin der leibliche Bruder deiner Popenfrau, doch dich habe ich noch nie gesehen, Väterchen, darum konnte ich dich nicht erkennen!“ 86
Der Pope griff ihn beim Arm und zog ihn auf den Wagen. „Setz dich, steig ein, mein Bester! Wir fahren zu uns. Das Mütterchen und ich leben gottlob in Wohlstand und können dich wohl bewirten.“ Er brachte den Treidler nach Hause. Die Popenfrau lief ihm sogleich entgegen, fiel dem Treidler um den Hals und küßte ihn. „Ach, mein lieber Bruder, wie lange haben wir uns nicht gesehen, wie geht es denn unsern Eltern?“ – „Wie immer, Schwesterchen! Sie haben mich ausgeschickt, dich zu besuchen.“ – „Auch wir, Brüderchen, leben nicht schlecht, solange Gott über unsere Sünden hinwegsieht.“ Sie hieß ihn, sich an den Tisch zu setzen, trug vielerlei Speisen, Rühreier und Wodka auf und lud ihn ein: „Nun iß, mein lieber Bruder!“ Zu dritt aßen und tranken sie und waren vergnügt bis in die Nacht. Als es dunkel geworden war, bereitete die Popenfrau das Lager und sprach zum Popen: „Mein Bruder und ich werden uns hier hinlegen und von unseren Eltern plaudern, wer noch lebt und wer gestorben ist, du aber schläfst auf der Ofenbank, Väterchen, oder in der Hängepritsche.“ Sie legten sich also schlafen; der Treidler aber bestieg alsbald die Popenfrau und durchbohrte sie mit seinem Riesenschwanz. Sie hielt es nicht aus und kreischte, daß es durchs Haus schallte. Der Pope hörte es und fragte: „Was ist denn dort?“ – „Ach, Väterchen, denke dir nur mein Leid: Mein Vater ist gestorben.“ – „Nun denn, möge ihm die Erde leicht sein“, sprach der Pope und bekreuzigte 87
sich. Die Popenfrau aber hielt es wieder nicht aus und kreischte abermals, noch lauter als beim erstenmal. Wieder fragte der Pope: „Warum jammerst du?“ – „Ach, Väterchen, auch meine Mutter ist gestorben!“ – „Möge ihr die Erde leicht sein, und mögen die Heiligen ihr die ewige Ruhe schenken!“ Darüber ging ihnen die Nacht hin. Am Morgen rüstete der Treidler zur Heimreise, die Popenfrau aber gab ihm ein Abschiedsessen mit Wodka und Piroggen und wirtschaftete um ihn herum. „Nun, lieber Bruder“, sprach sie, „wenn du wieder in diese Gegend kommst, schaue jederzeit zu uns herein!“ Der Pope fügte hinzu: „Gehe nicht vorbei an unserm Hause, du bist uns stets willkommen!“ Der Treidler nahm Abschied von ihnen. Die Popenfrau aber erbot sich, den Bruder noch ein Stück Wegs zu begleiten, und auch der Pope schloß sich ihnen an. Sie gingen und plauderten und gelangten ans freie Feld. Da sprach die Frau zu ihrem Manne: „Kehre um und gehe nach Hause, Väterchen, ich will den Bruder allein noch ein Stück begleiten.“ Der Pope kehrte um, doch nach dreißig Schritten blieb er stehen und schaute zurück, ob die beiden schon weit weg wären. Der Treidler aber hatte derweil die Popenfrau auf einer Anhöhe niedergelegt und bestiegen und fickte sie zum Abschied; um jedoch den Popen pfiffig zu täuschen, hatte er ihr seine Mütze über den rechten Fuß gestülpt und sie geheißen, das Bein hochzurecken.
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So fickte er sie, und ihr Bein mit der Mütze ragte hoch und wackelte immerzu. Der Pope stand da und sah es. Schau an, sprach er zu sich selbst, welch anhänglicher Verwandter! Er ist schon weit weg, doch noch immer verbeugt er sich und schwenkt die Mütze! Er nahm auch die Mütze ab und schwenkte sie und verbeugte sich: „Leb wohl, Schwager, leb wohl!“ Der Treidler war derweil mit der Popenfrau fertig; und er hatte ihr solches Vergnügen bereitet, daß sie hernach noch drei Tage lang den Rock hob und nachschaute; sie holte den Popen ein und sang ein Lied vor lauter Freude. Ich lebe nun schon so viele Jahre mit ihr, dachte der Pope, doch noch nie habe ich sie singen hören. „Nun, Väterchen“ sprach die Popenfrau, „ich habe meinen lieben Bruder auf den Weg gebracht. Ob ich ihn jemals wiedersehe?“ – „Gott ist gnädig, vielleicht führt er ihn wieder einmal zu uns.“
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25 Die Wundersalbe Es war einmal ein Bauer, ein junger Bursche noch, der hatte kein Glück in der Wirtschaft, denn alle Kühe und Pferde waren ihm gestorben, und er hatte nur eine Stute behalten. Diese Stute hütete er besser als seinen Augapfel, er aß und schlief nicht, sondern war stets um sie beschäftigt. Die Stute gedieh prächtig bei solcher Pflege. Eines Tages putzte er sein Pferdchen, streichelte es und sprach dazu: „Ach, mein Liebling! Du bist mir das Liebste auf der Welt!“ Dies hörte die Nachbarstochter, eine stämmige Jungfer, und als sich die Dorfmädchen abends auf der Straße trafen, erzählte sie ihnen: „Ach, Schwestern, ich habe in unserm Garten gestanden, da hat unser Nachbar Grischa seine Stute geputzt, dann hat er sie bestiegen und geküßt und dazu gesprochen: Ach, du mein Liebling! Du bist mir das Liebste auf der Welt!“ Da fingen die Mädchen an, des Burschen zu spotten: Wo sie ihm nur begegneten, da riefen sie schon: „Ach, du mein Liebling, du bist mir das Liebste auf der Welt!“ Was sollte der Bursche tun? Er konnte sich nirgends mehr zeigen. Da ward er sehr traurig. Seine Tante, die schon eine alte Frau war, sah es und fragte: „Warum bist du nicht fröhlich, Grischa? Warum läßt du den Kopf hängen?“ Da erzählte er ihr die ganze Geschichte. – „Laß es gut sein, Grischa“, sprach die Alte, „ich will alles richten, 90
komm nur morgen zu mir. Sei getrost, sie werden nicht mehr spotten!“ Die Alte war heilkundig, sie behandelte das ganze Dorf, und an den Abenden trafen sich die Mädchen bei ihr. Am gleichen Abend sah sie das Mädchen, welches von Grischa erzählt hatte, er wäre der Stute unter den Schweif gekrochen, und sie sprach zu ihr: „Mädchen, komm mich morgen abend besuchen, ich habe etwas mit dir zu besprechen.“ – „Gut, Großmutter!“ Tags darauf stand der junge Bauer auf, zog sich an und ging zu seiner alten Tante. „So, Grischa, und nun sieh zu, daß du dich bereit hältst! Verstecke dich hinter dem Ofen und bleibe still, bis ich dich rufe.“ Raum hatte er sich hinter dem Ofen versteckt, da kam das Mädchen. „Sei gegrüßt, Großmutter!“ – „Sei gegrüßt, mein Täubchen! Hör zu, Mädel, was ich dir sagen will: Mit dir geht Böses vor, denn du bist sehr krank, meine Liebe.“ – „Ach, Großmutter, ich bin doch ganz gesund!“ – „Nein, mein Täubchen, bei dir geht inwendig etwas vor, ich mag gar nicht daran denken! Vielleicht hast du jetzt noch keine Schmerzen, doch sobald es das Herz erreicht, ist es nicht mehr zu kurieren, dann mußt du sterben! Komm, ich will deinen Bauch befühlen.“ – „Tu das, Großmutter!“ sprach das Mädchen, dabei weinte sie fast vor Angst. Die Alte befühlte ihr den Bauch und sprach: „Siehst du, ich habe die Wahrheit gesagt! Ich hatte dich gestern kaum gesehen, da wußte ich schon, daß es nicht 91
gut um dich steht. Du hast die Gelbsucht dicht am Herzen, mein Täubchen. - Wenn du einmal krank bist, muß ich dich freilich heilen, aber wirst du’s auch aushalten? Es tut nämlich weh!“ – „Mache mit mir, was du willst, und solltest du schneiden müssen, doch heile mich!“ – „Nun, dann stell dich dort hin, stecke den Kopf durchs Fensterchen und gib acht, von welcher Seite mehr Leute vorüberkommen, von rechts oder von links. Schau aber beileibe nicht nach hinten, sonst bleibt meine Arznei ohne Wirkung und du lebst keine zwei Wochen mehr!“ Die Jungfer steckte den Kopf durchs Fensterchen und äugte nach beiden Seiten, die Alte aber hob ihr den Rock hoch und sprach: „Beuge dich weiter hinaus und drehe dich nicht um; gleich schmiere ich dich mit Teer und Salbe!“ Dann rief sie leise den Burschen: „Geh nun ans Werk!“ Da schob er dem Mädchen seine Salbe tief hinein, und als sie im besten Zuge waren, wackelte das Mädchen mit dem Arsch und bat: „Liebste Großmutter, schmiere, schmiere noch mehr mit Teer und Salbe!“ Der Bursche vollendete sein Werk und ging wieder hinter den Ofen. „So, mein Mädchen!“ sprach die Alte. „Jetzt wirst du schön und gesund sein, die reinste Freude!“ Das Mädchen dankte der Alten sehr. „Sei bedankt, Großmutter! Was hast du für eine herrliche Arznei! Die reinste Wonne!“ – „Bei mir bekommst du nichts Schlechtes! Diese Arznei ist für Frauen und Mädchen das heilsamste, was es gibt! Von welcher Seite sind denn mehr 92
Leute gekommen?“ – „Von rechts, Großmutter.“ – „Schau, was du für Glück hast! So, und nun geh mit Gott nach Hause!“ Das Mädchen ging, und auch der Bursche entfernte sich. Er aß und führte dann seine Stute zur Flußtränke. Die Nachbarstochter sah ihn, eilte flugs aus dem Hause und rief: „Ach, du mein Liebling! Du bist mir das Liebste auf der Welt!“ Da drehte er sich nach ihr um und antwortete: „Ach, liebste Großmutter, schmiere, schmiere noch mehr mit Teer und Salbe!“ Da biß sich das Mädchen auf die Lippen und schloß Frieden mit dem Burschen.
