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Torni Schneider, Conny Steudler, Heinz Urech, Micky Wenngatz und Jean-Michel Zwygart gewidmet Einen herzlichen Dank an all jene, die zum Gelingen des Bildmaterials beigetragen haben! Ekard Lind, Salzburg im Juli 1998
Die Deutsche Bibliothek CIP-Einheitsaufnahme Lind, Ekard:
Hunde spielend motivieren : Praktische Anleitungen - Neue Spielideen / Ekard Lind [Fotos Mane-Therese Lind] - München : Augustus-Verl., 2000 ISBN 3-8043-7289-9
Es ist nicht gestattet, Abbildungen dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder in PCs/Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
AugustusVerlag © 2000 Weltbild Ratgeber Verlage GmbH Alle Rechte vorbehalten Layout: Uhl & Massopust, Aalen Umschlaggestaltung: Marion Kraus, AugustusVerlag Umschlagfotos: Marie-Therese Lind Fotos: Marie-Therese Lind Satz: Gesetzt aus der 9/11 Punkt Palatino Light Reproduktion: Uhl & Massopust Aalen Druck und Bindung: Offizin Andersen Nexö, Leipzig Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8043-7289-9
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Vorwort Das vorliegende Buch ist in vieler Beziehung höchst bemerkenswert. Im Zwiespalt vieler Ausbildungslehren, von der „paramilitärischen", streng disziplinären, zwanghaften Methode alter Tradition, die dem Zeitgeist heute so sehr widerspricht, bis hin zu den zahlreichen modernen alternativen Doktrinen, die nur auf Motivation und Konditionierung aufzubauen und damit auszukommen trachten, liegt hier, man möchte es kaum glauben - etwas ganz Neues vor: eine höchst kreative, einfühlsame und ungeheuer erfindungsreiche Ausbildungslehre, die auf pädagogischen Grundsätzen ebenso basiert wie auf einer tiefschürfenden Kenntnis hundlichen Verhaltens und der Mentalität von Hunden. Die hervorragende Beobachtungsgabe des Autors und sein musischpädagogisches Talent erarbeiteten eine feinfühlige, geradezu künstlerische Methode des psychologischen Eingehens auf den Hund, seine instinktmäßigen Antriebe, Stimmungen und Willensäußerungen, die in der Hand dessen, der sie sich aufmerksam aneignet, ein ganzes Arsenal zielführender, artgemäßer Einwirkungsmöglich-
keiten auf den Partner Hund zur Verfügung stellt. Ekard Lind lehnt realistischerweise Zwang nicht völlig ab, aber er lehrt, wie man solche Zwangsmaßnahmen minimieren kann. Wer dieses flüssig geschriebene, faszinierende Buch liest, wird es kaum vor der letzten Seite aus der Hand legen können. Mit geradezu unglaublicher Vielfalt und Vielseitigkeit wird dargelegt, wie man alle seine Ausdruckmittel, Stimme, Sprache, Hände, den ganzen Körper, die Art der Bewegung usw. in den Dienst der zweckmäßigen, artgemäßen und wirksamsten Kommunikation mit dem Hund stellt, wobei alle Aktivitäten oft in gegenseitiger harmonischer Ergänzung und Verstärkung eingesetzt werden - ja, sogar gänzlich neue Hilfsmittel für Spiel und Ausbildung werden vorgestellt. Große Bedeutung kommt für den Autor dem Spiel zu, das er uns in zahlreichen Varianten und Einsatzmöglichkeiten vorstellt. Man lernt, die Signale zu lesen, die der Hund ständig für uns aussendet und die oft nicht erkannt oder mißverstanden werden. Lind räumt mit solchen Mißverständnissen auf, die so nachteilige Folgen nach sich ziehen können. Er
6 erklärt in klarer und knapper Sprache wann und wie wir in der Interaktion Mensch und Hund die richtigen, zeitgerechten und genau dosierten Aktionen und Reaktionen zu setzen haben. Ich möchte sagen, daß seit den Arbeiten des Ehepaars Menzel vor siebzig Jahren dieses Buch zu den revolutionärsten und zugleich erfolgreichsten Arbeiten auf dem Gebiet der Hundeausbildung gehört. Kurz gesagt, dieses Buch geleitet uns gewissermaßen auf eine höhere, bisher unbekannte Ebene der Hundeausbildung und Erziehung und kann als die Hohe Schule des Verständnisses mit dem Partner Hund, also als eine echte Weiterentwicklung bezeichnet werden. Dies wird auch schlagend durch das ungeheure Interesse bezeugt, daß der Autor und seine
Kurse international in wenigen Jahren gefunden haben. Das aufregende ist dabei, daß diese Form des Umgangs mit dem Hund immer noch eine weitere Verfeinerung und Weiterentwicklung vor sich haben dürfte. Sie wird auch weiterhin im praktischen Wettbewerb mit den herkömmlichen und anderen Methoden ihre harte Bewährungsprobe bestehen müssen, wobei vieles von dem Geschick derer abhängen wird, die sie sich zu eigen machen, doch kann man jetzt schon sagen, daß die praktische Kynologie an ihr nicht mehr vorbei kommt, und das ist auch höchst wünschenswert. Wir alle werden noch viel von Ekard Lind hören, soviel kann man wohl jetzt schon sagen.
Hellmuth Wachtel Wien, 18. Juli 1998
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Inhalt Vorwort Einleitung Motivations- und Spiellehre Was man wissen und können sollte Kommunikation Spiel-Grundsätze Wo stehe ich? - Verschiedene Test-Spiele Aufbau des „Geistigen Zügels" Verwandeln und Beleben Motivations-Techniken Basis-Spiel-Übung Das „Freie Spiel" Paradeübung „Spiel und Stop Wie geht es weiter? Bibliographie Bezugsquellen Register
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Der motivierte Hund bringt ideale Voraussetzungen für jede Form der Beschäftigung mit.
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Einleitung Alternative Erziehungs- und Ausbildungsmethoden finden immer mehr Anhänger. „Spielerisches Vorgehen ohne Zwang" klingt einfach und verlockend. „Spiel kann nur nützen - nie schaden", argumentieren die Alternativ-Vertreter, deren neue Methoden wie Pilze aus dem Boden schießen. Wenn es dann doch nicht so klappt, wie erwartet, wenden sich die Jünger der weichen Welle ebenso schnell wieder den alten, „sicheren" Vorgangsweisen zu; Dort wird dann Motivation und Spiel eingesetzt, damit der Hund die starken Drogen der Zwangsausbildung aushält, wie ein bekannter Vertreter dieser Richtung jüngst öffentlich bekannte - Spiel sozusagen als Prellbock gegen Schmerz, Frust und Angst. So lange jedoch selbst Spiel-Bücher teils gravierende Unkenntnis widerspiegeln, darf man sich nicht wundern, wenn so viele ernst gemeinte Neuanfänge in einer Sackgasse enden. Da wird beispielsweise mit erhobenem Zeigefinger der Rat erteilt, „Zerrspiele" müsse man immer so beenden, daß der Mensch als Sieger hervorgehe, weil sonst die „Rudel-
führer-Stellung" aus der Hand gegeben würde. Was Wunder, wenn sich derart ums Spiel betrogene Hunde mit der Spiel-Beute davon machen, wo immer sich Gelegenheit bietet, und in Frauchen oder Herrchen nichts anderes als einen lästigen Konkurrenten sehen? Oder wenn sie, mittels Leine an der Flucht gehindert, die ganze Prozedur buchstäblich zum Ausspucken finden und das Bringholz vor die Füße werfen. Nein, das Spiel mit dem Hund ist nicht so einfach, wie es scheint. Wenn ich beispielsweise einen Hund spielerisch anschleiche, dann muß ich wissen, wen ich vor mir habe und wie weit ich gehen darf, um nicht binnen Sekunden aus dem Spiel bedrohlichen Ernst werden zu lassen. Und wenn ich mich wegschleiche, dann muß ich wissen, daß der Hund, wenn er mich eingeholt hat, instinktiv in Beißstimmung gerät, was eben mit dem Nachjagen eng verbunden ist. Wenn ich weiß, daß er in dieser Stimmung an mir hochspringen wird und mich in den Arm oder in die Hand beißen möchte, werde ich für dieses Spiel eine Spiel-Beute bereithalten und dem Hund
10 nicht mit Gewalt die vielzitierte Beißhemmung abringen, sondern ganz einfach seine Beißlust in die Spielbeute umlenken. Dort soll und darf er seine Lust ausleben. Gleichzeitig lernt er: Hose, Hemd und Hand sind tabu. Das Spiel mit dem Hund ist, wie dieses einfache Beispiel schon zeigt, eine komplexe Angelegenheit. Das Spiel mit dem Hund weist auf der einen Seite frappierend viele Ähnlichkeiten zum Spiel des Menschen auf. Andererseits zeigt es sich doch in vieler Hinsicht verschieden. Hier ein Beispiel: Viele Spiel-Details, die beim Hund in Korrelation zu Jagdverhaltensweisen stehen, sind beim Menschen so gut wie nicht mehr vorhanden. Andere sind beim Menschen fast bis zur Inexistenz degeneriert. Dieser Erfahrungsunterschied legt nahe: Der Mensch muß erst einmal einiges über das arteigene Verhalten des Hundes wissen. Wenn er dieses Wissen in die Tat umsetzen möchte, so muß er sich erst einmal innerlich verwandeln, um dem Hund im glaubwürdigen Spiel gegenüberzutreten. Und im Spiel selbst muß er gelernt haben, wie man eine Spielbeute oder auch Futter überzeugend belebt, animiert -, wie man das Anbeißen offeriert, wie man Beutestreiten gestaltet, wann und wie man losläßt und schließlich, wie man es fertigbringt, daß der Hund sofort von sich aus wieder zurück-
kommt, und nicht zuletzt, wie er daraufhin absolut streßfrei die Beute abgibt. Fehler in jedem einzelnen dieser Punkte wirken sich unter Umständen verheerend aus. Und es gibt ja nicht nur Beute-Spiele. Es gilt, für jeden Hund und jede Situation das optimale Spiel zu wählen: Soll es ein Bewegungs-, Geschicklichkeits-, Futter-, Beute-, Such-, Neugier-, Berührungs- oder ein anderes Sozial-Spiel sein? Vorurteile gegen das eine oder andere? - Davon halte man sich frei! Alles, was auf dieser Welt Handlungen auf Grund von mobilisierenden Antrieben aktiviert, ist Motivation. Faszination und Motivation gehören zu den stärksten Triebfedern unseres Lebens. Aber weder das isolierte Wissen über Motivation noch die praktische Umsetzung allein führen zum Erfolg. Erst die Verbindung von beidem verspricht Erfolg. Den Hund spielend zu motivieren kann daher zu Recht gleichermaßen als Wissenschaft und Kunst bezeichnet werden. Und obwohl man da und dort außergewöhnlich begabte Hundeführer trifft; der Meister fällt selbst im Spiel nicht vom Himmel. Auch nicht im Spiel mit dem Hund! Wer es jedoch auf sich nimmt, das „Spiel spielerisch ernst zu nehmen", der hat gute Aussichten, Grund-
11 lagen zu schaffen, die für jede Form der Beschäftigung mit dem Hund, einschließlich Sport und Gebrauchshunde-Ausbildung, die denkbar besten Voraussetzungen bieten. Gleichzeitig wird man den Hund auch im täglichen Leben in einer Weise halten und führen, die nicht nur Akzeptanz, sondern Zustimmung und Bewunderung der Mitmenschen auslösen, und dies beim Jogger ebenso wie beim Tierschützer oder Politiker.
Hundeausbildung am Scheideweg Das Problem aber liegt darin, daß sich diese Form spielerischen Umgangs mit dem Hund nicht einfach auf bestehende Ausbildungsstrukturen übertragen oder einbinden läßt. Motivieren und Spielen muß man zuerst einmal
losgelöst von herkömmlichen Aufgaben wie etwa der „Leinenführigkeit" oder dem klassischen „Apportieren" erlernen; wobei der Lernanteil des Hundeführers dem des Hundes nicht nachsteht. Eines der Ziele des vorliegenden Buches liegt daher im Vermitteln des nötigen Wissens und im Aufzeigen von variablen, alternativen Vorgangsweisen. Am Ende des Programmes, welches in zahlreichen Kursen mit Hunden jeden Alters und aller Rassen immer weiter verbessert wurde, ist der Hundeführer in der Lage, seinen Hund hoch konzentriert und engagiert minutenlang zu motivieren, wobei sich der Hund weder ablenken läßt, noch die Spielregeln verletzt oder sich der Autorität des Hundeführers entzieht und damit außer Kontrolle gerät. „Hunde spielend motivieren" ist als Begleitbuch für Ausbil-
Monotones Aufund Abmarschieren mag dem Hundeführer vermitteln, es sei etwas geleistet worden. In Wirklichkeit aber hat der Hund neben einigen (öfter fragwürdigen) Leistungen nachhaltig wirkende Demotivationen erlebt.
12 dungskurse konzipiert und eignet sich auch für das Selbststudium, vor allem in Verbindung mit dem gleichnamigen Video. Die Zeiten, in denen 25 Hundeführer in der Grundausbildung xmal gemeinsam auf und ab marschieren, durch zahllose Rucke ihren Hund jeweils in Richtung bringen, werden bald schon der Vergangenheit angehören. Hundesport-Insider wissen ja schon lange: Eine auf diese Weise erworbene Leinenführigkeit (später Freifolge) ist in ihren demotivierenden Auswirkungen meist irreparabel. Daher bilden sie ihren Hund individuell und ohne jede Ablenkung aus, fernab vom Aufund Abmarschieren in Gruppen. Individuelle Beschäftigung und Schutz vor Ablenkungsreizen sind Forderungen, die im traditionellen Kursablauf jahrzehntelang vernachlässigt wurden. Punktuell eingeflochtene Spiele oder Futtergaben können nicht annähernd kompensieren, was man sich durch Überforderung eingehandelt hat. Diese pädagogischen Flickpflaster gehen am Wesentlichen vorbei und verfehlen ihre Wirkung in einer Stimmungslage des Hundes, die durch Ablenkung, Unsicherheit und vor allem durch mangelnde Balance in der Motivation und Autorität gekennzeichnet ist.
Aus diesem Dilemma kann folgender Weg führen: Es müßte den sogenannten „Grundkursen", in denen immer noch (Stand 1998) viel zu früh viel zu viel (und nicht selten das Falsche) verlangt wird, ein Vorbereitungs-Kurs vorangestellt werden. Zwischen den wichtigen Welpen-Sozialisierungsprogrammen und der anschließenden Grundausbildung (Begleithunde- bzw. Sporthunde-Ausbildungen) fehlt ein Glied: Der Motivations- und SpielKurs in seiner vierfachen Funktion als Bindeglied und Vorbereitung (Junghunde) und als Neu- bzw. Wiederbeginn (erwachsene Hunde). Da dieser Kurs vorwiegend auf Einzelaktionen des Hundes aufbaut (wegen der erforderlichen Ablenkungsfreiheit), können auch Hunde, bei denen allerlei versäumt wurde, einen Wiederbeginn starten; und es können ältere Hunde wie auch Problemhunde teilnehmen. Die Basis für diesen VorbereitungsKurs liegt mit „Hunde spielend motivieren" nun endlich vor. Von Anfang an werden hier die Grundlagen des spielerischen Umgangs mit dem Hund auf später folgende Lern-und Ziel-Spiele hin ausgelegt, wobei die positive Wechselwirkung zwischen Freiem Spiel und lustvollen Lernspielen ebenso zum Tragen kommt wie die sozialisierenden Kräfte einer stets präsenten Motivations-Balance und einer intakten Rangordnung.
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Motivations- und Spiellehre Der neue Weg Wir wollen zu Anfang das Wesentliche des vorausgegangenen Buches „Richtig Spielen mit Hunden" zusammenfassen und hervorheben, worin sich dieser neue Weg von herkömmlichen unterscheidet. Spiel ist zweifellos so alt wie das Leben selbst und sicher keine Erfindung unserer Tage. Also: „Nihil novi sub sole?1" Gibt es wirklich „Nichts Neues unter der Sonne"? Oder wollen wir Shakespeare recht geben, der sagte: „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Schulweisheit euch träumen läßt.2"? Auf das Spiel bezogen, hieße Shakespeares Zitat: Spielen und Spielen sind zweierlei. Es liegen Welten zwischen dem Spiel des Dilettanten und dem reifen Spiel eines Virtuosen. Dies gilt auch im 1
Übersetzung aus der Vulgata (Offizielle lat Bibelübersetzung) Das Zitat stammt aus dem alttestamentlichen Buch „Prediger Salomos" (1,9) 2 Aus Shakespeares Trauerspiel „Hamlet"
Diese Hundeführerin zeigt die MotivationsBalance in Vollendung: Obwohl der Hund in höchster Aktionsbereitschaft steht, läßt er sich streßfrei und problemlos geistig zügeln und...
...durch einen Kommunikations-„Auslöser" zum galoppierenden Herbeikommen auffordern.
14 Spiel mit dem Hund! Und je nachdem, ob man „zusätzlich" spielt oder ob jemand ein pädagogisch komplexes Lernspiel verwirklicht, unterscheiden sich Spiele in vielfacher Weise. Und selbst wenn wir einmal, - frei von Wertvorstellungen und Unterscheidungsmerkmalen - untersuchen, was ein einfaches Spiel bewirkt, so kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Spiel erfreut nicht nur, es durchdringt alle Sphären des Körpers, der Seele und des Geistes, - es belebt und verändert. Wo sonst kommt Leben so voll und positiv zur Geltung wie im Spiel? - Kein Leben ohne Spiel! Gespielt wurde schon immer auch mit dem Hund. Das ist richtig. Aber die entscheidende Frage zielt auf das Wie und nicht auf Ja oder Nein! Zum „Wie des Spiels" hat der erfolgreiche Buchtitel „Richtig Spielen mit Hunden" (1996) Entscheidendes beigetragen. Die Besinnung auf historisches Gedankengut, die Wiederbelebung ethischer, sportlicher und individueller Ideale - zusammengefaßt im Bild der „Drei Zinnen" - war der Anstoß zu einer neuen Sichtweise, die binnen Kürze eine überraschende Bewegung auslöste. In einer eher sachlich-realistischen Zeit nimmt dies wunder. Oder hat der Formalismus den Kulminati-
onspunkt etwa schon überschritten? Haben sich äußere Leistungsparameter der Hunde-Ausbildung und des Hunde-Sports im Laufe der Zeit abgegriffen? Zerfallserscheinungen sind unverkennbar und bieten aufkeimenden Methoden einen denkbar fruchtbaren Boden - Methoden in unterschiedlicher Betonung von Einzelaspekten und teils konträren Vorgangsweisen. Einzelne Methoden vermögen jedoch nicht das einzulösen, was not täte. Methoden, auch wenn sie noch so genial sind, haben den Nachteil, daß sie die Erfordernisse individueller Entscheidung viel zu wenig berücksichtigen. Daher wandte sich die moderne Pädagogik von zweidimensionalem, linearem, sozusagen seitenweisem Vorgehen der alten Unterrichtskultur ab; sie wandte sich ab von der Methodengläubigkeit und ihrem Kult - zu Gunsten offener curriculi, wie man die neuen Rahmen-Modelle nennt, welche das gleichzeitige und individuelle Verwalten mehrerer Ebenen bereitstellen und fördern. Methoden kommen und gehen. Was bleibt, sind die Anker, an denen sie ursprünglich festgemacht waren. Wenn aber die alten Ankerplätze versandet sind, hilft es wenig, an diesen Orten wieder auszuwerfen. Es gilt, neue oder alte, aber in jedem Falle haltbare Ankergründe zu suchen und diese zu nützen.
15 In den Büchern und Videos des Autors findet der unvoreingenommen suchende Hundefreund möglicherweise das, wonach er, bewußt oder auch nur einer Intuition folgend, gesucht hat. Er findet nicht weniger und nicht mehr als die Verwirklichung der MenschHund-Harmonie - mit den Mitteln unserer Zeit. Was aber ist das Wesentliche dieser Lehre, was verbirgt sich hinter der Lind-art?
Ein-Ordnung statt Unter-Ordnung Soviel wissen wir schon, eine Methode ist es nicht, obwohl auch der Autor mehrere Methoden ent-
wickelt hat und auch einsetzt. Das Wesentliche aber besteht zuerst in einer Art Ausrichtung, auf der er seine Motivations- und Spiellehre aufbaut. Tiefsinnendes, kritisches Hinterfragen nach Zielen, Rechten, Pflichten und Möglichkeiten erschloß eine Sichtweise, dem Hund anders als bisher zu begegnen. Verwirklicht wird diese neue, dreifache Ausrichtung (ethische, sportliche und individuelle Perspektive) durch eine universale, ganzheitliche Vermittlung, basierend auf modernen pädagogischen Erkenntnissen. Erziehung und Ausbildung des Hundes gipfeln demnach darin, die Ziele des Menschen nicht wie bisher durch UnterOrdnung des Tieres umzu-
Aufforderung zum Spiel!
16 setzen, sondern durch Kenntnis der Eigenart des Hundes und seiner Verhaltensweisen so zu vermitteln, daß der Hund die von ihm erwarteten Aufgaben freiwillig, lustvoll und freudig erlernt und ausführt. An Stelle der alten UnterOrdnung tritt Ein-Ordnung. Als Idee ist diese Vorstellung uralt. Schon Xenophanes hat rund 400 Jahre vor Christus bereits das Ideal des „freudigen Hundes3" niedergeschrieben, und dieses Leitbild wurde in jeder der nachfolgenden Generationen wiederholt. Allerdings ist die konsequente Einlösung dessen, was sich aus heutiger Sicht mit dem Anspruch des „Freudigen Hundes" verbindet, bis dato nur ansatzweise oder nur zum Teil verwirklicht worden. Erst die Verbindung des Wissens über arteigenes Verhalten mit dem Wissen moderner Pädagogik machte es möglich, den alten Traum vom „Freudigen Hund" konsequent und gültig zu realisieren. Hierzu hat Ekard Linds Motivations- und Spiellehre ganz entscheidend beigetragen. „Richtig Spielen" bedeutet seither mehr, als nach absolvierter Aufgabe den Ball zu werfen oder Futter zu verabreichen. Der Autor, ehemals Pädagoge, Solist und Komponist, hat die Frage: 3 Siehe Ekard Lind „Mensch-HundHarmonie", erschienen im Verlag G & U (Ausschnitte aus Xenophanes' Jagdbuch).
„Motivation oder Parieren(?)" kompromißlos zu Ende gedacht und ebenso konsequent in die Tat umgesetzt. Den bekannten Spieltechniken hat er seine „Integrale Motivation" gegenübergestellt. Damit meint er, mit einfachen Worten ausgedrückt: Motivation wird nicht nur als Belohnung für vorausgegangene Aufgabenerfüllung gesehen (Sekundärmotivation), sondern Motivation soll Neugier wecken, Lust an der gemeinsamen Bewältigung im Team vermitteln und sich aus Freude am Tun selbst (Primärmotivation) einstellen, um nur einige der vielen Spektren Ganzheitlicher Motivation zu nennen. Man könnte sagen: Motivation aus Faszination, im Zusammenspiel unterschiedlicher Momente. Umfassende, integrale Motivation, so wie sie das Leben vielfältig lehrt. Von dieser Warte aus gesehen gewinnt die Darstellung der Motivations-Bereiche und der unterschiedlichen MO's (Motivations-Objekte) ebenso wie eine umfassende Nomenklatur an Bedeutung. Und noch etwas verdient Erwähnung: Wer tiefer in die Hintergründe dieser Spiellehre eindringt, erkennt bald, daß es immer wieder InstinktVerhalten sind, auf die zurückgegriffen wird, sei es in der Kommunikation durch typische Gesten oder auch beim Erlernen bestimmter Aufgaben. Hier zwei Beispiele: An Stelle des
traditionellen, appellhaften „Heranrufens" treten „Achtung- und Aufbruch-Geste" und aus dem alten „Warten-Müssen" (UnterOrdnung) beispielsweise wird „Lauern-Dürfen" (Motivierte EinOrdnung). Die Balance wird gehalten durch Austarieren des Motivation-Niveaus mit dem „Geistigen Zügel". Hinter dem „Geistigen Zügel" verbergen sich Autorität und Dominanz, die jedoch lange Zeit auf natürlichen Verhaltensweisen aufgebaut werden, etwa auf Ritualisierung der Tabu-Akzeptanz. Wichtig ist, daß diese Balance von Anfang an und nicht erst beim bereits hoch motivierten Hund einsetzt. Vom ersten Spiel an muß die Balance als oberstes Regulativ wirksam werden. Wo dies nicht der Fall ist - und in dieser Situa-
tion steht leider die Mehrheit der Hundehalter - können durch diesen spielerischen Neubeginn Defizite nur zum Teil ausgeglichen werden.
Die richtige Balance An Tausenden von Hunden aller Rassen, in zahlreichen Kursen quer durch den gesamten deutschsprachigen Raum, kristallisierte sich heraus: Es sind immer wieder die gleichen Fehler, die zum Scheitern so vieler Mensch-HundBeziehungen fuhren. Entweder zeigt sich der Hund unter- oder übermotiviert, oder er dominiert, oder er hat Angst vor dem Hundeführer, oder er ist insgesamt
Der Autor auf einem seiner zahlreichen FortbildungsKurse. Hier in Ramsei in der Schweiz.
18 schlecht sozialisiert. In allen Fällen ist die Balance aus dem Gleichgewicht geraten. Spiel, - „Richtiges" Spielen könnte helfen. Doch die ordnenden und fördernden Kräfte des Spiels können nur dann regenerierend und korrigierend wirksam werden, wenn das Spiel selbst im Gleichgewicht der Kräfte steht. Durch Spiel kann zwar Fehlverhalten korrigiert werden, aber eben nur durch „Richtiges Spiel". Spiegeln sich im Spiel dieselben Fehler wie in der Erziehung und Ausbildung wider, so wird diese Form des Spiels das Ungleichgewicht nur noch verstärken. So wie bei einem PKW Antriebskräfte, Gesamt-Gewicht, Bremse, Drehzahl und Kraftstoff aufeinander abgestimmt werden müssen, so müssen auch die Kräfte des Spiels ausbalanciert werden. Kein Mensch würde mit einem Sportwagen fahren, in den eine Fahrradbremse eingebaut wurde (Hochmotivierter Hund mit mangelhaftem „Geistigen Zügel"); und niemand würde einen Lastwagen mit Super-Benzin auftanken (Genetisch bedingte Reaktionsträgheit, die der Hundeführer mit Power-Futter und Extremem Beutespiel verändern möchte). Wer auf Motivation setzt, muß sich darüber im klaren sein, daß das, was er vom Hund will, mehr motivieren muß als alle Ablenkungen und die Lust, Herrchen oder Frauchen zu dominieren!
Es ist wenig erfolgversprechend, sportliche Leistungen anzustreben, so lange der Hund noch keine ausreichende Grundmotivation zeigt oder nur unzulänglich im Geistigen Zügel steht. Wer motivational vorgehen möchte, muß Abschied nehmen von „Zuckerbrot und Peitsche" und anderen, veralteten Ausbildungsvorstellungen. Er wird am Verständnis ganzheitlicher Pädagogik ebenso wenig vorbeikommen wie am Ausbalancieren der mitspielenden Kräfte. Diese Balance ist in Ekard Linds Motivations- und Spiel-Lehre zum ersten Mal umfassend und gültig formuliert. Ausgefüllt wird diese Lehre durch einige neue Methoden des Autors, wie zum Beispiel die Methode der Syntonen Kommunikation, der Integralen Motivation, des Geistigen Zügels, der Passiven Einwirkung, des Signal-Timings, der Sättigungs-Distanz oder der Impulsiven Berührung*. Wer es ernst meint mit der Vision vom „Freudigen Hund", wer also Motivation und Spiel in die Praxis umsetzen möchte, dem ist mit vorliegendem Werk ein ebenso vielversprechender wie sicherer Weg angeboten. 4 Siehe „Mensch Hund-Harmonie - Spiel &: Sport mit meinem Hund" voraussichtl 1999 bei G & U
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Was man wissen und können sollte Kein Leben ohne Spiel Eine der entscheidenden Ursachen für die Höherentwicklung der Säugetiere war unter anderem die Ausrichtung des Verhaltens auf Anpassung, wobei über die Instinkthandlungen hinaus das Lernen eine immer bedeutendere Rolle spielte. Hierbei kristallisierten sich Neugier und Spannungssuche als die wichtigsten Triebfedern für anpassungsorientiertes Lernen heraus. Um das Risiko des „Ernstfalles" auszuschließen, „erfand" die Natur das „Spiel". Im Spiel konnten Verhaltensweisen risikofrei ausprobiert und eingeübt werden. So wurde das Spiel für den Menschen und auch für höherentwickelte Tiere zum Exerzierfeld der Lebensvorbereitung. Darüberhinaus aber entwickelte sich das Spiel zum lustbringenden Ereignis um seiner selbst willen. Nicht nur der Erfahrungsgewinn, sondern das spielerische Tun in sich beglückt. Was Wunder, wenn
sich Kinder ebenso wie höhere Tiere diese Quelle der Beglückung immer wieder verschaffen, indem sie das Spiel suchen, indem sie den Großteil ihrer Zeit spielerisch verbringen. Hinzu kommt, daß das Spiel sozusagen jederzeit und
Kein Alter ist zu alt fürs Spiel.
20 allerorts zur Verfügung steht - im Gegensatz etwa zum Freßvergnügen, welches das Vorhandensein von Futter voraussetzt. Während das Spiel der erwachsenen Tiere eines Wolfs-Rudels immer wieder zur Aggressionsbeschwichtigung eingesetzt wird, spielen Welpen weitgehend ohne erkennbaren Ernstbezug. Die Endhandlungen, wie etwa das Totbeißen, fehlen. Bekannt ist auch der schnelle Wechsel der Antriebe und Stimmungen und die Vermischung derselben. Im Spiel lernen die Welpen nicht nur die Einübung motorischer Perfektionierung und sozialer Verhaltensweisen. Sie lernen und üben das Lernen selbst und bereiten auf diese ihre erstaunlichen AnpassungsFähigkeiten vor. Eric Zimen schreibt: „Mitten in einer völlig friedlichen und dann auch stets lautlosen Spielerei packt plötzlich ein Welpe das Nackenfell seines Partners, knurrt und schüttelt es wie wild, als wolle er gerade ausprobieren, wie man eine wehrhafte Beute schnellstmöglich umbringt. Eine wütende und lautstarke Keilerei ist die Folge, die ebenso unvermittelt wie gerade begonnen in einem ausgelassenen Spiel endet. Oder die Welpen überfallen gemeinsam ein Wurfgeschwister und nehmen dieses richtig in die ,Mangel', um sich gleich darauf ein neues Opfer aus-
zusuchen. Auch Verhaltensweisen, die sonst nur in sexuellem Kontakt auftreten, wie das Aufreiten und Beckenstöße, sind im spielerischen Geschehen in dieser Zeit häufig zu beobachten wie auch Elemente aus dem Jagdverhalten. Erst ab dem vierten Lebensmonat kommt es zumindest bei den Wölfen zu einer weitgehenden Trennung spielerischer und sonstiger Antriebe. Dann erscheint das Spiel in seiner reinen Form, bei der zwar Verhaltenselemente aus anderen Funktionskreisen wie der Jagd, des Kampfes oder der Verteidigung integriert sind, Aggressionen, Jagd und Sexualität aber nicht mehr als selbständig motivierte Antriebe damit vermischt werden. Es wird weiterhin im Spiel zum Spaß' gekämpft, aber der wirkliche Kampf findet nicht mehr im Spiel statt. Erst bei älteren Tieren treten erneut aggressive Tendenzen im Spiel auf." Im Spiel messen die Jungtiere ihre Kräfte. Gleichzeitig versuchen sie, ihren Rang-Status zu verbessern. Der Hund bleibt zeitlebens auf dieser Stufe der Vermischung unterschiedlicher Antriebe stehen. Er bleibt sozusagen ein SpielWelpe. Man nennt dies in der Ethologie Fetalisation. Die Fähigkeit zur Fetalisation war eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Domestikation des Hundes. Heute kommt es uns so selbstverständlich vor. Im Grunde genom-
Der individuelle Weg men aber halten wir den Hund in einer lebenslangen Verjugendlichung. Daß er damit schadlos leben kann, steht außer Frage. Aber wir dürfen nie vergessen, daß wir dem Hund auf Grund dieser psychischen Manipulation das Spiel schuldig sind. Denn wenn zu den entbehrten Natur-Befriedigungen eines Lebens in Freiheit auch noch der Entzug der Ersatzmöglichkeiten hinzukommt, dann leidet der Hund aus tiefster Seele. Viele der Verhaltensstörungen bei Hunden sind auf permanente seelische Grausamkeit zurückzuführen, und auf Vermenschlichung. Der Hund wird nie verstehen, daß ein Vorsitzen ohne Berührung weniger wertvoll sein soll als Herrchen mit der Pfote auf den Fuß zu stei-
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gen (um wenigstens noch ein Bißchen Körperkontakt zu haben). Wenn der Mensch will, daß der Hund artfremde Verhaltensweisen oder -details vollbringt, dann muß er Wege und Mittel finden, dem Hund die Aufgabe lustvoll zu gestalten. Kein anderes Medium bietet hierzu bessere Bedingungen wie das Spiel und die Motivation.
Der individuelle Weg So universell sich das Spiel auf der einen Seite zeigt, so individuell gestaltet es sich auf der anderen. Und jedes, auch noch so allge-
Jeder spielt anders...
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... worauf es ankommt ist,
zunächst einmal
loszulassen.
meine Spiel erfährt durch denjenigen, der es betreibt, seine einmalige, unwiederbringliche und individuelle Ausformung. Tiere und Kinder haben kein Problem damit, ihre ureigene Weise des Spielens zu finden und zu verwirklichen. Der Erwachsene hat sich in der Regel vom Spiel und seiner natürlichen Atmosphäre entfernt. Entwöhnt vom Spiel, tut er sich mitunter schwer, vorhandene Hemmungen, Unsicherheiten und Ängste abzuwerfen. Er ist der Selbstverständlichkeit kindlicher Verwandlungskunst ebenso wie dem magischen Bann des Spiels entwachsen. Oder sollten wir besser sagen, er hat sich im Sog des Zeitgeistes und über-
alterter Gesellschaftsformen davon gelöst? Viele Erwachsene müssen das Spiel buchstäblich wieder erlernen. Im Verband mit spielgeübten Menschen, vor allem aber mit Kindern und Tieren, fallt das Wiederentdecken langst verschollen geglaubter Talente leichter. Worauf es bei der Wiedergeburt des Spiels ankommt, ist das LosLassen-Können. Los-Lassen von der Welt der Erwachsenen, von der Welt des reinen Intellektes und der Maschinen. Loslassen aber auch von allzu festgesetzten Zielvorstellungen, von Berechnung und Erwartungseinlösung um jeden Preis. Spielen heißt nicht nur, sich der Faszination anheim geben, sondern auch: sich ausliefern dem Spiel-Risiko. Es heißt, sich freiwillig Regeln unterzuordnen und es bedeutet vor allem, sämtliche Kräfte einzusetzen, ohne kalkulierbare Sicherheit, den geleisteten Einsatz zurückzuerhalten. Spiel schließt in seinen extremen Exponaten Siegen und Verlieren mit ein; und beides liegt oft sehr eng beieinander. So stellt also nicht der Sieg den eigentlichen Wert des Spiels dar, sonder das Spiel selbst ist es wert, sich dafür einzusetzen. Denn: was wäre der schönste Sieg ohne das Spiel? Sich aber für das Spiel einzusetzen, bedeutet für jeden Mitspieler,
Der individuelle Weg sein persönlich Bestes einzubringen. Im Spiel geht der Ausführende mit der Umwelt eine äußerst spannungsgeladene, herausfordernde Verbindung ein, einen aktiven, individuellen Dialog. Wer sich auf Fähigkeiten verläßt, die er nicht wirklich besitzt, wird sich im Spiel ebenso wie im Leben verfehlen. Sich bereichert, belehrt und beglückt wiederfinden kann sich nur, wer seine ganz persönlichen Kräfte aktiviert. Das Spiel lehrt ebenso wie das Leben, uns mit unserer individuellen Eigenart auszusöhnen. Es fordert uns auf, einzuwilligen in das persönlich einmalige Sein, ohne Selbstzweifel und Unzufriedenheit; einfach nur der zu sein, der wir kraft Geburt und Werdegang geworden sind, im Einverständnis mit unserem Selbst. Mit einfachen Worten: Bevor wir uns im Spiel verwandeln, müssen wir erst einmal alle fremden Verkleidungen ablegen. Nackt sind wir am schnellsten neu angezogen. Danach mag dem einen oder anderen, in hohen Zeiten des Spiels, das Kunststück gelingen, über sich hinauszuwachsen und auch im Leben zu dem zu werden, worin er sich im Spiel verwandelt hat. Am Anfang jedoch steht das Los-Lassen - die Rolle des Doktors, Professors oder des erfolgreichen Geschäftsmannes abzuwerfen und ganz einfach „ein Teil des Spiels zu werden". Vergessen wir
23 Nach dem Loslassen kommt die Verwandlung ins Spiel. Hier die „ängstliche Beute", die sich auf leisen Sohlen aus dem Staub macht.
all den Ballast von Äußerlichkeiten und werden wir wieder zu Kindern - im Spiel! In die Praxis umgesetzt, bedeutet dies: herauszufinden, welche Spiele einem selbst am besten liegen, und wo man seine Eigentümlichkeiten besonders gut einbringen kann. Auf der anderen Seite gilt es, für den Hund mitzudenken: Auf welche Spiele spricht mein Hund gut an? Das schließt nicht aus, nach einiger Zeit auch auf andere, ja sogar gegen individuelle Spiele einzugehen. Aber für den Anfang ist man gut beraten, einen möglichst streßfreien Einstieg zu wählen. Streßfrei für beide Teile, für Mensch und Hund! Denn jegliche Form von Streß ist zunächst einmal spielfeindlich, wie wir gleich hören werden.
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Das Entspannte Feld Spiel ist an eine ganz bestimmte Stimmungslage gebunden. Wähnt sich das Individuum in Gefahr, kommt erst gar keine Spiellust auf, oder - tritt Gefahr während des Spiels auf, dann wird das Spiel zu Gunsten der eigenen Sicherheit von einer Sekunde auf die andere abgebrochen. Auch Streß, Furcht oder andere unangenehme Zustande beeinträchtigen das Spiel. Ja sogar die Umgebung, etwa die Gestaltung des Ortes, wo gespielt wird, wirkt sich nachweislich auf die Psyche des spielenden Kindes aus. In der Kinderpädagogik bemüht man sich daher ganz gezielt, spielenden und lernenden Kindern bis ins Detail eine umgreifend angenehme Atmosphäre zu bieten. Während sich der erwachsene Mensch kraft seines Willens über allerlei Widrigkeiten hinwegzusetzen versteht, ist das Kind, und noch mehr das Tier, diesen Warn- und Steuermechanismen weitgehend ausgeliefert. Soll das Spiel, etwa als Lernspiel, Fruchte tragen, dann kommt man nicht daran vorbei, das gesamte materielle und immaterielle Umfeld als „Entspanntes, einladendes und ermutigendes Feld" zu gestalten. In der Hunde-Erziehung und Ausbildung heißt das, Ereignisse
und Dinge, die vom Spiel ablenken könnten, schon im Vorfeld aus dem Weg zu räumen. Wer mit jungen Hunden oder gar Welpen auf dem Hundeplatz im Beisein der erwachsenen Hunde und deren Hundeführer Lernspiele durchführt, darf sich nicht wundern, wenn der Hund etwas ganz anderes lernt (so ganz nebenbei), nämlich im Spiel abzuschweifen. Wiederholt sich dieses Szenario, so ist zu erwarten, daß allein schon der 1
Der Welpe, aber auch noch der Junghund braucht zusätzlich ausreichend Möglichkeiten der Sozialisation mit Hunden und anderen Menschen Wir sprechen hier von jener Spiel form, die der Zweier-Beziehung Mensch-Hund dient und als Basis eines Großteils der folgen den Aufgaben anzusehen ist.
