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Die nachfolgenden Aufzeichnungen wurden während eines Kranken lagers im Februar 1943 niedergeschrieben. Sie waren als Beitrag zur Verbandsgeschichte einer denkwürdigen Fliegergruppe gedacht, die auch im damals feindlichen Lager als „Helbig-Flyers" Ansehen genoß und deutlich werden lassen sollte, daß es Menschen waren, die flogen und kämpften, und keine „Super-Helden", zu denen sie in Propagan daberichten hochstilisiert wurden. Aus Gründen der damals befohlenen Geheimhaltung sind Standorte, Zeiten und Personen nur angedeutet. Es handelt sich um Eleusis bei Athen, Iraklion auf Kreta und zeitweise Catania/Sizilien. Die Niederschrift meiner Erinnerungen erfolgte innerhalb weniger Wochen. Ich war damals noch keine 23 Jahre alt und stand unter dem unmittelbaren Eindruck der Erlebnisse des für unsere Ju-88-Gruppe besonders ereignisreichen Jahres 1942, dessen Erfolge uns nicht froh machten, weil die Verluste eine Schar fröhlicher junger Männer zu einem kleinen Häuflein weniger Überlebender hatten zusammen schmelzen lassen, das kurz darauf in alle Winde zerstreut wurde. Treue Freunde sind später noch gefallen oder verunglückt. Was ich über jene Zeit zu berichten habe, wurde in einer Sprache und Ausdrucksweise geschrieben, die heute ungewöhnlich anmuten mag dem damals bei uns üblichen Frontjargon. Der vorliegende Report soll ein Andenken sein an meine Freunde von der
I./Lehrgeschwader 1 die nun schon Jahrzehnte in fremder Erde oder im Mittelmeer ruhen. Gerd Stamp 11
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Das Jahr 1941 neigte sich seinem Ende zu. War es im Sommer zu heiß gewesen, war es jetzt zu kalt. Wir standen und froren vor unserem Unterkunftsbau, der in seiner Form an eine Zigarrenkiste erinnerte. Die Gruppe stand im offenen Viereck: Stab, erste, zweite und dritte Staffel, die technische Kompanie und der Nachrichtenzug. Erwartungsvolle Ge sichter und klamme Finger kennzeichneten die Lage. Ich fror unver schämt. Der schneidende Nordwest, der vom Parnass herunterkam, er zeugte keine erfreulichen Gedanken. Plötzlich Kommandos, Meldung wurde gemacht, der Kommodore sprach. Der Wind nahm ihm die Worte vom Mund. Ich stand entgegengesetzt und hörte nur abgerissene Bruchstücke: „ . . . vor einigen Tagen . . . alter Kommandeur v e r a b s c h i e d e t . . . heute Einführung neuer K o m m a n deur . . . alter Angehöriger des Geschwaders . . . zurückblicken auf groß artige Leistungen . . . Zukunft Gleiches erwarten . . . " Meine Gedanken kreisten immer darum: Hoffentlich dauert es nicht mehr lange. Kommandos, Autotüren klappten, weg war er. Dann stand ein anderer in unserer Mitte. Wieder hörte ich nur Worte: „ . . . Gruppe übernehmen . . . den erzielten Erfolgen weitere hinzufügen . . . " Dann horchte ich auf, schneidend klang es über uns hinweg: „Ich werde von niemand etwas verlangen, was ich nicht selbst tun würde!" Jetzt wurde es mir aber wirklich zu kalt. Ich spürte, wie Hoffmann und „Fähnlein" neben mir auch froren, und in diese Betrachtungen kam das Kommando zum Wegtreten. Das also war Joachim Helbig.*) Ich hatte ihn von Frankreich her noch flüchtig in Erinnerung, als er einmal auf unserem Gefechtsstand war. Dicke Pelzweste, unmöglich zerknautschte Mütze, die m ü h s a m das glatt zurückgekämmte Haar in Schach hielt, ein paar schalkhafte Augen, die unruhig hin und her w a n d e r t e n . . . und immer irgendeine treffende Bemerkung auf der Zunge. Zunächst hieß er „Capitaine Fit". Der Name stammte aus dem „Pelikan", einer Bar in Orleans, die schon bei Nen nung ihres Namens bei allen Eingeweihten andachtsvolle Erinnerungen wachrief. Einige Tage später. Wir sitzen beim Frühstück, schimpfen über die „Wagenschmiere" von Marmelade und mitten in eine erregte Debatte, ob Spiegel- oder gekochte Eier morgens zweckmäßiger seien - wenn man sie hat - , platzt Bunde, seines Zeichens Adjutant und baumlang. Ein weißes Papier in der Hand wie ein Fähnchen schwenkend, schreit er: „Kinder, der ,Alte' hat das Eichenlaub bekommen, hier ist das Fern schreiben!" Jubel, Trubel, Stimmung, wie üblich bei solchen Anlässen. Julius, Kriegsberichter und Kasinooffizier, auch nicht mehr der Jüngste, denn sein dünnes Haar ist schon grau, zieht schmerzlich die Stirn in Falten und seufzt hörbar. An einem wolkigen Tag schippere ich mit meiner Ju 88 in einigen hundert Metern Höhe dahin und suche nach Schiffen. Weihnachten haben wir glücklich überstanden, Silvester steht vor der Tür. Es wird wohl der letzte Einsatz sein in diesem Jahr. Bedeutende Erfolge hat es beschert, was wird nun das neue J a h r bringen? *) Ritterkreuz am 24.11. 40; 64. Eichenlaub am 16.1. 42; 20. Schwerter am 28.9. 42
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„Herr Leutnant, rechts voraus Schiffe!" Dieser Ruf unterbricht meine Gedanken schonungslos. Tatsächlich! Bei näherem Hinsehen erkenne ich drei Frachter in Kiellinie, rechts und links davon je zwei Zerstörer, voraus in weitem Halbkreis kleinere Sicherungsfahrzeuge. Der ganze Verband hat Kurs auf die nächste Wolkenbank im Osten. Pulle (Gas) rein und auf Angriffsposition. Ich hänge nun über den Wolken und kann von unten nicht gesehen werden, sehe selbst aber alles sehr genau, weil die Wolken zum Glück nur dünn sind. Unterdessen haut der Funker die Meldung durch, denn es sind noch andere von uns unter wegs. Meldung von hinten, daß der Funkspruch durch ist. So, nun können wir. Die vorderen Schiffe interessieren mich nicht, nur die größeren Einheiten. Den dicksten Pott nehme ich mir aufs Korn. „Fertigmachen zum Sturz!" „Alles fertig!" Und nun geht es hinunter. Im Fadenkreuz taucht das Feindschiff wieder auf, wird immer größer, von Sekunde zu Sekunde. Der Beobach ter schreit mir die Höhen zu. Ein Schlag aufs Knie, ich nehme die Mühle*) leicht heran, ein zweiter Schlag, dann drücke ich leicht mit dem linken Daumen auf den roten Knopf. Die Bomben fallen. Da ziehen auch schon die „roten Obergefreiten", die Leuchtspuren der leichten Flak, vor uns hoch. Urplötzlich stehen schwarze Wölkchen vor mir: Sprenggranaten der Flak. Linkskurve, Rechtskurve und dann ganz steil nach links, ein Blick nach hinten, und ich kann gerade sehen, wie drei Bomben auf dem Schiff aufschlagen. Die vierte fällt an der Schraube ins Wasser. Im Tiefflug sehe ich mir jetzt alles genau an und stelle fest, daß ich einen Zerstörer getroffen habe. Er bläst weißen Rauch ab, verlangsamt seine Fahrt und bleibt zurück. Aufgeregtes Geschrei in der Maschine, dann auf einmal sagt einer etwas kleinlaut: „Achtung, eine einmotorige Maschine ist hinter uns her!" „Das kann nur ein Tommy (Spitzname für Engländer) sein, und es ist besser, wir verziehen uns in die Wolken, denn unser Auftrag ist ja ohnehin erfüllt. Zu Hause habe ich einen ausgedehnten Disput mit Gerhard Brenner, den wir „Fähnlein" nennen. Er behauptet steif und fest, ich hätte einen Kreuzer erwischt. Übrigens war er etwas später dagewesen als ich und hatte einen Frachter mit zwei Bomben getroffen. Es war aber meiner Ansicht nach doch nur ein Zerstörer. „Fähnlein" und ich belegen uns spaßeshalber gegenseitig mit allen verfügbaren Ausdrücken, die anderen hören amüsiert zu. Wir aber wis sen Bescheid. Es ist nur, damit wir nicht aus der Übung kommen. Und außerdem ist so etwas ein prächtiges Mittel gegen den nach Einsätzen immer zu spürenden inneren „Überdruck". Kothe, unser Ia, Dirigent des Einsatzbetriebes, Riesenbrust und leicht angerauhte Stimme, verkündet uns beim Mittagessen, d a ß es losgehe. Morgen oder übermorgen. *)
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Flugzeug; Fliegerjargon
Also doch! Was bis jetzt nur als Parole (Gerücht) herumlief, wird Wirk lichkeit: Wir verlegen. „Eine kleine Insel liegt im blauen Meer . . . " . Alois findet wieder einmal den passenden Text. Vorliebe für mehr schräge Musik, lang, blond, für jeden Unfug und jeden guten Witz zu haben, lacht er immer und schimpft gern. Das darf man bei ihm allerdings nicht allzu ernst neh men. Wir packen unsere Klamotten, und bei strahlend blauem Himmel geht es unter Führung von „Johannes" Lüben los. Er ist mein Staffelkapitän. Bei uns in der Gruppe wird er schon lange so genannt, denn wir kennen ihn noch als Oberleutnant von Frankreich her. Im engen Verband fliegen wir über das Meer. Ich kenne sozusagen bald jede Welle hier in dieser Gegend. Auf Kreta angekommen, geht es gleich ans Einrichten. „Fähnlein", Ziegler und ich ziehen in eine Bude. Ziemlich dunkler Stall, das ist unser erster Eindruck. Hoffmann empfängt uns begeistert, er hat märchenhaft organisiert. Wirklich meisterhaft versteht er das, man muß es ihm las sen. „Uralter" Soldat mit großer Erfahrung, für allen Ulk zu haben und bester Organisator. Am nächsten Nachmittag benutzen wir die Gelegenheit und machen eine Ausfahrt in die Berge. Wildromantische Täler, steinige Felder, Felshänge, Reste einer prähistorischen Kultur in Gestalt von Palast trümmern, üppige Weingärten - Mittelmeervegetation. Steine, kahle Felsen und öde Bergrücken beherrschen das landschaftliche Bild. Die Sonne versinkt hinter dem hohen Gebirge im Westen und vergol det die scharfen Grate und Kämme. Abend auf Kreta. Die Nacht bricht schnell herein und findet uns alle noch im Zauber dieses schönen Son nenuntergangs. „Bin gespannt, wann der Tommy uns hier seinen Antrittsbesuch ma chen w i r d . . . " , platzt Alois in die Stille, und die rauhe Wirklichkeit verscheucht unsere romantischen Anwandlungen. Mittagessen. Alle Offiziere sitzen zusammen. Frotzeleien fliegen hin über und herüber. Die Laune ist heute bestens. Alois und „Fähnlein" machen eindeutige Bemerkungen, dann haben sie sich wieder in den Haaren. Weißenfels contra Ludwigsburg, ausgedehnt zum Kulturkampf Sachsen gegen Schwaben. Auf entsprechende Anzapfungen verkündet Alois jedem, der es wissen und nicht wissen will, daß er weder aus Sachsen, noch aus Thüringen, sondern überhaupt Preuße, wenn nicht sogar Bayer wäre. Der Kommandeur, selbst Sachse, meint: „Na, dann wundert uns nichts mehr!" Gelächter. Das Wortgefecht ist für „Fähnlein" entschieden. Nach dem Essen folgt eine kurze Besprechung. Die Reise geht weiter. Alles fertigmachen, „fahrbares Nachthemd" und „kleines Badegepäck" für zwei Wochen. Start morgen vor Sonnenaufgang, Ziel noch unbe kannt. Die unsinnigsten Gerüche schwirren herum, der Weizen der be rufsmäßigen Parolemacher blüht. Als Stellvertreter Ia werde ich eingeweiht. Am Nachmittag halte ich dann verstohlen Umfrage, ob nicht jemand aus früheren Aufenthalten in 15
Italien noch Lire hat, denn die sind immer knapp bei uns und ein sehr begehrter Artikel. Ein herrlicher Tag trügerischen Friedens. Wieder steht Neues bevor, als wir über das Ostmittelmeer dahinziehen. Mit meinen „Kettenhun den" fliege ich westwärts. Verschwommen taucht vor uns ein noch schneebedeckter Riesenkegel auf. Erst scheint es fast so, als ob er raucht, aber dann tut er es doch nicht, und langsam kommen wir der Sache näher. Das Grün des Frühlings mischt sich mit dem hellen Blau des Himmels und dem dunklen des Meeres. Weiße Schaumkronen, gelber Strand und eine unübersehbare Blütenpracht. Dahinter erhebt sich m a jestätisch der Ätna. Zum erstenmal auf sizilianischem Boden. Ich stehe da und koste den „geschichtlichen" Augenblick aus - mehr als mir schließlich lieb ist. Man hat mich mit meiner Maschine eingewinkt und stehen lassen. Nach zwei Stunden stehe ich immer noch da, langsam stinkt mir das. Endlich kommt einer aufgeregt mit den Armen in der Luft h e r u m r u dernd angelaufen: „Charlie" Laskot. Leicht erregbar, aber der gutmütig ste Mensch unter der Sonne. Er stammt aus „Kanalburg" denn so hört es sich an, wenn er Korneuburg meint. Ich erfahre, daß in Kürze ein „Lumpensammler" (Lkw oder Omnibus) vorbeikommen und uns mitnehmen soll. Hoffentlich! Dafür will er wissen, ob etwas an meinem „Dampfer" sei. Nein, meine „Ida" ist klar. Mein „Staatsschiff" ist ü b r i gens schnell wie keine andere Ju 88 und wunderbar weich im Ruder, gehorcht sozusagen aufs Wort. Ein Lastwagen fährt vor. Ich sehe ein Ritterkreuz blinken, darüber ein rötlich-blonder Haarschopf, blaue, von hellen, buschigen Augenbrauen umrahmte Augen, eine Hakennase und im Mundwinkel eine kurze Pfeife! „Fähnlein". Es wurde aber auch Zeit, und ich lasse darüber keinen Zweifel. Er streichelt mir beruhigend über die Schulter: „Geh, sei net blöd!" Untereinander sprechen wir meistens süddeutsch, die neuesten italienischen Brocken dazwischen. Sein Streicheln macht mich verrückt, das weiß er, und deshalb tut er es ja auch. Dafür erzählt er mir jetzt die letzten Parolen, (Gerüchte) die mich alles andere vergessen lassen: Jeder einmal über Malta! Später sitzen wir bei bestem Essen und schlagen uns den Bauch voll, ein blutroter Ätnawein tut das übrige. Helbig kommt und teilt mit, d a ß am Vormittag der erste Einsatz sein soll. Wir gehen zeitig ins Bett und sind gespannt auf die kommenden Tage. Was werden sie bringen? Links neben „Johannes" Lüben hänge ich in der Luft. Jäger begleiten uns; wo m a n hinsieht, schwirren sie herum. Da kann ja eigentlich nicht viel passieren, noch dazu an so einem schönen Tag. Aus dem Meer hebt sich voraus ein Felsennest: Malta. Deutlich sieht man die scharf eingeschnittenen Buchten und schneeweißen Häuser von La Valetta. Ein wundervolles Bild, eigentlich gar nicht so kriegerisch. Wir schieben uns heran, doch urplötzlich wachsen schwarze und graue Wölkchen vor uns aus dem Himmel und wollen uns den Zutritt nach 16
Malta verwehren. Eben hatte es unter uns ganz erheblich geruckt, und Goerke meint ostpreußisch-bedächtig aus der Wanne: „Die Lage durfte aber keine 30 Meter höher liegen!" Da sind wir auch schon angelangt. Ich sehe, wie „Johannes" vor mir abkippt. Bremsen heraus und hinterher. Ganz steil geht es nach unten, und im Visier wächst eine lange, helle Bahn aus der Erde. An dem einen Ende scheinen Fliegen zu sitzen, aber nein, das sind ja Flugzeuge! Dane ben anscheinend eine Tankstelle. Die Maschine vor mir fängt ab und kurvt nach links weg zur See. Wir hinterher. Aber nun hängt vor mir eine schwarze Wand, in der es unun terbrochen zuckt und blitzt. Es sieht aus, als ob einer da unten einen Rolladen nach oben aufgemacht hätte. Da hängt die Flak (Flugabwehr kanonen) in allen Preislagen. Ich habe keine Wahl - ich m u ß durch! Patsch, patsch - Wapp - wapp - wapp! Es hat bei uns eingehauen, das Geräusch kennen wir zur Genüge. „Das Fahrwerk fährt aus!" ruft Goerke. Um Himmels willen, auch das noch! Es kommt aber nicht soweit, nur die Klappen sind durch Volltref fer aufgesprungen. Die Druckleitung muß auch getroffen sein, denn die Anzeige sinkt auf Null, aber das Fahrwerk selbst hält. Durch die offenen Klappen verlieren wir aber schon genug Fahrt. Wenn nur die Motoren nichts abbekommen haben ... „Rechts hinter uns drei Spitfires (britische Jagdflugzeuge) im An flug!" meldet sich Noschinski zu Wort. Gute Nacht und kein Bett! ist mein nächster Gedanke, dann macht der Funker weiter mit seiner Re portage: „Hinter der ersten ,Spitfire' sitzt eine Me 109... schießt. Die ,Spitfire' qualmt, schmiert ab . . . da, ein Fallschirm öffnet sich. Die Maschine schlägt auf dem Wasser auf, der Fallschirm trudelt langsam hinterher. - Die nächste ,Spitfire' im Anflug . . . noch 500 Meter . . . 400 . . . Jetzt sitzt auch da eine ,109' dahinter . . . s c h i e ß t . . . auch die ist getroffen. - Die letzte ,Spitfire' haut a b ! " Vor mir wieder schwarze Wölkchen der Flak. Verflucht noch mal, ich bin noch zu n a h e an der Insel. Pulle (Gas) rein bis zum Anschlag und nach See herunter, nur erst mal eine Ecke weg . . . Vor mir sehe ich jetzt „Johannes". Im Verband fliegen wir nach Hause. Ich hebe meine angekratzte Fläche, um ihn sehen zu lassen, was dort los ist, da wir selbst nicht viel erkennen können; aber er versteht mich nicht. Endlich sind wir da, und es stellt sich heraus, daß das Fahrwerk auch nicht durch Handpumpe herauszubringen ist. Also Bauchlandung! Arme „Ida"! Ganz tief über den Platz fliege ich an und schieße rote Leuchtkugeln. Das Rollfeld wird geräumt, Sanitätswagen und Feuerwehr fahren zum Start. Ich kann das alles genau beobachten, und es ist wahrhaftig kein beruhigender Anblick. Wir schnallen uns ganz fest an, und dann setze ich zur Landung an. Die Landeklappen funktionieren auch nicht. Die ganze Hydraulik ist wohl hin. Mit viel Fahrt (Geschwindigkeit) gehe ich an den Boden heran - zu viel! Ich gebe wieder Gas, noch eine Runde, wieder herunter. - Noch zu viel Fahrt und noch einmal herum um den Platz, denn nehme ich fast die Telefonmasten am Platzrand mit, schwebe und s c h w e b e . . . Es kracht, die Latten (Luftschrauben) fliegen weg, ich schreie: „Dach weg!" 17
Ein Ruck geht durch den braven Vogel, er bäumt sich auf, schwebt immer noch! - Herrgott, der Platz wird ja immer kürzer! Endlich geht es herunter. Ein Stoß! Dreck fliegt uns entgegen, es knirscht, rauscht und schüttelt. Vor mir wächst eine Betonwand ins Riesenhafte. Wie gebannt starre ich darauf und komme nicht mehr davon los. Sieht so das Ende aus? Wir rutschen schließlich genau darauf zu. - Ich trete in die Bremsen - als ob das was nützte. Da schlingert der Vogel nach rechts, rutscht schwerfällig, mit der linken Fläche voraus und s t e h t . . . Drei Meter vor der Betonwand! Es ist ganz still. Irgend etwas scheint zu poltern - vielleicht die Steine, die uns vom Herzen fallen . . . „Maschihn kapuht" melde ich Kothe auf dem Gefechtsstand, und „Fähnlein" feixt. „Herzlichen Glückwunsch zu dem guten Anfang!" Der Kommandeur steht neben mir. Ich melde ihm den Vorfall. „Na, dann können Sie ja Kothe ablösen und sich nach Schluß der Saison einen neuen Schlitten*) holen!" Damit findet die Einsatzzeit für mich vorerst ihren Abschluß. Das fing ja gut an. Nun sitze ich auf dem Gefechtsstand, um mich herum Karten, Luftbil der und Telefone. Mache Meldungen und Berichte, organisiere, schimpfe, bekomme Zigarren verpaßt, gebe sie weiter oder rauche selbst bei Zuständigkeit und telefoniere nahezu ununterbrochen. Zwischendurch komme ich hin und wieder zu einem Brief nach Hause oder an Lela, und was mir an Zeit übrigbleibt, benutze ich dazu, um ausgiebig zu schlafen. Die anderen aber fliegen weiter. Unser Kommandeur immer als erster. „O mia bella N a p o l i . . . " - Obwohl ich das Lied sonst in keiner Weise leiden kann, summt es doch in mir, denn wir sind ja nur noch eine gute halbe Stunde davon entfernt. Eben fahren wir im ersten Schimmer des heraufdämmernden Mor gens am Vesuv vorbei. Alte Geschichten aus der Schulzeit von Pompeji und Herculanum fallen mir wieder ein, angeregt durch einen glutroten Strom, der weit unterhalb des rauchenden Gipfels breit aus dem Berg fließt. Ein phantastisches Bild. Auf der anderen Seite grüßt schemen haft Capri: „Die Insel, die man nie vergißt". Eine wundervolle Woche durfte ich dort im vorigen Sommer als E r h o lung für eine nächtliche Notwasserung im Mittelmeer verbringen. Wie schön wäre es, wenn man j e t z t . . . Ich schrecke von einem Riesengeschrei auf. Das morgendliche Treiben auf einem Vorortbahnhof Neapels reißt mich unbarmherzig aus dem Schlaf. Pinien und Zypressen u m r a h m e n ein lärmendes Bild, das aus schreienden Kindern und Halbwüchsigen besteht. Dazwischen hastende Menschen mit Aktentaschen und dem letzten Bissen vom eiligen F r ü h stück noch im Mund. Der Zug rollt wieder an . . . Neapel kennen wir schon von früher her, wir können uns also auf das *) Fliegersprache: Flugzeug
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konzentrieren, was uns im Augenblick am meisten interessiert. Ein deut scher Frachter im Hafen wird von oben bis unten durchstreift, denn wir wollen auch einmal sehen, wie so ein Dampfer von unten aussieht. Der Kapitän, ein kleiner, etwas korpulenter Hamburger, gibt uns bereitwil lig Auskunft. Wieder beim „Haufen". Man fühlt sich bei der Gruppe wie daheim und geborgen. Es geht nicht nur mir so, sondern allen, nur spricht keiner darüber. Man sieht es aber, wenn sie vom Urlaub kommen. Sie freuen sich, zu Hause mal wieder nach dem Rechten gesehen, Eltern, Frauen und Kindern Freude bereitet zu haben und sind dann doch irgendwie froh, nach ein paar Wochen wieder bei den Kameraden zu sein. Es ist ein eigen Ding, um diese unausgesprochene Kameradschaft, um diesen Zusammenhalt, der über den Tod des einzelnen hinaus noch weiter bindet. Man freut sich zusammen, ärgert sich zusammen, schüttet sich seinen K u m m e r aus, streitet dann und wann - und gehört doch zusammen. Ob Kommandeur, ob Kapitän*), Offizier oder Beamter keiner spricht es aus, und doch wissen es alle. Der Doktor, unser „Brüderchen", sagt es mir. Zwei sind nicht mehr. Sie flogen übers Meer nach Ägypten und kamen nicht wieder. Ziegler war dabei. Es ist zum Kotzen. „Fähnlein" hat eine „Gloster" und Iro Ilk eine „Blenheim" abgeschossen. Immer wieder erzählen sie begeistert von Nordafrika, und doch liegt ein Schatten darüber, denn zwei Besat zungen sind drüben geblieben! „Die ganze vornehme Welt"**) hängt wieder einmal in der Luft. Der Einsatz liegt schon hinter uns. Besondere Ereignisse gab es nicht. Nun geht es zurück. Die schwache Mondsichel leuchtet matt auf weiße Wol kenschwaden unter uns. Ab und zu ein Wolkenloch. Da unten ist es stockfinster, nichts zu sehen. Es ist, als ob man in einem Milchtopf herumfliegt, alles schimmert weiß. Nach meiner Meinung müßten wir bald den Flugplatz erreicht haben. Der Beobachter peilt, rechnet, peilt wieder, rechnet nach, zieht Striche auf der Karte, vergleicht die Zeit - es haut und haut nicht hin. Dauernd ergeben sich andere Standlinien, eine genaue Peilung ist nicht zu bekom men, die Bodenfunkstelle scheint auch nicht richtig zu hören; es ist wie verhext und dauert nicht lange, da haben wir keinen genauen Standort mehr. Und das in mehreren tausend Meter Höhe, keine Erdsicht, unter den Wolken ist es stockfinster; nur Meer oder Gebirge, und der Sprit ist in ein paar Minuten zu Ende. Ich lasse den Fallschirmsitz überprüfen, denn wir können nichts ande res tun, als auf gut Glück aussteigen und die Maschine ihrem Schicksal überlassen. Das kommt davon, wenn man schon einmal nicht seinen eigenen „Schinken"***) fliegt. Es hat jedoch keinen Zweck mehr, lange Erörterungen anzustellen. Wir müssen heraus, denn es gibt nichts ande res. Es ist jedenfalls besser so, als ohne Sicht in den Wolken gegen die nächste Felswand zu rasseln. *) Chef einer Staffel **) Fliegersprache ***) Fliegerausdruck: Flugzeug
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In letzter Minute sehe ich links ein Wolkenloch. Es ist zwar ebenso finster wie die anderen, aber es leuchtet ein Licht herauf. Auf dem direkten Weg dorthin kann kein Hindernis sein, also drauf zu. In engen Kurven geht es tiefer, und in den Wolken, ohne jegliche Sicht, wächst die Spannung. Wie werden wir herauskommen? Für 10 Minuten Benzin haben wir noch, dann ist Feierabend. Nach schier endlos dünkenden Sekunden sind wir heraus, und ich stelle fest, daß wir uns über Wasser befinden. Weit hinten verschwim men Lichter, ein Leuchtsignal fliegt hoch: unser Flugplatz. Ziemlich verschwitzt steigen wir aus der Maschine. Schön war das nicht! Auf dem Gefechtsstand empfangen mich sorgenvolle Gesichter. Stahl fehlt, unser bester Oberfeldwebel. Der Äther fängt gerade seine letzte Meldung auf: „Notlandung am Strand". Jeden Tag erwarteten wir das Ritterkreuz für ihn. Es kam dann auch, aber er sollte es nicht mehr erleben. Nach Wochen wurden ihre Körper angespült - einer fehlt heute noch. Im Kasino liegt ein Haufen Post. Allgemeine Stille, jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Ein Glück, daß man zum Gedankengespräch nach Hause keine Vermittlungen braucht. Lela schrieb mir. Ich reiße den Brief auf und überfliege die Zeilen, dann muß ich noch einmal von vorn anfangen, denn da stimmt etwas nicht. Beim drittenmal fange ich end lich an zu begreifen: „ . . . letzter Sommer . . . zuviel vorgenommen . . . doch nicht so, wie ich dachte . . . Du schreibst so wenig . . . nicht schwermachen . . . " Und dann, was man noch so schreibt in solchen Fällen; vom gute Freunde bleiben und so. Ich muß wohl ein recht dummes Gesicht ge macht haben. „Fähnlein" kommt und stupst mich am Arm. Ich gebe ihm den Brief. „Na ja . . . " Wie aus einem Munde sagen wir es. In einer Ecke macht sich ein unterdrückter Jubelruf Luft. Wir sehen alle erstaunt auf, und dann verkündet uns Machazek strahlend die Geburt seines Sohnes. Bogdan, unser Inspektor und sehr robuster Ost preuße, hat als erster die Situation erfaßt: „Ordonnanz, hier will jemand mehrere Runden Kognak bestellen!" Der glückliche Vater wird sogleich in die Mitte genommen, von allen Seiten beglückwünscht und auf die Schulter geklopft. Er taut sichtlich auf, wohl auch unter dem Eindruck des Alkohols, denn wir lassen nun den neuen Erdenbürger leben. Das Ende vom Liede ist, daß der Doktor „stehend freihändig" einen technischen Vortrag über das Thema: „Wie bekomme ich einen Sohn?" halten m u ß . Das Interesse war geweckt, selbst bei uns „alten, einge fleischten" Junggesellen von 22 bis 23 Jahren.