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26 Der Soldat Es war einmal ein Soldat, ein großer Trinker vor dem Herrn, den befiel die Kurzatmigkeit, und er ging zu einer heilkundigen alten Frau. Sie war zwar schon alt, doch noch in Säften, und als sie den Soldaten erblickte, juckte es sie zwischen den Beinen. „Was willst du, Soldat?“ – „Heile mich von der Kurzatmigkeit.“ – „Zieh dich aus und setz dich.“ Der Soldat setzte sich, die Alte aber stellte einen Liter Wodka vor ihn hin. „Zur Gesundheit, Soldat, iß und trink!“ Der Soldat ließ sich nicht lange bitten und bezechte sich dermaßen, daß es ihm vor den Augen flimmerte, da fiel er um und schlief ein. Die Alte begann den Soldaten zu betasten, sie tastete bis zum Nabel und noch tiefer, dann jammerte sie los: „Ach, ich törichtes Weib! Was habe ich getan! Sein Klöppel wird ja überhaupt nicht lebendig, ganz schlapp ist er!“ Sie legte den Soldaten aufs Bett, legte sich daneben und tastete immer wieder, ob der Schwanz nicht zum Leben erwachte. Der Soldat aber schnarchte wild drauflos. Ein letztes Mal berührte sie seine Wurzel, die hing zum Rücken hin, da schlief sie ein. Der Soldat erwachte vor Morgengrauen, sah die Alte neben sich liegen und dachte: Ich will sie doch von der Seite her packen! Und er rückte an 94
sie heran, wie es sich gehört. Die Alte aber hatte ein feines Gespür, sie fragte schlaftrunken: „Was machst du, Soldat? Schämst du dich nicht?“ Dabei aber schob sie sich immer weiter auf seinen Schwanz hinauf. „Warum denn, Großmutter, ist das etwa schädlich für einen Kranken? Dann will ich ihn gleich herausziehen.“ – „Aber nein, Soldat! Schiebe ihn nur recht tief hinein, davon wird dir leichter!“ Der Soldat bearbeitete sie tüchtig und ging dann mit den Worten: „Leichter ist mir nicht, doch wohler!“ Zum Unglück des Soldaten aber hatte ein junges Mädchen, die Nichte der Alten, auf der Hängepritsche geschlafen und alles mit angesehen, das erzählte sie nun den anderen Mädchen, und sie fingen an, des Soldaten zu spotten: „Eine Alte hast du gefickt! Eine Alte hast du gefickt!“ Der Soldat duldete und duldete, doch dann ging er sich bei der Alten beklagen. „Ach, mein Wohltäter!“ sprach die Alte. „Warum hast du mir nicht das längst erzählt, ich hätte es den frechen Mädchen schon ausgetrieben, das Lachen. Diese gemeinen Dinger! Als ob eine alte Frau ein schlechteres Loch hätte! Und als ob die Scheusäler so gegenzustoßen verstünden! Höre, mich besucht öfters ein Mädchen, daß ich ihr einen Bruch behandle; komm also morgen abend zu mir, Soldat, ich werde dich im Bett verstecken, und sie muß sich auf alle viere stellen, dann kannst du sie durchschaukeln nach Herzenslust!“
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Tags darauf kam der Soldat, wie sie ihn geheißen, und legte sich aufs Bett. Eine halbe Stunde verging, da erschien das junge Mädchen. Als der Soldat sie erblickte, stieg ihm der Pfriem und stand wie ein Bajonett. Die Alte aber schaute das Mädchen an und sprach: „Was ist denn das, meine Liebe! Zwischen deinen Beinen haben sich Flöhe eingenistet, und sie sind dort nicht anders wegzubringen denn mit der Hand, sonst bist du des Todes.“ – „Großmutter, erweise mir die christliche Gnade und heile mich!“ – „Nun, was soll ich machen, ich mag nicht mit der Hand dort hineinfassen, doch es muß sein. Hier hast du ein Tuch, verbinde dir damit die Augen, ziehe dich nackend aus und stelle dich auf alle viere.“ Das Mädchen tat, wie ihr geheißen. Der Soldat näherte sich der Zielscheibe, faßte seinen Schwanz mit beiden Händen und pflanzte ihn ihr in die Pflaume. Das Mädchen aber schrie: „Tut weh, Großmutter, tut weh!“ – „Halt’s aus, meine Beste! Die verfluchten Flöhe haben dermaßen geheckt, daß sie sogar in die Öffnung gekrochen sind!“ Der Soldat schob ihr den Schwanz tiefer hinein, da kreischte das Mädchen: „Au, Großmutter, ich sterbe, tut weh, du Gute, tut weh!“ – „Warte, mein Kind, ich versuche es mit Teer, vielleicht geht’s dann leichter.“ Da stieß der Soldat ihr den Schwanz ganz hinein – das Mädchen biß sich auf die Zunge – und schmierte sie ganz kräftig. Sie kamen wunderschön in Fahrt.