Das Entspannte Feld
25 Futterspiel und BewegungsMotivation.
Anblick des Hundeplatzes bei diesem Hund eine diffuse, von Konzentrationssprüngen geprägte Stimmungslage erzeugt. Man sollte daher Ablenkungen weitgehend ausschalten und vor allem beim Junghund und Welpen zuerst einmal im unmittelbaren Familienumfeld spielen1, also dort, wo er zu Hause ist, in seiner gewohnten Umgebung. Und auch dort sind zu erwartende Ablenkungen möglichst auszuschalten. Mit wachsender Spiellust und zunehmender Spielkultur können und sollen Ablenkungen in kleinen Schritten hinzukommen. Was er beispielsweise zu Hause in der Küche gelernt hat, wird auf den Garten und später auf eine Wiese,
eine Lichtung oder auf den (nicht belebten!) Hundeplatz übertragen. Man wird sehen, daß der Hund mitunter ein Spiel oder eine Übung, die er im gewohnten Milieu bereits sicher beherrscht, in anderer Umgebung nahezu neu erlernen muß. Noch wichtiger als das Ausschalten von Ablenkungen ist jedoch die Spielgestaltung selbst. Der Hundeführer muß alles daran setzen, eine angenehme, freundliche, vertrauenswürdige und einladende Stimmung im Spiel aufzubauen und zu erhalten. Immer wieder ist man vor die Herausforderung gestellt, auf die „inneren Zähne" zu beißen und das Auf-
26 wallen von Ungeduld oder Wut energisch zu unterdrücken. Bis zu jenem Punkt, wo der Hund noch alles planmäßig ausgeführt hat, blieb der Hundeführer freundlich. Aber beim ersten Fehltritt des kleinen Vierbeiners ist es aus mit dem Entspannten Feld. Adrenalin tut seine Wirkung. Der Hundeführer ärgert sich über den Tolpatsch, der so schwer begreift oder in dem er sogar Widersetzung mutmaßt. Laute Worte und Handgreiflichkeiten tun ein übriges, um den letzten Rest der zerbrechlich zarten Stimmung aufzulösen. Vorbei ist es mit dem Spiel. Der Hundeführer bemerkt dies jedoch nicht, denn er ist der Meinung, so lange er mit dem Ball oder dem Futter herumfuchtelt, würde doch gespielt und der Hund solle gefälligst zufrieden sein. In diesem Moment vergißt er, daß Spiel nur im Entspannten Feld (bzw. Milieu) stattfindet und daß es endet, wenn die Entspannung sich in Streß oder Angst verwandelt oder -wenn die individuelle Frustrationsgrenze des Hundes überschritten wurde. Wer mit seinem Hund spielend vorgehen möchte, der muß wissen, daß es auch für den Spielleiter Spielregeln zu beachten gilt, die der Verhaltens-Regulative. Eine der fundamentalen, übergeordneten Spielregeln ist die Forderung, ein Entspanntes Milieu vorzubereiten, einzuleiten und zu erhalten.
Später, wenn das Entspannte Milieu mehr und mehr zur Gewohnheit wurde, wenn sich das Spiel als durch und durch angenehmes Ereignis gefestigt hat, können durchaus (dosierte!) Streßfaktoren hinzukommen, welche dann sogar noch eine Steigerung des Lustgefühls einbringen. Der „Nervenkitzel" ist ja eine altbekannte Facette des Spiels, man denke nur an die vielen Risiko-Sportarten, die sich zu allen Zeiten großer Beliebtheit erfreuten. In der alten Minoischen Kultur war es der Stiersprung, heute springt man an einem Gummiseil hängend von Brücken. Ein wenig von diesen extremen Formen ist auch in einfachen Spielen vorhanden. Aber wie gesagt, Zeitpunkt und Dosierung sind zu beachten.
Spiel-Möglichkeiten und Motivations-Bereiche Spiele sind so vielfältig wie das Leben selbst und entziehen sich letztlich der Systematisierung. Trotzdem ist es vorteilhaft, wenn l wir einige hunde-typische Spielweisen hervorheben und vergegenwärtigen. Je besser wir das arteigene Spiel des Hundes verstehen, desto leichter fällt uns, auf den Hund im Spiel einzugehen
Spiel-Möglichkeiten Versteck angreifen, das Verteidigen eines Ortes, wobei hierzu mit Vorliebe höhlenartige Orte genutzt werden, oder auch Gegenstände, die danach aussehen: Busche, Rohre, Holzstapel, Planen und Ähnliches; oder auch das VerteiDaher lohnt es sich allemal, Geledigen einer Anhöhe oder einer genheiten zu nützen, spielende Mulde. Weitere Spiele sind VerHunde jeden Alters genau zu bestecken und Suchen, Balgen, obachten. Hundetypische Spiele Spielbeißen, Anschleichen, gesind Nachjagen und Einholen, meinsames Laufen, Richtungsdabei dem anderen den Weg abschneiden, die Richtung wechseln, wechsel, Wechsel der Laufarten, anhalten und erstarren, den anderen wobei zahlreiche individuelle Bewegungs- und Geschicklichkeitslange fixieren, dann entweder Koordinationen erfunden und spielerisch fliehen oder angreifen, entwickelt werden. Hinzu kommen Haken schlagen, sich verstecken, die vielen Berührungs-Spiele, die auf der anderen Seite wieder vorHunde untereinander pflegen. Aber lugen oder erneut nachjagen, den auch allein zu spielen macht anderen aufdecken und in seinem
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und Aktivitäten zu entwickeln, an denen sich Mensch und Hund gleichermaßen erfreuen und in denen sie sich verwirklichen können.
Solitärspiel: Dieser Welpe spielt stundenlang mit seiner Klapperbüchse alleine.
28 Spaß. Oft sieht man einen jungen Hund sich daran ergötzen, seine Gliedmaßen und deren Bewegungsvielfalt zu entdecken. Er springt dann etwa aus dem Stand in die Luft, dreht sich um die eigene Achse oder wirft sich völlig unvermittelt auf den Boden. Aber auch stundenlanges Kauen oder Zerkleinern, wobei auch die Vorderpfoten eine wichtige Rolle spielen, gehören zum beliebten Repertoire der Solitärspiele (Einzelspiele). Tiere halten, ganz ähnlich wie Kinder, bestimmte Spiele eine Zeitlang sozusagen „in Mode". Haben sich diese Spiele abgenutzt oder tritt Neues in den Interessenkreis, dann werden sie von heute auf morgen abgesetzt. Andere Spiele nehmen ihren Platz ein, um nach einiger Zeit von wieder anderen abgelöst zu werden.
Vorbild natürliches Spiel So selbstverständlich sich diese Spielweisen dem Beobachter zeigen, so kompliziert sind sie aus verhaltensbiologischer und auch pädagogischer Sicht. Wer das gemeinsame Spiel mit dem Hund ernst nimmt, wer also im Sinne des Hundes sinnvoll spielen oder gar lernspielerisch vorgehen
möchte, der kommt nicht daran vorbei, sich immer wieder am natürlichen Spiel der Hunde zu orientieren. Er wird bald erkennen, daß die oberflächliche Beobachtung des Spiels hierfür nicht ausreicht. Um die vielen emotionalen und kommunikativen Vorgänge immer umfassender und besser zu verstehen, muß man schon sehr genau hinsehen. Das heißt, man muß sich beim Beobachten in den Hund hineinfühlen und hineindenken. Während des Beobachtens arbeiten die kleinen grauen Zellen auf Hochtouren. Weil aber im Spiel, anders als im sogenannten Ernstfall, die unterschiedlichen Funktionskreise aneinandergereiht und kombiniert auftreten, fällt einerseits das Verständnis oft nicht leicht, andererseits fühlt sich mancher Hundeführer unsicher bei der Entscheidung für ein Spiel, das für ihn und seinen Hund geeignet ist. Viele meinen ja, sie müßten sich entscheiden; etwa zwischen Futter und Beute. Hinter dieser immer noch verbreiteten Meinung verbergen sich gleich mehrere folgenschwere Irrtümer. Zum einen darf man die Funktionskreise nicht derart scharf voneinander trennen. In der Natur spielen zahlreiche Verhaltensweisen unterschiedlicher Funktionskreise ineinander und ergänzen sich zum Teil. Zum anderen sind die vielen aus dem Funktionskreis des Spiel-
Die Motivation neu entdeckt
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Jagens stammenden Aktionen allein mit dem Begriff Beute nur unvollständig charakterisiert. Anschleichen oder Nachjagen kann beispielsweise einen Hund in einer bestimmten Situation viel mehr motivieren als der Ball oder die Beißwurst. Oder es kann das Nachjagen interessanter sein als die Beute, die der Gejagte davonträgt. Zum dritten verspielt man mit der Entscheidung für nur einen der beiden Bereiche zahlreiche methodische Möglichkeiten. Und viertens ist das Motivations- Repertoire selbst dann, wenn man sich für „Futter und Beute" entscheidet, noch bei weitem nicht ausgeschöpft.
Die Motivation neu entdeckt Psychologisch gesehen ist jeder Antrieb, der Stärke und Richtung einer Verhaltenstendenz beeinflußt, als Motivation zu bezeichnen. Analysiert man jedoch die unterschiedlichen Verhaltensweisen, die beim Hund auf motivationale Triebfedern zurückzuführen sind, so drängt sich, lange bevor die Spielbeute oder das Futter ins Blickfeld rücken, vor allem die Bewegung auf, und natürlich die nahezu ununterbrochen präsenten
Motivationen, die im Sozialverhalten verankert sind. Diese beiden Motivations-Bereiche wurden in der traditionellen Ausbildung bisher in fataler Weise vernachlässigt. Erst seit sich neue, auf Motivation aufbauende Sportarten mehr und mehr verbreiten, beginnt man zu erkennen, welches Reservoir von Möglichkeiten die Lust an der Bewegung, an Aufgaben der Geschicklichkeit und an sozialen Erlebnissen bereitstellen. Durch einen Tunnel zu laufen, macht an sich Spaß, ohne großes Zutun des Hundeführers. Und wenn Flocky von Frauchen spielerisch ange-
Gemeinsames Versteck- oder Fangen-Spielen gehört zum Schönsten, was man Hunden bieten kann. Allerdings ist auch hier die intakte Rangordnung Voraussetzung. Nicht in jeder Situation darf man dem Hund nachlaufen!
30 schlichen wird, und das ganze Szenario alsbald in ein aufregendes Fangen- Spiel umgemünzt wird, dann gibt es wenig, was Flocky lieber hätte. Auch der Ball oder Futterstücke können damit kaum konkurrieren. Beobachtet man Wölfe, Wildhunde oder auch ein Rudel Haushunde, so erkennt man schnell, wie sehr sie sich untereinander mittels Bewegungen verständigen und gleichzeitig motivieren. Manche Bewegungsakte haben geradezu magische Wirkungen. Wir kommen darauf noch zurück. Der Motivations-Bereich der Bewegung (und Geschicklichkeit) verdient also eine ganz besondere Beachtung. Er steht den Jagd-Spielen (Hierzu gehört auch das viel zitierte Beute-Spiel) in der Bedeutung sicher nicht nach. Aber auch jene Aktionen, die betont sozialer Natur sind, wirken als starke Triebfedern. Hier sind zum Beispiel die Taktilen (Berührungs-) oder Olfaktorischen (auf Geruch aufbauenden) Motivationen zu nennen. Soziale Verbundenheit manifestiert sich ja nicht nur in der Rangordnung, sondern in zahllosen Gesten und Aktionen der Zuneigung. Wer mehrere Hunde hält, wird dies bestätigen. Es ist daher ebenso angebracht wie förderlich, wenn wir Motivation nicht nur in den Erscheinungsformen Futter und Spielbeute sehen, sondern uns auch
um die anderen Möglichkeiten bemühen, den Hund zu motivieren: durch Betonung der Bewegung, Lautäußerung, Berührung, der Körpersprache, des Geruchs (etwa in Verbindung mit Futter), der Zuneigung, des Futters, der Spielund Jagdbeute und anderer. Wenn wir aber im Folgenden von den Motivations-Betonungen sprechen, so sind wir uns darüber im klaren, daß diese vereinfachte Einteilung lediglich ein Modell darstellt, das der groben Übersicht dient. In Wirklichkeit gibt es sehr viel mehr unterschiedliche MotivationsBereiche (und Unterbereiche) und man muß sich diese in verschiedenen Ebenen gleichzeitig aktiv und miteinander vernetzt vorstellen. Wenn wir etwa von der Bewegungs-Motivation sprechen, so meinen wir damit lediglich, daß dieser Bereich im Augenblick hervorgehoben, also betont wirksam ist. Die zusätzliche oder unterschwellige Präsenz anderer Triebfedern (in unterschiedlicher Potenzierung) wird damit nicht geleugnet. Die meisten auf Motivation zurückzuführenden Verhaltensweisen beinhalten ja zusätzlich soziale Komponenten. Eine Trennung ist streng genommen unzulässig. Das Hervorheben der Betonung dient lediglich der besseren Vorstellung und unterstützt in mancher Hinsicht
Wer kann was spielen? pädagogisches Denken und Handeln. Motivations-Betonungen allein von den klassischen Reizen (optisch, akustisch, taktil, thermisch und olfaktorisch) aus abzuleiten, ist aus praktischer Sicht nicht zufriedenstellend. Die Bezugnahme auf den Funktionskreis einerseits und auf die wichtigsten Spielformen andererseits bietet für das didaktisch-methodische Denken bessere Ansätze und Hilfen. Kommen wir noch kurz auf die Unterschiede der Motivations- Bereiche zu sprechen. Daß Futter anders motiviert als Bewegung, und die Spielbeute wieder anders als Sozialmotivationen, bedarf keiner Beschreibung. Die qualitativen Unterschiede liegen auf der Hand. Darüberhinaus sind jedoch auch die Unterschiede der Antriebsstärke zu nennen. Jagd-, Beute und KampfSpiele beispielsweise lösen bei vielen Hunderassen in der Regel nicht nur qualitativ andere, sondern auch emotional und motorisch gesehen intensivere Aktionen aus als etwa Motivationen der gegenseitigen Fellpflege. Im hohen Aktionsniveau scheint der Hund Kommandos, die er unter normalen Bedingungen zuverlässig umsetzt, überhaupt nicht mehr zu hören. Daher kommt es vor allem im Schutzdienst immer wieder vor, daß Hundeführer Schwierigkeiten haben, ihren Hund unter Kontrolle zu bringen.
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Die in der normalen „Unterordnung" konditionierten Verhaltensweisen stehen nicht automatisch auch in anderen Stimmungslagen, vor allem nicht im Einflußbereich deutlich höherer Antriebsstärken und den sich daraus ergebendem höherem Aktionsniveau, zur Verfügung.
Wer kann was spielen? Qualitative und Niveau-Unterschiede der Motivation sind rasse-, individual-, alters-, ge-
Das Wissen über rassebedingte Unterschiede ist •wichtig für Erziehung und Ausbildung. Hier ein Leonberger.
32 schlechts- und last not least, anpassungsbedingt. Man darf die rassebedingten Präferenzen für bestimmte Funktionskreise und deren relevanten Motivations-Bereiche nicht unterschätzen. Retriever und Labradors zeigen beispielsweise früher als viele andere Rassen intensive und häufige Riech-Aktivitäten (olfaktorische Verhaltensweisen). Das Spiel der Labradore weist auffallend häufiges Apportieren auf, während RottweilerSchäfer- der Terrier schon im Welpenalter Mischling das schnelle Zupacken
und Totschütteln bevorzugt. Laufhunde, etwa die Barsois entwickeln früher als andere Rassen Bewegungsabläufe. Windhunde zeichnen sich durch auffallend starke Laufmotivation aus. Hütehunde sind prädestiniert für lange Trabstrecken. Golden Retriever gelten zu Recht als Wasserratten, was aber nicht heißen soll, daß nicht auch andere Rassen ebenso verrückt auf Badefreuden sind. Bei den American Staffordshire Terriers oder bei einigen Zuchtlinien der Bull Terriers und Pit Bull Terriers kann man beobachten, daß Spiele häufig in Kampfhandlungen übergehen. Inwieweit einige der Zuchtziele des 19. Jahrhunderts heute noch akzeptabel und sinnvoll sind, ist allerdings eine andere Frage. Auch die Reifungsprozesse einzelner Rassen laufen in erheblichen Unterschieden ab. Man spricht bei „unterschiedlicher Reifung des Verhaltens" (Zimen 1978) von Retardierung (Verlangsamung) und Akzeleration (Beschleunigung). Hundehalter wissen oft viel zu wenig über die rassebedingten Präferenzen ihrer Hunde. Sie haben sich beispielsweise einen Terrier, Husky oder Windhund zugelegt, nur weil er ihnen äußerlich gefällt. Über die erblich vorgegebenen Eigenschaften haben sie sich nicht informiert. Erhält dieser
Erbanlagen nützen Hund aber aus Unwissenheit nicht die rassetypischen Anregungen und Verhaltensangebote, dann kann dies zu „Verhaltensstörungen und damit zu Leiden" führen (FeddersenPetersen 1997). Für alle Hunderassen gilt, man muß ihren rassebedingten Ansprüchen in Aufzucht und Haltung gerecht werden. Heinz Weidt betont zu Recht, wie wichtig in diesem Zusammenhang die „Passung2" ist. Der Hund sollte zum Hundeführer und in die Familie „passen". Man verletzt nicht nur die Gesetze des Tierschutzes, wenn man einen Lauf-Hund den ganzen Tag im Haus einsperrt und nur abends, nach der Arbeit, kurz Gassi führt. Eine derartige Haltung mag für den Hundebesitzer zufriedenstellend sein, für den Hund ist sie es sicher nicht; ganz abgesehen von den Gefahren, die sich aus derartiger Haltung für die Umwelt ergeben können.
Erbanlagen nützen Auch für die Erziehung und Ausbildung ist es von Vorteil, wenn man die genetisch verankerten 2
Siehe Heinz Weidt und Dina Berlowitz „Spielend vom Welpen zum Hund, Naturbuch Verlag 1996 und „Das Wesen des Hundes", im gleichen Verlag 1998.
Vorlieben des Hundes gezielt nützt. Auf Kursen treffe ich immer wieder Hundehalter, die ihren Vierbeiner am liebsten umfunktionieren würden. Ihr Hund spricht gut auf Futter an, sie wollen aber unbedingt, daß der Hund das Beute-Spiel annimmt. Wenn der Hund hierfür weder von der Rasse her noch von seinen individuellen Anlagen her die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt, sollte man von derartigen Wunschzielen Abstand nehmen! Und wenn man Hundesport betreiben möchte, so muß auch diese Entscheidung unbedingt unter Berücksichtigung der Eignung beider Partner getroffen werden! Andererseits soll aber auch betont werden, daß das Image mancher Rassen nicht immer und in allen Punkten den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Als ich 1997 einer Einladung des „Deutschen Vereins für Berner Sennenhunde" nach Bochum folgte, stellte sich nach zwei Tagen heraus, daß die meisten Hundeführer ihren Hund auf Grund des allgemein verbreiteten Rasse-Images nicht richtig eingeschätzt hatten. Sie meinten, der Berner Sennenhund sei ein „gemütlicher, eher bewegungsarmer und wenig, wenn überhaupt beutespiel- orientierter Hund". Bei entsprechendem Spielangebot zeigten jedoch ausnahmslos alle Hunde viel Spaß an allen Phasen des Beute-Spiels. Zwar
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34 liche individuelle Verhaltensstrukturen anzusehen. Daß man sich im Spiel auf die physiologischen Gegebenheiten der Rasse einstellen muß, um die Gesundheit des Hundes nicht zu überfordern, liegt auf der Hand. Bei schweren Hunden beispielsweise sind besonders die Gelenke gefährdet. Sprünge, schnelle Stops und Drehungen müssen daher im Spiel reduziert, wenn nicht gar vermieden werden. Bei nordischen Rassen läuft man Gefahr, im Sommer den Kreislauf zu überfordern.
Golden waren die Bewegungen nicht so Retriever wie bei einem Dobermann oder Schäferhund rasant, aber geschickt und flink waren sie allemal, und motiviert! Auch die Individualität des Hundes wird nicht selten falsch beurteilt. Viele Hunde sind nicht so oder so, weil ihnen die Individual-Gene dieses Naturell aufgezwungen haben, sondern weil sich der Hund seinem Hundeführer und der Umgebung mit den Jahren angepaßt hat. In anderer Umgebung hätte sich der Hund womöglich völlig konträr entwickelt. In vielen Fallen ist die außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit des Hundes als die eigentliche Ursache für vermeint-
Auf die Unterschiede des Temperaments wurde bereits in dem im gleichen Verlag erschienenen Buch „Richtig Spielen mit Hunden" ausführlich eingegangen (S. 42 ff).
Fassen wir zusammen Eine tierpädagogisch fundierte Ausbildung wird sich nicht auf ein oder zwei Motivations-Bereiche beschränken, sondern alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nützen. Die Entscheidung, für welchen Hund in welchem Ausbildungsstand welche Motivation (oder welche Folge oder Kombination von Motivationen) am ge-
Motivations - Gegenstände eignetsten ist, muß für jeden Hund in jeder Situation individuell entschieden werden. Rasse, Temperament, Alter, Reifung, Entwicklungsstand, Geschlecht und Anpassung sind zu berücksichtigen. Von Zeit zu Zeit sollte das didaktisch3-methodische Konzept überprüft und gegebenenfalls neu erstellt werden. Hunde entwickeln sich sehr schnell. Mit bereits 7 Wochen sind beim Schäferhund 90% aller Verhaltensformen vorhanden! Entwicklungs- und Reifeprozesse müssen in der Ausbildung berücksichtigt werden und letztlich auch in der Motivations-Gestaltung ihren Niederschlag finden. Allein schon durch die Entscheidung für einen bestimmten Motivations-Bereich kann der eine oder andere Hund, vor allem im Welpen- und Junghund-Alter, über- oder unterfordert werden. Die richtige Wahl des Motivations-Bereiches trägt schon viel dazu bei, den Hund in jeder Situation weder zu über- noch zu unterzufordern. Und damit drängt sich förmlich schon die nächste Frage auf: Welches MO (Motivations-Objekt) bzw. welche MO's eignen sich innerhalb des gewählten Bereiches für den jeweiligen Hund am besten? 3
Unter Didaktik verstehen wir die Vorgehensweise im Zentrum der verwandten Mittel, unter Methodik die Betonung auf die Gestaltung der einzelnen Lernschritte
MotivationsGegenstände (MO's) Nicht nur der Motivations- Bereich, auch die MO's (MotivationsObjekte) untereinander unterscheiden sich ganz erheblich in ihrer Wirkung. Wer wüßte nicht von den Futtervorlieben (oder Abneigungen) seines Hundes oder vom „Lieblingsspielzeug" zu berichten. Oder denken wir an die nahezu unübersehbaren Spielbeuten, die heute im Handel angeboten werden. So erfreulich das bunte Angebot auf der einen Seite ist, so bedenklich stimmt die leider oft völlig unreflektierte Verwendung derselben. In „Richtig Spielen mit Hunden" (S. 114) wurden die Wirkungsweisen der „Vier Klassischen Spielbeuten" (Ball, Geräuschspielbeute, Schleuderspielbeute und Bringholz) erstmals fundiert dargestellt. Aus der abgedruckten Tabelle läßt sich ablesen, ob ein MO mehr das Nachjagen, das Tragen, Hakenschlagen oder anderes offeriert. Es wäre wünschenswert, Ausbilder und Hundeführer würden die Gegenüberstellung der Motivations-Schwerpunkte mit den anliegenden Übungszielen in Verbindung bringen und in ihre methodischen Konzepte einfließen lassen.
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Kommunikation Die Ausdrucksformen des Hundes Unten und rechts: Körpersprache in ihren Ausformungen der Haltung, Bewegung sowie der Gestik und Mimik ist eine der wichtigsten Verständigungsebenen unter Hunden.
Spiel fordert und fördert Fähigkeiten des Denkens, Fühlens und Handelns. Gerade das macht ja den Spaß an der Sache aus. Soll das Spiel mit dem Hund jedoch ein echtes Partner-Spiel werden, so müssen wir mit dem Hund in Verbindung treten, mit ihm kommunizieren. Über die Ausdrucksformen der Hunde wurde schon
viel geschrieben1. An Stelle einer weiteren Abhandlung über canide Kommunikation beschränken wir uns hier auf einige wesentliche, praxisbezogene Aspekte. (Wer mehr über diesen Bereich erfahren möchte, möge in der einschlägigen Literatur nachsehen oder auch im Buch „Mensch-Hund-Harmonie", wo der Autor die
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Dont Feddersen-Petersen „Hundepsychologie", Kosmos 1989, Desmond Morris „Dog-watching", W Heyne Verlag 1986, Anders Hallgren „Lehrbuch der Hundesprache", Oertel und Sporer 1986
Die Ausdrucksformen des Hundes Syntone Kommunikation näher beschreibt.) Zunächst einmal ist hervorzuheben, daß sich der Mensch bevorzugt mittels Worten mitteilt. Die Sprache ist schlechthin die Kommunikationsebene des Menschen. Anders der Hund. Hunde verständigen sich auf vielfache Art und Weise. Wenn sie sich beispielsweise begrüßen, läuft ein ganzes Feuerwerk unterschiedlicher Kommunikationen auf unterschiedlichen Ebenen ab. Alle Sinne sind in Alarmbereitschaft: Riechen, Sehen, Spüren und Hören. Eine herausragende Rolle spielt hierbei die Körpersprache, die von Hunden tatsächlich wie eine Art Rede vollzogen wird. Man spricht bezeichnenderweise von Nonverbaler Kommunikation (wortloses In-Verbindung-Treten). In entscheidenden Situationen, wie etwa beim Angriff oder der Flucht, verhalten sich Wolf und Wildhund völlig lautlos. Die geringste Lautäußerung wurde die Handlung verraten. Trotzdem spielen auch Lautäußerungen in der Verständigung der Hunde, ebenso wie Berührungssignale (Taktile Kommunikation) und die Geruchliche Kommunikation (Olfaktorische) eine wichtige Rolle. Die AussageVielfalt ebenso wie die Ausprägung der einzelnen Signale ist zwar beim Hund im Vergleich zu seinem Vorfahr, dem Wolf, verkümmert. Andererseits haben sich
in Folge der Domestikation aber auch qualitative Veränderungen und Höherentwicklungen bestimmter Ausdrucksformen herauskristallisiert. Interessant ist, daß die Spiel-Gesten bei näherer Betrachtung eindeutige Unterscheidungs-Merk-
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male zum Ernstverhalten aufweisen. Eine Mutterhündin beispielsweise, die ihr sechzehn Wochen altes Junges spielerisch anspringt, wirft beim Ansprung die Vorderpfoten im letzten Augenblick deutlich zur Seite. Eine Geste der Freundlichkeit, des Spiels. Im Ernstfall wurde sie Krallen und Pfoten gezielt auf die Mitte des Beute-Objektes richten. Bis zum Ansprung ist das Spiel-Anschleichen kaum von der Ernst-Handlung zu unterscheiden. Die Tatsache allerdings, daß die
Spielhandlung im entspannten Feld auftritt, lenkt den Vorgang schon im Vorhinein in eine bestimmte Richtung. In Verbindung treten, haben wir gesagt, setzt den Informationsfluß voraus. Unter Menschen ist das einfach. Wir sprechen uns an und damit ist die Verbindung hergestellt. Der Hund aber kann nicht 14.000 Jahre Evolution abstreifen. Er agiert noch in zahlreichen Verhaltensweisen nahezu wie ein Wolf. In Verbindung treten heißt
39 für ihn gleichzeitig, sich und das Rudel nicht zu verraten. Daher werden auch heute noch bei vielen Rassen und Individuen in bestimmten Situationen optische Signale bevorzugt. Eines der wichtigsten visuellen Signaltypen sind Achtung-Signale, die der Hund meist durch verschiedenartige Formen des Erstarrews äußert. Manche Signale gehen jedoch über reines Ach-tungMitteilen hinaus. Denken wir nur an das hohe Aufrichten des gesamten Körpers bei gleichzeitigem Hochhalten und Pendeln der Nase. Klar, worum es hier geht: Witterung wurde aufgenommen. Am Einpendeln der Nüstern in Richtung der geruchlichen Quelle lesen die anderen Tiere die Richtung ab. Der Mensch kennt die unmittelbare Lebensbedrohung nicht mehr. Wir würden eine Gefahr mündlich übermitteln, allenfalls flüsternd. Nur in extremer Situation, etwa bei großer Distanz, würde uns einfallen, an Stelle von Worten eine Geste zu benutzen. Von der gewohnten Priorität der Laut-Vermittlung müssen wir im Umgang mit dem Hund wegkommen. Laute und Geräusche sind zwar enorm wichtig, ganz besonders im Spiel und in der Belohnung, selbstverständlich auch im
Sport. Dort sind es die Hörzeichen, auf die der Hund bestimmte Verhaltensroutinen zeigen soll. Aber es wird uns nicht gelingen, eine tragfähige Kommunikation ohne Körpersprache aufzubauen. Der Großteil hündischer Kommunikation läuft in Distanz ab: lautlos, auf visueller und olfaktorischer (geruchlicher) Ebene. Die Möglichkeiten, sich geruchlich mitzuteilen oder gar geruchlich synton zu kommunizieren, sind uns nicht gegeben. Wenn wir aber zur olfaktorischen auch noch die optische Ebene ausschließen, dann bleibt nicht mehr viel übrig, um die Kluft der Andersartigkeit zwischen Mensch und Hund kommunikativ zu überbrücken. Daher müssen wir unbedingt lernen, die vielen Nonverbalen Signale des Hundes zu decodieren. Und auf dieser Basis gilt es dann, Formen zu finden, ohne Worte, nur mittels Körpersprache mit dem Hund in Verbindung zu treten. Es gibt hierfür kein besseres Exerzierfeld als das Spiel. Mit anderen Worten: Eine der ersten Aufgaben wird sein, wie ein Pantomime denken zu lernen, -in der Welt der „stummen Sprache", und die zweite: Aufmerksamkeit und Interesse des Hundes auf sich zu lenken durch Haltung, Bewegung, Gestik und Mimik.
40 Ein „Sst!" oder „Paß auf!" kann wohl dann und wann einmal hilfreich sein, wenn der Hund beispielsweise abschweift und den Blickkontakt verloren hat. Folgt auf das akustische Signal jedoch keine weitere Botschaft oder Handlung im Bereich der Bewegung oder Mimik, wird der Hund das Hör-Signal schon bald überhaupt nicht mehr beachten. Als AuslöseSignal kann zum Beispiel das explosive Werfen eines Schleuderballes dienen.
Hinzu kommt, daß in den klassischen Hunde-Sportarten jedes zusätzliche Wort als unerlaubte Hilfe gilt. Auch optische Signale gelten zwar als Hilfe, aber hier haben wir
immerhin noch die Möglichkeit, uns so zu bewegen, daß die natürlichen Signale der Haltung und Bewegung als Stimulanz ausreichen. Demgegenüber läßt das Verbot zusätzlicher Worte nicht den geringsten Spielraum, den Hund außerhalb der Prüfungs-Hörzeichen auf der akustischen Ebene zu motivieren. Alles in allem spricht viel dafür, die Kommunikation mit dem Hund auf allen uns zugänglichen und möglichen Ebenen, vornehmlich aber auf der nonverbalen Ebene auszubauen und zu pflegen. Je nach Zielsetzung und praktischen Möglichkeiten soll auch das Einbringen akustischer und taktiler (Berührungs-) Signale miteinbezogen werden. Im Sinne der Integralen Motivation! Vor allem zu Beginn der Erziehung und Ausbildung, wo Hilfen aller Art und in üppiger Form nicht nur erlaubt, sondern höchst hilfreich sind. Wenden wir uns jedoch zunächst einigen Formen der optischen Kommunikation zu:
Auslöse-Signal Im Ablauf eines Anschleich-Spiels etwa steht der Flucht- bzw. AngriffAuslöser eher am Ende des Ablaufes. Aber weil gerade in diesem Punkt immer wieder gravierende Fehler gemacht werden,
41 setzen wir ihn im TrockenübungsProgramm an den Anfang. Eigentlich wissen wir es ja: Schleudert man einen Gegenstand weg, so löst dies bei den meisten Hunden einen Reflex aus. Sie jagen der Ersatzbeute nach. Um jedoch im Spiel nicht fortwährend ungewollte und unreflektierte Auslöse-Signale zu präsentieren, sollten wir ein wenig mehr darüber wissen: • Signal-Wirkungen hängen nicht nur von der Art und Weise und von der Intensität der SignalGestaltung ab. Je nachdem, was vorher war und was während der Kommunikation abläuft, kann die Wirkung dadurch ganz erheblich verändert werden. Ist der Hund beispielsweise noch nicht in Spiellaune oder ist er abgelenkt, so kann es vor allem beim jungen oder spielvernachlässigten Hund vorkommen, daß selbst stärkste Reize keine Wirkung zeigen. Umgekehrt kann ein in hoher Erwartungshaltung befindlicher Hund bereits durch die kleinste ruckartige Bewegung des MO's zum Aufspringen stimuliert werden. Wir müssen also lernen, die Signal-Gestaltung auch im Hinblick auf die augenblickliche Empfänglichkeit und das im Augenblick vorgefundene Motivations-Niveau unseres Hundes zu formen. Man sieht, wir
stoßen immer wieder auf die Schlüsselstellung der Beobachtung und der Balance. • Auslösende Wirkungen sind: ruckartige, schnelle, beschleunigende oder richtungsändernde (hin und her, auf- und ab, kreisförmige oder asymmetrische) Bewegungen. Weich ausgeführte Wendepunkte der Bewegung zeigen weniger auslösende Wirkung als abrupte; langsame Bewegungen zeigen weniger Wirkung als schnelle. • Die Wirkung eines Auslösers kann durch die Form sich anschließender Aktionen verstärkt oder abgeschwächt werden. • Bewegungs-Auslöser können durch das Hinzutreten weiterer Signale, etwa durch Geräusche, verstärkt oder abgeschwächt werden. In der Praxis kommt es darauf an, sich so zu bewegen, daß einerseits ungewollte Auslöser vermieden und andererseits beabsichtigte Auslöser eindeutig gegeben werden. Zu schnelles Gehen etwa beim Anoder Wegschleichen wirkt auf einen normal veranlagten Hund wie ein Auslöser. Er verhält sich also ganz und gar arteigen, wenn er auf ein derartiges Signal aus dem geplanten Liegen aufspringt. Und wer seine Bewegungen mit Geräuschen berei-
42 chert, muß auch damit behutsam vorgehen. Geräusche müssen ein Spiegelbild des Vorganges als Ganzem darstellen. Auch sie dürfen nicht Auslöse-Charakter annehmen, wenn sie eigentlich nur zur Steigerung der Stimulation geplant waren. Eine große Hilfe in der Signal-Gestaltung ist die Verwandlung. Je besser man sich in das, was man darstellen möchte, verwandeln kann, desto echter und damit erfolgreicher gestaltet sich in der Regel auch die SignalGestaltung. Spielbeschreibung
Als AuslöseSignal wirkt hier der Sprung Beschreibung eines Auslöser-Sigzur Seite. nals am Beispiel einer Spiel-Jagd:
Vorbereitung: Bereitstellen eines beliebigen MO's, etwa einer Beißwurst. (Nach einigen Wochen sollte man auch andere MO's ms Spiel bringen: Futterstücke, Beiß-Leder, Ball, Schleuder-Ball u.a.) 1. Der Hundeführer halt die Beute ruhig, bewegt sie betont vorsichtig und langsam hin und her (im Rahmen von ein bis zwei Zentimetern, nicht mehr!). 2. Nach vorausgegangenem innerem Spannungsaufbau macht der Hundeführer einen Satz zur Seite oder nach hinten und schleudert die Beute in Laufrichtung. Je explosiver die Bewegung ausgeführt wird, desto besser. Aufgabe für den Leser: Experimentieren Sie mit verschiedenen Techniken des Auslösens, und kontrollieren Sie sich ständig auf
43 Klar, was hier pantomimisch ausgesagt wird: Der Herr rasiert sich.
unbeabsichtige Wirkungen. (In der Gruppe lassen sich tolle Spiele durchführen.)
AuffordernungsGesten Spielaufforderung
Wir alle kennen die Aufforderungsgeste, mit welcher Hunde einander zum Spiel auffordern: vorne tief, hinten hoch, „lachender", freundlich einladender Maskenausdruck, Lefzenwinkel weit nach hinten gezogen. Das können wir natürlich nicht in gleicher Weise nachahmen. Aber wir können markante Teile aus dieser Verhaltensweise herauskristallisieren und wenigstens annähernd wiedergegeben. Wichtig ist, daß die
isolierten Teile in eher betonter Ausprägung wiedergeben werden. So wie etwa ein Karikaturist durch die maßvolle Überzeichnung (Übertreibung) den Blick des Betrachters auf Besonderheiten lenkt und ihm ein Schmunzeln abgewinnt, so wird auch im Spiel durch Betonung bestimmter Ausdrucksformen eine Steigerung in der Signal-Wirkung erzeugt. Die Stilisierte Geste zeichnet sich also durch zweierlei aus: An Stelle einer Abbildung eins zu eins beschränkt sie sich auf hervorstechende, wesentliche Merkmale und zweitens: sie betont diese -durch Überzeichnung. In unserem Falle heißt also die Aufgabe, das Wesentliche der Spielaufforderung zu erkennen und in einer für den Menschen geeigneten Form betont wiederzugeben. Vorbild in dieser Technik sind Karikatur und Pantomime.
44 Spielaufforderung l, zunächst ohne Hund
Beschreibung in Stichworten: 1. Beine in Grätsch-Stellung, Knie leicht beugen 2. Oberkörper ein wenig vorbeugen (Drohung vermeiden!) 3. Blick auf Hund heften, Hörsignal (beispielsweise Wuffen oder auch einen anderen, Aufmerksamkeit erzeugenden Laut von sich geben) 4. Kopf, Oberkörper und Arme ruckartig nach unten werfen (so weit es die eigene Gelenkigkeit erlaubt), Blick jedoch nach vorn, weiterhin auf den Hund heften. Blick und Mundpartie schmunzelnd und einladend. In dieser Keine Angst vor Spiel-Fixieren.
Stellung einige Sekunden verharren, dann 5. Auslöser: explosive Bewegung als Stimulation für gemeinsames Spiel. Etwa Spiel-Fluchten, SpielNachjagen, Sprünge, Aufforderung zum gemeinsamen Laufen, gegebenenfalls Wiederholung der Spielaufforderung, Modifizierung derselben oder Spielaufforderung 2. Bemerkung zum „Fixieren": keine Angst vor dem Fixieren im Spiel! Spiel findet im Entspannten Feld statt und hier tritt Fixieren in spieleigener Färbung auf. Hunde fixieren sich im Spiel gelegentlich bis zu einer halben Minute, und zwar ununterbrochen. Würde ein Hund auf das Spiel-Fixieren hin Angst oder Unsicherheit demonstrieren, müßte man allerdings das Fixieren abbrechen und erst einmal ein Entspanntes Feld aufbauen. Außerdem ist bei Mensch-HundErst-Begegnungen natürlich Vorsicht geboten und zuerst einmal eine Vertrauensbasis herzustellen, bevor man den Hund fixiert. Spielaufforderung 2, zunächst ohne Hund
1. Wie oben, an Stelle der „Vorn Tief-, Hinten Hoch-Stellung" jedoch lediglich einen leichten Sprung aus dem Stand in den Stand, ohne (oder mit nur geringer) Vorwärtsbewegung. Blick während des Sprungs auf Hund
45 Nachahmung einer „hündischen" SpielAufforderung.
heften (im Idealfall freundlicher Blick - Spielgesicht). Spielaufforderung 3, zunächst ohne Hund 1. Bein-, Oberkörper- und Kopfhaltung wie oben. 2. Unbewegt stehen bleiben und mit einem Bein (einmal oder mehrmals) auf den Boden stampfen. Auch hier wieder in aufforderndem, freundlichen Charakter. Man kann nicht immer vorhersehen, ob das Aufden-Boden-Stampfen bereits als Auslöser auf den Spielpartner wirkt oder ob lediglich eine Verstärkung vermittelt wird. 3. Weiterführung wie oben.
Lauf-Aufforderung, zunächst ohne Hund Hunde, vor allem, wenn sie noch jung sind, werfen ihren Körper dann und wann völlig unvermittelt in eine neue Richtung und beginnen daraufhin wie wild zu galoppieren. Dieses Verhalten wirkt auf andere Rudelmitglieder ungemein ansteckend. In der Regel wird auf diese Weise ein wildes Lauf- oder Fangen-Spiel eingeleitet. Spielbeschreibung: 1. Hundeführer geht eher absichtslos hin und her. 2. Auf einmal startet er, etwa in
46 AufbruchAufforderung.
Verbindung mit einem Sprung, und läuft in eine neue Richtung. Aufbruch-Aufforderung (Aufbruch-Geste), zunächst ohne Hund Während Lauf-Aufforderungen häufig gleichzeitig Spiel-Aufforderungscharakter beinhalten und zum Laufen oder Spielen an sich stimulieren, werden AufbruchGesten oft (nicht immer) in die einzuschlagende Richtung vermittelt. 1. Wie bei Lauf-Aufforderung l 2. Die neue Richtung wird durch ein Schwingen mit dem Kopf eingeleitet. Variante: Aufforderung und neue Richtung werden nur durch eine geringe,
eckige Kopfbewegung angezeigt. Varianten: Verstärkung durch Blickbewegung oder (und) durch Laute.