Wieder sind wir in Sizilien. Dieses Mal war mir das Schicksal gnädiger gesinnt. Im Sturz waren dauernd Blitze von Granaten vor uns, und wir fielen von einer Sprengwolke in die andere. Plötzlich sah ich, d a ß aus dem linken Motor das Kühlwasser in Strömen floß. Außerhalb der Kampfzone muß ich sofort den Motor abstellen. 20
Unser Jagdschutz hatte meine fatale Lage sofort heraus, und ich be merkte bald mehrere Me 109, die im großen Kreis immer um mich her umflogen. Am liebsten hätte ich die Kerle alle umarmt, denn ohne die hätte ich den Tommys sicher zum Frühstück geschmeckt. Hinter uns war der Himmel über Malta schwarz. Eine Weile standen die unzähligen Tupfen am Himmel, dann lösten sie sich langsam auf. „Mühselig nährt sich das Eichhörnchen", und so krieche auch ich nur langsam mit einem Motor heimwärts, getreulich geleitet von den Me 109. Sizilien rückt langsam näher. An der Küste verabschieden sich die Jäger. Wackelnd ziehen sie vorbei, jeder winkt noch einmal, und ich tue es auch. Nach der Landung kommt Werner Lüben, „Johannes" genannt, auf mich zu. Wütend. „Warum halten Sie sich nicht am Pulk und ziehen mir die ganzen Jäger ab?" „Ich flog nach dem Abfangen mit einem Motor, Herr Hauptmann!" „Ach, du lieber Gott, na dann meinen Herzlichsten!" „Danke gehorsamst, Herr Hauptmann!" Auf dem Gefechtsstand steht der Kommandeur. „Sie sieht man wohl nicht gern über Malta?" Wir lachen ein wenig, und er läßt seine Zigarettenschachtel herumge hen. Dann berichte ich von dem prächtigen Schutz unserer Jäger. Kothe telefoniert gerade mit ihnen, um ihnen einen Abschuß zu bestätigen. Ich hänge mich dran und bedanke mich. „Keine Ursache, Hauptsache, Sie sind gut heimgekommen!" Meine „Anton-Kurfürst" steht in der Werft. Ich sehe mir die Stadt an und schicke Apfelsinenkisten nach Hause. Es beschleichen einen selt same Gefühle, wenn man daran denkt, daß in Deutschland noch der Winter herrscht, und hier der Frühling in voller Pracht steht. Mein Italienisch macht Fortschritte. Da ich auf der Penne (Gym nasium) Latein gehabt habe und ganz leidlich etwas Französisch ver stehe, komme ich sehr gut durch. Am einfachsten sind die Zahlen, die man ja braucht, wenn man etwas einkaufen will. Alles andere mit Hän den und Füßen und möglichst laut. Die Zeichensprache ist schließlich überall allgemein verständlich. „Fähnlein" wird vom Wissensdurst geplagt und zerrt uns in ein Kino. Verstanden haben wir zwar kein Wort, aber dafür uns köstlich amüsiert. Außerdem durfte man rauchen, und das versöhnt mit vielem. Abends trinken wir in der Hotelbar Verschiedenes und vergessen wieder einmal den Krieg und das, was noch auf uns zukommen konnte. Helbig erzählte übrigens - er war früher schon einmal hiergewesen d a ß in dieser Bar einmal anläßlich einer fröhlichen Stunde dem Wehr machtspfarrer die Hosenträger abgeschnallt und an die Lampe gehängt wurden.
Ein neues Gesicht!
Er scheint älter zu sein als ich, und ich stelle mich vor.
„Backhaus!" sagt er.
Wir kommen ins Gespräch, und dabei erfahre ich, daß er vom Nieder 21
rhein stammt, aus Moers. Ein ruhiger, schmaler Mensch, hat Norwegen als Transportflieger mitgemacht und ist dann lange Zeit Fluglehrer gewesen. Jetzt freut er sich, wieder an der Front zu sein und Einsätze fliegen zu können. Jemand ruft nach mir, ich soll ans Telefon kommen. Es ist was los. Kothe ist dran. „Ja, ich komme gleich hinaus, ,Fähnlein' auch mit, ist klar. Sind die Besatzungen benachrichtigt? Gut, in 10 Minuten sind wir da!" Als wir kommen, ist bereits der ganze Verein zur Flugbesprechung versammelt. „Fähnlein" übernimmt die Führung. Ziel: Feindlicher Ge leitzug im Seegebiet nördlich von Tobruk. Die nötigen Einzelheiten werden besprochen, Startreihenfolge und Flugformation festgelegt. Ei ner nach dem anderen haut ab. Ich starte als letzter und hänge mich an. Nach meiner Rechnung müssen wir nun in der Zielgegend sein. Es wird schon ziemlich dunkel. „Fähnlein" kurvt in der Gegend herum, sucht und sucht. Endlich kippt er ab. Ich halte mich etwas weg vom Pulk und beobachte, dann beschließe ich, von der anderen Seite her anzugrei fen. Mein Beobachter macht mich auf zwei Punkte am Horizont auf merksam. Sie werden immer größer - der Tommy! In mein Zielgerät läuft gerade ein weißer Schaumstreifen ein, an dessen Anfang muß ein Schiff sein. Sturz! Im Visier erkenne ich jetzt das Schiff. Es ist ziemlich groß mit eigenar tig abgeschnittenem Heck von eckiger Form. Die sonstige Bauweise deutet auf ein Kriegsschiff hin. „Aus dem linken Behälter läuft Öl aus!" Der Funker schreit den Schreckensruf nach vorn. Für Bruchteile von Sekunden lasse ich den Gegner aus den Augen und schaue nach links. „Verfluchte Schweinerei!" Dann nehme ich das Ziel noch einmal genau aufs Korn, halte ein Stück vor und werfe. Die Ju 88 richtet sich dann wieder auf, und ich gehe auf Kurs Heimat. Der Ölstrom versiegt langsam. Geschrei von unten. Der Bordschütze brüllt: „Volltreffer, Volltreffer!" Ich blicke zurück und sehe, daß es sich vermutlich um einen Zerstörer handelt. Er bleibt liegen und stößt weißen Qualm aus. Leider können wir ihn nicht weiter beobachten, denn wir haben es eilig. Der Ölverlust ist ziemlich groß. Auf dem Gefechtsstand frage ich herum. Eine Besatzung hat beobach tet, daß rechts außen vom Verband ein Kriegsschiff im Sinken begriffen war. Also doch! Ich blättere im „Weyer" nach. Es m u ß einer von der I-Klasse oder den „Inglefields" gewesen sein. * Ziel: Alexandria. Die Einsatzbesprechung war kurz und bündig, aber erschöpfend. Echt Helbig! „ ,Alte Leute' wissen schon, und für die ande ren gilt das und das. Noch Fragen? Na schön, dann guten Rutsch aller seits!" Wenig später hängen wir am Himmel. Ich gehöre zu den „Alten" und 22
trimme mir nun meinen Vogel, langsam steigend, aus. Kurssteuerung einschalten, und dann kann man bequem noch fast zwei Stunden schlafen. Der Beobachter überwacht die Instrumente. Geisterhaft treten die fahlen Leuchtziffern der vielfältigen Instru mente aus dem Dunkel. Draußen bemüht sich der Mond, einen schwa chen Schein aufs Wasser zu werfen. Die Sterne am tiefschwarzen Nacht himmel scheinen zum Greifen nahe. Es ist beinahe romantisch. Man müßte mal wieder auf Urlaub fahren. Angenehme Wunschbilder ma chen sich b r e i t . . . Irgend etwas sticht mir in die Augen. Ich blinzle und starre mitten in einen Scheinwerferkegel, der uns soeben erfaßt hat. Instinktive Abwehr bewegungen. Sofort hellwach, erkenne ich, daß wir schon über dem Ziel sind. Von früheren Einsätzen kenne ich die Gegend wie meine Westenta sche: die langgezogene Stadt, h a r t südlich angrenzend der Mariut-See, Dikheila und Abukir im Süd- bzw. Nordwesten anschließend. Im Mond schein kann man weiter landeinwärts die scharfe Trennung zwischen Nildelta und westlich angrenzender Wüste ausmachen. Über dem Delta lagert Dunst, nur selten hat man da klare Sicht. Die Flak schießt wie um die Wette. Eine Unmasse von Scheinwerfern tastet fieberhaft am Nachthimmel herum. Manchmal haschen die Bal ken einen für Sekunden, um dann weiterzuwandern. Ein mühseliges Geduldsspiel muß das für die Leute da unten sein. Jetzt wirft einer Leuchtbomben. Eine schillernde Traube neben der anderen schwebt über dem Hafen, an die 40 Stück. „Alex" ist nun taghell erleuchtet. Straßenzüge, Plätze, Häuserblocks, einzelne große Häuser, der halbrunde Osthafen - all das hebt sich jetzt plastisch heraus. Dann suche ich mir ein Ziel. In der Nähe der hakenför mig gekrümmten Ostmole wird sicher etwas liegen. Unten gibt man sich die größte Mühe, uns zu verscheuchen. Ein dauerndes Blitzen ist in der Luft. Über den Hafen zieht sich unten wie ein riesiges Spinnennetz die Leuchtspur der leichten Flak in allen Farben. Links unter mir sehe ich jetzt einen dicken Pott; es scheint ein größe rer Frachter zu sein. Ich lasse meine Maschine kurz über die linke Fläche rutschen und begebe mich steil abwärts. Es ging wohl etwas zu plötzlich, denn auf einmal hängen wir alle in den Gurten. Von hinten k o m m t etwas an meinem Kopf vorbeigeflogen und platscht mir schwer auf die Hand: ein halber Munitionsgurt vom MG. Vorn in der Kanzel schwebt alles in der Luft, die Beobachtertasche, meine früher weiß gewesene Mütze. Im Visier wächst ein schwarzer Schatten. Bis jetzt scheint mich noch niemand bemerkt zu haben. Kleinen, mein Beobachter, hängt am Höhen messer, und wie aus weiter Ferne höre ich ihn die Höhenzahlen herunter schreien. Der Schatten vor mir wird derweil immer größer . . . Doch dann ist es auf einmal taghell in der Maschine, und im selben Moment tut sich die Hölle auf. Ich habe das Gefühl, in einen feuerspei enden Krater hineinzustürzen. Wir waren in unmittelbarer Nähe der Leuchtbomben vorbeigekommen, und die Flakkanoniere hatten uns wohl herunterstürzen gesehen. Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht mehr - also hinein! Vor, über und seitwärts von mir kreuzen sich die roten, weißen, gelben und grünen Perlenschnüre. Man könnte meinen, es kämen Glühwürmchen angeflogen - aber wehe, wenn man ihren Flug weg k r e u z t . . . 23
Das alles sehe ich aus den Augenwinkeln, während im Visier der Schatten wächst und wächst. Ein Schlag aufs Knie zeigt mir an, daß es Zeit wird, die Bomben zu werfen. Weiterhin beobachte ich den Schatten und halte die Wurfmarke auf ihn. Dann ist es soweit, und die Bomben nehmen ihren Weg. Wir selbst versuchen mit viel Fahrt den auf uns zueilenden farbigen Punkten aus zuweichen. Der Einschlag unserer Bomben war in dem Gewirr ununter brochenen Flakbeschusses nicht auszumachen gewesen. Langsam wird es Tag . . . Auf dem Gefechtsstand nimmt Kothe die Gefechtsmeldungen entge gen. Es stellt sich heraus, daß gute Ergebnisse erzielt worden sind, und einer hatte auf einem Feindziel einen großen Brand verursacht. Helbig, der Kommandeur, erscheint. „Alles zurück?" ist seine erste Frage. Kothe meldet, daß Brenner fehle. Er habe aber Funkverbindung und fliege mit einem Motor. „Na, dann wird er ja gleich kommen, heizen Sie aber für alle Fälle den Seenotdienst an!" Danach erzählte er, daß seine Bombenanlage ihm einen Streich ge spielt habe und er noch mal hätte hochklettern müssen, um ein zweites Mal anzugreifen. Das war Helbig. „Fähnlein" ist immer noch da. Wir fragen bei der Funkstelle an. Er hatte gerade seinen Standort durchgegeben. Wir rechnen nach. Er braucht noch mindestens eine halbe Stunde. Fliegerisch ist das ein „klei ner Fisch", wenn nur der andere Motor keinen Unsinn m a c h t . . . " Endlich erscheint er über dem Platz, die linke Latte steht. Wir begeben uns auf den Balkon. Eine tadellose Einmotorenlandung setzt er auf die Bahn, und dann kommt er an. Was war geschehen? In der Morgendämmerung begegneten sich mitten über dem Meer zwei Flugzeuge. Brenners Ju 88, aus Alexandria und eine „Wellington" aus Kreta kommend. Brenner kurvte auf die Feindmaschine ein. Mit MGFeuer schoß er der „Wellington" den rechten Motor in Brand. Dabei bekam die Ju 88 auch einen Treffer in den linken Motor. Dieser verlor Wasser und mußte abgestellt werden. Der Rückflug gelang dann doch noch... * Wir kommen vom Nachteinsatz zurück. Ein Flugplatz in Nordägypten war unser Ziel. Kothe feixte uns entgegen, Arbeiter, unser Nachrichtenmensch, eben falls. Der Kommandeur kriegt den Funkspruch vorgelegt, der solches Aufsehen erregte. „Ach du lieber Himmel, auch das noch!" murmelte er. Wir erfahren nichts, nur Geheimnistuerei um uns. Am nächsten Tag ist der „Alte" weg, und „Johannes" bestellt uns im Dienstanzug. Ahnungen aller Art beschleichen uns, dann ist es heraus. Wir sind alle Oberleutnants geworden . . . 24
Ich sitze auf dem Gefechtsstand über dem Geheimkram. Da kommt Bunde. „Mach dich fertig, du fährst in den nächsten Tagen!" Ich antworte ihm irgend etwas, denn er stört mich in meiner Arbeit, und ich hatte gar nicht hingehört. „Du fährst auf Urlaub, Mensch!" Dann ist der große Moment des Reiseantritts da. Er ist ja für einen Urlauber ungefähr der gleiche wie für Kinder, wenn sie Weihnachten unter den Tannenbaum treten. Das erste Hindernisrennen zur Seligkeit ist bekanntlich geschafft, wenn man mit dem Schein in der Tasche und unzähligen anderen Bescheinigungen, gegen alle Klippen der Reise ge wappnet, im Zug sitzt. Es wird eine ziemlich beschwerliche Fahrt mit dem vielen Zeug. Auf der Strecke Regensburg-Leipzig scheint der Zug beinahe rückwärts zu fahren, aber endlich ist es doch geschafft. Die Freude daheim ist natürlich groß . . . Nach herrlichen Tagen sitze ich im Wartesaal des Bahnhofs Garde legen. Der Zug nach Berlin läßt auf sich warten. Aus einer Ecke tönt das Pausenzeichen des Deutschlandsenders, dann Nachrichten: Kampfraum Mittelmeer. Ich horche. Und dann geht es los: „ …versenkte ein deutscher Kampffliegerverband unter Führung des Eichenlaubträgers Hauptmann Helbig südlich von Kreta aus einem Ver band von 4 britischen Zerstörern drei und beschädigte den letzten schwer..."