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„Jetzt ist es gut, Großmutter, jetzt ist es gut! Wahrlich, jetzt ist es gut! Kannst du nicht mit noch ein bißchen Teer nachschmieren? Mit Teer flutscht es besser! Ich will meinem Vater eine ganze Bütte Teer stehlen und dir bringen!“ Der Soldat spürte, daß das Mädchen auf dem Nagel immer heißer wurde und seinen Rüssel mitsamt den Glöckchen immer mehr einquetschte, und er bearbeitete sie dermaßen, daß ihre Pflaume so weit wie eine Pelzmütze ward. „Nun, ist dir leichter?“ fragte die Alte. „Ich glaube, die Flöhe sind alle krepiert!“ – „Und ob, Großmutter! Jetzt ist mir leichter!“ Der Soldat versteckte sich, das Mädchen aber stand auf, zog sich an und ging. Tags darauf begegnete das Mädchen mit der Pelzmützenpflaume dem Soldaten und begann seiner zu spotten: „Eine Alte hast du gefickt! Eine Alte hast du gefickt!“ Der Soldat aber antwortete ihr: „Mit Teer flutscht es besser!“
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27 Das Wunderpfeifchen Es waren einmal ein Edelmann und ein Bauer. Der Bauer war so arm, daß es nicht zu sagen ist. Eines Tages rief ihn der Edelmann zu sich und sprach: „Höre, Bäuerlein! Deine Schulden bezahlst du nicht, und zu holen ist auch nichts bei dir, so komm denn zu mir und diene mir drei Jahre lang.“ Der Bauer diente ihm ein Jahr und noch ein Jahr und ein drittes. Als der Edelmann sah, daß die Frist bald um war, dachte er bei sich: Ich muß eine Verfehlung an ihm finden, um ihn weitere drei Jahre bei mir zu behalten. Er rief also den Bauern zu sich und sprach: „Höre, Bäuerlein! Hier übergebe ich dir zehn Hasen, die treibst du auf die Weide, aber paß auf, daß sie alle beisammen bleiben! Sonst behalte ich dich weitere drei Jahre bei mir.“ Kaum hatte der Bauer die Hasen aufs Feld getrieben, da flitzten sie nach allen Seiten davon. Was tun? dachte er. Jetzt bin ich verloren. Er setzte sich hin und weinte bitterlich. Auf einmal stand ein alter Mann vor ihm und fragte: „Warum weinst du denn, Bäuerlein?“ – „Wie sollte ich nicht weinen, Alter! Der Edelmann hat mich geschickt, die Hasen zu hüten, nun sind sie alle davongelaufen, und ich habe die Not.“ Da gab ihm der Alte ein Pfeifchen und sprach: „Hier hast du ein Pfeifchen, wenn du hineinbläst, kommen sie alle zu dir zurück!“ Der Bauer bedankte 98
sich schön und nahm das Pfeifchen. Kaum hatte er hineingeblasen, waren sämtliche Hasen wieder da, und er trieb sie nach Hause. Der Edelmann zählte die Hasen und sprach: „Sie sind vollzählig.“ Und dann fragte er seine Edelfrau: „Was können wir tun? Was für eine Verfehlung können wir an ihm finden?“ – „Hör zu, mein Goldstück, wenn er morgen die Hasen hinaustreibt, will ich ein anderes Kleid anziehen, dann gehe ich zu ihm und kaufe ihm einen Hasen ab.“ – „Gut.“ Tags darauf trieb der Bauer die Hasen aufs Feld, und kaum hatte er den Waldrand erreicht, da flitzten sie nach allen Seiten davon. Der Bauer aber setzte sich ins Gras und flocht Bastschuhe. Da kam eine Edelfrau zu ihm, blieb stehen und fragte: „Was machst du hier, Bäuerlein?“ – „Ich hüte das Vieh.“ – „Was für Vieh?“ Der Bauer nahm das Pfeifchen und blies hinein, da kamen alle Hasen angelaufen. „Ach, Bäuerlein!“ sprach die Edelfrau. „Verkaufe mir einen Hasen.“ – „Das geht nicht, sie gehören dem Herrn, und mein Herr ist sehr gestreng! Er würde mich auffressen.“ Die Edelfrau setzte ihm zu: „Bitte, verkaufe mir einen!“ Der Bauer sah, daß sie sich den Hasen sehr wünschte, und sagte: „Ich habe aber eine feste Regel, gnädige Frau.“ – „Was ist das für eine Regel?“ – „Wer einen Hasen von mir haben will, muß sich ficken lassen.“ – „Nimm lieber Geld, Bäuerlein!“ – „Nein, was anderes nehme ich nicht!“
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Die Edelfrau sah, da war nichts zu machen, und ließ sich ficken; er bearbeitete sie tüchtig, gab ihr dann einen Hasen und sprach: „Aber haltet ihn nur sacht, gnädige Frau, sonst zerdrückt Ihr ihn.“ Sie nahm den Hasen, stieg in ihre Kutsche und fuhr davon. Der Bauer aber blies in sein Pfeifchen, der Hase hörte es, hüpfte der Edelfrau aus den Händen und kehrte zu dem Bauern zurück. Die Edelfrau kam nach Hause. „Nun, hast du den Hasen gekauft?“ fragte der Edelmann. – „Habe ich, doch dann hat der Bauer in sein Pfeifchen geblasen, da ist mir der Hase entsprungen und weggelaufen.“ Tags darauf fuhr die Edelfrau wieder zu dem Bauern. Und wieder fragte sie ihn: „Was machst du, Bäuerlein?“ – „Ich flechte Bastschuhe und hüte das Vieh des Herrn.“ – „Wo ist denn dein Vieh?“ Der Bauer blies in sein Pfeifchen, und schon kamen alle Hasen angelaufen. Die Edelfrau fing an, um einen Hasen zu feilschen. „Ich habe aber eine feste Regel.“ – „Was für eine?“ – „Laß dich fikken.“ Die Edelfrau ließ sich wieder ficken und bekam dafür einen Hasen; doch kaum hatte der Bauer in sein Pfeifchen geblasen, da entsprang ihr der Hase und lief weg. Am dritten Tag verkleidete sich der Edelmann selbst und fuhr aufs Feld. „Was machst du da, Bäuerlein?“ – „Ich hüte das Vieh.“ – „Wo ist denn dein Vieh?“ Der Bauer blies in sein Pfeifchen, und schon kamen alle Hasen angelaufen. „Verkaufe mir einen.“ – „Für Geld verkaufe ich keinen, ich habe eine feste Regel.“ – „Was ist das für eine 100
Regel?“ – „Wer einen Hasen von mir haben will, muß seine Stute ficken.“ Der Edelmann bestieg seine Stute und sündigte mit ihr. Der Bauer gab ihm einen Hasen und sprach: „Haltet ihn nur sacht, Herr, sonst zerdrückt Ihr ihn.“ Der Edelmann nahm den Hasen und fuhr nach Hause, der Bauer aber blies in sein Pfeifchen, der Hase hörte es und kehrte zu ihm zurück. Da sah der Edelmann, daß nichts zu machen war, und ließ den Bauern ziehen.
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28 Der desertierte Soldat Ein desertierter Soldat kletterte nachts zu einem Bauern in die Scheune und legte sich im Heu schlafen. Eben war er am Einschlummern, da hörte er jemanden kommen. Er erschrak und kletterte bis unters Dach. Herein kam ein junges Mädchen, gefolgt von einem Burschen, und sie hatten Wodka und Happen bei sich. All das stellten sie in eine Ecke, dann zogen sie sich nackt aus und begannen zu küssen und zu kosen. Der Bursche legte das Mädchen ins Heu und fing an, sie zu ficken; das Mädchen stieß kräftig dagegen und sprach dazu: „Ach, mein lieber Freund! Wenn Gott will, daß ich ein Kind bekomme, wer wird es warten und großziehen?“ Der Bursche antwortete: „Der über uns!“ Als der Soldat dies hörte, hielt er’s nicht aus und schrie: „Ach, das ist gemein! Ihr hurt hier herum, und ich soll es für euch verantworten!“ Da sprang der Bursche sogleich von dem Mädchen hoch und lief davon, und auch das Mädchen gab Fersengeld. Der Soldat aber stieg herunter, sammelte Kleider, Schnaps und Happen ein und ging seiner Wege.
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29 Der Soldat und der Pope Ein Soldat bekam Lust, die Popenfrau zu ficken, doch wie sollte er es anstellen? Da legte er seine Ausrüstung an, nahm sein Gewehr und ging zum Popen auf den Hof. „Höre, Väterchen, es ist ein Ukas herausgekommen, wonach sämtliche Popen durchgefickt werden sollen, halte also deinen Arsch her.“ – „Ach, Soldat, kannst du mich nicht davon befreien?“ – „Was du dir so denkst! Damit ich dann den Ärger habe! Los, laß die Hosen herunter und stell dich auf alle viere.“ – „Erbarme dich, Soldat! Geht es nicht, daß du statt meiner die Popenfrau fickst?“ – „Das geht vielleicht! Nur darf es keiner sehen, sonst gibt es ein Unglück! Was gibst du mir dafür, Väterchen? Weniger als hundert Rubel nehme ich nicht.“ – „Nimm, Soldat, aber hilf mir aus der Not.“ – „Gut also, lege dich auf den Wagen da, und die Popenfrau soll sich auf dich legen, dann steige ich rauf, und es sieht so aus, als ob ich dich ficke!“ Der Pope legte sich auf den Wagen, die Popenfrau legte sich auf ihn, der Soldat hob ihr den Rock hoch und schaukelte sie aus Leibeskräften durch. Der Pope lag ganz unten, da bedrängte es auch ihn, sein Schwanz spannte sich und schlüpfte durch ein Loch im Wagenboden, wo er puterrot herausragte. Die Popentochter aber guckte und guckte und sprach: „Hei, ist das ein Soldat! Was der für einen Riesenschwanz hat:
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durch Mutter und Vater hindurch, und dann ist noch das Ende zu sehen!“
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30 Die schwatzhafte Ehefrau Es war einmal ein Bauer, der bekam Lust, seine Frau auf die Probe zu stellen, ob er ihr notfalls ein Geheimnis anvertrauen konnte oder nicht. Eines Tages mußte er austreten, er ging also auf den Hof und schiß sich aus, dann kehrte er ins Haus zurück, setzte sich auf die Bank, ließ den Kopf hängen und seufzte schwer, als hätte er etwas Schlimmes getan. Seine Frau fragte ihn: „Was ist, bist du krank? Du warst doch eben noch ganz lustig, und jetzt guckst du so finster!“ – „Ach, Frau, schweige!“ sprach der Bauer. „Ich weiß ja selber nicht, ob mir Gutes oder Übles widerfahren ist!“ Die Frau setzte ihm zu: „Nun, sage schon, was ist dir geschehen?“ – „Ich war eben austreten, Frau, doch kaum hatte ich mich hingehockt und einen Furz fahrenlassen, da ist mir eine Elster aus dem Arsch geflogen! Und nun grüble ich, was das wohl bedeuten mag.“ Kaum hatte die Frau das gehört, lief sie schon zu ihrer Gevatterin, als ob sie dort was zu erledigen hätte, und erzählte ihr: „Hör zu, Gevatterin, was meinem Mann geschehen ist: Er ging austreten, und kaum hatte er einen Furz gelassen, da flogen ihm zwei Elstern aus dem Arsch. Was mag das wohl bedeuten?“ – „Ich weiß es nicht, Gevatterin!“ Sie plauderten noch eine Weile, dann ging die Frau.