Achtung-Gesten, zunächst ohne Hund Im Repertoire der Nonverbalen Kommunikation sind AchtungGesten mindestens ebenso vielversprechend wie Spielaufforderungen. Tiere in der Wildnis signalisieren sich durch AchtungGesten beispielsweise: „Aufgepaßt! Seht her! Ich hab etwas Wichtiges wahrgenommen." Die
47 eigentliche Ursache des Interesses kann, muß aber daraus noch nicht hervorgehen Oft zeigt sich dies erst im weiteren Verlauf Neben Bedrohungs- und Jagd-Motivation gibt es unzählige Ereignisse, die das Interesse der Tiere auf sich ziehen Je hoher das Ereignis eingestuft wird, desto bedeutungsvoller wird ein ganz besonderer Punkt Schnelligkeit Handelt es sich beispielsweise um eine Bedrohung, so ist Schnelligkeit eine ausschlaggebende Komponente des Überlebens Daher muß jede potentielle Gefahr so früh wie möglich erkannt werden Auch m der Jagd ist Schnelligkeit ausschlaggebend Kommt man um einen Augenblick zu spät, so ist die Beute weg Gehen die Kräfte zur Neige, kann ein einziger mißglückter Angriff den Tod bedeuten Die Chance des Jägers liegt vor allem in der Überraschung und m der Schnelligkeit So wird verständlich, daß wild lebende Tiere eher einmal zu viel von Achtung-Signalen Gebrauch machen „Blinder Alarm", wurden wir sagen Aber besser viermal Blinder Alarm als einmal eine Gefahr oder eine Jagd-Chance übersehen1 Achtung-Signale, wie konnte es anders sein, findet sich natürlich auch im Spiel wieder Auch dort vermittelt der eine dem anderen „Hallo1 Hersehen - hier bei mir ist was los'" -Oder „Hallo, komm her, ich bin
m Spannung1" - Oder „Schau her, ich schleich Dich jetzt an " Wir haben im Spiel unserer Hunde immer wieder beobachtet, daß Spiel-Anschleichen m der Regel so gestaltet wird, daß der andere das Anschleichen wahrnimmt SpielAnschleichen von hinten kommt bei ausgewachsenen Hunden selten vor Der Vorgang wird meist - mehr oder minder auffällig angekündigt Das Anschleichen erfolgt frontal von vorn oder auch seitlich Unter dieser Voraussetzung ist gesichert, daß der „Überraschte" m Spielstimmung gerat, und das Spiel im weiteren Verlauf auch wirklich als Spiel mitmachen kann Auf eine echte Überraschung wurde der Angegriffene eher mit einer instinktiv gesteuerten Verteidigungsaktion antworten Diese konnte dem in spielerischer Absicht Angreifenden ernsthaft gefährlich werden Achtung-Signale im Spiel erfüllen also mehrere Aufgaben Kommunikative Kontaktaufnahme, Stimmungsübertragung auf alle Beteiligten und Ankündigung des „geplanten" Spiels Ob etwa ein Fangen-Spiel, ein Scheinangriff oder was immer zu erwarten ist Hunden entgeht selten ein AchtungSignal Kommt die Botschaft aus irgendwelchen Gründen jedoch nicht an, wird das Signal
48 meist verstärkt oder auch in Abwandlung oder durch Hinzufügen weiterer Sinnesebenen, wiederholt, etwa durch Wuffen, auf den Boden stampfen und anderes. Mitunter reagieren Hunde jedoch auch absichtlich nicht auf die Gesten des anderen. Zum Beispiel dann, wenn sie nicht spielen wollen oder wenn sie dem Signalgeber betont ignorierend ihre höhere Rangordnung demonstrieren. Nach einiger Zeit kann es dann vorkommen, daß sie nach vollzogener Dominanz-Demonstration doch mitspielen, mitunter um so intensiver. Manchmal muß sich das rangtiefere Individuum zuerst einmal unterwerfen, bis sich der Höhere zum Spiel herabläßt. Oder es kommt vor, daß der Ranghöhere die Aufforderung nicht annimmt und nach einer Weile dann selbst inszeniert.
Der entscheidende Moment Da Hunde ausgesprochene Bewegungsseher sind, können sie kleinste Veränderungen der Haltung und Bewegung wahrnehmen. Veränderung bedeutet aber auch: Eine Bewegung wurde abgebrochen! Genau das ist das zuerst auftretende, entscheidende Moment der Achtung-Geste. Als zweites folgt das Erstarren, dann
das mehr oder minder lang dauernde Halten der Erstarrung, gefolgt von geeigneten Anpassungsvarianten (noch näheres Heranschleichen, Abducken, Wegtrippeln usw.). Schließlich folgt das Anspringen oder auch Flüchten. Hundeführer sieht man in allen drei Momenten immer wieder den gleichen Fehler machen: Die einzelne Aktion wird ausgeführt, ohne daß vorher das geistige Erlebnis vorausging. Dadurch wird die simulierte Darstellung nicht nur unglaubwürdig, sondern sehr oft fehlerhaft. Das Anhalten sieht dann bei manchen drohend, bei anderen gezwungen, unsicher oder kraftlos aus, und an Stelle des Erstarrens bewegt man sich dann doch irgendwie in wackelnder Weise... In allen Fällen hätte man sich die simulierte Handlung vorher vorstellen sollen! Spiel steht und fällt mit der Verwandlung, sprich Imagination! Das muß ernst genommen werden. Wenn wir also im Folgenden beschreiben, der Hundeführer solle nach dem lockeren Hin- und Hergehen auf einmal stillstehen, dann ist damit gemeint, er muß so tun, als hätte er etwa am Boden eine Maus ausgemacht oder unter einem Busch eine Katze oder einen Vogel entdeckt. Das muß ich mir richtig vorstellen, es vor meinem geistigen Auge Wirklichkeit werden lassen. Ich muß es, mit einfachen
49 Worten: spielen, ich muß es leben! Nur unter dieser Voraussetzung wird die Achtung-Geste dem Hund glaubwürdig vorkommen.
und Beobachtung haben schon vielen geholfen, ihr Spielen natürlicher, differenzierter und effizienter werden zu lassen.
Ich hefte also den Blick auf den Punkt (wo sich die Maus in meiner Vorstellung befindet), gleichzeitig habe ich mich innerlich in einen Hund verwandelt, das heißt, für mich als Hund ist dies ein außerordentlich motivierendes Ereignis. In dieser Imagination rufe ich meine emotionalen Kräfte wach: Eine Maus! - Jagdlust kommt auf! Auf diese Weise werden sich (im Idealfall) ganz von selbst die damit verbundenen Signal-Details einstellen. Viele Menschen sind jedoch bereits erheblich haltungsund bewegungs-degeneriert, was sich im Spiel natürlich auswirkt. In diesem Fall kann die Beschreibung einiger Signal-Details zur Verbesserung beitragen. Die Vergegenwärtigung darf allerdings nicht auf geistiger Ebene stehen bleiben. Es kommt darauf an, das Wissen in die Tat umzusetzen, wobei sich Trockentraining (Üben ohne Hund) ganz besonders empfiehlt.
Hier die Kurzbeschreibung der Haltung des Hundeführers nach dem Orten der Beute: Beine in Ausfalls-Stellung (TStellung), in den Knien ein wenig beugen, sprungbereite Körperhaltung, leichte Spannung im gesamten Körper (jedoch keine Verspannung Oberkörper leicht gebückt
Die zweite Möglichkeit, Ausdrucks-Defizite auszugleichen, liegt in der Beobachtung. Neben dem Trockentraining sollte man jede Gelegenheit nützen, Hunde im Spiel zu beobachten. Auch Katzen auf Mäusejagd sind lohnende „Vorbilder". Beschreibung
Der Hundeführer „verwandelt" sich hier in einen Hund, der eine Maus am Boden geortet hat (optische Ordnung)
50 und vorgebeugt, Arme und Hände in aktionsbereiter Haltung (nicht schlaff herunterhängen lassen), Augen etwas weiter als normal geöffnet, höchst konzentrierter, fixierender Blick, Gesichtsausdruck erstarrt, Atmung gleichmäßig einund ausströmend oder auch Atem anhalten. Spielbeschreibung l, Orten (sehend oder hörend) und Anspringen der Beute (zunächst ohne Hund) (Aus pädagogischen und praktischen Gründen stellen wir hier gleich von Anfang an nicht nur die AchtungGeste isoliert, sondern als zusammenhängende Jagd-SpielEinheit vor) Hier hat der verwandelte Hundeführer Witterung aufgenommen (olfaktorische Ortung).
Vorbereitung: Hundeführer legt eine Spielbeute ins Gras (oder hinter eine Mauer, auf einen Baumstumpf o.a.) und entfernt sich einige Meter. 1. Hundeführer geht locker hin und her (Imagination) 2. Plötzliches Orten der Beute (geistig-emotionale Vorstellung!) 3. Bewegung stoppen, anhalten, erstarren, fixieren... 4. Aktion: Beute anspringen*. 5. Mit der Beute spielen *Kurzbeschreibung des Anspringens: (Die gesamte Übung ohne Hund!) Hier kommt es auf die Schnellkraft der Bewegung an. Die Sprungbewegung darf sich nicht umständlich oder stockend in Gang setzen, sondern sie muß wie eine gelöste, vorher gespannte Feder erfolgen, sozusagen explosiv. Damit der Sprung explosiv gelingt, ohne sich vorher durch Aufbauen der Muskelspannung zu verraten, muß die Spannung schon vorher aufgebaut sein, wie bei einem Bogen, den man so lange gespannt hält, bis man sich des Ziels sicher ist. Spielbeschreibung 2, Orten (riechend) und Anspringen der Beute (zunächst ohne Hund) Vorbereitung wie bei Spielbeschreibung l
51 1 wie bei Spielbeschreibung l 2 Körper aufrichten, Kopf und Nase in die Hohe strecken und Bewegungen der Witterungsaufnahme nachahmen (olfaktonsche Ortung) 3 Dann das Sehen der Beute darstellen (optische Ortung) 4 Anschließend wie unter 1) erstarren und anspringen
Zeige-Gesten, zunächst ohne Hund Der Mensch hat schon früh erkannt, daß er sich die Zeige-Gesten des Hundes zunutze machen kann Der Jagdhund zeigt durch VorsteherHaltung die Richtung an, wo sich das Wild aufhält Darüberhinaus vermittelt der Hund noch zahlreiche andere Zeige-Gesten Wenn Hunde etwa zur Tür hinaus oder hinein mochten, dann teilen sie uns dies (auf einem mittleren Aktionsniveau) nicht zuerst durch Bellen, sondern durch Zeige-Gesten mit Sie teilen uns Absicht und Zielrichtung mit der Schnauze durch wiederholtes Hm- und Wegdrehen mit Verstärkt wird dieses Signal durch gleichlaufende Bewegungen der Augenbrauen „Ich will da hinein' Komm her und mach mir auf " Reagiert Herr-
chen oder Frauchen nicht, dann folgen Abwandlungen wie durch die Lefzen blasen (prusten) oder auch wuffen, bellen, aufrichten, hochspringen oder zu Herrchen laufen und dann wieder in Richtung Tür, verbunden mit Zeige-Gesten Der Mensch wurde seine Absicht verbal mitteilen, ohne Gestik und Mimik und ohne seine Position zu verändern Er wurde einfach sagen „Bitte mach mir die Tür auf " Es wurde ihm kaum einfallen, diese Absicht mittels einer Zeige-Geste kundzutun Und wenn, dann wurde er mit den Händen und Fingern in die Richtung zeigen, aber nicht mit dem Kopf Denken wir immer daran, wenn uns der Hund optische Signale mitteilt Er spricht mit uns' Lassen wir seine Fragen und Wunsche nicht unbeantwortet' Antworten wir, und wir sind mitten m der Syntonen Kommunikation1 Spielbeschreibung:
Vorbereitung Futterschussel auf einen Tisch oder hinter eine Tür stellen (Das Verwenden der Schussel soll lediglich die Vorstellung erleichtern Sie kann also leer sein) l Zeige-Gesten mittels Kopf- und Augenbewegungen (Augen in einem Bogen in die Zielrichtung rollen Soweit möglich, die Rollbewegung mit den Brauen mitmachen „Verstärker-Wirkung")
52
Droh-Gesten Droh-Gesten sind wichtig, auch wenn man den Eindruck hat, daß man darüber ebenso ungern spricht wie über tätliche Maßregelungen. Beides gehört aber zu einer natürlichen Hunde-Erziehung! Wenn man es ernst meint mit dem Vorsatz, den Hund „so weit wie möglich gewaltfrei zu halten", gerade dann müssen die wenigen physischen und psychischen Einwirkungen überzeugend zum Tragen kommen. Und das Stellvertretende Signal muß von vornherein mit einbezogen werden. Mir muß also bereits vor dem ersten Einsatz einer Einwirkung klar sein, wie ich wieder davon wegkomme, wie ich sie fortan etwa durch ein Drohen ersetzen kann. Droh-Geste bedeutet ja nicht in jedem Falle, daß ich dem Hund etwas antun will! Es gibt unzählige Formen und Intensitäten des Drohens. Wir haben diesem wichtigen Punkt ein eigenes Programm, eine eigene Methode gewidmet. Die Rede ist vom „Geistigen Zügel", der noch mehrfach besprochen wird. Einen Punkt wollen wir aber zur „ StrafProblematik" ansprechen. Manche Gewalt-Gegner stufen schmerzhafte Einwirkungen von vornherein gravierender ein als psychische Gewalt. Das ist nicht nur mit unterschiedlichem Maß gemessen. Je nach Rasse und individuellem
Naturell kann man beobachten, daß Hunde eine kurzzeitige (geringfügige!) Unlust- oder auch Schmerzvermittlung viel leichter kompensieren als psychischen Druck, Zorn, Liebesentzug oder andere Formen seelischer Gewalt. In der Erziehung wie auch im Sport wird man nicht ganz ohne Maßregelungen auskommen, aber bei fehlerfreiem motivationalem Aufbau lassen sich Einwirkungen sowohl vom Umfang als auch von der Intensität her auf ein Minimum beschränken. Sie bleiben seltene Ausnahmen.
Akustische Kommunikation Viel spricht dafür, daß der Hund sein akustisches KommunikationsRepertoire im Verlauf der Domestikation verändert und erweitert hat. Die Aufgaben als Wach-, Hüteund Jagdhund konnten nur durch Betonung der akustischen Signale erfüllt werden. Bellen war wichtig. Gut bellende Hunde wurden vermutlich in der Zucht bevorzugt. Wenngleich bis dato keine einheitliche Abgrenzung der unterschiedlichen Lauttypen vorliegt, so steht doch die Lautäußerung des Hundes als Ausdruck bestimmter Motivation außer Frage. „Bellen kann Unbehagen wie Wohlbefinden signalisieren" (Fed-
53 dersen-Petersen 1997). FeddersenPetersen unterscheidet 7 Lautklassen: Quärr-Laute, MuckLaute, Winsel-Laute, Beil-Laute, Knurr-Laute, Mau-Laute, SchreiLaute. Allein beim Bellen sind in weiterer Differenzierung mindestens 8 LautTypen zu unterscheiden: Einsamkeitslaut, Spielaufforderungsbellen, Spielbellen, Drohbellen, Warnbellen, Angriffsbellen, Begrüßungsbeilen, Kontaktbellen u.a. Im Sinne der Syntonen Kommunikation ist es wichtig, daß der Mensch einerseits die Lautäußerungen des Hundes immer besser decodieren lernt, auf der anderen Seite die eigenen auditiven Signale deutlich, ehrlich und unmißverständlich gestaltet. Viele Hundeführer senden massenhaft irreführende Signale aus. Sie sprechen den Hund etwa an: „Komm, laß das!" - In Wirklichkeit klopfen sie ihrem vierbeinigen Freund wie einem Kumpel gedanklich auf die Schulter: „Komm, das geht doch nicht, hör auf damit, usw..." Dieses „Komm" beinhaltet etwas ganz anderes als das „Komm" im Sinne von Herbeirufen. Wie soll der Hund damit klarkommen? Wie soll er derartiges Semantik-Kauderwelsch mit eindeutigen Verhaltensweisen verknüpfen? In der Regel tut er in solchen Fällen äußerlich gar nichts. Er wartet ab. Gleichzeitig aber „fragt" er Herr-
chen (wortlos versteht sich), was denn gemeint sei. Herrchen aber nimmt die nonverbale Frage nicht wahr. Der Hund schließt daraus etwa Folgendes: „Das Ganze kann wohl nicht so wichtig sein. - Also mal abwarten, ob nicht noch eine bessere, ernster gemeinte Information kommt." Daraufhin macht der Hundeführer den nächsten Fehler. Er läßt die Situation ungeklärt, läßt es durchgehen, daß das
Auch Hunde heulen zuweilen. Hier „Quirin", der jeden Samstag ins Heulen der 12-Uhr-Sirene einstimmt.
54 erwartete Verhalten nicht gezeigt wurde. Das wiederum bekräftigt den Hund bei Wiederholungen ähnlicher Situationen, keine Handlung folgen zu lassen. Der „circulus vitiosus" ist perfekt. An diesem einfachen Beispiel wird deutlich, wie wichtig die Kommunikation für eine intakte Mensch Hund-Beziehung ist, und welch weitreichende Folgen Fehler bewirken. Und es werden nicht nur Fehler der inhaltlichen Verwechslung (Semantik-Divergenz) gemacht. Man sagt, der Ton macht die Musik und meint damit, daß eigentlich erst der Klang dem Wort seine ganz bestimmte Bedeutung verleiht. Obwohl das eigentlich jeder weiß, gibt es doch Tausende von Hundeführern, die ihrem Hündchen, das wie wild jeden entgegenkommenden Hund oder Jogger ankläfft, zurufen: „Nein, Schatz. Flocki, das darf man nicht. Sei still und schön brav. Jetzt reicht's aber." Inzwischen ist man schon weit genug gegangen, so daß Flocki von allein aufgehört hat. Vielleicht ist dem Leser aufgefallen, daß die Anreden ohne Rufzeichen dastehen. Genau so wurden sie nämlich ausgesprochen. Nicht ernst gemeint und ohne jede Bekräftigung. Und das Tag für Tag, jahrein, jahraus... Ja, der Ton macht nicht nur die Musik, er macht auch das Wort.
Überzeugend formen sich Ton und Klang gewöhnlich nur, wenn man innerlich dahinter steht; Klangfärbungen sind in der Regel Abbilder unseres Willens und unserer inneren Befindlichkeit. Hierzu wäre noch viel zu sagen. Wer mehr darüber wissen möchte, den verweisen wir auf den Titel des Autors MenschHund-Harmonie, Die „UnterOrdnung" der Zukunft. Hier nur so viel: In der Akustischen Kommunikation sollte man inhaltliche und phonetische Ungereimtheiten unbedingt vermeiden. Auch hier hilft uns wieder die Imagination. Wenn ich mich richtig hineinlebe in das, was ich eigentlich vermitteln will, und wenn mir daran gelegen ist, daß ich meine Botschaft so vermittle, daß sie mein Hund auch aufnehmen und umsetzen kann, dann werden viele Fehler von vornherein ausgeschaltet. Meditatives Handeln! Im Spiel sind akustische Informationen besonders wichtig. Sie begleiten viele visuelle Signale, unterstützen oder bekräftigen sie, geben ihnen eine ganz besondere Färbung und: auditive Signale kommen auch in Form von AuslöseSignalen zum Einsatz. Sie können zu Stellvertretenden Signalen kultiviert werden und andere Informationsebenen ersetzen.
55 Auch beim Loben oder der Vermittlung, daß ein Verhalten nicht erwünscht ist, kommt es darauf an, die richtigen, d.h. verständlichen auditiven Signale zu finden und diese überzeugend einzusetzen.
Taktile Kommunikation Auch hier müssen wir uns kurz fassen. Wer mehr über die Wirkungsweisen der Berührung erfahren möchte, möge in der einschlägigen Literatur nachlesen. Wir haben Berührung vor allem im Basis-Spiel eingebracht. In keiner anderen Übung bieten sich derart viele, dem Spiel der Welpen nachgeahmte Berührungssituationen an. Hier noch ein weiterer Beitrag zu diesem Thema. Nehmen wir an, wir stehen neben dem Hund und wollen ihm berührenderweise unsere Zuneigung zeigen. Einmal mehr ist uns die hündische Verhaltensweise Vorbild. Wir drücken sanft unser Knie in seine Flanken, gleichzeitig streicheln wir ihn an der gegenüberliegenden Flanke, die wir auf diese Weise gegen das Knie drücken. Der Hund wird den Kopf zurückdrehen und sein Gewicht gegen das Knie drücken, genau
wie er es unter Hunden in ähnlicher Situation tun würde. (Diese Form einer Taktilen Kommunikation setzt natürlich eine gewisse Körpergröße des Hundes voraus.)
Augen-MO-Linie, ohne Hund Hat man gelernt, den Hund besser zu beobachten und die eigenen Kommunikations-Signale bewuß-
Knie-Andrücken wurde
hündischer Berührungs-
Kommunikation abgeschaut.
56 haben wir bereits im Zusammenhang der Sekundar-Motivation2 kennengelernt. Leider kommen viele Hundeführer über dieses Niveau nie hinaus, und damit sind die später auftretenden Probleme vorprogrammiert. Der extrinsisch, sekundärmotivierte Hund hat nichts mehr, was ihn antreibt, wenn das MO irgendwann einmal abgesetzt wird. Wir zeigen den Unterschied am besten an Hand einer Gegenüberstellung. In Grafik l spielt der Hundeführer mit Futter oder Beute, ohne sich selbst ins Spiel zu bringen. Seine Kommunikation ist nur hauchdünn und steht weit unter dem, was das bewegte MO an Motivation erzeugt. Daher verlauft die Konzentrations-Linie des Hundes direkt zum MO, dessen Bewegungen er hochkonzentriert verfolgt und das er keine Sekunde aus den Augen läßt. Obwohl der Hundeführer dieses MO bewegt, steht er sozusagen außerhalb der Motivation des Hundes. In der zweiten Grafik (siehe Seite 58) bringt sich der Hundeführer selbst ins Spiel, indem er mit dem Hund kommuniziert. Dabei beAugen-MO-Linie aus der Sicht des Hundes...
ter und gezielter zu vermitteln, dann fehlt jetzt noch eines. Wir müssen vermeiden, daß der Hund nur an der Beute Interesse zeigt und wir ihm mehr oder minder gleichgültig sind. Was hier ablauft,
2
Die m der Pädagogik üblichen Begriffe der „m trinischen", „extrmistischen", „primären" und „sekundären" Motivation herauszuarbeiten, wurde den Rahmen sprengen
57 gleitet er die Handhabung des MO's mit entsprechenden Gesten und mit der Stimme. Genaugenommen passiert dieser Vorgang m umgekehrter Reihenfolge (oder allenfalls gleichzeitig): Was an Bewegungen des MO zu erwarten ist, kundigt der Hundeführer entweder durch vorausgehende Signale an (Oder er begleitet diese Bewegungen gleichzeitig mit entsprechenden Informationen.). Auf diese Weise werden Herrchens Signale immer wichtiger. Der Blick des Hundes wird nicht nur auf das MO fixiert bleiben, sondern seine Augen werden hin- und herspringen zwischen dem, was am Hundeführer abzulesen ist und zwischen dem MO.
Durch einen Kunstgriff kann dieser Vorgang in eine zuverlässige, praktische Form gebracht werden: Der Hundeführer hält das MO ... und hier aus der Sicht des Hundeführers.
58 Aber es bietet sich an, im Spiel immer wieder darauf zurückzukommen, vor allem in den vielen Warte- und Lauerphasen.
KommunikationsSpiele (die ersten Spiele mit dem Hund) nicht irgendwo, sondern genau auf der gedachten Linie der Augenpaare. Er schaut den Hund an und bringt das MO in die Augenlinie. Wenn der Hund jetzt das MO fixiert, kann er gar nicht anders, als gleichzeitig die dahinter ablaufende Mimik des Hundeführers wahrnehmen. Mit der Zeit wird dem Hund die Mimik seines zweibeinigen Spielpartners immer wichtiger. Er wird dessen Signale immer intensiver decodieren und darauf antworten, bzw. seine Aktionen darauf abstimmen. Dem Hundeführer ist es auf diese Weise gelungen, sich ins Spiel zu bringen. Er wurde ein Teil der Spiel-Beute, die er nicht nur durch Imagination verkörpert, sondern die er durch geschicktes Nützen der AugenMO-Linie auch sichtbar vermittelt. Die Technik der Augen-MO-Linie läßt sich verständlicherweise nicht ununterbrochen aufrechterhalten.
Viele Hundeführer spielen einfach zu wenig hündisch und viel zu stereotyp. Die Ursachen sind vielfältig: mangelndes Wissen um die Zusammenhänge, unzulängliche Techniken sowie irreführende und widersprüchliche Motorik. Daher ist es so wichtig, sich auf der einen Seite das Wesentliche der Kommunikation mit dem Hund geistig anzueignen und andererseits die grundlegenden Signal-Techniken gewissenhaft zu üben, und zwar zunächst ohne Hund!, also bevor der Hund ins Spiel kommt. Bis man im Spiel den nötigen Überblick hat und die einzelnen Bewegungen wie selbstverständlich ablaufen, wird einige Zeit vergehen. Das gilt auch für jene, die schon 25 Jahre Hundesport betreiben. Aus gutem Grund haben wir in unseren Kursen die Anforderungen zu Beginn der Motivations und Spielausbildung mehr und
59 mehr heruntergesetzt und die Lernschritte immer noch kleiner abgestuft. Es hat sich in der Tat nicht bewährt, von Anfang an alle Möglichkeiten des Spiels freizustellen! Der Hundeführer muß erst einmal lernen, den Hund zumindest annähernd zu verstehen und mit ihm zu kommunizieren. Hierzu eignen sich am besten jene Spiele, in denen die Kommunikation deutlich im Vordergrund steht, und man sich nicht zusätzlich mit der Handhabung von Objekten auseinandersetzen muß. Futter-und Beute-Spiele sind - mit dem Anspruch der Integralen Motivation für den Anfang viel zu komplex. Die nun folgenden, „einfachen" Spiele sollten nicht unterschätzt 'werden! Was man hier lernt, kommt einem später, bei komplexeren Spielen sicher zugute. Der Hundeführer lernt zunächst einmal, den Hund im Spiel genau zu l beobachten und sich auf ihn einzustellen. Er lernt, Signale zu empfangen. Das heißt, man wird die Körpersprache des Hundes in immer feineren Nuancen erkennen und immer besser deuten können. Man beginnt, den Hund zu lesen. Und man lernt auf der anderen Seite, sich dem Hund verständlich zu vermitteln. Der , Autor nennt dieses bewußt ge-| führte „Zwiegespräch" von
Mensch und Hund, dieses gemeinsam geführte „In Verbindung Treten": Syntone Kommunikation3; -in Abgrenzung zur Monotonen Kommunikation, worunter wir Botschaften verstehen, die ausgesandt werden, ohne erwidert zu werden, Botschaften, die keine Antwort zeitigen. Letztlich vergebliche Botschaften. Hunde senden unglaublich viele und ebenso vielfältige Signale aus, und die meisten davon sind wortloser Natur. Aber wenn wir nur selten und nur auf Bestimmtes antworten, wird der Hund mit der Zeit immer seltener und weniger mit uns kommunizieren. Umgekehrt wird ein Hund, mit dem viel und oft synton kommuniziert wird, diesen für ihn wichtigen Bereich erweitern und verstärken. Aus der Vielfalt der Möglichkeiten, mit dem Hund ohne Gegenstand, einfach nur mit dem eigenen Körper zu spielen, greifen wir hier lediglich drei Beispiele heraus. Der Leser sei ermuntert, die Beispiele abzuwandeln, zu erweitern, neue Spiele auszuprobieren und zu entwickeln! Nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern weil es beiden Spaß macht - Mensch und Hund.
3
Siehe E. Lind = Mensch-HundHarmonie
60
Lauf-Spiel, mit Hund Laufspiele regen Wir erinnern uns: Eine der stärkden Hund oft sten Motivationen ist die Bewestärker an als gung. In der Regel läßt sich ein Ball oder Futter. Hund, der die Konzentration zum
Hundeführer im Spiel abgebrochen hat, durch einen kurzen Spurt wieder neu motivieren. Den Hund mittels Bewegungen zu motivieren, muß uns in Fleisch und Blut übergehen. Anfangs werden es grobe und auffällige Bewegungen sein, später treten an ihre Stelle immer feinere und kaum noch sichtbare Bewegungen. Ja, sogar geringfügige Haltungsveränderungen oder allein schon eine bestimmte Position wird den Hund in erwartungsvolle Alarmbereitschaft versetzen. Spielbeschreibung 1: Spiel im Freien, etwa im eigenen Garten oder auf einer Wiese Vorbereitung: Spiel auf griffigem Untergrund: Wiese, Sand, Waldboden o.a. - In möglichst ablenkungsfreier Umgebung! 1. Ist man mit dem Auto zum Spielort gefahren, so muß der Hund zuerst Gelegenheit für Pfützchen und Häufchen bekommen! (Kommt er beim Auslaufen nicht sicher zurück, so ist er an langer Leine, am besten an einer automatischen AufrollLeine zu führen.) 2. HF (Hundeführer) geht mit seinem Hund in die Mitte des vorgesehenen Spielplatzes und leint den Hund ab. Gleichzeitig streichelt er ihn, spricht ihn an und sucht den Blickkontakt.
61 3. Innerliches Vorbereiten des beabsichtigten Spurts. Einatmen, Spannung im gesamten Körper aufbauen, auch in der Mimik! 4. Explosiv losspurten, eine kurze Strecke laufen, dann Haken schlagen, immer wieder neue Richtungen einschlagen. Hund wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Bewegungs-Motivation folgen. Spielbeschreibung 2: wie bei Spielbeschreibung l, aber vor Punkt 4 werden zusätzlich Spiel-, Aufforderungs- oder AufbruchGesten gegeben.
Einfaches Versteckspiel, mit Hund Einfache Versteck-Spiele kann man mit dem Hund schon früh spielen. Er braucht hierzu weder „Sitz" noch „Platz" zu können. Man nützt einfach einen kurzen Augenblick des Unbeobachtetseins, um sich irgendwo im Haus oder im Garten zu verstecken. Am besten eignen sich Verstecke, aus welchen man, selbst unbemerkt, den Hund beobachten kann. Wenn der Hund nicht nach einiger Zeit von selbst anfängt, Herrchen oder Frauchen zu suchen,
hilft man ihm bei der Suche durch Geräusche oder kurzes Sichtbarmachen.
Versteckspiel mit Abrufen, Hund wartet im Liegen oder Sitzen Kann der Hund schon Liegen (oder Sitzen) und warten, dann läßt man den Hund zuschauen, wie sich Frauchen oder Herrchen Versteckspiel.
62 von ihm entfernt, - wie man sich etwa aus dem Raum schleicht. Das endgültige Versteck sollte er jedoch nicht von Anfang an sehen. Beim Wegschleichen darf man den Hund nicht aus den Augen lassen, um ein etwaiges Vorrücken aus der Warteposition zu bemerken. Also rückwärtsgehen! Und während des „Schleichens" nicht einen einzigen Schritt als Auslöser gestalten! In dieser Phase soll der Hund nicht durch Futter oder Beute-Streiten belohnt werden. Das Erlebnis soll im Auffinden des Hundeführers bestehen. Nach kurzer Wartezeit im Versteck wird der Hund abgerufen durch „Komm" oder „Hier" oder durch Rufen seines Namens. Hat der Hund Herrchen oder Frauchen gefunden, folgt ein Bewegungs-, Geschicklichkeits- oder Knuddelspiel.
Fangen-Spiel um Hindernis, mit Hund Ein zweifellos sehr schwieriges, aber ungemein interessantes und ergiebiges Spiel für Hund und Mensch ist das Fangen-Spiel um ein Hindernis herum, etwa um einen Hundehänger, ein Auto oder um ein Gartenhäuschen.
Leider bietet längst nicht jede Mensch-Hund-Beziehung die nötigen Voraussetzungen für das Fangen-Spiel: Vertrauen und intakte Rangordnung. Wer hier Probleme weiß oder auch nur vermutet, der möge das Fangen-Spiel noch zurückstellen und erst einmal mit der Basis-Übung Erfahrungen sammeln. Anfangs sollte man im FangenSpiel von Beute-Objekten absehen. Die Aufgabe besteht ja eben darin, ohne zusätzliche instrumentelle Motivatoren auszukommen und die Spiel-Beziehung allein auf die Kommunikation zu stellen. Auch ohne Futter oder Beute finden sich im Fangen-Spiel nahezu alle Kommunikations-Signale wieder, die weiter oben besprochen wurden. Spielbeschreibung: Im Spiel der Hunde untereinander gibt oft ein Achtung-Signal oder eine Spiel-Aufforderung den Anlaß (mitunter auch ein Anschleichen), das beliebte Fangen-Spiel einzuleiten. Wenn zufällig Objekte dastehen, um die man herumlaufen kann, liegt Fangen sozusagen in der Luft. Das Spiel läuft dann in erstaunlicher Ähnlichkeit zum Fangen-Spiel unserer Kinder ab: Hier wie dort finden wir Elemente aus dem Versteck-Spiel, dem Jagen und Gejagtwerden und aus
63 reinen Laufspielen. Also: Einholen, Fluchten, Wegabschneiden, Verstecken, auf der anderen Seite wieder Vorlugen usw. Die Rollen werden binnen Sekunden vertauscht und das Spiel beginnt von neuem. Beim Einholen jedoch haben wir beobachtet, daß die meisten Hunde in Beißstimmung geraten und zum Spiel-Beißen übergehen. Wer also mit seinem Hund Fangen spielt, sollte immer etwas dabei haben, um die wachgerufenen Triebe nicht an der eigenen Hand, sondern an der Beißwurst oder anderen Objekten abreagieren zu lassen. Auf diese
Weise braucht man keine Gewalt ins Spiel zu bringen und die Dominanz wird trotzdem nicht aus der Hand gegeben. Bordet der Hund über, wird er aggressiv oder fängt er an, im Spiel zu dominieren, bricht man das Spiel kurzer hand ab und läßt ihn links liegen. Es kann aber auch angebracht sein, sich bei aufkommendem Dominanz-Gebaren zuerst einmal durchzusetzen. Mitunter dauert es lange, bis sich fehlentwickelte und gestörte Mensch-Hund-Be ziehungen wieder normalisieren. Das Spiel bietet hervorragende Möglichkeiten hierzu. Fangenspiel.
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Spiel-Grundsätze MotivationsStabilität Bei ausreichender MotivationsStabilität und Balance können auch mehrere Hundeführer gleichzeitig und nebeneinander spielen.
Nirgendwo anders offenbart sich die Mensch-Hund-Beziehung so deutlich wie im Spiel. Hier zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten oft schon bei Spielbeginn. Aber leider werden diese vom Hundeführer nicht immer bemerkt. Oder man ist bemüht, das eigene Unver-
mögen, den Hund beispielsweise auch nur zehn Sekunden an sich zu binden, allerlei anderen, nur nicht den wirklichen Ursachen zuzuschreiben: Der Hund sei nicht spielerisch veranlagt oder: im Augenblick wurden ihn eben andere Dinge mehr interessieren. Wer aber Erziehung und Ausbildung auf Motivation und Spiel aufbauen mochte, muß sich an den gültigen Grundsätzen orien-
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tieren. Hierzu gehört vor allem eine stabile Motivation, die intakte Rangordnung sowie schlüssige, didaktisch-methodische Entscheidungen. Wer auf Motivation setzt, kann nicht gleichzeitig auf sie verzichten. Auch nicht teilweise! Die SpielMotivation ist gerade so viel wert, wie sie auftretenden Ablenkungen standhält. Sie muß in jedem Augenblick des Spiels höher stehen. Wer seinen Hund nicht zu faszinieren und zu binden vermag, der gleicht einem Karten-Spieler, der in der Farbe Motivation lediglich eine Acht in der Hand hält. Das Spiel ist verloren, bevor es begonnen hat. Wer motivational vorgehen möchte, braucht Motivation in Fülle. Das ist jene Motivation, die sich durch nahezu nichts mehr ablenken läßt und die, trotz aller natürlicher Schwankungen des Niveaus, während des gesamten Spiels niemals unterbrochen wird.
Die ideale Motivation zeichnet sich durch zweierlei aus: Durch ein hohes Grund-Motivations-Niveau, welches je nach Spielsituation durch mehr oder minder hohe Motivations-Spitzen abgelöst wird, und zweitens durch Permanenz. Motivation ist nur dann tragfähig, wir sagen stabil, wenn sie beide Komponenten enthält. Vergegenwärtigen wir uns dies an Hand oben stehender Grafik: Wo immer das Motivations-Niveau oder die Motivations-Permanenz nicht ausreichen, sind Probleme zu erwarten. Probleme, die sich dann oft nicht dort, wo sie auftreten, lösen lassen, sondern die einzig und allein durch eine generelle Neuorientierung auf die SpielGrundsätze zu beheben sind. Nun mag man sich fragen: Ist dieser Anspruch überhaupt realisierbar oder bleibt er nur wenigen
66 Wunder-Talenten oder außergewöhnlich fleißigen Hundeführern vorbehalten?
MotivationsStabilität ist eine der wichtigsten Grundlagen des Spiels. Ein hoch motivierter Hund läßt sich durch nichts ablenken.
Keine Angst! Grundsätzlich kann jeder die Motivations-Stabilität erreichen, einen normal veranlagten Hund vorausgesetzt. Hierzu ein Beispiel. Wer dann und wann mit seinem Hund auf dem Spaziergang spielt, hat möglicherweise das gleiche erlebt, was so mancher begeisterte Spiel-Hundeführer berichtet: Der Hund will nach dem Spiel nicht mehr von seiner Seite weichen. Er begleitet ihn, und
zwar von sich aus, absolut freiwillig, „Bei Fuß" gehend und ständig hochblickend, den gesamten Weg nach Hause - zehn Minuten lang oder langer. Nichts kann den Hund ablenken. Abwechselnd springen die Augen dorthin, wo er den Ball versteckt weiß oder zu Herrchens Gesicht. Selbst durch abwehrende Gesten läßt er sich nicht davon abbringen. Eine BGH- oder SchH-Prüfung dauert jedoch nur acht Minuten lang. Wenn der Hund unter bestimmten Umständen 15 Minuten
67 lang hoch motiviert sein kann, warum dann nicht auch in einer viel kürzeren Prüfung, oder zumindest über die Länge eines kurzen Spiels? Grundsätzlich weiß man ja: Was einmal geleistet wurde, läßt sich wiederholen. Es kommt nur darauf, ähnliche Verhältnisse zu schaffen. Eines der Ziele ist es daher, die Stabile Motivation jederzeit und an jedem Ort abrufen zu können, so daß der Hund 8,10 oder 15 Minuten hoch motiviert ist, sich durch nichts ablenken läßt und während der gesamten Zeit des gemeinsamen Spiels (ohne Ausnahme!) ununterbrochen (permanent) in unserem Bann bleibt. Bei mangelhafter Motivationsstabilität ist das gesamte Unterfangen auf Sand gebaut. Viele von uns kennen die erforderliche Oktanzahl ihres PKW, Reifendruck vorn und hinten und auch die Höhe der monatlichen Steuer und Haftpflicht. Sie wissen, daß ihr Fahrzeug einen ganz bestimmten Treibstoff benötigt, sonst geht der Motor kaputt. Aber sie haben noch nie ausprobiert, auf welchen Motivations-Bereich ihr Hund bei welcher Übung am besten anspricht, und sie halten es nicht für besonders schlimm, wenn sich ihr Hund mitten im Spiel nach Belieben davonmacht, sich abwendet oder an irgend etwas zu schnuppern beginnt.
Rangordnung Wir sagten vorhin, die Motivation darf während des Spiels keinen Augenblick abbrechen. Dieser Augenblick wird in seinen Auswirkungen oft bei weitem unterschätzt. Denn während dieses Augenblicks hat der Hund nicht nur die Konzentration auf das Spiel verloren, sondern er ist in der Regel binnen Sekunden von etwas anderem sinnlich eingenommen. Das heißt aber, wir begegnen ihm nach dem besagten Augenblick nicht in neutraler Verfassung, sondern auf etwas anderes konzentriert. Es liegt auf der Hand, daß wir in dieser Situation nur dann eine Chance haben, ihn wieder an uns und ans Spiel zu binden, wenn unsere Aktion mehr Motivation freisetzt als das, worauf er sich im Augenblick konzentriert. Viele Hundeführer jedoch geben bald auf oder sie wiederholen ein ums andere Mal das, was sie schon vor dem Abschweifen gemacht haben. Das kann natürlich keinen Erfolg zeitigen, sonst hätte sich ja der Hund gar nicht erst abgewandt. Die Hilflosigkeit, in die sich der Hundeführer begibt, bleibt dem Hund sicher nicht verborgen. Viele Hunde sehen hier nicht nur ihre Chance, im Spiel zu dominieren, sie nehmen sie auch in vollem Umfang wahr. Diese Hunde haben erfahren, daß sie nur die
68 Nase auf den Boden zu halten brauchen, zu pinkeln, den Vögeln nachzujagen, sich taub zu stellen, regungslos dazustehen oder wie wild hin- und herzulaufen, und schon ist Herrchen oder Frauchen absolut schachmatt und nicht annähernd in der Lage, Dominanz durchzusetzen. Dieser Hund Je öfter sich dieses Szenario wiezeigt, wie man derholt, desto mehr wird sich das Herrchen Dominanz-Gebaren des Hundes „schachmatt" festigen und desto schwieriger wird setzen kann. Man braucht es, den circulus vitiosus zu nur zu schnüf- durchbrechen. feln und so zu tun, als würde Die Verstärkung der bisher einman nichts anderes mehr gesetzten Maßnahmen ist meist hören oder unbefriedigend. Bessere Erfolge sehen, und zeitigen neue, dem Hund bisher schon ist man unbekannte Vorgangsweisen. Spielführer.