Nach langer Fahrt wieder bei den Kameraden. Die Rommel-Offensive nahm damals gerade ihren Anfang. Einen von uns sollte ich nicht wiedersehen: Hans Riha. Er war in der vergangenen Nacht vom Feindflug nicht zurückgekehrt. Kein Anhalt bot sich, was passiert sein könnte, kein Funkverkehr. Eine Besatzung glaubte, einen Aufschlagbrand bei Gambut gesehen zu haben. Nun diese quälende U n g e w i ß h e i t . . . Wir kannten uns seit Kriegsschulzeiten und waren seither immer zu sammengeblieben. Er war Wiener. An viele, schöne, gemeinsam verlebte Stunden muß ich denken, auch an jene im Sommer 1939. Damals waren wir noch Fahnenjunker in Fürstenfeldbruck. Dann lasse ich mir erzählen, wie die Zerstörer versenkt wurden. Ger hard Brenner und Iro Ilk hatten einen gebombt, den zweiten Backhaus und Leupert, den dritten der Kommandeur. Zum Schluß hatten noch britische Zerstörerflugzeuge einzugreifen versucht. Sie wollten retten, was noch zu retten war, aber umsonst. Sie konnten das Schicksal ihrer Schiffe nicht mehr w e n d e n . . . Man macht sich im allgemeinen falsche Vorstellungen von solch einem Schiffsziel, besonders von einem Zerstörer. Es stellt mit das Schwierig ste dar, was man sich denken kann. Nicht das Angreifen, sondern das Treffen. Lang und sehr schmal gebaut, verfügt er über eine relativ hohe 25
Geschwindigkeit und ist enorm wendig. Das Erzielen eines Treffers hängt daher von vielen Faktoren ab. Zerstörer drehen und wenden sich blitzschnell, und um alldem zu begegnen, m u ß man eben tief herunter - so tief wie möglich. Die Chan cen für die Schiffsabwehr steigen natürlich mit jedem Meter, den man näher kommt. Wenn man den Zerstörer aber trifft, dann sinkt er in den meisten Fällen, weil das einfache Deck schweren Bombentreffern nicht gewachsen ist. Entscheidend ist einzig und allein, wer bessere Nerven hat, ob der Flugzeugführer gut schätzen und werfen kann - und daß er Glück hat. Alle diese Umstände sprachen an jenem 11. Mai 1942 für uns. Wir hatten die besseren Nerven und konnten schätzen, was der Feind in den Sekunden zwischen dem Auslösen und dem Aufschlag der Bomben tun würde. Es „regnete in Strömen" - Glückwünsche und Bitten um Autogramme nämlich. Der Kommandeur konnte sich kaum noch retten. Von unserer Obrigkeit wurde ein Korb Sekt zur Verfügung gestellt, von der Marine erschien jemand und brachte einen Rettungsring, der an der Unter gangsstelle der Zerstörer aufgefischt worden war. Ein gelbroter Ring, die Farbe vom Wasser etwas mitgenommen. Irgendwer brachte die Nachricht, daß eine englische Zeitung in London uns im Zusammenhang mit den Versenkungen „Helbig-Flyers" - HelbigFlieger - genannt hätte. Die letzten Nächte sind wir sehr viel geflogen. Heute geht es wieder in die allgemeine Richtung: Tobruk. Bald taucht auch schon Land auf. Flach wie ein Kuchenbrett liegt die Marmarika vor uns. Rechts voraus beschreibt die Küste einen S-Bogen, und die dadurch gebildete Bucht starrt von Flak aller Kaliber. Das ist Tobruk! Es bleibt seitlich liegen, und wir gehen weiter ins Land hinein, tiefer herunter. Im hellen Mondlicht sehe ich viele dunkle Punkte hintereinander auf einem matthellen Strich in der Wüste: eine feindliche Kolonne auf einer Piste. Ich stürze drauf zu, die Bomben fallen, Kurve. Hinter uns blitzt und quillt es im Sand hoch, sprühen glühende Eisensplitter nach allen Seiten. Dann ist alles vorbei, nur eine dunkle Staubwolke bleibt zurück. Ich habe noch ein paar Bomben an Bord. Noch tiefer herunter. Die Landschaft wird bizarr. Ein flaches, ödes Plateau, landeinwärts und nach der Küste zu gleich einförmig. Wie eine große Treppe, die nach dem Wasser zu abfällt, sieht das aus, in die Stufen sind tiefe Wadis einge schnitten und die Pisten als helle Fäden zu erkennen. Ein dunkles Band zieht von West nach Ost: die Via Balbia.*) Ihr Asphalt glänzt matt im Mondenschein. Häuser, grotesk in den Nachthimmel ragende Pfeiler einer Halle, eine glatte, größere Fläche huschen links vorbei: Ort und Flugplatz El Adern. War da nicht etwas . . . ? *) Eine von den Italienern erbaute Straße, nach ihrem Marschall Balbo „Balbia" genannt
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Natürlich, im Schatten der Häuser steht alles voll. Fahrzeug an Fahr zeug, Zelte dicht gedrängt. Wir greifen an. Mehrere Lastwagen stehen kurz darauf in hellen Flammen. Was durch die Splitter sonst noch angerichtet wurde, kann man nicht sehen. Auf dem Gefechtsstand werde ich mit Sekt empfangen. Ja, richtig, ich habe ja heute Geburtstag. 22 bin ich jetzt. Jeder drückt mir die H a n d und klopft wohlwollend auf meinen Schultern herum. Die Sonne strahlt noch hell ins Zimmer, als wir uns endlich auf die Falle hauen. Ich schlafe sofort ein, und noch im Hinüberdämmern höre ich das Telefon. Dann werde ich sehr unsanft geweckt. Inzwischen sind keine 10 Minuten vergangen. „Los, aufstehen, sofort zum Gefechtsstand kommen!" Ich bin wütend, und außerdem ist mir nicht gut. Aber schließlich krabble ich doch aus dem Feldbett und mache mich auf den Weg. Auf dem Gefechtsstand reden sie von einer Verlegung. Es d a u e r t eine Weile, bis ich an der Rederei Anteil nehme. D a n n wird es mir klar: Wir kommen nach Afrika. Ein Flugplatz in der Nähe von Derna, einem Küstenstädtchen in der Cyrenaika, wird unsere nächste Einsatzbasis sein. Wir sind noch keine 10 Minuten geflogen, da geht das Theater schon los. Der linke Ölkühler „saut" derartig stark, d a ß ich umkehren muß, denn mit einer unklaren Maschine kann m a n drüben nichts anfangen. Ich schere also aus dem Verband aus und fliege zurück. Es ist mir irgendwie peinlich - besonders im Hinblick auf die vergangene Nacht. Ein netter Geburtstag war das . . . Nachmittags „reise" ich d a n n nach. Verpaßt h a b e ich nichts, denn in der Zwischenzeit war ohnehin kein Feindflug erfolgt. Die Offensive des Deutschen Afrika-Korps läuft. Wir fliegen Tag und Nacht. Bir Hacheim, das Wüstenfort im Süden der Gazala-Linie, hält sich noch. Der Himmel hängt wieder einmal voller Maschinen, wo m a n auch hinsieht, und außerdem sichern unsere Jäger vom Jagdgeschwader 27. Der Kommandeur vor mir beginnt zu kurven, und nun sehen wir es auch: Flak - blitzesprühende Wölkchen stehen am Himmel. Unten hebt sich etwas Rhombusförmiges aus der hellbraunen Fläche: Fort Bir Hacheim. Die Ju-87-Stuka vor uns stürzen. Unzählige Einschläge blitzen auf, dann sind wir selbst an der Reihe. In einen brodelnden Hexenkessel geht es hinein - Einschläge über Einschläge. Unten m u ß die Hölle los sein . . . Auf dem Rückflug bekommen wir auf einmal mörderisches Feuer. Wie aus einer Brause strömen die Strahlen von unten herauf. Da müssen aber doch eigene Truppen sein! Wir sind in niedriger Höhe u n d schießen Leuchtsignale. Das Feuer verstärkt sich, verflucht noch mal, also doch der Tommy! In wilden Kurven schlängeln wir uns nach Westen. Linkskurve - Rechtskurve - wieder links . . . Bordschütze u n d Funker leiten die Abwehrbewegungen nach Lage der Salven. Dabei fliegt es vor mir hoch, d a ß man nicht weiß, wo man hinkurven soll. Eine üble Situation! Zuletzt sehe ich gar nicht mehr nach unten, sondern fliege instinktiv in 27
irgendeine Richtung, „tanze" also den „Flakwalzer", wie man ein solches Höllengeschäft damals zu bezeichnen pflegte. Langsam ebbt das Feuer ab, wir kommen heraus - wieder e i n m a l . . . Rechts vorne sehe ich gerade noch, wie eine Ju 88 eine ganze G a r b e in den Rumpf bekommt. Das Leitwerk macht sich selbständig, und die steuerlose Maschine geht kopfüber nach unten. Fallschirme lösen sich. Hoffentlich kommen alle heraus und heil unten an . . . Wieder einmal sind wir nach Derna gekommen, um von hier aus vor der Front des Afrika-Korps einen Einsatz zu fliegen. Nach Mitternacht soll es losgehen, damit wir im Morgengrauen wieder „Zuhause" in Iraklion sein können. Das ist notwendig, weil sich dort unsere technische Basis befindet. Bis Mitternacht ist noch lange hin, und so vertreiben wir uns die Zeit in einem der Gästezelte mit Kartenspiel oder einem Schmöker. „Da gibt's Kino", ruft einer herum, „neben der K o m m a n d a n t u r in einer Halle. Bei Dunkelheit soll es losgehen, mit Heinrich George als Postmeister und Hilde Krahl als seinem schlimmen Töchterlein." Wir überlegen nicht lange, und als wir an der „Halle" ankommen, sehen wir, d a ß das mal ein Schuppen war. Das Dach ist weg. Also deshalb erst bei Dunkelheit. Auf Kisten, Brettern und Fässern sitzen wir herum, vor einer weiß getünchten Stirnwand. Der „Saal" füllt sich. „Fähnlein" und ich müssen eng zusammenrücken, was bei der plötzlich einsetzenden Kühle ganz angenehm ist, denn wir fliegen stets nur in Hemd und Hose. Mitten in der Vorführung, als der Film so richtig schön traurig wird, geht das Licht aus. In der Ferne rummst, kracht und schießt es. Leuchtkugeln steigen in die schwarze Nacht. Am Himmel über uns ist nichts zu hören. Ein Luft angriff der Royal Air Force (brit. Luftwaffe) ist das also nicht. Was dann? Draußen vor dem Kino, erregtes Rufen und Schreien. Befehle hallen durch das Dunkel: „Kinobesucher einzeln herauskommen!" brüllt einer. „Nur durch den Hauptausgang. Ausweise vorzeigen!" „Fähnlein" und ich sehen uns an. Was soll der Quatsch? Wir sitzen nahe dem Eingang, durch den wir hereinkamen, treten hinaus ins Freie und stehen vor Gewehrmündungen, die auf uns gerichtet sind. „Hände hoch - keine Bewegung!" Wir lachen und reden beruhigend auf die Männer ein. Die finden das aber nicht lustig. „Name - Einheit!" Wir nennen unsere Namen und erklären, daß wir zur I. Gruppe des Lehrgeschwaders 1 gehören. „Ausweise!" Brenner und ich nesteln in den Brusttaschen unserer Tropenhemden. Kein Ausweis dabei! Natürlich nicht, denn auf Feindflügen haben wir nur unsere „Hundemarken" (Erkennungsmarken) um den Hals. Sold bücher und Ausweise bleiben daheim. Wir erklären das dem T r u p p Soldaten und d a ß wir gegen Mitternacht zum Feindflug starten würden. Die Kameraden vom Heer zeigen sich keineswegs beeindruckt. Einer von ihnen ruft in die Finsternis: „Am besten wir legen sie gleich hier um. Los, stellt euch an die Wand!" 28
Andere schreien den Mann an, er solle nicht verrückt spielen, denn wir seien ja unbewaffnet. Beratung. Eine Taschenlampe leuchtet uns an. „Halt, den Ritterkreuzträger kenne ich. Der gehört zu den Kampf fliegern aus Kreta", sagt jetzt einer. Ein gespenstisches Theater bei völlig dunkler Bühne. Wer sind diese Leute eigentlich? Keiner hatte sich vorgestellt. Man bringt uns zur Kommandantur. Es klärt sich schnell, wer wir sind. Einer von den Männern ist erleichtert und froh, daß m a n unsere Erschießung verhindert hat. Er sagt uns, daß sie alarmiert worden seien, um einen britischen Sabotagetrupp einzufangen, der sich auf dem Flug platz herumtreibe. Es sei ja alles nach allen Seiten offen und durch das Netz der Wachen zu schlüpfen, sei bei Dunkelheit gut möglich, noch dazu ja seit dem Nachmittag viele ,Fremdlinge' - wie wir - herumliefen. Was war geschehen? Ein Lastwagen, vollbeladen mit Sprengmaterial, Waffen und verwegenen Männern, war durch die weitmaschige Afrika front geschlüpft und bis zum Flugplatz Derna vorgedrungen. Dort woll ten die Briten Flugzeuge sprengen. Ein Wachtposten hielt den Lkw an. Die Besatzung sprach deutsch, aber irgendeiner mußte wohl die Nerven verloren und zu schießen be gonnen haben. Ein Wachsoldat warf dann eine Handgranate unter den Laster. Den Rest hörten wir von weitem im Kino. Die Kommandantur vermutete, daß ein Teil der Saboteure in der Dunkelheit entkommen sei und sich vielleicht im Kino unter die Zu schauer gemischt hätte. Daher wurde das Kino umstellt, und wir stan den plötzlich vor entsicherten Gewehren. Brenners Ritterkreuz und seine markante Gestalt hatten uns gerettet. In unserer Bleibe trinken wir einen geziemenden Schluck und beschlie ßen, vorerst nicht wieder ins Kino zu gehen. Jedenfalls nicht in Derna . . . Wieder liegen wir am Rand des mit rotem S t a u b bedeckten Feldflug platzes in Afrika. Unter der schattenspendenden Tragfläche eines zer schossenen Flugzeuges haben wir es uns so bequem wie möglich ge macht. Der Einsatzbefehl läßt auf sich warten. „Fähnlein" und ich liegen gegeneinander, so d a ß der eine den Kopf auf die Schulter des anderen legen kann. Der Kommandeur kommt, verschwitzt, eine Tasche unter d e m Arm, staubbedeckt. Dauernd ist er unterwegs zu Meldungen, Besprechungen und anderen lästigen Angelegenheiten. Der Staub ist hier ein Übel für sich. Feiner, dunkelroter Dreck, der sich überall ansetzt. Die Kleidung sieht wie verrostet aus, und der ganze Körper ist wie mit einer Puderschicht bedeckt. Man verkrustet förmlich, und beim Schwitzen hat man lauter Streifen im Gesicht. Dazu die Fliegen, die sich lieber mit essen lassen, als daß sie von der Stulle gingen. Mit Karten in den Händen stehen wir um unseren Kommandeur herum. Die Lage wird erklärt. Auftrag: Angriff auf feindliche A n s a m m lungen zwischen Tobruk und El Adern. Bald stehen wir am Start, einer schräg hinter dem anderen. Links vorn der Kommandeur. Jetzt rollt er an, der nächste folgt, der dritte schiebt die Pulle hinein, und so geht es weiter. In breiter Front starten wir, jeder immer am R a n d der Staubwolke des Vordermanns. So fegen wir über den Platz, der unter einer riesigen Wolke hinter uns noch minutenlang unserer Sicht entzogen bleibt. 29
Gleich nach dem Abheben kriege ich eine Bö verpaßt, daß ich alle Hände voll zu tun habe, um nicht abzuschmieren (abzustürzen). Die Strecke ist uns vertraut, hat sich noch aus vielen Tag- und Nacht einsätzen in uns eingeprägt: Bomba-Bucht, Gazala, das dunkle Band der Via Balbia; jedes Wadi und jede Piste kennen wir schon. Das Ziel wird bombardiert. Nach dem Abfangen schiebe ich mich näher an den Kommandeur an. Er will über See wegdrücken, doch dann dreht er in einer engen Kurve nach Südwesten in Richtung eigene T r u p pen ein. Da - vor mir sechs, nein sieben „Hurricanes",*) etwas tiefer als wir. Sie fliegen quer zu unserem Kurs, und nun halten wir genau auf den Pulk zu. Unser Jagdschutz hängt auf der anderen Seite. Wir sind nun bereits so nahe heran, daß man die Köpfe der Flugzeug führer in den Kabinen genau erkennen kann. Auf einmal kurven die „Hurricanes" nach unten weg. Ist denn so etwas möglich? Ich weiß nicht, ob es Eingebung oder Berechnung war, daß der „Alte" plötzlich so nach links wegging, sicher ist aber, daß uns die Tommys übel am Wickel bekommen hätten, wenn die Schwenkung nicht erfolgt wäre. So nahmen wir ihnen damit jede Möglichkeit zum Angriff . . .
Wir kommen wieder von einem Tageseinsatz bei Tobruk zurück und haben soeben die Küste mit Kurs auf Iraklion überflogen. Der Anschluß an die Kameraden ging im Gedränge verloren, und so fliegen wir allein zurück. Vor uns das Meer, Sonnenschein, keine Wolke am Himmel, beste Sicht. Wir entspannen uns und denken an eine vernünftige Tasse Kaffee nach der Landung. Funker Noschi meldet sich. Es käme uns einer nachgeflogen: eine einmotorige Maschine! Ein Jäger? Er kommt näher. Ich gebe Vollgas und drücke leicht an. Wir werden schneller. 350 k m / h reichen aber nicht aus, dem anderen davonzufliegen, denn er ist schneller als wir. Ich gehe ganz tief aufs Wasser herunter, damit der Jäger sich nicht unter uns setzen und uns im Hochziehen abschießen kann, denn es ist bekannt, d a ß Jäger den Luftkampf über Wasser nicht mögen. Der geringste Treffer kann sie flugunfähig machen und den Tod im Meer bedeuten. Noschi schickt dem Gegner vorsichtshalber eine Garbe aus seinem MG entgegen. Die Feindmaschine zieht weit nach rechts hinüber und setzt sich neben uns. Nach der Seite können wir nicht schießen, er aber auch nicht. Was hat er vor? Gehe ich nach links weg, sitzt er uns im Genick. Gehe ich nach rechts weg, fliegen wir ihm direkt vor die Flinte. Also weiter mit Vollgas voraus. Da schiebt der Brite sich seitlich heran, immer auf gleichem Kurs mit uns. Es ist eine „Hurricane" mit der britischen Kokarde, den blau-weiß roten Ringen. Er kommt ganz nahe heran, zum Greifen nahe. Will er uns rammen? Wir fliegen weiter. Er schaut uns an und wir ihn. Eine ganz und gar ungewöhnliche Situation. Der Engländer winkt, wackelt mit den Flächen und zieht dann in steiler Biege nach rechts weg. *)
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Britische Jäger
Ich nehme d a s Gas zurück und gehe etwas höher. Was war d a s für ein merkwürdiges Erlebnis! * Nachteinsatz, „Fähnlein" fehlt schon wieder. Ich sitze auf dem Ge fechtsstand, telefoniere mit Gott und der Welt. Es gibt nur eine Möglich keit: die, daß er in Afrika gelandet i s t . . . Nach einiger Zeit werde ich angerufen. Man meldet, d a ß er drüben gelandet sei und morgens zurückkommen werde. Na, endlich ein Lebens zeichen . . . Gegen 10 Uhr landet er, dann kommt er etwas bleich an. Seiner Ma schine fehlt die hintere Dachhälfte. Seine Erzählung klingt wie Flieger latein, aber er übertrieb tatsächlich nicht. Über Tobruk hat er einen unglücklichen Flaktreffer in den Tank be kommen, und im Nu war die Kabine voller Benzindämpfe. Er, sein Beobachter und der Funker, waren sofort bewußtlos, nur der Bord schütze unten in seiner Wanne nicht. Dem fiel nach einer Weile auf, daß alles so ruhig war und der Vogel so komische Flugbewegungen machte. Rauf und runter ging es, wie eine Berg-und-Tal-Bahn. Oberfeldwebel Ahrens kletterte schließlich nach oben, sah die Bescherung u n d handelte sofort, denn viel Höhe hatten sie nicht mehr zu verlieren. Zunächst hob er den Beobachter von seinem Sitz und packte ihn in die Wanne. Dann warf er das Dach ab, damit die frische, kalte Nachtluft die Geister wieder beleben konnte. Sodann nahm er das Steuer auf dem der Flugzeugführer lag, trimmte es auf ,,steigend" und steckte seinem Flug zeugführer den Sauerstoffschlauch in den Mund. Das, sowie kräftige Schläge und die kalte Nachtluft brachten Brenner bald wieder zum Bewußtsein. Was nun? Sie befanden sich noch über Afrika und fühlten sich zu matt, um noch über das Meer zu fliegen. Also Landung in Derna. Der Funker mußte ohnehin schnellstens in ärztliche Fürsorge, denn er reagierte auf nichts mehr. Als sie näher kamen, sehen sie, daß gerade der Gegner da war und Bomben warf. Egal, sie mußten h e r u n t e r . . . Es ging alles glatt. Im Schein der englischen Leuchtbomben landeten sie, nicht weit davon entfernt fielen Sprengbomben. Aber die Erde hatte sie jedenfalls wieder. Man staunte sie an, als ob sie vom Mond gekom men wären. Nach ein paar Stunden Schlaf und einem soliden Morgen kaffee flogen sie ohne ihr Kanzeldach zurück. Es zog zwar unverschämt in der Mühle, aber nun stehen sie vor ihrem Kommandeur, lächelnd aber todmüde. „Ihr könnt dafür morgen einen Ausflug nach Ganea machen und euch die Insel etwas ansehen. Viel Vergnügen!" Das Dach liegt heute noch in der Wüste, und es wird wohl auch für immer dort bleiben. Wenn es später einmal ausgegraben werden sollte, wird dieses komische Gebilde mit den froschähnlichen Glasaugen als kümmerlicher Rest „vorsintflutlicher" Kriegsinstrumente von damals sicherlich einiges Aufsehen erregen. Afrika! Seit zwei Tagen sitze ich hier mit kaputtem Motor fest. Die Abenddäm merung ist hereingebrochen, und ich stehe telefonierenderweise in der 31
Kommandantur. Durch den Türspalt sehe ich, wie draußen die Leute lebhaft werden. Alles rennt. Nichts Gutes ahnend, gehe ich zur Tür, da kracht es auch schon. Drüben an der Straße, keine 200 Meter entfernt, steht ein Detonationspilz. Drei „Blenheims" treiben sich im Schutz der hereinbrechenden Dunkelheit über dem Platz herum. Die eine kommt jetzt genau auf das Haus zu, vor dem ich stehe. Mit einem Hechtsprung bin ich im nächsten Unterstand. Schadenfrohe Gesichter grinsen m i r entgegen, als ich die Stufen heruntergesegelt komme, ein Pfeifen und Rauschen ist in der Luft, dann tut es einen gewaltigen Schlag, und eine Masse Dreck rieselt uns von der Decke in den Hals. Wie aus weiter Ferne hört man das Tacken der leichten Flak, dann ist wieder Ruhe. Man kriecht wieder aus seinen Löchern hervor . . . Am jenseitigen Platzrand ist ein Munitionsstapel hochgegangen. Es pufft, kracht, zischt. Nach allen Seiten steigen farbige Sterne in die Luft. Ein gespenstisches Feuerwerk am abendlichen Cyrenaika-Himmel. Unser schattiger Stammplatz sieht wieder ausgestreckte Gestalten. Meine Maschine soll heute nachmittag wenigstens so weit fertig werden, daß ich zurückfliegen kann. Es wird auch Zeit, denn wir sehen schon aus wie Wüstenräuber. Es ist ein ziemlicher Betrieb heute, dauernd starten und landen Ma schinen. Ein Riesengeleitzug soll unterwegs sein, gar nicht weit von hier und 47 Einheiten stark. Ich muß zusehen, denn die Ju 88 wird und wird nicht fertig. Gerade ist unser Verband zum Angriff weg, da landet „Fähnlein" als Nachzügler. Als er etwas von Schiffen hört, ist er gleich Feuer und Flamme. Sofort rennt er zum Gefechtsstand, um sich Starterlaubnis zu holen. Major Schulz will ihn nicht allein fliegen lassen, denn da ist noch eine zweite Besatzung. Brenner redet solange, bis er den Major weich hat, dann zieht er ab. Ich begleite ihn noch zur Maschine. „Laß mir etwas vom Abendbrot aufheben . . . ! " rufe ich ihm noch zu, alles andere geht im Lärm der anlaufenden Motoren unter. Als er anrollt, hebe ich beide Hände und drücke die Daumen. Er lacht und streckt mir die Zunge heraus. Es sollte das letzte Mal sein, daß wir uns gesehen hatten. Bei der Gruppe erfahre ich, daß „Fähnlein" im Wasser liegt. Eine Besatzung hatte es beobachtet und sofort den genauen Standort ermit telt: ungefähr 100 Kilometer südlich von Kreta. Am nächsten Morgen nehme ich mir eine Maschine und gehe auf Suche. Das Meer ist sehr bewegt. Wenn es nur etwas ruhiger wäre. So sieht man doch ein Schlauchboot kaum. Es ist ja nur ein winziger Fleck in der unendlichen Weite des Wassers. Wir starren auf die aufgewühlten Wassermassen, daß uns die Augen tränen. Wir müssen ihn finden! Nach Stunden sehe ich vor mir eine Seenotmaschine auf und ab fliegen, eine Ju 88 treibt sich in der Nähe herum. Hier muß es also sein. Ein winziger gelber Fleck schwimmt da auf den Wellen. Im Tiefflug gehe ich heran. Drei Mann sitzen im Schlauchboot und winken zu uns herauf. Farbbeutel zum Markieren der Stelle fliegen hinunter. Beim nächsten Anflug gehen Schwimmwesten mit angehäng ten Wasserflaschen, Notproviant und Signalmunition über Bord. 32
Was könnte m a n nur noch tun? Wenn sie nur aushalten und vor allem, wenn diese verfluchte See endlich mal nachließe, dann könnte d a s Flug boot landen und sie übernehmen. Aber so . . . ? Noch bei Dunkelheit starte ich wieder. Heute müssen wir es schaffen. Nach stundenlangem Suchen gebe ich es auf, denn das Benzin wird knapp. Die See ist heute noch gröber als gestern. Niedergeschlagen komme ich zurück. Wenn sie bloß durchhalten. Dieses elende Scheißwet ter soll sich doch endlich mal beruhigen. Zu allem Überfluß bekomme ich noch Fieber. Gestern war mir schon so komisch. Der Doktor mißt 39 und ein paar zerquetschte. Ist mir egal, erst m u ß „Fähnlein" raus. Eine weitere fürchterliche Nacht. Ich mache kein Auge zu. Es ist entsetzlich, d a ß man so machtlos gegen das Wetter ist. Dieser Seegang! Aber heute muß es gelingen, wenn sie nur die Nacht überstehen, denn da sind sie mit sich allein. Am Tag hängen wir ja über ihnen, und sie wissen, daß alles getan wird, was nur irgend möglich ist. Heute soll ein Schiff auslaufen, und wir werden es an die Stelle heran lotsen. Wieder wird Fühlung am Schlauchboot gehalten, aber wo bleibt nur das Schiff? Die See geht hoch wie nie, nur ein Schiff kann Rettung bringen. Es wird Abend, ohne d a ß das Schiff e r s c h e i n t . . . Welche Tragödie mag sich bei denen da unten im Boot abspielen? Ich kann nur noch zwei Mann erkennen. Wie klein und ohnmächtig sind wir doch gegen das Wüten der Elemente. Fieberhafte Gedanken jagen durchs Hirn, was könnte man bloß unternehmen? Wir müssen sie doch herausholen... Einer unserer besten Kampfflieger droht hier mit seiner Besatzung elendiglich zugrunde zu gehen. Noch eine Nacht! Das Schiff soll morgen unter allen Umständen zur Stelle sein. Unsere Gedanken drehen sich nur um einen P u n k t : Sie müssen durchhalten, sie müssen! Strahlend kommt der Morgen, die See ist spiegelglatt. Zuversichtlich stürzen wir an die Maschinen. Heute holen wir sie, anschließend werden sie sicherlich wochenlang auf Urlaub geschickt. Solange, bis sie es nicht mehr aushalten können und von selbst wiederkommen. Auch südlich der Insel ist das Meer glattpoliert. Das Schlauchboot ist heute schon von weitem gut zu erkennen. Es ist leer! Nebenher treiben im Wasser zwei Menschen. Mit Stricken hatten sie sich am Schlauchboot festgebunden. Sie lebten nicht mehr . . . Spiegelglatt liegt das Meer - als ob es niemand etwas zuleide tun könnte. Wir lassen ihm seine Beute. Es sollte wohl so s e i n . . .
Tagelang können wir uns nicht ansehen. K a u m , daß beim Essen ge sprochen wird. Wir erheben uns, der Kommandeur sagt zwei Sätze, dann trinken wir schweigend unser Glas aus. Ich k a n n es noch gar nicht begreifen, jeden Moment denke ich „Fähnlein" lächelnd wie immer, müßte zur Tür hereinkommen. Der Geruch seines Pfeifentabaks und der 33
hinten etwas abstehende Lederbesatz seiner Stiefelhose geht mir nicht aus dem Sinn. Aber er wird nun nie mehr zurückkommen. Man m u ß sich damit a b f i n d e n . . . Es ist bitter, wenn man einen guten Freund verliert. Die Bindung an ihn aber wird nie aufhören, sie bleibt bestehen. Als wäre es eben erst gewesen, denke ich daran, wie wir in Bulgarien aus Versehen eine Bombe in die Luft jagten und uns dann wie die Schulknaben scheu seitwärts ins Gelände verdrücken wollten. Man hatte uns aber gesehen, und es blieb nichts weiter übrig, als umzuschnal len und zum Kommandeur zu gehen. Da standen wir beide wie die armen Sünder. Er hatte es angestiftet und ich den unglücklichen Schuß abgege ben. Abends tranken wir Brüderschaft. Unsere Einsätze, unsere Frotze leien und sonstigen Abenteuer - vorbei! Dem Chef geht es auch sehr nahe, man merkt es ihm an. Als wir abends zur Unterkunft fahren, sagt er zu mir: „So betroffen war ich in meinem ganzen militärischen Leben über haupt noch nicht. Er war sicher einer der Besten in der Luftwaffe, er traf ja alles, was ihm vors Visier kam!" Das war unser „Fähnlein" gewesen . . . Zur Trauerparade flog eine Kette im Tiefflug über die angetretene Gruppe nach See hinaus. Von der Führermaschine löste sich ein Lor beerkranz - unser letzter Gruß . . . Brenners Staffel übernahm nun Gerd Backhaus.