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Die Gevatterin eilte wiederum zu ihrer Gevatterin und sprach zu ihr: „Was soll ich dir sagen, Gevatterin, weißt du, was dem Iwan geschehen ist? Eben war seine Frau bei mir und hat erzählt, er wäre austreten gegangen und hätte einen Furz gelassen und da wären ihm drei Elstern aus dem Arsch geflogen!“ Die Gevatterin Arina lief zu den Nachbarn und plauderte, Iwan wäre austreten gegangen und dabei wären ihm vier Elstern aus dem Arsch geflogen. Je weiter die Geschichte lief, desto mehr Elstern wurden es, und als sie bei sämtlichen Dorfweibern herum war, waren dem Bauern bereits zwölf Elstern aus dem Arsch geflogen. Er kam dermaßen ins Gerede, daß er sich nirgendwo mehr zeigen durfte. Wer ihn sah, fragte sogleich: „Wie war das, Freund, als dir zwölf Elstern aus dem Arsch geflogen sind? Erzähle doch mal!“
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31 Der Pope wiehert wie ein Hengst In einem Dorf lebte einmal ein Pope, der war wie wild hinter den jungen Weibern her. Wenn er durchs Fenster sah, daß eine junge Frau an seinem Hof vorüberging, steckte er sogleich den Kopf heraus und wieherte wie ein Hengst. In demselben Dorf lebte aber ein Bauer, der hatte eine sehr schöne Frau. Sie ging jeden Tag am Popenhof vorüber, um Wasser zu holen, und wenn der Pope sie sah, steckte er sogleich den Kopf durchs Fenster und wieherte. Eines Tages kam die Frau nach Hause und fragte ihren Mann: „Sage mir bitte, lieber Mann, was das zu bedeuten hat: Wenn ich am Popenhof vorbei nach Wasser gehe, wiehert der Pope wie ein Hengst, daß es in der ganzen Straße zu hören ist!“ – „Ach, du dummes Weib! Er will dich lieben! Weißt du was, wenn du wieder Wasser holst und der Pope wie ein Hengst wiehert: Hi-ho-ho!, dann wieherst du auch mit hoher Stimme: Hi-hi-hi! Dann wird er sogleich zu dir herauseilen und dich bitten, mit dir zu nächtigen; locke ihn hierher, wir werden es ihm schon zeigen, was hat der zu wiehern wie ein Hengst!“ Die Frau nahm die Eimer und ging Wasser holen. Der Pope sah sie durchs Fenster ankommen und wieherte, daß es die Straße entlang schallte: Hi-ho-ho! Hi-ho-ho! Die Frau aber wieherte als Antwort: Hi-hi-hi, hi-hi-hi! 107
Der Pope warf seinen Leibrock über, eilte aus dem Hause und fragte die Frau: „Na, Marjuschka, wie ist es denn damit?“ – „Warum nicht, Väterchen! Mein Mann will in die Stadt auf den Jahrmarkt, doch er kann nirgendwo Pferde bekommen.“ – „Warum hast du das nicht längst gesagt? Schicke ihn zu mir, ich gebe ihm mein Gespann nebst Wagen, soll er fahren!“ Die Frau ging nach Hause, erzählte ihrem Mann alles und schickte ihn die Pferde holen. Der Bauer machte sich sogleich auf den Weg zum Popen, der ihn schon erwartete. „Erweist mir die Güte, Väterchen, und gebt mir ein Gespann Pferde, ich will auf den Jahrmarkt fahren.“ – „Bitte, gern, mein Sohn.“ Der Bauer spannte die Popenpferde vor den Wagen, fuhr nach Hause und sprach zu seiner Frau: „Hör zu, ich fahre zum Dorf hinaus, warte ein Weilchen und kehre dann zurück. Der Pope soll zu dir kommen, und wenn ich wieder da bin und ans Tor klopfe, wird er erschrecken und fragen, wo er sich verstecken kann. Dann steckst du ihn in die Truhe mit dem Ruß, hörst du?“ – „Gut!“ Der Bauer stieg auf den Wagen und fuhr zum Dorf hinaus; der Pope sah es und eilte sogleich zu der Frau. „Sei gegrüßt, Marjuschka!“ – „Sei gegrüßt, Väterchen! Jetzt sind wir frei, laß uns schmausen und genießen! Setz dich zu Tisch und trinke Wodka.“ Der Pope trank ein Glas, dann konnte er nicht mehr warten, er warf Kutte, Stiefel und Hose ab und wollte eben ins Bett steigen, da klopfte es plötzlich ans Tor. Er erschrak und fragte: „Wer 108
klopft denn da, Marjuschka?“ – „Ach, Väterchen, das ist gewiß mein Mann, der etwas vergessen hat!“ – „Wo kann ich mich verstecken, meine Beste?“ – „Da steht eine leere Truhe in der Ecke, steige hinein!“ Der Pope stieg in die Truhe und fiel in den Ruß; er legte sich hin und konnte kaum atmen, die Frau aber klappte den Deckel zu und hängte das Schloß davor. Der Bauer kam ins Haus, und die Frau fragte ihn: „Warum kommst du zurück?“ – „Ich habe vergessen, die Rußtruhe mitzunehmen, vielleicht kauft sie jemand auf dem Jahrmarkt! Hilf mir, sie auf den Wagen zu laden.“ Zu zweit hoben sie die Truhe mit dem Popen auf und schleppten sie aus dem Haus. „Die ist ja so schwer!“ sagte der Bauer. „Ganz leer und doch so schwer.“ Dabei ließ er die Truhe mit Fleiß gegen die Wand oder gegen die Tür stoßen. Den Popen warf es hin und her, und er dachte: Ich sitze schön in der Patsche! Sie luden die Truhe auf den Wagen, der Mann setzte sich auf die Truhe und fuhr mit den Popenpferden zur Stadt. Als er auf die Landstraße kam, gab er den Pferden die Peitsche, und sie jagten nur so dahin. Da kam ihm ein Edelmann entgegen, der sprach zu seinem Diener: „Geh, halte den Bauern da an und frage ihn, wo er so eilig hin will.“ Der Diener lief los und schrie: „He, Bauer, warte, warte!“ Der Bauer hielt an. „Der Edelmann läßt fragen, warum du es so eilig hast!“ – „Ich fange Teufel, darum 109
bin ich so in Eile.“ – „So sage, Bäuerlein, hast du denn wenigstens schon einen gefangen?“ – „Einen habe ich gefangen, und auf die anderen mache ich Jagd, doch du hast mich gestört. Jetzt kann ich sie nicht mehr einholen.“ Der Diener erzählte alles seinem Herrn: So und so, einen Teufel habe der Bauer schon gefangen. Der Edelmann ging sogleich zu dem Bauern. „Zeige mir den Teufel, Freund, ich habe noch nie einen gesehen.“ – „Wenn du mir hundert Rubel gibst, Herr, will ich ihn dir zeigen.“ – „Gut“, sprach der Edelmann. Der Bauer nahm die hundert Rubel, öffnete die Truhe und zeigte sie vor, darin saß der Pope, zerschlagen, rußver-schmiert und mit zerrauften Zotteln! „Ach, sieht der aber schrecklich aus!“ sprach der Edelmann. „Ein richtiger Teufel! Lange Haare, schwarzes Gesicht, Glotzaugen!“ Der Bauer schloß die Truhe wieder zu und fuhr weiter in die Stadt. Auf dem Marktplatz angekommen, hielt er den Wagen an. „Was hältst du feil?“ fragten ihn die Leute. – „Einen Teufel“, antwortete er. – „Wieviel willst du dafür?“ – „Tausend Rubel.“ – „Und läßt du etwas ab?“ – „Nein! Tausend Rubel, nicht weniger, mein letztes Wort.“ Da lief um den Bauern so viel Volk zusammen, daß kein Apfel hätte zur Erde fallen können. Es kamen auch zwei reiche Kaufleute, die drängten sich zu dem Wagen durch. „Bauer, verkaufe uns den Teufel.“ – „Bitte.“ –„Und welches ist der Preis?“ – „Tausend Rubel, nur für den Teufel, ohne
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Truhe, die brauche ich, damit ich was zum Einsperren habe, wenn ich noch einen Teufel fange.“ Die beiden Kaufleute legten zusammen und gaben ihm die tausend Rubel. „Hier habt ihr ihn!“ sagte der Bauer und öffnete die Truhe, da sprang der Pope heraus und gab Fersengeld! Mitten in die Menge hinein lief er, und das Volk wich vor ihm zurück, so daß der Pope entkam. „So was von Teufel! Wer dem in die Hände fällt, ist verloren“, sprachen die Kaufleute untereinander. Der Bauer aber fuhr nach Hause und brachte dem Popen die Pferde zurück. „Danke für das Gespann, Väterchen!“ sagte er. „Ich hatte Glück beim Handel, tausend Rubel habe ich verdient.“ Von dieser Zeit an, wenn die Bauersfrau am Popenhof vorbei nach Wasser ging und ihn sah, wieherte sie jedesmal: Hi-hi-hi! „Der Satan soll deine Mutter schänden!“ sprach der Pope dann. „Dein Mann hat mich großartig angewiehert!“ Und er wieherte nie wieder wie ein Hengst.