Spätestens hier wird man dankbar
sein um die Möglichkeiten, die sich aus den verschiedenen Motivations- Bereichen anbieten. Aber es muß auch mit aller Deutlichkeit gesagt werden, daß man bei Dominanz-Problemen nicht immer ohne Zwang auskommt. Wir werden an späterer Stelle einige Korrekturmaßnahmen beschreiben. Im Rahmen der Spiel-Prinzipien ist festzuhalten, daß das Spiel nicht außerhalb der sonst gültigen Sozialordnungen steht. Auch im Spiel darf der Hund nicht machen, was er will. Auch im Spiel muß er sich ein- und, wo erforderlich, unterordnen. Der Hundeführer bestimmt nicht nur Anfang und Ende des Spiels. Er stellt auch die Regeln auf. Aber er wird bedacht sein, alles so zu gestalten,
69 daß sich auch der Hund im gemeinsamen Spiel arteigen entfalten kann. Hierfür müssen die Spielregeln genügend Freiraum bereitstellen. Dominanz im Spiel hat noch eine andere Ebene - die Ebene der Verwandlung. Im Spiel der Hunde untereinander kommt es immer wieder vor, daß sich das höherrangige Tier in die Rolle des Gejagten verwandelt oder auch in die Rolle des Schwächeren. Wer im Video „Richtig Spielen mit Hunden" die Szene analysiert, in der Vater „Quirin" mit seiner einjährigen Tochter „Banja" um eine als Höhle dienende Plane spielt, wird sehen, daß sich der ältere und dominante Rüde absichtlich in die schwächere Position begab und die Tochter absichtlich gewinnen ließ. Als „Banja" das Spiel einige Tage später in gewohnter Weise wiederholen wollte, war Paps jedoch in anderer Stimmung. Er hat nur kurz die Lefzen gekräuselt und Banja scharf angesehen; schon ließ sie die Spielbeute fallen und trabte untertänig davon. In der sozialen Praxis gestaltet sich Dominanz viel komplexer und abwechslungsreicher, als man vermuten möchte. Das sei an all jene gerichtet, die meinen, Konsequenz sei der Weisheit letzter Schluß. Wenn der Hundeführer im Spiel auf konsequente AlphaPosition beharrt, vergibt er einen Teil der Möglichkeiten. Zusätzlich wird er
nie jenes Vertrauensverhältnis aufbauen können, das eine ausgewogene Mensch-Hund-Beziehung auszeichnet. Auf den Punkt gebracht, könnte man sagen: Ist die Rangordnung zweifelsfrei gefestigt, so ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich auch der Mensch dann und wann im Spiel in die schwächere Position verwandelt. Also keine Angst, sich
Ist die Rangordnung intakt, so kann der Hundeführer auch dann und wann den Unterlegenen spielen - ohne Autoritätsverlust!
70 vom Hund auch mal jagen zu lassen oder beim Knuddel-Spiel am Boden unter dem Hund zu liegen! Wo allerdings Dominanz-Defizite bestehen, oder wenn Hunde aggressiv werden, sollte man von den beschriebenen Spielformen absehen. Im ersten Fall müßte man alles daran setzen, auch im Spiel wieder eindeutig die Oberhand zu gewinnen, und im zweiten Fall müßte man Situationen vermeiden, die Anlaß zu Aggressionen geben.
Spielregeln, Tabus und Freiräume Der Hundeführer bestimmt in der Regel nicht nur Anfang und Ende des Spiels, sondern auch was gespielt wird. Bei intakter Dominanz allerdings können, wie gesagt, auch in diesem Punkt Ausnahmen gemacht werden. Solange der Hund den Freiraum, auch selbst einmal die Initiative zu ergreifen und Herrchen auf ein Spiel einzuladen, nicht für Dominanz-Vorteile ausnützt, spricht nichts dagegen. Die Spielregeln werden vom Hundeführer nicht nur aufgestellt, auch deren Einhaltung wird von ihm überwacht und durchgesetzt.
Hier einige übergeordnete Spielregeln: • Weder der Hundeführer noch der Hund dürfen das Milieu des Entspannten Feldes stören oder zerstören. • Solange gemeinsam gespielt wird, darf sich der Hund weder verselbständigen noch allein weiterspielen. Aber auch der Hundeführer sollte sich an die Regel des Gemeinsamen Spielens halten (Und nur in Ausnahmefällen davon abweichen). Also nicht den Hund mitten im Spiel stehen, sitzen oder liegen lassen und mit irgendwelchen Leuten reden! Auch nicht mit dem Ausbilder. Zeit für Gespräche ist nachher! • Der Hundeführer hat die Verantwortung für beide Spielpartner. Er sollte daher in Abständen prüfen: Kann sich der Hund im Spiel entfalten und kann er das Spiel lustvoll erleben? Die spezifischen Regeln hängen vom einzelnen Spiel ab. Sie sind derart vielfältig, daß wir sie hier nicht aufführen können. An Stelle dessen weisen wir darauf hin, daß sich der Hundeführer darüber im klaren sein sollte, was er eigentlich mit dem Spiel bezweckt. Soll das Spiel um des Spiels willen inszeniert werden oder will man mit Hilfe des Spiels Erziehungs- oder Ausbildungsziele verfolgen? Handelt es sich also um Freie Spiele oder um Ziel- bzw. um Lern-
71 Spiele? Sollen ursprünglich Freie Spiele in Lernspiele umgewandelt werden oder abwechselnd in einer Spielsequenz aneinandergereiht werden?
Die Fähigkeit des Hundes, Tabus mit Signalen zu verbinden und Tabus einzuhalten, ist eine der Ursachen, weshalb sich kein anderes Tier derart gut domestizieren ließ. Aber aus heutiger Sicht geht es nicht nur darum, Tabus abzuverlangen, Beim Aufstellen der Regeln sollte sondern diesen Vorgang für den der Hundeführer Strategien entHund möglichst artgerecht und wickeln, wie er dem Hund das angenehm zu gestalten. Die Einhalten der Regeln möglichst meisten wünschen sich heute den leicht, im besten Fall sogar schmackhaft machen kann. Hier hat Hund als Team-Partner und nicht als parierenden Sklaven. Und das ist sich der Grundsatz bewährt: Wo gut so. Aber mit einem Partner muß immer möglich, Regeln und Tabus man natürlich entsprechend zuerst einmal durch positive umgehen. Wir werden in diesem Motivation verständlich machen und erst auf höheren Lernstufen auf Buch vorstellen, wie man den Geistigen Zügel weitestgehend streßder „Einhaltung der Regeln in jeder und zwangsfrei, ja sogar Situation" bestehen.
Spiel und Üben fordert die gesammelte Konzentration. Plaudern mit dem Nachbarn sollte man nach dem Training.
72 lustvoll aufbaut und auf höheren Ausbildungsstufen dann abrundet. Folgende Tabus muß der Hund im Spiel akzeptieren: • Keine aggressiven Verhaltensweisen • Unterlassen von (ernsthaftem) Dominanz-Rivalisieren • Beißen Beginnt der Hund, das Entspannte Feld zu verlassen und aggressiv zu werden, so sollte man diesen Stimmungswechsel unter keinen Umständen durchgehen lassen oder fördern. Entweder man setzt sich durch, wie auch immer, oder man bricht jeweils bei den ersten Anzeichen das Spiel sofort ab und bringt den Hund mittels einiger Kommandos in die Unter-Ordnung. In manchen Fällen hat es sich bewährt, den Hund nach Spielabbruch unverzüglich ins Auto zu bringen. Ob ein erneuter Spielbeginn sinnvoll ist, hängt weitgehend davon ab, ob sich der Hund inzwischen beruhigt hat und sich wieder in das Entspannte Feld zurückfuhren läßt. Auch bei Dominanz-Gebaren ist Vorsicht geboten, und hier gilt der gleiche Rat: Unter keinen Umständen aufschaukeln lassen! Rechtzeitig die Rangordnung wiederherstellen! Das kann im einen oder anderen Falle auch mittels geschickter Ablenkung erreicht werden. Etwa durch den Wechsel
des MO's, des Motivations- Bereiches oder einfach durch Steigerung der Motivation. Hier noch ein Wort zum letzten Punkt. Beißen ist nicht gleich Beißen. Hunde, die im Rudel leben, bekunden ihre Zuneigung unter anderem auch dadurch, daß sie Kopf oder Schnauze, mitunter auch die Vorderläufe des anderen zart in den Fang nehmen. Das macht auf den Uneingeweihten zwar einen furchterregenden Eindruck, aber es ist völlig harmlos. Oft sind derartige Schmuse-Spiele durch singendes Maunzen begleitet und das beeindruckende Sozial-Spiel dauert oft minutenlang. Problematisch wird es im allgemeinen, wenn die Stimmung wechselt, was ich in der soeben beschriebenen Form nie beobachtet habe. Stimmungswechsel kündigen sich in der Regel rechtzeitig durch entsprechende Signale an.
Das Absichern der Beiß-Hemmung Da der Mensch nicht mit einem schützenden Fell bekleidet ist, tun ihm natürlich bereits Bisse weh, die unter Hunden als „zarte Be-
73 rührung" erlebt werden. Daß man Frauchens und Herrchens Hand nur in Schmusestimmung und dort nur besonders vorsichtig in den Fang nehmen darf, das muß der Hund früh lernen. Wer hier zu nachsichtig ist, handelt fahrlässig. Denn aus dem putzigen Welpen wird in kurzer Zeit ein ausgewachsener Hund. Und wenn dieser in der entscheidenden Phase ungehindert beißen durfte, dann fehlt ihm für den Rest seines Hundelebens das wohl wichtigste Tabu: die ganz besondere Beißhemmung dem Menschen gegenüber. Und von diesem Manko ist nicht nur der Hund, sondern alle, die ihm begegnen, betroffen. Ein Hund ohne Beißhemmung ist eine Art Zeitbombe. Daher fordern einige Ausbilder, daß der Hund auch nicht im Welpenalter in die Hand oder den Arm beißen darf, auch nicht im Spiel. Als Begründung wird angegeben, daß in einer kritischen Situation beim absoluten Beiß-Tabu immer noch eine wirksame Barriere vorhanden sei. Wie man sich auch in dieser Frage entscheiden mag: Sicher sollte sich jeder Hundebesitzer ungeschminkt Rechenschaft geben, ob sein Hund leicht in Aggression gerät, wie weit die Beiß-Hemmung abgesichert ist, ob der Hund, wenn er einmal versehentlich im Spiel die Hand erwischt, sofort den Druck nachläßt und sie freiläßt, ob er Auseinandersetzungen eher aus dem Weg
geht und wie er sich bei Fremden, Bekannten und vor allem bei Kindern verhält. Eines darf man aber in dieser Diskussion nie außer acht lassen. Erleiden Hunde starken Schmerz (auch wenn dieser unabsichtlich zugefügt wurde) wird Aggression als Instinkthandlung ausgelöst. Diese Situation ist um so gefährlicher, je überraschender sie den Hund trifft. Der Hund beißt dann zu, auch wenn er sonst 364 Tage im Jahr der Harmloseste ist. Und er ist dann nicht ein „aggressiver oder böser Hund", er folgt in diesem Fall lediglich einem Instinkt. Aus dieser Sicht sollte man die Forderung nach absolutem Beiß-Tabu ernsthaft in Erwägung ziehen. Wie man zur Beißhemmung erzieherisch beiträgt, wurde vielfach beschrieben: Vergessen wir aber die Zeitung oder Leine als Strafmittel! Heute sind sich Kynologen weitgehend darin einig, daß abdressierende Reize tunlichst am Vorbild der Natur auszurichten sind. Das heißt in unserem Fall: Schnauzen- oder Nackengriff und auf den Boden drehen oder kippen1. Streng anblicken in Verbindung mit einem bestimmenden „Nein!". Auch Ausschimpfen wird gut verstanden. Manche Autoren empfehlen das Ausschimpfen, andere wieder lehnen es ab. Man 1
Gleichzeitig wirft man dem Hund die Beine zur Seite, so daß er die Balance verliert
74 An Stelle der tätlichen Einwirkung reicht in der Folge das sogenannte Stellvertretende Signal. Allerdings wird von Zeit zu Zeit eine Auffrischung erforderlich sein. Angesichts der vielen Regeln und Tabus könnte leicht der Eindruck entstehen, der modern erzogene Hund hätte zu wenig Freiheit, und wenn man ihn fragen könnte, würde er viel lieber ein ungezwungenes Leben auf einem Bauernhof führen. Nun, richtig ist sicher, daß Regeln und Tabus das Individuum nicht zu sehr einengen dürfen. Das gilt ja auch für Menschen. Daher ist es besonders wichtig, sich auch über die Freiräume im Spiel Gedanken zu machen.
Schnauzengriff, sieht, in der Frage der Maßregelung herrscht leider keine Einigkeit. Manche gehen in ihren Empfehlungen noch einen Schritt weiter: Man soll den Hund anknurren, die Lippen heben wie zu einer drohenden Geste. Gleichviel, für welches Drohsignal man sich entscheidet, wichtig ist, daß die Einwirkung immer in Verbindung mit Signalen gegeben wird. Hier hat uns die Natur, pädagogisch gesehen, ein äußerst effizientes und vollkommenes Vorbild gegeben:
Auch zu diesem Punkt trägt die Motivations- und Spiel-Lehre Wertvolles bei. Hier nur ein Beispiel: Die Spielregeln wie auch das Handling werden nicht mehr allein mit dem Kopf gesteuert, sondern es sollen absichtlich Schwachstellen in die Motorik des Hundeführers eingebaut werden. So erhält der Hund die Belohnung nicht als „Spiel-Gnadenbrot", sondern in echter Chance und auf Grund hervorragender Tüchtigkeit. Auch der Zufall wird aus dieser Sicht sinnvollerweise in den Dienst glaubwürdiger Chancen gestellt. Doch darüber an späterer Stelle mehr. Hier wollen wir lediglich betonen, daß das Niveau des
75 Spiels sehr stark von den gebotenen Freiräumen abhängt. Wo die Rangordnung stimmt, dort kann man dem Hund natürlich mehr Freiheit lassen. Bei intakter Mensch-Hund-Beziehung kann man durchaus auch auf „SpielIdeen" des Hundes eingehen, sofern er mit solchen aufwartet. Aber selbst dann, wenn DominanzKorrekturen wiederholt erforderlich werden, ist darauf zu achten, daß das Spiel dadurch nicht dauerhaft und immer wieder in Streß und Frust ausartet. Das Spiel vermag viele, aber nicht alle Probleme zu lösen. Und wenn in der Erziehung fortwährend elementare Fehler gemacht werden, dann schlägt sich das natürlich auch im Spiel nieder. Erziehung und Spiel bilden eine untrennbare Einheit. Man könnte etwas provokant sagen: „Das Spiel ist so viel wert wie die angediehene Erziehung." Ohne gleichlautende Maßnahmen im Erziehungsbereich werden Korrektur-Bemühungen durch das Spiel nicht richtig greifen.
Didaktik und Methodik Oft werden die beiden Begriffe wenig differenziert verwendet. Im vorliegenden Buch wollen wir un-
ter Didaktik die Lehre vom Lehren und Lernen verstehen, wobei der Schwerpunkt auf die Steuerung von Lernprozessen liegt, unter Berücksichtigung der pädagogischen Absichten und Ziele (Ausrichtung2), der verwandten Mittel und eingesetzten Methoden. Kurz gesagt fußt vorliegende Motivations- und Spiellehre auf einem Didaktischen Curriculum, welches durch modifizierbare, ersetzbare und weitere, noch zu entwickelnde Methoden ausgefüllt wird. So gesehen sind Methoden variable Teile der Didaktik, die mit dem Ziel eingesetzt werden, sowohl die Vorgangsweisen des Lehrens als auch die Wahl der Unterrichtsmittel ständig weiter zu optimieren. Vereinfacht könnte man sagen, die Didaktik ist die „Wissenschaft des Lehrens" und die Methodik ist die „Kunst der Vorgangsweise". Diese kurzgefaßte Vergegenwärtigung der Didaktik und Methodik macht deutlich, daß der Ausbilder. einen Großteil der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und deren Wirkungen kennen sollte. Selbstverständlich sollte er auch die praktische Umsetzung beherrschen. 2
Ausrichtung nach Ekard Lind (Bild der „Drei Zinnen"). Siehe „MenschHund-Harmonie", Kapitel ethische, sportliche und individuelle Ideale.
76 Mensch-HundHarmonie als Ergebnis moderner TierPädagogik.
Rechte Seite: Hunde, die mehrere MO's in den Fang nehmen, sind besonders gefährdet, einmal ein MO unabsichtlich herunterzuschlucken. Vorsicht! Erstickungsgefahr! MO's in ausreichender Größe verwenden!
An Stelle pädagogischer Weiterbildung müssen wir uns hier auf allgemeine Ratschläge beschränken. Wer mehr pädagogisches KnowHow anstrebt, sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen - oder auf die Titel „Richtig Spielen mit Hunden" und „Mensch-HundHarmonie", wo sehr viel Fachwissen wiedergegeben ist. Was man Hunde-Ausbildern allgemein raten müßte, ist Aufgeschlossenheit. Wer einmal verstanden hat, daß Methoden kommen und gehen und immer wieder durch neue, verbesserte
abgelost werden, der tritt alternativen Vorgangsweisen offen entgegen, experimentiert damit und nimmt sie gegebenenfalls auf. Ausschließende Entscheidungen, etwa derart, daß man entweder für oder gegen Futter-Methoden ist, sind Ausdruck einer primitiven Denkungsweise, deren beschränkter Erfolg vorprogrammiert ist. Man kann gar nicht genug unterschiedliche Methoden kennen und können! Ein moderner, erfolgreicher Pädagoge, und zu dieser Gruppe zahlen auch die vielen HundeErzieher und -ausbilder, wird die Vielfalt der Möglichkeiten nicht nur tolerieren, sondern er
77 wird sie suchen und vorurteilslos damit umgehen lernen. Anschließend wird er die neu gewonnen didaktischen Perspektiven ebenso wie die methodischen Varianten und einzelne praktische Details auf die entsprechende Situation übertragen. Dabei wird er staunend erleben, daß Erfolg und Mißerfolg oft von Kleinigkeiten abhangen. Mit dieser Erfahrung wird er sich bemühen, sein Repertoire immer mehr zu erweitern und das Angeeignete methodisch flexibel einzusetzen. Hierzu gehört auch die Organisation des Umfeldes, das Ausdenken bestimmter Hilfen, die Entscheidung für diesen oder jenen Motivations-Bereich (oder für Mixturen) und die Wahl der Hilfsmittel und MO's. Das klingt aufwendiger und komplizierter, als es in der Tat ist. Allein schon das Umdenken in Richtung der aufgeführten Grundsätze wird Veränderungen einleiten und zur Optimierung beitragen. Und, wohl bemerkt, nicht nur der Ausbildungs- Erfolg macht Spaß! Gerade in der Pädagogik liegt der Löwenanteil der Erfüllung im Weg und nicht im Ziel. Gibt es eine größere Freude für den Hundesportler oder -ausbilder als jene, in einer inspirierten Trainingsstunde zu erleben, wie der Hund das, was man sich ausgedacht hat, freudig aufnimmt und lustvoll ausführt? Genau so, wie wir es uns vorge-
stellt haben. Und wenn sich in dieses Erfolgserlebnis noch Momente einer gesteigerten, gegenseitigen Zuneigung einfinden, dann wird man ohne Zweifel von beglückenden Stunden der Mensch-Hund-Harmonie sprechen.
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Sicherheit und Gesundheit gehen vor Leben ist lebensgefährlich, selbst in der Hunde-Ausbildung. Mehr für den Hund als den Ausbilder, versteht sich. Aber auch hier sind es wieder einmal Unwissenheit und Ignoranz, welche die eigentlichen Ursachen der Gefährdung ausmachen. Da die Gefahren im vorausgegangenen Buch „Richtig Spielen mit Hunden" bereits beschrieben wurden, sei hier lediglich der allgemeine Hinweis gegeben, potentielle Gefahren ernst zu nehmen, sie möglicherweise vorauszusehen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Wenn man mit einem Hund übt, der soeben erst gefressen hat, dann riskiert man eine Magendrehung, und wenn man den Hund auf Beton Sprünge machen läßt, darf man sich nicht wundern, wenn er sich eine Zerrung holt. Was leider
immer wieder vorkommt: Gegenstände können im Eifer des Spiels verschluckt werden. Daher ist die Größe des MO's dem Hund anzupassen; es sollte so groß sein, daß ein Verschlucken ausgeschlossen ist. Wenn mehrere Hundeführer gleichzeitig mit ihren Hunden trainieren, muß stets einer den anderen im Auge behalten. Bevor man das MO wirft, sollte man wissen, ob die Bahn in Wurfrichtung frei ist. Wissen, Voraussicht, Vorsicht und Rücksicht sind die Regulative der Sicherheit! Hier spielt der Erfahrungsschatz eine erhebliche Rolle. Man kann immer wieder beobachten, daß die erfahrensten Hundeführer besonders vorsichtig handeln. Sie sehen potentielle Gefahren früher voraus und sie haben gelernt, sich zu überwinden und entsprechend zu handeln. Ausnahmen bestätigen allerdings auch hier die Regel.
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Wo stehe ich? Verschiedene Test-Spiele Spielfeld bzw. Vorführplatz Wer allein übt, mag auf das Ausstecken eines Spielfeldes, bzw. einer Vorführfläche verzichten. Kommen allerdings Zuschauer
oder Vereinsmitglieder hinzu, oder übt man in einer kleinen Gruppe (indem man sich gegenseitig beobachtet und hilft), dann ist es vorteilhaft, die Spiel-Fläche sichtbar zu begrenzen. Dies läßt sich mit einfachen Mitteln realisieren: entweder mit Pflöcken und Absperrband oder nur mit
Die Abgrenzung der Spielfläche ist nicht nur bei Veranstaltungen vorteilhaft.
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Pflöcken oder auch mit Markierungs- Hütchen. Als Form bevorzugen wir in unseren Kursen ein Rechteck oder Quadrat, erweitert durch einen
Korridor (Vasenform). Die Maße sind den Gegebenheiten anzupassen. Der Korridor bildet symbolisch jene Strecke, die der Hundeführer vom Abholen des Hundes auf dem Weg zum Sportplatz, bzw.
81 vom Eintreten auf den Platz bis zum Richter zurücklegt Es ist klar, daß dieser Weg von entscheidender Bedeutung für das Gelingen des folgenden Spiels (oder einer Prüfung) ist Daher bauen wir den Gang durch den Korridor in jedes Spiel, in jede Übungseinheit ein
Vorbemerkung Die folgenden Test-Spiele kann der Hundeführer allem mit seinem Hund oder auch in der Gruppe, im Kurs oder im Verein durchführen Wir beschreiben die Tests so, wie wir sie in Kursen abhalten (zur Nachahmung für Spiel-und Trainings-Gruppen empfohlen) Übt man allein, so eignet sich der eigene Garten oder auch eine Wiese In der Gruppe steht in der Regel der Hundeplatz zur Verfugung Wie auch immer, die Vorführung wird in Einzel-Aktionen abgehalten, wobei Zuschauen genauso wichtig ist wie der eigene Auftritt Anfangs sollte man Ablenkungen bereits im Vorfeld ausschalten Wichtig ist, daß sich alle daran halten, auf der Spielflache, im Korridor und auch im Bereich davor außer dem vorgeführten Hund wirklich keinen anderen Hund zu halten Wahrend der einzelnen Vorführungen werden die Hunde der anderen Kursteilnehmer m angemessenem Ab-
stand verwahrt (z B m der Box oder im Auto) Später sollten dann auch Ablenkungen eingeplant werden (maßvoll) Für die Bildung eines soliden Appetenz- Niveaus muß man allerdings schon mit einem halben Jahr rechnen Solange die geringste Ablenkung mehr motiviert als das vom Hundeführer vermittelte Spiel, ist das Fundament einfach nicht tragfähig genug' Wer mit einem jungen, unverbildeten Hund beginnt, kommt in der Regel schneller voran als jemand, der im Spiel gegen allerlei Unarten und festgefahrene Dominanzverhalten kämpft Hundeführer, die ihrem Hund die erforderliche Führigkeit bis dato nicht vermitteln konnten, haben leider auch im Spiel denkbar schlechte Karten in der Hand Setzt sich der Hund zu Hause nach Belieben durch, wird sich dieses Szenario auch im Spiel wiederholen Manche Hunde verselbständigen sich im Spiel, oft schon nach wenigen Sekunden Dieser Vorgang wird von einigen Hundeführern immer wieder falsch interpretiert Sie meinen, ihr Hund „könne nicht spielen", er habe „zu wenig Spieltalent" Sie meinen, es sei der mangelnden Spiel-Motivation zuzuschreiben, daß er beispielsweise am Boden schnuppert oder
An Stelle von Absperrband können auch Pflöcke oder Hütchen verwendet werden.
82 davonlauft In Wirklichkeit belohnen sich viele Hunde selbst, indem sie das Spiel erfolgreich an sich ziehen und dominieren Herrchen oder Frauchen hilflos und im untergeordneten Rang zu erleben, bedeutet dann viel mehr Lust und Motivation als das angebotene Leckerchen oder der Ball Wer vornehmlich allein übt, unterliegt derartigen Fehleinschätzungen leichter und öfter als jene Hundeführer, die sich gegenseitig beobachten und korrigieren Üben in der Gruppe ist daher dringend anzuraten1 An den folgenden Test-Spielen wird klar, inwieweit Voraussetzungen für ein erfolgversprechendes Spiel gegeben sind Gleichzeitig bilden diese Spiele Gelegenheit, das Versäumte oder Fehlgeleitete nachzuholen und zu korrigieren
Motivations-Test: 30 Sekunden Aufmerksamkeit Spielbeschreibung:
Der Hundeführer läßt seinen Hund wie gewohnt kurz auslauten und kommt dann mit dem angeleinten Hund vor den Eingang des Korridors Dort leint er den Hund
ab und beginnt den Hund einzustimmen Mit der Zeit sollte es dem Hundeführer gelingen, die Einstimmung innerhalb kurzer Zeit abzuschließen (zirka 10 Sekunden) Wie er die Einstimmung durchfuhrt, ist freigestellt Wie er den Hund anschließend auf dem Spielfeld an sich bindet, wird von mal zu mal neu vorgegeben Die Aufgabe besteht also darin, den Hund in zweifacher Weise zu motivieren auf den Hundeführer und auf das Spiel Das kann durch Laufen, Berühren, Schmusen, Futter-, Jagd-, Fangen- oder BeuteSpiele eingelost werden Nach der Einstimmung „tritt das Team ein", das heißt, Hundeführer und Hund begeben sich gemeinsam (als Team') durch den Korridor auf das Feld Auf dem Spielfeld soll der Hund weiterhin im Bann des Hundeführers und des Spiels stehen Jedes Wegsehen, jede einzelne Abwendung des Hundes ist zu vermeiden Man wird erstaunt sein, wie schwierig es sein kann, den Hund auch nur eine halbe Minute an sich zu binden Der Hundeführer bestimmt selbst, wann er das Spiel beendet Wichtiger, als die Dauer des Spiels auszudehnen ist es, rechtzeitig aufzuhören (also bevor der Hund sich ablenken läßt, abschweift oder zu dominieren beginnt) Zeigt der Test, daß sich der Hund verselbständigt, so sollte der
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Hundeführer bei Wiederholungen des Test-Spiels eine Aufrolleine verwenden und den Hund am Weglaufen hindern, beispielsweise durch ein strenges „Nein" (gegebenenfalls zusätzlich mittels wohldosiertem Ruck) und anschließender Motivation zum Weiterspielen. „30 Sekunden Aufmerksamkeit" Spielregeln mit Varianten: Kurzbeschreibung: Das Spiel dauert maximal 30 Sekunden. Ge-
stoppt wird vom Zeitpunkt des Überquerens der Startlinie (am Anfang des Korridors) bis zum zweiten Überqueren am Ende der Übung. Ein „Zeitgeber" stoppt oder zahlt die Sekunden (leise „einundzwanzig, zweiundzwanzig..."), wobei er alle 5 Sekunden die Zeit laut angibt. Ein „Richter" paßt auf, daß die Spielregeln eingehalten werden. Am Ende jeder Vorführung gibt er die Punkte bekannt, verbunden mit einigen Kommentaren.
Während der Zeitgeber alle fünf Sekunden die verstrichene Zeit angibt, achtet der Richter auf das Einhalten der Regeln, zählt die Zahl der Abwendungen und die entsprechenden Zeiten. Am Ende gibt er die Punktzahl bekannt.
84 Spielregeln: 1. Der Hundeführer darf lediglich Körpersprache, Bewegung und Stimme einsetzen. (Diese Regel läßt sich abwandeln. Wegen der lehrreichen Herausforderung, den Hund allein durch Körpersprache und Stimme (ohne Kommandos und Namens-Zurufe!) zu motivieren, sei diese Spielform jedoch besonders empfohlen. Mit fortschreitender Sicherheit kann dann abwechselnd einmal der Motivations-Bereich, ein andermal die Wahl des MO's freigestellt oder vorgegeben werden. 2. Werden Futter- oder Beute-MO's einbezogen, so darf der Hund das MO jedoch erst am Ende des Spiels nach Überqueren der Ziellinie erhalten. Erhält er es vorher, wird in diesem Moment gestoppt und abgebrochen. Der Hundeführer läuft dann unverzüglich aus dem Spielfeld und durch den Korridor. 3. Verläßt der Hund die ausgesteckte Fläche, so werden 20 Punkte abgezogen. 4. Ruft der Hundeführer den Hund während des Spiels beim Namen oder mittels irgendeinem anderen UnterordnungsKommando wie „Hier" oder „Komm", sind jeweils 10 Punkte abzuziehen. (Motivationsgeräusche sind erlaubt.)
5. Wendet sich der Hund ab, folgt für jede kurze Abwendung l Punkt Abzug. Bei längeren Abwendungen gibt die Zeit der Ablenkung den Maßstab des Punkteabzuges. Pro Sekunde Ablenkung wird ein Punkt abgezogen. Praktischer Vorschlag: Der Richter zählt die Ablenkungszeiten und addiert diese während des Tests. (Beispiel: Dauert die erste Ablenkung 2 Sekunden, so zählt der Richter bei der zweiten Ablenkung bei 3 weiter.) Varianten für fortgeschrittene Teams: • Der Motivations-Bereich oder (und) das MO werden vorgegeben. Hier kann man dann von Trainingsstunde zu Trainingsstunde abwechseln. Auf diese Weise lernt man alle Motivations- Bereiche ebenso wie unterschiedliche MO's zu nützen und damit umzugehen, was der Abwechslung im Spiel förderlich ist. - Oder: Der Trainer ordnet jedem Kursteilnehmer individuelle Aufgaben zu. • Wichtiger als die Dauer ist natürlich die Qualität der Aufmerksamkeit. Daher sollen, wenn das Spiel in der oben beschriebenen Grobform einmal bekannt ist, weitere maximal 30 Punkte für die Qualität der Aufmerksamkeit des Hundes gegeben werden.
85 • Das Test-Spiel kann mit einer zusätzlichen Aufgabenstellung bereichert werden, die mit weiteren (maximal) 30 Punkten bewertet wird. Etwa: die Verwandlungskunst des Hundeführers; Geschicklichkeit im Umgang mit dem MO; Überzeugungskraft im Spiel; Freundlichkeit gegenüber dem Hund; Qualität der Einstimmung, des Eintretens durch den Korridor oder das Beenden und Hinauslaufen des Teams; Engagement des Hundeführers; Vitalität des Teams, Appetenz-Niveau usw. • Hundeführern, die Probleme mit der Führigkeit ihres Hundes
haben, kann man vorübergehend erlauben, das Spiel mit Hilfe der Leine (z.B. mit Aufrolleine) durchzuführen. In einer Untergruppe von „Leinen-Spielern" können diese Vorführungen gesondert bewertet und anschließend besprochen und gegebenenfalls korrigiert werden. (Mit der Zeit ist dann darauf hinzuarbeiten, daß der Einzelne mit möglichst wenigen, aber effektiven Leinen-Einwirkungen auskommt.) 1 Der Spielablauf des MotivationsTests kann auch dazu dienen, die Rangordnung eines Teams zu prüfen. Hierzu soll die „Kommt mein Hund zurück, oder sucht er das Weite?"
86 Wer wünscht sich nicht einen Hund, der in jeder Situation freudig zurückkommt.
87 Dauer des Spiels auf 40 bis 60 Sekunden ausgedehnt werden. Während der gesamten Zeit soll sichtbar werden, daß der Hund im Spiel nicht dominiert, sondern sich freudig und führig im Team einordnet und die Spielregeln befolgt. Hier Punkte zu vergeben, ist problematisch. An Stelle von Punkten vergeben wir hier die Noten sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend und mangelhaft . Wichtiger aber als die Benotung ist die Analyse des individuellen Rang-Ordnungs-Tests und die sich daran anschließenden, gemeinsam in der Gruppe (unter Hilfestellung des Ausbilders) zu erarbeitende Strategie zur Korrektur. • Will man noch einen Schritt weiter gehen, so kann man mit Hilfe der oben beschriebenen Spielanordnung auch ein Sozialisierungs-Spiel verbinden. Dieses könnte zum Beispiel darin bestehen, daß der Hund das inzwischen bekannte Auf merksamkeits- Spiel auch mit einer anderen, (bekannten) Person spielt.
Kommt mein Hund zurück? - Test Wer mit seinem Hund von Anfang an wenig oder mangelhaft gespielt hat, wird die vorangegangenen
Tests nicht zufriedenstellend absolvieren. Das sollte einerseits nicht beunruhigen, andererseits jedoch deutlich machen, daß im einen oder anderen Bereich Nachholbedarf besteht. Und wer bereits im Aufmerksamkeits-Test kleinlaut feststellen muß, daß er seinen Hund keine zehn Sekunden zu motivieren vermag, der steht nach der Ablenkung gleich vor dem nächsten Problem. Kommt sein Hund auf Hör- oder Sichtzeichen zurück? Wie oft muß er ihn rufen, bis er kommt? Reagiert der Hund überhaupt auf die Versuche des Zurückrufens oder ignoriert der Hund den gesamten Vorgang so lange es ihm gefällt? Wie lange dauert es, bis der Hund sich anschickt, zurückzukommen? Vielen Hundeführern ist nicht in voller Tragweite bewußt, wie weit sie auch in diesem Punkt von ihrem Hund dominiert werden. Man hört dann immer wieder dieselben Ausreden, die zurecht gelegt wurden, um das Dilemma zu beschönigen. All diesen Hundeführern sei in aller Klarheit gesagt: Sie werden auch im Spiel auf der Stelle treten, wenn es ihnen nicht gelingt, den Hund zuverlässig zurückzurufen1. 1
Siehe Video in Vorbereitung: „Hilfe, mein Hund kommt nicht zurück!"
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Aufbau des „Geistigen Zügels" Begriffsbestimmung Parallel zum Aufbau des Geistigen Zügels soll die später beschriebene Basis-Übung in das Spiel- und Übungsprogramm aufgenommen werden. Im Sport wie auch im Aufgabenbereich des Gebrauchshundes, ja selbst beim Haus- und Hofhund kommen tagtäglich Situationen vor, in denen sich der Hund anders verhalten muß als er möchte. Er darf Handlungsabläufe nicht zu Ende führen, muß anhalten, wo er weitergehen mochte, liegen, wenn er am liebsten aufspringen würde usw. Hinzu kommen die vielen Verbote, die es einzuhalten gilt. Die traditionelle Ausbildung ging bei der Vermittlung derartiger Vorgänge nicht zimperlich vor. Der Hund mußte parieren. Die gewünschten Verhaltensweisen wurden mehr oder minder erzwungen. Man hat sich die „absolute Zuverlässigkeit", die erstrebenswert galt, nur in Verbindung
mit gewaltsamer Autorität vorstellen können. Auch heute noch gibt es Vereine, die eine betont harte Ausbildung bevorzugen und das Spiel auf ihren Plätzen dezidiert verbieten. Einige sogenannte Spitzen-Hundesportler verkünden öffentlich, sie nützten Motivation nur, damit der Hund den Zwang übersteht. Echte und anhaltende Freudigkeit konnte und kann unter diesen Voraussetzungen natürlich nicht aufkommen. Und solange es Richter gibt, die außerhalb formaler Ausführung nicht in der Lage sind, qualitative Leistungen in Punkte umzumünzen, wird weiterhin eine Sportkultur hochgehalten, die auf Schein-Freudigkeit baut - auf Kosten des unverstandenen und entwürdigten Hundes. Alternative Ausbilder gehen einen anderen Weg. Auch sie wissen, daß Autorität eine unersetzliche Voraussetzung jeder sozialen Bindung darstellt. Aber sie bauen auf die Autorität der Erhaltung an Stelle jener willkürlichen, zwin-
Die entgegengestreckte Hand mit gespreizten Fingern ist das Symbol für den geistigen Zügel.
90 genden, verunsichernden und letztlich zerstörenden Autorität. Auch die Autorität der Erhaltung wird sich dann und wann zwingend und schmerzhaft präsentieren. Aber so wie der Fang der Mutterhündin lange Zeit liebkosend und freundlich dem Welpen begegnet, so sollte auch der Hundeführer die Signale der Autorität zuerst vertrauensbildend vermitteln. Das schließt nicht aus, daß sich freundliche, einfühlsame Autorität im Bedarfs- und Ausnahmefall auch einmal zwingend, unerbittlich oder schmerzhaft manifestiert. Auf die Funktion des stellvertretenden Signal haben wir an anderer Stelle bereits hingewiesen. Ab und zu wird es unumgänglich nötig sein, der angekündigten Maßregelung, etwa bei einem Zähneblecken, auch die Tat folgen zu lassen. Unterm Strich jedoch werden durch Warn- und DrohRituale zahlreiche, unnötige Tätlichkeiten entbehrlich. Das schont Kräfte auf beiden Seiten und es werden Verletzungs- und Eskalations- Risiken vermieden. Demgegenüber machen sich die immer noch praktizierten LeinenRucke mancher Ausbilder, denen nie eine fundierte Lernvermittlung vorausging, primitiv aus - von der minderwertigen Effizienz ganz zu schweigen.
Warten lernen Wir haben lange nach einem Symbol und einem Begriff gesucht, der auf der einen Seite das Naturvorbild widerspiegelt, andererseits aber auch die dem Menschen mögliche Vermittlungsform umschreibt. Im „Geistigen Zügel" ist beides enthalten: die auf innerer Überlegenheit fußende Autorität ein betont geistiger Zustand - und der Vorgang des „Zügelns". Mit dem Zügeln sprechen wir die vielen Vorgänge an, denen eines gemeinsam ist: Der Hund muß lernen, Lust-Erwartungen zurückzustellen, gestaute Energien umzuleiten in andere Motivationen1. Er muß „warten lernen", sich „zügeln lassen", wie der Mensch sagen würde. Der „Geistige Zügel" bedeutet daher Zustand, Vorgang und gleichzeitig das äußere Signal, an welches er geknüpft ist. Im Ausdruck des Geistigen Zügels zeigen sich Arm, Hand und Finger völlig anders als sonst. Arm, Hand und Finger werden dem Auge des Hundes frontal entgegengestreckt. Sie signalisieren, verstärkt durch die gespreizten Finger, „Spannung" und Überlegenheit. Der 1
Im fortgeschrittenen Stadium werden wir auch vom Hund erwarten, daß er m Ausnahme -Situationen lernt, LustErwartungen zu unterdrucken.
91 entgegengehaltene „Geistige Zügel" fordert Unter-Ordnung oder in manchen Situationen TabuAkzeptanz Oder er dient als Warnoder auch als Droh-Signal Setzt sich der Hund darüber hinweg, so wird aus dem „Geistigen Zügel" eine Tätliche Handlung, etwa ein Schnauzen- oder Nackengriff oder ein Klaps auf die Nase2, verbunden mit akustischen Signalen Von entscheidender Bedeutung allerdings ist die positive ErstVermittlung des Geistigen Zügels Anfangs verzichten wir bewußt auf Autoritätsanspruche oder gar auf Tätlichkeit Vielmehr vermitteln wir den Zügel zuerst einmal m der Bedeutung einer Achtung- Geste Und weil der Geistige Zügel gut gefestigt werden sollte, suchten wir nach einem täglich wiederkehrenden Vorgang Was wurde sich hierzu besser anbieten als das tägliche Fressen7 Der Hund wird sein Futter in der gewohnten Lustvorstellung erwarten In dieser für den Hundeführer bekannten und überschaubaren Situation setzen wir mit 2
Keine Form tätlicher Einwirkung ist problemfrei! Wir haben den Klaps auf die Nase oft mit Erfolg eingesetzt wenn Hunde im Spiel das Fremdbeißen (z B die Hand des Hundeführers) bereits konditioniert hatten und auf homöopathische Methoden nicht mehr an sprachen In welcher Situation welche Einwirkung als die Vielversprechendste und geeignetste zu empfehlen ist kann letztlich nur vor Ort entschieden werden
dem Aufbau des Geistigen Zügels ein Mit zunehmender Akzeptanz und Vervollkommnung werden wir das gleiche Verhalten dann auf andere Bereiche übertragen (transformieren), um es beim ausgebildeten Hund m jeder Situation verfügbar zu haben (generalisiert)
Übungs-Aufbau des Geistigen Zügels Vorbereitung Trockenübung ohne Hund!
Am besten übt man zunächst einmal ohne Hund Der Hundeführer tut so, als wurde er dem wartenden Hund sein Fressen hinstellen Angenommen, der Hundeführer ist Rechtshänder, so wird er den Napf m der Rechten Hand halten Auf halber Hohe bringt er die linke Hand mit gespannten und gespreizten Fingern vor die Futterschussel und erstarrt gleichzeitig einen Augenblick m seiner gesamten Körperhaltung Dies wird den Hund für einen Augenblick verbluffen Er wird den Hundeführer entweder überrascht, aufmerksam geworden, möglicherweise auch ein wenig erschreckt oder verunsichert ansehen Gleichzeitig wird er einen Moment lang in unveränderter
92 Sekunde lang! Das ist besonders wichtig. Auch wenn der Hund den Anschein gibt, er würde problemlos viel länger verharren können, so sollte man die Übung in der ersten Zeit (etwa eine Woche) nicht überziehen.
Der Geistige Zügel wird anfangs in Form einer AchtungGeste vermittelt. Wichtig ist, daß der Vorgang ausschließlich emotional positiv besetzt wird.