Man hat uns plötzlich wieder nach Afrika geholt. Wir stehen herum und sind gespannt auf die Dinge, die da kommen werden. Mitten in unserem Liegeplatz landet ein „Storch", und schon steht Feldmarschall Kesselring unter uns. Er sagt, daß er sich Rommel gegenüber sehr stark gemacht hätte, und wir sollten ihn nicht im Stich lassen. Morgen werde Tobruk fallen . . . Schön wäre es ja. Ich glaube bloß nicht ganz daran, daß es so schnell gehen wird. Ich kenne Tobruk genau, und aus zahlreichen Einsätzen weiß ich, wie es da aussieht: Schwere Befestigungen und deckungsloses Gelände. Abends vor dem Zelt ist Flugbesprechung, denn wir werden morgens noch bei Dunkelheit starten. Drei Pulks werden gebildet. Der K o m m a n deur vorneweg, und ich nehme den mittleren. Auf großen Bildskizzen sehe ich mir unser Ziel an, präge mir und meinen Besatzungen genau seine eigenartige Form und sämtliche erkennbaren Merkmale ein. Von der Straße aus gerechnet ist es das neunte Fort, kurz vorher so ein eigenartiger Knick im Panzergraben. Wir werden es schon finden. Aus der Lage unserer Ziele ersehe ich, wie der Angriff gedacht ist. Es liegt viel an uns und unserer Treffsicherheit. Für ein paar Stunden legen wir uns noch ins Zelt, dann kommt ein Posten und weckt uns. Fröstelnd umstehen wir die Feldküche und schlürfen heißen Kaffee, denn die Nächte sind ziemlich kühl in Nordafrika. Es dauert einige Zeit, bis die Flugzeugführer ihre Besatzungen in der Dunkelheit vollzählig melden können, denn ein paar Nachzügler gibt es immer. Dann rumpelt das Auto mit uns los. 34
Am Liegeplatz rührt sich kein Luftzug. Das ist nicht gut, denn dann steht die Staubwalze stundenlang über dem Platz, und man kann nicht hintereinander starten. Na, wir werden ja sehen . . . Vielmehr nichts sehen wird man, denn als ich am Start stehe, ziehen gerade die ersten los, um mich herum schwebt minutenlang der Staub und geht nicht weg. Trotzdem gebe ich Gas, Hauptsache man hält K u r s genau geradeaus, dann kann nichts passieren, denn der Platz ist ja lang genug. Blindstart! Ein etwas komisches Gefühl ist es doch. Meine Augen hängen an Wendezeiger und Fahrtmesser. Geradeaus und nach Norden halten! Die Maschine fängt zu tänzeln an, und ich nehme sie von der Erde weg - wir schweben. Fahrwerk ein! Nun langsam steigen. Endlich sind wir heraus aus dem Dreck und haben wieder vernünftige Sicht. Am Sammelpunkt trifft sich der Verband wieder, und dann ziehen wir los: nach Tobruk. Kurz vor Sonnenaufgang geht da unten das Inferno los. Vor uns stürzt ein ziemlich großer Verband auf einige Forts weiter westlich. Dann sind wir an der Reihe. Der Kommandeur geht mit seinen Maschinen nach unten. Jetzt bin ich mit meinen Kameraden dran. Ich zähle noch einmal die Forts ab, ja, das hier ist das unsrige. Ein Blick nach rückwärts. Meine Besatzungen hängen an mir dran, weiter hinten wartet der nächste Pulk. Wir stürzen. Der zweite Schlag auf mein Knie ist schon längst vorbei, und der Beobachter schreit: „Abfangen!" Ich denke nur daran, daß die Bomben treffen müssen, schon wegen des Afrika-Korps, das unten vor dem Festungsring bereitsteht und nur auf den Moment wartet, wo die Bomben einschlagen. Im nächsten Augen blick wollen sie schon über dem Panzergraben sein und die Forts neh men. Über die Sicherheitsgrenze gehe ich hinunter und fange d a n n ab. Ich m u ß noch stark ziehen, und auf meinen Händen scheinen große Bleiklumpen zu lasten. Dicht über dem Erdboden liegt die Ju 88 wieder waagrecht, dann sehe ich heraus. Da sind die Kameraden von der Infanterie. Panzer, Sturmflak und Feldartillerie sind ringsum postiert und schießen auf gegnerische Ziele. Wer irgendwie kann, winkt uns zu. Dann geht es schleunigst zum Flugplatz zurück, um neue Bomben zu holen. Tobruk m u ß fallen . . . Das Ziel des zweiten Einsatzes liegt schon ziemlich weit in der Festung drin. Wenn das so weitergeht, gehört Tobruk heute abend uns. Diesmal meldet sich die Tobruk-Flak zu Wort. Wir achten nicht mehr darauf, denn die Kameraden von der Infanterie können es ja auch nicht. Mitten in eine feindliche Artilleriestellung fallen unsere schweren Kaliber. Beim dritten Einsatz schalten wir ein Fort des westlich-inneren Befe stigungsringes aus. An der Stelle sind Italiener angesetzt. Auf der ande ren Seite, wo wir den ersten Angriff flogen, sehen wir an verschiedenen Stellen lange Kolonnen in das Festungsgebiet hineinfahren. Es kann sich offenbar nur noch um Stunden handeln . . . Auf dem Einsatzhafen erfahren wir, daß Bardia in der vergangenen Nacht genommen worden ist. Unser vierter Einsatz gilt schon nicht mehr der Festung selbst, son 35
dern britischen Truppen weit südlich davon. Brennende Panzerwagen bleiben zurück. Auf dem Rückflug geht es an Tobruk vorbei. Schwarze Qualmwolken wälzen sich träge in die Höhe und verdunkeln den Himmel über der Stadt. In Form einer Himmelsleiter nähern wir uns dem Flugplatz. Nach dem Überflug kippt der Kommandeur nach links weg. In kurzem Abstand tut einer nach dem anderen das gleiche. Wir zählen dabei immer: „Montag Dienstag - Mittwoch" usw., damit zeitlich der richtige Abstand h e r a u s kommt. Von unten sieht das Manöver großartig aus, und wir tun alles, um es so perfekt wie möglich durchzuführen. An der Tankstelle empfängt mich Pietsch, der Erste Wart meiner Maschine. Eine treue Seele und vom Arbeitsteufel besessen. Ich haue ihm auf die Schulter. „Mensch, heute haben wir es geschafft, Tobruk gehört uns!" Er strahlt, denn auch er hat ja seinen Teil dazu beigetragen. Wenn ich mich in die Maschine setze, weiß ich, daß sie in Ordnung ist, und das ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg. Auf dem Gefechtsstand wird ein Funkspruch von Generaloberst R o m mel herumgezeigt. Die „Panzerarmee Afrika" sagt Dank und Anerken nung! Die britische Festung am Mittelmeer war am 21. 6.1942 gefallen. Die Schlacht geht weiter. Der Gegner ist im Laufen. Marsa Matruk wurde genommen. Nachts sind wir immer im Raum vor dem AfrikaKorps und greifen Flugplätze, Autokolonnen, Zeltlager, Truppenan sammlungen oder Eisenbahnzüge an. Die Eisenbahnstrecke von Alexandria nach Westen ist heute nacht mein Ziel. In der Gegend von El Daba beginne ich zu suchen. Hell und offen liegt das Land im Mondschein da, aber es versteht auch seine Geheimnisse vor dem zu verbergen, der es nicht kennt, denn der Nacht krieg über Nordafrika hat seine eigenen Gesetze. Systematisch suchen wir Bahn und Straße ab, nichts lassen wir uns entgehen. Auf der Straße scheint das Leben erstorben zu sein. Es ist wohl auch zu gefährlich, wenn wir darüber hängen. Die Bahnstrecke zeichnet sich zwar nicht so gut ab wie das dunkle Band der Straße, aber auch da bleibt uns nichts verborgen. Meine ersten Bomben werfe ich auf einen kleinen Bahnhof, auf dem ich Waggons erkenne. Eine große Staubwolke steigt hoch, aber ein Brand entsteht nicht. Weiter! Dunkle Schatten an der Strecke! Hier unten scheint die Bahn durch einen Hohlweg zu führen. Wir gehen tiefer herunter, und d a n n kann ich es ganz genau sehen: Ein langer Zug hat Zuflucht in diesem Hohlweg gesucht. Im steilen Gleitflug stoße ich auf die Schlucht herunter. Nun m u ß ich aber abfangen, sonst gefährden wir uns selbst. Noch im Hochziehen stelle ich die Maschine auf die linke Fläche, um die Bomben einschlagen zu sehen. Eine liegt genau im Ziel, die anderen links daneben. Ein glutroter Fleck, der sich rasch ausbreitet! Nach weiteren Sekunden sehen wir eine 36
grelle Explosion. In engen Kurven fliegen wir immer wieder um diese Stätte der Vernichtung herum. Im Schein des Brandes können wir nun auch sehen, was wir getroffen haben. Ein ganzer Zug mit Kesselwagen voll Treibstoff mußte es gewe sen sein. Welche Hölle mochte sich dort unten ausgebreitet haben . . .
Noch ein „Neuer". Ein Oberstleutnant, sogar Generalstäbler aus Ber lin. Für uns ein „hohes Tier". Was will der hier? Den „EK-I-Lehrgang" machen und wieder verschwinden? Aus altem baltischen Adel kommt er, hat feine Züge, und sein Haar zeigt schon einen grauen Schimmer. Dabei ist er bestimmt noch keine vierzig. Er kann umwerfend gut balti sche Witze erzählen, und überhaupt ist er sehr nett mit uns erheblich Jüngeren. Er kehrt seinen Dienstgrad auch nicht heraus und fliegt die Einsätze wie jeder andere. Vor dem Start zu Feindflügen versammeln sich die Besatzungen in meinem großen Büro, dem „Gefechtsstand", weil hier alle F ä d e n des Einsatzbetriebes zusammenlaufen. „Gefechtsstand Edda" ist unser Deckname. Dieser steht auch auf dem Schild an der Freitreppe des Hauses. Im oberen Stockwerk ist das Lagezimmer. Von einem kleinen Balkon aus kann man den gesamten Flugplatz übersehen, mit Blick aufs Meer und die vorgelagerte Insel Dia. Die Ausstattung ist einfach, und an den Wänden hängen Landkarten, Bilder von feindlichen Schiffen u n d Flug zeugen, Tabellen und gestochen scharfe Zielfotos unserer Aufklärer. Sie zeigen Tobruk, die Küstenstraße bis El Alamein, Alexandria, Haifa, Cypern und den gesamten Suezkanal von Port Said bis Suez. Hier finden jeweils die abschließenden Besprechungen vor Feind flügen und die erste Berichterstattung nach Rückkehr der Besatzungen statt. Hier laufen alle Funksprüche und Informationen ein, u n d hier werden sie auch ausgewertet. Bei den Besprechungen gibt es keine Dienstgradhierarchie. Man steht zwanglos dort, wo gerade Platz ist; die Flugzeugführer in der ersten Reihe, ihre Besatzungen bei ihnen. Der Kommandeur spricht über das Wo und Wie des Auftrages, gibt seine Anweisungen. Ich erläutere dann ins „Eingemachte", sage, was wir über die Lage beim Feind wissen — zu Lande, in der Luft und auf See. Wo und welche Abwehr gegen unseren Angriff zu erwarten ist. Die „Alten" wissen es schon, und die „Neuen" hören aufmerksam zu, denn aus deren Fragen und Kommentaren kön nen sie manches lernen, was für einen erfolgreichen Einsatz und eine glückliche Rückkehr wichtig sein kann. Der „alte" Generalstabsoberstleutnant von der oberen Führung, unser hoher Gast aus Berlin, steht mit seiner Besatzung d a n n mitten unter uns, als gehöre er schon immer dazu. Seine Fragen zielen präzise auf den Punkt, sofern er sich überhaupt zu Wort meldet. Wir haben ihm erfah rene „Fuhrleute" als Besatzung gegeben, die schon viele Einsätze hinter sich haben und nicht nervös werden, wenn die Flak schießt. Zwischen den Einsätzen besucht er mich im Gefechtsstand und fragt mir sozusagen ein Loch in den Bauch: über die Feindlage, die eigene, meine Erfahrungen und sich d a r a u s ergebende Folgerungen. Alles, was mit unseren Feindflügen und unserem Ergehen zu tun hat, interessiert 37
diesen Herrn Oberstleutnant im Generalstab Werner Freiherr von B u c h holtz. Er wird mir anfangs etwas unheimlich, dann aber schnell sympa thisch, denn er hilft mit Rat und Tat aus seinen Erfahrungen in höchsten Kreisen. Und mit seiner natürlichen Herzlichkeit strahlt er eine selbst verständliche Autorität aus, die des älteren Kameraden im besten Sinne. Ich bin deswegen für alle sehr froh, als sich eines Tages das Geheimnis seines Hierseins für uns lüftet: Er ist unser künftiger Geschwaderkom modore, einer, der unsere Aufgabe nicht nur „von oben", sondern auch von „unten her" kennt. Der Soldat soll selbstbewußt und doch bescheiden sein, steht in unse rem Verhaltens-„Knigge" geschrieben. Dieser Mann lebt es uns vor. Welches Glück haben wir mit ihm, denn wir Jüngeren spüren nach so vielen Feindflügen genau, wen m a n uns da vor die Nase setzte. Der baltische J u n k e r wurde uns Vorgesetzter, K a m e r a d und Freund zugleich. * Kothe ist zum Korps nach Athen versetzt worden, und ich übernehme seinen Posten als Einsatzleiter. Dann passierte es. Ich konnte nicht schlucken, hatte Fieber, und es tat mir alles weh. Scheußlicher Zustand, dazu diese Hitze. Im Einsatz ist Hochbetrieb, und ich liege hier auf dem Bett herum. Der Doktor kommt erst übermorgen wieder, und seine Sanitäter behandeln mich gegen Halsschmerzen und Fieber. Gurgeln, Tabletten — es wird immer schlimmer, statt besser. Endlich ist der Arzt wieder da. Er guckt mir in den Hals und sagt kein Wort. Dann kommt er mit Spritzen wieder. Ich weiß nicht, wie viele es sind; Ich merke kaum noch, was er alles in mein Sitzfleisch jagt. „Weißt du, was du hast?" sagt er zu mir. „Du liegst hier nicht mit einer lieben Angina im Bett. Du hast über 40 Fieber und Diphtherie . . . Meine Spritzen werden dir helfen, aber du m u ß t jetzt essen, sonst klappst du zusammen..." Nach einer Woche, in der ich k a u m einen Bissen zu mir genommen hatte, werde ich wesentlich ruhiger und mache die überraschende Fest stellung, d a ß es auch ohne mich geht. Zwar nicht so, wie ich gerne möchte, aber es geht. Nach einer weiteren Woche bin ich friedhofs-, zumindest aber u r l a u b s reif. Es ist mir irgendwie peinlich, weil ich erst im Mai auf Urlaub war, aber es ist einfach nicht anders zu machen. Schließlich ist es soweit, und „die Heimat sieht mich wieder" - wie man damals so schön sagte
Im Nonstopflug geht es nach wenigen Wochen von München aus wie der hinunter nach Kreta. Ich komme gerade richtig, denn Backhaus m u ß ins Lazarett. Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst, so hat die Malaria ihn zugerichtet. „Johannes" Lüben und Machazek sind vermißt gemeldet, wahrschein lich tot. Man weiß nicht, wo und wie es sie erwischt hat. Gewöhnen wir uns schon daran, den Angehörigen der Freunde Briefe zu schreiben und ihre Habe zusammenzupacken? Es ist eine niederdrückende Pflicht, und 38
man fragt sich: Wer wird einmal deine Sachen heimschicken? F ü r mich wird es wahrscheinlich Gerhard Arbeiter tun. Vielleicht schon morgen? Ich bin 22 J a h r e alt und gehöre schon zu den „Alten", obwohl ich einer der Jüngsten bin. Unser Kommandeur geht auf die 27, und die Drei ßigjährigen sind für uns schon „Greise". Die Leutnante reden von der Liebe, die Hauptleute vom Essen, und die Stabsoffiziere sprechen von der Verdauung. Generale sind jenseits von Gut und Böse. So ist alles ganz klar geregelt. Neue Gesichter erscheinen, und wir „Alten" rücken enger zusammen. Unsere „jungen Löwen" sind zwei Leutnante. Wie zwei Schüler in einer neuen Klasse stehen sie da und werden auch so behandelt. Das ging uns allen so, als wir noch neu und „Lehrlinge" waren. Die beiden werden schon merken, d a ß wir sie nicht fressen. Aber wie sollen wir ihnen erklären, was uns bewegt? Falls sie uns für überheblich und kaltschnäuzig halten, werden sie bald sehen, daß dies nur aufgetragene Schminke ist, die unsere inneren Wundmale verbergen soll. Auch ihnen wird es eines Tages ebenso gehen. Beim Anblick „junger Löwen" werden sie an ihre Freunde und K a m e r a den denken, die sie verloren . . . So ist das bei uns: Zunächst ist m a n sich etwas fremd. Es m u ß eben jeder erst die Probe seines Könnens und seiner Person ablegen; ein ungeschriebenes Gesetz, das wohl an allen Fronten gilt. Erst die gemein samen Feindflüge und das gemeinsame Leben bringen uns die „Neuen" näher. Falls die Verhältnisse es erlauben, werden wir versuchen, sie ebenso schrittweise in das Einsatzgeschehen einzufügen, wie unsere „Alten" das mit uns taten. Auch Feindflüge erzeugen mit wachsender Erfahrung jene Art von Gewöhnung und die Routine des Handelns, die für Erfolge ebenso wichtig sind wie für kritische Situationen . . . Auch gegen jene Anfechtungen müssen wir sie wappnen, denen wir alle ausgesetzt sind, wenn wir allein in stockfinsterer Nacht unsere Ziele anfliegen und der „innere Schweinehund" flüsternd im Nacken sitzt: „Schmeiß sie doch weg, deine Bomben! Es sieht ja keiner, und nie mand kann es kontrollieren. Wer will dir das Gegenteil beweisen, wenn du etwas meldest, was nicht wahr ist?" Wer wollte behaupten, er sei je frei gewesen von solchen Versuchungen? All das geht mir durch den Sinn, als die zwei Leutnante mir im „Gefechtsstand" ihren Antrittsbesuch machen. Ihr Staffelkapitän, mein Freund Iro , hatte sie zugeteilt bekommen und wohl zu mir geschickt. Wie sich das trifft: Vor 18 Monaten und inzwischen etwa 300 Feindflügen hatte ich ebenfalls bei der 2. Staffel angefangen. In Orleans-Bricy war das, und „Fähnlein" war Karl Sauerlands und mein „Ziehvater" gewe sen. Da stehen sie nun, die Herren Wannenmacher und von Bergh - die fröhliche „Berliner Schnauze" und sein Kompagnon, dem der Frohsinn aus den schalkhaften Augen guckt. Ich weise auf den Ernst der Lage hin, und es zeigt sich gleich, daß sie den ironischen Humor mitbringen, der uns diesem schweren Dasein noch heitere Seiten abgewinnen läßt. Vom Jahrgang 1921 sind sie, also 21 J a h r e alt. Sie ahnen gar nicht, was sie mir antun. Nun habe ich gleich zwei, auf die ich abschieben kann, was ,,Jüngste" so auf sich nehmen müssen. Bald haben sie ihre Spitznamen weg. Wie es sich für Griechenland
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gehört, natürlich klassische: Kastor und Pollux, die Unzertrennlichen, und bei allem Ernst unseres Frontlebens immer zu Scherzen aufgelegt. Wir alle brauchen das, denn der tägliche Umgang mit Tod und Verder ben, das wir nicht gewollt haben, verändert uns unmerklich. Mit unseren Kameraden tragen wir unsere eigene Jugend zu Grabe. „Für Führer, Volk und Vaterland" - wie es damals in allen Nachrufen zu lesen war. Werden wir den Krieg gewinnen? Oder wird es uns gehen wie unseren Vätern - falls wir überleben sollten. „Fähnlein", Iro Ilk und ich hatten nächtens einmal darüber gesprochen: Gewinnen wir, so hat ihn „die P a r t e i " gewonnen, verlieren wir, dann wehe uns allen . . .
Iro und ich fliegen nach Kufra. Von Bengasi aus springen*) wir ab. Kufra ist eine Oasengruppe Südlibyens. Über 700 Kilometer geht es in die Wüste hinein. Wir sind sehr gespannt auf diesen Einsatz, denn für uns ist es etwas Neues. Zunächst führt der Weg die Küste entlang bis Agedabia, dann nehmen wir direkten Kurs. Auf der Karte ist nicht viel eingezeichnet. An der Küste geht es noch, aber dann ist es schlagartig aus. Imaginäre Wadis stehen da geduckt und das Kartenzeichen für Sand, darüber im Fett druck: Libysche Wüste. Wir sind sehr neugierig. Das Wetter ist sonnenklar und schenkt uns gute Fernsicht. Links erstrecken sich einige dunkle Flecken auf der Erde: Haseiat. Dann überqueren wir einen Wadi. Er ist hier nicht tief eingeschnitten, sondern verläuft ganz flach im Lande. Nur an den Rän dern kann man ihn von oben als Bodenrinne erkennen. Auf der Karte steht: Wadi Faregh. So heißen sie meistens. Von drei Wadis in Nord afrika wird mindestens einer so genannt. Unter uns her läuft eine etwas ausgefahrene Spur von Autos im Sand: der Weg zur Oase Gialo. Er entfernt sich allmählich immer weiter nach links, und am Horizont können wir auch jetzt den Oasenkomplex von Gialo erkennen. Über eine Fläche von ungefähr der Größe des Harzes stehen zahllose einzelne Palmengruppen verteilt. An der günstigsten Stelle liegt eine Ansiedlung mit Gärten und einigen Feldern. Das Ganze ist eine Oase. Manchmal sind sie kleiner, manchmal auch größer. Weit rechts hebt sich ein schneeweißer Streifen aus dem Horizont, kein Schnee, sondern Sand und Stein. Auf der K a r t e steht Djebel Zelten. Djebel heißt Bergrücken, Gebirge. Ansonsten lohnt das Gelände keiner Beschreibung, es ist auch nichts zu sagen darüber, nur daß es gelb aussieht und wellig zu sein scheint: ein riesiges Sandmeer. Ab und zu tritt rosarot nackter, rissiger Fels aus dem Sand, dann taucht wieder einmal eine Autospur auf und verliert sich. Ganz plötzlich sehen wir unter uns sogar eine Gruppe von Fahrzeugen. Die Spuren deuten darauf hin, daß sie kreuz und quer herumgefahren waren - in großen Kurven. Was mag sich da abgespielt haben? So geht das über 400 Kilometer lang. Die Hitze setzt uns auch in der Höhe ziemlich zu. Wir sind nahe dem Wendekreis des Krebses. Die Fenster kann man k a u m aufmachen, da strömt es heiß wie aus einem Fönapparat herein. Nur mit ganz dunklen Sonnenbrillen kann m a n auf den Sand hinabsehen. Ich glaube, wenn man da hinunter muß, wird man *) Fliegersprache: starten
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binnen kurzer Zeit wahnsinnig. Wo m a n hinsieht, n u r Sand. Kein Ton ist dort wohl zu hören, außer vielleicht dem säuselnden Wind und dem eigenen Sprechen. Dazu die irrsinnige Hitze. Manchmal habe ich vom Meer als einer Wasserwüste gelesen, u n d ich kenne das Meer, jetzt aber muß ich feststellen, d a ß das Meer eine belebte Gegend ist gegenüber dieser Trostlosigkeit unter uns. Ich schiele immer hinüber zu Iro, ob er noch da ist. Ich kann seine Maschine gerade noch sehen. Durch Sprechverkehr überzeugen wir uns gegenseitig, d a ß wir noch leben. Es ist eine reine Sicherheitsmaßnahme, für den Fall, daß jemand etwas passieren sollte. Die Wüste vor uns verändert sich langsam. Das wellige Sandmeer geht jetzt in eine durchfurchte, schroffe Fläche mit vielen Felsen und k a r stigen Stellen über. Es sieht toll aus. Hier könnte man ja noch nicht einmal notlanden. Auf der Karte steht: Steinwüste. Die Farbe ist etwas dunkler geworden, manchmal glänzt die ganze Landschaft - sofern man von einer solchen überhaupt sprechen kann - kohlschwarz. Aus dem dunstig verschwimmenden Horizont schält sich weit voraus ein dunkleres Etwas. Nach der Zeit zu urteilen, könnte das der Anfang der Oasengruppe von Kufra sein. Langsam, unendlich langsam, kommen wir näher. Große, dunkle Flek ken auf der Erdoberfläche sind Senken und Flächen, auf denen eine dürftige Vegetation ein mühseliges Dasein fristet. Palmen stehen weit verstreut über das ganze Gebiet, Pfade ziehen sich in allen Richtungen, einzelne Hügel sandigen oder felsigen Charakters treten hervor. Von menschlicher Ansiedlung sehen wir nichts, sie ist aber da, weiter südlich in El Giof. Sie wird sich aber auch nicht viel von anderen derartigen Siedlungen unterscheiden, mit ihren kleinen, weißen Steinhütten und einem Loch als Eingang; denn Fenster braucht m a n hier nicht, sie wür den höchstens unnötig viel Hitze hereinlassen. Ringsum einige Gärten und Felder, die mühsam dem Sand abgetrotzt wurden, die notwendig sten Anlagen eines Flugplatzes und eine Funkstation - das ist so ziem lich alles. Wir nehmen jetzt Kurs nach Osten. Die Sonne steht fast senkrecht über uns, und die Schokolade, die ich mir eben am Wendepunkt ins Gesicht stecken will, ist geschmolzen - und das in 3000 Meter Höhe! Iro ist auch noch da, und Müller auf der anderen Seite hat irgendwo einen Spähwagen entdeckt und greift an. So weit man sehen kann, scheint sich die Oasengruppe nach Osten fortzusetzen. Eine sagenhafte Sicht herrscht heute, aber das ist in der Wüste immer so: strahlender Himmel, denn wo sollten hier auch Wolken herkommen. Eigenartig, obwohl die Motoren einen großen Lärm verursachen, spürt man förm lich die bedrückende Stille, die über der Gegend lastet. Und dann kommt etwas Einmaliges! Meinen Lebtag habe ich so ein Bild noch nicht gesehen. Mitten aus dem gelben Sandmeer steigt unvermittelt bis zu einigen hundert Metern Höhe ein Gebirgskamm hervor. Kohlschwarz glitzender, nackter Fels ohne auch nur die Andeutung irgendeiner Vegetation oder sonstige Spuren irgendwelchen Lebens. Völlig tot. Ich komme mir vor, als ob ich auf dem Mond herumfliege. In einer Zeitschrift hatte ich einmal als Phantasiezeichnung eine Mondlandschaft gesehen. Ob der Zeichner mal hier gewesen war? Es wird beinahe unheimlich, ich rufe Iro an, er hat den gleichen Eindruck. Das ist die Wüste. 41
Auf dem Rückflug sehen wir unter uns eine Baracke. Eine ganz kleine Wellblechbude, das Dach rot-weiß gestreift angestrichen. In der Nähe verlaufen Autospuren. Ein Windrichtungsanzeiger steckt unweit davon mit dem Kopf im Sand. Das m u ß ein Flugplatz sein! Wir gehen tiefer herunter - sind hier Menschen? Nichts rührt sich. Es ist schwer, hier die Flughöhe abzuschätzen. Man könnte 20 oder 2000 Meter hoch sein, die Gegend bleibt gleich. An den langgestrecken Sandwellen hat man auch keinen Anhalt, weil man sich keine wirkliche Größenvorstellung m a chen kann. Wieder kreuzen wir Autospuren. Manchmal sind es wenige oder nur eine einzige, dann sind es unzählige nebeneinander. Aus weiter Ferne taucht jetzt Gialo wieder auf. Dahinter beginnt der Pflanzenwuchs. Kleines Dornengebüsch, Kusseln. An der Küste sehen wir endlich das Wasser. Wenn es auch nur Salz wasser ist, so hat es doch wenigstens den Nimbus der Kühle, und deshalb stürzen wir uns auch nach der Landung gleich hinein. Die heiße Wüste liegt wie ein Alptraum hinter uns. Wir Flieger sind nicht allein in Iraklion. Es ist eine richtige Garnison für Heer, Luftwaffe und Marine. Auch deutsche Rot-Kreuz-Schwestern sind hier stationiert, und in eine von ihnen, eine reizende, junge Wiene rin, hat Fritz Kleinen sich verliebt, der seit der Kampffliegerschule Tutow in meiner Besatzung fliegt. Die Hochzeit im Soldatenheim ist ein großes Ereignis für uns. Ein Herr vom Heer, Oberleutnant Dr. Stoßberg, im Zivilberuf Bürgermeister in Bad Oeynhausen, ist in Trauungen erfahren und waltet seines (Stan des-) Amtes. Funker Noschi ist Trauzeuge. Natürlich lassen wir alle das junge P a a r hochleben, und während des gemütlichen Teiles des Festes ruft jemand, der Kommandeur solle zu einem „Führungsblitzgespräch" ans Telefon im Saal kommen. Der Herr Reichsmarschall wolle ihn sprechen. Alles erstarrt in schweigender Ehrfurcht, als Helbig den Hörer in die Hand nimmt und sich meldet. Zunächst geht es ganz normal und ver ständlich zu, aber dann hören wir, wie er dem Herrn Reichsmarschall die Hochzeit beschreibt, die wir gerade feiern, wie er die anwesenden Gäste auf die Schippe nimmt und sich überhaupt über alles lustig macht. Auch seine Bemerkungen über Partei und Staat kann man so und so ver stehen.