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32 Das pfiffige Weib Es war einmal ein Bauer, der hatte eine junge Frau, hübsch anzuschauen. In sie verliebten sich der Pope, der Diakon und der Kirchendiener. „Marjuschka, wie ist es denn damit?“ fragte der Pope eines Tages. – „Kommt heute abend, Väterchen, sobald es dunkel ist.“ Auch der Diakon fragte sie, und sie sprach zu ihm: „Kommt, sobald es Nacht ist, Vater Diakon.“ Den Kirchendiener aber bestellte sie auf Mitternacht. Der Bauer beriet sich mit seiner Frau, ging aus dem Hause und trug Säcke zusammen, als wollte er in die Stadt auf den Markt fahren. Der Pope kam zu dem Weib, doch kaum hatte er sich ausgezogen, da klopfte es – der Bauer war zurückgekehrt. Der Pope versteckte sich in einer großen Kiepe. Sodann erschien der Diakon, er mußte sich gleichfalls in der Kiepe verstecken, und schließlich erschien der Kirchendiener, der kam obenauf zu liegen. Der Bauer rief: „Frau, gib mir die Flinte! Ich will schießen. Male mir mit Kreide eine Zielscheibe auf die Kiepe!“ Das Weib malte die Scheibe, da raunte der Pope ihr zu: „Male weiter oben.“ Der Kirchendiener flüsterte: „Male ganz unten.“ Der Bauer, nachdem er sie genugsam erschreckt hatte, befahl seiner Frau, sie freizulassen, stellte sich mit einem Knüppel bei der Schwelle auf und ließ ihn tanzen. Der Diakon und 112
der Kirchendiener entsprangen, der Pope aber versteckte sich in der Viehhälfte unter einer Kuh. Der Bauer merkte es und sprach zu seiner Frau: „Gehe hin zur Popenfrau, die soll herkommen und die Kuh kaufen, sie hat schon lange darum gefeilscht, jetzt will ich sie ihr billig ablassen.“ Als die Popenfrau hörte, daß die Kuh feil sei, sprang sie sogleich aus dem Bett, zog sich an und eilte herbei. „Was höre ich, Iwan, du willst die Kuh verkaufen?“ – „Ich will, Mütterchen!“ – „Was soll sie kosten?“ – „Gib mir vierzig Rubel, und wenn du dich stoßen läßt, verlange ich gar nichts.“ – „Nun, dann stoße mich, mein Sohn!“ Der Bauer legte die Popenfrau auf den Stallboden, bearbeitete sie und sprach dann: „Die Kuh, Mütterchen, schicke ich dir morgen mitsamt dem Kalb.“ Die Popenfrau ging, der Bauer aber rief seiner Frau zu: „Bring das Abendbrot!“ – „Was willst du haben?“ – „Gib mir Milch.“ – „Milch ist nicht da, das Kalb hat sie der Kuh weggetrunken!“ Da nahm der Bauer einen Knüppel und gerbte dem Popen weidlich das Fell, und der Pope quäkte wie ein Kalb; er quäkte und quäkte, dann hielt er es nicht mehr aus, entsprang und lief nach Hause. „Wo warst du denn?“ fragte die Popenfrau. „Du bist mir ein Nachtschwärmer, bummelst dauernd bei den Huren!“ Der Pope aber sagte: „Schweig, der Teufel soll dich schänden, wo ist denn die Kuh, die du gekauft hast?“
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33 Nikolaus vom hohlen Baum Es war einmal ein alter Mann, der hatte eine junge Frau. Zu ihr kam öfters ein junger Bursche zu Besuch, der hieß Terecha. Davon erfuhr der Alte, und er sprach zu seiner Frau: „Höre, ich war im Wald, da habe ich Nikolaus vom hohlen Baum getroffen; der erfüllt dir jede Bitte!“ Am nächsten Morgen lief er in den Wald, fand eine hohle Kiefer und schlüpfte hinein. Sein Weib backte Piroggen, Rundbrot und Butterplinsen, dann ging sie in den Wald, um zum Nikolaus vom hohlen Baum zu beten. Sie kam zu der Kiefer, sah den Alten und dachte: Da ist ja Väterchen Nikolaus vom hohlen Baum! Nun betete sie zu ihm und sprach: „Väterchen Nikolaus, laß doch meinen alten Mann blind werden.“ Der Alte antwortete: „Geh nach Hause, Frau, dein Alter wird blind werden, den Korb mit den Piroggen aber lasse hier.“ Das Weib ließ den Korb mit den Piroggen bei der Kiefer stehen und ging nach Hause. Der Alte schlüpfte sogleich aus dem Baum, verspeiste Piroggen, Rundbrot und Butterplinsen, schnitt sich einen Knüppel zurecht und ging auch nach Hause, tastend wie ein Blinder. „Was hast du, Alter?“ fragte seine Frau. „Warum schleichst du so? Kannst du etwa nichts sehen?“ – „Ach, Frauchen, ein Unglück hat mich ereilt, ich sehe nichts mehr!“ Die Frau nahm ihn bei 114
den Armen, führte ihn ins Haus und legte ihn auf den Ofen. Noch am selben Abend erschien ihr Freund Terecha. „Du brauchst nichts mehr zu fürchten!“ sprach das Weib zu ihm. „Komme mich besuchen, sooft du magst. Ich bin heute in den Wald gegangen und habe Nikolaus vom hohlen Baum angefleht, meinen Alten blind zu machen; vorhin ist er nach Hause gekommen und sieht nichts mehr.“ Sie backte Plinsen und trug sie auf, Terecha aber kaute mit vollen Backen. „Paß auf, Terecha!“ sprach die Frau. „Verschlucke dich nicht an den Plinsen; ich gehe Butter holen.“ Kaum hatte sie die Stube verlassen, da nahm der Alte seine Armbrust, lud sie und schoß Terecha mausetot. Er sprang vom Ofen, ballte eine Plinse zum Klumpen und stopfte sie Terecha in den Schlund, als wäre er daran erstickt, dann kletterte er wieder auf den Ofen. Als die Frau mit der Butter zurückkam, sah sie Terecha tot dasitzen. „Ich habe dir gesagt, iß sie nicht ohne Butter, sonst verschluckst du dich, aber du wolltest ja nicht hören, und jetzt bist du tot!“ Sie nahm ihn, schleifte ihn in die Diele und legte sich allein schlafen. Der Schlaf floh sie jedoch, da rief sie den Alten zu sich, der aber sprach: „Ich fühle mich hier wohl.“ Eine ganze Weile lag er still auf dem Ofen, dann schrie er plötzlich wie im Schlaf: „Steh auf, Frau, in der Diele liegt Terecha und ist mausetot!“ – „Was redest du, Alter! Du hast geträumt.“ 115
Der Alte stieg vom Ofen, zog Terecha heraus und schleifte ihn zum Hause eines reichen Bauern, hier stellte er ihn an das Honigfaß und gab ihm ein Schäufelchen in die Hand, wie zum Honigschöpfen. Der Bauer sah, daß jemand ihm Honig stahl, lief herzu und schlug Terecha dermaßen über den Kopf, daß der wie tot zu Boden stürzte. Der Alte sprang hinter der Hausecke hervor und packte den Bauern am Kragen. „Warum hast du den Burschen totgeschlagen?“ – „Nimm hundert Rubel, aber sage es niemandem!“ sprach der Bauer. – „Gib mir fünfhundert, sonst bringe ich dich vor Gericht.“ Der Bauer gab ihm fünfhundert Rubel, da nahm der Alte den Toten und schleifte ihn zum Kirchhof. Sodann holte er den Hengst aus dem Stall des Popen, setzte Terecha darauf, band ihm die Zügel an die Hände und jagte ihn über den Friedhof. Der Pope lief aus dem Hause, beschimpfte Terecha und wollte ihn fangen, der Hengst aber lief vom Popen weg in den Stall. Da stieß Terecha mit der Stirn gegen den Querbalken, stürzte vom Pferd und rollte über die Erde. Der Alte sprang hinter der Ecke hervor und packte den Popen am Bart. „Warum hast du den Burschen umgebracht? Komm mit zum Gericht!“ Da war nichts zu machen, der Pope gab ihm dreihundert Rubel. „Aber laß mich los und sage es niemandem.“ Und er beerdigte Terecha.