Warte-Haltung verharren. In diesem Augenblick wird der Geistige Zügel entspannt und das Fressen mit einem Hörzeichen, beispielsweise „Nimm" freigegeben. Je nach Veranlagung des Hundes muß die Körpersprache entweder strenger oder behutsamer gestaltet werden. Die größte Gefahr liegt darin, daß man den Hund anfangs zu lange warten läßt. Der Vorgang des „Geistigen Zügelns" dauert die ersten Male weniger als eine
1. Phase Ausführung wie im Trockentraining 2. Phase Reagiert der Hund auf den Geistigen Zügel (und die begleitenden Signale) in der gewünschten Warte- und Erwartungs- Haltung, so kann die Zeit in kleinen Schritten ausgedehnt werden und (oder) die Futterschüssel immer tiefer in Richtung Boden gebracht werden. Will sich der Hund über den Geistigen Zügel hinwegsetzen, so darf die Zügelhand auf keinen Fall Schwäche demonstrieren, indem die Hand zurück- oder ausweicht. In diesem Fall müßte man die Zügel-Hand noch weiter entgegenstrecken, wobei man vor allem die innere Autorität mit aller Entschiedenheit zum Ausdruck bringt, möglicherweise verstärkt durch ein eindeutiges „Nein" und wenn nötig, durch eine der weiter oben beschriebenen tätlichen Maßregelungen. Bei manchen Hunde-Charakteren hat sich bewährt, die Freßschüssel wegzuräumen und den Vorgang nach einiger Zeit zu wie-
93 derholen. Widersetzungen kommen in dieser Übung jedoch äußerst selten vor. Daher wird man in der Regel eher damit beschäftigt sein, die Übung spannungsvoll und interessant zu gestalten. Sollte der Hund während des Zurücknehmens des Geistigen Zügels vorzeitig die Freigabe ableiten, strecken wir die Hand sofort wieder in Spannung und gespreizten Fingern entgegen. Der Hund soll lernen, den akustischen Auslöser abzuwarten und erst auf das Hörzeichen „Nimm" agieren. Das Zurückziehen der Zügel-Hand darf weder zu schnell noch betont langsam erfolgen. Der soeben beschriebene Vorgang dauert nicht länger als etwa zwei Sekunden und wird wiederum zirka ein bis zwei Wochen beibehalten - mit geringen Abwandlungen (Ort oder Zeitpunkt wechseln; an die Stelle der Futterschüssel kann auch mal einen Leckerbissen o.a. treten.) 3. Phase Jetzt wird die Futterschüssel auf den Boden gestellt. Die Freigabe erfolgt jedoch erst kurz danach. 4. Phase Mit zunehmender Akzeptanz wird die Wartedauer auf vier bis acht Sekunden ausgedehnt. 5. Phase Der Hundeführer entfernt sich ein bis mehrere Schritte vom
Hund. Während des Zurückgehens wird der Hund ununterbrochen fixiert und der Geistige Zügel bleibt in der Augen-MO-Linie. 6. Phase Die Grund-Haltungen „Sitz", „Platz" und „Steh" hat der Hund inzwischen innerhalb des von Anfang an parallel geübten Basis-Spiels gelernt. Je nachdem, ob der Hundeführer auch sportliche Ziele verfolgt, kann er ab Phase 4 oder 5 den Hund vor dem Füttern in eine der GrundNach einem haltungen bringen. Der Hund
kurzen Augenblick erhält der Hund das Futter.
94 Mit zunehmender Gewöhnung kann sich der Hundeführer immer weiter vom Hund entfernen, ohne daß dieser aufsteht. Aus der Sicht des Hundes ...
...und aus der Sicht des Hundeführers.
soll den Geistigen Zügel ja nicht mit einer bevorzugten Position, etwa dem Sitzen verbinden, sondern als „Warten in jeder beliebigen Haltung" aufnehmen. Es gilt weiterhin: Nicht die zwanghafte Unter-Ordnung ist angestrebt, sondern das Warten aus innerer, positiver Erwartungs-Haltung. 7. Phase Ausdehnung des Schwierigkeitsgrades auf verschiedenen Ebenen (anfangs jedoch nur jeweils eine Ebene und diese über mehrere Tage hinweg!): Ablenkungen einbringen, Dauer ausdehnen, Ort wechseln (auch außerhalb des Hauses), täglicher Haltungswechsel in unregelmäßiger Reihenfolge, aus dem Zimmer gehen (Hilfsperson beobachtet Hund), usw.
Mit der Zeit wird der Hund den Geistigen Zügel problemlos und sicher akzeptieren. Im Idealfall verharrt er in der vorher angewiesenen Haltung in gespannter, lustvoller Erwartung, den Blick abwechselnd auf die Futterschüssel und das Gesicht des Hundeführers gerichtet. Um zu vermeiden, daß der Hund nur auf den akustischen Auslöser wartet und den Blick wie versteinert auf den Napf heftet (und dabei den Hundeführer nicht mehr ansieht), kann man das Hörzeichen abwechselnd auch leise oder gar stumm sprechen oder einen anderen visuellen Auslöser (Kopfnicken) geben. Auf die Technik der Augen-MO- Linie haben wir schon hingewiesen.
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Verwandeln und Beleben Was ist Motivation? Immer mehr Menschen wünschen sich, mit ihrem Hund spielerisch umzugehen, sei es in der Erziehung oder im Sport. Aber der Wunsch, ja selbst der Entschluß für diesen Weg beinhaltet noch
keine Erfolgsgarantie. Vor den Erfolg haben die Götter nicht nur den Schweiß, sondern auch Denken und Wissen gesetzt. Die Probleme liegen zwar weniger darin, daß spielerische Vorgangsweise zu schwierig, zu kompliziert oder zu langwierig wäre, sondern darin, daß das entsprechende Know-How einfach noch zu wenig bekannt ist. Ohne Grundkenntnisse
Spiel unter Hunden ist immer gleichzeitig Sozial-Ereignis. Der Spielpartner ist enorm wichtig - nicht nur die Spielbeute.
96 und -fertigkeiten jedoch ist SpielMethodik zum Scheitern verurteilt Wer meint, er wurde den Hund richtig motivieren, indem er nach absolvierter Übung den Ball wirft oder Futter gibt, der hat nichts verstanden von der Faszination einer Integralen Motivation, wie sie uns das Leben lehrt Er hat nicht mehr als die Schale des Apfels verkostet Imagination + Kommunikation + Animation = Motivation Streng genommen werden Erfolgschancen nicht erst im Tun abgesteckt, sondern dann, was sich der einzelne unter Motivation vorstellt Wenn wir uns einen Hund wünschen, der mit gespitzten Ohren, entspannten Lefzen und feurigen Augen zu uns aufschaut, dann müssen wir Abstand nehmen von Methoden, die überwiegend den Ball, das Futter oder sonst etwas interessant machen, uns selbst aber außerhalb des Spiels halten Es muß uns im Spiel mit dem Hund gelingen, eine ähnliche Stellung einzunehmen wie sie Hunden im Spiel untereinander zukommt Wenn Hunde miteinander spielen, dann steht der Spielpartner nahezu ausnahmslos im Zentrum des Motivationsgeschehens Demge-
genüber sehen Hunde im Spiel mit dem Menschen oft vorrangig die Spiel-Beute, etwa die angebotene Beißwurst oder ein Futterstuck Woher kommt dieser Unterschied im Spiel mit Artgenossen und mit dem Menschen7 Es kommt daher, daß der Mensch einfach zu wenig hündisch zu spielen versteht Das Unvermögen hat viele Ursachen und Facetten In vielen Fallen fehlt es am Gleichgewicht Entweder man läßt dem Hund zu viel oder zu wenig Freiraum im Spiel Viele Hundeführer gehen durchaus tatkräftig und engagiert ans Werk Aber von ihren Zielen, Erziehung zu vermitteln oder im Sport Punkte zu machen, versteht der Hund nichts Diese Motivationen kann er weder begreifen noch teilen Daß beispielsweise ein gerades Vorsitzen wertvoller sein soll als ein wenig schief vorzusitzen, das ist ihm absolut fremd Aus seiner Sicht ist es sogar besonders schlau und tüchtig, schief vorzusitzen Dann nämlich, wenn der Hundeführer die m Aussicht gestellte Belohnung immer in der gleichen Hand halt Indem der Hund schief vorsitzt, bringt er sich auf diese Weise m eine bessere Position Dafür bekommt er dann nicht selten einen Ruck, einen Tritt oder andere, un-glimpfliche Korrekturen Nein, diese Scheuklappen-Pädagogik führt uns nicht weiter Wir
97 müssen umdenken, wenn wir ins Spiel kommen wollen und wenn uns daran gelegen ist, daß der Hund die ihm gestellten Aufgaben wirklich freudig ausfuhrt Wir müssen Wege finden, unser Spiel mit dem Hund, so wie im Spiel der Hunde untereinander, zu einem sozialen Erlebnis werden zu lassen Damit werten wir nicht nur das Spiel, sondern auch unsere eigene Rolle im Spiel auf
Imagination Kurz gesagt, kommt es auf dreierlei an auf die Verwandlung, auf die Kommunikation und auf das Beleben Bevor wir im Spiel irgend etwas machen, bevor wir sozusagen in Erscheinung treten, müssen wir uns zuerst selbst verwandeln Wie so oft im Leben, so hat auch dieser Vorgang seinen Ursprung im Geist Mit anderen Worten Man muß zuerst zu dem werden, was man dem anderen vorspielen will Das ist leichter gesagt als getan Der Erwachsene ist voll von Hemmungen, Zweifeln und Ängsten - lauter Panzerkostüme, die eine Verwandlung umständlich und schwierig werden lassen Hat man dann endlich den nutzlosen EisenBallast abgestreift, kommt das nächste Problem In Wen oder m Was soll man sich eigentlich verwandeln7 Und wie macht man das7 - Ein Schauspieler wurde
einem raten, die geistigen Kräfte zu aktivieren durch die Welt der Realität sozusagen hindurchzusehen in eine Welt der Phantasie Man nennt dies Imagination Vorstellungskraft Man stellt sich beispielsweise vor, wie man mit dem Hund Fangen spielt, ihn anschleicht, zur Salzsäule erstarrt oder ihn mit einer Geste der Aufmunterung zum Mitlaufen auffordert In der Imagination fallen einem die vielen „Bilder" und „Szenen" ein, die man beim Beobachten von Hunden gesammelt hat und die im Unterbewußtsein unvergeßlich vorliegen Man verwandelt sich in diese Bilder und Szenen, tritt mit dem Hund kommunikativ in Verbindung, und schon ist man mittendrin Mittendrin, sofern es sich um Berührungs- oder Bewegungs-Spiele handelt Kommt noch ein dritter Faktor, etwa das Futter oder die Spielbeute hinzu, so müssen wir außer der Verwandlung und Kommunikation noch eine weitere Lektion lernen die Belebung, auch Animation genannt Vor allem im Beute- und FutterSpiel wird es wichtig, daß wir die leblosen Gegenstande beleben. Gerade in diesem Punkt sind wir dem Spielpartner Hund wenigstens auf motorischer Ebene weit voraus Kraft unserer überlegenen Feinmotorik und unserer differenzierten Lautgestaltung können wir
98 Es kommt bei der Animation weniger auf den Gegenstand an, sondern auf den, der dahintersteht...
beispielsweise ein Stück Holz zu einer faszinierenden Scheinbeute beleben, - animieren. Wir bewegen es, wir geben ihm Laute, wir lassen es anhalten und bestimmte Positionen einnehmen usw. usw. Die Ideen hierzu kommen einerseits aus dem Repertoire der Erinnerungen, wie sich etwa eine Beute in der Natur verhält; andererseits mischen sich phantasievolle Eigenkreationen unter, die kaum etwas mit der Realität zu tun haben, die sich aber im Spiel als höchst wirkungsvoll entpuppen. Kreativität ist gefragt!
Geistige und emotionale Schwerarbeit! Dem einen fällt's leichter, dem anderen schwerer. Aber letztlich fällt die Hohe Schule der Animation keinem im Schlafe zu, auch wenn man noch so begabt ist. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten, zu spezifisch und umfangreich die einzelnen Bewegungsabläufe, als daß man das gesamte Repertoire aus dem Ärmel schütteln könnte. Das nötige Wissen in Verbindung mit plausiblen Anleitungen für die Praxis zu vermitteln, ist eines der Ziele des vorliegenden Buches.
99 ...ein Büschel Gras oder ein Blatt genügt, um daraus eine attraktive Spielbeute werden zu lassen.
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MotivationsTechniken Berührungs-, Zuneigungs-, Entdeckungs- und Balgen-Spiele Wir beginnen mit jenen Spielen, die keines „Trockentrainings" bedürfen: Ähnlich wie beim Menschen spielen auch beim Hund Berührungen eine wichtige Rolle. Aber Hunde berühren sich vielfach anders als Menschen. Die sensiblen Zonen stehen nicht in derselben Abstufung ihrer Bedeutung und auch die Taktilen Techniken gestalten sich anders als unter Menschen. Wer sich mehr für diese interessanten und erzieherisch ergiebigen Zusammenhänge interessiert, der möge in der Literatur nachlesen. Wir können hier nicht mehr als den Hinweis geben, Hunde untereinander und vor allem den eigenen Hund genau zu beobachten. Jeder Hund verhält sich in bezug auf (vermittelnde und erfahrene) Berührungen individuell.
Freundliche Berührungs-, Schmuseund Zuneigungs-Spiele können nicht nur zur Harmonisierung gestörter Mensch-Hund-Beziehungen beitragen, sie lassen sich auch erfolgreich in besonderen Situationen zur Wiedergewinnung des psychischen Gleichgewichts eines Hundes einsetzen. Und sie bieten da und dort Gelegenheit, Rangordnungsproblemen zu begegnen, eine labile Beißhemmung zu stabilisieren oder gefährliche Aggressionen abzuschwächen. Im Spiel sollte man bei Berührungen auf folgende Signale achten: • Zwinkert der Hund mit den Augen, wenn ich die Hand in seine Nähe bringe? Oder duckt er den Kopf ab? Man sollte mit der Annäherung der Hand so lange experimentieren, bis man feststellt, daß sie der Hund problemlos annehmen kann. • Fragendes Beobachten üben! Machen die vermittelten Berührungen den Hund eher Berührungsunsicher oder tragen sie zum Austausch von Freundlichkeiten Spiel. bei? Experimentieren Sie mit
102 unterschiedlichen Berührungen. • Bei Balgen-Spielen am Boden sollte man immer ein BeißObjekt parat haben, denn über kurz oder lang kommt bei den meisten Hunden der Fang ins Spiel. In die Hand aber soll der Hund nicht beißen. Hier empfiehlt sich das Ableiten der Beißlust auf eine Beißwurst, Leder oder auf etwas anderes. • Vorsicht bei fremden Hunden! Das Selbstbewußtsein mancher Hunde schlägt mitunter blitzschnell in Unsicherheit oder Angst um. Angst aber kann beim Hund, ganz ähnlich wie Schmerz, zum Auslöser aktiver Verteidigung werden. Der Hund ZuneigungsSpiele sind ebenso wichtig wie Futter und Action.
beißt dann aus innerem Zwang. Weil aber Instinkhandlungen gegenüber erworbenen Verhaltensweisen in der Regel prioritär ablaufen, kommt es immer wieder zu jenen berühmt-berüchtigten Situationen, in denen Hunde, die normalerweise als freundlich gelten, sich plötzlich von einer ganz anderen Seite zeigen - und zubeißen. Bei Balgen-Spielen sollte man daher die Stimmungslage des Hundes stets beobachten und bei zunehmender Aggression das Spiel entweder abbrechen oder auch durch andere Maßnahmen für Beruhigung sorgen. BalgenSpiele betonen die Be-
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rührung, den hautnahen, spürbaren Kontakt. Welpen sollen daher bereits im Zwinger täglich so oft wie möglich Berührungskontakt mit Menschen haben. • EntdeckungsSpiele sind vor allem im WelpenAlter wichtig. In dieser Zeit braucht der Hund den Menschen mehr denn je. Nur der Mensch kann ihm die vielen Eindrücke verschaffen, die für ein Hundeleben zu Beginn des 21. Jahrhunderts unentbehrlich sind. Eine Baustelle, einen Rummelplatz oder auch eine Waldlichtung oder See gemeinsam mit Herrchen oder Frauchen zu entdecken, das sind PrägungsSpiele, die das spätere Leben bestimmen.
• Dasselbe gilt für Sozialisierungs- Spiele: Ermöglichen Sie Begegnungen mit anderen Hunden, anderen Rassen, Menschen verschiedenen Geschlechts und Alters!
BewegungsTraining Um sich des eigenen BewegungsRepertoirs (und der persönlichen Grenzen!) bewußt zu werden, benötigt man anfangs die ungeteilte Aufmerksamkeit auf die eigene Motorik. Daher ist es vorteilhaft, die eine oder andere Übung zu-
Vorbild: Balgen-Spiele der Welpen untereinander.
104 BewegungsTraining ohne Hund.
nächst ohne Hund zu üben, oder, was ebenfalls sehr zu empfehlen ist, mental durchzuspielen. Mit dem Hund ist man viel zu abgelenkt, um sich auf sich selbst zu konzentrieren. „Trockentraining" kann man allein, in kleinen Gruppen oder auch im Kurs üben, wobei das Beobachten der anderen Kursteilnehmer die eigene Ausführung oft erheblich bereichert und daher genauso wichtig ist. (Das sei an jene Kursteilnehmer gerichtet, die meinen, die Kursleistung bestehe in möglichst häufigem, gemeinsamen Auf- und Abgehen.)
Übungs-Beschreibung
1. Phase Ohne Hund: Man läuft durch den Korridor auf den Platz und spielt verschiedene Bewegungsformen durch: - Geradeaus-Laufen - Figuren laufen (Kreise, Ellipsen und asymmetrische Formen. Radien verändern. - In Zick-Zack-Form gehen und laufen - Tempo verändern, vom langsamen Gehen bis zum schnellen Laufen - Plötzliches Anhalten, Erstarren
105 und neu Starten, einmal in gleicher Richtung wie vorher, dann in andere Richtung - Rückwärts gehen und laufen - Sprünge einbauen (einmal betont hoch, dann weit) - Arm- und Hand-Bewegungen einbauen
Beute-SpielTraining Während der Hundeführer bei Bewegungs- und Taktilen Motivations-Techniken auf seine natürliche Motorik zurückgreifen kann, kommt bei Beute- und FutterSpielen noch das Handling der Objekte hinzu. Und zwar nicht nur in Form von reiner Handhabung, sondern als Psycho-somatische Aktion. Der Gegenstand soll ja, wie wir wissen, nicht nur bewegt, sondern „beseelt bewegt" werden. Die Aktion soll für den Hund „möglichst echt" aussehen. Je geschickter man mit dem MO umgehen gelernt hat und je automatischer die Techniken ablaufen, umso mehr kann man sich auf den Hund konzentrieren und um so erfolgversprechender wird das Spiel. Hier einige Anleitungen, die man allein oder auch in der Gruppe und im Kurs umsetzen kann.
1. Übung: „L-Stellung", der richtige Stand im Spiel (Anleitung in Stichworten) Aufrecht stehen, leichte Ausfallsstellung wie beim Judo (Beine etwa eine Schrittweite gespreizt, Standbein steht quer zur Blickrichtung, Spielbein in Blickrichtung, in den Knien leicht federnd. Gewichtsverteilung: zirka 60% auf das Standbein, 40% auf das Spielbein. - Arme frei, leicht angewinkelt. Gewicht abwechselnd einmal nach vorn, ein andermal nach hinten verlagern. Dasselbe in betont tiefer Stellung, mit stark gebeugten Knien. 2. Übung: „MO spüren" In der Grundstellung MO (Beißwurst, Schleuderball, Ball, Den besten Stand bietet die sogenannte LStellung, wobei der Schwerpunkt des Körpers auf der gedachten Linie der beiden Eckpunkte des Buchstabens liegt; also innerhalb des L
106 Leder u.a.) in die Hand nehmen, Augen schließen und tasten: Form, Gewicht, Konsistenz, Reibung, Elastizität, Temperatur spuren. 3. Übung: „Beide Hände" Wie Übung 2, Augen schließen, spüren, dann von einer Hand in die andere geben. 4. Übung: „In den Knien federn" Wie Übung 2, jedoch das Abgeben des MO's von einer Hand in die andere mit wippendem, elastischem Federn in den Kniegelenken begleiten. Werfen und Auffangen will gelernt sein.
5. Übung: „Hände und Beine" Augen geöffnet, MO von einer Hand in die andere geben, gleichzeitig locker und elastisch gehen und anschließend wieder stehenbleiben. Körpergefühl entwickeln für gleichzeitiges Bewegen der Arme, Hände und Beine. 6. Übung: „Werfen und Auffangen" MO in Grundstellung von einer Hand in die andere werfen und auffangen. Einmal seitlich, ein andermal hochwerfen. Mit der gleichen Hand oder mit der anderen Hand auffangen. Keine Angst vor dem Hinunterfallen. Das gehört
107 Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, ein MO am Körper zu verstecken: hinterm Kopf, unter der Jacke, in einer Tasche, hinter dem Rücken oder hinter der Wade, unter der Achsel usw.
...und nach einigen Augenblicken lugt die Beute vor, um zu sehen, ob „die Luft rein ist".
zum Spiel. Echter kann man dem Hund seine Chance nicht vermitteln. Erfahrene Spieler nützen dies: Sie werfen das MO so, daß die Wahrscheinlichkeit, es aufzufangen, 50% zu 50% steht. Fällt das MO, soll der Hund seine Chance nützen. Das Spiel gewinnt an Glaubwürdigkeit, Abwechslung und Rasanz. Die Motivation steigt. 7. Übung: „MO um Körperteile führen" MO kreisend um Hüften, Oberschenkel oder Waden führen. Bei Verwendung eines Schleuderballs die Leine entweder kurz fassen oder noch besser, nicht an der Leine, sondern den Ball-Körper fassen und führen.
8. Übung: „MO auf den Boden werfen und auffangen" Soweit es das MO zuläßt, auf den Boden werfen und wieder auffangen. 9. Übung: „Tief spielen; MO am Boden" Beine breit stellen und das MO am Boden von links nach rechts kullern und jeweils mit der anderen Hand aufnehmen und neu bewegen. Beine nicht strecken, sondern tief in die Knie gehen. Körpergefühl entwickeln: Gewicht richtig verteilen, um die Haltung ökonomisch zu gestalten. 10. Übung: „Beute flieht" MO ruckartig wegziehen.
108 11. Übung: „Beute hüpft" MO in Bögen oder Kreisen am Boden bewegen. 12. Übung: „Haken schlagen" MO in regelmäßigen oder unregelmäßigen Zick-Zack-Bewegungen führen. 13. Übung: „Beute versteckt sich und lugt wieder vor" MO abwechselnd hinter den Waden, Oberschenkel, Rücken, Kopf, unter der Achsel, unter der Jacke verstecken und wieder vorlugen lassen. 14. Übung: „Geräusche kommen hinzu" Das gesamte Bewegunsrepertoire wiederholen (ab Übung 7) und mit phantasievollen, den Bewegungen angepaßten Geräuschen bereichern. 15. Übung: „Tief spielend wegbewegen" Mit kleinen Trippelschritten, tief spielend, sich wegbewegen. (Auf diese Weise kann das Spiel örtlich und zeitlich ausgedehnt werden.) 16. Ortsveränderung: In tiefer Spielposition sich durch Trippelschritte vom Hund entfernen. 17. Übung: „Sprint einlegen" Mitten im tiefen Spielen aufrichten und einige Schritte weglaufen. Gegebenenfalls auch Haken schlagen.
18. Übung: „Provozieren und Imponieren" Man stelle sich vor, der Hund befinde sich in einiger Entfernung vom Hundeführer: Wir werfen das MO in die Luft, fangen es wieder auf, gehen imponierend und stolz auf und ab oder lassen das MO provokant herausfordernd auf den Boden fallen, heben es wieder auf (als wollte man zum Ausdruck bringen: „Hier, schau mal, was ich hab', hol es dir doch, wenn du kannst"). Oder wir laufen mit dem MO provokant knapp am Hund vorbei (alles mental gespielt) und geben auf allerlei Art und Weise mit unserer „Beute" an. Genieren Sie sich nicht! Hunde sind im gegenseitigen Spiel wahre Meister provokanter, theatralischer Angeberei (MO simultan „Totschütteln", dekorativ vor sich hertragen, daran riechen, Wurfleine in die Zähne nehmen, von einer Hand in die andere werfen, Angeberei auch in Form von Lauten usw.) Es hat sich gezeigt, daß auch erfahrene Spieler immer wieder in Abständen das eigene Repertoire überprüfen sollten, um stereotype Bewegungsabläufe zu vermeiden und das Spiel abwechslungsreich zu bewahren. In Vereinen und Gruppen läßt sich das soeben beschriebene MOHandling-Training in Form eines „5 Minuten-Warming-up" zu Be-
109 Tiefes Spielen stimuliert den Hund ganz besonders. Daher sollte das MO immer wieder um die Waden geführt werden.
110 ginn der Trainingseinheit einbringen. Man ist anschließend beweglicher und die erweiterten Techniken wirken aus dem Kurzund Mittelzeit-Gedächtnis in das nachfolgende Üben mit dem Hund. Ganz abgesehen davon, daß ein abwechslungsreiches MOHandling Körper und Geist fit halten. Es spricht also viel dafür, das Trockentraining des MO-Handlings zum festen Bestandteil einer Trainingseinheit werden zu lassen. Beispielsweise zu Beginn der Trainingseinheit, bevor der Hund mit auf den Platz kommt. Im folgenden Kapitel („Basis -SpielÜbung") werden wir noch weitere Trockentrainings-Spiele kennenlernen, die ebenfalls in das „5 Minuten-Warming-up" aufzunehmen sind.
Umgang mit verschiedenen MO's Je besser man mit verschiedenen MO's umgehen kann, desto lieber wird man sie auch einsetzen. Auf Jahre gesehen ist Abwechslung ein wichtiger Punkt! Das Handling auch einmal ohne Hund zu trainieren, bringt sicher Vorteile für die Praxis.
Schleuder-Ball Der Schleuder-Ball wurde im Text weiter oben beschrieben. Es wäre vorteilhaft, das Schleuder-MO ebenso wie den Ball auch auf den Boden oder auf senkrechte Flächen zu werfen. Ball Der Ball, eines der ältesten MO's, ist zu unrecht aus der Mode gekommen. Immer dann, wenn es vorteilhaft ist, dem Hund im Spiel relativ große Strecken (z.B. wenig Auslaufmöglichkeiten) oder hohe Laufgeschwindigkeiten abzuverlangen, ist der Ball auch heute noch ein attraktives MO. Er sollte aus lebensmittelechtem Moosgummi (nicht zu weich) sein. Damit ihn der Hund nicht schlucken kann, empfiehlt sich ein ausreichend dimensionierter Durchmesser. Anders als bei Wurf- und Schleuder-MO's hat man beim Ball, sollte ihn der Hund wirklich einmal versehentlich verschlucken, kaum noch eine Chance, ihn anzupacken und aus dem Rachen zu holen. Bälle werden in der Regel in die Weite geworfen. Die Möglichkeit, Bälle auf den Boden oder an senkrecht stehende Flächen zu schleudern, um damit unvorhergesehenes Hüpfen oder Zurückspringen auszulösen, wird leider viel zu wenig genützt!
111 Beiß-Wurst Obwohl die Beiß-Wurst prädestiniert ist für das Anbeißen am Hundeführer, kann man sie zur Abwechslung auch in die Luft oder auf den Boden schleudern -wenn auch nicht so weit wie einen Ball oder ein Schleuder-MO Wenn sie dann am Boden gelandet ist, bleibt sie zwar liegen wie ein nasser Sack, trotzdem macht es vielen Hunden Spaß, sich die weggeschleuderte Beißwurst aus dem Lauf zu holen Beiß-Leder Zu empfehlen sind Leder, m die eine Gegenzug-Leine eingenaht wurde Das Beißleder bietet viele Möglichkeiten Entweder man dreht es zusammen, als wollte man ein Handtuch auswringen, oder man schleudert es mit einer Hand hin und her, man kann es auch in die Luft werfen und anschließend ms Beute-Streiten übergehen Ringe Ringe können bei großen oder sehr temperamentvollen Hunden eine erhebliche Verletzungsgefahr für den Hundeführer darstellen Beim Zupacken stoßen manche Hunde gleichzeitig vor und treffen dann auf die Hand, was mitunter erhebliche Verletzungen verursacht Abgesehen davon bieten
Ringe im Vergleich zum Ball oder Schleuder-MO wieder andere Motivationen Rollende Ringe, die irgendwann einmal umfallen und dann im Tellerspiel enden, sind vor allem bei jungen Hunden heiß begehrt Auch das diskusartige Werfen macht Spaß Und damit waren wir bei einem anderen, begehrten MO, der Frisbee-Scheibe Diese darf nicht aus Hartplastik sein1 Verletzungsgefahr beim Aufprall (Zahne)' Diese neuen, segelnden Objekte stimulieren den Hund auf ganz besondere Weise, denn die Flugbahn kann einigermaßen vorhergesehen und das MO mit einem Sprung aus der Luft heruntergeholt werden Möglichweise wird hier ein alter Hundetraum wahr auch Vogel erfolgreich jagen zu können Es gibt natürlich noch zahlreiche andere MO's, die hier aus Platzmangel nicht aufgenommen werden können
Futter-SpielTraining Auch im Futterspiel verfolgen wir die gleichen Ziele Integrale Motivation unter besonderer Berücksichtigung der (intrinsischen)
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Auch Futter kann man beleben und zur Beute werden lassen.
Primärmotivation. Reines Füttern nach vollbrachter Leistung beschränkt sich in der Regel auf (extrinsische) Sekundärmotivation, was der Ausführung auf Dauer nicht nur wenig dient, sondern sich bisweilen sogar als hinderlich erweist. Denn die gewünschte Verhaltensweise rückt auf diese Weise mehr und mehr in den Hintergrund, der Hund hat nur noch das Futter im Kopf und der Hundeführer steht nicht selten völlig außerhalb des Geschehens. Dabei wären Futter-Spiele geradezu prädestiniert für lustvolle Integrale Motivationen. Der Hund
könnte sich im Rahmen der Spielregeln entfalten und durch Tüchtigkeit und Engagement seine Chancen nützen und etwas bewirken. Auch bei Futter-Spielen kommt es darauf an, daß sich der Hundeführer in den Mittelpunkt bringt und das Spiel lust- und reizvoll gestaltet. Der Hund wird nicht „gefüttert", sondern das Futter wird erst einmal belebt. Dieser Vorgang läßt zum einen den Hundeführer interessant erscheinen, und zum anderen wird das Futter durch die Belebung zur reizvollen Beute. Die Lustvorstellung des Hundes wird
113 über die Freßlust hinaus auf die ergiebigen Appetenzen der Jagdund Beute-Spiele ausgedehnt Wir konnten auf Kursen immer wieder beobachtet, daß diese Form der Futter-Spiele deutlich mehr Aktivität auslost und mit dem MotivationsNiveau, das beim gewohnten Futtern erreicht wurde, nicht zu vergleichen ist Futter zu animieren, hat leider wenig Tradition Zu sehr sind immer noch die Vorstellungen vom „Hund als Automaten" verankert Man wirft eine Münze hinein und bekommt ein bestimmtes Verhalten m der Schublade heraus Dieses primitive, unrichtige Verständnis gegenüber Lernvorgängen ist Ursache für unzählige gestörte Mensch-Hund-Beziehungen und auch für das Scheitern zahlreicher Sportkarrieren Unvoreingenommenes Aufnehmen zeitgemäßer Erkenntnisse konnte aus diesem Dilemma befreien Die Anschauung, der Hund „reagiere auf Reize" trifft nur auf bestimmte Verhaltensweisen zu, und selbst dort oft nur in begrenztem Umfang Der Hund ist kein Automat, der „auf Reize reagiert" Je mehr unsere Erkenntnisse auf verschiedenen WissenschaftsGebieten wachsen, etwa der Gehirnforschung, der Verhaltensbiologie oder der Lernpsychologie, desto klarer gewinnt die Vorstellung Gestalt, daß wir die Intelli-
genz der Tiere erst nach und nach zu verstehen beginnen Aus dem Blickwinkel der Emotionalen Intelligenz müssen wir die Leistungsfähigkeit wie auch den Handlungsfreiraum der Tiere völlig neu überdenken1 Wer im weitesten Sinne pädagogisch mit Tieren umgeht, wird immer wieder m Erstaunen versetzt, zu welch unglaublichen geistigen Leistungen Tiere fähig sind Wenn wir dem Hund naher kommen wollen als bisher, so müssen wir die alte Vorstellung von Actio und Reactio aufgeben zugunsten einer lebensnahen Sichtweise Wir sollten begreifen, daß auch das Leben des Hundes von dem Bestreben getragen wird, wo immer möglich, das eigene Leben möglichst lustvoll zu gestalten, und daß er m diesem Kontext zu zahlreichen, intelligentaktiven Handlungen fähig ist Wir müssen anerkennen, daß Hunde sich nicht nur „verhalten", innerhalb jener Spektren, die wir inzwischen verstehen gelernt haben, sondern daß Hunde im Rahmen ihrer Möglichkeiten „handeln" Daß dieses Handeln mehr auf Emotionen als auf dem Intellekt basiert, darf nicht langer negativ bewertet werden Emotional organisierte Handlungen sind langst nicht immer vorhersehbar und sie tragen bei näherer Betrachtung zweifelsfrei individuelle Zuge
114 Im Umgang mit Hunden tritt der Irrtum von Actio und Reactio im Futter-Spiel ganz besonders auf. Daher ist es ein besonderes Anliegen dieses Buches, Futter-Spiele in vielfältigster Art und Weise zu praktizieren und zu kultivieren. Hier kommen uns die vorhin beschriebenen Techniken des BeuteSpiels zugute. Sich Verwandeln und ein MO zu Animieren haben wir inzwischen gelernt. Im Futter-Spiel allerdings kommt ein weiteres Motivations-Moment hinzu: der Geruch. Daß Hunde hervorragend riechen können, ist allgemein bekannt. Ein Autor hat einmal sehr treffend gesagt: „Was dem Menschen das Fernsehen ist, das bedeutet dem Hund das Riechen". Hunde können feinste Geruchsnuancen unterscheiden, auf weite Distanz wahrnehmen, sich über lange Zeit hin merken und auch wiedererkennen. Der Geruch des Futters wirkt jedoch nicht nur motivierend, er lenkt unter Umständen auch (gleichzeitig!) vom Hundeführer ab, vor allem dann, wenn sich dieser der konkurrierenden GeruchsMotivation nicht bewußt wird oder das Futter ungeschickt bewegt. Fallen Futterstücke beispielsweise auf den Boden, so hören manche Hunde sofort auf zu spielen und schnuppern nur noch mit tiefer Nase. Wir haben viele Hunde beobachtet, die auf
diese Weise dominieren und zusätzlich zum Geruchs- Genuß Herrchens Hilflosigkeit auskosten. Beides zusammen entpuppt sich nicht selten als attraktiver als der angebotene Leckerbissen aus Herrchens Hand.
Futter-SpielTechniken Die im Beute-Spiel beschriebenen Übungen sollen mit dem FutterMO zunächst ohne Hund geprobt werden, ebenso die hier im Anschluß aufgeführten FreigabeTechniken. Anders als das BeuteMO gestatten Futter-MO's in der Regel das Beutestreiten, wenn überhaupt, dann nur in sehr eingeschränktem Umfang; denn mit dem Zubeißen ist das Futterstück in der Regel im Magen und damit aus dem Spiel. Zur Fortführung des Spiels werden weitere Futterstücke benötigt. Es liegt auf der Hand, daß das Freigeben des MO's im FutterSpiel daher im passenden Augenblick und in der richtigen Technik erfolgen muß. Nämlich dann, wenn sich der Hund besonders tüchtig zeigt. Die meisten Hundeführer machen den Fehler, daß sie das Futter-MO irgendwann anbieten, oft gerade im falschen Augenblick, wenn der Hund beispielsweise abwartend dasteht und keinerlei Aktionen
115 Was spielt sich wirklich ab hinter der Fassade des „nicht vernunftbegabten" Hundes? Welche Rolle spielen Emotionen innerhalb intelligenter Handlungen? Die Beantwortung dieser Fragen wird uns möglicherweise schon in naher Zukunft neue Einsichten in die Fähigkeiten des Hundes ermöglichen.
116 zeigt. Andere führen das MO ausschließlich in der Hand, oft immer in der gleichen. Das MO befindet sich dann meistens weit außerhalb der Augen-MO-Linie. Die Folge davon ist, daß der Hund nur noch die Hand verfolgt. Ein weiteres Problem ist: In der Regel verwendet man kleine Futterstücke. Einerseits, um den Hund nicht zu überfüttern, andererseits, weil große Futterstücke den Nachteil haben, daß sich der Hund längere Zeit mit dem Fressen beschäftigt, und das Spiel dadurch vorübergehend unterbrochen wird. Kleine Futterstücke bringen andererseits die Gefahr mit sich, daß der Hund, oft unbeabsichtigt, beim Zuschnappen in die Hand beißt. Dem kann man vorbeugen, indem man das Futter-MO nicht mehr direkt aus der Hand, sondern kurz vor dem Freigeben durch Werfen anbietet. Vor der Freigabe sollte sich der Hundeführer bemühen, sich ins Spiel zu bringen, indem er das MO immer wieder in die Augen-MOLinie bringt. Sooft der Hund den Blickkontakt erwidert, wird die Gelegenheit zur Mimischen Kommunikation wahrgenommen, das Spiel intensiviert und vor allem das Anbeißen- Lassen (Freigeben) kurz zuvor angekündigt (durch variable Signale). Auf diese Weise wird der Hund immer häufiger den Blickkontakt suchen und der Spielpartner Mensch gewinnt an Bedeutung.
Im Futter-Spiel läuft man immer wieder Gefahr, dem KonkurrenzEffekt des Futters zum Opfer zu fallen. Dagegen hilft wie gesagt die Animation des Futter-MO's (an Stelle reinen Fütterns!) und das mimische Kommunizieren. Beides zusammen bewahrt vor Motivations- Schwund, Regellosigkeit und Spiel-Chaos. Noch ein weiteres Problem verdient Beachtung: Leider fallen im Spiel immer wieder Futterstücke auf den Boden. Das Spiel wird unterbrochen und erhält eine neue Richtung, die den Hundeführer erneut außerhalb des Geschehens stellt (auch wenn der Hund dabei nicht dominiert). Um die beschriebenen Probleme zu umgehen, hat der Autor die „Lippen-Schleuder" entwickelt, eine neue Sporthilfe, die hier erstmals veröffentlicht wird. Es ist sehr zu empfehlen, erst einmal ohne Hund zu üben.
Lippen-Schleuder Das Zuspucken von Futter-MO ist nicht neu. Da es aber nicht jedermanns Sache ist, Hunde-Leckerli oder Fleisch zwischen die Zähne zu nehmen, hat die Lippen-Schleuder sicher ihre Berechtigung. Außerdem bietet sie den Vorteil, daß das Futterstück sehr
117 Hier die vom Autor entwickelte LippenSchleuder. Einklemmen und...
...im richtigen Augenblick zuspucken.
gezielt gespuckt werden kann, denn in dem Augenblick, wo sich die Zähne offnen, springt die Gummilippe in ihre alte Lage zurück und gibt das Futterstück frei. Das Futterstück wird einfach in die Gummilippe geklemmt und zwischen den Zähnen gehalten. Der Hundeführer macht sich interessant, indem er Blickkontakt und mimische Kommunikation aufbaut. Im geeigneten Augenblick spuckt er das Futter-MO dem Hund entgegen. Ob das Freigeben durch ein akustisches Signal „Sst" oder einfach durch einen Luftstoß begleitet (oder un-
mittelbar vorher angekündigt) wird, bleibt dem Hundeführer überlassen. Hier nun die stichwortartige Beschreibung der einzelnen FreigabeTechniken: 1. Übung: „Freigabe durch Werfen aus der Hand" (in Augen-MO-Linie) MO animieren, Blickkontakt suchen, ankündigen, werfen. Verschiedene Wurftechniken: Aus Zeigefinger und Daumen. Oder aus der flachen Hand (Hochwerfen aus der Handfläche oder durch Aufschlagen der anderen Hand von unten)
118 Werfen aus der Hand.
2. Übung: „Freigabe durch Zuspucken" (nach Belieben in Verbindung mit akustischer Ankündigung, beispielsweise durch „Sst") Zuspucken aus dem Mund.