Heute nacht wollen wir nach Kairo fliegen. Es ist reichlich finster, aber der Mond m u ß jetzt um diese Zeit aufgehen, d a n n wird die L a n d schaft sich schon etwas beleben. Mir bietet der Flug an sich nichts Neues. Ägypten und die umliegenden Regionen sind mir „von oben her" bereits bekannt. Der Suezkanal ist in seiner nördlichen Hälfte gerade wie ein Lineal und trennt dann in weiten Bögen, unterbrochen durch die Bitterseen, Afrika von Asien. Er verläuft direkt von Norden nach Süden. Seine Ufer sind teilweise saftig-grünes Kulturland, nur die asiatische Seite geht ziemlich unvermittelt in die Ausläufer der Wüste Sinai über. In dunklen Nächten sieht dieser Riesenwurm recht geisterhaft aus, besonders dann, wenn die unzähligen Scheinwerfer an seinen Ufern ihre 42
Leichenfinger ausstrecken und uns den Nachtjägern ans Messer liefern wollen. Meist zieht der Dunst seinen Schleier über das Land, weil die heiße Luft des Tages viel Feuchtigkeit aufnimmt. Nachts breitet dann der leichte Nebel sein durchsichtiges Tuch aus. Wenn dann noch Staub und Sand dazukommen, wischt man immer an den Scheiben herum, weil man glaubt, Milchglas im Rahmen zu haben. Weiter nach Norden gibt es wieder viel Berge. So im „Gelobten Land" mit Haifa und Beirut. Dann auf der Insel Zypern, von der Türkei gar nicht zu reden. Die Gebirge sehen alle wie abgefressen aus, nur kärgli cher Pflanzenwuchs findet Nahrung. So ist das im Ostmittelmeerraum: kahle Berge, viel blaues Meer und blauer Himmel, dazu viel Felsen, Palmen, Oliven-, Feigen- und Zitronen bäume, sowie Agaven, Pinien, Zypressen und guten Wein. Dazu Esel, Sonne, Staub, Gestank und üble Krankheiten. Nordafrika kann übrigens auch grün sein. Im Dezember nämlich, wenn die Cyrenaika blüht. Das dauert aber nicht lange, dann ist alles wieder von der Sonne grau und rotbraun gebrannt. Unter mir zieht sich jetzt ein dickes, dunkles Band in flachen Kurven hin. Im Mondlicht blitzen zahlreiche Kanäle und Flußarme auf - der Nil. Wir orientieren uns jetzt genau. Da drüben in der Nähe des Lichter scheines liegt Heluan, das Modebad mit seinen Heilquellen. Beim Näher kommen mache ich die vielen Lichter als großes Lager aus. Vermutlich ein Gefangenenlager. In Kairo wird es nun lebendig. Der „Empfang" kann als durchaus freundlich bezeichnet werden. Ein Lichtermeer von Scheinwerfern er strahlt im weiten Umkreis um die Stadt. Auf der Sprechwelle höre ich gerade Iro Ilk etwas sagen, er ist scheinbar im Angriff. Ich bin noch nicht soweit. Kairo selbst bleibt unbehelligt, die Ägypter sind schließlich nicht unsere Gegner. Aber im Osten der Stadt liegt ein Flugplatz, auf dem der Tommy sich eingenistet hat. Nicht weit davon liegt ein schöner Villenvorort - Heliopolis. Nun sind auch wir dran. Ein Nachtsturz! Die Flak feuert, aber offenbar ohne jegliche Wirkung. Unsere Bomben liegen am Ziel, aus weiter Kurve sehe ich dann Kairo unter mir. Westlich der Stadt, auf dem anderen Nilufer, stehen rissige Steinklötze: die Pyramiden. Es ist schon ein etwas eigenartiges Bild, diese steinernen Zeugen von einigen Jahrtausenden. Dieses Mal schauen die Jahrtausende nicht auf uns herab, sondern zu uns herauf . . . Wir beschließen, auf dem Rückweg das Nildelta anzufliegen. Es ist beinahe taghell. Ich gehe immer weiter herunter, denn wir wollen nichts verpassen von dem, was da vor unseren Augen abrollt. Über unzählige Nilarme, Kanäle und Wassergräben geht es hinweg. Städte tauchen auf, Dörfer und Siedlungen huschen vorbei, Straßen, Wege, Bahnen, Brük ken und Fähren kreuzen unseren Kurs oder schließen sich ein Stück zur Begleitung an. Wie auf einem Filmband zieht es im Tiefflug vorüber: Autos, abge blendet auf den Straßen, Fuhrwerke, sogar nächtliche Spaziergänger kann man erkennen und genau beobachten, was sie unternehmen, wenn sie uns hören. Das Licht der Autos verlöscht meist schlagartig, und die Wagen halten, Fuhrwerke gehen oft durch. Wir müssen einen gewaltigen Lärm verursachen. Manchmal werfen sich Menschen hin und suchen irgendwo Schutz. Unser Heranfauchen 43
scheint beängstigende Wirkungen zu zeitigen, aber wir haben keine feindseligen Absichten und auch keine Bomben mehr. Auf dem Nilarm, dem wir ein Stück nachfliegen, treiben ab und zu eigenartige Fahrzeuge. Wenn ich mich recht erinnere heißen sie „Dhau" oder ähnlich. Auf diesem Flug offenbart sich uns das nächtliche Afrika, wie es außerhalb der Wüste aussieht, in bisher noch nie erlebter Schön heit. Ich kann mir vorstellen, daß es hier vor einigen tausend Jahren nicht sehr viel anders ausgesehen hat. Ein flacher See taucht auf. Die Städte und Dörfer werden seltener, wir nähern uns bereits der Küste. Die Verdunkelung scheint hier nicht die stärkste Seite der Bewohner zu sein, denn manche Orte sind geradezu festlich illuminiert. Ein kleineres Nest an der Küste und ein weißer Sandstreifen ziehen vorüber, dann die Brandung, und nun haben wir wieder das Meer unter uns. Der Beobachter schaltet das Peilgerät auf Radio um, und im Nu klingt die schönste Tanzmusik aus Belgrad. Wir sind alle für so etwas, auch meine „Hintermänner", Goerke und Noschinski. Sie passen gut auf nach hinten und schlafen nie ein. Nicht etwa, weil sie Angst hätten, sondern weil sie erfahren sind und wissen, worum es geht und was uns allen passieren kann, wenn ein Nachtjäger auftauchen sollte. Unsere Füße schlagen leicht den Takt der Musik mit. Später hören wir, daß der Flugplatz Heliopolis noch am nächsten Morgen in hellen Flam men stand und sich durch eine riesige Qualmwolke über 100 Kilometer weit verriet... * Unter Iros Führung fliegen wir nach Afrika. Wir halten eisern zusam men und sind gleich lange bei der Gruppe. Er ist bereits „ritterkreuzver dächtig", denn er hat außer einem Kreuzer noch viele andere Ziele mit Erfolg gebombt und die meisten Einsätze hinter sich. Nun sitzen wir auf einem Flugplatz, den wir in früheren Zeiten öfters mit Bomben eingedeckt haben. Es hängt etwas in der Luft, wir spüren es beide. Man bekommt für so etwas einen sechsten Sinn und wird hellhö rig. Das ergibt sich eben so. Wenn man schon oft Bombenangriffe hat über sich ergehen lassen müssen, dann bekommt man eine Nase für so etwas. Wir sind eben gelandet, und unser erster Blick gilt einer handfesten Deckung. Kaum sind wir an einem kümmerlichen Loch - was wohl mal eine Deckung werden sollte -, da geht es auch schon los. Im Schutz der Wolken sind sie urplötzlich da - die „Tomahawks". Erst schmeißen sie Bomben auf den Platz, dann jagen sie im Tiefflug aus den Maschinengewehren Garben, daß es nur so rauscht. Wir werden immer kleiner in unserem Loch. Es rumst vernehmlich, und das helle Zirpen der MG-Geschosse mischt sich hinein. Wenn sie uns bloß unsere „Müh len" nicht zur Sau machen . . . Da kommt ein Nachzügler von uns, ein neues „Häschen". Ach du lieber Gott, er merkt nichts, und da ist es auch schon geschehen. Viel gespürt haben wird er kaum, denn es kam zu überraschend - das Ende. Der Aufschlagbrand ließ von den Unglücklichen nicht viel übrig. Nach dem Angriff gehen wir hin. Alles verbrannt. Verstreut liegen Einzelteile von Waffen und Gerät herum. Junge Menschen, die noch vor 44
Minuten genau so lebens- und tatenfroh waren wie wir, sind jetzt ausge löscht - praktisch von einer Minute zur anderen. Warum? Diese Frage bildet sich immer wieder. Ich gehe zum nächsten Telefon, um das Weitere zu veranlassen. Da geht es schon wieder los! Bäuchlings liege ich zwischen Sandsäcken und einer großen Geräte kiste in einem Zelt. Hauptsache, man hat etwas über dem Kopf - und wenn es ein Zelt ist, obwohl das eigentlich gar nichts nutzt. Man bildet sich eben ein, daß es so sei. Es knattert und rattert, kracht, bumst und zirpt. Ich hebe die Zeltwand etwas an - und sehe in einen Graben hinein. Normalerweise haben da vielleicht zwei Mann Platz. Passiert ist uns glücklicherweise allen nichts . . . Iro ist mit dem Einsatzbefehl da. Wir hauen gleich ab, denn in der Luft fühlen wir uns am wohlsten. Nachdem unsere Jäger abgeholt worden sind, ziehen wir nach Osten. Links voraus liegt El Alamein. Es besteht eigentlich nur aus dem Bahnhof. Man macht sich überhaupt falsche Vorstellungen von den Orten in Nordafrika. Die Namen bezeichnen meist nur Wasserstellen oder Heiligengräber. Von letzteren gibt es genug. Eine Geländefalte oder Senke, ein Rasthaus am Wege, drei Pal men oder viel Gebüsch auf einem Haufen, für all das gibt es Namen. Häuser oder Dörfer, Ortschaften oder gar Städte darf man da nicht unbedingt suchen wollen. Von El Alamein nach Süden zieht ein heller Strich durch die eintönig gelbe Wüste. Am Südende dieses Weges liegt Bir Abu Dwais. Bir heißt Quelle und Abu Dwais ist der Name. Sonst ist da nichts außer Felsen, Sand, Steinen und einem großen Abhang. Hier fängt nämlich die Kat tara-Senke an, ein riesiger Salzsumpf, der obenauf schneeweiß glänzt und zum Landen förmlich aufreizt. Aber wehe dem armen Teufel, der darauf hereinfällt. Er versinkt in stinkendem Salztonschlamm. In dieser Umgebung liegt unser Ziel. Neuseeländer sollen dort aktiv geworden sein . . . Unten steht ein Haufen Fahrzeuge zusammen, und aus der Ansamm lung heraus werden wir beschossen. Kurz darauf geht es talwärts. Die Bomben liegen im Ziel, und das Flakfeuer hört auf. Brände sind entstan den, wie wir beim Abflug sehen. Wieder einmal sind wir zum Suezkanal unterwegs. Nachts natürlich, denn am Tage wimmelt es da von feindlichen Jägern. Seit geraumer Zeit gibt es auch noch Nachtjäger. Wir „Alten" kennen die Gegend. Vor ziemlich genau einem J a h r habe ich dorthin meinen 100. Feindflug gemacht und ein Schiff im Großen Bittersee beschädigt. Heute geht es nicht direkt auf Schiffe; heute haben wir Minen unter dem Bauch, die den Kanalbetrieb lähmen sollen. Ein Teil von ihnen sind dicke, stumpfe Tonnen, aus denen sich nach dem Abwurf Fallschirme entfalten, damit sie nicht zu hart aufschlagen und zerbrechen, sondern „sanft" ins Wasser plumpsen. Die anderen Minen haben einen schlanken, bombenähnlichen Körper. Sie sollen im Gleit flug „auf P u n k t " abgeworfen werden. Die Sache ist nicht so einfach. In beiden Fällen müssen wir recht tief herunter und dürfen nicht zuviel Fahrt haben, sonst könnten die Fall 45
schirme der Minen reißen. Oder die Minen-„Bomben" landen neben dem Kanal, statt im Wasser. Die Fallschirm-Minen sind für den Timsah-See und den Bittersee be stimmt. Da ist das Gewässer breiter, und die Schiffe liegen vor Anker, bis sie zur Kanalfahrt an der Reihe sind. Am Fallschirm kann das leiseste Lüftchen die Minen noch an Land treiben, deshalb müssen wir tief heruntergehen. Wir schauen uns die neuen Fotos des Kanals nochmals genau an. Die Engländer scheinen einen solchen Angriff, wie wir ihn heute vorhaben, zu erwarten. Da steht Flak in Hülle und Fülle, zumal leichte gegen Flieger in Bodennähe. Sie stehen überall da, wo wir uns gute Anflugmög lichkeiten ausrechnen können. Scheinwerfer sind natürlich auch da und Ballons, deren starke Stahlseile uns die Tragflächen absäbeln sol len. Die gestochen scharfen Fotos unserer Aufklärer sagen uns alles, was wir zu erwarten haben . . . Nach ihnen haben wir unseren Plan ausgedacht. Überraschen können wir die Gegner nicht, aber ablenken und irreführen, indem wir einen „Zirkus" veranstalten, und bekannte Ziele ansteuern. Wir fliegen zunächst alle unsere vertraute Strecke nach Alexandria. Beginnt die Flak zu schießen, dreht die erste Welle auf K u r s nach P o r t Said. Die zweite Welle und die dritte fliegen westlich an „Alex" vorbei, als wollten sie von Süden auf die Stadt einkurven. Tatsächlich aber fliegen sie auf Kairo zu. Schießt dort die Flak, dreht die zweite Welle nach Osten ab, in Richtung Ismailia. Die dritte Welle fliegt an Kairo vorbei bis etwa Heluan, zum großen, hell erleuchteten Lager. Vermut lich ist es ein Lager für Kriegsgefangene, für uns aber eine gute Navi gationshilfe. Kommt es in Sicht, geht die dritte Welle ebenfalls auf Ostkurs, in Richtung Suez. Die erste Welle wird inzwischen in Port Said die Flak herauslocken und dann nach Süden auf Ismailia zufliegen. Da die zweite Welle von Kairo aus ebenfalls auf diesen Raum zusteuert, wird die Abwehr am Boden glauben, die Flugplätze um Ismailia seien wieder einmal unser Hauptziel. Unsere K a m e r a d e n von der Beleuchtergruppe werden dort Leuchtbomben abwerfen, um die Abwehr in diesem Glauben zu bestär ken. Die erste Welle kann nun ihre Minen in den Kanal nördlich von Ismailia absetzen, während etwaige Nachtjäger uns (hoffentlich) über Ismailia erwarten. Die zweite Welle dreht vor Ismailia nach Südosten zum Großen Bittersee und fliegt den Kanalabschnitt zwischen Timsah und dem See an. Die dritte Welle hat den weitesten Weg. Von Heluan aus fliegt sie zunächst in Richtung Suez. Dort läßt sie die Flak aktiv werden und schwenkt dann nach Norden ab. Ihr Ziel ist das südliche Ende des Großen Bittersees: der Kleine Bittersee. In diesem schmaleren Gewässer soll sie ihre Fallschirm-Minen werfen. Der ersten Welle, in ihr fliegen die noch nicht so erfahrenen Besatzungen, ist es freigestellt, in welcher Richtung sie nach dem Angriff abfliegen will. Den beiden anderen Wel len ist empfohlen, nach Abwurf der Minen auf die Wüste Sinai abzu drehen und bis zur Küste tief abzufliegen. Alles andere hängt von u n s e ren Motoren, unseren Nerven und der gegnerischen Abwehr ab. Ich habe eine Fallschirm-Mine geladen und mich der dritten Welle angeschlossen. Da wir den weitesten Flug haben, sind wir zuerst gestar tet. „Alex" empfängt uns mit „Festbeleuchtung" durch Scheinwerfer, die über dem Hafen hin und her suchen. Schwere Flak schickt uns erste 46
Granaten entgegen und legt Sperrfeuer über den Mariutsee. Das kennen wir! Anscheinend glauben sie, wir wollten uns von Süden her in ihren Kessel stürzen, wie wir das schon häufig getan haben. Heute lassen wir „Alex" links liegen. Über dem Nildelta herrscht ein diffuses Licht. Noch scheint der Mond schwach auf einen starken Dunst, der uns zwar nicht die Sicht nimmt, aber die Geographie unter uns verschwommen erscheinen läßt, zumal nach schräg unten. Die Schräg sicht ist wirklich nicht berauschend, aber das erschwert auch den Nachtjägern die Suche nach uns. Wie mit dem Lineal abgegrenzt, trennt sich das Dunkel der bewässerten Flächen vom hellen, unbebauten Wü stenboden. Voraus liegt Kairo. Wir fliegen rechts daran vorbei und warten auf das Leuchten des Lager-Rechtecks bei Heluan. Da - vor mir n i m m t der helle Fleck im Dunst die Gestalt eines langen Rechtecks an. Ob da wirklich gefangene Kameraden eingesperrt sind? Was sie wohl denken mögen, wenn sie uns hören? Vielleicht sind auch unsere Vermißten dort? Sie haben den Krieg hinter sich. Wie mag es ihnen gehen? Aber besser dort als im Meer oder im Sand der Wüste. Wir drehen nun auf Suez zu, genau nach Osten. Deutlich sehen wir das schwarze Band des breiten Nils unter uns, und dann kommt das „helle Nichts" der Wüste. Noch immer Dunst, von dem m a n nicht erkennen kann, ob und wo er endet. Wenn es so bleibt, ist es nicht schlimm, denn die Vertikalsicht ist gut, und die Flak von Suez wird uns schon sagen, wenn wir am Ziel sind. In etwa 20 Minuten müßten wir in Suez sein. Links hinten sehe ich jetzt die Scheinwerfer und die Flak von Kairo. Unsere zweite Welle ist mittlerweile auch angekommen. In der Höhe haben wir gute Feuersicht, aber die Schrägsicht ist wie eine Waschküche. Dabei kein Wölkchen am Himmel. Unter mir steigt das Gelände an, ich erkenne Höhenzüge. Wir können nicht mehr weit vom Roten Meer sein. Da ist es auch schon. Eine schwarze Fläche mit scharfen Rändern. Wir sind also südlich von Suez, und richtig, da links drüben suchen Scheinwerfer in Richtung zu mir hin. Wollen sie einen Nachtjäger auf mich lenken? Ich gehe mit der Drehzahl des rechten Motors herunter. Die Horchgeräte sollen es schwerer haben, mich zu orten. Irgendwer sagte mir einmal, daß die Frequenzunterschiede der Motoren dann die Horchgeräte verwirren würden. Hoffentlich hatte er r e c h t . . . In weitem Bogen fliege ich zum Suez herum nach Norden. Der schwache Mondschimmer auf dem Wasser läßt mich einen Augenblick lang die Konturen der schmalen Hafenmolen von Port Taufi sehen. Schiffe liegen da vor der Einfahrt, mit Nachschub für die britischen Truppen. Ich nehme jetzt das Gas zurück und komme herunter aus meinen 3500 Meter Höhe. Immer schön langsam, damit wir nicht zu schnell werden. Nicht mehr als 300 k m / h . Links drüben sehe ich den Kanal. Er „läuft" ein wenig „auf mich zu". Recht so, dann kommen wir genau auf den Kleinen Bittersee zu. Schwarz zeichnet der Kanal einen schnurgeraden Strich im hellen Hintergrund der Wüstenlandschaft. Bei Suez schießt es hinter uns immer noch, und die langen Finger der Scheinwerfer suchen da wohl einen von uns einzufangen. Das Wetter ist uns eigentlich recht gewogen. Wir brauchen die Schrägsicht nur beim Wurf unserer Minen, die Nacht jäger benötigen sie immer, wenn sie uns finden wollen. Ich nehme das Gas noch weiter zurück, fliege jetzt parallel zum Kanal, sinke „leise" mit gedrosselten Motoren. Unten r ü h r t sich nichts. Voraus 47
öffnet sich der Kanal zu einem kleinen See. Aha, der „Kleine", das südliche Anhängsel des „Großen". Aus dem Luftbild habe ich mir den Verlauf der Fahrrinne genau eingeprägt. Durch diese Enge müssen alle Schiffe durch. Ich halte genau darauf zu. Eine Bombe müßte ich jetzt werfen, wenn es eine wäre, die in ballistischer Kurve nach unten fällt. Aber der Fall schirm meiner Mine läßt aus dieser Kurve bald einen mehr oder weniger senkrechten Fall werden. Also noch ein paar Sekunden weiter. Direkt unter mir ist jetzt deutlich das Ufer. Aufs Land k a n n meine Mine nun nicht mehr fallen und da nach wenigen Sekunden detonieren. Das tut sie nämlich, wenn sie nicht ins Wasser fällt. Wir haben das schon gesehen, wie eine Mine mit riesigem Feuerschein auf Land explodierte. Ich drücke auf den roten Knopf am linken Steuerhorn. Das Flugzeug hüpft förmlich hoch, als die schwere Mine abfällt. 1000 Kilo soll sie haben, oder sind es mehr? Im doppelten Sinne erleichtert stelle ich meine Ju 88 steil auf die rechte Fläche. Goerke meldet, daß die Mine am Schirm baumelt. Also alles klar. Ich schiebe Vollgas rein, drücke nach und kurve steil nach Osten weg. Schnell haben wir 350 k m / h Fahrt und eilen dem Sinai entgegen. „Flak", ruft Goerke aus seiner Wanne, und da sehe ich sie auch schon an uns vorbeiflitzen, die „roten Obergefreiten" der 2-cm-Flak. Rauf, runter, links, rechts! Die Kanoniere vermuten uns höher, als wir sind; ihre Garben ziehen über uns hinweg, und bald sind wir auch aus ihrer Reichweite. Ich bleibe nun in Bodennähe und gehe auf Kurs Nord, lege hier und da eine Biege ein. Links drüben bei Ismailia ist offenbar noch allerlei geboten. Ich denke nach. Einen Mordsdusel hatten wir: einen ungestörten An flug, Scheinwerfer, die uns nicht sahen, schwere Flak von weitem, nur die 2-cm-Flak im Abflug. Unsere Mine im Ziel. Und die Ballons? Wir beobachteten keine . . . Was wir jetzt sehen, ist das Nichts, und das auch noch im nächtlichen Dunst. Je weiter wir vom Kanalgebiet wegkommen, um so klarer wird jedoch die Sicht. Aber was sehen wir in der nun mondhellen Nacht? Wellige Landschaft aus Sand, Fels und Stein. Fahrspuren kreuzen unse ren Flug oder laufen ein Stück mit uns mit, vom Nichts ins Nichts. Wie können Menschen hier nur leben? Mir ist unbehaglich, wenn ich mir vorstelle, hier eine Bauchlandung machen zu müssen . . . „In einer Viertelstunde müssen wir am Meer sein", sagt der Navigator. „Kann stimmen", sage ich, knapp 100 km sind es bis zur Küste. Wir haben 320 am Stau,*) aber wir fliegen ja schon eine Weile auf die Küste zu. Funker Noschi hört Funksprüche, denen zufolge einige schon auf dem Heimflug sind. Sie haben also die Küste hinter sich, denn erst dann melden wir uns bei unserer Bodenstelle. Ich sage ihm, daß wir um 02.30 Uhr im Planquadrat 2283 sein und gegen 05.00 Uhr landen werden. Jawohl - da ist sie, die dunkle Landstraße von El Arish nach El Kantara. Nun wird auch gleich die Küste kommen. Ungeduldig warten wir auf sie. Endlich - flacher Strand, weißer Schaum, dunkles Meer. Es ist halb drei. Wenn wir jetzt weiter nach Norden fliegen, kommen wir genau nach Zypern. Auch eine schöne Insel mit schönen Stränden, aber besetzt - doch nicht von uns. *)
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Staudruckmesser = Geschwindigkeitsanzeige
In weitem Bogen fliege ich auf Kurs zum K a p Sideron. Noch zweiein halb Stunden bis Kreta. Noschi ist seine Meldung bei unserer Funkstelle in Iraklion losgewor den. Es herrsche ziemliches Gedränge auf unserer Funkfrequenz, sagt er. Die anderen hätten es ebenfalls eilig, auf den Sender Belgrad zu gehen und Tanzmusik zu hören. Sollen sie. Machen wir jetzt auch. Ich stelle die Trimmung auf 2 Meter pro Sekunde, bis das Variometer auf dieser Marke bleibt. Die Kurssteuerung wird wieder eingeschaltet und hält uns schön auf Kurs. Ohne Mühe klettern wir langsam auf Sicher heitshöhe. In einer halben Stunde werden wir bei 3000 Meter sein und am Funkfeuer Sideron wieder zu Tal fahren.*) Über dem Meer ist die Sicht wieder völlig klar. Mond und Sterne begleiten uns wie so oft in der Einsamkeit einer langen Nacht über dem Mittelmeer. Unsere Füße schlagen den Takt der Musik mit, die Belgrad uns heraufschickt: „Haben Sie schon mal im Dunkeln geküßt?" fragt uns Evelyn Kün neke. Soll raufkommen, die Dame, hier könnte sie es tun. Lale Andersen klagt unter der „Latärne"; soll raufkommen, die Dame, nur haben wir kein so „großes Tor" hier oben. „Du und ich im Mondenschein" singt und pfeift Ilse Werner. Der Himmel hinter uns wird zögernd hell. Man sieht schon den Hori zont. Im ersten fahlen Büchsenlicht**) liegt das Meer tief unter uns. Wie geronnenes Blei sieht es aus, grau und übernächtigt wie wir auch. Die Morgenröte schickt ihren rosigen Schein in unsere Kabine. Diese Sonnenaufgänge über dem Mittelmeer - wie soll m a n sie be schreiben, wenn man kein Dichter ist? Jedesmal ist dieses herrliche Schauspiel für uns wie neu. Kreta kommt in Sicht. Wie ein riesiges Schlachtschiff steigen seine Gebirge aus dem Wasser. Am vordersten Gipfel ein paar Wölkchen. Die ersten Sonnenstrahlen spielen auf ihnen. Wir haben es nun eilig, werfen aber noch einen tiefen Blick auf das Küstenstädtchen Agios Nikolaos, dessen romantischer Anblick uns im mer wieder entzückt. Hier Urlaub machen. Das wäre was. Sonne, blaues Wasser, Wein und diese natürliche Schönheit der Landschaft. Und kein Krieg, keine Gefahren, kein Tod . . . Wir haben ihn allerdings weder gewollt noch heraufbeschworen. Wir vier in unserer Maschine sind n u r Statisten auf einer Schreckensbühne, und die anderen auch. Ein paar Minuten später wird unser „braver Dampfer" auf seinem Liegeplatz vom besorgten Wart im Empfang genommen. Wir stehen im Lageraum bei heißem Kaffee und berichten. Wir waren lange unter wegs, rund sechseinhalb Stunden. Einige klagen, sie könnten sich nicht mehr rühren. Spannung und Anstrengung lösen sich in freudige Erleichterung, aber zwei Besatzungen fehlen noch. Die Funkstelle meldet, daß sie Verbin dung mit ihnen habe. Der Kommandeur erzählt, wie bei einem Langstreckeneinsatz einmal in 3500 Meter Höhe ein Besatzungsmitglied plötzlich ganz dringend aus der Hose mußte. Der Funker habe ein paar Blätter von seinen Funktabel *) '*)
Fliegersprache
milit. Ausdruck
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len zur Verfügung gestellt, und so habe das „große Geschäft" zügig erledigt werden können. Aber wohin damit? Die Bodenwanne zu öffnen, sei viel zu riskant gewesen. Also habe der Beobachter das Schiebefen ster an seiner Seite geöffnet und das „Paket" kurzerhand hinauswerfen wollen. Nun ja, man könne sich nicht vorstellen, wie der Gute danach ausgesehen und gerochen hätte. Helbig! Wie er leibt und lebt. Immer eine komische Geschichte zur Hand, um angestauten Druck abzulassen. Für mich war dieser Feindflug wie andere auch, n u r länger. Dennoch, das Merkwürdigste dieser Nacht am Suezkanal blieb ohne Antwort. Der Einsatzbefehl trug nämlich den Vermerk „Führerbefehl", und es war uns gesagt worden, der Auftrag zu diesem Einsatz k ä m e direkt aus dem Führerhauptquartier. Bei Licht besehen war die Sache, abgesehen von der langen Flugzeit, für uns Routine. Wieso und w a r u m dann ein „Füh rerbefehl"? Ich liege auf meinem Feldbett und denke nach. Dann aber fordert der lange Flug sein Recht. Die heiße Mittagssonne weckt mich - und das Telefon. Der Krieg geht weiter . . . * Wieder einmal war ich über dem Suezkanal. Im Morgengrauen lande ich in Fuka. Bis der Sprit heran ist, will ich mich etwas umsehen. Das also ist Fuka. Ein Bahnhof, bestehend aus einem Betriebsgebäude, einem Geräteschuppen, einem größeren Abort, einer Laderampe, einem Stichgleis und einer Schranke. Aus! Teile eines zerstörten Zuges stehen noch auf dem Gleis und ein gesprengter Panzer amerikanischer Her kunft. In den Gebäuden sieht es wüst aus. Die Räume sind schmutzig und verlottert, die Gerümpelhaufen nicht mitgerechnet. Fahrbetriebsgerät, Winker, Stationsbücher, Fahrpläne, Kontrollbü cher, Uniformteile, Betriebsvorschriften und anderes geben sich ein trauriges Stelldichein. In einem Schrank finden wir Fahrkarten von Fuka nach ganz Ägypten, arabisch und englisch gedruckt, alle mögli chen Klassen. Rückfahrkarten nach Kairo, Alexandria, Ismailia usw. Wir treten wieder an die frische Luft und suchen den Ort Fuka. Drü ben an der großen Landstraße steht ein Rasthaus. Seine ehemals weißen Wände machen Reklame für amerikanische Büchsenmilch und CocaCola. Ansonsten gibt es noch etliche verlassene Wohnunterstände hier. Ein wildernder, scheuer Hund schleicht hinter uns her und blickt mit leidheischend aus hungrigen Augen. Ringsherum flache Hügel, Sand, Staub, Steine. Das ist Fuka. Der Kommandeur ist auf Urlaub, als die Meldung eintrifft: Die Schwerter zum Eichenlaub sind ihm verliehen worden. Und rund einen Monat später - am 21.10.1942 - wurde Iro Ilk mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet.