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34 Zwei Brüder auf Freiersfüßen Es war einmal ein Bauer, der hatte zwei Söhne, stattliche Burschen. Eines Tages hielt er Rat mit seiner Alten, welchen der Söhne sie verheiraten wollten, Grizko oder Lawro. „Zuerst den älteren“, sprach die Frau. Sie freiten also für Lawro und freiten ihm in der Butterwoche eine Braut aus einem anderen Dorf. Als die Osterwoche angebrochen war, feierten sie das Ende der Fasten, dann rüsteten Lawro und sein Bruder Grizko zur Reise ins Nachbardorf. Sie packten, spannten ein Paar Pferde ein und stiegen auf den Wagen: Lawro, der Bräutigam, als Herr, Grizko als Kutscher, dann fuhren sie los. Kaum aber hatten sie das Dorf verlassen, da mußte Lawro bereits scheißen, so sehr hatte er sich zum Ende der Fasten vollgestopft. „Grizko, Bruder!“ sprach er. „Halte die Pferde an.“ – „Wozu?“ – „Ich muß scheißen.“ – „Du bist mir ein Dummkopf! Wirst doch nicht das eigene Land vollscheißen? Halte noch ein wenig aus; sobald wir auf fremdem Feld sind, kannst du dich entleeren nach Herzenslust!“ Da war nichts zu machen, Lawro spannte sich, kniff und duldete, doch es ward ihm heiß dabei, und der Schweiß brach ihm aus. Nun begann das fremde Feld. „So, Bruder“, sprach Lawro, „nun sei so gut und halte die Pferde an, ich kann es nicht mehr aushalten, ich muß unbedingt scheißen!“ 117
Grizko aber antwortete: „Du bist mir ein Dummkopf! Mit dir hat man’s schwer. Warum hast du das nicht gesagt, als wir noch übers eigene Feld fuhren, dort hättest du dich hinhocken und scheißen können. Hier aber? Du weißt selber, was es heißt, auf fremde Erde zu scheißen! Womöglich sieht’s ein Satanskerl, prügelt uns beide durch und nimmt uns die Pferde weg. Halte noch ein wenig aus; sobald wir auf dem Hof deines Schwiegervaters sind, springst du vom Wagen und läufst zum Abtritt, da kannst du scheißen nach Herzenslust; ich spanne derweil die Pferde aus.“ Lawro saß im Wagen, schmollte und riß sich zusammen. Sie gelangten in das Dorf und zum Hofe des Schwiegervaters. Vor dem Tor stand die Schwiegermutter, um ihren künftigen Eidam zu begrüßen. „Sei uns gegrüßt, lieber Sohn! Wir warten schon lange auf dich!“ Der Bräutigam, ohne ein Wort zu sagen, sprang vom Wagen und wollte stracks zum Abtritt. Die Schwiegermutter glaubte nicht anders, als daß er sich schäme, sie erwischte ihn am Arm und sprach: „Du schämst dich doch nicht, Söhnchen? Das brauchst du nicht, gottbehüte, wir haben keine Fremden bei uns, darum bitte ich dich herzlich ins Haus.“ Sie zog ihn ins Haus und nötigte ihn am Tisch auf den Ehrenplatz. Lawro konnte es nun nicht mehr aushalten, er machte unter sich und schiß die ganze Hose voll; da saß er nun auf der Bank und hatte Angst, sich auch nur zu rühren. Die Schwiegermutter hatte alle Hände voll zu tun, sie stellte Speisen auf den Tisch, nahm eine 118
Literflasche Schnaps, goß ein und brachte das erste Glas dem Bräutigam. Als er sich jedoch erhob, um das Glas entgegenzunehmen, rutschte ihm die Scheiße die Schenkel entlang, hinein in die Stiefelschäfte, und Gestank verbreitete sich in der Stube. Wo kam der Gestank her? Die Schwiegermutter stürzte in sämtliche Ecken, um nachzusehen, ob die Rinder die Schweinerei angerichtet hätten. Doch nein, sie fand nichts, da trat sie zu den Gästen. „Ach, meine Lieben, bei uns auf dem Hof ist es nicht ganz sauber, vielleicht ist einer von euch in Scheiße getreten. Steht doch mal auf, ich will nachsehen, ob einer schmutzige Stiefel hat.“ Die Alte untersuchte Grizko, nichts, dann kam sie zu Lawro. „Lieber Eidam, vorhin auf dem Hof wolltest du zum Abtritt laufen, vielleicht hast du Scheiße am Stiefel?« Sie befühlte ihn, und kaum faßte sie zwischen seine Knie, da war ihre Hand voller Scheiße. Nun schalt sie den Schwiegersohn: „Sage an, bist du verrückt geworden? Was ist das für eine Schweinerei! Du bist wohl nur gekommen, um dich über uns lustig zu machen, gemeiner Kerl! Hast noch nichts gegessen und getrunken und dich schon bei Tisch vollgeschissen! Geh zum Teufel und werde sein Eidam, aber nicht der unsere!“ Dann rief die Alte ihre Tochter und sprach: „Mein liebes Kind, ich kann dir zum Ehebund mit diesem dreckigen Hosenscheißer meinen Segen nicht erteilen; heirate seinen Bruder! Siehe, der da ist dein Bräutigam!“ 119
Lawro ward beiseite geschoben, und Grizko kam auf den Ehrenplatz zu sitzen. Nun wurde getrunken und gegessen, und der Schmaus dauerte bis zum Abend. Als die Nacht kam, wurde es Zeit, schlafen zu gehen. Die Alte sprach zu ihren Gästen: „Gehet nun mit Gott und schlaft im neuen Haus, und du, meine Tochter, bringst ein Federbett dorthin für den Bräutigam. Der Hosenscheißer aber kriegt nichts, der kann auf der harten Bank liegen.“ Nun legten sie sich schlafen: Grizko auf dem Federbett, Lawro aber krümmte sich auf der Bank. Er konnte nicht schlafen, denn er dachte immerfort darüber nach, wie er dem Bruder den bösen Streich heimzahlen könne. Als er hörte, daß Grizko fest schlief, stand er auf von der Bank, nahm den Tisch und schob ihn sacht vor die Tür, dann legte er sich wieder auf die Bank. Mitten in der Nacht erwachte Grizko, stand auf von seinem Federbett und wollte austreten; er ging zur Tür, stieß jedoch gegen den Tisch. Nanu, wo ist denn die Tür? dachte er, kehrte um und suchte die Wände entlang. Wo ist die Tür geblieben? Nun mußte er schon so nötig scheißen, daß er hätte sterben mögen. Was tun? Er hockte sich beim Tisch hin und schiß einen Haufen, den man mit einem Spaten nicht hätte wegtragen können. Er schiß sich aus und dachte: Die Sache taugt nichts, bis zum Morgen muß ich die Scheiße beseitigen! Er tastete in die Runde und fand in der 120
Wand einen breiten Spalt Dort warf er die Scheiße hin, doch traf er nicht den Spalt, sondern die Wand, und die Scheiße klatschte zurück, ihm ins Gesicht. Grizko wischte sich mit den Händen ab, nahm wieder eine Handvoll und warf – dasselbe. Die Wand und er selbst waren ganz und gar verschmiert. Er mußte sich waschen und suchte nach Wasser; endlich ertastete er im Ofen einen Topf mit Farbe, mit der die Hausfrau Ostereier färben wollte; er holte ihn heraus und wusch sich Kopf und Hände. So, nun mag es gut sein! dachte Grizko, legte sich wieder hin und schlief ein. Sein Bruder aber schob den Tisch sacht zu der alten Stelle zurück. Als es schon hell war, kam die Braut, um den Bräutigam zu wecken. „Aufstehen, mein Schatz!“ sprach sie. „Das Frühstück ist fertig.“ Da sah sie, daß ihr Bräutigam im Gesicht wie ein Teufel ausschaute, sie erschrak und lief davon. Sie lief zu ihrer Mutter, und es schüttelte sie nur so. „Warum weinst du?“ fragte die Mutter. – „Wie sollte ich nicht weinen? Ich bin ja verloren! Geh doch hin und sieh selber, was sich im neuen Haus tut!“ – „Was soll sich dort tun? Dort sind dein Bräutigam und sein Bruder.“ – „Bräutigam? Ein Teufel ist das, kein Bräutigam!“ Zu dritt gingen sie hin, Vater, Mutter und Braut, und betraten das Haus, in dem der Bräutigam schlief. Der Bräutigam sah sie und lachte vor Freude: Seine Zähne blitzten weiß, doch sein Gesicht war blau, der leibhaftige Satan. 121
Sie liefen erschrocken hinaus. Der Alte schloß die Tür fest zu und ging zum Popen. „Komm zu uns, Väterchen“, sprach er, „segne unser neues Haus und vertreibe den Bösen von dort, er hat sich bei uns eingenistet, der Verfluchte!“ – „Wie, mein Sohn, du hast den Teufel im Haus? Aber ich habe ja selber Angst vor dem Teufel!“ – „Fürchte dich nicht, Väterchen, ich habe ja die Stute. Wenn etwas geschieht, steigst du auf und reitest davon, dann holt dich kein Teufel ein, nicht mal ein Vogel!“ – „Nun gut, mein Sohn, sei es so, ich will den Bösen vertreiben, aber die Stute soll mir gehören!“ – „Gut, Väterchen!“ sprach der Bauer und verneigte sich. Der Pope ging zum neuen Haus, er hatte den Kirchendiener mitgenommen und die Kutte angelegt; in der Hand trug er das brennende Räucherfaß, dem er neuen Weihrauch aufgeschüttet hatte. Sie schritten ums Haus herum und sangen: Ehre sei Gott! Nanu, dachte Grizko, der Pope mit dem Kreuz? Ich will mich an die Tür stellen, und wenn er ins Haus kommt, bitte ich ihn um seinen Segen. Er stellte sich an die Tür und wartete. Der Pope schritt dreimal um das Haus herum und trat dann zur Tür, doch kaum hatte er sie geöffnet und die Schwelle überschritten, da streckte Grizko ihm seine blaue Hand hin. Der Pope sprang rückwärts, schwang sich auf die Stute und bearbeitete ihre Flanken mit dem Weihrauchfaß statt der Peitsche. Die Stute sprengte davon, der Pope aber peitschte ihr die Seiten, dabei geriet ihm das 122
heiße Weihrauchfaß unter den Schwanz der Stute, und nun raste sie wie wahnsinnig davon, bockte, stolperte und krachte nieder; der Pope flog kopfüber zu Boden, brach sich den Hals und starb. Die beiden dummen Freier aber kehrten mit leeren Händen nach Hause zurück.