Wird das Futter-MO zwischen den Lippen gehalten und anschließend zugespuckt, so ist die Augen-MOLinie von vornherein gewährleistet Die Position des MO's
119 macht es dem Hundeführer leicht, die Aufmerksamkeit auf seine Mimik (in Verbindung mit Atmungsvarianten und Geräuschen!) zu lenken, und der Hund wird diesen Kommunikationen mehr und mehr Beachtung schenken. 3. Übung: „Zuspucken aus der Lippen-Schleuder" Nicht jeder möchte Hunde-Leckerli zwischen die Lippen nehmen. Bei Hunden, die Apfel- oder Karottenstücke mögen, tut man sich natürlich leichter. Aber die meisten Hunde bevorzugen Leckerli mit tierischem Eiweiß. Hier bietet die vom Autor entwickelte LippenSchleuder eine Alternative. Die Schleuder wird um den Hals gehängt und erlaubt die Aufnahme jeder Art von Fut-ter-MO, ohne daß die Lippen damit in Berührung kommen. 4. Übung: „Freigabe aus der Schüssel-Hand" Nicht in allen Fällen ist die Steigerung der Futter-Motivation wünschenswert. Bei manchen Hunden, in bestimmten Entwicklungs- oder Ausbildungsphasen oder bei bestimmten Übungen kann es vorteilhaft sein, das MotivationsNiveau ganz gezielt zu reduzieren. Auch in Situationen, wo der Hund in einer bestimmten Haltung verharren soll, sind mitunter Futtertechniken aus der Hand angezeigt. Steht, sitzt oder geht der Hund seitlich, so hat sich folgende
Freigabe-Technik bewahrt: Das Futter wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, so daß es der Hund wie aus einer Schüssel aufnehmen kann, ohne die Hand des Hundeführers zu verletzen. Wenn der Hundeführer die beschriebenen Freigabe-Techniken im Trockentraining beherrscht, kann er dazu übergehen, mit dem Hund zu üben. Hier darf man die Erwartungen anfangs nicht zu hoch stecken. Auch der Hund muß die Techniken des erfolgreichen Schnappens nach zugeworfenen Futter-MO-Stücken erst lernen. Und jede der beschriebenen Techniken hat ihre ganz eigenen Tücken im Zusammenspiel.
Futtertechnik aus der „Schüssel-Hand".
121
Basis-Spiel-Übung Zuerst Spiel! Vertrauen schaffen, Berührungsängste abbauen Nichts braucht ein junger Hund so sehr wie Geborgenheit. Daher sind in der Natur Geborgenheit und Vertrauensbildung durch zahllose, vorprogrammierte Prozesse verankert. Auch der Mensch, der sich den Hund als Begleiter gewählt hat, spielt in diesem Räderwerk eine wichtige Rolle. Ohne seinen aktiven Beitrag zur Entfaltung und Sozialisierung kann sich ein Hund nicht normal entwickeln. Aber auch hier steht uns wieder dasselbe Problem im Wege wie bei der Kommunikation. Man tritt dem Hund immer wieder zu sehr als Mensch gegenüber und man geht auf die vielen einladenden Signale zu wenig ein, weil man sie oft weder bemerkt noch verstanden hat. Um hier eine Brücke zu schlagen, haben wir mit unseren Welpen ein Spiel entwickelt, das wir Basis-Übung nennen.
Als erstes schaffen wir ein Entspanntes Feld, indem wir die BasisÜbung zu Hause in vertrauter Umgebung spielen - möglichst ohne Ablenkung. Ein weiteres, nicht nur äußeres Merkmal besteht darin, daß man mit dem Hund absichtlich nicht in stehender Position, sondern am Boden sitzend spielt. Sitzend tritt man dem Hund in annähernd gleicher Höhe gegenüber. Der Hund muß nicht mehr den Kopf verrenken, wenn er Frauchens oder Herrchens Blick treffen will. Außerdem sind Beine, Arme, ja der ganze Körper des Menschen nicht mehr in distanzierend senkrechter Position, Masten und Bäumen gleich, sondern die Beine liegen entweder am Boden oder sie sind in Winkeln um die 45 Grad gebeugt. Das lädt ein, darüber zu hüpfen oder darunter durch zu schlüpfen. Endlich kann der kleine Hund mit Frauchen oder Herrchen ganz ähnlich spielen, wie er es im Welpenrudel gewohnt war. Lehnt sich der Hundeführer mit dem Rücken an eine Wand, so entsteht noch eine weitere Höhle. Es macht dem Hund riesig Spaß, all die Möglichkeiten, die sich aus der sitzenden Haltung
In der BasisSpiel-Übung begegnen wir dem Hund im Sitzen. Auf diese Weise entstehen ganz ähnliche Spielmöglichkeiten wie bei den Welpen untereinander.
122 des Menschen für ihn ergeben, zu nutzen Man kann beobachten, wie Hunde auf diese Weise in kurzer Zeit Berührungsängste abbauen und richtiggehend zu balgen beginnen Sie klettern und springen über die Beine, rutschen an den Waden entlang, fallen mit dem Vorder- oder Hinterteil zwischen die Beine, warten vor dem aufgestellten Bein wie eine Katze vor dem Mauseloch lauter Bewegungsweisen, die mit einem stehenden Menschen nicht realisierbar waren Viele Hundeführer sind sich der Berührungsängste ihrer Hunde überhaupt nicht bewußt Daß diese Ängste aber vorhanden sind, haben wir auf Kursen immer wieder an zahlreichen Beispielen feststellen können Zunächst trauen sich diese Hunde nicht, etwa unter den Knien durchzukrabbeln oder über die Waden zu gleiten Manche halten sich sogar in respektvollem Abstand Genau die gleichen Hunde zeigen dann m der Unterordnung da und dort den unschönen Abstand beim Vorsitzen oder beim Näherkommen Sie weichen bei Kehrtwendungen seitlich aus oder halten beim seitlichen Absitzen eine respektvolle Distanz zum Hundeführer ein Das sind Berührungs- und Näherungsängste, welche Ursache auch immer sie haben
„Klein ist symphatisch" Noch ein weiterer Faktor kommt im Sitzen hinzu Der Hund weiß natürlich, daß Frauchen oder Herrchen aus der sitzenden Haltung viel zu lange brauchte, um aufzustehen Sitzend will und kann ihm der Mensch nicht nachlaufen Das gibt dem Hund Sicherheit, flößt Vertrauen ein Man konnte sagen Die sitzende Haltung stellt in sich eine einladende Freundschaftsgeste dar Sich klein zu machen, ist daher für den Hund in hohem Maße vertrauenswürdig, und zwar nicht nur für Welpen Es ist überraschend, wie gerne die Basis-Übung auch von erwachsenen und älteren Hunden angenommen wird Aber nicht nur der Hund profitiert von dieser äußeren Anordnung Im Sitzen hat der Hundeführer den Hund immer im Blickfeld Er muß sich nicht bücken, um ihm näherzukommen Arme und Beine stehen für allerlei Abwechslung zur Verfugung Der Hund muß einen relativ langen Weg um den sitzenden Hundeführer bewältigen, um zum Futter oder zur Spielbeute zu gelangen Zudem ist dieser Weg mit allerlei Hindernissen gespickt, wie etwa den aufgestellten Beinen Im Stehen hatte der Hund einen viel kürzeren Weg
123 um die Beine des Menschen Das Handlung der Spielbeute oder des Futters, kurz die Animation, gestaltet sich im Stehen um vieles schwieriger als im Sitzen Die BasisÜbung bietet also für beide Spielpartner ideale physiologischpsychische und physikalische Voraussetzungen Und sie bietet umfangreiche Möglichkeiten zum Experimentieren
Dominanz, Freiräume und Tabus Hunde verbringen enorm viel Zeit damit, die eigene soziale Stellung innerhalb ihrer Familie zu festigen oder zu verbessern am Lagerplatz, beim Fressen, beim Saufen oder auf dem Familienspaziergang Werden mehrere Hunde gehalten, so werden die Dominanz -Wettkampfe mit erstaunlicher Virtuosität auf beiden Ebenen ausgetragen, innerhalb der Mensch-Hund-Beziehungen und im Rahmen der Hunde-Beziehungen untereinander Auch im Spiel spiegelt sich die „permanente soziale Auseinandersetzung" wider Diese Komponente ist im Spiel oft dafür verantwortlich, wenn aus dem freundlichen Treiben binnen
Sekunden bitterer Ernst wird Je klarer die Rangordnung festgelegt ist, desto weniger Konflikte sind auch im Spiel zu erwarten Dasselbe gilt für die Mensch-HundBeziehung Gerade das Spiel aber birgt allerlei Gefahren für Dominanz-Einbußen des Hundeführers Man glaubt es oft nicht, aber gerade im Spiel dominieren zahlreiche Hunde ihre zweibeinigen Rudelführer, und zwar so, daß Herrchen oder Frauchen die Führerrolle buchstäblich aus der Hand genommen wird Fatal ist, daß es oft unerkannt bleibt, wenn der Hund den Hundehalter in Schlepptau nimmt Hier einige Ratschlage, einige „elementare Spielregeln", die vom ersten Spiel an einzuhalten sind - Der Hundeführer bestimmt Anfang und Ende des Spiels und - er setzt die Spielregeln fest - MO's (Motivations Objekte), die man zur motivationalen Erziehung oder Ausbildung einsetzt, dürfen dem Hund nach dem Spiel nicht überlassen werden Dieses „Spielzeug" ist für die gemeinsame Spielzeit reserviert und nur hierfür (Für SolitarSpiele kann man dem Hund Kauknochen oder anderes anbieten, auf keinen Fall aber das Lieblings MO') - Der Hund darf nicht „FremdBeißen'"
124 Ab und zu beißen - vor allem junge Hunde - daneben, sprich in die Hand. Hier muß man bestimmt, aber vorsichtig gegensteuern. Eine intakte Beißhemmung gehört zum Wichtigsten im Spiel.
Der Hund erhält viele Gelegenheiten, in die Beißwurst oder in das Futter zu beißen, nicht aber in die Hand, das Hosenbein oder in
die Hemdärmel Auch nicht „nur so"' Es mag putzig aussehen und harmlos wirken, wenn Welpen beißen Aber aus dem Hundchen
125 wird ein Hund, und wenn er als Baby keine Beißhemmung gelernt hat, dann geht der Hundeführer ein erhebliches, unverantwortliches Risiko ein Daß der junge Hund ab und zu mal im Spiel knurrt, ist teils rasse-, teils individualbedingt Es kommt schon mal vor, daß der Hund unabsichtlich m die Hand beißt Solange das Ausnahmen bleiben und der Hund sofort durch Losen des Drucks die intakte Beißhemmung zeigt, ist das o k Man muß aber den Stimmungsverlauf kritisch mitverfolgen Artet das Spiel aus, schlagt es m Aggression um, beginnt es dem Hundeführer zu entgleiten, oder scheint der Hund nur noch um Dominanz zu eifern, so beendet man das Spiel (Aber nicht gerade dann, wenn sich der Hund einen „Rang-Plus-Punkt" ergattert hat) Auf der einen Seite sollte das Spiel nicht aus der Hand gegeben werden (Dominanz-Verlust), andererseits müssen wir dem Hund aber ausreichend Freiraume bieten Diese Freiraume sind wesentlicher Bestandteil der Integralen Motivation, was immer wir auch spielen Freiraume müssen sein, damit der Hund seine Tüchtigkeit verwirklichen kann Oft kann man beobachten, wie Hundeführer ohne jedes Gefühl für das, was im Hund vorgeht, spielen Sie ent-
halten dem Hund die Spielbeute oder das Futter so lange vor, bis er die Lust am Spiel verliert, oder sie zwingen ihn immer wieder in die Unter-Ordnung, oft im ungeeignetsten Augenblick, etwa dann, wenn der Hund eine außergewöhnliche Anstrengung unternommen hat, um die Beute zu fassen Man muß vielmehr lernen, mit viel Einfühlungsvermögen und dem ständigem Beobachten zu spielen Wer Spiel nur in den Koordinaten von Leistungserwartung und Punkten betreibt, wird den Hund höchstwahrscheinlich verfehlen und nie wirklich zur Integralen Motivation vordringen Er wird nie ein „Meister des Spiels" werden - Spielform und Spielregeln sind so aufzubauen, daß dem Hund genügend Freiraume geboten werden - Freiraume sollten möglichst viele, abwechslungsreiche Integrale Motivationen beinhalten1 - Engagement und Tüchtigkeit des Hundes müssen Erfolg bringen - Mehr Tüchtigkeit muß mit mehr Erfolg belohnt werden - Loslassen der Beute oder Freigeben des Futters sollen möglichst „echt" aussehen - Der Hundeführer bemühe sich, immer wieder Schwachen zu zeigen und dies möglichst glaubwürdig
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Der Welpe wartet auf einen günstigen Augenblick...
Basis-Spiel-Übung - (Praktische Anleitung) Ort: Die Basis-Übung sollte zunächst ohne Ablenkung in vertrauter Umgebung gespielt werden: entweder in der Küche, im Wohnzimmer, in der Garage, im Zwinger, im Auslauf, im eigenen Garten (wegen möglicher Ablenkungen mit Vorbehalt!), auf einer Wenn man sich doch schneller drehen könnte...
Wiese, einer Lichtung, auf dem Hundesportplatz (beispielsweise bevor der allgemeine Sportbetrieb beginnt). Vorbereitung: Wichtig ist eine senkrechte (oder nahezu senkrechte) Fläche, an die man sich anlehnen kann, etwa eine Wand, ein Schrank, eine steil gestellte Hunde-Sport-Schrägwand und anderes. Je nach Witterung, Bodenverhältnissen und Bekleidung ist das Auslegen einer Unterlage
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Über den Oberschenkel rutschen hilft Kontaktängste abbauen.
empfehlenswert. Am besten eignet sich eine 10 bis 12 mm dicke Marotech-Matte (siehe Bezugsquellennachweis). Dünne Unterlagen bilden Unebenheiten, stören die Bewegungsfreiheit und verlocken den Hund zum Reinbeißen. Die Wahl des MotivationsBereiches und des MO's ist individuell zu bestimmen. Am besten nimmt man von Anfang an zwei MO's mit: Das Lieblings-MO (möglicherweise auch Futter) bleibt versteckt in der Tasche (für
das spätere Abgeben). Man beginnt mit dem anderen MO. 1. Herrchen oder Frauchen stimmt den Hund ein und lauft anschließend zum vorbereiteten Platz. Während des Laufens sucht er die Konzentration des Hundes möglichst ununterbrochen auf sich zu lenken. Am Spielfeld angekommen, setzt er sich auf den Boden, lehnt sich mit dem Rucken an die Wand und Die aufgestellten Beine sieht der Hund als Höhlen.
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Sprung über die Beine.
fangt an, mit dem Hund freundlich und engagiert zu spielen. Wahrend des Spiels wird der Hund ständig beobachtet. Tüchtigkeit muß belohnt werden: durch Freigeben des Futters, Anbeißen lassen der Beute und durch glaubwürdiges, verbales Lob. Das Spiel wird immer wieder daraufhin ausgerichtet, daß der Hund Kontaktscheu abbaut. Um dies zu erreichen, locken wir ihn immer Und immer wieder KörperBerührung.
wieder unter den Beinen durch, stimulieren ihn, über die Waden zu springen, hinter dem Rucken durchzulaufen und wieder vorzukommen usw. Bei größeren Hunden kann es nötig werden, wahrend des Spiels das Knie etwas hochzuheben, damit der Hund darunter durchkommt. In vielen Fallen wird man beobachten, daß der Hund bei der einen oder anderen Aufgabe zunächst
129
Hinter dem Rücken durch.
einmal diverse Ängste überwinden muß. Oft sind mehrere Anläufe zur Bewältigung der Aufgabe erforderlich. Wird ein MO verwendet und hat der Hund angebissen, so überläßt man ihm nach kurzem Beutestreiten den Gegenstand. Manche Hunde laufen erst gar nicht weg. Sie fordern den Hundeführer durch allerlei Aktionen zum Wei-
terspielen auf. Andere wiederum bringen das MO zunächst einmal in Sicherheit verkriechen sich unter eine Bank, auf ihren Lagerplatz oder in eine Ecke. Dort werfen sie sich auf Hundeart nieder, halten das MO zwischen den Pfoten und beginnen zu nagen. Jetzt dürfen wir nicht den Fehler machen, auf-/ zustehen und dem Hund die Beute wegnehmen zu wollen. Wir „zaubern" vielmehr eine SituaAm Ende zeigt der Welpe keinerlei Berührungsängste mehr.
130 tion, die für den Hund viel mehr verspricht als allein Kauen. Je besser uns das gelingt, desto früher und motivierter wird er freiwillig zurückkommen und mit uns weiterspielen wollen. Lassen wir ihn sich beschäftigen mit seiner Beute! Inzwischen holen wir vielsagend und theatralisch das viel interessantere Lieblings-MO aus der Tasche und fangen an, ohne ihn zu spielen. Es wird nicht lange dauern, und der junge Hund will sich ins Spiel bringen. Es kann sein, daß er seine alte Beute mitbringt und sie vorübergehend nicht ausläßt. Lassen Sie ihn! Auf keinen Fall abnehmen! Spielen Sie so lange mit dem Konkurrenz-MO weiter, bis er das alte fallen läßt. Man widerstehe der Versuchung, in diesem Augenblick danach zu greifen. Lassen Sie es einfach liegen und warten Sie einen geeigneten Augenblick ab, um es unauffällig aufzuheben und in die Tasche zu schieben. Unverbildete Hunde haben in der Regel mit dem MO-Tausch kein Problem. Freiwilliges Zurückbringen und Abgeben kann jedoch schwierig werden, wenn man dem Hund sozusagen beigebracht hat, daß er seine Beute durch allerlei Aktionen verteidigen muß. Wir werden auf den Beute-Tausch in Kapitel 12 (Freies Spiel) noch näher eingehen. Das Basis-Spiel soll anfangs eher kurz dauern. Der spielerische
Charakter hat unbedingt Vorrang. Erst nach und nach kommen die Übungsinhalte hinzu. Daher auch die Bezeichnung „Basis-SpielÜbung". Am Ende des Basis-Spiels steht man auf und läuft in gleicher Weise wie zu Spielbeginn wieder hinaus. 2. Nach einigen Übungseinheiten sollten - nach und nach - immer mehr und auch neue MotivationsBereiche und MO's eingeführt werden. Auf geheimnisvolle Art und Weise holt man von mal zu mal neue oder andere MO's heraus.
„Sitzen", „Liegen" und „Stehen" aus der Basis-SpielÜbung Die Basis-Spiel-Übung eignet sich ganz hervorragend für das nahtlose Einbinden der ersten GrundÜbungen. Wichtig ist jedoch, daß man nicht zu früh damit beginnt, Aufgaben einzubauen. Zuerst muß sich der Hund im Spiel wohl und frei fühlen. „Wohl" im Sinne des Entspannten Feldes und des Vertrauens, und „frei" von Streß, Argwohn oder Angst.
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„Sitzen“ Mitten im Spiel zeigen wir dem Hund mit einer Geste, die von unserem gesamten Körper vermittelt wird, daß wir seine sitzende
Haltung wünschen (siehe Video). Kurz vorher achten wir auf eine ausgewogene Motivations-Balance, indem wir Körpersprache, Mimik und Animation des MO's individuell auf den Hund abstimmen. Wenn der Hund etwa Spielstimmung, Körpersprache und Führung des Futter-MO's bringen den Hund freiwillig und motiviert ins „Sitzen". Hintenrunterdrücken ist überholt! Freiwilligkeit bedarf keiner zwanghaften Unterstützung, auch keiner geringfügigen!
132 im Basis-Spiel vor Aktivität überschäumt, wird es schwierig werden, ihn in eine der unbewegten Positionen Sitz, Platz oder Steh zu bringen. Diesen Hund wird man tunlichst erst einmal austoben lassen oder ihn beruhigen. Im anderen Fall, wenn sich der Hund eher phlegmatisch zeigt, muß man das Motivations-Niveau heben - mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln: durch Körpersprache, Stimme, Mimik, Imagination und Animation.
ten müssen ausartet. Prompt steht er auf, weil er aus seiner Sicht durch sein Absitzen nicht zum Erfolg kam. Und nicht vergessen: Nicht nur das Futter motiviert! Aus der Sicht der integralen Motivation ist die lobende (im Idealfall die „bewundernde Belohnung") ebenso wichtig. Der Vorgang muß in seiner Gesamtheit eine angenehme, freundliche, spielerische, interessante und motivierende Atmosphäre widerspiegeln.
Das „Sitzen" leiten wir ein, indem wir etwa ein Futterstück (in der geschlossenen Faust) über und hinter den Kopf des Hundes führen. Um das MO nicht aus den Augen zu verlieren, wird er sich hinsetzen. Ebenso wichtig wie die Führung des MO's ist jedoch unsere Körpersprache, wobei wir nicht nur die MO-Führungshand, sondern den gesamten Körper einsetzen (siehe Video). In dem Augenblick, wo sich der Hund setzt, wird die Faust geöffnet und der Hund bekommt das Futterstück. Bei sehr vitalen Hunden muß man sogar schon den Ansatz des Setzens belohnen. Nach wenigen Wiederholungen belohnt man jedesmal ein wenig später.
Lob ist mehr als Anerkennung
In dieser Phase wird oft der Fehler gemacht, daß man den Hund, bis die Belohnung folgt, viel zu lange sitzen läßt. Was dann zum War-
Man müßte sich wirklich erst einmal darüber klar werden, was man überhaupt vermitteln will. Es ist ein Unterschied, ob ich betont Lob,
Ein Wort zu Lob, Anerkennung, Bewunderung und Zuneigung: Lob ist nicht nur Balsam für die Seele. Es fördert nicht nur das Selbstwertgefühl. Lob ist eine „äußerst intensive Form der Kommunikation". Auch mit Lob bringt sich der Mensch in den Mittelpunkt des Geschehens. Leider können die wenigsten Hundeführer aus vollem Herzen loben. Wie oft hört man das immer und immer wieder in gleichem Tonfall vorgebrachte: „So ist's brav"! Der Hund hört schon gar nicht mehr hin.
133 In der Zuneigungs- Aktion verwendet der Hundeführer andere Worte als fürs Loben!
134 Anerkennung, Bewunderung oder Zuneigung äußere. Ein weiterer Unterschied liegt darin, inwieweit die Inhalte miteinander kombiniert werden sollen. Wird alles in den „Einheitstopf Brav" geworfen, so verwässern die spezifischen Aussagen, die Botschaft wird unglaubwürdig, sie verliert ihre motivierenden Kräfte und wird mehr und mehr ignoriert. Stereotypes Lob verfehlt letztlich die gewünschte Wirkung. Was viel zu kurz kommt, ist das bewundernde Lob. Also nicht nur: „So ist's brav!" Oder: „So war's richtig", sondern: „Du bist ein super Hund, ein tüchtiger Kerl!" Wobei auch der Tonfall und die Mimik als Verstärker eingesetzt werden. - Dieses soeben beschriebene Lob war auf eine außergewöhnliche Leistung gemünzt. Es wäre falsch, würde man jedes Lob derart überschwänglich gestalten. Die Pädagogen sagen: „Lob muß angemessen ausfallen!" Untersuchungen zeigten, daß überschwänglich- unangemessenes Lob zu Leistungsminderung führen kann! Also - an Stelle stereotypen Lobens: Mit Verstand und Herz loben! Nebenbei bemerkt wird das Wort „brav" von sehr vielen Hundeführern diffus vermittelt. Der Hund wird einerseits als „brav" gelobt, wenn er etwas richtig gemacht hat, und man lobt ihn ebenso
„brav", wenn man ihm seine Zuneigung zeigen will oder wenn es darum geht, ihn zu einer gewünschten Verhaltensweise zu bewegen. Die ursprünglich geplante, abgegrenzte Bedeutung „brav" wird auf diese Weise verfälscht, bzw. verzerrt, selbst wenn man sich um einen veränderten Tonfall bemüht. Weil aber auch im Tonfall oft viel zu wenig unterschieden wird, darf man sich nicht wundern, wenn das Gummiwort „brav" am Hund mit den Jahren abgleitet wie das Wasser an der Hühnerfeder. Man sollte sich wirklich bemühen, in ZuneigungsAkten andere Worte zu verwenden als fürs Loben2. Eine Liebeserklärung ist einfach etwas anderes als das Lob für eine gute Leistung. Oder sagen wir zu unserem Liebsten: „Ich hab Dich brav?" Bewundern wir die Schönheit eines Menschen so: „Augen hat sie wie Smaragde, - eine wirklich brave Erscheinung." Versuchen Sie einmal, einen dieser Sätze überzeugend zu artikulieren. Nun? Unterschätzen wir den Hund nicht! Auch er kann sehr gut Zuneigung und Lob unterscheiden. Es liegt an uns, ihm dies
2
Dann und wann wird es sicher vorkommen, daß beide Inhalte gemischt ausgedruckt werden sollen In diesem Falle wurde sich anbieten, für beide Inhalte entsprechende Signale zu vermitteln.
135 zu erschweren oder zu erleichtern Nochmals das Lob muß der Leistung angemessen werden' Eine hervorragende Leistung verdient ein hervorragendes Lob Hervorragendes Lob sollte aber immer auch Bewunderung enthalten Wurde man mit Lob, Anerkennung, Bewunderung und Zuneigung wahrhaftiger und bewußter umgehen, indem man Wortbedeutung und Zusammenhang sinnvoll miteinander verbindet, so konnte man die Vorteile des Wiedererkennungswertes methodisch nutzen und sich auch darauf verlassen Beim Schmusen oder den vielen kleinen Liebeserklärungen und bekräftigungen, die man dem Hund tagtäglich vermittelt, konnte man ihn beispielsweise als „feiner oder lieber Hund (bzw Name des Hundes)" ansprechen, im Unterschied zum Lob „braver", „tüchtiger", „super" oder was auch immer Meine Tochter Mane-Therese lobt ihren Hund „sunke vaste'", das ist indianisch und heißt auf deutsch „Braver Hund" Ihre Hündin Banja versteht zwar kein indianisch, aber sie nimmt emotional auf, was Therese mit „sunke vaste", in einem bestimmten Zusammenhang, gemeint hat Auch hier begegnet uns wieder eine Erscheinungs-Form der Emotionalen Intelligenz
Einige allgemeine Worte zum Hörzeichen Auch das Aussprechen der Hörzeichen verdient Beachtung Im Idealfall fuhrt der Hund die entsprechende Übung nicht nur aus, sondern er fuhrt sie in der Art und Weise aus, wie das Hörzeichen (oder auch ein Sichtzeichen) gegeben wurde Mit anderen Worten Auf ein explosiv ausgesprochenes (besser ausgestoßenes') „Platz" mußte sich der Hund blitzartig auf den Boden werfen Auf ein langgezogenes „Plaaatz" oder „Lieegen" sollte er sich entsprechend langsam hinlegen Wenn man aber anstrebt, daß der Hund auf Hörzeichen sensibel anspricht, dann darf man nicht den Fehler machen, den Hund zu früh zu überfordern In unserem Falle müßte man, wenn sich der Hund die ersten Male hinsetzt, das Hörzeichen der Ausführung des Hundes angleichen Der lernende Hund wird sich erst einmal langsam hinsetzen Das schadet nicht Mit zunehmender Sicherheit (bei jungen Hunden vor allem in Verbindung mit psycho-somatischen Reifungs-Prozessen) wird die Ausführung schneller und schneller Dies gilt es abzuwarten und in der Ausformung des Hörzeichens
136 mitzumachen. Nach und nach kann man dann den Spieß umdrehen und das Ausführungs-Tempo über das Hörzeichen beeinflussen. (Die akustische Formung des Hörzeichens ist nicht die einzige, aber eine wichtige Komponente der Beeinflussung). Wir werden also (das voraussichtlich langsame) Hinsetzen des Hundes in dem Augenblick, wo er es ausführt, mit einem entsprechend langgezogenen „Siiitz", „Siiitzen" oder „Siiitt3" begleiten. Zusätzlich läßt sich die Verknüpfung zum Hörzeichen vertiefen, indem man das Hörzeichen „Sitt" immer dann ausspricht, wenn sich der Hund von sich aus hinsetzt.
„Platz", bzw. „Liegen" Mitten im Basis-Spiel stellen wir folgende Situation her: Man wartet ab, bis sich der Hund von der Seite her einem unserer beiden aufgestellten Beine nähert. In diesem Augenblick fuhren wir das MO (Futter oder Spielbeute) unter das Knie, welches wir so stellen, daß Waden und Oberschenkel 3
Die Endung „tt" im Hörzeichen „Sitt" soll der Verwechslungsgefahr von „Sitz" und „Platz" (gleich endendes „tz") entgegenwirken
eine Höhle bilden, mit einer Öffnung, die es dem Hund schwierig macht, durchzuschlüpfen. Der Hund wird sich „vor der Höhle auf die Lauer legen". Dabei wird er sich instinktiv hinlegen. Hat er sich hingelegt, heben wir das Knie etwas an, daß er durch die Öffnung kommt und sich das Futter holen kann. Hat der Hund die Aufgabe bewältigt, wird er wie oben beschrieben herzlich gelobt und bewundert. In der Regel hat der Hund bereits nach wenigen Wiederholungen „gelernt", was wir mit „Liegen" meinen. Keine Angst übrigens vor vielen Hörzeichen! Der Hund tut sich leichter, unterschiedliche Übungssformen zuverlässig auszuführen, wenn sie mit verschiedenen Hörzeichen verbunden werden. „Liegen" bedeutet dann beispielsweise in der Wohnung: Der Hund soll sich hinlegen und mal vorerst dort bleiben. Wenn er nach einiger Zeit aufsteht, ist das o.k. Dieses Liegen ist etwas anderes als das „Platz" im Sport, wo wir ein schnelles, aktionsgeladenes Aufden-Boden-Werfen abrufen, und wo wir erwarten, daß er bis zum Abrufen liegen bleibt. Sollte die Höhlen-Methode nicht klappen, was (in seltenen Fällen) vorkommt, so müßte man auf das bekannte Abliegen durch Versuch und Irrtum zurückgreifen: Der
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Hundeführer nimmt Futter, schließt die Hand zur Faust und bewegt die Faust vor dem sitzenden oder stehenden Hund senkrecht nach unten auf den Boden (anfangs nicht zu schnell bewegen!). Der Hund wird allerlei versuchen, um das Futter zu bekommen. Unter anderem wird er sich sicher einmal hinlegen. In diesem Augenblick öffnet sich die Faust und der Hund wird gelobt. Durch Wiederholung desselben Vorgangs wird der Hund sehr schnell lernen: „Liegen bedeutet Erfolg". Auch hier wird das Hörzeichen „Liegen" von Anfang an eingebaut. (Alternativ können natürlich
auch Sichtzeichen an die Stelle der Hörzeichen treten, oder beide Ebenen gemeinsam bzw. im Wechsel genützt werden.)
,Stehen" Es hat sich bewährt, mit der Übung „Stehen" (bzw. „Steh") nicht zu warten, bis der Hund vor der SchH III Prüfung steht. Das hier zum Tragen kommende Phänomen hat der Autor im Buch „Mensch-HundHarmonie" ausführlich beschrieben. Der Autor hat in diesem Zusammenhang die
Wenn man es geschickt anfängt, legt sich der Hund „vor der Höhle auf die Lauer". Eine einfache, aber effektive Methode zur Vermittlung des „Liegens" (bzw. „Platz").
138 „Stehen" durch geschickte Nützung des Achtung-Signals und der unmittelbar nachfolgenden Belohnung. Die Übung kann im Stehen und Sitzen umgesetzt werden.
Methode der Sättigungs-Distanz entwickelt. Kurz gesagt geht es darum, Übungen nicht bis zur Festigung zu trainieren, sondern bereits im Stadium der „ErlernStufe4" abzubrechen und Übungen, die ähnlich (verwechselbar) sind, vor der Lernsättigung anzuschließen. Auf diese Weise werden Bevorzugungen und gewöhnungsbedingte Ausführungswahrscheinlichkeiten vermieden. Daher vermitteln wir von Anfang an in Abständen von einigen Wochen alle drei Grundpositionen „Sitzen", „Liegen" und „Stehen". 4
Siehe „Richtig Spielen mit Hunden", Seite 183 „Lernstufen" Naturbuch Verlag 1996
Die Reihenfolge übrigens bestimmt der Hund. Wir beginnen mit jener Übung, für die sich der Hund auffallend geeignet zeigt. Das „Stehen" läßt sich bei größeren Hunden aus der Basis-Spiel-Übung nicht immer erfolgreich vermitteln. Das gilt übrigens auch bei manchen Hunden für das „Sitzen". In diesen Fällen verläßt man die sitzende Position der Basis-Übung und steht auf. Auch zur Vermittlung des „Stehens" nützen wir das natürliche Verhalten des Hundes. Man bringt sich wahrend des Spiels geschickt auf die rechte Seite des Hundes, greift mit der linken Hand (noch
139 besser ist die Gerte als verlängerter Arm1) in die Nahe der Flanke, um ihn dort zu berühren (nicht mehr1') für den Fall, daß er sich setzen mochte Im Weitergehen baut man Spannung auf und bleibt plötzlich wie erstarrt stehen Der Hund wird in der Regel auf dieses AchtungSignal ebenfalls stehenbleiben Steht der Hund, folgt wie gewohnt Lob und Spiel Die Übung ist geleistet, wenn der Hund weniger als eine Sekunde lang steht1 Hat man den Hund zu lange stehen lassen, und geht dieser infolgedessen weiter vor (was anfangs immer wieder mal vorkommt), kann man ihn durch den Geistigen Zügel davon abhalten Wichtig ist, daß der Hundeführer wie eine Salzsäule stehenbleibt und nach (extrem kurzer Zeit) des Stehen-bleibens einen üppigen Auslöser gibt Auf diese Weise wird der Hund nicht zum Stehenbleiben gezwungen, sondern der Vorgang als „Lauern und Erstarren" umgemünzt Stehenbleiben wird emotional positiv besetzt Im Idealfall sieht er dem Hundeführer wahrend des Lauerns m die Augen Der Hund wird das „Stehen" in freudiger Erwartungshaltung ausführen und nach dem Auslöser wie eine Rakete nach dem MO jagen, womit wir einmal mehr die Verbindung primärer und sekundärer Motivationsanteile eingebracht haben
Falls Probleme auftreten Probleme können auftreten, wenn der Hund schon gewohnheitsmäßig im Spiel dominiert, indem er etwa davonlauft oder sich durch die geringste Ablenkung fesseln läßt Die Ursachen hierfür sind vielfältig und nicht immer rekonstruierbar Mit manchen Hunden wurde in der Jugend nie gespielt, oder ein dominanter Hund im Rudel hat den Betreffenden regelrecht am Spielen gehindert Andere verknüpfen Spiel mit einem traumatischen Ereignis und werden unsicher oder aggressiv Wir können im Rahmen vorliegender Thematik weder die Ursachen für Verhaltensstörungen noch deren Behebung abhandeln Dafür ist der zur Verfugung stehende Raum einfach zu begrenzt Aber es muß deutlich gesagt werden, daß gestörte Verhaltensweisen werden sich im Spiel widerspiegeln werden und der Hundehalter das Fehlverhalten des Hundes richtig interpretieren und die richtigen erzieherischen Schritte einleiten muß, um den Hund zu resozialisieren oder die MenschHund-Beziehung wieder ms Lot zu bringen Liegt Dominier Gebaren vor (was wie gesagt viel häufiger, als ange-
140 nommen, vorkommt) bringt die Steigerung der Motivation leider nicht immer den gewünschten Erfolg. Oft spricht der Hund nur für Sekunden darauf an, um anschließend sofort in das alte Verhalten zurückzuschwingen. Sind die Störungen schwach ausgebildet, so kann man sich etwa bei beginnenden Rangordnungsproblemen helfen, indem man den Hund anleint. Hierzu eignet sich entweder die Verwendung einer automatischen Aufrolleine oder auch eine am Boden frei schleifende 5-Meter Leine, die man im Bedarfsfall aufhebt oder darauf steigt, um den Hund am Weglaufen zu hindern. Das Anleinen bringt den Vorteil, daß der Hund immer im Einflußbereich des Hundeführers bleibt, auch wenn sich der Hund verselbständigen will. Wenn man sich jedoch zur Verwendung der Leine entschließt, dann muß man sie vorübergehend (ein bis drei Monate) mit absoluter Konsequenz einsetzen. Wird sie nur fallweise verwendet, lernt der Hund sehr schnell den Unterschied zu nützen und sich, wann immer die Leine nicht benutzt wird, dem Einfluß des Hundeführers zu entziehen.
Um jedoch eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen: Wir geben keine Rucke, um den Hund zum Spiel zu zwingen, sondern er erhält die Maßregelung (beispielsweise einen Ruck), um das Dominieren zu beenden. Hat der Hund die Dominier-Aktion eingestellt, folgt sofort wieder die Motivation und Fortsetzung des Spiels. Äußerlich mögen beide Vorgangsweisen gleich scheinen. Bei näherem Hinsehen jedoch erkennt man sofort den Unterschied: Ein erzwungenes Spiel ist kein Spiel mehr - im echten Sinne des Wortes! Auf der anderen Seite der Extreme steht der betont ängstliche Hund, der in jeder unbekannten Situation sofort Gefahr sieht und mit Meideverhalten antwortet. Auch diese Hunde sind oft sehr schwer fürs Spiel zu bewegen und es dauert oft Jahre, bis die ärgsten Steine aus dem Weg geräumt sind. Hier kann man nur raten, dem Hund möglichst viel Gelegenheit zu geben, Selbstsicherheit aufzubauen: durch überschaubare Aufgaben mit tiefem (angemessen tiefem!) Anspruchsniveau (Schwierigkeitsgrad) und mittels kleinen, wenn nicht gar kleinsten Lernschritten!
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Das „Freie Spiel" Die Kultivierung des Spiels Freies Spiel bedeutet nicht unkontrolliertes Spiel! „frei" heißt hier soviel wie „Frei von Aufgaben" wie „Sitz", „Platz" und so weiter! Das Freie Spiel spiegelt im Idealfall von Anfang an eine intakte Balance wider. Das heißt, Antriebe dürfen sich nicht verselbständi-
gen, sondern stehen im Rahmen sozialer Struktur-Regulative. Mit anderen Worten: Während man mit Ziel-, Zweck- und Lernspielen bestimmte Absichten verfolgt, wird das Freie Spiel größtenteils um seiner selbst willen betrieben. Weil aber die Mensch-Hund-Beziehung ohne Regeln nicht auskommt, braucht auch das Freie Spiel Regeln. Die Kultivierung des Spiels beinhaltet neben Spaß und Entfaltung die zunehmende
Gekonntes, Freies Spiel bietet dem Betrachter ein Bild der Lebensfülle und Harmonie.
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„Eintreten des Teams" auf das Spielfeld. In dieser Phase muß der Hund bereits voll auf den Hundeführer konzentriert sein.
Nutzung der Freiräume ebenso wie das immer bessere Einhalten der Regeln. Auch die Ausführungsformen werden immer komplexer und die Motorik beherrschter, sicherer und schneller. Das Spiel wird abwechslungsreicher und das Zusammenspiel homogener. Die Kultivierung des Spiels ist neben der Motivation die wichtig-
ste Voraussetzung für das, was wir mit Appetenzbildung bezeichnen. Der Hund bekommt immer mehr „Appetit aufs Spiel" im allgemeinen und auf bestimmte MotivationsObjekte (MO's). Das gemeinsame Spiel mit dem Hundeführer wird ihm mit der Zeit zum unentbehrlichen, psychophysischen Bedürfnis. Man könnte sagen, das Herz des Kultivierten Spiels ist die Motivation und das Freie Spiel die Atmung, der Sauerstoff, welcher dem Herzen immer wieder neue Kräfte zuströmen läßt. Das Kultivierte Freie Spiel wird daher nicht nur anfangs betrieben. Im Verlauf der Ausbildung wird man immer wieder darauf zurückgreifen. Die im Freien Spiel erworbene Stimmungslage, aber auch die Grund-Motivation und die Motivations-Balance wird für den gesamten weiteren Ausbildungsverlauf den Rahmen abstecken. Kurz, die Qualität des Freien Spiels ist Maßstab für den Erfolg anschließender Lernspiele und sportlicher Leistungen. Daher muß das Freie Spiel auf ein möglichst hohes Niveau gebracht werden. Wenn jemand meisterhaft mit seinem Hund spielt, dann bietet sich dem Zuschauer ein Bild, wie es sich schöner kaum zeigen kann. Alle positiven Kräfte des Lebens kommen hier zur Geltung: Vitalität, Individualität und Temperament; Freude und Har-
143 monie. All diese Kräfte erfahren durch die Begegnung der beiden unterschiedlichen Spezies eine deutliche Steigerung. Die Herausforderung der Andersartigkeit erhält im Spiel nicht nur Form. In der spielerischen Begegnung erfahren sich beide Individuen neu. Der Hund kann den Menschen bereichern und auch der Mensch bereichert den Hund. Nirgendwo anders tritt dies so unmittelbar, so natürlich und überzeugend hervor wie im Spiel. Das Freie Spiel ist der Schlüssel, welcher den Eingang öffnet für eine ganze Reihe weiterer, noch komplexerer Spiele und Aufgaben.