Eines Tages ist unser „Alter" wieder da. Von Erholung kann man wohl kaum sprechen, denn er sieht sogar etwas abgespannt aus. Kurze Zeit später sitzen wir dann zur Feier beisammen. Ich kam mit einigen anderen etwas nach, denn wir hatten noch Einsatz gehabt. 50
Wir sind gerade am Kasino, da fängt die Flak an zu schießen. Alles wetzt in den Keller, denn der Gegner bombardiert die S t a d t . . . Jemand rüttelt mich sehr unsanft und schreit mir dauernd etwas ins Ohr. Wir müßten uns gleich fertigmachen, es gehe wieder los . . . Mit dem Kommandeur vorneweg ziehen wir einige Zeit später nach Westen. In meiner Maschine befindet sich der „fliegende Gefechts stand". Wir haben dieses Mal an alles gedacht. Auch Arbeiter ist da, unser ruhender Pol. Übrigens heißt er wirklich so und vereinigt alle Vorzüge eines „Originalschlesiers" und eines „uralten" Funkers in sich. Als wir drüben ankommen, ist unser Gefechtsstand nach einer Stunde funktionsbereit. Eine Hiobsbotschaft beschäftigt uns alle: Amerikaner und Engländer sind in Marokko gelandet! Unter Führung des Kommandeurs werden fortan viele Einsätze ge flogen. Helbig gönnt sich keine Ruhe. Für ihn ist offenbar das eine Selbstverständlichkeit: Was man von seiner Gruppe verlangt, kann man auch von ihm erwarten, scheint er sich zu sagen. Er geniert sich beinahe, wenn er mal nicht mitfliegt, weil auch der „Papierkrieg" sein Recht fordert. Die Gruppe ist wieder einmal unterwegs. Jetzt ungefähr müßten sie angreifen. Nach einigen Minuten kommt ein Funkspruch vom K o m m a n deur zu uns in den Gefechtsstand: „Habe angegriffen - mit Erfolg!" Nach Stunden steht er dann vor uns und sagt: „Ein Frachter ist förmlich auseinandergeplatzt. Volltreffer, eine Rie senexplosion. 10 000 Tonnen hat er wohl gehabt. War höchstwahrschein lich voller Munition!" Am nächsten Tag wurde der Vorgang amtlich gemeldet.
Wir sind auf dem Wege nach Bougie, der Chef an der Spitze. Er macht fast jeden Einsatz mit. Im Frühjahr war er einmal über 10 Nächte hinter einander geflogen. Am Tag die andere Arbeit. Wie er das nur fertig bringt? Dabei merkt man ihm kaum etwas an. An Tunis vorbei geht es nach Westen. Die Gegend sieht hier wesentlich anders aus als in Ägypten. Berge, Felder, saubere Dörfer. Dann kommen wir in Schlechtwetter. Regen klatscht an die Scheiben. Nur mit schärfster Aufmerksamkeit und großem Geschick kann man die Flugformation halten. Der Nebenmann ist kaum zu sehen. Ab und zu ist nach unten ein Stück bewegte See oder zerklüftetes Gebirge zu erken nen. Dann ist es wieder dicht. Wenn der „Dreck"*) am Ziel auch so ist, dann steht uns noch was bevor. Da reißt es tatsächlich auf. Vor uns liegt eine weit geschwungene Bucht. Ein Vergleich mit der Karte bringt uns die Gewißheit: Hier muß es sein. Der Kommandeur steigt. Ein Pulk Maschinen kommt uns entgegen der Tommy? Nein, es sind Zerstörer von uns. Wolken verdecken den *)
Fliegersprache
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Hafen und die Reede von Bougie. Direkt über dem Ziel liegen aber n u r Schleier, so daß man uns nicht sieht, wir aber sehr gut nach unten beobachten können. Wenig später mache ich einen Anflug auf einen dicken Frachter, dahinter liegt drohend ein schlanker Kreuzer. Als ich „aus den Wolken falle", geht das Geballer auch schon los. Der Frachter liegt gut im Visier, der Kreuzer schießt wie verrückt, es zuckt und blitzt ununterbrochen auf ihm. Man kann sogar die Mün dungsfeuer der einzelnen Geschütze erkennen. Gleichzeitig schiebt er aber zur Seite, weil er sicher fürchtet, sonst ein ruhiges Ziel abzugeben. Schräg vor und neben mir hängen die Tupfen der Sprenggranaten. Sie schießen sich langsam ein, die Wölkchen rücken immer näher. Wir sind in Abwurfhöhe. Der rote Knopf am linken Steuerhorn bewegt sich unter dem Druck des Daumens - doch die Bomben fallen nicht. „Verflucht und z u g e n ä h t . . . ! " Das Schiff wandert aus dem Visier. Schnell drücke ich noch einmal auf den Kreuzer zu, denn der liegt jetzt gut für mich. Dann muß ich aber abfangen, sonst finde ich mich im Wasser wieder. Haarscharf rechts neben der Bordwand liegen die Bomben. Da ich große Kaliber geladen hatte, werden sie manches anrichten. Die Unterwasserdetonation der Bomben rückt das Feindschiff auch sichtlich nach links, aber das ist alles, was man sehen kann. Vor mir hängt eine Rotte von uns. Ich halte zu und erkenne die Maschi nen vom Kommandeur und die von Hauptmann Beeger. In der Kette geht es zurück, und ich benutze die Gelegenheit, mir die Gegend unter uns anzuschauen. Ganz neue Eindrücke bekommt man hier von Afrika. Grüne Wiesen, Felder, Straßen, zum Teil asphaltiert. Eine Bahn schlän gelt sich in großen Kurven um die Berge herum. An reizenden Küsten städtchen mit schneeweißen Häusern fliegen wir vorbei. Große Verwal tungs- und Repräsentationsbauten heben sich aus ihnen hervor. Gärten und Rieselfelder zeugen von fleißiger Arbeit. Der Hafen ist mit Segel schonern und Booten belegt, sogar einzelne Dampfer liegen hier. Vor dem Hafen gehen Fischer ihrer friedlichen Tätigkeit nach, man kann es kaum glauben. Schöner, breiter Sandstrand wechselt mit reisigen Steil küsten. Der Blick ins Landesinnere wird leider durch Wolken verhin dert. Aber auf der Karte sind ohnehin nur Gebirge verzeichnet. Noch scheint es hier völlig ruhig und friedlich zu sein. Friede! Ob wir das noch erleben werden? Gegen Tunis und Bizerta wird das Land flacher. Am Hafen Bizerta vorbei geht unser Flug, querab liegt Tunis. Wir lassen uns nichts entge hen, noch eine Strecke Meer, und dann taucht die Küste Siziliens auf. Im engsten Verbandsflug geht es immer tiefer herunter, denn die Wolken sinken immer mehr ab, und immer dunkler wird es voraus. Doch der Kommandeur kennt sich hier aus, und plötzlich liegt unser Flugplatz vor uns. Im strömenden Regen landen wir . . . Leupert hat einen einmaligen Einsatz hinter sich. Er flog vor Tobruk Geleitschutz für einen Dampfer. Da kam ein englischer Pulk mit Bom ben und Torpedos an. Leupert setzte sich in den Verband und ließ nach allen Seiten feuern. Wenige Sekunden später wurde eine „Blenheim" getroffen und stürzte ins Wasser, eine weitere war schwer angeschossen worden. 52
Danach ließen viele britische Besatzungen unter dem Eindruck des Schocks ihre Bomben und Torpedos fallen und suchten Abstand zu gewinnen. Ein italienisches Torpedoboot schoß auch noch eine Feindma schine ab. Ein paar Tage später reichte Backhaus ihn zum Ritterkreuz ein. Leu pert ist einer der ältesten in der Gruppe und hat über 200 Einsätze. Seine Erfolge sind ziemlich hoch . . . Der Gegner ist im Vormarsch, das läßt sich nicht mehr verheimlichen. Wir versuchen, ihn daran zu hindern. Tag und Nacht hängen wir über seinen Kolonnen und stören. Tobruk und Bengasi sind wieder in der Hand des Feindes, der versucht, den Nachschub in kleinen Geleiten dorthin zu bringen. Auch diese Konvois greifen wir an. Nachts werde ich gerufen. Backhaus sei soeben abgestürzt. Kurz nach dem Start - ins Wasser. Wahrscheinlich in der Höhe verschätzt und versehentlich aufge schlagen. Wieder steht man klein und armselig vor dem Walten des Schicksals. Am Nachmittag hatten wir noch Zukunftspläne g e m a c h t . . . Jetzt bin ich mit Iro Ilk allein. Am nächsten Morgen gehen wir beide hinaus. Gleich hinter dem Hafen m u ß es passiert sein. Das Wasser ist spiegelglatt, als ob es uns noch nie etwas zuleide getan hätte. Ein Fleck verrät uns die Unfallstelle - wahr scheinlich ausgelaufenes Öl. Der Kommandeur darf nicht mehr fliegen. Befehl von höchster Stelle. Nun wird es uns zur Gewißheit, d a ß seine Stunden bei uns gezählt sind... Gegen Schiffe war ich schon oft eingesetzt - bei Tage bis jetzt. Nun will ich es auch einmal nachts versuchen. Schließlich bietet sich dazu eine Gelegenheit. Nachts auf dem Meer Schiffe suchen, finden und angreifen, ist übrigens nicht so einfach. Vor Bengasi sehe ich einen Frachter von ungefähr 7000 Tonnen. Drü ben über dem Hafen feuert unwahrscheinlich viel leichte Flak. Ich setze zum Angriff an und werfe die Bomben, doch drunten geschieht nichts. Wir sehen hinter uns einen großen Schatten auf dem im Mondlicht matt glänzenden Wasser. Das m u ß das Schiff sein! Davor und dahinter ein heller, runder Fleck: die Einschlagstellen der ersten und der letzten Bombe. Die beiden anderen mußten also auf dem Schiff niedergegangen sein. Wir behalten den Schatten scharf im Auge, und dann ist auf dem Schiff ein kleiner Lichtschein zu erkennen. Es sieht aus, als ob jemand mit einer Laterne Blinkzeichen gebe. Das Flimmern wird immer stärker, verändert sich zum hellen Schein, und dann begreifen wir, was sich dort unten anbahnt. Im nächsten Augenblick wird die ganze Umgebung für Sekunden in blutrotes Licht getaucht, eine grelle Stichflamme bricht aus dem Schiff, und darüber erkennen wir einen schaurigen Explosionspilz. In der Ma
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schine gibt es einen Ruck von der Detonationswelle, und dann brennt etwas, weit auf das Wasser verteilt. Vom Schiff ist nichts mehr zu sehen. Welche Tragödie mußte sich dort unten abgespielt haben . . . Auf dem Rückweg begegnet uns ein großer, hell erleuchteter Fahr gastdampfer, auf dem Deck und an den Seiten sind große rote Kreuze aufgemalt: Ein Lazarettschiff der Engländer. Im Tiefflug sehe ich mir den Dampfer genau an, dann geht es weiter, dem Flugplatz entgegen. In der nächsten Nacht versenken wir einen Dampfer von etwa 4000 BRT. Unser neuer Geschwaderkommodore will sich ansehen, wie ich die nächtlichen Angriffe durchführe. Beim nächsten Nachteinsatz habe ich also einen hohen Gast an Bord. Da wir in Abständen von etwa 10 Minuten starten, herrscht keine Drängelei auf dem Rollfeld. Im Mondlicht sehen wir, was wir sehen müssen. Die Motoren sind warm und abgebremst. Funker Noschi sitzt schon auf seinem Platz hinter meinem und hantiert an seinen Geräten. Ich klettere die kleine Leiter hinauf in die Kabine und gehe am hochge klappten Beobachtersitz vorbei zu meinem „Thron". Er ist hart, denn wie der Funker hinter mir, sitze auch ich auf meinem Fallschirm. Beob achter und Bordschütze tragen ihre Schirme auf dem Rücken, denn sie brauchen Bewegungsfreiheit. Noch bevor ich Fallschirm- und Anschnallgurte anlege und festziehe, trete ich in die Steuerpedale - links, rechts. Seitenruder ist frei. Dann bewege ich die Steuersäule vor und zurück - auch das Höhenruder ist frei. Schließlich neige ich die Steuergriffe nach links und rechts. Alles klar, auch die Querruder sind nicht blockiert. Auf den Fliegerschulen hatte man uns eingebleut, vor jedem Start zu allererst die Bewegungsfreiheit der Ruder zu kontrollieren. Diese wer den auf dem Abstellplatz mit einer Schiene festgeklemmt, damit der Wind sie nicht herumschlagen und beschädigen kann. Rote Wimpel an den Feststellschienen sollen den Wart immer daran erinnern, sie abzu nehmen, bevor die Besatzung einsteigt. Wer mit festgestellten, also be wegungslosen Rudern startet, hätte kaum Aussichten, den Start zu über leben. Noschi meldet mir, daß er Höhen- und Seitenruder sich bewegen sieht. Die Querruder kann ich selbst sehen. Neben mir schnallt der Kommo dore sich fest und überprüft die Anzeigegeräte auf seiner Seite; Meldet mir dann, daß alles in Ordnung sei. Es bumst vernehmlich von unten her: Die Bodenwanne, durch deren Klappe wir eingestiegen sind, wurde zugeworfen. Nun sind wir zwar noch am Boden, aber schon mit uns allein. Bordschütze Goerke meldet sich angeschnallt auf seinem Klappsitz, den er bei Start und Landung einnimmt. Erst im Fluge wird er sich in die Bodenwanne legen und nach hinten unten sichern und beobachten, nötigenfalls auch mit seinem MG schießen. Wir könnten es mit Nachtjägern zu tun bekommen, die sich gern von hinten unten in Schußposition bringen. Tagjäger tun es am lieb sten von hinten oben, möglichst aus der Sonne heraus, damit sie nicht oder zu spät gesehen werden. Ich drücke den linken Anlaßhebel. Der Schwungkraftanlasser kommt 54
auf Touren. Ich ziehe den Hebel, die Kupplung schleift, die Latte dreht sich schwerfällig - und da läuft er auch schon, der Jumo 211. Hinter den Auspuffblenden sehe ich roten Schein, das Geräusch ist regelmäßig, ich gebe ein wenig Gas und lasse den rechten Motor an. Öldruck beiderseits normal, Ladedruck auch, Temperatur richtig. Ich schiebe den linken Gashebel nach vorn, auf Vollgas, schalte auf Magnet 1, kaum Abfall der Drehzahl, Magnet 2, ebenfalls normal. So, das Ganze jetzt mit dem rechten Motor - alles klar. Ich winke aus meinem Schiebe fenster dem Wart zu. Pietsch zieht die Bremsklötze weg. Der treue Schlesier eilt vor die Maschine, damit ich ihn sehen kann, winkt mit den Fäusten, die Daumen fest gedrückt. „Alles fertig zum Start?" „Jawohl, wir können." Also ab! Langsam rolle ich an, dem Anfang der Startbahn zu. Die sternenklare Nacht läßt mich alles sehen, was ich beachten m u ß . Der Flugplatz Iraklion hat es in sich. Er besteht aus einer langen Asphaltbahn, was gegenüber sonstigen Flugplätzen mit ihrem Staub sehr angenehm ist. Die Bahn beginnt nahe dem Meeresufer und steigt in östlicher Richtung einen Hügel hinauf. An dessen Ende wartet eine steile Schlucht auf diejenigen, die beim Landen über die Landebahn hinaus schießen. Neben der dunklen Asphaltbahn ist fester Boden, aber staubig, steinig und felsig. Wer fliegerisch nicht klarkommt, fällt entwe der ins Meer, oder er knallt in den Abgrund der Schlucht. Wo immer der Wind herweht, wir können nur „bergauf" landen und „bergab" starten. Anders geht es mit unseren 13-Tonnen-Vögeln nicht, schon gar nicht, wenn sie mit 1000 und mehr Kilo Bomben beladen sind . . . Wir sind nun am Start angekommen, und ich drehe meine Maschine in die Startrichtung. Rechts drüben sehe ich die Umrisse der Insel Dia schimmern. Sie ist nur von Schafen und Ziegen bewohnt. Ich fahre die Landeklappen und das Höhenruder auf Startstellung, horche in die Motoren hinein, lasse meine Augen über die aus dem Dunkel heraus leuchtenden Instrumente gleiten. Alles klar zum Start! „Ab dafür!" ruft der Kommodore. Ich trete in die Bremsen und schiebe die Pulle voll rein. Dann lasse ich die Bremsen los, und ab geht die Post. Die ersten Meter sind immer etwas schwerfällig, aber „bergab" gewin nen wir rasch an Fahrt. Noch haben wir die halbe Bahn vor uns, aber schon 150 ( k m / h ) am Stau - 160 - 170! - Die Ruder haben Druck - ich drücke die Steuersäule ganz leicht an - die Heckpartie k o m m t hoch wir sind in Fluglage - 180 - 190! - Ich nehme das Steuer mit den Finger spitzen zart heran. Wir heben ab, schweben. Nun schiebe ich den Fahr werkshebel über die Sperre hinaus nach vorn, höre die Hydraulik an schlagen. Goerke meldet: „Fahrwerk eingefahren, Klappen zu." Schon sind wir auf 240 k m / h und steigen. Links drüben ziehen Stadt und Hafen Iraklion vorbei. Ich nehme das Gas leicht zurück. Wir scho nen unsere Motoren, wann immer es geht, damit sie uns nicht im Stich lassen, wenn wir sie einmal überlasten müssen. Außerdem reicht das Benzin dann länger, und das kann das Leben retten. Zentimeterweise nehme ich die Landeklappen herein. Die Maschine sackt ein wenig durch und wird schneller. 270 k m / h haben wir jetzt am Stau. Ich trimme auf leichten Steigflug, reguliere das Gas auf erhöhte 55
Leistung und schalte die Kurssteuerung ein. Die Ju 88 fliegt nun allein und automatisch auf dem eingestellten Kurs. Da unten irgendwo m u ß Gerd Backhaus ins Meer gestürzt sein. Ich kann diese Bucht vor Iraklion nicht mehr überfliegen, ohne an ihn zu denken. Man wird nie wissen, warum dieser erfahrene Flieger und gute Freund kurz nach dem Start verunglückte. Ich denke daran, wie ich selber 1941 in einer Juninacht bei Athen mit meiner Maschine buchstäb lich baden ging. Das war nach einem Kolbenfresser bei Hydra. Die Kraft des anderen Motors reichte nicht aus, uns nach Eleusis zurückzubringen. Was hatten wir doch noch ein Glück gehabt im Unglück, nirgendwo gegen ein Hindernis zu knallen und innerhalb von Sekunden aus der Maschine und ins Schlauchboot zu kommen. So hängt jeder seinen Gedanken nach, während wir auf Westkurs weitersteigen. Nur das Nötigste wird gesprochen. Links zieht der schneebedeckte Gipfel des Berges Ida vorbei, der im Mondlicht matt glänzt. Rechts das völlig dunkle Meer, und unmittelbar rechts neben mir der Kommodore als Gast. Eigentlich ist es ein ganz großer Vertrauensbeweis für meine Besatzung und mich, daß dieser Mann, selbst Flugzeugführer, sich unserem Können und unserer Erfah rung anvertraut. Nun, wir wollen ihn nicht enttäuschen, und ich lasse meine Maschine auf Kurs Bengasi gehen. Wir ziehen über Kreta hinweg. Höhe: 3500 Meter. Die Motoren b r u m men ruhig vor sich hin. Da und dort ein verstohlener Lichtschein am Boden. Die Spitzen und Grate der zerklüfteten Gebirgszüge schieben sich unter uns heran und fallen zur Südküste wieder ab. Ihr weißes Schaumbad leuchtet aus dem Dunkel herauf. Rechts drüben im Dunkel die Suda-Bucht. Ich denke unwillkürlich 18 Monate zurück. Unsere Fallschirmjäger kämpften damals um Kreta. Wir kamen von Eleusis und griffen die britischen Kriegsschiffe an, die in der Suda-Bucht lagen oder vor Kreta operierten, unter ihnen den Kreuzer „York". Es war meine erste Begeg nung mit britischer Schiffsflak, dazu die Flakbatterien, die von den Höhen der Insel auf uns schossen. Es war ein schwerer Kampf gewesen, bis der Kreuzer „York" versenkt war. Heute nacht liegt die Bucht ganz still und friedlich da. Links voraus kommt die Insel Gavdos in Sicht. In gut einer Stunde etwa werden wir in Bengasi sein. Instrumente und Kontrollanzeigen, schwach beleuchtet oder ultraviolett angestrahlt, vi brieren kaum merklich, wie das ganze Flugzeug. Es liegt wie ein Brett in der Luft. Der klare Sternenhimmel über uns läßt die Ewigkeit bis in unsere Kabine leuchten. Noschi verbindet uns mit der Außenwelt. Er hört mit, was unsere anderen Besatzungen von unterwegs unserer Bodenstelle zufunken. Meistens geben sie ihren Standort und eine Wettermeldung durch. Vor der afrikanischen Küste scheinen sich Wolken zu einer dichten Decke zasammenzuschieben. Ob wir da Schiffe finden werden? Der K o m m o dore wiegt bedenklich den Kopf, meint aber, wir sollten es versuchen. Zwei Stunden lang fliegen wir die uns zugewiesenen Planquadrate im Seegebiet vor Bengasi systematisch auf und ab, schauen unter jeder Wolke nach - nichts. Kein einziges Schiff. Hin und wieder narrt uns ein Wolkenfetzen, wenn wir seinen Schatten auf dem matten Reflex, den der Mondschein auf das Meer wirft, für ein Schiff halten. Dieser Lichtschim mer ist übrigens unsere einzige Chance, die Silhouette eines Schiffes zu erkennen und dann das Ziel nicht mehr zu verlieren. 56
Vier Augenpaare blicken angestrengt nach unten, stundenlang. Auch an der Küste, wo Bengasi unter den Wolken liegen muß, r ü h r t sich nichts. Schließlich sagt der Kommodore: „Es h a t wohl keinen Zweck, weiter hier herumzusuchen. Fliegen wir heim." Nun ja, nicht jeder Einsatz bringt einen Erfolg. Manchmal sieht man rein gar nichts vom Feind. Wie sagte mir mal ein Seemann? „Ihr Flieger seht eure Opfer nicht. Wir U-Boot-Fahrer übrigens auch nicht." Dieser Mann hatte doch eigentlich recht. Ich denke darüber nach, wie schön doch die Fliegerei im Raum Mittelmeer wäre, wenn kein Krieg wäre. Diese bezaubernde Insel- und Küstenwelt mit ihren vielen Zeugen der klassischen und biblischen Geschichte - welche Augenweide ist sie aus der Sicht des Fliegers. Seit unsere Gruppe, von Orleans kommend, über Wiener-Neustadt nach Rumänien und Bulgarien verlegt hatte, waren wir in dieser Gegend sozusagen Zuhause. Wenige Monate ist das her, aber wie lange scheint es zurückzuliegen, d a ß wir an einem blauben Frühlingstag über das Rho dope-Gebirge hinweg erstmals der Sonne entgegenflogen, das Ägäische Meer unter uns, am schneebedeckten Olymp vorbei. Am Berg Athos der Chalkidike habe ich drei Runden um den Berg gedreht, um mir die berühmten Klöster anzuschauen, die sich wie Vogelnester in die Felsen schmiegen. Oder jener strahlende Sommermorgen, als wir, müde und verschwitzt vom nächtlichen Suezkanal kommend, auf Rhodos landeten, während des Tankens an den nahen Strand rannten, die Klamotten vom Leib rissen und uns in das tiefblaue Wasser stürzten, dessen klaren Kiesel grund man unter Wasser noch weit sehen konnte. Auf dem Heimweg nach Eleusis beschlossen wir, die Ägäis aus der Sicht eines Schiffskapi täns zu genießen, die Inselwelt also nicht von oben, sondern von der Seite zu sehen. Was im Wege lag, übersprangen wir. Links drüben Santo rin, rechts drüben Naxos. Jetzt aber fliegen wir nicht im gleißenden Sonnenlicht, sondern der Mond leuchtet über uns. Wir machen es uns nun etwas bequem, lockern die Gurte und räkeln uns zur Entspannung auf unseren Sitzen. Goerke kommt aus seiner Bodenwanne nach oben, eine Dose Schoka-Kola macht die Runde. Noschi tastet unsere Standortmeldung durch. Iro, der mich auf mei nem Gefechtsstand vertritt, kann sich nun ausrechnen, wann wir landen werden. Er hat mir für diesen Flug seine Maschine geliehen, weil meine nicht flugklar war. Mangels eines Zieles lassen wir die Bomben ins Wasser fallen, denn landen können wir mit dieser Last nicht. Das hätte das Fahrwerk nicht ausgehalten. Die Maschine macht einen spürbaren Hupfer nach oben, als sie von den schweren Bomben befreit wird. Sie wird auch sichtlich schneller. 320 k m / h haben wir jetzt am Stau. Der Kommodore füttert uns mit Drops und Schokolade. Nach einer Stunde tauchen Küste und Berge Kretas aus dem Dunkel. Gleich vor uns liegt Gavdos, das wir jetzt gut erkennen können, denn der Mond steht inzwischen seitlich hinter uns. Ein langer, heller Strand quer zur Flugrichtung: Tympakion. Auf diesen flachen Strand würde ich meine Maschine schmeißen, falls wir je