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35 Die kopflose Braut Es lebte einmal ein Bauer mit seiner Frau. Eines Tages brachte er eine Kuh auf den Markt, die verkaufte er einem Bauern aus einem anderen Dorf, sie tranken auf den Viehkauf und wurden Gevattern. „So, Gevatter, laß uns immer Bekannte sein!“ – „Aber gewiß doch, Gevatter!“ Von dieser Zeit an, wo immer sie sich trafen, redeten sie einander als Gevatter an und bewirteten sich mit Wodka. Eines Tages trafen sie sich in einer Garküche. „Ei, guten Tag, Gevatter!“ – „Sei mir gegrüßt, Gevatter! Wie geht es deiner Kuh?“ – „Gottlob gut!“ – „Nun, Gott sei gepriesen. Höre, Gevatter, wie wär’s, wenn wir Verwandte würden?“ – „Warum nicht? Für deinen Sohn ist es Zeit, zu freien, und meine Tochter könnte ich auf der Stelle verheiraten!“ – „Also, Handschlag?“ – „Handschlag!“ Sie besprachen es und trennten sich dann. Der Bauer, der die Kuh verkauft hatte, ging nach Hause und sprach zu seinem Sohn: „Höre, Söhnchen, sage mir Dank, denn ich habe eine Braut für dich gefunden und will dich verheiraten!“ – „Wo hast du sie denn gefunden, Väterchen?“ – „Erinnerst du dich an den Gevatter, dem ich die Kuh verkauft habe?“ – „Ich weiß, Väterchen.“ – „Nun, dieser Gevatter hat eine wunderschöne Tochter!“ – „Hast du sie denn gesehen?“ – „Ich selber nicht, aber der Gevatter hat es mir erzählt.“ – „Wenn du sie 124
nicht gesehen hast, so lobe sie auch nicht. Du weißt ja: Einem leichtsinnigen Kaufmann gebührt die Peitsche! Lasse mich ziehen, ich will in ihr Dorf gehen und mir das Mädchen gut anschauen, wie sie wohl aussieht.“ – „Nun denn, geh mit Gott!“ Der Bursche zog seine schlechtesten Sachen an, warf sich einen Zaum über die Schulter, nahm eine Peitsche in die Hand und machte sich auf den Weg zu dem Gevatter. Als er dort eintraf, war es schon Abend. Er klopfte ans Fenster und rief: „Sei gegrüßt, Bauer!“ – „Sei gegrüßt, guter Mensch!“ antwortete der Bauer. „Was ist dir vonnöten?“ – „Gib mir ein Obdach in der dunklen Nacht.“ – „Wo kommst du denn her?“ – „Von weit, mehr als hundert Werst; ich suche die Pferde meines Herrn. Ich habe bei den Pferden geschlafen, da sind mir zwei gestohlen worden. Nun suche ich schon den dritten Tag, doch ohne Erfolg.“ – „Du kannst gerne bei uns übernachten.“ Der Bursche trat ins Haus, nahm den Zaum von der Schulter und hängte ihn an einen Nagel, dann setzte er sich auf die Bank und betrachtete die Braut. Der Alte fragte seinen Gast: „Was hört man Gutes in eurer Gegend?“ – „Gutes hört man gar nicht, Onkel, doch Schlimmes viel.“ – „Was denn so?“ – „Nun, allnächtlich werden Menschen von Wölfen gefressen; schon zwei Wochen lang vergeht kaum eine Nacht, in der die Wölfe nicht fünf oder zehn Menschen reißen!“
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Sie plauderten und legten sich schlafen der Alte und seine Frau im Käfterchen, die Tochter im Vorraum auf einer Pritsche, der Nachtgast aber auch im Vorraum, nur auf Heu, das auf ein hohes Wandbrett geschichtet war. Da lag der Bursche nun und horchte, ob sich nicht bei dem Mädchen ein Liebhaber einstellte. Eine Stunde verging und noch eine, da pochte es plötzlich an die Tür, und eine Stimme sagte: „Mein Liebchen, mach mir auf!“ Das Mädchen erhob sich leise, öffnete die Tür und ließ den Liebhaber ein; er zog sich aus und legte sich zu ihr. Sie plauderten eine Weile und waren sich alsbald so einig, daß der Gast das Mädchen bestieg und nach allen Regeln der Kunst durchschaukelte, einmal und noch einmal. „Höre, mein Herz!“ sprach das Mädchen. „Ich habe die Weiber reden hören, wenn die Beine mit einer Leine bis zum Hals hinaufgezogen und festgebunden werden, dann liegt die Pflaume ganz frei, und es fickt sich wunderbar, dann brauche ich nicht einmal gegenzustoßen. Laß es uns versuchen, mein Freund!“ Der Besucher überlegte nicht lange, er nahm seine Gürtelschnur, zog ihr die Beine zum Halse hinauf, band sie fest und fickte drauflos. Da sprang der Nachtgast von oben herunter und schrie aus vollem Halse: „Hilfe! Rüste dich, Hausherr! Deine Tochter ist verloren, die Wölfe haben ihr den Kopf abgefressen.“ Der Liebhaber sprang von ihr herunter und wollte zur Tür, der
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Nachtgast aber packte ihn am Kragen und sagte: „Nein, Freundchen, halt, warte ein wenig!“ Die beiden Alten hatten den Schrei gehört, sie kamen aus ihrem Käfterchen gelaufen und eilten ans Bett der Tochter. Der Alte befühlte sie in der Dunkelheit und geriet mit den Fingern an Arsch und Pflaume, da erschrak er, denn er glaubte nicht anders, als daß es der Rumpf wäre und der Kopf fehlte. Er schrie die Alte an: „Mach schnell Licht! Unsere Tochter lebt nicht mehr!“ Dabei hielt er sie an Arsch und Pflaume und weinte bitterlich über ihren Tod. Die Alte brachte Licht. Nanu, die Tochter war ja gefesselt! Du lieber Gott, was hatte das zu bedeuten? „Hier ist er, der Wolf, Onkel!“ sprach der Nachtgast, der den Liebhaber am Kragen hielt. – „Ach, du Hundesohn!“ schrie die Alte. „Kannst du sie nicht ficken, wie es üblich ist?“ Sie schlugen auf den Liebhaber ein und stießen ihn hinaus, dann banden sie die Tochter los. „Tu mir die Güte, mein Freund“, bat der Alte den Nachtgast, „erzähle niemandem von unserem Leid. Hier hast du dafür fünfundzwanzig Rubel!“ – „Gut, Onkel, ich sage nichts, Gott behüte! Was geht es mich an!“ Am Morgen bewirtete der Alte den Nachtgast und geleitete ihn zum Dorf hinaus. Der Bursche machte sich auf den Heimweg, da kam ihm eine Schar Bettler mit Quersäcken entgegen. „Hört zu, arme Leute“, sprach er zu ihnen, „geht in dieses Dorf, da wohnt ganz am Ende ein reicher Bauer. Er hält heute eine Trauerfeier um seine Tochter, der die Wölfe den Kopf abgefressen haben. Der 127
Bauer hat ein gutes Herz, er wird euch aufnehmen, euch zu essen und zu trinken geben und euch auch noch die Quersäcke vollpacken!“ Die Bettler gingen gradewegs zu dem Bauern, kamen in den Hof, stellten sich in einer Reihe auf und warteten auf die Speisung. Der Bauer sah sie und wunderte sich, wie viele es waren. Er nahm einen großen Laib Brot, schnitt ihn auf und gab jedem ein Stück, die Bettler aber blieben stehen, gingen nicht vom Hof. „Worauf wartet ihr noch?“ fragte der Bauer. „Ihr habt doch euer Almosen bekommen!“ – „So mache das Maß deiner Güte voll, Onkel, laß uns zu Mittag essen und deiner Tochter gedenken.“ – „Welcher Tochter?“ – „Die die Wölfe gefressen haben.“ – „Welcher Teufel hat euch das gesagt? In meinem Haus ist alles wohlauf!“ – „Ein junger Bursche hat uns zu dir geschickt.“ – „Geht nur, verschwindet!“ schrie der Bauer. Die Bettler verließen den Hof, der Bauer aber sprach: „Mein Geld ist verloren, Alte! Ich habe es dem Hundesohn ganz umsonst gegeben. Er hat versprochen, es keinem zu sagen, doch kaum ist er aus dem Tor, schickt er mir lauter Bettler auf den Hof! Jetzt wird er die Geschichte in allen Dörfern herumerzählen. Wenn es der Gevatter erfährt, dann steht es schlecht um uns.“ Der Bursche war inzwischen seines Weges gezogen und kam nach Hause. „Na, Söhnchen, hast du deine Braut gesehen?“ fragten ihn Vater und Mutter. – „Ach, Väterchen, seid mir nur nicht gram, hätte ich sie lieber nie gesehen.“ – „Warum 128