Spielen kann man lernen Oft hört man sagen, Spiel könne man nicht lernen: „Einer hat es oder er hat es nicht". Diese Ansicht ist genauso unsinnig wie die Annahme, es gäbe „unmusikalische" Menschen. So wie sich jeder Mensch mehr oder minder gut bewegen oder sprechen kann, so ist auch jeder mehr oder minder musikalisch. Beim Singen die Tonhöhe nicht zu treffen oder auch rhythmische Probleme haben meist psychische Ursachen. Oft sind einschneidende Kindheitserlebnisse dafür verantwortlich, daß sich der eine oder andere für den
Rest seines Lebens für unmusikalisch hält, verursacht etwa durch einen unwissender Lehrer, der die „Brummer" (eine ganz natürliche Entwicklungs-Erscheinung) seiner Schulklasse beim gemeinsamen Singen ausschloß und als „unmusikalisch" disqualifizierte, abkanzelte. Mit dem Spiel verhält es sich ähnlich. Auch im Spiel treten mitunter tiefwurzelnde seelische Störungen hervor. Doch Störungen können durch Spielen wieder behoben werden, und auch Spielen läßt sich lernen oder auch wieder erlernen. Für das Wiedererlernen verschollener Spiel-Kunst bringt der Leser inzwischen Einiges an Wissen und Können mit (vorausgesetzt, er hat auch die „Trockenübungen" nicht nur lesenderweise vollzogen). Allein schon die Vergegenwärtigung der einzelnen Phasen eines Jagd- und Beute-Spiels kann einem helfen, besser, d.h. hündischer zu spielen. Stellen wir uns einmal kurz vor, wie etwa ein Spiel mit der Beißwurst abläuft: Damit das Spiel überhaupt in Gang kommt, muß man zuerst die Aufmerksamkeit des Hundes auf sich lenken. Dann gilt es, irgendeinen Gegenstand zu beleben, zur „Spielbeute" werden zu lassen. Wir nannten diese bei-
144 den Vorgänge Imagination und Animation. Im Spiel selbst kommt es dann darauf an, die Beute richtig zu führen (Handling), den Hund im richtigen Augenblick anbeißen zu lassen, anschließend möglichst hündisch Beute zu streiten und im richtigen Augenblick loszulassen. Schließlich sollte der Hund von sich aus freudig und erwartungsvoll zurückkommen und sich das MO problemlos abnehmen lassen, damit das Spiel weitergeführt werden kann. Das ist leichter gesagt als getan, vor allem unter dem Anspruch, während des gesamten Ablaufs keinen der vielen sich überlagernden Balance-Akte aus der Kontrolle zu verlieren. Es hat sich bewährt, die einzelnen Phasen herauszugreifen und gezielt zu üben.
Freies Spiel Stufe l Spielbeschreibung der Jagd- und BeuteSpiel-Technik (in Stichworten) Vorbereitungen: Ablenkungsfreier Ort; griffiger Boden; Hundeführer und Hund gesund, ausgeruht und in guter Stimmung; ausreichender Zeitabstand zur letzten Mahlzeit; angenehme Temperatur; Hund vorher Pfützchen und Häufchen machen lassen; usw.
1. Imagination: (Hundeführer bringt sich innerlich in Spielstimmung und verwandelt sich). 2. Einstimmung: Die Aufmerksamkeit und das Interesse des Hundes auf sich lenken. Möglichkeiten: Bewegungs-Motivation, Neugier, Taktile, Futter- oder BeuteMotivation (sowie andere Motivations-Bereiche). Motivations-Balance: Durch Form und Intensität der Einstimmung hat der Hundeführer die Möglichkeit, Über-, bzw. Untermotivation, oder auch RangordnungsDefizite auszugleichen! 3. Wichtig ist, daß die Einstimmung immer mehr ritualen Charakter annimmt. Mit der Zeit wird der Hund bereits bei den ersten „ritualen Signalen des Spielbeginns" in entsprechende Stimmung geraten. 4. Eintreten (Auf den Platz kommen): Dieser Punkt eignet sich vor allem für Gruppen, die sich beim Üben gegenseitig zusehen und beistehen, oder auch auf Kursen. Wie bereits beschrieben, tritt das Team durch den Korridor auf die Mitte des markierten Spiel-Feldes. Bei Hunden, die sich nicht leicht motivieren lassen, hat sich bewährt, in laufender Weise hereinzukommen. 5. MO-Handling: Jetzt soll all das, was man vorher im Trockentraining geübt hat, gemeinsam mit dem Hund ausgeführt wer-
145 den - und zwar auf intelligente Art und Weise! Einiges haben wir bereits in Kapitel 10 (Trockentraining) behandelt. In der folgenden Punktliste greifen wir einige Punkte heraus, die im gemeinsamen Spiel mit dem Hund erfahrungsgemäß übersehen, bzw. immer wieder falsch gemacht werden. Im Anschluß daran beschreiben wir die einzelnen Phasen des Intelligenten MO-Handlings (am Beispiel des Jagd- und Beute-Spiels). • Tief spielen! Nicht mit gestreckten Beinen dastehen, sondern in relativ weiter Grätsch-Stellung und deutlich gebeugten Knien. • MO entsprechend seinen Einsatzpräferenzen nützen: Bälle, Schleuder-Ball und Schleuder-Mo auch wirklich schleudern (nicht nur in die Weite! Immer wieder auf den Boden!); -Beißwurst eignet sich besser für den „gehaltenen Anbiß" usw. • MO immer wieder um die Beine und um den Oberkörper kreisend führen. • MO zwar immer wieder wegziehen (Fliehende Beute!), aber gleichzeitig knapp vor der Nase führen. Der Hund soll nicht die Erfahrung machen, daß er das MO nur gnadenhalber bekommt. Seine Tüchtigkeit muß unbedingt belohnt werden. Also: Echte Chancen zum Anbiß geben. Das heißt aber gleichzei-
Immer wieder
tig, das MO nicht zum Anbiß daran denken: anbieten, wenn die Motivation Tief spielen! des Hundes abnimmt, wenn er sich lustlos zeigt oder in Augenblicken geringer Aktivität. Nicht jede Aktion des Hundes vorprogrammieren! Auch dem Zufall, vor allem aber dem Einfallsreichtum und Engagement des Hundes Raum geben!
146 • Bei zackigem, ruckartigem Handling sind Schleuder- MO's eher kurz zu halten oder sogar direkt am Hauptteil (nicht an der Schleuder-Leine). • Vorsicht: Verletzungsgefahren!
Intelligentes MOHandling Anbiß Die Einsicht, daß dem Hund im gemeinsamen Spiel möglichst viel Entfaltungsmöglichkeiten geboten werden sollen, und deren praktische Umsetzung klaffen meist weit auseinander. Und in der Tat, es ist wirklich nicht leicht, den gleich starken, gleich schweren Partner zu spielen und zu mimen. Der Mensch wiegt nun einmal doppelt oder dreifach so viel wie ein Hund und auch kräftemäßig ist er ihm deutlich überlegen. Was Wunder, wenn man immer wieder zurückfällt in die gewohnten Bewegungsabläufe des Menschen, in den weitgehend unterbewußt gesteuerten Einsatz unserer Muskelkraft? Und doch läßt es sich lernen, das „hündische Spielen". Grundsätzlich haben wir zwei Möglichkeiten, den Hund anbeißen zu lassen: • Entweder wir werfen das MO,
so daß der Hund ihm nachjagen und selbständig anbeißen kann. • Oder wir lassen den Hund in das MO beißen, während wir es führen. Das Werfen oder Wegschleudern des MO's setzt man häufig in Verbindung mit einer vorausgegangenen Auslöser-Geste ein. Der lauernd wartende Hund wird durch eine ruckartige Bewegung zum Aufspringen und Nachjagen stimuliert. Darüberhinaus läßt sich das Werfen aber auch mitten im Freien Spiel oder als Überraschungseffekt einsetzen: während, vor oder nach einer Übung. Da das Werfen des MO's in der Regel kaum Probleme aufwirft, beschränken wir uns auf die Beschreibung der hautnahen MOFührung direkt vor der Nase des Hundes. Beim richtigen Anbiß liegt das Problem weniger in unserer Kraftund Gewichts-Überlegenheit, sondern der Tatsache, daß wir sozusagen die Regie in einem Spiel führen, in dem wir zwar den Gejagten vortäuschen, in Wirklichkeit aber sämtliche Regulative in der Hand haben, um den Verlauf und den Ausgang des Spiels zu steuern. Wird man sich dieser totalen Überlegenheit einmal richtig bewußt, so wird klar, wie bescheiden sich demgegenüber die realen Chancen des Hundes ausmachen.
147 Da der Hund trotzdem mit uns spielt, der Beute nachjagt, zupackt und - mehr oder minder - beutestreitet, sind wir versucht zu meinen, es sei ja alles in Ordnung In Wirklichkeit aber rufen wir immer und immer wieder Instinkthandlungen ab weit- oder weitestgehend automatisiert ablaufende Handlungsabläufe wie etwa das Nachjagen eines schnell bewegten Objektes - Instinkthandlungen, die der Hund wohl ausfuhrt, die aber weit von dem entfernt sind, was ein Spiel in voller Ausprägung zu bieten vermochte Beobachtet man spielende Hunde, so fallt bei näherem Hinsehen auf, daß neben Instinkthandlungen zahlreiche situative Anpassungsvorgange inszeniert werden Die kreativen Momente machen sogar die eigentliche Würze aus Genau das wollen wir nachahmen Auf die eigene Verwandlung (Imagination) und auf die Belebung (Animation) des MO's wie auch auf die naturnahe und abwechslungsreiche Führung des MO's (Stimulation) haben wir mehrfach hingewiesen Im Verlauf des Spiels kommt es dann darauf an, nicht nur naturnah und stimulierend zu spielen, sondern gleichzeitig Freiraume und Chancen zu bieten Beides überzeugend auszubalancieren, ist eine der Facetten des Kultivierten Spiels Daß dies nicht
immer einfach ist, liegt auf der Hand Vor allem in der Phase der MO-Führung, also m der Stimulation, neigt man dazu - meist unbeabsichtigt und unbemerkt -, die fliehende Beute weit überlegen zu präsentieren, mit dem Erfolg, daß die Spielmotivation des Hundes nachläßt und er andere, aus „seiner Sicht" erfolgreichere und ökonomischere Strategien entwickelt (Was wiederum ein Beweis dafür ist, daß hoher entwickelte Tiere auf Reize nicht nur reagieren, sondern in das Geschehen mittels kreativer Verhaltensweisen eingreifen, agieren') Und es sind gerade die tüchtigsten, die schlausten, welche alsbald das Laufen reduzieren oder gar einstellen, sich hinsetzen und warten, bis das „Gnadenbrot des Spiels" gegeben wird und Herrchen sich herabwürdigt, „das MO zum Anbiß freizugeben" Wie lassen sich diese immer wieder zu beobachtenden Fehler in der Spiel-Balance vermeiden7 Die reale Chance Auf den Punkt gebracht, konnte man sagen Man darf das MOHandling nicht unter die Entscheidung stellen „Jetzt darf er nicht - jetzt darf er", sondern man sollte die Konzentration vorrangig darauf lenken, die Vorenthaltung des Anbisses nah an die Grenze der Ermoghchung zu setzen
148 Dieser Hund hat sich vergeblich bemüht, mit einem tollen Sprung der Beute habhaft zu werden.
Auf diese Weise wird uns der Hund zwar immer wieder überraschen, uns zuvorkommen und sich den Anbiß in Augenblicken holen, wo wir es nicht vermutet hätten. Aber das macht nichts. Im Gegenteil! Je verdutzter wir in dieser Situation dreinschauen, um so glaubwürdiger und erfolgreicher war es für den Hund. Mit Worten aus der Praxis: Wir dürfen das MO nicht derart schnell und unerreichbar wegziehen, daß der Hund so gut wie keine Chance für den Anbiß bekommt, sondern wir müssen uns bemühen, die Spielbeute knapp vor der Nase,
also in erreichbarer Nähe zu führen - und dies weder gleichförmig noch gleichmäßig, sondern im Auf und Ab von Schwächen und Stärken und auch im Wechsel von Anhalten und Bewegen. Phasen des Versteckens folgen Phasen der Flucht, des gespielten Stol-perns, Hakenschiagens, Phasen, in denen über ein Hindernis gesprungen, unter einen schützenden Wall gekrochen, in der Höhle Zuflucht gesucht wird usw. - so wie in der Natur. Diese Art intelligenter MOFührung läßt sich lernen, und zwar in erstaunlichem Umfang!
149 Aber das hautnahe Führen des MO's wirft ein Problem auf. Wer die Hand so dicht am Fang vorbeiführt und dieses Spiel mit einem vital-schnellen Hund ausfuhrt, der riskiert dann und wann den sogenannten „Fehlbiß", den Biß in die Hand. Nicht alle MO's eignen sich daher für diese Form des Spiels! Bälle, ja auch Schleuder-Balle, sind weniger geeignet als die gute, alte Beißwurst oder der vom Autor speziell für diese Form der MO-Führung entwickelte Beiß-Schlauch. Der Beiß-
Schlauch wurde in jahrelanger Entwicklung mit dem Ziel der körpernahen MO-Führung optimiert. Es wurde eine Materialzusammensetzung verwendet, die den strengen EG-Richtlinien für Kleinkinder-Beißringe entspricht. Das heißt, es dürfen weder Farbe noch Weichmacher oder ähnliche gesundheitsgefährdende Stoffe durch Speichel oder Kauaktivitaten aus dem Material gelöst werden. Verschlucktes Material darf im Verdauungstrakt keine Verletzung, Ätzung oder Vergiftung herEs wird immer wieder vorkommen, daß man den Hund leer ausgehen läßt. In solchen Fällen sollte man eine ähnliche Situation herbeiführen, um den Hund in der Wiederholung für seine Tüchtigkeit zu belohnen. Wird dies versäumt, muß man damit rechnen, daß er sich immer weniger bemüht. Dieser Hundeführer hat es richtig gemacht. In der Wiederholung kam der Hund zum Erfolg.
150 vorrufen. Normale Gartenschläuche, auch die „Teuren aus Gummi" (!), erfüllen diese Auflagen auf Grund ihres völlig anderen Verwendungszweckes nicht annähernd. Wenn der Hund täglich mit Gartenschläuchen spielt, wird ein erhebliches Gesundheitsrisiko eingegangen! Für die Praxis ist zu merken: Wenn wir beispielsweise tief am Boden spielen und einen Schleuder-Ball knapp vor der Nase wegziehen, so müssen wir darauf achten, den „Fluchtversuch der Beute" nicht zu schnell auszuführen. Wenn der Hund das hoch geführte MO anspringt, dann dürfen wir es ihm nicht immer und immer wieder einen halben Meter vor der Nase wegziehen! Ein Sprung sollte dem Hund Erfolg bringen! Wir sprechen beim Anbiß ganz bewußt nicht von „Belohnung".
an Stelle des „Sich Bewährt Habens" betont. Die Belohnung wird ja vom Hundeführer erteilt. Der Hund aber soll sich die Beute durch eigene Tüchtigkeit erstreiten. Er soll im Idealfall erleben, daß er sich durch besondere Bemühung selbst belohnen kann. So wichtig die Belohnung des Hundeführers in anderen Situationen ist, etwa nach dem Loslassen, - im Augenblick des Zupackens sollte sich der Hund weniger „belohnt" als „in seiner Tüchtigkeit bewährt und bestätigt" fühlen. Er soll erfahren, daß er sich am Geschehen aktiv beteiligen kann. Mit anderen Worten: er muß etwas bewirken können. Genau diese Erfahrung wird ihn anstacheln, sich zu engagieren und, wie es im Spiel eigentlich sein sollte, das Letzte zu geben. Diese Einsicht lehrt uns: Wie im Spiel unter Hunden sollte der Hund
Nicht nur PVCGartenschläuche, auch sogenannte „Gummi"-Gartenschläuche enthalten Weichmacher sowie andere gesundheitsschädigende Chemikalien und beinhalten ein erhebliches Gesundheitsrisiko für den Hund. Sie sind daher abzulehnen!
Das Wort „Belohnung" könnte dahingehend mißverstanden werden, daß man das „Gewähren"
auch im Spiel mit dem Menschen viele und variable Möglichkeiten erhalten, den Erfolg selbst herbeizuführen. Diese Form von Erfolg wird sein Selbstwertgefühl heben und das Engagement verstärken. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, zu bestimmen, worin der Erfolg bestehen soll oder darf - und in der groben
151 Gestaltung des Ablaufs. Wurden die arteigenen Freiräume im Spielaufbau sinnvoll eingebracht, so nützt dies beiden Spielpartnern. Was aber sind die „arteigenen Freiräume" des Hundeführers? Liegen Freude und Erfüllung des Hundeführers darin, als Sieger hervorzugehen, oder ehr darin, dem Hund im Spiel näherzukommen, gemeinsam Spaß zu haben und im fortgeschrittenen Stadium mitzuerleben, wie der Hund durch spielerische Führung Aufgaben auszuführen lernt? Wir meinen: Dem Hund im Spiel zu Freude und Erfüllung zu verhelfen, strömt auf eigenartige Weise zurück und beglückt wiederum den Hundeführer. Der Kreis ist geschlossen. Hierzu ein Beispiel aus der Praxis: Es kommt immer wieder vor, daß man den Hund bei einem tüchtigen Sprung ins Leere springen ließ. Zu spät hat man die Tüchtigkeit erkannt oder man war motorisch einfach zu ungeschickt bzw. zu langsam. Hier müßte man bei nächster Gelegenheit einen neuen Sprung inszenieren. Diesmal würde man aber das MO so führen, daß der Hund die verdiente „Gelegenheit zum Erfolg" erhält. Dieses intelligente Offerieren des Anbisses mag beim einen oder Anderen die ersten Male plump,
gekünstelt oder unnatürlich aussehen, aber mit der Zeit legt sich Für die hautnahe MO-Führung das (bei den meisten).
Anbiß: Fassen wir zusammen • Variable und stimulierende MOFührung. • Zahlreiche, variable Chancen zum Anbiß einbringen. • Der Hund muß durch Tüchtigkeit zum Erfolg kommen! Mangelhafter Einsatz darf (in der Regel) keinen Erfolg bringen. • Vorenthaltung und Gelegenheit ausbalancieren. • Den Anbiß im richtigen Augenblick ermöglichen! Anbiß bei Futterspielen: Futter-Spiele können mit unterschiedlichen Zielen eingesetzt werden. Manche verwenden Futter, weil ihr Hund darauf besser anspricht als auf Beute. Andere wollen mittels Futter ein tieferes Motivations-Niveau erreichen, weil ihr Hund im Beute-Spiel ständig hochspringt und nicht mehr zu führen ist.
eignet sich dieser Beiß-Schlauch, vom Autor entwickelt. Das Material besteht aus einer speziellen Mischung, welche der Empfehlung XXI des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin entspricht.
152 Richtiges Anbeißen lassen. Hier wird der Hund für seine Tüchtigkeit belohnt.
Rechte Seite oben: Auch beim Beutestreiten wird der Partner in jeder Lage ständig beobachtet und nie aus dem Auge gelassen. Unten: Beim Kontern kommt es darauf an, jeden Ruck des Hundes mit dosiertem Nachgeben zu beantworten.
153 Wieder andere wollen mit Futter nicht weniger, sondern mehr Aktivität erreichen. Bei hohen Motivations-Erwartungen gelten ganz ähnliche Ratschläge wie soeben in der Punktliste beschrieben. Hoch motivierende Futter-Spiel-Praxis läßt sich sehr gut mit den bereits vorgestellten Techniken der Handund Lippen-Schleuder ausführen. Vor allem die Hand-Schleuder erlaubt einen weitgehend ähnlichen Umgang wie mit der Spiel-Beute. Bei der Auswahl der Futterstücke ist jedoch darauf zu achten, daß sie der Hund problemlos und innerhalb einer Sekunde schlucken kann und sich nicht mit Kauen und Zerkleinern aufhalten muß. Dies würde ihn vom Hundeführer ablenken und den Fluß des gemeinsamen Spiels empfindlich stören. Auch das Hinunterfallen von Futterstücken stört den Spielfluß. Nur ein einziges in die Wiese gefallenes Futterstück kann bewirken, daß der Hund nur noch am Boden schnüffelt und jegliches Interesse am Spiel oder am Hunde führer verliert. Aber das dürfte nicht weiter wundern. Die Vorfahren des Hundes haben über Zehntausende von Jahren ihre Nahrung am Boden und nicht in der Luft gefunden. Die darauf ausgelegten Verhaltensweisen sind tief in den Erbanlagen festgeschrieben. Selbst wenn man monatelang das Futter ausnahmslos in Hüfthöhe
anbietet, so wird uns der Hund beim ersten Stück, das auf den Boden fällt, zeigen, um wie vieles stärker die instinktive Bodenorientierung gegenüber andersgerichteter Bemühungen des Menschen ist. (Dies gilt zumindest für den Anfang.)
154
Wenn beim Anbiß (Beute- und Futter-) Probleme auftreten Es gibt Hunde, die auf Beute -Spiele ausgesprochen lustarm, in manchen Fällen auch lustlos antworten, und es gibt Hunde, die Probleme beim Anbiß zeigen. Die Ursachen für beide Situationen sind vielfältig: rasse- und Individualgenetische Voraussetzungen, Störungen oder auch Versäumnisse in der Prägungsphase; traumatische Erfahrungen mit anderen Hunden oder Menschen, unglückliche Verknüpfungen u. a. Zunächst muß herausgefunden werden, was man dem Hund zumuten kann, wofür er sich mehr und wofür er sich weniger oder überhaupt nicht eignet. Motivations-Bereiche nach Rassen einzuteilen, ist jedoch gewagt. Manche Hunderassen sind in Wirklichkeit ganz anders, als ihr Image. Der Autor hatte mehrfach Gelegenheit, Kurse für Rassevereine abzuhalten, wobei es sich um Rassen handelte, die als tolpatschig gelten, als ungeeignet fürs Apportieren oder für Beute-Spiele. Es hat sich jedoch gezeigt, daß die Einschränkungen oft überschätzt
werden. Auch diese Hunde zeigten vielfach ein ganz normales Beuteverhalten, Lust an der Bewegung und an Futterspielen. Wenn man natürlich mit der Stoppuhr in der Hand vergleicht, wird man eklatante Unterschiede feststellen. Aber diese Art der Leistungsorientierung streben wir mit „Hunde spielend motivieren" ja nicht an. Uns geht es darum, gemeinsam mit dem Hund einen Teil unserer Freizeit, ja unseres Lebens zu verbringen. Und dies zu unserer und unseres Hundes Freude! An dem gemessen, ist Spiel wahrscheinlich allen Hunderassen zugänglich. Viel gravierender wirken sich individuelle Erbanlagen aus. Es gibt sie leider wirklich, die Hunde, die vor ihrer eigenen Rute Angst haben und sich überall und jederzeit in Gefahr wähnen; in jedem Gegenüber einen potentiellen Feind sehen, der ihnen ans Leder will. Und es gibt leider auch jene armen Kreaturen, die vom Menschen zu dem gemacht wurden, was sie nun sind und was sie ohne Hilfe des Menschen nicht mehr abzustreifen vermögen, Therapiefälle: physisch und mehr noch psychisch kranke Tiere, die allerlei anormale und unberechenbare Verhaltensweisen an den Tag legen. Es ist im Rahmen vorliegender Thematik nicht Raum genug, um auf RehabilitationsProgramme einzugehen. Wir
155 müssen uns auf den kargen Hinweis beschränken, in derartigen Fallen sich nicht zu scheuen, erfahrene Ausbilder oder - in besonders schweren Fallen - den Tier-Therapeuten zu konsultieren. Vieles läßt sich im Spiel verändern, aber nicht alles. Erst wenn die erforderlichen Maßnahmen auch auf den anderen Ebenen der Mensch-Hund-Beziehung eingebracht werden, nämlich in der Haltung und Erziehung, zeitigt auch das Spiel therapeutischen Erfolg.
Beutestreiten Beim Beutestreiten werden immer wieder die gleichen, bereits beschriebenen Fehler gemacht. Auch hier bleiben die Fehler nicht selten unerkannt. Doch bringen wir uns erst einmal in Erinnerung, wie Hunde miteinander beutestreiten. Jeder zieht an einem Ende des MO's und versucht durch allerlei Techniken und Tricks, sich in Vorteil zu bringen: ruckartiges Gewicht einsetzen (nach hinten
Viele Hunde kontern nicht mehr. Häufigste Ursache hierfür ist das übermächtige Spielen des Hundeführers.
156 rucken); den Kopf mit einer ausholenden Bewegung einsetzen (Peitscheneffekt); die Position verändern; nachfassen und Griff verbessern; nachfassen und gleichzeitig dem anderen die Anbißfläche verkleinern; mit Lautäußerungen den anderen einschüchtern und anderes.
Um sich beim Beutestreiten nicht übermächtig zu zeigen, hält der Hundeführer die Spielbeute nur mit dem Zeigefinger.
Während des gesamten Beutestreitens werden die Augen des anderen permanent fixiert. Beobachtet man dieses Spiel genauer und analysiert man mittels VideoZeitlupen-Aufnahmen die Effizienz einzelner Aktionen, so erkennt man, daß nahezu jede der beschriebenen Aktionen zumindest ein wenig bewirkt. Auch wenn sich dies nicht gleich in
Form eines Sieges niederschlägt, so wird doch der Gegner bei jedem Gewichtseinsatz, bei jedem Rucken oder Kopf-Peitschenschlag ordentlich durchgeschüttelt. Er muß beispielsweise einige Schritte nachgehen: je nach Einsatz, Überraschung oder Geschicklichkeit bewirkt die Aktion mehr oder minder. Der Zusammenhang ist denkbar einfach. Welpen im Rudel sind annähernd gleich schwer und auch die Hebelkräfte unterscheiden sich nur wenig. Spielt der Mensch mit dem Hund, liegen von vornherein unterschiedliche Gewichtsverhältnisse und Hebelwirkungen vor. Das hat zur Folge, daß sich bei sämtlichen Aktionen des Hundes zunächst einmal gar nichts tut. Der Mensch
157 ist derart übermächtig, daß ein Rucken oder Peitschen keine Wirkung zeigt. Erst wenn der Mensch von sich aus anfängt, gezielt nachzugeben, spürt der Hund, daß er einen Mitspieler gegenüber hat und keine Mauer. Viele Hundeführer jedoch spielen unbewußt die Mauer bis zu dem Augenblick, in dem sie sich fürs Loslassen entschieden haben. Was der Hund in diesem Spiel erlebt, ist klar: Gegen den Menschen hat er im Grunde genommen keine Chance. Er lebt vom Spiel-Gnadenbrot seines Herrn. Von einem Spielpartner kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Weshalb also sollte der Hund sich im Beutestreiten überhaupt noch anstrengen? Erfolglos geblieben, hört er früher oder später damit auf und beschränkt seine Aktivität auf das Zubeißen und abwarten, denn das Zubeißen und Halten ist das einzige, womit er Erfolg hatte. Die vielen Spielformen des BeuteStreitens ergeben im Spiel mit der Mauer keinen Sinn. So wurde Tausenden von Hunden, mit denen viel gespielt wurde, das Beutestreiten regelrecht abgewöhnt. Verblüfft stehen die Hundeführer dann da, wenn man ihnen den Sachverhalt durch einen Test beweist. In vielen Kursen haben wir Hunde, denen man das Beutestreiten, das Kontern abgewöhnt hatte, vor aller Augen mit anderen Hunden um ein Tuch streiten las-
sen. Auf einmal haben dieselben Hunde gekontert, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Im Spiel mit Herrchen kam nicht ein einziges Rucken oder Kontern auf. Das brachte mich auf die Idee, das Kontern zu revitalisieren. In zahlreichen Versuchen haben sich zwei Übungen herauskristallisiert, die inzwischen in vielen Fällen nach ein- bis zwei Wiederholungen das Kontern wieder aktivieren halfen. Das beweist, es läge dem Hund viel näher, im Beutestreiten zu kontern als dazustehen und abzuwarten. Bevor wir jedoch die beiden Spiele zur Revitalisierung des Konterns vorstellen, wollen wir vorher einige Punkte zum erfolgreichen Beutestreiten auflisten: • Tief spielen • Augenkontakt aufrechterhalten1 • Arme leicht gebeugt halten, damit man nachgeben kann. (Mit gestreckten Armen ist dies nicht mehr möglich.) • Auf jeden Gewichtseinsatz des Hundes und auf jedes Rucken mit entsprechendem (wohldosierten!) Nachgeben reagieren. • MO-Techniken einsetzen: Rucken, Rütteln (gleichzeitig an beiden Enden haltend oder nur einseitig), Peitschenschlag-Effekt, MO im Fang leicht drehen. 1
Bei sehr ängstlichen Hunden ist es mitunter von Vorteil, Augenkontakt zu vermeiden und zur Seite zu sehen.
158 Hündisch Beutestreiten: Gewicht einsetzen, sich im Kreis drehen, nachgreifen u.a. Während des Beutestreitens Anstrengung und Schwächen mimen! So tun, als sei man gleich schwer und gleich stark wie der Spielpartner. Dies muß sich im Gesichtsausdruck, im Blick und in den Körperbewegungen widerspiegeln.
Wenn beim Beutestreiten Probleme auftreten Manche Hunde neigen beim Beutestreiten zur Aggression. Ursache hierfür ist häufig Unsicherheit. Außerartliche Aggression als Folge von Dominanzansprüchen kommt eher selten vor. Schlägt das Spiel in Aggression um, so ist dies bereits im Ansatz mit entsprechenden Maßnahmen abzublocken. Den Unterschied zwischen Spiel-Knurren und beginnender Aggression zu erkennen, ist nicht immer leicht. Vor allem für den unerfahrenen Hundehalter. Erfahrene Hundehalter prüfen ständig (ganz nebenbei), ob sich ihr Hund noch im Entspannten Feld des Spiels bewegt oder ob der Hund unsicher und mißtrauisch wird oder ob es ihm mit seinen DrohSignalen bitter
ernst ist. Ununterbrochenes Knurren und Zähnefletschen ist oft ein Zeichen für mangelhafte Sozialisierung im Welpen- und (oder) Junghundalter oder (und) für eine gestörte Mensch-Hund-Beziehung. Es muß betont werden, daß derartige Verhaltensauffälligkeiten unbedingt bereits im Ansatz abzublocken sind. Bestehen sie allerdings schon jahrelang, ist die Rehabilitation oft schwierig. „Rezepte" helfen meist wenig. Hier ist der Rat des Experten und eine gründliche, individuelle Vorgangsweise gefragt. Bei einen Hund reicht es, das Spiel sofort zu beenden und das MO wegzunehmen; ein anderer würde auf diese Weise noch mehr in Rage kommen. Bei manchen Hunden hat sich das Ablenken auf einen anderen Motivations-Bereich bewährt. In manchen Fällen wird es erforderlich sein, Beutestreiten vorübergehend einzuschränken oder ganz wegzulassen. Oft hat sich der Abbruch der gewohnten Spielweise und der Wechsel zu Futter-, Bewegungs- oder BerührungsSpielen bewährt, dies mindestens so lange, bis die Mensch-HundBeziehung durch entsprechende erzieherische Maßnahmen (wieder) im Lot ist. In anderen Fällen ist es angezeigt, sich gegen das Dominanzgebaren des Hundes in geeigneter Art und Weise mit aller Entschiedenheit durchzusetzen.
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Revitalisieren des Konterns (Passive Methode) Nehmen wir an, der Hund kontert nicht mehr, weil er fortwährend die Erfahrung gemacht hat, daß er damit nichts bewirken kann. Um ihm dieses Erlebnis wieder neu zu vermitteln, setzen wir eine Hilfsperson ein. Voraussetzung ist: Der Hund muß zu dieser Person Vertrauen haben. Vorbereitung: Man sucht sich einen möglichst ablenkungsfreien
Ort aus. Das benötigte Fährtengeschirr soll auf die Größe des Hundes eingestellt werden. An die Öse wird eine zwei bis drei Meter lange Leine gehängt. Vor Spielbeginn ist der Hund gewissenhaft einzustimmen. Einstimmung (in Stichworten): Den Hund zuvor auslaufen lassen. In Gegenwart der Hilfsperson Fährtengeschirr anlegen. Hundeführer spielt mit dem Hund. Hilfsperson tritt dem Hund näher, nimmt Kontakt auf (Hand entgegenstrecken, abwarten, riechen lassen, freundlich ansprechen, usw.) Möglicherweise spielt auch
Im Idealfall zieht der Hund beim Beutestreiten den Hundeführer fast ununterbrochen nach hinten. Der Hundeführer hier zeigt sich einfallsreich. Auf einen starken Ruck des Hundes spielt er, wie er ins Stolpern kommt und fast das Gleichgewicht verliert.
160 die Hilfsperson kurz mit dem Hund. - Hilfsperson führt den Hund einige Runden an Fährtengeschirr und Leine. Zeigt sich der Hund in allem unbefangen, kann man mit der Übung beginnen. Ob es vorteilhafter ist, den Hundeführer beutestreiten und die Hilfsperson hinten ziehen zu lassen oder umgekehrt, ist von Hund zu Hund verschieden. Hundeführer und Hilfsperson sollten das Spiel vorher einmal ohne Hund ausprobiert haben, um das Zusammenspiel des schubweisen Ziehens und Nachgebens zu üben. 1. Eine der beiden Personen (A) steht hinter dem Hund und hält ihn an loser Leine, (am Fährtengeschirr befestigt). 2. Die andere Person (B) stimuliert den Hund vorn mittels MO (z.B. Beißwurst oder Tuch) bis der Hund anbeißt. 3. Gleich nach dem Anbiß beginnt Person A zunächst behutsam auf Zug zu gehen. Nicht zu stark ziehen! (Manche Hunde lassen beim ersten Einsatz der Leine sofort los. In diesem Fall eignet sich die passive Methode nicht.) Durch Aufmunterung und Lob (Person A) lassen sich manche Hunde helfen. 4. Hält der Hund den Griff, so beginnt nun Person A schubweise, aber sehr gefühlvoll (Vorbild ist
das weiter oben beschriebene „Rucken") nach hinten zu ziehen. Gleichzeitig gibt Person B vorne nach und zeigt sich durch Mimik und Bewegung unterlegen. Auf diese Weise wird der Hund mit nach hinten gezogen und erlebt, daß das Nach-hin-ten-Ziehen die Unterlegenheit des Spielpartners bewirkt. Dies veranlaßt ihn, selbst in gleicher Weise aktiv zu werden, ruckweise Gewicht einzusetzen, zu kontern. Beim ersten aktiven Kontern des Hundes zeigt sich Person B besiegt und läßt los.
Revitalisieren des Konterns (Aktive Methode) Zur Aktiven RevitalisierungMethode wird keine Hilfsperson benötigt. Da man dem Hund das Kontern abgewöhnt hat, wird der Hund nun veranlaßt, aus anderer Ursache zu kontern. Der Hundeführer bringt ihn aus seiner Körperbalance. Dem sucht sich der Hund natürlich zu entziehen, indem er - kontert. Gleichzeitig erlebt er in dieser Handlung die (gespielte) Schwäche des Hundeführers: „Aha! Kontern bringt ja noch mehr als nur die Balance!" Viele Hunde haben auf diese Weise in wenigen Minuten beim
161 Beutestreiten wieder zum aktiven Kontern zurückgefunden. Vorbereitung: keine, außer für ablenkungsfreien Ort sorgen. Einstimmung: wie gewohnt. 1. Hund mittels MO im Freien Spiel stimulieren. 2. Anbeißen lassen und auf Zug gehen. 3. Wahrend des Zugs mit der freien Hand an den Oberschenkeln eines Hinterlaufs zur Seite schubsen und aus dem Gleichgewicht bringen. (Dabei braucht man dem Hund nicht weh zu
tun!). Der Hund wird sich dieser Verunsicherung sofort entziehen, indem er nach hinten oder seitlich rückwärts auszuweichen sucht. In diesem Augenblick zeigen wir uns schwach, geben nach und bei einem besonders starken Konter-Akt lassen wir dann die Beute los. Das Ganze soll, wie bereits gewohnt, auch mimisch und bewegungsmäßig überzeugend gespielt werden. Vorsicht! Für Hunde, die zu Aggression neigen, ist dieses Spiel nicht geeignet.
Aktives Revitalisieren zum Kontern (Nach E. Lind)
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Loslassen Inzwischen haben wir so viel gelesen über „hündisches Spielen", daß manche Punkte im Folgenden nur noch weniger lnformationen bedürfen. Auch beim Loslassen der Beute gilt: Begrenzungsknoten Phase l
• Bei besonders raffinierten oder engagierten Aktionen des Hundes loslassen! • Auf dem Höhepunkt der Aktion loslassen. Weder vorher noch nachher! • Das Loslassen mit entsprechender Mimik und Bewegung begleiten! An dieser Stelle soll noch ein Spiel vorgestellt werden, das sich gut für Gruppen und Kurse eignet: Spielvorschlag: Beutestreiten und Loslassen (ohne Hund).
Begrenzungsknoten Phase 2 Vorbereitung: Taustücke mit einem Durchmesser von 10 oder 12 mm und einer Länge von zirka 50 cm werden an beiden Enden mit einem Begrenzungsknoten versehen:
Jeweils zwei Hundeführer stehen sich gegenüber. Einer spielt den Hund, der andere den Hundeführer. Es kommt nun darauf an, bereits das kleinste Rucken mit Nachgeben zu beantworten und die Aktionen mimisch und akuBegrenzungsknoten Phase 3
stisch zu unterstützen. Wer Spaß daran hat, kann das gesamte Repertoire des Beutestreitens und Loslassens durchspielen.
Zurückbringen Viele Hundeführer haben in dieser Phase des Spiels Probleme. Ihr Hund tut alles andere lieber, als das MO zurückzubringen. Und wenn er es auf wiederholte Kommandos dann doch tut, kann keine Rede mehr sein vom „Freudigen Hund".
163 irgendwie gespielt oder geübt und dabei eine Menge Fehler gemacht. Oder, was ebenso oft vorkommt, die Mensch-Hund-Beziehung ist nicht intakt. Beides spiegelt sich natürlich auch im Spiel wider. Weil aber Umlernen bekanntlich schwieriger ist als Neulernen, stehen Massen von Hundeführern vor dem Problem: „Mein Hund bringt nicht zurück." Und sie fragen sich: „Wie korrigiere ich die verfahrene Situation?" -
„Tauziehen" als Trockenübung „Beutestreiten und Loslassen"
Nun, der beste Rat wäre, nach einer Pause von ein bis zwei Monaten nochmals neu zu beginnen, ganz von vorn: mit Lesen, Trockentraining und mit dem Basis-Spiel (zu Hause im Raum). Im Freien Spiel gilt genau dasselbe: Soll der Hund freudig und zuverlässig zurückbringen, so dürfen wir nach dem Loslassen unter Dies verwundert um so mehr, als sich das freudige Zurückbringen bei richtiger Spielweise eigentlich ganz von allein einstellen müßte. Freudiges Zurückbringen ist eine Folge des Spiels, wie wir es beschrieben haben. Im Idealfall hat der Hund das Zurückbringen bereits als Welpe im Basis-Spiel gelernt. Aber nicht jeder besitzt einen jungen, unverdorbenen Hund, mit dem er neu (und diesmal anders) beginnen kann. Die meisten haben mit ihrem Hund schon
Vorbild der Natur: Hunde im Beutestreiten.
164 keinen Umstanden zum Konkurrenten werden. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, daß wir dem Hund die Beute nach dem Auslassen wieder streitig machen wollen. Im Welpenrudel hat der Welpe gelernt: „Beute muß man wegtragen und verstecken, sonst holen sich die Geschwister das wertvolle Stuck." Dieser Vorgang ist im Hinblick auf Arterhaltung logisch und viel naheliegender, als die Beute zurückzubringen. Weil das Mensch-Hund-Spiel aber ohne Zurückbringen nicht weiterläuft, müssen wir uns etwas einfallen
Freudig bringt der Hund das MO zurück.
lassen, um die Natur zu überlisten. Im Grunde genommen ist es ganz einfach - man macht sich zweierlei zunutze: Als erstes lassen wir den Hund erleben, daß wir nicht seine Geschwister sind, die ihm die Beute streitig machen, sondern eher die Mutter-Hündin, die über den Dingen steht und es nicht nötig hat, wegen einer Spiel-Beute ihre Dominanz unter Beweis zu stellen. Großzügig spielt sie im Beutestreiten den Unterlegenen und überläßt dem Welpen (wenn er sich tüchtig zeigt) die Beute. Genau das machen auch wir: in-
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nerhalb der ersten Beute-Spiele überlassen wir dem Hund nach dem Auslassen die Beute2. Auf keinem Fall dürfen wir ihm nachlaufen. Wir bleiben stehen und holen eine zweite Beute (Konkurrenz-MO) aus der Tasche. Mit diesem beginnen wir dann zu spielen. An Stelle der zweiten Spiel-Beute kann man auch ein Stück Futter nehmen. Hat man herausgefunden, ob und was der Hund bevorzugt, so kann man den MO-Rang für das freudige Zurückkommen (später auch für das „Aus") einsetzen. Man beginnt mit dem MO des zweiten Rangs, also mit dem MO, das der 2
Mit zunehmender Sicherheit des Hundes wird das Beutestreiten intensiver
Hund nicht so gern hat wie sein Lieblings-MO, und behält sich das „Lieblings-MO" (Vorzugs-MO) für das Zurückkommen zurück. Würde man umgekehrt vorgehen, würde der Hund möglicherweise nicht zurückkommen, vor allem dann, wenn der MO-Rang stark ausgeprägt ist.
Wenn der Hund das Spie an sich zieht Ist der Hund so sehr mit seiner Beute beschäftigt, daß ihn das Konkurrenz-MO wenig interessiert, bringt es meist wenig Erfolg,
166 wenn man wieder und wieder versucht, ihn durch Animation der Beute auf sich zu konzentrieren. In dieser Situation kann nämlich Folgendes passieren. Mehr durch Zufall nimmt der Hund wahr, daß der Hundeführer hilflos dasteht und mit dem MO fuchtelt. Indem der Hund diese Aktivitäten ignoriert und so tut, als sei alles andere wichtiger, entdeckt er die Möglichkeit, das Spiel auf diese Weise an sich zu ziehen. Er erlebt einen ganz neuen Bereich des Dominierens, und wenn ihm diese Spielform mehr Lust bereitet als das, was Herrchen zu bieten hat, dann wird er das Dominieren im Spiel immer wieder suchen und es immer öfter und länger praktizieren. Er wird es perfektionieren. Und das kann er mittels seiner Emotionalen Intelligenz ausgezeichnet. Wann immer er Lust dazu hat, braucht er sich nur taub oder abgelenkt zu zeigen, schon färben sich Frauchens oder Herrchens Wangen purpurrot oder der Atem wird hilflos flackernd wie eine Kerze im Wind. Den eigenen Namen in allen Tonlagen zu hören und so zu tun, als sei der Hunde -führer gar nicht Dem Hund da, macht riesig Spaß. Das läßt sich nachzulaufen, demonstriert doch kein tüchtiger Hund Hilfslosigkeit entgehen!
oder Schwäche und bewirkt oft Zeigt sich der Hund abgelenkt, so genau das Ge- ist es daher besser, man bietet ihm genteil: Der Hund kommt gar nicht erst die Chance der erst recht nicht soeben beschriebenen Entdeckung. zurück.