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angeschossen aus Afrika zurückkehren und nicht mehr übers Gebirge kommen würden. Aber, auch heute nacht brauche ich ihn nicht. Die Motoren singen ihr eintöniges Lied, das wir so lieben, weil es uns Sicher heit gibt. Links drüben wieder der Berg Ida, dessen Schneemantel einen großen weißen Fleck in den dunklen Nachthimmel tupft. Hier soll ja, der Sage nach, irgendwo Zeus geboren sein. Voraus kommt die Küste in Sicht, die Lichter unserer Landebahn. Gas zurück, Kurssteuerung raus, der Rest wird von Hand geflogen. Über der Insel Dia kurvt einer zur Landebahn ein. Auch ich schalte meine Positionslichter ein, bin aber noch viel zu hoch und zu schnell. Gashebel noch weiter zurück, die Drehzahlen fallen. Wir sinken schnel ler und schnallen uns wieder fest an. Die Hügel und Weinberge südlich von Iraklion rutschen nun unter uns weg. Ich bin aber immer noch zu hoch und fliege eine weite Biege aufs Meer hinaus, um Höhe und Fahrt zu verlieren. Jetzt sind wir vor Dia und 240 k m / h schnell. Das Fahrwerk kann raus. Deutlich spüre ich den veränderten Druck am Ruder und trimme nach. Die Landeklappen ein wenig heraus. So, und jetzt herum und auf die Landebahn zu. Stadt und Hafen Iraklion, im Gegenlicht zum Mond gut zu sehen, scheinen sich wie auf einem Tablett vor uns herumzudrehen, wandern von der linken Seite auf die rechte. Nun liegt die Landebahn vor mir. Die Leuchten, ein paar grüne am Anfang, dann weiße und am Ende die roten, steigen flach den Hügel hinauf. Ich bin noch zu hoch. Was macht man da? Wie habe ich es auf der Fliegerschule gelernt? In solchen Fällen hilft ein Slip! Ich lege den Vogel quer nach links und trete gleichzeitig voll ins rechte Pedal. Wir rauschen jetzt herunter wie ein Klavier aus dem fünften Stock. So, die Höhe ist jetzt richtig. Maschine wieder gerade. Aber trotz Leerlaufes der Motoren habe ich noch zuviel Fahrt. Die grünen Lampen sind vorbei, und noch immer schwebt der Vogel und will sich nicht hinsetzen. Da - das rechte Fahrwerk setzt auf, ziemlich hart. Die Maschine springt wieder in die Luft. Die roten Lampen kommen näher. In Sekun denbruchteilen muß ich entscheiden: Bremsen? Sinnlos! Wir würden auf jeden Fall über die Landebahn hinausschießen und in die Schlucht stürzen. Zerquetscht und verbrannt würde man unsere Reste herausho len. Fahrwerk einfahren und die Mühle auf den Bauch legen? Auch keine schöne Aussicht. Durchstarten? Bergauf? Noch nie gemacht. Doch jetzt setzt sie sich. Zu spät! Steuerdruck ist noch da. Vollgas bis zum Anschlag. Leicht am Steuer ziehen. Brav gehorcht die Ju 88 und zieht uns wieder in die Luft. Ich atme auf, als die Schlucht unter uns zurückbleibt. Das war knapp. Landeklappen etwas nachlassen. Wir sind schnell wieder auf 240 k m / h und drehen eine weite „Ehrenwunde" um den Flugplatz. Peinlich, pein lich! Daß mir altem Hasen das passieren m u ß ! Und mit dem Kommo dore an Bord! „Uhrmacher!*) hätte Feldwebel Seiderer in Fürstenfeld bruck gerufen, wenn er das gesehen hätte. Neuer Anflug. Höhe richtig, Fahrt auch. Mit halbem Gas ziehe ich mich flach an die Landebahn heran. Die grünen Lichter sausen auf mich zu. Landeklappe voll raus, Gas weg, Steuer sachte an den Bauch ziehen. Wir rollen! Das Aufsetzen hatten wir kaum bemerkt, so butterweich und zart war die Landung. Ich hadere mit mir. Warum nicht gleich so? *)
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schlechter Flieger.
War es, weil ich nicht meine eigene, vertraute Maschine flog, sondern die von Iro geliehene? Egal, wir rollen, denn die E r d e hat uns wieder. Ich schwenke nach rechts ab, um die Landebahn freizumachen . . . Tüüt! - Ein durchdringender Hupenton. Was ist das? Nie gehört! Da geschieht es. Die Maschine neigt sich rechts und dreht in dieser Richtung weg. Das rechte Fahrwerksbein, mit dem wir vorhin hart aufgekommen waren, gibt nach und knickt weg. Ringelpietz*), da liegen wir, in einer Staubwolke. Ich stelle die Motoren ab und schalte die Batterie aus. Stille! Ergebnis: Einsatz ohne Feindberührung, Bruchlandung mit dem Kommodore als Zeugen an Bord, Iros Maschine im Eimer. Keiner sagt was. Der Unteroffizier Schwarz, mein Fluglehrer von der Kriegsschule in Fürstenfeldbruck, steht im Geiste vor mir und ruft, wie immer, wenn einer Mist machte: „Scheiße, sprach der Großherzog, als das Heer vorüberzog." Und wir Flugschüler antworteten im Chor: „Und die Herzogin sprach leise, dreimal Scheiße - Scheiße - Scheiße." Diesmal antwortete ich allein . . . Der Kommodore durchbricht die peinliche Stille mit baltischem Ak zent: „Wissen Sie, lieber Stampus, wie Sie da so bravourös in der Nacht herunterslipten, da dachte ich: Buchholtz, das kannste nich. Aber jetzt denke ich mir: Buchholtz, das kannste auch!" Er wollte mich noch trösten! Welch ein Mann!
Nach Neujahr kommt es heraus: Unser Kommandeur wird nun tat sächlich in Kürze weggehen. An seinem Abschiedsabend kommt die Mitteilung, daß Leupert das Ritterkreuz verliehen wurde. Er bekommt das von Iro Ilk einstweilen umgehängt. Zu gleicher Zeit wird seine Ernennung zum Offiziersanwär ter ausgesprochen. Wir freuen uns alle mit. *) Fliegerausdruck für Drehbewegung um die Hochachse
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Am nächsten Morgen geht unser „Alter" weg. Alles was Beine hat, findet sich zum Abschied an seiner Maschine ein. Zwei Musikkorps spielen gegeneinander. Er schreitet noch einmal die Front ab und gibt uns die Hand. Als seine Maschine in der Luft hängt, sehen wir ihr nach, bis nichts mehr zu erkennen ist. Ich denke an einen kalten, unfreundlichen Wintertag vor einem J a h r , als er zum ersten Mal vor uns stand. Ich denke an die, die vor einem J a h r noch dabei waren. Ich denke an die vielen schönen und schweren Stun den, wie wir alle miteinander verlebt haben. Was würde die Zukunft bringen? Ein Glück, daß wir es nicht wußten.
ENDE
Titelbild: Ju-88-Bomber der L/LG1 über dem Mittelmeer
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Kurt Pflugbeil Kampfflieger im I.Weltkrieg. - Ab 1941 Chef der Luftflotte 1. - Nach neunjähriger Gefangenschaft 1955 verstorben. Wenn man die Listen der rund 7300 Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes aufmerksam durchliest, dann stößt man mehrfach auf die Tatsache, daß es etliche regelrechte Ritterkreuzträger-Familien gibt, in denen das Ritter kreuz doppelt vertreten ist. Beispielsweise für „Brüder als Ritterkreuzträger" seien folgende Brüderpaare aus den einzelnen Teilstreitkräften genannt: Heer: Georg und Philipp Freiherr von Boeselager, Luftwaffe: Adolf und Wilhelm Ferdinand Galland, Kriegsmarine: Gerd und Reinhard Suhren, Waf fen-SS: Boris und Hugo Krass. Es gibt aber auch Brüder, die ihr Ritterkreuz nicht beim gleichen Wehrmachtsteil erwarben. Hier wären der Generalleut nant des Heeres Johann Pflugbeil (1882-1951) und sein jüngerer Bruder Kurt Pfíugbeil (1890-1955) zu nennen, der den Krieg als General der Flieger und Oberbefehlshaber einer Luftflotte beendete. Geboren wurden die Pflugbeil-Brü der in Hütten bei Königstein in Sachsen als Söhne eines Sägewerksbesitzers. Nach dem Schulbesuch trat der jüngere Pilugbeil-Bruder am 1. 4.1910 als Fah nenjunker beim Sächsischen 10. Infan terieregiment Nr. 134 in Plauen ein. Hier wurde der Abiturient nach Besuch der Kriegsschule am 23.11.1911 zum Leut nant befördert. Als Zugführer begann für Leutnant Pflugbeil und sein Regiment am 2. Au gust 1914 der I.Weltkrieg. Schon im fol genden Jahr beantragte er seine Verset zung zur Fliegertruppe, der Ende 1915 stattgegeben wurde. Fortan wurde er im Laufe des Krieges zumeist als Kampfflieger und Beobachter ein gesetzt. Dabei erwarb er sich den Ruf, „unverwundbar" zu sein, und kehrte schließlich als hochdekorierter Flieger offizier in die Heimat zurück. U. a. war er auch mit dem - nächst dem Pour le Mérite - zweithöchsten preußischen Kriegsorden für Offiziere, dem Ritter
kreuz mit Schwertern zum Königlichen Hausorden von Hohenzollern, aus gezeichnet worden. Kurt Pflugbeil be endete den Krieg im November 1918 als Hauptmann. Eine deutsche Fliegertruppe gab es nun nicht mehr. Kriegsflugzeuge zu un terhalten, war den Deutschen durch den Versailler Vertrag von 1919 unter sagt. Deshalb kehrte Hauptmann Pflug beil wieder zu seiner Stammwaffe, der Infanterie, zurück. Über das Grenzjäger regiment Zeithain und die Vorläufige Reichswehr kam er schließlich am 1.4. 1921 zum 11. (Sächsischen) Infanterie regiment, dessen in Freiberg/Sachsen stationierte 1.und 2. Kompanien offiziel le Traditionsträger von Pflugbeils einsti gem IR (Infanterieregiment) 134 wa ren. Fünf Jahre lang -von 1921 bis 1926 war Hauptmann Pflugbeil Chef der 1. Kompanie des IR 11, bis er dann ab 1926 wieder Gelegenheit bekam, seine fliegerischen Kenntnisse und Erfahrun gen durch Teilnahme an längeren Lehr 61
gangen bei der geheimen Flieger-Aus bildungsstätte der Reichswehr auf dem sowjetischen Flugplatz Lipezk aufzufri schen. Während dieser Zeit wurde er als Rittmeister auf einer Planstelle des über drei schlesische Garnisonen verteilten 11. (Preußischen) Reiterregiments ge führt. Mit der Beförderung zum Major am 1.11.1931 wurde Kurt Pflugbeil - inzwi schen einundvierzigjährig - zum Kom mandeur der 2. Preußischen Fahrabtei lung ernannt, die mit je zwei Eskadro nen in Altdamm/Pommern und in Rendsburg/Schleswig-Holstein unter gebracht war. Die vorbereiteten Planun gen des Reichswehrministeriums für eine etwaige Neuaufstellung deutscher Luftstreitkräfte nach dem Wegfall der durch den Versailler Vertrag gebotenen Einschränkungen sahen diese Fahrabtei lung als Stammtruppenteil künftiger fliegender Verbände und insbesondere als Personalreserve für die Ausbildung von Bordfunkern und Fliegerschützen vor. Tatsächlich wurde dann ab 1933 Major Pflugbeils Fahrabteilung 2 in der zunächst noch getarnt aus vielen ein zelnen Zellen entstehenden Luftwaffe inoffiziell als „Fliegerersatzabteilung" geführt. 1934/35 war der erfahrene Kampf flieger des I.Weltkrieges als Oberstleut nant „Direktor der Höhenflugzentrale des Deutschen Flugwetterdienstes" in Lechfeld/Bayern. Hinter diesem Tarn namen verbarg sich damals die erste Kampffliegerschule der künftigen Luft streitkräfte. Nachdem am 26. Februar 1935 durch einen Erlaß Hitlers mit Wir kung vom 1. März 1935 die „Reichsluft waffe" enttarnt und als selbständiger Wehrmachtsteil neben Reichsheer und Reichsmarine gestellt wurde, wechselte Pflugbeil als Inspekteur der Kampfflie ger ins Berliner Reichsluftfahrtministe rium über, an dessen Spitze der ehema lige Fliegerhauptmann und nunmehri 62
ge General der Flieger Hermann Göring (1893-1946) stand. Die Dienststelle des jetzigen Obersten Pflugbeil, der am 1.1. 1939 zum Generalmajor befördert wur de, führte die Kurzbezeichnung „Fl In 2". Während seiner Amtszeit als Inspek teur der Kampfflieger gehörte General major Pflugbeil zu jener Gruppe höhe rer Luftwaffenoffiziere, die sich leiden schaftlich zu der Forderung des allzu früh verstorbenen ersten Generalstabs chefs der Reichsluftwaffe, Generalleut nant Walther Wever, bekannten, eine möglichst große Flotte viermotoriger Fernbomber zu schaffen. Aber mit dem Tod Wevers durch Flugzeugabsturz am 3. 6.1936 war dieses Projekt praktisch schon begraben, so daß Pflugbeil und andere Befürworter des „Uralbombers" ihre Vorstellungen gegenüber so promi nenten Gegnern des weverschen Pro jektes wie Göring, Milch, Kesselring, Udet und Jeschonnek nicht durchzuset zen vermochten. Bei der Mobilmachung zum II. Welt krieg Anfang September 1939 wurde Generalmajor Pflugbeil zunächst zum Kommandeur des Luftgaustabes z.b.V.* 16 ernannt. Nach dem Frank reichfeldzug im Sommer 1940 wurde er dann am 1. 8.1940 Kommandierender General und Befehlshaber im Luftgau Belgien und Nordfrankreich. Hier war es seine Hauptaufgabe, die künftige Luftverteidigung dieses Gebietes zu or ganisieren und die Bodenorganisation für die gegen England einzusetzenden Fliegerkräfte vorzubereiten. An diesem Englandeinsatz nahm er dann selbst an führender Stelle teil, nachdem er am 1.9. 1940 unter gleichzeitiger Beförderung zum Generalleutnant als Nachfolger des Generals der Flieger Alfred Keller zum Kommandierenden General des IV. Fliegerkorps ernannt worden war. Als am 13. 8.1940 die Luftschlacht um England („Adlertag") begann, gehör * zur besonderen Verwendung
General der Flieger Kurt Pflugbeil
ten zum IV. Fliegerkorps, das der von Generalfeldmarschall Sperrle (1885 bis 1953) geführten Luftflotte 3 unterstand, das Lehrgeschwader 1 (mit dem Mittel streckenbomber Ju 88 ausgestattet), das Kampfgeschwader (KG) 27 (mit He 111, dem Standardbomber der Luftwaffe) und das Stuka-Geschwader 3 (Ju 87). ' Als am 22. Juni 1941 der Krieg gegen die Sowjetunion (Unternehmen „Bar barossa") begann, bildete Generalleut nant Pflugbeils IV. Fliegerkorps zusam men mit dem V. des Generalleutnants Robert Ritter von Greim, des späteren Generalfeldmarschalls und letzten Oberbefehlshabers der Luftwaffe, die im Südabschnitt der Ostfront eingesetzte Luftflotte 4 unter Generaloberst Alexan der Löhr (1885-1947), dem ehemaligen Chef der österreichischen Luftstreit kräfte. Nunmehr unterstanden General leutnant Pflugbeil wiederum das KG 27 und das Stuka-Geschwader 3 sowie die mit Ju-88-Maschinen ausgestattete 3. Staffel der Aufklärungsgruppe 121 als Fernaufklärungsverband. Die Leistun gen des Kommandierenden Generals und seines IV. Fliegerkorps während der ersten Monate des Ostfeldzuges fan den am 5. 10. 1941 offizielle Anerken nung durch die Verleihung des Ritter kreuzes. Am 31. 10. 1941 wurde Pflugbeil im Bericht des Oberkommandos der Wehr macht erstmals namentlich genannt. Dieser Erwähnung sollten in den näch sten Jahren noch drei weitere folgen. Mit der Ernennung zum Oberbefehls haber der Luftflotte 1 als Nachfolger des zum Generalstabschef der Luftwaffe berufenen Generals Günther Korten er reichte die soldatische Laufbahn des Generals der Flieger (seit 1. 2. 1942) Pflugbeil im Sommer 1943 ihren Höhe punkt. Immerhin handelte es sich hier um eine Position, die im allgemeinen von Generalobersten oder Generalfeld 64
marschällen wahrgenommen wurde. Auf diesem Posten blieb er praktisch bis zum Kriegsende, wenn auch zum Schluß die stets im Nordabschnitt der Ostfront eingesetzte Luftflotte 1 in „Luft waffenkommando Kurland" umbenannt wurde. Am 28.4.1944 wurde General Pflug beil als 562. Soldat der deutschen Wehr macht mit dem Eichenlaub zum Ritter kreuz ausgezeichnet, nachdem ihm am 11. 4. 1944 im OKW**-Bericht beschei nigt worden war, daß seine Luftflotte am Erfolg der Abwehrschlacht südlich von Pleskau in der Nähe des PeipusSees hervorragenden Anteil gehabt habe. Etwa vier Monate später erhielt Pflugbeils Bruder Johann als General leutnant des Heeres und Kampfkom mandant von Mitau das Ritterkreuz. Den letzten Kampfeinsatz erlebte Ge neral der Flieger Kurt Pflugbeil an der Kurlandfront. Was dort um die Jahres wende 1944/45 geschah, meldete der OKW-Bericht vom 1.1.1945 mit folgen den Worten: „... in elf schweren Kampftagen ha ben ... Verbände des Heeres, der Waf fen-SS und lettischer SS-Freiwilliger, hervorragend unterstützt durch fliegen de Verbände und Flak-Einheiten der Luftwaffe unter Führung ihres Ober befehlshabers, General der Flieger Pflugbeil, den Ansturm von 46 Schüt zendivisionen und 22 Panzer- und Sturmgeschützverbänden abgeschla gen. Dank der hohen Leistungen von Führung und Truppe blieb die Front in Kurland bis auf unbedeutende Gelän deverluste fest in eigener Hand." Aber auch hier ließ sich die endgülti ge deutsche Niederlage nicht mehr ab wenden. General Pflugbeil war bemüht, möglichst vielen der ihm unterstellten Luftwaffensoldaten ein Verlassen der ** Oberkommando der Wehrmacht
Sturzkampfbomber („Stuka") Ju 87 über Nordrußland „Festung Kurland" noch vor der offiziel len Kapitulation zu ermöglichen. Als die Rote Armee schon kurz vor Windau stand, wo der Befehlshaber des Luftwaf fenkommandos Kurland sein Haupt quartier hatte, drängten ihn seine Stabs offiziere, sich doch nun endlich auch nach Westen abzusetzen. Eine He 111 und eine Siebel 104 hätten ihm dafür zur Verfügung gestanden. Das ent sprach jedoch nicht seiner Auffassung von der Verantwortung eines Befehls habers für die ihm anvertrauten Solda ten. Er erklärte, daß er es nicht mit sei nem Gewissen vereinbaren könne, als OB (Oberbefehlshaber) aus Kurland auszufliegen, „solange ich nicht absolut sicher sein kann, daß auch der letzte
mir unterstellte Soldat diese Möglich keit hat". Deshalb nahm er mit seinen Solda ten aus eigenem Entschluß das bittere Los der Gefangenschaft auf sich, die für ihn neun Jahre dauerte. Nach monate langer Gefängnishaft in Moskau und Iwanowo wurde er am 8.6.1950 zu fünf undzwanzig Jahren Zwangsarbeit ver urteilt. Schwer erkrankt, wurde der inzwischen fast vierundsechzigjährige General am 5. 1. 1954 dann über raschend entlassen. Er überlebte die Heimkehr nur noch um siebzehn Mona te. Nach langer Krankheit starb General a. D. Kurt Pflugbeil am 31. Mai 1955 im Krankenhaus von Weende bei Göttin gen. Dr. Gerd F. Heuer
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Deutsche Fliegerverbände:
Kampfgeschwader 4 „General Wever" Entstehung - Gliederung - Einsätze im II. Weltkrieg Kurz nach der 1935 erfolgten Einfüh rung der Wehrhoheit im Deutschen Reich wurden die bisher zivil tätigen Luft/Fliegerstaffeln „enttarnt'' und als militärische Fliegerverbände aufgestellt. Als eine der ersten Kampffliegergrup pen überhaupt entstand unter Befehls führung des Luftkreises III (Dresden) die Kampffliegergruppe 153 in Gotha. Bereits ein Jahr später wurde ein Ge schwaderstab gebildet, und wieder ein Jahr darauf eine II. und III. Gruppe für das Kampfgeschwader (KG) 153. Das Geschwader erhielt 1937 den Ehren namen „General Wever".* 1938 wurden die fliegenden Verbände entgültig um benannt. Das bisherige Kampfgeschwa der 153 bekam jetzt die Nummer 4; Stab und 1. Gruppe lagen in Gotha, die II. Gruppe war in Erfurt und die III. in Nordhausen stationiert. Bei Beginn des Polenfeldzuges (1939) wurde das Geschwader von schlesi schen Einsatzhäfen aus vorrangig zur Unterstützung der Heerestruppen in Südpolen eingesetzt. Angriffe gegen polnische Flughäfen erfolgten u. a. bei Deblin, Kutno, Lublin und Warschau. Danach verlegte das Geschwader nach Westdeutschland. Von den Flugplätzen Fassberg, Lüneburg und Perleberg star teten die Gruppen mit ihren He-111 Bombern im April 1940 zur Absiche rung der in Süd- und Mittelnorwegen gelandeten Heeresverbände. Gegen Ende des Norwegenfeldzuges (Mai 1940) griffen die Kampfflugzeuge auch britische Schiffe in der Nordsee an. Oberst Fiebig, seit 1938 Kommandeur des Geschwaders, erhielt für seine Kampfführung bereits am 8. Mai 1940 das Ritterkreuz. Im Westfeldzug (ab 10. Mai 1940) * (Walther). Erster Generalstabschef der Luftwaffe; am 3. 6.1936 tödlich abgestürzt
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wurde das Geschwader vornehmlich im holländischen Kriegsgebiet ein gesetzt, wobei es u. a. die Stadt Rotter dam angriff. Danach unterstützte es die im niederländischen Raum gelandeten Fallschirmjäger. Anfang Juni bombar dierten Maschinen des KG 4 den bedeu tenden Flughafen Le Bourget bei Paris mit sichtbarem Erfolg. Nach Beendigung des Krieges im Westen wurde das Geschwader von französischen Flugplätzen aus zur Luft schlacht um England eingesetzt, wobei die I. und II. Gruppe vor britischen Hä fen Luftminen abwarfen. Die III. Gruppe mußte damals, mit den neuen Ju 88 aus gerüstet, an das Kampfgeschwader 30 abgegeben werden; eine neue III.Grup pe wurde beim KG 4 danach aus eige nen Reihen gebildet. Das Kampfgeschwader 4 stand im folgenden Jahr 1941 auf verschiedenen Kriegschauplätzen im Einsatz. Die I. Gruppe flog Angriffe gegen Malta, Li byen und Ägypten sowie im Irak; die II. Gruppe nahm am Balkanfeldzug teil und verlegte im Juni zum Einsatz im Südabschnitt an die Ostfront. Die bei den übrigen Gruppen kamen im Juli 1941 nach Rußland, wo das Geschwa der zwischen Leningrad und Sewasto pol im Kampf stand. 1942 verlegte die III. Gruppe ebenfalls nach Osten und war dort über Frontgebieten vom Finn busen bis nach Stalingrad eingesetzt. Die III. Gruppe unterstützte danach die Erdkampftruppen in Nordafrika. Von 1943 an blieb das Geschwader bis Kriegsende im Osten und nahm an allen Schlachten im Bereich der Hee resgruppen Mitte und Süd teil. Die I. Gruppe, deren Kommandeur, Major Hansgeorg Bätcher, am 24.3.1944 das 434. Eichenlaub zum Ritterkreuz er halten hatte, war zwischenzeitlich in
I. Gruppe/Kampfgeschwader 100 umbenannt worden. Schwerpunkt blieb weiterhin der Südabschnitt der Ostfront. Im Herbst 1944 verlegte das Geschwader nach Ungarn und flog von d e r aus u.a. Einsätze über der Ägäis. Im
letzten Kriegsjahr führten die Besatzun gen des KG 4 Versorgungseinsätze nach Budapest, Breslau und schließlich auch nach Berlin durch-und hier ende te die Geschichte des Kampfgeschwa ders 4„General Wever". W.H.