das?“ – „Weil meiner Braut, Gott hab sie selig, die Wölfe den Kopf abgefressen und nur den Rumpf übriggelassen haben; morgen ist die Beerdigung!“ – „Ach, welches Leid den guten Menschen widerfahren ist! Alte, wir müssen hinfahren und Abschied nehmen, ehe sie unter der Erde ist. Die Leute waren gut zu uns! Söhnchen, spanne die Pferde ein, Mutter und ich fahren zum Gevatter.“ Der Sohn spannte die Pferde ein, sie stiegen in den Wagen und fuhren los. Als sie vor den Hof kamen, sah der Gevatter sie und lief, sie zu begrüßen. „Sei mir gegrüßt, Gevatter! Meint es der Herr gut mit euch? Kommt bitte ins Haus, teure Gäste!“ Die Gäste aber antworteten mit trauriger Stimme: „Danke, lieber Gevatter! Wir kommen nicht zu Besuch, sondern wir wollen von deiner Tochter Abschied nehmen. Es hat wohl nicht sollen sein, daß wir Verwandte werden.“ – „Warum denn nicht, Gevatter?“ – „Nun, das Unglück hat doch dein Haus heimgesucht, die Wölfe haben deiner Tochter den Kopf abgefressen!“ – „Wann? Wer hat euch das erzählt?“ – „Unser Sohn, er hat doch die letzte Nacht bei euch geschlafen und alles selbst gesehen.“ – „Das ist gut! Also das war dein Sohn? Da ist nichts zu machen, meine Tochter lebt, aber die Sache ist verpfuscht.“ Sie beredeten es, dann gingen die Gäste mit Gott. Doch fortan nannten die beiden Bauern einander nie wieder Gevatter.
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36 Der gutmütige Pope Es war einmal ein Pope, der nahm sich einen Knecht und brachte ihn in sein Haus. „Höre, Knecht, wenn du mir gut dienst, soll es dir an nichts fehlen.“ Der Knecht wohnte eine Woche bei dem Popen, dann kam die Zeit der Heumahd. „Höre, mein Sohn!“ sprach der Pope. „Wenn Gott will, werden wir nachts gut schlafen und morgen früh Gras mähen.“ – „Gut, Väterchen!“ Am nächsten Morgen standen sie früh auf. Der Pope sprach zu seiner Frau: „Gib uns das Frühstück, Mutter, wir gehen aufs Feld Gras mähen.“ Die Popenfrau deckte den Tisch. Zu zweit setzten sie sich hin und frühstückten ausgiebig. Dann sprach der Pope zu seinem Knecht: „Weißt du was, mein Bester, wir wollen auch gleich Mittag essen, dann können wir bis zur Vesper ohne Pause durchmähen.“ – „Wie es gefällig ist, Väterchen, wir können auch gleich Mittag essen.“ – „Mutter, bring das Mittagessen auf den Tisch“, hieß der Pope seine Frau. Da trug sie das Mittagessen auf. Sie aßen jeder einen Löffel voll und noch einen, dann waren sie satt. Der Pope sprach zu seinem Knecht: „Mein Bester, wollen wir nicht auch gleich vespern, dann können wir bis zum Abendbrot durchmähen.“ – „Wie es gefällig ist, Väterchen, wir können auch gleich vespern.“ Die Popenfrau trug die Vespermahlzeit auf. Wieder aßen sie jeder 130
einen Löffel voll und noch einen, dann waren sie satt. „Es ist ein Abmachen, mein Bester!“ sprach der Pope zu seinem Knecht. „Laß uns auch noch Abendbrot essen, wir werden heute auf dem Feld übernachten, dann sind wir morgen früher bei der Arbeit.“ – „Gut, Väterchen.“ Die Popenfrau trug ihnen das Abendbrot auf. Sie aßen ein oder zwei Bissen und standen vom Tisch auf. Der Knecht griff nach seinem Bauernhemd und machte Miene zu gehen. „Wo willst du hin, mein Sohn?“ fragte der Pope. – „Wohin? Ihr wißt doch, Väterchen, daß man sich nach dem Abendbrot schlafen legt.“ Er ging in die Scheune und schlief bis zum nächsten Morgen durch. Der Pope aber bewirtete seinen Knecht nie wieder mit Frühstück, Mittagessen, Vesper und Abendbrot zugleich.
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37 Die Kaufmannsfrau und der Ladengehilfe Es war einmal ein Kaufmann, ein alter Zausel, der heiratete ein blutjunges Frauchen, und er hatte in seinem Geschäft viele Ladengehilfen. Der oberste Gehilfe hieß Potap, der war ein stattlicher, ansehnlicher Mensch. Der machte sich an die junge Frau heran, trieb allerlei Scherze mit ihr und war sich alsbald mit ihr einig. Das fiel den Nachbarn auf, und sie hinterbrachten es dem Kaufmann. Da sprach der Kaufmann zu seiner Frau: „Höre, mein Herz! Was erzählen die Leute da? Du hältst es mit meinem Gehilfen Potap?“ – „Was redest du, Gott behüte, als ob ich mich darauf einlassen würde! Glaube nicht den Leuten, glaube nur deinen Augen!“ – „Sie sagen, er hat sich schon lange an dich herangemacht! Ob wir ihn irgendwie auf die Probe stellen?“ – „Warum nicht?“ sprach die Frau. „Hör zu, zieh ein Kleid von mir an und geh zu ihm in den Garten, du weißt ja, wo er zu schlafen pflegt, dann flüsterst du ihm zu, du kämst von deinem Mann zu ihm, und du wirst sehen, was für einer er ist.“ – „Gut!“ sagte der Kaufmann. Seine Frau aber paßte die Gelegenheit ab und unterwies den Gehilfen, ihren Mann, wenn er käme, tüchtig durchzubleuen, damit er es sich merkte, der Halunke!
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Der Kaufmann wartete, bis es Nacht ward, dann zog er ein langes Kleid von seiner Frau an und ging in den Garten zu dem Gehilfen. „Wer ist da?“ fragte der Gehilfe. Der Kaufmann antwortete flüsternd: „Ich bin es, mein Schatz!“ – „Was wollt Ihr?“ – „Ich bin von meinem Manne weggegangen und zu dir gekommen.“ – „Ach, du gemeines Weib! Und da heißt es von mir, daß ich dir nachsteige! Du Hure willst wohl, daß der Herr gänzlich gegen mich ergrimmt!“ Dabei prügelte er den Kaufmann weidlich durch und sprach dazu: „Komme nie wieder, du schuftiges Weib! Mach mir keine Schande, ich bin um nichts zu solchen Schandtaten bereit.“ Der Kaufmann riß sich mühsam los, lief zu seiner Frau und sprach: „Nein, mein Liebchen, jetzt glaube ich keinem Menschen auf der Welt, daß du es mit dem Gehilfen hältst. Er hat mich furchtbar beschimpft, beschämt und geschlagen, und ich bin ihm nur mühsam entkommen!“ – „Da siehst du’s, und du glaubst einem jeden!“ sprach die Frau, und sie lebte fortan mit dem Gehilfen ohne jegliche Furcht.
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