In diesem Fall ist es besser, man hört mit der Animation der Beute oder mit dem Anbieten von Futterstücken auf und wechselt sofort den Motivations-Bereich (Übergang zu einem Lauf- oder VersteckSpiel). In vielen Fällen (leider nicht in allen) lassen sich auf diese Weise Hunde wieder stimulieren und ins Spiel bringen. Aber wenn man sich zum Weglaufen entschlossen hat, dann darf man in dieser Handlung nicht wieder -neuerdings Schwäche zeigen, indem man sich immer wieder zum Hund umdreht und den Namen oder das Hörzeichen „Komm" mehr beschwörend und bettelnd vorbringt. Das würde der Hund eindeutig als Schwäche interpretieren (womit er zweifellos recht hätte!). Und er würde weiterhin dominieren. In dieser Situation muß man sein ganzes Selbstbewußtsein aktivieren und sich dem Hund entziehen. Es mag oft bis zu 10 Minuten und länger dauern, aber der Hund wird irgendwann einmal verunsichert und dann meist im Galopp Herrchen oder Frauchen suchen. In der Regel reichen einige derartige Wiederholungen aus, um den Rang des Hundeführers erheblich aufzuwerten und den Hund wieder ins Spiel zu bringen. Hat sich das Dominieren des Hundes infolge zahlreicher Wiederholungen schon gefestigt, so
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Gewalt bringt bei diesem Hund gar nichts. „Pit" würde sich eher totschlagen lassen, als sich die Beute gewaltsam entreißen lassen.
stehen wir vor einem Korrekturproblem, das ohne Zwang oft nicht zu lösen ist. Es sei jedoch nochmals betont, daß Einwirkungen, welcher Art auch immer (etwa mittels Leine), nur in Verbindung mit erzieherischer Gesamtkorrektur erfolgversprechend sind! Wenn man sich für die Leine entscheidet, (indem man etwa eine fünf oder acht Meter lange Leine am Boden schleifen läßt, um sie im Bedarfsfalle aufzuheben oder draufzustehen), dann muß man diesen methodischen Weg vorübergehend absolut ausnahmslos beschreiten! Nimmt
man die Leine zu früh weg oder trennt man zwischen Spielplatz und Wohnung, wird uns der Hund ein weiteres Beispiel seiner Emotionalen Intelligenz liefern: indem er nämlich dann, wenn die Leine dran ist (was er unter diesen Umständen bald wahrgenommen hat), das gewünschte Verhalten zeigt und ein andermal, wenn sie fehlt, genau das Gegenteil tut. Der kurzzeitige oder sporadische Einsatz von Zwang steht nicht im Widerspruch zum Geistigen Zügel, sondern stellt in Korrekturfällen, die auf fehlerhafte Erziehung oder
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Ausbildung zurückzuführen sind, eine vorübergehende Ausnahme dar. Es ist anzustreben, physische und psychische Zwangsmaßnahmen so schnell wie möglich und so oft wie möglich durch Stellvertretende Signale zu ersetzen.
Abgeben Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Hund zum Abgeben zu bewegen. In „Richtig Spielen mit Hunden" wurden sechs „AusMethoden" beschrieben. Daher
beschränken wir uns hier auf einige wenige Anmerkungen. Hat der Hund gerade eine Beute erstritten, so ist er in (spielerischer) „Jagd-Stimmung". Dies ist der ungünstigste Zeitpunkt, um ein freiwilliges Abgeben zu fordern. Ganz anders stehen die Chancen, wenn man wartet, bis diese Stimmung abklingt. Bei vielen Hunden tritt das innerhalb weniger Sekunden ein, vorausgesetzt der Hundeführer unterläßt Bewegungen, welche sofort die Verteidigung des MO's auf den Plan rufen würden. Wartet der
Für das Konkurrenz-MO läßt „Pit" problemlos aus.
170 oder man stoppt die Bewegung kurz vor dem Fang, was ebenfalls Argwohn aufkommen läßt. Die Kunst der richtigen Annäherung liegt darin, innerlich fest darauf zu vertrauen, daß sich der Hund die tote Beute abnehmen läßt.
Vor dem „Aus" erst vergessen lassen.
Hundeführer ruhig ab, bis die Augen (und Kopfbewegungen) des Hundes verraten, daß er die „tote Beute" vergessen hat und sich auf anderes konzentriert, so ist der Augenblick günstig, mit einer gelassenen Handbewegung das MO zu ergreifen und den Hund durch Beutetausch (KonkurrenzMO) zum Abgeben zu bewegen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Irgendwie will man das Näherbringen verschleiern, was der Hund dann doch wahrnimmt, vollkommen richtig interpretiert und das MO aufs neue verteidigt -
Das klappt zwar nicht bei allen Hunden und nicht immer auf Anhieb, aber wenn der Hund einmal den Beutetausch als positive Erfahrung kennengelernt hat, ist das Eis in der Regel gebrochen. Mit anderen Worten: Bis der Hund den Beutetausch das erstemal akzeptiert hat, muß sich der Hundeführer oft allerlei einfallen lassen, und seine Geduld wird möglicherweise hart auf die Probe gestellt. Hat es dann schließlich doch einmal geklappt, wird das Konkurrenz-MO ab diesem Augenblick meist problemlos angenommen. Die Erfolgschancen nehmen ganz erheblich zu, wenn man sich beim Abgeben den MO-Rang zunutze macht. Wir haben darauf bereits in Kapitel 10 (Basis-Spiel-Übung) hingewiesen. Wie man Mo's in verschiedener Rangordnung nützt Man beginnt das Spiel mit dem Zweitrangigen MO. Das Erstrangige MO hält man sich für den Beutetausch in petto (für den Hund unsichtbar versteckt!). Weil Hunde
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Nach kurzer Zeit wechselt die Stimmung vom Jagen zu etwas anderem. Diesen Stimmungswechsel gilt es abzuwarten, bevor man das Aus einleitet.
172 der stärker wirkenden Motivation in der Regel den Vorzug geben, wird beim Beute-Tausch das Zweitrangige MO meist problemlos abgegeben. In dem Augenblick, in dem der Hund das Zweitrangige MO ausläßt, schleudert der Hundeführer das Lieblings-MO weg oder bietet es in Verbindung eines Auslösers zum Anbiß an. Während der Hund dem MO 2 nachjagt, sollte MO l unauffällig aufgehoben und versteckt werden. Macht der Hundeführer den Fehler, seine Absicht zu verraten, MO l aufzuheben, wird ein tüchtiger Hund alles daran setzen, das soeben ausgelassene MO wieder in seinen Besitz zu bekommen. Wenn dann der Hund schneller war, hat er einmal mehr gewonnen - gewonnen in einer Form, die den weiteren Verlauf des Spiels problematisch gestaltet. Daher sollte man sich bemühen, nach dem Auslassen des MO 2 den Hund von dieser Stelle wegzulocken, entweder durch Laufen oder durch Werfen des MO's in eine andere Richtung. Welch grandiose Leistung der Hund vollbringt, wenn er freiwillig ausläßt, mag folgende Beobachtung vermitteln. In Tausenden von Vorführungen habe ich bei sämtlichen Hunden, die freiwillig auslassen, folgenden Konflikt beobachtet: Auch wenn die gesamte Physiognomie des Hundes zeigt, daß er gerne, ja freudig und in
positiver Erwartungshaltung die Beute abgibt, so zeigt sich doch gleichzeitig, durch kurz aufeinander folgende Beiß- und Zungenbewegungen eindeutig, daß das „motivational erlernte Abgeben" im Widerspruch zum „instinktiven Verteidigen der Beute" steht. Und erstaunlicherweise: das angepaßte, erlernte Verhalten ist stärker - in dieser Situation stärker als der Instinkt. Welche AdaptionsLeistung! Der soeben erwähnte Konflikt zeigt sich übrigens noch nach Jahren. Unser Rüde „Quirin" hat den „Konflikt-Zungenschlag beim Aus" erst im Alter von sieben Jahren (weitgehend) abgelegt. Es ist immer wieder überraschend und beglückend, wenn man Mensch-Hund-Teams zuschaut und miterlebt, wie der Hund, der soeben noch alles daransetzte, um die Beute zu erwischen, nach einem kurzen Moment der Ruhe die Beute ausläßt - nur auf ein freundliches „Aus", möglicherweise leise und in Kopfstimme gesprochen. Ohne jeden Druck läßt der Hund das MO in die offene Hand gleiten und wartet in voller Spannung auf den neuen Auslöser, der das Spiel fortsetzt. Wie lähmend macht sich dagegen ein Abgeben aus, das einfach nicht funktionieren will, immer wieder von neuem eingeleitet werden muß, und schließlich doch schei-
173 tert! Oder wie beklemmend etwa wirkt ein Abgeben, das sich immer mehr aufschaukelt zum handfesten Rangstreit zwischen Mensch und Hund, in dem der Mensch nicht selten zur Karikatur wird!
Spieltypen Spiele treten in unzähligen Formen auf. Das Aufstellen einer charakterisierenden oder typologischen Ordnung ist problematisch, zumal sich zahlreiche Spiele aus verschiedenen Typen zusammensetzen und mit mehreren Funktionskreisen korrelieren. Berührungs-Spiele beispielsweise sind Erscheinungsformen des SozialSpiels - mit der Betonung auf Taktiler Kommunikation. Das FangenSpiel ist ebenfalls eine Erscheinungsform des Sozial-Spiels. Gleichzeitig trägt es Züge eines Wettspiels. Einige Spieltypen kommen inner- und außerartlich vor, wie etwa das Fangen-Spiel, welches Hunde untereinander ebenso wie mit Menschen spielen; andere wie etwa das Werbungs-Spiel sind rein innerartlicher Natur. Wir verzichten hier auf den Versuch, Spieltypen hierarchisch zu gliedern. (Eine grobe Einteilung im Hinblick auf Ausbildung und Sport wurde bereits innerhalb der MotivationsBetonungen vorgestellt.)
- Wettspiele - Kampfspiele - Sozial-Spiele (innerartliche und außerartliche Gesellschaftsspiele) - Werbungs-Spiele - Solitärspiele (allein Spielen) - Erkundungs- und EntdeckungsSpiele - Berührungs-Spiele - Akustische KommunikationsSpiele - Bewegungs-Spiele - Fangen-Spiele - Jagd- und Beute-Spiele - Futter-Spiele - Geschicklichkeits-Spiele - Such-Spiele - Schmuse- und Knuddelspiele - Denk-Spiele (Problemlösungen: z.B. sich aus einem Labyrinth befreien) - Rhythmus- und Tanz-Spiele (Sich bewegen zu Rhyhtmus und Musik) - Misch-Spiele (z.B. Bewegungs und Beute-Spiel. Oder: Akustische Kommunikations- und Berührungsspiele)
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„Paradeübung" Paradeübung als Spiegel der SpielKunst Auf der Suche nach einer Übung, die alles, aber auch wirklich alles widerspiegelt, was in der Motivations- und Spiellehre des Autors wesentlich ist, fand der Autor eine Vorführung, die als Test der erreichten Team-Leistung gelten kann: eben eine Vorzeige-, eine „Paradeübung". Die Paradeübung
steht - gemeinsam mit „Spiel und Stop" am Ende von „Richtig Spielen mit Hunden". Hundeführer und Hund haben damit das Niveau des Reifen Spiels erreicht. Spielvorschlag: „Motivierendes Wegschleichen", zuerst ohne Hund Wenn der Übungsaufbau klar ist, sollte man die Paradeübung zuerst einmal ohne Hund trainieren. In Gruppen und im Kursablauf lassen sich die vielen Möglichkeiten Der Hund lauert in gespannter Konzentration auf den Auslöser.
176 gemeinsam besprechen, vorzeigen und korrigieren Dadurch wird der Ablauf vertieft, das Repertoire erweitert und geübt Aber nicht nur die Einübung ist wichtig1 Auch durch Zuschauen, wie es andere machen, lernt man viel
Spiel-Beschreibung der Paradeübung (mit Hund) 1 Der Hundeführer holt wie gewohnt seinen Hund, läßt ihn auslaufen, beginnt dann mit der Einstimmung und nähert sich dem Eintritt am Korridor 2 Hier leint er den Hund ab (soweit er nicht schon in Freifolge hereinkam), versorgt die Leine und holt sich die Aufmerksamkeit des Hundes 3 Ist die Erwartungshaltung aufgebaut, so wird der Hund aus der Spannung heraus (je nach Ausbildungsstand) ins „Liegen" oder „Platz" gerufen 4 Anschließend dreht sich der Hundeführer vorsichtig schleichend in Front des Hundes, ohne ihn (auch nur einen Augenblick1) aus den Augen zu lassen Steht der Hundeführer frontal zum Hund, beginnt er, sich mit vorsichtigen, „lautlosen" Schritten
- Schritt für Schritt - vom Hund wegzuschleichen Dieses Wegschleichen bereitet vielen Hundeführern enorme Probleme Einige können sich nicht verwandeln Andere geben bei jedem Schritt einen Auslöser, auf welchen der Hund prompt mit Aufstehen antwortet Dafür wird er dann ausgeschimpft oder über mäßig bedroht Richtig wäre, den Oberkörper schwebend-tragend zu fuhren Seitliche oder vertikale Bewegungssauschlage wurden in freier Wildbahn sofort bemerkt Hunde können auf relativ weite Distanz kleinste Bewegungsveränderungen wahrnehmen Hündisch zu schleichen heißt also, Geräusche und sichtbare Bewegungen vermeiden Frontales Näherkommen oder Entfernen kann nur sehr schwer ausgemacht werden Aber seitliche und vertikale Bewegungen sind weithin sichtbar Also man schleicht sich in geduckter Körperhaltung, den Hund unaufhörlich fixierend und mit federnden Schritten - vom Hund rückwärts weg Gleichzeitig wird der Geistige Zügel in die Augen-Linie gebracht und dem Hund entgegengehalten Das MO wird mit der anderen Hand auf der dem Hund abgewandten Seite gehalten Die Augen des Hundes, die Zügel-Hand, das MO und die Augen des Hundeführers liegen
177 Wegschleichen, Spannung halten und Geistigen Zügel einsetzen: die wichtigsten Elemente der Paradeübung. Hier aus der Perspektive des Hundes.
178 Früher brachte man dem Hund „Abliegen" in Form einer zwanghaften Übung bei. In der modernen Ausbildung nützen wir das vorhandene, hündische Verhaltensrepertoire: Aus »Warten müssen" wird „Lauern dürfen".
(annähernd) auf einer gedachten Linie. Verrät der Hund durch seine Körpersprache, daß er aufstehen mochte, strecken wir den Geistigen Zügel entgegen. Wenn nötig, bringen wir zusätzlich das Körpergewicht entgegen (Droh-Geste1). Mit der Zeit wird der Hundeführer lernen, das Körpergewicht als eindrucksvolles KommunikationsSignal einzusetzen. Einem ängstlichen Hund vermittelt man Selbstvertrauen, indem man das Gewicht von ihm wegbewegt, einem dominierenden Hund bringt man das Gewicht und die l Droh-Gesten können unterschiedliche Lebensbereiche betreffen Sie treten daher m verschiedener Form auf
gebündelte Autorität entgegen. Die feinen Stimmungs- und Motivations-Schwankungen Im Spiel bedürfen eines ständigen, subtilen Ausgleichs. An den vielen Ausdrucksmomenten des Hundes lesen wir, ob die antreibenden und zügelnden Kräfte im Gleichgewicht stehen oder ob wir ausgleichen müssen – je- nachdem durch Betonung der Motivation oder des Zügels. Zur Steigerung der Motivation bieten sich in der Paradeübung zahlreiche Möglichkeiten an: durch Intensivierung der inneren Spannung, durch Steigerung der Verwandlung, durch noch kunstvolleres Wegschleichen, durch
179 minuziöses Bewegen des MO's (ohne jedoch Auslöser zu geben'), durch Einsatz der Stimme, durch Verstärkung der Gewichtsrichtung weg vom Hund, durch kurzes Abducken, durch einige (etwas schnellere) Trippelschritte, durch Anhalten des Atems, durch kurzzeitige, seitliche Augenbewegungen, durch Spannungsaufbau der Lippen, durch Schließen der Lippen usw 5 Wichtig ist, daß man die Paradeübung nur so lange ausdehnt, wie der Hund problemlos warten kann Wurde der Hund aufstehen oder nach vorn robben, müßte man zu ihm gehen und ihn auf den alten Platz ablegen Besser ist es natürlich, diese Situation gar nicht erst eintreten zu lassen 6 Der Auslöser ist also zu geben, bevor der Hund aufsteht1 Kurz bevor er aufsteht, zeigt sich dies durch zahlreiche Signale Wer den Hund genau beobachtet, wird die Ankündigung nicht übersehen Lieber ruft man den Hund zu früh als zu spat ab Der Auslöser wird durch eine ruckartige Bewegung des gesamten Körpers oder durch Wegschleudern des MO's gegeben, - nach Belieben auch m Verbindung mit einem Geräusch An Stelle eines Beute-MO's kann man natürlich auch Futter verwenden Oder man lößt dem Auslöser eine Bewe-
gungsmotivation folgen, indem man ein Lauf oder Fangen-Spiel anschließt Mit der Zeit wird man lernen, die Signale des Wegschleichens und Auslesens immer deutlicher und eindeutiger zu gestalten Mißverständliche Signale machen den Hund unsicher und zurückhaltend Das MO sollte man nur dann wegschleudern, wenn man sicher sein kann, daß er damit freudig zurückkommt Kommt der Hund nicht sicher zurück, läßt man ihn das MO besser am Hundeführer anbeißen Kommt der Hund nicht zurück, sollte der Hundeführer alles daran setzen, das Versäumte aufzuholen 7 Nach dem Zurückkommen des Hundes folgt das Freie Spiel, so wie wir es weiter oben beschrieben haben Beutestreiten, Loslassen, Zurückkommen, Abgeben, Spielwiederholung(en), Spielende
In der Paradeübung finden wir alles wieder, was uns bisher wichtig war Syntone Kommunikation, Integrale Motivation, Aufmerksamkeit, SpielAppetenz und MO-Appetenz, Erwartungshaltung, Empfänglichkeit und last, not least Geistiger Zügel
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„Spiel und Stop" Abschluß von „Hunde spielend motivieren" In der Paradeübung hat der Hund gelernt, „lauernd zu warten". Er weiß jetzt, daß er erst auf den Auslöser hin aufspringen darf. Den Geistigen Zügel (in seiner Manifestation als entgegengestreckte Hand und mit gespreizten Fingern) kennt er schon vom täglichen Freß-Ritual, wo er ebenfalls in einer bestimmten Haltung abwarten gelernt hat. Mit diesen beiden Verhaltensroutinen bringt der Hund ausgezeichnete Voraussetzungen mit, um den nächsten Schritt zu bewältigen. Jetzt wollen wir erreichen, daß der Hund mitten im Freien Spiel auf unser Signal bewegungslos innehält, dies jedoch in höchster Konzentration und Erwartungshaltung - und ohne jeden Druck oder Streß! Wer wünscht sich nicht einen Hund, der sich in jeder Situation, selbst in höchster Aktion mitten im Beute-Spiel (oder anderen Spielen) stoppen läßt?! Und wem lacht nicht das Herz, wenn er sieht, daß der Hund nicht das ge-
ringste Problem damit hat, trotz hoher Trieblage genau das Gegenteil von dem zu tun, wofür er soeben noch das Letzte gegeben hätte?! In dieser Aufgabe, die sicher nicht leicht ist, erntet der Hundeführer die reichen Früchte des Reifen Spiels und er steht bereits auf den ersten Stufen sportlicher Vorführung. Die Ausführung gestaltet sich eigentlich einfach, vorausgesetzt, man hat bis hierher keine größeren Fehler gemacht.
Spielbeschreibung Mitten aus dem Freien Spiel hält der Hundeführer plötzlich inne, erstarrt, hält die Zügel-Hand vor das MO und setzt die bereits beschriebenen Signale ein, um den Hund zu stoppen. Man darf nicht den Fehler machen, zurückzuweichen, wenn der Hund die ersten Male trotz gespreizter Zügelhand hochspringt und sich das MO holen will. Der Zügel darf nie Schwäche zeigen! Setzt sich der Hund darüber hinweg, so muß der
Mitten im Spiel, mitten in höchster Erregung und Aktivität, läßt sich der Hund bei konsequenter Motivations-Balance geistig zügeln.
182 Hundeführer seine ganze Autorität aufbringen, um sich bei einer Wiederholung durchzusetzen. Dies erreicht er beispielsweise durch Entgegenbringen des gesamten Körpergewichtes, in Verbindung eines strengen „Nein". Und wenn das nicht fruchtet, dann ist auch ein Stups oder Klaps auf die Nase1 angebracht. Im gleichen Augenblick aber, wo der Hund darauf reagiert, Mitten im Spiel werden alle wird das Spiel fortgesetzt und das Bewegungs- MO nach einigen Sekunden im Aktivitäten geeigneten Augenblick zum Anbiß gestoppt. Hun- angeboten. deführer und Häufig wird im Stop der Fehler geHund stehen einander er- macht, das MO, um es außer starrt gegen- Reichweite zu bringen, in die Luft über.
zu heben oder hinter den Rücken zu bringen. Ein tüchtiger Hund wird darin zunächst einmal eine gesteigerte Herausforderung sehen und hochspringen bzw. hinter den Rücken des Hundeführers laufen. Richtig ist es daher, das MO nicht aus der Augen-Linie zu führen, sondern wie gewohnt so zu halten, daß der Hund den Hundeführer ansehen muß. Wir erreichen das Stoppen also nicht durch Entzug, sondern durch den Einsatz des Geistigen Zügels, der hier als TabuSignal eingesetzt wird.
l Wem - bei gleicher Wirkung - etwas besseres einfallt, der möge davon
183 Der Hund darf aber - vor allem anfangs - nicht überfordert werden. In dem Augenblick, wo er Akzeptanz zeigt, folgt sofort der Auslöser. Ob der Auslöser darin besteht, das Spiel fortzusetzen oder das MO wegzuwerfen, muß individuell entschieden werden. Da wir den Stop nicht mit einer bestimmten, bevorzugten GrundHaltung in Verbindung bringen wollen, ist darauf zu achten, daß man den Vorgang abwechselnd in verschiedenen Positionen einsetzt. Der Hund soll den Stop nicht mit „Sitz" oder „Platz" verknüpfen, sondern von Anfang an lernen, in jedweder Haltung zu stoppen. Das kann im Sitzen, Liegen oder Stehen sein. - „Spiel und Stop" heißt das Ziel und nicht „Stoppen und Absitzen" oder „Stoppen und Liegen". Sollten hier Probleme auftreten, so ist mitunter ratsam, das Motivations-Niveau zu senken,
indem man etwa auf einen anderen Motivations-Bereich wechselt und das Spiel zunächst einmal in der Basis-Übung beginnt. Für „Spiel und Stop" gilt in punkto Dauer dasselbe wie bisher: Es reicht anfangs, wenn der Hund eine halbe Sekunde innehält. Fordert man das Innehalten zu lange, so wechseln Hunde oft die Haltung. Dem beugt man durch extrem kurze Dauer vor. Mit zunehmender Sicherheit bewältigt der Hund das Innehalten dann länger und länger. Ausgeprägt längere Zeiten fordert man jedoch nur sporadisch, sozusagen als Test. Das Freie Spiel wird in weiterer Folge immer häufiger durch unregelmäßig lange Stops bereichert. Auch die Auslöser nach dem Stop sollten so gestaltet werden, daß sie zu unterschiedlichen Aktionen anregen.
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Wie geht es weiter? Üben bleibt Spielen! Die Paradeübung, zusammen mit dem anschließenden Freien Spiel und Spiel und Stop, bildet den Abschluß von „Richtig Spielen mit Hunden", bzw. von „Hunde spielend motivieren". Obwohl diese Art der Ausbildung immer noch von vielen, vornehmlich von Hundesportlern, „de haut en bas"1 belächelt wird, so kann man doch zuversichtlich sein, daß sich die Motivations- und Spiellehre des Autors (oft kurz „Lind-art" genannt) weiterhin verbreiten und durchsetzen wird. Jeder Ausbilder und Trainer müßte sich doch eigentlich freuen, wenn Hundeführer auf den Platz kommen, die ihren Hund permanent motivieren können; die ihren Hund jederzeit, auch in hohem Antriebsniveau zuverlässig führen, Hundeführer, die ernst machen mit dem Team-Gedanken und dem Freudigen Hund. Leider finden die Anhänger dieser neuen Richtung zu Hause nicht 1
„de haut en bas" = franz von oben nach unten
die entsprechende Weiterführung vor. Daß „es nicht anders gehe", als den Hund mittels Gewalt zur „Unterordnung" zu bringen, sitzt einfach noch zu tief in den Köpfen mancher Menschen. Dabei wäre es auf dem Plateau des „Kultivierten Spiels" so leicht, die Aufgaben des Gebrauchs-, oder des Sport-Hundes zu vermitteln. Wer richtig spielen gelernt hat, kann in jeder beliebigen Hundesportart in relativ kurzer Zeit erfolgreich sein. Es gibt kein besseres Fundament als „Motivation und Spiel". Auch in zwanzig Jahren nicht! Spiel ist nichts Vorläufiges, im Sinne von „unfertig" oder „unvollkommen"! Das sei an all jene gerichtet, die in den Leistungen der Erwachsenen das Maß aller Dinge sehen! Pablo Picasso soll einmal gesagt haben: „Wenn ich nur malen könnte wie diese Kinder." Spiel das Spiel des Kindes wie das Spiel des Hundes - ist anderer Natur, anderer Qualität, folgt anderen Regulativen und erfüllt sich auch anders als die Handlungen in der „realen" Welt der Erwachsenen. Wie wenig real unsere Vorstellungen, unter die
Üben bleibt Spiel! Diese Rechtswendung wurde nicht nur technisch perfekt, sondern auch qualitativ vollendet vorgeführt.
186 Lupe genommen sind, darauf hat Teühard de Chardin und mit ihm viele andere, bedeutende Denker, aufmerksam gemacht, indem sie uns daran erinnern, daß der Himmel eigentlich nicht blau ist, daß es genau genommen kein oben und unten gibt, und daß die viel gerühmte „freie EntscheiBezeichnenderweise nennt E. Lind seine seit 1992 entwickelten HundeSportarten »Team-work". Die beiden darin untergebrachten Disziplinen „Teamsport" und „teamdance" werden seit 1998 angeboten und durchgeführt.
dunsgewalt" des homo sapiens sapiens in Wirklichkeit auf wackeligen Beinen steht - hin- und hergerissen im Strom der Mode, der näheren Umgebung und der eigenen Gewohnheiten oder Unzulänglichkeiten. Und wer macht sich schon seine eigene Unfreiheit bewußt?
187 Nein, wir dürfen nicht länger herabsehen auf jene, die weniger Verstand haben. Wir müssen dem Leben Achtung und Respekt gegenüberbringen, auch dort, wo wir uns überlegen wähnen! Wie es weiter gehen sollte, ist in einem Satz gesagt: Üben bleibt Spielen! Wem das zu abstrakt ist, der möge sich ganz einfach darum bemühen, die Stimmung des Entspannten Feldes - so oft und wann immer möglich - aufrechtzuerhalten.
Anfangs kleine und wenige Aufgaben einließen lassen Übungen und Aufgaben fließen nach und nach in das Freie Spiel ein. Sie werden einfühlsam und spielerisch vermittelt, so daß sie wiederum mit dem Spiel verschmelzen und eine untrennbare, freundliche Einheit bilden. Zuerst sind es nur kurze und wenige Aufgaben, die ins Freie Spiel einge-
flochten werden. Mit der Zeit werden es immer mehr, bis sich eines Tages das Verhältnis umgekehrt hat. Formal gesehen wird dann mehr „gearbeitet" als gespielt. In Wirklichkeit aber „wurde die Arbeit zum Spiel". Von allein stellt sich allerdings die sinngleiche Fortsetzung des Spielens und Übens nicht ein. Im Gegenteil! Was den Aufbau der Unterordnungs-Übungen im einzelnen betrifft, so bleibt kein Stein auf dem alten. Wie man auf der Basis von „Hunde Spielend motivieren" die „alte Unter-Ordnung" aufbaut oder wie man die beiden vom Autor entwickelten neuen Sportarten „Team-Sport" und „Ekard Lind's Dog Dance" lernt, das findet der interessierte Leser in den folgenden beiden Buch- und Videotiteln des Autors: Mensch-Hund-Harmonie und Dog-Dance - Sport und Tanz mit dem Hund, beide Titel im Verlag Gräfe und Unzer erschienen2. 2 Bücher erhältlich über den Fachhandel. Videos (und Bücher) bei Ratfels. Siehe Bezugsquellennachweis im Anhang.
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Bibliographie DORIT FEDDERSEN-PETERSEN:„Hunde-
psychologie", Kosmos 1989. DESMOND MORRIS:„Dogwatching", W. Heyne Verlag 1986. ANDERS HALLGREN:„Lehrbuch der Hundesprache", Oertel und Sporer 1986. DAS BESTE AUS READERS DIGEST:„Was Ihr Körper verrät", Readers Digest 1988. H. H. SAMBRAUS und A. STEIGER:„Das Buch vom Tierschutz", F. Enke 1997. EKARD LIND:„Richtig Spielen mit Hunden", Naturbuch Verlag 1996. EKARD LIND:„Bewegungsausgleich für Musiker", Österreichischer Bundesverlag 1983. EKARD LIND:„Die Haltung des Gitarristen". Wissenschaftlicher Verlag Katzbichler 1984. EKARD LIND:„Kompaß - Lehrerkommentare zur Kindergitarren-schule". Pima Ricordi 1996 IRENAUS EIBL-EIBESFELD:„Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung". Piper 1987. GUDRUN FELTMANN:„Hund und Mensch im Zwiegespräch", Franckh-Kosmos Verlag 1993. STANLEY GOREN:„Die Intelligenz der Hunde", Rowolth 1995. HEINZ WEIDT & DINA BERLOWITZ: „Das Wesen des Hundes", Naturbuch Verlag 1998. HELLMUTH WACHTEL:„Hundezucht 2000", Gollwitzer 1997. ERIC ZIMEN:„Der Hund", Goldmann 1992.
ERIC ZIMEN:„Der Wolf",
Goldmann 1993.
Bezugsquellen Die von E. Lind entwickelten Hunde-Sport-Artikel sind erhältlich bei „Agilo" - (Gerdi Fetzer), Roßhaupterstr. 108, 81369 München.Tel.: 089/7194448; Fax: 089/7144395. In der Schweiz bei: Jean Michel Zwygart, Ruethihofstr. 3, CH-8713 Uerikon. Tel.: 0041/1/7961496; Fax: 0041/1/7961497. In Österreich: Werner Barth, Hafnerstr. 17 a, 4673 Gaspoltshofen. Tel.: 0043/7735/6557; Fax: 00 43/77 35 70 58. Alle Artikel sind auch über den deutschsprachigen Fachhandel zu beziehen. Begleitend zum Buch ist ein Video erschienen. Sie können dies direkt beziehen bei: Maria-Rose Lind Ratsfeld Produktion Bayerham 37 A-5201 Seekirchen Tel. und Fax: (0043) 06212/6604 Hunde-Anhänger Bernd Würz Meezstraße 52, D-76327 Pfinztal/Söllingen Tel.: 07240/8398, Fax: 07240/4707
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Register Ablenkungen 12, 25, 81,126,139 Ablenkungen, eingeplante 81, 94 Achtung-Geste 17, 46, 48ff, 91 Achtung-Signal 47, 62,139 Aggressionen 20,101 f, 125,161 Aggressionsbeschwichtigung 20 aggressive Tendenzen 20 Akzeleration 32 American Staffordshire Terner 32 Anbeißen Lassen 10,116,128f, 144f, 147, 151 f, 161,172,179,182 Anbiß, Probleme beim 154 Angst 42,102 Animation 96, 98f, 114,116,123,131 f, 144,147,166 Anschleichen, spielerisches 27, 29,47, 62 Anschleich Spiel 38 Appetenz 81,179 Appetenzbildung 142 Apportieren 154 Aufbruch-Geste 17,46 Aufforderungs-Geste 41 Augen Motivationsobjekt Linie 93f,116, 176 Ausdrucks-Defizite des Menschen 49 Auseinandersetzung, permanente soziale
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Auslöser, akustischer 93 f Auslöser, visueller 94 Auslöser Geste 146 Auslöser Signal 39f,54 Autorität llf,17,89f Autorität, innere 92 Balgen-Spiele 101 ff Barsoi 32 Basis-Spiel 93,130,132,136 Basis-Übung 121 ff, 138,183 Begleithundeausbildung 12 Beißen 72,102,124 Beißhemmung 10, 72f, 124f Beißlust 9f,63,102 Beißtabu 73 Belohnung 150 Berner Sennenhund 33 Berührung, impulsive 18
Berührungsängste 121 f, 129
Berührungs- Spiele 10, 27, 98,101,173 Beute-Motivation 144 Beute-Spiel, extremes 18 Beute-Spiele 10, 30ff, 105,113,143ff, 151, 154,165,173,181 Beute-Spiel Training 105 Beute-Streiten 10, 62,111,114,129,152, 155 ff, 179 Beute-Tausch 130,170 ff Bewegungs-Motivation 30,144,179 Bewegungs-Spiele 10, 98,173 BullTerrier 32 Chardin, Teilhard de 186 Denk-Spiele 173 Dobermann 34 Dominanz 17, 82,123,125,140,164, 166 Dominanz im Spiel 69 Dominanz-Defizite 70 Dominanz-Gebaren 48, 63, 67f, 70, 72, 81,139 Dominanz Korrektur 75 Dominanz-Probleme 68 Dominanz-Rivalität 72 Dominanz Verlust 125 Droh Geste 52,178 Droh-Ritual 90 Droh-Signal 91 Druck, psychischer 52 Einordnung 16 f Einstimmung 82, 85,144,176 Einwirkung, passive 18 Einzelspiele 28,123,173 Enspanntes Milieu 26 Entdeckungs-Spiele 101,103 Entspanntes Feld 26, 42, 70, 72,121, 130,187 Erstarien 48 Fangen-Spiele 43, 47, 62f, 173,179 Fehlbiß 149 Fixieren 42,50,93
190 Freies Spiel 70,130,141ff, 146,179, 181,185,187 Freifolge 12 Fremdbeißen 91,123 „Freudiger Hund" 16,18,185 Frustrationsgrenze, individuelle 26 Funktionskreise 28, 31,173 Furcht 24 Futter-Motivation 144 Futter-Spiele 10,105, lllff, 151,154,173 Futtervorlieben 35 Gebrauchshund 89 Gebrauchshunde-Ausbildung 11 Geruchs Motivation 114 Geschicklichkeits-Spiele 10,173 Geste, stilisierte 41 Gewalt, psychische 52 Golden Retriever 32, 34 Grundausbildung 12 Grund-Motivation 18,142 Heranrufen 17 Hörzeichen 92,135ff,166 Hundesport 11 f, 14, 79ff, 89, 95,126,185 Husky 32 Hütehunde 32,52 Imagination 49, 96,132,144,147 Individualität des Hundes 34 Innerartliches Spiel 173 Instinktverhalten 16,19,102,147 Intelligenz, emotionale 113,135,166,168 Jagdhund 51f Jagd-Spiele 30f, 113,143ff, 173 Jagdverhalten 10,20 Kampfhandlungen 32 Kampf-Spiele 31,173 Kommunikation, akustische 52, 54 Kommunikation, canide 36 Kommunikation, mimische 116f Kommunikation, monotone 59 Kommunikation, nonverbale 38, 46 Kommunikation, olfaktonsche 37 Kommunikation, optische 38 Kommunikation, syntone 18, 37, 51, 53, 59,179 Kommunikation, taktile 37, 55,173 Kommunikations Spiele 58 Kommunikations Spiele, akustische 173 Kontaktängste 127 Kontern 155,157,160f
Körpersprache 30, 84, 92,131 f Körpersprache des Hundes 36f, 59,178 Kultiviertes Spiel 142,147,185 Labrador 32 Laufhunde 32f Lauf Spiele 43, 60, 63,166,179 Leinenführigkeit 12 Lernsättigung 138 Lern-Spiele 24, 70f, 141f Lieblingsspielzeug 35 „Lippen-Schleuder" 116f, 153 Loben 55,128,132ff „L-Stellung" 105 Maßregelungen 90, 92, 96,140 Meldeverhalten 140 Mensch Hund-Beziehung, gestörte 17,101 Misch-Spiele 173 Motivation, extrinsische 112 Motivation, ganzheitliche 16 Motivation, integrale 16,18, 38, 59, 96, 1 1 1 f , 125,132 Motivation, integrative 179 Motivation, intrinsische 112f Motivation, olfaktonsche 30 Motivation, taktile 30,144 Motivations-Balance 12f, 17, 66,131, 142 Motivations-Bereich 29f, 34f, 67f, 72, 77, 82,127,130,144,166,183 Motivations Betonung 30f Motivations-Gestaltung 35 Motivations-Niveau 39, 65,113,132, 151,183 Motivations-Objekt 16, 35, 39f, 55ff, 72, 76ff, 84f, 105ff, 127ff, 136,142ff 155 Motivationsobjekt-Führung, körpernähe 149,151 Motivationsobjekt Handling 110ff Motivationsobjekt-Handling, intelligentes 146 Motivationsobjekt-Techniken 146,157 Motivations-Permanenz 65 Motivations Repertoire 29 Motivations-Schwund 116 Motivations Stabilität 64ff Nachjagen, spielerisches 9, 29, 35, 42, 146f Näherungsängste 122 Neugier 19 Neugier Spiele 10
191 Ortung, olfaktonsche 50f Ortung, optische 51 Passung 33 Picasso, Pablo 185 PitBullTerner 32 Prägungsphase, Störungen in der 154 Prägungs- Spiele 103 Primärmotivation 16,112,139 Problemhunde 12 Rangordnung 30, 48, 67ff, 85,123 Rangordnung, intakte 12, 29, 62, 65, 69, 75 Rangordnung, Wiederherstellung der 72 Rangordnungs-Defizite 144 Rangordnungsprobleme 101,140 Rassebedingte Unterschiede 31 f Rassebedingte Verhaltensangebote 33 Reaktionsträgheit 18 Retardierung 32 Rhythmus-und Tanz-Spiele 173 Rudel 30, 43, 72,139,156,164 Rudelführer 9 Sättigungs-Distanz 18,138 Schäferhund 34 f Scheinangriff 47 Schmuse und Knuddelspiele 173 Sekundarmotivation 16, 56,112,139 Sematik Divergenz 54 Sexualverhalten 20 Sichtzeichen 135,137 Signal, akustisches 38, 42, 52,117 Signal, optisches 38 Signal, stellvertretendes 52, 54, 74, 90,169 Signal, taktiles 38 Signal Details 49 Signal-Gestaltung 38, 40 Signal Technik 58 Signal Timing 18 Solitär Spiele 28,123,173 Soziale Verbundenheit 30 Sozialisierungs-Spiele 86,103 Sozialmotivation 31 Sozialordnungen 68 Sozial Spiele 10,173 Spannungssuche 19 Spielaufforderung 41 ff, 62 Spiel-Balance 147 Spiel Beißen 27, 63 Spiel Beute 31, 35, 50, 58, 69, 96, 98,123, 125,143 148,153,156,164f Spiel-Chaos 116 Spielgestaltung 25
Spiel Jagen 28 Spiel Motivation 65 Spiel-Motivation, mangelnde 81 Spielstimmung 131 Spielweisen, hundetypische 26 f Sporthundeausbildung 12 Stimmungsübertragung 47 Stimulation 147 Streß 23f, 75 Streßfaktoren 26 Such Spiele 10,173 Tabu Akzeptanz 17, 91 Tabu Signal 182 Terrier 32 Test-Spiele 79ff „Totschütteln" 108 Überforderung 12 Unsicherheit 12,42 Unter Ordnug des Tieres 15 ff, 31, 91, 125,185 Verhaltensauffälligkeiten 64 Verhaltensweisen, artfremde 21 Verhaltensweisen, gestörte 21,139 Verhaltensweisen, olfaktonsche 32 Verhaltensweisen, unberechenbare 154 Vermenschlichung 21 Versteck Spiel 61 f, 166 Vorsteher Haltung 51 Wachhund 52 Warn- Signal 91 Warn Signal 90 Warten-Müssen 17 Welpen-Sozialisierungsprogramm 12 Werbungs Spiele 173 Wett Spiele 173 Wildhund 30,37 Windhunde 32 Wolf 30, 37
Wolfsrudel 20 Zeige-Geste 51 Zerr-Spiele 9 Ziel-Spiele 70f,141 Zimen, Eric 20 „Zügel, Geistige" 17f, 71, 89ff, 139,168 Zuneigungs Spiele 101 f Zwang 168 Zwangsausbildung 9 Zwangsmaßnahmen 169 Zweck-Spiele 141