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Ein Denkmal für „Bomber-Harris" Sechs Meter hohe Bronzestatue zur Erinnerung an den ehemaligen britischen Luftmarschall in der Londoner City aufgestellt Sir Arthur Travers Harris, während des II. Weltkrieges Chef des britischen Bomber Command und verantwortlich für die verheerenden Luftangriffe auf deutsche Großstädte, 1984 verstorben, wurde Ende Mai 1992 durch die Auf stellung eines Standbildes in London eine posthume Ehrung zuteil. Die zwie spältige Meinung der englischen Bevölkerung zu dieser Maßnahme und die hierdurch ausgelöste politische Problematik hat der Korrespondent der Karlsruher „Badischen Neuesten Nachrichten", Lutz Hermann, unter dem Titel „Schlag auf den Mund" in dem nachfolgend wiedergegebenen Artikel zum Ausdruck gebracht London. Ein berühmter Veteran des Zweiten Weltkrieges entzweit die Bri ten. Im Mittelpunkt steht die Erinne rung in Bronze an Luftmarschall Sir Arthur Harris: eine sechs Meter hohe Statue, die am Sonntag im Herzen von London vor der Traditionskirche der RAF (Royal Air Force) St. Clement Da nes aufgestellt und von der Königinmut ter eingeweiht wird. Alle Proteste, das Denkmal zu verhindern, haben nichts genutzt: 300000 Mark wurden gespen det, die Bildhauer haben den Soldaten gemeißelt, der Held, der die schweren Bombardierungen auf deutsche Städte befehligte, wird auf dem belebten Bou levard The Strand wenige Kilometer vom Regierungsviertel Whitehall ent fernt stehen. Ein Held, Großbritannien ist gespal ten. Am letzten Sonntag rückten zwei hundert Friedensmarschierer zum künf tigen Standort von Harris, um eine Frie denstaube aufzustellen. Der ehemalige Chefpilot Alastair Mackie sagte vor Ort im Fernsehen: Das Denkmal sei ein „Schlag auf den Mund (,knocket in the teeth') des soeben vereinten Deutsch land". Die Geste des Auftraggebers, des Bomber-Command-Verbandes, sei über spannt. Die „Times" druckte Dutzende von Protestbriefen. Historiker wie Sir Charles Webster und Noble Frankland erinnern an Harris' Bombenunterneh 68
men 1942 zum Beispiel auf Dresden und Köln: „Die Luftangriffe auf die Zivil bevölkerung waren ein teurer Fehler." Londoner Zeitungen zitierten, Harris sei auch „the Butcher", der Schlächter, genannt worden. Was vielen Engländern und Deut schen mißfällt, ist zuerst der Zeitpunkt der Denkmalaufstellung. Vorsichtig und umsichtig haben beide Länder sich ausgesöhnt und ein gutes Verhältnis geschaffen. Die Oberbürgermeister von Pforzheim, Dresden und Köln drückten denn auch ihr Unverständnis über die Ehrung eines Mannes aus, der ihre Städ te schwer zerstört hat. Großbritanniens Botschafter in Bonn, Sir Christopher Malleby, schrieb an Kölns OB Norbert Burger, er bedaure, daß die HarrisStatue gerade zum fünfzigsten Jahres tag des schweren Bombenangriffs auf Köln eingeweiht werde. Dies sei rein zufällig. Zweitens wird die Einweihung im Londoner Zentrum nicht als eine ge meinsame deutsch-britische Versöh nungsgeste aufgezogen. Die Regierung soll erwogen haben, auch deutsche Kriegsteilnehmer einzuladen, aber dar an habe kein Interesse bestanden. Pro minente Briten finden das Desinteresse auch deshalb peinlich, weil Königin Elizabeth II. im Herbst Deutschland
Führer des Luftkrieges gegen Deutschland: US-General Arnold, der britische
Luftmarschall Harris, US-General Eaker
offiziell besucht. Berater der Queen empfahlen deshalb, daß die Monarchin demonstrativ Dresden in ihr Besucher programm aufnimmt. Drittens ist Sir Arthur keine glück liche Figur. Daß der strategische Wert seines Flächenbombardements schon seit langem bezweifelt wurde, kann die Bomber-Command-Vereinigung noch verkraften. Sie glaubt es nicht und be hauptet, die Nachtangriffe auf die deut sche Zivilbevölkerung hätten entschei dend zum Alliiertensieg beigetragen. Was die ehemaligen Piloten aber fru striert, ist die späte Ehrung ihres Hel den. Sir Arthur erhielt nach Kriegsende keine Auszeichnung. Er wurde von den
Briten nicht als Kriegsheld angesehen. Als am 13. Februar 1945 35 000 Men schen im Bombenfeuersturn auf Dres den starben, hat Winston Churchill, dessen Kriegskabinett den Bombardie rungen im Juli 1941 zugestimmt hatte, bezweifelt, ob die Terrorisierung der Deutschen Sinn habe. „Wir wollen schließlich kein total ruiniertes Land übernehmen", wird er in den Medien zi tiert. Damals kamen 55000 britische Piloten bei ihrem Einsatz gegen NaziDeutschland um. Mancher sagt heute, wäre das Denkmal ihnen, der Speerspit ze des britischen Widerstandes gegen Hitler, gewidmet, könne man sich mit Harris in Bronze abfinden. 69
Duell der Asse
Sommer 1941. - Hermann Grafs schwerster Luftkampf. Nach Erinnerungen des späteren Brillantenträgers
Hermann Graf, am 2.10.1942 erster Jagdflieger mit 200 Abschüssen, war ei nes der größten Jägerasse des II. Weltkrieges. Am 24.10.1912 in Engen/Baden geboren und am 4.11.1988 dort gestorben, war er nach einer einmaligen fliege rischen Karriere - 200 Luftsiege in 13 Monaten - am 16.9.1942 als Oberleut nant und 5. Angehöriger der Wehrmacht mit den Brillanten zum Ritterkreuz ausgezeichnet worden. Im Krieg gegen die Sowjetunion führte er die 9. Staffel des Jagdgeschwaders 52, der zahlreiche hochausgezeichnete Piloten an gehörten, bis Ende 1942. Nachfolgend die Schilderung des schwersten und dra matischsten Luftkampfes des späteren Obersten, der auf rd. 830 Feindflügen 212 Gegner besiegt hatte, darunter zehn viermotorige US-Bomber. „Füllgrabe* ist in Not. Der Staffelfüh rer des Feindschwarmes fliegt wie eine Eins und bringt ihn in Schwierigkeiten. Dann greife ich an. Wir beißen uns fest. Der zweite Russe wird schwach und setzt sich einige Kilometer ab. Ich gebe Heinrich (Füllgrabe) den Befehl, mir aus dem Weg zu gehen. Danach beginnt einer meiner schön sten und riskantesten Luftkämpfe im Osten. Es war das Letzte, was Mensch und Maschine hergeben konnten: aus geflogene Loopings mit gut tausend Meter Radius, Kehrtkurven, und das im mer wieder. Das Wasser läuft mir buch stäblich am Körper herunter. Er ist min destens so gut wie ich, mein Gegner, Fa belhaft, wie er mich immer wieder zu überlisten versucht. Kehrtkurve auf Kehrt kurve folgt. Immer wieder begegnen wir uns Schnauze auf Schnauze. Jeder feuert. Erst im letzten Augenblick springt er über mich hinweg, dann bin ich wieder an der Reihe. Einmal hätten wir uns um ein Haar gerammt. Da kam der andere russische Jäger wieder an. Ich hatte gerade etwas Luft. Der zweite Mann des sowjetischen Schwarms zieht nach unten weg. Mein Gegner von vorhin hängt schon wieder hinter mir, aber noch mindestens vier * Heinrich Füllgrabe, gefallen am 30.1.1945, Ritter kreuz am 2.10.1942, 65 Luftsiege.
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hundert Meter entfernt. Trotzdem feue re ich auf den zweiten. Ruckartig reißt dieser die Maschine hoch, dann trudelt er flach, bis zum Aufschlag. Wahr scheinlich hatte er einen Kopfschuß. Füllgrabe meldete mir das alles im Funksprech. Ich hatte keine Zeit für Be obachtungen. Die Rache des Könners sitzt mir nämlich immer noch im Ge nick. Auf etwa 200 Meter ist der russi sche Verbandsführer inzwischen wie der herangekommen. Ich drücke fast bis zum Boden. Ein kurzer Blick auf den Staudruckmesser: 600 Stundenkilometer! Das reicht. Dann noch ein ,Hoch auf DaimlerBenz'** und 1200 Meter sind mir sicher. Über 1000 kommt der Russe nicht, we nigstens vorläufig. Wir klettern jetzt um die Wette. Dann sind wir wieder auf 3000. Mein Gegner greift an, denn er sucht die Revanche. Ein neues Ringen beginnt. Wieder sind zehn Minuten vergan gen. Bei jeder Attacke ziehe ich im Geist den Hut vor meinem Gegner. Das muß ihre größte Kanone sein, denke ich. Gut, daß ich jahrelang Zeit hatte, diese Art von Fliegerei zu üben, sonst wäre ich sicher schon eine Leiche.
** Anspielung auf den DB-Motor der Me 109; mit die sem Flugzeugtyp erzielte Graf seine sämtlichen Luftsiege.
Hermann Graf 71
Heinrich Füllgrabe meldet sich ab. Er hat keinen Sprit mehr. Noch fünf Minuten, dann flackert auch meine Warnlampe. Also nur noch für etwa zwanzig Minuten Treibstoff in den Tanks. Dabei befinde ich mich gut fünfzig Kilometer hinter der Front. Ei gentlich müßte ich den Kampf jetzt ab brechen. Aber der Gedanke daran tut weh bei solch einem Partner. Er wäre zumindest symbolisch der Sieger ge blieben, wenn ich abhauen würde. Au ßerdem sitzt er mir dauernd im Genick und jagt mich buchstäblich auf die eige nen Linien zu. Wieder fliegen wir eine Kurve nach der anderen oder fliegen uns frontal an. Einmal drehe ich nicht auf ihn ein, son dern versuche, seitlich an ihm vorbei zufliegen. Seltsamerweise tut auch er das, und so jagen wir nur wenige Meter auf Gegenkurs aneinander vorüber. Was wird er jetzt tun? Mich vielleicht vorbeilassen, dann herumziehen und-
mir die entscheidende Garbe verpas sen? Ich lasse ihn keine Sekunde aus den Augen. Doch das Unfaßbare geschieht: Er fliegt weiter nach Osten - und ich nach Westen. Ich komme buchstäblich mit dem letzten Tropfen Sprit an. Beim Lan den bleibt meine Luftschraube ste hen ... Meine Knie zittern beim Aussteigen. Das war ein Gegner! Die Glückwünsche zu meinen zwei Luftsiegen dringen gar nicht so richtig in mein Bewußtsein. Meine Gedanken sind bei dem russi schen Jäger, gegen den ich gekämpft hatte. Mit ihm möchte ich einmal zu sammensitzen und plaudern. Sicher ist er ein prächtiger Kerl. Welche Meinung wird ervon mir bekommen haben? Die se Fragen beschäftigen mich mehr als die Tatsache, daß mir an diesem Tag um 16.10 und um 16.18 Uhr mein 13. und 14. Abschuß gelungen waren..." B.J.
Neu erschienene Bücher „Einen Besser'n findst du nicht" Geschichte wird gewöhnlich ent weder von Historikern geschrieben und von ihnen aus dem nachhinein ge deutet, nicht selten aber auch von Zeit zeugen, die um Rechtfertigung ihres Verhaltens zur Zeit des Geschehens be müht sind. Dabei befrachten manche ihre Erinnungen zuweilen mit Erkennt nissen, die sie Jahrzehnte vorher natur gemäß noch nicht haben konnten. So schleichen sich - wie bei den Berufs historikern - leicht Wertungen in ihre Überlieferungen, mit denen sie den Ein druck erwecken, als hätten sie immer schon gewußt, wie alles kommen wür de, und als wären sie von Anfang an „dagegen" gewesen. Zu dieser Kategorie gehört der in Oer-Erkenschwick lebende, inzwi schen über siebzigjährige diplomierte 72
Chemiker Helmut Schiebel nicht, der fünfzig Jahre nach Beginn des Rußland krieges einen Zeitzeugen-Bericht unter dem Titel „Einen Besser'n findst Du nicht"* in Buchform veröffentlicht hat. Gestützt auf Tagebuchnotizen und Feldpostbriefe, hat er seine Erlebnisse und damaligen Eindrücke niederge schrieben. Ohne daß hier in „Hurra patriotismus" gemacht und der Wahn sinn des Krieges beschönigt wird, läßt der Verfasser doch erkennen, daß für ihn heutzutage vielfach als unzeitge mäß geltende Begriffe wie Kamerad schaft, Ehre, Glaube, Pflicht, Treue und * Helmut Schiebel: „Einen Besser'n findst Du nicht" - Der Krieg im Osten 1941-1945 - Ein Zeitzeuge erzählt - Druffel-Verlag, Leonie am Starnberger See 1991; 312 Seiten; Preis: 32,30 DM (Paperback) bzw. 39,50 DM.
Vaterlandsliebe immer noch ihren Wert behalten haben. Er ist zudem davon überzeugt, daß solche Tugenden „auch für eine nach Frieden strebende Demo kratie unabdingbar sind". Für den jungen Kriegsfreiwilligen be gann das Unternehmen „Barbarossa" als MG-Schütze und Offiziersanwärter im Kradschützenbataillon 43 der 13. Pan zerdivision, die sich am 15. 6.1941 von dem oberschlesischen Dörfchen Wit tenau aus ostwärts in Bewegung setzte, um sich im Rahmen der Panzergruppe von Kleist über Sandomierz-LuzkRowno bis nach Dnjepropetrowsk vor zukämpfen. Bereits Anfang Juli 1941 wurde Schie bel verwundet, kam nach kurzem Laza rettaufenthalt erneut zum Osteinsatz, bis er vom September 1941 bis Februar 1942 zum 8. Offiziersanwärter-Lehr gang an die „Schule für Schnelle Trup pen" in Potsdam-Krampnitz komman diert wurde. Von dort kehrte er als Leut nant und Zugführer zur Truppe zurück diesmal an die Mius-Front. Es dauerte kein halbes Jahr, da war er von fünf jun gen Leutnanten, die auf der Offiziers schule Freundschaft miteinander ge schlossen hatten, allein noch übrig geblieben. Bei der Rückkehr zur Front erlebte er auf der Bahnstrecke Barano witschi-Minsk einen Partisanenüber fall mit Gleissprengungen an hundert Stellen. Über Orscha gelangte er nun mehr zur schweren Panzerjägerabtei lung 88, deren erster Kommandeur der Eichenlaubträger Major Dr. Eberhard Zahn war. Bei der P 88, die am 22. 5.1944 den Abschuß ihres 100. Sowjetpanzers mel den konnte, übernahm Schiebel zu nächst einen Zug mit 7,5-cm-Pak auf Selbstfahrlafetten (Sfl) des Typs „Mar der" und später einen Zug „Hornissen" mit 8,8-cm-Pak. Nach Teilnahme an den Rückzugskämpfen in Galizien, wo schließlich Schiebeis „Hornisse" es auf dreizehn weiße Erfolgsringe an ihrem Geschützrohr brachte, beendete er den Krieg in Schlesien als Oberleutnant
Panzerjäger „Hornisse" (Nashorn)
und Kompaniechef. Er gehörte danach zu jenen Glücklichen, die nach dem Waffenstillstand am 9. Mai 1945 über das Sudetenland zu den Amerikanern gelangten, von diesen nicht ausgeliefert wurden und damit von jahrelanger Kriegsgefangenschaft in der Sowjet union verschont blieben. Mit seinem „Nachwort" das unter einem Motto aus Virgils „Aneis" steht („Niemals bringt Gutes der Krieg, Dich, Frieden, ersehnen wir alle!") findet Schiebel den Anschluß an die Gegen wart, an die Zeit der deutschen Wieder vereinigung und der Wiedergewinnung der Souverenität, wozu ausgerechnet der Russe Gorbatschow entscheidend beigetragen hat. Er schließt seinen Be richt, mit dem er erfolgreich den Ver such unternommen hat, „Geschichte von unten" zu vermitteln, im Juni 1991 mit den Worten: „Ich aber, der als Soldat vier Jahre gegen Rußland kämpfen mußte, bin dankbar und glücklich, die se Versöhnung noch mitzuerleben." 14 Bildseiten, 11 Karten, ein „Glossar" mit „Worten der Militär- und Soldaten sprache" sowie ein Anhang mit Kurz informationen zu den Stichworten „Die Kradschützen", „Partisanen" und „Die Panzerjäger" betonen und ergänzen den dokumentarischen Charakter von Schiebeis lesenswertem „Zeitzeugen" Bericht. H.
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„Zwischen den Fronten" Da es bereits Hunderte von Büchern in deutscher Sprache über Erlebnisse in der „Kriegsgefangenschaft" gibt, hätte man meinen können, dieses Thema sei inzwischen nicht mehr akut. Daß dem nicht so ist, beweist ein schmales Bänd chen, verfaßt von dem ehemaligen Fall schirmjäger-Unteroffizier (Oberjäger) Herbert Schäfer (Jahrgang 1921)*. Er hatte den Endkampf in Brest unter Ge neral Ramcke miterlebt und berichtet nun darüber, wie es ihm als Gefange nem bei Amerikanern und französi schen Partisanen erging. In schlichter Sprache, ohne literarischen Tiefgang, schildert er, wie es ihm dank seiner Sprachgewandtheit, eines guten Ein fühlungsvermögens, einer angemesse nen Verkleidung und der geschickten Ausnutzung entsprechender Chancen mehrfach gelang, seinen Wächtern zu entkommen und sich schließlich über die neutrale Schweiz noch im Dezem ber 1944 in die Heimat durchzuschla gen.
Nach Ausstellung eines Ersatz-Sold buches und einem mehrwöchigen Son derurlaub meldete sich der gebürtige Sauerländer, der einen großen Teil sei ner Jugendzeit in Brasilien verbrachte, am 1. März 1945 wieder zum Dienst antritt beim 2. Fallschirmjäger-Ersatz bataillon in Stendal. Allerdings wurde ihm dort mitgeteilt, daß er frühestens ab 1. März 1946 an der Ostfront wieder eingesetzt werden könnte. Da war der Krieg jedoch längst zu Ende. Am Rande erfährt man auch, daß Schäfer es nach Kriegsende fertigbrachte, den Russen ebenfalls zu entkommen und schon im Sommer 1945 als freier Mann nach Bayern zu gelangen. Karten, Fotos und Dokumente lok kern den Text auf. Sie belegen und ver anschaulichen diesen interessanten Er lebnisbericht aus erster Hand. G.F.H. * „Zwischen den Fronten" Unerkannt durch Frankreich Dagmar Dreves Vertag, 2107 Rosengarten, 1990. Umfang 144 Seiten; Preis: 28,50 DM.
Die deutschen U-Boot-Kommandanten So lautet der Titel des kürzlich erschienenen Großbandes Nr. 816 - einer SONDERAUSGABE. Ein einmaliges, bis jetzt noch nicht vorhanden gewesenes Informations- und Nachschlagewerk über alle 1410 führenden Offiziere von Unterwasser-Kampfmitteln zwischen 1939 und 1945. Das Verzeichnis wurde nach lückenlosen Unterlagen des Cuxhavener U-BootArchivs von den Mitarbeitern R. B u s c h und H. J. R o l l zu sammengestellt. 74
für CAROmio+ (allübergöttliches ist meister) …